Fremde in der hellenistischen Polis Rhodos: Zwischen Nähe und Distanz 3110572680, 9783110572681

Migration und Mobilität können als prägende Merkmale der Epoche des Hellenismus bezeichnet werden. Die Forschung zur hel

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Polecaj historie

Fremde in der hellenistischen Polis Rhodos: Zwischen Nähe und Distanz
 3110572680, 9783110572681

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Benedikt Boyxen Fremde in der hellenistischen Polis Rhodos

KLIO Beiträge zur Alten Geschichte

Beihefte. Neue Folge Herausgegeben von Hartwin Brandt und Martin Jehne unter Mitarbeit von Manfred Clauss, Peter Funke und Hans-Joachim Gehrke

Band 29

Benedikt Boyxen

Fremde in der hellenistischen Polis Rhodos Zwischen Nähe und Distanz

Zugleich Dissertation, Albert-Ludwigs-Universität Freiburg.

ISBN 978-3-11-057080-9 e-ISBN (PDF) 978-3-11-057268-1 e-ISBN (EPUB) 978-3-11-057189-9 ISSN 1438-7689 Library of Congress Control Number: 2018942856 Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar. © 2018 Walter de Gruyter GmbH, Berlin/Boston Druck und Bindung: CPI books GmbH, Leck www.degruyter.com

Diesen Mittag bin ich von einem fünftägigen Ritte durch die Nordhälfte der Insel hieher zurückgekehrt; bei meiner Ankunft fand ich ein Zeitungsblatt des Athenischen Aeon und ein anderes des Hermes der Kykladen, die (...) uns die Kunde von der Revolution in Athen am 15ten (3.) September und die ersten von dem neuen Ministerium unterzeichneten Verordnungen des Königs bringen, darunter auch die Entlassung sämmtlicher Fremden aus dem griechischen Dienste. So werde ich also, nachdem ich elf Jahre in Griechenland verlebt und fast zehn davon im Staatsdienste zugebracht, in das Land, in welchem ich ein Bürger geworden zu seyn glaubte, als ein flüchtiger verbannter Reisender zurückkehren.

Ludwig Ross, 32. Brief (L. Ross, Reisen auf den griechischen Inseln des ägäischen Meeres 3 [Tübingen 1845], 92)

Vorwort Die vorliegende Studie geht auf meine Dissertation zurück, die im Sommersemester 2014 mit dem Titel »Nähe und Distanz. Fremde in der hellenistischen Polis Rhodos« von der Philosophischen Fakultät der Universität Freiburg zur Promotion angenommen wurde. Für die Drucklegung wurde die Arbeit leicht überarbeitet; seither erschienene Literatur wurde weitgehend berücksichtigt. Dank gebührt zuallererst Prof. Dr. Astrid Möller, die mir in jedem Arbeitsstadium maßgebliche Unterstützung zuteil werden ließ und es stets verstand, zum richtigen Zeitpunkt die entscheiden Impulse für den Fortgang der Arbeit zu geben. Das Zweitund Drittgutachten übernahmen dankenswerter Weise Prof. Dr. Sitta von Reden sowie Prof. Dr. Bernhard Zimmermann, die hilfreiche Anmerkungen beisteuerten. Prof. Dr. Hans-Joachim Gehrke möchte ich für die anregenden Gespräche und Diskussionen danken, die nicht allein für diese Arbeit prägend waren. Wesentliche Hinweise und kritische Anmerkungen sind Prof. Dr. Ursula Höckmann, Dr. Sabine Neumann, Dr. Paul Scheding sowie vor allem Prof. Dr. Christof Schuler zu verdanken. Ein herzlicher Dank gilt zudem Prof. Dr. Linda-Marie Günther, die mich zu mehreren ›Metöken-Workshops‹ nach Bochum einlud. Viele der dabei gewonnen Anregungen sind in diese Arbeit eingeflossen. Dr. Daniel Kah gewährte großzügig Einblick in einen Auszug seiner in Druckvorbereitung befindlichen Dissertation. Prof. Dr. Hans Rupprecht Goette wies mich in die Technik des Abklatsches ein. Beim Korrekturlesen leisteten Barbara und Iris Boyxen sowie Leoni Hellmayr geduldige Hilfe. Im Nationalmuseum Kopenhagen erhielt ich die Gelegenheit, einige der dort deponierten lindischen Inschriften und Abklatsche zu untersuchen. Hierfür danke ich insbesondere Dr. John Lund. Während zwei Forschungsaufenthalten auf Rhodos durfte ich zahlreiche weitere Inschriften einer Autopsie unterziehen. Dafür danke ich den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Ephorie, namentlich Dr. Ελένη Φαρμακίδου und Dr. Εριφύλη Κανίνια sowie vor allem ∆ηµήτρης Κουγιός. Bei der Beantragung der Forschungsgenehmigung leistete Dr. Dimitris Grigoropoulos an der Abteilung Athen des Deutschen Archäologischen Instituts wichtige Hilfe. Im Archiv der Inscriptiones Graecae durfte ich die rhodischen Abklatsche studieren; für den sehr unkompliziert gewährten Zugang danke ich Prof. Dr. Klaus Hallof. Der erste Teil der Dissertation entstand während meiner Tätigkeit als wissenschaftliche Hilfskraft an der Zentrale des Deutschen Archäologischen Instituts; hiervon konnte ich in vielerlei Hinsicht profitieren. Ein zweijähriges Stipendium der Hansen Stiftung ermöglichte es schließlich, die Arbeit konzentriert fertigzustellen. Für die Gewährung dieser Unterstützung und für inhaltliche Anregungen danke ich besonders Prof. Dr. Klaus P. Hansen. Im Jahr 2015 wurde die Arbeit von der Stiftung »Humanismus heute« mit dem Günter-Wöhrle-Preis ausgezeichnet. Für diese Anerkennung möchte ich ebenfalls danken. https://doi.org/10.1515/9783110572681-001

VIII 

 Vorwort

Für die Aufnahme der Arbeit in die Klio-Beihefte gilt ein großer Dank den Herausgebern Prof. Dr. Hartwin Brandt und Prof. Dr. Martin Jehne, auf deren Hinweise und Anmerkungen zudem manche Verbesserung zurückgeht. Berlin, im März 2018

Benedikt Boyxen

Inhalt Vorwort   VII Hinweise zur Zitierweise  1 Einleitung 

 XIII

 1

 7 Methodologie und Methode  2 2.1 Fremde, Fremdheit und rechtlicher Status  2.2 Bisherige Forschungsschwerpunkte   10 2.3 Raum und Kollektiv   16 2.4 Fragestellungen   23

 7

 25 3 Der rechtliche Status der Polisbewohner  3.1 Die Bürgerschaft   25 3.1.1 Kollektivbezeichnungen: damos, sympas damos, plēthos   25 3.1.2 Bürger, Rhodioi, ›matroxenoi‹, Neubürger   27 3.1.3 Die Rhodische Oberschicht   46 3.2 Nichtbürger   57 3.2.1 Vom Gast zum »Wanderer, der heute kommt und morgen bleibt«   57 3.2.2 Kollektivbezeichnungen für Nichtbürger: xenoi, paroikoi, katoikeuntes, parepidameuntes   59 3.2.3 Bezeichnungen für einen individuellen Rechtsstatus   70 metoikos   70 epidamia und enktēsis   76 proxenos und euergetas   78 3.3 Sklaven   82 3.3.1 Toponyme und ›Sklavennamen‹. Zur Problematik der Identifizierung von Sklaven   82 3.3.2 engenēs   88 3.3.3 Polissklaven   91 3.3.4 Freigelassene   92 3.4 Zusammenfassung   93  96 4 Das rhodische Vereinswesen  4.1 Kollektiv und Koinon   97 4.2 Konstitutionsfaktoren   103 4.2.1 Gemeinsame Tätigkeit   104 4.2.2 Kult   107 4.2.3 Personennamen   109 4.2.4 Rechtlicher Status   117

X 

 Inhalt

4.2.5 Gemeinsame Herkunft  4.2.6 Verwandtschaft   120

 118

 122 Die Vereinsräume  Das Vereinshaus   122 Der Verein als Interaktionsraum zwischen Bürgern und Nichtbürgern – ein Bereich sui generis?   125 5.2.1 Konstitution von Öffentlichkeit   127 5.2.2 Soziale Hierarchisierung   132 5.2.3 Soziale Mobilität   144 5.3 Zusammenfassung   148 5 5.1 5.2

 150 Die Nekropolen  6 6.1 Zur Architektur der Grabbezirke   151 6.2 Rechtliche Voraussetzungen für den Kauf eines Grabbezirks  6.2.1 Erwerb von Bestattungsplätzen durch Nichtbürger   154 6.2.2 Erwerb von Bestattungsplätzen durch Vereine   157 6.3 Der Tod in der Fremde   164 6.3.1 Verbindungen zur Heimatpolis   164 6.3.2 Grabrepräsentation der Nichtbürger   169 6.4 Vereinsgrabbezirke   171 6.4.1 Die Nekropole als Interaktionsraum der Vereine   171 6.4.2 Familie und Verein   175 6.5 Zusammenfassung   180

 154

 182 Die Heiligtümer  7 7.1 Partizipation der Bürger an den Poliskulten   182 7.2 Partizipation von Nichtbürgern an Poliskulten   196 7.2.1 Formen räumlicher Inklusion   197 Das temenos   197 Das hierothyteion   207 Formen sozialer Inklusion  7.2.2  217 Beteiligung an epidoseis   217 Übernahme von Kultämtern   225 Übernahme von Ämtern bei Festveranstaltungen (Agonothesie, Gymnasiarchie, Phylarchie, Choregie)   232 7.3 Bürger und Nichtbürger in Vereinsheiligtümern   249 7.3.1 Kultplätze der Vereine   250 7.3.2 Kultleben innerhalb der Vereine   253 7.4 Zwischen Polis- und ›Privatkult‹ – Der Kult des Zeus Atabyrios   259 7.5 Zusammenfassung   276

Inhalt 

8 Die Flotte   278 8.1 Räumliche Nähe   281 8.1.1 Nichtbürger auf rhodischen Schiffen   283 8.1.2 Söldner auf rhodischen Schiffen?   287 8.1.3 Polissklaven auf rhodischen Schiffen?   290 8.2 Formen sozialer Inklusion und Interaktion   295 8.3 Zusammenfassung   298  300 Der ländliche Raum  9 9.1 Archäologische Befunde   301 9.2 Nichtbürger im ländlichen Bereich  9.3 ›Fabrikantenstempel‹   310 9.4 Zusammenfassung   316 10 Schlussbetrachtung  Appendix I: Inschriften 

 317

 323

Appendix II: Liste der Nichtbürger  Appendix III: Tabellen 

 394

Quellen- und Literaturverzeichnis  Stellenregister  Abbildungen 

 439  457

Abbildungsnachweis 

 349

 474

 413

 303

 XI

Hinweise zur Zitierweise Die Zitierweise und die Verwendung von Abkürzungen folgen den Richtlinien des Deutschen Archäologischen Instituts in der seit 2005 gültigen Fassung (). Zitiert wurde nach dem ›Autor-Jahr-System‹; Ausnahmen stellen Kommentare im Bulletin Épigraphique (BE), im Bulletin Amphorique (BA) sowie in den Χρονικά des Αρχαιολογικόν Δελτίον (ADelt) dar, die jeweils mit vollständiger bibliographischer Angabe in den Fußnoten zu finden sind und nicht nochmals in das Literaturverzeichnis aufgenommen wurden. Abweichend von den DAI-Richtlinien wurden Autorennamen in Kapitälchen gesetzt. Zeitschriftenaufsätze, in denen ausschließlich neue Inschriften vorgelegt werden, sind nicht im Autor-Jahr-System angegeben, sondern wurden ebenso wie Inschriftencorpora mit Siglen bzw. Kurztiteln versehen. Insgesamt orientieren sich die verwendeten Siglen für Inschriftenpublikationen an denen des Supplementum Epigraphicum Graecum; da teilweise Änderungen vorgenommen wurden, sind sämtliche verwendeten Siglen im Quellen- und Literaturverzeichnis aufgelöst. Zeitschriften, die nicht im Abkürzungsverzeichnis des DAI aufgeführt sind, wurden mit vollständigem Titel angegeben. Antike Autoren und Werktitel wurden nach »Der Neue Pauly III (1997)« zitiert. Griechische Personennamen sind dann, wenn sie in prosopographischer oder onomastischer Hinsicht relevant sind, zumindest bei erstmaliger Nennung in griechischer Schrift angegeben. Auch einzelne Quellenbegriffe sowie insbesondere Vereinsnamen werden im Kontext einer konkreten Quelle mindestens einmal griechisch zitiert. Ansonsten werden transliterierte Formen verwendet. Soweit nicht anders vermerkt, wurden sämtliche Übersetzungen vom Verfasser dieser Arbeit angefertigt.

https://doi.org/10.1515/9783110572681-002

1 Einleitung Die Eroberungen Alexanders des Großen hatten weitreichende und nachhaltige Folgen für die gesamte griechische Poliswelt. Eine gesteigerte Form der Mobilität in ganz neuen geographischen Dimensionen, eine Erweiterung des Handels- und Wirtschaftsraumes und besonders der Kontakt zwischen Griechen und Nichtgriechen, der zu einem intensiven kulturellen und personellen Austausch führte, können als prägende Merkmale des Hellenismus bezeichnet werden. In gleichem Maße intensivierte sich die Kommunikation zwischen verschiedenen Poleis, die ein vielgestaltiges Beziehungsnetz hervorbrachte – sei es durch panhellenische Feste und Agone, die Entsendung von Richtern zur Streitschlichtung oder verschiedene Formen von Bündnisschlüssen. In zahlreichen Verträgen, in denen Rechtsverhältnisse zwischen Poleis geregelt wurden, berief man sich sogar auf eine gemeinsame Verwandtschaft (syngeneia), wodurch das Verhältnis zu nah oder fern gelegenen Orten definiert und konstruiert wurde. Selbst ursprünglich nichtgriechische Gemeinwesen konnten in diesen ›Stammbaum‹ aufgenommen werden1. Jenseits der Polis entstanden damit vielfältige Formen der Kommunikation, die das Gefühl der Zugehörigkeit zu einer gemeinsamen Lebenswelt verstärkten. Trotzdem blieb auch in hellenistischer Zeit die eigene Polis der zentrale Bezugspunkt eines jeden Griechen – ein Befund, der mittlerweile unbestrittener Forschungskonsens ist2. Die zunehmende Mobilität führte indessen dazu, dass sich immer häufiger Bürger einer Polis oder auch Personen aus nichtgriechischen Gemeinwesen in einer anderen, fremden Polis aufhielten. Dem Thema ›Fremdheit‹ kommt demnach für die Epoche des Hellenismus in verschiedenen Hinsichten eine ganz herausragende Bedeutung zu; gleichzeitig bietet es zahlreiche Anknüpfungspunkte für die Untersuchung von Mobilitäts- und Migrationsphänomenen. Bereits seit längerer Zeit werden Begegnungen zwischen Griechen und Nichtgriechen intensiv unter dem Aspekt der Akkulturation diskutiert und Fragen nach Fremd- und Selbstwahrnehmungen gestellt3. Jüngere

1 Für einen Überblick über dieses weite Feld der Diplomatie im Hellenismus s. Ma 2003, der diese Netzwerke treffend als »peer polity interaction« beschrieben hat; zur Bedeutung von syngeneia in interpolitischen Verträgen s. Lücke 2000; er betont a. O. 119, dass der Begriff nicht zwangsläufig auf ein reales oder geglaubtes blutsverwandtschaftliches Verhältnis verwies, sondern auch einfach nur ein besonderes Nahverhältnis bezeichnen konnte. Vgl. außerdem die Zusammenstellung bei Curty 1995; ferner Erskine 2003; Saba 2014. 2 Eindrücklich hat etwa Gehrke 2003 am Beispiel des hellenistischen Priene aufgezeigt, wie die Verbundenheit mit der eigenen Polis in den unterschiedlichen Lebensbereichen immer wieder aufs Neue manifestiert wurde und zur Herausbildung einer exklusiven und exkludierenden Bürgeridentität führte. Richtungsweisend war insbesondere das im Jahr 1993 veranstaltete Kolloquium mit dem Thema »Stadtbild und Bürgerbild im Hellenismus«; Wörrle – Zanker 1995. Die zentralen Entwicklungslinien der Hellenismusforschung skizziert Zimmermann 2009a. 3 s. insbesondere den Sammelband Funck 1996. Einen zusammenfassenden Überblick bietet Klinkott 2007. https://doi.org/10.1515/9783110572681-003

2 

 1 Einleitung

Ansätze richten den Blick zudem insbesondere auf die Formen der Vernetzungen, in die jede Polis eingebettet war, und auf die verschiedenen Gruppen, die sich in Bewegung setzten4. Demgegenüber wurde bislang noch nicht systematisch untersucht, welche sozialen Auswirkungen diese neuen Rahmenbedingungen auf die Bürgerschaft einer Polis hatten sowie insbesondere umgekehrt, was der Wohnortswechsel für den Einzelnen genau bedeutete und wie sich das räumliche Neben- oder Miteinander von Bürgern und Nichtbürgern gestaltete. Das für Rhodos in großer Zahl vorhandene Quellenmaterial erlaubt es, die Folgen der zunehmenden Migration und Mobilität an einem Ort, der im Schnittpunkt dieser Dynamik lag, umfassend zu betrachten. Das Ziel der vorliegenden Arbeit ist es ganz allgemein, die soziale Stellung der Fremden innerhalb der Polis Rhodos zu bestimmen. Die bewusste Konzentration auf das rhodische Polisterritorium bietet dabei die Möglichkeit, aus mikrohistorischer Perspektive verschiedene Gruppen von Nichtbürgern zu unterscheiden, die Formen der Interaktion der Fremden mit den Polisbürgern in den Blick zu nehmen und nach Möglichkeiten sozialer Mobilität zu fragen. Dabei werden detailliert die zentralen Lebensbereiche der Polisbewohner betrachtet, um konkrete Inklusions- und Exklusionsbereiche auszumachen. Der ›Fremde‹ war in der Polisgesellschaft nicht primär durch seine Herkunft, sondern durch die Nichtzugehörigkeit zum Bürgerverband definiert. Die gerade auf Rhodos vielfach abgestufte rechtliche Kategorisierung der Nichtbürger war für ihre soziale Stellung ausschlaggebend und bildet daher auch den Ausgangspunkt der vorliegenden sozialgeschichtlichen Untersuchung5. In den wechselnden Mächtekonstellationen der Diadochenreiche gelang Rhodos der Aufstieg zu einer bedeutenden See- und Handelsmacht. Gerade deshalb war die Polis für zahlreiche Fremde attraktiv. Die Fremden kamen entsprechend den weitgespannten rhodischen Handelsbeziehungen zu einem Großteil aus dem östlichen Mittelmeerraum, aus Syrien und Ägypten sowie aus den Poleis der kleinasiatischen

4 Die Vielschichtigkeit des regionalen und überregionalen Beziehungsgeflechts von Poleis im Pontosgebiet und in Kleinasien zeigen nun die kürzlich erschienenen Beiträge einer deutsch-rumänischen Tagung des Jahres 2010 auf, in denen gleichermaßen öffentliche und private Kontakte berücksichtigt wurden; Cojocaru – Schuler 2014. Die verkehrstechnischen Voraussetzungen für die Mobilität von Personen in Kleinasien hat Hélène Roelens-Flouneau in einem 2013 abgeschlossenen Dissertationsprojekt mit dem Thema »Circuler dans l’Asie Mineure cistaurique du IVe s. av. n. è. au Principat« untersucht. Unter Einbeziehung netzwerktheoretischer Ansätze betrachtet Lara S. Köcke ebenfalls im Rahmen eines Dissertationsprojektes die »Akteure von Mobilität und Migration in spätklassischer und hellenistischer Zeit« und fragt dabei u. a. nach Motiven, die verschiedene Personen(-gruppen) veranlassten, ihre Heimat zu verlassen und nach möglichen Interessen einer Polis an ›Migranten‹. Vgl. in dieser Hinsicht Oliver 2011, der den Blick auf die Strategien der Poleis richtet, Fremde durch die Inaussichtstellung von Privilegien Integrationschancen zu eröffnen und dadurch zum Bleiben zu motivieren. 5 Zur Definition des ›Fremden‹ s. ausführlich Kap. 2.1.

1 Einleitung 

 3

Küste und der vorgelagerten Inseln – aber auch aus dem kleinasiatischen Binnenland sowie dem Schwarzmeergebiet. Viele von ihnen hielten sich nicht nur für zeitweilige Handelsgeschäfte in Rhodos auf, sondern verlegten dauerhaft ihren Wohnsitz an diesen Ort. Andere wurden in großer Zahl als Sklaven dorthin verschifft oder standen als Söldner im Dienst der Polis. Neben Athen, Alexandria und Pergamon ist Rhodos überdies in die Reihe der hellenistischen Bildungszentren einzuordnen und zeigt in dieser Hinsicht ebenso kosmopolitische Züge. Polemaios aus Kolophon liefert eines der gut belegten Beispiele eines Bildungsreisenden, der sich nach einem ausgiebigen Studium in seiner Heimatstadt nach Rhodos begab, um dort in den auf private Initiative gegründeten Schulen die weithin bekannten Lehrer zu hören6. Auch ein großer Teil der in Rhodos tätigen Bildhauer war fremder Herkunft; einige dieser Künstlerfamilien gingen über mehrere Generationen ihrem Handwerk in der Polis nach und unterhielten vielfach enge Kontakte zu Mitgliedern der rhodischen Oberschicht7. Eine wichtige Voraussetzung für den Aufstieg von Rhodos war der Zusammenschluss der bis dahin unabhängigen rhodischen Poleis Ialysos, Kamiros und Lindos zu einem gemeinsamen Staatsverband im Jahr 408/7 v. Chr. sowie die kurz darauf folgende Gründung der Stadt Rhodos an der Nordspitze der Insel, die allein über fünf Häfen verfügte. Spätestens gegen Ende des 4. Jhs. v. Chr. umfasste das Territorium von Rhodos auch einige der umliegenden Inseln sowie Gebiete auf dem Festland (die sog. Peraia), die in das Demensystem der Polis einbezogen wurden8. Im Zuge der Eingliederung erhielt die dortige Bevölkerung das rhodische Bürgerrecht. Die Bewohner der neu hinzugetretenen Gebiete blieben keineswegs Bürger ›zweiter Klasse‹, sondern erreichten innerhalb kürzester Zeit bedeutende politische, militärische und kultische Ämter. Hinweise darauf, dass bestimmte Gruppen von der Verleihung des Bürgerrechts ausgenommen wurden, lassen sich den Quellen nicht entnehmen. Die weiteren Gebietsgewinne, die Rhodos insbesondere nach dem Krieg gegen Antiochos III. im Jahr 188 v. Chr. von römischer Seite zugesprochen wurden, gliederten die Rhodier jedoch nicht in das Polisgebiet ein. Die Bewohner dieser ›unterworfenen Peraia‹ standen zwar in rhodischer Abhängigkeit, blieben aber dauerhaft von der Bürgerschaft ausgeschlossen9. Zwar musste Rhodos bereits 20 Jahre später aufgrund

6 Bringmann 2002, 68; vgl. auch Haake 2007, 195–207. 7 s. etwa die aus Tyros stammende Familie des Ἀρτεμίδωρος Μηνοδότου; von dessen Söhnen einer auch das rhodische Bürgerrecht erhielt; Badoud 2010; DNO 3978–3981. 8 Wenn im Folgenden allgemein von ›Rhodos‹ die Rede ist, so ist immer die gesamte Polis mit den dazugehörenden Außenbesitzungen gemeint. Die gleichnamige Stadt wird zur Unterscheidung immer als ›Rhodos-Stadt‹ bezeichnet. 9 Analog hat sich in der deutschsprachigen Forschung für die zum Polisgebiet gehörende Peraia die Bezeichnung ›integrierte Peraia‹ etabliert. Im Französischen ist entsprechend die Rede von der ›Pérée intégrée‹ sowie der ›Pérée sujétte‹. Im englischen Sprachraum sind die Begriffe ›incorporated‹ bzw. ›subjected Peraia‹ in Gebrauch. Soweit im Folgenden allgemein von ›der Peraia‹ gesprochen wird, ist nur das zum Polisterritorium gehörende Gebiet gemeint.

4 

 1 Einleitung

der unklaren Haltung im Perseuskrieg fast die gesamten karischen und lykischen Gebiete wieder abtreten und gleichzeitig die Erklärung von Delos zum Freihandelshafen hinnehmen, doch hatten diese Maßnahmen keine langfristigen Auswirkungen auf die rhodische Wirtschaft10. Im Gegensatz zu anderen Poleis gelang es Rhodos insbesondere im 3. und 2. Jh. v. Chr. stets weitgehend unabhängig zu agieren; maßgeblich dafür war der Umstand, dass ab 323 v. Chr. keine Fremdbesatzungen mehr in der Polis stationiert waren. Auf zwei weitere Eigenheiten der Polis Rhodos, die bei einer Betrachtung der Nichtbürger eine besondere Berücksichtung finden müssen, sei an dieser Stelle noch hingewiesen: Zum einen ist die differenzierte Binnenstruktur der Polis zu erwähnen. Vor allem die Phylen, aber auch die Demen und ktoinai, bei denen es sich um territoriale Untergliederungen der Demenbezirke handelt, besaßen in verschiedenen Belangen eigene Kompetenzen. Insofern ist auch hinsichtlich der Partizipationsmöglichkeiten der Nichtbürger innerhalb der Polis mit unterschiedlichen Praktiken zu rechnen. Zum anderen stellt das rhodische Vereinswesen einen wesentlichen Untersuchungsbereich für die Einordnung der Nichtbürger dar. Die Vereine führten oftmals Personen von unterschiedlichem rechtlichem und sozialem Status zusammen. Auffälligerweise werden jedoch selbst in Dekreten, die von den Vereinsmitgliedern erlassen wurden, Fremde mit den von der Polis vergebenen Privilegien aufgeführt, obwohl hier die Möglichkeit bestanden hätte, sich von diesen rechtlich-sozialen Bewertungsmaßstäben zu lösen. Vor diesem Hintergrund wird besonders zu überlegen sein, ob bzw. inwieweit sich die Vereine von der Polis als rechtlichem und sozialem Bezugssystem zu lösen vermochten. Der wesentliche Quellenbestand, der für eine Untersuchung der Fremden auf Rhodos von Bedeutung ist, umfasst mehrheitlich Grabinschriften sowie ferner Dedikationen, Ehreninschriften, Ehrendekrete und Subskriptionslisten. Der Großteil der epigraphischen Quellen datiert in das 2. und 1. Jh. v. Chr.; nur vereinzelte Inschriften stammen aus dem 4. Jh. v. Chr. An dieser Verteilung der Quellen orientiert sich im Wesentlichen auch der Untersuchungszeitraum dieser Arbeit. Bereichert wird das Quellenmaterial durch einige kaiserzeitliche Inschriften, die wichtige Brüche und Kontinuitäten aufzeigen und deshalb für bestimmte Kontexte ebenso zu berücksichtigen sind. Insbesondere die Grabinschriften lassen aber oftmals keine oder allenfalls eine grobe zeitliche Einordnung zu, zumal vielfach ein genauer archäologischer Zusammenhang fehlt. Auf das umfangreiche, fast ausschließlich epigraphische Quellenmaterial zu den Fremden in Rhodos ist immer wieder verwiesen worden11, ohne dieses allerdings eingehender auszuwerten. Donato Morelli hat im Jahr 1956 sämtliche bis dahin

10 Gabrielsen 1993; Lund 2011, 288 f. 11 So etwa schon Ross, Hellenika, 105.

1 Einleitung 

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bekannten Belege für Nichtbürger und Sklaven nach ihrer Herkunft geordnet aufgelistet; Giulia Sacco hat 1980 den Bestand um die entsprechenden Neufunde erweitert. Seitdem sind stetig weitere wichtige Inschriften hinzugekommen12. Was eine detaillierte Beschäftigung mit den rhodischen Inschriften grundsätzlich zu einer zeitraubenden Angelegenheit macht, ist die schwierige Publikationslage: Die von Friedrich Hiller von Gaertringen edierten Faszikel eins und drei des zwölften Bandes der Inscriptiones Graecae, in denen neben den Inschriften der Insel Rhodos auch diejenigen der sukzessive in das rhodische Polisterritorium eingliederten Nachbarinseln Chalke, Karpathos, Saros, Kasos, Syme, Megiste, Telos und Nisyros enthalten sind, weisen mittlerweile bereits ein Alter von fast 120 Jahren auf. Abgesehen von den lindischen Inschriften, die Christian Blinkenberg als Ergebnis der dänischen Ausgrabungen in zwei Bänden mit hervorragenden Fotos und Faksimiles versehen im Jahr 1942 vorgelegt hat, verteilen sich die seither veröffentlichten Inschriften auf zahlreiche Publikationsorte13. Insofern stellt die Datenbank des Packard Humanities Institute, die einen Großteil der rhodischen Inschriften vereint, eine wichtige Hilfe dar, um sich einen Überblick über einzelne Fragen zu verschaffen, was aber freilich nicht den Blick in die kritische Edition zu ersetzen vermag14. Hinsichtlich der Datierung der Inschriften ist nun insbesondere die Arbeit von Nathan Badoud zu berücksichtigen, der für die Feinchronologie wichtige Korrekturen erarbeitet hat15. Für die vorliegende Arbeit wurden unabhängig von den Listen, die Morelli und Sacco erstellt haben, sämtliche Quellen in eine Datenbank aufgenommen, aus der eine aktualisierte Namensliste generiert wurde, die hier in Appendix II abgedruckt ist. Der Namensbestand von Morelli und Sacco konnte damit um rund 500 Namen erweitert werden, was einem Zuwachs von 32 % entspricht. Da der überwiegende Teil der Inschriftenneufunde aus den letzten 30 Jahren, die insbesondere bei den Ausgrabungen der Nekropolen von Rhodos-Stadt zutage getreten sind, noch nicht publiziert ist, kann diese Liste nur einen vorläufigen Charakter haben16. In statistischer Hinsicht

12 s. insbesondere Kontorini, Inscriptions inédites sowie Kontorini, AER. 13 Für einen Überblick über die Publikationslage s. Badoud 2015, 1–7 sowie a. O. 455–465 die Zusammenstellung sämtlicher Inschriftenpublikationen der Jahre 1895–2012. 14 Bei einigen Inschriften wurde eine Autopsie des Steins bzw. eine Kontrolle des Abklatsches vorgenommen. Diejenigen Texte, bei denen Verbesserungen zu verzeichnen waren, sind in dem Appendix I zusammengestellt. 15 Badoud 2015. 16 s. die entsprechenden Einträge in den Berichten des ADelt, in denen vielfach die noch zu erwartende Menge an Inschriften, die Nichtbürger nennen, anklingt. Für die Ostnekropole s. etwa den Bericht ADelt 54 B 2, 1999, 939 über die Ausgrabungen an der odos Philerimou, bei denen »πολλές ενεπίγραφες επιτύμβιες στήλες θραυσμένες« gefunden worden seien; die Besitzer der Grabmäler seien allesamt Fremde, mehrheitlich aus den kleinasiatischen Küstenbereichen; vgl. auch ADelt 53 B 2, 1998, 951 mit der Nachricht über den Fund von drei Stelen an der odos Attavirou, auf denen die Ethnika Salaminios, Soleus und Phrygia verzeichnet sind; für die Westnekropole s. die Funde in der odos Konstantinou Tsaldari (zwei Syroi, eine Karina sowie ein Fremder mit dem Ethnikon Antiocheus).

6 

 1 Einleitung

hat sich seit der Bestandsaufnahme Morellis die Relation der Häufigkeiten nicht substantiell verschoben17. Deutlicher als zuvor tritt jedoch die Dominanz von Personen aus Ephesos hervor18, so wie überhaupt die kleinasiatischen Regionen eine stärkere Präsenz zeigen. Insgesamt beläuft sich die Zahl der Personen, die durch das Ethnikon eindeutig als Fremde ausgewiesen sind, derzeit auf etwa 156019. Dabei gilt zu berücksichtigen, dass viele Grabinschriften lediglich den Namen des Fremden vermerken. Weiterführende Untersuchungen sind entsprechend nur begrenzt möglich; trotzdem lassen sich in onomastischer Hinsicht wichtige Erkenntnisse gewinnen und – sofern weitere Verwandte genannt werden – Aussagen über das Heiratsverhalten treffen. Da bei den Fremden nur selten die Filiation dem Namen beigefügt ist, sind prosopographische Auswertungen hingegen in vielen Fällen nicht oder nur mit großer Vorsicht vertretbar. Um bestimmte Phänomene in Rhodos besser einordnen zu können, wurden auch immer wieder Beispiele aus den Poleis der Nachbarregionen herangezogen; insbesondere sind dies Kos, Milet und Iasos. Es wurde bewusst davon Abstand genommen, eine systematische Gegenüberstellung verschiedener Fallbeispiele vorzunehmen, die zwangsläufig zu Lasten einer detaillierten Analyse des rhodischen Befundes gegangen wäre. Dass Rhodos in vielerlei Hinsicht einen Sonderfall darstellt, dürfte auch so mehr als deutlich werden.

17 s. S. 459 Abb. 4. 18 Zu den gut belegten Beziehungen zwischen Rhodos und Ephesos s. Kap. 9.3. 19 Morelli 1953 hat 970 Namen zusammengestellt; Sacco 1980 hat weitere 93 Namen ergänzt. Darüber hinaus dokumentierte Morelli 39 engeneis (auf Rhodos geborene Sklaven; s. Kap. 3.3.2 engenēs), denen 34 weitere hinzuzufügen sind.

2 Methodologie und Methode Um die soziale Stellung der Fremden innerhalb einer Polis angemessen bewerten zu können, muss ein methodischer Ansatz gewählt werden, der einerseits die von der Polis vorgegebenen politisch-rechtlichen Kategorisierungen einbezieht, andererseits aber die Voraussetzungen schafft, nach der sozialen Verortung der Fremden zu fragen. Gleichzeitig ist darauf achtzugeben, dass ein solcher Ansatz nicht die überwiegend epigraphischen Quellen dekontextualisiert. In einem ersten Schritt ist jedoch zunächst zu klären, wer in der Polis überhaupt als Fremder galt und in welchem Verhältnis das ›Fremdsein‹ zu dem rechtlichen Status einer Person stand. Dies bildet den Ausgangspunkt, um – nach einer kurzen Darstellung bisheriger Forschungsschwerpunkte – in einem zweiten Schritt einen methodischen Ansatz zu skizzieren, der die beiden genannten Bedingungen erfüllt. Es wird dabei jedoch kein Theoriemodell konzipiert, das der Arbeit insgesamt zugrunde gelegt werden soll. Die vorgestellten raum- und kollektivtheoretischen Konzepte sollen vielmehr den theoretischen Hintergrund aufzeigen, der für die wesentlichen Fragestellungen vielfach als Anregung diente und letztlich auch die Struktur dieser Arbeit maßgeblich beeinflusste.

2.1 Fremde, Fremdheit und rechtlicher Status Die Polisgesellschaft war in besonderem Maße durch das Kriterium der Partizipation definiert. Die Opposition zwischen Bürgern und Nichtbürgern ist reduktionistisch geradezu als Konstitutionsfaktor der Bürgerschaft einer Polis zu begreifen. Nur als Bürger hatte man Zugang zu allen politischen, rechtlichen und religiösen Bereichen und besaß das Recht, Grundbesitz zu erwerben. Daran änderte sich auch in hellenistischer Zeit nichts Grundlegendes. Der Nichtbürger wurde durch seinen Status als Nichtmitglied des Bürgerverbandes und die damit verbundene Verweigerung der gleichberechtigten Teilhabe an weiten Teilen des Polislebens zum ›Fremden‹. Der Fremde, das war insofern gerade auch der Bürger aus der benachbarten Polis, der von dem exklusiven Bürgerverband ausgeschlossen war. In dieser Hinsicht waren Griechen und Nichtgriechen, die kein Bürgerrecht besaßen, gleichermaßen fremd. Fremdheit ist damit das unmittelbare Resultat von Mobilitäts- und Migrationsphänomenen20. Wenn etwa in einer Inschrift dem Namen einer Person aus einer anderen

20 Besonders prägnant stellt Bresson 2007a, 38 den Zusammenhang zwischen Mobilität und der Notwendigkeit der rechtlichen Erfassung der Fremden gerade mit Blick auf die Hafenstädte heraus: »L’arrivée dans une cité grecque, souvent par un port maritime, posait donc d’emblée la question du statut de l’arrivant. S’il s’agissait d’un citoyen, il pouvait immédiatement exercer la plénitude de ses droits. S’il était étranger, il fallait, si on l’acceptait ne fût-ce que pour quelques jours, lui défenir une https://doi.org/10.1515/9783110572681-004

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 2 Methodologie und Methode

Polis die Herkunft beigefügt wurde, so war diese Person zwar als Mitglied einer anderen Gemeinschaft konkret benannt; doch artikuliert sich in der jeweiligen Herkunftsbezeichnung, so wie sie in den Quellen erscheint, keine relational bestimmbare Dimension von Alterität, die sich entsprechend objektivieren ließe. Freilich wird man annehmen können, dass ein Fremder aus der dorischen Nachbarpolis Knidos anders wahrgenommen wurde, als jemand, der bereits durch sein äußeres Erscheinungsbild und seine Sprache direkt als ›Auswärtiger‹ klassifizierbar war. Ob dies für die soziale Positionierung Relevanz besaß, ist aber zunächst anhand der Quellen nicht erkennbar. Der Fremde ist zuallererst in seiner spezifischen Rechtsstellung greifbar. Es geht somit nicht um die Bestimmung von Fremdheit im Sinne von ›Andersartigkeit‹, die durch Interaktion konstruiert und damit in hohem Maß situativ variabel ist und in den Quellen häufig allenfalls mittelbar hervortritt21. Fragen nach der Wahrnehmung von Nichtbürgern als ›Andere‹ sowie der Bedeutung von Herkunft schlechthin in der massiv von Mobilität und Migration geprägten Polisgesellschaft sind analytisch der Primärdifferenzierung von rechtlich begründeter Inklusion und Exklusion nachzuordnen22. Methodologisch muss eine soziale Verortung des Fremden bei dem rechtlichen Status einer Person ansetzen, da eine rechtliche Privilegierung oder Disprivilegierung in einer Gesellschaft, die – systemtheoretisch formuliert – zwar Funktionsbereiche aufweist, aber nicht als funktional ausdifferenziert zu verstehen ist, auf sämtliche Lebensbereiche wirkt23. Ob in bestimmten Situationen das fehlende Bür-

place et lui octroyer un statut. L’identification et le côntrole des voyageurs se présentant dans les ports étaient donc indispensables.« Roubineau 2012 geht demgegenüber von einer »cité ouverte« aus und wendet sich explizit gegen die von Bresson vertretene Annahme einer genauen Einreisekontrolle und Registrierung aller ankommenden Fremden. Fremde, die sich nur vorübergehend an einem Ort aufhielten, hätten gewissermaßen außerhalb des Gesetzes gestanden. In dieselbe Richtung argumentiert Migeotte 2004, 617–619. Erst mit der Registrierung als Metöke und der damit verbundenen Wahl eines prostatēs seien Fremde offiziell erfasst worden; bei diesem Vorgang habe dann auch die Möglichkeit bestanden, unerwünschte Fremde wieder auszuweisen. 21 Das hier dargelegte Verständnis von ›Fremdheit‹ folgt damit dem Ansatz, der dem Trierer SFB 600 ›Fremdheit und Armut‹ zugrunde gelegt wurde; (05.0714). Gegenüber der dort formulierten Arbeitsgrundlage kommen in der vorliegenden Untersuchung jedoch keine systemtheoretischen Ansätze zur Anwendung, auch wenn sowohl der von Stichweh erarbeitete Fremdheitsbegriff als auch die Kategorien Inklusion/Exklusion systemtheoretisch fundiert sind. Vielmehr wird es im Folgenden um die Betrachtung verschiedener Räume der Polis gehen. Über die Einführung der Raumkategorie in die Systemtheorie, die Niklas Luhmann gerade bei der Bestimmung von Inklusion und Exklusion vornimmt s. Schroer 2006, 149–157. 22 Diese Gewichtung wäre für andere Untersuchungsgebiete zu überprüfen, wo aufgrund anderer sozialpolitischer Ausgangsbedingungen vielleicht andere Schwerpunkte zu setzen wären – gerade mit Blick auf Fragen nach Ethnizität; zur Ethnizität im griechischen Kulturraum s. etwa Gehrke 2004. 23 In funktional ausdifferenzierten Gesellschaften wird Inklusion und Exklusion von den Teilsystemen organisiert, die jeweils über eigene Regeln der Teilhabe verfügen und insofern Autonomie aufweisen; s. dazu etwa Windolf 2009, 17 f., der darauf hinweist, dass es allerdings auch in modernen Gesellschaften nicht zu einer Interdependenzunterbrechung komme, womit Luhmann seine Annah-



2.1 Fremde, Fremdheit und rechtlicher Status 

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gerrecht möglicherweise weniger ausschlaggebend war oder etwa Fremde bestimmter Herkunft begünstigt wurden, muss jeweils genau überprüft werden. In einem ersten Schritt aber steht ausschließlich die Frage nach der Partizipation bzw. der Form der Teilhabe am Polisleben im Vordergrund24. Der Begriff des ›Fremden‹ dient mithin zunächst als objektive Beschreibung einer ausschließlich rechtlichen Differenz und wird im Folgenden synonym zu ›Nichtbürger‹ verwendet. Fremdheit in dem beschriebenen rechtlichen Sinn war aber stets graduell. Sie war als hierarchisches System der Mitgliedschaft konzipiert, die den Fremden in eine auf rechtlichen Ungleichheiten beruhende Figuration einordnete. Die Art der Beziehung von eigen bzw. einheimisch und fremd beruhte hier, um mit Rudolf Stichweh zu sprechen, nicht auf einem »binären Code«, der keine andere Option zuließ, sondern war durch »soziale Klassifikationen« determiniert, die bewusst auf ein ›dazwischen‹ als Form einer gewissermaßen partiellen Inklusion angelegt war25. So verlieh der Demos für besondere Verdienste unterschiedliche Privilegien an einzelne Nichtbürger und bestimmte dadurch individuell die Form der Partizipation an dem Polisleben. In Rhodos wurde etwa zwischen Fremden unterschieden, die ein dauerhaftes Aufenthaltsrecht besaßen (epidamia), und solchen, die Grundbesitz erwerben durften (enktēsis)26. Privilegierung war immer eine Reaktion auf ein Engagement oder anders formuliert, die Formen der Partizipation entschieden sich nach der Leistungsbereitschaft bzw. Leistungsfähigkeit des Fremden27. Der Nichtbürger besaß insofern Einfluss auf die Qualität der Beziehung zu den Bürgern, die sich wesentlich an seiner finanziellen Situation bemaß. Freilich lag es immer in der Entscheidungsgewalt der Bürgerschaft festzulegen, ob eine dergestaltig abgestufte Fremdheit durch die Verleihung des Bürgerrechts letztlich überwindbar und mithin temporär war oder aber einen dauerhaften Zustand festschrieb. Diese Haltung gegenüber ›Nichtmitgliedern‹ besaß dabei kei-

me bezeichnete, dass die Inklusion in ein Teilsystem nicht die Wahrscheinlichkeit einer Inklusion in andere Teilsysteme erhöhe. 24 Stichweh 2010, 162 f. spricht in dieser Hinsicht von dem sozialen Aspekt, dem der sachliche gegenüberzustellen sei. 25 Stichweh 1997, 48 f. Indifferenz, die Stichweh a. O. 59 als charakteristische Haltung der modernen Gesellschaft gegenüber Fremden ausmacht, ist bei den Polisbürgern nicht zu beobachten und hätte auf lange Sicht auch zur Auflösung der Polisgesellschaft geführt. 26 Zum besonderen Status der epidamiastai, der eine rhodische Eigenheit darstellt, s. Kap. 3.2.3 epidamia und enktēsis. 27 Vgl. aber etwa Köcke, in: Günther 2014a, 274, die Einbürgerungen in Milet z. T. mit demographischen Notwendigkeiten erklärt. Sonderfälle stellen generell Isopolitie- und Sympolitieverträge dar. Isopolitieverträge dienten der Gestaltung der Beziehung zwischen zwei Poleis; mit der gegenseitigen Verleihung der politeia war zunächst jedoch nur ein potentielles Bürgerrecht verbunden, das man in der jeweils anderen Polis erst durch die dortige Registrierung als Bürger aktivieren musste; Gawantka 1975, 3 f. 71 f.; Saba 2014. Demgegenüber bedeutete eine Sympolitie den Zusammenschluss von zwei oder mehreren Poleis zu einer neuen Gemeinde mit nur einem Bürgerrecht; Walser 2009.

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 2 Methodologie und Methode

neswegs Konstanz, sondern variierte unter bestimmten historischen Gegebenheiten und konnte sich auch zur kontroversen Debatte ausweiten, bei der das Kriterium der Mitgliedschaft neu ausgehandelt werden musste. Solch eine Situation bestand etwa in Rhodos, als gegen Ende des 4. Jhs. v. Chr. die Festlandgebiete eingegliedert wurden und sich die Bürger von Lindos erfolgreich dagegen wehrten, den Neubürgern der Peraia eine gleichberechtigte Partizipation an den Kulten der Gemeinde zuzugestehen28. Der politisch-rechtliche Status und der daraus resultierende Grad der Partizipation am Polisleben waren demnach unmittelbar für die soziale Stellung des Fremden ausschlaggebend und bilden daher den Ausgangspunkt für eine sozialgeschichtliche Untersuchung der Nichtbürger.

2.2 Bisherige Forschungsschwerpunkte Trotz der intensiven Aufmerksamkeit, die der hellenistischen Polis in der jüngsten Vergangenheit gewidmet wurde und wird, ist die Rolle der Fremden eine weitgehende Randerscheinung geblieben. Das Interesse konzentriert sich primär auf den Bereich des Politischen, die Vitalität der Polisinstitutionen, die Rekrutierung und Reproduktion der Oberschicht, kurzum auf den Bürgerverband. Bisherige Arbeiten, die sich eingehender mit den ›Fremden‹ auseinandersetzten, näherten sich dem Phänomen aus einer überwiegend rechtlichen Perspektive und blieben weitgehend auf Athen beschränkt. Neben der einführenden Darstellung von Marie-Françoise Baslez sowie den grundlegenden Arbeiten von David Whitehead zu den Metöken sowie von Michael J. Osborne zum Bürgerrecht ist hier aus jüngerer Zeit insbesondere die Arbeit von Maria Niku über den »official status« der in Athen ansässigen Fremden zu nennen, die darin aber auch die Absicht formuliert, die soziale Seite der Nichtbürger Athens in einem zukünftigen Projekt zu erarbeiten29. Demgegenüber hat Mustafa Adak in seiner Untersuchung der athenischen Fremden einen ganz anderen Ansatz gewählt und deren Rolle als Wohltäter für ihre Polis herausgearbeitet30. Er konzentriert sich damit auf einen zentralen Bereich der Kommunikation zwischen Bürgern und Nichtbürgern, um das besondere Wechselverhältnis beider Gruppen zu erfassen, und verweist nachdrücklich auf die soziale Aner-

28 Vgl. dazu Kap. 7.1; s. auch Stichweh 1997, 53: »Wer der Fremde jeweils ist, ist wesentlich auch ein Resultat von Aushandlungsprozeduren, in denen über andere Ressourcen – Macht, Argumentationschancen, Selbstdarstellungsmöglichkeiten – mitentschieden wird.« 29 Baslez 2008; Whitehead 1977; Osborne 1981–1983; Niku 2007; auf den S. 150–152 formuliert Niku mehrere Fragen, die sie in dem anvisierten Projekt untersuchen möchte. Für die klassische Zeit ist jetzt insbesondere die Arbeit von Kamen 2013 zu nennen, die detailliert die rechtlich-sozialen Statusgruppen in Athen herausstellt, die sich jeweils stark heterogen strukturiert zeigen. 30 Adak 2003.



2.2 Bisherige Forschungsschwerpunkte 

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kennung, die den Metöken auf diese Weise zuteil wurde. Damit lenkt er den Blick auf eine Kontaktzone, die auch für Rhodos einzubeziehen ist. Wie gewinnbringend der Blick auf Detailphänomene sein kann, hat kürzlich Linda-Marie Günther gezeigt, die ihre Aufmerksamkeit den in Athen ansässigen Milesierinnen gewidmet hat31. Mittels einer onomastischen Auswertung kann sie auf ein ›Nichtbürgermilieu‹ schließen, das Personen umfasse, die offenbar über mehrere Generationen in Athen ansässig gewesen seien. Günther stellt dabei fest, dass die Milesierinnen Namen tragen, die größtenteils nicht in Milet, wohl aber in Athen sowie insgesamt in Mittelgriechenland belegt sind. Der Beitrag ist Teil eines Sammelbandes, der im Wesentlichen aus einer Tagung hervorgeht, die sich – jenseits von Athen – mit dem Thema »Metöken und Neubürger in hellenistischen Poleis« beschäftigte. Einbürgerungen wurden in diesem Zusammenhang auch als mögliche Reaktion auf demographische Defizite diskutiert; trotzdem wurde hier einmal mehr deutlich, dass der Wert des Bürgerrechts als solcher weiterhin bewahrt blieb32. Dies gilt auch etwa für den kleinen karischen Hafenort Iasos, für den eine erstaunlich große Zahl an Nichtbürgern belegt ist, auf die zuletzt Fabrice Delrieux aufmerksam gemacht hat33. Im Jahr 2009 wurden auf einer Tagung des Schwerpunktprogramms »Die hellenistische Polis als Lebensform« explizit Formen von Inklusion und Exklusion diskutiert, in deren Rahmen in einzelnen Beiträgen auch dezidiert nach der Rolle der Nichtbürger gefragt wurde. Am Beispiel von Pergamon stellte etwa Ralf von den Hoff heraus, dass das Gymnasion weiterhin ein Ort der Bürgerschaft war, an dem fremde Euergeten allenfalls statuarisch präsent waren34. Hier wie auch in weiteren Beiträgen zu Heiligtümern wurden dabei ebenso Fragen nach der konkreten räumlichen Zugänglichkeit gestellt. Auch in Bezug auf Rhodos traten in der Forschung die Fremden lange Zeit primär hinsichtlich der sehr ausgeprägten rechtlichen Differenzierung der Polisbevölkerung in Erscheinung35. Ein umfassender Versuch, die Struktur der rhodischen Gesellschaft näher zu betrachten, beschränkt sich bisher auf einige Einzelaspekte. Für das hellenistische Rhodos hat Vincent Gabrielsen maßgebliche Impulse für die Beschreibung der Polisgesellschaft geliefert; seine Arbeiten sind auf Fragen zur Oberschicht und deren Bestreben einer politischen und ökonomischen Absicherung gegenüber den übrigen Bürgern fokussiert. Er geht insgesamt von einer geschlossenen Oberschicht aus, die sämtliche Bereiche der Polis dominiert und sich als ›Naval Aristocracy‹ von der übrigen Bürgerschaft abgegrenzt habe. Zwar rückt Gabrielsen die wesentlichen

31 Günther 2012. 32 s. besonders den Beitrag von Kah 2012 zum hellenistischen Priene. 33 Delrieux 2013. 34 Der Tagungsband ist als vierter Band der Reihe »Die hellenistische Polis als Lebensform« erschienen; der Beitrag von von den Hoff ist indes hierin nicht enthalten. 35 s. Kap. 3.2.

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 2 Methodologie und Methode

Aspekte in den Blick, die es bei einer Beschreibung der rhodischen Oberschicht zu berücksichtigen gilt; doch ist das Bild einer starken, die Polis beherrschenden ›Aristokratie‹ in verschiedenen Punkten zu relativieren. Dies betrifft insbesondere das Vereinswesen, das den ›Aristokraten‹ als Instrument gedient habe, Netzwerkstrukturen zu etablieren und dadurch ihre Machtstellung zu sichern36. Als Mitglieder von Vereinen rücken in diesem Zusammenhang dann auch verschiedentlich die Nichtbürger in den Blick. Demgemäß sind es auch die beiden jüngst zum rhodischen Vereinswesen verfassten Arbeiten von Stéphanie Maillot und Luisa Benincampi, durch die den Nichtbürgern eine größere Aufmerksamkeit zugekommen ist37. Schließlich ist auf einen zentralen Beitrag für die Rolle der Nichtbürger in Rhodos zu verweisen, der von archäologischer Seite geleistet wurde. In ihrer Arbeit über die griechischen Totenmahlreliefs verknüpft Johanna Fabricius die archäologischen mit den jeweiligen epigraphischen Quellen und versucht zu ermitteln, ob sich eine von den Polisbürgern divergierende Wertvorstellung der Nichtbürger bestimmen lässt38. Sie kann dabei gewisse Präferenzen der Fremden in ihrer Grabrepräsentation ausmachen, die sich insgesamt aber in die für Rhodos charakteristische Sepulkralkunst einordnen lassen. Die Ausgrabungsergebnisse der rhodischen Nekropolen erlauben überdies zum Teil in außergewöhnlicher Weise eine Unterscheidung der Grabbezirke in Familiengräber und Vereinsgräber, worauf sie nachdrücklich hinweist. Mit dieser methodischen Vorgehensweise hat Fabricius einen gewinnbringenden Ansatz vorgezeichnet, um die Fremden auf Rhodos differenzierter zu beschreiben. Fragen nach einer möglichen Entwicklung der Stellung von Fremden in Rhodos wurden bisher kaum gestellt. Dabei ist insbesondere von Interesse, ob die Exklusivität des Bürgerrechts und die damit verbundene scharfe Trennung zwischen Bürgern und Nichtbürgern überhaupt die gesamte hellenistische Zeit hinweg konstant blieb. Generell treten in späthellenistischer Zeit insofern zunehmend die Nichtbürger in den Blickpunkt, als sie nun in vielen Poleis häufiger als Empfänger des euergetischen Engagements benannt werden39. Dies steht in kausalem Zusammenhang mit dem von

36 s. Kap. 3.1.3 sowie 4.1. 37 Maillot 2005; Benincampi 2008. s. dazu Kap. 4.1. Hinzu kommt demnächst die kürzlich an der Universität Kopenhagen abgeschlossene Dissertation von Christian A. Thomsen, der das Verhältnis der rhodischen Vereine zur Polis und ihren Eliten untersucht hat. 38 Fabricius 1999. 39 s. etwa Hamon 2012, der u. a. für die Poleis Priene, Pergamon und Kolophon darauf hinweist, dass die Euergeten ab dem 2. Jh. v. Chr. in ihr Engagement explizit Nichtbürger einbezogen. Zwar seien die juristischen Unterschiede aufrechterhalten worden, die Wohltäter hätten teilweise jedoch bewusst eine zumindest vorübergehende Gleichheit hergestellt. Anlässlich seines Amtsantritts zur Stephanephorie lud beispielsweise Zosimos aus Priene Bürger, Nichtbürger und Sklaven zu einem Festmahl ein, wobei er ihnen eine gleiche Behandlung (ἐπ’ ἴσον) zuteil werden ließ. Der auf Polisebene für die Bürgerschaft ›reservierte‹ Begriff der Isonomie werde in diesem Zusammenhang demonstrativ auf die gesamte Bevölkerung ausgedehnt.



2.2 Bisherige Forschungsschwerpunkte 

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Louis Robert und Philippe Gauthier konstatierten allgemeinen Wandel der Polisgesellschaft im 2. Jh. v. Chr., im Zuge dessen die Dichotomie Bürger/Nichtbürger an Schärfe verloren habe. Ab der Mitte des 2. Jhs. v. Chr. habe in vielen Poleis ein Prozess der ›Aristokratisierung‹ eingesetzt, den Gauthier auf das massive euergetische Engagement einzelner Bürger zurückführt, das sich schließlich zu einer Art »système de gouvernement« entwickelt habe und prägendes Merkmal der »basse époque hellénistique« gewesen sei40. Mit dem Niedergang der hellenistischen Reiche seien diese »grands bienfaiteurs« an die Stelle des königlichen Euergetismus getreten und hätten »une sorte de caste plus ou moins héréditaire de notables« gebildet. Diese ›Epochengrenze‹ ist bereits von Robert formuliert worden, der von einer »nouvelle aristocratie des cités« spricht41. Die von Robert und Gauthier skizzierte Herausbildung eines städtischen Honoratiorenregimes ist insbesondere in der französischsprachigen Forschung, aber auch darüber hinaus weitgehend akzeptiert worden42. Die daraus resultierenden Folgen für eine Bewertung des grundsätzlichen Realitätsgehalts der hellenistischen Demokratie wurde in jüngster Zeit intensiv diskutiert43. Für die vorliegende Arbeit ist diese Diskussion insbesondere deshalb von großer Relevanz, da vielfach angenommen wird, dass mit der Etablierung einer Honoratiorenschicht gleichzeitig ein Bedeutungsverlust des Bürgerrechts einhergegangen und allmählich die Dichotomie zwischen reich und arm zum maßgeblichen Differenzierungskriterium der Polisbevölkerung geworden sei. So macht Niku für das hellenistische Athen zwei maßgebliche Wendepunkte aus, die für eine sukzessive Abnahme der Exklusivität des Bürgerrechts stünden: Den ersten Einschnitt sieht sie in der Zeit unmittelbar nach 229/8 – dem Jahr, in dem Athen seine Freiheit von makedonischer Herrschaft wiedererlangte. Einerseits habe man den Metökenstatus aufgegeben, andererseits seien, was bereits Osborne bemerkte, nun auch die Nachkommen aus gemischten Ehen als

40 Gauthier 1985, bes. 53–66. 72 f. 41 s. Gauthier 2005, 1 f. mit den einschlägigen Stellenverweisen. 42 u. a. Fröhlich 2004; Grieb 2008; Carlsson 2005 [2010]; Mann – Scholz 2012. Für Iasos macht Fabiani 2012 demgegenüber bereits im ausgehenden 3. Jh. v. Chr. Tendenzen einer zunehmenden Abgrenzung der Oberschicht gegenüber den übrigen Polisbürgern aus. 43 Den Stand der Diskussion fasst Mann 2012 zusammen. Der vermeintliche Wandel der Bürgerschaft wird vor allem an der Sprache der Dekrete festgemacht, in denen die Honoranden teilweise im Übermaß für ihre Leistungen gelegentlich sogar mit posthumen Ehren bis hin zu Heroenkulten bedacht werden; gleichzeitig habe die Bürgerschaft kaum mehr eine Kontrollfunktion übernommen; Gauthier 2005, 2; Scholz 2008, 83–87. Ab der 2. Hälfte des 2. Jhs. v. Chr. lasse sich anhand der Dekrete »die Rolle der Bürgerschaft als ein weitgehend passives Kollektiv beschreiben«, urteilt dementsprechend Scholz 2008, 85. Vgl. auch S. 87: »(...) die Rolle, welche die Ehrendekrete für gewöhnlich dem Demos zuwiesen, war auf das Geschäft des Ehrens beschränkt.« Vgl. dazu die Bewertung der politischen Praxis im kaiserzeitlichen Rhodos durch Dio Chrys. 31, 161–162. Zur rhodischen Oberschicht s. Kap. 3.1.3.

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 2 Methodologie und Methode

Vollbürger anerkannt worden44. Auch hinsichtlich des zweiten Wendepunktes folgt sie den Beobachtungen, die von Osborne gemacht wurden. Dieser hatte das Ende der Aufzeichnung von Bürgerrechtsdekreten ab der 2. Hälfte des 2. Jhs. v. Chr. damit erklärt, dass Einbürgerungen nun nicht mehr als Auszeichnung für ein besonderes Engagement vorgenommen wurden. Prinzipiell habe jeder Nichtbürger, der über ein gewisses Vermögen verfügte, das Bürgerrecht erhalten können45. Ab 120 seien außerdem die Söhne reicher Nichtbürger zur Ephebie zugelassen worden und hätten anschließend auf einen Antrag hin in den Bürgerverband aufgenommen werden können. Zwar sei formell weiterhin zwischen Bürgern und Nichtbürgern unterschieden worden, fortan aber habe der Gegensatz zwischen reichen und armen Bevölkerungsschichten die soziale Hierarchisierung der attischen Gesellschaft geprägt46. Im selben Jahr wie Niku hat Oliver diesbezüglich Kritik geäußert und bemerkt, das athenische Bürgerrecht habe über die gesamte hellenistische Zeit hinweg keineswegs an Bedeutung eingebüßt. Insbesondere gäben die Quellen keinen Hinweis darauf, dass mit der Öffnung der Ephebie für Fremde gleichzeitig die Möglichkeit des Bürgerrechtserwerbs verbunden gewesen sei47. Allein die Legalisierung gemischter Ehen hält er für einen Hinweis, dass gewisse Veränderungen eingetreten seien. Auch Günther vermag keinen substantiellen Wandel hinsichtlich des Stellenwerts des Bürgerrechts zu erkennen. Sie bezweifelt zudem, dass nach dem 3. Jh. ein athenischer Bürger eine gültige Ehe mit einer Nichtathenerin schließen konnte48. Zwar ist in der Tat der Rechtsstatus der Nachkommen von Athenern und Milesierinnen, die primär Günther im Blick hat, nicht zu bestimmen. Immerhin aber gibt es drei Grabinschriften, in denen der Sohn eines Atheners und einer Nichtbürgerin ein attisches Demotikon trägt49. Auch dem deutlichen Anstieg von Belegen für gemischte Ehen wird man durchaus Gewicht beimessen dürfen und ihn am ehesten mit einer Änderung des Eherechts erklären können50. So kann man den von Oliver zurückhaltend formulierten Veränderungen zustimmen.

44 Bereits unter makedonischer Herrschaft habe auf Grund der Vielzahl an fremden Soldaten auf athenischem Polisterritorium, die man ohnehin nicht mit der Metökensteuer belegen konnte, der Metökenstatus an Relevanz verloren; nach 229/8 habe Athen dann zunächst eine vorsichtige Neutralitätspolitik eingeschlagen und daher von institutionellen Änderungen abgesehen; Niku 2007, 147–149. 45 Niku 2007, 142. 46 Niku 2007, 20. 47 Oliver 2007, 287 f., der hier auf den Beitrag von Perrin-Saminadayar 2005 verweist, der bereits entsprechende Kritik an der Interpretation Osbornes geäußert hat; vgl. auch Oliver 2010. Burckhardt 2004, 204 f. benennt zwar auch die Ephebie als eine Möglichkeit, das Bürgerrecht zu erwerben, betont aber gleichzeitig den fortbestehenden hohen Stellenwert des athenischen Bürgerrechts. 48 Günther 2012, 134 f. 49 Niku 2007, 18. 50 Die grundsätzlich richtigen Warnungen von Günther 2012, 132–134 vor einer zu starken Belastung solcher Statistiken, fallen in dieser Hinsicht zu kritisch aus. Vgl. auch Gray 2011, 56–59, die besonders mit Blick auf die Grabreliefs auf die herausgehobene Stellung vieler Milesier in Athen verweist.



2.2 Bisherige Forschungsschwerpunkte 

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Dass der Unterschied zwischen Bürgern und Nichtbürgern deutlich an Relevanz verloren habe, betont auch Volker Grieb, der neben Athen mit Milet, Kos und Rhodos drei weitere Fallbeispiele untersucht hat, diese Annahme aber im Wesentlichen an der Entwicklung in Rhodos festmacht. Generell geht Grieb für die späthellenistische Zeit von einer weniger rigiden Bürgerrechtspolitik aus51, rekurriert dann aber besonders auf die von Robert und Gauthier beschriebene Etablierung einer Aristokratie: Durch den zunehmenden Einfluss Roms seien die Möglichkeiten außenpolitischer Betätigung zurückgegangen; die Politik sei alternativlos geworden. Dadurch hätte die zentrale Grundlage innenpolitischer Rivalitäten gefehlt und der Weg für die Vorherrschaft einer kleinen Elite freigestanden52. Durch ein intensives euergetisches Engagement seien einzelne wohlhabende Bürger in der Lage gewesen, eine Klientel an sich zu binden. Anstelle eines Engagements innerhalb der politischen Entscheidungsstrukturen hätten sie ab dem 2. Jh. insbesondere die Vereine mit Wohltaten bedacht. Dies habe zu einer stärkeren Integration der Nichtbürger geführt, gleichzeitig aber auch eine Bindung an einzelne Aristokraten zur Folge gehabt. Als Konsequenz sei eine »gesellschaftspolitisch führende Schicht« entstanden, die auch Nichtbürger einschloss. Eine »abgeschwächte Bedeutung des Bürgerrechts« habe letztlich die Bildung einer städtischen Elite begünstigt, die Bürger und Nichtbürger umfasste53. Auch Ismard hat für Athen einen deutlich Bruch in der Mitte des 2. Jhs. festgestellt, den er wesentlich an einer abnehmenden Bedeutung der Demen und Phratrien festmacht54. Parallel dazu wäre bei den ›privaten‹ Kultvereinen eine Änderung zu beobachten, die sich nun u. a. vermehrt aus Bürgern und Nichtbürgern zusammensetzten; damit verbunden sei vielleicht ein Wandel im Verständnis des Bürgerrechts als eines vererbaren Privileges. Die genē hätten sich in dieser Zeit sukzessive zu einem Ort der athenischen Elite entwickelt und damit letztlich zur Herausbildung einer Aristokratie beigetragen. Eine derartige Entwicklung wäre folglich von zentraler Bedeutung für eine Frage nach dem sozialen Status der Fremden einer Polis. Wenn gegen Ende des 2. Jhs. v. Chr. die als Nichtzugehörigkeit zum Bürgerverband definierte Fremdheit bereits allein durch ein entsprechendes Vermögen überwindbar gewesen sein sollte, würde dies in der Tat eine vollkommen neue Bewertung und Definition des Status der Fremden erfordern. In der vorliegenden Arbeit wird dagegen die These vertreten, dass auch in späthellenistischer Zeit die Dichotomie Bürger/Nichtbürger in Rhodos keineswegs an

51 Grieb 2008, 363. Grieb schließt sich hier namentlich den Positionen von Gauthier 1984 und Fröhlich 2004 an. Für Milet stellt Günther 2014a, 249 f. fest, dass ab etwa 180 v. Chr. Bürgerrechtsgewährungen weniger regide gehandhabt worden seien, ohne dass dadurch aber der Gegensatz zwischen Bürgern und Nichtbürgern vollkommen aufgelöst worden sei. 52 Grieb 2008, 361–363. 53 Grieb 2008, 363. 54 Ismard 2010, 341–343. 348–351.

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 2 Methodologie und Methode

Schärfe verlor oder gar obsolet wurde. Dies lässt sich insbesondere mit Blick auf die zurückhaltende Vergabe rechtlicher Privilegien aufzeigen als auch durch den Nachweis der sozialen Relevanz des Rechtsstatus einer Person in sämtlichen Lebensbereichen der Polis. Dass die Chancen sozialer Mobilität zu bestimmten Zeiten möglicherweise anders gewichtet waren, steht dem indessen nicht entgegen. In diese Richtung könnte eine Beobachtung deuten, die Bresson anhand einer onomastischen Auswertung der sog. Münzmeisternamen gemacht hat55. So korrelieren die auf den rhodischen Münzen vermerkten Namen bis zum Ende des 2. Jhs. v. Chr. abgesehen von wenigen Ausnahmen durchweg mit Namen, die inschriftlich als solche rhodischer Bürger dokumentiert sind. Für den Zeitraum von etwa 120 v. Chr. bis zum Beginn des mithridatischen Krieges 88 v. Chr. können dann aber plötzlich fast die Hälfte der Münzmeisternamen nicht der rhodischen Onomastik zugewiesen werden. Dagegen lassen sich für viele der Namen Vergleiche von in Rhodos ansässigen Nichtbürgern sowie Sklaven oder Freigelassenen anführen. Bresson vermutet, dass vorübergehend das Münzmeisteramt für Nichtbürger zugänglich gemacht worden sei. Hingegen dürfe das Auftauchen ›neuer‹ Namen unter den Münzmeistern nicht mit einer Einbürgerung von Nichtbürgern erklärt werden, da sich für eine derart umfassende Erweiterung der Bürgerschaft keine epigraphischen Indizien anführen ließen56 – eine Beobachtung, die auch durch die Ergebnisse der vorliegenden Arbeit weiterhin Gültigkeit besitzt. Dieses Beispiel zeigt deutlich die Möglichkeiten der Bürgerschaft auf, durch gezielte Maßnahmen das ökonomische Potential der zahlreichen Fremden für die Interessen der Polis zu nutzen, ohne grundsätzlich die privilegierte Stellung der Bürger zu nivellieren.

2.3 Raum und Kollektiv Um jenseits der rechtlichen Einordnung der Fremden eine soziale Verortung der Nichtbürger vorzunehmen, werden im Folgenden die konkreten Räume der Polis in den Blick genommen, in denen sich Fremde aufhielten. Diese Räume sind das Vereinshaus, die Nekropolen, die Heiligtümer, die Flotte sowie der ländliche Bereich, die chōra57. Eine solche methodische Vorgehensweise stellt kein analytisches Kons-

55 Bresson 2001. 56 Bresson 2001, 207–211. 57 Da die Vereine in verschiedenen Räumen der Polis präsent sind (Vereinshaus, Heiligtümer, Nekropolen) wird das Vereinswesen bewusst nicht isoliert in einem eigenen Kapitel betrachtet, sondern gemäß dem hier beschriebenem Ansatz sind die vereinseigenen Heiligtümer und Nekropolen den entsprechenden Überkapiteln zugeordnet. Aufgrund der wenigen Quellen wurde darauf verzichtet, die Agora und die ›privaten‹ Philosophenschulen in einem eigenen Kapitel zu untersuchen. Zur Zugänglichkeit des Gymnasion in Rhodos s. Kap. 7.2.2 Übernahme von Ämtern bei Festveranstaltungen; zur Agora s. Kap. 3.2.3 proxenos und euergetas Anm. 282.



2.3 Raum und Kollektiv 

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trukt dar; die genannten Räume markieren vielmehr bestimmte Funktionsbereiche der Polis, die auch als solche von den Polisbewohnern wahrgenommen wurden. Ein dezidiertes Raumbewusstsein lässt sich unmittelbar an den Quellen ablesen. So unterteilt etwa Aristoteles den urbanen Raum seiner Idealpolis nach verschiedenen Funktionsbereichen: Es soll eine politische Agora geben, in deren Nähe möglichst auch das Gymnasion der Älteren anzulegen sei. Davon zu trennen sei der Bereich des Wirtschaftens, für den ein eigener Marktplatz errichtet werden solle. Die Heiligtümer sollen sich an einem herausgehobenen Ort der Polis befinden58. Diese räumliche Wahrnehmung der Polis war allerdings keineswegs auf die Ebene philosophischer Diskurse beschränkt. An den ›Stadtplänen‹ der Poleis ist unmittelbar ein Raumbewusstsein ablesbar. Die Polis war nicht nur nach außen durch klare Grenzen gegenüber anderen Poleis territorial abgegrenzt, sondern auch in gleichem Maße nach innen durch ›gebaute‹ Grenzen strukturiert. Grenzsteine, Mauern und Straßen markierten Grundstücke und Grabbezirke, definierten Platzanlagen und sakrale Räume59. Insbesondere ab dem 2. Jh. v. Chr. wurden zudem Säulenhallen als bewusste architektonische Gliederungselemente eingesetzt, die den Eindruck einer gewissen Geschlossenheit hervorriefen. All dies deutet auf ein Bedürfnis nach einer klaren Aufteilung des Raumes, nach Grenzziehungen, die auch visuell erfahrbar sein sollten60. Tonio Hölscher attestiert der Polis insofern »eine klar strukturierte Topographie, durch die jede kulturelle Handlung einen spezifischen Ort und damit eine kollektiv verständliche Bedeutung erhielt«61. Die Orte verfügten jeweils über eigene Geltungsbereiche von Regeln und Ordnungsprinzipien, die über grundsätzliche Zugänglichkeiten entschieden und den jeweiligen Akteuren Verhaltensweisen nahelegten und teilweise auch konkret vorschrieben. Die Räume der Polis sind daher mehr als eine geographische Lagebestimmung; sie bilden nicht nur den naturgegebenen, physisch abmessbaren Rahmen sozialer Handlungen, sondern werden auch durch diese erst hervorgebracht. Auf diese doppelte Bedeutung von Raum wies bereits Georg Simmel hin, der dem konkreten physischen einen sozialen Raum gegenüberstellte. Raum in diesem metaphorischen Sinn ist als soziales Beziehungsgeflecht zu verstehen, das durch die Interaktion verschiedener Akteure konstruiert wird. Aber auch den physischen Raum begreift er nicht als einfach da, sondern versteht ihn als Produkt sozialer Interaktion, weshalb er stets als ›gebauter‹ Raum zu begreifen ist. Damit setzt Simmel sich von

58 Aristot. Pol. 1331a15 – 1331b15; s. dazu auch Heinle 2009, 44 f. 59 Sokolicek 2010, 222. 60 von Hesberg 1994; Zimmermann 2009b. Zur Verwendung von Peristylanlagen s. Emme 2013. Für den Versuch, eine soziale Hierarchisierung der Wohnräume innerhalb der Polis Priene auszumachen, s. Filges 2012, bes. 182–186. Hölscher 1998 betont indes, dass bereits die archaische Polis mit getrennt angelegten Versammlungsplätzen, Heiligtümern und Nekropolen eine deutliche räumliche Gliederung aufwies. 61 Hölscher 2013, 49.

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 2 Methodologie und Methode

älteren Konzepten ab, die Raum als bloßen Behälter konzipieren, dem die Akteure im Raum ausgesetzt sind (Raumdeterminismus), und macht auf den Prozess der Konstituierung des Raums aufmerksam62. Dieses doppelte Raumverständnis führt zu einer differenzierteren Beschreibungskategorie gesellschaftlicher Strukturen, mit dem die Partizipationsmöglichkeiten der Nichtbürger ebenso wie grundsätzliche Mechanismen sozialer Mobilität weitaus präziser herausgestellt werden können. Durch eine systematische Betrachtung dieser klar umgrenzten Aktionsräume wird es insofern möglich zu verdeutlichen, welche Nichtbürger überhaupt in welchen Räumen der Polis präsent waren, wo sich Gelegenheiten der Interaktion zwischen Bürgern und Nichtbürgern boten und welche Bewegungsmöglichkeiten die Nichtbürger besaßen. Besonders ergiebig ist in dieser Hinsicht Simmels »Exkurs über den Fremden«. Diese nur wenige Seiten umfassende Abhandlung ist in das Kapitel »Der Raum und die räumliche Ordnung der Gesellschaft« seiner »Soziologie« eingebettet und damit Teil seiner raumsoziologischen Theorie63. Er nimmt darin den »potentiell Wandernden« in den Blick, als denjenigen, der »heute kommt und morgen bleibt«. Fremdheit resultiert auch hier aus der Wanderungsbewegung und wird nicht, zumindest nicht primär, als ›Andersartigkeit‹ wahrgenommen64. Obwohl dem Fremden sein Fremdsein stets immanent eingeschrieben bleibe, sieht Simmel ihn nicht als gesellschaftlich exkludiert, sondern als Teil der Gruppe, mit der er in einer permanenten Wechselwirkung stehe. Das Besondere in dieser Beziehung sei in der Einheit von Nähe und Distanz zu sehen, worin neben der räumlichen ebenso die soziale Ebene gemeint ist65. Für die Position des Fremden im (sozialen) Raum hält er zwei Faktoren für ausschlaggebend, die gerade für eine Untersuchung der sozialen Stellung von Nichtbür-

62 Schroer 2006, 62 f.; Löw 2001, 60 f. Das kommt etwa besonders in Simmels Verständnis der Grenze als »soziologische Tatsache, die sich räumlich formt« zum Ausdruck. Hierzu führt er weiter aus: »Das idealistische Prinzip, daß der Raum unsere Vorstellung ist, genauer: daß er durch unsere synthetische Tätigkeit, durch die wir das Empfindungsmaterial formen, zustande kommt – spezialisiert sich hier so, daß die Raumgestaltung, die wir Grenze nennen, eine soziologische Funktion ist. Ist sie freilich erst zu einem räumlich-sinnlichen Gebilde geworden, das wir unabhängig von seinem soziologisch-praktischen Sinne in die Natur einzeichnen, so übt dies starke Rückwirkung auf das Bewußtsein von dem Verhältnis der Parteien.« Simmel 1903, 141. 63 Auf diesen Kontext verweist nachdrücklich Schroer 2006, 60. 64 Dies zeigt sich etwa auch darin, dass Simmel 1908, 766 als eine Eigenschaft des Fremden dessen Objektivität benennt, die daraus resultiere, das er »mit keinem einzelnen durch die verwandtschaftlichen, lokalen, beruflichen Fixiertheiten organisch verbunden« sei. Trotzdem finden sich an einigen Stellen Bezüge auf das ›Andere‹ des Fremden; so sei das Verhältnis zum Fremden insofern von einer Abstraktheit geprägt, als »man mit dem Fremden nur gewisse allgemeinere Qualitäten gemein hat, während sich das Verhältnis zu den organischer Verbundenen auf der Gleichheit von spezifischen Differenzen gegen das bloß Allgemeine aufbaut.« (S. 768). Vgl. auch Stichweh 1997, 46 f. 65 »Die Einheit von Nähe und Entferntheit, die jegliches Verhältnis zwischen Menschen enthält, ist hier zu einer, am kürzesten so zu formulierenden Einheit gelangt: die Distanz innerhalb des Verhältnisses bedeutet, daß der Nahe fern ist, das Fremdsein aber, daß der Ferne nah ist.«; Simmel 1908, 765; Saalmann 2007, 4.



2.3 Raum und Kollektiv 

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gern von großer Relevanz sind: Zum einen betont Simmel, dass der Fremde nicht von vornherein Teil des Raumes ist, und zum anderen, dass er neue »Qualitäten« in den Raum hineinträgt66. Diese zunächst selbstverständlich erscheinende Feststellung mahnt zur Vorsicht, Fremde nicht als bloße Randgruppe zu begreifen, als in den Raum platziert, sondern in gleichem Maße zu berücksichtigen, wie Fremde sich in ihr neues Umfeld einbringen, wie sie auf Exklusion reagieren und letztlich selbst Raum – sowohl im physischen als auch im metaphorischen Sinne – gestalten67. Neben dem euergetischen Engagement von Nichtbürgern ist hier vor allem an die zahlreichen Vereinsgründungen zu denken, die sich mit Pierre Bourdieu auch als »Aneignung« eines sozialen Raumes bzw. Feldes begreifen lassen. Ebenso wie Simmel versteht er den physischen Raum stets als soziales Konstrukt, als »eine soziale Struktur in objektiviertem Zustand«, die daher eine »Projektion des sozialen Raumes« darstelle68. Bourdieu benennt die unterschiedliche Verfügbarkeit über ökonomisches, kulturelles und soziales Kapital als maßgebliche Faktoren für die relationale Anordnung der Akteure im Raum. Es bestehe eine permanente Konkurrenz um Ressourcen, die über die Möglichkeiten entschieden, sich Raum verfügbar zu machen69. In diesem Sinn ließe sich fragen, ob in bestimmten Bereichen von der Polisgesellschaft abweichende, ›feldspezifische‹ Kapitalsorten für die soziale Positionierung der Nichtbürger Geltung hatten. Konkret wäre also nach den Grenzen der Felder sowie dem Grad ihrer Autonomie zu fragen und jeweils die Wirksamkeit von ›feldexternen‹ Einflüssen auszuloten, insbesondere in Hinblick auf die Polis als ›übergeordnetes‹ Feld. Einen Schritt weiter als Simmel und Bourdieu geht Martina Löw, die radikal konstruktivistisch jegliche physische Substanz des Raumes auflöst, indem sie die Existenz eines physischen Raumes unabhängig vom sozialen Raum negiert70. Nicht der Raum besitze Materialität, sondern allein die den Raum hervorbringenden Individuen und Güter. Der Raum konstituiere sich als »relationale (An)Ordnung von Menschen (Lebewesen) und sozialen Gütern«, der durch zwei Prozesse hervorgebracht werde, die Löw als ›Spacing‹ und ›Syntheseleistung‹ bezeichnet. Unter ›Spacing‹ versteht sie den Vorgang der Platzierung von Menschen und sozialen Gütern, während die ›Syntheseleistung‹ die Verknüpfung der angeordneten Elemente beschreibt und sich damit auf die Wahrnehmungsebene bezieht, wodurch der Raum letztlich erst entsteht. Da das alltägliche Handeln oftmals durch Gewohnheiten und Routinen geprägt sei, würden Räume entsprechend häufig in gleicher Weise reproduziert. Den

66 Simmel 1908, 765. 67 Vgl. auch Schroer 2006, 103 f.; Schroer 2008, 139. 68 Bourdieu 1991, 28. 69 Bourdieu 1991, 29 f. 70 Löw 2001, 167.

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 2 Methodologie und Methode

Räumen werde dadurch eine Dauerhaftigkeit verliehen, die Löw als Institutionalisierung bezeichnet71. Der Vorgang des ›Spacing‹ aber setze das Vorhandensein eines Ortes voraus, an den platziert werden kann; er sei gleichermaßen Ziel und Ergebnis der Platzierung. Insofern nimmt letztlich auch Löw ebenso wie Bourdieu Bezug auf einen konkreten, physischen Ort. An dessen Verständnis kritisiert Löw jedoch, dass er den physischen Raum nicht ebenso wie den sozialen als relationale Anordnung begreife, sondern als starres Abbild des sozialen Raumes. Dadurch blieben die Wechselbeziehungen zwischen Real- und Sozialraum unberücksichtigt72. Auf die Notwendigkeit, auch nach Wirkungen des einmal hergestellten Raumes zu fragen, die von Löw nur angedeutet werden, macht nachdrücklich Markus Schroer aufmerksam. Man dürfe nicht einseitig den Blick auf den Prozess der Produktion richten, sondern müsse das Produkt Raum selbst berücksichtigen. Insofern wendet er sich gegen eine vollkommene Verabschiedung von dem ›Behälterraummodell‹ und warnt vor einer Verabsolutierung eines rein relationalen Raumverständnisses. Es gehe nicht um die Allgemeingültigkeit eines Raumverständnisses, vielmehr würden unterschiedliche Raumkonzepte unterschiedliche Funktionen erfüllen. Grundsätzlich gelte es zu berücksichtigen, dass unabhängig von seiner sozialen Konstitution der Raum vielfach als Behälter wahrgenommen werde und eine strukturierende Wirkung auf das Verhalten von Personen sowie die Formen der Interaktion entfalte. Indem klare Grenzziehungen zwischen innen und außen, zugehörig und fremd vorgenommen würden, eigne sich eine Perspektive, die dezidiert die Wirkungen des Raumes betrachte, daher insbesondere für die Darstellung von Machtbeziehungen73. Sofern man den dynamischen Raumbegriff Löws berücksichtigt, ist es demnach durchaus berechtigt, die determinierende Seite des Raumes zu untersuchen, der auch für die vorliegende Arbeit eine größere Relevanz zukommt als der Form der sozialen Konstituierung von Raum. Schließlich stellt sich auch das Verhältnis des Fremden zum Polisbürger primär als eine auf rechtlichen und sozialen Ungleichheiten beruhende Machtbeziehung dar. Daher steht weniger der Vorgang des Raumproduzierens selbst im Vordergrund bzw. die unterschiedliche Konstituierung von Raum durch verschiedene Gruppen, sondern vielmehr die Frage, wer Platzierungen vornimmt und was der Auslöser für die Platzierung ist bzw. wodurch diese motiviert ist. Für die methodische Vorgehensweise bedeutet dies zweierlei: Zum einen lassen sich Handlungen und Kommunikationen, die zur Herausbildung sozialer Positionie-

71 Löw 2001, 161–164. 72 Löw 2001, 182 f.; ähnlich fällt die Kritik von Schroer 2006, 88 f. 102 f. aus. 73 Schroer 2006, 174–181; Schroer 2008, 136 f. Freilich konzediert auch Löw 2001, 228 f., dass institutionalisierte Räume als gegenständlich wahrgenommen würden; vgl. auch a. O. 199.



2.3 Raum und Kollektiv 

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rungen beitragen, wie bereits erwähnt, jeweils konkreten Orten der Polis zuweisen74. Gerade deshalb erscheint es analytisch sinnvoll, an einem gegenständlichen Raumbegriff festzuhalten, der auch den Vorteil begrifflicher Klarheit mit sich bringt. Raum soll im Folgenden immer nur der topographisch definierbare Ort heißen. Demgegenüber wären andererseits der ›soziale Raum‹ sowie das von Bourdieu eingeführte ›Feld‹ aber zu unspezifisch, um die Formen der Teilhabe oder Nichtteilhabe der Fremden in den jeweiligen Bereichen der Polis herauszustellen, da beide Bezeichnungen stets ein über die konkrete soziale Gruppe hinausgehendes Beziehungsgeflecht beschreiben. An deren Stelle soll daher der Begriff ›Kollektiv‹ treten, der deutlicher den Aspekt der Mitgliedschaft herausstellt, die maßgebend für das hier zugrunde gelegte Verständnis von Fremdheit ist. Konkret soll auf die Überlegungen zur Kollektivität des Kulturwissenschaftlers Klaus P. Hansen zurückgegriffen werden, die ein deskriptives Instrumentarium bereitstellen, um sich den Quellen anzunähern, gleichermaßen aber auch dynamische Prozesse abzubilden vermögen. Die Überlegungen Hansens beschäftigen sich insbesondere mit Fragen zur Konstituierung unterschiedlicher Kollektive, der Beziehung der Kollektive zueinander sowie zu dem übergeordneten Kollektiv ›Gesellschaft‹ oder ›Nation‹, das er als ›Dachkollektiv‹ bezeichnet75. Ausgehend von der modernen Gesellschaft wählt Hansen dabei eine bewusst allgemeine Definition von Kollektivität, um alle Formen von Vergemeinschaftungen einzuschließen. Ein Kollektiv konstituiere sich in diesem Sinne allein durch die ›partielle Gemeinsamkeit‹ der ihm zugerechneten Individuen76. An dieses Verständnis von Kollektivität anknüpfend unterscheidet er in einem ersten Schritt ›Abstraktionskollektive‹ von ›Virulenzkollektiven‹. ›Abstraktionskollektive‹ weisen nur ein Mindestmaß ›partieller Gemeinsamkeit‹ auf, ohne dass ein persönlicher Kontakt der ihm zugerechneten Individuen zugrunde gelegt werden muss. Es handelt sich letztlich um eine reine Beschreibungskategorie, bei der Individuen durch Zuschreibung eines bestimmten Merkmals zu einem Kollektiv formiert bzw. als solches wahrgenommen werden77. Demgegenüber bezeichnet Hansen die Ein-

74 In der Systemtheorie führt Luhmann gerade im Zusammenhang der Diskussion von Inklusion und Exklusion die Kategorie des Raumes ein, die ansonsten bei ihm keine Rolle spielt; dazu Schroer 2006, 153. 75 Hansen 2009a; eine Kurzdarstellung der zentralen Gedanken bietet Hansen 2009b. 76 Hansen 2009a, 27. 77 Abstraktionskollektive ignorieren demnach die gleichzeitige Zugehörigkeit der Individuen zu ganz unterschiedlichen Kollektiven. Trotz dieses geringen Grades an Homogenität werden den Abstraktionskollektiven in der Außenwahrnehmung bestimmte Eigenschaften zugeschrieben. Abstraktionskollektive besitzen gerade durch das hohe Maß an Komplexitätsreduktion einen heuristischen Wert, zumal sie in der kollektiven Wahrnehmung eine gängige Beschreibungskategorie bilden. Davon unberührt ist die Frage, ob diese Zuschreibungen auf ein konkretes Individuum zutreffen. Letztlich existieren diese Kollektive nur auf der Ebene der Abstraktion. Solche ›Abstraktionskollektive‹ liegen beispielsweise den Charakterskizzen des Theophrast zugrunde, wenn er etwa die Verhaltensweisen

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 2 Methodologie und Methode

bindung eines Individuums in eine konkrete soziale Gruppe als ›Virulenzkollektiv‹, für dessen Konstituierung verschiedene Faktoren wirksam sein können, die er als ›Virulenzbedingungen‹ formuliert. Dies sind etwa äußerer Druck, räumliche Nähe, Überschaubarkeit der Anzahl an Individuen, gemeinsame Interessen (jenseits einer bloßen partiellen Gemeinsamkeit), Organisation (z. B. in Form einer Vereinsgründung, die dem Kollektiv eine Hülle verleiht), Solidarität und Identität78. Eine zentrale Bedeutung kommt dabei der von Hansen nur angedeuteten Frage nach der Dauerhaftigkeit der Virulenzkollektive zu, die sicherlich maßgeblich von der Art der primären Konstitutionsbedingung abhängig ist (Interesse, äußerer Druck); ebenso ist zu überlegen, wie in einem Kollektiv diese Dauerhaftigkeit über eine bloße ›partielle Gemeinsamkeit‹ hinaus durch gemeinsame Praktiken zu erreichen ist und damit verstetigt werden kann79. Jedes Individuum zeichnet sich aber freilich durch die Zugehörigkeit zu einer Vielzahl – teils vorgegebener, teils frei wählbarer – Kollektive aus; Hansen spricht hier von ›Multikollektivität‹80. Bei jeder Partizipation in einem Kollektiv wird ein ›individueller Überschuss‹ bewahrt, der ihm die Mitgliedschaft in weiteren Kollektiven ermöglicht. In der Praxis wird die Zahl der Zugehörigkeiten zu verschiedenen Kollektiven im Wesentlichen durch die begrenzte Verfügbarkeit über die Ressourcen Geld und Zeit sowie möglicherweise durch Interessenskonflikte eingeschränkt. Die verschiedenen Kollektive können sich zwar z. B. durch Organisation und Institutionalisierung gegeneinander abgrenzen, bleiben aber auf zwei Ebenen miteinander verbunden. Zum einen dadurch, dass sie alle auf ein übergeordnetes ›Dachkollektiv‹ bezogen sind, das die Interaktionsformen der Subkollektive etwa durch Gesetze regelt81. Ebenso wirken auf dieser Ebene bzw. darüber hinaus verbindende, sog. pankollektive Elemente wie Sprache, ähnliche Kommunikationsregeln und allgemein akzeptierte Formen des Miteinanders82.

des ›typischen‹ Bauern beschreibt; Theophr. char. 4. Leppin 2002 hat den Wert dieser Schrift für die Rekonstruktion der Bürgermentalität im spätklassischen Athen aufgezeigt. 78 Hansen 2009a, 30–43. 79 Eine solche Verstetigung kann durch Merkmale erreicht werden, die allein aus der Interaktion der Mitglieder eines Kollektivs entstanden sind und damit zu einem charakteristischen Kollektivelement avancieren, das Hansen 2009a, 74 als ›Virulenzstandardisierung‹ bezeichnet. Ein besonders prägnantes Beispiel aus Rhodos wäre eine Gruppe von Seesoldaten, die einen Verein gründeten und sich schließlich gemeinsam in die samothrakischen Mysterien einweihen ließen. Die Teilhabe am Mysterienkult resultiert ausschließlich aus der Kollektivität. 80 Hansen 2009a, 20–22. 81 Hansen 2009a, 82, 116 f. sowie ausführlich Kap. IV. Hansen a. o. 82 spricht neben ›Dachkollektiven‹ auch von ›Kollektiven zweiten Grades‹, die sich im Gegensatz zu den ›Kollektiven ersten Grades‹ eben nicht aus Individuen, sondern ihrerseits aus Kollektiven zusammensetzen; vgl. auch Hansen 2009b, 9–12. 82 Hansen 2009a, 43–49.

2.4 Fragestellungen 

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Zum anderen bewirkt gerade die Zugehörigkeit der Individuen zu einer Vielzahl von Kollektiven, dass diese nicht gegeneinander »hermetisch abgeriegelt«, sondern ›präkollektiv‹ miteinander verbunden sind. Die Multikollektivität liegt zunächst jedoch nur latent vor und wirkt demnach nicht unbedingt als Netzwerk; Hansen spricht vielmehr bewusst vorsichtig von »indirekten Kontaktangeboten«83, die je nach Situation wirksam werden können und – dies ist hinzuzufügen – ebenso von dem Grad der Autonomie eines Kollektivs abhängen. Indem nach der Zugehörigkeit eines Individuums zu verschiedenen Kollektiven gefragt wird, lassen sich gleichzeitig die Überschneidungen der Bereiche ›öffentlich‹ und ›privat‹ herausstellen, zu denen eine klare Zuweisung oftmals schwierig ist. Durch die systematische Betrachtung klar umgrenzter Aktionsräume wird es insgesamt möglich sein, die Vielzahl der Kollektive innerhalb der Polis zu bestimmen und Verknüpfungen zwischen ihnen auszumachen. Ausgewählte, in den Quellen gut belegte Beispiele erlauben es darüber hinaus, die ›Multikollektivität‹ einzelner Fremder in den Blick zu nehmen und in ihrer Bedeutung für die soziale Stellung des Einzelnen zu gewichten. An dieser Stelle können dann auch Fragen nach subjektiven Zuschreibungen anschließen. Dabei stellt sich ganz wesentlich die Frage, inwiefern die Herkunft der Fremden nach Max Weber als »geglaubte Gemeinsamkeit« für Prozesse der Kollektivbildung Relevanz besaß und ob sie jenseits der Imagination sogar in »realem Gemeinschaftshandeln« Ausdruck fand84. Auch hier bietet sich vor allem das Vereinswesen als ergiebiges Untersuchungsfeld an. Neben einer Bestimmung des Verhältnisses zwischen Individuum und Kollektiv sowie der Beobachtung von Beziehungen zwischen Kollektiven (etwa Familie bzw. oikos und Verein) ist für eine Bewertung der Stellung der Fremden insgesamt aber auch die politische und wirtschaftliche Einordnung der Vereine innerhalb der Gesamtpolis von Bedeutung, um etwa Chancen der Einflussnahme auszuloten. Die Berücksichtigung von Raum und Kollektiv bietet damit in methodologischer Hinsicht einen geeigneten Zugang, um einer pauschalisierenden Bewertung der Fremden als homogene Gemeinschaft ebenso zu entgehen wie einer stereotypen Stilisierung als Randgruppe.

2.4 Fragestellungen Die skizzierten Überlegungen raumsoziologischer und kollektivtheoretischer Ansätze dienen in erster Linie einer begrifflichen Schärfe und Konturierung der Arbeitsfelder, die für eine soziale Verortung der Fremden relevant sind. Ohne dass ihnen im Folgenden ein Modellcharakter zukommen wird, bilden sie den gedanklichen Hintergrund,

83 Hansen 2009, 23. 84 Weber 1922 [2001], 174 f.

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 2 Methodologie und Methode

mit dem sich der Fragehorizont auf vielfältige Weise erweitern ließ. Insgesamt soll ein in vier Bereiche untergliederter Fragenkomplex angegangen werden: a) Inklusion und Exklusion Zu welchen konkreten Räumen besaßen die Fremden überhaupt Zugang, bzw. präziser, welche Gruppen von Fremden zu welchen Räumen? Bestand in den jeweiligen Räumen eine personelle Kontinuität? Inwiefern war die Vergabe von Privilegien durch den Demos eine Zugangsregelung zu bestimmten Räumen der Polis, wenn dadurch über Ehrensitze im Theater, Einladungen zur xenia oder auch einfach nur das Recht auf Grund- und Hauserwerb entschieden wurde? b) Soziale Hierarchisierung Wie und nach welchen Regeln gestaltete sich die hierarchische Gliederung innerhalb der Gruppen, in denen die Fremden agierten? Besaß die Dichotomie Bürger/Nichtbürger in sämtlichen Kollektiven gleichermaßen Relevanz? In welchem Maß stand den Nichtbürgern überhaupt ökonomisches und kulturelles Kapital zur Verfügung? Konnte das in einem Kollektiv erworbene Prestige in anderen Kollektiven geltend gemacht werden? Wie sind die Möglichkeiten sozialer Mobilität einzuschätzen? Welche Konkurrenzsituationen entstanden daraus? c) Kommunikation Wo bestanden Kontaktzonen zwischen Bürgern und Nichtbürgern? Wie verlief die Interaktion zwischen ihnen? Wie wurden Statusunterschiede artikuliert? Welche Folgen hatte die dauernde Präsenz von Bürgern und Fremden in gemeinsamen Aktionsräumen? d) Dimensionen von Fremdheit Lassen sich reale oder ideale Verbindungen zur Heimatpolis nachweisen? Besaß Herkunft für die soziale Positionierung Relevanz? Trotz der für Rhodos vergleichsweise günstigen Quellenlage lassen sich nicht alle Fragen gleichermaßen adäquat beantworten. Dies liegt naturgemäß in der überwiegend epigraphischen Befundlage begründet. Auch wenn sich jedoch in einigen Bereichen nur Vermutungen äußern lassen und auf induktive oder deduktive Weise Plausibilitätserwägungen formuliert werden können, erschien es sinnvoll, die Fragen in die Überlegungen aufzunehmen. Gerade dadurch sollen einerseits die Grenzen der Belastbarkeit der Quellen aufgezeigt und damit der Argumentation zusätzliche Transparenz verliehen werden; andererseits soll die Aufmerksamkeit auf Bereiche gerichtet werden, die sich bei dem derzeitigen Forschungsstand nicht umfassender beantworten lassen, aber Perspektiven für eine weitere Beschäftigung mit den Fremden aufzeigen.

3 Der rechtliche Status der Polisbewohner 3.1 Die Bürgerschaft 3.1.1 Kollektivbezeichnungen: damos, sympas damos, plēthos In rhodischen Dekreten und Ehreninschriften wird die gesamte Bürgergemeinde allgemein als damos oder als damos ho Rodiōn benannt1. Wenn in den Quellen dezidiert die Gesamtbürgerschaft, respektive die beschlussfähige Volksversammlung, in Abgrenzung zu den Bürgerversammlungen der Teilgemeinden angesprochen werden soll, ist bisweilen präziser von dem sympas damos die Rede. Diese Formulierung ist entsprechend auch nur auf Phylen- und Demenebene anzutreffen2. Der Begriff plēthos hingegen lässt sich nicht allgemein einer Bevölkerungsgruppe zuweisen, sondern kann sich sowohl nur auf die Bürgerschaft beziehen als auch sämtliche Nichtbürger einschließen. Anders argumentiert hingegen Grieb für eine strikte Unterscheidung zwischen damos und plēthos3. Während er den damos ebenfalls auf die Bürgerschaft bezieht, umfasse das plēthos stets die gesamte Bevölkerung, zu der insbesondere die Nichtbürger zu zählen seien. Das ab dem Ende des 2. Jhs. v. Chr. zu beobachtende Auftreten zahlreicher Ehreninschriften, in denen Wohltäter für ihre Verdienste um das plēthos ausgezeichnet werden, interpretiert er dahingehend, dass nun bewusst neben der Bürgerschaft auch Nichtbürger als Empfänger der Wohltaten bedacht worden seien4. Dabei setzt er jedoch einen einheitlichen Sprachgebrauch voraus, der sich in dieser definitorischen Trennschärfe an den Quellen nicht festmachen lässt. Das Wort plēthos ist keineswegs immer so zu verstehen, dass damit explizit alle Bevölkerungsgruppen eingeschlossen sind und somit ein Gegensatz zu dem exklusiven damos-Begriff vor-

1 van Gelder 1900, 234 f.; Grieb 2008, 283. 2 So etwa in dem Ehrendekret aus Karpathos für den Arzt Mēnokritos, in dem angeordnet wird, man solle einen Antrag ἐν τῶι σύμπαντ[ι | δ]άμωι einreichen, um eine Erlaubnis für die Aufstellung der Stele im Poseidonheiligtum in Porthmos zu erhalten; IG XII 1, 1032 Z. 32–37. 3 Grieb 2008, 267–270. 272 f. 355 f. Diese Unterscheidung legt Grieb auch für die anderen von ihm untersuchten Poleis zugrunde; zur Kritik s. besonders Hamon 2009, 356 f. Für Rhodos versucht Grieb vor allem an der vieldiskutierten Strabonstelle 14, 2, 5 seine These nachzuweisen; gerade diese Passage belegt aber keine Opposition zwischen damos und plēthos; auch wenn Strabon hier sehr wahrscheinlich auf Poseidonios und damit auf einen Kenner der innerrhodischen Verhältnisse zurückgreift, lassen sich die Begriffe kaum in der von Grieb postulierten Weise eingrenzen. Problematisch erweist sich dann auch sein Bemühen, die Gruppe der polloi, denen ein Zugang zu den Hafenanlagen verwehrt war, zu bestimmen. Die Zugangskontrolle wird sich nicht ausschließlich auf Fremde beschränkt haben, sondern sollte sicherlich generell jeden ›Unbefugten‹ fernhalten. Insgesamt sind gerade die Begrifflichkeiten der literarischen Quellen nicht in einer solchen Weise belastbar. 4 Grieb 2008, 342. https://doi.org/10.1515/9783110572681-005

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 3 Der rechtliche Status der Polisbewohner

genommen wurde5. Wenn in den Ehreninschriften von den Wohltaten eines Honoranden εἰς τὸ πλῆθος die Rede ist, so wird man damit primär beabsichtigt haben, den großen Empfängerkreis zu verdeutlichen und dadurch die Leistung des Geehrten zusätzlich hervorzuheben. Oftmals wird auch ausdrücklich betont, dass der Wohltäter sich sowohl auf Phylen- als auch auf Polisebene ausgezeichnet hatte; in diesen Fällen ist plēthos immer auf die Phyle bezogen, während die Gesamtbürgerschaft als sympas damos bezeichnet wird. So wird etwa in einer lindischen Ehreninschrift die Ehrung begründet mit ἀρετᾶς καὶ εὐνοίας | ἃν ἔχων διατελεῖ καὶ | εἰς τὸ Λινδίων πλῆθος καὶ | τὸν σύνπαντα δᾶμον6. Würde man hier eine strikte begriffliche Trennung zwischen damos und plēthos voraussetzen, so müsste man annehmen, der Wohltäter habe sich in Lindos gleichermaßen für Bürger und Nichtbürger eingesetzt, auf Polisebene dann aber gezielt nur die Bürger berücksichtigt7. So differenziert war die eunoia des Wohltäters sicherlich nicht ausgefallen. Im Gegenteil: Nicht nur hatte der Wohltäter sich für die lindische Gemeinde eingesetzt – nein, die gesamte Bürgerschaft konnte jederzeit auf sein Engagement zählen. Insgesamt standen die Verdienste des Geehrten auf Polis- und Phylenebene im Vordergrund; ob gelegentlich auch Nichtbürger von seiner Freigebigkeit profitierten, war für den Ehrenbeschluss in der lindischen Volksversammlung von nebensächlicher Bedeutung. Schließlich ist in diesem Zusammenhang auf ein frühkaiserzeitliches Dekret aus Lindos zu verweisen, mit dem Maßnahmen für den kostspieligen Unterhalt des Kults der Athana Lindia beschlossen worden waren. Eine der Maßnahmen sah einen Spendenaufruf an die lindischen Bürger vor; der Erlös sollte dann einem Fonds des Heiligtums zugeführt werden. Mit den Spenden beabsichtigte man, τό τε Λινδίων πλῆθος [ἐ]πα[ύξ]ε[ιν] | καὶ διαφυλάσσειν τάς τε τῶν θεῶν θυσίας καὶ τὰ[ς πανα]|[γ]ύρει[ς]8. Eine weitere Spendensammlung, die in der 1. Hälfte des 1. Jhs. v. Chr. in Rhodos-Stadt organisiert worden war, sollte εἰς τὰν ἐπαύξησιν τοῦ πλήθευς τῶν πολιτᾶν beitragen9. Das plēthos, das ›unterstützt‹ werden sollte, umfasste in diesem Fall demnach eindeutig nur die Bürger. Dass die Spender dann aber zu einem Großteil aus der Gruppe der Nichtbürger kamen, irritiert zwar auf den ersten Blick; doch wird es hier

5 Dies erkennt Grieb 2008, 349 Anm. 481 zwar in Bezug auf eine Quelle an, berücksichtigt dies aber nicht weiter für seine grundsätzliche Bewertung. 6 I. Lindos 281 Basis A, Z. 14–17. In zwei Ehreninschriften des δᾶμος ὁ Ῥοδίων werden Wohltaten εἰς τὸ πλῆθος τὸ Ῥοδίων erwähnt (IG XII 1, 85; IG XII 1, 90 = Konstantinopoulos, ADelt A 18, 1963, Nr. 6); δᾶμος und πλῆθος stehen hier in demselben Verhältnis wie in den lindischen Ehreninschriften. 7 Genau so will Grieb 2008, 268 die Stelle aber verstanden wissen. 8 I. Lindos 419 Vorderseite, Z. 54–56. Für eine ausführliche Diskussion der Inschrift s. Kap. 7.2.2 Übernahme von Ämtern bei Festveranstaltungen. Mit Hell. Oxyrh. 18, 2 liegt auch ein literarischer Beleg für die Bezeichnung der Bürgerschaft als plēthos vor. Dort heißt es im Zusammenhang der Stasis des Jahres 395 v. Chr., die Putschisten hätten nach der Ermordung der Diagoreier τὸ πλῆθος τὸ τῶν Ῥοδίων [εἰ]ς ἐκκλησίαν zusammengerufen. 9 App. I 5 (= Jacopi, ClRh 2, 1932, 177–179 Nr. 6; IG XII 1, 11).



3.1 Die Bürgerschaft 

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um Maßnahmen gegangen sein, die nicht auf Belange der Bürger begrenzt waren, sondern solche, die die Polis insgesamt betrafen und dementsprechend allen Bewohnern zugute kamen; zu denken wäre etwa an öffentliche Baumaßnahmen oder, wie in Lindos, an die Ausrichtung von Kultfeiern10. Vereinzelt tritt das plēthos außerdem bereits in der 2. Hälfte des 3. Jhs. in Erscheinung11. Das deutlich häufiger Auftreten ab dem ausgehenden 2. Jh. ist insbesondere darauf zurückzuführen, dass nun generell weitaus häufiger derartige Ehreninschriften aufgestellt wurden. Auch in Vereinsinschriften wird die Gesamtheit der Vereinsmitglieder neben der allgemeinen Bezeichnung koinon gelegentlich als plēthos bezeichnet. Hier beziehen sich koinon und plēthos zweifelsfrei auf dieselbe Personengruppe, wobei ebenfalls die quantitative Bedeutung des Wortes plēthos im Vordergrund stand12. Der Begriff plēthos fand somit in verschiedenen Kontexten Anwendung und bezeichnet zunächst ganz allgemein eine ›große Menge‹, die nicht zwangsläufig über den Kreis der Bürger hinausgeht. Ein Indiz für einen gesellschaftspolitischen Wandel in späthellenistischer Zeit kann daran entsprechend nicht festgemacht werden13.

3.1.2 Bürger, Rhodioi, ›matroxenoi‹, Neubürger Jeder Rhodier war durch die Zugehörigkeit zu einem der Demen der drei Phylen als Polisbürger ausgewiesen14. In den Inschriften erscheinen Vollbürger allerdings häufig nur mit ihrem Namen sowie dem Patronym, ohne dass damit ein geringerer Rechtsstatus bezeichnet würde15. Wann und in welchen Situationen das Demotikon genannt wurde, ist nicht erkennbar. So verfügt zwar ein Dekret aus Lindos ausdrücklich, dass eine epidosis stattfinden und man die Namen derjenigen, die eine Spendenzusage tätigten, mit Patronym und Demos sowie der Höhe des Spendenbetrages auf einer

10 Unter den zahlreichen Hilfsgütern und finanziellen Unterstützungen, die Rhodos nach dem Erdbeben 227 v. Chr. erhielt, waren auch zehn Talente, die ihnen Hieron II. und Gelon von Syrakus zukommen ließen, für τὴν ἐπαύξησιν τῶν πολιτῶν bestimmt; Pol. 5, 88, 6. 11 IG XII 1, 85 (ca. 259–225 v. Chr.); I. Lindos 125 (ca. 230–219 v. Chr.), s. ferner I. Lindos 169 (= Badoud 2015, 424 f. Nr. 49; um 190 v. Chr.). 12 s. etwa IG XII 1, 156 Z. 4 f.: εὐνοίας ἕνεκ[α καὶ φιλο]τιμίας, ἃν ἔχουσα διετέλει | εἰς τὸ πλῆθος τ̣ [ὸ Ἁ]λ̣ιαδᾶν καὶ Ἁλιαστᾶν. 13 s. auch Hamon 2009, 357. 14 Gabrielsen 1992, 44; Papachristodoulou 1999, 30 f. 15 Ursprünglich hatte Rostovtzeff 1955, 544 angenommen, diese Rhodier gehörten keinem Demos an und seien daher nicht als Vollbürger anzusehen. Fraser 1977, 47 f. bemerkt zwar, dass vielleicht kein Unterschied bestehe zwischen Personen, bei denen Patronym und Demotikon genannt werde und denen, die nur mit Patronym erschienen; jedoch nimmt er an, dass letztere Gruppe wohl die außerhalb des rhodischen Demensystems stehende Bevölkerung von Rhodos-Stadt umfasse. Demgegenüber hat bereits Pugliese Carratelli 1953, 486 darauf hingewiesen, dass es zahlreiche Beispiele für Personen gebe, die sowohl mit als auch ohne Demotikon belegt seien.

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 3 Der rechtliche Status der Polisbewohner

Stele verzeichnen soll16; auch ein Auszug aus einem Volksbeschluss zitiert eine Verfügung, dass zukünftig die Priester ihren Namen, Vatersnamen und das Demotikon verzeichnen sollen17. Weitaus häufiger verzichtete man aber darauf, in Spenden- und Priesterlisten das Demotikon anzugeben. Es war mithin weitaus bedeutender, dem Namen das Patronym beizufügen18. Überdies sind in einigen Fällen auch Personen, die nur einen Individualnamen aufweisen, als rhodische Bürger zu identifizieren. In der Nekropole des ländlichen Demos Kymisalos muss es der Bekanntheitsgrad des Verstorbenen Κάλλιππος gewesen sein, der dazu führte, dass man sich damit begnügte, auf einem massiven Grabalter seinen bloßen Namen anzugeben19. Vereinzelt verzichtete man sogar in einem Ehrendekret darauf, den Geehrten mit Patronym zu nennen, was ebenfalls nur mit dessen ausgesprochener Prominenz zu erklären ist20. Aus demselben Grund signieren gelegentlich auch Bildhauer ausschließlich mit ihrem bloßen Namen. Hierunter befinden sich allerdings neben rhodischen Bildhauern auch auswärtige Künstler21. Häufig ist

16 I. Lindos 419 Vorderseite, Z. 49–51: [τῶν | ἐ]πανγειλαμένων τὰ ὀνόματα ἀναγραψάντω ἐστάλ[αν λιθ]|ίναν πατριαστὶ καὶ δάμου καὶ πόσον ἐπανγε[ίλαν]το [δωσεῖν]. In gleicher Weise sollen die hierothytai des Kultes der Athana Lindia verzeichnet werden, die sich bereit erklärt haben, das ihnen zustehende Geld dem Heiligtum zu spenden; I. Lindos 419 rechte Seite, Z. 62–75. Auch bei der Damiourgenliste Tit.Cam. 3 und 4 ging man erst gegen Ende des 1. Jhs. v. Chr. dazu über, das Demotikon zu verzeichnen; vgl. Kap. 7.1. 17 Hiller, ARW 27, 1929, 349 f. Z. 11–16: οἱ μὲν ἱερεῖς ἀνα|γραφόντω τὰ ὀνό|ματα τὰ αὐτῶν | πατριαστὶ καὶ δάμο[υ] | καὶ τὸν ἱερῆ τοῦ Ἁλίου | ἐφ’ οὗ ἔλαχε. 18 In der Subskriptionsliste eines Vereins führen alle Rhodier konsequent das Patronym, während sämtliche Nichtbürger nur mit dem einfachen Namen und Ethnikon genannt sind; Kontorini, AER, Nr. 10. Im frühen 2. Jh. n. Chr. konnte dann sogar der Knidier Σύμμαχος Ἀριστοκλείδα, der in Rhodos für seine Tochter eine Statue errichten ließ, auf die Angabe des Ethnikon verzichten; Maiuri, Nuova Silloge 30. Freilich gehörte Symmachos der knidischen Aristokratie an. Zu der Familie s. Bruns-Oezgan 2009, 120 f. 19 Oliverio, ASAA 1, 1914, II. Der Name ist zwar auch für in Rhodos ansässige Nichtbürger belegt, doch spricht die Dimension des Grabmals eindeutig für einen Rhodier, zumal der Altar in einem Bereich der Nekropole gefunden wurde, in dem sich mehrere monumentale, aus isodomen Mauern errichtete Grabanlagen befinden. Eine Grabbasis aus derselben Nekropole trägt außerdem den Namen eines Bürgers aus dem Demos Kymisala sowie den seiner rhodischen Frau; vgl. Stefanakis – Patsiada 2011, 85 f. 20 I. Dor. Ins. 63 für Peisios aus Nisyros, das jedoch in das 3. Jh. v. Chr. datiert, als die Insel noch nicht in das rhodische Territorium integriert war; vgl. auch Tit. Cam. 81 b, wo als Stifter nur ein Panaitios genannt ist. 21 Zu den variierenden Formen der Künstlersignaturen s. DNO, S. XXX f. Der Künstler Ἀριστωνίδας, der die Basis Tit. Cam. 23 (262 v. Chr.) signierte, ist mit Ἀριστωνίδας Μνασιτίμου oder Ἀριστωνίδας Τιμαγόρα gleichzusetzen; beide gehörten einer bekannten rhodischen Bildhauerfamilie an; Badoud 2015, 279 Nr. 38. 40 sowie das Stemma XI auf S. 302. Für Nichtbürger s. etwa Tit. Cam. 18 Z. 18 und I. Peraia 8 (= I. Pérée 195) Z. 5, wo als Künstlersignatur jeweils Τέχνων ἐπόησε vermerkt ist. Dieser Technōn wird mit Τέχνων Σιδώνιος zu identifizieren sein, der die Statuenbasis I. Lindos 74 signierte; s. DNO 2660–2663. Sicher kann etwa auch aus onomastischen Gründen der im 1. Jh. v. Chr. tätige Bild-



3.1 Die Bürgerschaft 

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diese schlichteste Form der Namensbezeichnung auf Osteotheken zu finden22. Um den Verstorbenen als Bürger identifzieren zu können, helfen dann allenfalls onomastische Überlegungen oder ein möglicher Fundkontext in einem Familiengrab weiter. Anstelle des Demotikons führen mehrfach Personen innerhalb des rhodischen Polisterritoriums das Ethnikon Rhodios als Namensbestandteil. Dass hiermit kein Bürgerrecht ›zweiter Klasse‹ bezeichnet wurde, das primär Neubürgern zugestanden wurde, hat überzeugend Vincent Gabrielsen dargelegt23. Es handele sich bei diesen Rhodioi vielmehr um Bildhauer, die als eine Art Künstlernamen das Demotikon gegen das Ethnikon eingetauscht hätten24. Sie verfügten ohne Einschränkung über das Bürgerrecht und seien folglich auch in einem Demos eingeschrieben gewesen.

hauer Λεωχάρης, der in IG XII 1, 833 Z. 11 nur mit bloßem Namen signiert, als Λεωχάρης Ἀθηναῖος (SEG 39.774) benannt werden; s. DNO 3700–3703. 22 Fraser 1977, 48 erinnert daran, dass es sich bei den Osteotheken nicht um das eigentliche Grabmal handelt. Beispielsweise trägt eine Osteothek ausschließlich die Genitivform des Namens Κλείτων (Hiller, AM 21, 1896, 49 Nr. 36), der vielfach für rhodische Bürger belegt ist. Gleiches gilt für den Namen Ἀντίστρατος, der auf einer als Urne verwendeten Vase eingeritzt ist (Hiller, AM 21, 1896, 29 Nr. 31); der Name ist fast ausschließlich in Rhodos anzutreffen; s. auch etwa den auf einer Osteothek verzeichneten Namen Φαινίλας (Maiuri, ASAA 2, 1916b, 161 Nr. 87), der ebenfalls außerhalb von Rhodos nicht belegt ist. 23 Gabrielsen 1992. Er wendet sich a. O. 45 damit insbesondere gegen Rostovtzeff 1955, 544 sowie Fraser 1977, 48. Ebenfalls widerlegt er mit einem Verweis auf mehrere Subskriptionslisten die von Pugliese Carratelli 1953, 488 geäußerte Annahme, Rhodier hätten in Inschriften, in denen gleichzeitig viele Nichtbürger erscheinen, das Ethnikon dem Demotikon vorgezogen, um sich eindeutig abzugrenzen. Die Deutung von Gabrielsen ist seither communis opinio, s. etwa Papachristodoulou 1999, 35; Fabricius 1999, 214; Baslez 2007, 224; Grieb 2008, 263 mit Anm. 3; ausführlich zudem Maillot 2005, 169–180 sowie zuletzt nochmals nachdrücklich Maillot 2009, 47–51, die a. O. 50 f. sogar vermutet, alle in der Vereinsinschrift IG XII 1, 127 (hier App. I 7) genannten Rhodioi seien Bildhauer. Nicht überzeugt von dieser Interpretation ist hingegen Badoud 2015, 303. 24 In diesem Kontext ist auch Strab. 14, 2, 13 zu betrachten: καὶ Πείσανδρος δ᾽ ὁ τὴν Ἡράκλειαν γράψας ποιητὴς Ῥόδιος, καὶ Σιμμίας ὁ γραμματικὸς καὶ Ἀριστοκλῆς ὁ καθ᾽ ἡμᾶς: Διονύσιος δὲ ὁ Θρᾷξ καὶ Ἀπολλώνιος ὁ τοὺς Ἀργοναύτας ποιήσας Ἀλεξανδρεῖς μέν, ἐκαλοῦντο δὲ Ῥόδιοι. Freilich ist hier zu berücksichtigen, dass Dionysios und Apollonios nur den Rufnamen Ῥόδιος trugen, ohne aber offensichtlich das Bürgerrecht zu besitzen. Bei den epigraphisch überlieferten Rhodioi handelt es sich demgegenüber stets um Vollbürger. In der Kaiserzeit signiert der Bildhauer Euprepēs mit einem doppelten Ethnikon in der Form[Λαοδικε]ὺς ἀπὸ Λύκου ὁ καὶ Ῥόδ[ιος]; IG XII 1, 92 Z. 6 f. (DNO 4223); dies fügt sich der allgemein in der Kaiserzeit zu beobachtenden Praxis ein, den Besitz des Bürgerrechts in mehreren Poleis durch eine Aneinanderreihung der entsprechenden Ethnika zum Ausdruck zu bringen; s. etwa das Fragment einer Inschrift aus Ephesos, in der Μᾶρκος Αὐρήλιος Ῥουφεῖνος seinem Namen drei Ethnika anhängt: Ἀλεξανδρεὺς καὶ Ἐφέσιος καὶ Ῥόδιος; I. Ephesos 1617. Im kaiserzeitlichen Lykien verwiesen Mitglieder der Elite durch eine Aneinanderreihung von Ethnika auf Bürgerrechte anderer lykischer Poleis, die ihnen verliehen worden waren; Reitzenstein 2012. Mehrfachbürgerrechte waren aber bereits in hellenistischer Zeit innerhalb der städtischen Eliten verbreitet; Savalli-Lestrade 2012. Bisweilen handelte es sich jedoch um ein bloßes ›Ehrenbürgerrecht‹, an dessen Aktivierung der Honorand kein

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 3 Der rechtliche Status der Polisbewohner

Die Verwendung des Ethnikon statt des Demotikon außerhalb der eigenen Polis – sowohl als Selbst- als auch als Fremdbezeichnung – entspricht dagegen einer überall zu beobachtenden Praxis25. Anders deutet Alain Bresson die Verwendung des Ethnikon Rhodios in der ›unterworfenen‹ Peraia auf Grundlage zahlreicher Inschriftenneufunde, die bei einem Surveyprojekt im karischen Hochland zutage getreten sind. Zusammen mit bereits bekannten Texten sind in der Publikation des Surveys rund 100 Inschriften ediert, von denen die Hälfte Rhodioi nennen26. Auch wenn einige dieser Rhodier aus wirtschaftlichen Gründen in die karischen Gebiete übergesiedelt sein mögen, vermutet Bresson in diesen Personen vorwiegend Mitglieder der lokalen Eliten, die das rhodische Bürgerrecht als Auszeichnung erhalten hätten, ohne allerdings in einen rhodischen Demos eingeschrieben worden zu sein27. Obwohl sie außerhalb des Demensystems standen, hätten sie in gleicher Weise wie die übrigen rhodischen Bürger am Polisleben partizipieren können. So verweist Bresson etwa auf den Rhodios Φίλιππος Πολυχάρμου aus Thera, der in Kamiros das Priesteramt des Damiourgen übernommen hatte, und wertet dies als einen Hinweis für die Integration der von ihm angenommen karischen Neubürger in das rhodische Kultleben28. Berechtigte Zweifel an dieser Interpretation haben Riet van Bremen und HansUlrich Wiemer geäußert. Insbesondere das Beispiel des Philippos spreche eindeutig für dessen Herkunft aus rhodischem Gebiet, da die Übernahme des Damiourgenamtes die Mitgliedschaft in einem Demos voraussetze29. Darüber hinaus macht van Bremen auf die charakteristisch rhodischen Architekturformen der Grabmäler sowie auf die für Rhodos typischen Familienweihungen aufmerksam, anhand derer sich teilweise Verwandtschaftsbeziehungen über mehrere Generationen nachvollziehen lassen30. An diesen Ehrungen für ein Familienmitglied beteiligen sich neben den Eltern, Kindern und Geschwistern regelmäßig auch Personen der erweiterten Verwandtschaft31. Die Praxis der Aufstellung derartiger Familienweihungen scheint selbst von den Bewohnern der ›integrierten‹ Peraia nicht bzw. nur vereinzelt über-

Interesse hatte; es diente dann primär der Demonstration weitreichender Beziehungen; Savalli-Lestrade a. O. 41. 25 Gabrielsen 1992, 46 f.; Fraser 2009, 77 f. 26 s. die entsprechenden Inschriften in HTC. Ebenso interpretiert Benincampi 2008, 70 die Rhodioi der ›unterworfenen‹ Peraia als eigene rechtliche Kategorie, allerdings ohne auf die in den HTC edierten Inschriften Bezug zu nehmen. 27 HTC 36 S. 141 f.; HTC 37 S. 145; HTC 41 S. 152; HTC 56 S. 178. 28 HTC 56 mit dem dortigen Kommentar. 29 Van Bremen 2007, 122; Wiemer 2010, 433. 30 Van Bremen 2007, 120 f. 31 Als Beispiel sei nur auf die in dieser Hinsicht instruktive Ehreninschrift für Πασιφῶν Πασιφῶντος, einem Mitglied einer prominenten rhodischen Familie verwiesen (Jacopi, ClRh 1932, 188 Nr. 18). Die Verwandten, die diese Ehrung in Auftrag gegeben haben, geben dabei jeweils das Verwandtschaftsverhältnis an: τὸν πατέρα (»für den Vater«), τὸν ἀδελφόν,(»für den Bruder«) τὸν θίαν (»für den Onkel«) τὸν τοῦ ἀνδρὸς πατέρα (»für den Schwiegervater«), τὸν πάππον (»für den Großvater«), τὸν τοῦ πατρὸς



3.1 Die Bürgerschaft 

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nommen worden zu sein. Vergleichbar ist nur eine Ehreninschrift aus Kedreai für Ἀριστείδας Ἀριστείδα τοῦ Ἀριστείδα, die von seinen Eltern, dem Bruder und der Schwester, dem Onkel sowie der Nichte errichtet wurde32. Insofern kommt diesem Indiz ein besonders starkes Gewicht gegen die Annahme einer indigenen Herkunft der Rhodioi zu. Ebenso bemerkenswert ist die geringe Zahl exogamer Heiraten unter den ›karischen‹ Rhodioi. Es ist sogar teilweise anzunehmen, dass Partner innerhalb der Verwandtschaft gewählt wurden33. Gerade einmal zwei Mischehen sind zwischen diesen Rhodioi und Karern in den Inschriften belegt: Der Rhodios Menekratēs war mit einer Frau aus dem in Grenznähe zur inkorporierten Peraia gelegenen Idyme verheiratet34. Während diese Grabinschrift aber nur die Namen der beiden preisgibt, lässt sich zu dem zweiten Beleg, bei dem es sich um eine Mischung aus Ehren- und Grabinschrift handelt, etwas mehr sagen. Das Grabmal war für den Rhodios Διοκλῆς Ἀριστάρχου von seiner Mutter und seinen beiden Söhnen errichtet worden; zunächst wird aber eine Ehreninschrift zitiert, aus der hervorgeht, dass Dioklēs mit öffentlichen Bestattungsfeierlichkeiten geehrt worden war; erst anschließend werden die Auftraggeber des Grabmals genannt: Während die Mutter Artemis aus dem Ort Leukoideis stammte und damit eine Karerin war, werden die beiden Söhne Aristarchos und Dioklēs ebenso wie ihr Vater als Rhodioi bezeichnet35. Die Inschrift liefert aber keinen Beleg, dass »une femme de statut ›indigene‹ (...) pouvait avoir une descendance rhodienne«36. Das Ethnikon Rhodios, das der Verstorbene Dioklēs führt, schließt nicht aus, dass er

θίαν (»für den Onkel des Vaters«, demnach der ›Großonkel‹). Für weitere Beispiele s. Rice 1986, 209– 233. 32 I. Peraia 558 (= I. Pérée 9). 33 Bresson äußert diese Vermutung im Kommentar zu HTC 16 und 17. 34 HTC 83 (= I. Peraia 631). Es ließe sich freilich spekulieren, dass Menekratēs als Soldat in Idyme stationiert gewesen war und sich später dort niederließ. Noch im 1. Jh. v. Chr. war in Idyme ein rhodischer Epistat stationiert; HTC 69 mit dem dortigen Kommentar. 35 HTC 37 (2. Hälfte 1. Jh. v. Chr. – 1. Hälfte 1. Jh. n. Chr.): Τὸ κοινὸν τὸ Πυσιυτῶν | καὶ Πλαδασέων τῶν | μετὰ Πυσυητῶν ἔ̣ [θ]α|ψεν δημοσίᾳ Διοκλῆν | Ἀριστάρχου Ῥόδιον | γενόμενον ἐν παν|τὶ ἄνδρα ἀγαθὸν | καὶ Ἄρτεμις Μενίππου | Λευκοιδὶς ὑπὲρ τοῦ | υἱοῦ καὶ Ἀρίσταρχος | καὶ Διοκλῆς Διοκλέ|ους Ῥόδιοι ὑπὲρ τοῦ{ς} | πατρὸς μνήας ἕνεκεν. 36 Bresson im Kommentar zu HTC 37. Darüber hinaus hält es Bresson für denkbar, dass die in HTC 44 genannte Rhodia Ἀρτεμεισία Θέωνος mit einer gleichnamigen Frau einer Grabinschrift aus RhodosStadt identisch sein könnte (IG XII 1, 199); im Gegensatz zu den ersten drei aufgeführten Personen fehle dort nur bei der zuletzt genannten Artemeisia das Demotikon. Dies könnte seiner Vermutung nach damit erklärt werden, dass es sich eben um eine Rhodia handelte, die kein Demotikon besäße. Es kann aber durchaus auf dem Stein ein Demotikon gestanden haben; Hiller von Gaertringen stützte sich bei der Edition nur auf eine Abschrift von Saridakis; zwar versah dieser die Abschrift mit einem »commentario eruditionis pleno«, trotzdem wird man nicht ausschließen können, dass Saridakis auf eine mögliche Lücke am Ende des Textes nicht ausdrücklich hinwies. Die Anordnung der Buchstaben, so wie Hiller von Gaertringen sie in seinem Faksimile angibt, lassen zumindest den Verdacht aufkommen, dass nach dem Patronym ursprünglich noch ein Demotikon folgte.

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 3 Der rechtliche Status der Polisbewohner

nach rhodischem Recht ein matroxenos war, wie die Nachkommen eines Rhodiers und einer Nichtrhodierin genannt wurden37. Ihn als matroxenos zu bezeichnen, wäre aber aus der Perspektive der karischen Gemeinde recht seltsam erschienen38; wenn jemand in Leukoideus ein xenos war, dann doch wohl der offensichtlich rhodische Vater des Dioklēs, nicht aber dessen karische Mutter. Die Mutter und die Söhne des Verstorbenen, die als Verfasser bzw. Auftraggeber des Inschriftentextes zu betrachten sind, werden bei der Herkunftsbezeichnung kaum das rhodische Rechtssystem im Blick gehabt haben; außerhalb der eigenen Polis wird man den Sohn eines Rhodios selbstverständlich ebenfalls als Rhodios bezeichnet haben, auch wenn dieser eine Nichtrhodierin zur Mutter hatte und damit innerhalb seiner Heimatpolis nicht als Vollbürger anerkannt war. Dass ansonsten die in Karien wohnenden Rhodioi stets eine Rhodia zur Frau nahmen, entspricht der innerhalb des Polisgebietes zu beobachtenden endogamen Heiratspraxis39. Die These Bressons setzt zudem voraus, dass jeweils ganze Familien kollektiv eingebürgert wurden. Eine derartige Praxis ist etwa aus Milet, nicht aber aus Rhodos bekannt. Weiterhin würde diese Annahme bedeuten, dass die Mitglieder solch einer ›karischen Elite‹ innerhalb ihrer eigenen Gemeinde ein fremdes Ethnikon führen bzw. dass das jeweilige karische koinon die Mitglieder der eigenen Gemeinde in den Ehreninschriften quasi als Fremde bezeichnet40. Wenn die Rhodioi tatsächlich Mitglieder einer indigenen Elite darstellen würden, denen das rhodische Bürgerrecht verliehen worden war, so wäre eher damit zu rechnen, dass einer derartigen Auszeichnung mit einem expliziten Verweis auf den Akt der Bürgerrechtsverleihung (δεδόσθαι πολιτείαν) Ausdruck verliehen worden wäre, nicht aber durch die Annahme des Ethnikon Rhodios – zumindest nicht als alleiniges Ethnikon. Eine entsprechende Formulierung findet sich aber in keiner der Ehreninschriften, was ebenfalls nahelegt anzunehmen, dass die Rhodioi keine karischen Neubürger sind41. Auch die Inschriftensprache deutet nicht auf eine karische Herkunft der Rhodioi. Obwohl die Inschriftentexte in der Koine verfasst wurden, verweist Bresson selbst

37 Zum Rechtsstatus der Nachkommen gemischter Ehen s. die folgenden Ausführungen in diesem Kapitel. 38 Hinzu kommt, dass hier die nicht-rhodische Mutter in der Inschrift direkt genannt wird; in zwei vergleichbaren Fällen verzichtete man sogar innerhalb des rhodischen Polisterritoriums auf den Zusatz matroxenos; s. dazu die folgenden Ausführungen zu den matroxenoi. 39 s. App. III Tab. 4. 40 s. auch Van Bremen 2007, 126 die allgemein bemerkt, in den Inschriften komme eine sprachliche Distanz zwischen Geehrten und Ehrenden zum Ausdruck. 41 Warum in zwei Grabinschriften der ›unterworfenen‹ Peraia eine Frau jeweils mit rhodischem Demotikon genannt wird, lässt sich indessen nicht klären; HTC 41 und 79 sowie Van Bremen 2007, 122 f. mit Anm. 46. Das weibliche Demotikon Κεδρεᾶτις in HTC 79 könnte zumindest auf die räumliche Nähe zwischen Kedreai und Idyme, dem Fundort der Inschrift, zurückzuführen sein; beide Orte trennt nur eine Entfernung von 15 km.



3.1 Die Bürgerschaft 

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mehrfach auf Formen, die eindeutig dem rhodischen Dialekt zuzuordnen sind. Diese rhodischen Formen treten insbesondere bei Namensendungen hervor42. Eine Erklärung wäre, dass die rhodischen Familien, die bereits seit längerer Zeit in der ›unterworfenen‹ Peraia lebten, sich insoweit an ihr karisches Umfeld assimiliert hatten, dass sie sich zwar der Koine bedienten, aber insbesondere hinsichtlich der Namensformen dorisch-rhodische Elemente bewahrten. Rhodier, die außerhalb der Polis Land besaßen, werden schließlich auch an zwei Stellen bei Polybios erwähnt: Im Friedensvertrag von Apameia garantierte man den Rhodiern, die im Gebiet des Antiochos Land besaßen, ihr Eigentum43. Nach dem Perseuskrieg und dem Verlust eines Großteils der Festlandgebiete schickten die Rhodier dann sogar eine Gesandtschaft nach Rom, die für die Eigentumsrechte der Rhodier in Karien und Lykien eintreten sollte44. Daraus wird man zweierlei ableiten dürfen: Zum einen scheint es sich um ein wichtiges Anliegen der Polis insgesamt gehandelt zu haben, das eine öffentliche Gesandtschaft rechtfertigte, was wiederum auf eine zumindest nennenswerte Zahl von rhodischen Siedlern verweist. Zum anderen wird hier evident, dass diese Rhodier sich nicht vollkommen von der Polis gelöst hatten, sondern weiterhin als zum rhodischen Demos zugehörig betrachtet wurden, und zwar sicherlich nicht allein in fiskalischer Hinsicht. So attraktiv die These einer gezielten rhodischen Einflussnahme durch individuelle Bürgerrechtsverleihungen auch ist, so spricht doch alles dafür, weiterhin davon auszugehen, dass Rhodioi außerhalb der eigenen Polis stets als rhodische Vollbürger zu interpretieren sind. Um in Rhodos als Vollbürger zu gelten, war es – ebenso wie lange Zeit in Athen – notwendig, dass beide Eltern Polisbürger waren45. Bei Nachkommen aus gemischten Ehen wurde mit dem Zusatz ματρὸς δὲ ξένας – von einer fremden Mutter abstammend – ausdrücklich auf den fehlenden vollen Bürgerrechtsstatus verwiesen. Nicht nur Söhne, sondern auch Töchter eines Rhodiers und einer Nichtbürgerin erhielten offenbar diesen Zusatz46. Die Bewertung des rechtlichen Status dieser matroxenoi wird insbesondere durch die geringe Anzahl entsprechender Belege erschwert. Insge-

42 HTC 9. 10. 13. 43 Pol. 21, 43, 16. 44 Pol. 31, 4, 3; vgl. Wiemer 2010, 434. 45 Niku 2007, 18–20 sowie 66–70 geht davon aus, dass in Athen ab 229/8 v. Chr. die Nachkommen eines Atheners und einer Nichtbürgerin als Bürger anerkannt wurden, was sie maßgeblich an dem Anstieg der Belege für Mischehen festmacht; dagegen argumentiert jetzt Günther 2012, 134 f. Vgl. oben Kap. 2.2. 46 App. I 13 (= Maiuri, Nuova Silloge 130). Der Name der Frau muss ursprünglich auf dem Monument gestanden haben, das in die Basis eingefügt war; vgl. den Kommentar im App. Der Ehemann trägt den in onomastischer Hinsicht enttäuschenden Namen Φίλων. In Milet gab es neben dem männlichen νόθος die weibliche Form νόθη.

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 3 Der rechtliche Status der Polisbewohner

samt sind nur sieben Personen in fünf Inschriften als matroxenos belegt, die sich über die gesamte hellenistische Zeit verteilen. Während dieses Zeitraums behielt mithin auch die Bürgerrechtsregelung Gültigkeit47. Ob diese matroxenoi eher den Bürgern oder aber den Nichtbürgern zuzurechnen sind, darüber ist man weiterhin uneinig48. Für eine angemessene Bewertung dieses Phänomens hat man sich aber nicht allein auf die Dokumente zu beschränken, in denen Personen ausdrücklich als matroxenos bezeichnet werden, sondern es sind allgemein sämtliche Belege für gemischte Ehen heranzuziehen, was in der bisherigen Diskussion jedoch unterblieben ist49. Während Hendrik Van Gelder in der Frage der rechtlichen Einordnung noch weitgehend unentschieden blieb50, steht seit Längerem im Zentrum der Diskussion ein 1925 von Amedeo Maiuri publiziertes Familienmonument, in dessen Inschrift Vater, Sohn und Enkel mit jeweils unterschiedlichem Rechtsstatus erscheinen51. Der Vater Herakleitos war rhodischer Bürger und als Phylarch für die Phyle Ialysos mehrmals siegreich gewesen. Sein Sohn Apollodotos trägt zwar das lindische Demotikon Nettidas, bezeichnet sich aber gleichzeitig als ματρὸς δὲ ξένας. Dessen Sohn Herakleitos wiederum erscheint mit dem Ethnikon Σάμιος und war demnach in Rhodos Nichtbürger; allerdings besaß er das Privileg der epidamia. Da der ältere Herakleitos als Phylarch die Phyle Ialysia angeführt hatte, ist bisher stets angenommen worden, dass dieser dementsprechend in einem zu Ialysos gehörenden Demos verzeichnet war. Die vermeintliche unterschiedliche Demenzugehörigkeit von Vater und Sohn führte daraufhin zu der Annahme, die matroxenoi seien nicht per Geburt Rhodier. Vielmehr sei dies als Beleg zu werten, dass Apollodotos erst später das Bürgerrecht erworben

47 I. Lindos 51 c, col. I Z. 26 f. (um 304 v. Chr.); App. I 15 (= I. Lindos 88) b, col. III Z. 286–288 (vor ca. 258 v. Chr.); Maiuri, Nuova Silloge 19 col. I Z. 2 f. und col. II Z. 1 f. (ca. 230–219 v. Chr.); Pugliese Carratelli, ASAA 64/65, 1986/87, 278 Nr. 14 (2./1. Jh. v. Chr.); App. I 13 (= Maiuri, Nuova Silloge 130; 1. Jh. v. Chr. – 1. Jh. n. Chr.). Vgl. dagegen die in das 2./3. Jh. n. Chr. datierende Grab- und Ehreninschrift für ῎Ερως Ζωσίμου aus Ephesos (IG XII 1, 1064). Dessen Söhne besaßen ebenso wie ihre Mutter das Demotikon Kasios. 48 Eindeutig lässt sich diese Frage dagegen für Milet beantworten, wo nothoi und nothai in gleicher Weise wie Nichtbürger erst durch die Verleihung des Bürgerrechts in den Bürgerverband aufgenommen wurden. Dort heißt es in der Überschrift der Bürgerrechtslisten stets: οἵδε ἐγένοντο πολῖται κατὰ τὸ ψήφισμα τοῦ δήμου; s. etwa I. Milet I 3, 45, wo unter den eingebürgerten Nichtbürgern in col. II Z. 8 ein νόθος sowie in col. II Z. 10 eine νόθη κόρη zu finden sind. 49 Die verschiedenen literarischen Belege über die matroxenoi helfen für eine Klärung der rechtlichen Lage in Rhodos nicht weiter, da sie nur das Phänomen als solches beschreiben, ohne dass sich daraus inhaltlich etwas für die Diskussion gewinnen ließe. So heißt es bei Aristophanes von Byzanz s. v. τήθη, die Rhodier würden nothoi als matroxenoi bezeichnen; vgl. Van Gelder 1900, 229. 50 Van Gelder 1900, 229: »man kann sie, wenn man will, noch zu den rhodischen Bürgern zählen«. 51 Maiuri, Nuova Silloge 19 col. I: Ἡράκλειτος Παυσανία | vacat | Ἀπολλόδοτος Ἡρακλείτου| Νεττίδας ματρὸς δὲ ξένας | τὸμ πατέρα | φυλαρχήσαντα | φυλᾶι Ἰαλυσία[ι] | καὶ νικάσαντα εὐα[νδ]ρ̣ ίαι | καὶ λαμπάδι Διοσωτήρια | Ἀσκλαπίεια Ἁλίεια | θεοῖς. col. II: Ἀπολλόδοτος Ἡρακλείτου | Νεττίδας ματρὸς δὲ ξένας. | Ἡράκλειτος Ἀπολλοδότου Σάμιος | ὧι ἁ ἐπιδαμία δέδοται τὸμ πατέρα | θεοῖς.



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habe und dann einem anderen Demos als sein Vater zugelost worden sei, formulieren Anne-Marie Vérilhac und Claude Vial52. Das rhodische Bürgerrecht sei Apollodotos als Auszeichnung verliehen worden, so wie sein Sohn dasjenige von Samos erhalten habe53. Die Angabe ματρὸς δὲ ξένας habe bezweckt, Außenstehenden das unterschiedliche Demotikon zu erklären. Ähnliches hatte bereits Giovanni Pugliese Carratelli angenommen, der allerdings nicht von einer Bürgerrechtsverleihung im Rahmen einer Ehrung ausgeht, sondern eine Praxis wie in Athen vermutet, wo die Söhne aus gemischten Ehen durch ein poiēsis-Dekret in den Bürgerverband aufgenommen wurden. Diese nachträgliche Einbürgerung habe eine völlige Gleichstellung mit den anderen Polisbürgern mit sich gebracht; eine Ausnahme habe einzig der Ausschluss von einigen, wahrscheinlich religiösen, Ämtern dargestellt54. Bislang ist allerdings nicht bemerkt worden, dass ein Rhodier durchaus auch die Phylarchie sowie die Choregie einer anderen Phyle übernehmen konnte, wie es zumindest in drei Fällen eindeutig belegt ist55. Insofern erlaubt die Angabe der Phyle,

52 Vérilhac – Vial 1998, 66; so schon Vial 1992, 288 f.; zustimmend Maillot 2005, 54; Grieb 2008, 264 Anm. 6. Ogden 1996, 302 f. wendet sich zu Recht gegen die Annahme von Latte, in: RE 17 (1937) 1066–1074 s. v. nothoi, dem Demos Nettidas seien grundsätzlich Bürger mit beschränkten Rechten zugeordnet worden; bemerkt dann jedoch nur, dass »the difference in tribe between father and son here does remain a problem«. 53 Diese Annahme setzt voraus, dass Herakleitos in Samos das Bürgerrecht auch tatsächlich aktiviert hatte und sich zumindest für eine gewisse Zeit auf der Insel niedergelassen hatte, bevor er nach Rhodos zurückkehrte. Weitaus wahrscheinlicher ist es, dass die Mutter des Herakleitos Samierin war, weshalb auch ihm das Ethnikon Samios übertragen wurde. 54 Pugliese Carratelli 1953, 489 f. 55 Nur Badoud 2015, 190 hat jüngst in einem anderen Kontext auf diesen Sachverhalt hingewiesen. In der ersten Hälfte des 2. Jhs. v. Chr. hatte Διονύσιος Ἀπολλωνίου in Rhodos-Stadt für Lindos die Phylarchie übernommen; sein Bruder Χαρίδαμος Ἀπολλωνίου war dagegen Phylarch der Phyle Kamiros (Suppl.Epigr.Rh. 18 und 19). Beide Brüder müssen aber demselben Demos angehört haben; eine Adoption, die einen Demen- und Phylenwechsel erklären würde, wäre vermerkt worden. Sehr wahrscheinlich stammte die Familie ursprünglich aus lindischem Gebiet. Zumindest hat man in Massari das obere Fragment der Basis eines Familienmonumentes gefunden, in dem ein gleichnamiges Brüderpaar genannt ist (IG XII 1, 934). Zu der in Rhodos verbreiteten Adoption s. Rice 1988. In den Inschriften wird eine Adoption durch die Formulierung καθ’ ὑοθεσίαν δέ (bzw. bei der Adoption einer Frau mit κατὰ θυγατροποΐαν δέ) angezeigt. Die adoptierte Person behält ihr ursprüngliches Patronym stets bei; s. etwa I. Lindos 157: Ἀμύντας Εὐκράτευς καθ’ ὑοθεσίαν δὲ Ἀριστίωνος. (»Amyntas, Sohn des Eukratēs, durch Adoption Sohn des Aristiōn«). Um 280/70 amtierte bei den Großen Erethimien zudem ein Lindier für die Phyle Ialysos; in der Siegerliste wird zumindest ein [Κα]λ̣λιφῶν Ἀ[-] als Phylarch genannt (Kontorini 1975b, 102 Seite B, Z. 26– 28); mit großer Wahrscheinlichkeit wird man ihn mit Καλλιφῶν Ἀγαθοφῶντος identifizieren können, der in der lindischen Spenderliste aus dem Jahr 305 unter dem Demos Physkos aufgeführt wird (I. Lindos 51 C col. II Z. 55). Zwischen der Siegerliste und der Spenderliste gibt es weitere Namensparallelen, die diese Annahme zusätzlich bestärken (s. dazu Kap. 7.2 Anm. 266). Aus Rhodos-Stadt stammt außerdem die Basis eines Dreifußes, die Τιμόστρατος Λύκωνος als siegreicher Chorege der Phyle Ialysos an Dionysos geweiht hatte; Jacopi, ClRh 2, 1932, 215 Nr. 55; Timostratos

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die ein Phylarch bei einem Agon angeführt hatte, keinen Rückschluss auf dessen Phylenzugehörigkeit. Eine nachträgliche Einbürgerung von Ἀπολλόδοτος Ἡρακλείτου muss daher nicht angenommen werden56. Da in der Inschrift auf keine Frau verwiesen wird, fügte man vielleicht gerade deshalb das erläuternde ματρὸς δὲ ξένας bei Apollodotos hinzu. Wendet man sich den weiteren Belegen von Nachkommen gemischter Ehen zu, so lässt sich zunächst nur feststellen, dass diese offensichtlich immer ein Demotikon besaßen: In Lindos hatte man Ende des 4. Jhs. v. Chr. die Spender, die einem Spendenaufruf für die Wiederherstellung des Inventars des Heiligtums der Athana Lindia nachgekommen waren, nach Demen geordnet aufgeschrieben; unter dem Demos der Dryitai ist dort an letzter Stelle der matroxenos [Σ]ωσικ[λ]ῆς Κοσμοκλέος zu finden57. Vérilhac – Vial interpretieren den Befund allerdings dahingehend, man habe Sosiklēs unter dem Demos seines Vaters verzeichnet, ohne dass er in dem Demos eingeschrieben gewesen sei58. Bei genauerem Hinsehen ist ferner in einer sehr fragmentarischen Ehreninschrift aus Rhodos-Stadt bei einem weiteren matroxenos ein Demotikon zu postulieren59. In der letzten Zeile ist nur noch [– – –]τας ματρὸς δὲ ξένας [– –] zu lesen. Ob das Pat-

aber gehörte höchstwahrscheinlich einem kamirischen Demos an; in Kamiros amtierte jedenfalls im Jahr 253 v. Chr. ein Damiourge mit diesem Namen (Tit.Cam. 30); die von Jacopi für den Dreifuß vorgeschlagene Datierung in das 2./1. Jh. v. Chr. ist dem Schriftbild nach zu urteilen, zu spät angesetzt; es widerspricht jedenfalls nicht einer Einordnung in die Mitte des 3. Jhs. v. Chr. Vgl. dazu jetzt Badoud 2015, 189 f. 396 Nr. 29 mit Abb. 107, der ebenfalls eine Datierung in die 2. Hälfte des 3. Jhs. – 1. Hälfte des 2. Jhs. vornimmt. Der Haliospriester, nach dem die Inschrift auf dem Dreifuß datiert, ist ansonsten auch durch Amphorenstempel nicht nachgewiesen, s. Habicht 2003, 565. [Λύ]κων Τιμοστράτου, der Ende der 80-er Jahre des 3. Jhs. v. Chr. archiaristas war, ist möglicherweise der Vater des genannten Timostratos (Tit.Cam. 11 Z. 14); bei dem gleichnamigen hieropoios des Jahres 225 v. Chr. wird es sich um den Sohn von Timostratos handeln (Tit. Cam. 38 Z. 13). Um das Jahr 100 findet sich dann jedoch auch ein Λύκων Τιμοστράτου in Lindos im Kollegium der hierothytai (I. Lindos 270 col. II Z. 25). Ferner wird der in Tit.Cam. 63 geehrte Rhodier, der als Phylarch und Chorege ebenfalls die Phyle Ialysos angeführt hatte, ein Kamirer gewesen sein; der Name des Geehrten ist jedoch nicht erhalten. Ein in Fragmenten erhaltenes Schauspielerverzeichnis, das nur aus einer in Florenz aufbewahrten Abschrift bekannt ist, gibt außerdem zu erkennen, dass bei szenischen Aufführungen die Akteure einer Phyle zugelost wurden; IGUR I 223 (= Tit.Cam. 282, 22) Z. 5. In diesem Fall ist von der Phyle Kamiros die Rede ([ἐν] Ῥόδωι νεμηθεὶς Κα{ι}μειρίδι φ[υλῆι]). Es handelt sich hier aber wohl um einen auswärtigen Schauspieler, den man einer Phyle zugelost hat; Kaibel 1888, 270–273. Insofern kann diese Inschrift hier nicht in die Argumentation einbezogen werden. 56 Das LGPN s. v. ῾Ηράκλειτος führt Ἡράκλειτος Παυσανία übrigens korrekt unter dem Demos Nettidas und ordnet ihn nicht etwa einem Demos von Ialysos zu. 57 I. Lindos 51 c, col. I Z. 26 f. 58 Vérilhac – Vial 1998, 67 f.; ebenso Vélissarapoulos-Karakostas 2008, 259. 59 Pugliese Carratelli, ASAA 64/65, 1986/1987, Nr. 14 (= SEG 41.657): [– – –]Ε[. . . .]ΣΤΟ[– – –] | [– – – τ]ᾶς [γ]υν[αι]κὸς [– – –]| [– – –]Π̣Λ̣[. . . . .] Ε̣ ὐστράτου [– – –] | [– – –]τας ματρὸς δὲ ξένας [– –]; Pugliese Carratelli las in der letzten Zeile [– – –]τας ματρὸς δὲ ξέ[νας – –]; es sind aber die letzten drei Buchstaben von ξένας auf dem Foto zu erkennen.



3.1 Die Bürgerschaft 

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ronym Ε̣ ὐστράτου (oder vielleicht [Κλ]ε̣ υστράτου) in der darüber stehenden Zeile zu dem matroxenos gehört, lässt sich nicht entscheiden, da das Fragment nach Ausweis des publizierten Fotos keine Hinweise auf die ursprüngliche Zeilenlänge gibt. Da die matroxenoi stets mit Filiation genannt werden, muss aber irgendwo ein zugehöriges Patronym gestanden haben. Die Endung -τας vor ματρὸς δὲ ξένας [– –] kann nicht die dorische Genitiv-Endung eines Patronyms sein, da nur einige Frauennamen im Genitiv auf -τας enden60. Dagegen kommen mehrere rhodische Demen mit dieser Endung in Frage61. Trotz des fragmentarischen Zustandes der Inschrift liegt somit ein dritter Beleg für die Demenzugehörigkeit eines matroxenos vor62. Eindeutig ist jedoch darüber hinaus die Demenzugehörigkeit für zwei Nachkommen aus gemischten Ehen nachweisbar, die in diesem Zusammenhang bislang jedoch keine Berücksichtigung gefunden haben, da bei ihnen der Zusatz ματρὸς δὲ ξένας fehlt. Bei dem ersten Beleg handelt es sich um eine Ehreninschrift, die Παμφιλίδας Ἀπολλωνίου für Καλλίστρατος Διονυσίου aus dem Demos der Brasioi und dessen Mutter stiftete63. Die Mutter, deren Name auf dem Stein nicht mehr lesbar ist, war eine Metökin aus Ephesos. Damit war Kallistratos eindeutig ein matroxenos64. Der fehlende Verweis auf den Status als matroxenos ist sicherlich nicht darauf zurückzuführen, dass die Mutter Metökenstatus besaß. Wenn Heiraten zwischen Vollbürgern und Metöken als legitim anerkannt worden wären, hätte es für Rhodier kein Hindernis gegeben, eine nicht zum Polisverband gehörende Frau zu heiraten; entsprechend häufiger wären derartige Fälle überliefert. Naheliegender ist demgegenüber eine andere Erklärung, die Pugliese Carratelli anführt: Da beide Elternteile genannt würden und somit für jedermann zu sehen sei, dass der Sohn eine ›fremde‹ Mutter besitze, habe man nicht nochmals ausdrücklich seinen Status benennen müssen. Einen ähnlichen Fall überliefert eine Grabinschrift aus Physkos, in der die

60 So etwa Θευδότα, Πεισιδότα sowie weitere Frauennamen auf -αρίστα. 61 Λινδοπολίτας, Δρυΐτας, Παλαιοπολίτας, Νεοπολίτας, Εὐθηνίτας, Καρπαθιπολίτας. 62 Bei den drei matroxenoi, die einer Schiffsbesatzung angehörten, die auf der Akropolis von Lindos die monumentale Nachbildung eines Schiffbugs als aparchē an Athana Lindia gestiftet hatte, lässt sich über die Registrierung in einem Demenbezirk nichts sagen, da hier auch bei den Rhodiern kein Demotikon angegeben ist, App. I 15 (= I. Lindos 88 b, col. III, Z. 286–288); s. auch Benincampi 2008, 61. 63 App. I 16 (= Suppl.Epigr.Rh. 52) mit dem dortigen Kommentar. Pugliese Carratelli hielt Pamphilidas für den Geehrten, was sich nun nach einer entscheidenden Verbesserung des Textes eindeutig ausschließen lässt. 64 Unklar ist hingegen, in welchem Verhältnis Pamphilidas und Kallistratos zueinander stehen. In der letzten Zeile bezeichnet sich der Dedikant als Freund der Geehrten, was auf ein euergetisches und kein verwandtschaftliches Verhältnis verweist. Denkbar wäre etwa, dass Pamphilidas die Vormundschaft für den Sohn der Ephesierin übernommen hatte, nachdem ihr rhodischer Mann gestorben war. Da der Sohn ein matroxenos war, hätte ihn Pamphilidas nicht adoptieren können. Zu den in Rhodos belegten epitropoi s. Kap. 7.2.2 Anm. 271. Explizit als ἐπίτροπος ὀρφάνου ist nur einmal ein Rhodier in der Subskriptionsliste I. Lindos 51 a, col. II Z. 48 f. belegt.

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Heirat des Physkiers Ἀλέξανδρος Φιλτάτου mit der Metökin Διονυσάριν aus Myndos dokumentiert ist. Sie besaßen eine Tochter, die ebenso wie der Vater in dem Demenbezirk Physkos registriert war65. Dies ist gleichzeitig der einzige Beleg, bei dem sowohl das Demotikon des Vaters als auch dasjenige des Nachkommen bekannt ist. Eine nachträgliche Einbürgerung wird man hier kaum anzunehmen haben. Zwar ist nicht bekannt, wie eine Einbürgerung in Rhodos vonstatten ging; doch erscheint es naheliegend, in Analogie zu dem vielfach in anderen Poleis belegten Verfahren eine Zulosung zu einer Phyle und einem Demos anzunehmen66. In diesem Fall wäre somit eine Demengleichheit von Vater und Tochter unwahrscheinlich. Vielleicht ist noch ein dritter Beleg hinzuzufügen: So war in Hydas, ebenfalls in der Peraia gelegen, Φιλοκλέα aus Alexandria mit ihrem Mann Ἰσοκράτης, Sohn des Ἀντιγένης bestattet worden. Von dem Demotikon des Mannes ist nur noch die Endung [– – –]ν̣ είου erhalten. Blümel schlägt vor, zu [Τυμ]ν̣ είου zu ergänzen, was allerdings mit Unsicherheiten verbunden bleibt, da das Demotikon des in der Peraia gelegenen Ortes Tymnos Τύμνιος heißt. Isokratēs ist möglicherweise mit einem namensgleichen Bürger in Rhodos-Stadt identisch, dem von seiner Tochter Ἰσοκράτεια sowie einem anderweitig nicht bekannten Πύθων Ἁγήμονος eine Ehreninschrift gestiftet worden war67. Hier fehlt jedoch nicht nur der Zusatz ματρὸς δὲ ξένας, sondern auch das Demotikon. Insgesamt lässt sich dreierlei festhalten: (1) die matroxenoi wurden als Mitglieder der Familie betrachtet, der sie entstammten; (2) neben dem Patronym führen sie immer ein Demotikon. Dass auch in Karien der Nachkomme einer gemischten Ehe als Rhodios bezeichnet wurde, weist ebenfalls auf deren Demenzugehörigkeit hin. (3) Eine spätere Einbürgerung ist unwahrscheinlich, allerdings nur in einem Fall (der Tochter des Physkiers Alexandros) eindeutig auszuschließen. Aus dem Nachweis der Registrierung in einem Demenbezirk ist allerdings nicht zwangsläufig ein uneingeschränktes Bürgerrecht abzuleiten; es ist vielmehr anzunehmen, dass Nachkommen aus gemischten Ehen direkt mit dem besonderen Status

65 Maiuri, ASAA 2, 1916b, 166 Nr. 119. 66 In Iasos ist hingegen sowohl belegt, dass dem Neubürger freigestellt ist, in welcher Phyle er sich registriert, als auch eine Zulosung des Neubürgers zu einer Phyle. Dies könnte mit einer zeitlichen Entwicklung zu erklären sein: Für eine Registrierung in einer Phyle, die der Neubürger wünscht, s. Maddoli, PP 62, 2007, Nr. 4 (= SEG 57.1049; um 350 v. Chr.) Z. 6–10: δεδόσθαι δὲ α]ὐ̣τῶι καὶ πολιτεί[α|ν καὶ ἀτέλειαν καὶ] μετουσίην πάντω[ν] | [ὧν καὶ Ἰασεῦσιν μέτ]εστιν· προσγραψά[ν|των δὲ αὐτὸν] καὶ ἐς φυλὴν οἱ ἄρχοντες | [ἣν ἂν βούλ]ηται. Vgl. auch Maddoli, PP 62, 2007, Nr. 18.1 (= SEG 57.1068; um 250 v. Chr.) Z. 6 f.: δεδόσθαι δὲ αὐτῶι καὶ πολιτείαν μετέχοντι πάντων ὧν καὶ οἱ λοιποὶ | Ἰασεῖς μετέχουσιν· εἶναι δὲ φυλῆς καὶ πατριᾶς αὐτὸν ἧς ἂμ βούληται. Für eine Zulosung der Neubürger in eine Phyle s. IG XII 4, 1, 172 (= I. Iasos 51; 2. Hälfte 2. Jh. v. Chr.) Z. 26–31: δεδόσθαι δὲ αὐτῶι καὶ πολιτείαν μ[ε]|τέχοντι πάντων ὧν καὶ τοῖς ἄλλοις πολίταις μέ|τεστι, ἐπικληρῶσαι δὲ αὐτὸν καὶ ἐπὶ φυλὴν ἐν τ[οῖς] | ἐννόμοις χρόνοις, τὰ δὲ αὐτὰ ὑπάρχειν καὶ τοῖς ἐκ̣[γό]|νοις αὐτοῦ. 67 I. Peraia 261; Suppl.Epigr.Rh. 16.



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eines matroxenos registriert wurden68. Rechtliche Einschränkungen bestanden dahingehend, dass die Nachkommen eines matroxenos Nichtbürger waren69. So ist zumindest das Ethnikon Samios bei dem Sohn des Apollodotos zu erklären, das ihm vielleicht nach der Herkunft seiner Mutter übertragen wurde70. Ebenso werden matroxenoi von der Übernahme öffentlicher Ämter ausgeschlossen worden sein; zumindest ist es auffallend, dass in der Ehreninschrift für Herakleitos auf verschiedene Siege als Phylarch verwiesen wird, der Enkel in einem Epigramm dagegen gleich zweimal die Rechtschaffenheit seines Vaters als Banker hervorhebt, aber offensichtlich darüber hinaus auf keine öffentlichen Ämter zu verweisen vermag. Nur so ist erklärbar, warum überhaupt die Grundlage des Wohlstandes der Familie konkret benannt wird, was ansonsten nie in einer Ehreninschrift Erwähnung findet. Freilich steht auch hier nicht der Reichtum im Zentrum, sondern die Eigenschaft des Geehrten. In übersteigerter Form, die auf die Epigrammform zurückzuführen ist, liest man von der ὁσία δικαιοσύνη des Geehrten, die er über einen Zeitraum von 30 Jahren bewiesen habe, während der er gleichermaßen für Bürger und Nichtbürger mit einer in jeder Hinsicht »reinen Gerechtigkeit« (σὺν καθαρᾶι δίκαι) Geld aufbewahrt habe71. Auch wenn die matroxenoi durch das Demotikon in die Nähe der politai gerückt wurden und nicht nur als Mitglieder des oikos, sondern als Verwandte anerkannt wurden, so werden sie andererseits allein schon durch den Vermerk matros xenas von

68 Vergleichbar wäre dies dann mit der athenischen Praxis, die Metöken in dem Demenbezirk, in dem sie jeweils wohnen, zu registrieren; allerdings führen diese natürlich kein Demotikon, vgl. Fraser 2009, 112. 69 Zu erklären bleibt dann aber, warum der im karischen Loikoideis bestattete Dioklēs Aristarchou, der nach rhodischem Recht ein matroxenos war, Söhne besaß, die als Rhodioi bezeichnet werden. Eine Lösung wäre, das Ethnikon an dieser Stelle nicht als rechtlichen Verweis auf den Besitz des rhodischen Bürgerrechts zu verstehen; vielmehr sollte wohl bloß ausgedrückt werden, dass es sich um Nachkommen eines Rhodiers handelte. 70 Zwar verweist Vélissarapoulos-Karakostas 2008, 261–264 auf verschiedene Beispiele, die zeigen, dass Frauen durchaus das Bürgerrecht an ihre Nachkommen weitergeben konnten. Man muss jedoch nicht zwangsläufig das Ethnikon als Beleg werten, dass Herakleitos das Bürgerrecht in Samos besaß; auch Ogden 1996, 301 f. zieht – neben einer möglichen Verleihung des samischen Bürgerrechts per Volksbeschluss – in Betracht, dass mit dem Ethnikon bloß auf die Herkunft der Mutter Bezug genommen werde, ohne dass damit etwas über den Bürgerrechtsstatus von Herakleitos in Samos ausgesagt wäre. Ob die Frau des Apollodotos Rhodierin oder Nichtbürgerin war, ist dabei unerheblich. Maßgeblich ist die Beobachtung, dass der Sohn eines matroxenos nicht denselben Status wie der Vater besaß, sondern als Fremder bezeichnet wurde. Vgl. in diesem Zusammenhang auch das Dekret der lykischen Polis Xanthos (SEG 36.1220), mit dem fünf Brüdern aus Chalkis die enktēsis verliehen wird. Neben dem Patronym wird darin explizit erwähnt, dass die Brüder mütterlicherseits von einer Lykierin aus Limyra abstammen. Pleket – Stroud a. O. vermuten, die Mutter hätte über Grundeigentum in Xanthos verfügt, das nun den Söhnen zugänglich gemacht werden sollte. Hier waren es demnach eindeutig rechtliche Gründe, weshalb explizit auf die Herkunft der Mutter verwiesen wurde. 71 Maiuri, Nuova Silloge 19 col. II, Z. 6–9.

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den übrigen Bürgern separiert72. Auffällig sind die matroxenoi unter der Schiffsbesatzung erst am Ende der Liste zu finden; auch Sosiklēs erscheint in der Spenderliste als Letzter der zum Demos Dryitas gehörenden Personen. Dass nicht alle Fragen hinsichtlich des exakten Rechtsstatus der matroxenoi geklärt werden können, ist daher letztlich sekundär, zumindest insofern, als die sozialen Auswirkungen in aller Deutlichkeit hervortreten73. Besondere Aufmerksamkeit verdient in diesem Zusammenhang die insgesamt geringe Zahl exogamer Beziehungen von Rhodiern. Mit den drei bereits erwähnten Ehen, aus denen Nachkommen belegt sind, sowie den erörterten matroxenoi kommt man zusammengenommen auf 17 Belege für Heiraten zwischen einem Rhodier und einer Fremden, die sich über die gesamte hellenistische Zeit verteilen74. Die niedrige Anzahl gemischter Ehen ist umso bemerkenswerter, als die zahlreichen Kultvereine vielfältige Möglichkeiten der Interaktion zwischen Bürgern und Nichtbürgern boten. Nur sieben Rhodier, die eine Nichtbürgerin zur Frau wählten, stammen aus einem Inseldemos; von den übrigen Rhodiern waren – soweit bestimmbar – vier Personen in einem Demos der Peraia eingeschrieben sowie jeweils eine Person in einem Demos der Inseln Nisyros und Telos. Daraus zu schließen, dass Rhodier der Festlandgebiete bzw. der eingegliederten Inseln eher dazu tendierten, eine illegitime Ehe einzugehen, wäre angesichts der dünnen Grundlage jedoch eine zu weitgehende Folgerung. Aufschlussreicher ist dagegen der prosopographische Befund: Keiner der Rhodier oder matroxenoi kann mit einer Person identifiziert werden, die durch die Übernahme

72 s. auch Ogden 1996, 302. 73 Zu Recht wendet Vial in Vérilhac – Vial 1998, 67 Anm. 78 ein, dass man in privaten Dokumenten kaum demonstrativ auf einen niedrigen Rechtsstatus verwiesen hätte. Daran anknüpfend bemerkt auch Maillot 2005, 55 f., dass der Zusatz ματρὸς δὲ ξένας nicht die damit verbundenen rechtlichen Beschränkungen hervorhebe, sondern die Abstammung von einem Bürger anzeigen sollte. Vgl. auch Vélissaropoulos-Karakostas 2008, 264 f. 74 s. App. III Tab. 4. Verschiedentlich treten Nichtbürgerinnen mit einem rhodischen kyrios in Erscheinung; da einige dieser kyrioi als Amtsträger bedeutender Polisämter nachzuweisen sind, kann man jedoch ausschließen, dass es sich um die jeweiligen Ehemänner der Nichtbürgerinnen handelt. Entsprechend sind diese auch nicht in der Tabelle berücksichtigt worden. So hätte Διονύσιος, Sohn des Ἀρχίδαμος, aus dem Demos Tlos, der zwischen 127–103 v. Chr. als Damiourge belegt und mithin der kamirischen Oberschicht zuzurechnen ist, kaum eine Nichtbürgerin zur Frau genommen (Pugliese Carratelli, Associazioni, Nr. 21 Seite A col. III Z. 38 f.; Tit.Cam. 4 m). Denkbar wäre es, dass ihm die Funktion als kyrios der Ἰταλία aus Myndos in Form eines regulären Amtes übertragen worden war, mit dem allgemeine Aufsichts- und Fürsorgefunktionen für verwitwete Nichtbürgerinnen verbunden waren. Gleiches ist für Ἄγησις Ξενοφῶντος anzunehmen, der als kyrios der Δαμώ aus Perge fungierte; Ἄγησις erscheint in der 1. Hälfte des 1. Jhs. v. Chr. in Lindos im Kollegium der hierothytoi (Pugliese Carratelli, Associazioni, Nr. 21 Seite A col. III Z. 11 f.; IG XII 1, 844 col. II Z. 17); dagegen ist Τρίτυλλος Ἁγημονίδα καθ’ ὑ(οθεσίαν) Τριτύλλου Λέλιος, kyrios der Metökin Ἀγαθανόρη aus Patara, anderweitig nicht belegt (Migeotte 1993, Z. 26–28 = SEG 43.526); allerdings ist der Name Τρίτυλλος für Personen der Oberschicht belegt. Migeotte 1993, 354 f. betrachtet hingegen Trityllos als den Mann der Agathanorē; auch Günther 2014a, 42 geht davon aus, dass die kyrioi die Ehemänner oder Väter seien.



3.1 Die Bürgerschaft 

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eines Amtes im öffentlichen Leben der Polis in Erscheinung getreten ist – sofern man einmal von der Bankiersfamilie absieht. Auch wenn zu berücksichtigen gilt, dass trotz der dichten epigraphischen Überlieferung selbst die rhodische Oberschicht bei Weitem nicht lückenlos belegt ist75, so wird diese Beobachtung kaum einer zufälligen Befundlage zuzuschreiben sein. Wahrscheinlich hegten diese Rhodier schlichtweg keine Ambitionen für eine herausragende Ämterlaufbahn76. Für diese Vermutung lässt sich im epigraphischen Befund durchaus ein Anhaltspunkt ausmachen. So besitzt der aus dem Festlanddemos Physkos stammende Καλλίας Δαμολόχου, der eine Bürgerin aus Antiochia zur Frau genommen hatte, einen Namensvetter in Kos, der in einer Namensliste erscheint77. Da es für den Namen Δαμόλοχος überhaupt nur vier Belege gibt, könnte es sich um dieselbe Person oder jedenfalls um einen Verwandten gleichen Namens handeln, der sich zumindest eine Zeit lang auf Kos aufhielt. Zwar fehlt ein Ethnikon, das ihn als Rhodier ausweisen würde, doch legt eine Reihe weiterer Personen der Namensliste mit charakteristisch rhodischen Namen den Verdacht nahe, dass auch sie ursprünglich aus Rhodos stammen; einige Namen verweisen zudem derart auffallend nach Nisyros, dass man einen zufälligen Befund ausschließen kann78. Diese Zuordnung gewinnt dadurch weiter an Sicherheit, dass

75 Dies wird allein schon daran deutlich, dass einige Haliospriester ausschließlich durch Amphorenstempel überliefert sind; so etwa die Priester Σωχάρης und Αἰσχυλῖνος (Badoud 2015, 255 Nr. 86. 87), deren Namen überhaupt nicht in rhodischen Inschriften bezeugt sind. 76 Dagegen lassen sich in Milet die Nachkommen aus gemischten Ehen der Oberschicht zuordnen; Günther 2014c. 77 Suppl.Epigr.Rh. 78; IG XII 4, 2, 485 Z. 7 (2. Jh. v. Chr.). 78 In der Namensliste IG XII 4, 2, 485 weist kein onomastisch belastbarer Name eindeutig nach Kos. Vier Personen sind nur mit Individualnamen angegeben (Z. 10–13), in denen Bosnakis und Hallof a. O. Sklaven vermuten. Eindeutig als Nichtbürgerin lässt sich nur in der letzten Zeile durch das Ethnikon eine Frau aus Pisien ausmachen. Neben [Κ]αλλίας Δαμ̣ολόχ[ου] könnten außerdem vier oder fünf weitere Personen aus Rhodos stammen (im Folgenden werden nur dann Quellenbelege angeführt, wenn sie nicht im LGPN vermerkt sind): Z. 3: [..]σίφιλος Καλλιστρά[του]; Namen auf -σίφιλος sind für Kos nicht bezeugt, wohl aber für Rhodos, Telos und Nisyros; allerdings sind Namen mit dieser Endung nicht auf diesen Raum begrenzt; Καλλίστρατος ist generell ein häufiger Name. Z. 5: [Κ]λείτων Κλε[ίτ]ω̣ ν̣ [ος] τοῦ Φίλ[ω]νος; der Name Φίλων ist auf Grund seines großen Verbreitungsgrades nicht verwendbar; Κλείτων konzentriert sich dagegen insbesondere auf das rhodische Polisterritorium, neben der Insel Rhodos finden sich Belege auf Nisyros, Telos und in der Peraia. Z. 15: Λ̣εοντὶς Κ̣λευδά̣[μου]; Λέοντις ist eher unspezifisch in seiner Verbreitung; die weibliche Form Λεοντίς ist zumindest jeweils einmal auch auf Nisyros und Rhodos (Kontorini, AER, Nr. 30) belegt. Da in den letzten beiden Zeilen der Namensliste zwei Frauen genannt werden, wird man vielleicht auch hier sowie bei der in der folgenden Zeile genannten Person gleichen Namens ebenfalls Frauen anzunehmen haben. Κλεύδαμος findet man in der Ägais ausschließlich zweimal auf Rhodos sowie einmal in der Peraia. Z. 16: Λεοντ[ὶ]ς Φιλτάτο[υ]; Φίλτατος kommt abgesehen von einigen kaiserzeitlichen Belegen in Lykien und Lykaonien ausschließlich auf Rhodos und einmal auf Nisyros vor. Z. 17: Φιλιτὶς Ἐτευκλε[ῦς]; der seltene Name Φιλιτίς ist zweimal für eine koische Bürgerin belegt

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die beiden anderen Namensnachweise für Δαμόλοχος, die zusätzlich das Demotikon nennen, zweifelsfrei der Familie des Καλλίας zugerechnet werden können: Der auf einer Osteothek aus Rhodos-Stadt genannte Δαμολόχος Καλλία Φύσκιος wird der Vater oder Sohn des genannten Καλλίας sein79; eine andere Grabinschrift auf Nisyros nennt eine Frau mit dem Namen Ἀριστὶς Καλλία, die einen Δαμόλοχος Δαμοκρίνευς geheiratet hatte, der ebenfalls in dem Demos Physkos beheimatet war80. Die Ehepartner werden in einem verwandtschaftlichen Verhältnis zueinander gestanden haben. Diese Inschrift von der Insel Nisyros, die auf der Seeroute zwischen Kos und Rhodos gelegen ist, fügt sich topographisch in den Befund bestens ein. Zwar lassen sich die genauen Verwandtschaftsverhältnisse zwischen der ›rhodischen‹, ›nisyrischen‹ und ›koischen‹ Familie nicht rekonstruieren, doch bieten sie ein anschauliches Beispiel für die regionale Mobilität von Personen, die nicht den Eliten der Polis zuzurechnen sind. Bei dem Lindier Μηνᾶς Μηνοδώρου, der eine Frau aus Samos geheiratet hatte, könnte es sich zudem um einen Neubürger handeln. Der Name Μηνᾶς begegnet ansonsten nicht in der rhodischen Onomastik; Μηνόδωρος ist zwar verschiedentlich für rhodische Bürger belegt, in besonders großer Zahl sind auf Rhodos jedoch Fremde mit diesem Namen anzutreffen81. Der Name ist freilich insgesamt sehr verbreitet, einen Schwerpunkt bildet aber Samos, die Heimatpolis seiner Frau Καλλίστα. Für den Namen Μηνᾶς wird man dort zumindest einmal fündig82. Eine Herkunft des Μηνᾶς Μηνοδώρου aus Samos wäre mithin denkbar. Die geringe Zahl gemischter Ehen resultiert insofern unmittelbar aus der sozialen Wirksamkeit der strikten Bürgerrechtsregelung. Dementsprechend sind die wenigen Belege für matroxenoi gerade dadurch zu erklären, dass Rhodier grundsätzlich nur

(IG XII 4, 2, 430 Z. 22); eine Spenderliste aus Kos nennt außerdem drei Frauen mit diesem Namen, bei denen es sich aber um zwei nothai sowie eine Metökin handelt (IG XII 4, 1, 301 Z. 61. 66. 74); daneben begegnet jedoch auch dieser Name zumindest einmal in der Form Φιλειτίς auf einem Grabmal in Rhodos-Stadt für eine Bürgerin aus Nisyros. Für Ἐτευκλῆς gibt es ansonsten überhaupt nur einen weiteren Beleg, der bezeichnenderweise ebenfalls aus Nisyros stammt; wahrscheinlich ist noch in einem anderem Fragment aus Niysros ein Mitglied derselben Familie genannt (Ἀρίστων [Ἐ]τευκλεῦς; SEG 38.808 mit dem Ergänzungsvorschlag in SEG 42.1861). 79 IG XII 1, 302. 80 Chaviaras, AEphem 1913, 9 Nr. 7. Das LGPN Ι, s. v. Δαμόλοχος vermerkt eine mit Fragezeichen versehene Datierung in das 2. Jh. v. Chr.; geht man jedoch davon aus, dass der Editor Chaviaras das Schriftbild richtig wiedergegeben hat, dürfte die Inschrift in das 1. Jh. n. Chr. zu datieren sein. 81 In Rhodos tragen insgesamt neun Nichtbürger den Namen Μηνόδωρος: IG XII 1, 250 a; IG XII 1, 411; IG XII 1, 870 Seite A; IG XII 1, 874; Maiuri, Nuova Silloge 37 col. II Z. 3; Suppl.Epigr.Rh. 80; Hiller, AM 23, 1898, 398 Nr. 82; Hiller, AM 23, 1898, 399 Nr. 88; ADelt B 38, 1983, 395 (= SEG 39.784); die weibliche Form Μηνοδώρα ist zudem in Maiuri, ASAA 2, 1916a, 128 Nr. 7 für eine Nichtbürgerin aus Seleukeia belegt. Die Grabinschrift Maiuri, Nuova Silloge 209 liefert vielleicht sogar einen Beleg für einen in Rhodos ansässigen Samier mit dem Namen Μηνόδωρος: Μηνοδώρου | [Σα?]μίου. 82 IG XII 6, 2, 837 col. IV.



3.1 Die Bürgerschaft 

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selten eine Nichtbürgerin zur Frau nahmen. Der Grund hierfür lag sicherlich darin, dass für die Nachkommen in der Regel auch zu einem späteren Zeitpunkt keine Aussicht bestand, als Vollbürger anerkannt zu werden83. Die daraus resultierende endogame Heiratspraxis führte dazu, dass sich die Bürgerschaft gegenüber der übrigen Polisbevölkerung abschloss. Daran scheint sich auch in späthellenistischer Zeit nichts geändert zu haben. In Milet konnten demgegenüber Bürger, die eine Nichtbürgerin zur Frau hatten, auf eine nachträgliche Legitimierung der Beziehung und der daraus hervorgegangenen Kinder hoffen. Im 3. Jh. v. Chr. sind hier unter den jährlichen Einbürgerungen nothoi und nothai anzutreffen, wenn auch in geringer Zahl84. Während Milet aus demographischen Gründen auf eine Erweiterung der Bürgerschaft angewiesen war85, bestand in Rhodos angesichts der schrittweisen Inkorporierung der umliegenden Gebiete keine Notwendigkeit, Nachkommen aus gemischten Ehen das Bürgerrecht in Aussicht zu stellen86. Vielleicht liegt auch gerade in der massiven Ausdehnung des Polisgebietes der Grund für das besondere Exklusivitätsbestreben der rhodischen Bürgerschaft. Nachdrücklich ist auf die sukzessive Erweiterung des rhodischen Polisterritoriums auf die benachbarten Inseln und das Festland zu verweisen. Die neu hinzugekommenen Gebiete wurden dabei in Demen eingeteilt und einer der drei Phylen zugeordnet; die Bewohner erhielten das volle Bürgerrecht und waren damit in jeder Hinsicht den ›Altbürgern‹ gleichgestellt87. Die daraus resultierenden mehrfachen Einbürgerungswellen müssen eine signifikante Erweiterung der Bürgerschaft zur Folge gehabt haben88: Nachdem wohl um 350 v. Chr. die 125 km östlich von Rhodos gelegene Insel Megiste in das Polisterritorium einbezogen wurde, erfuhr

83 Für die Überlegung von Benincampi 2008, 65, die große Zahl der Adoptionen habe möglicherweise dafür gedient, matroxenoi zu legitimieren, lassen sich keine überzeugenden Argumente gewinnen. Zum einen gibt es, wie Benincampi auch selbst bemerkt, keinen Hinweis darauf, dass einer der Adoptierten eine Nichtbürgerin als Mutter hatte; zum anderen wären weitaus mehr Fälle für gemischte Ehen überliefert, wenn es so einfach gewesen wäre, die strikte Bürgerrechtsregelung zu umgehen. 84 Günther 2014c, 135. Auf Kos gibt es keinen Beleg für die Einbürgerung eines nothos; überhaupt ist der Begriff hier nicht als Bezeichnung für eine Einzelperson anzutreffen, sondern nur im Plural als Kollektivbezeichnung belegt; Maillot 2005, 57. Vial 1992, 295 bemerkt jedoch, dass auch in Milet gemischte Ehen die Ausnahme blieben. 85 Köcke 2012 berechnet für Milet unter Verweis auf den hypothetischen Charakter der zugrunde gelegten Daten im Zeitraum von 250–180 v. Chr. einen durch die Einbürgerungen hervorgerufenen Bevölkerungszuwachs von 15,5 %. Als Ursache des demographischen Problems macht sie a. O. 47–49 eine geringe Geburtenrate und einen niedrigen Frauenanteil in der Bürgerschaft aus. 86 Lonis 1994, 80 vermutet, die Rhodier hätten zu bestimmten Zeiten matroxenoi in die Bürgerschaft aufgenommen, um die Bevölkerungszahl stabil zu halten. 87 Zu den kultischen Einschränkungen, die Lindos gegenüber den Bewohnern ihrer Festlanddemen durchsetzte s. Kap. 7.1. Ein schönes Beispiel für das Selbstverständnis der Peraiabewohner als Polisbürger liefert das kurze Grabepigramm Peek, AM 66, 1941, 66 Nr. 13: πατὴρ Φιλῖνος | Φιλοκράτη{ς} δ’ ἐγείν[ατο] | δᾶμος δὲ Τύμν[ος]. | χαῖρε πολλά, Φιλόκρ[ατεις]. »Philinos ist (sein) Vater, Philokratē hat (ihn) geboren, Tymnos ist (sein) Damos. Leb wohl, starker Philokrates.« 88 s. App. III Tab. 6.

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 3 Der rechtliche Status der Polisbewohner

die Polis eine erhebliche Ausdehnung unmittelbar nach der überstandenen Belagerung durch Demetrios 304 v. Chr.; innerhalb einer relativ kurzen Zeitspanne scheinen neben der Peraia auch die Inseln Chalke, Syme, Karpathos und damit sicherlich auch Saros eingegliedert worden zu sein. Kurz nach der Mitte des 3. Jhs. kam Telos hinzu, um 200 schließlich Nisyros sowie Anfang des 2. Jhs. die südlich von Karpathos gelegene Insel Kasos. Die Gesamtfläche der eingegliederten Gebiete macht knapp 50 % des gesamten Polisgebietes aus. Unabhängig von den grundsätzlichen Schwierigkeiten, Einwohnerzahlen zu bestimmen89, dürfte damit deutlich werden, dass es einen massiven Zuwachs von Neubürgern insbesondere im 3. Jh. v. Chr. gegeben haben muss90. Individuelle Bürgerrechtsverleihungen an Nichtbürger stellten dem derzeitigen Befund nach zu urteilen dagegen grundsätzlich die Ausnahme dar91. Da für Rhodos keine Dekrete über Bürgerrechtsverleihungen überliefert sind, lassen sich Neubürger nur dann eindeutig bestimmen, wenn diese gemeinsam mit Verwandten in Erscheinung treten, die ein Ethnikon neben ihrem Namen führen oder dieselbe Person zweifelsfrei einmal mit Ethnikon und ein anderes Mal mit Demotikon bzw. dem Ethnikon Rhodios belegt ist. Für die hellenistische Zeit sind nur zwei Neubürger mit Demotikon belegt92; entsprechend lässt sich zumindest vermuten, dass die Registrierung als Neubürger in einem Demenbezirk erfolgte.

89 So befanden sich z. B. auf der karischen Chersones etwa 20 Ortschaften; die nördlich angrenzende Apeiros war dagegen nur schwach besiedelt; s. Held 2009, 121 f. sowie die Berichte über die 4. und 5. Kampagne, die das bislang unerforschte Gebiet der Apeiros einschlossen, (23.06.2014). 90 Ob bestimmte Gruppen von der Bürgerrechtsverleihung ausgenommen wurden, lässt sich anhand der Quellen nicht bestimmen. Papazoglou 1997, 188 vermutet, dass auf Karpathos die Bezeichnung paroikoi, die indigene, bürgerrechtslose Bevölkerung umfasst, was jedoch auszuschließen ist; s. dazu Kap. 3.2.2. Zu erwähnen ist zudem die Isopolitieverleihung der Athener an die Rhodier als Dank für die Wiederbeschaffung einiger Schiffe, die während des Krieges gegen Philipp V. in makedonische Hände geraten waren (Pol. 16, 26, 8–9). Man wird dem livianischen Bericht (Liv. 31, 15, 7) folgen dürfen, nach dem es sich um einen beidseitigen Vertrag handelt, bei dem die Rhodier den Athenern dieselben Rechte zugestanden; Wiemer 2001, 102 Anm. 221. Eine hervorgehobene Position der Athener in Rhodos ist allerdings nicht erkennbar. Grundsätzlich stand die effektive Ausübung des Bürgerrechts der jeweils anderen Polis auch nicht im Vordergrund dieser interpolitischen Verträge; Saba 2012, 280–282. 91 Gegen die Annahme von Rostovtzeff 1955, 544 es gebe keinen Beleg für einen Nichtbürger, der das Bürgerrecht erhalten habe, hat sich bereits zu Recht Morelli 1956, 128 gewandt. Allerdings ist seine Einschätzung »non è difficile, e non sono rari gli esempi, ottenere la piena citattadinanza rodia« zu optimistisch. Grundsätzlich ist vielmehr Grieb 2008, 264–266 zuzustimmen, der die rhodische Bürgerschaft als äußerst exklusiv beschreibt, die nur in Ausnahmefällen, Fremden das Bürgerrecht zugestanden habe. Vgl. auch Baslez 2008, 225 f. 92 Ἑρμογένης Φιλοκράτευς Βράσιος, ursprünglich Ἰλιεύς (1. Jh. v. Chr.; IG XII 1, 189; App. I 5 = Jacopi, ClRh 2, 1932, 177–179 Nr. 6 col. II Z. 32–36; Ἀσκλαπιάδας Ἀπολλωνίου Κρυασσέως, Sohn eines Nichtbürgers aus Kaunos (1. Jh. v. Chr.; Pugliese Carratelli, Associazioni, Nr. 21 Seite B col. I, Z. 21–24).



3.1 Die Bürgerschaft 

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Unter den sicher als Neubürger bestimmbaren Personen befindet sich ferner eine Reihe von Bildhauern, die aber durch die Künstlersignaturen im epigraphischen Befund überrepräsentiert sind93. Trotzdem wird man den Befund nicht allein der günstigen Überlieferungslage zuzuschreiben haben. Hier kommt vielmehr ein offenkundiges Interesse der Polis zum Ausdruck, zu verhindern, dass talentierte Künstler nach einiger Zeit ihre Tätigkeit an einen anderen Ort verlegten. Diese Haltung wird man auch gegenüber Rhetoren und Philosophen annehmen dürfen, obwohl eine Aufnahme in die Bürgerschaft nur für den Stoiker Poseidonios eindeutig bezeugt ist94. Die gezielte Förderung von Künstlern und Intellektuellen erklärt sich insofern als Elitenphänomen, das dem grundsätzlich restriktiven Umgang mit Bürgerrechtsverleihungen nicht entgegenstand. Bezeichnenderweise war es mit Πλούταρχος Ἡλιοδώρου ein Bildhauer, der nicht nur wie Poseidonios aus Apameia stammte, sondern ebenso wie dieser nach der Einbürgerung eine politische Laufbahn einschlug, die in der Übernahme der Prytanie ihren höchstmöglichen Abschluss fand95. Es ist aber auch hier ein gezieltes Vorgehen zu beobachten: So erhielt der Bildhauer Charmolas aus Tyros

Darüber hinaus gibt es noch zwei kaiserzeitliche Belege: Πρωτογένου Νεικασίωνος führt ebenso wie sein Cousin Νεικασίων Ἑκάτωνος das Demotikon Κεδρεάτας obwohl die Eltern des Protogenēs aus Myndos und Knidos stammten; der Vater des Neikasiōn kam ebenfalls aus Myndos; I. Peraia 560 = I. Pérée 11 (2. Jh. n. Chr.). Ferner ist der in Rhodos-Stadt bestattete Ἀρχίδικος Θρασυδήμου in seiner Grabinschrift mit dem Demotikon Ἀργεῖος genannt; weitere Inschriften aus demselben Grabbezirk zeigen, dass seine Eltern aus Tenos kamen; Maiuri, Nuova Silloge 355. 356. 359. 93 Weitere Bildhauer, die in Rhodos das Bürgerrecht erhielten: Πυθόκριτος Τιμοχάριος aus Eleuthernai auf Kreta (Mitte 3. Jh. v. Chr. – ca. 180 v. Chr.; DNO 3311–3331); Ἐπίχαρμος Ἐπιχάρμου aus Soloi (Ende 2. – Anfang 1. Jh. v. Chr.; DNO 3836–3844); Πλούταρχος Ἡλιοδώρου aus Apameia (1. Hälfte 1. Jh. v. Chr.; DNO 3962–3974) sowie dessen Bruder Δημήτριος Ἡλιοδώρου (DNO 3835); Εὐπρέπης aus Laodikeia am Lykos (2. Jh. n. Chr.; DNO 4223); möglicherweise auch Τέχνων aus Sidon (1. Hälfte 3. Jh. v. Chr.; DNO 2660–2663), der nur auf einer Statuenbasis das Ethnikon anführt, sowie Φείδων Φειδοκράτευς aus Samos, der zumindest in einer Künstlersignatur ohne Ethnikon signierte (um 240 v. Chr.; DNO 3354–3356, dort jedoch kein Verweis auf das fehlende Ethnikon). Hingegen scheint der aus Halikarnassos stammende Bronzekünstler Φύλης nie das Bürgerrecht erhalten zu haben; zwar hat er drei Statuenbasen nur mit seinem Namen (ohne Patronym und Ethnikon) signiert; jedoch erscheint er in der jüngsten Signatur wieder mit Ethnikon (I. Lindos 129; 213 v. Chr.). Im DNO werden die drei Signaturen, in denen nur der Name Φύλης auftaucht, einem andereren Künstler zugewiesen. Dies wird maßgeblich an der späten Datierung von I. Lindos 106 in den Zeitraum um 190/170 v. Chr. festgemacht; Badoud 215, 56 f. setzt die Inschrift jedoch bereits um 235 v. Chr. an und schließt a. O. 279 Nr. 36 aus, dass es zwei Künstler mit dem Namen Phyles gegeben habe. 94 Bringmann 2002, 66 f.; Haake 2007, 205 bemerkt, dass es sicherlich auch die Kontakte des Poseidonios zu römischen Politikern waren, die seiner Stellung in Rhodos förderlich waren. Auch Apollonios, Leiter der Bibliothek von Alexandria, erhielt im 3. Jh. v. Chr. vielleicht in Rhodos das Bürgerrecht; Sistakou 2014, 158 f. Nikolaos von Damaskos (2. Hälfte 1. Jh. v. Chr.) kritisiert zwar die Praxis einiger Gelehrter, sich in Bildungsstädten wie Athen und Rhodos das Bürgerrecht zu erkaufen (Mygind 1999, 251; FGrH 90 F 137), doch wird man diese Stelle allenfalls auf ein entsprechendes finanzielles Engagement zu beziehen haben, das dann im Einzelfall eine Einbürgerung nach sich ziehen konnte. 95 Für die Laufbahn des Ploutarchos s. Pugliese Carratelli, Associazioni, Nr. 7.

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ebenfalls das Bürgerrecht; seinem Bruder Menodotos blieb es aber vorenthalten96. Vereinzelt scheint man auch in Rhodos aus politisch-wirtschaftlichen Erwägungen heraus das Bürgerrecht auswärtigen Personen verliehen zu haben. Solch ein Fall ist zumindest für Seleukos, Sohn des Bithyos anzunehmen, der in einer Ehreninschrift aus Elis als Rhodios bezeichnet wird97. Seleukos war sehr wahrscheinlich Makedone und stand in der Mitte des 2. Jhs. v. Chr. als Stratege Zyperns in ptolemäischen Diensten.

3.1.3 Die Rhodische Oberschicht Es ist in der Forschung hinlänglich betont worden, dass Rhodos seit der Beseitigung der oligarchischen Herrschaft unter Alexander für die folgenden Jahrhunderte demokratisch verfasst war98. Die maßgebliche Entscheidungsbefugnis über sämtliche die Polis betreffende Angelegenheiten lag bei Rat und Volksversammlung, denen gegenüber auch die Magistrate rechenschaftspflichtig waren. Ein Zensus, der die Teilhabe an den demokratischen Strukturen auf einen wohlhabenden Teil der Bürgerschaft beschränkte, existierte nicht. Im Gegenteil war durch Diätenzahlungen für den Besuch der Volksversammlung sowie Tätigkeiten als Richter und sonstige öffentliche Ämter die Voraussetzung für die Beteiligung breiter Bevölkerungsteile gegeben99. Herausragende Verdienste für das Gemeinwesen wurden wie in anderen Poleis von der Bürgerschaft durch entsprechende Ehrungen honoriert. Rhodos unterschied sich allein darin, dass der Bereich der Flotte ein Feld war, das in besonderem Maße geeignet war, Ansehen zu gewinnen und sich gegenüber anderen Bürgern hervorzutun. Nun hat jedoch Vincent Gabrielsen den Dienst zur See als primäres Betätigungsfeld reicher Aristokraten beschrieben, die sich als »Naval Aristocracy« von der übrigen Bürgerschaft abgeschlossen und die politisch-wirtschaftliche Führungsrolle der Polis übernommen hätten100. Diesen Einfluss hätten einige Familien über mehrere Generationen perpetuieren können. Innerhalb der Bürgerschaft bestehe »a fundamental

96 Zu der Familie s. Badoud 2010, 139. 97 I. Olympia 301. 98 Wiemer 2002, 21 f. 62–64; Gabrielsen 1997, 24–31. 99 Gabrielsen 1997, 28; Grieb 2008, bes. 302–304. Wiemer 2003, 301–310 verweist ferner darauf, dass in Rhodos durch die auf ein Jahr befristeten Priesterstellen der wichtigsten Poliskulte die Partizipation eines größeren Personenkreises gewährleistet war als in Kos, wo durch den Verkauf wichtiger Priesterämter auf Lebenszeit wenigen vermögenden Familien dauerhaft eine herausragende Stellung im Kult- und Festleben eingeräumt wurde. 100 Gabrielsen 1997, 19: »That such a constantly publicized naval pride was anchored in the awareness of that same class about their role in subsidizing and controlling their country's military, political, and commercial infrastructure is one of the central theses of the present study«. Die Bezeichnung ›naval aristocracy‹ entlehnt er Walbank 1981, 162, der dies allerdings nicht weiter ausführt.



3.1 Die Bürgerschaft 

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dichotomy« zwischen den gewöhnlichen Bürgern und der Aristokratie101. Ähnliches war schon früher geäußert worden: Erstmals sprach Michael Rostovtzeff, auf den Gabrielsen sich explizit bezieht102, in Bezug auf die rhodische Oberschicht von einer Aristokratie »des Blutes, des Geldes und des Staatsdienstes«103. In Rhodos habe keine Demokratie existiert, sondern die Polis sei »von einer Gruppe alteingesessener Familien« beherrscht worden. Rostovtzeff hatte bereits ebenso die Bedeutung der Seefahrt im Blick, wenn er fortfährt, auch die vornehmsten Rhodier hätten ihre Laufbahn als einfache Matrosen begonnen. Obwohl er allgemein den exklusiven Charakter des Bürgerrechts betont, nimmt er demnach eine klare Differenzierung innerhalb der Bürgerschaft an104. In freier Anlehnung an Aristoteles Beschreibung der »Anerkannten« (γνώριμοι) in der Politik versteht Gabrielsen die Aristokratie als herrschende Elite innerhalb der Bürgerschaft, die sich durch Reichtum, Abstammung, Erziehung und einen bestimmten Verhaltenskodex auszeichne105. Mit Blick auf die rhodischen Laufbahninschriften wendet sich demgegenüber Daniel Kah gegen die Annahme einer dominanten ›naval aristocracy‹106. Weder habe der Dienst in der Flotte ein zwingendes Zugangskriterium zur rhodischen Oberschicht dargestellt noch seien Kommandoaufgaben im Landheer mit einem erkennbar geringeren Prestige verbunden gewesen. Zu einer Monopolisierung von Ämtern in den Händen weniger sei es nicht gekommen. Vielmehr habe gerade die aufwendige Organisationsstruktur der rhodischen Flotte nur durch den Rückhalt einer breiten Führungsschicht dauerhaft funktionieren können. Während Kah trotzdem weiterhin die Existenz einer starken Führungsschicht annimmt, geht die Kritik von Volker Grieb

101 Gabrielsen 1997, 32 f. Zu den von Gabrielsen postulierten Verbindungen der Aristokratie zum rhodischen Vereinswesen s. Kap. 4.2.3. Vgl. auch O’Neil 1981, 473, der davon ausgeht, die rhodische Elite habe auch gegen die Mehrheit Entscheidungen durchsetzen können. Dessen Auffassung, der Nauarch habe ohne Ratifizierung durch die Volksversammlung Verträge mit auswärtigen Mächten abschließen und die Prytanen hätten eigenmächtig Gesandte beauftragen können, hat zu Recht Wiemer 2001, 312. 321 f. Anm. 32 zurückgewiesen. 102 So bereits im einleitenden Satz, Gabrielsen 1997, 15. 103 Rostovtzeff 1941, 543. 104 Rostovtzeff 1941, 545. Das Bürgerrecht betrachtet er als soziale Grenze, die etwa in den Zugangsbeschränkungen zum Gymnasion deutlich werde, sich aber auch im Vereinswesen zeige. Bürger und Fremde hätten jeweils ihre eigenen Vereinigungen besessen. Rostovtzeff präzisiert diese Unterscheidung nicht weiter, wird aber wohl einerseits an die zahlreichen als koina und eranistai bezeichneten Vereine gedacht haben und demgegenüber die patrai- und diagonai-Vereinigungen als exklusive Bürgervereine gesehen haben. Gerade die Vereine boten jedoch vielfach einen Ort der Interaktion zwischen Bürgern und Nichtbürgern; s. dazu Kap. 4 und 5. 105 Aristot. Pol. 1291b25–30: τῶν δὲ γνωρίμων πλοῦτος εὐγένεια ἀρετὴ παιδεία καὶ τὰ τούτοις λεγόμενα κατὰ τὴν αὐτὴν διαφοράν; Gabrielsen 1997, 15. Die Stelle liefert freilich keine allgemeine Definition von ›Aristokratie‹. Zudem wird etwa eugeneia in dem Dialog peri eugeneias bezeichnenderweise als Abstammung von tüchtigen Eltern definiert (ἐξ ἀγαθῶν γονέων) und ist damit ebenfalls nicht zwangsläufig für eine bestimmte Statusgruppe reserviert; Schulz 1981, 131 f. 106 Kah 2014, Kap. II 8.5.

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und Patrice Hamon deutlich weiter, die sich ganz grundsätzlich gegen die Bezeichnung der hellenistischen Oberschichten als ›Aristokratie‹ wenden und dabei besonders die rhodische ›naval aristocray‹ in den Blick nehmen. Hamon betont nachdrücklich, dass es auch in Rhodos keine grundsätzlichen Zugangsbeschränkungen zu den höchsten Ämtern der Polis gegeben habe; Exklusivität sei in keiner Weise rechtlich fixiert gewesen, sondern das Ergebnis eines intensiven Konkurrenzkampfes gewesen, der eine ständige Anstrengung erforderte107. Ebenso habe kein Bürger eine herausgehobene Stellung vererben können. Es sei an dieser Stelle nur darauf verwiesen, dass bereits unmittelbar nach der Eingliederung der Festlandgebiete karischen Neubürgern der Aufstieg in die rhodischen Führungsschichten gelang. Deutlich tritt hier die von Hamon postulierte Offenheit der Bürgerschaft hervor108. Ähnlich verweist Grieb auf die »Befähigung des einzelnen« als Kriterium für die Ämtervergabe und auf die permanente Kontrolle durch die Bürgerschaft. Insgesamt spricht er von einer Elite innerhalb der Bürgerschaft, die sich in jeder Generation aufs Neue etablieren musste. Von einer ›Aristokratie‹ könne allenfalls in Bezug auf den gesamten damos gesprochen werden109. Diese Einschätzung führt jedoch etwas zu

107 Hamon 2007, 82 f. 85–87; vgl. auch Hamon 2009, 366–368. Das Fehlen einer rechtlich klar definierten Gruppe veranlassen Hamon 2007, 87 dazu, den Begriff Aristokratie für die Führungsschichten abzulehnen. Stattdessen schlägt er vor, von den »hommes politiques« oder einfach den »politiques« zu sprechen; damit ist zumindest einer der zentralen Bereiche – nämlich die Bekleidung von Ämtern – benannt, der maßgeblich die soziale Positionierung eines Polisbürgers bestimmte; vgl. auch Dreyer – Weber 2011, 35. 45. Die Besonderheit der griechischen Oberschicht lässt sich gerade in Abgrenzung zum mediävistischen und frühneuzeitlichen Gebrauch des Begriffs ›Adliger‹ noch einmal verdeutlichen. Der Adel konstituierte sich als Geburtsstand und schloss sich als hervorgehobene Herrenschicht durch Endogamie von der übrigen Bevölkerung ab. Der Adelsstand war dabei nicht durch Reichtum als hervorstechendes Merkmal definiert. Erst die Standeszugehörigkeit ermöglichte politische Partizipation; s. etwa Werner 1999, 119 f. Der grundlegende Unterschied zur Polisgesellschaft wird etwa auch daran deutlich, dass sich in der Mediävistik das Forschungsinteresse nicht auf den Adligen – als Einzelperson – richtete, worauf Jenndorf 2011 hinweist. Fragen nach den Handlungsspielräumen eines Adligen in seinem aristokratischen Umfeld, nach dem Verhältnis von Einzelinteressen und Standesinteressen seien demgemäß bislang kaum gestellt worden. Die Zugehörigkeit zum Adelsstand habe bereits eine Kollektividentität geschaffen, die etwa in dem Adelsprädikat als demonstrativem Mittel der Distinktion ihren Ausdruck gefunden hätte. Der Adel könne als »Defensivgemeinschaft von Privilegien- und Gewaltinhabern gegenüber anderen Gesellschaftsgruppen« verstanden werden. Abstammung war demgegenüber in Griechenland nie ein bedeutendes Kriterium für die Zugehörigkeit zur Oberschicht. Man könnte auch formulieren, dass jenseits ihrer jeweiligen Familie die Honoratioren einer Polis in keinen Prozess der Kollektivierung einbezogen waren und damit keinem Stand »kollektivverpflichtet« waren, für dessen Reproduktion sie beizutragen hatten, wie es Jenndorff a. O. 620 f. demgegenüber für den Adel des Mittelalters konstatiert. 108 Für entsprechende Beispiele s. Kap. 7.1. 109 Grieb 2008, 318–320. Kritik ist allerdings an der Auffassung zu üben, Reichtum sei kein charakteristisches Merkmal der führenden politischen Schicht, sondern ganz grundsätzlich sei das Bürgerrecht als »Schlüssel zur Macht« zu betrachten. Für die Frage nach der Konstituierung einer Füh-



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weit und berücksichtigt nicht, dass es stets eine Reihe von Familien gab, die über Generationen hinweg eine bedeutende Rolle in der Polis behaupten konnten und auch durch Heiratsverbindungen ihren Einfluss zu wahren wussten. Dass dies keineswegs eine erst in späthellenistischer Zeit einsetzende Entwicklung ist, wie Grieb und letztlich auch Hamon annehmen, lässt sich hinreichend an den Quellen nachweisen110. Es soll an dieser Stelle der Verweis auf ein besonders prägnantes Beispiel genügen: Ἀρχίνομος Φιλόφρονος gehörte um das Jahr 305 v. Chr. der lindischen Kommission an, die vor einer Schiedsinstanz in Rhodos-Stadt dafür eintrat, die Neubürger aus der Peraia von den Kultämtern auszuschließen111. Die Familie des Archinomos dürfte damit dem Führungskreis dieser Zeit zuzurechnen sein. Die Nachkommen der nachfolgenden drei Generationen treten in den Quellen als Sieger im Wagenrennen bei verschiedenen Agonen hervor. In Rhodos-Stadt war diese Familienverbindung auch statuarisch in Form einer Exedra inszeniert worden, für die ein Aufstellungsort in der Nähe des Stadions oder im Gymnasion anzunehmen ist112. Für die Bronzestatuen waren weithin bekannte Künstler beauftragt worden113. Vielleicht gehörte auch Ἀστυμήδης zu dieser Familie, der mit dem eponymen Amt des Haliospriesters um das Jahr 200 die höchste rhodische Kultfunktion einnahm114. Es wäre ferner möglich, dass Φιλόφρων, der bei Polybios zwischen dem Krieg gegen Antiochos und dem Perseuskrieg mehrfach als Gesandter erwähnt und zu den bestimmenden, romfreundlichen Politikern gerechnet wird, zu dieser Familie gehörte115. In der 2. Hälfte des 1. Jhs.

rungsschicht innerhalb der Bürgerschaft ist diese Feststellung nicht relevant; hier geht es schließlich gerade um die Bürger. Vgl. hierzu auch die Rezension von Horster 2008. Entgegen der Darstellung Griebs relativiert auch Wiemer 2002, 32 f. keineswegs die Bedeutung des Reichtums für Mitglieder der Führungsschicht; er verweist allein darauf, dass ihr Handeln im politischen Bereich nicht ausschließlich ökonomisch bestimmt war. 110 In der Tradition von Robert und Gauthier konzedieren beide erst ab dem 2. Jh. einen Prozess einer ›Aristokratisierung‹; s. dazu auch den Forschungsüberblick in Kap. 2.2. Obwohl sich Rhodos nicht ohne Weiteres in dieses Interpretationsmodell einordnen lasse, hält Hamon trotzdem an dieser ›Epochengrenze‹ fest. Die Entwicklung auf Rhodos, einer »cité exceptionelle à bien des égards«, sei allenfalls langsamer verlaufen; Hamon 2007, 98. 111 s. dazu ausführlich Kap. 7.1 sowie das Stemma 1 auf S. 455. 112 Die Statuenbasen sind sekundär verbaut bei der Untersuchung einer Bronzewerkstatt auf dem Grundstück οικόπεδο Ν. Μυλωνά zutage getreten; Zimmer – Bairami 2008, 149. Das Grundstück liegt an der Straße Διαγοριδών und damit in unmittelbarer Nachbarschaft des Gymnasion. 113 Es handelt sich um die Athener Καλλιάδης Σθέννιδος (DNO 3122–3124), Ἀσκλάπων κ[αὶ – – –] Φυρομάχου (DNO 3119) sowie Φύλης Πολυγνώτου aus Halikarnassos (DNO 3389–3412); zu den drei erhaltenen Blöcken der Exedra s. auch den Kommentar DNO 3406. 114 Chaniotis in SEG 58.814. 115 Pol. 22, 5; 27, 14; 28, 2 und 16; 30, 4 und 22. Philophrōn führte die Gesandtschaften gemeinsam mit Theaidētos sowie später mit dessen Sohn Astymēdēs. Man ist versucht, eine verwandtschaftliche Verbindung auch zu Theaidētos und Astymēdēs anzunehmen. Doch bräuchte es dafür einen epigraphischen Beleg, der den Namen Theaidētos mit Philophrōn oder Archinomos verbindet. Einen mög-

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v. Chr. begegnet mit Φιλόφρων Ἀρχινόμου ein Nachkomme aus dieser Familie im Amt des Agonotheten116. Ein weiteres Familienmitglied übernahm dann in der frühen Kaiserzeit nicht näher bezeichnete Aufgaben in der Flotte117. Auch er erhielt eine Statue, mit der die Exedra dann nochmals erweitert wurde. Überhaupt darf man die visuelle Präsenz der prominenten Familien nicht unterschätzen. Besonders wirkungsvoll ist etwa der Aufstellungsort der sog. Pamphilidas-Exedra gewählt, die sich dem Besucher beim Aufstieg zum Athana-Heiligtum in Lindos in den Weg stellt118. Zu denken ist auch an das monumentale Fassaden-Grabmal der Familie des Archokrates, das seine größte Wirkung beim Abstieg von der Akropolis entfaltet und regelrecht über der Stadt thront119. Das Fortbestehen alter Familientraditionen wird auch in den vielfach belegten Vereinigungen, die ursprünglich einen gentilizischen Charakter besaßen, gepflegt worden sein120. Nachdrücklich ist in diesem Zusammenhang außerdem zu betonen, dass es keinerlei Hinweise gibt, die Grund zu der Vermutung gäben, die Einrichtung der Demokratie unter Alexander sei mit einer Exilierung oder gar Liquidierung der gesamten alten ›aristokratischen‹ Eliten einhergegangen. Ganz im Gegenteil spricht die epigraphische Dokumentation dafür, dass es vielen Familien gelang, ihre Stellung in der Polis zu wahren. Mit Δαμάγητος Διαγόρα amtierte im Jahr 320 sogar ein Nachkomme der Diagoriden als Haliospriester121. Auch für die Familie des genannten

lichen Zusammenhang deuten auch Zimmer – Bairami 2008, 155 f. an. Außerhalb der Familie ist der Name Φιλόφρων jedenfalls nicht besonders häufig in Rhodos belegt. 116 App. I 4 (= Suppl.Epigr.Rh. 29). 117 Badoud 2015, 409 f. Nr. 37; zur Datierung s. a. O. 184 Nr. A 67–70 (erstmals ediert von Zimmer – Bairami 2008, 159–163 E 2611 = SEG 58.815). Der Flottendienst lässt sich nur mittelbar durch die Nennung von Ehrungen zweier Vereine, die der Flotte zuzuordnen sind, erschließen. Der Name des Geehrten steht zwar nicht auf dem Stein; die Zugehörigkeit zu der Familienexedra ist jedoch gesichert; Zimmer – Bairami 2008, 158 f. 118 I. Lindos 131 a–f; Tsakanika 2014, 106–110. 119 Dyggve 1960, 491–504. 508 f. Zur Familie des Archokrates und den verwandtschaftlichen Beziehungen zur Familie des Pamphilidas s. das Stemma sowie den Kommentar in Badoud 2015, 288 f. 120 Es ist nicht nachzuvollziehen, weshalb gerade dies in der bisherigen Forschung bestritten wurde. Auffallend ist etwa der Name des im 1. Jh. v. Chr. bezeugten Πυργαλιδᾶν κοινόν (Tit.Cam. 78 Z. 11 f.), das auf ein Geschlecht aus der oligarchischen Zeit Bezug nehmen dürfte. So ist der Name Πύργαλος nur ein einziges Mal belegt und zwar bezeichnenderweise als Patronym des ersten amtierenden Haliospriesters Εὐφραγόρας Πυργάλο. 121 Morricone, ASAA 27–29, 1949–1951, 351–380 col. 2 Z. 13. Darauf macht Wiemer 2002, 55 Anm. 11 aufmerksam (versehentlich schreibt er a. O. »Damagetos, Sohn des Nikagoras«). Mithin sei, so Wiemer a. O., von den Hinrichtungen nach dem demokratischen Umsturz im Jahr 395 nicht das gesamte Geschlecht betroffen gewesen. Auch dass bereits kurz darauf erneut oligarchische Gruppen einen Umsturz versuchten, macht deutlich, dass es zu keiner grundsätzlichen Entmachtung der einflussreichen Familien gekommen war. Inwiefern weitere Rhodier mit dem Namen Διαγόρας auf dieses Geschlecht zurückzuführen sind, lässt sich nicht klären. Generell dürfte die Stasis des Jahres 395 eher als Faktionskampf rivalisierender Familien der Oberschicht zu betrachten sein; zwar besaß die



3.1 Die Bürgerschaft 

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Archinomos ist allein schon aufgrund seiner Wahl in die lindische Kultkommission vorauszusetzen, dass diese bereits im 4. Jh. in der Führungsschicht etabliert war. Sicher lässt sich dies indessen für die Familie des Θευγένης Πιστοκράτευς nachweisen: Theugenes selbst amtierte im Jahr 330 als Priester der Athana Lindia122; sein Sohn Pistokrates wurde dann im Jahr 304 ebenso wie Archinomos als Vertreter der lindischen Kultinteressen nach Rhodos entsendet123. Im epigraphisch sehr lückenhaft dokumentierten 3. Jh. verliert sich zunächst die Spur der Familie, bis im Jahr 207 v. Chr. mit Πιστοκράτης Θευ〈γέ〉νευς ein Nachfahre als Priester des Poseidon Hippios bezeugt ist. 25 Jahre später bekleidete er das Priesteramt des Sarapis. Zur selben Zeit übernahm sein Sohn Θευγένης die Agonothesie124. Theugenes war nach dem Krieg gegen Antiochos III. als militärischer Befehlshaber über Karien eingesetzt worden (ἁγεμὼν ἐπὶ Καρίας)125. Kurz darauf war ihm zudem als Stratege das Kommando über die Peraia übertragen worden126, bevor er schließlich in hohem Altar nochmals in Lindos zum Priester der Athana gewählt wurde127. Zwar sieht auch Grieb bei der Besetzung der eponymen Kultämter »eine gewisse aristokratische Akzentuierung«, jedoch sei diese im Bereich des Kultischen zu beobachtende Exklusivität strikt von der politischen Ebene zu unterscheiden128. Die damit postulierte funktionale Trennung von Kult und Politik ist allerdings allein schon deshalb zu relativieren, da es oftmals dieselben Familien waren, die in beiden

Gruppe um den führenden Putschisten Dorimachos eine breite Zustimmung in der Bürgerschaft, »von einem demokratischen Massenaufstand« könne aber, so Funke 1980, 64, nicht die Rede sein. In hellenistischer Zeit kam es zwei Mal zu Hinrichtungen führender Politiker: Nach dem Perseuskrieg wurden sogar auf Beschluss der Volksversammlung die Sympathisanten des Makedonenkönigs hingerichtet (Pol. 30, 31, 4 und 20). Als die Stadt während der römischen Bürgerkriege von Cassius eingenommen wurde, lag es dann nicht mehr in der Entscheidungsgewalt der Bürgerschaft, über die Cassiusgegner zu richten (App. civ. 4, 73). 122 I. Lindos 1 Frgt. b Z. 10. Der lindischen Tempelchronik zufolge soll während seiner Priesterschaft Alexander nach seinem Sieg über Dareios Stierköpfe im Heiligtum der Athana geweiht haben; I. Lindos 2 col. C, Z. 103–109 (XXXVIII). 123 IG XII 1, 761 Z. 32. Durch zahlreiche prosopographische Parallelen lässt sich nachweisen, dass sich das Kollegium aus den führenden lindischen Familien zusammensetzte; vgl. Kap. 7.1. 124 I. Lindos 167. 125 IG XII 1, 49 col. II Z. 61 f. 126 Hiller, AM 20, 1895, 382–386 Nr. 4 Z. 23 f. In welcher Funktion Theugenes ursprünglich in dem Inschriftenfragment Maiuri, Nuova Silloge 9 genannt war, lässt sich nicht klären. 127 I. Lindos 1 Frgt. g col. I Z. 18 (143 v. Chr.). Wenn die Ergänzung in der Weihinschrift I. Lindos 38 (um die Mitte des 4. Jhs. v. Chr.) zu [Βο]υλᾶνα[ξ Δαμών]ακτος korrekt sein sollte, wäre eine entsprechend alte Familientradition auch für eine gleichnamige Person anzunehmen, die im 2. Jh. als Stratege belegt ist (Jacopi, ClRh 2, 1932, 198 Nr. 31 col. II Z. 7; für Kultämter, die Βουλᾶναξ Δαμώνακτος innehatte s. I. Lindos 167 col. II Z. 31; I. Lindos 228 col. I Z. 7 f.). 128 Grieb 2008, 275 f. sowie 319 Anm. 338. Hamon 2007, 91 f. geht demgegenüber zwar nicht von einer Trennung der Bereiche aus, betrachtet das Bemühen führender Familien, Priesterämter zu monopolisieren, letztlich aber als Phänomen der späthellenistischen Zeit.

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 3 Der rechtliche Status der Polisbewohner

Bereichen über einen wesentlichen Einfluss verfügten. Dass sich bei den skizzierten Beispielen für das 3. Jh. keine Mitglieder der prominenten Familien in militärischen Ämtern nachweisen lassen, ist auf den epigraphischen Befund zurückführen. Erst ab dem 2. Jh. v. Chr. fanden entsprechende Verdienste vermehrt in den Ehreninschriften Erwähnung. Dieser Befund scheint jedoch in einer Überlieferungslücke begründet zu sein, wie der kürzlich bekannt gewordene Neufund einer Statuenbasis vermuten lässt. Die Basis trug ursprünglich eine lebensgroße Bronzestatue, die der Damos im 3. Jh. v. Chr. dem im Krieg gefallenen Strategen Ἀστυάναξ Ἀστυμήδευς errichtet hatte. Aufgrund des Patronyms Ἀστυμήδης erwägt Kontorini eine Verbindung zu der prominenten Familie des Philophrōn, in der ebenfalls dieser Name vorkommt129. Diese Verbindung bleibt zwar spekulativ, zumal beide Familien aus unterschiedlichen Demen stammen, doch weisen die beiden Namen Ἀστυάναξ und Ἀστυμήδης zumindest auf eine Person, die man im weitesten Sinne der Oberschicht zurechnen darf. Der Befund widerspricht den grundsätzlich richtigen Beobachtungen von Hamon und Grieb aber keineswegs130. Nachkommen einer prominenten Familie verfügten zwar sicherlich über bessere Ausgangsbedingungen, doch hatten sie sich ebenso der Konkurrenz gegenüber den Mitbürgern zu stellen und unterlagen letztlich der Rechenschaftspflicht gegenüber dem Damos. Bezeichnend ist auch das Selbstverständnis der führenden rhodischen Familien, wie es etwa in einem Epigramm auf einer Exedra der lindischen Akropolis zu lesen ist131:

πρὶμ μέν τοι γενέτας ἐπιβώμια θ[ύ]ματα, Παλλάς, ὡς θέμις, εὐιέρων ἐντὸς ἔλαμψ̣[ε δ]όμων, τρισσοὶ δ’ ἁμὲς ἔπειτα συναίμον[ες] οἷς τόδε μούνοις ὤπασας ἃ Λίνδου σεμνὸν ἔχεις σ[κ]όπελον.

129 Kontorini 2014, 346 f. 130 Einen sehr anregenden Beitrag zu der Diskussion hat Chaniotis 2010 vorgelegt. Er hegt grundsätzliche Skepsis gegenüber einer wirklichen Demokratie in hellenistischer Zeit und geht von einem oligarchischen Regime einflussreicher Familien bei formeller Aufrechterhaltung der demokratischen Institutionen aus. Das euergetische Engagement habe in erster Linie als Instrument gedient, die faktische Herrschaft einer Minderheit erträglich zu machen. Mitglieder dieser Führungsschichten hätten sich zudem bemüht, ihren politischen Einfluss auf die nächste Generation zu übertragen. Erst im Späthellenismus habe sich allerdings eine durch Erbschaft abgeschlossene Aristokratie herausgebildet, die dann für die Kaiserzeit maßgebend gewesen sei (a. O. 4 und 10 f.). Chaniotis warnt mehrfach vor Verallgemeinerungen und verweist auf regionale Eigenheiten, die er in seiner bewusst generalisierenden Bewertung der hellenistischen Demokratie nicht berücksichtigen kann. Vielmehr möchte er anhand einiger ausgewählter Beispiele Mechanismen aufzeigen, demokratische Strukturen zu unterlaufen. Er konzentriert sich damit auf ganz grundsätzliche Praktiken informeller Herrschaftsausübung und -absicherung. Über weite Strecken beschreibt er dabei aber in einer bewusst diachronen Darstellungsweise Kommunikationsstrukturen und Verhaltensmuster der Amtsträger, die zwangsläufig demokratisch verfassten Gemeinwesen inhärent sind und man vielleicht als ›politischen Habitus‹ bezeichnen könnte. 131 I. Lindos 197 f. (nach 156 v. Chr.).



3.1 Die Bürgerschaft 

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5 Βάκχου δ’ ἁβροκίτωνος {ἁβροχίτωνος} Ἀλεξάν[δρ]ου τ’ ἐν ἀέθλοις δισσὰ χοραγεσίας ἐκφερόμα[ν σ]τ̣ έφεα πατρὸς Πυθαγόρα Λυσίστρατος· ἄ[φθο]να δ’ ἀστοῖς μοῦνος πανδάμου δαιτὸς ἔνε̣ [ιμ]α γέρα. στᾶσε δέ με κλεινὰ πρύτανιν Ῥό[δος] ἡδ’ ἐπὶ βουλᾶς 10 γράμμασι καὶ τιμὰν ἔσχον ἀγωνο[θετε]ῖν. τοὔνεκα κυδαίνοι τις ἑὰν πόλιν· ο[ἶ]δ̣ε γὰρ ἐσθλοῖς πατρὶς ἀειμνάστους ἀντινέμειν̣ χάριτας. Früher hat unser Vater Dir, Pallas, wie es Brauch ist, die Opfer auf den Altären in den Heiligtümern erleuchtet; später waren es wir drei Brüder, denen allein Du, die Du den heiligen Berg von Lindos bewohnst, dies gewährt hast. Bei den Wettkämpfen des Dionysos Habrochiton (»des Leichtbekleideten«) sowie den Alexandreia trug ich, Lysistratos, dessen Vater Pythagoras ist, zweimal die Choregenkränze davon. Den Bürgern132 spendete ich allein zahlreiche Ehrengaben bei dem Gastmahl der gesamten Gemeinde. Das berühmte Rhodos setzte mich als Prytanen ein und als Ratsschreiber; auch erfuhr ich die Ehre, die Agonothesie zu übernehmen. Daher möge ein jeder seiner Stadt zu Ruhm verhelfen. Denn das Vaterland versteht es, den Vortrefflichen ewigen Dank zu erwidern.

Einerseits verweist Lysistratos demonstrativ auf die Nähe zu Athana, die in dem Aufstellungs­ort der Exedra ihre augenfällige Entsprechung findet. Andererseits verkörpert er das Idealbild des Polisbürgers, der jedes Amt als wirkliches Ehrenamt versteht und sich dankbar in den Dienst der Polis stellt133. Hinter dieser idealisierenden Epigrammsprache steht das Bewusstsein der führenden Polisbürger, welche Pflicht sie der Polis schuldig sind. Und auch die Bürgerschaft wusste, an wen sie sich etwa bei finanziellen Problemen wenden konnte, wie ein weiteres Beispiel eindrucksvoll zu veranschaulichen vermag: In Syme drohte um die Mitte des 2. Jhs. v. Chr. der Tempel der Athana einzustürzen, nachdem bereits zwei Mauern umgefallen waren134. Um die Reparaturarbeiten finanzieren zu können, hatten die Bewohner von Syme zu Spenden aufgerufen. Die zugesagten Gelder gingen aber nur sehr zögerlich ein. Daraufhin wurde Aristophanes, ein Bürger aus dem zu Ialysos gehörenden Demos Politas, in die Versammlung des ktoinon, einer Untereinheit eines Demenbezirks,

132 Die ἀστοί bezeichnen hier weder die Stadtbewohner im Gegensatz zur Bevölkerung der chōra noch sind die Bewohner von Rhodos-Stadt gemeint, obwohl diese allgemein τὸ ἄστυ genannt wird. Vielmehr ist der Begriff rechtlich zu verstehen und bezieht sich auf die Polisbürger, die den hier genannten πάνδαμος konstituieren; letzterer Begriff ist als Synonym zu dem σύμπας δᾶμος zu interpretieren, womit in Rhodos stets die Bürgerschaft der Gesamtpolis beschrieben wird. Darüber hinaus werden in zwei weiteren rhodischen Epigrammen den ἀστοί die ξένοι gegenübergestellt (IG XII 1, 40 Z. 8 f.; Maiuri, Nuova Silloge 19 col. II Z. 8 f.). 133 Vgl. auch Kap. 7.2.2 Übernahme von Ämtern bei Festveranstaltungen. Z. 3 f. erklärt sich vor dem Hintergrund, dass es allen drei Brüdern ebenso wie dem Vater gelang, das Priesteramt der Athana zu bekleiden (der Vater hatte das Priesteramt im Jahr 198 v. Chr. inne; die Söhne folgten in den Jahren 168, 162 und 156; s. den Kommentar von Blinkenberg zu I. Lindos 197 f.). 134 IG XII 3, 1270; vgl. zu der Inschrift auch Meier 2012, 273–276. Für eine Diskussion der Institution, die das Dekret verabschiedete, s. Kap. 3.2.2.

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 3 Der rechtliche Status der Polisbewohner

gerufen und gebeten, die Kosten zu übernehmen. Aristophanes erklärte sich dazu bereit und versprach zusätzlich auch noch das Holz für die Dachkonstruktion und die Dachziegel zu zahlen. In dem Dekret wird besonders hervorgehoben, dass er sein Versprechen auch erfüllte (ἐπαγγείλατο καὶ συνετέλεσε), was gleichzeitig nochmals ein Hinweis auf die Unzuverlässigkeit der übrigen Bürger darstellte. Aristophanes präsentiert dann auch den von ihm finanzierten Forschritt der Arbeiten anderen Rhodiern aus seinem Demos, die sich gerade auf der Insel aufhielten und die damit zu Zeugen seiner Wohltätigkeit wurden. Es ist sicherlich kein Zufall, dass auch in Situationen, in denen die Polis vor existenziellen Herausforderungen stand, in den entsprechenden literarischen Überlieferungen auf eine – wie auch immer geartete – Führungsschicht Bezug genommen wird: Während der Belagerung der Stadt durch Demetrios, heißt es in dem Bericht bei Diodor, die Prytanen hätten τοὺς ἀρίστους τῶν πολιτῶν aufgerufen, sich der Gefahr für die gemeinsame Rettung zu stellen135 – dabei handelte es sich um höchst riskante Schiffsmanöver. Dass gerade die Eliten der Bürgerschaft in die Pflicht genommen wurden, verdeutlicht auch die Bemerkung von Livius, multi nobiles seien bei der Schlacht von Panhormos umgekommen136. Es waren eben gerade Mitglieder der Führungsschicht, auf die man sich in solchen Krisensituationen nicht nur finanziell, sondern auch durch ihren physischen Einsatz verlassen konnte. Ein drittes Beispiel ist in dieser Hinsicht besonders instruktiv: Unter Rückgriff auf den rhodischen Lokalhistoriker Zenon schildert Polybios den Einsatz des Nauarchen Theophiliskos, der die rhodische Flotte in der Seeschlacht von Chios gegen Philipp V. anführte. Theophiliskos, so berichtet die rhodische Quelle, »wurde selbst dreimal verwundet, brachte aber nach todesmutiger Abwehr sein Schiff, wenn auch mit Mühe, glücklich heraus,(...) zwar körperlich durch seine Verwundungen am Ende seiner Kräfte, durch seine Seelengröße aber strahlender und tollkühner als zuvor.«137 Theophiliskos stellt am folgenden Tag noch seinen Nachfolger vor und schreibt noch pflichtbewusst seinen Bericht; kurz darauf stirbt er, »ein Mann, der sich in der Schlacht als Held bewährt hatte und der es durch seine Entschlossenheit verdient, dass man ihn nicht vergisst«.138 Die stark hortative Formulierung berechtigt dazu anzunehmen, dass der Beschreibung auch ein entsprechendes Ehrendekret zugrunde lag139. Dass Personen wie Theophiliskos ein herausragendes Prestige besaßen, steht außer Frage. Aber er agierte eben nicht als Repräsentant eines Standes.

135 Diod. 20, 88, 3–4. 136 Liv. 37, 12, 7–8. 137 Pol. 16, 5, 6 –7: αὐτὸς δὲ τρία τραύματα λαβὼν καὶ παραβόλως τῇ τόλμῃ κινδυνεύσας μόλις ἐξέσωσε τὴν ἰδίαν ναῦν (...) τῇ δὲ τῆς ψυχῆς γενναιότητι λαμπρότερος ὢν καὶ παραστατικώτερος ἢ πρόσθεν. 138 Pol. 16, 9, 2: ἀνὴρ καὶ κατὰ τὸν κίνδυνον ἀγαθὸς γενόμενος καὶ κατὰ τὴν προαίρεσιν μνήμης ἄξιος. Vgl. auch Pol. 27, 3, 3 wo der Prytane Hagēsilochos als ἀνὴρ τῶν εὐδοκιμούντων bezeichnet wird. 139 Wiemer 2002, 43.



3.1 Die Bürgerschaft 

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Gerade für Rhodos gilt es zudem zu berücksichtigen, dass die Führungsschicht in hohem Maße heterogen zusammengesetzt war; durch die differenzierte territoriale Binnengliederung der Polis gab es immer mehrere Bühnen, auf denen die Konkurrenz um die führende Stellung in der Polis ausgetragen wurde. Und es gab Familien, die zwar an der Spitze ihrer Gemeinde standen, aber auf Polisebene keinen maßgeblichen Einfluss ausübten. Dies lässt sich etwa für die Familie des Ἀριστομβροτίδας Ἀριστομβροτίδα aufzeigen, die in der 1. Hälfte des 2. Jhs. v. Chr. in Kamiros dominant in Erscheinung tritt140. Gleich in drei Spenderlisten der Gemeinde ist die Familie dokumentiert; anlässlich des Panathenäenfestes hatte Κριτόβουλος, ein Bruder des Aristombrotidas, für sich sowie seine Frau und die beiden Söhne 100 Drachmen beigesteuert – immerhin das Doppelte der Spendensumme, die der gesamte Demenbezirk der Arioi aufgebracht hatte141. Der Demos der Arioi wurde an den Beginn der Liste gesetzt, direkt dahinter folgt Kritoboulos mit seiner Familie; auch dessen Bruder Aristombrotidas war dem Spendenaufruf – sicherlich ebenfalls mit weiteren Familienmitgliedern – gefolgt, doch ist nur noch dessen Name auf dem Stelenfragment erhalten. Es wäre übrigens denkbar, dass die Spende der Arioi ebenfalls zu großen Teilen auf die Freigebigkeit von Kritoboulos und Aristombrotidas zurückzuführen ist, da es sich um ihren Heimatdemos handelt, bei dessen Versammlung sie sicherlich anwesend waren. Kritoboulos war es auch, der gemeinsam mit weiteren Familienangehörigen auf der Agora von Kamiros die Aufstellung einer Ehrenstatue für seinen Bruder veranlasste. In der Ehreninschrift auf der massiven Basis sind zunächst zwei Ämter genannt, die Aristombrotidas innehatte; neben dem Priesteramt der Athana Polias und des Zeus Polieus bekleidete er mit der Damiourgie das höchste kultische und ›politische‹ Amt der Gemeinde142. Während man sich hier offensichtlich darauf beschränkte, nur die herausragenden Stationen der Laufbahn zu nennen, war man bei der Nennung der Ehrungen, die Aristombrotidas von verschiedenen Seiten erhalten hatte, um Vollständigkeit bemüht. Für die Anordnung des Ehrenkatalogs auf dem Stein hatte man großzügig viel Platz einkalkuliert und wiederholte für jede Ehrung nachdrücklich στεφανωθέντος χρυσέωι στεφάνωι (bzw. χρυσέοις στεφάνοις). Neben der Phyle Kamiros waren ihm von vier Kultvereinen Goldkränze verliehen worden, die

140 Vgl. das Stemma nebst Kommentar in Badoud 2015, 300 f. 141 Tit.Cam. 159 (= Migeotte 1992, 128–130 Nr. 43): τοίδε προαιρούμενοι ἐπαύξειν | τάς τε τῶν θεῶν τιμὰς καὶ τὰν | πανάγυριν τῶν Παναθηναίων | ἐπαγγείλαντο δώσειν χρήματα | δωρεὰν εἰς τὰν κατασκευὰν τῶν | χρηστηρίων καὶ τῶν ἐλύτρων καὶ | εἰς τὰν ἑστίασιν τῶν δάμων | Ἀρίων ὁ δᾶμος νʹ | Κριτόβουλος Ἀριστομβροτίδα | καὶ ὑπὲρ τᾶς γυναικὸς | Νικαίνας καὶ ὑπὲρ τῶν υἱῶν |Ἀριστομβροτίδα καὶ Ναυσίππου ρʹ | [Ἀριστομβ]ρ̣ ο̣ τ̣ ί̣ δ̣α̣ς̣ Ἀ̣ρ̣ ι̣ στομβροτίδα [– – –]. Für die beiden weiteren, ebenfalls nur fragmentarisch erhaltenen Listen s. Tit.Cam. 157 (= Migeotte 1992, 133–135 Nr. 45) und Tit.Cam.Supp. 220 Nr. 157 b (= Migeotte 1992, 130–132 Nr. 44). 142 Tit.Cam. 84. Das Datum der Damiourgie lässt sich anhand der Damiourgenliste auf das Jahr 171 v. Chr. datieren (Tit.Cam. 3, Pfeiler E d, Z. 31), wodurch gleichzeitig ein Terminus post quem für die Ehreninschrift gegeben ist.

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 3 Der rechtliche Status der Polisbewohner

alle in Kamiros bzw. einem benachbarten Ort ansässig waren143. Der Goldkranz, den er ὑπὸ Τρικτοίνων τῶν ἐν Λέλωι erhalten hatte, ist wohl auf einen Zusammenschluss dreier ktoinai des kamirischen Demos der Lelioi zurückzuführen. Ganz offensichtlich blieb der ›Aktionssradius‹ des euergetischen Engagements von Aristombrotidas auf das Gebiet von Kamiros beschränkt144. Erst seinen Nachkommen gelang es, in Rhodos-Stadt in Erscheinung zu treten und auch das Priesteramt des Halios zu besetzen145. Die Binnendifferenzierung der rhodischen Führungsschichten würde einer eingehenderen Untersuchung bedürfen, die an dieser Stelle jedoch nicht geleistet werden kann. Aus der bloßen Lektüre der ganz unterschiedlich akzentuierten ›Laufbahninschriften‹ wird indessen deutlich erkennbar, dass es in Rhodos – ebenso wie auch sonst in Griechendland – keinen vorgegebenen Cursus gab, anhand dessen sich die Zugehörigkeit zur Führungsschicht definieren ließe. Dass sich mit der beginnenden Kaiserzeit die Verhältnisse wandelten, macht bereits ein flüchtiger Blick auf einige Ehreninschriften deutlich. Es fällt zum einen eine massive Akkumulierung von Ämtern auf. Zum anderen findet in den Texten der Ehrendekrete nun explizit auch die Beteiligung an sämtlichen epidoseis und eisphorai Erwähnung. Darüber hinaus wird in den Beschluss umfassender Ehrungen nun auch gleich der Sohn mit eingeschlossen, von dem man entsprechend erhoffte, dieser würde als ›Erbe‹ das euergetische Engagement seines Vaters fortsetzen146. So lässt sich zusammenfassen: Grundsätzlich hatte jeder, der über die notwendigen ökonomischen und kulturellen Voraussetzungen verfügte, die Möglichkeit, Ämter zu bekleiden und damit Prestige zu erwerben und auf diese Weise letztlich an die Spitze der Polis zu gelangen. Das agonale Prinzip war fester Bestandteil der politischen Praxis und verhinderte gleichzeitig die Konstituierung der Oberschicht als

143 Für die Asklapiastai, Hermaistai sowie die Sarapiastai heißt es, dass sie ἐν Καμίρωι ansässig seien; die Kouraistai werden ἐν Κυτήλωι lokalisiert. Für die wahrscheinliche Identifizierung des Ortes Kύτηλον oder Kύτηλος mit dem modernen Flurnamen Kίταλα bei dem Ort Embona und damit im ehemals zu Kamiros gehörenden Gebiet s. Papachristodoulou 2009a, 413. 144 In Rhodos-Stadt ist allerdings im Kollegium der ἐπιμεληταὶ τῶν ξένων ein Ἀριστομβροτίδας Ἀριστο[– – –] belegt; ob es sich um dieselbe Person handelt, ist aber nicht zu entscheiden; IG XII 1, 49 col. II Z. 51. 145 Auf Amphorenstempeln, die zwischen 120–107 v. Chr. datieren, ist der Name Ἀριστομβροτίδας als Haliospriester nachgewiesen. Farmakidi, in: Stampolidis u. a 2011, 129 vermutet dahinter Ἀριστομβροτίδας Ναυσίππου, der auch als Damiourge bezeugt ist. Eine Osteothek, die in RhodosStadt gefunden wurde, trägt ferner den Namen Κριτόβουλος Ναυσίππου; es wird sich hier mit Sicherheit ebenfalls um einen Nachkommen aus der Familie handeln, vielleicht sogar den Bruder von Ἀριστομβροτίδας Ναυσίππου; ADelt B 42, 1987, 601 (= SEG 42.749 Nr. 4). 146 I. Lindos 449 Z. 13–16: κατασκευάσαν|τα ἐκ τῶν ἰδίων τὸ ἰερὸν τοῦ Ἀσκλαπιοῦ ἐν τᾷ πόλε[ι] | μετὰ τοῦ υἱοῦ αὐτοῦ Κλαυδίου Διοκλείδα κατερε[ι]|φθὲν ἐν τῷ σεισμῷ; s. auch etwa IG XII 1, 58 Z. 16 f. Zu solch einer Familienpolitik, die andernorts bereits früher zu beobachten ist, vgl. Quass 1993, bes. 334–341.

3.2 Nichtbürger 

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gemeinsam agierende soziale Gruppe147. Im hellenistischen Rhodos hatte sich eine in hohem Maße stabile und demokratisch gefestigte Polisgesellschaft herausgebildet, innerhalb der sich aber eine starke Führungsschicht etablieren konnte. Diese Führungsschicht sicherte den Fortbestand der Polisgemeinde und war dabei stets von einer strukturellen Offenheit geprägt, die Grundlage ihrer Akzeptanz und Legitimität war. Die über die gesamte hellenistische Zeit hinweg zu beobachtende Geschlossenheit des Bürgerverbandes verbunden mit dem Bewusstsein der Polisbürger, eine Sonderstellung in der Mittelmeerwelt einzunehmen, bildeten zudem einen geradezu spezifisch rhodischen ›citizen habit‹. Dieser tritt besonders in den Reden von Dion Chrysostomos und Aelius Aristeides hervor, die nicht nur aufzeigen, dass weiterhin die demokratischen Institutionen ohne wesentliche Veränderungen die Polisorganisation prägten, sondern auch eine regelrechte Charakterskizze der Bürgerschaft liefern148. Zwar bedienten sich die Rhetoren typischer Erzählmotive des Städtelobs149, doch wird man sie gerade auch angesichts der epigraphischen Evidenz nicht allein als gattungsbedingte Topoi abtun dürfen. Bresson hat etwa darauf aufmerksam gemacht, dass sich in Rhodos erst ab der Mitte des 1. Jhs. n. Chr. römische Namen unter den Polisbürgern durchsetzten150. Daneben ist das Fortbestehen der dorischen Sprache bis in das dritte nachchristliche Jahrhundert zu erwähnen151.

3.2 Nichtbürger 3.2.1 Vom Gast zum »Wanderer, der heute kommt und morgen bleibt« Die bloße Zahl der Fremden, die sich eine Zeit lang oder dauerhaft in Rhodos aufhielten, ist beträchtlich: Im Rahmen dieser Arbeit wurden rund 1560 Personen mit Ethnikon registriert. Generell lässt sich häufig nicht zweifelsfrei bestimmen, ob sich Perso-

147 Dies kommt auch darin zum Ausdruck, dass sich keine einheitliche Bezeichnung für die Oberschichten herausbildete; vgl. den Überblick über die verschiedenen Umschreibungen der führenden Polisbürger bei Schulz 1981 sowie Fouchard 2010. 148 Dion Chrys. 31, 162–163.; Aristeid. 24, 56–57. 149 Dazu Franco 2008, 242 f. In diesem Zusammenhang bemerkt Franco a. O., dass der dorische Dialekt durch seinen offensichtlich rauen Klang teilweise keineswegs als angenehm empfunden wurde. 150 Bresson 1996, 228–235. Er macht a. O. 233 und 237 darauf aufmerksam, dass die Rhodier sogar nach Ausweis von Dio Chrys. 31, 122 ein Gesetz beschlossen hatten, das die Einführung von Gladiatorenspielen untersagte. Insofern erwägt er die Möglichkeit, dass die Rhodier die Benutzung römischer Namen lange Zeit gesetzlich unterbunden hätten. Dies würde seiner Ansicht nach erklären, warum mit dem Entzug der libertas unter Kaiser Claudius plötzlich Rhodier, die das römische Bürgerrecht besaßen, die Tria nomina führten. 151 Bresson 1996, 236.

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 3 Der rechtliche Status der Polisbewohner

nen nur auf der Durchreise befanden, sich für einen begrenzten Zeitraum in Rhodos aufhielten oder aber die Polis als dauerhaften Wohnort gewählt hatten. Den Großteil der Nichtbürger, die durch Grabinschriften belegt sind, wird man allerdings der letztgenannten Kategorie zuordnen können, auch wenn es darunter den einen oder anderen gegeben haben mag, der während einer Reise verstorben war und dessen Verwandte kein Geld für eine Rückführung aufbringen konnten. Auch Fremden, die ihre Familie mit nach Rhodos brachten, wird man eine dauerhafte oder zumindest längerfristige Bleibeabsicht unterstellen können. Die beträchtliche Zahl von Heiraten zwischen Nichtbürgern unterschiedlicher Herkunft deutet darauf hin, dass sich vielfach Fremde ohne eigene Familie in Rhodos niederließen und erst hier einen oikos gründeten (App. III Tab. 5). Weitaus schwieriger ist zu klären, ob es sich jeweils um Neuankömmlinge handelt oder um Fremde, die sich bereits seit mehreren Generationen in der Polis aufhielten. Hier können in der Regel allenfalls einige onomastische Überlegungen Auskunft geben152. Fremde, die als Gesandte oder theōroi nach Rhodos kamen und sich damit in einem Bereich institutionalisierter Interaktion bewegten, erfuhren Privilegien, die ansässigen Nichtbürgern größtenteils dauerhaft verwehrt blieben; sie erhielten Zutritt zur Volksversammlung153 und wurden als besondere Ehre im prytaneion sowie im hierothyteion bewirtet154. Diese Auszeichnungen wirkten gewissermaßen primär nach Außen und sind dem Bereich interpolitischer Kommunikationsformen zuzuordnen. Die für einen längeren Zeitraum oder dauerhaft ansässigen Nichtbürger wurden unter ganz verschiedenen rechtlichen Kategorien eingeordnet, die inhaltlich nicht mehr exakt zu bestimmen sind. Eine Übersicht über die Verteilung der Rechtsstatus-Nennungen auf die verschiedenen Inschriftengattungen ergibt ein relativ ausgewogenes Bild (App. III Tab. 8). Die große Zahl an Grabinschriften war angesichts der Dominanz dieser Inschriftengattung am Gesamtbefund zu erwarten. Insgesamt wird allerdings deutlich, dass nicht nur die Polis in öffentlich publizierten Dokumenten regelmäßig den Rechtsstatus einer

152 s. Kap. 6.3.1. 153 So soll etwa ein Gesandter aus Panamara einen Ehrenbeschluss für einen Rhodier der Rats- und Volksversammlung vorlegen; I. Stratonikeia 5 Z. 13–15 (ἑλέσθαι δὲ καὶ πρεσβε[υ|τήν, ὃς ἀφικόμενος εἰς Ῥ]όδον καὶ ἐπελθὼν ἐπὶ τὴν | [βουλὴν καὶ τὸν δῆμον αὐτοῖς τὸ] ψήφισμα ἀποδώσει); vgl. auch I. Iasos 150 Z. 12–16; SEG 14.544. Für Festgesandte aus Kyzikos, die vor Rat und Volksversammlung sprechen durften s. SGDI 3752 (Anfang 2. Jh. v. Chr.). Gesandte der Insel Syros hatten zu Beginn des 2. Jhs. v. Chr. der rhodischen Volksversammlung eine aitēsis vorgelegt, in der sie um die Entsendung eines epistates baten, IG XII 5, 652. Freilich wird man Gesandten stets nur zu einem entsprechenden Tagesordnungspunkt die Gelegenheit gegeben haben, ihr Anliegen vorzubringen. Die Gewährung eines bevorrechtigten Zutritts zu Rat und Volksversammlung (ἔφοδος ἐπὶ τὴν βουλὴν καὶ τὸν δῆμον) ist für Rhodos dagegen nicht belegt. Eher den Charakter einer Anhörung hat die Vorladung der Lykier anlässlich des Streits um die Festlandgebiete, Pol. 22, 5. Ansässige Fremde waren bisweilen im Rahmen von epidoseis bei Volksversammlungen zugegen. 154 s. Kap. 7.2.1 Das hierothyteion.

3.2 Nichtbürger 

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Person erwähnte, sondern es insbesondere die Nichtbürger selbst waren, die solch eine detaillierte Publikation vornahmen. Immerhin sind elf Prozent der Inschriften einem Vereinskontext zuzuweisen; hierbei ist außerdem zu berücksichtigen, dass zusätzlich viele der Grabinschriften ebenfalls in einem Vereinsgrabbezirk aufgestellt gewesen sein werden, was diese Prozentzahl weiter erhöht155. Nimmt man eine grobe zeitliche Einordnung der Inschriften vor, in denen Nichtbürger mit ihrem Rechtsstatus genannt werden, so ist zu beobachten, dass der Großteil der Belege in das 1. Jh. v. Chr. datiert. Dieser Befund könnte ein Hinweis auf ein gesteigertes Bedürfnis nach einer entsprechend detaillierten Publikation sein; weiter wäre dann vorstellbar, dass die sukzessive Vergrößerung des Polisgebiets und die damit einhergehende Erweiterung der Bürgerschaft im 3. Jh. und 2. Jh. v. Chr. den Anlass gaben, den rechtlichen Status von Nichtbürgern differenzierter erfassen zu wollen. Dabei lässt sich nicht erkennen, dass Fremde aus bestimmten Regionen eher die Gunst einer Privilegierung durch die Polis erfuhren156. Herkunft hatte keinen erkennbaren Einfluss auf die Gestaltung der Rechtsbeziehung, auch nicht für Bürger einer anderen dorischen Polis oder etwa einer rhodischen Apoikia wie der lykischen Polis Phaselis. So sind die engen Beziehungen zwischen Rhodos und Phaselis in hellenistischer Zeit gut bezeugt; trotz der auffallenden Präsenz zahlreicher Bürger aus Phaselis in Rhodos scheint diese Gruppe aber keine Sonderstellung eingenommen zu haben157. Im Folgenden werden zunächst allgemeine Begriffe untersucht, mit denen bestimmte Gruppen von Nichtbürgern in den Quellen summarisch beschrieben werden. Daran anschließend sollen die Unterschiede individueller Statusbezeichnungen herausgestellt werden.

3.2.2 Kollektivbezeichnungen für Nichtbürger: xenoi, paroikoi, katoikeuntes, parepidameuntes Die Bezeichnung xenos konnte für jeden freien Nichtbürger schlechthin verwendet werden, unabhängig von seinem genauen rechtlichen Status, seiner Herkunft oder der Dauer seines Aufenthalts. Ausgehend von einer Grabinschrift des ehemaligen Sklaven Epigonos aus Rhodiapolis hatte die ältere Forschung angenommen, dass in Rhodos mit dem Begriff xenos ein eigener Rechtsstatus bezeichnet werde. In der

155 Was diese Beobachtung für die Bewertung der sozialen Stellung der Nichtbürger innerhalb der Vereine bedeutet, wird in Kap. 5.2.2 diskutiert. 156 s. dazu App. III Tab. 10 sowie S. 460 Abb. 5. 157 Zu den Beziehungen zwischen Rhodos und Phaselis s. Adak 2007, 271–276; allerdings sind entgegen der Äußerung von Adak a. O. 273 keine Heiraten zwischen Rhodierinnen und Phaseliten belegt. Zur Verwendung des dorischen Dialekts in Phaselis s. Adak – Tüner-Önen – Şahin, Phaselis, Nr. 1 und 15.

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 3 Der rechtliche Status der Polisbewohner

Inschrift heißt es, Epigonos sei von der Polis freigelassen worden und besitze nun Metökenstatus; darüber hinaus sei er ξενωθέντος ὑπὸ τᾶς βουλᾶς καὶ τοῦ δάμου158. Schumacher hatte das von dem Verb ξενόω abgeleitete Partizip ξενωθείς mit »unter die xenoi aufnehmen« übersetzt. Diesem Vorschlag waren Hiller von Gaertringen und im Wesentlichen auch van Gelder sowie Morelli gefolgt159. Diese Interpretation ist mittlerweile verschiedentlich korrigiert worden, wozu insbesondere der Fund einer Ehreninschrift für den Alexandriner Δωρίων beigetragen hat, aus dem hervorgeht, dass dieser ξενισθέντος ὑπὸ τᾶς βουλᾶς τρὶς καὶ ὑπὸ τοῦ δάμου160. Dass mit ξενίζω hier die Einladung zum Bankett – die ξένια – gemeint ist, wird allein schon daran deutlich, dass Dōriōn diese Ehre dreimal zuteil geworden ist. Nichts anderes wird auch in der Inschrift des Epigonos gemeint sein161. Die allgemeine Gruppenbezeichnung xenoi findet sich nur selten in den Inschriften. In einem Dekret der Lindier aus dem Jahr 22 n. Chr., mit dem man die Choregie auch für Nichtbürger zugänglich machte, heißt es, in Rhodos-Stadt sei es bereits üblich, die Choregenstellen sowohl mit Bürgern als auch mit xenoi zu besetzen (χοραγῶν ποιούμενοι αἵρ̣ [εσιν] καὶ πολειτᾶν καὶ ξένων)162. Mehrere der Nichtbürger, die in Rhodos-Stadt die Choregie übernommen hatten, sind namentlich bekannt; darunter befinden sich Personen mit ganz unterschiedlichem Rechtsstatus, was neben der pauschalen Gegenüberstellung von politai und xenoi ebenfalls dafür spricht, letztere nicht als besondere Statusgruppe zu interpretieren163. Es werden an dieser Stelle ganz allgemein sämtliche in Rhodos-Stadt ansässigen Nichtbürger gemeint sein. Nicht angesprochen werden aber sicherlich die nur vorübergehend in der Polis verweilen-

158 IG XII 1, 383. 159 s. den Kommentar von Hiller von Gaertringen zu IG XII 1, 383; ferner van Gelder 1900, 231, der a. O. zwar bezweifelt, dass xenos und metoikos etwas grundsätzlich anderes ausdrücken, dann aber a. O. 232 zu dieser Inschrift ebenfalls bemerkt, aus einem Staatssklaven sei ein xenos geworden; Morelli 1955, 131 f.; ebenso Préaux 1958, 187 sowie noch Baslez 2007, 226. 160 App. I 1 (= ADelt B 25, 2, 1970, 524, 1). Das Ethnikon konnte nun durch eine Neuedition der Inschrift sicher rekonstruiert werden. Für diese Formulierung ist mittlerweile ein zweiter Beleg hinzugekommen, s. Fantaoutsaki 2014, 69 Z. 2. 161 So zuerst Criscuolo 1982, 145 f.; zuletzt Maillot 2005, 134; Benincampi 2008, 97 f.; Dimopoulou-Piliouni 2008, 45 f. Zelnick-Abramovitz 2005, 77–79 gibt zwar weitgehend die ältere Forschungsmeinung wieder, zieht aber zumindest die Möglichkeit in Betracht, dass hier »something similar to the xenia« gemeint sei. In dem kürzlich publizierten Fragment einer Spenderliste aus Kos, in der mehrere Frauen mit ihrem jeweiligen kyrios verzeichnet sind, erscheint eine Frau aus Halikarnassos – der Name ist nicht erhalten – mit der Bezeichnung ξένα; IG XII 4, 2, 425 Z. 13 f. (Mitte 3. Jh. v. Chr.). Hier ist davon auszugehen, dass ein nur vorübergehender Aufenthalt zum Ausdruck gebracht werden soll; der ebenfalls aus Halikarnassos stammende kyrios der Frau war jedenfalls proxenos der Koier; er wird wohl der Mann der ξένα gewesen sein, zumindest scheint im Anschluss noch eine Tochter aufgeführt worden zu sein. 162 IG XII 1, 762 Frgt. a, Z. 9 f. Die xenoi beziehen sich an dieser Stelle nicht auf eine bestimmte Gruppe von Nichtbürgern, wie Grieb 2008, 31 mit Anm. 28 vermutet. 163 s. Kap. 7.2.2 Übernahme von Ämtern bei Festveranstaltungen.

3.2 Nichtbürger 

 61

den Fremden, die ansonsten häufig ebenfalls unter dem Begriff xenoi zusammengefasst werden. Für Lindos gilt das gleichermaßen, wie aus der präziseren Formulierung zu ersehen ist, dass für die zusätzlich zu den Bürgern gewählten Choregen, die in Lindos wohnenden und Landwirtschaft treibenden Fremden in Frage kommen164. Das fünfköpfige Kollegium der ἐπιμεληταὶ τῶν ξένων wird allgemein für die Belange von Nichtbürgern zuständig gewesen sein – sicherlich insbesondere derjenigen, die nur vorübergehend oder noch nicht lange in Rhodos weilten und keinen proxenos vor Ort besaßen, an den sie sich wenden konnten165. Worin diese Fürsorge im Einzelnen bestanden haben mag, ist nicht zu bestimmen166. Jedenfalls scheint diese Institution eine rhodische Eigenheit zu sein, da aus anderen Poleis keine Parallelen vorliegen. Ein Rhodier, der die Söldnereinheiten der Bodentruppen befehligte, hieß συνταγματάρχας ἐπὶ τῶν ξένων; die untergeordneten Einheiten führten die τῶγ ξένων τῶμ μισθοφόρων λοχαγοί an167. In dem Bericht über die Belagerung von Rhodos durch Demetrios Poliorketes unterscheidet Diodor dagegen an einer Stelle zwischen den Söldnern (μισθοφόροι) und den ξένοι168: Da Athenagoras aus Milet, ein von Ptolemaios entsandter Befehlshaber der Söldnertruppen, den makedonischen Bestechungsversuchen widerstanden hatte, ehrten die Rhodier ihn für seine Loyalität mit einem goldenen Kranz und 5 Talenten Silber. Damit habe man bei den anderen

164 IG XII 1, 762 Frgt. a, Z. 15–19: [τοὶ ἐπιστάται] | τοὶ ἀεὶ ἐν ἀρχᾷ ἐ̣ όντες ποτ[ὶ τοῖς ἐκ πολειτᾶν] | αἱρουμένοις χοραγοῖς καὶ ἄλλο〈υ〉ς χοραγο〈ὺ〉ς | ἐκ τῶν κατοικεύντων καὶ γεωργεύντων ἐν | Λινδίᾳ πόλει ξένους ἕξ. Zu den katoikeuntes und geōrgeuntes s. Kap. 7.2.2 Übernahme von Ämtern bei Festveranstaltungen. 165 IG XII 1, 49 Z. 50–58; das Kollegium besitzt außerdem einen eigenen grammateus; s. auch Pugliese Carratelli, Associazioni, Nr. 7 Z. 8 f., wo es heißt, der Geehrte sei ἐπὶ τὰν ἐπιμέλειαν τῶν ξένων gewählt worden. 166 Criscuolo 1982 wendet sich gegen ältere Forschungsmeinungen, die in dem Kollegium militärische Magistrate vermuteten oder ähnlich den prostatai der Metöken rechtliche Vertreter der Nichtbürger sahen. Sie nimmt an, die Magistrate seien neben ihrer generellen Aufsichtsfunktion über die Fremden für die Bewilligung der xenia zuständig gewesen. Zu Recht merkt Maillot 2005, 135 dazu an, dass solch eine Ehrung von Rat und Volk beschlossen wurde und es kaum wahrscheinlich sei, dass diese Aufgabe an ein Kollegium delegiert wurde. Ein interessanter Verweis ist in diesem Zusammenhang ihr Hinweis auf das samische Ehrendekret für den Rhoder Akamas, Sohn des Damonikos (IG XII 6, 1, 149). Dieser war für seine Fürsorge für die Samier, die während der Exilzeit auf Rhodos Zuflucht gefunden hatten, geehrt worden. Ob Damonikos privatim tätig geworden war oder als rhodischer Amträger agiert hatte, ist dem Text aber nicht zu entnehmen. Vgl. auch das Proxeniedekret von Arkesine für drei Rhodier, die sich Bürgern der Polis angenommen hatten, die nach Rhodos gereist waren (περὶ τοὺς ἀφικνουμένους εἰς Ῥόδον Ἀρκεσινέωμ φι|λότιμοί εἰσιν); IG XII 7, 8 Z. 7 f. (Ende 4./ Anfang 3. Jh. v. Chr.). 167 Segre, RFil 60, 1932, 452–461 Nr. II (= SEG 59.881); vgl. Dion Chrys. 31, 103. 168 Diod. 20, 94, 3–5.

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 3 Der rechtliche Status der Polisbewohner

Söldnern und Fremden den Kampfeseifer wecken wollen, führt Diodor aus169. Hier klingt die Hortativ-Formel eines Ehrendekrets nach, die primär an sämtliche NichtRhodier adressiert war. Die beiden genannten Gruppen lassen sich gut unterscheiden. Während die Söldner explizit angeworben waren und damit in einem Dienstverhältnis zu der Polis (bzw. zu Ptolemaios) standen, umfasst die Gruppe der xenoi all diejenigen Nichtbürger, die auf eigenen Entschluss in der Stadt verblieben waren, sowohl dauerhaft ansässige Fremde als auch nur zeitweise in der Stadt verweilende Personen170. Diodor berichtet zu Beginn des Belagerungsberichtes, man habe den in der Stadt wohnenden paroikoi und xenoi (οἱ ἐν τῇ πόλει κατοικοῦντες πάροικοι καὶ ξένοι) die Möglichkeit gegeben, die Stadt zu verlassen, sofern sie sich nicht an der Verteidigung der Stadt beteiligen wollten171. Die Zahl der paroikoi und xenoi belaufe sich zusammengenommen auf etwa 1000, denen 6000 Bürger gegenüberstünden; hinzu komme eine nicht bezifferte Menge an Sklaven. Während zuvor bei der Gegenüberstellung der xenoi mit den misthophoroi allgemein alle freien Bürger einer fremden Polis gemeint sind, besitzt in diesem Kontext die Kollektivbezeichnung xenoi mithin eine differenziertere, weniger allgemeine Bedeutung: xenos ist jeder, der nicht den paroikoi zuzurechnen ist. Dies führt zu der Frage, wen genau die paroikoi innerhalb der Gruppe der Nichtbürger darstellen. Wirth übersetzt paroikoi mit Metöken und schließt sich damit der verbreiteten Lehrmeinung an, die eine weitgehend synonyme Verwendung von metoikoi und paroikoi annimmt172. Mit Blick auf die epigraphische Überlieferung hatte demgegenüber bereits Gauthier darauf aufmerksam gemacht, dass diese Gleichsetzung zumindest in Athen und eben auch in Rhodos nicht zutreffe173. Für Kleinasien spricht er sich dafür aus, dass die paroikoi ursprünglich die indigene Landbevölkerung bezeichneten, die als ›Nachbarn‹ auf dem Polisterritorium lebten; sie hätten zwar nicht über das volle Bürgerrecht verfügt, jedoch im Gegensatz zu den Metöken Grundeigentum besessen174.

169 τὸν δ’ Ἀθηναγόραν ἐστεφάνωσαν χρυσῷ στεφάνῳ καὶ δωρεὰν ἔδωκαν ἀργυρίου τάλαντα πέντε, σπεύδοντες καὶ τῶν ἄλλων μισθοφόρων καὶ ξένων ἐκκαλεῖσθαι τὴν πρὸς τὸν δῆμον εὔνοιαν. 170 Ptolemaios unterstützte die Rhodier zweimal mit militärischen Kontingenten. Zunächst schickte er 500 Söldner, unter denen sich auch Rhodier befanden, die in seiner Armee dienten (Diod. 20, 88, 9); später stellte er nochmals 1500 Soldaten (Diod. 20, 98, 1). Da der Milesier Athēnagoras von Ptolemaios entsendet worden war, stand dieser sicherlich auch Söldnern vor, die dem König unterstellt waren. Trotzdem wird sich die Formulierung hier allgemein sowohl auf die Söldner in ptolemäischen Diensten als auch auf die von Rhodos selbst angeworbenen Söldner beziehen. 171 Diod. 20, 84, 2. 172 s. die Übers. von Wirth zu Diod. 20, 84, 2. Auch Papazoglou 1997, 208 vermutet an dieser Stelle eine synonyme Verwendung. Morelli 1955, 132 nimmt allgemein für Rhodos an, dass mit beiden Begriffen letztlich dasselbe gemeint sei. 173 Gauthier 1988, 26 und 32–37. Vgl. auch Papazoglou 1997, 245 f. 174 Vgl. aber etwa die Feststellung von Kah 2012, 57–59, dass in Priene eine inhaltliche Unterscheidung zwischen paroikoi und katoikoi kaum möglich sei; insbesondere eine Gegenüberstellung von

3.2 Nichtbürger 

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Für die Insel Rhodos selbst ist der Begriff paroikos inschriftlich nicht belegt, sondern nur für Karpathos sowie die unmittelbar vor der Peraia gelegene Insel Kedreai – also Gebiete, die erst in hellenistischer Zeit in den Polisverband inkorporiert wurden. Sollte es sich auch hier um Bevölkerungsteile handeln, die bereits in vorrhodischer Zeit dort lebten, aber nicht in die Bürgerschaft aufgenommen worden waren? Um diese Frage zu klären, sollen die insgesamt drei Belege, die alle in das 2. Jh. v. Chr. datieren, nochmals genauer betrachtet werden. Auf Karpathos hatte der Demos Brykous Ehrungen für den samischen Arzt Μηνόκριτος Μητροδώρου beschlossen, der über einen Zeitraum von zwanzig Jahren sein medizinisches Können und allgemein ein vorbildliches Verhalten gezeigt habe175. Als besonderer Verdienst wird sein Einsatz während einer Seuche hervorgehoben, bei der er ebenso den δαμέται wie den παροικεῦντες half176. Bevor er auf Karpathos tätig war, hielt er sich in Rhodos auf und hatte dort kostenlos πολλοὶ τῶν δαμετᾶν behandelt, die dringend ärztlicher Hilfe bedurften177. Die hier genannten δαμέται bezeichnen nicht allgemein rhodische Bürger, sondern Demenangehörige von Brykous, die während eines Aufenthalts in Rhodos erkrankt waren. Dies erklärt die folgende Bemerkung, mit der die begründende Einleitung des Dekrets beschließt, Mēnokritos sei stets freundlich und gerecht gegenüber jedem Bewohner gewesen, wenn er in den Ort kam (ε̣ ὐ̣ν̣ ο̣ ϊ̣ κ̣ῶ̣ς τε καὶ δικαί̣ ω̣ς̣ [πρὸς ἕκα]σ̣τ̣ ον τῶν κατοικεύντων ἐν τῶι περιπολ[ί]ωι εἰσπορευόμενος διατετελέκει)178. Bereits vor seinem Umzug nach Karpathos hielt sich Mēnokritos demnach zu einer regelmäßigen Visite in Brykous auf. Die κατοικεῦντες stehen hier als Oberbegriff für οἱ πολῖται καὶ οἱ παροικεῦντες, ohne dass damit ein rechtlicher Status definiert wird179. Es ist nicht anzunehmen, dass die paroikeuntes nur eine begrenzte Gruppe der in dem Ort ansässigen Nichtbürger darstellen oder etwa die bürgerrechtslose Landbevölkerung bezeichnen. Der

Stadtbewohnern (paroikoi) und Landbewohnern (katoikoi) lasse der Befund nicht zu. Insgesamt hält er es für möglich, dass beide Begriffe eine bloße »stilistische Variation« darstellten, mit der in den Ehrendekreten die Leistung des Honoranden gesteigert werden sollte. 175 IG XII 1, 1032 Z. 1–6; um 100 v. Chr. (= Samama 2003, 217–219 Nr. 118). 176 Z. 7–12: λοιμικᾶς τε διαθέσιος γενομένας καὶ πολλῶν | εἰς τοὺς ἐσχά̣τους̣ κινδύνους ἐμπεσόντων | οὐ μόνον τῶν δαμετᾶν, ἀλλὰ καὶ τῶν παροικεύν|των τὰν πᾶσαν ἐκτένειαν καὶ κακοπαθίαν | παρεχόμενος παραίτιος γεγόνει τᾶς σωτηρ[ί]|ας. 177 Z. 12–14: πρὸ τοῦ τε μισθωθήμειν διατρίβων ἐν Ῥ̣όδ̣ ω̣[ι] | πολλοὺς τῶν δαμετᾶν ἐν ἐπικινδύνο[ις] | [δ]ιαθέσεσι γενομένους ἔσωσε μ̣ [ι]σθὸν ο[ὐ]. Er wird mit Μηνόκριτος Σάμιος identisch sein, der sich in Rhodos-Stadt gemeinsam mit seiner Frau und seinem Sohn Μητρόδωρος an einer öffentlichen Spende beteiligte; Pugliese Carratelli, Associazioni, Nr. 20 Z. 21–24. 178 Z. 15–17. Peripolion ist hier wie auch in sämtlichen anderen rhodischen Belegen als Siedlungsbegriff zu verstehen und bezeichnet den Zentralort des Demenbezirks, s. Schuler 2010; Schuler 1998, 45–49. 179 Gegen van Gelder 1900, 232; auch Grieb 2008, 266 f. zählt die katoikeuntes grundsätzlich zu den Nichtbürgern. Warum aber sollte Mēnokritos, der im Dienst des Demos stand, seine Dienste nur den Nichtbürgern zur Verfügung stellen?

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 3 Der rechtliche Status der Polisbewohner

Dekrettext bringt vielmehr zum Ausdruck, dass Mēnokritos seine Dienste jedem Bewohner des peripolion erwies, ungeachtet des rechtlichen Status der Person. Die paroikeuntes umfassen daher sämtliche Nichtbürger, die in Brykous, dem Zentralort des Demenbezirks, ihren Wohnsitz hatten180. Dazu zählten demnach Fremde mit ganz unterschiedlichem Rechtsstatus. Auch in dem zweiten Dekret, einem Ehrenbeschluss der ktoina Potidaion für Παμφιλίδας Ἰέρωνος, lassen sich als Bewohner des ebenfalls als peripolion bezeichneten Ortes neben den politai die paroikoi ausmachen181. Pamphilidas hatte während des 2. Kretischen Krieges in seiner Funktion als Epistat des peripolion die Verteidigung organisiert und erfolgreich eine Einnahme des Ortes verhindert. Im Anschluss an die Aufzählung konkreter Verdienste während des Krieges wird allgemein hervorgehoben, dass er jederzeit Bürgern und paroikoi zur Verfügung gestanden habe, die sich mit einem Anliegen an ihn gewandt hatten. Beide Personengruppen wird man auch hier als Bewohner des Ortes zu verstehen haben. Der Begriff erfasst damit die dauerhaft ansässigen Nichtbürger, ohne aber darüber hinausgehend auf eine spezifische, rechtlich definierte Gruppe von Nichtbürgern Bezug zu nehmen. In Kedreai wiederum hatten die dort ansässigen paroikoi (οἱ πάροικοι οἱ ἐν Κεδρέαις) den Strategen Teisias mit einem goldenen Kranz geehrt, was einen gewissen Organisationsgrad dieser Gruppierung voraussetzt182. Geht man davon aus, dass unter den paroikoi hier sämtliche Nichtbürger zusammengefasst sind, die in der eigentlichen Siedlung auf der kleinen Insel wohnten, so wird es sich ohnehin um eine überschaubare Personenzahl gehandelt haben183. Möglicherweise reagierten sie damit auf den Ehrenbeschluss des δᾶμος ὁ Κεδρεατᾶν für Teisias, an dem sie als Nichtbürger keinen Anteil hatten184.

180 Auch Papazoglou 1997, 188 vermutet, dass die paroikeuntes hier auf sämtliche freien Nichtbürger zu beziehen seien, ohne aber eine räumliche Verbindung herzustellen. 181 I. Lindos, S. 1007 Z. 24–31: ἁμὲ δὲ κινδυνεύον[τας] | [μετὰ τ]έκνων καὶ γυναικῶν τυχεῖν σωτηρί[ας] | [τό τε] περιπόλιον διετήρησε τῶι δάμωι. ἔν τε | [ταῖς ἀρχ]αῖς πάσαις φιλοδόξως ἀνέ|[σ]τραπ[ται] κατὰ δύναμιν τὰν αὐτοῦ, τοῖς τε ἐν|[τυγ]χά[ν]ουσι αὐτῶι τῶν πολιτᾶν καὶ τῶν παροί|[κω]ν εἰς πάντα τὰ καλῶς ἔχοντα αὐτὸν ἐπιδι|[δο]ὺς διατελεῖ. »Als sie mit (ihren) Kindern und Frauen Gefahr ausgesetzt waren, gelang ihm die Rettung und er bewahrte dem Demos das peripolion; bei sämtlichen Ämtern hat er sich nach seinen Kräften ruhmvoll verhalten; er ließ stets denen der Bürger und paroikoi, die ihn ersucht haben, in jeder Hinsicht Gutes zuteil werden«. Für neue Ergänzungsvorschläge sowie den historischen Kontext s. Wiemer 2002, 343–345. Papazoglou 1997, 188 sieht in den paroikoi hier indigene Nichtbürger und nicht allgemein Fremde; im Folgenden fügt sie dann aber wiederum einschränkend hinzu »Ou plutôt les deux catégories de non-citoyens.« 182 I. Pérée 3 (= I. Peraia 553; 1. Viertel 2. Jh. v. Chr.). 183 Dass an dieser Stelle allgemein Nichtbürger gemeint sind, schlägt auch Bresson im Kommentar zu der Inschrift vor; Papazoglou 1997, 189 f. geht davon aus, dass die paroikoi in Kedreai die indigene Bevölkerung bezeichnen. Ob in hellenistischer Zeit noch indigene Bewohner dort lebten, ist zu bezweifeln; Xenophon berichtet jedenfalls, Lysander habe die mit Athen verbündete Stadt (πόλις) Kedreai eingenommen und die Einwohner versklavt. Die Inselbewohner bezeichnet er als μιξοβάρβαροι; Xen. hell. 2, 1, 15. 184 I. Pérée 4 (= I. Peraia 552).

3.2 Nichtbürger 

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Ähnlich wie es jüngst Michael Wörrle für die lykische Stadt Limyra gezeigt hat, scheinen auch in Rhodos die paroikoi stets die dauerhaft ansässige, bürgerrechtslose Stadtbevölkerung zu bezeichnen185. Der Begriff paroikos ist demnach primär zeitlich und räumlich konnotiert, und insofern auch von dem juristischen Begriff metoikos zu unterscheiden186. Diese topographische Bedeutung hatte wohl auch Diodor im Sinn, wenn er die freien Nichtbürger in paroikoi und xenoi untergliedert. Bei der Formulierung οἷ ἐν τῇ πόλει κατοικοῦντες πάροικοι καὶ ξένοι bzieht sich der Einschub ἐν τῇ πόλει κατοικοῦντες zwar offensichtlich auch auf die xenoi, obwohl mit xenoi hier nur Fremde gemeint sein können, die sich für einen begrenzten Zeitraum in der Polis aufhielten. An dieser Stelle zählte Diodor die xenoi damit offenkundig zu den Stadtbewohnern. Generell aber muss nach dem jeweiligen Kontext entschieden werden, ob zu den xenoi nur die freien Nichtbürger zählen, die sich für einen begrenzten Zeitraum in der Polis aufhalten oder die dauerhaft ansässigen Nichtbürger bzw. beide Gruppen zusammen. Während sich das Verb κατοικέω fast ausschließlich auf Ansässige bezieht, wird ein vorübergehender Aufenthalt mit παρεπιδαμέω ausgedrückt: Ein Gymnasiarch in Nisyros hatte 13 Monate lang πᾶσι ἐλευθέροις, καὶ τοῖς κατοικοῦσι ἐν Νεισύρω καὶ τοῖς παρεπιδαμεῦσιν, Öl zur Verfügung gestellt187. Die Verben κατοικέω und παρεπιδαμέω dienen hier als Erläuterung für den sehr allgemeinen Verweis auf πάντες ἐλεύθεροι und ist entsprechend mit »allen Freien, sowohl denjenigen, die in Nisyros ansässig sind, als auch denjenigen, die sich vorübergehend (dort) aufhalten« zu übersetzen188. Die Präzisierung der Gruppe der pantes eleutheroi ist eine bloße rhetorische Erweiterung, mit der nachdrücklich der große Personenkreis hervorgehoben werden soll, dem die kostspieligen Ölspenden zugekommen waren. Weder mit den katoikountes noch mit den parepidameuntes sind in dieser Inschrift Personen mit einem bestimmten rechtlichen Status gemeint189. Hinter beiden Begriffen können sich Bürger einer anderen Polis verbergen, aber auch Rhodier aus einem anderen Demos. In einer Inschrift der Insel Syme ist etwa von οἱ παρεπιδαμοῦντες τῶν πολιτᾶν die Rede – den Bürgern (oder aber den Angehörigen des Demenbezirks

185 Wörrle 2011, 398–403. 186 In Mylasa werden dagegen in zwei Inschriften nebeneinander die paroikoi, metoikoi und xenoi genannt (Blümel, EpigrAnat 2004, 16 f. Nr. 22 Z. 1. 10–12; I. Mylasa 155 Z. 10–12). Die von Dion Chrys. 31, 3 vorgenommene Gegenüberstellung von xenos und metoikos muss nicht unbedingt die rechtliche Situation in Rhodos widerspiegeln. 187 IG XII 3, 104. 188 Dass mit Grieb 2008, 266 die eleutheroi nur auf die Bürger zu beziehen sind, ist insofern auszuschließen. 189 Vgl. auch I. Peraia 509 (= I. Pérée 28), in der für einen rhodischen Beamten Ehrungen ὑπὸ τῶν κατοικεύν|των καὶ γεωργεύντων καὶ ναυκλα|ρεύντων καὶ παρεπιδαμεύντων ἐν Φύσκῳ beschlossen worden waren.

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 3 Der rechtliche Status der Polisbewohner

der Politai), die sich gerade auf Syme aufhalten190. Es handelt sich um den Beschluss einer Gemeinschaft, die als τὸ κοινὸν τῶν ἐν Σύμαι κατοικούντων (»die Gemeinschaft derjenigen, die in Syme wohnen«) in Erscheinung tritt. Unklar ist allerdings, aus welchem Personenkreis genau sich dieses Beschlussorgan konstituiert und wie bzw. ob es institutionell in der Polisstruktur einzuordnen ist. Obwohl Syme eine größere Fläche aufweist als die Inseln Telos und Nisyros, die beide jeweils als rhodischer Demenbezirk organisiert waren, bildete es keinen eigenen Demenbezirk, sondern gehörte wahrscheinlich zu dem Demos Kasara, einem Ort im Süden der rhodischen Peraia191. Bei dem koinon muss es sich daher um eine Institution unterhalb der Demen­ebene handeln. Bevor auf die verschiedenen diesbezüglich geäußerten Interpretationsvorschläge einzugehen ist, sei zunächst nochmals ein Blick auf den Inhalt des bereits an anderer Stelle kurz angesprochenen Dekrets gerichtet192: Um dringende Instandsetzungsarbeiten des Athana-Heiligtums durchführen zu können, hatte man zu Spenden aufgerufen; allerdings seien die von den koina und Einzelpersonen getätigten Spendenzusagen, nur zögerlich erfüllt worden. Als jedoch Aristophanes, Sohn des Aristophanes aus dem (zu Ialysos gehörenden) Demos der Politai von den Mitgliedern der ktoina in die Versammlung berufen wurde (παρακληθεὶς ἐν τᾶι ἐκλησίαι ὑπὸ τῶν κτοινετᾶν), habe dieser sich bereit erklärt, die Kosten zu übernehmen und sicherte außerdem Holz und Ziegel für die reparaturbedürftigen Dächer zu. Beide Versprechen habe er gänzlich erfüllt und die Arbeiten den parepidameuntes tōn politān präsentiert193. Das koinon der Bewohner von Syme beschloss nun, ihn zu belobigen und mit einem goldenen Kranz zu ehren; zudem sollte der Agonothet den Beschluss bei den ersten Herakleien im Stadion verkünden.

190 IG XII 3, 1270, Z. 16–18 (Mitte 2. Jh. v. Chr.). Schon Chaviaras – Hiller, ÖJh 7, 1904, 86 bemerkten es sei »die vorübergehende Anwesenheit von nicht Ortsansässigen« gemeint. Van Gelder 1900, 232 spricht bzgl. der in IG XII 3, 104 erwähnten parepidameuntes von Fremden, »die sich zufällig auf Nisyros aufhielten«; s. auch Jones 2003, 157–160, der darlegt, ἐπιδημεῖν und παρἐπιδημεῖν bezeichneten gleichermaßen einen vorübergehenden Aufenthalt, ohne dass damit etwas über die genaue Dauer ausgesagt wäre; beide Verben seien entsprechend mit »besuchen« zu übersetzen; Roubineau 2012, 161 bemerkt, der Begriff beschreibe einen Zustand, der nicht rechtlich definiert gewesen sei. Vgl. ferner Baslez 2007, 222, die die unterschiedlichen Bezeichnungen für Gruppen von Nichtbürgern zwei Kategorien zuordnet: die Begriffe metoikoi, paroikoi, paroikountes und katoikountes seien auf diejenigen Fremden zu beziehen, die dauerhaft ihren oikos in eine andere Polis verlegt haben, während Reisende, die nur für eine begrenzte Zeit an einem Ort verweilen, mit den Begriffen parepidemountes, epidemountes und endameuntes beschrieben würden. Auf einen vorübergehenden Aufenthalt bezieht sich auch etwa die Äußerung Lykurgs über die in Rhodos weilenden Händler; Lykurg. 14: ἣν ἐποιήσατο καθ᾽ ὑμῶν πρός τε τὴν πόλιν τὴν τῶν Ῥοδίων, καὶ τῶν ἐμπόρων τοῖς ἐπιδημοῦσιν ἐκεῖ. 191 Fraser – Bean 1954, 86. 140. 192 Vgl. Kap. 3.1.3. 193 IG XII 3, 1270, Z. 12–18: παρακληθεὶς | ἐν τᾶι ἐκλησίαι ὑπὸ τῶν κτοινετᾶν συντελέσαι ἰ[δ]ίαι τὰ | ἔργα ἐπαγγείλατο καὶ συνετέλεσε, ποτεπαγγείλατο | δὲ καὶ ξυ[λ]ωσεῖν τᾶς στέγας τὰ ποτι[δ]εόμενα καὶ κερα|μωσεῖν τελέσμασι τοῖς αὑτοῦ· καὶ συνετέλεσε ἀναγαγών | τε τοὺς παρεπιδαμοῦντας τῶν Πολιτᾶν ἐπέδειξε τὰ | ἔργα κα[λ]ῶς γεγονότα.

3.2 Nichtbürger 

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Die Annahme von Peter M. Fraser und George E. Bean, die von einer Vereinigung von Rhodiern ausgehen, die nicht dem Demos Kasara angehören, kann nicht zutreffen194. Der Antrag für die Ehrung war von den hierothytai eingebracht worden, bei denen es sich um das Kultpersonal des Athanaheiligtums in Syme handeln wird, für das Aristophanes die Spenden geleistet hatte. Es steht damit außer Frage, dass es sich bei den hierothytai um Mitglieder des lokalen Kultpersonals handelt. Insofern wird das koinon in jedem Fall die Bürger aus Syme umfasst haben. Mit einem Verweis auf weitere Inschriften lokaler Gemeinden, in denen die Bürger eines Ortes von den übrigen dort ansässigen Bewohnern unterschieden werden, vermutet Christy Constantakopoulou, dass an dem κοινὸν τῶν ἐν Σύμαι κατοικούντων neben den Bürgern von Syme Rhodier aus anderen Demen sowie möglicherweise auch Nichtbürger partizipiert hätten195. Bemerkenswert sei es aber, dass bei sämtlichen anderen Belegen die katoikeuntes entweder als Empfänger von Wohltaten oder aber an der Seite einer anderen Gemeinschaft als Dedikanten in Erscheinung treten, nie jedoch alleine. Nur in der Inschrift aus Syme werde durch die Bezeichnung der katoikeuntes als koinon ein gewisser Formalisierungsgrad dieses Kollektivs zum Ausdruck gebracht. Ohne dieses koinon genauer in der rhodischen Polisstruktur zu verorten, spricht Constantakopoulou im Folgenden nur allgemein von einem »political body«, dessen Entstehung sie im 2. Jh. v. Chr. ansetzt196. In welchem Zusammenhang das koinon zu der in dem Dekret erwähnten ktoina steht, diskutiert sie nicht. Der Annahme von Margherita Guarducci, es handele sich hier um den Beschluss einer ktoina, hat bereits Nicholas F. Jones zu Recht widersprochen197. Ebenso wie bei der ktoina Potidaion auf Karpathos wäre dann auch zumindest in der Beschlussformel nicht koinon, sondern ktoina zu erwarten gewesen198. Außerdem scheinen auf Syme mindestens zwei ktoinai existiert zu haben; darauf deutet jedenfalls eine Ehreninschrift eines Vereins aus Syme, in der zwei ktoinai erwähnt werden199.

194 Fraser – Bean 1954, 140; so auch Jones 1987, 264 § 49 Anm. 2 und zuletzt Meier 2012, 275. 195 Constantakopoulou 2012, 316 f. So werden etwa auf Karpathos in einem Ehrendekret neben dem κοινὸν τὸ Ἀρκασειέων als Empfänger der Wohltaten des Geehrten τοὶ κατοικεῦντες ἐν Ἀρκασείαι genannt; Segre, Historia 7, 1933, 577 Nr. 1. Im 1. Jh. n. Chr. beschloss dann auf Karpathos der δᾶμος ὁ Βρυκουντίων gemeinsam mit den κα[τοικεῦν]|τες ἐν Βρυκοῦντι πάντες eine Ehrung für Kaiser Domitian, die sie [ὑπὲρ τοῦ] | δ̣άμου τοῦ Ῥοδίων tätigten; vgl. außerdem IG XII 1, 995. Für Iasos bemerkt Delrieux 2013, 156 im Anschluss an Papazoglou 1997, 218, dass die Formulierung τοὺς ἐν Ἰασῶι κατοικοῦντας auf ansässige Nichtbürger zu beziehen sei, da dieser Gruppierung stets die Ἰασεῖς gegenübergestellt würden. Vgl. auch Schuler 1998, 195 f. 196 Constantakopoulou 2012, 320. 197 Jones 1987, 264 § 49 Anm. 2. 198 I. Lindos, S. 1007, Z. 1 f. ([ἔδοξε Ποτιδαιέων] | τ̣ ᾶι κτοίναι); Z. 34 f. (δεδό|χθαι τᾶι κτοίναι). 199 IG XII 3, 6 Z. 11–13.

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 3 Der rechtliche Status der Polisbewohner

Auffallend ist aber die doppelte Datierung sowohl nach dem Haliospriester als auch nach dem Damiourgen, mit der das Dekret eingeleitet wird. Dieselbe Datierungsformel weist auch das zweite Dekret auf, das von dem κοινὸν τῶν ἐν Σύμαι κατοικούντων überliefert ist200. Den Haliospriester des ersten Dekrets datiert Badoud um 155 v. Chr., denjenigen des zweiten setzt er bereits um 259 v. Chr. an201. Keiner der beiden Damiourgen ist aber in der für diese Zeiträume lückenlos erhaltenen Damiourgenliste aus Kamiros verzeichnet. Ebenso wie es auch für Telos und Nisyros belegt ist, datierte das koinon der Syme-Bewohner demzufolge nach einem lokalen Damiourgen202. Ebenfalls auf lokalen Ursprung geht wahrscheinlich das Fest für Herakles zurück, anlässlich dessen die Verkündigungen der Euergeten vorgenommen wurden203. Der Ausrichter des Festes war das koinon selbst. Beides legt nahe, dass es sich bei dem koinon um eine Institution handelt, die bereits vor der Eingliederung von Syme in das rhodische Polisgebiet existierte und die gesamte Insel umfasste. Vergleichbar ist eine in das 2. Jh. v. Chr. datierende Ehreninschrift aus dem rhodischen Demos Kedreai in der Peraia, die nicht wie in anderen zeitgleichen Dekreten den δᾶμος ὁ Κεδρεατᾶν als Beschlussorgan nennt, sondern das κοινὸν Χερσονασίων204. Die Χερσονάσιοι ehrten noch um 80/90 n. Chr. einen lindischen Honoratioren205. Dieses koinon der Chersonasier hat Winfried Held als karischen Bund interpretiert, in dem die zahlreichen kleinen Siedlungen der Halbinsel organisiert waren und das in rhodischer Zeit als Kultverband mit dem Bundesheiligtum in Kastabos fortbestand206. Sowohl Syme als auch die (›karische‹) Chersones waren im 5. Jh. als jeweils autonome politische Einheiten in den Attischen Tributlisten veranlagt worden207. Zwar waren weder Syme noch die Chersones mit der Eingliederung in das rhodische Polisgebiet als Demos oder ktoina organisiert worden, allerdings bildeten sie in der Militärverwaltung jeweils eine territoriale Einheit und waren als solche zusammen mit Physkos und dem Apeiros einem hagemon unterstellt208.

200 IG XII 3, 1269. 201 Badoud 2015, 171 A 32; 179 A 56. 202 Badoud 2015, 96. 203 In Rhodos sind zumindest keine Herakleien belegt; insgesamt tritt Herakles als Polisgottheit kaum in Erscheinung, auch wenn bereits für die 2. Hälfte des 3. Jhs. ein Priesteramt belegt ist; Morelli 1959, 147–149. 204 I. Peraia 555 (= I. Pérée 5). 205 I. Lindos 384 b; neu ediert von Bresson 2004, 225–228. 206 s. bes. Held 1999 und Held 2009; s. auch Wiemer 2010, 416–418, der nachdrücklich auf das fortbestehende Zusammengehörigkeitsgefühl der Bewohner dieser Region verweist; ebenso Bresson 2001 sowie Held 2013, 93. 207 Farmakidou, in: Stampolidis u. a. 2011, 88 sowie Held 1999, 162 f. mit den entsprechenden Belegen. 208 Erstmals erscheint Syme im 1. Jh. v. Chr. als Amtsbereich des Hagemon; s. die Übersicht in Wiemer 2010, 417 Abb. 1. Eine zeitweise vermutete eigene Münzprägung wie es für die Chersones belegt

3.2 Nichtbürger 

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Insgesamt wäre es vorstellbar, dass die politische Organisation in Syme mit der Eingliederung in das rhodische Polisterritorium ebenso wie bei der karischen Chersones nicht beseitigt, sondern überlagert wurde. Das κοινὸν τῶν ἐν Σύμαι κατοικούντων stand damit außerhalb der eigentlichen rhodischen Polisstruktur. Trotzdem existierten aber Bezüge zur Versammlung der ktoina. Dass es Verbindungen zwischen indigenen Siedlungs- und Polisstrukturen gegeben hat, verdeutlicht auch eine Kultregelung aus Tymnos. Der rhodische Demenbezirk Tymnos war ebenfalls ursprünglich ein karisches koinon; dieses koinon verfügte in einem Beschluss, dass den Abgeordneten der Demen und ktoinai die Altäre auf der Agora für Opfer an Zeus und Hera zur Verfügung gestellt werden sollen209. Die Überlagerung politischer, kultischer bzw. politisch-kultischer und territorialer Einheiten wird hier auch ganz konkret räumlich greifbar. Insofern muss es auch nicht verwundern, dass in Syme zwar eine ktoina mit der Finanzierung der Instandsetzungsmaßnahmen des Athana-Heiligtums betraut war, dann jedoch das koinon den freigiebigen Spender für die Kostenübernahme ehrte210. Vor diesem Hintergrund ist anzunehmen, dass die überwiegende Zahl der Mitglieder des κοινὸν τῶν ἐν Σύμαι κατοικούντων Bürger von Syme waren. Keinesfalls aber gibt es einen Grund, eine regelmäßige Partizipation von Fremden an Versammlungen dieses koinon anzunehmen und als Anzeichen einer nachlassenden Virulenz der Dichotomie Bürger/Nichtbürger zu werten211.

ist, lässt sich für Syme nicht nachweisen; Farmakidou, in: Stampolidis u. a. 2011, 90. 209 I. Peraia 201 (= I. Pérée 102). 210 Dass das koinon die Ehrungen durch die rhodische Volksversammlung bestätigen ließ, ist eine keineswegs gesicherte Ergänzung der Editoren (IG XII 3, 1032 Frgt. b Z. 1–4); grundsätzlich wäre eine solche Klausel an dieser Stelle des Dekrets aber gut denkbar und würde dann ebenfalls dafür sprechen, dass es sich bei dem koinon um keine genuin rhodische Polisinstitution handelt. Freilich ist die in Z. 3 vorgeschlagene Ergänzung ὁ δὲ αἱρεθεὶς διαπλευσάτω εἰς Ῥόδον ohne Parallele. 211 Gegen Constantakopoulou 2012, 319. In ähnlicher Weise geht Gabrielsen 1997, 153 f. davon aus, dass in späthellenistischer Zeit Nichtbürger den ktoinai angehörten. Den drei genannten Beispielen ist aber nur zu entnehmen, dass Nichtbürger von ktoinai Ehrungen erhalten hatten. Bedingt durch die Annahme die geehrten Nichtbürger seien Mitglieder einer ktoina, unterläuft ihm a. O. dann auch ein Zirkelschluss bei der Deutung der Ehreninschrift für den auf Syme ansässigen Metöken Euphrosynos aus Idyme (IG XII 3, 6): Da Euphrosynos Ehrungen von zwei ktoinai erhalten habe, müsse angenommen werden, dass es sich jeweils nicht um die ktoina selbst handele, sondern um einen Verein, der nur einige Mitglieder der ktoina umfasse. Schließlich habe Euphrosynos nicht zwei ktoinai angehören können. Zunächst ist in dem Inschriftentext aber ganz eindeutig in beiden Fällen von Ehrungen ὑπὸ τᾶς κτοίνας die Rede; einen Hinweis auf einen Verein gibt es nicht. Darüber hinaus ist die Zugehörigkeit von Euphrosynos zu einer ktoina weder belegt noch vorauszusetzen; dass Philokrates aus Ilion von der Gemeinde Kamiros mit einem Laubkranz geehrt wurde (IG XII 1, 157), bedeutet ja auch nicht, dass dieser Mitglied der Phyle Kamiros war.

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 3 Der rechtliche Status der Polisbewohner

3.2.3 Bezeichnungen für einen individuellen Rechtsstatus metoikos Für das klassische Athen ist der Begriff des Metöken präzise zu bestimmen; metoikos bezeichnete einen klar definierten, vor allem fiskalischen Rechtsstatus: Nach einem einmonatigen Aufenthalt war ein Fremder verpflichtet, sich in dem Demenbezirk, in dem er wohnte, registrieren zu lassen und fortan die Metökensteuer, das metoikion, zu entrichten212. Ebenfalls musste er einen prostatēs wohl als Bürgen und Vertreter vor Gericht benennen, wobei diese Rolle im Detail unklar ist und in der 2. Hälfte des 4. Jhs. an Bedeutung verloren zu haben scheint213. Darüber hinaus wurde er zum Militärdienst herangezogen und hatte ab einem entsprechenden Vermögen auch die eisphora zu entrichten. In hellenistischer Zeit sind Metöken neben Athen für zahlreiche andere Polis inschriftlich belegt; metoikos ist weiterhin ein präziser Rechtsbegriff, ohne dass sich jedoch Aussagen darüber treffen ließen, inwieweit er inhaltlich demjenigen klassisch-attischer Prägung entsprach214. In Rhodos sind Metöken durch den einfachen Zusatz μέτοικος, der in den Inschriften an das Ethnikon angehängt wird, erkennbar. In gleicher Weise wurden Frauen als μέτοικος bezeichnet. Frauen erhielten den Metökenstatus jedoch nicht einfach durch die Heirat mit einem Metöken, sondern es handelt sich ebenso wie bei einer männlichen Person um einen individuellen Rechtsstatus, der nicht vererbt wurde. So ist in einer Grabinschrift Ἀρτεμισία aus Myndos als Metökin bezeichnet, während für den Sohn neben dem Ethnikon kein genauer Rechtsstatus angegeben wird215. Ebenso wie die überwiegende Zahl der anderen Nichtbürger führen Metöken in der Regel kein Patronym, dafür aber immer das Ethnikon216.

212 Gauthier 1988, 28 f.; Baslez 2007, 217 f.; s. außerdem Kamen 2013, 43–54 mit einer Zusammenfassung der Rechte und Pflichten der Metöken sowie den Unterschieden zwischen freigeborenen Metöken und Freigelassenen, die Metökenstatus erhalten hatten. 213 Gauthier 1972, 133–136. 214 Gauthier 1988, 29 f.; Günther 2012, 131. 215 ADelt B 32, 1977, 356 b (= SEG 34.798); in der Inschrift wird ferner ein ebenfalls aus Myndos stammendes Ehepaar genannt, bei dem auch nicht der Rechtsstatus präzisiert wird; s. auch die Grabinschrift Maiuri, ASAA 2, 1916b, 166 Nr. 119, der zu entnehmen ist, dass die Metökin Dionysarin aus Myndos mit dem Rhodier Alexandros, Sohn des Philtatos, aus dem Festlanddemos Physkos verheiratet war. 216 Die einzige Ausnahme für einen Metöken mit Patronym stellt [– – –] Νικομήδευς dar, der möglicherweise aus Megara kam; s. App. I 5 (= Jacopi, ClRh 2, 1932, 177–179 Nr. 6) col. I Z. 16 f. Vgl. etwa die Praxis in Athen, wo an die Stelle des Ethnikon ein Verweis auf den Demos tritt, in dem der Metöke registriert ist; Fraser 2009, 112. Das fehlende Ethnikon bei dem Metöken Σαραπίων ist dem Inschriftenträger – einer Osteothek – geschuldet; ADelt B 29, 1973/74, 977 Nr. 6 (= SEG 30.1027). In einer Inschrift aus der Peraia, die allerdings kaiserzeitlich datiert, fehlt ebenfalls bei einem Metöken das Ethnikon; I. Peraia 110 (= I. Pérée 159); ebenso bei einer Metökin, die zusammen mit ihrem kyrios in einer Subskriptionsliste verzeichnet ist; Migeotte 1993, 349–358 (= SEG 43.526) Z. 24.

3.2 Nichtbürger 

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Die Metökie tritt in Rhodos auffallend spät in Erscheinung. Der früheste Beleg von der Insel Rhodos stammt erst aus einer um 108 v. Chr. datierenden Vereinsinschrift; ein weiterer Metöke wird in einer Grabstele auf Telos genannt, die sich grob in das 2. Jh. v. Chr. einordnen lässt217. Alle übrigen Zeugnisse sind später anzusetzen, wovon sich der Großteil auf das 1. Jh. v. Chr. konzentriert; die Institution überdauerte dann mindestens bis in das 2.–3. Jh. n. Chr., wofür noch mehrere Inschriften vorliegen218. Hervorzuheben ist hiervon zumindest die Grabinschrift eines Rundaltars, in der sich der Athener Ἐπαφρόδειτος und dessen Frau Ἑπίκτησις aus Xanthos jeweils explizit als μέτοικος ἀπὸ Ῥόδου bezeichnen219. Ob die Metöken wie in Athen das metoikion zu zahlen hatten, ist nicht nachgewiesen, aber gut vorstellbar220. Unsicherheit besteht weiterhin hinsichtlich der Frage, ob jeder Metöke zwangsläufig einen Rhodier als prostatēs besaß. Überhaupt wird nur sechsmal der prostatēs eines Metöken genannt. Alle Belege stammen aus zwei Subskriptionslisten, in denen aber gleichzeitig andere Metöken ohne prostatēs aufgeführt sind221. Entweder besaß also nicht jeder Metöke einen prostatēs, oder aber es musste für die Beteiligung an einer epidosis der prostatēs nicht in Erscheinung treten222. Sollte letzteres zutreffen, so wäre zu überlegen, ob einige Metöken mit einem besonders angesehenen prostatēs möglicherweise ganz bewusst diese Gelegen-

217 Pugliese Carratelli, Associazioni, Nr. 18 Seite B, Z. 19 f.; Pfuhl – Möbius, Grabreliefs, Nr. 486. 218 2. Jh. n. Chr.: Kaninia, AAA 2007/08, 191–193 Nr. 3 (= SEG 58.839); Kontorini, AER, Nr. 17. 2.–3. Jh. n. Chr.: I. Lindos 635; I. Peraia 110 (= I. Pérée 159); Kontorini, AER, Nr. 16. 219 Kontorini, AER, Nr. 16. Die nicht näher ausgeführten Zweifel von S. Follet, BE 1991, 481 Nr. 270 an der Datierung sind unbegründet. 220 s. in diesem Zusammenhang bes. Roubineau 2012, 163 f., der die Unterschiede der rechtlichen Statusgruppen maßgeblich an einer entsprechend ungleichen fiskalischen Belastung festmacht. 221 App. I 5 (= Jacopi, ClRh 2, 1932, 177–179 Nr. 6) col. I Z. 17–19. 30–32; col. II Z. 21–23. 37–40; Pugliese Carratelli, Associazioni, Nr. 21 Seite A, col. III Z. 31 f.; Seite B, col. III Z. 10 f. (letztere Stelle nach der Rekonstruktion von Badoud 2015, 109). 222 Mit haftungsrechtlichen Gründen, über die Maillot 2005, 65 f. spekuliert, lässt sich der Verweis auf den prostatēs nicht überzeugend erklären. Sie vermutet, die prostatai hätten möglicherweise die Zahlung der Metöken überwacht und eine Art Gläubigerfunktion eingenommen. Damit lässt sich aber weder erklären, warum insgesamt nur selten ein prostatēs in Erscheinung tritt, noch würde dies dem freiwilligen Charakter der epidoseis entsprechen. Eine andere Vermutung äußerte Gauthier 1972, 131 Anm. 85: Er wies darauf hin, dass Metöken, die mit prostatēs erschienen, sich an der Spende stets alleine beteiligten, Metöken ohne prostatēs dagegen immer auch weitere Familienmitglieder als Spender nennen würden, was auf einen höheren Integrationsgrad letzterer deuten könnte; so auch Maillot 2005, 66 f. Durch die im Rahmen der vorliegenden Arbeit erstellte Neuedition der Subskriptionsliste App. I 5 (= Jacopi, ClRh 2, 1932, 177–179 Nr. 6) lässt sich ein solcher Zusammenhang aber ausschließen: in col. I. Z. 30–35 war ursprünglich ein Metöke mit seinem prostatēs verzeichnet, der gleichzeitig die Spende auch im Namen seiner Frau und seinem Sohn tätigte; darüber hinaus geben die Buchstabenreste in der letzten Zeile der zweiten Kolumne zu erkennen, dass der Sidonier Σαραπίων, der einen prostatēs aus Physkos besaß, ebenfalls zumindest auch seine Frau als Spenderin aufführen ließ (col. II Z. 37–40).

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 3 Der rechtliche Status der Polisbewohner

heit nutzten, um auf diese Verbindung öffentlich hinzuweisen. Allerdings lässt sich kaum etwas über die prostatai sagen, da nur zwei von ihnen in anderen Inschriften begegnen: Ἐπικράτης Θευδώρου καθ’ ὑοθεσίαν δὲ Μελάντα gehörte dem Kollegium der drei ἐπιστάται τῶν παίδων genannt, weshalb man ihn durchaus der Oberschicht zurechnen kann223. Θευγένης Δάμωνος ist in der Liste der presbyteroi belegt224, von denen ebenfalls zahlreiche Personen den höreren Kreisen angehörten. Möglicherweise gehörte darüber hinaus der prostatēs Σέλευκος Θήρωνος einer Familie an, die gemeinschaftlich für einen Verwandten ein Ehrenmonument errichtet hatte225. Für Athen hat Gerhard Thür die Vermutung geäußert, dass die zentrale Aufgabe des prostatēs darin bestanden haben könnte, dem unter seinem Schutz stehenden Metöken gegen ein Entgelt eine Unterkunft zur Verfügung zu stellen. Die in der Athēnaiōn Politeia (58, 2) erwähnte dikē aprostasiou interpretiert er als Privatklage, die sich gegen einen Metöken gerichtet habe, der sich von seinem prostatēs abgewendet habe und dadurch für den Ausfall von dessen Mieteinkünften verantwortlich war. Die dikē aprostasiou setzt er dabei in Analogie zu der dikē apostasiou, die ein Herr gegenüber seinem ehemaligen Sklaven einbringen konnte, falls dieser sich einem anderen prostatēs zuwendete und sich dadurch den Leistungen seines ehemaligen Herrn entzog, zu denen er sich bei der Freilassung verpflichtet hatte. Für die Bedeutung der Unterkunft in der Beziehung zwischen Metöken und prostatēs verweist er zudem auf die in einigen Reden anzutreffende Wendung ἐπὶ προστάτου οἰκεῖν226. Die wenigen epigraphischen Belege aus Rhodos erlauben zwar keine dahingehende Interpretation, einen Ansatzpunkt liefern aber ungeachtet aller gattungsbedingten Vorbehalte die fiktiven Aischinesbriefe. Die Briefe schildern in Form des Ich-Erzählers die Ankunft des aus Athen verbannten Rhetors in Rhodos sowie einige Episoden seiner dort verbrachten Zeit. Inwieweit die pseudoepigraphen Briefe, für die wohl erst das 2. Jh. n. Chr. als Entstehungszeitraum anzunehmen ist227, überhaupt historisch belastbar sind, wird sich nicht klären lassen. Zumindest spricht die deutliche Lokalkenntnis des Autors für eine Herkunft der Briefe aus Rhodos228; undenkbar ist damit

223 Kontorini, AntCl 58, 1989, 162–165 Nr. 4 (= SEG. 39.774); diese Inschrift bildet gleichzeitig die Grundlage für die Rekonstruktion des Namens in der Subskriptionsliste App. I 5 (= Jacopi, ClRh 2, 1932, 177–179 Nr. 6), in der Ἐπικράτης als prostatēs aufgelistet ist; die Angabe seiner dortigen Funktion als prostatēs ist auf dem Stein zwar ebenfalls nicht mehr erhalten, aber die Ergänzung lässt keinerlei Zweifel offen; s. dazu den Kommentar zu App. I 5. Als ἐπιστάται τῶν παίδων amtierten im 1. Jh. v. Chr. nachweislich Personen der Oberschicht, auch wenn dieses Amt sicherlich keine Spitzenstellung in der Laufbahn eines Bürgers einnahm; s. besonders IG XII 1, 43 und 55. 224 Badoud 2015, 109. 225 Hiller, AM 23, 1898, 399 Nr. 89. 226 Thür 1989, bes. 120 f. Für die Formulierung ἐπὶ προστάτου οἰκεῖν führt er Lys. 21, 9, 14 und Lykurg. 145 an. 227 Glaser 2009, 81. 228 Glaser 2009, 81.

3.2 Nichtbürger 

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eine Anlehnung der Erzählmotive an historische Gegebenheiten nicht. Auch wenn vielfach übliche Romanmotive bemüht werden – zu nennen sind insbesondere die wechselvollen Gefahren und Herausforderungen, denen der Reisende begegnete229 – so treten ganz konkrete und auch außerhalb der Erzählform gültige Probleme und Erfahrungen hervor, denen ein Fremder zwangsläufig ausgesetzt war. Gleich mehrfach drängt sich in den Briefen die Frage nach der Unterkunft und Versorgung des Neuankömmlings auf. Aischines wusste zumindest, an wen er sich zu wenden hatte, allerdings war seine Kontaktperson Ἰουλιάδης zunächst nicht anzutreffen, da dieser sich noch in Lindos aufgehalten habe. Als sie endlich zusammenfanden, habe sich Iouliadēs reserviert gegeben und sich darauf beschränkt, ihn mit dem Üblichen zu versorgen (τοῦ τὰ κοινὰ ταῦτα προστάξαι) und zu fragen, ob er sonst noch etwas benötige230. Sein formelles, auf das Mindestmaß an Gastfreundlichkeit beschränkte Verhalten gibt Anlass zu der Vermutung, dass man ihn als Gastgeber verpflichtet hatte. Dieser Negativerfahrung wird im Folgenden dann die gastliche Aufnahme durch Κλεοκράτης gegenübergestellt, der ihm auf öffentliche Kosten eine Unterkunft und noch dazu ein Grundstück in Kamiros besorgt habe (Καὶ γὰρ οἰκίαν παρεσκεύασέ μοι δημοσίᾳ δοθῆναι καὶ χωρίον ἐν Καμίρῳ). Ein Jahr lang habe er ihn außerdem mit Lebensmitteln versorgt und häufige, bisweilen mehrtätige Besuche abgestattet231. Erlaubt man sich an dieser Stelle, über mögliche historische Bezüge zu spekulieren, so ist man versucht, in Iouliadēs einen Amtsträger zu erkennen, dessen Aufgaben vielleicht dem eines der ἐπιμεληταὶ τῶν ξένων entsprach, die einem Fremden eine vorübergehende epimeleia zukommen ließen und demgegenüber Kleokratēs die Rolle eines prostatēs zuzuschreiben232. Zwei Ehrendekrete aus Samos liefern aber zudem ganz konkrete Beispiele für zwei Rhodier, die sich – ganz den idealen Gastgeber der pseudoepigraphen Briefe gebend – um die Samier gekümmert hatten, die mit der Einrichtung der Insel als attische Kleruchie im Jahr 365 v. Chr. ihre Heimat verlassen mussten und unter anderem auf Rhodos Zuflucht fanden. Für Νικομένης Μενεσθέως heißt es nur allgemein, er habe sich öffentlich und privat jederzeit als hilfreich gegenüber den Samiern, die nach Rhodos kamen erwiesen233; etwas genauer ist in dem Fragment des Dekretanfangs für Ἀκάμας Δαμονίκου zu lesen, er habe während des samischen Exils (φευγόντων τε | Σαμίων̣ ) vielen der Samier, die in Rhodos wohnten,

229 Dazu bes. Glaser 2009, 75 f.; vgl. auch Holzberg 1994, 19 f. 230 [Aischin.] epist. 5, 1–2. 231 Auch syntaktisch wird diese Gegenüberstellung durch die Satzeinleitungen ὁ μὲν Ἰουλιάδης (...) ὁ δὲ Κλεοκράτης (...) deutlich gemacht. In [Aischin.] epist. 6, 1 wird mit Ἀρίστων ein weiterer Gastgeber genannt, von dem der Erzähler berichtet, er habe ihn als erster aufgenommen. 232 Der in klassisch-hellenistischer Zeit in Rhodos nicht bezeugte Name Ἰουλιάδης gibt die Erzählung als solche hingegen bereits als fiktiv zu erkennen. 233 IG XII 6, 1, 65.

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 3 Der rechtliche Status der Polisbewohner

seine Fürsorge entgegengebracht234. Das drängendste Problem bestand auch hier sicherlich zunächst in der Unterbringung der Flüchtlinge. Wie die Namenslisten aus Lindos, in denen zahlreiche Nichtbürger verzeichnet waren, zu beurteilen sind, lässt sich nicht abschließend klären; erschwert wird eine Deutung durch den fragmentarischen Zustand der Steine235. Die teils auf, teils am Fuß der Akropolis gefundenen Listen waren möglicherweise mit Überschriften betitelt, die durch eine zentrierte Ausrichtung hervorgehoben waren. Eine der Überschriften ließe sich zu Μέτο[ικοι] ergänzen. Sollte es sich um neu in die Gruppe der Metöken aufgenommene Nichtbürger handeln? Unsicherheit bleibt bei der Ergänzung der anderen Überschrift zu Κά[τοικοι], zumal in Rhodos bislang nur die Partizipialform κατοικεῦντες belegt ist236. Grundsätzlich wäre es aber durchaus vorstellbar, dass von den Metöken nochmals eine untergeordnete Gruppe von ansässigen Nichtbürgern unterschieden wurde. Diese Vermutung legt insbesondere eine Subskriptionsliste aus dem 1. Jh. v. Chr. nahe. Die Liste ist zwar nicht vollständig erhalten, trotzdem weist sie immerhin noch über 100 Namen auf. Es sind fast ausnahmslos Nichtbürger verzeichnet, weshalb hierin wohl die Spenderliste eines Vereins zu betrachten ist237; neben den niedrigen Spendenbeiträgen bestärkt diese Vermutung der Umstand, dass einige Frauen ohne kyrios Spenden entrichteten238. Bei den vier Rhodiern, die jeweils mit Demotikon angegeben sind, handelt es sich zweimal um den Vormund einer wahrscheinlich verwitweten Frau, einmal um den prostatēs eines Metöken aus Kos sowie im vierten Fall um einen Neubürger239. Insgesamt sind 21 der Nichtbürger als Metöken bezeichnet sowie weitere 10 Personen mit einem anderen spezifischen Rechtsstatus. Diese detaillierte Form der Aufzeichnung legt nahe, dass Personen, die nicht als metoikos bezeichnet sind, auch keine Metöken waren240. Jedenfalls deutet der Befund nicht auf eine Ungenauigkeit

234 IG XII 6, 1, 149. 235 I. Lindos 275–278. 236 I. Lindos 278 Z. 17. Von dem Stein (Inv. 777) ist heute nur noch der untere Teil ab Z. 12 erhalten. Auf dem Foto der ed. pr. ist erkennbar, dass der Block bereits damals in zwei Hälften gebrochen war. Zu Recht haben Morelli 1956, 134 Anm. 27 sowie jüngst Thomsen im Druck, 9 darauf hingewiesen, dass in Z. 17 auch μέτο[ικος] gestanden haben kann und sich dieser Zusatz auf die in der vorangehenden Zeile stehende Person bezog. Die Buchstaben ΚA[– – –] in Z. 1 könnten entsprechend der Rest eines Ethnikons sein. 237 Pugliese Carratelli, Associazioni, Nr. 21. 238 Pugliese Carratelli, Associazioni, Nr. 21 Seite B col. I Z. 8 (Κ̣ρατὼι [Κ]ώια̣), col. II Z. 8 f. (Ἰσιὰ[ς] Ἐφεσ[ία καὶ ὑπὲρ] | τοῦ̣ υἱο[ῦ – – –]), col. II Z. 31 (Ἀσκλαπιὰς Ἐφεσία (δραχμὰς) εʹ). 239 Seite A col. III Z. 12. 31 f. 38 f.; Seite B col. I Z. 21–24. Auf Seite A col. II Z. 18 f. war dagegegen offensichtlich ein Rhodier verzeichnet, der sich alleine an der Spende beteiligt hatte: [– – –] Καλλιάναξ | [– – –]ασιος (δραχμὰς) εʹ. 240 Vgl. in diesem Zusammenhang auch die kürzlich von Fantaoutsaki 2014, 69 publizierte Grabinschrift der Familie des Dionysios aus Antiochia. Dionysios besaß, ebenso wie bereits sein Vater, in Rhodos Metökenstatus. Beide hatten zudem die Choregie übernommen; Dionysios war sogar zweimal

3.2 Nichtbürger 

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bei der Zusammenstellung der Spender. Allein in den Fällen, in denen ein Spender gleichzeitig im Namen seiner Frau und/oder seiner Kinder einen Geldbetrag entrichtet hatte, scheint man sich darauf beschränkt zu haben, nur das Familienoberhaupt mit dem konkreten Rechtsstatus zu benennen. Ohnehin werden die weiteren Familienmitglieder überwiegend nur mit bloßem Namen erwähnt; teilweise fehlt auch eine namentliche Nennung, und es heißt dann etwa lediglich καὶ ὑπὲρ τᾶς γυναικός. Wie aber sind die übrigen Fremden einzuordnen? Ginge man davon aus, dass sämtliche dauerhaft in Rhodos ansässigen Nichtbürger Metökenstatus besaßen, müsste man folgern, dass es sich bei den zahlreichen Spendern, für die kein Rechtsstatus genannt wird, um Fremde handelt, die sich nur für eine begrenzte Zeit in Rhodos aufhielten. Worin aber soll der Anreiz für solche Durchreisenden bestanden haben, sich an den Spenden zu beteiligen, wenn sie nicht über enge Kontakte zur rhodischen Führungsschicht verfügten? Gerade unter diesen nicht näher definierten Nichtbürgern befinden sich zudem neben Einzelpersonen auch zahlreiche Familien, die doch sicherlich einen längerfristigen Aufenthalt angestrebt haben werden. Ein Bürger aus Antiochia spendete beispielsweise gemeinsam mit seiner Frau, seiner Schwester und dem Sohn einen Betrag von 50 Drachmen241. Dieselbe Summe brachte Ἀπολλώνιος aus Kaunos auf, gemeinsam mit seiner Frau Ἀσκλαπιάς und dem Sohn Ἀσκλαπιάδας Ἀπολλωνίου, dem sogar das rhodische Bürgerrecht verliehen worden war, wie aus dem Demotikon Κρυασσεύς hervorgeht, das seinem Namen beigefügt ist242. Hier wird man demnach ganz sicher davon ausgehen können, dass die Familie in Rhodos dauerhaft ansässig war. Insofern ist in Betracht zu ziehen, dass in Rhodos wohnende Fremde generell auf einer Ebene unterhalb des Metökenstatus erfasst wurden. Ob vielleicht ein Bürgerrechtsdekret aus Ephesos für zwei Bürger aus Keramos auf solch einen Status Bezug nimmt, lässt sich zwar nicht klären, trotzdem sei an dieser Stelle zumindest darauf hingewiesen. In dem Dekret werden die beiden Geehrten als [Κ]εράμιοι διατρίβοντες ἐν Ῥόδωι (»Keramier, die sich in Rhodos aufhalten«) bezeichnet243. Das Verb διατρίβω kann durchaus einen längeren Aufenthalt bezeich-

vom Rat das Privileg der xenia zuteil geworden. Demgegenüber wird weder für Epaphrodeitos, den Bruder des Dionysios, noch für den ebenfalls aus Antiochia stammenden Symmachos, der mit der Schwester oder Tochter des Dionysios verheirat war, ein Rechtsstatus genant. 241 Seite A col. I Z. 28–30: [– – –]ω̣τος Ἀντιοχεὺς κα̣ὶ̣ ὑπὲρ τᾶς | [γυναικὸ]ς Β̣α̣κχίδος κ̣α[ὶ το]ῦ [υ]ἱοῦ καὶ | τᾶς ἀδ̣ ελ̣φᾶς̣ Ε̣ ὐ̣π̣ λ̣ο̣ ίας (δραχμὰς) ν'. Für die von Pugliese Carratelli am Anfang der Zeile vorgenommene Ergänzung zu dem schönen Namen [Ἀδούλ]ω̣τος gibt es keine Parallele. Auffallend ist derweil der Name der Schwester des Spenders, Εὔπλοια; war sie vielleicht kurz vor der Abreise nach Rhodos zur Welt gekommen? 242 Ἀσκλαπιάδας Ἀπολλωνίου war ganz offensichtlich nach seiner Mutter Ἀσκλαπιάς (oder deren Vater) benannt worden; vielleicht war Ἀσκλαπιάς auch Rhodierin; zumindest fällt auf, dass der Name in seiner dorischen Form in Rhodos geläufig ist, in Kleinasien dagegen nicht vorkommt. 243 I. Ephesos 1447 Z. 4. (3. Jh. v. Chr.). Vgl. in diesem Zusammenhang das ephesische Ehren- und Bürgerrechtsdekret für Ἀθηνόδωρος Σήμονος (I. Ephesos 1415); dessen Rechtsstatus wird mit ἰσοτελὴς ὢγ καὶ κ̣ α̣τοι[κῶν] ἐν Ἐφέσωι angegeben; er war damit zum Zeitpunkt der Ehrung den Bürgern steu-

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 3 Der rechtliche Status der Polisbewohner

nen, der auch hier gemeint sein wird, da man den Bezug zu Rhodos ansonsten kaum hergestellt hätte. Andererseits kommt aber in der Formulierung auch der temporäre Charakter des Aufenthalts zum Ausdruck; es ist eben nur ein befristetes Verweilen, kein Sesshaftwerden gemeint, was deutlicher mit κατοικέω hätte bezeichnet werden können. Nicht jeder Fremde, der über einen längeren Zeitraum in Rhodos lebte, scheint dementsprechend automatisch als Metöke registriert worden zu sein. Die ›Metöken‹ bezeichnen hier möglicherweise nicht allgemein jeden dauerhaft ansässigen Nichtbürger, sondern nur eine begrenzte Gruppe. Die Registrierung als metoikos brachte einen privilegierten Rechtsstatus mit sich244, den in besonderen Fällen auch Sklaven nach ihrer Freilassung erreichen konnten245. Angesichts der zahlreichen Fremden, die eine regionale Herkunftsbezeichnung neben ihrem Namen führen, fällt auf, dass abgesehen von einem Galater alle Metöken ein Stadt­ethnikon besitzen. epidamia und enktēsis Nichtbürger, denen die epidamia verliehen worden war, stellten eine von den Metöken abgegrenzte Gruppe dar. In Rhodos war mit der epidamia ein eigener Rechtsstatus verbunden, wofür es keine Parallele aus einer anderen Polis gibt246. Erstmals ist die Verleihung der epidamia im letzten Drittel des 3. Jhs. v. Chr. bezeugt; ein singulärer Beleg datiert möglicherweise bereits um 300 v. Chr.247.

errechtlich gleichgestellt und hatte in Ephesos seinen dauerhaften Wohnsitz; woher Athēnodōros gebürtig kam, ist unbekannt; s. ferner die Namensliste der rhodischen Kultgesandten, die sich auf Samothrake in die Mysterien einweihen ließen; darunter befinden sich vier Nichtbürger, die als Seeleute (ναῦται) in Rhodos (ἐν Ῥόδωι) ansässig waren, Dimitrova 2008, 126–128 Nr. 50 (= IG XII 1, 186). 244 So schon Rostovtzeff 1941, 545. 245 IG XII 1, 383; Pugliese Carratelli, Associazioni, Nr. 18 Seite B, Z. 19 f. Ebenso handelt es sich wohl bei den Personen, die als ἐγγενὴς μέτοικος bezeichnet werden, um Freigelassene mit Metökenstatus, s. u. Kap. 3.3.2. Andernorts bildeten die Freigelassenen eine eigenen Gruppierung, so in Koresia auf Keos und in Kyme in der Äolis; Gauthier 1988, 29. 246 Van Gelder 1900, 230; Morelli 1955, 128 f.; Jones 2003, 158; Maillot 2005, 116 f.; Grieb 2008, 264. Man wird nicht davon auzugehen haben, dass auch die Phylen dieses Privileg vergaben, wie Maillot 2005, 120 aufgrund eines Weihgeschenks vermutet, das zwei Aitoler, die im Besitz der epidamia waren, in Lindos stifteten (I. Lindos 130). Die Aitoler werden sich anlässlich einer Gesandtschaftsreise auf Rhodos aufgehalten haben und währenddessen dem weithin bekannten Heiligtum der Athana ihre Aufwartung gemacht haben. Es war außerdem auch der Sohn von einem der Aitoler an der Stiftung beteiligt, der ein proxenos der Rhodier war. Vgl. auch Kap. 7.2.1 Das temenos. 247 Sicher in das letzte Drittel des 3. Jhs. sind Maiuri, Nuova Silloge 19, I. Lindos 130 und Pugliese Carratelli, ASAA 64/65, 1986/87, Nr. 6 einzuordnen. Die Statuenbasis ADelt B 46, 1991, 497 (= SEG 46.999) könnte bereits um 300 v. Chr. datieren, wenn der genannte Honorand [Ἀ]ρατίωνα Λωΐωνος mit dem gleichnamigen Spender in I. Lindos 51 col. II Z. 15 identisch ist. Allerdings ist bislang kein Photo der Inschrift bekannt, anhand dessen sich die Schrift überprüfen ließe. Ebenso lässt sich derzeit nicht entscheiden, ob es sich bei dem in der zweiten und dritten Zeile genannten Ephesier, der im Besitz der epidamia war, um den Stifter der Statue oder den Künstler handelt.

3.2 Nichtbürger 

 77

Entsprechend privilegierte Personen führten den Zusatz ὧι ἁ ἐπιδαμία δέδοται nach dem Ethnikon. Nach der reinen Wortbedeutung ist damit jedoch nur gesagt, dass die Person über ein ständiges Aufenthaltsrecht verfügte; dies besaßen aber auch die Metöken. Da der epidamia eine höhere Wertigkeit zukam als dem Status eines Metöken248, muss dieser Aufenthalt qualitativ ein anderer gewesen sein. Der besondere Status, der mit dieser Privilegierung verbunden war, zeigt sich auch darin, dass einige Inhaber der epidamia sich im 1. Jh. v. Chr. zu einem Verein zusammengeschlossen haben249. Allerdings geben die Quellen keinen Hinweis darauf, worin dieser Unterschied bestanden haben könnte. So erschöpfen sich alle diesbezüglichen Überlegungen in bloßer Spekulation: Es mag sein, dass Nichtbürger mit epidamia keinen prostatēs benötigten250; dessen genaue Funktion ist aber, wie bereits dargelegt, gleichermaßen unklar. Vorstellbar wäre auch, dass die epidamiastai von der Metökensteuer befreit waren251, für die es in Rhodos wie erwähnt jedoch keinen Nachweis gibt. In mehreren Fällen ist zu beobachten, dass der Sohn eines Nichtbürgers, dem die epidamia verliehen worden war, das Bürgerrecht erhalten hat. Dies war allerdings keineswegs ein üblicher Vorgang, der dazu berechtigt, die epidamia als Vorstufe des Vollbürgerrechts zu sehen252. Sicher lässt sich allerdings bestimmen, dass die epidamia nicht das Recht auf Grunderwerb einschloss, da die enktēsis unabhängig von der epidamia verliehen wurde253. Allerdings ist das Privileg der enktēsis nur für drei Personen dokumentiert. Während die epidamia ausschließlich an männliche Nichtbürger vergeben wurde – dies legen zumindest die recht zahlreichen Belege für dieses Privileg nahe – besaß mit der aus Perge stammenden Δαμώ sogar eine Frau die

248 Vgl. App. I 5 (= Jacopi, ClRh 2, 1932, 177–179 Nr. 6) col. II Z. 32, wo Φιλοκράτης aus Ilion als μέτοικος bezeichnet wird. In seiner Grabinschrift fehlt dieser Zusatz; stattdessen ist jedoch vermerkt, dass ihm die epidamia gegeben worden war; IG XII 1, 157; Maillot 2005, 118. 249 s. dazu Kap. 4.2.4. 250 Pugliese Carratelli 1953, 490 f. zieht einen Vergleich zum Status des athenischen poiētos politēs; daraus folgernd nimmt er an, das rhodische Privileg der epidamia schließe die krisis ein; zustimmend Morelli 1955, 128. 251 Diese Vermutung äußerte bereits Foucart, Inscription de Rhodes, 206, der hierin eine Entsprechung zur athenischen isoteleia sieht; eine Befreiung von der Metökensteuer hält auch Pugliese Carratelli 1953, 490 f. für denkbar. 252 Pugliese Carratelli 1953, 491; Morelli 1955, 1928; Maillot 2005, 122 f.; Baslez 2007, 224. 253 Pugliese Carratelli 1953, 490 f.; falsch ist daher die Schlussfolgerung von Faraguna 2012, 147, der annimmt, Nikasiōn aus Kyzikos habe für den von ihm gegründeten Verein Grundstücksgeschäfte vornehmen können, da er über die epidamia verfügte. In der stark fragmentierten Inschrift Pugliese Carratelli, Associazioni, Nr. 5, auf die Faraguna a. O. Bezug nimmt, muss im Übrigen nicht, wie bislang stets angenommen wurde, von einer Schenkung die Rede sein, die Nikasiōn an seinen Verein leistete. Ebenso könnte es sich um den Beginn einer Spenderliste handeln. Vgl. grundlegend zu den enktēsis-Verleihungen, die in der Regel nur zu einem einmaligen Erwerb eines Grundstücks berechtigten, Hennig 1994.

78 

 3 Der rechtliche Status der Polisbewohner

enktēsis254. Dass Frauen in Rhodos vermögensfähig waren, belegen zudem mehrere Frauennamen unter den Fabrikantenstempeln der Amphoren. Diese Frauen werden sehr wahrscheinlich durch Erbschaft in Besitz der Produktionsstätten gelangt sein255. Wenn es sich bei der epidamia wirklich um ein Privileg handeln sollte, das nur Männer in Anspruch nehmen konnten, so wäre zu überlegen, ob mit diesem Vorrecht vielleicht gerade eine Zutrittserlaubnis zum Gymnasion gewährt wurde. Es wird an anderer Stelle auf die Präsenz von Fremden im Gymnasion und den hier vorgeschlagenen Zusammenhang zur Verleihung der epidamia zurückzukommen sein256. proxenos und euergetas Nur wenig lässt sich über die Privilegien sagen, die rhodischen proxenoi zuteil wurden. Zwei Proxeniedekrete, von denen das eine kurz vor, das andere kurz nach dem rhodischen Synoikismos datiert, gewähren im Wesentlichen finanzielle Privilegien: Das spätere Dekret des rhodischen Gesamtstaates nennt das Recht auf freie Ein- und Ausfahrt (εἴσπλους καὶ ἔκπλους), das sich auch auf die Nachkommen des Geehrten erstrecken soll257. In dem früher anzusetzenden Dekret der damals noch unabhängigen Polis Lindos erhielt der Geehrte zusätzlich eine allgemeine Steuerfreiheit (ἀτέλεια)258. In einem kleinen Fragment, das wohl ebenfalls zu einem lindischen Proxeniedekret aus der Phase vor dem Synoikismos gehört, sind neben der Atelie auch die Prohedrie sowie die sitēsis als Privilegien auszumachen259. Für die hellenistische Zeit liegt allein der in Seleukeia am Kalykadnos archivierte Auszug aus einem rhodischen Beschluss vor, der die Ernennung des Εὔδημος Νίκωνος zum proxenos der Rhodier dokumentiert260. Welche Vorrechte darin eingeschlossen sind bzw. zusätzlich gewährt wurden, lässt sich nicht sagen, da der Beschluss nicht vollständig zitiert wird. Angesichts der Zurückhaltung bei der Verleihung des Bürgerrechts wird man jedoch kaum damit zu rechnen haben, dass im hellenistischen Rhodos mit der Ver-

254 Pugliese Carratelli, Associazioni, Nr. 21 col. III Z. 11. Darüber hinaus besaß [․․․]ον̣ α̣ς̣ aus Ephesos, der gemeinsam mit seiner Frau 50 Drachmen bei derselben Spendensammlung entrichtete, die epidamia sowie die enktēsis (Pugliese Carratelli, Associazioni, Nr. 21 Seite A col. II Z. 31–33); der dritte epidamia- und enktēsis-Inhaber ist Δωρίων aus Alexandria (App. I 1 = ADelt B 25, 2, 1970, 524, 1). Fraglich bleibt auch, inwiefern der vorgebliche Erwerb eines Grundstücks in der Peraia durch Aischines Historizität beanspruchen darf; zumal zu diesem Zeitpunkt die Festlandgebiete offensichtlich noch nicht zum rhodischen Polisgebiet gehörten. Da dieser Fall aber über bloße Spekulationen nicht hinausführt (es ließe sich an eine einmalige Verleihung der enktēsis denken), braucht er in diesem Zusammenhang nicht weiter berücksichtigt zu werden. 255 García Sánchez 2008, 305–307. Zu den Fabrikantenstempeln s. Kap. 9.3. 256 s. Kap. 7.2.2 Übernahme von Ämtern bei Festveranstaltungen. 257 I. Lindos 16. 258 I. Lindos 16 App. 259 I. Lindos 15. 260 Bringmann – Steuben, Schenkungen, 240 f. Nr. 210; vgl. dazu Badoud 2007, 76–79.

3.2 Nichtbürger 

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leihung der Proxenie auch das Bürgerrecht zuerkannt wurde, wie es etwa in Samos, Ephesos oder Iasos regelmäßig praktiziert wurde261. Dagegen spricht auch die Form, in der mehrere proxenoi in rhodischen Inschriften belegt sind: Der Titel πρόξενος steht immer hinter dem Ethnikon; weitere Privilegien werden dabei nicht erwähnt. Zwar sind rhodische proxenoi in den Quellen nur vereinzelt belegt, doch darf daraus nicht auf eine fehlende Bedeutung dieser Institution geschlossen werden. Vielmehr festigten die Rhodier durch die Verleihung der Proxenie sehr gezielt die Beziehungen zu einflussreichen Personen anderer Poleis. Es ist hier zunächst der proxenos Γλαύκων Ἐτεοκλέους zu nennen, der gemeinsam mit seinem Bruder Chremonidēs in den 280-er/270-er Jahren zu den führenden Familien Athens zählte262. Ganz konkrete Erwartungen setzten die Rhodier in den bereits erwähnten Eudēmos aus Seleukeia, da dieser als Vertrauter Antiochos’ IV. einen direkten Zugang zum Königshof besaß und für eine rasche Zusendung der zugesicherten Schiffsmaterialien sorgen sollte263. Wohl in der zweiten Hälfte des 2. Jhs. v. Chr. verfassten die Rhodier außerdem einen Beschluss zu Ehren ihres proxenos Διονυσόδωρος Πεμπίδου aus Thasos, der über gute römische Kontakte verfügte. Er begleitete rhodische Gesandte und ermöglichte es ihnen, bei dem Prokonsul Lucius Aurelius vorstellig zu werden264. Indessen waren in dieser Zeit mit Lucius Licinius Murena und Aulus Terentius Varro auch einem Befehlshaber sowie einem Gesandten der Römer die Proxenie verliehen worden265. Während demnach einige der rhodischen proxenoi eindeutig nur als Gäste der Polis einen kurzen Besuch abstatteten266, scheinen gelegentlich auch ansässige Fremde mit der Proxenie ausgezeichnet worden zu sein267. So ist der proxenos Ἀντίπατρος Ἀσκληπιάδου aus Kyrene sogar in Rhodos bestattet worden268. Auch Ζήνων aus Arados hatte sehr wahrscheinlich Rhodos als dauerhaften Wohnort gewählt; jedenfalls kommt in dem Namen seiner Tochter Ῥοδίας eine besondere Beziehung zu der Polis zum Ausdruck269. Es ist außerdem gut möglich, dass Zēnōn mit dem Vater von

261 Zu den je nach Polis unterschiedlichen Ehrungen für proxenoi s. Habicht 2002; vgl. ferner die grundlegende Arbeit von Marek 1984 sowie nun auch Mack 2015. 262 IG XII 1, 25. Zu Glaukōn s. Dreyer 1999, bes. 241–243. 263 Bringmann – Steuben, Schenkungen, 240 f. Nr. 210 Z. 10–16. 264 Dunant – Pouilloux, Recherches II, Nr. 172 Z. 1–8; Badoud 2015, 173 f. 265 IG XII 1, 48 Z. 5 f. und 9–11. 266 Dies gilt etwa für Πασίων Ἀλέξεος, der sich gemeinsam mit seinem Vater und seinem Onkel als Gesandter des aitolischen Bundes in Lindos aufhielt (I. Lindos 130). 267 Vgl. die Ausführungen von Adak 2003, 201–218 zur athenischen Proxenie der klassischen Zeit; er weist nach, dass die Athener regelmäßig Metöken mit der Proxenie bedachten. Die Proxenieverleihungen sieht er in erster Linie als Ausdruck einer »ritualisierten Freundschaft« (a. O. 209), bei denen es unerheblich war, ob der Nichtbürger wieder in seine Heimatpolis zurückkehrte, um dort als Gastgeber für Bürger der ihn ehrenden Polis zur Verfügung zu stehen. 268 Jacopi, ClRh 2, 1932, 219 Nr. 61. 269 I. Lindos 120.

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 3 Der rechtliche Status der Polisbewohner

Διονύσιος Ζήνωνος Ἀράδιος zu identifizieren ist, der von den Rhodiern mit dem Titel eines εὐεργέτας ausgezeichnet worden war270. Die Verwendung der Bezeichnung εὐεργέτας unterscheidet sich prinzipiell nicht von anderen Poleis: Zwar benannte der rhodische damos Leistungen eines Bürgers für die Polis als euergesia, und entsprechend verkündet auch ein Ehrendekret der Gemeinde Kamiros, man wolle diejenigen ehren, die der Polis Wohltaten erbracht haben (τιμοῦντες ἑκάστους ἀξίως τῶν εὐεργετημάτων)271; allerdings bezeichnen sich Rhodier weder in Ehren- noch in Grabinschriften als ›Wohltäter‹. Es sind ausnahmslos Nichtbürger, die den Titel εὐεργέτας von der Polis erhielten und daraufhin ihrem Namen beifügten272. Von diesen ›Poliseuergeten‹ sind freilich die εὐεργέται καὶ εὐεργέτιδες τοῦ κοινοῦ zu unterscheiden, denen der Titel von einer der zahlreichen Vereinigungen verliehen worden war273. Nicht immer lässt sich zweifelsfrei bestimmen, ob es sich um einen Polis- oder Vereinseuergeten handelt, da letztere nicht durchgängig den Vereinsbezug mit τοῦ κοινοῦ herstellen. Innerhalb eines Vereinskontextes wird es häufig überflüssig gewesen sein, den Titel nochmals zu präzisieren. Generell waren es bekanntlich Proxeniedekrete, in deren Rahmen eine Polis einem proxenos den Titel eines ›offiziellen‹ Wohltäters zuerkannte274. So begegnet auch der früheste rhodische Beleg in einem der erwähnten Proxeniedekrete aus Lindos. Das Dekret enthält die Anordnung, man möge den in Ägypten wohnenden Δαμόξενος, Sohn des Ἕρμων, als proxenos und euergetas im Heiligtum der Athana Lindia verzeichnen275. Erst im 1. Jh. v. Chr. finden sich dann mit dem Feldherrn Lucius Licinius Murena sowie dem Legaten Aulus Terentius Varro wieder zwei proxenoi und euergetai des rhodischen Gesamtstaates276. Darüber hinaus sind vier Nichtbürger belegt, die

270 I. Lindos 132; zu Zēnōn und Dionysios vgl. Kap. 7.2.1 Das temenos. Darüber hinaus dürften auch die beiden proxenoi, die neben anderen Bürgern und Nichtbürgern auf einer nur teilweise erhaltenen Statuenbasis als Dedikanten genannt sind, in Rhodos ihren dauerhaften Wohnsitz gehabt haben; Maiuri, Nuova Silloge 8 col. II Z. 2–6 (ein proxenos stammte aus Erythrea, der andere aus Beirut). 271 Tit.Cam. 110 Z. 50 f. 272 Zu dieser Unterscheidung s. grundsätzlich Gauthier 1985, 16–24. Beispielsweise verzeichnete man in Thera neben den πρόξενοι καὶ εὐερ[γέ]ται auch separat diejenigen, die nur den euergetas-Titel erhalten hatten; IG XII 3, 333/1298. 273 s. die Liste der ›offiziell‹ anerkannten Wohltäter- und Wohltäterinnen in App. I 7 (= IG XII 1, 127) Seite B. Auch in der Ehreninschrift I. Peraia 12 (= I. Pérée 202) ist es ein Verein, der den Rhodier Telestas, Sohn des Telesōn, aus dem Demos Kasara als εὐεργέτας bezeichnet, nicht aber Telestas selbst. Der Grabaltar des εὐεργέτας τοῦ κοινοῦ Ἀριστόλας Ἀριστόλα τοῦ Ἀριστόλα aus dem Demos Ladarmios sowie des aus Karpathos stammenden Πύθων Φιλοτίμου dürfte ebenfalls auf die Initiative eines Vereins zurückzuführen sein, ohne dass die beiden Rhodier dort bestattet worden sind (Pugliese Carratelli, PP 5, 1950, 76 Nr. 2). 274 Mack 2015, 38. Eine Ausnahme stellt in dieser Hinsicht Kos dar, wo selbst besonders geehrte proxenoi nicht als euergetai bezeichnet wurden; Höghammar 2016, 124 f. 275 I. Lindos 16 App. Z. 4–10: Δαμόξεν|ον Ἕρμωνος ἐν Αἰγύ|πτωι οἰκέοντα ἀγγ|ράψαι πρόξενον Λι|νδίων καὶ εὐεργέτ|α̣ν ἐν τῶι ἰαρῶι τᾶς Ἀ|θ̣ αναίας. 276 IG XII 1, 48.

3.2 Nichtbürger 

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ausschließlich den euergetas-Titel führen: Ein »Wohltäter« ist unter den Besatzungsmitgliedern der Triēmiolien, die um 265–260 v. Chr. das große Schiffsmonument im Athanaheiligtum weihten, verzeichnet277. Die Frau des euergetas Κάσανδρος aus Aspendos durfte im 1. Viertel des 3. Jhs. v. Chr. im Athanaheiligtum in Lindos eine Statue ihres Mannes aufstellen lassen278. Der »Wohltäter« Διονύσιος, Sohn des Ζήνων, aus Arados erhielt gegen Ende des 3. Jhs. v. Chr. zusammen mit seiner Schwester Φίλα dieselbe Erlaubnis für ein Ehrenmonument an ihre Mutter279. Die Statuenbasis signierte der Bildhauer Φύλης Πολυγνώτου aus Halikarnassos, der seinerseits erstmals im Jahr 225 v. Chr. seinem Namen den Zusatz euergetas beifügte280. Bei allen übrigen seiner Signaturen erscheint immer das Patronym, was sicherlich ebenfalls mit seinem gestiegenen Prestige in Verbindung zu bringen ist. Angesichts der dichten epigraphischen Überlieferung für das 2. und 1. Jh. verwundert das vollkommene Fehlen von euergetai in dieser Zeit. Vielleicht – doch dies kann nur eine Vermutung bleiben – besteht hier ein Zusammenhang mit dem Aufkommen der Vereinseuergeten281. Ob mit der Vergabe des euergetas-Titels weitere Privilegien verbunden waren, ist nicht zu klären. Für die Vergabe der Prohedrie oder die Gewährung eines bevorrechtigten Zugangs (ephodos) zum Rat und zur Volksversammlung an Fremde liegen grundsätzlich keine Belege vor. Ebenso blieben dem Befund nach zu urteilen Nichtbürgern offensichtlich statuarische Ehrungen von Seiten der Polis vorenthalten282.

277 App. I 15 (= I. Lindos 88) col. III Z. 284. 278 I. Lindos 78. 279 I. Lindos 132. 280 Tit.Cam. 39 Z. 18; s. auch Badoud 2015, 279 mit einer Zusammenstellung sämtlicher Signaturen des Phylēs. Es fällt hierbei auf, dass Phylēs in der Ehreninschrift IG XII 3, 219 aus Astypalaia zwar mit Patronym, aber nicht mit euergetes-Titel signiert, den er nur innerhalb des rhodischen Polisterritoriums führt. 281 s. dazu Kap. 5.2.2. Van Gelder 1900, 232 vermutete hinter dem Titel euergetas sogar »eine Art Halbbürgerrecht«. 282 Während in den Heiligtümern durch private Stiftungen vereinzelt auch Statuen von Nichtbürgern Aufstellung fanden (vgl. Kap. 7.2.1 Das temenos), wird man entsprechend nicht anzunehmen haben, dass auf der Agora in Rhodos-Stadt oder den Agorai der Teilgemeinden Fremde statuarisch präsent waren. Da die Agora von Rhodos-Stadt allerdings weiterhin nicht sicher lokalisiert ist und sich somit auch keine Inschriften auf diesen Platz beziehen lassen, bleibt die statuarische Ausstattung insgesamt unklar; Konstantinopoulos 1990, 207 Anm. 2; 211. Überhaupt tritt die Agora in den Quellen nur vereinzelt in Erscheinung. Polybios 5, 88, 8 berichtet, Hieron II. und Gelon von Syrakus hätten nach dem Erdbeben 227 v. Chr. ἐν τῷ τῶν Ῥοδίων δείγματι eine Statuengruppe aufstellen lassen, die das personifizierte Rhodos zeige, wie es von dem Demos von Syrakus bekränzt werde. Hier könnte vielleicht die Handelsagora gemeint sein; Baika 2013a, 200 f. Zur Lage des deigma in der Nähe des Dionysosheiligtums s. Diod. 19, 45, 4. Die Hell. Oxyrh. 18, 2 nennt die Agora als Ausgangspunkt des Umsturzes im Jahr 395 v. Chr.; Anhaltspunkte über die Lage sind hieraus aber ebenso nicht abzuleiten. Vor dem Amtslokal der agoranomoi publizierte man in späthellenistischer Zeit ein Dekret, in dem die Bereitstellung von Öl für das Gymnasion geregelt wurde (IG XII 1, 3). Aus dem Fragment Pugliese Carratelli, ASAA 64/65, 1986/87, Nr. 15 Z. 7 ([– – –]Ι ἐν τᾶι ἀγο[ρᾶι – – –]) lässt sich nichts

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 3 Der rechtliche Status der Polisbewohner

Bezeichnenderweise ist es mit Theopompos aus Knidos ein Nichtbürger mit besten Kontakten zur römischen Nobilität, der um die Mitte des 1. Jhs. v. Chr. von den Rhodiern als erster ›Fremder‹ mit einer Statue ausgezeichnet wurde283.

3.3 Sklaven Neben den freien Nichtbürgern ist mit einer sehr großen Zahl von Sklaven zu rechnen, die zumindest gelegentlich in den epigraphischen und literarischen Quellen fassbar sind284. Sklaven kamen in Rhodos nicht nur im Agrarbereich oder als Hausbedienstete zum Einsatz, sondern wurden als damosioi auch von der Polis selbst für öffentliche Tätigkeiten herangezogen. Ebenso wenig wie sich die Gesamtzahl der Nichtbürger schätzen lässt, ist es möglich, die Relation der Sklaven zu den übrigen freien Bewohnern der Polis zu bestimmen.

3.3.1 Toponyme und ›Sklavennamen‹. Zur Problematik der Identifizierung von Sklaven Grundsätzlich besteht die Schwierigkeit, Personen allein anhand ihres Namens als Sklaven zu identifizieren. Fremde, die kein Stadtethnikon führen, sondern nach einer Region benannt sind, werden bekanntlich in der Forschung häufig als Sklaven interpretiert285. Anhand dieses Kriteriums hat im Wesentlichen auch Morelli in

gewinnen; Pleket – Stroud in SEG 41.658 vermuten, es könne sich um eine Ehreninschrift für einen Agoranomen handeln. 283 Bruns-Özgan 2009, 105–108. 126 mit IG XII 1, 90: ὁ δᾶμος ὁ Ῥοδίων | ἐτίμασε | Γάϊον Ἰούλιον | Θεύπονπον Ἀρτεμιδώρου | ἀρετᾶς ἕνεκα καὶ εὐνοίας | ἃν ἔχων διατελεῖ | εἰς τὸ πλῆθος τὸ Ῥοδίων. Zum Zeitpunkt der Ehrung besaß Theopompos das römische Bürgerrecht, wie aus dem vorangestellten Gentilnomen zu ersehen ist. Über den Fundkontext der Basis liegen keine Informationen vor. Auswärtige Herrscher erhielten schon weitaus früher statuarische Ehren: So hatten einige Jahre zuvor die Rhodier bereits König Hiempsal II. von Numidien mit einer Statue geehrt; der Anlass hierfür könnte die Gewährung von Steuerprivilegien an rhodische Händler gewesen sein; Kontorini 1975a, 98 f. Über den genauen Aufstellungs­ort der Statue lässt sich nichts sagen, da die Basis in der Kirche Panagia tou Kastrou (östlich der Ritterstraße) sekundär verbaut gefunden wurde. Gleiches gilt für die Statuen, die von den Rhodiern im ausgehenden 4. Jh. v. Chr. für Antigonos, Demetrios, Kassandros und Lysimachos aufgestellt worden waren (Diod. 20, 93, 6; 20, 100, 2) sowie diejenige, die man wohl für Ptolemaios IV. errichtet hatte (IG XII 1, 37; Wiemer 2002, 331 Anm. 16). 284 Eine Zusammenstellung der wenigen literarischen Hinweise ist bei Bresson 1997b, 117 f. zu finden. 285 s. etwa die Bemerkung von Foucart, Inscription de Rhodes, 205 zu Δίων Φρὺξ, der die Phylarchie eines Vereinsagons übernommen hatte (App. I 7 = IG XII 1, 127 Seite A col. I Z. 26): »La condition ou l’origine servile est marquée par l’ethnique qui est un nom de région au lieu d’un nom de ville. C’est ainsi que tous les esclaves sont désignés (...)«; vgl. ferner Van Gelder 1900, 233. Mit Hinweis auf die

3.3 Sklaven 

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seiner Liste der in Rhodos belegten Fremden zwischen freien Bürgern einer anderen Polis und Unfreien unterschieden. Ein regionales Ethnikon bietet allerdings keineswegs einen zweifelsfreien Beleg für einen Sklavenstatus. So erscheint etwa der Galater Μηνογένης in einer Vereinsinschrift aus Rhodos-Stadt mit dem Status eines Metöken286. Im Einzelfall ist daher Vorsicht geboten, zumal umgekehrt vereinzelt auch ein Sklave auf seine Polisherkunft verweisen konnte287. Maillot vermutet, dass wie bei Mēnogēnes häufig der »échelle du déplacement« den Gebrauch eines regionalen Ethnikon begründet habe und somit als Reflex einer individuellen Selbstverortung zu verstehen sei288. Dabei wendet sie sich gegen die von Robert geäußerte Vermutung, es seien teilweise Personen aus einem ländlichen, wenig urbanisierten Gebiet, die ein regionales Ethnikon führten289. Der Galater Mēnogenēs eignet sich für einen entsprechenden Nachweis jedoch nicht; schließlich zeichnet sich die galatische Kultur gerade durch eine fehlende Urbanität aus290. Zu fragen wäre dementsprechend eher nach der Stammeszugehörigkeit der Familie des Mēnogenes. Gleiches gilt für den in derselben Vereinsinschrift genannten Θεύδοτος, dessen Herkunft dort pauschal mit ›Arabien‹ angegeben wird291. Auch dieses Beispiel spricht eher für den Erklärungsansatz von Robert. In diesem Zusammenhang

stets verbleibenden Unsicherheiten bei der Identifizierung von Sklaven formuliert Bresson 1997b, 119: »Étrangers non-définis par un ethnique civique: esclaves et personnes susceptibles d’appartenir ou d’avoir appartenu au monde servile; libre«); ähnlich äußern sich Papachristodoulou 2001, 175 sowie Benincampi 2008, 94. 286 Pugliese Carratelli, Associazioni, Nr. 18 Seite B, Z. 1 f.; 19 f. In Kaunos beteiligte sich an einem Spendenaufruf ein Thraker, der ebenfalls Metöke war und sogar mit Patronym verzeichnet wurde; I. Kaunos 38 Z. 32 (2. Jh. v. Chr.): [– – –]μεστι vac. που Θρᾶιξ μέτοικος. Ein weiterer ebenfalls mit Patronym aufgeführter Thraker hatte in Iasos die Choregie übernommen; I. Iasos 191 Z. 12: Ἑκαταῖος Ζωνίου Θρᾶιξ. Blümel verweist a. O. auf die thrakische Herkunft des Patronyms Ζώνιος. 287 Ἡφαιστίων aus Antiochia ist nur deshalb als Sklave zu erkennen, weil sein Sohn als ἐγγενής bezeichnet wird; IG XII 1, 917. Der Name Ἡφαιστίων ist sogar als Patronym für einen Rhodier in der Liste der presbyteroi nachgewiesen; IG XII 1, 46 col. III Z. 319. Ob der Freigelassene Epigonos das Ethnikon Ῥοδιοπολίτας bereits als Sklave führte, ist nicht zu beurteilen; IG XII 1, 383. 288 Maillot 2005, 72 f.; ebenso in Maillot 2012, 245 f. 289 L. Robert, BE 76, 1963, 159 f. Nr. 183. Robert a. O. verweist auch auf die rhodische Grabinschrift eines Ehepaares aus Kilikien: Während für den Mann Πολύκλειτος das kilikische Soloi als Herkunftsort angegeben ist, wird die Frau nur als Κίλισσα bezeichnet; Jacopi, ClRh 2, 1932, 216 Nr. 56. 290 Coşkun 2011; s. auch Strobel 2006, der besonders auf die ethnische Identität der Galater verweist, die trotz griechischer Einflüsse innerhalb der Oberschicht bis in die Kaiserzeit hinein bestanden habe. Ebenso ist Πρῶτος aus Lykaonien, wie Maillot 2012, 245 Anm. 58 richtig bemerkt, keinesfalls als Sklave zu betrachten, da er als Bildhauer in Rhodos tätig war. Die Region Lykaonia in Zentralkleinasien blieb allerdings ebenfalls in hellenistischer Zeit durch zahlreiche ländliche Siedlungen geprägt; Roehr 2009, 83 f. 291 Pugliese Carratelli, Associazioni, Nr. 18 B, Z. 2; 19 f. Zu berücksichtigen ist hier auch, dass die Ethnika von Mēnogenes und Theudotos nicht als Selbstbezeichnung überliefert sind.

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 3 Der rechtliche Status der Polisbewohner

ist zudem auf die hellenistische Grabstele des Arabers Ἡρακλείδας zu verweisen292. Hērakleidas begnügt sich nicht mit der groben Herkunftsangabe Ἄραψ, sondern präzisiert dies mit ἀπὸ τᾶς Σμυρνοφόρου (»Araber aus dem Myrrhenland«). Unabhängig davon, wo exakt dieses Gebiet zu verorten ist, das mit der von Ptolemaios beschriebenen Σμυρνοφόρος χώρα identisch sein mag, zeigt diese Formulierung, dass Herakleides eben nicht aus einer Polis stammte, auf die er verweisen konnte293. Insofern könnte auch der Grund, warum sich Μοσχίων Αἴσχρωνος als Ἰλλύριος bezeichnet, auf die Randlage Illyriens innerhalb der Poliswelt zurückzuführen sein294. Gleiches ist für die aus Makedonien kommenden Fremden anzunehmen, die in Rhodos – ebenso wie es auch aus anderen Orten bekannt ist – dem Ethnikon Μακεδών nie eine Polisherkunft beifügen, trotzdem aber nicht generell den Sklaven zuzurechnen sind; zu nennen sind etwa der Bildhauer Εὐθυκράτης Καλλία295 oder Πτολεμαῖος, der in Rhodos das Privileg der epidamia besaß und seinem Namen nach zu urteilen vielleicht ursprünglich in Alexandria ansässig war296. Auch werden nicht sämtliche Μαιῶται aus der Region Maiotis am Asowschen Meer als Sklaven nach Rhodos gekommen sein, sondern teilweise mit Handelskontakten zu erklären sein297. Trotzdem ist die Annahme einer abhängig von der Entfernung zum Heimatort variierenden Herkunftsbezeichnung keineswegs grundsätzlich abzulehnen, insbesondere wenn man die Vielzahl kleinster Poleis in Kleinasien berücksichtigt. Tendenziell tritt in den Inschriften aber doch oftmals ein Bemühen nach einer möglichst genauen Benennung hervor298. Insofern ist eher danach zu fragen, inwiefern der

292 ADelt B 34, 1979, 433 (= SEG 38.789). 293 Ptol. Geographia 4, 8, 31. 294 ADelt B 32, 1977, 369, 10 (= SEG 34.820). 295 Tit.Cam. 35 Z. 28; IG XII 1, 104 c, Z. 7. Für eine Übersicht der variierenden Herkunftsbezeichnungen von Makedonen nach einem Stadt- oder regionalen Ethnikon s. Tatakē 1998. 296 I. Lindos 277 Z. 3 f. 297 Sofern man nicht annehmen möchte, dass Χρύσιππος aus Bargylia mit einer Sklavin verheiratet war, so wird Ἀκακία aus der Maiotis sicherlich ebenso wie ihr Mann zu den freien Nichtbürgern zu zählen sein; I. Lindos 683. Es besteht hier kein Anlass mit Avram 2008, 243 davon auszugehen, Akakia sei nicht als Frau, sondern eher als Sklavin von Chrysippos zu betrachten; in der Inschrift heißt es eindeutig κ̣αὶ τᾶς γυναικὸς | Ἀκακίας | Μαιώτιδος. 298 Besonders anschaulich ist in dieser Hinsicht eine Inschrift aus Iasos. Dort beschränkte man sich in einer Choregenliste nicht darauf, die Herkunft des Metöken Κινέας Πρωτοάρχου aus Tralleis mit dem Ethnikon Τραλλιανός auszudrücken, sondern präzisiert dann nochmals ausdrücklich, dass ein Tralleis jenseits des Taurosgebirges gemeint sei (I. Iasos 186 Z. 7 f.: Κινέας Πρωτοάρχου Τραλλιανὸς Τράλλεων τῶν ἐπέκεινα τοῦ Ταύρου). Hier ist offensichtlich, dass eine Verwechslung mit dem karischen Tralleis vermieden werden sollte; überhaupt ist dies der einzige Beleg für die Existenz eines in Kilikien gelegenen Tralleis. In gleicher Weise ist bei dem unmittelbar nach Kineas aufgeführten Metöken Ποσειδώνιος Βεννέτου dessen Herkunft aus dem Schwarzmeergebiet mit Ἡρακλεώτης Ἡρακλείας τῆς ἐν τῶι Πόντωι beschrieben (Z. 9), um von dem im doppelten Sinne naheliegenderen Herakleia am Latmos zu unterscheiden. Bei dem Bruder des Kineas, der ebenfalls in Iasos die Choregie übernommen hatte, heißt es aber dann wieder nur Σωσ[ί]λος Πρωτο[άρ]χου [Τρ]αλλιανὸς (I. Iasos 194 Z. 7).

3.3 Sklaven 

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bloße Verweis auf eine Region mit einer spezifisch regionalen Identität zu erklären ist. Eindeutig tritt dieses Phänomen bei Bewohnern einer Insel mit mehreren Poleis hervor299: Die Mitglieder eines in Rhodos-Stadt ansässigen Vereins von Anhängern des Adonis nennen im 2. Jh. v. Chr. ihren Wohltäter Σωσικλῆς Σώσου schlichtweg »Kreter« (Κρής), ohne zu konkretisieren, in welcher der zahlreichen kretischen Poleis er das Bürgerrecht besaß300. Auf der anderen Seite ist bei den Herkunftsbezeichnungen der Kreter keine Regelhaftigkeit erkennbar: Der in der zweiten Hälfte des 3. Jhs. v. Chr. tätige Bildhauer Τιμόχαρις, der ebenfalls aus Kreta stammt, signiert sämtliche Statuenbasen mit dem Stadt­ethnikon Ἐλευθερναῖος301; ebenso verfuhr dessen Sohn Πυθόκριτος, bevor dieser das rhodische Bürgerrecht erhielt und fortan das Ethnikon Ῥοδίος führte302. Und auch Μηνόδοτος aus Lesbos verweist in seiner Grabinschrift auf seine Polisherkunft Mytilene, genauso wie Εὐστράτα aus der lesbischen Nachbarpolis Methymna303. Für einen Λέσβιος gibt es in Rhodos dagegen keinen Beleg. Interessant wäre es freilich, wenn sich auch außerhalb eines geographisch klar begrenzten Inselraumes ein die Polisherkunft überlagerndes regionales Zusammengehörigkeitsgefühl nachweisen ließe, ohne dass die Landschaftsbezeichnung eine Person als Sklaven kennzeichnete. Eine Region, bei deren Bewohnern sich vielleicht eine solche Identifizierung beobachten lässt, ist die in Nordlykien gelegene Kabalis. In dieser Landschaft befanden sich die vier Städte Kibyra, Oinoanda, Balbura und Bubon, die wohl erst im beginnenden 2. Jh. v. Chr. zu griechischen Poleis ausgestaltet wurden und sich kurz darauf auch zu einem koinon zusammenschlossen. Die Kabalis bildete damit – zumindest für einen gewissen Zeitraum – auch eine politische Einheit304. Der in einer fragmentarisch erhaltenen Namensliste aus Lindos ver-

299 Zu dem verbreiteten Phänomen solch einer ›island identity‹ s. Reger 1997, 471–477 und Constan­ takopoulou 2005. 300 Pugliese Carratelli, Associazioni, Nr. 1. Inwiefern die allgemeine Zuschreibung zu der Insel Kreta auf eine Identifizierung mit dem kretischen koinon zurückzuführen ist, lässt sich nicht klären. Die Zugehörigkeit zum kretischen koinon wurde durch das Ethnikon Κρηταιεύς ausgedrückt; Chaniotis 1996, 29–31. 301 s. etwa Maiuri, Nuova Silloge 19. Für weitere kretische Stadtethnika s. IG XII 1, 408 (Μίλων Γορτύνιος); I. Lindos 627 ([Ῥ]οδὼ Κνωσία). Vgl. demgegenüber zwei Grabinschriften aus Kos, bei denen die allgemeine Herkunftsangabe »Kreter/Kreterin« mit der jeweiligen Poliszugehörigkeit ergänzt ist: Für Ἐρασενείκα Ἐρταίου wird als Herkunft Κρῆσσα Κνωσία angegeben (IG XII 4, 3, 1434); Ἀναξαγόρας Μενεκλέως trägt das Ethnikon Κρὴς Φα〈ί〉στιος (IG XII 4, 3, 1635). 302 Mit dem Ethnikon Ἐλευθερναῖος ist von Pythokritos nur eine Signatur erhalten; SEG 49.1080 (= DNO 3311). 303 Jacopi, ClRh 2, 1932, 230 Nr. 112; Hiller – Saridakis, AM 25, 1900, 109 Nr. 108 Z. 1. Das Insel­ ethnikon Lemnos ist im rhodischen Befund singulär für eine Frau mit dem Namen Philokratē belegt (ADelt B 39, 1984, 325 = SEG 39.788 g); ob sich bei einem der Fremden hinter dem Ethnikon Μυριναῖος das lemnische Myrina verbirgt, vermag man auch mit einer onomastischen Prüfung nicht zu klären. 304 Zur ›Tetrapolis‹ s. Vitale 2012. Die Anfänge der vier Orte, die möglicherweise alle von dem pisidischen Termessos gegründet wurden, diskutiert Corsten 2013; vgl. ferner den Vorbericht zu den jüngsten Forschungen in der Kibyratis Corsten – Hülden 2012. Die drei Aitoler, die in Lindos ein

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 3 Der rechtliche Status der Polisbewohner

zeichnete Ταυρίσκος Καβαλεύς wird jedenfalls kaum ein Sklave gewesen sein305; die Inschrift gehört möglicherweise zu den Verzeichnissen der Metöken und Katöken. In einer dieser Listen begegnet mit Διοκλῆς ein weiterer Fremder aus der Kabalis, bei dem aber nicht diese regionale Herkunftsbezeichnung anzutreffen ist; er ist vielmehr durch das Stadtethnikon Κιβυράτας als Bürger der Polis Kibyra ausgewiesen306. Überhaupt bestanden zudem im 2. Jh. v. Chr. Kontakte zwischen führenden rhodischen Familien und der politischen Elite in Kibyra. So berichtet Polybios, dass nach dem Perseuskrieg Polyaratos, der offen für den Makedonenkönig in Rhodos eingetreten war, in Kibyra um Aufnahme gebeten habe, da bereits die Kinder des Tyrannen Pankrates bei ihm aufgezogen worden seien307. Insgesamt machen die variierenden Formen der Herkunftsbezeichnung deutlich, dass es vielfältige Möglichkeiten gab, die Herkunft einer Person zu beschreiben, ohne damit grundsätzlich den unfreien Status der betreffenden Person anzeigen zu wollen. Wie häufig der Verweis auf ein regionales Ethnikon als bewusster Ausdruck einer geographisch geprägten Identität zu begreifen ist, lässt sich kaum bestimmen308. Die Beispiele warnen aber davor, die Verwendung eines regionalen Ethnikons ungefragt mit einem Sklavenstatus gleichzusetzen. Eindeutig ausschließen lässt sich dies dann, wenn die Person wie etwa der Illyrer Μοσχίων Αἴσχρωνος mit einem Patronym angegeben wird. Zusätzliche Schwierigkeit bieten Grabinschriften, in denen einer der Ehepartner mit einem Stadtethnikon, der andere hingegen mit einem regionalen Ethnikon genannt wird. Auch hier wird es sich nicht immer um Mischehen zwischen freien Nichtbürgern und Sklaven handeln309. Während für Polykleitos aus Soloi etwa in seiner Grabinschrift das Stadtethnikon Soleus genannt ist, führt dessen Frau das regionale Ethnikon Kilissa. Man wird nicht zu zweifeln haben, dass Polykleitos aus dem kilikischen Soloi stammte310; insofern handelt es sich nur bedingt um eine Mischehe. Hinzu kommt, dass man Sklaven nicht unbedingt nach ihrer wirklichen Herkunft,

Weihgeschenk an Athana gestiftet haben, hielten sich dagegen als Abgeordnete des aitolischen Bundes in Rhodos auf, was schon allein daran zu ersehen ist, dass einer von ihnen proxenos der Rhodier war (I. Lindos 130 mit dem dortigen Kommentar). Insofern ist in diesem Fall die Verwendung des regionalen Ethnikon nicht als Beleg für eine regionale Identität zu verstehen, sondern auf das Bundesbürgerrecht der Aitoler zu beziehen. 305 I. Lindos 277 Z. 5. 306 I. Lindos 276 col. III Z. 8. Für die Tetrapolis ist bislang kein Bundesbürgerrecht bezeugt; insofern ist hier das Ethnikon Καβαλεύς als regionale Herkunftsbezeichnung zu verstehen. 307 Pol. 30, 9, 13–14. 308 In diesem Zusammenhang ist auch auf die Gabinschrift der offensichtlich aus Phokien ([Φ]ωκίς) kommenden Glykinna, Tochter des Charidamos zu verweisen; IG XII 1, 326. 309 Für entsprechende Beispiele s. App. III Tab. 5. 310 s. Anm. 289. Es sei in diesem Zusammenhang auf einen ähnlichen Fall verwiesen: Onasandros aus dem im karischen Hochland gelegenen Hyllarima hatte mit Pottion eine Frau aus der benachbarten Kabalis geheiratet. Das Totenmahlrelief ihres Grabmals zeigt einen Mann auf einer Kline; vor ihm

3.3 Sklaven 

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sondern dem Sklavenmarkt, auf dem sie verkauft worden waren, bezeichnete311. Den einzigen Ansatzpunkt bieten in diesen Fällen onomastische Untersuchungen, mit allen Unsicherheiten und Vorbehalten, die daraus abgeleitete Aussagen mit sich bringen. Ebenfalls schwierig ist der rechtliche Status bei Personen festzustellen, die ausschließlich mit einem Individualnamen bezeichnet werden. Auch hier gilt, dass nicht jede dieser Personen unbedingt als Sklave zu interpretieren ist. Auf Osteotheken verzichtete man beispielsweise häufig auf Patronym und Demotikon, da der bloße Name innerhalb des abgegrenzten Grabbezirks ausreichend war312. Gleiches gilt für Dedikationen, die innerhalb eines Privatheiligtums aufgestellt wurden. So hatte auf Kasos eine Frau namens Δεξώ für Κλευμήδης auf ein Gelübde hin ein Weihgeschenk an Sarapis und Isis gestiftet313. Beide Personen erscheinen ohne Patronym und Ethnikon, trotzdem sind sie sehr wahrscheinlich rhodische Bürger. Für den Namen Δεξώ gibt es einen Beleg auf Kasos, Κλευμήδης ist in der rhodischen Onomastik gut belegt314. Die bloße Verwendung des Individualnamens ist hier somit ebenfalls auf den Kontext der Verwendung zurückzuführen und gibt keinen Hinweis auf den rechtlichen Status der Personen315. Anhand der rhodischen Onomastik hat Bresson eine Liste charakteristischer Sklavennamen zusammengestellt, die aber natürlich keine eindeutige Zuordnung erlauben und zudem erhebliche Überschneidungen mit ›bürgerlichen‹ Namen aufweisen316. Dass neben den eindeutig ethnischen Namen auch solche mit einschlägigen Charakterbezeichnungen mit großer Wahrscheinlichkeit auf Sklaven verweisen, steht außer Frage317. Auch eindeutig nichtgriechische Namen liefern keinen Beleg, dass es sich bei der Person um einen Sklaven handelt318. Schlussfolgerungen über den Rechtsstatus der Person sind in diesen Fällen allenfalls über den Gesamtzusammenhang zu erschließen. Auffallend ist etwa in der Spenderliste eines Vereins eine Person nur

ist eine Frau gelagert; auf der linken Seite steht ein Knabe – möglicherweise ihr Sohn – rechts ein Diener; Pfuhl – Möbius, Grabreliefs, Nr. 1844. 311 So nimmt etwa Avram 2008, 245 an, dass die in Rhodos belegten Nichtbürger aus Istros, Byzantion und Kallatis in Wirklichkeit Sklaven aus dem Gebiet der Geten und Thraker seien. 312 s. o. Kap. 3.1.2. 313 Giannikouri – Zervaki 2007, 338 Anm. 35. Der Fundkontext wird jedoch nicht genannt. 314 s. die entsprechenden Einträge im LGPN I. 315 Bei dem Grabrelief der Ὀβάστις vermittelt die Darstellung einer sitzenden Frau mit einer davorstehenden Dienerin den Eindruck, dass die Verstorbene keine Sklavin war; Pfuhl – Möbius, Grabreliefs, Nr. 966 (1. Hälfte 3. Jh. v. Chr.). 316 Bresson 1997b, 120–123. Vgl. auch Vlassopoulos 2010, der eine detaillierte Auswertung der attischen Sklavennamen archaischer und klassicher Zeit vorgenommen hat. Er verweist nachdrücklich darauf, dass viele Namen, die unter athenischen Bürgern verbreitet waren, auch für Sklaven geläufig waren. 317 So etwa bei der Lydierin Τέχνη und ihrem Mann Χρήσιμος; IG XII 1, 507. 318 Arnaoutoglou 2011, 28 f.

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 3 Der rechtliche Status der Polisbewohner

mit dem bloßen Namen Μύστης vermerkt, während sämtliche anderen Spender, die sich sowohl aus Rhodiern als auch aus Fremden zusammensetzen, ein Ethnikon als Namensbestandteil führen319. Ganz vereinzelt ist einem Einzelnamen auch eine Funktionsbezeichnung beigefügt, die ebenfalls auf einen Sklavenstatus hindeutet. Ἀριστόβουλος verweist in seiner Grabinschrift, die auf einem Rundaltar angebracht ist, auf seine Tätigkeit als δειπνοποιός320. Hier liegt die Vermutung nahe, dass er als Haussklave diente und in dieser Funktion als Koch eingesetzt wurde. Auch die gelegentlich genannte Funktion als Amme ist eine typische Tätigkeit, die von Sklavinnen übernommen wurde. Die Amme Ἀγαθοκλέα ist in ihrer Grabinschrift sogar eindeutig durch die Bezeichnung ἐγγενής als Sklavin identifizierbar321. Unklarheit über den Status einer Person besteht ferner in Grabinschriften, in denen auf den Ehepartner nur mit Individualnamen verwiesen wird. Ursprünglich wird dessen Grabmal in der Regel korrespondierend daneben gestanden haben, weshalb eine präzisere Bezeichnung nicht notwendig war. Ein Sklavenstatus ist daraus freilich keinesfalls abzuleiten; problematisch wäre es aber, stets das Ethnikon des Ehepartners zu ergänzen, da Heiraten zwischen Nichtbürgern unterschiedlicher Herkunft sehr verbreitet waren322. Abgesehen von diesen gut begründbaren Ausnahmen wird man allerdings nicht fehlgehen, bei der überwiegenden Zahl der nur mit Individualnamen in Erscheinung tretenden Personen, Sklaven anzunehmen.

3.3.2 engenēs Eine große Gruppe stellen Personen mit der Bezeichnung ἐγγενής dar. In seiner allgemeinen Bedeutung lässt sich der Begriff mit »einheimisch« wiedergeben. Es handelt sich somit um Sklaven, die auf rhodischem Gebiet geboren worden sind. Als engenēs, für den andernorts der Begriff oikogeneis geläufig war, benannte man sowohl den

319 Kontorini, AER, Nr. 10. 320 IG XII 1, 579; s. auch IG XII 3, 146 (aus Nisyros): Δημητρίου πορθμέως »(Grabmal) des Seemannes Dēmētrios«. Die Benennung eines Sklaven als θρεπτός ist eine kaiserzeitliche Erscheinung, s. IG XII 1, 655 (Grabmal des threptos Πρίσκος, der als Tänzer [ὀρχηστής] tätig war); Maiuri, Nuova Silloge 267; Pfuhl – Möbius, Grabreliefs, Nr. 244; Kontorini, AAA 8, 1975, 37 Nr. 1. 321 Kontorini, AER, Nr. 34. Zu den engeneis s. das folgende Kap. Neben Agathoklea sind vier weitere Ammen in Rhodos belegt: Ἐράτιον (Berges, Rundaltäre, Nr. 195 = SEG 46.1024 = Maiuri, ASAA 2, 1916a, 128 Nr. 9); Εὐνίκη aus Perge (IG XII 1, 454); Φυσίς aus Alexandria (IG XII 1, 1029; dort jedoch als μαῖα bezeichnet); [– – –] Ἡροδότου aus Kyzikos (I. Lindos 358). 322 Dies zeigt besonders die auf Telos gefundene Grabinschrift der Σατύριον aus Alexandria, die einen nicht näher bezeichneten Κόρυμβος als Ehemann besaß; IG XII 3, 67 (= Pfuhl – Möbius, Grabreliefs, Nr. 485). Die Reliefstele, auf der die Inschrift angebracht ist, zeigt eine frontal stehende Frau; es handelt sich hier somit nur um das Grabmal der Satyrion. Der Name des Mannes weist indes nicht nach Alexandria. Zu den Heiraten zwischen Nichtbürgern unterschiedlicher Herkunft s. App. III Tab. 5.

3.3 Sklaven 

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Nachkommen eines rhodischen Sklaven als auch denjenigen einer Sklavin und ihres Herrn323. Bei den engeneis ist nie ein Ethnikon vermerkt. In zwei Fällen schließt sich aber an den Zusatz eine Herkunftsbezeichnung an. Es handelt sich jeweils um einen Polissklaven, zum einen Ἑκαταῖος ἐγγενὴς ἐν Θήραις δαμόσιος sowie zum anderen Στράτιππος ἐγγενὴς ἐν Ἁλικαρνασ〈σ〉ῶι γραμματεὺς δαμόσιος. Die Orte Thera bzw. Halikarnassos bezeichnen hier nicht den Herkunftsort der Väter der engeneis, sondern den Geburtsort der engeneis324. Zu widersprechen ist der Bemerkung von Fraser, engeneis würden stets ohne Patronym erscheinen, da zumindest in vier Fällen jeweils ein engenēs mit Filiation begegnet325. Darüber hinaus kann in zwei Grabinschriften aus dem Gebiet von Lindos der Vater eines engenēs bestimmt werden: Der engenēs Εὐφρόνιος besaß ein gemeinsames Grabmal mit seinen Eltern, dem Galater Φρόνιμος und der Syrerin Ἀρτεμισία326; zwar werden nur die Namen der Verstorbenen, nicht aber explizit die Verwandtschaftsverhältnisse angegeben, eine andere Deutung wäre aber doch höchst unwahrscheinlich; schließlich legt besonders die Namensverwandtschaft von Φρόνιμος und Εὐφρόνιος nahe, dass es sich um Vater und Sohn handelt. Die Grabinschrift des aus Antiochia stammenden Sklaven Hephaistiōn und dem engenēs Diodotos bezeichnet letzteren dagegen eindeutig als υἱὸς Ἡφαιστίωνος327. Gelegentlich finden sich auch Personen mit der Bezeichnung ἐγγενὴς μέτοικος. In einer Subskriptionsliste tritt der ἐγγενὴς μέτοικος Φαρνάκης als kyrios der ἐγγενὴς Ὁμόνοια sowie der Ὁμόνοια Ἁλικαρνασσίς in Erscheinung328. Darüber hinaus ist dieser Rechtsstatus auf mehreren Fabrikantenstempeln vermerkt329. Wie bei anderen engeneis fehlt jeweils ein Ethnikon. Auszuschließen ist es, dass die Nachkommen von Metöken, die in Rhodos geboren worden waren, in dieser Form bezeichnet wurden330. Abgesehen davon, dass

323 Fraser 2009, 108. 324 Pugliese Carratelli, Associazioni, 175; Benincampi 2008, 94 Anm. 350. 325 Fraser 2009, 111 Anm 13. Für engeneis mit Patronym s. IG XII 1, 1010 (Karpathos) mit einem Φιλῖνος Σαρίου; I. Dor. Ins. 2 (Rhodos) mit einem Χρύσιππος ἐγγενὴς Μέροπος sowie I. Lindos 666 mit einer Φρονίμιον Σατύρου. Eine vierte, noch unpublizierte Inschrift, ist in der epigraphischen Ausstellung des Museums in Rhodos zu sehen. 326 IG XII 1, 881. 327 IG XII 1, 917. Bei dem gemeinsamen Grabmal des engenēs Μάνης und einer Phrygierin deutet das Relief mit der Darstellung einer Frau und eines Jungen darauf hin, dass es sich um Mutter und Sohn handelt; Pfuhl – Möbius, Grabreliefs, Nr. 501 (2. Jh. v. Chr.). Die von Pfuhl – Möbius in Z. 3 vorgeschlagene Ergänzung Μάνης Ἐ[πι]γένης ist entsprechend zu Μάνης ἐ[γ]γενής zu korrigieren. Der Name Μάνης ist übrigens in Rhodos zweimal für einen Phrygier bezeugt, was ebenfalls die Vermutung bestärkt, dass es sich hier um den Sohn handelt. 328 Migeotte 1993, 349–358 (= SEG 43.526) Z. 48–53. 329 Vollständig nur in Sztetyllo 1976, 28 Nr. 6 belegt: Διονύσιος | ἐγγενὴς | μέτοικος. 330 Migeotte 1993, 355; Günther 2014b, 272; ebenso Benincampi 2008, 96, die darüber hinausgehend vermutet, dass sämtliche Nachkommen von Nichtbürgern, die auf Rhodos geboren wurden, als

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 3 Der rechtliche Status der Polisbewohner

der Metökenstatus nicht erblich war, wäre in diesem Fall mit einer weitaus größeren Zahl an Belegen zu rechnen gewesen. Für Ἑρμορόδη, der Tochter des Metöken Hermogenes aus Selge, wird man allein schon aufgrund des ›rhodophilen‹ Namens annehmen können, dass sie auf Rhodos geboren wurde331. Sie war aber trotzdem eine Σελγίς. Und auch ihr Sohn Ἑρμογένης war kein engenēs, sondern trug das Ethnikon Ἰλιεύς seines Vaters Φιλοκράτης weiter. Für die Nachkommen einer Reihe weiterer Metöken, die nicht als engenēs bezeichnet werden, lässt sich ebenfalls mit einiger Wahrscheinlichkeit Rhodos als Geburtsort bestimmen332. Eine ganz ähnliche Bezeichnung stellt aber die Formulierung ἐγγενὴς δαμόσιος dar. Hier bezeichnet der Zusatz damosios den besonderen Status des engenēs als Polissklave333. Entsprechend wird ein ἐγγενὴς μέτοικος ein ebenfalls auf Rhodos geborener Sklave sein, der nach seiner Freilassung die Rechte eines Metöken erhalten hat334. Zu Recht macht Fraser auf die Unsicherheit solch einer Interpretation aufmerksam, da der Zusatz engenēs beibehalten werde335. Denkbar wäre aber, dass die Bezeichnung engenēs in diesem Fall nicht den Status eines Sklaven anzeigt, sondern das Ethnikon ersetzt, das bei anderen Metöken stets angegeben wird. Schließlich besaß ein engenēs kein Ethnikon im eigentlichen Sinn, da die Herkunftsbezeichnung eines Sklaven nicht auf dessen Nachkommen übertragen wurde. Der Sohn des Galaters Φρόνιμος nennt sich eben nur ἐγγενής, nicht aber Γαλάτας ἐγγενής (ἐν Ῥόδωι). Mit dem Ethnikon Rhodios konnte man ihn schlechterdings nicht bezeichnen. Hierbei ist allerdings nochmals auf den ἐγγενὴς μέτοικος Pharnakēs zurückzukommen: Bei den beiden Frauen, deren kyrios er war, wird es sich um seine Frau sowie seine Tochter handeln336. Auffallenderweise wird für die Tochter das Ethnikon Ἁλικαρνασσίς genannt, was sie doch wohl nur von ihrem Vater ›geerbt‹ haben kann. Dies würde wiederum bedeuten, dass Pharnakes das Ethnikon seines Vaters an seine Tochter weitergegeben hat, obwohl er selbst es nicht führte. Nicht nur in rechtlicher, sondern auch in sozialer Hinsicht wären damit wichtige Erkenntnisse über die Funktion des Ethnikon gewonnen. Allerdings beruht die Rekonstruktion der dargelegten

engeneis bezeichnet worden seien, da sie weder das Recht besessen hätten, das Ethnikon ihrer Eltern zu führen, noch ein rhodisches Demotikon. 331 IG XII 1, 157 Z. 14–16; App. I 5 (= Jacopi, ClRh 2, 1932, 177–179 Nr. 6) col. II Z. 28 f. und 33 f. 332 s. Kap. 3.2.3 metoikos. 333 s. Kap. 3.3.3. 334 Ph. Gauthier, BE 1994, 558 Nr. 446. 335 Fraser 2009, 114 f. 336 Bei anderen in der Inschrift genannten kyrioi, die ebenfalls als kyrios von zwei Personen aufgeführt werden, kann man durch das Patronym eindeutig bestimmen, wer von beiden jeweils die Tochter ist. Eine bereits von P. Fraser fotografierte, aber bis heute unpublizierte Grabinschrift auf einem Rechteckaltar nennt nacheinander: Δαμᾶς Γαλάτας, Ζωβία ἐγγενής sowie Καρπίων Ἀντιοχεύς; Peter Fraser Photographic Archive, (06.01.2014). In welcher Beziehung die Personen zueinander standen, ist nicht zu klären. Vgl. auch IG XII 1, 873: [τοῦ δεῖνος] Ὀροανδέ[ω]ς̣ | καὶ τᾶς γυναικὸς | Ἀγαθανάσσας ἐγγενεῦς. | χρηστοὶ χαίρετε.

3.3 Sklaven 

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verwandtschaftlichen Beziehung zwischen den drei Personen auf der Prämisse, dass hier dieselbe Reihenfolge wie bei den übrigen Spenderinnen eingehalten wurde, nämlich dass die Frau des kyrios vor der Tochter genannt wird. Grundsätzlich ließe sich auch Ὁμόνοια aus Halikarnassos als die Mutter der gleichnamigen ἐγγενής deuten337. Endgültige Klarheit wird sich in dieser Frage erst durch neue Inschriftenfunde gewinnen lassen.

3.3.3 Polissklaven Im Dienst der Polis stehende Sklaven, die gemeinhin δαμόσιοι genannt wurden, begegnen in ganz verschiedenen Bereichen. Sie dienten als Aufsichtspersonal in Heiligtümern und wurden dort auch in der Verwaltung von Tempelgeldern eingesetzt; daneben übernahmen sie Tätigkeiten als Schreiber und kamen sogar im militärischen Bereich zum Einsatz338. Nicht immer werden Polissklaven ausdrücklich als δαμόσιος bezeichnet; teilweise sind sie nur durch ihre Amtsbezeichnung der Gruppe der damosioi zuzuordnen; Tempelwächter finden sich etwa mit der bloßen Bezeichnung νακόρος, hinter der Bezeichnung ὑπηρέτας verbergen sich wiederum Sklaven mit ganz unterschiedlichen Aufgaben. Nur bei einem γραμματεύς fügt man den Zusatz δαμόσιος hinzu, sicherlich um deutlich von den übrigen Schreibern zu unterscheiden, die sich in der Regel ausschließlich aus der Bürgerschaft rekrutierten339. Insbesondere mit Blick auf andere Poleis stellt der Einsatz von Polissklaven als grammateis eine Besonderheit dar340. Während sich die damosioi rechtlich generell nicht von anderen Sklaven unterschieden, so waren sie hinsichtlich ihrer sozialen Stellung erkennbar hervorgehoben341; einem γραμματεὺς δαμόσιος scheint nochmals ein besonders außergewöhnliches Ansehen entgegengebracht worden sein. In einer Subskriptionsliste, in der zahlreiche Nichtbürger detailliert mit ihrem Rechtsstatus verzeichnet sind, wurde bei zwei Unfreien neben ihrem Status als damosios ebenfalls ihre Tätigkeit als Schreiber genannt. Und in Kamiros war ein γραμματεὺς δαμόσιος zu einem gewissen Reichtum

337 So Migeotte 1993, 355. Badoud 2017b, 113 Anm. 35 bemerkt jedoch, dass insbesondere in Subskriptionslisten stets die Ehefrau vor der Tochter genannt werde. Günther 2014b, 273 sieht in Homonoia aus Halikarnassos die Mutter des kyrios Pharnakēs, die andere Homonoia interpretiert sie als dessen Schwester; diese Konstellation wäre zwar grundsätzlich ebenfalls möglich, allerdings nimmt Günther versehentlich an, die ›zweite‹ Homonoia habe wie Pharnakēs den Status eines engenēs met­ oikos. 338 Vgl. Kap. 8.1.3. 339 Eine Ausnahme aus späterer Zeit ist in der Grabinschrift des Ailios Zosimos zu sehen, der ναύκληρος ὑπηρέτας δαμόσιος war, I. Peraia 142. 340 Darauf verweist Weiss 2004, 37 f. 341 Ismard 2015, 99 f.

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 3 Der rechtliche Status der Polisbewohner

gelangt, der es ihm ermöglichte, dem ihm vorgesetzten Magistraten einen Marmorschild zu stiften342. In den Rang eines damosios konnte sowohl ein Sklave gelangen, der außerhalb von Rhodos geboren worden war, als auch ein engenēs343. Ebenso wie Sklaven, die unter der Gewalt eines Polisbürgers standen, wurde den Polissklaven das Recht zugestanden, sich in Vereinen zu organisieren. So gehörte der damosios Εὐλίμενος, der als γραμματεύς im Dienst der Polis stand, dem κοινὸν τῶν Διὸς Ἀταβυριαστᾶν τῶν τᾶς πόλιος δούλων an344. In Kamiros hatten die Sklaven eines Heiligtums ein Νακορείων [– – – κοινόν] gegründet345.

3.3.4 Freigelassene In welcher Form Sklavenfreilassungen in der Regel vorgenommen wurden, muss eine offene Frage bleiben, da aus Rhodos keinerlei Freilassungsurkunden überliefert sind346. Der ehemalige Sklave Ἐπίγονος erreichte seine Freiheit durch einen Rats- und Volksbeschluss347; ob dies aber in Rhodos der reguläre Vorgang war oder dadurch zu erklären ist, dass Epigonos ein Polissklave gewesen war, lässt sich nicht entscheiden348. Auch der Bericht Diodors über die von der Polis veranlassten Sklavenfreilassungen während der Belagerung im Jahr 305 v. Chr. hilft in dieser Frage nicht weiter, da diese Maßnahme eben auf eine Notsituation zurückgeht349. Der Verweis auf Entschädigungszahlungen an die ehemaligen Herren belegt zwar, dass diese Sklaven in privaten Diensten standen, doch kann man hieraus kaum schließen, dass es grundsätzlich Sache von Rat und Volk war, über Freilassungen zu entscheiden. Schließlich ging es in dem konkreten Fall darum, möglichst schnell die Wehrfähigkeit der Polis sicherzustellen; hinzu kommt, dass man neben der Freilassung den Sklaven gleichzeitig das Bürgerrecht in Aussicht stellte. Überhaupt ist es nur in Einzelfällen möglich, Freigelassene in den Quellen ausfindig zu machen. Der Gruppe der Freigelassenen sind sicherlich Personen zuzurechnen, die sich als ἐγγενὴς μέτοικος bezeichneten; zumindest erscheint es als nahelie-

342 Tit. Cam. 78. Gleichfalls Zimmer – Bairami 2008, 165 f. Nr. E 555 (= SEG 58.819). 343 s. etwa Pugliese Carratelli, Associazioni, Nr. 21 Seite A, col. III Z. 3: Μηνᾶς Παφλ̣αγὼν γραμ〈μ〉ατεὺς δαμόσιος sowie a. O. Seite B, col. I Z. 29: [Σω]κλῆς ἐγγενὴς δαμόσιος. 344 IG XII 1, 31. 345 Tit. Cam. 78 Z. 12. Vgl. auch den Grenzstein des Grabbezirks des θίασος ἱεροδούλων in Kos; IG XII 4, 3, 2813. 346 Zu den unterschiedlichen Freilassungsformen s. Zelnick-Abramovitz 2005, 39–99. 347 IG XII 1, 383; zu der Inschrift s. auch Kap. 3.2.2. 348 Fraser 2009, 113. Dass Epigonos kein ›gewöhnlicher‹ Sklave war, wird allein schon dadurch deutlich, dass er nach seiner Freilassung mit der xenia geehrt wurde und zweimal die Choregie übernahm. 349 Diod. 20, 84, 3; 20, 100, 1.

3.4 Zusammenfassung 

 93

gende Erklärung, hierunter Sklaven zu verstehen, die auf Rhodos geboren worden waren und schließlich Metökenstatus erhielten350. Auch bei einigen Personen, die typische Namen rhodischer Bürger tragen, liegt der Verdacht nahe, dass es sich um Freigelassene handelt.

3.4 Zusammenfassung Über die gesamte hellenistische Zeit hinweg tritt die rhodische Bürgerschaft in den Quellen der übrigen Polisbevölkerung als geschlossenes Kollektiv gegenüber. Eine bisweilen in der Forschung angenommene Gruppe von Bürgern ›zweiter Klasse‹, die außerhalb des Demensystems stand und von bestimmten Ämtern ausgeschlossen blieb, scheint es nach dem bisherigen Erkenntnisstand nicht gegeben zu haben. Zwar ist innerhalb der Bürgerschaft eine starke Führungsschicht auszumachen, deren Stellung war aber nicht rechtlich abgesichert. Kein Polisbürger wurde kata physin von den Ämtern ausgeschlossen. Die herausgehobene Stellung einzelner Personen beruhte stets auf der Zustimmung der Bürgerschaft. Immer wieder gelang es zudem auch ›neuen‹ Familien, wichtige Polisämter zu übernehmen und damit in den Kreis der aristoi andres vorzudringen. Neubürgern wurde kein Sonderstatus zugewiesen; sie wurden in einem Demos registriert und waren in jeder Hinsicht den übrigen Bürgern gleichgestellt. Eine Sonderstellung nehmen indessen die Nachkommen eines Rhodiers und einer Nichtbürgerin ein. Sie besaßen zwar ein Demotikon und wurden als Teil der Familie betrachtet, der sie entstammten; trotzdem aber blieben sie in der sozialen Hierarchie hinter den Vollbürgern zurück, was darauf zurückzuführen sein wird, dass Kinder dieser matroxenoi nicht als Mitglieder des Bürgerverbandes anerkannt wurden. Auffallend gering ist dementsprechend die Zahl gemischter Ehen. Allenfalls Rhodier, die nicht der Oberschicht angehörten, entschieden sich gelegentlich dafür, eine Nichtbürgerin zu heiraten. Individuelle Einbürgerungen blieben auch in späthellenistischer Zeit die Ausnahme. Die besonders strikte Differenzierung zwischen Bürgern und Nichtbürgern dürfte auf die erhebliche Ausdehnung des Polisgebietes und die damit verbundene Erweiterung der Bürgerschaft zurückzuführen sein, die in sämtlichen Lebensbereichen der Polisbürger spürbare Auswirkungen gehabt haben muss. Nichtbürger blieben auf allen Polisebenen dauerhaft von den Entscheidungsorganen ausgeschlossen. Innerhalb der Gruppe der Fremden gab es erhebliche rechtliche Statusunterschiede, die möglicherweise in späthellenistischer Zeit weiter aus-

350 s. Kap. 3.3.2. Auf Kasos hatte im 1. Jh. v. Chr. L(ucius) Postumius L(uci) l(ibertus) Diodor(us) für sich und seine Frau, die ebenfalls eine ehemalige Sklavin war, ein Grabmal errichtet; das Namensformular entspricht dem üblichen römischen Schema; Susini, ASAA 41/42, 1963/64, 217 Nr. 1 = CIL 3, 7166.

94 

 3 Der rechtliche Status der Polisbewohner

differenziert wurden. Offensichtlich bildeten sogar die Metöken in Rhodos eine von anderen ansässigen Nichtbürgern herausgehobene Gruppe. Inwieweit jeder Metöke über einen eigenen prostatēs verfügte, lässt sicht nicht klären. Eine wichtige Funktion des prostatēs könnte jedoch darin bestanden haben, dem Fremden eine Unterkunft zu besorgen. Einen besonders herausgehobenen Status genossen Nichtbürger, die mit der epidamia, einem privilegiertem Aufenthaltsrecht ausgestattet worden waren. In mehreren Fällen lassen sich Personen dieser Gruppe konkrete Verdienste zuordnen, die sie für die Polis erbracht haben. Schwierig gestaltet es sich, in den Quellen Sklaven als solche zu identifizieren. Das Ethnikon allein erlaubt keinen sicheren Rückschluss auf den rechtlichen Status der Person. Insbesondere die Verwendung regionaler Ethnika ist nicht unbedingt ein Indiz für einen Sklavenstatus, sondern kann teilweise als Ausdruck einer regionalen Identität interpretiert werden. Vor allem die zahlreichen Nichtbürger aus dem kleinasiatischen Binnenland dürften auf intensive Handelsbeziehungen verweisen. Insgesamt war die Gruppe der Sklaven hinsichtlich ihres Status durch eine starke Binnengliederung geprägt; hervorzuheben sind die Polissklaven, die vertrauensvolle Stellungen im Bereich der Polisverwaltung einnehmen konnten. Eine Übersicht über die vielfältigen Formen, mit denen Personen von unterschiedlichem Rechtsstatus in den Quellen bezeichnet sein können, bietet folgende Tabelle: Tab. 1: Variationen der Namensformulare Rechtsstatus

Namensformular in den Quellen

politai

Name+Patronym+Demotikon Name+Patronym+Ethnikon Ῥόδιος Name+Patronym Name

matroxenoi

Name+Patronym+Demotikon+ματρὸς δὲ ξένας Name+Patronym+ματρὸς δὲ ξένας

Nichtbürger mit enktēsis und/oder epidamia

Name+Ethnikon+ ὧι ἁ (ἐπιδαμία καὶ) ἔνκτησις δέδοται

Nichtbürger mit epidamia

Name+Patronym+Ethnikon+ ὧι ἁ ἐπιδαμία δέδοται / ὧι ἁ ἐπιδαμία ἐδέδοτο Name+Ethnikon+ ὧι ἁ ἐπιδαμία δέδοται / ὧι ἁ ἐπιδαμία ἐδέδοτο

Metöken

Name+Ethnikon+μέτοικος Name+ἐγγενὴς μέτοικος

Nichtbürger ohne erkennbaren Rechtsstatus

Name+Ethnikon Name+Patronym+Ethnikon

3.4 Zusammenfassung 

Tab. 1 (fortgesetzt) Rechtsstatus

Namensformular in den Quellen

Polissklaven

Name+δαμόσιος Name+ἐγγενὴς δαμόσιος Name+Tätigkeit

Nachkommen von Sklaven

Name+Patronym+ἐγγενής Name+ἐγγενής Name+ἐγγενὴς ἐν+Geburtsort

Sklaven

Name+(meist regionales) Ethnikon Name+Tätigkeit Name

 95

4 Das rhodische Vereinswesen Durch die differenzierte Binnengliederung des rhodischen Polisterritoriums war jeder Rhodier einer Vielzahl ›politischer‹ Kollektive zugeordnet, was die entsprechenden Dekrete veranschaulichen, in denen die jeweiligen Entscheidungsorgane genannt werden. Ein Bürger war zunächst Teil des sympas damos bzw. des damos ho Rhodiōn; auf Phylenebene partizipierte er an den Versammlungen einer der ehemals unabhängigen Poleis und gehörte damit zur Gruppe der Lindioi, der Kamireis oder Ialysioi; auf lokaler Ebene war jeder Bürger in seinen Demenbezirk eingebunden1; als ktoinatas war er schließlich auf der untersten geographisch-administrativen Ebene einer ktoina zugehörig. Darüber hinaus existierten auch noch in hellenistischer Zeit wohl ursprünglich gentilizische Verbände, bei denen es sich um reine Bürgervereinigungen zu handeln scheint und die möglicherweise ebenfalls territorial organisiert waren2. Außerhalb dieser Polisstrukturen organisierten sich Bürger, insbesondere aber auch Nichtbürger und Sklaven in einer Vielzahl von Korporationen, die sehr unterschiedliche Gestaltungsformen annehmen konnten und sich unter dem Überbegriff ›Verein‹ subsumieren lassen3. Dabei sind die Grenzen zu den genannten gentilizischen Gruppierungen oftmals fließend. Einige der Vereine entwickelten einen hohen Organisationsgrad und verfügten über eigene Liegenschaften. Um allerdings diese Vereine angemessen beurteilen und ihre Stellung innerhalb des Polisgefüges bemessen zu können, ist zunächst das rhodische Vereinswesen in seiner Gesamtheit zu skizzieren; erst daran anschließend sind Überlegungen zu konkreten Formen der

1 Die drei Gemeinden Lindos, Kamiros und Ialysos waren ihrerseits nochmals jeweils in drei Phylen unterteilt, die in den Quellen aber praktisch keinen Niederschlag gefunden haben. 2 s. dazu Kap. 4.2.6. 3 Der deutsche Begriff ›Verein‹ eignet sich auch in seiner weitgefassten privatrechtlichen Verwendung, die vielgestaltigen antiken Korporationen angemessen zu erfassen; zu kritisch fällt in dieser Hinsicht die Bewertung von Sommer 2006, 27 f. aus, der den Begriff ›Verein‹ ablehnt und stattdessen von ›Vereinigung‹ spricht. Zwar ist der Vereinsbegriff bürgerlichrechtlich nicht definiert, als herrschende Meinung gilt jedoch: »Es muss ein freiwilliger Zusammenschluss mehrerer Personen auf unbestimmte Zeit oder doch für eine gewisse Zeit gegeben sein – mit dem Ziel, einen gemeinsamen nichtwirtschaftlichen oder einen wirtschaftlichen Zweck oder beide Zwecke zu verfolgen, – wobei die Personenvereinigung eine körperschaftliche Verfassung haben, einen Gesamtnamen führen und – in ihrer Existenz vom Wechsel der Mitglieder unabhängig sein muss.«, Reichert 2009, 1. Dass nicht sämtliche Vereine eine »körperschaftliche Verfassung« besaßen und »vom Wechsel der Mitglieder unabhängig« waren, ist dabei freilich zu berücksichtigen, ohne dass man deshalb aber den Begriff vollständig ablegen müsste. Für die Weiterverwendung des Begriffs ›Verein‹ in Bezug auf die antiken Verein hat zuletzt Eckhardt 2014, 4 f. plädiert. https://doi.org/10.1515/9783110572681-006



4.1 Kollektiv und Koinon 

 97

Interaktion zwischen Bürgern und Nichtbürgern in den räumlichen Kontexten anzuknüpfen (Kap. 5). Während lange Zeit jede Beschäftigung mit dem griechischen Vereinswesen damit begann, eine fehlende aktuelle Grundlagenforschung anzumahnen und auf die über hundertjährigen Standardwerke von Paul F. Foucart, Franz Poland sowie Erich Ziebarth zu verweisen, so hat sich die Situation in den letzten Jahren grundlegend verändert. Insbesondere ist hier das »Copenhagen Associations Project« zu nennen, im Rahmen dessen u. a. ein Inventar sämtlicher Vereine der griechischsprachigen Welt erarbeitet wird4. Inhaltlich widmen sich die Projektteilnehmer insbesondere der übergeordneten Frage der gesellschaftlichen Integration der Vereine in die Polis, der Beziehung zwischen Verein und Polisinstitutionen sowie der Zuordnung der Vereine zu den Bereichen ›öffentlich‹ und ›privat‹5. Für Rhodos sind neben verschiedenen richtungsweisenden Beiträgen von Vincent Gabrielsen die beiden Dissertationen von Luisa Benincampi und Stephanie Maillot zu nennen, die das rhodische Vereinswesen auf breiter Materialbasis bearbeitet haben6. Insbesondere Maillot hat die Formen von Vergemeinschaftungen detailliert herausgearbeitet, weshalb im Folgenden der Akzent auf Bereiche gelegt wurde, wo eine andere Gewichtung bzw. Einschätzung vorgenommen wurde. Es wird vor allem darum gehen, das Kollektiv ›Verein‹ als Interaktionsfeld zwischen Bürgern und Nichtbürgern zu konturieren und das Verhältnis zur Polis als rechtlichem und sozialem Bezugssystem zu bestimmen.

4.1 Kollektiv und Koinon Vor einigen Jahren hat Kostas Vlassopoulos für einen neuen Denkansatz plädiert, um die klassischen Polaritäten ›Bürger vs. Nichtbürger, Frauen und Sklaven‹, die für die Polis mit guten Gründen konstatiert werden, zu unterlaufen7. Dabei führt er zwei Konzepte ins Feld: Zum einen fordert er, den Blick auf die sog. »free spaces«

4  (17.02.2018). Einen nützlichen Überblick über das Vereinswesen erlaubt die Quellensammlung von Ascough – Harland – Kloppenborg 2012, die durch ein ergänzendes online-Angebot stetig erweitert wird ( [02.08.2016]); dort wurde auch eine umfangreiche Bibliographie zusammengestellt. Umfassendere Quellensammlungen bieten Kloppenborg – Ascough 2011 (Attika, Zentralgriechenland und Makedonien) sowie Harland 2014 (nördliche Schwarzmeerküste, Kleinasien). Es handelt sich hierbei jedoch nicht um vollständige Corpora. 5 s. die Einleitung zum ersten Kolloquiumsband von Gabrielsen – Thomsen 2015. 6 Gabrielsen 1994; 1997, 122–129; 2001; 2009; Benincampi 2008; die Arbeit von Maillot 2005 ist bislang nur als Mikrofiche in der Staatsbibliothek Berlin verfügbar; die wesentlichen Ergebnisse sind aber mittlerweile in mehreren Einzelbeiträgen publiziert: Maillot 2009; 2012; 2013; s. insbesondere den ausführlichen Überblick über die rhodischen Vereine in Maillot 2015. 7 Vlassopoulos 2007a; 2007b; 2007c. Für die folgenden Ausführungen s. auch in einem etwas breiter angelegten Kontext Boyxen 2017.

98 

 4 Das rhodische Vereinswesen

der Polis zu richten. Darunter versteht er die weitgehend institutionsfreien Bereiche der Polis, in denen Personen unterschiedlicher sozialer Herkunft täglich aufeinandertreffen, kommunizieren, gemeinsame Erfahrungen machen und dadurch ein Zusammengehörigkeitsgefühl entwickelten. Als Beispiel verweist er etwa auf die Nekropolen, die Tavernen und das Haus und exemplifiziert dies dann ausführlicher anhand der Agora des klassischen Athen. Der rechtlich-soziale Status sei in diesen »shared spaces« durch »new forms of identity« überlagert worden8. Sara M. Evans und Harry C. Boyte, denen Vlassopoulos dieses Konzept entlehnt, nehmen dabei explizit auf jegliche Formen von Vereinigungen außerhalb staatlicher Strukturen Bezug, denen sie ein hohes Integrationspotential zuschreiben9. Vlassopoulos selbst nennt in diesem Zusammenhang zwar nur am Rande dezidiert die Vereine als einen Ort, an dem solch eine statusübergreifende Kommunikation stattfand, doch weist er in einem weiteren Beitrag genau in diese Richtung, wenn er zum anderen fordert, den Blick auf die Netzwerke innerhalb der Polis zu richten, die in Form der aristotelischen koinōniai greifbar würden10. Das Konzept der koinōniai entlehnt er der – insbesondere in der Forschung zum griechischen Vereinswesen – vielzitierten Aristotelesstelle aus der Nikomachischen Ethik11, in der Aristoteles der Vielzahl heterogener koinōniai mit jeweils spezifischen Interessen Rechnung trägt, die aber letztlich alle auf die politike koinōnia bezogen seien. Beide Konzepte scheinen mithin für eine Beschäftigung mit dem Vereinswesen geeignet, waren dies doch häufig Orte ›statusübergreifender‹ Kommunikation. Bereits in den frühen Studien zum Vereinswesen wurde besonders der inklusive Charakter der Vereine hervorgehoben und auf die Mitgliedschaft von Nichtbürgern, Frauen und Sklaven verwiesen; das Vereinswesen habe quasi als Ersatzpolis – oder im kleineren auch als Ersatzfamilie – fungiert, indem es Nichtbürgern die Möglichkeit gegeben habe, an Versammlungen teilzunehmen, Dekrete zu verabschieden und Ehren zu erhalten12. Die Vorstellung des Bereichs der Vereine als free spaces befördert indirekt auch Gabrielsen, wenn er im Anschluss an Poland u. a. als ein maßgebliches Charakteristikum die Tatsache bezeichnet, dass sich die Vereine von den rechtlichen Statuskriterien zumindest insoweit distanziert hätten, als keine grundsätzlichen Mit-

8 Vlassopoulos 2007a, 38. 9 Evans – Boyte 1986, 187–201 betrachten die »voluntary associations« insbesondere als Raum für die Entfaltung demokratischer Meinungsbildung. 10 Vlassopoulos 2007b, 12 und 15; in diesem Beitrag spricht er nicht von ›free spaces‹; fast identisch ist dies auch in Vlassopoulos 2007c, 86 f. formuliert. 11 Aristot. eth. Nic. 1160a (8, 9, 4–6). 12 Foucart 1873, 5–10; Ziebarth 1896, 192 f. wertet die Entstehung von Kultvereinen insgesamt als Indikator für den Niedergang der Polisgesellschaft: »Der fortschreitende Zerfall des bürgerlichen Lebens und die Lockerung des Familienzusammenhangs bewirkten naturgemäss, dass auch der Einzelne sich aus dem religiösen Bande, welches bisher Gau- und Staatsgenossen vereinigt hatte, losgelöst fühlte.«



4.1 Kollektiv und Koinon 

 99

gliedschaftskriterien gefordert wurden13. Das Vereinswesen habe frei von rechtlichen oder ideologischen Zwängen die Möglichkeit intensiver Interaktion zwischen Bürgern und Nichtbürgern geschaffen und auch Chancen sozialer Assimilation geboten14. Diese jenseits der Polisinstitutionen organisierten Vereinigungen hätten formell alle Mitglieder als gleich betrachtet. Obwohl die koina in detaillierter Weise sämtliche Polisinstitutionen imitierten, hätten sie in dieser Hinsicht einen auffallenden Gegenpart zur Polis dargestellt15. Darüber hinaus verweist auch er insbesondere mit Blick auf Rhodos auf den Netzwerkcharakter der Vereine, wodurch sämtliche Bereiche der Polis auf vielfältige Weise miteinander verknüpft worden seien. Diese Beobachtungen sind in verschiedenen Punkten zu relativieren bzw. zu präzisieren. An dieser Stelle seien insbesondere zwei wesentliche Aspekte genannt, die bei einer Bewertung der sozialen Konstellationen der Vereine stärker zu gewichten sind. Zum einen ist zu bemerken, dass der Begriff ›Verein‹ bzw. das griechische Pendant koinon, das insbesondere in den rhodischen Quellen für die Mehrzahl der Vereine verwendet wird und insofern auch als analytischer Begriff taugt, ein Sammelbegriff für eine Vielzahl korporativer Organisationen ist, die man nicht pauschal mit dem Signum ›inklusiv‹ versehen kann16. Wenn Inklusion stattfindet, ist zum anderen danach zu fragen, in welcher Form sich dieser Prozess überhaupt vollzieht – auch hier wäre ja eine hierarchische Klassifikation beim Vereinseintritt denkbar17. Über-

13 Gabrielsen 2009, 179 und 186; Gabrielsen 1997, 123; ebenso etwa Baslez 2008, 336 f. Vgl. demgegenüber schon die relativierenden Äußerungen von Poland 1909, 298. 328 f. bezüglich der Mitgliedschaft von Frauen und Sklaven. 14 Gabrielsen 2001a, 228 f. 15 Gabrielsen 2001a, 217. Vgl. dazu auch Constantakopoulou 2012, 316–321, die das τὸ κοινὸν τῶν ἐν Σύμαι κατοικούντων (IG XII 3, 1269 und 1270) als politische Organisationsform annimmt, an deren Versammlungen neben Bürgern von Syme auch andere Rhodier sowie Nichtbürger teilnehmen durften. Hierin sei möglicherweise eine Rückwirkung des Vereinswesens auf den Bereich des Politischen zu sehen; s. dazu Kap. 3.2.2. Vgl. ferner die allgemeine Einschätzung von Baslez 2008, 351, die Vereine hätten maßgeblich die Integration der Nichtbürger vorangetrieben und damit einen zentralen Kompetenzbereich der Polis übernommen. Die Verbreitung des Vereinswesens hätte gewissermaßen dazu beigetragen, dass »le privilège du citoyen, c'est-à-dire la fonction politique, devient quelque peu relatif«. 16 Demgemäß werden in der vorliegenden Arbeit die Begriffe ›Verein‹ und koinon synonym verwendet. 17 s. dazu auch Stichweh 1997, 48–50. Arnaoutoglou 2011 beabsichtigt zwar den sozialen Status von Vereinsmitgliedern für Athen zu untersuchen (a. O. 27 f.), beschränkt sich dann jedoch weitgehend darauf, die Schwierigkeiten bei der Bestimmung des rechtlichen Status bei Vereinsmitgliedern herauszustellen, die in Vereinslisten teilweise nur mit bloßem Namen erscheinen. Dass in attischen Vereinsinschriften häufig Mitglieder nur mit Individualnamen genannt werden, sei darauf zurückzuführen, dass sie nicht verfasst worden seien, »in order to clarify the status of the participants« (a. O. 33); da sie innerhalb des Vereinsbezirks standen, habe keine Notwendigkeit bestanden, die Personen mit vollem Namen zu verzeichnen. Inwieweit der rechtliche Status auch für die soziale Positionierung maßgeblich ist, diskutiert er nicht. Insgesamt bleiben die Schlussfolgerungen auch für

100 

 4 Das rhodische Vereinswesen

haupt versperrt das Verständnis der Vereine als inkludierende Organisationen den Blick darauf, dass sich auch diese maßgeblich über das Kriterium der Partizipation definierten. Es ist daher durchaus mit Exklusionsbestrebungen seitens der Vereinsmitglieder zu rechnen, wobei Exklusion nicht unbedingt ein Ausschluss aus dem Kollektiv Verein bedeuten muss, sondern auch im Sinne einer ›exclusion sûr place‹ stattfinden konnte18. Dabei ist gleichermaßen zu berücksichtigen, dass der allgemeinen Bezeichnung koinon zunächst keine Informationen über die Dauerhaftigkeit oder Organisationsstruktur der so benannten Vereinigung zu entnehmen sind. Wenn sich eine Gruppierung zu einem koinon zusammenfand, so setzt dies keineswegs voraus, dass mit dem Gründungsakt die Verabschiedung einer Vereinssatzung verbunden war. Die Bezeichnung koinon gibt zunächst keine Auskunft über den Institutionalisierungsgrad eines Kollektivs. Als Definition der sog. private associations haben Gabrielsen und Thomsen neben einem spezifischen Namen und klaren Regeln der Mitgliedschaft vor allem das Kriterium der Organisation und damit verbunden die Dauerhaftigkeit benannt, um die Vereine von loseren Gruppierungen zu unterscheiden19. Diese Merkmale lassen sich aber in vielen Fällen nicht eindeutig bestimmen, gerade dann, wenn ausschließlich der Name einer Gruppierung bekannt ist. Ephemere Verbindungen, die hauptsächlich zur Ehrung einer Person entstanden waren, wird man etwa bei den militärischen Gruppierungen annehmen können. In solchen Fällen wird im Folgenden der Begriff ›Vereinigung‹ vorgezogen. Ansonsten werden sämtliche Gruppierungen mit einem spezifischen Namen allgemein als ›Verein‹ bezeichnet. Sofern man die Entstehung von Vereinen, die einen hohen Organisationsgrad aufweisen und in der Tat in auffälliger Analogie entsprechend der Polisinstitutionen strukturiert waren, als Institutionalisierung oder Produktion der ›free spaces‹ betrachtet, stellt sich unmittelbar die Frage, ob innerhalb eines Vereins andere Faktoren für die soziale Positionierung wirksam waren. Schließlich suggeriert ja gerade der Begriff ›free space‹, dass es sich um einen Bereich handele, in dem der Status einer Person neu ausgehandelt werden könne. Kommunikation zwischen statusungleichen Personen summiert sich aber nicht zwangsläufig zu einem solidarischen Miteinander; ganz im Gegenteil manifestieren sich Statusdifferenzen oftmals gerade erst in konkreten Interaktionssituationen. Es geht daher weniger um ein Infragestellen von zweifelsfrei gültigen Dichotomien, sondern darum, zu klären, ob Voraussetzungen gegeben

die Frage nach der Form des Vereinslebens recht vage. Trotzdem wird der Unterschied zu den rhodischen Vereinen deutlich, wo der Status der Vereinsmitglieder vergleichsweise gut bestimmbar ist; s. Kap. 5.2.2. Eine Ausnahme für Athen könnte SEG 54.235 darstellen. 18 Die Formulierung »exclusion sûr place« geht auf Michel Foucoult zurück; s. Stichweh 2005, 57. Den inklusiven Charakter der Vereine relativiert auch Arnaoutoglou 1998, 70. 80 f., der mit Blick auf Athen das Vereinswesen eher als stabilisierendes Element der sozialen Ordnung betrachtet. Vgl. auch Wilson 1996, 11. 19 Gabrielsen – Thomsen 2015, 10–12.



4.1 Kollektiv und Koinon 

 101

waren, die einer Reproduzierung sozialer Ungleichheiten entgegenwirkten. In dieser Hinsicht wird es entscheidend sein zu bestimmen, auf wessen Initiative überhaupt ein Verein gegründet wurde. Ebenso ist zu überlegen, wie sich ein Verein gegenüber anderen koinōniai positioniert oder vielmehr abgrenzt. Wo sind sie grundsätzlich innerhalb der Polisgesellschaft zu verorten? Gerade letzteres ist in jüngster Zeit intensiv diskutiert worden, wobei die Schwierigkeit deutlich geworden ist, die Vereine den Bereichen to dēmosion oder to idion zuzuordnen, da sie irgendwo dazwischen zu liegen scheinen20. Dies äußert sich etwa auch in den variierenden Kompromissbezeichnungen der Vereine als »non-public«, »private« oder »voluntary associations«21. Die Schwierigkeit einer solchen Zuordnung liegt gerade darin begründet, dass sich das Vereinswesen nicht auf einen bestimmten Raum der Polis beschränken lässt, sondern ein Phänomen darstellt, das in unterschiedlicher Intensität in nahezu sämtlichen Bereichen der Polis begegnet. Da die Vereine in den Kategorien ›öffentlich/privat‹ kaum zu fassen sind und das Konzept eines ›free space‹ keinen angemessenen Zugang erlaubt, bedarf es einer anderen methodischen Annäherung. Im Folgenden soll daher auch hier die Frage nach der Partizipation in den Vordergrund gestellt und die Konstitutionsbedingungen der Vereinskollektive skizziert werden. Gerade für den Bereich des Vereinswesens bieten die Ausführungen zur Kollektivität von Klaus P. Hansen eine Möglichkeit, sich dem Vereinswesen auf eine deskriptive Weise anzunähern und durch Fragen nach den pan- und präkollektiven Aspekten auch den Charakter dieser besonderen ›Vereinsöffentlichkeit‹ genauer zu erfassen22. Der methodologische Vorzug dieser Vorgehensweise besteht darin, dass dem Vereinswesen nicht a priori eine Netzwerkmetapher zugrunde gelegt wird, sondern zunächst ausschließlich potentielle Kontaktmöglichkeiten offengelegt werden23. Für die Polisgesellschaft ist allerdings damit zu rechnen, dass kollektivexterne Einflüsse weitaus häufiger virulent wurden als in einer funktional ausdifferenzierten Gesellschaft. Trotzdem mahnt dies zur Vorsicht, zunächst die Kollektive beschreibend

20 s. hierzu bes. die Beiträge von Ustinova 2005, Jaccottet 2005 und Suys 2005, die auf ein Kolloquium im Jahr 2003 mit dem Thema »Ἰδίᾳ καὶ δημοσίᾳ: les cadres ›privés‹ et ›publics‹ de la religion grecque antique« zurückgehen. Gabrielsen – Thomsen 2015, 16 haben jüngst vorgeschlagen, die drei Bereiche to idion, to dēmosion und to hieron durch einen ›fourth space‹ zu erweitern. Kloppenborg 2016 hat zu Recht kritisiert, dass dadurch jedoch der Bereich to hieron als separater Bereich verstanden werde; er schlägt vor, Vereine als »third space« zu betrachten, die zwischen den Sphären Familie und Polis zu verorten seien. 21 Am verbreitesten scheint derzeit die Bezeichnung »private associations« zu sein, s. etwa zuletzt Gabrielsen – Thomsen 2015, die diese Bezeichnung aber eben nicht als Gegenbegriff zum öffentlichem Raum definieren, sondern im Sinne von ›nicht staatlich‹ verstehen. 22 s. dazu Kap. 2.3. 23 Vgl. Boyxen 2017, bes. 117–121. 132 f.

102 

 4 Das rhodische Vereinswesen

zu erfassen, bevor der Blick auf die Vernetzungen zu richten ist24. Die Problematik einer zu voreiligen Interpretation von nachgewiesenen Kontakten als Netzwerke wird etwa bei der Beurteilung des Vereinswesens durch Gabrielsen deutlich, der mit der Netzwerkmetapher wichtige Verbindungslinien in den Blick rückt, aber die Quellenbelege zu alles umfassenden Netzwerkstrukturen verdichtet, die letztlich auch seiner These zugrunde liegen, die Gestaltung und Kontrolle der Vereine habe maßgeblich in den Händen rhodischer Aristokraten gelegen. In der Annahme, die Vereine seien in erster Linie darauf angelegt, menschliche und wirtschaftliche Ressourcen zu binden und der Polis zur Verfügung zu halten, begreift er das Vereinswesen geradezu utilitaristisch als gezieltes Machtinstrumentarium der rhodischen Aristokratie, deren Mitgliedern er einen »aristocratic habit of founding koina« zuschreibt25. Gerade die Vereinsgründungen lassen sich aber keineswegs in der von ihm dargestellten Weise ausschließlich auf Mitglieder der rhodischen Führungsschicht zurückführen26. Dies führt zwar auch Maillot an einer Stelle an27, trotzdem folgt sie im Wesentlichem der Argumentation von Gabrielsen28. Sie hat darüber hinaus insbesondere das Verhältnis der Nichtbürger-Vereine zur Polis und der Integration der Vereine in die Polisgesellschaft untersucht. Doch viele von ihr postulierten Verbindungen lassen sich keineswegs zweifelsfrei anhand des Quellenmaterials bestätigen29. Problematisch erweist sich zudem, dass zwar die Vielgestaltigkeit des Vereinswesens hervorgehoben wird, bisweilen aber in der Bewertung keine konsequente

24 Schließlich sind die traditionellen Dichotomien nicht bereits dadurch überwunden, dass man das Vereinswesen zum zentralen Untersuchungsgegenstand erklärt. 25 Vgl. Gabrielsen 2001a, bes. 221. 223 sowie 225: »the Rhodian aristocracy both exercised effective control over a resource-rich human potential and personally monitored its organization into corporate units functionally linked to the military/naval establishment«; wenig später heißt es dann auf derselben Seite: »the aristocratic habit of founding koina can hardly have been unconnected to the customary endeavours of that class, via activation of the mechanisms of patronage, to exploit the human potential which they controlled (foreign as well as native) as an asset in their execution of public responsibilities«; auf S. 226 mündet dies dann in der Aussage »(...) it was not a question of the associations being tolerated or encouraged by the state: they were simply in the hands of persons who ran the state«. Zur rhodischen Oberschicht s. Kap. 3.1.3. 26 s. bes. Kap. 4.2.3. 27 Maillot 2013, 206. 28 Maillot 2015, 164 f. Vgl. auch das Resümee a. O. 172, wo sie ähnlich wie Gabrielsen den utilitaristischen Charakter der Vereine betont, indem sie anmerkt, für den rhodischen Staat seien die Vereine ein Mittel gewesen, die verschiedenen Teile der Bevölkerung zu kontrollieren. 29 Maillot 2015, 162–165. So vermutet sie etwa, die staatlichen ktoinai hätten die von Nichtbürgern bevorzugte »mode of association« übernommen; diese These gründet aber wiederum auf der nicht gesicherten Annahme, die ktoinai hätten ab dem 1. Jh. v. Chr. Nichtbürger in ihre Reihen aufgenommen. In ihrer Zusammenfassung führt sie a. O. 171 schließlich aus, die gesellschaftliche Integration der Vereine habe zur Entstehung einer neuen Elite geführt. Als Beispiel verweist sie in diesem Zusammenhang auf eine Familie aus Arados, für die aber wiederum kein Vereinsbezug belegt ist.

4.2 Konstitutionsfaktoren 

 103

Berücksichtigung findet30. In gleicher Weise gilt das für die Beurteilung des rhodischen Vereinswesens durch Volker Grieb, der die zunehmende Zahl von Vereinsgründungen als maßgeblichen Auslöser für die von ihm postulierten Änderungen der rhodischen Gesellschaftsstruktur in späthellenistischer Zeit ausmacht. Da im 2. Jh. v. Chr. zunehmend Nichtbürger über das Vereinswesen eine herausragende Stellung in der Polis eingenommen hätten und führende Rhodier ihre euergetische Tätigkeit vermehrt den Vereinen zukommen ließen, habe der Bürgerrechtsstatus sukzessive an Bedeutung verloren; als Resultat habe sich eine wohlhabende Führungsschicht etablieren können, die auch Nichtbürger einschloss31. Diese Annahme stützt sich auf die Prämisse, das Vereinswesen hätte grundsätzlich die Chancen sozialer Mobilität befördert bzw. soziale Differenzen langfristig aufgehoben, was überhaupt erst zur Diskussion gestellt werden muss. Es soll nun zunächst ganz grundlegend danach gefragt werden, welche primären Konstitutionsfaktoren sich überhaupt für die Organisation verschiedener Vereine bestimmen lassen. In dem anschließenden Kapitel können dann die konkrete Vereinspraxis betrachtet und das Verhältnis der Vereine zur Polisgesellschaft diskutiert werden.

4.2 Konstitutionsfaktoren Es ist bereits seit längerem auf die Problematik verwiesen worden, die antiken Vereine nach funktionalen Kriterien systematisch kategorisieren zu wollen. So hat es etwa weder in Rom noch in der griechischen Polis reine Begräbnisvereine gegeben; ebenso ist mit dem Begriff ›Kultverein‹ für eine funktionale Systematisierung wenig gewonnen, da der Kult als Wesensbestandteil praktisch jedem Verein in unterschiedlicher Ausprägung inhärent ist32. Statt nach einer vermeintlichen raison d’être zu suchen, lässt sich dagegen in mehreren Fällen der Anlass für die Formierung – oder mit Hansen das zentrale Element ›partieller Gemeinsamkeit‹ sowie die ›Virulenzbedingungen‹ – bestimmen, ohne damit die Vereine nach monofunktionalen Kategorien zu klassifizieren. Dies ist auch insofern von Interesse, als sich daraus mittelbar

30 s. bes. Gabrielsen 2001a, 226 f., wo er allgemein bemerkt, die koina seien bestrebt gewesen, ihre Dekrete durch die Polis bestätigen zu lassen und eine Erlaubnis zur Aufstellung der Stele in einem öffentlichen Heiligtum zu erhalten; dabei fehlt allerdings der entscheidende Hinweis, dass es sich bei den zitierten Beispielen um Vereine mit gentilizischen Ursprüngen und somit um reine Bürgervereinigungen handelt. 31 Grieb 2008, 342 f. und 363. Zu widersprechen ist ferner der a. O. 271 geäußerten Feststellung, das Vereinswesen hätte »den ansässigen Nichtbürgern die Möglichkeit eines Engagements für die Polis sowie damit einhergehend auch eine Einbindung in deren Gemeinschaft« gewährt. 32 Dies hat jüngst nochmals Rhode 2012, 15 betont. Zur Beschreibung der äußerlichen Erscheinungsform kann es allerdings trotzdem hilfreich sein, von ›Kultvereinen‹ zu sprechen, s. Kap. 7.3.

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 4 Das rhodische Vereinswesen

Aussagen über den Grad der In- bzw. Exklusivität der jeweiligen Korporation treffen lassen33. Da vielfach nicht mehr als der Name des Vereins bekannt ist, muss dieser häufig zwangsläufig als Ansatzpunkt gewählt werden.

4.2.1 Gemeinsame Tätigkeit Offensichtlich tritt der primäre Organisationsfaktor bei den zahlreichen Vereinigungen amtierender oder gewesener Amtskollegen hervor. So schlossen sich im 1. Jh. v. Chr. die Prytanen – die höchsten Magistrate der Stadt – mit ihrem Ratsschreiber zu dem πρυτανίων συναρχόντων καὶ βουλᾶς γραμματέως κοινόν zusammen, um ihren ehemaligen Kollegen Ploutarchos mit zwei Goldkränzen zu ehren34; in praktisch identischer Weise organisierten sich die Strategen und die Schatzmeister, bei denen es sich ebenfalls um einstige Kollegen des Ploutarchos handelt, jeweils vereinsmäßig35. Vergleichbare korporative Verbindungen finden sich im Bereich des Kultischen36 und besonders des Militärischen, in dem sich häufig Unterabteilungen eines Truppenkontingents der Seesoldaten oder Abteilungen einer Schiffsbesatzung zu einem koinon zusammenfanden; die Mitglieder stellten sich dann auch oft unter den Schutz einer Gottheit. In den Inschriften begegnen diese dann etwa als Athanaistai strateuomenoi syskanoi (»die Zeltgenossen, die gemeinsam kämpfen und Athana verehren«)37, oder als Samothraikiastān mesoneōn koinon (»die Gemeinschaft der – in der Mitte sitzenden – Ruderer und Anhänger der samothrakischen Mysterien«)38; ab dem 1. Jh.

33 Vgl. die Vorgehensweise von Rhode 2012, 14 f., die ausgehend von der Selbstbezeichnung der römischen Kollegien zwischen Berufs- und Kultvereinen unterscheidet. 34 Pugliese Carratelli, Associazioni, Nr. 7. Zu Ploutarchos s. Kap. 5.2.3. 35 Die Kollegien bezeichnen sich als στραταγῶν συναρχόντων κοινόν sowie als ταμιᾶν συναρχόντῶν κοινόν; vgl. hierzu Kontorini, Inscriptions inédites, Nr. 3 Z. 12–20 (1. Jh. v. Chr.); bei der Inschrift handelt es sich um eine Dedikation an die θεο̣ ῖς τοῖς ἐν Σαμοθ̣ ρ̣ ᾴκᾳ des amtierenden Priesters der samothrakischen Götter Diopeithes, Sohn des Aristonidas, aus dem Demos Chalke; Diopeithes hatte bereits früher als Prytane amtiert und war ebenso wie Ploutarchos von dem »koinon der Prytanen- und den Ratsschreiber-Kollegen« (hier im Plural βουλᾶς γραμμ〈α〉τέων), »dem koinon der Strategen-Kollegen« sowie dem »koinon der Schatzmeister-Kollegen« mit goldenen Kränzen geehrt worden. 36 s. etwa das τῶν ἰεροθυτησάντων ἐν Ἐρεθίμοις κοινόν, Maiuri, Nuova Silloge 18 Z. 25. 37 I. Lindos 392 B Z. 16 f. (frühe Kaiserzeit). Auf Tenos hatte eine rhodische Schiffsbesatzung – nachdem sie in Delphi ein Orakel eingeholt hatte (κατὰ τὸν ἐκ Δελφῶν χρησμόν) – ein Votiv für alle denkbaren Schutz- und Kriegsgottheiten geweiht; die Dedikation richtet sich an Zeus Sōtēr, Athana Sōteira, Poseidon Asphaleios (»den Beschützer«), Artemis Orthōsia, Herakles, Ares, Athana Areia, Enyo und Enyalios sowie Nike; IG XII 5, 913 (2. Jh. v. Chr.). Vgl. die Weihung des Sophoklēs aus Soloi an Zeus Sōtēr und Poseidon Asphaleios, die er für einen Sōteriastai-Verein tätigte (App. I 8 = ADelt B 23, 2, 1968, 445). Neben den beiden Gottheiten spricht auch der Fundort der Inschrift in der Nähe des Hafens in Rhodos-Stadt dafür, dass es sich um einen Verein von Seefahrern handelt; Eckert 2001, 105 f. Ein militärischer Bezug ist nicht erkennbar. 38 IG XII 1, 43 Z. 8–13 (Ende 2./Anfang 1. Jh. v. Chr.); vgl. dazu auch Kap. 8.2.

4.2 Konstitutionsfaktoren 

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v. Chr. treten sie gelegentlich auch mit einem Verweis auf den Namen des Schiffes auf, auf dem sie ihren Dienst versahen39. An diesen Beispielen ist deutlich zu sehen, wie die tägliche, unmittelbare, räumliche Nähe, das existenzielle Angewiesensein auf das Funktionieren der Gemeinschaft, das Bestreben förderte, sich in einem Verein zu organisieren40. Auch einfache Soldaten gründeten oft erst nach Beendigung ihres Dienstes einen Verein; so ehrte »das koinon der Anhänger der samothrakischen und lemnischen Mysterien, die zusammen gekämpft haben« (τὸ Σαμοθρᾳκιαστᾶν καὶ Λημνιαστᾶν τῶν συνστρατευσαμένων κοινόν) einen Flottenbefehlshaber mit einem goldenen Kranz41. Bei der überwiegenden Zahl dieser unmittelbar aus den Polisstrukturen hervorgegangenen Vereinigungen hat man sicherlich eher schwach ausgeprägte korporative Strukturen zugrunde zu legen, die auch zeitlich nur von begrenzter Dauer waren. Die Konstituierung des Vereins war praktisch nur eine Ausdrucksform einer ohnehin schon bestehenden Beziehung. Durch die Vereinsgründung entstand kein neues Kollektiv42. Ob solch eine vorübergehende Verbindung überhaupt mit einem offiziellen Gründungsakt bekräftigt wurde, wird man bezweifeln dürfen. Vielfach werden sich die Vereinigungen gewesener Magistrate möglicherweise nur anlässlich der Ehrung eines Kollegen zu einem koinon zusammengeschlossen haben43. Der Stratege Τιμοκράτης Πολυχάρμου war etwa mit einer Statue von seinen Amtskollegen ausgezeichnet worden, die sich kollektiv als Τιμοκράτειοι συνάρξαντες στραταγοὶ καὶ ταμίαι bezeichneten44. Interessant ist in diesem Zusammenhang die Ehreninschrift für eine namentlich nicht bekannte Person, die im 2. Jh. v. Chr. von mindestens 27 Vereinen und Vereinigungen geehrt worden ist. Darunter sind ebenfalls mehrere korporativ organisierte Kollegien gewesener Magistrate, wie etwa die »Strategen, die zusammen amtiert haben« (στραταγοὶ συνάρξαντες); die hagemones verwiesen dann sogar auf die Dauer ihrer gemeinsamen Amtszeit: ἁγεμόνες τῶν πέντε μῆν[ας] συνάρξαντες45. Auch wenn diese sich nicht als Verein organisiert hatten – zumindest führen sie nicht

39 s. etwa die Παναθηναϊσταί στρατευόμενοι ἐν τριημιολίᾳ ᾇ ὄνομα Εὐανδρία Δ, I. Lindos 420 A Z. 10 f. 40 Gabrielsen 2001a, 222 f. sieht darin jeweils Unterabteilungen eines Großvereins, s. ebenso Gabrielsen 1997, 124 sowie zuletzt nochmals Gabrielsen 2014. Dafür gibt es allerdings keinen eindeutigen Beleg. Vielmehr ist anzunehmen, dass sich die Soldaten einzelner Truppenteile ebenso organisierten, wie es auch die Strategen und hagemones taten; s. dazu auch demnächst die berechtigte Kritik von Kah 2014, Kap. II 8.2. 41 IG XII 1, 43. 42 Vgl. hierzu auch Poland 1909, 127 f. 43 Vgl. in dieser Hinsicht bes. Launey 1987, 1005–1008 zu den militärischen Vereinigungen. In Tanagra in Boiotien tritt hingegen ein Verein von Bogenschützen in einem funerären Kontext in Erscheinung, was auf eine längerfristige Verbindung deutet (Marchand 2015, 244–248. 259–261 Nr. 6. 7). Es könnte sich hierbei aber auch um eine Gruppe von Söldnern handeln. 44 Suppl.Epigr.Rh. 22 Z. 18–20. Für die Praxis der Vereine sich nach Personen zu benennen s. Kap. 4.2.3. 45 Pugliese Carratelli, Associazioni, Nr. 19 Z. 7–10.

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 4 Das rhodische Vereinswesen

die Bezeichnung koinon – so werden sie sich doch wohl kaum von anderen militärischen Korporationen unterschieden haben. Auf derlei Korporationen temporären Charakters scheint sich auch die frühkaiserzeitliche Ehreninschrift für die Priesterin ῾Ιεροβούλα zu beziehen. Dort heißt es, sie sei [ὑπὸ συνπά]ντων τῶν ἐράνων τῶν πα[ρα]γενομέν〈ω〉ν ἐπ’ ἰ[ερέως τᾶ]ς̣ Ἀθάνας Καλλιστράτου, also »von sämtlichen Vereinen, die zusammengekommen sind, als Kallistratos als Athanapriester amtierte«, geehrt worden46. Einige militärische Vereine benannten sich auch nach dem Archon und Trierarchen, unter denen sie dienten, was der Korporation ebenfalls einen temporären Charakter verleiht. Dies wurde dann in der Vereinstitulatur mit ὑπὸ ἄρχοντα bzw. ὑπὸ τριήραρχον ausgedrückt47. Dass die militärischen Vereine gezielt von Mitgliedern der rhodischen Führungsschicht gegründet wurden, um permanent Besatzungen für die Flotte in Bereitschaft zu halten, wie es Gabrielsen annimmt, lässt sich dagegen nicht wahrscheinlich machen48. Bei den soeben genannten Vereinen macht allein schon die Formulierung mit ὑπὸ in Verbindung mit dem jeweiligen Kommandeur deutlich, dass die Initiative zur Vereinsgründung von den Besatzungsmitgliedern ausgegangen ist; mehr noch wird man davon ausgehen dürfen, dass die Offiziere selbst nicht immer Mitglieder dieser Vereine waren. Dennoch darf man insbesondere für die militärischen Vereinigungen annehmen, dass durch die Vereinsgründung die Gemeinschaft eine zusätzliche identifikatorische Dimension erhalten hat und damit fortan eine andere Qualität besaß; die Soldaten, die sich gemeinsam in die samothrakischen Mysterien einweihen ließen, waren dann nicht mehr bloße synstrateusamenoi, sie waren zu synmystai geworden49. Solch eine

46 I. Lindos 420 A, Z. 26–28 mit dem Kommentar von Blinkenberg auf S. 795. 47 s. etwa das Παναθηναϊστᾶν στρατευομένων κοινὸν ὑπὸ ἄρχοντα Λυσίμαχον καὶ τριήραρχον Φαρνάκη, SEG 58.815. Aber s. die Ehrung des Panathēnaistai strateuomenoi koinon für Lysimachos in Jacopi, ClRh 2, 1932, Nr. 19, wo der Zusatz ὑπὸ ἄρχοντα fehlt. Diese Bezugnahme auf die jeweiligen Befehlshaber der Schiffe ist auch bei Vereinigungen gewesener Soldaten zu beobachten, s. das [Πα]ναθηναϊστᾶν στρατευσαμ[έ]νων κοινὸν τῶν τε [ὑπὸ ἄρχοντα] τετρηρέων Τιμόθεο[ν] καὶ ἐπίπλουν [– – – καὶ τ]ῶ̣ν ὑπὸ ἄρχοντα τ[ετρηρ]έων Ἕστει{ει}ον καὶ [ἐπίπλουν – – –], I. Lindos 303 Z. 11–14. 48 Gabrielsen 1997, 125–127. 49 Pugliese Carratelli, Associazioni, Nr. 13: [τὸ κοινὸ]ν τὸ Σαμοθρα[ι]κιαστᾶν [Νικο?σ]τρατείων συνμυστᾶν [συνστρα]τευσαμένων ὑπὸ τριήραρχον [– – –]ω̣να̣ Φ̣[ίλ]ω̣νος. Zu überlegen wäre, ob sich hinter dem κοινὸν τὸ Σαμοθραικιαστᾶν Πτολεμαιείων Κλευπατρείων Βερενικείων τῶν συνμυηθέντων μετὰ ἄρχοντος Ἀνδρονίκου (Grzybek 2008, 68 f. = SEG 58.817) ebenfalls eine militärische Vereinigung verbirgt. Zwar gab es auch in Vereinen als archontes bezeichnete Amtsträger, die hier verwendete Formulierung erinnert aber besonders an die zahlreichen Dedikationen rhodischer Seesoldaten, in denen sie an erster Stelle den Archonten nennen, unter dem sie gekämpft haben (οἱ στρατευσάμενοι μετὰ ἄρχοντος); demnach wäre hier dann die Bezeichnung οἱ στρατευσάμενοι vollständig durch οἱ συνμυηθέντες ersetzt worden. In der Ehreninschrift wird für den Honoranden Apollodotos, Sohn des Polykrates, gemäß Adoption Sohn des Sosistratos, zwar kein militärisches Amt genannt; allerdings war der Vater des Apollodotos Stratege, hatte zweimal die Trierarchie übernommen und im Wettstreit

4.2 Konstitutionsfaktoren 

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religiöse Bindung wird sicherlich dazu beigetragen haben, dass die Soldaten auch nach der Beendigung des Militärdienstes diese Gemeinschaft zumindest für eine gewisse Zeit weiterhin pflegten. Eine eigene Kasse, die Anzeichen einer festeren Organisation wäre, muss man für diese Verbindungen nicht postulieren. Die Ehrungen ließen sich jedenfalls ebenso durch spontane Spendensammlungen finanzieren. Insgesamt ist zu bemerken, dass sich diese ›Magistrats‹-Vereine ausschließlich aus der Bürgerschaft zusammensetzten; nur in den Reihen der Schiffsbesatzungen waren vereinzelt Nichtbürger anzutreffen; der Anteil an Nichtbürgern wird demnach marginal gewesen sein50. Vereine, denen nachweislich Fremde angehörten, gaben sich demgegenüber keine Selbstbezeichnung, die auf eine gemeinsame Tätigkeit verwies. Eine Eigenart der rhodischen Vereine besteht zudem darin, dass bisweilen auch der Ort, an dem das koinon seinen Sitz hatte, an die Vereinstitulatur angeschlossen wird. Eine Vereinigung von »Zeltkameraden« fügte dem Vereinsnamen die Ortsangabe τῶν ἐν τῷ ἄσστι bei51. Nicht zwangsläufig sind hier jedoch gemeinsame berufliche Tätigkeiten vorauszusetzen. Ein Verein konnte sich dadurch schlichtweg von einer namensgleichen Vereinigung eines anderen Ortes abgrenzen. Bezeichnenderweise sind drei ansonsten unbekannte Ortschaften nur durch Vereinsnamen bekannt52.

4.2.2 Kult Ein Großteil der Vereine setzte sich ausschließlich oder überwiegend aus Nichtbürgern zusammen. Diese Vereinigungen lassen sich meistens als ›Kultvereine‹ ansprechen. Als ›Kultverein‹ werden hier sämtliche Korporationen verstanden, die sich einen von einer Gottheit abgeleiteten Namen gaben, ohne dabei auf die tatsächliche Kultpraxis Bezug zu nehmen53. Insofern ermöglicht der Begriff sowohl eine Abgrenzung gegenüber Vereinigungen, die sich aus amtierenden oder ehemaligen Magistratskollegien konstituieren, als auch gegenüber den patrai und diagoniai Vereinen; beiden fehlt ein theophorer Namensbestandteil, wenngleich besonders letztere ein ausgeprägtes Kultleben aufzuweisen haben54. Vielfach ist der Kult überhaupt das einzige Element ›partieller Gemeinsamkeit‹, das die Vereine durch ihre Publikationspraxis demonstrativ nach außen tragen und mithin in den Quellen unmittelbar greifbar wird. Allerdings

um die beste Ausrüstung des Schiffes gesiegt, Grzybek 2008, 72 (mit der Korrektur von Chaniotis in SEG 58.817). 50 s. dazu Kap. 8 1 1. 51 ADelt B 24, 2, 1969, 461. 52 Bei den Ortschaften handelt es sich um Kytelos (Tit.Cam. 84 Z. 16) sowie Phanes und Salakos ­(Papachristodoulou 2009a und 2009b). 53 Rhode 2012, 15. 54 Freilich weisen die Namen der militärischen Vereinigungen durchaus theophore Namen auf.

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 4 Das rhodische Vereinswesen

ist es nicht möglich, allein von einem Kultnamen sicher auf die Zusammensetzung der Vereinsmitglieder zu schließen. So hatten die samothrakischen Kabiren zweifellos besonders viele Kultanhänger unter den Besatzungsmitgliedern der rhodischen Flotte; als Schutzgottheiten der Seefahrer vertrauten sich ihnen aber gleichermaßen andere Seeleute und Händler an. Die rhodischen Kultgesandten, die Anfang des 1. Jhs. v. Chr. nach Samothrake reisten, wurden bezeichnenderweise von vier Nichtbürgern begleitet, die als Seeleute (ναῦται) in Rhodos ansässig waren55. Gerade das rhodische Vereinswesen zeichnet sich zudem dadurch aus, dass vielfach mehrere Gottheiten im Vereinsnamen geführt werden, was nicht allein mit einem Distinktionsbestreben gegenüber anderen Vereinen zu erklären ist56, sondern die unterschiedlichen Kultbedürfnisse der Vereinsmitglieder reflektiert. Die Vereinstitulatur enthielt neben dem Kultnamen mehrheitlich die allgemeine Bezeichnung koinon. Während auf Kos die Bezeichnung thiasos weitverbreitet ist, fehlt diese im rhodischen Befund fast vollständig; aus dem Gebiet der Insel selbst gibt es nur einen entsprechenden Beleg aus Lindos, der in das 6. Jh. v. Chr. datiert und damit gleichzeitig den mit Abstand frühesten Nachweis eines rhodischen Vereins darstellt57. Auffallend sind daher die Namen zweier Vereine der rhodischen Peraia, die sich als τ[ὸ Ἀ]θ̣ αναϊστᾶν θιασιτᾶν τῶν σὺν Ἐ̣ [πι]γόνωι κοινόν bzw. als [τὸ ...]ν̣ ιστᾶν θιασιτᾶν [τῶν] σὺν Νικάτορι κοινόν bezeichnen58. Die Bezeichnung der Vereinsmitglieder als thiasitai trat hier allerdings neben, nicht aber an die Stelle der allgemeinen Benennung koinon. Das Namenselement thiasitai besitzt daher möglicherweise keinen rhodischen Ursprung, sondern geht vielleicht auf den Einfluss der Nachbarregionen zurück59. In ähnlicher Weise tritt die Bezeichnung eranistai häufig neben den Begriff koinon. Als eranos werden keine rhodischen Vereine in der offiziellen Vereinstitulatur benannt. In Vereinsinschriften werden dagegen mitunter eranos und koinon offensichtlich synonym verwendet; so ehrt das κοινὸν τοῦ Πανιαστᾶν Dionysodoros dafür, dass er das Vermögen des eranos vermehrt habe (ἐπαύξησε τὸν ἔρανον)60. Mit

55 IG XII 1, 186 (= Dimitrova 2008, 126–128 Nr. 50) Seite B, Z. 23. Einer der Nichtbürger kam aus Xanthos, zwei andere aus Ephesos; bei der vierten Person ist das Ethnikon nicht erhalten: [Ἀγ]α̣θ̣ άνγελος [․․․․․.]ιο̣ ς ἐν Ῥόδωι̣ . Dimitrova 2008, 128 vermutet zu Recht, dass die Ortsangabe ἐν Ῥόδωι̣ auf alle Nichtbürger zu beziehen ist. Vgl. das ephesische Ehrendekret I. Ephesos 1447 für vier Bürger aus Keramos, die in Rhodos lebten, Z. 3 f.: Φίλων Διονύσιος Ἱεροκλῆς Μένιππ[ος] | [Κ]εράμιοι διατρίβοντες ἐν Ῥόδωι. 56 Ziebarth 1896, 197. 57 I. Lindos 580: το̑ Κόχλιος θιάσο. Es handelt sich um eine Felsinschrift aus dem sog. Boukopion nordöstlich der lindischen Akropolis; zu diesem Sakralbezirk s. Kap. 7.4. 58 I. Pérée 58 (= I. Peraia 302) Frgt. b, Z. 4–6 und 17 f. 59 In den benachbarten Poleis Knidos und Kaunos sind thiasos-Vereine belegt; I. Knidos 23 Z. 2; I. Kaunos 39 Z. 27 f. 60 IG XII 1, 155 B, Z. 75–84.

4.2 Konstitutionsfaktoren 

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den summarischen Ausdrucksweisen πάντα τὰ κοινεῖα sowie τοὶ σύνπαντες ἔρανοι konnten zudem jegliche Korporationen gefasst werden61. Insgesamt scheinen sich aus den verschiedenen Vereinsbezeichnungen koinon, thiasos oder eranos keine unterschiedlichen Vereinstypen ableiten zu lassen, vielmehr sind sie auf rein regionale Unterschiede der Benennung zurückzuführen62.

4.2.3 Personennamen Häufig wurden neben den theophoren Bezeichnungen Personennamen in die Vereinstitulatur aufgenommen, indem man an einen Namen die Endung -eioi anfügte; in Lindos existierte beispielsweise ein Verein, dessen Mitglieder sich als Sōtēriastai

61 In den rhodischen Quellen werden in einer kaiserzeitlichen Ehreninschrift für einen Bürger aus Nisyros (IG XII 3, 104) die Vereine als Gesamtheit angesprochen; dort wird Z. 11 f. über den Geehrten gesagt, dass er sich gegenüber πᾶσι τοῖς κοινείοις τοῖς ἐν Νισύρῳ gefällig gezeigt habe; daran schließen sich die Ehrungen einzelner Vereine an. Die Ehreninschrift für die Lindierin Hieroboula wird mit einem Verweis auf die Verleihung goldener Kränze beschlossen, die [ὑπὸ συνπά]ντων τῶν ἐράνων τῶν πα[ρα]γενομέν〈ω〉ν ἐπ’ ἰ[ερέως τᾶ]ς̣ Ἀθάνας Καλλιστράτου gestiftet worden waren, I. Lindos 420 a, Z. 26–28 (23 n. Chr.); diese summarische Formulierung bezieht sich auf diejenigen Vereine, die nur für einen begrenzten Zeitraum existierten, nämlich während der Amtszeit des Athanapriesters Kallistratos, s. Maillot 2005 II, 185; vgl. dazu auch den Hinweis auf eine unpublizierte Ehreninschrift für die Athanapriesterin Neikassa in Pugliese Carratelli, Associazioni, 175 Anm. 4 Z. 9, der ὑπὸ τῶν ἄλλων ἐράνων πάντων τῶν ε[– – –] Ehrungen zugekommen waren. Die Ehrungen dieser ἄλλοι ἔρανοι πάντες für Neikassa sind in I. Lindos 392 a im Einzelnen aufgelistet; neben der Vereinigung der katoikeuntes und geōrgeuntes sowie zweier patriōtai-Vereine handelt es sich insgesamt um sieben Vereine. Den frühesten Beleg für einen Begriff, der die Gesamtheit der Vereine beschreibt, liefert das Ehrendekret I. Dor. Ins. Nr. 2 Z. 15 f. (um 200 v. Chr.), wo ebenfalls von οἱ ἄλλοι ἔρανοι die Rede ist; zum Verständnis der Stelle s. a. O. den Kommentar von Peek sowie Engelmann 1970, der eine Neuedition der Z. 1–20 nebst einer Übersetzung liefert; s. außerdem unten Kap. 5.2.2. Ferner ist in diesem Zusammenhang auf das Ehrendekret für Aristophanes aus Syme von dem κοινὸν τῶν ἐν Σύμαι κατοικούντων zu verweisen (IG XII 3, 1270; 2./1. Jh. v. Chr.), in dem die Vereine den Einzelpersonen gegenübergestellt werden: Aristophanes sprang finanziell ein, um den Athenatempel instand zu setzen, nachdem die ὑπό τε κοινῶν καὶ ἰδιωτᾶν (Z. 11) versprochenen Spenden nur zögerlich eingegangen waren. Die Stelle ist aber nicht zwangsläufig auf Kultvereine zu beziehen; es könnten ebenso Spenden gemeint sein, die im Familienverband »gemeinschaftlich« getätigt worden waren. Constantakopoulou 2012, 314 übersetzt dagegen mit »by the members of the koinon and by individuals«. Diese Übersetzung ist allerdings schon aus grammatikalischen Gründen abzulehnen, da in diesem Fall eine Partizipform des Verbs κοινωνέω zu erwarten gewesen wäre. Auch inhaltlich würde es keinen Sinn machen, warum von den Mitgliedern des koinon nochmals die Einzel- bzw. ›Privatpersonen‹ unterschieden werden sollten. 62 So auch Maillot 2005, 87, die insbesondere betont, dass die unterschiedlichen Bezeichnungen nicht als Gradmesser der Religiosität eines Vereins herangezogen werden können; zuletzt nochmals in Maillot 2013, 202 f. Der Begriff orgeōnes ist etwa fast ausschließlich auf Athen begrenzt. In Tanagra ist wiederum die Bezeichnung synthytai häufig belegt, während der ansonsten verbreiteste Begriff koinon dort nicht vorkommt; Marchand 2015, 240 f.

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 4 Das rhodische Vereinswesen

Lysistrateioi bezeichneten63. Es ist in der bisherigen Forschung überwiegend vermutet worden, dass es sich hierbei jeweils um den Vereinsgründer handelt; daneben wurde vorgeschlagen, diese Person als Reformer oder Vorsitzenden zu betrachten64. Eine prosopographische Zuordnung der in der Vereinstitulatur vorkommenden Namen bleibt in den überwiegenden Fällen mit großen Unsicherheiten verbunden. Mit einer deutlichen Mehrheit von knapp 70 % können aber aus onomastischen Gründen die meisten Personen, deren Name zum Bestandteil einer Vereinstitulatur wurde, mit einiger Sicherheit als rhodische Bürger identifiziert werden. Eindeutig als Nichtbürger lassen sich nur 12 % nachweisen; bei den übrigen 18 % kann es sich sowohl um Bürger oder auch um Nichtbürger handeln65. Folgt man der gängigen Interpretation der auf einen Namen Bezug nehmenden Vereinstitulaturen, so würde dies bedeuten, dass die Vereinsgründungen maßgeblich von Bürgern vorangetrieben wurden. Da sich einige dieser Namen darüber hinaus eindeutig mit Rhodiern der Oberschicht in Verbindung bringen lassen, ließe sich mehr noch von einem Elitenphänomen sprechen, wie es Gabrielsen tut. Es ist bereits hinsichtlich der militärischen Vereinigungen darauf hingewiesen worden, dass diese Interpretation nicht durchgängig haltbar ist. Gleiches gilt für die übrigen Kultvereine. Explizit als Vereinsgründer (κτίστας τοῦ κοιν[οῦ]) wird nur einmal eine Person bezeichnet, deren Name dann auch im Vereinsnamen begegnet; dabei handelt es sich um Νικασίων aus Kyzikos, der das Asklapiastan Nikasiōneiōn Olympiastan koinon gegründet hat66; ein weiteres Mal wird er gleichzeitig als Vereinsgründer und Wohltäter bezeichnet (κτίστας κα̣[ὶ εὐερ]γέτας τ[οῦ κο]ιν[ο]ῦ)67. Da der Verein sowohl nach dem Vereinsgründer als auch nach seiner Frau oder Tochter Ὀλυμπιάς bezeichnet ist, darf man annehmen, dass Nikasiōn selbst dem Verein den Namen gegeben hat; auch die drei Phylen, in die der Verein analog zur Polis gegliedert ist, tragen die Namen des Nikasiōn, der Olympias sowie der Enkeltochter Βασιλίς. Ursprünglich wird es sich vielleicht um einen reinen Familienverein gehandelt haben. Häufiger wird die Initiative zu einer solchen Benennung aber von den Vereinsmitgliedern ausgegangen sein, um die entsprechende Person zu ehren, wie es bereits Poland formulierte68. Diese Erklärung wäre grundsätzlich auch für den Verein des

63 IG XII 1, 938; I. Lindos 630. Einige Vereine benannten sich auch nur nach einer Person, ohne einen theophoren Namensbestandteil in die Vereinstitulatur aufzunehmen; s. etwa Maiuri, Nuova Silloge 40: Πρώτου Περιν〈θ〉ίου εὐεργέτα | τιμαθέντος ὑπὸ Διοδωρείων | θαλλίνωι στεφάνωι καὶ | ὑπὸ Διοφαντείων χρυσέωι στε[φάνωι] |καὶ θαλλίνωι. 64 Für den Vereinsgründer plädieren Gabrielsen 2001a, 223 f.; Maillot 2005, 88 f. So schon Foucart, Inscription de Rhodes, 205. 65 Diese Zahlen beruhen auf einer onomastischen Auswertung der bei Benincampi 2008, 344–352 zusammengestellten Vereinsnamen. 66 App. I 7 (= IG XII 1, 127); Hiller – Saridakis, AM 25, 1900, 109 f. Nr. 108 Z. 4. 67 Pugliese Carratelli, Associazioni, Nr. 5 Z. 6–8. 68 Poland 1909, 74 f. Zuletzt nochmals Grzybek 2008, 69.

4.2 Konstitutionsfaktoren 

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Nikasiōn denkbar; sowohl er als auch Olympias werden als Euergeten des koinon bezeichnet69. In Thyssanous in der rhodischen Peraia richteten mehrere Vereine für einen Wohltäter sogar einen jährlichen Festtag ein, an dem auch die Ehren verkündet werden; bei einem der Vereine erstreckten sich die Feierlichkeiten über zwei Tage70. Neben den Festen für die Vereinsgottheiten wurde dadurch der Festkalender fortan – ἰς τὸν ἀεὶ χρόνον wie in der Inschrift formuliert – durch einen festen Termin bereichert, der dann sicherlich auch den Namen des Wohltäters trug. Ein solcher Ehrentag ist auch bei den zahlreichen Kultvereinen vorauszusetzen, die einen Personennamen in der Vereinstitulatur tragen71. Ein entsprechendes Indiz ist die Bildung einer von einem Personennamen abgeleiteten Vereinsbezeichnung auf die Endung -astai analog zu den von Göttern abgeleiteten Vereinsnamen. Außer bei den Olympiastai ist diese Form jedoch nur für die Zenōniastai bekannt72. Bisweilen mag hinter der

69 App. I 7 (= IG XII 1, 127). 70 I. Peraia 156 (= I. Pérée 126) Z. 7 f.: [ἄγ]εσθαι δὲ αὐτοῦ καὶ ἁμέρα̣ν κο[σ]μῖσθαι ὑπ[ὸ] τ̣ ῶν ΙΙ[– – –] | [– – –]ναν ἐπὶ τὰς δύο ἁμέρας ἰς [τ]ὸν [ἀ]ὶ 〈χρ〉όνον. Für die Formulierung ἄγεσθαι δὲ αὐτοῦ καὶ ἁμέραν gibt es eine wörtliche Parallele in einem Ehrendekret einer Vereinigung von Bauern (συγγεωργοί) aus dem Nildelta, die von Paris, einem syngenes am Hof der Ptolemäer, ein Grundstück für die Errichtung eines Gymnasions und eines Hauses als Geschenk erhalten hatten; I. Delta 446 Z. 12 f. 28: ἄγεσθαι δὲ αὐτοῦ καὶ ἡμέραν κατ’ ἐνιαυτὸν ἐπὶ τῶν τόπων. Insgesamt erhielt der Wohltäter drei solcher Ehrentage, die er selbst finanzierte. Mit ἐπὶ τῶν τόπων werden in diesem Fall die zuvor genannten neuen Vereinsräumlichkeiten gemeint sein und nicht die Grabbezirke, worauf sich in Rhodos das Wort τόπος in Vereinskontexten häufig bezieht. Nach seinem Tod sind jedoch dann auch Feiern an dem Grab vorgesehen (Z. 42–44). Weiterhin finden sich in Delos zwei Ehrenbeschlüsse von Vereinen, die für ihren Wohltäter einen Festtag einrichteten, I. Délos 1520 Z. 34–36 (Verein der Poseidōniastai); I. Délos 1521 Z. 21–23. 71 Durch den fragmentarischen Zustand der Inschrift aus Thyssanous ist es leider nicht möglich zu sagen, ob der Name des Geehrten auch Bestandteil einer Vereinstitulatur war. In Koloe im südwestlichen Lydien wurde das Dekret des κοινὸν τῶν συναγομένων ἡρωϊστῶν Ἁρπάλωι τε καὶ Ἀθηνοδώρωι καὶ Μηνοδότηι καὶ Ζωστᾷ (»association of hero-worshippers who gather for [i.e., in honor of] Harpalos, Athenodoros, Menodote and Zostas«; Übers. nach Jones 2008) gefunden, das festsetzt, für die verstorbene Priesterin des Vereins u. a. ein Ehrentag einzurichten und ein Bild von ihr in dem hērōion des Vereins aufzustellen (Z. 16–21: ὅπως ἄγηται | καὶ ταύτης ἡμέρα, ὅταν αἱ λοιπαὶ συντε| λῶνται θυσίαι, καθάπερ καὶ τοῖς προγό| νοις αὐτῆς (...) ἀναθεῖνα[ι] | δὲ καὶ εἰκόνα γραπτὴν ἐν τῶι ἡρώιωι); Jones 2008 (= SEG 57.1188; Mitte 2. Jh. v. Chr.). Die Priesterin gilt mithin fortan als Heroine des Vereins. Bei den in der Vereinstitulatur genannten Personen, handelt es sich um verstorbene Vereinsmitglieder, gleichzeitig Verwandte der Priesterin, die bereits als Heroen verehrt werden; Jones 2008, 199 f. Möglicherweise gehe der Verein, so Jones a. O. 203 f., auf eine wohlhabende Familie zurück, die als Nachkommen von Veteranenkolonisten in dieser ländlichen Region siedelten; auf einer weiteren Stele, die dem Verein zugeordnet werden kann sind 64 Namen verzeichnet (SEG 57.1187), wohl weitere Vereinsmitglieder, die den Herkunftsbezeichnungen nach zu urteilen, aus Dörfern und Festungen der Region stammen. 72 Pugliese Carratelli, Associazioni, Nr. 2 und App. I 9 (= Pugliese Carratelli, Associazioni, Nr. 6)

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 4 Das rhodische Vereinswesen

Namensbezeichnung auch die Absicht gestanden haben, ostentativ zu verkünden, wer sich für den Verein eingesetzt hatte. Daneben benennen sich Vereinsmitglieder auch in der Form »hoi syn + Name einer Person«. Diese Formulierung ist kein Synonym zu der von einem Namen abgeleiteten Form mit der Endung -eioi; dies wird allein schon daran ersichtlich, dass beide Formen nebeneinander Bestandteil des Vereinsnamens sein können. Es gibt sowohl Beispiele, in denen beide Namen identisch sind, so etwa bei dem Διὸς Ἀταβυριαστᾶν Ἀγαθοδαιμονιαστᾶν Φιλωνείων τῶν σὺν Φίλωνι κοινόν73, als auch solche, in denen unterschiedliche Personen genannt werden wie bei dem [κοι]ν̣ [ὸν τ]ῶ̣ν Ἁλιαστᾶ[ν] Πολεμακλείων τῶν σὺν Ἀλεξάνδρωι Ἀντιοχεῖ74. Auch hier ist vorgeschlagen worden, es könne sich um den Vereinsgründer, den Reformer oder aber den Vereinsvorsitzenden handeln75. Da gelegentlich auch derselbe Verein sowohl mit dem Namensbestandteil hoi syn als auch ohne diese Bezeichnung erscheint, äußert Maillot die Vermutung, dass damit möglicherweise eine Unterabteilung eines Vereins bezeichnet würde; sie fügt jedoch hinzu, dass »aucun document ne vienne confirmer ou informer cette hypothèse«76. Die Verwendung von Namen in der Vereinstitulatur habe insgesamt nicht strikt institutionell auf eine klar definierte Position innerhalb des Vereins verwiesen77. Für die ebenfalls bereits von Poland bevorzugte Erklärung als Verweis auf den Vereinsvorsitzenden78 lassen sich dagegen weitere Argumente gewinnen: Auf Polisebene werden in derselben Form gelegentlich Magistratskollegien nach ihrem jeweiligen Vorsitzenden bezeichnet. Belegt ist dies für die epistatai, die Prytanen sowie die hieropoioi. Statt allgemein τοὶ ἐπιστάται oder τοὶ ἐπιστάται τοὶ ἐν ἀρχᾶι ἐόντες heißt es dann etwa in dem Präskript einer epidosis ἐπ’(...) ἐπιστάτᾶν τῶν σὺν Ἱππίᾳ79. In einer Ehreninschrift, in der diese epistatai als Dedikanten namentlich aufgeführt werden, steht konsequenterweise dann auch Hippias an erster Stelle80. Die Formulierung mit der Bezugnahme auf den Vorsteher eines Kollegiums findet – wie im Fall des Hippias – stets nur als Bestandteil einer Datierungsformel Anwendung. So wird

73 Suppl.Epigr.Rh. 17. Vgl. dazu auch IG XII 1, 161 Z. 5, wo derselbe Vereinsname genannt ist, jedoch der Zusatz τῶν σὺν Φίλωνι fehlt. 74 HTC 86 (= I. Peraia 571). Der Name Πολεμακλῆς kommt nur in der rhodischen Onomastik vor. 75 Pugliese Carratelli, Associazioni, 189 mit Anm. 3. Für einen Reformer des Vereins plädierten schon Foucart, Inscription de Rhodes, 205 sowie Ziebarth 1896, 198. 76 Maillot 2005, 90. Diese Vermutung ist bereits bei Wescher 1864, 464 und Van Gelder 1900, 365 zu finden. 77 Maillot 2013, 205; aber s. Maillot 2012, 243, wo sie sowohl die von einer Person abgeleiteten Vereinsnamen auf -eioi als auch die hoi syn-Formulierung auf den Vereinsgründer und Euergeten zurückführt. 78 Poland 1909, 75 f. 79 I. Lindos 419 Vorderseite, Z. 53. 80 I. Lindos 420 B Z. 14; die Namen der anderen epistatai sind auf dem Stein nicht mehr zu lesen.

4.2 Konstitutionsfaktoren 

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etwa die Siegerliste des Festes der großen Erethimien in Ialysos folgendermaßen eingeleitet81: ἐπ’ ἰερέως̣ [Διο]π̣είθε̣ υ̣ς̣ καὶ ἰεροποιῶν τῶν σὺν Ἁγησιπ̣ό̣ λ̣[ει] καὶ ἀγων[οθέ]τ̣ α Ἁγησιπόλιος τοῦ Δάμωνος τ̣ [ο]ίδε ἐ[νί]κ̣ ω̣[ν] τὰ μεγάλα Ἐρεθίμι[α]. (...)

Als Diopeithēs Priester war und die hieropoioi unter der Leitung des Hagēsipolis standen und Hagēsipolios, Sohn des Damōn, Festspielleiter war, siegten folgende bei den großen Erethimia: (...)

Mit der Formulierung hoi syn wird demnach sowohl die Vorsteherschaft eines Magistraten angezeigt als auch mittelbar ausgedrückt, dass dieses Amt zeitlich begrenzt ist. Was bedeutet dies nun für die Vereinstitulaturen? Da zahlreiche Vereine gleichermaßen Polisinstitutionen und Dekretformulare detailliert kopierten, ist es berechtigt anzunehmen, dass auch die hoi syn-Formulierung innerhalb der Vereine in ähnlicher Weise wie auf Polisebene verwendet wurde82. Bei der Person, unter deren Führung sich die Vereinsmitglieder stellten, kann es sich nur um den Vorsitzenden des Vereins handeln, der in einigen Inschriften als archeranistas bezeichnet wird83. Die Amtszeit des archeranistas war grundsätzlich befristet;

81 Kontorini, BCH 99, 1975, 99 Seite A, Z. 1–3 (um 280–270 v. Chr.). Vgl. für dieses Formular ferner Bringmann – von Steuben, 240 f. Nr. 210 = Badoud 2015, 358 f. Nr. 16 (173 v. Chr.); Tit.Cam. 108 Z. 1–4 (276 v. Chr.) sowie Tit.Cam. 105 und 107 (jeweils nur fragmentarisch erhalten). 82 Vgl. auch die in Teos gefundene Grabinschrift für eine unbekannte Person, in der verschiedene Vereinigungen genannt werden, von denen der Verstorbene Ehrenkränze erhalten hatte, HauvetteBesnault – Pottier, BCH 4, 1880, Nr. 21; unter diesen Dedikanten befindet sich ein als οἱ συνάρχοντες οἱ σὺν Μητροδώρωι Μητροδώρου bezeichnetes Kollegium. 83 Der Verein der Pythastai auf Telos besaß einen pytarchas als Vorsitzenden; ihm zur Seite stand ein paredros. Von dem Verein sind vier Namenslisten erhalten, von denen eine in die Zeit vor die Mitte des 3. Jhs. v. Chr. datiert (SEG 25.852 = Kaninia, in: Stampolidis u. a. 2011, 263 f. Nr. 29), als Telos noch nicht in das rhodische Polisterritorium eingegliedert war. Die drei anderen Inschriften unterscheiden sich im Formular nur insoweit, als sie neben dem lokalen Damiourgen nach dem Haliospriester datieren, IG XII 3, 34. 35; SEG 25.853. Die Vereinsmitglieder sind den führenden telischen Familien zuzurechnen, s. den Kommentar von Kaninia, in: Stampolidis u. a. 2011, 263 f. Nr. 29 sowie detailliert zur Prosopographie Stavrianopoulou 1997; die Pythastai feierten gemeinsam das jährliche Fest für Apollon Pythios, s. etwa SEG 25.853 Z. 1–7: Π̣[υθάρχας] | Ἀριστόδικος [Ἀρι]σ̣το[– – –] | καὶ̣ π[άρεδ]ρο[ς] | θέ[αρος Ἀ]ρισ̣[το – –] | καὶ [π]υθασταὶ πυθάξαντες ἐνι[αυσίαν] | ἐπ᾿ ἱερέως Τιμοδόκου | δαμιουργοῦντος Ἀριστοφίλ[ου] (...) »Der Vorsitzende der Pythastai Aristodikos, Sohn des Aristo[– – –] und der Beisitzer [– – –] sowie die Pythastai, die jährlich die Pythien feiern, als Timodokos (Halios-)Priester war und Aristophilos als Damiourge amtierte (...)«; der Flötenspieler Harmodios aus Magnesia ist als einziger Nichtbürger am Schluss aufgelistet, sogar nach der Dedikationsformel θεοῖς; die Buchstaben sind deutlich größer als der darüberstehende Text (2,2 cm zu 1,2 cm); während Susini in der ed. pr. hierin eine Künstlersignatur las, korrigierten J. und L. Robert, BE 80, 1967, 519 f. Nr. 425 die Zeile zu ἀύλει Ἁρμό[διος] Μάγνη[ς]. Diese letzte Zeile der Inschrift ist deutlich später anzusetzen als die eigentliche Pythaistenliste; auffallend sind die ausgeprägten Apices sowie besonders das Alpha mit geknickter

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 4 Das rhodische Vereinswesen

dies geht zum einen aus der Formulierung ὁ δὲ ἀρχερανιστὰς ὁ ἐν ἀρχᾶι hervor84. Zum anderen wird in drei Subskriptionslisten das Amt zu Datierungszwecken herangezogen; der archeranistas wird dabei im Anschluss an den amtierenden Haliospriester aufgeführt bzw. nach dem Monat, in dem die Subskription stattgefunden hat85. Die Amtszeit des Vereinsvorsitzenden dürfte grundsätzlich ein Jahr betragen haben86. Es gibt bislang aber noch keinen Beleg für einen Verein, bei dem auf die Formulierung

Querhaste; beides ist bei der Pythaistenliste nicht zu beobachten, allenfalls ganz leichte Ansätze zu Apices. Ob überhaupt eine Verbindung zum Pythaistenverein besteht, ist daher fraglich. 84 Pugliese Carratelli, Associazioni, Nr. 18 A, Z. 31. 85 IG XII 1, 9 (199 v. Chr.): ἐπ’ ἰερέως Θευφάνευς, ἀρχερανιστᾶ | Μενεκράτευς Κιβυράτα, Ὑακινθίου | ἕκται ἐξ ἰκάδος (...); Konstantinopoulos, ADelt A 21, 1966 (um 195 v. Chr.): ἐπὶ ἰερέως Σωδάμου | Ὑακινθίου δωδεκάται | ἀρχερανιστοῦντος | Ξούθου Ἀντιοχέως (...); Maiuri, ASAA 8/9, 1925/26, 322 Nr. 5 (1. Jh. v. Chr.): ἐπ’ ἰερέως Δικαίου καὶ ἀρχερανιστᾶ | Διονυσίου Λαοδικέως μετοίκου (...). 86 In Athen bestimmte im 2. Jh. n. Chr. ein Verein seine Amtsträger per Los für jeweils ein Jahr; darunter befindet sich auch der ἀρχιεραν̣ ισ̣τὴς. Ausgenommen von dieser Regelung ist nur der prostatēs sowie eine auf Lebenszeit bestimmte Person, die sich um die Pflege des Heroengrabes zu kümmern hatte (ὁ ἐπὶ ἡρώου καταλιφθείς), IG II2 1369. Auch auf Delos wurde das Amt des Vorsitzenden, hier als archithiasitēs bezeichnet, zu Datierungszwecken herangezogen. So weihte der Verein der Poseidoniasten aus Berytos an die Göttin Roma eine Statue »als Mnaseos, Sohn des Dionysios, Wohltäter, zum zweiten Mal als Vereinsvorsitzender amtierte (ἀρχιθιασιτεύοντος τὸ δεύτερον Μνασέου τοῦ Διονυσίου εὐεργέτου)«, I. Délos 1778 Z. 5 f. Von dem Verein sind drei weitere Vorsitzende bekannt, s. I. Délos 1779 Z. 6 f.; 1782 Z. 7 f.; 1796 Z. 1–3. Vgl. auch I. Délos 1519 Z. 55 f. Der archithiasitēs besaß während seiner Amtszeit Immunität. Bei Verstößen gegen die Vereinsstatuten konnte er anschließend als ›Privatperson‹ belangt werden, I. Délos 1520 Z. 88 f. Interessant ist schließlich eine Inschrift von der Insel Astypalaia, die offensichtlich von einem ­Asklapiastai-Verein verfasst worden ist, I. Dor. Ins. 100. Es handelt sich um eine Namensliste, in der die amtierenden Vorsitzenden des Vereins verzeichnet wurden. Hinter dem Namen notierte man jeweils, zum wievielten Mal die genannte Person das Amt innehatte. Geht man von einer Amtszeit von einem Jahr aus, so umfasst die Liste insgesamt einen Zeitraum von 15 Jahren. Ganz offensichtlich gab es allerdings Schwierigkeiten, überhaupt jemanden zu finden, der sich bereit erklärte, das Amt zu übernehmen. Dieses Problem löste man pragmatisch, indem man dem θεὸς Ἀσκληπιός den Vereinsvorsitz übertrug. Allein in den auf dem Stein verzeichneten Jahren amtierte der Gott sieben Mal, insgesamt kam er damit auf 14 Amtszeiten. Von den Vereinsmitgliedern war nur Neikostratos, Sohn des Menestratos zweimal Vorsitzender. I. Dor. Ins. 100 Z. 13. Außerdem amtierte Mousikon, Sohn des Ophelion, sieben Jahre nachdem er Vorsitzender gewesen war, nochmals als Beisitzer (Z. 3 und 10). Die Amtsbezeichnung des Vereinsvorsitzenden ist nicht überliefert; allerdings findet sich bei drei Jahreseinträgen zusätzlich ein perithyōn genannter Amtsträger; bezeichnenderweise handelt es sich hierbei immer um diejenigen Jahre, in denen man der Vereinsgottheit die Vereinsleitung übertragen hatte. In den Jahren, in denen kein Beisitzer begegnet, wird man das Amt sicherlich unbesetzt gelassen haben. Bei einer weiteren Inschrift aus Astypalaia scheint es sich um ein ähnliches Verzeichnis zu handeln, I. Dor. Ins. 99. Sechs Namen sind durch Umrahmungen hervorgehoben, dreimal wird dabei dieselbe Person genannt. Peek interpretiert diese Namen daher als Vorsitzende der Vereinigung; sollte sein Vorschlag, die drei Buchstaben ΠΥΟ, die hinter einem der umrahmten Namen stehen, mit πυθ̣ (άρχας) aufzulösen, korrekt sein, würde es sich hier um einen Pythaistai-Verein handeln, wie er auch auf Telos belegt ist, s. Anm. 83. Auffallend sind allein die beiden Namen Apollōnios und Dionysios (col. II Z. 3 f.), bei denen im Gegensatz zu allen anderen Personen das Patronym fehlt. Einen

4.2 Konstitutionsfaktoren 

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hoi syn verschiedene Personen folgen und sich somit mehrere Vereinsvorsitzende bestimmen ließen. Dies kann jedoch auf die Überlieferungslage zurückzuführen sein; schließlich sind nur in wenigen Fällen dieselben Vereinsnamen durch verschiedene Inschriften belegt. Hinzu kommt, dass das Amt des archeranistas offensichtlich über mehrere aufeinanderfolgende Jahre perpetuiert werden konnte. Von den 35 Jahren seiner Mitgliedschaft im Verein der Ἁλιάδαι καὶ Ἁλιασταί amtierte Διονυσόδωρος aus Alexandria 23 Jahre als Vorsitzender; das koinon der Πανιασταί leitete er über einen Zeitraum von 18 Jahren87. Man wird allein schon deshalb Dionysodōros immer wieder den Vereinsvorsitz übertragen haben, da er ein bedeutender Wohltäter des Vereins war; entsprechend ist ein für ihn und drei weitere Personen gestifteter Ehrenaltar betitelt mit Διονυσοδώρου Ἀλεξανδρέως εὐεργέτα καὶ ἀρχερανιστᾶ88. Ohnehin war mit dem Amt des archeranistas ein hoher euergetischer Einsatz verbunden. Bei einem Erdbeben im Jahr 199 v. Chr. waren die Umfassungsmauer eines vereinseigenen Bestattungsplatzes sowie einige Grabmäler umgestürzt. Um die notwendigen Instandsetzungsmaßnahmen zu finanzieren, wurden die Mitglieder deshalb zu Spenden aufgerufen. Daraufhin erklärte sich der Vorsitzende des Vereins Μενεκράτης aus Kibyra bereit, für sämtliche Schäden aufzukommen89. Das koinon der ἐρανιστᾶν τῶν Ἀδωνιαζόντων ehrte seinen archeranistas mit euergesia, der Befreiung von allen Pflichten sowie Beitragsfreiheit, einem Laubkranz, der ihm bei den jährlich stattfindenden Vereinsagonen verliehen werden sollte, sowie der öffentlichen Verkündigung der Ehren90. Diesem Ehrenbeschluss werden ebenfalls umfangreiche Spenden des Vereinsvorsitzenden vorausgegangen sein. Bei Vereinen, in deren Titulatur zweimal dieselbe Person genannt wird – einmal mit der Endung -eioi, ein weiteres Mal mit der hoi syn-Formulierung –, ist davon auszugehen, dass die Vereinsmitglieder zu Ehren ihres Euergeten dessen Namen in die Vereinstitulatur aufnahmen und ihm darüber hinaus den Vereinsvorsitz übertragen haben.

Hinweis auf einen Kult des Apollon Pythios auf Astypalaia liefert die Ehreninschrift der Astypalaier für einen als Heros bezeichneten Ἀπολλώνιος Πυθί[ω]νος, IG XII 3, 217. 87 IG XII 1, 155 B, Z. 83 f.; C, Z. 106 f.; D, Z. 3–5. Benincampi 2008 diskutiert die Personennamen in der Vereinstitulatur nicht ausführlicher, vermerkt aber auf S. 291 zu dem κοινὸν τοῦ Διονυσιαστᾶν Ἀθαναϊσστᾶν Διὸς Ἀταβυριαστᾶν Εὐφρανορ[ίω]ν τῶν σὺν Ἀθηναίῳ Κνιδίῳ, dass es sich bei Ἀθηναῖος um den archeranistas handeln könnte. 88 Maiuri, Nuova Silloge 46 Seite A. 89 IG XII 1, 9. In zwei weiteren Subskriptionslisten erscheint der Vereinsvorsitzende jeweils an erster Stelle: Konstantinopoulos, ADelt 21 A, 1966; Maiuri, ASAA 8/9, 1925/26, 322 Nr. 5. Auch die Weihinschrift des κοινὸν τῶν ἐρανιστῶν τῶν σὺν Ἑρμίαι Ἀρτεμιδώρου aus Hyllarima geht mit Sicherheit auf rhodischen Einfluss zurück; I. Peraia App. IV; Wiemer 2002, 258. Die Liste der Dedikanten beginnt dann ebenfalls mit Ἑρμίας Ἀρτεμιδώρου. Vgl. ebenso die Namensliste der σύνοδος Ὀσειριαστᾶν τῶν σὺν Ἰάσ[ωνι Βωλίχου] auf Kos, in der ebenfalls Iasōn, Sohn des Bōlichos, an erster Stelle geführt wird, IG XII 4, 2, 553 (1. Jh. v. Chr.). 90 Pugliese Carratelli, Associazioni, Nr. 1.

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 4 Das rhodische Vereinswesen

Besonders häufig ist die hoi syn-Formulierung außerdem in Vereinsnamen auf Kos anzutreffen. Die überwiegende Zahl der koischen Vereine ist durch die Grenzsteine der vereinseigenen Bestattungsplätze belegt. Der Vereinsname besteht ebenso wie in Rhodos meistens aus drei Teilen. Auf die allgemeine Bezeichnung thiasos folgt in der Regel ein von einer Gottheit abgeleiteter Name, daran schließt sich dann die hoi syn-Formulierung an; gelegentlich wird die Kollektivbezeichnung thiasos durch thiasitai ersetzt; der theophore Namensbestandteil fehlt dann meistens91. Zwar sind auf Kos mehrere gleichnamige Vereine belegt, bei denen auf die hoi-syn-Formulierung unterschiedliche Namen folgen; allerdings sind dies jeweils Vereine, die sich nach sehr verbreiteten Gottheiten benannt haben (Athana, Apollon, Aphrodite), so dass es sich ebenso um verschiedene Vereine handeln kann. Den einzigen Hinweis darauf, dass die auf die Präposition syn folgende Person hier ebenfalls den Vereinsvorsitzenden bezeichnet, liefert der Grenzstein des Grabbezirks des θίασος Διὸς Σωτῆ[ρο]ς καὶ Ἀστά[ρτ]ης, οὗ ἀρχι[ερανι]σ̣τὰς [– – –]92. Auch dieser Verein weist die typische dreigeteilte Vereinstitulatur auf, allerdings sind zwei Abweichungen zu bemerken. Zum einen werden die Gottheiten, unter deren Schutz sich der Verein stellt, einfach im Genitiv an die Bezeichnung thiasos angehängt, ohne ein Derivat zu bilden – nach dem bekannten Schema hätte es thiasos Diossōtēr­iastan Astartaistan heißen müssen. Dies mag der Grund dafür sein, dass andererseits der dritte Namensbestandteil nicht wie üblich mit der hoi syn-Formulierung, sondern mit einem Relativpronomen angeschlossen wird. Im Umkehrschluss ist anzunehmen, dass auch auf Kos mit der hoi syn-Formulierung auf den Vereinsvorsitzenden verwiesen wurde. Einen ganz ähnlichen Fall, der zudem auf rhodischen Einfluss zurückzuführen sein könnte, stellt eine Dedikationsinschrift eines Vereins der Insel Syros dar93: ἐπὶ ἱερέως Νικαγόρου | τὸ κοινὸν τῶν ἐρανιστῶν | ὧν ἠρχεράνιζε Μάρων | Ποσειδῶνι καὶ Ἀμφιτρίτει. Ob es sich um die Datierung nach einem rhodischen Haliospriester handelt, ist umstritten, ebenso, ob der Stein möglicherweise von Tenos nach Syros verschleppt worden ist94. So wie in der genannten koischen Inschrift beinhaltet die

91 s. etwa die θιασῖται τοὶ σὺν Μεν〈ί〉ππῳ Κ[λ]ευμάχῳ Μενίππου, Pugliese Carratelli, ASAA 41/42, 1963/64, Nr. 25 oder die θιασῖται τῶν σὺν Δωροθέωι, IG XII 4, 3, 2776; sollte letzterer mit dem θίασος Ἀγαθοδαιμονιστᾶν τῶν σὺν Δωροθέῳ identisch sein (IG XII 4, 3, 2780), würde dies darauf hindeuten, dass es sich hier jeweils um Kurzformen von Vereinsnamen handelt, bei denen der theophore Namensbestandteil bewusst weggelassen wurde. Die einzige Ausnahme bilden die θιασῖται Ἑκαταϊσταί τῶν σὺν Αὔλωι Γαβινίωι Γαβινίας Φιλέρωτι, IG XII 4, 3, 2787 (1. Jh. v. Chr.). 92 IG XII 4, 3, 2810 (1. Jh. n. Chr.). Der Name des ursprünglich in Z. 7 genannten Vereinsvorsitzenden ist nicht erhalten. 93 IG XII 5, 672. 94 Habicht 2003, 560 f. verweist auf das Fehlen eines Priesters mit dem Namen in den Amphorenstempeln und hält daher einen Vereinspriester für wahrscheinlicher. Arnaoutoglou 1994, 107 und 109 geht demgegenüber von einem rhodischen Haliospriester aus und interpretiert die Inschrift entsprechend als rhodisch; ebenso Wiemer 2002, 276. Auch Badoud 2015, 188 f. hält dies für wahr-

4.2 Konstitutionsfaktoren 

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Vereinstitulatur einen direkten Verweis auf den Vorsitzenden. Dass mit der hoi-syn Formulierung kein anderer als der Vereinsvorsitzende gemeint sein kann, ist damit hinreichend nachgewiesen.

4.2.4 Rechtlicher Status Es gibt einige wenige Hinweise, die auf einen Zusammenhang zwischen der rechtlichen Privilegierung einzelner Nichtbürger und der Konstituierung eines Vereins deuten. Aus Rhodos sind 33 Personen bekannt, denen von der Polis die epidamia verliehen worden ist. Dieses Privileg hatten sie jeweils individuell für bestimmte Verdienste erhalten. Diejenigen, die über solch ein Privileg verfügten, musste darüber hinaus nicht zwangsläufig etwas miteinander verbinden; sie waren mithin keine soziale Gruppe, sondern bildeten ein ›Abstraktionskollektiv‹. Eine der Personen, die das Privileg der epidamia in Rhodos erhalten hatten, war Φιλοκράτης aus Ilion95. In seiner Grabinschrift sind sämtliche Ehrungen vermerkt, die er zu Lebzeiten von verschiedenen Vereinen und der Phyle Kamiros erhalten hatte. Sein euergetischer Einsatz auf Polisebene lässt sich daran ablesen, dass er dreimal das Amt des Choregen innehatte; aus einer Subskriptionsliste – in der er noch als metoikos verzeichnet ist – geht außerdem hervor, dass er in Rhodos-Stadt einem Spendenaufruf mit 300 Drachmen gefolgt war96. Dies mag ausschlaggebend gewesen sein, ihn schließlich mit der epidamia zu ehren. Philokratēs hatte sich darüber hinaus in vier Vereinen engagiert. Darunter befindet sich eine Gruppe, die sich als synthytai Rhodiastai epidamiastai bezeichnet. Offensichtlich hatte demnach die rechtliche Privilegierung mit der epidamia jenseits der Ebene des Abstrakten eine gemeinschaftsstiftende Wirkung entfaltet, mit der ein gewisser Exklusivitätsanspruch gegenüber Fremden, die einen niederen Rechtsstatus besaßen, einherging97. Die Selbstbezeichnung als synthytai gibt einen Hinweis darauf, dass die Mitgliedschaft in dem Verein sich auch durch die Teilhabe an bestimmten Kulthandlungen äußerte, offensichtlich einem Kult für die Gottheit Rhodos98. In ähnlicher Weise lassen sich Personengruppen deuten, die zum ersten Mal um die Mitte des 2. Jhs. v. Chr. in den Quellen unter dem Namen der katoikeuntes und

scheinlich und schlägt eine Datierung in die kurze Phase der Zugehörigkeit von Syros zu Rhodos in den Jahren 44–31 v. Chr. vor. 95 IG XII 1, 157. 96 App. I 5 (= Jacopi, ClRh 2, 1932, Nr. 6) col. II Z. 32–36. 97 Maillot 2005, 120 f. macht auf Kontakte zwischen Personen mit epidamia aufmerksam. 98 Es gibt nur einen weiteren als synthytai bezeichneten Verein, von dem allerdings keine weiteren Namensbestandteile erhalten sind, Hiller – Saridakis, AM 25, 1900, 109 f. Nr. 108 Z. 8; Maiuri, ASAA 2, 1916b, 148 Nr. 21 nennt das κοινὸν [τ]ὸ συνθυσιαστᾶ[ν], ebenfalls ohne theophoren Namensbestandteil.

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geōrgeuntes greifbar werden, auch wenn es sich hierbei nicht um fest konstituierte Vereine handelt. Als dieser Gruppierung in der frühen Kaiserzeit als Kollektiv das Recht zur Übernahme der Choregie bei den dionysischen Sminthien verliehen wurde, erwarben sie ein Privileg, das sie deutlich von anderen Nichtbürgern unterschied99. Diese rechtliche Privilegierung tritt jedoch zu bereits bestehenden Gemeinsamkeiten hinzu. Dass diesen bestehenden Gemeinsamkeiten neben einer anzunehmenden wirtschaftlichen Tätigkeit bereits eine rechtliche Privilegierung zugrunde liegt, verdeutlicht die klar definierte Kollektivbezeichnung in dem Dekret über die Choregie. Bereits lange vorher pflegten die katoikeuntes und geōrgeuntes intensive Kontakte zu Mitgliedern der lindischen Führungsschicht. Weitere Verbindungen rechtlich gleich gestellter Personen sind darüber hinaus unter den Unfreien zu beobachten. Sowohl die zum Kultpersonal gehörenden nakoroi als auch die damosioi hatten sich im 1. Jh. v. Chr. jeweils zu einem koinon formiert100. Dass sie sich demonstrativ als Nakoreioi bzw. als toi tas polios douloi bezeichneten, macht den konstitutiven Charakter ihrer rechtlich-sozialen Stellung deutlich, ebenso wie ihr Bestreben, sich von der großen Gruppe der rechtlosen Unfreien abzugrenzen. Eine vergleichbare Erscheinung ist in Kos zu beobachten, wo sich die hierodouloi des Isisheiligtums zu einem Verein zusammengeschlossen hatten101. Insgesamt ist bemerkenswert, dass auch ihnen eine Form der Selbstorganisation zugestanden wurde. Dies galt allerdings wohl grundsätzlich auch für Sklaven in Privatbesitz102. Ein gemeinsamer rechtlicher Status vermochte demnach eine gemeinschaftsstiftende Wirkung zu entfalten, aus der ein Bestreben nach Exklusivität hervorging.

4.2.5 Gemeinsame Herkunft Besonders auffallend ist es, dass in Rhodos die gemeinsame Herkunft aus einer Polis nur äußerst selten einen Konstitutionsfaktor für die Gründung eines Vereins darstellte103. Zwar gibt es vereinzelte Fälle für Vereine, die ein ethnikon als Namensbestandteil aufweisen und die entsprechend nach außen als landsmannschaftliche

99 IG XII 1, 762. Für eine ausführliche Diskussion dieser Gruppierung s. Kap. 7.2.2 Übernahme von Ämtern bei Festveranstaltungen. 100 IG XII 1, 31; Tit.Cam. 78. 101 IG XII 4, 3, 2813 = Bricault, RICIS Suppl. II, Nr. 204/1012 (1. Jh. v. Chr.). 102 Höchstwahrscheinlich handelt es sich bei der Subskriptionsliste Papachristodoulou 1989, 198 Nr. 10 um diejenige eines Sklavenvereins, wie der Editor bemerkt. 103 Maillot 2015, 137–139; Baslez 2007, 227–230. Beispiele für Vereine, die sich aus Personen gleicher Herkunft zusammensetzten, sind dagegen vermehrt aus Athen, Delos und dem ptolemäischen Reich bekannt; Baslez a. O. Zu den ptolemäischen Söldnerverbänden auf Zypern, die sich getrennt nach ihrer Herkunft jeweils zu einem koinon organisiert hatten, s. Kruse 2015, bes. 292–298. Er plädiert für eine Unterscheidung der koina von den politeuma; das Recht sich als politeuma zu organi-

4.2 Konstitutionsfaktoren 

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Vereinigungen auftreten, doch scheint die Herkunft allenfalls bei der Gründung des Vereins eine Rolle gespielt zu haben. Wenn bspw. das koinon der Ἡρακλεωταί einen Bürger aus Phaselis ehrt, der offensichtlich Mitglied des Vereins war, so deutet dies wohl darauf hin, dass es keine ethnischen Zugangsbeschränkungen im Verein der Herakleōtai gegeben hat104. Bürger der zypriotischen Stadt Lapethos hatten in Lindos das κοινὸν τὸ Λαπηθιαστᾶν gegründet. In ihren Verein hatten sie den Rhodier Ἀπολλόδωρος aufgenommen, wie eindeutig der Ehreninschrift zu entnehmen ist, in der Apollodōros neben anderen Ehrungen die ἀτέλεια πάντων gewährt wird105. Apollodōros war sicherlich nicht der einzige Rhodier in dem Verein; jedenfalls bekränzten die Lapēthiastai außerdem einen Bürger aus dem lindischen Demos Brasios106. In einem monumentalen Grabbezirk in Rhodos-Stadt, der möglicherweise einem Verein gehörte, waren wiederum neben Bürgern aus den Festlanddemen Amos und Kasara auch zwei Knidier bestattet worden107. Es wird aber nicht die Herkunft aus derselben Region ausschlaggebend für die Errichtung einer gemeinsamen Grabanlage gewesen sein; vielmehr dürfte die räumliche Nähe die Voraussetzung gebildet haben, dass sie – wahrscheinlich berufsbedingt – miteinander in Kontakt gekommen waren. Dort, wo mehrere Mitglieder eines Vereins über Subskriptionslisten und Ehreninschriften fassbar sind, begegnen stets unterschiedliche ethnika, ohne dass sich regionale Schwerpunkte ausmachen ließen108. Aufschlussreich ist die bereits erwähnte Inschrift des von Nikasiōn gegründeten Vereins109. Dass es bei der Zusammensetzung des Vereins keine Rolle spielte, woher man kam, zeigt die Verteilung der Herkunfts-

sieren, sei wahrscheinlich als Privilegierung der koina zu interpretieren, mit der die Ptolemäer den Söldern eine größere Form der Selbstverwaltung zugestanden. 104 s. Maillot 2005, 100 mit IG XII 1, 158; Maillot 2012, 242; Maillot 2015, 144. Da in Kos nur vereinzelt mehrere Personen einem Verein zugeordnet werden können, ist es hier noch schwieriger, Aussagen über die Zusammensetzung der Vereine zu treffen. Maillot 2005, 96 verweist auf den römischen Verein der Minervales, dessen Vorsitzender (magister) eine Weihung mit einer Inschrift in lateinischer Sprache stiftete; die Quellenangabe fehlt a. O.; gemeint ist AE 1947 Nr. 56. Ein weiterer Beleg für Kos liegt nun mit dem Grenzstein des Grabbezirks eines Vereins vor, dessen Mitglieder aus dem thrakischen Herakleia kommen (θίασος Θρα[ι]κῶν Ἡρακλεωτᾶν τῶν σὺν Κάρπῳ, IG XII 4, 3, 2811, 1. Jh. n. Chr.). 105 IG XII 1, 867 Z. 3. Νίκαια Λητοδ̣ [ώρ]ου, die Frau von Ἀπολλόδωρος, wurde von dem Verein außerdem mit einem Laubkranz geehrt (Z. 5–9). Im LGPN sind beide als Zyprioten vermerkt; das ist jedoch auzuschließen, da zumindest der Name Λητόδωρος mehrfach für Rhodier der Oberschicht bezeugt ist, auf Zypern hingegen nicht vorkommt. Zudem wäre ansonsten auch ein Ethnikon angegeben. 106 Jacopi, ClRh 2, 1932, 203 Nr. 36. 107 s. Kap. 6.4.1. 108 App. I 7 (= IG XII 1, 127); Konstantinopoulos, ADelt A 21, 1966 (= SEG 53, 2.822); Kontorini, AEK, Nr. 10 Seite B (= SEG 39.737); Pugliese Carratelli, Associazioni, Nr. 18; sowie wohl App. I 6 (= Suppl.Epigr.Rh. 63); Pugliese Carratelli, Associazioni, Nr. 21; Migeotte 1993, 349–358 (= SEG 43.526). 109 App. I 7 (= IG XII 1, 127).

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 4 Das rhodische Vereinswesen

orte der Vereinsmitglieder, die in etwa auch die Gesamtverteilung aller auf Rhodos ansässigen Fremden reflektiert. Herkunft war hier demnach kein Element ›partieller Gemeinsamkeit‹, das den Vereinsgründer Nikasiōn veranlasst hat, dieses koinon zu formieren. Jüngst hat jedoch Maillot gezeigt, dass praktisch sämtliche Personen aus Bildhauerfamilien stammen, die oft auch miteinander verwandt sind110. Aus dem bloßen Namen des Vereins, der aus einer anderen Inschrift hervorgeht – τὸ Ἀσκλαπιαστᾶν Νικασιωνείων Ὀλυμπιαστᾶν κοινόν – hätte sich dies nicht herauslesen lassen; vielfach lässt sich jedoch nicht mehr als die oft sehr langen und komplizierten Namen der Vereine konstatieren, bei denen man allenfalls einen entsprechend vielfältigen Festkalender annehmen kann, ohne darüber hinaus ein gemeinsames Merkmal der Vereinsmitglieder feststellen zu können. Das der Konstituierung eines Vereins vorausgehende Element partieller Gemeinsamkeit wird in der Regel nicht demonstrativ nach außen getragen.

4.2.6 Verwandtschaft Dass Vereine aus einem Familienverband hervorgehen konnten, macht das genannte Beispiel des von Nikasiōn gegründeten Vereins deutlich. Für solch eine Verbindung gibt es auch Parallelen aus anderen Poleis, zu nennen ist nur das prominente Beispiel des Familienvereins der Epikteta aus Thera111. Verwandtschaft nicht nur im Sinne einer ›geglaubten Gemeinsamkeit‹ wird man insbesondere für die zahlreichen aus den Polisstrukturen hervorgegangenen Verbindungen vorauszusetzen haben, die sich demgemäß ausschließlich aus der Bürgerschaft konstituierten112. Diese ursprünglich gentilizischen Verbände sind in den Inschriften unter den Namen patrai, synnomai und diagoniai greifbar. Aus dem 1. Jh. v. Chr. sind dann auch koina der patriōtai bekannt, die Gabrielsen von den eigentlichen patrai differenziert. Es mag sich hier um Vereine handeln, die nur einige Mitglieder einer patra umfassen113. Dass die synnomai den patrai unmittelbar übergeordnet waren und damit eine Art Bindeglied zu den lokalen Phylen darstellten, sei nicht nachzuweisen. Die Interpretation der synnomai stützt sich bislang auf ein Verzeichnis aus Kamiros, in dem mehrere patrai jeweils unter einer übergeordneten Bezeichnung zusammengefasst sind114. Diese Überschriften wurden stets als Namen der synnomai betrachtet. Gabrielsen schlägt jedoch vor, darin Namen von Kultfesten zu sehen,

110 Maillot 2009. 111 s. Kap. 6.4.2 mit weiteren Beispielen. 112 Benincampi 2008, 47 f. 113 Gabrielsen 1997, 141 f. Ähnlich Maillot 2005, 43. 114 Tit.Cam. 1 und 2.

4.2 Konstitutionsfaktoren 

 121

denen jeweils mehrere patrai zugeordnet waren115. Insgesamt spreche alles dafür anzunehmen, dass letztere in hellenistischer Zeit ›künstliche‹ Untergliederungen der Poleis darstellten, in denen sämtliche Bürger registriert waren116. Dagegen wendet sich Benincampi, die hinter den Überschriften eine territoriale Bezeichnung vermutet. Sie betrachtet die patrai grundsätzlich als gentilizische Verbindungen und liest das Verzeichnis als eine Art Kataster; das Vorkommen mehrerer patrai gleichen Namens in dem Verzeichnis erklärt sie damit, dass verschiedene Familien einer patra in unterschiedlichen Regionen Ländereien besaßen117. Ähnlich versteht sie die nur für Ialysos und Lindos nachgewiesenen diagoniai, die Gabrielsen eher den ›privaten‹ Vereinen zuordnet118. Auch wenn sich auf der bisherigen Quellengrundlage die Bedeutung der patrai, synnomai und diagoniai nicht genauer klären lässt, so ist die Vermutung von Benincampi keineswegs auszuschließen, dass innerhalb dieser Gruppierungen vorhellenistische, familiäre Verbindungen aufrechterhalten wurden. Dafür spricht insbesondere, dass diesen Gruppierungen keine erkennbare Funktion innerhalb der Polisstruktur zukommt. Auch die unterschiedliche Demenzugehörigkeit der vier bekannten Rhodier, die der διαγονία ἁ Ἁγητοριδᾶν zugerechnet werden können, würde unter dieser Voraussetzung nicht mehr irritieren119. Die Γρεννάδαι besaßen Anfang des 3. Jhs. v. Chr. in dem archaischen Kultbezirk des Boukopion einen Altar, an dem sie bezeichnenderweise Athana Phratrias opferten120. Diese patra ist noch in der Kaiserzeit belegt, dann jedoch als patriōtai Grennadai 121. Wo dabei die Grenzen zwischen realen und konstruierten Verwandtschaftsbeziehungen verliefen, ist unerheblich.

115 Gabrielsen 1997, 148. 116 Zustimmend Maillot 2005, 41. 117 Benincampi 2008, 174 f. Die Πυλλωνείων πάτραι setzt sie a. O. 194 mit dem modernen Ortsnamen Pylona in Verbindung und weist a. O. 173 Anm. 593 ebenfalls darauf hin, dass es einen Namen Πύλλωνος gab, der in der um 305 datierenden Spenderliste I. Lindos 51 belegt ist. 118 Benincampi 2008, 209; Gabrielsen 1997, 151. Jones 1987 geht demgegenüber davon aus, dass sowohl die diagoniai als auch die patrai-Verbände in keiner direkten Verbindung zur Polisorganisation stünden. 119 Gabrielsen 1997, 151. 120 I. Lindos 615. Vgl. auch Kap. 7.4. 121 s. etwa I. Lindos 392 b Z. 13.

5 Die Vereinsräume 5.1 Das Vereinshaus Dauerhaft konstituierte Vereine, deren Mitglieder sich regelmäßig zu Vereinsversammlungen zusammenfanden, benötigten entsprechend einen Ort, an dem das Vereinsleben stattfand. Während zahlreiche Inschriften belegen, dass viele Vereine über einen eigenen Bestattungsplatz verfügten, dem gleichzeitig eine wichtige Funktion als Versammlungsort zukam, so erscheinen Vereinslokale nur äußerst selten in den rhodischen Quellen1. Auch archäologisch konnte bislang noch kein Gebäude sicher als Vereinshaus identifiziert werden2. Da die Finanzierung einer eigenen Immobilie mit erheblichen Kosten verbunden war, ist damit zu rechnen, dass sich Vereinsmitglieder häufig im Privathaus eines vermögenden Vereinskollegen trafen und kein eigenes Vereinslokal unterhielten3. Nur für das in Rhodos-Stadt ansässige Ἀφροδισιαστᾶν Ἑρμογενείων κοινόν – ein Verein, in dem sowohl Bürger als auch Nichtbürger Mitglied waren – ist zweifelsfrei ein Vereinslokal nachgewiesen. Der Verein hatte in der Stadt (ἐν τῶι ἄστε̣ [ι]) ein Haus (οἰκία) mit einem dazugehörenden Grundstück (οἰκόπεδον) erworben4; die entsprechenden Dokumente über den Kauf sind auf einem Stein publiziert. Die genaue Lage des Vereinshauses innerhalb der Stadt wird durch Angabe der Nachbargrundstücke beschrieben. Demnach grenzte das Gebäude an ein Musenheiligtum sowie an das Grundstück des Rhodiers Damainetos, Sohn des Sōkratēs, aus dem (Festland-) Demos Amos, durch Adoption Sohn des Damokratēs aus dem Demos Silyrios5; als dritter Nachbar wird ein Verein genannt, von dessen Name jedoch nur

1 Zu den Nekropolen s. Kap. 6.4. 2 Zur möglichen Identifizierung eines Gebäudes östlich der Akropolis als Vereinshaus eines Haliosvereins s. Kap. 7.3.1. Ein weiteres Vereinshaus könnte süd-östlich von Rhodos-Stadt zu lokalisieren sein, Kakavogianni 1999, 237–242. 3 Baslez 1998, 431 macht allerdings darauf aufmerksam, dass Versammlungen in Privathäusern in Athen schnell den Verdacht konspirativer Zusammenkünfte weckten; in der Entstehungsphase hätten sich Vereinigungen deshalb wohl häufig auf öffentlichen Plätzen getroffen. Vgl. dazu auch Ain. Takt. 10, 2, der für die Sicherheit in der Stadt während einer Belagerung empfiehlt, private Zusammenkünfte (σύλλογοι ἴδιοι) zu verbieten; zwingend notwendige Treffen sollen im prytaneion, im Rathaus oder einem anderen öffentlichen Platz (ἐν ἄλλῳ φανερῷ τόπῳ) stattfinden. Abgesehen von Hochzeits- und Begräbnisfeierlichkeiten solle zudem jeder in seinem eigenen Haus und nicht in Gemeinschaft speisen (μηδὲ δειπνεῖν κατὰ συσσιτίαν). 4 Pugliese Carratelli, Associazioni, Nr. 18 B. 5 Das Musenheiligtum ist nicht lokalisiert. Auch Δ̣[αμ]α̣ίνετος Σωκράτευς Ἄμι[ος κ]αθ’ ὑοθεσίαν δὲ [Δ]­αμο̣ [κ]ρ̣ ά̣[τευς Σ]ιλύριος ist anderweitig nicht bekannt. Eine Verbindung zu Σωκράτης Δαμαινέτου, der im Jahr 211 v. Chr. in Kamiros als Agonothet amtierte, wäre grundsätzlich möglich; Tit.Cam. 42 Z. 20. https://doi.org/10.1515/9783110572681-007



5.1 Das Vereinshaus 

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noch Τ̣ρι̣ [- - συ]ν̣ νομᾶς κοινὸν zu lesen ist. Dieses koinon der synnomai bestand sicherlich ausschließlich aus Bürgern6. Auch wenn diese Inschrift im rhodischen Befund singulär ist, so wird deutlich, dass Grundstücke von Vereinen, in denen Nichtbürger vertreten waren, keineswegs räumlich separiert waren. Unklar ist allerdings, in welchem Maße Vereine, die über eigene Räumlichkeiten verfügten, diese auch zur Aufstellung von Ehrenstatuen und als Publikationsort der Vereinsdekrete nutzten. Die in den Nekropolen gemachten Funde von Ehreninschriften und Vereinsbeschlüssen verweisen deutlich auf die Attraktivität dieser Plätze als Aufstellungsort. Dass es sich hierbei stets um Vereine handelt, die über kein Vereinslokal verfügten und dementsprechend die Nekropole praktisch ersatzweise nutzten, ist auszuschließen. Dies zeigt ein weiteres Dekret des genannten Vereins der Aphrodisiastai Hermogeneioi, dem sich entnehmen lässt, dass neben einem Vereinslokal auch eigene Bestattungsplätze in Vereinsbesitz waren7. Der Beschluss enthält eine Anordnung, die Besitzurkunden über die Liegenschaften des Vereins auf einer Stele zu verzeichnen und diese daraufhin in der Vereinsnekropole aufzustellen (ἀναθέτω τὰν στάλαν εἰς τοὺς τοῦ κοινοῦ τάφους)8; eine zusätzliche Publikation im Vereinslokal war offensichtlich nicht vorgesehen. Der Entschluss zur Platzierung der Stele in der Nekropole resultierte demnach nicht aus einer Alternativlosigkeit, sondern war das Ergebnis einer bewussten Auswahl. Anders sieht es auf Astypalaia aus. Dort hatte das koinon der Phryger Spenden gesammelt, um die Schulden tilgen zu können, mit denen das Vereinshaus belastet war. Die Namen der Spender verzeichnete man auf einer Stele, die an einer Mauer des Vereinshauses angebracht werden sollte (ἐς τὰν οἰκίαν ἐς τὰν τοῖχον)9. Hier wurde demnach ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen Stiftern und Stiftung hergestellt. Die Proklamation der Spendernamen wurde im Rahmen der wohl monatlich stattfindenden Festversammlungen (synodoi) vorgenommen, und zwar unmittelbar nach den Libationsopfern10. Diese Festversammlungen fanden somit nicht im Vereinsgebäude statt, sondern auf den Grabplätzen des Vereins, obwohl der Anlass der Ehrung in keinem Zusammenhang mit den Grabplätzen steht. Dies macht in besonderem Maße die Bedeutung der Grabplätze für das Vereinsleben deutlich.

6 Zu den synnomai s. Kap. 4.2.6. Was nach Τ̣ρι̣ [– – –] zu rekonstruieren ist, bleibt unklar; denkbar wäre ein Zusammenschluss der Mitglieder von drei verschiedenen synnomai; vgl. dazu die Τρικτοίναι τῶν ἐν Λέλωι, einer Vereinigung dreier ktoinai, Tit.Cam. 84. 7 Abgesehen von diesem Beschluss sind keine Vereinsdekrete erhalten, in denen Anordnungen über den Ort der Aufstellung einer Statue oder eines Dekrets gemacht werden. 8 Pugliese Carratelli, Associazioni, Nr. 18 Seite A, Z. 12. Zur rechtlichen Grundlage des Grundbesitzes s. Kap. 6.2.2. 9 I. Dor. Ins. 88. 10 I. Dor. Ins. 88 Z. 11–15. Da an der anagoreusis neben einem epimēletas ein epimēnios beteiligt ist, erscheint es naheliegend, hier von monatlichen Vereinsfesten auszugehen.

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 5 Die Vereinsräume

Unklar bleibt, wo die Unterkünfte (οἰκητήρια) des κοινὸν τοῦ Διονυσιαστᾶν Ἀθαναϊσ{σ}τᾶν Διὸς Ἀταβυριαστᾶν Εὐφρανορίων τῶν σὺν Ἀθηναίῳ Κνιδίῳ zu lokalisieren sind, für deren Instandsetzung ein Spender 100 Drachmen zur Verfügung gestellt hatte11. Die Inschrift wurde in Mallona gefunden, einem kleinen Ort auf dem zu Lindos gehörenden Gebiet. Die weiteren zweckgebundenen Geldbeträge, mit denen er den Verein unterstützt hatte, scheinen zumindest alle für die Grabbezirke bestimmt gewesen zu sein. Zu einem Vereinsgebäude könnte schließlich das Fragment eines Kapitells gehört haben, auf dem eine Schenkung eines Vereinsgründers und Euergeten verzeichnet ist12. Dem fragmentarischen Text ist nur noch zu entnehmen, dass dieser dem Verein die Anlegung von Weinstöcken finanziert hatte. Worum es sich bei dem zweiten Teil der Stiftung handelte, lässt sich nicht mehr bestimmen. Vielleicht war aber nach [εἰς τὰν κ]α̣τασκευὰν τᾶν [– – –] von Baulichkeiten die Rede, zu denen auch das Kapitell gehörte, auf dem man die Inschrift anbrachte. Auch der Stiftername ist zwar nicht erhalten; seine Herkunft aus Kyzikos sowie die Tatsache, dass ihm die epidamia verliehen worden war und er als Vereinsgründer bezeichnet wird, legen jedoch die Vermutung nahe, dass es sich um Nikasiōn handelt, der das Ἀσκλαπιαστᾶν Νικασιωνείων Ὀλυμπιαστᾶν κοινόν gegründet hat13. Von dem koinon stammt auch die Siegerliste der vereinsinternen Agone, die jährlich veranstaltet wurden und für die eigens Agonotheten, Phylarchen und Gymnasiarchen gewählt wurden. Diese Feste werden ebenfalls in einem Vereinsbezirk stattgefunden haben. Dagegen erscheint es aber kaum vorstellbar, dass es sich bei dem Hippodrom, dass von einem Verein errichtet worden ist, um ein vereinseigenes Gebäude handelte14. Man wird hinter den Ἁλιασταὶ Ἀθαναϊσταὶ Ἑρμαϊσταὶ Ἀριστείδειοι οἱ συνεργαξάμενοι τὸν ἱππόδρομον vielmehr einen Zusammenschluss der mit dem Bau der Anlage beschäftigten Arbeiter zu sehen haben15. Ein Blick auf die geographische Verteilung der Vereine zeigt zwar eine zu erwartende Konzentration auf die städtischen Gebiete; allerdings war das Vereinswesen keineswegs ein ausschließlich urbanes Phänomen, sondern gleichermaßen in den ländlichen Demenbezirken verbreitet, wie das Beispiel des Vereins aus Mallona zeigt. Der Vereinswohltäter hatte sich in einer Weise für die vereinseigenen Bestattungs-

11 IG XII 1, 937 Z. 9–12: ἐπανγειλαμένου εἰς ἐ|πισκευὰν τοῦ τόπου δ(ραχμὰς) φεʹ καὶ ἄλλες ἐπανγιλαμένου ἰς τὰ | οἰκητήρια δ(ραχμὰς) ρʹ καὶ ἄλλας ἐπανγιλαμένου εἰς ἐνθήματα ὀγδό|σιος {ἐγδόσιος?} τοῦ τόπου δ(ραχμὰς) ρʹ. Da die Inschrift in sekundärer Verwendung gefunden wurde, lässt sich der ursprüngliche Aufstellungsort nicht bestimmen. 12 Pugliese Carratelli, Associazioni, Nr. 5. Es könnte sich hierbei auch um eine Spenderliste handeln. 13 Die Identifizierung schlug erstmals Pugliese Carratelli, Associazioni, Nr. 5 vor. Für den Vereinsnamen s. Hiller – Saridakis, AM 25, 1900, 109 f. Nr. 108 Z. 4. 14 N.Suppl.Epigr.Rh. 158 Nr. 3. 15 s. Maillot 2005, 93, die den temporären Charakter dieser Vereinigung betont.



5.2 Der Verein als Interaktionsraum zwischen Bürgern und Nichtbürgern 

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plätze engagiert, wie es ansonsten für Rhodos-Stadt bekannt ist16. Dieser Befund korreliert insofern mit der Verteilung der Nichtbürger insgesamt, die ihre Präsenz in ländlichen Räumen anzeigt.

5.2 Der Verein als Interaktionsraum zwischen Bürgern und Nichtbürgern – ein Bereich sui generis? Die Form, in der die Vereinsdekrete verfasst sind, macht eindrucksvoll die strukturelle Ähnlichkeit der Vereine mit der Polis deutlich und veranschaulicht gleichzeitig ihren hohen Organisationsgrad: Einleitend wird der eponyme Haliospriester aufgeführt; nach der Nennung des archeranistas folgt die Datierung nach dem rhodischen Kalender. Die Dekrete geben Auskunft über regelmäßige Vereinsversammlungen, in denen über die Vereinsbelange und Ehrungen beraten wurde und die Wahlen der Vereinsmagistrate stattfanden17. An ihnen lassen sich damit unmittelbar die spezifischen Interessen und Bedürfnisse der Vereinsmitglieder ablesen. Die Bezugnahme auf die rhodische Datierungspraxis verwundert dabei nicht; schließlich handelte sich hierbei um die in Rhodos gültige Datierungsform. Diese formale Anpassung ist insofern eher eine Folge der Lebensumwelt, in der sich die Fremden bewegten, und nicht auf eine gezielte integrative Programmatik zurückzuführen18. Aus Rhodos sind keine Vereinsdekrete in nichtgriechischer Sprache bekannt wie etwa dasjenige des koinon der Sidonier in Athen aus dem 3. Jh. v. Chr., das phönizisch abgefasst ist, sich aber eng am attischen Dekretformular orientiert19. Hinsichtlich der Sprache unterscheiden sich die rhodischen Vereinsinschriften von denjenigen der Polis allerdings darin, dass sich die Vereine häufig der Koine bedienten oder einer

16 IG XII 1, 937; s. etwa auch die in Salakos, Phanes und Agyleia ansässigen Vereine (Papa­ christodoulou 2009a und 2009b), die ebenfalls dem ländlichen Raum zuzurechnen sind. 17 Diese Ähnlichkeit verwundert insoweit nicht, da der größte Teil der Vereinsmitglieder aus analogen Kollektiven stammt – nämlich jeweils aus weitgehend demokratisch verfassten Poleis mit einer ähnlichen institutionellen Ausprägung –, die ein hohes Maß an Funktionsverwandtschaft besitzen; diese ›politische‹ Herkunft brachte jedes Vereinsmitglied ›präkollektiv‹ mit, die sich dann als ›pankollektives Element‹ bei der Gestaltung der Vereinsstruktur äußerte. 18 Insofern könnte man auch die Datierungspraxis mit Hansen als pankollektives Element verstehen, das die Kompatibilität des Kollektivs ›Verein‹ mit dem Dachkollektiv ›Polis‹ garantierte. Bemerkenswerter wäre es jedenfalls, wenn sich ein Verein finden ließe, der einen eigenen Kalender bzw. den einer anderen Polis führte. 19 Ameling 1990; unter dem Dekret findet sich nur der Verweis auf die Ehrung in griechischer Sprache in der denkbar knappsten Form: τὸ κοινὸν τῶν Σιδωνίων | Διοπείθ〈η〉ν Σιδώνιον, IG II2 2946. Die drei phönizisch-griechischen Bilinguen aus Rhodos lassen sich nicht mit Vereinen in Verbindung bringen, Marguerite, Kition, 139–140 Nr. 172–174. Die einzige Ausnahme für Rhodos stellen die C(ives) Romani qui in Asia negotiantur dar; CIL 3, 12266. Bresson 2002, 154–156 datiert die Inschrift vor die Mitte des 1. Jhs. v. Chr.

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 5 Die Vereinsräume

Mischform aus dorischem Dialekt und Koine. Die Verbreitung der Koine blieb aber auf die Vereine begrenzt und vermochte nicht in den Bereich der Polis vorzudringen; erst in der Spätantike setzte sich in Rhodos die Koine durch20. Daraus lässt sich ableiten, dass die Vereinsdekrete auch von Nichtbürgern verfasst wurden. Bei dem Ehrendekret des κοινὸν τὸ Σαβαζιαστᾶν war man bezeichnenderweise ausgerechnet bei der Sanktionsformel, die exakt dem Polisvokabular entspricht, von dem dorischen Dialekt abgewichen, indem man statt κυρωθέντος τοῦδε τοῦ ψαφίσματος die Koine-Schreibweise κυρωθέντος τοῦδε τοῦ ψηφίσματος wählte21. Diese reflektierte Übernahme ist ebenfalls als Hinweis darauf zu werten, dass die Organisationsstruktur der Vereine vielfach nicht auf Initiative rhodischer Bürger geschah, die in diesen Vereinen Mitglied waren, sondern auf eine bewusste Entscheidung der Nichtbürger zurückgeht. In diesem Wechsel zwischen Adaption und eigener Gestaltung kommt einmal mehr die ambivalente Stellung der Nichtbürger zwischen Nähe und Distanz zum Ausdruck. Dass derartig organisierte Vereine in gewisser Hinsicht einen Bereich sui generis bildeten, wird besonders daran deutlich, dass es vereinseigene nomoi gab, die ein eigenes Interaktionsfeld mit formalisierten Strukturen schufen, auch wenn im Detail nicht klar ist, wie weitreichend diese Vereinssatzungen waren22. Insoweit ist es durchaus berechtigt, von einer vereinseigenen Öffentlichkeit oder Teilöffentlichkeit zu sprechen23. Um die Gestalt des Kollektivs Verein und die Kriterien für die soziale Positionierung seiner Akteure zu erfassen, ist daher im Folgenden zunächst die Art dieser Öffentlichkeit zu beschreiben, bevor daran anknüpfend die Mechanismen sozialer Hierarchisierung und Mobilität in diesem ›Eigenbereich‹ herausgestellt werden können.

20 Vgl. etwa Bresson 1996, 236. 21 Kontorini, Inscriptions inédites, Nr. 8. Demgegenüber fällt die Verwendung des Dorischen in der Subskriptionsliste Konstantinopoulos, ADelt 21 A, 1966 (= SEG 53, 2.822) auf, da weder unter den Amtsträgern des Vereins, von denen drei für das Verzeichnen der Spender verantwortlich waren, noch unter den – nicht vollständig erhaltenen – Spendern, Rhodier anzutreffen sind, s. etwa Z. 13 f.: ἐ[πὶ] τὰν πε[ρι]|οικοδομάν. Vgl. das Präskript der Spenderliste des Vereins, der unter dem Vorsitz des Μενεκράτης aus Kibyra stand, IG XII 1, 9 Z. 4 f.: τὰν ἀνοικοδομάν. 22 IG XII 1, 155; I. Dor. Ins. Nr. 2. Ebenso wie die Polis unterschieden zahlreiche Vereine zwischen den Bereichen koinon und idion; Baslez 1998, 436; Gabrielsen 2009, 182; auch in IG XII 1, 155 D III Z. 97 f. wird zwischen den Amtsträgern (ἄρχοντες) und einfachen Vereinsmitgliedern (ἰδιῶται) unterschieden. Zur rechtlichen Ausgestaltung der Vereinsstrukturen s. demnächst die Publikation der vom Copenhagen Association Project organisierten Tagung »A World of Well-Ordered Societies? The Rules and Regulations of Ancient Associations«. Auf der Projektseite sind Zusammenfassungen der Beiträge verfügbar; (17.02.2018). 23 Zur Teilöffentlichkeit insbesondere in Bezug auf das römische Vereinswesen s. bes. Bendlin 2002.



5.2 Der Verein als Interaktionsraum zwischen Bürgern und Nichtbürgern 

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5.2.1 Konstitution von Öffentlichkeit Insgesamt verweist die Publikationspraxis der Vereine auf ein offenkundiges Interesse nach einer wie auch immer gearteten Öffentlichkeit. Ebenso wie auf Polisebene gewährt man verdienten Honoranden neben einem Ehrenkranz und einer Statue die anagoreusis – die Verkündigung der Ehrungen bei den Vereinsversammlungen oder Festen; und das häufig sogar εἰς τὸν ἀεὶ χρόνον24. Und ebenso wie in den Polisdekreten forderte man in der Hortativformel andere potenzielle Euergeten – Bürger wie Nichtbürger – explizit auf, es dem Geehrten gleichzutun. In dem Vereinsdekret der Sabaziastai ist diese Aufforderung besonders eindringlich formuliert25: (...) ὅπως οὖν καὶ τὸ κοινὸν τὸ Σαβαζιαστᾶν φαίνηται καταξίας χάρι5 τας ἀποδίδον τοῖς εὐεργετεῖν αὐτὸ προ αιρουμένοις καὶ πολλοὶ τὴν αὐτὴν αἵρε σιν ἔχωσιν vac. Ἀρίστωνι θεωροῦντες τὴν πα ρὰ τοῦ πλήθους εὐχαριστίαν (...) Damit nun auch der Verein der Sabaziastai in sichtbarer Weise denjenigen angemessenen Dank entgegenbringt, die ihm Wohltaten erweisen wollen, und viele dieselbe Gesinnung (wie Aristōn) haben mögen, sobald sie die Dankbarkeit der Menge (d. h. aller Vereinsmitglieder) gegenüber Aristōn sehen (...)

Wer aber sind οἱ προαιρούμενοι εὐεργετεῖν? Wer sind die πολλοί? Soll der Appell, sich für den Verein zu engagieren, über den Kreis der syneranistai hinausreichen? Zwar stand das Dekret der Sabaziastai im Grabbezirk des Vereins, dies muss aber nicht zwangsläufig auf einen begrenzten Adressatenkreis verweisen. Zumindest zu

24 Mit dieser Formulierung wird dem Verein gleichzeitig eine historische Tiefe gegeben. Vgl. dazu die Ehreninschrift I. Peraia 156 (= I. Pérée 126), die berichtet, dass mehrere Vereine dauerhaft einen Festtag für ihren Euergeten einrichteten. Interessant wäre es zu wissen, ob Vereine geschlossen an Polisfesten teilnahmen, wie es etwa für das koinon Berytion Poseidoniaston emporon kai naukleron kai egdocheon in Delos belegt ist, das an den städtischen Apollonia teilnahm; Aneziri 2012, 74. 25 Kontorini, Inscriptions inédites, Nr. 8 Z. 3–8. Vgl. auch das Ehrendekret der Haliadai kai Haliastai für Dionysodoros, IG XII 1, 155 D, Z. 8–13: ὅπως οὖν καὶ Ἁλιάδαι καὶ Ἁλιασταὶ τοὺ[ς] | ἀγαθοὺς ἄνδρας καὶ ζῶντας καὶ μεταλλ[ά]|ξαντας τὸν βίον φαίνωνται τιμοῦντες κ[αὶ] | καταξίας χάριτας ἀποδιδόντες τοῖς προα[ι]|ρουμένοις εὐεργετεῖν τὸν ἔρανον καὶ καλ[ὰν] | [ἀ]πόδειξιν ἐμ πᾶσι πεποιημένοις (...) »Damit nun auch die Haliadai und Haliastai die guten Männer sichtbar ehren – sowohl die Lebenden als auch die Verstorbenen – und denjenigen, die beabsichtigen, dem Verein Gutes zu tun und die in allem eine schöne Leistung vollbracht haben, einen angemessenen Dank erweisen (...)«. Ein weiteres Beispiel liefert das Ehrendekret des koinon der Artemeisiastai für Chrysippos, I. Dor. Ins. 2 Z. 20 f.; ferner liegt in sehr fragmentarischem Zustand die Hortativformel eines Dekrets der Herakleōtai oder Herakleistai vor, Hiller, AEMÖ 18, 1895, 121 f. Nr. 1.

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 5 Die Vereinsräume

bestimmten Zeiten werden die Vereinsnekropolen auch für Nichtmitglieder zugänglich gewesen sein26. Zudem fällt auf, dass Mehrfachehrungen verschiedener Vereine für eine Person nicht nur in Ehren- bzw. Grabinschriften Erwähnung finden, die von Familienangehörigen in Auftrag gegeben wurden, sondern Vereine verwiesen auch auf die Verdienste ihres ›Wohltäters‹ für andere Vereine. Die Ehrungen fanden somit nicht allein vor den Augen der Vereinsmitglieder statt. Dies weist über die auf den Verein beschränkte Öffentlichkeit hinaus und setzt Kontakte zwischen Mitgliedern verschiedener Vereine voraus. Diese Kontakte werden besonders durch Personen befördert worden sein, die in mehreren Vereinen Mitglied waren. Solche Mehrfachmitgliedschaften sind – neben dem prominenten Beispiel des Dionysodoros aus Alexandria – hinreichend belegt. Ein Verein von Anhängern der samothrakischen Mysterien erwähnt in seiner Ehreninschrift für Moschion aus Phaselis ebenso die Ehrungen eines Panathēnaistaisowie eines Aphrodisiastai-Vereins27. Die Artēmeisiastai erwähnen in dem Ehrendekret für Chrysippos sogar ganz konkret, dass es die Athēnaistai waren, die als erste Chrysipp ausgezeichnet hatten, indem sie ihm den hervorragendsten Rang unter ihren Euergeten einräumten28. Die Ehreninschrift auf einer Statuenbasis für einen Bürger aus Herakleia, die von dem Ἀριστοβουλιαστᾶν Σωτηριαστᾶν Ἡφαιστιαστᾶν Ἀγαθοδαιμονιστᾶν Μενεκρατείων τῶν σὺν Μενεκράτει κοινόν in Auftrag gegeben worden war, erweckt den Eindruck, dass man die Ehrungen anderer Vereine gezielt überbieten wollte29: Vier goldene Kränze, zwei Bronzestatuen, nicht näher bezeichnete Wohltaten sowie die Verkündigung der Ehren bei sämtlichen Vereinsfesten bildeten den ›Ehrensold‹ für den Wohltäter. Man war darauf bedacht, auch die Ehrungen der anderen drei Vereine mit großer Sorgfalt zu verzeichnen; zwei Vereine hatten ihm jeweils einen goldenen Kranz zukommen lassen sowie ein weiterer Verein zusätzlich einen Laubkranz. Dabei nannte man jedes Mal die stets gleichlautende Begründung für die Ehrung: ἀρετᾶς ἕνεκα καὶ εὐνοίας καὶ φιλοδοξίας. Einerseits verdeutlichte man mit dieser Monotonie die unermessliche Tugendhaftigkeit des Geehrten, andererseits gewinnt man den Eindruck, als wolle der Verein demonstrieren, dass ›sein‹ Wohltäter bei anderen koina für gleiche Verdienste weitaus geringere Ehren erhalten hatte. Augenfällig wird ein Gefälle zusätzlich durch die optische Erscheinung der Inschrift hergestellt, indem man sämtliche Ehrungen der drei anderen Vereine dicht gedrängt in der unteren Hälfte des Steins unterbrachte30. Ähnliches ist für das κοινὸν Σαμοθρᾳκιαστᾶν Ἀφροδισιαστᾶν Βορβοριτᾶν auf Syme zu beobachten, das

26 Über die Zugänglichkeit der Grabbezirke der Vereine s. Kap. 6. 27 Maiuri, Nuova Silloge 43. 28 So ist sicherlich die Formulierung εὐ|σχήμονος οὖν γενομένου συνέβα | τὰν Ἀθηνᾳστᾶν [....]ν σ[ύνο]δ̣ ον δ̣ ι̣ |αριθμεῖν παρὰ π[ά]ντας αἰτίους γ̣ε|ν̣ ομένους καλῶν [καὶ] μεγάλων ἔρ|γων zu verstehen, I. Dor. Ins. 2 Z. 9–14 mit dem Kommentar von Engelmann 1970, 280 f. 29 App. I 9 (= Pugliese Carratelli, Associazioni, Nr. 6). 30 s. S. 468 Abb. 15 a.



5.2 Der Verein als Interaktionsraum zwischen Bürgern und Nichtbürgern 

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den Metöken Euphrosynos aus Idumäa geehrt hat. Der Inschriftentext wechselt auffallend von der 3. Person Singular in die 1. Person Plural und schafft dadurch sprachlich eine Distanz zwischen den eigenen Ehren für Euphrosynos und denen anderer Vereinigungen31: [τ]ὸ κοινὸν Σαμοθρᾳκι[α]στᾶν Ἀ[φ]ρο[δισιασ] [τ]ᾶν Βορβοριτᾶν ὑπὲρ Ε[ὐ]φροσύνο[υ] Ἰδυμέως μετοίκου [εὐ]εργέτα [τ]οῦ κοινοῦ· ἐπαιν[εῖ] καὶ στεφανοῖ χρ[υ]5 [σέ]ῳ στεφάνῳ [ἀρε]τᾶς ἕνεκα καὶ [εὐ]νοίας ἃν ἔχων διετέλ[ε]ι ’ς ἁμὲ τὸ[ν] [ἅπ]αν〈τα〉 χρόνον· καὶ ἐστεφανωμένο[ν] [χ]ρυσέοις [στ]εφάνοις ὑπ’ ἁμῶν τὸ τ[ρίτον {τ[έταρτον?}] [καὶ] ἐστεφανωμένον ὑπο Ἀ[δ]ωνιασ[τᾶν Ἀφροδισιασ]10 [τᾶν(?)] Ἀσκλαπιαστᾶν Σύρων [χρ]υσ[έῳ στεφάνῳ] [καὶ] ὑπὸ τᾶς κτοίνας τᾶς ΗΛ[– – –] χρυσέῳ στεφάνῳ καὶ ὐπο τᾶς κτο[ί] [ν]ας τᾶς Ἐπι[β]ωμοῦς(?) χρυσέῳ στε [φ]άνῳ καλοκἀγαθίας ἕνεκα ἂν ἔ15 [χ]ων [δ]ι[ε]τέ[λει] ’ς [τὸ κ]οινὸ[ν] θεοῖς. Das koinon der Samothrakiastai Aphrodisiastai Borboritai für Euphrosynos aus Idymia, Metöke, Wohltäter des Vereins. (Der Verein) lobt und bekränzt (ihn) mit einem goldenen Kranz wegen seiner Tüchtigkeit und seines Wohlwollens, das er uns stets zu jeder Zeit entgegenbrachte. Er ist von uns (bereits) dreimal [viermal?] mit goldenen Kränzen bekränzt worden; auch von den Adōniastai [– – –] Asklapiastai Syroi ist er mit einem goldenen Kranz bekränzt worden, ebenso von der ktoina der [– – –] mit einem goldenen Kranz sowie von der ktoina der Epibōmoi32 mit einem goldenen Kranz wegen seiner Großherzigkeit, die er stets dem koinon entgegenbrachte. Den Göttern.

Auf der einen Seite wird besonders die Häufigkeit bzw. der Zeitraum hervorgehoben, über den hinweg der Geehrte den Verein begünstigte, indem neben der Formulierung ἔχων διετέλ[ε]ι ’ς ἁμὲ nochmals zusätzlich eingefügt wird τὸ[ν ἅπ]αν〈τα〉 χρόνον. Andererseits akzentuiert die Verwendung der 1. Person Plural die beachtlichen Ehren, die der Verein seinem Euergeten verlieh, im Gegensatz zu denen der anderen Korporationen. Eine derart scharfe Kontrastierung mag vielleicht nicht intendiert gewesen sein; und doch bleibt es auffallend, dass die Samothrakiastai Aphrodisiastai Borboritai Euphrosynos mit insgesamt drei oder vier Goldkränzen bedachten, während die

31 IG XII 3, 6. 32 Wörtlich »die ktoina, die auf Altären (opfert)«; der Name dieser ktoina erinnert an den Beschluss aus Tymnos in der Peraia, mit dem Mitgliedern der ktoina und des Demos die Nutzung der Altäre auf der Agora für Opfer an Zeus und Hera gestattet wird; I. Pérée 102 (= I. Peraia 201).

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übrigen Vereinigungen zusammengenommen nur auf drei Kränze kamen. So erhält die Motivformel gewissermaßen einen hortativen Charakter. Dieses verschiedentlich zum Ausdruck kommende Konkurrenzstreben setzt ebenfalls Öffentlichkeit voraus. Allerdings wurde dieser Wettbewerb nicht auf Polis­ ebene ausgetragen. Zwar kam es durchaus vor, dass sich Vereine an epidoseis der Polis beteiligten, die Spendenbeträge sind jedoch stets äußerst gering33. Sie nutzten dieses Forum demnach nicht, um sich als Euergeten der Polis zu präsentieren. Ebenso selten wurden Vereinsinschriften an öffentlichen Plätzen publiziert. Vereine hatten hierfür wie jede Einzelperson eine aitēsis einzureichen. Bezeichnenderweise ist ein solches Verfahren nur für die ursprünglich gentilizischen Verbände der Bürgerschaft belegt, und zwar zum einen für die Εὐθαλίδαι πατριῶται sowie für die διαγονία τὰν Ἁγητοριδᾶν34. In dem Ehrendekret der Euthalidai für einen Rhodier aus dem lindischen Demos Nettidas schließt sich an die Hortativformel die Bestimmung an, man solle einen Mann wählen, der Rat und Volk einen Antrag vorlegt, den Ehrenbeschluss im Demenheiligtum des Zeus Patroios aufstellen zu dürfen35. Bemerkenswert an diesem Vorgang ist, dass über dieses Anliegen nicht etwa auf Phylenebene, sondern auf Polisebene entschieden wurde. Die Polis führte demnach – zumindest in Hinblick auf die Ausstattung mit Ehrenmonumenten – die Aufsicht über die Demenheiligtümer. Diese Kompetenzverteilung deckt sich mit einem Ehrenbeschluss der ktoina in Poti­ daion, für dessen Aufstellung in zwei lokalen Heiligtümern ebenfalls eine Bestätigung durch den sympas damos eingeholt werden musste36. Das Heiligtum des Zeus Patroios in dem Demenbezirk Nettidas wird der zentrale Kultort der Euthalidai gewesen sein. Im benachbarten Demos Kamyndos verabschiedete die patra der Τραγαδῖται im 1. Jh. v. Chr. ein Dekret, das die Amtszeit der Priester für den Kult des Zeus Patroios auf ein Jahr beschränkte37. Der patra oblag offensichtlich die Kultpflege über das dortige

33 Vgl. Kap. 7.2.2 Beteiligung an epidoseis. 34 IG XII 1, 890. 922; s. bes. auch Gabrielsen 1994a. Auch wenn die Ergänzung für solch ein Verfahren in IG XII 3, 1270 zwischen den Frgt. A und B richtig sein sollte, liegt damit ebenfalls kein entsprechender Beleg vor, da es sich bei dem Beschlussorgan des Dekrets nicht um einen Kultverein handelt, s. dazu Kap. 3.2.2. 35 IG XII 1, 890 Z. 18–25: Εὐθαλίδαι | ἑλέσθωσαν ἄν̣ [δρα], ὁ δὲ αἱρεθεὶς αἰτησάσ|θω τὰν βουλὰν κα[ὶ τὸ] ν δᾶμον, δεδόσθαι Εὐθ[α]|λίδαις ἐπαινέσαι κ[αὶ] στεφανῶσαι Σωσικρά[τη] | Κλεωνύμου Νεττ[ίδ]αν, καὶ ἀναγράψας τόδ[ε] | τὸ ψάφισμα εἰστάλαν λιθίναν ἀναθέτω ἐ[ν] |Νεττείαι ἐν τῶι ἱερῶι τῶι τοῦ Διὸς το[ῦ] | Πατρώιου, εἷ κα Εὐθαλίδαι ἀποδείξωντα̣[ι]. Im Anschluss daran wird dann auch der Beschluss der Gesamtpolis mit der Zustimmung zu dem Antrag zitiert. Daraus lässt sich eindeutig entnehmen, dass die Institutionen der Gesamtpolis nicht nur über die Ehrung als solche entschieden, sondern ebenso über die Aufstellung im Demenheiligtum, s. Z. 29–37: ἔδοξε τᾶι βου〈λ〉ᾶ[ι] | καὶ τῶι δάμωι· Εὐφράνωρ Δαρδάνου Νε̣ [τ]|τίδας εἶπε· δεδόσθαι Εὐφράνορι Δαρδάνο̣ [υ] | Νεττίδαι καὶ Εὐθαλιδᾶν τῶι κοινῶι ἐπ[αι]|νέσαι καὶ στεφανῶσαι Σωσικράτη Κλ[ε]|ωνύμου Νεττίδαν θαλλοῦ στεφάνω[ι]· | ἀναθέμειν δὲ καὶ στάλαν ἐν Νεττεία̣[ι] | [ἐ]ν τῶι ἱερῶι τοῦ Διὸ[ς] τοῦ Πατρώιου; vgl. dazu Gabrielsen 1994a, 126 f. 36 I. Lindos, S. 1007. 37 I. Lindos 648. Zu den patra s. oben Kap. 4.2.6.



5.2 Der Verein als Interaktionsraum zwischen Bürgern und Nichtbürgern 

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Heiligtum des Zeus Patroios. Entsprechend verwundert es nicht, wenn die Euthalidai das in ihrem Demenort gelegene Heiligtum als Repräsentationsort ihrer Honoranden nutzte. Das Dekret als offizielle Anerkennung und Aufwertung eines Ehrenbeschlusses eines Vereins zu werten, wird dem Beschluss nicht gerecht; ebenso wenig lässt sich hieran allgemein ein Bestreben der Vereine festmachen, öffentliche Räume für den Konkurrenzkampf mit anderen Vereinen zu nutzen38. Zwei Statuenbasen von der Akropolis in Lindos sind aber nachweislich auf die Initiative von Vereinen zurückzuführen, die man auf den ersten Blick den zahlreichen Kultvereinen zurechnen würde. Die Ἑρμαϊσταὶ Ἀλκιμεδόντειοι errichteten »für ihren Wohltäter« Μίκυθος, der als höchstes Amt Priester der Athana Lindia gewesen war, eine Statue39. Auch Νικαγόρας, dem das κοινὸν τὸ Διοσκουριαστᾶν Φιλοκρατείων in gleicher Weise auf der Akropolis eine Statue weihte, hatte als Priester der Athana Lindia amtiert40. Dass in beiden Vereinen primär Nichtbürger vertreten waren, ist auszuschließen. Ἀλκιμέδων, der für die Ἑρμαϊσταὶ Ἀλκιμεδόντειοι namengebend war, kann durch eine Ehreninschrift desselben Vereins als Ἀλκιμέδων Ἀλκιστράτου aus dem Festlanddemos Hygassos identifiziert werden41. In einer weiteren Inschrift erscheint er im Kollegium der Strategen42. Obwohl der Vereinsname keinen direkten militärischen Bezug aufweist, könnten sich die Vereinsmitglieder aus Soldaten rekrutiert haben, die Alkimedōn unterstanden; dies kann auch zu einer Zeit gewesen sein, als er noch nicht die Strategie, sondern ein geringeres Kommando innehatte. Zudem gibt es mehrere Belege, dass sich der Schutzgottheit Hermes auch andere Soldaten anvertrauten43. In denselben Kontext sind die Dioskouren einzuordnen, auf die der zweite Vereinsname Bezug nimmt44. Φιλοκράτης, als dessen Anhänger sich die Dioskouriastai bezeichnen, könnte mit Φιλοκράτης Μενεμάχου übereinstimmen, der in demselben Strategenkollegium aufgeführt wird wie Alkimedōn45. Der sehr verbreitete Name Philokratēs erlaubt freilich keine sichere Zuordnung. Auch wenn sich beide Vereinigungen nicht explizit als synstrateuomenoi bezeichnen, gibt es damit Hinweise, die dazu berechtigen, in beiden Fällen militärische Ver-

38 Bei den von Gabrielsen 2001a, 227 genannten Fällen, in denen Vereine eine aitēsis einreichen, um eine Stele im Demenheiligtum aufstellen zu dürfen, handelt es sich zum einen um die Εὐθαλίδαι (IG XII 1, 890 und I. Lindos 652; in Maiuri, Nuova Silloge 18 sind diese als patriōtai bezeichnet) sowie um die Ἁγητοριδᾶι διαγειτονίαι und somit wohl um reine Bürgervereinigungen. 39 I. Lindos 251 (115 v. Chr.). 40 I. Lindos 285 (93 v. Chr.). 41 Hiller, ÖJh 9, 1906, Sp. 85–88. 42 IG XII 1, 50 Z. 13. Für die Identifizierung s. den Kommentar von Blinkenberg zu I. Lindos 251. 43 s. etwa IG XII 1, 101; vgl. ferner die Weihung eines Strategenkollegiums an Hermes Hagemon (ADelt B 26, 2, 1971, 559 Nr. 2). 44 Für Weihungen rhodischer Soldaten an die Dioskouren s. SGDI 4331 (Megiste); SEG 27.482 (Karpathos); IG XII Suppl. 317 (Tenos); I. Cret. I Lato 35; s. auch Morelli 1959, 126 f. 45 IG XII 1, 50 Z. 20.

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einigungen anzunehmen. Insofern wird man diese Vereinsdedikationen in die Reihe der zahlreichen Weihgeschenke rhodischer Soldaten auf der Akropolis einzuordnen haben46. Ebenso ist zu berücksichtigen, dass es sich bei den mit einer Statue geehrten Personen um Priester der Athana Lindia handelt, die sicherlich über die Autorität verfügten, einen entsprechenden Antrag zu unterstützen. Es ist einzugestehen, dass die Interpretation dieser Vereine als Zusammenschlüsse von Soldaten mit Unsicherheiten verbunden bleibt. Eindeutig aber liefern die beiden Statuenbasen keinen Beleg, dass (Nichtbürger-)Vereine grundsätzlich die Akropolis als Aufstellungsort von Ehrenmonumenten nutzten.

5.2.2 Soziale Hierarchisierung Die zahlreichen Vereine boten entsprechend vermögenden Personen vielfältige Möglichkeiten, euergetisch tätig zu werden. Wie aber waren Kollektive, in denen gleichermaßen Bürger, Nichtbürger und Sklaven an Entscheidungen partizipierten, hierarchisiert? Inwiefern war der rechtliche Status für die soziale Positionierung in diesem ›Eigenbereich‹ maßgebend? Lösten sich die Vereine von der Polis als rechtlichem und sozialem Bezugssystem? Obwohl die epigraphische Evidenz nur bedingt Einblicke in konkrete Interaktionsformen gewährt, so lassen sich doch einige Beobachtungen zusammenführen, um sich den genannten Fragen anzunähern. Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass sich auch die Bewertungsmaßstäbe für Ehrungen verdienter Personen nicht substanziell von denen der Polis unterschieden. Hier kam es ebenso maßgeblich darauf an, seine aretē, seine eunoia, seine philodoxia unter Beweis zu stellen, und dafür waren in aller Regel auch entsprechende Geldmittel Voraussetzung. Eindrücklich – wenn auch nicht aus dem rhodischen Polisterritorium stammend – ist in dieser Hinsicht das bereits erwähnte Dekret des koinon tōn Phrygōn aus Astypalaia: Als der Verein in finanzielle Schwierigkeiten geraten war, hatten sich einige Vereinsmitglieder bereit erklärt, mit Spenden zu helfen. Für diesen Einsatz ehrte man sie mit einem Laubkranz und verzeichnete die Namen der Spender auf einer Stele. Die verantwortlichen Vereinsmagistrate werden aber angewiesen, während der Festversammlungen des Vereins nur die Namen derjenigen Spender auszurufen, die wenigstens 10 Drachmen gestiftet haben (ἀναγορευόντω δὲ τὸς ἐσενέγκαντες ἔστε δρα[χ]μὰς δέκα τὸ ἐλάχιστον)47. Die Namen der Spender und

46 s. bes. die Votivaltäre, die die epistatai nach Ablauf ihrer Amtszeit für sich und ihre Soldaten stifteten, als pars pro toto sei nur auf I. Lindos 200 verwiesen. 47 I. Dor. Ins. 88 Z. 18 f. Auf Kos hatte offensichtlich ein thiasos-Verein zu Spenden von mindestens 100 Drachmen aufgerufen, IG XII 4, 1, 125 Z. 9 (2.–1. Jh. v. Chr.); der Inschriftentext ist allerdings in sehr fragmentarischem Zustand. Ein besonders anschauliches, wenn auch geographisch abseits gelegenes Beispiel stellt in dieser Hinsicht ein Vereinsdekret aus Kallatis an der westlichen Schwarzmeerküste dar (I. Kallatis 35; spätes 3. Jh. v. Chr.): Nachdem man entschieden hatte, einen Tempel zu errichten,



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Spenderinnen setzte man unter das Dekret und brachte den Stein auf einer Mauer des Vereinshauses an. Dieser Liste ist zu entnehmen, dass zehn der insgesamt 61 Spender nur 5 Drachmen aufbrachten und ihnen damit die Ehrung vorenthalten blieb; 32 Personen hatten exakt 10 Drachmen entrichtet und damit das Mindestmaß für die anagoreusis erfüllt. Auch die Reihenfolge der Spenderliste orientierte sich zumindest weitestgehend an der Höhe der entrichteten Beiträge. In Rhodos-Stadt beziffern sich die Spenden dreier Vereinsmitglieder der ἐρανισταὶ Σαμοθραικιασταὶ Ἀριστοβουλιασταὶ Ἑρμαϊσταὶ Παναθηναϊσταὶ τοὶ σὺν Κτησιφῶντι, die am Beginn einer Spenderliste für den Kauf eines Bestattungsplatzes aufgeführt werden, auf rund 72 % der Gesamtsumme48. Freilich befindet sich unter diesen Personen der εὐεργέτας τοῦ κοινοῦ Κτησιφῶν, der gleichzeitig den Vorsitz des Vereins führte. Die Ungleichheit der Vereinsmitglieder wird hier evident49. Als ein anderes koinon Gelder für die Ummauerung seines Bestattungsplatzes benötigte, war der aus Antiochia stammende archeranistas Ξοῦθος mit gutem Beispiel vorangegangen, in dem er wohl als erster in der Vereinssitzung eine Spende von 20 Drachmen angesagt hatte50. Der Druck, der während solch einer epidosis im überschaubaren Kreis der syneranistai auf jedem einzelnen Vereinsmitglied lastete, wird ungleich größer gewesen sein als etwa bei den Spendenaufrufen in der ekklesia51. Lapidar mag der Vermerk in dem Präskript erscheinen, das der Spenderliste vorangestellt ist: »Sie (gemeint sind der archeranistas zusammen mit den für die Ummauerung verantwortlichen Vereinsmagistraten) haben diejenigen aufgeschrieben, die eine Ankündigung gemacht und

rief man alle Vereinsmitglieder zu Spenden für die Finanzierung des Baus auf; jedem wird es freigestellt, welchen Betrag er spenden möchte; allerdings hat man entsprechend der Höhe der Spende drei Kategorien von Ehrungen festgelegt: Wer eine Goldmünze spendet, darf mit einen Ehrenkranz (στέφανος φιλοτιμίας) rechnen und zwar διὰ βίου; außerdem wird sein Name auf einer Stele verzeichnet. Eine Spende von mindestens 30 Silberstücken wird mit einem Lobkranz (στέφανος ἀπο[δοχά]ς) – ebenfalls auf Lebenszeit – honoriert, der anlässlich eines trieterischen Festes verliehen wird; ebenso wird der Spendername auf die Stele geschrieben. Die übrigen Spender müssen sich mit der bloßen Veröffentlichung ihres Namens begnügen. 48 Kontorini, AER, Nr. 10. Die Summe der auf dem Stein erhaltenen Beiträge beträgt 930 Drachmen; alle fehlenden Angaben sind aus der Gruppe derjenigen, die jeweils nur 5 Drachmen spendeten; der Spendenbetrag belief sich demnach ursprünglich auf 950 Drachmen. Da am Ende der Liste eine Person nachgetragen wurde, die 50 Drachmen gespendet hatte, wäre es möglich, dass es sich auch bei der ursprünglich darüber stehenden Spende, die nicht mehr auf dem Stein erhalten ist, um einen Nachtrag handelt. Demnach könnte die Gesamtsumme auch 1000 Drachmen betragen haben. 49 Vgl. Maillot 2012, 244, die ebenfalls auf den hierarchischen Charakter der Spenderliste verweist und die ›charismatische‹ Stellung der Vereinsvorsitzenden hervorhebt. 50 Konstantinopoulos, ADelt A 21, 1966 (= SEG 53, 2.822). 51 Nachdrücklich verweist etwa Chaniotis 2012, 91–93 darauf, dass die Spenden sichtbar vor der versammelten Bürgerschaft in der Volksversammlung stattfanden und das Verhalten eines jeden Polisbürgers einer genauen Beobachtung unterlag.

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gezahlt haben« (ἀνέγραψαν τοὺς ἐπαγγειλαμένους καὶ ἀποδόντας)52. Doch gerade innerhalb der überschaubaren Vereinsgemeinde dürfte es nicht verborgen geblieben sein, wenn jemand eine Spende zugesagt hatte, dann aber dessen Name nicht auf der Spenderliste zu finden war. Jedes Vereinsmitglied ging dementsprechend mit der Epangelie eine soziale Verpflichtung ein, sein Versprechen zu erfüllen53. Die Erwartungshaltung gegenüber dem Vereinsvorsitzenden und den ›offiziellen‹ Wohltätern war dabei natürlich besonders groß. Eindrücklich trat der archeranistas Μενεκράτης aus Kibyra gegenüber seinen Vereinskollegen hervor, in dem er ebenfalls im Rahmen eines Spendenaufrufs erklärte, die gesamte Reparatur des Bestattungsplatzes τοῖς ἰδίοις ἀναλώμασι zu bestreiten54. In der Einleitung einer weiteren Subskriptionsliste wird das wechselseitige Verhältnis zwischen finanziellem Einsatz und sozialer Anerkennung auch sprachlich in aller Deutlichkeit artikuliert: wer Geld spende, erbringe einen Beweis seines Wohlwollens (τοίδε ... ἐπαγγείλαντο δώσειν ἀρ[γύριον δ]ωρεὰν τῶι κοινῶι ... ἀπόδειξιν ποιούμενοι ἇς ἔχοντι ποτὶ τὸ κο̣ [ινὸ]ν εὐνοίας)55. Im Anschluss wird dann die Liste der Spender mit den Worten eingeleitet, im Folgenden finde man die Namen derer, die sich vorgenommen haben, bei jeder Gelegenheit zur Stelle zu sein, wenn es darum gehe, dem Verein zu seinem Vorteil zu verhelfen (προαιρούμενοι ἐν παντὶ και|[ρ]ῶι συνκατασκευάζειν τὰ συμφέροντα τῶι κοινῶι). Vereinsmitglieder, die am Rande der Subsistenz wirtschafteten und vielleicht gerade einmal den Vereinsbeitrag aufzubringen vermochten, blieben mithin vom Kreis der agathoi andres ausgeschlossen. Nirgendwo ist in den Vereinsinschriften ein Bemühen erkennbar, die Gleichheit der Mitglieder zu betonen. Ein als gesellschaftlicher Gegenentwurf konzipierter Verein wie die Philosophenschule Epikurs in Athen blieb kontrastierende Utopie56. Die Vereine waren sicherlich in dem bereits erwähnten Sinne inklusiv, als sie überhaupt Möglichkeiten der Mitgliedschaft am Vereinsleben schufen, in dem Nichtbürger aktiv an Entscheidungen – wenn auch nur solchen von begrenzter Tragweite – mitwirken konnten57. Die Rolle der Mitglieder eines Vereins als Mitentscheidungs-

52 Vgl. das Präskript der Subskriptionsliste des genannten Vereins, für den Ktēsiphon sich eingesetzt hatte (Kontorini, AER, Nr. 10): τοίδε τῶν ἐ|ρανιστᾶν δηλόμενοι συνεπαύξειν | τὸν ἔρανον ἐπαγγείλαντο δώσειν | δωρεὰν ἀργύριον εἰς τόπον ποτ’ ὠ|νὰν καὶ ἀπέδωκαν. 53 Gut denkbar wäre, dass eine Nichterfüllung der Spendenzusage auch rechtlich geahndet wurde; für epidoseis auf Polisebene gibt es dafür zumindest Hinweise, Migeotte 1992, 323–325. 54 IG XII 1, 9. Die durchweg niedrigen Summen, die bei den epidoseis der Vereine zusammenkamen, werden in der Regel nicht ausreichend gewesen sein, um die Projekte vollständig zu finanzieren, sondern stellten nur einen Teil der erforderlichen Geldmittel bereit, Migeotte 2013, 126. 55 Maiuri, ASAA 8/9, 1925/26, 322 Nr. 5. Für die athenischen Vereine verweist Arnaoutoglou 1998, 76–81 auf entsprechende finanzielle Ungleicheiten. 56 Bendlin 2002, 9. Der Verein bot natürlich keinen Querschnitt durch alle sozialen Schichten. 57 Die Übernahme der Polisterminologie und das Nachahmen der demokratischen Polisstrukturen sei insbesondere deshalb bemerkenswert, da durchaus alternative Konzepte zur Verfügung gestanden hätten, bemerkt Gabrielsen 2009, 181 f.



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träger kommt in der Beschlussformel dedochthai tō koinō unmittelbar zum Ausdruck. Ebenso boten die Vereine Aussicht auf polisähnliche Ehrungen, die zumindest für vermögende Nichtbürger erreichbar waren. Dies ist umso höher zu bewerten, als ansässige Fremde, dem epigraphischen Befund nach zu urteilen, keine Ehrenstatuen der Polis oder einer ihrer Unterabteilungen erhielten. Dieses Privileg blieb bis in späthellenistische Zeit rhodischen Bürgern sowie auswärtigen prominenten Personen und Herrschern vorbehalten58. Eine Eigenheit der Vereinswelt und zwar eine, die auf die rhodische beschränkt ist, bestand darin, dass man einem Wohltäter neben anderen Ehren bisweilen »Wohltaten« zukommen ließ59. Der Verein ›zahlte‹ gewissermaßen in derselben Währung, in der er die Leistungen erhalten hatte. Was sich genau hinter dieser Auszeichnung verbirgt, kann man den Inschriftentexten nicht entnehmen. Es handelt sich jedoch keineswegs um eine bloße summarische Umschreibung für die Gesamtheit der Ehrungen, da die εὐεργεσία in der Auflistung der Privilegien für den Geehrten an ganz unterschiedlichen Stellen als jeweils eigene Kategorie erscheint60. Somit ist die euergesia auch nicht als inhaltsleere rhetorische Erweiterung der Gunstbezeugungen des Vereins gegenüber seinem Wohltäter zu verstehen. Für einen besonderen Einsatz verliehen die Vereine auch den Titel eines εὐεργέτας, wie es auch auf Polisebene für das 3. Jh. v. Chr. belegt ist. Die entsprechend geehrten Personen führten den Titel als

58 s. Kap. 3.2.3 proxenos und euergetas. 59 IG XII 1, 155 A, Z. 45; I. Lindos 683 col. I Z. 4; Jacopi, ClRh 2, 1932, 214 Nr. 53 Z. 4; App. I 12 (= Maiuri, Nuova Silloge 39) col. I Z. 4; Maiuri, Nuova Silloge, Nr. 46 Seite B, Z. 2 und 9 f.; Pugliese Carratelli, Associazioni, Nr. 1 Z. 3 f. und 9; App. I 9 (= Pugliese Carratelli, Associazioni, Nr. 6) Z. 7; Pugliese Carratelli, Associazioni, Nr. 7 Z. 3; Pugliese Carratelli, Associazioni, Nr. 11 (= SEG 41.662) col. II Z. 4; I. Dor. Ins. 2 Z. 23 und 30. Vielleicht auch IG XII 1, 939 Z. 3. Es ist bezeichnend, dass Ascough – Harland – Kloppenborg 2012 die euergesia in ihrer Übersetzung stets auf die Leistung des Wohltäters beziehen, s. etwa die Übers. zu IG XII 1, 155 A, Z. 45 f. (καὶ τιμαθεὶς εὐεργεσίαι καὶ ἀτελείαι πάντων) mit »and having been honored for his benefaction and with freedom from service of all kinds«; richtig müsste es »with benefactions« heißen. 60 s. bes. Jacopi, ClRh 2, 1932, 214 Nr. 53 Z. 2–6: τὸ κοινὸν τὸ Ἀφροδισιαστᾶν Ἑρμογενείων | ἐτίμασε ἐπαίνωι καὶ θαλλοῦ στεφάνωι καὶ | χρυσέοις δυσί, εἰκόνι χαλκέαι, εὐεργεσίαι, | ἀναγορεύσει τᾶν τιμᾶν ἐν πάσαις ταῖς | συνόδοις εἰς τὸν ἀεὶ χρόνον; oder Pugliese Carratelli, Associazioni, Nr. 7 Z. 2–5: τὸ κοινὸν τὸ Ἀφροδισιαστᾶν Σωτηριαστᾶν ἐτίμασε χρυσέοις | στεφάνοις τρισὶ καὶ εὐεργεσίαι καὶ ἀναγορεύσει τᾶν τιμᾶν ἐν ταῖς | συνόδοις εἰς τὸν ἀεὶ χρόνον εἰκόνι χαλκέαι ἀρετᾶς ἕνεκα |καὶ εὐνοίας καὶ φιλοδοξίας καὶ δικαιοσύνας ἃν ἔχων διατελεῖ.

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festen Namenszusatz61. Ob mit der Gewährung der εὐεργεσία vielleicht die Verleihung dieses Titels gemeint war, lässt sich nicht entscheiden62. Vielfach garantierte zudem erst eine Vereinsmitgliedschaft einem Fremden einen Bestattungsplatz63. Die Verbreitung des Vereinswesens, die insbesondere von Nichtbürgern vorangetrieben wurde, ist insofern nur erklärbar, wenn man diesem inklusiven Charakter Rechnung trägt. Vollkommen neue gesellschaftliche Verhältnisse entstanden dadurch allerdings nicht. So begegnen Sklaven nie in bedeutenden Vereinsämtern, und nur selten erhalten sie von Vereinen umfangreiche Ehrungen64. Der Sklave (engenes) Χρύσιππος, der um das Jahr 200 v. Chr. von dem κοινὸν τῶν Ἀρτεμεισιαστᾶν einen Laubkranz, einen goldenen Kranz, Wohltaten (euergesia) sowie nicht näher bestimmte Ehrungen von einem Ἀθηνα〈ϊ〉σταί-Verein erhalten hat, stellt eine der wenigen Ausnahmen dar. Wie es zu diesen außergewöhnlichen Ehrungen gekommen war, wird in dem Ehrendekret der Artemeisiastai näher ausgeführt65: Ein Arzt namens Μηνόφιλος war gestorben, allerdings fand sich niemand bereit, den Leichnam zur Nekropole zu transportieren. Sehr wahrscheinlich hatte eine Krankheit zum Tod des Arztes geführt, vor deren Ansteckung man sich fürchtete66. Chrysippos aber riskierte diese Gefahr (ὑπομείνας πάντα κίνδυνον), betrat zusammen mit den Trägern das Haus und transportierte mit ihnen den Verstorbenen in einem Sarkophag zu dessen Grab. Dieser Vorfall scheint ein gewisses Aufsehen erregt zu haben; jedenfalls reagierten als erstes die Athēnaistai auf das mutige Vorgehen des Chrysippos, indem sie ihn in die Liste ihrer Euergeten aufnahmen; erst darauf folgten dann weitere Vereine mit Ehrbezeugungen67. Bei einer anderen Gelegenheit

61 Vgl. Kap. 3.2.3 proxenos und euergetas. Außerhalb von Rhodos sind nur wenige Belege für Vereinseuergeten dokumentiert; s. I. Délos 1791 Z. 1 f. (εὐε[ρ]γ̣έτης τοῦ κοι[ν]οῦ | Βηρυ̣[τίων ἐμπόρων καὶ ναυκλήρ]ων καὶ ἐγδοχέω[ν]) sowie besonders I. Stratonikeia 801 Z. 5–13 (δεδόχθαι οὖν τῶ[ι κοι]|νῶι, κυρωθέντος τοῦδε τοῦ ψηφίσμ[α|το]ς, ἐπαινέσαι τε αὐτοὺς καὶ στεφα|[νῶσαι] ἕκαστον αὐτῶν χρυσέωι στ[ε|φάνωι] ἀριστείωι, ἀναγράψαι δὲ κ[αὶ | αὐτοὺς] ἐν τῆι παραστάδι τοῦ ναοῦ [τῆς] | Ἀ[ρ]τέμιδος εὐεργέτας τοῦ κοινοῦ, | [δίδ]οσθαι δὲ καὶ μερίδα δ̣ ι[πλῆ]ν̣ ἑκάστω[ι | διὰ πάσης τῆ]ς ζωιῆς). Für Athen s. Arnaoutoglou 2003, 140 f. 62 Vgl. hierzu Maiuri, Nuova Silloge, Nr. 46 Seite B, Z. 1 f.: Ἰάκχου καὶ Διονυσοδώρου Ἀλεξανδρέων εὐεργετᾶν | τιμαθέντων ὑπὸ τοῦ κοινοῦ εὐεργεσίαι. Die Inschrift lässt diese Interpretation zu, ist aber nicht zwingend. 63 s. dazu Kap. 6.2.2. 64 Sollte es sich bei Δίων aus Phrygien, der im Verein der Asklapiastai Nikasiōneioi Olympiastai das Amt eines Phylarchen bekleidete um einen Sklaven handeln, so wäre dies der einzige entsprechende Beleg, App. I 7 (= IG XII 1, 127) Vorderseite col. I Z. 26. Μηνογένης aus Galatien, der am Kauf eines Grundstücks für den Verein der Aphrodisiastai Hermogeneioi mitwirkte, war nachweislich kein Sklave, da er Metökenstatus besaß; auch der in derselben Inschrift genannte Θεύδοτος aus Arabien war sicherlich kein Sklave; Pugliese Carratelli, Associazioni, Nr. 18 Seite B; vgl. außerdem Kap. 3.3.1. 65 I. Dor. Ins. 2. 66 Engelmann 1970, 280. In dem Dekret ist in Z. 5 nur sehr vage formuliert, dass irgendein Hindernis (κώλυμα) eingetreten sei, als der Verstorbene aus seinem Haus gebracht werden sollte. 67 I. Dor. Ins. 2 Z. 9–16.



5.2 Der Verein als Interaktionsraum zwischen Bürgern und Nichtbürgern 

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hatte er ein Vereinsmitglied angezeigt, das in irgendeiner Weise gegen die Vereinsatzung verstoßen hatte, was mit einer Strafe von 150 Drachmen geahndet wurde68. Ein Strafmaß ähnlicher Größenordnung ist für den Verein der Ἁλιάδαι καὶ Ἁλιασταί belegt: Auf eine detaillierte Beschreibung der postumen Ehren für Dionysodoros, für deren Ausführung mehrere Amtsträger des Vereins verantwortlich zeichnen, folgt eine Sanktionsbestimmung. Diese sieht vor, dass jeder, der die Bestimmungen des Dekrets nicht beachtet, eine Strafe von 100 Drachmen an den Verein zu zahlen hat. Jedes Vereinsmitglied war berechtigt, eine solche Nachlässigkeit anzuzeigen (ἐξέστω τῶι χρήζ〈ο〉ντι τῶν [ἐ]ρανιστᾶν ἀπογράψαι αὐτὸν τὸ ἐπιτίμιον)69. Ein derartiges Versäumnis eines Vereinsmitglieds wird auch Chrysippos ausgenutzt und den Vorfall gemeldet haben. Dass er sich mit einer Denunziation bei einzelnen Vereinskollegen nicht beliebt machte, nahm er dabei bewusst in Kauf (ὑπομείνας τὰν ποτ̣ [ί] τινας ἀπέχθειαν)70; schließlich handelte er nach den Vereinssatzungen und konnte insofern darauf hoffen, dass sein Verhalten von der Mehrheit der Vereinsmitglieder als besonders tugendhaft registriert und dementsprechend auch honoriert wurde. Jedenfalls veranschaulicht die Hortativformel des Beschlusses, dass die Leistungen des Chrysippos in derselben Weise wahrgenommen und bewertet wurden wie diejenigen anderer Wohltäter. Offensichtlich hatte er sich bereits in der Vergangenheit mit solchen Anzeigen hervorgetan; der einleitende Satz des Ehrendekrets verweist jedenfalls allgemein auf seine früheren Verdienste und beschreibt ihn als diszipliniert und auf Ordnung bedacht (Z. 3: εὐκοσμῶν τε κ(αὶ) εὐτάκτων). Der Verein profitierte davon ganz konkret durch zusätzliche Einnahmen. Beide Gelegenheiten, die Chrysippos nutzte, um sich gegenüber dem Verein verdient zu machen, waren erst durch eine besondere Situation möglich geworden; das Besondere bestand vor allem darin, dass jeweils keine finanziellen Mittel erforderlich waren, um sich als anēr agathos zu beweisen71. Sein Kapital, das er einsetzte, war seine Gesundheit bzw. allgemeiner seine Leidensfähigkeit, die in dem Dekret beide Male mit dem Verb ὑπομένω ausgedrückt wird; während er sich im ersten Fall der Gefahr einer Ansteckung aussetzte, so waren es im zweiten Fall die Anfeindungen seiner Vereinskollegen, die er zu ertragen hatte. Dass ein Sklave überhaupt das Recht besaß, solch einen Vorfall zur Anzeige zu bringen, ist keine Besonderheit der Vereinsorganisation. Eine Lex sacra aus Tymnos in der rhodischen Peraia sah vor, dass Verstöße gegen die Ordnungsvorschriften

68 I. Dor. Ins. 2 Z. 16–20. 69 IG XII 1, 155 D III Z. 90–95. 70 I. Dor. Ins. 2 Z. 16–18. 71 Die von Engelmann 1970, 281 wiedergegebene Vermutung Merkelbachs, Chrysipp sei möglicherweise der Vorsitzende des Vereins, ist unwahrscheinlich. Eine solch herausragende Stellung Chrysipps ist in dem Dekret nicht zu beobachten und wäre auch deutlicher benannt worden, etwa durch den Titel archeranistas.

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 5 Die Vereinsräume

gleichermaßen von dem hierothytas, dem damosios oder einem anderen Bürger zur Anzeige gebracht werden konnten72. Von solchen Gelegenheiten abgesehen wird das Vereinswesen den Unfreien aber kaum substantielle Möglichkeiten des Prestigeerwerbs eröffnet haben. Ein Blick auf die Gesamtzahl der Nichtbürger, denen Ehrungen von Vereinen zugekommen waren, liefert ein deutliches Bild: Den 87 freien Nichtbürgern, denen Ehrungen von Vereinen zugekommen waren, stehen Ehrungen für maximal sieben Unfreie gegenüber73.

72 I. Peraia 201 (= I. Pérée 102) Z. 14–17. Freilich handelt es sich hier um einen im Dienst der Polis stehenden Sklaven. 73 Vgl. App. III Tab. 9. Neben den umfangreichen Ehrungen für Chrysipp gibt es vielleicht fünf oder sechs weitere Belege für Sklaven, die von Vereinen Ehrungen erhielten: – Ehrungen, die mit denen Chrysipps vergleichbar sind, erhielt Κάρπος aus Galatien. So verliehen die Διοσσωτηριασταί ihm einen goldenen Kranz, Wohltaten und befreiten ihn von sämtlichen Abgaben (ἀτέλεια πάντων), Pugliese Carratelli, ASAA 64/65, 1986/87, Nr. 19 (1. Jh. v. Chr.); in diesem Fall legt die Kombination aus regionalem Ethnikon und dem Namen Κάρπος nahe, dass es sich hier um einen Sklaven handelt. In Rhodos ist der Name vier weitere Male – jeweils ohne Ethnikon – belegt, die mit großer Wahrscheinlichkeit in allen Fällen Sklaven bezeichnen: Papachristodoulou 1989, 198 Nr. 10 (= SEG 39.722) col. II Z. 27 (wohl die Spenderliste eines Sklavenvereins); Scrinzi, AttiVenezia 57, 1898, 284 Nr. 38 (Grabinschrift, dort als Ehemann der Πιθανὸν Φρυγία benannt); IG XII 1, 620 (Grabinschrift, gemeinsam mit einer Frau namens Ἀλίνη genannt). Darüber hinaus ist der Name auf einigen Fabrikantenstempeln zu finden; s. dazu grundsätzlich Kap. 9.3. – den engenes Ἀθανόδωρος ehrten die Σωτηριασταί Λυσιστρατείοι mit einem goldenen Kranz und einem Laubkranz (I. Lindos 630, 2. Hälfte 1. Jhs. v. Chr.); der in die Vereinstitulatur aufgenommene Name Λυσίστρατος weist insgesamt einen hohen Verbreitungsgrad auf; in Rhodos ist er nur für Bürger belegt; es wäre also möglich, dass die Mitglieder aus Bürgern und Nichtbürgern bestanden. Genauso gut könnte man aber auch einen Verein annehmen, der sich nur aus Sklaven konstituierte, die sich nach ihrem Herrn benannt hatten. Der Verein wird zwar ein weiteres Mal in der Grabinschrift IG XII 1, 938 genannt, dort sind aber die Namen der beiden Geehrten nicht erhalten; in col. I Z. 2 steht nur noch [– – –]ονος, was die Endung eines Ethnikon sein wird. – Ἡφαιστίων aus Antiochia wurde von dem κοινὸν τὸ Μηνιαστᾶν ebenfalls mit einem Laubkranz geehrt (IG XII 1, 917); dass Ἡφαιστίων überhaupt ein Sklave ist, geht aus dem Status seines Sohnes als engenēs hervor. Bei dem Verein, dessen Mitglieder sich der besonders in Phrygien verbreiteten Gottheit Mēn zuwendeten, könnte es sich um einen reinen Sklavenverein handeln. – der engenēs Ἄτταλος trägt in seiner Grabinschrift den Ehrentitel euergetas, (ADelt B 22, 2, 1967, 538 Nr. 2); dieser wird ihm höchstwahrscheinlich von einem Verein verliehen worden sein. – in der Grabinschrift des Δαμᾶς aus Lydien ist vermerkt, dass er einen Laubkranz von einem koinon erhalten hat (IG XII 1, 160); da das koinon nicht näher bezeichnet ist, ist anzunehmen, dass die Inschrift ursprünglich innerhalb des vereinseigenen Bestattungsplatzes stand; der Name Δαμᾶς ist in Rhodos sowohl für freie Nichtbürger als auch für Sklaven belegt; singulär zudem als Patronym eines Rhodiers (Tit.Cam. 4 Seite D). – Δῶρος aus Medien besaß offensichtlich den euergetas-Titel eines Vereins; er war zusammen mit einem Bürger aus Sidon bestattet worden; während auf der Osteothek beide zusammen als euergetai bezeichnet werden (Seite A: Δώρου Μήδου | καὶ | Προτίμου | Σιδωνίου. Seite B: εὐεργετᾶν; Maiuri, Nuova Silloge 193), nennt sich auf dem Grabmal nur Πρότιμος als εὐεργέτας τοῦ κοινοῦ; Maiuri, Nuova Silloge 192).



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Hinzu kommt, dass für die ohnehin wenigen Belege nicht zu klären ist, ob es sich überhaupt um Vereine handelt, in denen Mitglieder mit einem unterschiedlichen Rechtsstatus vertreten waren. Bei einem Verein liegt jedenfalls der Verdacht nahe, dass sich der Mitgliederkreis auf Sklaven beschränkte74. Die überwiegende Zahl der Ämter, die in einem Verein zu vergeben waren, werden ohnehin mit einem finanziellen Aufwand verbunden und allein schon dadurch auf die wohlhabenden Vereinsmitglieder begrenzt gewesen sein. Grundsätzlich ist insbesondere auffallend, dass auch in den Ehren- und Grabinschriften der Vereine die Fremden mit den von der Polis vergebenen Privilegien aufgeführt werden, obwohl man sich von diesen Statuskriterien doch bewusst hätte distanzieren können; stattdessen wurde dieses kollektivexterne Element ganz bewusst sichtbar gemacht: Das κοινὸν τὸ Ἀφροδισιαστᾶν καὶ Ἑρμαϊστᾶν hatte seinen Euergeten Χαρίξενος aus Andros mit einem Laubkranz geehrt und in der Ehreninschrift auch dessen Metökenstatus vermerkt75. Ebenso nennt das Präskript einer Spenderliste eines Vereins seinen Vorsitzenden Διονύσιος aus Laodikeia mit dem Zusatz metoikos76. In der Siegerliste sowie dem Wohltäterverzeichnis des Asklapiastan Nikasiōneiōn Olympiastan koinon sind mehrere Nichtbürger aufgeführt, die das Privileg der epidamia erhalten hatten77. Die Liste der Wohltäter und Wohltäterinnen scheint man sogar nachträglich redigiert zu haben. So bemerkte bereits Foucart verschiedene eradierte Stellen im Text, an denen man offensichtlich bei Vereinsmitgliedern, die zu einem späteren Zeitpunkt rechtlich privilegiert worden waren, den neuen Rechtsstatus auf der Stele eintrug. Erkennbar ist dies für das Privileg der epidamia bei Nikasiōn sowie bei mehreren Neubürgern, wo nun anstelle der ursprünglichen Herkunftsbezeichnung das Ethnikon Rhodios hinzugefügt wurde78. Dieser Vorgang illustriert in ganz besonderem Maße, dass mit einer rechtlichen Aufwertung auch innerhalb eines Vereins ein unmittelbarer Statusgewinn einherging. Selbst der Rechtsstatus eines engenēs wurde nicht verschwiegen – so etwa bei dem erwähnten Chrysippos79. Dabei gilt es aber zu berücksichtigen, dass die Bezeichnung engenēs nicht abwertend gemeint war, sondern vielmehr als Abgrenzung zu den übrigen Sklaven vorgenommen wurde.

74 s. den Kommentar zu dem κοινὸν τὸ Μηνιαστᾶν in der vorangehenden Anmerkung. 75 Maiuri, Nuova Silloge 42. 76 Maiuri, ASAA 8/9, 1925/26, 322 Nr. 5. Sehr wahrscheinlich handelt es sich auch bei den Subskriptionslisten Pugliese Carratelli, Associazioni, Nr. 21 und Migeotte 1993, 349–358 (= SEG. 43.526) um Vereinsinschriften; darin wird jeweils detailliert der Rechtsstatus jeder Person aufgeführt. 77 App. I 7 (= IG XII 1, 127); der Vereinsgründer Nikasiōn wird außerdem in der Ehreninschrift Pugliese Carratelli, Associazioni, Nr. 5 mit dem Privileg der epidamia genannt. 78 Foucart, Inscription de Rhodes, 207; vgl. auch den Kommentar zu App. I 7. 79 Vgl. außerdem etwa die Grabinschrift I. Lindos 630 Z. 1 f.: Ἀθανόδωρος ἐγγενὴς τιμαθεὶς ὑπὸ Σωτηριαστᾶν Λυσιστρατεί〈ω〉ν.

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Freilich nennen nicht alle Vereinsinschriften konsequent den jeweiligen rechtlichen Status der Personen; so fehlt etwa in der Ehreninschrift des κοινὸν τὸ Ἀφροδισιαστᾶν Ἑρμογενείων für Ἑρμογένης aus Phaselis der Verweis auf dessen Metökenstatus80. Ebenso wird Dionysios aus Laodikeia in der Datierungsformel metoikos genannt, in der anschließenden Spenderliste erscheint er dann jedoch nur mit Namen und Ethnikon81. Die Relevanz des rechtlichen Status für das Vereinswesen belegen überdies die Vereinigungen, die sich aus entsprechend privilegierten Nichtbürgern konstituierten; in Erinnerung zu rufen sind hierbei der Verein der epidamiastai sowie die tas polios douloi82. In solchen horizontal organisierten Korporationen wurde der rechtliche Status unmittelbar zum Exklusionsfaktor. Auch wenn es sich bei diesen Vereinen um Sonderfälle handelt, zeigt sich hierin gleichermaßen eine Akzeptanz der von der Polis vorgegebenen rechtlichen Kategorisierungen sowie eine unmittelbare Wirkung auf soziale Hierarchisierungen innerhalb der Gruppe der Nichtbürger83. Dass das ›präkollektive‹ Element ›Bürgerrechtsstatus‹ innerhalb des Vereins in bestimmten Situationen auch ganz konkret wirksam werden konnte, macht besonders der Auszug aus dem Vereinsarchiv der Aphrodisiastai Hermogeneioi deutlich, der den Kauf eines Grundstücks dokumentiert84. Drei Nichtbürger des Vereins haben zwar das Geld für den Kauf zur Verfügung gestellt, das eigentliche Kaufgeschäft führt dann aber Νικασίων Νικασίωνος, aus dem Demos der Lindopolitai durch; er tritt hier weniger als Vereinsmitglied in Erscheinung, sondern als rhodischer Bürger; als Rhodier verfügte er über die enktēsis und war damit im Gegensatz zu seinen nichtrhodischen Vereinskollegen voll geschäftsfähig. Auch die Besitzurkunden nimmt ein rhodisches Vereinsmitglied in Empfang. Die Publikation der Urkunden war in einem Vereinsbeschluss angeordnet worden, um zu garantieren, dass keinem Vereinsmitglied ein Unrecht geschehe (μηθὲν ἀδίκημα γίνηται περὶ αὐτούς)85. Offensichtlich befürchtete man, jemand könnte die Rechtmäßigkeit des Besitzerwerbs anzweifeln. Nicht nur Personen mit Bürgerrecht86, auch Nichtbürger, die über bestimmte Privilegien verfügten, konnten diese für den Verein nutzbar machen.

80 Jacopi, ClRh 2, 1932, 214 Nr. 53; in Pugliese Carratelli, Associazioni, Nr. 18 Seite B, Z. 19 wird er dagegen als metoikos bezeichnet. 81 Maiuri, ASAA 8/9, 1925/26, 322 Nr. 5 Z. 2 und 8. 82 s. dazu oben Kap. 4.2.4. 83 Dagegen nimmt Maillot 2012, 245 an, der rechtliche Status habe keine Auswirkungen auf die Stellung innerhalb des Vereins gehabt. 84 Pugliese Carratelli, Associazioni, Nr. 18 B. 85 Pugliese Carratelli, Associazioni, Nr. 18 A, Z. 6 sowie Z. 21 f. Zur eigentumsrechtlichen Bedeutung dieser Inschrift s. Kap. 6.2.2. 86 In diesem Zusammenhang ist auf eine Rundbasis aus der Nähe von Lindos zu verweisen, die zwei Ephesier für ihren Freund (τὸν αὑτῶν φίλον) Θεύδοτος Ἀττάλου Καττάβιος gestiftet hatten; IG XII 1, 863. Der Geehrte ist – wie an dem Demotikon zu ersehen – Rhodier; während mehrere Rhodier mit



5.2 Der Verein als Interaktionsraum zwischen Bürgern und Nichtbürgern 

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Frauen scheinen von der Beteiligung an den Vereinsversammlungen ebenso ausgeschlossen gewesen zu sein wie von der Übernahme von Ämtern87. Auch die Spendenlisten der Vereine bieten ein ähnliches Bild. Anlässlich einer Geldsammlung für einen Bestattungsplatz spendeten jeweils zwei Nichtbürger gemeinsam für sich und ihre Frauen einen Betrag sowie ein weiterer Nichtbürger für sich und seine Mutter, ohne allerdings diese namentlich zu nennen. Gerade einmal eine Frau erscheint alleine als Spenderin; dabei handelt es sich aber bezeichnenderweise um eine Rhodierin88. Die Beteiligung von Frauen an einer Vereins-epidosis auf Astypalaia scheint singulär zu sein: Als das koinon der Phryger dringend Geld benötigte, um die Vereinsschulden tilgen zu können, ließ man auch Frauen als Spenderinnen zu. Da man in dem Dekret extra darauf hinweisen musste, dass die Namen der Spenderinnen ebenso wie diejenigen der Männer aufgezeichnet werden sollten, war dies offensichtlich kein Regelfall89. Auch in einem Sklavenverein bestand in dieser Hinsicht kein Unterschied. So erscheint in einer Spenderliste aus dem Gebiet von Ialysos, die mit Sicherheit einem Sklavenverein zuzuordnen ist, nur ein Spender, der für sich und seine Mutter spendete – diese wird hier ebenfalls namentlich nicht genannt90. Zwar treten innerhalb von Vereinen mehrfach Frauen als euergetai in Erscheinung; ein Charakteristikum der Vereinswelt war dies aber ebenfalls nicht. Die aus einer fremden Polis stammenden Frauen konnten in dieser Hinsicht eine Rolle innerhalb der Vereinsgemeinde einnehmen, die derjenigen entsprach, die Bürgerinnen innerhalb der Polisgemeinde zugestanden wurde91.

dem Namen Θεύδοτος bekannt sind, ist der Name Ἄτταλος ansonsten allerdings in Rhodos ausschließlich für Nichtbürger belegt, so u. a. für einen Ephesier (IG XII 1, 941). Das LGPN I verzeichnet s. v. Ἄτταλος für Rhodos nur einen Amphorenfabrikanten sowie einen Münzmeister – beide werden ebenfalls Nichtbürger gewesen sein. Es spricht somit einiges dafür, in Theudotos einen Neubürger zu sehen, der sich in irgendeiner Weise für die beiden Bürger seiner mutmaßlichen Herkunftspolis Ephesos eingesetzt hatte. Einen Hinweis auf einen Vereinskontext gibt es aber nicht. 87 Ob Frauen möglicherweise eigene Vereine gründeten, ist nicht sicher nachgewiesen; die Rückführung des [– – –]σιαστᾶν Νικατοριδείων κοινόν auf eine Frau namens Νικατορίς, wie es Maillot 2005, 111 und Fabricius 1999, 188 tun, ist keineswegs sicher; ebenso kann die Vereinsbezeichnung von dem männlichen Namen Νικατορίδας abgeleitet sein. In Kos sind dagegen mehrere Vereine nachgewiesen, deren Vorsitz von Frauen geführt wurde; sämtliche dieser Vereinigungen sind der Göttin Aphrodite geweiht: θίασος Θυαίης Ἀφροδίτης τῶν σὺν Τερτίᾳ Αὐδίᾳ Δωροθέᾳ, IG XII 4, 3, 2799 (1. Jh. v. Chr. – 1. Jh. n. Chr.); θίασος Ἀφροδισ[ι]ασιστᾶ〈ν〉 {Ἀφροδισιαστᾶν} τᾶς σὺ[ν] Ἀρτεμισίᾳ, IG XII 4, 3, 2774 II (1. Jh. v. Chr.); Ἀφροδεισιασταὶ τῶν σὺν Θευδώρᾳ, IG XII 4, 3, 2808. 88 Kontorini, AER, Nr. 10. 89 I. Dor. Ins. 88. 90 Papachristodoulou 1989, 198 Nr. 10 (= SEG 39.722) Z. 7 f.: Π̣ερσεὺς καὶ ἁ μάτηρ. 91 In der Liste der [εὐερ]γ̣έται κα̣ὶ | [εὐεργ]έ̣ τιδες τοῦ κοι[νοῦ] des von Nikasiōn aus Kyzikos gegründeten Vereins sind insgesamt vier Frauen verzeichnet, von denen drei der Familie des Nikasiōn angehören; App. I 7 (= IG XII 1, 127) Seite B: Ὀλυμπιάς aus Soloi ist die Ehefrau des Nikasiōn (Z. 5); Βασιλὶς Δημητρίου ist dessen Enkelin (Z. 8; oder die Schwiegertochter wie Maillot 2009, 44 vermutet) und besitzt wie bereits ihr Vater das rhodische Bürgerrecht, Ὀλυμπιὰς Νικασίωνος ist die Tochter des Ver-

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Außer dem Ehrentitel euergetis werden nur in drei Inschriften weitere Ehrungen für Frauen genannt. Das κοινὸν τὸ Ἁλιαδᾶν καὶ Ἁλιαστᾶν hatte Στρατονίκα aus Halikarnassos, ebenfalls Wohltäterin des Vereins, mit einem Laubkranz bekränzt92. Mit einer bloßen Ehrung wird außerdem Ἀρέτη bedacht, die ebenso wie ihr Mann einem Verein offensichtlich eine finanzielle Unterstützung zukommen ließ93. Insgesamt sind keine wesentlichen Unterschiede für die Stellung der Frauen auf Polis- und Vereinsebene erkennbar94. Da die Vereine die Polisstrukturen detailliert nachahmten, ist ferner damit zu rechnen, dass innerhalb der Vereine ganz ähnliche Inklusions- und Exklusionsbereiche existierten, insbesondere solche, die aus dem Polisalltag in den Verein hineingetragen

einsgründers (Z. 24); schließlich ist noch Εἰρήνα aus Soloi (Z. 14) in der Liste verzeichnet; darüber hinaus trägt Χρυσώ aus dem karischen Keramos den Titel euergetis, ebenso wie ihr Mann Thargelios aus Bargylia, IG XII 1, 114; auch wenn ein entsprechender Hinweis fehlt, so ist doch anzunehmen, dass beide den Titel von einem Verein erhalten haben, so bereits von Foucart, Inscriptions inédites I, 357 f. in der ed. pr. vermutet; ebenfalls ohne Hinweis auf einen Verein erscheint auf einer Grabstele die euergetis Θευδώρα Θευδώρου aus Phaselis, Suppl.Epigr.Rh. 77 a. 92 IG XII 1, 156 (2. Jh. v. Chr.). 93 IG XII 1, 937 Z. 14 f. (1. Jh. n. Chr.). Ob es darüber hinaus ebenfalls eine Frau ist, die von dem Ἀσκλαπιαστᾶν Νικασιωνείων Ὀλυμπιαστᾶν κοινόν umfangreiche Ehren erhalten hat, ist nicht sicher; Hiller – Saridakis, AM 25, 1900, 109 f. Nr. 108. Die Editoren geben die erste (erhaltene) Zeile folgendermaßen wieder: χευς, Εὐστράτα Μεθυμναία καὶ Ἀριάδνη τὰν ἀ[νεψιάν]. Neben Eustrata und Ariadnē gehörte demnach ein weiterer Nichtbürger aus Antiochia zum Kreis der Dedikanten, da sich die Endung [– –]χευς hier nur zu [Ἀντιο]χεύς ergänzen lässt. Angesichts der zahlreichen Ehen zwischen Nichtbürgern unterschiedlicher Herkunft wäre es zwar theoretisch möglich, dass die drei Dedikanten eine gemeinsame Cousine hatten; trotzdem bleibt zu bedenken, dass in Rhodos derartige Verwandtschaftsbezeichnungen nur von Rhodiern verwendet wurden. Bei den beiden von Sommer 2006, 215 zitierten vermeintlichen Beispielen aus der Peraia beziehen sich die Vereinsehrungen nicht auf die Frauen, sondern eindeutig nur auf die jeweiligen Ehemänner wie aus der Singularform des Aorist-Partizips zu ersehen ist; I. Peraia 52 (= I. Pérée 169) und I. Peraia 471 (I. Pérée 57). Die Ergänzung in I. Peraia 471 Z. 1 zu τειμαθέν[τος] ist syntaktisch zwingend, da die Ehefrau erst nach dem Verweis auf die Vereinsehrung genannt wird; zudem ist der zweite Teil der Grabinschrift, der eine weiteres Ehepaar nennt, parallel konstruiert: Ἀλεξάνδρου Κεφαλλᾶνος τειμαθέν[τος] | ὑπὸ Ἀδωνιαστᾶν Ἀφροδεισιαστᾶν | Ἀσκλαπιαστᾶν τῶν ἐν Αὐλαῖς | χρυσέῳ στεφάνῳ | καὶ τᾶς γυναικὸς αὐτοῦ Νύσας Κῴας |καὶ Ἐπαφροδείτου Κῴου τιμα|θέντος ὑπὸ Ἡροειστᾶν Σαμ̣[ο]|θρᾳκιαστᾶν χρυσέῳ στεφά|νῳ καὶ τᾶς γυναικὸς αὐτ[οῦ] | Τρυφέρας Ἐφεσ[ίας]. Vgl. auch IG XII 1, 164 sowie I. Peraia 52 (= I. Pérée 169, wo Bresson allerdings in Z. 5 f. statt Ξέ̣ νωνος Σελγ̣έ̣ω[ς] | στεφανωθέ̣ [ν]το[ς] die Pluralform στεφ[α]νωθέ[ν]τω̣[ν] las und damit die Bekränzung auch auf die in der ersten Zeile genannten Frau bezog). 94 Zu diesem Ergebnis kommt auch Maillot 2005, 113. Für die insgesamt besondere Stellung der Frauen auf Rhodos s. Fabricius 1999, 185–190. Letztlich trifft die bereits von Poland 1909, 329 geäußerte Beurteilung der Rolle von Sklaven und Frauen innerhalb der Vereine weiterhin das Richtige: »ihre Emanzipation ist, soweit wir nach den erhaltenen Urkunden schließen dürfen, durch das Vereinswesen der Griechen nicht wesentlich gefördert worden.«



5.2 Der Verein als Interaktionsraum zwischen Bürgern und Nichtbürgern 

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wurden95; das koinon der Λαπηθιασταί, das von Bürgern der zypriotischen Stadt Lapethos gegründet worden war, gewährte dem Rhodier Ἀπολλόδωρος, der ebenfalls Mitglied des Vereins war, neben anderen Ehrungen die Prohedrie – bei welchem Anlass wird nicht eigens erwähnt96. Das Patronym des Apollodōros ist nicht erhalten97. In jedem Fall aber muss es sich bei ihm um einen Rhodier handeln, da dessen Frau Νίκαια durch das Patronym Λητοδ̣[ώρ]ου und das fehlende Ethnikon eindeutig als Bürgerin ausgewiesen ist98. Zwar ist dieser Beleg singulär, doch gibt er einen Hinweis, dass auch innerhalb des Vereinsraums bestimmte Bereiche sichtbar hierarchisiert sein konnten. Solche augenfälligen Rangdifferenzen werden gerade bei den Vereinsgastmählern zum Vorschein getreten sein, auch wenn der epigraphische Befund diesbezüglich keine Einblicke offenbart. Bezeichnend ist es immerhin, wenn an zwei Stellen die Vereinsmitglieder als »Tischgenossen« bezeichnet werden, wofür einmal der Begriff σύσσιτοι, das andere Mal [συγκατα]κείμενοι verwendet wird99. Einige Sklaven werden sicherlich durch die Zugehörigkeit zu dem oikos eines wohlhabenden Bürgers oder auch Nichtbürgers Zutritt zu einem Verein erhalten haben. Zu erinnern ist nur daran, dass auch auf den Totenmahlreliefs von Nichtbürgern regelmäßig Diener abgebildet sind100. Inwiefern bei einigen Vereinen bereits der Mitgliedsbeitrag (symbolos) als Exklusionsfaktor wirkte, lässt sich nicht abschätzen. Sicherlich wird die Höhe des Beitrages von Verein zu Verein variiert haben; einige Ehreninschriften bezeugen, dass verdienten Vereinsmitgliedern eine Befreiung vom Mitgliedsbeitrag bzw. sämtlichen finanzi-

95 Es sei in diesem Zusammenhang erlaubt, auf ein Vereinsdekret der Bakchistai aus Thera zu verweisen (Mitte 2. Jh. v. Chr.), mit dem einem ptolemäischen Befehlshaber nebst seiner Frau und den Nachkommen förmlich die Vereinsmitgliedschaft übertragen wird. Die entsprechende Passage des Dekrets liest sich wie das Bürgerrechtsdekret einer Polis; IG XII 3, 1296 Z. 19–25: ὅπως οὖν καὶ τὸ κοινὸν φαίνται τοὺς προ|εστηκότας ἀπὸ παντὸς τοῦ βελτίστ[ου] | τιμ[ῶ]ν, δεδόχθαι Λάδαμον Διονυσοφά[νου] | καὶ αὐτὸν καὶ γυναῖκα καὶ ἐνγόνου[ς] | εἶναι θιασίτας, καὶ μετουσίαν αὐ[τοῖς | ὧ]νπ[ερ κ]αὶ τοῖς ἄλλοις θιασίτ[αις μέτε]|στιν. 96 IG XII 1, 867 Z. 1–4: [τὸ κ]οινὸν τὸ Λαπηθιαστᾶν ἐτίμασε Ἀπολλόδωρον [τοῦ δεῖνος] | θαλλίνοις στεφάνοις δυσίν, χρυσέοις στεφάνοις δυσίν, | προεδρίαι, ἀτελείαι πάντων ἀρετᾶς ἕνεκα καὶ εὐνοίας ἃν ἔ[χων] | διατελεῖ εἰς αὐτούς. Die Vereinsmitgliedschaft ist durch die Gewährung des Privilegs der ateleia nachgewiesen. Der Verein ist ein weiteres Mal in Jacopi, ClRh 2, 1932, 203 Nr. 36 Z. 2 belegt; dort ist es ebenfalls ein Rhodier, den die Lapēthiastai ehren. 97 Als Hiller von Gaertringen den Stein untersuchte, war nur noch die linke Seite erhalten, so dass er im Übrigen der Edition von Loewy 1883, 132 f. Nr. 61 folgte. 98 Vgl. hierzu Kap. 4.2.5 Anm. 105. 99 Für σύσσιτοι s. I. Lindos 292 Z. 9; für [συγκατα]κείμενοι s. Maiuri, ASAA 8/9, 1925/26, 322 Nr. 5 Z. 3. 100 Fabricius 1999, 180–182.

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 5 Die Vereinsräume

ellen Verpflichtungen (ἀτέλεια) gewährt werden konnte101. Damit sollten sie freilich zu einem erneuten Engagement ermuntert werden.

5.2.3 Soziale Mobilität Eine rechtliche Privilegierung wirkte auch innerhalb der Vereine gleichsam als Motor sozialer Mobilität. Besonders gut lässt sich dies für Φιλοκράτης aus Ilion veranschaulichen. Auf einem Rundaltar aus weißem Marmor ist die Grab- und gleichzeitig Ehreninschrift des Philokratēs und seiner Frau angebracht (2. Hälfte 1. Jh. v. Chr.)102: Φιλοκράτευς Ἰλιέως ὧι ἁ ἐπιδαμία δέδοται τετιμαμένου ὑπὸ Ἰσιαστᾶν ἐρανιστᾶν κοινοῦ κατὰ τὸ ψάφισμα τὸ Δεξαγόρα 5 καὶ τετιμαμένου ὑπὸ συνθυτᾶν Ῥοδιαστᾶν ἐπιδαμιαστᾶν καὶ ἐστεφανωμένου ὑπὸ Ἑρμαϊστᾶν Θεσμοφοριαστᾶν χρυσέωι στεφάνωι καὶ ἐστεφανωμένου ὑπὸ Ματίων κτοινετᾶν 10 ἐρανιστᾶν Φιλοκρατείων χρυσέωι στεφάνωι καὶ ἐστεφανωμένου ὑπὸ Καμιρέων θαλλοῦ στεφάνωι καὶ κεχοραγηκότος τρίς· καὶ τᾶς γυναικὸς αὐτοῦ 15 Ἑρμορόδης Ἑρμογένευς Σελγίδος (Grabmal) des Philokratēs aus Ilion, dem die epidamia verliehen wurde und der von dem Verein der Isiastai Eranistai geehrt worden ist gemäß dem Beschluss, den Dexagoras beantragt hatte, und der von dem Verein der Rhodiastai Epidamiastai geehrt worden ist und der von den Hermaistai Thesmophoriastai mit einem goldenem Kranz bekränzt worden ist; auch von den Matioi Ktoinetai Eranistai Philokrateioi ist er mit einem goldenem Kranz bekränzt worden und von den Bürgern von Kamiros ist er mit einem Laubkranz bekränzt worden; auch hatte er dreimal die Choregie inne; ebenso (Grabmal) seiner Frau Hermorhodē, Tochter des Hermogenēs, aus Selge.

Die bewusste Redundanz des doppelt eingefügten Partizips τετιμαμένος sowie des dreifachen ἐστεφανωμένος wirkt besonders eindringlich und unterstreicht nochmals

101 s. etwa Pugliese Carratelli, Associazioni, Nr. 1 Z. 4 und 9; I. Peraia 12 (= I. Pérée 202); in IG XII 1, 155 B III Z. 80 ist von einer zweimaligen Verleihung der ateleia die Rede; sie war demnach also zeitlich begrenzt. Vgl. auch Maiuri, Nuova Silloge 46 Seite B Z. 3. 6 und 10, wo jeweils von einer lebenslangen Freiheit von sämtlichen Abgaben die Rede ist (ἀτέλεια πάντων διὰ βίου). 102 IG XII 1, 157. Die Datierung ergibt sich aus der Erwähnung des Philokratēs als Spender in der in Subskriptionsliste App. I 5 = Jacopi, ClRh 2, 1932, 177–179 Nr. 6; s. Badoud 2015, 132. 210 Anm. 20.



5.2 Der Verein als Interaktionsraum zwischen Bürgern und Nichtbürgern 

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jede einzelne Ehrung103. Bemerkenswert ist zunächst die Ehrung durch den Verein der Isis-Verehrer, bei der explizit hervorgehoben wird, dass eine Person namens Δεξαγόρας beantragt hatte, Philokratēs zu ehren. Dass in einer Ehreninschrift der Antragsteller für die Ehrung genannt wird, ist im rhodischen Befund singulär104. Da der Name Δεξαγόρας ausschließlich in Rhodos belegt ist, besteht kein Zweifel, dass es sich um einen rhodischen Bürger handelt. Im frühen 2. Jh. hatte sich in Kamiros ein Δεξαγόρας, Sohn Πολύχαρμος, aus dem Festlanddemos Tlos, an einer epidosis mit 500 Drachmen beteiligt105; auf einer rhodischen Hemidrachme aus demselben Zeitraum erscheint ein Δεξαγόρας als Münzmeister106; möglicherweise sind beide Personen identisch. Insgesamt sind nur drei weitere Rhodier mit diesem Namen belegt, so dass durchaus einige Wahrscheinlichkeit besteht, dass der Antragsteller des Dekrets der Isiastai dieser vermögenden Familie entstammte107. Da Philokratēs außerdem von der Gemeinde Kamiros geehrt worden war, ist einerseits anzunehmen, dass er sich eine Zeit lang dort aufgehalten oder vielleicht sogar ursprünglich dort gewohnt hatte. Andererseits dürfte er bereits zu dieser Zeit Verbindungen zu führenden Familien von Kamiros besessen haben. Indem Philokratēs auf seinem Grabmal demonstrativ auf den Initiator der für ihn bedachten Ehrungen verwies, machte er vielleicht ganz bewusst für jedermann sichtbar, über welche einflussreichen Kontakte er verfügte. Bezeichnend ist es darüber hinaus, dass Philokratēs sich mit den συνθυταὶ Ῥοδιασταὶ ἐπιδαμιασταί einem exklusiven Verein anschloss, der ausschließlich Nichtbürger umfasste, denen wie ihm selbst die epidamia gewährt worden war. Die Ehrung durch eine als Matioi Ktoinetai Eranistai Philokrateioi bezeichnete Vereinigung verdeutlicht ein weiteres Mal, dass er regelmäßige Verbindungen zum Kreis der Bürgerschaft unterhielt. Die ktoinatai waren rhodische Bürger, die zu einer – möglicherweise ebenfalls im Gebiet von Kamiros gelegenen – ktoina gehörten. Einige Bürger, die der ktoina der Matioi angehörten, hatten sich anscheinend zu einem Verein zusammengeschlossen, um Philokratēs zu ehren, was auch in der Vereinsbezeichnung Philokrateioi zum Ausdruck kommt108. Der Laubkranz, der ihm von den Kami-

103 Mit ähnlicher Emphase sind etwa die Ehrungen in der Grabinschrift des Kamirers Aristombrotidas aufgelistet (Tit.Cam. 84), s. dazu Kap. 3.1.3. 104 Dass grundsätzlich ein Vereinsbeschluss nach dem Antragsteller benannt werden konnte, ist für den Verein der Aphrodisiastai Hermogeneioi belegt; so ist das Dekret über die Publikation der Besitzurkunden betitelt mit ψάφισμα Ζήνωνος Σελγέως εὐεργέτα; Pugliese Carratelli, Associazioni, Nr. 18 Seite A, Z. 1. Diese Praxis orientiert sich ebenfalls an der auf Polisebene üblichen Handhabung, s. etwa das lindische Dekret über die Einrichtung des Fonds für Athana, I. Lindos 419 Z. 1 f.: ψάφισμα Ἱππία Ἱππία τοῦ Ἱππία Ἀργείου περὶ τᾶς παρακαταθήκας τᾶς Ἀθάνας. 105 Tit.Cam. 157 Z. 16. 106 Bresson 2001, 201–203 ordnet jeweils einen Münzmeister mit dem Namen Δεξαγόρας den Gruppen A (188–166 v. Chr.) und B (166–125 v. Chr.) zu. 107 Sämtliche Belege sind im LGPN I s. v. Δεξαγόρας auffindbar. 108 Wenig wahrscheinlich ist die Annahme, Philokratēs selbst sei der Gründer des Vereins gewesen; dies würde voraussetzen, dass er zu den ktoinatai gehörte; die Inschrift bietet aber keinen hinrei-

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 5 Die Vereinsräume

rern überreicht wurde, verweist schließlich auf sein Engagement auf Phylenebene. In Rhodos selbst war er ferner einem Spendenaufruf gefolgt und hatte gemeinsam mit seiner Frau und seinem Sohn 300 Drachmen gegeben109. Nochmals dieselbe Summe zahlte sein Schwiegervater Ἑρμογένης aus Selge ein, der die Spende für sich, seine Tochter (somit die Frau des Philokratēs) sowie seinen Enkel tätigte. Die durchweg sehr hohen Beträge, die bei dieser Gelegenheit von Bürgern, besonders aber auch von einer beträchtlichen Zahl von Nichtbürgern gespendet wurden, zeigen deutlich, welchen Kreisen sich die Familie des Philokratēs und die seiner Frau Hermorhodē zugehörig fühlten. Ganz offensichtlich war auch die Heirat ›standesgemäß‹ ausgefallen. Zum Zeitpunkt des Spendenaufrufes gehörte Philokratēs noch zur Gruppe der Metöken; erst später wurde ihm die epidamia verliehen, sei es aufgrund der hier gezeigten Freigebigkeit oder aber der dreimaligen Übernahme der Choregie. Derart ›vernetzt‹ war er auch für andere Nichtbürger attraktiv; seine Stellung innerhalb wie außerhalb der Vereine bemaß sich wesentlich an seinen Kontakten zur Bürgerschaft und seinem privilegiertem Rechtsstatus. Zumindest in einem Fall – dem Verein der Ἑρμαϊσταὶ Θεσμοφοριασταί – ist zu vermuten, dass er sein Engagement auch Kultvereinen zukommen ließ, in denen nicht ausschließlich Bürger vertreten waren110. Bis zuletzt aber blieb Philokratēs durch das fehlende Bürgerrecht ein Fremder. Erst sein Sohn Hermogēs wurde in den Kreis der Vollbürger aufgenommen, was sicherlich durch die Kontakte des Vaters begünstigt worden war111. Erfolgreicher war in dieser Hinsicht Πλούταρχος Ἡλιοδώρου aus Apameia, der als Bildhauer nach Rhodos gekommen war. Er scheint zunächst in Lindos tätig gewesen zu sein; zumindest stammt von dort die älteste seiner Künstlersignaturen, bei der er noch mit dem Ethnikon Ἀπαμεύς signierte. In allen anderen Signaturen erscheint sein Name entweder nur mit Patronym oder mit dem charakteristischen ›Künstler-Ethnikon‹ Ῥόδιος; somit wird er bereits relativ früh eingebürgert worden sein112. Allein auf

chenden Beleg dafür, dass in einer ktoina auch Nichtbürger vertreten waren, so jedoch Gabrielsen 1997, 153; Maillot 2005, 47. Als Anlass für die Gründung dieses Vereins, wäre folgendes – wenn auch spekulatives Szenario vorstellbar: Während einer Versammlung der ktoina der Matioi war ein Antrag eingebracht worden, Philokratēs zu ehren; als dieser Vorschlag keinen Erfolg hatte, entschlossen sich einige der ktoinetai, die Ehrung außerhalb dieser ›offiziellen‹ Versammlung durchzuführen und gaben sich daraufhin für diesen Zweck einen eigenen Organisationsrahmen. 109 App. I 5 (= Jacopi, ClRh 2, 1932, Nr. 6) col. II Z. 32–36. 110 Jedenfalls wurde Hermes von mehreren Vereinen, in denen Nichtbürger Mitglieder waren, verehrt; s. etwa Kontorini, AER Nr. 10. 111 IG XII 1, 189. 112 DNO 3962–3974 mit dem Hinweis, dass Ploutarchos spätestens 91 v. Chr. rhodischer Bürger wurde. Die von Benincampi 2008, 74–76 geäußerten Zweifel an dieser Identifizierung sind unbegründet. Insgesamt führt sie drei Argumente an, die dafür sprächen, dass es sich um zwei unterschiedliche Bildhauer handele. Zunächst verweist sie auf den großen Verbreitungsgrad des Namens Ploutarchos. In Rhodos ist der Name jedoch ansonsten nicht bezeugt; hinzu kommt, dass die beiden Statuenbasen mit den Signaturen von Πλούταρχος Ἀπαμεὺς und Πλούταρχος Ἡλιοδώρου Ῥόδιος zu derselben Exe-



5.2 Der Verein als Interaktionsraum zwischen Bürgern und Nichtbürgern 

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der Akropolis in Lindos standen sechs Statuen von ihm113. Bereits die früheste Statue, die er noch als ›Fremder‹ fertigte, war für ein Mitglied der einflussreichsten lindischen Familie bestimmt114. In Rhodos-Stadt lässt sich seine Tätigkeit durch sieben weitere Statuenbasen nachvollziehen115. Bei diesen künstlerischen Erfolgen blieb es aber nicht: Die auf einer Statuenbasis angebrachte Ehreninschrift des κοινὸν τὸ Ἀφροδισιαστᾶν Σωτηριαστᾶν dokumentiert seine eindrucksvolle Laufbahn auf Polisebene, die in keiner Weise hinter der anderer Rhodier der Führungsschicht zurückstand116. Er war Agonothet, Schatzmeister, Stratege und erreichte schließlich sogar

dra gehören. Darüber hinaus hält es Benincampi für unwahrscheinlich, dass ein Neubürger Stratege oder Prytane habe werden können, da diese Ämter ausschließlich den aristokratischen Familien vorbehalten gewesen seien. Allerdings gab es innerhalb der Bürgerschaft solche rechtlichen Beschränkungen nicht, s. dazu Kap. 3.1.3. Schließlich hält sie es für unwahrscheinlich, dass ein Nichtbürger ohne zunächst die epidamia verliehen zu bekommen, direkt eingebürgert worden sei. 113 I. Lindos 131 d und b; I. Lindos 197 d (Statuen für Mitglieder der Familie des Pamphilidas); I. Lindos 287 (Statuenweihung für einen Priester der Athana Lindia von zwei ansonsten nicht bekannten Lindiern); I. Lindos 308 (Statue für einen Priester der Athana Lindier von Priesterkollegen und dem Kultpersonal); wohl auch IG XII 1, 844 (Ehreninschrift von dem Kollegium der hierothytai sowie der zweier epistatai). Ploutarchos besaß offensichtlich einen ebenfalls als Künstler tätigen Bruder namens Δημήτριος, der auch einbürgert wurde; IG XII 1, 769 (= DNO 3835); der aus einer Künstlersignatur aus Halikarnassos bekannte Ἡλιόδωρος Ἡλιοδώρου könnte der Vater der beiden gewesen sein, s. den Kommentar zu DNO 3959. 114 I. Lindos 131 d (= DNO 3962). Der Block gehört zu der sog. Pamphilidas-Exedra. Zu der Familie vgl. Stemma 7 und 17 in I. Lindos, S. 35 und 45. 115 IG XII 1, 48 (Statue eines Rhodiers, der wichtige Gesandtschaften während der mithridatischen Kriege übernommen hatte); IG XII 1, 108 (= Scrinzi, AttiVenezia 57, 1898, 269 Nr. 11; Familienweihung); Konstantinopoulos, ADelt A 18, 1963, Nr. 12; Kontorini, AER, Nr. 2 = SEG 39 732 (Dedikation einer Schiffsbesatzung?); Kontorini, AER, Nr. 74 = SEG 39.760 (Familienweihung für Λέων Παυσανία einen Sieger bei den Halieia; dessen Sohn, der ebenfalls einen Sieg bei den Halieia ›erringen‹ konnte, war u. a. Trierarch; I. Lindos 707); möglicherweise auch Hiller, AM 21, 1896, 41 Nr. 8. Eine weitere noch unpublizierte Signatur von Ploutarchos, ist auf der Rundbasis einer Bronzestatue angebracht, die in unmittelbarer Nähe des Gymnasion gefunden wurde (ADelt A 53, 1998, 941 f. = Inv. E 4923). 116 Pugliese Carratelli, Associazioni, Nr. 7: Πλούταρχον Ἡλιοδώρου | τὸ κοινὸν τὸ Ἀφροδισιαστᾶν Σωτηριαστᾶν ἐτίμασε χρυσέοις | στεφάνοις τρισὶ καὶ εὐεργεσίαι καὶ ἀναγορεύσει τᾶν τιμᾶν ἐν ταῖς | συνόδοις εἰς τὸν ἀεὶ χρόνον εἰκόνι χαλκέαι ἀρετᾶς ἕνεκα | καὶ εὐνοίας καὶ φιλοδοξίας καὶ δικαιοσύνας ἃν ἔχων διατελεῖ | εἰς τὸ Ἀφροδισιαστᾶν Σωτηριαστᾶν κοινόν, | ἀγωνοθε[τ]ή̣σαντα καὶ ταμιεύσαντα καὶ στραταγήσαντα καὶ | κλαρωτὰν τῶν δικαστᾶν γενόμενον καὶ αἱρεθέντα ἐπὶ τὰν | ἐπιμέλειαν τῶν ξένων καὶ | πρυτανεύσαντα καὶ στεφανωθέντα ὑπὸ πρυτανίων συναρχόντων καὶ βουλᾶς γραμματέως κοινοῦ χρυσέοις στεφάνοις δυσὶ καὶ | στεφανωθέντα χρυσέωι στεφάνωι ὑπὸ στραταγῶν συναρχόντων κοινοῦ | καὶ στεφανωθέντα χρυσέωι στεφάνωι ὑπὸ ταμιᾶν συναρχόντῶν κοινοῦ. | θεοῖς. »Der Verein der Aphrodisiastai Sōteriastai hat Ploutarchos, Sohn des Haliodōros mit drei goldenen Kränzen geehrt, mit Wohltaten und durch öffentliche Bekanntmachung der Ehren bei den Festversammlungen auf ewige Zeit sowie mit einer bronzenen Statue wegen seiner Tugend, seines Wohlwollens, seiner Ruhmbegierde und seiner Gerechtigkeit, die er stets dem Verein der Aphrodisiastai Sōteriastai entgegenbrachte. Er hat die Agonothesie übernommen, das Amt des Schatzmeisters, er war Stratege, verantwortlich für die Auslosung der Richter, gewählt für die Fürsorge der Fremden und Prytane. Von dem Verein der Prytanen-

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 5 Die Vereinsräume

die Prytanie. Für das Amt eines epimelētēs tōn xenōn wird er sich gerade durch seinen Migrationshintergrund qualifiziert haben. Die Polis machte sich hier wiederum ihrerseits die ›Multikollektivität‹ des Ploutarchos zu Nutze. Das Engagement in einem Verein eröffnete sicherlich neue Kontakte, es schuf aber keine Grundlage für einen über den Verein hinausgehenden Statusgewinn; wirkliche soziale Mobilität war nur über die Polisebene zu erreichen. Bis zu einem gewissen Grad war es sicherlich statusniederen Personen eher möglich, in der Gemeinschaft des Vereins Prestige zu erlangen; letztlich war aber doch immer die Polis der maßgebliche Bezugspunkt ihrer sozialen Verortung. Gerade die demonstrative Bezugnahme auf die Polisstrukturen – und zwar dezidiert rhodischer – lässt ein deutliches Bedürfnis erkennen, sich in die Polis einzugliedern. Schließlich waren es in erster Linie vermögende Nichtbürger, die an der Gründung von Vereinen mitwirkten und kein Interesse daran hatten, einen vollkommen von der Polis losgelösten Bereich zu schaffen, der ihnen auch die Kontakte zur Bürgerschaft erschwert hätte. Nicht zu vergessen ist dabei, dass die meisten Nichtbürger selbst aus Poleis mit demokratischen Strukturen kamen. Indem sie sich derselben Interaktionsregeln bedienten, die auch auf Polisebene galten, garantierten sie die Anschlussfähigkeit der Vereine117.

5.3 Zusammenfassung Die Vielfältigkeit des rhodischen Vereinswesens zeichnet sich besonders durch den variierenden Formalisierungsgrad der jeweiligen Korporationen aus. Um ein koinon zu bilden, brauchte es keine Vereinssatzung. So werden nicht sämtliche Vereine auf Dauer gegründet worden sein; vor allem die militärischen Vereinigungen scheinen in der Regel nur über begrenzte Zeiträume bestanden zu haben. Neben den in fast allen Zusammenschlüssen anzutreffenden Kultnamen bildeten insbesondere die auf einen Namen Bezug nehmenden Vereinstitulaturen in Rhodos ein besonders verbreitetes Phänomen. In den wenigsten Fällen dürfte es sich jedoch um den Vereinsgründer handeln, der dem Verein seinen Namen gab. Während die als Adjektiv gebildeten Namensformen auf -eioi in der Regel eine Form der Ehrung für einen besonderen Wohltäter darstellen dürften, bezeichneten Formulierungen mit »hoi syn+Name« offensichtlich die jeweiligen Vereinsvorsitzenden. Es ist wenig überraschend, dass es sich in beiden Fällen häufig um dieselbe Person handelt.

Kollegen und des Ratsschreibers ist er mit zwei goldenen Kränzen bekränzt worden und er ist von dem Verein der Strategen-Kollegen mit einem goldenen Kranz bekränzt worden und er ist von dem Verein der Schatzmeister-Kollegen mit einem goldenen Kranz bekränzt worden. Den Göttern.« 117 Insoweit lässt sich mit Hansen die Organisation der Vereine nach dem Vorbild der Polis dem ›pankollektiven‹ Bereich zuordnen; vgl. dazu Boyxen 2017.

5.3 Zusammenfassung 

 149

Gerade diejenigen ›Kultvereine‹, in denen überwiegend Nichtbürger vertreten waren, besaßen oftmals eine ausgeprägte Vereinsstruktur, mit regelmäßigen Versammlungen und Kultfeiern. Hier existierten insoweit die von Vlassopoulos postulierten »free spaces«, als die koina zahlreiche verschiedene Interaktionsräume bildeten, in denen Bürger und Nichtbürger unterschiedlicher sozialer Herkunft aufeinandertrafen; dass die Vereinslokale offensichtlich nicht in urbane Randlagen verdrängt waren und die politische Exklusion somit keinen räumlichen Niederschlag gefunden hat, wird die Chancen der Interaktion zusätzlich begünstigt haben. Die Partizipation an den Vereinsaktivitäten schuf zudem die Voraussetzung, dass sich in diesem Bereich zumindest gelegentlich die von Vlassopoulos benannten »new forms of identity« herausbilden konnten. Dies darf jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Chance, die Dichotomie Bürger/Nichtbürger vollkommen zu überwinden und sogar eine soziale Assimilation zu erreichen, wie es Gabrielsen an einer Stelle formuliert, äußerst gering waren118. Gerade weil diese Kollektive nur eine relative Autonomie aufwiesen, die von den Vereinsmitgliedern bewusst angelegt war, und die Polis sowohl auf prä- als auch auf pankollektiver Ebene in diese Bereiche hineinragte, kam es zu keiner Nivellierung des Bürgerrechts119. Letztlich lässt sich formulieren, dass gerade die Bezugnahme auf die Polisstrukturen die Herausbildung vollkommen divergierender Status- und Hierarchieverhältnisse unterband und zu einer weitgehenden Reproduktion der auf Polisebene gültigen Gesellschaftsordnung beitrug. Wohlhabenden Nichtbürgern war es sicherlich möglich, das Vereinswesen als Netzwerk zu nutzen. Letztlich aber suchten sie sich gerade auch Wege außerhalb der ›Kultvereine‹, um mit Bürgern in Kontakt zu treten.

118 Gabrielsen 2001a, 228 f.; s. auch Gabrielsen 2009, 187: »As receptacles of personal networks, associations contributed to altering the image of their home political comunities, making them look more egaliterian, socially more porous and juridically less secluded.« 119 Als präkollektive Elemente sind zu benennen: rechtlicher Status; Herkunft aus einer anderen Polis. Demgegenüber sind die pankollektiven Elemente: demokratische Organisation der Vereine; Benutzung des Polisvokabulars in Dekreten; Koine als gemeinsame Sprache; Bewertungsmaßstäbe für Ehrungen und Prinzipien sozialer Hierarchisierung.

6 Die Nekropolen Die Mehrheit der Fremden, die sich auf Rhodos aufhielten, ist ausschließlich aus Grabinschriften bekannt. So macht diese Textgattung mit 73 % den wesentlichen Anteil aller Quellen aus, in denen Nichtbürger genannt werden1. Hinzu kommen mehrere Vereinsinschriften, die ebenfalls in den Grabbezirken aufgestellt waren. In den letzten Jahrzehnten hat sich insbesondere durch Notgrabungen in Rhodos-Stadt die Zahl der Inschriften stetig vergrößert, deren Publikation aber größtenteils noch aussteht; gleiches gilt für die archäologischen Befunde selbst, die überwiegend nur aus kurzen Vorberichten bekannt sind2. Aus zwei Gründen wurde darauf verzichtet, eine zeitliche Verteilung der Nichtbürger vorzunehmen und dadurch mögliche Häufigkeitsschwankungen hinsichtlich der Herkunft der Nichtbürger herauszuarbeiten3: Zum einen lassen die vielfach sehr kurzen Texte der Grabmäler oftmals nur eine grobe zeitliche Einordnung zu. Zum anderen gilt es zu bedenken, dass der epigraphische Befund insgesamt verzerrt ist. So wurden im 4. und 3. Jh. v. Chr. neben Porosstelen vornehmlich Grabtische (sog. Trapezai) und gemauerte Grabaltäre, die mit einem Mörtelverputz überzogen waren, als Grabmäler verwendet. Auf dem Stuck werden die Namen der Verstorben ursprünglich aufgemalt gewesen sein4. Da hiervon jedoch keine Reste erhalten sind, fehlt diese Textgattung im Gesamtbefund. Obwohl eine exakte Kartierung der Bestattungen von Fremden innerhalb der Nekropolen bisher noch nicht versucht wurde5, lässt sich zumindest feststellen, dass die Grabbezirke ebenso, wie es auch für den Kerameikos in Athen nachzuvollziehen ist, nicht grundsätzlich nach dem rechtlichen Status der Personen separiert waren6. Gräber von Nichtbürgern sind gleichermaßen in allen Nekropolenbereichen zutage getreten. Die Nekropolen von Rhodos-Stadt weisen eine eigene, geradezu urbane Topographie auf. Sie erstrecken sich über einen breiten Gürtel im Süden des antiken Stadtzentrums, der in drei Bereiche untergliedert werden kann7. Die ›West-Nekropole‹ umfasst den südlichen Abhang des Akropolis-Hügels, oberhalb der heutigen Straße Partheno-

1 Rhodos-Stadt: 978 Grabinschriften; Lindos: 52; Kamiros: 30; Ialysos: 21; Peraia: 16; Nisyros: 42; Telos: 20; Karpathos: 11; Chalke: 7. 2 Bereits 2001 kündigte Papachristodoulou 2001, 173 an, dass die Inschriftenfunde gemeinsam mit den jeweiligen Befunden vorgelegt werden sollen; seither ist allerdings in großen Mengen kontinuierlich neues Material hinzugekommen. 3 Vgl. aber den Versuch von Delrieux 2013, 172–174, unterschiedliche Herkunftsgebiete der in Iasos lebenden Metöken im 2. Jh. v. Chr. auszumachen. 4 Patsiada, in: Berges 1999, 101; Patsiada 2013, 241. 5 Ein entsprechendes Vorhaben nimmt derzeit V. Brouma an der Universität Nottingham in Angriff. 6 Fabricius 1999, 207 und 210. Für Athen s. etwa Gray 2011, 49 f. 7 Papachristodoulou 2001, 177. https://doi.org/10.1515/9783110572681-008



6.1 Zur Architektur der Grabbezirke 

 151

pis sowie die daran angrenzenden Gebiete des Tales Makri Steno und des Hügels Kizil Tepe (im Wesentlichen entspricht dies den modernen Straßen Kameirou, Petridi und als östliche Begrenzung die odos Peiraios sowie der nord-westlich hiervon gelegenen odos Zakynthou). In den Jahren 1999 und 2000 wurden allein hier über 200 neue Gräber entdeckt8. Einige der dortigen Gräber datieren in das frühe 4. Jh. v. Chr. und damit in die Gründungsphase der Stadt. Östlich schließen sich oberhalb des RhodiniFlüsschens weitere Grabareale an, wo sich auch das monumentale ›Ptolemäergrab‹ sowie das ›Korinthische Grab‹ befinden. Ganz im Osten erstrecken sich schließlich zahlreiche Gräber entlang der Westseite der Straße Richtung Kallithea (sog. CovaNekropole bzw. Korakonero). Diese drei geographischen Bereiche weisen indessen keine besonderen zeitlichen oder typologischen Unterschiede auf9.

6.1 Zur Architektur der Grabbezirke Während die Bestattungen in klassischer Zeit primär in Einzelgräbern vorgenommen wurden, für die man nebeneinandergereihte Schächte aus dem Felsen herausarbeitete, treten ab dem 3. Jh. v. Chr. durch Mauern voneinander abgegrenzte Grabanlagen in Erscheinung. Innerhalb dieser Gemeinschaftsgräber tiefte man ebenfalls Grablegen in den Felsen oder formte aus Kalksteinquadern kleine kastenförmige oder überwölbte Nischen für die Grabkisten10. Besonders gut lässt sich diese neue Bestattungsform noch heute in der Ostnekropole an der Straße Richtung Kallithea sowie in der Westnekropole bei Agios Ioannis nachvollziehen, auch wenn zu berücksichtigen ist, dass sich das antike Laufniveau höher befand und die als Hypogäum gestalteten Grabnischen nicht zu sehen waren. Oberhalb dieser unterirdischen Grabkammern erhob sich in der Regel über einem dreistufigen Aufbau ein mehrere Mauerlagen hohes Podest, auf dem die in großer Zahl gefundenen Rund- und vielleicht auch die Rechteckaltäre platziert waren11.

8 ADelt B 54, 2, 1999 [2006], 930–934 (= C. Morgan, AR 53, 2007) 92 f.; ADelt B 55, 2000 [2009], 1130– 1141 (= D. Mulliez, AR 56, 2010, 166 f.). 9 Patsiada 2013, 350. 10 Fabricius 1999, 198–200. Fraglich bleibt, inwiefern vielleicht das Erdbeben des Jahres 227/6 v. Chr., bei dem auch Teile der Nekropolen zerstört wurden, diesen Wandel einleitete; Patsiada, in: Berges 1999, 105; Fabricius 1999, 200. Eine Grabanlage mit elf um einen kleinen Innenhof gruppierten Grabkammern wird von den Ausgräbern indessen bereits gegen Ende des 4. – Anfang des 3. Jhs. datiert, Ch. Fantaoutsaki, ADelt B 56–59, 2001–2004, 273–276 (= Chronique, ID 3366). 11 Dieses Podest fehlt heute bei den Grabbauten an der Straße Richtung Kallithea; die dort sichtbaren Rundaltäre wurden im Rahmen der italienischen Ausgrabungen direkt auf die Stufen gesetzt, Berges 1999, 15; Patsiada, in: Berges 1999, 95. 97 f.; Vrouma 2015, 157. Für die Rechteckaltäre ließ sich eine derartige Aufstellung bislang nicht nachweisen; Fabricius 1999, 205.

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 6 Die Nekropolen

Die Größe der Bezirke, die in einigen Fällen anhand der erhaltenen Peribolosmauer ablesbar ist, konnte erheblich variieren: Die Umfassungsmauer eines Grabplatzes der Westnekropole schließt eine Fläche von ca. 270 m2 ein12. Entlang der Südmauer waren mehrere Grabkammern mit Gewölbedecken angelegt worden, vor denen sich ein Vestibül befand. Außerdem hatte man auf dem Gelände einen Naiskos errichtet13. In der Ostnekropole weist ein frühhellenistischer Grabbezirk, der an einer Seite über zwei Zugänge verfügte, eine deutlich geringere Größe von 74 m2 auf14. Bereits in der ersten Nutzungsphase war die Anlage mit einem Bankettraum ausgestattet worden. Große Mengen an Keramik deuten an, dass die Bankettarchitektur auch wirklich für Totenfeierlichkeiten diente15. Dieser Typus der Gemeinschaftsgräber wurde gleichermaßen von rhodischen Familien und von Vereinen genutzt, auch wenn eine exakte Zuordnung eines Grabbezirks nur selten möglich ist. Daneben ist auf die verschiedenen Monumentalgrabbauten zu verweisen: Das sog. Kleoboulos Grab (bzw. Hagios Milianos) in Lindos sowie das Ptolemäergrab im Rhodini Park wurden in Form eines Tumulus errichtet. Letzteres weist eine mit Halbsäulen gestaltete Fassade auf und ähnelt in dieser Hinsicht dem ganz in der Nähe gelegenen ›Korinthischen Grab‹ sowie dem Felsgrab der Familie des Archokrates in Lindos. Für dieses Architekturelement lassen sich zwei weitere Beispiele anführen: In der ›Zentralnekropole‹ befindet sich eine Grabanlage, deren Fassade mit einer Stoa aus dorischen Säulen gestaltet war. Dahinter erstreckt sich ein Raum, der mit sieben Klinen sowie einem Thron ausgestattet ist16. Ein anderer Bankettraum mit einer Größe von rund 21 m2 gehörte zu einem Fassadengrab am Osthang des Kizil Tepe. Die aus dem Felsen gearbeiteten Klinen weisen Relieffriese auf, die Decke war blau stuckiert17. Die Felsfassade einer Grabanlage in der ›Westnekropole‹ (Dokuz Sokak) ist der Front eines hellenistischen Hauses nachempfunden. Die davorliegende Fläche war als Platzanlage freigelassen. Zuletzt wurden in der ›Zentralnekropole‹ Halbsäulen und Steinblöcke einer Fassadenarchitektur gefunden18. Diese Architekturform fand

12 Ph. Zervaki, ADelt B 56–59, 2001–2004, 255–257 (= Chronique, ID 3347) (an der Kreuzung der Straßen Kamirou und Dioskouridou). Für einen anderen Grabbezirk an der Straße Kamirou konnte eine Größe von 161 m2 bestimmt werden, a. O. 13 Interessant ist ein unmittelbar östlich daran anschließender kreisförmiger Bezirk mit einer Fläche von etwa 128 m2. Neben fünf Stelenbasen, die in regelmäßigem Abstand gesetzt worden waren, und verschiedenen Bestattungen fand man hier eine Feuerstelle; Ph. Zervaki, ADelt B 56–59, 2001–2004, 255–257 (= Chronique, ID 3347). 14 Ph. Zervaki, ADelt B 56–59, 2001–2004, 272 f. (= Chronique, ID 3360). 15 K. Bairami – N. Christodoulidis – Ph. Zervaki, ADelt B 54, 2, 1999 [2006], 938 f. (= Chronique, ID 597). 16 Papachristodoulou 1988, 206 f.; Patsiada 2013, 95. Die Grabanlage befindet sich an der Kreuzung der Straßen Lindou und Anastasiadi. 17 Papachristodoulou 1988, 205 f. 18 V. Patsiada, ADelt B 55, 2000 [2009], 1142–1144 (= Chronique, ID 1320).



6.1 Zur Architektur der Grabbezirke 

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demnach auch in weniger monumentalen Grablegen Anwendung. Einen weiteren Grabtypus bilden schließlich die Felskammergräber mit Gewölbedecken19. Insgesamt gewinnt die rhodische Sakrallandschaft gerade durch die vielfältigen Grabtypen ihre charakteristische Prägung. In Bezug auf die Monumentalgräber spricht Hans Lauter dementsprechend von einer Summe von Einzelschöpfungen, bei denen sich allenfalls für einzelne Bauelemente auswärtige Vorbilder erkennen ließen20. Eine Sonderform weist hingegen die rhodische Peraia mit den mehrstufigen Quaderbasen auf, die als genuin karische Grabmäler zu deuten sind21. Der hier nur stichwortartig skizzierte Überblick über die rhodische Sepulkrallandschaft zeigt die Variationsmöglichkeiten in der Grabrepräsentation auf. Die Landbevölkerung bestattete die Verstorbenen in der unmittelbaren Umgebung ihrer Gehöfte22. Östlich des nahe Kritina gelegenen Flusses Lireno wurde etwa ein späthellenistisch bis frührömisches Gehöft entdeckt, bei dem ein Grabbezirk mit der dazugehörenden Peribolosmauer nachgewiesen werden konnte23. Einige Gehöfte der Peraia besaßen aufwendig gestaltete Grabbezirke, für die man eigens Terrassen aus großen Polsterquadern angelegt hatte24. Vollkommen unklar ist die Frage der Zugänglichkeit der einzelnen Grabbezirke. Durch die abgeschlossene Architektur der Anlagen war es den Besitzern – seien es Familien oder Vereine – grundsätzlich möglich, den Zugang zu kontrollieren. Sowohl epigraphisch als auch archäologisch ist zudem nachgewiesen, dass die Eingänge mit Türen versehen waren25. Insbesondere die Publikationspraxis der Vereine scheint sich hingegen auch an Personen außerhalb der eigenen Gemeinschaft zu richten. Grundsätzlich waren die Nekropolen täglicher Durchzugsraum zahlreicher Polisbewohner, da sie an den frequentierten Hauptstraßen lagen, die das Hinterland mit der Stadt verbanden.

19 Einen kurzen Überblick über diese Monumentalgräber bietet Lauter 1988, 155–158. 20 Lauter 1988, 159 f. Patsiada 2013, 357 betont jedoch, dass die rhodische Grabarchitektur auffallend auf Vorbilder aus Alexandria und Kyrene Bezug nehme. 21 Held 2014. Obwohl sich zahlreiche Rhodier, die nach Ausweis des Demotikons aus der Peraia kamen bzw. Nachkommen von Festlandbewohnern waren, auf Rhodos bestatten ließen, ist dort diese karische Grabarchitektur nicht anzutreffen. 22 Dies war aber sicherlich nur den Eigentümern eines Hofes erlaubt. Die Pachtverträge aus Amos in der Peraia enthalten eine Klausel, die es den Pächtern verbietet, Bestattungen auf dem Grundstück vorzunehmen (I. Peraia 352 Seite B, Z. 7–9; Blümel, EpigrAnat 2002, Seite B, Z. 28–30). Verstöße werden mit einer Strafe von 100 Drachmen geahndet, die an die hieromnamones und das koinon der Amier zu zahlen sind. 23 A. Alexandropoulou, ADelt B 54, 2, 1999 [2006], 948 (= Chronique, ID 607); G. Ivou, ADelt B 56–59, 2001–2004, 296–298 (= Chronique, ID 3381). In einer Entfernung von rund 100 m haben sich weitere Reste eines Gebäudes erhalten, das ebenfalls ein Gehöft gewesen sein könnte. 24 Held 1999, 180. 25 s. dazu unten Kap. 6.4.1.

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 6 Die Nekropolen

6.2 Rechtliche Voraussetzungen für den Kauf eines Grabbezirks 6.2.1

Erwerb von Bestattungsplätzen durch Nichtbürger

Da Fremde in der Regel nicht über das Recht verfügten, Grund zu erwerben, war es ihnen ebenso verwehrt, einen Bestattungsplatz zu kaufen, der in rechtlicher Hinsicht gleichermaßen als Grundbesitz galt. Diese Regelung hatte grundsätzlich in jeder Polis Bestand. Die Frage, wie Nichtbürger überhaupt zu einem Grabbezirk gelangen konnten, ist aber lange weitgehend unbeachtet geblieben. Dies mag insbesondere darin begründet sein, dass die klassischen und hellenistischen Grabinschriften von Bürgern und Nichtbürgern nie dokumentieren, auf welche Weise der Grabinhaber zu dem Grundstück gekommen ist26. Für Athen hat Josine H. Blok jüngst die Vermutung geäußert, dass Grabplätze nicht unter das Verbot des Grunderwerbs fielen27; zumindest für Metöken, die sich oftmals bereits seit mehreren Generationen in der Polis aufhielten, sei dies kaum durchzusetzen gewesen; überdies hätte eine Verweigerung des Totenrituals für Fremde als Gottlosigkeit gegolten. Auch Faraguna rechnet für Athen mit der Möglichkeit einer im Todesfall außerordentlich gewährten enktēsis oder der Bereitstellung eines Grabbezirks von Seiten der Polis bzw. der Demen28. In Rhodos deuten hingegen mehrere Vereinsinschriften, in denen die Sorge um Bestattungsplätze zum Ausdruck kommt, darauf hin, dass dies vielfach ein akutes Problem war. Zwar wäre es grundsätzlich denkbar, dass Fremden eigens zu diesem Zweck einmalig die enktēsis gēs verliehen wurde, allerdings gibt es für diese Annahme keinerlei Hinweise in den Quellen. Dass die riesige Fläche der Nekropolenbezirke einer zentralen Verwaltung durch die Polis unterlag, ist vorauszusetzen. Nach welchen Regeln eine derartige Organisation durchgeführt wurde, bleibt aber unklar29.

26 Auch in den Grabepigrammen der Nichtbürger wird diese Problematik nicht thematisiert; nur in einem der Texte wird überhaupt auf die Errichtung des Grabes Bezug genommen; so bemerkt Χρήσιμος aus Karien lediglich, dass er bereits zu Lebzeiten das Grab für sich errichtet habe (ὃς καὶ ζῶν ἔτι τόνδε τάφον ποίησεν ἑαυτῶι); Hiller, AM 21, 1896, 43 Nr. 11. Interessant ist in diesem Zusammenhang eine Grabinschrift einer Nichtbürgerfamilie aus Kedreai, die allerdings erst in das 2. Jh. n. Chr. datiert. Als Eigentümer des Grabes gibt sich Neikasiōn, Sohn des Neikasiōn, aus Myndos aus, der angibt, das Grab auf eigene Kosten errichtet zu haben (I. Peraia 560 = I. Pérée 11 Z. 8 f.: κατασκευάσαν|τος ἐκ τῶν ἰδίων); entsprechend wird ihm auch der Grabbezirk gehört haben; allerdings besitzt dessen Sohn das rhodische Bürgerrecht. 27 Blok 2007, 324 f. Zu Recht lehnt sie den Vorschlag von Knigge 1988, 120 ab, bei den bestatteten Metöken habe es sich um proxenoi, die über die enktēsis verfügt hätten, gehandelt bzw. einige proxenoi hätten anderen Metöken einen Bestattungsplatz in ihrem Grabbezirk zugesichert. Dem liegt zudem ein falsches Verständnis der Proxenie zugrunde; schließlich waren vornehmlich solche Bürger proxenoi, die sich in ihrer Heimatpolis aufhielten. 28 Faraguna 2012b, 175–179. 29 Ein Verkauf von öffentlichem Grund als Bestattungsplatz an Privatpersonen ist vereinzelt für das späthellenistische Lykien überliefert; Harter-Uibopuu 2012, 191 f. Worauf das Verbot von Bestattun-



6.2 Rechtliche Voraussetzungen für den Kauf eines Grabbezirks 

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Ob der marmorne Skyphos mit der Inschrift ἀποτάφων τάφων (»[Grenzstein] der Gräber derjenigen, die gesondert bestattet wurden«), der ursprünglich als Grenzmarke eine kleine Säule bekrönt haben mag, das Grabareal von Fremden bezeichnet, die weder über einen eigenen Grabplatz verfügten noch Angehörige besaßen, die sich um die Bestattung kümmerten, lässt sich ebenso nicht klären30. Für die Bestattung von Sklaven hatte ohnehin in der Regel der jeweilige Herr zu sorgen. Ein entsprechendes Beispiel dürfte der Grabbezirk einer rhodischen Familie in der Ostnekropole darstellen, in dem man die Osteothek der aus dem karischen Bargylia stammenden Πειθώ fand – möglicherweise eine Unfreie, die im Haushalt der Familie tätig gewesen war und daraufhin als Mitglied des Oikos auch innerhalb des Familiengrabes bestattet wurde31. Ähnliches könnte für Ἀπολλώνιος aus Antiochia und dessen Mutter Ῥόδα zutreffen, die beide gemeinsam mit dem Rhodier Νίκαιος aus Chalke auf einem Grabmal erscheinen32. Auf Karpathos hatten zwei Rhodier aus dem Demos Brykous sowie ein weiterer Rhodier aus dem Demos Kamyndios gemeinsam für ihre Amme Φυσίς aus Alexandria einen mit Bukranien verzierten Rundaltar als Grabmal errichtet33. Sowohl der Name als auch die Tätigkeit sprechen dafür, dass die Alexandrinerin als Sklavin nach Rhodos gekommen war. Aber auch freie Nichtbürger fanden gelegentlich Aufnahme in den Grabbezirk einer rhodischen Familie. In der Kammer eines Hypogäums der Ostnekropole fand

gen und die Errichtung von Grabmälern zu beziehen ist, das ein Gesetz aus Nisyros festsetzt, lässt sich nicht entscheiden, da der Anfang des Textes nicht erhalten ist (IG XII 3, 87). Bei Verstößen gegen das Gesetz müssen der Leichnam sowie das Grabmal entfernt und eine äußerst empfindliche Strafe von 10 000 Drachmen gezahlt werden. Selbst die amtierenden epistatai können mit einer Strafe von 1000 Drachmen im Euthynie-Verfahren zur Rechenschaft gezogen, sollte das Grabmal nach Ablauf ihrer Amtszeit immer noch dort stehen. Da den epistatai die Aufsichtspflicht obliegt, wird es sich um öffentliches Land handeln, das vor einer widerrechtlichen Nutzung bzw. Aneignung geschützt werden soll; diese Interpretation favorisiert auch Frisone 2000, 162. Abgesehen von dem unklaren Kontext der Inschrift, datiert das Gesetz noch in das 3. Jh. v. Chr. und damit in die Zeit der Unabhängigkeit von Nisyros. Rhodische Praktiken lassen sich mithin hieraus nicht ableiten. 30 IG XII 1, 656 (AO: London, British Museum Inv. 1859, 1129.56). Fraser 1977, 69 f. nimmt an, dass es sich um Sklaven handelt, die im Kampf gefallen sind; Benincampi 2008, 283 spekuliert über unbekannte Opfer von Erdbeben, Personen, die an einer Seuche gestorben sind, politische Flüchtlinge sowie durchreisende Fremde. 31 Maiuri, Nuova Silloge 401. 32 Maiuri, Nuova Silloge 149; s. auch Fabricius 1999, 207; Fraser 1977, 54 f. Nach Papachristodoulou 2001, 175 (= SEG 51 1015) stammt außerdem die Osteothek der Lykierin Καβάλισ(σ)α aus dem Gebiet einer Nekropole, in dem hauptsächlich Rhodier bestattet wurden. Der Befund aus dem Kerameikos in Athen legt nahe, dass dort ebenfalls Sklaven gelegentlich gemeinsam mit der Familie ihres Herren bestattet wurden, Stroszeck 2002, 168. 33 IG XII 1, 1029: Μουσαῖος καὶ | Θεύδωρος Βρυκούν|τιοι καὶ Φίλων Καμύνδιος | ὑπὲρ τᾶς μαέας {μαίας} Φύσεως | Ἀλεξανδρίδος | χρηστὰ χαῖρε. Auffallend ist, dass die Rhodier zwar ihr Demotikon, nicht aber ihren Vatersnamen nennen. Vgl. den Rundaltar für die Amme Ἐράτιον; Berges, Rundaltäre, Nr. 195.

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man neben sechs Bürgern die Grabinschriften der Geschwister Κλεινομάχη und Θρασύδημος, Tochter und Sohn eines Ἀρχίδικος von der Insel Tenos34. Thrasydēmos besaß einen Sohn, der ebenfalls dort bestattet wurde, für den aber das Demotikon Argeios angegeben wird, weshalb er dem Kreis der Rhodier zuzurechnen ist. Rein rechtlich betrachtet, wäre es der Familie mithin möglich gewesen, einen eigenen Grabbezirk zu erwerben. Von den anderen Rhodiern aus dieser Grabanlage ist insbesondere Θευγένης, Sohn des Λέων, aus dem Demos Palaiopolitas hervorzuheben, der im 1. Jh. v. Chr. das Amt des Haliospriesters innehatte35. Offensichtlich hatten die Tenier durch persönliche Beziehungen zu führenden rhodischen Familien einen sozialen Aufstieg erreicht, der sich einerseits darin äußerte, dass zumindest der Sohn einer der Geschwister das Bürgerrecht erhielt, andererseits dadurch, dass ihnen eine Bestattung innerhalb der Grabanlage der rhodischen Familie gewährt wurde. Es wäre zu überlegen, ob möglicherweise auch der prostatēs für die Bestattung eines Metöken, der unter seiner Obhut stand und für den er wahrscheinlich auch eine Unterkunft besorgte, verantwortlich war. Allerdings muss dies eine bloße Vermutung bleiben, da weder Genaueres über die Funktion des prostatēs in Rhodos bekannt ist, noch ob überhaupt jeder Metöke über solch einen Patron verfügte36. Auf einen möglichen Zusammenhang deutet eine noch unpublizierte Grabinschrift eines Metöken aus Kyaneai in Lykien. Der Text enthält wie zahlreiche ähnliche lykische Grabinschriften Nutzungsregelungen, nach denen es nur Familienmitgliedern erlaubt ist, in dem Grab bestattet zu werden. Bemerkenswert ist in diesem Fall allerdings, dass der Metöke auch den Namen seines prostatēs erwähnt. Ob der prostatēs praktisch als Garant für den rechtmäßigen Besitz oder zumindest die rechtmäßige Nutzung des Bestattungsplatzes auftrat, lässt sich dem Text aber nicht entnehmen37. Der Verweis

34 Maiuri, Nuova Silloge 355–361. Vgl. Papachristodoulou 2001 (= SEG 51.1015), der eine Grabinschrift erwähnt, in der neben der Rhodierin Μακαρία Θέωνος Ἀστυπαλαΐς die beiden Nichtbürger Μοσχίων aus Ephesos und Ἁγησᾶς aus Myndos genannt werden. 35 IG XII 1, 64; zur Datierung s. Badoud 2015, 174. Von den anderen Rhodiern ist nur Πολύξενος Ἐργιάδευς aus dem Demos Nisyros bekannt, der in der Gymnasiastenliste IG XII 1, 46 col. IV Z. 441 verzeichnet ist. In ähnlicher Weise wurde ebenfalls in der Ostnekropole ein Rechteckaltar mit der Grabinschrift des Ζήνων Καρνεάδα aus Kition in einem Befund mit der Grabstele des Rhodiers Δαμοτέλης Παγκράτους entdeckt (ADelt B 39, 1984, 325, 4 = SEG 39.788e; ADelt B 39, 1984, 325, 3 = SEG 39.788 d). Ganz in der Nähe stieß man zudem auf den Grabaltar des Καρνεάδας Ζήνωνος, bei dem es sich um den Sohn des Zēnōn aus Kition handeln wird; dieser hatte auch das rhodische Bürgerrecht erhalten, wie dem Demotikon Arkaseus zu entnehmen ist, das seinem Namen beigefügt ist (ADelt B 39, 1984, 325 = SEG 39.788 f). Ebenso legt der Fundkontext nahe, dass Ἀθανοκλῆς aus Ephesos gemeinsam mit Rhodiern bestattet worden ist; ADelt B 32, 1977, 372 (= SEG 34.837; 1. Jh. v. Chr. – 1. Jh. n. Chr.). 36 s. dazu Kap. 3.2.3 metoikos. 37 In diese Richtung argumentierte Christof Schuler, als er die noch unpublizierte Inschrift im Rahmen des Workshops »›Neue Männer braucht das Land...‹ Metöken und Neubürger in hellenistischen Poleis« im Jahr 2011 in Bochum vorstellte. Schuler hält es für wahrscheinlich, dass die Institution der Prostasie in Lykien auf rhodischen Einfluss zurückgeht.



6.2 Rechtliche Voraussetzungen für den Kauf eines Grabbezirks 

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auf den prostatēs kann ebenso als Ausdruck eines besonderen Nahverhältnisses gewertet werden. Für die Bestattung des proxenos Ἀντίπατρος Ἀσκληπιάδου aus Kyrene wird möglicherweise die Polis selbst aufgekommen sein38. Dabei ist nicht zwingend anzunehmen, dass Antipatros während einer Gesandtschaftsreise auf Rhodos gestorben ist; ebenso ließe sich vermuten, dass ihm der Titel als bloße Auszeichnung verliehen worden war.

6.2.2 Erwerb von Bestattungsplätzen durch Vereine Die Mitgliedschaft in einem Verein, der über eigene Grabbezirke verfügte, bot die Möglichkeit, das fehlende Recht der enktēsis zu kompensieren. Die in verschiedenen Vereinsinschriften immer wiederkehrende Sorge um die Verstorbenen zeigt, dass dies ein ganz zentraler Aspekt des Vereinslebens war, dem zudem ein wesentlicher Anteil an der Attraktivität der Vereine insgesamt zuzuschreiben ist39. Eine der aufschlussreichsten Inschriften, die einerseits die generelle Bedeutung von Grundbesitz für die Vereine verdeutlicht, andererseits einen detailreichen Einblick in die Geschäftspraxis gibt, stammt von dem Ἀφροδισιαστᾶν Ἑρμογενείων κοινόν40. Auf Antrag des Ζήνων aus Selge, der gleichzeitig als Wohltäter des Vereins bezeichnet wird, hatte der Verein beschlossen, die Besitzurkunden sämtlicher Liegenschaften des Vereins (οἱ ἀμφουριασμοὶ τῶν ἐγγαίων τῶν ὑπαρχόντων τῷ κοινῷ καὶ τᾶν ταφιᾶν) auf Stein aufzuzeichnen und die Stele daraufhin im Grabbezirk des koinon aufzustellen – und zwar, wie präzisiert wird, an einem Platz, der sehr gut sichtbar und sicher sei (εὐσαμότατος καὶ ἀσφαλής)41. Die Publikation hatte man als notwendig erachtet, um sicherzustellen, dass jedem Vereinsmitglied die Urkunden zugänglich seien und keinem ein Unrecht geschehe (μηθὲν ἀδίκημα γίνηται περὶ αὐτούς); für die zeitnahe Ausführung des Beschlusses wählte man ein Vereinsmit-

38 Jacopi, ClRh 2, 1932, 219 Nr. 61. Für Athen nimmt Stroszeck 2002, 168 an, dass die Polis für die Bestattung auswärtiger Gesandter zu sorgen hatte. 39 Auf die Bedeutung vereinseigener Bestattungsplätze verweist nachdrücklich Maillot 2012, 207– 210; s. auch Baslez 2006, 160 f. 166. Vgl. ferner Leiwo – Remes 1999, die den Ausschluss der Nichtbürger vom Grundbesitz als einen wesentlichen Grund für die Gründung der frühesten Vereine in Athen in Erwägung ziehen und am Beispiel des ›Testaments‹ Epikurs (Diog. Laert. 10, 15–22) illustrieren, wie es möglich war, dieses Gesetz zu umgehen. Zwar habe Epikur als Nachfolger der Philosophenschule Hermarchos aus Mytilene bestimmt; da dieser aber als Nichtbürger kein Grundeigentum besitzen durfte, habe Epikur bewusst zwei Athener als Erben eingesetzt, die Hermarchos und seinen Schülern das Haus und den Garten der Schule zu Studienzwecken überlassen sollten. 40 Pugliese Carratelli, Associazioni, Nr. 18. 41 Seite A, Z. 13; ἀσφαλής wird sich hier auf die Standfestigkeit der Stele beziehen.

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glied, dem hierfür die Verantwortung übertragen wurde42. Dieser starb jedoch, bevor er den Beschluss umsetzen konnte; erneut brachte Zēnōn daraufhin einen Antrag in der Vereinsversammlung ein: Um weitere Verzögerungen zu verhindern, sollen nun zwei Personen gewählt werden, die an die Stelle des Verstorbenen treten; ihnen wird eine Frist von 60 Tagen gesetzt, um die Publikation der Urkunden vorzunehmen. Die Dringlichkeit des Anliegens wird hier evident; auch sprachlich erhält die Bestimmung durch die in beiden Beschlüssen eingefügte Wendung ἑλέσθαι παραχρῆμα ἄνδρα/ἄνδρας δύο eine besondere Dynamik43. Selbst wenn man voraussetzt, dass die beiden Haliospriester, die jeweils in der Einleitung der Dekrete genannt werden, in zwei aufeinanderfolgenden Jahren amtierten, so waren seit dem ersten Beschluss immerhin acht Monate vergangen, bevor Zēnōn erneut eine Vorlage in die Vereinsversammlung einbrachte, um endlich eine Ausführung der damaligen Bestimmungen zu erwirken44. Möglicherweise wies man außerdem den Vereinsvorsitzenden an, die Ausführung des Beschlusses zu überwachen, der Text bricht an der Stelle aber ab45. Ganz offensichtlich befürchtete man, jemand könnte die Rechtmäßigkeit des Vereinsbesitzes in Frage stellen. Nur so ist die in der Motivformel des ersten Beschlusses artikulierte Sorge erklärbar, einem Vereinsmitglied könne ein Unrecht geschehen. Und nur so ist die Einleitung des zweiten Beschlusses verständlich, man habe auf der Stele alles verzeichnen wollen, was für die Erhaltung und (Rechts‑)Sicherheit des Vereins von Bedeutung sei (τὰ διατείνοντα ποτὶ σωτηρίαν καὶ ἀσφάλειαν τοῦ κοινοῦ)46. Die Urkunden selbst werden an dieser Stelle nicht mehr genannt, sondern allein deren Funktion und Bedeutung, die sie durch die Veröffentlichung einnehmen. Dem koinon erschien es nicht als ausreichend, die Vereinsgrundstücke mit bloßen Grenzmarken zu versehen, vielmehr wollte man den Nachweis über die Rechtmäßigkeit des Erwerbs publik machen. Eine rechtliche Unterscheidung zwischen Grabbezirken und sonstigen Immobilien ist nicht erkennbar. Für beide fertigte man entsprechende Urkunden an (οἱ ἀμφουριασμοὶ τῶν ἐγγαίων τῶν ὑπαρχόντων τῷ κοινῷ καὶ τᾶν ταφιᾶν), die den Eigentümer des Grundstücks auswiesen. Der Verein bewahrte aber wohl nicht die Originalurkunden im Archiv auf, sondern verfügte wahrschein-

42 Seite A, Z. 14 f. 43 Seite A, Z. 8 und 26 f. 44 Eine sichere absolute zeitliche Einordnung der Priester ist nicht möglich; Habicht 2003, 550 schlägt die Jahre 109 und 108 vor; zustimmend Badoud 2015, 166. Für die Reihenfolge der rhodischen Monate s. jetzt Badoud 2015, 11–16. 45 Seite A Z. 31. ὁ δὲ ἀρχερανιστὰς ὁ ἐν ἀρχᾶι [– – –]. 46 Seite A Z. 21 f. Die Möglichkeit, dass ein Publikationszwang bestand, um als rechtmäßiger Eigentümer zu gelten, ist sicherlich auszuschließen (für derartige Klauseln s. Kränzlein 1963, 36. 77); in solch einem Fall hätte man jeweils nach jedem Grundstückskauf unmittelbar eine Veröffentlichung der Dokumente veranlasst. Auch Velissaropoulos-Karakostas 2011, 294 bemerkt allgemein, die Vereinsmitglieder hätten durch die Publikation zu verhindern versucht, eventuellen Ansprüchen an dem Eigentum entgegenzutreten.



6.2 Rechtliche Voraussetzungen für den Kauf eines Grabbezirks 

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lich nur über Abschriften. In Z. 8–11 heißt es zwar, der für die Publikation Gewählte solle die Urkunden (οἱ ἀμφουριασμοί) in Empfang nehmen; kurz darauf wird derselbe Vorgang aber nochmals wiederholt, wo dann nur eine Abschrift (ἀντίγραφον τῶν ἀμφουριασμῶν πάντων) erwähnt wird, die die Vereinsmagistrate an ihn aushändigen sollen. Die doppelte Erwähnung der Übergabe der Dokumente erklärt sich daraus, dass zunächst die Aufgaben des aus dem Kreis der Vereinsmitglieder Gewählten erläutert und anschließend die Funktionen der Archonten beschrieben werden. Über die Praxis der Registrierung von Eigentumsurkunden in einem öffentlichen Archiv berichtet ein Ehrendekret aus Kamiros, das in das 1. Viertel des 2. Jhs. v. Chr. datiert. Nachdem das dortige Archiv 77 Jahre lang nachlässig geführt worden war, ließ Philokratēs die verschlossenen Kisten (κιβωτοί), in denen die Originalurkunden aufbewahrt wurden, öffnen und ein neues Register erstellen. Dadurch sei es überhaupt erst möglich geworden, Landstreitigkeiten beizulegen, da nun der rechtmäßige Eigentümer ermittelt werden konnte47. Die Publikation der Besitzurkunden des Vereins der Aphrodosiastai Hermogeneioi stellte freilich kein rechtsgültiges Dokument dar, das einem eventuellen Rechtsstreit standhalten konnte, aber immerhin war es geeignet, einem Anfangsverdacht zu begegnen. Auf der Rückseite des Steins findet sich dann auch eine Abschrift dieser im Vereinsarchiv aufbewahrten Kaufurkunden, die den Erwerb eines der Vereinsgrundstücke für 13 000 Drachmen dokumentieren. Es handelt sich hierbei allerdings nicht um die Grabbezirke, die auf einem weiteren, nicht erhaltenen Block verzeichnet gewesen sein müssen, sondern um ein Gebäude, das ἐν τῶι ἄστει – in Rhodos Stadt – gelegen ist und zukünftig sicher als Vereinshaus genutzt werden sollte, nebst einem Garten48. Die ersten drei Einträge des Archivauszuges datieren alle auf denselben Tag, den 5. des Monats Karneios im Jahr des Priesters Archinos49. Bei dem ersten Eintrag handelt

47 Tit.Cam. 110 Z. 9–19; zu der Inschrift vgl. Gabrielsen 1997, 134–136. Die Registrierung von Privaturkunden durch ein öffentliches Archiv belegt insbesondere ein späthellenistisches Dekret aus Paros; Lambrinudakis – Wörrle 1983, bes. 346–350 zur Aufbewahrung von Urkunden in der κιβωτός. Für die generelle Bedeutung der Archivierung von Besitzurkunden bei Rechtsstreitigkeiten s. Faraguna 2000; vgl. auch Faraguna 2005. Die Beteiligung städtischer Archive bei dem Kauf von Grabstätten und die Hinterlegung der Kaufurkunden im öffentlichen Archiv ist für das kaiserzeitliche Kleinasien gut belegt, Harter-Uibopuu 2013, 294–302; für Milet s. bes. Harter-Uibopuu – Wiedergut 2014, 150–153. Die genaue Funktion der städtischen Archive könnte ihrer Meinung nach in der Anfertigung der Nachweise über den Kauf sowie der Registrierung der Dokumente bestanden haben. 48 Pugliese Carratelli, Associazioni, Nr. 18 Seite B Z. 8–13: ἐ̣ π̣ ὶ̣ Ἀρχ[ί]ν̣ ου Καρνείου πέμπται ἱσταμένου (δραχμὰς) ͵α. | Ἀφροδισιαστᾶν Ἑρμογε̣ ν̣ [εί]ων κ̣ ο̣ [ιν]ὸν Σωσιστράτωι Ἀγοράνακτος Βρυγινδαρ̣ ί̣ |[ωι] ο[ἰκί]α̣ς ἐν τῶι ἄστε̣ [ι π]ά̣σας [κ]α̣ὶ οἰκοπέδου τοῦ ποτὶ τᾶι οἰκίαι π̣αντὸς ἇι | γ̣ε̣ί̣ τ̣ο[νες] Μ̣ουσᾶν τέ[με]νος Δ̣ [αμ]α̣ίνετος Σωκράτευς Ἄμι[ος κ]αθ’ ὑοθεσίαν δὲ | [Δ]αμο̣ [κ]ρ̣ά̣[τευς Σ]ιλύριος [καὶ] Τ̣ρι̣ [– – – συ]ν̣ νομᾶς κοινὸν ὥστε κομ[ισά]μ[ε]νόν τε τὰν ὑ|πόλο[ι]πον [τιμὰ]ν̣ (δραχμὰς) μ(υρίας). Vgl. auch Kap. 5.1. 49 Ἀρχῖνος muss einige Jahre vor den beiden Priestern amtiert haben, nach denen die auf Antrag des Zēnōn gefassten Beschlüsse datiert sind, Habicht 2003, 550 spricht von »ca. 120«; dieser Datierung

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es sich um einen Zahlungsbeleg über die erste Rate von 1000 Drachmen, für die Ἑρμογένης aus Phaselis, Μηνογένης aus Galatien und Θεύδοτος aus Arabien aufgekommen sind, daneben wird allgemein das koinon der Aphrodisiastai Hermogeneioi als Geldgeber genannt50; dies ist entweder damit zu erklären, dass ein Teilbetrag aus Rücklagen des Vereins finanziert worden war oder der Vereinsname steht für die Summe von Einzelspenden, die anlässlich einer für den Grundstückskauf initiierten epidosis des Vereins zusammengekommen waren. Die Vorauszahlung wird jedoch nicht direkt an den Verkäufer des Grundstücks übergeben, sondern an den Rhodier Νικασίων, Sohn des Νικασίων, aus dem Demos der Lindopolitai, der sicherlich der Schatzmeister des Vereins war. Es handelt sich hier also um einen vereinsinternen Vorgang. Der zweite Eintrag ist der entsprechende Beleg für Nikasiōn, der dritte dokumentiert dann endlich die Übergabe der Anzahlung an den Verkäufer Σωσίστρατος, Sohn des Ἀγορᾶναξ, aus dem Demos Brygindarios. Zwar wird an dieser Stelle nur allgemein der Verein genannt, der den Betrag gezahlt habe, aber aus dem vorher genannten wird ersichtlich, dass de facto Nikasiōn die Summe übergeben hat und somit als Käufer in Erscheinung tritt. Deutlich wird dies außerdem bei der zweiten Ratenzahlung, die drei Monate später erfolgte und offensichtlich nach demselben Vorgang beglichen wurde. An dieser Stelle wird Nikasiōn explizit genannt, ebenso wird der Vereinsname mit einem καί angeschlossen, womit deutlich wird, dass Nikasiōn im Namen des Vereins agiert51. Ursprünglich war zu diesem Termin der Restbetrag fällig, woraufhin Θεαίδητος, Sohn des Φιλέας, aus dem Demos Astypalaia dafür sorgen solle, dass die Besitzurkunde an Ἀμεινίας und damit ebenfalls an einen Rhodier übergeben werde52 – Ameinias oblag offensichtlich die Verwaltung des Vereinsarchivs; Theaidētos agierte wiederum im Auftrag des Verkäufers Sōsistratos53. Da der Verein aber in Zahlungsnot gewesen zu sein scheint, einigte man sich auf diese zweite Vorauszahlung. Bereits rund drei Wochen später überreicht Nikasiōn aber dann die Restsumme von 11 000 Drachmen. Daraufhin wird die Besit-

schließt sich Badoud 2015, 166 an. 50 Pugliese Carratelli, Associazioni, Nr. 18 Seite B, Z. 1–8. 51 Seite B, Z. 16–18: ἐπ’ ἰ[ερέως Ἀρχίνου Π]εδα̣γειτνύου τρίται ἐξ ἰκάδο[ς] Νικασί[ω]ν̣ Νικασίωνος | Λινδοπολίτας [καὶ Ἀφροδισι]αστ̣ ᾶν̣ [Ἑ]ρμογενε[ί]ων κοιν̣ ὸν Σ[ω]σ̣ ισ̣ τράτωι Ἀγοράνα|κτος Βρυγιν­ δαρ̣ ίωι̣ [πρόδομα] εἰς τὰν τι̣ μ̣ὰ̣ν̣ τ̣ ᾶ̣ς̣ οἰκίας (δραχμὰς) ͵a. Vgl. dazu die Aufzeichnung von Vereinen, die sich an Spendenaufrufen der Polis beteiligt hatten; die Vereine sind dabei häufig ebenfalls nicht alleine verzeichnet, sondern es wird zunächst eine Einzelperson genannt, auf die mit einem καί der Vereinsname folgt; s. z. B. Tit.Cam.Suppl. 220 Nr. 157 b Seite B col. III Z. 8–13: Ἀριστομβροτίδας | ­[Ἀ]­ριστομβροτίδα Ἄ[ρι|ο]ς Εὔκλειτος Εὐκ̣ [λε|ῦ]ς Πλάριος καὶ Σαρα|[πι]αστᾶν τῶν ἐγ Κα|[μίρωι] κοινὸν Λ. 52 Seite B, Z. 12–15. 53 Arangio-Ruiz, in: Pugliese Carratelli, Associazioni, 163 sieht in Theaidētos einen Metöken. Die Herkunftsangabe Ἀστυπαλαιεύς bezieht sich allerdings nicht auf die Insel Astypalaia sondern auf den gleichnamigen Demenbezirk, der zu Ialysos gehört, s. Benincampi 2008, 160; Badoud 2015, 391.



6.2 Rechtliche Voraussetzungen für den Kauf eines Grabbezirks 

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zurkunde an Περδίκκας, Sohn des Σάτυρος, aus dem Demos Argeios ausgehändigt54; Perdikkas war in der Zwischenzeit Ameinias im Amt nachgefolgt. Der Kauf des Grundstücks wird mithin maßgeblich von drei Nichtbürgern des Vereins finanziert, von denen zwei Metökenstatus besaßen, wie an einer Stelle der Urkunde ausdrücklich vermerkt ist55; es ist aber sicherlich kein Zufall, dass sowohl an dem eigentlichen Kauf als auch an der Übergabe der Besitzurkunde jeweils ein Vereinsmitglied mit rhodischem Bürgerrecht beteiligt war56. Die Publikation der archivierten Urkunden machte für jedermann sichtbar, dass die Vereinsgrundstücke rechtmäßig erworben worden waren. Schließlich wirkten an dem eigentlichen Rechtsgeschäft nur Vollbürger mit, die dementsprechend auch über die enktēsis verfügten und als die eigentlichen Rechteinhaber der Immobilien anzusehen sind57. Vielleicht ging es aber nicht allein darum, zu demonstrieren, dass der Kaufvertrag als solcher rechtlich korrekt abgeschlossen worden war; möglicherweise war den Vereinsmitgliedern ebenso daran gelegen nachzuweisen, dass die Kaufsumme vollständig beglichen worden war und keine Restschuld offenstand, die Anlass für eine Konfiskation geboten hätten. Diese Gefahr scheint für die Bestattungsplätze des κοινὸν τοῦ Διονυσιαστᾶν Ἀθαναϊστᾶν Διὸς Ἀταβυριαστᾶν Εὐφρανορίων τῶν σὺν Ἀθηναίῳ Κνιδίῳ bestanden zu haben, die nur durch das rechtzeitige Eingreifen eines Wohltäters – der Name ist auf dem fragmentierten Stein nicht erhalten – abgewendet werden konnte. Die genauen Schwierigkeiten des Vereins werden allerdings nur sehr vage in der Grab- bzw. Ehreninschrift angedeutet, die man ihm und seiner Frau Aretē errichtet hatte. Darin heißt es, dass »der Verein in Hinblick auf die (Bestattungs-)Plätze bedroht war und für die Angelegenheiten 550 Drachmen aufwenden musste (ἐπηρεασθέντος δὲ τοῦ κοινοῦ περὶ τῶν τόπων καὶ ἀναλωθεισᾶν ἰσστὰ πράγματα δ(ραχμᾶν) φνʹ)«, woraufhin er dem Verein diesen Betrag zugesichert habe58. Der Grund für die Bedrohung wird vielleicht in einer Hypothek bestanden haben, die auf dem Grundstück lastete. Für Instandsetzungsarbeiten der Grabplätze stellte der Wohltäter weitere 505 Drachmen zur Verfügung, ferner 100 Drachmen für Unterkünfte und schließlich nochmals 100 Drachmen, die möglicherweise zur Rücklagenbildung gedacht waren59.

54 Seite B, Z. 20–25. 55 Seite B, Z. 19 f. Nur für Theudotos aus Arabien ist kein Rechtsstatus angegeben. 56 Darauf macht auch Faraguna 2012a, 146 aufmerksam. 57 Kränzlein 1963, 39 betont, dass für die Polisbürger weniger das eigentliche Erwerbsgeschäft, sondern die Rechtsfolge im Blick stand; dahinter habe die Vorstellung gestanden, nur Bürgern und einigen privilegierten Nichtbürgern Teilhabe am Boden der Polis gewähren zu wollen; daher sei jede Form des Grunderwerbs Nichtbürgern untersagt gewesen. 58 IG XII 1, 937 Z. 6–8. 59 Z. 9–12: ἐπανγειλαμένου εἰς ἐ|πισκευὰν τοῦ τόπου δ(ραχμὰς) φεʹ καὶ ἄλλες ἐπανγιλαμένου ἰς τὰ | οἰκητήρια δ(ραχμὰς) ρʹ καὶ ἄλλας ἐπανγιλαμένου εἰς ἐνθήματα ὀγδό|σιος τοῦ τόπου δ(ραχμὰς) ρʹ. Welcher Verwendungszweck genau mit εἰς ἐνθήματα ὀγδόσιος τοῦ τόπου bezeichnet ist, lässt sich nicht sicher bestimmen; s. dazu Newton in BMus.Inscr. 135 f. Nr. 358.

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 6 Die Nekropolen

Zu erwähnen ist ferner der Kauf eines Bestattungsplatzes durch einen weiteren Verein. Die ἐρανισταὶ Σαμοθραικιασταὶ Ἀριστοβουλιασταὶ Ἑρμαϊσταὶ Παναθηναϊσταὶ τῶν σὺν Κτησιφῶντι hatten die Vereinsmitglieder zu Spenden εἰς τόπον ποτ’ ὠνάν aufgerufen60. Dabei waren 950–1000 Drachmen zusammengekommen. Da mehrere Rhodier Mitglieder des Vereins waren, standen dem Kauf keine rechtlichen Hindernisse im Weg; für den Kauf wird ein ähnliches Verfahren wie bei den Aphrodisiastai Hermogeneioi anzunehmen sein. Grundsätzlich konnte ein Verein auch durch eine Schenkung zu Grundbesitz gelangen. In Kamiros hatte ein Verein auf diesem Weg sowohl einen Bestattungsplatz als auch einen Temenosbezirk erhalten, die jeweils mit Grenzsteinen markiert waren. Für den Grabbezirk wird eine Größe von 25 × 16 Klaftern angegeben; dies entspricht einer Fläche von 1530 m2, sofern man das dorische Fußmaß zugrunde legt61. Indem explizit auf die durch horoi markierten Grenzlinien verwiesen wird, erhielt auch diese Inschrift gewissermaßen den Charakter einer Besitzurkunde. Dass es sich hier nicht um eine Art unentgeltliche Leihgabe handelt, sondern eine Übertragung der Eigentumsrechte stattgefunden hat, verdeutlicht die Bezeichnung der Grundstücke als δωρεαί zweifelsfrei. Als die eigentlichen Empfänger der Schenkung sind aber auch hier Bürger vorauszusetzen. Es ist bereits öfters diskutiert worden, wer in solchen Fällen nun als Eigentümer der Vereinsgrundstücke zu betrachten ist und ob der Verein als eine von seinen Mitgliedern unabhängige Rechtsperson handlungs- und vermögensfähig war. Dass Korporationen im modernen Sinn als juristische Personen begriffen werden können, hat zuletzt Arnaoutoglou am Beispiel des Vereinswesen des hellenistischen Athens zu Recht bezweifelt62. Auch für Rhodos ist von einer derartigen Trennung nicht auszugehen. Betrachtet man in Hinblick auf diese Frage nochmals die Dekrete und Kaufurkunden der Aphrodisiastai Hermogeneioi, so fällt ein permanentes Changieren zwischen Individuumund Kollektivbezeichnungen auf: Von den Besitzurkunden heißt es einerseits explizit, dass sie dem koinon gehören (οἱ ἀμφουριασμοὶ τῶν ἐγγαίων τῶν ὑπαρχόντων τῷ κοινῷ); entsprechend ist die Rede von den τοῦ κοινοῦ τάφοι bzw. den κοινοὶ τόποι. Andererseits aber soll die Publikation eben »allen Vereinsmitgliedern« (πᾶσι τοῖς ἐρανισταῖς) nützen, damit »für keinen von ihnen« (μηθὲν [...] περὶ αὐτούς) ein Unrecht entstehe. In dem zweiten Beschluss heißt es dann wiederum, die beschlossenen Maßnahmen seien ποτὶ σωτηρίαν καὶ ἀσφάλειαν τοῦ κοινοῦ bestimmt; das koinon steht hier zweifelsfrei für die Summe der zuvor erwähnten Vereinsmitglieder und ist nicht als abstrakte Institution neben den Vereinsmitgliedern zu verstehen. Deutlich geht

60 Kontorini, AER, Nr. 10. 61 IG XII 1, 736; vgl. Kap. 7.3.1. Für das Fußmaß s. Hoepfner – Schwandner 1994, 58. 62 Arnaoutoglou 2003, 119–144.



6.2 Rechtliche Voraussetzungen für den Kauf eines Grabbezirks 

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dieser Sachverhalt zudem aus den Dokumenten über den Grundstückskauf hervor; dort agiert eindeutig nicht das koinon als eigenständige Person, sondern – wie dargelegt – der Rhodier Nikasiōn63. So heißt es in den beiden Zahlungsbelegen, die offensichtlich der Verkäufer ausgestellt hatte, dass die Übergabe der Anzahlungen bzw. der restlichen Kaufsumme von Νικασίων Νικασίωνος Λινδοπολίτας καὶ Ἀφροδισιαστᾶν Ἑρμογενείων κοινόν vorgenommen worden sei64. Auch die vielzitierten Beispiele aus Athen erbringen keinen Nachweis für ein Kollektiveigentum: In Athen hatten Händler aus Kition der Volksversammlung im Jahr 333/2 v. Chr. einen Antrag vorgelegt, ein Grundstück für einen Tempel erwerben zu dürfen; dem Antrag wird mit der Verleihung der enktēsis an die Händler stattgegeben. Es scheint jedoch, dass zu diesem Zeitpunkt die Händler noch keinen Verein gegründet haben. So wird durch den Beschluss der Athener nicht das Kollektiv zur juristischen Person, sondern der Vorgang beschreibt eine individuelle Verleihung der enktēsis, die ein einmaliges zweckgebundenes Recht auf Grunderwerb beinhaltet65. Für das Eigentumsverhältnis zwischen Individuum und Kollektiv ist ferner eine Vereinsinschrift aus Lamos in Kilikien aufschlussreich. Dort hatte sich eine Gruppe von Selgern zu einem Verein zusammengefunden, die ihren Grabbezirk ebenfalls als ihren gemeinsamen Besitz betrachteten (κοινὸν ἡμῶν τὸ μνῆμα)66. Neben einem Verbot, Nichtvereinsmitglieder dort zu bestatten, waren Regelungen festgesetzt worden, für den Fall, dass ein Vereinsmitglied den Verein verlassen und seinen Teil des Kollektivbesitzes (κοινωνεία) veräußern wollte. Jedes Vereinsmitglied galt somit als Eigentümer eines bestimmten Teils des Grundstücks, über den er die Verfügungsgewalt besaß. Das Veräußerungsrecht war – durch den Verein selbst – aber insoweit eingeschränkt, als das Grundstück ausschließlich an ein anderes Vereinsmitglied verkauft werden konnte. Fand sich aus diesem Kreis kein Käufer, so wurde das Vereinsmitglied mit einer Entschädigung aus der Vereinskasse (ἐκ τοῦ κο〈ι〉νοῦ) ausgestattet.

63 Gegen die Existenz eines Kollektiveigentums argumentiert auch Maillot 2005, 140–143; die von ihr zitierte Stelle aus der Kaufurkunde der Aphrodisiastai Hermogeneioi ist für diesen Nachweis jedoch nur bedingt geeignet. Vgl. ferner Ustinova 2005, 179–181. 64 Pugliese Carratelli, Associazioni, Nr. 18 Seite B Z. 16 f.; 20 f. Bei der ersten Ratenzahlung wird zwar das koinon alleine genannt (Z. 8–10), doch scheint die Stelle noch zu dem vereinsinternen Beleg zu gehören, in dem die Übergabe der Summe an Nikasiōn dokumentiert ist. 65 IG II2 337. Vgl. auch Baslez 1998, 433 f. Die Entscheidung orientierte sich an einem Präzedenzfall; so heißt es in der Beschlussformel, das Recht der enktēsis solle in der Weise verliehen werden, wie es bereits den Ägyptern für die Gründung des Isisheiligtums zugestanden worden sei (Z. 42–45: καθ|άπερ καὶ οἱ Αἰγύπτιοι τὸ | τῆς Ἴσιδος ἱερὸν ἵδρυντ|αι). In gleicher Weise erhielten die in Athen lebenden Thraker das Recht des Grunderwerbs für die Errichtung eines Bendis-Heiligtums; IG II2 1283 (Mitte 3. Jh. v. Chr.). Auch die zahlreichen horoi aus Kos weisen dortige Grabbezirke als Eigentum der Korporationen aus. Daraus ist jedoch ebenfalls nicht abzuleiten, dass einer Korporation unabhängig von ihren Mitgliedern die enktēsis verliehen werden konnte und damit ein Verein im juristischen Sinn geschäftsfähig war. 66 I. Selge T 40. Zu der Inschrift s. auch Harland 2005, 497 f.

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 6 Die Nekropolen

Auf welcher eigentumsrechtlichen Grundlage der Verkauf überhaupt vonstatten ging, ist dem Text nicht zu entnehmen; prinzipiell aber muss jeder Selger über die enktēsis verfügt haben. Jedenfalls wird auch hieran deutlich, dass die Eigentumsrechte nicht bei dem Verein, sondern bei jedem einzelnen Mitglied lagen. Letztlich gibt es keinen Beleg für ein abstraktes Eigentumsrecht der Vereine. Zwar gab es die Vorstellung eines gemeinsamen Besitzes, der – wie das Beispiel aus Lamos zeigt – auch durch die Vereinssatzung geregelt war, doch wird man nicht davon ausgehen können, dass ein Verein als Körperschaft der Polis gegenübertreten konnte. Wollten Nichtbürger, die in einem Verein organisiert waren, Grundstücke erwerben, so waren sie auf Personen angewiesen, die über ein entsprechendes Privileg verfügten.

6.3 Der Tod in der Fremde 6.3.1 Verbindungen zur Heimatpolis Das Inschriftenformular der Grabinschriften kommt in der Regel sehr schlicht daher: In den meisten Fällen ist nur der bloße Name des Verstorbenen im Nominativ oder Genitiv auf dem Grabmal verzeichnet, der allenfalls um den Namen des Ehepartners und – schon wieder seltener – die der Kinder ergänzt wird. Wie lange die Verstorbenen bereits in Rhodos gelebt haben, ob sie noch Verwandte in ihrer Heimatpolis besaßen bzw. ob sie überhaupt noch etwas mit ihrer Herkunftspolis verbanden, erfährt man nicht. Schwierig ist in diesem Zusammenhang auch die Frage zu beurteilen, welche Bedeutung dem Ethnikon beizumessen ist, das die Nichtbürger regelmäßig ihrem Namen beifügen. Eine wertvolle Textgattung stellen daher die Grabepigramme der Nichtbürger dar, in denen teilweise deutlich der Tod in der Fremde thematisiert wird. So berichtet ein Bürger aus Paphos, er werde die Gebeine seines verstorbenen Bruders an den in der Heimat zurückgebliebenen Vater senden67: 5

Ἀνδρόμαχος με〈τ〉ὰ πένθος Ἀριστάνακτος ἀδελφοῦ | [κ]άλπιν ἐπ’ ἄστυ Πάφου πάτριον ἵξει ἄγων. | πρέσβυ, σὺ δ’ οὐχὶ τροφεῖα, τὰ δ’ ὀστέα παιδὸς ἐπόψει, | Μεννέα, ἐν ξείνηι γῆι Ῥοδίων φθιμένου.

67 IG XII 1, 140 (ausgehendes 3. Jh. v. Chr.). In Kos rühmte sich Ἀσκληπιάδης dafür, seinen leiblichen Vater, der in der Fremde (ἐπὶ τῆς ξέ|νης) gestorben war, mit der Hilfe seines Stiefvaters und epitropos in die Heimat (ἐν τοῖ[ς] ἰδίοις) zurückgebracht zu haben; Paton – Hicks, Cos 352.



6.3 Der Tod in der Fremde 

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Nach der Trauerzeit wird Andromachos das Grabgefäß seines Bruders Aristanax in die Heimatstadt Paphos bringen. Du aber, alter Mann, wirst nicht den Lohn des Ernährers sehen, sondern nur die Gebeine deines Sohnes, Menneas, da er auf der fremden Erde der Rhodier gestorben ist.

Fremde, die noch Familienangehörige in ihrer Herkunftspolis besaßen, konnten mithin darauf hoffen, dass sie nach ihrem Tod in die Heimat überführt wurden. Dass die ›Fremde‹ dabei bereits unmittelbar jenseits der eigenen Polisgrenzen begann, verdeutlicht das Epigramm eines Bürgers aus dem benachbarten Knidos. Er hatte sich offensichtlich als Künstler in Rhodos niedergelassen und macht ebenso nachdrücklich auf den Umstand aufmerksam, dass er nicht in seiner Heimatpolis bestattet wurde68: τέχνας μὲν παράσαμον ἔχει τάφος· εἰμὶ δὲ Χρύσω[ν]· πατρὶς δ’ ἐστὶ Κνίδος· γᾶ δέ μ’ ἔχει Ῥοδία. Ein Zeichen der Kunst trägt dieses Grabmal. Ich bin Chryson. Mein Vaterland ist Knidos; mich aber birgt die rhodische Erde.

Einen deutlichen Verweis auf ihre Herkunft enthält schließlich das Epigramm der Καλλιπολεία aus Selge69. Ihr Lebensende habe sie auf Telos verbracht, wo sie den Bewohnern freundschaftlich verbunden gewesen sei (προσφιλὲς ἐνναέταις); und doch konnte sie ihre Fremdheit nie vollends überwinden. So wird ein jeder, der an dem Grabmal vorbeizieht, aufgefordert, er möge an ihre Heimat Selge denken. Während sie beim Opfer sitze, zeige sie jedem die Sitten ihrer Heimat (ἔθη πάτρια)70. Hier trifft man ganz den Typus des Fremden wie ihn Simmel beschrieben hat, dessen Beziehung zu seiner Umwelt durch Nähe und Distanz zugleich geprägt ist. Die Verbundenheit mit der Herkunftspolis dürfte gerade durch solche Opferriten innerhalb der jeweiligen Familien aufrechterhalten worden sein71. Auch Nichtbürger,

68 App. I 11 (= IG XII 1, 150). Vgl. auch das Votiv I. Lindos 177 des Bildhauers Lysias. Auf der pfeilerartigen Basis ist ein Epigramm angebracht, in dem Lysias ebenfalls demonstrativ auf seine Herkunft aus Chios verweist. 69 IG XII 3, 48 (= I. Selge T 71). 70 Vgl. auch das Grabepigramm I. Pérée 184 (= I. Peraia 15) aus Loryma: Während der Rhodier Agoranax in Phönizien gestorben ist und dort wohl auch begraben liegt, besorgen seine Brüder in der Heimat für ihn den Grabkult nach den πατρίοισι ν[όμοισιν]. Für die wahrscheinliche Identifizierung von Φοινίκη mit Phönizien statt mit dem Ort Phoinix in der Peraia s. a. O. den Kommentar von Bresson. In dem Epigramm der Sappho aus Mylasa wird die Herkunft aus einer fremden Polis dagegen nicht besonders thematisiert: ἐνθάδε τὴν ὁσίαν | καὶ εὐδαίμονα γαῖ|α καλύπτει Σαπφὼ | Σωνίκου Μυλασίδο〈ς〉 | τε πάτρας. »Hier birgt die Erde die fromme und glückliche Sappho, Tochter des Sōnikos, deren Heimat Mylassa war« (Kontorini, AER, Nr. 51; 3. Jh. v. Chr.). Das Ende des Epigramms ist nicht mit »Patra aus Mylassa« zu übersetzen wie Pleket – Stroud in SEG 39.840 annehmen; sie vermuten Sappho sei aus einer gemischten Ehe zwischen dem Rhodier Sōnikos und der Mylasierin Patra hervorgegangen. 71 s. dazu auch Stroszeck 2002, 173.

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 6 Die Nekropolen

die in Rhodos zur Welt gekommen waren und die Polis ihrer Eltern nicht aus eigener Anschauung kannten, wurden durch die Teilnahme an Totenfeiern für verstorbene Verwandte in diese Erinnerungsgemeinschaft aufgenommen. Insofern besaß das Ethnikon, das über Generationen an die jeweiligen Nachkommen weitergegeben wurde, für viele Nichtbürger sicherlich auch einen inhaltlichen Bezug. Verallgemeinern kann man diese Beobachtung aber nicht. Insbesondere ist hinsichtlich einer identifikatorischen Bedeutung des Ethnikon Vorsicht geboten. Schließlich deuten alle Anzeichen darauf hin, dass sich in Rhodos jenseits der eigenen Familie keine Gruppen von Nichtbürgern gleicher Herkunft formierten72. Die große Zahl von Heiraten zwischen Nichtbürgern aus unterschiedlichen Poleis gibt vielmehr Anlass zu der Vermutung, dass Herkunft vielfach keine wesentliche emotionale oder gar soziale Relevanz besaß73. Außerhalb der wenigen Momentaufnahmen, in denen individuelle Emotionen hervortreten, ist man für eine Annäherung an die skizzierten Fragen weitgehend auf onomastische Untersuchungen angewiesen, die zumindest einige vorsichtige Aussagen über die Hintergründe der Familien von Nichtbürgern, insbesondere in Bezug auf die Dauer ihres Aufenthalts in Rhodos, erlauben. Augenfällig ist zunächst das Vorkommen von Nichtbürger-Namen mit der Silbe Ῥοδ-. Die Namensgebung nach der ›Rose‹ (τὸ ῥόδον) eignete sich natürlich besonders für Frauen; zu nennen sind hier die Namen Ῥόδα, Ῥοδίας, Ῥοδίνα, Ῥοδώ sowie Ἑρμορόδη74. Bei den männlichen Namen finden sich die Formen Ῥοδοκλῆς und Ῥοδίππος75. Personen mit diesen ›rhodophilen‹ Namen werden bereits auf Rhodos geboren worden sein und von ihren Eltern diesen Namen erhalten haben76. Allerdings

72 Für die wenigen ›ethnischen‹ Vereine s. Kap. 4.2.5. Es gibt indessen Grabinschriften von männlichen Nichtbürgern, für die ein gemeinsames Ethnikon angegeben ist; s. IG XII 1, 473 (Σωτηρίδα | καὶ | Νικασίωνος Τελμεσσέων) oder IG XII 1, 448 ([–]․Λ̣․ος καὶ Χάρμωνος | Ὀροανδέων). Auch in einer Liste von Nichtbürgern, vielleicht Mitglieder eines Vereins, die gemeinsam einen Wohltäter ehren, sind Personen gleicher Herkunft unter einem Ethnikon zusammengefasst; App. I 6 (= Suppl.Epigr.Rh. 63). Ob in diesen Fällen ein verwandtschaftliches Verhältnis bestand, ist nicht zu klären. Vgl. ferner das gemeinsame Grabmal von Nichtbürgern in Iasos; in der Grabinschrift sind dort die Fremden jeweils nach ihrer Herkunft gruppiert und jeweils mit einer gemeinsamen Herkunftsbezeichnung versehen; I. Iasos 408. Zumindest einer der Verstorbenen lässt sich mit einem Metöken einer anderen Inschrift aus Iasos identifizieren; bereits J. und L. Robert sahen hierin einen Verein ansässiger Fremder, s. Delrieux 2013, 158 f. mit den entsprechenden Literaturverweisen. 73 s. App. III Tab. 5. 74 Ῥόδα: Maiuri, Nuova Silloge 149 (aus Antiochia); Maiuri, Nuova Silloge 159 (aus Antiochia); Papachristodoulou 2001, 175 = SEG 51 1015 (aus Tabai); I. Peraia 26 = I. Pérée 203 (ohne Ethnikon, wahrscheinlich Sklavin). Ῥοδίας: I. Lindos 120 (aus Arados). Ῥοδίνα: ADelt B 33, 1978, 404 = SEG 35.893 (aus Sinope); Papachristodoulou 2001, 176 = SEG 51.1015 (aus Ephesos); Maiuri, Nuova Silloge 268 (ohne Ethnikon, wahrscheinlich Sklavin). Ῥοδώ: I. Lindos 627 (aus Knossos). Ἑρμορόδη: IG XII 1, 157 Z. 15 f. und App. I 5 = Jacopi, ClRh 2, 1932, 177 Nr. 6 col. II Z. 29 und 34 (aus Selge). 75 Ῥοδοκλῆς: Tit.Cam. 164 (aus Samaria). Ῥοδίππος: ADelt B 22, 2, 1967, 538 Nr. 6 (aus Phaselis). 76 s. etwa auch den Kommentar von J. und L. Robert, BE 82, 1969, 477 f. Nr. 369 zu Ῥοδοκλῆς Μενίππου aus Samaria (Tit.Cam. 164).



6.3 Der Tod in der Fremde 

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haben diese Namensformen nur eine geringe Verbreitung. Insofern kann man nicht von einer Eigenheit der in Rhodos ansässigen Nichtbürger sprechen. Im Gegensatz zu der Namensneuschöpfung Ἑρμορόδη waren die männlichen Namen Ῥοδοκλῆς und Ῥοδίππος, die jeweils einmal für Nichtbürger belegt sind77, grundsätzlich unter rhodischen Bürgern verbreitet. Bei der Namenswahl stand hier somit weniger das Bestreben im Vordergrund, einen demonstrativen Bezug zu der neuen Heimat herzustellen; vielmehr zeigt dies, dass einige Nichtbürger bewusst für ihre Nachkommen eindeutig rhodische Namen wählten, um sich äußerlich dem Bürgerverband anzunähern. Während diese beiden Namen aber auch außerhalb von Rhodos vorkommen, gibt es einige Beispiele für Namen, die eindeutig auf die rhodische Onomastik begrenzt sind: Die Basis eines im Bereich der Westnekropole gefundenen Rundaltars trägt den Namen des Milesiers Ἀγαθόνικος Ἀγαθοστράτου, dem die epidamia verliehen worden war78. Anhand der Schrift ist eine grobe Einordnung des Grabmals in das 2. Jh. v. Chr. möglich. Das Patronym Ἀγαθόστρατος ist mehrfach in der rhodischen Onomastik bezeugt, hingegen kommt der Name weder in Milet selbst noch in der Umgebung vor79. Der Name Ἀγαθόνικος ist ebenso nicht in Milet anzutreffen; überhaupt finden sich fast ausschließlich kaiserzeitliche Beispiele für diesen Namen. Hingegen ist der Name in Rhodos ein weiteres Mal – in diesem Fall als Patronym – bezeichnenderweise für einen Milesier belegt80. Da es keinen Rhodier namens Ἀγαθόνικος gibt, wird es sich auch bei der gleichnamigen Person auf einem Fabrikantenstempel um einen Nichtbürger handeln. Zwar datiert der Fabrikantenstempel ebenfalls wie die Grabinschrift von Ἀγαθόνικος Ἀγαθοστράτου in das 2. Jh. v. Chr., doch wäre eine Gleichsetzung mit dem Milesier bloße Spekulation. Unabhängig davon wird man aber aus dem onomastischen Befund ableiten dürfen, dass Ἀγαθόνικος Nachkomme einer milesischen Familie war, die bereits seit mindestens zwei Generationen auf Rhodos lebte und offenbar enge Kontakte zu rhodischen Bürgern unterhielt. Auch der Bildhauer Ὀνασιφῶν Κλειωναίου verrät nur durch das Ethnikon Σαλαμίνιος seine zypriotische Herkunft81: Die Verbreitung des Namens Ὀνασιφῶν konzentriert sich auf die Inseln Rhodos und Nisyros; jeweils singulär belegt ist der Name ferner auf den benachbarten Inseln Kos und Astypalaia. Ähnlich eindeutig verweist das Patronym Κλεωναῖος nach Rhodos. Bisweilen fällt ein erkennbarer Bezug zu Namen auf, die besonders in Familien der rhodischen Oberschicht verbreitet waren. So trägt ein in Rhodos als Metöke ansässiger Nichtbürger aus Antiochia den fast ausschließlich innerhalb der rhodischen

77 s. Anm. 75. Der in IG XII 1, 946 genannte Ῥοδίππος dürfte eine Sklave gewesen sein. 78 IG XII 1, 323. 79 Der einzige kleinasiatische Beleg kommt aus Myrina an der Propontis; IG XII 8, 162 Z. 1. Dimitrova 2008, 35–37 Nr. 9 schließt indessen nicht aus, dass an dieser Stelle das lemnische Myrina gemeint sei. 80 Papachristodoulou 2001, 176 (= SEG 51.1015) erwähnt nur den Namen Μένανδρος Ἀγαθονίκου. Μένανδρος ist allgemein ein weit verbreiteter Name. 81 IG XII 1, 63.

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 6 Die Nekropolen

Oberschicht verbreiteten Namen Ἐχέβουλος. Ganz offensichtlich hegte er ebenfalls gewisse Ambitionen, da er sich zumindest an einer epidosis mit 50 Drachmen beteiligte. Hinzu kommt, dass sein prostatēs in der Liste der presbyteroi erscheint, die sich alle der Oberschicht zurechnen lassen82. Für Τιμοκλείδας aus Herakleia ist zwar kein öffentliches Engagement nachgewiesen; auffallend ist aber auch bei ihm, dass sich Namensvetter fast ausschließlich in Rhodos finden, und zwar überwiegend innerhalb der Führungsschicht83. Es waren keineswegs nur Fremde ohne Kontakte zu ihrer Heimatpolis, die charakteristisch rhodische Namen für ihre Nachkommen bevorzugten. Den Nachweis dafür liefert der bereits erwähnte Ἀριστᾶναξ aus Paphos, dessen Vater auf Zypern lebte. So ist der Name Ἀριστᾶναξ innerhalb des rhodischen Polisterritoriums häufig anzutreffen, sowohl auf der Insel Rhodos selbst als auch auf Karpathos und in der Peraia. Außerhalb von Rhodos ist der Name hingegen nur äußerst selten zu finden84. Vielleicht, so ließe sich aus diesen Beobachtungen folgern, hatte sich schon der Vater regelmäßig in Rhodos aufgehalten und war dann im Alter in seine Heimatpolis zurückgekehrt. Die Wahl dezidiert rhodischer Namen war aber kein besonders verbreitetes Phänomen unter den in Rhodos dauerhaft ansässigen Nichtbürgern. Bei einer Durchsicht der Namen von Metöken sowie von Nachkommen von Nichtbürgern fällt auf, dass insgesamt Namen überwiegen, die nicht in der rhodischen Onomastik vorkommen oder aber gleichermaßen für Bürger und Nichtbürger belegt sind. Ähnlich fällt der Befund für Nichtbürger mit einem privilegierten Rechtsstatus sowie für die Neubürger aus. Trotz seines ›nicht-rhodischen‹ Namens war etwa Εὔβιος aus dem am Schwarzen Meer gelegenen Amastris mit der epidamia ausgezeichnet worden85. Dasselbe gilt für

82 Pugliese Carratelli, Associazioni, Nr. 21 Seite A col. III Z. 1; s. außerdem in derselben Liste Seite B col. III Z. 9 f.: Ἐχέ[β]ο̣ υλος Α[– – –] | μέτοικ̣[ος οὗ προστατεῖ] | Θευγένης Δάμ[ωνος – – –]; mit der Ergänzung des Namen des prostatēs durch Badoud 2015, 109. Rhodischen Namen mit den Namenselementen -βουλ-, ἀστυ- und -δαμο- führt Kontorini 2014, 343 besonders auf Mitglieder der Oberschicht zurück; s. auch etwa Νικασικράτης aus Paros, dessen Vater Metökenstatus besaß und für ihn sowie seine Mutter eine (Vereins-?)Spende getätigt hatte; Pugliese Carratelli, Associazioni, Nr. 21 Seite B col I Z. 1–3. Der Name Νικασικράτης ist fast ausschließlich in der rhodischen Onomastik belegt. 83 IG XII 1, 427; leider ist der Name des Vaters in Z. 3 nicht erhalten. Bei Θευφίλα Τιμοκλείδα Ἡρακλεῶτις könnte es sich um die Tochter handeln; IG XII 1, 321. Auch Ἁγησικράτης Ἀντιμάχου aus Amaseia hat seinen Namen nicht aus seiner pontischen Heimat mit nach Rhodos gebracht; IG XII 1, 1450. 84 Das LGPN verzeichnet zwar einen Eintrag für das zypriotische Salamis, doch beruht dieser auf einer unsicheren Ergänzung: Der Verweis bezieht sich auf die Schülerliste des Philosophen Karneades, deren Namen auf dem herculanenser Papyrus P. Herc.1021 col. 23 verzeichnet sind; die Ergänzung in Z. 12 zu Ἀρ[ισ]τᾶναξ [Σαλ]αμ[ίνι]ος birgt Zweifel. 85 App. I 5 (= IG XII 1, 11) Z. 12 f.



6.3 Der Tod in der Fremde 

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Σίμαλος aus Mylasa86. Ein Zusammenhang zwischen dem Namen eines Nichtbürgers und dessen rechtlich-sozialem Status ist nicht erkennbar. Selbst die Beherrschung des dorischen Dialekts war – zumindest nach Ausweis der Grab- und Vereinsinschriften – keine zwingende Voraussetzung für einen gesellschaftlichen Aufstieg87. In Koine-Schreibweise fügt etwa Κάλλων Ἀρτεμιδώρου aus Phaselis sein Ethnikon sowie den Verweis auf seinen privilegierten Rechtsstatus seinem Namen bei: Φασηλίτης ὧι ἡ ἐπιδημία ἐδόθη88. Dies ist umso bemerkenswerter, als Phaselis schließlich eine rhodische Kolonie war, auch wenn dort in hellenistischer Zeit die Koine verbreitet war89. Auch der aus Apameia stammende Bildhauer Πλούταρχος Ἡλιοδώρου sah sich nach seiner Einbürgerung nicht veranlasst, seinen Vatersnamen dem dorischen Dialekt anzugleichen. Prosopographisch lassen sich für keine Fremden Verbindungen zu ihrer Heimatpolis herstellen90. Dieser Befund war jedoch zu erwarten. Schließlich sind es hauptsächlich Bürger der Führungsschicht einer Polis, deren Namen sich im Inschriftenmaterial niedergeschlagen haben. Gerade diese besaßen aber seltener einen Anlass, dauerhaft ihren Wohnort zu verlegen91. Personen außerhalb der Poliseliten sind demgegenüber deutlich unterrepräsentiert und oftmals nur über Grabinschriften belegt.

6.3.2

Grabrepräsentation der Nichtbürger

So eindeutig wie Nichtbürger auf den Grabinschriften durch das Ethnikon als Fremde zu erkennen sind, so wenig vermag man dagegen in der Grabarchitektur ›das Fremde‹

86 Pugliese Carratelli, Associazioni, Nr. 21 Seite B col. II Z. 21 f. 87 Zur Verbreitung der Koine in Vereinsinschriften s. Kap. 5.2.1. 88 IG XII 1, 317. Vgl. auch die Grabinschrift einer Frau aus Kaunos: Δημητρία | Καυνία| μήτηρ δὲ Πίγρευς; Suppl.Epigr.Rh. 76 a. 89 Allerdings bleibt zu berücksichtigen, dass sich nicht klären lässt, wer der Verfasser der Grabinschrift war. 90 Überprüft wurden nur Nichtbürger, für die auch ein Patronym überliefert ist. Eine Verbindung zur Heimatpolis lässt sich einzig für Νικάτιον Δαμοστράτου aus Kos, die in Nisyros bestattet wurde, wahrscheinlich machen (ADelt B 25, 1970, 518 Nr. 2). Die Grabinschrift datiert allerdings in die 2. Hälfte des 3. Jhs. v. Chr. und somit in vorrhodische Zeit. In Kos beteiligte sich gegen Ende des 3. Jhs. eine gleichnamige Frau an einer Spende für das Aphrodite-Heiligtum. Allerdings ist sie unter der Gruppe der Met­ökinnen verzeichnet (IG XII 4, 1, 301 Z. 75 f.). Sollte keine zufällige Namensgleichheit vorliegen, so ist anzunehmen, dass Nikation zu einem späteren Zeitpunkt das koische Bürgerrecht erhalten hat und schließlich nach Nisyros übersiedelte. In der Grabinschrift aus Nisyros wird außerdem ihr Mann Κάλλιππος Ἀριστοκρίτου erwähnt, der ebenfalls aus Kos stammt. Zwar gibt es einen koischen Arzt mit diesem Namen, der von der kretischen Polis Aptera geehrt worden ist, doch datiert die Ehreninschrift erst in die 2. Hälfte des 2. Jhs. (IG XII 4, 1, 171). 91 Vgl. das Ergebnis der onomastischen Untersuchung der in Athen ansässigen Milesierinnen durch Günther 2012. Sie beobachtet ebenfalls keine wesentliche Bindung zur Heimatpolis Milet; ebenso seien sie nicht der milesischen Oberschicht zuzuordnen.

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 6 Die Nekropolen

auszumachen. Allerdings hat Johanna Fabricius herausgestellt, dass sich die Grabrepräsentation der Nichtbürger zwar insgesamt in die ohnehin sehr heterogene rhodische Sepulkralkunst einfüge, trotzdem aber gewisse Präferenzen hervorträten. So sei unabhängig von dem Grabtypus eine grundsätzliche Vorliebe für bildliche Darstellungen zu beobachten, die mit einem gesteigerten Repräsentationsbedürfnis in Verbindung zu bringen sei; unter den Grabmonumenten selbst seien auffallend oft Rechteckaltäre Nichtbürgern zuzuweisen. Ein Großteil dieser Altäre weist auf der Oberseite eine oder zwei Bossen auf, die zur Befestigung eines Ehrenkranzes dienten und in die Kommemorationsriten der Vereine eingebunden gewesen sein werden92. Ein besonders augenfälliger Befund besteht ferner darin, dass sich Darstellungen von Ehrenkränzen ausschließlich auf Grabmälern von Nichtbürgern finden93. Bei zwei Grabmonumenten aus Chalke korrespondiert dieses Bildelement sogar unmittelbar mit dem Inschriftentext, indem anstelle des Wortes στέφανος eine Kranzdarstellung als Piktogramm verwendet wurde94. Grabmäler mit Kranzdarstellungen, bei denen der Name des Verstorbenen nicht mehr lesbar ist, dürfen daher als diejenigen von Nichtbürgern gewertet werden95. Für die rhodischen Grab- und Ehreninschriften, die von Bürgern errichtet wurden, ist insbesondere die Nennung detaillierter Verwandtschaftsverhältnisse charakteristisch. Die Monumente werden dadurch zu wirklichen Familiendenkmälern. So treten nicht nur die Eltern, Brüder oder Kinder als Stifter in Erscheinung, sondern ebenso Mitglieder der erweiterten Verwandtschaft96. In verschiedenen Inschriften des 1. Jhs. v. Chr. wird die Zuneigung (φιλοστοργία) gegenüber dem Geehrten bzw. Verstorbenen auch explizit genannt. Diese demonstrative Form der Darstellung familiärer Verbindungen wurde von Fremden, die sich in Rhodos bestatten ließen, nicht übernommen. Verweise auf weitere Familienmitglieder beschränken sich hier auf die Kernfamilie97.

92 Fabricius 1999, 181 und 215 f. 93 Fabricius 1999, 216. Es ist vielleicht kein Zufall, dass die einzige Ausnahme das Grabmal eines rhodischen Ehepaares darstellt, die beide nicht aus einem Demos der Insel Rhodos stammen, sondern von der Insel Chalke sowie aus der Peraia; in der Grabinschrift selbst wird die Kranzverleihung nicht erwähnt: Λυσάνδρου Λυσάν̣ δρου | Χαλκήτα καὶ τᾶς γυναικὸς | Κλεαινίδος Καλλικρατίδα | Κρυασσίδος; IG XII 1, 217. 94 IG XII 1, 962 und 963. 95 Dies betrifft IG XII 1, 164 (da hier die Herkunft der Frau aus Syrien sicher zu bestimmen ist, besteht unabhängig von der Kranzdarstellung kein Zweifel daran, dass der Mann ebenfalls ein Nichtbürger ist); IG XII 1, 938. 939; IG XII 1, 963; Pugliese Carratelli, Associazioni, Nr. 11 Seite A. Einige Grabmäler weisen auch Kranzdarstellungen auf, ohne dass in der zugehörigen Inschrift eine Kranzverleihung erwähnt wird; s. IG XII 1, 441 sowie IG XII 1, 164 mit fünf Kranzdarstellungen. 96 Vgl. Kap. 3.1.2. 97 Eine gewisse Ausnahme stellt jedoch die jüngste Publikation einer Grabinschrift dar, in der zumindest auch weitere direkte Verwandte genannt werden; s. unten Anm. 146.

6.4 Vereinsgrabbezirke 

 171

6.4 Vereinsgrabbezirke 6.4.1 Die Nekropole als Interaktionsraum der Vereine Über das rein praktische Problem des Besitzerwerbs eines Bestattungsplatzes hinaus geht man sicherlich nicht zu weit die vereinseigenen Grabbezirke als Mittelpunkt des Vereinslebens zu betrachten; vieles deutet darauf hin, dass die Grabbezirke der Vereine ein wichtiger – bisweilen sicherlich auch der einzige – Versammlungsort waren. Dabei unterlag die architektonische Gestaltung der Vereinsnekropole ebenso wie die Aufstellung von Statuen und Stelen ganz den Vorstellungen und Wünschen der Vereinsmitglieder. Einschränkungen von Seiten der Polis wird es nicht gegeben haben. Einige Vereinsinschriften nehmen unmittelbar Bezug auf die Architektur der Grabanlagen. Anfang des 2. Jhs. v. Chr. hatte ein Verein zu Spenden aufgerufen, um die Ummauerung und Türen des Grabplatzes finanzieren zu können98; dafür hatte man eigens ein Kollegium von drei Personen eingerichtet, das aus den Reihen der Vereinsmitglieder gewählt wurde. Die Spenderliste ist nur teilweise erhalten; die Beiträge der ersten vier Spender waren wohl für die Ummauerung bestimmt, da die darauffolgenden Namen mit καὶ (ἐπὶ) θύρας eingeleitet werden99. Aus der Errichtung von Türen lässt sich ableiten, dass der Platz vollständig abgeschlossen und der Zugang somit kontrollierbar war. Es wird sich mithin um einen der archäologisch gut belegten Peribolosbezirke handeln, die je nach Größe einen oder zwei Eingänge aufwiesen. Sehr gut möglich ist es auch, dass der Platzbezirk mit dem sog. Reiterheroen in der Ostnekropole zu der Grabanlage eines Vereins gehörte. Eine sichere Zuweisung lässt sich aber aufgrund fehlender epigraphischer Funde nicht vornehmen100. Ein archäologischer Befund am Südrand der ›Zentralen Nekropole‹ nahe des sog. Ptolemäergrabes deutet darauf hin, dass auch die vereinseigenen Grabanlagen zu monumentalen Platzanlagen ausgestaltet werden konnten. Der von einer Peribolosmauer eingefasste Grabbezirk erstreckt sich über eine Länge von etwa 31–44 m und weist eine Breite von rund 16 m auf. Am Nordende war der Grabbezirk über zwei Eingänge zu erreichen, die in die westliche und östliche Peribolosmauer eingefügt und mit hölzernen Türen verschließbar waren101. Von diesen Eingängen führten mehrere

98 Konstantinopoulos, ADelt A 21, 1966 (= SEG 53, 2.822). J. und L. Robert, BE 81, 1968, 491 Nr. 383 korrigieren in Z. 18 und 20 nach dem in der ed. pr. abgedruckten Foto jeweils die Höhe der Spende von drei zu fünf Drachmen (zu lesen ist ein Π statt Γ; die Korrektur ist im SEG unberücksichtigt geblieben). 99 Nach dem Foto ist in Z. 26 eher καὶ ὑπ[ὲρ? – –] zu lesen und nicht ΚΑΙΓΕ̣ wie in der ed. pr. vermerkt. Der in der Zeile darüber genannte Γέτας Ἀν̣ [τιοχεὺς] entrichtete somit offensichtlich auch noch im Namen einer anderen Person eine Spende. 100 Eine Verbindung mit einem Dionysos-Verein schlug zunächst Lauter 1988, 158 vor; einen Vereinsgrabbezirk hält auch Bilde 1999, 236 f. und 242 für denkbar. 101 Patsiada 2013, 123. 127 f. sowie Taf. III. IX; vgl. auch die Rekonstruktionszeichnung auf Taf. XVII.

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 6 Die Nekropolen

Stufen auf einen Platz hinab, der in der ersten Bauphase im 2. Jh. v. Chr. auf den drei Seiten, die sich den Besuchern präsentierten, von korinthischen Säulen eingefasst war. Die drei mittleren Säulen der Südseite, auf die der Betrachter frontal blickte, ragten in Form einer Exedra in den Hof hinein. Zwei der dahinterliegenden Grabkammern sind an dieser Stelle hervorgerückt. Auch hinter den beiden Längsseiten des Peristylhofs befanden sich Grabkammern, die aus länglichen Tuffsteinquadern errichtet waren102. Die Säulenreihe der Westseite wurde in der 2. Hälfte des 2. Jhs. v. Chr. durch einen etwas zurückgesetzten Naiskos durchbrochen, der mit zwei Frontsäulen gestaltet war und von einem monolithischen Giebel bekrönt wurde. Auch dieser Bau bestand aus Tuffquadern, die zudem mit einem weißen Mörtel überzogen waren103. Wohl in einer Nische im vorderen Teil der Prostasis dürfte die Reliefstele mit der Darstellung eines Reiterheroen zu platzieren sein, die man bei den Ausgrabungen fand. Bereits Fabricius hatte auf Grundlage eines Vorberichts des Befundes als Besitzer dieser monumentalen Anlage einen Verein vermutet104. Eine gewisse Unsicherheit bleibt allerdings auch nach der Publikation der Grabanlage durch Vassiliki Patsiada, da die gefundenen Inschriften in dieser Hinsicht keine eindeutige Zuweisung ermöglichen. Auf Grund der geringen Zahl an Bestattungen in der ersten Phase sei zu vermuten, dass die Grabanlage zunächst von einer Familie genutzt worden sei; in den beiden folgenden Phasen wurden deutlich mehr Bestattungen vorgenommen, was Patsiada als Hinweis wertet, dass in dieser Zeit der Bezirk möglicherweise im Besitz eines koinon war105. Aus dieser späteren Phase stammen auch sämtliche Inschriften, die bei den Grabungen gefunden wurden. Elf Osteotheken, die innerhalb des Bezirks gefunden wurden, sind mit Inschriften versehen. Drei Personen geben sich durch Angabe des Patronym und Demotikon eindeutig als Rhodier zu erkennen; sie alle stammen aus der rhodischen Peraia106: - Ἀνταγόρας Νικομάχου Κασαρεύς - Φιλίσκος Ἀρισταγόρα Κασαρεύς - Δαμοκρίνης Κληνάρχου Ἄμιος In zwei weiteren Grabkisten wurden die Knidier Εὐκλῆς und Εὐδοκλῆς bestattet. Die Namensähnlichkeit sowie die gemeinsame Bestattung in demselben Grab wertet Patsiada als Hinweis für ein Verwandtschaftsverhältnis107. Auf sechs Grabkisten ist zwar nur der Individualname vermerkt; die Namen erlauben aber onomastisch verlässliche Aussagen. So wird es sich bei Ὁμιλία, Τάξις

102 Patsiada 2013, 131–136. 103 Patsiada 2013, 136–139. 104 Fabricius 1999, 209. 105 Patsiada 2013, 242–244. 106 Patsiada 2013, 280 Nr. 1 (Inv. E 3208); 281 Nr. 6 (Inv. E 3364); 282 Nr. 10 (Inv. E 3461). 107 Patsiada 2013, 242.

6.4 Vereinsgrabbezirke 

 173

und Πλοῦτις um Sklavinnen handeln108; dagegen sind Θευξένα und Ἀναξικράτεια als Rhodierinnen sowie Θευφίλισκος als Rhodier zu interpretieren: Für den bisher nicht belegten Namen Θευξένα verweist Patsiada auf eine unpublizierte Osteothek aus der ›zentralen‹ Nekropole, auf der eine Θευξένα Τιμακράτευς bezeichnenderweise mit dem Demotikon Κασαρίς genannt werde109. Ebenfalls singulär ist der Name Ἀναξικράτεια – zumindest in dieser Schreibweise. Patsiada führt ein Beispiel aus der ›unterworfenen‹ Peraia an, wo der Name allerdings in der dorischen Form Ἀναξικράτεα geschrieben sei110. Frauennamen mit der Endung -εια sind in der rhodischen Onomastik jedoch geläufig; insofern verwundert auch die Form Ἀναξικράτεια nicht. In der integrierten Peraia ist der Name Ἀναξικράτη einmal in dem Ort Phoinix belegt, der dem Demenbezirk Tlos zugehörig ist111. Aus Rhodos-Stadt ist zudem die Grabinschrift der Rhodiern Ἀναξικράτη Ἀναξιφῶντος Κασαρίς bekannt112. Es spricht daher vieles dafür anzunehmen, dass Anaxikrateia ebenfalls eine Rhodiern aus der Peraia war, möglicherweise die Frau des Philiskos, da sie mit ihm ein Grab teilt. Auch Θευφιλίσκος – eine Name, der bisher ausschließlich in Rhodos, und dort auch nur durch eine weitere Inschrift belegt ist113 – dürfte aufgrund der Namensverwandtschaft der Familie des Philiskos zuzurechnen sein. Drei weitere Personen erscheinen auf Grabmälern. Man wird annehmen können, dass die Grabmäler vor den eigentlichen Grabkammern aufgestellt waren. Auf der Basis eines Rundaltars steht nur der Name Δάμων ohne Patronym, dem die vielfach verwendete Formel χρηστὲ χαῖρε beigegeben ist114. Auch wenn der Name mehrfach für rhodische Bürger belegt ist, wird es sich hier daher um einen Sklaven handeln. Gleiches gilt für Κόσμος, dessen Name auf einer Grabstele steht115. Ebenfalls eine Grab­stele hatte man für Λυσίμαχος Ἀντιμάχου errichtet, in dem Patsiada einen Nichtbürger sieht116. In diesem Fall wäre aber doch wohl ein Ethnikon zu erwarten gewesen wie bei den beiden Knidiern aus demselben Grabbezirk. Bürger ließen dagegen öfters

108 Patsiada 2013, 279 Nr. 2 (Inv. E 3459); 280 Nr. 4 (Inv. E 3407); 282 f. Nr. 11 (Inv. E 3460). Der Name Ὁμιλία ist entgegen Patsiada 2013, 280 nicht singulär in der rhodischen Onomastik, sondern bereits mit der Grabinschrift IG XII 1, 493 für eine Frau aus der Kabalis (nördliches Lykien) belegt; für Beispiele mit dem Namen Τάξις verweist Patsiada 2013, 280 Anm. 719 auf drei unpublizierte Inschriften: eine Stele mit der Inschrift Τάξις Μήδισσα χαῖρε (Inv. E 2832); eine weitere Stele mit der Inschrift Τάξις χρηστὰ χαῖρε sowie eine Osteothek, die nur den Namen Τάξις trägt. 109 Patsiada 2013, 279 mit Anm. 837. 110 Patsiada 2013, 281 Nr. 7 (Inv. E 3363) mit I. Peraia 631 (= HTC 83). 111 I. Peraia 114 (= I. Pérée 154). 112 ADelt B 32, 1977, 371 (= SEG 34.834). 113 Patsiada 2013, 280 f. Nr. 5 (Inv. E 3457) verweist auf Maiuri, ASAA 2, 1916b, 136 Nr. 2 (Θευφίλισ[– – –]). 114 Patsiada 2013, 283 Nr. 12 (AE 159). 115 Patsiada 2013, 283 f. Nr. 14 (Inv. E 3391). 116 Patsiada 2013, 242 f.

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 6 Die Nekropolen

das Demotikon weg. Die Namen Λυσίμαχος und Ἀντίμαχος sind zudem für viele Rhodier belegt. Neben dem Reiterrelief vermitteln einige Skulpturenfragmente einen Eindruck von der Ausstattung der Grabanlage. Der Marmorkopf sowie der Torso jeweils einer weiblichen Statue gehörten zu lebensgroßen Skulpturen, die in den Nischen oberhalb der Grabkammern zu platzieren sein dürften117. Insgesamt haben die Ausgrabungen der Nekropolen regelmäßig Fragmente von Marmorstatuen hervorgebracht; in der Westnekropole fand man zudem die Basis einer Bronzestatue118. Auch hier gilt, dass die endgültige Publikation der Befunde abzuwarten bleibt, um zu sehen, inwiefern einige dieser Anlagen Vereinsbezirken zugeordnet werden können. Die naheliegende Interpretation des von Patsiada vorgelegten Befundes als Vereinsgrabstätte macht jedoch das herausragende Repräsentationsbedürfnis der Vereinsmitglieder deutlich. Der epigraphische Befund zeigt, dass sich die epimeleia von Vereinseuergeten nicht auf den bloßen Erwerb und eine rein funktionale Ausstattung der Grabanlage erstreckte. Der namentlich nicht bekannte Wohltäter, der das koinon der Διονυσιαστᾶν Ἀθαναϊσστᾶν Διὸς Ἀταβυριαστᾶν Εὐφρανορίων τῶν σὺν Ἀθηναίῳ Κνιδίῳ aus finanziellen Nöten befreit hatte, setzte sich eben auch für die Instandsetzung und Ausstattung des Grabbezirks ein119. Für den gleichen Zweck hatten die Vereinsmitglieder eines anderen koinon unter ihrem Vorsitzenden Διονύσιος aus Laodikeia Geld gespendet120. Die Bedeutung des Sepulkralbereichs wird auch daran deutlich, dass gerade dies ein Feld war, dem sich die Wohltäter eines Vereins widmeten. Bezeichnend ist es etwa, wenn der Nichtbürger Ἀρίστων aus Syrakus für seine ἐπιμέλεια περὶ τοὺς τάφους von dem Verein der Σαβαζιασταί geehrt wird121. Worin diese Fürsorge im Einzelnen bestanden hat, geht aus der Formulierung nicht hervor. Aufschlussreicher ist da die Spenderliste eines namentlich nicht bekannten Vereins, dessen Vorsitzender Μενεκράτης aus Kibyra sich nach einem Erdbeben bereit erklärte, sämtliche Kosten selbst zu übernehmen122; mithin wäre der Spendenaufruf überhaupt nicht notwendig

117 Patsiada 2013, 358. 118 E. Karantzali, ADelt B 54, 1999, 932 (= Chronique, ID 595). 119 s. o. Kap. 6.2.2 Anm. 59. 120 Maiuri, ASAA 8/9, 1925/6, 322 Nr. 5 Z. 4 f.: εἰς τὰν ἐπισκευὰν | τῶν τάφων κ[αὶ τοῦ] ὑλικοῦ oder vielleicht auch κ[αὶ τοῦ ξ]υλικοῦ wie L. Robert vermutet (s. SEG 30.1003). 121 Kontorini, Inscriptions inédites, Nr. 8. Die Gottheit Sabazios ist ansonsten in Rhodos nicht belegt; hauptsächlich ist der Kult aus Kleinasien, Thrakien und Athen bekannt, s. Tassignon 1998. Nur fragmentarisch liegt ein weiteres Vereinsdekret vor, in dem die [– – –] Ζηνωνιασταί Ehrungen für einen Wohltäter beschlossen haben, der sich ebenfalls um die taphoi verdient gemacht hat, Pugliese Carratelli, Associazioni, Nr. 2. 122 IG XII 1, 9 (199 v. Chr.); vgl. zu der Inschrift auch Kap. 5.2.2.

6.4 Vereinsgrabbezirke 

 175

gewesen123. Beide Inschriften wurden im Gebiet Korakonero, in der östlichen Nekropole, gefunden, woraus zu schließen ist, dass sie auch innerhalb der Vereinsnekropole aufgestellt waren. Die Architektur der Grabanlagen insgesamt lässt sich als Teil der kompetitiven Vereinskultur begreifen, auch wenn nichts darüber bekannt ist, wie sich die Grabbezirke jeweils optisch voneinander abgrenzten. Aber auch bei den Feierlichkeiten für die Verstorbenen eines Vereins selbst tritt neben die zentrale kommemorative Funktion ein in hohem Maße kompetitiver Aspekt. Schließlich kamen die Mitglieder der Ἁλιάδαι καὶ Ἁλιασταί nicht nur anlässlich der Bekränzung des Grabes ihres Wohltäters Dionysodōros aus Alexandria in ihrem Vereinsgrabbezirk zusammen; ebenso wie bei den übrigen Festen des Vereins sollten hier nochmals die Ehrungen öffentlich ausgerufen werden. Auch die Paniastai nahmen die anagoreusis für Dionysodōros innerhalb des vereinseigenen Grabbezirks vor, und zwar für alle Zeit (ἀναγορεύσει τᾶν τιμᾶν ἐπὶ τῶν τόπων εἰς τὸν ἀεὶ χρόνον)124. Und ebenso wird die anagoreusis der Sabaziastai für Aristōn aus Syrakus wohl während der Gedenkfeiern für die verstorbenen Vereinsmitglieder stattgefunden haben125. Diese regelmäßigen Versammlungen, bei denen lautstark an die Leistungen der Wohltäter erinnert wurde, dürften sicherlich eine über die Vereinsmauern hinausreichende Aufmerksamkeit erregt haben. Dass die anagoreusis bei einigen Vereinen länger als bei anderen dauerte oder häufiger stattfand, dürfte dabei kaum verborgen geblieben sein. In gleicher Weise konkurrierten die Vereine darum, ›ihren‹ Wohltäter auch in ihrem Grabbezirk bestatten zu dürfen – notfalls löste man das Problem, indem man ein Kenotaph errichtete. Dionysodōros besaß jedenfalls mindestens zwei Grabmäler126.

6.4.2

Familie und Verein

Angesichts der Bedeutung, die den Vereinen gerade im Bereich des Funeralkultes zukam, stellt sich unmittelbar die Frage, welche Rolle die Familie innerhalb dieser Gemeinschaften einnahm. Eine pauschale Gegenüberstellung von Familienverband und Verein ist allein schon insofern problematisch, als einige Vereine selbst Familiengründungen waren. Prominente Beispiele aus anderen Poleis sind etwa die Stif-

123 Die Gelder, die von den anderen Vereinsmitgliedern gespendet wurden, sollen in das Vereinsvermögen übergehen; offensichtlich nutzte man die Situation, um eine Rücklage für kommende Ausgaben zu bilden. 124 IG XII 1, 155 B III Z. 81 f. 125 Kontorini, Inscriptions inédites, Nr. 8 (= SEG 33.639) Z. 14–18: οἱ δὲ ἐπιμήνιοι ἢ ὁ ἐπιστάτας | οἱ ἀεὶ λειτουργοῦντες τὴν ἀνακήρυξιν τήν̣ |δε ποιείσθωσαν μετὰ τὴν ἐν τῶι ἀνδρῶνι | καθ’ ἕκασ̣τον ἐνιαυτὸν Ο[– – – νεκυ]|σίοις. 126 Gabrielsen 1994, 153.

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 6 Die Nekropolen

tung des Diomedōn aus Kos sowie der Epiktēta aus Thera127. Eine vor wenigen Jahren bekannt gewordene Inschrift aus Lykien, sehr wahrscheinlich aus Tlos, berichtet von der Gründung einer Stiftung durch Symmasis, aus deren Zinserträgen nach seinem Tod jährliche Gedenkfeiern für ihn und seine Frau veranstaltet werden sollen. Dabei sollen seine Söhne, die Enkel sowie die Amtsträger eines Vereins von Bronzeschmieden (τὸ κοινὸν τῶν χαλκέων) anwesend sein128. Mit der Stiftung selbst ist zwar keine Vereinsgründung im eigentlichen Sinn verbunden, aber es wird dem genannten koinon die Verantwortung für die Einhaltung des Stiftungszwecks sowie den Schutz des Grabes vor unrechtmäßigen Bestattungen übertragen129. In Rhodos lässt sich nur das Ἀσκλαπιαστᾶν Νικασιωνείων Ὀλυμπιαστᾶν κοινόν in seinem Ursprung auf eine Gründung durch die Familie des Nikasiōn aus Kyzikos zurückführen, die dann aber auch weitere Personen in den Verein aufnahm130. Immer wieder aber wurde in der Forschung dem Verein die Funktion einer Art Ersatzfamilie zugeschrieben131. Demgegenüber bemerkte bereits zu Recht Peter M. Fraser, dass der Verein die Familie keineswegs verdrängte, wie es Polybios für Boiotien konstatierte132. Auch ist die Verwendung von Verwandtschaftsbezeichnungen zwischen Vereinsmitgliedern bislang nur in einem Fall sicher bezeugt: Auf einem in der Zentralnekropole gefundenen Rundaltar sind die Koerin Ἀναξίς und Τίμων aus Aigina als Geschwisterheroen (ἀδελφοὶ ἥρωες) bezeichnet133. Fraser konstatiert, dass eine wirkliche Verwandtschaft aufgrund der unterschiedlichen Ethnika auszuschließen sei. Er wertete die Bezeichnung als Hinweis auf eine Vereinsmitgliedschaft134. Dieser singuläre Befund erlaubt keine Beurteilung darüber, ob diese Anrede im Vereinsalltag grundsätzlich verbreitet war oder ausschließlich auf den Bereich der Heroenverehrung verstorbener Vereinskollegen beschränkt blieb. Dass die Mitgliedschaft in einem Verein generell eine wirkliche Identifizierung nach sich zog, die dauerhaft eine Mitgliedschaft in anderen Kollektiven überlagerte, ist zu bezweifeln. In singulärer Weise tritt das Verhältnis zwischen Individuum und Kollektiv in einer Vereinsgrabinschrift aus dem lindischen Massari hervor135. Die beiden

127 IG XII 4, 1, 348; IG XII 3, 330, vgl. hierzu bes. Stavrianopoulou 2006, 141 f. 128 Parker 2010; Arnaoutoglou 2012. 129 Ob der Bestattungsplatz überhaupt im Besitz des koinon war, geht aus dem Text nicht hervor, Parker 2010, 112. 130 App. I 7 (= IG XII 1, 127). 131 Kritisch dazu Wilson 1996, 13 f. 132 Fraser 1977, 60 mit Pol. 20, 6, 5–6. 133 Berges, Rundaltäre, Nr. 264. Ebenfalls könnte bei den beiden engeneis Ἕρμων und 〈Μ〉ολῆς, die sich als [το]ὶ ἀδελφοί bezeichnen, eine fiktive Verwandtschaft vorliegen; I. Lindos 641. 134 Fraser 1977, 74, s. grundsätzlich auch Harland 2005. 135 IG XII 1, 938: col. I [(Name)] | [– – –]ονος | [χρηστὸς] χαῖρε. col. II [(Name)] | χρηστὸς χαῖρε. | καὶ ὑμεῖς χαίρετ[ε] | ἐρανισταί. col. I–II [στεφανωθεὶς ὑπὸ Σ]ωτηριαστᾶν Λυσιστρατείων θαλλίνωι στεφάν[ωι]. Vgl. die koische Grabinschrift IG XII 4, 3, 2561 mit einem [Π]υλάδης θ̣ ιασίτας.

6.4 Vereinsgrabbezirke 

 177

Verstorbenen, deren Namen dem schlecht erhaltenen Text nicht mehr zu entnehmen sind, werden zunächst jeweils mit der individuellen Abschiedsformel χρηστὸς χαῖρε bedacht; dann werden sie gemeinsam nochmals als Vereinskollegen mit einem καὶ ὑμεῖς χαίρετ[ε] ἐρανισταί verabschiedet; einer der beiden war von dem Verein der Σωτηριασταὶ Λυσιστράτειοι mit einem Laubkranz bekränzt worden. Von demselben Verein hatte der engenes Ἀθανόδωρος einen Laub- sowie einen goldenen Kranz erhalten136. Dem Verein gehörten demnach Unfreie an; über den Rechtsstatus der beiden namenlosen Vereinsmitglieder kann man keine sichere Aussage treffen. Die zweite Zeile der ersten Kolumne endet mit einem [– – –]ονος, für das hier grundsätzlich ein im Genitiv stehendes Patronym oder ein Ethnikon im Nominativ in Frage kommt. Da der Stein ursprünglich eine Kranzdarstellung aufwies, was ein sicheres Indiz für einen Nichtbürger ist, stellt letzteres die wahrscheinlichere Alternative dar. Zu ergänzen wäre dann etwa Λυκάονος oder Μακεδόνος. Der Vereinsname Λυσιστράτειοι leitet sich von dem Namen Λυσίστρατος ab, der in der rhodischen Onomastik gut belegt ist. Es ließe sich überlegen, dass es sich bei den Σωτηριασταὶ Λυσιστράτειοι um einen Zusammenschluss von Mitgliedern des Dienstpersonals aus dem oikos des Lysistratos handelt, für die der Verein sicherlich eine wesentliche Bedeutung besaß. Durch das Vereinswesen wurden übergeordnete Organisationsstrukturen bereitgestellt, die die heterogene Gruppe der Nichtbürger in verschiedene Kollektive einbanden. Auffallend häufig wählten Nichtbürger eine Ehepartnerin aus einer anderen Polis, wozu sicherlich auch die Vereine beigetragen haben werden, in denen Fremde unterschiedlicher Herkunft vielfältige Kontaktmöglichkeiten vorfanden137. Für insgesamt 173 Nichtbürger ist eine Ehefrau nachgewiesen; davon waren immerhin 64 mit einer Frau verheiratet, die nicht aus ihrer Heimatpolis kam138. Da die Herkunft der Fremden, die eine gemischte Ehe eingingen, sich insgesamt in die geographische Verteilung aller in Rhodos belegten Nichtbürger einfügt, darf der Befund als allgemeines Phänomen betrachtet werden, das kein Charakteristikum bestimmter Gruppen von Fremden ist. Viele Fremde scheinen ohne eigene Familie nach Rhodos übergesiedelt zu sein und konnten demnach keine alten familiären Beziehungen fortführen; ebenso war ihnen ganz offensichtlich nicht daran gelegen, unbedingt eine Frau gleicher Herkunft oder zumindest aus einer ihrer Heimatpolis benachbarten Region zu heiraten139. Trotzdem blieb die Familie der zentrale Bezugspunkt. Verein und Familie standen nicht in Opposition, vielmehr sind damit unterschiedliche Formen der Kollektivität

136 I. Lindos 630. 137 Darauf verweist auch Maillot 2015, 143 f. 138 s. App. III Tab. 5. 139 In mehreren Fällen kommen die Ehepartner aus entfernten Regionen, s. etwa Φιλοκράτης aus Ilion und seine Frau Ἑρμορόδη Ἑρμογένευς aus Selge (IG XII 1, 157) oder Ἔρως aus Alexandria und seine Frau Σεραπιάς aus Ephesos (Fantaoutsaki 2014, 85).

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 6 Die Nekropolen

bezeichnet140. Das Vereinswesen mag oftmals einen wesentlichen Aspekt für die Selbstverortung der Fremden dargestellt haben, letztlich aber blieb die Familie die Kerneinheit der individuellen Zuschreibung. Einige Beispiele mögen dies veranschaulichen: In der Peraia teilten sich zwei Nichtbürger, die beide von einem unterschiedlichen Verein geehrt worden waren, mit ihren Frauen ein gemeinsames Grab141: Zunächst wird Ἀλέξανδρος von der Insel Kephallenia genannt, der mit Νύσα aus Kos verheiratet war und einen goldenen Kranz von den Ἀδωνιασταὶ Ἀφροδεισιασταὶ Ἀσκλαπιασταὶ τοὶ ἐν Αὐλαῖς erhalten hatte. Ebenfalls aus Kos kam Ἐπαφρόδειτος – vielleicht ein Bruder der Νύσα. Er hatte mit Τρυφέρα wiederum eine Frau aus Ephesos geheiratet. Ebenso wie Ἀλέξανδρος kann auch er auf einen Goldkranz verweisen, den ihm die Ἡροεισταὶ Σαμ̣ [ο]θρᾳκιασταί verliehen hatten. An diesem Beispiel zeigt sich ganz deutlich, dass der Bezugnahme auf die Vereine weniger eine identifikatorische Bedeutung, sondern eine Erinnerungsfunktion an ihre Wohltätigkeit zukam142. Ob die beiden Ehepaare indessen in einem Grabbezirk eines der erwähnten Vereine bestattet wurden, lässt sich nicht klären. Grundsätzlich ist die Erwähnung von Verdiensten, die ein Verstorbener für einen oder mehrere Vereine erbracht hatte, vor allem als Ausdruck seiner philodoxia zu betrachten. Auf einem Rechteckaltar aus der Ostnekropole scheint sogar der gesamte oikos einer Nicht­bürgerfamilie vereint zu sein143. Zunächst wird Ἰσίων aus Chalkis mit seiner Frau Ἡκατέα aus Beirut genannt; die insgesamt große Zahl an Fremden aus dem syrischen Raum, die in Rhodos belegt sind, sowie die Herkunft der Frau lassen vermuten, dass der Mann aus dem syrischen Chalkis stammte. Mit Ἀριστοβουλίς war eine weitere Frau aus Beirut in der Grabanlage bestattet worden; gut denkbar wäre es, dass beide Frauen Geschwister waren. Aristoboulis hatte einen Bürger der Polis Phaselis geheiratet, der allerdings nicht in der Inschrift aufgeführt ist, sondern nur ihr Sohn Ἀσκλαπιάδας. Den Schluss der Grabinschrift bildet die Lydierin Ἀρέτη, deren Name mit einem einfachen καί angeschlossen ist. Sie dürfte als Sklavin zu interpretieren sein, die im Haus der Familie tätig gewesen war. Vielleicht ist es auch kein Zufall, dass es ausgerechnet ein Grabepigramm eines Rhodiers und seiner Frau aus Sardes ist, in dem beide demonstrativ ihre bis in den Tod reichende Verbundenheit bekunden144:

140 Zu solch einer ›Schachtelung‹ von ›Zwillingskollektiven‹ in einem zusammenfassenden Kollektiv s. Hansen 2009, 51 f. 141 I. Peraia 471 (= I. Pérée 57). 142 Insofern ist die Bemerkung von Bresson, die Inschrift biete »une excellente illustration du rôle funéraire des koina hellénistiques pour les étrangers« zu relativieren; Kommentar zu I. Pérée 57. 143 Maiuri, Nuova Silloge 384 (1. Jh. v. Chr.). 144 IG XII 1, 149 (2. Jh. v. Chr.).

6.4 Vereinsgrabbezirke  5

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ταὐτὰ λέγοντες ταὐτὰ φρονοῦντες ἤλθομεν τὰν ἀμέτρητον ὁδὸν εἰς Ἀΐδαν. Ἀρχιάναξ Κυδία Νισύριος καὶ Εὐτυχὶς Μητροδώρου Σαρδιανὰ χρηστοὶ χαίρετε ἀμφότεροι.

Dasselbe sagend, dasselbe denkend, beschreiten wir den unermesslichen Weg in den Hades. Archianax, Sohn des Kydias, aus Nisyros und Eutychis, Tochter des Mētrodōros aus Sardes, ihr Tüchtigen lebt beide wohl.

Das Grabrelief des Εὔτυχος aus Laodikeia und seiner Frau Ἀγαθάριον aus Alexandria zeigt wiederum eine Abschiedsszene, in der beide eng umschlungen abgebildet sind145. Auch in diesem Fall ist es bemerkenswert, dass es gerade Ehepartner aus einer gemischten Ehe sind, die auf ihrem Grabmal ihre gegenseitige Zuneigung sichtbar zum Ausdruck bringen. Die beiden unterhalb der eigentlichen Grabinschrift angebrachten Buchstaben ME stehen wahrscheinlich für den Zeitraum von 45 Jahren, den beide miteinander verheiratet waren. Besonders hervorzuheben ist darüber hinaus eine kürzlich publizierte Grabinschrift einer Metökenfamilie aus Antiochia, die in der Westnekropole von RhodosStadt gefunden wurde. Die ausführliche Form, in der hier verschiedene Familienangehörige vorgestellt werden, ist ansonsten nur von rhodischen Familien bekannt146. Neben den Ehepartnern und den Kindern wird auf direkte weitere Verwandte und sogar den als φῖλος bezeichneten Schwiegersohn verwiesen. Zwar erhielten drei der Familienangehörigen Ehrungen von Vereinen; jedoch scheinen auch hier die Verdienste für die Polis im Vordergrund gestanden zu haben. So übernahmen sowohl Epaphrodeitos als auch sein Sohn Dionysios die Choregie; Dionysios war zudem zweimal vom Rat zur xenia geladen worden. Entsprechend wird man enge Verbindungen zu führenden rhodischen Familien voraussetzen können.

145 IG XII 1, 542. Vgl. die koische Grabinschrift IG XII 4, 3, 2256 (1. Jh. v. Chr.), die eine fünfzigjährige Ehe zwischen dem Koer Τειμασικλῆς Ἡρακλείτου und der Metökin Στρατονίκη Στράτωνος aus Odessa dokumentiert. 146 Fantaoutsaki 2014, 69 (1. Jh. v. Chr.): ∆ιονυσίου Ἀντιο[χ]έως μετοίκου | χοραγήσαντος καὶ ξενισθ[έ]ντος ὑπὸ τᾶς βουλᾶς δὶς | καὶ τιμαθέντος ὑπὸ Ἑρμαϊσ[τᾶ]ν Τύ[χ]ας Ἀγαθᾶς Ὀλυμπείων Eὐ|δαιμόνων θαλλῶι στεφάνωι καὶ τᾶς γυναικὸς Ἐρωταρίου | Ἀλεξανδρίδος καὶ τᾶς θυγ〈α〉τρὸς Ἀθανοῦς Ἀντιοχίσσας | καὶ τοῦ πατρὸς Ἐπαφροδείτου Ἀντιοχέως μετοίκου | χοραγήσαντος καὶ τιμαθέντος ὑπὸ Ἑρμαϊστᾶν Τύχας | Ἀγαθᾶς Ὀλυμπείων Εὐδαιμόνων θαλλῶι στεφάνωι καὶ | τᾶς ματρὸς Μοσχίου Ἀντιοχ[ί]σσας καὶ τοῦ ἀδελφοῦ | Ἐπαφροδείτου Ἀντιοχέως καὶ τοῦ φίλου | Συμμάχου καὶ τᾶς γυναικὸς αὐτοῦ Ἀθανοῦς Ἀντιοχέων | καὶ τιμαθέντος ὑπὸ Ἑστιαστᾶν ∆ιὸς Ὀλυμπίου Ὁμονο|ϊστᾶν Λευκείων Μαλλείων τῶν σὺν Λευκίωι Μαλλείωι | Λευκίου υἱῶι Μάγνωι Ῥωμαίωι κοινοῦ ἐπαίνωι χρυσέωι | στεφάνωι.

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 6 Die Nekropolen

Betrachtet man den Verein konsequent als Abbild der Polis, so erstaunt die Integration der Familien bzw. ganzer oikoi in das Vereinsleben keineswegs. Der Stellenwert des Vereins bemaß sich wesentlich daran, ob ein Nichtbürger eigene Familienangehörige besaß, die nach seinem Tod für die Begräbnisriten sorgten, oder ob diese Rolle den Vereinskollegen zukam147. Mit großer Wahrscheinlichkeit wird man etwa den Rechteckaltar einem Vereinsbezirk zuweisen dürfen, der als Grabmal der Εἰρήνα aus Antiochia, des Δίων aus Antiochia sowie dessen Frau Χάρις aus Milet bezeichnet ist148. Während das Verhältnis letzterer eindeutig benannt ist, lässt sich eine Verbindung zu der Frau aus Antiochia nicht erschließen. An ihren Namen ist nur ein καί angeschlossen, dass zu Diōn und Charis überleitet. Der Altar weist auf der Oberseite zwei kreisförmige Zapfen auf, die wohl mit Bekränzungen im Rahmen von Vereinszeremonien in Zusammenhang zu bringen sind. Auf den Vereinsgrabmälern wurden offensichtlich auch Personen vereint, die nicht einer Familie angehörten. In solchen Fällen konnte dem Verein dann sicherlich auch die Funktion einer Art Ersatzfamilie zukommen. Eine grundsätzlich verminderte Bedeutung des Familienverbandes darf man daraus indessen nicht ableiten. Dass sich überhaupt Nichtbürger, die eine eigene Familie besaßen, keinen eigenen Grabbezirk errichteten, sondern sich innerhalb eines Vereinsbezirks bestatten ließen, ist mit der bereits mehrfach geschilderten eigentumsrechtlichen Situation zu begründen.

6.5 Zusammenfassung Das fehlende Eigentumsrecht der Nichtbürger wurde in besonderem Maße bei der Bestattung von Familienangehörigen virulent. Gelegentlich fanden Nichtbürger durch persönliche Beziehungen Aufnahme in den Grabbezirk einer rhodischen Familie. Inwieweit darüber hinaus vielleicht der prostatēs eines Metöken bei der Beschaffung eines Grabplatzes behilflich war, lässt sich auf der momentanen Quellengrundlage nicht bestimmen. Demgegenüber tritt in zahlreichen Inschriften die Bedeutung des Vereins bei dem Erwerb eines Grabbezirks hervor. Da allerdings ein Verein nicht als

147 In einem Epigramm aus Kos äußert Δαμᾶς seinen Unmut darüber, dass keiner seiner Handwerkerkollegen (ὁμότεχ̣νοι) sich um seine Bestattung gekümmert habe; IG XII 4, 3, 1444 (1. Jh. v. Chr.). 148 Kontorini, AAA 8, 1975, 38 Nr. 10. Vgl. IG XII 1, 550: Ἀρτεμοῦς | Φασηλείτιδος | καὶ | Δαμονείκου | Φασηλείτα καὶ | Ὀλυμπιάδος | Λυκαονίσσας. Vgl. auch die gemeinsame Grabinschrift von Ἐπαφρόδιτος aus Laodikeia und Σεραπίων; dieses Grabmal gibt aber keinen Hinweis auf einen Vereinskontext; Berges 1996, 136 Nr. 165 (kaiserzeitlich). Vgl. auch den Grabaltar Pugliese Carratelli, PP 5, 1950, 76 Nr. 2 mit folgender Inschrift: col. I: Ἀριστόλα | Ἀριστόλα | τοῦ Ἀριστόλα | Λαδαρμίου | εὐεργέτα | τοῦ κοινοῦ. col. II: καὶ | Πύθωνος | Φιλοτίμου | Καρπαθιοπολίτα{ι}. Dass der Grabaltar in einem Vereinsbezirk stand, ist nicht zu bezweifeln, da das koinon, dessen Wohltäter Aristolas war, nicht näher bezeichnet ist. Ob die beiden Rhodier auch dort bestattet wurden, ist dagegen weniger sicher.

6.5 Zusammenfassung 

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Kollektiv für die Verleihung der enktēsis infrage kam, waren die Nichtbürger auch hier auf Polisbürger bzw. entsprechend privilegierte Fremde angewiesen. Wie in der Praxis das fehlende Eigentumsrecht überwunden werden konnte, ist detailliert durch einen Archivauszug über den Grundstückskauf eines Vereins dokumentiert. Während das nötige Geld überwiegend von drei Nichtbürgern aufgebracht wurde, wirkten an dem eigentlichen Kaufgeschäft nur rhodische Bürger mit. Eindeutige Bezüge zur Heimatpolis der Fremden sind abgesehen von einigen Grabepigrammen nur selten festzustellen. Vereinzelt lässt sich nachweisen, dass Fremde charakteristisch rhodische Namen führen. In diesen Fällen wird es sich um Nichtbürger handeln, die auf Rhodos geboren worden waren; ebenso deuten bisweilen onomastische Bezüge auf Kontakte zu Rhodiern der Führungsschicht. Eine Regelhaftigkeit ist aber nicht erkennbar; insbesondere existiert auch kein unmittelbarer Zusammenhang zwischen der Namensgebung eines Nichtbürgers und seinem Rechtsstatus.

7 Die Heiligtümer Das rhodische Kult- und Festleben besaß eine äußerst vielfältige Ausprägung. Diese Vielfältigkeit beruhte in besonderem Maße auf der differenzierten, nicht strikt hierarchisch geordneten Gliederung des rhodischen Demos1. Es war gerade der Bereich des Kultischen, in dem die Phylen, Demen und ktoinai über eigene Entscheidungskompetenzen verfügten2. Eine polisweite einheitliche Regelung durch die übergeordneten Institutionen des rhodischen Gesamtstaates lässt sich nicht beobachten. Insofern ist auch hinsichtlich der Beteiligung von Nichtbürgern am Kult- und Festleben mit jeweils abweichenden Praktiken zu rechnen. Die Frage nach den Partizipationsmöglichkeiten an den Poliskulten lässt sich demnach nicht bestimmen, ohne die differenzierte Binnenstruktur des rhodischen Polisterritoriums zu berücksichtigen. Soweit dies der Quellenbefund zulässt, ist daher jeweils für die verschiedenen Polisebenen eigens zu überprüfen, ob bzw. auf welchen Ebenen Inklusions- und Exklusionsbereiche mit der Dichtomie Bürger/Nichtbürger korrelieren3. Bevor der Blick auf die Fremden gerichtet werden soll, ist somit zunächst zu klären, inwieweit sich die Bürgerschaft selbst beim Kult und Fest als eine Kollektivgemeinschaft konstituierte, bei der alle Mitglieder in gleicher Weise Anteil am Kultgeschehen hatten, oder ob bestimmte Gruppen innerhalb der Bürgerschaft ausgegrenzt wurden4. Ein eigenes Betätigungsfeld der Nichtbürger stellt schließlich die Kultpraxis innerhalb der Vereine dar, die gesondert zu betrachten ist. Dieser Bereich war insbesondere durch ein Nebeneinander von Poliskulten und ›fremden‹ Gottheiten geprägt.

7.1 Partizipation der Bürger an den Poliskulten Auf der Ebene der Gesamtpolis waren die Kulte bewusst inklusiv angelegt. Jährlich wechselte nach einem festgelegten Zyklus die durch Los bestimmte Besetzung des eponymen Halios-Priesters zwischen den drei Phylen Ialysos, Lindos und Kamiros mit ihren jeweiligen Insel- und Festlanddemen5. Mit Halios hatte man eine Gottheit für den Gesamtstaat gewählt, die in keiner der alten Poleis eine herausragende Stellung einnahm und damit geeignet war, die Bürgerschaft des gesamten Polisterritoriums als

1 s. hierzu grundsätzlich die systematische Zusammenstellung bei Morelli 1959; immer noch bereichernd ist ferner van Gelder 1900, Kap. 5: Götter und Cultus. 2 Zu den Entscheidungskompetenzen der Untereinheiten der Polis s. Gabrielsen 1994. 3 Gerade auf Grund zahlreicher singulärer Befunde hat man sich bisweilen darauf zu beschränken, die Quellen nur in ihrem unmittelbaren Kontext zu verorten, ohne verallgemeinernde Aussagen treffen zu können. 4 Zur Bedeutung der Feste für die Polisgemeinde als Form der Selbstvergewisserung s. Wiemer 2009. 5 Badoud 2015, 154 f. betont, dass der Zyklus bis weit in die Kaiserzeit hinein beibehalten wurde. https://doi.org/10.1515/9783110572681-009



7.1 Partizipation der Bürger an den Poliskulten 

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eine Kultgemeinschaft zu formieren6. Daher ist anzunehmen, dass die penteterischen Halieia als Hauptfest der Rhodier erst im Zuge des Synoikismos im Jahr 408 eingerichtet wurden. Mit diesem Jahr beginnt auch die Aufzeichnung der Haliospriester7. Die Bewohner der Peraia gehörten als rhodische Bürger gleichberechtigt dieser Kult- und Festgemeinschaft an. In dem Zeitraum zwischen 270–247 v. Chr. lassen sich drei Festlandbewohner identifizieren, die das mit hohem Prestige versehene Amt des Haliospriesters innehatten8. Die Partizipation der karischen Neubürger lässt sich auch in anderen Bereichen des Kultlebens beobachten: Der aus Physkos stammende Φίλων Φιλοκλέος ist um 280/70 als Gymnasiarch bei dem panrhodischen Fest der Großen Erethimien in Ialysos bezeugt, während zur selben Zeit mit Καλλιφῶν Ἀγαθοφῶντος ein weiterer Physkier dort wohl als Phylarch amtierte9. Ein Peraiabewohner aus dem

6 Auf die geringe Bedeutung des Halioskultes für die Zeit vor dem Synoikismos hat bereits van Gelder 1900, 290 f. verwiesen; in ähnlicher Weise äußert sich Dignas 2003, 37 f. 7 Morricone, ASAA 27–29, 1952, 351–380. Dass der rhodische Synoikismos ein über mehrere Jahrzehnte andauernder Prozess war, hat Gabrielsen 2000 herausgestellt. Badoud 2015, 163 datiert gegen Gabrielsen 2000, 187 allerdings die Einrichtung des jährlichen Priesteramtes für Halios bereits in das Jahr 407. Die ersten 29 Namen der Priesterliste stammen aus einer Hand; danach erfolgten die Einträge offensichtlich jahrweise. Die Stele wurde demnach um 382/1 v. Chr. angefertigt; Badoud 2015, 309. Es handelt sich somit nicht um eine erst in späterer Zeit vorgenommene Publikation, worin die Bedeutung zum Ausdruck kommt, die den Priestern bereits in der Frühphase der Polis Rhodos zukam. 8 Badoud 2015, 192 nennt Χρυσόστρατος und Βουλακρίνης, die zwar nicht sicher mit einer Person zu identifizieren, aber aus onomastischen Gründen eindeutig Familien aus der Peraia zuzuordnen sind. Darüber hinaus kann mit großer Wahrscheinlichkeit Τιμασίθεος hinzugezählt werden, der ebenso wie Χρυσόστρατος und Βουλακρίνης auf Amphorenstempeln der Periode I b (270–247 v. Chr.) als Haliospriester bezeugt ist (Finkielsztejn 2001, 94 Tab. 2): Um 285 v. Chr. hatte in Kamiros ein Τιμάνωρ Τιμασιθέου das Amt eines hieropoios inne (Tit.Cam. 14 Z. 5). Τιμάνωρ kam aus dem Ort Phoinix in der Peraia, wo er bereits Priester der Athana und des Zeus Polieus gewesen war (I. Peraia 103 = I. Pérée 148 Z. 7). Es ist sicherlich dessen Sohn Τιμασίθεος Τιμάνορος, der 259 v. Chr. ebenfalls als hieropoios in Kamiros bezeugt ist (Tit.Cam. 24 Z. 12) und dann etwas später offensichtlich die Priesterschaft des Halios übernahm. Dass kein Peraiabewohner bereits zu einem früheren Zeitpunkt als Haliospriester belegt ist, muss keineswegs bedeuten, dass nach der Eingliederung der Festlandgebiete das höchste Priesteramt der Polis den Neubürgern zunächst versperrt gewesen wäre. Einerseits ist eine eindeutige Zuordnung der auf den Amphorenstempeln angegebenen Haliospriester schwierig, da jeweils das Patronym fehlt, andererseits ist ohnehin eine gewisse Zeitspanne einzukalkulieren bis einer der Neubürger eine gewisse Zahl niederrangiger Priesterämter bekleidet hatte und überhaupt als Kandidat in Frage kam. Ein strikt definierter Cursus ist jedoch nicht erkennbar; vgl. auch Hallof – Prignitz 2009, die aufzeigen, dass einige Lindier das Amt des Haliospriesters bekleideten, bevor sie Priester der Athana Lindia wurden. In Milet blieb Neubürgern allein das militärische Amt eines Festungskommandanten zunächst für zehn Jahre vorenthalten, während ihnen alle anderen Ämter mit der Registrierung als Bürger offenstanden; I. Milet I 3, 150 Z. 50–52. 9 So jedenfalls lässt sich in Kontorini 1975b, 102 Seite B Z. 26–30 einigermaßen sicher ergänzen: [φύ]λ̣αρχος λα[μπάδι] | [Ἰαλ]υσίας | [Κα]λ̣λιφῶν Ἀ[γαθοφῶντος] | [γυμ]νασίαρχ[ος] | [Φί]λων Φιλο­ κ[λέος]. Kontorini a. O. schlug in Z. 28 hingegen die Ergänzung zu dem Namen [Κα]λ̣λιφῶνα[ξ] vor;

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 7 Die Heiligtümer

Hafenort Bybassos übernahm im 1. Jh. v. Chr. in Rhodos das Priesteramt der Athana Polias und des Zeus Polieus10. Ein Bürger aus Kedreai, der in seinem Heimatort das lokale Priesteramt des Apollon Pythios und Kedrieus übernommen hatte sowie ferner hierothyt gewesen war, leistete eine Liturgie, indem er in Rhodos-Stadt (ἐν τῶι ἄστει) als Chorege die Finanzierung und Ausstattung eines Chores bei der Komödie übernahm11. Ebenfalls aus Kedreai stammt der erfolgreiche Sportler Ὀνασιτέλης, der zweimal bei den großen und kleinen Halieia im Fackellauf siegte12. Anders stellt sich der Befund auf der Ebene der Phylen dar. Besonders deutlich zeigt dies ein Dekret aus Lindos vom ausgehenden 4. Jh. v. Chr. Es handelt sich um eine Ehrung für ein Kollegium von drei epistatai sowie 30 gewählten Vertretern aus elf der insgesamt zwölf lindischen Inseldemen. Sie hatten sich dafür eingesetzt, dass das Kultpersonal der Athana Lindia nur von lindischen Bürgern besetzt werden soll, um zu verhindern, »dass nicht diejenigen an den heiligen Angelegenheiten in Lindos teilhaben, die nicht auch früher Anteil hatten«13. Zwar gab es bereits eine entsprechende Regelung – in dem Dekret ist allgemein von den νόμοι die Rede –, ganz offensichtlich waren aber Diskussionen aufgekommen, den Zugang zu den Ämtern auf einen weiteren Personenkreis auszudehnen. Es wird kaum darum gegangen sein, die Nichtbürger von τὰ ἐν Λίνδωι ἱερά auszuschließen14. Auf allen Polisebenen war ohnehin seit jeher das Bürgerrecht Voraussetzung für die Bekleidung von Priesterämtern und anderen Magistraturen15. Es ist nicht ersichtlich, warum man dies hätte in Frage stellen sollen. Ebenso ist es wenig wahrscheinlich, dass die Bürger der Phylen Kamiros und Ialysos den Zugang zu den wichtigsten Priesterstellen in Lindos rechtlich erstreiten wollten16.

der Name ist jedoch bislang nicht bezeugt. Die Zugehörigket von Φίλων Φιλοκλέος und Καλλιφῶν Ἀγαθοφῶντος zu dem Demos Physkos lässt sich der Spenderliste I. Lindos 51 entnehmen, die kurz nach 305 v. Chr. datiert; c col. II Z. 32 und 55. Für die Ergänzung zu [Φί]λων Φιλοκ[λέος] in Z. 30 verweist zwar auch Kontorini a. O. 113 auf diese Spenderliste, trotzdem nimmt sie für die Liste der Sieger bei den Großen Erethimien eine deutlich spätere Datierung vor. Für die Datierung um 280/70 s. Badoud 2015, 166 f. 10 Jacopi, ClRh 2, 1932, 184 Nr. 10. 11 I. Peraia 557 (= I. Perée 8). Der obere Teil der Inschrift, auf dem der Name stand, ist verloren. Nicht entscheiden lässt sich, ob der Kedreate in der Peraia oder aber in Rhodos-Stadt das Amt des Hierothyt innehatte, da sich die Formulierung ἐν τῶι ἄστει eindeutig nur auf die Choregie bezieht, s. Winand 1990, 126 Nr. 3. 12 I. Peraia 555 (= I. Pérée 5) Z. 13 f. 13 IG XII 1, 761 Z. 41 f.: (...) κα[ὶ μ]ὴ̣ μετέ|χωντι τῶν ἐν Λίνδωι ἱερῶν οἳ μὴ καὶ πρότερον μετεῖχον (...). 14 So Krauter 2004, 99. 15 Eine Ausnahme stellt das Amt des ὁ ἐπὶ τᾶς ἀποστολᾶς τῶν ξενίων in Lindos dar, für das der Nichtbürger Ἑρμογένης Λαοδικεύς in einer Dedikation für den amtierenden Priester der Athana verzeichnet ist (I. Lindos 299 c, col. III Z. 47–51, 74 v. Chr.). An der Weihung beteiligten sich außerdem der archierothytas, die hierothytai sowie die epistatai. Vgl. Kap. 7.2.1 Das temenos, Anm. 104. 16 Gabrielsen 1997, 132 f.



7.1 Partizipation der Bürger an den Poliskulten 

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Vielmehr konkurrierten die ehemals autonomen Poleis um das Ansehen ihres höchsten Kultes17. Naheliegender ist es daher, in dem Dekret eine Reaktion auf die kurz zuvor erfolgte Eingliederung der Peraia zu sehen, die auf eine Exklusion der Neubürger aus denjenigen Festlanddemen zielte, die Lindos zugeordnet worden waren18. Dass die Peraia zu dieser Zeit bereits in das Demensystem einbezogen war, ist durch eine etwa zeitgleich datierende Subskriptionsliste für den Kult der Athana belegt, in der 44 Personen aus dem lindischen Festlanddemos Physkos verzeichnet sind19. Allerdings sind in dem Kollegium, das sich um die Kultangelegenheiten der Lindier verdient gemacht hatte, Bürger aus nahezu allen lindischen Inseldemen vertreten – es fehlt nur der Demos der Dryitai –, während kein einziger Peraiabewohner gewählt worden war20. Dass die Neubürger ganz gezielt ausgeschlossen wurden, bestätigen schließlich auch die Priesterlisten der Athana Lindia, in denen sich lange ausschließlich Lindier der Inseldemen finden21. Für das Jahr 123 v. Chr. ist mit Νικασαγόρας Ἱπποκλεῦς καθ’ ὑοθεσίαν δὲ [– –]σιστράτου erstmals festzustellen, dass der Nachkomme eines Festlandrhodiers zum Athanapriester gewählt wurde22. Kurz zuvor hatte sich Nikasagoras in Kamiros an einer Spende mit 500 Drachmen beteiligt. Zu diesem Zeitpunkt war er offensichtlich noch nicht adoptiert worden, da in der Spenderliste der Verweis auf den Adoptivvater fehlt; dafür ist aber seine Herkunft aus dem Fest-

17 So beteiligten sich auch nur selten Bürger an der epidosis einer anderen Phyle. In der nach Demen geordneten Spenderliste I. Lindos 51 c, col. I Z. 46–53 sind zwei Kamirer genannt sowie eine Frau, die ebenfalls einem Demenbezirk von Kamiros angehörte, jedoch einen Lindier als kyrios besaß. Aber s. etwa den aus Kamiros stammenden Τελέσων Δαμοφάνευς, der im 1. Drittel des 3. Jhs. v. Chr. in seiner Heimatgemeinde als hieropoios sowie als Priester der Athana Polias amtierte, aber auch in Lindos für sich und seinen Bruder eine Statue an Athana Lindia weihte (dort ist das Patronym noch mit der alten Genitiv-Endung auf -εος gebildet); I. Lindos 72 mit dem prosopographischen Hinweis. 18 In diesem Sinne auch Bresson 1988, 145; Dignas 2003, 46; Badoud 2007, 187; Thomsen im Druck, 3 sowie insbesondere Badoud 2011, 549, der die beiden Dekrete IG XII 1, 761 und Tit.Cam. 109 als unmittelbare Reaktion auf die Eingliederung der Peraia sieht, s. besonders a. O. 554 f. sowie hier die folgenden Ausführungen. 19 I. Lindos 51 c, col. II Z. 18–64. 20 Wenig überraschend ist es, unter den lindischen Vertretern Personen zu finden, für die sich eine besondere Verbundenheit mit dem Athanakult nachweisen lässt und die man sicherlich zur lindischen Oberschicht zählen darf: Φιλίων Ἀνδροσ[θέν]ευς sowie sein Bruder Ἀστυμέδων waren ehemalige Athanapriester (329 und 326 v. Chr., I. Lindos 1 Frgt. B, Z. 11 und 14), Πιστοκράτης war immerhin der Sohn des Athanapriesters Θευγένης (330 v. Chr., I. Lindos 1 Frgt. B, Z. 10); zehn Mitglieder des Kollegiums sind zudem gleichzeitig in der Subskriptionsliste I. Lindos 51 verzeichnet, s. Badoud 2015, 79 Abb. 36. Ἀλεξίμαχος Μικύλου ist zwar ansonsten nicht belegt (IG XII 1, 761 Z. 21), doch hatte sein Vater Μικύλος, Sohn des Πολύχαρμος in der ersten Hälfte des 4. Jhs. v. Chr. zusammen mit seinem Bruder Ἀλεξίμαχος ein Votiv an Athana Lindia geweiht (I. Lindos 36). 21 Badoud 2015, 38. 22 I. Lindos 1 Frgt. f, Z. 5 f.; I. Lindos 246.

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 7 Die Heiligtümer

landdemos Tlos vermerkt23. Bemerkenswert hieran ist nicht allein seine Herkunft aus der Peraia, sondern auch die Tatsache, dass der Demos Tlos nicht zu Lindos, sondern zu Kamiros gehörte. Er war aber zum Zeitpunkt der Übernahme des Priesteramtes sicherlich nicht mehr in dem Demos Tlos eingeschrieben. Zwar lässt sich die Identität seines Adoptivvaters nicht bestimmen, doch ist vorauszusetzen, dass die Adoption einen Demen- und Phylenwechsel zur Folge hatte, da ihm andernfalls die Kandidatur für die lindischen Priesterämter nicht möglich gewesen wäre24. Mit der Einteilung der Festlandgebiete in Demenbezirke und der Zuordnung der Demen zu einer der drei Phylen war eine Situation eingetreten, die es erforderlich machte, den Grad der Partizipation der neuen Phylengenossen an den Sacra zu regeln. Die enge Verbindung zwischen administrativer Ordnung und Kultleben lässt sich an einem Dekret aus Kamiros verdeutlichen: Ebenfalls gegen Ende des 4. oder Anfang des 3. Jhs. v. Chr. verfasste man einen Beschluss, die ktoinai der Insel und der Festlandgebiete zu registrieren; nur den Bewohnern der Insel Chalke bleibt es freigestellt, ob sie aufgenommen werden wollen25. Die ktoinai werden angewiesen, in ihrem bedeutendsten Heiligtum jeweils einen mastros zu wählen, und zwar nach gesamt­ rhodischem Gesetz (κατὰ τὸν νόμον τὸν τῶν Ῥοδίων); alle mastroi sollen sich nach einer Ankündigung durch die hieropoioi im Heiligtum der Athana in Kamiros einfinden26. Den mastroi wird dabei eine Aufsichtspflicht über alle öffentlichen Heiligtümer der Kamirer zugewiesen (ἀθρεόντω τὰ ἰερὰ τὰ Καμιρέων [τὰ δαμο]τελῆ πάντα)27. Der Rest des Beschlusses ist nicht erhalten; trotzdem gibt der Text zweierlei Hinweise, die an dieser Stelle von Bedeutung sind. Zum einen wird hier eine dauerhafte Kommuni-

23 Tit.Cam. 157 col. I Z. 2. Für die Identifizierung s. Badoud 2015, 42. Bei demselben Anlass spendete Ἐχέβουλος Ἰεροφάνευς 100 Drachmen, der ebenfalls im Demos Tlos registriert war. Es ist sicherlich dessen Enkel Ἐχέβουλος Ἰεροφάνευς καθ’ ὑ(οθεσίαν δὲ) Μελαν〈ώ〉που, der im Jahr 43 v. Chr. in Lindos unter den ἀρχιεροθυτηκότες aufgeführt ist (I. Lindos 346 col. II Z. 82 f.). Auch ihm war durch die Adoption die Aufnahme in das lindische Kultpersonal möglich geworden. Bereits einige Jahre zuvor hatte Echeboulos wahrscheinlich das Amt des Priester des Apollon Pythios inne (I. Lindos 344 col. I Z. 5 f.). 24 Weitere Belege für Priester der Athana Lindia, die ihre Phyle wechselten, nennt Badoud 2015, 42. Zur Adoption in Rhodos s. Rice 1988. Lindos und Kamiros waren ihrerseits nochmals in drei lokale Phylen unterteilt, die jeweils mehrere Demenbezirke zusammenfassten und abwechselnd die eponymen Priester stellten. Diese Dreijahres-Regel entdeckte als Erster Blinkenberg; bislang ist nur der Name der lindischen Phyle Argeia bekannt; s. hierzu grundätzlich Fraser 1953. Im Gegensatz zum Haliospriester wurden der Priester der Athana Lindia sowie der Damiourge in Kamiros durch Wahl bestimmt. 25 Tit.Cam. 109. 26 Die hieropoioi übernahmen neben ihrer Funktion als ›Opferpriester‹ ebenso wie die theoroi Gesandtschaftsreisen zu auswärtigen Heiligtümern (Tit.Cam. 78 Z. 13 f.). Darüber hinaus wurden sie auch mit der Publikation von Beschlüssen betraut; für die Aufgabenbereiche s. Smith 1972, der a. O. 534 annimt, für Gesandtschaftsreisen seien außerordentliche hieropoioi gewählt worden. 27 Die exakte Bedeutung des Verbs ἀθρεῖν ist unsicher; Dignas 2003, 49 und Anm. 56 übersetzt entsprechend vorsichtig »they shall observe (?) all Camiran sanctuaries«; vgl. auch die Übersetzung von Badoud 2011, 563: »ils examinent tous les cultes publics des Camiréens«.



7.1 Partizipation der Bürger an den Poliskulten 

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kation zwischen Phyle und ktoinai festgeschrieben; indem die hieropoioi als Gesandte regelmäßig jede ktoina aufsuchen und auf der anderen Seite die gewählten mastroi der Peraia nach Kamiros reisen, wird die sakrale Bindung gleichsam personalisiert. Die Peraiabewohner werden dabei aktiv am Kultleben beteiligt: Schließlich wird der aus ihren Reihen bestimmte Vertreter für τὰ ἰερὰ τὰ Καμιρέων in die Pflicht genommen. Zum anderen treten hier aber die Grenzen der eigenen Kompetenzen der Phyle Kamiros durch die Bezugnahme auf den νομός der Rhodier – also die rechtlichen Vorgaben des Gesamtstaates – deutlich hervor. Die Phylen scheinen demnach auch in Belangen, die nur die eigenen Kultangelegenheiten betrafen, nicht vollkommen frei gewesen zu sein28. Ebenso wie die beiden Dekrete aus Lindos datiert der Beschluss aus Kamiros in die Konstituierungsphase der Demen- bzw. Ktoinaistruktur auf den Festlandgebieten, während der Fragen der Partizipation und der Kompetenzen zwischen den übergeordneten Institutionen und den Untergliederungen ausgehandelt bzw. Streitpunkte beigelegt werden mussten29. Das Dekret der Kamireer macht deutlich, dass zumindest der Wahlmodus der mastroi in der Gesetzgebung der Gesamtpolis klar geregelt war und dementsprechend auch in Lindos und Ialysos Anwendung fand. Unklarheit besteht dagegen hinsichtlich der Frage, inwiefern den Neubürgern auch eine vollkommen gleichberechtigte Teilhabe an den Sacra der Phylen garantiert worden ist. Immerhin nahm in Lindos eine größere Zahl von Bewohnern aus Physkos an der bereits erwähnten epidosis für die Wiederherstellung des Schmucks der Athana und der Kultgefäße teil30; vorstellbar ist es, dass in diesem Zusammenhang die Peraiabewohner auch eine aktive Teilhabe am Kultleben in Lindos einforderten. Den Lindiern war es jedenfalls nicht möglich, über diese Forderung selbst zu entscheiden; vielmehr musste der Streitpunkt vor einer übergeordneten Instanz – sicherlich in Rhodos-Stadt – geklärt werden, zu der die Abgeordneten der lindischen Demen geschickt

28 Sicherlich waren in den nomoi des rhodischen Gesamtsstaates insbesondere Fragen zur Partizipation der Neubürger aus der Peraia geregelt; schließlich wird in der Inschrift gerade dort, wo der Wahlmodus der Mastroi festgeschrieben wird, auf die gesamtrhodische Gesetzgebung verwiesen, s. Tit.Cam. 109 Z. 13–15: ἐγ δὲ ταυτᾶν τᾶν κτοινᾶν ἀποδεικνύειν τοὺς | κτοινάτας μαστρὸν ἐν τῶι ἰερῶι τῶι ἁγιωτάτωι | ἐν τᾶι κτοίναι κατὰ τὸν νόμον τὸν τῶν Ῥοδίων. Winand 1990, 52 geht davon aus, der νόμος τῶν Ῥοδίων in Tit.Cam 109 Z. 15 habe für alle Phylen des neuen Gesamtstaates und damit auch für Lindos gegolten. Der Nomos ist an dieser Stelle jedoch nur auf den Wahlmodus der Mastroi zu beziehen. Selbst wenn auch Fragen der Partizipation am Kultleben darin geregelt wurden, so belegt IG XII 1, 761 doch eindeutig, dass die Lindier ihren Exklusivitätsanspruch durchsetzen konnten. 29 Wiemer 2010, 416–419 nimmt demgegenüber an, dass der südliche Teil der Peraia, die sog. karische Chersones, bereits vor dem Synoikismos rhodisch geworden sei; eine Übertragung der kamirischen ktoinai zu einem späteren Zeitpunkt hält er für unwahrscheinlich. Da die ktoinai neben ihrer kultischen Funktion aber auch für die Wahl der Ratsmitglieder in Kamiros von Bedeutung waren, ist im Gegenteil vorauszusetzen, dass diese Institution auch noch Ende des 4. Jhs. v. Chr. in neuen Demenbezirken eingerichtet wurde. 30 I. Lindos 51 c, col. II Z. 18–64.

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 7 Die Heiligtümer

wurden. Vor dieser Schiedsinstanz erreichten die Vertreter aus Lindos, dass alles so geregelt wird, wie es auch bereits in den Gesetzen festgelegt war (καθ’ ἃ καὶ ἐν τοῖς νόμοις γέγραπται). Zu bedenken ist besonders, dass die Einbürgerung von Fremden über die Registrierung in einem Demenbezirk vollzogen wurde – bzw. in dem speziellen Fall der Eingliederung der Peraia zusätzlich durch die Zuordnung der neu eingerichteten Demen zu einer der drei Phylen. Die gleichberechtigte Partizipation an den hiera war dabei maßgeblicher Bestandteil der Einbürgerung. Deshalb ist es wahrscheinlich, dass den karischen Neubürgern von der Gesamtpolis allgemein das Recht tōn hierōn metechein zugestanden worden war, das sie nun auch in den Phylen aktiv einforderten31. Die Einberufung einer Schiedsinstanz macht zumindest deutlich, dass die rechtliche Situation nicht klar war bzw. im Widerspruch zu dem stand, was von den Lindiern bereits früher ἐν τοῖς νόμοις γέγραπται. Der Ausschluss der Peraiabewohner von den Priesterämtern muss innerhalb der lindischen Bevölkerung insgesamt von einer breiten Mehrheit getragen worden sein: Sowohl über die Wahl der ἐπιστάται und τοὶ αἱρεθέντες ἄνδρες συναγωνίξασθαι ταῖς δίκαις als auch über den Ehrenbeschluss wurde schließlich von der lindischen Bürgerschaft abgestimmt, auch wenn die ἐπιστάται selbst den Antrag für die Ehrung eingebracht hatten. Besonders deutlich wird schließlich die Dauerhaftigkeit der Exklusion der Festlandlindier zum Ausdruck gebracht: Mit der Publikation des Dekrets im Athanaheiligtum möge fortan allen Nachkommen sichtbar sein, dass die Lindier ihren agathoi andres ein Denkmal für die Ewigkeit errichten32. Wer hier mit den agathoi andres gemeint ist, war neben der ausführlichen Darstellung in dem begründenden Abschnitt des Ehrendekrets gleich nochmal in der Beschlussformel nachzulesen: Es sind diejenigen, die sich περὶ τὰ ἱερὰ τὰ Λινδίων verdient gemacht haben33. Obwohl in dem Dekret sehr umfassend formuliert ist, die Regelung beziehe sich neben den Kultämtern auch auf die Wahl »der anderen, die für die öffentlichen Angelegenheiten aufgestellt werden (καὶ τῶν ἄλλων τῶν ἐπὶ τὰ κοινὰ τασσομέν[ω]­ν)« gab es durchaus Ausnahmen. So konnten Neubürger offensichtlich durchaus die Phyle Lindos bei panrhodischen Agonen vertreten. Bereits um 280/270 v. Chr. übernahm Ἀριδείκης Τιμαράτου aus dem Demos Physkos die Choregie der Phyle Lindos bei einem Agon in Rhodos; der in der Inschrift erwähnte Agonothet, dessen Name

31 Die gleichberechtigte Teilhabe am Kultleben einer Polis wird in Dekreten über die Eingliederung von Neubürgern häufig explizit hervorgehoben, vgl. etwa entsprechende Bestimmungen in dem Isopolitievertrag zwischen Milet und Seleukeia Tralleis, in dem es heißt: ὁπόσοι δ’ ἂν αὐτῶν αἱρῶνται μεθ’ ἡμῶν συμπολιτεύεσ|θαι καὶ μετέχειν ἱερῶν καὶ ἀρχείων καὶ τῶν λοιπῶν ἁπάντων, ὧγ καὶ τοῖς ἄλλοις | μέτεστι Μιλησίοις (I. Milet I 3, 143 A, Z. 23–25). 32 IG XII 1, 761 Z. 44–47: καὶ ἀναγράψαι τόδε τὸ | ψάφισμα ἐς στάλαν λιθίναν καὶ θέμειν ἐς τὸ ἱερὸν τᾶς Ἀθάνα[ς], | ὅπως πᾶσιν τοῖς ἐπιγινομένοις φανερὸν ἦι, ὅτι Λίνδιοι τῶν ἀ|γαθῶν ἀνδρῶν μνάμαν ποιεῦνται ἐς τὸν ἅπαντα χρόνον. 33 IG XII 1, 761 Z. 43 f.



7.1 Partizipation der Bürger an den Poliskulten 

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nur fragmentarisch erhalten ist, war möglicherweise ein Bruder des Arideikēs34. Die Familie des Arideikēs ist auch unter den 44 Spendern aus der Peraia vertreten, die sich an der Ausstattung des Athanaheiligtums beteiligten35. Ob die Motivation für dieses Dekret von einer lokalen Elite ausging, die darauf bedacht war, ihre politisch-gesellschaftliche Exklusivität zu wahren, wie es Vincent Gabrielsen annimmt, erscheint allerdings fraglich. Gabrielsen versteht den Sakralbereich als einen wesentlichen »cornerstone of power« der rhodischen Aristokratie, den sie gegenüber der übrigen Bevölkerung zu verteidigen suchte36. Das Dekret muss jedoch nicht durch die Existenz einer Aristokratie erklärt werden, die durch eine gezielte Privilegienabsicherung ihren Einfluss gegenüber der übrigen Bevölkerung manifestieren wollte. Ungeachtet des fraglos hohen Ansehens der lindischen Priesterschaft ist auch damit zu rechnen, dass die Initiatoren des Dekrets möglicherweise schlichtweg darum bemüht waren, die sakrale Kontinuität des Kults zu sichern und

34 Suppl.Epigr.Rh. 7. Demgegenüber ordnet Badoud 2015, 189 die Inschrift bereits um 310 v. Chr. ein. Er identifiziert Ἀριδείκης Τιμαράτου mit dem Vater von Τιμάρατος Ἀριδείκεος, der in der Spenderliste I. Lindos 51 aus dem Jahr 304 v. Chr. verzeichnet ist; Ἀριδείκης sei zu diesem Zeitpunkt bereits verstorben gewesen, weshalb er nicht in der Liste erscheine, sondern nur die epitropoi des noch minderjährigen Sohnes angegeben seien. Er übersieht dabei jedoch, dass die Familie aus Physkos stammt. Nach der von ihm selbst vorgeschlagenen Datierung von I. Lindos 51 in das Jahr 304 und seiner daraus resultierenden Annahme, die Festlandgebiete seien ebenfalls erst in diesem Jahr eingegliedert worden, kann diese Datierung daher nicht richtig sein. Schließlich war es den Peraiabewohnern erst mit der Verleihung des Bürgerrechts möglich, für eine der rhodischen Phylen als Chorege anzutreten. Insofern kommt nur ein späteres Datum in Frage; bei dem Choregen Ἀριδείκης Τιμαράτου muss es sich entsprechend um den Sohn des in der Spenderliste verzeichneten Τιμάρατος Ἀριδείκεος handeln. Da Τιμάρατος bei dem Spendenaufruf zwar noch nicht volljährig war, aber immerhin bereits verzeichnet wurde, erscheint ein Alter von etwa 15 Jahren als grobe Schätzung realistisch. Demnach kann Ἀριδείκης frühestens um 300 v. Chr. geboren worden sein, was wiederum nahelegt, dass er nicht vor ca. 280 v. Chr. die Choregie übernommen hat. Diese spätere Datierung stimmt auch besser mit dem Schriftbild der Inschrift überein (s. bes. das Omikron mit annähernd gleicher Größe wie die übrigen Buchstaben). Darüber hinaus hat bereits Pugliese Carratelli vorgeschlagen, die Filiation τοῦ Τιμ̣α̣[– – –] des in derselben Inschrift genannten Agonotheten Ἀναξίπολις zu τοῦ Τιμ̣α̣[ράτου] zu ergänzen, womit es sich um einen Bruder des Choregen Ἀριδείκης handeln würde. Weiterhin könnte dann Τιμαφάνης Ἀναξιπόλιος, der um 250 v. Chr. als Trierarch zusammen mit zwei Kollegen in Delos die Proxenie erhalten hatte, der Sohn des Ἀναξίπολις Τιμάρατου sein; IG XI 4, 596. Für diese – wenn auch spekulative – Zuordnung spricht neben der passenden Datierung und dem seltenen Namen Ἀναξίπολις besonders auch der Namensbestandteil Τιμα-, der innerhalb der Familie mehrmals vorkommt. Entsprechend sei das auf S. 456 abgedruckte Stemma 2 vorgeschlagen. 35 Zu diesen Spendern gehört auch der Physkier Φίλων Φιλοκλέος, der um 280/70 v. Chr. bei dem panrhodischen Fest der Großen Erethimia als Gymnasiarch einer Phyle siegreich war; s. oben Anm. 9. Der Name der Phyle ist zwar in der Siegerliste nicht angegeben, doch dürfte es sich um die Phyle Lindos handeln, da Physkos eben ein lindischer Demenbezirk war. Insgesamt aber bleibt es auffallend, dass Rhodier, die nicht den zwölf lindischen Inseldemen angehörten, in Lindos kaum in Erscheinung treten; Thomsen im Druck, 10 f. 36 Gabrielsen 1997, 130–136; vgl. ferner Kap. 3 1.3.

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 7 Die Heiligtümer

die hiera in der Hand von Spezialisten mit dem notwendigem Sachverstand zu bewahren. In ähnlicher Weise lässt sich ein Dekret aus der frühen Kaiserzeit lesen: Um zukünftig die Finanzierung des Kults der Athana gewährleisten zu können, beschließt der lindische Demos im Jahr 22 n. Chr., einen Finanzfond einzurichten. Neben zahlreichen weiteren Maßnahmen zur Akquirierung von Geldern wird den hierothythai nahegelegt, sie mögen ihr Amt als Liturgie versehen und auf die ihnen zustehende Kostenerstattung verzichten. Dabei wird denjenigen Lindiern, die überhaupt erst per Adoption durch einen lindischen Bürger ein Zugangsrecht zu den Priesterämtern erhalten haben, unter Androhung eines Asebieprozesses eingeschärft, ihr Amt mit der gleichen Sorgfalt wie auch die anderen Priester zu versehen37. Man brachte demnach ganz offensichtlich Bürgern, die ursprünglich nicht aus einem lindischen Demenbezirk stammten, eine gewisse Skepsis entgegen. Gleichzeitig verdeutlicht dies die herausragende Bedeutung des Athanakults für Lindos. Bezeichnenderweise waren sämtliche Maßnahmen für die Finanzierung des Athanakults an die Bürgerschaft gerichtet, während man im folgendem Jahr bei den dionysischen Sminthien sogar Nichtbürger als Choregen zuließ38. Durch eine Neudatierung des Ehrendekrets für die lindischen Abgeordneten (IG XII 1, 761) sowie der Subskriptionsliste (I. Lindos 51) hat Nathan Badoud zudem den Befund in einen neuen historischen Kontext gerückt. Beide Inschriften datiert er überzeugend in das Jahr 304 v. Chr. und macht damit eine Abfassung der Dekrete unmittelbar nach dem Ende der Belagerung durch Demetrios Poliorketes wahrscheinlich39. Badoud vermutet, die Lindier hätten während der Belagerung entschieden, Kultgegenstände aus dem Athanaheiligtum zu veräußern, um den Kampf gegen Demetrios finanzieren zu können40. Nach dem Abzug der makedonischen Truppen habe man durch die Subskription für die Wiederherstellung der Kultgegenstände gesorgt. Solch ein Vorgehen legt auch der bei Diodor überlieferte Bericht über die Belagerung nahe. Zwar ist dort nicht von einem Verkauf der Tempelinventare die Rede, immerhin sahen sich die Bewohner in Rhodos-Stadt aber gezwungen, für die Errichtung einer weiteren Festungsmauer Steinmaterial von der Ummauerung des Theaters, einiger Wohnhäuser und sogar der Heiligtümer zu verwenden41. In dieser Situation erscheint es durchaus denkbar, dass die Lindier einen Beschluss fassten, das Tempelinventar der Athana zu verkaufen; auch wenn sich die Belagerung auf Rhodos-Stadt konzen-

37 I. Lindos 419, linke Seite Z. 86–90: (...) ὁ δὲ ἰερεὺς ὁ καθ’ ὑοθεσίαν [γε|νό]μενος ἐπ[άν]α̣νκες πάντα π̣ [ρασσ]έ̣ τ[ω] | καθὰ καὶ οἱ ἄλλ[οι ἰε]ρεῖς ἢ ἀσ[εβής τε ἔ]στω̣ {[ἔσ]|τω} ποτὶ τὰν θεὸν καὶ ἔνοχος ἔστ〈ω〉 τοῖς [ἐ]|πιτιμίοις ἃ̣ γέγ̣ρ̣ απτ̣ αι̣ (...). 38 IG XII 1, 762. Zu den beiden Dekreten s. Kap. 7.2.2 Übernahme von Ämtern bei Festveranstaltungen. 39 Badoud 2015, 75–82. 40 Badoud 2011, 551; Badoud 2015, 80–82. 41 Diod. 20, 93, 1.



7.1 Partizipation der Bürger an den Poliskulten 

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trierte, mussten auch sie mit einer Plünderung des Heiligtums rechnen42. Nachdem die Rhodier die Belagerung erfolgreich überstanden hatten, sei alles mit noch größerem Glanz wiederhergestellt worden43. Da – mit dem Beistand Athanas – gerade erst eine existentielle Bedrohung für die Polis abgewehrt worden war, wird man besonders darauf bedacht gewesen sein, die Kultausübung nur denjenigen zu übertragen, die auch bereits über die notwendigen Kenntnisse verfügten. Die Vertreter der lindischen Demen werden in dem Ehrendekret durch ihren Einsatz gleichsam als Beschützer des Athanakults begriffen (συνδιαφυλάξαντες)44. Die Rolle, die Athana als Schicksalshelferin zukam, wurde noch über 200 Jahre später in der sog. lindischen Anagraphe memoriert. Mehrfach sei Athana während der Belagerung einem Priester erschienen und habe ihn aufgefordert, die Prytanen in Rhodos zu überreden, Ptolemaios einen Hilferuf zu senden45. Als Günstling dieser Schutzgöttin wird man die Beziehung nicht durch einen leichtfertigen Umgang in der Kultausübung aufs Spiel gestellt haben. Zu berücksichtigen ist darüber hinaus, dass in dieser Zeit die Integrationsfähigkeit der rhodischen Bürgerschaft besonders erprobt wurde. Innerhalb einer kurzen Zeitspanne fand man sich gleich zweimal zu erheblichen Erweiterungen der Bürgerschaft bereit: Neben der Eingliederung der Festlandgebiete hatten zu Beginn der Belagerung die Rhodier einigen Sklaven das Bürgerrecht verliehen; weitere Sklaven, die sich bei den Kämpfen bewährt hatten, erhielten nach Beendigung der Belagerung die Freiheit und wurden in die Bürgerschaft aufgenommen46. Gerade diese zahlreichen Einbürgerungen werden die konservative Haltung der Lindier hinsichtlich ihrer Sakralangelegenheiten bestärkt haben. In Kamiros verfuhr man bei der Besetzung der Priesterstellen für Hestia und Zeus Teleios und anderer Kultämter weniger restriktiv. Bereits um 285 v. Chr. begegnet in Kamiros im Kollegium der hieropoioi mit Τιμάνωρ Τιμασιθέου ein vom Festland stammender Neubürger, der in seinem Heimatort Phoinix außerdem Priester der Athana und des Zeus Polieus war47. Es ist besonders von Ellen Rice auf die insgesamt häufig

42 Unmittelbar nach der Landung wies Demetrios Teile seiner Truppen sowie die Piraten, die ihn begleitet hatten, an, die Insel zu plündern, Diod. 20, 83, 3–4. Für die Situation der übrigen rhodischen Orte während der Belagerung s. Bresson 2010, der eine direkte Belagerung von Lindos für unwahrscheinlich hält, a. O. 112 f. 43 Diod. 20, 100, 4. Neben dem Theater und der Festungsmauer erwähnt Diodor jedoch nur allgemein οἱ ἄλλοι τόποι. 44 IG XII 1, 761 Z. 38. 45 I. Lindos 2 Z. 94–115. 46 Diod. 20, 84, 3 und 20, 100, 1–2. Auch diese Neubürger werden in einem Demenbezirk der drei Phylen eingeschrieben worden sein. Über die Zahl der eingebürgerten Sklaven lässt sich keine Aussage treffen. 47 Tit.Cam. 14 Z. 5 und I. Pérée 148 Z. 5–7 mit dem Kommentar auf S. 142 f.

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 7 Die Heiligtümer

zu beobachtende Übernahme von Kultämtern durch Peraiabewohner aufmerksam gemacht worden48. Ein genauerer Blick auf die ersten zwei Drittel des 3. Jhs. v. Chr. macht jedoch erst die Dimension der Mobilität zwischen der Peraia und Kamiros deutlich. So sind allein zwischen 272–253 v. Chr. mindestens 15 Festlandrhodier in Kamiros als hieropoioi belegt49. Dabei gelingt es teilweise auch den Söhnen von Peraiabewohnern, ihren Vätern nachzufolgen, indem sie ein Kultamt in Kamiros übernehmen50. Gelegentlich sind Mitglieder dieser Neubürgerfamilien sogar über drei Generationen zu verfolgen51. Schon im Jahr 254 bekleidete Μένιππος Πολυαράτου aus dem

48 Rice 1999a, 50–53; s. auch den Kommentar von Bresson zu I. Pérée 148. 49 - 272 v. Chr.: Ἀριστόμαχος Ἀριστίωνος (Tit.Cam. 17 Z. 5; Priester des Asklapios in Thyssanous, s. I. Peraia 151 = I. Pérée 118 col. d, Z. 19 f.); Αἰνήσιος Χρυσοστράτου (Tit.Cam. 17 Z. 7; Priester des Asklapios in Thyssanous, s. I. Peraia 151 = I. Pérée 118 col. c, Z. 23); Μιννίων Κυδάρχου (Tit.Cam. 17 Z. 14; als Peraiabewohner durch ADelt 43 B, 1988, 603 = SEG 43.533 zu identifizieren, wo er mit dem Demotikon Τλῶιος erscheint). – 271 v. Chr.: Ἁγήμων Δαματρίου (Tit.Cam. 18 Z. 9; Priester des Apollon in Loryma, s. I. Peraia 8 = I. Pérée 195); Κλείτων Εὐφράνορος (Tit.Cam. 18 Z. 10; Priester des Asklapios in Thyssanous, s. I. Peraia 151 = I. Pérée 118 col. b Z. 32). – 267 v. Chr.: Der in I. Peraia 151 = I. Pérée 118 col. c, Z. 43 als Asklapiospriester verzeichnete Τι[μ– – – Τ]ιμακρατίν[ου] könnte mit dem hieropoios [– – – Τ]ιμακρατίνου identisch sein (Tit.Cam. 20 Z. 12). - 266 v. Chr.: Νίκων Χρυσοστράτου (Tit.Cam. 21 Z. 12; Badoud 2015, 192 interpretiert ihn als Bruder der hieropoioi Αἰνήσιος [272 v. Chr.] und Ἀγέστρατος [262 v. Chr.]; zumindest ist die Herkunft des Νίκων aus der Peraia allein durch das seltene Patronym Χρυσόστρατος sicher belegt). – 262 v. Chr.: Κλευμένης Τιμασιπόλιος (Tit.Cam. 23 Z. 10; sehr wahrscheinlich der Bruder des Κλεώνυμος Τιμασιπόλιος τοῦ Κλευμένευς, s. I. Peraia 101 = I. Pérée 149 Z. 83 f.); Ἀγέστρατος Χρυσοστράτου (Tit. Cam. 23 Z. 11; Priester des Asklapios in Thyssanous, s. I. Peraia 151 = I. Perée 118 c, Z. 6). – 259 v. Chr.: Τιμάπολις Ἰέρωνος (Tit.Cam. 24 Z. 6; Priester der Musen in Kamiros vor 219 v. Chr., s. Tit. Cam. 39 a, Z. 4; er wurde schließlich in Kasara in der Peraia bestattet, s. I. Peraia 61 = I. Pérée 166); Τιμασίθεος Τιμάνορος (Tit.Cam. 24 Z. 12; Sohn des Τιμάνωρ Τιμασιθέου; vgl. Anm. 8). – 257 v. Chr.: Ὀλβιογένης Ἐπικράτευς (Tit.Cam. 27 Z. 6; Priester des Asklapios in Thyssanous, s. I. Peraia 151 = I. Pérée 118 col. b, Z. 24; 253 v. Chr. außerdem Priester des Sarapis in Kamiros; Tit.Cam. 30 col. II Z. 11 f.); Γέραιστις Τιμοκράτευς (Tit.Cam. 27 Z. 5; Priester des Asklapios in Thyssanous, s. I. Peraia 151 = I. Pérée 118 col. b, Z. 4; um 230 v. Chr. Priester der Athana Polias in Kamiros; Tit.Cam. 5 Z. 44 f.). – 253 v. Chr.: Κλεώνυμος Τιμασιπόλιος (Tit.Cam. 30 col. I Z. 10; I. Peraia 101 = I. Pérée 149 Z. 83); Χρυσόστρατος Ἀναξιπόλιος (Tit.Cam. 30 col. I Z. 12; Priester des Asklapios in Thyssanous, s. I. Peraia 151 = I. Pérée 118 col. c, Z. 14). 50 So war etwa Χρυσόστρατος Ἀναξιπόλιος im Jahr 253 v. Chr. hieropoios in Kamiros (Tit.Cam. 30 Z. 12); sein Sohn Ἀναξίπολις Χρυσοστράτου hatte dasselbe Amt 225 v. Chr. inne (Tit.Cam. 39 Z. 12). 51 Bei den beiden namensgleichen Asklapiospriestern Χάρμων Κλείτου aus Thyssanous wird es sich vielleicht um Großvater und Enkel handeln; s. den Kommentar von Bresson zu I. Pérée 118. Ferner wird man die drei ebenfalls in Thyssanous als Asklapiospriester belegten Ἀριστίων Ἀριστομάχου (I), Ἀριστόμαχος Ἀριστίωνος (II) und Ἀριστίων Ἀριστομάχου (II) einer Familie zurechnen dürfen (I. Peraia 151 = I. Pérée 118 col. a, Z. 17; col. c, Z. 11; col. d, Z. 19 f.). Ἀριστίων Ἀριστομάχου (I) wird mit dem im Jahr 270 v. Chr. amtierenden Aphroditepriester in Kamiros zu identifizieren sein (Tit.Cam. 17 Z. 22 f.); 247 v. Chr. ist er dann nochmals als archieristas belegt (Tit.Cam. 6 Z. 6). Zur selben Zeit als er das Pries-



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Demos Thyssanous das Priesteramt der Athana Polias, das an Prestige nur noch von der Damiourgie übertroffen wurde52. Im Gegensatz zu Lindos stand in Kamiros den Peraiabewohnern (sowie den Bewohnern von Chalke) aber auch das höchste Priesteramt für Hestia und Zeus Teleios offen53. Dieses Priesteramt wurde von dem jeweils amtierenden Damiourgen, dem Vorsteher der Gemeinde, übernommen. Die Liste der Damiourgen ist beginnend mit dem Jahr 283 v. Chr. bis etwa 40 n. Chr. weitgehend erhalten; nur für den Zeitraum von 129–105 bestehen Lücken auf dem Stein, für die Jahre 62–39 fehlt weitgehend das Patronym. Da man allerdings erst gegen Ende des 1. Jhs. v. Chr. dazu überging, das Demotikon zu verzeichnen, ist nur durch entsprechende Parallelüberlieferungen die genaue Herkunft der Damiourgen zu bestimmen. Somit lässt sich auch nicht exakt das Jahr benennen, in dem erstmals ein Festlandrhodier das Amt übernahm. Der früheste nachweislich aus der Peraia stammende Damiourge ist Τιμακράτης Τιμοθέου, der das Amt im Jahr 251 v. Chr. innehatte54. Seine Herkunft aus der Peraia geht aus der Spenderliste für die Errichtung des Dionysosheiligtums in Phoinix hervor, in der Τιμακράτης mit einem Betrag von 50 Drachmen verzeichnet ist55. Zwar sind die ersten beiden Silben des Individualnamens dort ergänzt, allerdings nennt eine in Rhodos-Stadt gefundene Inschrift einen Τιμόθε[ος] Τιμοκράτ[ευς] Θυσσανού[ντιος], bei dem es sich um den Sohn handeln wird, der 45 Jahre nach seinem Vater ebenfalls zum Damiourgen gewählt wurde56. Dass für die frühen Jahre der Damiourgenliste keine weiteren Peraiabewohner auszumachen sind, kann der genannten Schwierigkeit bei der Zuordnung der Namen geschuldet sein. Tendenziell mag dieser Befund aber durchaus der Realität entsprochen haben. Gerade im 3. Jh. v. Chr. wird der Bewerberkreis um das Damiourgenamt noch eine Zeit lang von Inselbewohnern dominiert worden sein. Und auch bei Kandidaten aus dem Kreis der ›Altbürger‹ lag zwischen dem Amt des hieropoios, das ohnehin häufig am Anfang einer Laufbahn stand, und der Damiourgie bisweilen ein Zeitraum von über

teramt des Aphroditekultes innehatte, amtierte sein Sohn Ἀριστόμαχος Ἀριστίωνος (I) als hieropoios (Tit.Cam. 17 Z. 5). Dieser wird allerdings nicht mit dem gleichnamigen Asklapiospriester in Thyssanous identisch sein, der in col. d, Z. 19 f. verzeichnet ist. Die vierzehn Namen umfassende Kolumne datiert wohl erst gegen Ende des 3. – Anfang des 2. Jhs. v. Chr., wofür sowohl Parallelüberlieferungen für zwei der Personen als auch die relative Anordnung auf dem Stein sprechen; s. Z. 14: Ἁγήτωρ Τιμάρχου ist für das Jahr 195 v. Chr. in Kamiros als hieropoios bezeugt (Tit.Cam. 46 col. I Z. 12); der in Z. 21 genannte Εὐάρατος Ἀριστοδώρου bekleidete dasselbe Amt 205 v. Chr. (Tit.Cam. 44 Z. 4). Es könnte sich aber bei Ἀριστόμαχος Ἀριστίωνος um einen Enkel handeln. Es zeigt jedenfalls, dass die Familie weiterhin Kontakte zu ihrem Heimatdemos unterhielt. 52 Tit.Cam. 5 Z. 24; I. Pérée 118 (= I. Peraia 151) col. b, Z. 25. 53 Rice 1999a, 50; auch Winand 1990, 49 und 52 kommt zu diesem Ergebnis, obwohl er den Blick nur auf die späthellenistische Phase richtet, in der größtenteils die jeweiligen Demotika verzeichnet sind. 54 Tit.Cam. 3 Pfeiler E, Z. 33; bei Badoud 2015, 95 Abb. 41 zu ergänzen. 55 I. Peraia 101 = I. Pérée 149 Z. 31. 56 Hiller, AM 23, 1898, 396 Nr. 72; Tit.Cam. 3 c, Z. 31.

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zwei Jahrzehnten57. Zu nennen sind etwa nur Μεγακλῆς Μεγασῶνος und Θρασυμήδης Ἀλέξιος, die beide 266 als hieropoioi amtierten, aber erst 243 und 241 ihren ›Cursus‹ mit der Damiourgie abschließen konnten58. Die kontinuierliche Zuwanderung von Bürgern aus der Peraia verschärfte die Konkurrenz um die Priesterämter zusätzlich. Gegen Ende des 1. Jhs. v. Chr. hat es eine Änderung bei der Besetzung der Damiourgen gegeben. Unter dem Jahr 12 v. Chr. steht in der Priesterliste der Vermerk, dass beschlossen worden war, die Damiourgen fortan ἐκ πάντων zu wählen59. Aus dieser Formulierung kann man zunächst nur ableiten, dass der Kreis der Bewerber um das Damiourgenamt erweitert worden sein muss; fraglich ist allerdings, wer sich hinter den πάντες verbirgt. Giovanni Pugliese Carratelli vermutet, man habe den dreijährigen Zyklus, nach dem das Priesteramt ebenso wie in Lindos besetzt wurde, aufgegeben. Christian Blinkenberg und – ihm im Wesentlichen folgend – Badoud meinen dagegen, dass ab diesem Zeitpunkt das Amt des Damiourgen auch für Bürger aus Lindos und Ialysos zugänglich war60. In diesem Fall wäre aber eine präzisere Formulierung zu erwarten gewesen, etwa ek tou sympantos damou. Zudem sind in den Damiourgenlisten keine Bürger aus Ialysos oder Lindos verzeichnet61. Auffallend ist allerdings, dass ab dem Jahr 26 v. Chr. regelmäßig das Demotikon des jeweiligen Amtsträgers notiert wurde. Will man hierin nicht ausschließlich einen Wandel im epigraphic habit sehen, so erscheint es doch naheliegend, die Reform mit der Demenstruktur in Verbindung zu bringen. Mit der Stelle ist daher wohl gemeint »die Damiourgen, von denen man beschlossen hatte, sie aus allen Bürgern der Demen von Kamiros zu wählen«. Dass den Bewohnern der Festlandgebiete bis dahin eine Kandidatur verwehrt blieb, kann wie gesehen ausgeschlossen werden. Möglich wäre dagegen, dass man den Kreis potentieller Kandidaten erweitern wollte und deshalb formale Hindernisse beseitigte – zu denken wäre etwa an die Voraussetzung, vorher bestimmte Ämter bekleidet haben zu müssen, um sich als Kandidat empfehlen zu können oder daran, dass nun der Demenzyklus für die Besetzung der Damiourgen vollständig auf-

57 Durch den bei der Besetzung des Amtes angewandten Demenzyklus bot sich ihnen ohnehin nur jedes dritte Jahr die Chance, gewählt zu werden. 58 Für Μεγακλῆς Μεγασῶνος: Tit.Cam. 21 Z. 13; Tit.Cam. 3 Pfeiler E a, Z. 42. Für Θρασυμήδης Ἀλέξιος: Tit.Cam. 21 Z. 9; Tit.Cam. 3 Pfeiler E a, Z. 45. Bei Τιμακλῆς Τιμακράτευς lagen sogar 36 Jahre zwischen dem Amt des hieropoios und des Damiourgen; Tit.Cam. 27 Z. 6; Tit.Cam. 3 Pfeiler E c, Z. 14. Freilich war das Amt des hieropoios nicht zwangsläufig die letzte Stufe vor der Damiourgie; so hatte auch Τιμακλῆς 227 v. Chr. zunächst noch das Priesteramt des Sarapis inne (Tit.Cam. 38 col. II Z. 16 f.). Aber s. etwa Ἀλκίμαχος Δαμονίκου κατὰ γένεσιν δὲ Δαμοκλεῦς, der nur drei Jahre nachdem er hieropoios gewesen war, bereits zum Damiourgen gewählt wurde (Tit.Cam. 33 Z. 11: 245 v. Chr.; Tit.Cam. 3 Pfeiler E b, Z. 53 f.: 242 v. Chr.). 59 Tit.Cam. 3 Pfeiler D h, Z. 56 f.: δαμιουργοὶ ἀφ’ ἇς ἔδοξε ἐκ πάντων αἱρεῖσθαι. 60 Badoud 2015, 95 f. mit den entsprechenden Literaturhinweisen. 61 Badoud 2015, 95 f. interpretiert diesen Befund als Zufall bzw. als Zeichen für die Zurückhaltung der übrigen Rhodier, sich an den Angelegenheiten in Kamiros zu beteiligen.



7.1 Partizipation der Bürger an den Poliskulten 

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gegeben wurde, nachdem es schon vorher zu Unregelmäßigkeiten gekommen war62. Akzeptiert man einen unmittelbaren Zusammenhang zwischen der Reform und der Aufzeichnung des Demotikon, so muss man zwangsläufig annehmen, dass der Beschluss nur eine bereits seit mehreren Jahren angewandte Praxis bestätigte. Vielleicht besteht auch ein Zusammenhang mit der Aufgabe der Siedlungen in der Peraia gegen Ende des 1. Jhs. v. Chr.63; die damit verbundenen demographischen Verschiebungen werden jedenfalls einen Zustrom zahlreicher Festlandbewohner zur Folge gehabt und zu einer Veränderung der Bevölkerungsstärke der Inseldemen geführt haben. Die Situation in Ialysos lässt sich aufgrund der deutlich geringeren epigraphischen Überlieferung kaum beurteilen. Die Priesterliste für den Kult des Apollon Erethimios umfasst nur den Zeitraum von 62–35 v. Chr.64. Jedenfalls in diesen Jahren übernahmen allerdings nur Bürger aus einem Inseldemos von Ialysos das Priesteramt. Auf Phylenebene existierte demnach zumindest in Lindos ein Exklusionsbereich, der über das Kriterium der Demenzugehörigkeit konstituiert wurde. Die Angehörigen der lindischen Festlanddemen wurden jedoch nur von der Ausübung hierurgischer Handlungen ausgeschlossen, nicht aber grundsätzlich vom Kult- und Festleben der Phyle. Ganz im Gegenteil gibt die Existenz der Phylenheiligtümer einen Hinweis darauf, dass die Lindier aktiv eigene Kulte in der Peraia und auf den inkorporierten Inseln förderten und dadurch die Beziehung zur dortigen Bevölkerung intensivierten65. In der Peraia fand außerdem das karische Kultleben mit der Eingliederung in das rhodische Polisterritorium keineswegs ein Ende66. Der epigraphische Befund gibt Einblicke in eine lebendige Kultpraxis sowohl innerhalb der jeweiligen koina als auch auf der übergeordneten Bundesebene der karischen Chersones. Φιλίων aus dem Demos Hygassos finanzierte gegen Ende des 4. – Anfang des 3. Jhs. sogar den gesamten naos des Hemitheia-Heiligtums in Kastabos, bei dem es sich wohl um eines der Zentralheiligtümer des Bundes handelt67. Im 2. Jh. v. Chr. musste das Heiligtum schließlich

62 Bereits von Pugliese Carratelli 1956, 73 vermutet; von Badoud 2015, 95 abgelehnt. 63 Die Aufgabe der Siedlungen ist archäologisch eindeutig belegt. Die Ursache hierfür lässt sich jedoch nicht bestimmen; s. dazu etwa Held 2009, 134. 64 IG XII 1, 730. 65 Auf Karpathos gab es ein Heiligtum der Athana Lindia (IG XII 1, 1033 Z. 25 f.); vielleicht betraf auch die Regelung der gemeinsamen Kultangelegenheiten von Lindos und Physkos in dem nur fragmentarisch erhaltenen Dekret I. Peraia 501 (= I. Perée 22; Mitte 1. Jh. v. Chr.) ein Athanaheiligtum. Das Fragment einer Subskriptionsliste aus Thyssanous liefert möglicherweise einen Beleg für ein Phylenheiligtum von Kamiros; s. I. Pérée 122 (= I. Peraia 152) mit dem dortigen Kommentar. 66 Einen Überblick über die Kulte in Loryma bietet Held 2010. 67 I. Peraia 451 (= I. Pérée 38). Eine sichere Identifizierung als Bundesheiligtum ist nicht möglich; in Frage käme auch das nördlich von Loryma gelegene Heiligtum von Kiran Gölu, Wilkening 2008, 99

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 7 Die Heiligtümer

erweitert werden, da der Platz für die große Menge der Pilger nicht mehr ausreichte68. Auch in der Sepulkralkultur ist diese Kontinuität karischer Traditionen greifbar, wie insbesondere anhand der Verwendung der charakteristischen Stufenbasen deutlich wird. Obwohl sich die Peraiabewohner in erster Linie als rhodische Bürger verstanden, lässt sich hier mit Winfried Held durchaus von einer ›karischen‹ Identität sprechen69.

7.2 Partizipation von Nichtbürgern an Poliskulten Die Frage nach Möglichkeiten der Partizipation von Nichtbürgern am Kultleben stellt sich zunächst in einem ganz konkret räumlichen Sinne, bevor nach der sozialen Dimension zu fragen ist. Wie nämlich sah es grundsätzlich mit der bloßen Anwesenheit von ansässigen Fremden bei Kulthandlungen sowie bei den zahlreichen Festen aus? Inwiefern war es Nichtbürgern gestattet, Heiligtümer zu betreten, an Opfern, Prozessionen sowie den untrennbar mit dem Kultleben verbundenen Festen und Agonen teilzunehmen? Dabei geht es nicht um die dezidiert überregional ausgerichteten Feste wie etwa das der Halieia, die ohnehin auf eine große Beteiligung auswärtiger Festgesandtschaften, Sportler und sonstiger Gäste ausgerichtet waren und deren Beteiligung das Prestige des Festes bemaßen, sondern im besonderen um die Präsenz der Nichtbürger im religiösen ›Alltag‹70.

und 102; zur nachweislichen Bedeutung als Pilgerort s. die folgende Anm. 68 I. Peraia 401 (= I. Pérée 44). Auch Diod. 5, 62–63 hebt die überregionale Bedeutung des Heiligtums hervor, das Besucher von weither angezogen habe. 69 Held 2013. Inwieweit eine ›karische‹ Identität auf anderen Eben fortbestand, etwa durch den Gebrauch der karischen Sprache, lässt sich anhand der Quellen nicht bestimmen. An der Wand eines Steinbruchs innerhalb der Nekropole von Asartepe wurde im Jahr 2011 der erste in karischer Schrift verfasste Text innerhalb der karischen Chersones entdeckt, s. den Bericht der letzten Kampagne des Bybassos-Surveys (17.12.2012). Freilich lässt solch ein singulärer Befund keine Aussagen über eine bis in hellenistische Zeit reichende Verwendung der karischen Sprache unter den rhodischen Festlandbewohnern zu. Im ländlichen Raum der Peraia begegnen in Grabinschriften vereinzelt auch Namen mit eindeutig karischem Ursprung, die allerdings im griechischen Alphabet verfasst sind; Held, EpigrAnat 2003, Nr. 21. Die grundsätzliche Bedeutung der Sprache als Ausdruck kultureller Identität betont auch Blümel 2009, 224. Nach der bisherigen Befundlage sei zu vermuten, dass die karische Sprache in Karien im Laufe des 4. Jhs. v. Chr. durch das Griechische verdrängt wurde; dennoch sei eine darüber hinausgehende Verwendung des Karischen in nicht-offiziellen Kontexten denkbar. Insgesamt schienen die Karer wenig geschrieben zu haben, resümiert Blümel, a. O. 227. 70 Für die Bedeutung panhellenischer und lokaler Polisfeste im Hellenismus s. etwa die kurzen Fallbeispiele bei Wiemer 2009.



7.2 Partizipation von Nichtbürgern an Poliskulten 

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7.2.1 Formen räumlicher Inklusion Das temenos Verbote, die es Nichtbürgern grundsätzlich untersagten, die Heiligtumsbezirke zu betreten, sind für Rhodos nicht überliefert. Solche räumlichen Restriktionen gab es in den Poleis generell eher für bestimmte Personen, die eine Gefahr für die Reinheit des Heiligtums darstellten, und waren nicht unbedingt an einen rechtlichen Status gebunden71. Rhodos bildete in dieser Hinsicht keine Ausnahme. So bestand in Ialysos beispielsweise ein Verbot, das Heiligtum der Alektrona mit Schuhen aus Schweinsleder zu betreten72. Wer Schweinefleisch gegessen oder auch nur ein Schwein berührt hatte, dem wurde der Zutritt zum temenos des karischen Heiligtums der Hemitheia in Kastabos verwehrt. Diese Anordnung lässt sich hier ganz konkret aus dem lokalen Gründungsmythos ableiten: Hemitheia sollte zusammen mit ihrer Schwester den Wein des Vaters bewachen; als sie einschliefen, drangen Schweine ein und zerstörten den Weinkrug73. Auch der Ausschluss von Sklaven von den Opferfeiern für den ialysischen Heros Phorbas wird in der Überlieferung mit einem Verweis auf die Vergangenheit begründet. So führt Dieuchidas von Megara dieses Verbot auf eine Anordnung von Phorbas selbst zurück74. In Lindos wiederum durften keine Frauen den Kulthandlungen für Zeus Amalos sowie Zeus Apotropaios und Athana Apotropaia beiwohnen75. Einen wichtigen Hinweis über die Zugänglichkeit zu einem temenos liefert ein ebenfalls aus dem Gebiet von Lindos stammendes Gesetz für den Schutz von Einrichtungen zur Wasserversorgung76. Ausdrücklich wird es darin jedem verboten, in der Nähe von Brunnen zu zelten oder sich darauf zu setzen. Bei Verstößen haben freie Personen eine Strafe von 500 Drachmen an den Priester der Nymphen zahlen, Sklaven dagegen sollen ausgepeitscht werden77. Der Text selbst gibt keinen direkten Hinweis, wo die Brunnen zu

71 s. hierzu den Überblicksbeitrag von Funke 2006 sowie Krauter 2004, 56–69. 72 IG XII 1, 677 (= Sokolowski III 136), 1. Hälfte 3. Jh. v. Chr. 73 Diod. 5, 62. Dieses Ereignis sei zudem der Grund dafür, dass man der Hemitheia Honigmet statt Wein opfere. 74 FGrH 485 F7 (= Athen. 6, 82). 75 I. Lindos 26 (= Sokolowski Suppl. 89, um 400 v. Chr.); N.Suppl.Epigr.Rh. 169 Nr. 20 a und b = Sokolowski Suppl. 88 (4. Jh. v. Chr. und 2. Jh. v. Chr.); N.Suppl.Epigr.Rh. 169 Nr. 20 a: Σμινθίου τρίται ἐπὶ δέκα· | Ζηνὶ Ἀποτροπαίωι̣ κριός, | Ἀθάναι Ἀποτροπαίαι ὄις· | θύει ἀρχιεροθύτας. τὰ θυ|θέντα αὐτεῖ καταχρεῖσθα[ι]. | γυναιξὶν οὐκ ὀσία. »Am 13. des Monats Sminthios: Der archierothytas opfert dem Zeus Apotropaios einen Widder, der Athana Apotropaia ein Schaf. Das Opferfleisch soll genau hier verzehrt werden. Frauen ist (die Teilnahme) nicht gestattet.« 76 Kontorini 2007, 780 (= SEG 57.764). 77 Z. 7–12: εἰ δέ | τίς κα παρὰ ταῦτα π[οι]ῆι τὸμ μὲ[ν] δοῦ|λον ἐξέστω μασ̣[τι]γοῦ̣ν̣ τῶι χ[ρ]ήι|ζοντι [Λι]νδίων ὁ δὲ ἐλεύθερος ἀ|ποτεισάτω δραχμὰ̣ς π̣ εντακοσί|ας ἰερὰς Νυμφ[ᾶν]. Für eine entsprechende Bestrafung von Sklaven vgl. IG XII 1, 1 Z. 4 f.: ὁ δὲ δοῦλ[ος μαστιγού|σθ]ω μ[ὴ] ἔλασσον πλαγ̣[ὰς – – –].

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 7 Die Heiligtümer

lokalisieren sind78. Die Sanktionsklausel macht zumindest deutlich, dass die Brunnen unter dem Schutz der Nymphen standen. Daraus lässt sich jedoch noch nicht eindeutig ableiten, dass sich diese auch innerhalb eines temenos befanden. Eindeutiger ist hingegen die Bestimmung, dass Verstöße gegen das Gesetz von den hieroi, dem arch­ ierothytes sowie den epistatai bei den mastroi gemeldet werden sollen79. Sehr wahrscheinlich gehörten die Brunnen daher zu einem Heiligtum, dessen Bezirk zumindest während der Kultfeiern stark frequentiert war; bei solchen Anlässen werden dann auch von den Besuchern die genannten Zelte errichtet worden sein80. Die in der Inschrift definierte Dichotomie zwischen Freien und Sklaven hat eine rein strafrechtliche Dimension, die erst im Falle eines Gesetzesverstoßes relevant wird. Die Anwesenheit von Bürgern, Nichtbürgern und Sklaven wird als selbstverständlich vorausgesetzt. Allerdings sah man sich aber veranlasst, die Besucher unter Androhung einer hohen Strafe zu ermahnen, sich dem sakralen Ort entsprechend zu verhalten und nicht überall ihre Zelte aufzuschlagen81. Eine Person ohne Bürgerrecht allein gefährdete nicht die Reinheit eines Heiligtums. In Rhodos wachte über die Einhaltung solcher Zutritts- bzw. Reinheitsgebote ohnehin ein Nichtbürger aus Antiochia als Tempelwächter (nakoros); zusammen mit einem rhodischen Priester stiftete er der Athena Soteira ein Weihgeschenk82. Solcherlei Stiftungen waren für Nichtbürger eine wichtige Möglichkeit, ein für alle sichtbares Zeichen der eusebeia gegenüber einer lokalen Gottheit zu geben. Bürger wie Nichtbürger hatten in Rhodos hierfür offenbar gleichermaßen einen formellen Antrag – eine aitēsis – zu stellen. Als im 3. Jh. v. Chr. einige Bereiche des Asklapiosheiligtums durch die Vielzahl an Weihgeschenken unzugänglich geworden waren, erließ man ein generelles Verbot, Anträge für die Aufstellung von Statuen oder anderen anathēmata an einen dieser beliebten Plätze einzureichen83. Eine Unterscheidung der potentiellen

78 Kontorini 2007, 782 f. verweist in diesem Zusammenhang auf die Zisternen, die während der dänischen Ausgrabungen auf der Akropolis von Lindos entdeckt wurden, sowie auf zwei Weihinschriften von Stiftern, die für die Aufsicht von Zisternen zuständig gewesen sind (I. Lindos 289 und 290). Da die beiden Stifter dem Kultpersonal zuzurechnen sind, gehören die darin genannten Zisternen in jedem Fall zu einem Heiligtum, s. dazu unten Kap. 7.2.2 Übernahme von Kultämtern. 79 Entgegen Kontorini 2007, 784 sind die epistatai dem Kultpersonal zuzurechnen. 80 Auf diesen Zusammenhang weist Kontorini 2007, 782 hin. 81 Dies war ein generelles Problem, das ebenso aus anderen Heiligtümern bekannt ist, s. dazu Lupu 2005, 26. 82 Jacopi, ClRh 2, 1932, 184 Nr. 9 (2./1. Jh. v. Chr.). Zu den nakoroi s. Kap. 7.2.2 Übernahme von Kultämtern. 83 Suppl.Epigr.Rh. 1 Z. 10–12: μὴ ἐξέστω μηθενὶ αἰτήσασ|[θαι ἀνά]θεσιν ἀνδριάντος μηδὲ ἄλλου | [ἀναθ]ή̣ματος. Im Anschluss daran wird der Bereich, der frei von Dedikationen bleiben soll, genau definiert, Z. 12–18: ἐς τὸ κάτω μέρος̣| [τοῦ τ]εμένευς ἀπό τε τοῦ προπύλου | [ἐπ’ ε]ὐθ̣ ε̣ ίας ἔστε ποτὶ τὰ ἀναθήματα | [ὧ]ν̣ ἐντι ταὶ αἰτήσιες πρότερον γεγενη|[μ]έ̣ ναι, ἢ ἐς ἄλλον τινα τόπον ἐν ὧι στα|θ̣ έντα τὰ ἀναθήματα κωλύσει τοὺς περι|πάτους. »Es ist keinem erlaubt, einen Antrag für die Aufstellung einer Statue oder eines anderen Weihgeschenks zu stellen in Bezug auf den unteren Bereich des temenos von



7.2 Partizipation von Nichtbürgern an Poliskulten 

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Antragsteller nach bestimmten rechtlichen Kriterien wird in dem Dekrettext nicht vorgenommen84. Die Temenosbezirke waren mithin allgemein keine exklusiven Orte der Bürgerschaft, zumindest in dem Sinne, dass sie grundsätzlich auch von Nichtbürgern betreten werden durften. Hinsichtlich der Stiftung von Weihgeschenken stellt sich jedoch die Frage, ob bestimmten Nichtbürgern bevorzugt das Recht gewährt wurde, anathēmata aufzustellen. Schließlich wird nicht jeder Antragsteller mit seiner aitēsis Erfolg gehabt haben. Dabei spielte es natürlich eine erhebliche Rolle, welchem Heiligtum man ein Weihgeschenk stiften und – wie aus dem Dekret bezüglich der Platzierung der Weihgeschenke im Asklapiosheiligtum zu ersehen – wo man es innerhalb des temenos aufstellen wollte. Der Befund der Weihgeschenkbasen der Akropolis von Lindos erlaubt zumindest differenziertere Aussagen hinsichtlich der ›fremden‹ Stifter, wenn auch weniger zu den genauen Aufstellungskontexten. Deutlich wird dabei, dass nur wenige Nichtbürger eine Chance erhielten, sich an solch einem Ort in besonderer Weise zu präsentieren. Zahlreiche Dedikationen auswärtiger Stifter sind bekanntlich in der sog. lindischen Tempelchronik aufgeführt85. Dass es sich bei dieser Zusammenstellung aus dem Jahr 99 v. Chr. um kein Tempelinventar handelt, das den Gesamtbestand der anathēmata dokumentieren soll, ist mehrfach betont worden86. Die Auflistung der größtenteils verlorenen Weihgeschenke mythischer und historischer Personen diente vielmehr als Nachweis für die weitreichende Bedeutung und das hohe Alter des Heiligtums. Die Verfasser der anagraphē schauten bei ihrer Auswahl daher in erster Linie auf die Prominenz der Stifter und deren Eignung, das Prestige des Heiligtums zu mehren87. Dieses Kriterium mag bisweilen auch bei der Bewilligung eines Antrages für die Aufstellung einer Statue oder eines anderen Weihgeschenks ausschlaggebend gewesen sein.

dem Propylon herab geradeaus bis zu den Weihgeschenken, für die früher Anträge genehmigt wurden, oder irgendeinen anderen Platz, an dem die aufgestellten Weihgeschenke die Durchgänge versperren.« Grundsätzlich war es freilich weiterhin möglich, Weihgeschenke an Asklapios zu stiften, nur sollte eine gewisse Ordnung im Heiligtum gewahrt bleiben. Für einen Verstoß gegen diese Anordnung sind keine Strafen vorgesehen, sondern die Astynomen sind in solch einem Fall angewiesen, die Weihgeschenke an einen anderen Platz zu versetzen; Z. 18–22. Das Heiligtum konnte mittlerweile östlich der Akropolis lokalisiert werden, s. Fantaoutsaki 2004. 84 In dem Asklapiosheiligtum stellte man auch Ehrendekrete für auswärtige Wohltäter auf; dies ist zumindest dem Ehrenbeschluss für einen Bürger aus Kos zu entnehmen; IG XII 4, 1, 147 (2. Hälfte 3. Jhs. v. Chr.). Habicht 2000, 291 f. hat erkannt, dass es sich um ein rhodisches Ehrendekret handelt. Die Initiative für solch eine Aufstellung ging aber eben von der Polis aus. 85 I. Lindos 2. Für neue Ergänzungsvorschläge s. Higbie 2003, 18–49. 86 Zuletzt Krumeich 2008, 89 f.; Higbie 2003, 203. 87 Gegen den von Shaya 2005 beschriebenen Wandel des Athanaheiligtums zu einer Art Museum, wendet sich Krumeich 2008, der a. O. 91 zu Recht die im Hellenismus anhaltende Bedeutung des Kults betont.

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 7 Die Heiligtümer

Allgemein dominieren im 4. und 3. Jh. v. Chr. zunächst Votive und besonders Statuenweihungen, die von führenden Lindiern teilweise im Verbund mit weiteren Familienmitgliedern aufgestellt wurden; hinzu kommen insbesondere Statuen von Priestern, die entweder von ihnen selbst oder von Kollegen und Familienangehörigen aufgestellt worden waren. Ab der 2. Hälfte des 3. Jhs. v. Chr. finden sich dann Familienmonumente wie etwa die Exedra der Familie des Lysistratos sowie erstmals die Statue eines Lindiers, die auf einen Ehrenbeschluss der lindischen Gemeinde zurückgeht, ohne dass aber der konkrete Anlass genannt wird88. Vermehrt treten solche Ehrungen von öffentlicher Seite aber erst ab der Mitte des 2. Jhs. und dann besonders im 1. Jh. v. Chr. auf. Seit dem beginnenden 2. Jh. v. Chr. kommen außerdem Altar- und Statuenweihungen militärischer Amtsträger hinzu. Unter dieser Vielzahl an Weihungen finden sich gerade einmal 20, an denen Nichtbürger in irgendeiner Weise beteiligt waren89; vier Weihgeschenke wurden gemeinsam von Bürgern und Nichtbürgern aufgestellt90, während in allen übrigen Fällen Fremde als alleinige Stifter in Erscheinung treten. Die Inschriften verteilen sich ohne erkennbaren Schwerpunkt über einen Zeitraum vom 3.–1. Jh. v. Chr. Mehrere der Nichtbürger, denen es gewährt wurde, ein Votiv aufzustellen, sind ganz offensichtlich als Staatsgäste der Rhodier zu benennen, die sich entsprechend nur vorübergehend in Rhodos aufhielten. So begegnet mit dem Aitoler Πασίων ein Nichtbürger als Dedikant, der von den Rhodiern zum proxenos ernannt worden war91; er hielt sich als Gesandter des Aitolischen Bundes auf Rhodos auf. Sein Vater sowie sein Onkel, mit denen er gemeinsam das Weihgeschenk stiftete, sind zudem mit der epidamia ausgezeichnet worden, wobei es in diesem Fall vielleicht eher um eine reine Ehrenbezeugung ging, ohne dass dieses Privileg von den beiden Aitolern in Anspruch genommen worden sein wird. Auch der weitbekannte Bildhauer Βόηθος Ἀθαναίωνος aus Kalchedon übernahm für die Rhodier das Ehrenamt eines proxenos92; für das Athanaheiligtum hatte er eigens ein Kunstwerk angefertigt, das er als »Dankgeschenk« der

88 I. Lindos 125 (um 230–219 v. Chr.). 89 IG XII 1, 775. 838; I. Lindos 78. 88. 92. 120. 130. 132. 143. 144. 165. 177. 178. 184. 241. 299 c; 340. 356. 358. 361. Die sechs Votive der Polissklaven, die im Dienst des Heiligtums standen, sind separat zu betrachten, s. dazu Kap. 7.2.2 Übernahme von Kultämtern. Der Votivaltar I. Lindos 339, den Κύθαινα auf ein Gelübde hin für Εὐκράτης an Zeus Atabyrios stiftete, könnte auch sekundär auf die Akropolis gelangt sein. 90 IG XII 1, 838; App. I 15 (= I. Lindos 88); I. Lindos 299 c; 361. 91 I. Lindos 130. Vor dem Synoikismos wurden die proxenoi der Lindier im Heiligtum der Athana verzeichnet, s. I. Lindos 16 App. Z. 6–10. In Rhodos-Stadt weihte der Athener Γλαύκων Ἐτεοκλέους, der in den 270-er Jahren zusammen mit seinem Bruder Chremonides zu den führenden Politikern Athens zählte, als rhodischer proxenos ein Votiv an Apollon Pythios, IG XII 1, 25. Da Glaukōn ohne weitere Präzisierung allgemein als proxenos bezeichnet wird, ist auszuschließen, dass hier die delphische Proxenie gemeint ist, wie es Dreyer 1999, 242 annimmt. 92 I. Lindos 165 (um 177 v. Chr.). Plinius (nat. 33, 115) berichtet zudem von Silberarbeiten eines Boēthos im Athanaheiligtum, die wohl auf diesen Künstler zu beziehen sind; s. dazu den Kommentar



7.2 Partizipation von Nichtbürgern an Poliskulten 

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Göttin weihte; erhalten ist freilich nur noch die massive Basis. Dem Dedikationstext fügte Boēthos sogar die Datierung nach dem amtierenden Priester der Athana bei. Ebenfalls ein proxenos war der aus dem syrischen Arados stammende Ζήνων, der in der 2. Hälfte des 3. Jhs. v. Chr. für seine drei Kinder der Athana Lindia ein Weihgeschenk stiftete. Die Verbundenheit mit Rhodos demonstrierte er zudem dadurch, dass er seiner Tochter den Namen Ῥοδιάς gab93. Möglicherweise ist es derselbe Zēnon, der in einer weiteren Weihinschrift begegnet. Und zwar ehrten die Geschwister Διονύσιος und Φίλα – Sohn und Tochter eines Ζήνων aus Arados – ihre Mutter Ἀστίς aus Sidon und stifteten eine Statue an Athana Lindia und Herakles94. Die Statue hatten sie bei dem prominenten Künstler Φύλης aus Halikarnassos in Auftrag gegeben, der auch für zahlreiche Rhodier tätig war. Dass Dionysios sich bereits in irgendeiner Weise um die Polis verdient gemacht hatte, wird an dem Ehrentitel euergetas sichtbar, der seinem Namen in der Weihinschrift beigefügt ist. Eine weitere Statue stiftete Διονύσιος seiner Mutter in Rhodos-Stadt, die er dort an Artemis weihte95. Zwar ist nicht bekannt, wo exakt die Statue zu platzieren ist, doch war sie Teil eines größeren Ehrenmonumentes, zu dem auch die Statuen zweier Bürgerinnen, die Schwestern waren, gehörten. Man geht demnach nicht zu weit, enge Kontakte zu der rhodischen Familie vorauszusetzen, die dann auch noch öffentlich inszeniert wurden. Mit Κάσανδρος aus Aspendos war ein weiterer ›fremder‹ Wohltäter auf der Akropolis von Lindos statuarisch präsent; die Statue war ebenfalls kein bloßes Ehrenmonument, sondern als Weihgeschenk an Athana gestiftet worden96. Bemerkenswert ist, dass die Initiative für die Errichtung der Statue von der Frau des Kasandros,

in DNO 3487. Mit Λυσίας Πυρράνδρου aus Chios hatte ein weiterer Bildhauer ein Weihgeschenk für Athana errichtet; I. Lindos 177 (letztes Drittel 3. Jh. – 1. Drittel 2. Jh. v. Chr.). 93 I. Lindos 120. In Rhodos-Stadt weihte ein Ζήνων Ναούμου aus Arados, der ebenfalls zum proxenos ernannt worden war, ein anathēma an Zeus Soter (IG XII 1, 32; zeitlich fügt sich die Inschrift gut in die zweite Hälfte des 3. Jhs. v. Chr. ein; s. bes. das Ξ noch mit senkrechter Haste, Ω mit vollständig geschlossenem Bogen sowie das gegenüber den anderen Buchstaben etwas verkleinerte Ο). Ob beide Personen identisch sind oder zufällige Namensgleicheit vorliegt, lässt sich nicht entscheiden, da in I. Lindos 120 kein Patronym gegeben ist. Der Kult des Zeus Sōtēr war insbesondere in mehreren Vereinen verbreitet, die sich als Διοσσωτηριασταί bezeichneten. Dass Zēnon mit dem als Διοσσωτηριασταί Ζηνωνιασταί bezeichneten Verein in Verbindung zu bringen ist, wird aber auszuschließen sein; beide Belege für diesen Verein datieren später, s. Pugliese Carratelli, Associazioni, Nr. 2 Z. 2 (2. Jh. v. Chr.; Διοσσωτηριασταί ist hier ergänzt) sowie 151 Nr. 6 Z. 13 = App. I 9 (1. Jh. v. Chr.). 94 I. Lindos 132. Blinkenberg äußert die Vermutung, Astis könnte die zweite Frau des Zēnon gewesen sein. 95 IG XII 1, 104 c: Ἀστὶς [Μνασέα Σιδωνία] | γυνὰ δ[ὲ Ζήνωνος] | Ἀρα[δίου προξένου] | Διονύσιος | [Ζήνωνος Ἀράδιος εὐεργέτας] | ὑπὲρ [τᾶς ματρὸς] | Ἀρτάμιτι [καὶ – –] | vacat | Εὐθυκράτης Καλλία Μα[κεδὼν ἐποίησε]. Der rechte Teil der Inschrift ist weggebrochen. In Z. 3 ist hinter ARA auf dem Abklatsch ein Abdruck zu erkennen, der zu einem Rest der unteren und linken Haste eines Delta gehören könnte. Da der Name Ἀστίς äußerst selten ist, kann die Identität als relativ sicher gelten. 96 I. Lindos 78 (1. Viertel 3. Jh. v. Chr.). Blinkenberg bemerkt a. O., dass die Standspuren auf der Oberseite der Basis einer männlichen Statue zuzuordnen seien.

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 7 Die Heiligtümer

Ἀριστοτίμα aus dem zyprischen Salamis, ausging. Ein Votiv in Form eines marmornen Pfeilers, der eine Höhe von rund 1,26 m aufweist und auf dem einst möglicherweise eine bronzene Tierstatuette angebracht war, war ebenfalls von einer Frau gestiftet worden: Die Pisidierin Φιλίστιον aus Termessos hatte es für den Rhodier Δάμων Ἁγησάρχου aufgestellt97. Der hier genannte Damōn ist ansonsten nicht belegt; gut denkbar aber wäre es, dass Philistion verwitwet war und es sich bei ihm um ihren kyrios handelte. Die Tochter eines Ἡρόδοτος aus Kyzikos ist wahrscheinlich – ebenso wie es für Astis aus Arados anzunehmen ist – in der 2. Hälfte des 1. Jhs. v. Chr. sogar mit einer Statue geehrt worden98. Von dem Stifternamen lässt sich nur das Patronym Ξένωνος lesen, das keinen Rückschluss auf die Herkunft zulässt; dahinter ist ein Demotikon oder Ethnikon zu rekonstruieren; die Endung [– – –]ιος lässt grundsätzlich beide Möglichkeiten zu. Die Beziehung zwischen Dedikant und Honorand beschreibt die Widmung [ὑπὲρ τᾶς] μαίας, wobei μαῖα (»Großmutter«) hier sicherlich kein Verwandtschaftsverhältnis ausdrücken soll. Mit großer Wahrscheinlichkeit kann man solch eine Bedeutung auch bei einer späthellenistisch/frühkaiserzeitlichen Grabinschrift aus Karpathos ausschließen, die Μουσαῖος und Θεύδωρος aus dem Demos Brykous sowie Φίλων aus dem Demos Kamyndios ὑπὲρ τᾶς μα{έ}〈ί〉ας Φυσίς aus Alexandria errichteten99. In beiden Fällen wird μαῖα mit Amme zu übersetzen sein. Diese Aufgabe übernahmen in der Regel Unfreie. Dass in Lindos eine Nichtbürgerin bzw. Sklavin hierfür eine statuarische Ehrung erhielt, die zudem offensichtlich noch Teil eines Familienmonumentes war, zeigt die Wertschätzung, die man dieser Tätigkeit entgegenbrachte100. Die drei Nichtbürger aus Ephesos, Milet und Soloi, die der Athana eine aparchē weihten, könnten wiederum Söldner im Dienste der Polis gewesen sein101. Dasselbe gilt für Δεῖος aus Iasos und Ἄτταλος aus Tralles, die gemeinsam mit sechs Rhodiern eine Ehrenstatue für eine Person gestiftet haben, deren Name nicht erhalten ist102. Eindeutig dem militärischen Bereich können aber nur Φορμίων aus Halikarnassos sowie ein Samier mit dem Titel euergetes zugeordnet werden, die am Schluss der Dedikantenliste der Schiffsbesatzung aufgeführt sind, die das große Monument

97 I. Lindos 143 (um 200 v. Chr.). Ein Tier als Votiv vermutet Blikenberg auf Grund der vier Dübellöcher. 98 I. Lindos 358. 99 IG XII 1, 1029. Grundsätzlich kann μαῖα auch Hebamme bedeuten; s. Samama 2003, 8–10. 100 Die Statue war Teil eines exedraförmigen Monumentes; so verweist Blinkenberg auf die konkave Vorderseite der Basis und ein Klammerloch auf der rechten Seite; die Rückseite verläuft jedoch waagerecht. 101 IG XII 1, 775 (2. Jh. v. Chr.?); s. auch das als aparché geweihte Votiv des Eutychos aus Myrina; I. Lindos 178 (um 200–170 v. Chr.). 102 I. Lindos 361. Die beiden Nichtbürger werden als letzte in der Reihe der Dedikanten genannt. Während die Rhodier direkt nacheinander aufgezählt werden, fügte man außerdem vor dem Namen des ersten der beiden Nichtbürger ein καί ein, was eine zusätzliche Abgrenzung markierte.



7.2 Partizipation von Nichtbürgern an Poliskulten 

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eines nachgebildeten Schiffbugs aus der Kriegsbeute als aparchē an Athana geweiht hatte103. Zwei Dedikationen geben zudem ein besonders anschauliches Beispiel für die intensive Interaktion zwischen Fremden und Lindiern der lokalen Führungsschicht: Ἑρμογένης aus Laodikeia, der als verantwortlicher Magistrat für die Entsendung von Ehrengeschenken an auswärtige Gesandte im Dienst der Polis stand, gehörte zu der großen Zahl von Dedikanten – darunter befinden sich Priester verschiedener Gottheiten, hierothytai sowie epistatai –, die für den amtierenden Priester der Athana Lindia im Jahr 74 v. Chr. eine Statue stifteten104. Weitere Belege für rhodische Amtsträger ohne Bürgerrecht gibt es nicht. In diesem besonderen Fall wird man gezielt die Kontakte des Hermogenēs für die Polis nutzbar gemacht haben, indem man ihm einen Verantwortungsbereich übertrug, der die Außenbeziehungen der Polis betraf. Es ist allerdings eher unwahrscheinlich, dass es sich um ein dauerhaft eingerichtetes Amt handelt, da es sonst bei ähnlichen Dedikationen nicht erwähnt wird105. Βασιλείδης Ἀπολλωνίου aus Soloi unterhielt enge Kontakte zu der lindischen Familie des Θαρσαγόρας, die ebenfalls zur lokalen Oberschicht zu zählen ist106. Der Sohn und die Tochter des Tharsagoras stifteten ὑπὲρ τοῦ πατρός eine Ehrenstatue, an der sich auch Basileidēs als Dedikant beteiligte, dessen genaues Verhältnis zu dem Honoranden durch die allgemeine Formulierung ὑπὲρ Θαρσαγόρα aber nicht zu bestimmen ist. Die Kinder des Tharsagoras werden durchaus in der Lage gewesen sein, das Ehrenmonument für ihren Vater alleine zu finanzieren; dass sie jedoch darauf verzichteten, ein reines Familiendenkmal zu errichten, wird auf das besondere Nahverhältnis zurückzuführen sein, das Basileidēs nicht nur zu Tharsagoras, sondern auch zu weiteren Familienmitgliedern unterhielt107.

103 App. I 15 (= I. Lindos 88) col. III Z. 290. 104 I. Lindos 299 c, col. III Z. 50 f. Mit der ξένια ist hier nicht etwa die Bewirtung auswärtiger Gäste gemeint, wie es Blinkenberg im Kommentar zu dieser Inschrift vermutet. Eindeutig hatte sich Hermogenēs um die Entsendung von Gastgeschenken (τὰ ξένια) zu kümmern, die man üblicherweise auswärtigen Gesandten zukommen ließ. Ganz ähnlich ist dies etwa in dem Dekret von Klazomenai über die Anerkennung des Festes für Artemis Leukophryene in Magnesia formuliert (I. Magnesia 53 Z. 68–70). Den Festgesandten aus Magnesia, die in Klazomenai erschienen waren, ließ man als Ehrung Geschenke zusenden, worum sich die Strategen, die Polemarchen sowie der Schatzmeister zu kümmern hatten: (...) τῆς δὲ ἀποστολῆς | τῶν ξενίων ἐπιμεληθῆναι τοὺς στρατηγοὺς | καὶ τοὺς πολεμάρχας καὶ τὸν ταμίαν (...). Denkbar wäre, dass auch in Lindos die ξένια für Gesandte bestimmt waren, die sich anlässlich eines Festes in der Stadt aufgehalten hatten. 105 s. etwa I. Lindos 308 b (65 v. Chr.). 106 IG XII 1, 838 (Mitte 2. Jh. v. Chr.). Neben der Übernahme der Choregie nennt der Text das Amt des hierotamias und des hierothyt; letzteres ist auch I. Lindos 223 col. II Z. 15 zu entnehmen; Tharsagoras ist überdies als Priester der Artemis Andromeda belegt; I. Lindos 220 Frgt. a, Z. 12 f. 107 In Phoinix scheint sogar einem Nichtbürger aus Selge die Vormundschaft für zwei Rhodier übertragen worden zu sein, s. Kap. 7.2.2 Beteiligung an epidoseis, Anm. 183.

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 7 Die Heiligtümer

Gelegentlich war es offenbar auch anderen Nichtbürgern möglich, ihrer individuellen Verbundenheit zu dem Heiligtum mit einem anathema Ausdruck zu verleihen; so hatte Ἐπάγαθος aus Patara Athana ein Votiv gelobt und auch die Gelegenheit erhalten, sein Versprechen einzulösen108. Gleichwohl ist zu berücksichtigen, dass es sich nur um einen miniaturförmigen Altar aus weißem Marmor handelt, der eine Größe von gerade einmal knapp 15 cm Höhe und 7 cm Breite aufweist. Vergleichbar bescheiden präsentiert sich der Römer Λεύκιος, von dessen Votiv die kleine Basis einer Statuette erhalten ist109. Betrachtet man die Gesamtheit der anathemata von Nichtbürgern, so wird besonders deutlich, dass größere Votivgaben oder gar Statuenweihungen, die Nichtbürger darstellen, nur proxenoi und Euergeten der Polis gewährt wurden; sämtliche Belege beschränken sich zudem auf den Zeitraum vom 3. bis zur Mitte des 2. Jhs. v. Chr.110. Insbesondere die Aufstellung eines Standbildes für einen Nichtbürger blieb die Ausnahme – von Seiten der Polis oder einer ihrer Unterabteilungen wurde eine derart herausragende Ehrung nie vorgenommen. Die unüberschaubare Zahl von Statuen, die sich bis in die frühe Kaiserzeit im Athenaheiligtum angesammelt haben und teilweise aufgrund fehlender Inschriften nicht mehr zuzuordnen waren111, darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Aufstellung stets einer genauen Kontrolle und Reglementierung unterlag112.

108 I. Lindos 340; vergleichbar ist der kleine Votivaltar, den Σωσιγένης – möglicherweise ein Sklave – an Athana auf Grund einer Traumerscheinung (καθ’ ὅραμα) stiftete; I. Lindos 356. 109 I. Lindos 92 (= Bresson 2007b, 164 Nr. 3; Ende 4. – Anfang 3. Jh. v. Chr.). Eine Linie trennt den zweisprachigen Dedikationstext. Bresson 2007b, 157–160 bringt die Inschrift mit dem Vorgehen der Rhodier gegen thyrrenische Piraten in Verbindung und vermutet in Leukios einen Gesandten einer italischen Stadt. Das Weihgeschenk, das Θαλῆς Ποσειδέρμου aus Massilia sowohl Athana Lindia als auch Hermes Hagemōn geweiht hat, war dagegen nicht auf der Akropolis selbst aufgestellt; die Basis des Weigeschenks war vielmehr aus dem Stein eines Felsvorsprungs direkt am Aufgang zur Akropolis herausgearbeitet worden; I. Lindos 184 (um 200–170 v. Chr.); für die genaue Lage des Votivs s. Dyggve 1960, 54 f. 72. 110 In diesen Zeitraum fügt sich auch die Statue des Marcus Claudius Marcellus ein, die im Athanaheiligtum aufgestellt war; Plut. Marc. 30, 6–8. Das späteste Beispiel scheint die Statuenbasis zu sein, die Νίκων Ἰάσονος aus Thera weihte; I. Lindos 241 (von Blinkenberg anhand der Schrift um 150–125 v. Chr. datiert). Dass er ein Patronym trägt, könnte ein Hinweis darauf sein, dass er ebenfalls kein ›einfacher‹ Nichtbürger war. 111 I. Lindos 419 A Z. 30–31: (...) ἀνδριάντες | [τ]ινές ἐντι ἐν τᾷ ἀναβ[ά]σει καὶ αὐτᾷ τᾷ ἄκρᾳ ἀνεπίγραφοι καὶ | ἄσαμοι (...). Allgemein auf die große Zahl an Standbildern verweist Dion Chrys. 31, 8 und 31, 147. Zu der Praxis der Wiederverwendung s. Kajava 2003. 112 Vgl. die von Dillon – Palmer Baltes 2013 rekonstruierten Phasen der Statuenaufstellung entlang des Dromos vor dem Apollonheiligtum in Delos; insbesondere der Befund vor der Stoa des Philipp deute auf eine Kontrolle durch die Stadt, die darauf bedacht war, den ungehinderten Durchgang zu gewährleisten, a. O. 220 und 225. Teils durch eine herausragende Höhe, teils durch die Breite der Basen habe man zudem um die Sichtbarkeit einer Statue gewetteifert, a. O. 238.



7.2 Partizipation von Nichtbürgern an Poliskulten 

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Der Grad der Exklusivität wird dabei durchaus verschieden gewesen sein. Bereits im 3. Jh. v. Chr. stiftete in Rhodos-Stadt die Milesierin Φίλιννα Διοδώρου in dem in Hafennähe gelegenen Heiligtum der Aphrodite eine Statue, die – der Basis nach zu urteilen – von beträchtlicher Größe gewesen sein muss113. Der Kult des Zeus Atabyrios entfaltete wiederum eine besondere Attraktivität auf Söldner und Sklaven114. Hinsichtlich der Teilhabe von Fremden als bloße Zuschauer bei den eigentlichen Kulthandlungen und Festen wird man ebenfalls von einer grundsätzlichen Offenheit ausgehen dürfen115. Schließlich fanden Opfer, Feste und Prozessionen nicht in ›abgeschlossenen‹ Räumen statt, d. h. man hätte die Fremden schon aus der Stadt verbannen müssen, um sie als Zuschauer auszuschließen. In dieser Hinsicht dürfte auch die Darstellung des Haliosfestes in Xenophons kaiserzeitlichem Roman Ephesiaka einen durchaus realistischen Eindruck vermitteln. Unter großer Beteiligung der Bürgerschaft seien Opfer und eine Prozession veranstaltet worden; dabei hätten sich auch Leukōn und Rhodē, die beiden Diener der Romanhelden Antheia und Habrokomēs, zu der Festgemeinde gesellt und die Prozession begleitet116. Ohnehin kommt den Zuschauern als Teil der Festgemeinde eine nicht zu unterschätzende Bedeutung zu117. Daneben sind die statuarische Präsenz von Nichtbürgern sowie die ›fremden‹ anathemata zu bedenken, die deutlich machen, dass das

113 Maiuri, Nuova Silloge 12. In der Nähe des Heiligtums fand man außerdem das Fragment einer Schale mit der Aufschrift [– – –] Σάμιος Ἀφροδ[ίτηι]; Jacopi, ClRh 2, 1932, 187 Nr. 15. Die Lage des Heiligtums lässt vermuten, dass Aphrodite hier in ihrere Funktion als Beschützerin der Seefahrer verehrt wurde. Von den in Rhodos bezeugten Vereinen, in denen Aphrodite kultisch verehrt wird, fällt besonders ein koinon auf, das neben Aphrodite auch die samothrakischen Kabiren in die Vereinsgottheiten aufgenommen hat; Hiller – Saridakis, AM 25, 1900, 109 f. Nr. 108 Z. 5 sowie auf Syme IG XII 3, 6.; vgl. auch die ähnliche Lage der Aphrodite-Heiligtümer in Knidos und Ephesos. In Milet sind es ausschließlich Frauen, die im Aphrodite-Heiligtum von Oikus zwischen dem 2. Jh. v. Chr. – 2. Jh. n. Chr. Votive in Form kleiner Stelen bzw. Platten aufstellten; Ehrhardt – Günther – Weiss 2009, 201 bemerken, dass sich in späthellenistischer Zeit offensichtlich die Kultpraxis gewandelt habe, da zumindest in archaischer Zeit auch männliche Dedikanten belegt seien. Da bei den Stifterinnen stets nur der bloße Name genannt werde, lasse sich jedoch nichts Genaueres über ihre soziale Herkunft feststellen; Ehrhardt – Günther – Weiss a. O. verweisen jedoch auf zwei nichtgriechische Namen. Vgl. hierzu auch Günther 2014a, 109. Bei den Ausgrabungen des Isis-Heiligtums am Ostrand von Rhodos-Stadt sind zwei ex-voto-Weihungen an Osiris, die ebenfalls jeweils von einer Frau gestiftet wurden, zutage getreten; Fantaoutsaki 2011, 49 (= Bricault, RICIS Suppl. II, Nr. 204/0113 und 0114). Die Namen der Frauen, Ὀλυμπιάς und Νικοστάτη, lassen ebenfalls die Frage offen, ob es sich um Bürgerinnen handelt. Die an Dionysos geweihte Ehreninschrift eines Fremden aus Byzanz an einen rhodischen Agonotheten, muss nicht zwangsläufig im Dionysosheiligtum gestanden haben, sondern könnte auch im Bereich des Stadions platziert gewesen sein; s. den Kommentar zu App. I 4 (= Suppl.Epigr.Rh. 29). 114 s. Kap. 7.4. 115 Die Quellen geben hierfür naturgemäß jedoch meistens nur implizite Hinweise. 116 Xen. Ephesiaka 5, 11, 2–3; 5, 12, 1. 117 Krauter 2004, 72.

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 7 Die Heiligtümer

temenos prinzipiell kein exklusiver Ort der Bürgerschaft war. Exklusivität konstituierte sich in erster Linie ›sur place‹. Bei den panrhodischen Wettkämpfen, die im Rahmen des Festes für Apollon Ereth­imios in Ialysos veranstaltet wurden, durften ansässige Nichtbürger sogar als Aktive teilnehmen118. Allein auf Demenebene scheint eine Ausgrenzung von Nichtbürgern vorgekommen zu sein119. Darauf deutet zumindest ex negativo ein Ehrendekret des Demos der Brykountioi auf Karpathos; und zwar wird darin dem Arzt Μηνόκριτος aus Samos eigens das Privileg verliehen, überhaupt bei den Demenfesten anwesend sein zu dürfen (ἐξέστω δὲ Μηνοκρίτωι καὶ εἰς τὰς πανα[γ]ύρεις παραγίνεσθαι ἃς συντελοῦντι Βρυκούντιοι)120. Dies ist aber zunächst ein singulärer Befund, der sich angesichts des Variantenreichtums des Kultlebens nicht auf alle Demen übertragen lässt. Eine grundsätzliche Differenzierung zwischen Polis- und Demenkulten wäre durchaus vorstellbar, insbesondere wenn man an die Situation in Athen denkt, wo die Metöken zwar an den Poliskulten teilnahmen, aber von den Kulten der Phylen und Phratrien ausgeschlossen blieben121. Auffallend ist aber letztlich, dass Mēnokritos für

118 Kontorini 1975b, 108. 119 Vgl. auch das Dekret aus Halasarna über Teilnehmer am Kult des Apollon, IG XII 4, 1, 103. 120 IG XII 1, 1032 Z. 27–29 (um 100 v. Chr.). Der Begriff παραγίγνεσθαι scheint darauf hinzudeuten, dass damit die bloße Anwesenheit bei den Festen gemeint ist, während μετέχειν auf eine aktive Teilnahme bzw. eine stärkere Einbindung zu verweisen scheint. Dieser Eindruck wird auch durch Inschriften bestärkt, in denen beide Begriffe verwendet werden; s. bes. eine Stelle aus dem Ehrendekret aus Eretria für den Gymnasiarchen Elpinikos, IG XII 9, 234 Z. 23–27 (um 100 v. Chr.): ἔν τε τῆι πανηγύρει τῶν Ἀρτε|μεισίων συνετέλει τὸ ἄλειμμα ἐκκ τοῦ ἰδίου, τὴν | δαπάνην ἐπιδεχόμενος οὐ μόνον εἰς τοὺς πο|λίτας ἀλλὰ καὶ εἰς τοὺς λοιποὺς τοὺς εἰς τὴν πα|νήγυριν παραγενομένους καὶ μετέχοντας τῶν | κοινῶν ξένους (»bei dem Fest der Artemisien steuerte er das Öl auf eigene Kosten bei; er nahm die Kosten nicht nur für die Bürger auf sich, sondern zusätzlich auch für die übrigen Fremden, die das Fest besuchten und an den gemeinsamen Angelegenheiten teilhaben«); s. hierzu auch Chankowski 1993, 23 f., der bemerkt, die Formulierung οἱ μετέχοντες τῶν κοινῶν bedeute schlichtweg »la participation à des agones, à des fêtes et d'autres activités du gymnase«. Für die ausdrückliche Vewendung von μετέχειν in Verbindung mit einer πανάγυρις s. I. Magnesia 52 Z. 16–19. Vgl. darüber hinaus das Dekret des Vereins der Ἡροϊστοί in Athen, in dem Strafzahlungen festgeschrieben wurden für den Fall, dass Vereinsmitglieder einer Veranstaltung – wohl einer Kultfeier – fernbleiben (IG II2 1339; 57/56 v. Chr.). Wer aufgrund irgendeiner Auswärtstätigkeit nicht anwesend sein kann (Z. 7 f.: οἱ ἀποδημοῦντες τῶν Ἡ[ροϊσ|τῶν καθ’ ὁν]δηποτεοῦν τρόπον), soll demnach einen Betrag von 3 Drachmen entrichten. Diejenigen, die nicht teilnehmen, obwohl sie vor Ort sind (Z. 9 f. οἱ δὲ ἐπιδη[μοῦν|τες καὶ] μὴ παραγινόμενοι), müssen das Doppelte zahlen; außerdem wird ihnen ihr Anteil (am Opferfleisch?) vorenthalten. Sollte die Summe nicht bezahlt werden, folgt der Vereinsausschluss (Z. 13 f.: [ἔ]δοξεν μὴ μετέχειν αὐτο[ὺς | τοῦ ἐράν]ου), sofern der Betreffende nicht wegen eines Todesfalls oder einer Krankheit verhindert war. Hier bezieht sich μετέχειν auf die vollwertige Vereinsmitgliedschaft, während sich παραγίγνεσθαι auf die reine Präsenz bei der Opferzeremonie bezieht. Beide Begriffe werden hier mithin in ähnlicher Weise wie in dem Ehrendekret aus Eretria verwendet; s. ferner auch die Beispiele im LSJ, s. v. παραγίγνομαι. Denkbar wäre es also, dass auch in Karpathos zwischen einer eher passiven und einer aktiven Beteiligung unterschieden wurde. 121 Krauter 2004, 106–108; Funke 2006, 6.



7.2 Partizipation von Nichtbürgern an Poliskulten 

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seine Verdienste während seiner immerhin 20-jährigen Tätigkeit neben der Erlaubnis zur Teilnahme an den in Brykous stattfindenden Festen zwar mit einem goldenen Kranz und der anagoreusis bei den Asklapieia geehrt wurde, aber keine statuarische Auszeichnung erhielt. Inwiefern bzw. in welchem Maße Nichtbürgern im Vereinskollektiv eine Partizipation an den Festen und Prozessionen der Polis möglich war, kann auf der Quellengrundlage nicht bestimmt werden. Da sich in Rhodos zumindest gelegentlich Vereine an epidoseis beteiligten, die kultischen Zwecken gewidmet waren, wäre grundsätzlich damit zu rechnen, dass diesen Vereinen dann auch eine bestimmte Rolle im Festleben eingeräumt wurde122. Konkrete Hinweise sind in den Quellen jedoch nicht auszumachen. In welchem Verhältnis zur Polis insbesondere solche Vereine standen, in denen Polisgottheiten verehrt wurden, lässt sich ebenfalls nicht beurteilen. Ein Sonderrolle stellt der kleinasiatische Technitenverein dar, der gegen Ende des 2. Jhs. v. Chr. offensichtlich bei Agonen in Lindos aufgetreten war; ebenso wie verschiedene andere Vereine und Magistrate hatten die Techniten dort einen siegreichen Choregen geehrt123. Ihnen hatte man einen Versammlungsort im Dionysosheiligtum zur Verfügung gestellt, sofern man annimmt, dass die Vereinsbezeichnung οἱ περὶ τὸν Καθηγεμ[όνα Διόνυσον τεχνῖται τῶν ἐν] τῶι ἰερῶι τοῦ Διονύσου auf ein lokales Dionysosheiligtum Bezug nimmt. Das hierothyteion Auf einer Statuenbasis aus Rhodos-Stadt aus der 1. Hälfte des 1. Jhs. v. Chr. ist die fragmentarische Ehreninschrift für den Lindier Ἡράκλειτος Κρατίνου aus dem Demos Kamyndos erhalten124. Aus den wenigen Zeilen geht nur hervor, dass er mehrfach als Gesandter zu römischen Konsuln und Präfekten gereist war und ein Priesteramt übernommen hatte. An dieser Stelle bricht die Inschrift ab, so dass sich nichts Näheres über die exakten Verdienste sagen lässt, für die man ihm die Statue errichtet hatte. Allerdings erwähnt der Text, dass Herakleitos bereits in Lindos πάσαις ταῖς τειμαῖς bedacht worden war, ohne die Ehrungen im Einzelnen aufzulisten. Aus Lindos liegt jedoch eine weitere Ehreninschrift für Herakleitos vor, in der ihm zahlreiche Privilegien zugesprochen werden, auf die der Text der rhodischen Inschrift offenbar Bezug nimmt125: Als erstes werden eine Belobigung, ein Goldkranz sowie eine Ehrenstatue

122 Zur Beteiligung von Vereinen an öffentlichen Spenden s. Kap. 7.2.2 Beteiligung an epidoseis. 123 I. Lindos 264 Z. 6–9; Aneziri 2003, 86 f. mit Anm. 366. 124 Hiller, AEphem, 1914, 130 Nr. 1. 125 IG XII 1, 853; statt Κρατίνου ist hier Κρατείνου geschrieben: [Λίνδιοι ἐτίμασαν] | Ἡράκλειτον Κρατείνου | Καμύνδιον | ἐπαίνωι, χρυσέωι στεφάνωι | καὶ εἰκόνι χαλκέαι | δεδώκαντι δὲ αὐτῶι καὶ | στεφαναφορίαν καὶ προ|εδρίαν ἐν ταῖς παναγύρεσι | αἷς ἄγοντι Λίνδιοι καὶ | σείτησιν ἐν ἱεροθυτείωι | καὶ ἀναγόρευσιν τᾶ[ν]|δε τᾶν τειμᾶν εἰς τὸ[ν ἀεὶ] | χρόνον, εὐσεβείας | ἕνεκα τᾶς ποτὶ τοῦς θε|οὺς καὶ ἀρετᾶς καὶ εὐ|νοίας ἃν ἔχων διατελεῖ | εἰς τὸ πλῆθος τὸ Λινδίων. »Die Lindier haben Herakleitos, Sohn

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 7 Die Heiligtümer

genannt, die besonders herausragenden Wohltätern praktisch standardmäßig verliehen wurden. Des Weiteren wird ihm eine besondere Rolle bei den Festprozessionen zugewiesen, bei denen er fortan den Ehrenkranz tragen darf126. Bei allen in Lindos stattfindenden Agonen erhält er einen Ehrenplatz, außerdem wird ihm die σίτησις ἐν ἱεροθυτείωι gewährt. Schließlich sollen alle diese Ehrungen öffentlich verkündet werden, und zwar εἰς τὸν ἀεὶ χρόνον. Das Privileg der σίτησις ἐν ἱεροθυτείωι begegnet in einer Reihe weiterer Ehreninschriften stets – wie bei Herakleitos – in Verbindung mit zahlreichen anderen Ehrungen. Es handelt sich demnach um eine der höchsten Formen der Ehrerbietung gegenüber einem Euergeten. Dem hierothyteion wurde in der bisherigen Forschung diejenige Funktion zugeschrieben, die in anderen Poleis das prytaneion übernahm, wo man verdiente Honoratioren und Gesandte auswärtiger Poleis empfing und zum Gastmahl einlud127. Eine genaue Auswertung des Befundes zeigt jedoch, dass in Rhodos zwar in beide Gebäude zum Bankett geladen wurde, aber hinsichtlich des Personenkreises, der in den jeweiligen Räumen bewirtet wurde, zu unterscheiden ist. Ein hierothyteion ist sowohl in Rhodos-Stadt selbst als auch in Lindos, Kamiros und Ialysos epigraphisch belegt. Darüber hinaus liegt jeweils ein Beleg für die Orte Potidaion und Arkaseia auf Karpathos vor128. Somit ist die Existenz eines solchen Gebäudes auf Polis- und Phylenebene sowie zumindest in zwei Fällen auch auf Demen- bzw. ktoina-Ebene nachgewiesen. Der Name des Gebäudes lässt vermuten, dass es sich um das Amtsgebäude der hierothytai handelt. In Lindos gehörte das Kollegium der hierothytai zum Kultpersonal des eponymen Priesters der Athana Lindia, in Rhodos-Stadt entsprechend zum eponymen Haliospriester. In Kamiros und Ialysos sind an dieser Stelle die hieropoioi mit einer wohl ähnlichen Funktion anzutreffen129. Jean Winand vermutet, dass vor dem Synoikismos diese Kultfunktionäre dort ebenfalls hierothytai hießen, und erklärt auf diese Weise die überall auf rhodischem Polis-

des Krateinos, aus dem Demos Kamyndos mit einer Belobigung, einem goldenen Kranz und einer Bronzestatue geehrt; auch soll man ihm das Recht gewähren, den Kranz (bei den Prozessionen) zu tragen und ihm einen Ehrensitz bei den Festen geben, welche die Lindier veranstalten, und er soll zum Mahl in das hierothyteion geladen werden und die Ehren sollen auf ewig verkündet werden, wegen seiner Frömmigkeit gegenüber den Göttern und seiner Tugend und seines Wohlwollens, das er stets sämtlichen Lindiern entgegengebracht hat.« 126 Die στεφαναφορία ist ein dauerhaftes Vorrecht. Häufig wird auch präziser ἐν ταῖς παναγύρεσιν καθ’ ἕκαστον ἐνιαυτὸν αἷς ἄγοντι Λίνδιοι formuliert, s. etwa I. Lindos 415 Z. 8 f. In Kontorini, AER, Nr. 73 Z. 11–13 wird die στεφαναφορία explizit als Privileg auf Lebenszeit bezeichnet: τιμαθεὶς ὑπὸ Λινδίων (...) στεφαναφορίαι ἐν ταῖς παναγύρεσι, ἅς κα ζῶι. 127 So etwa Winand 1990, 85; Dignas 2003, 42; zuletzt Caliò 2011, 350 f. sowie Caliò 2012, 41. 128 s. App. III Tab. 11. 129 Neben ihrer Funktion als Opferpriester/-vollzieher fungierten die hieropoioi auch als Gesandte; s. Kap. 7.4. In Delos ist für das Amtsgeäude der hieropoioi die Bezeichnung ἱεροποιόν bezeugt; s. z. B. SEG 36.731 Z. 34.



7.2 Partizipation von Nichtbürgern an Poliskulten 

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territorium einheitliche Bezeichnung des Amtsgebäudes130. Die genaue Funktion der hierothytai bleibt indessen weitgehend unklar; in Lindos führten sie in klassicher Zeit auch Opfer durch; in hellenistischer Zeit erscheinen sie in zahlreichen Weihungen in einem Kollegium von neun bis fünzehn Personen, dem ein archierothytes vorstand. In Tymnos auf dem rhodischen Festland übernahm der dortige hierothytes allgemeine Aufsichtsfunktionen131. Dass sich das hierothyteion innerhalb eines temenos befand, ist durch eine Inschrift aus Ialysos gesichert. Die Verwaltung des Heiligtums für Apollon Erethimios unterlag dort in späthellenistischer Zeit anscheinend einem Priesterkollegium, das als Kultverein organisiert war132. Dieses κοινὸν τὸ Ἰαλυσίων τῶν Ἐρεθιμιαζόντων fasste Ehrenbeschlüsse und verfügte auch über das Recht, die sitēsis zu vergeben, in dem überlieferten Fall bezeichnenderweise an einen Priester des Apollon Erethimios133. Wenn das hierothyteion innerhalb der damosioi topoi gelegen hätte, wäre es dem koinon folglich nicht möglich gewesen, über die Vergabe eines Zutrittsrechts zu diesem Gebäude zu entscheiden. Als weiteres Indiz ist der Fundkontext der Inschrift anzuführen, die im Apollonheiligtum gefunden wurde134. Die genaue Lokalisierung innerhalb des temenos ist allerdings umstritten. Den einzigen Hinweis auf die konkrete Lage liefert ein in die Kaiserzeit datierender Beschluss aus Kamiros, mit dem ein Verbot formuliert wird, im hierothyteion oder in der davorliegenden Stoa (τῇ πρὸ τοῦ ἰεροθυτείου στοᾷ) Feuer zu machen135. Naheliegend erscheint daher der Vorschlag von Luigi M. Caliò, einen der rückwärtigen Räume der Säulenhalle des Heiligtums für Athana Polias und Zeus Polieus mit dem hierothyteion zu identifizieren. Diese Deutung lasse sich jedoch nicht auf die Lage des hierothyteion in Lindos übertragen, da an die dortige Stoa keine Räume angegliedert seien136. Hierfür würden sich aber die Räume des Propylon anbieten, die Enzo

130 Winand 1990, 139–152. 131 Sourvinou-Inwood 2005, 40–43. 132 Kontorini 1975b, 107 f. 133 Papachristodoulou 1989, 171 Nr. 7. 134 Ebenso wie das Fragment einer weiteren Ehreninschrift, die ebenfalls auf Beschluss des κοινὸν τὸ Ἰαλυσίων τῶν Ἐρεθιμιαζόντων verfasst wurde, s. Papachristodoulou 1989, 171 Nr. 8. Nicht identisch mit diesem Verein ist das in Maiuri, Nuova Silloge 18 Z. 25 erwähnte ἰεροθυτησάντες ἐν Ἐρεθίμοις κοινόν, bei dem es sich dem Namen nach um eine Vereinigung der ehemaligen Priester des Apollonkultes handelt. 135 Tit.Cam. 112. Nach dem ebd. abgedruckten Foto (Abb. 85) ist in Z. 1 Καμιρέων in Καμειρέων zu korrigieren. Segre und Pugliese Carratelli geben für die Datierung allgemein »aetatis Romanae« an; der allgemeine Schriftduktus und besonders die Verwendung des minuskelförmigen Omegas weist in das 2./3. Jh. n. Chr.; die Verwendung des dorischen Dialekts gibt wiederum einen groben linguistischen Terminus ante quem für die Mitte des 3. Jhs. n. Chr. 136 Caliò 2004, 446; vermutet hatte dies Winand 1990, 86. In Kamiros weist die Informationstafel an der Ausgrabungsstätte der Interpretation von Segre 1934 folgend ein Gebäude an der Agora als »περίβολος με βωμούς (Ιεροθυτείον)« aus.

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 7 Die Heiligtümer

Lippolis als andrōnes interpretiert137. Diese Banketträume mit dem hierothyteion in Verbindung zu bringen, erscheint noch aus einem anderen Grund reizvoll: Die vorgelagerte Säulenhalle schließt die andrones gewissermaßen ab und betont damit die Exklusivität dieser Räume. Das hierothyteion war zum einen der Ort, an dem auswärtige Gäste empfangen wurden. Es ist aber wenig verwunderlich, dass nur für Rhodos-Stadt die Einladung von Gesandten anderer Poleis in das hierothyteion belegt ist. Mit dem Synoikismos war schließlich die Pflege auswärtiger Beziehungen in den Verantwortungsbereich des rhodischen Gesamtstaates übergegangen. Der früheste Beleg für den Empfang von Gesandten einer anderen Polis ἐπὶ ξένια εἰς τὸ ἱεροθυτεῖον datiert in das Jahr 242 v. Chr. In diesem Jahr waren in Rhodos – wie auch in zahlreichen weiteren Poleis – theoroi aus Kos erschienen, die für die Anerkennung der Asylie des Asklapios-Heiligtums warben und die jedes fünfte Jahr stattfindenden Asklapieia ankündigten138. Ebenso erhielten um das Jahr 208/7 v. Chr. die Gesandten aus Magnesia, die um Anerkennung der Kultspiele für Artemis Leukophryene baten, eine Einladung ἐπὶ ξένια εἰς τὸ ἱεροθυτεῖον139. Durch die Formulierung ἐπὶ ξένια wird deutlich artikuliert, dass den Gesandten der Zutritt nur als Gästen gewährt wird und der Aufenthalt damit zeitlich befristet ist. Zwar dürfen sie am Bankett neben den Bürgern Platz nehmen, bleiben aber eben doch in ihrer Rolle als xenos. Bürger erhielten demgegenüber nicht die ξένια, sondern die σίτησις140. Die Vergabe der σίτησις ἐν ἱεροθυτείωι an rhodische Bürger ist allerdings für Rhodos-Stadt nicht belegt. Dieser Befund könnte grundsätzlich auf die Überlieferungslage zurückzuführen sein. Um so interessanter ist es aber, dass in der zweiten Hälfte des 3. Jhs. der Lindier Ἄρχυλλος – um das Jahr 227 v. Chr.

137 Lippolis 1993, 136 mit Abb. 11. 138 IG XII 4, 1, 232. Die Inschrift war ursprünglich neben den Asyliebezeugungen anderer Poleis im Asklepieion von Kos aufgestellt. Von der Urkunde ist nur ein kleines Fragment erhalten, das nicht den Namen der Polis enthält, die den Asyliebeschluss verfasst hat. Die Erwähnung eines hierothyteion (Z. 4: [– – – ἐπ]ὶ ξένια εἰς τὸ ἱεροθ[υτεῖον]) ermöglicht jedoch eine sichere Zuweisung zu Rhodos. Da solch ein Beschluss nur vom sympas damos verabschiedet werden konnte, muss sich die Stelle auf das hierothytheion in Rhodos-Stadt beziehen. Außerhalb des rhodischen Polisterritoriums gibt es nur eine aus dem lykischen Antiphellos stammende Inschrift, in der einem Bürger der Stadt die sitēsis im dortigen hierothyteion verliehen wird. Die Existenz dieser Institution ist sicherlich auf rhodischen Einfluss zurückzuführen, s. Robert, Inscription de Lycie, 215–217; Zimmermann 1993, 119 f. Eher auf das prytaneion der Stadt Rhodos scheint sich Polybios in 29, 11, 6 zu beziehen: Im Jahr 168 seien unter anderem Gesandte der Illyrer erschienen, um die Rhodier zu überreden, auf die Seite des Perseus überzutreten. Nachdem in der Volksversammlung beschlossen worden war, eine vermittelnde Haltung einzunehmen, habe man die Gesandten ἐπὶ τὴν κοινὴν ἑστίαν empfangen. 139 I. Magnesia 55 Z. 27 f. Das rhodische Dekret über den Empfang der Gesandten aus Iasos bricht an der entscheidenden Stelle ab, so dass sich nicht entscheiden lässt, ob diese ebenfalls in das hierothyteion geladen wurden, s. I. Iasos 150 Z. 26 f.: (...) [τοὺς δὲ παρα|γενομένους πα]ρὰ Ἰασέων καλέσαι ἐπὶ [– – –]. 140 Auf die strikte Unterscheidung zwischen καλεῖν ἐπὶ ξένια und der Gewährung der σίτησις macht Winand 1990, 110–112 aufmerksam.



7.2 Partizipation von Nichtbürgern an Poliskulten 

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als Priester der Athana Lindia belegt – von der rhodischen Volksversammlung mit einem Goldkranz, einer Ehrenstatue, der Prohedrie bei den Agonen und σιτήσει ἐν πρυτανείωι, aber eben nicht ἐν ἱεροθυτείωι, geehrt wurde141. In demselben Zeitraum erhielt ein weiterer Bürger dieses Privileg; von der Inschrift ist zwar nur der untere Teil erhalten; analog zu der Ehrung für Archyllos ist allerdings mit großer Sicherheit in Zeile 3 [σιτήσει ἐν πρυτα]νείωι zu ergänzen142. Noch in der Kaiserzeit lud man verdiente Bürger der Polis zum Gastmahl in das prytaneion143; Belege für ein hierothyteion liegen für diese Zeit nicht vor. Zumindest für das 3. Jh. v. Chr. ist aber demnach eindeutig belegt, dass in Rhodos-Stadt hierothyteion und prytaneion zeitlich parallel zueinander existierten und beide Orte für die Bewirtung von Ehrengästen genutzt wurden. Bemerkenswert sind in diesem Zusammenhang drei Fälle aus dem 1. Jh. v. Chr., in denen Nichtbürger, die sich dauerhaft auf Rhodos aufhielten, auf Beschluss von Rat und Volk mit den xenia geehrt wurden: Ἐπίγονος war als Sklave aus dem lykischen Rhodiapolis nach Rhodos gekommen; nachdem er ὑπὸ τᾶς πόλεως freigelassen worden war, erhielt er den Status eines Metöken; schließlich übernahm er sogar zweimal die Choregie. Als Ehrung für seine euergetische Tätigkeit lud man ihn zum Bankett (ξενωθέντος ὑπὸ τᾶς βουλᾶς καὶ τοῦ δάμου)144. Διονύσιος aus Antiochia, ebenfalls Metöke, erhielt zweimal vom Rat diese Ehre. Wie bereits sein Vater hatte auch er die Choregie übernommen145. Gleich dreimal wurde Δωρίων aus Alexandria das Privileg der xenia zuteil (ξενισθέντα ὑπὸ τᾶς βουλᾶς τρὶς καὶ ὑπὸ τοῦ δάμου)146; darüber hinaus waren ihm epi-

141 I. Lindos 117 sowie I. Lindos 2 Frgt. E, Z. 14 a für die Übernahme der Priesterschaft der Athana Lindia. Denkbar wäre es, dass sich Archyllos bei der Beseitigung der Schäden nach dem schweren Erdbeben des Jahres 227 v. Chr. verdient gemacht hat. 142 IG XII 1, 85: [ἁ βουλὰ καὶ ὁ δᾶμος ὁ Ῥοδίων τὸν δεῖνα τοῦ δεῖνος] | [ἐπαίνωι, χρυσέωι στεφά]νωι, εἰκόνι | [χαλκέαι, σιτήσει ἐν πρυτα]νείωι, προεδρίαι | [ἐν τοῖς ἀγῶσιν, ἀ]ρ̣ετᾶς ἕνεκα | καὶ εὐνοίας̣ τ̣ ᾶς ἐς τὸ πλῆθος τὸ Ῥοδίων | Φύλης Ἁλικαρνασσεὺς ἐποίησε. Caliò 2004, 443 Anm. 36 widerspricht solch einer Ergänzung mit der Begründung, das Privileg der sitēsis werde in sämtlichen Ehreninschriften stets nach der Prohedrie aufgelistet. Er berücksichtigt jedoch nicht I. Lindos 117, wo genau solch eine Reihenfolge belegt ist. Auch Winand 1990, 118 f. übersieht diesen Beleg, weshalb er nach Auswertung der beiden Polybiosstellen, in denen ein prytaneion erwähnt wird (Pol. 15, 23, 3; 16, 15, 8), zu dem Ergebnis kommt, das Gebäude sei in hellenistischer Zeit ausschließlich Amtsgebäude und Archiv gewesen. 143 Maiuri, Nuova Silloge, Nr. 3 (2. Jh. n. Chr.); Scrinzi, AttiVenezia 57, 1898, 259 Nr. 2 (1. Hälfte 1. Jh. n. Chr.; s. auch I. Lindos 399). Vgl. darüber hinaus die Bemerkung von Dion Chrysostomos in seiner Rhodierrede, besonderen Wohltätern genüge als Ehrung oft schon eine Einladung in das prytaneion oder die Verleihung einer Prohedrie, Dion Chrys. 31, 108: βελτίων ᾖ τις, ἔτι καὶ ψήφισμα ἤρκεσεν ἁπλοῦν, ᾧ εἰς τὸ πρυτανεῖον ἢ εἰς προεδρίαν ἐκλήθη. Dion muss hier aber nicht unbedingt die zu dieser Zeit speziell in Rhodos übliche Praxis gemeint haben. 144 IG XII 1, 383. Vgl. auch Kap. 3.2.2. 145 Fantaoutsaki 2014, 69 Z. 1–7. 146 App. I 1 (= ADelt B 25, 2 1970, 524, 1). Es ist davon auszugehen, dass es sich bei der sitēsis ebenso wie bei der xenia um ein einmaliges Privileg handelt, vgl. demgegenüber etwa die Ehreninschrift

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 7 Die Heiligtümer

damia und enktēsis gewährt worden. Ebenso wie Epigonos war er zweimal Chorege; die Ehreninschrift der Statuenbasis, in dem diese Ehrungen verzeichnet sind, hatte der Nichtbürger Κρόκος aus Ilion in Auftrag gegeben, dem Dōriōn aus einer Notlage geholfen hatte147. Ob Epigonos und Dōriōn Zutritt zum hierothyteion oder prytaneion erhielten, bleibt unklar. Inwiefern man tendenziell auswärtige Gesandte eher im hierothyteion empfing, während verdiente Bürger gemeinsam mit dem Kollegium der Prytanen am Gastmahl teilnehmen durften, lässt sich anhand des Quellenmaterials nicht entscheiden. Zu bedenken ist jedoch, dass es sich in beiden überlieferten Fällen, in denen Bürger fremder Poleis den Zutritt zu dem hierothyteion in Rhodos-Stadt erhielten, nicht um Gesandte mit einem ›politischen‹ Anliegen handelt, sondern eben um theoroi. Möglicherweise war gerade dies der Grund dafür, dass man sie innerhalb eines Heiligtums bewirtete. Festzuhalten bleibt, dass es sich um zwei verschiedene Gebäude handelt und das hierothyteion nicht als Vorläufer des späteren prytaneion zu begreifen ist148. Für die Zeit vor dem Synoikismos ist auch in Lindos, Ialysos und Kamiros neben dem hierothyteion jeweils ein prytaneion zu postulieren, das dann in der Folgezeit als mastreion weiterexistierte149. So wie auf Polisebene hierothyteion und prytaneion zu unterscheiden sind, ist demnach auf Phylenebene das hierothyteion von dem Amtsgebäude der mastroi zu trennen. Letzteres diente in besonderen Situationen offenbar auch als Repräsentationsforum herausragender Honoratioren. Nach dem Erdbeben des Jahres 198 v. Chr. erhielt Φιλοκράτης, der sich um den Wiederaufbau der Stadt Kamiros verdient gemacht hatte, als erster überhaupt die Erlaubnis, den goldenen Ehrenkranz, der ihm von den hieropoioi und dem archieristas verliehen wurde, im

I. Knidos 59, in der u. a. die sitēsis auf Lebenszeit verliehen wird (σιτήσει ἐν δαμιοργίωι [ἇ]ς κα ζώηι). 147 Krokos bezeichnet ihn als τὸν αὑτοῦ σωτῆρα [κα]ὶ εὐεργέταν. 148 Gegen Benincampi 2008, 40 Anm. 139. 149 Benincampi 2008, 340 nimmt demgegenüber an, die prytaneia in Lindos, Kamiros und Ialysos hätten nach dem Synoikismos und dem damit verbundenem Verlust der politischen Eigenständigkeit die sakrale Bezeichnung hierothyteion erhalten, s. auch ebd. S. 40 Anm. 139 und S. 221 Anm. 725. In Ialysos existierte im 3. Jh. v. Chr. zudem ein als ἱστιατόριον bezeichnetes Banketthaus, s. IG XII 1, 677 Z. 16. Interessant wäre es zu wissen, ob auf der Insel Telos das prytaneion nach der Eingliederung in das rhodische Polisterritorium gegen Mitte des 3. Jhs. v. Chr. umbenannt wurde (zum Datum der Eingliederung von Telos s. Stavrianopoulou 1997, 82). Im 2. Jh. v. Chr. erhielt dort ein Bürger das Privileg der sitēsis (I. Dor. Ins. 32); genau an dieser Stelle bricht die Inschrift jedoch ab, so dass sich nicht entscheiden lässt, in welches Gebäude er zum Bankett geladen wurde. Für die Zeit der Eigenständigkeit belegen mehrere Inschriften die Existenz von Prytanen auf Telos (SEG 3.716; SEG 25.847 = Kaninia, in: Stampolidis u. a. 2011, 262 Nr. 28; IG XII 3, 29; IG XII 4, 1, 132); dementsprechend wird es auch ein prytaneion gegeben haben. Zwar gewähren in IG XII 4, 1, 132 (306–301 v. Chr.) die Telier den Richtern aus Kos als Dank für die Schlichtung innerer Streitigkeiten die xenia (Z. 140 f.: δόμεν δὲ καὶ ξένια), allerdings wird dies in dem Dekret nicht räumlich präzisiert.



7.2 Partizipation von Nichtbürgern an Poliskulten 

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mastreion aufzustellen150. In Lindos ist ein mastreion für das 1. Jh. n. Chr. belegt und damit ebenfalls parallel zu dem hierothytheion151. Sämtliche Belege für die Vergabe der σίτησις ἐν ἱεροθυτείωι stammen aus späthellenistischer Zeit. Da jedoch in einem um 400 datierenden Sakralgesetz ein iarothytas begegnet, könnte bereits zu dieser Zeit ein entsprechendes Gebäude existiert haben152. In einem kleinen Fragment eines lindischen Proxeniedekretes aus der Zeit kurz vor dem Synoikismos wird zwar dem Honoranden die Teilnahme an den συσσίτια gewährt, leider ist aber die Angabe des Ortes auf der Inschrift nicht mehr erhalten153. Für Ialysos und Kamiros liegt jeweils nur eine Inschrift vor, in denen die sitēsis im hierothyteion vergeben wird. In Ialysos war – wie bereits erwähnt – der Geehrte ein Priester des Apollon Erethimios154; in Kamiros erhielt die Ehrung Σύλλας Σύλλα aus dem Festlanddemos Kasara, von dem ansonsten jedoch nichts bekannt ist155. Für Lindos stellt sich die Quellenlage mit 16 Belegen weitaus günstiger dar. In elf Inschriften ist der Name des Honoranden erhalten, davon sind zwölf Personen in weiteren Inschriften belegt156. Dieser Befund ermöglicht es daher, detailliertere Aussagen darüber zu treffen, wer die Personen waren, die in einer derartig herausragenden Weise geehrt wurden. Auffallend ist zunächst, dass sich unter den Honoranden weder Nichtbürger noch Bürger aus einem Demenbezirk von Kamiros oder Ialysos befinden. Immerhin war es mit Ζήνων, Sohn des Σάτυρος, einem Bürger aus dem zu Lindos gehörenden Festlanddemos Amos gelungen, das Privileg der sitēsis zu erhalten. Allerdings war er von einem Lindier aus dem Inseldemos Pedieus adoptiert worden157. Zenon ist gleichzeitig der einzige aus der Gruppe der mit der sitēsis geehrten Honoranden, für den keine Priesterlaufbahn nachzuweisen ist158. Dies könnte auf

150 Tit.Cam. 110 Z. 42–44: στεφανωθεὶς χρυσέωι στεφάνωι ὑπὸ τῶν ἰεροποιῶν καὶ τοῦ ἀρχιεριστᾶ, πρᾶτος ἐν τῷ μαστρείωι τὰν ἀνάθεσιν τοῦ στεφάνου ἐποιήσατο. Für die Datierung s. Badoud 2007, 245 f. mit der älteren Forschungsdiskussion. Vgl. auch das Ehrendekret aus Astypalaia für den Agoranomen Philarchos, IG XII 3, 170 Z. 21–23: ἐξέστω δὲ αὐτῶι καὶ ἀνάθημα ἀναθέμε[ν] ὅπαι κα χρήι[ζ]ηι τᾶς ἀγορᾶς ἐ[πὶ] τᾶ〈ς〉 στοιᾶ[ς] τᾶς παρὰ τὸ πρυτανεῖον. 151 I. Lindos 419 A Z. 25. 152 Caliò 2004, 442 mit I. Lindos 26. 153 I. Lindos 15 Z. 10, die Angabe ἐν ἰαροθυτείωι ist dort ergänzt. Die Vergabe der sitēsis gehörte in Lindos nicht zum ›Standardrepertoire‹ an Ehren, die man jedem proxenos verlieh, s. I. Lindos 16 und I. Lindos 16 App., in denen dieses Privileg fehlt. 154 s. Anm. 133. 155 Tit.Cam. 86 (1. Jh. v. Chr. – 1. Jh. n. Chr. nach LGPN I.). 156 Nicht erhalten ist der Name der Honoranden in IG XII 1, 848; I. Lindos 404 und 407. Für I. Lindos 305 s. Anm. 159. 157 I. Lindos 330. Zenon beteiligte sich auch an der Ehrung der presbyteroi für den Gymnasiarchen [Ἀσκλαπι]άδας Ἀνδρονίκου (IG XII 1, 46; 80 v. Chr.); zu der Inschrift s. Badoud 2015, 121 f. Wahrscheinlich wurde Zēnon in Rhodos-Stadt bestattet; s. den Ergänzungsvorschlag für IG XII 1, 379 b von Rice 1999a, 49. 158 Ob Zēnon in I. Lindos 703 möglicherweise als Inhaber eins Kultamtes geehrt wird, lässt sich auf Grund des stark fragmentierten Zustandes der Inschrift nicht bestimmen; von den Dedikanten könnte

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 7 Die Heiligtümer

seine ursprüngliche Herkunft aus der Peraia zurückzuführen sein. Von den übrigen Personen erreichten sieben oder acht das Priesteramt der Athana Lindia159; Herakleitos war hiereus eines nicht näher bezeichneten Kultes, während für Εὐπόλεμος Εὐπολέμου τοῦ Εὐπολέμου offensichtlich das Amt des Dionysospriesters das höchste seiner Laufbahn war – immerhin hatte jedoch sein Vater das Amt des Athanpriesters inne160. In keiner der Inschriften werden die Gründe für die Ehrungen in einer Motivationsformel ausführlicher erläutert, sondern sie beschränken sich stets auf allgemeine Verweise der Tugendhaftigkeit des Geehrten. Besonders häufig wird darunter jedoch die εὐσέβεια ποτὶ τοὺς θεοὺς hervorgehoben. Ζηνόδοτος Διοφάντου, der zu einer der einflussreichsten Familien des ausgehenden 2.–1. Jhs. v. Chr. gehörte, hatte diese beispielsweise durch die Beteiligung an einem Spendenaufruf unter Beweis gestellt, mit dem ein Weihgeschenk aus goldenen Kränzen für Athana Lindia, Zeus Polieus und Nike finanziert werden sollte. In der Liste der Spender wird Zēnodotos an erster Stelle aufgeführt; sei es, dass er den höchsten Spendenbetrag aufbrachte oder aber sich als erster in der Volksversammlung für eine Spende bereit erklärt hatte161. Die eusebeia des Zēnodotos wird hier gleichsam quantifizierbar. Insgesamt scheinen Verdienste

evtl. Θρασύλοχος Θρασυλόχου mit dem Priester der Athana Lindia des Jahres 55 v. Chr. identisch sein (I. Lindos 1 Frgt. h col. III Z. 9 f.). 159 IG XII 1, 846. 847; I. Lindos 281 b; 297. 307. 389 a; 415. Auf die große Zahl an Athanapriestern unter den mit der sitēsis geehrten Lindiern verwies bereits Winand 1990, 83 mit Anm. 201. Von den a. O. zusammengestellten Quellenverweisen sind derweil I. Lindos 333 zu streichen und IG XII 1, 846 hinzuzufügen. Darüber hinaus dürfte auch der in I. Lindos 305 Geehrte hinzuzurechnen sein: In Z. 2 ist von dem Namen nur noch [..]TOK[– – –] erhalten; anhand der Künstlersignatur datiert Badoud 2010, 136 f. die Basis in den Zeitraum 80–50 v. Chr.; geht man davon aus, dass die hier geehrte Person ebenfalls Priester der Athana Lindia gewesen ist, so kommt für diesen Zeitraum nur der Athanapriester des Jahres 89 v. Chr. Αὐτοκράτης Ἀνδρία in Frage (I. Lindos 1 Frgt. h col. II, Z. 19); auch Blinkenberg äußert im Kommentar zu I. Lindos 305 die zurückhaltende Vermutung, »on pourrait penser à un membre de la famille d’Autokrates«. Autokratēs diente während des mithridatischen Krieges als Nauarch; insofern lässt sich auch die in I. Lindos 305 formulierte eunoia konkretisieren, die er nicht nur den Lindiern, sondern ebenso dem sympas damos gezeigt habe. Auf der Akropolis von Lindos stellte er außerdem eine Beuteweihung (ἀκρο̣ [θίνιον]) auf, I. Lindos 291. 160 Zu Herakleitos s. o. Anm. 125. Eupolemos ist in I. Lindos 346 col. I Z. 44 sowie in I. Lindos 378 col. III Z. 97 als hierateukos des Dionysos verzeichnet. Ihm wurde nicht nur in Lindos, sondern auch in Rhodos eine Statue errichtet, s. I. Lindos 706. Bereits sein Vater war mit ganz ähnlichen Ehrungen bedacht worden, nur die sitēsis scheint dieser nicht erhalten zu haben, Kontorini, AER, Nr. 73 Z. 11–14. Zu der Familie s. Badoud 2015, 292 f. 161 I. Lindos 252 col. I Z. 7 f. (um 125 v. Chr.). Etwas später spendete der Enkel des Zēnodotos 18 000 Drachmen; I. Lindos 259 Z. 15–17. Beide erhielten von den Lindiern exakt dieselben Ehrungen, s. I. Lindos 281 a und b. In der Präambel wird ausdrücklich gesagt, dass jeder, der eine Spende getätigt habe, auf diese Weise einen Beweis seiner Ehrfurcht gegenüber den Göttern erbringen wolle (Z. 2: ἀπόδειξιν ποιεῖσθαι ἇς ἔχοντι ποτὶ τὸ θεῖον εὐσεβείας). Die Angabe über die Höhe des Betrages, die Zēnodotos spendete, hat sich auf der Stele nicht erhalten.



7.2 Partizipation von Nichtbürgern an Poliskulten 

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um die Kultpflege von zentraler Bedeutung gewesen zu sein, um mit der sitēsis geehrt zu werden. Besonders eindrücklich zeigt sich dies bei dem Athanapriester des Jahres 74 v. Chr. Ἀριστείδας Τιμαράτου162. In der Ehreninschrift eines Familienmonuments verweisen die Eltern und Geschwister von Aristeidas besonders darauf, dass er ὑπό τε ἰερέων καὶ τοῦ ἀρχιεροθύτα καὶ τῶν ἰεροθυτᾶν mit einem goldenen Kranz geehrt worden ist. Ein Betrachter konnte die Ehreninschrift, auf die hier Bezug genommen wird, auf einem Block nachlesen, der ebenfalls Teil dieses Monuments war163. In ähnlicher Weise wird man bei den weiteren Personen, die mit der sitēsis geehrt wurden, davon ausgehen können, dass sie sich insbesondere während der Ausübung eines der Priesterämter verdient gemacht hatten. Auf der anderen Seite lässt sich auch beobachten, dass nicht jeder Honorand, der umfangreiche Ehren erhielt, gleich im hierothyteion speisen durfte164. Hier scheint man sehr genaue Abstufungen vorgenommen zu haben. Das hierothyteion war, so lässt sich zusammenfassen, einer der exklusivsten Orte innerhalb des Heiligtums, zu dem nur herausragende Euergeten der rhodischen Führungsschicht mit engen Kontakten zur Priesterschaft des Athanakultes Zutritt erhielten. Neben den hierothyteia auf Polis- und Phyleneben stammen zwei weitere Belege für ein solches Gebäude von der Insel Karpathos. Auf Antrag der hierothytai hatte die ktoina der Potidaieoi einen Ehrenbeschluss für Παμφιλίδας, Sohn des Ἰέρων, aus dem Demos der Karpathiopolitai, verfasst und ihn mit einer Belobigung, einem goldenen Kranz sowie den ξένια εἰς τὸ ἰεροθυτεῖον geehrt165. Winand hat die berechtigte Frage gestellt, wieso man Pamphilidas nicht die sitēsis verliehen habe, wie es in sämtlichen anderen Fällen für rhodische Bürger üblich war, sondern stattdessen eine Formulierung gewählt wurde, die ansonsten nur in Ehrenbeschlüssen für auswärtige Gesandte

162 I. Lindos 297. 163 I. Lindos 299 b und c. Die Ehreninschrift der Priester sowie des übrigen Kultpersonals war gleichzeitig eine Dedikation an Athana Lindia und Zeus Polieus. In I. Lindos 299 a ehrt Aristeidas zusammen mit weiteren Familienangehörigen seinen Vater Timaratos, der Priester der Athana Lindia, des Zeus Polieus und der Artemis Kekoia gewesen war. 164 So blieb etwa Εὐφραγόρας Γαλέστευς offenbar die sitēsis vorenthalten, obwohl er mit einer Belobigung, einem Goldkranz, einer Bronzestatue und der anagoreusis ausgezeichnet worden war; I. Lindos 383; er scheint aber auch nicht zum engeren Führungskreis in Lindos gehört zu haben; nur sein Sohn ist für das Jahr 23 n. Chr. als hierothyt belegt; I. Lindos 420 b, Z. 29. Aber auch dem Athana­ priester Εὐπόλεμος Εὐπολέμου τοῦ Τιμοκράτευς scheint diese Ehre trotz seiner zahlreichen Verdienste nicht zuteil geworden zu sein; Kontorini, AER, Nr. 73. Frauen ehrte man zwar – zumindest in der frühen Kaiserzeit – mit der stephanaphoria, die sitēsis blieb ihnen aber verwehrt, auch wenn sie im Bereich des oikos gelegentlich am Bankett teilgenommen haben mögen; zur Teilnahme von Frauen am Bankett s. Fabricius 1999, 185–190. Herausragende Ehren erhielt etwa Neikassa, Tochter des Myōnidēs, s. I. Lindos 395 (um 10 n. Chr.); vgl. auch I. Lindos 384 c. 165 I. Lindos, S. 1008–1010.

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 7 Die Heiligtümer

Verwendung fand. Dies erklärt Winand damit, dass die in der Inschrift erwähnten hierothytai keine Magistrate der ktoina, sondern diejenigen des rhodischen Gesamtstaates seien; ebenso ist er der Ansicht, dass hier vom hierothyteion in RhodosStadt die Rede ist166. Da am Ende des Dekrets angeordnet werde, den Antrag für die Ehrungen der rhodischen Volksversammlung vorzulegen, sei anzunehmen, dass der Beschluss über den Zutritt zum hierothyteion die Kompetenzen der ktoina überstiegen habe. Entsprechend könne nicht ein auf Karpathos gelegenes hierothyteion gemeint sein. Auch wenn sich die Verwendung der xenia-Formulierung nicht klären lässt167, so ist der Argumentation Winands in mehrerlei Hinsicht zu widersprechen. Zunächst ist es unwahrscheinlich, dass die hierothytai aus Rhodos nach Karpathos reisten, um dort in der Versammlung der ktoina der Potidaieoi einen Antrag für einen Ehrenbeschluss einzureichen, der unter anderem vorsieht, den Honoranden in Rhodos-Stadt in das hierothyteion einzuladen. Zudem beinhaltete die aitēsis, die der rhodischen Volksversammlung vorgelegt werden soll, nur einen Antrag für die Bestätigung der Bekränzung sowie der Aufstellung der Stelen in zwei Heiligtümern. Die Einladung in das hierothyteion bedurfte offensichtlich keiner Ratifizierung durch ein höherstehendes Entscheidungsgremium168. Ein weiteres Indiz für die Annahme eines lokalen hierothyteion liefert der Passus zur Publikation des Dekrets. Und zwar soll eine Ausfertigung des Beschlusses im Poseidon-Heiligtum in Porthmos aufgestellt werden, die andere ἐν Ποτιδαίωι ἐν τῶι ἰερῶι τᾶς Ἀθάνας [τ]ᾶς Λ[ι]νδίας. Zu dem Poseidon-Heiligtum entsandte die Gesamtbürgerschaft Festgesandte (hieragogoi), die offensichtlich an den Kultfeiern teilnahmen169. Das Heiligtum besaß somit eine überregionale Bedeutung, woraus die Kontrolle durch den sympas damos zu erklären ist. Für das Filialheiligtum der Athana Lindia ist ohnehin eine Kontrolle durch die Phyle Lindos vorauszusetzen, weshalb auch für die dort vorgesehene Aufstellung einer Stele eine höhere Entscheidungsinstanz einzubeziehen war. Man darf annehmen, dass seit der Gründung dieses Heiligtums von der ktoina der Potidaieoi analog zu dem Hauptheilig­ tum in Lindos auch hierothytai für den Kult der Athana gewählt wurden, die dann in einem entsprechenden Amtsgebäude residierten. Außerdem werden in einem Ehrendekret aus Arkaseia, im Südosten des Ortes Karpathos gelegen, hierothytai erwähnt, bei denen es sich eindeutig um lokales Kultpersonal handelt170. Die Inschrift wird von dem Editor aufgrund der Schrift in das 2. Jh. v. Chr. datiert. In dem Beschluss des κοινὸν τὸ Ἀρκασειέων werden die hierothytai angewiesen, sich um die Bekränzung

166 Winand 1990, 109–115. 167 Eine mögliche Erklärung wäre jedoch, dass Pamphilidas nicht der ktoina der Potidaioi angehörte, sondern einer anderen ktoina des Demos der Karpathiopolitai. Schließlich bestand sehr wahrscheinlich jeder Demenbezirk aus drei ktoinai. 168 Gabrielsen 1994, 128. 169 IG XII 1, 1035. 170 Segre, Historia 7, 1933, 577 Nr. 1.



7.2 Partizipation von Nichtbürgern an Poliskulten 

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und das Aufschreiben des Beschlusses zu kümmern und dafür Sorge zu tragen, dass die Stele im Pronaos des Athanaheiligtums aufgestellt werde171. Das Dekret ist gleichzeitig der einzige Beleg für die Verleihung der ξένια εἰς τὸ ἱεροθυτεῖον an einen Nichtbürger, die von einer Unterabteilung der Polis vergeben wurde. Da nur der untere Teil der Inschrift erhalten ist, bleibt der Anlass der Ehrung unklar. Geehrt wird ein Bürger aus Ephesos; von dessen Name ist nur die Filiation [.]ίμωνος erhalten172. Auch hier treten die konkreten Motive für die Ehrung hinter den allgemeinen Verweis auf seine Tugendhaftigkeit zurück: Er habe stets seine aretē und eunoia gegenüber dem koinon und den κατοικεῦντες ἐν Ἀρκασείαι bewiesen173. Man wird insgesamt davon ausgehen können, dass überall dort, wo hierothytai für ein Heiligtum zuständig waren, auch ein entsprechendes Amtsgebäude existierte. Der Zutritt zu diesem Gebäude war äußerst exklusiv und wurde nur besonders herausragenden Euergeten gestattet. Besonders in Lindos wird deutlich, dass dieses Privileg in der Regel nur an einen kleinen Führungszirkel der lindischen Bürgerschaft vergeben wurde; schließlich ist für fast alle Honoratioren, denen die sitēsis verliehen wurde, eine ausgesprochene Nähe zum Kult der Athana nachzuweisen. Dementsprechend blieben Nichtbürger von solch einer Privilegierung weitgehend ausgeschlossen.

7.2.2 Formen sozialer Inklusion Beteiligung an epidoseis Auf allen Polisebenen stand es Bürgern und teilweise auch Nichtbürgern offen, sich an den öffentlichen Spendenaufrufen, den epidoseis, mit Geldgeschenken zu beteiligen; diese ihrem Charakter nach freiwilligen Spenden waren häufig kultischen Zwecken gewidmet, sei es für den Bau eines neuen Tempels, die Verschönerung eines Heiligtums oder die prächtige Ausstattung einer Prozession. Die Nichtbürger konnten hier – sofern ihnen die Möglichkeit gegeben wurde, eine Spende zu tätigen – unmittelbar in Konkurrenz um Prestige zu den Bürgern treten und einen ›Beweis‹ (ἀπόδειξις) ihrer Frömmigkeit geben174. Aus Rhodos sind vergleichsweise viele Subskriptionslisten erhalten, die es erlauben, diesen Befund näher zu untersuchen. Da ein Großteil der Listen nur fragmentarisch vorliegt, ist aber insbesondere hinsichtlich einer statistischen Auswertung entsprechende Vorsicht geboten.

171 Z. 6–12. 172 Die Ergänzung [Κ]ίμωνος ist nicht zwingend; genauso wäre [Τ]ίμωνος möglich. Die Vergabe der xenia erscheint als Nachsatz nach einem vacat am Ende des Dekrets. 173 Zu den hier genannten κατοικεῦντες s. Kap. 3.2.2. 174 Für diese Formulierung s. das Präsksript der Spenderliste I. Lindos 252 Z. 1 f.: τοίδε (...) ἀπόδειξιν ποιεῖσθαι ἇς ἔχοντι ποτὶ τὸ θεῖον εὐσεβείας.

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 7 Die Heiligtümer

Die älteste erhaltene Subskriptionsliste stammt aus Lindos und wurde unmittelbar nach dem Ende der Belagerung des Demetrios Poliorketes verfasst175. Die Spender sind nach Demen geordnet aufgelistet; die Höhe der jeweiligen Spende ist nicht verzeichnet. Da in der Präambel als Anlass für den Spendenaufruf von der Wiederherstellung des Kultschmucks und der Kultgefäße der Athana die Rede ist, werden die Beiträge aus entsprechenden Weihgeschenken bestanden haben176. Neben den zwölf Inseldemen sowie drei zu Kamiros gehörenden Demen, aus denen sich jeweils nur eine Person als Spender beteiligte, ist aus der Peraia allein der Demos Physkos verzeichnet. Fremde tauchen in dieser Liste nicht auf; in der Gruppe der Lindopolitai ist jedoch ein matroxenos, der Sohn eines Bürgers und einer Nichtbürgerin, aufgeführt177. Da die Inschrift allerdings nicht vollständig erhalten ist, wäre es möglich, dass einige Nichtbürger, die ja kein Demotikon besaßen, eigens am Ende aufgeschrieben waren. Eine solche Anordnung ist für eine Spenderliste aus Rhodos-Stadt belegt, in der die Namen der ›fremden‹ Spender deutlich durch ein ›vacat‹ von den Bürgern abgesetzt sind. Allerdings fehlt bei dieser Inschrift wiederum der Beginn, so dass es nicht möglich ist, den Anlass der Spende zu bestimmen. Unter den Fremden befindet sich der Samier Μηνόκριτος, der dem Spendenaufruf zusammen mit seiner Frau Ναννίς und dem Sohn Μητρόδωρος gefolgt war178. Man wird kaum daran zu zweifeln haben, dass es sich um den Arzt Μηνόκριτος Μητροδώρου Σάμιος handelt, der auf Karpathos von dem Demos Brykous für seine langjährige medizinische Tätigkeit und besonders seinen verdienstvollen Einsatz während einer Seuche geehrt worden ist179. In dem Ehrendekret wird zudem erwähnt, dass er sich eine Zeit lang in Rhodos-Stadt aufgehalten habe, wo er bereits Ansehen erwarb, bevor er in Brykous als öffentlicher Arzt in Dienst trat180. Mēnokritos besaß mithin vielfältige Kontakte zu rhodischen Bürgern und wird bereits während seines Aufenthalts in Rhodos ein geschätzter Nichtbürger gewesen sein; was aber bei der Publikation der Spendernamen nicht dazu geführt hat, dass man ihn zusammen mit den Bürgern verzeichnete.

175 I. Lindos 51; zur Datierung der Inschrift s. o. Kap. 7.1. 176 Migeotte 1992, 116. 177 I. Lindos 51 c col. I, Z. 26 f. 178 Pugliese Carratelli, Associazioni, Nr. 20 col. II Z. 20–24 (um 100 v. Chr.). Für eine separierte Anordnung der Nichtbürger vgl. das Weihgeschenk der Schiffsbesatzungen App. I 15 (= I. Lindos 88) sowie die Namensliste Kontorini, AER, Nr. 2. 179 IG XII 1, 1032 (= Samama 2003, Nr. 118). Ungewöhnlich ist, dass in der Spenderliste kein Gesamtbetrag für die ganze Familie angegeben ist, sondern für jedes Familienmitglied ein gesonderter Betrag verzeichnet wurde. Für sich selbst spendete er 20 Drachmen sowie für seine Frau und seinen Sohn jeweils 5 Drachmen. Neben der Familie des Μηνόκριτος spendete außerdem der Athener Ἀγάθιππος 50 Drachmen; es könnte sein, dass dieser sich später ebenfalls auf Karpathos niederließ. Eine Grabinschrift aus Potidaion auf Karpathos nennt zumindest einen Athener mit dem Namen Ἀγάθιππος Φιλοκράτευς nebst seiner Schwester Δαμώ; IG XII 1, 986. 180 IG XII 1, 1032 Z. 12: πρὸ τοῦ τε μισθωθήμειν διατρίβων ἐν Ῥ̣όδ̣ ω̣[ι]. Vgl. auch Kap. 3.2.2.



7.2 Partizipation von Nichtbürgern an Poliskulten 

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Um 220/210 v. Chr. hatten die Bürger des Demenbezirks Phoinix in der rhodischen Peraia beschlossen, einen Tempel für Dionysos zu errichten181. Für die Finanzierung dieses Bauwerks war der Ort auf die Mitwirkung der Bevölkerung angewiesen. Die Namen der Spender sind weitgehend nach der Höhe der Beiträge in absteigender Reihenfolge aufgelistet und wurden für alle sichtbar an der Felswand der Akropolis angebracht. An erster Stelle wird der Bürger Νικασαγόρας Βουλακρίνευς genannt; für ihn wird kein bestimmter Betrag angegeben, sondern in weitaus prominenterer Weise erwähnt, dass er für das gesamte Grundstück des Heiligtums aufgekommen ist (τὸν τόπον ἐν ᾧ ὁ ναὸς καὶ τὸ τέμενος κατεσκεύασται)182. An sechzehnter Stelle wird ein Nichtbürger aus Selge aufgeführt, der offensichtlich als Vormund zweier Brüder aus Phoinix zusammen 50 Drachmen spendete183; zwei weitere Nichtbürger

181 I. Peraia 101 (= I. Perée 149); hier ist eindeutig dem Text von Blümel der Vorzug zu geben, der anhand des Abklatsches wesentliche Verbesserungen gegenüber den älteren Editionen vornehmen konnte; s. auch Rice 1999 b, Taf. 111 mit einem Foto der Inschrift. 182 I. Peraia 101 col. A, Z. 3–5; Bresson vermerkt irrtümlich Μνασαγόρας Βουλακρίνευς; es fehlt zudem ein Vermerk, dass der Text in zwei Kolumnen angeordnet ist. 183 I. Peraia 101 col. A, Z. 24–26: Σατυρίων Σ̣ελγ[ε]ὺς | ὑπὲρ Εὐφράνορος καὶ ὑ[πὲρ] | Τιμοτέλευς [– – –]. Es besteht aufgrund verschiedener Hinweise kein Zweifel, dass Εὐφράνωρ und Τιμοτέλης nicht die leiblichen Söhne des Σατυρίων sind: In einem anderen Fragment einer etwas später einzuordnenden Spenderliste aus Phoinix begegnet ein Τιμοτέλης [Εὐφ]ράνορος, der sich mit 20 Drachmen an der Spende beteiligt hatte; I. Peraia 102 Z. 21. Der Name Εὐφράνωρ weist zwar kein spezifisches Verbreitungsgebiet auf; die Kombination mit dem seltenen Namen Τιμοτέλης lässt aber einen verwandtschaftlichen Zusammenhang vermuten. Sehr gut möglich ist es sogar, dass er mit dem Τιμοτέλης aus I. Peraia 101 identisch ist. Σατυρίων aus Selge ist außerdem die einzige Person der Liste, die nicht für sich selbst, sondern ausschließlich in Vertretung eine Spende tätigte. In der Liste gibt es mehrere Beispiele, in denen ein Vater für sich und seine minderjährigen Söhne einen Betrag spendete, was jeweils mit ὑπὲρ αὑτοῦ καὶ τῶν υἱῶν ausgedrückt wird; die Söhne werden dabei an keiner Stelle namentlich genannt. Nur bei Δαμοσθένης Ἱεροφάνευς, der in der Liste direkt vor dem Selger Σατυρίων genannt wird, heißt es 〈ὑπὲρ〉 αὑτοῦ καὶ Μέγωνος καὶ Σίμου. Hier fehlt demnach ebenfalls eine Erläuterung, in welchem Verhältnis der Spender zu den Personen steht, in deren Namen er die Spende tätigte. Auch in diesem Fall ist auszuschließen, dass es sich um seine Söhne handelt, da dann zumindest einer der beiden Genannten den Namen des Vaters oder Großvaters tragen würde (zur Namensgebung in Rhodos vgl. Bresson 1981). Man wird in Δαμοσθένης den Onkel von Μέγων und Σῖμος zu sehen haben, der nach dem Tod seines Bruders als epitropos die Vormundschaft über seine beiden noch unmündigen Neffen übernommen hatte. Für diese Annahme lässt sich weitere Sicherheit gewinnen: Ebenfalls in I. Peraia 101 ist ein Spender mit dem Namen Ἱεροφάνης Μέγωνος aufgeführt (col. A, Z. 33); Name und Patronym sind relativ selten belegt; da sie noch dazu in derselben Inschrift auftauchen, bildet er zweifelsfrei das gesuchte Bindeglied, das eine verwandtschaftliche Beziehung zwischen Δαμοσθένης Ἱεροφάνευς sowie Μέγων und Σῖμος bezeugt. Da Μέγων zum Zeitpunkt der Spende noch nicht volljährig war, kann Ἱεροφάνης Μέγωνος nicht dessen Sohn, sondern nur der Großvater und damit der Vater von dem epitropos Δαμοσθένης Ἱεροφάνευς sein. Ἱεροφάνης Μέγωνος ist zudem um 230 v. Chr. als Priester der Athana Polias und des Zeus Polieus in Kamiros bezeugt (Tit.Cam. 5 col. II Z. 43). Eine Grabinschrift aus Phoinix nennt ferner eine Ἀναξικράτη Σίμου, deren Mann Ἱεροφάνης hieß; zusätzlich steht dort der Name Δ̣ α̣μοσ[θέ]νη̣ς, der vielleicht als Sohn der Ἀναξικράτη zu betrachten ist; I. Peraia 114 (= I. Pérée 154). Da für die Inschrift nur eine grobe Datierung vorliegt (Blümel: hellenistisch;

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 7 Die Heiligtümer

finden sich in der niedrigsten Kategorie derjenigen, die jeweils 20 Drachmen spendeten; dabei handelt es sich um einen Armenier – vielleicht einen Freigelassenen – und einen Bürger aus dem karischen Stratonikeia184. Der Prozentsatz ›fremder‹ Drachmen beläuft sich damit gerade einmal auf 2,7 %185. Eine anderer Spendenaufruf der Phyle Lindos, der in das letzte Viertel des 2. Jhs. v. Chr. datiert, sollte Geld für die Anfertigung goldener Kränze für Athana Lindia, Zeus Polieus und Nike zusammentragen186. Die Spender erscheinen hier jeweils familienweise; eine Familie eines Nichtbürgers aus Antiochia, der das Privileg der epidamia erhalten hatte, beteiligte sich mit einem Betrag von 15 Drachmen187. Außerdem entrichtete ein Lindier aus dem Demos Nettidas zunächst 10 Drachmen für sich selbst und anschließend nochmals insgesamt 15 Drachmen für die beiden Frauen Ἀγαθαμερίς und Θευδοσία sowie für Θευδόσιος, die alle aus Kios kommen188. Es mag sein, dass Ἀγαθαμερίς die Witwe eines Bürgers aus Kios war, die nach dem Tod ihres Mannes gemeinsam mit den beiden Kindern unter die Obhut des Lindiers gelangte. Doch ist hier über bloße Vermutungen nicht hinauszukommen. Die Nichtbürger stellen bei dieser epidosis eine Randerscheinung dar. Es fehlen zwar einige Zeilen des Textes, doch wird der Befund insgesamt dadurch kaum verfälscht sein. Dieses zurückhaltende finanzielle Engagement der Fremden ist bei weiteren öffentlichen Spenden zu beobachten, nicht nur bei solchen, die dem kultischen Bereich zuzuordnen sind189. Léopold Migeotte hat darauf aufmerksam gemacht,

Bresson: 2. Jh. v. Chr.), lässt sich nicht sicher entscheiden, ob Ἀναξικράτη eine Tochter des aus der Spenderliste bekannten Σῖμος ist, oder als Nachfahrin der Familie zu betrachten ist; der Name ihres Mannes zeigt jedenfalls, dass sie innerhalb der Verwandtschaft geheiratet hatte. Für einen Rekonstruktionsvorschlag der verwandtschaftlichen Beziehungen s. Stemma 3 auf S. 456. 184 I. Peraia 101 col. B, Z. 28: Κά̣νθαρος Ἀρμέν̣ ιος; Z. 32: Ἀπολλώνιος Στρατονικεύς. 185 Nach den Verbesserungen durch Blümel bleibt nur noch bei einer Person die Höhe der Spende unklar; die beiden vorangehenden Spendenbeträge belaufen sich jeweils auf 50 Drachmen, die zehn nachfolgenden jeweils auf 30 Drachmen. Entsprechend besteht nur eine Unsicherheit von 20 Drachmen, womit sich die Gesamtsumme der Spenden auf 3315–3335 Drachmen beläuft. Hinzuzurechnen wäre dann noch der Wert des Grundstücks, das Nikasagoras spendete. 186 I. Lindos 252. 187 col. II Z. 116–119: [– – –]Μ̣ΕΥΣ | [ὧι ἁ ἐπιδ]αμ̣ ία δέδοται | [κ]α̣ὶ̣ ὑ[π]ὲρ τᾶς γυναικὸς | [– –γ]όρα[ς] Ἀντιοχίδος ΔΠ. 188 col. II Z. 140–142: Σ̣ [.․․]ίων Δαμαράτου Νεττίδας Δ | καὶ ὑπὲρ Ἀγαθαμερίδος καὶ | Θευδοσίας καὶ Θευδοσίου Κιανῶν ΔΠ̣. 189 Bezeichnend ist es, dass nach dem Erdbeben des Jahres 227 v. Chr. mit Ἁγήσανδρος Μικίωνος ein Lindier der Führungsschicht für die Instandsetzung eines ganzen Turmes der Befestigungsanlage in Rhodos-Stadt aufkam; Konstantinopoulos, AEphem 106, 1967, 115–128. In der Spenderliste wird Hagēsandros an erster Stelle genannt, danach ließ man eine Lücke auf dem Stein, bevor man mit den Namen der übrigen Spender fortfuhr; auf das Layout der Inschrift hat Chaniotis 2011, 25 aufmerksam gemacht. Hagēsandros ist später in Lindos mit einem goldenen Kranz, einer Statue und der Prohedrie geehrt worden; I. Lindos 169.



7.2 Partizipation von Nichtbürgern an Poliskulten 

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dass es sich hierbei um ein allgemeines, auch andernorts bekanntes Phänomen handelt190. Fremde begegnen generell eher vereinzelt und unauffällig in den Listen, was insbesondere in Rhodos angesichts der großen Zahl der hier ansässigen Nichtbürger verwundert. Ob es sich für einen Fremden nicht gehörte, die Bürger in ihrer Freigebigkeit zu übertreffen, lässt sich nicht abschätzen; jedenfalls dürfte die Erwartungshaltung ihnen gegenüber grundsätzlich geringer ausgefallen sein191. Möglicherweise hat dieser Befund aber auch eine ganz praktische Erklärung. Schließlich wurden die freiwilligen Spenden normalerweise während der Volksversammlung angezeigt, zu der in der Regel nur Bürger Zutritt hatten; den Nichtbürgern musste daher überhaupt erst der Beschluss für eine epidosis bekannt gemacht werden und ihnen daraufhin die Gelegenheit gegeben werden, sich für eine Spende zu melden; dies setzt ein explizites Interesse der Bürgerschaft voraus, die Nichtbürger als Adressaten einzubeziehen. Das war in der Regel jedoch nur in besonderen Notlagen der Fall192. Solche eine Notlage scheint der Anlass für einen Spendenaufruf in Rhodos im 1. Jh. v. Chr. gewesen zu sein, wo ein Großteil der Spender fremder Herkunft war, die zugleich außergewöhnlich hohe Beträge zahlten193. Aus der stark fragmentierten Einleitung lässt sich mit der recht vagen Formulierung »für die epauxēsis, die Unterstützung, der Bürgerschaft« kein genauer Zweck mehr benennen, es muss aber jedenfalls eine besondere Krisensituation vorgelegen haben – zu denken wäre etwa an eines der zahlreichen Erdbeben194. In der Regel aber blieb die öffentliche

190 Migeotte 1992, 363. 191 Man denke hier etwa an Isaios 5, 37–38, der Dikaiogenes vorwirft, dieser sei nie einem Spendenaufruf nachgekommen; nur ein einziges Mal habe er eine Spendenzusage von 300 Drachmen in der Volksversammlung gemacht; abgesehen davon, dass er diesen Betrag letztlich nicht zahlte, sei die angekündigte Spende ohnehin noch niedriger gewesen, als diejenige des Kreters Kleonymos. Eine Spende musste außerdem erst von der Volksversammlung angenommen werden; prinzipiell bestand damit die Möglichkeit, Spenden einzelner Personen abzulehnen; s. Ellis-Evans 2012, 113; inwieweit von dieser Praxis generell Gebrauch gemacht wurde, lässt sich nicht abschätzen. 192 Migeotte 1992, 358–363. Dabei konnte es sich auch um finanzielle Notsituationen handeln; vgl. etwa den Spendenaufruf des koischen Demenbezirks Halasarna aus der 2. Hälfte des 3. Jhs. v. Chr., der neben den Demenangehörigen explizit auch an die anderern Bürger aus Kos und die anässigen Nichtbürger gerichtet war (Seite A, Z. 17 f.: τῶν δὲ δαμοτᾶν καὶ τῶν ἄλλων | πολιτᾶν καὶ παροίκων), um endlich den Bau des Apollontempeles fertigstellen zu können. Für die Spenden wurde ein Mindestbetrag von 30 Drachmen festgesetzt. Die Arbeiten waren ganz offensichtlich aufgrund fehlender Geldmittel zum Erliegen gekommen; IG XII 4, 1, 94 (= Meier 2012, 294–298 Nr. 34). 193 App. I 5 (= Jacopi, ClRh 2, 1932, Nr. 6 + IG XII 1, 11). 194 Mit großer Wahrscheinlichkeit ist zudem eine Spenderliste aus Telos mit einem Erdbeben (199 v. Chr.) in Verbindung zu bringen; Stavrianopoulou 1997, 86 f. Neben den drei zusammengehörenden Quaderfragmenten IG XII 3, 31–33 nimmt Peek an, dass auch I. Dor. Ins. 44 Teil der Spenderliste war. Die Spende diente für die Herstellung eines Tempelinventars; es werden keine Geldbeträge genannt, sondern verschiedene Kultgefäße, hinter denen dann immer die Namen der Spender stehen, die diese finanziert hatten. Neben Bürgern und Fremden scheinen sich auch Sklaven oder Freigelassene beteiligt zu haben, s. IG XII 3, 31 col. II Z. 24: Γλαῦκος Μάγνης; Z. 25: Ἀμβρακίς; IG XII 3, 32 col. II

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 7 Die Heiligtümer

Spende eine Bürgerangelegenheit, bei der die erzielte Gesamtsumme, die ohnhehin nur mittelbar aus der Addition der Einzelbeiträge ersichtlich war, nicht im Vordergrund stand. In einer oftmals vorhersehbaren, bisweilen inszenierten Spontanität vermochte bei derartigen Anlässen jeder Polisbürger seine Tugendhaftigkeit öffentlich zu demonstrieren, die dann geradezu als intrinsischer Reflex erschien195. Als in der frühen Kaiserzeit Lindos in finanzielle Schwierigkeiten geraten war und sich die Gemeinde außerstande sah, die Kosten für den Kult der Athana Lindia in gewohnter Weise zu bestreiten, griff man ebenfalls auf eine epidosis zurück, verstand es aber auch jetzt offenbar in erster Linie als Sache der Bürger, für die Bewahrung des Kults einzutreten. Darauf deutet sowohl der Aufruf, in den im Monat Agrianios stattfindenden Sitzungen der ekklesia eine Spende zu melden, als auch die Anordnung, die Spendernamen mit Patronym und Demotikon aufzuschreiben196. Auf Syme hatten sich um die Mitte des 2. Jhs. v. Chr. an einer epidosis, die von einer ktoina für die Instandsetzung des Athanaheiligtums organisiert worden war, zwar neben Privatpersonen sogar Vereine beteiligt, allerdings ließ die Einzahlung der zugesagten Spenden auf sich warten; die Mitglieder der ktoina beriefen daraufhin einen Bürger aus Ialysos in die Versammlung, der sich bereit erklärte, die Kosten zu tragen, und gleichzeitig noch Gelder für die Reparatur des Daches zusagte. Bezeichnend ist dann, dass er Bürger aus seinem Demos, die sich vorübergehend auf Syme aufhielten, zum Tempel hinaufführte, um ihnen den Fortschritt der Arbeiten zu zeigen197. Die Beteiligung von Vereinen an öffentlichen Spendensammlungen ist mehrfach belegt. Allerdings lässt sich bei keinem der Vereine, die sich an einer epidosis der Polis bzw. einer der Untergliederungen beteiligten, etwas über die Zusammensetzung der Mitglieder sagen. Man wird aber kaum fehlgehen, damit zu rechnen, dass auch Nichtbürger in diesen Vereinen vertreten waren. Diese öffentlichen Spenden hätten den Vereinen eine Gelegenheit bieten können, sich gegenüber anderen Vereinen durch entsprechend hohe Geldspenden als Wohltäter der Polis zu inszenieren. Solch ein Konkurrenzstreben scheint aber gerade nicht im Rahmen von epidoseis ausgetra-

Z. 16–18: Προιτίδας Κνίδιος | Ἀθηναΐς | Μαῦα Βάτα. In IG XII 1, 33 Z. 15 korrigiert Peek die Ergänzung Ἥμισυ [Σ]ύρα zu ἡμίσ[φα]ιρα, womit wohl eine halbkugelförmige Schale bezeichnet sei; I. Dor. Ins. 13. Dass auch hier ein Gefäß und kein Name genannt gewesen sei, gebe die eingerückte Zeile zu erkennen. Für die in der Liste verzeichneten Nichtbürger s. auch Stavrianopoulou 1997, 93 f. Ob der Spendenaufruf von dem Demos oder einem Verein veranlasst wurde, ist nicht zu klären. 195 Auf diese performative Bedeutung der öffentlich inszenierten epidoseis verweist nachdrücklich Ellis-Evans 2012, bes. 109–112. 196 I. Lindos 419 Seite A, Z. 44–48: π̣ [ρο|θέντω δὲ] τοὶ ἐπιστάται τοῖς χρῄζουσιν ἐπαύξειν τό τ[ε] Λ[ιν|δί]ων̣ [πλῆθ]ο̣ ς̣ καὶ τὰς τιμὰς τᾶς θεοῦ ἐπανγελ̣ε̣ ίαν ὅ̣ σσο̣ [ν κα] | ἕκασ[τ]ος χρῄζῃ ἐπανγέλλεσθαι ἀ[ργ]υρίου ἐν Λίν[δ]ῳ ἐ̣ [ν ταῖς | ἀ]γο[μ]έναις ἐ〈κ〉κλησίαις τῷ Ἀγ(ριανίῳ) μ(ηνί). 197 IG XII 3, 1270 Frgt. a, Z. 16–18: ἀναγαγών | τε τοὺς παρεπιδαμοῦντας τῶν Πολιτᾶν ἐπέδειξε τὰ | ἔργα κα[λ]ῶς γεγονότα; vgl. zu diesem Ehrendekret Kap. 3.2.2.



7.2 Partizipation von Nichtbürgern an Poliskulten 

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gen worden zu sein; abgesehen von zwei Ausnahmen treten Vereine nicht auffallend in den Spenderlisten in Erscheinung198. In der bereits erwähnten Liste einer lindischen epidosis, mit der Geld für gleich drei goldene Kränze zusammengetragen werden sollte, sind zwar mindestens sieben Vereine verzeichnet, sie alle stehen aber mit einer Person namens Τιμάπολις in Verbindung199. Τιμάπολις wird mit dem in derselben Liste genannten Τιμάπολις Εὐφραγόρα καθ’ ὑοθεσίαν δὲ [– – –] zu identifizieren sein, der sowohl väterlicher- als auch mütterlicherseits von Familien der lindischen Oberschicht abstammte200. Beide Familien treten besonders dominant in der Spenderliste hervor. Die variierenden Spendenbeträge geben zudem zu vermuten, dass die Spendernamen auf der Stele nach der Reihenfolge geordnet sind, in der die Spendenzusagen gemacht wurden. Insofern liefern sie ein dynamisches Bild vom Ablauf der Spendensammlung201: Als fünfter oder sechster Lindier kündigt Εὐφραγόρας Τιμαπόλιος, der Vater des genannten Timapolis, eine Spende an, die er gleichzeitig im Namen seiner Mutter, seiner Frau, seiner Tochter sowie seinen beiden Söhnen tätigt202 – letzteres ist besonders bemerkenswert; schließlich war mit Timapolis zumindest einer der beiden Söhne selbst in der Versammlung zugegen und spendete später für seine eigene Familie einen Betrag. In der Regel wurden solche stellvertretend vorgenommen Spenden für die noch nicht volljährigen Nachkommen entrichtet. Dies war hier demnach ganz offensichtlich anders. Unmittelbar danach tritt der Großvater des Timapolis, Εὐπόλεμος Τιμοκράτευς hervor, um es seinem Schwiegersohn Euphragoras gleichzutun. Neben Eupolemos selbst werden seine Frau sowie seine drei Söhne und seine Tochter namentlich als Spender genannt. Zwei der Söhne sind ebenfalls persönlich anwesend und sichern

198 In der Peraia beteiligten sich mindestens drei Vereine mit Beträgen von 300, 100 sowie wohl 50 Drachmen an der Errichtung des Asklapios-Heiligtums (I. Pérée 58 col. A Z. 4–6. 17 f. 33 = I. Peraia 301+302; um 221 v. Chr.). Darüber hinaus ist in dem Fragment Tit.Cam. 159 a neben verschiedenen patriōtai Vereinigungen sowie Zusammenschlüssen von Demenangehörigen mit dem Ἑρμαισ̣τᾶν τῶν ἐν τῶι ἄστει κ̣ οιν[ὸν – –] mindestens ein Kultverein auszumachen, ohne dass sich aber Hinweise auf die Zusammensetzung des koinon gewinnen ließen. Auffallend ist hier allein, dass ein in RhodosStadt (ἐν τῶι ἄστει) ansässiger Verein in Kamiros einem Spendenaufruf nachkam. 199 I. Lindos 252 col. III Z. 222–227; 250–258. Vgl. Tit.Cam.Suppl. 157 b, wo Aristombrotidas zunächst eine Spende für seine Familie tätigt und dann nochmals eine weitere gemeinsam mit einem Eukleitos und einem Sarapisverein (Seite A col. I Z. 3–5: Ἀρ[ισ]τ̣ ομ̣ β̣ ροτ[ί]δας Ἀ̣ρ̣ ι̣ σ̣τ̣ ομ[βρ]ο[τί]δα | Ἄριος λʹ καὶ ὑπὲρ [τᾶς] γυν̣ αικὸς̣ | Δαμαινέτ̣ ας [Κριτο]βούλου ιʹ; Seite B col. III Z. 8–13: Ἀριστομβροτίδας | [Ἀ]ριστομβροτίδα Ἄ[ρι|ο]ς Εὔκλειτος Εὐκ̣ [λε|ῦ]ς Πλάριος καὶ Σαρα|[πι]αστᾶν τῶν ἐγ Κα|[μίρωι] κοινὸν λʹ). 200 I. Lindos 252 col. I Z. 34–48; 86–90. Zu den Verwandtschaftsbeziehungen s. Badoud 2015, 292 f. 201 Chaniotis 2012, 94 f. Für die im Folgenden beschriebene Reihenfolge der Spenden von Mitgliedern der Familie des Timapolis und der Vereine, die mit Timapolis in Verbindung stehen, s. S. 461 Abb. 6, wo durch Markierungen die entsprechenden Zeilen der Stele kenntlich gemacht wurden. 202 I. Lindos 252 col. I Z. 34–40.

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 7 Die Heiligtümer

gleich im Anschluss gemeinsam nochmals eine eigene Spende zu203. Nachdem zwölf andere Lindier teils für sich selbst, teils in ähnlicher Weise für ihre Familie Spendenbeträge genannt hatten, ist es schließlich der bereits mehrfach erwähnte Timapolis, Sohn des Euphragoras, der die Freigebigkeit seiner Familie wieder aufgreift204. Diesen Bezug macht er ganz konkret deutlich, in dem er bekundet, er spende den Betrag ebenso für seinen Vater – dieser hatte ja bereits selbst als erster Spender aus der Familie den Anfang gemacht. Man ist versucht sich vorzustellen, wie diese mehrfachen Verweise auf anwesende Personen gleichzeitig auch von entsprechenden Gesten begleitet wurden, mit denen man auf sie zeigte. Daneben nennt Timapolis dann auch noch seine beiden Söhne und seine Tochter. Die epidosis ist bereits weit fortgeschritten, als der Name des Timapolis in der Vereinstitulatur des ἀρχιεροθύτα καὶ ἰερέων καὶ ἰεροθυτᾶν καὶ Ἀθαναϊστᾶ[ν] Τιμαπολείων κοινόν in Erscheinung tritt205. Der Verein setzt sich mithin aus Mitgliedern des Kultpersonals der Athana Lindia zusammen; welche Verbindung zu den beiden Lindiern besteht, die sich gemeinsam mit dem Verein an der Spende beteiligten, ist unklar. Die Benennung des Vereins nach Timapolis erklärt sich aus der besonderen Nähe, die die Familie zu dem Kult unterhielt. Gegen Ende der epidosis meldete sich Timapolis erneut, um nacheinander Spenden für mindestens sechs Vereine anzuzeigen206. Grundsätzlich ist bei der Beteiligung eines Vereins an einem Spendenaufruf der Polis vorauszusetzen, dass im Rahmen einer Vereinsversammlung bereits eine eigene Spendensammlung stattgefunden hat207. Solch eine Vorgehensweise kann man hier aber ganz sicher ausschließen. Zwar lässt sich nur noch bei zwei oder drei Vereinen überhaupt die Höhe des Betrages bestimmen; dort beläuft sich die Spende aber durchweg auf nur 10 Drachmen208. Sowohl die niedrige Summe als auch die jeweils gleiche Höhe des Betrages sprechen nicht dafür, dass man eigens innerhalb des Vereins Spenden einzelner Mitglieder zusammengetragen hatte209. Hinzu kommt, dass bei sämtlichen Vereinen immer zuerst Τιμάπολις genannt wird, an dessen Namen dann mit einem καί die jeweiligen Vereinsnamen anschließen. Diese ständige Wiederho-

203 I. Lindos 252 col. I Z. 41–48. 204 I. Lindos 252 col. I Z. 86–91. 205 I. Lindos 252 col. III Z. 222–227. Da die Priesterämter des ἀρχιεροθύτας sowie der ἱερεῖς und ἱεροθῦται im Genitiv genannt sind, gehören sie eindeutig zur Vereinstitulatur. 206 I. Lindos 252 col. III Z. 250–260: [Τ]ι[μ]άπολις καὶ Τ̣ιμαπολείων κο[ιν]ὸν [–] | Τιμάπολι[ς] καὶ Ἀγαθοδαιμο[νιαστᾶν κοι]νὸν Δ | Τιμάπολις καὶ Ἀγεσ[τρ]α[τείω]ν | καὶ Λευκαρείω[ν] κο[ινὸν –] | Τιμάπολις [καὶ – – –] | καὶ Ἀπολλω[ν]ια[στᾶν κο]ι[νὸν – | Τ]ιμά[πολις] κ[αὶ] Ἀρσι[νοείων? καὶ] | Ἀφροδ̣ [ισιαστᾶν – – –]είων κ[ο]ινὸν Δ | Τιμάπο[λις καὶ Σ]ω[τη]ρ[ι]αστᾶν | [–]ΑΚ[– – –]ΑΜΟΝΙΚΟ | [– – –] Δ. 207 Migeotte 1992, 363; er nimmt diesen Vorgang a. O. 119 auch für diese Inschrift an. 208 Für die Zugehörigkeit des Zahlzeichens Δ in col. III Z. 260 zu dem sechsten Verein plädiert auch Migeotte 1992, 120 f. Anm. 60. 209 Es ist allerdings eben zu berücksichtigen, dass nicht bei allen Vereinen die Höhe der Spende erhalten ist.



7.2 Partizipation von Nichtbürgern an Poliskulten 

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lung des Namens zeigt ganz deutlich, dass weniger die Beteiligung der Vereine im Vordergrund stand als vielmehr Timapolis selbst, der hier demonstrieren konnte, dass er über die Verbindungen verfügte, größere Anhängerschaften für solch eine Spende zu mobilisieren. Indem er diese Kontakte in den Dienst der Gottheit stellte, verlieh er in besonderer Weise seiner eusebeia Ausdruck. Er wird es gewesen sein, der für die jeweiligen Spendenbeträge der Vereine aufgekommen ist210. Über die Zusammensetzung der Vereine lässt sich nur spekulieren; selbst wenn in dem einen oder anderen aufgeführten koinon Nichtbürger vertreten waren, ändert das nichts an der Nebenrolle, die den Korporationen hier zugewiesen wurde. Auf fehlende Geldmittel lässt sich dieser Befund nicht zurückführen. Die ökonomische Potenz der Vereine lässt sich besonders an den Ehrungen ablesen, die sie ihren Euergeten zukommen ließen. Es sind gerade Vereinsbeschlüsse, in denen etwa von der kostspieligen Errichtung einer Bronzestatue für einen Honoranden die Rede ist; zudem riefen die Vereine häufig selbst zu Spenden auf, beispielsweise für den Kauf eines Bestattungsplatzes. Insgesamt scheint sich das euergetische Engagement der Nichtbürger zu einem Großteil innerhalb der Vereine abgespielt zu haben. Nichtbürger, die über ein entsprechendes Vermögen verfügten, werden sich auch eher selbst an einer epidosis beteiligt haben; schließlich wurde bei einer Vereinsspende der Name des einzelnen Spenders nicht genannt. Es fehlte daher der Anreiz, da die Einzelleistung gewissermaßen anonym blieb. Zudem verfügten die Vereine über ein eigenes, äußerst vitales Kult- und Festleben, das ein permanentes Engagement der Vereinsmitglieder einforderte. Der Ort, an dem die epidoseis der Polis stattfanden, war zudem überwiegend die Volksversammlung211. Es war weiterhin der Ort, an dem die führenden Familien unter der Beobachtung der Bürgergemeinde in einen Wettstreit traten. In diese Interaktionsformen aber wurden offensichtlich nur vereinzelt Nichtbürger integriert. Übernahme von Kultämtern Sämtliche Priesterämter waren auf allen Polisebenen ausschließlich Bürgern vorbehalten. Zu erwähnen sind allerdings drei Inschriften, die auf den ersten Blick eine Ausnahme darzustellen scheinen: In der Nekropole von Karakonero südöstlich von Rhodos-Stadt fand man innerhalb eines ummauerten Grabbezirks die Grabinschrift des Χαιρήμων aus Memphis in Ägypten, der Isispriester gewesen war212. Dass hier ein städtisches Priesteramt gemeint ist, lässt sich aber ausschließen. Zwar existierte in Rhodos-Stadt ein Isisheiligtum, das kürzlich auch an der Ostseite der antiken Stadt-

210 Das Τ̣ιμαπολείων κο[ιν]ὸν (col. III Z. 250) bestand vielleicht aus Familienangehörigen oder sämtlichen Mitgliedern des oikos. 211 Migeotte 1992, 315 f. 212 Papachristodoulou 2001, 179 (= SEG 51.1015).

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 7 Die Heiligtümer

befestigung lokalisiert werden konnte213, im Gegensatz zum Sarapiskult war die Isisverehrung aber weitaus weniger verbreitet; um 170 v. Chr. ist ein Priester für einen gemeinsamen Kult des Sarapis und der Isis belegt214, erst in der Kaiserzeit erscheint ein alleiniger Isispriester215. Darüber hinaus gab es jedoch im 1. Jh. v. Chr. auch ein Ἰσιαστᾶν ἐρανιστᾶν κοινόν; für einen solchen Vereinskult wird wahrscheinlich auch Χαιρήμων als Priester amtiert haben. Auf Grund seiner Herkunft wird er die nötigen Kultkenntnisse besessen haben, die ihn für das Priesteramt qualifizierten. Vielleicht war er es sogar, der einen Kultverein begründete. Auf eine Vereinspriesterschaft deutet schließlich auch der Fundkontext der Inschrift, da innerhalb desselben Grab­ areals die Inschrift eines weiteren Nichtbürgers gefunden wurde; ohnehin stammt aus dem Grabareal von Karakonero eine Vielzahl von Vereinsinschriften. Ebensowenig wie Χαιρήμων wird die Ägypterin Εὐρώπα, die in einer Grabinschrift aus Loryma in der Peraia als Priesterin der Artemis Pergaia genannt wird, für einen Poliskult amtiert haben216. Europa wurde zusammen mit ihrem aus Aspendos stammenden Mann Μαρσύας bestattet. Aspendos befindet sich in der Nähe von Perge, wo der Kult der Artamis Pergaia beheimatet ist. Innerhalb des rhodischen Polisterritoriums ist der Kult ansonsten nur durch wenige Inschriften überliefert; in Rhodos-Stadt und Lindos ist jeweils eine Priesterin der Artamis Pergaia belegt; das Priesteramt wurde dort jedoch von Frauen mit rhodischem Bürgerrecht bekleidet217. In Loryma konnte vor einigen Jahren auch ein kleines Heiligtum der Artamis Pergaia lokalisiert werden. Möglicherweise existierte der Kult bereits vor der Eingliederung der Festlandgebiete oder war als ›Privatkult‹ gegründet worden218. Die Herkunft des Mannes der Europa könnte jedenfalls der Grund gewesen sein, dass sie dieses Priesteramt übernehmen durfte. Fest steht jedenfalls, dass der Kult der Aremis Pergaia nicht zu den zentralen Poliskulten zu zählen ist bzw. wahrscheinlich überhaupt erst spät offizielle Anerkennung erfuhr. Dieser Befund stellt daher in keiner Weise die allgemein zu beobachtende herausragende Exklusivität der rhodischen Kultämter in Frage. Gleiches gilt für den Sklaven Εὐλίμενος, der als ehemaliger Priester des Zeus Ataby-

213 Fantaoutsaki 2011. 214 I. Lindos 193. Auch die Skulpturenfunde aus dem Isisheiligtum deuten darauf hin, dass dort außerdem Sarapis sowie Horus verehrt wurden, Fantaoutsaki 2011, 56. Fraser 1977, 72 hält es für denkbar, dass die beiden Ägypter Ἀράχθης und Νύσα, die auf ihrem gemeinsamen Grabmal als εὐσεβεῖς beschrieben werden (IG XII 1, 480), Diener des Sarapis- und Isiskultes waren. 215 Tit.Cam. App. 38 (= IG XII 1, 786) Z. 12 f.; zu erwähnen ist allerdings ein wohl in das 2. Jh. v. Chr. datierendes Fragment einer Inschrift, in der anscheinend ein Priester für Isis und Bybastis erwähnt war; Hiller, AM 23, 1898, 391 Nr. 53 (= Bricault, RICIS, Nr. 204/0101). 216 I. Pérée 174 (= I. Peraia 21); s. dazu Held 2010, 368–370. 217 IG XII 1, 66 (um 120–100 v. Chr.); I. Lindos 384 e (9 v. Chr.). 218 Held 2010, 368.



7.2 Partizipation von Nichtbürgern an Poliskulten 

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rios dem Gott mehrere bronzene Stierstatuetten als Opfergeschenk darbrachte219. Das Priesteramt war von dem [κοινὸν τῶν Διοσαταβυρι]αστᾶν τῶν τᾶς πόλ[ι]ος δούλων – einem von Polissklaven gegründetem Verein – eingerichtet worden und ist damit ebenfalls nicht einem Heiligtum zuzurechnen, das unter der Kontrolle der Polis bzw. ihrer Untergliederungen stand. Während Nichtbürger demnach von der aktiven Kultausübung ausgeschlossen blieben, wurden niedere Kultämter, denen primär eine Aufsichtsfunktion zukam, regelmäßig mit Unfreien besetzt. Dabei handelt es sich vornehmlich um die auch aus anderen Poleis bekannten neōkoroi, die in Rhodos in der dorischen Schreibweise nakoroi begegnen. Diese Kultbeamten treten ausschließlich in Weihinschriften in Erscheinung, die sie teilweise während, teilweise nach ihrer Amtszeit stifteten. Im Jahr 85 v. Chr. weihte der νακόρος Ἀθηναῖος zusammen mit dem untergeordneten ὑπονακόρος Διοκλῆς einen Votivaltar als Dankgeschenk an Athana Lindia und Zeus Polieus220. Bei sämtlichen Stiftungen der lindischen nakoroi ist das Inschriftenformular entsprechend aufgebaut: Datierung nach eponymen Priester + Dedikant mit Amtsbezeichnung + Gottheit als Adressat der Dedikation. Die Amtsbezeichnung ehemaliger nakoroi wird in der üblichen Form durch die Verwendung des Partizip Aorist ausgedrückt (νακορήσας bzw. ὑπονακορήσας); das Amt war demnach zeitlich befristet. Bei allen insgesamt fünf oder sechs Dedikationen aus Lindos handelt es sich jeweils um kleine Votivaltäre, die sich auch in ihren Maßen ähneln221. Zwei Inschriften aus dem Heiligtum der Athana Polias und des Zeus Polieus in Rhodos-Stadt zeigen, dass man die nakoroi durchaus in einem Nahver-

219 IG XII 1, 31; s. dazu auch Kap. 7.4. Maillot 2005, II 14–20 Nr. 4 bezweifelt dagegen, dass es sich um einen Vereinspriester handelt, da in Rhodos ansonsten keine von Vereinen eingerichtete Priesterämter belegt seien. Da die Überlieferungssituation für das Kultleben der Vereine aber höchst selektiv ist, kann man hier kein argumentum e silentio geltend machen. Für Vereinspriester s. etwa IG XII 3, 178 (Astypalaia, Ehrendekret des koinon tou thiasou tōn patriōn theōn für einen Vereinspriester, der durch Los das Priesteramt erhalten hatte, Z. 4–6: ἀποδειχθεὶς ὑπὸ | τᾶς θεοῦ διὰ τοῦ κλάρου ἱαρεὺς τῶν πατρίων θεῶν); IG XII Suppl. 365 Z. 18 (Thasos, Ehrendekret der Sarapiastai; 2. Jh. v. Chr.). 220 I. Lindos 295: [ἐπ’ ἰερ]έως τᾶς Ἀθάνα[ς] | [καὶ τ]οῦ Διὸς τοῦ Πολιέως | [Δαμ]ατρίου, νακόρος | [Ἀθ]ηναῖος, ὑπονακόρος | Διοκλῆς, Ἀθάναι Λινδίαι καὶ | Διὶ Πολιεῖ χαριστήριον. 221 Neben I. Lindos 295 sind dies: I. Lindos 301. 306. 318. 326. Blinkenberg ergänzt außerdem in I. Lindos 335: ἐπ’ ἰε[ρέως τᾶς Ἀθάνας – – –] | το[ὶ νακορήσαντες] | Δημο[– – – καὶ – – –] | Ἀθάνα[ι Λινδίαι χαριστήριον]. Das Inschriftenformular legt zwar nahe, dass es sich hierbei ebenfalls um ein Votiv eines nakoros handelt, allerdings ist diese Ergänzung unwahrscheinlich, da in allen überlieferten Inschriften die Amtsbezeichnung nicht mit direktem Artikel vorangestellt wird. In Zeile 2 stand vielmehr vermutlich die Filiation des Athanapriesters, in Zeile 3 dann ein mit Δημό[– – –] beginnender Name (Δημό[στρατος?]) sowie νακόρος oder νακορήσας. Die Gesamtaufsicht über die temenē der Polisheiligtümer führte in Rhodos-Stadt der ἐπιμε[λη]τ̣ ὰς τῶν τ̣ εμενέων, Kontorini, Inscriptions inédites, Nr. 7 Z. 19 f. Im Heiligtum der samothrakischen Götter oblag diese Verantwortung dem ἐπιμελητὰς τοῦ ἱεροῦ τῶν θ̣ εῶν τῶν Σαμ̣ ο̣ θ̣ ρ̣ ᾴκων, Kontorini, Inscriptions inédites, Nr. 3 Z. 8–10. Beide Ämter wurden mit Rhodiern besetzt.

228 

 7 Die Heiligtümer

hältnis zu dem jeweils amtierenden Priester sehen kann222. Der nakoros Σωτηρίδας stiftete zusammen mit dem Flötenspieler (αὐλητ[ής]) Μόλπος eine Ehreninschrift für den Priester Ἀριστόμαχος, Sohn des Ἀριστόμαχος, Enkel des Ἀριστόμαχος, aus dem Festlanddemos Bybassos223. Den Priester bezeichnen sie als τὸν αὐτῶν ἱε[ρῆ]; offensichtlich gehörte also auch Μόλπος dem Kultpersonal an. Bei der zweiten Inschrift handelt es sich um ein Votiv an Athana Soteira, das der nakoros Ἀπολλώνιος aus Antiochia gemeinsam mit dem Priester Ἁγησίπολις, Sohn des Λύσων aufstellte224. Dies ist gleichzeitig die einzige Inschrift, in der ein nakoros mit Ethnikon genannt wird. Ansonsten erscheinen die nakoroi immer nur mit Individualnamen, weshalb bereits Blinkenberg sie der unteren Bevölkerungsschicht zurechnete225. Darauf deutet auch eine onomastische Auswertung der Belege. So ist ein Großteil der Namen besonders für Sklaven gebräuchlich226. Der Flötenspieler Μόλπος trägt bezeichnenderweise einen Namen, der in Lindos als Bezeichnung für einen Musiker des Kultpersonals verwendet wurde. In den beiden erhaltenen Belegen ist allerdings jeweils ein Bürger als μολπός verzeichnet227. Die Aufgaben der nakoroi werden in Rhodos weitgehend denjenigen entsprochen haben, wie man sie aus anderen Poleis kennt: In Oropos wird in einer Lex sacra der neōkoros des Amphiaraos-Heiligtums besonders dazu angehalten, sich um das Heiligtum und die Besucher zu kümmern. Dies war vor allem deshalb von Bedeutung, da der Priester nicht verpflichtet war, sich während seiner gesamten Amtszeit im Heiligtum aufzuhalten228. Auf Amorgos war an der Tür des Heraion ein Volksbeschluss zu

222 Die beiden tafelförmigen Steine fand man auf der Akropolis in der Nähe des Heiligtums der Athana Polias und des Zeus Polieus. 223 Jacopi, ClRh 2, 1932, 184 Nr. 10. Auf der Grabstele Jacopi, ClRh 2, 1932, 222 Nr. 76 ist ein Ἀριστόμαχος Βυβάσσιος zusammen mit seiner Frau Ζωσάριον Ὀνησιφόρου verzeichnet; in ADelt B 24, 2, 1969, 461 ehrt das κοινὸν τὸ Ἀριστομαχί{χ}ων συσκάνων Ἑρμαϊζόντων τῶν ἐν τῷ ἄσστι einen Νεικασ〈ι〉κράτης Ὀνησιφόρου ΚΑΜΝ (= Καμύνδιος). Auf welchen historischen Kontext die Formulierung, unter dem Priester Aristomachos sei Friede und euonia eingetreten (ἐφ’ οὗ ἁ πᾶσα εἰρήνα καὶ εὐωνία ἐγένετο), Bezug nimmt, bleibt unsicher, da eine exakte Datierung der Inschrift nicht möglich ist. Eine ähnliche Formulierung wie in der Weihung des Sotēridas und des Molpos wird allerdings in der Ehreninschrift für Philippos, Sohn des Philippos verwendet, dem amtierenden Priester der Athana Lindia und des Zeus Polieus sowie der Artemis Kekoia; I. Lindos 347. Der von Priesterkollegen in Auftrag gegebene Text vermerkt ebenfalls, dass unter Philippos Frieden und Wohlstand eingetreten sei. Die Inschrift datiert in das Jahr 42 v. Chr. und somit in das Jahr, in dem die Stadt Rhodos von Cassius eingenommen und geplündert wurde; dieser hatte dabei auch die Tempelgelder kassieren lassen (App. civ. 4, 73). 224 Jacopi, ClRh 2, 1932, 184 Nr. 9. 225 s. den Kommentar zu I. Lindos 295. 226 s. S. 231 f. Tab. 2 sowie Bresson 1995. 227 I. Lindos 228 col. II Z. 31 f.; I. Lindos 420 b, Z. 32; s. auch die spätantike Lex sacra I. Lindos 487 Z. 20; vgl. ferner I. Tralleis 251 Z. 3: Μόλπου αὐλὴ. 228 Sokolowski 69 Z. 2–8; vgl. Lupu 2005. 9 f. sowie zu den generellen Aufgaben ferner Ricl 2011, bes. 14 f., die jedoch hinsichtlich des rechtlichen Status der neōkoroi wenig differenziert.



7.2 Partizipation von Nichtbürgern an Poliskulten 

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lesen, der den neōkoros verpflichtete, Fremde davon abzuhalten, im Heiligtum Rast zu machen229. Bei Verstößen gegen diese Anordnung wurde er selbst zur Rechenschaft gezogen. In Korope wachte der neōkoros des Apollon-Orakels darüber, dass weder Bürger noch Nichtbürger im temenos Bäume fällen oder Tiere weiden lassen230. Auch dieser Beschluss wurde für alle Besucher gut sichtbar auf einer Tafel vor dem Eingang des neōkorion, dem Amtsgebäude der neōkoroi, aufgestellt. Insgesamt hatten die neōkoroi demnach besonders für die Einhaltung der Besucherregeln zu sorgen und waren damit allgemein für die Ordnung und die Reinheit des Heiligtums verantwortlich. In Lindos diente das nakoreion des Athanaheiligtums außerdem als Schatzhaus, woraus zu schließen ist, dass die nakoroi auch die Aufsicht über die dort deponierten Gegenstände führten. Dies geht aus dem bereits erwähnten augusteischen Dekret über die Einrichtung eines Fonds für Athana hervor. Eine der Maßnahmen zur Beschaffung von Geldern bestand darin, die Eisen- und Bronzegegenstände des nakoreion zu veräußern. Der Verkauf wurde einer gewählten Kommission übertragen, die aus drei ehemaligen Athanapriestern und zwei weiteren lindischen Bürgern bestand. Die Aufsicht über den Verkauf der Gegenstände unterlag dann den Polissklaven. In dem Dekret wird in diesem Zusammenhang die allgemeine Bezeichnung damosioi verwendet, gemeint sind aber sicherlich konkret diejenigen Polissklaven, denen man das Amt eines nakoros übertragen hatte231.

229 IG XII 7, 2 (= Sokolowski 101) Z. 9–11: μὴ ἐξεῖναι κατά|[λύ]εσθαι εἰς τὸ Ἡραῖ[ον] ξένωι μηδενί, ἐπιμελε[ῖ|σ]θαι δὲ τὸν νεωκό[ρο]ν καὶ ἐξείργειν. Für die Ergänzung zu καταλύεσθαι (»Rast machen«) s. Krauter 2004, 61. 230 IG IX 2, 1109 (= Sokolowski 84). 231 I. Lindos 419 (= Badoud 2015, 379–386 Nr. 25) Seite A, Z. 18–30: [ὁ]μοίως δὲ καὶ τοὶ ἐπιστάται τοὶ ἄρχοντε[ς] | [τ]ὸν ἐπ’ ἰερέως Καλλ[ιστρ]άτου καὶ Ῥ̣οδοπείθευς ἐνιαυ[τὸν] | [ἑλέ]σθων ἄνδρας [ε'], ἐγ μὲν τῶν ἰερατευκότων τ[ᾶς] | [Ἀ]θάνας γ', ἐγ δὲ τῶν̣ [ἄλλων] Λινδίων β'· τοὶ δὲ αἱρεθέ[ν|τε]­ς παραλαβόντ[ω παρ]ὰ τοῦ ἰερέως τᾶς Ἀθάνα[ς] τοῦ δαμοσίου ἐπ̣[ιστά]ν̣ το[ς τ]ὰ ἀποκείμεν[α ἐν] [τ]­ῷ νακορείῳ χάλκ[ε]­α καὶ σιδά̣[ρ]εα καὶ [ἐ]πιδειξάν[τω] | [τ]οῖς μαστροῖς καὶ Λινδίοι[ς ἐν τῷ] μα[στ]ρείῳ τῷ ἐ̣ [ν τᾷ | π]όλει ἀγομένῳ τῷ [– – –] κα[ὶ ἀποδ]όσθω α[ὐ]τὰ παρα[κο|λ]ουθούντων πᾶσι καὶ τῶν̣ [δα]μοσίων· καὶ ἀποδόμεν̣ [οι] | παραδόντω τὸ πεσὸν [ἀ]ργ̣ύ̣ριον [τ]ῷ ἰερεῖ τᾶς Ἀθάνα[ς | ἰ]ερὸν ἤμειν ἐν παρακατ̣ [αθ]ήκᾳ τᾶς Ἀθάνας τᾶς Λινδί[ας] | καὶ τοῦ Διὸς τοῦ Πολιέω[ς]. »In gleicher Weise sollen die epistatai, die für das Jahr der Priesterschaft des Kallistratos und des Rhodopeithēs amtieren, fünf Männer wählen – drei aus den ehemaligen Priestern der Athana, zwei von den anderen Lindiern. Die Gewählten sollen von dem Priester der Athana unter der Aufsicht des damosios die in dem Nakoreion aufbewahrten Bronze- und Eisengegenstände übernehmen und den Ratsmitgliedern sowie den Lindiern in der Ratsversammlung, die im [Monat – – –] in der Stadt stattfindet, vorzeigen und diese verkaufen, derweil die damosioi alles aufmerksam verfolgen. Nachdem sie (die Gegenstände) verkauft haben, sollen sie das zusammengekommene Geld dem Priester der Athana übergeben, damit es für das Gelddepot der Athana Lindia und des Zeus Polieus geweiht sei.« Vgl. zu dem Dekret auch Kap. 7.2.2 Übernahme von Ämtern bei Festveranstaltungen. Zum Einsatz von Polissklaven im Bereich des Kultischen s. grundsätzlich Weiss 2004, 144–158; zu dem lindischen Dekret s. a. O. 147.

230 

 7 Die Heiligtümer

Die Einbindung der nakoroi in Geldgeschäfte legt darüber hinaus ein in Oxyrhynchos gefundener Papyrus nahe, der zwischen 238–244 n. Chr. datiert und den Verkauf einer aus Mauretanien stammenden Sklavin in Rhodos dokumentiert. Als Unterzeichner des Vertrags tritt der nakoros Εὔτυχος in Erscheinung, der mit seiner Unterschrift bestätigte, das Dokument registriert zu haben232. Ebenso wie bei den epigraphischen Belegen führt auch hier der nakoros kein Patronym; der Name Εὔτυχος ist zudem für Sklaven geläufig, so dass über den rechtlichen Status keine Zweifel bestehen. Sehr wahrscheinlich bezieht sich außerdem die Formulierung τῆς πόλεως auf den nakoros, was ihn dann eindeutig als Polissklaven bezeichnen würde233. Offensichtlich hatte sich an der Besetzung der nakoroi mit Unfreien bis in die hohe Kaiserzeit hinein nichts geändert. Da zusätzlich der Leiter einer öffentlichen Bank (ἄρχων τραπεζείτης ἐνγαίου) den Vertrag signierte, vermutet Fraser, dass die Beteiligung des nakoros an solchen Geschäften auf eine Zeit zurückgehe, in der es eine Tempelbank gegeben habe234. Unabhängig davon zeigt dies, dass die Dokumente über den Verkauf von Sklaven von einem Mitglied des Kultpersonals archiviert wurden, und zwar auch noch in der Kaiserzeit, obwohl das Heiligtum mit den eigentlichen Geldgeschäften nicht mehr betraut war. Trotz ihres Status als Unfreie waren die nakoroi respektierte und durchaus angesehene Amtsträger. In Kamiros schlossen sie sich sogar zu einem Verein der Νακορεῖοι zusammen; ebenso wie mehrere andere Vereine beteiligten sie sich an einer Ehrung für einen verdienten Strategen, der in Kamiros auch verschiedene Priesterämter innehatte235. In diesem Zusammenhang sind außerdem zwei Weihinschriften zu erwähnen, die auf der Akropolis von Lindos gefunden und ebenfalls von Unfreien gestiftet wurden, die im Dienst des Kultes standen. Das Inschriftenformular entspricht demjenigen der lindischen nakoroi-Inschriften. Die eine Inschrift ist auf einer schmalen Platte angebracht und nennt als Stifter einen Ἐπίγονος, der als ὁ ἐπὶ τῶι δοχείωι tätig war236. Dieselbe Amtsbezeichnung findet sich in der zweiten Inschrift für einen Ἄττας, der

232 P. Oxy 50, 3593 fr. 1 Z. 27 f. und fr. 2 Z. 56 f. 233 Fraser 1972, 115. 234 Fraser 1972, 117 f. Dass Anfang des 4. Jhs. v. Chr. Schuldscheine im Heiligtum der Athana deponiert wurden, ist durch Tit.Cam. 105 belegt. 235 Tit.Cam. 78 Z. 12 f. Die Ehreninschrift für [– – –]οκράτευς Π̣ο̣ [λ]υ̣αινέτου Σιλύριος ist auf einen marmornen Schild gemeißelt, der gleichzeitig als Votiv an Hestia und Zeus Teleios geweiht ist. Der Name des Stifters dieses Weihgeschenks ist auf Grund der verlorenen linken Seite des Schildes unbekannt, die erhaltenen Buchstaben weisen ihn jedoch als grammateus damosios und damit als Unfreien aus. Das Verhältnis zu dem Honoranden wird durch die Formulierung [τὸν αὑτ]ο̣ ῦ ἄρχοντα ausgedrückt; vgl. zu dieser Inschrift Kap. 8.1.3. Vergleichbar mit dem Verein der Nakoreioi ist die Vereinigung der Polissklaven in IG XII 1, 31; auf Kos schlossen sich die Tempelsklaven des Isisheiligtums zu dem Verein der ἱεροδοῦλοι Ἴσιδο[ς] τῶν σὺν [Εὐ]χαρίστ̣ ῳ zusammen (IG XII 4, 3, 2813; 1. Jh. n. Chr.). 236 I. Lindos 289.



7.2 Partizipation von Nichtbürgern an Poliskulten 

 231

zusammen mit Ἀλέξανδρος einen kleinen Votivaltar stiftete237. Der Altar imitiert ebenso wie der größte Teil der Stiftungen der nakoroi auf den Schmalseiten jeweils eine Tempelfront. Für Alexandros wird als Kultfunktion ὁ ἐπὶ τοῦ ἀνδρῶνος angegeben. Blinkenberg äußerte in dem Kommentar zu der Edition der beiden Inschriften die Vermutung, es handele sich möglicherweise um Magistrate, die mit dem Bau einer Zisterne und einer provisorischen Unterkunft für die Arbeiter beauftragt worden waren. Bei dem mit ὁ ἐπὶ τῶι δοχείωι bzw. ὁ ἐπὶ τοῦ δοχείου bezeichneten Amt wird es sich jedoch vielmehr um Personen handeln, die mit der Aufsicht über die Zisterne betraut worden waren, wie Jeanne und Louis Robert ausgeführt haben238. Den mit ἐπὶ τοῦ ἀνδρῶνος beschriebenen Verantwortungsbereich verbindet Lippolis mit den Banketträumen des Athanaheiligtums239. Die Inschriften datieren in die zwei aufeinanderfolgenden Jahre 89 und 88 v. Chr., was nahelegt, dass es sich zumindest bei dem ὁ ἐπὶ τῶι δοχείωι um eine reguläre, jährlich neu besetzte Stelle handelt240. Auch sämtliche Weihinschriften der nakoroi datieren in das 1. Jh. v. Chr. Daraus lässt sich jedoch keine Aussage über den Zeitpunkt der Einrichtung dieser Ämter treffen, als allenfalls etwas über die Praxis für die Aufstellung von Votiven. Auffallend ist aber die Gleichförmigkeit der in Lindos gestifteten Votive, bei denen es sich bis auf eine Ausnahme um als Miniaturtempel gestaltete Altäre handelt, die gleichzeitig zu den kleinsten Dedikationen zählten. Damit waren die Stiftungen der Polissklaven bereits optisch eindeutig zuweisbar und konkurrierten nicht mit den Statuenweihungen, die gewesene Priester aufstellten oder diesen von dem engeren Kultpersonal zugeeignet wurden241. Ebenso deutlich waren die an der Seite der Priester agierenden Unfreien auf eine rein assistierende Rolle verwiesen. Tab. 2: Sklaven im Dienst eines Poliskultes νακόρος Lindos

–– –– –– –– –– ––

[Ἀθ]ηναῖος Αἰσχίνας Ἀρτέ[μων] Δημο[– – –] [Δ]ιογένης Κτήσων

ὑπονακόρος –– Διοκλῆς –– Νέων

αὐλητής

ὁ ἐπὶ τῶι δοχείωι/ τοῦ δοχείου –– Ἄττας –– Ἐπίγονος

ὁ ἐπὶ τοῦ ἀνδρῶνος –– Ἀλέξανδρος

237 I. Lindos 290. Dort allerdings in der Form ἐπὶ + Genitiv: ὁ ἐπὶ τοῦ δοχείου. 238 J. und L. Robert, BE 1942, 349 f. Nr. 115; zustimmend Kontorini 2007, 783. 239 Lippolis 1996, 124 f. 240 Lippolis 1996, 125. 241 Vollständig erhalten sind I. Lindos 290 und 306. Ein ähnlich einheitliches Bild liefern die Weihungen der Votivaltäre der epistatai, die sie jeweils ὑπὲρ αὑτοῦ καὶ τῶν συνστρατευσαμένων stifteten.

232 

 7 Die Heiligtümer

Tab. 2 (fortgesetzt) νακόρος Rhodos- –– [Ἀ]πολλώνιος Stadt Ἀντιοχεύς –– Εὐτύχης –– Σωτηρίδας

ὑπονακόρος

αὐλητής

ὁ ἐπὶ τῶι δοχείωι/ τοῦ δοχείου

ὁ ἐπὶ τοῦ ἀνδρῶνος

–– Μόλπος

Übernahme von Ämtern bei Festveranstaltungen (Agonothesie, Gymnasiarchie, Phylarchie, Choregie) Während bei vereinsinternen Festveranstaltungen ein Bürger aus Alexandria die Agonothesie übernehmen konnte, ein Syrer als Gymnasiarch und ein Phryger als Phylarch auftreten konnten, so war dies auf Polisebene undenkbar242. Hier waren diese drei wichtigen und prominenten Ämter ausschließlich rhodischen Bürgern vorbehalten. Innerhalb der Bürgerschaft sind auch hier keinerlei Beschränkungen bei der Auswahl der Kandidaten auszumachen; so konkurrierten die Neubürger aus der Peraia bereits unmittelbar nach der Eingliederung der Festlandgebiete mit den ›Altbürgern‹ um diese Ämter243. In Rhodos handelte es sich dabei ebenso wie in vielen anderen Poleis um Ämter, die ein finanzielles Engagement erforderten und gleichzeitig dem Amtsträger ein hohes Prestige verliehen. Es sei hier nochmals das Epigramm auf dem exedraförmigen Monument einer der angesehensten lindischen Familien aus der Mitte des 2. Jhs. v. Chr. in Erinnerung gerufen, das eindrücklich die wechselseitige Beziehung zwischen individuellem Einsatz und der anerkennenden Erwiderung durch die Polis beschreibt und insbesondere die Agonothesie als wirkliches Ehrenamt begreift; explizit heißt es dort244: καὶ τιμὰν ἔσχον ἀγωνο[θετε]ῖν, »auch erfuhr ich die Ehre, die Agonothesie zu übernehmen«. Als Festspielleiter nahm der Agonothet u. a. die Bekränzung verdienter Personen vor sowie die anagoreusis, die öffentliche Verkündigung der Ehren, die etwa im Theater oder Stadion im Rahmen der Agone stattfinden konnte245. Erst in der Kaiser-

242 App. I 7 (= IG XII 1, 127) Seite A. Auf einer weiteren Seite des Steins sind die männlichen und weiblichen Euergeten des Vereins aufgeführt, die sich – sicherlich mit entsprechenden Geldmitteln – um den Verein verdient gemacht haben. 243 [Κα]λ̣λιφῶν Ἀ[γαθοφῶντος] aus dem Demos Physkos ist um 280/270 v. Chr. als Phylarch belegt (Kontorini 1975b, 102 Seite B col. I, Z. 26–28), [Φί]λων Φιλοκ[λέος], ebenfalls ein Physkier, war um dieselbe Zeit Gymnasiarch (Kontorini 1975b, 102 Seite B col. I, Z. 29 f.); mit Ἀν[αξιπ]όλι̣ [ος] τοῦ Τιμ̣ α̣[ράτου] ist – ebenfalls in diesem Zeitraum – zudem ein dritter Festlandbewohner aus Physkos als Agonothet bezeugt (Suppl.Epigr.Rh. 7 Z. 2; vgl. auch das Stemma 2 auf S. 456). 244 I. Lindos 197 f., Z. 10; vgl. Kap. 3.1.3. s. dazu besonders auch den Kommentar von Ma 2013, 239. 245 Zur anagoreusis im Theater: Diod. 20, 84, 3 berichtet, man habe unmittelbar vor dem Beginn der Belagerung durch Demetrios Poliorketes beschlossen, die volljährigen Bürger während der Dionysien



7.2 Partizipation von Nichtbürgern an Poliskulten 

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zeit lässt sich die Agonothesie mit einem bestimmten Fest in Verbindung bringen, die in diesen Fällen als Liturgie versehen wurde und zeitlich auf die Organsiation und Durchführung des Festes beschränkt war246. In hellenistischer Zeit aber handelt es sich bei der Agonothesie in Rhodos um ein Amt, das jeweils für ein Jahr besetzt wurde247. Besonders instruktiv für die Tätigkeiten des Agonotheten ist ein Ehrendekret aus Kamiros (Anfang 3. Jh. v. Chr.)248: 5 10 15

[– – – – – – – – – – – – – δεδόχθαι] Καμ̣ ι̣ ρ̣ ε̣ ῦ̣σι στεφανῶσαι καὶ [ἐπαινέ]σαι Παναίτιον Σίμου Κυμισαλῆ· δό̣ [ν]τος δὲ τοῦ δάμου, ὁ ἀγωνοθέτας στεφανωσάτω αὐτὸν καὶ ἀναγορευσάτω Διονυσίοις ἐν τῶι ἀγῶνι τῶν κυκλίων τᾶι πράται̣ ἁ̣μ̣ έ̣ ρ̣ α̣ι̣ ὅτι Καμιρέων τὸ κοινὸν ἐπαινεῖ καὶ στεφανοῖ Παναίτιον Σίμου, λέγων τὰς πράξεις ἐφ’ αἷς αἰτεῦντα̣ι̣ Καμιρεῖς στεφανῶσαι αὐτὸν τὰς̣ ἐ̣ ν̣ τ̣ ῶ̣ι̣ δε τῶι ψαφίσματι γεγραμμένας· στεφανωσάτω δὲ αὐτὸν καὶ ὁ δαμιοργὸς ὅς κα γένηται μετὰ Σῖμον ἐν Καμίρωι Παναθηναίοις ἐν τῶι ἀγῶνι τῶι γυμνικῶι καὶ ἀναγορευσάτω κ̣ α̣θ̣ ά̣π̣ ε̣ ρ τὸν ἀγωνοθέταν

zu bekränzen und mit einer Kriegsrüstung auszustatten; zur anagoreusis im Stadion: IG XII 3, 1270 Frgt. b, Z. 4–12 (Syme): [ὁ δὲ ἀγωνο|θ]έτας ὁ ἐν τοῖς πράτοις Ἡρ[ακλείοις τ]ὰν [κύ]|ρωσιν τοῦδε τοῦ ψαφίσματο[ς ἀναγορευσ]άτω ἐν | τῶι σταδίωι, ἐπεί κα θῇ τὸν ἀγῶνα, καὶ ἀνακαρυ|ξάτω ὅ[τι·] (...). »Der Agonothet, der bei den ersten Herakleia (amtiert), soll die Bestätigung des Beschlusses im Stadion verkünden, sobald er den Agon veranstaltet hat, und Folgendes ausrufen (...)«; vgl. auch IG XII 3, 1269 Z. 12–16, wo allerdings der Ort der anagoreusis nicht explizit genannt wird: ὁ δὲ ἀγωνοθ[έ]|τας ὁ αἱρεθεὶς εἰς τὰ Ἡρακλεῖα ἐ[πὶ | δ]αμιοργοῦ ὅς κα γένηται μετὰ Ἱπ|[ποκρά]τη ἀναγορε[υσάτω αὐτῶι τὸν | σ]τέφα[νον – –]. »Der Agonothet, der für die Herakleia gewählt worden ist, (die) zur Zeit desjenigen Damiorgen, der Hippokrates im Amt nachfolgt, (stattfinden,) soll den Kranz verkünden [– –]«. 246 s. etwa I. Lindos 449 Z. 7 f. (ἀ[γω]|νοθετήσαντα τοῦ ἰεροῦ τῶν Ἁλείων ἀγῶνος). 247 Die Formulierung in dem Ehrendekret Tit.Cam. 110 Z. 54 f. ist eindeutig: ὁ δὲ ἀγωνοθέτας ὁ αἱρεθεὶς εἰς τὸν | [ἐπιόν]τα ἐ[ν]ιαυτόν. Dass die agonothetai zu den Magistraten der Stadt zugerechnet wurden, macht ferner Maiuri, Nuova Silloge 20 Z. 5–13 deutlich, wo sie neben anderen Beamten aufgelistet sind; s. Anm. 257. Entsprechend datierte man den Sieg eines Choregen sowohl nach dem amtierenden Dionysospriester als auch dem Agonotheten: ἐπ’ ἰερέως Νικομ[– – –] | καὶ ἀγωνοθέτα Ἀν[αξιπ]όλι̣ [ος] τοῦ Τιμ̣α̣[ράτου]; Suppl.Epigr.Rh. 7. Dass hier nicht der Haliospriester sondern der Dionysospriester genannt sei, vermutet Badoud 2015, 189 f. Die Siegerliste der großen Erethimien in Ialysos nennt neben dem Haliospriester, die hieropoioi sowie an dritter Stelle ebenfalls den Agonotheten; Kontorini 1975b. In Kamiros und Lindos beteiligten sich die Agonotheten außerdem regelmäßig an den Statuenweihungen der Priesterkollegien für die Damiourgen bzw. Priester der Athana Lindia. 248 Tit.Cam. 106.

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 7 Die Heiligtümer

γέγραπται, τ̣ ὸ̣ ν̣ δ̣ ὲ στέφανον ἀνα θέτω ἐς τὸ ἰερὸν τᾶς Ἀθάνας. αἱρεθέντ̣ [ες] Ἀριστοκράτης 20 Ἀριστοτέλευς, Σωκλῆς Κλεωνύμου, Ἀρίστανδρος Σίμου, Ῥοδοκλῆς Θεστία, Εὔθεμις Χαριδάμου. [– – –] ist von den Kamirern beschlossen worden, Panaitios, Sohn des Simos, aus dem Demos Kymisaleus zu bekränzen und zu belobigen. Sobald es der Demos gewährt, soll ihn der Agonothet bekränzen und an den Dionysien beim Agon der kyklioi choroi am ersten Tag verkünden249, dass das Koinon der Kamirer Panaitios, Sohn des Simos, belobigt und bekränzt; und er benennt die Taten, die in diesem Beschluss aufgeschrieben sind, weswegen die Kamirer beantragt haben, ihn zu bekränzen. Auch soll ihn der Damiourge, der nach Simos amtiert, bekränzen in Kamiros an den Panathenäen beim gymnischen Agon und er soll die Verkündigung ebenso durchführen wie es für den Agonotheten festgelegt ist; den Kranz soll er im Heiligtum der Athana aufstellen. Gewählt wurden Aristokrates, Sohn des Aristotelēs, Soklēs, Sohn des Kleōnymos, Aristandros, Sohn des Simos, Rhodoklēs, Sohn des Thestias und Euthemis, Sohn des Charidamos250.

Der Agonothet trat demnach als Vertreter des gesamten Demos vor die Festgemeinde. Dabei nannte er nicht nur die Ehren, die man für den Wohltäter beschlossen hatte, sondern schilderte ebenso die konkreten Anlässe, bei denen der Geehrte der Gemeinde behilflich gewesen war. Es ist wenig verwunderlich, dass eine solche Rolle keinem Nichtbürger übertragen wurde251. Immerhin scheint aber der Rhodier Φιλόφρων Ἀρχινόμου während seiner Agonothesie einem Nichtbürger aus Byzantion eine besondere Aufgabe zugewiesen zu haben. Der Byzantier ehrte Philophrōn schließlich mit einer Statue. Da die Ehrung Dionysos geweiht ist, darf man annehmen, dass Philophrōn, dessen Vorfahren bereits im 3. Jh. v. Chr. bei verschiedenen Agonen erfolgreich gewesen waren, bei den Dionysien das Amt des Agonotheten

249 Vgl. hierzu Wilson 2000, 290 mit Anm. 121, der auf das Ehrendekret von Argos für Rhodos verweist, mit dem die Polis ihre Dankbarkeit ausdrückt, dass die Rhodier ihnen bei der Rückzahlung eines Darlehens Aufschub gewährten; Migeotte 1984, Nr. 19 Z. 21–27 (1. Hälfte des 3. Jhs. v. Chr.) = Curty 1995, 10–12 Nr. 4 (Ende 4. – Anfang 3. Jh. v. Chr.): Die Argiver ehrten die Rhodier mit einem Goldkranz im Wert von 100 Stateren, der sowohl bei dem Fest der Hekatomben als auch bei den Nemäen proklamiert werden soll; außerdem entsenden sie eine Gesandtschaft nach Rhodos, die dort den Beschluss verkünden und dafür Sorge tragen soll, dass der Kranz bei den Dionysien am ersten Tag beim Agon der kyklioi choroi (ἐν Ῥόδωι Διονυσίοις ἐν τῶι ἀγῶνι τῶν κυκλίων | [χ]ορῶν τᾶι πράται ἁμέραι) verkündet werde. Auf Nisyros wurde in gleicher Weise die Verleihung von Ehrenkränzen bei den Dionysien verkündet, s. I. Dor. Ins. Nr. 63 Z. 1–3 und Chaviaras, AEphem 1913, 9 Nr. 7 Z. 12 f. (beide 3. Jh. v. Chr. und damit aus vorrhodischer Zeit). 250 In Samos übertrug man eine gemeinsame Verantwortung für die Verkündigung der Ehrungen an den Agonotheten und den Damiourgen, s. das Ehrendekret für Richter aus Kos IG XII 6, 1, 150 (= IG XII 4, 1, 131) Z. 7 f. (Ende 4. Jh. v. Chr.): τῆς δ᾿ ἀναγγελίας ἐπιμεληθῆνα[ι] | [τὸ]ν ἀγωνοθέτην μετὰ τοῦ δημιουργοῦ. 251 Sehr häufig tritt in den Weihinschriften aus Lindos und Kamiros ein Agonothet zusammen mit verschiedenen Priestern in Erscheinung, was dessen Nähe zum Kultpersonal verdeutlicht.



7.2 Partizipation von Nichtbürgern an Poliskulten 

 235

übernommen hatte252. Es liegen mehrere vergleichbare Inschriften vor, die zeigen, dass eine Einbindung von Fremden in die Festkultur der Polis kein Einzelfall war, auch wenn ihnen das Amt des Agonotheten verwehrt blieb253. In diesem Zusammenhang ist nochmals auf den aus dem syrischen Apameia stammenden Bildhauer Πλούταρχος Ἡλιοδώρου hinzuweisen, der in Rhodos ansässig war und schließlich mit dem Bürgerrecht ausgezeichnet wurde254. Für ihn war es auch möglich, die Agonothesie zu übernehmen – aber eben als rhodischer Bürger. Neben der Agonothesie kam den Gymnasiarchen bei den Agonen eine wesentliche Rolle zu. In Rhodos wurde zwischen zwei Altersklassen unterschieden, für die jeweils ein eigener Gymnasiarch zuständig war, der γυμνασίαρχος πρεσβυτέρων für die volljährigen Bürger sowie der γυμνασίαρχος νεωτέρων für die Heranwachsenden255. Im Gegensatz zur Agonothesie war die Gymnasiarchie bereits in hellenistischer Zeit einerseits eine unmittelbar an die Ausrichtung eines bestimmten Festes gebundene Liturgie. Diesen Gymnasiarchen oblag im Wesentlichen die Vorbereitung der presbyteroi sowie der neōteroi für die Teilnahme bei Agonen, ohne dass sie dem Gymnasion als Leiter vorstanden; gleiches gilt für den γυμνασίαρχος φυλᾶς sowie den φύλαρχος λαμπάδι, die eine Altersklassengruppe bei den Fackelläufen anführten256. Darüber hinaus wurden andererseits auch Gymnasiarchen bestellt, die man dem ›magistratischen Typ‹ zuordnen kann, wie die Einordnung der gymnasiarchoi unter die städtischen ἀρχαί deutlich zeigt257. Während das Training dieser beiden Alters-

252 App. I 4 (= Suppl.Epigr.Rh. 29) mit dem dortigen Kommentar sowie das Stemma 1 auf S. 455. 253 s. die Rundbasis mit der Ehreninschrift für den Agonotheten und Choregen ῾Ιππόμαχος Στρατίππου, die der Athener Σμίκυθος in Auftrag gegeben hatte (IG XII 1, 70). Es gibt keinen Grund mit van Gelder 1900, 276 anzunehmen, Ιππόμαχος Στρατίππου sei ein Nichtbürger; abgesehen von dem fehlenden Ethnikon sind Name und Patronym in der rhodischen Onomastik gut belegt. Vgl. außerdem die Ehreninschrift einer Statuenbasis, die [– – –]τ̣ ος aus Alexandria für Διονύσιος Χαριδάμου gestiftet hatte (Hiller, AM 21, 1896, 41 Nr. 9). Dionysios war im Wagenrennen bei den Nemeen sowie in der Klasse der Epheben im Faustkampf siegreich gewesen. Möglicherweise ist er ein Sohn des Phylarchen Χαρίδαμος Διονυσίου (Suppl.Epigr.Rh. 19 Seite B). 254 Pugliese Carratelli, Associazioni, Nr. 7. 255 Badoud 2015, 121 f. 256 Chankowski 2010, 199 f. Grundsätzlich bereits Schuler 2004, 177; allerdings vermutet er, dass die Gymnasiarchen, die für die neōteroi sowie die presbyteroi zuständig waren, ebenfalls ihre Funktion als Amt ausübten. Phylarchen sind für alle drei Phylen belegt. Diese mussten dabei nicht notwendigerweise aus einem Demenbezirk stammen, der zu der entsprechenden Phyle gehörte; s. dazu Kap. 3.1.2. 257 Maiuri, Nuova Silloge 20 Z. 5–13: τοὶ συνάρξαντες | πρυτάνιες, γραμματεὺς βουλᾶς, | στραταγοί, ταμίαι, ἀστυνόμοι, | ἀγωνοθέται, γυμνασίαρχοι, | ἐπίσκοποι, ἀγορανόμοι, ἐνπορίου | ἐπιμεληταί, | ἐπιστάται τῶν παίδων, | σιτοφύλακες, | κᾶρυξ βουλᾶι καὶ δάμωι. Hinzu kommt, dass ein Dekret den Gymnasiarchen als Vorsteher einer an das Gymnasion angeschlossenen Bibliothek bezeichnet (dazu Bringmann 2002, 72 f. mit Hinweis auf die nur aus einem Vorbericht bekannte Inschrift). Diese Aufgabe konnte freilich nicht im Rahmen einer zeitlich befristeten Liturgie wahrgenommen werden. Zur Unterscheidung zwischen der insbesondere aus dem klassischen Athen bekannten Gymnasiarchie

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 7 Die Heiligtümer

klassen in dem auf der Akropolis gelegenen Gymnasion stattfand, fanden sich die jüngeren paides nach Ausweis der Inschriftenfunde unter Aufsicht dreier ἐπιστάται τῶν παίδων, ebenfalls städtische Magistrate, in einer Palästra südöstlich der Akropolis ein258. Als Gymnasiarch, Phylarch oder Epistat der paides kamen nur wohlhabende Bürger der Oberschicht in Frage259. An dieser Stelle ist jedoch zu betonen, dass das Gymnasion keineswegs ein Ort war, der ausschließlich Bürgern vorbehalten war. Dass in Rhodos auswärtige Lehrer wie bereits im 4. Jh. v. Chr. der Philosoph Aristippos aus Kyrene nicht nur in privaten Schulen auftraten, sondern auch die Gelegenheit erhielten, im Gymnasion zu unterrichten, ist hinreichend bekannt260. Demgegenüber wurde bislang im Wesentlichen auf der Grundlage einer Ehreninschrift für einen Gymnasiarchen der presbyteroi angenommen, der Zutritt zum Gymnasion sei ansässigen Nichtbürgern verwehrt geblieben, da sich unter den Dedikanten ausschließlich Bürger befänden261. Bereits Kontorini publizierte indessen eine Liste der Sieger beim Fest für Apollon Erethimios, in der unter der Klasse der Epheben auch Nichtbürger verzeichnet sind262. Sie ging davon aus, dass es sich um einen Wettkampf des Gymnasion handeln müsse. Zu Recht bezweifelt Andrzej S. Chankowski, dass Nichtbürger an dieser primär militärischen Ausbildung teilnehmen konnten, und vertritt überzeugend die Ansicht, dass es in Rhodos überhaupt keine Ephebie im eigentlichen Sinn gegeben habe. Die epheboi hätten ebenso wie die presbyteroi und neōteroi vielmehr Altersklassen bei Wettkämpfen bezeichnet, die sich aus den Gymnasionbesuchern rekrutierten263. Das

liturgischen Typs und dem in hellenistischer Zeit dominierenden Gymnasiarchenamt nach dem ›magistratischen Modell‹ s. Schuler 2004. 258 Die Palästra könnte mit dem bei Diod. 20, 100, 4 genannten ›Ptolemaion‹ identisch sein; Chankowski 2010, 204 f. Für die Inschriftenfunde s. Kontorini, AntCl 58, 1989. 259 s. nur etwa Jacopi, ClRh 2, 1932, 192 Nr. 20. 260 Bringmann 2002, 74 f. mit Vitr. 6, pr. 1. Vgl. bes. auch Scholz 2004 für einen Überblick über die zahlreichen Bildungsangebote außerhalb der Räumlichkeiten des Gymnasion. Eine Zusammenstellung der in Rhodos wirkenden Philosophen und Rhetoren bietet Mygind 1999. 261 IG XII 1, 46. Morelli 1955, 128; Préaux 1958, 189; Fabricius 1999, 214; Wiemer 2002, 32 Anm. 85. Baslez 2008, 323. Ein vollständige prosopographische Auswertung der rund 450 Personen umfassenden Liste wäre ein lohnendes Unterfangen. Es steht außer Frage, dass unter den presbyteroi praktisch die gesamte rhodische Prominenz vertreten war. Mit dem in Z. 296 genannten [Ἰ]άσων Με[νε]­κράτευς lässt sich zumindest einer der presbyteroi möglicherweise mit einem Nicht- oder Neubürger identifizieren. Es könnte sich um Iasōn aus Nysa handeln, den Enkel des Poseidonios aus Apameia, dem er schließlich auch als Leiter der stoischen Schule in Rhodos nachfolgte; Mygind 199, 258 Nr. 14. Letzterer hatte bekanntlich in Rhodos das Bürgerrecht erhalten; zu vermuten wäre dies angesichts des fehlenden Ethnikon in der Liste der presbyteroi dann auch für Iasōn. Einige Namen in der Liste lassen aus onomastischen Gründen vermuten, dass sich hierunter weitere Neubürger befanden. Dies gilt insbesondere für Βάκχιος Ἕρμωνος (col. II Z. 151), Ἑρμίας Ἀπολλοθέμιος (col. II Z. 235) sowie Ζωπ[ᾶς] Ἅγιδος (col. III Z. 270). 262 Kontorini 1975b, 103. 263 Chankowski 2010, 200. 205 f.



7.2 Partizipation von Nichtbürgern an Poliskulten 

 237

Gymnasion sei ganz allgemein der Ort gewesen, den Bürger, aber auch Fremde zur sportlichen und intellektuellen Ausbildung aufgesucht hätten264. Daniel Kah knüpft hieran an und wertet dies als weiteres Indiz für seine Vermutung, dass die Rhodier anstelle der Ephebie eine auf seekriegerische Fertigkeiten ausgerichtete Militärausbildung entwickelt hätten265. Geht man entsprechend davon aus, dass die eigentliche militärische Schulung nicht im Gymnasion stattfand, ist auch die Präsenz von Nichtbürgern an diesem Ort erklärbar. Den Kreis der Nichtbürger hat man dabei freilich allein schon angesichts der mit dem Besuch verbundenen Kosten auf eine kleine Schicht zu beschränken266. Dass der Zutritt zum Gymnasion darüber hinaus an einen bestimmten Rechtsstatus gebunden war, wäre grundsätzlich vorstellbar, ist aber derzeit nicht sicher zu belegen. In der Siegerliste der Erethimien sind Athleten aus Milet, Ephesos, Alabanda, Kos, Samos

264 Allgemein zur Zugänglichkeit des Gymnasion, die vielfach auch Nichtbürgern offenstanden s. Kobes 2005. Er betont, dass für den Großteil der Poleis keine Informationen über die Zugangsregelungen vorliegen; entsprechend sei unklar, inwiefern die Bestimmungen in dem Gesetz aus Beroia in Makedonien einer üblichen Regelung entsprachen. 265 Kah 2014, Kap. II.8.3. Vgl. auch Kah 2004, 68 mit den dortigen Anmerkungen sowie Kah 2016, 268. 266 Die Siegerliste der Großen Erethimien ist zwar nur schlecht erhalten, trotzdem können mehrere der darin verzeichneten Bürger der Oberschicht zugeordnet werden. So lässt sich der Name des Siegers im Stadionlauf in der Klasse der Heranwachsenden in Kontorini 1975b, 102 Seite B Z. 38, [–]­ύ̣λιππος Πυ̣[– – –] zu [Φα]ύ̣λιππος Πυ[θαγόρα] ergänzen. Da die Siegerliste um 280/70 zu datieren ist, kann Phaulippos als Sohn des in der Spenderliste I. Lindos 51 a col. I Z. 43 (kurz nach 304 v. Chr.) verzeichneten Πυθαγόρας Φαυλίππου identifiziert werden. In derselben Liste ist direkt eine Zeile darüber mit Ἁγήτωρ Φαυλίππου, ein Bruder des Πυθαγόρας verzeichnet. Dieser Ἁγήτωρ war im Jahr 335 sogar Priester der Athana Lindia (I. Lindos 1 Frgt. B, Z. 5). [Πο]λυκράτης Τιμομβρότου, der bei den Erethimien wohl über die doppelte Stadiondistanz siegte (Kontorini 1975b, 116 Z. 10–13), vertrat möglicherweise als Festgesandter die Gemeinde Lindos bei den Kultfeierlichkeiten des Zeus Atabyrios; s. dazu Badoud 2015, 171 f. Polykratēs kann außerdem durch die Statuenbasis I. Lindos 56 der Familie des Πολυκλῆς Πολυκράτεος zugerechnet werden. Πολυκλῆς hatte das Priesteramt der Athana Lindia (um 305–302 v. Chr.), des Zeus Polieus, des Apollon Pythios sowie des Poseidon Hippios inne; Badoud 2015, 67 f. Die prinzipielle Exklusivität des Gymnasion kommt besonders in einer Anekdote zum Ausdruck, die Diogenes Laertios über Bion von Borysthenes zu berichten weiß. Als Bion in Rhodos lehrte, soll er einige Seeleute überredet haben, sich in der Tracht der Studenten zu kleiden und ihm zu folgen; als er daraufhin mit diesen das Gymnasion betreten habe, hätten sie von allen Seiten Blicke auf sich gezogen (Diog. Laert. 4, 53: ἐν γοῦν Ῥόδῳ τοὺς ναύτας ἔπεισε σχολαστικὰς ἐσθῆτας ἀναλαβεῖν καὶ ἀκολουθῆσαι αὐτῷ: σὺν οἷς εἰσβάλλων εἰς τὸ γυμνάσιον περίβλεπτος ἦν). Die Provokation wird hier darin bestanden haben, dass sich Personen Zutritt zum Gymnasion verschafften, die nicht der Bildungselite angehörten, nicht aber darin, dass es sich um Fremde handelte. Ob von der Schulstiftung des Eumenes (161/160 v. Chr.) auch die Söhne von Nichtbürgern profitierten, geht aus dem Bericht von Polybios nicht hervor; Pol. 31, 31, 1–3.

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 7 Die Heiligtümer

sowie aus Opous und der Lokris bezeugt. Bei keinem der Nichtbürger ist aber ein Rechtsstatus angegeben267. Als Besucher des Gymnasion lässt sich darüber hinaus sicher nur Πλάτων aus dem süditalischen Bruttium ausmachen, der mit der epidamia ausgezeichnet worden war. Gemeinsam mit dem Rhodier Ἐτέαρχος Ἐτεάρχου stiftete er eine Statue für Ἀριστόμαχος Ἐρατοκλεῦς sowie eine weitere für Δαμαίνετος Εὐκράτευς; zwar wird der Anlass für die Ehrung nicht erwähnt, doch sind beide Statuenbasen bei den Ausgrabungen des Gymnasion auf der Akropolis gefunden worden268. Unabhängig von

267 DNO IV, Nr. 3278 ziehen in Erwägung, den in der Siegerliste der Erethimien genannten [Ἡράκλ]ε̣ ιτος Σάμιος (Kontorini 1975b, 102 f. Seite C, Z. 14) mit einem gleichnamigen Samier zu identifizieren, der in Rhodos die epidamia besaß (Maiuri, Nuova Silloge 19: col. II Z. 3 f.). Die Inschrift, in der dieser epidamia-Inhaber genannt wird, ist allerdings zeitlich um 230/220 v. Chr. zu setzen, während die Siegerliste um 280/70 datiert. Insofern ist es eher unwahrscheinlich, die beiden Samier mit derselben Person zu identifizieren. 268 Jacopi, ClRh 2, 1932, 196 Nr. 25 und 197 Nr. 26. Ἀριστόμαχος Ἐρατοκλεῦς dürfte mit einiger Sicherheit der Sohn von Ἐρατοκλῆς Ἀριστομάχου sein, der im 1. Drittel des 2. Jhs. v. Chr. in Kamiros als Agonothet amtierte (Tit.Cam.Suppl. 50 b). Einer der Metöken, die sich im 1. Jh. v. Chr. an der Spende für die epauxēsis der Bürgerschaft beteiligte, besaß zudem einen prostatēs, der im Kollegium der ἐπιστάται τῶν παίδων belegt ist; App. I 5 (= Jacopi, ClRh 2, 1932, 177–179 Nr. 6) col. I Z. 30–35. Hieraus weitere Schlussfolgerungen ziehen zu wollen, wäre aber bloße Spekulation. Ein kaiserzeitliches Ehrendekret aus Nisyros rühmt den Wohltäter des dortigen Gymnasion Γνωμαγόρας Δωροθέου dafür, dass er während seiner Zeit als Gymnasiarch allen Freien, den Bewohnern sowie denjenigen, die sich vorübergehend dort aufhielten, über einen Zeitraum von 13 Monaten kostenlos Öl zur Verfügung stellte (IG XII 3, 104 Z. 8–11: γυμνασιαρχήσανταν ἐν Νισύρῳ καὶ θέν|τα το ἔλαιον πᾶσι ἐλευθέροις καὶ τοῖς κατοι|κοῦσι ἐν Νεισύρω καὶ τοῖς παρεπιδαμεῦ|σιν ἐπὶ μῆνες ιγ ʹ). Die Übersetzung von ἐπὶ μῆνες ιγ ʹmit »on the thirteenth of the month« in Ascough – Harland – Kloppenborg 2012, Nr. 246 ist entsprechend zu korrigieren. Neben verschiedenen anderen Vereinen ist Gnōmagoras von den Ἑρμαΐζοντες mit mehreren Goldkränzen geehrt worden. Wahrscheinlich handelt es sich bei den Vereinsmitgliedern, die sich um die Gottheit Hermes versammelt haben, ebenfalls um Besucher des Gymnasion, ohne dass sich allerdings etwas über den rechtlichen Status dieser Personen sagen ließe. Die in Nisyros zu beobachtende grundsätzliche Offenheit des Gymnasion für Fremde mag aber einen lokalen Sonderfall darstellen und – da es sich um eine kaiserzeitliche Inschrift handelt – eine späte Erscheinung sein, die auch andernorts zu beobachten ist. Dafür spricht zudem die Dedikation eines als »Mahlgemeinschaft« (συναρίστιον) bezeichneten Vereins an Hermes (IG XII 3, 93), die nach der Schrift in das 3. Jh. v. Chr. zu datieren ist, demnach also in eine Zeit, zu der Nisyros noch nicht rhodisch war. Die Weihung an Hermes weist die Stifter freilich nicht unbedingt als Besucher des Gymnasion aus; Sicherheit gewinnt man aber durch die drei am Ende der Inschrift genannten Personen, deren Funktion in Z. 18 mit παίδων angegeben ist, was an die rhodischen ἐπιστάται τῶν παίδων erinnert. Bei der Dedikation aus Nisyros wird es sich ebenfalls um solch ein Dreierkollegium handeln. Sowohl diese Magistrate als auch die insgesamt 16 darüber aufgeführten Personen – offensichtlich die Schüler des Gymnasion – sowie die in Z. 1 vor dem Verein genannte Person sind alle nur mit Individualnamen und Patronym angegeben, woraus zu schließen ist, dass es sich ausschließlich um Bürger von Nisyros handelt. Auch sind mehrere der Namen nur in der nisyrischen Onomastik belegt. Mit großer Wahrscheinlichkeit handelt es sich bei dem Fragment IG XII 3, 94, das in das 2. Jh. datiert, um eine Inschrift desselben Vereins. Die einzigen beiden Namen, die auf



7.2 Partizipation von Nichtbürgern an Poliskulten 

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seinem bezeichnenden Namen dürfte Platōn daher auch regelmäßig Gast an diesem Ort gewesen sein. Zudem sind unter den Personen, denen man hier ebenfalls eine Statue errichtet hatte, mehrere Gymnasiarchen zu finden. Der statuarischen Ausstattung nach zu urteilen, war das Gymnasion in Rhodos – ebenso wie in anderen Poleis auch – ab dem 2. Jh. insgesamt ein wichtiger Repräsentationsraum der Elite269. Die Statuen waren überwiegend auf private Initiative, vielfach sogar von Verwandten errichtet worden. Keiner der Geehrten war indes explizit in seiner Funktion als Gymnasiarch mit einer Statue bedacht worden. Die Gymnasiarchie und andere in einem agonalen Kontext stehende Ämter bilden nur einen Bestandteil des dargestellten Lebenslaufes, zu dem besonders auch militärische und politische Stellungen zählten. Statuen von Nichtbürgern sind hier nicht anzutreffen. Eventuell gehörten weitere Fremde, die im Besitz der epidamia waren, zu den Besuchern des Gymnasion. Auch sie sind auf einer Statuenbasis, die sich in die 1. Hälfte des 2. Jhs. v. Chr. datieren lässt, als Dedikanten genannt270. Es ist allerdings weder ihr Name noch ihre Herkunft zu bestimmen; auf dem Stein ist allein οἷς ἁ ἐπιδαμία δέδοται zu lesen. Auch von dem Adressaten der Ehrung ist ausschließlich der bloße Name aus der Widmung ὑπὲρ Μηνοδώρου bekannt. Der volle Name muss in einer Kolumne auf einem links anschließenden Block gestanden haben; von der Kolumne sind nur noch einige Buchstaben erhalten. Die Ausgangsbedingungen sind mithin denkbar schlecht, um überhaupt den Textresten etwas abgewinnen zu können. Trotzdem lässt sich eine mögliche Verbindung herstellen: Entscheidend ist die Bezeichnung des Geehrten als ἐπιτροπεύσας αὐτῶν, der zu entnehmen ist, dass Mēnodōros die Vormundschaft über die Fremden übernommen hatte. Die Funktion eines epitropos ist für drei weitere Rhodier belegt, von denen mindestens zwei in demselben Zeitraum ebenfalls mit einer Statuenaufstellung im Gymnasion geehrt worden waren271. Beide hatten eine eindrucksvolle Laufbahn aufzuweisen, die sie mit dem

dem Stein erkennbar sind, deuten ebenfalls auf Bürger von Nisyros bzw. zu diesem Zeitpunkt Bürger der Polis Rhodos. In Potidaion auf Karpathos stiftete ein Rhodier, der von dem κοινὸν τῶν ἀλειφομένων geehrt worden war, ein Weihgeschenk an Sarapis, Isis und Anoubis; Segre, Historia 7, 1933, 580 Nr. 2 (2. Jh. v. Chr.). Bei den ἀλειφόμενοι handelt es sich eindeutig um Besucher des Gymnasion auf Karpathos. Die Verehrung dieser Gottheiten lässt ebenfalls keinen Rückschluss auf die Zusammensetzung des koinon zu. 269 Die Ehreninschriften, die dem Gymnasion zuzuordnen sind, hat Chankowski 2010, 199 Anm. 279 zusammengestellt, der diesen Ort als epiphanestatos topos bezeichnet. Zu ergänzen ist jetzt sicherlich die Exedra der Athletenfamilie des Philophrōn (Zimmer – Bairami 2008, 154–163 Nr. E 2610 und 2611 = SEG 58.814 und 815). Grundsätzlich nennt auch Strabon neben dem Dionysosheiligtum das Gymnasion als Ort, an dem zahlreiche anathēmata stünden; Strab. 14, 2. 5. 270 App. I 3 (= Reinach, REG 1903, 184–187 II B). 271 Jacopi, ClRh 2, 1932, 192 Nr. 20 sowie 194 Nr. 22. Γόργων Τιμοκλεῦς καθ’ ὑοθεσίαν δὲ Διοκλεῦς, der in ersten Inschrift seinen epitropos ehrte, tritt in der zweiten Inschrift selbst als epitropos zweier Brüder in Erscheinung. Die dritte Inschrift, die einen epitropos bezeugt, ist sekundär verbaut in dem römischen Tetrapylon in der Nähe des ›Kriegshafens‹ gefunden worden, was eher eine Aufstellung im

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 7 Die Heiligtümer

Amt eines Prytanen abschließen konnten. Eine der Statuenbasen war von dem Künstler Ζήνων aus Amisos signiert worden, der auch die Statue von Mēnodōros angefertigt hatte. Auf dem verlorenen Block der Statuenbasis für Mēnodōros muss ebenfalls eine nennenswerte Ämterlaufbahn aufgeführt gewesen sein; so kann der Schluss der linken Zeile [– – –]ος δίς nur auf ein wiederholt ausgeführtes Amt oder zumindest eine Liturgie verweisen272. Die Ähnlichkeit der drei Ehreninschriften in Inhalt und Form verleiten zu der Vermutung, dass die Statue des Mēnodōros ebenfalls innerhalb des Gymnasion stand. Mēnodōros dürfte es auch gewesen sein, der den unter seiner Aufsicht stehenden Fremden den Zugang zu dieser Institution ermöglichte273. Es scheint, dass eine ausgewählte Gruppe von Nichtbürgern neben den Bürgern zum Gymnasion zugelassen wurde, ohne dass es ihnen jedoch möglich war, ein mit diesem Bereich in Verbindung stehendes Amt zu übernehmen. Auf diese Weise konnten einerseits verdiente Nichtbürger in die Poliselite integriert werden; auf der anderen Seite enthielt man den Fremden bei den Festen eine Rolle vor, die ihrem Charakter nach nur von Polisbürgern ausgefüllt werden konnnte. Im Gegensatz zu Agonothesie und Gymnasiarchie stellt sich der Befund für die Choregie, die ausschließlich als Liturgie ausgeübt wurde, anders dar. Der Nichtbürger Φιλοκράτης aus Ilion verweist in seiner Grabinschrift stolz darauf, sogar dreimal als Chorege amtiert zu haben274. Selbst dem freigelassenen Sklaven Ἐπίγονος gelingt es

Dionysosheiligtum vermuten lassen würde; Pugliese Carratelli, ASAA 64/65, 1986/87, Nr. 3 (SEG 41.646; 2. Hälfte 1. Jh. v. Chr.). In allen epitropos-Inschriften wird an den mit ὑπέρ eingeleiteten Namen des Geehrten mit dem Partizip Aorist von ἐπιτροπεύω dessen Funktion beschrieben. Im Kommentar zu der Ehreninschrift für Mēnodōros vermutete Reinach hingegen, dass der epitropos nicht ihr Vormund gewesen sei, sondern als ihr prostatēs gedient habe. Dieser Vermutung ist jedoch in zweierlei Hinsicht zu widersprechen: Einerseits wurde inhaltlich klar zwischen epitropos und prostatēs unterschieden; andererseits scheinen Inhaber der epidamia grundsätzlich keinen prostatēs besessen zu haben (s. dazu Kap. 3.2.3 epidamia und enktēsis). Hinzu kommt die Ähnlichkeit des Textes mit den übrigen drei Ehreninschriften für einen epitropos. Es gibt somit keinen Grund anzunehmen, die Bezeichnung epitropos sei hier in einer anderen Bedeutung verwendet worden. 272 Homonymität wird in Rhodos stets mit der Zahl βʹ und nicht mit dem Zahladverb δίς ausgedrückt; entsprechend ist auszuschließen, dass [– – –]ος eine Namensendung darstellt. 273 Vgl. ferner App. I 2 (= IG XII 1, 81); das Fragment war Teil einer Ehreninschrift, mit der ein Nichtbürger, der ebenfalls über die epidamia verfügte, als Sieger in einem Agon ausgezeichnet worden war. Der dreimalige Chorege Philokratēs aus Ilion, war wiederum Mitglied eines Vereins, der sich als συνθυταί Ῥοδιασταί ἐπιδαμιασταί bezeichnete (IG XII 1, 157). Sollte es sich hier vielleicht um einen Verein handeln, deren Mitglieder sich nicht nur durch ihre privilegierte Rechtsstellung verbunden fühlten, sondern auch regelmäßig im Gymnasion zusammenkamen? Die Attraktivität des Gymnasion zeigt sich ebenfalls darin, dass später auch noch Tiberius während seines Rhodos-Aufenthaltes diesen Ort aufsuchte; Suet. Tib. 11. 274 IG XII 1, 157.



7.2 Partizipation von Nichtbürgern an Poliskulten 

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immerhin zweimal, die Choregie zu übernehmen275. Alle acht Inschriften, in denen insgesamt neun Nichtbürger als Choregen genannt werden, sind, soweit dies möglich ist, in das 1. Jh. v. Chr. zu datieren276. Wurde die Vergabe der Choregie mit der Zeit also weniger restriktiv gehandhabt, während andere Ämter weiterhin streng Bürgern vorbehalten waren? Ist dieser Befund vielleicht sogar als Beleg zu werten, dass auch auf Rhodos die Trennlinie zwischen Bürgern und Nichtbürgern in späthellenistischer Zeit an Bedeutung verlor und gleichzeitig der Unterschied zwischen Reichen und Armen in den Vordergrund rückte? Nun war Philokratēs allerdings kein vollkommen rechtloser Fremder, sondern gehörte ebenfalls zu der privilegierten Gruppe derjenigen, denen die epidamia verliehen worden war. Auch der soziale Aufstieg des Freigelassenen Epigonos zeigt, dass dieser sich bereits um die Polis verdient gemacht hatte, bevor ihm die Choregie übertragen wurde. Dies deutet bereits auf eine bewusste Auswahl bei der Vergabe der Choregie. Worin aber bestand das Motiv für die rhodische Bürgerschaft, eine offensichtlich auch noch im Späthellenismus prestigeträchtige Liturgie für Fremde zugänglich zu machen?277 Ein frühkaiserzeitliches Dekret aus Lindos beschäftigt sich genau mit der Frage der Besetzung der Choregenstellen278. Bei dem panrhodischen Fest der dionysischen Sminthien sei es in Rhodos bereits seit längerer Zeit üblich, sowohl Bürger als auch Nichtbürger – die hier allgemein als xenoi bezeichnet werden – als Choregen zu wählen. Im Jahr 23 n. Chr. beschließt nun die lindische Volksversammlung, bei den lokalen Sminthien ebenso zu verfahren. Allerdings wird diese Bestimmung in auffälliger Weise präzisiert: Es sollen genau sechs Choregenstellen durch xenoi besetzt werden; falls sich zu wenige Nichtbürger freiwillig melden (εἴ κα μ〈ή〉 τινες ἐπανγέ〈λλ〉ωνται), sollen xenoi aus der Gruppe der in Lindos lebenden κατοικεῦντες

275 IG XII 1, 383. Es ist sehr gut möglich, dass es sich bei einem weiteren Nichtbürger, der als Chorege aufgetreten war, um einen Freigelassenen handelt. Zumindest hatte er eine Phrygierin zur Frau genommen, was nahelegt, dass auch er ursprünglich eine Sklave war. Die noch unpublizierte Inschrift ist auf der Basis eines Rundaltars verzeichnet, die in der Ostnekropole gefunden wurde; Papachristodoulou 2009a und b; vgl. auch unten Kap. 7.4. Der Name des Nichtbürgers stand ursprünglich auf dem verlorenen Rundaltar – ob einer der fünf beschrifteten Rundaltäre, die bei der Grabung zutage traten, mit der Basis in Verbindung zu bringen ist, wird erst die Publikation zeigen. 276 s. die Zusammenstellung der Belege in Anm. 299. 277 Dass sich in späthellenistischer Zeit mit dieser Liturgie weiterhin soziales Kapital erwerben ließ, lässt sich an den Grabinschriften der Fremden ablesen, in denen demonstrativ auf die Übernahme der Choregie verwiesen wird; so auch Wilson 2000, 291. Aufschlussreich ist in dieser Hinsicht insbesondere die Grabinschrift des dreimaligen Choregen Ἀριστόβουλος aus Termessos. Die Inschrift ist auf einem massiven Block angebracht, der ursprünglich als Türsturz des Eingangs zu dem Grabbau des Aristoboulos und dessen Frau gedient haben wird. Auf dem Stein befinden sich der Zahl der Siege entsprechend drei Bukranien, die jeweils bekränzt sind; Fraser 1977, 36 mit Abb. 98. 278 IG XII 1, 762.

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 7 Die Heiligtümer

und γεωργεῦντες zur Choregie herangezogen werden279. Es scheint sich demnach nicht nur um eine bloße Privilegierung einer bestimmten Gruppe von Nichtbürgern zu gehen, sondern man wollte offensichtlich gezielt die κατοικεῦντες und γεωργεῦντες zur Übernahme dieser kostspieligen Liturgie verpflichten. Welche Nichtbürger genau sich hinter dieser Gruppe verbergen, ist umstritten. Die katoikeuntes und geōrgeuntes begegnen in einer Reihe weiterer Inschriften, die hauptsächlich aus Lindos selbst stammen. Weitere Belege kommen aus dem lindischen Demos Physkos in der Peraia; eine Inschrift wurde auf der Insel Telos gefunden, die ebenfalls dem lindischen Territorium zugehörig war280. Die Belege stammen vornehmlich aus Ehreninschriften, in denen diese Nichtbürger als Stifter in Erscheinung treten, oft zusammen mit weiteren Gruppierungen, teilweise aber auch alleine. In Physkos sowie singulär auch in Lindos erscheint an ihrer Seite bisweilen eine dritte Gruppierung, die sich als »Schiffseigner« (ναυκλαρεῦντες) bezeichnet. Diese wechselnden Zusammensetzungen deuten darauf hin, dass es sich nicht um eine fest organisierte Korporation handelt. Bislang gibt es keinen Beleg, in dem sich eine Einzelperson sicher dieser Gruppe zuordnen ließe281. Alle Belege, in denen Nichtbürger als Choregen genannt werden, stammen zudem aus Rhodos-Stadt. Es treten aber zwei auffallende Befunde hervor. Einerseits ist es interessant zu sehen, wem die Ehrungen zukamen. Die Honoranden waren allesamt rhodische Bürger, die in ihrer Laufbahn zu einem Großteil das Priesteramt der Athana Lindia bekleidet hatten; ebenso häufig ist für diese Personen die Übernahme einer Festliturgie belegt282. Gelegentlich treten die katoikeuntes und geōrgeuntes sogar an der Seite von Priestern als Dedikanten in Erscheinung283. Es

279 Z. 15–20: [ποτ]αιρείσθων [δὲ τοὶ ἐπιστάται] | τοὶ ἀεὶ ἐν ἀρχᾷ ἐ̣ όντες ποτ[ὶ τοῖς ἐκ πολειτᾶν] | αἱρουμένοις χοραγοῖς καὶ ἄλλο〈υ〉ς χοραγο〈ὺ〉ς | ἐκ τῶν κατοικεύντων καὶ γεωργεύντων ἐν | Λινδίᾳ πόλει ξένους ἕξ, εἴ κα μ〈ή〉 τινες ἐπαν|γέ〈λλ〉ωνται. »Die jeweils amtierenden epistatai sollen zusätzlich zu den aus der Reihe der Bürger gewählten Choregen auch sechs andere, ›fremde‹ Choregen aus den katoikeuntes und geōrgeuntes in der Polis Lindos dazuwählen, falls sich keine weiteren bereit erklären.« 280 s. die Zusammenstellung der Belege bei Gabrielsen 1997, 206 f. Anm. 88–90 sowie Thomsen im Druck, 14 f. 281 Ob ein Zusammenhang zu den Namenslisten aus Lindos besteht, in denen neben metoikoi offensichtlich auch eine Gruppe von katoikoi verzeichnet war, muss eine offene Frage bleiben; s. Kap. 3.2.3 metoikos. 282 Priester der Athana Lindia: I. Lindos 229. 264. 300. 391. 392b; N.Suppl.Epigr.Rh. 175 Nr. 29. Chorege: I. Lindos 164. 229. 264. 300; Jacopi, ClRh 2, 1932, 210 Nr. 48; N.Suppl.Epigr.Rh. 175 Nr. 29. Agonothet: I. Lindos 384b. Gymnasiarch: I. Lindos 384b. 391. 283 Besonders eindrücklich ist in dieser Hinsicht I. Lindos 349 (38 v. Chr.). Die katoikeuntes und geōrgeuntes erscheinen dort neben den synieroi des Athanapriesters, namentlich dem Priester des Apollon Pythios, des Sarapis, der Artemis Kekoia, des Dionysos, des Apollon Olios, des Poseidon Hippios, des Apollon aus Kamyndos, des Apollon Karneios, dem Priester des Heros Lindos und der anderen Heroi, dem archierothytes und den ierothytai. Nach dieser Auflistung der Priester folgt allerdings zunächst ein vacat, bevor die katoikeuntes und geōrgeuntes mit einem καί angeschlossen werden. Die Inschrift ist kein Beleg, dass die katoikeuntes und geōrgeuntes von dem damos der Lindier Eh-



7.2 Partizipation von Nichtbürgern an Poliskulten 

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bestand also offenbar eine Verbindung zur Priesterschaft, die über eine rein euergetische Beziehung zwischen Honorand und Dedikant hinausgeht. Wenig verwunderlich ist es deshalb auch, dass die katoikeuntes und geōrgeuntes zusammen mit einem Ἀθα[ναϊστᾶν κοινόν] einen lindischen Bürger ehrten284. Auf der anderen Seite sind die immensen Ehrungen bemerkenswert, die von dieser Gruppierung verliehen wurden. Neben Bronzestatuen werden teilweise gleich mehrere goldene Kränze verliehen. Es handelt sich demnach um eine äußerst wohlhabende Gruppe mit besonderen Kontakten zur lindischen Oberschicht285. Dieser Kontakt wird konkret in einer Inschrift aus dem Jahr 10 n. Chr. sichtbar, in der sich die geōrgeuntes mit den Grennadai patriōtai zu einer Ehrung für die Athanapriesterin Νίκασσα zusammengefunden haben; die Inschrift nebst einer Statue hatten die katoi­ keuntes unabhängig von den geōrgeuntes in Auftrag gegeben286. In dem Jahr, in dem die katoikeuntes und geōrgeuntes zur Choregie zugelassen wurden, hatten sie gemeinsam mit den Grennadai patriōtai bezeichnenderweise ῾Ιεροβούλα, die Frau des amtierenden Athanapriesters Καλλίστρατος, mit goldenen Kränzen und einem vergoldeten Schild geehrt; den Schild durften sie sogar im Heiligtum der Athana Lindia aufstellen (ἀναθέν[τ]〈ω〉ν δὲ ὑπὲρ αὐτᾶς [καὶ ἐν τῷ ἰ]ερῷ τᾶς Ἀθάνας ἰκόνα ἐν[κ]αύσταν ἐν ὅπλῳ [ἐπιχρύσῳ])287 – diese Erlaubnis werden sie sicherlich maßgeblich den Gren-

rungen erhalten hätten, wie Grieb 2008, 266 annimmt. Das im Singular stehende Akkusativpartizip στεφανωθέντα ist freilich auf den Athanapriester Pythōn (Z. 1 f.) zu beziehen und leitet die im Folgenden genannte Ehrung durch die zwölf lindischen Festlanddemen ein. Vgl. auch Thomsen im Druck, 4 f., der hierin einen entscheidenden Schritt der Integration dieser Gruppierung in die Polisstrukturen sieht; diese Entwicklung habe mit dem Dekret über die Choregie ihren Höhepunkt erreicht. 284 I. Lindos 300 a Z. 4–6: τῶν κα̣[τ]οικεύντων [ἐ]ν Λιν[δίαι πόλει καὶ γ]εωργεύντων ἐν [τᾶι] Λινδίαι καὶ Ἀθα[ναϊστᾶν κοινόν]. Man könnte auch vermuten, dass es sich bei den hier genannten Athanaistai um einen Verein handelt, der aus den katoikeuntes und geōrgeuntes hervorgegangen ist, wie es Gabrielsen und Maillot annehmen, doch diese Interpretation ist nicht zwingend; Gabrielsen 2001a, 234; Gabrielsen 1997, 129 sowie Maillot 2005, 163, die bei der Wiedergabe des Namens der drei Gruppierungen bezeichnenderweise auch das καί vor Ἀθαναϊστᾶν κοινόν übersieht. Dass es sich bei dem Ἀθαναϊστᾶν κοινόν durchaus um einen eigenen Verein handeln kann, zeigt die hier im Folgenden erwähnte Ehreninschrift I. Lindos 394, wo die geōrgeuntes zusammen mit den Grennadai patriōtai eine Athanapriesterin mit einem goldenen Kranz ehren. Die ursprünglich gentilizische Vereinigung der Grennadai patriōtai ist ganz sicher nicht aus den geōrgeuntes hervorgegangen. Sowohl in I. Lindos 300 a als auch in I. Lindos 394 sind die Gruppierungen sprachlich mit derselben Konstruktion verbunden: ὑπό + Verein + καί + Verein. 285 So auch Gabrielsen 2001a, 233. 286 I. Lindos 394. Die katoikeuntes werden am Ende der Inschrift im Nominativ als alleinige Dedikanten genannt; die geōrgeuntes erscheinen demgegenüber in der Aufzählung der Ehrungen, die die Priesterin von anderen Seiten erhalten hatte. Aber vgl. I. Lindos 392 a, Z. 10–12, wo die katoikeuntes und geōrgeuntes als gemeinsame Dedikanten bezeichnet werden. 287 I. Lindos 420 a, Z. 22–24.

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 7 Die Heiligtümer

nadai patriōtai als Mitdedikanten zu verdanken haben288; ungeachtet dessen kommt in diesem Vorrecht aber einmal mehr die herausragende Stellung der katoikeuntes und geōrgeuntes zum Ausdruck. Möglich wäre, dass die katoikeuntes und geōrgeuntes ähnlich umfangreiche Ehrungen auch Kallistratos selbst zukommen ließen; die entsprechende Ehreninschrift ist jedoch nicht vollständig erhalten289. Diese Ehrung ist auch insoweit interessant, da in dem zweiten Fragment des Dekrets über die Choregie dem Athanapriester bei der Aufzeichnung der gewesenen Choregen bestimmte Aufgaben zugeschrieben werden290. Die Beziehung zu den Geehrten lässt sich bei den lindischen Inschriften selten genauer bestimmen; die katoikeuntes ehrten die Priesterin Νικᾶσσα als ihre Retterin und Wohltäterin291; bei einem anderen Anlass beschlossen die katoikeuntes gemeinsam mit den geōrgeuntes Ehrungen für τὸν αὐτῶν εὐεργέταν292. Dagegen wurden in Physkos rhodische Magistrate von den katoikeuntes, geōrgeuntes und nauklareuntes explizit in ihrer Funktion als Archonten geehrt: Die Ehrung sei für τὸν ἑαυτῶν ἄρχοντα καὶ φίλον bestimmt, heißt es etwa in der Ehreninschrift für Πολυκράτης. Neben einem allgemeinen Verweis auf dessen korrektes Auftreten während seiner Amtszeit wird konkret hervorgehoben, dass er Rechtsstreiten zu ihren Gunsten entschieden habe293. Wer auf der Gegenseite stand und was der Anlass der Auseinandersetzungen war, lässt sich nicht bestimmen. Allerdings scheinen Rechtsstreitigkeiten auch in anderen Fällen ausschlaggebend für die Ehrung gewesen zu sein: So bewerteten auf Telos die dortigen γεωργεῦντες καὶ κατοικεῦντες das Auftreten eines Bürgers aus Karpathos als »korrekt« (ὑγιῶς)294. Sowohl diese distanzierte Formulierung als auch die Tatsache, dass der Geehrte aus Karpathos kam und damit nicht zu dem Demos Telos gehörte, deuten darauf hin, dass er sich ebenfalls als Magistrat auf der Insel aufhielt. In derselben Weise lässt sich die δικαιοσύνη interpretieren, die in Lindos ein Honorand gezeigt hatte295. Da offensichtlich die in der chōra wirtschaftenden Personen und die Schiffseigner gleichermaßen von den rechtlichen Auseinandersetzungen betroffen waren,

288 Um den Schild im Athanaheiligtum aufstellen zu dürfen, werden auch die Grennadai patriōtai zunächst Rat und Volksversammlung einen Antrag vorgelegt haben müssen; so waren die Euthalidai verfahren, als sie beabsichtigten, einen Ehrenbeschluss im Heiligtum des Zeus Patroios im Demos Nettidas aufzustellen, IG XII 1, 890. 289 I. Lindos 420 b. 290 IG XII 1, 762 Frgt. b, Z. 2–4: ὁ δὲ ἱερεὺς τᾶς Ἀθάνας [φερέτω πο]|〈τὶ〉 τοὺς μαστροὺς τὰ ὀνόματα τῶν κατασχ[ε]|θέντων Η[․․․․․․]ΛΗΜΕΝΟΣ ὁ δὲ χοραγήσας | ἐχέτω [– – –]. 291 I. Lindos 394 Z. 10 f. 292 N.Suppl.Epigr.Rh. 173 Nr. 25 Z. 4 f. 293 I. Peraia 510 (= I. Pérée 27) Z. 3–7: ἄρξαντος ἐπὶ Φύσ|κου καὶ Κεδρεῶν δικαίως | καὶ ἀδωροδοκήτως καὶ τὰς | δικαίας τοῖς κρεινομένοις | ἀποδιδόντος κρίσις; vgl. auch I. Peraia 509 und 511. 294 I. Dor. Ins. 46. 295 SEG 54.721 (= I. Lindos 384 b und f; ASAA 2, 1916, 147 Nr. 20).



7.2 Partizipation von Nichtbürgern an Poliskulten 

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wird man am ehesten an bestimmte Abgaben zu denken haben, die Anlass für die Auseinandersetzung gewesen waren. Grundsätzlich sind die katoikeuntes und geōrgeuntes als Gruppen zu verstehen, deren Konstitutionsbedingung primär auf eine rechtliche Privilegierung zurückgeht. Darauf deutet allein schon das Dekret über die Zulassungsregelungen zur Choregie selbst. Die xenoi, die man zur Übernahme der Choregie verpflichtete, müssen rechtlich exakt zu bestimmen gewesen sein. Hinter den geōrgeuntes sind die Pächter von Ackerland zu vermuten; vereinzelt mögen hierunter durchaus Nichtbürger gewesen sein, die vielleicht sogar das Recht auf Landbesitz – die enktēsis gēs – besaßen296. Darüber hinaus scheinen sie in einem gewissen Grad korporativ organisiert gewesen zu sein; eine gemeinsame Kasse, aus der sie die immensen Ehrungen bestritten, ist aber nicht zwingend vorauszusetzen. Das Geld könnte ebenso durch jeweils spontan initiierte Spendenaufrufe zusammengetragen worden sein. Trotzdem sind sie aber keineswegs mit den Kultvereinen gleichzusetzen. Mit dem Dekret über die Choregie wurde demnach die aktive Beteiligung einer ohnehin schon rechtlich hervorgehobenen Gruppe von Nichtbürgern an den Sminthien festgesetzt, die über das entsprechende ökonomische Kapital verfügte, die Choregie in einer ehrenvollen Weise auszuführen297. Dass es ausgerechnet das Fest des Dionysos Sminthios ist, bei dem man ›fremde‹ Choregen zuließ, könnte mit dem agrarischen Charakter des Kultes zu erklären sein. Schließlich muss man mit einem beträchtlichen Prozentsatz von Nichtbürgern ausgehen, die in der Landwirtschaft tätig waren und sich ebenfalls unter den Schutz dieses Gottes gestellt haben werden298. Auch wenn das Recht, als Chorege auftreten zu dürfen, gerade für Nichtbürger ein besonderes Privileg darstellte, so ist ebenso die hohe finanzielle Belastung dieser

296 Diese Vermutung äußert bereits Blinkenberg, s. I. Lindos, S. 581. Auf Kos werden in einer Inschrift von den katoikeuntes und geōrgeuntes als separate Gruppe die enektēmenoi unterschieden. Es sind hierunter wohl allgemein Landbesitzer zu verstehen und nicht explizit Fremde, die über die enktēsis verfügen. Gemeinsam ehren sie einen im Dienst der Polis stehenden Arzt, IG XII 4, 2, 1142 Z. 4–10: τοὶ κατοικεῦντες | ἐν τῶι δάμωι τῶν Ἁλεντίων καὶ το[ὶ] | ἐνεκτημένοι καὶ τοὶ γεωργεῦντε[ς] | ἐν Ἅλεντι καὶ Πέλῃ, τῶν τε πολειτᾶν | καὶ Ῥωμαίων καὶ μετοίκων, ἐτείμασαν | στεφάνῳ χρυσέωι Ἰσίδωρον Νεικάρχο[υ] | ἰατρὸν δαμοσιεύοντα (Übers. nach Samama 2003, Nr. 141: »ceux qui résident dans le dème d’Haleis, les propriétaires et les cultivateurs d’Haleis et de Pélè tant citoyens que Romains et métèques ont honoré d’une couronne d’or Isidôros, le médecin public, fils de Nicarchos ...«). 297 Thomsen im Druck, 5 hingegen sieht die zahlreichen Ehrungen, die eine Organisation erforderten, sowie den langen Zeitraum, über den hinweg die Gruppierung Bestand hatte, als Hinweis, dass es sich um einen ›privaten‹ Verein handele. Zudem setze das Dekret über die Choregie einen stabilen Mitgliederkreis voraus; diese Voraussetzung erfüllt jedoch auch eine rechtlich definierte Gruppe. Schließlich vermutet er, die variierenden Zusammensetzungen entsprächen dem Vorbild anderer Kultvereine, die oftmals in Unterabteilungen gliedert gewesen seien; auch für solche Untergliederungen gibt es keine sicheren Belege; vgl. Kap. 4.2.3. 298 Zu Dionysos Sminthios als »Abwehrer der Feldmäuse« s. Nilsson 1988, 534 f.; Van Gelder 1900, 326 f. Zu Nichtbürgern in der Landwirtschaft s. Kap. 9.

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 7 Die Heiligtümer

Liturgie zu berücksichtigen. Die Aufgaben der Choregen bei den Sminthien umfassten neben der eigentlichen Leitung und Finanzierung eines Chores ebenso die Ausstattung der Prozessionen sowie die Durchführung von Opfern299. Hierin liegt auch die zentrale Motivation für die partielle Beteiligung von Nichtbürgern, die in einer finanziellen Notsituation begründet ist: Gerade einmal vier Monate zuvor hatte die lindische Volksversammlung ein Dekret verabschiedet, in dem weitreichende Maßnahmen zur Bereitstellung von Geldern für den Athanakult beschlossen worden waren300. Die Gelder sollen in einen neu eingerichteten Fond – die sog. παρακαταθήκα – eingezahlt werden und sind der Athana Lindia geweiht. Der Anlass wird in der Motivformel deutlich benannt: Neben ausbleibenden Einnahmen seien die Aufwendungen für die Opfer und Feste immer drückender geworden, wodurch manch ein Amtsträger in Verlegenheit gebracht worden sei, seinen Pflichten nachzukommen301. Nicht nur aufgrund der zeitlichen Nähe steht das Dekret über die Choregie in unmittelbarem Zusammenhang mit diesen Maßnahmen: Die Reformierung der Choregenämter war durch eine Vorlage der epistatai (ἐπιστατᾶν γν〈ώ〉μα) eingeleitet worden, die zum Kultpersonal des Heiligtums der Athana Lindia gehörten. Einer dieser epistatai war ῾Ιππίας, der auch den Antrag über die parakatathēke eingebracht hatte302. Da Hippias dem Kollegium der epistatai vorstand, ist in ihm auch der maßgebliche Initiator des Dekrets über die Choregie zu sehen303. Bereits als er den Maßnahmenkatalog für die parakatathēke einreichte, stand er als epistates des kommenden Jahres fest304. Dies

299 IG XII 1, 762 Z. 20–23: τοὶ δὲ αἱρεθέντες στελλόντω [τὰν] | πο〈νπ〉ὰν ἐν τοῖς Σμινθίοις ἕκαστος καθά|περ καὶ τοὺς ἄλλους 〈γ〉έ〈γ〉ρ̣α〈π〉τα〈ι κ〉αὶ ποι|είσθων ἐ〈π〉ιθυσίαν. 300 I. Lindos 419. 301 I. Lindos 419 Z. 5–7: ἐπειδὴ συνβαίνει τὰς μὲν ποθόδους τὰς Λινδίων ὑστερεῖν, τὰ δὲ εἰ[ς] | τὰς θυσίας καὶ παναγύ[ρε]ις ἀναλ[ώ]ματα πολλάκις ἐπείγειν καὶ τού|[τ]ῳ τρόπῳ τοὺς ἄρχοντας εἰς δυ[σχρ]η̣στίαν ἐνπείπτειν (...). 302 Zwar ist mehrfach auf die zeitliche Nähe beider Dekrete aufmerksam gemacht worden (vgl. bes. Quass 1993, 310 f.), ohne sie allerdings als zusammenhängende Maßnahme zu betrachten. Grundsätzlich richtig ist die Bemerkung von Maillot 2005 II, 189, es ließen sich für Rhodos keine allgemeinen Anzeichen einer Krise in späthellenistischer Zeit beobachten. Maillot sieht in der Zulassung der katoikeuntes und geōrgeuntes zur Choregie die primäre Absicht der Lindier, die finanzielle Potenz dieser Vereinigung für die Polis auszuschöpfen. Dies schließt aber eine zumindest vorübergehende finanzielle Notlage nicht aus, die in dem Beschluss für die Einrichtung eines Fonds deutlich formuliert ist. Eine länger anhaltende Krisensituation ist freilich allein schon deshalb auszuschließen, da die beschlossenen Maßnahmen mehrheitlich an die Bürgerschaft gerichtet waren und voraussetzen, dass man weiterhin mit einem Engagement vermögender Bürger rechnen konnte. Für Rhodos ist erstmals für das Jahr 9 v. Chr. die Erhebung einer proeisphora belegt; I. Lindos 384 b, Z. 14 und 384 d, Z. 13. 303 In I. Lindos 419 Z. 53 wird das Kollegium als ἐπιστάται τῶν σὺν Ἱππίᾳ [γ Ἀργ(είῳ)] bezeichnet. 304 Dies geht aus dem Präskript hervor, das der Spenderliste der epidosis, die für das Folgejahr angesetzt ist, vorangeschrieben werden soll, I. Lindos 419 Z. 52 f.: ἐπ’ ἰε[ρέως] | [τ]ᾶς Ἀθ〈ά〉νας Καλλιστράτου, ἐπιστατᾶν τῶν σὺν Ἱππίᾳ [γ Ἀργ(είῳ)]; auch Blinkenberg macht ebd. auf diese Tatsache aufmerksam.



7.2 Partizipation von Nichtbürgern an Poliskulten 

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ist gerade deshalb von Bedeutung, weil das Kollegium der epistatai an der Durchführung der meisten Maßnahmen maßgeblich beteiligt war: –– Wahl der Männer, die den Verkauf der Bronze- und Eisengegenstände aus dem Heiligtum der Athana übernehmen sollen (Seite I, Z. 18–30) –– Verkauf von Inschriften bisher unbeschrifteter Standbilder (Z. 30–44) –– Vorschlag für einen Spendenaufruf in der lindischen Volksversammlung; Übergabe der Spendengelder an den Priester der Athana Lindia; Publikation der Spender auf einer Stele (Z. 44–58) –– Vorschlag, dass die hierothytai ihr Amt als Liturgie versehen mögen (Seite II, Z. 62–69) –– Aufsicht über die Einzahlung der Gelder in die parakatathēke gemeinsam mit den Ratsmitgliedern und dem Ratsschreiber (Z. 99–102 –– Registrierung von Personen, die sich der asebeia schuldig gemacht haben (Seite III Z. 117–119) –– Wahl einer Person, die für die Publikation und Aufstellung des Dekrets verantwortlich ist (Z. 131–137) Auffallend ist dabei, dass man für den Kult der Athana Lindia hauptsächlich auf die Spendebereitschaft der Bürgerschaft setzte, die Finanzierung der Sminthien dagegen teilweise durch die Partizipation von Nichtbürgern ermöglicht werden sollte305. Offenbar war man um eine gezielte Maßnahme zur Entlastung der Bürgerschaft bemüht. Auch war die Zahl ›fremder‹ Choregen, wie bereits erwähnt, auf maximal sechs begrenzt. Die Zurückhaltung der Lindier, eine grundlegende Änderung der Kultpraxis vorzunehmen, zeigt sich überdies in der Bezugnahme auf τἀρ[χαῖον] {τὸ ἀρχαῖον} ἔ̣ 〈θ〉ισμα Λινδί〈ω〉[ν] in der Beschlussformel: Bevor überhaupt die Neuerung bei der Besetzung der Choregenstellen erwähnt wird, heißt es, man habe zunächst beschlossen, dass alles Andere bezüglich der Sminthien Bestand haben solle, so wie es der alten lindischen Tradition entspreche306. Ebenso ist nochmals nachdrücklich zu betonen, dass sich die Zulassung zur Choregie auf eine Gruppe von Nichtbürgern beschränkte, die schon über einen längeren Zeitraum hinweg eine besondere Stellung in der Polis eingenommen und sich dementsprechend bewährt hatten. Beide Dekrete zeigen, wie sehr man darauf bedacht war, die Exklusivität der Kulte zu wahren. Zumindest in Lindos ist davon auszugehen, dass Nichtbürger von anderen Choregien weiterhin ausgeschlossen blieben. Dies gilt grundsätzlich für Agone, bei

305 An den Dionysien waren auf Rhodos auch Technitenvereine beteiligt, bei denen es sich allerdings überwiegend um lokale Vereinigungen handelt, Aneziri 2003, 87; Maillot 2005, 166. 306 IG XII 1, 762 Frgt. a, Z. 12–15.

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 7 Die Heiligtümer

denen die Chöre nach Phylen geordnet auftraten und entsprechend der Wettstreit eine reine Bürgerangelegenheit war307. Da bei den Nichtbürgern, die in Rhodos-Stadt die Choregie übernommen haben, nie vermerkt ist, bei welchem Fest sie als Choregen aufgetreten waren, lässt sich über die Situation dort ebenfalls nichts Genaueres sagen. Ebenso wie für die katoikeuntes und geōrgeuntes in Lindos ist auch für die Choregen in Rhodos ein enger Kontakt zur Bürgerschaft nachweisbar. Diese Kontakte werden den Nichtbürgern überhaupt erst die Möglichkeit gegeben haben, die Choregie auch tatsächlich übernehmen zu dürfen; schließlich wurden die Choregen von den epistatai ausgewählt; zumindest benannten sie die Kandidaten, über die dann sicherlich die Volksversammlung abstimmte308. Die Fremden, die einmal zur Choregie zugelassen wurden, scheinen den anderen Choregen gleichgestellt gewesen zu sein: Im Anschluss an die Bestimmungen über die Zulassung der sechs xenoi zur Choregie ist ganz allgemein formuliert, dass jeder der gewählten Choregen den Festzug ausstatten solle, wie es auch für die anderen (also diejenigen, die sich freiwillig gemeldet haben) festgelegt ist309. Einige Nichtbürger übernahmen zudem mehrmals diese Liturgie310. Auch dies deutet darauf hin, dass man die Choregen ganz bewusst auswählte. Es gilt aber zu berücksichtigen, dass in einigen Fällen, in denen Nichtbürger als Choregen genannt sind, möglicherweise auf einen vereinseigenen Agon Bezug genommen wird, bei dem sie dieses Amt versehen haben. Allerdings gibt es auf der anderen Seite keinen sicheren Beleg dafür, dass solche vereinsinternen Festliturgien ebenso wie solche auf Polisebene überhaupt in Ehren- und Grabinschriften verzeichnet wurden. Bekannt ist die Übernahme solch einer Praxis durch Vereinsmitglieder nur für den Titel euer-

307 So betont etwa Zimmermann 2008, 37 den identitätsstifenden Charakter der Dithyramben im klassischen Athen, sowohl hinsichtlich der Phylen- als auch der Poliszugehörigkeit. In Athen waren nur bei den Lenäen Nichtbürger als Choregen und Chormitglieder zugelassen. Ein Grund hierfür könnte nach Wilson 2000, 28 darin zu sehen sein, dass bei diesem Fest keine nach Phylen geordneten Chöre auftraten. Insgesamt zur Partizipation der Metöken an den Lenäen s. Wijma 2014, 66–75. 308 Das ist eindeutig IG XII 1, 762 Frgt. a, Z. 15 f. zu entnehmen; auch Bürger oder Nichtbürger, die sich freiwillig meldeten, wurden sicherlich nochmals von den epistatai bestätigt. 309 IG XII 1, 762 Frgt. a, Z. 20–22: τοὶ δὲ αἱρεθέντες στελλόντω [τὰν] | πο〈νπ〉ὰν ἐν τοῖς Σμινθίοις ἕκαστος καθά|περ καὶ τοὺς ἄλλους 〈γ〉έ〈γ〉ρ̣α〈π〉τα〈ι〉. In Iasos ist beispielsweise insoweit eine Unterscheidung bei der Übernahme der Choregie zu beobachten, als die Höhe der Ausgaben für Nichtbürger auf 100 Drachmen festgesetzt war, während Bürger die doppelte Summe aufwendeten, s. Crowther 2007. 310 Φιλοκράτης aus Ilion übernahm dreimal die Choregie (IG XII 1, 157; 1. Jh. v. Chr.), ebenso Ἀριστόβουλος aus Termessos (IG XII 1, 385; 1. Jh. v. Chr.); Ἐπίγονος aus Rhodiapolis zweimal (IG XII 1, 383; 1. Jh. v. Chr.), ebenso Δωρίων aus Alexandria (App. I 1 = ADelt B 25, 2, 1970, 524, 1; frühes 1. Jh. v. Chr.) und Ἀπολλώνιος aus Antiochia (App. I 14 = Maiuri, Nuova Silloge 148; 1. Jh. v. Chr.); ein unbekannter Bürger aus Herakleia einmal (App. I 9 = Pugliese Carratelli, Associazioni, Nr. 6; frühes 1. Jh. v. Chr.), ebenso der Mann der Phrygierin Berenike (Papachristodoulou 2009 a und b; Mitte 2. Jh. – Mitte 1. Jh. v. Chr.) sowie Διονύσιος aus Antiochia und sein Vater Ἐπαφρόδειτος (Fantaout­ saki 2014, 69; 1. Jh. v. Chr.).



7.3 Bürger und Nichtbürger in Vereinsheiligtümern 

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getas311; da die Vereine allerdings in hohem Maße die Publikationspraxis der Polis nachahmten, ist nicht auszuschließen, dass Vereinsmitglieder dementsprechend auch Vereinsliturgien öffentlich verzeichneten. In Kos ist diese Praxis zumindest in einem Fall belegt; dort hatte ein Sarapiastai-Verein den vereinseigenen Gymnasiarchen mit einem Ehrenkranz geehrt312. Bemerkenswert erscheint das Dekret über die Choregie insbesondere insoweit, als es zeigt, dass noch in der frühen Kaiserzeit die aktive Beteiligung von Fremden am Kultgeschehen Anlass zur Debatte gab. Insbesondere die nachdrückliche Versicherung, dass der Kult weiterhin in unveränderter Form Gültigkeit besitze, erscheint als Kompromisslösung, zu der man sich nur notgedrungen bereit gefunden hatte. Dass gerade die Bürger von Lindos die Regelung erst zu einem Zeitpunkt umsetzten, als sie auf Polisebene längst praktiziert wurde, verwundert dabei keineswegs.

7.3 Bürger und Nichtbürger in Vereinsheiligtümern Die teilweise sehr langen und komplizierten Kultnamen der Vereine sind weniger als Bestreben nach gegenseitiger Abgrenzung zu verstehen, sondern insbesondere als Ausdruck eines vielfältigen Kultlebens. In Anbetracht der Vielzahl von Nichtbürgern aus der gesamten Mittelmeerwelt, die sich auf Rhodos aufhielten, verwundert allerdings die relativ geringe Zahl ›fremder‹ Gottheiten313. In den Vereinen waren überwiegend Kulte verbreitet, die auch als Poliskult belegt sind314. Dies mag u. a. darin begründet sein, dass es meistens Nichtbürger mit Kontakten zur rhodischen Führungsschicht waren, die einen eigenen Verein gründeten. Ohne den Fremden eine funktionalistische Absicht bei der Wahl des Vereinskultes unterstellen zu wollen, so ist doch zu bemerken, dass die Orientierung des Vereinskultes an der rhodischen Götterwelt ihrer Inklusion sicherlich förderlich war. Gleichermaßen wird man diesen Befund aber mit der besonderen Attraktivität der Poliskulte zu erklären haben. Die weit verbreitete Verehrung der lokalen Gottheiten gibt eine echte Identifizierung mit der rhodischen Götterwelt zu erkennen. Wenn Fremde einer rhodischen Gottheit ein Weihgeschenk auf ein Gelübde hin oder als Dank stifteten, so zeigt dies, dass sie ihre Hoffung und ihr Vertrauen in diese Gottheit setzten und ihre Bedürfnisse darin erfüllt sahen.

311 s. Kap. 3.2.3 proxenos und euergetas. 312 IG XII 4, 2, 605. 313 Maillot 2005, 152–154; ebenso schon Fabricius 1999, 213 Anm. 231. 314 So war etwa Ἰσίδωρος aus Antiochia von den Ἀθαναϊσταὶ Λινδιασταὶ Διοδωρείοι geehrt worden; Maiuri, Nuova Silloge 41.

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 7 Die Heiligtümer

7.3.1 Kultplätze der Vereine Sucht man nach den konkreten Orten, an denen das Kultleben der Vereine stattfand, so findet man in den Inschriften nur wenige direkte Hinweise. Ein namentlich nicht bekannter Wohltäter hatte im Gebiet von Kamiros einem Verein zusätzlich zu einem Grundstück für Bestattungsplätze ein temenos für Asklapios, Apollon und Aphrodite zum Geschenk gemacht; ebenso wie für die Bestattungsplätze war in der Inschrift wohl auch die Größe des temenos mit Grenzsteinen definiert, allerdings bricht der Text an dieser Stelle ab315: [–]ΕΥ[– – –] [ἐ]ρανιστᾶν τῶι κοινῶι ἔ δωκε δωρεὰν ἐς ταφία τᾶς γᾶς τᾶς ἐν Ῥογκχ̣ω[ι] 5 ὡς ἁ ὁδὸς ἁ φέρουσα ἐξ Ἀ̣ γυλείας εἰς Ἱπποτείαν μᾶκος ὀργυᾶν εἴκοσι πέν τε, πλάτος ὀργυᾶν δεκα έξ, ὡς ὅροι κεῖνται· 10 δωρεὰν καὶ ἄλλον τόπον ἐν τᾶι κτοίναι· δωρεὰν τὸ τέμενος τοῦ Ἀσκλαπ[ι] οῦ καὶ τοῦ Ἀπόλ[λωνος καὶ] τᾶς Ἀφροδίτα[ς – – –] 15 ποιούμενος [– – –] τ̣ οὺ[ς] ὅρο[υς – – –] (...) er hat dem koinon der eranistai ein Grundstück als Bestattungsplatz in Ronkchos als Geschenk gegeben, dort wo der Weg von Agyleia nach Hippoteia führt; (es hat) eine Länge von 25 Klaftern, eine Breite von 16 Klaftern, so wie die Grenzsteine aufgestellt sind; und einen anderen Platz in der Ktoina als Geschenk; (auch) das temenos des Asklapios, des Apollon und der Aphrodite als Geschenk. [– – –] er hat die Grenzsteine? gesetzt [– – –]

Ein Verein, der diese drei Gottheiten zusammen in seinem Namen führt, ist zwar bislang nicht bekannt316. Vereine, die sich als Asklapiastai, Apolloniastai und Aphro­ disiastai bezeichnen, sind allerdings in Verbindung mit verschiedenen anderen Gottheiten vielfach belegt. Die Inschrift verdeutlicht, dass man entsprechend der vielfältigen Kultnamen auch entsprechende sakrale Bezirke anzunehmen hat. Bei dem Verein der Poseidoniastai auf Delos war das Heiligtum in das Vereinsgebäude

315 IG XII 1, 736 (3. Jh. v. Chr.). Die Inschrift wurde in dem am Fuß des Ataviros gelegenen Ort Emponas gefunden, wo dementsprechend auch der Demenbezirk der Ronchidai zu lokalisieren ist, Papachristodoulou 1989, 68 und 73. 316 Benincampi 2008, 152 f. und 295.



7.3 Bürger und Nichtbürger in Vereinsheiligtümern 

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einbezogen317; es fehlen jedoch weitere Befunde, um Aussagen über die Häufigkeit einer solchen Anordnung machen zu können. Für Rhodos fehlen grundsätzlich Hinweise, die eindeutig auf Vereinshäuser hinweisen318. Möglicherweise handelt es sich bei einem Gebäudekomplex östlich der Akropolis von Rhodos um das Vereinshaus eines Haliosvereins. In großer Zahl wurden dort Statuenbasen für Priester des Halios, Sieger bei den Agonen der Halieia und andere Privatpersonen gefunden. Auf Grund dieser Inschriften sowie architektonischer Vergleiche mit Vereinshäusern in Priene und Kalydon interpretiert Wolfram Hoepfner den Befund als Vereinshaus der Haliastai319. In der Mitte eines etwa 700 m2 großen Hofes stand ein kleiner Tempel. In den Säulengängen, von denen der Hof umgeben war, platziert Hoepfner in seinem Rekonstruktionsversuch die Statuenbasen. Sollte die Interpretation zutreffen, so ist hier allerdings ein äußerst exklusiver Verein rhodischer Bürger anzunehmen, der sich primär aus ehemaligen Haliospriestern rekrutierte320. Einen Eindruck, wie ein temenos, in dem verschiedene Gottheiten verehrt wurden, strukturiert sein konnte und wie man sich die Anordnung von Ehrenstatuen und Weihgeschenken vorzustellen hat, vermittelt aber das seit langem bekannte Vereinshaus der Poseidōniastai aus Berytos in Delos. Aufgrund der guten archäologischen und epigraphischen Befundlage verleitet das Vereinshaus dazu, es als Idealtypus zu betrachten, was zu entsprechender Vorsicht bei der Übertragung auf die Situation in Rhodos mahnt. Der Sakralbereich befand sich im südwestlichen Teil des Gebäudes und bestand aus einem Vorhof mit vier nebeneinander liegenden Räumen, von denen drei als naoi zu interpretieren sind; in einer früheren Bauphase waren zunächst nur zwei naoi für die Hauptgottheit Poseidon sowie wohl für Aphrodite Astarte errichtet worden; kurz darauf ließen die Vereinsmitglieder dann zwei weitere Räume anfügen, von denen einer fortan der Göttin Roma geweiht war; der vierte Raum diente möglicherweise als Sakristei321. Ebenso wie bei Polisheiligtümern nutzte man den vor den naoi liegenden Platz zur Aufstellung von Ehrendekreten, Statuen, Weihaltären und Votiven. Diese

317 Trümper 2011, 53. 318 Auf die grundsätzliche Schwierigkeit, Vereinshäuser und dazugehörige Heiligtümer ausschließlich anhand architektonischer Merkmale zu identifizieren, verweist Trümper 2011, 51; ebenso Emme 2013, 214. 319 Hoepfner 2003, 43–49; zustimmend Vedder 2015, 30. Die Anzahl und die Größe der von ihm an der Westseite des Gebäudes platzierten Banketträume sind freilich spekulativ. 320 Die Inschriften hat Kontorini, AER, Nr. 53–84 vorgelegt. Die Editorin interpretiert den Befund hingegen als das Heiligtum des Halios; jüngst hat sie darauf hingewiesen, dass dafür nun eindeutige Beweise vorlägen, ohne dies allerdings zu präzisieren; Kontorini 2014, 342 Anm. 5; zustimmend Badoud 2015, 157–159, der hierin den Nachfolgebau eines älterern Halios-Heiligtums am Großmeisterpalast vermutet; zur Diskussion s. außerdem Vedder 2015, bes. 30 f., die wiederum das Heiligtum auf der Akropolis, das bisher Apollon Pythios zugeschrieben wird, als dasjenige des Halios betrachtet. 321 Trümper 2011, 54–56. Ausführlich zu den Bauphasen des Vereinsheiligtums Trümper 2002.

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 7 Die Heiligtümer

Praxis ist auch epigraphisch durch zahlreiche Vereinsdekrete aus unterschiedlichen Poleis gut belegt. So ordnete der in Rhamnous ansässige Verein der Sarapiastai an, das Ehrendekret für den Wohltäter, der ihnen den Platz für das Isis- und Sarapisheiligtum gespendet hatte, vor dem Eingang des naos zu platzieren322. In Thasos verfügte ein Sarapisverein, ein Vereinsdekret im Heiligtum ἐν τῶι ἐπιφανεστάτωι τόπωι aufzustellen323. Vereine, die mehrere Kulte pflegten, konnten für die Gottheiten jedoch auch nur einen Sakralraum einrichten. Dies war sicherlich jeweils von der Größe des Vereinsgrundstückes und den finanziellen Ressourcen des koinon abhängig324. Das temenos des unbekannten Stifters in Rhodos scheint allerdings nicht in ein Vereinslokal einbezogen gewesen zu sein. Die Markierung des Sakralbezirks durch horoi deutet vielmehr darauf hin, dass es sich um einen separaten Platz außerhalb des Klubhauses handelte325. Zudem ist dieses Vereinsheiligtum nicht innerhalb einer dichten städtischen Bebauung zu lokalisieren, sondern wahrscheinlich in einem ländlichen Bereich, wo die Gestaltung in geringerem Maße stadtplanerischen Zwängen unterlag. Generell sind die Räumlichkeiten der Vereine allerdings nicht ausschließlich außerhalb der Stadt oder in städtischen Randgebieten zu suchen. So erwarb das Ἀφροδισιαστᾶν Ἑρμογενείων κοινόν ein Haus in der Stadt (οἰκία ἐν τῶι ἄστει) mit einem dazugehörenden Grundstück (οἰκόπεδον ποτὶ τᾶι οἰκίαι), das an ein bisher nicht lokalisiertes Musenheiligtum grenzte326. Ein weiteres temenos, das offensichtlich ebenfalls einem Verein zuzuordnen ist, wird in einer unpublizierten Inschrift erwähnt, zu der nur einige wenige Informationen über den Fundkontext genannt werden327. Demnach stieß man bei den Ausgrabungen einer Nekropole auf die Inschrift; in direkter Nähe wurden außerdem ein Andron mit mehreren Klinen sowie eine mit dorischen Säulen gestaltete Fassade entdeckt. Die Bestattungsplätze der Vereine könnten daher durchaus als temenē und

322 Rhamnous II 59. 323 IG XII Suppl. 365 Z. 34–36. 324 Vgl. auch aus römischer Zeit das Vereinshaus der Iobakchen in Athen, in dem neben der etwa lebensgroßen Staue des Dionysos, dem Hauptgott des Vereins, mehrere Statuetten weiterer Gottheiten gefunden wurden, die wohl in der Apsis des Hauptraums sowie daran angrenzenden Bereichen aufgestellt waren; Schäfer 2002, 177–180. Zu den verschiedentlich belegten finanziellen Problemen von Vereinen s. Kap. 6.2.2 sowie Poland 1909, 495–498. 325 Zahlreiche Grenzsteine von Vereinsgrundstücken wurden auf Kos gefunden. Für Rhodos liegt bisher nur ein kaiserzeitlicher Fund von dem Verein der Λυσιμαχείοι vor (Pugliese Carratelli, Associazioni, Nr. 9). 326 Pugliese Carratelli, Associazioni, Nr. 18 Seite B, Z. 10 f; s. auch Maillot 2005, 192. Für den Kult der Musen gab es von der Polis bzw. den Phylen bestellte Priester (Segre, BArchAlex 34, 1940, 29 VII Z. 7 f.; I. Lindos 134 Z. 13 f.; Tit.Cam. 38 Z. col. II Z. 12 f.); darüber hinaus wurden die Musen auch in Vereinen (s. die Ehreninschrift IG XII 1, 860 aus Ialysos des κοινὸν τὸ Μουσαϊστᾶν), besonders den lokalen Technitenvereinen, verehrt. 327 Papachristodoulou 1988, 206 f.



7.3 Bürger und Nichtbürger in Vereinsheiligtümern 

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eigener Kultplatz verstanden werden, wie Maillot treffend bemerkt328. Bei anderen Ausgrabungen der Nekropolen ließen sich neben Banketträumen auch regelrechte Platzanlagen nachweisen, die den nötigen Raum für Kultversammlungen boten. Eine ähnlich enge Verbindung zwischen Kult- und Bestattungsplatz lässt sich für die Temenitenvereine in Milet wahrscheinlich machen. So dürften die temenē dieser Vereine, deren Mitglieder sich wohl um die Grabpflege der verstorbenen Vereinsangehörigen kümmerten, innerhalb der Nekropolen zu verorten sein329. Eine Untersuchung der Kultpraxis der Vereinsmitglieder hat demnach sowohl die Vereinslokale als auch die Nekropolen in den Blick zu nehmen.

7.3.2 Kultleben innerhalb der Vereine Da für Rhodos weder leges sacrae noch Festkalender erhalten sind, die über das Kultleben innerhalb der Vereine informieren, ist man – neben den theophoren Namen der Vereine – weitgehend auf Dedikationen und Ehreninschriften angewiesen. Aufschlussreich ist dafür etwa die vielfach belegte Bestimmung, Euergeten des Vereins mit der anagoreusis zu ehren; so wie man auf Polisebene die Ehrungen für verdiente Wohltäter im Rahmen von Festen und Agonen öffentlich ausrief, findet sich in Vereinsdekreten verschiedentlich die Formulierung, dass die anagoreusis ἐν ταῖς συνόδοις oder sogar ἐν πάσαις ταῖς συνόδοις durchgeführt werden solle330. Bei den synodoi handelt es sich nicht um die Vereinssitzungen, in denen über die Vereinsbelange beraten und abgestimmt wurde und die eher mit dem Begriff syllogos bezeich-

328 Maillot 2005, 192. 329 Auf einen sepulkralen Kontext deutet der Fundort der Mitgliederverzeichnisse sowie die Bezugnahme auf ein μνημῆον (I. Milet VI 2, Nr. 800 Z. 7); Günther 1995, 43 f. Eine Verbindung zu den Grabstätten eines Vereins zog auch bereits Herrmann 1980, 239 in Erwägung. Während eine Grabinschrift, die sekundär auf einer kurz nach 189 v. Chr. datierenden Temenitenliste angebracht wurde (I. Milet VI 2, Nr. 795 Z. 18–20), von Günther in das 3. Jh. n. Chr. eingeordnet wurde, korrigiert Bresson 1997a, 503–505 nach paläographischen Kriterien die Inschrift überzeugend in das ausgehende 2. Jh. v. Chr. und weist gleichzeitig auf mögliche prosopographische Verbindungen zu dem Temenitenverzeichnis hin. Insofern spricht Bresson a. O. sich ebenfalls für einen Verbindung der Temenitenvereine zum Begräbniskult aus. In einem rhodischen Grabepigramm erklärt die Verstorbene, sie liege im temenos des Zeus begraben (δέ μ’ ἔχει τέμενος Διός; IG XII 1, 142 Z. 3). Dies ist hier freilich nicht als Hinweis auf den wirklichen Ort der Grabstätte zu verstehen (so richtig Brown 2009, 22); grundsätzlich erscheint es vor dem Hintergrund dieses Epigramms aber gut vorstellbar, dass sich solche Jenseitsvorstellungen auch in einer entsprechenden Gestaltung der Grabanlage niedergeschlagen haben. 330 s. bsp. App. I 9 (= Pugliese Carratelli, Associazioni, Nr. 6) Z. 7 f; Pugliese Carratelli, Associazioni, Nr. 7 Z. 3 f.

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 7 Die Heiligtümer

net werden, sondern um regelmäßige Festversammlungen aller Vereinsmitglieder331; besonders instruktiv ist in dieser Hinsicht das vielfach zitierte Inschriftendossier auf dem Altar für den Euergeten Dionysodōros aus Alexandria332: Der Text ist in fünf Abschnitte gegliedert, in denen zahlreiche Ehrungen von drei Vereinen genannt werden, die Dionysodōros für sein langjähriges Engagement erhalten hatte, sowie Dedikationen, die Dionysodōros den Vereinen gestiftet hatte. Von dem koinon der Ἁλιάδαι καὶ Ἁλιασταί ist das vollständige Vereinsdekret aufgeführt: Darin wird zunächst auf seine 35-jährige Vereinsmitgliedschaft verwiesen, von denen er 23 Jahre den Vorsitz führte, wie dem vorangehenden Abschnitt zu entnehmen ist, bei dem es sich um die Kopie einer Dedikationsinschrift handelt. Dort ist als Motiv für die Ehrungen zu lesen, dass Dionysodōros das Vereinsvermögen vermehrt habe333; ansonsten wird seine euergetische Tätigkeit in dem Dekrettext selbst nicht genauer erläutert, sondern man beschränkt sich darauf, seine allgemeine Qualität als ἀνὴρ ἀγαθός hervorzuheben, die sich darin geäußert habe, dass er bei vielen Gelegenheiten für den Verein von großem Nutzen gewesen sei334. Das koinon gewährt ihm daraufhin einen goldenen Kranz, und zwar den größtmöglichen, den die Vereinsstatuten erlauben. Die Bekränzung soll bei den Festversammlungen des Vereins am zweiten Tag nach den Opferfeiern proklamiert werden (ἀναγο[ρ]εύηται ἁ στεφάνωσις αὐτοῦ ἐν ταῖς συνόδοις τᾶι δεύτερον ἁμέραι μετὰ τὰ ἱερά). Die synodoi erstreckten sich demnach über mehrere Tage, für die ein genaues Programm festgelegt war. Nach dem Tod des Dionysodōros sollen die Ehren jedes Jahr bei den Bestattungsplätzen des Vereins verkündet werden und ein Kranz auf seinem Grab niedergelegt werden335. Diese Zeremonie fand im Rahmen einer allgemeinen Totenfeier des koinon statt, bei der man den Verstorbenen Libationen spendete. Dies ist deutlich am Ende der

331 Für diese Unterscheidung s. auch Gabrielsen 1994, 156; Maillot 2005, 146 und 155; s. z. B. den Sarapisverein in Methymna auf Lesbos, der eine epidosis εἰς τὴν σύνοδον τῶν μεγάλων Σαρα|πιείων durchführt (IG XII 2, 511 Z. 3 f. = Bricault, RICIS, Nr. 205/0401). In Rhodos nahmen allerdings die patriōtai auch während des syllogos Ehrungen von Honoranden vor, s. IG XII 1, 890: Z. 14–17: οἱ ἐπισ[τά]|ται καὶ οἱ κ[άρυκες ἐπιμ]εληθέντω τᾶς | στεφανώσ[ιος καὶ ἀναγο]ρεύσιος ἐν τῶι ἔπε[ι|τ]­α συλλόγωι. Gleiches gilt für die ktoinai, wie zumindest einer äußerst fragmentierten Inschrift aus Siana (auf dem Gebiet von Kamiros gelegen) zu entnehmen ist; IG XII 1, 746 Z. 4–6: [δεδόχθαι τοῖς κτοι|νάταις]· ἐπαινέσαι κ[αὶ] στεφανῶσαι Δα̣[μάτριον(?) τοῦ δεῖνος | χρυσέωι] στεφάνωι ἐ[ν τ]ῶι ἔπειτα συλλό[γωι – – –]; die Ergänzung von τοῖς κτοινάταις ergibt sich aus Z. 1. 332 IG XII 1, 155; s. Gabrielsen 1994 für eine ausführliche Besprechung des Textes. 333 IG XII 1, 155 C, Seite IV Z. 107–109: ἀρχερανιστήσας Ἁλιαστᾶν καὶ | Ἁλιαδᾶν ἔτη κηʹ ἑξὰν καὶ ἐπαυξήσας | τὸν ἔρανον. 334 IG XII 1, 155 D. Z. 2–13. Auch der Proklamationstext, der bei den synodoi verkündet werden soll, beinhaltet nur allgemeine Verweise auf die Tugendhaftigkeit des Dionysodoros. IG XII 1, 155 D. Z. 32– 38. 335 IG XII 1, 155 D, Seite II Z. 72 – Seite III, Z. 89.



7.3 Bürger und Nichtbürger in Vereinsheiligtümern 

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Inschrift formuliert, wo nochmals zwischen der anagoreusis ἐν ταῖς συνόδοις sowie ἐν ταῖς ἐπιχύσεσι ἐπὶ τῶν τόπων unterschieden wird336. Neben einem allgemeinen Verweis auf die synodoi werden gelegentlich auch die konkreten Feste genannt, bei denen die anagoreusis stattfinden soll. Die Διονυσιασταί, die ebenfalls Dionysodōros ehrten, veranstalteten in einem zweijährigen Rhythmus das Fest der Bakcheia, bei dem dann während eines Empfangs die Wohltäter des Vereins bekränzt wurden337. Das in Rhodos-Stadt ansässige κοινὸν τῶν ἐρανιστᾶν τῶν Ἀδωνιαζόντων führte die Bekränzung und die Verkündigung der Ehren verdienter Personen bei dem Fest für Adonis durch. Mit diesen Ehrungen bedachte der Verein sowohl Bürger als auch Nichtbürger338. Bei den Σαβαζιασταί nahmen die epimēnioi oder der epistates die Ausrufung während eines jährlichen Festes im Bankettgebäude des Vereins vor339. Da das Dekret der Sabaziastai in einer Nekropole gefunden und der Honorand für seine ἐπιμελεία τῆς περὶ τοὺς τάφους geehrt wurde, ist hier an eine ähnliche Kultfeier für die verstorbenen Vereinsmitglieder zu denken, wie sie auch für Dionysodōros aus Alexandria belegt ist. Darüber hinaus organisierte der Verein offensichtlich monatliche Opferzeremonien; dahingehend kann man zumindest das Amt des epimēnios deuten, bei dem es sich hier wohl nicht um einen monatsweise gewählten Priester handelt, sondern einen, der für die jeden Monat stattfindenden Opfer verantwortlich war340. Aufwendige Agone richtete der Asklapios-Verein des Nikasiōn aus, bei dem ebenso wie bei den Kultfeiern der großen Poliskulte für die Organisation und Durchführung der Feiern Agonotheten, Gymnasiarchen und Phyl-

336 Vgl. dazu auch das Vereindekret des κοινὸν τῶμ Φρυγῶν auf Astypalaia (I.Dor.Ins. 88): ὁ δ’ ἐπιμελητὰς μετὰ τῶν̣ | ἐ̣ πιμηνίων ἀναγορευέτω κατ’ ἐκάσταν σύνοδον, | ἐ̣ πεί κα τᾶι σπονδαὶ γένωνται (...); »Der Epimelet soll zusammen mit den Monatspriestern bei jeder Festversammlung die Verkündigung vornehmen, sobald die Trankopfer dargebracht wurden (...)«. Die synodos fand hier demnach in der Nekropole statt. 337 IG XII 1, 155 A, Z. 46–51. 338 Pugliese Carratelli, Associazioni, Nr. 1; geehrt werden der Kreter Sosiklēs, Sohn des Sosos und der Rhodier Damatrios, Sohn des Damatrios; eine bis auf den Namen des Honoranden fast identische Ehreninschrift der Adoniazontai stammt aus Loryma in der rhodischen Peraia, mit der ein Bürger aus dem Festlanddemos Kasara geehrt wird (I. Pérée 202 = I. Peraia 12). Bresson ebd. vermutet, der Honorand sei von dem in Rhodos-Stadt ansässigen Verein geehrt worden und habe die Ehrung dann in seinem Heimatort aufzeichnen lassen. 339 Kontorini, Inscriptions inédites, Nr. 8 Z. 14–18: οἱ δὲ ἐπιμήνιοι ἢ ὁ ἐπιστάτας | οἱ ἀεὶ λειτουρ­ γοῦντες τὴν ἀνακήρυξιν τήν̣ | δε ποιείσθωσαν μετὰ τὴν ἐν τῶι ἀνδρῶνι | καθ’ ἕκαστον ἐνιαυτὸν Ο[– – – νεκυ?]|σίοις. 340 Der Verein des Diomedon in Kos wählte jedes Jahr drei epimēnioi, die zusammen mit einem Priester die Opfer durchführten, IG XII 4, 2, 348 Seite B col. II, Z. 65–68. Demnach amtierten die epimēnioi dort auch jeweils für die Dauer eines Jahres. In Rhodos ist das Amt des epimēnios ansonsten nicht belegt; in der Lex sacra IG XII 1, 891 ist dieses Kultamt ergänzt. Morelli 1959, 180 verweist zudem auf Aristeid. 25, 28, wo monatliche Feste (ἱερομηνίαι) in Rhodos erwähnt werden; der Kontext bleibt allerdings unklar.

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 7 Die Heiligtümer

archen gewählt wurden341. Die Namen der Vereinsmitglieder, die diese – sicherlich liturgischen Ämter – übernahmen, publizierte man anschließend auf einer Stele. Die Ehrungen für die Wohltäter und Wohltäterinnen des Vereins wurden auch hier bei den synodoi verkündet sowie bei anderen wahrscheinlich jährlich stattfindenden Festen342. Auch wenn sich zahlreiche Analogien zwischen den Strukturen der Vereine und der Polis beobachten lassen, so muss man bei der Gestaltung des Kultlebens auch mit eigenen, von der Polis abweichenden Kulttraditionen rechnen: Während etwa die Teilnahme am Fest der Demeter Thesmophoros in jeder Polis ausschließlich Frauen vorbehalten war, gewährten in Rhodos die Ἑρμαϊσταὶ Θεσμοφοριασταί auch Männern Zutritt343. Ob ihnen damit gleichzeitg auch eine Partizipation an den Thesmophorien zugestanden wurde, muss indessen eine offene Frage bleiben. Das Kultleben innerhalb der Vereine wurde teilweise durch ›fremde‹ Feste geprägt. Von den genannten Festen – den Bakcheia, Adonia, dem namentlich nicht bekannten Fest des Vereins der Sabaziastai sowie dem möglicherweise als Asklapieia bezeichneten Fest des Asklapios-Vereins – existiert nur für letzteres ein Pendant auf Polisebene344. Zu den Vereinsfesten erhielt man in der Regel nur als Vereinsmitglied oder Euerget Zutritt, soweit sich dies den Quellen entnehmen lässt. Eine Begrenzung des Teilnehmerkreises ist ferner für die Mysterienkulte anzunehmen. So werden zu dem Verein der Dionysiastai und damit zu den Bakcheia sicherlich nur die mystai zugelassen worden sein345. Benincampi nimmt dagegen keine klare Trennung zwischen Polis- und Vereinsfesten vor und folgert dementsprechend, die Vereine hätten maßgeblich zur Finanzierung der Polisfeste beigetragen und seien praktisch als Euergeten der Polis aufgetre-

341 App. I 7 (= IG XII 1, 127). 342 Hiller – Saridakis, AM 25, 1900, 109 f. Nr. 108 Z. 1–4; ursprünglich waren neben den synodoi noch weitere Festversammlungen des Vereins aufgeführt; der Text ist an dieser Stelle jedoch nicht mehr erhalten: [– – – Ἀντιο]|χευς, Εὐστράτα Μεθυμναία {Μ〈η〉θυμναία oder Μ〈α〉θυμναία} καὶ Ἀριάδνη τὰν ἀ[νεψιάν?, τιμαθεῖσαν μὲν] | ἐν ταῖς συνόδοις καὶ ἐν ταῖς ἄλλαις καθ’ [ἕτος παναγύρεσι(?) εὐσεβείας] | καὶ ἀρετᾶς ἕνεκα καὶ εὐνοίας καὶ φιλοδοξίας [ἃς ἔχουσα διατελεῖ ἐς τὸ] | Ἀσκλαπιαστᾶν Νικασιωνείων Ὀλυμπιαστᾶν [κοινόν] (...). 343 Chaniotis 2011, 43 mit Verweis auf IG XII 1, 157. In Rhodos selbst ist kein offizieller Demeterkult belegt, das einzige Indiz ist der Monatsname Thesmophorios, s. Morelli 1959, 120; an dem Befund hat sich seither nichts geändert. 344 Maiuri, Nuova Silloge 19 Z. 9. Ein offizielles Priesteramt für Dionysos Bakcheios ist erst um 100 n. Chr. in Lindos belegt, Morelli 1959, 125 mit I. Lindos 449. 345 Nicht zu entscheiden ist, ob es sich bei der ὑποδοχή der Dionysiastai (IG XII 1, 155 A, Z. 49 f.) um solch einen Aufnahmeritus handelt. Vgl. auch das aus Maroneia stammende Ehrendekret der θεραπευταὶ τοῦ θεοῦ (I. Thrac. Aeg. 183; 2. Jh. v. Chr.), die einem (ihrer?) Priester u. a. das Privileg verleihen, μετέχοντα τῶν ἐν τῶ[ι] | ἱερῶι κοινῶν πάντων (Z. 14 f.).



7.3 Bürger und Nichtbürger in Vereinsheiligtümern 

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ten346. Insofern gäben die theophoren Namen der Vereine nicht nur einen Einblick in eine vielfältige Vereinspraxis, sondern ebenso einen Hinweis auf die Mitwirkung der Vereine an den Poliskulten. Dafür liegt bislang aber kein eindeutiger Beleg vor. Auch Maillot und Gabrielsen betonen mit Blick auf die Beteiligung von Vereinen an epidoseis, die kultischen Zwecken gewidmet waren, ihre Bedeutung für das Kult- und Festleben347. Während für andere Poleis durchaus Beispiele bekannt sind, dass Vereine ein Polisfest organisierten und finanzierten oder zumindest in anderer Weise daran mitwirkten348, lässt sich in Rhodos eine entsprechende Beteiligung von Nichtbürgen aber nur in geringem Maße beobachten. Wie es auch andernorts üblich war, scheinen sich allein bei dionysischen Festen gelegentlich Technitenvereine beteiligt zu haben; in der frühen Kaiserzeit wurde dann ein ausgewählter Kreis von Nichtbürgern zur Choregie bei den dionysischen Sminthien zugelassen. Als Spender für öffentliche Kultangelegenheiten treten Vereine nur mit äußerst bescheidenen Beträgen in Erscheinung349. Auf der anderen Seite nahmen jedoch auch zahlreiche Rhodier an dem Festleben ›jenseits des Poliskults‹ als Mitglied eines Vereins teil. Während sich darin bereits eine Akzeptanz der fremden Kulte artikuliert, so ist in einzelnen Fällen auch eine Kanonisierung ›fremder‹ Gottheiten zu beobachten. Eines der frühesten Beispiele stellt der Sarapiskult dar; so erscheint bereits im 3. Jh. v. Chr. ein Priester des Sarapis unter dem städtischen Priesterpersonal, ohne dass sich eine geringere Wertigkeit gegenüber anderen Priesterämtern beobachten ließe; ganz im Gegenteil gehörte es insbesondere in Lindos innerhalb kurzer Zeit zu den angesehensten Priesterämtern350. Auch für das kürzlich am Ostrand der Stadt Rhodos lokalisierte sog. Isisheiligtum wird man entsprechend annehmen können, dass hier zunächst vornehmlich Sarapis verehrt wurde351. Das Heiligtum kann aufgrund von Amphorenstempeln in das 1. Drittel des

346 Benincampi 2008, 300 f. Die Einbindung der Vereine bei der Ausrichtung öffentlicher Kultfeiern sei auf finanzielle Schwierigkeiten der Polis zurückzuführen. Als Beispiel für die Organisation eines öffentlichen Festes nennt sie den Agon des von Nikasiōn gegründeten Vereins, obwohl sie selbst auf a. O. 218 darlegt, dass diese Wettkämpfe wohl auf die Vereinsmitglieder beschränkt gewesen seien. Unabhängig vom Teilnehmerkreis handelt es sich eben um ein Vereinsfest. 347 Gabrielsen 2001, 234; Maillot 2005, 154. 348 Schmitt Pantel 2011, 5 verweist etwa auf Smyrna und Ephesos. Für weitere Beispiele s. Suys 2005, 209–211. Vgl. ferner Horster 2014. 349 s. Kap. 7.2.2 Beteiligung an epidoseis. 350 Vidman 1970, 41 f. In Kamiros gab es bereits 253 v. Chr. einen Sarapispriester (Tit.Cam. 30 col. II Z. 11 f.). In Lindos existierte für den Sarapiskult im Jahr 220 v. Chr. noch kein reguläres Priesteramt; neben dem Priester der Athana Lindia und des Zeus Polieus sowie dem des Apollon Pytheos wird eine dritte Person genannt, die ἐπὶ τὰν θεραπείαν τῶν ἰερῶν τοῦ Σαράπιος verantwortlich war; Vidman a. O. 41 mit I. Lindos 102 (242 v. Chr. nach Blinkenberg, von Badoud auf ca. 220 herabdatiert). 351 Fantaoutsaki 2011, 61 f.

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3. Jhs. v. Chr. datiert werden und liefert damit einen wichtigen Terminus ante quem für die Aufnahme des Sarapis unter die Polisgottheiten352. Nichtbürger blieben auch von der Übernahme eines Priesteramtes solch einer ›eingebürgerten‹ Gottheit ausgeschlossen. Deutlich später scheint für den Kult des agathos daimon, der ohnehin primär im Bereich des oikos beheimatet ist, ein Priesteramt eingerichtet worden zu sein, der einzige Beleg ist frühestens in das 1. Jh. v. Chr. zu datieren353; spätestens im 2. Jh. v. Chr. lässt sich demgegenüber bereits ein entsprechender Vereinskult nachweisen354. Insgesamt ist damit zu rechnen, dass innerhalb der Vereine auch Gottheiten verehrt wurden, die nicht in den Vereinsnamen aufgenommen wurden. So hatte im 1. Jh. v. Chr. Σοφοκλῆς aus Soloi den Gottheiten Zeus Sōter und Poseidon Aspha­leios gelobt, für die Ἐρανισταὶ Σωτηριασταὶ τῶν σὺν Δαματρίωι Σελγεῖ eine Stiftung zu tätigen355. Ob Sophoklēs ein Vereinsmitglied oder nur ein Euerget des Vereins war, bleibt zwar unklar; unabhängig davon ist aber anzunehmen, dass neben Zeus Sōter, auf dessen Epitheton der Vereinsname wahrscheinlich Bezug nimmt, auch Poseidon von den Eranistai Sōteriastai verehrt wurde. Ansonsten hätte Sophokles sein Versprechen, das dem Verein zugute kommen sollte, kaum gegenüber dieser Gottheit geleistet356. Ebenso deutet die Beteiligung des [Ἀ]θ̣ αναϊστᾶν θιασιτᾶν τῶν σὺν Ἐ̣ [πι]­γόνωι κοινὸν am Bau des Asklapiosheiligtums in Syrna mit 300 Drachmen darauf hin, dass die Vereinsmitglieder neben Athana auch Asklapios verehrten357. Auch das Votiv eines Bürgers aus Patara an Apollon Dalios stand sicherlich in dem Heiligtum eines Vereins, der die Gottheit nicht in der Vereinstitulatur führte. Der Dedikant verweist jedenfalls auf Ehrungen, die ihm der Verein der Aphrodeisiastai Sōtēriastai zukommen ließ, so dass solch ein Rückschluss wahrscheinlich ist358. Der delische Apollon,

352 Fantaoutsaki 2011, 62. Fantaoutsaki a. O. sieht einen unmittelbaren Zusammenhang zu dem Einfluss Ptolemaios I. 353 ADelt B 21, 2, 1966, 441. Vgl. grundsätzlich zu dem Kult Nilsson 1988, 213–215. 354 Suppl.Epigr.Rh. 17 (3./2. Jh. v. Chr.; Dat. nach LGPN I, s. v. Κόρινθος); I. Lindos 252 col. II Z. 251 (um 125 v. Chr.). 355 App. I 8 (= ADelt B 23, 2, 1968, 445). 356 Insofern steht hier Sōteriastai als Kurzbezeichnung für Diossōteriastai. Grundsätzlich ließe sich auch die Vereinsbezeichnung Sōteriastai als Oberbegriff für eine Vielzahl von Gottheiten verstehen, die mit dem Epitheton Sōter verehrt wurden. Einen Nachweis dafür gibt es jedoch nicht. Die Verwendung des Epithetons als Kurzform einer bestimmten Gottheit ist demgegenüber eindeutig bei Vereinen belegt, die den Vereinsnamen von einem Beinamen abgeleitet haben, der nur im Zusammenhang mit einer Gottheit vorkommt; so sind z. B. die Atabyriastai zweifelsfrei als Anhänger des Zeus Atabyrios zu identifizieren; Pugliese Carratelli, Associazioni, Nr. 19 Z. 25. 357 I. Pérée 58 Frgt. b, Z. 4–6. Präambel und Spenderliste sind auf zwei verschiedenen Fragmenten verzeichnet. Bresson nimmt die Zusammengehörigkeit beider Steine an; Blümel verzeichnet die Inschriften als separate Texte (I. Peraia 301 und 302). 358 I. Peraia 204 (= I. Pérée 97); während Blümel von einem Verein mit zwei theophoren Namensbestandteilen ausgeht, schließt sich Bresson der ed. pr. von M. und N. Chaviaras an, die eine längere



7.4 Zwischen Polis- und ›Privatkult‹ – Der Kult des Zeus Atabyrios 

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der innerhalb des rhodischen Polisterritoriums ansonsten nur auf Nisyros und Syme belegt ist, verweist ebenfalls auf eine individuelle Kultverehrung359. Innerhalb der Vereine wird sicherlich auch die Möglichkeit bestanden haben, allgemeine Vereinsgottheiten unter regionalen Epitheta zu verehren360. Ein Grund für die relativ geringe Verbreitung fremder Epiklesen wird darauf zurückzuführen sein, dass sich in Rhodos nur in Einzelfällen landsmannschaftliche Vereine konstituierten. Zudem stellten sich viele Vereine unter den Schutz einer Polisgottheit, bisweilen sogar unter dezidiert rhodische Gottheiten. Dies mag u. a. darin begründet sein, dass es meistens Nichtbürger mit Kontakten zur rhodischen Führungsschicht waren, die Vereinsgründungen initiierten. Die bewusste Aufnahme der Polisgottheiten in den Vereinskult kann insofern als Form einer Selbst-Inklusion gewertet werden. Solch eine Interpretation läuft allerdings Gefahr, den Nichtbürgern rein utilitaristische Erwägungen bei ihrer Kultauswahl zu unterstellen. Vielmehr wird die Ursache in der besonderen Attraktivität der Poliskulte zu suchen sein, deren ›Erfolgsgeschichte‹ an der architektonischen Ausgestaltung der Heiligtümer, den unzähligen Votivgaben und nicht zuletzt der herausragenden Stellung der Polis insgesamt für jedermann sichtbar war.

7.4 Zwischen Polis- und ›Privatkult‹ – Der Kult des Zeus Atabyrios Einen besonderen Einblick in die vielgestaltigen Verknüpfungen zwischen Polis- und ›Privatkult‹ bietet der genuin rhodische Kult des Zeus Atabyrios361. Das Hauptheiligtum befindet sich auf dem Berg Ataviros, die mit 1215 m höchste Erhebung auf Rhodos. Der von weiten Teilen der Insel aus sichtbare, sattelförmige Gipfel beeindruckt durch seine Kahlheit, durch die das gesamte Massiv gekennzeichnet ist und es markant aus der Landschaft hervorgehoben wird. Von dem heutigen Ort Emponas führt ein steiler Anstieg etwa zwei Stunden weitgehend pfadlos den Berg hinauf. Bereits in frühen Reiseberichten wird das Zeus-Heiligtum erwähnt: Sowohl der Geologe William J. Hamil-

Zeile rekonstruieren, in der noch Platz für einen dritten Namen einer Vereinsgottheit wäre. 359 Das Heiligtum des Apollon Dalion auf Nisyros wird bereits in vorrhodischer Zeit existiert haben; IG XII 3, 92; für Syme s. IG XII 3, 2. 360 Bei den Aphrodisiastai Syroi auf Nisyros (IG XII 3, 104) wäre es etwa vorstellbar, dass sie besonders Aphrodite Astarte verehrten. 361 Bereits früh wurde über einen phönizischen Ursprung des Kults spekuliert und ein Zusammenhang mit der Verehrung des Baal auf dem Berg Tabor in Israel diskutiert, s. Eissfeldt 1934; zuletzt nochmals McInerney 2010, 115 f.; diese Verbindung wurde bereits von van Gelder 1900, 299 f. angezweifelt, der die von Beloch 1894, 130 vorgeschlagene Herleitung von dem karischen Wort τάβα (= Felsen) bevorzugt; ebenso Bresson 2009, 114 mit weiteren Verweisen auf rhodische Ortsnamen, die auf karische Bezeichnungen zurückgehen. Das Aition des Kults verweist wiederum nach Kreta, s. Anm. 363.

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ton, der am 31. Januar 1837 den Ataviros hinaufstieg, als auch Ludwig Ross, der sechs Jahre später bei seinem ersten Rhodosaufenthalt auf dem Gipfel war, beschreiben die wenigen Überreste des Heiligtums und weitere etwas unterhalb gelegene Gebäudereste mit einer Zisterne362. Da in frühbyzantinischer Zeit ein Kloster nebst Kirche an der Stelle des Heiligtums errichtet wurde, sind die ursprünglichen Baustrukturen stark gestört. Trotzdem lassen sich die antiken Gebäudekomplexe im Wesentlichen erfassen, wozu die kürzlich unter der Leitung von Pavlos Triantaphyllidis durchgeführten Forschungen beigetragen haben. Wie ähnliche auf Berggipfeln gelegene Zeus-Heiligtümer bestand es aus einem Altar mit einer Peribolosmauer363. Auf einem etwas tieferen Niveau befinden sich einige Meter nordöstlich weitere Mauerreste eines rechteckigen Gebäudes, das sicherlich als Unterkunft für Pilger und Teilnehmer der Kultfeierlichkeiten diente. Wiederum nördlich davon lassen sich zwei viereckige Grundrisse erkennen, bei denen es sich um Schatzhäuser handeln könnte364. Lange Zeit blieben demgegenüber die epigraphischen Zeugnisse des Heiligtums unbekannt: Weder Hamilton noch Ross erwähnen irgendwelche Inschriften365, ebenso Victor Guérin, der am 20. Juni 1854 auf dem Gipfel war366. Bereits van Gelder relativierte daher die zu seiner Zeit stets angenommene zentrale panrhodische Bedeutung des Kults, die sich im Quellenbefund gerade nicht widerspiegele: »Aelteren und neueren Archäologen ist Zeus Atabyrios ein wichtiger Gott; den alten Rhodiern war er es weniger, wie es scheint. Nur selten wird seiner in der rhodischen Geschichte, in den zahlreichen Inschriften der Insel gedacht.«367 Ihm waren jedoch noch nicht die Inschriftenfunde bekannt, die bei Untersuchungen des Heiligtums im Jahr 1927 gemacht und von Giulio Jacopi im Jahr 1932 vorgelegt wurden368. Seither hat man dem Kult wiederholt eine zentrale Bedeutung im rhodischen Pantheon zugeschrieben369.

362 Hamilton 1842, 61 f.; Ross 1845, 106–108. 363 So schon die Vermutung von Ross 1845, 107. Während in der Überlieferung bei Apollodoros der Heros Althaimenes, Sohn des kretischen Königs Katreus, auf dem Berg einen Altar für Zeus Atabyrios gegründet habe (3, 2, 1: ἱδρύετο βωμὸν Ἀταβυρίου Διός), ist in der ähnlichen Version bei Diodor nur allgemein von einem Heiligtum die Rede (5, 59: ἐπὶ {μὲν} ὄρους Ἀταβύρου Διὸς ἱερὸν ἱδρύσατο τοῦ προσαγορευομένου Ἀταβυρίου), s. Guerin 1856, 263 f. mit einem Verweis auf diese Stellen. 364 Die Ergebnisse dieser ersten systematischen archäologischen Untersuchungen stehen noch aus; zum Altar s. den Vorbericht Rocco 2014 mit dem dort abgedruckten Plan des Areals (Abb. 2). 365 Beide hielten sich allerdings nicht besonders lange auf dem Gipfel auf. Sie waren jeweils gegen 7 Uhr Morgens aufgebrochen und bereits zur Mittagszeit wieder in Emponas zurück; Hamilton gibt an, er habe schon um kurz nach zwölf Emponas wieder zur Weiterreise verlassen. 366 Guérin 1856, 261–267. 367 Van Gelder 1900, 300. 368 Jacopi, ClRh 2, 1932, Nr. 144–217. 369 s. etwa Papachristodoulou 1992, 254; Vonderstein 2006, 173; Held 2010, 367; Badoud 2017b, 114 f. Hupe 2003, 293 spricht dagegen von einer eher geringen Bedeutung, insbesondere vor dem Hintergrund der Prominenz des Kults für Zeus Polieus. Sommer 2006, 165 konstatiert pauschal für die hellenistische Zeit eine abnehmende Bedeutung.



7.4 Zwischen Polis- und ›Privatkult‹ – Der Kult des Zeus Atabyrios 

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Eine genaue Auswertung aller Belege führt dagegen zu einer weitaus differenzierteren Beurteilung. Verehrung des Zeus Atabyrios auf Polis- und Phylenebene Unter den Inschriftenfunden befinden sich drei zusammengehörende Fragmente einer Namensliste aus dem 1. Drittel des 3. Jhs. v. Chr.; in dieser Liste werden jeweils fünf Vertreter der drei Phylen Kamiros, Lindos und Ialysos genannt, die offensichtlich als Theoroi anlässlich eines auf dem Gipfel stattfindenden Opferfestes für die Gottheit ausgesandt worden waren370. Sehr wahrscheinlich ist in diesen Zusammenhang eine ebenfalls stark fragmentierte Inschrift einzuordnen, in der mindestens drei Personen genannt werden, die für eine nicht mehr zu bestimmende Funktion gewählt worden waren – auf dem in zwei Hälften gebrochenen Stein ist in Zeile 1 nur noch αἱρέθ[– – –] zu lesen371. Der in Z. 3 genannte Ἀ̣ριστίων [Με]λ̣άγγα gehörte einer alten lindischen Familie an. Allerdings ist eine Identifizierung mit einer gleichnamigen Person, die im Jahr 228 v. Chr. das Priesteramt des Poseidon Hippios übernahm, nicht möglich, da das Votiv vom Ataviros nach der Schriftform zu urteilen keinesfalls vor dem Ende des 1. Jhs. v. Chr. unterzubringen ist372. Für die zweite Person Νικόπολις [Νι]κοπόλιος gibt es eine Namensparallele aus dem zu Ialysos gehörenden Demos Brygindarios. Dass es sich um dieselbe Person handelt, ist zwar ebenfalls aus chronologischen Gründen auszuschließen; doch könnte der hier betrachtete Nikopolis damit ebenfalls aus Ialysos stammen373. Ob [Θ]αρσικράτ[ης...]αγόρα | καθ’ ὑοθεσί[αν] δὲ Ἀντιγόν[ου] der Phyle Kamiros zuzuordnen ist, womit auch hier Abgeordnete aller drei Gemeinden verzeichnet wären, lässt sich nicht entscheiden374. Es ist aber das Naheliegendste, diese Personen ebenfalls als Festgesandte zu interpretieren. Darüber hinausgehende Belege für gemeinsame Kultfeiern aller rhodischer Gemeinden, die Zeus Atabyrios gewidmet sind, liegen zwar nicht vor375; mehrere massive Statuenbasen belegen aller-

370 Tit.Cam. App. 19 und 20; Papachristodoulou 1989, 70 mit Anm. 293 und Taf. 1 β hat die Zusammengehörigkeit der Fragmente erkannt. Für die Datierung s. Badoud 2015, 171 f. 445 f. 371 Pugliese Carratelli in Suppl.Epigr.Rh. 61 (hier App. I 19) hat die Zusammengehörigkeit der beiden Fragmente Jacopi, ClRh 2, 1932, Nr. 177 und 214 erkannt: αἱρέθ[– – –] | [Θ]αρσικράτ[ης ...]αγόρα | καθ’ ὑοθεσί[αν] δὲ Ἀντιγόν[ου] | Νικόπολις [Νι]κοπόλιος | Ἀ̣ριστίων [Με]λ̣άγγα | ΓΕΡ[.]Τ̣Υ̣ Ν. Es handelt sich hierbei allerdings nicht um eine Stele, sondern um eine kleine Basis mit zwei Dübellöchern, die zur Befestigung einer Votivgabe dienten. Insofern fügt sich dieses Weihgeschenk in die Mehrzahl der auf dem Ataviros gefundenen Basen ein. 372 s. den Kommentar zu App. I 19. 373 Jacopi, ClRh 2, 1932, 221 Nr. 70. Das LGPN I gibt eine grobe Datierung für das 3./2. Jh. v. Chr. 374 Der Name Θαρσικράτης ist überhaupt nur ein weiteres Mal in Rhodos belegt, s. IG XII 1, 46 col. III Z. 277 (um 80 v. Chr.): [Θα]ρσικράτης Θαρσικράτευ(ς). 375 Ob vielleicht noch Jacopi, ClRh 2, 1932, 239 Nr. 152 als panrhodisches Votiv zu deuten ist, lässt sich nicht klären, da nur die linke Seite des Steins erhalten ist; jedenfalls hatten drei Rhodier das Weihgeschenk gestiftet; da jedoch bei keiner Person mehr das Patronym vorhanden ist, lässt sich

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dings, dass eine Reihe von Bronzestatuen im Heiligtum aufgestellt waren376. Eine der Statuenbasen trägt eine Weihinischrift an Zeus Basileus; auf der Basis wird dementsprechend eine Statue der Gottheit gestanden haben, die offensichtlich vom rhodischen Damos gestiftet wurde377. Da die übrigen Basen keine Inschriften aufweisen bzw. diese nicht dokumentiert sind, lassen sich keine Aussagen darüber treffen, ob hier weitere Kultstatuen oder aber Ehrenstatuen verdienter Persönlichkeiten standen. Unter den in großer Zahl gefundenen Votivgaben von Einzelpersonen ist zunächst die Stiftung des Ἀγησύλλιος Ἀναξιδίκου zu nennen, die Jacopi anhand der Schrift zu Recht in das 4. Jh. v. Chr. setzte378. Der Name Ἀγησύλλιος ist singulär; ein Rhodier namens Ἀναξίδικος ist für das 1. Viertel des 2. Jhs. v. Chr. nachgewiesen, ohne dass sich aber die Demenzugehörigkeit bestimmen ließe379. Einen vagen Hinweis liefert ein um 220 v. Chr. datierendes Familienmonument aus Lindos, das von einem Ἀναξαγόρας Ἁγησύλου in Auftrag gegeben wurde – möglicherweise einem Nachkommen des Dedikanten vom Ataviros380. Eindeutig lässt sich hingegen eine Demenzuordnung für Τιμακράτ[ης] Τιμοκλ[εῦς] vornehmen, der ebenfalls auf dem Ataviros ein Votiv weihte und um das Jahr 225 v. Chr. im Priesterkollegium der hieropoioi in Kamiros belegt ist381. Der Stifter einer aparchē an Zeus Atabyrios ist ebenfalls mit hoher Wahrscheinlichkeit mit einem hieropoios in Kamiros zu identifizieren, der das Amt um die Mitte des 3. Jhs. bekleidete382. Die hieropoioi konnten ebenso wie die theoroi Festgesandtschaften zu auswärtigen Hei-

keine genauere Zuordnung vornehmen. Nach der Zeichnung von Jacopi zu urteilen, datiert die Inschrift in die 1. Hälfte des 2. Jhs. v. Chr.; das Ξ mit senkrechter Haste liefert einen Terminus ante quem von etwa 160 v. Chr. 376 Bereits im Jahr 1904 hat der Architekt Weilbach auf dem Ataviros Zeichnungen von drei Statuenbasen angefertigt, die Einlassspuren für Bronzestatuen aufwiesen. Zumindest auf zweien davon war eine Inschrift zu lesen, deren Text jedoch nicht wiedergegeben wird; Sørensen – Pentz 1992, 138 f. Die Inschriften wurden weder von Jacopi aufgenommen, noch findet sich in späteren Publikationen ein Hinweis hierauf. 377 Jacopi, ClRh 2, 1932, 237 Nr. 147; als Stifter werden ΜΙΟΙ (?) Ῥόδιοι genannt. Es handelt sich um eine hochrechteckige Basis, die sich weiterhin auf dem Ataviros befindet. Gabrielsen 1992, 69 korrigiert auf Grundlage eines Abklatsches zu Διὶ Βασιλεῖ Γεραστίω[ι] | [Ἄ]μιοι Ῥόδιοι; Darüber hinaus ist ein kleines Votiv zu erwähnen, das Zeus (ohne Epitheton) möglicherweise von einer patriōtaiVereinigung gestiftet wurde (App. I 17 = Jacopi, ClRh 2, 1932, 237 Nr. 148; Datierung unsicher). Dies ist der einzige Hinweis darauf, dass dieses Heiligtum möglicherweise auch von Vereinigungen genutzt wurde. 378 Jacopi, ClRh 2, 1932, 237 Nr. 146 (= Tit.Cam. App. 23). 379 IG XI 4, 754 Z. 3 f.; 755 Z. 3. 380 I. Lindos 113. 381 Jacopi, ClRh 2, 1932, 246 Nr. 180; es handelt sich um das Fragment einer kleinen Basis aus gräulichem Marmor (H 3,4 cm, B 6 cm). Als hieropoios ist Timakratēs in Tit.Cam. 39 Z. 14 verzeichnet. 382 Jacopi, ClRh 2, 1932, 244 Nr. 173: [– – –]ονος | [Ἀγ]αθοκλεῦς | [Διὶ] Ἀ̣ταβυρίωι | [ἀ]π̣αρχάν. Auch diese Inschrift ist wie bei der Votivgabe des Timakratēs auf einem kleinen Block aus gräulichem Marmor angebracht (H 8 cm; B 8 cm; T 6,8 cm). Es ist entweder [Χαιρήμ]ονος [Ἀγ]αθοκλεῦς zu ergänzen,



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ligtümern übernehmen – so sind sie etwa als Gesandte zu den Samothrakischen Mysterien belegt –, bereisten aber auch Heiligtümer innerhalb der Polis383. Auch auf dem Ataviros werden die hieropoioi daher an Opferfesten teilgenommen haben384. Von der Phyle Kamiros ist außerdem die Basis einer als aparchē bezeichneten Weihung erhalten, die durch die Angabe des Damiourgen Ἀριστομβροτίδας in das Jahr 171 v. Chr. datiert werden kann385. All dies deutet daraufhin, dass zumindest die Kamirer bis in das 2. Jh. v. Chr. für die Kultpflege des Zeus Atabyrios sorgten. In Kamiros und Ialysos selbst findet sich dagegen kein, in Lindos nur ein äußerst unsicherer Hinweis auf eine Verehrung im Rahmen eines Poliskultes386. Ein offizielles Priesteramt ist nirgendwo nachzuweisen. Lediglich in einer kaiserzeitlichen Inschrift wird möglicherweise für Kamiros ein Priester des Zeus Atabyrios erwähnt; die Verbesserung des Textes ist allerdings strittig387. Dieser Befund ver-

der ca. 271 v. Chr. hieropoios war (Tit.Cam. 18 Z. 14) oder [Ἁγήμ]ονος [Ἀγ]αθοκλεῦς, der um 253 v. Chr. im Amt des hieropoios belegt ist (Tit.Cam. 30 Z. 4). 383 Als Gesandte zu den samothrakischen Mysterien: Dimitrova 2008, Nr. 50 mit einem Kommentar zu den hieropoioi; die hieropoioi wurden von vier Nichtbürgern nach Samothrake begleitet, die als Seefahrer offenbar auf Rhodos ansässig waren (Seite B Z. 23–29); s. außerdem: IG XII 1, 701 Z. 13 f.: ἀποσταλέντος ἱεροποιοῦ εἰς | [– – – καὶ ε]ἰς Λῆμνον καὶ Διδυμεῖον. Zur Funktion der hieropoioi innerhalb der Polis: Tit.Cam. 109 Z. 17 f.: τοὶ ἰεροποιοὶ παραγγέ̣ λ̣|[λ]ωντι, καὶ ἀθρεόντω τὰ ἰερὰ τὰ Καμιρέων (zu der Inschrift vgl. Kap. 7.1); eine ähnliche Funktion besaßen offensichtlich die drei von der rhodischen Volksversammlung gewählten hieragogoi die in Porthmos auf Karpathos gemeinschaftlich ein Weihgeschenk im Poseidonheiligtum aufstellten (IG XII 1, 1035). 384 Zugegebenermaßen ist nicht auszuschließen, dass die beiden Kamirer die Weihungen privatim vornahmen. 385 Jacopi, ClRh 2, 1932, 238 Nr. 149 = Tit.Cam. App. 23; ebenso wie bei den Votiven von Einzelpersonen steht diese Inschrift auf einer kleinen gräulichen Marmorbasis (H 6,5 cm, B 11 cm, T 9 cm). Für das Amt des Damiourgen s. Tit.Cam. 3 Pfeiler E, d Z. 31, dort als Ἀριστονβροτίδας statt Ἀριστομβροτίδας verzeichnet. Eine Identifizierung mit einem der gleichnamigen Damiourgen der Jahre 92 oder 89 v. Chr. (Tit.Cam. 3, 2. Pfeiler, Seite A, Z. 39 und 42) scheidet aufgrund der Schrift aus. 386 Der einzige Beleg aus dem lindischen Territorium ist ein stark fragmentiertes Opfergesetz (IG XII 1, 891; ca. 2. Jh. v. Chr.) aus dem Ort Apollakia im Demos Nettidas, das aber ebenso von einer Kultvereinigung stammen könnte. Der abgelegene Fundort der Inschrift spräche allenfalls für ein Demenheiligtum. 387 Tit.Cam. App. 38 Z. 7 (= IG XII 1, 786; in Lindos gefunden): auf dem Stein steht nach Ausweis der Editoren ΚΑΙΑΤΑΔΩΙ; Foucart, Inscriptions inédites II, 30–33 Nr. 71 (ed. pr.) las darin καὶ Ἀτα[βυρίου] während Hiller von Gaertringen in IG XII 1, 786 zu καὶ Ἀ〈πόλλ〉ων̣ [ος] verbesserte. In jeder der drei Phylen wurde darüber hinaus jeweils eine Votivgabe einer Privatperson gefunden: – auf der Akropolis von Lindos ein kleiner Altar, der von einer Frau namens Kythaina für einen Eukratēs aufgestellt worden war (I. Lindos 339, um die Mitte des 1. Jhs. v. Chr.); für den Namen Kythaina gibt es keine Parallele, Eukratēs ist vielfach für Rhodier belegt; Patronym und Ethnikon fehlen bei beiden Personen, so dass es sich um Sklaven handeln mag. – in Archangelos, das in der Antike zu dem Gebiet von Ialysos gehörte, ein kleiner Rundaltar, bei dem von dem Stifternamen nur die ersten drei Buchstaben erhalten sind (Σιμ[– –], 2. Jh. v. Chr., Papachristodoulou 1989, 197 Nr. 8 mit Taf. 37 α); Anhand des Fotos der Inschrift lässt sich ausschließen, dass dem Namen ein Patronym beigefügt war;

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wundert insoweit, als Appian im Zusammenhang der Belagerung von Rhodos-Stadt durch Mithridates von einem Heiligtum des Zeus Atabyrios berichtet, das auf einem »leicht ersteigbaren Hügel« liege und »von einer nur niedrigen Mauer (κολοβὸν τειχίον) umgeben« sei388. Wahrscheinlich ist dieses Heiligtum auf der Akropolis von RhodosStadt zu lokalisieren. Zumindest fand man im südwestlichen Bereich des Hügels in einer Gartenmauer verbaut eine Weihinschrift für Zeus Atabyrios, die im 1. Jh. v. Chr. von dem [κοινὸν τῶν Διοσαταβυρι]αστᾶν τῶν τᾶς πόλ[ι]ος δούλων – einem von Polissklaven gegründetem Verein – gestiftet worden war389. Van Gelder sah in dem bei Appian erwähnten Heiligtum daher einen »Sammelplatz« des Vereins390. Bei dem Weihgeschenk, das der γραμματεὺς [δα]μόσιος und ehemalige Priester des Vereinskultes Eulimenos [ὑπὲρ] τ̣ ῶν κυρίων Ῥο[δίων] stiftete, handelte es sich wohl um

– in dem am Fuß des Ataviros gelegenen Emponas das als Dankgeschenk gestiftete Votiv des Rhodiers Ἁγησίπολις Ἱπποκλεῦς (Pugliese Carratelli, PP 5, 1950, 80 Nr. 17; ohne Datierung; die Verwendung des Genitivs auf -εῦς einerseits sowie das Iota adscriptum bei Ἀταβυρίωι andererseits zeigen zumindest an, dass die Inschrift hellenistisch einzuordnen ist). Sämtliche Belege für einen Kult des Zeus Atabyrios außerhalb des rhodischen Polisterritoriums sind auf rhodischen Einfluss zurückzuführen: – ein in das 1. Jh. n. Chr. datierender Marmoraltar für Zeus Atabyrios, auf dem sich neben dem Relief eines Adlers auch eine Rose befindet, wurde im karischen Pisye gefunden, demnach im Gebiet der ehemals ›unterworfenen‹ Peraia (HTC 26); insbesondere in Pisye selbst, aber auch in anderen Teilen Kariens begegnen noch lange nach dem Verlust der Peraia in zahlreichen Inschriften Rhodioi, die dorthin übergesiedelt waren, s. auch Kap. 3.1.2. – im lykischen Sura befindet sich auf der Wand des Apollontempels eine Dedikationsinschrift an Zeus Atabyrios (Bean, AnzWien 99, 1962, 7 Nr. 5; ohne Datierung), die sicherlich von einem Rhodier, der die Orakelstätte aufsuchte, angebracht worden ist; Vonderstein 2006, 172 Anm. 1282; – der wahrscheinlich aus Olbia stammende Händler Posideos, Sohn des Posideos stiftete in Neapolis auf der Krim mehrere Weihgeschenke, darunter befinden sich Dedikationen an Rhodos, Athana Lindia und Zeus Atabyrios, Hupe 2003, 286 mit Anm. 16 (2. Jh. v. Chr.); zur Diskussion über die Herkunft des Posideos s. Anm. 437. – schließlich ist auf den Tempel des Zeus Atabyrios in Akragas auf Sizilien zu verweisen, der nach Pol. 9, 27, 7 neben einem Tempel für Athena auf der Akropolis gestanden habe. Polybios betrachtet Akragas als rhodische Kolonie. In Akragas selbst gibt es keine Hinweise auf den Kult, Adornato 2011, 35. Timaios berichtet nur von einem Berg gleichen Namens auf Sizilien, FGrH 566 F 39 a (= Steph. Byz. s. v. ᾽Αταβύριον). 388 App. Mithr. 26. 389 IG XII 1, 31 (jetzt in London, British Museum Inv. 1867,0504.4); s. auch die Zeichnung Johan Hedenborgs, der den Stein noch in der Mauer verbaut sah; Badoud, Hedenborg, Taf. 8 Nr. 134. Van Gelder 1900, 300 f. schloss aus der Angabe bei Appian richtig, dass es sich um ein extramurales Heiligtum handeln muss. Schließlich sollte von dort ein Feuerzeichen für den eigentlichen Angriff auf die Stadt gegeben werden. Dieser erfolgte dann an der Ostseite der Stadt auf die Stadtmauer vor dem Isis-Heiligtum (zur Lage s. Fantaoutsaki 2011, 48 f.). Da dieser Bereich relativ flach ist, wäre ein Signal von dem Akropolishügel in der Tat gut zu bemerken gewesen, was ebenfalls dafür spricht, das Heiligtum dort zu suchen. Derzeit wird es südlich des Apollon-Tempels in der Nähe einer Grotte vermutet, Papachristodoulou 1992, 262; Konstantinopoulos 1990, 211 und Anm. 36. 390 Van Gelder 1900, 301.



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bronzene Stierstatuetten, wie sie auch auf dem Ataviros selbst gefunden wurden391. Eine solch prominente Lage für ein Vereinsheiligtum – noch dazu das eines Sklavenvereins – ist allerdings äußerst unwahrscheinlich; vielmehr wird hier ein Polisheiligtum anzunehmen sein, in dem die Sklaven gemeinschaftlich das Weihgeschenk aufstellten. Dazu würde auch die Widmung für die kyrioi eher passen. Als damosioi wird ihnen die Erlaubnis zur Aufstellung des Votivs sicherlich eher als anderen Sklaven erteilt worden sein392. Insgesamt ist das weitgehende Fehlen anderer Dedikationen zu bemerken; so wurde gerade einmal eine weitere Weihinschrift im Bereich der Akropolis entdeckt, die möglicherweise ebenfalls von einem Sklaven gestiftet worden war393. Individuelle Kultverehrung Der Berg Ataviros wurde bereits in archaischer Zeit von Pilgern aufgesucht; von dem frühesten Votiv, das in das späte 7. Jh. v. Chr. datiert werden kann, ist nur ein Fragment aus schwarzem, poliertem Stein erhalten, das möglicherweise zu einer knienden Statuette rekonstruiert werden kann, wie sie aus Ägypten bekannt sind394. Die Herkunft des Stifters Σμυρδῆς, Sohn des Σύνδος ist unklar. Gut möglich wäre es, dass er in saitischer Zeit zusammen mit anderen Rhodiern als Söldner in der ägyptischen Armee gedient hatte und nach seiner Rückkehr als Dank das Votiv stiftete395.

391 Papachristodoulou 1992, 253 f. und Taf. 9,1; Sørensen – Pentz 1992, 141 Abb. 142. 392 s. den Marmorschild Tit.Cam. 78, den ein grammateus damosios zu Ehren seines Archons im Heiligtum der Hestia und des Zeus Teleios aufstellte. Ebenfalls einen Marmorschild hatten die hypēretai Hermias, Sohn des Thylos, und Hesychos für einen Schiffskommandanten an Apollon gestiftet (Zimmer – Bairami 2008, 165 f. Nr. E555 mit den Korrekturen von Badoud 2017b, 110). Vgl. ferner Kontorini, AER, Nr. 10 mit Badoud 2017b, 107 sowie außerdem die Dedikationen der nakoroi, Kap. 7.2.2 Übernahme von Kultämtern. 393 Es handelt sich um einen kleinen Rechteckaltar aus lartischem Marmor mit der Aufschrift Ἁγέλοχος | Ἀταβυρίωι; ADelt B 24, 2, 1969, 483 b1. Der Name begegnet häufig in der rhodischen Onomastik, s. die entsprechenden Belege im LGPN I, s. v. Ἁγέλοχος. Dagegen ist kein Nichtbürger mit diesem Namen in Rhodos belegt. In Anbetracht des Fehlens eines Patronyms und der Dominanz von Unfreien unter den Dedikanten an Zeus Atabyrios wäre es denkbar, dass es sich bei Hagelochos um einen Sklaven oder Freigelassenen handelt, der den Namen seines Herrn angenommen hat. Darüber hinaus wäre durch Autopsie zu prüfen, ob vielleicht das Fragment einer Marmorplatte, die sekundär in einer byzantinischen Kirche in Rhodos-Stadt verbaut wurde, zu einem Votiv an Zeus Atabyrios gehörte: Ἐπινίκιος | AT.B[–]; ADelt B 44, 2, 1989, 511 (= SEG 45 1076). 394 Kourou 2004, 15 mit Abb. 11 und 12. In dieselbe Zeit datiert eine aus Basalt gefertigte Sitzhockerstatuette aus dem Athanaheiligtum in Kamiros, die ebenfalls aus Ägypten eingeführt und vielleicht sogar auch von Smyrdes aufgestellt wurde; Trolle 1978, 145; Kourou 2004, 12–14. Eine Statuette gleichen Typs stammt aus Priene und kann durch die zugehörige Inschrift eindeutig als Söldnervotiv identifiziert werden; Vittmann 2003, 203 (Hinweis von Ursula Höckmann). 395 Dass unter den griechischen Söldnern, denen eine zentrale Bedeutung in der ägyptischen Armee zukam, auch Rhodier waren, ist durch die Graffiti der beiden aus Ialysos kommenden Söldner Tēlephos und Anaxanōr belegt, die 591 v. Chr. an dem Nubienfeldzug unter Psammetichus II. teilgenommen hatten; Vittmann 2003, 200–202. Auch bei den Votiven, die von Pharaonen der saitischen

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 7 Die Heiligtümer

Für die überwiegende Zahl der Votive gibt Jacopi keine Datierung; nach der Schrift der Umzeichnungen zu urteilen, scheint es sich ansonsten hauptsächlich um Dedikationen aus dem 2./1. Jh. v. Chr. zu handeln396. Dass den Ataviros noch im 1. Jh. v. Chr. regelmäßig Pilger aufsuchten, legt außerdem eine bisher nicht beachtete Stelle in der Εἰσαγωγὴ εἰς τὰ φαινόμενα des Astronomen Geminos nahe, der wohl zu dieser Zeit auf Rhodos lebte397. Um nachzuweisen, dass die Witterung nur bis zu einer gewissen Höhe auftrete, verweist er neben dem Berg Kyllene in Thessalien auf den Ataviros. Dort sei zu beobachten, dass oftmals diejenigen, die den wolkenverhangenen Ataviros hinaufstiegen, bei ihrer Ankunft auf dem Gipfel die Wolken unter sich liegen sähen. Geminos spricht von den Pilgern nur allgemein als οἱ εἰς τὸ Σαταβύριον ἀναβαίνοντες, die sich daher nicht präziser bestimmen lassen398. Insgesamt passt diese Passage aber zeitlich zu der Bemerkung von Diodor, dem Heiligtum komme noch zu seiner Zeit eine herausragende Verehrung zu399. Die Weihinschriften auf dem Ataviros sind auf schlichten, relativ einheitlich gestalteten Steinen angebracht; die geringe Größe der Steine ermöglichte es den Pilgern, diese ohne allzu große Mühe auf den Gipfel zu transportieren. Bei mehreren der Steine sind auf der Oberfläche Dübellöcher erkennbar, zum Teil auch Reste von Blei, die die Steine als kleine Votivbasen zu erkennen geben. Darauf waren wohl die bereits erwähnten bronzenen Stierstatuetten angebracht400. Von den insgesamt 55 Votiven, die von Einzelpersonen geweiht wurden, können nur sechs sicher rhodischen Bürgern zugewiesen werden; zwölf Stifter sind mit Ethnikon genannt und folglich eindeutig fremder Herkunft; darunter befinden sich mindestens zwei Sklaven,

Dynastie in rhodische Heiligtümer gestiftet wurden, wird es sich um Dankgeschenke für Söldnerdienste handeln; Höckmann 2012, 465; Höckmann 2007, 162. Noch Ende des 4. Jhs. v. Chr. dienten Rhodier in Ägypten als Söldner. So befanden sich unter den 500 Soldaten, die Ptolemaios während der Belagerung durch Demetrios nach Rhodos schickte, auch einige Rhodier, Diod. 20, 88, 9 (κατέπλευσαν τῇ πόλει σύμμαχοι (...) παρὰ δὲ Πτολεμαίου πλείους τῶν πεντακοσίων, ὧν ἦσάν τινες Ῥόδιοι μισθοφοροῦντες παρὰ τῷ βασιλεῖ). 396 Einzig die kaiserzeitliche Inschrift Jacopi, ClRh 2, 1932, 254 Nr. 215 fällt aus diesem zeitlichen Rahmen. 397 Zur zeitlichen Einordnung des Geminos in das 1. Jh. v. Chr. sowie für Rhodos als wahrscheinlicher Herkunfts- bzw. Aufenthaltsort s. Evans – Berggren 2006, 15–22. 398 Geminos 17, 2–5. Auf das Atabyrios-Heiligtum verweist Geminos nicht; in Bezug auf den Berg ­Kyllene erwähnt er dagegen, dass die Personen, die den Berg hinaufstiegen, dort oben Hermes jährlich Tieropfer darbrächten. 399 Diod. 5, 59: διόπερ ἔτι καὶ νῦν τιμᾶται διαφερόντως. Strab. 14, 2, 12 berichtet nur, der Berg sei Zeus Atabyrios heilig. 400 Jacopi 1928, 90. Die kleinen Basen weisen in der Regel ein bis zwei Dübellöcher auf, die aber für die Befestigung ausreichend gewesen sein dürften. Neben den Stiervotiven wurden auch Nachbildungen von Heuschrecken gefunden sowie das Fragment eines Arms mit einem Blitzbündel und eine Hand mit einem Adler, die beide zu einer Kultstatuette des Zeus gehört haben werden; Jacopi a. O. 90 f.



7.4 Zwischen Polis- und ›Privatkult‹ – Der Kult des Zeus Atabyrios 

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worauf die regionalen Ethnika [Κ]ίλιξ und Φρύξ deuten401. Bei den übrigen Dedikationen nennen sich die Stifter stets nur mit Individualnamen. Zwar lässt sich bei rund einem Drittel der Inschriften der Name nicht mehr rekonstruieren402, in den sicher überlieferten Fällen handelt es sich jedoch überwiegend um typische Sklavennamen. Zu nennen sind insbesondere Σαραπίων, ῞Υβρις, Πίστος sowie Γραμματικός, bei dem es sich ebenso wie bei Eulimenos um einen als Schreiber eingesetzten damosios handeln mag403. Zudem erscheinen rhodische Bürger im epigraphischen Befund zwar öfters ohne Demotikon, in der Regel jedoch nie ohne Patronym404. Insgesamt lassen sich damit etwa zwei Drittel aller Votive Sklaven zuordnen405. Anlass der Votivweihungen Neben dem Stifternamen und dem im Dativ stehenden Namen der Gottheit wird der Anlass in der denkbar knappsten Form genannt. Und zwar ist meistens nur vermerkt, dass das Votiv auf ein Gelübde hin (εὐχάν) errichtet wurde, teilweise hat man es als Dankgeschenk (χαριστήριον) der Gottheit gewidmet, in einem Fall aufgrund einer Traumerscheinung (ἐξ ἐνυπνίου). Während sich letzteres als Ausdruck eines intrinsischen Religionsempfindens deuten ließe, so war die Weihung eines als εὐχάν bzw. χαριστήριον bezeichneten Votivs mit einer konkreten Bedingung verbunden, die jedoch nie genannt wird406. Gelegentlich findet sich in den kurzen Dedikationstexten

401 Jacopi, ClRh 2, 1932, 241 Nr. 162 und 242 Nr. 167. Darüber hinaus sind folgende Ethnika belegt: Ἀλεξ[ανδρεύς] (Jacopi, ClRh 2, 1932, 241 Nr. 160), Σελγεύ[ς] (Jacopi, ClRh 2, 1932, 241 Nr. 161), Ἀργεῖος (Jacopi, ClRh 2, 1932, 242 Nr. 166), Μ̣ιλήσιος (Jacopi, ClRh 2, 1932, 243 Nr. 169), Τερμεσσεύς (Jacopi, ClRh 2, 1932, 245 Nr. 179), Σολεύ[ς] (Jacopi, ClRh 2, 1932, 249 Nr. 191), Ἐφέσιο[ς] (Jacopi, ClRh 2, 1932, 251 Nr. 203), Λαο[δικεύς] (Jacopi, ClRh 2, 1932, 252 Nr. 205). 402 Aus den bei Jacopi, ClRh 2, 1932 abgedruckten Zeichnungen der Steine ist allerdings ersichtlich, dass hinter den Individualnamen kein Platz mehr für ein Patronym ist. 403 Jacopi, ClRh 2, 1932, 241 Nr. 163; 242 Nr. 164; 245 Nr. 176; 247 Nr. 186. Bereits Bresson 2001, 203 f. Anm. 30 hat in einer kurzen Bemerkung auf die große Zahl von Sklaven und Nichtbürgern unter den Stiftern der Votivgaben für Zeus Atabyrios aufmerksam gemacht; ebenfalls zuletzt Maillot 2005, II, 17 sowie Badoud 2017b, 115. 404 Zu den Ausnahmen s. Kap. 3 1.2. 405 s. App. III Tab. 13. Einige kleine Fragmente lassen sich nicht zuordnen; sie dürften aber in Anbetracht der vielen erhaltenen Weihinschriften das Gesamtbild kaum verändern. Das Fragment Jacopi, ClRh 2, 1932, 251 Nr. 202 wurde der Kategorie »Nichtbürger ohne Ethnikon« zugeordnet, da [– – –] οσο[– – –] nicht als Bestandteil eines rhodischen Namnes belegt ist; Jacopi, ClRh 2, 1932, 247 Nr. 184 wiederum muss das Weihgeschenk eines Rhodiers sein: Hinter [– – –]εροχίδ[– – –] in Z. 2 kann sich nur der fast ausschließlich auf Rhodos belegte Name Ὑπεροχίδας verbergen, der hier wohl im Gentitiv als Patronym stand; in der darüber liegenden Zeile ist nur noch ein Δ erhalten. Auch das Fragment Jacopi, ClRh 2, 1932, 246 Nr. 183 (mit der Korrektur Suppl.Epigr.Rh., S. 312 Anm. 1) lässt sich durch die Angabe der Adoption als Votiv eines Rhodiers identifizieren. 406 Insgesamt bleibt gerade bei solchen privaten Weihungen das Motiv unerwähnt. Eine Ausnahme bildet die Dedikationsinschrift auf der Marmorbasis einer Statuette, die neben einem Haus aus dem 2. Jh. v. Chr. gefunden wurde. Der Stifter Philoumenos gibt an, er löse mit dieser Weihung ein Gelüb-

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 7 Die Heiligtümer

der Zusatz μετὰ ἑκατόμβας, was auch nur darauf hindeutet, dass die Aufstellung der Votive von Opferritualen begleitet wurde407. Neben der bereits erwähnten aparchēWeihung eines Bürgers sowie derjenigen der Phyle Kamiros sind außerdem zwei weitere solcher aparchai von Unfreien hinzuzuzählen; ein Votiv wird möglicherweise als λάφυρα bezeichnet, womit es eindeutig als Beuteweihung ausgewiesen wäre408. Dass die aparchai ebenfalls ἀπὸ τῶν λαφύρων stammen, ist zu vermuten409. Dazu würde jedenfalls das jüngst auf dem Ataviros gefundene kleine Votiv in Form eines Schiffbugs passen, dessen Publikation allerdings noch aussteht410. Erst dann lässt sich auch beurteilen, ob man hier an ein miniaturförmiges Pendant zu dem ebenfalls als aparchē – und zwar hier präzise als ἀπαρχὴ ἀπὸ τῶν λαφύρων – bezeichneten Schiffsmonument auf der Akropolis von Lindos zu denken hat411. Die Verehrung des Zeus Atabyrios im militärischen Kontext ist zudem für die rhodische Peraia bezeugt: Nach seiner Amtszeit hatte der Epistat der Hafenfestung von Loryma an der Ostspitze der Anlage zusammen mit seinen Mitkämpfern einen Altar für Zeus Atabyrios errichtet412. Neben dieser auf der geglätteten Fläche eines Felsens angebrachten Inschrift hat sich – leider nur lückenhaft – eine Opfervorschrift erhalten. Möglicherweise gehörte auch eine unterhalb gelegene Kulthöhle zu dem Heiligtum413. Es gibt zwar keinen Hinweis darauf, dass sich unter den dort stationierten Soldaten Sklaven befanden, zumindest aber ist mit einem Großteil an Nichtbür-

de gegenüber der Gottheit Phosphoros ein, weil er aus kilikischer Gefangenschaft befreit worden sei (σω|θεὶς ἐκ Κιλικίας | ἐκ τᾶς αἰχμαλω|σίας; ADelt B 42, 1987, 593 = SEG 42.747). Vergleichsweise vage begründet wiederum Hermias, Sohn des Athanagoras, aus Soloi das χαριστήριον an Hekate und Sarapis mit einer »Rettung aus großer Gefahr« (σωθεὶς ἐγ μεγάλου | κινδύνου); IG XII 1, 742, Kamiros, 2.–1. Jh. v. Chr.); Bricault, RICIS Suppl. II, Nr. 204/0218 vermutet Gefahren zur See (in dem dort abgedruckten Text ist versehentlich ἐγ μεγάλων κινδύνων geschrieben; korrekt ist die Singularform der IG-Edition, wie dem Foto des British Museum, wo die Inschrift deponiert ist, zu entnehmen ist; Registration number 1885, 1213.68). 407 Jacopi, ClRh 2, 1932, 240 Nr. 157; 241 Nr. 162; Pugliese Carratelli, PP 5, 1950, 80 Nr. 17. 408 Jacopi, ClRh 2, 1932, 244 Nr. 174 Z. 3: λά[φυρον]. 409 Wiemer 2002, 160 Anm. 82. 410 Auf den Fund verweist in einer kurzen Notiz M. Filimonos-Tsopotou, in: Stampolidis u. a. 2011, 355. 411 App. I 15 (= I. Lindos 88). Dies ist der einzige rhodische Beleg einer aparchē, die näher bezeichnet wird. Vgl. auch die Weihung [ἀπ]ὸ τῶν λαφύρων des rhodischen Nauarchen Peisistratos, Sohn des Aristolochos, die er gemeinsam mit den synstratoisamenoi auf Delos an Apollon stiftete; IG XI 4, 1135 (Mitte 3. Jh. v. Chr.). Bei einigen der aparchai-Dedikationen auf der Akropolis von Lindos ist eindeutig auszuschließen, dass es sich um Beuteweihungen handelt; so ist I. Lindos 382 die Dedikation einer Frau, I. Lindos 41 hat den Charakter einer Familienweihung. 412 Held, EpigrAnat 2003, Nr. 2 (3. Jh. v. Chr.). 413 Held 2010, 364–368. Held 2010, 368 macht auf eine vergleichbare Situation auf der Akropolis von Rhodos-Stadt aufmerksam. Während allerdings die exakte Lage des Zeus Atabyrios Heiligtums auf der Akropolis von Rhodos nicht nachgewiesen ist, so fehlt in den Inschriften, die in der heute nicht mehr zu lokalisierenden Kulthöhle in Loryma gefunden wurden, ein Hinweis auf die dort ver-



7.4 Zwischen Polis- und ›Privatkult‹ – Der Kult des Zeus Atabyrios 

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gern zu rechnen; so berichtet Dion Chrysostomos, dass die Rhodier ihre Festungen (τὰ φρούρια) mit Söldnereinheiten besetzten414. In diesem Zusammenhang sei noch darauf hingewiesen, dass der Epistat Timakratēs aus dem Ort Amos in der Peraia kam und es somit ausgerechnet ein Neubürger war, der den Kult begründete. Der Kult als solcher an diesem strategisch bedeutsamen Stützpunkt verwundert nicht. Schließlich galt Zeus Atabyrios als Schutzgottheit. So erzählte man von Stieren aus Bronze auf dem Berg Ataviros, die Gefahren für die Polis durch lautes Brüllen ankündigten415. Sollte zudem die Ergänzung in einem Sakralgesetz aus Apollakia das Richtige treffen, so gäbe es einen Hinweis auf ein gemeinsames Heiligtum für Zeus Atabyrios und Zeus Hikesios. Als Gottheit der Schutzflehenden schlechthin würde Zeus Hikesios gut zu Atabyrios passen416. Jedenfalls ist der auf dem Ataviros verehrte Zeus nicht in erster Linie als Wettergottheit zu betrachten, als der er auf zahlreichen Berggipfeln angerufen wurde417; ebensowenig scheint es sich um einen primär agrarischen Kult zu handeln, dem die ländliche Bevölkerung jährliche Opfergaben darbrachte418.

ehrte Gottheit; das Relief eines Stierkopfes auf einer Wand der Höhle würde zumindest zu den auf dem Ataviros gefundenen Stierstatuetten passen, Held 2010, 368. Im Gegensatz zu den Grotten im nördlichen Bereich der Akropolis (s. dazu Neumann 2016) ist diese Grotte, die knapp 100 m südlich des Apollon Pythios Tempels liegt, allerdings architektonisch und nicht als künstliche Höhle gestaltet; insofern weist die Grotte typologische Ähnlichkeiten mit Grabbauten der rhodischen Nekropolen auf; dieser Hinweis ist S. Neumann zu verdanken, die einen Zusammenhang mit dem Zeus Atabyrios-Heiligtum bezweifelt. In dieser Weise unterschied auch bereits Inglieri 1936 auf seiner »carta archeologica« beide Grottenanlagen; letztere versah er mit einem Symbol, das er in der Legende mit »tombe rupestri architettoniche« auflöst. 414 Dion Chrys. 31, 103: (...) οὐδὲ ξένους στρατιώτας τρέφειν τὰ φρούρια καὶ τὴν χώραν φυλάττοντας. Ein Einsatz von Sklaven als Soldaten ist nur während der Belagerung durch Demetrios Poliorketes belegt, Diod. 20, 100, 1. 415 Die Legende ist als Scholion 159 f und 160 c zu Pind. O. 7 überliefert; der Scholiast zitiert über Didymos indirekt Timaios (FGrH 566 F 39 b). Von dieser Erzählung sind wahrscheinlich auch die Mythen um den bronzenen Stier des Tyrannen Phalaris von Akragas inspiriert, die u. a. Timaios tradierte; die Episode schildert Pol. 12, 25, 3 im Rahmen seiner Kritik an Timaios. 416 IG XII 1, 891 Z. 2: [οἱ ἐπιμ]ή̣νιοι ἀεὶ τοὶ αἱρ̣εθέ[ντες Ἱκ]ε̣ σίωι [φ]θόϊς̣ ἐγ λ[– – –] »Die jeweils amtierenden Monatspriester (sollen) dem (Zeus) Hikesios Opferkuchen (darbringen)«. Die einzige Gemeinsamkeit zu dem Opfergesetz aus Loryma besteht in dem Opferkuchen, der Zeus dargebracht werden soll (dort als πέμμα bezeichnet). Ob sich das als Ἀταβυρίτης bezeichnete Brot, von dem Athenaios durch den Komödiendichter Sopatros Kenntnis hatte, davon ableitet, lässt sich nicht sagen; Athen. 3, 74. 417 Kreutz 2007, 21 f. schließt allein aus der Berglage des Heiligtums, dass Zeus Atabyrios als Wettergott verehrt worden sei. Die Präsenz zweier Zeus-Gottheiten auf der Akropolis von Rhodos-Stadt erklärt sie dementsprechend mit der Annahme, dass man einerseits Zeus Polieus zusammen mit Athana Polias als Schutzgottheiten der Stadt einen Tempel errichtet habe, während in einem separaten Heiligtum auf der Akropolis Zeus Atabyrios auch hier als Wettergott angebetet worden sei. 418 So Kourou 2004, 22 f.; die Stierstatuetten wertet sie als Indiz, dass es sich bei den Stiftern um Bauern und Viehzüchter handele; die Motivformeln εὐχάν und ἀπαρχάν deuten ihrer Ansicht nach auf

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 7 Die Heiligtümer

Ebenso wie es bereits für Smyrdēs anzunehmen ist, werden unter den Pilgern, die den Berg aufsuchten, insofern gerade Söldner gewesen sein. Die Gründe für die zahlreichen Sklaven unter den Dedikanten bleiben hingegen unklar; eine Vermutung wäre, dass dieses extramurale Heiligtum in hellenistischer Zeit seltener von Bürgern aufgesucht wurde und dementsprechend auch in geringerem Maße der Kontrolle der Polis unterlag419. Dagegen spricht freilich, dass ganz offensichtlich in dem Filialheiligtum auf der Akropolis von Rhodos ebenfalls Sklaven Votive aufstellten. Eher wird man Zeus unter dem Epitheton Atabyrios eine spezifische Qualität zugeschrieben haben, die besonders die Gruppe der Unfreien ansprach. Die zahlreichen Dankbezeugungen von Unfreien bringen jedenfalls zum Ausdruck, dass die Gottheit ihre religiösen Bedürfnisse zu erfüllen vermochte. Die Dedikationen sollten aber nicht allgemein die eusebeia der Stifter demonstrieren; dafür war das abgelegene Heiligtum ohnehin nicht der geeignete Ort. Vielmehr hatten sich die Nichtbürger mit einem ganz konkreten Anliegen an die Gottheit gewandt und für den Fall, dass ihre Bitte erfüllt wurde, ein entsprechendes Dankgeschenk gelobt. Einen Hinweis für die naheliegende Vermutung, die Votive mit Freilassungen in Verbindung zu bringen, gibt es aber nicht420. Denkbar aber wäre, dass es sich wenigstens bei den im Dienst der Polis stehenden Sklaven um Kultpersonal handelt; so hatte in der rhodischen Peraia ein damosios für die Einhaltung der Besucherregeln eines Heiligtums für Zeus und Hera zusammen mit dem hierothytes zu sorgen421; Polissklaven wurden schließlich auch im Heiligtum der Athana Lindia eingesetzt422. Ein kürzlich publizierter Ehrenschild, der von zwei hypēretai für einen Flottenkommandeur gestiftet wurde, belegt außerdem, dass Polissklaven – zumindest vereinzelt – auch auf rhodischen Schiffen zum Einsatz kamen423. Und auch der Name des damosios Εὐλίμενος (»mit guten Häfen versehen«) verleitet dazu, ihn auf einem militärischen Sicherungsposten zu verorten. Insofern war es vielleicht ebenfalls der kriegerische Aspekt der Gottheit, der einen Teil der SklavenWeihungen motiviert hatte.

jährliche Opfergaben der agrarisch geprägten Landbevölkerung, aus der sich auch die Diosatabyriastai-Vereine konstituiert hätten. Ihre Argumentation beruht jedoch nicht auf einer näheren Auswertung des epigraphischen Befundes. 419 Cook 1925, 924. 420 In einem ptolemäischen Papyrus wird der Begriff aparchē in einer Freilassungsurkunde verwendet und bezeichnet dort wohl die Freilassungssteuer, Quenouille 2002; abgesehen davon, dass dieser Befund singulär ist, lässt sich damit ebenfalls nicht erklären, warum Bürger, Nichtbürger und Sklaven gleichermaßen aparchē-Weihungen an Zeus Atabyrios stifteten. 421 I. Pérée 102. 422 s. Kap. 7.2.2 Übernahme von Kultämtern. 423 s. oben Anm. 392 sowie Kap. 8.1.3.



7.4 Zwischen Polis- und ›Privatkult‹ – Der Kult des Zeus Atabyrios 

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Verehrung des Zeus Atabyrios innerhalb von Vereinen Neben dem Verein der damosioi gab es allerdings noch andere Atabyriastai-Vereinigungen. Zwei Vereine sind in Rhodos-Stadt belegt, zwei weitere in Lindos. Die Inschriften stammen alle aus späthellenistischer Zeit. Zwar treten diese Vereine ausschließlich in Dedikationen und Ehreninschriften als Kollektiv in Erscheinung, doch lässt sich aus den Inschriften eindeutig ableiten, dass in diesen Vereinen Nichtbürger vertreten waren. Zweifelsfrei ist dies bei einem koinon aus dem Ort Mallona nördlich von Lindos festzustellen, dessen Mitglieder sich neben Zeus Atabyrios als Verehrer des Dionysos und der Athana ausgeben: Der Vorsitz wurde von einem Bürger aus Knidos geführt424. Dem Verein waren von einem Spender, dessen Namen auf dem Stein nicht erhalten ist, Gelder zur Instandsetzung der Vereinsliegenschaften zugekommen425, weshalb er mit einem goldenen Kranz sowie der Verkündigung der Ehren, ausgezeichnet wurde. Der Verein besaß mithin eigene Grundstücke und eine eigene Festkultur. Ob Φίλων, zu dessen Ehren offensichtlich das [Διὸς] Ἀταβυριαστᾶν Ἀγαθο­ δαιμονιαστᾶν Φιλ〈ω〉νείων κοινόν gegründet worden war, Bürger oder Nichtbürger war, lässt sich nicht entscheiden426; da der Verein allerdings einen Bürger aus Samos ehrt, zählten sicherlich auch Fremde zu den Vereinsmitgliedern427. Gleiches ist für die Ἀταβυριασταὶ [– –]η̣ροσθείοι Περγαϊσταί anzunehmen, die neben zahlreichen weiteren Vereinen einen Priester der Athana Lindia, dessen Frau sowie den Sohn ehrten428. Die Bezeichnung Pergaistai ist dabei nicht als landsmannschaftliche Vereinigung zu interpretieren, sondern es handelt es um eine Ableitung des Epithetons der Artemis Pergaia; ebenso wie bei den Atabyriastai wurde der Name der Hauptgottheit weggelassen. Es ist aber damit zu rechnen, dass insbesondere Bewohner aus Perge, dem Ursprungsort des Kultes, oder zumindest der Region Pamphylien in dem Verein vertreten waren429.

424 τὸ κοινὸν τοῦ Διονυσιαστᾶν Ἀθαναϊστᾶν Διὸς Ἀταβυριαστᾶν Εὐφρανορίων τῶν σὺν Ἀθηναίῳ Κνιδίῳ, IG XII 1, 937. 425 Auch Ἀρετή, die Frau des Spenders, hat sich finanziell um das Koinon verdient gemacht; der Name ist auf Rhodos ansonsten nur einmal für eine Frau aus Lydien belegt. Es wäre aber sicherlich zu weitgehend, allein aus ihrem Namen einen Status als Unfreie abzuleiten; abgesehen davon waren Wohltäter eines Koinon nicht zwangsläufig dessen Mitglieder. 426 IG XII 1, 161 Z. 5 f. 427 Pugliese Carratelli, Associazioni, Nr. 19. Dort bezeichnet sich der Verein als Διὸς Ἀταβυριαστᾶν Ἀγαθοδαιμονιαστᾶν Φιλωνείων τῶν σὺν Φίλωνι κοινόν. Beide Male ehren sie ihren Honoranden mit einem Laubkranz. Auch die Tatsache, dass in dem Verein Agathos Daimon verehrt wurde, gibt einen Hinweis auf Nichtbürger unter den Mitgliedern; Morelli 1959, 77–79. 428 I. Lindos 391 Z. 31 f.; I. Lindos 392 A Z. 12 f. und B Z. 15 f. Das Namenselement [– –]η̣ροσθείοι könnte auf eine Heroenverehrung deuten, vgl. dazu IG XII 1, 35: Ζηνόδοτος Κύδνου | ὁ Περγαῖος εὐεργέτα[ς] | ἀνέθηκε Σωτηριαστᾶν | Ἡρ[ωϊστᾶ]ν̣ τῶι κοινῶι. Eine Verehrung von Verstorbenen als Heros ist auf Rhodos vereinzelt bei Nichtbürgern zu beobachten, s. Fraser 1977, 76–81 sowie Kap. 6.4.2. 429 Eine Priesterin der Artemis Pergaia ist auf Rhodos erstmals um 120 v. Chr. belegt (IG XII 1, 66); es handelte sich zu dieser Zeit demnach um einen Poliskult.

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 7 Die Heiligtümer

Von besonderem Interesse ist schließlich ein auf Kos gefundener kleiner Altar aus weißem Marmor, der im 2. Jh. v. Chr. von einem Δημήτριος aus Alexandria an die Ἀθη[ναϊσ]ταὶ Λινδι[αστ]αὶ κ̣αὶ Διὸς Ἀ[ταβ]υ̣ριασταὶ [οὶ] σὺν Ἑρμα[– – –] Σωτηρίδα gestiftet wurde430. Maillot hat kürzlich vermutet, der Kult könnte durch koische Festgesandte, die sich auf Rhodos aufgehalten haben, nach Kos gelangt sein, und nimmt somit einen durch koische Bürger initiierten Import eines fremden Kultes an431. Nichts deutet jedoch darauf hin, dass der Kult von Koern eingerichtet wurde; ebenso wenig ist der Weihinschrift aber zu entnehmen, dass es Rhodier waren, die den Verein gründeten432. Bei den Mitgliedern des Vereins wird es sich vielmehr um Nichtbürger handeln, die zunächst im Gebiet von Lindos ansässig waren und von dort nach Kos weitergezogen sind. Für diese Annahme gibt die Inschrift zwei Hinweise: Auffallend ist zunächst die Schreibweise Ἀθηναϊσταί statt des dorischen Ἀθαναϊσταί. Sämtliche Vereine auf Rhodos, die dem Kult der Athana gewidmet waren, bezeichneten sich jedoch stets als Ἀθαναϊσταί433; dies gilt selbst für diejenigen Vereine, in denen nachweislich Nichtbürger vertreten waren434. Für rhodische Bürger hätte es aber keinen Grund gegeben, im ebenfalls dorischen Kos eine Anpassung der Schreibweise des Vereinsnamens an die Koine vorzunehmen. Den zweiten Hinweis geben die beiden in der Inschrift erwähnten Personen. Den Namen des Vereinsvorsitzenden Ἑρμα[– –] Σωτηρίδα ergänzte Mario Segre in der ed. pr. zu Ἑρμα[γόρας], dem die Herausgeber des neuen IG-Bandes der koischen Inschriften gefolgt sind; während

430 IG XII 4, 2, 654: [Δημ]ήτριος Ἀλε|[ξα]ν̣ δ̣ρεὺς Ἀθη|[ναισ]ταῖς Λινδι|[αστ]αῖς κ̣αὶ Διια|[ταβ]υ̣ριασταῖς̣ | [τοῖς] σὺν Ἑρμα|[γόρᾳ] Σωτηρίδα. 431 Maillot 2013, 203 f. 432 So im Kommentar zu IG XII 4, 2, 654 vermerkt. 433 Der dorische Dialekt war bis in das 3. Jh. n. Chr. hinein in Gebrauch; so ist auch erst um das Jahr 220 n. Chr. ein Priester der Athana in der Schreibweise ὁ ἰερεοὺς | τῆς Λινδίας Ἀθήνας καὶ τοῦ Διὸς angegeben, I. Lindos 639. Eine Ausnahme bildet I. Dor. Ins. 2 Z. 11: Aus dem Abklatsch geht eindeutig hervor, dass τὰν Ἀθηνα〈ϊ〉στᾶν von dem Editor richtig gelesen wurde und nicht zu Παναθηνα〈ϊ〉στᾶν zu korrigieren ist; bei der Inschrift handelt es sich um ein in dorischem Dialekt verfasstes Dekret des koinon der Artemeisiastai, in dem auf den Verein der Athēnaistai verwiesen wird; insofern liegt der Vereinsname nur durch eine Fremdbezeichnung vor; so ist auch zu erklären, dass der eigentliche Vereinsname in Koine geschrieben wurde, aber dessen Wortendung sowie der vorangestellte Artikel dorische Formen aufweisen. Da kein Beiname der Gottheit angegeben ist, muss hier auch nicht an die lindische Athana gedacht werden; ganz im Gegegnteil ist in Verbindung mit der Epiklese Lindia die Koine-Schreibweise in Rhodos undenkbar; so bemerkt auch Blinkenberg in I. Lindos, S. 798 »A la différence de Παναθηναϊσταί, le mot Ἀθαναϊσταί a toujours α dans la 2e syllabe. La forme dorienne suffit pour prouver la dérivation du nom de la déesse locale«. Insofern ist auch die im Kommentar zu IG XII 4, 2, 654 geäußerte Vermutung, der Stein könne von Rhodos nach Kos transportiert worden sein, auszuschließen; zudem wurde auf Rhodos weißer Marmor nur selten verwendet. Darüber hinaus gibt es auf Kos zwei weitere Belege für rhodische Kulte; Maillot 2013, 203. 434 Zu verweisen ist nur etwa auf das bereits erwähnte τὸ κοινὸν τοῦ Διονυσιαστᾶν Ἀθαναϊστᾶν Διὸς Ἀταβυριαστᾶν Εὐφρανορίων τῶν σὺν Ἀθηναίῳ Κνιδίῳ (IG XII 1, 937).



7.4 Zwischen Polis- und ›Privatkult‹ – Der Kult des Zeus Atabyrios 

 273

dieser Name für rhodische Bürger belegt ist, findet sich das Patronym Σωτηρίδας hier dagegen ausschließlich für Nichtbürger435; in Kos sind beide Namen ansonsten nicht belegt, was ebenfalls gegen eine Gründung des Vereins durch koische Bürger spricht. Statt Ἑρμα[γόρας] ist daher eher Ἑρμα[ῖος] zu lesen; der Name ist zwar ebenfalls für Rhodier überliefert, war aber besonders unter Nichtbürgern verbreitet. Denkbar wäre es zudem, dass auch der Stifter Dēmētrios – der durch das Ethnikon eindeutig als Nichtbürger zu identifizieren ist – Mitglied des Vereins war, doch diese Annahme ist nicht zwingend. Zwar gibt es zwei rhodische Grabinschriften, die jeweils einen Dēmētrios aus Alexandria nennen436, allerdings ist der Name in Anbetracht seines Verbreitungsgrades prosopographisch nicht brauchbar. Ungeachtet dessen verdeutlicht der hier belegte Kulttransfer, inwiefern auch der im Vergleich zum Kult der Athana Lindia weitaus weniger prominente Kult des Zeus Atabyrios einen identifikatorischen Bezugspunkt für Nichtbürger bilden konnte und eine Kohäsionskraft entfaltete, die auch in der gewissermaßen ›neuen‹ Fremde wirksam war437.

435 s. IG XII 1, 473 mit einem Sōtēridas aus Telmessos; Pugliese Carratelli, Associazioni, Nr. 21 Seite A col. III Z. 2 mit einem Bürger aus Knidos; Jacopi, ClRh 2, 1932, 184 Nr. 10 Z. 8 mit einem nakoros (ohne Ethnikon); Hiller, AM 23, 1898, 399 Nr. 86 mit einer Astais, Tochter des Sōtēridas aus Massilia; I. Peraia 269 (= I. Pérée 75) mit einem Damokratēs, Sohn des Sōtēridas, aus Soloi. Das LGPN I s. v. Σωτηρίδας verzeichnet zwar einen Beleg für Rhodos (Ag. Inv. R 492), dabei handelt es sich jedoch um den Fabrikantenstempel eines rhodischen Amphorenhenkels, der in Athen gefunden wurde. In der Regel wird der sog. Fabrikant nur mit Individualnamen genannt. Da bei einigen Fabrikantenstempeln aber ein Ethnikon beigefügt ist und darüber hinaus viele Namen auf eine fremde Herkunft deuten, ist von einer großen Zahl von Nichtbürgern auszugehen, die an der Produktion beteiligt waren; s. dazu Kap. 9.3. Umgekehrt legt der onomastische Befund vielmehr nahe, dass es sich auch bei dem Fabrikanten Σωτηρίδας um einen Nichtbürger handelt. Erst im 3. Jh. n. Chr. trägt dann ein Rhodier aus dem Demos Argeios den römischen Namen Μᾶρκος Σαίνιος Σωτηρίδα; Kontorini, AER, Nr. 18 (= SEG 39.806). 436 IG XII 1, 390; Maiuri, Nuova Silloge 139 (wohl mit Chaviaras, AEphem 1915, 130 Nr. 14 identisch). 437 s. auch den ebenfalls auf Kos gefundenen Altar, der an Zeus und Athana Lindia (hier in der dorischen Form [Ἀθ]άνας) geweiht ist; IG XII 4, 1, 416 (1. Jh. v. Chr. – 1. Jh. n. Chr.). Naheliegend ist es, auch den θίασος Ἁλιασ̣τᾶν τῶν σὺν Ἀσκληπιάδη[ι] auf rhodischen Einfluss zurückzuführen (IG XII 4, 3, 2794; 1. Jh. v. Chr. – 1. Jh. n. Chr.); die Bezeichnung des Vereins als thiasos macht jedoch deutlich, dass es sich um einen koischen Verein handelt. In einer Subskriptionsliste aus Rhodos, die in das frühe 1. Jh. v. Chr. datiert, ist ein Koier mit dem Namen Asklēpiades verzeichnet, Pugliese Carratelli, Associazioni, Nr. 21 Seite B col. I Z. 9.; eine Gleichsetzung mit dem Vereinsvorsitzenden des Haliastai-Vereins ist jedoch spekulativ. Einen Kulttransfer durch einen Haliastai-Verein, dessen Vorsitz ein Alexandros aus Antiochia führte, belegt zudem HTC 86 (I. Peraia 571). Die Inschrift wurde aber in Kallipolis gefunden und damit in unmittelbarer Nähe zur Grenze der rhodischen Peraia. Für die an Zeus Atabyrios, Athana Lindia und Rhodos gewidmeten Stiftungen des Posideos aus Olbia auf der Krim gibt es keinen Hinweis, dass diese innerhalb eines Vereinskontextes aufgestellt wurden. Trotzdem ist hierin ebenfalls ein Beleg für einen Kultexport durch einen Nichtbürger zu sehen. Allerdings ist die Herkunft des Stifters umstritten. Hupe 2003 wendet sich gegen die u. a. von J. und L. Robert, BE 1965, 135–137 Nr. 272 vorgebrachte Annahme, Posideos sei ein Bürger aus Olbia. Er hält eine Herkunft des Posideos aus Rhodos für wahrscheinlicher, da der Fundort der Weihungen

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 7 Die Heiligtümer

Der Kult des Zeus Atabyrios ist demnach bis in frühhellenistische Zeit hinein durchaus als panrhodisch zu bezeichnen; ab dem 2. Jh. v. Chr. ging die Bedeutung allerdings deutlich zurück – sicherlich auch zugunsten der städtischen Heiligtümer in den Phylen sowie auf gesamtrhodischer Ebene zugunsten des Halioskultes. Gleichzeitig vermehrte sich die Zahl der Kultanhänger in den unteren Bevölkerungsschichten. Während in verschiedenen Fällen die ›Adoption‹ fremder Gottheiten durch die Polis zu beobachten ist, waren es im Fall des Zeus Atabyrios maßgeblich Nichtbürger, die für eine Kultkontinuität bis in die frühe Kaiserzeit hinein sorgten. Interessant ist in diesem Zusammenhang eine kürzlich bekannt gewordene, aber noch nicht publizierte Grabinschrift auf der Basis eines Rundaltars aus der ›Ostnekropole‹. Auch wenn für eine abschließende Bewertung und Einordnung des Fundes erst die endgültige Vorlage des Textes und des Grabungskontextes abzuwarten bleibt, so seien auf Grundlage des Vorberichtes und des publizierten Fotos an dieser Stelle bereits einige Aussagen erlaubt438. Da die Basis der Inschrift vollständig erhalten ist, der Text aber mit der Aufzählung der Ehrungen für den Verstorbenen beginnt, stand der Name sicherlich auf dem verlorenen Rundaltar selbst. Zweifelsfrei ist dieser aber als Nichtbürger zu betrachten, da dessen Frau Βερενίκη aus Phrygien kam und somit wohl eine Sklavin war439. Unter den fünf Vereinen, die ihm Ehrungen zukommen ließen, befinden sich die Asklapiastai Boukopidai440. Die Vereinstitulatur ist zudem um einen Ortsnamen erweitert, von dem auf dem Stein allerdings nur die Endung -eia

vollkommen aus dem Verbreitungsgebiet der Kulte falle, das sich im Wesentlichen auf das rhodische Polisterritorium beschränkt habe. Den Anhängern des Kults attestiert er deshalb »intime Kenntnisse rhodischer Lokaltraditionen« (a. O. S. 293). Ebenso verweist er auf die Verwendung der Dankesformel χαριστήριον, die insbesondere in Weihinschriften aus dem Heiligtum auf dem Ataviros und dem Athana-Heiligtum von Lindos Verwendung finde (a. O. S. 295). Wie der epigraphische Befund zeigt, ist eben dies aber kein Indiz dafür, dass es sich bei Posideos um einen Rhodier handelt. Auf dem Ataviros sind sämtliche Votive, die als χαριστήριον gestiftet wurden, von Nichtbürgern aufgestellt worden; ebenso gilt dies für zahlreiche der χαριστήριον-Weihungen für Athana Lindia. Robert hatte vor allem aus onomastischen Gründen eine rhodische Herkunft des Posideos abgelehnt, da der Name dort nicht vorkomme, in Olbia dagegen verschiedentlich belegt sei. An dieser Sachlage hat sich seither nichts geändert. Der von Hupe a. O., S. 295 vorgebrachte Einwand, die Belege aus Olbia ließen keine verwandtschaftlichen Beziehungen zu dem hier betrachteten Posideos erkennen, ist ein prosopographisches freilich aber kein onomastisches Argument. Hupe verweist außerdem auf einen Eintrag im LGPN I, wo s. v. Ποσίδεος ein Beleg für Rhodos verzeichnet ist. Es handelt sich hierbei allerdings ebenfalls um den Fabrikantennamen eines Amphorenstempels (Ag. Inv. R 443), bei dem es sich ebenso um einen Nichtbürger handeln kann (vgl. Anm. 420). 438 Für die Inschrift s. Papachristodoulou 2009a, derselbe Beitrag ist etwas gekürzt in Papachristodoulou 2009 b mit Abb. 4 und 5 abgedruckt. Ein Vorbericht der Grabung findet sich in ADelt B 56–59, 2001–2004, 277 f. 439 Dass der Verstorbene ebenfalls ein Sklave war, ist auszuschließen, da er die Choregie übernommen hatte, was einem Unfreien nicht möglich war. 440 Papachristodoulou 2009a, 418. Der Vereinsname ist außerdem zweifelsfrei auf dem Foto zu lesen.



7.4 Zwischen Polis- und ›Privatkult‹ – Der Kult des Zeus Atabyrios 

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eindeutig zu bestimmen sei, wie Ioannis Papachristodoulou berichtet, weshalb er eine der beiden kamireischen Ortschaften Agyleia bzw. Agkyleia oder Ippoteia vermutet441. Auf dem Foto scheinen aber die ersten beiden Buchstaben als ΑΓ zu lesen zu sein; da der verbleibende Zwischenraum sehr gering ist, würde es passen, zu ἐν ΑΓΥΛΕΙΑΙ zu ergänzen. Zumindest drei der anderen genannten Vereine hatten eindeutig ihren Sitz auf dem Gebiet von Kamiros, was ebenfalls nahelegt, hier einen Ort in Kamiros zu vermuten442. Vereine, die sich nach Asklapios benannten, gibt es in Rhodos vielfach443; singulär ist dagegen der Namensbestandteil Boukopidai. Der Name ist von einem Sakralbezirk abzuleiten, der sich unmittelbar nördlich an die Akropolis von Lindos anschließt und für den nach einer Reihe dort angebrachter Felsinschriften die Bezeichnung ›Boukopion‹ geläufig geworden ist. Blinkenberg sah hierin den Opferplatz bezeichnet, an dem Rinderopfer für Athana dargebracht wurden; eine neu entdeckte Inschrift, in der das Opfer als οὐ βοκοπία bezeichnet wird, veranlassten Philippos Kostomitsopoulos dagegen, hierin eine bestimmte Form des Opfers zu sehen444. Die Inschriften belegen eine Nutzung des Sakralbezirks vom 6.–2. Jh. v. Chr.; Keramikfunde datieren bereits in geometrische Zeit. Teilweise handelt es sich um Dedikationen von Einzelpersonen, in anderen Fällen sind es Angehörige einer Familie, die hier offensichtlich gemeinsam opferten. Genannt werden die Söhne (παῖδες), Enkel (ἔγγονοι), Brüder (ἀδελφοί) oder allgemein die Nachkommen (ἔκγονοι), wobei stets nur die verwandte Bezugsperson namentlich genannt wird445. Zwei Inschriften nennen zudem korporative Verbände, die den Platz zu Kultzwecken genutzt haben. So nennt die älteste Inschrift einen thiasos – überhaupt der früheste Beleg für eine Korporation446 –, die andere Inschrift nennt die als patriōtai belegten Grennadai, die eine Dedikation bezeichnenderweise an Athana Phratrias stifteten447. Der in der neuen Vereinsinschrift belegte Namensbestandteil Boukopidai mit der charakteristischen Endung -dai belegt nun, dass es ursprünglich auch eine patra mit diesem Namen gegeben haben muss448. Somit ist auch der als ›Boukopion‹ bezeichnete Sakralbezirk als Kultplatz lindischer Familienverbände zu interpretieren.

441 Papachristodoulou 2009a, 415. Die beiden Orte werden in IG XII 1, 736 Z. 5 f. genannt. 442 Zwei der Vereine waren in Phanes ansässig, ein anderer in Salakos. 443 Ein weiterer Asklapios-Verein ist in derselben Inschrift erwähnt; für die übrigen Belege s. die tabellarische Zusammenstellung von Benincampi 2008, 345 f. 444 Kostomitsopoulos 1988, 125. 445 s. dazu auch Löhr 2000, 216 f. 446 I. Lindos 580 (6. Jh. v. Chr.). 447 I. Lindos 615 (4. Jh. v. Chr.). 448 Vgl. dazu den Verein der Ἁλιάδαι καὶ Ἁλιασταί; IG XII 1, 155 und 156. Die Vereinstitulatur reflektiert möglicherweise die Genese des Vereins aus einer patra der Ἁλιάδαι und anderen Haliosverehrern, den Ἁλιασταί. Trotzdem ist Gabrielsen 1994, 156 f. dahingehend zuzustimmen, dass der Verein sicherlich nicht in zwei Teilgruppen gegliedert war.

276 

 7 Die Heiligtümer

Die Existenz eines Vereins, der sich als Asklapiastai Boukopidai tōn en Agyleiai bezeichnet, ist nun in mehrfacher Hinsicht bemerkenswert: Papachristodoulou setzt für die Inschrift einen Zeitraum von der Mitte des 2. Jhs. bis zur Mitte des 1. Jhs. v. Chr. an. Zu dieser Zeit wurde das ›Boukopion‹ allerdings nicht mehr zu kultischen Zwecken genutzt. Hinzu kommt, dass der Verein, in dem dieser Kult gepflegt wurde, nicht in Lindos, sondern im Gebiet von Kamiros ansässig war. Da die Asklapiastai Boukopidai einen Nichtbürger ehren, ist anzunehmen, dass es sich nicht um einen exklusiven Bürgerverein handelt, sondern auch Fremde Zutritt erhielten. Geht man davon aus, dass der Inschriftentext von einem Vereinsmitglied verfasst oder zumindest redigiert wurde, so bestätigt die Verwendung der Koine diese Annahme zusätzlich449. Sollte es sich demnach auch hier um die Übernahme bzw. Fortführung einer rhodischen Kulttradition – und zwar diejenige einer lindischen patra – durch Nichtbürger handeln? Möglich erscheint dies durchaus. Doch erfordert es der momentane Quellenstand, sich darauf zu beschränken, die Außergewöhnlichkeit eines Boukopidai-Vereins zu konstatieren.

7.5 Zusammenfassung Gerade der Bereich des Kultischen und Agonalen verdeutlicht in besonderem Maße, dass der Bürgerrechstatus über die gesamte hellenistische Zeit hinweg gleichermaßen seinen exklusiven wie exkludierenden Charakter behielt. Noch in der frühen Kaiserzeit befinden die Lindier über die Zulassung von Fremden zur Choregie in einer zurückhaltenden, geradezu bedächtigen Weise und erwähnen eindringlich, in allen anderen Kultangelegenheiten wolle man es bei dem belassen, was dem ›alten Brauch‹ entspreche. Die aus Rhodos in großer Zahl erhaltenen Dedikationen von Priesterkollegien und besonders die detailliert geführten Priesterlisten, die sich teilweise bis in die Kaiserzeit verfolgen lassen, verdeutlichen den herausragenden Stellenwert, den die Polis- und Phylenkulte einnahmen. Die erhebliche Erweiterung der Bürgerschaft durch die Ausdehnung des Polisgebiets auf die umliegenden Inseln und das Festland änderte daran nichts, obwohl den Neubürgern eine vollkommen gleichberechtigte Partizipation zugestanden wurde. Die Zulassung zur Choregie blieb zudem auf eine Gruppe von Nichtbürgern beschränkt, für die sich langfristige Verbindungen zu führenden rhodischen Familien nachweisen lassen. In ähnlicher Weise dürfte auch das Gymnasion nur besonders bevorrechtigten Fremden offen gestanden haben – vielleicht vornehmlich denen, die über die epidamia verfügten.

449 Der Verweis auf die Übernahme der Choregie des Honoranden wird mit κεχορηγηκώς statt κεχοραγηκώς formuliert.

7.5 Zusammenfassung 

 277

Während Fremde von einer aktiven Teilhabe am Kultgeschehen stets ausgeschlossen blieben, wurden niedere Kultaufgaben sogar an im Dienst der Polis stehende Sklaven übertragen. Diese Gruppe von damosioi setzt sich in der sozialen Stellung erkennbar von anderen Sklaven ab. Ein Betreten der temenē war Nichtbürgern ebenso möglich wie die Teilnahme an Festen als Zuschauer. Die Bewilligung von Anträgen zur Aufstellung von Votiven scheint dagegen selektiv gehandhabt worden und von der Stellung des Antragstellers abhängig gewesen zu sein. Hierbei ist allerdings mit erheblichen Unterschieden hinsichtlich der Exklusivität verschiedener Heiligtümer zu rechnen. Ein finanzielles Engagement für Poliskulte im Rahmen von epidoseis blieb weitgehend Sache der Bürgerschaft; Nichtbürger scheinen bisweilen überhaupt nicht explizit als potentielle Spender adressiert worden zu sein bzw. beteiligten sich nur mit sehr niedrigen Beiträgen. Abgesehen von besonderen Krisensituationen bestand von Seiten der Polis offenkundig grundsätzlich kein Interesse, Nichtbürger hier übermäßig einzubinden. Es waren vornehmlich Rhodier der Oberschicht, die diese Gelegenheiten nutzten, um sich und vor allem ihre gesamte Familie als Wohltäter zu inszenieren. Während auf Polisebene Fremde nur in Ausnahmefällen als Akteure agieren konnten, stand ihnen im Bereich des ›Privaten‹ durch das Vereinswesen demgegenüber ein vielfältiges Kultangebot zur Verfügung, auf das sie selbst gestaltend einwirken konnten. Gerade dieser Bereich verdeutlicht aber wiederum, dass Nichtbürger vielfach eine auffallende Nähe zu Poliskulten suchten, was an den zahlreichen Vereinstitulaturen abzulesen ist, die auf Polisgottheiten Bezug nehmen. Besonders instruktiv ist in dieser Hinsicht der Kult des Zeus Atabyrios. Nichtbürger gaben gleichermaßen innerhalb korporativer Vereinigungen als auch durch eine indivduelle Kultverehrung ihrer Nähe zu dieser genuin rhodischen Gottheit Ausdruck. Während der Kult in frühhellenistischer Zeit noch als panrhodisch bezeichnet werden kann, sind im 2./1. Jh. v. Chr. in den Quellen fast ausschließlich Nichtbürger und vor allem Sklaven unter den Kultanhängern anzutreffen.

8 Die Flotte »Die Stadt Rhodos hatte ihre Stärke im Seewesen« (ἡ πόλις ἡ τῶν Ῥοδίων ἰσχύουσα ναυτικαῖς δυνάμεσι)1. So leitet Diodor – wohl auf den rhodischen Historiographen Zenon zurückgreifend2 – das vielzitierte Proömium der Beschreibung der großen Belagerung von Rhodos durch Demetrios Poliorketes im Jahr 305/4 ein. Der Lokalhistoriker Zenon nennt damit eine der wesentlichsten Voraussetzungen für die außergewöhnliche Entwicklung von Rhodos in hellenistischer Zeit. Dass der Bereich der Flotte für einen Großteil der Bürgerschaft einen zentralen Wesenszug für den Status als Polisbürger schlechthin darstellte, lässt sich vor allem an der Häufigkeit, in der solche Verdienste epigraphisch überliefert sind, ablesen. Bezeichnenderweise gehörte in Rhodos ein Wettkampf zur agonalen Festkultur, bei dem die Trierarchen um die beste Ausrüstung des Schiffes wetteiferten (νικάσας τᾶι ἀποδείξει τᾶς ναός)3. Vielleicht, so ließe sich spekulieren, durfte der Gewinner sogar ebenso wie die siegreichen Choregen einen Preis im Dionysosheiligtum aufstellen. Das Heiligtum grenzte unmittelbar an die Schiffswerften der Kriegsflotte und beherbergte wohl neben zahlreichen Votiven auch ein Relief mit der Darstellung einer Seeschlacht4. Nur wenige Poleis vermochten überhaupt den kostspieligen Unterhalt einer stehenden Flotte zu finanzieren5. Noch im 1. Jh. v. Chr. konnte Rhodos derweil eine Flotte von größter Effektivität aufbieten. Rhodische Schiffe beteiligten sich am Krieg gegen Mithridates und an den römischen Bürgerkriegen. In der Seeschlacht bei Myndos konnten die Rhodier gegen Cassius nochmals 33 Schiffe aufbieten, auch wenn sich die rhodische Flotte hier deutlich unterlegen zeigte6. Erst die kurz darauffolgende Zer-

1 Diod. 20, 81, 2. 2 Grundlegend zu Zenon als Quelle für die Darstellung von Rhodos bei Diodor und Polybios Wiemer 2001. 3 Für die Belege s. Anm. 21. 4 Die Zuweisung des Reliefs zum Dionysosheiligtum ist allerdings nicht gesichert; Konstantinopoulos 1994/95 mit Taf. 12 α. An der Stelle des vermuteten Dionysosheiligtums wurde Ende des 2. Jhs. oder Anfang des 3. Jhs. n. Chr. aus Spolien das große Tetrapylon errichtet. Unter den darin verbauten Blöcken befindet sich auch das Fragment einer Besatzungsliste (Pugliese Carratelli, ASAA 64/65, 1986/87, Nr. 16). Dass allerdings Vorsicht geboten ist, aus dem Auffindungsort auf den Aufstellungsort zu schließen, zeigt ein Grabalter, der sich ebenfalls unter den Baugliedern des Tetrapylon befindet (Pugliese Carratelli, ASAA 64/65, 1986/87, Nr. 19). Für die Einbindung des ›Kriegshafens‹ in die städtische Topographie s. Baika 2013a, 200–202, die jedoch ausgerechnet das Dionysosheiligtum in ihrer Beschreibung nicht berücksichtigt. Sollten, wie von ihr vorgeschlagen, der ›Kriegshafen‹ und die Agora durch eine axiale Straße verbunden gewesen sein, so wäre auch das Dionysosheiligtum in diese Achse einzuordnen. Die große Zahl an anathēmata im Dionysosheiligtum erwähnt Strab. 14, 2, 5. Entsprechend ist es vielleicht kein Zufall, dass die Rhodier hier auch Gesandte anderer Poleis empfingen (I. Priene2 132 Z. 20 f.). 5 Gabrielsen 2001b. 6 App. civ. 4, 71–72. Dass auch im 2. Jh. v. Chr. die militärische Stärke der rhodischen Flotte dennoch hinter derjenigen der hellenistischen Großmächte zurückstand, betont Kah 2016, 259–263. https://doi.org/10.1515/9783110572681-010



8 Die Flotte 

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störung der meisten Kriegsschiffe beendete die Kampffähigkeit der Flotte7. Allerdings unterhielt Rhodos bis in die Kaiserzeit hinein weiterhin Kriegsschiffe und der Kriegsdienst zur See blieb ein angesehenes Betätigungsfeld entsprechend ambitionierter Bürger8. An den Ehren- und Weihinschriften lässt sich wie sonst in keiner anderen Polis ablesen, dass der Dienst auf den rhodischen Kriegsschiffen ein Feld war, auf dem man höchstes Ansehen erringen konnte – dies umso mehr, wenn man seine Dienstzeit κατὰ πόλεμον versehen hatte9. Der rhodische Kriegshafen war dementsprechend ein höchst exklusiver Ort. Auch die berühmte Bemerkung Strabons, der Zutritt zu den Schiffsstationen sei unbefugten Personen (τοῖς πολλοῖς) unter Androhung der Todesstrafe verboten, wird auf denjenigen Hafen zu beziehen sein, in dem die Kriegsflotte stationiert war10. Von der Seeseite her waren der Kriegshafen sowie der große Handelshafen ohnehin verschließbar, um das Einlaufen feindlicher Schiffe verhindern zu können11. Angesichts der großen Zahl täglich durchreisender Fremder, die vielfach auch in Hafennähe eine Unterkunft aufgesucht haben werden, kann man damit rechnen, dass das Zutrittsverbot auch durch ein entsprechendes Wachpersonal kontrolliert wurde12.

7 App. civ. 5, 1, 2. Wenig später spendete König Herodes für den Wiederaufbau der Flotte »viele Talente«; Ios. ant. Iud. 16, 6, 31 (παρέσχεν ἀργυρίου πολλὰ τάλαντα πρὸς ναυπηγίαν); bell. Iud. 1, 422. Inwieweit diese Gelder für den vorgesehenen Zweck verwendet wurden, ist nicht bekannt. 8 s. etwa I. Lindos 445 (2. Hälfte 1. Jh. n. Chr.). 9 Dazu demnächst Kah in Vorb. Für die großzügige Bereitstellung eines Auszugs seiner in Druckvorbereitung befindlichen Dissertation sei Daniel Kah ausdrücklich gedankt. Im Folgenden wird die Arbeit nach der Kapitelnummerierung des Manuskripts zitiert. 10 Strab. 14, 2, 5. Mit οἱ πολλοί wird jeder gemeint sein, der nicht zur Flottenbesatzung gehörte oder eine besondere Magistratsbefugnis besaß. Strabon selbst bemerkt in diesem Zusammenhang, dass sich die Rhodier gleichermaßen vor Spionage schützen wollten. Ebenfalls passt in diesen Kontext die Erzählung über Herakleidēs, einen Agenten Philipps V., der in einem Strategem des Polyainos (5, 17, 2) für einen Brand im Hafen verantwortlich gemacht wird, bei dem 13 Docks zerstört worden sein sollen; vgl. hierzu Gabrielsen 1997, 40; ferner Wiemer 2001, 65. Unabhängig davon, was die Brandursache letztlich gewesen sein mag, zeigt sich hierin, dass der Militärhafen ein äußerst sensibler Bereich war. 11 Diod. 20, 85, 4 (in Bezug auf den ›kleinen‹ Hafen); App. Mithr. 96. Vgl. auch Athen. Mech. 8, 9–13; die dort beschriebenen Befestigungsmaßnahmen des Hafens stehen vielleicht ebenfalls mit der Belagerung durch Mithridates in Verbindung; Whitehead – Blyth 2004, 18. Zur Einbindung des Kriegsund Handelshafens in das Befestigungssystem der Stadt s. Baika 2013b, 212–218. 12 Zur Unterbringung durchreisender Fremde in Hafennähe s. Zwingmann 2012, 129–131. Als Wachpersonal könnte der epigraphisch belegte ἀρχιναυφύλαξ, dem noch ein [ναυ?]φύλαξ unterstellt war, in Frage kommen; beide Ämter sind in Maiuri, ASAA 2, 1916b, 136 Nr. 2 Frgt. b belegt: [– – –]νητο[– – –] | [– – –]ς Πύθων[ος] | [κω]ποδετα[ς] | [– – –]ρ Ἑρμοκ[ρίτου?] | ἀρχιναυφύ[λαξ]· | [– – –]ς Δημητ[ρίου] | [ναυφ]ύλαξ· | [– – –]ος Ζήνων̣ [ος] | Ἀπολλοδώ[ρου] | [τοὶ παρακα]θήμενο[ι]· | [– – –]Μοσχίων[ος] | [– – – ­ Ephem 1915, Ἀ]ντιόχου | [– – –]Διοφάν[του] | [– – –]. Im Kommentar zu der ed. pr. nimmt Chaviaras, A 128 f. Nr. 1 für den rhodischen ναυφύλαξ dieselbe Funktion wie für den attischen νεωρός an, der mit der Aufsicht über die Dockanlagen und der Ausstattung der Schiffe betraut war; er verweist dabei u. a. auf Hesy., der νεωρός mit νεωριοφύλαξ sowie νεωρεῖν mit νεωφυλακεῖν gleichsetzt. Der φύλαξ

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 8 Die Flotte

Aber auch außerhalb der Insel Rhodos waren ganzjährig Schiffe stationiert; auf der Insel Eulimna ließ sich für beide Häfen die Existenz von Schiffshäusern nachweisen, die Platz für insgesamt mindestens 22 Schiffe boten13. In den Schiffshäusern im Hafen von Loryma konnten zwölf Schiffe untergebracht werden14. Auch die Errichtung der neōria in der ›unterworfenen‹ Peraia, für deren Finanzierung in den Gemeinden Pisye und Pladasa in der Mitte des 3. Jhs. v. Chr. zu Spenden aufgerufen worden war, wird mit einiger Sicherheit auf rhodische Initiative zurückzuführen sein15. Weitere Flottenstützpunkte sind auch an anderen Orten des rhodischen Polisterritoriums anzunehmen. Einen wichtigen militärischen Außenposten bildete etwa die 170 km östlich von Rhodos gelegene Insel Megiste, wo ebenfalls eine ständige Abteilung der rhodischen Flotte stationiert gewesen sein muss16. Die Aufrechterhaltung dieses Kommunikations­netzes, das sich über das gesamte Polisgebiet erstreckte, verursachte einen permanenten Personalbedarf, der nur über die Einbeziehung breiter Teile der Bürgerschaft zu leisten war. Inwiefern Nichtbürger in diesem Bereich agieren konnten, wird im Folgenden zu klären sein.

entspräche wiederum den beiden attischen Strategen für die Piräusfestungen Munichia und Akte. Vgl. auch LSJ s. v. ἀρχιναυφύλαξ, wo mit Verweis auf diese Inschrift als Übersetzung »chief of naval guard« gegeben ist. Allerdings ist die von Chaviaras für Z. 4 vorgeschlagene Ergänzung zu dem Patronym Ποδετά[ρου] mit Sicherheit falsch, da ein solcher Name nicht bekannt ist; es kann hier nur [κω]­ποδέτα[ς] gestanden haben (dieser war für die Befestigung der Ruder verantwortlich; LSJ Suppl. s. v.). In Z. 10 dürfte die Ergänzung von [τοὶ παρακα]θήμενο[ι] (»Ruderer«)das Richtige treffen. Somit handelt es sich hier um eine Besatzungsliste, der dann aber doch wohl auch der ἀρχιναυφύλαξ und der [ναυ?]φύλαξ zuzurechnen sind. Ihnen werden daher eher Aufgaben an Bord eines Schiffes zugekommen sein. Zwar denkt auch Vélissaropulos 1980, 85 f. hinsichtlich der genannten rhodischen Inschrift an Hafenpersonal, jedoch weist sie auch etwa auf nächtliches Wachpersonal an Bord der Schiffe hin, das sich mit dieser Funktion in Verbindung bringen ließe. Eine generelle Kontrolle des Hafens ist einer Inschrift zu entnehmen, in der von einem Hafendistrikt (μέρος Λιμήν) die Rede ist, der offensichtlich nochmals in mehrere Abschnitte untergliedert war. Genannt wird nur ein als »Abfahrt« (κώμα Ἄφεσις) bezeichnetes Viertel, über das ein κωμάρχας die Aufsicht führte (IG XII 1, 128); s. dazu Bresson 2007a, 49. 13 Blackman 2010, 381–384; Bairami, in: Stampolidis u. a. 2011, 185 f. 14 Während die im Felsen angebrachten Bettungen Rückschlüsse zur Dachkonstruktion lieferten, konnten durch einen geomagnetischen Survey die Grundmauern einer Reihe von sechs jeweils unterteilten Schiffshäusern sichtbar gemacht werden; Held 2002, 291–293; Held 2009, 126–128. Da die Schiffshäuser sehr wahrscheinlich eine Länge von etwa 20 m aufwiesen, vermutet Held 2009, 129, dass hier die leichten Hemiolien untergebracht waren. 15 HTC 1 mit dem dortigen Kommentar; zustimmend Blackman 2010, 386. 16 s. Held 2009, 129, der zudem das zur inkorporierten Peraia gehörende Daidala als wahrscheinlichen Flottenstützpunkt anführt; ebenso Blackman 2010, 391; vgl. auch Zimmermann 1993, 121. Gabrielsen 1997, 41 verweist ferner auf die Insel Saros, wo einige Felsspalten ebenfalls auf die Existenz von Schiffshäusern deuten könnten. Zu Megiste s. etwa auch Liv. 37, 22, 5, wo von einem dortigen Hafen die Rede ist.



8.1 Räumliche Nähe 

 281

8.1 Räumliche Nähe Wie kein anderer Bereich der Polis war es die Flotte, die allein durch die differenzierte Aufgabenverteilung der Besatzungsmitglieder jeweils einen Raum mit einer besonders ausgeprägten Binnengliederung bildete. Zunächst lässt sich eine grobe Untergliederung in ein ›oben‹ und ›unten‹ vornehmen: einerseits die Deckmannschaft mit vielfach abgestuften Dienstgraden und Verantwortungsbereichen, andererseits die im Schiffsrumpf dicht gestaffelt sitzenden Ruderer, die je nach Schiffstyp auf einer unterschiedlichen Zahl von Ebenen angeordnet waren17. Das Schiff bildete mithin einen im höchsten Maße hierarchisierten Raum mit genau definierten Funktionsbereichen, deren Verhältnis zueinander durch eine gewissermaßen existenzielle Dependenz beschreibbar ist. Bezeichnend ist in dieser Hinsicht eine Episode aus dem Antiochos­ krieg, die bei Livius überliefert ist. Als die römisch-rhodische Flotte in Phaselis auf die gegnerischen Schiffe wartete, sei eine Krankheit ausgebrochen, von der insbesondere die Ruderer betroffen gewesen seien18. Dass von der Krankheit hauptsächlich eine bestimmte Gruppe der Flottenbesatzung betroffen war, ist ebenfalls als Folge der räumlichen Nähe zu betrachten. Zwar gelang in der kurz darauf stattfindenden Seeschlacht bei Side der Sieg; durch die Krankheit geschwächt, fehlte den Ruderern dann jedoch die Kraft, um dem zurückweichenden Schiff Hannibals nachzusetzen. Der beengte Raum des Schiffs erschwerte auch die für die Manövrierung notwendige, exakte Koordination der Schiffsmannschaft. Es waren genau aufeinander abgestimmte Bewegungen erforderlich, von deren Einhaltung der Erfolg in einem Seegefecht abhing19. Auch die Vereinsgründungen, die ganz offensichtlich aus den

17 Für eine Überblick über die Deckmannschaften s. Gabrielsen 1997, 94–97. 18 Liv. 37, 23, 2. 19 Instruktiv ist in dieser Hinsicht eine Stelle aus dem detailreichen Bericht des Thukydides über die entscheidende letzte Seeschlacht im Hafen von Syrakus (413 v. Chr.), bei der die Athener schließlich gegen die Flotte der Syrakusaner unterlagen; dort heißt es Thuk. 7, 70, 3: πολλὴ μὲν γὰρ ἑκατέροις προθυμία ἀπὸ τῶν ναυτῶν ἐς τὸ ἐπιπλεῖν ὁπότε κελευσθείη ἐγίγνετο, πολλὴ δὲ ἡ ἀντιτέχνησις τῶν κυβερνητῶν καὶ ἀγωνισμὸς πρὸς ἀλλήλους: οἵ τε ἐπιβάται ἐθεράπευον, ὁπότε προσπέσοι ναῦς νηί, μὴ λείπεσθαι τὰ ἀπὸ τοῦ καταστρώματος τῆς ἄλλης τέχνης: πᾶς τέ τις ἐν ᾧ προσετέτακτο αὐτὸς ἕκαστος ἠπείγετο πρῶτος φαίνεσθαι. »Denn das Schiffsvolk gab auf beiden Seiten sein Bestes, auf den Gegner loszufahren, sooft es befohlen wurde, die Steuerleute wandten alle ihre Künste und Griffe an in gegenseitigem Wettkampf, und die Besatzungen beeiferten sich, sooft Schiff an Schiff geriet, daß die Arbeit des Verdecks nicht zurückstand unter der übrigen Kunst: jeder einzelne an seinem Platz brannte darauf, sich selbst als den ersten zu zeigen.« (Übers. Landmann). In diesem Zusammenhang wird man die Wendung ἐν ᾧ προσετέτακτο auch ganz konkret räumlich aufzufassen haben, wie es auch Landmann in seiner Übersetzung zum Ausdruck bringt. In der weiteren Beschreibung der Kämpfe treten auch die durch den Lärm der Schlacht verursachten Schwierigkeiten in der Kommunikation hervor; s. Thuk. 7, 70, 6: καὶ τὸν κτύπον μέγαν ἀπὸ πολλῶν νεῶν ξυμπιπτουσῶν ἔκπληξίν τε ἅμα καὶ ἀποστέρησιν τῆς ἀκοῆς ὧν οἱ κελευσταὶ φθέγγοιντο παρέχειν; »und daß das laute Krachen der vielen zusammenprallenden Schiffe Entsetzen bewirkte und zugleich das Ende der Vernehmbarkeit aller Rufe der Taktgeber« (Übers. nach Landmann), vgl. auch den Bericht bei Diod. 13, 16, 4 –5: οἱ δὲ κυβερνῆται θεωροῦντες

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 8 Die Flotte

Untergliederungen einer Schiffsmannschaft heraus entstanden waren, reflektieren diese Raumgliederung20. Auszeichnungen, die Trierarchen für die eingangs erwähnte beste Ausrüstung eines Schiffes erhielten, werden zusätzlich den Ehrgeiz zwischen Besatzungen unterschiedlicher Schiffe gefördert haben; die beiden diesbezüglichen Belege datieren aber erst in das 1. Jh. v. Chr.21. Ab der frühen Kaiserzeit ist dann zu beobachten, dass in Ehreninschriften regelmäßig auf den Namen des Schiffes verwiesen wurde, auf dem die Dedikanten ihren Dienst versehen hatten22. In Dedikationsund Ehreninschriften beziehen sich Besatzungsmitglieder auch regelmäßig auf ihre Befehlshaber, was dann mit der Präposition ὑπό oder μετά ausgedrückt wird. Dabei ist allerdings zu beobachten, dass sich für derartige Anlässe auch ein mehrere Schiffe umfassendes Kollektiv bilden konnte – häufig sind dies die Besatzungen von drei in einem Verband agierenden Schiffen23. Im Hinblick auf die Form der Inklusion von Nichtbürgern ist der Bereich der Kriegsflotte daher von großem Interesse, da durch den begrenzten Raum hier eine ganz unmittelbare Kontaktzone bestand, die zudem in ein stark formalisiertes Kom-

τεταραγμένην τὴν μάχην, καὶ πάντα τόπον ὄντα πλήρη θορύβου, καὶ πολλάκις ἐπὶ μίαν ναῦν πλείους ἐπιφερομένας, οὔθ᾽ ὅ,τι σημαίνοιεν εἶχον, μὴ τῶν αὐτῶν πρὸς ἅπαντα συμφερόντων, οὔτε πρὸς τοὺς κελεύοντας τοὺς ἐνεδέχετο βλέπειν διὰ τὸ πλῆθος τῶν βελῶν. (5) ἁπλῶς δὲ τῶν παραγγελλομένων οὐδεὶς οὐδὲν ἤκουε, τῶν σκαφῶν θραυομένων καὶ παρασυρομένων τῶν ταρσῶν, ἅμα δὲ καὶ τῇ κραυγῇ τῶν ναυμαχούντων καὶ τῶν ἀπὸ τῆς γῆς συμφιλοτιμουμένων. »Als die Steuermänner beobachteten, daß die Schlacht in Unordnung geraten sei, Verwirrung an jeder Stelle herrschte, und wiederholt mehrere Schiffe ein einzelnes bedrängten, da wußten sie weder, welches Signal sie geben sollten – die gleichen Weisungen paßten ja nicht für alle Fälle – noch konnten sie wegen der Menge der Geschosse ihr Auge auf jene richten, die den Ruderern die entsprechenden Befehle erteilten. (5) Mit einem Wort, niemand konnte mehr die Kommandos verstehen, wo doch die Boote zerschellten und die Ruderreihen hinweggefegt wurden, worunter sich noch das Geschrei der kämpfenden Seeleute wie der vom Strande aus engagiert teilnehmenden Kameraden mischte« (Übers. nach Veh). 20 Dass die Initiative für diese Vereinsgründungen sicherlich nicht von den Flottenbefehlshabern ausging, wird in Kap. 4.2.3 dargelegt. 21 Maiuri, Nuova Silloge 18 Z. 16: νικάσαντα τᾶι ἀποδείξει τᾶς ναὸς; SEG 58.817 Z. 9 f.: [νικάσαντα τᾶ]ι ἀποδείξει τᾶν ναῶν | [ καὶ τῶν] σκευῶν. Denkbar wäre auch, dass die große Flottenübung der Rhodier, die in den Jahren nach dem Antiochoskrieg mit der gesamten Flotte (ἅπασι τοῖς σκάφεσι τοῖς ὑπάρχουσιν αὐτοῖς) veranstaltet wurde, die Form eines Agons besaß; Pol. 25, 4, 8–9. 22 Es sind drei verschiedene Namen belegt: Εὐανδρία (Chaviaras, AEphem 1913, 9 f. Nr. 9 Z. 5–8), Εἰρήνα (I. Lindos 420 Seite A Z. 13 f.) bzw. Εἰρήνα Σεβαστά (IG XII Suppl. 210 Z. 4 f.) und Πολιάς (Chaviaras, AEphem 1913, 9 f. Nr. 9 Z. 8–10). Das monolithische Monument in Form eines Schiffbugs aus Nisyros weist an den Seiten Ausbuchtungen auf, die – ebenso wie bei den Schiffsdarstellungen aus Lindos – die obere Ruderreihe darstellen sollen. Hier befindet sich jeweils eine rechteckige abgearbeitete Fläche mit einem Dübelloch, in dem eine Metallplatte mit dem Namen oder Abzeichen des Schiffes angebracht gewesen sein könnte; Filimonos-Tsopotou, in: Stampolidis u. a. 2011, 355. 23 IG XII 5, 913 Z. 1–8 (Tenos; 2. Jh. v. Chr.): Ῥόδιοι | οἱ στρατε̣ υσάμενοι μετὰ | ἄρχοντος τῶν ἀφράκτων | Ἀγαθαγήτου τοῦ Δαμώνακτος̣ | καθ’ ὑοθεσίαν δὲ Παυσανία | καὶ τριηράρχων | Ἁγήμονος τοῦ Δαμοστράτου, | Ἀ[γ]ασιδάμ̣ου τοῦ Καλλιστράτου.



8.1 Räumliche Nähe 

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munikationsfeld eingebunden war. Zunächst ist aber zu klären, in welchem Maße überhaupt Nichtbürgern der Dienst auf den rhodischen Schiffen offenstand.

8.1.1 Nichtbürger auf rhodischen Schiffen Trotz der überaus günstigen literarischen und epigraphischen Quellenlage zur rhodischen Flotte erweist es sich als schwierig, die genaue Zusammensetzung der Schiffsbesatzungen zu bestimmen. Alle Hinweise sprechen dafür, dass die Mannschaften der rhodischen Flotte überwiegend aus Bürgern rekrutiert wurden24. Bereits unmittelbar nach der Eingliederung der Festlandgebiete sind zudem auch Neubürger der Peraia als Besatzungsmitglieder der rhodischen Flotte nachzuweisen, was einmal mehr zeigt, dass den Festlandbewohnern kein minderprivilegierter Status zukam25. Aussagen über den Anteil von Nichtbürgern an den Schiffsbesatzungen bleiben mit großen Unsicherheiten verbunden, da die Ehren- und Weihinschriften abgesehen von dem meistenteils fragmentarischen Zustand kein Gesamtverzeichnis der Besatzung darstellen26. Es sind nicht nur die Kommandoposten unvollständig angegeben, sondern es fehlt insbesondere weitgehend die große Zahl der Ruderer, unter denen man am ehesten Nichtbürger vermuten würde. Für Athen ist in klassischer Zeit der Einsatz von ansässigen Nichtbürgern, Söldnern und auch Sklaven als Ruderer auf den Kriegsschiffen hinreichend belegt27. Dass diese Praxis von den Poleis auch noch in hellenistischer Zeit angewandt wurde, bezweifelt nun Kah28. Nicht nur fehlten derartige Quellenhinweise, sondern es habe vor allem der Bedarf an Ruderern erheblichen Schwankungen unterlegen. Um auch innerhalb kurzer Zeit größere Flottenverbände mit gut trainierten Ruderern bereitstellen zu können, habe man in den Friedenszeiten zahlreiche Bürger entsprechend ausbilden müssen. Überzeugend postuliert er daher, dass der Flottendienst fester Bestandteil der Ausbildung junger Rhodier gewesen sei, was gleichzeitig das Fehlen einer rhodischen Ephebie erklären würde29.

24 Berthold 1984, 44 f.; Gabrielsen 1997, 95 f. 25 s. das Ehrendekret Segre, RFil 60, 1932, 452–461 Nr. II sowie die Grabinschrift a. O. 457. Badoud 2011, 555–557 datiert das Ehrendekret um 300 v. Chr. 26 Gabrielsen 1997, 96; Kah in Vorb., Kap. II 8.1.1. 27 s. Welwei 1974, 65–104 für eine ausführliche Besprechung der Belege. Vgl. ferner Adak 2003, 67–72. 28 Kah in Vorb., Kap. II 8.1.4., 12 f.; dagegen äußerst sich Gabrielsen 1997 nicht ganz eindeutig: a. O. 42 führt er aus, die Rhodier hätten neben den Söldnertruppen auch Ruderer in verbündeten Poleis und unterworfenen Gebieten rekrutiert; a. O. 192 Anm. 70, heißt es dann weitaus zurückhaltender, es sei nicht auszuschließen, dass sich zumindest unter den Ruderern einige Nichtbürger befunden hätten. 29 s. insgesamt Kah in Vorb., Kap. II. 8.3.

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 8 Die Flotte

Die Gruppe der Ruderer war neben anderen Dienstgraden ursprünglich wohl in dem Fragment einer Besatzungsliste aufgeführt; bei drei Personen ist noch das Patronym lesbar, das sich aber in allen Fällen in die rhodische Onomastik einfügt30. Auch von den drei Brüdern aus dem Demos Kasara, die bei Seegefechten gestorben waren, gehörte einer zur Rudermannschaft (πλέων ἐν τᾶι [ναυαρχίδ]ι ἐν τοῖς παρακαθημένοις)31. Das um ca. 260 v. Chr. zu datierende Weihgeschenk in Form eines Schiffsmonuments auf der Akropolis von Lindos liefert den frühesten epigraphischen Nachweis für den Einsatz von Nichtbürgern auf rhodischen Kriegsschiffen. Unter den Dedikanten, bei denen es sich um die Besatzungsmitglieder von ursprünglich wohl drei Schiffen handelt, sind ganz zum Schluss neben drei matroxenoi ein Samier, der als εὐεργέτας bezeichnet wird, sowie ein Bürger aus Halikarnassos aufgelistet32. Es ist eher unwahrscheinlich, dass in den verlorenen Kolumnen der Namensliste noch weitere Nichtbürger verzeichnet waren, da gerade der fehlende Bürgerrechtsstatus der offensichtliche Grund war, diese als letzte aufzuführen. Bei den beiden Fremden wird es sich nicht um Ruderer gehandelt haben, da alle weiteren Belege zeigen, dass die Rhodier Fremde nur in ausgewählten, technisch spezialisierten Bereichen einsetzten: Während der Belagerung von Rhodos durch Demetrios Poliorketes verstärkte man die Schiffe vereinzelt mit Nichtrhodiern, wie dem bei Diodor überlieferten Bericht über die Vorstöße kleiner Flottenverbände zu entnehmen ist: Nachdem es Δαμόφιλος, der einen Verband von drei Patrouillenbooten (φυλακίδες) befehligte, gelungen war, zahlreiche gegnerische Schiffe zu zerstören, wählte er von der überwältigten Schiffsbesatzung »die brauchbarsten Leute für sich aus« (ἐκλεγόμενος τῶν σωμάτων τὰ χρησιμώτατα)33. Dies zeigt einerseits, dass man nur begrenzt auf fremde Besatzungen zurückgriff, wobei in diesem Zusammenhang dafür maßgeblich Sicherheitsaspekte ausschlaggebend gewesen sein dürften; andererseits ist offenkundig, dass man sich bei der Auswahl gezielt an den speziellen Fähigkeiten der Seeleute orientierte. Auch zu anderen Zeiten wurden ›fremde‹ Seeleute für besondere Aufga-

30 Maiuri, ASAA 2, 1916b, 136 Nr. 2 Frgt. b Z. 10–13. 31 Segre, RFil 60, 1932, 457 Z. 6 f. In IG XII Suppl. 210 (mit den Berichtigungen in SEG 33.683) werden nicht explizit Ruderer genannt (so aber Welwei 1977, 129 Anm. 54), sondern die Formulierung τοίδε ἔπλευσαν [ἐν τᾷ Εἰ]|ρήνᾳ Σεβαστᾷ (Z. 4 f.) wird auf die gesamte Schiffsbesatzung zu beziehen sein; vgl. etwa die Ehreninschrift Konstantinopoulos, ADelt A 18, 1963, Nr. 1 Z. 13–15: στεφανωθέντα δὲ καὶ ὑπὸ Παναθηνα|ϊστᾶν στρ[ατευ]ομένων κοινοῦ τῶν ἐνπλεόντων | ἐν ἀνφ[οτέροις] τοῖς πληρώμασ[ι]. 32 App. I 15 (= I. Lindos 88). 33 Diod. 20, 93, 2. Der Befehlshaber weiterer dreier Schiffe verkaufte dagegen die gefangen genommenen Besatzungsmitglieder; der dritte Kommandant konnte elf Geschütz- und Katapulttechniker ergreifen, die aber wohl primär für Verteidigungsanlagen der Stadt relevant waren (Diod. 20, 93, 4–5). Die mit karischen Seeleuten besetzten rhodischen Schiffe, mit denen Theodotos, der Nauarch des Antigonos, im Jahr 313 v. Chr. von Patara in Lykien aus aufgebrochen war, gehörten sicherlich nicht zum rhodischen Flottenverband (Diod. 19, 64, 5). Vielmehr wird es sich um die Schiffe handeln, die Antigonos in einer Werft auf Rhodos bauen lassen durfte; Wiemer 2002, 75.



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ben auf den rhodischen Schiffen angeworben. Im 1. Jh. v. Chr. werden in der Ehreninschrift für einen Schiffskommandanten die Besatzungsmitglieder nach Dienstrang geordnet aufgelistet. Unmittelbar nach dem Steuermann des Schiffes ist der Samier Ὀνάσανδρος als ›Rudergänger‹ (παδαλιοῦχος) verzeichnet; der Metöke Θεύδωρος aus Tripolis begleitete wiederum als Arzt (ἰατρός) die Mannschaft34. In demselben Zeitraum erscheinen in einer ähnlichen Inschrift mit Ἀριστίων aus Knidos und Ζώπυρος aus Astypalaia ebenfalls zwei Nichtbürger als Rudergänger35. Dass man hier ganz gezielt Personen nach ihrer Qualifikation auswählte, erscheint evident. Vier weitere Nichtbürger – zwei aus Bargylia, einer aus Knidos sowie der vierte aus Sinope, die in letzterer Inschrift vor den beiden Rudergängern genannt werden, gehörten sehr wahrscheinlich zu den Seesoldaten36. Vielleicht standen ferner die drei Nichtbürger aus Milet, Ephesos und Soloi, die an Athana Lindia eine aparchē weihten, in militärischen Diensten der Polis, den sie aber nicht zwingend in der rhodischen Flotte ausgeübt haben müssen37. Der Römer Gaius, der auf Syme für einen unbesoldeten Hagemon einen Marmorschild geweiht hatte, gibt zwar an, dass er Kriegsdienst geleistet hat, beschreibt dies aber nur mit einem lakonischen στρατευσάμενος38. Im Kommentar zu der Inschrift zitiert Hiller

34 Segre, ClRh 8, 1936, 227 col. I Z. 13 f. und col. II Z. 11 f. Unter den Dedikanten auf der Basis Kontorini, AER, Nr. 2 (= SEG 39.732) befindet sich eine namensgleiche Person, bei der allerdings der Zusatz metoikos fehlt. Ob es sich ebenfalls um die Mitglieder einer Schiffsbesatzung handelt, lässt sich nicht klären; dafür plädiert Badoud 2015, 131; kritisch bleiben Gabrielsen 1997, 190 Anm. 52; Kah in Vorb., Kap. II 8 1.3 Anm. 32. Neben Theudōros werden noch drei andere Nichtbürger genannt, die alle am Ende der Liste aufgeführt werden; s. col. IV Z. 22–25: Θεύδωρος Τριπολίτας | Ἵλαρος Ἀντιοχεὺς | Ἀφροδίσιος Ἀντιοχεὺς | Δάμων Ἀλεξανδρεύς. Vgl. auch die Ergänzungsvorschläge in SEG 41.659 col. II Z. 1 f.: μ̣ έτ[οικος ἰατρὸς] | Παυσαν[ίας – – –] sowie in Suppl.Epigr.Rh. Nr. 62 Z. 23: Ἀν[– – – Ἁλικαρ]ν̣ ασσ[εύς]. 35 N.Suppl.Epigr.Rh. 159 Nr. 4 col. II Z. 21–24. Ein Ἀριστίων Κνίδιος wurde zusammen mit einem Dionysios aus Knidos bestattet; Kontorini, AER, Nr. 12 (= SEG 39.800) mit dem dortigen Kommentar. 36 N.Suppl.Epigr.Rh. 159 Nr. 4 col. II Z. 17–20. s. zudem Gabrielsen 1997, 190 Anm. 52, der darauf aufmerksam macht, dass in col. I Z. 25 möglicherweise zu [Κνί]διος zu ergänzen sei. Kah in Vorb., Kap. II 8.1.1., 3 f. Anm. 11 betrachtet zudem den in col. II Z. 11–13 unter den epibatai aufgeführten Ἐπίχαρμος Ἐπιχάρμου καθ’ ὑοθεσίαν δὲ Λεοντίδα als identisch mit dem Bildhauer Ἐπίχαρμος Ἐπιχάρμου Ῥόδιος. Dieser war ein Neubürger, dessen Vater – ein Fremder aus Soloi, der mit dem Privileg der epidamia ausgestattet war – gleichfalls als Bildhauer arbeitete. In keiner der zahlreichen Künstlersignaturen verweist Epicharmos aber auf einen Adoptivvater. Eine Gleichsetzung des epibatas mit dem Bildhauer würde daher entweder voraussetzen, dass Epicharmos erst zu einem späteren Zeitpunkt adoptiert worden ist, was aber nur schwer mit dem epigraphischen Befund zu vereinbaren ist, oder aber dass er in Künstlersignaturen auf die Angabe der Adoption grundsätzlich verzichtete. Insofern bleibt die Zuweisung spekulativ. Für einen Künstler, der seine Adoption in der Signatur erwähnt, s. etwa I. Lindos 247 Z. 33–35: Τελέσ〈ω〉ν Ἀντιγένευς | καθ’ ὑοθεσίαν δὲ Κ〈λ〉ευτίμου Ῥόδιος | ἐποίησε. 37 IG XII 1, 775. Gleiches kann für die aparché-Weihung des Eutychos aus Myrina angenommen werden, die er im 1. Drittel des 2. Jhs. v. Chr. tätigte; I. Lindos 178. 38 IG XII 3, 7.

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von Gaertringen die Bemerkung von Wilamowitz, Gaios habe während des Mithridatischen Krieges in der rhodischen Flotte gedient. Einen Bezug zur Flotte lässt sich aus dem Text aber nicht herstellen. Im Gegenteil scheinen Schildweihungen dieser Art generell eher in Zusammenhang mit Kommandoposten der Land- und Festungstruppen in Verbindung zu stehen39. Hinzu kommt, dass ein ἁγεμὼν ἄμισθος ansonsten nur als Befehlshaber des Landheeres belegt ist, wobei grundsätzlich natürlich jedes Amt ἄμισθος ausgeführt werden konnte40. Vor dem Hintergrund dieses Befundes ist nicht anzunehmen, dass es der gängigen Praxis entsprach, ansässige Fremde für den regulären Kriegsdienst auf den Schiffen zu verpflichten41. Dass in einer Flotteninschrift aus dem 1. Jh. v. Chr. gleich sechs Nichtbürger verzeichnet sind, könnte auch auf die besondere Situation während der mithridatischen Kriege zurückzuführen sein42. Auch die pontische Herkunft des epibatas Σίνδης aus Sinope dürfte mit diesem historischen Hintergrund in Verbindung zu bringen sein. Ansonsten kommen sämtliche Nichtbürger, die auf rhodischen Schiffen dienten, aus den unmittelbar benachbarten Regionen. Aus den Kultvereinen, in denen Nichtbürger vertreten waren, lassen sich indes keine Hinweise auf einen Flottendienst ableiten. Der Vorschlag von Gabrielsen, das κοινὸν τοῦ Διονυσιαστᾶν Ἀθαναϊσστᾶν Διὸς Ἀταβυριαστᾶν Εὐφρανορίων τῶν σὺν Ἀθηναίῳ Κνιδίῳ auf den Vater oder Sohn des Nauarchen Δαμαγόρας Εὐφράνορος zurückzuführen, der die rhodische Flotte 88 v. Chr. gegen Mithridates VI. befehligte, ist angesichts des Verbreitungsgrades des Namens Εὐφράνωρ als spekulativ zu bewerten43. Hinzu kommt, dass die Inschrift erst in die frühe Kaiserzeit einzuordnen ist. Auffallend ist darüber hinaus das weitgehende Fehlen von Bezügen zum Dienst in der Flotte in den Grabinschriften, was gleichermaßen für Bürger und Nichtbürger gilt44. Es ist ausgerechnet das Epigramm eines Rhodiers aus der Peraia, das von der Stärke des Verstorbenen »auf schnellen Schiffen« (ναυσὶ θοαῖς) berichtet, wo er

39 Zu den Schildweihungen s. unten Anm. 63. 40 Belege für einen ἁγεμὼν ἄμισθος: Maiuri, Nuova Silloge 18 Z. 4 f.: γενόμενον ἁγεμόνα ἄμισθον ἐπὶ τᾶς | [χώ]ρας τᾶς Λινδίας; Jacopi, ClRh 2, 1932, 190 Nr. 19 Z. 14: γενόμενον ἁγεμόνα ἄμισθον ἐπὶ τᾶς χώρας τᾶς ἐν τᾶι νάσωι; HTC 63 (= I. Peraia 782) Z. 4 f.: γενομένου ἁγεμόνος ἀμίσθου | ἐπί τε Αρτουβων καὶ Παραβλειας). Auch einige Kriegsschiffe wurden von hagemones kommandiert; Gabrielsen 1997, 98 f. 41 In Rhodos ist von den wenigen Nichtbürgern, die im Flottendienst belegt sind, nur für den Arzt Theudōros der Metökenstatus bezeugt, Segre, ClRh 8, 1936, 227 col. II Z. 11 f. 42 Kah in Vorb., Kap. II 8.1.4; N.Suppl.Epigr.Rh. 159 Nr. 4. 43 Gabrielsen 2001a, 224. Zur Familie des Damagoras s. Kontorini 1993. Einen singulären Beleg für einen Nichtbürger in einer militärischen Vereinigung liefert möglicherweise App. I 10 (= Konstantinopoulos, ADelt A 18, 1963, Nr. 52). Die Inschrift ist aber wohl frühkaiserzeitlich einzuordnen, s. den Kommentar zu App. I 10. 44 Der Römer Λεύκιος, der sich in seiner Grabinschrift als Steuermann bezeichnet, wird diese Tätigkeit sicherlich auf einem Handelsschiff ausgeübt haben; ADelt B 38, 1983, 395 (= SEG 39.783e).



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ebenso wie zu Land zahlreiche Feinde getötet habe45. Singulär ist derzeit noch ein Rundaltar, auf dessen Oberseite sich eine Skulptur in Form eines Schiffsbugs befindet46; leider fehlt die dazugehörige Grabinschrift, die auf der nicht erhaltenen Basis gestanden haben muss. Auch der monumentale – ebenfalls unbeschriftete – Schiffsbug, der in jüngster Zeit auf Nisyros gefunden wurde, scheint dem Fundkontext nach zu urteilen ursprünglich zu einem Grabmal gehört zu haben47. Gerade die vielfachen literarischen Belege, in denen die besonderen Fähigkeiten der Schiffsmannschaften hervortreten, lassen sich am besten damit erklären, dass die Flotte bis auf die genannten Ausnahmen von bestens trainierten Bürgerbesatzungen geführt wurde48.

8.1.2 Söldner auf rhodischen Schiffen? In seiner Rede an die Rhodier, in der er die Wiederverwertung von Ehrenstatuen kritisiert, verweist Dio Chrysostomos auf die hohen Ausgaben, die die Polis in früheren Zeiten für Kriegführung und den Unterhalt der Flotte zu bestreiten hatte. Daneben führt er auch die Kosten für die Söldnertruppen an (ξένοι στρατιῶται), die »zur Bewachung der Festungen und des Landes (τὰ φρούρια καὶ τὴν χώραν φυλάττοντας)« eingesetzt wurden49. Dass Rhodos für das Landheer zu großen Teilen auf Söldner zurückgriff, ist auch anderweitig nachgewiesen50: Um die von Philipp V. besetzten Gebiete der Peraia zurückzuerobern, stellten die Rhodier im Jahr 197 v. Chr. ein Landheer zusammen, für das sie neben einem Kontingent von 800 achäischen Söldnern weitere 1800 Soldaten aus Ortschaften des Festlandes anwarben51. Einige Jahre zuvor hatte sich Rhodos überdies durch den Bündnisschluss mit Hierapytna das Recht zur Aus-

45 I. Peraia 209 (= I. Pérée 95) Z. 3–6. 46 Fraser 1977, Abb. 87 d. 47 Filimonos-Tsopotou, in: Stampolidis u. a. 2011, 355. 48 Dazu Kah in Vorb., Kap. II 8.3, der die entsprechenden Belege zusammengestellt hat. Dass der aus Apameia stammende Bildhauer Ploutarchos, der in Rhodos mit dem Bürgerrecht ausgezeichnet wurde, trotz seiner beeindruckenden Laufbahn, zu der auch das Strategenamt zählte, keine Verdienste zur See aufzuweisen hat, wird daher vielleicht kein Zufall sein (Pugliese Carratelli, Associazioni, Nr. 7). Möglicherweise fehlte ihm gerade eine entsprechende seemännische Ausbildung. Da aber auch andere Rhodier der Führungsschicht kein Kommando zur See führten, sollte man dieser Beobachtung keine allzu große Bedeutung zukommen lassen. 49 Dio Chrys. 31, 102–103. 50 Entsprechend ist dies hinlänglich in der Forschung betont worden; s. etwa Berthold 1984, 45 f. 51 Liv. 33, 18, 1–3: Iisdem diebus, omnia simul inclinante fortuna, Rhodii quoque ad uindicandam a Philippo continentis regionem – Peraean uocant – possessam a maioribus suis, [2] Pausistratum praetorem cum octingentis Achaeis peditibus, mille et octingentis fere armatis ex uario genere auxiliorum conlectis miserunt: [3] Galli et 〈M〉niesutae et Pisuetae et Ta〈r〉miani et Th〈e〉raei ex Peraea et Laudiceni ex Asia erant.

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 8 Die Flotte

hebung von Söldnern auf Kreta gesichert52. Das gleiche Privileg wurde den Rhodiern wohl auch von den kretischen Poleis Chersonesos, Olous und Gortyn gewährt53. In denselben Zeitraum datiert eine Weihinschrift an Athana Lindia, die in der kretischen Polis Lato von rhodischen Soldaten errichtet worden war54. Die neunzeilige Inschrift besteht nur aus zwei Teilen – der im Dativ angegebenen Gottheit in der letzten Zeile und dem Namen der Stifter, dem die Magistrate beigefügt sind, unter denen sie gedient haben. Daraus ergab sich dann folgender langer Stiftername: Ῥοδίων | οἱ στρατευσάμενοι μετὰ ἄρχοντος τᾶν τριήρεων | Εὐαγόρα τοῦ Πύθιος καὶ τριηράρχων Ἀγησιδάμου τοῦ | Ἀγήτορος, Τελέσωνος τοῦ Φιλοξένου, καὶ τοῦ ἐπα|ποσταλέντος ὑπὸ Ἀγησιδάμου Κλεωνύμου τοῦ | Θεώρου, καὶ ἀγευμένου τῶν στρατιωτᾶν | τῶν ἐκ τᾶς Ἑλλάδος ξενολογηθέντων | Εὐδάμου τοῦ Ἐπαρμόστου (»Diejenigen der Rhodier, die Kriegsdienst geleistet haben an der Seite des Kommandanten der Trieren Euagoras, Sohn des Pythis und der Trierarchen Hagēsidamos, Sohn des Hagētor sowie Telesōn, Sohn des Philoxenos und des von Hagēsidamos als Nachfolger entsendeten Kleōnymos, Sohn des Theōros und des Befehlshabers der Soldaten, die aus Griechenland als Söldner angeworben wurden, Eudamos, Sohn des Eparmostos«). Das Votiv geht demnach auf die gemeinsame Initiative der Besatzungsmitglieder dreier Schiffe und eines Söldnerkontingentes zurück. Eine zeitliche Einordnung erlauben insbesondere prosopographische Anknüpfungspunkte. Der Trierarch Τελέσων Φιλοξένου ist in dem Zeitraum 196–190 v. Chr. in Kamiros als Priester der Athana Polias und des Zeus Polieus belegt. Zu diesem Zeitpunkt besitzt er allerdings einen Adoptivvater; mithin ist die Weihinschrift aus Lato früher anzusetzen55. Andererseits muss der Kretische Krieg, in dem Lato auf der Gegenseite stand, bereits beendet gewesen sein, was spätestens 201 v. Chr. der Fall war56. Die in der Weihinschrift genannten Söldner werden allerdings nicht bzw. nicht primär auf Kreta angeworben worden sein. Die Herkunftsangabe ἐκ τᾶς Ἑλλάδος deutet darauf hin, dass es sich um eine gemischt zusammengesetzte Einheit handelt.

52 I. Cret. III iii 3 Z. 40–49. 53 Chersonesos: SEG 41.768; die Ergänzungen ergeben sich aus Parallelen im Vertrag zwischen Rhodos und Hierapytna. Olous: SEG 23.547, wo wiederum aufgrund der Ähnlichkeit mit den Verträgen von Hierapytna und Chersonesos in einer Lücke Regelungen zu Söldneranwerbungen gestanden haben könnten; s. Wiemer 2002, 161 sowie a. O. 166–168 zu Silbermünzen aus Gortyn, bei denen es sich um rhodische Sonderprägungen handelt, die wahrscheinlich für die Bezahlung von Söldnern verwendet wurden. 54 I. Cret. I Lato 35. 55 Tit.Cam. 47 Z. 17 f. Der Befehlshaber der Söldner Εὔδαμος Ἐπαρμόστου ist vielleicht in der Liste der Priester des Asklapios in Thyssanous auszumachen; I. Peraia 151 col. B Z. 43 (= I. Pérée 118): [.]υδ[–]ος Ἐπαρμόστου. Blümel a. O. datiert die Kolumne in die 2. Hälfte des 3. Jhs. v. Chr., da der Name relativ zum Schluss erscheint, ließe sich die Identifizierung zeitlich vereinbaren. 56 Wiemer 2002, 172 f.



8.1 Räumliche Nähe 

 289

Zwar lässt sich die unspezifische Bezeichnung στρατιῶται grundsätzlich auch auf die Soldaten eines Schiffes beziehen57; für einen Einsatz der Söldner im regulären Aufgebot der Seesoldaten gibt es aber keinerlei Hinweise. Dass es sich bei den wenigen Nichtbürgern, die in der rhodischen Flotte dienten, um Söldner handelt, erscheint allein schon in Anbetracht der geringen Zahl wenig wahrscheinlich. Der Befund deutet damit nicht auf eine systematische Anwerbung. Eher wird man hier auf die in Rhodos dauerhaft ansässigen Nichtbürger zurückgegriffen haben. Die in der Weihinschrift aus Lato genannten Söldner agierten offensichtlich in enger Zusammenarbeit mit der Flotteneinheit und werden kombinierte Land-/Seeaktivitäten ermöglicht haben, mit denen die Rhodier ihren Einfluss auf Kreta und den übrigen Inseln in ihrem Einflussgebiet zu sichern versuchten. Solch eine konzertierte Vorgehensweise lässt sich auch aus dem rhodischen Ehrendekret herauslesen, mit dem Anfang des 3. Jhs. v. Chr. die verdienstvollen Teilnehmer einer Kampagne zu der kleinen Insel Aigale ausgezeichnet wurden58. Unter den Geehrten befinden sich zwei rhodische Seesoldaten. Neben diesen beiden Mitgliedern der Schiffsbesatzungen erhielt Σκύλλινος Ἐπικράτεος aus dem Demos Physkos als Befehlshaber der Söldner (συνταγματάρχας ἐπὶ τῶν ξένων) eine Ehrung sowie die fünf untergeordneten Kompanieführer (τῶγ ξένων τῶμ μισθοφ[ό]|ρων λοχαγοί) Ἀμώμητος aus Kalymnos, Χαρικλῆς aus Kos, Ἁρμόδιος aus Elis, ein Söldner aus Karystos, dessen Name auf dem Stein nicht erhalten ist, und Θεαρί[δας], bei dem wiederum das Ethnikon fehlt59, ferner ein für die Torsionsgeschütze Verantwortlicher, der aus Kasara in der rhodischen Peraia kam. Den Landstreitkräften kam offensichtlich ein zentraler Anteil für das Gelingen der Militäraktion zu. Die Zusammensetzung der Söldnertruppen ließe sich auch hier mit ἐκ τᾶς Ἑλλάδος beschreiben. Grundsätzlich war es unabdingbar, neben den Seesoldaten zusätzliche Landtruppen mitzuführen, um überhaupt eine Inbesitznahme bzw. eine wirksame Sicherung der Flottenstützpunkte erreichen zu können. Dass der Einsatz der Ruderer als Landsoldaten bei dem Landungsversuch der römisch-rhodischen Flotte während des Antiochoskrieges in Lykien kein Regelfall war, lässt sich dem Bericht des Livius deutlich entnehmen. Erst als die Hilfstruppen, die zur Sicherung des Landungsplatzes ausgeschickt worden waren, in Schwierigkeiten gerieten und für die Schiffe selbst Gefahr bestand, griff man neben den Soldaten auch auf die Seesoldaten und sogar die Ruderer zurück, die dafür aber eigentlich nicht ausrei-

57 Literarisch ist dies zumindest in Polyain. 5, 27 belegt. 58 Segre, RFil 60, 1932, 452 Nr. II (= SEG 59.881). Für die Bewertung der Militäraktion als Sicherung eines wichtigen Flottenstützpunktes s. Wiemer 2002, 131–133, der sich gegen ältere Forschungsmeinungen wendet, die hierin ein Vorgehen gegen Seeräuber sahen. Vgl. aber wiederum Bresson 2007b. 59 Z. 14–18. Die fünf Kompanieführer der Söldner sind auf dem Stein durch ein vacat von den rhodischen Amtsträgern abgesetzt. Im Anschluss waren ursprünglich noch Soldaten, die den doppelten Sold erhielten, aufgeführt (διμοιρῖτ[αι]). Der Stein bricht dann jedoch ab.

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 8 Die Flotte

chend gerüstet waren60. Auf solch ein Vorgehen wird man daher ansonsten verzichtet haben, schließlich gefährdete man so auch die Funktionsfähigkeit der Flotte. Söldner waren, so lässt sich festhalten, zwar nicht unter den Schiffsmannschaften zu finden, für zahlreiche Militäraktionen war hingegen eine enges Zusammenwirken zwischen Land- und Flotteneinheiten unabdingbar. Wie häufig es vorkam, dass Söldner nach ihrer Dienstzeit in der Polis blieben, lässt sich nicht klären. Der kretische Bogenschütze Κίμων, Sohn des Διδύμανδρος, der im 2. Jh. v. Chr. auf Telos bestattet wurde, stellt bislang das einzige Beispiel dar61.

8.1.3 Polissklaven auf rhodischen Schiffen? Aus Rhodos stammen eine Reihe von marmornen Votivschilden, die größtenteils von militärischen Amtsträgern nach dem Ende ihrer Amtszeit selbst gestiftet wurden oder von Soldaten, die unter ihnen gedient hatten. Bereits seit langem bekannt ist der heute im British Museum aufbewahrte Ehrenschild aus dem 1. Jh. v. Chr. für einen ehemaligen Strategen über die chōra der Insel Rhodos, der außerdem in nicht näher bezeichneten Funktionen auf ungedeckten Schiffen tätig gewesen war ([στρα]ταγήσαντος ἐκ πάντων [ἐπὶ τᾶς] χώρας τᾶς ἐν τᾷ νάσσωι καὶ [στρατευ]σαμένου ἐν τοῖς ἀφράκτοις)62. Im Folgenden werden dann weitere Ämter aufgelistet und die zahlreichen Ehrungen angeführt, die ihm von verschiedenen Seiten zugekommen waren. Bemerkenswert ist aber, dass der Schild von einem grammateus damosios und demnach von einem Polissklaven gestiftet wurde, der ihn in das Heiligtum der Hestia und des Zeus Teleios in Kamiros weihte. Die Beziehung zu dem Geehrten bringt er mit [τὸν αὑτ]ο̣ ῦ ἄρχοντα zum Ausdruck. Aus der allgemeinen Bezeichnung ἄρχων geht jedoch nicht hervor, ob ein ziviles oder militärisches Amt gemeint ist. Da der Geehrte während seiner Laufbahn auch das Amt des Ratsschreibers innehatte, könnte man zunächst annehmen, dass der Dedikant, der ja schließlich als grammateus der Polis eingesetzt wurde, ihm während dieser Zeit unterstellt war. Das Votiv selbst weist aber vielmehr auf einen militärischen Kontext. Bei einer Betrachtung der zahlreichen anderen Marmorschilde fällt zudem auf, dass bei dieser Votivgattung stets ein Amt als Stratege oder Epistat, mithin also ein Landkommando im Vordergrund steht, das daher auch den Anlass für die Weihung gegeben haben wird63. Dass den militärischen Befehlshabern eigene

60 Liv. 37, 16 bes. 16, 11: ita non milites solum, sed naualis etiam socios remigum〈que〉 turbam, quibus quisque poterat telis armatos, in proelium eduxit. 61 IG XII 3, 47. Da die Einsätze in der Regel zeitlich begrenzt waren, blieb dies tendenziell die Ausnahme; vgl. grundsätzlich zu dieser Frage Chaniotis 2005, 84–86. 62 Tit.Cam. 78. Zur allgemeinen Umschreibung des einfachen Flottendienstes mit στρατευσάμενος ἐν + Schiffstyp s. demnächst Kah in Vorb. sowie zu dieser Inschrift den Kommentar a. O. Nr. 54. 63 Für andere Marmorschilde aus Kamiros, die von militärischen Amtsträgern gestiftet wurden, s. Tit.Cam. 66 (epistatas des peripolion); Tit.Cam. 70. 73. 74. 77 (Stratege ἐπὶ τᾶς χώρας); Tit.Cam. 75. 78 a



8.1 Räumliche Nähe 

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Schreiber zur Seite standen, ist verschiedentlich belegt64, in sämtlichen Fällen sind es jedoch immer rhodische Bürger, die dieses Amt übernahmen. Keiner Inschrift lässt sich eindeutig entnehmen, in welchen Bereichen man einen Polissklaven als grammateus einsetzte65. In dem Weihgeschenk an Zeus Atabyrios, das von einem Verein von Polissklaven [ὑπὲρ] τ̣ ῶν κυρίων Ῥο[δίων] gestiftet worden war, wird allerdings interessanterweise ebenfalls ein grammateus damosios genannt66. Bedenkt man den eindeutig kriegerischen Aspekt des Zeus Atabyrios, so erscheint es keineswegs abwegig, hinter der Vereinigung der Polissklaven, einen Zusammenschluss von im militärischen Bereich tätigen damosioi zu vermuten67. Eindeutig in den militärischen Kontext ist das Votiv eines weiteren Polissklaven einzuordnen, das an Apollon Stratagios geweiht ist68. Auch wenn der Einsatz von Polissklaven im militärischen Bereich somit belegt ist, so ist ein Nachweis über ihren Dienst in der rhodischen Flotte damit aber weiterhin noch nicht erbracht. Ein Indiz liefert in dieser Frage aber nun das Fragment eines weiteren Marmorschildes aus Rhodos-Stadt, der sekundär in einer byzantinischen Mauer verbaut gefunden wurde69. Der Name des Geehrten ist nicht erhalten, da er jedoch von den Besatzungen zweier Schiffe mit Kränzen bedacht worden ist, muss er ein Kommando auf einem Schiff geführt haben. In Z. 11–13 werden die Namen von zwei Dedikanten genannt und in gleicher Weise wie bei dem Ehrenschild aus Kamiros in ein Dienstverhältnis zu dem Honoranden gesetzt: 12

Ἑρμίας Θύλου [– – –] Ἥσυχος ὑπη[ρέται τὸν] αὐτῶν ἄρ[χοντα – – –]

(Stratege ἐν τῶι ἄστει); Tit.Cam. 76 (Stratege); Tit.Cam. 78 c (Stratege ἐπὶ τᾶς ἐν τᾶι νάσσωι χώρας). Vgl. auch das jüngst publizierte Fragment aus Telos, Kaninia, in: Stampolidis u. a. 2011, 264 Nr. 30 Z. 4 f. ([στρ]α̣ταγήσας | ἐκ πάντων). Ein mit Tit.Cam. 78 vergleichbarer Ehrenschild stellt Tit.Cam. 72 dar (für einen Befehlshaber auf ungedeckten und gedeckten Schiffen, der außerdem Stratege ἐπὶ τᾶς ἐν τᾶι νάσσωι χώρας sowie ἐπὶ τᾶς ἐν τῷ πέραν χώρας gewesen war). Die Dedikanten werden nicht genannt; zu vermuten ist aber, dass die συναρχίαι, die dem Geehrten einen Kranz verliehen hatten (Z. 7 f.), auch die Errichtung des Schildes veranlassten. 64 IG XII 1, 42 Z. 19 f. (= Suppl.Epigr.Rh. 22); IG XII 1, 49 col. I Z. 29 f.; Hiller, AM 20, 1895, 382–386 Nr. 4 Z. 27 f.; Jacopi, ClRh 2, 1932, 198 Nr. 31 col. II Z. 14 f. (γραμματεὺς στραταγῶν); Maiuri, Nuova Silloge 5 col. I Z. 4–6 (grammateus des Trierarchen und Schatzmeisters in einer Person: γραμματεύς [τριηρ]ά[ρ]χου καὶ ταμία); IG XII Suppl. 317 Z. 7 f. und 14 f. (Tenos). 65 Polissklaven sind in dieser Funktion in keinem öffentlichen Dokument oder einer Dedikation eines Kollegiums von Priestern bzw. Polisbeamten bezeugt. 66 IG XII 1, 31 Z. 2–5. Der Name des grammateus damosios Εὐλίμενος (»mit guten Häfen versehen«) verleitet ebenfalls zu entsprechenden Assoziationen. 67 Vgl. Kap. 7.4. 68 Badoud 2017b, 107. 69 Zimmer – Bairami 2008, 165 f. E 555 mit den Korrekturen von Badoud 2017b, 110.

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 8 Die Flotte

Der Name Ἑρμίας ist sowohl für Rhodier als auch Nichtbürger belegt; das Patronym Θύλας ist insgesamt singulär; ῞Ησυχος ist dagegen durch die Bezeichnung als hypēretas eindeutig als Polissklave zu identifizieren; da beide von ihrem gemeinsamen Archon sprechen, gilt gleiches vielleicht auch für Hermias70. Welche Aufgaben die hypēretai in der Regel übernahmen, lässt sich nicht genau bestimmen. In Kamiros beteiligten sich im 2. Drittel des 2. Jhs. v. Chr. zwei hypēretai an einer Spende mit einem Betrag von 5 Drachmen – dies ist gleichzeitig der früheste Beleg für diese Gruppe der Polissklaven71. Eine spätantike lindische Kultvorschrift, in der Reinheitsgebote festgelegt sind, führt die hypēretai als erweitertes Kultpersonal nach verschiedenen Musikern auf72. Ebenfalls kaiserzeitlich datieren zwei Inschriften, die eine Verbindung der hypēretai zu den grammateis indizieren. Bei einer der beiden Inschriften handelt es sich um eine Grabinschrift zweier Nichtbürger und einer Nichtbürgerin, von denen einer als grammateus damosios bezeichnet wird, einer als hypēretas damosios sowie die Frau als metoikos73. Man wird die drei Personen als Vater, Mutter und Sohn zu interpretieren haben74; der Sohn muss dann der hypēretas damosios Euytchos sein, da ihm die Endung des Patronyms [– – –]δρου zuzuordnen ist. In der anderen Inschrift – ob eine Ehren- oder Weihinschrift vorliegt, lässt sich nicht entscheiden – sind zunächst fünf Rhodier aufgelistet, deren Funktion ursprünglich in der darüber stehenden Zeile gestanden haben muss75. Darunter erscheint ein weiterer Rhodier im Amt eines grammateus. Für keinen der Namen kann eine prosopographische Parallele hergestellt werden, die es erlauben würde, einen der genannten rhodischen Bürger näher zu bestimmen. Am Ende der Liste sind schließlich unter der Rubrik ὑπηρέται drei Personen aufgeführt: Ἰάσων, Ἐπίγονος, der durch das hinzugefügte Patronym als Sohn des Iasōn ausgewiesen ist, sowie Θεύδας. Während letzterer Name in der rhodischen Onomastik nicht belegt ist, lassen sich für die Namen Iasōn und Epigonos gleichermaßen Bürger und Nichtbürger anführen76. Hiller von Gaertringen interpretierte Epigonos als Bürger, da er einen Vatersnamen führe77. Gleiches nimmt er für den in der Grabinschrift mit Patronym genannten ὑπηρέτας δαμόσιος Εὔτυχος an und folgert daraus, in späthellenistischer Zeit habe das Amt des

70 s. den Kommentar in Kah in Vorb., Nr. 55. 71 Tit.Cam.Suppl. 157 a, Z. 4 f. 72 I. Lindos 487 Z. 20. 73 Hiller, ÖJh 4, 1901, 163 Nr. 2. 74 s. den Kommentar zu Hiller, ÖJA 4, 1901, 162–164 Nr. 2. Der Text verteilt sich auf drei Fragmente; Badoud 2017b, 111 Anm. 21 vermutet, dass die Inschriften auf drei verschiedenen Osteotheken angebracht waren und es sich entsprechend um drei männliche und drei weibliche Personen handele. 75 IG XII 1, 7. 76 Den Namen Epigonos tragen außerdem ein weiterer Polissklave (I. Lindos 289) sowie ein Freigelassener, der vielleicht ebenfalls ursprünglich im Dienst der Polis stand (IG XII 1, 383). 77 s. den Kommentar in Hiller, ÖJA 4, 1901, 162–164 Nr. 2; zustimmend Kah in Vorb., Nr. 55 zu Z. 11–13.



8.1 Räumliche Nähe 

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hypēretas insoweit an Prestige gewonnen, dass es nun zumindest auch für ärmere Bürger, Metöken und Freigelassene attraktiv geworden sei. Da die übrigen hypēretai in der Liste wie auch in allen anderen Dokumenten jedoch konsequent nur mit einem Individualnamen bezeichnet sind, vermag diese Deutung nicht zu überzeugen. Naheliegend lässt sich das Patronym in beiden Inschriften damit erklären, dass schlichtweg beabsichtigt war, das verwandtschaftliche Verhältnis zwischen zwei der hypēretai deutlich zu machen, ohne damit eine rechtliche Unterscheidung innerhalb der Gruppe der hypēretai ausdrücken zu wollen. Auch andere, wenn auch zugegebenermaßen vereinzelte Belege zeigen, dass eindeutig als Sklaven zu identifizierende Personen gelegentlich eine Filiation angeben konnten78. Beide Dokumente erlauben die Vermutung, dass zumindest einige der hypēretai Assistenzaufgaben der grammateis wahrnahmen79. Auf der Flotte sind sie damit aber immer noch nicht untergebracht. Für Kos sind unter den Besatzungen der Flotte hingegen τοὶ ὑπηρέται τᾶν μακρᾶν ναῶν belegt, die an Bord der Kriegsschiffe einfache Hilfstätigkeiten übernommen haben werden. Diese müssen aber nicht zwangsläufig mit Polissklaven identifiziert werden80. Vielleicht ist aber eine in das 2./3. Jh. n. Chr. datierende Grabinschrift aus Phoinix in der Peraia als spätes Zeugnis für den Dienst von Polissklaven in der rhodischen Flotte zu betrachten. Darin bezeichnet sich der Verstorbene Αἴλί(ος) Ζωσίμου als ναύκληρος ὑπηρέτας δαμόσιος81. Bedenkt man, dass die Rhodier bis weit in die Kaiserzeit hinein die Organisationsstruktur der Flotte aufrechterhielten und offensichtlich in gleicher Weise wie zuvor das Personal für ihre Kriegsschiffe bestellten, lässt sich diese Schlussfolgerung durchaus vornehmen. Zwar lässt sich nicht ausschließen, dass in dem verlorenen Teil des Schildes, den Hesychos und Hermias stifteten, noch andere militärische Ämter genannt waren, die den eigentlichen Anlass der Ehrung gegeben haben mögen; trotzdem sprechen die genannten Indizien dafür, beide als Hilfspersonal eines Archon einer Schiffsbesatzung zu betrachten. Um Polissklaven könnte es sich schließlich auch bei den Dedikanten handeln, die auf Tenedos ein Weihgeschenk an die Dioskouren stifteten82. Die Inschrift beginnt mit der Datierung nach einem Priesteramt der Dioskouren, das der Rhodier Φιλίσκος, Sohn des ῾Αγήσανδρος innehatte. Eine gleichnamige Person ist in Rhodos als Bugof-

78 s. dazu Kap. 3.3.2 engenēs. 79 Dass mit der allgemeinen Bezeichnung hypēretas ganz unterschiedliche Aufgabenbereiche verbunden sein konnten, zeigt allein schon die Erwähnung in der spätantiken Kultvorschrift I. Lindos 487 Z. 20. 80 IG XII 4, 1, 293 Z. 31. 81 I. Peraia 142; vgl. zu der Inschrift auch Badoud 2017b, 111. 82 IG XII 2, 640: ἐπὶ ἱερέως τῶν Δι|οσκούρων Φιλίσκου | τοῦ Ἀγησάνδρου Ῥο|δίου Εὔνομος καὶ οἱ | σύνσκανοι Διοσ|κούροις.

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 8 Die Flotte

fizier belegt83. Die Dedikanten Εὔνομος und οἱ σύνσκανοι (»die Zeltgenossen«) beziehen sich hier daher sicher nicht auf den offiziellen rhodischen Dioskourenpriester. Vielmehr dürfte anzunehmen sein, dass die Schiffsbesatzung einen eigenen Priester gewählt hatte, dem die Zeltgenossen anlässlich ihrer Votivweihung eine eponyme Funktion verliehen. Da für Eunomos kein Patronym gegeben ist und der Name in der rhodischen Onomastik nicht vorkommt, wird es sich bei ihm sowie seinen Kameraden um Polissklaven handeln. Aber auch in diesem Fall ist Vorsicht geboten, schließlich könnten die syskanoi ebenso einer Abteilung der Landtruppen angehören, die einem Flottengeschwader zugeordnet waren. Andernorts ist belegt, dass hypēretai als Waffenträger die Soldaten des Landheeres begleiteten, wobei diese Hilfstätigkeiten in der Regel Unfreie erfüllten84. Auch »die Begleiter der Soldaten« (οἱ ἀκολουθησάντες στρατιωτᾶν), die neben zahlreichen vorwiegend militärischen Vereinen und Vereinigungen einen Rhodier mit einem Goldkranz ehrten, könnten Sklaven gewesen sein, die als Hilfspersonal das Landheer unterstützten85. Es ist demgegenüber nicht damit zu rechnen, dass auf den Kriegsschiffen jeder der Offiziere und Seesoldaten einen eigenen Waffenträger mitführte, der bei Seegefechten ohnehin nur hinderlich und auf dem Schiff auch nicht unterzubringen gewesen wäre86. Schließlich erwägt Karl-Wilhelm Welwei, dass einige der Sklaven, die bei der Belagerung von Rhodos durch Demetrios zum Einsatz kamen, für die Bemannung der neun rhodischen Schiffe verwendet wurden, die für kleinere Vorstöße ausrückten. Da hierfür mindestens 1200 Mann notwendig gewesen wären, hätte andernfalls eine erhebliche Menge an Bürgern nicht für die Verteidigung der Stadt zu Verfügung gestanden87. So berechtigt dieser Hinweis ist, erscheint es fraglich, ob die Kaperfahrten mit überwiegend ungeübten Schiffsmannschaften überhaupt Erfolg gehabt hätten. Vielmehr gewinnt man den Eindruck, dass die Rhodier für diese gefährlichen Unternehmungen nur äußerst erfahrene Seeleute einsetzten und bewusst das Risiko eingingen, diese zu verlieren: Bereits zu Beginn der Belagerung wurden drei der besten Schiffe (τῶν ἄριστα πλεουσῶν νεῶν τρεῖς) ausgesendet, mit denen insbesondere die gegnerischen Versorgungsschiffe angegriffen werden sollten88. Dass die Qualität der Mannschaft hinter derjenigen der Schiffe nicht zurückstand, macht der Bericht der nächsten Flottenaktion deutlich. Um die gegnerischen Boote, auf denen die Belagerungsmaschinen transportiert wurden, zu versenken, entsendeten die Rhodier abermals drei Schiffe; die Ratsmitglieder riefen dabei explizit τοὺς ἀρίστους τῶν πολιτῶν auf, sich zu melden. Da zahlreiche Bürger dem Aufruf folgten, war es

83 Maiuri, Nuova Silloge 5 col. I Z. 9 f. 84 Welwei 1977, 88 f. 85 Pugliese Carratelli, Associazioni, Nr. 19 Z. 11 f. (2. Jh. v. Chr.). 86 Welwei 1977, 113 f. 87 Welwei 1977, 130. Bei diesen Sklaven handelte es sich allerdings nicht um Polissklaven. So heißt es bei Diodor (20, 84, 3) ausdrücklich, dass die ehemaligen Herren finanziell entschädigt worden seien. 88 Diod. 20, 84, 5.



8.2 Formen sozialer Inklusion und Interaktion 

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dann auch möglich, drei der besten Schiffe mit ausgesuchten Männern zu besetzen (τρεῖς ναῦς τὰς κρατίστας ἐπλήρωσαν ἐπιλέκτων ἀνδρῶν)89. Auch die drei Schiffe, die der hagemōn Amyntas gegen die an der Küste der Peraia lagernden Schiffe der Piraten führte und mit denen er ein Seegefecht bestand, zählten zu den besten Kriegschiffen der Flotte90. Bei den einzelnen Aktionen ist ein taktisches Geschick zu beobachten, welches ebenso die Professionalität des Vorgehens verdeutlicht. Während im regulären Aufgebot des Landheeres Unfreie regelmäßig vertreten waren, kann die Frage nach der Präsenz von Polissklaven auf rhodischen Schiffen trotz verschiedener Indizien, die solch eine Vermutung berechtigen, nicht mit letzter Sicherheit beantwortet werden.

8.2 Formen sozialer Inklusion und Interaktion Durch die strikte Hierarchisierung wurde jedem Besatzungsmitglied eines Kriegsschiffes ein fester Platz zugewiesen. Den Formen der Interaktion war dadurch eine Struktur gegeben, die durch die Dienstgrade in präzise Kategorien der Über- und Unterordnung ausgeprägt waren. Grundsätzlich setzten sich die Besatzungen neben den vereinzelt belegten Nichtbürgern aus allen sozialen Schichten der Bürgerschaft zusammen. Kah hat dabei beobachtet, dass sich je nach Funktion durchaus Unterschiede hinsichtlich der sozialen Herkunft ausmachen lassen. So seien Rhodier, die der Führungsschicht zuzurechnen sind, etwa als Seesoldaten anzutreffen, nicht aber in Funktionen, die ein hohes Maß an technischem bzw. handwerklichem Spezialwissen erforderten. Innerhalb dieser spezialisierten Tätigkeitsbereiche sei es in begrenzten Umfang möglich gewesen, eine höhere Stellung zu erreichen, von denen der Steuermann den Abschluss gebildet habe. Die Tätigkeit als Ruderer habe hingegen kaum Chancen geboten, sich für andere Aufgaben zu qualifizieren, weshalb die Aufstiegsmöglichkeiten dieser Gruppe eher gering zu veranschlagen seien91. Den wenigen Nichtbürgern, die an Bord eines Kriegsschiffes dienten, werden sich dementsprechend kaum die Möglichkeiten einer Karriere im Bereich der Flotte eröffnet haben. Zwar war ihnen Zutritt zu einem Feld gewährt worden, das den Rhodiern als wesentliche Quelle des Prestigeerwerbs diente; doch hatten sie sich meistenteils durch eine besondere Qualifikation für einen Posten empfohlen. Da die Position der Fremden innerhalb der Ämterhierarchie aber statisch fixiert war, blieb ihnen der Konkurrenzkampf mit führenden Rhodiern um angesehene Kommandostellen und damit ein wichtiger Bereich, in dem Prestige zu erlangen war, verwehrt. Demgegenüber hatte die Polis um 300 v. Chr. für mehrere Nichtbürger, die als Söldnerkommandan-

89 Diod. 20, 88, 3–4. 90 Diod. 20, 97, 5. 91 Kah in Vorb., Kap. II 8.1.2.

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 8 Die Flotte

ten im Landheer der Polis dienten, Ehrungen beschlossen92. Dieser Beleg ist indessen ebenfalls singulär. Immerhin gehörten zwei Nichtbürger der Schiffsbesatzung dreier Schiffe an, die das große Schiffsmonument auf der Akropolis in Lindos gestiftet hatte und kollektiv vom Damos bekränzt worden war93. Die Bekränzung wird man anlässlich eines Festes vorgenommen haben, bei dem dann auch die Nichtbürger auftraten. Die Anordnung der Namen der Dedikanten auf dem Schiffsmonument folgte jedoch nicht der Ämterreihenfolge, sondern die Fremden waren ebenso wie die drei matroxenoi bewusst an das Ende der Inschrift platziert worden. Einer der Nichtbürger – sehr wahrscheinlich ein Samier – führte sogar den euergetas-Titel, was bei der Anordnung der Namen aber ebenfalls keine Berücksichtigung gefunden hatte. Dieser Befund behält unabhängig davon Gültigkeit, dass es einer Erklärung bedarf, warum zwei Rhodier zwischen den Nichtbürgern und matroxenoi erscheinen94. Deutlich lässt sich hieran beobachten, dass die militärische Ämterhierarchie hinter das Bürgerrecht als maßgeblichem Hierarchisierungsfaktor zurücktrat. Dabei gilt zu berücksichtigen, dass die Namensgliederung nicht etwa von Seiten der Polis vorgenommen wurde, sondern von den Besatzungsmitgliedern selbst. Sogar in Besatzungslisten, die nach der Ämterstruktur geordnet waren, konnten die Namen von Fremden separiert werden. So werden in einer Inschrift die Nichtbürger ganz zuletzt unter den epibatai genannt; dahinter bilden die beiden padaliouchoi aus Knidos und Astypalaia den Schluss95. Sicherlich war es insbesondere einem Schiffsarzt wie dem aus Tripolis stammenden Theudōros möglich, öffentliche Anerkennung für seine Leistung zu erhalten; dies stand aber weniger mit dem Flottendienst als solchem in Verbindung, sondern entspricht der grundsätzlich hervorgehobenen Stellung, die Ärzte einnehmen konnten; man denke nur an die Privilegien für Mēnokritos aus Samos, der in Karpathos als öffentlicher Arzt tätig war – für keinen anderen Nichtbürger sind vergleichbare Ehrungen belegt96. Es wäre gut möglich, dass auch der euergetas in der auf dem lindischen Schiffsmonument angebrachten Besatzungsliste ein Arzt war, der für seinen verdienstvollen Einsatz mit diesem Titel ausgezeichnet worden war. Auch außerhalb des unmittelbaren Flottendienstes auf den Schiffen gab es verschiedene Gelegenheiten der Kommunikation. Gemeinschaftliche Stiftungen von

92 s. oben Anm. 58. Gleichfalls ehrte man während der Belagerung durch Demetrios einen Söldnerkommandanten, womit man gezielt die Motivation der übrigen Söldner steigern wollte; Diod. 20, 94, 5. Dass die hortative Funktion der Ehrung hier im Vordergrund stand, macht allein schon das großzügige Geldgeschenk deutlich, das ihm zukam. Diese Ehrung hat man insofern in Zusammenhang mit dieser besonderen historischen Situation zu sehen. 93 App. I 15 (= I. Lindos 88) mit dem dortigen Kommentar. 94 App. I 15 (= I. Lindos 88) col. III Z. 285 (Διότιμος Διδύμων̣ [ος]) und Z. 289 (Ἐπικράτης Παυσίωνος). 95 Zu der Inschrift s. oben Anm. 35. 96 IG XII 1, 1032; vgl. Kap. 3.2.2.



8.2 Formen sozialer Inklusion und Interaktion 

 297

Weihgeschenken an eine Gottheit sowie die Ehrungen von Befehlshabern setzen ein Mindestmaß an Interaktion voraus, bei der man sich auf die Wahl der Gottheit, die Form der Weihung bzw. der Ehrung und die Finanzierung einigen musste97. Gerade bei diesen Anlässen treten die Vereinigungen des militärischen Bereichs in Erscheinung, was man als besonderen Ausdruck eines Zusammengehörigkeitsgefühls deuten kann. Dass diese Interaktionssituationen Veränderungen hinsichtlich des sozialen Status bewirkten, ist aber zu bezweifeln, wie sich bereits am Beispiel des lindischen Schiffsvotivs zeigen ließ. Insbesondere ist nicht zu bemessen, wie ›aktiv‹ jedes einzelne Mitglied eines solchen Kollektivs sich einbrachte. Gerade wenn ganze Schiffsbesatzungen als Dedikanten auftreten – als ›loses‹ Kollektiv oder in Form eines Vereins – so wird man annehmen können, dass die militärische Organisationsstruktur auch hier weiterhin Gültigkeit besaß und es Personen der höherrangigen Ämter waren, die maßgeblich die Durchführung einer Weihung oder Ehrung initiierten. Insofern ist auch nicht davon auszugehen, dass sich innerhalb der militärischen Zusammenschlüsse überhaupt ein ›autonomes‹ Vereinsleben bildete. Bezeichnend ist es in dieser Hinsicht, dass sich die militärischen Vereinigungen ihrem Namen nach oftmals entsprechend der hierarchischen Untergliederungen der Schiffsmannschaften zusammenfanden. Dies zeugt von einem gewissen Selbstbewusstsein, das Besatzungsmitglieder bestimmter Funktionen aus ihrer Tätigkeit bezogen. Bisweilen umfasste offensichtlich solch ein koinon nur die unmittelbar als Einheit auf dem Schiff dienenden Personen. So bildete die δεκάς, die sich die Kultbezeichnung [Παναθ]ηναϊσταὶ Ἡρακλεϊσταί gab, wahrscheinlich eine Abteilung der Seesoldaten98. Ein besonders eindrückliches Beispiel stellt das Σαμοθραικιαστᾶν μεσονέων κοινόν dar99. In der pseudo-aristotelischen Schrift der Mechanika sind die mesoneoi diejenigen, die in der Mitte des Schiffes sitzen und ein entsprechend langes Ruder bedienen müssen100. Im Verein der mesoneoi war somit nicht die Gesamtheit der Ruderer eines Schiffes vertreten, sondern nur eine bestimmte Einheit. Sie besaßen sicherlich gegenüber anderen Ruderern ein besonderes Prestige, das überhaupt dazu geführt haben wird, dass sie sich als eingenständiger Verein konstituierten; durch die Vereinsbezeichnung verliehen sie ihrer herausgehobenen Stellung sichtbaren Ausdruck. Vielleicht hatten sie sich auch gemeinsam in Samothrake in die Mysterien einweihen lassen, weshalb sie den Kultnamen Samothrakiastai führten. Mitglieder eines anderen ›Flottenvereins‹ nannten sich sogar synmystai101. Solch eine Verstetigung partieller Gemeinsamkeit vermochte wahrscheinlich vereinzelt auch den Bestand des

97 Chaniotis 2005, 94 f. 98 Jacopi, ClRh 2, 1932, 210 Nr. 48 Z. 15; vgl. auch SEG 15.497 Z. 5 und 9. Für einen δεκατάρχος s. IG XII Supp. 210 Z. 3. 99 Eine weitere Vereinigung von Ruderern wird nach Hiller von Gaertringen 1931, 834 in einer unpublizierten Inschrift erwähnt; sie benennen sich nach einem Damasileios. 100 [Aristot.] 850b10. 101 Pugliese Carratelli, Associazioni, Nr. 13.

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 8 Die Flotte

Kollektivs nach Beendigung des Flottendienstes zu sichern, wenn der ursprüngliche Konstitutionsfaktor nicht mehr gegeben war. Möglicherweise verbergen sich ferner hinter einigen Vereinen mit einem Kultnamen militärische Vereinigungen; sicher ist diese Vermutung aber nicht nachzuweisen102. Ein wirklich kleinräumiges Kollektiv bilden die bereits genannten ›Zeltkameraden‹ (σύνσκανοι), die auf Tenedos ein Weihgeschenk an die Dioskuren gestiftet hatten. Grundsätzlich ließen sich die syskanoi-Vereinigungen freilich auch mit Landstreitkräften in Verbindung bringen. In diesem Fall aber macht der Aufstellungsort des Votivs einen Zusammenhang zur Flotte wahrscheinlicher. Die räumliche Nähe, die sie ebenso wie gemeinsame Gefahren miteinander teilten, förderte somit ein Zusammengehörigkeitsgefühl, das auch durch die Wahl einer gemeinsamen Schutzgottheit ihren Ausdruck fand. Es überrascht daher nicht, dass sich einige Zeltgenossen ihrem Kleinkollektiv explizit die Bezeichnung koinon gaben und dann auch den Namen einer Gottheit in ihrer Vereinstitulatur führten. Zu nennen ist hier etwa das Παναθηναϊστᾶν συστρατευσαμένων συσκάνων κοινόν, das gemeinsam den Rhodier Τιμαχίδας Ἁγησιτίμου mit einem goldenen Kranz geehrt hatte103. Für Timachidas, der insbesondere als Initiator und Redaktor der lindischen Anagraphé bekannt ist, werden in der Ehreninschrift Kommandos auf gedeckten und ungedeckten Schiffen aufgeführt. Insofern darf man auch hier die syskanoi einer Schiffsbesatzung zurechnen. Möglicherweise sind die sieben Rhodier, die am Ende der Inschrift genannt werden und die Statuenweihung veranlasst haben, mit den syskanoi identisch. Interessanterweise bezeichnen sie sich als οἱ σύσσιτοι, was zu den Zeltgenossen, die ebenfalls eine Mahlgemeinschaft bildeten, gut passen würde. Da allerdings noch Ehrungen eines weiteren Vereins erwähnt werden, bleibt diese Zuweisung unsicher. Der demonstrative Verweis auf bestimmte Vorgesetzte in der Vereinstitulatur wird man gerade auch als Ausdrucksform eines besonderen Stolzes, unter dem jeweiligen Magistraten gedient zu haben, verstehen dürfen.

8.3 Zusammenfassung Die Präsenz von freien Nichtbürgern und Sklaven auf rhodischen Schiffen beschränkte sich auf wenige spezialisierte Aufgabengebiete. Söldner kamen wiederum ausschließlich im Landheer zum Einsatz. Insgesamt wird deutlich, dass es Fremden grundsätzlich nicht in größerem Umfang möglich war, im Bereich des von Rhodiern dominierten Seewesens Prestige zu erwerben bzw. für herausragende Leistungen auch von Seiten der Polis eine sichtbare Anerkennung zu erhalten. Schließlich war es auch der Bürgerstatus, der – zumindest in zwei Inschriften – maßgebend für die Anordnung

102 Vgl. Kap. 7.2.1 Das temenos. 103 I. Lindos 292.

8.3 Zusammenfassung 

 299

der Dedikanten war und in einem der beiden Fälle sogar die militärische Rangfolge überlagerte. Substantielle Möglichkeiten sozialer Mobilität bestanden für Fremde in diesem Raum nicht. Auch wenn die Schiffsbesatzungen in Ehren- und Weihinschriften als synstratoisamenoi nach außen als Kollektiv in Erscheinung treten, dem gelegentlich auch Nichtbürger angehören konnten, so führte ganz offensichtlich die Präsenz von Bürgern und Nichtbürgern auf dem beengten Raum des Schiffes zu keiner Nivellierung rechtlicher Unterschiede. Die Vereinsgründungen im Bereich des Flottenwesens geben einen Hinweis auf ein Gefühl von Solidarität unter den Besatzungsmitgliedern; zur Herausbildung einer eigenen Kollektividentität kam es hingegen nicht.

9 Der ländliche Raum Der ländliche Raum der Polis Rhodos ist in den schriftlichen Quellen hauptsächlich als militärischer Amtsbereich fassbar. Über das Inselterritorium insgesamt wachte ein στραταγὸς ἐπὶ τᾶς χώρας τᾶς ἐν τᾷ νάσσωι1. Ihm unterstanden weitere ἁγεμόνες ἐπὶ τᾶς χώρας τᾶς ἐν τᾶι νάσωι, die teilweise mit der Aufsicht über die Phylengebiete betraut waren2. Für die Peraia wurde ein eigener στραταγὸς ἐπὶ τᾶς ἐν τῷ πέραν χώρας entsendet3. Diese dauerhaft eingerichtete militärische Kontrolle der chōra wird in erster Linie dazu gedient haben, Plünderungszüge einfallender Piraten zu unterbinden, gegen die sich die bäuerliche Landbevölkerung nur bedingt schützen konnte. Freilich bot eine solche Landverteidigung keinen wirksamen Schutz vor einem größeren Angriff einer auswärtigen Macht: Noch bevor Demetrios im Sommer 305 mit der Belagerung der Stadt begann, ließ er gezielt die chōra mit den dortigen Gehöften verwüsten4. Der Nachweis über das Eigentum an landwirtschaftlich genutzten Flächen wurde über Besitzurkunden geführt, die in einem versiegelten Behälter im öffentlichen Archiv deponiert waren. Die Grenzgebiete zwischen den Phylen befanden sich hingegen nicht in Privatbesitz, sondern wurden als κοινὰ χώρα betrachtet. Beides ist zumindest einem Ehrendekret aus Kamiros zu entnehmen5; ob dies generell für Rhodos galt, lässt sich nicht sagen. Die Organisation des ländlichen Raumes der Insel Rhodos ist weitgehend unerforscht; insofern kommt den kürzlich durchgeführten Surveys in der rhodischen Peraia sowie in dem zu Kamiros gehörenden Demos Kymisala eine große Bedeutung zu, da nun erstmals detaillierte Einblicke in die Funktionsweise der ländlichen Gebiete möglich sind. Gleichwohl bleibt es schwierig, die Rolle der Nichtbürger in diesen Räumen zu bestimmen.

1 Kontorini, AER, Nr. 8 Z. 1 f. mit den Korrekturen von Badoud 2017b, 107; Kontorini, AER, Nr. 63 Z. 12 f.; Jacopi, ClRh 2, 1932, 188 Nr. 18 Z. 17 f.; 194 Nr. 22 Z. 8; 198 Nr. 31 col. II Z. 10 f.; Maiuri, Nuova Silloge 21 Z. 1 f.; ADelt B 26, 2, 1971, 539 Nr. 2 Z. 7 f.; Hiller, AM 20, 1895, 382–386 Nr. 4 Z. 23 f.; Tit.Cam. 63 Z. 2–4; 70 Z. 5 f.; 72 Z. 5 f.; 73 Z. 3 f.; 74 Z. 2–4; 77 Z. 3 f.; 78 Z. 3 f.; 78 c; I. Lindos 153 Z. 4; 172 Z. 3; 325 Z. 8–10. 2 In Jacopi, ClRh 2, 1932, 190 Nr. 19 Z. 14 ist der Amtsbereich nicht näher definiert; ebenso bei der in das 2. Jh. n. Chr. datierenden Inschrift I. Lindos 486 Z. 7; aber s. die Ehreninschrift für Πολυκλῆς, der als unbesoldeter ἁγεμών ἐπὶ τᾶς [χώ]ρας τᾶς Λινδίας amtierte; Maiuri, Nuova Silloge 18 Z. 4 f. 3 Tit.Cam. 72 Z. 8 f. 4 Diod. 20, 83, 3–4: εὐθὺς δὲ τῶν πειρατῶν καὶ τῶν ἄλλων τοὺς εὐθέτους ἐξέπεμψε πορθήσοντας τὴν νῆσον καὶ κατὰ γῆν καὶ κατὰ θάλατταν ἐδενδροτόμησε δὲ καὶ τὴν πλησίον χώραν καὶ καθεῖλε τὰς ἐπαύλεις. 5 Tit.Cam. 110 Z. 9–19. 36–40; s. zu der Inschrift s. Gabrielsen 1997, 134–136. https://doi.org/10.1515/9783110572681-011



9.1 Archäologische Befunde 

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9.1 Archäologische Befunde Bereits seit längerer Zeit sind Einzelbefunde aus verschiedenen Bereichen des Polisgebietes bekannt, die mit einer landwirtschaftlichen Nutzung in Verbindung zu bringen sind. An der Ostküste konnten etwa in der Nähe des heutigen Archangelos Mauerstrukturen als befestigtes Gehöft interpretiert werden; südwestlich von Lardos wurde ebenfalls in Küstennähe ein vergleichbarer Befund entdeckt. Weiterhin fand man erneut in der Umgebung von Archangelos auf einer Anhöhe Reste einer Wein- oder Ölpresse innerhalb eines ummauerten Bezirks6. Im Küstenbereich geben darüber hinaus die zahlreichen noch heute sichtbaren Ackerterrassen Zeugnis einer ehemals intensiven Bewirtschaftung der Region. Besonders geeignet für die Errichtung eines landwirtschaftlichen Betriebes war auch das Hinterland von Lindos: In einem Tal oberhalb der Bucht von Vlicha befand sich neben den terrassierten Hängen ein Gehöft; der Platz zeichnet sich gleichermaßen durch seine Küstennähe und die geschützte Lage aus7. Erweitert wird der Befund nun durch die jüngsten Forschungen in dem ländlichen Demos Kymisala, der das Gebiet an der Westküste der Insel am Fuß des Berges Akramitis umfasst8. Auch hier lässt sich die Umgestaltung der Landschaft durch eine aufwendige Terrassierung der Hänge in beeindruckender Weise nachvollziehen. Noch heute wird zumindest die von allen Seiten durch Hügel umschlossene Ebene landwirtschaftlich genutzt. Gleichfalls konnten an mehreren Stellen Gehöfte und Presssteine nachgewiesen werden. Zur Küste hin wurde die Region durch eine befestigte Siedlung abgeschirmt. Dass selbst die kleine Insel Megiste nicht ausschließlich als militärischer Außenposten diente, sondern auch einer intensiven landwirtschaftlichen Nutzung unterworfen war, hat Richard Ashton herausgestellt. Er registrierte 45 befestigte Gebäude, bei denen es sich größtenteils um Turmgehöfte handeln wird. In Verbindung damit stehen vielfach Zisternen und Vorrichtungen zum Keltern von Wein oder Öl sowie einzelne Gräber9. In der Peraia lässt sich jetzt durch die unter der Leitung von Winfried Held durchgeführten Surveyprojekte in der Gegend um Loryma und Bybassos in detaillierter Weise die ländliche Infrastruktur nachvollziehen. Überhaupt ist durch die großflächigen Untersuchungen erst deutlich geworden, mit welcher Intensität unmittelbar nach der Eingliederung der Peraia begonnen wurde, die Gebiete für eine höchst effektive

6 Gabrielsen 1997, 105. 7 Auf der Karte von Inglieri 1936 ist der Platz nicht verzeichnet. 8 Stefanakis – Patsiada 2011. 9 Ashton 1995, 69; Zervaki, in: Stampolidis u. a. 2011, 34–37; Hinweise auf Turmgehöfte liegen auch für Syme und Nisyros vor, s. Farmakidou, in: Stampolidis u. a. 2011, 91; Filimonos-Tsopotou, in: Stampolidis u. a. 2011, 315.

302 

 9 Der ländliche Raum

landwirtschaftliche Nutzung brauchbar zu machen10. Allein im Umland von Loryma konnten 18 Gehöfte kartiert werden; das gebirgige Oberflächenrelief, durch das die gesamte Peraia geprägt ist, stellte die Besitzer der landwirtschaftlichen Betriebe dabei vor die Herausforderung, die Hänge terrassieren zu müssen, um die Anbauflächen zu vergrößern. Auch hier lassen sich vielerorts die Terrassen, die bisweilen bis zu einer Höhe von 3 m erhalten sind, im Gelände deutlich ausmachen11. Ebenso wurden sowohl in Loryma als auch in Bybassos die für die Weinherstellung nötigen Presssteine sowie wasserdicht gepflasterte Auffangbecken für den Most gefunden12. Töpfereien wurden in der Regel als Einzelbetriebe außerhalb größerer Siedlungen angelegt und sind demnach ebenfalls als Teil der chōra zu betrachten. Vielfach werden für die Wahl des Platzes dabei günstige Standortfaktoren – mithin das Vorkommen von Brennholz, Wasser und Ton – ausschlaggebend gewesen sein13. Auch die Töpfereien der Peraia besaßen einen wesentlichen Anteil an der Amphorenproduktion – auf der sog. karischen Chersones sind das die Orte Hisarönu und Turgut; zusätzlich wurde in Gelibolou im nördlich angrenzenden Apeiros produziert14. Während in Gelibolou eine durchgehende Produktion vom Ende des 4. Jhs. v. Chr. bis zum 1. Jh. n. Chr. belegt ist, wurde lange Zeit angenommen, in Hisarönu sei die Amphorenherstellung auf das 3. Jh. v. Chr. begrenzt gewesen. Im Rahmen des Bybassos-Surveys wurden jedoch erneut die Keramikfunde der in unmittelbarer Nähe gelegenen Töpfereibetriebe von Hisarönu ausgewertet, die nun eine Aktivität bis in das 2. Jh. v. Chr. hinein belegen. Darüber hinaus wurde erstmals auch in Bybassos selbst der Nachweis für Töpferöfen erbracht15. Einige Befunde zeigen, dass bisweilen Töpfereibetriebe und Gehöfte in unmittelbarer Nachbarschaft errichtet wurden. Bekannt wurde ein solcher Befund durch den Bau des großen Stausees bei dem Ort Gadourou im Inselinneren16. Des Weiteren stieß

10 Die früheste Oberflächenkeramik der Gehöfte datiert einheitlich in das beginnende 3. Jh. v. Chr.; Held 2009, 130; Pimouguet-Pedarros 2003, 227 bemerkt noch, es gebe keine archäologischen Hinweise auf Gehöfte oder Wein- und Olivenanbau. 11 Held – Şenol 2010, 177; Held 2009, 130. 12 Neben Loryma und Bybassos sind zudem aus Selimiye und Turgut Terrassenanlagen und Weinpressen bekannt; s. Held – Şenol 2010, 177 f., die a. O. auf die grundsätzliche Schwierigkeit verweisen, Wein- von Ölpressen zu unterscheiden. Indizien darauf, dass es sich hier wahrscheinlich um Weinpressen handelt, gäben aber die Größe der Pressbecken sowie die relativ langen Kanäle, die zu den Auffangbecken führen. 13 Auf einer wohl in die Mitte des 5. Jhs. v. Chr. datierenden Vase ist bezeichnenderweise ein Vers zu lesen, in dem der Töpfer die Qualität der Erde in dem Demos Brasios lobt: Καλλίστα γᾶς ἁ | Βρασία | ὡς ἐμῖν δοκεῖ; SEG 43.543. 14 Empereur – Tuna 1989, 289 f.; Şenol – Şenol – Doğer 2004, 357. 15 s. den Bericht über die 3. Kampagne unter Punkt 3) Hisarönü, Limanbaşı Mevkii: Keramikwerkstätten sowie über die 4. Kampagne unter 3) Töpfereiviertel; (04.09.2016). 16 Ph. Zervaki, ADelt B 56–59, 2001–2004, 294 f. DOI 10.1515/9783110572681-011



9.2 Nichtbürger im ländlichen Bereich 

 303

man in der Nähe von Kritinia an der Westküste auf ein Gehöft mit einem Bestattungs­ areal. Aufgrund großer Keramikmengen war an diesem Platz bereits die Existenz einer Töpferei vermutet worden17. Erweitert wird der Befund jetzt durch ein Gehöft mit einer angegliederten Töpferei, das in der Peraia entdeckt wurde18. Die räumliche Nähe von Hof und Töpferei scheint demnach verbreitet gewesen zu sein. Ein in hellenistischer Zeit in der Bucht von Bybassos angelegter Hafen sowie ein damit in Verbindung stehendes Speicherviertel, das neben der Siedlung gelegen ist, dienten wohl zur Aufnahme und zum Export der Erzeugnisse aus den zahlreichen Gehöften der Umgebung und geben einen wichtigen Einblick in die Organisation der chōra19. Gegen Anfang des 1. Jhs. v. Chr. wurden aus unbekannten Gründen die Siedlungen und Gehöfte der Peraia verlassen; denkbar wäre es, dass durch die intensive Nutzung, insbesondere auch die Rodung großer Waldflächen und der daraus resultierenden Erosionsschäden, eine landwirtschaftliche Nutzung nicht mehr möglich bzw. rentabel war20.

9.2 Nichtbürger im ländlichen Bereich Aussagen über die Bedeutung der Nichtbürger an der landwirtschaftlichen Produktion stehen vor der Schwierigkeit, dass die Grabinschriften der Nichtbürger ebenso wie diejenigen der Bürger keine Hinweise auf eine wirtschaftliche Betätigung geben. Auch Grabinschriften, die in der Nähe von Gehöften gefunden wurden, bilden dahingehend keine Ausnahme. Dass eine größere Zahl von Nichtbürgern über einen eigenen landwirtschaftlichen Betrieb verfügte, ist aufgrund der seltenen Vergabe der enktēsis kaum anzunehmen. Einige Grabinschriften aus der Peraia stammen eindeutig von einem Grabbezirk, der zu einem Gehöft gehörte. Die Namen der bestatteten Personen, bei denen es sich um die Besitzer der Betriebe sowie ihre Familien handeln wird, geben ebenfalls keinen Hinweis auf die Präsenz von Nichtbürgern. In einem Fall handelt es sich zudem um einen Namen mit karischem Ursprung, der zeigt, dass es sich hier nicht bzw. nicht unbedingt immer um Inselrhodier handelt, die in den Festlandgebieten Ländereien

17 A. Alexandropoulou, ADelt B 54, 1999, 948 (= J. Whitley u. a., AR 53, 2007, 95); D. Blackmann, AR 47, 2000, 125. 18 s. den Bericht über die 4. Kampagne unter Punkt 7) Gehöfte; (04.09.2016). 19 s. den Bericht über die 4. Kampagne unter Punkt 5) Speicherviertel; (04.09.2016). 20 Held 2009, 134.

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 9 Der ländliche Raum

besaßen21. Held hat außerdem aufgezeigt, dass sich die Grabarchitektur an karischen Traditionen orientiert, was ebenfalls auf einheimische Besitzer hinweist. Auch der vermeintlich bekannteste Beleg für einen Nichtbürger mit rhodischem Landbesitz ist in seiner Historizität unsicher: Die Pseudo-Aischines Briefe berichten, der Rhetor habe während seiner Exilzeit auf Rhodos ein Landgut in der Peraia erworben. Im neunten Brief heißt es, Aischines habe von Rhodos nach Physkos übergesetzt und sei von dort nach Amos gewandert, um Ländereien (τὰ χωρία) zu besichtigen. Neben zahlreichen Olivenbäumen und Weinreben in großer Zahl habe es dort auch ausgedehnte Saatfelder sowie schöne Weideflächen gegeben22. Obwohl das Landhaus (ἐπαύλιον) vollkommen verfallen war, habe er das Anwesen für zwei Talente gekauft und entschieden, ein neues Gebäude zu errichten. Dass derartige Landgüter in großer Zahl anzutreffen waren, ist durch die genannten archäologischen Befunde mittlerweile hinreichend belegt. Dass aber noch in der Kaiserzeit Fremde nicht ohne Weiteres auf rhodisches Land zugreifen konnten, macht eine lykische Inschrift aus der ersten Hälfte des 2. Jhs. n. Chr. deutlich, die eine juristische Auseinandersetzung über den rechtswidrigen Verkauf von Land an xenoi dokumentiert23. Die exakte Herkunft der Inschrift ist unbekannt, doch haben die Herausgeber prosopographisch nachgewiesen, dass die des Betrugs angeklagten Personen Mitglieder einer prominenten Familie aus Lindos waren24. Bei dem strittigen Land könnte es sich um Grundstücke in der Peraia handeln, die möglicherweise in der lykischen Enklave Daidala bei Telmessos zu lokalisieren sind. In dem ersten Teil des Textes, von dem der Beginn fehlt, wird zunächst der allgemeine Streitpunkt dargelegt: Eine offensichtlich größere Zahl an Pächtern hatte das ihnen anvertraute Land verkauft und sich mithin als Eigentümer ausgegeben. Wohl um den unrechtmäßigen Verkauf zu vertuschen, entrichteten einige der Pächter sogar weiterhin ihre Abgaben25. Durch zweierlei Umstände erhielt der Fall eine besondere Brisanz: Einerseits war das Pachtland öffentliches Land und daher Eigentum der Polis; so ist zu erklären, dass an einer Stelle explizit von dem Betrug an der Polis die Rede ist26. Auf der anderen Seite hatten die Pächter das Land nicht an rhodische Bürger, sondern an xenoi verkauft; diese xenoi sind hier aber keine Fremden, die bereits vorher auf dem Polisgebiet ansässig waren, sondern Bewohner der umliegenden Regionen, die in

21 Held, EpigrAnat 2003, Nr. 21 nennt Κερκηλλις. 22 [Aischin.] epist. 9: καὶ γὰρ ἐλαιῶν φυτὰ ἦν πολλὰ καὶ ἄμπελοι συχναὶ καὶ σπόριμα πλείονα καὶ νομαὶ καλαί. 23 SEG 53.1707. 24 Köktürk – Milner 2003, 135; s. bes. die Ehreninschrift I. Lindos 449. Der umfassende Katalog an Ämtern und Verdiensten entspricht der charakteristischen Lebensleistung eines kaiserzeitlichen Honoratioren. Hervorzuheben ist, dass Klaudios Antipatros gemeinsam mit seinem Sohn für den Wiederaufbau des durch ein Erdbeben zerstörten Asklapios-Heiligtums aufkam. 25 Z. 4 f.: ὑπό τίνων δὲ ἔτι νῦν ἀν̣ α̣φέρεσθαι μὲν | τὰς ἰσφορὰς ὡς αὐτῶν διακατεχόντων. 26 Z. 19 f.



9.2 Nichtbürger im ländlichen Bereich 

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der Inschrift allgemein als Lykier bezeichnet werden27. Der zweite Teil der Inschrift überliefert eine konkrete Anklage wegen Betrugs, die gegen die Lindier Ξενοφῶν Μενάνδρου und Κλα(ύδιος) Ἀντίπατρος bzw. dessen Erben gerichtet ist. Stellvertretend für die Erben des zwischenzeitlich verstorbenen Klaudios Antipatros äußert sich zunächst dessen Sohn Μνασαγόρας; er bringt zur Verteidigung vor, dass sein Vater nichts Falsches getan habe, da er überhaupt kein Pächter gewesen sei, sondern das Land gekauft habe; zu groß sei aber die Entfernung zur Polis gewesen, weshalb er die ohnehin vernachlässigten Ländereien wieder verkauft habe28. Während Mnasagoras offensichtlich das Gericht überzeugen kann, wird Xenophōn dagegen für schuldig befunden, Ländereien, die die Polis an eine Frau namens Ἀρτεμίκλεια verpachtet hatte, selbst in Pacht genommen und dann verkauft zu haben29. Neben der Tatsache, dass sich Pächter als Eigentümer von Polisländereien ausgegeben hatten, wog besonders schwer, dass die Käufer keine rhodischen Bürger waren. In den ersten Zeilen ist zu lesen, einige Pächter hätten ganz offen an Fremde verkauft, andere hingegen offiziell im Namen von Bürgern das Kaufgeschäft abgeschlossen, obwohl dahinter in Wirklichkeit ebenfalls Fremde stünden30. Ganz grundsätzlich aber scheint der Verkauf von Grundeigentum an Personen außerhalb der Bürgerschaft problematisch gewesen zu sein; jedenfalls ist es auffallend, dass sich Mnasagoras zu einer Erklärung veranlasst sah, warum sein Vater überhaupt seine rechtmäßig erworbenen Ländereien wieder verkauft hat. Selbst bei einer Familie, die der lindischen Oberschicht angehörte und sich in sämtlichen Bereichen des öffentlichen Lebens finanziell erheblich engagierte, wurde solch ein Verhalten nicht akzeptiert31. Ob der finanzielle Rückhalt vieler rhodischer Familien der Oberschicht generell in Pachteinkünften bestand, vermag man mit den zur Verfügung stehenden Quellen nicht zu beurteilen. Da sich unter den in zahlreichen Inschriften in Erscheinung tretenden geōrgeuntes eindeutig Fremde befanden32, wird man voraussetzen können, dass auch sie Pachtverträge abschließen konnten. Alle Informationen über die genauen Pachtverhält-

27 Z. 5–7: πεπρᾶσθα[ι] | δὲ τὰ χωρία ξένοις καὶ ταῦτα πάντα νῦν ὑπὸ Λυ|κίων διακατέχεσθαι. 28 Z. 11–18: ἀποκρειναμένου δὲ Μνασαγόρα υἱοῦ καὶ | [κ]ληρονόμου Κλα(υδίου) Ἀντιπάτρου ὑπὲρ αὐτοῦ καὶ τῶν | [ἀ]δελ̣φ̣ ῶν καὶ συνκληρονόμων τὰ μὲν ψηφίσματα ἐπιγει|νώσκειν καὶ τοὺς νόμους, τὸν δὲ πατέρα μηδὲν | ἡμαρτηκέναι· οὐ γὰρ μισθωτὴν αὐτὸν γεγονέναι, | ἀλλὰ ἐκ πράσεως ἰς αὐτὸν ἐληλυθένι τὰ χωρία καὶ τὰ | διὰ τὸ πόρρω εἶναι τῆς πόλεως ἀμελούμενα πεπρακέ|ναι. 29 Köktürk – Milner 2003, 134. 30 Z. 1–4: τ̣ ῶν μίσθωσαμ̣ [ένων πεπρᾶσθαι τὰ χωρία ὑπό | τι]νων μὲν ἐκ τοῦ φανεροῦ ξένοις, ὑπό τιν̣ ω[ν δὲ | ἐ]π’ ὀνόμασι πολειτῶν, κατεσχῆσθαι δὲ κἀκεῖνα ὑπὸ | ξένων. 31 Wer die Klage eingebracht hat, geht aus der Inschrift nicht hervor; Köktürk – Milner 2003, 137 nehmen zu Recht an, dass die Inschrift ein innerrhodisches Verfahren schildert und der Streitfall vor einem rhodischen Gericht verhandelt wurde; darauf deutet auch die allgemeine Bezeichnung der Käufer als xenoi bzw. Lykioi. 32 s. Kap. 7.2.2 Übernahme von Ämtern bei Festveranstaltungen.

306 

 9 Der ländliche Raum

nisse stützen sich weitgehend auf vier Pachturkunden aus Amos in der Peraia und sind nicht ohne Weiteres auf das gesamte Polisgebiet zu übertragen33. Die Urkunden, die auf der Terrasse des dortigen Apollon-Heiligtums gefunden und ursprünglich hier auch aufgestellt waren, unterrichten ausführlich über die Modalitäten der Pacht. Die Verträge wurden für eine Laufzeit von 50 Jahren geschlossen; als Verpächter treten die hieromnamones zusammen mit der Gemeinde (koinon) der Amier in Erscheinung34, an die entsprechend auch die jährliche Pachtrate von 240 Drachmen zu entrichten ist. Die Verträge enthalten zwei Klauseln, aus denen hervorgeht, dass als Pächter nur Bürger aus Amos in Frage kommen: Einerseits wird dem Pächter das Recht einer Pachtübertragung eingeräumt. Allerdings galt diese Regelung offensichtlich nur für Demenangehörige von Amos; zumindest heißt es in dem Vertrag, es stünde dem Pächter frei, »das Grundstück einem Amier, von dem er es wünscht, zu übergeben«35. Auf der anderen Seite konnte einem Pächter das Grundstück auch entzogen werden, falls er seinen Zahlungsverpflichtungen dauerhaft nicht nachkam oder die Pachtbedingungen nicht erfüllte. Grundsätzlich wurden bei einer Fristüberschreitung der Pachtzahlung monatliche Verzugszinsen von 12,5 % erhoben. Besondere Modalitäten galten jedoch für den Fall, dass ein »Hindernis von Seiten der Polis« (κώλυμα πόλιος) erfolgte. Mit dieser Klausel wurde der Polis das Recht eingeräumt, in das bestehende Pachtverhältnis zwischen der Gemeinde Amos und dem Pächter einzugreifen und offensichtlich eine außerordentliche Zahlung zu fordern36. Konnte der Pächter daraufhin nicht sofort bezahlen, erhielt er eine Frist von sechs Monaten, um den Betrag zuzüglich 10 % zu begleichen. Nach Ablauf des Zeitraumes erhöhte sich der Schuldbetrag auf das anderthalbfache der Pacht, und der Pächter musste den Hof verlassen. Daraufhin wurde in der Versammlung des Demenbezirks das Grundstück an den meistbietenden Amier erneut verpachtet37. Dieses Vorgehen wird auch bei Nichtzahlung der monatlichen Pachtrate gegolten haben, mit dem Unterschied, dass hierbei eben etwas höhere Verzugszinsen erhoben wurden.

33 I. Peraia 352–354 (I. Pérée 49–51); Blümel, EpigrAnat 2002. Ob die beiden kleinen Fragmente in Held, EpigrAnat 2003, Nr. 30 und 31 zu einer der Urkunden gehören, lässt sich nicht klären; sie bringen jedoch ohnehin keinen Erkenntnisgewinn. 34 Dass es sich bei den drei Personen, die am Anfang der Pachtverträge neben dem koinon genannt werden, um die hieromnamones handeln wird, haben bereits Fraser – Bean 1954, 13 vermutet. 35 I. Peraia 352 Seite B, Z. 9–11: [ἐξέσ|τω δὲ κ]αὶ παρ[α]δ̣ι̣ δόμει[ν τὸν] ἀγρ[ὸ]ν ὧι κα δήληται Ἀμί[ων κατὰ τὰν | αὐ]τὰ[ν] σ[υ]γ̣γ̣[ρ]αφά[ν]. Ähnlich war dies in Blümel, EpigrAnat 2002 Seite B, Z. 30 formuliert. 36 Zur κώλυμα πόλιος s. Fraser – Bean 1954, 14 f., die einen Vergleich zur κώλυμα βασιλικόν in ptolemäischen Pachtverträgen ziehen. Damit wurde auf die Möglichkeit Bezug genommen, dass der König dem Verpächter das Land entziehen konnte; für solch einen Fall einer κώλυμα βασιλικόν war vorgesehen, dass der Verpächter nicht von dem Pächter für den Verlust des Pachtlandes zur Rechenschaft gezogen werden konnte; s. hierzu Scheuble-Reiter 2012, 179 f.; vgl. auch Wörrle 2015, 299–301. 37 I. Peraia 352 Seite A, Z. 11–23; I. Peraia 354 Seite A, Z. 10–18; Blümel, EpigrAnat 2002, Seite A, Z. 1–10.



9.2 Nichtbürger im ländlichen Bereich 

 307

Ein Grund dafür, dass ausschließlich Bürger aus Amos das Land pachten konnten, bestand vielleicht darin, dass die Ländereien Eigentum des Heiligtums waren. Da ansonsten aber keine Pachturkunden aus Rhodos erhalten sind, lässt sich weder abschätzen, in welchem Umfang Heiligtümer über Liegenschaften verfügten, noch welcher Personenkreis dann jeweils als Pächter in Frage kam38. Allerdings könnte sich das Fragment einer Inschrift aus dem Ort Massari, der auf dem Gebiet von Lindos liegt, ebenfalls auf hiera gē beziehen39. Es sind insgesamt 17 Pächter aufgelistet; zwar sind von den ersten vier Namen nur jeweils zwei Silben erhalten, und auch bei den anderen Namen fehlt meist das Patronym, doch gibt es keine Hinweise, dass sich unter den Namen Nichtbürger befinden. Vielmehr können einige Namen auf führende Familien zurückgeführt werden40. Dass ein solches Verzeichnis von einer Privatperson öffentlich auf Stein publiziert wurde, ist kaum vorstellbar. Denkbar wäre dagegen, dass es Teil einer Art Inventarliste eines Heiligtums war, in dem die regelmäßigen Pachtzahlungen dokumentiert wurden. Inhaltlich lassen sich jedenfalls Ähnlichkeiten zu den Tempelverzeichnissen über die Pachteinnahmen aus Delos erkennen41. Zumindest in den Pachturkunden aus Amos musste ein Pächter über kein Grundeigentum als Sicherheitsleistung verfügen, sondern es reichte aus, Bürgen zu stellen,

38 Ansonsten bietet nur das Fragment eines Ehrendekrets aus Telos für den Schatzmeister eines Heiligtums einen Hinweis auf Tempelland; IG XII 3, 30 Z. 12–15; vgl. dazu auch den Kommentar von Meier 2012, 277–279. 39 IG XII 1, 924. Hiller von Gaertringen datiert die Inschrift aufgrund der Schrift in das 3. Jh. v. Chr., was sich prosopographisch bestätigen lässt (s. die folgende Anm.). Die Interpretation als Pächterliste ergibt sich neben dem einleitenden [τοίδε ἐ]μ̣ισ̣θώσαν[το καὶ ἀν|ε]θήκατι in Zeile 1 f. vor allem aus Z. 20, wo von τ̣ ὸ δὲ ἐναράτιον die Rede ist. Das LSJ s. v. ἐναράτιον setzt den Begriff mit ἐνηρόσιον (»rent for corn-land«) gleich. In den folgenden Zeilen werden dann die Termine benannt, an denen die Zahlung (καταβολή) jeweils fällig ist. 40 Einigermaßen sicher lässt sich Σίμων Εὐκλ[έος] prosopographisch einordnen (Z. 14); er könnte ein Sohn von Εὐκλῆς Πάγωνος, aus dem Demos Kamyndos sein, der gemeinsam mit seinem Bruder Σίμων dem Spendenaufruf für die Instandsetzung des Tempelinventars der Athana Lindia im Jahr 305 v. Chr. gefolgt war (I. Lindos 51 Frgt. a col. II Z. 23). Der Großvater der beiden Brüder hatte im Jahr 366 v. Chr. das Priesteramt der Athana Lindia übernommen (I. Lindos 1 Z. 10). Ferner könnte aus der Pächterliste Ἀνάξανδρος [– –] (Z. 17) mit Ἀνάξανδρος Πάγωνος, zu identifizieren sein, der ebenfalls aus dem Demos Kamnydos stammte und sicherlich auch der Familie des Σίμων Εὐκλ[έος] angehörte. Er stand als einer von drei epistatai dem Kollegium vor, das sich dafür eingesetzt hatte, die Festlandbewohner von den Kultämtern in Lindos auszuschließen (IG XII 1, 761 Z. 3). Badoud 2015, 226 gibt ein Datum von ca. 288–281 v. Chr. für die Liste an. Er stützt sich dabei ausschließlich auf die Identifizierung des in Z. 16 genannten Γοργ[ο]σ̣θένη̣[ς – – –] mit Γοργοσθένης Ἀρχοκράτευς, der 288 v. Chr. Priester des Poseidon Hippias war sowie 281 v. Chr. Priester des Apollon Pythios. 41 Dort ist das Pachtland auch präzise als Tempeleigentum benannt, s. IG XI 2, 161 Seite A, Z. 6 (οἵδε τῶν ἱερῶν τεμενῶν ἐπὶ τῆς ἡμετέρας ἀρχῆς ἐνηρόσια τεθήκασιν); IG XI 2, 199 Seite A, Z. 3 ([οἵ]δε τῶν γεωργούν[των τὰ ἱερὰ τεμένη ἐνηρόσια τεθήκασιν).

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die bei Zahlungsunfähigkeit des Pächters hafteten42. Die detailliert beschriebenen Pachtbedingungen setzen allerdings voraus, dass der Pächter über ein gewisses Grundkapital verfügte; so war der Pächter verpflichtet, mindestens drei Gebäude von jeweils 18 m2 zu errichten sowie für jede Mine der Pachtsumme 1000 Weinstöcke und 40 Feigenbäume zu pflanzen43. Diese Vorgaben wurden nach einem gewissen Zeitraum überprüft, wobei auch darauf geachtet wurde, dass die Pflanzen ›lebendig‹ sind und ein Mindestalter von zehn Jahren besitzen. Erst dann wurden die Bürgen aus ihrer Haftung entlassen. Abweichungen von den im Vertrag definierten Vorgaben wurden jeweils mit Strafzahlungen geahndet, die innerhalb von sechs Monaten zu entrichten waren; andernfalls hatte der Pächter eine Strafe in Höhe von 20 000 Drachmen zu zahlen und musste das Grundstück verlassen44. Da das Land überhaupt erst bewirtschaftet werden musste, stand der Pächter vor der Herausforderung, die Anfangszeit, in der die Pflanzen noch keinen Ertrag einbrachten, finanziell zu überbrücken. Dazu passt, dass die Gehöftgräber im Vergleich zu den Grabanlagen der Siedlungen der Peraia deutlich aufwendiger gestaltet sind und das Bild einer wohlhabenden Landbevölkerung vermitteln45. Da die γεωργεῦντες in großem Umfang Ehrungen für führende Lindier beschlossen und man darüber debattierte, Nichtbürger aus der Gruppe der γεωργεῦντες zur Choregie heranzuziehen, ist vorauszusetzen, dass zumindest eine nennenswerte Zahl von Familien der ländlichen Bevölkerung keineswegs an der Subsistenz lebte46. Gleichzeitig belegt dieses bereits mehrfach erwähnte frühkaiserzeitliche Dekret, dass in Rhodos ansässige Fremde nicht ausschließlich als Händler, sondern ebenso als Landwirte tätig waren. Schließlich sollen sechs Choregen mit Nichtbürgern ἐκ τῶν κατοικεύντων καὶ γεωργεύντων ἐν Λινδίᾳ πόλει gewählt werden47. Andererseits darf man aus der Formulierung nicht darauf schließen, dass die Kollektivbezeichnung γεωργεῦντες sich stets auf Nichtbürger bezieht. Dem lindischen Dekret ist nur zu ent-

42 Die Bürgen werden zunächst einer Prüfung unterzogen (I. Peraia 352 Seite B, Z. 13 f.). Sobald der Pächter nachgewiesen hat, dass er die Gebäude gemäß den Vertragsbedingungen errichtet hat und die vorgeschriebene Zahl an Pflanzen kultiviert und diese sich in einem guten Zustand befinden, werden die Bürgen aus ihrer Haftung entlassen (I. Peraia 353 Seite A, Z. 12–22). Der genaue Zeitpunkt der Kontrolle des Pachtlandes lässt sich den erhaltenen Textpassagen nicht sicher entnehmen; jedenfalls müssen zu diesem Termin die Pflanzen mindestens zehn Jahre alt sein. Die fragmentarischen Zeilen Blümel, EpigrAnat 2002, Seite B, Z. 2–5 legen nahe, dass die Überprüfung der Pachtbedingungen nach 15 Jahren erfolgte (τοὶ ἐν ἀρχᾶι ἐόντες ἀφέντω τοὺς ἐ[γγ]ύο[υς – – –] | τὰ μὲν πρᾶτα ἔτη δεκαπέντε· ἐπεὶ δέ κα ἐξέλ[θηι – – –] | ἐν ἀρχᾶι ἐόντες ἄλλαν συγγ[ρ]αφέσθων εἰς Ε̣ [– – – ἀ]|νανεούσθων δὲ καὶ εἰς τὸν ὑπόλοιπον χρόνον κατὰ ἔτη πεν[τ – – –]). Die Bürgen waren wohl jeweils am Anfang der Urkunden namentlich aufgeführt, s. I. Peraia 352 Seite A, Z. 8; I. Peraia 354 Seite A, Z. 6. 43 I. Peraia 352 Seite A, Z. 24–36; I. Peraia 353 Seite A, Z. 1–12; Blümel, EpigrAnat 2002 Seite A, Z. 11–25. 44 I. Peraia 353 Seite B, Z. 21–27. 45 Held 2009, 134. 46 Vgl. Kap. 7.2.2 Übernahme von Ämtern bei Festveranstaltungen. 47 IG XII 1, 762.



9.2 Nichtbürger im ländlichen Bereich 

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nehmen, dass zu den γεωργεῦντες auch Nichtbürger zählten, nicht aber, dass damit generell in der Landwirtschaft tätige Nichtbürger bezeichnet sind48. Das Dekret setzt zumindest eine nennenswerte Zahl von Nichtbürgern voraus, von denen man die regelmäßige Übernahme einer kostenaufwendigen Liturgie erwarten konnte. Dass die Verbreitung der Vereine keineswegs auf die städtischen Zentren begrenzt war, sondern sich auch die in ländlichen Siedlungen wohnhaften Fremden vereinsmäßig organisierten und dort bestatten ließen, zeigt ebenfalls, dass sie nicht allein Wirtschaftsgeschäften im Bereich des Handels nachgingen, sondern gleichermaßen an der landwirtschaftlichen Produktion beteiligt waren49. Die Pachturkunden aus Amos geben hingegen keinen Hinweis auf das Personal, das auf den Gehöften beschäftigt war; gleiches gilt für die Grabinschriften, die bei den Surveys in Loryma und Bybassos gefunden wurden. Erneut sind es die Ps.-Aischines Briefe, die den Einsatz von Sklaven in der Peraia dokumentieren; so ist im zwölften Brief davon zu lesen, Aischines lebe nun mit seiner Familie sowie sieben Sklaven auf dem Landgut bei Amos, das er erworben hatte. Ungeachtet der bereits geäußerten Bedenken hinsichtlich des Realitätsgehalts der Brieferzählung vermittelt die Schilderung einen Eindruck von der Zusammensetzung eines oikos eines wohlhabenden Landbesitzers, wie man ihn für entsprechend begüterte Rhodier voraussetzen darf50. Der Einsatz von Sklaven in der Amphorenproduktion ist dagegen eindeutig nachgewiesen, worauf im Folgenden näher einzugehen sein wird.

48 So Faraguna 2012, 147, der hinter der Bezeichnung ein koinon vermutet, das auch eigene Liegenschaften besaß. 49 Allein in der Peraia sind mindestens 14 Vereine dokumentiert: Loryma: I. Peraia 12 = I. Pérée 202 ([τ]ὸ κοινὸν τῶν ἐρανιστᾶν τῶν Ἀδωνιαζόντων; 3.–2. Jh. v. Chr.). Kasara: I. Peraia 52 = I. Pérée 169 (Ἀσ[κλα]πι[αστᾶν τ]ῶν Θε[ωνεί]ω[ν] κοινόν; hellenistisch). Thyssanus: I. Peraia 156 = I. Pérée 126 (Ἀδωνιασταὶ [– – –]; Ἀπολλωνιασταὶ [– – στ]αί Γ̣ [– – –]; Σωτηριασταί; Ἀσκλαπιασταὶ Ἀριστοδαμείων [– – –]; hellenistisch?). Tymnos: I. Peraia 205 = I. Pérée 103 ([Μου?]σαῖος ἀρχερανισ[τάς]; hellenistisch) und I. Peraia 204 = I. Pérée 97 ([Ἀφροδε]ισιασταὶ Σωτηριασταί; hellenistisch). Syrna: I. Peraia 302 = I. Pérée 58 b (τ[ὸ Ἀ]θ̣ αναϊστᾶν θιασιτᾶν τῶν σὺν Ἐ̣ [πι]γόνωι κοινόν; [τὸ – –]ν̣ ιστᾶν θιασιτᾶν [τῶν] σὺν Νικάτορι κοινόν; [– – θι]ασ[ιτᾶν κοι]ν̣ όν; 3.–2. Jh. v. Chr.). Aulai?: I. Peraia 471 = I. Pérée 57 (Ἀδωνιασταὶ Ἀφροδεισιασταὶ Ἀσκλαπιασταὶ τῶν ἐν Αὐλαῖς; Ἡροεισταὶ Σαμ̣ [ο]θρᾳκιασταί; 1. Jh. v. Chr. – 1. Jh. n. Chr.). Kedreai: I. Peraia 556 = I. Pérée 7 (τὸ κοινὸν τὸ Διοσκουριαστᾶν Θευδοτείων; um 140 v. Chr.). s. ferner das Fragment der Ehreninschrift I. Peraia 571 = HTC 86 ([τὸ κοι]ν̣ [ὸν τ]ῶ̣ν Ἁλιαστᾶ[ν] Πολεμακλείων τῶν σὺν Ἀλεξάνδρωι Ἀντιοχ̣ε̣ῖ̣ ; 2. Jh. – 1. Hälfte 1. Jh. v. Chr.), das in dem Ort Kallipolis und damit im Grenzgebiet zur integrierten Peraia gefunden wurde. 50 [Aischin.] epist. 12. Wichtige Erkenntnisse über die wirtschaftlichen Strukturen und die daran beteiligten Akteure werden sicherlich auch die bislang unpublizierten Ostraka geschäftlichen Inhalts aus dem 2./1. Jh. v. Chr. liefern, die im Bereich der südwestlichen Nekropole gefunden wurden; Gabrielsen 1997, 107.

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9.3 ›Fabrikantenstempel‹ Die rhodischen Amphoren weisen bekanntlich eine doppelte Stempelung auf, wodurch sie eindeutig von denen anderer Herkunft unterscheidbar sind; einer der beiden Stempel enthält den Namen des amtierenden Haliospriesters; der andere Stempel weist ebenfalls einen Namen auf, der gemeinhin als Fabrikant bezeichnet wird. Ab etwa 240 v. Chr. erscheint zusätzlich auf einem der Stempel der Monatsname. Wer genau aber sich hinter dem ›Fabrikantennamen‹ verbirgt, ließ sich bislang nicht klären. Die Überlegungen setzen dabei an einem bereits lange bekannten Fabrikantenstempel an, der neben dem Namen Αἰνίας den Zusatz ἐργαστηριάρχας aufweist, was sich wörtlich mit ›Werkstattleiter‹ übersetzen ließe. Ähnlich sind thasische Amphorenstempel mit der Bezeichnung κεραμάρχης überliefert. Ob diese Person mit dem Eigentümer, dem Pächter, einem Vorarbeiter oder einem Verwalter des Töpfereibetriebes zu identifizieren ist oder vielleicht den eigentlichen Töpfer bezeichnet, bleibt allerdings weiterhin unklar51. Allein bei denjenigen Amphorenstempeln, auf denen Frauennamen verzeichnet sind, wird man die eigentlichen Eigentümerinnen annehmen müssen52. Darüber hinaus käme grundsätzlich auch ein öffentlicher Amtsträger in Frage. Insbesondere Christoph Börker argumentierte, die Endung -άρχας spreche eindeutig für einen Verwaltungsbeamten53. Er bezieht diese Interpretation jedoch nicht generell auf sämtliche Fabrikantenstempel. Vielmehr müsse zwischen den Rund- und Rechteckstempeln unterschieden werden. Bei den Rundstempeln sei die Rose oder der Halioskopf dominant im Zentrum angeordnet, wodurch dem Stempel gewissermaßen ein offizieller Charakter verliehen werde. Die Legende laufe als Marginalie außen herum und sei dem Bildfeld deutlich nachgeordnet. Dagegen seien bei den Rechteckstempeln beide Symbole deutlich kleiner dargestellt; dafür sind hier weitere Beizeichen abgebildet, die wohl der Wahl des Töpfers respektive Werkstattleiters oblagen; das Vorkommen von Frauennamen auf den ›offiziellen‹ Rundstempeln erklärt Börker mit dem liturgischen Charakter des Amtes, durch dessen Übernahme sich auch Frauen als Wohltäterinnen engagiert hätten. Eine derartige Kategorisierung in Rund- und Rechteckstempel widerspricht aber allein schon dem langen Zeitraum, über den hinweg bestimmte Namen auf den Stempeln erscheinen. Ebenso wäre nach der Argumentation Börkers davon auszugehen, dass regelmäßig Nichtbürger, deren Namen gelegentlich auch auf Rundstempeln begegnen, in das Amt gewählt wurden54.

51 Garlan 1998, 582 f. macht außerdem auf einen rhodischen Fabrikantenstempel aufmerksam, auf dem hinter dem Namen [Ar]etiōn das Prädikat epoei steht; daraus ließe sich aber ebenfalls nicht die exakte Position der genannten Person ableiten. 52 Garlan 1998, 583; ebenso Finkielsztejn 2001, 34. 53 Börker 1998, 15 f. 54 Zu der großen Zahl an Nichtbürgern unter den Fabrikanten s. die folgenden Ausführungen. Kritik an der Argumentation Börkers übt Garlan, BE 2002, 207 Nr. 262, ohne diese allerdings inhaltlich zu

9.3 ›Fabrikantenstempel‹ 

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Von den Frauennamen war bislang außerdem ausschließlich Διόκλεια auf Rundstempeln vertreten. Nathan Badoud hat inzwischen jedoch dargelegt, dass auf den entsprechenden Stempeln vielmehr die Genitivform des männlichen Namens Διοκλῆς zu lesen ist. Insofern sind Frauennamen nur auf den Rechteckstempeln zu finden55. Er erklärt die Verwendung unterschiedlicher Stempel mit der Existenz von zwei Kategorien von Töpfereien: Die Rundstempel seien in öffentlichen Werkstätten produziert worden, wo überwiegend Bürger tätig waren; die Rechteckstempel hingegen seien ausschließlich in ›privaten‹ Betrieben verwendet worden56. Der lange Zeitraum von rund 60 Jahren, über den hinweg Stempel des in Hisarönu tätigen Fabrikanten ῾Ιεροτέλης belegt sind, gab zudem Anlass zu der Vermutung, dass sich hinter dem Namen vielleicht sogar ein Produktionszentrum verbergen könnte. Allerdings sind aus derselben Zeit auch Töpfer bekannt, die unter eigenem Namen produzierten57. Zudem kritisiert Badoud, dass dieser Annahme die modernistische Vorstellung einer Art Gütesiegel zugrunde liege58. Der eigentlichen Zweck der Stempelung ist bislang nicht sicher geklärt; wahrscheinlich ist ein fiskalischer Zusammenhang59. Da die ›Fabrikanten‹ nur mit bloßem Namen angegeben sind, ist eine Identifizierung mit inschriftlich überlieferten Personen praktisch nicht durchführbar. Die gute epigraphische Überlieferung erlaubt hingegen eine onomastische Auswertung der Fabrikantenstempel. Bereits Martin P. Nilsson, der im Jahr 1909 die lindischen Amphorenstempel publizierte, verwies auf die heterogene Zusammensetzung der Fabrikantennamen, von denen eine Vielzahl ansonsten nicht für rhodische Bürger belegt sind60. Für die von Virgina Grace vorgelegten Fabrikantennamen auf den rhodischen Amphorenhenkeln aus Delphi errechnete Alain Bresson einen Anteil rhodischer Namen von 47 %61. Insgesamt kann mittlerweile für rund 160 Fabrikanten eine nicht-rhodische Herkunft angenommen werden, die hier in App. III Tab. 15 ohne Anspruch auf Vollständigkeit zusammengestellt sind62. Bei der Zusammenstel-

begründen. Auszuschließen wäre eine Wahl von Nichtbürgern in solch ein Amt freilich nicht, wenn man an die von Bresson 2001b dargestellte Entwicklung des Münzmeisteramtes denkt. 55 Badoud 2013. 56 Badoud 2017a, § 19. 57 Şenol – Şenol – Doğer 2004, 353. 58 Badoud, BA 2007, 200 Nr. 158. 59 Debidour 1998; Badoud 2012, 170 Nr. 54; Badoud 2017a, § 21 f. 60 Bresson 1986, 82 mit Nilsson 1909, 100 f.; s. auch Masson 1986, 39. 61 Bresson 1986, 83. 62 Ein Inventar sämtlicher Fabrikanten, die auf rhodischen Amphorenstempeln bezeugt sind, liegt bislang nicht vor; nach Badoud 2017a, § 16 sind derzeit rund 395 Namen von Fabrikanten bekannt. Er beziffert a. O. das Verhältnis Bürger/Nichtbürger mit einem Quotienten von 1,45, was mit der in dieser Arbeit ermittelten Zahl an Nichtbürgern übereinstimmt. Für die Übersicht der in App. III Tab. 15 zusammengestellten Fabrikanten nicht-rhodischer Herkunft wurden angesichts der Vielzahl an Publi-

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lung der Liste der Fabrikanten wurden bewusst zurückhaltend nur Namen berücksichtigt, für die es keine Parallele in der rhodischen Onomastik gibt. Dies bedeutet, dass etwa die Fabrikanten Δῶρος und Σωτᾶς, deren Namen in Rhodos vornehmlich unter Fremden verbreitet sind, aus der Liste ausgeschlossen wurden, da auch Rhodier diesen Namen führen63. Eine Ausnahme bildet dagegen der Name ῎Ατταλος, da der einzige Rhodier mit diesem Namen mit sehr großer Wahrscheinlichkeit ein Neubürger aus Ephesos ist64. Nur auf wenigen Stempeln lässt sich durch ein hinzugefügtes Ethnikon die Herkunft der Fabrikanten bestimmen (App. III Tab. 14). Neben Samos sind es ausschließlich Amphorenproduzenten aus Kleinasien, sofern man annimmt, dass mit Ἀντιοχεύς und Λαοδικεύς nicht das syrische Antiochia bzw. Laodikeia gemeint sind65. Einige seltene Namen lassen trotz eines fehlenden Ethnikon eine genauere geographische Zuordnung zu: Zweifellos wird der im 3. Jh. v. Chr. tätige Fabrikant Ψάφων aus Kyrene stammen66; nur dort ist der Name überhaupt belegt67. Die Beziehungen zwischen Rhodos und Kyrene reichen weit zurück: Die lindische Tempel­chronik berichtet, dass an der Gründung von Kyrene im 6. Jh. v. Chr. auch Kolonisten aus Lindos beteiligt gewesen sein sollen68. Im Heiligtum der Athana Lindia war im frühen

kationen im Wesentlichen nur die einschlägigen Materialvorlagen herangezogen: IG XII 1, 1210–1426; Porro 1916; Nilsson 1909; Grace 1952; Finkielsztejn 2001; Nicolaou 2005; ferner die von Virginia Grace in der Hesperia publizierten Amphorenstempel der Athener Agora (abrufbar über die Datenbank der American School of Classical Studies at Athens; ) sowie die vom Centre Alexandrin d’Étude des Amphores in der online-Datenbank bereitgestellten Fabrikantenstempel aus Delos (Ergänzung zu Grace 1952) und Alexandria; letztere werden kontinuierlich um die neu katalogisierten Stempel erweitert (08 12.2017). Mit den konsultierten Publikationen ist ein Mindestmaß an Redundanz garantiert, um der Namensliste eine Aussagekraft verleihen zu dürfen. 63 Der Name Δῶρος ist einmal für einen Rhodier aus der Peraia überliefert (I. Peraia 151 = I. Pérée 118 col. A, Z. 16) sowie für drei Nichtbürger, s. I. Peraia 19 = I. Pérée 198 (Tenos); Maiuri, Nuova Silloge 191 und 192 (Medien); Maiuri, Nuova Silloge 289 (Sklave?). Σωτᾶς heißt ein Rhodier, der sich im Jahr 183/2 v. Chr. in Athen an einer Spende beteiligte (IG II2 2332 col. II Z. 215); in Rhodos selbst kommen nur zwei Nichtbürger mit dem Namen vor, s. Maiuri, ASAA 2, 1916a, 127 Nr. 5 (Sidon); Maiuri, Nuova Silloge 208 (Chalkis). 64 IG XII 1, 863 sowie Kap. 5.2.2 Anm. 86; Ansonsten tragen in Rhodos nur Nichtbürger diesen Namen, s. IG XII 1, 578 (Sklave?); IG XII 1, 941 (Ἄτταλος Ἐφέσιος); Maiuri, Nuova Silloge 182 (aus Magnesia?); Maiuri, Nuova Silloge 244 (Ἄτταλος ἐγγενής); ADelt B 22, 2, 1967, 538 Nr. 2 (Ἄτταλος ἐγγενὴς εὐεργέτας); ADelt B 51, 2, 1996, 703 (Sklave?); I. Lindos 363 (Ἄτταλος Τραλιανός); Papachristodoulou 1989, 198 Nr. 10 = SEG 39.722 col. I Z. 12 (Sklave?); Peek, WissZHalle 16, 1967, 385 Nr. 32 (Sklave?); darüber hinaus ist der Name einmal numismatisch belegt, s. Bresson 2001, 205 f. 65 Der Name Μνάσων findet sich jedoch weder in Syrien noch in Kleinasien; Μένανδρος ist dagegen besonders in Kleinasien verbreitet und auch mehrmals in Laodikeia am Lykos belegt. 66 Ag. Inv. R 554; Nicolaou 2005, App. I 305; TD 4722 und 6953. 67 Das LGPN verzeichnet vier Belege für das 4./3. Jh.; im 2. Jh. n. Chr. ist der Name dann noch ein weiteres Mal in der Marmarica bezeugt. 68 I. Lindos 2 Z. 109–117 (XVII).

9.3 ›Fabrikantenstempel‹ 

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4. Jh. v. Chr. zudem ein Schuldschein über ein Darlehen deponiert, das einer Familie aus Kyrene von der Gemeinde Kamiros gewährt worden war69. Auch für die hellenistische Zeit ist die Präsenz von Bürgern aus Kyrene epigraphisch bezeugt, von denen sich für zwei eine Beteiligung an der landwirtschaftlichen Produktion vermuten lässt70. Die Fabrikantennamen Δαναός und Μαζαῖος dürften auf Bürger aus Ephesos zurückzuführen sein. Die Ephesier bilden von sämtlichen Fremden in Rhodos mit Abstand die am stärksten vertretene Gruppe. Während einige von ihnen Künstler waren71, so ist die insgesamt große Zahl aber auch hier auf die intensiven Handelsbeziehungen zwischen den beiden Poleis zurückzuführen. Rhodische Amphorenstempel, die in Ephesos gefunden wurden, datieren in den Zeitraum vom Ende des 4. bis zum Anfang des 1. Jhs. v. Chr.72. Im 3. Jh. ist der Rhodier Ἀγαθοκλῆς Ἁγήμονος in Ephesos sogar mit dem Bürgerrecht ausgezeichnet worden, nachdem er der Polis Getreide geliefert hatte, das er unter dem Marktpreis verkaufte73. Zwei Bürger aus Ephesos begleiteten zudem eine Gruppe von Rhodiern nach Samothrake, um sich mit diesen gemeinsam in die Mysterien einweihen zu lassen; in der Inschrift sind beide als in Rhodos ansässige Seeleute bezeichnet74. Auch die vier Bürger aus dem karischen Keramos, die zwar in Rhodos wohnten, aber in Ephesos mit dem Bürgerrecht geehrt wurden, dürften mit großer Wahrscheinlichkeit als Händler zu interpretieren sein75. Einige Rhodier kauften zudem offensichtlich auch Sklaven auf dem Sklavenmarkt in Ephesos ein; darauf deutet etwa der auf einer Grabstele verzeichnete Name des Lyders Ἔφεσος76. Der auf Delos gefundene rhodische Amphorenhenkel mit dem Fabrikantennamen Δάζιμος dürfte ferner mit einiger Sicherheit einen Töpfer bezeichnen, der ursprünglich in Süditalien, vielleicht in Tarent, beheimatet war77. In der Nähe des benachbar-

69 Tit.Cam. 105. 70 Beide Belege stammen aus der Peraia: In Thyssanous brachte ein Kyrener während einer Vereinsversammlung einen Antrag für die Ehrung eines Wohltäters ein; I. Peraia 155 (= I. Pérée 128); in dem kleinen Hafenort Loryma stiftete Μοσχίων aus Kyrene zusammen mit einem aus Kamiros stammenden Rhodier ein Votiv an Apollon; I. Peraia 8 (= I. Pérée 195). 71 Bronzegießer: Ἀγάθων (I. Lindos 84; Mitte 3. Jh. v. Chr.). Bildhauer: Ἄριστος (IG XII 1, 122; I. Lindos 163; BCH 24, 1900, 253 Nr. 1; 1. Hälfte 2. Jh. v. Chr.). Maler: Ἀπέλλης (Plin. n.h. 35, 81, 3). 72 Lawall 2007. 73 I. Ephesos 1455. Bereits im letzten Viertel des 4. Jhs. v. Chr. erhielt der Rhodier Δαμοκράτης Αἰγυπτίου dieselbe Ehre aus nicht näher bezeichneten Gründen; Habicht 1989. 74 Dimitrova 2008, Nr. 50 (= IG XII 8, 186). 75 I. Ephesos 1447. Dass es sich bei dem κοινὸν τῶν Ἀφροδισιαστῶν, von dem das Fragment eines Ehrendekrets in der Nähe des Hafens gefunden wurde, um einen Zusammenschluss rhodischer Händler handelt, ist unwahrscheinlich (SEG 43.773); Chaniotis, SEG 471626, verweist auf den fehlenden dorischen Dialekt. Auch sonst weist der Dekrettext keine charakteristisch rhodischen Idiome auf. 76 Maiuri, Nuova Silloge 223; s. außerdem Maiuri, Nuova Silloge 428 Z. 1–4: Ἐφέσ[ιος] | καὶ |Ἰσίδω[ρος] | ἐνγενε̣ [ῖς]; sowie die Osteothek IG XII 1, 418 mit dem Namen der Ἐφεσία. 77 TD 6260.

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 9 Der ländliche Raum

ten Metapont fand man bezeichnenderweise ein Ziegelfragment, der mit dem Stempel des Δάζιμος κεραμεύς versehen ist78. Der Name des Fabrikanten Βόσπορος verweist selbstredend auf das Schwarzmeergebiet79. Für Δρακοντομένης wird man mit einiger Wahrscheinlichkeit annehmen können, dass er aus Karien, vielleicht aus Halikarnassos nach Rhodos gekommen ist80. Ἀναξιππίδας weist wiederum nach Knidos81. Olivier Masson hat ferner auf die pamphylische Herkunft des Namens Ἐρυμνεύς verwiesen; der Name Σίνδης sei wahrscheinlich im Schwarzmeergebiet zu verorten; die Fabrikanten Μάνης und Ἰμᾶς dürften seiner Ansicht nach phrygischer Abstammung sein82. Das Herkunftsgebiet der Fabrikanten lässt sich damit nicht auf Kleinasien beschränken, wie die mit Ethnikon bezeugten Fabrikanten zunächst vermuten ließen, sondern korelliert mit den weitverflochtenen rhodischen Handelsbeziehungen insgesamt. Der Fabrikant Διονύσιος aus Laodikeia vermerkte zusätzlich sogar seinen Metökenstatus. Man ist versucht, ihn mit dem Vorsitzenden eines Vereins aus RhodosStadt zu identifizieren, doch bleiben angesichts des unspezifischen Namens Dionysios erhebliche Unsicherheiten83. Auch Namensparallelen bei weiteren Fabrikanten führen nicht weiter. Indessen bezeichnen sich jedoch fünf Fabrikanten als engenes; zwei dieser auf Rhodos geborenen Sklaven präzisieren ihren Status mit engenes metoikos und geben sich dadurch als Freigelassene zu erkennen84. In der Liste nichtrhodischer Fabrikanten scheinen sich weitere Sklaven zu verbergen. Hervorzuheben sind etwa die einschlägigen Namen Ἄθως, Ἱέραξ, Μάνης, Πίστος, Πρῶτος, Σάμος, Σαραπίων, Σίνδης oder Χρήσιμος, die man nicht durchweg als Freigelassene interpretieren kann. Zwar ist auszuschließen, dass Sklaven Eigentümer oder Leiter einer Töpferei werden konnten, denkbar wäre aber, dass sie bestimmte Aufgaben im Bereich der Organisation und Verwaltung einer Töpferei übernahmen und dann auch mit einem eigenen Stempel die Amphoren signierten.

78 SEG 42.912. 79 Ag. Inv. R 131 A-B; TD 6745. 80 Für Halikarnassos s. Klee, Geschichte der gymnischen Agone, Nr. 8, II, Seite C, Z. 39 f. (Δρακοντ[ομένης Ἱεροκλεῦς(?) Ἁ]|λικαρνασσεύς); Wilhelm, ÖJh 11, 1908, 61–63 Nr. 4 Z. 16 und 19; Blümel, ADerg 2, 1994, Nr. 32 Z. 1; für Keramos s. I. Keramos 31 Z. 2; für Knidos s. I. Knidos 81 Z. 2 f. Singulär ist der Name außerdem in Ephesos im 1. Jh. n. Chr. belegt, I. Ephesos 1517 A, Z. 7 f. 81 Ἀναξιππίδας erscheint als Eponym auf knidischen Amphorenstempeln; s. außerdem I. Knidos 165 (180–170 v. Chr.); I. Milet I 3, 138 Z. 72 (dort ist einer der knidischen Kreditgeber mit dem Namen verzeichnet; 282 v. Chr.); Rizakis, Achaïe III 134 Z. 4 f. (knidischer proxenos; 4. Jh. v. Chr.?). 82 Masson 1986, 39. Darüber hinaus vermutet er a. O. für Ὀνασιοίκος eine zypriotische Herkunft, da dort Namensbildungen mit Ὀνασι- verbreitet seien. 83 Maiuri, ASAA 8/9, 1925/26, 322 Nr. 5. Gleichermaßen attraktiv wie spekulativ ist die Vermutung, der Fabrikant Φύλης könnte mit dem Bildhauer Φύλης aus Halikarnassos identisch sein; Badoud, BA 2007, 201. Immerhin ist der Name, wie Badoud bemerkt, ansonsten in Rhodos nicht belegt. 84 In der Datenbank des Centre Alexandrin d’Étude des Amphores () ist der Statusvermerk ἐγγενής in vier Fällen fälschlicherweise als Fabrikantenname interpretiert worden. Der davorstehende Name wurde dann jeweils als Eponym gelesen.

9.3 ›Fabrikantenstempel‹ 

 315

Die vielen Fabrikantennamen, die offensichtlich fremder Herkunft waren, bestärken die bereits geäußerte Annahme, dass sich gerade die ländliche Bevölkerung zu einem wesentlichen Teil aus Nichtbürgern zusammengesetzt haben muss. Von Interesse ist außerdem ein Blick auf die zeitliche Verteilung der Fabrikantennamen: Tab. 3: Zeitliche Verteilung der datierbaren Namen ›fremder‹ Fabrikanten Datierung

304–199

198–161

160–108

107–40

Nichtbürger

42

24

60

20

Prozent

28,8 %

16,4 %

41,1 %

13,7 %

Datierung

304–161

160–40

Nichtbürger

66

80

Prozent

45,2 %

54,8 %

Allgemein lässt sich zunächst beobachten, dass über die gesamte hellenistische Zeit hinweg Nichtbürger an der Amphorenproduktion beteiligt waren. Bereits unter den frühesten Amphorenstempeln aus dem Anfang des 3. Jhs. v. Chr. sind zahlreiche Namen auszumachen, die nicht in der rhodischen Onomastik belegt sind. Auffallend ist dann besonders die Konzentration von ›fremden‹ Fabrikantennamen in der 2. Hälfte des 2. Jhs. v. Chr. Ganz offensichtlich blieb Rhodos auch nach dem Krieg gegen Perseus und den darauffolgenden Sanktionen durch Rom als dauerhafter Aufenthaltsort für zahlreiche Nichtbürger attraktiv. Der Zeitraum zwischen dem 2. Kretischen Krieg und dem Kampf gegen Mithridates VI. markiert eine lange Friedensphase, die grundsätzlich günstige Voraussetzungen für eine neue wirtschaftliche Entwicklung bot. Die Amphorenproduktion stellte für Nichtbürger eine attraktive Einnahmequelle dar, zumal sie nicht über eigenen Landbesitz verfügen konnten. Darüber hinaus hält es García Sánchez für denkbar, dass auch zu den Frauen, die auf den Fabrikantenstempeln belegt sind und wohl durch Erbschaft zu einem Töpfereibetrieb gelangt waren, Neubürgerinnen oder Metökinnen zählten; er weist aber gleichzeitig darauf hin, dass allein anhand onomastischer Kriterien in dieser Hinsicht keine Sicherheit zu gewinnen sei85. Bedenkt man aber, dass in Rhodos eine Nichtbür-

85 García Sánchez 2008, 304 f. Nach den Korrekturen von Badoud, BA 2012, 191 Nr. 149 können nun zehn weibliche Personen unter den Fabrikantenstempeln ausgemacht werden: Διόκλεια, Διοδωρώ, ῾Ηρακλειτώ, Καλλιώ, Κληνώ, Νανίς, Νικαγίς, Νεμοννιώ, Τιμώ (1 und 2); s. hierzu auch Badoud 2013. Vgl. zu den Frauennamen auf den Amphorenstempeln auch Palamida – Seroglou 2009, die den Befund ebenfalls als Beleg für die hervorgehobene soziale Stellung der Frauen in Rhodos insgesamt werten.

316 

 9 Der ländliche Raum

gerin mit dem Privileg der enktēsis ausgezeichnet worden ist, so muss diese Möglichkeit in Betracht gezogen werden86.

9.4 Zusammenfassung Durch die archäologischen Surveys der letzten Jahre hat die Kenntnis über die Organisation des ländlichen Bereichs der Polis deutlich an Kontur gewonnen. Es lassen sich nun für einige Gebiete detailliert die Wirtschaftsabläufe nachzeichnen. Nicht nur Sklaven, sondern auch freie Nichtbürger müssen maßgeblich an der landwirtschaftlichen Produktion beteiligt gewesen sein, sowohl als Pächter landwirtschaftlicher Betriebe als auch von Töpfereibetrieben. Die immensen Ehrungen, die von den katoikeuntes, den geōrgeuntes und z. T. auch von den nauklareuntes Mitgliedern der lindischen Oberschicht zukamen, zeigen, dass die Fremden zu einem ganz erheblichen Teil finanziell von der landwirtschaftlichen Produktion profitierten. Während die wirtschaftliche Bedeutung der chōra für die Nichtbürger klar hervortritt, lassen sich über die Formen des Zusammenlebens der Polisbewohner in diesem Bereich weiterhin kaum Aussagen treffen.

86 Pugliese Carratelli, Associazioni, Nr. 21 Seite A col. III Z. 11. Von García Sánchez 2008 nicht berücksichtigt.

10 Schlussbetrachtung Mit der Eingliederung der benachbarten Inseln sowie der Peraia war Rhodos eine überaus erfolgreiche Integration von Nichtbürgern in die Bürgerschaft gelungen, für die es in dieser Weise keine Parallele in der griechischen Poliswelt gibt. Auch wenn einige Neubürger mitunter eine große geographische Distanz zu bewältigen hatten, um sich in den politischen und kultischen Feldern der Polis aktiv betätigen zu können, so tritt gerade bei ihnen die Wirkmächtigkeit des Bürgerrechts als identifikatorischer Bezugspunkt hervor. Diese sämtliche Lebensbereiche umfassende Sozialisation muss bereits unmittelbar nach der Aufnahme der Gebiete in das Polisterritorium eine enorme Dynamik entfaltet haben, wie an der Übernahme von Festliturgien und Priesterämtern durch Peraiabewohner zu Beginn des 3. Jhs. v. Chr. sichtbar wird. Auch wenn sich Hinweise auf die fortbestehende Einbindung in indigene Organisationsformen ausmachen lassen, so waren die Bewohner der eingegliederten Gebiete zuallererst Polisbürger. Vielen von ihnen gelang es, auf Polis- oder Phylenebene in den Kreis der führenden Familien vorzudringen. Gerade hieran lässt sich der Nachweis für die prinzipielle Offenheit der rhodischen Führungsschicht erbringen. Seit jeher gelang es indes ›alteingesessenen‹ Familien, über mehrere Jahrhunderte ihren Einfluss durch die Übernahme wichtiger Ämter geltend zu machen; sei es innerhalb ihrer jeweiligen Phylengemeinde oder auf der Ebene der Gesamtpolis. Dabei trugen sie ihre Anciennität durch eine entsprechende epigraphische Dokumentation in Form von Ehreninschriften sowie der damit verbundenen öffentlichen Platzierung von Statuenensembles ihrer Familienmitglieder augenfällig nach außen. Dass die Lindier bezüglich der Kultpflege der Athana Lindia eine beachtliche Beharrungskraft zeigten, die sich – von oberster Polisebene sanktioniert – gerade auch gegen die Neubürger der Festlandgebiete richtete, gibt nur ein besonders herausragendes Beispiel für die Bewahrung traditioneller Elemente innerhalb der Bürgerschaft. Die Form der Distinktion der ›politischen‹ Eliten war aber eben nie prinzipieller oder gar rechtlich kodifizierter Natur. Erinnert sei an dieser Stelle an den aus dem Festlanddemos Tlos stammenden Nikasagoras Hippokleus, der erstmals in der Gemeinde Kamiros, zu der sein Demenbezirk gehörte, als Spender bei einer epidosis in Erscheinung tritt. Über den Weg der Adoption gelingt ihm nicht nur der Wechsel in einen lindischen Demos, sondern auch die Übernahme des Priesteramtes der Athana Lindia sowie dasjenige des Halios (vgl. Kap. 7.1). Überhaupt ist stets die vielschichtige Binnengliederung der Polis in Erinnerung zu rufen, wodurch breite Teile der Polisbürger aktiv eingebunden wurden und eine Vielzahl an Karrieremöglichkeiten offenstand. Vor diesem Hintergrund ist der strikte Ausschluss der zahlreichen Nichtbürger zu sehen, die meistenteils dauerhaft in der Polis ›fremd‹ blieben und diesen Status auch an ihre Nachkommen weitervererbten. Um die soziale Stellung der Nichtbürger https://doi.org/10.1515/9783110572681-012

318 

 10 Schlussbetrachtung

abschließend zu bewerten, soll nochmals der Blick auf die vier eingangs formulierten Fragekomplexe gerichtet werden: a) Inklusion und Exklusion Es gab nur wenige Räume der Polis, aus denen Fremde grundsätzlich ausgeschlossen blieben. Entscheidend war vielmehr stets die Form der Teilhabe. In anschaulicher Weise ließ sich für den Bereich der Polisheiligtümer eine höchst differenzierte Form gradueller Inklusion und gleichzeitiger Ausgrenzung feststellen. Man kann hinsichtlich der Poliskulte geradezu von einem Changieren zwischen Inklusions- und Exklusionsbestrebungen sprechen: Fremde erhielten grundsätzlich Zutritt zu den Temenosbezirken; die Aufstellung von Weihgeschenken blieb wiederum vielfach Personen vorbehalten, die etwa durch ihren Status als proxenoi in einem besonderen Verhältnis zu der Polis standen. Auch zu außerordentlichen Sitzungen der Volksversammlung, die anlässlich von epidoseis anberaumt wurden, waren vereinzelt Fremde zugelassen, die in diesem Rahmen aber eine Randerscheinung einnahmen. Solcherlei Spendenaufrufe waren vornehmlich ein Appell an das finanzielle Engagement der Polisbürger und wurden gerade von den führenden Familien zu Repräsentationszwecken vereinnahmt. Ämter, die praktisch das Wesen des Polisbürgers an sich ausmachten und die Kollektividentität der Bürgerschaft prägten, blieben auch in Zeiten finanzieller Nöte stets Sache der Bürger bzw. eines relativ breiten Kreises innerhalb der Bürgerschaft. Anzeichen für eventuelle Schwierigkeiten bei der Besetzung der höchst angesehenen eponymen Priesterämter sind allenfalls in der frühen Kaiserzeit auszumachen. Diese Probleme wurden jedoch weiterhin kollektivintern gelöst. Angesichts der Maßnahmen, die von den Lindiern in der frühen Kaiserzeit ergriffen wurden, um den Aufwand für die Kultfeiern weiterhin betreiben zu können, ließe sich provokant formulieren, dass man sich eher bereit fand, Tempelinventare und Ehrenstatuen zu veräußern, als ›Fremden‹ den Kultbetrieb zu überlassen. Sklaven waren an diesen Orten seit jeher in Aufsichts- und Verwaltungsfunktionen präsent; sie aber blieben allein schon durch ihren Rechtsstatus, der ihnen keine weiteren Optionen eines Aufstiegs ermöglichte, in ihrem Rang fixiert. Es wäre vorstellbar, dass einigen dieser respektierten damosioi die Freilassung in Aussicht gestellt wurde, allerdings fehlen für solch eine Annahme eindeutige Belege. Einzelnen Nichtbürgern war es zumindest im 1. Jh. v. Chr. schließlich möglich, durch die Übernahme der Choregie an der kompetitiven Festkultur teilzuhaben. Diese ›fremden‹ Choregen rekrutierten sich aus einem kleinen Kreis vermögender Nichtbürger, die in einem Nahverhältnis zu den Poliseliten standen. Entscheidend dabei ist, dass die Choregie eine Liturgie und kein Amt war; eine Einbindung von Fremden in die städtische Ämterlaufbahn fand nicht statt. Umfassendere Ehrendekrete und Ehreninschriften für Nichtbürger sind ausschließlich unterhalb der Phylenebene und auch hier nur singulär bezeugt. Kein Fremder wurde nach Ausweis der epigraphischen Evidenz mit einer Statue oder der

10 Schlussbetrachtung 

 319

Prohedrie bei den Festen und Agonen der Polis geehrt. Gleiches gilt für die in Lindos ab dem späten 2. Jh. v. Chr. vergebene Auszeichnung der Stephanaphorie, durch die bei den Prozessionen die Wohltäter sichtbar von den übrigen Kultteilnehmern hervorgehoben waren. Entsprechend blieb auch das hierothyteion, ein im Temenosbezirk zu lokalisierender Bankettraum, ein Ort der Poliseliten, zu dem man allenfalls auswärtige Gesandte hinzuzog. Die von dem Demos Brykous gegenüber einem fremden Euergeten ausgesprochene Einladung, an den Demenfesten teilzunehmen, deutet an, dass auf lokaler Ebene bisweilen mit einem strikteren Ausschluss von Nichtbürgern zu rechnen ist. In ähnlicher Weise präsentiert sich der Bereich der Flotte. Die Integration von Nichtbürgern erfolgte innerhalb einer relativ starren hierarchischen Struktur, die nur wenig Spielraum für einen Aufstieg ließ. Fremde im Amt eines Trierarchen sind hier nicht anzutreffen; allenfalls bei der Besetzung technisch spezialisierter Posten griff man vereinzelt auf einen über die Bürgerschaft hinausgehenden Personenkreis zurück. Polissklaven wurden möglicherweise ebenso, wie es für den Kultbereich bezeugt ist, als Dienstpersonal eingesetzt. Auffallend zeigt sich demgegenüber, dass gerade das Gymnasion zwar ein exklusiver Ort der Polis blieb, aber kein ausschließlich nur den Bürgern vorbehaltener Raum. Möglicherweise entwickelte sich das Gymnasion früher als andernorts zu einer Bildungsinstitution führender Bürgerfamilien, da die militärische Ausbildung im Bereich der Flotte stattfand und nicht primär auf das Gymnasion bezogen war. Damit wäre grundsätzlich die Voraussetzung geschaffen worden, dass später auch vereinzelt Nichtbürger aus diesem Kreis das Bürgerrecht erhielten und gerade hier die Grundlage für eine spätere Laufbahn in der rhodischen Ämterhierarchie legten. Zu denken ist vornehmlich an die Gruppe der Künstler und Intellektuellen, die bereits vor ihrer Ankunft in der Polis meistenteils über Kontakte zu einzelnen Bürgern verfügt haben dürften. Die Kultvereine, die sich oftmals überwiegend oder ausschließlich aus Nichtbürgern zusammensetzten, nutzten die öffentlichen Räume der Polis nicht als erweiterten Vereinsraum, indem dort Dekrete oder etwa Statuen der koina Aufstellung gefunden hätten. Da die Heiligtümer und sonstigen öffentlichen Plätze der Polis weitgehend Repräsentationsräume der Bürgerschaft waren, nahmen die Vereinshäuserund Nekropolen gerade in dieser Hinsicht eine wichtige Funktion ein. Die vereinseigenen Grabbezirke wurden bisweilen zu regelrechten Platzanlagen ausgestaltet, die den Kultfeiern ihren eigenen Rahmen gaben. Auf einer unteren Ebene erfüllten die Vereine aber weitaus grundlegendere Bedürfnisse, indem sie ihren Mitgliedern einen Bestattungsplatz garantierten und in dieser Hinsicht auch das fehlende Recht auf Grundeigentum zu kompensieren vermochten. Die fehlende enktēsis prägte auch die Rolle der Fremden im Bereich der chōra. Da ihnen der Zugriff auf Ländereien weitgehend verwehrt blieb, wirtschafteten sie vor allem als Pächter von Gehöften und Töpfereibetrieben.

320 

 10 Schlussbetrachtung

b) Soziale Hierarchisierung Der Zugang zum Bürgerrecht unterlag bis in die frühe Kaiserzeit hinein einer genauen Kontrolle der Bürgerschaft. Das restriktive Bürgerrechtsgesetz, das Nachkommen aus gemischten Ehen als minderprivilegiert klassifizierte, behielt weiterhin Gültigkeit. Während die in Rhodos ansässigen Fremden vielfach einen Partner außerhalb der eigenen Polis wählten, blieben Heiraten zwischen einem Rhodier und einer Fremden seltene Ausnahmen. Zwar scheinen im 1. Jh. v. Chr. größere Möglichkeiten sozialer Mobilität bestanden zu haben; doch bewegten diese sich weiterhin primär im Status des Fremden. Auch in späthellenistischer Zeit war die Laufbahn ambitionierter Nichtbürger keineswegs in der Weise vorgezeichnet, dass ihnen in jedem Fall die Aufnahme in den Bürgerverband offenstand. Die Karriere des Philokratēs aus Ilion zeigt ganz deutlich das Bemühen, die Nähe zu Rhodiern der Führungsschicht herzustellen, das schließlich auch mit der Vergabe der epidamia honoriert wurde. Erst sein Sohn aber fand schließlich Aufnahme im Bürgerverband. Ein weiteres Beispiel gibt Dōriōn aus Alexandria ab: Mit epidamia und enktēsis ausgezeichnet, gehörte er zu den besonders herausgehobenen Nichtbürgern und wurde gleich dreimal zum ›Staatsbankett‹ geladen. Ihm blieb jedoch ebenfalls das Bürgerrecht vorenthalten. Auch innerhalb der Gruppe der Fremden bildete sich keine von der Polis divergierende Sozialordnung. Bezeichnend ist es, dass die Fremden im Rahmen der Vereinsorganisation kein eigenes Werte- und Privilegiensystem entwarfen. Oft sind es gerade Inschriften aus Vereinskontexten, in denen Personen mit ihrem genauen Rechtsstatus angegeben sind. Das auf Polisebene erworbene Prestige konnte so in der Vereinsgemeinde geltend gemacht werden, zumal sich dem Verein hieraus auch ganz konkrete Vorteile erschließen konnten. In dieser Hinsicht wiesen die Vereine nur ein geringes Maß an Autonomie auf, wodurch es zu einer weitgehenden Reproduktion der auf Polisebene gültigen sozialen Ordnung kam. c) Kommunikation Durch die zahlreichen Vereinsgründungen bestanden vielfältige Formen der Interaktion zwischen Bürgern und Nichtbürgern vor allem bei den regelmäßigen Versammlungen und Kultfeiern. In diesen Räumen des Miteinander verloren wie bereits angedeutet bestehende soziale Zugehörigkeiten nicht an Prägnanz. Überhaupt stellt sich die Frage, ob Mitglieder der rhodischen Oberschicht regelmäßig an dem Vereinsleben der Nichtbürger partizipierten. Es ist hier zumindest eine gewisse Skepsis angebracht. Unter den Vereinsmitgliedern, die den Spendenaufrufen der Vereine folgten, sind bezeichnenderweise keine Rhodier anzutreffen, die anderweitig bekannt und somit der Führungsschicht zuzuordnen wären. Auch die von Personennamen abgeleiteten Vereinsnamen wird man in den allermeisten Fällen als Form einer Ehrung zu betrachten haben. Diese lassen sich nicht auf die jeweiligen Gründer zurückführen; insofern sind die Kultvereine nicht als Teil eines von den führenden Polisbürgern gewobenen und mithin gezielt kontrollierten Netzwerkes zu ver-

10 Schlussbetrachtung 

 321

stehen. Es gibt keine Hinweise darauf, dass Mitglieder führender rhodischer Familien maßgeblich auf die Gestaltung einwirkten oder sie gar als Einheiten eines militärischen und wirtschaftlichen Funktionssystems strukturierten. Es soll keineswegs die generelle soziale Bedeutung der koina in Abrede gestellt werden, im Gegenteil. Die detaillierte Auflistung von Vereinsehrungen, die häufig auch bildlich in Form von Kranzdarstellungen auf den Grabmälern ›übersetzt‹ wurden, sind nur zu verstehen, wenn man sie jenseits eines bloßen Repräsentationsbedürfnisses als konstituierendes Element des Vereinskollektivs ernst nimmt. Dieses beruhte auf demselben euergetischen Erwiderungsmechanismus wie auf Polisebene. In dieser Hinsicht wirkten die Vereine für einen Teil der Nichtbürger in der Tat inkludierend; zumal wenn man bedenkt, dass Nichtbürger nur selten von Seiten der Polis öffentliche Ehrungen erhielten. Hingegen waren die Vereinskollektive kein Raum, in dem Bürger und Nichtbürger zu einer dauerhaften, gemeinsamen Form der Identifizierung gefunden hätten. Entsprechend boten die Vereine auch keinen Nährboden, der die Herausbildung einer ›nouvelle aristocratie‹ begünstigt hätte. Ambitionierte Fremde suchten gezielt die Einbindung in Kommunikationsstrukturen der Bürgerschaft. Überhaupt geben die Quellen zumindest vereinzelt auch den Blick auf sehr persönliche Beziehungen zwischen Bürgern und Nichtbürgern frei. Es sei hier nochmals auf die Inhaber der epidamia verwiesen, die ihren ›Ernährer‹ und ›Förderer‹ (epitropos) in einer Weise ehren, wie es zur selben Zeit, in derselben Weise und wohl auch an demselben Ort (dem Gymnasion) Rhodier der Oberschicht tun. In der Peraia ist einmal sogar der umgekehrte Fall bezeugt: Ein Nichtbürger, der für zwei Rhodier als Vormund fungiert (vgl. Kap. 7.2.2). d) Dimensionen von Fremdheit Auch Fremde, die sich bereits seit längerer Zeit in Rhodos aufhielten, behielten im Bereich des Vereinslebens das Ethnikon als festen Namensbestandteil bei. Nur schlaglichtartig vermögen einige Epigramme jedoch Bezüge auf die Herkunftspolis zu erhellen. Fortbestehende Verbindungen zu ihrer Heimat sind außerdem bei der Namensgebung der Nachkommen von bereits auf Rhodos ansässigen Nichtbürgern erkennbar; eher vereinzelt wählte man rhodische Namen, um zumindest äußerlich nicht als Fremde erkennbar zu sein. Die bisweilen zu beobachtende demonstrative Bezugnahme auf die neue Heimat durch die mit »-rhod-« gebildeten Namenskomposita hielten zudem eher die Erinnerung an ihren Status als Zugewanderte aufrecht. Für einen möglichen sozialen Aufstieg war es ohnehin unerheblich, ob ein Fremder aus einer dorischen Polis wie Kos oder Knidos kam oder aus dem Schwarzmeergebiet oder dem syrischen Raum. Selbst die Herkunft aus einer rhodischen Apoikia wie Phaselis wirkte sich nicht positiv auf den Rechtsstatus aus. Die soziale Stellung der Fremden ist letztlich nur in ihrer vielfältigen Ambivalenz von Nähe und Distanz zu fassen. Diese Ambivalenz fand in dem Status der epidamia geradezu eine eigene Ausdrucksweise. Wenn mit der epidamia ein Privileg vergeben

322 

 10 Schlussbetrachtung

wurde, mit dem ganz offensichtlich eine andere Qualität des Aufenthalts verbunden war, so scheint sich hierin eine über die bloße Wertung des Verhältnisses als euergetische Beziehung hinausgehende Benennung von Zugehörigkeit zu artikulieren. Insgesamt lässt sich eine Tendenz ausmachen, dass im Späthellenismus die rechtlichen Abstufungen differenzierter erfasst wurden, wodurch neue Möglichkeiten sozialer Mobilität geschaffen wurden. Diese strikt nach außen gerichtete Abgrenzung wird wesentlich dazu beigetragen haben, dass sich die Polisbürger weiterhin primär über ihre innerhalb der Polisstrukturen bewiesenen Leistungen definierten. Das Engagement im Bereich des Vereinswesens ging dabei nicht mit einem nachlassenden Engagement auf Polisebene einher. Dabei war es von maßgeblicher Bedeutung, dass Rhodos die politische Sonderstellung auch noch in späthellenistischer Zeit wahren konnte, auch wenn der außenpolitische Spielraum weitaus geringer geworden war. Die noch von Dion Chrysostomos konstatierte grundsätzliche Zurückhaltung der Rhodier trifft die Sache im Kern, wenn er sich an sie mit den Worten wendet: »(Es ist) eine größere Ehre, von euch einmal auf einen Ehrensitz geladen worden zu sein als bei anderen in Erz zu stehen. Wenn ihr im Sitzen Beifall gebt, ist das eine herrliche Auszeichnung; andere schreien sich die Stimme aus dem Hals, und doch scheint ihre Ehrung noch zu schwach.«1

1 Dio Chrys. 31, 110 (Übers. nach W. Ellinger): διὰ τοῦτο σεμνότερόν ἐστι τὸ παρ᾽ ὑμῖν κληθῆναι εἰς προεδρίαν ἅπαξ τῆς παρ᾽ ἑτέροις εἰκόνος. καὶ τὸ μὲν ὑμᾶς καθημένους ἐπαινέσαι λαμπρόν: ἄλλοι δὲ οὐδὲ ἂν διαρραγῶσι κεκραγότες οὐ δοκοῦσιν ἱκανῶς τιμᾶν.

Appendix I: Inschriften Im Rahmen des Dissertationsprojektes wurde bei einigen Inschriften eine Autopsie des Steins oder/und eine Prüfung des Abklatsches vorgenommen1. Auf Grund des zeitlichen und organisatorischen Aufwandes war freilich eine strikte Auswahl notwendig. Nur dort, wo Textverbesserungen zu erwarten waren oder eine Sichtung des Monuments für das Verständnis der Inschrift hilfreich erschien, wurde der Text kontrolliert. In den Appendix wurden allerdings nur diejenigen Inschriften aufgenommen, bei denen Korrekturen gegenüber bisherigen Lesungen zu verzeichnen sind oder anhand paläographischer Kriterien eine (Neu-)Datierung vorgenommen werden konnte2. An Literatur sind neben der Erstedition jeweils nur diejenigen Titel genannt, die Textverbesserungen beinhalten oder für das Verständnis des Textes von Bedeutung sind. Konkordanz: App. I Titel

bisherige maßgebliche Edition

 1

Rhodos. Ehreninschrift für Dōriōn aus Alexandria

ADelt B 25, 2, 1970, 524, 1

 2  3

IG XII 1, 81 Reinach, REG 1903, 184–187 II B

 5

Rhodos. Ehreninschrift für den Nichtbürger Philippos Rhodos. Ehreninschrift für Mēnodōros von Nichtbürgern Rhodos. Ehreninschrift für einen Rhodier und Weihung an Dionysos Rhodos. Spenderliste für die epauxēsis der Bürger

 6

Rhodos. (Vereins-?)Liste mit Nichtbürgern

Suppl.Epigr.Rh. 63

 7

Rhodos. Siegerliste eines Vereins sowie Verzeichnis der Wohltäter und Wohltäterinnen Rhodos. Stiftung eines Bürgers aus Soloi an einen Verein

IG XII 1, 127

 4

 8

Suppl.Epigr.Rh. 29 Jacopi, ClRh 2, 1932, 177–179 Nr. 6

ADelt B 23, 2, 1968, 445

1 Die Forschungsgenehmigungen wurden erteilt unter der TGB-Nr. 2515/012/10-08-2012 sowie 2835/013/12-12-2013, die Publikationsgenehmigung unter der TGB-Nr. 30248/015/19-1-2015. 2 Folgende Inschriften, für die keine Korrekturen zu verzeichnen sind, wurden ebenfalls am Stein überprüft: IG XII 1, 9. 70. 156. 157; I. Lindos 252. 275. 278. 358. 361; Pugliese Carratelli, Associazioni, Nr. 2. 7. 18; Maiuri, Nuova Silloge 19. 37. 42. 167; Berges, Rundaltäre, Nr. 140; Jacopi, ClRh 2, 1932, 184 Nr. 10; 241 Nr. 161. 163; 246 Nr. 183; 247 Nr. 184; 248 Nr. 188. 189; 250 Nr. 195. 198; 251 Nr. 200. 202; Kontorini, Inscriptions inédites, Nr. 8; Kontorini, AER, Nr. 2. 10. 16. Folgende Inschriften, für die ein Forschungsantrag gestellt wurde, waren nicht auffindbar: IG XII 1, 11. 104c. 112. 118. 158. 164. 165. 383. 385. 736. 762. 917; Hiller, AM 21, 1896, 41 Nr. 9; Hiller – Saridakis, AM 25, 1900, 109 f. Nr. 108; Maiuri, Nuova Silloge 8; Maiuri, ASAA 8/9, 1925/26, 322 Nr. 5; Jacopi, ClRh 2, 1932, 184 Nr. 9; 214 Nr. 53; 237 Nr. 147 (in der Zwischenzeit ist bekannt geworden, dass sich der Stein weiterhin auf dem Ataviros befindet); I. Lindos 51. 236. 276. 277. 318. 705; Suppl.Epigr.Rh. 17. 64; Tit. Cam. 159; Pugliese Carratelli, Associazioni, Nr. 1. 5. 11. 20. 21; Pugliese Carratelli, ASAA 64/65, 1986/87, Nr. 14. 19. https://doi.org/10.1515/9783110572681-013

324   9

 Appendix I: Inschriften

Rhodos. Ehreninschrift eines Vereins für einen Bürger aus Herakleia Rhodos. Ehreninschrift eines Vereins für einen Nichtbürger

Pugliese Carratelli, Associazioni, Nr. 6 Konstantinopoulos, ADelt A 18, 1963, Nr. 52

11

Rhodos. Grabepigramm des Chrysōn

IG XII 1, 150

12

Rhodos. Grabinschrift des Philiskos aus Antiochia und seiner Frau

Maiuri, Nuova Silloge 39

13

Rhodos. Grabinschrift einer ›Matroxena‹

Maiuri, Nuova Silloge 130

14

Rhodos. Grabinschrift des Apollōnios aus Antiochia und seiner Frau Lindos. Weihgeschenk einer Schiffsbesatzung an Athana Lindia

Maiuri, Nuova Silloge 148

16

Ialysos. Ehreninschrift für einen Rhodier

Suppl.Epigr.Rh. 52

17

Ataviros. Fragment einer Weihinschrift

Jacopi, ClRh 2, 1932, 237 Nr. 148

18

Ataviros. Fragment einer Weihinschrift

Jacopi, ClRh 2, 1932, 239 Nr. 154

19

Ataviros. Fragment einer Weihinschrift

Suppl.Epigr.Rh. 61

20

Ataviros. Fragment einer Spenderliste?

Jacopi, ClRh 2, 1932, 254 Nr. 213

10

15

I. Lindos 88

1 Rhodos. Ehreninschrift für Dōriōn aus Alexandria (Abb. 8 a–c) Statuenbasis aus lartischem Marmor. Maße: H 68 cm; B 41 cm; T 50 cm. Buchstabenhöhe: 1,7–2 cm, Buchstaben der Künstlersignatur mit 1,3 cm etwas kleiner. FO: Rhodos-Stadt; AO: RhodosStadt, Παναγιά του Κάστρου. Stein vorne, rechts und links geglättet, hinten grob belassen; auf der Oberseite befindet sich mind. ein Loch von etwa 7 × 4 cm; die Oberseite war nicht vollständig einsehbar, da sich darauf ein Architekturfragment befindet. Aus sekundärer Verwendung befinden sich auf der Vorderseite zwei rechteckige Löcher (oberes Loch 10 × 5 cm; unteres 5 × 9 cm), an der linken Seite wurde – ebenfalls sekundär – ein länglicher Kanal eingehauen. Buchstabenformen: die senkrechten Hasten des Π sind annähernd gleich lang; die Rundungen des Β sind gleich groß; Ο und Θ entsprechen der Größe der anderen Buchstaben; Ξ ohne senkrechte Haste; Κ mit langezogenen Schräghasten; Apices. Edition: ed. pr. G. Konstantinopoulos, in: ADelt B 25, 2, 1970, 524, 1. Kommentar: J. und L. Robert, BE 1974, 254 Nr. 402; DNO 3910–3916. Dat.: 1. Drittel des 1. Jhs. v. Chr. (nach Schrift und Künstlersignatur). Text: Δωρίων[α Ἀλε]ξ̣ανδ̣ ρ̣ ῆ [ὧι] ἁ ἐπιδαμία καὶ [ἔγ]κτησις δέδοται [χορ]αγήσαντα δὶς 5 καὶ ξενισθέντα ὑπὸ τᾶς βουλᾶς τρὶς καὶ ὑπὸ τοῦ δάμου



Appendix I: Inschriften 

 325

Κρόκος Ἰλιεὺς τὸν αὑτοῦ σωτῆρα 10 [κα]ὶ εὐεργέταν θεοῖς vacat [Χαρῖ]νος Λαοδικεὺς ἐποίησε. Für Dorion aus Alexandria, dem die epidamia und die enktēsis gegeben wurde; zweimal war er Chorege und dreimal ist er vom Rat zum Bankett geladen worden, ebenso vom Volk. Krokos aus Ilion für seinen Retter und Wohltäter. Den Göttern. Charinos aus Laodikeia hat (dies) gemacht. Z. 1: ed. pr. Δωρίων[α] ......; Z. 2: ed. pr. ᾧ ἁ ἐπιδαμία καὶ; Z. 8: ed. pr. Κρόκος Ἰα〈σ〉εὺς.

Kommentar: Z. 1: Das Ethnikon Ἀλεξανδρεύς lässt sich sicher rekonstruieren; von Ξ ist nur die untere Haste mit rechtem Apex sowie ein kleiner Rest der mittleren Haste sichtbar (theoretisch wäre auch Ε möglich), von Δ zeichnet sich die waagerechte Haste mit dem rechten Ansatz einer der beiden diagonalen Hasten deutlich ab, von Ρ ist der untere Teil der Haste mit Apex zu sehen sowie auf der Bruchkante ein leichter Rest der Rundung. Z. 2: das Ω bei ὧι ἁ ἐπιδαμία ist entgegen der Wiedergabe in der ed. pr. auf Grund eines der sekundär eingeschlagenen Löcher nicht mehr lesbar. Z. 5 f.: Für die Formulierung καὶ ξενισθέντα ὑπὸ τᾶς βουλᾶς τρὶς vgl. nun Fantaoutsaki 2014, 69 Z. 2. Z. 8: die Verschreibung Ἰα〈σ〉εύς in der ed. pr. statt korrekt Ἰλιεύς wird durch einen Riss im Stein zustande gekommen sein, der sich über die gesamte rechte Seite der Basis erstreckt und genau über das Iota hinweg läuft; es bleibt jedoch erkennbar. Z. 9 f.: Für die Formel τὸν αὑτοῦ σωτῆρα | [κα]ὶ εὐεργέταν gibt es – abgesehen von den Ehreninschriften für Mitglieder des Kaiserhauses – in Rhodos nur eine Parallele aus Lindos; und zwar ehren in I. Lindos 394 τοὶ κατοικεῦντες ἐ[ν | Λινδίᾳ πόλει] die Priesterin der Athana Lindia Νικᾶσσα, Tochter des Μυωνίδης als ihre Retterin und Wohltäterin (σωτῆρα καὶ εὐερ|γέτιν). Der Beleg datiert aber ebenfalls erst in das Jahr 10 n. Chr. Zu erwähnen sind allenfalls noch zwei Inschriften aus Pisye in der ›unterworfenen‹ Peraia, auf die J. und L. Robert in diesem Zusammenhang verweisen: In HTC 7 stiften die Brüder Phainilas und Hieroklēs, Söhne des Pausanias, aus dem Ort Kelimara ὑπὲρ | Μενεκλεοὺς | Ἀνδροχάριος Ῥοδί|ου σωτῆρος καὶ εὐεργέτου eine Statue; mit Sōsos und Dionysios, Söhne des Lykōn, aus Laodikeia sind es ebenfalls zwei Brüder die ὑπὲρ Ὑψικλεῦς Ἀργε|άδα καθ’ ὑοθεσίαν δὲ Με|νεκλεῦς Ῥοδίου καὶ τᾶς | γυναικὸς Φιλοκρατείας Νι|κάρχου Ῥοδίας εὐεργετῶν | καὶ σωτήρων in gleicher Weise ihren Dank zum Ausdruck brachten; HTC 9. Beide Inschriften werden in das letzte Viertel des 3. Jhs. – Mitte 2. Jh. v. Chr. datiert. Ebenso wie bei der hier vorgelegten Inschrift bleiben die genauen Umstände für die Ehrung in beiden Texten unklar. Die Schrift macht eine Datierung in die zweite Hälfte des 2. Jhs. – 1. Hälfte des 1. Jhs. v. Chr. wahrscheinlich. Diese Einordnung lässt sich durch den Bildhauernamen weiter eingrenzen. Unter der Prämisse, dass kein bislang unbekannter Künstler die Statue angefertigt hat, kann die Ergänzung [Χαρῖ]νος als relativ sicher betrachtet werden, da kein weiterer Bildhauer aus Laodikeia bekannt ist, dessen Namen auf -νος

326 

 Appendix I: Inschriften

endet. Charinos signiert hier zudem noch ohne epidamia, weshalb die Inschrift vor ca. 70 v. Chr. einzuordnen ist (s. DNO). Dokumentation: Autopsie, Abklatsch, Foto.

2 Rhodos. Ehreninschrift für den Nichtbürger Philippos Platte aus weißem Marmor. Maße: H 10 cm; B 20 cm. FO: Rhodos-Stadt, in der Nähe des Hafens. Buchstabenformen: die senkrechten Hasten des Π sind gleich lang; Iota adscriptum Edition: ed. pr. IG XII 1, 81. Dat.: 1. Jh. v. Chr. (nach Schrift). Text: Φίλιπ̣ [πον (Ethnikon)] ὧι ἁ ἐπ[ιδαμία δέδοται] νικάσ[αντα – –] vacat Λυσανί[ας – –] 5 [– – –] Z. 2: ed. pr. ὧι ἁπιδαμ[ία δέδοται].

Kommentar: Der Dedikant Λυσανίας wird sehr wahrscheinlich ein Rhodier gewesen sein. Der Name ist zwar einmal für einen in Rhodos ansässigen Nichtbürger aus Kyme (wohl das in der Aeolis gelegene) bezeugt (IG XII 1, 436), ansonsten ist er aber in der rhodischen Onomastik gut vertreten. Dokumentation: Abklatsch IG.

3 Rhodos. Ehreninschrift für Mēnodōros von Nichtbürgern (Abb. 9 a. b) Basis aus lartischem Marmor. Maße: H ca. 50 cm; B ca. 96 cm; T 56 cm. Buchstabenhöhe: 1,8 cm; Künstlersignatur mit 1,2 cm kleiner. FO: Rhodos-Stadt, in der Nähe eines nicht näher bezeichneten türkischen Friedhofes; AO: Rhodos-Stadt, Archäologisches Museum, Innenhof (ohne Inv. Nummer). Linke Seite gebrochen; rechte Seite geglättet mit einem Klammerloch von etwa 11 cm Länge und 3 cm Höhe. Die Oberfläche ist grob behauen; im rechten Bereich befindet sich ein quadratisches Dübelloch mit einer Seitenlänge von 7,5 cm. Auf der Rückseite befindet sich eine zweite, jüngere Inschrift (in der ed. pr. von Reinach als »Face A« bezeichnet). Diese ist heute aber größtenteils nicht einsehbar, da der Stein direkt vor der Wand des Hofes platziert worden ist. Buchstabenformen: Π mit verkürzter rechter Haste; Ζ mit senkrechter Haste; Σ mit waagerechter oberer und unterer Haste.



Appendix I: Inschriften 

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Edition: Reinach, REG 1903, 184–187 II B. Datierung: 1. Hälfte des 2. Jh. v. Chr. (nach Schrift und Künstlersignatur). Text: col. I col. II [– – τ?]αί οἷς ἁ ἐπιδαμία δέδοται [– – – –]Σ ὑπὲρ Μηνοδώρου [– – – –]ος δίς ἐπιτροπεύσαντος αὐτῶν. θεοῖς. Ζήνων Ἀμισηνὸς ἐποίησε. Z. 1: ed. pr. [– – – κ?]αὶ ․․․․․․ οἷς ἁ ἐπιδαμία δέδοται; Z. 2: ed. pr. [– – –]ς․․․․․․․․․․ ὑπὲρ Μηνοδώρου; Z. 3: ed. pr. [στραταγήσαντ]ος(?) δὶς [καὶ] ἐπιτροπεύσαντος αὐτῶν.

Kommentar: Bei den ersten drei Zeilen handelt es sich nicht um einen fortlaufenden Text wie in der ed. pr. vermutet (Reinach lag für die Edition nur eine Abschrift vor), sondern um zwei Kolumnen, die deutlich durch einen Zwischenraum voneinander getrennt sind. Es kann ausgeschlossen werden, dass hier jemals Buchstaben gestanden haben. Dass beide Kolumnen zueinander gehören, wird durch die mittig angeordnete Künstlersignatur deutlich. col. I Z. 1: Ein [κ]αί kann hier nicht gestanden haben, da vor dem Alpha nur der untere Teil einer senkrechten Haste zu sehen ist. Die Namen der Nichtbürger müssen auf einem darüber liegenden Stein gestanden haben, da sich [– – –]ος δίς in col. I Z. 3 nur auf die zweimal ausgeübte Tätigkeit einer Person beziehen kann. Homonymität wird in Rhodos nicht mit dem Zahladverb δίς ausgedrückt, sondern mit dem Zahlzeichen Β'. Anhand der Schrift lässt sich die Inschrift in die 1. Hälfte des 2. Jhs. v. Chr. datieren; der Künstler Ζήνων Ἀμισηνός signierte außerdem die Statuenbasis eines Rhodiers, der ebenfalls epitropos gewesen war (Jacopi, ClRh 2, 1932, 194 f. Nr. 22). Die Buchstabenformen stimmen mit der vorliegenden Inschrift überein. Ferner ist Zēnōn in der Spenderliste eines Vereins aufgeführt (Kontorini, AER, Nr. 10 Seite B, col. I Z. 24 f.; um 170 v. Chr.). Dokumentation: Autopsie, Foto, eigener Abklatsch.

4 Rhodos. Ehreninschrift für einen Rhodier und Weihung an Dionysos (Abb. 10) Rechtes Fragment einer Basis aus grauem Stein. Maße: B 41 cm, H 22 cm; T 32 cm. FO: RhodosStadt?; AO: Rhodos-Stadt, Garten des Archäologischen Instituts. Buchstabenformen: Ζ noch mit senkrechter Haste; Κ mit langen Schräghasten; Σ mit waagerechter oberer und unterer Haste; untere Rundung des Β etwas größer als obere; ausgeprägte Apices.

328 

 Appendix I: Inschriften

Editionen: ed. pr. G. Pugliese Carratelli in Suppl.Epigr.Rh. 29. Kommentar: Sacco 1980, 520. Dat.: 1. Jh. v. Chr., wohl 2. Hälfte (nach Schrift). Text: [Φιλόφ]ρ̣ ονα Ἀρχινόμου [ἀγω]νοθετήσαντα [Ἀγαθ?]οκλῆς Δ̣[...]ω̣[ν]ος Βυζάντιος 5 Διονύσωι Z. 1: ed. pr. [– – –]ρ̣ ονα Ἀρχινόμου; Z. 3: ed. pr. [– – –]οκλῆς [τοῦ δεῖνος], Sacco [Ἀγαθ?]οκλῆς [τοῦ δεῖνος].

Kommentar: Z. 1: Statt Φιλόφρων ließen sich theoretisch auch andere Namen ergänzen (etwa Ἁγησίφρων oder Σώφρων); in Verbindung mit dem nicht allzu häufigen Patronym Ἀρχινόμου darf der hier Geehrte aber mit Sicherheit als Nachkomme des Φιλόφρων Ἀρχινόμου betrachtet werden, für den als Sieger bei den Nemäen in der 2. Hälfte des 3. Jhs. v. Chr. eine Bronzestatute angefertigt worden war; zwei weitere Mitglieder der Familie sind in demselben Zeitraum in gleicher Weise geehrt worden; sie waren ebenfalls bei Agonen erfolgreich: der eine bei den Isthmien in Korinth, der andere in Olympia (SEG 58.814–815). Die halbrunden Statuenbasen deuten darauf hin, dass es sich einst um ein Familienmonument in Form einer Exedra gehandelt hat. Eine weitere Statuenbasis aus dem 1. Jh. v. Chr. gehörte wohl ebenfalls zu diesem Monument; der Name des Honoranden dieser Ehreninschrift ist nicht erhalten, es könnte sich um Ἀρχινόμος Φιλόφρονος, dem hierotamias des Jahres 27 v. Chr. handeln (I. Lindos 378, s. den Kommentar zu SEG 58.815). Dieser wiederum war möglicherweise ein Sohn des hier genannten Φιλόφρων Ἀρχινόμου. Als Agonothet führte Φιλόφρων die ›agonistische‹ Tradition der Familie fort. Vgl. das Stemma 1 auf S. 455. Für eine vergleichbare Ehreninschrift eines Nichtbürgers für einen Rhodier s. IG XII 1, 70 (Inv. E 2646; 2. Hälfte 3. Jhs. – 1. Hälfte 2. Jh. v. Chr.): Ἱππόμαχον Στρατίππου | ἀγωνοθετήσαντα | καὶ χοραγήσαντα | Σμίκυθος Ἀθηναῖος | θεοῖς | vacat | Σῖμος Θεμιστοκράτευς Σαλαμίνιος | ἐποίησε. Diese Inschrift ist jedoch auf einer massiven Rundbasis, die eine Höhe von 68 cm und einen Durchmesser von 65 cm aufweist, angebracht. Dokumentation: Autopsie, Foto.

5 Rhodos. Spenderliste für die epauxēsis der Bürger (Abb. 11 a. b) Marmorstele aus lartischem Marmor. Maße: H 112 cm; B 130 cm; T 30 cm. Buchstabenhöhe: 1,5 cm. FO: Rhodos-Stadt. AO: Rhodos-Stadt, Archäologisches Museum, Innenhof (E 2473). Auf der rechten Seite ist oben der Rest einer Zierleiste zu erkennen.



Appendix I: Inschriften 

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Buchstabenformen: Ξ ohne senkrechter Haste; Π mit verkürzter rechter Haste; Φ mit überragender Ober- und Unterlänge; untere Rundung des Β etwas größer als obere; Κ mit langezogenen Schräghasten. Ausgeprägte Apices. Edition: ed. pr. Jacopi, ClRh 2, 1932, 177–179 Nr. 6; IG XII 1, 11. Kommentar: Robert, BCH 1933, 516; Wilhelm 1941, 164–167; Pugliese Carratelli, Associazioni, 174 Anm. 2; J. Robert – L. Robert, BE 54, 1941, 254 Nr. 105; I. Selge T 49; Migeotte 1992, Nr. 38; Badoud 2015, 132. 205 Anm. 4; 210 Anm. 20. Dat.: 1. Jh. v. Chr. (nach Schrift und prosopographischen Parallelen). Text: [Τοίδε τοῦ δάμου πρ]ο̣ ελομένου [– ca. 6 –]Σ[– – ca. 11 – –] [– – 12–13 – –] ἐ̣ παύξησιν λαμ[βά]νειν, ἐπαγ[γ]ε̣ [ίλα]ν̣ τ̣ ο [δώσειν χρήμ]α̣τα δ̣ [ωρ]εὰν εἰς τὰν ἐπαύξησιν τοῦ πλήθευς τῶν πολιτᾶν col. I 5 [Θευφανίσ]κος Ἀρχοκράτευς [– – – Τ]υ̣μνιος μυρίας [– – – –]ίσιος Ἀντιοχεύς [ὧι ἁ ἐ]π̣ ιδαμία δέδοται [ὑπὲρ αὐ]τοῦ καὶ τᾶς θυγατρὸς 10 [– – – –]ας Ἀντιοχίδος [κα]ὶ τᾶς γυναικὸς [– – – –]τος Λαοδικίδος [κ]αὶ τοῦ υἱοῦ [– – – –]σίου Ἀντιοχέως 15 [τ]ρ̣ισχιλίας [– – – – –]υ̣ Νικομήδευς [Μεγαρε?]υς μέτοικος [οὗ προστ]ατεῖ Διονύσιος [– – – – –]υ Καρπαθιοπολίτας 20 [ἑ]κατόν [– – – – –] Ἀ̣στυπαλαιεὺς [ὧι ἁ ἐπιδαμία] δέδοται [– – – – – κο]σίας [– – – – – –]ος Ἱέρωνος 25 [– – – – – – ]τ̣ ρισχιλίας [– – – – – – –] Θηβαῖος [ὑπὲ]ρ αὐτοῦ καὶ τοῦ υἱοῦ [– – – – –] Θηβαίου [– – – – –]ς πεντήκοντα 30 [– – – – – –]ος μέτοικος [οὗ προστατεῖ Ἐπικ]ράτης Θευδώρου [καθ᾽ ὑοθεσίαν δὲ Μ]ελάντα Λέλιος [καὶ ὑπὲρ τᾶς γ]υναικὸς [– – – – – – ὑπὲ]ρ τοῦ υἱοῦ

col. II Θεύπομπος Θευπόμπου 5 καθ’ ὑοθεσίαν δὲ Δορκύλου Κασαρεὺς χιλίας Ἀθανόδωρος Ἀθανοδώρου τοῦ Ἀθανοδώρου 10 Κυμισαλεὺς δισχιλίας Εὔοδος Σελευκεὺς τριακοσίας Ἑρμοκρέων Μαρσύα Λοξίδας 15 τετρακοσίας πεντήκοντα Μῆνις Ὀροανδεὺς ὧι ἁ ἐπιδαμία δέδοται πεντακοσίας Φιλῖνος Νικομήδευς Μεγαρεὺς 20 ὧι ἁ ἐπιδαμία δέδοται ἑκατόν Δημήτριος Ὀροανδεὺς μέτοικος οὗ προστατεῖ Ἐπικρατίδας Εὐχάονος Κρυασσεὺς διακοσίας Κλεὼ Φασηλῖτις μέτοικος 25 ἇς κύριος Σόλων Βηρύτιος μέτοικος διακοσίας Ἑρμογένης Σελγεὺς μέτοικος καὶ ὑπὲρ τᾶς θυγατρὸς Ἑρμορόδης Σελγίδος 30 καὶ ὑπὲρ τοῦ τᾶς θυγατρὸς υἱοῦ Ἑρμογένευς Ἰλιέως τριακοσίας Φιλοκράτης Ἰλιεὺς μέτοικος καὶ ὑπὲρ τᾶς γυναικὸς Ἑρμορόδης Σελγίδος

330  35

 Appendix I: Inschriften [– – – – – – – –]Υ̣ [– – – – – – – – – –]Π [– – – – – – – – – – –]ιτος [– – – – – – – – – – – –]Σ [– – – – – – – – – – ὑπὲρ α]ὐτου [– – – – – – – – – – – – – –]

35 καὶ ὑπὲρ τοῦ υἱοῦ Ἑρμογένευς Ἰλιέως τρια[κοσίας] Σαραπίων Σιδώνιος μ̣ [έτοικος] οὗ προστατεῖ Ὀνάσ[ανδρος – – –] Φύσκ[ιος] 40 καὶ τᾶς γ̣[υναικὸς] [– – –]

Badoud hat zudem auf darauf aufmerksam gemacht, dass das Fragment IG XII 1, 11 ebenfalls zu dieser Spenderliste gehört: [– – – – –]ΑΙΕ̣ [– –] [ὁ δεῖνα Κα]σαρεύ[ς – –] [ὁ δεῖνα] Βοσποραν[ός – –] [․․όδ]οτος Κυζικην[ός] 5 πεντα[κοσίας] Μένιππος Ἱερ[οσολ]υμίτα[ς] πεντακοσίας Στράτων Στράτωνος πεντακ[ο]σία[ς] 10 Ἀνδρόνικος Ἀσκληπ[ιάδα] χιλία̣ς Ε̣ ὔβιος Ἀμαστριανὸς [ὧι ἁ ἐπιδαμία] [δέδ]οται ὑπὲρ τοῦ υἱοῦ [– – – – –] [– – – – – – –]ΠΛΕ[– – – – – –] Z. 1: ed. pr. [– – –]ελομεν[– – –]; Z. 2: ed. pr. [– – – ἐ]παύξησιν λαμ[βά]νειν, ἐπαι[νέσαι –]; Z. 3: ed. pr. [– – –]τα․․εαν εἰς τὰν ἐπαύξησιν τοῦ πλήθευς; Pugliese Carratelli [– – –]ατα δωρεὰν εἰς; Robert, BCH schlug für Z. 1–4 vor: [Οἵδε, προ]ελόμεν[οι – – – τὸν | δῆμον ἐ]παύξησιν λαμβ[ά]νειν, ἐπαγ̣[γείλαντο | χρήμα]τα [δωρ]εὰν εἰς τὰν ἐπαύξησιν τοῦ πλήθευς | τῶν πολιτᾶν; Wilhelm wiederum ergänzte den Vorschlag Roberts um einige Wörter, da er auf Grundlage der Zeichnung von Jacopi links eine längere Zeile vermutete; J. und L. Robert, BE bemerkten daraufhin, dass es für die Vorschläge Wilhelms keine Parallelen für diese Textgattung gebe; Migeotte, 108 bestätigte jedoch nochmals die von Wilhelm gemachte Beobachtung, dass von einer größeren Zeilenlänge auszugehen sei; er ergänzt nach Parallelen aus anderen rhodischen Subskriptionslisten: [τοίδε ἐπιεικῶς προ]ελόμεν[οι τάς τε τῶν θεῶν τιμὰς καὶ | τὸ Ῥοδίων πλῆθος ἐ]παύξησιν λαμβ[ά]νειν, ἐπαγ̣[γείλαντο | δώσειν χρήμα]τα [δωρ]εὰν εἰς τὰν ἐπαύξησιν τοῦ πλήθευς | τῶν πολιτᾶν; col. I Z. 5: ed. pr. [– – –]κος Ἀρχοκράτευς; Badoud [Θευφανίσ]κος Ἀρχοκράτευς col. I Z. 6: ed. pr. [– – – Τύ]μνιος {[Καλύ]μνιος?}; Robert, BCH; Pugliese Carratelli [– – – Τύ]μνιος; col. I Z. 7: ed. pr. [– – –]ίσιος Ἀντιοχίδος; Pugliese Carratelli [– – –]ίσιος Ἀντιοχεύς; col. I Z. 16: ed. pr. Νικομήδευς; Pugliese Carratelli [– – –] Νικομήδευς; col. I Z. 23: ed. pr. [– – –]σίας; col. I Z. 25: ed. pr. [– – –]ισχιλίας; Pugliese Carratelli [– – – ]τρισχιλίας; col. I Z. 28 ed. pr. [– – –] Θηβαῖος; Pugliese Carratelli [– – –] Θηβαίου; col. I Z. 31 f.: ed. pr. [– – –]ράτης Θευδώρου | [– – –Μ]ελάντα Λέλιος; Badoud [Ἐπι]κράτης Θευδώρου | [καθ᾽ ὑοθεσίαν δὲ Μ]ελάντα Λέλιος; col. I Z. 34: ed. pr. [– – – ὑπὲρ] τοῦ υἱοῦ; col. I Z. 36: in der ed. pr. wurde die Zeile übersehen; s. den Hinweis von Pugliese Carratelli; col. I Z. 39: ed. pr. (dort Z. 38) [– – –] του; col. II Z. 32: ed. pr. Φιλοκράτης Σελγεὺς μέτοικος; Pugliese Carratelli Φιλοκράτης Ἰλιεὺς μέτοικος; col. II Z. 37: ed. pr. Σαραπίων Σιδώνιος; Pugliese Carratelli Σαραπίων Σιδώνιος [μέτοικος]; col. II Z. 40: καὶ τᾶς σ[– – –].



Appendix I: Inschriften 

 331

Kommentar: Z. 1: Am Anfang der Zeile zeichnet sich das Ο unter starkem Streiflicht deutlich ab; am Ende der Zeile ist vor der Bruchkante ΟΥ deutlich auf dem Stein zu sehen; somit ist kein Aorist-Partizip im Nominativ Plural, sondern im Akkusativ Plural oder Genitiv Singular zu rekonstruieren; das Verb προαιρέω wird regelmäßig in rhodischen Subskriptionslisten verwendet (vgl. bes. I. Lindos 419 Seite A, Z. 54–56: τοίδε προαιρούμενοι τό τε Λινδίων πλῆθος [ἐ]πα[ύξ]ε[ιν] | καὶ διαφυλάσσειν τάς τε τῶν θεῶν θυσίας καὶ τὰ[ς πανα|γ]ύρει[ς], ἐπανγείλαντο δωσε〈ῖν〉 χρήματα δω[ρε]άν̣ ). Eine Akkusativform wäre zwar grundsätzlich möglich; zu denken ist hier an das Präskript der Spenderliste eines Vereins, wo es heißt ἀνέγραψαν τοὺς | ἐπαγγειλαμένους καὶ ἀπο|δόντας (Konstantinopoulos, ADelt 21 A, 1966, 56 Z. 9–11). Allerdings ist solch eine Formulierung am Anfang der vorliegenden Inschrift grammatikalisch kaum unterzubringen. Da irgendwo das passende Subjekt zu dem Prädikat ἐπαγ[γ]ε̣ [ί­λα]ν̣ τ̣ ο in Z. 2 gestanden haben muss, wird man zunächst davon ausgehen dürfen, dass die Spenderliste in der in Rhodos üblichen Form mit einem τοίδε eingeleitet wurde. Das [πρ]ο̣ ελομενου lässt sich sodann am besten erklären, wenn man es als Teil eines Genitivus absolutus versteht. Der Beginn der ersten Zeile ließe sich folglich mit [Τοίδε τοῦ δάμου πρ]ο̣ ελομένου ergänzen. Für diese Konstruktion gibt es eine Parallele aus dem Ort Phoinix in der rhodischen Peraia (I. Peraia 101 = I. Pérée 149); dort wird eine Spenderliste folgendermaßen eingeleitet: τοίδε τοῦ δάμου ψαφιξαμένου κατασκευάσαι τὸν ναὸν τοῦ Διονύσου ἐπαγγείλαντο δώσειν χρήματα δωρεάν. Der δᾶμος bezieht sich in der Inschrift aus Phoinix freilich auf den Demenbezirk, während hier die Gesamtbürgerschaft gemeint ist; für eine Ergänzung zu τοῦ σύμπαντος δάμου reicht der Platz in dem fehlenden Teil der Zeile nicht aus; ohnehin muss die Gesamtbürgerschaft nicht zwingend mit sympas damos angesprochen werden, zumal nicht in Rhodos-Stadt selbst; vgl. dazu etwa AEphem 1967, 124: τοίδε̣ προαιρεύμ[ενοι ἐπαγγείλαντο δώ]|σειν τῶι δάμωι τὰ[– – – εἰς τὰν] | ὀχύρωσιν τᾶς πό[λιος]. Z. 2: Von ἐπαγ[γ]ε̣ [ίλα]ν̣ τ̣ ο ist der untere Teil der senkrechten Haste des zweiten Γ zu sehen sowie daran anschließend die untere waagerechte und der untere Teil der senkrechten Haste des Ε; von dem Ν haben sich auf dem Stein nur die unteren Teile der Schräghaste sowie der rechten senkrechten Haste erhalten; von Τ ist nur noch der untere Teil der senkrechten Haste vorhanden. Z. 3: Am Anfang der Zeile ist der rechte untere Teil der Schräghaste des Α zu sehen. col. I Z. 16 f.: Da in der zweiten Kolumne Φιλῖνος aus Megara ebenfalls das Patronym Νικομήδευς führt, könnte es sich hier um einen Bruder handeln. col. I Z. 23: Da in der folgenden Zeile ein Rhodier verzeichnet war, muss in Z. 23 der Betrag gestanden haben, den der Fremde aus Astypalaia gespendet hatte; von [διακο]σίας bis [ἐνακο]σίας ist alles möglich; s. auch Migeotte, 111. col. I Z. 31 f.: Der Name des prostates lässt sich durch die von Kontorini, AntCl 58, 1989, 162–165 Nr. 4 publizierte Inschrift aus der Palästra des ›Ptolemaion‹ sicher ergänzen; so jetzt auch Badoud, 210 Anm. 20 darin wird in Z. 2 f. Ἐπικράτης Θευδ〈ώ〉ρου | καθ’ ὑοθεσίαν δὲ Μελάντα als einer der drei ἐπιστάται τῶν παίδων genannt. Dass es sich bei Epikratēs überhaupt um einen prostates handelt und nicht

332 

 Appendix I: Inschriften

ebenfalls um einen Spender, ist zweifelsfrei aus der vorangehenden Zeile zu erschließen; diese schließt nämlich nicht mit der Nennung eines Spendebetrages ab, sondern mit dem Rechtsstatus μέτοικος. Hinzu kommt, dass ansonsten nicht die große Lücke vor dem Namen Ἐπικράτης zu erklären wäre. col. II Z. 32: Jacopi schrieb Φιλοκράτης Σελγεὺς μέτοικος; so auch fälschlicherweise auf der Zeichnung vermerkt; es handelt sich demnach nicht um einen Irrtum des Steinmetzes (so Nollé), sondern um einen Fehler des Editors der ed. pr.; die korrekte Lesung hat bereits Pugliese Carratelli bemerkt, auf den auch Migeotte, 111 Anm. 30 nochmals verweist; trotzdem ist diese Korrektur weitgehend unbeachtet geblieben. col. II Z. 40: Nach καὶ τᾶς ist der obere Rest einer senkrechten Haste mit einem markanten, weit nach links oben laufendem Apex zu sehen sowie eine rechts ansetzende waagerechte Haste; es kann sich nur um ein Γ handeln. Dokumentation: Autopsie, Foto.

6 Rhodos. (Vereins-?)Liste mit Nichtbürgern (Abb. 12 a–c) Block aus gräulichem Marmor. Maße: H 39 cm; B 58 cm; T 38 cm. FO: ?; AO: Rhodos-Stadt, Garten des Archäologischen Instituts. Buchstabenhöhe: 0,6 cm; Seite B, Z. 15 f. 1 cm. Die Namen sind auf zwei Seiten des Steins angeordnet; die letzten zwei Zeilen von Seite B sind etwas größer geschrieben, bei denen es sich demnach um eine Künstlersignatur zu handeln scheint; Jones, 123 vermutet deshalb, dass es sich ursprünglich um eine Statuenbasis gehandelt habe. Auf dem Foto bei Pugliese Carratelli ist die rechte Seite des Steins abgeschnitten und gibt deshalb einen falschen Eindruck des Blocks; diese Seite ist komplett unbeschriftet, allerdings geglättet und leicht mit dem Zahneisen bearbeitet. Beim Umräumen des Steins ist in jüngster Zeit unten links ein Stück der Ecke weggebrochen, weshalb dort nun einige Buchstaben fehlen. Buchstabenformen: Φ mit deutlicher Über- und Unterlänge; die senkrechten Hasten des Π sind gleich lang; die Rundungen des Β sind unterschiedlich groß. Kleine Ansätze von Apices. Editionen: ed. pr. Pugliese Carratelli in: Suppl.Epigr.Rh. 63; Jones 1992 mit einem Kommentar zu Namen und Herkunft der Personen. Kommentar: Ph. Gauthier, BE 1993, 523 Nr. 381. Dat.: 1. Jh. v. Chr. (nach Schrift).



Appendix I: Inschriften 

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Text: A (Vorderseite)

B (linke Seite)

[– – –] 1 [ὁ δεῖνα] vv καὶ [․ 7–8․․․]α̣τος Κῶιοι [․4–5․]οκλῆς Ἐπικτητεύς [Ἀφθ(?)]όνητος Ἀθηναῖος 5 [Δι]ονύσιος Ἁλικαρνασσε̣ [ύ]ς̣ [Κ]άλλιππος Ἀφροδισιεύς [Ἀ]ριστέας Νυσαεύς [Θ]εόπροπος Ἀπαμεύς [Δι]ονυσόδωρος vv καὶ 10 [Μ]υ̣ωνίδης Στρατονικεῖς [Ο]τ̣ ανις Τερμησσεύς [Δ(?)]απαρας vv καὶ [Π]αυσανίας Ῥοδιαπολῖται [Ἀ]ρτεμίδωρος Νυσαεύς 15 [Ν]εμέριος Ῥωμαῖος [Σ]άτυρος vv Μυρεύς [Δ]ίων Ἀντιοχεὺς ἀπὸ Μαιάνδρου [Θ]εμιστοκλῆς Σελευκεὺς ἀπὸ Τίγριος [Θ]αρσύνων Ἡρακλεώτας 20 [Μ]ελέαγρος Ἀντιοχεὺς vv ἀπὸ Μαιάνδρου [Ἀ]λέξανδρος Δαμασκηνός [Ἀ]νδρέας vv Καύνιος

[– – –] 1 Μαρσύας [(Ethnikon)] Παπίας vv [καὶ] Ὕβριστος [(Ethnikon)] Σωσίβιος [(Ethnikon)] 5 Παπίας [(Ethnikon)] Μενεσθε[ὺς (Ethnikon)] Χάρης Ταβ[ηνός] Μειδίας Ἡρακ[λεώτας] Πύρρος Ἀντι[οχεύς] 10 Γοργίας Δαρη[νός] Κρατῖνος vv [καὶ ὁ δεῖνα] Μεγαλοπο[λῖται] Κάσσανδρος Φελ̣[λίτας] Χάρης Πάριο[ς] 15 Κοσμοκλ[ῆς (Patronym?)] Ῥό[διος ἐποίησε(?)]

vacat Seite A, Z. 4: ed. pr. [– – –]νητος, Jones [Ἀφθ(?)]όνητος; Z. 5: ed. pr., Jones [Δ]ιονύσιος Ἁλικαρνασσ[εύς]; Z. 10: ed. pr. [Λε]ω̣νίδης; Jones [Μυ]ωνίδης; Z. 11: ed. pr. [– – –]ανις, Jones [Οτ]ανις; Z. 12: ed. pr. [Λ]απαρας, Jones [Δ(?)]απαρας.

Kommentar: Seite A, Z. 5: Auf dem Foto der ed. pr. ist erkennbar, dass bei [Δι]ονύσιος das Iota bereits damals nicht mehr auf dem Stein war; gleiches gilt in Z. 9 bei [Δι]ονυσόδωρος; Z. 10: Auf Foto und Abklatsch ist ein kleiner Rest einer schräg nach rechts oben laufenden Haste mit kleinem Apex zu sehen; ein Ε vor –ωνίδης ist daher auszuschließen; auf Grund des Winkels kann eindeutig zu Υ ergänzt werden, damit ist die Ergänzung von Jones als gesichert zu betrachten; Z. 11: Auf Foto und Abklatsch ist ein sich waagerecht nach links öffnender Apex mit dem minimalen Rest einer waagerechten Haste zu sehen, was auf Τ deutet. Bei dem Fragment des Marmorblocks Suppl.Epigr.Rh. 64 scheint es sich um eine ähnliche Liste zu handeln:

334 

 Appendix I: Inschriften col. I 5

[– – –] [– – –]Μ̣ΕΙ̣ ΟΥ [– – –]ρν̣ αῖος [– – –]․ιανεύς [– – –]αο̣ ς [– – –]

col. II [– – –] Ἀρίστων [(Ethnikon)] Ἀλέξανδρος Αλε[– – –] Φίλης̣ Ῥοδιαπολίτ̣ [ας] Κάλας καὶ 5 Κάλας Ἀμισ[ηνοί] [Ζ]η̣ νο[– – – (Ethnikon)] [– – –]

col. I Z. 2: entweder [Σμυ]ρν̣ αῖος oder [Ἐλευθε]ρν̣ αῖος.

Die Buchstabenhöhe ist mit 1 cm angegeben; somit ist der Text etwas größer als in der hier vorgelegten Inschrift, was gegen eine Zusammengehörigkeit spricht; den Text von Nr. 64 gibt Pugliese Carratelli nach einer Kopie von M. Segre, möglicherweise war die Inschrift des Fragments bereits damals verloren; im Herbst 2012 war sie jedenfalls nicht auffindbar. Auch bei dieser Namensliste fasste man offensichtlich Fremde gleicher Herkunft unter einem Ethnikon zusammen (Κάλας καὶ | Κάλας Ἀμισ[ηνοί]); in diesem Fall legt die Namensgleichheit eine Verwandtschaft nahe. Dokumentation: Autopsie, eigener Abklatsch, Foto.

7 Rhodos. Siegerliste eines Vereins sowie Verzeichnis der Wohltäter und Wohltäterinnen (Abb. 13 a. b) Marmortafel. Maße: H ca. 58 cm; B 48,5–49 cm; T ca. 21 cm. FO: Rhodos-Stadt, im Altar einer Kapelle verbaut; AO: Rhodos-Stadt, Archäologisches Museum; zwischenzeitlich galt der Stein als verschollen, so noch von Maillot 2009, 40 vermerkt (Inv. E 6980). Der Stein ist auf zwei Seiten beschrieben; auf der Vorderseite ist in zwei Kolumnen die Siegerliste eines Vereinsagons angeordnet, auf der rechten Seite des Steins befindet das Verzeichnis der Wohltäter und Wohltäterinnen des Vereins; die linke Seite ist geglättet, aber unbeschrieben. Editionen: ed. pr. P. Foucart, Inscriptions de Rhodos, BCH 10, 1886, 199–210; IG XII 1, 127; F. Hiller von Gaertringen, Inschriften aus Rhodos, AM 21, 1896, 60 f.; Maillot 2009. Kommentar: Gabrielsen 1992; I. Selge T 54. Dat.: 1. Hälfte des 2. Jhs. v. Chr. (nach Schrift und prosopographischer Parallelen). Text: Seite A (Vorderseite) col. I ἐπὶ ἀγωνοθέ[τα] Σατύρου Ἐφεσίου ὧι ἁ ἐπιδαμία δέδοται ἐνίκει 5 φυλὰ Νικασιωνηῒς

col. II 30 ἐπὶ ἀγωνοθέτα Ἀγαθάνορος Φασηλίτα ἐνίκει φυλὰ Νικασιωνηῒς φύλαρχος



Appendix I: Inschriften  φύλαρχος Ζηνόδοτος Σατύρου Ἐφέσιος 〈γ〉υμνασίαρχος 10 Δαμάτριος Δαματρίου Ῥόδιος. ἐπὶ ἀγωνοθέτα Μητροδώρου Τηνίου ἐνίκει 15 φυλὰ Νικασιωνηῒς φύλαρχος Δωρίων Ἀντιοχεὺς γυμνασίαρχος Ποσειδώνιος Ποσε〈ι〉δωνίου 20 Ῥόδιος. ἐπὶ ἀγωνοθέτα Ἀπολλωνίδα Λυσιμαχέως ἐνίκει φυλὰ Νικασιωνηῒς 25 φύλαρχος Δίων Φρὺξ γυμνασίαρχος [․․]ρος Ἀν[τι]οχεύς. [ἐπὶ ἀ]γωνοθέτ[α – –] Seite B (rechte Seite) 1 [εὐερ]γ̣έται κα̣ὶ [εὐεργ]έ̣ τιδες τοῦ κοι[νοῦ]· [Νι]κασίων Κυζικηνὸς ὧι̣ [ἁ] [ἐπιδαμία] δέδοται κτίστας τοῦ κοιν[οῦ] 5 [Ὀλυ]μ̣ πιὰς Σολίς [Νικασ]ίων Νικασίωνο[ς] Ῥόδιος Βασιλὶς Δημητρίου Δημήτριος Νικασίωνος Ῥόδιο[ς] 10 Δημήτριος βʹ Ῥόδιος Ἑρμοκρέων Θαλιάρχου Ῥόδιο[ς] Θέων Ἀντιοχεὺς ὧι ἁ ἐπιδαμία δέδοται Εἰρήνα Σολίς 15 Εὔκλειτος Δαμαινέτου Ῥόδιος Ἀριστοκράτης Ἀριστοφάνευ[ς] Ῥόδιος Σάτυρος Ἐφέσιος ὧι ἁ ἐπιδαμία δέδοται 20 Ζηνόδοτος Σατύρου Ἐφέσιο[ς]

35 Ἀπολλώνιος Σελγεύς γυμνασίαρχος Ἀπολλώνιος Ἀμφιπολίτα̣ς. ἐπὶ ἀγωνοθέτα Φίλωνος Ἀλεξανδρέως 40 ἐνίκει φυλὰ Βασιληῒς φύλαρχος Σωτήριχος Ἀντιοχεὺς γυμνασίαρχος Κερα̣ίας Σολεύς. 45 ἐπὶ ἀγωνοθέτα Δρόμωνος Ἀντιοχέως ἐνίκει φυλὰ Ὀλυμπηῒς φύλαρχος Γόργων Κνίδιος 50 γυμνασίαρχος Ἀπολλωνίδας Ἀντιοχεύς. ἐπὶ ἀγωνοθέτα Ἕρμωνος Ἀντιοχέως ἐνίκει φυλὰ Βασιληῒς 55 φύλαρχος [Φίλων(?)] Ἰ̣ λ̣ι̣ ε̣ὺς̣ [γυμνασίαρχος] [– – – – – –]

 335

336 

 Appendix I: Inschriften

Νέστωρ Ἑρμιονεύς Ἑρμίας Συμβρεύ[ς] Ἀρχίας Χῖος Ὀλυμπιὰς Νικασίων[ος] 25 Νικασίων Ἀρχία κα[ὶ] Καλλίστρατος Ἀρχ[ία] Διογένης Ἀρχία Δαμάτριος [βʹ Ῥόδιος] Ἀγαθοκλῆς Σολεύς 30 Βάθιππος Ἀλεξ[ανδ]ρεύ[ς] Μένανδρος Κρ[ατ]ίνου Ῥόδιος Ἰφιάδας Μικίωνος Ῥόδιος 35 [․․․․․]ος Ἀντιοχεύ[ς] Seite A: col. I Z. 5: ed. pr. φυ[λ]ά; Z. 6; ed. pr. [φ]ύλαρχος; Z. 19: ed. pr. Ποσειδώνιος Ποσει[δω]νίο[υ]; Z. 22: ed. pr. Λυσιμαχέος. col. II Z. 31: ed. pr.; IG XII 1, 127; Maillot Ἀγήνορος Φασηλίτ[α]; Z. 35: ed. pr.; IG XII 1, 127; Maillot Σελγε[ύς]; Z. 37: ed. pr.; IG XII 1, 127; Maillot Ἀμφιπολί[τας]; Z. 44: ed. pr. [.]ερ[.]ίας Σολεύς; Z. 56: ed. pr. [....]ευς[....] Seite B: Z. 1: in ed. pr. nicht gelesen; Z. 2: ed. pr.; IG XII 1, 127; Maillot [εὐεργέ]τιδες τοῦ [κοινοῦ]; Z. 3: ed. pr. [Νι]κασίων Κυζικην[ὸς ὧι ἁ]; [Νι]κασίων Κυζικην[ὸς] ὧι ἁ IG XII 1, 127; Z. 4: ed. pr. κτίστας τοῦ κ[οινοῦ]; Z. 5: [Ὀλυμ]πιὰς Σολίς; Z. 6: ed. pr. [Νικασ]ίων Νικασίων[ος]; Gabrielsen, 54; Maillot, 42 f. [Δ]ίων Νικασίωνο[ς]; Z. 11: ed. pr. Ἑρμοκρέων Θαλιάρχου Ῥόδ[ιος]; Z. 13: ed. pr. ὧι ἁ ἐπιδαμία δέδοτ[αι]; Z. 14: ed. pr. Εἰρήν[η] Σολίς; Z. 15: ed. pr. Εὔκλε[ιτ]ος Δαμαινέτου Ῥόδι[ος]; Z. 16: ed. pr. Ἀριστοκράτης Ἀριστοφάνε[ος]; Z. 18: ed. pr. Σάτυρος Ἐφέσιος [ὧι ἁ]; Z. 20: ed. pr. Ζηνόδοτος Σατύρου Ἐφέ[σιος]; Z. 21: ed. pr.; Maillot Νέστωρ Ἑρμιονεύ[ς]; Z. 22: ed. pr.; IG XII 1, 127 Ἑρμίας Συμβρεύς; Maillot Συμβριεύς; Z. 25: ed. pr.; IG XII 1, 127 Νικασίων Ἀρχία; Z. 28: ed. pr. Δαμάτριος; IG XII 1, 127 Δαμάτριος [βʹ Ῥόδιος]; Z. 30: ed. pr. Βάθιππος Ἀλεξ[ανδρ]εύ[ς]; Z. 31: ed. pr. Μένανδρος ...[ς]; Z. 35: ed. pr. [......Ἀ]ντιοχε[ύς].

Kommentar: Seite B, Z. 6: Gabrielsen schlug vor, hier [Δ]ίων Νικασίωνο[ς] zu ergänzen, da für [Νικασ]ίων Νικασίων[ος] der Platz in der Zeile nicht ausreiche. Ein Blick auf den Stein zeigt jedoch, dass sich [Νικασ]ίων bestens in die Zeile einfügt; bei einer Ergänzung zu [Δ]ίων wäre dies der einzige Name der Liste, der eingerückt ist. Bei dem Verein wird es sich um das [τὸ] Ἀσκλαπιαστᾶν Νικασιωνείων Ὀλυμπιαστᾶν [κοινόν] handeln (Hiller – Saridakis, AM 25, 1900, 109 f. Nr. 108); Maillot 2009, 43. Dokumentation: Autopsie, Foto, Abklatsch IG.



Appendix I: Inschriften 

 337

8 Rhodos. Stiftung eines Bürgers aus Soloi an einen Verein (Abb. 14 a. b) Tafel aus lartischem Marmor. Maße: H ca. 16–17 cm; B ca. 30 cm; T ca. 12 cm. FO: Rhodos-Stadt, außerhalb der antiken Stadtmauer im Gebiet des Akandia Hafens; AO: Rhodos-Stadt, Großmeisterpalast (Inv. 363). Die Tafel wurde bei den Ausgrabungen der antiken Stadtmauer entdeckt; in der Nähe eines Platzes, an dem sechs gemauerte Altäre gefunden wurden. Buchstabenformen: die rechte Haste des Π ist verkürzt; die Rundung des Φ ist oval geformt, die senkrechte Haste überschreitet die Oberlänge; Apices. Editionen: G. Konstantinopoulos, in: ADelt B 23, 2, 1968, 445; Kommentar: J. Nollé – F. Schindler, Die Inschriften von Selge, IGSK 37 (Bonn 1991) 56 T 55. Dat.: 2./1. Jh. v. Chr. (nach Schrift). Text: Σ̣ [οφ]οκλῆς Σολεὺς ἐπαγγειλάμενος ὑπὲρ ἐρανιστᾶν Σωτηριαστᾶν τῶν σὺν 5 Δαματρίωι Σελγεῖ Διὶ Σωτῆρι καὶ Ποτειδᾶνι Ἀσφαλείωι Sophokles aus Soloi hat (dies) zu Gunsten der Eranistai Sōteriastai, die unter dem Vorsitz des Demetrios aus Selge stehen, dem Zeus Sōter und dem Poseidon Asphaleios versprochen. Z. 1: ed. pr. [..]οκλῆς.

Kommentar: Z. 1: Es sind gegenüber der ed. pr. nicht zwei sondern drei Buchstaben zu ergänzen; am Beginn der ersten Zeile ist der linke untere Rest des ersten Buchstabens zu sehen, der auf Σ oder Δ deutet; der Winkel zwischen waagerechter und aufsteigender Haste ist allerdings flacher als beim Delta und entspricht exakt dem Winkel bei den anderen Sigmata der Inschrift. Von dem dritten Buchstaben der Zeile ist nur der untere Teil einer senkrechten Haste mit Apex zu sehen. Dokumentation: Autopsie, Foto.

9 Rhodos. Ehreninschrift eines Vereins für einen Bürger aus Herakleia (Abb. 15 a. b) Statuenbasis aus lartischem Marmor. Maße: H 59 cm; B 62 cm; T 53,5 cm. FO: Rhodos-Stadt; AO: Rhodos-Stadt, Garten des Archäologischen Instituts (Inv. E 2446). Buchstabenhöhe: 1,5 cm (Z. 1); 1,2 cm (Z. 2); 1 cm (Z. 3–24). Alle Seiten des Steins sind geglättet; auf der Oberseite befinden sich zwei quadratische Löcher mit Gußkanal; in der Mitte befindet sich eine Fläche in Anathyrose; demnach ist auf der Basis eine Plinthe zu rekonstruieren, auf der man eine Marmorstatue befestigte.

338 

 Appendix I: Inschriften

Buchstabenform: Haste des Φ überragt deutlich die Oberlänge, Rundung oval geformt; Ξ ohne senkrechte Haste; Ζ noch mit senkrechter Haste; rechte Haste des Π etwas verkürzt; Β mit gleich großen Rundungen; ausgeprägte Apices. Edition: ed. pr. Pugliese Carratelli, Associazioni, Nr. 6. Dat.: Anfang 1. Jh. v. Chr. (nach Schrift). Text: [τὸν δεῖνα] Ἡρακλεώταν [χ]ο̣ [ρ]α̣γ̣ήσαντα [– – – τὸ Ἀριστο]βουλιαστᾶν Σωτηριαστᾶν [Ἡφαιστιαστ]ᾶν̣ Ἀγαθοδαιμονιστᾶν 5 [Μενεκρατείω]ν τῶ̣ν̣ [σὺ]ν̣ Μενεκράτει κοινὸν ἐ̣ τ̣ ί̣ μ̣[ασ]ε̣ χρ̣ υ̣σέ[οις στ]ε̣ φάνοις τέσσαρσι ἰκ̣όσι χαλκέαις δυσ̣[ὶ] ε̣ [ὐ]ε̣ ργεσίαι ἀναγορεύσει τᾶν τιμᾶν ἐν πάσ̣[αι]ς̣ ταῖς συνόδοις εἰς τὸν ἀεὶ̣ χρόνον [ἀ]ρ̣ ετᾶς ἕνεκα κ̣ [αὶ] ε̣ ὐνοίας καὶ φιλο̣ [δ]οξίας 10 ἃν ἔχω̣ν διατελεῖ̣ εἰς τὸ Ἀρ̣ [ισ]τ̣ ο̣ [β]ο̣ υ̣λ[ι]α̣στᾶν Σωτηριαστᾶν Ἡφαιστιαστᾶν̣ [Ἀγ]αθοδαιμονιστᾶν̣ Μενεκρατείω̣ν̣ τῶ̣ν σὺν Μεν̣ ε̣ κράτει κοινό̣ ν, καὶ τ̣ ιμαθέν[τ]α̣ ὑ̣πὸ̣ Διοσσωτηριαστ̣ ᾶν Ζηνωνιαστᾶν χρυσέωι στ̣ ε̣ φά̣ν̣ ωι ἀρετᾶς ἕνεκα καὶ εὐνοίας κα[ὶ] 15 φιλοδοξίας̣ ἃν̣ ἔχων διατελεῖ̣ εἰς τὸ κοινόν, κα{φ}ὶ̣ [τ]ιμαθέντα ὑπὸ Ἀφροδισιαστᾶν Ἐπιτυνχανον[τείων] κ̣ αὶ Ἀφροδισιαστᾶν Μενητείων κοινοῦ χρυσέω̣[ι] στεφάνωι ἀρετᾶς ἕνεκα καὶ εὐν̣ [οί]α̣ς καὶ φιλοδοξ[ίας] ἃν ἔχων δ̣ ι̣ α̣τελεῖ εἰς τὸ κο̣ ινόν, 20 [κ]αὶ̣ τιμαθέ̣ [ντα ὑπ]ο̣ Ἑρμαϊσ̣τᾶν Ἀθανα[ϊ]σ̣τ̣ ᾶ̣ν Ἁλι[αδᾶν] Ἁλιαστᾶν̣ [– – –]ν κοινοῦ θαλλοῦ̣ σ̣τ̣ εφ̣ άν[ωι καὶ] χρυσ[έ]ω̣[ι ἀρετᾶς ἕνεκα κ]α̣ὶ εὐνοί̣ α̣ς κ̣ α̣ὶ φιλοδοξία̣[ς] [ἃν ἔχων διατελ]ε̣ ῖ̣ εἰς τ[ὸ κοινό]ν. vv θε̣ [οῖς] [ὁ δεῖνα τοῦ δεῖνος (Ethnikon) ἐποί]ησε Den [– – –] aus Herakleia, der die Choregie übernommen hat, hat der Verein der Aristobouliastai Sōtēriastai Hephaistiastai Agathodaimonistai Menekrateioi, die unter dem Vorsitz des Menekratēs stehen, mit vier goldenen Kränzen geehrt sowie mit zwei Bronzestatuen, mit Wohltaten und der Verkündigung der Ehren bei sämtlichen Festversammlungen für alle Zeit wegen seiner Tugend, seines Wohlwollens und seiner Ruhmbegierde, das er stets dem Koinon der Aristobouliastai Sōtēriastai Hephaistiastai Agathodaimonistai Menekrateioi, die unter dem Vorsitz des Menekratēs stehen, entgegenbringt; auch ist er von den Diossōtēriastai Zēnōniastai mit einem goldenen Kranz geehrt worden wegen seiner Tugend, seines Wohlwollens und seiner Ruhmbegierde, das er stets dem Verein entgegenbringt, und er ist von dem Verein der Aphrodisiastai Epitynchanonteioi und Aphrodisiastai Menēteioi mit einem goldenen Kranz geehrt worden wegen seiner Tugend, seines Wohlwollens und seiner Ruhmbegierde, das er stets dem Verein entgegenbringt, und er ist von dem Verein der Hermaistai Athanaistai Haliadai Haliastai [– – –] mit einem Laubkranz und einem goldenen Kranz geehrt worden wegen seiner Tugend, seines Wohlwollens und seiner Ruhmbegierde, die er stets dem Verein entgegenbringt. Den Göttern. [– – –] hat dies gemacht. Z. 2 ed. pr. [χορ]α̣γ̣ήσαντα; Z. 20 ed. pr. [ὑ]φ̣ .



Appendix I: Inschriften 

 339

Kommentar: Z. 2: von dem Ρ bei [χ]ο̣ [ρ]α̣γ̣ήσαντα ist nur noch der untere Teil der mittleren Haste zu sehen. Dokumentation: Autopsie, Foto.

10 Rhodos. Ehreninschrift eines Vereins für einen Nichtbürger (Abb. 16 a. b) Fragment einer Tafel aus lartischem Marmor. Maße: H erh. 19,5 cm; B ca. 15 cm; T ca. 6,5 cm. FO: Rhodos-Stadt. AO: Museum Rhodos, Magazin (Inv. E 2901). Der Stein ist oben rechts sowie unten gebrochen; die linke Seite ist geglättet, die Rückseite grob behauen. Buchstabenformen: kein Iota adscriptum; Φ mit sehr deutlicher Über- und Unterlänge; Π mit gleichlangen Hasten; Α in Z. 2 mit geknickter, ansonsten mit waagerechter Querhaste; die äußeren Hasten des Μ sind schräg; Apices. Edition: Konstantinopoulos, ADelt A 18, 1963, Nr. 52. Dat.: 1. Jh. v. Chr. – 1. Jh. n. Chr. (nach Schrift). Text: vacat τὸ κοινὸ[ν τὸ – –] ΜΑΧΕ̣ Ω̣ [ν συσκά-] νων Ἐρ̣ μα[ϊστᾶν] ἐτείμασε [χρυσέῳ] 5 [σ]τεφάνῳ Τ̣[– –] [.․] Ε̣ ὐελπ[ι – –] [– – –] Z. 2: ed. pr. ΜΑΧ[– – –]; Z. 3: ed. pr. ΝΩΝΕ[․]ΜΑ[– – –]; Z. 6: ed. pr. [–]․ΓΥΕΛΝ[– – –].

Kommentar: Da die erste Zeile mit der Nennung eines Vereins im Nominativ beginnt und in Z. 4 das dazugehörende Prädikat anschließt, gehörten auch die Zeilen zwei und drei zur Vereinstitulatur. Z. 2: Von dem vierten Buchstaben der Zeile ist nur eine waagerechte untere Haste zu sehen; da nach Χ ein Vokal folgen muss, kommt nur ein Ε in Frage. ΜΑΧΕ̣ Ω̣ [ν] muss zu einer von einem Personennamen abgeleiteten Vereinsbezeichnung gehören. Z. 3 f.: Bei Namensbestandteilen von Vereinen, die auf ΝΩΝ enden, handelt es sich in der Regel um die Genitivform militärischer Vereinsbezeichnungen: στρατευομένων, συνστρατευσαμένων, συσκάνων. Jedenfalls kann es sich nicht um einen weiteren von einem Personennamen abgeleiteten Namensbestandteil handeln, da diese stets auf -ειοι enden. Da auf der rechten Seite der Steinplatte nicht viele Buchstaben fehlen, wird man zu [συσκά]|νων ergänzen können. Das anschließende Ἐρ̣ μα[– –] wird dann der theophore Bestandteil der Vereinsbezeichnung sein.

340 

 Appendix I: Inschriften

Z. 5: Das Τ am Ende der Zeile muss der Anfangsbuchstabe des Namens des Honoranden sein, da es keine weitere Ehrung gibt, die mit Τ beginnt und auf [σ]τεφάνῳ folgen könnte. Z. 6: Für den Namensanfang Εὐελπ- verzeichnet das LGPN neben den jeweils singulär belegten Namen Εὐελπίας, Εὐέλπιος und Εὐελπίδας sowie einigen Belegen für Εὐελπίδης (u. a. in Iasos) vor allem den in der Kaiserzeit verbreiteten Namen Εὐέλπιστος; keiner der Namen kommt jedoch in der rhodischen Onomastik vor; vgl. auch Papachristodoulou, Ialysia, 176 Nr. 16: [– – τ]ὸ κοινὸ[ν – –] | [– – –]υ̣ελπι[– – –]. Insgesamt ist es gut möglich, dass es sich bei dem hier genannten Verein um eine Schreibvariante des bereits bekannten τὸ κοινὸν τὸ Ἀρι|στομαχί{χ}ων | συσκάνων | Ἑρμαιζόντων | τῶν ἐν τῷ ἄσ|στι handelt (ADelt B 24, 2, 1969, 461). In Verbindung mit den Überlegungen zu der Namensherkunft könnte diese Inschrift ein Hinweis für die Mitgliedschaft eines Nichtbürgers in einem militärischen Verein sein; vgl. Kap. 8.1.1. Dokumentation: Autopsie, Foto, eigener Abklatsch.

11 Rhodos. Grabepigramm des Chrysōn (Abb. 17) Basis aus lartischem Marmor. Maße: H 37 cm; B 54 cm; T 42–46 cm. FO: unbekannt; AO: Rhodos, Ephorie (E 6023). Umlaufende Zierleiste oben und unten; auf der Oberseite befindet sich eine rechteckige Eintiefung, in der das in dem Epigramm genannte παράσαμον eingefügt war. Ross bezeichnet den Stein fälschlicherweise als Aschenkiste; dies ist wohl auf eine falsche Information J. Hedenborgs zurückzuführen, nach dessen Abschrift Ross die Edition vorgenommen hat. Ihm folgend spricht auch Hiller von Gaertringen, der den Stein offensichtlich ebenfalls nicht selbst gesehen hat, in IG XII 1, 150 von einer »cista sepulcralis«. Buchstabenformen: Ο ist deutlich kleiner als die anderen Buchstaben; das Κ weist sehr kurze Schräghasten auf; bei Π ist die rechte, senkrechte Haste deutlich verkürzt; Σ mit parallelen Horizontalhasten; die Haste des Φ bleibt innerhalb der Ober- und Unterlängen der anderen Buchstaben. Editionen: ed. pr. Ross, Hellenika, 116 Nr. 48; unverändert in IG XII 1, 150. Dat.: 3. Jh. v. Chr., Tendenz Mitte (nach Schrift). Text: τέχνας μὲν παράσαμον ἔχει τάφος· εἰμὶ δὲ Χρύσω〈ν〉· πατρὶς δ’ ἐστὶ Κν〈ί〉δος· γᾶ{ς} δέ μ’ ἔχει Ῥοδία. Ein Zeichen der Kunst trägt das Grabmal. Ich bin Chryson. Meine Vaterland ist Knidos; rhodische Erde aber birgt mich. Z. 1: ed. pr. Χρύσω[ν]; Z. 2: ed. pr. γᾶ δέ μ’ ἔχει.



Appendix I: Inschriften 

 341

Kommentar: Z. 1: Für das in der ed. pr. ergänzte Ν ist kein Platz in der Zeile; demnach stand es nie auf dem Stein. Trotzdem ist nicht anzunehmen, dass der weibliche Name Χρυσώ gemeint ist. Vielmehr wird der Steinmetz die Zeilenlänge falsch kalkuliert und daraufhin das Ν weggelassen haben; dazu passen mehrere weitere Nachlässigkeiten: so schrieb der Steinmetz in Z. 1 bei ἔχει zunächst ΕΡΥ statt ΕΧΕ. Bei τάφος stand anstelle des Φ zunächst ein Τ; in Z. 2 fehlt bei Κνίδος zudem das Iota; außerdem schrieb er statt γᾶ die Genitivform γᾶς. Z. 2: In der Majuskelwiedergabe der Inschrift der ed. pr. ist das Sigma von γᾶ{ς} verzeichnet. Das Epigramm ist in dorischem Dialekt geschrieben, was bei der Herkunft des Grabinhabers nicht verwundert. Dokumentation: Autopsie, Foto.

12 Rhodos. Grabinschrift des Philiskos aus Antiochia und seiner Frau (Abb. 18 a. b) Basis aus lartischem Marmor. Maße: H 25; B 79; T 45. FO: Rhodos-Stadt. AO: Rhodos-Stadt, Archäologisches Museum. Buchstabenhöhe: 1,2 cm. Hinten und rechts grob belassen, links geglättet, oben grob abgearbeitet; wohl Basis eines Rundaltars; rechts und links von der Inschrift befindet sich jeweils ein Olivenkranz mit Schleifen; die unteren vier Zeilen sind durch Bestoßungen beschädigt; helle Abreibungen deuten darauf hin, dass einige Bestoßungen jüngeren Datums sind. Buchstabenformen: Α mit geknickter Querhaste; die senkrechten Hasten des Π sind annähernd gleich lang; die Haste des Φ ragt über die Ober- und Unterlängen der anderen Buchstaben hinaus; Ο und Θ kleiner als die übrigen Buchstaben. Apices. Kein Iota adscriptum mehr. Edition: Maiuri, Nuova Silloge, Nr. 39. Dat.: 1. Jh. n. Chr. (nach Schrift). Text: col. I 1 Φιλίσκου Ἀντιοχέως τιμαθέντος ὑπὸ Ἁλιαστᾶν Παναθηναϊστᾶν θαλλοῦ στεφάνῳ κ̣ α̣ὶ̣ εὐεργεσίᾳ καὶ 5 τιμαθέντος χρυσέ[ῳ στ]ε̣ φά[νῳ] κα[ὶ τιμαθέ]ντος ὑπὸ Πα[να]θη[ν]αϊσ[τᾶν] κα[ὶ Ἡρακ]λει[σ]τᾶν [– – κο]ινοῦ

col. II καὶ τᾶς γυναικὸς αὐτοῦ Πίστιος 10 Ἀντιοχίδος

342 

 Appendix I: Inschriften

(Grabmal) des Philiskos aus Antiochia, der von den Haliastai Panathēnaistai mit einem Laubkranz und mit Wohltaten geehrt worden ist; auch mit einem goldenen Kranz ist er geehrt worden und er ist von dem Verein der Panathēnaistai und Herakleistai geehrt worden; und (Grabmal) seiner Frau Pistis aus Antiochia.

Kommentar: col. I Z. 3: ed. pr. θαλλ[οῦ], Ο ist deutlich zu lesen, ebenso die beiden Schräghasten des Υ. Z. 4 ed. pr. στεφάν[ῳ]; Z. 5: ed. pr. [στ]εφ[άνῳ] Dokumentation: Autopsie, Abklatsch, Foto.

13 Rhodos. Grabinschrift einer ›Matroxena‹ (Abb. 19 a. b) Basis aus lartischem Marmor. Maße: H ca. 36 cm; B 49,5 cm; T ca. 44 cm. FO: Rhodos-Stadt. AO: Rhodos-Stadt, Archäologisches Museum, Innenhof (Inv. E 5351). Rechte, linke und hintere Seite nur grob behauen; Oberseite geglättet; allerdings wird die Mitte des Steins von einem großen, aufliegenden Block verdeckt; durch einen Spalt zwischen beiden Steinen sind Abarbeitungen, vielleicht Eintiefungen erkennbar. Buchstabenformen: Ξ ohne senkrechter Haste; Φ mit deutlich überragender Oberlänge; Σ mit parallelen waagerechten Hasten; Apices. Edition: Maiuri, Nuova Silloge, Nr. 130. Dat.: 2. Hälfte 2. Jh. – 1. Jh. v. Chr. (nach Schrift). Text: ματρὸς δὲ ξένας γυνὰ δὲ Φίλωνος χρηστὰ χαῖρε.

Kommentar: Keine Verbesserungen gegenüber der Edition von Maiuri; über der ersten Zeile stand nicht der Name der Frau auf dem Block, dieser muss sich auf dem daraufstehenden Monument – sicherlich eine Grabstele – befunden haben. Dokumentation: Autopsie, Foto, eigener Abklatsch.

14 Rhodos. Grabinschrift des Apollōnios aus Antiochia und seiner Frau (Abb. 20) Kleiner Rechteckaltar aus lartischem Marmor. Maße: H 38 cm; B 44 cm; T 25 cm. FO: RhodosStadt, in den Ruinen einer byzantinischen Kirche; AO: Rhodos-Stadt, Garten des Archäologischen Instituts (Inv. E 5739). Der Altar weist auf der Oberseite zwei Bossen auf. Schrift nur noch sehr schwach lesbar. Buchstabenformen: die senkrechten Hasten des Π sind annähernd gleich lang; Α mit waagerechter Querhaste (soweit erkennbar); Apices.



Appendix I: Inschriften 

 343

Edition: Maiuri, Nuova Silloge, Nr. 148. Dat.: 1. Jh. v. Chr. (nach Schrift). Text: [Ἀ]πολλωνίου Ἀντιοχέως χοραγήσαντος δὶς καὶ τᾶς γυναικὸς Δημητρίας Ἀπαμείτιδος

Kommentar: Keine Korrekturen gegenüber der Edition von Maiuri. Dokumentation: Autopsie, Foto.

15 Lindos. Weihgeschenk einer Schiffsbesatzung an Athana Lindia (Abb. 21 a–c) Schiffsmonument. FO: Lindos, Akropolis; AO: Lindos, Akropolis. Edition: I. Lindos 88. Kommentar: Wiemer 2002, 133 f.; Badoud 2014, 126–129. Dat.: 265–260 v. Chr. Text: 1 [Μετὰ ἄρχοντος τῶν ἀφράκτων – – τοῦ Ν]ικασύλου καὶ τριηραρχεύντων Ἀγαθοστράτου τοῦ Πολυαράτου Γόργωνος τοῦ Ἀρχέλα καὶ τοὶ σὺνσ[τρα-] 2 [τευσάμενοι κατὰ πόλεμον, οὓς καὶ ὁ δᾶ]μος ἐστεφάνωσε πλεύσαντας ἐν ταῖς τριημιολίαις, ἀπαρχὰν ἀπὸ τῶν λαφύρων Ἀθάναι Λινδίαι. (...) col. III Ἐπικράτης Ξάνθο[υ – – – – – – – – –]ος Καλλίων Θευτ̣ ί̣ μ̣[ου – – – – Εὐφρ?]ο̣ νιος [Σά]μιος εὐεργέτας 285 Διότιμος Διδύμων̣ [ος] Εὔξενος Κρατίνου, ματρὸς δὲ ξένας Καλλικράτης Ἀριδείκευς, ματρὸ〈ς〉 δὲ ξένας Δαμάτριος Ἀριδείκευς, ματρὸ〈ς〉 δὲ ξένας Ἐπικράτης Παυσίωνος 290 Φορμίων Ἁλικαρνασεύς. [Gemeinsam mit dem Archonten der ungedeckten Schiffe – –] Sohn des Nikasylos und den Trierarchen Agathostratos, Sohn des Polyaratos und Gorgon, Sohn des Archelas weihen auch diejenigen, die im Krieg zusammen gekämpft haben und die der Demos bekränzt hat, als sie auf den Trihemioliai gesegelt sind, der Athana Lindia eine Ehrengabe von den Beutestücken. Z. 1–2: Blinkenberg in I. Lindos 88 [ἄρχοντες ἀφράκτων ναυαρχεῦντος – – – τοῦ Ν]ικασύλου καὶ τριηραρχεύντων Ἀγαθοστράτου τοῦ Πολυαράτου Γόργωνος τοῦ Ἀρχέλα καὶ τοὶ σὺν | [αὐτοῖς ποτὶ Τυρρανοὺς στρατευσάμενοι, οὓς καὶ ὁ δᾶ]μος ἐστεφάνωσε; Badoud [τοὶ στρατευσάμενοι ἀρχεῦντος ἀφράκτων – – – τοῦ Ν]ικασύλου καὶ τριηραρχεύντων Ἀγαθοστράτου τοῦ Πολυαράτου

344 

 Appendix I: Inschriften

Γόργωνος τοῦ Ἀρχέλα καὶ τοὶ σὺν | [αὐτοῖς ἐπὶ ναυάρχου – – – ναυμαχήσαντες, οὓς καὶ ὁ δᾶ]μος ἐστεφάνωσε; col. III Z. 284: ed. pr. Καλλίων Θευτ̣ ί̣ μ̣[ου – – – – – –]ο̣ νιος ․․․μιος εὐεργέτας; col. III Z. 285: ed. pr. Διότιμος Διδύμω[νος].

Kommentar: Z. 1 f. Das Sigma am Ende der ersten Zeile ist auf dem Stein deutlich zu sehen, allerdings wurde der Buchstabe weniger tief eingehauen. Auf den beiden von Blinkenberg angefertigten Abklatschen ist dagegen nur die untere Haste erkennbar, die als solche allerdings ohne Autopsie kaum zu interpretieren ist, da sich unmittelbar unter dem Buchstaben ein Riss im Stein entlangzieht; dass das Sigma nur am Stein zu sehen ist, wird auf die Anfertigung der Abklatsche zurückzuführen sein; so ist etwa die Längshaste des Υ von τοῦ Ἀρχέλα auf einem Abklatsch nicht zu sehen, ebenso nicht das Χ von Ἀρχέλα; beide Buchstaben sind jedoch auf dem zweiten Abklatsch zu lesen. Offensichtlich hatte Blinkenberg das Sigma am Stein übersehen und die Redaktion der Edition dann anhand der Abklatsche vorgenommen. Das bislang nicht bemerkte Sigma widerlegt den Ergänzungsvorschlag nun endgültig. Nach dem Sigma wäre noch Platz in der Zeile, um die weiteren drei Buchstaben der Silbe unterzubringen: σὺνσ[τρα-]; weitere Buchstabenreste sind zwar nicht auszumachen, aber dies könnte auf die Verwitterung des Steins zurückzuführen sein. Für weitere gemeinsame Dedikationen der (syn)strateusamenoi mit dem Archon sowie den beiden Trierarchen s. IG XII 5, 913 (Tenos); IG XII 4, 2, 562; IG XII 4, 2, 565 (Kos). Der Anschluss mit καὶ τοὶ σὺνσ[τρα|τευσάμενοι] spricht dagegen, den Verweis auf den Archonten sowie die beiden Trierarchen am Beginn der Zeile temporal aufzufassen; vgl. dazu aber etwa die Weihinschrift Segre, Clara Rhodos VIII, 1936, 242 f., die von Flottensoldaten aus Halikarnassos gestiftet wurde: Ἁλικαρνασσέων | οἱ στρατευσάμενοι | ἐν τῇ τετρήρει, ναυαρ|χοῦντος Φιλά〈γ〉ρου τοῦ | Δημητρίου καὶ τριηράρ|χου Ἀνδροσθένου | τοῦ Ἀνδροσθένου τοῦ | Ἄνδρωνος, | Ἀπόλλωνι Ἀρχηγέτ[ῃ] | [κ]αὶ Ἀσκληπιῷ. Für die kollektive Ehrung einer Schiffsbesatzung vgl. jetzt die Formulierung in der Grabinschrift Kontorini 2014, 349 Z. 3–7: [τ]ιμαθέντων ὑπὸ τοῦ δάμου | [χρυ]σέωι στεφάνωι καὶ ἀνδριάντι | [χαλ]κέωι [κ]οινᾶι μ]ετὰ τῶν συνστρα|τευσαμένων ἐν ταῖς καταφρά|[κ]τοις ναυσὶ. Diese Ehrung war jedoch posthum vorgenommen worden. Entsprechend ergänzt Kontorini a. O. 351 f. in der Ehreninschrift IG XII 1, 41 Z. 7 f.: τιμα[θέ]ντα ὑπ[ὸ τοῦ δάμου κ]ο[ινᾶι] | μετὰ τ[ῶν συ]νστρατευσαμένων. col. III Z. 284: Den Zusatz εὐεργέτας führten nur Nichtbürger, weshalb [..]μιος die Endung eines Ethnikon sein muss; vgl. dazu Kap. 3.2.3 proxenos und euergetas. Da vorher nur Platz für zwei Buchstaben ist, kann nur zu [Σά]μιος ergänzt werden. col. III Z. 285: von dem Ν vor dem Bruch ist die linke senkrechte Haste sowie die Schräghaste auf der Bruchkante zu sehen. Es ist auszuschließen, dass nach dem Patronym noch irgendein Zusatz folgte, da dann nach der Lücke Buchstabenreste zu sehen sein müssten. Dokumentation: Autopsie, Foto, eigener Abklatsch, Abklatsch Nationalmuseum Kopenhagen.



Appendix I: Inschriften 

 345

16 Ialysos. Ehreninschrift für einen Rhodier (Abb. 22 a. b) Rechteckige Basis aus lartischem Marmor. Maße: H ca. 32 cm; B ca. 50 cm; T 46 cm. Buchstabenhöhe: ca. 2 cm. FO: Ialysos. AO: Rhodos-Stadt, Archäologisches Museum (ohne Inventarnummer). Zierleiste am oberen und unteren Rand; die Rückseite ist grob belassen; die Oberseite wurde für die sekundäre Verwendung als Wasserbecken ausgehöhlt und mit einem Abfluss versehen. Buchstabenformen: die beiden senkrechten Hasten des Π sind gleich lang; ἰς statt εἰς; Apices. Edition: Suppl.Epigr.Rh. 52. Datierung: 1. Jh. v. Chr. (nach Schrift). Text: Παμφιλίδας Ἀπολλωνίου Σι [λ]ύ̣ρ̣ ιος ὑπὲ̣ [ρ] Καλλισστράτου Διο̣ [νυσ]ίο[υ] Βρά̣[σιου] καὶ τᾶς ματρὸς αὐ̣ τ]ο[ῦ – – – – –] Ἐφεσίας μετοίκου 5 ε̣ ὐ̣νοία̣ς ἕνεκεν τᾶς ἰς τὸν φίλον. Pamphilidas, Sohn des Apollōnios, aus dem Demos der Silyrioi für Kallistratos, Sohn des Dionysios, aus dem Demos der Brasioi und dessen Mutter [– – –] aus Ephesos, Metökin, wegen des Wohlwollens, das (sie) gegenüber dem Freund (zeigten).

Z. 1: ed. pr. Σι(λύριος); Z. 2: ed. pr. ․․Π̣ Ο․․ΗΣ {[Ἱπ]π̣ ο[κλ]ῆς?} Καλλιστράτου ΔΙ․ {Δρ̣ (υίτας)?}; Z. 3: ed. pr. [ὑπὲρ αὑτο]ῦ(?) καὶ τᾶς ματρὸς Λ․

Kommentar: Die jeweils letzten Buchstaben der ersten beiden Zeilen sind eindeutig nicht als Abkürzung eines Demotikons aufzufassen. Entscheidend für das Verständnis der Inschrift ist, dass gegenüber der ed. pr. in Z. 2 nun nach eingehender Prüfung des Textes sicher ein ὑπὲ̣ [ρ] zu lesen ist. Somit ist nicht Pamphilidas der Geehrte, wie es Pugliese Carratelli annahm, sondern Kallistratos sowie dessen Mutter, bei der es sich um eine Metökin handelt. Dadurch erklärt sich auch, warum als Empfänger der eunoia in der letzten Zeile nur eine Person genannt wird. Dokumentation: Autopsie, Foto, eigener Abklatsch.

17 Ataviros. Fragment einer Weihinschrift (Abb. 23 a. b) Kleine Basis. H 5 cm; B 9 cm; T 8,4 cm. FO: Ataviros; AO: Rhodos-Stadt, Archäologisches Museum, Magazin (Inv. E 6465). Auf der Oberseite befindet sich ein rechteckiges Dübelloch; der Stein ist links gebrochen; an der Bruchkante ist zu sehen, dass links ein weiteres Dübelloch anschloss. Buchstabenformen: Α mit waagerechter Querhaste; senkrechten Hasten des Π etwa gleich lang.

346 

 Appendix I: Inschriften

Edition: Jacopi, ClRh 2, 1932, 237 Nr. 148. Datierung: ? (die Buchstaben sind eher grob in den Stein geschlagen und für eine zeitliche Einordnung kaum belastbar). Text: [– –]όδαμος [– –]ο̣ δᾶν πατ [ριωτᾶν] Διί Z. 1: ed. pr. [ὁ] δᾶμος [ὁ – –]; Z. 2: ed. pr. [– –]δᾶν πατ[ρὶ?].

Kommentar: Z. 1: Da links ein Stück des Steins fehlt, wird man in den erhaltenen Buchstaben eher eine Namensendung zu betrachten haben. Dokumentation: Autopsie, Foto.

18 Ataviros. Fragment einer Weihinschrift (Abb. 24 a. b) Kleine Basis. H 8,2 cm; B 16,7 cm; T 8,5 cm; Buchstabenhöhe: 1,5–1,8 cm. FO: Ataviros; AO: Rhodos-Stadt, Archäologisches Museum, Magazin (Inv. E 6856). Der Stein ist vollständig erhalten; die Seiten sind geglättet, nur die Rückseite wurde etwas gröber belassen; auf der Oberseite befindet sich eine Eintiefung von etwa 4 × 2 cm; auch auf der Unterseite befindet sich mindestens ein Loch für eine Bleiverdübelung. Buchstabenformen: Α mit geknickter Querhaste; Ο etwas kleiner als die übrigen Buchstaben; Σ in Form eines eckigen C geschrieben; Apices. Edition: Jacopi, ClRh 2, 1932, 239 Nr. 154. Datierung: kaiserzeitlich (nach Schrift). Text: Ἀ̣ρ̣ 〈ι〉στόβ[ο]υλος Διὶ Ἀταβυρί[ωι] εὐ[χάν] Z. 1: ed. pr. [– –]στόβουλος.

Kommentar: Z. 1: Das Sigma am Ende der Zeile sieht aus wie ein Omikron; offensichtlich handelt es sich um einen Schreibfehler, der nachträglich korrigiert wurde, indem man die Rundung mit Apices versah. Dokumentation: Autopsie, Foto, eigener Abklatsch.



Appendix I: Inschriften 

 347

19 Ataviros. Fragment einer Weihinschrift (Abb. 25 a. b) In zwei Fragmente gebrochene Basis. H 10,5 cm; B zusammen ca. 15,5 cm; T erh. ca. 8 cm. Buchstabenhöhe: 0,7 cm, das Α am Anfang von Z. 2 ist 1,2 cm groß. FO: Ataviros; AO: Rhodos-Stadt, Archäologisches Museum, Magazin (Inv. E 6390 und E 6123). Die Bruchkanten beider Steine fügen sich lose zusammen; beide Fragmente sind hinten gebrochen. Auf der Oberseite weisen die Fragmente jeweils ein Dübelloch auf. Auf der Unterseite wurde ein umlaufender Streifen von ca. 1,5 cm geglättet, die Fläche in der Mitte wurde nur grob abgearbeitet und einige Millimeter hoch stehengelassen. Buchstabenformen: Α mit gebrochener Querhaste (bis auf das vergrößerte Alpha am Anfang von Z. 2); Apices. Edition: Jacopi, ClRh 2, 1932, 245 Nr. 177 und Jacopi, ClRh 2, 1932, 254 Nr. 214; Pugliese Carratelli, Suppl.Epigr.Rh. 61 hat die Zusammengehörigkeit beider Fragmente erkannt. Datierung: 1. Jh. v. Chr. – 1. Jh. n. Chr. (nach Schrift). Text: αἱρέθ[– –] [Θ]αρσικράτ[ης ․․․]αγόρα καθ’ ὑοθεσί[αν] δὲ Ἀντιγόν[ου] Νικόπολις [Νι]κοπόλιος 5 Ἀ̣ριστίων [Με]λ̣άγγα ΓΕΡ[.]Τ̣Υ̣ Ν Z. 6: Suppl.Epigr.Rh. 61 ΓΕΡ[– – –]Ν.

Kommentar: Z. 5: Das LGPN I setzt Ἀριστίων Μελάγγα mit einer Person in dem fragmentarischen Dekret I. Lindos 233 Z. 4 f. gleich ([Ἀριστίωνος] | Μελάγγα), für das der Datierung Blinkenbergs folgend das Jahr 129 v. Chr. angegeben wird. Badoud 2015, 164 f. plädiert indessen für eine noch frühere Datierung von I. Lindos 233, da die Buchstabenformen auf die Wende vom 3. zum 2. Jh. v. Chr. verwiesen. Es könnte in dem Dekret der Athanapriester des Jahres 220 v. Chr. ergänzt werden, sofern es sich nicht um einen noch unbekannten Athanapriester handelt; Badoud a. O. Sollte überhaupt in I. Lindos 233 richtig zu [Ἀριστίωνος] | Μελάγγα ergänzt sein, so wird man in ihm dieselbe Person zu sehen haben, die im Jahr 228 Priester des Poseidon Hippios war; Lindiaka VI, 18 Frgt. a, col. II Z. 9. Dies würde den Datierungsvorschlag von Badoud zusätzlich stützen. Um 170/160 v. Chr. ist dann mit Μελάγγας Ἀριστίωνος nochmals ein Mitglied der Familie in diesem Priesteramt anzutreffen I. Lindos 223 col. I Z. 7. Der hier genannte Ἀριστίων Μελάγγα kann demnach nur ein Nachkomme dieser Familie sein, da das Votiv nach der Schriftform nicht vor dem 1. Jh. v. Chr. datieren kann. Die Familie lässt sich bis in das 4. Jh. v. Chr. zurückverfolgen: Im Jahr 327 v. Chr. amtierte ein Ἀριστίων Μελάγγα als Haliospriester; Morricone, ASAA 27–29, 1949– 1951 col. II Z. 6 (= Badoud 2015, 308–311 Nr. 1); vgl. außerdem die in das 4. Jh. v. Chr. datierende Dedikationsinschrift I. Lindos 19 mit einem [Μελάγγ]ας Ἀριστίωνος. In der

348 

 Appendix I: Inschriften

Subskriptionsliste I. Lindos 51 c, col. II Z. 5 (304 v. Chr.) signiert zudem ein Μέλαγγας Ἀριστίωνος unter dem Demos Boulidas, der ein Sohn des Haliospriesters sein dürfte. Mit einiger Wahrscheinlichkeit ist auch Ἀρχοκράτης Μελάγγα, Haliospriester im Jahr 372 v. Chr., dieser Familie zuzurechnen (Morricone, ASAA 27–29, 1949–1951 col. I Z. 37). Z. 6: Dass in der letzten Zeile γέρας stand, ist auszuschließen; die gelesenen Buchstaben wollen keinen Sinn ergeben. Dokumentation: Autopsie, Foto, eigener Abklatsch.

20 Ataviros. Fragment einer Spenderliste? (Abb. 26 a. b) Oberes Fragment einer Stele aus weißem Marmor. Maße: H erh. 13,7 cm; B erh. 8,3 cm; FO: Ataviros; AO: Museum Rhodos, Magazin (Inv. E 6101). Buchstabenformen: Α mit waagerechter Querhaste; untere Rundung des Β etwas größer als obere; sehr ausgeprägte Apices. Edition: Jacopi, ClRh 2, 1932, 254 Nr. 213. Dat.: 1. Jh. v. Chr., Tendenz 2. Hälfte (nach Schrift). Text: [– εὐ]σεβω[ς –] [– –]λαντ[– –] [– –]Ν θυσε̣ [– –] [– –]αστ[– –] 5 [– –]μην[– –] Z. 3: ed. pr. [– –]θυσ[– –]; Z. 5: ed. pr. [– –]μημ[– –].

Kommentar: Z. 3: von dem Ν ist die Schräghaste sowie die rechte senkrechte Haste auf dem Stein zu sehen; von dem Ε ist nur ein kleiner Rest des oberen Teils der senkrechten Haste erhalten mit dem nach links oben laufendem Apex sowie einer waagerecht ansetzenden Haste. Da nach ΘΥΣ ein Vokal folgen muss, bleibt nur ein Epsilon, das an dieser Stelle zu ergänzen ist. Es könnte sich um ein Kultgesetz oder aber die Einleitung einer Spenderliste handeln. In Z. 3 war jedenfalls von der Verrichtung von Opfern die Rede; in Z. 2 könnte zu [ἐπαγγεί]λαντ[ο] zu ergänzen sein. Dokumentation: Autopsie, Foto, eigener Abklatsch.

Appendix II: Liste der Nichtbürger Im Folgenden sind sämtliche Nichtbürger alphabetisch nach ihrer Herkunftsbezeichnung aufgeführt, die auf rhodischem Polisterritorium belegt sind. Zur einfacheren Lokalisierung ist bei Polisnamen zusätzlich die jeweilige Region in Klammern angegeben. Dort, wo grundsätzlich mehrere gleichnamige Poleis in Frage kommen, wurde bewusst keine regionale Zuordnung vermerkt (etwa bei Antiochia). Auf eine kritische Darstellung der Personennamen wurde weitgehend verzichtet. Nur dort, wo Zweifel an der Rekonstruktion des Namens bestehen bzw. sich der Name überhaupt nicht mehr vollständig rekonstruieren lässt, ist dies durch eckige Klammern kenntlich gemacht. Nichtbürger, die bereits von Morelli 1955 und Sacco 1980 aufgeführt wurden, sind in einer vorangestellten Spalte mit hochgestelltem M bzw. S markiert. Bei Nichtbürgern, die im Besitz der epidamia oder enktēsis waren, ist hinter dem Namen in Klammern das Kürzel »ep.« bzw. »enkt.« beigefügt. Nicht aufgenommen wurden Gesandte, die sich nur für einen kurzen Zeitraum auf rhodischem Polisgebiet aufgehalten haben. Abdera (Thrakien) M

M

Ἀξιοθέα Ἀρτεμ[– – –] Ξάνθος

Abydos (Ägypten) S

[– – –]

Ägypten M

M M M

Ἀράχθης Δαμόξενος Ἕρμωνος Εὐρώπα Εὐφροσύνα Νύσα [– – –]ι̣ ς

Aigina (westliche Ägäis) M

Τίμων

Ainos (Thrakien) M

Δαμώ

Aitolien M M M

Ἀλέξης (ep.) Πασίων Ἀλέξεος Πασίων (ep.) Κλύτος

weiblich männlich Kontorini, AER, Nr. 38 männlich

männlich

männlich männlich I. Lindos 16 app. weiblich weiblich weiblich männlich Marguerite, Kition, 139–140 Nr. 174

männlich

männlich

männlich männlich männlich männlich Badoud, Hedenborg, 34 Nr. 21

https://doi.org/10.1515/9783110572681-014

350 

 Appendix II: Liste der Nichtbürger

Alabanda (Karien) M M M

M

[– – –] [– – –] [Ἀπο]λ̣λώνιος Δαμαγόρας Ζώπυρος Πυθέας

Alexandria M

M M M M M M M

M M

M M M M M M

M M M

M M M

M

M M

[– – –] [– – –]ΕΥΣ [– – –]ς [....]τος Ἀγαθάριον Ἀκέσιος Ἀμμώνιος Ἀπέρωτος Ἀπερώτου Ἀπολλώνιος Ἀπολλωνίου (ep.) Ἀρσινόη Ἀσκληπιάδος Ἀχιλλεύς Βάθιππος Δάμων Δημήτριος Δημήτριος Δημήτριος Διόδωρος Διονύσιος Διονυσόδωρος Δωρίων (ep.+enkt.) Εἰρηναῖος Ἐπίτευγμα Ἑρμαΐς Ἑρμίας ῎Ερως Ἐρωτάριον Ἡρακλείδας Θευγένης Θεύμναστος Ἴακχος Νέων Πόρος Σαραπίων Σατύριον Τρύφιον Φίλητος Φι̣ λ̣ο̣ [κλ?]έα

männlich Kontorini 1975b, 97 weiblich männlich männlich männlich ineditum (SEG 51.1015) männlich

männlich männlich männlich männlich weiblich männlich männlich männlich männlich weiblich männlich männlich männlich männlich männlich männlich männlich männlich männlich männlich männlich männlich weiblich männlich männlich männlich weiblich männlich männlich männlich männlich männlich männlich männlich weiblich incertum männlich weiblich

Konstantinopoulos, ADelt A 18, 1963, Nr. 44 Jacopi, ClRh 2, 1932, 241 Nr. 160

ADelt B 33, 1978, 404 (= SEG 35.896)

Kontorini, AER, Nr. 2

App. I 1 (= ADelt B 25, 2, 1970, 524,1)

Maiuri, Nuova Silloge 140 Fantaoutsaki 2014, 69 Fantaoutsaki 2014, 69 ADelt B 22, 2, 1967, 538 Nr. 9 a

IG XII 3, 1275 Kontorini, AER, Nr. 10 IG XII 3, 67

I. Peraia 261



Appendix II: Liste der Nichtbürger 

M

Φίλων Φυσίς

Alinda (Karien) M

Εὐβουλίδας

Amaseia (Pontos) S

Ἁγησικράτης Ἀντιμάχου

Amastris (Paphlagonien) M M M

Εὔβιος (ep.) Νικίας Ὄλυμπος

Amisos (Pontos) M M M

M M M M

Ἀθηναΐς Ἀνδρικός Διονύσιος Ζήνων Ζήνων Κάλας Κάλας Κάλλων

Amphipolis (Thrakien) M S

Ἀπολλώνιος Θεύδωρος

Anatolien Αἰλ(ία)

Andros (Kykladen) M

Χαρίξενος

Antiochia M M M

M M M

M M M M

[– – –] [– – –] [– – –] [– – –] [– – –] [– – –] [– – –]α [– – –]ίσιος [– – –]όρα [– – –]ος [– – –]ος [– – –]ος Πλή̣ ρων[ος?] [– – –]ω̣τος

männlich weiblich IG XII 1, 1029

männlich

männlich

männlich männlich männlich

weiblich männlich männlich männlich Kontorini, AER, Nr. 10 männlich männlich männlich männlich

männlich männlich

weiblich

Kontorini, AER, Nr. 19

männlich

männlich Badoud, Hedenborg, 35 Nr. 22 männlich männlich weiblich weiblich Maiuri, ASAA 2, 1916b, 164 Nr. 102 männlich weiblich männlich weiblich I. Lindos 252 männlich männlich männlich männlich

 351

352 

M M M M M M

M M M M

M M M M

M

M

M M M

M M M

M

M M M M

M M M M M

M M

 Appendix II: Liste der Nichtbürger

[– – ί]σιος (ep.) [..]ρος [Εἰρ]ήνα [Τ]ρύφων Ἀ[ριστόμ]αχος Ἀγαθοκλῆς Ἀθανώ Ἀλέξανδρος Ἀντίγονος Ἀντιοχίς Ἀντίοχος Ἐπικούρου Ἀπάμα Ἀπολλωνία Ἀπολλωνίδας Ἀπολλώνιος Ἀπολλώνιος Ἀπολλώνιος Ἀπολλώνιος Ἀριστέας Ἀφροδίσιος Γέτας

männlich männlich weiblich männlich männlich männlich weiblich männlich männlich weiblich männlich weiblich weiblich männlich männlich männlich männlich männlich männlich männlich männlich

Δάμας Δαματρία Δημήτριος Δημήτριος Δημήτριος Διογένης Διονύσιος Διόφαντος Δρόμων Δωρίων Εἰρήνα Ἕλενος Ἐπαφρόδειτος Ἐπίγονος Ἐπιτυνχάνων Ἐπιτυνχάνων Ἕρμων Εὖνος Εὐπλοία Ἐχέβουλος Ζηνίων Ζήνων Ζωΐλος Ζωσίμη Ἐπαφρᾶ Ἡφαιστίων Θευδότα

männlich weiblich männlich männlich männlich männlich männlich männlich männlich männlich weiblich männlich männlich männlich männlich männlich männlich männlich weiblich männlich männlich männlich männlich weiblich männlich weiblich

Fantaoutsaki 2014, 69 I. Peraia 571 = HTC 86

ADelt B 46, 1991, 471 (= SEG 46 1002)

Konstantinopoulos, ADelt A 18, 1963, Nr. 31 Kontorini, AER, Nr. 2 Konstantinopoulos, ADelt A 21, 1966, 56–61 (= SEG 53.822); BE 1968, 491 Nr. 383 ADelt B 46, 1991, 471 (= SEG 46 1003)

Kontorini, Inscriptions inédites, Nr. 26 Fantaoutsaki 2014, 69

Kontorini, AAA 8, 1975, 38 Nr. 10 Fantaoutsaki 2014, 69

Berges, Rundaltäre, Nr. 205

IG XII 3, 139



Appendix II: Liste der Nichtbürger 

M M

M M M M

M M M M M

M M

M M M M M

M M

M

M M M

M

M M M M M M M

Θέων (ep.) Ἰάσων Ἵλαρος Ἰσίδοτος Ἰσίδωρος Καλλικράτης Κάλλων Καρπίων Λόχος Μεγίστιον Μενέλαος Μῆνις [– – –?] Μίκκη Μνασέας Μνάσων Μνήμων Μνήμων Μόσχιον Νικάνωρ Νίκη Νικηφόρος Νίκι[ππος] Νικίας Ξοῦθος

männlich männlich männlich männlich männlich männlich männlich männlich männlich weiblich männlich männlich weiblich männlich männlich männlich männlich weiblich männlich weiblich männlich männlich männlich männlich

Ὀνάσιμος Πίστις Πλοῦτος Ποθ〈ε〉ινός Πρωτᾶς Πτολεμαῖος Πύρρος Ῥόδα Ῥόδα Σάτυρος Σύμμαχος Σωκράτης Σωσίβιος Σωτήριχος Σωτήριχος Τρύφων Τρωΐλος Φιλίσκος

männlich weiblich männlich männlich männlich männlich männlich weiblich weiblich männlich männlich männlich männlich männlich männlich männlich männlich männlich

Herkunft aus Antiochia unsicher S

[– – –] [– – –] ΑΝΕΥΣΦ․ΙΚΑ․

 353

Kontorini, AER, Nr. 2

ineditum; Peter Fraser Photographic Archive

Maiuri, Nuova Silloge 154 Nilsson 1909, Nr. 317, 1–5

Fantaoutsaki 2014, 69

Konstantinopoulos, ADelt A 21, 1966, 56–61 (= SEG 53.822); BE 1968, 491 Nr. 383

Pugliese Carratelli, Associazioni, Nr. 21 ADelt B 48, 2, 1993, 538 (= SEG 47.1247)

Maiuri, Nuova Silloge 159 Fantaoutsaki 2014, 69

männlich männlich Pugliese Carratelli, Associazioni, Nr. 21 männlich ADelt B 48, 2, 1993, 538 (= SEG 47.1247)

354 

M

M M M

 Appendix II: Liste der Nichtbürger

Ἀρτέμεις Ἀφρο[δισία] Ἀφροδεισία Βακχίς Λαοδίκη Μοῦσα

Antiochia am Mäander M M

Δίων Μελέαγρος

Antiochia Daphne M

Ἀντιοχίς

Antiphellos (Lykien) S S

Ἀπολλωνία Ἱπποκλῆς

Apameia M M M M M M M M

[– – –]λα Ἀγαθανόρη Δημητρία Διόδωρος Εὐταξία Θεόπροπος Μητρόδωρος Πλούταρχος Ἡλιοδώρου Σώσιππος

Aphrodisias (Karien) M

Ἄτταλος Κάλλιππος

Apollonia M

Ἁγησικράτεια Μίθρης

Arabien M

Θεύδοτος

Arados (Phönizien) S

M M M

Ἀγαθανόρη Βάτης Διονύσιος Ζήνωνος Ζήνων Ζήνων Ναούμου Ἡράκλειτος Ῥοδίας

weiblich incertum weiblich weiblich weiblich weiblich

IG XII 1, 401 Pugliese Carratelli, Associazioni, Nr. 21

männlich männlich

weiblich

weiblich männlich

weiblich Badoud, Hedenborg, 35 Nr. 23 männlich weiblich männlich weiblich männlich männlich männlich männlich

männlich Maiuri, Nuova Silloge 164 männlich

weiblich ADelt B 32, 1977, 366, 2 (= SEG 34.806) männlich

männlich

weiblich männlich I. Lindos 120 männlich männlich männlich männlich I. Lindos 120 weiblich I. Lindos 120



Appendix II: Liste der Nichtbürger 

Φίλα Ζήνωνος

Herkunft aus Arados unsicher Εὔνους

Argos (Peloponnes) S S S S

S S

[Ἀ]ρτεμίδω[ρος] Ἀριστόμαχος Διοπείθης Καλλίξεινος Πολύκλειτος Πολυνίκα Στασίας Σωκράτης

Arkadien M

Ἀπολλώνιος

Armenien M

M

M M

Ἄριστος Ἕβρος Εὔνους Κάνθαρος Στοδίς [Σ]τρά[τ]ων Φίλων Χαρίεσσα

Askalon (Palästina) M M M M

Ἀλέξανδρος Σώσου Ἀπολλώνιος Εἰρήνα Πλουσία

Aspendos (Pamphylien) M M

Ἀπολλώνιος Κάσανδρος Μαρσύας

männlich I. Lindos 132

männlich Pugliese Carratelli, PP 5, 1950, 78 Nr. 9

männlich Jacopi, ClRh 2, 1932, 242 Nr. 166 männlich männlich männlich männlich weiblich Maiuri, Nuova Silloge 160 männlich männlich

männlich

männlich männlich männlich männlich weiblich männlich männlich weiblich

Kontorini, AER, Nr. 10 I. Peraia 101 (= I. Pérée 149) ineditum (SEG 51.1015) Badoud, Hedenborg, 35 Nr. 24

männlich männlich weiblich weiblich

männlich männlich männlich I. Peraia 21 (= I. Pérée 174)

Herkunft aus Aspendos unsicher S

[– – -]Ι̣ ΕΑ

Astypalaia (südliche Ägäis) M

M M

[– – –] (ep.) Ἀπολλώνιος Εὐέταιρος Ζώπυρος Ληνίας

männlich

männlich männlich Peek, WissZHalle 16, 386 Nr. 34 männlich männlich männlich Peek, WissZHalle 16, 386 Nr. 35

 355

356 

 Appendix II: Liste der Nichtbürger

Aszotis (Palästina) S

[– – –]ίστη

Athen (Attika)

M M

M M M M

M

M

M M M M M M

M M M M M

M

M M M M M M M

[– – –] Φυρομάχου [– – –]ος [Ἀρχ?]έστρατος [Ἀφθ(?)]όνητος Ἀγάθιππος Ἀγάθιππος Φιλοκράτευς Ἀλεύας Κρέωνος Ἀξιοθέα Ἀριστομένης Ἀρχέστρατος Ἀσκλάπων Ἀφροδίσιος Ἀφροδοῦς Βρύαξις Βρύαξις Γλαύκων Ἐτεοκλέους Γλυκέρα Δαμώ Διονύσιος Διονυσόδωρος Διοπείθης Ἐπαφρόδειτος Ἐπιτυνχάνων Ἔφεδρος Ζωσίμη Ἡράκλιτος Καλλιάδης Σθέννιδος Κάλλιπος Λεωχάρης Μαχάων Λύσωνος Μεγίστιον Μνησίστρατος Ναυκράτης Πείθανδρος Περιγένης Σμίκυθος Τιβέριος Κλαύδιος Εὔπορος

Herkunft aus Athen unsicher M

Σύνκρασις

Attaleia (Pamphylien) M

Χαρμόσυνος

weiblich

männlich männlich männlich männlich männlich männlich männlich weiblich männlich männlich männlich männlich weiblich männlich männlich männlich weiblich weiblich männlich männlich männlich männlich männlich männlich weiblich männlich männlich männlich männlich männlich männlich männlich männlich männlich männlich männlich männlich

weiblich

männlich

Zimmer – Bairami 2008 (= SEG 58.814) Jacopi, ClRh 2, 1932, 220 Nr. 63 I. Peraia 453 (= I. Pérée 41)

IG XII,1 986 (= SEG 45.1079)

Zimmer – Bairami 2008 (= SEG 58.814) Kontorini, AER, Nr. 17 Fantaoutsaki 2004, 44 f. (= SEG 58.809)

Kontorini, AER, Nr. 16

Kontorini, AER, Nr. 10 SEG 49.1083



Appendix II: Liste der Nichtbürger 

Bargylia (Karien) S M M M M M

S M M

Ἀρτεμισία Διονύσιος Ἑρμαῖος Θαργήλιος Μελάνθιος Σόλωνος Μέλανθος Ματροδώρου Μένιππος Διοσκουρίδα Πειθώ Σάτυρος Χρύσιππος

Beirut (Phönizien) M M M M M M

[– – –]υς Ἀριστοβουλίς Ἡκατέα Θευδώρα Θεύδωρος Σόλων

Herkunft aus Beirut unsicher S

[Μνα]ασέας Μνασέα

Boiotien?

Ἰσμήνας

weiblich männlich männlich männlich männlich männlich männlich ineditum (SEG 51.1015) weiblich männlich männlich

männlich weiblich weiblich weiblich männlich männlich

männlich

männlich Kontorini, AER, Nr. 45

Borysthenes (Schwarzes Meer, Nordküste) M

Ἡδε[ῖα] Ἀριστοκρ[ίτου?]

weiblich

Bosporos (Schwarzes Meer, kimmerischer Bosporus) M M

[– – –] Κεφάλων

Bruttium S M M

Μαρα Πλάτων (ep.) Στράτιος

Byzantion (Propontis) M S M M

[– – –]ρυς [Ἀγαθ?]οκλῆς Ἀγαθοκλῆς Μῆνις

Chalkis (Euboia) M M

Ἰσίων Σωτᾶς

männlich männlich

weiblich männlich männlich

männlich männlich männlich männlich

männlich männlich

 357

358 

 Appendix II: Liste der Nichtbürger

Chersonesos (Schwarzes Meer, Krim) Κτησιφῶν

Chios (nördliche Ägäis) M

[– – –] (ep.) [Ἀσκλα]πιάδας (ep.)

M

Ἀρίστων Ἀρτεμίδωρος Ἀρχίας Ἐλάφιον Εὐαρίστα Καλλίστρατος Ἀρχία Λυσίας Πυρράνδρου Μῆνις Μηνόδωρος Νικάνδρου Μόρφη Νικασίων Ἀρχία Νουμήνιος (ep.) Πεισίστρατος

M M M M M

M

koinon der Chrysaoreis S

Μένιππος

Damaskos (Syrien) M

Ἀλέξανδρος

Damatrias/Demetrias M

[– – –] Δράκοντος

Dara (Phrygien/Pisidien?) M

Γοργίας

Delos S

Κριτοβούλα Ἀγαθίνου

Delphi S

[– – –]

Eleutherna (Kreta) M

Πυθόκριτος Τιμόχαρις

Elis (Peloponnes) M M M

[Φ]αί[διμο]ς̣ Ἁρμόδιος Π̣ολέμ̣ [ων?]

männlich Kontorini, AER, Nr. 10

männlich männlich Pugliese Carratelli, ASAA 64/65, 1986/87, Nr. 6 (= SEG 45.1070) männlich männlich ineditum (SEG 51.1015) männlich weiblich weiblich männlich männlich männlich Kontorini, AER, Nr. 10 männlich ADelt B 38, 1983, 395 (= SEG 39 784) weiblich ADelt B 39, 1984, 325 (= SEG 39.788g) männlich männlich ineditum, Peter Fraser Photographic Archive männlich IG XII 1, 113

männlich IG XII 1, 479; Kontorini, AER, Nr. 56

männlich

weiblich

männlich

weiblich

männlich

männlich SEG 49.1080 männlich

männlich männlich weiblich



Appendix II: Liste der Nichtbürger 

Ephesos M M M M M

M M

M

M

M M M

M M M M M

M

M M M

M M M M M M

M M M M M M

[– – –] [– – –] [– – –] [– – –]κιος [– – –]ος [– – –]της [– – –Κ]ίμωνος [․․․]ον̣ α̣ς̣ (ep.+enkt.) [Ἀριστόβου?]λος [Δαμοκρ?]άτης [Φι]λαινίς Ἅβρα Ἀγαθοκλέα Ἀγάθων Ἅγησις Ἀδύτερον Ἀθανοκλῆς Ἀλεξάνδρα Ἄλκιμος Ἀμμία Ἀνθράκιον Ἀντείοχος Ἀπέλλης Ἀπολλωνία Ἀπολλώνιος Ἀπολλώνιος Ἀρισταρίον Ἀριστοβουλίς Ἀριστοβούλος Ἀριστοκλῆς Ἄριστος Ἄριστος Ἀρτέμων Ἀσκλαπιάς Ἀσκλαπιάς Ἄτταλος Ἀφροδισία Ἀφροδισία Δαλιάς Δαμαίνετος Δαμάτριος Δαμώ Δαμώνασσα Δημαίνετος [Δημ]έ[α] Δημήτριος Διδᾶς Μάρκου

weiblich männlich weiblich männlich männlich männlich männlich männlich männlich männlich weiblich weiblich weiblich männlich männlich weiblich männlich weiblich männlich weiblich weiblich männlich männlich weiblich männlich männlich weiblich weiblich männlich männlich männlich männlich männlich weiblich weiblich männlich weiblich weiblich weiblich männlich männlich weiblich weiblich männlich männlich männlich

Kontorini 1975b, 97 Segre, Historia 7, 1933, 577 Nr. 1

IG XII 3, 96 ADelt B 20 B, 1965, 597 Nr. 7 Badoud, Hedenborg, 35 Nr. 25 IG XII 1, 410 Berges, Rundaltäre, Nr. 228 ADelt B 32, 1977, 372 (= SEG 34.837)

ineditum (SEG 51.1015)

Reinach, REG 1906, 24 Nr. 1 Reinach, REG 1906, 24 Nr. 1

Kontorini, AER, Nr. 22

I. Peraia 117 (= I. Pérée 146)

 359

360 

M

M

M M

M

M M M

M M

M M M M

M M

M M

M

 Appendix II: Liste der Nichtbürger

Διονύσιος Διονύσιος Δίων Δορκάς Δύναμις Εἰσιδώρος Ἐπαφρόδιτος Ἐρατώ Ἑρμιόνη Ἑρπυλλίς Ἔρως Ζωσίμου Εὐκράτης Εὐκρατίδου Εὐμένης Εὐπραξία Εὐσύης Εὐφροσύνα Ζηνόδοτος Σατύρου Ζήνων Ἠαστω Θεσσαλία Θεύδιον Θεύδωρος Θευδώτα Ἰάς Ἰάσων Ἰσιάς Ἰσιγόνη Ἶσις Κατάπλους Κλείτων Κοσσύφα Κοτύρα Κρίτων Κτησίας Κῦρος Μαρσύας Ματρόδωρος Ματρόδωρος Μενίσκος Μηνιάς [Μη]νιάς Μηνόφιλος Μόνιμος 〈MONINOY〉 Μοσχίων Μύρων

männlich männlich männlich weiblich weiblich männlich männlich weiblich weiblich weiblich männlich männlich männlich weiblich männlich weiblich männlich männlich weiblich weiblich weiblich männlich weiblich weiblich männlich weiblich weiblich weiblich männlich männlich weiblich weiblich männlich männlich männlich männlich männlich

Dimitrova 2008, Nr. 50 (= IG XII 8, 186) Kontorini, AAA 8, 1975, 38 Nr. 10 Papachristodoulou 1989, 198 Nr. 9 (SEG 39.794) Fraser 1977, 108 Nr. 128 (SEG 27.476)

IG XII 3, 144 ADelt A 55, 2000, 1143 f. IG XII 1, 1064 ineditum (SEG 51.1015) ineditum (SEG 51.1015) Dimitrova 2008, Nr. 50 (= IG XII 8, 186)

Scrinzi, AttiVenezia 57, 1898, 282 Nr. 33 I. Peraia 52 (= I. Pérée 169)

ADelt B 24, 2, 1969, 472 Nr. 4

ADelt B 55, 2000, 1140 Fraser 1977, 108 Nr. 128 (= SEG 27.476) Pugliese Carratelli, PP 5, 1950, 78 Nr. 10 IG XII 1, 539 b

IG XII 1, 420

Konstantinopoulos, ADelt A 21, 1966, 56–61 (= SEG 53.822); BE 1968.491 Nr. 383 männlich ADelt B 54, 1999, 948 männlich weiblich IG XII 3, 1276 weiblich Badoud, Hedenborg, 35 Nr. 26 männlich Konstantinopoulos, ADelt A 21, 1966, 56–61 (= SEG 53.822); BE 1968.491 Nr. 383 männlich Badoud, Hedenborg, 32 Nr. 7 männlich ineditum (SEG 51.1015) männlich Konstantinopoulos, ADelt A 21, 1966, 56–61 (= SEG 53.822); BE 1968.491 Nr. 3833



Appendix II: Liste der Nichtbürger 

M M

M M M

M M M

M

M

M

M

M M

Νεικάρετος Νικασίδαμος Νικήρατος Νικόμαχος Ξενοκράτεα Ξένων Ὄλυμπος Ὀνησαγόρας ΟΡΟΣ {[– –]ορος(?); Ὄρος(?)} (ep.) Πόμπων Πρόθυμος Πρόσοδος Ῥοδίνα Σαραπίων Σάτυρος (ep.) Σεραπιάς Σεραπίων Σύνκρασις Σωκράτης Σωσίπολις Σωτηρεΐς Τρυφέρα Ὑμεναίος Φι[...]ια Φιλῖνος Φιλοκράτης Φιλόνομος Χρυσόστρατος

männlich männlich männlich männlich weiblich männlich männlich männlich männlich männlich männlich weiblich weiblich männlich männlich weiblich männlich weiblich männlich männlich weiblich weiblich männlich weiblich männlich männlich männlich männlich

Pugliese Carratelli, PP 4, 1949, 81 Nr. 2 Kontorini, AER, Nr. 10

IG XII 1, 987

ADelt B 46, 1991, 497 (= SEG 46.999)

ineditum (SEG 51.1015) ineditum (SEG 51.1015) Fantaoutsaki 2014, 69 Berges, Rundaltäre, Nr. 165 ADelt B 42, 1987, 607 (= SEG 42.749, 20) Reinach, REG 1906, 24 Nr. 1 I. Peraia 471 (= I. Pérée 57) Reinach, REG 1906, 24 Nr. 1 Pfuhl – Möbius, Grabreliefs, Nr. 11847 Scrinzi, AttiVenezia 57, 1898, 283 Nr. 34

Herkunft aus Ephesos unsicher M M M

Ἀρσινόη Μιλησία Βα[– – –]

Erymna (Pamphylien) S

Μηνόδωρος

Erythrea (Euboia) M

[– – –]

Etenna (Pisidien) S

[– – –] Κτήσων

Eusebeia (Kappadokien) M

Μαφέρνης

weiblich weiblich männlich

männlich

männlich

männlich männlich Kontorini, AER, Nr. 10

männlich

 361

362 

 Appendix II: Liste der Nichtbürger

Gadara (Palästina) Ἱέρων

Galatien M M M M

M

M M M

M M

M M M

männlich ADelt B 56–59, 2001–2004, 273 (SEG 59.896)

[– – –]ΝΗ̣Σ Ἄθως Ἀπολλώνιος Βότρυς Δαλιάς Δαμᾶς Δαμάτριος Δείφιλος Ἐρατίων Εὔτυχος Ἡσύχιον Κάρπος

männlich männlich männlich männlich weiblich männlich männlich männlich männlich männlich weiblich männlich

Konstantinopoulos, ADelt A 18, 1963, Nr. 32

Μηνογένης Νίκων Παρνασσος Πρῶτος Φίλα Φρόνιμος

männlich männlich männlich Fraser 1977, 19 (= SEG 27.478) männlich weiblich männlich

ineditum; Peter Fraser Photographic Archive Kontorini, AAA 8, 1975, 38 Nr. 3

Pugliese Carratelli, Associazioni, Nr. 11; Pugliese Carratelli, ASAA 64/65, 1986/87, 284 Nr. 19

Herkunft aus Galatien unsicher Βίων

Gargara (Troas) S

Ζωίλος

Gortyn (Kreta) M

Μίλων

Halikarnassos (Karien) M

M

M M

M M M M

[– – –] [– – –] [– – –]απτόλιος [– – –]να Ἀρισταγόρη Ἀρτέμων Δημητρίος Διοκλῆς Διόκριτος Διονύσιος Διονύσιος Δωσιθέα Εὐαγγέλου Εὐφροσύνα

männlich ADelt B 39, 1984, 323 (= SEG 39.798)

männlich

männlich

weiblich männlich männlich weiblich weiblich männlich männlich männlich männlich männlich männlich weiblich weiblich

Hiller, AM 23, 1898, 398 Nr. 83 Berges, Rundaltäre, Nr. 275 ineditum

ADelt B 54, 1999, 948 ADelt B 54, 1999, 942



Appendix II: Liste der Nichtbürger 

M

M M

M M M M M M M M

M M M

Ἰσοκράτης Λητόδωρος Μηνόδωρος Μηνόδωρος Ἡρακλείτου Νουμήνιος Ὁμόνοια Πραξινοίη Πρωτόμαχος Πυ[– – –] Στρ[– – –] Σαραπίων Στράτιππος Στρατονίκα Τιμορόδη Φ[...]νι[– – –] Φορμίων Φύλης Πολυγ̣νώτου Χαρίασσα

männlich männlich I. Peraia 452 (= I. Pérée 37) männlich männlich männlich Kontorini, AER, Nr. 10 weiblich weiblich männlich männlich männlich männlich weiblich weiblich männlich I. Peraia 452 (= I. Pérée 37) männlich männlich weiblich

Herkunft aus Halikarnassos unsicher M

Δίφιλος

Herakleia M M M M M M M

M

M M

M M

M M M

M M

Ἀσκλαπιάδας Κτήσων [– – –] [– – –]γος Ἀντίοχος Ἀρχέλας Ἀρχέλας Διονύσιος Δωροθέα Εὔτυχος Εὔτυχος Ἡδεία Θαρσύνων Θευφίλα Τιμοκλείδα Καλλίκλεια Κρατῖνος Μειδίας Μενεκλῆς Μενεκράτης Μένης Μενίσκος Δράκοντος Παρθένιον Πατρᾶς Σπάρτα Σωκράτης Σωτῆρις

männlich

männlich männlich männlich männlich männlich männlich männlich männlich weiblich männlich männlich weiblich männlich weiblich weiblich männlich männlich männlich männlich männlich männlich weiblich männlich weiblich männlich weiblich

Kontorini, AER, Nr. 10

IG XII 3, 14 ADelt B 34, 1979, 434 (= SEG 38.789 Nr. 1) Konstantinopoulos, ADelt A 18, 1963, Nr. 49

Chaviaras, AEphem 1913, 15 Nr. 48

Kontorini, AER, Nr. 10

IG XII 3, 1277 Kontorini, AER, Nr. 10 Scrinzi, AttiVenezia 57, 1898, 282 Nr. 32

 363

364 

M

 Appendix II: Liste der Nichtbürger

Τιμοκλείδας [– – –]Μ[– – –] Φίλων

männlich männlich Suppl.Epigr.Rh. 54

Herkunft aus Herakleia unsicher Νικασύλος

Hermione (Argolis) S

Νέστωρ

Hermopolis (Ägypten) M

Εσ[---]ν

Hieropolis (Phrygien) M

Θεύδωρος

männlich IG XII 3, 1277

männlich

männlich

männlich

Herkunft aus Hieropolis unsicher S

Ἀπολλ[οδ]ό̣ τα

weiblich

Histria (Schwarzes Meer, Westküste) Ἀθηναΐς

Hyllarima (Karien) S M

Ὀνασάνδρος Χρυσόγονος

Hypata (Thessalien) M

Χαρίτων

Iasos (Karien) M

Διονύσιος Δεῖος

Idyma (Karien) M

Μέλαινα Φιλίσκου

Idymäa

Εὐφρόσυνος

Ilion Troas) S

S M M M

[– – –] Κρόκος Σόφων Φιλοκράτης (ep.) Φίλων Ἑρμογένης Φιλοκράτου

Illyrien

Μοσχίων Αἴσχρωνος

weiblich

Kontorini, AER, Nr. 42

männlich männlich

männlich

männlich Bricault, RICIS, Nr. 204/0111 männlich

weiblich

männlich IG XII 3, 6

männlich männlich App. I 1 (= ADelt B 25, 2, 1970, 524,  1) männlich männlich männlich männlich

männlich ADelt B 32, 1977, 369, 10 (= SEG 34.820)



Appendix II: Liste der Nichtbürger 

Isaurien M

Δημήτριος

Istrien

Ἀ[θ]η̣ [ν]αῒς Ἐπικτησίς

Jerusalem (Palästina) S

Μένιππος (ep.)

Judäa

Μένιννα

Kabalis

M M

M

M M

M

[– – –] [– – –] Ἀρτεμίς Δαμάτριος Ἑρμαῖος Ἑρμαῖος Ἑρμαῖος Καβάλισ(σ)α [sic] Μολῆς Ὁμιλία Πέλοψ Ποσειδώνιος Ποττιον Σωτηρίς Ταυρίσκος Φιλωτέρα Δημήτριος

Kalchedon (Bithynien) M M

[– – –] Βόηθος Ἀθαναίωνος

männlich

weiblich weiblich

Kontorini, AER, Nr. 42 Badoud, Hedenborg, 35 Nr. 27

männlich

weiblich

Zervaki, Δωδεκανησιακά Χρονικά 26, 2014, 96

männlich männlich weiblich männlich männlich männlich männlich weiblich männlich weiblich männlich männlich weiblich weiblich männlich weiblich männlich

IG XII 1, 491 Nilsson 1909, Nr. 258 IG XII 1, 494

IG XII 3, 68 Centre Alexandrin d’Étude des Amphores IG XII 1, 492 IG XII 1, 493 IG XII 1, 494 Pfuhl – Möbius, Grabreliefs, Nr. 1844

IG XII 1, 495

männlich männlich

Kallatis (Schwarzes Meer, Westküste) S

Ἐρασῖνος

Kalymnos (südliche Ägäis) M

Ἀμώμητος

Kappadokien

M

[– – –] [– – –] [– – –]ος Ἀμύντας

männlich

männlich

männlich IG XII 3, 96 männlich IG XII 3, 96 männlich IG XII 3, 96 männlich

 365

366 

 Appendix II: Liste der Nichtbürger

M

Ἀνδρικός Ἀφροδίσιος Δόναξ Δρόμων

M

Ἑρμαῖος Εὔνους Ζώπυρος Καπίνδας Κτήσων Σελευκίς Σφαῖρος Φιλωνίδας

M

M

M M

Karien S M M M M

Διονύσιος Ἡρακλείδας Ἰάσων Λέων Πύθιον Χρήσιμος

Herkunft aus Karien unsicher M

Σφαῖρος

Karpasia (Zypern) S

Φιλόδαμε

Karystos (Euboia) M

[– – –]

Kassandros M M

Εὐφρόνιος Κράτων

Kaunos (Karien) M M M M

M

M M M M

[Ἁγή]σανδρος [Σω]σίθεος Ἀνδρέας Ἀντίπατρος Ἀπολλόδοτος Ἀπολλοδότου Ἀπολλώνιος Ἁρμονία Δημητρία Κρατε̣ [ίνα] Μηνόδωρος Νικήφορος

männlich männlich IG XII 1, 971 männlich ineditum (SEG 51.1015) männlich Konstantinopoulos, ADelt A 21, 1966, 56–61 (= SEG 53.822); BE 1968, 491 Nr. 383 männlich männlich männlich ineditum (SEG 51.1015) männlich ineditum (SEG 51.1015) männlich männlich Kontorini, AAA 8, 1975, 38 Nr. 9 männlich männlich

männlich ineditum (SEG 51.1015) männlich männlich männlich weiblich männlich

männlich

männlich

männlich

männlich männlich

männlich männlich männlich männlich männlich Tit.Cam. 166 männlich weiblich Hiller, AM 21, 1896, 47 Nr. 24 weiblich weiblich männlich männlich



Appendix II: Liste der Nichtbürger 

Herkunft aus Kaunos unsicher M

Ἀσκλαπιάς

Kelte M

Ζήνων

Kephallenia (Ionisches Meer) Ἀλέξανδρος

Keramos (Karien) S S S S M

Διονύσιος Ἱεροκλῆς Μένιππος Φίλων Χρυσώ

Kibyra (Phrygien) M

M

Διοκλῆς Διοκλῆς Μενεκράτης

Kilikien M M M M M

M M M

M M M M

M M S

[– – –] Ἀγάθων Ἀννάς Ἀντίοχος Βίων Γράφη Δημητρία Δημήτριος Εὔτυχος Εὐφροσύνα Εὔφρων Ἡρακλείδας Καλλιόπη Λᾶς Μῆνις Νανᾶς Νικίας Νύσα Πύθιον Σκόπος Φίλα

weiblich

männlich

männlich I. Peraia 471 (= I. Pérée 57)

männlich männlich männlich männlich weiblich

männlich männlich IG XII 1, 434 männlich

männlich männlich weiblich männlich männlich weiblich weiblich männlich männlich weiblich männlich männlich weiblich männlich männlich weiblich männlich weiblich weiblich männlich weiblich

Herkunft aus Kilikien unsicher [– – –]

Jacopi, ClRh 2, 1932, 241 Nr. 162 ineditum

Kontorini, AAA 8, 1975, 38 Nr. 6

Kontorini, AER, Nr. 10 Konstantinopoulos, ADelt A 18, 1963, Nr. 31

ADelt B 24, 2, 1969, 470 Nr. 3 a

männlich IG XII 3, 96

 367

368 

 Appendix II: Liste der Nichtbürger

Kios (Propontis) S S S M M

Ἀγαθαμερίς Θευδοσία Θευδόσιος Ὑμεναῖος Φίλα

Kition (Zypern)

Ζήνων Καρνεάδα Ἡρακλείδης

Herkunft aus Kition unsicher Μ̣υ̣[---]

Knidos M M M

M M M

M M

M

M M M

M

M M

M

M M

weiblich weiblich männlich männlich weiblich

männlich ADelt B 39, 1984, 325, 4 (= SEG 39.788e) männlich Marguerite, Kition, 139–140 Nr. 172

männlich Marguerite, Kition, 139–140 Nr. 173

Βασιλίς [Ν]αννίς Ἀγαθαμερίς Ἁγήσαρχος Ἀθηναῖος Ἀλέξανδρος Ἄνθος Ἀπολλοδότη Διονυσοδώρου Ἀριστίων Ἀριστίων Γάμος Γόργων Διονύσιος Ἐλπίς Ἐπιτεύγμα Ἐρωτάριν Εὐδοκλῆς Εὐκλῆς Εὐτυχία Ἵππων Μαρίων Μενεστράτη Μενεστράτου

weiblich weiblich weiblich männlich männlich männlich männlich weiblich männlich männlich männlich männlich männlich weiblich weiblich weiblich männlich männlich weiblich männlich männlich weiblich

Μούσα Προιτίδας Ῥύθμος Σωτηρίδας Τιβέριος Κλαύδιος Δόναξ Τιμοκλῆς Τιμοκλῆς Ἁγησιπόλιος Φιλοκράτης Χρύσων

männlich männlich IG XII 3, 32 männlich männlich männlich IG XII 1, 652 männlich männlich Kontorini, AER, Nr. 33 männlich männlich

Pfuhl – Möbius, Grabreliefs, Nr. 2099

I. Peraia 560 (= I. Pérée 11) Kontorini, AER, Nr. 12

App. I 7 (= IG XII 1, 127) Pfuhl – Möbius, Grabreliefs, Nr. 2099 ineditum (SEG 51.1015) IG XII 3, 69 Patsiada 2013, 281 Nr. 9 Patsiada 2013, 281 Nr. 8

Pfuhl – Möbius, Grabreliefs, Nr. 724; Kaninia, AAA, 2007/08, 195–198 Nr. 5 (SEG 58.841)



Appendix II: Liste der Nichtbürger 

Διονυσᾶ Διονυσᾶδος

Knossos (Kreta) M

Ῥοδώ

weiblich

I. Knidos 444

weiblich

Herkunft aus Knossos unsicher M

Ἀσκλαπιάδας

Kolchis (Makedonien) S

Ἀφροδίσιος Ἐρωτίς Εὔνοια

Korinth (Peloponnes) M

Δωρόθεος

Kos M M M M

M

M

M M

M

M

M

M M M

[– – –] [– – –] [– – –]ατος Ἀγαθαμερίς Ἀθηνόδωρος Ἀναξίς Ἀνδρόφιλος Ἄνδρων Ἀρπίμη Ἀσκληπιάδης Δαμᾶς Δαμᾶ Ἐπαφρόδειτος Ἐπὶτυς Κιτταίου Εὐφράντα Ζήνων Ζωπυρίων Ζωπυρίωνος Ἡρόδοτος Θεύφιλος Κάλλιππος Ἀριστοκρίτου Κρατώι Λάμπων Λινδία Μένιππος Μουσαῖος Νικάτιον Δαμοστράτου Νικοκλῆς Νύσα Πρώτιον Χαρικλῆς Χαρμοσύνα

männlich

männlich ineditum (SEG 51.1015) weiblich ineditum (SEG 51.1015) männlich

männlich

männlich männlich männlich weiblich männlich weiblich männlich männlich weiblich männlich männlich männlich männlich weiblich männlich männlich männlich männlich männlich weiblich männlich weiblich männlich männlich weiblich männlich weiblich weiblich männlich weiblich

IG XII 3, 140 IG XII 3, 96 ADelt B 43, 1988, 601 (= SEG 43.532)

I. Peraia 471 (= I. Pérée 57) I. Dor. Ins. 53 Kontorini, AAA 8, 1975, 38 Nr. 7 IG XII 3, 69 IG XII 3, 140 IG XII 3, 96 ADelt B 25, 2, 1970, 518 Nr. 2 Kontorini 1975b, 97 ADelt B 42, 1987, 597 (= SEG 42.751) ineditum (SEG 51.1015) ADelt B 25, 2, 1970, 518 Nr. 2 Kontorini, AER, Nr. 28 I. Peraia 471 (= I. Pérée 57)

 369

370 

 Appendix II: Liste der Nichtbürger

Herkunft aus Kos unsicher M

Δαμᾶς Λυκάονος

Kreta

S

Αἴνησις Μείνως Ῥαδάμανθυς Σωσικλῆς Σώσου Τειμόδικε

Krya (Lykien) M

Θήρων

Kyaneai (Lykien) S

Κράτιππος Ζηνοδότου

Kyme (Aiolis?) M

Λυσανίας

Kypsela (Thrakien) M

Διοσκουρίδας

Kyrene (Libyen) M

M M M M

M M M M

[– – –] [– – –]της Ἀντίπατρος Ἀσκληπιάδου Ἀπολλώνιος Ἀστεῖος Δημητρία Διόδοτος Θεύδωρος Ἴσων Εὐφρ̣[άνορος] Μοσχίων Τηλεφάνης Εὐφρ̣ [άνορος]

Kyzikos (Mysien) M

M

M

M M

[– – –] Ἡροδότου [– – –]δείτη [․․όδ]οτος Ἀγαθήμερος Δαμοκλῆς Θύρσος Μηνόδωρος Μηνοδώρου Νικασίων (ep.)

Lampsakos (Troas) S

Ἀντιδώρος Ἀντιλόχου

männlich

weiblich männlich männlich männlich weiblich

IG XII 3, 70 Jameson, Hesperia 27, 1958, 124 Nr. 4; SEG 17.365 Jameson, Hesperia 27, 1958, 124 Nr. 4; SEG 17.365 Jameson, Hesperia 27, 1958, 124 Nr. 4; SEG 17.365

männlich

männlich

männlich

männlich

weiblich männlich I. Peraia 155 (= I. Pérée 128) männlich männlich männlich weiblich männlich Berges, Rundaltäre, Nr. 224 männlich männlich männlich männlich

weiblich weiblich Hiller, ÖJh 4, 1901, 162 Nr. II männlich männlich Pugliese Carratelli, Associazioni, Nr. 21 männlich männlich Kontorini, AER, Nr. 10 männlich männlich

männlich



Appendix II: Liste der Nichtbürger 

Laodikeia M M M M M

M M M M

M M

M M M M M

M M

M M M M M M

[– – –] [– – –]τος Ἀνταῖος Ἀριστόμαχος Ἀσκλαπιάδας Βακχίς Γενναῖος Δημήτριος Διοκλῆς Διονύσιος Διονύσιος Ἑκάτων Ἐπαφρόδειτος Ἐπαφρόδιτος Ἑρμογένης Εὔτυχος Ζώσιμος Κῶμος Λαομέδων Μένανδρος Μενίσκος Μέντωρ Μηνόδωρος Σωκράτης Σωτηρίς Φιλότιμος Φιλότιμος Φιλοτίμου Φιλουμένα Χαρῖνος (ep.) Χαρμοσύνα

Laodikeia in Lykien M

Εὐπρέπης

Laodikeia in Phönizien M M M M

[– – –] [– – –] [– – –] Ἀρίστων Δημοστράτου Εἰρήνα

männlich weiblich männlich männlich männlich weiblich männlich männlich männlich männlich männlich männlich männlich männlich männlich männlich männlich männlich männlich männlich männlich männlich männlich männlich weiblich männlich männlich weiblich männlich weiblich

[– – –]λεῦς

Centre Alexandrin d’Étude des Amphores

Berges, Rundaltäre, Nr. 165

Centre Alexandrin d’Étude des Amphores Kontorini, AER, Nr. 10

Hatzfeld, BCH 34, 1910, 244 Nr. 14

männlich

weiblich Migeotte 1993, 349–358 (= SEG 43.526) männlich weiblich männlich weiblich

Herkunft aus Laodikea unsicher M

ADelt B 22, 2, 1967, 538 Nr. 9 a

männlich

 371

372 

 Appendix II: Liste der Nichtbürger

Lebedos (Ionien) M

[– – –]

Lemnos (Ägäis) Φιλοκράτη

Libyen S M

Ἄμμων Ἀφροδισία Μᾶρκ[ος]

Limyra (Lykien) M

Πτολεμαΐς

Lokris S

[– – –]ας [– – –]ίδας

Lukanien (Süditalien) M

Βότρυς Νούιος

Lydien M

M

M M M M

M

M

[– – –] Ἀρέτη Ἀρτεμίς Ἀρτεμισία Δαμᾶς Δαφνίς Δημητρίος Ἔφεσος Νίκιππος Πειερία Πίστος Σάρδιον Τέχνη Τίμων Τρόπιον Φυσίς Χάρης

Herkunft aus Lydien unsicher M

Χρήσιμος

Lykaonien M

[– – –]κνας Αὔγη

männlich

weiblich

ADelt B 39, 1984, 325 (= SEG 39.788g)

männlich weiblich männlich Pfuhl – Möbius, Grabreliefs, Nr. 227

weiblich

männlich Kontorini 1975b, 97 männlich

männlich männlich Kontorini, AER, Nr. 10

männlich weiblich weiblich weiblich männlich weiblich männlich männlich männlich weiblich männlich weiblich weiblich männlich weiblich weiblich männlich

IG XII 1, 9 ineditum (SEG 51.1015) ineditum (SEG 51.1015) Konstantinopoulos, ADelt A 18, 1963, Nr. 42 ADelt B 22, 2, 1967, 538 Nr. 134 d

ineditum (SEG 51.1015) ineditum (SEG 51.1015) Hatzfeld, BCH 34, 1910, 243 Nr. 11 ADelt B 34, 1979, 445 (= SEG 38.789, 8)

männlich

männlich ineditum; Peter Fraser Photographic Archive weiblich



Appendix II: Liste der Nichtbürger 

M M M M M M

Κτησίας Νύσιος Ὀλυμπιάς Πρῶτος Σκύμνος Φειδίας Φειδίας Λείριον

männlich I. Lindos 687 männlich ADelt 33 B, 1978, 404 (= SEG 35.895) weiblich männlich männlich männlich männlich weiblich

Herkunft aus Lykaonien unsicher M

Διονύσιος

Lykien M M M M

M M M

M M M M

[– – –] [– – –]ς Ἀθηναΐς Ἀρτ〈ε〉μείς Ἀρτεμιδώρα Βόηθος Δίσκος Ἕρμων Ἡσύχιον Θεύφιλος Ἱερώ Ἰσιάς Ναΐς Νοῦς Πλουτίων Στράτων Σώτων

Lykien?/Lydien? M

Φίλα

Lysimacheia M

Ἀπολλωνίδας

männlich

weiblich männlich weiblich weiblich weiblich männlich männlich männlich weiblich männlich weiblich weiblich weiblich männlich männlich männlich männlich

M

M

M M M

[– – –] ΑΡΙ̣ ΑΤΡΙΟΣ Ἀσάνδρου Ἁρμό[διος]

Ἀρτεμεισία Ἀριστογένους Γλαῦκος Δρακοντίς Ἀσάνδρου Μένανδρος Φιλαινίς

IG XII 1, 878 Hatzfeld, BCH 34, 1910, 246 Nr. 30 Hatzfeld, BCH 34, 1910, 244 Nr. 13

Kontorini, AER, Nr. 36 Scrinzi, AttiVenezia 57, 1898, 284 Nr. 40

weiblich

männlich

Magnesia (Karien oder Lydien) M

Kontorini, AER, Nr. 44

männlich männlich männlich Susini, Annuario 41/42, 1963/64, 275–278 Nr. 1 (= SEG 25.853) weiblich männlich IG XII 3, 31 weiblich männlich weiblich

 373

374 

 Appendix II: Liste der Nichtbürger

Magnesia am Mäander M

[– – –]

männlich

Herkunft aus Magnesia unsicher M M

Ἄτταλος Μενεκράτης Ἀσάνδρου

Maiotis M M M M M M

Ἀκακία Διονυσόδωρος Ε̣ ἰ〈ρ〉ήνα Λυσίμαχος Σαπίς Τίμων

Makedonien M M M

M

M

M

M

[– – –] Εὐγένεια Εὐθυκράτης Καλλία Λεώ Κλεὼ Παυσανία Μοσχίς Ὀφιλλίος Πτολεμαῖος (ep.) Σωσίμαχος Φίλα Φίλιππος Χαρίκληα

männlich männlich

weiblich männlich weiblich männlich weiblich männlich

männlich weiblich männlich weiblich weiblich weiblich männlich männlich männlich weiblich männlich weiblich

Badoud 2011b, 66 Berges, Rundaltäre, Nr. 183 Papachristodoulou 1989, 198 Nr. 10 (SEG 39.722) IG XII 1, 1454 ADelt B 34, 1979, 433 (SEG 38.789)

Herkunft aus Makedonien unsicher M M

Ἀγάθανδρος Ἀθανόφιλος Ὀλυμπιάς

Makronisos (westliche Ägäis) M

Χαρίτα

Mallos (Kilikien) M

Ἡρακλείδας

Marmara

Ἀρτίμας

Massilia (Südfrankreich) M M M

Ἐπαφρόδειτος Ἀσταῒς Σωτηρίδα Θαλῆς Ποσειδέρμου

männlich IG XII 1, 754 männlich weiblich

weiblich

männlich

männlich ineditum (SEG 51.1015)

männlich weiblich männlich



Appendix II: Liste der Nichtbürger 

Medien M M M M

Ἀπολλοφάνης Δῶρος Ἕλενος Εὔνος Περιγένης Τάξις

 375

männlich Chaviaras, AEphem 1915, 130 Nr. 6 männlich männlich männlich männlich weiblich Patsiada 2013, 280 Anm. 719

Herkunft aus Medien unsicher M

Γοργίας

Megalopolis M M

[– – –] Κρατῖνος

Megara (Isthmos) M

Φιλῖνος Νικομήδευς (ep.)

Memphis (Ägypten) M

[– – –] Χαιρήμων

Messapia (Süditalien) M

Ἡσύχιον

weiblich

männlich männlich

männlich

männlich männlich ineditum (SEG 51.1015)

weiblich

Herkunft aus Messapia unsicher M

Νίκαιος

Methymna (Lesbos) S

Εὐστράτα

männlich

weiblich

Herkunft aus Methymna unsicher Ἀριάδνη

Milet (Ionien) M M M M M

M

M

[– – –] [– – –] [– – –] [– – –] [– – –]ιος [– – –]τρατος [Ἀπολ]λόδωρος [Λεο]ντίσκος Ἀγαθόνικος Ἀγαθοστράτου (ep.) Ἀνδρόνικος Ἀρχίδαμος

weiblich

Hiller – Saridakis, AM 25, 1900, 109 f. Nr. 108

männlich männlich männlich männlich männlich männlich Kontorini 1975b, 97 männlich Kontorini 1975b, 97 männlich Kontorini 1975b, 97 männlich männlich Kontorini, AER, Nr. 10 männlich

376 

M M M

M

M

M M

 Appendix II: Liste der Nichtbürger

Γλύκιννα Διονυσία Κλευπάτρα Μένανδρος Ἀγαθονίκου Νίκων Ξέναρχος Ὀλυμπιάς Στρατεία Σωσίκλεια Σώφιλος Φίλιννα Διοδώρου Χάρις

Mylassa (Karien) M M

M M

M

Ἀντίπατρος Ἀρτεμισία Ἀπολλώνιος Αὐτοκράτης Εὐκλῆς Σαπφὼ Σωνίκου Σίμαλος (ep.)

Myndos (Karien) M M

M M M M M

M

M M M

M M

Ἁγησᾶς Ἀθήναϊς Ἁλιόδωρος Ἀρτεμισία Ἀσκληπιάδης Ἀφρόδειτος Δημήτριος Δημήτριος Διονυσάριν Διονυσᾶς Δίων Ἑκάτων Νεικασίωνος Ἐπαφρίων Ἐπιτυνχάνων Ζωσάριον Ἡράκλειτος Ἡρὼ Ἐπαφρίωνος Ἰταλία Καλλίγονος Μένιππος Νεικασίων Νεικασίωνος Ὀνησᾶς Ἐπείκτησις Πάμφιλος Πάμφιλος

weiblich weiblich weiblich männlich männlich männlich weiblich weiblich weiblich männlich weiblich weiblich

ineditum (SEG 51.1015) Kontorini, AER, Nr. 10 ineditum (SEG 51.1015) IG XII 1, 969

Kontorini, AAA 8, 1975, 38 Nr. 10

männlich weiblich männlich Badoud, Hedenborg, 35 Nr. 28 männlich männlich weiblich Kontorini, AER, Nr. 51; Papachristodoulou 1989, 121 Nr. 51 (SEG 39.840) männlich

männlich männlich männlich weiblich männlich männlich männlich männlich weiblich männlich männlich männlich männlich männlich weiblich männlich weiblich weiblich männlich männlich männlich männlich männlich männlich

ineditum (SEG 51.1015)

ADelt B 32, 1977, 356 b (= SEG 34.798)

ADelt B 32, 1977, 356 b (= SEG 34.798) Hatzfeld, BCH 34, 1910, 245 Nr. 24 I. Peraia 560 (= I. Pérée 11) Fraser 1977, 108 Nr. 128 (SEG 27.476) ADelt B 32, 1977, 356 b (SEG 34.798) ADelt B 24, 2, 1969, 470 Nr. 2 h I. Dor. Ins. 78

I. Peraia 560 (= I. Pérée 11) IG XII 3, 159



Appendix II: Liste der Nichtbürger 

M

M

Σύνκρασις Τιμοκλῆς Φαρνάκης Ἀντιφάνου Φιλόμουσος Φιλόμουσος

 377

weiblich ADelt B 32, 1977, 356 b (SEG 34.798) männlich männlich I. Dor. Ins. 78 männlich IG XII 1, 446 männlich

Herkunft aus Myndos unsicher Νικόμαχος

Myra (Lykien) M S M

Γοργώνιον Ἰσιδώρα Σάτυρος

Myrina (Lemnos oder Mysien) M S

S

[– – –] Εὔτυχος Ματρόδωρος Σόλων Φιλιστώ

Myreleia (Propontis) M

Μηνόφιλος

Mysien M

Ἡρακλείδας

Mytilene (Lesbos) M

Μηνόδοτος Μηνοφίλα

Naukratis (Ägypten) M M

[– – –]ας Πυθέα Ἀθηναΐς Διονύσιος

Neapolis (Karien?) S S S

S

Εὐγενεία Ἰσίων Λαοδίκη Νύσιος Τρύφων

Neapolis in Phrygien M

Μενίσκος Μεννέα

Nikomedia (Propontis) M

Ἀθανώ

männlich ADelt B 29, 1973/74, 962 Nr. 3 (= SEG 30.1009)

weiblich weiblich männlich

männlich männlich männlich Whitehead, ZPE 131, 2000, 81 Nr. 4 (SEG 49.1074) männlich IG XII 3, 43 weiblich

männlich

männlich

männlich weiblich Kontorini, AER, Nr. 48

männlich I. Lindos 16 weiblich männlich

weiblich männlich weiblich männlich Migeotte 1993, 349–358 (SEG 43.526) männlich

männlich

männlich

378 

M

M M

 Appendix II: Liste der Nichtbürger

Ἐπιτυνχάνων Μηνόφιλος Ἀριστοκράτεια Παυσανίας

Nysa (Karien) M M

Ἀριστέας Ἀρτεμίδωρος

männlich männlich Berges, Rundaltäre, Nr. 143; SEG 59.891 weiblich männlich

männlich männlich

Odessos (Schwarzes Meer, Thrakien) S

Θέων Πλουτίς

Olympos (Lykien) S S

Δο[σιθέα?] Μολῆς Μάσου

Olynth (Chalkidike) M

Σῖμος Σῖμος Ἁρπάλου Φιλοκράτης Μενεκρατεῦς

Opus (Lokris) S

[Ν]ίκων

Oroanda (Pisidien) M M M M M M

[– – –] [– – –]․Λ̣․ος Δημήτριος Μέντωρ Μῆνις (ep.) Χάρμων

Paphlagonien M M

[– – –] Μηνᾶς

männlich I. Peraia 267 (= I. Pérée 72) weiblich

weiblich männlich

männlich männlich IG XII 3, 41. 42 männlich ADelt B 32, 1977, 371 Nr. 1 (SEG 34.822)

männlich

männlich männlich männlich männlich männlich männlich

weiblich männlich

Herkunft aus Paphlagonien unsicher Χαρμοσύνα

Paphos (Zypern) S S M

Ἀνδρόμαχος Μεννέα Ἀριστάναξ Μεννέα Ἀφροδισία

Paros (Kykladen) M M

[– – –]νικος Ἄνδρων

weiblich

männlich männlich weiblich

männlich männlich

Maiuri, Nuova Silloge 136



Appendix II: Liste der Nichtbürger 

S M M

Θεύδωρος Νικασικράτης Χάρης

Herkunft aus Paros unsicher M

Ῥώμη

Patara (Lykien) M M M M M M M M M M M M

[– – –]ς Ἀγαθανόρη Ἀναξίνομος Δαμοκράτης Δεξίλας Ἐπάγαθος Καλλίστρατος Μηνόδωρος Παασσόνιον Πασικράτεια Σεραπείων Φιλόμουσος

Piräius (Athen) M

Καρπόδωρος

Pelousion (Ägypten) M

Ἀμμώνιος

Peltai (Phrygien) S

Μηνογένης

Pergamon (Mysien) M M M

M M

Ἀλέξανδρος Ἀπολλώνιος Διονύσια Εὔβιος Λυσάνδρα Μηνοδότα Ἀπολ[– – –]

männlich männlich männlich

weiblich

männlich weiblich männlich männlich männlich männlich männlich männlich weiblich weiblich männlich männlich

männlich

männlich

männlich

männlich männlich weiblich männlich Kontorini, AER, Nr. 36 weiblich weiblich

Herkunft aus Pergamon unsicher M

Καλλικλῆς Φίλα

Perge (Pamphylien) M M S

Δαμώ (enkt.) Εὐνίκη Ζηνόδοτος Κύδνου

männlich IG XII 1, 987 weiblich

weiblich weiblich männlich

 379

380 

 Appendix II: Liste der Nichtbürger

Perinthos (Propontis) S S

Ἀπολλόδωρος Πρῶτος

Persien M M

Ἀφροδίσιος Ἕρμων Σώσιος

Phaselis (Lykien)

M M M

M M M

M M M M M M M M

M M M M M M M M

M

M

[– – –] [– – –] [– – –]δαμος [Μεν?]έδαμος Ἀγήνωρ Ἀθανοκλεία Ἀπολλωνία Ἀρτεμισία Ἀρτεμώ Ἀσκλαπιάδας Ἀσκλαπιάς Ἀφροδίσιος Δαμόνεικος Δείναρχος Δημήτριος Δημήτριος Διοσκουρίδας Ἑρμογένης Εὐκλεία Εὖνις Κώμου Θευγένης Θευδώρα Θευδώρου Ἰσιγόνη Κάλλων Ἀρτεμιδώρου (ep.) Κλεώ Μοσχίων Νίκαια Φίλωνος Νικόστρατος Νικοστράτου Οἰνάνθη Πιστοκλῆς Πολυκράτης Ῥοδίππος Τιμόστρατος Θεστορίδα

männlich männlich

männlich männlich männlich IG XII 3, 131

männlich männlich männlich männlich männlich weiblich weiblich weiblich weiblich männlich weiblich männlich männlich männlich männlich männlich männlich männlich weiblich weiblich männlich weiblich weiblich männlich männlich männlich weiblich männlich weiblich männlich männlich männlich männlich

Herkunft aus Phaselis unsicher M

Ἀριστοβουλίδα

weiblich

IG XII 1, 158 Hiller, AM 21, 1896, 41 Nr. 8 IG XII 1, 1028

ADelt B 46, 1991, 473 (SEG 46 1004)

Kontorini, AAA 8, 1975, 38 Nr. 2

IG XII 1, 1028

I. Peraia 262 Kontorini, AER, Nr. 10 ADelt B 22, 2, 1967, 538 Nr. 6



Appendix II: Liste der Nichtbürger 

Phellos (Lykien) M M

Κάλλων Διονυσίου Κάσσανδρος Νικασώ

Philadelphia M M M

Ἀσκληπιόδωρος Κλεώ Τιμόθεος

Phokis M

Γλύκιννα Χαριδάμου

Phrygien M M M

M M M M M

M M

M

M

M

M

M M M M

M M

[– – –] [– – –]ν [Ἀν]δρογέ{ι}ν〈η〉ς Ἀθηναῖος Ἀνθίς Ἀννάς Ἀρτεμίς Ἀρτεμίς Ἀσκλαπιάς Βερενίκη Γ̣ Υ̣ Σ̣Υ̣ Ν̣Σ̣ Δίων Εὐπορία Εὔπραξις Εὐτέρπη Εὐτυχίας Ἡρακλέων Ἡρακλέων Θέων Θόα Ἰ[– –]τ̣ α[– –] Ἰσιάς Καλλιστράτος Κόνχα Μάνης Μάνης Μένανδρος Μένανδρος Μηνιάς Μηνιάς Μηνιάς Νικόλας Πάμα

 381

männlich Chaviaras, AEphem 1913, 11 Nr. 17 männlich weiblich

männlich weiblich männlich

weiblich

männlich männlich männlich männlich weiblich weiblich männlich weiblich weiblich weiblich männlich männlich weiblich weiblich weiblich männlich männlich männlich männlich männlich weiblich weiblich männlich weiblich männlich männlich männlich männlich weiblich weiblich weiblich männlich männlich

ineditum; Peter Fraser Photographic Archive

ineditum (Papachristodoulou 2009a und b) Kontorini, AER, Nr. 11

Berges, Rundaltäre, Nr. 211 ADelt B 33, 1978, 405 (= SEG 35.899) Scrinzi, AttiVenezia 57, 1898, 284 Nr. 39 Kontorini, AER, Nr. 29 Pfuhl – Möbius, Grabreliefs, Nr. 501 (SEG 27.467) Hatzfeld, BCH 34, 1910, 242 Nr. 1 ADelt B 22, 2, 1967, 538 Nr. 3 Hatzfeld, BCH 34, 1910, 247 Nr. 37 Papachristodoulou 1989, 162 Nr. 3 (SEG 39.793)

Maiuri, ASAA 2, 1916b, 177 Nr. 173

382 

M M M M

 Appendix II: Liste der Nichtbürger

Παπίας Πιθανὸν Σαραπίων Σμαράγδιον Τάτιν Φοῖνιξ

männlich IG XII 1, 537 weiblich Scrinzi, AttiVenezia 57, 1898, 284 Nr. 38 männlich weiblich weiblich männlich

Herkunft aus Phrygien unsicher M

Ἀπάμα

Pisidien M

S M

M M

M M

M

[– – –]ς [Κλ]έων [Τροκ?]ονδα ῎Ακρος Ἀπολλώνιος Ἀπολλώνιος Ἀρτεμίδωρος Ἀρτεμίδωρος Δίσκος Ἑρμαῖς Εὔνοια Κανοῦς Κόνων Μολῆς Σκόπας Χῖος

weiblich

männlich männlich weiblich männlich männlich männlich männlich männlich männlich männlich weiblich männlich männlich männlich männlich männlich

IG XII 3, 96

ADelt B 38, 1983, 395 (= SEG 39 783d) Nilsson 1909, S. 104 Berges, Rundaltäre, Nr. 268

Papachristodoulou 1989, 162 Nr. 2 (SEG 39 792) ADelt B 48, 2, 1993, 538 (SEG 47.1246)

IG XII 3, 71 Kontorini, AER, Nr. 10

Herkunft aus Pisidien unsicher M S

Μηνιάς Στάρτα

Pladasa (Karien) Ἀγαθόβουλος

Prusa (Bithynien) S

[– – –] Προθύμου

Ptolemais M

Ἕρμων

Rhodiapolis (Lykien) M M M M

[Δ(?)]απαρας Παυσανίας Φίλης̣ Ἐπίγονος

weiblich weiblich

männlich IG XII 1, 962

weiblich

männlich

männlich männlich männlich männlich



Appendix II: Liste der Nichtbürger 

Rhosos (Syrien) M

Κράτης

Römer (Ῥωμαῖοι) M M M

M M

M M M M

M

M

M M M

Ἀλβανία Ἀγαθονίκη Αὖλος Βετουλήνη Μάρκου Πόλλα Γάϊος Γναίος Πακωνίου Λεύκιος [– – –] Λεύκιος Βαίβιος Αὔλου Λεύκιος Μάρκου υἱὸς Ὤλιος Μᾶρκος [– – –] Μᾶρκος Μάριος Μᾶρκος Φάβιος Διοκράτης Μᾶρκος Φάβιος Μάρκου Νεμέριος Πόπλιος [– – –] Ποπλίου Πόπλιος Κορνήλιος υἱὸς Λέντολος Πόπλιος Φού〈ρ〉ιος Ποπλίου Μόσχας Λεύκιος Πόπλιος Μα[– – –] Πώλλα Πώλλα Τρύφαινα Φαβία Εὐτυχίς Φαβία Μάρκου

Sagalassos (Pisidien) M

Εὔνους

Salamis (Zypern) M

M M

M

Βίβιος Δορκάς Εὔδαμος Ὄλυμπος Ὀνασιφῶν Κλειωναίου Σῖμος Θεμιστοκράτευς Σωσιγένης Σωκρατίδα̣ Ἀριστοτίμα

Samaria (Palästina) M

Ῥοδοκλῆς Μενίππου

Samos (östliche Ägäis) M

[– – –]

 383

männlich

weiblich männlich weiblich männlich männlich männlich männlich männlich männlich männlich männlich männlich männlich männlich männlich

Jacopi, ClRh 2, 1932, 219 Nr. 60 Maiuri, Nuova Silloge 37 Jacopi, ClRh 2, 1932, 220 Nr. 63 IG XII 3, 7 ADelt B 20, 3, 1965, 598 Nr. 3 Pugliese Carratelli, PP 5, 1950, 77 Nr. 3 N.Suppl.Epigr.Rh. 162 Nr. 10 I. Lindos 92 Pugliese Carratelli, PP 5, 1950, 77 Nr. 3 Jacopi, ClRh 2, 1932, 219 Nr. 60 N.Suppl.Epigr.Rh. 162 Nr. 10 N.Suppl.Epigr.Rh. 162 Nr. 10 App. I 6 (= Suppl.Epigr.Rh. 63) Pugliese Carratelli, PP 5, 1950, 77 Nr. 3 I. Lindos 323

männlich Pugliese Carratelli, Associazioni, Nr. 21 männlich männlich weiblich weiblich weiblich weiblich

ADelt B 38, 1983, 395 (SEG 39.783e) Pugliese Carratelli, PP 5, 1950, 77 Nr. 3 Maiuri, Nuova Silloge 346 Maiuri, Nuova Silloge 346 N.Suppl.Epigr.Rh. 162 Nr. 10 N.Suppl.Epigr.Rh. 162 Nr. 10

männlich

weiblich weiblich männlich männlich männlich männlich männlich weiblich

männlich

männlich

ineditum; Peter Fraser Photographic Archive ADelt B 24, 2, 1969, 470 Nr. 2a ineditum; Peter Fraser Photographic Archive

Pfuhl – Möbius, Grabreliefs, Nr. 850 (SEG 27.468)

384 

M M

M M

M

M

M M M S M M M M M

M

M

 Appendix II: Liste der Nichtbürger

[– – –]ειτος ῎Εαρ Ἀριστόβουλος Ἀριστόπολις Δημήτριος Δημύλος Εὐαμερία Εὐφράνορ Ἡράκλειτος Ἀπολλοδότου (ep.) Θεύδωρος Θεύφιλος Ἰάς Καλλίστα Κλεώνυμος Κόρινθος Λέων Μηνόκριτος Μητροδώρου Μητρόδωρος Μηνοκρίτου Ναννίς Ὀνάσανδρος Ὀνασίμα Παυσανίας Σῖμος Σώφρων Φαΐσκος Ἀπινίκου Φείδων Φειδοκράτευς

Herkunft aus Samos unsicher [Ἀπο]λλωνίος [Εὐφρ?]όνιος Δαμώ Χαριάδας

männlich weiblich männlich männlich männlich männlich weiblich männlich männlich männlich männlich weiblich weiblich männlich männlich männlich männlich männlich weiblich männlich weiblich männlich männlich männlich männlich männlich

männlich männlich weiblich männlich

Kontorini 1975b, 97 IG XII 3, 15

Kontorini, AER, Nr. 10

ineditum

Berges, Rundaltäre, Nr. 142 Kontorini, AER, Nr. 15

ADelt B 32, 1977, 366, 4 (SEG 34.803) Nicolaou 2005, Nr. 561 (SEG 55 1535) ADelt B 56–59, 2001–2004, 273 (SEG 59.895)

Maiuri, Nuova Silloge 145; SEG 17.360c App. I 15 (= I. Lindos 88) IG XII 1, 986; SEG 45.1079 Maiuri, Nuova Silloge 146; SEG 17.360

Samothrake (nördliche Ägäis) M

Ἰερώνυμος

Sardes (Lydien) M M M

M

M

Ἀγαθάνωρ Ἀμύντας Ἀπολλωνία Ἀπολλώνιος Ἀπολλώνιος Λυσιμάχου Εὐτυχὶς Μητροδώρου Θευφάνης Μενεκράτης Μενίσκος Σαραπίων

männlich

männlich männlich weiblich männlich männlich weiblich männlich männlich männlich männlich

Kontorini, Inscriptions inédites, Nr. 25

Kontorini, AER, Nr. 13 I. Lindos 642 Pugliese Carratelli, ASAA 41/42, 1963/64, 243 Badoud, Hedenborg, 32 Nr. 7



Appendix II: Liste der Nichtbürger 

M M

Σιμωνίδης Τίμαρχος

Herkunft aus Sardes unsicher M

Ποσιδώνιος

Sarmatien M

Ἀθανώ

Seleukeia M M M M

M

M M M

Κράτων [– – –] [– – –] [– – –]νορος Ἀθηνίων Ἀπολλώνιος Ἀσία Εὔοδος (ep.) Εὔοδος Μηνοδώρα

männlich männlich

männlich

weiblich

männlich männlich weiblich männlich männlich Hiller, AM 23, 1898, 399 Nr. 87 männlich weiblich ADelt B 25, 2, 1970, 515 A männlich männlich weiblich

Seleukeia am Euphrat S

Μᾶρκος τοῦ Μάρκου Ἀντωνίου männlich Ἀντιόχου

Seleukeia am Tigris M

Θεμιστοκλῆς

Selge (Pisidien) M M M M M

M M

M M M

[– – –] [– – –]ς [– – –]σ[– – –] Ἀθαναγόρας Ἀπολλώνιος Ἀριστογένης Ἀριστωνίδας Ἀταλάντη Δαματρία Δαματρίος Ἑρμαῖος Ἑρμογένης Ἑρμογένης Ἑρμορόδη Ἑρμογένευς Ζήνων Ζήνων Καλλιπολεία Κ̣Ι̣ ΔΑ̣[– – –] Μένανδρος

männlich

männlich männlich männlich männlich männlich männlich männlich weiblich weiblich männlich männlich männlich männlich weiblich männlich männlich weiblich männlich männlich

Nilsson 1909, Nr. 371

Pugliese Carratelli, Associazioni, Nr. 15

ADelt B 23, 2, 1968, 445 ADelt B 24, 2, 1969, 470 Nr. 7, 2

Pugliese Carratelli, Associazioni, Nr. 18 Fraser 1977, 32 mit Anm. 171 (SEG 27.472) IG XII 3, 48 (= I. Selge T 71) Konstantinopoulos, ADelt A 18, 1963, Nr. 63 I. Peraia 241 (= I. Pérée 88)

 385

386 

M M M M

 Appendix II: Liste der Nichtbürger

Ξένων Ὀνάσιμος Ὀρδος Πίστος Σατυρίων ΣΡΑ․ΟΣ Ὕμνος Φιλὼ

Side (Pamphylien) S M

M S

Ἀλέξανδρος Ἀπολλώνιος Διονυσόδωρος Θόας Πολύευκτος

Sidon (Phönizien) M M

M M

M M M M M

M

Ἀστὶς Μνασέα [– – –] Ἀπολλώνιος Ἀφροδίσιος Ἀφροδισίου Δαμώ Διοκλῆς Ἐπιτυνχάνων Ἰάσων Ἰασώπου Πρότιμος Σαραπίων Σώτας Σωτέλης Σώφρων Στράτωνος Τέχνων

Sidyma (Lykien) M M M M M

[– – –] Διόδωρος Κάσσανδρος Διονύσιος Μένυλλος

Sikyon (Peloponnes) S S M

Βακχίς Διονύσιος Λύσιππος

Sinope (Paphlagonien) M M

Ἀθηναΐς Διονύσιος Εὔανδρος Διονυσίου

männlich männlich männlich männlich männlich männlich männlich weiblich

I. Peraia 101 (= I. Pérée 149) ADelt B 24, 2, 1969, 470 Nr. 2 d Kontorini, AER, Nr. 10 Kontorini, AER, Nr. 27

männlich männlich männlich IG XII 1, 1444 männlich männlich

weiblich männlich männlich männlich weiblich männlich männlich männlich männlich männlich männlich männlich männlich männlich

ADelt B 39, 1984, 325 (SEG 39 788b) ADelt B 24, 2, 1969, 470 Nr. 4

ADeltelt B 24, 2, 1969, 470 Nr. 2 h

Kontorini, AER, Nr. 50

männlich männlich männlich männlich männlich

weiblich männlich männlich

weiblich ADelt B 24, 2, 1969, 470 Nr. 2 b männlich männlich



Appendix II: Liste der Nichtbürger 

M

M M M

Ἡράκλειος Ἀπολλωνίδα Κληρίας Πολυκράτης Ἡρακλείου Ῥοδίνα Σίνδης Σοφοκλῆς Χαρμοσύνα

Skythien M M

M

Ἀφροδείσιος Καλλιόπη Κιθαιρών Φίλων

Smyrna (Ionien) M

M M M

Ἄκτη Δημήτριος Μενεκράτης Μηνόδωρος Χρυσώι

männlich ineditum männlich männlich ineditum weiblich ADelt B 33, 1978, 404 (SEG 35.893) männlich männlich weiblich

männlich weiblich männlich ineditum (SEG 51.1015) männlich

weiblich männlich IG XII 1, 148 männlich männlich weiblich

Herkunft aus Smyrna unsicher Δαμάτρις?

Smyrnophoros (Arabien) Ἡρακλείδας

Soloi (Kilikien oder Zypern) M S M M M M

M M M M M M M M M M M M

[– – –] [– – –]α [– – –]λα [– – –]λης Ἀγαθοκλῆς Ἀνδρικός Ἀντίπατρος Ἄριστος Ἀπολλωνίου Βασιλείδης Ἀπολλωνίου Δαμοκράτης Σωτηρίδα Διοσκουρίδας Εἰρήνη Ἐπίχαρμος (ep.) Ἐργίας Ἑρμίας Ἀθαναγόρα Ἕρμων Εὐαμερία Εὐκλείδας Εὐφροσύνα Εὐφροσύνα

weiblich

IG XII 1, 148

männlich ADelt B 34, 1979, 433 (SEG 38.789)

männlich weiblich männlich männlich männlich männlich männlich IG XII 3, 141 männlich männlich männlich männlich weiblich männlich männlich männlich männlich weiblich männlich weiblich weiblich ADelt B 44, 2, 1989, 497 (SEG 45.1072)

 387

388 

M M

M M

M

M M

M

M M M M

 Appendix II: Liste der Nichtbürger

Ζήνων Ἡρακλείδας Θέων Ἱερόκλεια Ἱερώνασσα Ἰθάκη Ἰσίδωρος Κισσός Κορίνθος Λεωνίδας Νύσα Ὀλυμπιάς Παπᾶς

männlich männlich männlich weiblich weiblich weiblich männlich männlich männlich männlich weiblich weiblich männlich

Πολύκλειτος Σῖμος Σοφοκλῆς Σωκράτης Σωσίπατρος Τιμόθεος (ep.) Φίλων

männlich männlich I. Dor. Ins. 6 männlich ADelt B 23, 2, 1968, 445 männlich männlich männlich männlich

Stratonikeia (Karien) M M

M M M

Ἀπολλώνιος Ἀρτεμιδώρα Διονυσόδωρος Ἐπαφρόδειτος Θόας Μυωνίδης Σωστράτη

Symbra (Lykien) S

Ἑρμίας

Synnada (Phrygien) M

Μηνιάς

Syrakus (Sizilien) M M S M M

Ἀρίστων Ἀρτεμώ Εὐφροσύνα Μελίτη Τιμώ Φιλέα

Μενίσκος

Konstantinopoulos, ADelt A 18, 1963, Nr. 34

Kontorini, AER, Nr. 11 ADelt B 44, 1989, 497 (SEG 45.1073) ADelt B 20, 3, 1965, 599 Nr. 1

Chaviaras, AEphem 1913, 11 Nr. 19; Peek, WissZHalle 16, 1967, 380 Nr. 13

männlich I. Peraia 101 (= I. Pérée 149) weiblich männlich männlich Badoud, Hedenborg, 36 Nr. 29 männlich männlich weiblich

männlich

weiblich

männlich Kontorini, Inscriptions inédites, Nr. 8 weiblich weiblich weiblich weiblich weiblich

Herkunft aus Syrakus unsicher S

IG XII 1, 862; Jacopi, ClRh 2, 1932, 196 Nr. 24

männlich



Appendix II: Liste der Nichtbürger 

Syrien

M

M M M M M M M M

M M M M

M

Ἀνδρικός Ἀντίοχος Ἀπολλωνίος Ἀπολλώνιος Ἀρτεμισία Δαματρία Διονύσια Εἰρήνα Ἑρμαῖος Εὔοδος Ἡδεία Ἡροδώτη [Θαλ]λώ Θευδοσίος Κῦρος Μεγίστιον Ν[․․α]ρχος Νίκαρχος Ὀνάσιμος Ὀφελίων Φίλα

Tabai (Karien) S

M

Δίφιλος Ῥόδα Χάρης

Tarent (Süditalien) M M M

[– – –] Καλλιστράτη Καλλίστρατος Σατυρίων

Tarsos (Kilikien)

Ἑλλανίων Παράμονος Καστορίδου

Telmessos (Lykien) M S M M

Δαματρία Λαΐδος Νικασίων Σωτηρίδας

Tenedos (Lykien) M

Βόα Ἀπολλωνίου

männlich männlich männlich männlich weiblich weiblich weiblich weiblich männlich männlich weiblich weiblich weiblich männlich männlich weiblich männlich männlich männlich männlich weiblich

IG XII 1, 972 Scrinzi, AttiVenezia 57, 1898, 283 Nr. 37 ADelt B 42, 1987, 610 (SEG 42.749, 28) IG XII 1, 881

ADelt B 45, 1990, 485 (SEG 45.1071)

Kontorini, AER, Nr. 23 ineditum; Peter Fraser Photographic Archive

männlich weiblich ineditum (SEG 51.1015) männlich

männlich ADelt B 29, 1973/74, 974 (SEG 30.1021) weiblich männlich männlich

männlich I. Iasos 388 männlich Kontorini, Inscriptions inédites, Nr. 1

weiblich männlich männlich männlich

weiblich

 389

390 

 Appendix II: Liste der Nichtbürger

Tenos (Kykladen) M S S S

Δῶρος Θρασύδημος Ἀρχιδίκου Κλεινομάχη Ἀρχιδίκου Μητρόδωρος

Teos (Ionien) M

Φίλα

Termessos (Pisidien) M M M M M S M M M M M

Ἀριστόβουλος Ἀρτεμίς Ἀρτέμων Ἀφροδίσιος Διονύσιος Δωρίς Ἡράκλειτος Μιθριδάτης Οτανις Φιλίστιον Φίλων

Theben M M M

[– – –] [– – –] Μνάσων

männlich männlich weiblich männlich

weiblich

männlich weiblich männlich männlich männlich weiblich männlich männlich männlich weiblich männlich

männlich männlich männlich

Themessos? (ΘΕΜΙΗΣΣΙΔΟΣ, Karien) [Πτο]λ̣εμαΐς [Δι]ονυ[σ – –]

Thera (Kykladen) M M

M

[– – –] Ἑκαταῖος Θρασύβουλος Νίκων Ἰάσονος

Thrakien M M M M M

M

[..]ι[.]ιος [Ἑ]κ[ατ]αῖος Ἀγαθάνασ〈σ〉α Ἀνταῖος Ἀσία Γράφη Ἑλλάς Ἰσιάς Παρθένιον

weiblich

Badoud, Hedenborg, 36 Nr. 30

männlich männlich männlich Kontorini, AER, Nr. 10 männlich

männlich IG XII 3, 96 männlich IG XII 3, 96 weiblich männlich weiblich weiblich männlich weiblich Segre, Historia 7, 1933, 581 Nr. 3 weiblich



Appendix II: Liste der Nichtbürger 

Thyateira (Lydien) M

Ἰσιάς [– – –]αιρος

Tlos (Lykien) S S

Ἀγαθαμερίς Σωσικλῆς Τιμανάσσα

Tralles (Karien) M M M M M

M M

Ἀγαθάνωρ Ἀρτεμίδωρος Ἀσία Ἄτταλος Ἰατροκλῆς Νικάνδρος Πατροφίλα Ποσείδιππος

Herkunft aus Tralles unsicher M M

[– – –]ίας [Εὔτ]υχος ΚΛ̣[– – –]

Tripolis (Lydien) M

Θεύδωρος Θεύδωρος

Tyndaris (Sizilien) M

Θεύδωρος

Tyros (Phönizien) M M M M M M M

[– – –] [․․]κ[․․․]τ[․]ς [– – –]του Ἀρτεμίδωρος Ζηνοδότου Ἀρτεμίδωρος Μηνοδότου Διοσκουρίδης Ἡρακλείδου Μηνόδοτος Ἀρτεμιδώρου Χαρμόλας Ἀρτεμιδώρου

Xanthos (Lykien)

Διονύσιος Διονυσίου Ἐπίκτησις Θήρων Μηνοφίλα Φίλιππος

weiblich Pugliese Carratelli, Associazioni, Nr. 21 männlich

weiblich männlich weiblich IG XII 1, 158

männlich männlich weiblich männlich männlich männlich ADelt B 32, 1977, 366, 2 (SEG 34.801) weiblich männlich

männlich männlich männlich Maiuri, Nuova Silloge 203

männlich Kontorini, AER, Nr. 2 männlich

männlich

weiblich männlich männlich männlich männlich männlich männlich

männlich Blümel, I. Peraia Addenda, 95 weiblich Kontorini, AER, Nr. 16 männlich Dimitrova 2008, Nr. 50 IG XII 8, 186 weiblich I. Peraia 218 (= I. Pérée 110) männlich I. Peraia 218 (= I. Pérée 110)

 391

392 

 Appendix II: Liste der Nichtbürger

engeneis

M

M M M

M

M

M M M

M

M

M M M

M

M

M M M

[– – –] [– – –]ίσκος Ἀγαθαμερίς Ἀγαθαμερίς Ἀγαθάνασσα Ἀγαθοκλέα Ἀγαθόκλεια Ἀθανόδωρος Ἀλέξανδρος Ἀπολλόδωρος Ἀπολλωνία Ἀπολλωνίδας Ἀπολλωνίος Ἀριστοβουλίς Ἀριστόβουλος Ἀρχέμβροτος Ἄτταλος Ἄτταλος Ἀφρο[δίτ]α Ἀφροδίσιος Βακχίς Γλάφυρον Γοργίας Δαλιάς Δαλιάς Δημήτριος Διόδοτος Διονύσιος Διοσκουρίδας Διπιερίας Δόξα Δωρίς Ἑκαταῖος Ἐπικαρπία Ἐράνους Ἕρμων Εὔνους Εὐφρόνιος Ἐφέσ[ιος] Ζωβία Ζωΐς Ἡραγόρα Ἱππίας Ἰσίδω[ρος] Ἰωνία Καλλιόπη

weiblich männlich weiblich weiblich weiblich weiblich weiblich männlich männlich männlich weiblich männlich männlich männlich männlich männlich männlich männlich weiblich männlich weiblich männlich männlich männlich männlich männlich männlich männlich männlich männlich weiblich weiblich männlich weiblich männlich männlich männlich männlich männlich weiblich männlich weiblich männlich männlich weiblich weiblich

IG XII 1, 1010 Badoud, Hedenborg, 36 Nr. 32 Hiller, AM 23, 1898, 400 Nr. 90 Maiuri, Nuova Silloge 242 Kontorini, AER, Nr. 34 Scrinzi, AttiVenezia 57, 1898, 285 Nr. 42

ADelt B 32, 1977, 365 (SEG 34.799) I. Dor. Ins. 5 Maiuri, Nuova Silloge 243 Centre Alexandrin d’Étude des Amphores Centre Alexandrin d’Étude des Amphores ADelt B 22, 2, 1967, 538 Nr. 2 Maiuri, Nuova Silloge 244 ADelt B 43, 1988, 603 (SEG 43.535) Maiuri, Nuova Silloge 285

Hatzfeld, BCH 34, 1910, 243 Nr. 7 Berges, Rundaltäre, Nr. 193 Centre Alexandrin d’Étude des Amphores Konstantinopoulos, ADelt A 18, 1963, Nr. 43 Maiuri, Nuova Silloge 246

IG XII 3, 143 ADelt B 32, 1977, 371 Nr. 1 (SEG 34.824) Maiuri, Nuova Silloge 428 ineditum; Peter Fraser Photographic Archive

Maiuri, Nuova Silloge 428 Berges, Rundaltäre, Nr. 193 IG XII 1, 988



Appendix II: Liste der Nichtbürger 

M

M

M M M M

M M M M M

M

M M M M M M

M M

Κλεαινίς Κλεύδικος Κολλύρα Κράτιππος Μάνης Μεσσάνα Μολῆς Μοσχείνα Νανίς Ξενοκλῆς Ξένων Ὁμόνοια Περιγενίς Πρωτογένης Πρῶτος Πτολεμαῖος Στράτιππος Στράτιππος Συμμαχία Σωκλῆς Σωσικλῆς Φαρνάκης Φιλία Φιλία Φιλῖνος Σαρίου Φίλων Φρονίμιον Σατύρου Χρύσιππος Μέροπος

weiblich männlich weiblich männlich männlich weiblich männlich weiblich männlich männlich männlich weiblich männlich männlich männlich männlich männlich männlich weiblich männlich männlich männlich weiblich weiblich männlich männlich weiblich männlich

 393

Centre Alexandrin d’Étude des Amphores Peek, WissZHalle 16, 1967, 385 Nr. 32 Pfuhl – Möbius, Grabreliefs, Nr. 501 (SEG 27.467)

Berges, Rundaltäre, Nr. 198

Centre Alexandrin d’Étude des Amphores Maiuri, Nuova Silloge 248

IG XII 1, 1010

I. Dor. Ins. 2

Appendix III: Tabellen Tab. 4: Heiraten zwischen Rhodiern und Nicht-Bürgerinnen innerhalb des rhodischen Polisterritoriums Demotikon des Ethnikon der Ehemannes Ehefrau 1 Ἄμιος Ἁλικαρνασσίς

Datierung

Fundort der Inschrift Rhodos-Stadt

Edition

2 Ἀργεῖος?

Ἀλεξανδρίς

hellenistisch

Hydas (Peraia)

I. Peraia 261

3 Βράσιος

Ἐφεσία

1. Jh. v. Chr.

Ialysos

App. I 16 (= Suppl.Epigr. Rh. 52)

4 Δρυΐτας

?

um 304 v. Chr.

Lindos

I. Lindos 51

5 Λινδοπολίτας

Σαμία

2. Jh. v. Chr.?

Rhodos-Stadt

Maiuri, ASAA 2, 1916, 160 Nr. 77

6 Νεττίδας

Ἡρακλεῶτις

1. Jh. v. Chr.

Rhodos-Stadt

Konstantinopoulos, ADelt A 18, 1963, Nr. 49

7 Νεττίδας

Σαμία?

um 230–220 v. Chr.

Rhodos-Stadt

Maiuri, Nuova Silloge 19

8 Νισύριος

Σαρδιανά

2. Jh. v. Chr.

Rhodos-Stadt

IG XII 1, 149

9 Ποντορεύς

Κῶια

2.–1. Jh. v. Chr. (LGPN)

Rhodos-Stadt

Kontorini, AAA 8, 1975, 38 Nr. 7

10 Τήλιος

Ἐφεσία

1. Jh. v. Chr. – 1. Jh. n. Chr.

Rhodos-Stadt

ADelt Β 55, 2000, 1143 f.

11 Φύσκιος

Ἀντιοχίς

2.–1. Jh. v. Chr.

Rhodos-Stadt

Suppl.Epigr.Rh. 78

12 Φύσκιος

Μακέτις

2. Jh. v. Chr. (LGPN)

Rhodos-Stadt

IG XII 1, 305

13 Φύσκιος

Μυνδία

kaiserzeitlich

Rhodos-Stadt

Maiuri, ASAA 2, 1916b, 166 Nr. 119

14 ?

?

265–260 v. Chr.

Lindos

App. I 15 (= I. Lindos 88)

15 ?

?

265–260 v. Chr.

Lindos

App. I 15 (= I. Lindos 88)

16 ?

?

1. Jh. v. Chr.

Rhodos-Stadt

Pugliese Carratelli, ASAA 64/65, 1986/87, Nr. 14 (= SEG 41.657)

17 ?

?

1. Jh. v. Chr.

Rhodos-Stadt

App. I 13 (= Maiuri, Nuova Silloge 130)

1. Jh. v. Chr. – 1. Jh. n. Chr. (LGPN)

https://doi.org/10.1515/9783110572681-015

Maiuri, Nuova Silloge 76



Appendix III: Tabellen 

 395

Tab. 5: Gemischte Ehen von Nichtbürgern Name der Frau

Ethnikon

Beleg

1 Ἐπιτυνχάνων

Name des Mannes Ethnikon Ἀθαναίος

Χαρμοσύνα

Παφλαγόνισσα

Maiuri, Nuova Silloge 136

2 ?

Ἀθηναῖος

Βετουλήν Μάρκου Πόλλα

Ῥωμαία

Jacopi, ClRh 2, 1932, 220 Nr. 63

3 Διονύσιος

Ἀλεξανδρεύς

Ἰθάκη

Σολίς

Maiuri, Nuova Silloge 46

4 Ἔρως

Ἀλεξανδρεύς

Σεραπιάς

Ἐφεσία

Fantaoutsaki 2014, 85

5 Ἡρακλείδας

Ἀλεξανδρεύς

Βακχίς

Λαοδικίς

ADelt B 22, 2, 1967, 538 Nr. 9 a

6 Διονύσιος

Ἀμισηνός

Ἰσιάς

Φρυγία

Hatzfeld, BCH 34, 1910, 242 Nr. 1

7 Ἀπολλώνιος

Ἀντιοχεύς

Δημητρία

Ἀπαμειτίς

s. App. I 14 (= Maiuri, Nuova Silloge 148)

8 Ἀπολλώνιος

Ἀντιοχεύς

Καλλιόπη

Κίλισσα

Konstantinopoulos, ADelt A 18, 1963, Nr. 31

9 ? (Sohn: Δημήτριος) Ἀντιοχεύς

Κοσσύφα

Ἐφεσία

IG XII 1, 539 b

10 Διονύσιος

Ἀντιοχεύς

Ἐρωτάριον

Ἀλεξανδρίς

Fantaoutsaki 2014, 69

11 Ἰσίδωρος

Ἀντιοχεύς

Δο[σιθέα?]

Ὀλυμπμηνά

Maiuri, Nuova Silloge 41

12 Νικίας

Ἀντιοχεύς

Πρώτιον

Κῴα

IG XII 1, 539 a

13 Πρωτᾶς

Ἀντιοχεύς

Ἀγαθαμερίς

Ο[– – –]Σ

ADelt B 48, 2, 1993, 538

14 [– – –]ίσιος

Ἀντιοχεύς

[– – –]τος

Λαοδικίς

App. I 5 (= Jacopi, ClRh 2, 1932, 177–179 Nr. 6)

15 Ζήνων?

Ἀράδιος

Ἀστὶς Μνασέα

Σιδωνία

I. Lindos 132

16 Σωκράτης

Ἀργεῖος

Δαματρία

Τελμεσίς

Suppl.Epigr.Rh. 81 a

17 Ἀπολλώνιος

Ἀσπένδιος

Μεγίστιον

Σύρα

Maiuri, ASAA 2, 1916b, 173 Nr. 149

18 Κάσανδρος

Ἀσπένδιος

Ἀριστοτίμα

Σαλαμινία

I. Lindos 78

19 Μαρσύας

Ἀσπένδιος

Εὐρώπα

Αἰγυπτία

I. Peraia 21 (= I. Pérée 174)

20 Θαργήλιος

Βαργυλιώτας

Χρυσώ

Κεραμία

IG XII 1, 114

21 Χρύσιππος

Βαργυλιήτας

Ἀκακία

Μαιῶτις

I. Lindos 683

22 Ἄθως

Γαλάτας

Ἀταλάντη

Σελγίς

IG XII 1, 548

23 Φρόνιμος

Γαλάτας

Ἀρτεμισία

Σύρα

IG XII 1, 881

24 Εσ[– – –]ν

Ἑρμοπολίτας

Εἰρήνα

Μαιῶτις

Hiller, AM 23, 1898, 394 Nr. 64

396 

 Appendix III: Tabellen

Tab. 5 (fortgesetzt) Name der Frau

Ethnikon

Beleg

25 Μαφέρνης

Name des Mannes Ethnikon Εὐσεβεάτας

Μεγίστιον

Ἀντιοχίς

I. Lindos 660

26 Δίων

Ἐφέσιος

Χάρις

Μιλησία

Kontorini, AAA 8, 1975, 38 Nr. 10

27 Ἔρως Ζωσίμου

Ἐφέσιος

Ἐπιγένεια

Κασία

IG XII 1, 1064

28 Φιλοκράτης

Ἰλιεύς

Ἑρμορόδη Ἑρμογένευς

Σελγίς

IG XII 1, 157; App. I 5 (= Jacopi, ClRh 2, 1932, 177–179 Nr. 6)

29 Φίλων

Ἰλιεύς

Εὐφροσύνα

Σολίς

IG XII 1, 541

30 Σφαῖρος

Καππάδοξ

Αὔγη

Λυκαόνισσα

IG XII 1, 546

31 Ἀλέξανδρος

Κεφαλλάν

Νύσα

Κῴα

I. Peraia 471 (= I. Pérée 57)

32 Νικασίων

Κυζικηνός

Ὀλυμπιάς

Σολίς

App. I 7 (= IG XII 1, 127)

33 Δαμᾶς Λυκάονος

Κῷος

Ἀντιοχίς

Ἀντιόχισσα

I. Peraia 57 (= I. Pérée 167)

34 Ἐπαφρόδειτος

Κῷος

Τρυφέρα

Ἐφεσία

I. Peraia 471 (= I. Pérée 57)

35 Ζήνων

Κῷος

Ἐρωτάριν

Κνιδία

IG XII 3, 69

36 Ἀνταῖος

Λαοδικεύς

Πλουσία

Ἀσκαλωνῖτις

Maiuri, Nuova Silloge 175

37 Εὔτυχος

Λαοδικεύς

Ἀγαθάριον

Ἀλεξανδρίς

IG XII 1, 542

38 Δημήτριος

Μύνδιος

Θεύδιον

Ἐφεσία

Hiller, AM 21, 1896, 47 Nr. 25

39 Νεικασίων Νεικασίωνος

Μύνδιος

Ἀπολλοδότη Διονυσοδώρου

Κνιδία

I. Peraia 560 (= I. Pérée 11)

40 Φιλόμουσος

Μύνδιος

Γλυκέρα

Ἀθηναία

Maiuri, ASAA 2, 1916b, 158 Nr. 65

41 Μηνόφιλος

Νικομηδεύς

Ἡσύχιον

Γαλάτισσα

Berges, Rundaltäre, Nr. 143 (= SEG 59.891)

42 Δεξίλας

Παταρεύς

Κλευπάτρα

Μιλησία

Migeotte 1993, 349–358

43 Φιλόμουσος

Παταρεύς

Ἀσταῒς Σωτηρίδα

Μασσιλειώτα

Hiller, AM 23, 1898, 399 Nr. 86

44 Εὔβιος

Περγαμηνός

Ἰσιάς

Λυκαόνισσα

Kontorini, AER, Nr. 36

45 Δημύλος

Σάμιος

Ἀθανοκλεία

Φασηλῖτις

IG XII 1, 384

46 Εὐφράνορ

Σάμιος

Ἀρισταγόρη

Ἁλικαρνασσίς

ineditum, Museum Rhodos

47 Ξένων

Σελγεύς

Θεσσαλία

Ἐφεσία

I. Peraia 52 (= I. Pérée 169)



Appendix III: Tabellen 

 397

Tab. 5 (fortgesetzt) Name der Frau

Ethnikon

Beleg

48 Ἐπιτυνχάνον

Name des Mannes Ethnikon Σιδώνιος

Ζωσάριον

Μυνδία

ADelt B 24, 2, 1969, 470 Nr. 2 h

49 Ἀνδρικός

Σολεύς

Γλύκιννα

Μιλησία

IG XII 1, 875

50 Εὐκλείδας

Σολεύς

Ἀντιοχίς

Ἀντιοχίς

IG XII 1, 382

51 Κισσός

Σολεύς

Ἀγαθαμερίς

Κνιδία

IG XII 1, 543

52 Πολύκλειτος

Σολεύς

Εὐφροσύνα

Κίλισσα

Jacopi, ClRh 2, 1932, 216 Nr. 56

53 Ὀφελίων

Σύρος

Μενεστράτη

Φρυγία?

IG XII 1, 549

54 Σατυρίων

Ταραντῖνος

Ἀφροδισία

Ἐφεσία

Maiuri, Nuova Silloge 198

55 Ἀριστόβουλος

Τερμεσσεύς

Ἰσιγόνη

Ἐφεσία

IG XII 1, 385

56 Ἀφροδίσιος

Τερμεσσεύς

Ἀντιοχίς

Ῥοδία

IG XII 1, 544

57 Διονύσιος

Τερμεσσεύς

Μηνιάς

Συνναδίς

I. Peraia 211 (= I. Pérée 98)

58 Ὀνασάνδρος

Ὑλλαριμεύς 

Πόττιον

Καβάλισσα

Pfuhl – Möbius, Grabreliefs, Nr. 1844

59 [– – –]

Φασηλίτας

Τιμανάσσα

Τλώια

IG XII 1, 158

60 Ἀθηναῖος

Φρυγός

Φίλα

Σύρα

ineditum; Peter Fraser Photographic Archive

61 Ἰσίων

Χαλκιδεύς

Ἡκατέα

Βηρυτία

Maiuri, Nuova Silloge 384

62 Ἀρτεμίδωρος

Χῖος

Στρατεία

Μιλησία

ineditum (SEG 51.1015)

63 Πεισίστρατος

Χῖος

Διονυσία

Μιλησία

IG XII 1, 113

64 [– – –]

[– – –]μεύς

[– – –]όρα

Ἀντιοχίς

I. Lindos 252

398 

 Appendix III: Tabellen

Tab. 6: Erweiterungen des rhodischen Polisterritoriums Gebiet

Zeitpunkt der Eingliederung

Datierungs­ kriterium

Größe des Gebiets

max. Höhe der Veranlagung in den ATL

Megiste (mit Rho und Strongyli)

vor ca. 350 v. Chr.

Ps.-Skylax 99

8,88 km2 (+1,46 und 0,978 km2)

Chalke (mit Eulimnia)

t.a.q. um 300 v. Chr.

Tit.Cam. 109

32 km2 (+7,4 km2)

2000 dr

Peraia

um 300 v. Chr.

I. Lindos 51

ca. 650 km2

3 Tal. (+3000 dr Kedreai)

Syme

um 300 v. Chr.?

67 km2

3000 dr

Telos

nach ca. 250 v. Chr.

SEG 25.852; IG XII 3, 30

63 km2

2 Tal.

Nisyros

um 200 v. Chr.

IG XII 3, 91

41,2 km2

1 Tal.

Kasos

nach frühem 2. Jh. v. Chr.

IG XI 2, 199 B; I. Cret. I, XXII, 4C

69,46 km2

1000 dr

Karpathos

kurz nach 300 v. Chr.

Held, EpigrAnat 2003, Nr. 3

324,1 km2

1000 dr (Eteokarpathioi) + 500 (Brykontioi)

Saros

kurz nach 300? v. Chr.

20,42 km2

300 dr

Gesamt*

1285,89 km2

7,3 Tal.

Insel Rhodos

1407 km2

zusammen 18 Tal.

* Nicht berücksichtigt wurde die lykische Enklave Daidala, deren Ausdehnung nicht bekannt ist.

Tab. 7: Anzahl der Personen mit einem definierten Rechtsstatus Rechtsstatus

Männer

Frauen

Gesamt

matroxenos

6

1

7

enktēsis + epidamia

2



2

enktēsis



1

1

epidamia

33



33

metoikos

59

9

68

engenēs metoikos

4



4

Polissklaven (damosios, hypēretas)

11



11

engenēs

45

25

70

Gesamt

160

36

196

1 43

30

2 (3)

Gesamt

5 (7)

1 1

Amphorenstempel

2 4

1 (1)

sonstige Vereinsinschriften

Subskriptionsliste Polis

3

2

3

1 (2)

5

1

2

16

metoikos

Subskriptionsliste (Verein)

1 (1)

2

23

4

epidamia

3

2 (2)

enktēsis (+epidamia)

Ehreninschrift (auf Initiative eines Vereins)

1 (3)

Weihinschrift

1 (1)

matroxenos

Ehreninschrift (auf ›private‹ Initiative)

Künstlersignatur

Grabinschrift

Rechtsstatus

5

4

1

engenēs metoikos

4

1

1

1

1

Polissklaven (damosios, hypēretas)

60

2

1

1

56

engenēs

150

7

7

3

10

4

12

4

25

77

Gesamt

Tab. 8: Verteilung der Rechtsstatusvermerke nach Inschriftengattungen. Die Zahl vor der Klammer bezeichnet jeweils die Menge der Inschriften; in der Klammer ist jeweils die Anzahl der Personen mit dem entsprechenden Rechtsstatus vermerkt

 Appendix III: Tabellen   399

Ἀντιοχεύς

10 Φιλίσκος

11 Χρύσιππος Μέροπος

Φασηλίτας

Πρῶτος

Μοσχίων

8

Περίνθιος

[– – –]

Ἰλιεύς

Ἰδυμεύς

9

Εὐφρόσυνος

5

Ἀλεξανδρεύς

Φιλοκράτης

Διονυσόδωρος

4

Φασηλίτας

[– – –]

Ἑρμογένης

3

Ἀπαμεύς

6

Πλούταρχος Ἡλιοδώρου

2

Ethnikon

Ἡρακλεώτας

7

[– – –]

1

Name

Tab. 9: Ehrungen von Vereinen für Nichtbürger Status

ἐγγενής

ἐπιδαμία

μέτοικος

Neubürger

(Chorege)

Ehrungen insgesamt

Goldkranz, Laubkranz, εὐεργεσία, Ehrungen zwei weiterer Vereine Goldkranz, Laubkranz, εὐεργεσία, Titel εὐεργέτας?

Goldkranz, zwei Laubkränze

Goldkranz, zwei Laubkränze, Titel εὐεργέτας

Goldkranz, vier (Laub-?)Kränze

zwei Goldkränze, zweimal Ehrung

zwei Bronzestatuen, sieben Goldkränze, Laubkranz, εὐεργεσία, ἀναγόρευσις für alle Zeit; (nach Ausweis der Basis, auf der die Ehreninschrift angebracht ist, außerdem zusätzlich eine Marmorstatue) eine Bronzestatue, drei Goldkränze, εὐεργεσία, ἀναγόρευσις für alle Zeit (zusätzlich insgesamt vier Goldkränze von Magistratskollegen, die sich in Vereinen organisiert hatten) eine Bronzestatue, zwei goldene Kränze, Laubkranz, Belobigung, ἀναγόρευσις für alle Zeit drei Goldkränze sowie ein Goldkranz aus zehn Goldstücken, zwei Laubkränze, Kranz aus weißer Pappel, jährliche Bekränzung des Grabes, εὐεργεσία, ἀναγόρευσις für alle Zeit, mehrfache Gewährung der Abgabenfreiheit, Titel εὐεργέτας vier oder fünf Goldkränze, Belobigung, Titel εὐεργέτας

Beleg

I. Dor. Ins. 2

App. 12 (= Maiuri, Nuova Silloge 39)

Maiuri, Nuova Silloge 43

Maiuri, Nuova Silloge 40

IG XII 1, 164

IG XII 1, 157

IG XII 3, 6

IG XII 1, 155; Maiuri, Nuova Silloge 46

Jacopi, ClRh 2, 1932, 214 Nr. 53

Pugliese Carratelli, Associazioni, Nr. 7

App. I 9 (= Pugliese Carratelli, Associazioni, Nr. 6)

400   Appendix III: Tabellen

Ethnikon

Goldkranz, εὐεργεσία

Χερσονασίτας

[– – –]

18 Κτησιφῶν

19 [– – –]

Κῷος

Μακεδών?

30 Δαμᾶς Λυκάονος

drei (Laub-?)Kränze

fünf (Laub-?)Kränze

Goldkranz

Goldkranz

Goldkranz

Goldkranz

Goldkranz

Goldkranz

Beleg

IG XII 1, 754

I. Peraia 57 (= I. Pérée 167)

Papachristodoulou 2009a und b

IG XII 1, 158

I. Peraia 471 (= I. Pérée 57)

I. Peraia 471 (= I. Pérée 57)

Maiuri, Nuova Silloge 45

Fantaoutsaki 2014, 69

Maiuri, Nuova Silloge 45

Maiuri, Nuova Silloge 45

IG XII 1, 918

I. Lindos 683

IG XII 1, 939

Kontorini, AER, Nr. 10

IG XII 1, 937

Pugliese Carratelli, ASAA 64/65, 1986/87, Nr. 19

I. Peraia 52 (= I. Pérée 169)

Pugliese Carratelli, ASAA 64/65, 1986/87, Nr. 19

I. Lindos 630

I. Peraia 204 (= I. Pérée 97)

Appendix III: Tabellen 

31 Ἀγάθανδρος

29

Κῷος

Φασηλίτας

27 Ἐπαφρόδειτος

28 [– – –]

Goldkranz

Ἀντιοχεύς

Κεφαλλάν

25 [– – –]

Ἀντιοχεύς

Ἀντιοχεύς

23 Νικηφόρος

24 Σύμμαχος

26 Ἀλέξανδρος

Goldkranz

Ἀλεξανδρεύς

22 [– – –]

Goldkranz aus zehn Goldstücken

Βαργυλιήτας

Περγαμηνός

20 Χρύσιππος

Goldkranz, Titel εὐεργέτας

Goldkranz, Verkündigung der Ehren auf ewig

21 Ἀπολλώνιος

Freigelassener?

Goldkranz, Titel εὐεργέτας

[– – –]

17 [– – –]

Goldkranz, εὐεργεσία, Befreiung von sämtlichen Abgaben

Σελγεύς

Γαλάτας

Goldkranz, Laubkranz

Goldkranz, Laubkranz

15 Ξένων Sklave

Ehrungen insgesamt Goldkranz, (Laub-?)Kranz, Abgabenfreiheit? Goldkranz, Laubkranz

ἐγγενής

Status

[– – –]

Παταρεύς

16 Κάρπος

14 [– – –]

13 Ἀθανόδωρος

12 [– – –]ς

Name

Tab. 9 (fortgesetzt)

  401

Ἐφέσιος

50 Μαρσύας

Laubkranz

Γορτύνιος

Ἐφέσιος

48 Μίλων

49 Ἀριστοκλῆς

(Laub-?)Kranz

Ἀρα[διος?]

Laubkranz

Laubkranz

Laubkranz

Laubkranz

47 Εὔνους

Sklave

Ἀντιοχεύς

Ἀντιοχεύς

45 Ἀ[ριστόμ]αχος

Laubkranz

Laubkranz

Laubkranz

(Laub-?)Kranz

46 Ἡφαιστίων

Ἀντιοχεύς

Ἀντιοχεύς

43 Ἰσίδωρος

44 [– – –]

(Chorege) (Chorege)

Laubkranz

Ἀντιοχεύς

Ἀντιοχεύς

41 Διονύσιος

42 Ἐπαφρόδειτος

Laubkranz

Ἁλικαρνασσεύς

Ἁλικαρνασσεύς

39 Δημητρίος

(Laub-?)Kranz, weitere Ehrung durch Verein

Laubkranz (auf ewig), Titel εὐεργέτις

Laubkranz (auf ewig), Titel εὐεργέτας

40 [– – –]

μέτοικος

Ἁλικαρνασσίς

Ἄνδριος

36 Χαρίξενος

Πλαδασεύς

Συρακόσιος

35 Ἀρίστων

Laubkranz, Abgabenfreiheit und Befreiung vom Mitgliedsbeitrag, εὐεργεσία, öffentliche Verkündigung der Ehren Laubkranz, lebenslange Abgabenfreiheit, εὐεργεσία, Lobrede, Titel εὐεργέτας Laubkranz, Belobigung, öffentliche Verkündigung der Ehren

zwei (Laub-?)Kränze

Ehrungen insgesamt

37 Στρατονίκα

Ἀλεξανδρεύς

34 Ἴακχος

Status

38 Ἀγαθόβουλος

[– – –]

Κρής

32 [– – –]

Ethnikon

33 Σωσικλῆς Σώσου

Name

Tab. 9 (fortgesetzt)

Berges, Rundaltäre, Nr. 140

Maiuri, Nuova Silloge 45

IG XII 1, 408

Pugliese Carratelli, PP 5, 1950, 78 Nr. 9

IG XII 1, 917

Maiuri, Nuova Silloge 45

Maiuri, Nuova Silloge 45

Maiuri, Nuova Silloge 41

Fantaoutsaki 2014, 69

Fantaoutsaki 2014, 69

Maiuri, Nuova Silloge 45

Hiller, AM 23, 1898, 398 Nr. 81

IG XII 1, 962

IG XII 1, 156

Maiuri, Nuova Silloge 42

Kontorini, Inscriptions inédites, Nr. 8

Maiuri, Nuova Silloge 46

Pugliese Carratelli, Associazioni, Nr. 1

IG XII 1, 963

Beleg

402   Appendix III: Tabellen

Ethnikon

Φασηλίτας

54 Ἀφροδίσιος

Laubkranz

Ἐφέσιος

Ἐφέσιος

Ἐφέσιος

70 Δημαίνετος [Δημ]έ[α]

71 Σάτυρος

72 Ζηνόδοτος Σατύρου

Titel εὐεργέτας

Beleg

App. I 7 (= IG XII 1, 127)

App. I 7 (= IG XII 1, 127)

IG XII 1, 940

IG XII 1, 114

Berges, Rundaltäre, Nr. 205

App. I 7 (= IG XII 1, 127)

App. I 7 (= IG XII 1, 127)

App. I 7 (= IG XII 1, 127)

App. I 7 (= IG XII 1, 127)

App. I 7 (= IG XII 1, 127)

App. I 7 (= IG XII 1, 127)

App. I 7 (= IG XII 1, 127)

App. I 7 (= IG XII 1, 127)

App. I 7 (= IG XII 1, 127)

IG XII 1, 937

IG XII 1, 165

IG XII 1, 938

I. Peraia 110 (= I. Pérée 159)

IG XII 1, 159

Badoud, Hedenborg, Nr. 7

Suppl.Epigr.Rh. 17

IG XII 1, 160

Appendix III: Tabellen 

Titel εὐεργέτας

Titel εὐεργέτας

Titel εὐεργέτας

Titel εὐεργέτας

Ἀντιοχεύς

Βαργυλιήτας

68 Εὖνος

69 Θαργήλιος

Titel εὐεργέτας Titel εὐεργέτας

Ἀντιοχεύς

Ἀντιοχεύς

66 Θέων

67 [– – –]ος

ἐπιδαμία

Titel εὐεργέτας

Ἀλεξανδρεύς

Titel εὐεργέτας

Neubürger

64 Νικασίων Νικασίωνος

65 Βάθιππος

Neubürgerin Titel εὐεργέτις

63 Ὀλυμπιὰς Νικασίωνος

Titel εὐεργέτας

Neubürger Neubürgerin Titel εὐεργέτις

61 Διογένης Ἀρχία

62 Βασιλὶς Δημητρίου

Titel εὐεργέτας Titel εὐεργέτας

Neubürger?

Ehren von zwei Vereinen; öffentliche Verkündigung der Ehren bei sämtlichen Vereinsfesten

Laub- oder Goldkranz

Laubkranz

Laubkranz

Laubkranz

Laubkranz

Neubürger

μέτοικος

Ehrungen insgesamt Laubkranz

59 Δημήτριος Δημητρίου

Λαοδικεύς

[– – –]χεύς

57 [– – –]

58 [– – –]

Status Sklave?

60 Δημήτριος Νικασίωνος

[– – –]ονος

56 [– – –]

55 Φιλουμενός

Σάμιος

Σαρδιανός

52 Κόρινθος

 Λυδός

53 Σαραπίων

51 Δαμᾶς

Name

Tab. 9 (fortgesetzt)

  403

Titel εὐεργέτας Titel εὐεργέτας Titel εὐεργέτας Titel εὐεργέτις Titel εὐεργέτας Titel εὐεργέτας Titel εὐεργέτας

Σάμιος

Τερμεσσεύς

Φασηλίτας

Φασηλῖτις

Σελγεύς

Σιδώνιος

80 Δημύλος

81 Ἀριστόβουλος

82 Δημήτριος

83 Θευδώρα Θευδώρου

84 Ζήνων

85 Πρότιμος

Χῖος

Χῖος

91 Νικασίων Ἀρχία

92 Καλλίστρατος Ἀρχία

94 [– – –]

Μέμφις

Titel εὐεργέτας

Σολίς

Χῖος

89 Εἰρήνη

90 Ἀρχίας

93 Ἄτταλος

Titel εὐεργέτας

Σολίς

88 Ὀλυμπιάς

Ehrung

Titel εὐεργέτας

Titel εὐεργέτας

Titel εὐεργέτας

Titel εὐεργέτας

Titel εὐεργέτας

Σολεύς

Σολεύς

86 Ἀγαθοκλῆς

Titel εὐεργέτας

Titel εὐεργέτας

87 Ἀντίπατρος Διῶς(?)

ἐγγενής

Titel εὐεργέτας

Περγαῖος

Πτολεμαιεύς

78 Ζηνόδοτος Κύδνου

79 Ἕρμων

Sklave?

Μῆδος

77 Δῶρος

Titel εὐεργέτας Titel εὐεργέτας

Κυζικηνός

Κῷος

75 Νικασίων

76 Θεύφιλος

Titel εὐεργέτις Titel εὐεργέτις

Ἐφεσία

Ehrungen insgesamt

Κεραμία

Status

73 Ἰσιγόνη

Ethnikon

74 Χρυσώ

Name

Tab. 9 (fortgesetzt)

IG XII 1, 955

ADelt B 22, 2, 1967, 538 Nr. 2

App. I 7 (= IG XII 1, 127)

App. I 7 (= IG XII 1, 127)

App. I 7 (= IG XII 1, 127)

App. I 7 (= IG XII 1, 127)

App. I 7 (= IG XII 1, 127)

IG XII 3, 141

App. I 7 (= IG XII 1, 127)

Maiuri, Nuova Silloge 192. 193

Pugliese Carratelli, Associazioni, Nr. 18

Suppl.Epigr.Rh. 77a

Maiuri, Nuova Silloge 206

IG XII 1, 385

IG XII 1, 384

Hiller, AM 21, 1896, 43 Nr. 12

IG XII 1, 35

Maiuri, Nuova Silloge 192. 193

Maiuri, ASAA 2, 1916a, 127 Nr. 4

App. I 7 (= IG XII 1, 127)

IG XII 1, 114

IG XII 1, 385

Beleg

404   Appendix III: Tabellen



Appendix III: Tabellen 

Tab. 10: Privilegien und Herkunft der Personen Herkunft

enktēsis

epidamia

Neubürger

Ägypten 2 1

1

2

Amastris

1

Antiochia

2

Apameia

1 1 2

Arados

1

Aspendos 1

Bruttium

1

Chios

3 1

1

3

1

Halikarnassos

1

Idumäa

1

Ilion

1

Jerusalem

1

1

Kalchedon 1

Kition

1

Kyzikos

1

Laodikeia

1

Makedonien

1

Megara

1

Milet

1

Mylassa

1

Myndos

1

2

Naukratis

1

Oroanda Phaselis

1 1 1

Römer

2

Rhodiapolis

1

Samos

1

Seleukeia

1

Soloi

2

Tenos

1 1

Kaunos

Perge

1 1

Astypalaia

Ephesos

sonstige Ehrungen

1

Aitolien Alexandria

proxenos

(1) 1 1

2

 405

prytaneion

200

242 u. 208/7

150

155–153

186

223 t.a.q. u. 202

250

100

57/56

50

0

22

50

100

150

200 n. Chr.

Hinter den Orten steht jeweils die Gesamtzahl der Belege in Klammern. Da die überwiegende Zahl der Belege nur auf ein halbes Jahrhundert genau zu datieren ist, markieren die grau schraffierten Flächen jeweils eine relative und kein absolute zeitliche Einordnung; dort wo absolute Datierungen möglich sind, wurde die Zahl jeweils angegeben.

Quellenbelege: prytaneion – IG XII 1, 85; I. Lindos 117; Maiuri, Nuova Silloge 2 und 3; Scrinzi, AttiVenezia 57, 1898, 259 Nr. 2; Pol. 15, 23, 3; 16, 15, 8. mastreion – I. Lindos 419; Tit.Cam. 110. hierothyteion – I. Magnesia 55; IG XII 4, 1, 232; IG XII 1, 846. 847. 848. 853; I. Lindos 281. 297. 305. 307. 330. 333. 389 a. 404. 407. 415. 436; Tit.Cam. 86. 112; Papachristodoulou 1989, 171 Nr. 7; IG XII 1, 1033; Segre, Historia 7, 1933, 577 Nr. 1; Robert, Inscription de Lycie, 215–217 Nr. 19.

–– Antiphellos (1)

–– Arkaseia (1)

–– Potidaion (1)

–– Ialysos (1)

–– Kamiros (2)

–– Lindos (15)

–– Rhodos-Stadt (2)

hierothyteion

–– Kamiros (1)

–– Lindos (1)

mastreion

–– Rhodos-Stadt (7)

300 v. Chr.

Tab. 11: Zeitliche Verteilung der Belege für die Existenz von prytaneion, mastreion und hierothyteion

406   Appendix III: Tabellen

Πάναμος

am 16. des Monats: Beschluss über die parakatathekē (Antragsteller: Hippias)

Δάλιος

Fest der Sminthien

Σμίνθιος

Βαδρόμιος

Πεδαγείτνυος

Θευδαίσιος

zu einem nicht näher bezeichnetem Zeitpunkt des Jahres sollen dieselben epistatai die Inschriften der Statuen verpachten

Beschluss über die Zulassung der Nichtbürger zur Choregie (Antragsteller: epistatai, unter Leitung des Hippias)

die amtierenden epistatai wählen fünf Männer; diese erhalten von dem Priester der Athana die im nakoreion aufbewahrten Bronze- und Eisengegenstände, die sie den mastroi und den Lindiern vor dem Verkauf zeigen müssen

Priester der Athana Lindia: Καλλίστρατος

Θεσμοφόριος

Priester der Athana Lindia: Ἀριστείδας

Καρνεῖος

Priester des Helios: Ῥοδοπείθης

Διόσθυος

Priester des Helios: Πλείσταρχος

Ἀρταμίτιος

Ἀγριάνιος Meldung von Spenden in den Volksversammlungen, die in diesem Monat stattfinden

Tab. 12: Zeitliche Korrelation von I. Lindos 419 und IG XII 1, 762 auf Grundlage der Rekonstruktion des rhodischen Kalenders durch Badoud 2015

 Appendix III: Tabellen   407

Ὑακίνθιος

3

32

Gesamt

1

1 (λά[φυρον])

1

1

λάφυρον ἐξ ἐνυπνίου

1

1

γέρας

12

6**

2

3*

1

?

* Das Votiv Jacopi, ClRh 2, 1932, 239 Nr. 152 wurde von drei Rhodiern gestiftet. ** Bei App. I 20 (= Jacopi, ClRh 2, 1932, 253 Nr. 213) könnte es sich um ein Kultgesetz oder eine Spenderliste handeln.

6

1

unklar 9

1

2

Polisinstitution 3

2 1

24

Nichtbürger ohne Ethnikon

4

χαριστήριον ἀπαρχάν

Bürger

6

εὐχάν

Nichtbürger mit Ethnikon

Motiv

Tab. 13: Anzahl der Dedikationen auf dem Ataviros

10

1

2

5

2

ohne

72

12

5

6

36

13

Gesamt

408   Appendix III: Tabellen

Πισίδας

Σάμιος

Σελγεύς

Σελγεύς

12 Σώφρων

13 Μάρων

14 [– – –]

Λαοδικεύς

10 Μένανδρος

11 Ἀπολλώνιος

Λαοδικεύς

9 Διονύσιος [μέτοι?]κος

μέτοικος

ἐνγενής

6 Πτολεμαῖος

Καβαλεύς

ἐγγενής

5 Κλεύδικος?

8 Ἑρμαῖος

ἐγγενὴς μέτοικος

4 Διονύσιος

Ἀντιοχεύς

ἐγγενής

3 [Ἀρι]στόβου[λος]

7 Μνάσων

ἐγγενής Μ̣[έτοικος?]

2 Ἀρχέμβροτος

Rechtsstatus μέτοικος

Ethnikon

1 Αἰνέας

Name

145–108 (Periode V)

85–augusteisch (Periode VIIa) 107–augusteisch (Periode VI–VIIa)

107–augusteisch (Periode VI–VIIa)

107–augusteisch (Periode VI–VIIa) 107–augusteisch (Periode VI–VIIa) 107–40 v. Chr.

198–161 (Periode III) 107–88/86 (Periode VI) 107–88/86 (Periode VI)

Datierung

es ist noch zwei weitere Male ein Ἑρμαῖος aus der Kabalis belegt; s. I. Lindos 690; IG XII 3, 68 (Telos) Maiuri, ASAA 8/9, 1925/26, 322 Nr. 5

Name ausschließlich für Rhodier belegt; u. a. ein Haliospriester Name gleichermaßen für Bürger und Nichtbürger belegt

Name ausschließlich für Rhodier belegt; u. a. ein Haliospriester Name gleichermaßen für Bürger und Nichtbürger belegt

onomastischer Befund

Appendix III: Tabellen 

Nilsson 1909, Nr. 371

Nicolaou 2005,Nr. 561 (= SEG 55.1535) Centre Alexandrin d’Étude des Amphores, Inv. ALEX ABC 0374.16

Nilsson 1909, 104

Centre Alexandrin d’Étude des Amphores, Inv. ALEX ABC 0346.14 Centre Alexandrin d’Étude des Amphores, Inv. ALEX ABC 0346.07 Nilsson 1909, Nr. 317, 1–5; TD 4744 Centre Alexandrin d’Étude des Amphores, Inv. ALEX ABC 0348.27; vgl. auch Nilsson 1909, Nr. 258 (Καβαλέ[ως]) Centre Alexandrin d’Étude des Amphores, Inv. ALEX ABC 0118.30 Nilsson 1909, Nr. 301,1–2

Sztetyllo, Nea Paphos I, 28 Nr. 6

Centre Alexandrin d’Étude des Amphores, Inv. ALEX ABC 0313.30 Centre Alexandrin d’Étude des Amphores, Inv. ALEX ABC 0095.13 Centre Alexandrin d’Étude des Amphores, Inv. ALEX MGR P. 16606

Beleg

Tab. 14: Fabrikantenstempel von Nichtbürgern, bei denen ein Ethnikon oder ein Rechtsstatus vermerkt ist

  409

410 

 Appendix III: Tabellen

Tab. 15: Namensliste der Fabrikanten, die als Nichtbürger identifiziert werden können. Aufgenommen wurden ausschließlich Namen, die nicht in der rhodischen Onomastik belegt sind, sowie solche, denen auf den Amphorenstempeln zusätzlich ein Ethnikon oder Rechtsstatusvermerk beigegeben ist (metoikos, engenēs). Grau hinterlegte Felder markieren Namen, die epigraphisch für Nichtbürger in Rhodos belegt sind. Name

Datierung

Name

Datierung

1

Ἀγαθήμερος

107–88/86

32

Δάζιμος

2. Jh. v. Chr.

2

Ἀγαθόνικος

198–146?

33

Δαμᾶς

145–88/86

3

῾Αγησίλαος

145–108

34

Δαναός

310–210

4

῾Αγησίλας

234–199

5

῎Αθως

145–108

35

Διονύσιος ἐγγενὴς μέτοικος

6

Αἰνέας μέτοικος

198–161

36

Διονύσιος Λαοδικεύς

107–40

Δημοσθένης

145–108

7

Αἶνος

145–108

37

8

Αἴσωπος

198–161

38

Δικαῖος

304–199

9

῞Αλινος

145–88/86

39

Δῖος I

198–161

10

Ἀλκισθένης

304–271

40

Δῖος II

145–108

11

῎Ακρος

145–108

41

Δῖος III

145–88/86

12

Ἀμμώνιος

145–108

42

Δίσκος I

234–199

13

Ἀναξιππίδας

145–108

43

Δίσκος II

198–161

14

Ἀνδρικός

152–108

44

Διτᾶς

15

Ἀννίβας

145–88/86

45

Δόκιμος

198–161

16

Ἀντίων

46

Δρακοντίδας?

160–108

17

῎Αξιος

47

Δρακοντομένης

145–108?

48

Δρόμων

304–199

107–88/86

49

Δωρίων

198–146

246–235

18

Ἀπολλώνιος Πισίδας

19

Ἀρεταῖος

20

[Ἀρι]στόβου[λος] ἐγγενής

107–88/86

50

῾Ελίκων

160–108

21

Ἀρτίμας

145–108

51

῾Ερμαῖος I

234–199

22

Ἀρχέμβροτος ἐγγενής

107–88/86

52

῾Ερμαῖος II

198–161

23

῎Αστος

270–247

53

῾Ερμαῖος III Καβαλεύς

107–40

24

῎Ατταλος

145–108

54

῾Ερμαΐσκος

107–88/86

25

Ἀττινᾶς

304–199?

55

῾Ερμόχαρις

198–146

26

Ἀφροδίσιος I

234–199

56

Ἐρυμνεύς

145–108

27

Ἀφροδίσιος II

145–108

57

Εὔαρχος

198–161

28

Ἀφροδίσιος III

107 – augusteisch

58

Εὔβιος

200–150 und später?

29

Βοΐσκος

304–235

59

Εὔδοξος

304–199

30

Βόσπορος

145–88/86

60

Εὔϊος

234–161

31

Βρόμιος

160–108

61

Εὔπορος

?



Appendix III: Tabellen 

 411

Tab. 15 (fortgesetzt) Name

Datierung

Name

Datierung

62

Εὐσύης

160–108

96

Μαζαῖος

107–88/86

63

Εὔτακτος

145–108

97

Μάρων Σελγεύς

145–108

64

Εὔτυχος

240–210

65

Ζέφυρος

198–161

98

Μάης

2./1. Jh. v. Chr.

66

Ζηνίων I

234–199

99

Μάνης

152–146

67

Ζηνίων II

160–146

68

῾Ηρακλέων

145–108

100

Ματρόδωρος/ Μητρόδωρος

145–108

69

Θαλῆς? I

304–235

101

Μένανδρος Λαοδικεύς

107–40

70

Θαλῆς? II

198–161

102

Μενίσκος

304–199?

71

Θόας

160–108?

103

Μηνογένης

72

Θεμίσων

145–88/86?

107–88/86; 85–40

73

Θεμιστᾶς

234–199?

104

Μηνόθεμις (f.)

175–150 (LGPN)

74

Θεόφιλος

107–40?

105

Μίδας

145–108

75

Θευδᾶς

107–88/86?

106

Μιθραῖος

145–108

76

Θίασος

198–161

107

Μίκκαλος

145–88/86

77

Ἰδαῖος

246–220

108

Μνάσων Ἀντιοχεύς

107–88/86

78

῾Ιέραξ

145–108

109

Μοίριχος

209–199

79

Ἰμᾶς

160–146

80

Ἰσίδωρος?

152–146

110

Μόλεσις

210–175 (LGPN)

81

῎Ιστρος

198–161

111

Νεῖλος

209–199

82

῎Ιων

304–235

112

Νεμονήϊος

304–234?

83

Κάλλων

145–133

113

Νόμας

84

Κάρπος

145–108

85

Κεφάλων

240–210

114

Νύσιος

175/3– 169/167; 145–133

86

Κόσμος

210–175 (LGPN)

115

Ὀνάσιμος I

270–247

116

Ὀνάσιμος II

160–108

Κότης

234–199?; 198–161

117

Ὀνάσιμος III

107–88/86

118

Ὀνασίοικος

198–146

119

Παγχάρης

145–133

120

Παπᾶς

160–146

121

Πάτρων

145–108

122

Πέλοψ

145–108

123

Πίστος I

160–146

124

Πίστος II

304–199?

87 88

Κροῖσος

304–199

89

Κῶκος

145–108

90

Κῶμος

160–146

91

Ληναῖος

145–108?

92

Λίνος

145–108

93

Λόγος

304–235

94

Λυκίσκος

107–88/86

95

Λύσιππος

412 

 Appendix III: Tabellen

Tab. 15 (fortgesetzt) Name

Datierung

125

Πλοῦτος

107–88/86; 85–40

Name

Datierung

155

Τμῶλος

2./1. Jh. (LGPN)

126

Ποσίδεος

270–247

156

Φύλης

3. Jh. v. Chr.

246–235; 234–220

157

Φιλώτας

127

Ποταμοκλῆς

145–108

128

Πράξιος

158

Χηνίων

145–108

159

Χρήσιμος

129

Πρίαμος

234–199

160

Ψάφων

304–235

161

[– – –] Σελγεύς

130

Πρόθυμος

240–210 (LGPN)

131

Πρῶτος

132–121

132

Πτολεμαῖος ἐνγενής

133

Πύρριχος

304–235

134

Πύρρος

304–235

135

Ῥόδων? I

219–210

136

Ῥόδων? II

132–121

137

Σάμος

234–199

138

Σαραπίων

177/173– 169/167

139

Σέμνος

198–161

140

Σθεννίδας

234–199

141

Σίνδης

145–108

142

Σκίρτος

145–108

143

Στάχυς

107–augusteisch

144

Στέφανος

107–88/86

145

Στρατόνικος

234–199

146

Στύραξ

85–40

147

Σύριος

145–108

148

Σφαῖρος

160–146

149

Σωσύλος

145–88/86?

150

Σώταιρος

145–108

151

Σωτηρίδας

234–220

152

Σωτήριχος

240–175 (LGPN)

153

Σώφρων Σάμιος

154

Ταυρίσκος

310–240

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https://doi.org/10.1515/9783110572681-016

414 

 Quellen- und Literaturverzeichnis

Hiller, AEMÖ 18, 1895 = F. Hiller von Gaertringen, Neue Inschriften aus Rhodos, Archäologischepigraphische Mitteilungen aus Österreich-Ungarn 18, 1895, 121–127 Hiller, AEphem 1914 = F. Hiller von Gaertringen, Ἐπιγραφαί Ῥόδου, Θήρας, Νάξου, Ἀρκαδίας, AEphem 1914, 130–135 Hiller, AM 20, 1895 = F. Hiller von Gaertringen, Inschriften aus Rhodos, AM 20, 1895, 222–229, 377–396 Hiller, AM 21, 1896 = F. Hiller von Gaertringen, Inschriften aus Rhodos, AM 21, 1896, 39–66 Hiller, AM 23, 1898 = F. Hiller von Gaertringen, Inschriften aus Rhodos, AM 23, 1898, 390–403 Hiller, ARW 27, 1929 = F. Hiller von Gaertringen, Rhodische Priesterlisten und Feste, Archiv für Religionswissenschaft 27, 1929, 349–350 Hiller, ÖJh 9, 1906 = F. Hiller von Gaertringen, Inschrift von Rhodos, ÖJh 9, 1906, Sp. 85–88 Hiller, ÖJh 4, 1901 = F. Hiller von Gaertringen, Inschriften aus Rhodos, ÖJh 4, 1901, 159–166 Hiller – Saridakis, AM 25, 1900 = F. Hiller von Gaertringen – S. Saridakis, Inschriften aus Rhodos, AM 25, 1900, 107–110 HTC = A. Bresson – P. Brun – E. Varinlioğlu, Les inscriptions grecques et latines, in: P. Debord – E. Varinlioğlu (Hrsg.), Les Hautes Terres de Carie (Bordeaux 2001) 81–241 I. Cret. I = M. Guarducci (Hrsg.), Inscriptiones Creticae 1. Tituli Cretae mediae praeter Gortynios (Rom 1935) I. Cret. III = M. Guarducci (Hrsg.), Inscriptiones Creticae 3. Tituli Cretae orientalis (Rom 1942) I. Délos = P. Roussel – M. Launey (Hrsg.), Inscriptions de Délos. Décrets postérieurs à 166 av. J.-C. (nos. 1497–1524). Dédicaces postérieures à 166 av. J.-C. (nos. 1525–2219) (Paris 1937) I. Delta = A. Bernand, Le Delta égyptien d’après les textes grecques I. Les confins libyques (Kairo 1970) I. Dor. Ins. = W. Peek, Inschriften von den Dorischen Inseln, Abhandlungen der Sächsischen Akademie der Wissenschaften zu Leipzig. Philologisch-historische Klasse 62, 1 (Berlin 1969) IG = Inscriptiones Graecae IGUR I = L. Moretti, Inscriptiones graecae urbis Romae I (Rom 1968) I. Iasos = W. Blümel, Die Inschriften von Iasos, IGSK 28 (Bonn 1985) I. Kallatis = A. Avram, Inscriptiones Daciae et Scythiae Minoris antiquae. Series altera: Inscriptiones Scythiae Minoris graecae et latinae 3. Callatis et territorium (Bukarest 2000) I. Kaunos = Ch. Marek, Die Inschriften von Kaunos, Vestigia 55 (München 2006) I. Keramos = E. Varinlioğlu, Die Inschriften von Keramos, IGSK 30 (Bonn 1986) I. Knidos = W. Blümel, Die Inschriften von Knidos I, IGSK 41 (Bonn 1992) I. Lindos = Ch. Blinkenberg, Lindos. Fouilles et recherches, 1902–1914. Inscriptions (Kopenhagen 1941) I. Magnesia = O. Kern, Die Inschriften von Magnesia am Maeander (Berlin 1900) I. Milet I 3 = A. Rehm, in: G. Kawerau – A. Rehm, Das Delphinion in Milet, Milet 1, 3 (Berlin 1914) 162–406 I. Milet VI 2 = P. Herrmann – N. Ehrhardt – W. Günther, Inschriften von Milet: Inschriften n. 1020–1580, Milet 6, 3 (Berlin 2006) I. Olympia = W. Dittenberger – K. Purgold, Die Inschriften von Olympia, Olympia 5 (Berlin 1896) I. Peraia = W. Blümel, Die Inschriften der rhodischen Peraia, IGSK 38 (Bonn 1991) I. Pérée = A. Bresson, Recueil des inscriptions de la Pérée rhodienne (Paris 1991) I. Priene2 = W. Blümel – R. Merkelbach, Die Inschriften von Priene, IGSK 69 (Bonn 2014) I. Selge = J. Nollé – F. Schindler, Die Inschriften von Selge, IGSK 37 (Bonn 1991) I. Thrac. Aeg. = L. D. Loukopoulou – M. G. Parisaki – S. Psōma – A. Zournatzi (Hrsg.), Επιγραφές της Θράκης του Αιγαίου: μεταξύ των ποταμών Νέστου και Έβρου (νομοι Ξάνθης, Ροδόπης και Έβρου) (Athen 2005) I. Tralleis = F. B Poljakov, Die Inschriften von Tralleis und Nysa, IGSK 36, 1 (Bonn 1989)



Epigraphische Quellen 

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 Quellen- und Literaturverzeichnis

Reinach, REG 1903 = Th. Reinach, Inscriptions grecques III. Inscriptions de Rhodes, REG 16, 1903, 184–187 Reinach, REG 1906 = Th. Reinach, Inscription de Rhodes, REG 19, 1906, 24 Rhamnous II = V. Ch. Petrakos, O δήμoς τoυ Ραμνoύντoς: σύνoψη των ανασκαφών και των ερευνών 1813–1998 II. Οι επιγραφές (Athen 1999) Rizakis, Achaïe = A. D. Rizakis, Achaïe III. Les cités achéennes: épigraphie et histoire (Athen 2008) Robert, BCH 1933 = L. Robert, Sur des inscriptions de Chios, BCH 57, 1933, 505–543 Robert, Inscription de Lycie = L. Robert, Hellenica XIX. Inscription de Lycie, RPhil 65, 1935, 215–217 Ross, Hellenika = L. Ross, Hellenika 1 Heft 2: Inschriften (Halle 1846) 93–117 Scrinzi, AttiVenezia 57, 1898 = A. Scrinzi, Iscrizioni greche inedite di Rodi, AttiVenezia 57, 1898, 251–286 SEG = Supplementum Epigraphicum Graecum Segre, BarchAlex 34, 1941 = M. Segre, Il culto rodio di Alessandro e die Tolomei, BSAA 34, 1941, 29–39 Segre, ClRh 8, 1936 = M. Segre, Dedica votiva dell’equipaggio di una nave rodia, ClRh 8, 1936, 227–244 Segre, Historia 7, 1933 = M. Segre, Iscrizione di Scarpanto, Historia. Studi storici per l’antichità classica 7, 1933, 577–588 Segre, Rfil 60, 1932 = M. Segre, Due novi testi storici, Rfil 60, 1932, 452–461 SGDI = H. Collitz – F. Bechtel, Sammlung der griechischen Dialektinschriften (Göttingen 1884–1915) Sokolowski = F. Sokolowski, Lois sacrées de cités grecques (Paris 1969) Sokolowski Suppl. = F. Sokolowski, Lois sacrées de cités grecques. Supplément (Paris 1962) Suppl.Epigr.Rh. = G. Pugliese Carratelli, Supplemento epigrafico rodio, ASAtene 30/32, N.S. 14–16, 1952–54, 247–316 Susini, ASAA 41/42, 1963/64 = G. Susini, Supplemento epigrafico di Caso, Scarpanto, Saro, Calchi, Alinnia e Tilo, ASAA 41/42, 1963/64, 203–293 Tit.Cam. = M. Segre – G. Pugliese Carratelli, Tituli Camirenses, ASAA 27–29, 1949–1951, 141–318 Tit.Cam.Suppl. = G. Pugliese Carratelli, Tituli Camirenses. Supplementum, ASAtene 30/32, N.S. 14–16, 1952–54, 211–246 TD = Timbres amphorique de Délos, abrufbar über Whitehead, ZPE 131, 2000 = D. Whitehead, Five (?) Unpublished Greek Inscriptions in H. P. Borrell’s Notebook, ZPE 131, 2000, 80–82 Wilhelm, ÖJh 11, 1908 = A. Wilhelm, Inschriften aus Halikarnassos und Theangela, ÖJh 11, 1908, 53–74 Zervaki, Δωδεκανησιακά Χρονικά 26, 2014 = Ph. Zervaki, Ενεπίγραφος βωμός των ελληνιστικών χρόνων και ενδείξεις για την εβραϊκή παρουσία στη Ρόδο, Δωδεκανησιακά Χρονικά 26, 2014, 86–106

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Nachschlagewerke 

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Aristeid. = Aelii Aristidis Smyrnaei quae supersunt omnia 2. Orationes XVII–LIII continens, ed. von B. Keil (Berlin 1898; Nachdr. 1958) [Aristot.] = [Aristotele], Meccanica, ed. und übers. von M. F. Ferrini (Mailand 2010) Aristot. eth. Nic. = Aristoteles, Nikomachische Ethik, hrsg. und übers. von O. Gigon 2(Düsseldorf 2007) Aristot. pol. = Aristotelis politica, ed. von W. D. Ross (Oxford 1957; Nachdr. 1964) Athen. = Athenaei Naucratitae Deipnosophistarum libri XV, Bd. 1, ed. von G. Kaibel, (Leipzig 1887; Nachdr. 1965) Athen. Mech. = Griechische Poliorketiker, hrsg. und übers. von R. Schneider (Berlin 1912) Dio Chrys. = Dionis Prusaensis quem vocant Chrysostomum quae exstant omnia 1, ed. von J. von Arnin (Berlin 1893; Nachdr. 1962) = Dion Chrysostomos. Sämtliche Reden, übers. und erl. von W. Ellinger (Zürich 1967) Diog. Laert. = Diogenis Laertii vitae philosophorum, ed. von H. S. Long (Oxford 1964) Diod. = Diodori, Bibliotheca Historica, ed. von F. Vogel – C. Th. Fischer post I. Bekker – L. Dindorf (Leipzig 1888–1906; Nachdr. 1964) = Diodoros, Griechische Weltgeschichte: Buch XVII–XX, übers. von O. Veh: Buch XVIII und XIX; G. Wirth: Buch XX (Stuttgart 2005) Geminos = Géminos. Introduction aux phénomènes, ed. und übers. von G. Aujac (Paris 1975) Hell. Oxyrh. = Hellenika von Oxyrhynchos, hrsg., übers. und komm. von Ralf Behrwald (Darmstadt 2005) Ios. = Flavii Iosephi opera, ed. von B. Niese (Berlin 1887–95; Nachdruck 1955) Liv. = Livius, Ab Urbe Condita, Libri XXXI–XL, ed. von J. Briscoe, (Stuttgart 1991) Lykurg. = Lykurg, Rede gegen Leokrates, hrsg. und übers. von J. Engels (Darmstadt 2008) Pol. = Polybii Historiae, ed. von Th. Büttner-Wobst (Leipzig 1889–1905; Nachdr. 1962–1967) = Polybios Geschichte, übers. von H. Drexler ²(Zürich 1979) Polyain. = Polyaeni Strategematon libri VIII, ed. von J. Melber – E. Woelfflin (Leipzig 1887) Ptol. = Claudii Ptolemaei Geographia, ed. von C. F. A. Nobbe (Leipzig 1843–1845; Nachdr. 1966) Strab. = Strabons Geographika 4, Buch XIV–XVII, hrsg. und übers. von S. Radt (Göttingen 2005) Thuk. = Thukydides, Geschichte des Peloponnesischen Krieges, übers. von G. P. Landmann (München 1993) Xen. Ephesiaka = Xénophon d’Éphèse, Les Éphésiaques ou le roman d’Habrocomès et d’Anthia, ed. und übers. von G. Dalmeyda (Paris 1926) Xen. hell. = Xenophon, Hellenika, griechisch-deutsch, hrsg. von G. Strasburger 4(Düsseldorf 2005)

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 Quellen- und Literaturverzeichnis

Literatur Berichte aus den Χρονικά des Αρχαιολογικόν Δελτίον (ADelt A), dem Bulletin Épigraphique (BE), dem Bulletin Amphorique (BA) sowie den Archaeological Reports (AR) sind jeweils mit vollständiger bibliographischer Angabe im Fußnotenapparat angegeben und wurden nicht nochmals in das Literaturverzeichnis aufgenommen. Adak 2003 = M. Adak, Metöken als Wohltäter Athens. Untersuchungen zum sozialen Austausch zwischen ortsansässigen Fremden und der Bürgergemeinde in klassischer und hellenistischer Zeit (ca. 500–150 v. Chr.), Quellen und Forschungen zur antiken Welt 40 (München 2003) Adak 2007 = M. Adak, Die rhodische Herrschaft in Lykien und die rechtliche Stellung der Städte Xanthos, Phaselis und Melanippion, Historia 56, 3, 2007, 251–279 Adornato 2011 = G. Adornato, Akragas arcaica. Modelli culturali e linguaggi artistici di una città d’Occidente (Mailand 2011) Ameling 1990 = W. Ameling, »Koinon ton Sidonion«, ZPE 81, 1990, 189–199 Aneziri 2003 = S. Aneziri, Die Vereine der dionysischen Techniten im Kontext der hellenistischen Gesellschaft: Untersuchungen zur Geschichte, Organisation und Wirkung der hellenistischen Technitenvereine, Historia Einzelschriften 163 (Stuttgart 2003) Aneziri 2012 = ThesCRA VIII (2012) 69–75 s. v. Kulte in den griechischen Vereinen (S. Aneziri) Arnaoutoglou 1994 = I. Arnaoutoglou, ΑΡΧΕΡΑΝΙΣΤΗΣ and its Meaning in Inscriptions, ZPE 104, 1994, 107–110 Arnaoutoglou 1998 = I. Arnaoutoglou, Between koinon and idion: Legal and Social Dimensions of Religious Associations in Ancient Athens, in: P. Cartledge – P. Millet – S. von Reden (Hrsg.), Kosmos: Essays in Order, Conflict, and Community in Classical Athens (Cambridge 1998) 68–83 Arnaoutoglou 2003 = I. Arnaoutoglou, Thusias heneka kai sunousias. Private Religious Associations in Hellenistic Athens (Athen 2003) Arnaoutoglou 2011 = I. Arnaoutoglou, »Ils étaient dans la ville, mais tout à fait en dehors de la cité«. Status and Identity in Private Religious Associations in Hellenistic Athens, in: O. M. van Nijf – R. Alston (Hrsg.), Political Culture in the Greek City After the Classical Age (Löwen 2011) 27–48 Arnaoutoglou 2012 = I. Arnaoutoglou, Cultural Transfer and Law in Hellenistic Lycia: The Case of Symasis’ Foundation, in: B. Legras (Hrsg.), Transferts culturels et droits dans le monde Grec et hellénistique. Actes du colloque international Reims, 14–17 mai 2008 (Paris 2012) 205–224 Ascough – Harland – Kloppenborg 2012 = R. S. Ascough – Ph. A. Harland – J. S. Kloppenborg Associations in the Graeco-Roman World: a Sourcebook (Berlin 2012) Ashton 1995 = N. G. Ashton, Ancient Megisti (The Forgotten Kastellorizo) (Nedlands 1995) Avram 2008 = A. Avram, Some Thoughts about the Black Sea and the Slave Trade before the Roman Domination (6th–1st centuries BC), in: V. Gabrielsen – J. Lund (Hrsg.), The Black Sea in Antiquity: Regional and Interregional Economics Exchanges (Aarhus 2008) 239–251 Badoud 2010 = N. Badoud, Une famille de bronziers originaire de Tyr, ZPE 172, 2010, 125–143 Badoud 2011a = N. Badoud, L’intégration de la Pérée au territoire de Rhodes, in: N. Badoud (Hrsg.), Philologos Dionysios: mélanges offerts au professeur Denis Knoepfler (Genf 2011) 533–566 Badoud 2011b = N. Badoud, Les Tyriens dans l’épigraphie de Rhodes, in: P.-L. Gatier – J. Aliquot – L. Nordiguian (Hrsg.), Sources de l’histoire de Tyr. Textes de l’Antiquité et du Moyen Âge (Beirut 2011) 63–72 Badoud 2013 = N. Badoud, Le fabricant Dioklès et la place des femmes dans le système de timbrage rhodien. À propos d’une découverte faite à Tyras (Ukraine), in: L. Buzoianu – V. Lungu – P. Dupont (Hrsg.), Patabs III. Production and trade of amphorae in the Black Sea = Production

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438 

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Stellenregister Autoren Ain. Takt. 10, 2: 122 [Aischin.] epist. 5, 1–2: 73 6, 1: 73 9: 304 12: 309 App. civ. 4, 71–72: 278 4, 73: 51. 228 5, 1, 2: 279 App. Mithr. 26: 264 96: 279 Apollodoros 3, 2, 1: 260 Aristeid. 24, 56–57: 57 25, 28: 255 Aristot. eth. Nic. 1160a: 98 Aristot. Pol. 1291b25–30: 47 1331a 15 – 1331 b 15: 17 [Aristot.] 850 b 10: 297 Athen. 3, 74: 269 Athen. Mech. 8, 9–13: 279 Diod. 5, 59: 266 5, 62–63: 196. 197 13, 16, 4 –5: 281. 282 19, 45, 4: 81 19, 64, 5: 284 20, 81, 2: 278 20, 83, 3–4: 191. 300 20, 84, 2: 62 20, 84, 3: 92. 191. 232 20, 84, 5: 294 20, 85, 4: 279 20, 88, 3–4: 54. 295 20, 88, 9: 62. 266 https://doi.org/10.1515/9783110572681-017

20, 93, 1: 190 20, 93, 2: 284 29, 93, 4–5: 284 20, 93, 6: 82 20, 94, 3–5: 61 20, 94, 5: 296 20, 97, 5: 295 20, 98, 1: 62. 269 20, 100, 1: 92 20, 100, 2: 82 20, 100, 1–2: 191 20, 100, 4: 191. 236 Dion Chrys. 31, 3: 65 31, 8: 204 31, 102–103: 287 31, 103: 61. 269 31, 108: 211 31, 110: 322 31, 122: 57 31, 147: 204 161–162: 13 162–163: 57 Diog. Laert. 4, 53: 237 10, 15–22: 157 FGrH 90 F 137 (Apollonios): 45 FGrHist 485 F7 (= Athen. 6, 82): 197 FGrH 566 F 39 a (Timaios): 264 FGrH 566 F 39 b (Timaios): 269 Geminos 17, 2–5: 266 Hell. Oxyrh. 18, 2: 26. 81 Ios. ant. Iud. 16, 6, 31: 279 Ios. bell. Iud. 1, 422: 279 Liv. 31, 15, 7: 44 33, 18, 1–3: 287 37, 12, 7–8: 54 37, 16: 290 37, 22, 5: 280

440 

 Stellenregister

27, 23, 2: 281 Lykurg. 14: 66 145: 72 Lys. 21, 9, 14: 72 Pind. O. 7: 269 Plin. n.h. 33, 115: 200 35, 81, 3: 313 Plut. Marc. 30, 6–8: 204 Pol. 5, 88, 6: 27 5, 88, 8: 81 9, 27, 7: 264 12, 25, 3: 269 15, 23, 3: 211. 406 16, 5, 6–7: 54 16, 9, 2: 54 16, 15, 8: 211 16, 26, 8–9: 44 20, 6, 5–6: 176 21, 43, 16: 33 22, 5: 49. 58 25, 4, 8–9: 282 27, 3, 3: 54 27, 14: 49 28, 2: 49 28, 16: 49 29, 11, 6: 210 30, 4: 49 30, 9, 13–14: 86 30, 31, 4: 51 30, 31, 20: 51 31, 4, 3: 33 31, 31, 1–3: 237 Polyain. 5, 17, 2: 279 5, 27: 289 Ps.-Skylax 99: 398 Ptol. Geographia 4, 8, 31: 84 Strab. 14, 2, 5: 239. 278. 279 14, 2, 12: 266 14, 2, 13: 29

Suet. Tib. 11: 240 Thuk. 7, 70, 3: 281 7, 70, 6: 281 Vitr. 6, pr. 1: 236 Xen. Ephesiaka 5, 11, 2–3: 205 5, 12, 1: 205 Xen. hell. 2, 1, 15: 64

Papyri P. Herc. 1021: 168 P. Oxy 50, 3593: 230

Inschriften Adak – Tüner-Önen – Şahin, Phaselis, Nr. 1: 59 Nr. 15: 59 ADelt B 21, 2, 1966, 441: 258 ADelt B 22, 2, 1967, 538 Nr. 2: 138. 312. 392. 404 538 Nr. 3: 381 538 Nr. 6: 166. 380 538 Nr. 9 a: 350. 371. 395 538 Nr. 134 d: 372 ADelt B 23, 2, 1968, 445: s. App. I 8 ADelt B 24, 2, 1969, 461: 107. 228. 340 470 Nr. 2 a: 383 470 Nr. 2 b: 386 470 Nr. 2 d: 386 470 Nr. 2 h: 376. 397 470 Nr. 3 a: 367 470 Nr. 4: 386 470 Nr. 7, 2: 385 472 Nr. 4: 360

Stellenregister 

483 b1: 265 ADelt B 25, 2, 1970, 515 A: 385 518 Nr. 2: 169. 369 524,  1: s. App. I 1 ADelt B 26, 2, 1971, 539 Nr. 2: 131. 300 ADelt B 29, 1973/74, 962 Nr. 3: 377 974: 389 977 Nr. 6: 70 ADelt B 32, 1977, 356 b: 70. 376. 377 365: 392 366, 2: 354. 391 366, 4: 384 369, 10: 364 371: 173 371 Nr. 1: 378. 392 372: 156. 359 ADelt B 33, 1978, 404: 166. 350. 387 405: 381 ADelt B 34, 1979, 433: 84. 374. 387 434: 363 445: 372 ADelt B 38, 1983, 395: 42. 286. 358. 382. 383 ADelt B 39, 1984, 323: 362 325: 85. 358. 372. 386 325, 3: 156 325, 4: 156. 368 ADelt B 42, 1987, 593: 268 597: 369 601: 56 607: 361 610: 389 ADelt 43 B, 1988, 601: 369 603: 392 ADelt B 44, 2, 1989, 497: 387 511: 265 ADelt B 46, 1991, 471: 352 473: 380

 441

497: 361 ADelt B 48, 2, 1993, 538: 353. 382. 395 ADelt B 51, 2, 1996, 703: 312 ADelt B 55, 2000, 1140: 360 1143 f.: 360. 394 ADelt B 56–59, 2001–2004, 27: 362 AE 1947 Nr. 56: 119 App. I 1: 60. 78. 211. 248. 324–326. 350 2: 240. 326 3: 239. 326. 327 4: 50. 205. 235. 327. 328 5: 26. 44. 70. 71. 72. 77. 90. 117. 144. 146. 166. 168. 221. 238. 328–332 6: 119. 166. 332–334. 383 7: 29. 80. 82. 110. 111. 119. 136. 139. 141. 176. 232. 256. 334–336. 368. 403. 404 8: 104. 258. 337 9: 111. 128. 135. 201. 248. 253. 337–339. 400 10: 286. 324. 339. 340 11: 165. 340. 341 12: 135. 341. 342 13: 33. 34. 342. 394 14: 248. 342. 343 15: 34. 37. 81. 200. 203. 218. 268. 284. 296. 343. 344. 384. 394 16: 37. 345. 394 17: 262. 345. 346 18: 346 19: 261. 347. 348 20: 348 Arnaoutoglou 2012: s. Parker 2010 Badoud 2015, 358 f. Nr. 16: s. Bringmann – von Steuben, 240 f. Nr. 210 424 f. Nr. 49: s. I. Lindos 169 Badoud, Hedenborg, 32 Nr. 7: 360. 384 34 Nr. 21: 349 35 Nr. 22: 351 35 Nr. 23: 354 35 Nr. 24: 355 35 Nr. 25: 359

442 

 Stellenregister

35 Nr. 26: 360 35 Nr. 27: 365 35 Nr. 28: 376 36 Nr. 29: 388 36 Nr. 30: 390 36 Nr. 32: 392 BCH 24, 1900, 253 Nr. 1: 313 Bean, AnzWien 99, 1962, 7 Nr. 5: 264 Berges, Rundaltäre, Nr. 140: 323. 402 Nr. 142: 384 Nr. 143: 378. 396 Nr. 149: 356 Nr. 165: 361. 371 Nr. 183: 374 Nr. 193: 392 Nr. 195: 88. 155 Nr. 198: 393 Nr. 205: 352. 403 Nr. 211: 381 Nr. 228: 359 Nr. 224: 370 Nr. 264: 176 Nr. 268: 382 Nr. 275: 362 Blümel, ADerg 2, 1994, Nr. 32: 314 Blümel, EpigrAnat 2002: 153. 306. 308 Blümel, EpigrAnat 2004, 16 f. Nr. 22: 65 Blümel, I. Peraia Addenda 95: 391 Bresson 2004, 225–228: 68 Bringmann – Steuben, Schenkungen, 240 f. Nr. 210: 78. 79. 113 Bricault, RICIS, Nr. 204/0101: s. Hiller, AM 23, 1898, 391 Nr. 53 Nr. 204/0111: 364 Nr. 205/0401: s. IG XII 2, 511 Bricault, RICIS Suppl. II, Nr. 204/1012: s. IG XII 4, 3, 2813 Nr. 204/0113: s. Fantaoutsaki 2011, 49 Nr. 204/0114: s. Fantaoutsaki 2011, 49 Nr. 204/0218: s. IG XII 1, 742

Chaviaras, AEphem 1913, 9 Nr. 7: 42. 234 9 f. Nr. 9: 282 11 Nr. 17: 381 11 Nr. 19: 388 15 Nr. 48: 363 Chaviaras, AEphem 1915, 128 f. Nr. 1: 279 130 Nr. 6: 375 130 Nr. 14: 273 Chaviaras – Hiller, ÖJh 7, 1904, 86: 66 CIL 3, 7166: s. Susini, ASAA 41/42, 1963/64, 217 Nr. 1 12266: 125 Dimitrova 2008, 126–128 Nr. 50: s. IG XII 1, 186 35–37 Nr. 9: s. IG XII 8, 162 Dunant – Pouilloux, Recherches II, Nr. 172: 79 Fantaoutsaki 2004, 44 f.: 356 Fantaoutsaki 2011, 49: 205 Fantaoutsaki 2014, 69: 60. 74. 179. 211. 248. 325. 350. 352. 353. 361. 395. 401. 402 85: 177. 395 Foucart, Inscriptions inédites I, 357 f.: s. IG XII 1, 114 Fraser 1977, 19: 362 32 Anm. 171: 385 Grzybek 2008, 68 f.: 106 72: 107 Hatzfeld, BCH 34, 1910, 242 Nr. 1: 381. 395 243 Nr. 7: 392 243 Nr. 11: 372 244 Nr. 13: 373 244 Nr. 14: 371 245 Nr. 24: 376 246 Nr. 30: 373 247 Nr. 37: 381 Hauvette-Besnault – Pottier, BCH 4, 1880, Nr. 21: 113

Stellenregister 

Held, EpigrAnat 2003, Nr. 2: 268 Nr. 3: 398 Nr. 21: 196. 304 Nr. 30: 306 Nr. 31: 306 Hiller, AEMÖ 18, 1895, 121 f. Nr. 1: 127 Hiller, AEphem, 1914, 130 Nr. 1: 207 Hiller, AM 20, 1895, 382–386 Nr. 4: 51. 291. 300 Hiller, AM 21, 1896, 41 Nr. 8: 147. 380 41 Nr. 9: 235. 323 43 Nr. 11: 154 43 Nr. 12: 404 47 Nr. 24: 366 47 Nr. 25: 396 48 Nr. 31: 29 49 Nr. 36: 29 Hiller, AM 23, 1898, 391 Nr. 53: 226 394 Nr. 64: 396 396 Nr. 72: 193 398 Nr. 81: 402 398 Nr. 82: 42 398 Nr. 83: 362 399 Nr. 86: 273. 396 399 Nr. 87: 385 399 Nr. 88: 42 399 Nr. 89: 72 400 Nr. 90: 392 Hiller, ARW 27, 1929, 349 f.: 28 Hiller, ÖJh 4, 1901, 162 Nr. II: 370 163 Nr. 2: 292 Hiller, ÖJh 9, 1906, Sp. 85–88: 131 Hiller – Saridakis, AM 25, 1900, 109 f. Nr. 108: 85. 110. 117. 124. 142. 205. 256. 323. 336. 375 HTC 1: 280 7: 325 9: 33. 325 10: 33 13: 33

 443

16: 31 17: 31 26: 264 36: 30 37: 30. 31 41: 30. 32 44: 31 56: 30 63: 286 69: 31 79: 32 83: 31. 173 86: 112. 273. 309. 352 I. Cret. I Lato 35: 131. 288 I. Cret. III iii 3: 288 I. Délos 1519: 114 1520: 111. 114 1521: 111 1778: 114 1779: 114 1782: 114 1791: 136 1796: 114 I. Delta 446: 111 I. Dor. Ins. 2: 89. 109. 114. 126. 127. 128. 135. 136. 137. 272. 393. 400 5: 406 6: 388 13: 222 32: 212 44: 221 46: 244 53: 369 63: 28. 234 78: 376. 377 88: 123. 132. 141. 255 99: 114 100: 114 I. Ephesos 1415: 75 1447: 75. 108. 313 1455: 313 1517 A: 314 1617: 29

444 

 Stellenregister

IG II2 337: 163 1283: 163 1339: 206 1369: 114 2332: 312 2946: 125 IG IX 2, 1109: 229 IG XI 2, 161: 307 199: 307. 398 IG XI 4, 596: 189 754: 262 1135: 268 IG XII 1 3: 81 7: 292 9: 114. 115. 126. 134. 174. 323. 372 11: s. App. I 5 25: 79. 200 31: 92. 118. 227. 230. 264. 291 32: 201 33: 222 35: 271. 404 37: 82 40: 53 41: s. Kontorini 2014, 351 f. 42: 291 43: 72. 104. 105 46: 83. 156. 213. 236. 261 48: 79. 80. 147. 383 49: 51. 56. 61. 291 50: 131 55: 72 58: 56 63: 167 64: 156 66: 226. 271 70: 235. 323. 328 81: s. App. I 2 85: 26. 27. 211. 406 90: 26. 82 92: 29 101: 131 104 c: 84. 201 108: 147 112: 323 113: 358. 397



114: 142. 395. 403. 404 118: 323 122: 313 127: s. App. I 7 128: 280. 323 140: 164 142: 253 149: 178. 394 150: s. App. I 11 155: 108. 115. 126. 127. 135. 137. 144. 175. 254. 255. 256. 275. 400 156: 27. 142. 323. 402 157: 69. 77. 90. 117. 144. 166. 177. 240. 248. 256. 323. 396. 400 158: 119. 323. 380. 391. 397. 401 159: 402 160: 138. 402 161: 112. 271 164: 142. 170. 323. 400 165: 323. 403 186: 76. 108. 391 189: 44. 146 199: 36 217: 170 250a: 42 302: 42 305: 394 317: 169 321: 168 323: 167 326: 86 379 b: 213 382: 397 383: 60. 76. 83. 92. 211. 241. 248. 292. 323 384: 396. 404 385: 248. 323. 397. 404 390: 273 401: 354 408: 85. 402 411: 42 418: 313 420: 360 427: 168 434: 367 436: 326 441: 170 448: 166 454: 88 473: 166. 273

Stellenregister 



479: 358 480: 226 491: 365 492: 365 493: 173. 365 494: 365 495: 265 507: 87 537: 382 539: 360. 395 541: 396 542: 179. 396 543: 397 544: 397 546: 396 548: 395 549: 397 550: 180 578: 312 579: 88 620: 138 643: 383 645: 383 652: 368 655: 88 656: 155 677: 197. 212 701: 263 730: 195 736: 162. 250. 275. 323 742: 268 746: 254 754: 374. 401 761: 51. 184. 185. 187. 188. 190. 191. 307 762: 60. 61. 118. 190. 241. 244. 246. 247. 248. 308. 323. 407 769: 147 775: 200. 202. 285 786: s. Tit.Cam. App. 38 833: 29 838: 200. 203 844: 40. 147 846: 214. 406 847: 214. 406 848: 213. 406 853: 207. 406 860: 252 862: 388 863: 140. 141. 312



 445

867: 119. 143 870: 42 873: 90 874: 42 875: 397 881: 89. 389. 395 890: 130. 131. 244. 254 891: 255. 263. 269 917: 83. 89. 138. 403 918: 401 922: 130 924: 307 934: 49 937: 124. 125. 142. 161. 271. 272. 323. 401. 403 938: 110. 138. 170. 176. 403 939: 135. 170. 401 940: 403 941: 141. 312 946: 167 955: 404 962: 170. 382. 402 963: 170. 402 969: 376 971: 366 972: 389 986: 218 987: 361. 379 988: 392 995: 67 1010: 103. 392. 393 1029: 88. 155. 202. 351 1032: 25. 63. 206. 218. 296 1033: 195. 406 1035: 216. 263 1064: 34. 360. 396 1450: 168 IG XII 2, 511: 254 640: 293 IG XII 3, 2: 259 6: 67. 69. 129. 205. 364. 400 7: 285. 383 14: 363 15: 384 29: 212 30: 307. 398 31: 221. 373

446 

 Stellenregister

32: 221. 368 33: 221 34: 113 35: 113 41: 378 42: 378 43: 377 47: 290 48: 165. 385 67: 88. 350 68: 365. 409 69: 368. 369. 396 70: 370 71: 382 87: 155 91: 398 92: 259 93: 238 94: 238 96: 359. 365. 367. 369. 382. 390 104: 65. 66. 109. 238. 259 131: 380 139: 352 140: 369 141: 387. 404 143: 392 144: 360 146: 88 159: 376 170: 213 178: 227 217: 115 219: 81 330: 176 333/1298: 80 1032: 69 1269: 68. 99. 233 1270: 53. 66. 99. 109. 130. 222. 233 1275: 250 1277: 364 1296: 143. 360 IG XII 4, 1, 94: 221 103: 206 125: 132 131: s. IG XII 6, 1, 150 132: 212 147: 199 171: 169

172: 38 232: 210. 406 293: 293 301: 42. 169 348: 176 416: 273 IG XII 4, 2, 348: 255 425: 60 430: 42 485: 41 553: 115 562: 344 565: 344 605: 249 654: 272 1142: 245 IG XII 4, 3, 1434: 85 1444: 180 1635: 85 2256: 179 2561: 176 2774: 141 2776: 116 2780: 116 2787: 116 2794: 273 2799: 141 2808: 141 2810: 116 2811: 119 2813: 92. 118. 230 IG XII 5, 652: 58 672: 116 913: 104. 282. 344 IG XII 6, 1, 65: 73 149: 61. 74 150: 234 IG XII 6, 2, 837: 42 IG XII 7, 2: 229 8: 61 IG XII 8, 162: 167 186: 313. 360. 392

Stellenregister 

IG XII 9, 234: 206 IG XII Suppl. 210: 282. 284 317: 131. 291 365: 227. 252 IGUR I 223: s. Tit.Cam. 282, 22 I. Iasos 51: s. IG XII 4, 1, 172 150: 58. 210 186: 84 191: 83 194: 84 388: 389 408: 166 I. Kallatis 35: 132 I. Kaunos 38: 83 39: 108 I. Keramos 31: 314 I. Knidos 23: 108 59: 212 81: 314 165: 314 444: 369 I. Lindos 1: 51. 185. 214. 237. 307 2: 51. 191. 199. 211. 312 15: 78. 213 16: 78. 213. 377 16 App.: 78. 80. 200. 213. 349 19: 347 26: 197. 213 36: 185 38: 51 41: 268 51: 34. 35. 36. 37. 76. 121. 184. 185. 187. 189. 190. 218. 237. 307. 323. 348. 394. 398 56: 237 88: s. App. I 15 72: 185 74: 28 78: 81. 200. 201. 395 84: 313 88: s. App. I 15



 447

92: 200. 204 102: 257 106: 45 113: 262 117: 211. 406 120: 79. 166. 200. 201. 354 125: 27. 200 129: 45 130: 86. 200 131: 50. 76. 79. 147 132: 80. 200. 201. 355. 395 134: 252 143: 200. 202 144: 200 153: 300 157: 35 163: 313 164: 242 165: 200 167: 51 169: 27. 220 172: 300 177: 165. 200. 201 178: 200. 202. 285 184: 200. 204 193: 226 197: 52. 53. 147. 232 200: 132 220: 203 223: 203. 347 228: 51. 228 229: 242 233: 347 236: 323 241: 200. 204 246: 185 247: 285 251: 131 252: 214. 217. 220. 223. 224. 258. 323. 351. 397 259: 214 264: 207. 242 270: 36 275: 74. 323 276: 86. 323 277: 84. 86. 323 278: 74. 323 281: 26. 214. 406 285: 131

448 



 Stellenregister

287: 147 289: 198. 230. 292 290: 198. 231 291: 214 292: 143. 298 295: 227. 228 297: 214. 215. 406 299 a: 215 299 b: 215 299 c: 184. 200. 203. 215 300: 242. 243 301: 227 303: 106 305: 213. 214. 406 306: 227. 231 307: 214. 406 308: 147. 203 318: 227. 323 325: 227. 300 326: 227 330: 213. 406 333: 214. 406 339: 200. 263 340: 200. 204 344: 186 346: 186. 214 347: 228 349: 242 356: 200. 204 358: 88. 200. 202. 323 361: 200. 202. 323 363: 312 378: 214. 328 382: 268 383: 215 384: 68. 215. 226. 242. 244. 246 389 a: 214. 406 391: 242. 271 392: 104. 109. 121. 242. 243. 271 394: 243. 244. 325 395: 215 399: 211 404: 213. 406 407: 213. 406 415: 208. 214. 406 419: 26. 28. 112. 145. 190. 204. 213. 222. 229. 246. 331. 406 420: 105. 106. 109. 112. 215. 228. 243. 244. 282

436: 406. 407 445: 279 449: 56. 233. 256. 304 486: 300 487: 228. 292. 293 580: 108. 275 615: 121. 275 627: 85. 166 630: 110. 138. 139. 177. 401 635: 71 639: 272 641: 176 642: 385 648: 130 652: 131 660: 396 666: 89 683: 84. 135. 395. 401 687: 373 690: 409 703: 213 705: 323 706: 214 707: 147 S. 1007: 64. 67. 130 S. 1008–1010: 215 I. Magnesia 52: 206 53: 203 55: 210. 406 I. Milet I 3, 45: 34 I 3, 138: 314 I 3, 143: 188 I 3, 150: 183 VI 2, Nr. 795: 253 VI 2, Nr. 800: 253 I. Mylasa 155: 65 I. Olympia 301: 46 I. Peraia 8: 28. 192. 313 12: 80. 144. 255. 309 15: 165 19: 312 21: 226. 355. 395 26: 166 52: 142. 309. 360. 397. 401

Stellenregister 

57: 396. 401 61: 192 101: 192. 193. 219. 220. 331. 355. 386. 388 102: 219 103: 183 110: 70. 71. 403 114: 173. 219 117: 359 142: 91. 293 148: 151: 192. 193. 288. 312 152: 195 155: 313. 370 156: 111. 127. 309 201: 69. 129. 138 204: 258. 309. 401 205: 309 209: 287 211: 397 218: 391 241: 385 261: 38. 350. 394 262: 380 267: 378 269: 273 301: 223. 258 302: 108. 223. 258. 309 352: 153. 306. 308 353: 306. 308 354: 306. 308 401: 196 451: 195 452: 363 453: 356 471: 142. 178. 309. 361. 367. 369. 396. 401 501: 195 509: 65. 244 510: 244 511: 244 552: 64 553: 64 555: 68. 184 556: 309 560: 45. 154. 368. 376. 396 571: s. HTC 86 557: 184 558: 31 560: 376. 377 571: s. HTC 86

 449

631: s. HTC 83 782: s. HTC 63 App. IV: 115 I. Pérée 3: 64 4: 64 5: 68. 184 7: 309 8: 184 9: 31 11: 45. 154. 368. 376. 396 22: 195 27: 244 28: 65 37: 363 38: 195 41: 356 44: 196 49: 306 50: 306 51: 306 57: 142. 178. 309. 361. 367. 369. 396. 401 58: 108. 223. 258. 309 72: 378 75: 273 88: 386 95: 287 97: 258. 309. 401 98: 397 102: 69. 129. 138. 270 103: 309 110: 391 118: 192. 193. 288. 312 122: 195 126: 111. 127. 309 128: 313. 370 146: 359 148: 183. 191. 192 149: 192. 193. 219. 331. 355. 386. 388 154: 173. 219 159: 70. 71. 403 166: 192 167: 396. 401 169: 142. 309. 360. 397. 401 174: 226. 355. 395 184: 165 195: 28. 192. 313 198: 312 202: 80. 144. 255. 309

450 

 Stellenregister

203: 166 I. Priene2 132: 278 I. Selge T 40: 163 T 49: s. App. I 5 T 54: s. App. I 7 T 71: s. IG XII 3, 48 I. Stratonikeia 5: 58 801: 136 I. Thrac. Aeg. 183: 256 I. Tralleis 251: 228 Jacopi, ClRh 2, 1932, 177–179 Nr. 6: s. App. I 5 184 Nr. 9: 198. 228. 323 184 Nr. 10: 184. 228. 273. 323 187 Nr. 15: 205 188 Nr. 18: 300 190 Nr. 19: 106. 286. 300 192 Nr. 20: 236. 239 194 Nr. 22: 239. 300. 327 196 Nr. 24: 388 196 Nr. 25: 238 197 Nr. 26: 238 198 Nr. 31: 51. 291. 300 203 Nr. 36: 119. 143 210 Nr. 48: 242. 297 214 Nr. 53: 135. 140. 323. 400 215 Nr. 55: 35 216 Nr. 56: 83. 397 219 Nr. 60: 383 219 Nr. 61: 79. 157 220 Nr. 63: 356. 383. 395 221 Nr. 70: 261 222 Nr. 76: 228 230 Nr. 112: 85 236 Nr. 146: s. Tit.Cam. App. 23 237 Nr. 147: 262. 323 237 Nr. 148: s. App. I 17 238 Nr. 149: s. Tit.Cam. App. 23 239 Nr. 152: 261. 408 239 Nr. 154: s. App. I 18 240 Nr. 157: 268 241 Nr. 160: 267. 350 241 Nr. 161: 267. 323 241 Nr. 162: 267. 268. 367

241 Nr. 163: 267. 323 242 Nr. 164: 267 242 Nr. 166: 267. 355 242 Nr. 167: 267 243 Nr. 169: 267 244 Nr. 173: 262 244 Nr. 174: 268 245 Nr. 176: 267 245 Nr. 179: 267 246 Nr. 180: 262 246 Nr. 183: 267. 323 247 Nr. 184: 267. 323 247 Nr. 186: 267 248 Nr. 188: 323 248 Nr. 189: 323 249 Nr. 191: 267 250 Nr. 195: 323 250 Nr. 198: 323 251 Nr. 200: 323 251 Nr. 202: 267. 323 251 Nr. 203: 267 252 Nr. 205: 267 254 Nr. 213: App. I 20 254 Nr. 215: 266 Jones 2008: 111 J. und L. Robert, BE 1942, 349 f. Nr. 115: 231 Kaninia, AAA 2007/08, 191–193 Nr. 3: 71 191–193 Nr. 5: 368 Kaninia, in: Stampolidis u. a. 2011, 262 Nr. 28: 212 263 f. Nr. 29: 113 264 Nr. 30: 291 Klee, Geschichte der gymnischen Agone, Nr. 8: 314 Konstantinopoulos, ADelt A 18, 1963, Nr. 1: 284 Nr. 6: 26 Nr. 12: 147 Nr. 31: 352. 367. 395 Nr. 32: 362 Nr. 34: 388 Nr. 42: 372 Nr. 43: 392 Nr. 44: 350 Nr. 49: 363. 394 Nr. 52: s. App. I 10 Nr. 63: 385

Stellenregister 

Konstantinopoulos, ADelt A 21, 1966, 56–61: 114. 119. 133. 171. 352. 353. 360. 361. 366 Konstantinopoulos, AEphem 106, 1967, 115–128: 220 Kontorini, AAA 8, 1975, 37 Nr. 1: 88 37 Nr. 2: 380 38 Nr. 3: 362 38 Nr. 6: 367 38 Nr. 7: 369. 394 38 Nr. 9: 366 38 Nr. 10: 180. 352. 360. 376. 396 Kontorini, AntCl 58, 1989, 162–165 Nr. 4: 72. 331 Kontorini, AER, Nr. 2: 147. 218. 285. 323. 350. 352. 353. 391 Nr. 8: 300 Nr. 10: 28. 88. 133. 134. 141. 162. 265. 323. 327. 350. 351. 355. 356. 358. 361. 362. 363. 364. 367. 370. 371. 372. 375. 380. 382. 384. 386. 390. 401 Nr. 11: 388 Nr. 12: 285. 368 Nr. 13: 385 Nr. 15: 384 Nr. 16: 71. 323. 356. 391 Nr. 17: 71. 356 Nr. 18: 273 Nr. 19: 351 Nr. 22: 359 Nr. 23: 389 Nr. 27: 386 Nr. 28: 369 Nr. 29: 381 Nr. 30: 41 Nr. 33: 368 Nr. 34: 88. 392 Nr. 36: 373. 379. 396 Nr. 38: 349 Nr. 42: 364. 365 Nr. 44: 373 Nr. 45: 357 Nr. 48: 377 Nr. 50: 386 Nr. 51: 165. 376 Nr. 56: 358 Nr. 63: 300 Nr. 73: 208. 214. 215

 451

Nr. 74: 147 Kontorini, Inscriptions inédites, Nr. 1: 389 Nr. 3: 104. 227 Nr. 7: 227 Nr. 8: 126. 127. 174. 175. 255. 323. 388. 402 Nr. 25: 384 Nr. 26: 352 Kontorini 1975b, 97: 350. 359. 369. 372. 375. 376. 384 99 Seite A: 113 102 Seite B: 35. 183. 232. 237 102 f. Seite C: 238 116: 237 Kontorini 2007, 780: 197 Kontorini 2014, 349: 344 351 f.: 344 Lindiaka VI, 18: 347 Maddoli, PP 62, 2007, Nr. 4: 38 Nr. 18.1: 38 Maiuri, ASAA 2, 1916a, 127 Nr. 4: 404 127 Nr. 5: 312 128 Nr. 7: 42 128 Nr. 9: s. Berges, Rundaltäre, 140 Nr. 195 Maiuri, ASAA 2, 1916b, 136 Nr. 2: 173. 279. 284 148 Nr. 21: 117 158 Nr. 65: 396 160 Nr. 77: 394 161 Nr. 87: 29 164 Nr. 102: 351 166 Nr. 119: 38. 70. 394 173 Nr. 149: 381. 395 177 Nr. 173: 382 Maiuri, ASAA 8/9, 1925/26, 322 Nr. 5: 114. 115. 134. 139. 140. 143. 174. 314. 323. 409 Maiuri, Nuova Silloge 2: 406 3: 211. 406 5: 291. 294 8: 80. 323 9: 51 12: 205 18: 104. 131. 209. 282. 286. 300

452 



 Stellenregister

19: 34. 39. 53. 76. 85. 238. 256. 323. 394 20: 233. 235 21: 300 30: 28 37: 42. 323. 383 39: s. App. I 12 40: 110. 400 41: 249. 395. 402 42: 139. 323. 402 43: 128. 400 45: 401. 402 46: 115. 135. 136. 144. 395. 400. 402 76: 394 130: s. App. I 13 136: 378. 394 139: 273 140: 350 145: 384 146: 384 148: s. App. I 14 149: 155. 166 154: 353 159: 166. 353 160: 355 164: 354 167: 323 175: 396 182: 312 191: 312 192: 138. 312. 404 193: 138. 404 198: 397 203: 391 206: 404 208: 312 209: 42 223: 313 242: 392 243: 392 244: 312. 392 246: 392 248: 393 267: 88 268: 166 285: 392 289: 312 346: 383 355–361: 45. 156 384: 178. 397

401: 155 428: 313. 392 Marguerite, Kition, 139–140 Nr. 172: 125. 368 Nr. 173: 125. 368 Nr. 174: 125. 349 Migeotte 1984, Nr. 19: 234 Migeotte 1992, 128–130 Nr. 43: s. Tit.Cam. 159 130–132 Nr. 44: s. Tit.Cam.Supp. 220 Nr. 157 b 133–135 Nr. 45: s. Tit.Cam. 157 Migeotte 1993, 349–358: 40. 70. 89. 119. 139. 371. 377. 396 Morricone, ASAA 27–29, 1949–1951, 351–380: 50. 183. 347. 348 N.Suppl.Epigr.Rh. 158 Nr. 3: 124 159 Nr. 4: 285. 286 160 Nr. 10: 383 169 Nr. 20 a+b: 197 173 Nr. 25: 244 175 Nr. 29: 242 Nicolaou 2005, Nr. 561: 384. 409 Nilsson 1909, 104: 382. 409 Nr. 258: 365. 409 Nr. 301, 1–2: 409 Nr. 317, 1–5: 353. 409 Nr. 371: 371. 409 Oliverio, ASAA 1, 1914, II: 28 Papachristodoulou 1989, 162 Nr. 2: 382 162 Nr. 3: 381 171 Nr. 7: 209. 406 197 Nr. 8: 209. 263 197 Nr. 9: 360 198 Nr. 10: 118. 138. 141. 312. 374 121 Nr. 51: 376 Papachristodoulou 2009 a und b: 107. 125. 241. 248. 274. 275. 381. 401 Paton – Hicks, Cos 352: 164 Patsiada 2013, 280 Anm. 719: 173. 375

Stellenregister 

280 Nr. 1: 172 279 Nr. 2: 173 280 Nr. 4: 173 280 f. Nr. 5: 173 281 Nr. 6: 172 281 Nr. 7: 173 281 Nr. 8: 368 281 Nr. 9: 368 281 Nr. 10: 172 282 f. Nr. 11: 173 283 Nr. 12: 173 283 f. Nr. 14: 173 Parker 2010: 176 Peek, AM 66, 1941, 66 Nr. 13: 43 Peek, WissZHalle 16, 1967, 380 Nr. 13: 388 385 Nr. 32: 312. 393 386 Nr. 34: 355 386 Nr. 35: 355 Pfuhl – Möbius, Grabreliefs, Nr. 227: 372 Nr. 244: 88 Nr. 485: s. IG XII 3, 67 Nr. 486: 71 Nr. 501: 89. 381. 393 Nr. 724: 368 Nr. 850: 383 Nr. 966: 87 Nr. 1844: 87. 365. 397 Nr. 1847: 361 Nr. 2099: 368 Pugliese Carratelli, ASAA 41/42, 1963/64, 243: 384 Nr. 25: 116 Pugliese Carratelli, ASAA 64/65, 1986/87, Nr. 3: 240 Nr. 6: 76. 358 Nr. 14: 34. 323. 394 Nr. 15: 81 Nr. 16: 278 Nr. 19: 138. 278. 323. 362. 401 Pugliese Carratelli, Associazioni, Nr. 1: 85. 115. 135. 144. 255. 323. 402 Nr. 2: 111. 174. 201. 323 Nr. 5: 77. 110. 124. 139. 323 Nr. 6: s. App. I 9 Nr. 7: 45. 61. 104. 135. 147. 235. 253. 287. 323. 400



 453

Nr. 9: 252 Nr. 11: 135. 170. 323. 362 Nr. 13: 106. 297 Nr. 15: 385 Nr. 18: 71. 76. 83. 114. 119. 122. 123. 136. 323. 140. 145. 157. 159. 160. 163. 252. 385. 404 Nr. 19: 105. 258. 271. 294 Nr. 20: 63. 218. 323 Nr. 21: 40. 44. 71. 74. 78. 92. 119. 139. 168. 169. 273. 316. 323. 353. 354. 370. 383. 391 Pugliese Carratelli, PP 4, 1949, 81 Nr. 2: 361 Pugliese Carratelli, PP 5, 1950, 76 Nr. 2: 80. 180 77 Nr. 3: 383 78 Nr. 9: 355. 403 78 Nr. 10: 360 80 Nr. 17: 264. 268 Reinach, REG 1903, 184–187 II B: s. App. I 3 Rhamnous II 59: 252 Robert, Inscription de Lycie, 215–217: 210. 406 Samama 2003, 217–219 Nr. 118: s. IG XII 1, 1032 Scrinzi, AttiVenezia 57, 1898, 259 Nr. 2: 211. 406 269 Nr. 11: s. IG XII 1, 108 282 Nr. 32: 364 282 Nr. 33: 360 283 Nr. 34: 361 283 Nr. 37: 389 284 Nr. 38: 138. 382 284 Nr. 39: 381 284 Nr. 40: 373 285 Nr. 42: 392 SEG 3.716: 212 14.544: 58 15.497: 297 23.547: 288 25.847: s. Kaninia, in: Stampolidis u. a. 2011, 262 Nr. 28 25.852: s. Kaninia, in:, in: Stampolidis u. a. 2011, 263 f. Nr. 29 25.853: 113. 373 27.478: s. Fraser 1977, 19

454 



 Stellenregister

27.482: 131 30.1027: s. ADelt B 29, 1973/74, 977 Nr. 6 33.639: s. Kontorini, Inscriptions inédites, Nr. 8 33.683: s. IG Suppl. 210 34.798: s. ADelt B 32, 1977, 356 b 34.806: s. ADelt B 32, 1977, 366, 2 34.820: s. ADelt B 32, 1977, 369, 10 34.834: s. ADelt B 32, 1977, 371 34.837: s. ADelt B 32, 1977, 372 35.893: s. ADelt B 33, 1978, 404 36.731: 208 36.1220: 39 38.789: s. ADelt B 34, 1979, 433 38.808: 42 39.722: s. Papachristodoulou 1989, 198 Nr. 10 39.732: s. Kontorini, AER, Nr. 2 39.737: Kontorini, AER, Nr. 10 Seite B 39.760: s. Kontorini, AER, Nr. 74 39.774: s. Kontorini, AntCl 58, 1989, 162–165 Nr. 4 39.783 d. e: s. ADelt B 38, 1983, 395 39.784: s. ADelt B 38, 1983, 395 39.788 d: s. ADelt B 39, 1984, 325, 3 39.788 e: s. ADelt B 39, 1984, 325, 4 39.788 f: s. ADelt B 39, 1984, 325 39.788 g: s. ADelt B 39, 1984, 325 39.800: s. Kontorini, AER, Nr. 12 39.806: Kontorini, AER, Nr. 18 41.662: s. Pugliese Carratelli, Associazioni, Nr. 11 41.768: 288 42.747: s. ADelt B 42, 1987, 593 42.749 Nr. 4: s. ADelt B 42, 1987, 601 42.912: 314 42.1861: 42 43.526: s. Migeotte 1993, 349–358 43.533: s. ADelt 43 B, 1988, 603 43.543: 302 43.773: 313 45.1076: s. ADelt B 44, 2, 1989, 511 46.999: s. ADelt B 46, 1991, 497 46.1002: s. ADelt B 46, 1991, 471 46.1024: s. Berges, Rundaltäre, 140 Nr. 195 47.1247: s. ADelt B 48, 2, 1993, 538: 47.1626: s. SEG 43.773 49.1080: 85. 358



51.1015: 155. 156. 166. 167. 225. 350. 355. 357. 358. 359. 360. 361. 366. 368. 369. 372. 374. 375. 376. 387. 389. 397 53, 2.822: s. Konstantinopoulos, ADelt A 21, 1966 53.1707: 304 54.235: 100 57.764: s. Kontorini 2007, 780 57.1187: s. Jones 2008 57.1188: s. Jones 2008 58.815: s. Zimmer – Bairami 2008, 159–163 E 2611 58.817: s. Grzybek 2008, 68 f. und 72 58.819: s. Zimmer – Bairami 2008, 165 f. E 555 58.839: s. Kaninia, AAA 2007/08, 191–193 Nr. 3 59.881: s. Segre, RFil 60, 1932, 452–461 Nr. II 59.891: s. Berges, Rundaltäre, Nr. 143 59.896: s. ADelt B 56–59, 2001–2004, 27 Segre, BArchAlex 34, 1940, 29 VII: 252 Segre, Clara Rhodos VIII, 1936, 242 f.: 344 Segre, ClRh 8, 1936, 227: 285. 286 Segre, Historia 7, 1933, 577 Nr. 1: 67. 216. 359. 406 580 Nr. 2: 239 581 Nr. 3: 390 Segre, RFil 60, 1932, 452–461 Nr. II: 61. 283. 289 457: 284 SGDI 3752: 58 4331: 4331 Sokolowski 69: 228 84: s. IG IX 2, 1109 101: s. IG XII 7, 2 Sokolowski III 136: s. IG XII 1, 677 Sokolowski Suppl. 88: s. N.Suppl.Epigr.Rh. 169 Nr. 20 a und b 89: s. I. Lindos 26 Stampolidis u. a. 2011, 263 f. Nr. 29:

Stellenregister 

Suppl.Epigr.Rh. 1: 198 7: 189. 232. 233 16: 38 17: 112. 258. 323. 403 18: 35 19: 35. 235 22: 105. 291 29: s. App. I 4 52: s. App. I 16 61: s. App. I 19 54: 364 62: 285 63: s. App. I 6 64: 323. 333 76 a: 169 77 a: 142. 404 78: 41. 394 80: 42 81 a: 395 Susini, ASAA 41/42, 1963/64, 217 Nr. 1: 93 Sztetyllo 1976, 28 Nr. 6: 89. 409 Tit.Cam. 1: 120 2: 120 3: 28. 55. 193. 194. 263 4: 28. 40. 138 5: 192. 193. 219 6: 192 11: 36 14: 183. 191 17: 192. 193 18: 28. 192. 263 20: 192 21: 192. 194 23: 28. 192 24: 183. 192 27: 192. 194 30: 36. 192. 257. 263 33: 194 35: 84 38: 36. 194. 252. 263 39: 81. 192. 262 42: 122 44: 193 46: 193 47: 288



 455

63: 36. 300 66: 290 70: 290. 300 72: 291. 300 73: 290. 300 74: 290. 300 75: 290 76: 291 77: 290. 300 78: 50. 92. 118. 186. 230. 265. 290. 291. 300 81 b: 28 84: 55. 107. 123. 145 86: 213. 406 105: 113. 230. 313 106: 233 107: 113 108: 113 109: 185. 186. 187. 263. 398 110: 80. 159. 213. 233. 300. 406 112: 209. 406 157: 55. 145. 186 159: 55. 223. 323 164: 166 166: 366 282, 22: 36 App. 19: 261 App. 20: 261 App. 23: 263 App. 38: 226 Tit.Cam.Suppl. Nr. 50 b: 238 157 a: 292 Nr. 157 b: 55. 160. 223 Wilhelm, ÖJh 11, 1908, 61–63 Nr. 4: 314 Zervaki, Δωδεκανησιακά Χρονικά 26, 2014, 9: 365 Zimmer – Bairami 2008, 154–159 E 2610: 239. 356 159–163 E 2611: 50. 239 165 f. E 555: 92. 265. 291

Abb. 1: Stemma 1

Abbildungen

https://doi.org/10.1515/9783110572681-018

458 

 Abbildungen

Abb. 2: Stemma 2

Abb. 3: Stemma 3

Abbildungen 

 459

Abb. 4: Absolute Zahl der Nichtbürger aus den am häufigsten vertretenen Poleis bzw. Regionen

Abb. 5: Herkunft der Nichtbürger, die Ehrungen von Seiten der Polis erhalten haben. Nicht berücksichtigt sind hier die mit der Proxenie geehrten Personen.

460   Abbildungen

Abbildungen 

Abb. 6: Subskriptionsliste I. Lindos 252

 461

462 

 Abbildungen

Abb. 7: Verteilung der Belege für den Kult des Zeus Atabyrios

Abbildungen 

Abb. 8 b: App. I 1, Rückseite

Abb. 8 a: App. I 1, Vorderseite

Abb. 8 c: App. I 1, Abklatsch

 463

464 

 Abbildungen

Abb. 9 a: App. I 3

Abb. 9 b: App. I 3 Abklatsch

Abb. 10: App. I 4

Abbildungen 

Abb. 11 a: App. I 5 untere Hälfte der Stele

Abb. 11 b: App. I 5 Z. 1–3

 465

466 

 Abbildungen

Abb. 12 a: App. I 6

Abb. 12 c: App. I 6, Seitenansicht

Abb. 12 b: App. I 6, Abklatsch

Abbildungen 

Abb. 13 a: App. I 7, Vorderseite

Abb. 13 b: App. I 7, rechte Seite mit Rasuren

Abb. 14 b: App. I 8, Ausschnitt Abb. 14 a: App. I 8

 467

468 

 Abbildungen

Abb. 15 a: App. I 9

Abb. 15 b: App. I 9, Oberseite mit Dübellöchern für Plinthe

Abbildungen 

Abb. 16 a: App. I 10

Abb. 17: App. I 11

Abb. 16 b: App. I 10, Abklatsch

 469

470 

 Abbildungen

Abb. 18 a: App. I 12

Abb. 18 b: App. I 12, Abklatsch

Abb. 19 a: App. I 13

Abb. 19 b: App. I 13, Abklatsch

Abbildungen 

 471

Abb. 20: App. I 14

Abb. 21 a: App. I 15

Abb. 21 b: App. I 15, rechter Teil Z. 1

Abb. 21 c: App. I 15, Abklatsch, rechter Teil Z. 1 f.

472 

 Abbildungen

Abb. 22 a: App. I 16

Abb. 22 b: App. I 16, Abklatsch

Abb. 23 a: App. I 17, Vorderseite

Abb. 23 b: App. I 17, Rückseite

Abbildungen 

Abb. 24 a: App. I 18, Vorderseite

Abb. 25 a: App. I 19, Vorderseite

Abb. 26 a: App. I 20

Abb. 24 b: App. I 18, Rückseite

Abb. 25 b: App. I 19, Aufsicht

Abb. 26 b: App. I 20, Abklatsch

 473

Abbildungsnachweis Alle Abbildungen wurden vom Autor dieser Arbeit erstellt. Die Fotografien der Inschriften wurden mit freundlicher Genehmigung der Εφορεία Αρχαιοτήτων Δωδεκανήσου aufgenommen. Für Reproduktionen ist die Erlaubnis der Ephorie einzuholen.