Fleissige Thrakerinnen und wehrhafte Skythen: Nichtgriechen im klassischen Athen und ihre archäologische Hinterlassenschaft 3519076578, 9783519076575

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Fleissige Thrakerinnen und wehrhafte Skythen: Nichtgriechen im klassischen Athen und ihre archäologische Hinterlassenschaft
 3519076578, 9783519076575

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Balbina Bäbler Fleissige Thrakerinnen und wehrhafte Skythen

Beiträge zur Altertumskunde Herausgegeben von Michael Eder, Ernst Heitsch, Ludwig Koenen, Reinhold Merkelbach, Clemens Zintzen Band 108

B. G. Teubner Stuttgart und Leipzig

Fleissige Thrakerinnen und wehrhafte Skythen Nichtgriechen im klassischen Athen und ihre archäologische Hinterlassenschaft

Von Balbina Bäbler

B. G. Teubner Stuttgart und Leipzig 1998

Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme

Bäbler, Balbina: Fleissige Thrakerinnen und wehrhafte Skythen: Nichtgriechen im klassischen Athen und ihre archäologische Hinterlassenschaft / von Balbina Bäbler. - Stuttgart; Leipzig: Teubner, 1998 (Beiträge zur Altertumskunde; Bd. 108) Zugl.: Bern, Univ., Diss., 1996/97 ISBN 3-519-07657-8 Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt besonders für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. © B. G. Teubner Stuttgart 1998 Printed in Germany Druck und Bindung: Röck, Weinsberg

MeinenEltern

Inhaltsverzeichnis ................................................................................ Vorwort Bibliographisches Abkürzungsverzeichnis............................................ A Einleitung..................................................................................

IX XI 1

l . Fragestellung, Methode und Probleme........................................

l

2. Einige Bemerkungen zur bisherigen Forschung . . . . . . .. . . . . . . . . . . . . . .. . . . . .

3

B Allgemeines zu den Barbaren im klassischen Attika............................ 1. Sklaven.................................................................................

14

1. Die Herkunft der Sklaven .. . . .. . . . .. . . . .. . . . .. .. .. . . .. . . .. .. . .. .. .. . .. .. . .. . . 2. "Barbaren sind von Natur aus Sklaven": Philosophische Theorien zum Thema............................... 3. Äussere Erscheinung und Darstellung von Sklaven................... a) Literarische Quellen . . . . . . . . . . . . . . . . .. . . . . . . .. . . . .. . .. . . . . . . . . . . . .. . . . . . . . b) Grabstelen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. . . . .. . .. . . .. . . . . . . . . . . . . . . . . . .. . . . . . . 4. Stellung und Funktion der Sklaven in Athen........................... a) Ammen und Pädagogen . .. .. . . . .. . . . . .. . . .. . .. . . . . . . . . . . . . . .. . . . . . . . . . . . b) Gebildete Sklaven?........................................................ II. Freie Barbaren: ;evot, Söldner~Metöken.................................... 1. Metöken.......................................................................... 2. Die Zahl der Bürger, Skaven und Metöken im 4. Jh. v. Chr....... III. Grabstelen für die Barbaren...................................................... 1. Herkunft der Monumente..................................................... 2. Typologie der Stelen . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. . . . . . . . . . . .. . . . . . . .. . . . . . . . . . . .. . . . . . . 3. Kosten einer Grabstele........................................................ 4. Die Selbstbezeichnung von Sklaven und Metöken.................... a) Die Form des Namens.................................................... b) Das Attribut XPflGt1lµ1. 1ecxl 'tl 6p&vßoui..d>oµm;/1tpo6ou~ a.1t1.evm'tOViicn~ im Sinne von "grober Redeweise" sprichwörtlich, s. Diogenianos V 11 (Paroem. I 250 Leutsch-Schneidewin) = Apostolios VIII 39 (Paroem. II 438

165

9. Skythen

Logos (IV 5-82) Land, Volk und Bräuche beschreibt. Von den lokalen mündlichen Überlieferungen gelangten wahrscheinlich etliche durch die Vermittlung pontischer Griechen zu Herodot 762. Der Historiker erwähnt das Aussehen der Skythen nicht, was darauf schliessen lässt, dass es ihm zumindest nicht unangenehm auffiel; doch vielleicht ist dies der Toleranz des cptloßcxpßapoc; 763 zuzurechnen. Ein etwas jüngerer Zeitgenosse des Herodot war der um 400 v. Chr. gestorbene Hellanikos von Lesbos, der unter mehreren Schriften über nichtgriechische Völker auch Skythika verfasste 764; seine Werke scheinen mehr den Charakter der älteren Ethnographie gehabt zu haben, die Mythen in eine genealogische und chronologische Reihenfolge zu bringen versuchte, ohne an ihnen Kritik zu üben. Um die Mitte des 6. Jh.s beginnt die DarstelJung skythischer Bogenschützen in der attischen V asenmalerei, zunächst vereinzelt und in uneinheitlichem Habitus, ab etwa 530 aber in grosser Zahl und übereinstimmender Kleidung; die Anzahl der Darstellungen erreichte zwischen 510 und 500 ihren Höhepunkt 765. Schoppa hielt die Skythen für persönliche Diener der attischen Hopliten, als deren Begleiter sie oft dargestellt wurden 766. Dagegen spricht einerseits, dass die Zahl der Skythen in der Armee nicht konstant geblieben wäre, wenn sie die privaten Begleiter der Hopliten gewesen wären, und diese sich zudem im Umgang mit Pferden geübte Diener auch aus näherliegenden Gegenden wie Thessalien oder Thrakien billiger hätten erwerben können; andererseits hätte Peisistratos

Leutsch-Schneidewin); Schneidewin).

Makarios VIII 22 (Paroem.

II 216f.

Leutsch-

762 Zu den Kontakten zwischen den Einwohnern der griechischen Kolonien und der einheimischen Bevölkerungs. Danoff a. 0. (oben Anm. 753) 1167-1173; R. Rolle, Skythen in Griechenland - Griechen im Skythenland, in: Gold der Steppe. Archäologie der Ukraine. Kat. Schleswig (1991) 203-205; C. lsler-Kerenyi, Griechen und Skythen am Schwarzen Meer, in: Aus den Schatzkammern Eurasiens. Kat. Zürich (1993) 141-149; Hdt. IV 78, 5 berichtet von der Griechin aus lstros, die mit dem Skythenkönig Ariapeithes vermählt war und ihren Sohn, den späteren Skythenkönig Skyles, in griechischer Sprache.und Schrift unterrichtete. S. auch M. Rostowzew, Skythien und der Bosporus /. Kritische Übersicht zu den schriftlichen und archäologischen Quellen (Berlin 1931) 105-139; eine fortlaufende Geschichte Skythiens gibt es erst bei Pompeius Trogus, dessen Quelle unbekannt, vielleicht ein populärer griechischer Historiker ist. Zu den Quellen auch B. N. Grakow, Die Skythen (Berlin 21980) 3-9.

763 Plut. de malign. Her. 12 (857a). 764 FGrHist 4 F 64f. 185/7; Lesky 376f. 765 766

Raeck 10-66; F. Lissarague, L'autre guerrier (Paris-Rom 1990) 125-149. Schoppa 20-22.

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C. Nichtgriechische Fremde in Athen und ihre Grabstelen

mit seiner persönliche Leibgarde keine militärische Autorität gehabt, wenn auch Privatleute Soldaten gehabt hätten. Es muss sich bei den dargestellten daher um Staatssklaven handeln, deren Rekrutierung offiziell organisiert war 767. Das älteste literarische Zeugnis über skythische Staatssklaven in der Funktion als Wach- und Ordnungsmannschaft in Athen 768 findet sich erst bei Andokides or. 3, 5 (Über den Frieden, ca. 392/1 v. Chr.), der berichtet, nach dem Friedensschluss 446 v. Chr. seien der Piräus befestigt, die Langen Mauem errichtet, hundert Trieren gebaut und zum ersten Mal ein Korps aus hundert Reitern und 300 skythischen Bogenschützen gebildet worden. Der Redner ist aber keine verlässliche Quelle: Der Bau der Trieren und der Piräusbefestigungen geht schon auf Themistokles zurück (482 bzw. 477 v. Chr.), die Langen Mauem wurden 458-456 v. Chr. errichtet, und sehr viel genauer dürfte auch seine Angabe über das erstmalige Auftreten skythischer Bogenschützen in Athen nicht sein, zumal ja die bildlichen Darstellungen für ein sehr viel früheres Datum sprechen 769. Auch die antiken Angaben, wonach aus den anfänglich 300 skythischen to~oto~ einen Hinweis darauf, dass die Idealisierung der Skythen als unverdorbenes Naturvolk zu dieser Zeit auch die Bühne erreicht hatte; in dem erhaltenen Fragment ]obt nämlich der Sprecher die Skythen dafür, dass sie ihren Kindern keine "neidischen Ammen" {th8cn ßa.a1ea.vcxt) und Pädagogen geben, sondern sie mit Pferde- und Kuhmilch selbst aufziehen würden 788. Daher scheint die Vorstel1ung von einem sinkenden Interesse an den Barbaren und ihrer zunehmend negativen Bewertung zu einseitig; gerade im 4. Jh. v. Chr. beginnt die Idealisierung der Fremdvölker in der Literatur 789 , wofür es auch ein Beispiel vom Ende des Jahrhunderts gibt: Aus frühhellenistischer Zeit stammen die "Briefe des Anacharsis", die älteste der uns noch erhaltenen pseudonymen Briefsammlungen der griechischen Antike 790 . Für die Datierung finden sich in den Briefen keine direkten Indizien; ein Hinweis könnte Ep. 3, 94 sein: µiya peuµ.aÖt€~EPXE't