Financial-Benchmarks: Manipulationen von Referenzwerten wie LIBOR und EURIBOR und deren aufsichts- und privatrechtliche Folgen [1 ed.] 9783428555390, 9783428155392

Der LIBOR-Manipulationsskandal wird mitunter als einer der größten Finanzskandale unserer Zeit bezeichnet. Allein das Ge

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Financial-Benchmarks: Manipulationen von Referenzwerten wie LIBOR und EURIBOR und deren aufsichts- und privatrechtliche Folgen [1 ed.]
 9783428555390, 9783428155392

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Untersuchungen über das Spar-, Giro- und Kreditwesen Abteilung B: Rechtswissenschaft Herausgegeben von Peter O. Mülbert, Uwe H. Schneider und Dirk A. Verse

Band 210

Financial-Benchmarks Manipulationen von Referenzwerten wie LIBOR und EURIBOR und deren aufsichts- und privatrechtliche Folgen

Von

Alexander Sajnovits

Duncker & Humblot · Berlin

ALEXANDER SAJNOVITS

Financial-Benchmarks

Un t e r s u c h u n g e n ü b e r d a s Spar-, Giro- und Kreditwes en Abteilung B: Rechtswissenschaft Schriften des Instituts für deutsches und internationales Recht des Spar-, Giro- und Kreditwesens an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz Herausgegeben von

Prof. Dr. Peter O. Mülbert, Prof. Dr. Dr. h. c. Uwe H. Schneider, Prof. Dr. Dirk A. Verse

Band 210

Financial-Benchmarks Manipulationen von Referenzwerten wie LIBOR und EURIBOR und deren aufsichts- und privatrechtliche Folgen

Von

Alexander Sajnovits

Duncker & Humblot · Berlin

Der Fachbereich Rechts- und Wirtschaftswissenschaften der Johannes Gutenberg-Universität Mainz hat diese Arbeit im Wintersemester 2017/2018 als Dissertation angenommen.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Alle Rechte vorbehalten

© 2018 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Satz: L101 Mediengestaltung, Fürstenwalde Druck: CPI buchbücher.de gmbh, Birkach Printed in Germany ISSN 0720-7352 ISBN 978-3-428-15539-2 (Print) ISBN 978-3-428-55539-0 (E-Book) ISBN 978-3-428-85539-1 (Print & E-Book) Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706

Internet: http://www.duncker-humblot.de

Meinen Eltern und meiner Frau

Geleitwort Der Manipulationsskandal um den Referenzzinssatz Libor (London interbank offered rate) wird mitunter als einer der größten Finanzskandale unserer Zeit bezeichnet. Zahllose Verträge und Finanzinstrumente weltweit nehmen Bezug auf Referenzzinssätze und andere Financial Benchmarks. Allein das Gesamtvolumen der auf den Libor und den Euribor referenzierenden Finanzinstrumente bezifferte das Financial Stability Board auf 370 Billionen Euro. Die seit 2008 bekannt gewordenen Manipulationsskandale fanden denn auch weltweit große Aufmerksamkeit und schlugen sich sogar in Bestsellern wie „The Spider Network“ von David Enrich und „The Fix“ von Liam Vaughan und David Finch nieder. Geschuldet war dies nicht zuletzt dem Umstand, dass die an den Manipulationen beteiligten Kreditinstitute in den USA und in Europa Milliardenbeträge an Straf- und Vergleichszahlungen in Straf- und Zivil- und Verwaltungsverfahren leisten mussten. Aber auch in rechtlicher Hinsicht hatten die Vorgänge vielfältige gravierende Konsequenzen. Zum einen reagierte die EU bereits kurz nach dem Bekanntwerden der Manipulationen, indem Referenzwert-Manipulationen ausdrücklich in den neu geschaffenen Marktmanipula­tionstatbestand der MAR (Art. 15, 12 Abs. 1 lit. d MAR) einbezogen wurden. Zum anderen schuf die Europäische Union mit der Benchmark-Verordnung ein umfängliches aufsichtsrechtliches Regelwerk, um Manipulationen für die Zukunft auszuschließen. Als eine Konsequenz hieraus sind aktuell Bemühungen im Gange, bekannte Referenzzinssätze wie den Libor und den Euribor zu ersetzen. Zudem, und diese Folge war bei Verabschiedung der Benchmark-VO noch nicht absehbar, stellt der aktuell zunehmend wahrscheinliche harte Brexit die Marktteilnehmer vor zusätzliche Herausforderungen. Mit Blick auch auf diese vielfältigen Entwicklungen behandelt die vorliegende Untersuchung eingehend die mit Financial Benchmarks verbundenen Rechtsfragen aus der Perspektive des Unionsrecht und der deutschen Rechtsordnung. Dabei werden insbesondere auch die vielfältigen wirtschafts- und privatrechtlichen Konsequenzen der Manipulation von Benchmarks vertieft erörtert. Gerade auch der letztere Bereich verdient besonderes Augenmerk, weil sich durch die Bezugnahme auf Benchmarks in Finanzkontrakten und -instrumenten jede Manipulation der referenzierten Werte auch auf die jeweiligen Vertragspflichten der Parteien auswirkt. Mit diesem umfassenden Untersuchungsansatz bietet die Arbeit großen Gewinn auch denjenigen Lesern, die den mit Financial Benchmarks verbundenen Problemen weniger nahe

8 Geleitwort

stehen. Insbesondere hat der Verfasser sich nicht darauf beschränkt, die jeweiligen eher technischen Problemfacetten aufzuarbeiten. Vielmehr hat er seine Ausführungen, soweit geboten, jeweils in grundsätzlichere Überlegungen eingebettet. Nicht zuletzt zur AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle von Preisabreden, zur Wissenszurechnung bei Complianceverstößen und zur Frage einer privaten Rechtsdurchsetzung unionsrechtlich determinierter Verhaltensgebote finden sich grundlagenartige Ausführungen, an denen die jeweilige Spezialliteratur zu diesen Bereichen nicht vorbeigehen kann und wird. Insgesamt ist dem Verfasser mithin das Kunststück gelungen, das Standardwerk zu Rechtsfragen von Benchmarks auf oberstem wissenschaft­ lichen Niveau in höchst lesbarer Form vorzulegen. Mainz, Juli 2018

Prof. Dr. Peter O. Mülbert

Vorwort Die vorliegende Arbeit wurde im Wintersemester 2017 / 18 vom Fachbereich Rechts- und Wirtschaftswissenschaften der Johannes Gutenberg-Universität Mainz als Dissertation angenommen. Sie entstand während meiner Zeit als Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Bürgerliches Recht, Handels- und Wirtschaftsrecht, Bankrecht von Prof. Dr. Peter O. Mülbert im Zeitraum von Mai 2015 bis September 2017. Für die Drucklegung konnten aktuelle Rechtsentwicklungen und Literatur bis Juni 2018 berücksichtigt werden. Mein besonderer Dank gilt meinem Doktorvater und akademischen Lehrer, Herrn Prof. Dr. Peter O. Mülbert, der diese Arbeit angeregt und von Beginn an hervorragend betreut und durch zahlreiche Hinweise und Diskussionen gefördert hat. Meine neun Jahre an seinem Lehrstuhl, zunächst als studentische Hilfskraft und im Anschluss als Wissenschaftlicher Mitarbeiter während des Referendariats und der Promotion, haben aber nicht nur diese Arbeit, sondern mein juristisches Denken insgesamt wesentlich geprägt. Daneben danke ich Herrn Vizepräsidenten des BGH Prof. Dr. Jürgen Ellenberger für die zügige Erstellung des Zweitgutachtens und seine konstruktiven Anmerkungen, aber auch für die vielen interessanten (juristischen) Gespräche vor und in seinen Vorlesungen in Mainz. Herrn Prof. Dr. Dr. h. c. Uwe H. Schneider, Herrn Prof. Dr. Dirk A. Verse, M.Jur. (Oxford) und Herrn Prof. Dr. Mülbert danke ich zudem für die Aufnahme meiner Arbeit in die Schriftenreihe des Instituts für deutsches und internationales Recht des Spar-, Giround Kreditwesens an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz. Herrn Prof. Dr. Verse gebührt ferner Dank für viele anregende und lehrreiche Gespräche, insbesondere zum Themenkomplex der Wissenszurechnung. Desweiteren bedanke ich mich bei meinen ehemaligen Lehrstuhl- und Fachbereichskollegen, insbesondere bei Herrn Dr. Alexander Wilhelm, M Jur., nicht nur für die vielen weiterführenden juristischen Diskussionen, sondern auch für die unverzichtbaren Mittags- und Kaffeepausen. Zu größtem Dank bin ich meinen Eltern, Renate und Eduard Sajnovits, verpflichtet. Sie haben mich während meiner gesamten Ausbildung nicht nur finanziell, sondern auch moralisch stets unterstützt. Zudem haben sie die Mühen des Korrekturlesens auf sich genommen. Ohne sie wäre nicht nur diese Arbeit, sondern meine gesamte juristische Ausbildung nicht zustande gekommen. Zu guter Letzt danke ich meiner Frau Stefanie, die seit den An-

10 Vorwort

fängen meines Studiums an meiner Seite steht, mich immer unterstützt und zugleich so wunderbar daran erinnert, dass es im Leben auch noch andere Dinge als Jura gibt. Ihr und meinen Eltern ist diese Arbeit gewidmet. Wiesbaden, August 2018

Alexander Sajnovits

Inhaltsübersicht Einleitung  § 1 Financial-Benchmarks als Untersuchungsgegenstand . . . . . . . . . . . . . . . A. Die Manipulation von Financial-Benchmarks vor und während der Finanzkrise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Untersuchungsziel und -methode . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Eingrenzung des Themas . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . D. Gang der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

33 33 33 35 36 37

1. Kapitel

Rechtsökonomische und rechtstatsächliche Grundlagen 

39

§ 2 Benchmarks und andere Indizes auf den Finanzmärkten . . . . . . . . . . . 39 A. Begriffliches zu Indizes und Benchmarks . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39 B. Statistische Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40 C. Wirtschaftliche Bedeutung von Indizes, insbesondere als Benchmarks  42 D. Typologie der Benchmarks . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43 E. Funktionen von Indizes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 48 § 3 Nutzen und Risiken von Indizes und Benchmarks . . . . . . . . . . . . . . . . . 50 A. Nutzen von Indizes und Benchmarks . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50 B. Risiken von Indizes und Benchmarks  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59 § 4

Internationale Regulierungsbestrebungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 70 A. Vorschläge, Vorhaben, Reformen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 70 B. Gemeinsame Regulierungsstrategie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 71

§ 5 Fazit zu den rechtsökonomischen und rechtstatsächlichen Grund­ lagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73 2. Kapitel § 6

Die Benchmark-Verordnung der EU  Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A. Gesetzgebungsprozess . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Regulierungszwecke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Sachlicher Anwendungsbereich der BMR . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . D. Persönlicher Anwendungsbereich (Adressaten der Verordnung) . . . . . .

75 75 75 76 80 91

12 Inhaltsübersicht E. Ausnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 94 F. Regelungssystematik und Regulierungsinstrumente . . . . . . . . . . . . . . . . 97 § 7 Ausgewählte Regulierungsinstrumente und Rechtsfragen . . . . . . . . . . . A. Verbot der Benutzung nicht-autorisierter Referenzwerte . . . . . . . . . . . . B. Drittstaaten-Regime, Übergangs- und Bestandsschutzregeln und die Folgen des Brexits . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Compliance- und Governancevorgaben der BMR . . . . . . . . . . . . . . . . . D. Verbraucherschutzinstrumente  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

102 107 120

§ 8 Behördenbefugnisse und Sanktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A. Zuständigkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Befugnisse der zuständigen Behörden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Sanktionenregime . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

122 122 122 123

101 101

§ 9 Fazit zur Benchmark-Verordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 125 3. Kapitel

Aufsichtsrechtliche Aspekte manipulierter Benchmarks 

§ 10 Verstoß gegen Marktmanipulationsverbote . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A. Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Verbotene Marktmanipulation nach § 20a WpHG a. F. . . . . . . . . . . . . . C. Verbotene Marktmanipulation nach Art. 15 MAR  . . . . . . . . . . . . . . . . D. Sanktionenregime  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . E. Fazit zu Verstößen gegen die Marktmanipulationsverbote . . . . . . . . . .

126 126 126 128 135 139 144

§ 11 Kartellaufsichtsrechtliche Aspekte manipulierter Benchmarks . . . . . . . 145 A. Einführung  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 145 B. Die Bußgeldbescheide der Europäischen Kommission  . . . . . . . . . . . . . 146 C. Kartellverstoß . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 147 D. Fazit zu kartellrechtlichen Aspekten von manipulierten Benchmarks  . 154 4. Kapitel

Privatrechtliche Aspekte manipulierter Benchmarks 

§ 12 Vertragsrechtliche Einordnung und Implikationen von (manipulierten) Benchmarks . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A. Zivilrechtliche Einordnung von Benchmarks in Verträgen . . . . . . . . . . B. Zulässigkeit der Verwendung von Benchmarks und Wirksamkeit von vertraglichen Bezugnahmen  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Manipulation als vertragsrechtliche Pflichtverletzung gegenüber dem Kunden  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . D. Manipulierte Benchmarks als Eigenschaftsirrtum oder Geschäftsgrundlage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

156

156 156 168 188 200

Inhaltsübersicht13 E. Kündigung von Dauerschuldverhältnissen aus wichtigem Grund  . . . . 206 F. Fazit zur vertragsrechtlichen Einordnung und zu den vertragsrecht­ lichen Implikationen von (manipulierten) Benchmarks . . . . . . . . . . . . . 207 § 13 Wissensabhängige Manipulationsfolgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A. Wissen von Manipulationen als Tatbestandsvoraussetzung . . . . . . . . . . B. Wissenszurechnung als Grundlagenproblem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Abgrenzung der Wissenszurechnung vom subjektiven Element innerhalb der Wissensnormen  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . D. Aufklärungspflicht über Manipulationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . E. Wissensabhängige Folgen im Falle von Benchmark-­Manipulationen durch Banken (Tatbestandsseite) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

210 210 212 271 274 282

§ 14 Deliktsrechtliche Folgen von Manipulationen – private enforcement im Unionsrecht bzw. im unionsrechtlich determinierten nationalen Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 285 A. Anwendbarkeit des deutschen Rechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 285 B. Private enforcement im Kapitalmarktrecht über § 823 Abs. 2 BGB . . . 288 C. Private enforcement in den engen Grenzen des § 826 BGB  . . . . . . . . 309 D. Private enforcement bei Benchmark-Manipulationen über § 831 BGB  312 E. Fazit zu den deliktsrechtlichen Folgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 313 § 15 Schadensrechtliche Aspekte  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A. Differenzschaden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Vertragsabschlussschaden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Vorteilsausgleichung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . D. Fazit zu den schadensrechtlichen Aspekten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

315 315 329 334 339

5. Kapitel Schluss 

340

§ 16 Wesentliche Ergebnisse und Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 340 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 344 Sachwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 386

Inhaltsverzeichnis Einleitung  § 1 Financial-Benchmarks als Untersuchungsgegenstand . . . . . . . . . . . . . . . A. Die Manipulation von Financial-Benchmarks vor und während der Finanzkrise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Untersuchungsziel und -methode . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Eingrenzung des Themas . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . D. Gang der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

33 33 33 35 36 37

1. Kapitel

Rechtsökonomische und rechtstatsächliche Grundlagen 

39

§ 2 Benchmarks und andere Indizes auf den Finanzmärkten . . . . . . . . . . . 39 A. Begriffliches zu Indizes und Benchmarks . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39 B. Statistische Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40 I. Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40 II. Mittelwerte  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40 1. Arithmetisches Mittel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40 2. Gewichteter und getrimmter Mittelwert . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41 III. Darstellung über die Zeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41 C. Wirtschaftliche Bedeutung von Indizes, insbesondere als Benchmarks  42 D. Typologie der Benchmarks . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43 I. LIBOR . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43 1. Funktionsweise des LIBOR . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43 2. Illiquidität des unbesicherten Interbankenkreditmarktes . . . . . . 44 II. EURIBOR und sonstige Referenzzinssätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46 E. Funktionen von Indizes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 48 § 3 Nutzen und Risiken von Indizes und Benchmarks . . . . . . . . . . . . . . . . . A. Nutzen von Indizes und Benchmarks . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Förderung der Markttransparenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Verringerung von Informationsasymmetrien . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Verringerung von Transaktionskosten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Verbesserte Risikosteuerung und Risikostreuung . . . . . . . . . . . . . . V. Steigerung der Kapitalisierung und Liquidität . . . . . . . . . . . . . . . . B. Risiken von Indizes und Benchmarks  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

50 50 50 52 53 55 57 59

16 Inhaltsverzeichnis I. Nichtproduktion, Schlechtproduktion und Überproduktion . . . . . . II. Manipulation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Manipulationsanfälligkeit und -gründe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Interessenkonflikte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Größe der Panels . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Ermessensabhängige Eingabedaten  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Manipulationen des LIBOR im Besonderen . . . . . . . . . . . . . . . a) Historische Abläufe der Manipulationen und ihres Bekanntwerdens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Ermittlung des LIBOR bis 2010 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Gründe für die Manipulationen des LIBOR . . . . . . . . . . . . . d) Manipulationshandlungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Statistische Belege für Manipulationen . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Ökonomische Folgen der Manipulationen . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Systemische Risiken durch den Konzentrationseffekt  . . . . . . . . . . § 4

59 61 61 61 62 63 63 63 65 66 66 67 68 68

Internationale Regulierungsbestrebungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 70 A. Vorschläge, Vorhaben, Reformen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 70 B. Gemeinsame Regulierungsstrategie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 71

§ 5 Fazit zu den rechtsökonomischen und rechtstatsächlichen Grundlagen  73 2. Kapitel § 6

Die Benchmark-Verordnung der EU  Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A. Gesetzgebungsprozess . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Regulierungszwecke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Funktionenschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Vertrauensschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Anlegerschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Gewährleistung von Finanzmarktstabilität  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Vermeidung von Verzerrungen der Realwirtschaft . . . . . . . . . . . . . VI. Verbraucherschutz  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Sachlicher Anwendungsbereich der BMR . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Grunddefinition eines Referenzwertes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Referenzierungskriterium . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Methodenkriterium . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Öffentlichkeitskriterium . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Besondere Formen von Referenzwerten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Referenzzinssatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Rohstoff-Referenzwert . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Referenzwert aus regulierten Daten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Kritischer Referenzwert . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Signifikanter Referenzwert . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

75 75 75 76 76 77 78 78 79 80 80 80 81 82 83 84 84 85 85 86 87

Inhaltsverzeichnis17 6. Nicht-signifikanter Referenzwert . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Erfasste Verhaltensweisen  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Bereitstellen von Referenzwerten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Beitragen von Eingabedaten zu einem Referenzwert . . . . . . . . 3. Verwenden eines Referenzwertes  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . D. Persönlicher Anwendungsbereich (Adressaten der Verordnung) . . . . . . I. Administratoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Kontributoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Grunddefinition . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Beaufsichtigter Kontributor  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Nutzer eines Referenzwertes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . E. Ausnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Vollausnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Partielle Ausnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Deklaratorische Ausnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . F. Regelungssystematik und Regulierungsinstrumente . . . . . . . . . . . . . . . . I. Unterscheidung nach der Art des Referenzwertes . . . . . . . . . . . . . . II. Unterscheidung nach Adressaten  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Überblick über die Regulierungsinstrumente . . . . . . . . . . . . . . . . .

87 88 88 89 90 91 91 92 92 93 94 94 94 94 96 97 97 98 98

§ 7 Ausgewählte Regulierungsinstrumente und Rechtsfragen . . . . . . . . . . . A. Verbot der Benutzung nicht-autorisierter Referenzwerte . . . . . . . . . . . . I. Verbotstatbestand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Verbotsadressaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Sachliche Rechtfertigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Drittstaaten-Regime, Übergangs- und Bestandsschutzregeln und die Folgen des Brexits . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Drittstaatenregime  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Gleichwertigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Anerkennung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Übernahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Bestandsschutz- und Übergangsregime . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Compliance- und Governancevorgaben der BMR . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Konkrete Vorgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Administratoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Unternehmensführung und Vermeidung von Interessenkonflikten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Einrichtung und Unterhaltung einer Aufsichtsfunktion . . . . c) Einrichtung eines Compliancesystems (Kontrollrahmen) . . d) Anforderungen an die Dokumentation (Rechenschaftsrahmen) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Beschwerdesystem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . f) Anforderungen an eine Auslagerung von Tätigkeiten  . . . .

101 101 101 101 101 102 103 104 105 106 107 107 107 108 108 108 110 112 113 114 115

18 Inhaltsverzeichnis g) Einrichtung und Unterhaltung von Meldewegen . . . . . . . . . 115 2. Administratoren von Referenzzinssätzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 116 3. Beaufsichtigte Kontributoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 117 4. Kontributoren von Referenzzinssätzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 118 D. Verbraucherschutzinstrumente  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 120 I. Referenzwert-Erklärung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 120 II. Verbraucherschützende Informationspflichten in der VerbraucherKreditrichtlinie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 121 § 8 Behördenbefugnisse und Sanktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A. Zuständigkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Befugnisse der zuständigen Behörden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Sanktionenregime . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Verwaltungssanktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Ordnungswidrigkeitenrechtliche Sanktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Veröffentlichung von Verstößen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

122 122 122 123 123 124 124

§ 9 Fazit zur Benchmark-Verordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 125 3. Kapitel

Aufsichtsrechtliche Aspekte manipulierter Benchmarks 

126

§ 10 Verstoß gegen Marktmanipulationsverbote . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 126 A. Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 126 B. Verbotene Marktmanipulation nach § 20a WpHG a. F.  . . . . . . . . . . . . . 128 I. Beschränkter Anwendungsbereich des alten Marktmanipulationsverbots . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 128 II. Manipulation von Benchmarks als taugliche Tathandlung . . . . . . . 130 1. Informationsgestützte Manipulationshandlung . . . . . . . . . . . . . . 130 2. Handels- oder handlungsgestützte Manipulation  . . . . . . . . . . . 132 III. Bewertungserheblichkeit und Eignung zur Kursbeeinflussung  . . . 133 C. Verbotene Marktmanipulation nach Art. 15 MAR  . . . . . . . . . . . . . . . . 135 I. Erweiterter Anwendungsbereich des neuen Marktmissbrauchs­ regimes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 135 II. Manipulation von Referenzwerten als ausdrückliche Tathandlung . 136 III. Kein Erfordernis eines Einwirkungserfolgs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 138 D. Sanktionenregime  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 139 I. Verstoß gegen § 20a WpHG a. F. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 139 II. Verstoß gegen Art. 15 MAR . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 140 1. Strafrechtliche Sanktionierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 140 2. Ordnungswidrigkeitenrechtliche Sanktionierung . . . . . . . . . . . . 141 3. Sonstige aufsichtsrechtliche Sanktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 143 E. Fazit zu Verstößen gegen die Marktmanipulationsverbote . . . . . . . . . . 144 § 11 Kartellaufsichtsrechtliche Aspekte manipulierter Benchmarks . . . . . . . 145 A. Einführung  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 145

Inhaltsverzeichnis19 B. Die Bußgeldbescheide der Europäischen Kommission  . . . . . . . . . . . . . 146 C. Kartellverstoß . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 147 I. Kein verdrängender Anwendungsvorrang des Kapitalmarktrechts . 147 II. Verstoß gegen das Kartellverbot des Art. 101 AEUV durch kollusive Manipulationen von Referenzzinssätzen . . . . . . . . . . . . . 150 1. Abgestimmte Verhaltensweise zwischen Unternehmen . . . . . . . 150 2. Preisfestsetzung als bezweckte Wettbewerbsbeschränkung . . . . 151 a) US-amerikanische Rechtsprechung als Diskussionsaus­ löser . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 151 b) Bezweckte Kernbeschränkung  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 152 III. Implikationen für privatrechtliche Schadensersatzansprüche . . . . . 154 D. Fazit zu kartellrechtlichen Aspekten von manipulierten Benchmarks  . 154 4. Kapitel

Privatrechtliche Aspekte manipulierter Benchmarks 

156

§ 12 Vertragsrechtliche Einordnung und Implikationen von (manipulierten) Benchmarks . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 156 A. Zivilrechtliche Einordnung von Benchmarks in Verträgen . . . . . . . . . . 156 I. Finanzkontrakte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 156 1. Finanzkontrakte mit Bezug zu einem Referenzzinssatz . . . . . . . 156 2. Zivilrechtsdogmatische Einordnung variabler Zinsen . . . . . . . . 159 a) Zinsbegriff beim Darlehensvertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 159 b) Zinsänderungsklauseln als Leistungsbestimmungsrecht  . . . 160 c) Zinsgleitklauseln als Dynamisierung der Hauptleistungspflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 161 II. Finanzinstrumente  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 164 1. Anleihen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 164 2. Indexzertifikate . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 165 3. Zinstermingeschäfte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 166 a) Zinsfutures und -forwards . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 166 b) Zinsoptionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 167 c) Zinsswaps . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 167 B. Zulässigkeit der Verwendung von Benchmarks und Wirksamkeit von vertraglichen Bezugnahmen  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 168 I. Art. 29 BMR als ein die Nichtigkeit bedingendes Verbotsgesetz  . 168 II. Kein Verstoß gegen § 1 Abs. 1 PrKlG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 172 III. AGB-rechtliche Zulässigkeitsschranken bei Finanzkontrakten . . . . 173 1. Zinsgleitklauseln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 173 a) Transparenzkontrolle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 173 b) Inhaltskontrolle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 174 aa) Kontrollfähigkeit von Zinsgleitklauseln . . . . . . . . . . . . 174 bb) Grundsätzlich keine unangemessene Benachteiligung  . 177

20 Inhaltsverzeichnis

C.

D.

E. F.

2. Zinsänderungsklauseln  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 181 a) Wirksamkeit von Zinsänderungsklauseln . . . . . . . . . . . . . . . 181 aa) Inhaltskontrollfähigkeit von Zinsänderungsklauseln . . . 182 bb) Angemessenheit von Zinsänderungsklauseln . . . . . . . . 183 b) Ausübungsvoraussetzungen des Gestaltungsrechts . . . . . . . 185 IV. AGB-rechtliche Zulässigkeitsschranken bei sonstigen Finanz­ instrumenten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 185 1. Anleihen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 185 2. Sonstige Finanzinstrumente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 186 V. Keine objektive Sittenwidrigkeit des Rechtsgeschäfts durch die vertragliche Inbezugnahme einer manipulierten oder manipulierbaren Benchmark . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 187 Manipulation als vertragsrechtliche Pflichtverletzung gegenüber dem Kunden  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 188 I. Zeitpunkt der Pflichtverletzung und davon betroffene Vertragsverhältnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 188 II. Manipulationen als Nebenpflichtverletzungen im Vertragsverhältnis zwischen Bank und Kunden  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 189 III. Vertretenmüssen als Zurechnungsproblem  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 192 1. Manipulationen und Organisationspflichtverletzungen durch das Management . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 192 2. Manipulationen durch Mitarbeiter unterhalb der Repräsen­ tantenebene . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 193 a) Problemstellung und Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 193 b) Gehilfen für die Erfüllung von Nebenpflichten . . . . . . . . . . 195 c) Mitarbeiter vertragsfremder Fachabteilungen als Erfüllungsgehilfen im Verhältnis der Bank zum Kunden . . . . . . 196 d) Manipulationen im inneren sachlichen Zusammenhang mit der Vertragserfüllung?  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 198 Manipulierte Benchmarks als Eigenschaftsirrtum oder Geschäftsgrundlage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 200 I. Geschäftsgrundlage und Manipulationen  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 200 1. Konkrete Nichtmanipulation als Geschäftsgrundlage . . . . . . . . 201 2. Abstrakte und konkrete Nichtmanipulierbarkeit als Geschäftsgrundlage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 201 II. Eigenschaftsirrtum und Manipulationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 202 1. Eigenschaften und Benchmark-Manipulationen . . . . . . . . . . . . . 202 2. Verkehrswesentlichkeit als Begrenzungsmerkmal . . . . . . . . . . . 204 Kündigung von Dauerschuldverhältnissen aus wichtigem Grund  . . . . 206 Fazit zur vertragsrechtlichen Einordnung und zu den vertragsrecht­ lichen Implikationen von (manipulierten) Benchmarks . . . . . . . . . . . . . 207

§ 13 Wissensabhängige Manipulationsfolgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 210 A. Wissen von Manipulationen als Tatbestandsvoraussetzung . . . . . . . . . . 210 B. Wissenszurechnung als Grundlagenproblem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 212

Inhaltsverzeichnis21 I. Wissen einer Person und die Unterscheidung vom Wissenmüssen  212 II. Wissenszurechnung als Rechtstechnik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 213 III. Positionale / personenbezogene Zurechnungsmodelle  . . . . . . . . . . . 215 1. Organtheorie als Wissenszurechnungslehre . . . . . . . . . . . . . . . . 215 2. Wissensvertreter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 217 IV. Zurechnung kraft Organisationspflichtverletzung . . . . . . . . . . . . . . 217 1. Zurechnung in der Einzelgesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 217 2. Zurechnung im Konzern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 218 V. Systembildende Bewertung der Zurechnungslehre . . . . . . . . . . . . . 220 1. Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 220 2. Bedeutung der Wissensnormen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 220 a) Wissensnormen als Anwendungsfeld der Wissenszurechnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 220 b) Typologie der Wissensnormen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 221 c) Zwecksetzung der Wissensnormen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 221 d) Wirkung der Wissensnormen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 223 3. Zurechnungsgrund . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 224 a) Verkehrsschutz / Verkehrsinteresse  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 224 b) Vertrauensschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 225 c) Gleichstellungsargument . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 226 d) Risikoprinzip . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 227 e) Sanktionsgedanke und Verhaltenssteuerung  . . . . . . . . . . . . 228 f) Einordnung und Bewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 229 aa) Berechtigung des Vertrauens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 229 bb) Risikoprinzip und Verhaltenssteuerung . . . . . . . . . . . . . 230 4. Dogmatische Erklärung ohne positiv-rechtliche Determination  232 a) Die Untauglichkeit des § 166 BGB als Anknüpfungspunkt . 232 b) Die Untauglichkeit der Verhaltenszurechnungsnormen . . . . 233 c) Die Untauglichkeit der Normen zur Regelung der Empfangszuständigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 235 d) Haftungs- als Zurechnungsnormen? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 236 e) Fehlende Notwendigkeit eines Rückgriffs auf § 242 BGB . 236 f) Fazit: Richterliche Rechtsfortbildung im Lückenbereich . . . 237 5. Pflichtenqualität, -ursprung und -ausprägungen . . . . . . . . . . . . . 238 a) Pflichtenqualität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 238 b) Organisationspflichten des Unternehmens sowie seiner Geschäftsleiter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 239 aa) Spezialgesetzliche Compliancepflichten . . . . . . . . . . . . 239 bb) Allgemeine Compliancepflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 240 cc) Informationsorganisationspflicht als Verkehrssicherungspflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 241 c) Individuelle Rechtspflichten von Organmitgliedern und Mitarbeitern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 242

22 Inhaltsverzeichnis aa) Grundsätze der Zurechnungsbegründung . . . . . . . . . . . 242 bb) Pflichten von geschäftsführenden Organmitgliedern zur Offenbarung eigener Pflichtverletzungen . . . . . . . . 246 cc) Pflichten von geschäftsführenden Organmitgliedern zur Offenbarung privat erlangter Kenntnis . . . . . . . . . . 250 dd) Individuelle Rechtspflichten von Mitarbeitern . . . . . . . 251 d) Rechtspflichten im Konzern bzw. Unternehmensverbund  . 253 aa) Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 253 bb) Zurechnung wegen der Verletzung konzernweiter Compliancepflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 254 (1) Verletzung spezialgesetzlicher Compliancepflichten durch die Muttergesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . 256 (2) Art. 17 MAR im Besonderen . . . . . . . . . . . . . . . . . 256 (3) Verletzung allgemeiner konzernweiter Compliancepflichten durch die Muttergesellschaft . . . . . . 258 (4) Keine konzernweiten Compliancepflichten der Tochtergesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 260 cc) Pflichten der Tochtergesellschaft zur Informationsweiterleitung als Anknüpfungspunkt für eine Zurechnungsbegründung? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 260 6. Schranken der Zurechnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 261 a) Nemo-tenetur-Grundsatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 261 b) Gesetzliche Verschwiegenheitspflichten und gesetzliche Informationsweitergabeverbote . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 262 c) Insiderverbot als Informationsweitergabeverbot . . . . . . . . . . 262 d) Vertragliche Verschwiegenheitspflichten . . . . . . . . . . . . . . . 264 e) Chinese walls als Zurechnungsschranken . . . . . . . . . . . . . . . 266 f) Safe-Harbour-Wirkung von Compliancesystemen  . . . . . . . 266 7. Folgerungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 267 8. Keine durchgreifenden Kritikpunkte am Zurechnungsmodell  . 268 a) Kein notwendiger Rückgriff auf die „klassische“ Organtheorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 268 b) Gleichlauf von Wissen und Wissenmüssen . . . . . . . . . . . . . 269 c) Systemkonsistenz und Widerspruchsfreiheit der Zurechnungslehre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 270 C. Abgrenzung der Wissenszurechnung vom subjektiven Element innerhalb der Wissensnormen  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 271 I. Problemstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 271 II. Arglist und Vorsatz trotz bloß zugerechneter Kenntnis? . . . . . . . . . 271 1. Arglist im (vor)vertraglichen Bereich  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 271 2. Vorsatz im Deliktsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 273 III. Haftung für fehlerhafte Ad-hoc-Publizität als weiteres Beispiel einer notwendigen Unterscheidung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 273 D. Aufklärungspflicht über Manipulationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 274

Inhaltsverzeichnis23 I. Vorvertragliche Aufklärungspflichten im Rahmen von c.i.c. und arglistiger Täuschung  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Informationsasymmetrie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Erkennbar wesentliche Umstände . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Treu und Glauben und Verkehrssitte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Aufklärungspflicht als Ausfluss einer vertraglichen Beratungspflicht   . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Keine entgegenstehenden Ausschlussgründe . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Schutz vor einem Zwang zur Selbstbezichtigung . . . . . . . . . . . 2. Insiderrecht und sonstige Geheimhaltungspflichten als Schranken der Aufklärungspflicht? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . E. Wissensabhängige Folgen im Falle von Benchmark-­Manipulationen durch Banken (Tatbestandsseite) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

274 276 276 278 279 279 279 280 282

§ 14 Deliktsrechtliche Folgen von Manipulationen – private enforcement im Unionsrecht bzw. im unionsrechtlich determinierten nationalen Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 285 A. Anwendbarkeit des deutschen Rechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 285 B. Private enforcement im Kapitalmarktrecht über § 823 Abs. 2 BGB . . . 288 I. Zivilrechtliche Haftung auf Basis der tradierten Schutzgesetzdogmatik des § 823 Abs. 2 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 289 1. Individualschutzvermittelnde Normen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 289 a) Marktmanipulationsverbot des § 20a WpHG a. F. . . . . . . . . 289 b) Marktmanipulationsverbot des Art. 15 MAR . . . . . . . . . . . . 291 c) Vorschriften der BMR . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 293 2. Vereinbarkeit mit dem haftungsrechtlichen Gesamtsystem . . . . 294 a) Diskussionsstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 294 b) Enge Möglichkeiten des Ersatzes primärer Vermögensschäden im deliktischen Schutzsystem . . . . . . . . . . . . . . . . . 296 II. Einwirkungen des Unionsrechts auf die tradierte Schutzgesetzdogmatik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 298 1. Marktmanipulationsverbot der MAR . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 299 a) Gebot der effektiven Durchsetzung des Unionsrechts (effet utile) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 299 b) Konkretisierende Rechtsprechung des EuGHs . . . . . . . . . . . 300 c) Gewaltenteilung und systematische Erwägungen . . . . . . . . . 302 d) Keine nachgewiesenen Effektivitäts- und Effizienzsteigerungen  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 304 aa) Effektivere Rechtsdurchsetzung des Marktmanipula­ tionsverbots durch private Schadensersatzklagen? . . . . 304 bb) Gefahren eines over enforcement durch übermäßige Abschreckung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 306 e) Fazit: Keine Notwendigkeit einer abweichenden unionsrechtskonformen Auslegung oder einer teleologischen Reduktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 308 2. Bestimmungen der BMR . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 308

24 Inhaltsverzeichnis C. Private enforcement in den engen Grenzen des § 826 BGB  . . . . . . . . 309 I. Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 309 II. Manipulationshandlungen als Verstoß gegen die guten Sitten im Verhältnis zum Verstoß gegen das Verbot der Marktmanipulation . 309 III. Vorsatzerfordernis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 310 D. Private enforcement bei Benchmark-Manipulationen über § 831 BGB. 312 E. Fazit zu den deliktsrechtlichen Folgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 313 § 15 Schadensrechtliche Aspekte  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 315 A. Differenzschaden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 315 I. Differenzschaden beim Abschluss eines auf eine manipulierte Benchmark referenzierenden Vertrags . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 315 1. Relevanz des Differenzschadens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 315 2. Haftungsausfüllende Kausalität und objektive Zurechnung . . . 316 a) Äquivalente Kausalität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 316 b) Keine Beschränkung durch normative Zurechnungslehren . 318 aa) Adäquanztheorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 318 bb) Schutzzwecklehre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 319 cc) Reserveursachen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 320 c) Gesamtschadenszurechnung im Falle mehrerer manipulierender Banken  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 323 d) Tatsächliche Nachweisprobleme und Lösungsmöglichkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 325 3. Streuschäden als Durchsetzungshindernis . . . . . . . . . . . . . . . . . 327 B. Vertragsabschlussschaden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 329 I. Problemstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 329 II. Ersatz des Vertragsabschlussschadens als Rechtsfolge der c.i.c.  . 330 III. Kein Erfordernis eines zusätzlichen Vermögensschadens . . . . . . . . 331 IV. Friktionen des Nebeneinanders . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 333 C. Vorteilsausgleichung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 334 I. Problemstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 334 II. Berücksichtigung vorteilhafter Manipulationen  . . . . . . . . . . . . . . . 335 1. Vorteil aufgrund „ein und derselben“ Handlung . . . . . . . . . . . . 335 2. Vorteil aufgrund mehrerer als „einheitliches Geschehen“ zu würdigender Handlungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 336 D. Fazit zu den schadensrechtlichen Aspekten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 339 5. Kapitel Schluss 

340

§ 16 Wesentliche Ergebnisse und Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 340 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 344 Sachwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 386

Abkürzungsverzeichnis a. A. andere Ansicht a. E. am Ende a. F. alte Fassung ABl. Amtsblatt Abs. Absatz / Absätze AcP Archiv für Civilistische Praxis AEUV Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union AG Aktiengesellschaft / Die Aktiengesellschaft (Zeitschrift) AGB Allgemeine Geschäftsbedingungen AktG Aktiengesetz Allg.M. Allgemeine Meinung Alt. Alternative Anh. Anhang arg. con. argumentum e contrario ARSP Archiv für Rechts- und Sozialphilosophie Art. Artikel ASIC Australian Securities and Investments Commission AT Allgemeiner Teil / Antitrust Aufl. Auflage AVBFernwärmeV Verordnung über Allgemeine Bedingungen für die Versorgung mit Fernwärme BaFin Bundesanstalt für Finandienstleistungsaufsicht BAG Bundesarbeitsgericht BAGE Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts BB Betriebs Berater (Zeitschrift) BBA British Bankers’ Association BC Zeitschrift für Bilanzierung, Rechnungswesen und Controlling Bd. Band Begr. Begründer / Begründung BGB Bürgerliches Gesetzbuch BGBl. Bundesgesetzblatt BGH Bundesgerichtshof

26 Abkürzungsverzeichnis BGHSt

Entscheidungen des Bundesgerichtshofs in Strafsachen

BGHZ

Entscheidungen des Bundesgerichtshofs in Zivilsachen

BIS

Bank for International Settlements

BKR

Zeitschrift für Bank und Kapitalmarktrecht

BMR Benchmark-Regulation BörsG Börsengesetz BörsG-E Börsengesetz-Entwurf BR Bundesrat BT-Drucks. Bundestagsdrucksache BVerfG Bundesverfassungsgericht BVerfGE

Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts

BVerwG Bundesverwaltungsgericht bzw. beziehungsweise c.i.c.

culpa in contrahendo

ca. circa CB

Compliance Berater (Zeitschrift)

CCP(s)

Central counterparty / counterparties

CCZ

Corporate Compliance Zeitschrift

CDS

Credit Default Swaps

CET

Central European Time

CFTC

Commodity Futures Trading Commission

CHF

Schweizer Franken

CISG

United Nations Convention on Contracts for the International Sale of Goods

COD

co-decision procedure

CODEC coder-decoder COM Commission CRD IV

Capital Requirements Directive IV

CRIM-MAD

Richtlinie über strafrechtliche Sanktionen für Insiderhandel und Marktmanipulation 2014 / 57 / EU

CRR

Capital Requirements Regulation

CuR

Contracting und Recht (Zeitschrift)

d. der d. h.

das heißt

DB

Der Betrieb (Zeitschrift)

DCGK

Deutscher Corporate Governance Kodex

Der Konzern

Der Konzern (Zeitschrift)

ders. derselbe

Abkürzungsverzeichnis27 dies.

dieselbe / dieselben

DiskE Diskussionsentwurf DJT

Deutscher Juristentag

DNotZ

Deutsche Notar-Zeitschrift

DoJ

Department of Justice

dpa

Deutsche Presse-Agentur

DRiZ

Deutsche Richterzeitung

Drucks. Drucksache DStR

Deutsches Steuerrecht (Zeitschrift)

DStR

Das deutsche Steuerrecht (Zeitschrift)

EBA

European Banking Authority

EBOR

Business Organization Law Review

ECFR

European Company and Financial Law Review

ECMH

efficient capital markets hypothesis

ECOFIN

Economic and Financial Minister

ed. Edition EG

Europäische Gemeinschaft

EGBGB

Einführungsgesetz zum BGB

Einf. Einführung Einl. Einleitung EMMI

European Money Markets Institute

EONIA

Euro OverNight Index Average

ErgLief. Ergänzungslieferung ESMA

European Securities Markets Authority

EU

Europäische Union

EuG

Gericht der Europäischen Union

EuGH

Gerichtshof der Europäischen Union

EuGVVO

Verordnung über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivilund Handelssachen

EuInsVO

Europäische Insolvenzverordnung

EURIBOR

Euro InterBank Offered Rate

EUV

Vertrag über die Europäische Union

EWR

Europäischer Wirtschaftsraum

EZB

Europäische Zentralbank

F. Federal f. / ff.

folgende

F.A.Z.

Frankfurter Allgemeine Zeitung

28 Abkürzungsverzeichnis FAQs

Frequently asked questions

FCA

Financial Conduct Authority

FED

Federal Reserve System

FG Festgabe FIBOR

Frankfurt InterBank Offered Rate

FiMaNoG Finanzmarktnovellierungsgesetz FMFG Finanzmarktförderungsgesetz Fn. Fußnote FS Festschrift FSA

Financial Services Authority

FSB

Financial Stability Board

FX&MM

Foreign Exchange & Money Market

G20

Gruppe der Zwanzig

GbR

Gesellschaft bürgerlichen Rechts

gem. gemäß GesE Gesetzentwurf GG Grundgesetz ggf. gegebenenfalls GmbH

Gesellschaft mit beschränkter Haftung

GmbHG

Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung

GmbHR

GmbH-Rundschau (Zeitschrift)

GroßKommAktG

Großkommentar zum Aktiengesetz

GroßKommGmbHG

Großkommentar zum GmbHG

GRUR

Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht (Zeitschrift)

GS Gedächtnisschrift GWB

Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen

GWR

Gesellschafts- und Wirtschaftsrecht (Zeitschrift)

h. M.

herrschende Meinung

Halbs. Halbsatz HGB Handelsgesetzbuch HIBOR

Hong Kong Inter-bank Offered Rate

Hrsg. Herausgeber i. d. F.

in der Fassung

i. d. S.

in diesem Sinne

i. S. d.

im Sinne der / des

i. V. m.

in Verbindung mit

IBA

IntercontinentalExchange Benchmark Administration

Abkürzungsverzeichnis29 IBORs

InterBank Offered Rates

ICAP

Intercapital plc

ICE IntercontinentalExchange IKB

Deutsche Industriebank

InsO Insolvenzordnung IOSCO

International Organization of Securities Commissions

JR

Juristische Rundschau (Zeitschrift)

JuS

Juristische Schulungen (Zeitschrift)

JW

Juristische Wochenschrift

JZ JuristenZeitung KAGB Kapitalanlagegesetzbuch KAGB-E Kapitalanlagegesetzbuch-Entwurf KapMuG Kapitalanlegermusterverfahrensgesetz KG Kammergericht KMRK Kapitalmarktrechts-Kommentar KölnKommAktG

Kölner Kommentar zum Aktiengesetz

KölnKommWpHG

Kölner Kommentar zum Wertpapierhandelsgesetzbuch

KommJur

Kommunaljurist (Zeitschrift)

Kreditwesen

Zeitschrift für das gesamte Kreditwesen

KWG

Gesetz über das Kreditwesen

LAG Landesarbeitsgericht Lfg. Lieferung LG Landgericht LIBOR

London Interbank Offered Rate

lit. Litera LMA

Loan Market Association

Ltd. Limited m.N.

mit Nachweisen

m. w. N.

mit weiteren Nachweisen

MAD I

Market Abuse Directive I

MaKonV

Verordnung zur Konkretisierung des Verbotes der Marktmanipulation

MAR

Market Abuse Regulation

MDR

Monatsschrift für Deutsches Recht

MEZ

Mitteleuropäische Zeit

MIBOR

Mumbai Inter-Bank Offer Rate

MiFID I

Markets in Financial Instruments Directive I

MiFID II

Markets in Financial Instruments Directive II

30 Abkürzungsverzeichnis MiFiR

Markets in Financial Instruments Regulation

Mio. Millionen MünchKommAktG

Münchener Kommentar zum Aktiengesetz

MünchKommBGB

Münchener Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch

MünchKommHGB

Münchener Kommentar zum Handelsgesetzbuch

MünchKommZPO

Münchener Kommentar zur Zivilprozessordnung

n. F.

neue Fassung

NJOZ

Neue Juristische Online Zeitschrift

NJW

Neue Juristische Wochenschrift

NJW-RR

Neue Juristische Wochenschrift Rechtsprechungsreport

Nr. Nummer(n) NStZ

Neue Zeitschrift für Strafrecht

NYU

New York University

NZA

Neue Zeitschrift für Arbeitsrecht

NZG

Neue Zeitschrift für Gesellschaftsrecht

NZI

Neue Zeitschrift für das Recht der Insolvenz und Sanierung

NZKart

Neue Zeitschrift für Kartellrecht

OIS

Overnight Interest Swaps

OLG Oberlandesgericht OTC

Over the counter

PaPKG

Preisangaben- und Preisklauselgesetz

PIBOR

Paris InterBank Offered Rate

PRIIP

packaged retail and insurance-based investment products

PrKlG

Gesetz über das Verbot der Verwendung von Preisklauseln bei der Bestimmung von Geldschulden

RabelsZ

Rabels Zeitschrift für ausländisches und internationales Privatrecht

RegE Regierungsentwurf REMM Resourceful-Evaluative-Maximizing-Model RG Reichsgericht RGZ

Entscheidungen des Reichsgerichts in Zivilsachen

RIW

Recht der Internationalen Wirtschaft (Zeitschrift)

Rn. Randnummer(n) Rom I-VO

Verordnung (EG) Nr. 593 / 2008

Rom II-VO

Verordnung (EG) Nr. 864 / 2007

Rs. Rechtssache S. Seite S.D. Fla.

Southern District of Florida

Abkürzungsverzeichnis31 S.D.N.Y.

Southern District of New York

SchVG

Gesetz über Schuldverschreibungen aus Gesamtemissionen

Second Circuit

United States Court of Appeals for the Second Circuit

SIBOR

Singapore Interbank Offered Rate

SIPIs

systemically important prices and indices

SJZ

Süddeutsche Juristenzeitschrift

Slg.

Sammlung der Rechtsprechung des Gerichtshofes und des Gerichts Erster Instanz

sog. sogenannte(r) Sonia

Sterling Overnight Index Average

STOXX EUR GC

STOXX® GC Pooling Indices

Supp. Supplement Syst. System TARP

Troubled Asset Relief Program

TIBOR

Tokyo Interbank Offered Rate

u. a.

und andere; unter anderem

UBS

UBS Group AG

Unterabs. Unterabsatz US

United States

UWG

Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb

v.

von / vom / vor

VAG Versicherungsaufsichtsgesetz VAG-E VErsicherungsaufsichtsgesetz-Entwurf Var. Variante VersR

Versicherungsrecht (Zeitschrift)

vgl. vergleiche VO Verordnung Vorb. Vorbemerkung(en) Vorbem. Vorbemerkung(en) wistra

Zeitschrift für Wirtschafts- und Steuerstrafrecht

WM

Wertpapier-Mitteilungen, Zeitschrift für Wirtschafts- und Bankrecht

WM / Reuters

World Markets / Reuters

WPg

Die Wirtschaftsprüfung

WpHG Wertpapierhandelsgesetz WpHG-E Wertpapierhandelsgesetz-Entwurf WpÜG

Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz

WSJ

The Wall Street Journal

32 Abkürzungsverzeichnis WuW z. B. ZBB ZfPW ZGR ZHR

Wirtschaft und Wettbewerb (Zeitschrift) zum Beispiel Zeitschrift für Bankrecht und Bankwirtschaft Zeitschrift für die gesamte Privatrechtswissenschaft Zeitschrift für Unternehmens- und Gesellschaftsrecht Zeitschrift für das gesamte Handelsrecht und Wirtschaftsrecht Ziff. Ziffer ZIP Zeitschrift für Wirtschaftsrecht ZPO Zivilprozessordnung ZStW Zeitschrift für die gesamte Strafrechtswissenschaft ZVersWiss Zeitschrift für die gesamte Versicherungswissenschaft

Einleitung § 1  Financial-Benchmarks als Untersuchungsgegenstand A. Die Manipulation von Financial-Benchmarks vor und während der Finanzkrise „Versagen oder Zweifel in Bezug auf die Genauigkeit und Integrität von Indizes, die als Benchmarks verwendet werden, können das Marktvertrauen untergraben, Verbrauchern und Anlegern Verluste bescheren und Verzerrungen der Realwirtschaft zur Folge haben.“ (Erwägungsgrund 1 der Verordnung (EU) 2016 /  1011)

Indizes haben als öffentliches Gut auf den internationalen Finanzmärkten eine herausragende Bedeutung. Sie tragen zur Steigerung der Markttransparenz bei, dienen als Benchmark für die Preisbestimmung zahlreicher Finanzinstrumente und -kontrakte und bilden eine Schablone für die Zusammensetzung fondsgebundener Anlageprodukte. Einer der bis heute meistgenutzten Benchmarks auf den internationalen Finanzmärkten ist der LIBOR. Seit 2008 kam zunehmend der Verdacht von Manipulationen des LIBOR durch Mitarbeiter global führender Banken auf, der sich schließlich im Jahr 2012 bestätigte. Wegen ihrer Mitwirkung an den Manipulationen des LIBOR mussten zahlreiche Finanzinstitute hohe Strafzahlungen an verschiedene europäische und US-amerikanische Aufsichtsbehörden leisten.1 Seit 2012 werden nach und nach weitere Manipulationen anderer Financial-Benchmarks aufgedeckt. Neben dem EURIBOR – das auf den Euro bezogene Pendant zum LIBOR – wurden vor allem Benchmarks auf den Rohstoff- und Devisenmärkten über Jahre hinweg manipuliert.2 Die Auswirkungen der Manipulationen auf die Welt-Volkswirtschaft sind noch nicht einmal im Ansatz vermessen. Betrach1  Siehe

näher unten § 3 II.2. Manipulationen an Rohstoffbenchmarks etwa Verstein, Boston College Law Review 56 (2015), 215, 242 ff. Zu solchen an Devisenbenchmarks IOSCO, Forex Benchmarks, 2014. Zum Devisenskandal und etwaigen Folgen für die beteiligten Banken auch Theurer / Plickert / Frühauf, Notenbanker wollen Schadensersatz von der Deutschen Bank, F.A.Z. vom 18. Januar 2016; Wetzel, Nichts für schwache Nerven, Süddeutsche Zeitung vom 23. September 2015. 2  Zu

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Einleitung, § 1 Financial-Benchmarks als Untersuchungsgegenstand

tet man aber alleine die Volumina der auf den LIBOR und den EURIBOR referenzierenden Finanzinstrumente von geschätzt ca. 370 Billionen Euro3 sowie den durchschnittlichen täglichen Umsatz auf dem Devisenmarkt von ca. vier Billionen Euro4, so erscheinen Schätzungen von Fehlallokationen im Billionen-Euro-Bereich5 nicht fernliegend. Der europäische Gesetzgeber reagierte rasch nach dem Bekanntwerden des Ausmaßes der Manipulationen, indem er den sich damals noch im Entwurfsstadium befindenden Marktmanipulationstatbestand der Marktmissbrauchsverordnung (MAR) präzisierte, um auch Benchmark-Manipulationen eindeutig zu erfassen.6 Daneben ist die strafrechtliche Ahndung der Manipulationshandlungen in vollem Gange.7 Ferner haben weltweit Kartellaufsichtsbehörden wie die Europäische Kommission zwischen Händlern unterschiedlicher Banken getroffene Absprachen zur Manipulation von LIBOR und EURIBOR als Kartelle gewertet und mit der Verhängung hoher Bußgelder geahndet.8 Neben den kartell- und kapitalmarktaufsichtsrechtlichen Konsequenzen konkretisieren sich – angestoßen durch die G20-Konferenz und einen umfangreichen Regulierungsvorschlag der IOSCO – zudem die internationalen Bestrebungen, die Integrität von Benchmarks durch aufsichtsrechtliche Vorgaben zukünftig zu verbessern.9 Diese Vorgaben zielen vor allem darauf ab, Interessenkonflikte zu vermeiden sowie die Qualität der Ermittlung von Benchmarks bzw. deren Eingabedaten sowohl auf Seiten der BenchmarkAdministratoren10 als auch auf Seiten der Benchmark-Kontributoren11 zu steigern.12 Einige Marktteilnehmer reagierten bereits auf diese Regulierung 3  FSB,

Interest Rate Benchmarks, 2014, S. 19. Triennial Central Bank Survey, 2013, S. 6. 5  Rauterberg / Verstein, Yale Journal on Regulation 30 (2013), 101, 104. 6  Zur Anpassung des europäischen Marktmanipulationsverbots § 10 C. 7  Im Vereinigten Königreich wurde wegen der LIBOR Manipulationen gegen einen ehemaligen Händler der UBS sogar eine Haftstrafe von 14 Jahren verhängt. Siehe dazu Slodczyk, „Wenn du willst, kann ich den Zins auch senken“, Handelsblatt v. 6. Oktober 2015. Kürzlich wurden auch Strafverfahren wegen der Manipulationen des EURIBOR begonnen. Siehe Thompson, First Euribor-rigging trial opens in London Five former traders face charges of conspiracy to defraud, Financial Times v. 8. April 2018. 8  Siehe dazu noch unten § 11 A. und B. 9  Zu einem Überblick über internationale Regulierungsvorhaben siehe unten § 4. Zur Europäischen Benchmark-Verordnung siehe näher 2. Kapitel §§ 6–9. 10  Das sind diejenigen Personen, die die Bereitstellung der Benchmark verantworten. 11  Das sind diejenigen Personen, die die für die Ermittlung der Benchmark relevanten Informationen / Daten an die Benchmark-Administratoren liefern. 12  Siehe dazu näher unten § 7 C.I. und II. 4  BIS,



B. Untersuchungsziel und -methode35

und haben ihre Tätigkeit auf transaktionsbasierte Benchmarks verlagert.13 Die zum 30.  Juni 2016 in Kraft getretene Verordnung (EU) 2016 / 1011 (BMR), die im Wesentlichen jedoch erst seit dem 1. Januar 2018 anwendbar ist, stellt – nach einigen Vorreiterrechtsakten etwa in Großbritannien – den ersten gesamteuropäischen Regulierungsrahmen für Benchmarks dar.14 Wegen der Omnipräsenz von Benchmarks auf den Finanzmärkten und der Wirkung, die sie auf zahlreiche privatrechtliche Rechtsverhältnisse nehmen, ist es überraschend, dass sich die rechtswissenschaftliche Diskussion bislang kaum mit ihnen befasst hat – jedenfalls nicht als Gegenstand einer umfassenden rechtlichen Untersuchung. Ähnlich wie bereits bei Ratings15 war es damit erst eine Krise, die den Bedarf für eine rechtliche Auseinandersetzung mit Benchmarks offenbar werden ließ. Dieser besteht nicht nur mit Blick auf das Kapitalmarktaufsichtsrecht16 und das Kartellrecht17, sondern vor allem mit Blick auf das Privatrecht18. Durch die Bezugnahme auf Benchmarks in Finanzkontrakten und -instrumenten wirkt sich eine Veränderung ebendieser nämlich auf die jeweiligen Vertragspflichten aus.

B. Untersuchungsziel und -methode Die meisten wissenschaftlichen Beiträge zur rechtlichen Aufarbeitung der Manipulationen bedeutender Financial-Benchmarks stammen bislang aus dem angloamerikanischen Schrifttum.19 Das Anliegen der vorliegenden Un13  Mai, AG 2015, R 295, insbesondere zur Verwendung der transaktionsbasierten STOXX EUR GC Pooling-Indices durch die EZB. Zudem haben zahlreiche Kontributoren inzwischen das EURIBOR-Panel verlassen (siehe unten § 2 D.II. und Neubacher, in: Börsen-Zeitung v. 7. September 2017 (Nr. 172), S. 3). 14  Verordnung (EU) 2016 / 1011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 8. Juni 2016 über Indizes, die bei Finanzinstrumenten und Finanzkontrakten als Referenzwert oder zur Messung der Wertentwicklung eines Investmentfonds verwendet werden, und zur Änderung der Richtlinien 2008 / 48 / EG und 2014 / 17 / EU sowie der Verordnung (EU) Nr. 596 / 2014, ABl. d. EU vom 29.6.2016, L 171 / 1. Siehe näher unten 2. Kapitel §§ 6–9. 15  Dazu näher Schroeter, Ratings, 2014. 16  Siehe unten § 10. 17  Siehe unten § 11. 18  Siehe näher 4. Kapitel §§ 12 ff. 19  Siehe etwa Bainbridge, NYU Journal of Law & Business 9 (2013), 789; Chiu, Capital Markets Law Journal 11 (2016), 191; Duffie / Stein, Journal of Economic Perspectives 29 (2015), 191; Fletcher, Working Paper, 2016; McConnell, Journal of Operational Risk 8 (2013), 59; O’Brien, Seattle University Law Review 37 (2014), 375; Rauterberg / Verstein, Yale Journal on Regulation 30 (2013), 101; Tabb / Grundfest, Capital Markets Law Journal 8 (2013), 229; Verstein, Boston College Law Review 56 (2015), 215. Aus dem deutschsprachigen Schrifttum Bausch / Wittmann, WM

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Einleitung, § 1 Financial-Benchmarks als Untersuchungsgegenstand

tersuchung ist es, die bestehende Lücke für das deutsche und europäische Recht zu schließen. Ziel ist eine dogmatische Durchdringung der vielschichtigen Rechtsfragen, die sich infolge der Manipulationen ergeben. Dafür müssen die ökonomischen Grundlagen und Wirkmechanismen von Benchmarks herausgearbeitet werden, ohne die ein vertieftes Verständnis des Verwendungs-, aber auch des Regulierungsbedürfnisses von Benchmarks nicht möglich ist. Im Zuge der Untersuchung werden nicht nur die rechtlichen Besonderheiten ausgeleuchtet, die Financial-Benchmarks bzw. deren Manipulationen in so unterschiedlichen Rechtsgebieten wie dem Kapitalmarktaufsichtsrecht, dem Kartellrecht und dem Zivilrecht mit sich bringen. Vielmehr sollen auch einige dogmatisch noch nicht hinreichend aufgearbeitete zivilrechtliche Problembereiche aufgezeigt und Lösungen dafür gefunden werden. Dies gilt besonders für den Umfang einer AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle von Preisabreden – genauer gesagt: deren Bestandteilen (Stichwort: Zinsklauseln)20 –, den das gesamte Privatrecht und auch das Aufsichtsrecht umspannenden Komplex der Wissenszurechnung innerhalb von Organisationen21, sowie das private enforcement aufsichtsrechtlicher Pflichten durch das Deliktsrecht22. Die Methode dieser Arbeit ist – anknüpfend an die dargestellten Ziele – die juristisch-dogmatische Methode. Besonderheiten ergeben sich durch die Verknüpfungen mit dem stark unionsrechtlich geprägten Kapitalmarktrecht, das teilweise die deutsche Rechtsdogmatik überlagern oder doch jedenfalls wesentlich beeinflussen kann. Zudem wird die Argumentation immer wieder mit ökonomischen Überlegungen hinterfragt und abgeglichen.

C. Eingrenzung des Themas Die Fokussierung dieser Untersuchung auf den Komplex „Manipulationen von Financial-Benchmarks“ ist bereits durch die Einleitung vorgezeichnet. Nach dem Grundlagenkapitel werden in drei großen Blöcken Rechtsfragen des präventiven Regulierungsrechts, des repressiven Aufsichtsrechts und des Privatrechts eingehend untersucht. In zwei oder gar drei Richtungen bedarf dieser Untersuchungsgegenstand noch weiterer Eingrenzung:

2014, 494; Buck-Heeb, WM 2015, 157; Fleischer / Bueren, DB 2012, 2561; Lehmann, in: Bankrechtstag 2015, 2016, S. 208; Weck, KommJur 2013, 247; zur BMR Spindler, ZBB 2015, 165; Wundenberg, in: Veil, Europäisches Kapitalmarktrecht, 2. Aufl. 2014, §§  30 f. 20  Siehe unten § 12 B.III. 21  Siehe unten § 13 B. 22  Siehe unten § 14.



D. Gang der Untersuchung37

Erstens wird die Darstellung – wie der Untertitel bereits andeutet – auf eine Untersuchung von Referenzzinssätzen beschränkt, wobei als Beispiel für die Manipulationen in erster Linie jene des LIBOR und EURIBOR von Interesse sind. Zweitens bedarf es einer Eingrenzung der behandelten Rechtsbereiche bzw. Rechtsfragen und vor allem der behandelten Rechtsordnungen. Die Reform der aufsichtsrechtlichen Regulierung von Benchmarks im 2. Kapitel ist ganz auf die BMR ausgerichtet, während sonstige internationale Regulierungsbestrebungen nur kursorisch im Grundlagenteil dargestellt werden. Hinsichtlich der kapitalmarkt- und kartellaufsichtsrechtlichen Fragen, ebenso wie mit Blick auf den privatrechtlichen Teil, bleibt es bei einer Untersuchung zum deutschen Recht bzw. zum Unionsrecht.

D. Gang der Untersuchung Das 1. Kapitel widmet sich unter dem Titel „Rechtsökonomische und rechtstatsächliche Grundlagen“ – nach der Klärung einiger begrifflicher Vorfragen (§ 2 A.) und der statistischen Grundlagen (§ 2 B.) – der ökonomischen Bedeutung unterschiedlicher Indizes und Benchmarks auf den Finanzmärkten (§ 1 D.). Nach einem Überblick über die Funktionen von Indizes (§ 2 E.) folgt eine nähere Untersuchung zu dem vielfältigen Nutzen, den Indizes bzw. Benchmarks generieren können (§ 3 A.). Diesem Nutzen stehen bedeutende Risiken gegenüber, wobei § 3 B.II. vertieft auf das vornehmlich in den Jahren vor 2012 verwirklichte Manipulationsrisiko eingeht. Die Manipulationen in jenen Jahren werden am Beispiel des LIBOR-Skandals exemplarisch illustriert (§ 3 B.II.2.). Im Anschluss stellt § 4 die internationalen Regulierungsbestrebungen überblicksartig dar, wobei ihre gemeinsamen Regelungsanliegen und Strategien herausgearbeitet werden (§ 4). Das 2. Kapitel behandelt eingehend die BMR. Das einführende Kapitel stellt die Regulierungszwecke (§ 6 B.), den Anwendungsbereich (§ 6 C.), die Adressaten (§ 6 D.) sowie die Regelungssystematik und die Regulierungsinstrumente (§ 6 F.) dar. Der sich anschließende § 7 widmet sich der Analyse und Bewertung ausgewählter Regulierungsinstrumente, wobei die Compliance- und Governancevorgaben der BMR (§ 7 C.) im Mittelpunkt stehen. Es folgen knappe Erläuterungen zu dem durch die BMR verwirklichten Verbraucherschutz (§ 7 D.), zu den Befugnissen der Aufsicht (§ 8 B.) und zum Sanktionenregime (§ 8 C.). Das 3. Kapitel geht auf die aufsichtsrechtlichen Folgen vergangener sowie potenziell künftiger Manipulationen von Benchmarks ein. Die Untersuchung beginnt mit Manipulationsfolgen aus den Bereichen des Kapitalmarktaufsichtsrechts (§ 10) und behandelt dabei einen Verstoß gegen die Marktmani-

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Einleitung, § 1 Financial-Benchmarks als Untersuchungsgegenstand

pulationsverbote des § 20a WpHG a. F. (§ 10 B.) sowie des Art. 15 MAR (§ 10 C.). In § 11 folgt eine Untersuchung zu den kartellrechtlichen Implikationen der zahlreichen Absprachen zur Manipulation von Benchmarks, die zwischen Händlern unterschiedlicher Banken stattgefunden haben. Das 4. Kapitel schließt sich mit einer Erörterung der privatrechtlichen Aspekte von (manipulierten) Benchmarks an (§§ 12–15). Aufbauend auf einer vertragsrechtsdogmatischen Einordnung von Benchmarks (§ 12 A.) und einer Analyse etwaiger Bedenken gegen die Zulässigkeit ihrer Verwendung (§ 12 B.) folgt eine Auseinandersetzung mit den vertragsrechtlichen Folgen von Manipulationen. Dabei wird auf Aspekte wie die Begehung vertraglicher Pflichtverletzungen, einen Wegfall der Geschäftsgrundlage, eine mögliche Anfechtung wegen Eigenschaftsirrtums und eine Kündigung aus wichtigem Grund eingegangen (§ 12 C.–E.). § 13 widmet sich sodann den hier so bezeichneten wissensabhängigen Manipulationsfolgen, womit privatrechtliche Implikationen gemeint sind, die wesentlich von der Frage einer Wissenszurechnung innerhalb der Organisation, von der die Manipulationen ausgingen, abhängig sind. Deren Untersuchung wird unter § 13 B. eine ausführliche Ausarbeitung zum Themenkomplex der Wissenszurechnung bei Complianceverstößen im Unternehmen und im Unternehmensverbund vorangestellt. Dem schließt sich eine Auseinandersetzung mit der – gerade im Zuge des Inkrafttretens der MAR auch im Kapitalmarktrecht – neuerdings aufgekommenen Debatte um das (unionsrechtlich bedingte) private enforcement aufsichtsrechtlicher Pflichten durch das Deliktsrecht an (§ 14). § 15 beschäftigt sich sodann mit den schadensrechtlichen Aspekten manipulierter Benchmarks. Manchen von Manipulationen geschädigten Anlegern steht nur ein Anspruch auf Erstattung des Differenzschadens zu, dessen Geldendmachung erhebliche praktische Schwierigkeiten bereitet. Deshalb geht es § 15 B. um den Vertragsabschlusschaden, dessen Geldendmachung deutlich mehr Aussicht auf Erfolg hat. Die Arbeit schließt im 5. Kapitel mit einer Zusammenfassung der wesentlichen Ergebnisse und einem Ausblick (§ 16).

1. Kapitel

Rechtsökonomische und rechtstatsächliche Grundlagen § 2  Benchmarks und andere Indizes auf den Finanzmärkten A. Begriffliches zu Indizes und Benchmarks Die deskriptive Statistik bezeichnet einen Index als die Aggregation mehrerer Maßzahlen gleicher Art zu einer einzelnen Indexzahl, deren Entwicklung dann beobachtet wird, um so ihre Veränderung in der Zeit abzubilden.1 Die mathematische Ermittlung eines Indexes nimmt eine (juristischen) Person vor oder verantwortet sie jedenfalls. Diese Person wird im Folgenden als Administrator bezeichnet. Soweit die in die Ermittlung des Indexes einzustellenden Maßzahlen dem Administrator von dritter Seite zur Verfügung gestellt werden, werden die Maßzahlen hier als Eingabedaten und die zur Verfügung stellenden Personen als Kontributoren bezeichnet. Die Begrifflichkeiten knüpfen an die Terminologie der BMR an.2 Zur Benchmark (auf Deutsch: zum Referenzwert) wird ein Index erst dann, wenn er von dritter Seite in Bezug genommen wird, wenn sich also Dritte dergestalt an dem Index orientieren, dass sie ihr Verhalten oder ihre Verpflichtungen an dem Verlauf des Indexes ausrichten.3 Diese den Index in Bezug nehmende Person wird – wiederum in Anlehnung an die Terminologie der BMR – als Nutzer bezeichnet.

1  Pflaumer / Heine / Hartung, Deskriptive Statistik, 4. Aufl. 2009, S. 88; Mosler /  Schmidt, Statistik, 3.  Aufl. 2006, S.  125; Hartung / Elperlt / Klösener, Statistik, 15. Aufl. 2009, S. 55 ff.; Schulze / Porath, Statistik, 7. Aufl. 2012, S. 263; Assenmacher, Deskriptive Statistik, 3. Aufl. 2003, S. 228; Auer / Rottmann, Statistik, 3. Aufl. 2015, S. 111. 2  Siehe unten § 6 C. 3  Die BMR versteht Referenzwerte wegen ihres Anwendungsbereichs enger. Siehe unten § 6 C.I.

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1. Kap., § 2 Benchmarks und andere Indizes auf den Finanzmärkten

B. Statistische Grundlagen I. Einführung Indizes werden durch die Anwendung statistischer Methoden ermittelt. Deren Anwendung vorgelagert ist die Sammlung der in die Berechnung einzustellenden Eingabedaten, die entweder ihrerseits mathematisch ermittelt oder aber aus der bloßen Beobachtung bestimmter Umweltzustände abgelesen werden können. Ihre Ermittlung bzw. Feststellung ist abhängig von der Art des jeweiligen Indexes und wird daher im Rahmen der Darstellung der Funktionsweise der einzelnen Benchmarks erörtert.4 Gegenstand der mathematischen Grundlagen zur Indexermittlung ist die sich an die Sammlung von Eingabedaten anschließende Aggregation bei einer Mittelwertsberechnung und die darauf folgende Darstellung über die Zeit. II. Mittelwerte 1. Arithmetisches Mittel Die Aggregation einer Indexzahl findet im Wege der statistischen Ermittlung von Mittelwerten statt. Gebräuchlich ist vor allem das arithmetische Mittel5, das bei der Ermittlung von LIBOR und EURIBOR6, aber auch bei zahlreichen anderen Indizes zur Anwendung kommt.7 Die Art des anzuwendenden Mittelwertes folgt Zweckmäßigkeitserwägungen und obliegt grundsätzlich der Entscheidung des Administrators.8 Die Ermittlung eines ungewichteten arithmetischen Mittels ist im Ausgangspunkt einfach: Es werden alle Eingabedaten aufsummiert und dann durch die Anzahl der Eingabedaten dividiert. Das arithmetische Mittel ist dadurch gekennzeichnet, dass es besonders stark auf sogenannte Ausreißer reagiert, mithin auf Eingabedaten, die besonders weit vom arithmetischen Mittel der übrigen Eingabedaten abweichen.9 4  Siehe

unten § 2 D. sonstigen Mittelwerten wie dem geometrischen Mittel, dem Modus, dem Median (Zentralwert) oder dem harmonischen Mittel siehe etwa Auer / Rottmann, Statistik, 3. Aufl. 2015, S. 38. 6  Agarwal / Jain, Abhinav National Monthly Referred Journal of Research in Commerce & Management 4 (2015), 107, 110. 7  Auer / Rottmann, Statistik, 3. Aufl. 2015, S. 31. Als Alternative zum (getrimmten) arithmetischen Mittel wurde von Eisl / Jankowitsch / Subrahmanyam, Working Paper, 2014, S. 21 ff. vorgeschlagen, auf den Median (Zentralwert) zurückzugreifen. 8  Hartung / Elperlt / Klösener, Statistik, 15. Aufl. 2009, S. 31  ff.; Auer / Rottmann, Statistik, 3. Aufl. 2015, S. 31. 9  Auer / Rottmann, Statistik, 3. Aufl. 2015, S. 38. 5  Zu



B. Statistische Grundlagen41

2. Gewichteter und getrimmter Mittelwert Wird den Eingabedaten eine unterschiedliche Bedeutung für die Aussagekraft des zu ermittelnden Ergebnisses beigemessen, wie dies wegen der unterschiedlichen wirtschaftlichen Bedeutung der einzelnen Aktiengesellschaften häufig bei Aktienindizes der Fall ist, wird statt eines ungewichteten Mittelwerts ein gewichteter Mittelwert berechnet. Die Eingabedaten, denen eine größere Bedeutung beigemessen wird, werden mit einem bestimmten Faktor der größer ist als eins, multipliziert, oder aber diejenigen, denen eine geringere Bedeutung beigemessen wird, mit einem Faktor, der kleiner ist als eins. Um den großen Einfluss von Ausreißern auf das Ergebnis der Ermittlung des arithmetischen Mittels zu vermeiden, wird dieses häufig als getrimmtes Mittel berechnet. Getrimmt ist ein Mittelwert dann, wenn Randdaten aus der Berechnung ausgenommen werden, das heißt, wenn die höchsten und die niedrigsten Eingabedaten vor der Ermittlung des Mittels gestrichen werden und die Mittelwertberechnung nur anhand der übrigen Werte vorgenommen wird.10 Eine solche Trimmung findet auch bei der Ermittlung von LIBOR und EURIBOR statt.11 III. Darstellung über die Zeit Neben der Ermittlung eines Mittelwerts ist für einen Index die Abbildung einer Entwicklung, zumeist der Entwicklung des aggregierten Mittelwertes über eine bestimmte Zeitperiode, von wesentlicher Bedeutung. Während der LIBOR / EURIBOR-Wert für einen Tag nur das ungewichtete und getrimmte arithmetische Mittel der gemeldeten Eingabedaten der Panelbanken ist, macht ihn erst seine Darstellung über die Zeit zu einem Index. Zwar ist es auch denkbar, hinsichtlich der Preisberechnung eines Finanzinstruments auf den LIBOR / EURIBOR-Wert eines einzelnen Tages zu referenzieren. Ihre große Bedeutung gewinnen Referenzzinssätze und andere Benchmarks aber erst durch die Ermöglichung einer Referenzierung über längere Zeiträume.12

10  Fahrmeir / Künstler / Pigeot / Tütz,

Statistik, 7. Aufl. 2010, S. 64. Abhinav National Monthly Referred Journal of Research in Commerce & Management 4 (2015), 107, 110. Siehe zudem § 2 D.I.1. (LIBOR) und § 2 D.II. (EURIBOR). 12  Siehe dazu näher unten § 3 A. 11  Agarwal / Jain,

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1. Kap., § 2 Benchmarks und andere Indizes auf den Finanzmärkten

C. Wirtschaftliche Bedeutung von Indizes, insbesondere als Benchmarks Indizes haben vor allem in ihrer Funktion als Benchmarks auf den Finanzmärkten eine enorme Relevanz.13 Sie sind konstituierend für das gesamte Finanzsystem14 und gehen in ihrem Stellenwert weit darüber hinaus, finanzmarktliche Realitäten nur abzubilden.15 Die Schätzungen über die finanzielle Bedeutung von Benchmarks auf den Finanzmärkten gehen zwar weit auseinander. Die enorme Relevanz dieser Indizes kommt aber schon in der Spannweite der Schätzungen deutlich zum Ausdruck: Auf dem Höhepunkt ihrer Verwendung auf den Finanzmärkten bildeten die diversen LIBORs den Referenzpunkt von Finanzinstrumenten mit einem Gesamtvolumen von ca. 300– 350 Billionen US-Dollar.16 Alle IBORs, das heißt Interbank-Referenzzinssätze17, bildeten nach den Ermittlungen des FSB den Bezugspunkt allein von Derivaten mit einem Gesamtvolumen von 583 Billionen US-Dollar.18 Daneben werden sie für weitere Finanzkontrakte, allen voran für Darlehen, zu deren Volumina kaum aussagekräftige Schätzungen möglich sind, als Benchmark verwendet. Vor dem Hintergrund der hier nur angerissenen umfassenden Verwendung und Verbreitung von Indizes als Benchmarks verwundert es nicht, dass diese – jedenfalls soweit sie für alle Marktteilnehmer zugänglich sind – als öffentliches Gut (public good) bezeichnet werden.19

13  Verstein, Boston Law Review 56 (2015), 215; Strimling / Talley, Law and Financial Markets Review 8 (2014), 145, 146, jeweils bezogen auf LIBOR; Miller, Law and Financial Markets Review 8 (2014), 155, 155; Duffie / Dworczak / Zhu, Working Paper, 2015, S. 1; Duffie / Stein, Journal of Economic Perspectives 29 (2015), 191; Lehmann, in: Bankrechtstag 2015, 2016, S. 207, 211; McConnell, Journal of Opera­ tional Risk 8 (2013), 59, 63; Ashton / Christophers, Economy and Society 44 (2015), 188. 14  Miller, Law and Financial Markets Review 8 (2014), 155, 155; Verstein, Boston College Law Review 56 (2015), 215, 215 ff. 15  Ashton / Christophers, Economy and Society 44 (2015), 188, 190, zum LIBOR. 16  Siehe oben §1 A. Ferner Hou / Skeie, Working Paper, 2014, S. 2; Strimling / Talley, Law and Financial Markets Review 8 (2014), 145, 146; Rauterberg / Verstein, Yale Law Journal 30 (2013), 101, 136; McConnell, Journal of Operational Risk 8 (2013), 59, 63. 17  Siehe sogleich § 2 D.I. 18  Duffie / Dworczak / Zhu, Working Paper, 2015, S. 1 Fn. 1. 19  Miller, Law and Financial Markets Review 8 (2014), 322, 323; Tabb / Grundfest, Capital Markets Law Journal 8 (2013), 229, 234; BIS, Towards Better Reference Rate Practices, 2013, S. 21; Chiu, Capital Markets Law Journal 11 (2016), 191, 193.



D. Typologie der Benchmarks43

D. Typologie der Benchmarks I. LIBOR 1. Funktionsweise des LIBOR Im Mittelpunkt dieser Untersuchung stehen mit dem LIBOR und dem EURIBOR20 diejenigen Interbank-Referenzzinssätze, bei denen die ersten Manipulationen bekannt wurden. Der LIBOR ist eine Benchmark, die den Zinssatz abbilden soll, zu dem ausgewählte Londoner Banken (LIBOR-Panel21) zu einem bestimmten Zeitpunkt einen unbesicherten Kredit in einer bestimmten Währung und für eine bestimmte Laufzeit auf dem Interbankenmarkt beschaffen können.22 Vor Bekanntwerden der Manipulationen wurde der LIBOR durch die British Bankers Association (BBA) für zehn verschiedene Währungen und zu jeder Währung für 15 unterschiedliche Laufzeiten ermittelt.23 In folge der Empfehlungen des Wheatley-Report24 und der sich diesem anschließenden Reform des LIBOR25 wurde die Administration von der BBA an die IBA, eine Tochtergesellschaft der Londoner Börse Intercontinental Exchange (ICE), übertragen.26 Inzwischen werden LIBOR-Werte für die Laufzeiten overnight, eine Woche, einen Monat, zwei Monate, drei Monate, sechs Monate und zwölf Monate nur noch für die Währungen Euro, US-Dollar, britische Pfund, japanische Yen und Schweizer Franken ermittelt.27 Jeden Vormittag wird an die jeweiligen Panelbanken, die je nach LIBORArt unterschiedlich sein können, die folgende Frage gestellt: „At what rate could you borrow funds, were you to do so by asking for and then accepting inter-bank offers in a reasonable market size just prior to 11 a.m.?“, wobei 20  Siehe

sogleich § 2 D.II. Panel setzt sich je nach ermittelter Währung unterschiedlich zusammen und besteht aus 11–18 Banken. Siehe zur Zusammensetzungspolitik IBA, Policy on Composition of ICE LIBOR Currency Panels, 2016. 22  IBA, LIBOR: Frequently Asked Questions, Frage 1, S. 1. 23  Tabb / Grundfest, Capital Markets Law Journal 8 (2013), 229, 235. 24  Wheatley Review of LIBOR, Final Report, 2012. 25  Die Financial Conduct Authority (FCA) als die für Benchmarks zuständige Aufsichtsbehörde, hat in Kapitel 8 ihres Market Conduct Sourcebooks Regelungen für die Administration von Benchmarks aufgestellt, wobei LIBOR die erste Benchmark war, die diesem Regime unterstellt wurde. Siehe IBA, LIBOR Code of Conduct, 2016, S.  3 f. 26  IBA, LIBOR: Frequently Asked Questions, Frage 3, S. 2. 27  Siehe Website der ICE: https: /  / www.theice.com / iba / libor (abgerufen am 26.7. 2016). 21  Das

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1. Kap., § 2 Benchmarks und andere Indizes auf den Finanzmärkten

die Raten jeweils als annualisierte Zinsraten abgefragt werden.28 Der Pool aus den gemeldeten Einzelwerten (beim US-Dollar-LIBOR derzeit Werte von 18 Panelbanken) wird sodann um die höchsten und niedrigsten 25 % getrimmt29 und aus den verbleibenden Meldungen das ungewichtete arithmetische Mittel errechnet. Diese aggregierten Werte werden gegen 11:45 Uhr lizenzierten Mitgliedern gegenüber bekannt gegeben. Eine kostenfreie Veröffentlichung gegenüber allen Marktteilnehmern findet erst mit 24-stündiger Verzögerung statt. Die einzelnen gemeldeten Eingabedaten der Panelbanken werden sogar erst mit dreimonatiger Verzögerung bekannt gegeben. An der Ermittlung des LIBOR war und ist die Deutsche Bank AG über ihre Londoner Zweigniederlassung als „Deutsche Bank AG (London Branch)“ beteiligt.30 Weitere deutsche Banken waren und sind in keinem der LIBORPanels vertreten. Obgleich derzeit auf Seiten der IBA weitere Planungen für Reformen des LIBOR in Vorbereitung sind, hat die Financial Conduct Authority (FCA) am 27. Juli 2017 bekanntgegeben, Kontributoren ab Januar 2021 nicht mehr zum Beitragen von Eingabedaten verpflichten oder drängen zu wollen.31 Für zahlreiche LIBOR-Nutzer, insbesondere auf Seiten der Banken, hat dies zur Folge, dass sie mittelfristig neue Produkte konzipieren müssen.32 2. Illiquidität des unbesicherten Interbankenkreditmarktes Die FCA begründet ihre Pläne zur „Einstellung“ des LIBOR im Wesentlichen damit, dass es nicht möglich sei, den LIBOR hauptsächlich auf der Basis von echten Transaktionsdaten der Panelbanken zu ermitteln.33 Ein we28  Dazu und auch zum Folgenden: IBA, LIBOR: Frequently Asked Questions, Frage 1, S. 1. 29  Zur Trimmung allgemein siehe oben § 2 B.II.2. 30  Siehe https: /  / www.theice.com / iba / libor. Daneben sind aktuell in den unterschiedlichen LIBOR-Panels vertreten: Lloyds Bank plc; Bank of Tokyo-Mitsubishi UFJ Ltd; Barclays Bank plc; Mizuho Bank, Ltd.; Citibank N.A. (London Branch); Cooperatieve Rabobank U.A.; Credit Suisse AG (London Branch); Royal Bank of Canada; HSBC Bank plc; Santander UK Plc; Bank of America N.A. (London Branch); BNP Paribas SA, London Branch; Crédit Agricole Corporate & Investment Bank; JPMorgan Chase Bank, N.A. (London Branch); Société Générale (London Branch); Sumitomo Mitsui Banking Corporation Europe Limited; The Norinchukin Bank; The Royal Bank of Scotland plc; UBS AG. 31  Dazu Börsen-Zeitung v. 28. Juli 2017 (Nr. 143), S. 1; siehe auch die Pressemitteilung der FCA, abrufbar unter: https: /  / www.fca.org.uk / news / speeches / the-futureof-libor. 32  Gibbons / Mann / Hoskins, Law and Financial Markets Review 2017, 105. 33  Pressemitteilung der FCA, abrufbar unter: https: /  / www.fca.org.uk / news / spee ches / the-future-of-libor.



D. Typologie der Benchmarks45

sentliches Problem von LIBOR und zahlreichen anderen Interbank-Referenzzinssätzen ist nämlich, dass der unbesicherte Interbankenkreditmarkt heutzutage wenig liquide ist und die von den Panelbanken gemeldeten Zinssätze nicht auf tatsächlichen Transaktionen, sondern fast ausschließlich auf Schätzungen beruhen.34 Dies war nicht immer so, sondern liegt an einem tiefgreifenden Wandel des Interbankenmarktes seit den Anfängen des LIBOR.35 Die Interbankenkreditvergabe findet schon Seit Mitte der 1990er-Jahre zunehmend durch kurzfristige besicherte Darlehen (Repogeschäfte) statt.36 Wegen dieser Besicherung sind die Zinssätze meist niedriger als im unbesicherten Geschäft. Während der Finanzkrise fand zwischen Banken sogar fast überhaupt keine unbesicherte Kreditvergabe mehr statt37, was maßgeblich dem Vertrauensverlust zwischen den Banken geschuldet war38, und auch nach der Finanzkrise hat sich dieser Trend nicht umgekehrt. Vielmehr wurde er durch den Gesetzgeber – namentlich durch die Umsetzung der Basel III-Vorgaben – sogar noch befördert.39 Die neuen Anforderungen führen nach derzeitigen Einschätzungen nämlich dazu, dass die Risikogewichtung unbesicherter Kredite um bis zu 35 % steigen könnte.40 Zudem werden die Basel-III Liquiditätsvorgaben, insbesondere die sog. Net Stable Funding Ratio – so sie in nationale bzw. supranationale Gesetzgebung überführt wird – Banken zu einer Verringerung ihrer kurzfristigen unbesicherten, aber auch besicherten Finanzierungsquellen zwingen.41

34  Für eine aktuelle statistische Auswertung der gemeldeten LIBOR-Werte siehe IBA, Roadmap for ICE LIBOR, 2016, S. 11; ferner Tabb / Grundfest, Capital Markets Law Journal 8 (2013), 229, 231; McConnell, Journal of Operational Risk 8 (2013), 59, 65; Ashton / Christophers, Economy and Society 44 (2015), 188, 193; Moser / Jüttner, Die Volkswirtschaft 2014, 61; Fecht, Kreditwesen 2013, 338; Thießen, Kreditwesen 2013, 353. 35  Tabb / Grundfest, Capital Markets Law Journal 8 (2013), 229, 232. 36  Tabb / Grundfest, Capital Markets Law Journal 8 (2013), 229, 232. Im Rahmen derartiger Repogeschäfte wird die ausgekehrte Liquidität zumeist durch übertragene Wertpapiere besichert, siehe hierzu Moser / Jüttner, Volkswirtschaft 2014, 61. Zum Repogeschäft allgemein siehe Mülbert, in: Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2015, § 488 Rn. 769 ff.; Teuber, in: Schimansky / Bunte / Lwowski, Bankrechts-Handbuch, 5. Aufl. 2017, § 105 Rn. 12 ff. 37  Tabb / Grundfest, Capital Markets Law Journal 8 (2013), 229, 232; für die Schweiz Moser / Jüttner, Volkswirtschaft 2014, 61, 62. 38  Mülbert / Sajnovits, ZfPW 2016, 1, 15 m. w. N. 39  Tabb / Grundfest, Capital Markets Law Journal 8 (2013), 229, 232. 40  Tabb / Grundfest, Capital Markets Law Journal 8 (2013), 229, 240. 41  King, Journal of Banking & Finance 37 (2013) 4144; Armour / Awrey / Davies / Enriques / Gordon / Mayer / Payne, Principles of Financial Regulation, 2016, 15.3.2., S.  323 f.

46

1. Kap., § 2 Benchmarks und andere Indizes auf den Finanzmärkten

II. EURIBOR und sonstige Referenzzinssätze Der EURIBOR soll den durchschnittlichen Zinssatz wiedergeben, zu dem ausgewählte Banken (EURIBOR-Panel) sich untereinander Kredite in Euro gewähren. Für Verträge mit Zahlungen in Euro ist der EURIBOR der meistgenutzte Interbanken-Referenzzinssatz.42 Eingeführt wurde der EURIBOR im Jahr 1999 mit der Buchgeldeinführung des Euro. Vor 1999 gab es für die diversen Landeswährungen entsprechende nationale Pendants wie die Paris Interbank Offered Rate (PIBOR) für den Französischen Franc oder die Frankfurt Interbank Offered Rate (Fibor) für die Deutsche Mark.43 Das EURIBOR-Panel umfasst derzeit 24 Banken, die Eingabedaten für die Berechnung des EURIBOR beitragen.44 Administrator des EURIBOR ist das European Money Markets Institute (EMMI). Die EURIBOR-Zinssätze werden für acht Laufzeiten von einer Woche bis zu zwölf Monaten bereitgestellt.45 Bei der Ermittlung der EURIBOR-Werte werden, ähnlich wie beim LIBOR, die höchsten und die niedrigsten 15 % der gemeldeten Eingabedaten getrimmt.46 Aus den übrigen Eingabedaten wird das ungewichtete arithmetische Mittel errechnet und auf drei Nachkommastellen gerundet. Die den Laufzeiten zugeordneten Werte werden an jedem Arbeitstag um 11:00 Uhr (CET) festgesetzt und allen teilnehmenden Partnern und der internationalen Presse mitgeteilt. An der Ermittlung des EURIBOR sind aktuell zwei deutsche Banken beteiligt: die Deutsche Bank über ihre Londoner Zweigniederlassung als „Deutsche Bank AG London Branch, UK“ und die DZ Bank als „DZ Bank, Germany“.47 Noch im Jahr 2010 waren neben diesen beiden Instituten zudem die Commerzbank AG, die LBB Berlin, die LBBW und die Norddeutsche Landesbank als EURIBOR-Kontributoren an der Ermittlung beteiligt.48 Aktuell stehen beim EURIBOR umfängliche Reformen an, die eine deut­ liche Hinwendung zu transaktionsbasierten Eingabedaten fördern sollen.49 42  FSB,

Interest Rate Benchmarks, 2014, S. 19. Krepold, in: Schimansky / Bunte / Lwowski, Bankrechts-Handbuch, 5. Aufl. 2017, § 78 Rn. 25. 44  EMMI, EURIBOR Code of Conduct, 2014. 45  Zum 1. November 2013 wurde die Zahl der ermittelten Laufzeiten von 15 auf 8 reduziert. 46  Dazu und zum Folgenden EMMI, EURIBOR Code of Conduct, 2014. 47  Die aktuelle Panelzusammensetzung ist abrufbar unter: https: /  / www.emmibenchmarks.eu / euribor-org / panel-banks.html. 48  Die historischen Panelzusammensetzungen sind abrufbar unter: https: /  / www. emmi-benchmarks.eu / euribor-org / euribor-rates.html. 49  Näher EMMI, Transaction-Based EURIBOR, 2016; EMMI, Position Paper, 2017. 43  Siehe



D. Typologie der Benchmarks47

EMMI als Administrator des EURIBOR sah sich aber nicht in der Lage, die auch von der BMR geforderte Umstellung auf transaktionsbasierte Eingabedaten rechtzeitig bis zum Inkrafttreten der BMR umzusetzen.50 Die EZB hat im Jahr 2017 zusammen mit der Europäischen Kommission, der ESMA und der FSMA eine Arbeitsgruppe zur Reformierung u. a. des EURIBOR ins Leben (Working Group on Euro Risk-Free Rates) gerufen, die aber bis heute noch keine Wesentlichen Erfolge vermelden konnte.51 Zwar haben europäische Aufsichtsbehörden – anders als die FCA52 – bislang noch nicht ausdrücklich zu erkennen gegeben, dass sie eine Ersetztung des EURIBOR in den nächsten Jahren forcierten.53 Die Arbeitsgruppe hat aber bereits aktiv damit begonnen über die Einführung eines neuen risikolosen Referenzzinssatzes zu beraten.54 Zudem wird neben dem EURIBOR in seinen unterschiedlichen Laufzeiten auch der EONIA (Euro OverNight Index Average) durch EMMI bereitgestellt.55 Er drückt den Zinssatz aus, zu dem sich die Panelbanken besicherte Kredite in Euro für eine Laufzeit von einem Tag gewähren, und er wird teilweise als der eintägige EURIBOR-Zinssatz bezeichnet.56 Der EONIA beruht auf tatsächlichen Transaktionsdaten.57 Als Kontributoren sind aus Deutschland derzeit die Bayern LB, die Deutsche Bank, die DZ Bank, die Norddeutsche Landesbank Girozentrale, die Landesbank Hessen Thüringen Girozen­ trale und die LBBW Girozentrale an der Erstellung des EONIA beteiligt.58 Gleichwohl forcieren europäische Aufsichtsbehörden eine Ersetzung des ­EONIA und es wird die EZB zukünftig einen eigenen unbesicherten übernacht Referenzwert (unsecured overnight interest rate) bereitstellen.59 50  Siehe Neubacher, in: Börsen-Zeitung v. 7. September 2017 (Nr. 172), S. 3; Neubacher, in: Börsen-Zeitung v. 7. September 2017 (Nr. 172), S. 8. 51  Siehe nur die Präsentation von Jaap Kes „Benchmark regulations: Operational roadmap and timeline“ in der jüngsten Sitzung der Working Group vom 17. Mai 2018, abrufbar unter: https: /  / www.ecb.europa.eu / paym / initiatives / interest_rate_ benchmarks / WG_euro_risk-free_rates / shared / pdf / 20180517 / 2018_05_17_WG_on_ euro_RFR_Item_2_potential_scenario_for_EONIA_and_Euribor.pdf. 52  Siehe soeben § 2 D.I.1. 53  Neubacher, in: Börsen-Zeitung v. 7. September 2017 (Nr. 172), S. 3. 54  Joint press release FSMA, ESMA, ECB and EC: New working group on a riskfree reference rate for the euro area v. 21. September 2017. 55  Krepold, in: Schimansky / Bunte / Lwowski, Bankrechts-Handbuch, 5. Aufl. 2017, § 78 Rn. 27. 56  EMMI, EURIBOR Code of Conduct, 2014. 57  Hou / Skeie, Working Paper, 2014, S. 3; Lehmann, in: Bankrechtstag 2015, 2016, S.  207, 210 f. 58  Die aktuelle Panelzusammensetzung ist abrufbar unter: https: /  / www.emmibenchmarks.eu / euribor-eonia-org / panel-banks.html. 59  ECB, Press Release: ECB to publish new unsecured overnight interest rate, v. 21. September 2017.

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1. Kap., § 2 Benchmarks und andere Indizes auf den Finanzmärkten

Neben dem LIBOR und dem EURIBOR gibt es zahlreiche weitere bedeutsame Referenzzinssätze, z. B. TIBOR, MIBOR, SIBOR oder HIBOR, die sich den Finanzzentren Tokio, Mumbai, Singapur und Hongkong zuordnen lassen und nach ähnlichen Methoden wie der LIBOR und der EURIBOR ermittelt werden.60

E. Funktionen von Indizes Indizes erfüllen auf den Finanzmärkten viele unterschiedliche Funktionen. Wesentlich sind dabei ihre Referenzierungsfunktion für Finanzinstrumente und -kontrakte, ihre Abbildungsfunktion für Investments und sonstige kollektive Anlagemöglichkeiten, ihre allgemeine Informationsfunktion, ihre Risikomaßfunktion und schließlich ihre Regulierungsfunktion.61 Nur in ihrer Abbildungs- und ihrer Referenzierungsfunktion sowie begrenzt in ihrer Regulierungsfunktion ist es gerechtfertigt, sie als Benchmark zu bezeichnen.62 Eine Informationsfunktion sowie eine Risikomaßfunktion können Indizes auch erfüllen, ohne dass sie von Dritten in Bezug genommen werden. Ihre bedeutsame Funktion als Referenzgröße in Finanzinstrumenten und -kontrakten63 ist für diese Untersuchung von besonderem Interesse. Bei Finanzinstrumenten liegt der Nutzen, der durch Benchmarks generiert werden kann, in den Möglichkeiten einer Diversifizierung, in einer gesteigerten Markttiefe, im Hedging und in der Spekulation.64 Bei Finanzkontrakten dient die Inbezugnahme einer Benchmark der Vermeidung opportunistischen Verhaltens, der Nutzen liegt mithin in der angemessenen Risikoverteilung und dem Risikomanagement.65 Mit der Abbildungsfunktion ist die Rolle von Benchmarks bei der Zusammensetzung von Investmentfonds und anderen kollektiven Anlageinstrumen60  Bainbridge,

NYU Journal of Law & Business 9 (2013), 789, 794 f. unterteilen auch Rauterberg / Verstein, Yale Law Journal 30 (2013), 101, 106. Speziell zur Regulierungsfunktion Ashton / Christophers, Economy and Society 44 (2015), 188, 195; Wundenberg, in: Veil, Europäisches Kapitalmarktrecht, 2. Aufl. 2014, § 30 Rn. 9 ff. 62  Siehe oben § 2 A.II. 63  Rauterberg / Verstein, Yale Law Journal 30 (2013), 101, 108 f.; Strimling / Talley, Law and Financial Markets Review 8 (2014), 145, 146; Chiu, Capital Markets Law Journal 11 (2016), 191, 192; Hockett / Omarova, Journal of Finacial Regulation 2 (2016), 1; Bainbridge, NYU Journal of Law & Business 9 (2013), 789, 790; Awrey, Review of Banking & Financial Law 34 (2014), 183, 225. 64  Siehe dazu noch unten § 3 A. 65  Siehe noch unten § 3 A.V. So auch Rauterberg / Verstein, Yale Law Journal 30 (2013), 101, 110; Bainbridge, NYU Journal of Law & Business 9 (2013), 789, 791; Lehmann, in: Bankrechtstag 2015, 2016, S. 207, 211 f. 61  So



E. Funktionen von Indizes49

ten gemeint. Sogenannte Index-Fonds sind so strukturiert, dass ihre Vermögenswerte die Zusammensetzung von bestimmten Indizes abbilden.66 Ihre Informationsfunktion erfüllen Indizes durch die öffentliche Verfügbarkeit der durch sie ausgedrückten wirtschaftlichen / finanzmarktlichen Realitäten. Die in zahlreichen Indizes zum Ausdruck kommenden Informationen haben eine hohe Relevanz auf den Finanzmärkten. Zahlreiche Indizes haben einen besonderen Informationswert für die Marktteilnehmer und sind deshalb für die Transparenz der Preise, für eine Verringerung von Informationsasymmetrien und damit insgesamt für die Effizienz des Marktes von besonderer Bedeutung.67 Eine Risikomaßfunktion erfüllen Indizes z. B. beim Risikomanagement von Finanzinstituten68, beim Bewertungsmanagement von Rating-Agenturen sowie beim Accounting großer Unternehmen.69 Eine Funktion als Regulierungsinstrument kommt nicht nur den von europäischen und nationalen Behörden erstellten Indizes zu den Verbraucherpreisen bzw. zur Inflation zu70, sondern auch den Financial-Benchmarks, die von Privaten erstellt werden, etwa Rohstoff-Benchmarks71, Devisen-Benchmarks und Referenzzinssätzen. So nimmt z. B. der LIBOR Einfluss auf die Geldpolitik einzelner Staaten.72 Zudem hat sich etwa das US-amerikanische Justizministerium in der Finanzkrise beim Troubled Asset Relief Program (TARP) des LIBOR für seine Anleihen bedient, und dies, obwohl die US-amerikanischen Behörden zu diesem Zeitpunkt schon von den Manipulationen wussten.73

66  Rauterberg / Verstein,

Yale Law Journal 30 (2013), 101, 107. unten § 3 A.I. 68  BIS, Reference Rate Practices, 2013, S. 6; Tabb / Grundfest, Capital Markets Law Journal 8 (2013), 229, 236. 69  BIS, Reference Rate Practices, 2013, S. 6; Tabb / Grundfest, Capital Markets Law Journal 8 (2013), 229, 236. 70  Rauterberg / Verstein, Yale Law Journal 30 (2013), 101, 227. 71  Verstein, Boston College Law Review 56 (2015), 215, 227. 72  BIS, Reference Rate Practices, 2013, S. 11; Wundenberg, in: Veil, Europäisches Kapitalmarktrecht, 2. Aufl. 2014, § 30 Rn. 15; Moser / Jüttner, Volkswirtschaft 2014, 61, 62 für die Schweiz. 73  Verstein, Boston College Law Review 56 (2015), 215, 266. 67  Siehe

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1. Kap., § 3 Nutzen und Risiken von Indizes und Benchmarks

§ 3  Nutzen und Risiken von Indizes und Benchmarks A. Nutzen von Indizes und Benchmarks I. Förderung der Markttransparenz Die große Bedeutung von Indizes bzw. Benchmarks auf den Finanzmärkten ergibt sich aus dem durch sie generierten Nutzen für den Markt und dessen Teilnehmer. Indizes haben normalerweise einen positiven Effekt auf die Markttransparenz. Die neoklassische Kapitalmarkttheorie beruht auf der Grundannahme der Existenz eines Fundamentalwerts von Finanzinstrumenten. Sie geht davon aus, dass es einen „wahren“ Wert eines Finanzinstruments gibt, auf den sich alle optimal diversifizierten und rationalen Marktteilnehmer1 einigen würden, wenn sie über alle zu seiner Beurteilung ­notwendigen Informationen verfügten.2 Hinsichtlich der zur Verfügung stehenden Informationen werden zur Erklärung der Preisbildung auf den ­Finanzmärkten überwiegend – auch heute noch – die Annahmen der efficient capital markets hypothesis (ECMH) zugrunde gelegt.3 Die ECMH in ihrer halbstrengen Variante geht davon aus, dass sich alle öffentlich verfügbaren Informationen in entwickelten (informationseffizienten) Kapitalmärkten unmittelbar im aktuellen Marktpreis widerspiegeln.4 Danach werden sämtliche relevanten, die Zukunft betreffenden Informationen von den Anlegern aufgenommen und verarbeitet, um auf dieser Basis eine informierte, nutzenmaximierende und rationale (Rational-choice-Theorie) Entscheidung zu treffen.5 Der Wert eines Finanzinstruments nähert sich bei diesen Annahmen seinem Fundamentalwert an. Märkte, die diese Annäherung ermöglichen, werden als 1  Diejenigen

Personen, die ihr persönlich risikoeffizientes Portfolio halten. liegt die ökonomische Grundannahme der Preisbildung im Marktgleichgewicht zugrunde. 3  Grundlegend Fama, Journal of Finance 25 (1970), 383; aus juristischer Sicht Gilson / Kraakman, Virginia Law Review 70 (1984), 549. Für eine Verteidigung der ECMH gegen ihre Infragestellung durch die Finanzmarktkrise und die Einsichten der Behavorial Finance siehe Gilson / Kraakman, Virginia Law Review 100 (2014), 313; Malkiel, in: Blinder / Lo / Solow, Rethinking the Financial Crisis, 2012, S. 75. Aus dem juristischen Schrifttum allgemein etwa Mülbert, Aktiengesellschaft, 2. Aufl. 1996, S.  129 f.; Adolff, Unternehmensbewertung, 2007, S. 15 ff., 78 ff. 4  Grundlegend Fama, Journal of Finance 25 (1970), 383 ff.; zuvor ging bereits von Hayek davon aus, dass sich alle Informationen bereits im Marktpreis wiederspiegeln. Siehe von Hayek, American Economic Review 35 (1945), 519, 526. Wegen der Möglichkeit von Arbitragegeschäften schließt diese Annahme auch Informationsunterschiede zwischen den einzelnen Marktteilnehmern nicht aus. 5  Die REMM-Hypothese ist ihrerseits auch Voraussetzung für die Effizienzmarkthypothese, siehe Mülbert, ZHR 176 (2013), 160, 182 ff. m. w. N.; siehe ferner Schroe­ ter, Ratings, 2014, S. 72 f. 2  Dem



A. Nutzen von Indizes und Benchmarks51

allokationseffizient bezeichnet, weil dort genau die wohlfahrtsmaximierende Menge an Kapital zu den jeweiligen Anlagetiteln fließt, bei denen es am effizientesten genutzt werden kann.6 Ausgehend von diesen Annahmen der ECMH bewirken zusätzliche, öffentlich bekannte Informationen eine im Sinne der Allokationseffizienz wünschenswerte Annäherung von realen Marktpreisen an den Fundamentalwert eines Finanzinstruments (Steigerung der Fundamentalwerteffizienz).7 Allen voran liefern die hier im Zentrum stehenden Referenzzinssätze dem Markt solche Informationen, die ihm ohne die jeweiligen Indizes nicht zur Verfügung stünden.8 Die z. B. im LIBOR zum Ausdruck kommende durchschnittliche Einschätzung großer Banken, zu welchem Zinssatz sie sich auf dem Interbankenmarkt einen unbesicherten Kredit beschaffen können, gäbe es ohne die Veröffentlichung des LIBOR nicht. Sie stünde nicht als öffentliche Information zur Verfügung, und auch die einzelnen Banken hätten ohne die Aggregation nur ihre eigenen Einschätzungen und könnten diese nicht im Marktdurchschnitt spiegeln. Der aggregierte Zinssatz – seine Manipulationsfreiheit unterstellt – ist aber sowohl für viele Aspekte des Finanzmarktes als auch der Realwirtschaft eine bedeutsame Information. Die in ihm zum Ausdruck kommenden Einschätzungen der Kreditwürdigkeit großer Banken und damit der Funktionsfähigkeit des Interbankenmarktes sind nämlich für die Marktteilnehmer wichtige wirtschaftliche Handlungsindikatoren.9 Dies gilt besonders deshalb, weil sie eine Einschätzung der Stabilität des Bankensektors sowie der Refinanzierungskosten großer Banken ermöglichen, die ihrerseits ein Spiegel der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung sind. Zum Zeitpunkt der jeweiligen Veröffentlichung und Aktualisierung eines Indexes kann sich daher ein Mehr an Informationen in den Marktpreisen widerspiegeln, als es ohne den jeweiligen Index der Fall wäre.10 Einen eigenen Informationswert hat ein Index häufig sogar dann, wenn er ohne nichtöffentliche Informationen erstellt wird. Dies gilt insbesondere, 6  Adolff,

Unternehmensbewertung, 2007, S. 16 f. Yale Law Journal 30 (2013), 101, 112 ff.; Adolff, Unternehmensbewertung, 2007, S. 89 ff., 93 ff.; Kersting, Dritthaftung für Informationen, 2007, S. 6. 8  Bariviera / Guercio / Martinez / Rosso, European Physical Journal B 88 (2015), 208, 209; Rauterberg / Verstein, Yale Law Journal 30 (2013), 101, 112. 9  Bariviera / Guercio / Martinez / Rosso, European Physical Journal B 88 (2015), 208, 209. 10  Duffie / Dworczak / Zhu, Working Paper, 2015, S. 2; Rauterberg / Verstein, Yale Law Journal 30 (2013), 101, 111 f. Anders kann dies etwa bei Ratings sein, denen von zahlreichen Stimmen im Schrifttum ihr Informationswert auf informationseffizienten Kapitalmärkten abgesprochen wird. Siehe dazu Schroeter, Ratings, 2014, S. 73 ff. (mit Kritik an der These). 7  Rauterberg / Verstein,

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1. Kap., § 3 Nutzen und Risiken von Indizes und Benchmarks

wenn man – aufbauend auf den Überlegungen der Neuen Institutionenökonomie – davon ausgeht, dass sich die Marktpreise nicht an alle öffentlich verfügbaren Informationen anpassen, sondern nur an diejenigen, deren Erhebung nicht unökonomisch ist.11 Durch die Informationssammlung auf Seiten der Administratoren und die sodann stattfindenden Aggregationen sowie die deren Berechnung zugrundeliegende Methodik verringern sich für die sonstigen Marktteilnehmer nämlich die Transaktionskosten.12 Die Indizes spiegeln jeweils – abhängig von der Methodik der eingestellten Daten und ihrer Aggregation – bestimmte Marktrealitäten wider, die für einzelne Anleger entweder gar nicht (Fall LIBOR und EURIBOR) oder doch nur mit erheblichem Aufwand zu ermitteln wären. Dadurch reduzieren sich die Such-, aber auch die Informationsverarbeitungskosten der Marktteilnehmer.13 Die Gefahren eines information overload sind bei Indizes bzw. Benchmarks gering, da die mathematische Aufbereitungsmethode der Informationen deren bloße Masse bereits mindert. Die gesteigerte Markttransparenz durch in Indizes aufbereitete zusätzliche (neue) Informationen kann daher eine Förderung der Informationseffizienz, eine Senkung von Transaktionskosten und eine wohlfahrtsmaximierende Förderung der Allokationseffizienz bewirken. II. Verringerung von Informationsasymmetrien Viele Indizes verringern bestehende Informationsasymmetrien, was ebenfalls in den Zusammenhang einer Beförderung der Markttransparenz gestellt wird.14 Ohne die Veröffentlichung beispielsweise des LIBOR hätte nur eine Marktseite (ihrerseits begrenzte) Informationen über die Kreditkosten großer Banken, die aber für die Preisbildung von Gütern auf den Finanzmärkten 11  Grossman / Stiglitz, American Economic Review 70 (1980), 393, 404 f., die auch weitergehend die ECMH angreifen und argumentieren, dass wegen der Kosten der Informationsbeschaffung keine perfekte Reflektion der Informationen in den Preisen stattfindet. Ansonsten würden nämlich diejenigen, die Ressourcen für die Informa­ tionsbeschaffung aufwenden (Informationshändler) von ebendieser absehen (sog. Grossman / Stiglitz-Informationsparadoxon). 12  Rauterberg / Verstein, Yale Law Journal 30 (2013), 101, 112 ff.; allgemein zu Informations(such)kosten Gilson / Kraakman, Virginia Law Review 70 (1984), 549, 593 ff. 13  Rauterberg / Verstein, Yale Law Journal 30 (2013), 101, 113; Duffie / Stein, Journal of Economic Perspectives 29 (2015), 191, 193 f., vor allem bezogen auf OTCMärkte. 14  Duffie / Stein, Journal of Economic Perspectives 29 (2015), 191; Duffie / Dworczak / Zhu, Working Paper, 2015, S. 1; vgl. ferner Verstein, Boston College Law Review 56 (2015), 215, 225 f.



A. Nutzen von Indizes und Benchmarks53

entscheidend sein können. Informationsasymmetrien können zu einer Nega­ tivauslese (adverse selection) und zu einem moralischen Risiko ex post (moral hazard) führen.15 Negativauslese (adverse selection) kann zu einem kompletten Marktversagen führen und auch das Moral-hazard-Risiko kann bereits einen negativen Ex-ante-Effekt für die Bereitschaft von Anlegern haben, den Finanzmärkten Kapital zuzuführen. Die Reduzierung von Informationsasymmetrien ist daher schon seit Langem als wesentlicher Fördermechanismus für effiziente Märkte anerkannt. III. Verringerung von Transaktionskosten Benchmarks können wegen der durch sie verbesserten Risikobeherrschungsmöglichkeiten Transaktionskosten zusätzlich reduzieren.16 Transak­ tionskosten im Allgemeinen werden als die Betriebskosten eines Wirtschaftssystems definiert.17 Ebendiese Betriebskosten werden klassischerweise in Such- und Informationskosten, Verhandlungs- und Entscheidungskosten, Überwachungs- und Durchsetzungskosten sowie Sozialkapitalkosten unterteilt.18 Vor allem bei Dauerschuldverhältnissen – die typischerweise durch eine besonders kostenintensive Verhandlungsführung ex post und ex ante gekennzeichnet sind19 – gewährleistet die Bezugnahme auf eine variable Benchmark eine dynamisierte Anpassung an sich verändernde wirtschaftliche Rahmenbedingungen, welche die Opportunitätskosten gering halten kann.20 So werden 15  Grundlegend Akerlof, Quarterly Journal of Economics 84 (1070), 488. Beim Moral-hazard-Risiko handelt es sich um ein klassisches Problem der Prinzipal-Agenten-Theorie. Dazu grundlegend Jensen / Meckling, Journal of Financial Economics 3 (1976), 305. Ein gleicher Effekt kann sich auch auf den Finanzmärkten einstellen, da jedenfalls die Primärmärkte durch ebensolche Ex-ante-Informationsasymmetrien wesentlich geprägt sind. Dazu Köndgen, in: Fleischer / Zimmer, Effizienz als Regelungsziel im Handels- und Wirtschaftsrecht, 2008, S. 100, 129 („klare Informationsasymmetrie“); Fleischer, in: Gutachten F zum 64. DJT 2002, F 23; Mülbert / Sajnovits, ZfPW 2016, 1, 33. Für Sekundärmärkte stellt sich – jedenfalls unter Zugrundelegung der ECMH – das Problem der adverse selection nicht in gleicher Schärfe. 16  Joskow, Journal of Lae, Economics & Organization 1 (1985), 33; Joskow, Journal of Law and Economics 31 (1988), 47; Goldberg / Erickson, Journal of Law and Economics 30 (1987, 369; Hart, Quarterly Journal of Economics 124 (2009), 267, 279 ff. 17  Richter / Furubotn, Neue Institutionenökonomik, 4.  Aufl. 2013, S. 57; Nicklisch / Towfigh, in: Towfigh / Petersen, Ökonomische Methode im Recht, 2010, § 3, S. 35, 56. Grundlegend zum Ganzen Coase, Economica IV (1937), 386. 18  Richter / Furubotn, Neue Institutionenökonomik, 4. Aufl. 2013, S. 59. 19  Rauterberg / Verstein, Yale Law Journal 30 (2013), 101, 110 f. 20  Awrey, Review of Banking & Financial Law 34 (2014), 183, 225.

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1. Kap., § 3 Nutzen und Risiken von Indizes und Benchmarks

durch die Möglichkeit einer Bezugnahme auf aussagekräftige Indizes bereits die Verhandlungskosten erheblich reduziert, da über den Umgang mit zukünftigen Unwägbarkeiten nicht mehr verhandelt werden muss.21 Während Verträge für zukünftige ungewisse Entwicklungen oft unvollständig bleiben müssen22, schaffen aussagekräftige Indizes und die dynamische Anpassung der Vertragspflichten an ebendiese23 echte Ex-ante- und Ex-post-Kosten­ ersparnisse.24 Die Parteien müssen nicht die zukünftige Preisentwicklung vorhersehen und eine Anpassung der Vertragspflichten vereinbaren, sondern können sich auf die Kopplung an den aussagekräftigen Index verlassen.25 Wegen des Ex-post-Opportunismus der Vertragsparteien26 ist diese Vorgehensweise auch vertragstheoretisch einer Gestaltung mit Generalklauseln vorzuziehen27. Darüber hinaus ermöglicht die Bezugnahme häufig, dass die Preise durch einen mit Expertise in dem jeweiligen Bereich ausgestatteten Dritten festgelegt oder doch beeinflusst werden.28 Daneben werden die Transaktionskosten auch wegen der durch Benchmarks mit ermöglichten Standardisierung von Kreditverträgen, aber auch sonstiger Finanzinstrumente reduziert.29 Darüber hinaus tragen Indizes bzw. Benchmarks auch in ihrer Abbildungsfunktion zu einer Reduzierung von Transaktionskosten bei. Die Anleger in Index-Fonds profitieren zunächst durch Skaleneffekte, da die Kosten für einen individuellen Fondsmanagers wegfallen und die der Indexbereitstellung von vielen Marktteilnehmern getragen werden.30 Diese Kostenminderungen können schon für sich zu einer effektiven Renditesteigerung beitragen.31 Ferner führt die Bezugnahme auf den Index durch die Einsparung von

21  Rauterberg / Verstein, Yale Law Journal 30 (2013), 101, 107; Chiu, Capital Markets Law Journal 11 (2016), 191, 192. 22  Williamson, Die ökonomischen Institutionen des Kapitalismus, 1990, S. 34 ff.; Scott / Triantis, Yale Law Journal 115 (2006), 814, 817; Rauterberg / Verstein, Yale Law Journal 30 (2013), 101, 110 f. 23  Verstein, William & Mary Law Review 55 (2014), 1869. 24  Rauterberg / Verstein, Yale Law Journal 30 (2013), 101, 110 f. 25  Rauterberg / Verstein, Yale Law Journal 30 (2013), 101, 110 f. Zu den Schwierigkeiten mit der Verwendung eines passenden Indexes etwa Williamson, Die ökonomischen Institutionen des Kapitalismus, 1990, S. 87 f. 26  Williamson, Die ökonomischen Institutionen des Kapitalismus, 1990, S. 54 ff. 27  Williamson, Die ökonomischen Institutionen des Kapitalismus, 1990, S. 75. 28  Verstein, William & Mary Law Review 55 (2014), 1869. 29  BIS, Reference Rate Practices, 2013, S. 8; Rauterberg / Verstein, Yale Law Journal 30 (2013), 101, 107. 30  Rauterberg / Verstein, Yale Law Journal 30 (2013), 101, 107; Hou / Skeie, Working Paper, 2014, S. 11 f. („Netzwerkeffekte“). 31  Rauterberg / Verstein, Yale Law Journal 30 (2013), 101, 107.



A. Nutzen von Indizes und Benchmarks55

Governance- und Kontrollfunktionen zu einer Kostensenkung.32 Während die Performance eines individuellen Fondsmanagers nämlich nicht einfach zu messen ist, da sich die vergleichende Bezugsgröße schwierig ermitteln lässt33, ist dieselbe Beurteilung für den Manager eines Index-Fonds leicht und zuverlässig abzugeben.34 Alle dargestellten Transaktionskostenvorteile können allerdings nur bei aussagekräftigen, mithin geeigneten35 und grundsätzlich manipulationsfreien36 Indizes voll zum Tragen kommen. IV. Verbesserte Risikosteuerung und Risikostreuung Darüber hinaus sind Indizes bzw. Benchmarks bedeutsam für eine interessengerechte und dynamische zeitliche Anpassung wechselseitiger Vertragspflichten, wodurch eine angemessene Risikoverteilung zwischen den Vertragsparteien geschaffen werden kann.37 Ökonomische Probleme ergeben sich häufig aus Unsicherheiten über zukünftige Entwicklungen und können oft dadurch gelöst werden, dass sich die Vertragspflichten an die Realisierung ebendieser Unsicherheiten anpassen.38 Die Bezugnahme auf eine Benchmark – als einem dynamischen und neutralen Bezugspunkt – in unterschiedlichsten Verträgen ermöglicht es den Parteien, ihre vertraglichen (Haupt-)Leistungspflichten an sich verändernde Rahmenbedingungen anzupassen.39

32  Rauterberg / Verstein,

Yale Law Journal 30 (2013), 101, 107. Jensen / Meckling, Journal of Financial Economy 3 (1976), 305, 308 f.; auf Benchmarks bezogen Rauterberg / Verstein, Yale Law Journal 30 (2013), 101, 107. 34  Rauterberg / Verstein, Yale Law Journal 30 (2013), 101, 107. 35  Siehe unten § 3 B.I. 36  Siehe unten § 3 B.II. 37  Duffie / Stein, Journal of Economic Perspectives 29 (2015), 191, 193 f.; Strimling / Talley, Law and Financial Markets Review 8 (2014), 145, 146; Ashton / Christophers, Economy and Society 44 (2015), 188, 190 ff.; Awrey, Review of Banking & Financial Law 34 (2014), 183, 225; Chiu, Capital Markets Law Journal 11 (2016), 191; BIS, Reference Rate Practices, 2013, S. 8 f.; Verstein, Boston College Law Review 56 (2015), 215, 225. 38  Hayek, American Economic Review 35 (1945), 519, 524: „If we can agree that the economic problem of society is mainly one of rapid adaptation to changes in the particular circumstances of time and place, it would seem to follow that the ultimate decisions must be left to the people who are familiar with these circumstances, who know directly of the relevant changes and of the resources immediately available to meet them“. 39  Siehe dazu aus zivilrechtlicher Sicht näher unten § 12 B.I.2.c). 33  Allgemein

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1. Kap., § 3 Nutzen und Risiken von Indizes und Benchmarks

Zum Beispiel kann die zukünftige Zinsentwicklung eines Darlehens von den Parteien nicht abgesehen werden. Als Reaktion darauf steht diesen zum einen die Vereinbarung kurzer Zinsbindungsphasen offen, was jedoch den Nachteil immer neuer Vertragsverhandlungen mit ggf. hohen Zusatzkosten hat.40 Zum anderen können die Parteien die Zinsentwicklung an einem Referenzzinssatz oder an einer anderen Benchmark ausrichten, mit der die sich ändernden Refinanzierungskosten des Darlehensgebers realistisch abgebildet werden, die aber auch sicherstellt, dass der Darlehensnehmer in der Zukunft marktgerechte Zinsen zahlt.41 Die Risiken beider Vertragsparteien können so – transaktionskostenschonend – verringert werden.42 Ein Risikomanagement durch Benchmarks reduziert das Risiko der bei­ den Vertragsparteien dabei natürlich nicht vollständig. Ihr verbleibendes Risi­ko liegt gerade in der Entwicklung der jeweiligen Benchmark, z. B. des ­LIBOR.43 Bei einem steigenden LIBOR erhöht sich die Zahlungspflicht des Kreditnehmers, und bei einem fallenden LIBOR verringern sich die Zinseinnahmen des Kreditgebers. Benchmarks ermöglichen es durch ihre Einbindung in Zinsswaps aber auch, gegen ebendiese Zinsrisiken zu hedgen.44 So kann z. B. das Risiko eines steigenden LIBOR in einem Kreditvertrag, in dem die Zinszahlungspflicht nach der Formel LIBOR + Marge variabel gestellt ist, durch einen gegenläufigen LIBOR-Zinsswap neutralisiert werden.45 Darüber hinaus erweitern Benchmarks auf den Finanzmärkten die Möglichkeiten der Risikostreuung.46 Dies gilt namentlich für sog. Indexprodukte, die es (Retail-)Anlegern in der Regel erst ermöglichen, an den Erkenntnissen der Portfoliotheorie zu partizipieren.47 Markowitz hat mit der Portfoliotheorie48 die Grundlage für den Nachweis gelegt, dass Anleger durch die Bildung 40  Vgl. Rauterberg / Verstein, Yale Law Journal 30 (2013), 101,109 allgemein zu Dauerschuldverhältnissen. 41  Tabb / Grundfest, Capital Markets Law Journal 8 (2013), 229, 235; Rauterberg / Verstein, Yale Law Journal 30 (2013), 101, 109. 42  Lehmann, in: Bankrechtstag 2015, 2016, S. 207, 212 f.; Chiu, Capital Markets Law Journal 11 (2016), 1, 2. 43  Vgl. Rauterberg / Verstein, Yale Law Journal 30 (2013), 101, 112; Verstein, Boston College Law Review 56 (2015), 215, 228 f. 44  Duffie / Stein, Journal of Economic Perspectives 29 (2015), 191, 196; Ashton /  Christophers, Economy and Society 44 (2015), 188, 191; Rauterberg / Verstein, Yale Law Journal 30 (2013), 101, 111. 45  Ashton / Christophers, Economy and Society 44 (2015), 188, 191; Rauterberg /  Verstein, Yale Law Journal 30 (2013), 101, 112. 46  Heese, Indizes in der Wertpapieranlage, 2013, S. 26. 47  Rauterberg / Verstein, Yale Law Journal 30 (2013), 101, 107 f.; Malkiel, A Random Walk Down Wallstreet, 11th ed. 2015; Malkiel, Journal of Economic Perspectives 17 (2003), 59, 77 f.; ferner auch Mülbert, ZHR 177 (2013), 160, 165 ff.; Mülbert, Aktiengesellschaft, 2. Aufl. 1996, S. 126 f.



A. Nutzen von Indizes und Benchmarks57

eines persönlich risikoeffizienten Portfolios die erwarteten Renditen bei einer gleichzeitigen Verringerung der Risiken optimieren können.49 Darauf aufbauend hat sich in den letzten Jahren und Jahrzehnten tatsächlich gezeigt, dass Indexfonds die aktiv gemanagten Fonds im Schnitt in der Rendite übertreffen.50 Das gilt jedenfalls dann, wenn die Kosten des aktiven Fondsmanagements mit berücksichtigt werden.51 Folgt man dann der Prämisse, dass der „beste“ Anlegerschutz in der Gewährleistung der optimalen Anlageentscheidung liegt52, tragen Benchmarks durch die Erleichterung der Risikostreuung auch zu einem effektiven Anlegerschutz bei. V. Steigerung der Kapitalisierung und Liquidität Die durch Benchmarks ermöglichte Standardisierung von Finanzkontrakten und -instrumenten53, aber auch die durch weitere Faktoren bewirkten Transaktionskostensenkungen54 und die Verringerung von Informations­ asymmetrien55 führen zu einer Steigerung der Kapitalisierung der Finanzmärkte56, da Investoren in der Regel durch sinkende Informationsasymme­ trien und Transaktionskosten (bei gleich bleibender Ressourcenausstattung) den Finanzmärkten mehr Kapital zuführen.57 48  Markowitz, 7 Journal of Finance (1952), 77; Markowitz, Portfolio Selection, 1959. 49  Markowitz, Portfolio Selection, 1959; Malkiel, Journal of Economic Perspectives 17 (2003), 59, 78; Malkiel, Journal of Finance 50 (1995), 549; Rauterberg / Verstein, Yale Law Journal 30 (2013), 101, 107 f.; Trautmann, Investitionen, 2. Aufl. 2007, S.  117 ff.; Berk / DeMarzo, Grundlagen der Finanzwirtschaft, 2011, S. 360 ff.; Kremer, Portfoliotheorie, 2. Aufl. 2011, S. 73 ff.; Elton / Gruber / Brown / Goetzmann, Portfolio Theory, 6th ed. 2003, S. 41 ff. Näher auch Mülbert, ZHR 177 (2013), 160, 165 ff. 50  Rauterberg / Verstein, Yale Law Journal 30 (2013), 101, 108; Malkiel, Journal of Economic Perspectives 17 (2003), 59, 77 f. m. w. N. 51  Malkiel, Journal of Economic Perspectives 17 (2003), 59, 77 f.; Rauterberg /  Verstein, Yale Law Journal 30 (2013), 101, 108. 52  Mülbert, ZHR 177 (2013), 160; Mülbert, Aktiengesellschaft, 2. Aufl. 1996, S.  116 ff. 53  Hou / Skeie, Working Paper, 2014, S. 3; Lehmann, in: Bankrechtstag 2015, 2016, S. 207, 212. 54  Siehe oben § 3 A.III. 55  Siehe oben § 3 A.II. 56  BIS, Reference Rate Practices, 2013, S. 8; Rauterberg / Verstein, Yale Law Journal 30 (2013), 101, 114; Weber, in: Hummel / Breuer, Handbuch Europäischer Kapitalmarkt, 1. Aufl. 2001, S. 19, 29; Duffie / Stein, Journal of Economic Perspectives 29 (2015), 191, 193 ff. 57  Mayer, European Financial Management 14 (2008), 617, 630; vgl. auch Schäfer / Ott, Ökonomische Analyse des Zivilrechts, 5. Aufl. 2012, S. 426 ff.; Tröger, Arbeitsteilung und Vertrag, 2012, S. 232; Mülbert / Sajnovits, ZfPW 2016, 1, 15.

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1. Kap., § 3 Nutzen und Risiken von Indizes und Benchmarks

Daneben führt auch die durch Benchmarks erreichte zusätzliche Markttiefe zu einer Liquiditätssteigerung. Benchmarks und die durch sie erleichterten Konzentrationsmöglichkeiten sind nämlich eine wesentliche Voraussetzung für die Entwicklung des Verbriefungs- und Derivatemarkts.58 Diese größere Markttiefe eröffnet manchen Anlegern erst einen Zugang zu bestimmten Märkten und damit eine Möglichkeit der Partizipation an Wertentwicklungen, weshalb Benchmarks insofern als „Gatekeeper“ fungieren. Die Manipulation von Indizes bzw. Benchmarks zerstört das Vertrauen auf den Finanzmärkten.59 Gegenläufig können integere Benchmarks zusätzliches Vertrauen bei den Marktteilnehmern generieren.60 Haben Anleger Vertrauen in die korrekte Erstellung einer Benchmark und die durch sie wiedergegebenen wirtschaftlichen Realitäten, kann das Vertrauen in die Kalkulation, das ansonsten der Vertragsgegenseite entgegengebracht werden müsste, hin zu einem Vertrauen in den Administrator der Benchmark verlagert werden.61 Fungieren staatliche Rechtsetzung und Aufsicht sodann als Garant für die Zuverlässigkeit der Benchmark, kann dadurch sogar zusätzliches Vertrauen generiert werden.62 Hinsichtlich der Effizienz- und Liquiditätssteigerungen herrscht in der ökonomischen Theorie die Auffassung vor, dass eine Stärkung des Marktvertrauens nicht nur die Bereitschaft erhöhe, den Finanzmärkten Kapital zuzuführen63, sondern auch geeignet ist, die Transaktionskosten weiter zu reduzieren. Mit mehr Vertrauen wird der einzelne Marktteilnehmer nämlich weniger Aufwand bei der Informationsbeschaffung und -verarbeitung betreiben. Möglicherweise wird er sogar von bestimmten Sicherungsmaßnahmen absehen, was eine Abnahme der Such-, Informations-, Verhandlungs- und Entscheidungskosten sowie der Überwachungs- und Durchsetzungskosten bedeuten würde.64 Insbesondere sind sog. Informationshändler 58  Verstein, Boston College Law Review 56 (2015), 215, 226; Rauterberg / Verstein, Yale Law Journal 30 (2013), 101, 111 f.; Zetzsche, ZHR 179 (2015), 490, 492 ff.; Lehmann, in: Bankrechtstag 2015, 2016, S. 207, 212 f. 59  BIS, Reference Rate Practices, 2013, S. 12. 60  Vgl. Verstein, Boston College Law Review 56 (2015), 215, 217 ff.; Chiu, Capital Markets Law Journal 11 (2016), 191, 192 f. 61  Miller, Law and Financial Markets Review 8 (2014), 322, 323; Miller, Law and Financial Markets Review 8 (2014), 155, 157 f.; Mülbert / Sajnovits, ZfPW 2016, 1, 13 ff. 62  Dazu näher Mülbert / Sajnovits, ZfPW 2016, 1, 13 ff. 63  Guiso / Sapienza / Zingales, Journal of Finance 63 (2008), 2557, auf Kapitalisierung abstellend; Tomasic / Akinbami, Journal of Corporate Law Studies 11 (2011), 369, 379, zusätzlich auf die Verknüpfung zwischen Vertrauen und Liquidität abstellend. 64  Mülbert / Sajnovits, ZfPW 2016, 1, 6, 14; ferner Richter / Furubotn, Neue Institutionenökonomik, 4. Aufl. 2010, S. 64; Ripperger, Die Ökonomik des Vertrauens, 1998, S. 34. Siehe auch schon oben § 3 A.II.



B. Risiken von Indizes und Benchmarks59

eher dazu bereit, Anstrengungen zu ihrer für die Informationseffizienz so bedeutsamen Informationsbeschaffung zu betreiben, wenn sie keine Ausbeutung durch wissensüberlegene Insider befürchten müssen.65 Und schließlich sind auch Market Maker zu einer die Liquidität steigernden Verringerung der Geld-Brief-Spanne nur bereit, wenn sie Vertrauen in die Marktmechanismen haben und die Informationsasymmetrien möglichst gering sind.66 Deshalb setzt sich auch die BMR das Ziel einer Rückgewinnung und Stärkung von Vertrauen.67

B. Risiken von Indizes und Benchmarks I. Nichtproduktion, Schlechtproduktion und Überproduktion Die breite Verwendung von Indizes bzw. Benchmarks birgt neben ihrem Nutzen auch Risiken für die Verwender und den Markt im Allgemeinen. Neben dem Risiko von Manipulationen (II.) bestehen die Risiken der Nicht-, Schlecht- sowie Überproduktion von Indizes bzw. Benchmarks (sogleich), die sich auf allen Verwendungsebenen nachteilig auswirken können. Der Nutzen von Benchmarks kann sich nämlich nur dann voll entfalten, wenn aussagekräftige und manipulationsfreie Benchmarks existieren.68 Alle Risiken können durch die hohen Konzentrationseffekte zudem systemisch werden (III.). Das Risiko der Nichtproduktion verwirklicht sich, wenn ein ökonomisch wünschenswerter Index nicht produziert wird und damit dem Markt fehlt. Ein Produkt fehlt aus ökonomischer Sicht, wenn der Nutzen seiner Herstellung seine Kosten übersteigt, eine Produktion aber gleichwohl nicht stattfindet.69 Dazu kommt es gerade im Zusammenhang mit der Produktion von öffentlichen Gütern.70 Entweder stellen diejenigen Personen, die von dem jeweiligen öffentlichen Gut am meisten profitieren, es selbst her. Das kann aber wie im Falle der Referenzzinssätze typischerweise zu Interessenkonflikten führen.71 Oder es besteht die Gefahr der Nichtproduktion, da wegen der 65  Goshen / Parchomovsky, Duke Law Journal 55 (2006), 711 insbesondere im Zusammenhang mit dem Vertrauensverlust durch Insiderhandel und Marktmanipulation. 66  Armour / Awrey / Davies / Enriques / Gordon / Mayer / Payne, Principles of Financial Regulation, 2016, 5.4.1., S. 113, 9.2.2., S. 183 f. 67  Siehe dazu unten § 6 B.II. 68  Siehe oben § 3 A. 69  Rauterberg / Verstein, Yale Law Journal 30 (2013), 101, 136 m. w. N. 70  Rauterberg / Verstein, Yale Law Journal 30 (2013), 101, 136; Bainbridge, NYU Journal of Law & Business 9 (2013), 789, 815 ff. 71  Siehe dazu noch sogleich § 3 B.3.b).

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1. Kap., § 3 Nutzen und Risiken von Indizes und Benchmarks

Schwierigkeit der Abwälzung der Produktionskosten die individuellen ökonomischen Anreize zur Produktion der Indizes gering sind. Daraus folgen die Risiken der Nichtexistenz bzw. der Einstellung der Produktion von volkswirtschaftlich wünschenswerten Indizes / Benchmarks, die sowohl von den Administratoren als auch von den Kontributoren ausgehen können. Die BMR adressiert dieses Problem mit der Option, unter Umständen sowohl Administratoren zur Bereitstellung einer Benchmark und Kontributoren zu einem Beitragen von Eingabedaten zu verpflichten.72 Ein weiteres Risiko geht von „schlechten“ Benchmarks aus, die nicht dazu geeignet sind, die durch sie abzubildenden (wirtschaftlichen) Realitäten unverzerrt darzustellen.73 Schlechtproduktion unterscheidet sich von einer Manipulation insofern, als sie aus ungenau ermittelten oder – schlicht – ungeeigneten Eingabedaten oder aus fehlerhaft gewählten Berechnungsmethoden resultiert. Besonders augenscheinlich wird dies im Fall des LIBOR, der seit Längerem nicht nur wegen seiner Manipulationsanfälligkeit, sondern auch wegen seiner vermeintlich generellen Ungeeignetheit in der Kritik steht.74 Diese wird darauf zurückgeführt, dass der Markt, den der LIBOR abbilden soll, im Grunde seit Jahren kaum noch existiert.75 Die Abbildung eines nichtexistenten Marktes als Fiktion kann falsche Folgeimplikationen haben. Mit den gegenwärtigen internationalen Regulierungsbestrebungen wird auch auf diesen Aspekt reagiert. Die Förderung transaktionsbasierter Benchmarks innerhalb der BMR zielt nicht nur darauf ab, Manipulationsmöglichkeiten einzudämmen, sondern auch darauf, wirtschaftliche Realitäten besser abzubilden.76 Ein weiteres Risiko von Benchmarks wird in den Gefahren einer Überproduktion gesehen, was mit den Erwägungen zur Vermeidung einer Überflutung effizienter Märkte mit zusätzlichen Informationen einhergeht (Stichwort: information overload).77 Jedoch sind die Gefahren eines information overload – wie bereits oben angemerkt78 – bei Indizes schon deshalb gering(er), weil die mathematische Aufbereitungsmethode der Informationen deren bloße Masse bereits ordnet.

72  Siehe

dazu unten § 7 F.III. Yale Law Journal 30 (2013), 101, 139 ff. 74  Thießen, Kreditwesen 2013, 353 ff.; Fecht, Kreditwesen 2013, 338 ff.; Dombert, Plädoyer für größere Vielfalt an Referenzzinssätzen, F.A.Z. v. 19.3.2013. 75  Siehe dazu oben § 2 D.I.3. 76  Siehe dazu knapp unten § 7 F.III. 77  Duffie / Dworczak / Zhu, Working Paper, 2015, S. 3 m. w. N. 78  Siehe oben § 3 A.I. 73  Rauterberg / Verstein,



B. Risiken von Indizes und Benchmarks61

II. Manipulation 1. Manipulationsanfälligkeit und -gründe a) Interessenkonflikte Indizes bzw. Benchmarks sind vor allem Manipulationsrisiken aufgrund bestehender Interessenkonflikte ausgesetzt. Bei den gängigen Interbank-Referenzzinssätzen lassen sich zwei unterschiedliche Konstellationen ausmachen, in denen Interessenkonflikte auftreten: zum einen strukturell beim Ablauf des Ermittlungsprozesses der Eingabedaten und der Erstellung der Benchmark79, zum anderen personell bei den natürlichen Personen, die für die Ermittlung und Übermittlung der Eingabedaten zuständig sind.80 Strukturelle Interessenkonflikte resultieren aus den diversen funktionalen und interessenmäßigen Verschränkungen zwischen den Administratoren, Kontributoren und Nutzern einer Benchmark.81 Die Grundstruktur z. B. des LIBOR oder des EURIBOR birgt ein hohes Potenzial für Interessenkonflikte, da Panelbanken, die selbst hohe Positionen in an den LIBOR / EURIBOR gebundenen Produkten halten, gleichzeitig die für dessen Ermittlung relevanten Eingabedaten liefern.82 Die Panelbanken können durch Manipulationen der Eingabedaten die Entwicklung der Benchmark in die Richtung lenken, von der sie am meisten profitieren.83 Bei sehr großen gebündelten Positionen der Bank, die abhängig von der Entwicklung des LIBOR / EURIBOR in die eine oder andere Richtung sind, kann ein auch auf die Gesamtbank bezogenes Interesse daran bestehen, dass sich der LIBOR / EURIBOR in eine bestimmte Richtung entwickelt.84 Die Meldung eines niedrigen LIBOR / ­ ­ EURIBOR-Satzes impliziert zudem aus Sicht des Marktes eine gesteigerte und bei einer Falschmeldung gegebenenfalls sogar überbewertete Kreditwürdigkeit der jeweiligen Bank.85 In einer Krise kann die Bank deshalb ein Inte­ 79  McConnell,

Journal of Operational Risk 8 (2013), 59, 65 ff. Journal of Operational Risk 8 (2013), 59, 65 ff. 81  Vgl. Hockett / Omarova, Journal of Finacial Regulation 2 (2016), 1, 9 f.; Monopolkommission, Eine Wettbewerbsordnung für die Finanzmärkte, 2012 / 2013, S. 718. 82  Hou / Skeie, Working Paper, 2014, S. 8; Strimling / Talley, Law and Financial Markets Review 8 (2014), 145, 146; Lehmann, in: Bankrechtstag 2015, 2016, S. 207, 213 f. 83  McConnell, Journal of Operational Risk 8 (2013), 59, 67: „… the banks that are most involved in fixing LIBOR rates are also those most involved in trading the derivatives for which LIBOR is most often used.“ 84  Lehmann, in: Bankrechtstag 2015, 2016, S. 207, 214. 85  McConnell, Journal of Operational Risk 8 (2013), 59, 68 ff.; Strimling / Talley, Law and Financial Markets Review 8 (2014), 145, 147; Tabb / Grundfest, Capital Markets Law Journal 8 (2013), 229, 238. 80  McConnell,

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1. Kap., § 3 Nutzen und Risiken von Indizes und Benchmarks

resse an einer zu niedrigen Meldung haben, um dem Markt so ein falsches Signal zu ihrer Kreditwürdigkeit zu geben. Verstärkt wird das Gefahrenpotenzial dieser Interessenkonflikte durch Personenidentitäten und Kompetenzdopplungen bei Administrator und Kontributor.86 So oblag etwa bis 2012 die Aufsicht über den LIBOR dem FX&MM Committee der BBA LIBOR Ltd.87 Dieses für die Überwachung zuständige Komitee wurde maßgeblich von den Panelbanken bestimmt und von Mitarbeitern der Banken besetzt.88 Damit wurden Überwachung und Sanktionen im Zusammenhang mit der Ermittlung des LIBOR von den Panelbanken verantwortet. Die teilnehmenden Banken haben sich also bei der Bereitstellung ihrer Eingabedaten selbst kontrolliert.89 Interessenkonflikte können aber auch auf der Ebene individueller Händler auftreten, vornehmlich dann, wenn diese zugleich für die LIBOR / EURIBORMeldungen oder jedenfalls die vorgelagerten Ermittlungen mit verantwortlich sind oder zumindest darauf einwirken können. Gerade Derivatehändler können in ihren Handelsbüchern hohe Positionen einnehmen, bei denen sie entweder von einem steigenden oder einem sinkenden LIBOR / EURIBOR profitieren.90 Der bei den Mitarbeitern bestehende Interessenkonflikt ergibt sich aus der Abhängigkeit ihrer jeweiligen variablen Gehaltsbestandteile (Boni) von den durch sie erwirtschafteten Gewinnen für die Bank91 oder auch nur aus den individuellen Reputationssteigerungen bei hohen Buchgewinnen. b) Größe der Panels Darüber hinaus wirkt sich auch die Größe des für den abzubildenden Markt herangezogenen Panels auf die Manipulationsanfälligkeit aus.92 Je kleiner die Zahl der Eingabedaten und der sie bereitstellenden Kontributoren ist, desto größer sind nämlich die mathematischen Auswirkungen, die ein86  Strimling / Talley, Law and Financial Markets Review 8 (2014), 145, 146; McConnell, Journal of Operational Risk 8 (2013), 59, 67. 87  Wheatley Review of LIBOR, Final Report, 2012, S. 82 ff. 88  Wheatley Review of LIBOR, Final Report, 2012, S. 82 ff. 89  McConnell, Journal of Operational Risk 8 (2013), 59, 67. 90  Strimling / Talley, Law and Financial Markets Review 8 (2014), 145, 147; Tabb / Grundfest, Capital Markets Law Journal 8 (2013), 229, 238; Monopolkommission, Eine Wettbewerbsordnung für die Finanzmärkte, 2012 / 2013, S. 718; aus der Populärliteratur besonders instruktiv Vaughan / Finch, The Fix, 2017; Enrich, The Spider Network, 2017. 91  Lehmann, in: Bankrechtstag 2015, 2016, S. 207, 214. 92  Verstein, Boston College Law Review 56 (2015), 215, 230 f.; vgl. auch Hockett / Omarova, Journal of Finacial Regulation 2 (2016), 1, 9 ff.; Lehmann, in: Bankrechtstag 2015, 2016, S. 207, 213.



B. Risiken von Indizes und Benchmarks63

zelne Falschmeldungen haben können (Wirkung von Ausreißern).93 Außerdem sind die Gefahren durch kollusives Zusammenwirken mehrerer Panelbanken bei kleineren Panels höher.94 c) Ermessensabhängige Eingabedaten Im Zusammenhang mit der Manipulation von LIBOR und EURIBOR stand besonders die Tatsache im Blickpunkt, dass bereits die Ermittlung der Eingabedaten große Diskretionsspielräume für die Kontributoren ließ und so eine Überwachung erschwert wurde.95 Diese fehlende Überwachungsmöglichkeit – echte Transaktionen zum Abgleich finden häufig überhaupt nicht statt – spricht in der Tat für eine gesteigerte Manipulationsanfälligkeit bei nicht transaktionsunterlegten Benchmarks. Die Entdeckungsgefahr ist dabei geringer, sodass die durch die Manipulationen erwarteten Profite bei einem Kosten-Nutzen-Kalkül nicht durch eine hohe Aufdeckungsrate reduziert werden. Unter diesem Aspekt ist die zunehmende Hinwendung zu transaktionsbasierten Benchmarks sowohl bei Interbank-Referenzzinssätzen als auch durch die Etablierung anderer Benchmarks in den jeweiligen Nutzermärkten grundsätzlich nachvollziehbar und sinnvoll. Allerdings darf nicht übersehen werden, dass auch transaktionsbasierte Benchmarks (namentlich Devisenund Rohstoff-Benchmarks) in großem Stil manipuliert wurden, sodass dieser Ansatz zur Problemlösung nicht überbewertet werden darf. 2. Manipulationen des LIBOR im Besonderen a) Historische Abläufe der Manipulationen und ihres Bekanntwerdens Manipulationen des LIBOR sollen schon seit den frühen 1990er-Jahren in erheblichem Umfang stattgefunden haben, wie durch die Stellungnahme eines früheren Morgan Stanley Bankers in der Financial Times bekannt wurde.96 Nach derzeitigen – öffentlich bekannten – Erkenntnissen haben Aufsichtsbehörden und Marktbeobachter aber erst seit 2007 Auffälligkeiten beim LIBOR festgestellt.97 Damals wurden deutliche Schwankungen in der Volatilität des LIBOR erkannt, die von anderen vergleichbaren Benchmarks abwi93  Siehe

oben § 2 B.II.1. Verstein, Boston College Law Review 56 (2015), 215, 230 f., der dieses Risiko als „partizipation concentration“ bezeichnet. 95  Awrey, Review of Banking & Financial Law 34 (2014), 183, 226. 96  Hou / Skeie, Working Paper, 2014, S. 7. 97  FED  New  York, Barclays, 2012; Hou / Skeie, Working Paper, 2014, S.  1; Huan / Parbonetti / Previts, Working Paper, 2015, S. 7. 94  Vgl.

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1. Kap., § 3 Nutzen und Risiken von Indizes und Benchmarks

chen.98 Die erste Veröffentlichung über Auffälligkeiten erfolgte am 3. September 2007, ohne dass die Auffälligkeiten auf eine Manipulation zurückgeführt wurden.99 Ein dahingehender Verdacht wurde erstmals im April 2008 in mehreren Artikeln im Wall Street Journal erwähnt100, wobei sich die dort bereits erwogenen Motive später als zutreffend erwiesen. Es waren dies die vom Management ausgehende Falschdarstellung zur Kreditwürdigkeit des eigenen Hauses und das individuelle Profitinteresse einzelner Derivatehändler.101 Rückblickend lassen sich die vermeitlichen Manipulationen in diesem Zeitraum insbesondere daran ablesen, dass selbst nach dem Zusammenbruch von Lehman Brothers im September 2008 der LIBOR zunächst nicht wesentlich anstieg.102 Die Erklärung von Barclays gegenüber amerikanischen (CFTC und DoJ) und britischen Behörden (FSA) am 27. Juni 2012, eine Strafzahlung von 453 Millionen Euro zu leisten103, erregte dann erst die Aufmerksamkeit sowohl von anderen Aufsichtsbehörden als auch der breiten Öffentlichkeit. Im Zusammenhang mit Falschmeldungen durch Barclays steht sogar fest, dass es Weisungen des Managements zur Manipulation gab.104 In Großbritannien wurde in der Folge eine Kommission unter der Leitung von Martin Wheatley eingesetzt, die damit beauftragt wurde, eine unabhängige Bewertung des Zustandekommens und der Integrität des LIBOR vorzunehmen.105 Am ­ 28. September 2012 veröffentlichte diese sog. Wheatley-Kommission einen 10-Punkte-Reformplan, und bereits im Oktober 2012 bestätigte die britische Regierung, dass sie die Reformvorschläge der Kommission voll unterstütze.106 Mehreren weiteren internationalen Banken wurde in der Folge eine kollusiv mit anderen Banken verübte Beteiligung an den Manipulationen des ­LIBOR vorgeworfen und teils nachgewiesen. Diese mussten an diverse Auf98  Hou / Skeie,

Working Paper, 2014, S. 4. Working Paper, 2014, S. 7. 100  Mollenkamp / Whitehouse, Study casts doubt on key rate: WSJ analysis suggests banks may have reported flawed interest data for libor, The Wall Street Journal v. 29. Mai 2008, S. 1. 101  Siehe Mollenkamp / Whitehouse, Study casts doubt on key rate: WSJ analysis suggests banks may have reported flawed interest data for libor, The Wall Street Journal v. 29. Mai 2008, S. 1. 102  Dazu anekdotisch Vaughan / Finch, The Fix, 2017; Enrich, The Spider Network, 2017. 103  Hou / Skeie, Working Paper, 2014, S. 10; Huan / Parbonetti / Previts, Working Paper, 2015, S. 6. 104  Miller, Law and Financial Markets Review 8 (2014), 155, 156; US CFTC, Press Release, 2012. 105  Huan / Parbonetti / Previts, Working Paper, 2015, S. 9. 106  Siehe dazu unten § 4 A. 99  Hou / Skeie,



B. Risiken von Indizes und Benchmarks65

sichtsbehörden hohe Strafzahlungen leisten, die sich bis heute auf ca. 9 Milliarden US-Dollar belaufen.107 b) Ermittlung des LIBOR bis 2010 Der LIBOR wurde bis zu seiner durch den Wheatley-Report veranlassten Reform von Thomson Reuters im Auftrag der BBA ermittelt. Die einzelnen Panelbanken meldeten jeden Tag zwischen 11:00 und 11:10 Uhr (MEZ) an Thomson Reuters denjenigen Zinssatz, zu dem sie sich (schätzungsweise) im gegenwärtigen Zeitpunkt refinanzieren konnten.108 Zur Ermittlung des ­LIBOR wurde sodann das ungewichtete arithmetische Mittel aus den Meldungen der Panelbanken gebildet, wobei die höchsten und niedrigsten 25 % der Meldungen bei der Berechnung außer Betracht blieben (getrimmtes Mittel109).110 Lange Zeit ging man davon aus, dass die Trimmung111 Manipulationen des LIBOR sehr unwahrscheinlich macht.112 Berücksichtigt man aber, dass viele Banken von zu niedrigen LIBOR-Meldungen profitieren können, besteht schon systematisch unter bestimmten kritischen Marktbedingungen ein Anreiz für alle, auch unabgesprochen zu niedrige Eingabedaten zu melden.113 Rein mathematisch ist zudem klar, dass auch Falschmeldungen einzelner Banken ohne abgestimmte Verhaltensweisen rechnerisch zu falschen LIBORWerten führen können.114 Dies gilt selbst dann, wenn die jeweilige Falschmeldung wegen der Trimmung aus der Berechnung ausgenommen wird115, da jede Bank, die den Mittelwert verschiebt und damit dazu beiträgt, dass eine andere Bank, deren gemeldeter Wert ansonsten aus der Berechnung ausgenommen worden wäre, wieder aufgenommen wird, das Rechenergebnis beeinflusst.116 Zudem kann eine Meldung auch falsch sein und trotzdem 107  Eine Übersicht ist zu finden bei Huan / Parbonetti / Previts, Working Paper, 2015, S. 10. 108  McConnell, Journal of Operational Risk 8 (2013), 59, 63. 109  Siehe oben § 2 B.II.2. 110  Fleischer / Bueren, DB 2012, 2561, 2561; McConnell, Journal of Operational Risk 8 (2013), 59, 63. 111  Siehe oben § 2 B.II.2. 112  Rauterberg / Verstein, Yale Law Journal 30 (2013), 101, 133. 113  Rauterberg / Verstein, Yale Law Journal 30 (2013), 101, 133. 114  Hou / Skeie, Working Paper, 2014, S. 8; McConnell, Journal of Operational Risk 8 (2013), 59, 69. 115  Darauf hinweisend auch McConnell, Journal of Operational Risk 8 (2013), 59, 69; ferner Pascall, World Competition 39 (2016), 161, 169 f., mit Rechenbeispielen. 116  Rauterberg / Verstein, Yale Law Journal 30 (2013), 101, 133; McConnell, Journal of Operational Risk 8 (2013), 59, 69.

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1. Kap., § 3 Nutzen und Risiken von Indizes und Benchmarks

nicht zu den 25 % höchsten und niedrigsten Werten zählen und damit auch einen unmittelbaren Einfluss auf das Rechenergebnis haben. Die Trimmung alleine ist deshalb kein Garant für einen unbeeinflussten LIBOR. c) Gründe für die Manipulationen des LIBOR Die Gründe für die Manipulation des LIBOR waren unterschiedlich117, wobei zwei davon besonders hervorzuheben sind118: zum einen die zu niedrige Meldung von Refinanzierungskosten, die ein gesicherteres Bild vom Standing der eigenen Bank auf den Finanzmärkten generieren sollte119 und vom Management veranlasst war (Reputationsmanipulation)120, und zum anderen Falschmeldungen zum Zweck der Generierung individueller Gewinne oder der Reduzierung individueller Verluste einzelner Derivatehändler innerhalb der Bank (Rogue-trader-Manipulation).121 In diesen tatsächlich ermittelten Manipulationsgründen wird deutlich, dass die oben allgemein dargestellten Interessenkonflikte122 manipulative Verhaltensweisen beförderten und sich die Risiken der Interessenkonflikte gerade beim LIBOR verwirklicht haben. d) Manipulationshandlungen Die Manipulationshandlungen lagen durchweg in der Meldung und – wahrscheinlich vorangehend – der falschen Berechnung / Ermittlung der Eingabedaten. Dem gingen im Fall der bewussten Falschmeldungen zu Reputationszwecken – was bislang nur für den Fall Barclays nachgewiesen wurde – 117  Rauterberg / Verstein, Yale Law Journal 30 (2013), 101, 131 ff.; Ashton / Christophers, Economy and Society 44 (2015), 188, 197 ff.; Awrey, Review of Banking & Financial Law 34 (2014), 183, 228 ff. 118  Siehe allgemein schon oben § 3 B.II.1. 119  McConnell, Journal of Operational Risk 8 (2013), 59, 77 ff.; Ashton / Christophers, Economy and Society 44 (2015), 188, 200 ff.; Awrey, Review of Banking & Financial Law 34 (2014), 183, 226. 120  Bis 1998 wurden die Banken noch nach ihrer Einschätzung über die Kreditaufnahmezinsen von „prime banks“ im Allgemeinen gefragt. Ab 1998 wurde die an die Panelbanken gestellte Frage dahingehend geändert, dass seit dem nach der Einschätzung über die eigenen Möglichkeiten einer Kreditaufnahme gefragt wird. Dazu IBA, Roadmap for ICE LIBOR, 2016, S. 4 f. 121  Vaughan / Finch, The Fix, 2017; Rauterberg / Verstein, Yale Law Journal 30 (2013), 101, 131 f.; McConnell, Journal of Operational Risk 8 (2013), 59, 79 ff.; Hou / Skeie, Working Paper, 2014, S. 6; Huan / Parbonetti / Previts, Working Paper, 2015, S. 6; Ashton / Christophers, Economy and Society 44 (2015), 188, 198 ff.; Awrey, Review of Banking & Financial Law 34 (2014), 183, 228 ff. 122  Siehe oben § 3 B.II.1.a).



B. Risiken von Indizes und Benchmarks67

konkrete Weisungen seitens des Managements voraus.123 Im Fall der Roguetrader-Manipulationen haben einzelne oder mehrere Derivatehändler auf die in der Meldestelle zuständigen Personen eingewirkt oder waren selbst die für die Meldungen zuständigen Personen.124 Es wurden bewusst keine Extremmeldungen abgegeben, um die Gefahr einer Trimmung zu verringern (remain within the pack). Verstärkt wurde der rechnerische Einfluss auf die LIBORErmittlung durch ein kollusives Zusammenwirken mit Händlern anderer ­Panelbanken. e) Statistische Belege für Manipulationen Seit dem Bekanntwerden der Manipulationshandlungen gibt es umfängliche Versuche, statistische Belege für vor 2008 erfolgte tatsächliche Beeinflussungen des LIBOR zu finden. Zu Beginn wurden diesen noch keine Erfolge bescheinigt.125 In der Zwischenzeit finden sich aber finanzökonomische Untersuchungen, die statistische Nachweise für die Manipulationen des ­LIBOR liefern.126 Ein methodischer Ansatz liegt darin, die Abweichung der Volatilität des LIBOR von anderen Marktraten wie Overnight Interest Swaps (OIS) oder Credit Default Swaps (CDS)127 zu identifizieren und daraus auf eine Manipulation des LIBOR zu schließen.128 Freilich sind diese Untersuchungen nur geeignet zu ermitteln, in welchen Zeitperioden eine Manipulation des LIBOR naheliegt, nicht aber, von wem sie konkret ausging.129 Dafür sind interne Nachforschungen bei den Administratoren und den einzelnen Panelbanken unumgänglich. Gleichwohl sind die statistischen Untersuchungen bedeutsam, um überhaupt Anhaltspunkte für die jeweiligen Zeitperioden zu finden, auf deren Basis dann interne ­Untersuchungen bei den Banken angestrebt werden können.

123  Ashton / Christophers,

Economy and Society 44 (2015), 188, 200. Vaughan / Finch, The Fix, 2017; ferner etwa Ashton / Christophers, Economy and Society 44 (2015), 188, 198 ff. 125  Hou / Skeie, Working Paper, 2014, S. 8. 126  Monticini / Thornton, Journal of Macroeconomics 37 (2013), 345; AbrantesMetz / Kraten / Metz / Seow, Journal of Banking & Finance 36 (2012), 136; Fouquau /  Spieser, Journal of Banking & Finance 50 (2015), 632; Bariviera / Guercio / Martinez / Rosso, European Physical Journal B 88 (2015), 208. 127  Hou / Skeie, Working Paper, 2014, S. 8. 128  Monticini / Thornton, Journal of Macroeconomics 37 (2013), 345. 129  Abrantes-Metz / Kraten / Metz / Seow, Journal of Banking & Finance 36 (2012), 136, 150. 124  Anekdotisch

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1. Kap., § 3 Nutzen und Risiken von Indizes und Benchmarks

3. Ökonomische Folgen der Manipulationen Manipulationen – bzw. ihr Bekanntwerden – haben das Vertrauen in Referenzzinssätze und andere Benchmarks nachhaltig erschüttert.130 Dieser Vertrauensverlust131 zieht die erhebliche Gefahr einer Verringerung von Liquidität auf den von den jeweiligen Referenzwerten abhängigen Märkten nach sich.132 Mit Blick gerade auf die wichtigen Referenzzinssätze, die nicht nur in ihrer Funktion als Benchmark, sondern auch allgemein als wirtschaftliche Orientierungsgröße dienen, führt deren manipulative Beeinflussung zudem zu Fehlsignalen für eine Vielzahl von Marktteilnehmern, was Fehlallokationen auch auf den Realmärkten zur Folge haben kann.133 Schließlich können falsche Signale, die von den Referenzzinssätzen für die Liquidität der Märkte und das Risiko auf dem Interbankenmarkt ausgehen, zu falschen Eingriffen von Zentralbanken in die Geldpolitik führen.134 Zu diesen gesamtökonomischen Folgen treten zahlreiche Verluste einzelner Marktteilnehmer hinzu.135 III. Systemische Risiken durch den Konzentrationseffekt Finanziell bedeutsamen Benchmarks – allen voran Referenzzinssätzen wie LIBOR und EURIBOR – kann eine Systemrelevanz zukommen136, die in den von ihnen ausgehenden Konzentrationseffekten gründet.137 Das von einer Institution des Finanzmarkts ausgehende Risiko ist jedenfalls dann systemisch, wenn deren Zusammenbruch einen erheblichen negativen Einfluss auf weite Teile des Finanzmarkts und die Realwirtschaft haben würde.138 Ebendies ist wegen der sehr breiten Inbezugnahme der manipulierten Referenz130  BIS, Reference Rate Practices, 2013, S. 12; Duffie / Stein, Journal of Economic Perspectives 29 (2015), 191, (1); Mülbert / Sajnovits, ZfPW 2016, 1, 35. 131  Agarwal / Jain, Abhinav National Monthly Referred Journal of Research in Commerce & Management 4 (2015), 107, 113. 132  Duffie / Stein, Journal of Economic Perspectives 29 (2015), 191, 193 ff. 133  Bariviera / Guercio / Martinez / Rosso, European Physical Journal B 88 (2015), 208, 209; Hockett / Omarova, Journal of Finacial Regulation 2 (2016), 1, 11 f. 134  Bariviera / Guercio / Martinez / Rosso, European Physical Journal B 88 (2015), 208, 209. 135  McConnell, Journal of Operational Risk 8 (2013), 59, 75 f. 136  BIS, Reference Rate Practices, 2013, S. 12  f.; Hockett / Omarova, Journal of Financial Regulation 2 (2016), 1, 2. 137  Verstein, Boston College Law Review 56 (2015), 215, 260 f. 138  Scott, Journal of International Economic Law 13 (2010), 763; Mülbert, in: Moloney / Ferran / Payne, Oxford Handbook of Financial Regulation, 2015, S. 364, 381;



B. Risiken von Indizes und Benchmarks69

zinssätze der Fall, was als Problem auch auf der Regulierungsebene erkannt wurde. Sowohl das FSB als auch die EU haben sich daher mit den systemischen Risiken von Benchmark-Manipulationen auseinandergesetzt.139 Terminologisch treffend wurden besonders bedeutsame und systemgefährdende Benchmarks von Hockett und Omarova – in Anknüpfung an die Termino­ logie bei Finanzinstituten – als systemically important prices and indices (SIPIs) bezeichnet.140 Die BMR hat für systemisch relevante Benchmarks die Bezeichnung kritischer Referenzwert gewählt und knüpft die Einordnung einer Benchmark als einen kritischen Referenzwert maßgeblich an die Größe des Referenzierungsmarktes.141

Mülbert / Citlau, in: Birkmose / Neville / Sorensen, The European Financial Market in Transition, 2012, S. 275, 290 ff. 139  Siehe unten § 6 B.IV. 140  Hockett / Omarova, Journal of Financial Regulation 2 (2016), 1. 141  Siehe dazu unten § 7 C.II.4.

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1. Kap., § 4 Internationale Regulierungsbestrebungen

§ 4  Internationale Regulierungsbestrebungen A. Vorschläge, Vorhaben, Reformen Als Konsequenz des Bekanntwerdens der Manipulationen und der sonstigen Risiken, die von Benchmarks – besonders wegen ihrer Konzentrations­ effekte – ausgehen können, wurden weltweit umfängliche Regulierungsvorhaben umgesetzt oder befinden sich derzeit in der Umsetzung. Im September 2012 hat zunächst die Wheatley-Kommission der britischen Regierung Empfehlungen für eine Reform der regulatorischen Anforderungen zur Aufstellung des LIBOR unterbreitet1, die sehr zügig umgesetzt wurden.2 Auf internationaler Ebene folgten Vorschläge der IOSCO3 und des FSB, für DevisenBenchmarks, Rohstoff-Benchmarks und Referenzzinssätze4. Auf EU-Ebene kam es zunächst zu der – am Wheatley-Report orientierten – Veröffentlichung von gemeinsamen Guidelines der EBA und der ESMA5 und sodann im September 2013 zu einem Vorschlag für eine Verordnung über Indizes und Benchmarks durch die EU-Kommission.6 Zwischenzeitlich ist die BMR am 8. Juni 2016 in Kraft getreten.7 Ihre wesentlichen Bestimmungen sind seit dem 1. Januar 2018 anwendbar (Art. 59 BMR). Daneben gab es Reformprojekte in zahlreichen anderen Staaten, z. B. in der Schweiz8, einigen asiatischen Staaten9 oder in Australien10. Demgegenüber verfolgen die USA bislang eine reine Ex-post-Strategie, indem auf zivile (class actions) und öffentliche Schadensersatzansprüche bzw. Strafzahlungen gesetzt wird, statt einer Ex-ante-Strategie – wie in Europa und teils auch in Asien – um die Möglichkeiten und Anreize für derartige Manipula­ tionen zu reduzieren.11

1  Wheatley Review of LIBOR, Final Report, 2012. Kritisch aber im Ergebnis wohlwollende Auseinandersetzung mit den Vorschlägen bei Bainbridge, NYU Journal of Law & Business 9 (2013), 789. 2  Tabb / Grundfest, Capital Markets Law Journal 8 (2013), 229, 231. 3  IOSCO, Principles for Financial Benchmarks, 2013; Chiu, Capital Markets Law Journal 11 (2016), 191, 193. Die Deutsche Börse AG hat bereits Anfang 2015 die Einhaltung der IOSCO-Prinzipien erklärt, siehe Mai, AG 2015, R 26 f. 4  FSB, Interest Rate Benchmarks, 2014. 5  ESMA / EBA, Principles for Benchmarks, 2013; zu diesen Chiu, Capital Markets Law Journal 11 (2016), 191, 192 f. 6  Siehe dazu näher unten § 6 A. 7  Siehe näher unten 2. Kapitel §§ 6 ff. 8  Moser / Jüttner, Volkswirtschaft 2014, 61, 63. 9  FSB, Progress Report Benchmarks, 2016, S. 14 f. 10  ASIC, Financial Benchmarks, 2015.



B. Gemeinsame Regulierungsstrategie71

B. Gemeinsame Regulierungsstrategie Die bislang umgesetzten Reformen folgen den gleichen Grundprämissen.12 So ist allen bisherigen Reformen gemein, dass sie das Fortbestehen der führenden Financial-Benchmarks grundsätzlich zulassen13, wenngleich die FCA kürzlich vermeldet hat, die Bereitstellung des LIBOR ab 2021 nicht mehr zu fördern, was gemeinhin als dessen Einstellung angesehen wird14. Teilweise wird das Fortbestehen einzelner Benchmarks auch dadurch gewährleistet, dass diese von staatlicher Seite übernommen werden.15 So hat z. B. die Bank von England die Kontrolle über die Ermittlung des Sterling Overnight Index Average (Sonia) übernommen, der von Marktteilnehmern als Referenzzinssatz für Overnight Indexed Swaps in Pfund Sterling verwendet wird.16 Dem liegt die Erkenntnis zugrunde, dass es zu tiefgreifenden Verwerfungen und Unsicherheiten führen würde, wenn derart weitreichend mit der Finanz- und Realwirtschaft verflochtene Benchmarks nicht mehr bereitgestellt würden. Obgleich nicht transaktionsunterlegte Benchmarks auch weiterhin bereitgestellt werden können, fördern die bisherigen Reformansätze doch die Verwendung transaktionsbasierter Eingabedaten und Benchmarks.17 Dies hängt auch mit der Hoffnung zusammen, dadurch Manipulationsrisiken deutlich einzudämmen.18 Freilich können auch Transaktionsdaten manipuliert werden, was in der Vergangenheit auch systematisch geschah, wie sich am Manipulationsskandal des London WM / Reuters 4pm fix zeigt.19 Gleichwohl

11  Zum US-amerikanischen Ansatz allgemein Verstein, Boston College Law Review 56 (2015), 215, 250 ff.; zur Kritik an diesem Ansatz Verstein, Boston College Law Review 56 (2015), 215, 251 ff. 12  Kritisch zu den bisherigen Regulierungsansätzen O’Brian, Seattle University Law Review 37 (2014), 375; O’Brian, Law and Financial Markets Review 8 (2014), 373, der die schwerwiegenden ethischen Missstände, die die Manipulationen maßgeblich bedingten, durch die Regulierungsansätze nicht beseitigt sieht. Ebenso tenden­ ziell Fields, Law and Financial Markets Review 8 (2014), 8, 8 ff.; Miller, Law and Financial Markets Review 8 (2014), 322. 13  Chiu, Capital Markets Law Journal 11 (2016), 191, 191 f. 14  Siehe oben § 2 D.I.1. 15  Zu Vorschlägen zu einer proaktiven Übernahme von Benchmarks durch die öffentliche Hand Bainbridge, NYU Journal of Law & Business 9 (2013), 789, 827 ff., 832 ff. 16  Börsen-Zeitung v. 14. April 2016, S. 5 (Ausgabe 71), Bank of England kontrolliert Sonia. 17  Siehe dazu für die BMR noch knapp unten § 7 F. 18  Duffie / Stein, Journal of Economic Perspectives 29 (2015), 191, 191 ff. 19  Chiu, Capital Markets Law Journal 11 (2016), 191, 195 ff.

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1. Kap., § 4 Internationale Regulierungsbestrebungen

spricht für den Ansatz die höhere Entdeckungswahrscheinlichkeit, die ihrerseits die Manipulationsbereitschaft von Marktteilnehmern hemmen wird.20 Die Reformbestrebungen als Reaktion auf die bekanntgewordenen Manipulationen beruhen zudem auf einer als Propertisierung bezeichneten Einschränkung öffentlicher Nutzungsrechte.21 So wurde die weitgehend freie Nutzung des LIBOR durch ein Lizensierungssystem der ICE ersetzt.22 Diese Strukturveränderung hat den ursprünglichen Charakter von Benchmarks als ein öffentliches Gut verändert.23 Mit umfassenden Compliance- und Governancevorgaben für Adminis­ tratoren und Kontributoren wird auf die operationellen Risiken bzw. die immanenten Interessenkonflikte24 reagiert. Compliance- und Governancevorgaben fanden sich schon im Wheatley-Report.25 Für die Europäische Union werden sie nunmehr durch die BMR vorgegeben und für zahlreiche Administratoren und Kontributoren durch andere aufsichtsrechtliche Anforderungen (MiFID II und MiFIR, CRD IV und CRR, MAR) ergänzt. Schließlich wird die Transparenz vor allem der Benchmark-Erstellung und -Bereitstellung verbessert und werden die Administratoren, aber auch die Kontributoren einer stärkeren öffentlichen und aufsichtlichen Überwachung unterworfen.

20  Siehe

schon oben § 3 B.II.1.c). Capital Markets Law Journal 11 (2016), 191, 195 ff.; Bainbridge, NYU Journal of Law & Business 9 (2013), 789, 834. 22  Siehe dazu schon oben § 2 D.I.1. Siehe ferner Chiu, Capital Markets Law Journal 11 (2016), 191, 191, 196 f. 23  Chiu, Capital Markets Law Journal 11 (2016), 191, 191, 196 f.; vgl. auch Bainbridge, NYU Journal of Law & Business 9 (2013), 789, 834 ff. 24  Siehe zu diesen § 3 B.II.1.a). 25  Wheatley Review of LIBOR, Final Report, 2012, S. 21 ff. 21  Chiu,



1. Kap., § 5 Fazit zu rechtsökonomischen und -tatsächlichen Grundlagen73

§ 5  Fazit zu den rechtsökonomischen und rechtstatsächlichen Grundlagen Indizes und Benchmarks haben auf den internationalen Finanzmärkten eine kaum zu überschätzende wirtschaftliche Bedeutung. Allein auf den ­LIBOR und den EURIBOR referenzieren Finanzinstrumente und -kontrakte im Gesamtvolumen von mindestens 500 Billionen Euro. Das entspricht ca. dem 6,3-Fachen des Bruttoweltprodukts des Jahres 2017.1 Die wesentlichen Aufgaben von Indizes sind ihre Referenzierungsfunktion für Finanzinstrumente und -kontrakte, ihre Abbildungsfunktion für Investments und sonstige kollektive Anlagen, die sie jeweils zu Benchmarks machen, ihre allgemeine Informationsfunktion, ihre Risikomaßfunktion und schließlich ihre Regulierungsfunktion. Ihren Nutzen generieren Indizes bzw. Benchmarks durch die Beförderung der Markttransparenz, die Verringerung von Transaktionskosten und Informationsasymmetrien, bessere Möglichkeiten zur Risikosteuerung und Risikostreuung sowie die Steigerung der Allokationseffizienz und der Liquidität der Märkte. Die Ermittlung von Indizes bzw. Benchmarks ist andererseits mit vielfältigen Risiken verbunden, von denen sich vor allem das Manipulationsrisiko in der zurückliegenden Krise verwirklicht hat. Manipulationen von Indizes bzw. Benchmarks können sowohl durch unrichtige Eingabedaten als auch durch Einwirkungen auf die Aggregation der Eingabedaten zum Index erfolgen. Die Anfälligkeit für Manipulationen ist dem zweistufigen Prozess der Indexermittlung bei den weit verbreiteten Referenzzinssätzen wegen bestehender Interessenkonflikte immanent. Verstärkt wird diese Manipulationsanfälligkeit dadurch, dass den bei der Ermittlung der diversen IBORs verwendeten Eingabedaten keine tatsächlichen Transaktionen zugrunde liegen, sondern deren Ermittlung von zahlreichen Ermessensentscheidungen abhängig ist. Das erleichtert Manipulationen und erschwert deren Feststellung und Nachweis ex post. Bedeutsame Benchmarks – namentlich Referenzzinssätze wie LIBOR und EURIBOR – entfalten zudem eine ihnen eigene Systemrelevanz, die durch die von ihnen ausgehenden Konzentrationseffekte erzeugt wird. Diese Konzentrationseffekte können die genannten Risiken, besonders die der Manipulation, systemisch machen. Gesetzgeber und Aufsichtsbehörden reagieren auf die Manipulationen und die sonstigen Risiken weltweit mit oft parallelen Regulierungsansätzen. Sie 1  Das weltweite Bruttoinlandsprodukt betrug 2017 ca. 79 Billionen US-Dollar. Siehe https: /  / de.statista.com / statistik / daten / studie / 159798 / umfrage / entwicklungdes-bip-bruttoinlandsprodunkt-weltweit / .

74 1. Kap., § 5 Fazit zu rechtsökonomischen und -tatsächlichen Grundlagen

setzen auf die jedenfalls vorläufige Beibehaltung der bestehenden FinancialBenchmarks, wobei sie tendenziell die Verwendung von transaktionsbasierten Eingabedaten und Benchmarks fördern. Sie bestehen zudem aus einer Propertisierung der Benchmarks, aus verstärkten Compliance- und Governancevorgaben für die Administratoren und Kontributoren von Benchmarks und aus einer Steigerung von Transparenz und der damit zusammenhängenden Erleichterung aufsichtlicher und öffentlicher Überwachung.

2. Kapitel

Die Benchmark-Verordnung der EU § 6  Einführung A. Gesetzgebungsprozess Die am 30. Juni 2016 in Kraft getretene BMR1 beinhaltet Regelungen für die Bereitstellung von Referenzwerten, das Beitragen von Eingabedaten zu einem Referenzwert sowie die Verwendung eines Referenzwertes innerhalb der EU (Art. 1 Abs. 1 BMR), die zum Großteil erst seit ab dem 1. Januar 2018 gelten (Art. 59 BMR).2 Nach Durchführung eines Konsultationsprozesses veröffentlichte die Europäische Kommission am 18. September 2013 einen „Vorschlag für eine Verordnung über Indizes, die bei Finanzinstrumenten und Finanzkontrakten als Benchmark verwendet werden“.3 Nach dessen Weiterleitung an das Europäische Parlament und den Rat der EU einigten sich diese am 20. November 2015 auf ein gemeinsames Vorgehen, worauf der Rat der EU am 4. Dezember 2015 den Kompromissvorschlag für eine Benchmark-Verordnung vorlegte.4 Am 11. Februar 2016 erteilte die Europäische Kommission der ESMA ihr Mandat für die Ausarbeitung technischer Regulierungsstandards.5 Nach weiteren Abänderungen im Trilog nahm am 28. April 2016 das Europäische

1  ABl.

der EU v. 29. Juni 2016, L171 / 1. Überblick gibt auch Feldkamp, RdF 2016, 180; siehe ferner die Kommentierung von Grundmann, in: Staub, HGB, Bankvertragsrecht 2, 5. Aufl. 2018, 6. Teil, 4. Abschnitt, A Rn.  766 ff. 3  Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über Indizes, die bei Finanzinstrumenten und Finanzkontrakten als Benchmark verwendet werden, COM / 2013 / 0641 final. 4  Council of the European Union, Proposal for a Regulation of the European Parliament and of the Council on indices used as benchmarks in financial instruments and financial contracts  – Approval of the final compromise text, 14985 / 15 EF 224 ECOFIN 956 CODEC 1664. 5  European Commission, Request to ESMA for technical advice on possible delegated acts concerning the Regulation of the European Parliament and of the Council on Indices used as Benchmarks in Financial Instruments and Financial Contracts. 2  Einen

76

2. Kap., § 6 Einführung

Parlament die Verordnung mit großer Mehrheit an.6 Die Annahme durch den Rat der EU folgte am 17. Mai 2016.7 Nach ihrer Ausfertigung am 18. Mai 20168 trat die BMR am 30. Juni 2016 in Kraft, einen Tag nach ihrer Verkündung im Amtsblatt am 29. Juni 2016. Auf der Level 2-Ebene hat die Euro­ päische Kommission bislang die Durchführungs-VO (EU) Nr. 2016 / 1368 vom 11.  August 2016, die Durchführungs-VO (EU) Nr. 2017 / 1147 vom 28. Juni 2017, die Durchführungs-VO (EU) Nr. 2017 / 2446 vom 19. Dezember 2017 sowie vier delegierte Verordnungen, die DelVO (EU) Nr. 2018 / 65 vom 29. Septemner 2017, die DelVO (EU) Nr. 2018 / 66 vom 29. September 2017, die DelVO (EU) Nr. 2018 / 64 vom 29. September 2017 und die DelVO (EU) Nr. 2018 / 67 vom 3. Oktober 2017 erlassen.

B. Regulierungszwecke I. Funktionenschutz Der Hauptzweck, den die BMR verfolgt, ist die Gewährleistung von Funktionenschutz.9 Seit Langem als Hauptzweck europäischer Kapitalmarktgesetzgebung anerkannt, dient er der Steigerung der Finanzmarkteffizienz, mithin der informationellen, operationellen, institutionellen und allokativen Effizienz der Finanzmärkte.10 Dabei sind die ersten drei Effizienzziele letztlich nur Mittel zur Gewährleistung von Allokationseffizienz.11 Ein Kapitalmarkt ist allokationseffizient, wenn das anlagefähige Kapital gerade zu den-

6  Legislative Entschließung des Europäischen Parlaments vom 28. April 2016 zu dem Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über Indizes, die bei Finanzinstrumenten und Finanzkontrakten als Benchmark verwendet werden (COM(2013)0641  – C7-0301 / 2013  – 2013 / 0314(COD)) (Ordentliches Gesetzgebungsverfahren: erste Lesung). 7  Voting result − Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über Indizes, die bei Finanzinstrumenten und Finanzkontrakten als Referenzwert oder zur Messung der Wertentwicklung eines Investmentfonds verwendet werden, und zur Änderung der Richtlinien 2008 / 48 / EG und 2014 / 17 / EU sowie der Verordnung (EU) Nr. 596 / 201 (Erste Lesung) = Annahme des Gesetzgebungsakts 3464. Tagung des Rates der Europäischen Union. 8  Verfahrensgang abrufbar unter: http: /  / eur-lex.europa.eu / legal-content / DE / HIS /  ?uri=CELEX:52013PC0641. 9  Grundmann, in: Staub, HGB, Bankvertragsrecht 2, 5. Aufl. 2018, 6. Teil, 4. Abschnitt, A Rn. 770. 10  Kohl / Kübler / Walz / Wüstrich, ZHR 138 (1974), 1, 16  ff.; Köndgen, in: Fleischer / Zimmer, Effizienz als Regelungsziel im Handels- und Wirtschaftsrecht, 2008, S. 100; Mülbert, ZHR 177 (2013), 160, 172. Näher Eidenmüller, Effizienz als Rechtsprinzip, 3. Aufl. 2005, S. 41 ff. 11  Mülbert, ZHR 177 (2013), 160, 172; Assmann, ZBB 1989, 49, 61.



B. Regulierungszwecke77

jenigen Anlagetiteln fließt, bei denen es am besten und sinnvollsten die Gesamtwohlfahrt steigern kann.12 Bereits in Erwägungsgrund 1 Satz 1 hebt die BMR ganz in diesem Sinne hervor, dass die Preisbildung zahlreicher Finanzinstrumente und -kontrakte von der Genauigkeit und Integrität bestimmter Referenzwerte abhängt. In Erwägungsgrund 3 wird die Bedeutung von Referenzwerten für die Preisbildung und das damit verbundene „wirksame Funktionieren des Binnenmarktes für ein breites Spektrum von Finanzinstrumenten und -dienstleistungen“ nochmals unterstrichen.13 II. Vertrauensschutz In Erwägungsgrund 1 erklärt die BMR daneben die Stärkung des Marktvertrauens zu einem ihrer Regelungszwecke.14 Damit liegt sie auf der Linie der jüngeren europäischen Gesetzgebungsinitiativen, die die Stärkung des Marktvertrauens in den letzten Jahren zunehmend zu einem Hauptziel finanzmarktrechtlicher Regulierung erhoben haben.15 Vertrauensstärkung durch Rechtsetzung ist dabei kein Selbstzweck, sondern rechtfertigt sich als Zielsetzung wegen der durch sie zu erreichenden Fernziele, allen voran einer Steigerung der eben beschriebenen Allokationseffizienz.16 Nach verbreiteter Überzeugung in der ökonomischen Theorie reduziert ein gestärktes Marktvertrauen nämlich die Transaktionskosten17, motiviert Informationshändler zu Informationsanstrengungen und Market Maker zu einer Verringerung der

12  Mülbert, ZHR 177 (2013), 160, 172; Mülbert, Aktiengesellschaft, 2. Aufl. 1996, S. 120; Möllers, AcP 208 (2008), 1, 7. 13  Siehe ferner auch Erwägungsgrund 6 BMR: „Daher ist es angemessen, auf Unionsebene einen Regulierungsrahmen für Referenzwerte festzulegen, um für das ordnungsgemäße Funktionieren des Binnenmarkts zu sorgen und die Voraussetzungen hierfür insbesondere in Bezug auf die Finanzmärkte zu verbessern …“. 14  „Versagen oder Zweifel in Bezug auf die Genauigkeit und Integrität von Indizes, die als Referenzwerte verwendet werden, können das Marktvertrauen untegraben … Aus diesem Grund ist es notwendig, die Genauigkeit, Robustheit und Integrität der Referenzwerte und des Verfahrens ihrer Bestimmung sicherzustellen.“ Siehe ferner Erwägungsgründe 21 und 70 BMR. Dazu auch Grundmann, in: Staub, HGB, Bankvertragsrecht 2, 5. Aufl. 2018, 6. Teil, 4. Abschnitt, A Rn. 770. 15  Mülbert / Sajnovits, ZfPW 2016, 1  ff., insbesondere 23 ff.; Mülbert / Sajnovits, German Law Journal 18 (2017), 1. 16  Mülbert / Sajnovits, ZfPW 2016, 1, 14; auch Eidenmüller, ARSP Beiheft 74 (2000), 117, 123. 17  Dazu näher Mülbert / Sajnovits, ZfPW 2016, 1, 6, 14. Siehe ferner schon oben § 3 A.V.

78

2. Kap., § 6 Einführung

Geld-Brief-Spanne und steigert dabei insgesamt die Bereitschaft der Anleger, den Finanzmärkten Kapital zuzuführen.18 Für Financial-Benchmarks im Besonderen wurden die Wirkungszusammenhänge zwischen Vertrauensschutz und Funktionenschutz bereits im 1. Kapitel erörtert.19 Die Wiederherstellung des Marktvertrauens auch in diesem Bereich ist danach eine wesentliche Funktionsbedingung zur Steigerung allokativer Effizienz. III. Anlegerschutz Das Regelungsziel des Anlegerschutzes findet sich ausdrücklich in mehreren Erwägungsgründen der Verordnung.20 Gelegentlich wird zudem auch auf den zu vermeidenden Schaden rekurriert, der Anlegern durch Manipulationen von Benchmarks drohen kann.21 Erwägungsgrund 22 BMR begründet die Vorschriften zur Aufbewahrung von Aufzeichnungen durch die Administratoren und Kontributoren u. a. damit, dass sie eine „effizientere und gerechtere Beilegung potenzieller Schadenersatzforderungen in Einklang mit einzelstaatlichem Recht oder Unionsrecht“ ermöglichen. Art. 1 BMR schließlich, der mit „Gegenstand“ überschrieben ist, spricht davon, dass die Verordnung zu einem „reibungslos funktionierenden Binnenmarkt mit hohem Verbraucher- und Anlegerschutz“ beiträgt. IV. Gewährleistung von Finanzmarktstabilität Die Gewährleistung von Finanzmarktstabilität, vor allem durch die Verringerung von Systemrisiken, ist ein neuartiges finanzmarktrechtliches Rege18  Sapienza, in: Evanoff / Hartmann / Kaufmann, The First Credit Market Turmoil of the 21st Century, 2009, S. 29, 30; Guiso / Sapienza / Zingales, Journal of Finance 63 (2008), 2557, jeweils auf Kapitalisierung abstellend; Tomasic / Akinbami, Journal of Corporate Law Studies 11 (2011), 369, 379, auf die Verknüpfung zwischen Vertrauen und Liquidität abstellend. Dazu auch Mülbert / Sajnovits, ZfPW 2016, 1, 15. 19  Siehe oben § 3 A.V. 20  Erwägungsgrund 6 BMR: „Daher ist es angemessen, auf Unionsebene einen Regulierungsrahmen für Referenzwerte festzulegen, um für das ordnungsgemäße Funktio­ nieren des Binnenmarkts zu sorgen und die Voraussetzungen hierfür insbesondere in Bezug auf die Finanzmärkte zu verbessern und um einen hohen Verbraucher- und Anlegerschutz sicherzustellen.“ Siehe ferner die Erwägungsgründe 44, 55 und 66 BMR. 21  Erwägungsgrund 1 BMR: „Versagen oder Zweifel in Bezug auf die Genauigkeit und Integrität von Indizes, die als Referenzwerte verwendet werden, können das Marktvertrauen untergraben, Verbrauchern und Anlegern Verluste verursachen und Verzerrungen der Realwirtschaft zur Folge haben.“ Siehe ferner Erwägungsgrund 11, 22, 37 BMR (in Bezug auf die Einstellung der Verwaltung eines kritischen Referenzwertes) und Erwägungsgrund 63 BMR.



B. Regulierungszwecke79

lungsziel22, das sich in vielen seit der Finanzkrise auf dem Gebiet des Finanzmarktrechts erlassenen europäischen Rechtsakten und so auch in der BMR findet.23 Die Gewährleistung von Finanzstabilität ist eine Unterkategorie des Funktionenschutzes, auch wenn der europäische Gesetzgeber sie als eigenständige Kategorie etabliert.24 Ein systemisch geschädigter Finanzmarkt kann seine Funktionen nämlich erst recht nicht mehr gewährleisten. Erwägungsgründe 30 und 43 BMR sprechen explizit davon, dass namentlich kritische Benchmarks signifikante Auswirkungen auf die Finanzstabilität haben und ihre Regulierung deshalb ein berechtigtes Anliegen ist. Alle Risiken von Financial-Benchmarks, die die BMR durch Aufsicht, Organisation, Transparenz und methodische Vorgaben zu vermeiden sucht, können in Fällen der SIBIs zu Systemverwerfungen führen, weshalb ihre Regulierung auch von einem systemischen Standpunkt aus notwendig und gerechtfertigt ist.25 V. Vermeidung von Verzerrungen der Realwirtschaft Eine weitere und im finanzmarktrechtlichen Zusammenhang neuere Zwecksetzung benennt die BMR mit der Vermeidung von Verzerrungen der Realwirtschaft.26 Auch die Bankenregulierung kennt eine entsprechende Zwecksetzung, etwa in den Erwägungsgründen 51 und 90 CRR27, die sich dort aus der der Bankenwirtschaft häufig zugesprochenen „dienenden Rolle“ für die Realwirtschaft erklärt. Im vorliegenden Zusammenhang erklärt sich die Zwecksetzung vor allem aus den vielfältigen Einbindungen von Financial-Benchmarks in Verträge der Realwirtschaft, obgleich diese Verträge nicht in jedem Fall dem Anwendungsbereich der BMR unterfallen.28

22  Armour / Awrey / Davies / Enriques / Gordon / Mayer / Payne, Principles of Financial Regulation, 2016, 3.4.3., S. 64 f.; Veil, in: Veil, Europäisches Kapitalmarktrecht, 2. Aufl. 2014, § 2 Rn. 8. 23  Mülbert, JZ 2010, 834, 842. 24  Veil, in: Veil, Europäisches Kapitalmarktrecht, 2. Aufl. 2014, § 2 Rn. 9. 25  Siehe oben § 3 B.III. 26  Erwägungsgründe 1, 9 und 35 BMR (im Zusammenhang mit der Einstellung der Verwaltung eines kritischen Referenzwertes). 27  Verordnung (EU) Nr. 575 / 2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 über Aufsichtsanforderungen an Kreditinstitute und Wertpapierfirmen und zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 648 / 2012, ABl. der EU v. 30.  November 2013, L 321 / 6. 28  Siehe oben § 3 A.IV.

80

2. Kap., § 6 Einführung

VI. Verbraucherschutz In einigen ihrer Erwägungsgründe stellt sich die BMR zudem in den Dienst des Verbraucherschutzes.29 Diese Zwecksetzung erklärt sich aus dem weiten Anwendungsbereich der BMR,30 die mit dem Begriff der Finanzkontrakte (Art. 3 Abs. 1 Nr. 18 BMR) auf Verbraucherkreditverträge im Sinne der Richtlinie 2008 / 48 / EG (Verbraucherkredit-Richtlinie) verweist. In dieser Hinsicht flankieren die Regelungen der BMR die Bestimmungen der Verbraucherkredit-Richtlinie, die ganz im Zeichen der Gewährleistung von Verbraucherschutz steht.31 Der bezweckte Verbraucherschutz führt nicht dazu, dass bei der Anwendung eines jeden Regulierungsinstruments der BMR sozialpolitische Erwägungen konträr zu Funktionenschutzüberlegungen eine Rolle spielen würden. Titel IV BMR zeigt vielmehr, dass das Ziel des Verbraucherschutzes durch ganz konkrete Mechanismen, nämlich durch bestimmte Transparenzanforderungen, erfüllt werden soll. Dass dem Verbraucherschutz ein eigener Titel in der BMR gewidmet ist, spricht tendenziell sogar für eine Ausklammerung von Verbraucherschutzerwägungen bei der Anwendung der sonstigen Regulierungsinstrumente.

C. Sachlicher Anwendungsbereich der BMR I. Grunddefinition eines Referenzwertes Der sachliche Anwendungsbereich der BMR knüpft an drei Verhaltensweisen im Zusammenhang mit Referenzwerten an: das Bereitstellen von Referenzwerten, das Beitragen von Eingabedaten zu einem Referenzwert und die Verwendung eines Referenzwertes in der Europäischen Union (Art. 2 Abs. 1 BMR).32 Unter einem Referenzwert ist nach Art. 3 Abs. 1 Nr. 3 BMR jeder Index zu verstehen, auf den (i) Bezug genommen wird, um den für ein Finanzinstrument33 oder einen Finanzkontrakt34 zahlbaren Betrag oder den Wert eines 29  Dazu auch Grundmann, in: Staub, HGB, Bankvertragsrecht 2, 5. Aufl. 2018, 6. Teil, 4. Abschnitt, A Rn. 772, der die Zwecksetzung aber deutlich weiter versteht. 30  Siehe dazu noch unten § 6 C.I. 31  Erwägungsgrund 9 Verbraucherkredit-Richtlinie. Zum Verbraucherbegriff im Unionsrecht Art. 169 Abs. 1 AEUV. 32  Zu den Verhaltensweisen siehe sogleich § 6 C.III. Siehe ferner auch Grundmann, in: Staub, HGB, Bankvertragsrecht 2, 5. Aufl. 2018, 6. Teil, 4. Abschnitt, A Rn. 786. 33  Art. 3 Abs. 1 Nr. 13 BMR. 34  Art. 3 Abs. 1 Nr. 15 BMR.



C. Sachlicher Anwendungsbereich der BMR81

Finanzinstruments zu bestimmen, sowie (ii) jeder Index, der verwendet wird, um die Wertentwicklung eines Investmentfonds zwecks Rückverfolgung der Rendite dieses Indexes oder die Bestimmung der Zusammensetzung eines Portfolios zu messen oder die Berechnung der Anlageerfolgsprämie (Performance Fee) vorzunehmen.35 Als Index definiert Art. 3 Abs. 1 Nr. 1 BMR jede Zahl, die (a) veröffentlicht oder der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wird und die (b) regelmäßig, (i) ganz oder teilweise, durch Anwendung einer Formel oder einer anderen Berechnungsmethode oder (ii) durch Bewertung auf der Grundlage des Werts eines oder mehrerer Basisvermögenswerte oder Basispreise, einschließlich geschätzter Preise, tatsächlicher oder geschätzter Zinssätze, Quotierungen und verbindlicher Quotierungen oder sonstiger Werte oder Erhebungen bestimmt wird. Ein von der Verordnung erfasster Referenzwert muss auf der Basis dieser Definitionen kumulativ (1.) Referenzierungs-, (2.) Methoden- und (3.) Öffentlichkeitskriterien erfüllen. 1. Referenzierungskriterium Die Definition sowohl von Indizes als auch von Referenzwerten ist eine funktionale Definition, die sich an den Zwecksetzungen der Verordnung orientiert und allen voran die in der Vergangenheit bekannt gewordenen Manipulationen an Financial-Benchmarks zum Ausgangspunkt nimmt. Entscheidend ist es deshalb, ob der Referenzwert den Wert eines Finanzinstruments oder -kontrakts bestimmt oder ob er Auswirkungen auf die Zusammensetzung und damit die Wertentwicklung eines Investmentfonds oder die Berechnung einer Anlageerfolgsprämie hat.36 Nicht entscheidend ist demgegenüber grundsätzlich die Art der Eingabedaten, ob es sich bei diesen also primär um

35  Eine davon zu unterscheidende Definition eines Referenzwertes findet sich in Art. 2 Abs. 1 Nr. 39 MiFIR. Danach bezeichnet der Begriff „Referenzwert“ einen „Kurs, einen Index oder eine Zahl, die öffentlich erhältlich ist oder veröffentlicht wird und regelmäßig durch Anwendung einer Formel auf den Wert – oder aufgrund des Wertes – eines oder mehrerer Basiswerte oder Preise, einschließlich geschätzter Preise, tatsächlicher oder geschätzter Zinssätze oder anderer Werte, oder Erhebungen berechnet wird; die Bezugnahme auf diese Größe bestimmt sodann den Betrag, der für ein Finanzinstrument zu entrichten ist, oder den Wert eines Finanzinstruments.“ Zur Definition auch Grundmann, in: Staub, HGB, Bankvertragsrecht 2, 5. Aufl. 2018, 6. Teil, 4. Abschnitt, A Rn. 794 f. 36  Erwägungsgrund 9 Satz 1 BMR. So auch Grundmann, in: Staub, HGB, Bankvertragsrecht 2, 5. Aufl. 2018, 6. Teil, 4. Abschnitt, A Rn. 795. Kritisch zu diesen begrenzenden Bezugspunkten Verstein, Boston College Law Review 56 (2015), 215, 265 ff.

82

2. Kap., § 6 Einführung

Finanzmarktdaten handelt oder etwa um Beobachtungen der Umwelt (z. B. Wetterdaten).37 Von einem Referenzwert im Sinne der BMR kann daher nur gesprochen werden, wenn Finanzmarktprodukte – Finanzkontrakte, Finanzinstrumente und Fonds – in ihrer Wertentwicklung in Abhängigkeit von einem Index gesetzt werden (Referenzierungskriterium).38 Die von der BMR unmittelbar adressierten Gefahren können sich nämlich nur dann verwirklichen. Allerdings können auch von anderen Referenzierungen Gefahren etwa für die Realwirtschaft oder den Verbraucherschutz ausgehen. Die Beschränkung auf den Finanzmarkt ist deshalb angesichts der auch in sonstigen Verträgen weiten Bezugnahme auf Benchmarks durchaus eingrenzend. Sie rechtfertigt sich aber aus den bekannt gewordenen Manipulationsskandalen, die durchweg Financial-Benchmarks betrafen. Soweit bestimmte Indizes nicht zur Wertberechnung oder Bestimmung von Auszahlungen / Zahlungen herangezogen werden, was etwa für von zentralen Gegenparteien (CCPs) zur bloßen Vergleichsberechnung herangezogene Indizes gilt39, fehlt es an der Erfüllung des Referenzierungskriteriums. Darum ist der Anwendungsbereich der BMR insofern nicht eröffnet. Die gleichwohl aufgenommene Ausnahmeregelung in Art. 2 Abs. 2 lit. c BMR hat nur deklaratorische Bedeutung.40 2. Methodenkriterium Neben dem Referenzierungskriterium erfasst die BMR nur diejenigen Indizes als potenzielle Referenzwerte, die unter Anwendung mehrstufiger Methoden ermittelt werden. Dafür müssen entweder auf der Ebene der die einzelnen Eingabedaten beitragenden Kontributoren oder auf der Ebene der diese Eingabedaten aggregierenden Administratoren gewisse diskretionäre Spielräume bestehen oder jedenfalls Berechnungen vorgenommen werden.41 Beim Administrator setzt dies voraus, dass der Index grundsätzlich aus mindestens zwei Eingabedaten aggregiert werden muss. Sofern nur ein einzelner Wert den Index konstituiert, muss jedenfalls dieser durch eine Bewertung zustandekommen. Wird deshalb nur ein einzelner Preis / Wert durch einen Finanzkontrakt oder ein Finanzinstrument in Bezug genommen, wie dies etwa bei einer Option der Fall ist, ist der Anwendungsbereich der BMR nicht 37  Erwägungsgrund

9 Satz 2 und 3 BMR. den erfassten Finanzinstrumenten und -kontrakten Grundmann, in: Staub, HGB, Bankvertragsrecht 2, 5. Aufl. 2018, 6. Teil, 4. Abschnitt, A Rn. 801. 39  Erwägungsgrund 15 Satz 6 BMR. 40  Siehe unten § 6 E.III. 41  Vgl. oben § 3 B.II. 38  Zu



C. Sachlicher Anwendungsbereich der BMR83

eröffnet.42 Es handelt sich insofern – nicht nur nach dem Wortlaut des Art. 3 Abs. 2 Nr. 1 BMR – nicht um einen Index. Vielmehr ist die Nichteinbeziehung in den Anwendungsbereich der BMR auch teleologisch gerechtfertigt. Ausgehend von den Einschätzungen des europäischen Gesetzgebers, bestehen die Gefahren einer manipulativen Beeinflussung bei fehlenden diskretionären Spielräumen nämlich nicht in einem eine Regulierung erfordernden Maße.43 3. Öffentlichkeitskriterium Eine weitere Einschränkung erfährt die Definition eines Indexes durch das Erfordernis der Veröffentlichung, genauer gesagt: der öffentlichen Zugänglichmachung. Der Europäischen Kommission wird durch Art. 3 Abs. 2 BMR die Ermächtigung zum Erlass delegierter Rechtsakte nach Art. 37 BMR übertragen, um „technische“ Aspekte der Begriffsbestimmungen des Art. 3 BMR näher auszuführen. Dabei soll sie vorrangig festlegen, was für die Zwecke der Bestimmung des Begriffs „Index“ unter Zugänglichmachung für die Öffentlichkeit zu verstehen ist. Die ESMA legte der Europäischen Kommission eine technische Empfehlung (technical advice) vor, nach der eine öffentliche Zugänglichmachung voraussetzt44, dass der Index für eine potenziell unbestimmte Anzahl von Nutzern außerhalb der rechtlichen Einheit des Erstellers zugänglich gemacht wird. Unmaßgeblich ist dabei, ob der Index nur gegen Zahlung einer Gebühr oder kostenfrei zugänglich ist, ob er durch den Administrator übermittelt oder von bestimmten Nutzern abgerufen wird, und über welche Medien die Zugänglichmachung sonst erfolgt.45 Die Europäische Kommission hat sich diese Definition in ihrer delegierten Verordnung nach Art. 3 Abs. 2 BMR im Wesentlichen zu eigen gemacht.46 Neben Kanälen wie Telefon, Internet, Nachrichten oder sonstigen Medien kann der Index vor allem auch erst durch Finanzinstrumente, Finanzkontrakte oder Investmentfonds, die auf ihn referenzieren, der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden.47

42  Erwägungsgrund

15 BMR. 15 BMR. 44  ESMA, Final Technical Advice BMR, 2016, Annex I, S. 76. 45  ESMA, Final Technical Advice BMR, 2016, Annex I, S. 76. 46  Siehe Art. 1 Commission Delegated Regulation (EU) 2018 / 65 of 29 September 2017 supplementing Regulation (EU) 2016 / 1011 of the European Parliament and of the Council specifying technical elements of the definitions laid down in paragraph 1 of Article 3 of the Regulation. 47  ESMA, Final Technical Advice BMR, 2016, Annex I, S. 76. 43  Erwägungsgrund

84

2. Kap., § 6 Einführung

Diese Definition stimmt mit den Erwägungsgründen der BMR überein. So ist in Erwägungsgrund 11 BMR ausdrücklich davon die Rede, dass einige von der Verordnung erfasste Referenzwerte veröffentlicht werden und andere „der Öffentlichkeit oder Teilen derselben kostenlos oder gegen Gebühr bereitgestellt“ werden. Dadurch wird deutlich, dass schon die Verordnung davon ausgeht, dass eine Lizenzierung alleine die Anwendbarkeit der BMR nicht ausschließt. Dies wird auch den allgemeinen Zwecken der BMR gerecht, da die Gefahr einer Umgehung der Anforderungen der BMR, die durch eine einfache und kostengünstige Lizenzierung durch Administratoren entstünde, ausgeschlossen wird.48 Zudem stimmt die Definition mit den IOSCO-Prinzipien überein, deren Umsetzung sich die BMR ausdrücklich zum Ziel setzt.49 II. Besondere Formen von Referenzwerten 1. Referenzzinssatz Neben der Grunddefinition eines Referenzwertes kennt die BMR besondere Formen von Referenzwerten, an deren Vorliegen sie entweder zusätz­ liche oder eingeschränkte Rechtsfolgen knüpft. Für die vorliegende Untersuchung ist dabei der Referenzzinssatz nach Art. 3 Abs. 1 Nr. 22 BMR von Interesse. Dieser wird als ein Referenzwert definiert, der auf der Grundlage des Zinssatzes bestimmt wird, zu dem Banken anderen Banken oder anderen Agenten als Banken auf dem Geldmarkt Kredite gewähren oder bei diesen Kredite aufnehmen können. Die derzeitigen methodischen Grundsätze für die Ermittlung von LIBOR und EURIBOR setzen nicht voraus, dass Banken zu dem Zinssatz, den sie an die Administratoren melden, tatsächlich bei anderen Banken Kredite aufnehmen.50 Der Wortlaut der Definition des Referenzzinssatzes lässt sich zwar derart eng lesen, dass er eine tatsächliche Kreditvergabe erfordert, muss aber bei funktionalem Verständnis in einem weiteren Sinne ausgelegt werden. Systematisch ergibt sich dieser Schluss aus der Bezugnahme in der Definition auf Art. 3 Abs. 1 Nr. 1 lit. b Zif. ii) BMR und dem darin enthaltenen Begriff der „geschätzten Zinssätze“. Teleologisch und historisch ist das Ergebnis einer Einbeziehung schon deshalb zwingend, weil der Gesetzgeber die Gefahren von Manipulationen gerade bei geschätzten Eingabedaten gesehen hat und es nicht einsichtig wäre, wenn gerade diese Benchmarks nicht ESMA, Consultation Paper Technical Advice BMR, S. 8 ff. Abs. 9. Final Technical Advice BMR, 2016, S. 6. 50  Siehe oben § 2 D.I. und II. zur zunehmenden Transaktionsorientierung bei den Ermittlungsmethoden. 48  Vgl.

49  ESMA,



C. Sachlicher Anwendungsbereich der BMR85

als Referenzzinssätze eingeordnet werden könnten, knüpfen sich doch an diese Einordnung strengere Rechtsfolgen51. 2. Rohstoff-Referenzwert Durch Art. 3 Abs. 1 Nr. 23 BMR werden Rohstoff-Referenzwerte als Referenzwerte definiert, bei denen der Basisvermögenswert für die Zwecke der Ermittlung im Sinne des Art. 3 Abs. 1 Nr. 1 lit. b Ziffer ii) BMR eine Ware im Sinne des Art. 2 Nr. 2 der Verordnung (EG) Nr. 1287 / 2006 ist. Wegen der einzigartigen Merkmale von Märkten für physische Rohstoffe, die sich erheblich von den Finanzmärkten unterscheiden, hält die BMR für RohstoffReferenzwerte einen besonderen Regulierungsrahmen bereit.52 3. Referenzwert aus regulierten Daten Als einen Referenzwert aus regulierten Daten definiert Art. 3 Abs. 1 Nr. 24 BMR einen durch die Anwendung einer Formel auf der Grundlage von Eingabedaten aus bestimmten ihrerseits regulierten Stellen erstellten Referenzwert. Zu diesen Stellen zählen etwa Handelsplätze im Sinne der MiFID II53, genehmigte Veröffentlichungssysteme im Sinne der MiFID II54, genehmigte Meldemechanismen im Sinne des Art. 4 Abs. 1 Nr. 54 MiFID II55, Strombörsen im Sinne des Art. 37 Abs. 1 lit. j der Richtlinie 2009 / 72 / EG, Erdgasbörsen im Sinne des Art. 41 Abs. 1 lit. j der Richtlinie 2009 / 73 / EG, Auk­ tionsplattformen im Sinne des Art. 26 oder des Art. 30 der Verordnung (EU) Nr. 1031 / 2010, sowie Dienstleister, an die der Administrator des Referenzwertes die Datenerhebung in Einklang mit Art. 10 BMR ausgelagert hat, sofern der Dienstleister die Daten vollständig und direkt von einer der genannten Stellen erhält (Art. 3 Abs. 1 Nr. 24 lit. a Ziff. i–vii) BMR), sowie Nettoinventarwerte von Investmentfonds (Art. 3 Abs. 1 Nr. 24 lit. b) BMR). Da bereits die Ermittlung der Eingabedaten einer strengen Regulierung unterliegt, rechtfertigt sich eine begrenzte / eingeschränkte Regulierung der ausschließlich auf diesen Eingabedaten beruhenden Referenzwerte (Erwägungsgrund 32 BMR).

51  Siehe

unten § 7 C.II.2. und 4. diesen Feldkamp, RdF 2016, 180, 183 f. 53  Art. 4 Abs. 1 Nr. 24 Richtlinie 2014 / 65 / EU. 54  Art. 4 Abs. 1 Nr. 52 Richtlinie 2014 / 65 / EU. 55  Diese aber nur in Bezug auf Transaktionsdaten, die an einem Handelsplatz gehandelte Finanzinstrumente betreffen und die in Einklang mit verbindlichen Transparenzanforderungen für den Nachhandel offengelegt werden müssen. 52  Zu

86

2. Kap., § 6 Einführung

4. Kritischer Referenzwert Als kritischen Referenzwert definiert Art. 3 Abs. 1 Nr. 25 BMR einen Referenzwert – wobei Referenzwerte aus regulierten Daten (3.) ausgenommen sind –, der eine der Voraussetzungen des Art. 20 Abs. 1 BMR erfüllt und der auf einer gemäß jenem Artikel von der Europäischen Kommission in Form einer Durchführungsverordnung erlassenen Liste aufgeführt ist. Die Definition verlangt damit neben der Erfüllung sachlicher Kriterien eine Entscheidung der Europäischen Kommission, einen bestimmten Referenzwert als kritisch einzustufen.56 Sachlich ist ein Referenzwert in die Liste nach Art. 20 Abs. 1 BMR dann aufzunehmen, wenn er als Bezugsgrundlage für Finanzprodukte verwendet wird, die ein bestimmtes Gesamtvolumen57 erreichen (500 Mrd. Euro), wenn es bei einem geringeren Gesamtvolumen der auf ihn referenzierenden Finanzprodukte für ihn keinen adäquaten Ersatz gibt oder wenn bei seiner Einstellung andere erhebliche Gefahren drohen würden58. Ist einem Referenzwert innerhalb eines einzelnen Mitgliedstaates eine herausragende Bedeutung beizumessen, kann er zudem gemäß dem Verfahren des Art. 24 Abs. 2–5 BMR59 als kritisch eingestuft werden (Art. 20 Abs. 1 lit. b BMR). Mit der Durchführungsverordnung (EU) 2016 / 136860 hat die Europäische Kommission in Ausfüllung ihrer Ermächtigung nach Art. 20 Abs. 1 BMR den EURIBOR zum ersten kritischen Referenzwert erklärt (Anhang I Durchführungsverordnung (EU) 2016 / 1368). Die Einordnung ist am Tag nach ihrer Verkündung, mithin am 13. August 2016, in Kraft getreten (Art. 2 Durchfüh56  Dadurch unterscheidet sich die Verordnung von den Vorfassungen, bis hin zu den Änderungen durch den Europäischen Rat, die einen Referenzwert bei Erfüllung bestimmter Kriterien noch ipso iure zum kritischen Referenzwert erklärten. Siehe Art. 3 Abs. 1 Nr. 21 lit. a i. V. m. Art. 13 Vorschlag in der Änderung / Ergänzung durch den EU-Rat. 57  Die Berechnung hat auf der Grundlage der gesamten Bandbreite der Laufzeiten bzw. Fälligkeiten im Zusammenhang mit dem Referenzwert stattzufinden. 58  Die Gefahren müssen für die Integrität der Märkte, die Finanzstabilität, die Verbraucher, die Realwirtschaft oder die Finanzierung der Haushalte oder Unternehmen drohen. 59  Art. 24 Abs. 1 lit. b BMR, ebenso wie Art. 24 Abs. 1 lit. c iii) Satz 2 BMR schaffen Mechanismen, die den mitgliedstaatlichen Aufsichtsbehörden unter bestimmten Umständen die Kompetenz übertragen, über die Erfüllung der sachlichen Voraussetzungen für die Aufnahme in die Liste und damit für die Einstufung eines Referenzwertes als kritischer Referenzwert mit zu entscheiden. 60  Durchführungsverordnung (EU) 2016 / 1368 der Kommission vom 11.  August 2016 zur Erstellung einer Liste der an den Finanzmärkten verwendeten kritischen Referenzwerte gemäß der Verordnung (EU) 2016 / 1011 des Europäischen Parlaments und des Rates, ABl. der EU v. 12. August 2016 L 217 / 1.



C. Sachlicher Anwendungsbereich der BMR87

rungsverordnung (EU) 2016 / 1368). Deren Inkrafttreten und die Einstufung des EURIBOR als eines kritischen Referenzwertes ermöglichen es den zuständigen Behörden, ein Beitragen von Eingabedaten zum EURIBOR durch Kontributoren bereits vor der allgemeinen Geltung der Bestimmungen der BMR (Art. 59 BMR)61 zu erzwingen. Den Katalog der kritischen Referenzwerte hat die Europäische Kommission mit der Durchführungs-VO (EU) Nr. 2017 / 1147 vom 28.  Juni 2017 kürzlich um den EONIA62 und mit der Durchführungs-VO (EU) Nr. 2017 / 2446 um den LIBOR erweitert. 5. Signifikanter Referenzwert Als signifikanten Referenzwert definiert Art. 3 Abs. 1 Nr. 26 einen Referenzwert, der die Voraussetzungen des Art. 24 Abs. 1 BMR erfüllt. Danach ist ein Referenzwert signifikant, wenn es sich (i) nicht um einen kritischen Referenzwert handelt und (ii) auf ihn Finanzprodukte im Gesamtvolumen von mindestens 50 Mrd. Euro Bezug nehmen63 oder es (iii) keinen oder einen nur in sehr geringem Maße geeigneten marktbestimmten Ersatz für ihn gibt und im Falle einer Einstellung der Bereitstellung eine erhebliche und nachteilige Auswirkung auf die Integrität der Märkte, die Finanzstabilität, die Verbraucher, die Realwirtschaft oder die Finanzierung der Haushalte oder Unternehmen in einem oder mehreren Mitgliedstaaten zu erwarten wäre. 6. Nicht-signifikanter Referenzwert Als nicht signifikanten Referenzwert definiert Art. 3 Abs. 2 Nr. 27 BMR jeden Referenzwert, der kein kritischer und kein signifikanter Referenzwert ist. Insofern handelt es sich bei Art. 3 Abs. 2 Nr. 27 BMR um eine reine Negativdefinition und einen Auffangtatbestand, an dessen Erfüllung sich geringere Anforderungen knüpfen als an einen signifikanten Referenzwert, was wegen der geringeren wirtschaftlichen und gerade systemischen Auswirkungen auch nachvollziehbar und verhältnismäßig ist. Referenzzinssätze und Rohstoff-Referenzwerte können nach der Systematik der Verordnung keine nicht-signifikanten Referenzwerte sein. 61  Siehe

oben § 6 A. diesem oben § 2 D.II. 63  Nach Art. 24 Abs. 2 BMR wird der Europäischen Kommission die Befugnis übertragen, gemäß Artikel 49 BMR delegierte Rechtsakte zu erlassen, um die Berechnungsmethode für die Festlegung des genannten Schwellenwerts zu präzisieren. Die ersten dieser delegierten Verordnung liegen inzwischen vor. Diese Schwellenwerte sollen regelmäßig überprüft werden, wobei eine Überprüfung mindestens alle zwei Jahre ab dem 1. Januar 2018 stattfinden soll (Art. 24 Abs. 2 Satz 2 BMR). 62  Zu

88

2. Kap., § 6 Einführung

III. Erfasste Verhaltensweisen 1. Bereitstellen von Referenzwerten Die BMR erfasst drei Verhaltensweisen, die in Art. 3 Abs. 1 Nr. 5, 7 und 8 BMR legal definiert werden. Nach Art. 3 Abs. 1 Nr. 5 BMR setzt sich die Bereitstellung eines Referenzwertes als erste maßgebliche Verhaltensweise aus drei Schritten zusammen, nämlich (i) der Verwaltung der Mechanismen für die Bestimmung einer Referenzwertes, (ii) der Erhebung, Analyse oder Verarbeitung von Eingabedaten zwecks Bestimmung eines Referenzwertes sowie (iii) der Bestimmung eines Referenzwertes durch Anwendung einer Formel oder anderer Berechnungsmethoden oder durch Bewertung der zu diesem Zweck bereitgestellten Eingabedaten.64 Die drei Handlungsweisen alleine führen noch nicht unmittelbar Rechtsfolgen herbei. Es muss sich auch um einen Referenzwert handeln, was die Erfüllung der oben genannten zusätzlichen Kriterien erforderlich macht, besonders des Referenzierungskriteriums65, dessen Erfüllung von den Handlungen Dritter (den Nutzern) abhängig ist. Die kumulativ erforderlichen Kriterien für die Bereitstellung spiegeln den typischen Ablauf der Bereitstellung eines Referenzwertes wider.66 Zunächst müssen Mechanismen verwaltet und damit festgelegt und kontrolliert werden, durch die ein Referenzwert bestimmt werden kann. Sodann müssen die für die Ermittlung erforderlichen Eingabedaten erhoben, analysiert und verarbeitet werden. Schließlich muss die Bestimmung als solche durch die Anwendung einer Formel oder anderer Berechnungsmethoden oder durch Bewertung der zu diesem Zweck bereitgestellten Eingabedaten stattfinden. Die ESMA präzisiert in ihren technical advices, dass unter der „Verwaltung der Mechanismen für die Bestimmung eines Referenzwertes“ das durchgängige Management der Infrastruktur und des Personals, das in den Bereitstellungsprozess einer Benchmark involviert ist, sowie die Festlegung der Methodik der Benchmarkermittlung zu verstehen ist.67 Zur Begründung stellt sie darauf ab, dass neben den praktischen Aspekten des Bereitstellungsprozesses, etwa dem Aufstellen und Verwalten einer Infrastruktur sowie der Beschäftigung von Mitarbeitern, vor allem die Verwaltung der Methodik für die Ermittlung des Referenzwertes ein entscheidender Aspekt im Rahmen der 64  Zu den erfassten Verhaltensweisen auch Grundmann, in: Staub, HGB, Bankvertragsrecht 2, 5. Aufl. 2018, 6. Teil, 4. Abschnitt, A Rn. 796 ff. 65  Siehe oben § 6 C.I. 66  Vom Erfordernis kumulativen Vorliegens geht auch Spindler, ZBB 2015, 165, 169 aus. 67  ESMA, Final Technical Advice BMR, 2016, Annex II, S. 76.



C. Sachlicher Anwendungsbereich der BMR89

Bereitstellung ist.68 Da die Festlegung und Verwaltung der Methodik aber nicht unmittelbar in der Definition der Bereitstellung eines Referenzwertes in der BMR enthalten sind, hat die ESMA sie in ihren technical advice aufgenommen.69 So soll eine Übereinstimmung mit den IOSCO-Prinzipien sichergestellt werden.70 Die Europäische Kommission hat sich die Definition der ESMA in ihrer delegierten Verordnung zu Eigen gemacht.71 Die ESMA betont allerdings auch, dass der Administrator grundsätzlich alle Schritte der Bereitstellung ausgliedern kann, solange er nur die Kontrolle72 über alle wesentlichen Bereitstellungsschritte behält.73 Dies ist allerdings eine Frage des Kontrollbegriffs, der seinerseits Teil der Definition des Administrators ist.74 2. Beitragen von Eingabedaten zu einem Referenzwert Ein Beitragen von Eingabedaten liegt nach Art. 3 Abs. 1 Nr. 8 BMR vor bei der Übermittlung von nicht ohne Weiteres75 verfügbaren Eingabedaten an einen Administrator oder an eine andere Person zur Weiterleitung an diesen. Dabei müssen diese Eingabedaten für die Bestimmung eines Referenzwertes erforderlich sein, und die Übermittlung muss gerade zum Zweck der Erstellung bzw. Ermittlung des Referenzwertes durch den Administrator vorgenommen worden sein. Diese die Eingabedaten beitragende natürliche oder juristische Person bezeichnet die BMR in Art. 3 Abs. 1 Nr. 9 als Kontributor.76 Als Eingabedaten wiederum bezeichnet Art. 3 Abs. 1 Nr. 14 BMR die von einem Administrator zur Bestimmung eines Referenzwertes verwendeten Daten in Bezug auf den Wert eines oder mehrerer Basisvermögenswerte oder Preise, einschließlich geschätzter Preise, Quotierungen, verbindlicher Quotierungen oder anderer Werte. Neben der direkten oder indirekten Übermittlung an den Administrator77 und dem objektiven Merkmal des Erfordernisses der Daten für die Bestim68  ESMA,

Final Technical Advice BMR, 2016, S. 9 ff. Final Technical Advice BMR, 2016, S. 10. 70  ESMA, Final Technical Advice BMR, 2016, S. 10. 71  Siehe Art. 2 Commission Delegated Regulation (EU) 2018 / 65 of 29 September 2017 supplementing Regulation (EU) 2016 / 1011 of the European Parliament and of the Council specifying technical elements of the definitions laid down in paragraph 1 of Article 3 of the Regulation. 72  Zum Kontrollbegriff siehe unten § 6 D.I. 73  ESMA, Final Technical Advice BMR, 2016, S. 9. 74  ESMA, Final Technical Advice BMR, 2016, S. 11. 75  Die Entwurfsfassungen sprachen noch von: „nicht öffentlich“. 76  Bzw. als beaufsichtigter Kontributor (Art. 3 Abs. 1 Nr. 8 BMR), wenn es sich um ein beaufsichtigtes Unternehmen handelt. Siehe dazu auch noch sogleich § 6 C.II. 77  Spindler, ZBB 2015, 165, 169. 69  ESMA,

90

2. Kap., § 6 Einführung

mung des Referenzwertes ist die Zweckbestimmung ein wesentliches Merkmal der Definition des Beitragens von Eingabedaten78. Die Zweckbestimmung bezieht sich nur auf die Bereitstellung der Daten und nicht auf deren Ermittlung oder Erhebung. Zu welchem Zweck diese durch den Kontributor erstellt oder sonst besorgt wurden, ist deshalb irrelevant. Die Zweckbindung schränkt den Anwendungsbereich ein, da durch sie eine versehentliche Einbeziehung von Kontributoren nicht in Betracht kommt. „Bezwecken“ meint eine subjektive Absicht derjenigen Person, die die Eingabedaten an den Administrator übermittelt oder dies zu verantworten hat und ist damit enger als die Auslegung im europäischen Kartellrecht. Ein Kontributor muss sich allerdings das Verhalten von in seinem Bereich tätigen Submittenten (zur Definition Art. 3 Abs. 1 Nr. 11 BMR) zurechnen lassen, auch wenn diese dabei ihre internen Kompetenzen überschreiten oder entgegen internen Weisungen vorgehen. Eine aus Sicht der Kontributoren ungewollte oder nicht zu verantwortende Einbeziehung in die Regulierung kommt im Falle einer Zwangsmeldung nach Art. 23 BMR in Betracht. 3. Verwenden eines Referenzwertes Das Verwenden eines Referenzwertes kann nach Art. 3 Abs. 1 Nr. 7 BMR in fünf unterschiedlichen Verhaltensweisen liegen: Erstens wird ein Referenzwert bei der Ausgabe eines Finanzinstruments, für das ein Index oder eine Indexkombination als Bezugsgrundlage dient79 verwendet (lit. a). Zweitens wird ein Referenzwert verwendet, wenn für die Bestimmung des im Rahmen eines Finanzinstruments oder -kontrakts zahlbaren Betrags auf ihn Bezug genommen wird (lit. b). Drittens wenn der Umstand vorliegt, Vertragspartei eines Finanzkontrakts zu sein, für den ein Index oder eine Indexkombination als Bezugsgrundlage dient (lit. c). Viertens liegt eine Verwendung im Falle der Bereitstellung eines Sollzinssatzes im Sinne von Art. 3 lit. j Verbraucher-Kreditrichtlinie vor, sofern der Referenzzinssatz als Spread oder Aufschlag auf einen Index oder eine Indexkombination berechnet wird und ausschließlich für einen Finanzkontrakt als Bezugsgrundlage verwendet wird, bei dem der Kreditgeber Vertragspartei ist (lit. d). Fünftens schließlich wird ein Referenzwert bei der Messung der Wertent78  Spindler,

ZBB 2015, 165, 169. hatte in ihrem technical advice (ESMA, Final Technical Advice BMR, 2016, Annex II, S. 76 f.) präzisiert, was unter der Ausgabe eines Finanzinstruments im Sinne der Definition der Verwendung eines Referenzwertes zu verstehen sei. Die Europäische Kommission verzichtete in ihrer delegierten Verordnung allerdings darauf, eine entsprechende Definition aufzunehmen. Siehe Explanatory Memorandum, Commission Draft Delegated Regulation specifying technical elements of the definitions laid down in paragraph 1 of Article 3 of the Benchmarks Regulation (22 June 2017). 79  ESMA



D. Persönlicher Anwendungsbereich (Adressaten der Verordnung) 91

wicklung eines Investmentfonds anhand eines Indexes oder einer Indexkombination zwecks deren Rückverfolgung, der Bestimmung der Zusammensetzung eines Portfolios oder der Berechnung der Anlageerfolgsprämien (Performance Fees) verwendet (lit. e). Die Verwendung setzt keine Vereinbarung mit dem Administrator voraus.80 Eine Legaldefinition derjenigen natürlichen oder juristischen Personen, die einen Referenzwert in diesem Sinne verwenden, fehlt in der BMR.81 Sie werden aber an verschiedenen Stellen als Nutzer bezeichnet.82

D. Persönlicher Anwendungsbereich (Adressaten der Verordnung) I. Administratoren Der persönliche Anwendungsbereich der BMR umfasst drei Personengruppen, und zwar Administratoren, Kontributoren und Nutzer. Dabei knüpfen die Begriffsbestimmungen jeweils an die eben beschriebenen Verhaltensweisen an. Administrator sind nach Art. 3 Abs. 1 Nr. 6 BMR alle natürlichen oder juristischen Personen, die die Bereitstellung eines Referenzwertes kon­ trollieren.83 Relevant wird der genaue Gehalt des Kontrollbegriffs, wenn die oben genannten kumulativ erforderlichen Voraussetzungen an die Bereitstellung eines Referenzwertes von unterschiedlichen (juristischen) Personen wahr­ ­ genommen werden.84 Diesbezüglich sollte auf den Kontrollbegriff zurückgegriffen werden, der sich in anderen Unionsrechtsbereichen, etwa im euro­ päischen Gesellschaftsrecht oder auch im Kartellrecht, entwickelt hat. Maßgeblich ist danach die tatsächliche Möglichkeit einer unmittelbaren oder mittelbaren Beeinflussung der Unternehmenspolitik (beherrschende Einflussnahme) eines anderen Rechtsträgers.85 Bezogen auf die Bereitstellung eines 80  Feldkamp,

RdF 2016, 180, 184. einer Definition sogleich § 6 D.III. 82  Siehe näher sogleich § 6 B.III. 83  Spindler, ZBB 2015, 165, 169. 84  Dazu auch Spindler, ZBB 2015, 165, 169; Grundmann, in: Staub, HGB, Bankvertragsrecht 2, 5. Aufl. 2018, 6. Teil, 4. Abschnitt, A Rn. 796. 85  Einen davon abweichenden Kontrollbegriff kennt das Europäische Rechnungslegungsrecht. Die Richtlinie 2013 / 34 / EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 (Bilanzrichtlinie) benennt in Art. 22 mehrere formale Voraussetzungen, unter denen die Mitgliedstaaten Mutterunternehmen dazu verpflichten müssen, konsolidierte Abschlüsse aufzustellen. Bei der Möglichkeit einer beherrschenden Einflussnahme haben die Mitgliedstaaten nach Art. 22 Abs. 2 Bilanzrichtlinie die Wahl, ob sie daran eine Konsolidierungspflicht knüpfen. Die neue VO (EU) 2015 / 848 81  Zu

92

2. Kap., § 6 Einführung

Referenzwertes geht es nicht um die unmittelbaren oder mittelbaren Möglichkeiten zur Beeinflussung der Unternehmenspolitik, sondern spezifisch um die Frage einer mittelbaren oder unmittelbaren Beeinflussung der Bereitstellung. Mit Blick auf die drei erforderlichen Schritte zur Bereitstellung eines Referenzwertes86 wird die Kontrolle über den Bereitstellungsprozess im Ganzen in der Regel bei der Person liegen, die die Mechanismen für die Bestimmung eines Referenzwertes verwaltet und über die Methodik entscheidet.87 Diese Vorgänge lassen sich mit den Entscheidungen zur Unternehmensführung vergleichen, da durch sie die maßgeblichen Determinanten der Entstehung eines Referenzwertes festgelegt werden. Andere Aufgaben in dem Prozess der Bereitstellung – etwa die Veröffentlichung – sind zwar ebenfalls einen Referenzwert konstituierende Elemente, erschöpfen sich aber in der Regel – zumindest sofern die Entscheidung über das Ob der Veröffentlichung nicht dem Dritten überlassen worden ist – in einer nur noch formal auszuübenden Tätigkeit. Im Unterschied zum Administrator, der die Kontrolle über die Bereitstellung eines Referenzwertes haben muss, bezeichnet Art. 3 Abs. 1 Nr. 2 BMR einen Index-Anbieter als eine natürliche oder juristische Person, die die Kontrolle über die Bereitstellung eines Indexes ausübt. Art. 2 Abs. 2 lit. h BMR schafft eine Ausnahme von den Anforderungen der BMR für einen IndexAnbieter in Bezug auf den von ihm bereitgestellten Index, wenn der Anbieter keine Kenntnis davon hatte und vernünftigerweise auch nicht haben konnte, dass der von ihm bereitgestellte Index für die in Art. 3 Abs. 1 Nr. 3 BMR genannten Zwecke von Dritten verwendet wird. Insofern adressiert die BMR keine Pflichten an Index-Anbieter, sondern umschreibt mit dem Begriff nur eine Ausnahme vom persönlichen Anwendungsbereich.88 II. Kontributoren 1. Grunddefinition Unter einem Kontributor ist jede natürliche oder juristische Person zu verstehen, die Eingabedaten beiträgt (Art. 3 Abs. 1 Nr. 9 BMR).89 Eine Person des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Mai 2015 über Insolvenzverfahren (EuInsVO 2017) stellt für das Vorliegen von Kontrolle ihrerseits darauf ab, ob ein konsolidierter Abschluss erstellt wird. Damit ist in ihrem Rahmen die Umsetzung der Bilanzrichtlinie in den einzelnen Mitgliedstaaten maßgeblich. Dazu etwa Eble, NZI 2016, 115. 86  Siehe oben § 6 C.III.1. 87  Tendenziell auch ESMA, Final Technical Advice BMR, 2016, S. 9 ff. 88  Siehe unten § 6 E.II. 89  Schon oben § 6 C.III.2.



D. Persönlicher Anwendungsbereich (Adressaten der Verordnung) 93

trägt Eingabedaten bei, wenn sie nicht ohne Weiteres verfügbare Eingabedaten an einen Administrator übermittelt. Dabei müssen diese Eingabedaten für die Bestimmung eines Referenzwertes erforderlich sein und die Übermittlung muss gerade vorgenommen werden, damit der Administrator den Referenzwert ermitteln kann.90 Erforderlich ist zusätzlich – auch wenn dies im Wortlaut nicht hinreichend zum Ausdruck kommt –, dass der Kontributor die Kontrolle gerade über die für das Beitragen erforderlichen Schritte ausübt. Hinsichtlich des Kontrollbegriffs kann an die Ausführungen zum Administrator angeknüpft werden.91 Maßgeblicher Gesichtspunkt wird danach die Entscheidung über das aktive (zweckgerichtete) Beitragen der Eingabedaten an den Administrator sein, weil gerade dieses Verhalten eine Unterordnung unter den Anwendungsbereich der BMR bedingt. Der einzelne Mitarbeiter, der die Bereitstellungsschritte ausführt, ist nicht unmittelbarer Adressat der Verordnung. Dies ergibt sich auch aus einem Rückschluss auf Art. 3 Abs. 1 Nr. 11 BMR bzw. der darin enthaltenen Definition eines Submittenten als derjenigen natürlichen Person, die vom Kontributor zu dem Zweck beschäftigt wird, Eingabedaten beizutragen. 2. Beaufsichtigter Kontributor Neben dem „einfachen“ Kontributor kennt die Verordnung den beaufsichtigten Kontributor. Als solchen ordnet die BMR all jene Kontributoren ein, die ein beaufsichtigtes Unternehmen sind und Eingabedaten für einen in der Europäischen Union angesiedelten Administrator beitragen (Art. 3 Abs. 1 Nr. 10 BMR). Beaufsichtigte Unternehmen sind nach Art. 3 Abs. 1 Nr. 17 BMR Unternehmen des Finanzsektors, die bereits durch andere unionale Rechtsakte umfassenden Regelungen unterliegen. Dies gilt etwa für Kreditinstitute, Wertpapierfirmen oder Versicherungsunternehmen. „Angesiedelt“ ist ein Administrator nach Art. 3 Abs. 1 Nr. 28 BMR, wenn es sich bei ihm um eine juristische Person handelt, in dem Staat, in dem diese ihren eingetragenen Sitz oder eine andere offizielle Anschrift unterhält.92 Wenn es sich bei ihm um eine natürliche Person handelt, ist sie in dem Staat angesiedelt, in dem sie ihren Steuerwohnsitz unterhält.

90  Siehe

schon oben § 6 C.III.2. oben § 6 D.I. 92  Sobald nach dem Brexit die IBA als Administrator des LIBOR ihren Sitz nicht mehr in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union hat, wäre ein Kontributor, der Eingabedaten zur Ermittlung des LIBOR beiträgt, kein beaufsichtigter Kontributor im Sinne der BMR. 91  Siehe

94

2. Kap., § 6 Einführung

III. Nutzer eines Referenzwertes Der Nutzer eines Referenzwertes wurde nicht ausdrücklich in den Definitionskatalog des Art. 3 BMR aufgenommen, wird aber an verschiedenen Stellen in der BMR genannt, etwa in den Erwägungsgründen 4, 20 und 28 sowie den Art. 4, 6 und 7 BMR. Ein Nutzer ist diejenige natürliche oder juristische Person, die einen Referenzwert im Sinne des Art. 3 Abs. 1 Nr. 7 BMR verwendet, also eine derjenigen Tatbestandsvoraussetzungen erfüllt, die im Zusammenhang mit der Verwendung herausgearbeitet wurden.93

E. Ausnahmen I. Vollausnahmen Die einzige personale Vollausnahme findet sich in Art. 2 Abs. 2 lit. a BMR, wonach die BMR im Ganzen nicht für Zentralbanken gilt. Insofern sind Zentralbanken insgesamt, also sowohl in der Position als Administrator und Kontributor als auch als Nutzer, von den Regelungen der BMR ausgenommen. Nicht in den Anwendungsbereich fällt damit etwa die Bereitstellung von Leitzinssätzen durch die EZB oder die Deutsche Bundesbank. II. Partielle Ausnahmen Neben der Vollausnahme sieht die BMR einige partielle Ausnahmen für Behörden und Kreditinstitute in Art. 2 Abs. 2 lit. b und f BMR, für besondere Administratoren, Kontributoren und für sog. Index-Anbieter (Art. 2 lit. h BMR) vor. Anders als bei der Vollausnahme des Art. 2 Abs. 2 lit. a BMR sind die jeweiligen Adressaten nur für bestimmte Verwendungsarten von den Vorgaben der BMR ausgenommen. So unterliegen Behörden (Art. 3 Abs. 1 Nr. 29 BMR)94 gemäß Art. 2 Abs. 2 lit. b BMR nicht den Vorgaben der BMR, soweit sie Daten zu Referenzwerten beitragen, diese bereitstellen oder die Kontrolle über die Bereitstellung von Referenzwerten ausüben, die für staatliche Politik, einschließlich für Maßnahmen in den Bereichen Beschäftigung, Konjunktur oder Inflation, verwendet werden. Damit ist von den Bestimmungen der BMR die Bereitstellung zahlreicher Statistiken durch das Statistische Bundesamt oder andere 93  Siehe

oben § 6 C.III.3. Norm erlaubt eine rechtsformunabhängige funktionale Betrachtung. Die Ableitung der Befugnisse von einem staatlichen Hoheitsträger ist maßgeblich für die Einordnung als Behörde. 94  Die



E. Ausnahmen95

Behörden ausgenommen. Dies betrifft etwa die Arbeitslosenstatistik oder die Konjunkturdaten. Art. 2 Abs. 2 lit. f BMR enthält eine partielle Ausnahme für natürliche oder juristische Personen, die im Rahmen ihrer geschäftlichen, gewerblichen oder beruflichen Tätigkeit Kredite vergeben und dabei eigene feste oder variable Zinssätze veröffentlichen. Voraussetzung ist, dass diese Zinssätze nur für Finanzkontrakte gegenüber eigenen Kunden oder den Kunden konzern­ angehöriger Gesellschaften gebraucht werden. Die Ausnahme erfasst damit die typische Bereitstellung von Sollzinssätzen durch die Kreditwirtschaft. Wird ein solcher Sollzinssatz durch interne Berechnungsmethoden ermittelt oder durch einen Aufschlag auf einen Referenzzinssatz festgelegt, liegt keine Bereitstellung des Referenzwerts vor.95 Damit ist der Kreditgeber im Fall eines Sollzinssatzes der auf einen Referenzzinssatz oder eine andere Benchmark Bezug nimmt, kein Administrator im Sinne der BMR. Jedoch ist er in diesem Fall – ebenso wie der Kreditnehmer – Nutzer eines Referenzwertes96, was für ihn als ein (regelmäßig) beaufsichtigtes Unternehmen dazu führt, dass er die Pflichten nach Art. 29 BMR zu beachten hat.97 Administratoren und Kontributoren von Referenzwerten aus regulierten Daten stellt Art. 17 BMR von einigen Bestimmungen der BMR frei. Dies rechtfertigt sich aus der geringeren Manipulationsgefahr, der diese Ein­ gabedaten ausgesetzt sind.98 Die Anhänge I und II BMR befreien Administratoren von Referenzzinssätzen und Rohstoff-Referenzwerten sowie Kontributoren, die zu diesen Eingabedaten beitragen, von einigen Bestimmungen der BMR (Art. 18, 19 BMR). Das geht allerdings nicht mit einer tatsächlichen Entlastung der Adressaten einher, da sowohl von Referenzzinssätzen als auch von Rohstoff-Referenzwerten besondere Gefahren ausgehen. Vielmehr werden ihnen in den Anhängen I und II der BMR ergänzend strengere Pflichten auferlegt.99 Art. 25 Abs. 1 BMR räumt Administratoren signifikanter Referenzwerte die Möglichkeit ein, bestimmte Vorgaben der BMR nicht anzuwenden, wenn der Administrator der Meinung ist, dass die Anwendung dieser Bestimmungen aus Proportionalitätserwägungen unverhältnismäßig wäre. Die diskretionäre Entscheidung, die betreffenden Vorschriften zu dispensieren, muss der Administrator der jeweils zuständigen Behörde unverzüglich mitteilen (Art. 25 Abs. 2 BMR). Diese kann ihn nach Art. 25 Abs. 3 BMR unter den 95  Vgl.

auch Erwägungsgrund 20 BMR. 20 Satz 3 BMR. 97  Siehe dazu unten § 7 A. 98  Siehe oben § 6 C.II.3. 99  Siehe sogleich § 7 C.II.2. 96  Erwägungsgrund

96

2. Kap., § 6 Einführung

dort genannten Voraussetzungen gleichwohl verpflichten, die Bestimmungen anzuwenden, mithin die Nichtgeltung der Vorschriften ihrerseits wieder aufheben. Art. 26 BMR lässt noch weitergehende Ausnahmen für Administratoren nicht-signifikanter Referenzwerte zu und macht – ebenso wie Art. 25 Abs. 1 BMR – die Nichtgeltung der jeweiligen Vorschriften von einer diskretionären Entscheidung des Administrators abhängig, die dieser der zuständigen Behörde allerdings nicht unverzüglich mitteilen muss. Vielmehr wird der Ad­ ministrator zur Veröffentlichung einer Konformitätserklärung verpflichtet (Art. 26 Abs. 3 Satz 1 BMR), die er der zuständigen Behörde vorlegen muss (Art. 26 Abs. 2 Satz 2 BMR). Eine Einschränkung des persönlichen Anwendungsbereichs der Verordnung sieht schließlich Art. 2 Abs. 2 lit. h BMR vor. Danach gilt die BMR nicht für Index-Anbieter in Bezug auf einen von ihnen bereitgestellten Index, wenn der Anbieter keine Kenntnis davon hatte und nach vernünftigem Ermessen nicht haben konnte (Wissen / Wissenmüssen100), dass der von ihm bereitgestellte Index für die in Art. 3 Abs. 1 Nr. 2 BMR genannten Zwecke von Dritten verwendet wird. III. Deklaratorische Ausnahmen Neben den echten Ausnahmen enthält die BMR in Art. 2 Abs. 2 lit. c bis e) BMR einige rein deklaratorische Ausnahmen. In Art. 2 Abs. 2 lit. c BMR ist von einer Ausnahme für eine zentrale Gegenpartei (CCP) die Rede, wenn sie Referenzkurse oder Abrechnungskurse bereitstellt, die zum Risikomanagement und zur Abrechnung verwendet werden.101 Die Bereitstellung durch eine zentrale Gegenpartei unterliegt deshalb nur so lange der Ausnahme des Art. 2 Abs. 2 lit. c BMR, wie das Referenzierungskriterium gerade nicht erfüllt ist. Dann aber ergibt sich die Nichtanwendbarkeit der Verordnung bereits daraus, dass schon kein Referenzwert vorliegt.102 Lediglich deklaratorische Bedeutung hat auch die Ausnahme des Art. 2 Abs. 2 lit. d BMR, die die Bereitstellung eines einzelnen Referenzkurses für die im Anhang I Abschnitt C MiFID II aufgeführten Finanzinstrumente von den Vorschriften der BMR ausnimmt. Gemeint sind damit Finanzinstrumente, 100  Näher zu Kennen und Kennenmüssen – auch im aufsichtsrechtlichen Kontext – siehe unten § 13 B. 101  In den vorherigen Fassungen war die Ausnahme zu weit gefasst und bezog sich allgemein auf die Bereitstellung durch eine CCP. 102  Siehe schon oben § 6 C.I.1.



F. Regelungssystematik und Regulierungsinstrumente97

die lediglich einen einzelnen Wert oder Preis in Bezug nehmen, etwa den eines einzelnen Wertpapiers als Referenzkurs für eine Option.103 Insofern findet, wie Erwägungsgrund 18 zutreffend hervorhebt, weder eine Berechnung statt, noch besteht ein Ermessensspielraum. Deshalb liegt schon kein Referenzwert vor (Fehlen des Methodenkriteriums)104, weshalb notwendigerweise auch dessen Bereitstellender kein Administrator sein kann und die Bereitstellung auch ohne die Ausnahmeregelung des Art. 2 Abs. 2 lit. d BMR nicht dem Anwendungsbereich der BMR unterläge. Ebenso verhält es sich im Ergebnis mit Art. 2 Abs. 2 lit. e BMR, der die Bereitstellung von Benchmarks durch die Presse, andere Medien und Journalisten dann ausnimmt, wenn diese lediglich einen Referenzwert als Teil ihrer journalistischen Tätigkeiten veröffentlichen oder erwähnen, ohne Kontrolle über die Bereitstellung des Referenzwertes zu haben. Haben die Presse, andere Medien und Journalisten keine Kontrolle über die Bereitstellung des Referenzwertes, unterfallen nämlich die jeweiligen Personen auch nicht als Administratoren dem Anwendungsbereich der BMR.105 Etwas anderes gilt nur dann, wenn das jeweilige Presseorgan (ausnahmsweise) doch Kontrolle über die Bereitstellung hat, mithin auch über den maßgeblichen Teil des oben beschriebenen Bereitstellungsprozesses.106

F. Regelungssystematik und Regulierungsinstrumente I. Unterscheidung nach der Art des Referenzwertes Die Regelungssystematik der BMR orientiert sich zum einen an der Art des jeweiligen Referenzwertes107 und zum anderen an dem von der Verordnung aufgrund seiner Verhaltensweise adressierten Personenkreis108. Anknüpfend an die Art eines Referenzwertes109, schafft die Verordnung unterschiedlich intensive Vorgaben für diejenigen Personen, die einen Referenzwert bereitstellen, diejenigen, die Eingabedaten zu einem Referenzwert beitragen, und diejenigen, die einen Referenzwert verwenden. So stellt Titel II der Verordnung in den Art. 5–16 BMR grundsätzlich für alle Referenzwerte geltende Anforderungen an Administratoren (Kapitel 1 und 2, Art. 5–14), an den zwischen Administratoren und Kontributoren abzu103  Erwägungsgrund 104  Siehe 105  Siehe 106  Siehe 107  Siehe 108  Siehe 109  Siehe

oben oben oben oben oben oben

§ 6 § 6 § 6 § 6 § 6 § 6

18 BMR. C. I.2. D.I. C.III.1. und D.I. C.II. C.III. und D. C.II.

98

2. Kap., § 6 Einführung

schließenden Verhaltenskodex (Art. 15) und an beaufsichtigte Kontributoren (Art. 16) auf. Die Art. 17–26 (Titel III) und die Anhänge I und II knüpfen an die unterschiedlichen Referenzwertarten an, wobei sich aus der Einordnung teils strengere (Referenzzinssätze, Rohstoff-Referenzwerte, kritische Referenzwerte), teils aber auch mildere (Referenzwerte aus regulierten Daten, signifikante Referenzwerte, nicht-signifikante Referenzwerte) Anforderungen ergeben. II. Unterscheidung nach Adressaten Die Verordnung unterscheidet auch nach den Adressaten110, denen jeweils unterschiedliche Pflichten auferlegt werden. Zunächst richtet sich die Verordnung mit den in den Art. 5–14 BMR enthaltenen Governance- und Compliancevorgaben an Administratoren, die, abhängig von der Art des von ihnen bereitgestellten Referenzwertes, milder oder strenger sein können111. Für Administratoren von Referenzzinssätzen und Rohstoff-Referenzwerten finden sich in den Anhängen I und II BMR zusätzliche, teils ergänzende und teils substituierende Pflichten.112 Art. 16 BMR statuiert bestimmte Pflichten für beaufsichtigte Kontributoren. Für (auch nicht-beaufsichtigte) Kontributoren, die Eingabedaten zu Referenzzinssätzen oder Rohstoff-Referenzwerten beitragen, enthalten die Anhängen I und II zusätzliche und ergänzende Anforderungen. Nutzern von Referenzwerten legt die BMR nur dann Pflichten auf, wenn es sich bei diesen um beaufsichtigte Unternehmen handelt (Art. 29 BMR).113 III. Überblick über die Regulierungsinstrumente Zur Erreichung der oben vorgestellten Regelungsziele bedient sich die Verordnung verschiedenster Regulierungsinstrumente. Zunächst macht die BMR in den Art. 5–10, 14 und 16 BMR Governanceund Compliancevorgaben für Administratoren und Kontributoren. Die Maßnahmen sollen die in der Vergangenheit aufgetretenen Interessenkonflikte vermeiden114 und im Allgemeinen präventiv Rechtsverletzungen im Zusammenhang mit der Bereitstellung eines Referenzwertes sowie mit dem Beitra110  Siehe

oben § 6 D. soeben § 6 F.I. 112  Feldkamp, RdF 2016, 180, 183. 113  Siehe sogleich § 7 A. 114  Spindler, ZBB 2015, 165, 169. 111  Siehe



F. Regelungssystematik und Regulierungsinstrumente99

gen von Eingabedaten zu einem Referenzwert verhindern.115 Flankiert wird dies durch Art. 15 BMR, der die Administratoren zur Ausarbeitung eines Verhaltenskodexes mit von der Verordnung vorgegebenem Inhalt (Art. 15 Abs. 2 BMR) verpflichtet. Dem müssen sich die Kontributoren im privatrechtlichen Verhältnis zu den Administratoren unterstellen. Ebenso werden den Administratoren Vorgaben zur vertraglichen Ausgestaltung ihrer Verhältnisse mit Dienstleistern auferlegt (Art. 10 BMR). Die Verordnung wirkt damit indirekt auf privatrechtliche Rechtsverhältnisse ein. Die Art. 11–13 BMR machen den Administratoren Vorgaben zu den zu verwendenden Eingabedaten und zur Methodik der Ermittlung der Referenzwerte (Art. 11 und 12 BMR). Diese zielen an erster Stelle darauf ab, die Verwendung transaktionsbezogener Eingabedaten zu fördern (siehe Art. 11 Abs. 1 lit a BMR), und reagieren damit auf den Umstand, dass es im ­LIBORund EURIBOR-Skandal gerade Schätzdaten waren, die sich als besonders manipulationsanfällig erwiesen.116 Bei der Methodik der Ermittlung der Referenzwerte zielt die Verordnung ebenfalls darauf ab, Beurteilungs- und Ermessensspielräume möglichst gering zu halten und trotz ihrer Zulässigkeit (Art. 12 Abs. 1 lit. c BMR) zumindest zu verlangen, dass klare Vorgaben zu ihrer Handhabung gemacht werden. Art. 21 BMR schafft für die jeweils zuständigen Behörden die Möglichkeit, einen Administrator zur Verwaltung eines Referenzwertes zu verpflichten. Dabei erhalten die Aufsichtsbehörden sehr weitreichende Eingriffsbefugnisse in die verfassungsrechtlich gewährte allgemeine Handlungs- und Berufsfreiheit. Diese lassen sich nur im Falle der kritischen Referenzwerte ­wegen der tiefgreifenden Folgen, die deren Einstellung haben könnte, rechtfertigen.117 Supplementär dazu kann die jeweils zuständige Behörde auch Kontributoren dazu verpflichten, Eingabedaten zu kritischen Referenzwerten (weiter) beizutragen (Art. 23 BMR).118 Administratoren kritischer Referenzwerte verpflichtet Art. 22 BMR dazu, dafür Sorge zu tragen, dass der Zugang zu dem kritischen Referenzwert (etwa über Lizenzen) allen Nutzern auf einer „angemessenen, vernünftigen, transparenten und nichtdiskriminierenden Grundlage“ offensteht. Diese Regelung ist eine Folge des im Grundlagenteil angesprochenen Propertisierungsansatzes119 und soll sicherstellen, dass Benchmarks trotz einer Lizenzierung der Nutzung weiterhin jedermann zugänglich sind. 115  Siehe

näher unten § 7 C. 1 BMR. 117  Vgl. dazu oben § 3 B.III. und § 3 B.I. 118  Siehe auch dazu oben § 3 B.I. 119  Siehe oben § 4 B. 116  Erwägungsgrund

100

2. Kap., § 6 Einführung

Art. 29 BMR schafft eine echte Produktvorgabe, indem er beaufsichtigten Unternehmen die Verwendung eines Referenzwertes nur gestattet, wenn dieser von einem zugelassenen Administrator bereitgestellt wird.120 Zur Effektuierung der behördlichen Aufsicht sieht die BMR eine Genehmigungs- bzw. Registrierungspflicht für Administratoren in der EU (Art. 34 ff. BMR) vor. So wird eine effizientere Überwachung der verschiedenen Administratoren und auch der beitragenden Kontributoren gewährleistet. Ergänzt wird diese Pflicht durch zahlreiche Mitteilungspflichten der Administratoren und Kontributoren an die jeweils zuständigen Behörden (etwa Art. 5 Abs. 2, Art. 21, 22, 23, 24 BMR). Zudem enthält die BMR eine Reihe von Transparenzpflichten – etwa Art. 13 BMR zur Transparenz der Methodik und Art. 4 Abs. 5 BMR zur Offenlegung von Interessenkonflikten beim Administrator –, die anders als Art. 28 BMR nicht dem Verbraucherschutz dienen, sondern eine Effektuierung der Aufsicht durch die Öffentlichkeit und die Nutzer von Referenzwerten befördern sollen (vgl. Erwägungsgrund 27 BMR). Ergänzende Pflichten für Administratoren eines Referenzwertes finden sich zudem in der MiFIR. Diese definiert einen Referenzwert leicht abweichend von der BMR als „einen Kurs, einen Index oder eine Zahl, die öffentlich erhältlich ist oder veröffentlicht wird und regelmäßig durch Anwendung einer Formel auf den Wert – oder aufgrund des Wertes – eines oder mehrerer Basiswerte oder Preise, einschließlich geschätzter Preise, tatsächlicher oder geschätzter Zinssätze oder anderer Werte, oder Erhebungen berechnet wird; die Bezugnahme auf diese Größe bestimmt sodann den Betrag, der für ein Finanzinstrument zu entrichten ist, oder den Wert eines Finanzinstruments“ (Art. 2 Abs. 1 Nr. 39 MiFIR). In Art. 37 und 38 MiFIR werden diejenigen Personen, die über Eigentumsrechte an einem Referenzwert verfügen – das werden in der Regel die Administratoren sein –, dazu verpflichtet, zentralen Gegenparteien und Handelsplätzen für Handels- und Clearingzwecke einen diskriminierungsfreien Zugang zu gewähren (Art. 37 Abs. 1 MiFIR). Bei Einführung eines neuen Referenzwertes haben sie nachzuweisen, dass dieser keine bloße Kopie eines bereits bestehenden Referenzwertes ist (Art. 37 Abs. 2 MiFIR).

120  Siehe

näher § 7 A.



A. Verbot der Benutzung nicht-autorisierter Referenzwerte101

§ 7 Ausgewählte Regulierungsinstrumente und Rechtsfragen A. Verbot der Benutzung nicht-autorisierter Referenzwerte I. Verbotstatbestand Für beaufsichtigte Unternehmen im Sinne des Art. 3 Abs. 1 Nr. 17 BMR enthält Art. 29 BMR indirekt ein Verbot, Finanzinstrumente auszugeben, in Finanzkontrakte einzutreten sowie Investmentfonds aufzulegen, sofern diese auf einen Referenzwert Bezug nehmen, der nicht von einem zugelassenen (oder gleichgestellten Drittstaaten-)Administrator stammt.1 Nach Art. 29 BMR darf nämlich ein beaufsichtigtes Unternehmen einen Referenzwert oder eine Kombination von Referenzwerten in der Union nur verwenden, wenn der Referenzwert von einem Administrator bereitgestellt wird, der in der Union angesiedelt und in ein Register eingetragen ist, das nach Art. 36 BMR zu führen ist.2 Die Möglichkeit zur Anerkennung gleichwertiger Administratoren aus Drittstaaten ergibt sich aus den Art. 30 ff. BMR.3 Die Bestandsschutz- und Übergangsregeln des Art. 51 BMR führen dazu, dass diese Beschränkung im Wesentlichen erst ab dem 1. Januar 2020 greifen wird.4 II. Verbotsadressaten Verbotsadressaten sind ausschließlich beaufsichtigte Unternehmen im Sinne von Art. 3 Abs. 1 Nr. 17 BMR, mithin Kreditinstitute5, Wertpapierfirmen6 und einige andere Finanzmarktteilnehmer. III. Sachliche Rechtfertigung Die sich aus Art. 29 BMR ergebenden Verbote sind gerechtfertigt, da sie die Aufsicht von Administratoren verbessern und zu einer unionsweiten Einhaltung der Bestimmungen der BMR beitragen.

1  Dazu auch Grundmann, in: Staub, HGB, Bankvertragsrecht 2, 5. Aufl. 2018, 6. Teil, 4. Abschnitt, A Rn. 813 ff. 2  Vgl. schon oben § 6 F.III. 3  Dazu näher sogleich § 7 B. 4  Dazu näher sogleich § 7 B. 5  Im Sinne des Art. 4 Abs. 1 Nr. 1 VO (EU) Nr. 575 / 2013. 6  Im Sinne des Art. 4 Abs. 1 Nr. 1 Richtlinie 2014 / 65 / EU.

102

2. Kap., § 7 Ausgewählte Regulierungsinstrumente und Rechtsfragen

Indem Administratoren eine Zulassung durch die jeweils zuständigen Behörden bewilligt werden muss, ist es für letztere erheblich leichter, effektiv zu überwachen, ob die Bestimmungen der BMR von den Administratoren eingehalten werden. Die Rolle als Administrator im Sinne der BMR tritt ipso iure durch die Kontrolle der Bereitstellung eines Referenzwertes im oben beschriebenen Sinne ein.7 In vielen Fällen kann es sowohl für die Administratoren als auch für die Aufsichtsbehörden schwierig sein festzustellen, wer als Administrator der BMR unterworfen ist. Nur wenn den Aufsichtsbehörden die Person eines Administrators bekannt ist, kann sie aber dessen Implementierung von Governance- und Compliancesystemen sowie die sonstige Einhaltung der Bestimmungen der BMR effektiv überwachen. Da es für die hier untersuchten Financial-Benchmarks typisch ist, dass jedenfalls eine Seite eines auf sie referenzierenden Finanzprodukts ein beaufsichtigtes Unternehmen ist, das seinerseits bereits einer intensiven Regulierung und Aufsicht unterliegt, stellt das Verbot des Art. 29 BMR zudem sicher, dass weniger Referenzierungen auf Indizes nicht zugelassener Administratoren stattfinden. Damit wird Druck auf die Administratoren ausgeübt, sich um eine Zulassung zu bemühen, da sie in ihren jeweiligen Geschäftsmodellen häufig von der Referenzierung durch beaufsichtigte Unternehmen abhängig sind. Dieser Druck schafft eine extrinsische Motivation, die Governance- und Compliancesysteme zu implementieren und auch die sonstigen Bestimmungen der BMR zu beachten.

B. Drittstaaten-Regime, Übergangs- und Bestandsschutzregeln und die Folgen des Brexits8 Das Vereinigte Königreich wird die Europäische Union aller Wahrscheinlichkeit nach zum 29. März 2019 verlassen. Die jüngst zwischen der Europäischen Kommission und Großbritannien im Zuge der Austrittsverhandlungen vereinbarte Übergangsphase soll den rechtlichen Status Großbritanniens allerdings bis zum 31. Dezember 2020 aufrechterhalten.9 Sofern Großbritannien zusätzlich zum Austritt aus der EU – ob ipso iure oder kraft Erklärung (Art. 127 EWR-Abkommen)10 – auch den Europäischen Wirtschafts-

7  Siehe

oben § 6 C.III.1. und D.I. Sajnovits, WM 2018, 1247. 9  European Commission, Draft Agreement on the withdrawal of the United Kingdom of Great Britain and Northern Ireland from the European Union and the European Atomic Energy Community, 19 March 2018; European Commission, Press statement by Michel Barnier following the latest round of Article 50 negotiations, Brussels, 19 March 2018. 8  Näher



B. Drittstaaten-Regime, Übergangs- und Bestandsschutzregeln103

raum (EWR) verlässt, wird es – vorbehaltlich etwaiger zukünftiger Vereinbarungen zur gegenseitigen Anerkennung – spätestens nach Auslaufen der Übergangsphase als Drittstaat im Sinne zahlreicher EU-Rechtsakte gelten11. Für die Finanzmärkte werden die Folgen einer derartigen Einstufung umfassend diskutiert.12 Schwerpunkte der Diskussion liegen auf dem Euro-Clearing13 und dem passporting für Kreditinstitute und Wertpapierdienstleistungsunternehmen14. Wenig Beachtung finden demgegenüber die sich abzeichnenden Schwierigkeiten für die Verwendung von Referenzwerten (Benchmarks) innerhalb der EU (des EWR),15 und dies obwohl die seit Anfang 2018 anwendbare BMR hier einige Unsicherheiten für die Rechts­ praxis aufwirft. I. Drittstaatenregime Art. 29 BMR erlaubt beaufsichtigten Unternehmen innerhalb der EU grundsätzlich nur, einen Referenzwert in Verträgen in Bezug zu nehmen, wenn dieser entweder 10  Umstritten, siehe einerseits Schroeter / Nemeczek, European Business Law Review 27 (2016), 921; andererseits Clifford Chance, Brexit: Will the UK remain in the EEA despite leaving the EU?, 1 December 2016. 11  Ferran, Journal of Financial Regulation 3 (2017), 40, 41. 12  EBA, Opinion of the European Banking Authority on issues related to the departure of the United Kingdom from the European Union, EBA / Op / 2017 / 12, 12 October 2017; ESMA, Opinion – General principles to support supervisory convergence in the context of the United Kingdom withdrawing from the European Union, ESMA42-110-433, 31 May 2017; aus dem Schrifttum Ferran, Journal of Financial Regulation 3 (2017), 40; Howarth / Quaglia, Journal of Common Market Studies 55 (2017), 149; Kämmerer, ECFR 2017, 637; Lannoo, Intereconomics 51 (2016), 255; Moloney, German Law Journal 17 (2017), 75; Moloney, EBOR 17 (2016), 451; Moloney, Working Paper 2017; Ringe, in: Armour / Eidenmüller (Hrsg.), Negotiating, Brexit, 2017, S. 45 ff.; Ringe, EBOR 19 (2018), 1; Told, ECFR 2017, 490, 555 ff.; Zetzsche / Lehmann, AG 2017, 651. 13  European Commission, Proposal for a Regulation of the European Parliament and of the Council amending Regulation (EU) No 648 / 2012 as regards the clearing obligation, the suspension of the clearing obligation, the reporting requirements, the risk-mitigation techniques for OTC derivatives contracts not cleared by a central counterparty, the registration and supervision of trade repositories and the requirements for trade repositories, COM(2017) 208 final; ECB, Opinion of the European Central Bank of 11 October 2017 on a proposal for a regulation of the European Parliament and of the Council amending Regulation (EU) No 648 / 2012; zum Vorschlag etwa Djankov, Discussion Paper 2016, Feb 2017; Lannoo, Policy Brief 2017. 14  Nemeczek / Pitz, WM 2017, 120; Nemeczek / Pitz, Working Paper 2017. 15  Siehe aber Sajnovits, WM 2018, 1247 m. w. N.

104

2. Kap., § 7 Ausgewählte Regulierungsinstrumente und Rechtsfragen

– (i) von einem Administrator bereitgestellt wird, der in der EU angesiedelt und in das Register nach Art. 36 BMR eingetragen ist (Registrierung bzw. Zulassung nach Art. 34 BMR)16, oder – (ii) das Drittstaatenregime der BMR (Art. 30, 31, 33) die Verwendung zulässt.17 Das Drittstaatenregime lässt die Verwendung von Benchmarks unter drei alternativen Voraussetzungen zu: bei einer Gleichwertigkeit, einer Anerkennung oder einer Übernahme. 1. Gleichwertigkeit Zunächst darf unter dem Aspekt der Gleichwertigkeit (Äquivalenz) ein von einem Drittstaaten-Administrator bereitgestellter Referenzwert auch ab dem 1.1.2020 durch regulierte Unternehmen in der EU verwendet werden, wenn der Administrator in das von der ESMA geführte Register nach Art. 36 BMR eingetragen ist. Eine Eintragung kommt nach Art. 30 Abs. 1 Satz 2 BMR in Betracht, wenn ­ (i) die Europäische Kommission einen Beschluss über die Gleichwertigkeit (Äquivalenz) des Aufsichtsregimes in dem betreffenden Drittstaat gefasst hat;18 – (ii) der Administrator in dem betreffenden Drittstaat zugelassen oder registriert ist und der dortigen Aufsicht unterliegt; – (iii) der Administrator sich der ESMA gegenüber damit einverstanden erklärt hat, dass er in das Register nach Art. 36 BMR aufgenommen wird, und – (iv) die ESMA mit der zuständigen Behörde des Drittstaats eine Kooperationsvereinbarung getroffen hat. Die Europäische Kommission fasst einen entsprechenden Beschluss über die Gleichwertigkeit nach Art. 30 Abs. 2 BMR, wenn (i) die Aufsichtsanforderungen für Administratoren in dem Drittstaat materiell denen der BMR entsprechen, wobei insbesondere zu berücksichtigen ist, ob Rechtsrahmen 16  Derzeit (Stand: 6. August 2018) sind 15 Administratoren – alle mit Sitz im Vereinigten Königreich – in das Register eingetragen. Register abrufbar unter: https: /  / www.esma.europa.eu / benchmarks-register. 17  Financial Markets Law Committee, Issues of Legal Uncertainty Arising in the Context of the Withdrawal of the U.K. from the E.U. – the Provision and Application of Third Country Regimes in E.U. Legislation, July 2017, Rn. 2.23. 18  Die Entscheidung kann alternativ auch nur im Hinblick auf einzelne Administratoren getroffen werden (Art. 30 Abs. 3 BMR). Dazu Feldkamp, RdF 2016, 180, 186; Ferran, Journal of Financial Regulation 3 (2017), 40, 51.



B. Drittstaaten-Regime, Übergangs- und Bestandsschutzregeln105

und Aufsichtspraxis des jeweiligen Drittstaats die Einhaltung der IOSCOGrundsätze für finanzielle Referenzwerte bzw. für Ölpreismeldestellen19 gewährleisten, und (ii) die verbindlichen Anforderungen in diesem Drittstaat auch rechtstatsächlich laufend und wirksam beaufsichtigt und durchgesetzt werden.20 2. Anerkennung Als (subsidiäre) Alternative zur Eintragung kraft Gleichwertigkeit (Art. 30 BMR) kann ein Referenzwert eines Drittstaaten-Administrators auch verwendet werden, wenn dieser nach Art. 32 BMR durch die jeweils zuständige Behörde in seinem Referenzmitgliedstaat anerkannt wurde.21 Im Rahmen ihres Reviews über die Europäischen Aufsichtsbehörden hat die Europäische Kommission am 20.9.2017 einen Vorschlag zur Änderung u. a. der BMR vorgelegt, durch den diese Kompetenz exklusiv der ESMA zufallen soll.22 Der nach Art. 32 Abs. 4 BMR zu bestimmende Referenzmitgliedstaat – bzw. künftig ggf. die ESMA – erteilt eine Anerkennung auf Antrag (Art. 32 Abs. 5 BMR), wenn die in Art. 32 BMR genannten Voraussetzungen erfüllt sind. Eine Anerkennung kommt danach nur in Betracht, wenn (i) der Administrator die in der BMR festgelegten Anforderungen mit Ausnahme derjenigen des Art. 11 Abs. 4 und der Art. 16, 20, 21 und 23 BMR erfüllt – wobei er diese Anforderungen, wie schon im Rahmen des Art. 30 BMR erfüllen kann, indem er die IOSCO-Grundsätze für finanzielle Referenzwerte bzw. die IOSCO-Grundsätze für Ölpreismeldestellen anwendet – (Art. 32 Abs. 2 BMR). Nicht entscheidend ist, ob die Anforderungen gesetzlich determiniert Abrufbar unter: http: /  / www.iosco.org / library / pubdocs / pdf / IOSCOPD415.pdf. Ferran, Journal of Financial Regulation 3 (2017), 40, 51; Spindler, ZBB 2016, 165, 174 f.; Feldkamp, RdF 2016, 180, 186. 21  Feldkamp, RdF 2016, 180, 186; Ferran, Journal of Financial Regulation 3 (2017), 40, 51. 22  Siehe Art. 8 Proposal for a Regulation of the European Parliament and of the Council Amending Regulation (EU) No 1093 / 2010 establishing a European Supervisory Authority (European Banking Authority); Regulation (EU) No 1094 / 2010 establishing a European Supervisory Authority (European Insurance and Occupational Pensions Authority); Regulation (EU) No 1095 / 2010 establishing a European Supervisory Authority (European Securities and Markets Authority); Regulation (EU) No 345 / 2013 on European venture capital funds; Regulation (EU) No 346 / 2013 on European social entrepreneurship funds; Regulation (EU) No 600 / 2014 on markets in financial instruments; Regulation (EU) 2015 / 760 on European long-term investment funds; Regulation (EU) 2016 / 1011 on indices used as benchmarks in financial instruments and financial contracts or to measure the performance of investment funds; and Regulation (EU) 2017 / 1129 on the prospectus to be published when securities are offered to the public or admitted to trading on a regulated market, COM(2017) 536 final. 19  20 

106

2. Kap., § 7 Ausgewählte Regulierungsinstrumente und Rechtsfragen

oder im Wege der Selbstregulierung erfüllt werden.23 Ferner muss der Administrator (ii) über einen in seinem Referenzmitgliedstaat niedergelassenen rechtlichen Vertreter verfügen (Art. 32 Abs. 3 BMR). Nach Art. 32 Abs. 5 UAbs. 3 BMR kommt eine Anerkennung zudem nur in Betracht, wenn mit der Aufsicht in dem Drittstaat eine angemessene Kooperationsvereinbarung besteht und die jeweils zuständige Behörde durch die Rechtsvorschriften des Drittstaats nicht an einer wirksamen Aufsicht gehindert ist. Eine Anerkennung nach Art. 32 BMR ist nur wirksam, solange keine Gleichwertigkeitsentscheidung nach Art. 30 BMR getroffen wurde (Art. 32 Abs. 1 BMR). Administratoren, die nach Art. 32 BMR anerkannt wurden sind ebenfalls in das ESMA-Register nach Art. 36 BMR aufzunehmen, wobei die Aufnahme – anders als im Rahmen des Art. 30 BMR – nicht konstitutiv für die Möglichkeit der Verwendung eines Referenzwerts des Administrators durch beaufsichtigte Unternehmen in der EU ist. 3. Übernahme Schließlich können einzelne von Drittstaaten-Administratoren bereitgestellte Referenzwerte nach Art. 33 Abs. 1 BMR von in der EU angesiedelten zugelassenen oder registrierten Administratoren oder sonstigen beaufsichtigten Unternehmen übernommen werden. Die Übernahme kann nur auf Antrag durch die für den Übernehmenden zuständige Behörde gewährt werden. Auch insofern sieht der Vorschlag der Europäischen Kommission im Rahmen des Reviews der Aufsichtsbehörden einen Kompetenzübergang auf die ESMA vor. Voraussetzung einer Übernahme ist, dass (i) dem Übernehmenden bei dem Drittstaaten-Administrator eine klar definierte Rolle bei der Kontrolle der Bereitstellung oder im Rahmen der Rechenschaftslegung zukommt. Ferner muss der Übernehmende (ii) gegenüber seiner zuständigen Behörde gewährleisten, effektiv überwachen und laufend nachweisen können, dass der Administrator im Drittstaat den zu übernehmenden Referenzwert unter mindestens ebenso strengen Anforderungen bereitstellt, wie sie durch die BMR vorgesehen werden (Art. 33 Abs. 1 lit. a und b BMR). Bei der Prüfung dieser Anforderungen orientiert sich die zuständige Behörde – wie schon bei Art. 30 und 32 BMR – an den IOSCO-Grundsätzen (Art. 33 Abs. 1 UAbs. 2 BMR). Als zusätzliche Voraussetzung für eine Übernahme verlangt Art. 33 Abs. 1 lit. c BMR, dass (iii) objektive Gründe dafür bestehen, den Referenzwert in einem Drittstaat bereitzustellen und ihn zwecks Verwendung in der EU zu übernehmen. Wann objektive Gründe in diesem Sinne vorliegen, spezifiziert ein noch zu erlassender delegierter Rechtsakt

23 

Ferran, Journal of Financial Regulation 3 (2017), 40, 52.



C. Compliance- und Governancevorgaben der BMR107

(Art. 33 Abs. 7 BMR); die Anführung von Kostenersparnissen wird für sich jedenfalls nicht hinreichend sein.24 II. Bestandsschutz- und Übergangsregime Um den Administratoren genügend Zeit für die Implementierung der neuen Anforderungen zu geben, insbesondere aber, um eine Art Bestandsschutz für die zahlreichen Bezugnahmen auf Benchmarks in (langfristigen) Finanzkontrakten und Finanzinstrumenten sicherzustellen (Erwägungsgrund 63 BMR), schafft Art. 51 BMR ein Übergangs- und Bestandsschutzregime.25 Dieses ermöglicht im Ausgangspunkt, dass Referenzwerte jedenfalls bis zum 1. Januar 2020 in Bezug genommen werden können, auch wenn die Administratoren die Anforderungen der BMR nicht erfüllen und keine entsprechende Anerkennung nach dem Drittstaatenregime vorliegt. Mit Blick auf den Libor führt dieses Regime dazu, dass eine Bezugnahme bis zum 1. Januar 2020 unproblematisch möglich bleibt, es sei denn, ein Antrag der ICE Libor als Administrator des Libor auf Zulassung im Sinne des Art. 34 BMR würde zuvor versagt.

C. Compliance- und Governancevorgaben der BMR I. Einführung Die BMR erlegt sowohl Administratoren als auch (beaufsichtigten) Kontributoren Compliance- und Governancepflichten auf. Viele der Adressaten der BMR sowohl auf Seiten der Administratoren (z. B. die Deutsche Börse AG) als auch auf Seiten der Kontributoren – gerade bei Referenzzinssätzen handelt es sich zumeist um Banken – unterliegen daneben dem Regime der CRD IV (bankaufsichtsrechtliche Vorgaben)26 oder den wertpapierhandelsrecht­ lichen Compliance- und Governancevorgaben27, die sich mit den Vorgaben der BMR entweder überschneiden oder gar mit ihnen konfligieren können. Zudem müssen viele Regelungen mit dem nationalen Gesellschaftsrecht der jeweiligen Mitgliedstaaten abgeglichen werden. Dabei kann es wegen des Grundsatzes der Satzungsstrenge im deutschen Aktienrecht, der Grundsätze

Feldkamp, RdF 2016, 180, 186. Sajnovits, WM 2018, 1247, 1249 f. 26  Dazu Mülbert / Wilhelm, ZHR 178 (2014), 502; Mülbert / Wilhelm, in: Busch /  Ferrarini, European Banking Union, 2015, S. 155 ff., jeweils m. w. N. 27  Fuchs, in: Fuchs, WpHG, 2. Aufl. 2016, § 33; Koller, in: Assmann / Schneider, WpHG, 6. Aufl. 2012, § 33, jeweils m. w. N. 24 

25  Näher

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2. Kap., § 7 Ausgewählte Regulierungsinstrumente und Rechtsfragen

des Konzernrechts oder der Selbstorganschaft im Personengesellschaftsrecht durchaus zu Friktionen kommen28. II. Konkrete Vorgaben 1. Administratoren Die Anforderungen an die Unternehmensführung und Kontrolle für Administratoren regeln die Art. 4–10 sowie Art. 14 BMR. Zudem finden sich in den Anhängen I und II der BMR ergänzende und teils substituierende Vorgaben für die Administratoren von Referenzzinssätzen (Anhang I)29 und Rohstoff-Referenzwerten (Anhang II). Art. 25 BMR lässt für Administratoren signifikanter Referenzwerte und Art. 26 BMR für Administratoren nicht-signifikanter Referenzwerte bestimmte Ausnahmen zu.30 a) Unternehmensführung und Vermeidung von Interessenkonflikten Die Regulierung von Administratoren setzt ein mit der Generalnorm des Art. 4 BMR, die allgemein solide Regelungen für die Unternehmensführung verlangt, die eine „klare Organisationsstruktur“ mit genau abgegrenzten, transparenten und kohärenten Aufgaben und Verantwortungsbereichen für alle an der Bereitstellung eines Referenzwertes Beteiligten erfordern (Art. 4 Abs. 1 Unterabs. 1 BMR). Art. 4 Abs. 1 Unterabs. 2 BMR fungiert als eine Art Grundtatbestand zur Vermeidung von Interessenkonflikten bei der Referenzwert-Erstellung. Danach hat ein Administrator „angemessene Schritte“ zu unternehmen, um Interessenkonflikte innerhalb der von ihm kontrollierten Bereitstellung von Referenzwerten sowie bei den Kontributoren und Nutzern zu erkennen und zu vermeiden. Zudem muss er sicherstellen, dass etwaige Beurteilungs- und Ermessensspielräume bei der Bestimmung der Referenzwerte unabhängig und redlich ausgeübt werden (Art. 4 Abs. 1 Unterabs. 2 Halbs. 2 BMR). Der Aspekt der Vermeidung von Interessenkonflikten wird durch Art. 4 Abs. 2 BMR weiter präzisiert. Nach dessen Satz 1 ist der Administrator ver28  Zu Teilaspekten dieser Fragestellung Mülbert / Wilhelm, ZHR 178 (2014), 502; Langenbucher, ZHR 176 (2012), 652; Weber-Rey, ZGR 2010, 543; Tröger, ZHR 177 (2013), 475, 505 ff.; Dreher, ZVersWiss 2009, 187, 216 f.; Dreher, ZGR 2010, 496; Dreher / Ballmaier, ZGR 2014, 753; Th.Schneider, Risikomanagement auf Gruppen­ ebene, 2009, S. 132 ff., 273 ff.; allgemeiner neuerdings Thaten, Die Ausstrahlung des Aufsichts- auf das Aktienrecht, 2016. 29  Siehe sogleich § 7 C.II.2. 30  Siehe zu den Ausnahmen schon oben § 6 E.II.



C. Compliance- und Governancevorgaben der BMR109

pflichtet, die Bereitstellung eines Referenzwertes organisatorisch getrennt von jedwedem Geschäftsbereich zu organisieren, der Anlass zu einem tatsächlichen oder potenziellen Interessenkonflikt geben könnte. Insofern findet eine erste organisatorische Konkretisierung der Pflicht zur Vermeidung von Interessenkonflikten statt, die direkte Auswirkungen auf die Unternehmensorganisation hat. Eine organisatorische Trennung in diesem Sinne kann durch eine organisatorische Gleichordnung der Geschäftsbereiche und die Einrichtung von chinese walls zwischen ihnen gewährleistet werden. Es muss vor allem sichergestellt werden, dass keine Geschäftsbereiche mit der Bereitstellung der Referenzwerte in Berührung kommen können, die in ihrer jeweiligen Tätigkeit von einer bestimmten Entwicklung des Referenzwertes profitieren könnten, was gerade für die Handelsabteilungen gilt. Darüber hinaus trifft den Administrator nach Art. 4 Abs. 5 BMR eine Veröffentlichungspflicht hinsichtlich aller bestehenden oder potenziellen Interessenkonflikte. Alternativ kann er bestehende Interessenkonflikte auch den Referenzwert-Nutzern, der jeweils zuständigen Behörde sowie ggf. den Kontributoren offenlegen und damit auf eine Veröffentlichung verzichten. Es muss dann aber sichergestellt sein, dass er tatsächlich gegenüber allen Referenzwert-Nutzern eine Offenlegung erreichen kann. Das wird namentlich bei weit verbreiteten Referenzwerten schwierig bis unmöglich sein, sodass ihm nur die Veröffentlichung auf einer geeigneten Plattform, mithin etwa auf seiner eigenen Website, bleibt. Die Transparenzpflichten sollen die öffent­ liche Überwachung des Bereitstellungsprozesses erleichtern, womit der Erkenntnis Rechnung getragen wird, dass die Wissenschaft und die Presse und nicht etwa die Aufsichtsbehörden die ersten waren, die Unstimmigkeiten bei den LIBOR-Werten feststellten.31 Art. 4 Abs. 6 BMR verpflichtet Administratoren dazu, geeignete Strategien und Verfahren festzulegen und anzuwenden, um Interessenkonflikte zu ermitteln, offenzulegen, zu verhindern bzw. deren Entstehungsgefahr abzumildern. Diese Strategien und Verfahren müssen an die Gefahren, die von dem Referenzwert ausgehen, angepasst sein und sind regelmäßig zu überprüfen und zu aktualisieren. Dies solle Interessenkonflikte aufgrund der Eigentums- oder Kontrollverhältnisse beim Administrator vermeiden (Art. 4 Abs. 6 lit. b BMR), wie sie bei der Bereitstellung des LIBOR durch die BBA aufgetreten sind. Diese wurde ihrerseits ganz maßgeblich von den von der Entwicklung des LIBOR profitierenden Banken kontrolliert.32 Art. 4 Abs. 7 BMR verpflichtet Administratoren dazu sicherzustellen, dass alle Mitarbeiter und sonstige in den Bereitstellungsprozess eines Referenz31  Siehe 32  Siehe

dazu oben § 3 B.II.2.a). näher oben § 3 B.II.1.a).

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2. Kap., § 7 Ausgewählte Regulierungsinstrumente und Rechtsfragen

wertes eingebundene Dritte über eine hinreichende Qualifikation (Kompetenzen, Kenntnisse und Erfahrungen) verfügen und einem stets wirksamen Management und einer Aufsicht unterliegen. In diesem Zusammenhang muss der Administrator auch sicherstellen, dass seine Mitarbeiter und Erfüllungsgehilfen keiner ungebührlichen Einflussnahme und keinen persönlichen Interessenkonflikten unterliegen. Vor allem sollen sie nicht durch ihre sonstige Tätigkeit in irgendeiner Weise von der Entwicklung des Referenzwertes profitieren können oder selbst durch eine andere Stellung Einfluss auf die Eingabedaten ausüben können (Art. 4 Abs. 7 Satz 2 lit. c und d BMR). Auch der Austausch mit anderen Mitarbeitern oder sonstigen Dritten, die ihrerseits ein Interesse an der Entwicklung des Referenzwertes haben können, muss durch den Administrator überwacht und eingeschränkt werden (Art. 4 Abs. 7 Satz 2 lit. e BMR). Dieser hat zudem dafür Sorge zu tragen, dass es durch die Vergütung dieser Personen nicht zu Interessenkonflikte kommt (Art. 4 Abs. 7 Satz 2 lit. b BMR), dass also variable Vergütungsbestandteile nicht in irgendeiner Abhängigkeit zur Entwicklung des Referenzwertes stehen. Zur Sicherstellung dieser Vorgaben hat ein Administrator Verfahren zur internen Kontrolle vorzusehen und vor der Verbreitung eines Referenzwertes eine Abzeichnung von der Geschäftsleitung zu gewährleisten (Art. 4 Abs. 8 BMR). b) Einrichtung und Unterhaltung einer Aufsichtsfunktion Gemäß Art. 5 Abs. 1 BMR muss ein Administrator eine „ständige und wirksame Aufsichtsfunktion“ schaffen und unterhalten, um die Überwachung aller Aspekte der Bereitstellung seiner Referenzwerte sicherzustellen. Diese Aufsichtsfunktion ist von der „unabhängigen Aufsicht“ zu unterscheiden, deren Einrichtung dem Administrator von der jeweils zuständigen Aufsichtsbehörde aufgegeben werden kann, sowie von der unabhängigen Aufsicht, die der Administrator eines Referenzzinssatzes einzurichten hat33. Mit der Verpflichtung zur Schaffung der Aufsichtsfunktion enthält die BMR eine weitere konkrete Organisationspflicht. Gemäß Art. 5 Abs. 4 BMR muss die Aufsichtsfunktion nämlich „von einem gesonderten Ausschuss wahrgenommen oder durch andere geeignete Regelungen zur Unternehmensführung sichergestellt“ werden. Der Administrator muss nach Art. 5 Abs. 2 BMR solide Verfahren in Bezug auf seine Aufsichtsfunktion entwickeln und unterhalten und Informationen darüber den jeweils zuständigen Behörden zur Verfügung stellen. 33  Siehe

unten § 7 C.II.2.



C. Compliance- und Governancevorgaben der BMR111

Art. 5 Abs. 3 BMR stellt Anforderungen an die Arbeit der Aufsichtsfunktion und umschreibt die der Aufsichtsfunktion zu übertragenden Kompetenzen, wobei diese vom Administrator an die „Komplexität, Verwendung und Anfälligkeit“ des Referenzwertes angepasst werden können. Die Aufsichtsfunktion soll nach Art. 5 Abs. 3 BMR „integer“ ausgeübt werden. In Vorfassungen der Verordnung war diesbezüglich noch von „unabhängig“ die Rede. „Integer“ ist etwas anderes: Es setzt eine Unabhängigkeit nicht voraus, was durch die Unterscheidung der einfachen Aufsichtsfunktion von der „unabhängigen Aufsicht“ i. S. d. Art. 4 Abs. 3 BMR deutlich wird. Der Aufsichtsfunktion obliegt gemäß Art. 5 Abs. 3 BMR eine Reihe von Zuständigkeiten, die mit der Einräumung hierzu korrespondierender Kompetenzen verbunden werden müssen. So ist die Aufsichtsfunktion für die Überwachung von Änderungen der Referenzwert-Methodik zuständig, und es muss ihr möglich sein, vom Administrator eine Konsultation bezüglich dieser Änderungen zu verlangen (Art. 5 Abs. 3 lit. b BMR). Sie hat den Kontrollrahmen34, das Referenzwert-Management und die Referenzwert-Anwendung des Administrators und – falls der Referenzwert auf Eingabedaten von Kontributoren basiert – den Verhaltenskodex des Administrators im Sinne von Art. 15 BMR (Art. 5 Abs. 3 lit. c BMR) zu überwachen. Ferner muss sie Dritte, die an der Bereitstellung des Referenzwertes einschließlich dessen Berechnung und Verbreitung beteiligt sind (Art. 5 Abs. 3 lit. e BMR), beaufsichtigen. Sie hat auch die Eingabedaten und die Kontributoren sowie die Maßnahmen des Administrators zur Überprüfung oder Validierung des Beitragens von Eingabedaten (Art. 5 Abs. 3 lit. g BMR) zu überwachen. Ferner ist es Sache der Aufsichtsfunktion, bei Verstößen gegen den Verhaltenskodex im Sinne des Art. 15 BMR (Art. 5 Abs. 3 lit. h BMR) wirksame Maßnahmen zu ergreifen. Sie ist zudem für die Unterrichtung der jeweils zuständigen Behörden über festgestelltes Fehlverhalten von Kontributoren oder Administratoren sowie über ungewöhnliche oder verdächtige Eingabedaten (Art. 5 Abs. 3 lit. i BMR) zuständig. Diese Zuständigkeiten müssen, wie erwähnt, organisationsrechtlich auch von entsprechenden Kompetenzen flankiert werden. Die Kompetenzen, die deutlich über jene des Aufsichtsrats nach dem deutschen Aktienrecht hinausgehen, zeigen, dass die Aufsichtsfunktion nicht durch den Aufsichtsrat einer AG ausgeübt werden kann, sondern dass hierfür ein eigenes Gremium (Art. 5 Abs. 4 BMR) eingerichtet werden muss. Dieses Aufsichtsgremium in der AG muss nach deutschem Gesellschaftsrecht notwendigerweise unterhalb des Vorstands angesiedelt werden und unterliegt damit auch dessen Vorgaben im Rahmen der Unternehmensführung (§ 76 AktG). Dies gerät nicht zwangsläufig mit den Vorgaben nach Art. 5 Abs. 1 BMR in Konflikt, da dieser aus34  Siehe

sogleich § 7 C.II.1.c).

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2. Kap., § 7 Ausgewählte Regulierungsinstrumente und Rechtsfragen

drücklich keine Unabhängigkeit des Gremiums fordert. Demgegenüber wird bei einem Administrator eines Referenzzinssatzes oder im Falle einer Anforderung der zuständigen Behörde nach Art. 4 Abs. 3 BMR ausdrücklich ein unabhängiges Gremium gefordert. Soweit es dem Administrator organisatorisch nicht möglich ist oder sonst nicht gelingt, Interessenkonflikte im Sinne des Art. 4 Abs. 1 und 2 BMR angemessen zu regeln, erlaubt Art. 4 Abs. 3 BMR der jeweils zuständigen Behörde, von dem Administrator zu verlangen, dass er eine unabhängige Aufsichtsfunktion einrichtet, die eine ausgewogene Vertretung von Interessenträgern, einschließlich von Nutzern und Kontributoren, umfasst (Art. 4 Abs. 3 BMR). Je nach Interpretation des Gehalts des Merkmals „unabhängig“, kann es hier zu einem Konflikt mit nationalem Gesellschaftsrecht kommen. Gelingt den Administratoren die Schaffung eines unabhängigen Gremiums nicht, kann die zuständige Aufsichtsbehörde nach Art. 4 Abs. 4 BMR verlangen, dass „entweder die Tätigkeiten oder Beziehungen, die den Interessenkonflikt bewirken, beendet [werden] oder die Bereitstellung des Referenzwertes“ eingestellt wird. Hält man Art. 4 Abs. 4 BMR richtigerweise auch im Falle (gesellschafts)rechtlicher Umsetzungsgrenzen für anwendbar, bietet er zugleich einen Ausweg aus dem ansonsten drohenden Konflikt mit dem nationalen Gesellschaftsrecht: Letzteres wird nicht durch das Unionsrecht überlagert, vielmehr kann, wenn den Vorgaben der Verordnung wegen nationaler Umsetzungsgrenzen nicht entsprochen werden kann, eine Pflicht zur Einstellung der Tätigkeit bestehen. c) Einrichtung eines Compliancesystems (Kontrollrahmen) Art. 6 Abs. 1 BMR verpflichtet Administratoren dazu, einen Kontrollrahmen vorzuhalten, durch den sichergestellt wird, dass Referenzwerte in Einklang mit der BMR bereitgestellt und veröffentlicht bzw. zugänglich gemacht werden. Es geht hierbei um die Einrichtung eines Compliancesystems, das auf die Überwachung der Einhaltung von Vorgaben der BMR ausgerichtet ist. Diesbezüglich werden spezifische Vorgaben hinsichtlich der Ausgestaltung des Compliancesystems im Unternehmen und auch im Konzern gemacht. Letzteres gilt jedenfalls, wenn der Administrator die Aufgaben im Zusammenhang mit der Bereitstellung des jeweiligen Referenzwertes durch mehrere Konzerngesellschaften wahrnimmt. Die Pflicht zur Einrichtung eines Compliancesystems wird durch Art. 6 Abs. 2 BMR dahingehend konkretisiert, dass der Kontrollrahmen dem Umfang der festgestellten Interessenkonflikte, dem Ermessensspielraum bei der Bereitstellung des Referenzwertes und der Art der Eingabedaten angemessen sein muss. Damit wird hinsichtlich der Einrichtungspflicht ein Proportionali-



C. Compliance- und Governancevorgaben der BMR113

tätsgebot formuliert und zugleich sichergestellt, dass die BMR nur verhältnismäßige Einrichtungspflichten aufstellt.35 Unabhängig vom Proportionalitätsgebot muss der Kontrollrahmen nach Art. 6 Abs. 3 BMR zumindest die Steuerung operationeller Risiken ermög­ lichen und angemessene und wirksame Pläne für die Fortführung des Geschäftsbetriebs und die Notfallbewältigung enthalten. Ferner muss er Notfallverfahren für den Fall von Störungen im Prozess der Bereitstellung des Referenzwertes vorsehen. Außerdem hat ein Administrator Maßnahmen zu ergreifen, mit denen er die Einhaltung des Verhaltenskodexes nach Art. 15 BMR und weiterhin die der Vorgaben für die Eingabedaten durch die Kontributoren überwachen kann (Art. 6 Abs. 4 BMR). d) Anforderungen an die Dokumentation (Rechenschaftsrahmen) Die BMR stellt weitergehende Anforderungen an einen von Administratoren zu schaffenden sog. Rechenschaftsrahmen, der allgemeinen Dokumentationszwecken, der Darstellung externer und interner Überprüfungen sowie der Etablierung eines Beschwerdeverfahrens dient (Art. 7 BMR). Mit der Dokumentation soll die Erfüllung der Bestimmungen der BMR gegenüber der jeweils zuständigen Behörde nachgewiesen werden (Art. 7 Abs. 1 BMR). Dazu müssen die Administratoren eine entsprechend bevollmächtigte „interne Stelle“ einrichten, die die Einhaltung der Referenzwert-Methodik überprüfen und darüber berichten kann (Art. 7 Abs. 2 BMR). Die Einzelheiten über diese Untersuchung muss der Administrator der zuständigen Aufsichtsbehörde auf deren Ersuchen hin zur Verfügung stellen (Art. 7 Abs. 4 Alt. 1 BMR). Sofern Administratoren auch kritische Referenzwerte bereitstellen, müssen sie für diese (zusätzlich!) einen „unabhängigen externen Prüfer“ benennen, der die Einhaltung der Referenzwert-Methodik überwacht und darüber Bericht erstattet (Art. 7 Abs. 3 BMR). Die gleiche Pflicht trifft Administratoren eines Referenzzinssatzes.36 Die Einzelheiten über diese Untersuchung müssen die Administratoren auf Ersuchen der zuständigen Aufsichtsbehörde oder sogar auf dasjenige eines Referenzwert-Nutzers veröffentlichen (Art. 7 Abs. 4 Alt. 2 BMR).

35  Dazu auch Feldkamp, RdF 2016, 180, 185. Dieses Proportionalitätsgebot gilt auch bei der allgemeinen Compliancepflicht, siehe nur Hüffer / Koch, AktG, 13. Aufl. 2018, § 76 Rn. 14 ff. m. w. N. Zum Proportionalitätsgebot bei Art. 16 MAR siehe Mülbert, in: Assmann / Schneider / Mülbert, Wertpapierhandelsrecht, 7. Aufl. 2018, Art. 16 VO Nr. 596 / 2014 Rn. 20. 36  Siehe unten § 7 C.II.2.

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2. Kap., § 7 Ausgewählte Regulierungsinstrumente und Rechtsfragen

Art. 8 BMR verpflichtet Administratoren dazu, umfängliche Aufzeichnungen über die Bereitstellung von Referenzwerten zu führen und aufzubewahren. Dazu zählen unter anderen solche über alle Eingabedaten und deren Verwendung (Art. 8 Abs. 1 lit. a BMR), über die für die Bestimmung des Referenzwertes verwendete Methodik (Art. 8 Abs. 1 lit. b BMR), über jede Ausübung von Beurteilungs- oder Ermessensspielräumen (Art. 8 Abs. 1 lit. c BMR) sowie über Telefongespräche oder elektronische Mitteilungen zwischen Beschäftigten des Administrators, den Kontributoren oder den Submittenten (Art. 8 Abs. 1 lit. h BMR). Alle Aufzeichnungen, bis auf jene von Telefongesprächen und elektronischen Mitteilungen, sind mindestens fünf Jahre aufzubewahren (Art. 8 Abs. 2 Satz 1 BMR). Diejenigen von Telefongesprächen und elektronischen Mitteilungen sind nur drei Jahre aufzubewahren und auf Anfrage den an den Gesprächen und Mitteilungen beteiligten Personen zur Verfügung zu stellen (Art. 8 Abs. 2 Satz 2 BMR). e) Beschwerdesystem Administratoren von Referenzwerten verpflichtet Art. 9 Abs. 1 BMR zur Einrichtung eines Beschwerdesystems. Dabei müssen sie sicherstellen, dass sie Verfahren bzw. Systeme für die Eingabe und Bearbeitung von Beschwerden durch die Nutzer vorhalten (Art. 9 Abs. 2 BMR). Diese Systeme haben in erster Linie zu gewährleisten, dass Beschwerden darüber dem Administrator zugehen können, ob ein Referenzwert für den Markt noch repräsentativ ist (Art. 9 Abs. 1 lit. a BMR). Gleiches gilt für Vorschläge zur Änderung des Verfahrens oder der Methodik der Bestimmung eines Referenzwertes. Die Beschwerden sind von einer Person unabhängig zu bearbeiten, die allerdings ihrerseits an dem Gegenstand der Beschwerde beteiligt war oder zumindest beteiligt gewesen sein kann (Art. 9 Abs. 1 lit. c BMR). Inwieweit eine solche Person Unabhängigkeit wahren kann, erscheint allerdings durchaus fraglich. Das Kriterium ist deshalb so zu verstehen, dass die Beschwerde von einer sachkundigen Person bearbeitet werden muss. Zudem müssen die Beschwerden innerhalb eines angemessenen Zeitraums und fair untersucht werden, und dem Beschwerdeführer muss das Ergebnis innerhalb eines angemessenen Zeitraums mitgeteilt werden (Art. 9 Abs. 1 lit. b BMR). Die Festlegung bestimmter Zeitperioden erscheint hier nicht sachgerecht, da die Bearbeitung sehr abhängig vom Umfang der jeweiligen Beschwerde und von den darin angesprochenen Aspekten im Zusammenhang mit der Bereitstellung sein wird.



C. Compliance- und Governancevorgaben der BMR115

f) Anforderungen an eine Auslagerung von Tätigkeiten Art. 10 BMR trifft Regelungen für die Auslagerung von Teilen der Bereitstellung eines Referenzwertes durch den Administrator, womit zugleich deutlich wird, dass eine Auslagerung grundsätzlich zulässig ist.37 Die Auslagerung entspricht der ganz typischen Vorgehensweise etwa bei der Bereitstellung des LIBOR, bei der Thomson Reuters nach wie vor wesentliche Bereitstellungsschritte übernimmt.38 Hinsichtlich der Auslagerung stellt Art. 10 Abs. 1 BMR die qualitative Anforderung, dass diese nur stattfinden darf, soweit die Kontrolle des Administrators über die Bereitstellung des Referenzwertes oder die Möglichkeit der jeweils zuständigen Behörde, den Referenzwert zu beaufsichtigen, nicht wesentlich beeinträchtigt wird. Hier wird keine Alternativität genügen, wie es der Wortlaut nahelegt, sondern die Voraussetzungen müssen kumulativ vorliegen. Denn wenn die Kontrolle über wesentliche Teile der Bereitstellung abgegeben wird, dann handelt es sich bei dem Abgebenden nicht mehr um einen Administrator im Sinne der BMR.39 Eine Auslagerung setzt daher notwendigerweise voraus, dass die Kontrolle nicht verloren geht. So erklärt sich auch Art. 10 Abs. 2 BMR, nach dem der Administrator nach einer Auslagerung von Aufgaben an einen Dienstleister in vollem Umfang für die Erfüllung aller Pflichten aus der BMR verantwortlich bleibt. Zur Auslagerung führt Art. 10 Abs. 3 BMR die Pflichten des Administrators auf, die sich in solche zur Sicherstellung des Verhaltens des jeweiligen Dienstleisters und in sonstige, den Administrator selbst betreffende Pflichten unterteilen lassen. g) Einrichtung und Unterhaltung von Meldewegen Art. 14 BMR verpflichtet die Administratoren zur Einhaltung und Unterhaltung von Meldewegen. Dies soll sicherstellen, dass sowohl Verstöße gegen die BMR selbst (Abs. 3) als auch gegen die MAR (Abs. 1 und 2) erkannt und an die jeweils zuständige Behörde gemeldet werden können. Zunächst müssen die Administratoren „angemessene Systeme“ schaffen und eine „wirksame Kontrolle“ gewährleisten, um für die Integrität der Eingabedaten zu sorgen und Verstöße gegen die MAR zu ermitteln und der zuständigen Behörde zu melden (Art. 14 Abs. 1 BMR). Dabei rekurriert die Einrichtungspflicht des Art. 14 Abs. 1 BMR auf die Meldepflicht nach Art. 16 37  Siehe

auch oben § 6 D.I. oben § 2 D.I.1. 39  Siehe dazu schon oben § 6 D.I. 38  Siehe

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2. Kap., § 7 Ausgewählte Regulierungsinstrumente und Rechtsfragen

Abs. 1 Unterabs. 1 MAR40, die einige Administratoren ohnehin treffen wird. Konkretisierend verpflichtet Art. 14 Abs. 2 BMR den Administrator dazu, die Eingabedaten und die Kontributoren so zu überwachen, dass er „die zuständige Behörde benachrichtigen und ihr alle relevanten Informationen mitteilen kann, falls er den Verdacht hegt, dass in Bezug auf den Referenzwert eine Verhaltensweise, die mit Manipulation oder versuchter Manipulation des Referenzwertes im Sinne der Verordnung (EU) Nr. 596 / 2014, einschließlich einer Absprache darüber, verbunden sein könnte, aufgetreten ist“. Angesprochen ist damit der Tatbestand der Referenzwert-Manipulation im Sinne der Art. 15, 12 Abs. 1 lit. d MAR.41 Um Informationen über etwaige Verstöße gegen die BMR frühzeitig zu erlangen, muss der Administrator nach Art. 14 Abs. 3 BMR zudem über ­interne Systeme verfügen, die es seinen Führungskräften, Mitarbeitern und allen sonstigen Dienstleistern bei der Bereitstellung eines Referenzwertes ermöglichen, Verstöße gegen die BMR zu melden. Mithin müssen Adminis­ tratoren Whistleblower-Systeme42 einrichten. 2. Administratoren von Referenzzinssätzen Für Administratoren von Referenzzinssätzen legt Anhang I Nr. 3 und 4 BMR besondere Anforderungen hinsichtlich der Aufsichtsfunktion und des Kontrollrahmens fest, die die Voraussetzungen des Art. 5 Abs. 4 und 5 BMR substituieren. Danach muss der Administrator eines Referenzzinssatzes stets einen „unabhängigen Aufsichtsausschuss“ einrichten43 und die Einzelheiten über dessen Zusammensetzung veröffentlichen (Anhang I Nr. 3 lit. a BMR). Der Ausschuss muss mindestens alle vier Monate eine Sitzung abhalten und darüber Protokoll führen (Anhang I Nr. 3 lit. b BMR). Hinsichtlich der Zuständigkeiten und der erforderlichen Wahrung der Integrität gilt das Gleiche wie für sonstige Administratoren (Anhang I Nr. 3 c BMR). Dem unabhängigen Aufsichtsausschuss muss die Möglichkeit eingeräumt werden, eine externe Prüfung der Kontributoren zu verlangen, wenn Aspekte des Geschäftsgebarens der Kontributoren Anlass zur Unzufriedenheit geben 40  Siehe zu dieser noch unten § 12 A.VI. und ausführlich Mülbert, in: Assmann /  Schneider / Mülbert, Wertpapierhandelsrecht, 7. Aufl. 2018, Art. 16 VO Nr. 596 / 2014 Rn.  19 ff. 41  Mülbert, in: Assmann / Schneider / Mülbert, Wertpapierhandelsrecht, 7. Aufl. 2018, Art. 12 VO Nr. 596 / 2014 Rn. 201 ff. 42  Dazu knapp Sajnovits, WM 2016, 765, 769. Für Benchmark-Reformen eingehend Coulter / Shapiro, Working Paper, 2015. 43  Siehe zu etwaigen Friktionen mit dem nationalen Gesellschaftsrecht knapp oben § 7 C.II.1.b).



C. Compliance- und Governancevorgaben der BMR117

(Anhang I Nr. 4 Unterabs. 2 BMR). Es handelt sich insofern um eine zusätzliche, durch eine Kompetenz zu flankierende Zuständigkeit im Sinne von Art. 5 Abs. 3 BMR, die durch privatrechtliche Vereinbarungen mit den Kontributoren sichergestellt werden muss. Schließlich muss der Administrator eines Referenzzinssatzes – zusätzlich zu den Pflichten nach Art. 7 BMR – stets einen unabhängigen externen Prüfer benennen, der die Einhaltung der Referenzwert-Methodik und der Bestimmungen der BMR durch den Administrator überprüft und darüber Bericht erstattet (Anhang I Nr. 4 Unterabs. 1 Satz 1 BMR). Die externe Prüfung des Administrators muss erstmals sechs Monate nach Einführung des Verhaltenskodexes (Art. 15 BMR) und anschließend alle zwei Jahre stattfinden (Anhang I Nr. 4 Unterabs. 1 Satz 2 BMR). 3. Beaufsichtigte Kontributoren Art. 16 BMR adressiert Governance- und Compliancevorgaben an beaufsichtigte Kontributoren44. Einem einfachen Kontributor – mithin einem solchen, der ein nicht beaufsichtigtes Unternehmen im Sinne des Art. 3 Abs. 1 Nr. 17 BMR ist und keine Eingabedaten an in der Europäischen Union ansässige Administratoren liefert – werden nur dann unmittelbare Pflichten auf­ erlegt, wenn er Eingabedaten für Referenzzinssätze beiträgt45. Parallel zu den Governance- und Complianceanforderungen für Administratoren setzt Art. 16 Abs. 1 lit. a Halbs. 1 BMR bei der Sicherstellung der Vermeidung von Interessenkonflikten an. Die beaufsichtigten Kontributoren müssen gewährleisten, dass etwaige Ermessenspielräume unabhängig und wahrheitsgetreu auf der Grundlage relevanter Informationen im Einklang mit dem in Art. 15 BMR genannten Verhaltenskodex ausgeübt werden (Art. 16 Abs. 1 lit. a Halbs. 2 BMR). Als Compliancepflicht gibt Art. 16 Abs. 1 lit. b BMR den beaufsichtigten Kontributoren die Aufgabe der Einrichtung eines Kontrollrahmens auf. Damit wird sichergestellt, dass die Eingabedaten integer, genau und zuverlässig sind. Zudem wird dafür gesorgt, dass die Eingabedaten in Einklang mit der BMR und dem in Art. 15 BMR genannten Verhaltenskodex bereitgestellt werden. Das Compliancesystem muss nach Art. 16 Abs. 2 BMR gewährleisten, dass die Submittenten kontrolliert werden (Art. 16 Abs. 2 lit. a BMR) und dass Schulungsmaßnahmen für sie durchgeführt werden (Art. 16 Abs. 2 lit. b BMR). Zudem sind Mitarbeiter, zwischen denen Anreize zu Manipulationen 44  Siehe 45  Siehe

zum Begriff oben § 6 D.II.2. dazu sogleich § 7 C.II.4.

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2. Kap., § 7 Ausgewählte Regulierungsinstrumente und Rechtsfragen

bestehen können, zur Vermeidung von Interessenkonflikten organisatorisch zu trennen. Ferner müssen Vergütungsstrukturen bei den Submittenten eingerichtet werden, die etwa verhindern, dass variable Vergütungsbestandteile abhängig von der Entwicklung der Referenzwerte sind (Art. 16 Abs. 2 lit. c BMR). Die beaufsichtigten Kontributoren haben schließlich umfängliche Aufzeichnungen über die Vorgänge beim Beitragen von Eingabedaten sowie über interne und externe Prüfungen in diesem Rahmen (Art. 16 Abs. 2 lit. d und e BMR) zu machen. Soweit es sich bei den Eingabedaten um Experteneinschätzungen handelt, mithin die Daten nicht durch einfache tatsächliche Umweltbeobachtungen gewonnen werden können, müssen nach Art. 16 Abs. 3 BMR zusätzlich „Strategien für die Wahrnehmung von Beurteilungsspielräumen oder die Ausübung von Ermessen“ festgelegt und dokumentiert werden. Auch hierbei muss dem Proportionalitätsgebot Rechnung getragen werden (Art. 16 Abs. 3 Satz 2 BMR). Insgesamt werden beaufsichtigte Kontributoren durch Art. 16 Abs. 4 BMR dazu verpflichtet, uneingeschränkt mit den Administratoren und den jeweils zuständigen Behörden zusammenzuarbeiten und Letzteren die Aufzeichnungen nach Art. 16 Abs. 2 und 3 BMR zur Verfügung zu stellen. 4. Kontributoren von Referenzzinssätzen Anhang I Nr. 5 BMR verpflichtet Kontributoren von Referenzzinssätzen, neben den Anforderungen des Art. 16 BMR zusätzlich die in Anhang I Nr. 6–12 BMR festgeschriebenen Pflichten zu erfüllen. Diese Bestimmungen gelten auch für diejenigen, die keine beaufsichtigten Kontributoren sind, solange sie nur Eingabedaten für Referenzzinssätze beitragen. Für ebensolche Kontributoren erklärt Anhang I Nr. 5 BMR damit nicht nur die in Nr. 6–12 genannten Bestimmungen, sondern auch die des Art. 16 BMR für anwendbar, die ansonsten nur für beaufsichtigte Kontributoren gelten46. Die Einbeziehung auch nicht beaufsichtigter Kontributoren rechtfertigt sich aus der großen Bedeutung, die Referenzzinssätzen beizumessen ist, und den besonderen Gefahren, die insofern mit manipulierten Eingabedaten einhergehen. In aller Regel werden aber diejenigen Personen, die Eingabedaten zu einem Referenzzinssatz beitragen, ohnehin beaufsichtigte Kontributoren sein. Im Einzelnen ergeben sich für Kontributoren von Referenzzinssätzen eine Reihe zusätzlicher – teils konkretisierender – Pflichten, die sich unterteilen lassen in Compliancepflichten zur Vermeidung inhärenter Interessenkonflikte und sonst motivierter Manipulationshandlungen, Compliancepflichten zur 46  Siehe

dazu näher soeben § 7 C.II.3.



C. Compliance- und Governancevorgaben der BMR119

Vermeidung externer Interessenkonflikte und -kollisionen sowie Aufzeichnungs- und Kontrollpflichten. Im Einzelnen: Bei der Einrichtung von Compliancesystemen zur Absicherung vor inhärenten Interessenkonflikten verlangt Anhang I Nr. 7 BMR zusätzlich zu den Anforderungen des Art. 16 BMR auch die Einrichtung eines Verfahrens für die Abzeichnung von Eingabedaten (Anhang I Nr. 7 lit. b BMR) und die Einführung und Durchführung von Disziplinarverfahren im Falle von Manipulationsversuchen (Anhang I Nr. 7 lit. c BMR). Gefordert wird auch die schriftliche Bestätigung eines jeden Submittenten sowie von dessen direktem Vorgesetzten, dass sie den Verhaltenskodex nach Art. 15 BMR gelesen haben und einhalten werden (Anhang I Nr. 6 BMR). Weiterhin müssen Kontributoren von Referenzzinssätzen sicherstellen, dass die Submittenten physisch getrennt von den Zinsderivatehändlern arbeiten (Anhang I Nr. 7 lit. d Satz 2 BMR). Sie haben generell Informationsbarrieren zwischen solchen Personen einzurichten, deren Informationsaustausch einen Interessenkonflikt hervorrufen könnte (Anhang I Nr. 7 lit. e BMR). Darüber hinaus müssen Maßnahmen zur Verhinderung oder Beschränkung jeder ungebührlichen Einflussnahme auf die Arbeitsweise der Submittenten ergriffen werden (Anhang I Nr. 7 lit. g BMR). Jede direkte Verknüpfung zwischen der Vergütung der Submittenten und derjenigen von in anderen Bereichen tätigen Personen oder den von diesen Personen erzielten Einkünften muss gekappt werden, soweit im Zusammenhang mit diesen Tätigkeiten ein Interessenkonflikt entstehen könnte (Anhang I Nr. 7 lit. h BMR). Zur Verhinderung externer Interessenkonflikte und kollusiven Verhaltens müssen zudem wirksame Kontrollmechanismen, namentlich im Zusammenhang mit einer Einflussnahme von außen, vorgesehen werden (Anhang I Nr. 7 lit. d Satz 1 BMR). Es muss auch Regeln geben zur Vermeidung von Absprachen mit anderen Kontributoren bzw. mit deren Submittenten sowie mit Administratoren (Anhang I Nr. 7 lit. f BMR). Hinsichtlich der Aufzeichnungspflichten werden Kontributoren von Referenzzinssätzen nach Anhang I Nr. 8 BMR ergänzend zum Führen von Aufzeichnungen über den gesamten Bereitstellungsprozess verpflichtet. Sämtliche Aufzeichnungen müssen auf einem Datenträger, der eine künftige Einsicht mit dokumentiertem Prüfpfad ermöglicht, gespeichert werden (Anhang I Nr. 9 BMR). Die Kontributoren müssen nach Anhang I Nr. 10 BMR ferner gewährleisten, dass dem Management regelmäßig alle durch das Compliancesystem bekannt gewordenen Umstände gemeldet werden. Zudem müssen alle Ein­ gabedaten und die Verfahren ihrer Erstellung bzw. Ermittlung regelmäßig intern überprüft werden (Anhang I Nr. 11 BMR). Erstmals sechs Monate nach Einführung des Verhaltenskodex nach Art. 15 BMR und anschließend

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2. Kap., § 7 Ausgewählte Regulierungsinstrumente und Rechtsfragen

alle zwei Jahre muss dessen Einhaltung zudem extern überprüft werden (Anhang I Nr. 12 BMR). Dafür gelten die gleichen Anforderungen wie für die externe Prüfung nach Art. 7 Abs. 3 BMR47.

D. Verbraucherschutzinstrumente I. Referenzwert-Erklärung Die BMR enthält in ihrem mit Transparenz und Verbraucherschutz überschriebenen Titel IV Bestimmungen, die – anders als die bisher behandelten Regelungen – nicht dem Funktionenschutz am Finanzmarkt48 und der Vermeidung von Verzerrungen der Realwirtschaft49, sondern explizit dem Verbraucherschutz50 dienen. Die erste Bestimmung in diesem Zusammenhang ist die Referenzwert-Erklärung nach Art. 27 BMR. Art. 27 Abs. 1 BMR verpflichtet Administratoren dazu, innerhalb von zwei Wochen nach ihrer Aufnahme in das in Art. 36 BMR genannte Register, für jeden Referenzwert und für jede Referenzwert-Familie, die gemäß Art. 29 BMR in der EU verwendet werden darf, eine Referenzwert-Erklärung zu veröffentlichen.51 Die gleiche Pflicht trifft einen Administrator, sobald er – auch nach seiner Aufnahme in das genannte Register – einen neuen Referenzwert auflegt (Art. 27 Abs. 1 Unterabs. 2 BMR). In dieser Referenzwert-Erklärung müssen nach Art. 27 Abs. 1 Unterabs. 3 lit. a BMR klar und unmissverständlich der Markt und die wirtschaftlichen Gegebenheiten festgelegt werden, die der Referenzwert abbilden soll. Ebenso müssen die Umstände benannt werden, die die Zuverlässigkeit der Abbildung beeinträchtigen könnten. Außerdem werden nach Art. 27 Abs. 1 Unterabs. 3 lit. b BMR die technischen Spezifikationen festgelegt, aus denen eindeutig hervorgeht, bei welchen Elementen der Berechnung des Referenzwertes ein Ermessensspielraum besteht und nach welchen Kriterien dieser ausgeübt wird. Geklärt werden muss auch, welche Stellung die Personen innehaben, die den Ermessensspielraum ausüben können und wie dessen Handhabung nachfolgend bewertet werden kann. Es muss zudem nach Art. 27 Abs. 1 Unterabs. 3 lit. c BMR auf die Möglichkeit hingewiesen werden, dass – auch externe – Faktoren eine Änderung des Referenzwertes oder dessen Einstellung erforderlich machen könnten. Schließlich müssen die Nutzer erfahren, 47  Siehe

oben § 7 C.II.1.d). oben § 6 B.I. bis IV. 49  Siehe oben § 6 B.V. 50  Siehe oben § 6 B.VI. 51  Grundmann, in: Staub, HGB, Bankvertragsrecht 2, 5. Aufl. 2018, 6. Teil, 4. Abschnitt, A Rn.  807 ff. 48  Siehe



D. Verbraucherschutzinstrumente121

dass Änderungen des Referenzwertes oder dessen Einstellung die Finanzkontrakte und die Finanzinstrumente sowie die Investmentfonds, bei denen der Referenzwert als Bezugsgrundlage dient, beeinträchtigen können (Art. 27 Abs. 1 Unterabs. 3 lit. d BMR). Den weiteren Mindestinhalt der Referenzwert-Erklärung bestimmt sodann Art. 27 Abs. 2 BMR. Danach müssen unter anderem die Gründe für die Festlegung der Referenzwert-Methodik und der Verfahren für die Überprüfung und Genehmigung der Methodik (Art. 27 Abs. 2 lit. b BMR), die Kriterien und Prozesse der Bestimmung des Referenzwertes (Art. 27 Abs. 2 lit. c BMR) und Kontrollmechanismen sowie die Regeln für die Wahrnehmung von Beurteilungs- oder Ermessensspielräumen durch den Administrator oder Kontributor zur Wahrung von Kohärenz bei der Ausübung von diesen Spielräumen (Art. 27 Abs. 2 lit. d BMR) dargestellt sein.52 Um Vertrags- und Verwendungskontinuität sicherzustellen, verpflichtet Art. 28 BMR Administratoren (Art. 28 Abs. 1 BMR) und beaufsichtigte ­Unternehmen, die eine Benchmark verwenden (Art. 28 Abs. 2 BMR), dazu, Pläne darüber vorzulegen, wie bei der Einstellung oder Änderung einer Benchmark vorzugehen ist.53 II. Verbraucherschützende Informationspflichten in der Verbraucher-Kreditrichtlinie Über diese in der BMR selbst enthaltenen verbraucherschützenden Instrumente hinaus, ändert Art. 57 BMR die Verbraucher-Kreditrichtlinie54. In Art. 5 Abs. 1 Verbraucherkredit-Richtlinie, der sich mit der vorvertraglichen Information der Verbraucher befasst, wird ein neuer Unterabs. 3 eingefügt, der den Kreditgeber oder den Kreditvermittler dazu verpflichtet, dem Verbraucher in einem eigenen Formular den Namen des Referenzwertes, den seines Administrators und dessen mögliche Auswirkungen für den Verbraucher mitzuteilen. Das gilt für den Fall, dass in dem Kreditvertrag ein Referenzwert im Sinne der BMR in Bezug genommen wird. 52  Die ESMA ist nach Art. 27 Abs. 3 BMR zur Ausarbeitung von Entwürfen technischer Regulierungsstandards ermächtigt, um den Inhalt einer Referenzwert-Erklärung und die Fälle, in denen eine Aktualisierung solcher Erklärungen notwendig ist, näher auszuführen. Diese Entwürfe hatte die ESMA der Europäischen Kommission bis zum 1. April 2017 vorzulegen. Der Europäischen Kommission ist sodann die Befugnis übertragen, die technischen Regulierungsstandards nach dem Verfahren der Art. 10 bis 14 der Verordnung (EU) Nr. 1095 / 2010 zu erlassen. 53  Dazu schon knapp oben § 7 C.IV. 54  Richtlinie 2008 / 48 / EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. April 2008 über Verbraucherkreditverträge und zur Aufhebung der Richtlinie 87 / 102 / EWG des Rates, ABl. der EU v. 22.5.2008 L 133 / 66.

122

2. Kap., § 8 Behördenbefugnisse und Sanktionen

§ 8  Behördenbefugnisse und Sanktionen A. Zuständigkeiten Jeder Mitgliedstaat ist dazu verpflichtet, die für Administratoren und beaufsichtigte Unternehmen im Sinne der BMR jeweils zuständige nationale Behörde zu benennen (Art. 40 BMR). Nach § 6 Abs. 22 WpHG ist dies in Deutschland die BaFin. Sie überwacht die Einhaltung der Verbote und Gebote der Verordnung (EU) Nr. 2016 / 1011 sowie der auf deren Grundlage erlassenen delegierten Rechtsakte und Durchführungsrechtakte der Europäischen Kommission und kann Anordnungen treffen, die zu ihrer Durchsetzung geeignet und erforderlich sind (§ 6 Abs. 22 WpHG).1 Die ESMA muss nach Art. 40 Abs. 3 BMR auf ihrer Website ein Verzeichnis mit allen zuständigen nationalen Behörden im Sinne von Art. 40 BMR veröffentlichen.2

B. Befugnisse der zuständigen Behörden Die von Art. 41 BMR geforderten Behördenbefugnisse wurden in Deutschland durch Änderungen des WpHG durch das 2. Finanzmarktnovellierungsgesetz umgesetzt.3 Nach § 6 Abs. 5 Satz 4 WpHG kann die BaFin von Administratoren und Kontributoren Auskünfte, die Vorlage von Unterlagen und die Überlassung von Kopien verlangen sowie Personen laden und vernehmen, soweit dies aufgrund von Anhaltspunkten für die Überwachung der Einhaltung eines Verbots oder Gebots der BMR erforderlich ist. Nach § 6 Abs. 9 WpHG kann die BaFin von beaufsichtigten Unternehmen im Sinne des Art. 3 Abs. 1 Nr. 17 BMR die Herausgabe von in deren Besitz befindlichen, bereits existierenden Telekommunikationsdaten4 verlangen, soweit dies aufgrund von Anhaltspunkten für die Überwachung der Einhaltung eines Verbots oder Gebots nach der BMR erforderlich ist. 1  Nach § 5 Abs. 10 KAGB-E (2. Finanzmarktnovellierungsgesetz) ist die BaFin zuständige Behörde im Sinne BMR, soweit diese Rechte und Pflichten enthält, die die Verwaltungsgesellschaften und Investmentvermögen im Sinne des KAGB betreffen. 2  Abrufbar unter: https://www.esma.europa.de/designated-national-competent-au thorities-under-benchmarks-regulation. 3  Besonderheiten gelten gemäß § 308b VAG für dem VAG unterstehende Kontributoren und Verwender von Indizes im Sinne der BMR. 4  1. Aufzeichnungen von Telefongesprächen, 2. elektronischen Mitteilungen oder 3. Verkehrsdaten im Sinne des § 3 Nr. 30 des Telekommunikationsgesetzes.



C. Sanktionenregime123

Gemäß § 6 Abs. 13 WpHG kann die BaFin im Falle eines Verstoßes gegen Vorschriften der BMR oder gegen auf deren Grundlage erlassene delegierte Rechtsakte und Durchführungsrechtsakte zur Verhinderung weiterer Verstöße für einen Zeitraum von bis zu zwei Jahren die Einstellung der den Verstoß begründenden Handlungen oder Verhaltensweisen verlangen. Nach der Neufassung des § 6 Abs. 20 Satz 12 WpHG dürfen Bedienstete der BaFin Räumlichkeiten juristischer Personen betreten, wenn dies zur Verfolgung von Verstößen gegen die BMR geboten ist. Selbstverständlich ist insofern ein richterlicher Beschluss notwendig. Nach § 6 Abs. 22 WpHG kann die BaFin zudem die Beschlagnahme von Vermögenswerten beantragen, soweit dies zur Durchsetzung der Verbote der BMR erforderlich ist.

C. Sanktionenregime I. Verwaltungssanktionen Die durch das 2. Finanzmarktnovellierungsgesetz in das WpHG eingefügten Verwaltungssanktionen dienen der Umsetzung der Vorgaben der Art. 42 und 43 BMR. Laut § 6 Abs. 22 Satz 2 Nr. 3 WpHG kann die BaFin bei einem Verstoß gegen die Artikel 4 bis 16, 21, 23 bis 29 und 34 der BMR von einem beaufsichtigten Unternehmen im Sinne von Art. 3 Abs. 1 Nr. 17 BMR eine dauerhafte Einstellung der den Verstoß begründenden Verhaltensweise gemäß § 6 Abs. 13 Satz 2 WpHG verlangen. Sie kann auch eine Warnung gemäß § 6 Abs. 16 WpHG veröffentlichen oder einem Administrator sogar die Zulassung oder Registrierung entziehen oder diese aussetzen. Gemäß § 6 Abs. 15 WpHG kann die BaFin zudem einer Person, die bei einem von ihr beaufsichtigten Unternehmen tätig ist, für einen Zeitraum von bis zu zwei Jahren die Ausübung der Berufstätigkeit untersagen, wenn diese Person vorsätzlich gegen Vorschriften der BMR verstoßen hat und dieses Verhalten trotz Verwarnung durch die BaFin fortsetzt. Wenn eine Person gegen Art. 4 oder 15 BMR sowie gegen die auf Grundlage des Art. 4 BMR erlassenen delegierten Rechtsakte und Durchführungsrechtsakte der Europäischen Kommission verstoßen hat, kann die BaFin ihr ferner nach § 6 Abs. 15 WpHG für bis zu zwei Jahren die Wahrnehmung von Führungsaufgaben untersagen, wenn diese den Verstoß vorsätzlich begangen hat und das Verhalten trotz Verwarnung durch die Bundesanstalt fortsetzt. Gemäß § 36 Abs. 2 KWG kann die BaFin die Abberufung eines Geschäftsleiters verlangen und diesem die Ausübung seiner Tätigkeiten untersagen, wenn er vorsätzlich oder leichtfertig gegen Bestimmungen der BMR verstoßen hat und trotz Verwarnung durch die BaFin dieses Verhalten fortsetzt.

124

2. Kap., § 8 Behördenbefugnisse und Sanktionen

II. Ordnungswidrigkeitenrechtliche Sanktionen Nach § 120 Abs. 11 Nr. 1–77 WpHG in der Fassung des 2. Finanzmarktnovellierungsgesetzes handelt ordnungswidrig, wer vorsätzlich oder leichtfertig gegen eine der Verhaltensvorgaben der BMR verstößt. Die Vorschrift wurde, um allen Anforderungen an den strafrechtlichen Bestimmtheitsgrundsatz gerecht zu werden, regelungstechnisch sehr umfang- und detailreich, dadurch aber recht unübersichtlich ausgestaltet. Es wird nämlich jeder denkbare Verstoß gegen Bestimmungen der BMR in einer eigenen Nummer in Bezug genommen.5 III. Veröffentlichung von Verstößen Art. 45 Abs. 1 Unterabs. 1 BMR verpflichtet die jeweils zuständigen natio­ nalen Aufsichtsbehörden dazu, jede Entscheidung über die Verhängung von Sanktionen oder andere verwaltungsrechtliche Maßnahmen in Bezug auf Verstöße gegen die BMR auf ihrer offiziellen Website unverzüglich, nachdem die betroffene Person über die Entscheidung informiert worden war, zu veröffentlichen. Dabei müssen zumindest „Art und Charakter des Verstoßes“ und die Identität der Person, an die die Entscheidung adressiert war, bekannt gemacht werden. Die Veröffentlichungspflicht gilt nur für Entscheidungen bei Sanktionen, nicht aber für solche im Rahmen einer Ermittlung (Art. 45 Abs. 1 Unterabs. 2 BMR). Wenn eine Einzelfallabwägung ergibt, dass eine Veröffentlichung unverhältnismäßig wäre oder dass die Bekanntmachung die Stabilität der Finanzmärkte oder laufende Ermittlungen gefährden würde, kann die jeweils zuständige Behörde von einer personalisierten zugunsten einer anonymisierten Veröffentlichung oder sogar vollständig – jeweils vorläufig – von einer Veröffentlichung absehen (Art. 45 Abs. 2 BMR). Art. 45 Abs. 3–5 BMR trifft weitere konkretisierende Regelungen in diesem Zusammenhang. Diese Anforderungen setzt der deutsche Gesetzgeber mit § 125 WpHG in der Fassung des 2. FiMaNoG verordnungskonform um.

5  Einige ordnungswidrigkeitenrechtliche Sanktionen enthält § 48c BörsG. Weitere finden sich in § 340 Abs. 6c KAGB und in § 332 Abs. 4e VAG.



2. Kap., § 9 Fazit zur Benchmark-Verordnung125

§ 9  Fazit zur Benchmark-Verordnung Die BMR folgt in ihrem Grundansatz der im 1. Kapitel bereits beschriebenen gemeinsamen internationalen Regulierungsstrategie. Durch die Governance- und Compliancevorgaben wie auch durch die gesteigerte aufsichtsbehördliche und öffentliche Überwachung können Interessenkonflikte zukünftig eingedämmt werden. Gerade diese hatten die zurückliegenden Manipulationen mit verursacht und waren für die Verwirklichung der Risiken von Financial-Benchmarks ganz maßgeblich.1 Die Verordnung fördert zunehmend die Verwendung transaktionsbasierter Eingabedaten und folgt damit der ebenfalls zutreffenden Einsicht, dass diskretionäre Eingabedaten einem erhöhten Manipulationsrisiko ausgesetzt sind. Zugleich wird die Verwendung nicht transaktionsbasierter Eingabedaten aber nicht verboten, wodurch sichergestellt wird, dass die tief auch mit der Realwirtschaft verflochtenen Interbank-Referenzzinssätze weiterhin bereitgestellt und verwendet werden können. Alternative Benchmarks2 werden daher jedenfalls in den nächsten Jahren die Interbank-Referenzzinssätze noch nicht vollständig substituieren, obgleich bereits ein deutlicher Trend in diese Richtung zu erkennen ist. Insgesamt verzichtet die BMR auf eine proaktive Rolle des Staates bei der Auswahl von Benchmarks.3 Die BMR sieht sich deshalb mit dem Wissens­ problem und den sonstigen auch verfassungsrechtlichen Bedenken gegen derart paternalistische Ansätze nicht konfrontiert.4

1  Kritisch Tabb / Grundfest, Capital Markets Law Journal 8 (2013), 229, 238 ff., nach denen die maßgeblichen ethischen Probleme durch eine Regulierung nicht gelöst würden. Kritisch auch O’Brian, Law and Financial Markets Review 8 (2014), 373, 374. 2  Tabb / Grundfest, Capital Markets Law Journal 8 (2013), 229, 241 ff.; Wheatley Review of LIBOR, Final Report, 2012, S. 46 ff.; Duffie / Stein, Journal of Economic Perspectives 29 (2015), 191. 3  BIS, Reference Rate Practices, 2013, S. 22; Duffie / Stein, Journal of Economic Perspectives 29 (2015), 191, 192. 4  BIS, Reference Rate Practices, 2013, S. 22.

3. Kapitel

Aufsichtsrechtliche Aspekte manipulierter Benchmarks § 10  Verstoß gegen Marktmanipulationsverbote A. Einführung Unmittelbar nach dem Bekanntwerden der LIBOR-Manipulationen in der breiten Öffentlichkeit reagierte die Europäische Kommission, indem sie dem sich zu diesem Zeitpunkt noch im Entwurfsstadium befindenden Marktmissbrauchsregime den Art. 12 Abs. 1 lit. d MAR1 und den Art. 8 Abs. 1 lit. b CRIM-MAD2 anfügte.3 Art. 12 Abs. 1 lit. d MAR bestimmt, dass eine Marktmanipulation auch in der (i) „Übermittlung falscher oder irreführender Angaben oder (ii) Bereitstellung falscher oder irreführender Ausgangsdaten bezüglich eines Referenzwertes [liegt], wenn die Person, die die Informationen übermittelt oder die Ausgangsdaten bereitgestellt hat, wusste oder hätte wissen müssen, dass sie falsch oder irreführend waren, oder [(iii) in] sonstige[n]

1  Seit dem 3. Juli 2016 ist das Marktmanipulationsverbot des § 20a WpHG a. F. durch die unmittelbar geltende MAR abgelöst. Zum neuen Regime mit je unterschiedlicher Schwerpunktsetzung etwa Alexander / Maly, Law and Financial Markets Review 9 (2015), 243; Beukelmann, NJW-Spezial 2016, 376; Buck-Heeb, Kapitalmarktrecht, 8. Aufl. 2016, § 7 IV Rn. 549 ff., S. 182 ff.; Fleischer, in: Fuchs, WpHG, 2. Aufl. 2016, Vor § 20a Rn. 37a; Giering / Sklepek, CB 2016, 274; Graßl, DB 2015, 2066; Kiesewetter / Parmentier, BB 2013, 2371; Klöhn, Beilage zu ZIP 22 / 2016, S. 44; Krause, CCZ 2014, 248; Kudlich, AG 2016, 459; von der Linden, DStR 2016, 1036; Mock, in: KölnKommWpHG, 2. Aufl. 2014, § 20a Rn. 48 ff.; Poelzig, NZG 2016, 528; Renz / Leibold, CCZ 2016, 157; Rubner / Pospiech, GWR 2016, 228; Sajnovits / Wagner, WM 2017, 1189; de Schmidt, in: Just / Voß / Ritz / Becker, WpHG, 2015, § 20a Rn. 367 ff.; Schmolke, AG 2016, 434; Schmolke, NZG 2016, 721; Schmolke, in: Klöhn, MAR, Art. 12; Seibt / Wollenschläger, AG 2014, 593; Szesny, DB 2016, 1420; Teigelack / Dolff, BB 2016, 387; Zetzsche, in: Gebauer / Teichmann, Europäisches Privat- und Unternehmensrecht, 1. Aufl. 2016, § 7 C. 2  Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16.4.2014 über strafrechtliche Sanktionen bei Marktmanipulation (Marktmissbrauchsrichtlinie), ABl. EU L 173 / 179 v. 12. Juni 2014. 3  Europäische Kommission, Pressemitteilung v. 25. Juli 2012 und Geänderter Vorschlag für eine Verordnung über Insider-Geschäfte und Marktmanipulation (Marktmissbrauch), COM / 2012 / 0421 final.



A. Einführung127

Handlungen, durch die die Berechnung eines Referenzwertes manipuliert wird“. Es erscheint zumindest auf den ersten Blick durchaus überraschend, dass die Manipulation von Financial-Benchmarks zuvor nicht ausdrücklicher Gegenstand des Verbots der Marktmanipulation war. Die Beeinflussung von Benchmarks kann nämlich jedenfalls durch die von den Konzentrationseffekten4 ausgehende Breitenwirkung einen deutlich größeren Einfluss auf den Finanzmarkt nehmen als zahlreiche unmittelbare Manipulationen einzelner Finanzinstrumente.5 Handels- oder auch informationsgestützte Manipula­ tionen eines bestimmten Finanzinstruments haben eine unmittelbare Wirkung auf ebendieses eine Finanzinstrument und eine mittelbare Wirkung auf derivative Instrumente, die dieses Finanzinstrument in Bezug nehmen. Durch die Manipulation einer Benchmark kann demgegenüber nicht nur auf eine Vielzahl von Finanzinstrumenten eingewirkt werden, sondern bei einzelnen Finanzinstrumenten ohne – oder mit deutlich geringeren – Kosten ein größerer Kurseffekt erzielt werden als durch zahlreiche handelsbasierte Manipulationen.6 Umso mehr interessiert die Frage, ob bereits auf der Grundlage von § 20a WpHG a. F. eine Manipulation des LIBOR und anderer Financial-Benchmarks als verbotene Marktmanipulation einzuordnen war.7 Das Marktmanipulationsverbot des § 20a WpHG a. F. wurde zwar durch Art. 15, 12 f. MAR abgelöst und mit dem 1. Finanzmarktnovellierungsgesetz aus dem WpHG gestrichen, für Manipulationen vor dem 2. Juli 2016 hat es aber gleichwohl Bedeutung (§ 50 WpHG).

4  Siehe

oben § 3 A.V. und § 3 B.III. eingehend Verstein, Boston College Law Review 56 (2015), 215 ff. 6  Verstein, Boston College Law Review 56 (2015), 215, 224 ff. Ein solcher Leverage-Effekt wird typischerweise auch bei Manipulationsstrategien im Zusammenhang mit Derivaten erzeugt. 7  Dafür Fleischer / Bueren, DB 2012, 2561, 2563  f.; dagegen Stoll, in: KölnKommWpHG, 2. Aufl. 2014, § 20a Rn. 204; und wohl auch die BaFin. Während diese in einem an die Öffentlichkeit geratenen Brief an den Vorstand der Deutschen Bank vom 11. Mai 2015 noch schwerwiegende Vorwürfe in der LIBOR-Affäre erhob (das Schreiben ist abrufbar unter: http: /  / graphics.wsj.com / documents / doc-cloudembedder / ?sidebar=0#2167237-deutsche) wurden diese anscheinend im unveröffentlichten Abschlussbericht der Sonderprüfung deutlich abgemildert. Dazu nur dpa v. 26. Februar 2016, Deutsche Bank – Bafin beendet Sonderprüfung; ManagerMagazin v. 25. Februar 2016, Finanzaufsicht stellt Deutscher Bank in Libor-Affäre gutes Führungszeugnis aus. In ihrem Jahresbericht 2015 geht die BaFin unter der Rubrik Marktmanipulation nicht auf die LIBOR Untersuchungen ein. 5  Dazu

128

3. Kap., § 10 Verstoß gegen Marktmanipulationsverbote

B. Verbotene Marktmanipulation nach § 20a WpHG a. F. I. Beschränkter Anwendungsbereich des alten Marktmanipulationsverbots Der sachliche Anwendungsbereich des § 20a WpHG a. F. war – anders als derjenige des Art. 15 MAR8 – nur eröffnet, wenn sich die Manipulationshandlung auf Finanzinstrumente im Sinne des § 2 Abs. 2b Satz 1 WpHG a. F. bezieht. Das gilt auch, wenn das Finanzinstrument an einer inländischen Börse zum Handel zugelassen oder in den regulierten Markt oder den Freiverkehr einbezogen (Nr.1) oder in einem anderen EU / EWiR-Staat zum Handel an einem organisierten Markt zugelassen ist (§ 20a Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 und 2 WpHG a. F.).9 Das Marktmanipulationsverbot des § 20a WpHG a. F. schützte damit nur überwachte Wertpapiermärkte.10 Nichtbörsenüberwachte Finanzinstrumente sind und waren vom Verbot nicht erfasst.11 Die Legaldefinition der Finanzinstrumente im Sinne des § 20a WpHG a. F. fand sich in § 2 Abs. 2b Satz 1 WpHG a. F.12 Kein Finanzinstrument im Sinne dieser Norm ist die unmittelbar durch die Banken bzw. ihre Mitarbeiter beeinflusste Benchmark wie der LIBOR und der EURIBOR13, sodass die unmittelbar auf die Benchmark bezogene Manipulationshandlung (mithin die Falschmeldung) für sich genommen keinen Verstoß gegen § 20a WpHG a. F. begründen kann. Der Anwendungsbereich des Verbots ist aber auch eröffnet, wenn Finanzinstrumente im Sinne des § 20a WpHG a. F. sich auf die manipulierte Benchmark beziehen (etwa börsengehandelte Zins-Futures) und deshalb durch eine Beeinflussung der Benchmark ihrerseits beeinflusst werden können.14 8  Siehe

dazu sogleich § 10 C. in: Habersack / Mülbert / Schlitt, Kapitalmarktinformation, 2. Aufl. 2013, § 27 Rn. 24; Vogel, in: Assmann / Schneider, WpHG, 6. Aufl. 2012, § 20a Rn. 33 f.; Mock, in: KölnKommWpHG, 2. Aufl. 2014, § 20a Rn. 126 ff.; Fleischer, in: Fuchs, WpHG, 2. Aufl. 2016, § 20a Rn. 4. Daneben erweiterte § 20a Abs. 4 WpHG a. F. den Anwendungsbereich auf bestimmte Waren, Emissionsberechtigungen und ausländische Zahlungsmittel. Dazu Vogel, in: Assmann / Schneider, WpHG, 6. Aufl. 2012, § 20a Rn. 42. 10  Begr. RegE 4. FMFG, BT-Drucks. 14 / 8017, S. 89. 11  Haouache / Mülbert, in: Habersack / Mülbert / Schlitt, Kapitalmarktinformation, 2. Aufl. 2013, § 27 Rn. 25; Vogel, in: Assmann / Schneider, 6. Aufl. 2012, § 20a WpHG Rn. 38. 12  Dazu nur Assmann, in: Assmann / Schneider, WpHG, 6. Aufl. 2012, § 2 Rn. 58 ff.; Roth / Baum, KölnKommWpHG, 2. Aufl. 2014, § 2 Rn. 128 ff. 13  Mock, in: KölnKommWpHG, 2. Aufl. 2014, § 20a Rn. 130; Fleischer / Bueren, DB 2012, 2561, 2563. 14  Mock, in: KölnKommWpHG, 2. Aufl. 2014, § 20a Rn. 130; Fleischer / Bueren, DB 2012, 2561, 2563. 9  Haouache / Mülbert,



B. Verbotene Marktmanipulation nach § 20a WpHG a. F.129

Dann ist nämlich der Wert eines Finanzinstruments jedenfalls mittelbar betroffen.15 Lediglich dann, wenn eine Benchmark etwa nur von OTC-Derivaten in Bezug genommen wird, fallen auf sie bezogene Manipulationen aus dem Anwendungsbereich heraus.16 Weiterhin ist im Zusammenhang mit Benchmark-Manipulationen im Rahmen des § 20a WpHG a. F. die Behandlung internationaler Sachverhalte von Bedeutung: Manipulationen auf den international verflochtenen Finanzmärkten können wegen der elektronischen Datenverknüpfung überall auf der Welt begangen werden. Der internationale kapitalmarktrechtliche Geltungs- und Anwendungsbereich des § 20a WpHG a. F. ist – systematisch gesehen – Gegenstand des internationalen Kapitalmarktrechts und damit ein solcher des internationalen Verwaltungsrechts, da die kapitalmarkt- und aufsichtsrecht­ liche Norm des § 20a WpHG a. F. zum Verwaltungsrecht zählte. Hiernach ist im Ausgangspunkt zwischen dem internationalen Geltungs- und dem internationalen Anwendungsbereich des Marktmissbrauchsverbots zu unterscheiden.17 Der Geltungsbereich des § 20a WpHG a. F. im Sinne des Gebietes, in dem Gerichte und Behörden an § 20a WpHG a. F. gebunden waren und die Norm anzuwenden und durchzusetzen hatten (jurisdiction to enforce), ist auf die Bundesrepublik Deutschland beschränkt.18 Der Anwendungsbereich des § 20a WpHG a. F. im Sinne der räumlichen Verortung der Sachverhalte, auf welche die Norm anwendbar ist (jurisdiction to prescribe), war demgegenüber nicht auf die Bundesrepublik Deutschland beschränkt.19 Vielmehr kann der Anwendungsbereich öffentlich-rechtlicher Normen durchaus grenzüberschreitende Sachverhalte einschließen, was völkerrechtlich bei einem tragfähigen „inländischen“ Anknüpfungspunkt (genuine link) unbedenklich ist.20 Ausdrücklich bestimmte § 1 Abs. 2 WpHG a. F., dass auch § 20a WpHG a. F. auf Handlungen und Unterlassungen anzuwenden ist, die im Ausland vorgenommen werden, sofern sie Finanzinstrumente betreffen, die an einer inländischen Börse gehandelt werden.21 Entscheidend ist damit allein der Bezug 15  Fleischer / Bueren,

DB 2012, 2561, 2563. DB 2012, 2561, 2563. 17  Zu dieser wichtigen Unterscheidung schon Mülbert, AG 1986, 1, 4 ff. 18  Vgl. RegE. BT-Drucks. 12 / 6679, S. 54 (= RegE des Zweiten Finanzmarktförderungsgesetzes) zu § 20a WpHG und der Beschränkung des Geltungsbereichs auf das Inland. 19  Vgl. allgemein Mülbert, AG 1986, 1, 4 f.; Linke, Europäisches internationales Verwaltungsrecht, 2001, S. 28 f. 20  Mülbert, AG 1986, 1, 5; Linke, Europäisches internationales Verwaltungsrecht, 2001, S. 94 f. m.N. 21  Haouache / Mülbert, in: Habersack / Mülbert / Schlitt, Kapitalmarktinformation, 2. Aufl. 2013, § 27 Rn. 29. Zu Problemen im Zusammenhang mit dem internationalen Anwendungsbereich und deren Auflösung Vogel, in: Assmann / Schneider, WpHG, 6. Aufl. 2012, § 20a Rn. 49 ff. 16  Fleischer / Bueren,

130

3. Kap., § 10 Verstoß gegen Marktmanipulationsverbote

zu einem der vom sachlichen Schutzbereich erfassten Instrument, der als solcher auch den völkerrechtlich geforderten genuine link begründet. Das Verbot der Marktmanipulation gemäß § 20a WpHG a. F. galt damit extraterritorial. Bezogen auf die Manipulation von Benchmarks durch Falschmeldungen an Administratoren22 folgt daraus, dass sowohl Falschmeldungen durch Kontributoren bzw. deren Submittenten oder Händler im Inland als auch eine solche durch Kontributoren, ihre Submittenten oder Händler im Ausland dem Anwendungsbereich des § 20a WpHG a. F. grundsätzlich unterfallen können. II. Manipulation von Benchmarks als taugliche Tathandlung 1. Informationsgestützte Manipulationshandlung Das Melden von zu hohen oder zu niedrigen Eingabedaten stellt eine taugliche Tathandlung nach § 20a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Alt. 1 WpHG a. F. dar. Darin wurden informationsgestützte Manipulationen durch unrichtige oder irreführende Angaben über Umstände verboten, die für die Bewertung eines Finanzinstruments erheblich sind. Als Angaben sind im Zusammenhang mit den LIBOR / EURIBOR-Manipulationen die an den jeweiligen Administrator bzw. Thomson Reuters gemeldeten Zinsraten als Einschätzungen über den am Interbankenmarkt realisierbaren Zins durch die individuellen Banken anzusehen. Der Begriff „Angaben“ ist sehr weit. Gemeint sind nicht nur Tatsachen, sondern auch Werturteile und Prognosen, jedenfalls soweit sie einen Tatsachenkern haben.23 Bei den als Eingabedaten übermittelten Informationen – als Ausfluss der Ermittlung und Bewertung innerhalb der einzelnen Bank – handelt es sich um Angaben im Sinne einer Prognose mit Tatsachenkern. Die Prognose betrifft die (redliche) Einschätzung über die eigene Möglichkeit, am Interbankenmarkt zu einem bestimmten Zeitpunkt zu einem bestimmten Zinssatz unbesicherte Kredite aufzunehmen. Dass es sich um eine Einschätzung der möglichen Kreditaufnahmezinsen ohne tatsächliche Hinterlegung durch Transaktionsdaten und damit eben um eine Prognose handelt, schadet nicht.24 22  Siehe

sogleich § 10 B.II.1. Abs. 1 MaKonV („Tatsachen und Werturteile“); Haouache / Mülbert, in: Habersack / Mülbert / Schlitt, Kapitalmarktinformation, 2. Aufl. 2013, § 27 Rn. 35; Fleischer, in: Fuchs, WpHG, 2. Aufl. 2016, § 20a Rn. 16; BaFin, Emittentenleitfaden, 4. Aufl. 2013, S. 89. 24  Zur Erfassung von Prognosen auch Fleischer, in: Fuchs, WpHG, 2. Aufl. 2016, § 20a Rn. 17; Haouache / Mülbert, in: Habersack / Mülbert / Schlitt, Kapitalmarktinformation, 2. Aufl. 2013, § 27 Rn. 35; de Schmidt, in: Just / Voß / Ritz / Becker, WpHG, 2015, § 20a Rn. 71 f. 23  § 2



B. Verbotene Marktmanipulation nach § 20a WpHG a. F.131

Selbst wenn man nämlich einer strengeren Auffassung folgen würde, nach der Wertungen ohne sachliche Grundlage aus dem Anwendungsbereich des Marktmanipulationsverbots ausgenommen sind25, käme man zu keinem anderen Ergebnis, da die Banken bei einer redlichen Einschätzung auf sachliche Grundlagen zurückzugreifen haben.26 Beim Machen von Angaben im Sinne der Norm ist es unerheblich, in welcher Form dies geschah, mithin ob die Angaben mündlich, schriftlich oder – wie im Falle der LIBOR / EURIBOR-Meldungen  – in elektronischer Form vorgenommen wurden.27 Das Machen von Angaben liegt bereits dann vor, wenn Erklärungen über das Vorliegen von Umständen abgegeben werden, sodass schon genügt, dass es einem Dritten möglich ist, die Informationen aufzunehmen.28 Gleichfalls unerheblich ist der Kontext, in dem die Angaben gemacht werden29, sodass es hier nicht entscheidend ist, dass die falschen Angaben nicht mit unmittelbarem Bezug auf ein bestimmtes, dem Schutzbereich des § 20a WpHG a. F. unterfallendes Finanzinstrument, sondern mit Bezug auf den LIBOR / EURIBOR gemacht wurden. Nicht relevant ist es auch, wem gegenüber die falschen Angaben gemacht werden, denn das Machen, verstanden als Kundgeben30, stellt keine Anforderungen an die Person, an die die Kundgabe gerichtet ist.31 Namentlich ist es nicht erforderlich, dass die Information öffentlich gemacht wird.32 Die gemeldeten Eingabedaten der Banken waren auch unrichtig im Sinne des § 20a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Alt. 1 WpHG a. F., da sie von den der korrekten respektive ermessensfehlerfreien Einschätzung entsprechenden Werten abwi25  So Knauth / Käsler, WM 2006, 1041, 1044; unklar Schäfer, in: Schäfer / Hamann, Kapitalmarkt-Gesetze, 2. Aufl. 2010, § 20a WpHG Rn. 46; a. A. zu Recht Haouache / Mülbert, in: Habersack / Mülbert / Schlitt, Kapitalmarktinformation, 2. Aufl. 2013, § 27 Rn. 35. 26  Siehe schon oben § 2 B.II.3.a). 27  Vogel, in: Assmann / Schneider, WpHG, 6. Aufl. 2012, § 20a Rn. 59; Fleischer, in: Fuchs, WpHG, 2. Aufl. 2016, § 20a Rn. 16; BaFin, Emittentenleitfaden, 4. Aufl. 2013, S. 89; Haouache / Mülbert, in: Habersack / Mülbert / Schlitt, Kapitalmarktinformation, 2. Aufl. 2013, § 27 Rn. 36. 28  Fleischer, in: Fuchs, WpHG, 2. Aufl. 2016, § 20a Rn. 18; Haouache / Mülbert, in: Habersack / Mülbert / Schlitt, Kapitalmarktinformation, 2. Aufl. 2013, § 27 Rn. 36; de Schmidt, in: Just / Voß / Ritz / Becker, WpHG, 2015, § 20a Rn. 74; BaFin, Emittentenleitfaden, 4. Aufl. 2013, S. 89. 29  Vogel, in: Assmann / Schneider, WpHG, 6. Aufl. 2012, § 20a Rn. 59. 30  Vogel, in: Assmann / Schneider, WpHG, 6. Aufl. 2012, § 20a Rn. 65. 31  Vogel, in: Assmann / Schneider, WpHG, 6. Aufl. 2012, § 20a Rn. 65. 32  Vogel, in: Assmann / Schneider, WpHG, 6. Aufl. 2012, § 20a Rn. 65; Fleischer, in: Fuchs, WpHG, 2. Aufl. 2016, § 20a Rn. 18; a. A. Stoll, in: KölnKommWpHG, 2. Aufl. 2014, § 20a Rn. 176; Schwark, KMRK, 4. Aufl. 2010, § 20a WpHG Rn. 28; de Schmidt, in: Just / Voß / Ritz / Becker, WpHG, 2015, § 20a Rn. 74.

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3. Kap., § 10 Verstoß gegen Marktmanipulationsverbote

chen.33 Prognosen mit Tatsachenkern sind nämlich jedenfalls dann unrichtig, wenn sie sich aus Tatsachen nicht plausibel ableiten lassen.34 Obgleich der Wortlaut des § 20a WpHG a. F. – anders als die §§ 38, 39 WpHG a. f. – nicht ausdrücklich ein subjektives Element enthält, geht die herrschende Meinung im Schrifttum, anknüpfend an den Wortsinn der „Manipulation“, davon aus, dass auch kapitalmarktaufsichtsrechtlich ein subjektives Element – sogar in Form des zumindest bedingten Vorsatzes – erforderlich sei.35 Bei einer informationsgestützten Manipulation nach § 20a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Alt. 1 WpHG a. F. soll nach teilweise vertretener Auffassung demgegenüber bereits Leichtfertigkeit genügen.36 Im Kontext dieser Untersuchung ist diese Kontroverse unerheblich, da die rough trader in den bislang aufgedeckten Manipulationen sogar mit direktem Vorsatz handelten. 2. Handels- oder handlungsgestützte Manipulation Die teilweise befürwortete Einordnung von Benchmark-Manipulationen als handels- oder handlungsgestützte Manipulation37 kann demgegenüber nicht überzeugen. Eine handelsgestützte Manipulation nach § 20a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WpHG liegt schon deshalb nicht vor, weil es dazu erforderlich ist, dass Geschäfte vorgenommen oder Kauf- oder Verkaufsaufträge erteilt werden, die ihrerseits geeignet sind, falsche oder irreführende Signale für das Angebot, die Nachfrage oder den Börsen- oder Marktpreis von Finanzinstrumenten zu geben oder ein künstliches Preisniveau zu erzeugen.38 Zwar wird der Begriff des Geschäfts sehr weit verstanden.39 Ein Geschäft muss aber zumindest für den Handelnden mit der Eingehung eines Marktrisikos verbunden sein und zu einem Wechsel der wirtschaftlichen Berechtigung führen.40 Die Falschmel33  Siehe

oben § 3 B.II.3.a). Emittentenleitfaden, 4. Aufl. 2013, S. 89; Fleischer, in: Fuchs, WpHG, 2. Aufl. 2016, § 20a Rn. 20; Haouache / Mülbert, in: Habersack / Mülbert / Schlitt, Kapitalmarktinformation, 2. Aufl. 2013, § 27 Rn. 37; de Schmidt, in: Just / Voß / Ritz / Becker, WpHG, 2015, § 20a Rn. 80. 35  So etwa de Schmidt, in: Just / Voß / Ritz / Becker, WpHG, 2015, § 20a Rn. 253; Vogel, in: Assmann / Schneider, WpHG, 6. Aufl. 2012, § 20a Rn. 3, wobei letzterer für informationsgestützte Manipulationen auch Leichtfertigkeit genügen lassen will. 36  Vogel, in: Assmann / Schneider, WpHG, 6. Aufl. 2012, § 20a Rn. 3. 37  Poelzig, ZGR 2015, 801, 827. 38  Siehe die Vorgaben in Art. 1 Nr. 2 lit. a MAD I (Richtlinie 2003 / 6 / EG). 39  Fleischer, in: Fuchs, WpHG, 2. Aufl. 2016, § 20a Rn. 43; Haouache / Mülbert, in: Habersack / Mülbert / Schlitt, Kapitalmarktinformation, 2. Aufl. 2013, § 27 Rn. 55. 40  Fleischer, in: Fuchs, WpHG, 2. Aufl. 2016, § 20a Rn. 42; Haouache / Mülbert, in: Habersack / Mülbert / Schlitt, Kapitalmarktinformation, 2. Aufl. 2013, § 27 Rn. 55. 34  BaFin,



B. Verbotene Marktmanipulation nach § 20a WpHG a. F.133

dung an den Benchmark-Administrator ist jedoch gerade für den Kontributor mit keinem Marktrisiko verbunden und also kein Geschäft im Sinne des § 20a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WpHG a. F. Es kann auch nicht auf die nachfolgenden Geschäfte derjenigen Derivatehändler abgestellt werden, von denen die Falschmeldungen ausgingen bzw. die diese veranlasst haben. Diese Folgegeschäfte waren lediglich das Motiv für die vorangehende Manipulationshandlung. Ebenso wenig sind die Meldungen an die Administratoren Kauf- oder Verkaufsaufträge. Gemeint sind damit zwar jegliche Formen von Effekten­ order, vor allem Kommissions- und Vermittlungsaufträge.41 Ein Kauf- oder Verkaufselement enthalten die Meldungen durch die Kontributoren aber offensichtlich nicht. Die handlungsgestützten Manipulationen fallen unter den Auffangtatbestand des § 20a Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 WpHG a. F. und stellen damit sonstige Täuschungshandlungen dar, die geeignet sein müssen, auf den Börsen- oder Marktpreis eines Finanzinstruments einzuwirken.42 Die konkretisierenden Beispiele in § 4 Abs. 2 und 3 MaKonV passen nicht zu den BenchmarkManipulationen.43 Wegen der tatbestandlichen Erfassung der BenchmarkManipulationen schon in § 20a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Alt. 1 WpHG a. F. besteht auch kein Bedürfnis, in verfassungsrechtlich fragwürdiger Weise über die konkretisierenden Vorgaben in § 4 MaKonV hinaus die Manipulationen (auch) als sonstige Täuschungshandlungen im Sinne des § 20a Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 WpHG a. F. zu erfassen.44 III. Bewertungserheblichkeit und Eignung zur Kursbeeinflussung Neben der Vornahme der Manipulationshandlungen müssen die unrichtig gemachten Angaben in einer informationsgestützten Manipulationshandlung für die Bewertung von Finanzinstrumenten erhebliche Umstände betreffen.45 Nach § 2 Abs. 1 Satz 1 MaKonV ist die Bewertungserheblichkeit aus der 41  Haouache / Mülbert, in: Habersack / Mülbert / Schlitt, Kapitalmarktinformation, 2. Aufl. 2012, § 27 Rn. 56; Fleischer, in: Fuchs, WpHG, 2. Aufl. 2016, § 20a Rn. 45. 42  Haouache / Mülbert, in: Habersack / Mülbert / Schlitt, Kapitalmarktinformation, 2. Aufl. 2013, § 27 Rn. 69. Die hinreichende Bestimmtheit dieser Tatbestandsvariante wurde häufig angezweifelt (so etwa Tripmaker, wistra 2002, 288; Streinz / Ohler, WM 2004, 1309, 1315). Die Diskussion betrifft aber vor allem die straf- und ordnungswidrigkeitenrechtliche Dimension und ist schon deshalb nicht zu entfalten. Für eine hinreichende Bestimmtheit ohnehin schon BGH NJW 2004, 302, 304 und nunmehr auch BGH WM 2016, 1022, 1023. 43  Fleischer / Bueren, DB 2012, 2561, 2564: „Eine Subsumtion der Libor-Manipulation unter diese Basisdefinition … bereitet Schwierigkeiten.“ 44  Vgl. Fleischer / Bueren, DB 2012, 2561, 2563 f. 45  Fleischer, in: Fuchs, WpHG, 2. Aufl. 2016, § 20a Rn. 24.

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3. Kap., § 10 Verstoß gegen Marktmanipulationsverbote

Sicht eines verständigen Anlegers46 und damit grundsätzlich im konkreten Einzelfall zu beurteilen. Hängt die Wertentwicklung eines Finanzinstruments ausschließlich oder ganz wesentlich von der Entwicklung einer Benchmark ab, steht die Bewertungserheblichkeit aber außer Frage. Zudem müssen die unrichtig gemachten Angaben über bewertungserheb­ liche Umstände auch geeignet sein, auf den inländischen Börsen- oder Marktpreis des Finanzinstruments einzuwirken (§ 20a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Alt. 1 WpHG a. F.). Nach ganz herrschender Meinung genügt die generelle Tauglichkeit einer Preiseinwirkung.47 In der Ermittlungspraxis der BaFin stellt diese die Eignung zur Kursbeeinflussung im Wege einer objektivnachträg­lichen Prognose fest.48 Sie prüft in diesem Rahmen, ob auf der Basis kapitalmarktbezogener Erfahrungssätze unter Berücksichtigung der jeweiligen Marktverhältnisse die ernstzunehmende Möglichkeit bestand, dass durch die konkrete Handlung auf die Preisbildung eingewirkt wurde.49 Im Zusammenhang mit den LIBOR / EURIBOR-Meldungen wird teilweise die Auffassung vertreten, einer Preiseinwirkungseignung stehe generell die Tatsache entgegen, dass nicht alle Eingabedaten unmittelbar in den Referenzzinssatz eingehen, sondern die höchsten / niedrigsten 15 bzw. 25 % davon für die Ermittlung außen vor bleiben.50 Die Überlegungen zur getrimmten Mittelwertsberechnung sind bei näherer Betrachtung jedoch nicht geeignet, den Falschmeldungen ihre generelle Eignung für die Preiseinwirkung abzusprechen.51 Die Falschmeldung einer Panelbank ist vielmehr – unabhängig von der tatsächlich nachgewiesenen Beeinflussung des Referenzzinssatzes – immer abstrakt zur Kursbeeinflussung eines Finanzinstruments geeignet, das sich auf den Referenzzinssatz bezieht. Eine Falschmeldung ist nämlich auf einer ersten Stufe immer abstrakt dazu geeignet, den Referenzzinssatz zu beeinflussen, und das wirkt sich dann auch auf die jeweiligen Finanzinstrumente aus. Die Trimmung der höchsten und niedrigsten Meldungen spricht der einzelnen Falschmeldung nicht ihre generelle Eignung zur Beeinflussung des 46  Zum Begriff des „verständigen Anlegers“ (auch) im Kontext der MAR Mülbert, in: Assmann/Schneider/Mülbert, Wertpapierhandelsrecht, 7. Aufl. 2018, Art. 12 VO Nr. 596/2014 Rn. 65; Langenbucher, AG 2016, 417; ferner Klöhn, ZHR 177 (2013), 349; allgemein zum Anlegerleitbild Mülbert, ZHR 177 (2013), 160, 178 ff. 47  BaFin, Emittentenleitfaden, 4. Aufl. 2013, S. 92; Haouache / Mülbert, in: Habersack / Mülbert / Schlitt, Kapitalmarktinformation, 2. Aufl. 2013, § 27 Rn. 49; Fleischer, in: Fuchs, WpHG, 2. Aufl. 2016, § 20a Rn. 33; Schwark, in: Schwark / Zimmer, KMRK, 4. Aufl. 2010, § 20a WpHG Rn. 27. 48  Fleischer, in: Fuchs, WpHG, 2. Aufl. 2016, § 20a Rn. 34; Haouache / Mülbert, in: Habersack / Mülbert / Schlitt, Kapitalmarktinformation, 2. Aufl. 2013, § 27 Rn. 49. 49  Fleischer, in: Fuchs, WpHG, 2. Aufl. 2016, § 20a Rn. 34. 50  Stoll, in: KölnKommWpHG, 2. Aufl. 2016, § 20a Rn. 204. 51  Eine Eignung bejahend auch Fleischer / Bueren, DB 2012, 2561, 2563.



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Referenzzinssatzes ab. Eine tatsächliche Nichtbeeinflussung liegt nur vor, wenn auch die Meldung des korrekten Wertes im gleichen getrimmten Feld gelegen hätte wie die Falschmeldung und mithin ebenfalls nicht in die Berechnung eingeflossen wäre. Wäre hingegen bei korrekter Meldung der Wert mit in die Berechnung eingeflossen, dann hätte die Falschmeldung dazu geführt, dass eine andere Meldung, die andernfalls nicht eingeflossen wäre (weil zu den höchsten oder niedrigsten 25 % gehörend), doch in die Berechnung eingeflossen ist und den LIBOR daher verfälscht hat. Ebenso tritt eine Beeinflussung offenkundig ein, wenn sowohl der falsche als auch der richtige Wert nicht in die getrimmten Felder fallen. In zahlreichen Konstellationen falscher Meldungen haben diese deshalb sogar eine konkrete Beeinflussung des Referenzzinssatzes zur Folge. Da ex ante – vorbehaltlich massiv kollusiven Verhaltens – in keiner Weise absehbar ist, in welchen Bereich eine Falschmeldung fällt, ist die generelle Eignung einer jeden Falschmeldung zu bejahen.

C. Verbotene Marktmanipulation nach Art. 15 MAR I. Erweiterter Anwendungsbereich des neuen Marktmissbrauchsregimes Das Marktmanipulationsverbot des § 20a WpHG a. F. wurde zum 3. Juli 2016 von Art. 15 MAR abgelöst. Besonders hervorzuheben ist der gegenüber § 20a WpHG a. F. deutlich erweiterte Anwendungsbereich des neuen Marktmissbrauchsregimes.52 Durch Art. 2 Abs. 2 lit. c MAR werden nunmehr ausdrücklich auch Handlungen in Bezug auf Referenzwerte erfasst. Hinsichtlich des internationalen Anwendungs- und Geltungsbereichs gelten die Ausführungen zu § 20a WpHG a. F. (§ 10 B.I.) entsprechend. Der Geltungsbereich der Art. 15, 12 ist auf die Europäische Union bzw. den EWR beschränkt53. Der Anwendungsbereich der Art. 15, 12 ist demgegenüber nicht auf die Europäische Union bzw. den EWR beschränkt54. Handlungen, welche die von der MAR sachlich erfassten Instrumente betreffen, müssen nach Art. 2 Abs. 3 MAR nicht selbst auf einem der genannten Handelsplätze stattfinden. Die Verhaltensvorgaben der MAR sind ausdrücklich auch auf Handlungen und Unterlassungen außerhalb der EU in einem Drittstaat anwendbar 52  Schmolke, AG 2016, 434, 436; Alexander / Maly, Law and Financial Markets Review 9 (2015), 243, 246; Moloney, EU Securities and Financial Markets Regulation, 3rd ed. 2014, S. 740; ESMA, Final Technical Advice MAR, 2015, S. 10. 53  Vgl. RegE. BT-Drucks. 12 / 6679, S. 54 (= RegE des Zweiten Finanzmarktförderungsgesetzes) zu § 20a WpHG und der Beschränkung des Geltungsbereichs auf das Inland. 54  Vgl. allgemein Mülbert, AG 1986, 1, 4 f.; Linke, Europäisches internationales Verwaltungsrecht, 2001, S. 28 f.

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(Art. 2 Abs. 4)55. Entscheidend ist allein der Bezug zu einem der vom sachlichen Schutzbereich erfassten Instrumente, der als solcher auch den völkerrechtlich geforderten genuine link begründet. Das Verbot der Marktmanipulation gemäß Art. 15, 12 f. MAR gilt damit – ebenso wie die auf der MAD I beruhende Vorgängerregelung § 20a WpHG a. F. – extraterritorial. II. Manipulation von Referenzwerten als ausdrückliche Tathandlung Der europäische Gesetzgeber hat in Reaktion auf das Bekanntwerden der LIBOR-Manipulationen in den Definitionstatbestand des Art. 12 Abs. 1 MAR ausdrücklich den Passus aufgenommen, dass eine Marktmanipulation auch Handlungen der „Übermittlung falscher oder irreführender Angaben oder [der] Bereitstellung falscher oder irreführender Ausgangsdaten bezüglich eines Referenzwertes“ umfasst, „wenn die Person, die die Informationen übermittelt oder die Ausgangsdaten bereitgestellt hat, wusste oder hätte wissen müssen, dass sie falsch oder irreführend waren“56, sowie „sonstige Handlungen, durch die die Berechnung eines Referenzwertes manipuliert“ werden.57 Die Tatbestandsverwirklichung ist nicht grundsätzlich auf die Informationsverbreitung beschränkt, sondern kann durch jede andere Form der Beeinflussung verwirklicht werden.58 Soweit es im Wortlaut alternativ „Übermittlung“ oder „Bereitstellung“ heißt, ist damit, weit verstanden, jede Art der direkten, mithin gezielten Übermittlung an den Administrator einer Benchmark, aber auch jede sonstige Form der Bereitstellung von Eingabedaten gemeint.59 Sind mithin bei einem Kontributor unterschiedliche Personen einerseits mit der Ermittlung der Eingabedaten und andererseits mit der Übermittlung der Eingabedaten befasst, so genügt die Manipulation im Rahmen der Übermittlung, auch wenn auf der Ebene der Ermittlung noch keine manipulative Beeinflussung stattgefunden 55  Poelzig,

NZG 2016, 528, 530 f. in: Fuchs, WpHG, 2. Aufl. 2016, § 20a Rn. 37a; Fleischer / Bueren, DB 2012, 2561 ff.; Schmolke, AG 2016, 434, 441 ff.; Zetzsche, Gebauer / Teichmann, Europäisches Privat- und Unternehmensrecht, 1. Aufl. 2016, § 7 C Rn. 77 ff. 57  Zwar ist auch insoweit denkbar, die Manipulation von Benchmarks unter Art. 12 Abs. 1 lit. c MAR zu fassen (siehe oben zu § 20a WpHG a. F. § 10 B.II.1.), allerdings verdrängt hier Art. 12 Abs. 1 lit. d MAR den Tatbestand der allgemeinen informationsgestützten Manipulation. So in der Tendenz auch ESMA, Final Technical Advice MAR, 2015, S. 10. 58  Schmolke, AG 2016, 434, 441; Mülbert, in: Assmann / Schneider / Mülbert, Wertpapierhandelsrecht, 7. Aufl. 2018, Art. 12 VO Nr. 596 / 2014 Rz.  212; Schmolke in Klöhn, MAR, 1. Aufl. 2018, Art. 12 Rz. 292. 59  Mülbert, in: Assmann / Schneider / Mülbert, Wertpapierhandelsrecht, 7. Aufl. 2018, Art. 12 VO Nr. 596 / 2014 Rz. 206 ff. 56  Fleischer,



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hatte. Ebenso genügt es, wenn beim Kontributor ein System eingerichtet wird, auf das der Administrator zugreift, weshalb keine aktive Übermittlung durch den Kontributor erforderlich ist. Art. 12 Abs. 1 lit. d MAR verlangt, dass die Person, die die Information übermittelt oder die Ausgangsdaten bereitgestellt hat, wusste oder hätte wissen müssen, dass sie falsch oder irreführend waren. Bereits auf Ebene der aufsichtsrechtlichen Verbotsnorm wird damit ausdrücklich ein subjektives Element implementiert.60 Soweit die ganz herrschende Meinung zu § 20a WpHG a. F. selbst für informationsgestützte Manipulationen Vorsatz oder jedenfalls Leichtfertigkeit forderte61, bringt Art. 12 MAR eine Erweiterung,62 da nunmehr eindeutig auch fahrlässiges Handeln – jedenfalls auf aufsichtsrechtlicher Ebene – für eine Tatbestandsverwirklichung genügt.63 Der Begriff der Manipulation steht dem nicht entgegen. Zwar impliziert dieser, ausgehend von seinem natürlichen Wortsinn, ein „undurchschaubares, geschicktes Vorgehen, mit dem sich jemand einen Vorteil verschafft, etwas Begehrtes gewinnt“64, was auf ein gezieltes und damit vorsätzliches Verhalten hindeutet. Der europäische Gesetzgeber lässt aber ausdrücklich ein Wissenmüssen genügen, wofür nach allgemeiner Auffassung (objektive) Fahrlässigkeit ausreicht. Zwar kann nicht unmittelbar auf die Definition des § 121 BGB zurückgegriffen werden, doch liefert dessen ganz gefestigte Auslegung jedenfalls ein Indiz auch für das Verständnis des europäischen Gesetzgebers, wenn nicht Anhaltspunkte dafür ersichtlich sind, dass dieser ein abweichendes Begriffsverständnis zugrunde gelegt hat.65 Dies wird auch durch einen Blick auf andere – freilich ebenfalls verbindliche – Sprachfassungen bestätigt. In der englischen Sprachfassung heißt es: „where the person who made the transmission or provided the input knew or ought to have known that it was false or misleading.“ Auch die englische Wortwahl impliziert, dass kein Vorsatz erforderlich ist. Dass mit dem „ought to have known“ eine leichtfertige und nicht auch eine einfach fahrlässige Unkenntnis gemeint sein könnte, 60  Mülbert, in: Assmann / Schneider / Mülbert, Wertpapierhandelsrecht, 7. Aufl. 2018, Art. 12 VO Nr. 596 / 2014 Rz. 214. 61  Siehe oben § 10 B.II.1. 62  Zum subjektiven Element bei den sonstigen Varianten näher Mülbert, in: Assmann / Schneider / Mülbert, Wertpapierhandelsrecht, 7. Aufl. 2018, Art. 12 VO Nr. 596 / 2014 Rz. 73 ff.; ferner Schmolke, AG 2016, 434, 442 f. 63  Mülbert, in: Assmann / Schneider / Mülbert, Wertpapierhandelsrecht, 7. Aufl. 2018, Art. 12 VO Nr. 596 / 2014 Rz.  73; Schmolke, AG 2016, 434, 442 f.; Moloney, EU Securities and Financial Markets Regulation, 3rd ed. 2014, S. 741 f.; de Schmidt, in: Just / Voß / Ritz / Becker, WpHG, 2015, § 20a Rn. 381. 64  Duden online, abrufbar unter: http: /  / www.duden.de / rechtschreibung / Manipulation (abgerufen am 3. Juni 2016). 65  Vgl. zum Verständnis des Begriffs „unverzüglich“ im Sinne des § 121 BGB auch im europäischen Recht Sajnovits, WM 2016, 765, 766 m. w. N.

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3. Kap., § 10 Verstoß gegen Marktmanipulationsverbote

ist ebenfalls nicht ersichtlich.66 Da § 120 Abs. 3d WpHG nur vorsätzliches oder leichtfertiges Handeln und § 119 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WpHG nur vorsätzliches Handeln genügen lassen, bestehen gegen diese Auslegung auf aufsichtsrechtlicher Ebene ohnehin keine Bedenken.67 Wird eine Referenzwert durch eine sonstige Handlung manipuliert, sollte man – wenn auch aus dem Wortlaut nicht ohne Weiteres ersichtlich – ebenfalls das Vorliegen von Vorsatz oder Fahrlässigkeit als subjektives Element verlangen, um so eine einheitliche Anwendung der Referenzwertmanipulation nach Art. 12 Abs. 1 lit. d MAR sicherzustellen.68 III. Kein Erfordernis eines Einwirkungserfolgs Der Wortlaut des Art. 12 Abs. 1 lit. d MAR legt nahe, dass durch die Handlungsweise die Berechnung eines Referenzwertes auch tatsächlich manipuliert werden müsse, weshalb sich die Frage stellt, ob es für die Verwirklichung neben der Vornahme der bloßen Manipulationshandlung auch eines Einwirkungserfolgs bedarf. Der Tatbestand mit seinem letzten Teilsatz „durch die die Berechnung eines Referenzwertes manipuliert wird“, bezieht sich von der Satzstellung her nicht nur auf die „sonstigen Handlungen“, sondern gleichermaßen auf die Übermittlung und Bereitstellung, also die Varianten 1 und 2 des Art. 12 Abs. 1 lit. d MAR. Auch das Wort „manipuliert“ bedeutet nicht, dass es um eine auf das Ziel einer Manipulation gerichtete Handlung geht, sondern meint eher deren Ergebnis, mithin den Manipulationserfolg, und damit die Beeinflussung der Benchmark. Die Erwägungsgründe legen jedoch bei funktionaler Betrachtung ein anderes Ergebnis nahe: Die „Berechnung eines Referenzwertes“ wird im Sinne eines weiten Verständnisses (Erwägungsgrund 44 Satz 5 MAR) nach den Erwägungsgründen bei jeder Handlung manipuliert, die die Entgegennahme und Bewertung jeglicher Daten zur Folge hat, die mit der Berechnung des betreffenden Referenzwertes zu tun haben.69 Ausweislich der Erwägungs66  Vgl. Moloney, EU Securities and Financial Markets Regulation, 3rd ed. 2014, S.  741 f. 67  Etwaige Friktionen mit dem strafrechtlichen Analogieverbot müssten ausschließlich auf der Ebene des Straf- bzw. Ordnungswidrigkeitentatbestands aufgelöst werden. Vgl. Weick-Ludewig / Sajnovits, WM 2014, 1521, 1527 f. für die Leerverkaufs-VO. 68  So auch Mülbert, in: Assmann / Schneider / Mülbert, Wertpapierhandelsrecht, 7. Aufl. 2018, Art. 12 VO Nr. 596 / 2014 Rz.  215; a. A. Schmolke in Klöhn, MAR, 1. Aufl. 2018, Art. 12 Rz. 290. 69  Vgl. Erwägungsgrund 44 Satz 6 MAR. So auch Mülbert, in: Assmann / Schneider / Mülbert, Wertpapierhandelsrecht, 7. Aufl. 2018, Art. 12 VO Nr. 596 / 2014 Rz. 213; Brinckmann, in: Meyer / Veil / Rönnau, Handbuch zum Marktmissbrauchs-



D. Sanktionenregime139

gründe ist es unerheblich, ob die Berechnung eine Trimmung beinhaltet oder nach welchen Methoden sie ansonsten abläuft, ob sie mithin vollständig oder teilweise algorithmischen oder urteilsgestützten Referenzwert-Methoden folgt.70 Durch die Klarstellung in den Erwägungsgründen, dass auch im Falle eines getrimmten Referenzwertes eine Manipulation vorliegt, wird deutlich, dass Art. 12 MAR die Vornahme der Handlung ausreichen lässt und nicht auf den tatsächlichen Einwirkungserfolg abstellt, der bei einer Trimmung eine Frage des Einzelfalls ist und auch ausbleiben kann71. Etwaige grammatikalische Unklarheiten der Verbotsnorm lassen sich daher im Wege einer teleologischen Auslegung beheben. Diese ist – jedenfalls auf der Ebene des aufsichtsrechtlichen Normbefehls – auch unproblematisch, da etwaige Friktionen mit dem Bestimmtheitsgrundsatz richtigerweise ausschließlich auf der ordnungswidrigkeitenrechtlichen Ebene aufzulösen sind.72 Davon zu unterscheiden ist der Versuch einer Benchmark-Manipulation im Sinne des Art. 15 Var. 2 MAR i. V. m. Art.12 Abs. 1 lit. d MAR. Dieser setzt bereits früher an und erfasst auch Handlungsweisen einer versuchten Falschübermittlung von Eingabedaten, die aber – etwa wegen eines technischen Versagens – nie beim Administrator ankommen, bei denen es mithin noch gar nicht zu einer Übermittlung im Sinne des Art. 12 Abs. 1 lit. d MAR gekommen ist.73

D. Sanktionenregime I. Verstoß gegen § 20a WpHG a. F. An die Verwirklichung des Marktmanipulationsverbots des § 20a WpHG a. F. durch eine informationsgestützte Manipulation knüpfen sich straf- und ordnungswidrigkeitenrechtliche Sanktionen.74 Nach § 38 Abs. 2 WpHG a. F. recht, § 15 Rz. 38 (jedenfalls für Var. 1 und 2); a. A. wohl Schmolke, in: Klöhn, MAR, 1. Aufl. 2018, Art. 12 Rz. 288: „Die Handlung muss dazu führen, dass die Berechnung des Referenzwerts manipuliert wird. Hierfür ist eine Einflussnahme auf den Berechnungsprozess erforderlich“. 70  Erwägungsgrund 44 MAR. 71  Siehe oben § 12 A.II.3. 72  Schon oben § 10 C.II. Vgl. ferner Weick-Ludewig / Sajnovits, WM 2014, 1521, 1526 ff. zur Leerverkaufs-VO. Dem tendenziell zustimmend Buck-Heeb, Kapitalmarktrecht, 8. Aufl. 2016, § 1 Rn. 44, S. 14. 73  Mülbert, in: Assmann / Schneider / Mülbert, Wertpapierhandelsrecht, 7. Aufl. 2018, Art. 15 VO Nr. 596 / 2014 Rz.  23 ff.; vgl. im Zusammenhang mit handelsgestützten Manipualtionen Zetzsche, in: Gebauer / Teichmann, Europäisches Privat- und Unternehmensrecht, 1. Aufl. 2016, § 7 C Rn. 66. 74  Überblick bei Haouache / Mülbert, in: Habersack / Mülbert / Schlitt, Kapital­ marktinformation, 2. Aufl. 2013, § 27 Rn. 89 ff.

140

3. Kap., § 10 Verstoß gegen Marktmanipulationsverbote

wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft, wer (u. a.) eine in § 39 Abs. 2 Nr. 11 WpHG a. F. bezeichnete vorsätzliche Handlung begeht. Mithin muss der Täter entgegen § 20a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Alt. 1 WpHG a. F. eine Angabe gemacht oder einen Umstand verschwiegen, und dadurch auf den Preis eines vom Marktmanipulationsverbot geschützten Finanzinstruments eingewirkt haben.75 Als strafrechtliche Nebenfolgen kommen ein Berufsverbot (§§ 70 ff. StGB) und die Anordnung des Verfalls (§§ 73 ff. StGB) in Betracht76. Nach § 39 Abs. 2 Nr. 11 WpHG a. F. handelt ordnungswidrig, wer vorsätzlich oder leichtfertig77 entgegen § 20a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Alt. 1 WpHG eine falsche oder irreführende Angabe macht. Eine tatsächliche Einwirkung ist für die Verwirklichung des Ordnungswidrigkeitentatbestands nicht erforderlich.78 Die Ordnungswidrigkeit kann nach § 39 Abs. 6 Satz 1 WpHG a. F. bei einer informationsgestützten Manipulation im Sinne des § 39 Abs. 2 Nr. 11 WpHG a. F. mit einer Geldbuße von bis zu einer Million Euro geahndet werden. Auf das verfrühte Inkrafttreten der Änderungen der §§ 38, 39 WpHG und den Wegfall des § 20a WpHG a. F. durch das 1. Finanzmarktnovellierungsgesetz hat der Gesetzgeber inzwischen mit § 137 WpHG reagiert, durch den rückwirkend das Tatzeitprinzip für Marktmanipulationen vor dem 1. Juli 2016 angeordnet wird.79 II. Verstoß gegen Art. 15 MAR 1. Strafrechtliche Sanktionierung Das öffentlich-rechtliche Sanktionenregime ist durch die MAR und die diese flankierende CRIM-MAD sowie die Umsetzung ihrer Vorgaben in deutsches Recht durch das 1. FiMaNoG deutlich erweitert worden.80 In Art. 3–5 CRIM-MAD werden die Mitgliedstaaten – anders als noch unter dem Regime der MAD I – dazu verpflichtet, jedenfalls schwerwiegende und 75  Siehe

näher oben § 10 B.III. Verfall BGH WM 2016, 1022, 1024 ff. 77  Auch dazu Haouache / Mülbert, in: Habersack / Mülbert / Schlitt, Kapitalmarkt­ information, 2. Aufl. 2013, § 27 Rn. 109. 78  Haouache / Mülbert, in: Habersack / Mülbert / Schlitt, Kapitalmarktinformation, 2. Aufl. 2013, § 27 Rn. 108. 79  Dazu Sajnovits / Wagner, WM 2017, 1189 m. w. N. 80  Dazu von der Linden, DStR 2016, 1036, 1041; Krause, CCZ 2014, 248, 258; Seibt / Wollenschläger, AG 2014, 503, 602; von Butlar, BB 2014, 451; Poelzig, NZG 2016, 492. 76  Zum



D. Sanktionenregime141

vorsätzliche Marktmanipulationen strafrechtlich zu ahnden. Diese ausdrückliche Kriminalisierungspflicht auf Basis des Art. 83 Abs. 2 AEUV stellt ein Novum dar und ist auch in kompetenzrechtlicher Hinsicht nicht unumstritten.81 Der deutsche Gesetzgeber hatte freilich schon früher die Marktmanipulation unter bestimmten Umständen strafrechtlich geahndet.82 An die Vorgängerregelung anknüpfend, wird nach § 119 Abs. 1 Alt. 2 WpHG mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft, wer vorsätzlich eine in § 120 Abs. 15 Nr. 2 WpHG bezeichnete Handlung begeht, mithin unter anderem, wer entgegen Art. 15 i. V. m. Art. 12 Abs. 1 lit. d MAR eine dort genannte Angabe übermittelt oder dort genannte Daten bereitstellt83 und durch diese Handlung auf „die Berechnung eines Referenzwertes im Inland oder in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum“ einwirkt.84 Anders als für die Verwirklichung des Marktmanipulationsverbots des Art. 15 MAR (und des Ordnungswidrigkeitentatbestands des § 120 Abs. 15 WpHG) genügt für eine Strafbarkeit nicht die Einwirkungseignung85, sondern bedarf es einer tatsächlichen Einwirkung.86 Art. 6 Abs. 2 CRIM-MAD folgend, ist auch der Versuch einer Benchmark-Manipulation strafbar (§ 119 Abs. 4 WpHG).87 2. Ordnungswidrigkeitenrechtliche Sanktionierung Gemäß § 120 Abs. 15 Nr. 2 WpHG wird der vorsätzliche oder leichtfertige Verstoß gegen Art. 15 MAR als Ordnungswidrigkeit geahndet, ohne dass eine konkrete Einwirkung erforderlich wäre. Besonders hervorzuheben ist der deutlich ausgeweitete Bebußungsrahmen des § 120 Abs. 18 WpHG. Danach kann eine Ordnungswidrigkeit nach § 120 Abs. 15 Nr. 2 WpHG gegen eine natürliche Person mit einer Geldbuße bis zu fünf Millionen Euro geahn81  Kudlich, AG 2016, 459, 461  f.; Veil / Brüggemeier, in: Fleischer / Kalss / Vogt, Enforcement im Gesellschafts- und Kapitalmarktrecht 2015, S. 277, 278. 82  Siehe soeben § 10 D.I. 83  Siehe oben § 10 C.III. 84  Unabhängig von der Frage der Erfüllung des Bestimmtheitsgebots durch das Marktmanipulationsverbot als solches, die zu § 20a WpHG umfassend geführt wurde (siehe Vogel, in: Assmann / Schneider, WpHG, 6. Aufl. 2012, Vor § 20a Rn. 26 ff. m. w. N.), wirft die Strafbarkeitsbegründung durch lange Verweisungsketten eigene Bestimmtheitsprobleme auf (dazu Kudlich, AG 2016, 459, 463). 85  Siehe oben § 10 C.III. 86  Siehe auch Begr. RegE BT-Drucks. 18 / 7482, S. 64. 87  Insoweit liegt in gewisser Weise eine Doppelung vor, da der Versuch schon einen Verstoß gegen Art. 15 MAR darstellen kann und damit ohnehin in dem Verweis auf diese Bestimmung enthalten ist.

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3. Kap., § 10 Verstoß gegen Marktmanipulationsverbote

det werden.88 Gegen eine juristische Person oder Personenvereinigung kann nach § 120 Abs. 18 Satz 2 WpHG eine noch höhere Geldbuße verhängt werden. Diese darf den höheren der Beträge von 15 Millionen Euro und 15 % des Gesamtumsatzes, den die juristische Person oder Personenvereinigung in dem der Behördenentscheidung vorausgegangenen Geschäftsjahr erzielt hat, nicht überschreiten. Sie kann also bei einem hohen Jahresumsatz auch deutlich über 15 Millionen Euro liegen89. Dies gilt vor allem wegen der Definition des Gesamtumsatzes nach § 120 Abs. 23 Satz 1 Nr. 1–3 WpHG in § 120 Abs. 18 WpHG. Soweit es sich bei der juristischen Person oder Personenvereinigung nämlich um ein Mutterunternehmen oder um eine Tochtergesellschaft handelt, ist nach § 120 Abs. 23 Satz 2 WpHG anstelle des Gesamtumsatzes der juristischen Person oder Personenvereinigung der jeweilige Gesamtbetrag in dem Konzernabschluss des Mutterunternehmens maßgeblich.90 Ferner kann nach § 120 Abs. 18 Satz 3 WpHG die Ordnungswidrigkeit mit einer Geldbuße bis zu dem dreifachen Betrag des aus dem Verstoß gezogenen wirtschaftlichen Vorteils geahndet werden. Der wirtschaftliche Vorteil umfasst erzielte Gewinne und vermiedene Verluste und kann geschätzt werden (§ 120 Abs. 18 Satz 4 WpHG).91 Hierbei handelt es sich um eine – weil potenzierte – über § 17 Abs. 4 OWiG hinausgehende Möglichkeit der Vorteilsabschöpfung.92 Die Anwendung des § 17 Abs. 2 OWiG ist durch § 120 Abs. 25 Satz 1 WpHG ausdrücklich ausgeschlossen, sodass der Bußgeldrahmen auch bei einer fahrlässigen Marktmanipulation nicht begrenzt ist. Die Bebußung richtet sich gemäß § 120 Abs. 23 WpHG nach dem Konzernumsatz (Bemessungsgrundlage). Anders als im Kartellrecht wird aber nicht unmittelbar das Mutterunternehmen sanktioniert, es sei denn, dem Mutterunternehmen ist selbst ein Verstoß gegen § 130 OWiG vorzuwerfen. Das ist ein wichtiger Unterschied, da der Vorwurf einer verbandsweiten „verschuldensunabhängigen“ Sanktionierung damit nicht gleichermaßen durchgreift.93 Zwar mag das Mutterunternehmen, je nach Fall, faktisch für das Bußgeld aufkommen, eine rechtliche Verpflichtung wird aber in der Regel nicht bestehen: Solange innerhalb einer Konzernierung keine Veranlassung 88  Poelzig,

NZG 2016, 492, 497. hat sich der deutsche Gesetzgeber richtlinienkonform dafür entschieden, auf den jeweils höheren Betrag als Obergrenze abzustellen, obgleich er sich nach der Richtlinie auch für einen Wert hätte entscheiden können. So auch Teigelack / Dolff, BB 2016, 387, 389; Poelzig, NZG 2016, 492, 498; Kudlich, AG 2016, 459, 464. 90  Kritisch dazu Poelzig, NZG 2016, 492, 498. 91  Poelzig, NZG 2016, 492, 499. 92  Poelzig, NZG 2016, 492, 499. 93  Vielmehr liegt „nur“ eine quasi verschuldensunabhängige Erhöhung des Bußgeldrahmens vor. So Kudlich, AG 2016, 459, 464. 89  Insoweit



D. Sanktionenregime143

im Sinne des § 311 AktG vorlag, wird es auch keinen Nachteilsausgleichsanspruch geben. Bei Beherrschungsverträgen muss das Mutterunternehmen allenfalls mittelbar dann für das Bußgeld aufkommen, wenn dieses zu einem Verlust bei der Tochtergesellschaft führen würde und das Mutterunternehmen diesen auszugleichen hätte (§ 302 AktG). 3. Sonstige aufsichtsrechtliche Sanktionen Neben die straf- und ordnungswidrigkeitenrechtliche Flankierung des Marktmanipulationsverbots treten weitere Verwaltungsmaßnahmen, die vorrangig durch § 6 WpHG geregelt werden. So kann die BaFin nach § 6 Abs. 6 WpHG bei einem Verstoß gegen Art. 15 MAR zur Verhinderung weiterer Verstöße für einen Zeitraum von bis zu zwei Jahren die Einstellung der den Verstoß begründenden Handlungen oder Verhaltensweisen verlangen. Darunter wird, bezogen auf Kontributoren, aber nur die verbotswidrig falsche Meldung von Eingabedaten und nicht grundsätzlich deren Meldung an einen bestimmten Administrator zu verstehen sein. Nach § 6 Abs. 7 WpHG kann die BaFin einer natürlichen Person, die für einen Verstoß gegen Art. 15 MAR verantwortlich ist, für einen Zeitraum von bis zu zwei Jahren untersagen, Geschäfte für eigene Rechnung in den in Art. 2 Abs. 1 MAR genannten Finanzinstrumenten und Produkten zu tätigen. Weiter kann die BaFin nach § 6 Abs. 8 WpHG einer Person, die bei einem von der BaFin beaufsichtigten Unternehmen tätig ist, für einen Zeitraum von bis zu zwei Jahren die Ausübung der Berufstätigkeit untersagen, wenn diese vorsätzlich gegen Art. 15 MAR verstoßen hat und dieses Verhalten trotz Verwarnung durch die BaFin fortsetzt. Nach § 125 WpHG muss die BaFin Entscheidungen über Maßnahmen und Sanktionen, die wegen Verstößen auch gegen Art. 15 MAR erlassen wurden, unverzüglich nach Unterrichtung der natürlichen oder juristischen Person, gegen die die Maßnahme oder Sanktion verhängt wurde, auf ihrer Internetseite bekanntmachen (sog. naming and shaming).94 Dies gilt nicht für Entscheidungen über Ermittlungsmaßnahmen (§ 125 Abs. 1 Satz 2). Nur unter besonderen Voraussetzungen (§ 125 Abs. 3 WpHG) kann die BaFin die Veröffentlichung aufschieben (§ 125 Abs. 3 Nr. 1 WpHG), anonymisieren (§ 125 Abs. 3 Nr. 2 WpHG) oder (vorläufig) sogar ganz unterlassen (§ 125 Abs. 3 Nr. 3 WpHG). Nach § 125 Abs. 4 WpHG hat die BaFin bei nicht bestandsoder nicht rechtskräftigen Entscheidungen einen Hinweis hinzuzufügen, woraus sich sogleich ergibt, dass sich die Bekanntmachungspflicht nach § 125 Abs. 1 WpHG auch auf derartige Entscheidungen erstreckt. 94  Dazu näher Nartowska / Knierbein, NZG 2016, 256. Siehe zu entsprechenden Pflichten im Rahmen der BMR oben § 8 B.

144

3. Kap., § 10 Verstoß gegen Marktmanipulationsverbote

E. Fazit zu Verstößen gegen die Marktmanipulationsverbote Die Manipulation von Financial-Benchmarks durch die Übermittlung fehlerhafter Eingabedaten von Kontributoren an Administratoren stellt nach § 20a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Alt. 1 WpHG a. F. eine verbotene informationsgestützte Marktmanipulation dar. Das gilt, sofern die Preisentwicklung von an einem regulierten Markt gehandelten Finanzinstrumenten von der manipulierten Benchmark abhängt, was jedenfalls bei LIBOR und EURIBOR der Fall ist. Die Meldung falscher Eingabedaten ist auch bei einer getrimmten Mittelwertsberechnung generell zur Kursbeeinflussung geeignet. Nach neuem Recht stellt sogar eine fahrlässige Meldung oder sonstige Übermittlung von falschen Eingabedaten an einen Administrator eine verbotene Marktmanipulation im Sinne der Art. 15, 12 Abs. 1 lit. d MAR dar. Eine tatsächliche Beeinflussung der Benchmark muss für den aufsichtsrechtlichen Verstoß nicht vorliegen. Die MAR sieht im Verhältnis zum Regime der MAD I erweiterte Ermittlungs- und Eingriffsbefugnisse der zuständigen Aufsichtsbehörden zur Aufdeckung von marktmissbräuchlichem Verhalten vor. Zudem wurde das gesamte Sanktionenregime verschärft. Insgesamt setzt das neue Marktmissbrauchsregime deutlich auf aufsichtsrechtliche Durchsetzungsmechanismen und regelt die Beteiligung Privater nur am Rande.



A. Einführung145

§ 11  Kartellaufsichtsrechtliche Aspekte manipulierter Benchmarks A. Einführung Die kartellrechtlichen Auswirkungen der Manipulationen wurden in der deutschsprachigen Literatur noch nicht vertieft untersucht.1 Die Europäische Kommission hat im Zusammenhang mit EURIBOR-2 und Yen-LIBOR-3 sowie mit CHF-LIBOR-Manipulationen4 Bußgeldbescheide gegen einige Großbanken von insgesamt ca. 1,5 Milliarden Euro verhängt.5 Im Zuge der Ermittlungen wurde nachgewiesen bzw. haben die Banken eingeräumt, dass ihre Händler aktiv miteinander kommuniziert und Vereinbarungen dahingehend getroffen hatten, dass mehrere Banken gezielte Falschmeldungen an die Administratoren der Benchmarks abgeben würden.6 Diese konzertierten Meldungen waren geeignet, den Kursverlauf von LIBOR und EURIBOR stärker zu beeinflussen, als dies bei unabgestimmten Falschmeldungen möglich gewesen wäre. Da jedenfalls die Banken als primäre Adressaten dieser Bescheide nicht gerichtlich gegen ebendiese vorgegangen sind, wird der EuGH gegebenenfalls keine Gelegenheit haben zu beurteilen, ob ein materiell-rechtlicher Kartellverstoß tatsächlich vorlag. Aus rechtswissenschaftlicher Sicht bleibt die Frage gleichwohl von erheblichem Interesse, zumal die Bewertung in der Literatur durchaus unterschiedlich ausfällt.7 Nebenfragen der kartellrecht­ immerhin Fleischer / Bueren, DB 2012, 2561, 2565 ff. Kommission, Pressemitteilung v. 7. Dezember 2016. 3  Europäische Kommission, Pressemitteilung v. 4. Dezember 2013 (aktualisiert am 6. April 2016). 4  Zusammenfassung des Beschlusses der Kommission vom 21. Oktober 2014 (Sache AT.39924 – Zinsderivate in Schweizer Franken) (CHF LIBOR), ABl. der EU v. 28.2.2015 C72 / 9. 5  Näher zur Bußgeldbemessung im Yen-LIBOR-Kartell: European Commission, Case AT.39861 – Yen Interest Rate Derivatives, 2013, S. 23 ff. Zu den europäischen Kartellverfahren auch J.Kübler, in: Zerey, Finanzderivate – Rechtshandbuch, 4. Aufl. 2016, § 35 Rn. 49 f. 6  Näher zu den nachgewiesenen und von den beteiligten Banken auch eingeräumten Verhaltensweisen der Händler: European Commission, Case AT.39861 – Yen Interest Rate Derivatives, 2013, S. 13 ff. 7  Für einen Kartellverstoß (jedenfalls bei einer Aufwärtsbeeinflussung des ­LIBOR) Badtke, in: Schwintowski, Bankrecht, 4. Aufl. 2014, § 23 Rn. 464; J.Kübler, in: Zerey, Finanzderivate – Rechtshandbuch, 4. Aufl. 2016, § 35 Rn. 49 ff.; wohl auch Schneider, in: Wiedemann, Kartellrecht, 3. Aufl. 2016, § 33 Rn. 284; a. A. (gegen Kartellverstoß) Pascall, World Competition 39 (2016), 161, 171 ff.; wohl auch Fleischer / Bueren, DB 2012, 2561, 2566 (für einen Verstoß gegen Art. 101 AEUV wegen 1  Siehe

2  Europäische

146 3. Kap., § 11 Kartellaufsichtsrechtliche Aspekte manipulierter Benchmarks

lichen Beurteilung wurden immerhin durch ein u. a. von ICAP angestoßenes Verfahren vor dem EuG geklärt.8 ICAP hatte sich gegen eine Bebußung wegen Beihilfe zu den erwähnten Yen-LIBOR-Manipulationen und gegen einen Verstoß gegen die Unschuldsvermutung gewendet, da in den Vergleichsverfahren mit den Banken die Schuld von ICAP festgestellt wurde.9 Das EuG entschied, dass der Grundsatz der Unschuldsvermutung verletzt wird, wenn die Europäische Kommission in einer Entscheidung gegen dritte Unternehmen einen Kartellverstoß gegen ein anderes Unternehmen (ICAP) feststellt.10

B. Die Bußgeldbescheide der Europäischen Kommission Das Kartellverfahren bei der Europäischen Kommission im Falle des YenLIBOR-Kartells wurde durch eine Selbstanzeige vom 17. Dezember 2010 angestoßen, der ein Antrag nach Nr. 14 und Nr. 5 der Leniency-Mitteilung folgte. Letzterem gab die Europäische Kommission am 29. Juni 2011 statt.11 In der Folge begannen die Untersuchungen bei den Kartellanten.12 Die erwähnten Bußgeldbescheide wurden von der Europäischen Kommission im sog. Vergleichsverfahren erlassen.13 Die Zuwiderhandlungen wurden in diesem Zuge von den Unternehmen eingeräumt und die Geldbußen angenommen.14 Ihre vollständige Entscheidung hat die Europäische Kommission im YenLIBOR-Verfahren – mit einigen Schwärzungen – veröffentlicht.15 Sie betont darin, wie auch in ihrer Pressemitteilung vom 4. Dezember 2013, zuletzt geändert am 6. April 2016, dass gegen acht internationale Finanzinstitute Preisabsprachen); offen Bunte, in: Lange / Bunte, Kartellrecht, Bd. 2, 12. Aufl. 2014, Syst. VII Rn. 27. 8  EuG, Urteil v. 10.11.2017 − T-180 / 15  – Zinsderivate-Kartell Icap, NZKart 2018, 44. 9  EuG  – T-180 / 15 (Yen-Zinssatz-Derivate) mit dem Antrag den Beschluss der Kommission vom 4. Februar 2015 in der Sache AT.39861 – Yen-Zinssatz-Derivate – C(2015) 432 final ganz oder teilweise für nichtig zu erklären. Dazu Pascall, World Competition 39 (2016), 161, 162. 10  EuG, Urteil v. 10.11.2017 − T-180 / 15  – Zinsderivate-Kartell Icap, NZKart 2018, 44. 11  European Commission, Case AT.39861 – Yen Interest Rate Derivatives, 2013, S. 11. 12  Zum gesamten Ablauf beim Yen-LIBOR-Kartell European Commission, Case AT.39861 – Yen Interest Rate Derivatives, 2013, S. 11. 13  Europäische Kommission, Pressemitteilung, IP / 13 / 1208, S. 1; European Commission, Case AT.39861 – Yen Interest Rate Derivatives, 2013, S. 12 f. 14  Europäische Kommission, Pressemitteilung, IP / 13 / 1208, S. 1. 15  European Commission, Case AT.39861 – Yen Interest Rate Derivatives, 2013.



C. Kartellverstoß147

wegen illegaler Kartelle auf den Märkten für Finanzderivate im EWR Geldbußen verhängt wurden.16 Es ist von mehreren selbstständigen bilateralen Absprachen in Bezug auf Zinsderivate in Euro und japanischem Yen die Rede. Die Absprachen werden als abgestimmtes Verhalten zwischen Wettbewerbern charakterisiert17 und insgesamt als Verstoß gegen Art. 101 AEUV und Art. 53 des EWR-Abkommens eingeordnet.18

C. Kartellverstoß I. Kein verdrängender Anwendungsvorrang des Kapitalmarktrechts Die Manipulation des LIBOR stellt – wie unter § 10 gezeigt – einen Verstoß gegen das Marktmanipulationsverbot des § 20a WpHG a. F. wie auch des Art. 15 MAR dar. In der Literatur wird teilweise die Auffassung vertreten, dass es einen Anwendungsvorrang des Kapitalmarktrechts vor dem Kartellrecht gebe, der für Handlungsweisen, die bereits einem kapitalmarktrechtlichen Verbot unterfallen, aus Lex-specialis-Gesichtspunkten eine kartellrechtliche Ahndung ausschließe.19 Einem solchermaßen „verdrängenden“ Vorrang des Kapitalmarktrechts ist aus mehreren Gründen zu widersprechen.20 Zunächst dienen das Kapitalmarktrecht einerseits und das Kartellrecht andererseits im Wesentlichen unterschiedlichen Zwecken. Das Kapitalmarktrecht mit seinem Verbot der Marktmanipulation nimmt bestimmte – für den Kapitalmarkt und dessen effiziente Entwicklung als schädlich empfundene – Verhaltensweisen zum Ausgangspunkt seines Verbotstatbestands und der sich daran anknüpfenden Sanktionierung.21 Das Kartellrecht ist auf die Verhinderung von Wettbewerbsbeschränkungen auf bestimmten Märkten bezogen. Es verbietet ganz

16  Europäische

Kommission, Pressemitteilung, IP / 13 / 1208, S. 1. Commission, Case AT.39861 – Yen Interest Rate Derivatives, 2013, S. 18 f. Ausdrücklich verzichtet die Europäische Kommission, in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des EuGH, auf eine klare Festlegung hinsichtlich der Form der Konzertierung. 18  Europäische Kommission, Pressemitteilung, IP / 13 / 1208, S. 1; European Commission, Case AT.39861 – Yen Interest Rate Derivatives, 2013, S. 20 f. 19  Mock, in: KölnKommWpHG, 2. Aufl. 2014, § 20a Rn. 89. Aus der internationalen Debatte etwa Hamburger, International Trade Law & Regulation 2015, 120 ff. Parallele Überlegungen gibt es zum Verhältnis zwischen Marktmanipulation und § 4 Nr. 11 UWG, siehe dazu Klöhn, ZHR 172 (2008), 388. 20  Dagegen auch Zetzsche, ZHR 179 (2015) 490, 504 ff.; Schuhmacher, in: Leupold, Forum Verbraucherrecht, 2015, S. 59, 69 f. 21  Vgl. Kämmerer, in: FS Hopt, 2010, Bd. 1, S. 2043, 2050. 17  European

148 3. Kap., § 11 Kartellaufsichtsrechtliche Aspekte manipulierter Benchmarks

allgemein den Wettbewerb auf ebendiesen Märkten beschränkende Verhaltensweisen.22 Ist wie im Fall der Manipulationen von Referenzzinssätzen durch mehrere Panelbanken bereits die einzelne Verhaltensweise einer Panelbank ein Verstoß gegen das Marktmanipulationsverbot23, wird deutlich, dass die Ahndung der Konzertierung auf der kartellrechtlichen Ebene einen anderen Gegenstand bzw. eine andere Verhaltensweise zum Ausgangspunkt nehmen kann und sich deshalb schon kein Lex-specialis-Verhältnis ergibt. Der für Wettbewerbspolitik zuständige Kommissar Almunia führte in diesem Zusammenhang aus: „Was beim LIBOR- und EURIBOR-Skandal so schockierend war, ist nicht nur die Manipulation der Referenzzinssätze, …, sondern auch das abgestimmte Verhalten zwischen Banken, die eigentlich miteinander im Wettbewerb stehen sollten …“.24 Hinzu kommt, dass die Banken bei den konzertierten Falschmeldungen unter Ausschaltung ihres Wettbewerbsverhältnisses auf den Folgemärkten (Derivatemärkten) gegen das Kartellrecht verstoßen haben.25 Dass diese Konzertierung und die damit verbundene Wettbewerbsbeschränkung auf dem Derivatemarkt auch eine (gemeinschaftliche) Marktmanipulation durch die Falschmeldungen an die Administratoren darstellt, erfasst den eigenen und über die Beeinträchtigung der Integrität des Kapitalmarkts hinausgehenden Unwertgehalt der kartellarischen Verhaltensweise noch nicht hinreichend. Ein Kartellverstoß könnte etwa dann nicht angenommen werden, wenn es auf den Folgemärkten kein Wettbewerbsverhältnis gegeben hätte26. Dies hätte aber keinen Einfluss auf das Vorliegen einer Marktmanipulation. Andererseits müsste eine Marktmanipulation – jedenfalls nach § 20a WpHG a. F. – etwa dann verneint werden, wenn keine vom Anwendungsbereich des WpHG erfassten Finanzinstrumente betroffen wären. Eine Wettbewerbsbeschränkung könnte aber gleichwohl vorliegen, solange nur ein Wettbewerbsverhältnis auf den Folgemärkten besteht. Dass die Zufälligkeit der Beeinflussung eines Finanzinstruments, das dem Anwendungsbereich des Marktmanipulationsverbots unterfällt, an dem kartellarischen Unwertgehalt einer Wettbewerbsbeschränkung auf dem Derivatemarkt etwas ändern solle, leuchtet nicht ein. Daran ändert auch der deutlich erweiterte Anwendungsbereich der MAR, die auch OTC-Finanzinstrumente mit umfasst, nichts.27 Das Kapitalmarktrecht 22  Säcker,

4 ff.

23  Siehe

in: MünchKommEU-Wettbewerbsrecht, 2. Aufl. 2015, Einl. Rn. 1 ff.,

näher oben § 10 B. und C. Kommission, Pressemitteilung, IP / 13 / 1208, S. 1. 25  Siehe dazu näher sogleich § 11 C.II. 26  Siehe sogleich § 11 C.II.2. 27  Siehe dazu oben § 10 C.I. 24  Europäische



C. Kartellverstoß149

und besonders das Verbot der Marktmanipulation taugen nicht dazu, den eigenständigen Unrechtsgehalt einer Wettbewerbsbeschränkung – fernab von einem Vertrauensverlust und den damit einhergehenden Gefahren für die Effizienz des Kapitalmarktes – adäquat zu erfassen. Ganz in diesem Sinne betont Erwägungsgrund 80 MAR, dass die Anwendung der Wettbewerbsvorschriften der Union durch die MAR und die auf ihrer Grundlage erlassenen Rechtsakte nicht berührt werden. Gegen eine generelle Verdrängung des Kartellrechts bei der Verwirklichung eines kapitalmarktrechtlichen Verbotstatbestands spricht zudem die Rechtsprechung des EuGH zum Verhältnis des Bankrechts zum Kartellrecht. Dort verneint der EuGH schon seit Langem eine ungeschriebene Bereichsausnahme und damit eine Verdrängung des Kartellrechts.28 Warum für das Verhältnis zwischen Kartell- und Kapitalmarktrecht etwas anderes gelten soll ist nicht einsichtig. Unbestreitbare Überschneidungsbereiche zwischen Kapitalmarkt- und Kartellrecht sollten daher nicht durch eine verdrängende Konkurrenz, sondern durch eine Beachtung bei der parallelen Sanktionierung – auch um eine Verletzung des Ne-bis-in-idem-Grundsatzes zu vermeiden – berücksichtigt werden. Diese Überlegung verträgt sich auch mit der jüngeren Rechtsprechung des EuGHs zum Ne-bis-in-idem-Grundsatz im Zusammenhang mit dem Marktmanipulationsverbot. In drei jüngeren Entscheidungen aus März 2018 hat der EuGH entschieden, dass der Grundsatz ne bis in idem (Doppelbestrafungsverbot) zum Schutz der finanziellen Interessen der Union und ihrer Finanzmärkte auf Basis des Art.  52 Abs.  1 Europäische Grundrechtecharta beschränkt werden kann29. Insoweit könne „das Ziel, die Inte­ grität der Finanzmärkte und das Vertrauen der Öffentlichkeit in die Finanz­ instrumente zu schützen, eine Kumulierung von Verfolgungsmaßnahmen und Sanktionen strafrechtlicher Natur, wie sie nach der in den Ausgangsverfahren fraglichen Regelung zulässig ist, rechtfertigen, wenn zur Erreichung eines solchen Ziels mit diesen Verfolgungsmaßnahmen und Sanktionen komplementäre Zwecke verfolgt werden, die gegebenenfalls verschiedene Aspekte desselben rechtswidrigen Verhaltens betreffen.“30 Voraussetzung dafür sei aber, dass die Beschränkung nicht über das hinausgehe, was zur Erreichung dieser Ziele zwingend erforderlich sei31.

28  EuGH v. 14.  Juli 1981  – 172 / 80, Slg. 1981, 2021 = WM 1981, 1102 (Zuechner / Bayerische Vereinsbank); dazu auch Zetzsche, ZHR 179 (2015), 490, 505. 29  EuGH Urteile vom 20.03.2018, Az.: C-524 / 15, C-537 / 16, C-596 / 16 und C-597 / 16 = EuZW 2018, 301 und BeckRS 2018, 3253. 30  EuGH EuZW 2018, 301 Rz. 42. 31  EuGH EuZW 2018, 301 Rz. 43.

150 3. Kap., § 11 Kartellaufsichtsrechtliche Aspekte manipulierter Benchmarks

II. Verstoß gegen das Kartellverbot des Art. 101 AEUV durch kollusive Manipulationen von Referenzzinssätzen 1. Abgestimmte Verhaltensweise zwischen Unternehmen Erste Voraussetzung eines Kartellverstoßes ist das Vorliegen einer abgestimmten Verhaltensweise zwischen Unternehmen. Ausweislich der öffentlich bekannt gewordenen Ermittlungsunterlagen der Europäischen Kommission sowie der Zugeständnisse der Kartellanten haben Derivatehändler und sonstige Mitarbeiter unterschiedlicher Panelbanken über ihre Meldungen an die Administratoren miteinander kommuniziert und vereinbarungsgemäß zu hohe oder zu niedrige Zinsmeldungen abgegeben.32 So sollte durch die Händler sichergestellt werden, dass trotz der Berechnungsmethodik von ­LIBOR und EURIBOR eine Beeinflussung in die gewünschte Richtung sicher oder doch wenigstens deutlich wahrscheinlicher ist, als dies bei einer einzelnen Falschmeldung der Fall wäre. Tatsächlich nehmen Wahrscheinlichkeit und Ausmaß einer Beeinflussung durch eine höhere Zahl gleichgerichteter manipulierter Eingabedaten zu. Die Koordinierung zwischen den Banken als Unternehmen ist nach den Sachverhaltsfeststellungen der Europäischen Kommission und auch nach den übrigen Ermittlungen internationaler Aufsichtsbehörden ohne Weiteres jedenfalls als abgestimmte Verhaltensweise zu werten33. Die Unternehmen hatten sich ja über ihre Meldungen verständigt und damit das Risiko abweichender Meldungen anderer Banken und dadurch bedingter geringerer Einflüsse der eigenen Falschmeldungen auf die Berechnung des LIBOR / EURIBOR minimiert. Damit hatten sich die Kartellanten bewusst dazu entschlossen, das Risiko eines unsicheren Wettbewerbsprozesses bei der Preisbildung auf dem Derivatemarkt durch Kooperation zu substituieren. Aus kartellrechtlicher Sicht ohne Belang ist es dabei, ob das abgestimmte Verhalten vom Management ausging oder aber, wie in der Regel, durch einzelne Händler erfolgte: Für die Verwirklichung des Kartellverstoßes reicht es aus, dass die handelnden Mitarbeiter generell dazu berechtigt waren, für die 32  Siehe

oben § 3 B.II.2. und § 11 B. abgestimmte Verhaltensweise erfordert – im Unterschied zu einem einfachen Parallelverhalten – eine Koordinierung, die „bewusst eine praktische Zusammenarbeit an die Stelle des mit Risiken verbundenen Wettbewerbs treten lässt“. Siehe nur Dreher / Kulka, Wettbewerbs- und Kartellrecht, 9. Aufl. 2016, § 7 B III 4 Rn. 857. Eine Vereinbarung i. S. d. Art. 101 Abs. 1 AEUV liegt demgegenüber nach der Rechtsprechung des EuGH vor, „wenn die betreffenden Unternehmen ihren gemeinsamen Willen zum Ausdruck gebracht haben, sich auf dem Markt in einer bestimmten Weise zu verhalten.“ Dazu EuGH v. 8.  Juli 1999  – C-49 / 92 P, Slg 1999, I-4125 Rn. 130 (Polypropylen); siehe zum Tatbestandsmerkmal der Vereinbarung auch Dreher / Kulka, Wettbewerbs- und Kartellrecht, 9. Aufl. 2016, § 7 B III 2 Rn. 851 ff. 33  Eine



C. Kartellverstoß151

jeweilige Bank zu handeln.34 Daran ändert auch der Umstand nichts, dass die Handlungen der Derivatehändler zumeist mit Blick auf ihre eigenen Handelsbücher erfolgten und ggf. unter Berücksichtigung der gesamten Handelspositionen der Bank für diese nachteilig waren.35 Bei der Beurteilung der Verwirklichung der Handlungsform (Vereinbarung oder abgestimmte Verhaltensweise) können Erwägungen zur wirtschaftlichen Sinnhaftigkeit kartellarischen Verhaltens nicht berücksichtigt werden. Die Kommission wertete im Übrigen zu Recht die zahlreichen Absprachen im jeweils bilateralen Verhältnis zwischen zwei Banken als je einheitliche fortlaufende Rechtsverletzung.36 2. Preisfestsetzung als bezweckte Wettbewerbsbeschränkung a) US-amerikanische Rechtsprechung als Diskussionsauslöser Anknüpfend an eine US-amerikanische Instanzgerichtsentscheidung, wurde auch in der europäischen Literatur argumentiert, in dem konzertierten Verhalten der Händler liege deshalb kein Verstoß gegen Art. 101 AEUV, weil die Absprachen der Banken nicht auf dem Markt für Zinsderivate, sondern auf dem für die Ermittlung des LIBOR vorgenommen worden seien und es sich bei diesem nicht um einen kompetitiven, sondern vielmehr um einen kooperativen Markt handele.37 Der Markt für die Ermittlung des LIBOR wird nach dieser Auffassung damit als eigenständiger Produktmarkt klassifiziert, und die Verhaltensweisen werden als ausschließlich auf diesen Markt bezogen gewertet. Der United States District Court for the Southern District of New York38 hatte durch Judge Buchwald angeführt, dass der Prozess der LIBOR-Ermittlung kooperativ und nicht kompetitiv sei, weshalb jede Vereinbarung bzw. Absprache zwischen den sich im Panel befindenden Banken den Wettbewerb zwischen ihnen nicht beeinträchtige.39 34  Vgl. nur EuGH v. 7.  Februar 2013  – C-68 / 12, WM 2013, 1067 Rn. 25 (Protimonopolný úrad Slovenskej republiky / Slovenská sporiteľňa a. s.). Dazu im vorliegenden Zusammenhang Pascall, World Competition 39 (2016), 161, 178; Badtke, in: Schwintowski, Bankrecht, 4. Aufl. 2014, § 23 Rn. 451. 35  So aber Pascall, World Competition 39 (2016), 161, 178. 36  European Commission, Case AT.39861 – Yen Interest Rate Derivatives, 2013, S. 19. 37  Pascall, World Competition 39 (2016), 161, 171 ff. 38  935 F. Supp. 2d 666, 687 (S.D.N.Y. 2013), abrufbar unter: http: /  / blogs.reuters. com / alison-frankel / files / 2014 / 03 / In-re-LIBOR-Based-Financial-Instruments-Anti trust-Litigation.pdf. 39  935 F. Supp. 2d 666, 687 (S.D.N.Y. 2013), abrufbar unter: http: /  / blogs.reuters. com / alison-frankel / files / 2014 / 03 / In-re-LIBOR-Based-Financial-Instruments-Anti­

152 3. Kap., § 11 Kartellaufsichtsrechtliche Aspekte manipulierter Benchmarks

Dieser Argumentation hat das Berufungsgericht (Second Circuit) für das amerikanische Kartellrecht eine Absage erteilt.40 Dieses urteilte, dass in den Absprachen zur Beeinflussung des LIBOR durchaus ein per se illegales horizontales Preiskartell zwischen Wettbewerbern zu erblicken sei. Es brachte damit zum Ausdruck, dass bei Anerkennung der Bedeutung des LIBOR für die Preisermittlung auf den Folgemärkten (Zinsderivate) jegliche konzertierte Beeinflussung des LIBOR auch ein Preiskartell darstelle. Dabei bezeichnete es der Second Circuit als irrelevant, dass der LIBOR-Ermittlungsprozess als solcher kooperativ ist. b) Bezweckte Kernbeschränkung Beim europäischen Kartellverbot des Art. 101 AEUV muss man mit ganz ähnlicher Argumentation ebenfalls zu einer durch die abgestimmte Verhaltensweise bezweckten Wettbewerbsbeschränkung durch eine Preisabsprache (Art. 101 Abs. 1 lit. a AEUV) kommen, und zwar sowohl für Absprachen hinsichtlich einer Anhebung41 als auch für solche hinsichtlich einer Absenkung des LIBOR oder EURIBOR42. Ganz in diesem Sinne ging auch die Europäische Kommission von einer Preisfestsetzung als Regelbeispiel einer Wettbewerbsbeschränkung aus (Art. 101 Abs. 1 lit. a AEUV).43 Für den relevanten Markt, auf dem die Verhaltensweise stattgefunden hat, stellt die Europäische Kommission ganz zu Recht auf den Wettbewerbsmarkt für Derivate und nicht auf den für die Ermittlung des LIBOR ab.44 Auf diesem Markt für Zinsderivate, die in ihrer Preisentwicklung von Referenzzinssätzen wie dem LIBOR und dem EURIBOR abhängen, stehen die Paneltrust-Litigation.pdf. Die Entscheidung wurde in der amerikanischen Literatur zum Teil scharf kritisiert, siehe Foster, DePaul Business & Commercial Law Journal 11 (2013), 291; Foster, International Law & Management Review 10 (2014), 91; Wolfram, Working Paper, 2015. 40  935 F. Supp. 2d 666 (S.D.N.Y. 2013) („LIBOR I“). 41  Badtke, in: Schwintowski, Bankrecht, 4. Aufl. 2014, § 23 Rn. 464. 42  A. A. Fleischer / Bueren, DB 2012, 2561, 2566. 43  European Commission, Case AT.39861 – Yen Interest Rate Derivatives, 2013, S.  20 f.; Pascall, World Competition 39 (2016), 161, 171. 44  Europäische Kommission, Pressemitteilung, IP / 13 / 1208, S. 1. In der Literatur wird eine Marktabgrenzung bei der Prüfung des Art. 101 AEUV jedenfalls bei Hardcore-Kartellen für entbehrlich gehalten. Siehe etwa Dreher / Kulka, Wettbewerbs- und Kartellrecht, 9. Aufl. 2016, § 6 A III 3 Rn. 757. Da aber die Diskussion jedenfalls durch die US-amerikansiche Judikatur und Literatur auf die Marktabgrenzung gelenkt ist, ist eine Abgrenzung durchaus angezeigt. Siehe auch EuG v. 6. Juli 2000 – T-62 / 98, Slg. II 2000, 2707 Rn. 230 = WuW 2000, 782, wonach eine Marktabgrenzung bei Art. 101 AEUV erforderlich sei, wenn ohne eine solche der Verstoß nicht klar bestimmt werden kann.



C. Kartellverstoß153

banken sowohl untereinander als auch mit nicht am Panel beteiligten Banken und Finanzinstituten im Wettbewerb, weil sie um den Abschluss von Derivaten mit Marktteilnehmern konkurrieren.45 Im Fall des Yen-LIBOR-Kartells etwa haben die Unternehmen mit ihren Absprachen über eine Beeinflussung des Yen-LIBOR eine Wettbewerbsbeschränkung auf den Märkten für Yen-LIBOR-gebundene Zinsderivate bezweckt. Die Absprachen stellten eine mittelbare Preisfestsetzung und damit eine Kernbeschränkung im Sinne des Regelbeispiels von Art. 101 Abs. 1 lit. a AEUV dar. Von einer mittelbaren Festsetzung spricht man, wenn die Vereinbarung bzw. die abgestimmte Verhaltensweise Preisbestandteile betrifft.46 Die Händler haben durch ihre konzertiert zu hohen oder zu niedrigen Meldungen den LIBOR nach oben oder nach unten gelenkt und dadurch die Preise von Zinsderivaten beeinflusst. Dass die subjektive Zwecksetzung der Händler nicht unmittelbar auf die Ankaufs- oder Verkaufspreise der Derivate, sondern auf den Wert ihrer jeweiligen Handelspositionen abzielte, ist nicht maßgeblich, da es beim Bezwecken im Sinne des Art. 101 Abs. 1 AEUV nur auf die objektive Zwecksetzung ankommt47 und die Beeinflussung des Preisbestandteils LIBOR objektiv die Ankaufs- und Verkaufspreise der Derivate beeinflusst.48 Unabhängig davon werden die per se verbotenen Kernbeschränkungen des Art. 101 Abs. 1 AEUV eben schon ihrer Natur nach als wettbewerbsbeschränkend angesehen.49 Eine Wettbewerbsbeschränkung liegt auch vor, wenn der LIBOR nach unten manipuliert wurde.50 Teilweise wird zwar argumentiert, dass eine solche Absprache mit „Preissenkungstendenz ohne wettbewerbsbeschränkende Zusatzelemente“ nicht mehr vom Schutzzweck des Kartellverbots erfasst werde.51 Dabei bleibt jedoch unberücksichtigt, dass Banken auch bei klassischen Zinsderivaten nicht nur auf einem Verkäufer sondern auch auf einem Käufermarkt auftreten. Zudem gibt es auf den an den LIBOR anknüpfenden Folgemärkten auch zahlreiche Finanzinstrumente, deren Preis bei einem sinkenden LIBOR steigt und nicht fällt. Dies gilt insbesondere für zahlreiche Zinsswaps. Die wirtschaftliche Doppelrolle der an den Absprachen beteiligten Banken kann nicht zur generellen Verneinung einer kartellrechtswidrigen Preisab45  Europäische

Kommission, Pressemitteilung, IP / 13 / 1208, S. 2. Wettbewerbs- und Kartellrecht, 9. Aufl. 2016, § 7 B IV 5 Rn. 880 („preisbeeinflussende Abreden“). 47  Vgl. etwa EuGH v. 14. März 2013 – C-32 / 11, NZKart 2013, 241 Rn. 35. 48  Dies erkennen auch Fleischer / Bueren, DB 2012, 2561, 2566 an. 49  Fleischer / Bueren, DB 2012, 2561, 2566. 50  So aber Fleischer / Bueren, DB 2012, 2561, 2566. 51  Fleischer / Bueren, DB 2012, 2561, 2566. 46  Dreher / Kulka,

154 3. Kap., § 11 Kartellaufsichtsrechtliche Aspekte manipulierter Benchmarks

sprache vorgebracht werden.52 Soweit insofern angeführt wird, dass die Einordnung der Unternehmen als Kartelltäter oder Kartellopfer „in gewisser Weise zufällig“ sei und dass deshalb kein koordiniertes Verhalten stattgefunden habe53, wird über eine Betrachtung der wirtschaftlichen Hintergründe der konkreten konzertierten Verhaltensweise hinausgegangen. Es wird also mit der gesamtwirtschaftlichen Beurteilung des jeweiligen Verhaltens vor dem Hintergrund des Gesamtportfolios der Bank argumentiert. Nur weil die Bank zufällig durch das kartellrechtswidrige Verhalten wirtschaftlich geschädigt werden kann, ändert dies aber nichts an der Qualität des Verhaltens als eines tatbestandsmäßigen Kartellverstoßes. Entscheidend bleibt, dass die Absprachen auf eine Preisbeeinflussung auf den LIBOR-Folgemärkten gerichtet waren, auf denen die Kartellanten untereinander und auch mit anderen Marktteilnehmern im Wettbewerb standen. III. Implikationen für privatrechtliche Schadensersatzansprüche Die Feststellungen der Kommission in den nicht angegriffenen Bußgeldbescheiden haben Tatbestandswirkung im Rahmen der Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen nach § 33a Abs. 1 GWB (§ 33b GWB). Damit kommt ein Schadensersatzanspruch nach § 33a Abs. 1 GWB i. V. m. Art. 101 AEUV gegen diejenigen Banken in Betracht, die an den festgestellten ­LIBOR-Kartellen beteiligt waren.54 Wegen der Tatbestandswirkung der Feststellungen kommt es auf der Tatbestandsseite nur noch auf den Nachweis des Verschuldens an.55 Das deutsche Recht ist nach Art. 6 Rom II-VO auf den Kartellschadensersatzanspruch anwendbar, wenn der Wohnsitz des Geschädigten in der Bundesrepublik Deutschland liegt.56

D. Fazit zu kartellrechtlichen Aspekten von manipulierten Benchmarks Die Absprachen zwischen Händlern verschiedener Banken über konzertierte Falschmeldungen an die Administratoren von Referenzzinssätzen stellen einen Verstoß gegen Art. 101 AEUV dar. Dieser Kartellverstoß tritt nicht aber Fleischer / Bueren, DB 2012, 2561, 2566. DB 2012, 2561, 2566. 54  Buck-Heeb, WM 2015, 157, 163 f.; Bausch / Wittmann, WM 2014, 494, 501 f.; Weck, KommJur 2013, 281, 284 f. 55  Buck-Heeb, WM 2015, 157, 164. 56  Rühl, in: beck-online.GROSSKOMMENTAR, BGB, Stand: 1. August 2017, Art. 4 Rim II-VO Rn. 68.2. Näher zur Anwendbarkeit des deutschen Deliktsrechts nach der Rom II-VO unten § 14 A. 52  So

53  Fleischer / Bueren,



D. Fazit zu kartellrechtlichen Aspekten von manipulierten Benchmarks155

hinter den ebenfalls schon durch die einzelnen Falschmeldungen verwirklichten Verstoß gegen das kapitalmarktrechtliche Marktmanipulationsverbot zurück. Abgesehen davon, dass Kapitalmarkt- und Kartellrecht schon unterschiedliche Verhaltensweisen zum Anknüpfungspunkt nehmen, würde der Unwertgehalt der konzertierten Manipulationen durch die kapitalmarktrechtlichen Verbotsvorschriften nicht vollständig erfasst. Hinzu kommt, dass Kapitalmarkt- und Kartellrecht mit ihren Verbotsnormen teils unterschiedlichen Zwecken dienen, weshalb generell kein Lex-specialis-Verhältnis zwischen ihnen besteht. Die Absprachen zwischen den Händlern ist eine Preisfestsetzung und damit ein Regelbeispiel einer Wettbewerbsbeschränkung (Art. 101 Abs. 1 lit. a AEUV). Der maßgebliche Wettbewerbsmarkt ist der Markt für Zinsderivate, auf dem die an den abgestimmten Verhaltensweisen beteiligten Banken im Wettbewerb zueinander stehen. Dass die unmittelbaren Absprachen der Händler auf dem Markt für die Ermittlung des LIBOR / EURIBOR vorgenommen wurden und es sich bei diesem nicht um einen kompetitiven, sondern gerade um einen kooperativen Markt handelte, ändert daran nichts. Die bisherigen Feststellungen der Europäischen Kommission in mehreren Bußgeldverfahren, die nicht angegriffen wurden, haben Tatbestandswirkung im Rahmen der Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen nach § 33a Abs. 1 GWB (§ 33b GWB). Damit kommt ein Schadensersatzanspruch nach § 33a Abs. 1 GWB i. V. m. Art. 101 AEUV gegen diejenigen Banken in Betracht, die an den festgestellten LIBOR- / EURIBOR-Kartellen beteiligt waren.

4. Kapitel

Privatrechtliche Aspekte manipulierter Benchmarks § 12  Vertragsrechtliche Einordnung und Implikationen von (manipulierten) Benchmarks A. Zivilrechtliche Einordnung von Benchmarks in Verträgen I. Finanzkontrakte 1. Finanzkontrakte mit Bezug zu einem Referenzzinssatz Auf Benchmarks wird in Verträgen verschiedenster dogmatischer Einordnung Bezug genommen. Im Kreditgeschäft der Banken nehmen zahlreiche Finanzkontrakte auf sie Bezug. Damit sind, anders als bei dem auf das Verbraucheraktivgeschäft der Banken beschränkten Begriffsverständnis des Art. 3 Abs. 1 Nr. 18 BMR1, sowohl das Aktivkreditgeschäft der Banken gegenüber Unternehmen als auch das Passivgeschäft, mithin das Einlagengeschäft (Sicht-, Termin- und Spareinlagen2) der Banken, gemeint. Nach deutschem Recht lassen sich die meisten Kredit- und Einlagengeschäftsverträge als Darlehensverträge im Sinne der §§ 488 ff. BGB einordnen3, teilweise – so etwa das klassische Sparbuch – sind die darlehensrechtlichen Vorschriften wegen § 700 Abs. 1 Satz 1 BGB entsprechend anzuwenden.4 Bei in Deutschland abgeschlossenen Verbraucherdarlehensverträgen sind an den LIBOR oder den EURIBOR gekoppelte Zinssätze zwar nicht üblich. Eine große Bedeutung haben derartige Referenzierungen aber im Unternehmens- und Interbankenkreditgeschäft.5 So nehmen etwa auch die verschiedenen6 Musterverträge der Loan Market Association7, die für inter1  Siehe

oben § 6 C.I. Servatius, in: Langenbucher / Bliesener / Spindler, Bankrechts-Kommentar, 2. Aufl. 2016, 35. Kapitel Rn. 130 ff., 209 ff., 227 ff. 3  Mülbert, in: Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2015, § 488 Rn. 386 ff. 4  Weidenkaff, in: Palandt, BGB, 76. Aufl. 2017, Vorb. v. § 488 Rn. 23. 5  Rösler / Sauer, in: FS Nobbe, 2009, S. 437, 449; Rösler / Lang, ZIP 2006, 214, 216. 6  Zu den zwei Musterverträgen nach deutschem Recht Walgenbach, in: Langenbucher / Bliesener / Spindler, Bankrechts-Kommentar, 2. Aufl. 2016, 16. Kapitel Rn. 2. 2  Dazu



A. Zivilrechtliche Einordnung von Benchmarks in Verträgen157

nationale Konsortialkredite den Marktstandard darstellen8, auf den L ­ IBOR oder den EURIBOR9 Bezug. Die Untersuchung zum Privatrecht beschränkt sich – entsprechend des generellen Zugriffs dieser Arbeit – auf das deutsche Recht. Die Anwendung des deutschen Rechts auf die jeweiligen Verträge ist kollisionsrechtlich – im Anwendungsbreich der Rom I-VO10 für ab dem 17.12.2009 geschlossene Verträge (Art. 28 Rom I-VO)11 – in erster Linie von der Rechtswahl der Parteien abhängig (Art. 3 Abs. 1 der Rom I-Verordnung). Die Rechtswahl kann dabei – insbesondere bei Verbraucherverträgen (Art. 6 Rom I-VO) – gewissen Grenzen unterliegen.12 Die AGB-Banken bzw. die AGB-Sparkassen erklären in Nr. 6 Abs. 1 das deutsche Recht für auf die Geschäftsbeziehung zwischen der Bank / Sparkasse und dem Kunden anwendbar, sodass dieses bereits nach Art. 3 Abs. 1 Rom I-VO in zahlreichen mit Banken abgeschlossenen Verträgen maßgeblich ist.13 Liegt keine (wirksame) Rechtswahl vor, bestimmt sich das anwendbare Recht nach den Art. 4 ff. Rom I-VO. Bei Verbraucherverträgen ist das Recht des gewöhnlichen Aufenthalts des Verbrauchers maßgeblich (Art. 6 Abs. 1 Rom I-VO).14 Ansonsten wird das Einlagengeschäft als Dienstvertrag im Sinne des Art. 4 Abs. 1 lit. b Rom I-VO eingeordnet15, sodass der Vertrag dem Recht des Staates unterliegt, in dem der Dienstleister – also die Bank – 7  Die Vertragsmuster der Loan Market Association (LMA) werden bereitgestellt unter: http: /  / www.loan-market-assoc.com. Der Zugang ist allerdings auf Mitglieder beschränkt. 8  Walgenbach, in: Langenbucher / Bliesener / Spindler, Bankrechts-Kommentar, 2. Aufl. 2016, 16. Kapitel Rn. 1 ff.; Castor, in: Langenbucher / Bliesener / Spindler, Bankrechts-Kommentar, 2. Aufl. 2016, 16. Kapitel Rn. 40 ff. (speziell zu Zinsklauseln). 9  Alternativ werden die Zinssätze durch Quotierungen berechnet, die Referenzbanken dem Agenten direkt übermitteln, siehe dazu Walgenbach, in: Langenbucher / Bliesener / Spindler, Bankrechts-Kommentar, 2. Aufl. 2016, 16. Kapitel Rn. 41. 10  Zum Anwendungsbereich nur Martiny, in: MünchKommBGB, 6. Aufl. 2015, Art. 1 Rom I-VO Rn. 5 ff. Schuldverhältnisse aus Verhandlungen vor Abschluss eines Vertrages fallen nach Art. 1 Abs. 2 lit. i) Rom I-VO zwar aus deren Anwendungsbereich. Für sie ist vielmehr Art. 12 Rom II-VO maßgeblich. Dieser verweist aber seinerseits wieder auf das Vertragsstatut, sodass die Rom I-VO wieder maßgeblich sein kann (siehe noch unten § 13 A.). 11  Martiny, in: MünchKommBGB, 6. Aufl. 2015, Art. 3 Rom I-VO Rn. 8 ff. Für vorher abgeschlossene Verträge gelten die Art. 27 ff. EGBGB a. F. 12  Martiny, in: MünchKommBGB, 6. Aufl. 2015, Art. 3 Rom I-VO Rn. 9 ff. 13  Dazu nur Freitag, in: Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2015, § 488 Rn. 284. 14  Freitag, in: Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2015, § 488 Rn. 286; Thron, in: Palandt, BGB, 76. Aufl. 2017, (IPR) Rom I 6 Rn. 10. 15  Martiny, in: MünchKommBGB, 6. Aufl. 2015, Art. 4 Rom I-VO Rn. 88; vgl. auch BGH WM 1957, 1574.

158

4. Kap., § 12 Vertragsrechtliche Einordnung und Implikationen

seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat. Entscheidend ist damit der Ort der Haupt- oder Zweigniederlassung der Bank (vgl. Art. 19 Rom I-VO). Für sonstige mit Banken abgeschlossene Verträge, die nicht im abschließenden Katalog des Art. 4 Abs. 1 Rom I-VO aufgeführt sind16, unterliegt der Vertrag nach Art. 4 Abs. 2 Rom I-VO dem Recht des Staates, in dem die Partei, welche die für den Vertrag charakteristische Leistung zu erbringen hat, ihren gewöhnlichen Aufenthalt hat. Bei Darlehensverträgen erbringt die Bank die für den Vertrag charakteristische Leistung, sodass auch insofern der Ort der Haupt- oder Zweigniederlassung der Bank entscheidend ist.17 Gleiches gilt auch für das Einlagengeschäft. Nur sofern sich aus der Gesamtheit der Umstände ergibt, dass der Vertrag eine offensichtlich engere Verbindung zu einem anderen als dem nach Art. 4 Abs. 1 oder 2 Rom I-VO bestimmten Staat aufweist oder das anzuwendende Recht nicht nach Art. 4 Abs. 1 oder 2 Rom I-VO bestimmt werden kann, unterliegt der Vertrag dem Recht des Staates, zu dem er die engste Verbindung aufweist (Art. 4 Abs. 3 Rom I-VO). Besonderheiten gelten allerdings für die Behandlung vertraglicher Nebenpflichten, sofern deren Verletzung das Integritäts- und nicht das Äquivalenz­ interesse betreffen. Teilweise wird nämlich vertreten, dass bei der Beeinträchtigung bestehender Rechtspositionen durch die Verletzung vertraglicher Nebenpflichten das Deliktsstatut zur Anwendung gelange.18 Und in der Tat kommt für Schadensersatzansprüche wegen der Verletzung von Schutzpflichten – die nach deutschem Verständnis als vertragliche Ansprüche eingeordnet werden – durchaus auch eine unionsrechtlich deliktische Qualifikation in Betracht.19 Bei den Auswirkungen von Benchmark-Manipulationen innerhalb bestehender Verträge bleibt es aber bei der Maßgeblichkeit des Vertrags­ statuts, da diese Schutzpflichtverletzungen20 auch die Leistungserwartung des Kunden beeinträchtigen.21 16  Vertragliche Finanzdienstleistungen unterfallen nicht dem Art. 4 Abs. 1 lit. h Rom I-VO. Siehe Martiny, in: MünchKommBGB, 6. Aufl. 2015, Art. 4 Rom I-VO Rn. 163; Thron, in: Palandt, BGB, 76. Aufl. 2017, (IPR) Rom I 4 Rn. 21. 17  Martiny, in: MünchKommBGB, 6. Aufl. 2015, Art. 4 Rom I-VO Rn. 213; Thron, in: Palandt, BGB, 76. Aufl. 2017, (IPR) Rom I 4 Rn. 26. Teilweise wird der Darlehensvertrag auch Art. 4 Abs. 1 lit. b Rom I-VO subsumiert (etwa Freitag, in: Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2015, § 488 Rn. 285). Auch dann bleibt es aber bei dem Recht des Staates, in dem die Bank als Darlehensgeber ihren gewöhnlichen Aufenthalt hat. 18  Spellenberg, in: MünchKommBGB, 6. Aufl. 2015, Art. 12 Rom I-VO Rn. 75; dagegen Thorn, in: Palandt, 76. Aufl. 2017, Art. 12 Rom I-VO Rn. 7; Mansel, in: Jauernig, BGB, 16. Aufl. 2015, Art. 9–12 Rom I-VO Rn. 41 m. w. N., die für eine Maßgeblichkeit des Vertragsstatuts eintreten. 19  Vgl. etwa BGH NJW-RR 2011, 197, 198; Lehmann, in: Hüftege / Mansel, BGB-Rom I-Verordnungen, 2. Aufl. 2015, Art. 4 Rom II-VO Rn. 52. 20  Siehe unten § 12 C.III.2.



A. Zivilrechtliche Einordnung von Benchmarks in Verträgen159

2. Zivilrechtsdogmatische Einordnung variabler Zinsen a) Zinsbegriff beim Darlehensvertrag Da Benchmarks in Darlehensverträgen Einfluss auf die Zinszahlungspflicht haben, ist deren zivilrechtsdogmatische Einordnung für das Verständnis von Benchmarks in Zinsklauseln bedeutsam. Der Zins beim Darlehensvertrag nach deutschem Recht ist eine im Synallagma stehende Hauptleistungspflicht des Darlehensnehmers.22 Darlehensvertragszinsen sind die laufzeitabhängige Gegenleistung für die zeitgebundene Nutzungsmöglichkeit des überlassenen Kapitals.23 Die Zinsschuld ist richtigerweise – anders als sonstige vertragliche oder gesetzliche Zinsschulden24 – nicht akzessorisch zu irgendeiner Hauptschuld, da sie selbst Hauptschuld ist.25 Die Rolle von Darlehensgeber und -nehmer kann auch im Verhältnis der Bank zum Kunden unterschiedlich sein: Im Kreditgeschäft ist die Bank, im Einlagengeschäft hingegen der Kunde Darlehensgeber und die jeweils andere Partei Darlehensnehmer. Vor allem im Kreditgeschäft dient eine Benchmark oft als Maßgröße für einen variablen Zinssatz (Zins = (EURIBOR + x %-Punkte) / 365). Man spricht insofern üblicherweise von Zinsgleitklauseln. Alternativ wird im Vertrag einer Vertragspartei ein in gewissen Abständen auszuübendes Änderungsrecht gewährt, das sich an der Entwicklung der Benchmark orientiert (Zinsänderungsklausel).

21  Vgl. Spellenberg, in: MünchKommBGB, 6.  Aufl. 2015, Art. 12 Rom I-VO Rn. 75. 22  Ganz h. M. siehe nur BGHZ 201, 168, 179 Rn. 33; BGHZ 190, 66, 72 f. Rn. 23; Mülbert, AcP 192 (1992), 447, 499; Mülbert, WM 2002, 465, 467; Weidenkaff, in: Palandt, BGB, 76. Aufl. 2017, § 488 Rn. 14; a. A. noch BGH WM 1976, 974, 975. 23  BGHZ 201, 168, 179 Rn. 33; BGHZ 190, 66, 72 f. Rn. 23; BGHZ 114, 330, 333; Mülbert, AcP 192 (1992), 448, 459; Krepold, in: Schimansky / Bunte / Lwowski, Bankrechts-Handbuch, 5. Aufl. 2017, § 78 Rn. 1; a. A. tendenziell noch BGH NJW 1985, 730, 731: Entgelt für entbehrte Kapitalnutzung. 24  Näher Omlor, in: Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2016, § 246 Rn. 20 ff. 25  Im Anschluss an Mülbert, AcP 192 (1992), 447, 499  ff. und Mülbert, WM 2002, 465, 470 etwa Berger, in: MünchKommBGB, 7. Aufl. 2016, § 488 Rn. 164 ff.; Steffek, in: Langenbucher / Bliesener / Spindler, Bankrechts-Kommentar, 2. Aufl. 2016, 13. Kapitel Rn. 60; a. A. BGH NJW 2012, 445, 446; BGH NJW 1979, 540, 541; Köndgen, NJW 1987, 160, 163; Freitag, in: Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2015, § 488 Rn. 184; Omlor, in: Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2016, § 246 Rn. 26; Krepold, in: Schimansky / Bunte / Lwowski, Bankrechts-Handbuch, 5. Aufl. 2017, § 78 Rn. 5.

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4. Kap., § 12 Vertragsrechtliche Einordnung und Implikationen

b) Zinsänderungsklauseln als Leistungsbestimmungsrecht Wird dem Darlehensgeber das Recht eingeräumt, bei einem bestimmten Benchmarkwert durch einseitige Bestimmung auf die Hauptleistungspflicht des Darlehensnehmers einzuwirken, liegt eine sog. Zinsänderungsklausel vor. Ebensolche Klauseln werden als Anwendungsfall einer Leistungsbestimmung durch Gestaltungsrecht26 im Sinne des § 315 BGB eingeordnet.27 Dem Wortlaut des § 315 BGB nach ist die Einordnung einer Zinsänderungsklausel als Fall eines Leistungsbestimmungsrechts im Sinne von § 315 BGB allerdings nicht so selbstverständlich, wie es zunächst scheint. Soweit im § 315 Abs. 2 BGB nämlich von der Bestimmung der Leistung die Rede ist, impliziert dies, dass die Leistungspflicht zuvor unbestimmt war. Eine bereits bestimmte Leistungspflicht kann nicht mehr bestimmt, sondern allenfalls geändert werden.28 Diese Deutung findet ihre Bestätigung auch in der historischen Genese der §§ 315 ff. BGB. Diese waren als Ausnahme von der ursprünglich den Normen vorangestellten Regel gedacht, wonach eine unbestimmte Leistung zur Nichtigkeit des Vertrags führen soll.29 Die herrschende Meinung geht darüber hinweg30, womit sie jedenfalls in der Sache richtig liegt. Denn auch wenn der Wortlaut hier eine nachträg­ liche Änderung einer bereits zuvor bestimmten Leistung als Anwendungsfall des § 315 BGB nicht unbedingt erfasst, ist jedenfalls die analoge ­Anwendung der Norm geboten.31 Die Bestimmung der Leistung soll nach den Motiven nämlich „nicht der Willkür des Schuldners überlassen wer­ 26  Die Qualifizierung als Gestaltungsrecht zeigt erst § 315 Abs. 2 BGB deutlich, indem er festlegt, dass die „Bestimmung“ durch Erklärung gegenüber dem anderen Teil, also durch einseitige, empfangsbedürftige Willenserklärung, vorgenommen werden muss. Allg.M. siehe nur Rieble, in: Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2015, § 315 Rn. 81; J.Hager, in: Erman, BGB, 15. Aufl. 2017, § 315 Rn. 14; für den Fall der Leistungsänderung auch Kornblum, AcP 168 (1968), 450, 466 f., der für die erstmalige Leistungsbestimmung die Qualifikation als Gestaltungsrecht ablehnt und die Leistungsbestimmung als Willenserklärung einordnet. 27  Berger, in: MünchKommBGB, 7. Aufl. 2016, § 488 Rn. 173; Blaschczok, in: Staudinger, BGB, 13. Bearbeitung 1997, § 246 Rn. 147; Omlor, in: Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2016, § 246 Rn. 52; Mülbert, WM 2004, 1205, 1207; BGHZ 97, 212, 216; Wolf, ZIP 1987, 341, 341; Habersack WM 2001, 753; Reifner JZ 1995, 866; vgl. auch BGHZ 40, 206, 217 der aus §§ 315, 316 BGB jedenfalls die Zulässigkeit einer privatautonomen Vereinbarung einer Zinsänderung herausliest. 28  Wolf, in: Soergel, BGB, 12. Aufl. 1990, § 315 Rn. 10. 29  Vgl. Mugdan, Materialien II, S. 191 f.; dazu Baur, Vertragliche Anpassungsregeln, 1983, S. 61. 30  Rieble, in: Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2015, § 315 Rn. 103. 31  Vgl. Kornblum, AcP 168 (1968), 450, 466  f., der von einer entsprechenden Anwendung des § 315 BGB auf Fälle einer nachträglichen Leistungsänderung spricht.



A. Zivilrechtliche Einordnung von Benchmarks in Verträgen161

den“32. Darin kommt eine Schutzfunktion gegenüber derjenigen Vertragspartei zum Ausdruck, die keinen Einfluss mehr auf die Höhe oder Art einer Leistungspflicht nehmen kann, was gleichermaßen auch bei einer nachträglichen Änderung bedeutsam ist. Ob die Leistungspflicht erstmalig einseitig festgelegt wird oder aber eine bereits zuvor festgelegte Leistungspflicht zu einer der Höhe nach „neuen“ Leistungspflicht wird, ist für beide Parteien unmaßgeblich. c) Zinsgleitklauseln als Dynamisierung der Hauptleistungspflicht Als Zinsgleitklauseln bezeichnet man solche Klauseln in Kreditverträgen, die eine automatische Anpassung des Zinssatzes an veränderte Rahmenbedingungen bewirken.33 Die Höhe des Zinssatzes als vertraglich vereinbarte Gegenleistungspflicht des Darlehnsnehmers wird z. B. an einen variablen Referenzzinssatz geknüpft, auf den in der Regel noch eine Marge aufgeschlagen wird.34 Die vertragsrechtsdogmatische Einordnung von Zinsgleitklauseln ist weniger eindeutig als diejenige von Zinsänderungsklauseln35, da es im BGB keine spezielle Regelung dafür gibt. Die Rechtsfigur einer dynamisierten Pflicht – also einer automatischen Anpassung der Höhe nach –, als die eine Zinsgleitklausel einzuordnen ist, erkennt das BGB aber etwa im Zusammenhang mit der Inbezugnahme des Basiszinssatzes nach § 346 BGB in Regelungen zum Verzugszinsanspruch ausdrücklich an36. Zudem findet sich eine ausdrückliche Anerkennung einer ipso iure eintretenden Dynamisierung von Hauptleistungspflichten neuerdings in § 675g Abs. 3 BGB. Dessen Satz 1 bestimmt – in scheinbarer Abweichung vom Grundsatz des § 675g Abs. 1 BGB, wonach alle Änderungen des Zahlungsdiensterahmenvertrags durch den Zahlungsdienstleister eine Benachrichtigung voraussetzen –, dass Änderungen von 32  Mugdan,

Materialien II, S. 192. in: MünchKommBGB, 7. Aufl. 2016, § 488 Rn. 171; Krepold, in: Schimansky / Bunte / Lwowski, Bankrechts-Handbuch, 5. Aufl. 2017, § 78 Rn. 68; Rösler / Sauer, in: FS Nobbe, 2009, S. 437, 439; Rösler / Lang, ZIP 2006, 214, 215; Blaschczok, in: Staudinger, BGB, 13. Bearbeitung 1997, § 246 Rn. 146; Habersack, WM 2001, 753, 754. 34  Rösler / Lang, ZIP 2006, 214, 215; Langenbucher, BKR 2005, 134, 137; Krepold, in: Schminansky / Bunte / Lwowski, Bankrechts-Handbuch, 5. Aufl. 2017, § 78 Rn.  22 ff., 68. 35  Siehe zu dieser § 12 A.I.2.b). 36  Bei diesem handelt es sich nicht um eine Leistungspflicht, sondern um einen Schadensersatzanspruch (§§ 288 Abs. 1, 497 Abs. 4), siehe nur Grüneberg, in: Palandt, BGB, 76. Aufl. 2017, § 288 Rn. 4, wobei der in § 288 BGB genannte Zinssatz dem Gläubiger als objektiver Mindestschaden zusteht. 33  Berger,

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4. Kap., § 12 Vertragsrechtliche Einordnung und Implikationen

Zinssätzen „unmittelbar und ohne vorherige Benachrichtigung wirksam“ werden, wenn dies „im Zahlungsdiensterahmenvertrag vereinbart wurde und die Änderungen auf den dort vereinbarten Referenzzinssätzen … beruhen“. Anerkannt wird damit implizit, dass die Vertragsparteien die unmittelbare Einwirkung eines Referenzzinssatzes auf den Vertragszinssatz im Zahlungsdienstevertrag vereinbaren können, für deren Inhalt die Norm bestimmte Vorgaben macht.37 Auch jenseits bestehender ausdrücklicher Regelungen ist eine Vereinbarung zur Dynamisierung von Leistungs- und auch Hauptleistungspflichten im Rahmen der Privatautonomie grundsätzlich zulässig. Es besteht – besonders bei länger laufenden Verträgen – geradezu ein Bedürfnis nach derartigen Regelungen.38 Zinsgleitklauseln im eben beschriebenen Sinne unterfallen nicht dem Regime des § 315 BGB.39 Die Mitteilung der Bank über eine Änderung der Zinshöhe wirkt wegen des Automatismus der Anpassung deklaratorisch.40 § 315 BGB setzt aber die Ausübung eines Gestaltungsrechts durch eine Vertragspartei zwingend voraus.41 Nichts anderes gilt, wenn die kreditgebende Bank zugleich ein Kontributor bei der Ermittlung der jeweiligen Benchmark ist. Entscheidend bleibt nämlich, dass die Anpassung automatisch der Veränderung der Benchmark als Bezugspunkt folgt und nicht von einer zusätzlichen (diskretionären) Entscheidung einer der Vertragsparteien abhängig ist. Der Automatismus der Anpassung bei Zinsgleitklauseln erklärt auch, warum es sich bei diesen nicht um das Leistungsbestimmungsrecht eines Dritten im Sinne des § 317 BGB handelt.42 Dessen Absatz 1 sieht vor, dass, soweit

37  Zu diesen Sprau, in: Palandt, BGB, 76. Aufl. 2017, § 675g Rn. 9 ff.; Omlor, in: Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2012, § 675g Rn. 8 f. 38  Vgl. Omlor, in: Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2016, § 246 Rn. 49 ff. Nur so erklären sich auch die gesetzgeberischen Eingriffe in die Gestaltung von sog. Wertsicherungsklauseln. Allgemein K.Schmidt, in: Staudinger, BGB, 13. Bearbeitung 1997, Vorbem zu §§ 244 ff. Rn. D 245 ff.; Omlor, in: Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2016, §§ 244–248, PrKG, Einl. zum PrKG; Horn, in: Gutachten und Vorschläge zur Überarbeitung des Schuldrechts, Bd. I, 1981, S. 552, 589 ff. 39  Siehe für Konsortialkredite Walgenbach, in: Langenbucher / Bliesener / Spindler, Bankrechts-Kommentar, 2. Aufl. 2016, 16. Kapitel Rn. 41; allgemein für Preisklauseln J. Hager, in: Erman, BGB, 15. Aufl. 2017, § 315 Rn. 7; vgl. auch BGH NJW 2007, 210, 211 Rn. 19; OLG Brandenburg CuR 2007, 105, 106 f., jeweils zu automatischen Preisanpassungsklauseln in Fernwärmeverträgen, die jeweils zusätzlich fordern, dass dem Versorgungsunternehmen auch ein Ermessensspielraum zustehen muss. Eine Anpassungsklausel ohne Ermessensspielraum soll dementsprechend auch nicht dem Anwendungsbereich des § 315 BGB unterfallen. 40  Krepold, in: Schminansky / Bunte / Lwowski, Bankrechts-Handbuch, 5. Aufl. 2017, § 78 Rn. 68; Habersack, WM 2001, 753, 754. 41  Siehe soeben § 12 A.I.2.b).



A. Zivilrechtliche Einordnung von Benchmarks in Verträgen163

die Bestimmung der Leistung einem Dritten überlassen ist, im Zweifel anzunehmen ist, sie sei nach billigem Ermessen zu treffen. Absatz 2 bestimmt dann: „Soll die Bestimmung durch mehrere Dritte erfolgen, so ist im Zweifel Übereinstimmung aller erforderlich; soll eine Summe bestimmt werden, so ist, wenn verschiedene Summen bestimmt werden, im Zweifel die Durchschnittssumme maßgebend.“ Der Einordnung einer Referenzzinssatzgleitklausel als Fall des § 317 Abs. 2 steht entgegen, dass es sich bei § 317 BGB um eine den § 315 BGB ergänzende Bestimmung handelt.43 Voraussetzung ist deshalb auch bei § 317 BGB, dass der Preis durch den Dritten bestimmt wird, und zwar durch Erklärung gegenüber einer der Vertragsparteien (§ 318 Abs. 1 BGB). Die Bestimmung nach § 317 BGB, ebenso wie jene nach § 315 BGB, findet durch Ausübung eines Gestaltungsrechts statt44. Das ist unabhängig davon, ob das Gestaltungsrecht nach § 317 BGB ein fremd- oder eigennütziges ist45. Die Ausübung eines (fremdnützigen) Gestaltungsrechts ist ein konstitutives Element einer Leistungsbestimmung im Sinne des § 317 BGB. Dieser soll – ebenso wie § 315 BGB – die eigennützige oder sonst einseitig interessenorientierte und deshalb nicht objektive Bestimmung einer Leistungspflicht und eine damit verbundene Überrumpelung der einen Vertragsseite verhindern. Bei Zinsgleitklauseln, die an einen Referenzzinssatz anknüpfen, wird der Dritte aber gerade nicht in die Preisbestimmung involviert. Erst recht übt er kein Leistungsbestimmungsrecht in Form eines Gestaltungsrechts gegenüber einer der Vertragsparteien aus. Die Administratoren, aber auch die einzelnen Panelbanken als Kontributoren bestimmen nicht den Preis. Die Preisentwicklung wird lediglich an deren Output angeknüpft, ohne dass sie dafür in irgendeiner vertraglichen Verbindung zu einer der Vertragsparteien stehen müssten. Daran ändert nichts, dass

42  A. A. für auf LIBOR / EURIBOR bezugnehmende Zinsgleitklauseln Rieble, in: Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2015, § 317 Rn. 17. 43  A. A. Rieble, in: Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2015, § 317 Rn. 17. 44  Würdinger, in: MünchKommBGB, 7. Aufl. 2016, § 317 Rn. 3; J. Hager, in: Erman, BGB, 15. Aufl. 2017, § 317 Rn. 7, § 318 Rn. 1; näher Joussen, AcP 203 (2003), 429, 440 ff., 452 ff.; a. A. Rieble, in: Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2015, § 317 Rn. 13: „Wird auf eine Entscheidung eines Dritten Bezug genommen, die mit den Parteien oder dem Vertragsverhältnis nichts zu tun hat, so ist das keine Leistungsbestimmung …“, anders dann in Rn. 17. Ungenau wird oft formuliert, die Bestimmung finde durch eine Willenserklärung statt, siehe etwa Würdinger, in: MünchKommBGB, 7. Aufl. 2016, § 318 Rn. 1. Das ist zwar im Falle der §§ 315, 317 BGB zutreffend, entbehrt aber nicht von dem Erfordernis der Einordnung als Gestaltungsrecht, welches durch eine einseitige, empfangsbedürftige Willenserklärung ausgeübt wird. Siehe zum Begriff des Gestaltungsrechts Larenz, Allgemeiner Teil, 7. Aufl. 1989, § 13 II.7 (S. 220); Joussen, AcP 203 (2003), 429, 440 ff. 45  Rieble, in: Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2015, § 317 Rn. 98 f.

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4. Kap., § 12 Vertragsrechtliche Einordnung und Implikationen

der Referenzzinssatz von seinen Administratoren auch dazu bestimmt ist, dass Dritte für ihre Preisbestimmung auf ihn Bezug nehmen.46 Auf derartige Klauseln ist daher auch § 319 Abs. 1 BGB weder direkt noch analog anwendbar.47 Die Durchbrechung des Grundsatzes der Vertragstreue bei der Abänderung einer vertraglich vereinbarten Pflicht im Rahmen der §§ 315, 317 BGB ist nur deshalb gerechtfertigt, weil eine (§ 315 BGB) oder beide (§ 317 BGB) Parteien ihre Entscheidungsgewalt über die Änderung der Vertragsbedingungen an die andere Partei oder einen Dritten abgegeben haben. Dem anderen Vertragspartner oder dem Dritten muss gerade mit Blick auf den Vertrag ein Entscheidungsspielraum zur Ausübung seiner Einwirkungsmacht bleiben. Bei dessen Wahrnehmung soll er nicht unbillig bzw. offenbar unbillig handeln. II. Finanzinstrumente 1. Anleihen Anleihen, mithin verbriefte Inhaberschuldverschreibungen (§§  793  ff. BGB)48, nehmen hinsichtlich der Zinszahlungspflicht des Anleihegläubigers häufig auf Benchmarks – wie LIBOR oder EURIBOR – Bezug.49 Man spricht insofern von variabel verzinslichen Anleihen, floting rate notes oder Floater.50 46  So

aber Rieble, in: Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2015, § 317 Rn. 17. konsequent Rieble, in: Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2015, § 317

47  A. A.

Rn. 17. 48  A.Wilhelm, ZHR 180 (2016), 776, 780; Reps, Rechtswettbewerb und Debt Governance bei Anleihen, 2015, S. 27; Bliesener / Schneider, in: Langenbucher / Bliesener / Spindler, Bankrechts-Kommentar, 2. Aufl. 2016, 17. Kapitel § 1 Rn. 16; Singhoff, in: MünchKommHGB, 3. Aufl. 2014, Emmissionsgeschäft, Rn. 113. 49  Hinsichtlich der Anwendbarkeit des deutschen Rechts gelten die Ausführungen oben § 12 A.I.1. entsprechend. Selbst, wenn man Anleihen wegen Art. 1 Abs. 2 lit. d Rom I-VO aus dem Anwendungsbreich der Rom I-VO ausschließen will, wird jedenfalls deren analoge Anwendung befürwortet (Magnus, in: Staudinger, IPR, Neubearbeitung 2016, Art. 4 Rom I-VO Rn. 289). Für das Schuldverhältnis zwischen Anleihegläubiger und Anleiheschuldner wird man – vorbehaltlich einer Rechtswahl – vom Statut des Schuldnersitzes ausgehen müssen. Dazu Martiny, in: MünchKommBGB, 6. Aufl. 2015, Art. 4 Rom I-VO Rn. 221 m. w. N.; Hopt, in: FS Lorenz, 1991, S. 413, 414 f. 50  Zu diesen Bliesener / Schneider, in: Langenbucher / Bliesener / Spindler, Bankrechts-Kommentar, 2. Aufl. 2016, 17. Kapitel § 1 Rn. 63; Kaulamo, in: Habersack /  Mülbert / Schlitt, Unternehmensfinanzierung, 3. Aufl. 2013, § 17 Rn. 41; Singhoff, in: MünchKommHGB, 3. Aufl. 2014, Emmissionsgeschäft, Rn. 114; Reps, Rechtswettbewerb und Debt Governance bei Anleihen, 2015, S. 31 ff.



A. Zivilrechtliche Einordnung von Benchmarks in Verträgen165

Zwischen dem berechtigten Inhaber der Schuldverschreibung und dem Emittenten besteht bei einer Inhaberschuldverschreibung ein abstraktes Schuldverhältnis, das durch ein einseitiges Leistungsversprechen des Emittenten gekennzeichnet ist.51 Neben das Leistungsversprechen als einem abstrakten Schuldanerkenntnis (§ 780 Abs. 1 BGB)52 tritt beim Floater ein zusätzliches Zinsversprechen.53 Die daraus erwachsende Zinspflicht ist nach dem typisierten Parteiwillen – anders als bei Darlehensverträgen54 – akzessorisch zur Hauptforderung.55 Dies ergibt sich aus dem Umkehrschluss aus § 803 Abs. 1 Alt. 1 BGB, wonach Zinsscheine ausnahmsweise auch dann in Kraft bleiben, wenn die Hauptforderung erlischt.56 Die an die Benchmark gekoppelte Zinsschuld ist damit beim Floater eine akzessorische Nebenleistungspflicht und nicht – wie beim Darlehensvertrag – die Hauptleistungspflicht. 2. Indexzertifikate Ein weiterer Typ von Finanzinstrumenten, die auf Benchmarks Bezug nehmen, sind sog. Indexzertifikate.57 Bei Zertifikaten handelt es sich um Inhaberschuldverschreibungen58, bei denen die Höhe des verbrieften Rückzahlungsanspruchs des Gläubigers an die Entwicklung eines Basiswerts anknüpft.59 Ist dieser ein bestimmter Index, handelt es sich um Indexzertifikate. Die Höhe des abstrakten Schuldversprechens wird beim Indexzertifikat unmittelbar durch die Benchmark beeinflusst. Bei diesem Schuldversprechen handelt es sich um die (abstrakte) Hauptleistungspflicht.

51  A.Wilhelm, ZHR 180 (2016), 776, 780; Reps, Rechtswettbewerb und Debt Governance bei Anleihen, 2015, S. 29. 52  Habersack, in: MünchKommBGB, 7. Aufl. 2017, § 793 Rn. 7; Marburger, in: Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2015, § 793 Rn. 6; A.Wilhelm, ZHR 180 (2016), 776, 780. 53  Habersack, in: MünchKommBGB, 7. Aufl. 2017, § 793 Rn. 12; Singhoff, in: MünchKommHGB, 3. Aufl. 2014, Emmissionsgeschäft, Rn. 113; A.Wilhelm, ZHR 180 (2016), 776, 780 f. 54  Siehe oben § 12 A.I.2.a). 55  Mülbert, AcP 192 (1992), 448, 500 Fn. 201; Mülbert, ZHR 179 (2015), 395, 399. 56  Mülbert, ZHR 179 (2015), 395, 399. 57  Hinsichtlich der Anwendbarkeit des deutschen Rechts gelten die Ausführungen oben § 12 A.I.1. entsprechend. 58  Vgl. BGHZ 191, 119, 127 Rn. 26 zu Indexzertifikaten; BGHZ 160, 58, 62; Habersack, ZIP 2014, 1149, 1150; Möllers / Puhle, JZ 2012, 592, 593. 59  Habersack, ZIP 2014, 1149, 1150.

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4. Kap., § 12 Vertragsrechtliche Einordnung und Implikationen

3. Zinstermingeschäfte Benchmarks und speziell Referenzzinssätze nehmen zudem Einfluss auf eine Reihe von Finanztermingeschäften.60 Diese zeichnen sich dadurch aus, dass der Kauf oder Verkauf eines Basiswerts zu einem festgelegten Zeitpunkt und einem festgelegten Preis in der Zukunft abgewickelt wird.61 Um Zinstermingeschäfte handelt es sich dann, wenn der Basiswert ein Referenzzinssatz ist. Darunter fallen so unterschiedliche Vereinbarungen wie Zinsfutures und -forwards, Zinsoptionen und Zinsswaps. a) Zinsfutures und -forwards Zinsfutures und -forwards sind Vereinbarungen zwischen zwei Parteien über zukünftige Zinszahlungen62, wobei deren Höhe an einen Referenzzinssatz gekoppelt wird.63 Soweit Zinstermingeschäfte standardisiert abgeschlossen werden, bezeichnet man sie als Zinsfutures, anderenfalls als Zinsforwards.64 Unabhängig von der genauen vertragstypologischen Einordnung65 handelt es sich bei der von einem Referenzzinssatz abhängigen Leistungspflicht um die Hauptleistungspflicht. Die Entwicklung der Benchmark nimmt hier also – anders als bei den Floaters – nicht nur Einfluss auf die Höhe der Zinspflicht als einer Nebenleistungspflicht, sondern determiniert die Höhe der Hauptleistungspflicht.

60  Hinsichtlich der Anwendbarkeit des deutschen Rechts gelten die Ausführungen oben § 12 A.I.1. entsprechend. Sofern den Verträgen der deutsche Rahmenvertrag für Finanztermingeschäfte zugrundeliegt, ist dessen Rechtswahl (Nr. 11 Abs. 2) zugunsten des deutschen Rechts zu berücksichtigen. Dazu Lehmann, in: Bankrechtstag 2015, 2016, S. 207, 218 f. 61  Sajnovits / Weick-Ludewig, WM 2015, 2226, 2228 m. w. N. 62  Schüwer, in: Zerey, Finanzderivate – Rechtshandbuch, 4.  Aufl. 2016, § 1 Rn. 21; Binder, in: Langenbucher / Bliesener / Spindler, Bankrechts-Kommentar, 2. Aufl. 2016, 37. Kapitel Rn. 12 allgemein zu Finanztermingeschäften. Das Kriterium dient der Abgrenzung zum Kassageschäft, siehe Binder, in: Langenbucher / Bliesener / Spindler, Bankrechts-Kommentar, 2. Aufl. 2016, 37. Kapitel Rn. 12. 63  Schüwer, in: Zerey, Finanzderivate – Rechtshandbuch, 4.  Aufl. 2016, § 1 Rn. 21. 64  Schüwer, in: Zerey, Finanzderivate – Rechtshandbuch, 4.  Aufl. 2016, § 1 Rn. 23. 65  Dazu etwa Kienle, in: Schimansky / Bunte / Lwowski, Bankrechts-Handbuch, 2. Aufl. 2001, § 106 Rn. 47 (Kaufvertrag); Kümpel, WM 1989, 1313, 1319 f. (atypischer Kaufvertrag); Binder, in: Langenbucher / Bliesener / Spindler, Bankrechts-Kommentar, 2. Aufl. 2016, 37. Kapitel Rn. 23 (atypischer Kaufvertrag).



A. Zivilrechtliche Einordnung von Benchmarks in Verträgen167

b) Zinsoptionen Benchmarks können auch von Optionen, also bedingten Termingeschäften66, in Bezug genommen werden. Durch Optionen wird dem Käufer das Recht eingeräumt, einen bestimmten Basiswert in der Zukunft zu einem heute bestimmten oder bestimmbaren Preis (Ausübungspreis) zu kaufen oder zu verkaufen.67 Kennzeichnend ist auch bei der Option die Abhängigkeit der Wertentwicklung der Option vom Basiswert68 und die Verlagerung der Abwicklung in die Zukunft. Dem Optionsinhaber wird im Optionsvertrag vertraglich ein Gestaltungsrecht (Optionsrecht) eingeräumt, durch das er später einseitig ein weiteres Rechtsverhältnis zu einer Person begründen kann.69 Durch die Ausübung der Option (einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung) kommt ein Kaufvertrag zwischen den Parteien zustande.70 Der Vertrag über das Optionsrecht (Optionsvertrag) und der durch die Ausübung zustandekommende Hauptvertrag werden heute als einheitliches Geschäft angesehen (Einheitstheorie).71 In diesem späteren Kaufvertrag beeinflusst die Benchmark die Höhe der im Synallagma stehenden Gegenleistungspflicht und betrifft damit auch hier die Hauptleistungspflicht. c) Zinsswaps Als Swap wird die vertragliche Vereinbarung über den Austausch zukünftiger Zahlungsströme bezeichnet.72 Bei einem Zinsswap vereinbaren die Parteien, einen variablen Zinssatz gegen einen festen Zinssatz auszutauschen. Die Berechnung der jeweiligen Zahlungspflicht ist beim Zinsswap auch von 66  Rudolf, in: Kümpel / Wittig, Bank- und Kapitalmarktrecht, 4. Aufl. 2011, Rn. 19.88. 67  Spaermann / Gantenbein, Finanzmärkte, 2. Aufl. 2013, S. 214; Hull, Optionen, Futures und andere Derivate, 8. Aufl. 2012, S. 31  ff., 253  ff., 990; Haisch, in: Haisch / Helios, Rechtshandbuch Finanzinstrumente, 2011, § 1 Rn. 8. 68  Hull, Optionen, Futures und andere Derivate, 8. Aufl. 2012, S. 255; Spaermann / Gantenbein, Finanzmärkte, 2. Aufl. 2013, S. 214; wobei die Prämie keine essentialia negotii einer Option darstellt. 69  Larenz, Allgemeiner Teil, 7. Aufl. 1989, § 13 II.7., § 27 I.c.; grundlegend Henrich, Optionsvertrag, 1965. 70  Rudolf, in: Kümpel / Wittig, Bank- und Kapitalmarktrecht, 4. Aufl. 2011, Rn. 19.89. 71  Rudolf, in: Kümpel / Wittig, Bank- und Kapitalmarktrecht, 4. Aufl. 2011, Rn. 19.96. 72  Lehmann, NJW 2016, 2913, 2913; Rudolf, in: Kümpel / Wittig, Bank- und Kapitalmarktrecht, 4. Aufl. 2011, Rn. 19.123.

168

4. Kap., § 12 Vertragsrechtliche Einordnung und Implikationen

dem Referenzzinssatz abhängig, der den variablen Zinssatz bestimmt. Zweck der Eingehung von Zinsswaps – bei denen es sich um die gebräuchlichste Form von Swaps handelt – ist zumeist das Hedging73 oder aber die Ausnutzung komparativer Kostenvorteile. Nach herrschender Meinung lassen sich Swaps keinem Vertragstypus des BGB zuordnen.74 Es handelt sich bei ihnen um synallagmatische Verträge sui generis75, die einen Dauerschuldcharakter aufweisen.76 Unabhängig von einer genauen vertragstypologischen Einordnung wirkt aber jedenfalls der in Bezug genommene Referenzzinssatz auf die Höhe beider im Synallagma stehenden Hauptleistungspflichten ein.

B. Zulässigkeit der Verwendung von Benchmarks und Wirksamkeit von vertraglichen Bezugnahmen I. Art. 29 BMR als ein die Nichtigkeit bedingendes Verbotsgesetz Die Zulässigkeit der Verwendung von Benchmarks und die Wirksamkeit der vertraglichen Bezugnahme hängen vorwiegend davon ab, ob die Einbindung der Benchmarks in privatrechtliche Verträge gegen zwingende gesetz­ liche Vorschriften verstößt. Nach Art. 29 BMR darf ein beaufsichtigtes Unternehmen einen Referenzwert oder eine Kombination mehrerer davon in der EU nur verwenden, wenn diese von einem Administrator bereitgestellt werden, der in der EU angesiedelt und in das Register nach Art. 36 BMR eingetragen ist.77 Ebenfalls denkbar sind bestimmte Nicht-EU-Benchmarks, soweit die Benchmarks von Nicht-EU-Administratoren nach dem Drittstaatenregime der BMR verwendet werden dürfen.78 In der Norm ist damit implizit ein an beaufsichtigte Unter-

73  Lehmann, NJW 2016, 2913, 2914  f.; Rudolf, in: Kümpel / Wittig, Bank- und Kapitalmarktrecht, 4. Aufl. 2011, Rn. 19.136. 74  Rudolf, in: Kümpel / Wittig, Bank- und Kapitalmarktrecht, 4. Aufl. 2011, Rn. 19.124. 75  Rudolf, in: Kümpel / Wittig, Bank- und Kapitalmarktrecht, 4. Aufl. 2011, Rn. 19.125. 76  Lehmann, NJW 2016, 2913, 2914; Rudolf, in: Kümpel / Wittig, Bank- und Kapitalmarktrecht, 4. Aufl. 2011, Rn. 19.125; teilweise werden Swaps mit Barausgleich allerdings auch als Wette i. S. d. § 762 BGB eingeordnet, siehe etwa Fülbier, ZIP 1990, 544, 545; in diese Richtung möglicherweise auch BGHZ 205, 117, 131 f. Rn. 38 („Zinswette“); gegen diese Einordnung Clouth, in: Bankrechtstag 2015, S. 163, 175 ff.; ferner auch Lehmann, NJW 2016, 2913, 2914. 77  Dazu schon oben § 7 A.II. 78  Zum Drittstaatenregime Sajnovits, WM 2018, 1247.



B. Zulässigkeit der Verwendung von Benchmarks169

nehmen79 gerichtetes Verbot enthalten, die Benchmark eines nichtzugelassenen Administrators zu verwenden80. Aus dem Wortlaut dieser Bestimmung lassen sich – wie häufig bei Verbotsgesetzen – keine Rückschlüsse auf eine intendierte Nichtigkeitsfolge ziehen.81 Erst recht fehlt in der BMR eine ausdrückliche Anordnung der zivilrechtlichen Nichtigkeit.82 Maßgeblich sind deshalb für die Frage der zivilrechtlichen Wirksamkeit die zu § 134 BGB entwickelten Grundsätze, die ihrerseits durch das Unionsrecht, insbesondere den Effet-utile-Grundsatz überlagert werden können.83 Die wesentliche Vo­ raussetzung für eine Nichtigkeit ist, dass der Normzweck des Verbotsgesetzes die Nichtigkeit des jeweiligen Rechtsgeschäfts gebietet.84 Entscheidend sind mithin Sinn und Zweck des Art. 29 BMR. Bei der Untersuchung zur BMR konnte bereits gezeigt werden, dass das Verbot der Benutzung von Benchmarks nicht-autorisierter Administratoren sicherstellen soll, dass diejenigen – auch systemischen – Gefahren, die von manipulierten oder sonst schlechten Benchmarks ausgehen können, möglichst vermieden werden.85 Das Verbot ist damit nicht nur gegen die Art und Weise der Produktkonzeption durch ein beaufsichtigtes Unternehmen gerichtet, sondern bezweckt die vertragliche Einbeziehung als solche zu verhindern. Nach den Auslegungsregeln der Rechtsprechung sprechen beiderseitige Verbotsgesetze jedenfalls dann für eine bezweckte Nichtigkeit, wenn es sich nicht um bloße Ordnungsvorschriften über das Wie des Zustandekommens des Rechtsgeschäfts handelt.86 Umgekehrt würden einseitige Verbotsgesetze

79  Siehe

zum Begriff oben § 7 A.II. zum Inhalt des Begriffs „verwenden“ oben § 6 C.III.3. 81  Vgl. Ellenberger, in: Palandt, BGB, 76. Aufl. 2017, § 134 Rn. 6a zur Unergiebigkeit der Formulierung: „darf nicht“. 82  Offen kann deshalb bleiben, ob eine solche kompetenzrechtlich zulässig wäre. 83  Auf § 134 BGB ist nur dann nicht zurückzugreifen, wenn eine – auch unionsrechtliche Norm – die zivilrechtlichen Folgen ihrer Verletzung ausdrücklich regelt (z. B. Art. 101 Abs. 2 AEUV). Siehe Armbrüster, in: MünchKommBGB, 7. Aufl. 2015, § 134 Rn. 37. 84  Zur Unterscheidung zwischen Verbotsgesetzeigenschaft und Nichtigkeitssanktion Sack / Seibl, in: Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2011, § 134 Rn. 34; Armbrüster, in: MünchKommBGB, 7. Aufl. 2015, § 134 Rn. 41 f. Aus der Auslegung des Verbotsgesetzes ergibt sich auch, ob dieses die Nichtigkeit des gesamten Rechtsgeschäfts gebietet oder eine „geltungserhaltende Reduktion“ in Betracht kommt. Dazu eingehend Verse / Wurmnest, AcP 204 (2004), 855, 859 ff., 866 f. (zu EU-beihilferechtswidrigen Verträgen). 85  Siehe oben § 7 A.III. 86  Grundlegend RGZ 60, 273, 276 f. unter Berufung auf die Motive zum BGB; aus der Rechtsprechung des BGH etwa BGHZ 46, 24, 26; BGHZ 71, 358, 360 f.; 80  Siehe

170

4. Kap., § 12 Vertragsrechtliche Einordnung und Implikationen

in der Regel gegen eine Nichtigkeitsintention sprechen.87 Der Bundesgerichtshof greift auch bei unionsrechtlichen Verbotsgesetzen auf diese Erwägungen zurück88, wenngleich sie dann nicht mehr maßgeblich sein können, wenn das Unionsrecht eine andere Wertung gebietet89. Das Verbot nach Art. 29 BMR ist zum einen zwar gegen den Inhalt des Rechtsgeschäfts gerichtet und nicht nur gegen die Art und Weise seines Zustandekommens. Andererseits kann das jeweilige Rechtsgeschäft, weil das Verbot nur an beaufsichtigte Unternehmen adressiert ist, je nach konkretem Geschäftsvorgang entweder gegen ein einseitiges oder aber gegen ein beiderseitiges Verbot verstoßen. Schließen nämlich zwei beaufsichtigte Unternehmen ein Rechtsgeschäft ab, in dem sich die Parteien auf eine nicht-autorisierte Benchmark beziehen, verstoßen beide Seiten gegen Art. 29 BMR. Falls einer der Vertragspartner kein beaufsichtigtes Unternehmen ist, liegt demgegenüber nur ein einseitiger Verstoß vor. Beiderseitige Verstöße würden dann nach den Auslegungsregeln der Rechtsprechung die Nichtigkeit bedingen. Bei zahlreichen Rechtsgeschäften wäre das Ergebnis aber noch offen. Bei einer am Schutzzweck der BMR orientierten Auslegung ist eine Nichtigkeit durch das Verbot auch bei einseitigen Verstößen intendiert. Eine unterschiedliche Behandlung von beiderseitigen und einseitigen Verstößen lässt sich nicht rechtfertigen. Der europäische Gesetzgeber richtet das Verbot des Art. 29 BMR bewusst an beaufsichtigte Unternehmen, da von deren Verwendung von Benchmarks in der Regel die größten Gefahren ausgehen. Zudem sind es gerade beaufsichtigte Unternehmen, die die Benchmarks in die von der BMR erfassten Finanzkontrakte und -instrumente einbeziehen und so für deren große Verbreitung sorgen. Dies zu verhindern kann durch eine zivilrechtliche Nichtigkeit effektiv unterstützt werden. Es macht keinen Unterschied, ob auf beiden Seiten der jeweiligen Verträge ein beaufsichtigtes Unternehmen steht. Auch die Erwägungen, die an anderer Stelle im Zusammenhang mit dem Verbot ungedeckter Leerverkäufe vorgetragen wurden90, stehen dieser Einordnung nicht entgegen. Die zivilrechtliche Vereinbarung über einen ungedeckten Leerverkauf ist auch bei einem Verstoß gegen Art. 12 Leerverkaufs-VO nicht nichtig. Die Käufer von Aktien – gerade im Börsenhandel – können die Deckung der Verkäufer nämlich nicht erkennen. Eine konsequente Nichtigkeitsfolge hätte deshalb schwerwiegende Konsequenzen BGHZ 78, 263, 265; BGHZ 78, 269, 271 f.; aus der Literatur etwa Ellenberger, in: Palandt, BGB, 77. Aufl. 2017, § 134 Rn. 8. 87  Ellenberger, in: Palandt, BGB, 76. Aufl. 2017, § 134 Rn. 9; Canaris, Gesetz­ liches Verbot und Rechtsgeschäft, 1983, S. 9. 88  Siehe nur BGH WM 2003, 1491, 1492 (zu Art. 87 EG, heute Art. 107 AEUV). 89  Armbrüster, in: MünchKommBGB, 7. Aufl. 2015, § 134 Rn. 37. 90  Mülbert / Sajnovits, ZBB 2012, 266, 283.



B. Zulässigkeit der Verwendung von Benchmarks171

für die Liquidität der Märkte.91 Die Situation unter der BMR unterscheidet sich hiervor deutlich. Selbst wenn das Verbot nämlich nur an eine der Vertragsparteien gerichtet ist, ist es der anderen Partei ohne größeren Aufwand möglich, die Autorisierung des Administrators zu überprüfen. Dies gewährleisten schon die Informationen, die der anderen Vertragspartei vom beaufsichtigten Unternehmen zur Verfügung zu stellen sind.92 Hinzu kommt die öffentliche Zugänglichmachung der Namen der autorisierten Administratoren durch die Aufsichtsbehörden.93 Aus der Einordnung von Art. 29 BMR als einem die Nichtigkeit bedingenden Verbotsgesetz ergibt sich keine untragbare Benachteiligung des Kunden / Anlegers. Zwar trifft die Nichtigkeitsfolge auch die für den Kunden / Anleger vorteilhaften Geschäfte. Das ist aber schon deshalb zweckgerecht, weil mit der BMR übergeordnete Ziele des Funktionenschutzes, insbesondere solche der Finanzstabilität, verfolgt werden.94 Ein Schutz der individuellen Anleger kann viel eher im Vertragsverhältnis mit der Bank gewährleistet werden. Das gilt etwa, wenn die Bank im Zusammenhang mit einer verbotswidrigen Verwendung auch Vertragspflichten gegenüber dem Kunden verletzt.95 Für die Praxis von besonderem Interesse ist die Frage, ob auch Altverträge in ihrer zivilrechtlichen Wirksamkeit betroffen sein können, wenn diese nachträglich gegen Art. 29 BMR verstoßen. Damit ist die allgemeine Frage nach der Wirkung nachträglicher Verbotsgesetze aufgeworfen, die bislang vom BGH noch nicht entschieden wurde.96 Sie ist mit der herrschenden Meinung grundsätzlich zu verneinen, was auch bereits der Wortlaut des § 134 BGB indiziert, der nur davon spricht, dass ein Rechtsgeschäft nichtig ist (!) und nicht wird.97 Die Bestandsschutz und Übergangsregeln des Art. 51 BMR sprechen hier auch nicht ausnahmsweise für eine Ex-nunc-Nichtigkeit. Zwar folgt im Umkehrschluss aus Art. 54 Abs. 4 BMR, dass Bezugnahmen auf Referenzwerte auch in Altverträgen einen Verstoß gegen Art. 29 BMR dar91  Mülbert / Sajnovits, in: Assmann / Schneider / Mülbert, Wertpapierhandelsrecht, 7. Aufl. 2018, Art. 12, 13, VO Nr. 236 / 2012 Rz. 81; bereits Mülbert / Sajnovits, ZBB 2012, 266, 283; zustimmend auch F.Schäfer, in: Assmann / Schütze, Handbuch des Kapitalanlagerechts, 5. Aufl. 2015, § 21 Rn. 23; Schlimbach, Leerverkäufe, 2015, S. 165; Buck-Heeb, Kapitalmarktrecht, 8. Aufl. 2016, Rn. 703; a. A. Mock, in: KölnKommWpHG, 2. Aufl. 2014, § 30h ff. Rn. 31. 92  Siehe oben § 7 D. 93  Siehe dazu oben § 7 C.II.1.d) und § 7 D. 94  Siehe näher oben § 6 B. 95  Dies führt zu der Frage einer Einwirkung des Aufsichtsrechts auf zivilrechtliche Pflichten, siehe dazu Mülbert, ZHR 172 (2008), 170. 96  Armbrüster, in: MünchKommBGB, 7. Aufl. 2015, § 134 Rn. 20. 97  Armbrüster, in: MünchKommBGB, 7. Aufl. 2015, § 134 Rn. 20; OLG Düsseldorf NJW-RR 1993, 249, 250; Canaris, DB 2002, 930; Medicus, NJW 1995, 2578.

172

4. Kap., § 12 Vertragsrechtliche Einordnung und Implikationen

stellen können.98 Um aber wenigstens auf der Ebene der zivilrechtlichen Wirksamkeit einen Gleichlauf mit dem Bestandsschutzregime für Drittstaaten-Referenzwerte nach Art. 51 Abs. 5 BMR herzustellen99, sollte insgesamt eine nachträgliche zivilrechtliche Nichtigkeit verneint werden. Die Verwender der Benchmarks werden – wofür schon die Pflicht nach Art. 27 BMR sorgt – auch ohne die besonders strenge Folge der zivilrechtlichen Nichtigkeit für Altverträge dazu angehalten sein, wo möglich, frühzeitig eine Umstellung ihrer Verträge zu forcieren. II. Kein Verstoß gegen § 1 Abs. 1 PrKlG Ein Verstoß gegen § 1 Abs. 1 PrKlG kommt – unabhängig von den Voraussetzungen des § 1 Abs. 2 PrKlG100 – für die hier behandelten Finanzkontrakte (Darlehensverträge) und Finanzinstrumente nicht in Betracht. Diese sind bereits aus dem Anwendungsbereich des PrKlG ausgenommen. § 1 Abs. 1 Satz 1 i. V. m. § 5 PrKlG ordnet nämlich an, dass Preisklauseln im Geld- und Kapitalverkehr einschließlich der Finanzinstrumente im Sinne des § 1 Abs. 11 KWG sowie hierauf bezogene Pensions- und Darlehensgeschäfte zulässig sind. Sie müssen sich grundsätzlich nicht an den Maßstäben des PrKlG messen lassen. Damit nimmt das PrKlG (wie auch schon die Vorgängerregelung des PaPKG) all jene Verträge von der Anwendung des PrKlG aus, bei denen Geld oder Kapital vergeben, bewegt, veräußert oder sonst übertragen wird.101 Eine Ausnahme gilt für Preisklauseln in Verbraucherkreditverträgen und in den in § 3 PrKlG genannten langfristigen Verträgen. Diese sind nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 und 2 PrKlG durch § 2 Abs. 1 Satz 1 i. V. m. § 5 PrKlG nämlich nur dann vom Anwendungsbereich des § 1 Abs. 1 PrKlG ausgenommen, wenn die Preisklausel im Einzelfall hinreichend bestimmt ist und keine Vertragspartei unangemessen benachteiligt ist.102 Inhaltlich führt diese Frage auf die sogleich vorzunehmende AGB-Prüfung zurück, da keine abweichenden Anforderungen an Bestimmtheit (Transparenz) und Angemessenheit gestellt werden.103 Deshalb wird auf die folgenden Ausführungen verwiesen104. 98  Sajnovits,

WM 2018, 1247, 1251. diesem weniger strengen Regime Sajnovits, WM 2018, 1247, 1250. 100  Zu dessen Erfüllung durch Zins(gleit)klauseln Omlor, in: Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2016, § 246 Rn. 56. 101  Grüneberg, in: Palandt, BGB, 76. Aufl. 2017, Anh. zu § 245 PrKlG 5 Rn. 1; Freitag, in: Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2015, § 488 Rn. 192a; Omlor, in: Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2016, §§ 244–246, PrKG, § 5 PrKG Rn. 2; zur inhaltsgleichen Vorgängerregelung des § 2 Abs. 1 Satz 3 PaPkG Kirchhoff, DNotZ 2007, 11, 18. 102  Grüneberg, in: Palandt, BGB, 76. Aufl. 2017, Anh zu § 245 PrKlG 2 Rn. 1; Omlor, in: Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2016, §§ 244–246, PrKG, § 2 PrKG Rn. 7. 103  Grüneberg, in: Palandt, BGB, 76. Aufl. 2017, Anh zu § 245 PrKlG 2 Rn. 2 und 3. 99  Zu



B. Zulässigkeit der Verwendung von Benchmarks173

III. AGB-rechtliche Zulässigkeitsschranken bei Finanzkontrakten 1. Zinsgleitklauseln a) Transparenzkontrolle In den meisten Finanzkontrakten werden Zinsklauseln in Form von Allgemeinen Geschäftsbedingungen vereinbart.105 Die Klauseln müssen sich deshalb an den §§ 305 ff. BGB messen lassen. Eine Zinsgleitklausel, die als AGB in den Vertrag einbezogen wird, muss dabei immer den Transparenzanforderungen der §§ 305 ff. BGB genügen. Diese gelten ohne Einschränkung für alle AGB und mithin auch für die Bestimmungen über die Hauptleistungspflichten.106 Der Verwender von AGB ist dazu verpflichtet, die Rechte und Pflichten seines Vertragspartners klar, einfach und präzise darzustellen.107 Das erfordert die Erfüllung der Kriterien der „Verständlichkeit“ – also der sprachlichen und systematischen Klarheit108 – sowie der „Bestimmtheit“ der Klauseln.109 Bei einer einfach gestalteten Zinsgleitklausel (z. B. Zinssatz = [3-Monats EURIBOR + X %-Punkte] / 365) ist die Transparenz, bezogen auf die Ermittlung des jeweils gültigen Zinssatzes, gewahrt. Sobald der Benchmark-Wert als Berechnungsparameter auf der Website der Benchmark-Administratoren bekannt gemacht wird, ist der Zinssatz durch einfaches Einsetzen des täglichen Benchmark-Werts bestimmbar. Dank der Formel bleiben keinerlei Unklarheiten, auch nicht für den für die Beurteilung maßgeblichen Durchschnittskunden. Einige Kommentatoren betonen zur Transparenz von Zinsgleitklauseln, dass Referenzzinssätze eine hinreichende Transparenz gerade deshalb gewährleisten, weil sie von unabhängigen Stellen ermittelt werden.110 Diese Argumentation bezieht sich nicht mehr nur auf die Transparenz der Zinsgleitklausel, sondern hebt auf jene der Ermittlung der Benchmark beim Administrator ab. Eine Ausweitung des Transparenzerfordernisses auf Umstände außerhalb des jeweiligen Vertragsdokuments und über den eigentlichen Klauselinhalt hi104  Siehe

sogleich § 12 B.III.1.a) und b). gilt auch für diejenigen Kreditverträge, die auf Mustern der LMA beruhen. Siehe Walgenbach, in: Langenbucher / Bliesener / Spindler, Bankrechts-Kommentar, 2. Aufl. 2016, 16. Kapitel Rn. 10. 106  BGH NJW-RR 2008, 251; Grüneberg, in: Palandt, BGB, 76. Aufl. 2017, § 307 Rn. 42, 58; Habersack, in: MünchKommBGB, 7. Aufl. 2017, § 793 Rn. 48. 107  Grüneberg, in: Palandt, BGB, 76. Aufl. 2017, § 307 Rn. 21 m. w. N. 108  Coester, in: Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2013, § 307 Rn. 181. 109  Zu diesen Grüneberg, in: Palandt, BGB, 76. Aufl. 2017, § 307 Rn. 25 f. 110  Rösler / Sauer, in: FS Nobbe, 2009, S. 437, 448; Rösler / Lang, ZIP 2006, 214, 215; Mülbert, WM 2004, 1205, 1209. 105  Dies

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4. Kap., § 12 Vertragsrechtliche Einordnung und Implikationen

naus überzeugt allerdings nicht und würde die Anforderungen an eine transparente Klauselgestaltung deutlich überspannen. Das Transparenzerfordernis bezieht sich immer auf die jeweilige Klausel im Vertragskontext. Würde man Transparenz im Hinblick auf die Berechnungsweise etwa des EURIBOR fordern, müsste diese selbst im Vertrag dargestellt werden. Das würde aber ersichtlich schon dem Zweck der dynamischen Bezugnahme zuwiderlaufen. Jegliche Änderung an der Berechnungsweise durch die Benchmark-Administratoren würde dann nicht mehr der vertraglichen Vereinbarung entsprechen. Die Stellungnahmen der Rechtsprechung zur Transparenz variabler Zinsklauseln lassen denn auch erkennen, dass sich das Transparenzerfordernis nur auf die Klausel als solche und nicht auf die Ermittlung der in Bezug genommenen Preisbestandteile bezieht. In einer jüngeren Entscheidung zu einem Energielieferungsvertrag hat es z. B. der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs für die Transparenz einer Preisgleitklausel genügen lassen, dass sich die jeweils konkrete Preisberechnung aus der Klausel klar und bestimmt ergibt. Er hat nicht verlangt, dass auch die Ermittlung einzelner Berechnungsparameter durch Dritte für den Klauselgegner transparent sein muss.111 Im gleichen Sinn wird auch für dynamische Verweisungen in AGB auf Tarifverträge entschieden.112 Die höchstrichterlichen Entscheidungen des XI. Zivilsenats befassen sich bislang zwar ausschließlich mit Zinsänderungsklauseln. Doch auch bei der Überprüfung von deren Transparenz wird nicht auf diejenige der Ermittlung des Referenzzinssatzes abgehoben.113 Eine Klausel ist daher nicht deshalb intransparent, weil darin nicht auch die Berechnungsweise des Referenzzinssatzes beschrieben wird. Demzufolge führt dessen Ermittlungsweise auch dann nicht zur Intransparenz der Klausel, wenn der Ermittlungsvorgang für den Kunden nicht ohne Weiteres einsehbar sein sollte. b) Inhaltskontrolle aa) Kontrollfähigkeit von Zinsgleitklauseln Klauseln, die unmittelbar den Preis der vertraglichen Hauptleistung bestimmen, unterfallen nicht der Inhaltskontrolle.114 Die Frage nach der Kon­ trollfähigkeit von Zinsgleitklauseln ist – anders als jene von Zinsänderungs111  BGH

NJW 2014, 2708, 2709 Rn. 14. NZA 2013, 216, 217. 113  Siehe etwa BGHZ 158, 149, 152 ff.; BGHZ 185, 166, 171 Rn. 15; BGH WM 2011, 306, 307; BGH WM 2008, 1493, 1493 Rn. 12. 114  BGH WM 2016, 35, 37 Rn. 16. Vgl. auch Art. 4 Abs. 2 der Richtlinie 93 /  13 / EWG. 112  BAG



B. Zulässigkeit der Verwendung von Benchmarks175

klauseln115 – noch ungeklärt und war bislang auch nicht Gegenstand höchstrichterlicher Rechtsprechung. Der XI. Zivilsenat hat allerdings im Rahmen einer ergänzenden Vertragsauslegung, die aufgrund der Unwirksamkeit einer Zinsänderungsklausel notwendig wurde, einige inhaltliche Anforderungen an Zinsgleitklauseln gestellt. Diese könnten darauf hindeuten, dass er auch sie einer Inhaltskontrolle unterziehen würde. In der Entscheidung betont der BGH, dass es sich bei dem Referenzzins, der im Rahmen einer ergänzenden Vertragsauslegung für die Zinsberechnung herangezogen wurde, „um einen in öffentlich zugänglichen Medien abgebildeten Referenzzins handeln [muss], der von unabhängigen Stellen nach einem genau festgelegten Verfahren ermittelt wird und die Bank nicht einseitig begünstigt. (vgl. Rösler / Lang, ZIP 2006, 214, 215; siehe auch § 675g Abs. 3 Satz 2 BGB). Es ist unter den Bezugsgrößen des Kapitalmarktes diejenige oder eine Kombination derjenigen auszuwählen, die dem konkreten Geschäft möglichst nahe kommen (Senat, BGHZ 158, 149, 158)“116. Anknüpfend daran – und unter Verweis auf die Manipulationen – wird teilweise auch bei Zinsgleitklauseln die Bezugnahme auf den EURIBOR für eine unangemessene Benachteiligung gehalten.117 Der VIII. Zivilsenat hat kürzlich sogar ausdrücklich eine Preisgleitklausel einer Angemessenheitskontrolle unterzogen.118 Nach dessen Begründung seien nur solche Abreden der Inhaltskontrolle entzogen, die Art und Umfang der vertraglichen Hauptleistung und der hierfür zu zahlenden Vergütung unmittelbar bestimmen.119 Das gelte aber nicht für Klauseln, die zwar eine Auswirkung auf die Hauptleistung haben, an deren Stelle aber, wenn eine wirksame vertragliche Regelung fehlt, auch dispositives Gesetzesrecht treten kann.120 Soweit der BGH dann auch Gleitklauseln einer Angemessenheitskontrolle unterzieht, geht er davon aus, dass die Parteien nur die Höhe der ersten Leistungspflicht, mithin der ersten Rate, vereinbart hatten. Eine Gleitklausel bewirke dann eine Veränderung ebendieser ersten Leistungspflicht in der Zukunft. Damit sei sie auch als Preisnebenabrede einzuordnen, weil sie auch hinweggedacht werden könne und der Vertrag gleichwohl, eben zu der erstmals vereinbarten Höhe, durchführbar wäre. 115  Siehe

sogleich § 12 B.III.2.a)aa). 185, 166, 174 Rn. 21. Bestätigt in BGH WM 2017, 808. 117  Ellenberger, in: FS Hopt, 2010, Bd. 1, S. 1753, 1759; in diese Richtung auch Freitag, in: Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2015, § 488 Rn. 197. 118  BGH NJW 2014, 2708, 2710 Rn. 15. Dazu auch Söbbing / von Bodungen, ZBB 2016, 39, 45. 119  Vgl. BGH NJW 2014, 2708, 2710 Rn. 17. 120  BGH NJW 2014, 2708, 2710 Rn. 15. So auch die Begründung anderer Senate zu kontrollfähigen Preisnebenabreden, siehe nur BGHZ 106, 42, 46 (III. ZS); BGHZ 93, 358, 360 f. (VIII. ZS). 116  BGHZ

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4. Kap., § 12 Vertragsrechtliche Einordnung und Implikationen

Das Schrifttum vertritt demgegenüber bislang zumeist die Auffassung, dass eine kontrollfreie Preishauptabrede so lange vorliegt, wie sich der Zinssatz ohne Ermessensspielraum des Klauselverwenders ipso iure an den Referenzzinssatz anpasst.121 In der Tat lässt sich die Angemessenheitskontrolle von Zinsgleitklauseln dogmatisch nicht überzeugend begründen. Diese stellen ausschließlich eine anfängliche Abrede über eine Hauptleistungspflicht dar. Deren Kontrolle wäre weder mit der Privatautonomie noch mit dem in § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB zum Ausdruck kommenden Grundsatz einer Kontrollfreiheit von Hauptleistungspflichten vereinbar. Die Parteien haben bei einer Gleitklausel und der dieser immanenten Dynamisierung der Hauptleistungspflicht gerade die Variabilität in der Zeit vereinbart. Dies geschah explizit unter Anknüpfung an einen volatilen Referenzzinssatz. Die Klauseln sind – jedenfalls bei einer Vollumsetzung der Benchmark zuzüglich Marge – nicht mit Zinsänderungsklauseln vergleichbar. Bei diesen behält eine Vertragsseite die Möglichkeit der Einwirkung auf die vertraglichen Pflichten, aber eben auch die der Nichteinwirkung.122 Der vom VIII. Zivilsenat hervorgehobene Grundsatz, wonach „die Preisvereinbarung der Parteien bei Vertragsschluss für die gesamte Vertragsdauer bindend ist“123, wird – so man diesen überhaupt anerkennen will – durch Zinsgleitklauseln nicht verletzt. Die Preisvereinbarung ist ja gerade für die gesamte Laufzeit bindend und kann von keiner der Parteien abgeändert werden. Sie ist nur von Anfang an variabel gestellt. Selbst soweit man vertreten würde, dass einfache Zinsgleitklauseln zu Störungen des Äquivalenzverhältnisses führen und damit eine unangemessene Benachteiligung bedeuten könnten124, wäre es zirkulär, aus der mög­ lichen Unangemessenheit der Klausel auf ihre Kontrollfähigkeit zu schließen. 121  Castor, in: Langenbucher / Bliesener / Spindler, Bankrechts-Kommentar, 2. Aufl. 2016, 16. Kapitel Rn. 42c; Servatius, in: Langenbucher / Bliesener / Spindler, Bankrechts-Kommentar, 2. Aufl. 2016, 35. Kapitel Rn. 310; Omlor, in: Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2016, § 246 Rn. 51, 58; Söbbing / von Bodungen, ZBB 2016, 39, 45; Langner / Müller, WM 2015, 1979, 1982 allerdings unter zu pauschalem Verweiß auf BGH WM 2010, 933 Rn. 16; Weiß / Reps, WM 2016, 1865, 1867 f.; Langenbucher, BKR 2005, 134, 137 f.; Rossbach, in: Kümpel / Wittig, Bank- und Kapitalmarktrecht, 4. Aufl. 2011, Rn. 11.80 ff.; Schebesta, BKR 2005, 217; a. A. hinsichtlich einer Überprüfung des in Bezug genommenen Referenzzinssatzes etwa Freitag, in: Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2015, § 488 Rn. 198; Ellenberger, in: FS Hopt, 2010, Bd. 1, S. 1753, 1759, 1762; Schimansky, WM 2003, 1449, 1451 f. Noch weitergehend für die Kontrollfreiheit auch bonitätsgestufter Zinsabreden Mülbert, WM 2004, 1205, 1209; Wittig, ZHR 169 (2005) 212, 240; a. A. insoweit etwa Kersting, ZIP 2007, 56. 122  Zu den Unterschieden auch Weiß / Reps, WM 2016, 1865,1868. 123  BGH NJW 2014, 2708, 2710 Rn. 15 zu variablen Preisklauseln in Gaslieferverträgen. 124  Siehe sogleich § 12 B.III.1.b).



B. Zulässigkeit der Verwendung von Benchmarks177

bb) Grundsätzlich keine unangemessene Benachteiligung Selbst wenn man der neueren Rechtsprechungstendenz des BGH folgen und eine Angemessenheitskontrolle vornehmen wollte, läge jedenfalls in einer einfachen den LIBOR, den EURIBOR oder einen anderen Referenzzinssatz voll übertragenden Zinsgleitklausel mit einem Margenaufschlag keine unangemessene Benachteiligung im Sinne des § 307 Abs. 1 BGB. Eine solche läge erst vor, wenn zum Nachteil des Vertragspartners von einem gesetzlichen Leitbild abgewichen wird.125 Ein solches Leitbild kann sich nicht nur aus Vorschriften des BGB, sondern grundsätzlich aus allen Rechtsgebieten ergeben.126 Ein fester Zinssatz oder auch sonst eine starre Leistungspflicht ist aber kein gesetzliches Leitbild. Das lässt sich auch an den Normen im BGB festmachen, die eine Dynamisierung selbst vorsehen oder jedenfalls anerkennen.127 Die Beurteilung der Angemessenheit von Zinsänderungsklauseln ist daneben besonders von der Frage nach einer Störung des Äquivalenzverhältnisses und von dem komplementären Gebot der Wahrung der Anpassungssymmetrie geprägt.128 Das ursprünglich vereinbarte Äquivalenzverhältnis zwischen den Vertragsparteien soll nicht nachträglich zugunsten einer und damit zulasten der anderen Partei verschoben werden können.129 Mit dem Äquivalenzverhältnis ist im Allgemeinen das Gleichgewichtsverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung in einem synallagmatischen Vertrag gemeint. Im vorliegenden Zusammenhang geht es gerade um das Verhältnis der Hauptleistungspflichten zueinander.130 Eine Veränderung des Äquivalenzverhältnisses wird festgestellt, indem man das anfänglich bei Vertragsschluss bestehende und vereinbarte Äquivalenzverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung mit einem später ermittelten vergleicht.131 Das deutsche Recht – wie auch andere kontinentaleuropäische Rechtsordnungen132 – 125  Grüneberg, in: Palandt, BGB, 76. Aufl. 2017, § 307 Rn. 28; Wurmnest, in: MünchKommBGB, 7. Aufl. 2016, § 307 Rn. 64 ff.; Pfeiffer, in: Wolf / Lindacher / Pfeiffer, AGB-Recht, 6. Aufl. 2013, § 307 Rn. 104 ff. 126  Pfeiffer, in: Wolf / Lindacher / Pfeiffer, AGB-Recht, 6. Aufl. 2013, § 307 Rn. 109. 127  Siehe näher oben § 12 A.I.2.c). 128  Siehe nur BGHZ 180, 257, 271 f. Rn. 37. 129  Siehe nur Berger, in: MünchKommBGB, 7. Aufl. 2016, § 488 Rn. 171. 130  Canaris, AcP 200 (2000), 273, 282 ff. 131  Einstweilen offenbleiben kann hier die in der Rechtsprechung zu Zinsanpassungsklauseln entwickelte Unterscheidung zwischen absoluter und relativer Margensicherung. Dazu Wimmer / Rösler, WM 2011, 1788, 1790; Krepold, in: Schimansky /  Bunte / Lwowski, Bankrechts-Handbuch, 5. Aufl. 2017, § 78 Rn. 85 f. 132  Bartholomeyczik, AcP 166 (1966), 30, 59 f. zu Österreich, der Schweiz, Italien und Frankreich.

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4. Kap., § 12 Vertragsrechtliche Einordnung und Implikationen

geht im Ausgangspunkt von einer subjektiven Äquivalenz aus. Mithin kommt die Äquivalenz von Haupt- und Gegenleistungspflicht – in den Grenzen der §§ 138 und 242 BGB – durch die Vereinbarung der Parteien im Zeitpunkt des Vertragsschlusses zum Ausdruck.133 Auf eine Kontrolle hinsichtlich einer materiellen Preisgerechtigkeit verzichtet das deutsche Recht – auch soweit unionsrechtlich vorgegeben – selbst bei einer Beteiligung von Verbrauchern, Arbeitnehmern oder sonstigen strukturell benachteiligten Vertragspartnern (siehe § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB).134 Der Gesetzgeber greift also in der Regel nicht ein, um objektive Äquivalenz, verstanden als den „gerechten“ Preis einer Leistung, zu gewährleisten, sondern nur um eine offensichtliche Inäquivalenz zu verhindern (§ 138 BGB).135 Jenseits solcher Fälle offensichtlicher bzw. schwerwiegender Inäquivalenz liegt dem Privatrecht damit die Annahme zugrunde, dass die individuelle Durchsetzung der gegenseitigen Interessen im Austauschvertrag einen adäquaten Ausgleich schafft. Das führe schon für sich zu einer Annäherung an den gerechten Preis.136 Diese Erwägungen zur subjektiven Äquivalenz versagen zwar bei fehlender Waffengleichheit137 ebenso wie bei Störungen des Wettbewerbs etwa durch Monopolbildung.138 Der Rege133  Bartholomeyczik, AcP 166 (1966), 30, 59 f.; Flume, Rechtsgeschäft, 3. Aufl. 1979, § 1 6.a.; Canaris, AcP 200 (2000), 273, 282 ff.; Horn, in: Gutachten und Vorschläge zur Überarbeitung des Schuldrechts, Bd. I, 1981, S. 552, 567; Oechsler, Gerechtigkeit im modernen Austauschvertrag, 1997, S. 8–166 mit umfassender Auseinandersetzung mit den philosophischen Grundlagen; grundlegend Schmidt-Rimpler, AcP 147 (1941), 130 zur Richtigkeitsgewähr des Vertragsmechanismus. Das gilt jedenfalls insoweit, als sich das Äquivalenzverhältnis auf das Verhältnis der Hauptleistungspflichten zueinander beschränkt, während hinsichtlich der vertraglichen Nebenbedingungen durch das AGB-Recht eine weitreichende Materialisierung des Äquivalenzverhältnisses durchgesetzt wird. Dazu eingehend Canaris, AcP 200 (2000), 273, 325 ff. 134  Oechsler, Vertragliche Schuldverhältnisse, 2013, Rn. 617. Anderes gilt aber etwa bei der Mietpreisbremse, dem Mindestlohn und weiteren Sondergesetzen. 135  Bartholomeyczik, AcP 166 (1966), 30, 59 ff.; Oechsler, Vertragliche Schuldverhältnisse, 2013, Rn. 97, 104. 136  Schmidt-Rippler, AcP 147 (1941), 130; Larenz, Lehrbuch des Schuldrechts I, 10. Aufl. 1970, § 4; Flume, Rechtsgeschäft, 3. Aufl. 1979, § 1 6.a. Dieses positivistische Desiderat wird auch aus konsequentialistischer Perspektive durch die Einsicht abgesichert, dass es – trotz aller Kapitalismuskritik – die Institution des wettbewerblichen Marktes ist, die einzig zu einer die gesamtgesellschaftliche Wohlfahrt steigernden Ressourcenallokation fähig ist (sog. 1. Wohlfahrttheorem). Ein paternalistisches Einwirken auf den Preis als der im wettbewerblichen Austauschprozess wesentlichen Determinante ist deshalb auch aus ökonomischen Erwägungen – auch wegen des sog. Wissensproblems des Paternalisten – nur in engen Grenzen zuzulassen. 137  Bartholomeyczik, AcP 166 (1966), 30, 59 ff.; Flume, Rechtsgeschäft, 3. Aufl. 1979, § 1.7. 138  Flume, Rechtsgeschäft, 3. Aufl. 1979, § 1.7.; Canaris, AcP 200 (2000), 273, 293 f.



B. Zulässigkeit der Verwendung von Benchmarks179

lungszugriff des Gesetzgebers auf den Ausgleich der Waffengewalt zwischen den Parteien betrifft jedoch konzeptionell nicht die Preisfestlegung oder -kontrolle, sondern die Regulierung der Rahmenbedingungen (Wettbewerbsrecht) und – auf das bipolare Vertragsverhältnis bezogen – das AGB-Recht. Zinsgleitklauseln nach dem hier zugrunde gelegten Muster (Referenzzinssatz + Marge), die von Anfang an von der Veränderlichkeit einer der vertraglichen Leistungspflichten ausgehen, sind durch eine wesentliche Besonderheit gekennzeichnet: Nach der anfänglichen Übereinkunft der Parteien (Zeitpunkt des Vertragsschlusses) wird sich die Höhe der Gegenleistung ab dem Beginn der Vertragslaufzeit regelmäßig und gerade von den Parteien gewollt verändern. Liegt der Vertragsbeginn nach dem Zeitpunkt des Vertragsschlusses, gibt es schon keinen „anfänglichen“ konkreten Zinssatz, auf den sich die Parteien im Zeitpunkt des Vertragsschlusses geeinigt hätten. Das Dauerschuldverhältnis mit Zinsgleitklausel kennt daher nicht ein einziges Äquivalenzverhältnis, bezogen auf einen konkreten Zeitpunkt, auf das sich die Parteien im Rahmen ihrer verfassungsrechtlich gewährleisteten Vertragsfreiheit geeinigt hätten. Es bestehen vielmehr diverse Äquivalenzverhältnisse, die jeden Tag neu bestimmt werden und auch neu bestimmt werden sollen.139 Die Äquivalenz über die Gesamtlaufzeit des Vertrags kommt also nicht durch einen Vergleich des Äquivalenzverhältnisses an einem bestimmten Tag (etwa Vertragsbeginn) mit demjenigen an einem späteren Tag zum Ausdruck, sondern darin, dass beide Vertragsparteien in der Zukunft von einer Veränderung des Referenzzinssatzes profitieren können, sowie der jeweils ausgehandelten Marge.140 Ebenso wie der Darlehensgeber von einer steigenden Benchmark profitiert, profitiert der Darlehensnehmer von einer sinkenden Benchmark, da sich der von ihm zu entrichtende Zins reduziert. Eine Störung des Äquivalenzverhältnisses liegt auch dann nicht vor, wenn der in Bezug genommene Referenzzinssatz die Refinanzierungsbedingungen der Bank nicht (mehr) zutreffend widerspiegelt.141 Die fehlende Abbildung der Refinanzierungskosten kann nur dann von Bedeutung sein, wenn die Klauseln die Veränderung ausdrücklich oder jedenfalls implizit an eine Veränderung der Refinanzierungsbedingungen der Bank koppeln. Soweit der Vertrag darauf keine Hinweise enthält und gleichwohl die materielle Richtigkeit der Benchmark überprüft wird, geht dies in Richtung der Ermittlung einer materiellen Äquivalenz. Eine solche ist dem deutschen Recht bei Haupt139  Daraus ergibt sich auch ein praktisches Problem bei der Prüfung der Wahrung des Äquivalenzverhältnisses: Einen anfänglichen Vergleichswert gibt es nicht! Darauf hat bereits Mülbert, WM 2004, 1205, 1210 für sein Modell eines Zinsmargengitters für bonitätsabhängige Zinsgleitklauseln hingewiesen. 140  Vgl. Rösler / Lang, ZIP 2006, 214, 216; Mülbert, WM 2004, 1205, 1210. 141  A. A. Habersack, WM 2001, 753, 754.

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4. Kap., § 12 Vertragsrechtliche Einordnung und Implikationen

leistungspflichten aber jedenfalls im Ausgangspunkt fremd.142 Legen sich die Parteien auf eine Benchmark fest, dann ist diese Vereinbarung – in den Grenzen von gesetzlichen Verboten, Sittenwidrigkeit, dem Wegfall der Geschäftsgrundlage oder dem Bestehen außerordentlicher Kündigungsrechte – hinzunehmen und bindend.143 Die Parteien vereinbaren mit der Zinsgleitklausel eben nicht, dass der Gewinn der Bank immer genau der Marge entspricht, sondern dass die Höhe der Gegenleistung immer in einem bestimmten Abstand (einer Marge) vom Referenzzinssatz stehen soll. Zweifel an der Angemessenheit können schließlich auch nicht die Erwägungen in der oben zitierten Entscheidung des BGH (BGHZ 185, 166) wecken. Darin hatte der BGH inhaltliche Anforderungen an die auszuwählende Benchmark im Rahmen einer ergänzenden Vertragsauslegung gestellt. Ein Vergleich mit der Angemessenheitskontrolle liegt schon deshalb nicht nahe, weil der BGH in der Entscheidung ein dem Parteiinteresse hypothetisch entsprechendes Ergebnis finden musste.144 Damit ist ein anfänglich von den Parteien ausdrücklich konsentierter Anpassungsmechanismus nicht vergleichbar: Im Fall der ergänzenden Vertragsauslegung wurden die mutmaßlichen bzw. hypothetischen Interessen der Vertragsparteien gegeneinander abgewogen. Damit konnte durchaus berücksichtigt werden, dass bestimmte Indizes mehr oder weniger den Interessen der einen oder anderen Partei dienten. Deshalb war nicht anzunehmen, dass die Parteien bei voller Kenntnis der Sachlage eine entsprechende Vereinbarung getroffen hätten. Bei einer anfänglichen Übereinkunft haben sie das aber gerade getan. Dass die eine Partei ggf. über bestimmte Umstände – Manipulierbarkeit oder gar Manipulation – informiert war oder dass der Referenzzinssatz generelle manipulierbar war, wird systematisch durch die Vertragsinstitute der Anfechtung, des Leistungsstörungsrechts, der culpa in contrahendo oder des Wegfalls der Geschäftsgrundlage gelöst. Der Weg über eine Inhaltskontrolle der Hauptleistungspflichten durch das AGB-Recht überzeugt hingegen nicht. 142  Auch im amerikanischen Vertragsrecht wird in diesem Zusammenhang die Entscheidung des Florida District Court von 1975 Gulf Oil v. Eastern Airlines (415 F. Supp. 429, 432 (S.D. Fla. 1975)) rezipiert. In dieser Entscheidung wurde in einem langfristigen Ölliefervertrag der Preis an eine Benchmark von Platts gebunden und die Vertragsparteien wurden an dieser Vereinbarung festgehalten, obwohl alle vergleichbaren Ölpreisindizes in der Folge deutlich gefallen waren und es Angebote für Öllieferungen zum halben Preis gab. Dazu Verstein, Boston College Law Review 56 (2015), 215, 229. 143  Etwas anderes gilt etwa im Bereich der Fernwärmebepreisung, da § 24 Abs. 3 Satz 1 AVBFernwärmeV fordert, dass Preisänderungsklauseln nur so ausgestaltet sein dürfen, dass sie sowohl die Kostenentwicklung bei Erzeugung und Bereitstellung der Fernwärme durch das Unternehmen als auch die jeweiligen Verhältnisse auf dem Wärmemarkt angemessen berücksichtigen. 144  Rösler / Sauer, in: FS Nobbe, 2009, S. 437, 451 f.



B. Zulässigkeit der Verwendung von Benchmarks181

Probleme durch eine Beeinträchtigung des Äquivalenzverhältnisses können allenfalls durch eine zusätzliche Floor-Klausel auftreten145 oder aber wenn bestimmte für die Bank vorteilhafte Änderungen des Referenzzinssatzes über die Formel mit einem Multiplikator versehen werden. 2. Zinsänderungsklauseln a) Wirksamkeit von Zinsänderungsklauseln Neben Zinsgleitklauseln knüpfen auch Zinsänderungsklauseln die Ausübung des Gestaltungsrechts häufig an die Veränderung eines in Bezug genommenen Referenzzinssatzes.146 Soweit ein Gestaltungsrecht durch AGB eingeräumt wird, stellt sich auch hier die Frage der Vereinbarkeit mit den §§ 305 ff. BGB. Eine solche AGB-Prüfung ist unabhängig davon vorzunehmen, ob die Ausübung des Gestaltungsrechts ihrerseits einer Billigkeitskon­ trolle unterliegt (§ 315 BGB)147. Letztere versagt nämlich schon dann, wenn es (bei sinkendem Referenzzinssatz) überhaupt nicht zu einer Ausübung kommt.148 Zinsänderungsklauseln sind deshalb einer Transparenz- und zudem – anders als Zinsgleitklauseln – einer Inhaltskontrolle zu unterziehen. Hinsichtlich der Anforderungen an die Transparenz kann auf die Ausführungen oben zu den Zinsgleitklauseln verwiesen werden.149 Bei Zinsänderungsklauseln muss der Klauselgegner zudem allein wegen der Formulierung der Klausel im Kontext des Vertrags in der Lage sein, die Berechtigung einer späteren Ausübung des Gestaltungsrechts zu überprüfen.150 Das erfordert vor allem die klare und verständliche Darstellung der wesentlichen Parameter, die die Bank später zu einer Anpassung durch Ausübung des Leistungsbestimmungsrechts berechtigen sollen.151

Weiß / Reps, WM 2016, 1865, 1868 ff. in: Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2015, § 488 Rn. 205. 147  Siehe zu dieser sogleich § 12 B.III.2.b). 148  BGHZ 82, 21, 26; BGHZ 158, 149, 153; Habersack, WM 2001, 753, 757; Rösler / Lang, ZIP 2006, 214, 216; Servatius, in: Langenbucher / Bliesener / Spindler, Bankrechts-Kommentar, 2. Aufl. 2016, 35. Kapitel Rn. 311. 149  Siehe oben § 12 B.III.1.a). 150  Mülbert, WM 2004, 1205, 1206; vgl. BGH NJW 2003, 507, 509 zu Preisanpassungsklauseln in Reiseverträgen. 151  Servatius, in: Langenbucher / Bliesener / Spindler, Bankrechts-Kommentar, 2. Aufl. 2016, 35. Kapitel Rn. 316. 145  Dazu

146  Freitag,

182

4. Kap., § 12 Vertragsrechtliche Einordnung und Implikationen

aa) Inhaltskontrollfähigkeit von Zinsänderungsklauseln Zinsänderungsklauseln sind einer Inhaltskontrolle, verstanden als Angemessenheitskontrolle, zu unterziehen. Systematisch sind zunächst zwei Konstellationen zu unterscheiden: Das Einlagengeschäft mit dem Kunden und Klauselgegner als Darlehensgeber und das Darlehensgeschäft mit der Bank als Darlehensgeberin. Wird der Bank als Darlehensnehmer im Einlagengeschäft durch eine Zinsänderungsklausel das Recht eingeräumt, ihre eigene Zahlungspflicht zu ändern, ergibt sich im Wege eines argumentum e contrario aus § 308 Nr. 4 BGB eindeutig, dass eine derartige Klausel einer Inhaltskontrolle zu unterziehen ist.152 Die Wertung des Klauselverbots des § 308 Nr. 4 BGB kann auch auf den unternehmerischen Bereich übertragen werden.153 Bei Zinsänderungsklauseln zugunsten der Bank in einem Darlehensvertrag mit der Bank als Darlehensgeber handelt es sich zwar nicht um eine Ersetzungsbefugnis im Sinne des § 308 Nr. 4 BGB.154 Die Interessenlage ist aber mit diesen vergleichbar, da aus Sicht beider Parteien die Schutzerwägungen ganz parallel verlaufen. Es macht für den Kunden – und Klauselgegner – keinen Unterschied, ob er im Rahmen des Einlagengeschäfts als Darlehensgeber der Bank gegenübertritt und dann unzweifelhaft durch § 308 Nr. 4 BGB geschützt wird oder ob er der Darlehensnehmer ist und die Bank einseitig seine Zahlungspflichten abändern kann. In der Situation ist er vielmehr erst recht schutzwürdig. Dogmatisch überzeugend können daher Anforderungen an eine Zinsänderungsklausel im Wege eines argumentum a fortiori aus § 308 Nr. 4 BGB hergeleitet werden.155 152  BGHZ 158, 149, 153; Schmidt, in: Ulmer / Brandner / Hensen, AGB-Recht, 11. Aufl. 2011, § 308 Nr. 4 Rn. 4; Servatius, in: Langenbucher / Bliesener / Spindler, Bankrechts-Kommentar, 2. Aufl. 2016, 35. Kapitel Rn. 312; tendenziell auch Krepold, in: Schimansky / Bunte / Lwowski, Bankrechts-Handbuch, 5. Aufl. 2017, § 78 Rn. 70. Insoweit wird auch von Änderungsvorbehalten gesprochen. Siehe etwa Thüsing, in: Westphalen / Thüsing, Vertragsrecht und AGB-Klauselwerke, 38. ErgLief. 2016, Änderungsvorbehalt, Rn. 5. 153  BGH NJW-RR 2009, 1641, 1643 Rn.  29; Grüneberg, in: Palandt, BGB, 76. Aufl. 2017, § 308 Rn. 26; Wurmnest, in: MünchKommBGB, 7. Aufl. 2016 § 308 Rn. 13; Coester, in: Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2013, § 308 Nr. 4 Rn. 11; Omlor, in: Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2016, § 246 Rn. 59; Dammann, in: Wolf / Lindacher / Pfeiffer, AGB-Recht, 6. Aufl. 2013, § 308 Nr. 4 Rn. 70; Schmidt, in: Ulmer / Brandner / Hensen, AGB-Recht, 11. Aufl. 2011, § 308 Nr. 4 Rn. 12. 154  So auch Wurmnest, in: MünchKommBGB, 7. Aufl. 2016, § 308 Nr. 4 Rn. 6, wobei er betont, dass derartige Klauseln dem § 307 unterfallen; a. A. Coester, in: Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2013, § 307 Rn. 2, 5. 155  Omlor, in: Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2016, § 246 Rn. 58, 60; Habersack, WM 2001, 753, 757.



B. Zulässigkeit der Verwendung von Benchmarks183

bb) Angemessenheit von Zinsänderungsklauseln Die Angemessenheit von Zinsänderungsklauseln ist wegen ihrer Vergleichbarkeit mit einem Ersetzungsrecht im Sinne des § 308 Nr. 4 BGB anhand der daraus hergeleiteten Voraussetzungen zu bestimmen.156 Ersetzungsklauseln werden als unwirksam betrachtet, sofern die Vereinbarung über die Änderung unter Berücksichtigung der Interessen des Verwenders für den Kunden nicht zumutbar ist.157 Eine derartige Beurteilung setzt eine Interessenabwägung zwischen den Interessen des Verwenders und jenen des Vertragspartners voraus.158 Die Klausel darf, um wirksam zu sein, nicht zur Rechtfertigung einer unzumutbaren Ersetzung dienen können.159 Da eine geltungserhaltende Reduktion der Klausel nicht in Betracht kommt160, muss sich die Ersetzung also in allen typischen Sachverhaltskonstellationen als für den Vertragspartner zumutbar erweisen. Ein anerkennenswertes Interesse des Klauselverwenders in Form eines sachlichen Grundes für eine Änderung liegt grundsätzlich im Zinsänderungsrisiko und der Veränderung der eigenen Refinanzierungskosten in der Zeit.161 Erhöhen sich die durch den Referenzzinssatz mit abgebildeten Refinanzierungskosten, wird die Refinanzierung für den Darlehensgeber mithin teurer, dann liegt es in seinem berechtigten Interesse, diese Steigerung bei der Kapitalüberlassung auf Zeit auch durch eine Erhöhung der geforderten Zinsen weiterzugeben.162 Beim Einlagengeschäft wiederum hat die Bank ein berechtigtes Interesse an einer Zinssenkung, wenn das allgemeine Zinsniveau sinkt und sie mit den eingelegten Geldern eine geringere Rendite erwirtschaften 156  Siehe

soeben § 12 B.III.2.a)aa) a. E. NJW-RR 2009, 1641, 1642 Rn. 24; Podewils, ZHR 174 (2010), 192, 201; Schmidt, in: Ulmer / Brandner / Hensen, AGB-Recht, 11. Aufl. 2011, § 308 Nr. 4 Rn. 9, 11. 158  BGH NJW-RR 2009, 1641, 1642 f. Rn. 24; Coester, in: Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2013, § 308 Nr. 4 Rn. 6; Grüneberg, in: Palandt, BGB, 76. Aufl. 2017, § 308 Rn. 25. 159  BGH NJW 2005, 3567, 3569; BGHZ 158, 149, 154 f.; Schmidt, in: Ulmer /  Brandner / Hensen, AGB-Recht, 11. Aufl. 2011, § 308 Nr. 4 Rn. 9 (jedenfalls für typische Konstellationen); vgl. auch Fuchs, in: Ulmer / Brandner / Hensen, AGB-Recht, 11. Aufl. 2011, § 307 Rn. 178. 160  Siehe nur Grüneberg, in: Palandt, BGB, 76. Aufl. 2017, § 306 Rn. 6 mit Nachweisen zur ständigen Rechtsprechung; a. A. noch BGHZ 97, 212 zu Zinsänderungsklauseln. 161  BGHZ 180, 257, 266 Rn. 24; Servatius, in: Langenbucher / Bliesener / Spindler, Bankrechts-Kommentar, 2. Aufl. 2016, 35. Kapitel Rn. 312; Habersack, WM 2001, 753, 757. 162  Krepold, in: Schimansky / Bunte / Lwowski, Bankrechts-Handbuch, 5. Aufl. 2017, § 78 Rn. 71 ff. 157  BGH

184

4. Kap., § 12 Vertragsrechtliche Einordnung und Implikationen

kann.163 Nur so kann eine Bank ihre für die Volkswirtschaft so wichtige Transformationsfunktion dauerhaft ausüben. Aus Sicht des Klauselgegeners muss es – gegenläufig – zumutbar sein, dass die Höhe der Hauptleistungspflicht einseitig geändert werden kann. Eine Klausel, die eine einseitige Änderung ermöglicht, ist jedenfalls dann nicht zumutbar, wenn sie dem Klauselsteller die Möglichkeit gibt, das anfänglich vereinbarte Äquivalenzverhältnis von Leistung und Gegenleistung zu beeinträchtigen.164 Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist eine Klausel, die dem Klauselgegner das Recht einräumt, die Leistungspflicht seines Vertragspartners einseitig zu ändern, vielmehr nur dann zumutbar, wenn sie vier Bedingungen erfüllt: Erstens darf sie der Bank nicht die Möglichkeit geben, ihre ursprüngliche Gewinnmarge durch nachträgliche Zins­ erhöhungen zu vergrößern.165 Das bedeutet, dass sie der Bank nur dann eine Erhöhung der Leistungspflicht ihres Vertragspartners ermöglichen darf, wenn sich auch ihre Refinanzierungskosten erhöht haben. Dies setzt zweitens voraus, dass der in Bezug genommene Referenzzinssatz die Refinanzierungskosten auch realistisch abbildet.166 In diesem Rahmen kann – anders als bei den Zinsgleitklauseln – im Sinne einer objektiven Äquivalenz auch die Geeignetheit des Referenzzinssatzes überprüft werden.167 Drittens muss die Bank durch die Klausel verpflichtet sein, den Kunden im gleichen Maße, in dem sie von einem steigenden Referenzzinssatz profitieren kann, auch an einem sinkenden Referenzzinssatz teilhaben zu lassen.168 Die Interessen des Kunden müssen viertens durch konstant wiederkehrende Prüfungs- und Anpassungszeitpunkte sichergestellt werden.169

163  Vgl.

BGHZ 158, 149, 156. in: Schimansky / Bunte / Lwowski, Bankrechts-Handbuch, 5. Aufl. 2017, § 78 Rn. 83. 165  BGHZ 180, 257, 266 f. Rn. 25; vgl. BGHZ 176, 244, 249 f. Rn. 18 (zu Preisanpassungsklauseln in Gaslieferverträgen). 166  Krepold, in: Schimansky / Bunte / Lwowski, Bankrechts-Handbuch, 5. Aufl. 2017, §  78 Rn.  72 ff. m. w. N. 167  Zu Zweifeln an der Geeignetheit siehe oben § 2 D.I.2. 168  BGHZ 180, 257, 267 Rn. 25; Grüneberg, in: Palandt, BGB, 76. Aufl. 2017, § 309 Rn. 10; Krepold, in: Schimansky / Bunte / Lwowski, Bankrechts-Handbuch, 5. Aufl. 2017, § 78 Rn. 83. 169  Krepold, in: Schimansky / Bunte / Lwowski, Bankrechts-Handbuch, 5. Aufl. 2017, § 78 Rn. 84. 164  Krepold,



B. Zulässigkeit der Verwendung von Benchmarks185

b) Ausübungsvoraussetzungen des Gestaltungsrechts Zinsänderungsklauseln lassen sich als Anwendungsfall des § 315 BGB analog einordnen.170 Unabhängig davon, ob die Klauseln mit den §§ 305 ff. BGB übereinstimmen, muss sich deshalb auch die Ausübung des Leistungsänderungsrechts im Einzelfall am Maßstab des § 315 BGB messen lassen und damit nach billigem Ermessen vorgenommen werden. Zwar steht dem Bestimmungsberechtigten ein gewisser Ermessensspielraum zu.171 Die Ausübung muss allerdings einer umfassenden Interessenabwägung im jeweiligen Einzelfall standhalten172, wobei alle Umstände im Zeitpunkt der Ausübung des Leistungsänderungsrechts zu berücksichtigen sind173. Im Falle (zugerechneter174) Kenntnis über vergangene und für den Kunden (möglicherweise) nachteilige Manipulationen im Zeitpunkt der Ausübung des Anpassungsrechts lässt sich argumentieren, dass sich diese als unbillige Ausübung des Leistungsänderungsrechts darstellen. Eine derart unbillige Bestimmung ist unverbindlich.175 Ohne eine (zugerechnete) Kenntnis wird man die Ermessensentscheidung hingegen nicht ohne Weiteres als unbillig ansehen können. IV. AGB-rechtliche Zulässigkeitsschranken bei sonstigen Finanzinstrumenten 1. Anleihen Die Bedingungen derjenigen Finanzinstrumente, die typischerweise auf Referenzwerte Bezug nehmen, sind ganz häufig ebenfalls als AGB ausgestaltet. Die ganz herrschende Meinung ordnet auch Anleihebedingungen von Schuldverschreibungen als Allgemeine Geschäftsbedingungen im Sinne der §§ 305 ff. BGB ein.176 Deshalb unterliegen auch Zinsklauseln bei einem 170  Siehe

oben § 12 A.I.2.b). die ganz h. M. nur Rieble, in: Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2015, § 315 Rn. 318; J.Hager, in: Erman, BGB, 15. Aufl. 2017, § 315 Rn. 19; a. A. noch Kornblum, AcP 168 (1968), 452, 452 ff., der von nur einer einzigen richtigen Entscheidung ausging. 172  Rieble, in: Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2015, § 315 Rn. 324. 173  BAGE 104, 55, 62; BAGE 112, 80, 83 f.; J.Hager, in: Erman, BGB, 14. Aufl. 2014, § 315 Rn. 19. 174  Siehe näher dazu unten § 13.B. 175  Dazu nur J.Hager, in: Erman, BGB, 15. Aufl. 2017, § 315 Rn. 22. 176  BGHZ 163, 311, 314; BegRegE BT Drs. 7 / 3919, S. 18 (AGB-Gesetz); BGH NJW-RR 2009, 1641, 1642 Rn. 20; Habersack, in: MünchKommBGB, 7. Aufl. 2017, § 793 Rn. 44; Habersack, in: MünchKommAktG, 4. Aufl. 2016, § 221 Rn. 255; Grü171  Für

186

4. Kap., § 12 Vertragsrechtliche Einordnung und Implikationen

Floater177 der Transparenzkontrolle178 und grundsätzlich auch einer Inhaltskontrolle. Eine klare Zinsgestaltung unter Bezugnahme auf einen Referenzzinssatz wird unter Transparenzgesichtspunkten in der Regel keine Schwierigkeiten machen.179 Da die Zinszahlungspflicht bei den hier beispielhaft aufgeführten Anleihen nicht Haupt-, sondern akzessorische Nebenleistungspflicht ist180, ist die Klausel auch einer vollumfänglichen Inhaltskontrolle zu unterziehen. Jedenfalls dann, wenn eine Gleitklausel ohne Floor-Regelung vereinbart wird, bestehen keine Bedenken gegen die Angemessenheit einer derartigen Regelung.181 2. Sonstige Finanzinstrumente Im Rahmen der sonstigen hier erwähnten Finanzinstrumente (Indexzertifikate, Zinstermingeschäfte) wirkt sich die Bezugnahme auf die Benchmark auf die Hauptleistungspflichten aus.182 Die Klauseln sind deshalb nur einer Transparenz- (§ 307 Abs. 3 Satz 2 BGB), nicht aber einer Inhaltskontrolle zu unterziehen (§ 307 Abs. 3 Satz 1 BGB).183 Hinsichtlich der Ausführungen zur Transparenz kann auf die parallelen Anforderungen bei Anleihen verwiesen werden.184

neberg, in: Palandt, BGB, 76. Aufl. 2017, § 305 Rn. 3; Ulmer / Habersack, in: Ulmer /  Brandner / Hensen, AGB-Recht. 11. Aufl. 2011, § 305 Rn. 14, 19, 70 ff.; Hirte, in: GroßKommAktG, 4. Aufl. 2012, § 221 Rn. 131; Basedow, in: MünchKommBGB, 7. Aufl. 2016, § 305 Rn. 9; Horn, ZHR 173 (2009), 12, 35; Marburger, in: Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2015, Vorbem. zu §§ 793–808 Rn. 29; a. A. Bliesener /  Schneider, in: Langenbucher / Bliesener / Spindler, Bankrechts-Kommentar, 2. Aufl. 2016, 17. Kapitel § 3 Rn. 29 ff.; Assmann, WM 2005, 1053, 1057 f. 177  Siehe oben § 12 A.II.1. 178  Siehe auch § 3 SchVG. Dazu Hirte, in: GroßKommAktG, 4. Aufl. 2012, § 221 Rn. 132 und 202; Habersack, in: MünchKommAktG, 4. Aufl. 2016, § 221 Rn. 258. 179  Vgl. die Ausführungen oben § 12 B.III.1.a). 180  Siehe oben § 12 A.II.1. 181  Vgl. oben § 12 B.III.1.b)bb). 182  Siehe oben § 12 A.II.2. und 3. 183  Vgl. oben § 12 B.III.1.b)aa) zur Zinsgleitklausel. 184  Siehe oben § 12 B.IV.1.



B. Zulässigkeit der Verwendung von Benchmarks187

V. Keine objektive Sittenwidrigkeit des Rechtsgeschäfts durch die vertragliche Inbezugnahme einer manipulierten oder manipulierbaren Benchmark Die Bezugnahme auf einen Referenzzinssatz ist in aller Regel nicht objektiv sittenwidrig. Deshalb sind Klauseln, die eine vertragliche Inbezugnahme einer manipulierten oder manipulierbaren Benchmark enthalten, auch nicht wegen eines Verstoßes gegen § 138 BGB nichtig. Im Fall eines Darlehensvertrags mit der üblichen auf einen Referenzzinssatz bezogenen Zinsgleitklausel ist die durch diese hergestellte Zinsvariabilität objektiv nicht als sittenwidrig einzuordnen. Sie ist geradezu eine wirtschaftliche Notwendigkeit, die von der Rechtsordnung anerkannt wird185. Eine Inhaltssittenwidrigkeit liegt nicht vor. Bei einer solchen muss das Rechtsgeschäft selbst, also die darin zwischen den Parteien konzertierten Pflichten, unmittelbar auf ein rechts- oder sozialethisch zu missbilligendes Verhalten oder auf die Herbeiführung eines zu missbilligenden Erfolgs gerichtet sein.186 Die Möglichkeit der Manipulation des Referenzwertes spielt bei näherer Betrachtung als Sittenwidrigkeitsgrund ebenfalls keine Rolle. Nur weil eine theoretische Möglichkeit zur Manipulation besteht, macht dies die Bezugnahme nämlich nicht sittenwidrig. Letztlich würden so Unwägbarkeiten, die bei allen menschlich produzierten Bemessungsgrundlagen bestehen können, ein Sittenwidrigkeitsverdikt begründen. So würde die Implementierung angemessener Mechanismen zur Dynamisierung der Leistungspflichten verhindert. Gleiches gilt für einen potenziell sehr hoch steigenden Referenzzinssatz, durch den der Zinssatz beim Darlehensvertrag seinerseits die Grenze des nach § 138 BGB Zulässigen überschreiten könnte. Solche theoretischen Möglichkeiten sollten in diesem Zusammenhang nicht zu berücksichtigen sein.187 § 138 BGB kann zwar auch zur Nichtigkeit führen, wenn nicht das Rechtsgeschäft selbst, sondern die Parteien beim Abschlusses oder bei der Durchführung gegen die guten Sitten verstoßen (Umstandsnichtigkeit).188 Wegen des erforderlichen subjektiven Elements  – zumindest Kenntnis / Kennenmüs185  Siehe

oben § 12 A.I.2.c). zur objektiven oder Inhaltssittenwidrigkeit Ellenberger, in: Palandt, BGB, 76. Aufl. 2017, § 138 Rn. 7; Armbrüster, in: MünchKommBGB, 7. Aufl. 2015, § 138 Rn. 9; Mansel, in: Jauernig, BGB, 16. Aufl. 2015, § 138 Rn. 9. 187  Vgl. BGHZ 201, 168, 176 f. Rn. 25 zu § 305c Abs. 2 BGB. Auch in anderen Rechtsbereichen, etwa bei der Indexmiete in Wohnraummietverträgen, werden Klauseln nicht wegen solch theoretischer, außerhalb jeder Wahrscheinlichkeit liegender Möglichkeiten für unwirksam gehalten. 188  BGHZ 36, 395, 398; Ellenberger, in: Palandt, BGB, 76. Aufl. 2017, § 138 Rn. 8. 186  Allgemein

188

4. Kap., § 12 Vertragsrechtliche Einordnung und Implikationen

sen von den die Sittenwidrigkeit begründenden Umständen auf einer Seite189 – handelt es sich um eine wissensabhängige Manipulationsfolge. Deshalb wird auf die Frage im Anschluss an die Untersuchung zur Wissenszurechnung unter § 13 E. zurückzukommen sein.190

C. Manipulation als vertragsrechtliche Pflichtverletzung gegenüber dem Kunden I. Zeitpunkt der Pflichtverletzung und davon betroffene Vertragsverhältnisse Werden Benchmarks durch diejenigen Banken manipuliert, die auch Vertragsparteien der jeweiligen Finanzkontrakte und Finanzinstrumente191 sind, steht die Frage nach einer durch die Manipulation begangenen Pflichtverletzung gegenüber den Vertragspartnern im Raum. Bei den hier untersuchten Manipulationen von Referenzzinssätzen, die jeden Tag neu berechnet und veröffentlicht werden192, sind einige Besonderheiten hinsichtlich des Zeitpunkts der maßgeblichen Pflichtverletzungen zu verzeichnen. Zudem können in der Regel nur Panelbanken auf den Verlauf der Referenzzinssätze Einfluss nehmen.193 Manipulationen von Benchmarks vor dem Vertragsschluss und auch vor dem vorvertraglichen Anbahnungsverhältnis spielen als Pflichtverletzungen im Vertragsverhältnis regelmäßig keine Rolle.194 Zwar kann grundsätzlich auch (vor-)vorvertragliches Fehlverhalten fortwirken und dann als vertragliche Pflichtverletzung eingeordnet werden, wenn effektiv die Fortwirkung hätte verhindert werden müssen. Bei den Manipulationen von Referenzzinssätzen scheidet dies aber in der Regel schon deshalb aus, weil diese täglich bestimmt werden und daher täglich eine neue Manipulationshandlung erforderlich ist, um eine Verfälschung aufrechtzuerhalten. Ausnahmen bestehen allenfalls dann, wenn die Verträge zeitlich nach einer manipulierten Meldung geschlossen werden und die Falschmeldung von diesem Tag noch Auswirkungen auf die Leistungspflichten der Parteien haben kann. Vertragliche Pflichtverletzungen durch Manipulationen kommen von vornherein nur in denjenigen Vertragsverhältnissen mit Banken in Betracht, in 189  Flume,

Rechtsgeschäft, 3. Aufl. 1979, § 18.3. (S. 374). eine subjektive Sittenwidrigkeit Weck, KommJur 2013, 281, 287. 191  Zu den unterschiedlichen Vertragstypen siehe näher § 12 A.I. und II. 192  Beispielhaft siehe oben § 2 D.I.1. für den LIBOR und § 2 D.II. für den ­EURIBOR. 193  Zu den Manipulationsabläufen siehe oben § 3 B.II. 194  Buck-Heeb, WM 2015, 157, 163. 190  Für



C. Manipulation als vertragsrechtliche Pflichtverletzung189

denen die Bank am Panel der jeweiligen Benchmark beteiligt ist oder in sonstiger Weise auf die Benchmark einwirken kann.195 Bestehen keine vertraglichen Beziehungen zur manipulierenden Bank, wie es etwa für Zweit- und Dritterwerber von Anleihen, Zertifikaten196 oder sonstigen Finanzinstrumenten der Fall sein kann, scheidet eine vertragliche Pflichtverletzung ebenfalls aus. Die Verträge zwischen Bank und Ersterwerbern können auch nicht als Vertrag mit Schutzwirkung für Dritte eingeordnet werden. Nach allgemeinen Grundsätzen erfordert die Einbeziehung in den Schutzbereich eines Vertrags die Erfüllung der Kriterien Leistungsnähe, Einbeziehungsinteresse, Erkennbarkeit und Schutzbedürfnis des Einbezogenen.197 Die Voraussetzung des Einbeziehungsinteresses ist im Falle der Verträge zwischen Bank und Ersterwerber zu verneinen. Die Bank ist weder für das „Wohl und Wehe“198 der Zweiterwerber mitverantwortlich, noch hat der Ersterwerber an der Einbeziehung des Zweiterwerbers ein besonderes schutzwürdiges Interesse.199 Dass eine Einbeziehung sich bei der Veräußerung auf den Marktpreis positiv auswirken könnte, ist ein nicht entscheidendes, rein monetäres Inte­ resse des Ersterwerbers, das allein dessen Risikosphäre zuzuordnen ist. II. Manipulationen als Nebenpflichtverletzungen im Vertragsverhältnis zwischen Bank und Kunden Die Manipulation von Benchmarks stellt in der Regel lediglich eine Nebenpflichtverletzung im Vertragsverhältnis zwischen der Bank und dem Kunden dar. Eine Hauptleistungspflichtverletzung lässt sich weder im unmittelbaren Verhältnis noch mittels der Annahme eines Vertrags mit Schutzwirkung für Dritte begründen. Die Nichtmanipulation (als das Unterlassen einer Manipulation) ist für keines der oben beschriebenen Vertragsverhältnisse typusprägend200, was aber Voraussetzung für die Charakterisierung als Hauptleistungspflicht ist201. Gegen eine Hauptleistungspflicht spricht zudem, dass die 195  So auch Weck, KommJur 2013, 247, 250 f.; insoweit auch noch Buck-Heeb, WM 2015, 157, 160 f. 196  Zu Zertifikaten OLG Frankfurt ZIP 2013, 1560 f. 197  Siehe nur Grüneberg, in: Palandt, BGB, 76. Aufl. 2017, § 328 Rn. 15 ff. 198  Zur „Wohl und Wehe“-Formel nur BGHZ 51, 91, 96; Grüneberg, in: Palandt, BGB, 76. Aufl. 2017, § 328 Rn. 17a. 199  Im Ergebnis auch Habersack, ZIP 2014, 1149, 1151 unter Berufung auf das Kriterium der Erkennbarkeit. Die Einbeziehung genau des Zweierwerbers wird man aber nur schwerlich als unüberschaubare Erweiterung des Haftungskreises begreifen können. 200  Siehe oben § 12 A.I. und II. 201  Grüneberg, in: Palandt, BGB, 76. Aufl. 2017, § 241 Rn. 5; Bachmann, in: MünchKommBGB, 7. Aufl. 2016, § 241 Rn. 29.

190

4. Kap., § 12 Vertragsrechtliche Einordnung und Implikationen

den Vertragstypus prägende Pflicht nicht von der Zufälligkeit der Mitgliedschaft der jeweiligen Bank im Panel – und damit ihrer Möglichkeit zur Manipulation – abhängig sein kann. Eine Hauptleistungspflicht ist die korrekte Zinsmeldung vielmehr im Vertragsverhältnis zwischen Bank und Administrator.202 Die Annahme eines Vertrags mit Schutzwirkung für Dritte kommt – unabhängig von der Frage, ob diese Verträge deutschem Recht unterliegen – schon deshalb nicht in Betracht, weil der Kreis der in den Schutzbereich Einbezogenen nicht überschaubar wäre.203 Die Nichtmanipulation stellt aber eine Nebenpflicht in Form einer Schutzbzw. Rücksichtnahmepflicht dar.204 Einzelne Nebenpflichten resultieren aus der Pflicht jeder Vertragspartei, den Vertragszweck nicht zu gefährden oder zu vereiteln, und Rücksicht auf das Vermögen und sonstige Interessen der jeweilig anderen Vertragspartei zu nehmen.205 Die Bank hat durch ihre Doppelrolle als Vertragspartnerin des Kunden einerseits und Kontributorin der Benchmark andererseits eine besondere Einwirkungsmöglichkeit auf die Vermögensinteressen des Kunden. Damit geht gegenüber den Kunden eine besondere Verantwortung einher: Die an die Benchmark gekoppelte Leistungspflichtgestaltung in den Vertragsverhältnissen wird von beiden Parteien unter der Prämisse eingegangen, dass damit bestimmte Risiken gerade ausgeschlossen werden (Darlehensverträge) oder gezielt gegen bestimmte Risiken gehedged wird (Finanzinstrumente)206. Bei all diesen Vertragsgestaltungen gehen die Parteien von einer jedenfalls vom eigenen Vertragspartner unbeeinflussten Benchmark aus. Die Gewinnaussichten von Bank und Kunden sind hinsichtlich des Verlaufs der Benchmark gegenläufig. Gleiches gilt auch im Fall einer reinen Spekulation durch einen Zinsswap. Selbst wenn man diesen als Wette begreift207, dürfen deren Parameter nicht einseitig durch eine Partei beeinflusst werden. Die Situation ist vergleichbar mit den vom BGH für Strafsachen entschiedenen Sportwettenfällen, bei denen sich ein 202  Bausch / Wittmann, 203  So

251.

WM 2014, 494, 497; Buck-Heeb, WM 2015, 157, 160. auch Bausch / Wittmann, WM 2014, 494, 497; Weck, KommJur 2013, 247,

204  Buck-Heeb, WM 2015, 157, 163. Auch im englischen Recht setzt sich wohl die Ansicht durch, dass jedenfalls diejenigen Banken, die selbst an der Ermittlung des LIBOR beteiligt waren, als implied term zusichern, dass sie sich nicht an einer Manipulation des LIBOR beteiligen und von einer solchen auch nichts wissen. Die Verletzung eines solchen implied term ist wesentliche Voraussetzung für eine misrepresentation und eine rescission und damit die Rückgängigmachung von Verträgen als deren Rechtsfolge. Dazu Lehmann, in: Bankrechtstag 2015, 2016, S. 207, 219 ff. 205  Vgl. Bachmann, in: MünchKommBGB, 7. Aufl. 2016, § 241 Rn. 48 ff.; Grüneberg, in: Palandt, BGB, 76. Aufl. 2017, § 241 Rn. 6; im Zusammenhang mit Benchmark-Manipulationen auch Buck-Heeb, WM 2015, 157, 163. 206  Zum Nutzen von Benchmarks siehe oben § 3 A. 207  Siehe oben § 12 A.II.3.



C. Manipulation als vertragsrechtliche Pflichtverletzung191

Vertragspartner durch die unredliche Beeinflussung des Wettvorgangs einen Vorteil verschafft hatte.208 Eine unredliche Beeinflussung der Benchmark stellt immer eine Gefahr für die Vermögensinteressen der Vertragspartner der Bank dar. Das ist unabhängig davon, ob die Manipulation sich im Einzelfall – zufällig – zum Vorteil des jeweiligen Vertragspartners auswirkt. Dieser Aspekt kann erst auf der Ebene des Schadens bzw. seiner Ermittlung berücksichtigt werden. Die Bank muss daher gegenüber ihren Vertragspartnern209 Manipulationen derjenigen Benchmarks unterlassen, die sie in Verträgen mit Kunden zur Berechnungsgrundlage für vertragliche Pflichten gemacht hat. Diese Unterlassungspflicht betrifft nicht nur von der Bank im Alleingang vorgenommene Manipulationen, sondern ebenso die Einwirkungen auf die Benchmark in Absprache mit anderen Panelbanken. Diese kann die Benchmark sogar noch stärker beeinflussen. Für die vorliegende Pflichtenkonstruktion spricht zudem das besonders von Vertrauen geprägte Verhältnis einer Bank zu ihren Kunden, das in hohem Maße die Einhaltung von Interessenwahrungs-, Schutz- und Loyalitätspflichten erfordert.210 Deswegen wird bei erfolgten Manipulationen – vorbehaltlich der sonstigen Voraussetzungen des § 280 Abs. 1 BGB – auch ein Anspruch auf Schadensersatz statt der Leistung in Betracht kommen (§ 282 BGB). Dem Kunden ist die Leistung durch die Bank wegen der schweren Vertrauensstörung nicht mehr zuzumuten.211 Dies alles gilt sowohl für diejenigen Manipulationen, die Händler eigenständig vorgenommen haben212, als auch für diejenigen, die vom Management der Bank veranlasst wurden.213 Zur letzten Konstellation kann keinesfalls eingewendet werden, dass eine Nebenpflichtverletzung im Verhältnis zum Bankkunden ausscheide, weil das Management im Innenverhältnis zur Gesellschaft keine Rechtspflicht treffe, „sämtliche[n] Vertragspflichten der Gesellschaft gegenüber Dritten nachzukommen“214. Diese Erwägungen sind zirkulär und können nicht erklären, warum das Innenverhältnis zur Gesell208  Vgl. BGHSt 51, 165, 169, 171 f. Zu einer zivilrechtlichen Aufklärungspflicht in vergleichbaren Zusammenhängen Henssler, Risiko als Vertragsgegenstand, 1994, S. 471. 209  Zu ihrer Verpflichtung gegenüber der Allgemeinheit siehe oben §§ 10 und 11. 210  BGHZ 166, 84, 93 Rn. 38; im Zusammenhang mit Benchmark-Manipulationen auch Buck-Heeb, WM 2015, 157, 163. 211  Ob das auf Ebene des Schadensersatzes Auswirkungen hat wird unter § 15 untersucht. 212  So auch Bausch / Wittmann, WM 2014, 494, 497 f. 213  A. A. Bausch / Wittmann, WM 2014, 494, 497. 214  Bausch / Wittmann, WM 2014, 494, 497.

192

4. Kap., § 12 Vertragsrechtliche Einordnung und Implikationen

schaft Auswirkungen auf die Vertragspflichten gegenüber Dritten nehmen soll215. Bei den LIBOR / EURIBOR-Manipulationen tritt hinzu, dass es sich um schwerwiegende straf- bzw. ordnungswidrigkeitenbewehrte Rechtsverstöße handelt216 und diese sind im Rahmen der Legalitätspflicht nach ganz herrschender Meinung auch im Innenverhältnis nicht zu rechtfertigen.217 III. Vertretenmüssen als Zurechnungsproblem 1. Manipulationen und Organisationspflichtverletzungen durch das Management Die Einstandspflicht für eine Pflichtverletzung hängt im vertraglichen Schuldverhältnis davon ab, ob der Schuldner sie zu vertreten hat. Die Bank als juristische Person bzw. als Unternehmen in sonstiger Gesellschaftsform kann nicht selbst handeln und daher die beschriebenen Pflichtverletzungen218 auch nicht unmittelbar selbst zu vertreten haben. Für das Handeln ihrer Organe und sonstiger Repräsentanten verwirklicht § 31 BGB (analog) ein an die Organtheorie angelehntes Zurechnungskonzept. Danach ist der Verein – bzw. bei analoger Anwendung die Gesellschaft219 – für den Schaden verantwortlich, den der Vorstand, ein Mitglied des Vorstands oder ein anderer verfassungsmäßig berufener Vertreter einem Dritten zufügt. Eine Schadensersatzpflicht des Vereins besteht nur, wenn die zum Schadensersatz verpflichtende Handlung durch das Vorstandsmitglied in Ausführung der ihm zustehenden Verrichtungen begangen wurde. Im vertraglichen Bereich fungiert § 31 BGB (analog) für die ganz herrschende Meinung als lex specialis gegenüber § 278 BGB.220 Eine Pflicht215  Die von Bausch / Wittmann in Bezug genommene Benetton-Entscheidung des BGH (WM 1997, 2412) ist mit dem vorliegenden Sachverhalt nicht vergleichbar. Es ging dort um Werbemaßnahmen, die im Vertragsverhältnis zwischen Benetton und seinen Vertragshändlern ersterem vollständig überlassen waren. Benetton nahm die Werbemaßnahmen für sich und die Vertragshändler mit jeweils gleichgerichteten Interessen (Absatzförderung) vor (BGH WM 1997, 2412, 2416). Wie der BGH deutlich herausstellt, saßen bei der Werbemaßnahme beide Parteien mit „Gesellschaftern vergleichbar – ‚in einem Boot‘.“ (BGH WM 1997, 2412, 2416). Nur aufgrund dieser gleichgerichteten Interessenlage hat der BGH entschieden, dass nicht jedes Fehlgehen der Werbemaßnahmen die Vertriebshändler zu Schadensersatzansprüchen berechtigen könne, sondern dass ein unternehmerischer Ermessensspielraum zu berücksichtigen sei (BGH WM 1997, 2412, 2417). 216  Siehe oben § 12 A. 217  Fleischer, in: Spindler / Stilz, AktG, 3. Aufl. 2015, § 93 Rn. 36 m. w. N. 218  Siehe oben § 12 C.II. 219  Seit BGHZ 154, 88, 93 ff. auch für die Außen-GbR. Tröger, Arbeitsteilung und Vertrag, 2012, S. 10 bezeichnet den in der Norm zum Ausdruck kommenden Regelungsbefehl daher als allgemeines verbandsrechtliches Prinzip.



C. Manipulation als vertragsrechtliche Pflichtverletzung193

verletzung durch die Manipulation einer Benchmark ist deshalb von der Bank als dem Anspruchsgegner dann zu vertreten, wenn die Führungsebene – Vorstand oder sonstige von § 31 BGB (analog) erfasste Repräsentanten – eine Anweisung zur Manipulation gegeben hatte.221 In den zurückliegenden Manipulationsskandalen ist ein derartiger Sachverhalt nur im Fall von Barclays bekannt oder jedenfalls aufgeklärt worden. 2. Manipulationen durch Mitarbeiter unterhalb der Repräsentantenebene a) Problemstellung und Grundlagen Schwierigere Fragen der Zurechnung werfen die im Zusammenhang mit Benchmark-Manipulationen typischen Sachverhalte auf, in denen Händler der Bank eigenmächtig manipuliert haben (rogue traders)222, ohne dass die Unternehmensspitze davon tatsächlich Kenntnis223 erlangt hatte.224 Entscheidend für eine in diesem Fall zu vertretende Pflichtverletzung ist die Zurechnung des Verhaltens der rogue trader gemäß § 278 Satz 1 BGB. Danach hat der Schuldner ein Verschulden seines gesetzlichen Vertreters oder jener Personen, deren er sich zur Erfüllung seiner Verbindlichkeiten bedient, in gleichem Umfang zu vertreten wie eigenes Verschulden. Zugerechnet wird damit das Verhalten von sog. Erfüllungsgehilfen. Ein solcher ist nach tradierter Definition derjenige, der nach den tatsächlichen Gegebenheiten des Falles mit dem Willen des Schuldners bei der Erfüllung einer dem Schuldner gegenüber dem Anspruchsteller obliegenden Verbindlichkeit als Hilfsperson tätig wird.225 Maßgeblich ist mithin die vom Schuldner willentlich veranlasste Einschaltung des Gehilfen in die Vertragserfüllung.226 Jedenfalls das Ob des Tätigwerdens muss vom Wissen und Wollen des Schuldners / Geschäftsherrn umfasst sein.227 220  Grüneberg,

in: Palandt, 76. Aufl. 2017, § 278 Rn. 6 m. w. N. WM 2015, 157, 163. 222  Auch soweit diese die an die Administratoren meldenden Mitarbeiter oder die in die Ermittlung der Eingabedaten eingebundenen Mitarbeiter angestiftet haben, falsche Meldungen abzugeben. 223  Zur Frage einer Kenntnis durch Wissenszurechnung siehe näher unten § 13 B. 224  Ohne nähere Problematisierung bejahen Bausch / Wittmann, WM 2014, 494, 498 eine Zurechnung nach § 278 BGB. 225  BGHZ 62, 119, 124; BGHZ 98, 330, 334; BGHZ 13, 111, 113; Grüneberg, in: Palandt, BGB, 76. Aufl. 2017, § 278 Rn. 7; Stadler, in: Jauernig, BGB, 16. Aufl. 2015, § 278 Rn. 6. 226  H.-P.Westermann, in: Erman, BGB, 15. Aufl. 2017, § 278 Rn. 15. 227  BGHZ 13, 111, 113 f.; BGHZ 50, 32, 35; Caspers, in: Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2014, § 278 Rn. 18. Auf die zahlreichen Aufweichungen des voluntativen 221  Buck-Heeb,

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4. Kap., § 12 Vertragsrechtliche Einordnung und Implikationen

Für den Gesetzgeber des BGB von 1900 basierte der Grundgedanke des § 278 Satz 1 BGB darauf, dass derjenige Schuldner, der sich zur Erfüllung seiner vertraglichen Pflichten dritter Personen bedient und damit Vorteile der Arbeitsteilung nutzt, auch die mit dem Handeln dieser Personen einhergehenden Risiken tragen muss.228 Die Norm fußt damit auf einer vermeintlich angemessenen Risikoverteilung, wobei implizit die persönliche Erfüllung durch den Schuldner zum Prototyp der Leistungserfüllung erklärt wird.229 Dieses Verständnis des BGB-Gesetzgebers entspricht nicht mehr den Gegebenhei­ ten des „modernen“ Wirtschaftslebens: Während in einem „prototypischen“ Zweipersonen-Vertrag die Hinzuziehung weiterer Personen als Erfüllungsgehilfen tatsächlich noch als „rechtfertigungsbedürftiger Sonderfall“230 angesehen werden kann, ist das Wirken von Erfüllungsgehilfen, vor allem von Mitarbeitern bei Unternehmen als Vertragspartnern, nachgerade eine Notwendigkeit.231 Juristische Gebilde können immer nur durch natürliche Personen handeln. Dazu behilft man sich mit der Fiktion der Organtheorie und erklärt das Handeln von Organen einer juristischen Person zu deren Eigenhandeln. Doch die Vorstellung, dass der Vorstand etwa des VW-Konzerns alle Fahrzeuge in Eigenleistung produziere und ausliefere, offenbart, dass die Einschaltung von Hilfspersonen insofern kein Sonderfall mehr sein kann. Durch die Arbeitsteilung entstehen nicht nur Risiken, sondern es wird eine wohlfahrtssteigernde Produktion in großem Umfang erst ermöglicht, werden komparative Kostenvorteile ausgenutzt, Transaktionskosten reduziert und Risiken durch Spezialisierung diversifiziert.232 Eine einseitige RisikozuweiElements in der Rechtsprechung speziell bei der Haftung für den „Gehilfen“ des Erfüllungsgehilfen und den Schein-Erfüllungsgehilfen siehe Tröger, Arbeitsteilung und Vertrag, 2012, S. 387 f. m.N. zur Rechtsprechung. Tröger geht für diese Beispiele davon aus, dass die gegenwärtige Dogmatik bereits mit einer Risikozuweisung arbeitet, statt konsequent auf voluntative Elemente abzustellen (S. 388). Nur eine derartige Einschätzung stimmt auch mit den Zwecken des § 278 BGB überein. 228  Die Begründung lässt sich schon auf den Grundsatz Qui habet commoda debet ferre onera des römischen Rechts zurückführen. Ferner schon die Motive zum BGB in: Mugdan, Materialien II, S. 16: „der Schuldner, der sich der Hilfe Dritter bei der Bewirkung der Leistung bedient, im eigenen Interesse und folgeweise auch auf eigene Gefahr handelt.“; aus der Rechtsprechung BGHZ 95, 128, 132; aus dem Schrifttum etwa Caspers, in: Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2014, § 278 Rn. 1; zu weiteren Erklärungsansätzen E.Lorenz, in: FG 50 Jahre BGH, Bd. I, 2000, S. 329, 330 ff. Demgegenüber wurde lange Zeit sehr prominent eine Einstandspflicht kraft Parteiwillens vertreten. Zu den vertretenen differenzierten Positionen Tröger, Arbeitsteilung und Vertrag, 2012, S. 138 ff. 229  Köndgen, in: FS W.-H. Roth, 2015, S. 311, 330 m. w. N. 230  Köndgen, in: FS W.-H. Roth, 2015, S. 311, 330. 231  Köndgen, in: FS W.-H. Roth, 2015, S. 311, 331 ff. 232  Tröger, Arbeitsteilung und Vertrag, 2012, S. 143 ff.; Köndgen, in: FS ­ W.-H. Roth, 2015, S. 311, 332.



C. Manipulation als vertragsrechtliche Pflichtverletzung195

sung nur mit der Begründung, dass derjenige, der die Arbeitsteilung initiiert, die Vorteile daraus ziehe, ist heute nicht mehr tragfähig.233 Eine angemessene Risikoverteilung erfordert vielmehr die Berücksichtigung ökonomischer Erwägungen, vornehmlich zu den Möglichkeiten einer effektiven Risikosteuerung.234 Ein entscheidender Gesichtspunkt ist dabei, ob eine Seite bei der Eindämmung bzw. Vermeidung der Realisierung von Risiken komparative Kostenvorteile gegenüber der anderen Seite haben würde.235 Damit ist die alleinige Zuweisung der Risiken an eine Seite keinesfalls a priori ausgeschlossen. Eine solche kann nämlich auch dann sinnvoll sein, wenn die eine Vertragsseite die ihr auferlegten Lasten gegebenenfalls effizienter auf die andere Vertragsseite umlegen kann.236 Da die Bank die Nebenpflicht trifft, während des laufenden Vertragsverhältnisses Manipulationen an den Benchmarks zu unterlassen237, stellt sich damit die Frage, ob die manipulierenden Händler (rogue trader) oder die sonstigen Mitarbeiter als Erfüllungsgehilfen der Bank im Verhältnis zu den Kunden anzusehen sind. Nach einigen Stellungnahmen aus dem Schrifttum soll das Fehlverhalten des Händlers nicht dem vertraglichen Risikobereich der Bank unterfallen, sodass damit dessen Einordnung als Erfüllungsgehilfe abzulehnen sei.238 Von anderen Kommentatoren wird sie demgegenüber befürwortet.239 Die Gründe für und wider lassen sich vor allem an den im Folgenden beschriebenen Kriterien festmachen: b) Gehilfen für die Erfüllung von Nebenpflichten Eine Bank kann sich ihrer Derivatehändler nach § 278 Satz 1 BGB grundsätzlich als Erfüllungsgehilfen sowohl für Haupt- als auch für Nebenpflichten, mithin für Schutzpflichten240, bedienen. Das gilt jeweils auch für leistungs- bzw. nebenpflichtbezogene Unterlassungspflichten.241 233  Dies gilt umso mehr, als die Einstandspflicht heute auch auf die Verletzung von Schutzpflichten (siehe sogleich § 12 C.III.2.b)) ausgeweitet wird. Dazu Tröger, Arbeitsteilung und Vertrag, 2012, S. 147 f. 234  Tröger, Arbeitsteilung und Vertrag, 2012, S. 142 ff. und dann 200 ff. 235  Tröger, Arbeitsteilung und Vertrag, 2012, S. 200 ff. unter Rückgriff auf agenturtheoretische Grundlagen. 236  Vgl. Tröger, Arbeitsteilung und Vertrag, 2012, S. 145. 237  Siehe oben § 12 C.II. 238  Buck-Heeb, WM 2015, 157, 162 f. 239  Jedenfalls implizit Weck, KommJur 2013, 247, 253 (ohne Problematisierung des § 278 BGB). 240  Grüneberg, in: Palandt, BGB, 76. Aufl. 2017, § 278 Rn. 13, 18; Grundmann, in: MünchKommBGB, 7. Aufl. 2016, § 278 Rn. 21; Stadler, in: Jauernig, BGB,

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4. Kap., § 12 Vertragsrechtliche Einordnung und Implikationen

Die Erstreckung auch auf Nebenpflichten wird allerdings teilweise kritisiert. Sie laufe dem ursprünglichen Konzept des BGB-Gesetzgebers zuwider, der noch von einer Begrenzung des vertraglichen Pflichtenprogramms auf Leistungspflichten ausging.242 Vor dem Hintergrund der Rechtsentwicklung des 20. Jahrhunderts, die in die ausdrückliche Positivierung von Schutz­ pflichten als Bestandteil des vertraglichen Pflichtenprogramms in § 241 Abs. 2 BGB mündete243, ist sie jedoch de lege lata hinzunehmen. c) Mitarbeiter vertragsfremder Fachabteilungen als Erfüllungsgehilfen im Verhältnis der Bank zum Kunden Die Mitarbeiter vertragsfremder Fachabteilungen wie die Derivatehändler und die Submittenten können gleichwohl auch als Erfüllungsgehilfen im Verhältnis der Bank zu den jeweiligen Kunden gelten. Denn nur die Bank kann die Tätigkeit von Derivatehändlern und Submittenten effektiv überwachen. Es ist daher gerechtfertigt, dass sie für deren Verhalten auch dann einstehen muss, wenn deren Tätigkeit in fachfremden Abteilungen Auswirkungen auf die Vertragsverhältnisse mit den Kunden hat, die in anderen Fachabteilungen abgeschlossen wurden. Dagegen ließe sich vorbringen, dass § 278 BGB von „seinen“ Verbindlichkeiten spricht und damit gerade diejenigen Verpflichtungen meint, die gegenüber dem Anspruchsteller bestehen.244 Nicht jeder Arbeitnehmer des Schuldners ist nur aufgrund seiner Arbeitnehmerstellung Erfüllungsgehilfe in jedem Vertragsverhältnis des Geschäftsherrn.245 Dass Derivatehändler und Submittenten durch ihre Tätigkeit auf den Pflichtenkreis der Bank auch im Verhältnis zu den Kunden einwirken können, erscheint auf den ersten Blick eher zufällig. Derivatehändler werden von der Bank zum Eigenhandel eingestellt, um die Gewinne der Bank zu maximieren, und verrichten ihre Tätigkeit arbeitsvertraglich primär zu diesem Zweck. Submittenten sind primär Erfüllungsgehilfen der Bank im Verhältnis zu den Administratoren der jeweiligen Benchmarks, gegenüber denen vertragliche Pflichten zur Lieferung der Ein16. Aufl. 2015, § 278 Rn. 10; H.-P.Westermann, in: Erman, BGB, 15. Aufl. 2017, § 278 Rn. 22. 241  Grundmann, in: MünchKommBGB, 7. Aufl. 2016, § 278 Rn. 22; Stadler, in: Jauernig, BGB, 16. Aufl. 2015, § 278 Rn. 10; H.-P. Westermann, in: Erman, BGB, 15. Aufl. 2017, § 278 Rn. 22. 242  Köndgen, in: FS W.-H. Roth, 2015, S. 311, 316. 243  Grundmann, in: MünchKommBGB, 7. Aufl. 2016, § 278 Rn. 21. 244  E. Lorenz, in: FG 50 Jahre BGH, 2000, S. 329, 338 f.; Buck-Heeb, WM 2015, 157, 162. 245  U. Huber, Leistungsstörungen, 1999, § 27 II 6 b)aa) (S. 685).



C. Manipulation als vertragsrechtliche Pflichtverletzung197

gabedaten bestehen. Ihnen allen werden, bezogen auf die Vertragsverhältnisse der Bank zu ihren Kunden, keine ausdrücklichen Aufgaben zugewiesen. Für den zur Einordnung als Erfüllungsgehilfe maßgeblichen Willen des Geschäftsherrn und die darauf folgende Einschaltung ist es aber nicht erforderlich, dass der Erfüllungsgehilfe ausdrücklich auch zum Zweck des Inte­ gritätsschutzes der Kunden eingeschaltet wird.246 Vielmehr stellen die Rechtsprechung und die herrschende Lehre darauf ab, dass der Gehilfe nach „den rein tatsächlichen Vorgängen des gegebenen Falles mit dem Willen des Schuldners bei der Erfüllung der diesem obliegenden Verbindlichkeiten als dessen Hilfsperson tätig wird“.247 Das kann auch dann der Fall sein, wenn die Erfüllungsgehilfen eigentlich zu ganz anderen Zwecken und aufgrund anderer Verpflichtungen tätig werden und innerhalb dieser Aufgabenbereiche das Integritätsinteresse anderer Gläubiger des Geschäftsherrn beeinträchtigen können.248 Das betrifft nicht nur die Verletzung von integritätsschutzbezogenen Unterlassungspflichten249, sondern allgemein auch die Verletzung des Integritätsinteresses. Dies bestätigt auch die lange gefestigte Rechtsprechungslinie zur Haftung des Mieters gegenüber dem Vermieter für seine Erfüllungsgehilfen.250 In aller Regel dehnt die Rechtsprechung die Anwendung des § 278 BGB in diesen Fällen nämlich auf diejenigen Personen aus, denen der Mieter willentlich Einwirkungsmöglichkeiten auf die Mietsache eingeräumt hat.251 Unmaßgeblich ist dabei, zu welchem Zweck dies geschehen ist.252 Dabei lässt sich die Einstandspflicht für Erfüllungsgehilfen aber nicht allein mit etwaigen durch die Arbeitsteilung geschaffenen Vorteilen des ­ Schuldners rechtfertigen. Dies wird an einem Mieter / Vermieter-Beispiel deutlich: Der Mieter macht sich durch die Einschaltung eines Erfüllungsgehilfen, etwa eines Handwerkers, nicht die Vorteile der Arbeitsteilung gerade gegenüber seinem Vermieter zunutze. Die entscheidende ökonomische Begründung dieser Haftung ist vielmehr im Prinzip der effizienten Risikoverteilung zu sehen.253 Nur derjenige, der durch die Einschaltung des Erfüllungsgehilfen in einem von ihm beherrschten Einwirkungsbereich – beim Mieter 246  Tröger,

Arbeitsteilung und Vertrag, 2012, S. 523. 62, 119, 124. 248  Tröger, Arbeitsteilung und Vertrag, 2012, S. 523. 249  Tröger, Arbeitsteilung und Vertrag, 2012, S. 393 mit Nachweisen zur Rechtsprechung. 250  Schon RGZ 106, 133, 134. Dazu H.-P. Westermann, in: Erman, BGB, 15. Aufl. 2017, § 278 Rn. 37. 251  H.-P. Westermann, in: Erman, BGB, 15. Aufl. 2017, § 278 Rn. 37. 252  H.-P. Westermann, in: Erman, BGB, 15. Aufl. 2017, § 278 Rn. 37. 253  Dazu Tröger, Arbeitsteilung und Vertrag, 2012, S. 199 ff., speziell für Schutzpflichten S.  523 f. 247  BGHZ

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4. Kap., § 12 Vertragsrechtliche Einordnung und Implikationen

die Wohnung, bei der Bank der Derivatehandel oder die LIBOR / EURIBORErmittlung – auf diesen einwirken kann, ist dazu in der Lage, die von diesen Personen ausgehenden Gefahren – auch für die eher zufällig betroffenen Rechtsgüter Dritter – adäquat abzusichern oder gar zu vermeiden. Zudem ist es nur diesen Personen möglich, drohenden Schäden vorzubeugen.254 Besonders deutlich werden diese Zusammenhänge bei den mit der Produktion von Eingabedaten für Benchmarks betrauten Mitarbeitern von Panelbanken. Nur die Banken haben effektiv eine Einwirkungsmöglichkeit auf die Auswahl und Überwachung derjenigen Personen, die in den Prozess der Ermittlung und Übermittlung der Eingabedaten eingebunden sind. Die dabei eröffnete Einwirkungsmöglichkeit auf die Vermögensinteressen der Kunden besteht nur für die Panelbanken, während die Kunden überhaupt keine Absicherungsmöglichkeiten haben. Aus ökonomischer Sicht handelt es sich bei dem Schuldner also auch angesichts dieser Integritätsrisiken um den cheapest cost avoider. d) Manipulationen im inneren sachlichen Zusammenhang mit der Vertragserfüllung? Die Worte „zur Erfüllung“ in § 278 Satz 1 BGB führen nach der herrschenden Meinung zu einer Einschränkung seines Anwendungsbereichs. Die Schädigung durch den Gehilfen muss sich gerade bei der Erfüllung (innerer sachlicher Zusammenhang) und nicht lediglich bei Gelegenheit der Erfüllung ereignet haben.255 Ein solch innerer sachlicher Zusammenhang besteht dann nicht, wenn aus der Sicht eines Außenstehenden das Handeln des Gehilfen nicht mehr im „allgemeinen Rahmen der ihm übertragenen Aufgaben“ liegt.256 Im Fall der Manipulationen von Financial-Benchmarks durch Derivatehändler und Submittenten existiert ein solch innere sachlicher Zusammenhang in aller Regel. Der innere sachliche Zusamenhang wird nicht per se dadurch ausgeschlossen, dass die Derivatehändler und die Submittenten vorsätzlich unter Verlet254  Vgl. Tröger, Arbeitsteilung und Vertrag, 2012, S. 523 f.; tendenziell auch Medicus / S. Lorenz, Schuldrecht AT, 21. Aufl. 2015, Rn. 391; OLG München MDR 2007, 81; grundlegend E.Schmidt, AcP 170 (1970), 502, 508 ff. 255  Aus der Rechtsprechung BGHZ 23, 319, 323; BGHZ 31, 358, 366; BGHZ 84, 141, 145; aus der Literatur Caspers, in: Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2014, § 278 Rn. 27; H.-P. Westermann, in: Erman, BGB, 15. Aufl. 2017, § 278 Rn. 39. Anders etwa bei Art. 79 Abs. 1 CISG, bei dem die Grenze des „Personalrisikos“ erst bei einem Ausbrechen des Gehilfen aus dem „organisierten Handlungssystem“ bejaht wird. Dazu Köndgen, in: FS W.-H. Roth, 2015, S. 311, 322 m. w. N. 256  BGH VersR 1989, 522, 524 f.; E. Lorenz, in: FG 50 Jahre BGH, 2000, S. 329, 358.



C. Manipulation als vertragsrechtliche Pflichtverletzung199

zung ihrer jeweiligen Pflichten gegenüber dem eigenen Geschäftsherrn und sogar zu dessen (potenziellen) Schaden manipuliert haben. Denn die tradierte Dogmatik zu § 278 BGB erkennt bei der Verletzung von Haupt- und Nebenleistungspflichten durchaus an, dass der innere sachliche Zusammenhang auch bei vorsätzlichen und sogar strafbaren Handlungen des Erfüllungsgehilfen bestehen kann.257 Bei Schutzpflichtverletzungen wird eine Gehilfenhaftung allerdings häufig nur für die Verletzung von sog. vertragsspezifischen Schutzpflichten bejaht.258 Dabei muss der Gehilfe gerade mit vermögensverwaltenden bzw. auf die Vermögensfürsorge des Geschädigten gerichteten Aufgaben betraut sein.259 Verneint wird eine Zurechnung demgegenüber, wenn der Gehilfe – mehr oder weniger – zufällig die Gelegenheit zu vorsätzlichen oder strafbaren Handlungen zum Nachteil des Gläubigers erhalten hat.260 Andere Stimmen im Schrifttum wollen ganz darauf verzichten, die Einstandspflicht zu begrenzen. Sie rechnen dem Unternehmen das Handeln unternehmensangehöriger Erfüllungsgehilfen immer zu, da eine bessere Risikobeherrschung durch dieses generell anzunehmen sei.261 Im Zusammenhang mit den Benchmark-Manipulationen sind die Händler zwar normalerweise nur im Verhältnis zur Bank mit vermögensbezogenen Aufgaben betraut. Deutlich für eine Haftung spricht aber die durch ihre Stellung in der Bank erst geschaffene Einflussnahmemöglichkeit auf die Vermögensinteressen der Kunden. Die Derivatehändler sind von der Bank zum Eigenhandel eingestellt und gehen hohe Positionen ein, die durch eine bestimmte Entwicklung der Benchmarks beeinflusst werden. Ihr Vorgehen im Zusammenhang mit diesen Positionen innerhalb des Herrschaftsbereichs der Bank – und damit außerhalb des Einfluss- und Überwachungsbereichs der Kunden – unterscheidet sich deutlich von den klassischen Fällen, in denen eine Einstandspflicht für vorsätzliches Verhalten diskutiert wird, etwa wenn ein Handwerker bei Reparaturen im Haus des Kunden einen Diebstahl begeht. Zudem begünstigen die bankintern angelegten Strukturen gerade die Interessenkonflikte, die die Händler zu den vorsätzlichen Manipulationen mit 257  Grüneberg, in: Palandt, BGB, 76. Aufl. 2017, § 278 Rn. 20; Grundmann, in: MünchKommBGB, 7. Aufl. 2016, § 278 Rn. 48. 258  Siehe BGH NJW 1965, 1709, 1710; ähnlich BGHZ 33, 293, 299 f. für Kreditvermittlung eines finanzierten Abzahlungskaufs; BGH VersR 1985, 1060 für Verzögerung von Transportgut, weil die angestellten Fahrer zugleich Schmuggelware mitführten. Dazu Grundmann, in: MünchKommBGB, 7. Aufl. 2016, § 278 Rn. 48. 259  Grundmann, in: MünchKommBGB, 7. Aufl. 2016, § 278 Rn. 48. 260  Grundmann, in: MünchKommBGB, 7. Aufl. 2016, § 278 Rn. 48; Caspers, in: Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2014, § 278 Rn. 56 mit Beispielen aus der Rechtsprechung. 261  Picker, AcP 183 (1983), 369, 488 f.; E. Schmidt, AcP 170 (1970), 502, 506 f.

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4. Kap., § 12 Vertragsrechtliche Einordnung und Implikationen

verleitet haben.262 Auch das unterscheidet die Situation von einem nur zufällig, mithin „bei Gelegenheit“, vorsätzlich deliktisch handelnden Erfüllungsgehilfen. Besonders fällt auch hier ins Gewicht, dass nur die Bank dazu in der Lage ist, durch angemessenes Risikomanagement die Vermögensinteressen ihrer Kunden zu schützen. Sie hat bei dieser Risikovermeidung deutliche komparative Kostenvorteile gegenüber ihren Kunden. Letzteren stehen nämlich überhaupt keine solchen Möglichkeiten – jedenfalls im Verhältnis zur Bank – zur Verfügung. Auch dies ist beim Handwerker, der im Haus des Kunden einen Diebstahl begeht, anders: Der Kunde hat insofern sehr wohl effektive Überwachungsmöglichkeiten. Daher besteht bei Benchmark-Manipulationen durch Derivatehändler und / oder Submittenten ein innerer sach­ licher Zusammenhang im Sinne des § 278 BGB.

D. Manipulierte Benchmarks als Eigenschaftsirrtum oder Geschäftsgrundlage I. Geschäftsgrundlage und Manipulationen Da die Benchmark einen Einfluss auf die vertraglichen Pflichten hat, können unerwartete Manipulationen oder Möglichkeiten dazu durchaus eine Eigenschaft im Sinne des § 119 Abs. 2 BGB oder gar die Geschäftsgrundlage der jeweiligen Verträge sein. Im Schrifttum zu den Benchmark-Manipulationen wurde die Frage aufgeworfen und bejaht, ob die Manipulation von Benchmarks zu einem Wegfall bzw. zu einer Störung der Geschäftsgrundlage derjenigen Verträge führen kann, die die betreffende Benchmark in Bezug nehmen, und ob deshalb eine Vertragsanpassung oder gar die Rückgängigmachung des Vertrages verlangt werden kann.263 Zutreffend ist zwar, dass die abstrakte und die konkrete Manipulierbarkeit der Referenzzinssätze sowie auch die tatsächliche Manipulation der Benchmark durch den Vertragspartner als Anknüpfungspunkte für eine Geschäftsgrundlagenstörung in Betracht kommen264. Unzutreffend sind allerdings die Folgeimplikationen, da § 313 BGB richtigerweise entweder hinter den oben herausgearbeiteten Vertragspflichten zurücktritt oder aber das Vertragsverhältnis eine andere Risikozuweisung nahelegt. 262  Siehe

oben § 3 B.II.1.a). in: Bankrechtstag 2015, 2016, S. 207, der über teleologische Reduktionen dieses Ergebnis wieder korrigieren will; angedeutet bei Buck-Heeb, WM 2015, 157, 159. 264  Mit Blick auf letzteren Fall würde dann die Nichtmanipulation der Benchmark im Verlauf des auf diesen Bezug nehmenden Vertragsverhältnisses als Geschäftsgrundlage gelten. 263  Lehmann,



D. Manipulierte Benchmarks – Eigenschaftsirrtum oder Geschäftsgrundlage201

1. Konkrete Nichtmanipulation als Geschäftsgrundlage Eine Anknüpfung an die konkrete Nichtmanipulation der Benchmark durch den eigenen Vertragspartner im Vertragsverlauf scheidet wegen der Subsidiarität des § 313 BGB aus265. Die Geschäftsgrundlage besteht als Institut nämlich neben dem Vertragsinhalt.266 Deshalb kann dasjenige, was Vertragsinhalt geworden ist – und sei es auch nur als Nebenleistungs- oder Nebenpflicht – nicht selbst Geschäftsgrundlage sein.267 Auch soweit davon ausgegangen wird, dass § 313 BGB ein vertragliches Institut darstellt, das in Bereichen außerhalb der vertraglichen oder normativen Risikozuweisung das Leistungsstörungsrecht ergänzt268, kommt eine Vertragsanpassung oder -aufhebung nicht in Betracht. Dies gilt jedenfalls, wenn das Risiko des Wegfalls oder Fehlens der Geschäftsgrundlage aufgrund des Bestehens einer Schutzpflicht einer Seite bereits vertraglich zugewiesen ist.269 Gerade die konkrete Nichtmanipulation der Benchmark durch den eigenen Vertragspartner im Vertragsverlauf geht vollständig in der Schutzpflicht der Bank auf, die es ihr verbietet, die Benchmark – gleich, in welche Richtung – zu manipulieren270. 2. Abstrakte und konkrete Nichtmanipulierbarkeit als Geschäftsgrundlage Bei einer Anknüpfung an die abstrakte Nichtmanipulierbarkeit der Benchmark besteht kein verdrängendes Konkurrenzverhältnis zur vertraglichen Schutzpflicht. Die Bank ist – siehe die obigen Überlegungen271 – nur zur Unterlassung eigener Manipulationen verpflichtet. Unabhängig davon ist die abstrakte Manipulierbarkeit der Bank weder vertraglich noch sonst normativ als Risiko zugewiesen. Als nicht an Manipulationshandlungen und erst recht als nicht am Panel beteiligte Bank steht sie dem Zustandekommen der Benchmark ebenso als neutraler Dritter gegenüber wie der Kunde.

265  Siehe

oben § 12 C.II. 81, 135, 143; BGHZ 90, 69, 74; BGH NJW-RR 1995, 853, 854; Stadler, in: Jauernig, BGB, 16. Aufl. 2015, § 313 Rn. 8; a.  A. etwa Finkenauer, in: MünchKommBGB, 7. Aufl. 2016, § 313 Rn. 9, 41 ff.; Henckel, AcP 159 (1960), 106, 115 ff. 267  Grüneberg, in: Palandt, BGB, 76. Aufl. 2017, § 313 Rn. 10; BGH ZIP 1991, 1599, 1600. 268  Teichmann, in: Soergel, BGB, 13. Aufl. 2013, § 313 Rn. 28 f. 269  Vgl. Teichmann, in: Soergel, BGB, 13. Aufl. 2013, § 313 Rn. 30 ff. m. w. N. 270  Siehe oben § 12 C.II. 271  Siehe oben § 12 C.II. 266  BGHZ

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4. Kap., § 12 Vertragsrechtliche Einordnung und Implikationen

Gleiches gilt im Ergebnis auch bei einer Anknüpfung an die konkrete Nichtmanipulierbarkeit, also den Aspekt, dass die Benchmark gerade durch die eigene Bank theoretisch manipuliert werden kann, da sie Mitglied im Panel der Kontributoren ist. Ein Anspruch auf Vertragsaufhebung scheidet auch hier aus, weil eine durch andere Panelbanken stattfindende Manipulation in der Risikosphäre derjenigen Vertragspartei liegt, zu deren Nachteil sie sich im konkreten Fall auswirkt.272 Weder übernimmt die Bank vertraglich gegenüber dem Kunden das Risiko von Manipulationen durch andere Panelbanken, noch ist ihr dies normativ zuzuweisen. Das käme allenfalls dann in Betracht, wenn die Bank die Verwirklichung des Risikos durch eigene Handlungen herbeigeführt hätte, wenn sie gegenüber dem Kunden hinsichtlich der Manipulationen einen beträchtlichen Informationsvorsprung hätte273 oder wenn ihr sonst komparative Kostenvorteile bei der Vermeidung der Gefahren durch die Manipulationen anderer Banken zukämen.274 All dies ist im Ausgangspunkt bei einer nicht an Manipulationen beteiligten Panelbank nicht der Fall. Eine Risikozuweisung an die Bank kommt daher nur in Betracht, wenn im Einzelfall eine der genannten Voraussetzungen erfüllt sein sollte. II. Eigenschaftsirrtum und Manipulationen 1. Eigenschaften und Benchmark-Manipulationen Weiß der Kunde der Bank im Vorfeld des Vertragsschlusses nichts von Benchmark-Manipulationen, so liegt der Gedanke einer Irrtumsanfechtung nahe. Durch § 119 Abs. 2 BGB wird dem Irrtum über den Inhalt der Erklärung nach § 119 Abs. 1 Alt. 2 BGB der Irrtum über solche Eigenschaften der Person oder Sache gleichgestellt, die im Verkehr als wesentlich gelten.275 Anknüpfend an die oben genannten Differenzierungen bei der Geschäfts272  Vgl. zum Risikoprinzip grundlegend Fikentscher, Die Geschäftsgrundlage als Frage des Vertragsrisikos, 1971; ferner etwa Teichmann, in: Soergel, BGB, 13. Aufl. 2013, §  313 Rn.  20 ff. m. w. N. 273  Finkenauer, in: MünchKommBGB, 7. Aufl. 2016, § 313 Rn. 71; zu den Fallgruppen auch Teichmann, in: Soergel, BGB, 13. Aufl. 2013, § 313 Rn. 50 ff. 274  Vgl. Finkenauer, in: MünchKommBGB, 7. Aufl. 2016, § 313 Rn.70; Habersack, ZIP 2014, 1149, 1154 jeweils im Zusammenhang mit Manipulationen eines Indexzertifikats; a. A. Lehmann, in: Bankrechtstag 2015, 2016, S. 207, 230 f.; vgl. auch OLG Frankfurt ZIP 2013, 1560, 1563 f. für anfängliche Manipulationen. 275  Nach überwiegender und überzeugender Auffassung stellt der Eigenschaftsirrtum trotz der Formulierung des § 119 Abs. 2 BGB keinen Unterfall des Erklärungsirrtums dar, sondern einen besonderen Fall eines Motivirrtums, siehe nur Wolf / Neuner, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts, 10. Aufl. 2012, § 41 Rn. 51 (S. 466) m. w. N.; a. A. Flume, Eigenschaftsirrtum, 1948, mit seiner Lehre vom geschäftlichen Eigenschaftsirrtum; teilweise wurde der Eigenschaftsirrtum auch als Erklärungsirrtum



D. Manipulierte Benchmarks – Eigenschaftsirrtum oder Geschäftsgrundlage203

grundlage könnten als Eigenschaften grundsätzlich sowohl bereits erfolgte als auch künftige Manipulationen sowie die abstrakte ebenso wie die konkrete Manipulierbarkeit der Benchmark und schließlich die Vertrauenswürdigkeit des Vertragspartners als Eigenschaften erwogen werden. An deren Verkennen kann sich ein Anfechtungsrecht knüpfen. Ausgehend von dem zu § 119 Abs. 2 BGB entwickelten Begriffsverständnis scheiden allerdings sowohl erfolgte als auch künftige Manipulationen als Eigenschaften aus. Eigenschaften einer Person oder Sache sind nämlich die natürlichen der Person oder Sache innewohnenden Merkmale. Ebenso sind es solche tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse der Person oder Sache, die in ihren Beziehungen zu anderen Personen oder Sachen wurzeln. Wegen ihrer Beschaffenheit und der vorausgesetzten Dauer müssen sie nach den Anschauungen des Verkehrs einen Einfluss auf die Brauchbarkeit oder die Wertschätzung der Person oder Sache haben.276 Es werden allerdings nur solche Umstände als Eigenschaften anerkannt, die die Person oder Sache unmittelbar kennzeichnen, nicht hingegen solche, die sich nur mittelbar auf die Bewertung auswirken.277 Künftige Manipulationen kommen schon deshalb nicht als Eigenschaften in Betracht, weil nur ein Irrtum im Moment der Abgabe der Willenserklärung ein Anfechtungsgrund sein kann. Eventuell später stattfindende Manipulationen stellen in diesem Moment noch keine Umstände dar, über die man reflektieren und damit sich auch irren kann.278 Bereits erfolgte Manipulationen scheiden als Eigenschaften im Sinne des § 119 Abs. 2 BGB deswegen aus, weil sie der Sache nicht als solche innewohnen bzw. diese nicht unmittelbar kennzeichnen. Sie wirken nur mittelbar und von außen auf sie ein und wirken sich dadurch allenfalls auf die Bewertung aus. Als Eigenschaften kommen aber die abstrakte ebenso wie die konkrete Manipulierbarkeit der Benchmark in Betracht. Die Manipulierbarkeit einer Benchmark, die ihrerseits die Höhe der vertraglichen Leistungspflichten zwischen den Parteien wesentlich determiniert, ist ein tatsächlicher Umstand der Benchmark, der typischerweise für die Wertschätzung erheblich ist und damit „besonderer Art“ eingeordnet, so Schmidt-Rimpler, in: FS Lehmann I, 1956, S. 213, 221. 276  BGHZ 16, 54, 57; BGHZ 34, 32, 41 f.; aus der Literatur nur Hefermehl, in: Soergel, BGB, 13. Aufl. 1999, § 119 Rn. 37; Ellenberger, in: Palandt, BGB, 76. Aufl. 2017, § 119 Rn. 24. 277  BGHZ 16, 54, 57; Hefermehl, in: Soergel, BGB, 13. Aufl. 1999, § 119 Rn. 37; Ellenberger, in: Palandt, BGB, 76. Aufl. 2017, § 119 Rn. 24. 278  Vgl. Hefermehl, in: Soergel, BGB, 13. Aufl. 1999, § 119 Rn. 37; Armbrüster, in: MünchKommBGB, 7. Aufl. 2015, § 119 Rn. 130.

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4. Kap., § 12 Vertragsrechtliche Einordnung und Implikationen

auf die Preisbildung einen Einfluss haben kann. Hätten die Kunden nämlich vor dem Vertragsschluss Kenntnis von den Manipulationsmöglichkeiten, würde dieser Aspekt ggf. sowohl in Finanzinstrumente als auch in Darlehensverträge – abhängig von ihrer Wahrscheinlichkeit und vorbehaltlich der jeweiligen Verhandlungsmacht – eingepreist.279 Keinesfalls kann die Eigenschaftsqualität der Manipulierbarkeit mit dem Argument abgelehnt werden, es würde sich lediglich um einen Aspekt der Art und Weise der Kalkulation und nicht um eine Beschaffenheit der Leistung handeln.280 Über die Kalkulation der Leistungspflichten – mithin über die Zusammensetzung der Formel, die für diese verantwortlich ist – besteht kein Irrtum, sondern vielmehr über den Einfluss, den unredliches Marktverhalten auf eine wesentliche Preisdeterminante haben kann. Daneben beeinträchtigt manipulatives Verhalten der Bank in der Vergangenheit deren Vertrauenswürdigkeit für die Zukunft (negative Prognose). Auch das stellt gerade in Dauerschuldverhältnissen und langfristigen Verträgen eine Eigenschaft des Vertragspartners dar.281 2. Verkehrswesentlichkeit als Begrenzungsmerkmal Das Vorliegen einer Eigenschaft und ein Irrtum darüber sind für die Herleitung eines Anfechtungsgrunds nach § 119 Abs. 2 BGB noch nicht hinreichend. Als wesentliches Begrenzungsmerkmal des § 119 Abs. 2 BGB fungiert für die heute ganz herrschende Meinung die Verkehrswesentlichkeit der Eigenschaft, über die sich der Anfechtende geirrt hat.282 Da Vereinbarungen zur Verkehrswesentlichkeit zwischen den Parteien fehlen werden, kommt es auf die objektive Verkehrswesentlichkeit im jeweils maßgeblichen Verkehrskreis an.283 Damit ist die objektiv gegebene Beein279  Zur Frage ob die Einpreisung auch verkehrswesentlich wäre sogleich § 12 D.II.2. 280  So Lehmann, in: Bankrechtstag 2015, 2016, S. 208, 225, der eine Nähe zu einem dem § 119 Abs. 2 BGB nicht unterfallenden Kalkulationsirrtum herstellt, mit dem die Manipulierbarkeit aber nichts zu tun hat. 281  Vgl. Hefermehl, in: Soergel, BGB, 13. Aufl. 1999, § 119 Rn. 39; Armbrüster, in: MünchKommBGB, 7. Aufl. 2015, § 119 Rn. 127. 282  Singer, in: Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2017, § 119 Rn. 79; Arnold, in: Erman, BGB, 15. Aufl. 2017, § 119 Rn. 36. 283  Vgl. Ellenberger, in: Palandt, BGB, 76. Aufl. 2017, § 119 Rn. 25; Mansel, in: Jauernig, BGB, 16. Aufl. 2015, § 119 Rn. 15; Arnold, in: Erman, BGB, 15. Aufl. 2017, § 119 Rn. 36; Wolf / Neuner, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts, 10. Aufl. 2012, § 41 Rn. 62 (S. 469). Soweit der Bundesgerichtshof in früheren Entscheidungen – wohl anknüpfend an die Lehre vom geschäftlichen Eigenschaftsirrtum (Flume) – vertreten hat, dass nur solche Eigenschaften als verkehrswesentlich anzu-



D. Manipulierte Benchmarks – Eigenschaftsirrtum oder Geschäftsgrundlage205

flussung des Verkehrswerts der Person oder Sache durch die jeweilige Eigenschaft gemeint. Ausgehend davon, wird man der abstrakten Manipulierbarkeit der Benchmark eine Verkehrswesentlichkeit absprechen müssen. Dass eine in Bezug genommene Benchmark grundsätzlich als durch Menschen konstituierter Index auch Manipulationen zugänglich ist, muss als allgemeines Lebensrisiko gelten. Alle von Menschen konstituierten Indizes können theoretisch auch manipuliert werden. Dieses allgemeine Lebensrisiko hat keine Auswirkungen auf die Preisbildung der jeweiligen Finanzkontrakte oder -instrumente. Die bloße Möglichkeit einer Manipulation ohne Anhaltspunkte dafür, dass in der Vergangenheit Manipulationen stattgefunden haben oder es zukünftig welche geben wird, würde von vernünftigen objektiven Vertragspartnern wohl nicht als wesentlich eingepreist werden. Daran ändern auch die Zugehörigkeit des Vertragspartners zu den Panelbanken und damit dessen konkrete Manipulationsmöglichkeit nichts. Ohne Anhaltspunkte für vergangene Manipulationen, die als Eigenschaften bereits ausgeschieden wurden284, wird sich auch die bloße Manipulierbarkeit der Benchmark durch den Vertragspartner nicht wesentlich auf die Preisbildung der einzelnen Finanzkontrakte und -instrumente auswirken, sodass eine objektive Verkehrswesentlichkeit nicht gegeben ist. Die Vertrauenswürdigkeit des Vertragspartners kann aber infolge früherer Manipulationen verkehrswesentlich beeinträchtigt sein. Außer bei unmittelbar abzuwickelnden Güteraustauschverträgen285 wird von einer Verkehrswesentlichkeit erst recht auszugehen sein, wenn das vertrauenswürdige Verhalten in der Zukunft für den Vertragspartner – erkennbar – wegen der Risikostruktur des Vertrags von besonderer Bedeutung ist. In den hier behandelten Verträgen, die gerade wegen ihrer Langfristigkeit an eine Benchmark gekoppelt sind (Darlehensverträge) oder die zum Hedging gegen bestimmte Risiken abgeschlossen werden, ist die Vertrauenswürdigkeit des Vertragspartners höchst relevant für die vertragliche Verbindung und damit verkehrswesentlich. Das betrifft nur einen solchen Vertragspartner, der tatsächlich die Möglichkeit hat, die Benchmark zu beeinflussen.

sehen seien, die vom Erklärenden in irgendeiner Weise dem Vertrag zugrundegelegt wurden, ist dies mit dem klaren Wortlaut des § 119 Abs. 2 BGB, der von der Verkehrs- und nicht der Vertragswesentlichkeit spricht, unvereinbar. So auch die ganz h. M., siehe nur Wolf / Neuner, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts, 10. Aufl. 2012, § 41 Rn. 62 (S. 469); Mansel, in: Jauernig, BGB, 16. Aufl. 2015, § 119 Rn. 15. 284  Siehe oben § 12 D.II.1. 285  RGZ 107, 208, 212 (wenn Sicherheit der Vertragserfüllung erheblich gefährdet ist); BGH BB 1960, 152.

206

4. Kap., § 12 Vertragsrechtliche Einordnung und Implikationen

E. Kündigung von Dauerschuldverhältnissen aus wichtigem Grund Wegen vergangener Manipulationen von Referenzzinssätzen durch den Vertragspartner kommt, jedenfalls bei § 314 BGB unterfallenden Dauerschuldverhältnissen und sonstigen langfristigen Verträgen286, grundsätzlich eine Kündigung aus wichtigem Grund in Betracht.287 § 314 Abs. 1 BGB ermöglicht es jedem Vertragsteil, ein Dauerschuldverhältnis aus wichtigem Grund und ohne die Einhaltung einer Kündigungsfrist zu kündigen (Satz 1), wenn dem kündigenden Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses bis zur vereinbarten Beendigung nicht zugemutet werden kann (Satz 2). Ein solcher wichtiger Grund kann sowohl in den oben beschriebenen Pflichtverletzungen288 als auch in dem durch sie verursachten Vertrauensverlust289 bestehen.290 Bezogen auf beide Aspekte ist ein weiteres Festhalten an dem Vertrag für den nichtmanipulierenden Vertragspartner unzumutbar. Eine Prognose lässt die Fortführung für ihn als inakzeptabel erscheinen. Die Bank hat durch die Manipulationen gezeigt, dass sie auf die vermögensmäßigen Interessen ihres Vertragspartners keine Rücksicht nimmt. Unerheblich ist, ob ihr Management die Manipulationen angeordnet hat oder ob rough trader diese ohne positive Kenntnis des Managements vorgenommen haben. In letzterem Fall hat aus Sicht eines Vertragspartners ggf. immerhin das defizitäre Compliancesystem seines Vertragspartners so versagt, dass eine (vermeidbare) vermögensmäßige Beeinträchtigung von seinen Mitarbeitern ausgehen konnte. Mit einem Vertragspartner, der in dieser Form durch manipu286  Zum Anwendungsbereich Teichmann, in: Soergel, BGB, 13. Aufl. 2013, § 314 Rn.  10 ff.; Grüneberg, in: Palandt, BGB, 76. Aufl. 2017, § 314 Rn. 5; Gaier, in: MünchKommBGB, 7. Aufl. 2016, § 314 Rn. 5 ff. 287  So auch Lehmann, in: Bankrechtstag 2015, 2016, S. 207, 231 f.; Weck, KommJur 2013, 247, 252 f.; Weck, KommJur 2013, 281, 281 ff. 288  Vgl. Gaier, in: MünchKommBGB, 7. Aufl. 2016, § 314 Rn. 11; Teichmann, in: Soergel, BGB, 13. Aufl. 2013, § 314 Rn. 21. 289  Vgl. Teichmann, in: Soergel, BGB, 13. Aufl. 2013, § 314 Rn. 22; Gaier, in: MünchKommBGB, 7. Aufl. 2016, § 314 Rn. 12, der dies aber tendenziell nur für Dauerschuldverhältnisse zulassen will, die gerade auf eine besondere Vertrauensbeziehung angewiesen sind. 290  Zu beiden Aspekten siehe oben § 12 C.II. Gegenüber einer nichtmanipulierenden Bank wird hingegen auch eine Kündigung aus wichtigem Grund ausscheiden, da es sich bei den Manipulationen dann nicht um Umstände in der Risikosphäre der Bank handelt. Vgl. oben § 12 D.I. zur Geschäftsgrundlage; vgl. allgemein BGH NJW 2013, 2021, 2022 Rn. 17; Teichmann, in: Soergel, BGB, 13. Aufl. 2013, § 314 Rn.  18 ff. m. w. N.



F. Fazit zur vertragsrechtlichen Einordnung207

latives und rechtswidriges Verhalten auf die vermögensmäßigen Interessen seines Vertragspartners einwirkt, muss der Betroffene in Zukunft nicht weiter zusammenarbeiten. Anerkennenswerte Interessen der Bank an einer Fortführung des Vertragsverhältnisses bestehen nicht. Bei schwerwiegenden Manipulationen wird gemäß den § 314 Abs. 2 Satz 2 i. V. m. § 323 Abs. 2 Nr. 3 BGB eine sofortige Kündigung unter Abwägung der beiderseitigen Interessen möglich sein.291 Die Kündigung muss freilich in einer angemessenen Frist ab Kenntnis vom Kündigungsgrund erfolgen (§ 314 Abs. 3 BGB).

F. Fazit zur vertragsrechtlichen Einordnung und zu den vertragsrechtlichen Implikationen von (manipulierten) Benchmarks Benchmarks werden von unterschiedlich einzuordnenden Verträgen in Bezug genommen. Dabei beeinflussen sie teilweise die Höhe der Hauptleistungspflicht (Darlehensverträge, Indexzertifikate, Zinstermingeschäfte) und teilweise die Höhe der Nebenleistungspflicht (Floater). Innerhalb von Darlehensverträgen werden Benchmarks durch Zinsänderungsklauseln und Zinsgleitklauseln in Bezug genommen. Zinsänderungsklauseln räumen einer der Vertragsparteien das Recht ein, auf die Hauptleistungspflicht des Vertragspartners, orientiert an einer Benchmark, durch einseitige Bestimmung Einfluss zu nehmen. Zinsgleitklauseln bewirken eine „automatische“ Anpassung des Zinssatzes an die Veränderung der Benchmark. Während es sich bei Zinsänderungsklauseln um ein Leistungsbestimmungsrecht analog § 315 BGB handelt, bewirken Zinsgleitklauseln eine dynamisierte Änderung einer Hauptleistungspflicht im Darlehensvertrag. Soweit der in einer AGB-Klausel in Bezug genommene Referenzzinssatz die Höhe der Hauptleistungspflichten betrifft, findet grundsätzlich keine AGB-rechtliche Angemessenheitskontrolle statt. Dies gilt vor allem für Zinsgleitklauseln in Darlehensverträgen, nicht aber für Zinsänderungsklauseln, auf deren Inhaltskontrollfähigkeit aus § 308 Nr. 4 BGB geschlossen werden kann. Selbst wenn man Zinsgleitklauseln einer Angemessenheitskontrolle unterzieht, liegt jedenfalls in einer einfachen den LIBOR, den EURIBOR oder einen anderen Referenzzinssatz voll übertragenden Zinsgleitklausel mit einem Margenaufschlag keine unangemessene Benachteiligung.

291  Vgl. Grüneberg, in: Palandt, BGB, 76. Aufl. 2017, § 314 Rn. 8; Teichmann, in: Soergel, BGB, 13. Aufl. 2013, § 314 Rn. 44 für länger andauerndes, grob vertragswidriges Verhalten.

208

4. Kap., § 12 Vertragsrechtliche Einordnung und Implikationen

Zinsänderungsklauseln müssen, um der Angemessenheitskontrolle am Maßstab des § 308 Nr. 4 BGB (analog) standhalten zu können, so ausgestaltet sein, dass sie dem Klauselverwender nicht die Möglichkeit geben, seine ursprüngliche Gewinnmarge durch nachträgliche Zinserhöhungen zu steigern. Zudem muss der Verwender der Klausel durch diese verpflichtet sein, in dem Maße, in dem er durch die Ausübung des Leistungsbestimmungsrechts von einem steigenden Referenzzinssatz profitieren kann, sicherzustellen, dass der Kunde von einem sinkenden Referenzzinssatz profitiert.292 Betrifft eine Benchmark die Höhe der Nebenleistungspflichten, muss die Klausel von vornherein auch der Inhaltskontrolle nach § 307 BGB standhalten. Eine einfache den LIBOR, den EURIBOR oder einen anderen Referenzzinssatz voll übertragende Gleitklausel stellt aber auch insoweit keine unangemessene Benachteiligung dar. Sofern durch die Bezugnahme auf die Benchmark eines nicht-autorisierten Administrators gegen das gesetzliche Verbot des Art. 29 BMR verstoßen wird, führt dies zur Nichtigkeit der entsprechenden Verträge. Unmaßgeblich ist dabei, dass Art. 29 BMR ein Verbot in der Regel nur an eine Vertragspartei richtet. Die Nichtigkeit des Vertrags ist vor dem Hintergrund der Zwecksetzung der BMR erforderlich und benachteiligt die vom Verbot nicht betroffene Partei auch nicht unangemessen. Werden von einer der Vertragsparteien Manipulationen an den die Verträge beeinflussenden Benchmarks vorgenommen, hat dies ganz vielfältige vertragsrechtliche Implikationen. Eine Manipulation, die vom Management der Bank angeordnet wird, stellt sich ebenso als vertragliche Nebenpflichtverletzung gegenüber den Kunden der Bank dar wie eine solche, die durch Händler innerhalb der Bank autonom vorgenommen wird. Das manipulative Verhalten des Managements wird der Bank analog § 31 BGB zugerechnet, dasjenige der manipulierenden Derivatehändler und Submittenten nach § 278 Satz 1 BGB. Die Zurechnung des Verhaltens der Mitarbeiter ist auch dann gerechtfertigt, wenn diese vorsätzlich und ggf. sogar zum Nachteil der Bank handeln, da erst die Bank ihnen die Einwirkungsmöglichkeit auf die Vermögensinteressen ihrer Kunden eröffnet, und auch nur sie es ist, die deren Verhalten angemessen überwachen und kontrollieren kann. Für die Geltendmachung der Schadensersatzansprüche gilt die kenntnisabhängige dreijährige Verjährung nach §§ 199 Abs. 1, 195 BGB. Die Verjährungsfrist beginnt nach § 199 Abs. 1 BGB mit dem Schluss des Jahres, in dem (a) der Anspruch entstanden ist293 und (b) der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen 292  BGHZ 180, 257, 267 Rn. 25; Grüneberg, in: Palandt, BGB, 76. Aufl. 2017, § 309 Rn. 10. 293  Dazu nur Ellenberger, in: Palandt, BGB, 76. Aufl. 2017, § 199 Rn. 3 ff., 14 ff. zu Schadensersatzansprüchen.



F. Fazit zur vertragsrechtlichen Einordnung209

und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste. Der Gläubiger muss von den Tatsachen Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis haben, die den Anspruch begründen. Nicht erforderlich ist, dass er den Vorgang rechtlich zutreffend einordnet.294 Ausreichend ist vielmehr, dass er den Geschehensablauf in seinen Grundzügen kennt und weiß, dass er mit großer Wahrscheinlichkeit einen Anspruch haben könnte.295 Wann dies bei den bislang öffentlich bekanntgewordenen Benchmark-Manipulationen der Fall war, ist eine Frage des Einzelfalls. Allgemeine Presseberichterstattungen über mögliche Beteiligungen an den Manipulationen werden aber regelmäßig noch keine entsprechende Kenntnis bzw. grob fahrlässige Unkenntnis begründen. Anders steht es um ausdrückliche Eingeständnisse in Kartellverfahren296, auch wenn diesen freilich im Rahmen vertraglicher Schadensersatzansprüche keine Tatbestandswirkung zukommt. Neben den potenziellen Schadensersatzansprüchen kommt im Zusammenhang mit der Manipulation von Benchmarks in der Regel keine Vertragsaufhebung oder Abänderung wegen des Fehlens bzw. des Wegfalls der Geschäftsgrundlage nach § 313 BGB in Betracht. Entweder tritt diese nämlich hinter den Vertragspflichten zurück oder aber das Vertragsverhältnis legt eine andere Risikozuweisung nahe. Im Falle vergangener Manipulationen durch die eigene Bank kommt eine Anfechtung von Vertragsverhältnissen nach § 119 Abs. 2 BGB wegen eines Irrtums über die Vertrauenswürdigkeit des Vertragspartners in Betracht. Insofern gilt aber die kurze Anfechtungsfrist des § 121 Abs. 1 BGB.

294  Ellenberger,

in: Palandt, BGB, 76. Aufl. 2017, § 199 Rn. 27. 97, 111; BGH NJW 1990, 176, 179; Ellenberger, in: Palandt, BGB, 76. Aufl. 2017, § 199 Rn. 28. 296  Zu diesen siehe oben § 11 B. 295  BGHZ

210

4. Kap., § 13 Wissensabhängige Manipulationsfolgen

§ 13  Wissensabhängige Manipulationsfolgen A. Wissen von Manipulationen als Tatbestandsvoraussetzung Mit den „wissensabhängigen Manipulationsfolgen“ sind privatrechtliche Folgen innerhalb von Banken vorgenommener Manipulationshandlungen an Financial-Benchmarks gemeint, die von der Frage abhängig sind, ob die jeweilige Bank Kenntnis von den Manipulationen hatte oder hätte haben müssen. Dafür ist mit maßgeblich, ob ihr das Wissen einzelner Organmitglieder oder Mitarbeiter von den Manipulationen zugerechnet werden kann. Die Grundsätze der Wissenszurechnung innerhalb von Organisationen sind bis heute nicht abschließend geklärt.1 Im Zusammenhang mit der Manipulation von Benchmarks ist die Frage des maßgeblichen Wissens der jeweiligen Bank für eine Vielzahl privatrechtlicher Folgen von zentraler Bedeutung. Das gilt z. B. für die Anfechtung der die Benchmark in Bezug nehmenden Verträge wegen arglistiger Täuschung, für eine mögliche Verletzung von Aufklärungs- und Beratungspflichten beim Vertrieb von Finanzprodukten und für eine Schadensersatzpflicht wegen einer etwaigen Verletzung von Ad-hocPublizitätspflichten durch die Bank als ad-hoc-pflichtiger Emittentin. In allen diesen Fällen ist das Wissen oder Wissenmüssen der Bank von den Manipulationen eine wesentliche tatbestandliche Voraussetzung der für sie nachteilige Rechtsfolgen begründenden privatrechtlichen Normen.2 Die folgende Untersuchung wird zeigen, dass die Kennntis von Händlern oder Submittenten unterhalb der Repräsentantenebene (analog § 31 BGB) über Manipulationen an Benchmarks der Bank als Gesellschaft im Rahmen von vertraglichen Haftungstatbeständen oder aufsichtsrechtlichen Normen zugerechnet wird. Im deliktischen Bereich kommt es – vorbehaltlich des Umstands, dass der Gesellschaft keine Organisationspflichtverletzungen vorzuwerfen sind – dagegen nicht zu einer Zurechnung. Falls die Mitarbeiter in anderen Konzerngesellschaften ansässig waren, kommt es nur bei Verletzung einer Organisationspflicht durch die Muttergesellschaft zu einer Zurechnung an ebendiese. Insoweit sind gerade spezialgesetzliche Compliancepflichten bedeutsam. Haben hingegen Repräsentanten im Sinne des § 31 BGB analog Manipulationen angeordnet oder sonst von diesen positive Kenntnis erlangt, wird dieses Wissen auch bei deliktischen Tatbeständen der Gesellschaft zugerechnet. Eine Zurechnung von Tochtergesellschaften, bei denen diese Repräsen-

1  Sajnovits, 2  Zu

WM 2016, 765, 765; Buck-Heeb, WM 2008, 281, 281. den Folgen siehe noch § 13 E.



A. Wissen von Manipulationen als Tatbestandsvoraussetzung211

tanten angesiedelt sind, an die Muttergesellschaft, kommt in der Regel nur in Betracht, wenn Letztere eigene Organisationspflichten verletzt hat. Ob die Bank eine Pflichtverletzung auch verschuldet oder zu vertreten hat, ist von der Frage des Wissens oder Wissenmüssens streng zu unterscheiden und als eigenständige Voraussetzung der jeweiligen Haftungsnorm zu prüfen.3 Die Wissenszurechnung ist aus Sicht des internationalen Privatrechts als Teilfrage und nicht als Vorfrage zu behandeln4, da sie nur ein unselbständiger Bestandteil der hier behandelten wissensabhängigen Tatbestände (§ 13 E.) ist und nicht selbst als Gegenstand einer Hauptfrage in Betracht kommt5. Für sich genommen ruft die Wissenszurechnung nämlich keine Rechtsfolgen hervor; sie wird vielmehr immer erst innerhalb der einzelnen Wissensnormen relevant6. Als Teilfrage7 ist die Wissenszurechnung im Anwendungsbereich der Rom I- und der Rom II-Verordnung jeweils abhängig anzuknüpfen, das heißt, ob Wissen zugerechnet wird, beantwortet sich nach dem für die jeweilige Hauptsache kollisionsrechtlich anwendbaren Recht (lex causae)8. Jedenfalls im Anwendungsbereich der Rom I-9 und der Rom II-Verordnung10 kommt eine gesonderte Anknüpfung der Wissenszurechnung – vorbehaltlich einer dahingehenden vertraglichen Einigung – nämlich nicht in Betracht, da beide Verordnungen eine solche für die Wissenszurechnung – anders als etwa Art. 1 Abs. 2 lit. a Rom I-Verordnung für die Geschäftsfähigkeit – nicht vorsehen.11

3  Siehe

näher § 13 C. wohl LG München I, BeckRS 2015, 15096 (BayernLB gegen Hypo Alpe Adria), das ausführt, dass die Frage, ob die Wissenszurechnung als Vorfrage selbständig oder unselbständig anzuknüpfen ist, offen bleiben kann. 5  Vgl. zur Abgrenzung von Vor- und Teilfragen von Hein, in: MünchKommBGB, 6. Aufl. 2015, Einl. IPR Rn. 160; Bernitt, Vorfragen im europäischen Kollisionsrecht, 2010, S. 12. 6  Siehe unten § 13 B.V.2. 7  Teilweise werden nur Rechtsfragen als Teilfragen bezeichnet, die besonderen Kollisionsnormen unterliegen. Dazu von Hein, in: MünchKommBGB, 6. Aufl. 2015, Einl. IPR Rn. 104. 8  Zur gesonderten und zur abhängigen Anknüpfung von Teilfragen von Hein, in: MünchKommBGB, 6. Aufl. 2015, Einl. IPR Rn. 103 ff. 9  Siehe oben § 12 A I.1. 10  Siehe unten § 14 A. 11  In diesem Sinne von Hein, in: MünchKommBGB, 6. Aufl. 2015, Einl. IPR Rn.  106 f.; Aubart, Die Behandlung der dépeçage im europäischen Internationalen Privatrecht, 2013, S. 58 ff.; im Ausgangspunkt offener für eine gesonderte Anknüpfung von Teilfragen Mankowski, in: FS Spellenberg, 2010, S. 261, 267 ff. 4  A. A.

212

4. Kap., § 13 Wissensabhängige Manipulationsfolgen

Ist daher deutsches Recht nach Maßgabe der Rom I- bzw. der Rom II-VO auf die jeweilige Hauptsache anzuwenden, beantworten sich auch Fragen der Wissenszurechnung nach deutschem Recht.

B. Wissenszurechnung als Grundlagenproblem I. Wissen einer Person und die Unterscheidung vom Wissenmüssen Wissen und Wissenmüssen finden sich als Rechtsbegriffe in zahlreichen Normen und werden zudem von vielen weiteren Tatbeständen, durch andere Tatbestandsmerkmale („unverzüglich“) oder auch sonst implizit vorausgesetzt.12 Da der Wissensbegriff nicht legal definiert ist13, bedarf es zur Erschließung seines Sinngehalts der Auslegung, die im jeweiligen Verwendungskontext vorzunehmen ist.14 Im allgemeinen Sprachgebrauch ist unter Wissen „die Gesamtheit der Kenntnis, die jemand [auf einem bestimmten Gebiet] hat“ zu verstehen.15 Kenntnis wiederum ist „das Kennen einer [Tat]sache, das Wissen von etwas“.16 Diese gegenseitige Verknüpfung in den Begriffserläuterungen rechtfertigt einen synonymen Gebrauch von Wissen und Kenntnis. Betrachtet man diejenigen Normen (allen voran des BGB), die auf Wissen abstellen, im Bedeutungszusammenhang des Gesetzes, aber auch in ihrer historischen Genese, so stellen diese auf das tatsächliche Wissen einer natürlichen Person ab.17 Damit ist ein Bewusstsein von Tatsachen, mithin über Zustände der Gegenwart oder Vergangenheit, gemeint.18 Das Bewusstsein ist als neurophysiologischer Zustand im Gehirn des Menschen vorhanden, wenn er in der Lage ist, es jedenfalls auf Nachfrage hin abzurufen, sich mithin zu erin12  Siehe §§ 259 Abs. 2; 260; 562a; 562b; 625; 655c BGB, jeweils auf wissen oder wissen müssen abstellend; §§ 68; 111; 119 Abs. 1; 121; 122 Abs. 2; 132 Abs. 2; 140; 142 Abs. 2; 149; 166; 169; 173; 174; 179 Abs. 3; 199; 214 Abs. 2; 241a Abs. 2; 254 Abs. 2; 305 Abs. 2; 311a Abs. 2; 314 Abs. 3; 318 Abs. 2; 356 Abs. 4; 405; 406; 434 Abs. 1; 442; 526; 532; 536b; 545; 674; 678; 694; 792; 824 Abs. 1; 932; 1472; 1699a; 2140 BGB jeweils auf kennen (bekannt), Kenntnis und / oder kennen müssen abstellend. 13  Dauner-Lieb, in: FS Kraft, 1998, S. 43, 48. 14  Larenz / Canaris, Methodenlehre, 3. Aufl. 1995, S. 133 ff. 15  Duden, 26. Aufl. 2014. 16  Duden, 26. Aufl. 2014. 17  Medicus, in: Karlsruher Forum 1994, 1994, S. 4, 4  ff.; Schilken, Wissenszurechnung, 1983, S. 6 f.; Fatemi, NJOZ 2010, 2637; Sajnovits, WM 2016, 765, 766; Grigoleit, ZHR 181 (2017), 160, 173. 18  Zech, Information als Schutzgegenstand, 2012, S. 28; Grigoleit, ZHR 181 (2017), 160, 173 f.



B. Wissenszurechnung als Grundlagenproblem213

nern.19 Grundsätzlich ist das nicht der Fall, wenn er es vergessen hat. So verstanden handelt es sich beim Wissen um ein deskriptives Tatbestandsmerkmal.20 Von diesem im Ausgangspunkt wertungsfreien Wissensbegriff ist zum einen das Wissenmüssen, zum anderen aber auch die Wissenszurechnung (B. III.) zu unterscheiden. Zahlreiche Normen des Privatrechts stellen nicht ausschließlich auf ein Wissen als der positiven tatsächlichen Kenntnis ab. Sie lassen auch ein Wissenmüssen genügen, was dann vorliegt, wenn das tatsächliche Nichtwissen auf Fahrlässigkeit beruht. § 121 Abs. 2 BGB enthält eine Legaldefinition, die für das gesamte Privatrecht und sogar darüber hinaus anerkannt ist.21 Wissenmüssen ist damit – anders als Wissen – ein normativer Rechtsbegriff, den es durch rechtliche Wertungen auszufüllen gilt. Erforderlich ist die normative Zuordnung von Wissen an eine bestimmte Person, welches bei dieser gerade tatsächlich nicht vorliegt und welches auch bei einer anderen Person nicht notwendig vorliegen muss. Weil das Wissenmüssen gänzlich durch Wertungen der Rechtsordnung determiniert ist und es keines natürlichen Bewusstseinszustands bedarf, kann es nicht nur bei natürlichen Personen, sondern auch bei rechtlichen Gebilden wie juristischen Personen und sonstigen Organisationsformen mit Rechtsubjektqualität vorhanden sein. II. Wissenszurechnung als Rechtstechnik Vom Wissenmüssen zu unterscheiden ist die Wissenszurechnung, die als Rechtstechnik immer dann maßgeblich ist, wenn das bei einer Person vorhandene Wissen einer anderen Person22 zugerechnet wird und bei dieser zur Verwirklichung bestimmter Tatbestände führt.23 Die Zurechnung als Rechtstechnik findet sich in unterschiedlichen rechtlichen Zusammenhängen, etwa bei der Verbindung von Rechtsgutsverletzung und Handlung zur Einschränkung der Bedingungstheorie (Lehre von der objektiven Zurechnung), bei der Verhaltenszurechnung (§§ 278 BGB, 31 BGB) 19  Zu Kenntnis und Wissen aus neurowissenschaftlicher Sicht Passie, Bewusstseinszustände, 2007, S. 30 ff. 20  Bei diesem Wissen als einem wertungsfreien Rechtsbegriff ist die Rechtsentwicklung auch bei der natürlichen Person indes nicht stehen geblieben. Siehe dazu nur Medicus, in: Karlsruher Forum 1994, 1994, S. 4, 12; Grigoleit, ZHR 181 (2017), 160, 173. 21  Ellenberger, in: Palandt, BGB, 76. Aufl. 2017, § 121 Rn. 3. 22  Person meint alle Rechtssubjekte, mithin auch juristische Personen und Personengesellschaften. 23  Sajnovits, WM 2016, 765, 766 f.

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4. Kap., § 13 Wissensabhängige Manipulationsfolgen

und eben auch bei der Wissenszurechnung.24 Zurechnung kann verallgemeinernd als die Zuordnung bestimmter Tatbestände (Zurechnungsgegenstände) von einem Zurechnungssubjekt hin zu einem Zurechnungsobjekt definiert werden.25 Eine allgemeine Zurechnungslehre wurde in der Rechtsdogmatik bis heute nicht ausgearbeitet.26 Systematisierend bietet sich aber bereits angesichts der wenigen genannten Beispiele die Unterscheidung zwischen einer Eigen- und einer Fremdzurechnung an.27 Während die Zurechnung bei der Eigenzurechnung ein Element der Haftungsnorm selbst ist, ist sie bei der Fremdzurechnung als Übertragung von durch ein Zurechnungssubjekt verwirklichten Tatbestandsmerkmalen hin zu einem Zurechnungsobjekt zu beschreiben.28 Eigenzurechnung als Element von Haftungsnormen findet sich etwa bei der objektiven Zurechnung innerhalb einer Haftungsnorm (eine Rechtsgutsverletzung wird dem Schädiger zugerechnet), aber auch im Bereich der Vertrauenshaftung in der erforderlichen Zurechnung der Vertrauensenttäuschung nach dem Veranlasser- oder nach dem Risikoprinzip.29 Die Wissenszurechnung ist demgegenüber ein Fall der Fremdzurechnung, ebenso wie die Verhaltenszurechnung nach den §§ 278 oder 31 BGB, aber auch etwa die Stimmrechtszurechnung im WpHG oder die Mitarbeiterzurechnung nach dem Mitbestimmungsgesetz, um nur einige wenige Beispiele zu nennen. Die Fremdzurechnung kann dazu führen, dass das Zurechnungsobjekt bestimmte Tatbestandsmerkmale erfüllt, obwohl diese nicht von ihm selbst verwirklicht wurden30 oder sogar nicht von ihm selbst verwirklicht werden könnten.31 Zugerechnet wird in diesem Sinne bei der Wissenszurechnung das Wissen als natürliche Tatsache.32 Diese Beschreibung als Übertragung von Tatbe24  Buck,

767.

Wissen und juristische Person, 2001, S. 105; Sajnovits, WM 2016, 765,

25  Sajnovits, WM 2016, 765, 767; siehe ferner Buck, Wissen und juristische Person, 2001, S. 105; Bork, ZGR 1994, 237, 237; tendenziell auch Wiedemann, Unternehmensgruppe, 1988, S. 23. 26  Dies bemängeld schon Drexl, ZHR 161 (1997), 491, 504 mit Fn. 55; Canaris, Vertrauenshaftung, 1971, S. 467. 27  Sajnovits, WM 2016, 765, 767. 28  Sajnovits, WM 2016, 765, 767. 29  Zum Letzteren näher Mülbert / Sajnovits, ZfPW 2016, 1, 23; Canaris, Vertrauenshaftung, 1971, S. 517 ff. 30  Wiedemann, Unternehmensgruppe, 1988, S. 23. 31  Wiedemann, Unternehmensgruppe, 1988, S. 24 spricht von konstitutiver Zurechnung. 32  Faßbender / Neuhaus, WM 2002, 1253, 1254 gehen demgegenüber in ihrem Ansatz davon aus, dass nicht Wissen oder Kenntnis als solche zugerechnet würden, sondern vielmehr ein „wissensgetragenes rechtserhebliches Verhalten“.



B. Wissenszurechnung als Grundlagenproblem215

ständen von einem Zurechnungssubjekt hin zu einem Zurechnungsobjekt darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass diese Übertragung sich auch innerhalb eines Rechtssubjekts vollziehen kann. Denn soweit eine rechtsfähige Organisation (juristische Person oder Personengesellschaft) vorliegt, die als rechtliches Konstrukt weder im natürlichen Sinne handeln noch etwas wissen kann, ist der tatbestandlichen Verwirklichung von Normen durch dieses rechtliche Konstrukt – jedenfalls soweit ein Wissen oder Handeln erforderlich ist – immer eine Zurechnung vorgelagert. Diese geht meistens von Zurechnungssubjekten innerhalb dieser Organisation aus.33 Gleichermaßen wie das Wissenmüssen, das von rechtlichen Wertungen geprägt ist, erfordert auch die Bejahung einer Wissenszurechnung eine normative Wertungsentscheidung.34 Diese kann vom Gesetzgeber ausdrücklich getroffen sein (§ 166 Abs. 1 BGB) oder im Wege der Auslegung oder Rechtsfortbildung durch die Rechtsprechung oder Rechtspraxis vorgenommen werden. Das Wissen (ebenso wie Wissenmüssen) rechtlicher Gebilde, die keine natürliche Bewusstseinslage entwickeln können, ist damit immer Folge einer rechtlichen Wertungsentscheidung. Erst die Wissenszurechnung und damit die normative Wissensauffüllung für rechtsfähige („unnatürliche“) Organisationen ermöglicht es diesen, an weiten Teilen des Rechtsverkehrs überhaupt teilzunehmen. III. Positionale / personenbezogene Zurechnungsmodelle 1. Organtheorie als Wissenszurechnungslehre In der wissenschaftlichen Auseinandersetzung ebenso wie in der Rechtsprechung herrschten über Jahrzehnte teils als absolut apostrophierte Wissenszurechnungsmodelle vor, die innerhalb juristischer Personen an die Person des Wissenden bzw. dessen Position anknüpften. Davon abhängig und mehr oder weniger voraussetzungslos, wurde eine Zurechnung von dessen Wissen – ohne dass dies immer so bezeichnet wurde35 – an die juristische Person / Organisation bejaht. Dies galt und gilt für die Organe der juristischen Person, die geschäftsführenden Gesellschafter von Personengesellschaften36 33  Zu den Überlegungen der Organtheorie, die in ihren Ursprüngen jedenfalls ein Eigenhandeln der juristischen Person durch ihre Organe angenommen hat, siehe unten § 13 B.III.1. 34  Sajnovits, WM 2016, 765, 767 m. w. N. 35  Tintelnot, JZ 1987, 795, 795, der den Ausspruch: „Das Wissen des Organs ist das Wissen der Gesellschaft“ als herrschende Meinung bezeichnete. 36  In seiner Genese geht das Konzept der Organtheorie von der juristischen Person aus. Schon frühzeitig wurde diese Beschränkung aufgegeben und die Organtheorie auf Personen(handels)gesellschaften übertragen. Siehe dazu BGH ZIP 1996,

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4. Kap., § 13 Wissensabhängige Manipulationsfolgen

sowie sonstige wichtige Repräsentanten ebenso wie für sogenannte Wissensvertreter.37 Erst die – obiter dicta erfolgten – Ausführungen in der sog. Gemeindeentscheidung des BGH vom Dezember 1989 (BGHZ 109, 327 ff.)38 sowie die wegweisende Entscheidung des V. Zivilsenats vom 2. Februar 1996 (BGHZ 132, 30 ff.) leiteten eine deutliche Abkehr von dieser Zurechnungslehre ein. Bezogen auf die Wissenszurechnung von einem Organmitglied hin zur juristischen Person führte der BGH im Jahre 1996 aus: „[…] denn die Wissenszurechnung gründet nicht in der Organstellung oder einer vergleichbaren Position des Wissensvermittlers (Organtheorie), sondern im Gedanken des Verkehrsschutzes und der daran anknüpfenden Pflicht zu ordnungsgemäßer Organisation der gesellschaftsinternen Kommunikation.“39 Neben dieser Rechtsprechung des V. Zivilsenats, die auch in zahlreichen Folgeurteilen anderer Senate des Bundesgerichtshofs übernommen und fortgeführt wurde40, stehen bis heute Judikate und auch zahlreiche Stellungnahmen im Schrifttum, die entweder implizit oder ausdrücklich der Organtheorie anhängen, diese aber durch wertende Kriterien begrenzt sehen wollen. Diese Ansätze werden gemeinhin als moderne Organtheorie41 bezeichnet. Die moderne Organtheorie entfernt sich von dem strikten Gleichsetzungsdogma der strengen Organtheorie und betont das normative Zurechnungselement bei der Wissenszurechnung.42 Dogmatischer Anknüpfungspunkt der Zurechnung von Wissen ist für die Vertreter der modernen Organtheorie der in § 31 BGB zum Ausdruck kommende Gedanke der organschaftlichen Zurechnung als Rechtsprinzip.43 548 ff.; Buck, Wissen und juristische Person, 2001, S. 8 f.; K.Schmidt, Gesellschaftsrecht, 4. Aufl. 2002, S. 253 f. Auch die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs hat sich in zahlreichen Judikaten gegen eine Unterscheidung gestellt, wenngleich vereinzelt auch abweichende Entscheidungen zu verzeichnen sind (etwa BGH NJW 1995, 2159, 2160). Vor dem Hintergrund der heute anerkannten weitgehenden Gleichstellung von juristischen Personen und Personen(handels)gesellschaften kann an einer erforderlichen Gleichstellung kaum ein Zweifel bestehen. 37  Als eines von zwei Grundmustern der Wissenszurechnung bezeichnen auch Faßbender / Neuhaus, WM 2002, 1253, 1254 die an die Person des Wissensträgers anknüpfenden Zurechnungsmodelle. 38  Dazu instruktiv Raiser, in: FS Bezzenberger, 2000, S. 561, 563 ff. 39  BGHZ 132, 30, 37. 40  Siehe sogleich § 12 B.IV.1. 41  K.Schmidt, Gesellschaftsrecht, 4. Aufl. 2002, S. 250  ff., 287 ff.; Schürnbrand, Organschaft, 2007, S. 27. 42  Schürnbrand, Organschaft, 2007, S. 27. 43  BGH WM 2006, 194; Schürnbrand, Organschaft, 2007, S. 27; K.Schmidt, Gesellschaftsrecht, 4. Aufl. 2002, S. 288; Raiser / Veil, Kapitalgesellschaftsrecht, 6. Aufl. 2015, § 9 Rn. 23; unentschieden BGHZ 140, 54, 62.



B. Wissenszurechnung als Grundlagenproblem217

2. Wissensvertreter Im Versicherungsvertragsrecht44 wurde bereits frühzeitig ein weiteres positionales Zurechnungsmodell entwickelt: das Modell einer Wissenszurechnung von Wissensvertretern.45 Als Wissensvertreter wird danach angesehen, „wer nach der Arbeitsorganisation innerhalb des Unternehmens damit betraut ist, im Rechtsverkehr als Repräsentant bestimmte Aufgaben in eigener Verantwortung zu erledigen, die damit verbundenen Informationen einerseits zur Kenntnis zu nehmen und andererseits weiterzuleiten“.46 Das Wissen solch „echter“ Wissensvertreter wird der vertretenen Gesellschaft nach überwiegender Auffassung analog § 166 Abs. 1 BGB zugerechnet.47 Die Lehre vom Wissensvertreter stellt stark auf die Rolle und die Kompetenzen ab, die der Person des Wissensvertreters im Allgemeinen übertragen wurden, sowie auf dessen Stellung im konkret zu beurteilenden Vorgang.48 Es sind also nicht nur die Kompetenzen der Person, sondern es ist auch ein Bezug zum jeweiligen Vorgang entscheidend, bei dem sich die Wissenszurechnung auswirkt.49 Unter diesem Gesichtspunkt besteht in der Tat eine Vergleichbarkeit mit den von § 166 Abs. 1 BGB originär geregelten Sachverhalten. IV. Zurechnung kraft Organisationspflichtverletzung 1. Zurechnung in der Einzelgesellschaft Parallel zur dargestellten Entwicklung einer positionalen Zurechnungslehre gab es immer wieder Versuche in Literatur und Rechtsprechung, eine Zurechnung des Wissens als Quasisanktion für eine Pflichtverletzung des Geschäftsherren zu begreifen.50 Diese Entwicklung verstärkte sich mit dem Bedürfnis nach der Bewältigung von immer häufiger auftretenden Problemkonstellationen. Bei diesen ging es hauptsächlich um eine Wissenszurech44  Frühzeitig etwa Oldenbourg, Wissenszurechnung, 1931, S. 55 ff.; dazu Richardi, AcP 169 (1969), 385, 386. 45  Richardi, AcP 169 (1969), 385, 388. 46  BGHZ 117, 104, 106 f. 47  BGH NJW 1985, 2583; BGH WM 1992, 441, 442; BGHZ 117, 104, 106 f.; BGH WM 1996, 824, 825. Richardi, AcP 169 (1969), 385, 387 sprach von einer gewohnheitsrechtlichen Anerkennung. 48  Für eine Erweiterung tritt neuerdings Grigoleit, ZHR 181 (2017), 160, 184 f. ein. 49  Zum Ganzen etwa BGHZ 32, 53; BGH NJW 1982, 1585 sowie Wilhelm, AcP 183 (1983), 1, 2 ff. 50  Näher zur Rechtsentwicklung Buck, Wissen und juristische Person, 2001, S.  337 ff.

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4. Kap., § 13 Wissensabhängige Manipulationsfolgen

nung von Personen, die an dem konkreten Geschäft, für das die Zurechnung maßgeblich war, nicht beteiligt waren. Der Bundesgerichtshof hat, beginnend in den 1980er-Jahren51 und endgültig mit der Entscheidung des V. Zivil­senats vom 2. Februar 199652, eine oftmals als „Wissenszurechnung kraft Organisationspflichtverletzung“ bezeichnete und vom Schrifttum weitgehend mit getragene53 Zurechnungslehre etabliert. Danach unterbleibt eine grundsätzliche Unterscheidung zwischen verschiedenen wissenden Personen.54 Maßgeblich für die Zurechnung ist vielmehr, anknüpfend an die Qualität der jeweiligen Information („typischerweise aktenmäßig festzuhaltende Information“), ob der Organisation (als Zurechnungsobjekt) eine Pflichtverletzung hinsichtlich der Wissensorganisation vorzuwerfen ist. Dabei wird zwischen Informationsspeicherungs-, Informationsweiterleitungs- und Informationsabfragepflichten unterschieden.55 2. Zurechnung im Konzern Die Wissenszurechnung im Konzern ist gerade in der jüngsten Zeit als Folge auch in der Presse viel diskutierter Wirtschaftsskandale in der Literatur56 und in ersten Ansätzen auch in der Rechtsprechung57 behandelt worden. Eindeutige höchstrichterliche und obergerichtliche Entscheidungen zu diesem Probelm sind bislang gleichwohl rar geblieben. Immerhin hatte der IV. Zivilsenat des BGH im Jahr 199358 eine konzerngesellschaftsübergrei51  BGHZ

109, 327, 331; BGH WM 1984, 1309; BGH WM 1989, 1364, 1366. 132, 30, 35. 53  Schilken, in: Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2014, § 166 Rn. 32 m. w. N. 54  So auch Zöllner / Noack, in: Baumbach / Hueck, GmbHG, 21. Aufl. 2017, § 35 Rn. 150; Habersack / Foerster, in: GroßKommAktG, 5. Aufl. 2015, § 78 Rn. 39 und U. H. Schneider / S. H. Schneider, in: Scholz, GmbHG, 11. Aufl. 2014, § 35 Rn. 124 ff. jeweils auch für die Organebene. 55  Ständige Rechtsprechung seit BGHZ 132, 30; siehe etwa BGHZ 135, 202; BGHZ 140, 54; BGH WM 2006, 194, 195 f.; BGHZ 182, 85, 90 ff.; BGH WM 2013, 567; kritisch neuerdings Grigoleit, ZHR 181 (2017), 160, 192 ff. Eine abweichende Rechtsprechung vertritt bis heute der VI. Zivilsenat für die Wissenszurechnung mit Blick auf die maßgebliche Kenntnis für den Beginn der Verjährungsfrist bei § 852 BGB a. F. bzw. nunmehr § 199 Abs. 1 BGB. Siehe nur BGHZ 193, 67, 73 f. Rn. 12 ff. Zum Problem Grothe, in: MünchKommBGB, 7. Aufl. 2015, § 199 Rn. 38 f.; Ellenberger, in: Palandt, BGB, 76. Aufl. 2017, § 199 Rn. 25. 56  Verse, AG 2015, 413; Buck-Heeb, AG 2015, 801; Koch, ZIP 2015, 1757; Schwintowski, ZIP 2015, 617; Habersack, DB 2016, 1551; ferner Mader, Der Konzern 2015, 476; Schirmer, AG 2015, 666; Thomale, AG 2015, 641; Gasteyer / Goldschmidt, AG 2016, 116; Sajnovits, WM 2016, 765, 771; Spindler, ZHR 181 (2017), 311, 332 ff.; Schürnbrand, ZHR 181 (2017), 357. 57  OLG Brandenburg MDR 2016, 80, 81. 58  BGHZ 123, 224. 52  BGHZ



B. Wissenszurechnung als Grundlagenproblem219

fende Wissenszurechnung wegen der Möglichkeit des Informationszugriffs auf eine vorhandene Datensammlung zwischen mehreren Versicherungsgesellschaften bejaht.59 In der Literatur hat die Diskussion über eine Wissenszurechnung im Konzern intensiv nach der Entscheidung des BGH vom 2. Februar 1996 eingesetzt.60 Darin hob der BGH nämlich hervor, dass die Grundsätze der Wissenszurechnung auch für alle „sonstigen Organisationsformen“ gelten, was dazu führte, die Erwägungen zur Organisationspflichtverletzung auch auf Konzernstrukturen und damit rechtsformübergreifend anzuwenden. Dafür wird ins Feld geführt, dass die Judikatur wertungsmäßig bei der Organisation, einem funktional als Einheit auftretenden Gebilde, anknüpft und eine solche funktionale Einheit im Ausgangspunkt auch beim Konzern vorliegen kann.61 Die Rechtsprechung hat nie präzisiert, was von dem Begriff der Organisation erfasst ist.62 Richtigerweise sind in diesem Zusammenhang zwei Aspekte auseinanderzuhalten: Die Wissenszurechnung selbst kann nur zu einem Zurechnungsobjekt hin erfolgen, das selbst rechtsfähig ist. Der Konzern ist daher kein taugliches Zurechnungsobjekt. Existiert aber ein taugliches Zurechnungsobjekt (natürliche Person, eingetragener Kaufmann, juristische Person, Personengesellschaft usw.), dem natürliche Wissensträger unterstehen und für deren Handeln es verantwortlich ist, kommt auch eine Zurechnung quasi innerhalb der Organisationseinheit vom jeweiligen Zurechnungssubjekt hin zum Zurechnungsobjekt in Betracht. Nur in diesem Sinne ist die Rechtsprechung grundsätzlich auch auf „sonstige Organisationsformen“ anzuwenden.

59  Habersack / Foerster, in: GroßKommAktG, 5. Aufl. 2015, § 78 Rn. 44; dazu auch Drexl, ZHR 161 (1997), 491, 495. 60  Insbesondere Drexl, ZHR 161 (1997), 491; zuvor schon Bork, ZGR 1994, 237; allgemein zu Zurechnungsfragen im Konzern: Habersack / Foerster, in: GroßKommAktG, 5. Aufl. 2015, § 78 Rn. 44; Spindler, ZHR 181 (2017), 311, 332 ff.; Schürnbrand, ZHR 181 (2017), 357. 61  So schon Drexl, ZHR 161 (1997), 491, 493. Kritisch neuerdings Habersack, DB 2016, 1551. 62  Siehe auch Verse, AG 2015, 413, 419, der hervorhebt, dass der BGH mit dem Begriff Organisation wohl nur zum Ausdruck bringen wollte, dass die Gesellschaftsform als solche keinen Einfluss auf Fragen der Zurechnung habe, aber noch keine Aussage zum Konzern treffen wollte.

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4. Kap., § 13 Wissensabhängige Manipulationsfolgen

V. Systembildende Bewertung der Zurechnungslehre 1. Einführung Einzelheiten der Wissenszurechnung kraft Organisationspflichtverletzung sowohl in der Einzelgesellschaft als auch im Konzern und besonders die Fortentwicklung für bislang nicht entschiedene Fallkonstellationen sind bis heute ungeklärt und umstritten.63 Dies betrifft das dogmatische Gerüst der Zurechnung ebenso wie weitere, scheinbar rein dogmatische Fragen wie die nach dem Zurechnungsgrund sowie der Herkunft der Organisationspflichten, aber auch praktische Anwendungsfragen wie die nach der konkreten Ausgestaltung der Organisationspflichten, der Möglichkeit der Zurechnung privater Kenntnis sowie nach den Schranken der Zurechnung. 2. Bedeutung der Wissensnormen a) Wissensnormen als Anwendungsfeld der Wissenszurechnung Wissensnormen sind diejenigen Tatbestände, bei denen das Wissen um bestimmte Tatsachen ein ausdrückliches oder jedenfalls implizites Tatbestandsmerkmal darstellt. Die Lehre zur Wissenszurechnung war lange Zeit auf die Wissensnormen fixiert. Man versuchte deren gemeinsame und systembildende Zwecke herauszuarbeiten und auf dieser Basis die Wissenszurechnung zu erklären.64 Zumeist wird heute dagegen angenommen, dass die Wissenszurechnung als Rechtstechnik und dogmatische Figur grundsätzlich unabhängig von den einzelnen Wissensnormen zu verstehen sei. Letztere können aber im Einzelfall auf die Zurechnung einwirken.65 63  Dies gilt auch, obgleich nur wenige „zivilrechtliche Themen … in einer solchen Tiefe ausgeleuchtet worden sind wie das Thema der Wissenszurechnung.“ (Koch, ZIP 2015, 1757, 1757); ähnlich auch Schramm, in: MünchKommBGB, 6. Aufl. 2012, § 166 Rn. 24. 64  Waltermann, AcP 192 (1992), 181, 185 f. (der die Wissensnormen bis auf Ausnahmen aber im Ergebnis für „offen“ hinsichtlich der Wissenszurechnung hält) und die grundlegende Arbeit von Schilken, Wissenszurechnung, 1983. 65  Buck, Wissen und juristische Person, 2001, S. 117; zuvor schon Taupitz, in: FS E. Lorenz, 1994, S. 673, 680 f.; ferner bereits Richardi, AcP 169 (1969), 385, 389: „Für den Regelfall wird aber eine Wissenszurechnung dem Zweck gesetzlicher Bestimmungen ebensowenig entgegenstehen wie die Stellvertretung bei der Vornahme von Rechtsgeschäften und die Möglichkeit einer Zurechnung von Tathandlungen.“ A. A. nun aber Grigoleit, ZHR 181 (2017), 160, 168 ff. der davon spricht, dass die Wissenszurechnung „zu einem wesentlichen Teil nicht über allgemeine Zurechnungsregeln gelöst werden“ könne.



B. Wissenszurechnung als Grundlagenproblem221

b) Typologie der Wissensnormen Typologisch lassen sich drei Arten von Wissensnormen unterscheiden66: Erstens kann das Wissen neben anderen Tatbestandsmerkmalen pflichtenbegründend wirken. Diese Erscheinungsform begegnet besonders im Aufsichtsrecht, etwa, im vorliegenden Kontext von Interesse, bei der Begründung einer Pflicht zur Ad-hoc-Mitteilung nach Art. 17 MAR.67 In diesen Fällen wird die Wissensorganisation68 zur echten (aufsichtsrechtlichen) Pflicht, deren Verletzung rechtsnachteilig sein kann. Zweitens kann das Wissen um bestimmte Informationen dem Wissenden rechtlich zum Nachteil gereichen, indem einem Dritten ihm gegenüber Ansprüche erwachsen. Wissensnormen, die eine derartige Anspruchsentstehung mit ermöglichen, finden sich vor allem im Privatrecht. Zu denken ist etwa an die Begründung eines Anspruchs wegen der Verletzung einer vorvertraglichen Aufklärungspflicht (§§ 280 Abs. 1, 311, 241 Abs. 2 BGB)69 oder auch ein Anfechtungsrecht wegen arglistiger Täuschung70. Drittens kann das Wissen um bestimmte Umstände eine anspruchshemmende Wirkung entfalten. Diese kommt dem Wissen vor allem im Verjährungsrecht zu. So lässt z. B. § 199 Abs. 1 Nr. 2 Alt. 1 BGB die Verjährungsfrist mit dem Ende des Jahres beginnen, in dem der Gläubiger von den Umständen, die den Anspruch begründeten und von der Person des Schuldners Kenntnis erlangt. Hier beeinträchtigt das Wissen die eigene Rechtsposition, weil es zu einem früheren Beginn der Verjährungsfrist führen kann. Die Wissensorganisation in diesem Bereich ist keine Pflicht, sondern eine bloße Obliegenheit, da sie dem Erhalt eigener Rechtspositionen dient71. Unterlässt der Anspruchsinhaber die nötigen Anstrengungen der Wissensorganisation, hat er den Nachteil der Verjährung zu tragen. c) Zwecksetzung der Wissensnormen Den unterschiedlichen Wissensnormen liegt keine gemeinsame Zwecksetzung zugrunde. Die Suche nach einer übergreifenden Zwecksetzung unter 66  Grigoleit, ZHR 181 (2017), 160, 169 unterscheidet anders und kategorisiert vier Arten von Wissensnormen. 67  Siehe unten § 13 B.V.5.b)aa). 68  Siehe unten § 13 B.V.5. 69  Siehe unten § 13 E. 70  Siehe unten § 13 E. 71  Zum Begriff der Obliegenheit Hähnchen, Obliegenheiten und Nebenpflichten, 2010, S.  1 ff., 22 ff.

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4. Kap., § 13 Wissensabhängige Manipulationsfolgen

Rückgriff auf die Erklärungsmuster Vertrauensschutz72, Selbstschutz73 und auf das Prinzip des venire contra factum proprium74 können nicht überzeugen. Bei den hier besonders interessierenden Organisationen wird anhand weniger Beispiele deutlich, dass eine gemeinsame Zwecksetzung der Wissensnormen zur Erklärung der Wissenszurechnung untauglich ist.75 Diese muss deshalb unabhängig von den jeweiligen Wissensnormen erläutert werden, und es muss im Einzelfall überprüft werden, ob bzw. inwiefern die jeweilige Wissensnorm Einfluss auf die Zurechnungsfrage hat. Der Verdeutlichung kann das Beispiel der arglistigen Täuschung dienen. Damit eine solche durch Verschweigen eines Mangels bei einem Vertragsschluss mit einer juristischen Person vorliegen kann, muss der juristischen Person Wissen zugerechnet werden, ohne dass § 123 Abs. 1 BGB dies ausdrücklich stipulieren würde. § 123 Abs. 1 BGB dient nun allerdings nicht dem Selbstschutz des arglistig Täuschenden. Zwar kann auch der ein Eigeninteresse an einer angemessenen Informationsversorgung haben, damit das Rechtsgeschäft nicht durch die Anfechtung des anderen Teils zerstört und der avisierte Güteraustausch nicht später rückabzuwickeln ist. Dieses Interesse ist aber erst Konsequenz der in den §§ 123, 142 BGB angeordneten Rechtsfolge bzw. etwaiger sonstiger schadensersatzrechtlicher Sanktionen für die Täuschung und die damit verbundene Willensbeeinträchtigung des Gegenübers. Allenfalls könnte erwogen werden, dass ein fehlendes Anfechtungsrecht und eine sonst fehlende rechtliche Absicherung gegen Täuschungen zu erhöhten Transaktionskosten zum Schutz vor Ex-post-Opportunismus und ggf. auch zur Abstandnahme von Transaktionen der Marktgegenseite führen könnte. Diese würden dann auch dem „arglistig Täuschenden“ schaden. Wegen dieser höchst mittelbaren Wirkung von einer Selbstschutznorm zu sprechen, würde den Begriff aber deutlich überspannen. Vielmehr kann der potenziell Getäuschte im Allgemeinen von kostenintensiven Selbstschutzmaßnahmen absehen, jedenfalls solange er mit der Durchsetzung der Norm rechnen kann.

72  Wetzel, Wissenszurechnung, 1971, S.  48; von Craushaar, Vertrauen, 1969, S.  144 ff.; Waltermann, AcP 192 (1992), 181, 196. 73  Schilken, Wissenszurechnung, 1983, S. 51 ff.; Schüler, Wissenszurechnung im Konzern, 2000, S. 41 ff. 74  Siehe Schilken, Wissenszurechnung, 1983, S. 56  f.; dem folgend auch Buck, Wissen und juristische Person, 2001, S. 17 f. Nach Schilken soll das Venire-contrafactum-proprium-Prinzip für die Frage der Wissenszurechnung keine Rolle spielen, da es ein bestimmtes Verhalten voraussetzt, es beim Wissen aber um einen bloßen Bewusstseinszustand gehe. 75  Siehe schon Bork, ZGR 1994, 237, 264 f., der zum Ausdruck bringt, dass den Wissensnormen eine gemeinsame Zwecksetzung wohl nicht zu entnehmen sei.



B. Wissenszurechnung als Grundlagenproblem223

Ein anderes Beispiel ist Art. 17 MAR, dessen Zweck ersichtlich nicht im Selbstschutz des Ad-hoc-Publizitätspflichtigen liegt, sondern in der Informationsversorgung des Kapitalmarktes und damit letztlich der Beförderung allokativer Effizienz76.77 d) Wirkung der Wissensnormen Die Wissensnormen können einen erheblichen Einfluss auf das Ob und Wie der Wissenszurechnung haben.78 Die Verwirklichung der Tatbestandsmerkmale durch eine Wissenszurechnung dient gerade auch dazu, die Zwecke der jeweiligen Norm auch gegenüber Organisationen durchzusetzen. Die Einwirkungen sind allerdings vielschichtig: Zum ersten wird einigen Wissensnormen eine Begrenzung der Zurechnung entnommen, bzw. es wird die Frage zu beantworten gesucht, auf wessen Wissen es in der konkreten Situation ankommen solle.79 Dies ist in der Rechtsprechung zu § 626 Abs. 2 Satz 2 BGB der Fall.80 Nach Ansicht des Bundesarbeitsgerichts setzt nämlich die Ausschlussfrist des § 626 Abs. 2 Satz 2 BGB voraus, dass gerade das zuständige Organ innerhalb der genannten Frist zusammenkommen und beschließen kann81, weshalb nur die Kenntnis ebendieses Organs maßgeblich sein soll. Zum zweiten kann die systematische Stellung der Wissensnorm im Aufsichts-, Delikts- und Vertragsrecht wegen des in diesen Bereichen unterschiedlichen Umgangs mit der Zurechnung von Gehilfenhandeln im weiteren Sinne zur Wahrung von Systemkonsistenz einen Einfluss auf den Umfang der Wissenszurechnung haben. Eine Wissenszurechnung im Rahmen einer vertragsrechtlichen Wissensnorm kann wegen der in § 278 BGB getroffenen Wertungen in größerem Umfang stattfinden als im Rahmen einer deliktischen Wissensnorm.82 Nochmals andere Erwägungen gelten im Aufsichtsrecht.83 Zum Dritten beeinflussen die Wissensnormen die Zurechnung noch auf ganz andere Weise, nämlich indem erst die Wissensnormen eine Verpflichtung des jeweiligen Adressaten zur Organisation eines Wissensflusses be76  Assmann, in: Assmann / Schneider / Mülbert, Wertpapierhandelsrecht, 7. Aufl. 2018, Art. 17 VO Nr. 596 / 2014 Rn. 9. 77  Vgl. oben § 3 A.I. Näher zu Art. 17 MAR als Wissensnorm Ihrig, ZHR 181 (2017), 381. 78  Meier-Reimer, in: Erman, BGB, 15. Aufl. 2017, § 166 BGB Rn. 11. 79  Waltermann, AcP 192 (1992), 181, 185 ff. 80  Waltermann, AcP 192 (1992), 181, 186. 81  Siehe BAG WM 1980, 1139; Waltermann, AcP 192 (1992), 181, 186 m. w. N. 82  Siehe näher unten § 13 B.V.5.c)aa). 83  Siehe näher unten § 13 B.V.5.c)aa).

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4. Kap., § 13 Wissensabhängige Manipulationsfolgen

gründen. Dies gilt besonders für Art. 17 MAR und § 15 WpHG a. F. Die Wissensnormen können daher nicht nur zu einer Begrenzung der Zurechnung führen, sondern ggf. erst die Pflichten auferlegen, deren Verletzung die Zurechnung mit begründen.84 3. Zurechnungsgrund a) Verkehrsschutz / Verkehrsinteresse Rechtsnormen und Rechtsfiguren werden in aller Regel von bestimmten rechtsnormativen Erwägungen getragen. Deshalb wird zu Recht versucht, die Wissenszurechnung, gerade soweit sie nicht ausdrücklich vom Gesetzgeber festgeschrieben ist (§ 166 Abs. 1 BGB), durch bestimmte Zurechnungsgründe zu legitimieren. Zahlreiche Stimmen in der Literatur, aber auch die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs rekurrieren dabei auf den Aspekt des Verkehrsschutzes.85 Verkehrsschutz bzw. Verkehrsinteresse sind im Recht gebräuchliche Termini, wenn es um die Erklärung privatrechtlicher Normen geht.86 Das Verkehrsinteresse wird als neben den Interessen der beteiligten Privatrechtssubjekte bestehendes Allgemeinwohlinteresse verstanden.87 Ein begründungsloses Rekurrieren auf Verkehrsschutzerwägungen bei der Wissenszurechnung ist allerdings keine a priori überzeugende Argumen­ tation. Um eine taugliche Rechtfertigung für eine Zurechnung zu liefern, muss vielmehr erstens dargelegt werden, was unter Verkehrsschutz / Verkehrsinteresse zu verstehen ist, und müssen zweitens die konkreten Erwägungen offengelegt werden, weshalb gerade die vorgenommene Zurechnung dem Verkehrsschutz dient. Die Darstellung eines solchen Wirkungszusammenhangs fehlt in der sich auf das Verkehrsinteresse berufenden Literatur und Rechtsprechung jedoch meistens. Es herrscht noch nicht einmal Klarheit über den Gehalt des Begriffs Verkehrsschutz. Während dieser speziell 84  In der Tendenz auch Drexl, ZHR 161 (1997), 491, 502; näher Sajnovits, WM 2016, 765. 85  BGHZ 132, 30, 37; BGHZ 135, 202, 205; Verse, AG 2015, 413, 416; Habersack / Foerster, in: GroßKommAktG, 5. Aufl. 2015, § 78 Rn. 40; Buck-Heeb, CCZ 2009, 18, 21; Drexl, ZHR 161 (1997), 491, 503 f.; Emmerich, JuS 1996, 747, 748; Bohrer, DNotZ 1991, 124, 129; Hoffmann, JR 1969, 372, 372 („Interesse der Rechtssicherheit“). 86  Leenen, in: Symposium Wieacker, 1990, S. 108, 110 ff.: „Es liegt auf der Hand, daß die Formel von der „Sicherheit und Leichtigkeit“ auf Maßstäbe wirtschaftlicher Effizienz verweist.“; siehe ferner Leuschner, AcP 205 (2005), 205, 226 ff.; Wolf, JZ 1997, 1087, 1090. 87  Leenen, in: Symposium Wieacker, 1990, S. 108, 110; Leuschner, Verkehrsinteresse und Verfassungsrecht, 2005, S. 52.



B. Wissenszurechnung als Grundlagenproblem225

im Kapitalgesellschaftsrecht zumeist mit Gläubigerschutz gleichgesetzt wird88, kommt der Terminus in anderen Zusammenhängen als der Steigerung von Allokationseffizienz im Allgemeinen vor89. Bei der Wissenszurechnung unterbleibt eine nähere Konturierung des Begriffs, soweit ersichtlich, vollständig. b) Vertrauensschutz Ein weiteres oftmals herangezogenes Begründungsmuster liegt im Vertrauensschutz.90 Das Vertrauensprinzip gilt seit Langem als ein dem deutschen (Privat)Recht zugrundeliegendes Gerechtigkeitsprinzip,91 wobei allgemein zwischen individuellem und überindividuellem Vertrauensschutz unterschieden wird. Soweit auf die Interessen der mit dem Zurechnungsobjekt in Kontakt tretenden Privatrechtssubjekte abgestellt wird, geht es um die Gewährung von individuellem Vertrauensschutz. Auch der Bundesgerichtshof hat in einigen Entscheidungen auf die Interessen gerade des dem Zurechnungsobjekt gegenübertretenden Privatrechtssubjekts abgestellt und dessen Vertrauen als einen tragenden Grund der Zurechnung bezeichnet.92 Von anderer Seite wird ein Abstellen auf Vertrauensschutzaspekte hingegen kritisiert: Derjenige, der mit einer arbeitsteiligen Organisation in Kontakt trete, könne nicht darauf vertrauen, dass alle Informationen bekannt sind.93 Darin liegt aber kein valides Argument gegen den Vertrauensansatz. Es wird vielmehr nur die bei einer vertrauensschutzbasierten Argumentation zu klärende Frage nach dem Umfang eines berechtigten Vertrauens aufgeworfen. nur A.Wilhelm, Dritterstreckung im Gesellschaftsrecht, 2017, S. 12 ff. AcP 205, (2005), 205, 226 ff.; Leenen, in: Symposium Wieacker, 1990, S. 108, 110 ff. 90  BGHZ 132, 30, 36; Baum, Wissenszurechnung, 1999, S. 210 ff.; Hoffmann, JR 1969, 372, 372; Baumann, ZGR 1973, 284, 294; Waltermann, AcP 192 (1992), 181, 196; Taupitz, in: Karlsruher Forum 1994, 1994, S. 16, 24 ff.; Taupitz, JZ 1996, 734, 735.; ferner schon RG JW 1927, 1675 f.; a. A. Canaris, Vertrauenshaftung, 1971, S. 471 der ausführt, dass der Vertrauensgedanke als solcher über die Zurechnungsproblematik überhaupt nichts aussage. 91  Näher Mülbert / Sajnovits, ZfPW 2016, 1 ff.; ferner schon Larenz, Allgemeiner Teil, 7. Aufl. 1989, § 2 IV., S. 43 ff., der das Vertrauensprinzip als ein Prinzip „richtigen Rechts“ und als einen der „tragenden Grundsätzen unserer Rechtsordnung“ bezeichnet. 92  So heißt es etwa schon in einer Entscheidung des VIII. Zivilsenats vom 10. Februar 1971, BGHZ 55, 307, 311: „Wer sich im rechtsgeschäftlichen Verkehr bei der Abgabe von Willenserklärungen eines Vertreters bedient … muss es im schutzwürdigen Interesse des Adressaten hinnehmen, dass ihm die Kenntnis des Vertreters als eigene zugerechnet wird.“ 93  Koller, JZ 1998, 75, 80. 88  Siehe

89  Leuschner,

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4. Kap., § 13 Wissensabhängige Manipulationsfolgen

Worauf konkret vertraut werden kann, ist dabei nämlich immer eine Frage der Berechtigung des Vertrauens.94 c) Gleichstellungsargument Die Rechtsprechung und zahlreiche Stimmen im Schrifttum haben bereits früh die vermeintlich gebotene Gleichstellung von natürlichen und juristischen Personen zur Rechtfertigung der Wissenszurechnung angeführt.95 Von der Rechtsprechung wird häufig betont, dass der „Kunde“ nicht dadurch schlechter gestellt werden dürfe, dass organisationsbedingt eine „Wissensaufspaltung“ vorliegt.96 Mit dem Gleichstellungsargument verwandt ist die ebenfalls schon früh vorgebrachte und auch in der Rechtsprechung rezipierte Argumentation, eine Wissensaufspaltung solle dem arbeitsteilig organisierten Unternehmen keine Vorteile verschaffen. Diese Begründung verkehrt die Argumentation lediglich in Richtung auf die Organisation hin. Letztlich entscheidend ist auch dabei wieder die Person des Gegenübers, deren Lage mit dem Zusammentreffen mit einer fiktiven natürlichen Person verglichen wird. Der Ansatz des Gleichstellungsarguments hebt damit – ebenso wie der vertrauensschutzbasierte Ansatz – auf die Position des mit der Organisation in Kontakt tretenden Privatrechtssubjekts ab und trägt in erster Linie zu einem Schutz dieser Person bei. Dieses postulierte Gleichstellungsgebot führt aus mehreren Gründen zu Problemen.97 Unklar ist bereits, aus welchem Prinzip die anzustrebende Gleichstellung hergeleitet wird, mithin wie die in der Wissenszurechnung liegende Beeinträchtigung der Organisation gerechtfertigt werden kann. Sofern das das Gleichstellungsgebot tragende Rechtsprinzip, ohne dass dies klar ausgesprochen würde, im Gleichbehandlungsgrundsatz (Art. 3 GG) gesehen werden sollte98, würde auch hier folgende Frage im Raum stehen: Ist die arbeitsteilige – am Rechtsverkehr teilnehmende – Organisation überhaupt mit der Einzelperson vergleichbar? Das wäre nämlich die Grundvoraussetzung einer verfassungsrechtlich gebotenen Gleichbehandlung.99 94  Mülbert / Sajnovits,

ZfPW 2016, 1, 22 f. bereits Müller-Erzbach, AcP 106 (1910), 309, 428 ff., 439; aus der Rechtsprechung etwa BGHZ 135, 202, 205; BGH NJW 1997, 1917, 1917 f.; BGHZ 132, 30, 35, 37; BGHZ 109, 327, 332; aus dem Schrifttum Scheuch, GmbHR 1996, 828, 830; Thomale, AG 2015, 641, 648; als Ergänzung zum Verkehrsschutzargument Drexl, ZHR 161 (1997), 491, 505. 96  Buck-Heeb, WM 2015, 157, 162; BGHZ 135, 202, 205 f.; BGHZ 173, 23. 97  Kritisch zur Gleichstellungsthese auch Grigoleit, ZHR 181 (2017), 160, 190 ff. 98  Eine mittelbare Drittwirkung der Wertungen des Art. 3 GG in eine privatrechtliche Rechtsbeziehung kommt grundsätzlich in Betracht. Dazu nur BVerfG, NJW 2000, 2658. 95  Frühzeitig



B. Wissenszurechnung als Grundlagenproblem227

d) Risikoprinzip Als Zurechnungsgrund wird ferner auf das Risikoprinzip rekurriert.100 Canaris spricht von der Selbstverantwortung der Person als dem rechtsethischen Prinzip, das sich in dem Gedanken einer jeden Zurechnung verwirklicht. Für ihn kann eine Zurechnung nur entweder vor dem Hintergrund des Verantwortungs- oder des Risikoprinzips gerechtfertigt sein.101 Dieser Gedanke muss für am Rechtsverkehr teilnehmende Organisationen allerdings modifiziert werden. Als Mindestvoraussetzung einer jeden Art von Zurechnung ist zwar auch hier eine Beziehung zwischen dem Gegenstand der Zurechnung und dem Verhalten oder dem Geschäftskreis des Zurechnungsobjekts erforderlich.102 Hierbei spielt aber der Aspekt einer „angemessenen“ Risikoverteilung103 eine entscheidende Rolle.104 Bei einer nach Risikogesichtspunkten beurteilten Zurechnung werden den Betroffenen bestimmte Risikosphären wertend zugeordnet.105 Organisationen, die am Rechtsverkehr durch arbeitsteilige Aufspaltungen von Zuständigkeiten und Wissen auftreten, schaffen dadurch folgendes Risiko: Das eigentlich relevante Wissen für den jeweiligen Vorgang ist bei den in dieser Situation handelnden Personen nicht vorhanden. Dadurch können der mit der Organisation in Kontakt tretenden Person oder der Allgemeinheit Nachteile entstehen. Die Organisation – und nicht die mit ihr im Rechtsverkehr zusammentreffenden Rechtssubjekte – ist es dabei, die diese Risiken am ehesten vermeiden kann, indem sie ihren internen Informationsfluss organisiert (cheapest risk bearer). Insofern greifen dieselben Argumentationsmuster, die teilweise auch beim Gleichstellungsargument vorgebracht werden. Im Zusammenhang mit der Wissenszurechnung wie auch mit der Verhaltenszurechnung – vor allem im Rahmen des § 278 BGB106 – zählen sie zu den ältesten Zurechnungsbegründungen. Kernüberlegung bei all dem ist also das Faktum, dass das durch die Aufspaltung von Wissen geschaffene Risiko bei einer richtigen 99  Kritisch zum Gleichstellungsargument wegen fehlender Vergleichbarkeit auch Baum, Wissenszurechnung, 1999, S. 176 ff.; Koller, JZ 1998, 75, 77 ff.; Spindler, ZHR 181 (2017), 311, 316; Sajnovits, WM 2016, 765, 768. 100  Waltermann, AcP 192 (1992), 181, 198. 101  Canaris, Vertrauenshaftung, 1971, S. 468. 102  Canaris, Vertrauenshaftung, 1971, S. 468; Mülbert / Sajnovits, ZfPW 2016, 1, 23. 103  Waltermann, AcP 192 (1992), 181, 198. 104  Dazu für die Vertrauenshaftung Mülbert / Sajnovits, ZfPW 2016, 1, 23. 105  Grundlegend Wilburg, Schadensrecht, 1941, S. 38  ff.; ferner Esser, Gefährdungshaftung, 2. Aufl. 1969; im Zusammenhang mit der Vertrauenshaftung Mülbert / Sajnovits, ZfPW 2016, 1, 23. 106  Siehe oben § 12 C.III.2.

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4. Kap., § 13 Wissensabhängige Manipulationsfolgen

Organisation der Wissensaufnahme und des Wissensflusses nur durch die Organisation selbst zu beseitigen und zu vermeiden ist. Deshalb muss die Verwirklichung der Risiken grundsätzlich zu lasten eben der Organisation gehen. Der Geschäftspartner einer am Rechtsverkehr teilnehmenden Organisation kann natürlich auch Vorteile daraus ziehen, dass auf der anderen Seite gerade ein arbeitsteilig organisiertes Unternehmen steht.107 Das ändert aber an der Risikozuweisung nichts im Grundsätzlichen. Ebenso wenig lässt dieser Ansatz im Ausgangspunkt die Kosten und Risiken einer Informationsorganisation gänzlich unberücksichtigt.108 Die unzweifelhaft bei der arbeitsteiligen Organisation anfallenden Organisationskosten sowie diejenigen der durch die Zurechnung etwaig verwirklichten Haftungstatbestände bleiben nicht unberücksichtigt. Vielmehr werden die Kosten schlicht der arbeitsteiligen Organisation zugewiesen, die sie dann über die Preise weitergeben kann109. Es entsteht auch kein grundsätzlich bedenklicher Wettbewerbsnachteil, jedenfalls nicht gegenüber anderen arbeitsteiligen Organisationen, sondern allenfalls gegenüber Einzelunternehmern und ggf. gegenüber Organisationsformen mit Subunternehmern und Dienstleistern. Diese können aber wirtschaftlich durch die bei der Arbeitsteilung und zusammengefassten Organisation geschaffenen Vorteile wieder kompensiert werden. e) Sanktionsgedanke und Verhaltenssteuerung Gelegentlich wird der Sanktionscharakter der Wissenszurechnung betont110 und zur Rechtfertigung auf die in der Quasisanktion liegenden Verhaltensanreize rekurriert. Hoffmann hat bereits im Jahr 1969 geschrieben, dass hinter der Wissenszurechnung „das Bestreben [steht], den Unternehmer in volkswirtschaftlichem Interesse zu präziser Organisation und genauer Überwachung und Lenkung seines Betriebes anzuhalten“111. Sanktionsgedanke und Verhaltenssteuerung sind aber nicht für sich geeignet, die Wissenszurechnung zu legitimieren. Zwar trifft es zu, dass dem 107  Koller, JZ 1998, 75, 78 nennt Skaleneffekte und die Senkung der Transaktionskosten. 108  Koller, JZ 1998, 75, 78. 109  Kritisch zu diesem sog. Cost-spreading-Argument im Zusammenhang mit Informationsbeschaffungspflichten im Rahmen von Vertragsverhältnissen Fleischer, Informationsasymmetrie, 2001, S. 452. 110  Schürnbrand, Organschaft, 2007, S. 28: „Wissenszurechnung stellt sich somit insoweit als Sanktion für die Verletzung von Organisationspflichten dar.“ Auch Koch, ZIP 2015, 1757, 1762; Wagner, ZHR 181 (2017), 203, 261. 111  Hoffmann, JR 1969, 372, 374.



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Haftungsrecht – und Gleiches gilt für die Wissenszurechnung, die Voraussetzung einer Haftung sein kann – eine Steuerungswirkung zukommt.112 Der Aspekt der Verhaltenssteuerung durch Sanktion wirft jedoch wieder die Frage auf, warum und mit welcher rechtsethischen oder ökonomischen Rechtfertigung eine Verhaltenssteuerung angezeigt ist. Das führt dann zurück zu den unter den Aspekten Verkehrs- und Vertrauensschutz sowie Risikozuweisung ausgeführten Überlegungen. f) Einordnung und Bewertung Im Ergebnis ist lediglich eine Kombination der in Rechtsprechung und Literatur vorgebrachten Begründungsmuster geeignet, die Wissenszurechnung kraft Organisationspflichtverletzung zu legitimieren. Betrachtet man die Ausprägung, die die Wissenszurechnung durch die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs bislang erfahren hat, so kann diese überzeugend auf der Basis von Vertrauens- und Risikoprinzip gerechtfertigt werden. Bei beiden Topoi fließen auch Verkehrsschutzerwägungen ein. aa) Berechtigung des Vertrauens Entscheidend bei einer auf dem Vertrauensprinzip fußenden Begründung der Zurechnung ist, dass das investierte Vertrauen berechtigt ist. Die Berechtigung muss gerade durch die Rechtsordnung determiniert sein.113 Die Vertrauenserwartung liegt bei einer mit der Organisation im Rechtverkehr in Kontakt tretenden Person darin, dass die für die Organisation tätige Person alle dort vorhandenen und für die jeweilige Situation relevanten Informationen kennt und in deren Kenntnis handelt. Dieses Vertrauen, das nicht im Einzelfall reflektiert sein muss114, ist nur dann berechtigt, wenn die Rechtsordnung von der Organisation in der konkreten Situation verlangt, dass die für sie handelnde Person die an anderer Stelle vorhandene Information besitzt. Dies ist grundsätzlich dann der Fall, wenn entweder die Organisation eine Organisationspflicht trifft, die ihr aufgibt, die jeweilige Information für die jeweils handelnde Person verfügbar zu machen, oder wenn diejenige Person innerhalb der Organisation, die die In112  Siehe nur Hager, in: Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2017, Vorbem. zu § 823 ff. Rn. 13; Wagner, AcP 206 (2006), 352, 360 ff. m. w. N.; Bachmann, in: Bachmann / Casper / Schäfer / Veil, Steuerungsfunktion des Haftungsrechts, 2015, S. 93, 95; Franck, Marktordnung durch Haftung, 2016, S. 54 ff. 113  Sajnovits, WM 2016, 765, 768; zur Vertrauenshaftung Mülbert / Sajnovits, ZfPW 2016, 1, 22 f. 114  Vgl. Mülbert / Sajnovits, ZfPW 2016, 1, 9.

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4. Kap., § 13 Wissensabhängige Manipulationsfolgen

formation tatsächlich hatte, zu deren Weiterleitung verpflichtet gewesen wäre und diese Weiterleitung dazu geführt hätte, dass die Information in der nunmehr relevanten Situation für die handelnde Personen verfügbar ist.115 Die Rechtsordnung muss also das Zurechnungsobjekt oder das Zurechnungssubjekt (unabhängig von der Frage der Zurechnung) mit einer Pflicht zum Umgang mit dem Zurechnungsgegenstand belegt haben. Gerade diese Pflicht muss dann verletzt worden sein. Diese Überlegungen stimmen mit dem Konzept der Rechtsprechung überein, die durchweg die Frage einer Verletzung von Informationsspeicherungs-, Informationsweiterleitungs- und Informationsabfragepflichten zum Anknüpfungspunkt einer Wissenszurechnung nimmt.116 Dieses Vertrauen – auch als Systemvertrauen – kann nicht lediglich innerhalb einer rechtsgeschäftlichen Verbindung oder bei deren Anbahnung, sondern auch im deliktischen Verkehr und in anderen Rechtsbereichen vorliegen.117 Was dies betrifft, wird nicht nur die Bedeutung des Vertrauensgrundsatzes als einem über die einzelnen Rechtsbereiche hinausweisenden allgemeinen Rechtsprinzip besonders deutlich118, sondern auch der sich mit dem Verkehrsinteresse überschneidende Systemvertrauensschutz oder überindividuelle Vertrauensschutz, den die Rechtsordnung gewähren kann. Als Beispiel sei hier nur auf die dem Art. 17 MAR und § 15 WpHG a. F. zu entnehmende Pflicht zur Organisation ad-hoc-mitteilungspflichtiger Informationen hingewiesen. Deren Offenbarung wird nicht im Interesse einzelner Personen gefordert, sondern in dem des gesamten Kapitalmarkts (Steigerung der Informa­ tionseffizienz).119 Dieses Vertrauen – auch der Gesamtrechtsgemeinschaft oder des Kapitalmarkts – kann enttäuscht werden, wenn das Wissen tatsächlich nicht dort vorhanden ist, wo es bei pflichtgemäßem Handeln vorhanden hätte sein sollen. Diese Vertrauensenttäuschung wird durch die Wissenszurechnung quasi sanktioniert. Letztlich wird die Organisation so behandelt, als hätte die für sie jeweils handelnde Person die Kenntnis tatsächlich gehabt. bb) Risikoprinzip und Verhaltenssteuerung Die in der Wissenszurechnung liegende Quasisanktionierung120, die ganz erhebliche wirtschaftliche Auswirkungen für die Organisation haben kann, 115  Siehe

näher unten § 13 B.V.5. oben § 13 B.IV.1. 117  So auch Habersack / Foerster, in: GroßKommAktG, 5. Aufl. 2015, § 78 Rn. 38. 118  Mülbert / Sajnovits, ZfPW 2016, 1, 16 ff. mit Beispielen. 119  Siehe unten § 13 B.V.5.b)aa). 120  Kritisch zu dieser aus dogmatischer Sicht Wagner, ZHR 181 (2017), 203, 261. 116  Siehe



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lässt sich aber nicht allein aufgrund einer Vertrauensenttäuschung legitimieren. Als Mindestvoraussetzung einer jeden Zurechnung ist zusätzlich eine Beziehung zwischen der Verletzung der Vertrauenserwartung und dem Verhalten oder jedenfalls dem Risiko- oder Geschäftskreis desjenigen zu fordern, dem ein Zurechnungsgegenstand zugerechnet wird.121 Entscheidend ist für diese Risikozuweisung – auch aus ökonomischer Sicht –, dass nur die Organisation dazu in der Lage ist, die Risiken (kostengünstig) einzudämmen (cheapest risk bearer), sich gegenüber deren Verwirklichung abzusichern (cheapest risk insurer) und die ihr entstehenden Kosten auf die Marktgegenseite überzuwälzen.122 Einzig der Organisation kommen bei der Risikoabsorption komparative Kostenvorteile zu, weshalb ihr die Risiken des Nichtvorhandenseins der Information grundsätzlich123 zuzuweisen sind.124 Eine solchermaßen stattfindende Risikozuweisung ist ökonomisch effizient und damit wohlfahrtsteigernd125, was wieder auf die Verkehrsschutzerwägungen zurückführt. Wird der Schutz des Verkehrsinteresses nämlich zur Maximierung von Allokationseffizienz angestrebt, dann kann sich die Wissenszurechnung vor den eben dargestellten Erwägungen tatsächlich als im Verkehrsinteresse liegend gerechtfertigt erweisen. Das würde den – begründungslosen – Rekurs in der Literatur und Rechtsprechung auf das Verkehrsinteresse tatsächlich legitimieren.

121  Canaris, Vertrauenshaftung, 1971, S. 468; knapp auch Sajnovits, WM 2016, 765, 768; zur Vertrauenshaftung Mülbert / Sajnovits, ZfPW 2016, 1, 23. 122  Vgl. Schäfer / Ott, Ökonomische Analyse des Zivilrechts, 5.  Aufl. 2012, S.  407 ff.; Henssler, Risiko als Vertragsgegenstand, 1994, S. 122 f.; zur Einstandspflicht für Gehilfen Tröger, Arbeitsteilung und Vertrag, 2012, S. 199 ff., 247 mit umfassenden Nachweisen zu den ökonomischen Erwägungen. Tröger unterscheidet bei der Risikozuweisung zwischen den Erwägungen im Rahmen der das Leistungsinteresse, das (vorvertragliche) Informationsinteresse und das Integritätsinteresse sicherden Institutionen. Bezogen auf das Leistungsinteresse stellt er besonders auf Präventionsanreize zur Sicherstellung der Leistungsfähigkeit ab, während er für das Integritätsinteresse gerade auf den Aspekt eines komparativen Kostenvorteils bei der Risikovorsorge und -vermeidung abstellt. 123  Ausnahmen können sich aus sonstigen positiven Wertungsentscheidungen der Rechtsordnung ergeben. Siehe unten § 13 B.V.5.c)aa). 124  Auch Wagner, ZHR 181 (2017), 203, 261 ff. unterstreicht die ökonomische Sinnhaftigkeit sogar einer generellen Zurechnung von Mitarbeiterwissen, begrenzt diese aber für die Vorsatzhaftung des Prinzipals (S. 263 ff.). 125  Vgl. Cheung, Journal of Law and Economics 12 (1969), 23 für Dauerschuldverhältnisse; Stiglitz, Review of Economic Studies 41 (1974), 219 für Pachtverträge.

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4. Kap., § 13 Wissensabhängige Manipulationsfolgen

4. Dogmatische Erklärung ohne positiv-rechtliche Determination a) Die Untauglichkeit des § 166 BGB als Anknüpfungspunkt Ausgangspunkt aller Überlegungen zum positiv-rechtlichen Fundament der Wissenszurechnung bildet § 166 Abs. 1 BGB als die einzige Norm des allgemeinen Zivilrechts, der der Regelungsbefehl einer Wissenszurechnung unmittelbar zu entnehmen ist.126 Die durch die Rechtsprechung etablierte heutige Zurechnungslehre kann in ihrer Weite überzeugend allerdings weder auf eine Analogie zu § 166 Abs. 1 BGB127 noch zu § 166 Abs. 2 BGB128 gestützt werden.129 Nach § 166 Abs. 1 BGB kommt, soweit die rechtlichen Folgen einer Willenserklärung durch Willensmängel oder durch die Kenntnis oder das Kennenmüssen gewisser Umstände beeinflusst werden, nicht die Person des Vertretenen, sondern die des Vertreters in Betracht. Gedacht ist die Norm als „logische Folge“ der dem Stellvertretungsrecht zugrundeliegenden Repräsentationstheorie.130 In ihrer normativen Konzeption ist § 166 Abs. 1 BGB damit auf Einzelpersonen und das rechtsgeschäftliche Stellvertretungsrecht zugeschnitten. Ihr liegt die Vorstellung einer handlungsfähigen natürlichen Person zugrunde, die eine andere natürliche Person zur Abgabe von Willenserklärungen bevollmächtigt. Auf juristische Personen, die selbst nicht handeln und wissen können, ist sie dagegen grundsätzlich nicht bezogen.131 126  Grigoleit, ZHR 181 (2017), 160, 167. Siehe auch die amtliche Überschrift der Norm „§ 166 Willensmängel; Wissenszurechnung“. Sehr vereinzelt wurde bestritten, dass es sich bei § 166 Abs. 1 BGB überhaupt um eine Wissenszurechnungsnorm handelt; so Wilhelm, AcP 183 (1983), 1, 15 ff. Zur Entstehungsgeschichte des § 166 Beuthien, NJW 1999, 3585, 3586. 127  BGH NJW 2001, 2535, 2536: „Im rechtsgeschäftlichen Verkehr wird hingegen nach der neueren Rechtsprechung des BGH entsprechend § 166 BGB einer juristischen Person aus Gründen des Verkehrsschutzes in weiterem Umfang das Wissen von Mitarbeitern hinsichtlich solcher Vorgänge zugerechnet, deren Relevanz für spätere Geschäftsvorgänge innerhalb es Organisationsbereichs dem Wissenden erkennbar ist und die deshalb dokumentiert und verfügbar gehalten oder an andere Personen innerhalb des Organisationsbereichs weitergegeben werden müssen …“. BGH NJW 1996, 2508, 2510 („Rechtsgedanke“); dagegen auch K.Schmidt, Gesellschaftsrecht, 4. Aufl. 2002, S. 287; Wiedemann, Gesellschaftsrecht II, 2004, S. 720; Baumann, ZGR 1973, 294, 290 ff.; Zöllner / Noack, in: Baumbach / Hueck, GmbHG, 21. Aufl. 2017, § 35 Rn. 152. 128  Baumann, ZGR 1973, 284, 292 ff.; Schilken, in: Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2014, § 166 Rn. 32. 129  So auch Schubert, in: MünchKommBGB, 7. Aufl. 2015, § 166 Rn. 47; MaierReimer, in: Erman, BGB, 15. Aufl. 2017, § 166 BGB Rn. 22. 130  Mugdan, Materialien I, S. 226; aus der Literatur etwa Schilken, in: Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2014, § 166 Rn. 1 m. w. N. 131  Buck, Wissen und juristische Person, 2001, S. 2.



B. Wissenszurechnung als Grundlagenproblem233

Eine Anknüpfung an § 166 Abs. 1 BGB zur Erklärung der Wissenszurechnung kraft Organisationspflichtverletzung ist schon deshalb nicht überzeugend, weil man dabei nicht von einer personen- bzw. positionsabhängigen Zurechnungslehre abkommen kann, was aber mit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs unvereinbar ist.132 Entscheidungen, die die Wissenszurechnung nicht an die Position des Wissenden knüpfen und gleichwohl § 166 BGB zur Begründung heranziehen, können methodisch nicht überzeugen, da eine Vergleichbarkeit und damit eine wesentliche Voraussetzung der Ana­ logiebildung nicht gegeben ist. § 166 BGB ist auf den Sonderfall der rechtsgeschäftlichen Stellvertretung zugeschnitten, wobei der Gesetzgeber eine andernfalls durch die Rechtsprechung zu treffende Wertungsentscheidung vorweggenommen hat. Im weiteren Verlauf der Rechtsentwicklung hat sich gezeigt, dass die Wissenszurechnung bei einer rechtsgeschäftlichen Stellvertretung unter den zahlreichen denkbaren Konstellationen, in denen heute eine Wissenszurechnung bejaht wird, nur eine Fallgruppe unter vielen darstellt. Die Erwägungen des Gesetzgebers deshalb aber auf alle denkbaren Fälle eines organisatorischen Auseinanderfallens von Wissen und Handlung zu erstrecken, würde eine deutliche Überdehnung des gesetzgeberischen Regelungsbefehls bedeuten. b) Die Untauglichkeit der Verhaltenszurechnungsnormen Ein weiterer normativer Anknüpfungspunkt wurde und wird – jedenfalls für Organmitglieder und denen gleichgestellte Funktionsträger – in § 31 BGB (analog) gesehen. Die an § 31 BGB anknüpfenden Erklärungsversuche können allerdings schon deshalb nicht überzeugen, weil sie das von ihnen grundsätzlich propagierte System einer differenzierten Wissenszurechnung nicht konsistent zu erklären vermögen. § 31 BGB betrifft von seinem Wortlaut her die Zurechnung von Verschulden / Verhalten und nicht die Zurechnung von Wissen. Der Verein ist nach der Norm für den Schaden verantwortlich, den der Vorstand, ein Mitglied des Vorstands oder ein anderer verfassungsmäßig berufener Vertreter durch eine in Ausführung der ihm zustehenden Verrichtungen begangene, zum Schadensersatz verpflichtende Handlung einem Dritten zufügt.133 Hinsichtlich einer analogen Anwendung auf die Wissenszurechnung ist schon die Planwidrigkeit der Regelungslücke zweifelhaft, da der BGB-Gesetzgeber den wissenschaftlichen Streit um die Organtheorie mit § 31 BGB ausdrücklich

132  Vgl. auch Spindler, Unternehmensorganisationspflichten, 2. Aufl. 2011, S. 634 ff.

133  Siehe

oben § 12 C.III.1.

234

4. Kap., § 13 Wissensabhängige Manipulationsfolgen

nicht vorentscheiden wollte134 und damit implizit auch keine Entscheidung zur Zurechnung von Organwissen – ein schon damals bekanntes Problem – treffen wollte. Zudem sprechen sich alle heutigen Anhänger einer Anknüpfung an § 31 BGB für eine wertende Einschränkung der Zurechnung auch von Organwissen aus, wobei mit dem Gleichstellungsargument als Begrenzungskriterium verfahren wird.135 So soll etwa das Wissen des einzelvertretungsberechtigten Vorstandsmitglieds auch bei Nichtbeteiligung am Geschäft zugerechnet werden, aber eben nur dann, wenn eine Organisationspflichtverletzung vorliegt.136 Damit wird die Zurechnungslehre doch wieder an die Überlegungen zur Zurechnungslehre kraft Organisationspflichtverletzung geknüpft, was ein Abstellen auf § 31 BGB im Ergebnis jedoch gerade entbehrlich macht. Aus sich heraus vermag die Anknüpfung an § 31 BGB für die Wissenszurechnung auch nicht zu erklären, warum das Wissen eines Mitarbeiters ebenso zugerechnet werden kann wie dasjenige eines Organmitglieds, obwohl doch Mitarbeiterwissen und Organwissen etwas „Grundverschiedenes“137 sein soll. Konsequenterweise dürfte Mitarbeiterwissen mithin gerade nicht zugerechnet werden. Mit § 278 BGB wurde zur Erklärung der Wissenszurechnung noch auf eine weitere Verhaltenszurechnungsnorm zurückgegriffen.138 Nach § 278 Satz 1 BGB hat der Schuldner ein Verschulden seines gesetzlichen Vertreters und der Personen, deren er sich zur Erfüllung seiner Verbindlichkeiten bedient (Erfüllungsgehilfen), in gleichem Umfang zu vertreten wie eigenes Verschulden.139 Bereits das Reichsgericht hatte sich auf die Lehre von der Haftung für den Erfüllungsgehilfen gestützt, um eine Wissenszurechnung in bestimmten Grenzen zu bejahen.140 Und auch in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs finden sich immer wieder Urteile, in denen für die Wissenszurechnung auf § 278 BGB rekurriert wurde.141 Jedoch lassen sich dem § 278 BGB – und das gilt sowohl für seinen Wortlaut wie auch für seine gesetzgeberische Konzeption – keinerlei direkte Aussagen zu Fragen der 134  K.

Schmidt, Gesellschaftsrecht, 4. Aufl. 2002, S. 251 m. w. N. Schmidt, Gesellschaftsrecht, 4. Aufl. 2002, S. 286. 136  Habersack / Foerster, in: GroßKommAktG, 5. Aufl. 2015, § 78 Rn. 42. 137  So K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, 4. Aufl. 2002, S. 287. 138  Canaris, Bankvertragsrecht, 1988, Rn. 106. 139  Siehe oben § 12 C.III.2. 140  RGZ 43, 142, 146 f. noch zum gemeinen Recht. Später hat sich das Reichsgericht von dieser Linie wieder distanziert; siehe RGZ 97, 279, 281. Ablehnend für die Wissenszurechnung beim Wissensvertreter etwa Richardi, AcP 169 (1969), 385, 387. 141  BGH WM 1962, 609. Ferner entspricht oder entsprach das der Rechtsprechung des VII. Zivilsenats in Verjährungsfällen. Dazu Hagen, DRiZ 1997, 157, 162. 135  K.



B. Wissenszurechnung als Grundlagenproblem235

Wissenszurechnung entnehmen.142 In ihm kommen vielmehr bestimmte Wertungsentscheidungen des Gesetzgebers zu einer unterschiedlichen Einstandspflicht für gesetzliche Vertreter und Erfüllungsgehilfen im rechtsgeschäft­ lichen Verkehr einerseits und im Deliktsrecht andererseits zum Ausdruck143, aus denen sich allenfalls indirekte Folgerungen für die Wissenszurechnung ergeben können144. c) Die Untauglichkeit der Normen zur Regelung der Empfangszuständigkeit Andere Versuche einer positiv-rechtlichen Fundierung der Wissenszurechnung im Bereich des „Organwissens“ knüpften an Normen zur passiven Empfangszuständigkeit für Willenserklärungen an (z. B. § 26 Abs. 2 Satz 2 BGB, § 125 Abs. 2 Satz 3 HGB).145 § 26 Abs. 2 Satz 2 BGB bestimmt, dass falls eine Willenserklärung gegenüber einem Verein abzugeben ist, die Abgabe gegenüber einem Mitglied des Vorstands genügt. Die Norm bezweckt eine Erleichterung des Rechtsverkehrs, da es den Personen, die mit dem Verein in Kontakt treten, nicht zugemutet werden kann, herauszufinden, welches Vorstandsmitglied gerade mit der Geschäftsführung betraut ist.146 Die in § 26 Abs. 2 Satz 2 BGB enthaltene Aussage wird analog auf alle Körperschaften mit Gesamtvertretung angewendet147, soweit keine spezielleren Normen einen solchen Regelungsbefehl enthalten (§ 78 Abs. 2 Satz 2 AktG; § 35 Abs. 2 Satz 3 GmbHG). Eine tatsächliche Kenntnis von irgendeinem Vorstandsmitglied setzen die Normen zur Empfangszuständigkeit nicht vo­ raus.148 Sie lassen vielmehr Abgabe und Zugang (§ 130 Abs. 1 BGB) einer Willenserklärung bei einem Vorstandsmitglied für den Zugang bei dem Verein / der Gesellschaft genügen. Gerade das Vorhandensein einer tatsächlichen Kenntnis ist aber ein wesentliches Element der Wissenszurechnung149, weshalb es schon an einer Vergleichbarkeit fehlt. Aber auch im Übrigen hat die Norm mit einer in einer Willenserklärung enthaltenen Information und deren Zugang beim Verband einen engen originären Anwendungsbereich. Dieser enge Anwendungsbereich lässt sich nicht auf die Zurechnung sämtlichen auch Grigoleit, ZHR 181 (2017), 160, 188 f. den Zwecken des § 278 BGB siehe oben § 12 C.III.2. 144  Zur mittelbaren Wirkung siehe unten § 13 B.V.5.c)aa). 145  Hadding, in: Soergel, BGB, 13. Aufl. 2000, § 28 Rn. 12; Coing, in: Staudinger, 12. Aufl. 1980, § 28 Rn. 14. 146  Mugdan, Materialien I, S. 407. 147  BGHZ 20, 149, 152 f. 148  Zutreffend und mit weiteren Nachweisen Thomale, AG 2015, 641, 647. 149  Siehe oben § 13 B.II. 142  So

143  Zu

236

4. Kap., § 13 Wissensabhängige Manipulationsfolgen

Wissens der Organmitglieder übertragen.150 Als normative Grundlage für eine Wissenszurechnung sind die Regelungen zur Empfangszuständigkeit da­ her ungeeignet.151 d) Haftungs- als Zurechnungsnormen? Schließlich gab es immer wieder den Versuch, § 831 BGB für die Wissenszurechnung fruchtbar zu machen, womit auf eine Haftungsnorm statt auf eine Zurechnungsnorm zurückgegriffen würde. Vor allem im Rahmen des § 854 BGB sollte so die Frage nach der Bösgläubigkeit beim Einsatz von Hilfsleuten beantwortet werden.152 Heute ist es indessen ganz unbestritten, dass der Regelungsbefehl des § 831 BGB für die Frage der Wissenszurechnung auch nicht entsprechend herangezogen werden kann.153 Die frühen Arbeiten, die sich für die Wissenszurechnung an § 831 BGB orientierten, sind aber zumindest wertungsmäßig eine Vorarbeit zu der heute ganz vorherrschenden Konzeption einer Wissenszurechnung kraft Organisationspflichtverletzung154. Denn gerade im Rahmen des § 831 BGB wurden erstmals die Überlegungen zur Organisationspflicht im Verhältnis zu Verrichtungsgehilfen entwickelt, die letztlich auch heute noch bei der Wissensorganisation herangezogen werden. Das ändert nichts daran, dass § 831 BGB als solcher für die Frage der Wissenszurechnung innerhalb von Organisationen keine unmittelbare Aussage enthält. Eine methodisch überzeugende Herleitung der Wissenszurechnung unter Rückgriff auf § 831 BGB lässt sich nicht begründen.155 e) Fehlende Notwendigkeit eines Rückgriffs auf § 242 BGB Schließlich wurde zur Begründung der Wissenszurechnung auch auf § 242 BGB und den Grundsatz des venire contra factum proprium rekurriert.156 Dieses Konzept erklärt allerdings nicht die Zurechnung von Wissen, sondern 150  Flume,

Juristische Person, 3. Aufl. 1979, § 11 IV., S. 402. ZGR 1973, 284, 295 ff.; Waltermann, AcP 192 (1992), 181, 221 ff. 152  Heck, Sachenrechts, 2. Aufl. 1930, § 69 Rn. 6, S. 289 f.; Westermann, Sachenrecht, 5. Aufl. 1966, § 14 Rn. 3, S. 72 f. In neuerer Zeit wurde dieser Ansatz namentlich von Wilhelm, AcP 183 (1983), 1, 26 ff. verteidigt. 153  Schon Reinhardt, in: GS Schmidt, 1966, S. 115, 122 ff. 154  Siehe unten § 13 B.IV. 155  Zur mittelbaren Einwirkung siehe unten § 13 B.V.5.c)aa). 156  Insbesondere Buck, Wissen und juristische Person, 2001, S. 448 ff.; zuvor bereits Reinhardt, in: GS Schmidt, 1966, S. 166; ferner Baumann, ZGR 1973, 284, 295. Aus neuerer Zeit auch Ellenberger, in: Palandt, BGB, 76. Aufl. 2017, § 166 Rn. 8; Schubert, in: MünchKommBGB, 7. Aufl. 2015, § 166 Rn. 47. 151  Baumann,



B. Wissenszurechnung als Grundlagenproblem237

stellt eine Person nur so, als hätte eine Zurechnung stattgefunden. Das Modell einer Erklärung der Wissenszurechnung kraft Organisationspflichtverletzung über den Grundsatz des venire contra factum proprium wird deshalb denklogisch erst dann relevant, wenn eine Zurechnung des Wissens unterblieben ist. Die Zurechnung als Rechtstechnik stellt das zugerechnete Wissen dem tatsächlichen Wissen bereits gleich, sodass der Tatbestand durch das Zurechnungssubjekt schon (teil)erfüllt ist und sich das Zurechnungsobjekt ganz selbstverständlich nicht darauf berufen kann, es habe keine Kenntnis, da es die Kenntnis gerade hat. Das hat dann aber nichts mit einem venire contra factum proprium zu tun, sondern ist Folge einer Gleichstellung der tatsächlichen Kenntnis mit der zugerechneten Kenntnis. Auch wenn der Weg über § 242 BGB mit der Fundierung des Grundsatzes venire contra factum proprium im Vertrauensprinzip zu denselben rechtlichen Ergebnissen führen kann und ähnliche rechtliche Erwägungen eine Rolle spielen, so ist er doch nur ein Hilfspfad, der bei einer konsequent durchdachten Zurechnungslehre entbehrlich ist. f) Fazit: Richterliche Rechtsfortbildung im Lückenbereich Die einzig tragfähige dogmatische Fundierung der heutigen Zurechnungslehre in all ihren Facetten liefert nur die Figur der richterlichen Rechtsfortbildung im Lückenbereich.157 Eine positiv-rechtliche Anknüpfung, die geeignet wäre, sowohl die Zurechnung des Wissens von Organmitgliedern als auch desjenigen von Mitarbeitern adäquat zu erklären, existiert nicht.158 Die Rechtsprechung ist bei einer grundsätzlich zulässigen Rechtsfortbildung an Gesetz und Recht gebunden (Art. 20 Abs. 3 GG) und darf sich nicht aus „der Rolle des Normanwenders in die einer normsetzenden Instanz begeben“.159 Untersagt ist ihr dabei prinzipiell160 eine Rechtsfortbildung contra legem, bei der bereits eine abschließende oder eine eindeutig gegenteilige Regelung des Gesetzgebers vorliegt.161 Besteht allerdings eine Lücke im 157  Maier-Reimer, in: Erman, BGB, 15. Aufl. 2017, § 166 Rn. 22; Grunewald, in: FS Beusch, 1993, S. 301, 304; Medicus, in: Karlsruher Forum 1994, 1994, S. 4, 9 ff.; Spindler, ZHR 181 (2017), 311, 314 f.; Ihrig, ZHR 181 (2017), 381, 388 f.; Grigoleit, ZHR 181 (2017), 160, 178 (allerdings kritisch und im Ergebnis ablehnend). 158  Siehe soeben § 13 B.V.4.a) bis d); ferner auch Buck-Heeb, AG 2015, 801, 803 m. w. N. 159  BVerfGE 82, 6, 11 ff.; BVerfGE 87, 273, 280 (Video); BVerfG NJW 2012, 669, 670 Rn. 44. 160  Zu in der Literatur und Rechtsprechung für möglich gehaltenen Durchbrechungen siehe Mülbert, AcP 214 (2014), 190, 197 ff. m. w. N. 161  BVerfGE 65, 182, 191 f.; BVerfGE 82, 6, 12 f., 15; BVerfG WM 2012, 1378 Rn. 74 (Delisting); dazu eingehend Mülbert, AcP 214 (2014), 190, 197 f.

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4. Kap., § 13 Wissensabhängige Manipulationsfolgen

gesetzgeberischen Plan, kann auch fernab der Figuren der Analogie, der teleologischen Reduktion oder der teleologischen Extension einzelner Normen eine Lückenfüllung durch Rechtsfortbildung praeter legem erfolgen.162 Entscheidend ist, dass die Lückenfüllung, die zwar nicht vom Plan des Gesetzgebers gefordert ist, diesem zumindest nicht widerspricht.163 Zudem muss die Rechtfortbildung durch spezifische rechtliche Kriterien, „insbesondere durch allgemeine Rechtsprinzipien oder -werte“, legitimiert sein.164 Die Wissenszurechnung innerhalb von Organisationen kraft der Verletzung von Organisationspflichten erfüllt alle Voraussetzungen für eine zulässige Rechtsfortbildung im Lückenbereich.165 Zunächst weist der gesetzgeberische Regelungsplan offensichtlich eine Lücke für die Zurechnung innerhalb von Organisationen auf. Mit § 166 Abs. 1 BGB wird nur ein eng begrenzter Bereich der Wissenszurechnung positiv geregelt. Ein entgegenstehender ausdrücklicher Regelungsbefehl des Gesetzgebers ist nicht zu erkennen. Insbesondere ist ein solcher auch nicht denjenigen Normen zu entnehmen, die tatbestandlich ausschließlich Kenntnis und nicht zusätzlich Kennenmüssen erfordern.166 Schließlich kann sich die Wissenszurechnung kraft Organisationsverletzung aufgrund der unter § 13 B.V.3. herausgearbeiteten Erwägungen des Vertrauensschutzes und des Risikoprinzips, die beide durch Verkehrsschutzüberlegungen abgesichert werden, auf allgemeine Rechtsprinzipien und -werte stützen. Eine auf diese Art entwickelte Zurechnungslehre erweist sich – unter Berücksichtigung positiver Entscheidungen des Gesetzgebers (§§ 166, 278, 831 BGB)167 – gerade auch vor der Gesamtrechtsordnung als wertungskonsistent. 5. Pflichtenqualität, -ursprung und -ausprägungen a) Pflichtenqualität Die vertrauensbasierte Legitimation der Zurechnung erfordert es, dass die dafür herangezogenen Pflichten zur Wissensorganisation durch die Rechtsordnung determiniert sein müssen. Nur dann kann deren Befolgung berech162  Larenz / Canaris,

Methodenlehre, 3. Aufl. 1995, S. 246. Methodenlehre, 3. Aufl. 1995, S. 246. 164  Larenz / Canaris, Methodenlehre, 3. Aufl. 1995, S. 246. 165  A. A. Grigoleit, ZHR 181 (2017), 160, 179, 189 ff., 195, der allenfalls eine spezifisch auf die einzelnen Wissensnormen bezogene Korrektur für möglich hält. 166  A. A. Grigoleit, ZHR 181 (2017), 160, 169 ff., der diese Normen als absolute Wissensnormen und die Unterscheidung zwischen positivem Wissen und Wissenmüssen als „systemprägend“ bezeichnet. Dazu noch unten § 13 B.V.8.b). 167  Siehe sogleich § 13 B.V.5.c)aa). 163  Larenz / Canaris,



B. Wissenszurechnung als Grundlagenproblem239

tigterweise erwartet werden.168 Die Schutzrichtung bestehender Rechtspflichten, mithin die Frage, ob diese im Interesse desjenigen, dem die Wissenszurechnung zum Vorteil gereicht, aufgestellt wurden, ist dabei unerheblich.169 Deshalb unterscheidet sich das Berechtigungskriterium von der Schutzgesetzdogmatik des § 823 Abs. 2 BGB.170 Beim vertrauensbasierten Ansatz wird nicht danach gefragt, warum auf das Vorhandensein einer Information vertraut werden durfte, wenn gerade von der Rechtsordnung gefordert war, dass die jeweilige Information vorhanden sein muss. Eine wegen der Sanktionswirkung der Wissenszurechnung angezeigte Begrenzung findet erst durch die gebotene Anwendung des Risikoprinzips und nicht durch die Individualschutzvermittlung statt.171 Anders als Haftungstatbestände, deren Kompensationsumfang durch ihren Schutzzweck begrenzt wird, ist die Wissenszurechnung nur ein Element einer Haftungsnorm, die ihrerseits noch einen Schutzzweck verfolgt. Einer zusätzlichen Einschränkung in Parallele zur Schutzzwecklehre bedarf es auch deshalb nicht. Derartige Pflichten zur Wissensorganisation bzw. zur Verfügbarmachung von Wissen können sich deshalb aus unterschiedlichen vertraglichen oder gesetzlichen Gründen ergeben. Das können der Arbeitsvertrag, die Treuepflicht oder allgemeine oder spezialgesetzliche Compliancepflichten sein, ebenso wie sonstige spezialgesetzlichen Normen, etwa Art. 17 MAR. In all diesen Fällen ist es zudem irrelevant, ob es sich um die Verletzung einer Pflicht des Unternehmens, seiner Organmitglieder oder aber eines einzelnen Mitarbeiters handelt. Nur hätte die Befolgung der Pflicht eben zu einem tatsächlichen Vorhandensein der Information an der maßgeblichen Stelle geführt haben müssen. Ferner muss die Verletzung der Pflicht der Organisation im Rahmen des Risikoprinzips zugerechnet werden können.172 b) Organisationspflichten des Unternehmens sowie seiner Geschäftsleiter aa) Spezialgesetzliche Compliancepflichten Wissensorganisationspflichten, auf deren Verletzung potenziell eine Zurechnung folgen kann, können zunächst die Organisation / das Unternehmen selbst oder seine Geschäftsleiter treffen. Das Unternehmen als solches hat 168  Siehe

oben § 13 B.V.3.b) und f). auch Klöhn, ZIP 2015, 1145, 1152; a. A. tendenziell wohl Drexl, ZHR 161 (1997), 491, 510 f. 170  Sajnovits, WM 2016, 765, 768; tendenziell auch Klöhn, ZIP 2015, 1145, 1152; für die Vertrauenshaftung Mülbert / Sajnovits, ZfPW 2016, 1, 13 f. 171  Vgl. oben § 12 B.V.3.f). 172  Vgl. oben § 12 B.V.3.f). 169  Vgl.

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4. Kap., § 13 Wissensabhängige Manipulationsfolgen

zahlreiche spezialgesetzliche Complianceorganisationspflichten zu befolgen, die ihrerseits auch Maßnahmen der Sicherstellung eines Informationsflusses im Unternehmen erfordern.173 Dies betrifft etwa die Einrichtung sogenannter Whistleblower-Systeme im Rahmen des § 25a Abs. 1 Satz 4 Nr. 3 KWG174, aber auch die von der BMR aufgestellten und an Administratoren und Kontributoren gerichteten Complianceorganisationspflichten, die bereits im 2. Kapitel dieser Arbeit untersucht wurden.175 Zudem verpflichtet Art. 17 MAR ihm unterliegende Emittenten zu einer Wissensorganisation.176 Klöhn hat insofern bereits zu § 15 WpHG a. F. den Begriff der „Compliance-Dimension“ geprägt177, der sich ohne Weiteres auch auf Art. 17 MAR beziehen lässt178. Konkret wird im Rahmen des Art. 17 MAR zu fordern sein, dass ein Informationserkennungs- und -weiterleitungssystem eingerichtet wird.179 Ganz ähnlich gelagerte Pflichten ergeben sich auch aus Art. 16 MAR.180 bb) Allgemeine Compliancepflicht Die Pflicht zur Wissensorganisation kann sich ferner aus der allgemeinen Compliancepflicht ergeben. Der Ausgangspunkt der Complianceverantwortung zunächst einer einzelnen Gesellschaft wird allgemein in der sog. Legalitätspflicht gesehen.181 Die herrschende Meinung betrachtet die Compli173  Vgl. Buck-Heeb, CCZ 2009, 18, 18; Spindler, WM 2008, 905, 905 f.; S. H. Schneider, Informationspflichten, 2006, S. 275 ff. 174  Siehe etwa die Einrichtung sogenannter Whistleblower-Systeme im Rahmen des § 25a Abs. 1 Satz 4 Nr. 3 KWG. Dazu Mülbert / Wilhelm, ZHR 178 (2014), 502, 524. 175  Siehe näher oben § 7 C. 176  Dazu Klöhn, in: Klöhn, MAR, 1. Aufl. 2018, Art. 17 Rn. 13; vgl. auch Sajnovits, WM 2016, 765, 768 f.; Klöhn, in: KölnKommWpHG, 2. Aufl. 2014, § 15 Rn. 100; Assmann, in: Assmann / Schneider, WpHG, 6. Aufl. 2012, § 15 Rn. 252; Buck-Heeb, CCZ 2009, 18, 20; Versteegen, in: KölnKommWpHG, 1. Aufl. 2007, § 15 Rn. 119 ff.; Habersack, DB 2016, 1551, 1555; a. A. neuerdings Hellgardt, in: Assmann / Schneider / Mülbert, Wertpapierhandelsrecht, 7. Aufl. 2018, § 98 WpHG Rn. 89. 177  Klöhn, in: KölnKommWpHG, 2. Aufl. 2014, § 15 Rn. 100. 178  Klöhn, in: Klöhn, MAR, 1. Aufl. 2018, Art. 17 Rn. 100. 179  Sajnovits, WM 2016, 765, 768 f.; Klöhn, in: KölnKommWpHG, 2. Aufl. 2014, §  15 Rn.  106 ff., 114 f.; Ihrig, ZHR 181 (2017), 381, 391; vgl. auch Assmann, in: Assmann / Schneider, WpHG, 6. Aufl. 2012, § 15 Rn. 295; Seibt / Cziupka, AG 2015, 93, 96. 180  Näher Mülbert, in: Assmann / Schneider / Mülbert, Wertpapierhandelsrecht, 7. Aufl. 2018, Art. 16 VO Nr. 596 / 2014 Rz. 19. 181  Harbarth, ZHR 179 (2015), 136, 137; Hüffer / Koch, AktG, 13. Aufl. 2018, § 76 Rn. 11 ff.; Übersicht zum Meinungsstand bei Breitenfeld, Legalitätspflicht, 2016, S.  36 ff.



B. Wissenszurechnung als Grundlagenproblem241

ancepflicht als Flankierung ebendieser Legalitätspflicht im Sinne einer Legalitätsdurchsetzungspflicht,182 die auch die Pflicht zur Einrichtung eines Informationssystems beinhalten kann.183 Die Compliancepflicht wird innerhalb dieser Fundierung von der herrschenden Meinung als einzig im Interesse der Gesellschaft bestehende Pflicht angesehen, die nicht diese, sondern deren Geschäftsleiter zu erfüllen haben.184 Von anderer Seite wird der Legalitätspflicht auch eine über die Pflicht zur Abwendung von Schädigungen der Gesellschaft hinausweisende Fundierung im öffentlichen Interesse beigemessen.185 Daraus wird auch gefolgert, dass die Legalitätsdurchsetzungspflicht ebenfalls (auch) im öffentlichen Interesse bestehen solle.186 Im Rahmen des hier entfalteten Konzept einer vertrauensbasierten Zurechnung schadet es nicht, wenn man mit der herrschenden Meinung zu dem Ergebnis gelangt, dass die Compliancepflicht und damit auch die Pflicht zur Einrichtung von Informationssystemen nur im Interesse der Gesellschaft selbst besteht.187 Genauso wenig ist es von Bedeutung, ob die Pflicht die Gesellschaft / Organisation oder deren Geschäftsleiter trifft. Entscheidend ist nur, dass außerhalb der Organisation stehende Personen auf das Vorhandensein der Information an der jeweils relevanten Stelle vertrauen konnten.188 Verletzt ein Geschäftsleiter eine Pflicht zur Organisation des Informationsflusses, dann fällt diese Verletzung auch in den Risikobereich der Organisation. Diese Wertungsüberlegung wird durch § 31 BGB bestätigt, nach dem das Fehlverhalten von Organmitgliedern bei Ausübung ihres Amtes der Gesellschaft zurechnet wird. cc) Informationsorganisationspflicht als Verkehrssicherungspflicht Schließlich kann in Anlehnung an die Dogmatik zu den Verkehrssicherungspflichten eine Organisationspflicht auch aus der Eröffnung eines Ver182  Harbarth, ZHR 179 (2015), 136, 145 ff.; Habersack, AG 2014, 1, 2; Fleischer, NZG 2014, 321, 322; Mertens / Cahn, in: KölnKommAktG, 3. Aufl. 2010, § 91 Rn. 35; Goette, ZHR 175 (2011), 388, 391 f.; Reichert / Ott, NZG 2014, 241, 242; Verse, ZHR 175 (2011), 401, 403. 183  Hüffer / Koch, AktG, 13. Aufl. 2018, § 76 Rn. 18. 184  Hüffer / Koch, AktG, 13. Aufl. 2018, § 76 Rn. 21; Verse, ZHR 175 (2011), 401, 407 ff.; Habersack in: FS Möschel, 2011, 1175, 1177 ff.; Koch, WM 2009, 1013 ff. 185  Habersack in: FS U.H.Schneider, 2011, 429, 435; Hellwig / Behme, in: FS Hommelhoff, 2012, 343, 349; Tröger, ZHR 177 (2013), 475, 500; Thole, ZHR 173 (2009), 504, 516 f.; der Sache nach auch Wiedemann, ZGR 2011, 183, 199. 186  U. H. Schneider / S. H. Schneider, ZIP 2007, 2061, 2065; Bunting, ZIP 2012, 1542, 1545 ff.; offen Fleischer, CCZ 2008, 1, 3 ff. 187  Vgl. oben § 13 B.V.5.a). 188  Vgl. oben § 13 B.V.5.a).

242

4. Kap., § 13 Wissensabhängige Manipulationsfolgen

kehrsbereichs und damit der Schaffung bestimmter Risiken resultieren.189 Dass bei den Benchmark-Manipulationen die Manipulation auch eine vertragliche Schutzpflichtverletzung darstellt190, macht diese lückenfüllende Funktion der Verkehrssicherungspflichten nicht entbehrlich.191 Diese reichen bei einer Begründung der Wissenszurechnung weit über das bipolare Vertragsverhältnis zwischen dem Kunde und seiner Bank hinaus. Sie können auch im aufsichtsrechtlichen oder deliktischen Bereich von Bedeutung sein. In dem dichten Pflichtennetz, das für viele Gesellschaften bereits durch die umfassenden spezialgesetzlichen und allgemeinen Compliancepflichten besteht192, wird den lückenfüllenden Verkehrssicherungspflichten für die Organisation des Informationsflusses allerdings kaum eine eigenständige Bedeutung beizumessen sein. c) Individuelle Rechtspflichten von Organmitgliedern und Mitarbeitern aa) Grundsätze der Zurechnungsbegründung Organmitglieder und Mitarbeiter haben im Unternehmen unter bestimmten Voraussetzungen die Pflicht, Informationen weiterzuleiten oder diese sonst für das Unternehmen zu nutzen. Auch wenn ein Unternehmen seine Organisationspflichten vollständig und ordnungsgemäß erfüllt hat, können Organmitglieder oder Mitarbeiter eine Weiterleitung bestimmter Informationen pflichtwidrig unterlassen. Es stellt sich deshalb die Frage, wie mit derartigem Wissen umzugehen ist, und insbesondere, ob es dem Unternehmen auch bei pflichtgemäßer Organisation zugerechnet werden kann. Der Umgang mit derartiger Kenntnis ist in Rechtsprechung und Literatur bislang nicht abschließend und befriedigend gelöst.193 Teilweise wird darauf abgehoben, dass es allein auf die Verletzung von Organisationspflichten des Unternehmens ankäme und die pflichtwidrige Nichtweiterleitung durch Organe oder Mitarbeiter eine Zurechnung nicht begründen könne.194 Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist diesbezüglich nicht eindeutig. Zwar betont sie die Möglichkeit einer Zurechnung im Falle der Verletzung von 189  Schubert, in: MünchKommBGB, 7. Aufl. 2016, § 166 Rn. 44; Zöllner / Noack, in: Baumbach / Hueck, GmbHG, 21. Aufl. 2017, § 35 Rn. 150. 190  Siehe oben § 12 C.II. 191  Auf eine Entbehrlichkeit weist Tröger, Arbeitsteilung und Vertrag, 2012, S.  519 f. hin. 192  Siehe soeben § 13 B.V.5.b)aa) und bb). 193  So auch der Befund bei Grigoleit, ZHR 181 (2017), 160, 193 f. 194  So Leptien, in: Soergel, BGB, 13. Aufl. 1999, § 166 Rn. 9. Tendenziell wohl auch Buck-Heeb, AG 2015, 801, 802; ferner Koch, ZIP 2015, 1757.



B. Wissenszurechnung als Grundlagenproblem243

Informationsweiterleitungspflichten195, spricht aber an anderer Stelle immer wieder von der Verletzung einer Organisationspflicht, die für die Wissenszurechnung maßgeblich sein solle196. Eine solche Organisationspflicht trifft aber nur das Unternehmen bzw. seine Geschäftsleiter und nicht den einzelnen pflichtwidrig handelnden Mitarbeiter. Nach den Überlegungen über den Vertrauensschutz und das Risikoprinzip197 kommt eine Zurechnung wegen der individuellen Verletzung einer Informationsweiterleitungspflicht grundsätzlich auch bei einer ordnungsgemäßen Wissensorganisation durch das Unternehmen in Betracht.198 Denn wenn eine Person innerhalb der Organisation – ob Organmitglied oder Mitarbeiter – zur Weiterleitung einer bestimmten Information verpflichtet war, ist das Vertrauen des Rechtsverkehrs bzw. einzelner seiner Teilnehmer darauf, dass diese relevante Informationen tatsächlich weitergeleitet wird, grundsätzlich auch berechtigt.199 Die Verletzung einer Informationsweiterleitungspflicht kann bei grundsätzlich ordnungsgemäßer Informationsorganisation des Unternehmens allerdings nur dann eine Zurechnung zur Folge haben, wenn die Rechtsordnung das Fehlverhalten des jeweiligen Organmitglieds oder des Mitarbeiters dem Unternehmen auch in einem hypothetischen Haftungsfall zurechnen würde.200 Das folgt aus dem Erfordernis einer angemessenen Risikoverteilung201 und der Berücksichtigung anderer positiver Wertungsentscheidungen der Rechtsordnung. Andernfalls bestünde wegen der in der Wissenszurechnung liegenden Sanktionierung ein Wertungswiderspruch zu den Normen der Verhaltenszurechnung und zum Deliktsrecht. In diesen Bereichen hat sich der Gesetzgeber nämlich positiv für bestimmte Risikozuweisungen entschieden, die auch bei der Wissenszurechnung nicht unberücksichtigt bleiben können. Entscheidend sind die Wertungen zur Verhaltenszurechnung in den §§ 31, 278 BGB und zum Deliktsrecht in § 831 BGB.202 All diese Normen haben mit der Wissenszurechnung die Aufteilung von Arbeitsschritten und Zustän195  So

etwa BGHZ 135, 202, 205; BGH NJW 2001, 2535, 2536. etwa BGH NJW 2006, 289, 292; BGH NJW 1996, 1339. 197  Siehe oben § 13 B.V.3.b), d) und f). 198  Tendenziell kritisch dazu Spindler, ZHR 181 (2017), 311, 315. 199  Sajnovits, WM 2016, 765, 769 f.; vgl. schon Mertens, in: KölnKommAktG, 2. Aufl. 1996, § 76 Rn. 67. 200  Dazu Sajnovits, WM 2016, 765, 769 f.; ähnliche Erwägungen finden sich bei Baum, Wissenszurechnung, 1999, S. 314. Für das Deliktsrecht beruft sich auch Grigoleit, ZHR 181 (2017), 160, 186 f. auf die beschränkenden Wertungen des § 831 BGB. Tendenziell kritisch zu einer Anknüpfung an die Wertungen der §§ 278, 831 BGB aber Spindler, ZHR 181 (2017), 311, 315. 201  Siehe oben § 13 B.V.3.d) und f). 202  Sajnovits, WM 2016, 765, 769 f. 196  So

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4. Kap., § 13 Wissensabhängige Manipulationsfolgen

digkeiten durch Personenmehrheiten gemein. Es werden in ihnen Wertungsentscheidungen zum Umgang mit Problemen getroffen, die aus dieser Aufteilung resultieren. Soweit vorgebracht wird, dass die Organisation durch vorsätzliche Verstöße gegen die Informationsweiterleitungspflicht in eine Opferrolle gedrängt würde, was eine Sanktionierung der Organisation verbiete203, kann dies nicht überzeugen. Die Organisation hat nämlich – das zeigen die angeführten Zurechnungsnormen und § 831 BGB – in der Regel für das Fehlverhalten ihrer Mitarbeiter (im Außenverhältnis) einzustehen und kann sich auch insoweit nicht ohne Weiteres in ihre vermeintliche Opferrolle zurückziehen.204 Insgesamt führen die genannten allgemeinen zivilrechtlichen Wertungen zu einem durchaus differenzierten Zurechnungsumfang – je nach wissender Person und Rechtsbereich, in dem die Zurechnung sich auswirkt: Soweit ein Organmitglied – Gleiches gilt für sonstige von § 31 BGB analog erfasste Repräsentanten – eine Informationsweiterleitungs- oder Informationsnutzungspflicht205 verletzt, führt dies wegen der Wertung des § 31 BGB (analog) jedenfalls dann zu einer Wissenszurechnung, wenn die Nichtweiterleitung im Zusammenhang mit der Ausübung der Amtstätigkeit stand. In einer hypothetischen Haftungssituation müsste sich die Organisation das Fehlverhalten ihres Organmitglieds nach § 31 BGB (analog) nämlich unabhängig davon zurechnen lassen, ob die Pflichtverletzung im rechtsgeschäftlichen206 oder deliktischen Bereich stattfand.207 Verletzt ein Mitarbeiter unterhalb der von § 31 BGB analog erfassten Repräsentantenebene eine Informationsweiterleitungspflicht, machen die Regelungen des § 278 BGB einerseits und des § 831 BGB andererseits eine Unterscheidung zwischen einer Wissenszurechnung im rechtsgeschäftlichen Bereich und im deliktischen Bereich erforderlich.208 Während im rechtsgeschäftlichen Bereich wegen § 278 BGB eine Einstandspflicht für einen Erfüllungsgehilfen und damit auch für einen Mitarbeiter unabhängig von einer Überwachungsmöglichkeit oder der Verletzung einer Überwachungspflicht besteht209, stellt § 831 BGB für das Deliktsrecht den Grundsatz auf, dass 203  So Klöhn, in: Klöhn, MAR, 1. Aufl. 2018, Art. 17 Rn. 120; Klöhn, in: KölnKommWpHG, 2. Aufl. 2014, § 15 Rn. 107; Klöhn, ZIP 2015, 1145, 1152. 204  Sajnovits, WM 2016, 765, 770. 205  Siehe zu beiden sogleich § 13 B.V.5.c)bb). 206  Die heute ganz herrschende Ansicht wendet § 31 BGB (analog) statt § 278 BGB auch im rechtsgeschäftlichen Bereich an. Dazu nur Grüneberg, in: Palandt, BGB, 76. Aufl. 2017, § 278 Rn. 6. 207  Sajnovits, WM 2016, 765, 769 f. 208  Sajnovits, WM 2016, 765, 770. 209  Siehe näher oben § 12 C.III.2.



B. Wissenszurechnung als Grundlagenproblem245

eine Einstandspflicht nur bei einer eigenen Auswahl- und / oder Überwachungspflichtverletzung in Betracht kommt. Diese Überlegung wird von der in § 823 Abs. 1 BGB implementierten Lehre vom Organisationsverschulden flankiert. Um eine Wertungskonsistenz mit diesen gesetzgeberischen Risikozuweisungen zu gewährleisten, ist es erforderlich, diese auch bei der Wissenszurechnung als freier Rechtsfortbildung210 zu berücksichtigen. Bei einer Wissenszurechnung im aufsichtsrechtlichen Bereich wie bei Art. 17 MAR211 ist eine Zurechnung bei einer Weiterleitungspflichtverletzung von Mitarbeitern generell zu bejahen. Anders als im Deliktsrecht gebieten keine sonstigen Wertungen eine Einschränkung. Das Aufsichtsrecht verbindet vielmehr mit der Adressierung derartiger Pflichten an eine Organisation auch eine Risikozuweisung für die Einhaltung der Pflichten durch alle der Organisation jeweils Angehörenden, gleich, ob diese nun ihre Organmitglieder oder aber sonstige Mitarbeiter sind. Dies wird auch durch die Rechtsprechung des EuGHs im Kartellrecht bestätigt. Danach wird der Kartellverstoß dem Unternehmen auch dann zugerechnet, wenn die Unternehmensspitze keine Kenntnis von der Beteiligung eines Mitarbeiters an Kartellabsprachen hatte. Der jeweils handelnde Mitarbeiter muss nur generell dazu berechtigt sein, für das Unternehmen zu handeln.212 Die bisherigen Ausführungen erfahren auch durch die Erwägung keine Einschränkung, dass eine Informationsweiterleitungspflicht schon deshalb nicht bestehen könne, weil bei einer ordnungsgemäßen Organisation bereits der Complianceverstoß nicht hätte stattfinden dürfen.213 Eine derartige Argumentation kann vom hiesigen Standpunkt die Zurechnung schon deshalb nicht einschränken, weil die Informationsweiterleitungspflicht des pflichtwidrig handelnden Organmitglieds oder Mitarbeiters und erst recht die Weiterleitungspflicht anderer Mitarbeiter von Unzulänglichkeiten des Compliancesystems nicht berührt werden.214 Darüber hinaus kann es auch wertungsmäßig nicht überzeugen, dass sich ein Unternehmen nur deshalb von den Wirkungen einer Wissenszurechnung entlasten können solle, weil seine Complianceorganisation nicht nur derart unzureichend war, dass eine Information nicht weitergeleitet wurde, sondern sogar so mangelhaft, dass Rechtsverstöße, die informationspflichtige Umstände darstellen, überhaupt begangen werden konnten.215 210  Siehe

oben § 13 B.V.4.g). ZHR 181 (2017), 381; Sajnovits, WM 2016, 765. 212  Vgl. nur EuGH v. 7. Februar 2013 – C-68 / 12, WM 2013, 1067 Rn. 25 (Protimonopolný úrad Slovenskej republiky / Slovenská sporiteľňa a. s.). Siehe oben § 11 C.II.1. 213  So in der Tendenz Buck-Heeb, WM 2015, 157, 162; Lehmann, in: Bankrechtstag 2015, 2016, S. 208, 227. 214  Siehe unten § 13 B.V.5.c)cc) und dd). 215  Sajnovits, WM 2016, 765, 769 f. 211  Ihrig,

246

4. Kap., § 13 Wissensabhängige Manipulationsfolgen

bb) P  flichten von geschäftsführenden Organmitgliedern zur Offenbarung eigener Pflichtverletzungen Ausgehend von den allgemeinen Grundsätzen der Zurechnungsbegründung, ist es für die Frage einer Zurechnung neben der Organisationspflicht des Unternehmens damit entscheidend, welche Rechtspflichten das jeweils wissende Organmitglied treffen. Allein im Fall Barclays ist bekannt, dass die Manipulationen von geschäftsführenden Organmitgliedern angeordnet wurden216, die daher auch notwendigerweise positive Kenntnis von ihnen hatten. Im Ausgangspunkt wird allgemein angenommen, dass jedem Vorstandsmitglied zur Wahrnehmung seiner Überwachungspflicht ein Anspruch auf unternehmensrelevante Informationen zusteht, die die Ressortzuständigkeit eines anderen Vorstandsmitglieds betreffen. Flankierend trifft jedes Vorstandsmitglied die Pflicht, über ebensolche Informationen, die ihm bekannt sind, zu berichten.217 Für mehrere Geschäftsführer einer GmbH gilt das Gleiche.218 Informationen über derartige Umstände müssen so dem Unternehmen als Ganzem zugänglich gemacht werden.219 Ergänzt wird diese Pflicht in der Aktiengesellschaft durch § 90 Abs. 1 Satz 3 AktG, der den Vorstand dazu verpflichtet, den Aufsichtsrat über „sonstige wichtige Anlässe“ auch neben der periodischen Berichterstattung zu informieren. Sowohl die innerorganschaftliche Informationspflicht als auch jene gegenüber dem Aufsichtsrat erfassen grundsätzlich auch Informationen über bedeutende Complianceverstöße.220 Abgesehen von den ausdrücklich geregelten Informationspflichten werden diese Informationspflichten aus der Treuepflicht der Organmitglieder gegenüber der Gesellschaft hergeleitet.221 Umstritten ist bei den Informationspflichten, ob sie sich auch auf Umstände beziehen, die eigene (schadensersatzbegründende) Pflichtwidrigkeiten oder gar Straftaten betreffen.222 Bei der in der gesellschaftsrechtlichen Lite216  Siehe

oben § 3 B.II.2.a). in: Spindler / Stilz, AktG, 3. Aufl. 2015, § 77 Rn. 49; Kort, in: GroßkommAktG, 5. Aufl. 2015, § 77 Rn. 35; Schiessl, ZGR 1992, 64, 69 f.; Schockenhoff, NZG 2015, 409, 415. 218  Rodewald, GmbHR 2014, 639, 640 f. 219  Fleischer, in: Spindler / Stilz, AktG, 3. Aufl. 2015, § 77 Rn. 49; Kort, in: GroßKommAktG, 5. Aufl. 2015, § 77 Rn. 35; Schockenhoff, NZG 2015, 409, 415. 220  Schockenhoff, NZG 2015, 409, 415; Reichert / Ott, NZG 2014, 241, 246. 221  Fleischer, in: Spindler / Stilz, AktG, 3. Aufl. 2015, § 93 Rn. 130a. Da die organschaftliche Treuepflicht und die anstellungsvertragliche Treuepflicht weitestgehend übereinstimmen (siehe nur Fleischer, in: Spindler / Stilz, AktG, 3. Aufl. 2015, § 84 Rn. 76; Spindler, in: MünchKommAktG, 4. Aufl. 2014, § 93 Rn. 108), wird im Folgenden auf eine Unterscheidung verzichtet. 222  Dafür Hopt / Roth, in: GroßKommAktG, 5. Aufl. 2015, § 93 Rn. 275; Spindler, in: MünchKommAktG, 4. Aufl. 2014, § 93 Rn. 108; Hopt, ZGR 2004, 1, 27; 217  Fleischer,



B. Wissenszurechnung als Grundlagenproblem247

ratur häufig vertretenen ablehnenden Auffassung beruft man sich zumeist auf eine Entscheidung des OLG Düsseldorf. Diese betraf die Abfindungsverhandlungen zwischen einer Gesellschaft und ihrem Geschäftsführer. Dabei wollte sich die Gesellschaft später darauf berufen, dass sie bei Kenntnis der Pflichtverletzungen keine Abfindungsvereinbarung getroffen, sondern dem Geschäftsführer gekündigt hätte.223 Das OLG Düsseldorf verneinte eine Aufklärungspflicht des Geschäftsführers über ihn selbst betreffende Kündigungsgründe mit der Erwägung, der Zweck des Aufhebungsvertrags liege darin, eine „zukunftsgerichtete Entschädigung für den Verlust des Arbeitsplatzes“224 zu gewähren. Deshalb komme es nicht auf vergangene Pflichtverletzungen an.225 Diese Ausführungen sind schon hinsichtlich des entschiedenen Falles wenig überzeugend, weil sie in einer rein vertragsrechtlichen Argumentation verharren und auf die Besonderheiten der Treuepflicht überhaupt nicht eingehen.226 Damit erklären sie nicht, warum die Pflicht des Geschäftsführers, Schäden von der Gesellschaft abzuwenden, hier zurücktritt. Unabhängig davon enthält die Entscheidung für die allgemeine Pflicht von Vorstandsmitgliedern oder Geschäftsführern zur Information der Gesellschaft über selbst begangene oder sonst zu verantwortende Complianceverstöße keine verallgemeinerungsfähigen Aussagen. Und auch die meisten sonstigen ablehnenden Stellungnahmen zu einer Informationspflicht sind auf Konstellationen bezogen, in denen die Gesellschaft gegen das (ehemalige) Organmitglied Haftungsansprüche geltend machen will, oder aber eine Abberufung bzw. Kündigung ausgesprochen wurde. Die hier im Raum stehenden Complianceverstöße haben aber häufig – und dies zeigen die Benchmark-Manipulationen, aber auch etwa der sog. VW-Abgas-Skandal – eine weit über etwaige Haftungsansprüche gegenüber dem Organmitglied hinausgehende Bedeutung für die Gesellschaft. Diese drücken sich in einer finanziellen – mitunter sogar existenzbedrohenden – Gefahr für das Unternehmensinteresse aus. Die potenziellen Schäden des Unternehmens könnten ohnehin niemals durch Schadensersatzansprüche gegen einzelne Organmitglieder kompensiert werSchmolke, RiW 2008, 365, 369; Ihrig, ZHR 181 (2017), 381, 402 ff. (für im Rahmen der Position innerhalb des Unternehmens begangene Pflichtverstöße); a. A. OLG Düsseldorf WM 2000, 1393, 1397; Fleischer, in: Spindler / Stilz, AktG, 3. Aufl. 2015, § 84 Rn. 82a; Fleischer, WM 2003, 1045, 1051; Grunewald, NZG 2013, 841; Hüffer /  Koch, AktG, 13. Aufl. 2018, § 93 Rn. 7; tendenziell auch Seibt / Cziupka, AG 2015, 93, 104. 223  OLG Düsseldorf WM 2000, 1393, 1397; ähnlich auch BGH BB 1971, 369; zum Problem näher Taupitz, Die zivilrechtliche Pflicht zur unaufgeforderten Offenbarung eigenen Fehlverhaltens, 1989, S. 16 f. 224  OLG Düsseldorf WM 2000, 1393, 1397. 225  OLG Düsseldorf WM 2000, 1393, 1397. 226  Kritisch auch Schmolke, RiW 2008, 365, 371.

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4. Kap., § 13 Wissensabhängige Manipulationsfolgen

den. Diese Fälle erhellen, dass der entscheidende Gesichtspunkt bei der Frage nach einer Pflicht des einzelnen Organmitglieds zur Mitteilung eine Abwägung zwischen der Treuepflicht einerseits und dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht andererseits sein muss. Gegen eine Weiterleitungspflicht kann ferner nicht angeführt werden, dass eine fehlende Weiterleitungspflicht auch eine Zurechnung hindern würde und diese Nichtzurechnung dem Unternehmen zum Vorteil gereichen könnte. Das Unternehmensinteresse kann nur darauf gerichtet sein, Rechtspflichten zu erfüllen und Pflichtverletzungen und deren Folgeschäden durch im Rahmen der Legalitätspflicht mögliche Handlungen einzudämmen. Aufgrund der großen Bedeutung, die einer Information über schwerwiegende Complianceverstöße für das Unternehmen zukommen kann, ist die pauschale Ablehnung einer Informationspflicht schon der Sache nach wenig überzeugend. Das Unternehmen braucht einen angemessen langen Reak­ tionsspielraum, auch um zukünftige weitere Verstöße effektiv zu verhindern. Erst recht gegen die pauschale Ablehnung spricht aber die ständige Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Informationspflicht nach §  666 BGB227. Nach ihr kann eine mögliche Selbstbelastung gerade nicht zu einer Einschränkung der Auskunftspflicht führen. Vielmehr hebt der BGH hervor, dass gerade bei besonders schwerwiegenden Pflichtverletzungen, die sogar die Grenze zu strafrechtlich relevantem Verhalten überschreiten, das Bedürfnis des Geschäftsherrn nach einer Information besonders dringlich ist.228 Diese Rechtsprechung hat im Arzthaftungsrecht in § 630c Abs. 2 Satz 2 BGB sogar eine ausdrückliche Festschreibung durch den Gesetzgeber erfahren229. Die ganz herrschende Meinung unterstützt diese Linie auch bei Geschäftsbesorgungsverträgen.230 Warum im Verhältnis zwischen Geschäftsführungsmitglied und Gesellschaft etwas anderes gelten soll, ist wenig einsichtig.231 Die Informationspflichten des § 666 BGB werden darauf zurückgeführt, dass der Auftragnehmer fremdnützig im Geschäftskreis des Auftraggebers tätig wird 227  BGHZ

41, 318, 322 ff. 158, 130, 134; ferner dann BGHZ 41, 318, 322 ff.; BGHZ 83, 17, 23 f. Ohne Bewandnis ist hier, dass diese Rechtsprechung ursprünglich zur Vermeidung der als ungerecht empfundenen Verjährungsfristen von Anwaltshaftungsansprüchen konzipiert wurde (BGHZ 83, 17, 25 f.; Taupitz, Die zivilrechtliche Pflicht zur unaufgeforderten Offenbarung eigenen Fehlverhaltens, 1989, S. 9 ff.), denn sie wird auch nach der Angleichung des Verjährungsrechts aufrechterhalten. 229  Dazu Franzen, in: FS Köhler, 2014, S. 133 ff. 230  Beuthien, in: Soergel, BGB, 13. Aufl. 2011, § 666 Rn. 8; Sprau, in: Palandt, BGB, 76. Aufl. 2017, § 666 Rn. 1; Schäfer, in: MünchKommBGB, 7. Aufl. 2016, § 666 Rn. 14. 231  So auch Schmolke, RiW 2008, 365, 371 ff.; Hopt, ZGR 2004, 1, 27 f. 228  RGZ



B. Wissenszurechnung als Grundlagenproblem249

und dessen Interessen wahrzunehmen hat.232 Den (geschäftsführenden) Organmitgliedern kommt ganz parallel die Aufgabe fremdnütziger Unternehmensleitung zu.233 Erst recht muss eine Offenbarungspflicht daher in denjenigen Fällen bejaht werden, in denen es nicht nur um die Ermöglichung der Geltendmachung von Haftungsansprüchen, sondern sogar um die Abwendung von sonstigen Gefahren für das Unternehmen geht. Der Nemo-tenetur-Grundsatz ändert daran nichts, da seine Ausdehnung auf privatrechtliche oder sonst außerstrafrechtliche Mitteilungspflichten verfassungsrechtlich nicht geboten ist.234 Es ist nicht einsichtig, warum die Verpflichtungen des Organmitglieds gegenüber der Gesellschaft zu deren Lasten durch den Schutz vor Strafverfolgung, den der Nemo-tenetur-Grundsatz gegenüber dem Staat gewährt, aufgehoben sein sollte.235 Vielmehr kann den grundrechtlich determinierten Interessen am Schutz vor Strafverfolgung – auch ohne die berechtigten Interessen Dritter einzuschränken – allein im Verhältnis zum Staat Rechnung getragen werden. Diese Sichtweise bestätigt sich darin, dass der Nemo-tenetur-Grundsatz keine Auswirkungen auf die zivilprozessuale Wahrheitspflicht des § 138 ZPO236 sowie auf die ausdrücklich normierten Mitteilungspflichten bei typischerweise selbstbelastenden Sachverhalten in § 630c Abs. 2 Satz 2 BGB237 und in § 97 Abs. 1 Satz 3 InsO hat. Der Gesetzgeber will das Konfliktpotenzial auf der Ebene von strafprozessualen Beweisverwertungsverboten auflösen und setzt nicht auf die Beschränkung der primären Mitteilungs- oder Auskunftspflicht. Die Nichtweiterleitung der Information durch ein Organmitglied müsste sich die Gesellschaft nach § 31 BGB analog zurechnen lassen. Deshalb bleibt festzuhalten: Vorbehaltlich der – unten noch darzustellenden – Schranken der 232  BGH NJW 2012, 917, 918 Rn. 15; Sprau, in: Palandt, BGB, 76. Aufl. 2017, § 666 Rn. 1. 233  Dazu Hopt, ZGR 2004, 1 ff., der moniert, dass der Blick von Gerichten und Literatur auf die „jeweiligen Gruppen und die dort vorhandenen Judikate und Quellen beschränkt bleibt“ (S. 9). Hopt erachtet gerade den Geschäftsbesorgungsvertrag als die Grundform des Interessenwahrungsvertrags (S. 20 f.) und zeigt sodann überzeugend die dogmatische Nähe der Interessenwahrungsverträge zu den organschaftlichen Interessenwahrungsverhältnissen. Näher auch Grundmann, Der Treuhandvertrag, 1997, 268 ff.; a. A. Mülbert, in: GroßKommAktG, 4. Aufl. 1999, Vor 118 ff. Rn. 194 f.; Dubovitskaya, NZG 2015, 983. 234  Vgl. BVerfGE 56, 39 ff. (Gemeinschuldnerentscheidung); Verrel, NStZ 1997, 361 (Teil 1) und 415 (Teil 2) m. w. N. 235  Sajnovits, WM 2016, 765, 772; vgl. auch Schmolke, RiW 2008, 365, 371 f.; tendenziell auch Spindler, ZHR 181 (2017), 311, 322 mit Fn. 49; Ihrig, ZHR 181 (2017), 381, 402 f. erkennt zwar an, dass der Nemo-tenetur-Grundsatz nicht unmittelbar im privaten Rechtsverhältnis gilt, betont aber dessen Einwirkung auf ebendieses. 236  OLG München NJOZ 2008, 617 f. 237  Franzen, in: FS Köhler, 2014, S. 138 f.

250

4. Kap., § 13 Wissensabhängige Manipulationsfolgen

Zurechnung238 kommt eine Wissenszurechnung auch bei der Verletzung von Informationsweiterleitungspflichten von geschäftsführenden Organmitgliedern in Betracht, und zwar selbst dann, wenn die jeweilige Informationsweitergabe nur unter Offenbarung eigener Pflichtverletzungen, Ordnungswidrigkeiten oder gar Straftaten möglich ist. cc) P  flichten von geschäftsführenden Organmitgliedern zur Offenbarung privat erlangter Kenntnis Die hoch umstrittene Frage nach der Zurechnung privater Kenntnis kann mit parallelen Erwägungen beantwortet werden: Nach den bislang erarbeiteten Grundsätzen kommt eine Zurechnung auch privater Kenntnis dann in Betracht, wenn das wissende Organmitglied eine Pflicht zur Weiterleitung und / oder Nutzung der privat erlangten Kenntnis an / für die Gesellschaft trifft.239 Wann dies der Fall ist, lässt sich mit der zur Geschäftschancenlehre entwickelten Kasuistik beantworten.240 Danach kann ein Organmitglied aufgrund der Treuepflicht nämlich sogar gehalten sein, ihm privat zugetragene Geschäftschancen für die Gesellschaft zu nutzen.241 Parallele Pflichten können sich so auch für die Kundgabe oder Nutzung privat erlangter Kenntnisse an und für die Gesellschaft ergeben.242 Besteht mithin eine Pflicht zur Weiterleitung oder Nutzung der privat erlangten Kenntnis und wird diese verletzt, muss sich das Unternehmen die Kenntnis analog den Wertungen des § 31 BGB zurechnen lassen, da es auch sonst für ein Fehlverhalten des Organmitglieds einzustehen hat. Gegen eine solche Art der Zurechnung spricht auch nicht das Argument, privates Wissen sei nie in den korporativen Bereich der Gesellschaft eingedrungen und daher gehe es gar nicht um die Zurech238  Siehe

unten § 13 B.V.6. WM 2016, 765, 770 f.; Ihrig, ZHR 181 (2017), 381, 397 ff. (jedenfalls für Umstände, die selbst nicht die Privatsphäre des Vorstandsmitglieds betreffen); Spindler, ZHR 181 (2017), 311, 326; Kort, in: GroßKommAktG, 5. Aufl. 2015, § 76 Rn. 205; Habersack / Foerster, in: GroßKommAktG, 5. Aufl. 2015, § 78 Rn. 42 (grundsätzlich keine Zurechnung, außer es besteht eine Pflicht zur Informationsweiterleitung); Mertens / Cahn, in: KölnKommAktG, 3. Aufl. 2009, § 76 Rn. 88; wohl auch Paefgen, in: GroßKommGmbHG, 2. Aufl. 2014, § 35 Rn. 202; Spindler, in: MünchKommAktG, 4. Aufl. 2014, § 78 Rn. 98; ferner schon Grunewald, in: FS Beusch, 1993, S. 302, 306 f. Enger aber Fleischer, NJW 2006, 3239, 3242. 240  So auch Spindler, in: MünchKommAktG, 4. Aufl. 2014, § 78 Rn. 98. 241  Siehe BGH WM 1985, 1443, 1444 für GmbH-Geschäftsführer; BGH WM 2013, 320, 323 für einen geschäftsführenden GbR-Gesellschafter; kritisch zu einer pauschalen Verpflichtung der Nutzung aller privat zugetragenen Geschäftschancen etwa Fleischer, in: Spindler / Stilz, AktG, 3. Aufl. 2015, § 93 Rn. 148; Fleischer, NJW 2006, 3239, 3240; Hopt / Roth, in: GroßKommAktG, 5. Aufl. 2015, § 93 Rn. 258. 242  Sajnovits, WM 2016, 765, 770 f. 239  Sajnovits,



B. Wissenszurechnung als Grundlagenproblem251

nung von Wissen innerhalb der Gesellschaft. Maßgeblich ist nämlich nicht, woher das Wissen stammt, sondern ob seine Weiterleitung vom Zurechnungssubjekt an das Zurechnungsobjekt berechtigterweise erwartet werden kann und ob sich das Zurechnungsobjekt einen Verstoß gegen die Weiterleitungspflicht aus Risikogesichtspunkten zurechnen lassen muss.243 Sofern ein wissendes Organmitglied an einem solchen Vorgang, bei dem es auf die private Kenntnis ankommt, unmittelbar beteiligt ist, ergibt sich schon aus der Wertung des § 166 Abs. 1 BGB a fortiori, dass es – vorbehaltlich bestehender Zurechnungsschranken244 – zu einer Zurechnung auch privaten Wissens kommt.245 Hinsichtlich der Herkunft des Wissens macht § 166 Abs. 1 BGB nämlich keine Unterschiede.246 dd) Individuelle Rechtspflichten von Mitarbeitern Von besonderem Interesse im Zusammenhang mit Benchmark-Manipula­ tionen sind die individuellen Rechtspflichten zur Weiterleitung von Informationen, die Mitarbeiter unterhalb der Repräsentantenebene treffen. Schließlich waren es mit den Derivatehändlern und Submittenten gerade solche Mitarbeiter, die erwiesenermaßen – weil sie die Manipulationen selbst begangen haben – auch Kenntnisse von ebendiesen hatten. Inwieweit sonstige Mitarbeiter des Unternehmens dazu verpflichtet sind, Informationen im Unternehmen weiterzuleiten, hängt maßgeblich von der Ausgestaltung ihres Arbeitsvertrags und dem Bestehen von Weisungen ab.247 In Betracht kommen – als Ausfluss des Direktionsrechts – Anweisungen zur Weiterleitung bestimmter Informationen bzw. zu deren Einspeisung in das Informationssystem des Unternehmens, das dieses in Ausfüllung der oben beschriebenen Organisationspflichten eingerichtet hat248. Im Rahmen der BMR werden Kontributoren von Referenzzinssätzen sogar zur Einführung und Durchführung von Disziplinarverfahren im Falle von Manipulationsversuchen sowie bei einer unterlassenen Meldung von Erkenntnissen über ver243  Siehe

oben § 12 B.V.5.c)aa). unten § 13 B.V.6. 245  Ebenso Vedder, in: Grigoleit, AktG, 1. Aufl. 2013, § 78 Rn. 26; im Ergebnis auch Schürnbrand, ZHR 181 (2017), 357, 376. 246  Ellenberger, in: Palandt, 76. Aufl. 2017, § 166 Rn. 4 für die Zurechnung privaten Wissens, wobei er betont, dass diese Gleichstellung von privatem und geschäftlichem Wissen nur für den handelnden, „an der Willenserklärung beteiligten Vertreter“ gelte (unter Verweis auf Fleischer, NJW 2006, 3239, 3242; Buck-Heeb, WM 2008, 281, 283). Ferner auch BGH WM 1995, 830, 832. 247  Ihrig, ZHR 181 (2017), 381, 409. 248  Siehe oben § 13 B.V.5.b). 244  Siehe

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4. Kap., § 13 Wissensabhängige Manipulationsfolgen

suchte oder durchgeführte Manipulationen verpflichtet (Anhang I Nr. 7 lit. c BMR). Daraus ergibt es sich, dass die Einhaltung der Pflichten der BMR gerade auch durch eine Weisung an die Mitarbeiter zur Informationsweiterleitung von erkannten Verstößen respektive Manipulationen zu flankieren ist. Diese ausdrücklichen Pflichten einzelner Mitarbeiter aufgrund ihres Arbeitsvertrags oder aufgrund expliziter Weisungen werden durch Informations- bzw. Mitteilungspflichten ergänzt, die sich aus der Treuepflicht als vertraglicher Nebenpflicht im Sinne des § 241 Abs. 2 BGB ergeben. Eine solche Pflicht besteht allerdings nur bei Informationen über besonders schwerwiegende Umstände.249 Hinsichtlich des Bestehens einer Mitteilungspflicht im Arbeitsverhältnis bei einer drohenden Selbstbezichtigung ist die Rechtsprechung sowohl des Bundesgerichtshofs als auch des Bundesarbeitsgerichts deutlich restriktiver, als dies bei Geschäftsbesorgungsverträgen bzw. im Auftragsrecht der Fall ist. Eine solche Offenbarungspflicht wird meist pauschal abgelehnt.250 Das Schrifttum ist teils großzügiger und spricht sich für eine Übertragung der Wertungen des § 666 BGB auch auf Arbeitsverhältnisse aus: Arbeitnehmer seien jedenfalls über den von ihnen unmittelbar zu verantwortenden Bereich zu einer umfassenden Rechenschaftslegung verpflichtet.251 Bei der Beurteilung einer Mitteilungs- bzw. Auskunftspflicht bei drohender Gefahr einer Selbstbezichtigung muss zwischen der Treuepflicht und dem Interesse des Arbeitgebers an der Information einerseits und den berechtigten Belangen des Arbeitnehmers auf Geheimhaltung andererseits abgewogen werden.252 Je näher die Position des Mitarbeiters im hierarchischen Unternehmensgefüge an die von § 31 BGB analog erfassten Repräsentanten heranrückt und je größer damit seine auch unternehmerischen Entscheidungsspielräume sind, desto eher wird aus der arbeitsvertraglichen Treuepflicht auch eine Schadensabwendungspflicht folgen. Diese kann sich bei einer eigenen Pflichtverletzungen zu einer Mitteilungspflicht verdichten. Das wäre jedenfalls dann der Fall, wenn die Information für den Arbeitgeber zur Abwendung akuter Gefahren für das Unternehmen und nicht lediglich (vorrangig) zur Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen gegen den Arbeitnehmer von Relevanz ist. Bedenken wegen des Nemo-tenetur-Grundsatzes Franzen, in: FS Köhler, 2014, S. 133, 138 ff. m. w. N. NJW-RR 1989, 614; BAG NZA 2000, 1157, 1158. 251  Franzen, in: FS Köhler, 2014, S. 133, 137; Göpfert / Merten / Siegrist, NJW 2008, 1703, 1705; Rieble, ZIP 2003, 1273, 1275 f. In der Tendenz auch LAG Hamm CCZ 2010, 237 ff.; dazu auch Franzen, in: FS Köhler, 2014, S. 133, 137. 252  So für den Auskunftsanspruch auch Franzen, in: FS Köhler, 2014, S. 133, 139. 249  Näher 250  BGH



B. Wissenszurechnung als Grundlagenproblem253

greifen nicht durch, wobei die Ausführungen oben zu den geschäftsführenden Organmitgliedern entsprechend gelten.253 Hinsichtlich der LIBOR / EURIBOR-Manipulationen wird man daher von einer Mitteilungspflicht sowohl der Derivatehändler als auch der manipulierenden Submittenten auszugehen haben. Die Mitarbeiter hatten größere Diskretionsspielräume und bei den Manipulationen ging es um für das Unternehmen ganz besonders dringliche Informationen. Eine Pflicht zur Offenbarung privat erlangter Kenntnis als Ausfluss der arbeitsvertraglichen (Treue)pflichten ist bei Arbeitnehmern dagegen meist abzulehnen.254 Die hilfreiche Parallele zur Geschäftschancenlehre wird im Arbeitsverhältnis kaum diskutiert. Richtigerweise kann man keine Pflicht des Arbeitnehmers annehmen, ihm privat zugetragene Geschäftschancen gerade für die Gesellschaft zu nutzen. Es ist ihm allenfalls verboten, sich mit der Wahrnehmung dieser Geschäftschancen in schädigende Konkurrenz zum Arbeitgeber zu begeben255. Parallel zu den Erwägungen oben ist daher auch eine Pflicht zur Offenbarung privat erlangter Kenntnis grundsätzlich abzulehnen. Deshalb kann die privat erlangte Kenntnis von Mitarbeitern dem Unternehmen letztlich auch nicht zugerechnet werden. d) Rechtspflichten im Konzern bzw. Unternehmensverbund aa) Einführung Informationspflichten können auch in der Unternehmensgruppe bzw. im Konzern bestehen. Für die Wissenszurechnung ist zu klären, ob die Verletzung von Organisationspflichten auch eine Zurechnung über einzelne Gesellschaften hinweg begründen kann. Der Konzernspitze wäre nämlich gegebenenfalls eine Haftungsvermeidungsstrategie dadurch möglich, dass sie Benchmark-Manipulationen (aktiv) von einer Tochtergesellschaft durchführen lässt. Treten Banken hingegen durch Tochtergesellschaften im Ausland auf, wird die Zurechnung im Konzern entscheidend.256 Soweit eine deutsche 253  Siehe

oben § 13 B.V.5.c)bb). WM 2016, 765, 770; ähnlich auch Buck-Heeb, WM 2008, 281, 284; offener Spindler, ZHR 181 (2017), 311, 326. 255  Dazu Müller-Glöge, in: MünchKommBGB, 7. Aufl. 2016, § 611 Rn. 1102 ff.; Preis, in: Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht, 17. Aufl. 2017, § 611 BGB Rn. 720 f. m. w. N. 256  Das Tätigwerden über Tochtergesellschaften kann gerade nach einem Brexit vermehrt auftreten, wenn es Auslandsbanken in London nicht mehr ohne Weiteres möglich sein wird über Zweigniederlassungen statt über eigene Tochtergesellschaften tätig zu werden. Siehe nur Stoltenberg, „Neue Zeitrechnung“ für die Auslandsbanken, Börsen-Zeitung v. 2. Juli 2016, S. 12. 254  Sajnovits,

254

4. Kap., § 13 Wissensabhängige Manipulationsfolgen

Bank ihr Auslandsgeschäft demgegenüber in Form von Niederlassungen betreibt257, sind die Zurechnungsfragen nach den bisher dargestellten Grundsätzen zu lösen. Die Wissenszurechnung im Konzern258 zählt in der aktuellen Diskussion zu den umstrittensten Punkten.259 Jüngere „Extrempositionen“ in die eine260 wie in die andere261 Richtung können vor dem Hintergrund der Einigkeit in den Grundsätzen nicht überzeugen.262 Bei dem hier entfalteten Konzept hat auch die Zurechnung im Konzern bei Organisations- und Informationsweiterleitungspflichten anzusetzen.263 Das Trennungsprinzip steht der konzernweiten Wissenszurechnung nicht grundsätzlich entgegen, zwingt aber zu einer bedachten Anwendung der herausgearbeiteten Grundsätze. bb) Zurechnung wegen der Verletzung konzernweiter Compliancepflichten Eine Wissenszurechnung von der Tochter- (als Zurechnungssubjekt) hin zur Muttergesellschaft (als Zurechnungsobjekt) kommt, anknüpfend an die bisherigen Überlegungen, zunächst dann in Betracht, wenn das Zurechnungsobjekt (Muttergesellschaft) eine Informationsorganisationspflicht in Bezug auf die betreffende Information verletzt hat.264

257  So betreibt etwa die Deutsche Bank AG ihr London-Geschäft über die Deutsche Bank AG London Branch. Siehe schon oben § 2 D.I.1. 258  Auf die terminologische Enge dieses Schlagworts weist zurecht Schürnbrand, ZHR 181 (2017), 357, 364 hin. Richtigerweise geht es um die Wissenszurechnung im Konzern und im sonstigen Unternehmensverbund, da eine Wissenszurechnung auch bei einem einfachen Abhängigkeitsverhältnis in Betracht kommt. 259  Insbesondere Schwintowski, ZIP 2015, 617; Verse, AG 2015, 413; Buck-Heeb, AG 2015, 801; Koch, ZIP 2015, 1757; Mader, Der Konzern 2015, 476; Schirmer, AG 2015, 666; Thomale, AG 2015, 641; Sajnovits, WM 2016, 765, 771; Spindler, ZHR 181 (2017), 311, 332 ff.; Schürnbrand, ZHR 181 (2017), 357; Ihrig, ZHR 181 (2017), 381, 410 ff. 260  OLG Brandenburg MDR 2016, 80, 81. 261  Schwintowski, ZIP 2015, 617, der eine nahezu voraussetzungslose Zurechnung von Wissen im Konzern propagiert. 262  Sajnovits, WM 2016, 765, 771. 263  So auch Spindler, ZHR 181 (2017), 311, 332  ff.; Schürnbrand, ZHR 181 (2017), 357, 359. 264  Sajnovits, WM 2016, 765, 771. Nur diese Zurechnungs„richtung“ hält grundsätzlich auch die überwiegende Auffassung in der Literatur für denkbar, siehe etwa Spindler, ZHR 181 (2017), 311, 333 ff., 343 ff.; Schürnbrand, ZHR 181 (2017), 357, 366 ff.; Verse, AG 2015, 413; Fleischer, in: Spindler / Stilz, AktG, 3. Aufl. 2015, § 78 Rn. 56d; Habersack / Foerster, in: GroßkommAktG, 5. Aufl. 2015, § 78 Rn. 44; Mertens / Cahn, in: KölnKommAktG, 3. Aufl. 2013, § 76 Rn. 89; Bork, DB 2012, 33, 40 f.



B. Wissenszurechnung als Grundlagenproblem255

Eine solche Pflicht kann ein Bestandteil konzernweiter Compliancepflichten sein. Insofern ist hinsichtlich des Bestehens spezialgesetzlicher Compliancepflichten (aaa.) und einer allgemeinen konzernweiten Compliancepflicht (bbb.) zu unterscheiden.265 Ganz anders zu beurteilen ist eine Wissenszurechnung von oben nach unten, mithin von der Mutter- (als Zurechnungssubjekt) zur Tochtergesellschaft (als Zurechnungsobjekt). Das gilt ebenso für eine horizontale Zurechnung zwischen Schwestergesellschaften, da keine gesellschaftsübergreifenden Compliancepflichten des Zurechnungsobjekts infrage kommen (ccc.). Vorab und gewissermaßen vor die Klammer gezogen ist noch auf einige fallgruppenübergreifende Gesichtspunkte hinzuweisen. Zum einen ist es nach dem hier entfalteten Konzept für die Zurechnungsbegründung auf Basis der Pflichtverletzung unmaßgeblich, in wessen Interesse eine Pflicht besteht, ob sie mithin nur im Interesse des Schutzes der Gesellschaft, im Individualinteresse des Anspruchstellers oder aber im öffentlichen Interesse besteht.266 Gleichfalls unmaßgeblich ist der Adressat der jeweiligen Pflicht, mithin, ob diese an die Gesellschaft als Zurechnungsobjekt oder aber an deren Geschäftsleiter adressiert ist. Entscheidend ist allein, dass eine rechtlich abgesicherte Pflicht zur Wissensorganisation bestanden hat. Diese Pflicht muss verletzt worden sein und diese Verletzung muss dem Zurechnungsobjekt unter Beachtung des Risikoprinzips und der (zivilrechtlichen) Wertungen, namentlich der §§ 31, 278 und 831 BGB, zugerechnet werden können.267 Die Rechtsprechung des BGH, insbesondere eine in diesem Zusammenhang häufig herangezogene Entscheidung des V. Zivilsenats aus dem Jahr 2000268, steht dieser Art der Zurechnungsbegründung im Konzern nicht entgegen.269 In dieser Entscheidung ging es, genau besehen, nämlich gar nicht um eine Konzernzurechnung. Es lassen sich daraus auch keine Rückschlüsse auf für diese geltende Grundsätze ziehen. Es ging vielmehr – vereinfacht gesagt – um den Grundstückkauf einer GbR, für dessen Wirksamkeit es auf die Gutgläubigkeit der GbR und damit ihrer Gesellschafter ankam. Einer der Gesellschafter war auch Geschäftsführer einer GmbH, bei der eine Mitarbeiterin ggf. Kenntnis von Umständen erlangt hatte, welche die Gutgläubigkeit ausgeschlossen hätten. Zwischen der GbR und der GmbH bestand aber kein Konzernverhältnis. Der BGH entschied, dass es auf die Kenntnis der Mitarbeiterin und darauf, ob deren Kenntnis der GmbH zuzurechnen sei, nicht ankomme. Die Zurechnung könne jedenfalls nur zulasten der GmbH und 265  Mülbert,

ZHR 179 (2015), 645, 662 f. zum Ganzen näher oben § 13 B.V.5.a). 267  Siehe oben § 13 B.V.5.a). 268  BGH WM 2000, 2515. 269  So aber etwa Habersack, DB 2016, 1551, 1553. 266  Siehe

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4. Kap., § 13 Wissensabhängige Manipulationsfolgen

nicht zulasten ihrer Organe – und damit ihres Geschäftsführers – gehen.270 Das ist zutreffend und überzeugend, hat aber nichts mit einer Konzernzurechnung zu tun. (1) V  erletzung spezialgesetzlicher Compliancepflichten durch die Muttergesellschaft Spezialgesetzliche Compliancepflichten können die Obergesellschaft bzw. deren Geschäftsleiter als Verbundspitze zu einer (auch) konzernweiten Complianceorganisation verpflichten.271 In die Reihe der bank- und versicherungsaufsichtsrechtlichen Vorschriften (§ 25a Abs. 1, 3 KWG, § 29 VAG)272 reihen sich aufgrund der BMR weitere Vorschriften ein, die keine Begrenzung auf die Einzelgesellschaft kennen. Sie verpflichten Administratoren und beaufsichtigte Kontributoren zu einer konzernweiten Complianceorganisation, was auch die Einrichtung von Informationsorganisationspflichten be­ inhaltet273. Es ist noch weitgehend ungeklärt, wie mit eventuellen gesellschaftsrechtlichen Grenzen der Umsetzung von aufsichtsrechtlichen Vorgaben umzugehen ist.274 War unionsrechtlich eine bestimmte Informationsorganisation verlangt worden und konnte diese aufgrund der nationalen gesellschaftsrechtlichen Vorgaben innerhalb einer Konzernstruktur nicht umgesetzt werden, wird man gleichwohl bei der Wissenszurechnung von einer Pflichtverletzung durch das Zurechnungsobjekt auszugehen haben. Die maßgebliche Vertrauensgrundlage wird in diesem Fall durch den ausdrücklichen aufsichtsrechtlichen Regelungsbefehl abgesichert. (2) Art. 17 MAR im Besonderen Eine aufsichtsrechtliche Norm, der richtigerweise implizit eine konzernweite „Compliance-Dimension“ zugesprochen wird, ist Art. 17 MAR (ehe270  BGH WM 2000, 2515, 2516; ähnlich auch die Erwägungen im Urteil des OLG München v. 21.  November 2011 (Az. 19 U 2039 / 09  –, juris), das immerhin auch davon spricht, dass im faktischen Konzern ebenfalls Zurückhaltung geboten sei. 271  Tröger, ZHR 177 (2013), 475, 487 ff. m. w. N. 272  Im Rahmen der wertpapierhandelsrechtlichen Compliance nach § 69 Abs. 1 WpHG ist eine gruppendimensionale Ausrichtung nicht ausdrücklich vorgegeben. Dazu Mülbert / Wilhelm, ZHR 178 (2014), 502, 534. 273  Siehe oben § 7 C. 274  Zu Teilaspekten siehe Mülbert / Wilhelm, ZHR 178 (2014), 502, 532 ff., 540 ff.; Tröger, ZHR 177 (2013), 475, 495 ff.; Langenbucher, ZHR 176 (2012), 652, 662; Dreher, ZGR 2010, 496, 500 ff.; Weber-Rey, ZGR 2010, 543, 568; Mülbert, ZHR 179 (2015), 645, 662 ff.



B. Wissenszurechnung als Grundlagenproblem257

mals § 15 WpHG a. F.).275 Eine auch konzernweite Informationsorganisa­ tionspflicht für die Muttergesellschaft ergibt sich aus Art. 17 MAR jedenfalls dann, wenn Tochtergesellschaften nicht selbst der Ad-hoc-Publizitätspflicht unterliegen. Die Muttergesellschaft muss dafür Sorge tragen, dass Informa­ tionen, die bei ihr selbst die Voraussetzungen des Art. 17 MAR erfüllen, auch an sie weitergereicht werden.276 Dabei ist es nicht entscheidend, ob der adhoc-publizitätspflichtigen Muttergesellschaft eine rechtlich abgesicherte Zugriffsmöglichkeit deshalb nicht zur Verfügung steht, weil sie es versäumt hat, eine solche zu schaffen, obwohl ihr dies rechtlich innerhalb ihrer bestehenden Konzernorganisation möglich gewesen wäre.277 Der Kapitalmarkt kann berechtigterweise erwarten, dass ein Pflichtenadressat eine ihm zumutbare Organisation auch einrichtet. Es braucht ihn nicht zu interessieren, ob der Emittent trotz der rechtlich gegebenen Möglichkeit darauf verzichtet hat, einen notwendigen Informationsfluss sicherzustellen.278 Eine – wenn auch abgeschwächte – konzernweite Informationsorganisationspflicht folgt für ad-hoc-mitteilungspflichtige Emittenten richtigerweise auch dann aus Art. 17 MAR, wenn Tochtergesellschaften selbst Pflichtadressaten des Art. 17 MAR sind.279 Besonders offensichtlich wird das Bedürfnis für eine solche Informationsorganisation in Phasen, in denen die Tochtergesellschaft es pflichtwidrig unterlässt, eine Information zu publizieren, die sich wegen ihrer Auswirkung auf die Muttergesellschaft auch bei dieser als kursrelevant darstellt. Die Muttergesellschaft kann sich bei der Informationsorganisation nicht darauf zurückziehen, dass die Tochtergesellschaft selbst zur Ad-hoc-Mitteilung verpflichtet sei. Soweit die Information infolge der Veröffentlichung durch die Tochtergesellschaft hingegen bereits öffentlich bekannt und mithin überhaupt keine Insiderinformation mehr ist, erübrigt sich eine Veröffentlichung durch die Muttergesellschaft.280 Anders wäre es, wenn bei ihr zusätzliche Folgen als eigenständige Informationen zur Veröffentlichung anstünden. Neuerdings wird eine Pflicht zur Ad-hoc-Mitteilung – und als Folge wohl auch eine Complianceorganisationspflicht unter Einbeziehung von (ad-hocmitteilungspflichtigen) Tochtergesellschaften – von einer gewichtigen Stim­me 275  Klöhn, in: KölnKommWpHG, 2. Aufl. 2014, § 15 Rn. 100; Sajnovits, WM 2016, 765, 768 f.; a. A. Hellgardt, in: Assmann / Schneider / Mülbert, Wertpapierhandelsrecht, 7. Aufl. 2018, § 98 Rz. 89. 276  Sajnovits, WM 2016, 765, 771. 277  Sajnovits, WM 2016, 765, 771. 278  Sajnovits, WM 2016, 765, 771. 279  Sajnovits, WM 2016, 765, 771. 280  Sajnovits, WM 2016, 765, 771; ferner Habersack, DB 2016, 1551, 1556 mit Fn. 47.

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4. Kap., § 13 Wissensabhängige Manipulationsfolgen

im Schrifttum verneint.281 Eine allein bei der Tochter vorhandene Insider­ information betreffe das Mutterunternehmen nicht unmittelbar im Sinne des § 15 Abs. 1 WpHG a. F. und des Art. 17 MAR. Jedenfalls gelte das, wenn die Information nur eine mittelbare Auswirkung auf die Muttergesellschaft hat.282 Deshalb komme einer Mitteilung der Muttergesellschaft kein eigenständiger Informationsgehalt neben der Mitteilung durch die Tochtergesellschaft zu. Das mache eine Mitteilung entbehrlich, da die Ad-hoc-Publizitätspflicht eben nur die Versorgung des Kapitalmarkts mit zusätzlichen kursrelevanten Informationen erfordere.283 Doch selbst wenn man aufgrund der flankierenden Wirkung der Beteiligungspublizität der §§ 21 ff. WpHG dazu käme, dass die Auswirkungen auf den Beteiligungswert der Muttergesellschaft und damit der emittentenspezifische Informationswert schon abgebildet sei284, besteht eine offensichtliche Informationslücke, wenn die Tochtergesellschaft pflichtwidrig nicht publiziert oder aber die Muttergesellschaft die Vorschriften zur Beteiligungspublizität nicht eingehalten hat. Diese Lücke wird nicht dadurch „kompensiert“, dass die Muttergesellschaft als Aktionärin Ansprüche an die pflichtwidrig handelnde Tochtergesellschaft stellen kann, die mittelbar auch zu einer Kompensation der Schäden der Aktionäre der Muttergesellschaft beitragen.285 Der Muttergesellschaft stehen nämlich nur dann Ansprüche nach den §§ 97 und 98 WpHG zu, wenn sie im maßgeblichen Desinformationszeitraum auch gehandelt hat.286 Zur adäquaten Kompensation derjenigen Aktionäre der Muttergesellschaft, die Geschäfte in dem Zeitraum getätigt haben und denen ein Schadensersatzanspruch gegen die Muttergesellschaft wegen vermeintlich fehlender Unmittelbarkeit verwehrt wird, kommt es deshalb allenfalls zufällig bzw. ausnahmsweise. Die vertrauenstärkende und verhaltenssteuernde Wirkung der §§ 97, 98 WpHG287 würde so ganz wesentlich kupiert. (3) V  erletzung allgemeiner konzernweiter Compliancepflichten durch die Muttergesellschaft Zur Pflichtenbegründung kann neben spezialgesetzlichen Compliancepflichten auch auf die – nach Rechtsgrund und Umfang sehr streitige – allge281  Habersack,

DB 2016, 1551, 1554 ff. DB 2016, 1551, 1554 ff., 1556 f. 283  Habersack, DB 2016, 1551, 1556. 284  So Habersack, DB 2016, 1551, 1556; zweifelnd Sajnovits, WM 2016, 765, 771. 285  So aber Habersack, DB 2016, 1551, 1557. 286  Vgl. LG Stuttgart, WM 2017, 1451, 1461. 287  Dazu Mülbert / Sajnovits, ZfPW 2016, 1, 37 ff. 282  Habersack,



B. Wissenszurechnung als Grundlagenproblem259

meine konzernweite Compliancepflicht abgestellt werden. Vom hier vertretenen Standpunkt aus ist es für die Wissenszurechnung unerheblich, ob man eine Complianceorganisationspflicht als dem öffentlichen Interesse288 oder (lediglich) dem Gesellschaftsinteresse289 verpflichtet ansieht. Nicht ohne Belang ist es aber, ob überhaupt – und wenn ja, in welchem konkreten Umfang – eine Pflicht zur Einrichtung und Unterhaltung von konzernweiten Compliancesystemen auch jenseits spezialgesetzlicher Vorgaben besteht. Die herrschende Meinung im Schrifttum erkennt eine konzernweite Compliancepflicht lediglich als Legalitätsdurchsetzungspflicht zum Zweck der Abwendung eines der Muttergesellschaft durch gesetzwidriges Verhalten in konzernangehörigen Gesellschaften drohenden Verhaltens an.290 Der Konzernorganisationsfreiheit wird grundsätzlich ein Vorrang vor der „gruppen­ dimensionalen Verantwortung“ eingeräumt.291 Aus diesem „Primat der Kon­ zernorganisationsfreiheit“292 ergibt sich, dass es einer nachgeordneten Gesellschaft rechtlich verwehrt sein kann, bestimmte Informationen an die ihr übergeordnete Gesellschaft weiterzugeben. Ebenso kann es jedenfalls im faktischen Konzern293 der Tochtergesellschaft verboten sein, kosteninten­ siven „Weisungen“ der Obergesellschaft zur Einrichtung von Informations­ organisations- bzw. -weiterleitungssystemen nachzukommen.294 Eine Rechtspflicht der Untergesellschaft kann höchstens im Einzelfall aus der Treuepflicht hergeleitet werden.295 Daraus folgt, dass eine Konzernobergesellschaft zwar grundsätzlich verpflichtet sein kann, den Informationsfluss von unten nach oben zu organisieren. Diese Organisationspflicht muss aber dort enden, wo gesellschaftsrechtliche Grenzen sie an einer Durchsetzung dieser Organisation auf der Ebene

288  U. H. Schneider / S. H. Schneider, ZIP 2007, 2061, 2065; Bunting, ZIP 2012, 1542, 1545 ff.; offen Fleischer, CCZ 2008, 1, 3 ff. 289  Hüffer / Koch, AktG, 13. Aufl. 2018, § 76 Rn. 21; Verse, ZHR 175 (2011), 401, 407 ff.; Habersack, in: FS Möschel, 2011, S. 1175, 1177 ff.; Koch, WM 2009, 1013 ff. 290  Siehe nur Fleischer, in: Spindler / Stilz, AktG, 3. Aufl. 2015, § 91 Rn. 70 m. w. N. 291  Mülbert, ZHR 179 (2015), 645, 664. 292  Mülbert, ZHR 179 (2015), 645, 665. 293  Etwas anderes gilt im Falle des Bestehens eines Beherrschungsvertrags näher Mülbert in: GroßKommAktG, 4. Aufl. 2012, § 291 Rn. 87 f. (auch zum Erfordernis einer sog. KWG-Klausel als Korrelat zur Letztverantwortung der Geschäftsleiter nach § 25c Abs. 3 KWG); Mülbert / Wilhelm, ZHR 178 (2014), 502, 532. 294  Mülbert, ZHR 179 (2015), 645, 665. 295  Mülbert, ZHR 179 (2015), 645, 665; T. Schneider, Risikomanagement auf Gruppenebene, 2009, S. 179 ff., 247 ff.; ferner Habersack, in: FS Möschel, 2011, 1175, 1191 f.; noch strenger etwa Holle, Legalitätskontrolle, 2014, S. 197 f.

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4. Kap., § 13 Wissensabhängige Manipulationsfolgen

der Tochtergesellschaft hindern.296 Dies gilt jedenfalls, sofern die Tochtergesellschaft nicht wegen der gegenüber der Muttergesellschaft bestehenden Treuepflicht dazu verpflichtet gewesen wäre, den Umsetzungsvorgaben zu folgen. Jenseits spezialgesetzlicher Pflichten, die normhierarisch eine Überlagerung entgegenstehender gesellschaftsrechtlicher Grenzen bedingen können297, kann dann auch kein berechtigtes Vertrauen zu einer solchen Informationsorganisation entstehen. Daraus folgt auch die Verneinung einer Wissenszurechnung. (4) Keine konzernweiten Compliancepflichten der Tochtergesellschaft Nicht begründen lässt sich wegen einer verletzten Organisationspflicht eine Zurechnung von der Mutter- zur Tochtergesellschaft, mithin von oben nach unten.298 Die Tochtergesellschaft trifft keine Compliancepflicht zu einer Organisation des Informationsflusses von der Muttergesellschaft zu ihr.299 cc) P  flichten der Tochtergesellschaft zur Informationsweiterleitung als Anknüpfungspunkt für eine Zurechnungsbegründung? Die Verletzung einer Informationsweiterleitungspflicht durch die Tochtergesellschaft, die – nach den obigen Ausführungen – nur dann für eine Zurechnungsbegründung tauglich ist, wenn sie innerhalb einer hypothetischen Haftungskonstellation dem Zurechnungsobjekt (Muttergesellschaft) als Verhalten zuzurechnen wäre,300 wird wegen der Eigenständigkeit von Konzerngesellschaften ganz regelmäßig keine Wissenszurechnung begründen.301 Etwas anderes kommt nur dann in Betracht, wenn die Tochtergesellschaft als Erfüllungsgehilfin der Muttergesellschaft tätig ist.302

dazu Mader, Informationsfluss im Unternehmensverbund, 2016. oben § 13 B.V.5.d)bb)aaa). 298  Spindler, ZHR 181 (2017), 311, 335 ff.; Schürnbrand, ZHR 181 (2017), 357, 365; der BGH hat in einer jüngeren Entscheidung die Möglichkeit einer solche Zurechnung im Zusammenhang mit einem Anspruch nach § 62 Abs. 1 AktG angedeutet, aber offengelassen. Siehe BGH NZG 2016, 1182, 1186 Rn. 46. 299  Spindler, ZHR 181 (2017), 311, 339; Schürnbrand, ZHR 181 (2017), 357, 365. 300  Siehe oben § 13 B.V.5.c)aa). 301  Sajnovits, WM 2016, 765, 771; zustimmend Schürnbrand, ZHR 181 (2017), 357, 369 f. 302  Sajnovits, WM 2016, 765, 771; zustimmend Schürnbrand, ZHR 181 (2017), 357, 370. 296  Näher 297  Siehe



B. Wissenszurechnung als Grundlagenproblem261

Zu weit geht daher eine Entscheidung des OLG München aus dem Jahr 2009, die eine Wissenszurechnung von der Mutter- zur Tochtergesellschaft bejaht und maßgeblich damit begründet, die Tochtergesellschaft selbst habe keine Angestellten und leite ihre Geschäftstätigkeit von ihrer Muttergesellschaft ab.303 Das Gericht rekurriert auf BGHZ 132, 30 ff. und hält die dort aufgestellten Grundsätze auch in dem ihm vorliegenden Fall für anwendbar.304 Es sei Sache der Beklagten (also der Tochtergesellschaft) gewesen, „dass für Vertragspartner wesentliche Informationen bei den zuständigen Stellen nachgefragt werden. Das ist im vorliegenden Fall auch nicht deshalb anders, weil es sich bei der Beklagten und ihrer Muttergesellschaft um verschiedene juristische Personen handelt. Die geschilderten Grundsätze gelten für alle Organisationsformen, die zu einer Wissensaufsplitterung führen können“305. Ob eine rechtliche oder tatsächliche Möglichkeit für eine Informationserlangung durch die Tochtergesellschaft bestanden hat und ob dies einen Einfluss auf die Zurechnungsfrage hat, erörtert das Gericht nicht. Darin liegt eine Überdehnung der Informationsweitergabepflicht, denn die Tochtergesellschaft hat keine rechtliche Handhabe, den Informationsfluss von der Muttergesellschaft zu organisieren oder sonst einzufordern. Soweit tatsächlich keine Mitarbeiter bei der Tochtergesellschaft vorhanden sind, ist deren Rolle vielmehr mit der eines Strohmanns zu vergleichen, auf die mit anderen Rechtsinstituten (Stichwort: Rechtsmissbrauch) adäquat zu reagieren ist. 6. Schranken der Zurechnung a) Nemo-tenetur-Grundsatz Wird die Wissenszurechnung durch Pflichtverletzungen mit begründet, muss eine Zurechnung dann unterbleiben, wenn keine Pflichten bestanden haben oder wenn bestehende Pflichten durch entgegenstehende Pflichten verdrängt werden, eine Pflichtverletzung mithin überhaupt nicht zu verzeichnen ist. In diesem Zusammenhang wird in jüngerer Zeit erwogen, aus dem Nemo-tenetur-Grundsatz eine Schranke der Wissenszurechnung herzuleiten, wenn sich die zur Informationsweiterleitung verpflichtete Person durch die Weiterleitung selbst belasten würde.306

303  OLG

München BB 2007, 14 Rn. 27. München BB 2007, 14 Rn. 28. 305  OLG München BB 2007, 14 Rn. 28. 306  Seibt / Cziupka, AG 2015, 93, 103 f.; Grunewald, NZG 2013, 841 ff.; Assmann, in: Assmann / Schneider, WpHG, 6. Aufl. 2012, § 15 Rn. 91. 304  OLG

262

4. Kap., § 13 Wissensabhängige Manipulationsfolgen

Der Nemo-tenetur-Grundsatz wirkt sich allerdings richtigerweise nicht auf die privatrechtlichen Pflichten zur Informationsweiterleitung innerhalb der Gesellschaft aus.307 Deshalb kommt er auch nicht als Zurechnungsschranke in Betracht. b) Gesetzliche Verschwiegenheitspflichten und gesetzliche Informationsweitergabeverbote Als Schranken der Zurechnung nahezu einhellig anerkannt sind gesetzliche Verschwiegenheitspflichten.308 Verbietet die Rechtsordnung eine Informationsweitergabe – gegebenenfalls sogar unter Strafdrohung –, geriete sie nämlich in einen Selbstwiderspruch, würde sie die Nichtoffenbarung ahnden.309 Dies gilt selbst dann, wenn die wissende Person den Tatbestand selbst verwirklicht, bei dem sich die Wissenszurechnung auswirkt.310 Der BGH hat dies im Verhältnis des Prozessvertreters zur Prozesspartei (§ 166 Abs. 1 BGB analog) erst vor kurzem als Selbstverständlichkeit bestätigt.311 Bei der Wissenszurechnung kraft Organisationspflichtverletzung gilt nichts anderes.312 c) Insiderverbot als Informationsweitergabeverbot Eine weitere Zurechnungsschranke kann sich aus dem Insiderinforma­ tionsweitergabeverbot des Art. 14 lit. c MAR (bzw. des § 14 Abs. 1 Nr. 2 WpHG a. F.) ergeben.313 Auch hierbei handelt es sich um ein gesetzliches 307  Siehe

oben § 13 B.V.5.c)bb). NJW 2016, 2569; Sajnovits, WM 2016, 765, 771 f.; Mülbert / Sajnovits, NJW 2016, 2540; Verse, AG 2015, 413, 417 f.; Buck-Heeb, AG 2015, 801, 810 f.; Buck-Heeb, WM 2016, 1469; Schubert, in: MünchKommBGB, 7. Aufl. 2016, § 166 Rn. 49, 51; Rodewald, GmbHR 2014, 639, 644; Buck-Heeb, WM 2008, 281, 285; Faßbender / Neuhaus, WM 2002, 1253, 1256; Taupitz, in: Karlsruher Forum 1994, 1994, S. 16, 24 f.; Kumpan, Interessenkonflikt, 2014, S. 307 f.; Spindler, ZHR 181 (2017), 311, 321 f.; Schürnbrand, ZHR 181 (2017), 357, 372; Ihrig, ZHR 181 (2017), 381, 399; abweichend nur Schwintowski, ZIP 2015, 617, 621, dagegen überzeugend Verse, AG 2015, 413, 417 f. 309  Medicus, in: Karlsruher Forum 1994, 1994, S. 4, 13. 310  So auch Taupitz, in: Karlsruher Forum 1994, 1994, S. 16, 25; Sajnovits, WM 2016, 765, 772; zu der Fallgruppe auch Verse, AG 2015, 413, 415, der die Frage allerdings offenlässt. A. A. Fleischer, in: Spindler / Stilz, AktG, 3. Aufl. 2015, § 78 Rn. 56. 311  BGH WM 2015, 293, 294: „Kenntnisse [des Rechtsanwalts] aus anderen Mandaten werden dem Mandanten im Hinblick auf die Verschwiegenheitspflicht des Anwalts … nicht zugerechnet.“ 312  Sajnovits, WM 2016, 765, 772. 313  Buck-Heeb, AG 2015, 801, 811; Kumpan, Interessenkonflikt, 2014, S. 308; Habersack, DB 2016, 1551, 1553; Spindler, ZHR 181 (2017), 311, 322. 308  BGH



B. Wissenszurechnung als Grundlagenproblem263

Informationsweitergabeverbot, das den Normunterworfenen von einer etwaig bestehenden Verpflichtung zur Informationsweitergabe dispensiert.314 Bei einer „unrechtmäßigen“ Weitergabe steht Art. 14 lit. c MAR einer Wissenszurechnung als Schranke auch dann entgegen, wenn hinsichtlich der jeweiligen Information beim Zurechnungssubjekt bereits ein Verstoß gegen Art. 17 MAR eingetreten ist, die Information bei pflichtgemäßem Verhalten des Zurechnungssubjekts mithin bereits öffentlich bekannt hätte sein müssen.315 Denn auch während einer nicht legitimierten Desinformationsphase des Kapitalmarkts wird das Informationsoffenlegungsverbot gegenüber Einzelpersonen nicht aufgehoben. In einer Einzelgesellschaft spielt das Verbot der Offenlegung von Insiderinformationen in der Regel keine Rolle, da jedenfalls die Weitergabe von unten an den Vorstand nicht als unrechtmäßig im Sinne des Art. 14 lit. c MAR anzusehen ist.316 Das Gleiche gilt für die Informationsweitergabe innerhalb des Vorstands und ebenso für die vom Aufsichtsrat an den Vorstand.317 Eine Schranke ergibt sich in der Einzelgesellschaft deshalb nur, wenn ein Vorstandsmitglied, ein Aufsichtsratsmitglied oder auch ein Mitarbeiter die Information nicht durch seine Stellung in dem jeweiligen Unternehmen, sondern anderweitig erlangt, und er aufgrund dessen zur Verschwiegenheit verpflichtet ist. Erhält z. B. ein Vorstandsmitglied in einer anderen und konzernunabhängigen Mandatsstellung eine Insiderinformation, wäre deren Weitergabe an die andere Gesellschaft eine unrechtmäßige Offenlegung. Deshalb schließt das Insiderinformationsoffenlegungsverbot eine Wissenszurechnung aus.318 In Konzernkonstellationen bestehen Unsicherheiten hinsichtlich der Reichweite des Art. 14 lit. c MAR.319 Schon zu § 14 WpHG wurde vertreten, dass jedenfalls die Weitergabe von Insiderinformationen von der Tochtergesellschaft an die Muttergesellschaft keine unrechtmäßige Offenlegung darstelle.320 Umgekehrt wird die Offenlegung durch die Muttergesellschaft bzw. deren Vorstand gegenüber einer Tochtergesellschaft nicht mehr im Zuge der normalen Erfüllung von Aufgaben im Sinne des Art. 10 MAR erfolgen. 314  Vgl.

soeben § 13 B.V.6.b). Sajnovits, WM 2016, 765, 772. 316  Assmann, in: Assmann / Schneider / Mülbert, Wertpapierhandelsrecht, 7. Aufl. 2018, Art. 10 VO Nr. 596 / 2014 Rn. 15, 37; vgl. Klöhn, in: KölnKommWpHG, 2. Aufl. 2014, § 14 Rn. 354; Sajnovits, WM 2016, 765, 772 jeweils zu § 14 WpHG a. F. 317  Klöhn, in: KölnKommWpHG, 2. Aufl. 2014, § 14 Rn. 355 ff. 318  Sajnovits, WM 2016, 765, 772. 319  Assmann, in: Assmann / Schneider / Mülbert, Wertpapierhandelsrecht, 7. Aufl. 2018, Art. 10 VO Nr. 596 / 2014 Rn. 37. 320  Dazu nur Assmann, in: Assmann / Schneider, WpHG, 6. Aufl. 2012, § 14 Rn.  94 f. m. w. N. 315  Vgl.

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4. Kap., § 13 Wissensabhängige Manipulationsfolgen

d) Vertragliche Verschwiegenheitspflichten Vertragliche Verschwiegenheitspflichten sind – anders als gesetzliche Verschwiegenheitspflichten – in der Regel nicht geeignet, eine Wissenszurechnungsschranke zu konstituieren. Ein Organmitglied oder ein Mitarbeiter ist nämlich aufgrund einer vertraglichen Verschwiegenheitspflicht, die mit Dritten vereinbart wurde, regelmäßig nicht rechtlich daran gehindert, Informationen weiterzuleiten. Er kann vielmehr sogar dazu verpflichtet sein, wenn die Informationsweiterleitungspflicht gesetzlich oder organschaftlich begründet ist. Und auch wenn die Informationsweitergabepflicht nur aus einem Vertrag herrührt, hindert die vertragliche Verschwiegenheitspflicht jedenfalls die Zurechung nicht. Zur Begründung ist danach zu unterscheiden, ob die mit der vertraglichen Verschwiegenheitspflicht jeweils konkurrierende Informationsweitergabepflicht gesetzlich, organschaftlich oder vertraglich begründet ist. Gegenüber gesetzlichen Informationsweitergabepflichten, etwa denjenigen aus Art. 17 MAR321, kann eine vertragliche Verschwiegenheitspflicht einer Wissenszurechnung schon deshalb nicht entgegenstehen, weil von einer gesetzlichen Verpflichtung grundsätzlich nicht durch Vertrag dispensiert werden kann. Die Vertragsparteien haben keine Regelungsmacht hinsichtlich gesetzlicher Verpflichtungen, solange keine Öffnungsklausel für privatautonome Gestaltungen existiert.322 Unmaßgeblich ist, ob man die vertragliche Verpflichtung wegen eines Verstoßes gegen § 134 BGB oder § 138 BGB sogar für unwirksam hält.323 Die vertragliche Vereinbarung einer Verschwiegenheitspflicht, die mit bestehenden organschaftlichen Informationspflichten kollidiert324, kann eine Wissenszurechnung ebenfalls nicht verhindern. Über die gesetzlich verankerte organschaftliche Treuepflicht kann das Organmitglied nämlich grundsätzlich nicht alleine disponieren und sie im Rahmen privatautonomen Handelns mit Dritten damit auch nicht ohne Weiteres aufheben. Etwas anderes mag allenfalls dann gelten, wenn im konkreten Einzelfall das Organmitglied aus der Treuepflicht einen Anspruch gegenüber der Gesellschaft auf einen Dispens von der Informationspflicht hätte. Entsprechende Erwägungen gibt es auch in der umgekehrten Situation, nämlich hinsichtlich der Auskunftsan321  Siehe

näher oben § 13 B.V.5.b)aa). nur Flume, Rechtsgeschäft, 3. Aufl. 1979, § 1.7 ff., S. 10 ff. 323  Das hängt bei § 134 BGB von der gesetzlichen Informationspflicht und der Frage ab, ob diese als Verbotsgesetz ihr entgegenstehenden Vereinbarungen die Wirksamkeit versagt. Bei § 138 BGB ist maßgeblich, ob die Vereinbarung gerade auf die Nichterfüllung der gesetzlichen Informationspflicht gerichtet ist und damit als allgemeinschädliche Vereinbarung als sittenwidrig einzustufen ist. 324  Siehe zu diesen oben § 13 B.V.5.c). 322  Vgl.



B. Wissenszurechnung als Grundlagenproblem265

sprüche von Gesellschaftern gegen die GmbH (§ 51a GmbHG) und der Möglichkeiten einer vertraglichen Einschränkung dieser Auskunftsansprüche durch Vereinbarungen der Gesellschaft mit Dritten. Eine solche Vereinbarung soll nämlich dann den Auskunftsanspruch einschränken können, wenn die Gesellschaft ein schutzwürdiges Interesse an der Geheimhaltung hat und der Gesellschafter diese Vereinbarung als Ausfluss seiner Treuepflicht gegenüber der Gesellschaft akzeptieren muss.325 Eine Vereinbarung, die explizit auf eine Beschneidung der Informationsansprüche der Gesellschaft gerichtet ist und diese nicht lediglich reflexartig und aus Sicht des Organmitglieds sowie des Dritten zufällig berührt, wird sich meist sogar als sittenwidrig erweisen. Schwieriger ist der Konflikt zwischen einer vertraglichen Informationspflicht und einer vertraglichen Verschwiegenheitspflicht zu beurteilen, wie er bei den Informationspflichten von Mitarbeitern326 auftreten kann. Eine solche Vereinbarung ist nicht nach § 134 BGB wegen eines Verstoßes gegen den Grundsatz des Verbots von Verträgen zu Lasten Dritter327 nichtig. Grundsätzlich sind nämlich nur Verträge, die dem Dritten Pflichten auferlegen, verboten, nicht aber solche, die mittelbar eine belastende Wirkung für Dritte haben.328 Inwieweit die Vereinbarungen die an ihnen Beteiligten rechtlich binden, ist aber nicht vollständig geklärt. Ausgehend von der rechtlichen Behandlung des Doppelverkaufs, wonach der Erstkäufer gegenüber dem Zweitkäufer in seiner Rechtsposition nicht geschützt wird329, kann man annehmen, dass beide Verpflichtungen für den informationsverpflichteten Mitarbeiter fortbestehen. Anders als bei dinglichen Rechten, für die das Prioritätsprinzip gilt330, wird die vertragliche Dispositionsbefugnis durch vorherige vertragliche Verpflichtungen grundsätzlich nicht eingeschränkt. Besteht aber der vertragliche Anspruch der Gesellschaft auf Information ungeachtet der vertraglichen Verschwiegenheitspflicht fort, wird die berechtigte Vertrauenserwartung auf eine bestimmte Information, die die Grundlage der Wissenszurechnung ist, nicht beeinträchtigt. Im Einzelfall ist auch hier bereits die Sit325  Dazu nur K.Schmidt, in: Scholz, GmbHG, 11.  Aufl. 2013, § 51a Rn. 35 m. w. N.; offen OLG München NZG 2008, 878, 879; a. A. Roth, in: Roth / Altmeppen, GmbHG, 8. Aufl. 2015, § 51a Rn. 7. 326  Siehe oben § 13 B.V.5.c)dd). 327  Zu diesem nur Hadding, in: Soergel, BGB, 13. Aufl. 2009, § 328 Rn. 118 ff. 328  Gottwald, in: MünchKommBGB, 7. Aufl. 2016, § 328 Rn. 264; Hadding, in: Soergel, BGB, 13. Aufl. 2009, § 328 Rn. 118 ff.; Jagmann, in: Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2009, Vorbem. zu §§ 328 ff. Rn. 46. 329  Vgl. Martens, AcP 177 (1977), 113, 136. 330  Auch das Prioritätsprinzip wird etwa beim Zusammentreffen von Globalzession und verlängertem Eigentumsvorbehalt durch Erwägungen zur Sittenwidrigkeit überlagert. Dazu etwa Martens, AcP 177 (1977), 113, 126 f.

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4. Kap., § 13 Wissensabhängige Manipulationsfolgen

tenwidrigkeit der vertraglichen Verschwiegenheitspflicht denkbar, vor allem, wenn diese gerade darauf gerichtet ist, dass der sich Verpflichtende eine andere Pflicht verletzt (Verleitung zum Vertragsbruch).331 e) Chinese walls als Zurechnungsschranken Die Behandlung von chinese walls bei der Wissenszurechnung lässt sich auf der Basis der bisherigen Ausführungen ebenfalls konsistent erklären.332 Werden chinese walls aufgrund einer gesetzlichen Verpflichtung – etwa im Bereich der wertpapierhandelsrechtlichen Compliance – eingerichtet, beschränken sie – entsprechend den gesetzlichen Verschwiegenheitspflichten333 – auch die Wissenszurechnung.334 Soweit die Organisation interne Informationsbarrieren ohne eine gesetzliche Verpflichtung aufbaut, können diese die Berechtigung des Vertrauens an die Informationsweitergabe hingegen nicht aufheben und damit auch einer Wissenszurechnung nicht entgegenstehen.335 Solche autonomen unternehmensinternen Maßnahmen sind mit vertraglichen Verschwiegenheitspflichten zu vergleichen.336 f) Safe-Harbour-Wirkung von Compliancesystemen Unter dem Stichwort der Knowledge Governance wurde kürzlich vorgeschlagen, dass (zertifizierten) Compliancesystemen eine Art Safe-HarbourWirkung im Rahmen der Wissenszurechnung zukomme.337 Konkret solle bei einer nachgewiesenen pflichtgemäßen Einrichtung und Unterhaltung eines Compliancesystems jedenfalls eine „Wissenszurechnungssperre vermutet werden“.338 Das hier zugrunde gelegte Zurechnungskonzept veranlasst einige kritische Anmerkungen hierzu: Zwar trifft es im Ergebnis zu, dass sich das Unternehmen, das die normativen Erwartungen an die Organisation erfüllt, auch hinsichtlich der Wissenszurechnung entlasten kann.339 In einer auf PflichtverArmbrüster, in: MünchKommBGB, 7. Aufl. 2016, § 138 Rn. 36, 96 ff. auch Kumpan, Interessenkonflikt, 2014, S. 304 ff.; Buck-Heeb, in: FS Hopt, 2011, Bd. 1, S. 1647, 1656 ff.; schon Buck, Wissen und juristische Person, 2001, S.  502 ff. 333  Siehe soeben § 13 B.V.6.b). 334  So bereits Buck, Wissen und juristische Person, 2001, S. 502 ff. 335  Vgl. die Ausführungen oben § 13 B.V.6.d) zu vertraglichen Verschwiegenheitspflichten. 336  Siehe soeben § 12 B.V.6.d). 337  Weller, ZGR 2016, 384, 409 ff. 338  Weller, ZGR 2016, 384, 411. 339  Weller, ZGR 2016, 384, 409. 331  Vgl.

332  Dazu



B. Wissenszurechnung als Grundlagenproblem267

letzungen aufbauenden Zurechnungslehre fehlt es nämlich bei einer Erfüllung der berechtigten Vertrauens- und Verkehrserwartungen bereits an einer Pflichtverletzung, die ihrerseits eine Zurechnung erst begründen kann. Eine Vermutung zugunsten des Unternehmens ist hierfür aber weder erforderlich noch angezeigt. Es obliegt nämlich ohnehin derjenigen Partei, die sich innerhalb eines Vertragsverhältnisses auf die Wissenszurechnung beruft, darzulegen und zu beweisen, dass dem Unternehmen eine Pflichtverletzung vorzuwerfen ist und dass die konkret relevante Information bei ordnungsgemäßer Organisation beim unmittelbar Handelnden hätte vorhanden sein müssen. Bei einem substantiierten Vortrag des Klägers geht die sekundäre Dalegungslast dann auf das Unternehmen über, weil es sich um eine unternehmensinterne Information handelt. Dieses muss dann darlegen und beweisen, dass es den berechtigten Erwartungen an die Informationsorganisation nachgekommen ist. Es ist kein Grund ersichtlich, diese allgemeinen Grundsätze hier zugunsten des Unternehmens umzukehren. 7. Folgerungen Wissenszurechnung ist als Rechtstechnik immer dann maßgeblich, wenn das bei einer Person (Zurechnungssubjekt) vorhandene Wissen einer anderen Person (Zurechnungsobjekt) zugerechnet wird und bei dieser zur Verwirk­ lichung bestimmter Tatbestände führt. Nach der vom Bundesgerichtshof seit Mitte der 1990er-Jahre etablierten Lehre von der Wissenszurechnung kraft Organisationspflichtverletzung wird Wissen innerhalb von Organisationen dann zugerechnet, wenn innerhalb der Organisation (als Zurechnungsobjekt) eine Pflichtverletzung hinsichtlich der Wissensorganisation stattgefunden hat, wobei allgemein zwischen Informationsspeicherungs-, Informationsweiterleitungs- und Informationsabfragepflichten unterschieden wird. Die Wissenszurechnung wirkt sich immer innerhalb von Wissensnormen aus. Wissensnormen sind diejenigen Tatbestände, bei denen das Wissen um bestimmte Tatsachen ein ausdrückliches oder jedenfalls implizit vorhandenes Tatbestandsmerkmal darstellt. Die Wissensnormen können einen erheblichen Einfluss auf das Ob und Wie der Wissenszurechnung haben. Die bisherige Ausformung der Wissenszurechnung durch die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs lässt sich überzeugend auf der Basis von Vertrauens- und Risikoprinzip rechtfertigen, wobei bei beiden Aspekten auch Verkehrsschutzerwägungen einfließen. Bei hinreichender Beachtung dieser Prinzipien geht von der Wissenszurechnung eine sinnvolle Verhaltenssteuerung für die Organisationen aus. Die einzig tragfähige dogmatische Fundierung der heutigen Zurechnungslehre in all ihren Facetten vermag aber nur die Figur der richterlichen Rechtsfortbildung im Lückenbereich zu liefern.

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4. Kap., § 13 Wissensabhängige Manipulationsfolgen

Die vertrauensbasierte Legitimation der Zurechnung erfordert, dass die für eine Zurechnung herangezogenen Pflichten zur Wissensorganisation durch die Rechtsordnung determiniert sein müssen, da nur dann deren Befolgung berechtigterweise erwartet werden kann. Zusätzlich erfordert das Risikoprinzip, dass sich das Zurechnungsobjekt die Pflichtverletzung auch zurechnen lassen muss. Solche Wissensorganisationspflichten, an deren Verletzung sich eine Zurechnung knüpfen kann, können die Organisation / das Unternehmen selbst sowie seine Geschäftsleiter treffen. Sie können aber auch gesellschaftsübergreifend innerhalb von Konzernstrukturen bestehen. Daneben kommt auch bei ordnungsgemäßer Organisation durch das ­Unternehmen eine Zurechnung dann in Betracht, wenn ein Organmitglied oder ein Mitarbeiter eine Informationsweiterleitungspflicht verletzt und sich das Unternehmen diese Verletzung nach allgemeinen Grundsätzen (§§ 31, 278, 831 BGB) in einer hypothetischen Haftungssituation zurechnen lassen müsste. Insoweit kann es auch zur Zurechnung nur privat erlangter Kenntnis ebenso wie zur Zurechnung solchen Wissens kommen, durch dessen Offenbarung sich das jeweilige Zurechnungssubjekt selbst belasten muss. Schranken für die Wissenszurechnung ergeben sich, wenn eine Informa­ tionsweitergabe gesetzlich nicht gestattet ist. Wenn die Rechtsordnung nämlich eine Informationsweitergabe verbietet, geriete sie in einen Selbstwiderspruch, würde sie an die Nichtoffenbarung Rechtsnachteile knüpfen. Derartige Schranken bestehen vor allem bei gesetzlichen Verschwiegenheitspflichten. 8. Keine durchgreifenden Kritikpunkte am Zurechnungsmodell a) Kein notwendiger Rückgriff auf die „klassische“ Organtheorie Ein Erklärungsmodell für die Wissenszurechnung unter Abkehr von der Organtheorie kann nur dann überzeugen, wenn es nicht wesentliche Konstellationen gibt, in denen ein Rückgriff auf die Organtheorie erforderlich und wertungsmäßig zwingend geboten erscheint. In der Literatur findet sich für als „unproblematisch“ vorausgesetzte Konstellationen zumindest implizit immer wieder ein Rückgriff auf die Organtheorie. In Fällen, in denen das wissende Organmitglied das Rechtsgeschäft, bei dem es auf das Wissen ankommt, für die Gesellschaft selbst abschließt, sei der Gesellschaft sein Wissen immer zuzurechnen, ohne dass auf das Konzept der Wissenszurechnung kraft Organisationspflichtverletzung zurückgegriffen wird.340 340  Grunewald, in: FS Beusch, 1993, S. 301, 302; Grigoleit, ZHR 181 (2017), 160, 187 f.



B. Wissenszurechnung als Grundlagenproblem269

Diese für den Regelfall zutreffende Wertung lässt sich aber auch ohne einen Rückgriff auf die Organtheorie ohne Weiteres mit einer analogen Anwendung des § 166 Abs. 1 BGB begründen.341 Wird das Vertretergeschäft gerade durch ein vertretungsberechtigtes Organmitglied abgeschlossen, dann gebietet nämlich schon ein Erst-Recht-Schluss aus § 166 Abs. 1 BGB, dass dessen Wissen der Gesellschaft zugerechnet wird. Denn wenn § 166 Abs. 1 BGB schon bei einem rechtsgeschäftlichen Vertreter eine Zurechnung anordnet, dann kann für einen organschaftlichen Vertreter nichts anderes gelten. Doch auch § 166 Abs. 1 BGB führt nicht zu einer unbeschränkten Wissenszurechnung. Ganz entsprechend den obigen Ausführungen können gesetz­ liche Verschwiegenheitspflichten auch hier eine Zurechnungsschranke darstellen.342 b) Gleichlauf von Wissen und Wissenmüssen Die hier entfaltete und von der Rechtsprechung des BGH seit 1996 vertretene Wissenszurechnung kraft Organisationspflichtverletzung führt zu einem Gleichlauf von Wissen und Wissenmüssen, der teils heftig kritisiert wird.343 Der Gesetzgeber habe mit den Normen, die an die positive Kenntnis eine negative Rechtsfolge knüpfen, eine Wertungsentscheidung getroffen, die durch die Rechtsprechung umgangen werde.344 Die Unterscheidung zwischen positivem Wissen und Wissenmüssen sei systemprägend und die Wissenszurechnung der Rechtsprechung stelle eine verdeckte contra legem Korrektur der „absoluten Wissensnormen“ – also derjenigen Normen, die allein positives Wissen genügen lassen – dar.345 Dieser Gleichlauf ist nicht zu leugnen. In der Tat führt die Wissenszurechnung kraft Organisationspflichtverletzung zu einer Einebnung der Unterscheidung zwischen Wissen und Wissenmüssen. Diese Einebnung ist aber rechtsethisch legitimiert346 und methodisch als Rechtsfortbildung im Lü­ ckenbereich gerechtfertigt347. 341  Grunewald, in: FS Beusch, 1993, S. 301, 302: „Denn dann liegt der Fall vor, der dem Regelungsgehalt des § 166 Abs. 1 BGB sehr nahe kommt.“ In diesem Sinne auch Maier-Reimer, in: Erman, BGB, 15. Aufl. 2017, § 166 Rn. 21. 342  Vgl. oben § 13 B.V.6.b). 343  Bohrer, DNotZ 1991, 122; Koller in JZ 1998, 75; Dauner-Lieb, in: FS Kraft, 1998, S. 43, 49; neuerdings auch Grigoleit, ZHR 181 (2017), 160, 169 ff. 344  Koller, JZ 1998, 75.; Grigoleit, ZHR 181 (2017), 160, 170; Dauner-Lieb, in: FS Kraft, 1998, S. 43, 49. 345  Grigoleit, ZHR 181 (2017), 160, 166. 346  Siehe oben § 13 B.V.3.f). 347  Siehe oben § 13 B.V.4.g).

270

4. Kap., § 13 Wissensabhängige Manipulationsfolgen

Offensichtlich hat der Gesetzgeber mit § 166 BGB die Wissenszurechnung nur rudimentär positiv geregelt. Eine „absolute Wissensnorm“ könnte ohne Wissenszurechnung in zahlreichen Fällen überhaupt nicht zur Anwendung gelangen, denn jedes konstruierte Rechtssubjekt kann keinen natürlichen Bewusstseinszustand bilden und deshalb auch nicht positiv wissen. Das Wissen einer solchen Rechtsperson muss notwendigerweise im Wege der Wissenszurechnung durch das Wissen natürlicher Personen konstituiert werden.348 Die vorhandenen gesetzlichen Normen – insbesondere auch die absoluten Wissensnormen – sind nämlich offensichtlich nur auf natürliche Personen zugeschnitten und können den Eigenheiten juristischer Personen nicht angemessen Rechnung tragen. Darin eine abschließende gesetzgeberische Wertungsentscheidung zu sehen, ist nicht überzeugend. Viel eher liegt eine Lücke – ein nicht abschließend geregelter Bereich der Wissenszurechnung innerhalb von Organisationen – vor, die einer Ausfüllung bedarf. Dass es durchaus auch Organisationsformen wie den eingetragenen Kaufmann gibt, der selbst wissen kann, ändert nichts an der Lückenhaftigkeit des positiven Normbestands. Untersteht die Organisation einer natürlichen Person, kann zwar nicht davon gesprochen werden, dass „absolute Wissensnormen“ offensichtlich nicht auf solche Konstellationen zugeschnitten sind. Gleichwohl ist auch hier eine Wissenszurechnung in einem deutlich über § 166 BGB hinausgehenden Maße angezeigt.349 Die erforderlich Korrektur des lückenhaften Normbestands durch eine Analogie zu § 166 BGB stößt auch in diesen Fällen auf erhebliche Bedenken.350 Vorzugswürdig ist es deshalb auch insofern eine Rechtsfortbildung praeter legem im Lückenbereich, die den hier dargestellten Grundsätzen folgt. Den bestehenden Gefahren einer Einebnung entgegenstehender gesetzgeberischer Wertungsentscheidungen kann durch eine klare Trennung zwischen der Zurechnungs- und der Verschuldensebene im jeweiligen Haftungstatbestand angemessen begegnet werden.351 c) Systemkonsistenz und Widerspruchsfreiheit der Zurechnungslehre Die hier vorgestellten Überlegungen zur Wissenszurechnung, namentlich zur Zurechnung des Wissens von Organmitgliedern und Mitarbeitern, die Informationsweiterleitungspflichten bei einem ordnungsgemäßen Wissens­ organisationssystem des Unternehmens verletzt haben, lassen sich konsistent in die bisherige höchstrichterliche Rechtsprechung sowie in das (haftungs348  Sajnovits,

WM 2016, 765, 767. gelten die gleichen Erwägungen wie oben § 13 B.V.3. 350  Vgl. oben § 13 B.V.4.a). 351  Siehe unten § 13 C. und Sajnovits, WM 2016, 765, 773. 349  Es



C. Abgrenzung der Wissenszurechnung vom subjektiven Element271

rechtliche) Gesamtsystem einordnen. Die Systemkonsistenz wurde durch die wertende Berücksichtigung der §§ 278 und 831 BGB352 sowie des § 166 BGB353 sichergestellt. Aber auch im Allgemeinen ist die Lehre von der Wissenszurechnung kraft Organisationspflichtverletzung – trotz der Gleichschaltung von Wissen und Wissenmüssen354 – aufgrund der oben angestellten Überlegungen zu den Zurechnungsgründen355 und der fehlenden allgemeinen Festlegung des Gesetzgebers ein legitimer Akt freier Rechtsfortbildung im Lückenbereich.356 Die Widerspruchsfreiheit wird durch die Überlegungen zu den Schranken der Zurechnung zusätzlich untermauert.357

C. Abgrenzung der Wissenszurechnung vom subjektiven Element innerhalb der Wissensnormen I. Problemstellung Von der Frage nach dem relevanten Wissen, Wissenmüssen oder einer Wissenszurechnung streng zu unterscheiden ist das subjektive Tatbestandsmerkmal derjenigen Wissensnormen, in denen die Wissenszurechnung zur Ausfüllung anderer Tatbestandsmerkmale (z. B. Wissen / Kenntnis) führt.358 So erfordern allen voran die zivilrechtlichen Haftungsnormen, bei denen das Tatbestandsmerkmal der Kenntnis auch durch eine Wissenszurechnung erfüllt werden kann, zusätzlich ein subjektives Element in Form des Verschuldens oder Vertretenmüssens. Das darf nicht ohne Weiteres durch die Bejahung einer Wissenszurechnung marginalisiert werden. Andernfalls kommt es zum Wertungswiderspruch nicht nur bei der jeweiligen Haftungsnorm, sondern mitunter auch innerhalb des haftungsrechtlichen Gesamtsystems. II. Arglist und Vorsatz trotz bloß zugerechneter Kenntnis? 1. Arglist im (vor)vertraglichen Bereich Diese Erwägungen geraten scheinbar mit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Wissenszurechnung bei der Arglisthaftung in Konflikt. Wäh352  Sie

oben § 13 B.V.5.c)aa). oben § 13 B.V.5.c)cc). und § 13 B.V.8.a). 354  Siehe oben § 13 B.V.8.b). 355  Siehe oben § 13 B.V.3. 356  Siehe oben § 13 B.V.4. insbesondere 4.g). 357  Siehe oben § 13 B.V.6.b). 358  Sajnovits, WM 2016, 765, 773; ferner Buck-Heeb, AG 2015, 801, 805 f.; Ihrig, ZHR 181 (2017), 381, 393 f. 353  Siehe

272

4. Kap., § 13 Wissensabhängige Manipulationsfolgen

rend die Rechtsprechung des BGH zur Wissenszurechnung kraft Organisa­ tionspflichtverletzung von weiten Teilen der Literatur positiv aufgenommen wurde359, hat sich die Kritik an den Leitentscheidungen des BGH in den 1990er-Jahren vor allem auf das Arglistmerkmal bezogen.360 In der Diskussion stand das Problem, ob eine wegen einer Organisationspflichtverletzung bejahte Wissenszurechnung zu einer positiven Kenntnis beim vertragsabschließenden Mitarbeiter und bei der von ihm vertretenen Organisation führt und daher das Verschweigen der als Kenntnis zugerechneten Informationen ein arglistiges Verschweigen im Sinne von § 123 BGB darstellen kann. Der Bundesgerichtshof hatte die Ebenen der Wissenszurechnung und der Bejahung der Arglist in BGHZ 109, 327 noch klar voneinander getrennt. In dieser Entscheidung hatte er gleichwohl – tendenziell noch auf der Basis der Organtheorie – eine Arglist bei zugerechnetem Wissen bejaht.361 Diese Trennung kommt in den Folgeentscheidungen, so auch in BGHZ 132, 30, nicht mehr klar zum Ausdruck, sodass der BGH scheinbar undifferenziert die Kenntnis und zugleich die damit zusammenhängende Arglist bejaht.362 Das kritische Schrifttum stellt vorrangig darauf ab, dass Arglist einen moralischen Vorwurf indiziere, der im Fall einer bloß zugerechneten Kenntnis nicht ohne Weiteres erhoben werden könne.363 Bei juristischen Personen und sonstigen Organisationen ist dieser Vorwurf allerdings nur bedingt berechtigt. Diesen muss nämlich nicht nur das Wissen, sondern auch die Arglist immer zugerechnet werden. Daher ist im rechtsgeschäftlichen Bereich – also etwa bei der Arglistanfechtung von Verträgen – die Verwirklichung des Arglistmerkmals dann anzunehmen, wenn die zur fingierten Kenntnis führende Wissenszurechnung aufgrund eines (bedingt) vorsätzlichen Verstoßes gegen Wissensorganisationspflichten bzw. Informationsweiterleitungspflichten von Repräsentanten (§ 31 BGB analog) oder sonstigen Erfüllungsgehilfen (§ 278 BGB) bejaht wird.364 Denn dann muss sich das Zurechnungsobjekt auch die Weiterleitungspflichtverletzung zurechnen lassen. Wenn diese vorsätzlich erfolgte, rechtfertigt sich auch eine Haftung des Zurechnungsobjekts für Arglist. Die wird nämlich jedenfalls bei der Verletzung von Aufklärungspflichten 359  So auch schon der Befund bei Altmeppen, BB 1999, 749, 750 mit Nachweisen zu älteren Stellungnahmen. 360  So insbesondere Flume, AcP 197 (1997), 441; ferner Flume, JZ 1990, 550, 550 f.; Dauner-Lieb, in: FS Kraft, 1999, S. 43; Altmeppen, BB 1999, 749; Schilken, in: Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2014, § 166 Rn. 8; Meyer, WM 2012, 2044; Goldschmidt, ZIP 2005, 1305, 1308 ff. Neuerdings kritisch Grigoleit, ZHR 181 (2017), 160, 164 ff. 361  BGHZ 109, 327, 332 f. 362  BGHZ 132, 30, 35 ff.; dazu Sajnovits, WM 2016, 765, 773. 363  Hartung, NZG 1999, 524, 528. 364  Sajnovits, WM 2016, 765, 773.



C. Abgrenzung der Wissenszurechnung vom subjektiven Element273

ganz überwiegend mit Vorsatz gleichgesetzt365.366 Zugerechnetes Wissen und zugerechnetes Verhalten kumulieren damit bei der Organisation, und das führt so zur Bejahung von Wissen und Arglist. 2. Vorsatz im Deliktsrecht Im Rahmen eines Deliktstatbestands gebieten die Wertungen des deliktischen Haftungssystems eine andere Beurteilung.367 Sieht die jeweilige Deliktsnorm eine Haftung nur bei Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit vor und ist dem Zurechnungsobjekt nur eine fahrlässige Organisationspflichtverletzung vorzuwerfen, kann der vorsätzliche Verstoß eines Mitarbeiters unterhalb der Repräsentantenebene (§ 31 BGB analog) nicht zur Bejahung eines vorsätz­ lichen Verstoßes gegen die Deliktsnorm genügen. Andernfalls würde die klare gesetzgeberische Entscheidung für eine Begrenzung der Haftung auf eine bestimmte Verschuldensform sowie die Wertungen des § 831 BGB unterlaufen. Wenig überzeugend sind daher Überlegungen, auch bei zugerechneter Kenntnis sogar die Voraussetzungen des § 826 BGB als erfüllt anzusehen,368 was der BGH kürzlich ganz ebenso gesehen hat.369 III. Haftung für fehlerhafte Ad-hoc-Publizität als weiteres Beispiel einer notwendigen Unterscheidung Die aufsichtsrechtliche Norm des Art. 17 MAR enthält kein ausdrückliches Verschuldenselement, und verschuldensähnliche Erwägungen fließen nur mittelbar über die Kenntnis bzw. über das Kennenmüssen im Rahmen der unverzüglichen Veröffentlichung ein. Erst die Haftungstatbestände der §§ 97, 98 WpHG erfordern ein Verschulden des Emittenten und beschränken dessen Einstandspflicht auf Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit.370 Dieser ausdrücklichen gesetzgeberischen Wertungsentscheidung widerspräche es offenkundig, nähme man aufgrund fingierter positiver Kenntnis als Folge von lediglich 365  Armbrüster, in: MünchKomm, BGB, 7. Aufl. 2015, § 123 Rn. 17; Ellenberger, in: Palandt, BGB, 76. Aufl. 2017, § 123 Rn. 11. 366  Sajnovits, WM 2016, 765, 773. 367  Sajnovits, WM 2016, 765, 773. Keinen Unterschied erkennt Grigoleit, ZHR 181 (2017), 160, 165 f. an. 368  Siehe etwa KG Berlin WM 2015, 2365; Wagner, in: MünchKommBGB, 7. Aufl. 2017, § 826 Rn. 38. 369  BGH NZG 2016, 1346. 370  Diese Unterscheidung betont auch Assmann, in: Assmann / Schneider / Mülbert, Wertpapierhandelsrecht, 7. Aufl. 2018, Art. 17 VO Nr. 596 / 2014 Rn. 51. Vgl. zu den §§ 37b, 37c WpHG a. F. nur Mülbert / Sajnovits, ZfPW 2016, 1, 37 ff.; Mülbert / Steup, in: Habersack / Mülbert / Schlitt, Unternehmensfinanzierung, 3. Aufl. 2013, § 41 Rn. 204 ff.

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4. Kap., § 13 Wissensabhängige Manipulationsfolgen

fahrlässigen Organisations- bzw. Weiterleitungspflichtverletzungen einen vorsätzlichen Verstoß nach § 98 Abs. 2 WpHG an.371 Wird bei einer nur fahrlässigen oder gar bei einer fehlenden Organisationspflichtverletzung des Emittenten eine Zurechnung im Rahmen des Art. 17 MAR aufgrund eines grob fahrlässigen oder vorsätzlichen Verstoßes gegen eine Informationsweiterleitungspflicht durch einen Mitarbeiter bejaht372, kommt es für die Haftung nach § 98 WpHG auf dessen dogmatische Einordnung als Vertrauenshaftungs-373 oder Deliktstatbestand374 an.375 Die §§ 97 und 98 WpHG sind – wie gemeinsam mit Mülbert an anderer Stelle zu §§ 37b und 37c WpHG a. F. dargelegt376 – als Vertrauenshaftungstatbestände einzuordnen. So kommt es richtigerweise zu einer Anwendung des § 278 BGB. Deshalb kann der vorsätzliche oder grob fahrlässige Verstoß eines Mitarbeiters gegen eine Informationsweiterleitungspflicht für eine Bejahung der Haftung nach § 98 WpHG genügen.

D. Aufklärungspflicht über Manipulationen I. Vorvertragliche Aufklärungspflichten im Rahmen von c.i.c. und arglistiger Täuschung Wird einer Bank als Vertragspartner das Wissen ihrer Organmitglieder oder sonstiger Mitarbeiter von den früheren oder jetzigen Manipulationen an 371  Sajnovits, WM 2016, 765, 773; andeutungsweise auch Leyendecker-Langner /  Kleinhenz, AG 2015, 72, 73 f.; Verse, AG 2015, 413, 418 Fn. 39; offengelassen von BuckHeeb, AG 2015, 801, 805; Hellgardt, Kapitalmarktdeliktsrecht, 2008, S. 258 f. Nur im Ergebnis ähnlich Gasteyer / Goldschmidt, AG 2016, 116, die die Probleme der Wissenszurechnung im Allgemeinen nach den „anerkannten Regeln des Verschuldens“ lösen. 372  An den dadurch bewirkten Verstoß gegen Art. 17 MAR können sich aufsichtsrechtliche Folgen knüpfen, die nicht auf vorsätzliche oder groß fahrlässige Pflichtverstöße beschränkt sind (so insbesondere Maßnahmen nach § 6 Abs. 1 WpHG). Siehe Sajnovits, WM 2016, 765, 773. 373  Mülbert / Sajnovits, ZfPW 2016, 1, 37 f.; Zimmer / Grotheer, in: Schwark / Zimmer, KMRK, 4. Aufl. 2010, § 37c WpHG Rn. 8 f.; Baums, ZHR 167 (2003), 139, 165 f.; Veil, BKR 2005, 91, 92; Mülbert / Steup, WM 2005, 1633, 1638; Longino, DStR 2008, 2068, 2069; Doğan, Ad-hoc Publizitätshaftung, 2005, S. 55 f.; Casper, BKR 2005, 83, 86; Barnert, WM 2002, 1473, 1483; zur vergleichbaren spezialgesetzlichen Prospekthaftung siehe nur Ellenberger, Prospekthaftung, 2000, S. 9 f. 374  Hellgardt, in: Assmann / Schneider / Mülbert, Wertpapierhandelsrecht, 7. Aufl. 2018, § 98 WpHG Rn. 45 ff.; Ihrig, ZHR 181 (2017), 381, 393 f.; Möllers / Leisch, in: KölnKommWpHG, 2. Aufl. 2014, §§ 37b, c Rn. 14 f.; Hellgardt, Kapitalmarktdeliktsrecht, 2008, S. 35 f.; Sethe, in: Assmann / Schneider, WpHG, 6. Aufl. 2012, §§ 37b, 37c Rn. 23; wohl auch Klöhn, ZHR 178 (2014), 671, 699 ff. 375  Sajnovits, WM 2016, 765, 773. 376  Mülbert / Sajnovits, ZfPW 2016, 1, 37 f.



D. Aufklärungspflicht über Manipulationen275

Financial-Benchmarks zugerechnet377 und ist dieses Wissen daher bei ihr als fingiert positive Kenntnis vorhanden378, trifft sie eine Aufklärungspflicht im vorvertraglichen Stadium.379 Die Verletzung einer ebensolchen Aufklärungspflicht kann ein Anfechtungsrecht im Sinne des § 123 Abs. 1 BGB und / oder einen Schadensersatzanspruch aus culpa in contrahendo (c.i.c.) gemäß den §§ 280 Abs. 1, 311 Abs. 2, 241 Abs. 2 BGB nach sich ziehen.380 Eine entsprechende Aufklärungspflicht muss aber sorgfältig begründet werden. Die Pflicht zur spontanen Offenbarung von Kenntnis bei Austauschverträgen381 ist die begründungsbedürftige Ausnahme von der Grundregel, dass jeder Vertragspartner im Marktprozess selbst für hinreichende Eigeninformation zu sorgen und die Risiken mangelnder Information zu tragen hat.382 Eine Aufklärungspflicht besteht nach allgemeinen Grundsätzen nur für solche Umstände, die (1.) bei einer bestehenden Informationsasymmetrie (2.) aus Sicht des Informierten für den Nichtinformierten erkennbar von besonderer Bedeutung sind und über die (3.) nach Treu und Glauben und der Verkehrssitte Aufklärung zu erwarten ist.383

377  Siehe

näher oben § 13 B. oben § 13 B. 379  Zweifelnd Buck-Heeb, WM 2015, 157, 160; so wie hier Weck, KommJur 2013, 247, 250 f.; tendenziell auch Grundmann, in: Staub, HGB, Bankvertragsrecht 2, 5. Aufl. 2018, 6. Teil, 4. Abschnitt, A Rn. 782. 380  Siehe unten § 13 E. Wenngleich die Schutzzwecke der c.i.c. mit dem Vermögensschutz über jene des § 123 BGB hinausgehen, überschneiden sich die Institute zumindest nach herrschender Meinung hinsichtlich des Schutzes der Entscheidungsfreiheit. Unabhängig davon wird ganz einhellig davon ausgegangen, dass die Ausformung von Informationspflichten im Rahmen des § 123 Abs. 1 BGB einerseits und der c.i.c. andererseits ganz parallel verläuft. Dazu Fleischer, Informationsasymmetrie, 2001, S. 450. 381  Andere (strengere) Pflichten gelten im Rahmen von Kooperations- und Inte­ ressenwahrungsverträgen. Dazu Flume, Rechtsgeschäft, 3. Aufl. 1979, § 29, S. 541; Fleischer, Informationsasymmetrie, 2001, S. 573 ff.; Emmerich, in: MünchKomm­ BGB, 7. Aufl. 2016, § 311 Rn. 67. 382  Siehe aus der Rechtsprechung BGH NJW 1983, 2493, 2494; aus dem Schrifttum Emmerich, in: MünchKommBGB, 7. Aufl. 2016, § 311 Rn. 66; Olzen, in: Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2015, § 241 Rn. 453 f.; Fleischer, Informationsasymmetrie, 2001, S. 575. 383  Siehe etwa BGHZ 174, 186, 190 Rn. 13; BGH NZG 1998, 506, 507; BGH NJW 2000, 803, 804; BGH NJW 2001, 2163, 2164; BGH NJW 2007, 3057, 3059 Rn. 35; BGH NJW 2008, 3699, 3699 f. Rn. 10; aus der Kommentarliteratur mit Abschichtungen und sematischen Unterscheidungen Emmerich, in: MünchKommBGB, 7. Aufl. 2016, § 311 Rn. 66; Olzen, in: Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2015, § 241 Rn.  447 ff.; Ellenberger, in: Palandt, BGB, 76. Aufl. 2017, § 123 Rn. 5; Grüneberg, in: Palandt, BGB, 76. Aufl. 2017, § 242 Rn. 37. 378  Siehe

276

4. Kap., § 13 Wissensabhängige Manipulationsfolgen

1. Informationsasymmetrie Zwischen der manipulierenden Bank und ihren Kunden besteht sowohl hinsichtlich in der Vergangenheit erfolgter Manipulationen als auch hinsichtlich der Möglichkeit zukünftiger Manipulationen ganz regelmäßig eine Informationsasymmetrie. Was eine generelle Manipulierbarkeit der Benchmarks anbelangt, hängt das Vorliegen einer Informationsasymmetrie vom Einzelfall ab. Der Kunde als Aufklärungsberechtigter wird jedenfalls im Vorfeld des breiten Bekanntwerdens der Referenzzinssatzmanipulationen keine Kenntnis von der Möglichkeit einer Manipulation gehabt haben. Selbst nach dem Bekanntwerden der Manipulationen von LIBOR und EURIBOR in der Öffentlichkeit wird der Kunde zudem keine generelle Kenntnis von vergangenen oder zukünftig geplanten Manipulationen seiner Bank haben. Die Bank ihrerseits hat aufgrund der Wissenszurechnung in der Regel sowohl Kenntnis von konkreten Manipulationen in der Vergangenheit als auch von zukünftigen möglicherweise aus ihrer Sphäre stammenden.384 Es ist unmaßgeblich, ob der jeweilige Bankmitarbeiter, der dem Kunden im vorvertraglichen Bereich gegenübertritt, diese Kenntnis tatsächlich nicht hat. Die Grundsätze der Wissenszurechnung bewirken auch eine Zurechnung des Wissens an den jeweiligen Berater, wenn er bei einer ordnungsgemäßen Organisation ebendieses Wissen hätte haben müssen, um seine Kunden darüber aufzuklären.385 2. Erkennbar wesentliche Umstände Eine Aufklärung ist, wie schon das Reichsgericht judizierte, nur hinsichtlich solcher Umstände erforderlich, die erkennbar von besonderer Bedeutung für den Vertragspartner sind (Wesentlichkeitskriterium).386 Das sind solche Umstände, die den Vertragspartner vom Vertragsschluss abhalten387, die Vertragsdurchführung oder den Vertragszweck vereiteln388 oder dem Vertragspartner erheblichen wirtschaftlichen Schaden zufügen könnten389. 384  Siehe

näher zur Wissenszurechnung oben § 13 B. oben § 13 B.V. Vgl. ferner etwa BGHZ 140, 54, 61 f. 386  RGZ 114, 155, 159; sodann auch die Rechtsprechung des BGH, siehe etwa BGH NJW 1995, 45, 47. 387  Olzen, in: Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2015, § 241 Rn. 452; Grunewald, AcP 190 (1990), 609, 609 f. 388  BGH NJW 2010, 3362, 3362 Rn. 22; BGH NJW 1980, 2460, 2461; Ellenberger, in: Palandt, BGB, 76. Aufl. 2017, § 123 Rn. 5b. 389  BGH NJW 2010, 3362, 3362 Rn. 22; Ellenberger, in: Palandt, BGB, 76. Aufl. 2017, § 123 Rn. 5b. 385  Siehe



D. Aufklärungspflicht über Manipulationen277

Die Information über die generelle Manipulierbarkeit von Referenzzinssätzen – so denn überhaupt eine Informationsasymmetrie besteht – wird man kaum als derart wesentlichen Umstand einordnen können, da die tatsächliche Realisierung der Gefahren ebenso wie die Auswirkungen auf den Vertrag höchst vage wären. Die generelle Manipulierbarkeit muss als allgemeines Marktrisiko und als auf dem Markt allgemein bekanntes Risiko eingestuft werden, und dies für die Zeiträume sowohl vor als auch nach dem Bekanntwerden der LIBOR-Manipulationen im Jahr 2012.390 Daraus folgt, dass eine Bank, die kein Kontributor der betreffenden Benchmark ist, jedenfalls dann keine Aufklärungspflicht trifft, wenn sie keine spezifischen – nicht bereits öffentlich bekannten – Informationen über die Manipulationen anderer Banken hat. Was die im (unmittelbaren) Vorfeld des Vertragsschlusses und der Vertragsverhandlungen von der Bank ausgehenden Manipulationen der relevanten Referenzzinssätze anbelangt, ergibt sich eine erkennbare Wesentlichkeit ganz regelmäßig aus dem Potenzial der Information, den Vertragspartner vom Vertragsschluss abzuhalten. Die Information über unmittelbar zurückliegende Manipulationen würde das Vertrauensverhältnis im vertraglichen Anbahnungsstadium ganz erheblich erschüttern. Gerade aus Sicht des Vertragspartners würde es jedenfalls die Bewertung der Gefahr auch zukünftiger Manipulationen beeinflussen.391 Zum Zeitbezug einer Information über bestimmte Umstände wird allerdings auch vertreten, dass über Vergangenes nicht aufzuklären sei. Dieser Aspekt ist – unabhängig von seiner generellen Überzeugungskraft392 – hier schon deshalb nicht relevant, weil es maßgeblich um die Zerstörung des Vertrauens und die dadurch bedingte Abstandnahme vom Vertragsschluss geht. Das Vertrauensverhältnis wäre aber gerade zu dem Zeitpunkt zerstört worden, in dem über die Manipulationen aufgeklärt worden wäre. Schließlich kommt der Umstand einer geplanten, konkret bevorstehenden Manipulation als bedeutsam in Betracht. Gerade solche Umstände werden als wesentlich angesehen, die dem Vertragspartner erheblichen wirtschaftlichen Schaden zufügen könnten.393 Manipulationen haben regelmäßig jedenfalls das Potenzial, dem jeweiligen Vertragspartner einen erheblichen wirtschaftlichen Schaden zuzufügen. Dabei hängt die Größe der potenziellen wirtschaftlichen Schäden stark vom jeweiligen Vertragstypus und der Einbindung der Benchmark ab.

390  Vgl.

die Argumentation oben § 12 D. oben § 12 C.II. 392  Fleischer, Informationsasymmetrie, 2001, S. 582 f. 393  Fleischer, Informationsasymmetrie, 2001, S. 576. 391  Vgl.

278

4. Kap., § 13 Wissensabhängige Manipulationsfolgen

3. Treu und Glauben und Verkehrssitte Schließlich muss eine Aufklärung nach Treu und Glauben und unter Berücksichtigung der Verkehrssitte zu erwarten sein. Zur Präzisierung dieser Anforderungen lassen sich die von Fleischer herausgearbeiteten Kriterien zur Zuweisung von Aufklärungspflichten durch die interessenspezifische Auffächerung und Abwägung informationeller Konfliktlagen fruchtbar machen. Sie ermöglichen eine systematische Abwägung der divergierenden Interessen.394 Auf Seiten der informierten Partei kommt es danach auf die berechtigten Interessen des Schutzes vor opportunistischem Verhalten, vor der Entwertung eigener Informationsanstrengungen, vor der Offenbarung eigener Bedrängnis und vor Persönlichkeitsrechtsverletzungen an.395 Auf Seiten der nichtinformierten Partei ist demgegenüber der Schutz vor strukturellen Informationsnachteilen, vor situationsbedingter Irreführung, vor standardisierter Vertragserwartung, vor Risikogeschäften sowie – unter Umständen – vor unvorteilhaften Geschäften maßgeblich.396 Die Bankkunden können nach Treu und Glaube und der Verkehrssitte grundsätzlich Informationen über die Manipulationen erwarten. Der Bankkunde hat aufgrund der unmittelbaren Auswirkungen der Manipulationen von Benchmarks auf das Vertragsverhältnis, aber auch aufgrund der das Vertrauensverhältnis beeinträchtigenden Wirkung der durch die Manipulationen zum Ausdruck kommenden fehlenden Integrität seines Vertragspartners ein hohes Interesse an einer Aufklärung. Die gesetzeswidrige Einflussnahme auf eine wesentliche preisbildende Determinante für seine Entscheidung zum Abschluss des jeweiligen Vertrags ist nämlich ganz wesentlich. Hinsichtlich dieser Informationen hat der Kunde einen strukturellen Informationsnachteil: Er hat keine Einsichtsmöglichkeiten in die internen Prozesse der Bank im Zusammenhang mit den Eingabedaten. Zudem sind die Informationen auch als Schutz vor einer situationsbedingten Irreführung relevant. Der Kunde geht ja – berechtigterweise – davon aus, dass die preisbildende bzw. preisbeeinflussende Determinante Benchmark unabhängig zustandekommt und nicht von seinem Vertragspartner rechtswidrig beeinflusst wird. 394  Fleischer, Informationsasymmetrie, 2001, S. 278 ff. Ähnlich aber weniger differenziert Olzen, in: Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2015, § 241 Rn. 453 ff., der einerseits die Gründe für die Schutzwürdigkeit der nichtinformierten Partei benennt (Rn. 453) und diese sodann mit Zumutbarkeitserwägungen der informierten Partei abwägt (Rn.  454 ff.). 395  Fleischer, Informationsasymmetrie, 2001, S. 278 ff. 396  Fleischer, Informationsasymmetrie, 2001, S. 296 ff.



D. Aufklärungspflicht über Manipulationen279

Auf Seiten der Bank sind – vorbehaltlich der Ausschlussgründe unter III. – keine schutzwürdigen Interessen an der Nichtaufklärung erkennbar. Die Bank bedarf keines Schutzes vor opportunistischem Verhalten ihres Vertragspartners. Sie hat keine ökonomisch schützenswerten Informationsanstrengungen machen müssen, die durch die Offenbarung entwertet würden. Informationsanstrengungen zur Aufdeckung von Manipulationen werden vielmehr bei einer ordnungsgemäßen Complianceorganisation zwingend von ihr gefordert und können im Verhältnis zum Kunden nicht zusätzlich kommerzialisiert werden. II. Aufklärungspflicht als Ausfluss einer vertraglichen Beratungspflicht Kommt im Vorfeld des Abschlusses eines Darlehensvertrags oder eines Vertrags über ein Finanzinstrument ein (konkludenter) Beratungsvertrag zwischen der Bank und dem Kunden zustande, schuldet die Bank dem Kunden nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs eine anleger- und objektgerechte Beratung auf der Grundlage eines eigenständigen (konkludent) geschlossenen Beratungsvertrags.397 Die vorstehenden Erwägungen zu vorvertraglichen Aufklärungspflichten können insofern entsprechend herangezogen werden.398 III. Keine entgegenstehenden Ausschlussgründe 1. Schutz vor einem Zwang zur Selbstbezichtigung Den Aufklärungspflichten im vorvertraglichen und vertraglichen Bereich stehen in der Regel keine durchgreifenden Ausschlussgründe entgegen. Für die Pflichtenbegründung und die Wissenszurechnungsschranken wurde bereits diskutiert, ob der Nemo-tenetur-Grundsatz das privatrechtliche Verhältnis zwischen Zurechnungsobjekt und Zurechnungssubjekt zu beeinflussen vermag.399 Eine wertungsmäßig ganz ähnlich gelagerte Frage wird auch im Zusammenhang mit Aufklärungspflichten gestellt, seien es solche im vorvertraglichen oder im vertraglichen Bereich.400 Auch insofern wird die Ansicht vertreten, dass ein Vertragspartner nicht damit rechnen können soll, dass der

397  BGHZ 123, 126 (Bond-Urteil); ferner etwa BGH NJW 2004, 1868, 1869; aus dem Schrifttum etwa Buck-Heeb, WM 2012, 625. 398  Siehe oben § 13 D.I. 399  Siehe oben § 13 B.V.6.a). 400  Olzen, in: Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2015, § 241 Rn. 453.

280

4. Kap., § 13 Wissensabhängige Manipulationsfolgen

andere ihn über aufsichtsrechtlich und strafrechtlich relevantes Verhalten aufklärt.401 Richtigerweise müssen – ganz entsprechend den obigen Ausführungen402 – die entgegenstehenden Interessen aber gegeneinander abgewogen werden. Eine Aufklärungspflicht kann nicht pauschal unter Berufung auf den Nemotenetur-Grundsatz verneint werden. Die Bank hat die Möglichkeit, darüber zu informieren, dass schwerwiegende Interessenkonflikte bestehen, die die Interessen des Kunden beeinträchtigen. Sie muss dafür strafrechtlich relevantes Verhalten nicht spezifizieren. Daher kann man hier keinesfalls von einem überwiegenden Interesse der Bank ausgehen. Zusätzlich ist zu berücksichtigen, dass der Schutz vor einem Zwang zur Selbstbezichtigung als Ausfluss des allgemeinen Persönlichkeitsrechts (Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 1 Abs. 1 GG)403 für juristische Personen – wenn überhaupt404 – nur eine ganz untergeordnete Wirkung hat. Beim Beratungsvertrag tritt – jedenfalls für die wohl herrschende Meinung – die Bejahung einer besonderen Interessenwahrungspflicht hinzu405 die ebenfalls für eine Aufklärungspflicht spricht. 2. Insiderrecht und sonstige Geheimhaltungspflichten als Schranken der Aufklärungspflicht? Ein weiterer potenzieller Ausschlussgrund ergibt sich aus der einer Aufklärungspflicht entgegenstehenden Verschwiegenheits- bzw. Geheimhaltungspflicht. Oftmals kann es sich bei den Informationen über die Manipulationen vor einer Ad-hoc-Mitteilung noch um Insiderinformationen handeln. Daher könnte Art. 14 lit. c MAR deren Offenlegung gegenüber einem Vertragspartner entgegenstehen.

401  Im Zusammenhang mit LIBOR-Manipulationen Buck-Heeb, WM 2015, 157, 160; tendenziell auch Olzen, in: Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2015, § 241 Rn. 454; im Zusammenhang mit einer vorvertraglichen Aufklärungspflicht über eine Kartellbindung Franck, AcP 213 (2013), 222, 258 ff. (Aufklärungspflicht ablehnend); Dück / Schultes, NZKart 2013, 228, 230 (Aufklärungspflicht ablehnend); OLG Düsseldorf v. 29.  Oktober 2010  – I-22 U 135 / 08, juris (eine generelle Aufklärungspflicht über Kartellverstöße annehmend); Dreher, in: FS Canenbley, 2012, 167, 171 ff. (Aufklärungspflicht bejahend). 402  Siehe oben § 13 B.V.6.a) und § 13 B.V.5.c)bb). 403  BVerfGE 38, 105, 113 f.; BVerfGE 55, 144, 150 f. 404  Verneinend BVerfGE 95, 220, 242; im Ergebnis auch Arzt, JZ 2003, 456, 457 f.; von Freier, ZStW 122 (2010), 117, 139 ff.; a. A. Dannecker, ZStW 127 (2015), 370, 375 ff. 405  Buck-Heeb, WM 2012, 625, 629 auch zu dem Konflikt zwischen Kaufvertrag mit Interessensgegensatz und Beratungsvertrag mit Interessenswahrungspflicht und der dadurch entstehenden Doppelrolle der Bank.



D. Aufklärungspflicht über Manipulationen281

Bislang wird der Konflikt zwischen Insiderinformationsweitergabeverboten und (vor-)vertraglichen Aufklärungspflichten nicht diskutiert, wohl aber derjenige zwischen Aufklärungspflicht und Bankgeheimnis.406 Dazu wird überwiegend die Auffassung vertreten, dass der Konflikt durch eine Güterabwägung aufzulösen sei.407 Auf das Offenlegungsverbot des Art. 14 lit. c MAR sind diese Überlegungen nicht übertragbar. Dieses dient nämlich dem Schutz der Funktionsfähigkeit des Kapitalmarkts, die einer Abwägung mit dem vertraglichen Informationsbedürfnis einzelner Marktteilnehmer – anders als das ebenfalls vertragliche Bankgeheimnis – nicht zugänglich ist. Eine Aufklärungspflicht wegen des entgegenstehenden Offenbarungsverbots entfällt daher auch dann, wenn eine bestimmte Information eigentlich schon hätte ad hoc veröffentlicht werden müssen. Denn dieser illegale Desinformationszustand würde durch individuelle Offenbarungen gegenüber einzelnen Marktteilnehmern sogar noch weiter vertieft. Die Ad-hoc-Publizitätspflicht dient nämlich gerade dem Zweck, eine gleichmäßige Information des gesamten Kapitalmarkts zu erreichen und das Insiderwissen einzelner Marktteilnehmer gering zu halten.408 Die informierte Partei kann aber aus dem ihrer Aufklärungspflicht entgegenstehenden Offenbarungsverbot keine Vorteile ziehen, indem einfach Ansprüche aus c.i.c. und eine Anfechtung wegen arglistiger Täuschung ausgeschlossen werden. Beim Insiderwissen wird – auch außerhalb des Kapitalmarktrechts – vertreten, dass in Fällen, in denen eine Partei aufgrund ihrer besonderen Stellung im Markt Kenntnis von nicht öffentlich bekannten Umständen erlangt, sie ihr Sonderwissen nicht ohne Weiteres zum eigenen Vorteil ausnutzen darf.409 Der vertragsrechtliche Insider muss sein Sonderwissen entweder offenbaren oder aber auf den Geschäftsabschluss verzichten.410 Da eine Offenbarung im Rahmen des Art. 14 lit. c MAR nicht in Betracht kommt, muss die Bank deshalb entweder auf den Geschäftsabschluss verzichten oder – ohne insiderrechtlich relevante Informationen preiszugeben – dem Kunden unmissverständlich klarmachen, dass sie einem schwerwiegenden Interessenkonflikt unterliegt, der sich deutlich zum Nachteil des Kunden auswirken könnte. Andernfalls begeht sie durch einen Vertragsabschluss eine Pflichtverletzung gegenüber dem Kunden, die diesen auch zur Aufhebung 406  BGH NJW 1991, 693; Olzen, in: Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2015, § 241 Rn. 453; Hopt, in: FS Stimpel, 1985, S. 265, 282 ff. 407  BGH NJW 1991, 693, 694; schon Canaris, Bankvertragsrecht, 1981, Rn. 61 ff. 408  Klöhn, in: Klöhn, MAR, 1. Aufl. 2018, Vor Art. 17 Rn. 34 ff. 409  Fleischer, Informationsasymmetrie, 2001, S. 578  f.; U.Huber, in: Karlsruher Forum 2000, 2001, S. 5, 24 ff. 410  Fleischer, Informationsasymmetrie, 2001, S.  578; U.Huber, in: Karlsruher Forum 2000, 2001, S. 5, 24 ff.

282

4. Kap., § 13 Wissensabhängige Manipulationsfolgen

des Vertrags (durch Anfechtung oder im Wege der Geltendmachung von Schadensersatz) berechtigen kann.

E. Wissensabhängige Folgen im Falle von Benchmark-­ Manipulationen durch Banken (Tatbestandsseite) Als wissensabhängige Manipulationsfolgen sind eine Anfechtung von auf manipulierte Benchmarks referenzierenden Verträgen wegen arglistiger Täuschung, eine Haftung aus c.i.c., eine Haftung wegen einer Beratungspflichtverletzung sowie Ansprüche nach § 98 WpHG denkbar. Ausscheiden muss hingegen regelmäßig eine Haftung aus § 826 BGB. Eine Anfechtung der Verträge über Finanzinstrumente und von Finanzkontrakten kommt wegen arglistiger Täuschung in Betracht.411 Einer Bank kann gerade im vertraglichen Bereich auch das Wissen ihrer Mitarbeiter von den Manipulationen zugerechnet werden.412 Daraus resultiert in der Regel eine Aufklärungspflicht im vorvertraglichen Stadium.413 Die Arglist ist zwar von der Frage der Zurechnung zu unterscheiden, kann aber im vertraglichen Bereich jedenfalls bei einer vorsätzlichen Verletzung einer Informationsweiterleitungspflicht – wie im Falle der Benchmark-Manipulationen – bejaht werden.414 Für die Anfechtungsfrist gilt § 124 BGB. Daneben ist ein Anspruch aus c.i.c. wegen der Verletzung einer vorvertraglichen Aufklärungspflicht denkbar (§§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2, 311 Abs. 2 BGB).415 Schuldverhältnisse aus Verschulden bei Vertragsschluss, insbesondere die Verletzung von Offenlegungspflichten416, unterfallen im Ausgangspunkt dem Statut der Rom II-VO (Art. 1, 12 Rom II-VO). Für die Ermittlung des anwendbaren Sachrechts sind die Begriffe nämlich autonom unionsrechtlich zu bestimmen (Erwägungsgrund 30 Satz 1 Rom II-VO) und es ist unmaßgeblich, dass die c.i.c. nach deutschem Recht als vertragliche Haftungsfigur eingeordnet wird. Nach Art. 12 Abs. 1 Rom II-VO ist allerdings das hypothetische Vertragsstatut maßgeblich, weshalb es doch wieder auf die Bestimmung des Sachrechts nach der Rom I-VO ankommt.417 Hinsichtlich der Wissenszurechnung und der Aufklärungspflicht gelten hier die Erwägungen zur arglistigen Täuschung ganz entsprechend; für das Verschulden genügt 411  Für

A.I.1.

Fragen der Anfechtung ist das Vertragsstatut maßgeblich. Dazu oben § 12

412  Siehe

oben § 13 B.V.5.a), § 13 B.V.5.c)aa) und § 13 B.V.5.c)dd). oben § 13 D.I. 414  Siehe oben § 13 C.I. und II. 415  Zur vorvertraglichen Aufklärungspflicht siehe oben § 13 D.I. 416  Thorn, in: Palandt, BGB, 76. Aufl. 2017, Rom II (IPR), Art. 12 Rn. 2. 417  Dazu oben § 12 A.I.1. 413  Siehe



E. Wissensabhängige Folgen im Falle von Benchmark-Manipulationen283

sogar einfache Fahrlässigkeit. Die Verjährung der Ansprüche richtet sich nach den §§ 195, 199 Abs. 1 BGB.418 Zudem kommt – je nach konkreter Sachlage – eine schuldhafte Pflichtverletzung aus einem (konkludent) geschlossenen Beratungsvertrag infrage.419 Anknüpfend an die Zurechnung des Wissens von den Manipulationen, trifft die Bank regelmäßig im Rahmen ihrer Beratungspflicht auch eine Pflicht zur Aufklärung über ebendiese.420 Die aus der Wissenszurechnung eventuell resultierenden Ansprüche aus § 99 WpHG betreffen einen anderen Sachverhalt und eine andere Rechts­ folge.421 Nach Art. 17 MAR (§ 15 WpHG a. F.) haben Emittenten von Fi­ nanzinstrumenten die sie unmittelbar betreffenden Insiderinformationen unverzüglich zu veröffentlichen.422 Als eine mitteilungspflichtige Insider­ information im Sinne des Art. 17 MAR kommen grundsätzlich auch ein Complianceverstoß und mithin auch die Manipulation von Benchmarks in Be­tracht.423 Die Einordnung unter die hier so bezeichneten wissensabhängigen Folgen rechtfertigt sich in letzterem Fall daraus, dass nach zutreffender herrschender Lesart des § 15 WpHG a. F.424 – und Gleiches gilt für Art. 17 418  Vgl.

oben § 12 F. sofern noch von einer freiwilligen Verpflichtung der Bank ausgegangen werden kann, ist das Vertragsstatut maßgeblich. Wird die Willenserklärung der Bank beim konkludenten Beratungsvertrag aber nur konstruiert, wird man kolli­ sionsrechtlich von der Maßgeblichkeit des Deliktsstatuts und damit der Rom II-VO (dazu unten § 14 A.) auszugehen haben. Dazu Lehmann, in: Hüftege / Mansel, BGBRom I-Verordnungen, 2. Aufl. 2015, Art. 4 Rom II-VO Rn. 73. 420  Siehe oben § 13 D.II. 421  Für diese Ansprüche ist das Deliktsstatut und damit die Rom II-VO maßgeblich (siehe Lehmann, in: MünchKommBGB, 6. Aufl. 2015, Internationales Finanzmarktrecht Rn. 556). Zum Deliktsstatut siehe unten § 14 A. Teilweise wird für die kapitalmarktrechtlichen Informationshaftungsansprüche im Rahmen der Ausweichklausel des Art. 4 Abs. 3 Rom II-VO auf den Marktort (Weber, WM 2008, 1581, 1586 zur Prospekthaftung) oder sogar an das Emittentenstatut (Ringe / Hellgardt, Oxford Journal of Legal Studies 31 (2011), 23, 46, 54 f.; LG Stuttgart, WM 2017, 1451, 1460 Rn. 144) angeknüpft. Teilweise wird vertreten, dass es beim Erfolgsort nach Art. 4 Abs. 1 Rom II-VO bleibt (Lehmann, IPrax 2012, 399, 402). 422  Vgl. zu § 15 WpHG a. F. und dessen Tatbestandsvoraussetzungen Assmann, in: Assmann / Schneider, WpHG, 6. Aufl. 2012, § 15 Rn. 40 ff.; Klöhn, in: KölnKommWpHG, 2. Aufl. 2014, § 15 Rn. 26 ff. 423  Vgl. Klöhn, ZIP 2015, 1145, 1150 ff.; Schockenhoff, NZG 2015, 409 ff.; Sajnovits, WM 2016, 765. 424  Klöhn, ZIP 2015, 1145, 1152; Klöhn, in: KölnKommWpHG, 2. Aufl. 2014, § 15 Rn. 98 ff.; Zimmer / Kruse, in: Schwark / Zimmer, KMRK, 4. Aufl. 2010, § 15 Rn. 50; Pfüller, in: Fuchs, WpHG, 2. Aufl. 2016, § 15 Rn. 328; vgl. auch BaFin, Emittentenleitfaden, 4. Aufl. 2013, IV.6.3, S. 70; unklar Assmann, in: Assmann /  Schneider, WpHG, 6. Aufl. 2012, § 15 Rn. 248 ff. 419  Jedenfalls

284

4. Kap., § 13 Wissensabhängige Manipulationsfolgen

MAR425 – eine Ad-hoc-Mitteilungspflicht des Emittenten nur bei Wissen oder Wissenmüssen um die relevante Tatsache in Betracht kommt.426 Dies wird aus dem Tatbestandsmerkmal unverzüglich herausgelesen.427 Neben dem Verstoß gegen Art. 17 MAR bedarf es für einen Haftungsanspruch aber zudem eines grob fahrlässigen Verstoßes gegen die Publizitätspflicht428. Der jeweilige Anspruchsteller muss zudem die übrigen Voraussetzungen des § 98 WpHG erfüllen. Ob diese Voraussetzungen erfüllt sind, muss im Einzelfall beurteilt werden. Das anwendbare Verjährungsregime hängt maßgeblich vom Zeitpunkt des Unterlassens der Ad-hoc-Mitteilung ab. Ab dem 10. Juli 2015 gelten die allgemeine Verjährungsfrist von kenntnisabhängig drei bzw. kenntnisunabhängig zehn Jahren nach den §§ 195, 199 Abs. 1 BGB. Nach § 37b Abs. 4 WpHG a. F. verjährten die Ansprüche demgegenüber kenntnisabhängig nach einem Jahr ab der Kenntnis vom Verstoß und spätestens kenntnisunabhängig nach drei Jahren seit der Unterlassung der Veröffent­ lichung.429 Ansprüche aus § 826 BGB, für die es auf die Kenntnis der Bank von den Manipulationen ankommt, werden demgegenüber in der Regel ausscheiden, jedenfalls soweit die Manipulationen nicht von Repräsentanten im Sinne des § 31 BGB ausgeführt wurden. Im Rahmen des deliktsrechtlichen § 826 BGB kommt nämlich weder eine Zurechnung des Verstoßes gegen eine Informa­ tionsweiterleitungspflicht durch einen Mitarbeiter in Betracht430, noch kann das subjektive Element des § 826 BGB allein aufgrund zugerechneter Kenntnis bejaht werden431.

425  BaFin, Veröffentlichung von Insiderinformationen (FAQs), Stand: 19. Juli 2016, III.1., S. 4; a. A. Klöhn, in: Klöhn, MAR, 1. Aufl. 2018, Art. 17 Rn. 105 ff.; der die Wissenszurechnung bei Art. 17 MAR für irrelevant hält. 426  Klöhn, in: KölnKommWpHG, 2. Aufl. 2014, § 15 Rn. 98. 427  Klöhn, in: KölnKommWpHG, 2. Aufl. 2014, § 15 Rn. 100 („Konkretisierung des Pflichteninhalts“); Hellgardt, Kapitalmarktdeliktsrecht, 2008, S. 258; BaFin, Emittentenleitfaden, 4. AUfl. 2013, IV.6.3., S. 70; Assmann, in: Assmann / Schneider, WpHG, 6. Aufl. 2012, § 15 Rn. 248; Buck-Heeb, CCZ 2009, 18, 20; Ellenberger, in: Palandt, BGB, 76. Aufl. 2017, § 121 Rn. 3; a. A. Möllers / Leisch, in: KölnKommWpHG, 2. Aufl. 2014, §§ 37b, c Rn. 114 die darauf hinweisen, dass „unverzüglich“ richtlinienkonform als „sobald als möglich“ auszulegen sei (vgl. Art. 6 Abs. 1 MAD I) und deshalb auf jede subjektive Komponente verzichtet werden müsse. Näher dazu auch Möllers, in: FS Horn, 2006, S. 473 ff. 428  Siehe oben § 13 C.I. und III. 429  Siehe instruktiv auch zum Übergangsregime von Katte / Berisha, BKR 2016, 409. 430  Siehe oben § 13 B.V.5.c)aa) und dd). 431  Siehe oben § 13 C.I.



A. Anwendbarkeit des deutschen Rechts285

§ 14  Deliktsrechtliche Folgen von Manipulationen – private enforcement im Unionsrecht bzw. im unionsrechtlich determinierten nationalen Recht Die Möglichkeiten eines private enforcement, also der privaten Rechtsdurchsetzung kapitalmarktrechtlicher Verhaltensge- und -verbote, werden im Gefolge der intensiven Debatte im Kartellrecht zunehmend auch im Kapitalmarktrecht erörtert.1 Dabei fokussiert die Diskussion hierzulande besonders auf § 823 Abs. 2 BGB, soweit der deutsche oder der europäische Gesetzgeber auf kapitalmarktrechtliche Regelungen flankierende zivilrechtliche Schadensersatzansprüche verzichtet.2 Manipulationen von Benchmarks können auf den international verflochtenen Finanzmärkten aber theoretisch überall auf der Welt begangen werden. Gerade die Manipulationen von Benchmarks wie ­LIBOR und EURIBOR wurden – soweit bekannt – nicht von Mitarbeitern der Panelbanken aus Deutschland, sondern insbesondere aus Großbritannien (London) vorgenommen.3 Bevor auf die einzelnen deliktischen Anspruchsgrundlagen eingegangen werden kann (§ 14 B. bis D.), stellt sich deshalb die kollisionsrechtliche Frage, ob Anlegern und Bankkunden in Deutschland wegen der Benchmark-Manipulationen überhaupt deliktische Schadensersatzansprüche nach deutschem Recht zustehen können (§ 14 A.).

A. Anwendbarkeit des deutschen Rechts Für die in Betracht zu ziehenden deliktischen Ansprüche bei BenchmarkManipulationen (§§ 823 Abs. 2, 826, 831 BGB4) – Handlungsort: Großbritannien, Erfolgsort: Deutschland – ist für schadensbegründende Ereignisse am oder nach dem 11.1.20095 bei der Rom II-VO anzusetzen. Deren Anwendungsbereich ist nach Art. 1 Abs. 1 Satz 1 Rom II-VO für außervertragliche Schuldverhältnisse in Zivil- und Handelssachen eröffnet, die eine Verbindung zum Recht verschiedener Staaten aufweisen.6 Für deliktische Schadenser1  Poelzig, ZGR 2015, 801; Hellgardt, AG 2012, 154; allgemein auch Poelzig, Normdurchsetzung durch Privatrecht, 2012; Wagner, AcP 206 (2006), 352 ff. 2  Daneben werden auch Analogien zu bestehenden Haftungstatbeständen diskutiert. Zur analogen Anwendung der §§ 37b, 37c WpHG a. F. etwa Mülbert / Steup, NZG 2007, 761. 3  Siehe oben § 3 B.II.2. zu den Manipulationen des LIBOR. 4  Siehe sogleich § 14 B. bis D. 5  Zum zeitlichen Anwendungsbereich EuGH v. 17.  November 2011  – C-412 / 10, NJW 2012, 441 (Homawoo). 6  Zum Anwendungsbereich siehe nur Knöfel, in: Hüftege / Mansel, BGB-RomVerordnungen, 2. Aufl. 2015, Art. 1 Rom II-VO Rn. 3 ff.

286

4. Kap., § 14 Deliktsrechtliche Folgen von Manipulationen

satzansprüche sind – vorbehaltlich einer wirksamen Rechtswahl nach Art. 14 Rom II-VO7 – die Art. 4 bis 9 Rom II-VO maßgeblich. Dem Anwendungsbereich der Art. 4 bis 9 Rom II-VO unterfallen alle Ansprüche, die auf Schadensersatz gerichtet sind und nicht an einen Vertrag anknüpfen.8 Wann ein deliktischer Anspruch vorliegt, ist unionsrechtlich autonom zu bestimmen (vgl. Erwägungsgrund 11 Rom II-VO).9 Da die Benchmark-Manipulationen in zahlreichen Fällen eine Vertragspflichtverletzung darstellen10, ist die Abgrenzung zwischen der Rom I- und der Rom II-VO entscheidend.11 Diese Abgrenzung ist durch die beiden Verordnungen nicht ausdrücklich vorgegeben und auch durch die Rechtsprechung des EuGHs noch nicht entschieden. Zur Wahrung der Einheit der Unionsrechtsordnung sollte für die Abgrenzung auf die Rechtsprechung des EuGHs zu Art. 7 Nr. 1 und 2 EuGVVO bzw. Art. 5 Nr. 1 EuGVVO a. F. zurückgegriffen werden (vgl. auch Erwägungsgrund 7 Rom II-VO).12 Danach ist statt dem Deliktsstatut das Vertragsstatut maßgeblich, wenn eine Auslegung des Vertrags erforderlich ist, um zu klären, ob das schädigende Verhalten rechtmäßig oder rechtswidrig ist.13 Da dies bei den Benchmark-Manipulationen nicht der Fall ist, die Rechtswidrigkeit sich vielmehr bereits aus einem Verstoß gegen das Marktmanipulationsverbot14 und – je nach Sachlage – aus demjenigen gegen das Kartellverbot15 ergibt, bleibt es – zunächst – bei der Maßgeblichkeit des Deliktsstatuts für die hier behandelten Ansprüche, sodass sich das anwendbare Recht nach den Art. 4 ff. Rom II-VO bestimmt.

7  Rühl, in: beck-online-Grosskommentar, BGB, Stand: 1.8.2017, Art. 4 Rom IIVO Rn. 24. 8  Rühl, in: beck-online-Grosskommentar, BGB, Stand: 1.8.2017, Art. 4 Rom IIVO Rn.  35 ff. 9  Junker, in: MünchKommBGB, 6.  Aufl. 2015, Rom II-VO, Art. 1 Rn. 14; Thorn, in: Palandt, BGB, 76. Aufl. 2017, Rom II (IPR), Vorb. Rn. 3. 10  Siehe oben § 12 C. 11  Vgl. Junker, in: MünchKommBGB, 6. Aufl. 2015, Rom II-VO, Art. 1 Rn. 14 ff. 12  Knöfel, in: Hüftege / Mansel, BGB-Rom-Verordnungen, 2. Aufl. 2015, Art. 1 Rom II-VO Rn. 3; Lehmann, in: Hüftege / Mansel, BGB-Rom-Verordnungen, 2. Aufl. 2015, Art. 4 Rom II-VO Rn. 38. 13  Vgl. EuGH v. 13.  März 2014  – C-548 / 12, NJW 2014, 1648, 1649 Rn. 25 (Brogsitter); in diesem Sinne auch Rühl, in: beck-online-Grosskommentar, BGB, Stand: 1.8.2017, Art. 4 Rom II-VO Rn. 26; Lehmann, in: Hüftege / Mansel, BGBRom-Verordnungen, 2. Aufl. 2015, Art. 4 Rom II-VO Rn. 51; a. A. Bach, in: Huber, Rome II Regulation, Art. 1 Rn. 18 m. w. N., nach dem das anwendbare Recht für vertragliche und deliktische Ansprüche getrennt bestimmt und die Frage der Konkurrenz durch das danach anwendbare Recht beantwortet werden muss. 14  Siehe oben § 10. 15  Siehe oben § 11.



A. Anwendbarkeit des deutschen Rechts287

Abgesehen von dem kartellrechtlichen Schadensersatzanspruch, für den die spezielle Kollisionsnorm des Art. 6 Rom II-VO maßgeblich ist16, und sofern nicht der Schädiger und der Geschädigte einen gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalt in einem Staat haben (Art. 4 Abs. 2 Rom II-VO), bestimmt sich das anzuwendende Recht bei Benchmark-Manipulationen im Ausgangspunkt nach Art. 4 Abs. 1 Rom II-VO.17 Art. 4 Abs. 1 Rom II-VO knüpft dabei allein und ausschließlich an den Erfolgsort (lex loci damni) an.18 Entscheidend ist damit der primäre Ort der Rechtsguts- bzw. Interessenverletzung.19 Bei reinen Vermögensschäden ist zwar umstritten, ob der Erfolgsort immer am Wohn- bzw. Geschäftssitz des Geschädigten liegt20, oder auf diesen nur subsidiär abzustellen ist, falls sich der Erfolgsort nicht anders verorten lässt21. Darauf kommt es aber vorliegend nicht an, denn jedenfalls wenn – wie bei den Benchmark-Manipulationen – der Schaden auf dem Bankkonto des Geschädigten eintritt, allgemein auf den Wohn- bzw. Geschäftssitz des Geschädigten abgestellt wird.22 Unter der Maßgabe der Anwendbarkeit des Art. 4 Abs. 1 Rom II-VO kommt bei einer offensichtlich engeren Verbindung zu einem anderen Staat allerdings die Ausweichklausel des Art. 4 Abs. 3 Rom II-VO zum Tragen. Die Ausweichklausel dient der Gewährleistung von Einzelfallgerechtigkeit im Parteiinteresse.23 Art. 4 Abs. 3 Satz 2 Rom II-VO führt als Regelbeispiel einer engeren Verbindung einen zwischen den Parteien bestehenden Vertrag an. Wenn zwischen dem Schädiger und dem Geschädigten ein Vertragsverhältnis besteht und die zum Schadensersatz führende Handlung in einem inneren Zusammenhang zu diesem Vertragsverhältnis steht, dann wird es regelmäßig dem Parteiinteresse entsprechen, dass die Rechtsverhältnisse einem einheitlichen Statut unterworfen werden.24 16  Siehe

oben § 11 C.III. zur Prüfungsreihenfolge Thorn, in: Palandt, BGB, 76. Aufl. 2017, Rom II (IPR), Art. 4 Rn. 4. 18  Anders das deutsche internationale Privatrecht der Art. 40, 41 EGBGB, das für deliktische Handlungen vor dem 11.1.2009 maßgeblich ist. Dort bestand aber immerhin ein Wahlrecht des Geschädigten zugunsten des Erfolgsorts. 19  Rühl, in: beck-online-Grosskommentar, BGB, Stand: 1.8.2017, Art. 4 Rom IIVO Rn. 57; Thorn, in: Palandt, BGB, 76. Aufl. 2017, Rom II (IPR), Art. 4 Rn. 7. 20  Unberath / Cziupka, in: Rauscher, Rom I-VO, Rom II-VO, 4.  Aufl. 2016, Art. 4 Rom II-VO Rn. 42. 21  Bach, in: Huber, Rome II Regulation, Art. 4 Rn. 30; Thorn, in: Palandt, BGB, 76. Aufl. 2017, Rom II (IPR), Art. 4 Rn. 9. 22  Vgl. EuGH v. 8. Mai 2003 – C-268 / 01, BeckEuRS 2003, 277868 (Kolossa). 23  Thorn, in: Palandt, BGB, 76. Aufl. 2017, Rom II (IPR), Art. 4 Rn. 10; Junker, in: MünchKommBGB, 6. Aufl. 2015, Rom II-VO, Art. 1 Rn. 50. 24  Thorn, in: Palandt, BGB, 76. Aufl. 2017, Rom II (IPR), Art. 4 Rn. 11; Junker, in: MünchKommBGB, 6. Aufl. 2015, Rom II-VO, Art. 1 Rn. 50. 17  Vgl.

288

4. Kap., § 14 Deliktsrechtliche Folgen von Manipulationen

Bei denjenigen Anspruchstellern, die selbst Kunden der jeweiligen manipulierenden Banken sind und deren Schäden auch aus dem Einfluss der Manipulationen auf ein Vertragsverhältnis mit dieser Bank resultieren, ist von einem inneren Zusammenhang zum Vertragsverhältnis auszugehen, sodass sich das anzuwendende Recht ausnahmsweise insgesamt nach dem Vertragsstatut bestimmt25. Für alle übrigen Anspruchsteller gelten die Ausführungen zum Deliktsstatut nach Art. 4 Abs. 1 Rom II-VO26.

B. Private enforcement im Kapitalmarktrecht über § 823 Abs. 2 BGB Bei Verstößen gegen das Marktmanipulationsverbot hat der Bundesgerichtshof im IKB-Urteil27 die Schutzgesetzeigenschaft des § 20a WpHG a. F. verneint und damit – jedenfalls für die Praxis zum alten Recht – die Flankierung des Verbots durch eine zivilrechtliche Haftung bei Fehlen der strengen Voraussetzungen des § 826 BGB abgelehnt. Eine Vorlage an den EuGH unterblieb, sodass es nach bisherigem Stand der Rechtsprechung bei einer ordnungswidrigkeiten- bzw. strafrechtlichen Ahndung (§§ 119 Abs. 1, 120 Abs. 15 Nr. 2 WpHG) bleibt. Wird eine informationsgestützte Marktmanipulation in Form einer Ad-hoc-Mitteilung vorgenommen, kommt zudem eine zivilrechtliche Haftung nach § 98 WpHG in Betracht28. Spätestens seit dem Inkrafttreten der MAR wird allerdings zunehmend vertreten, dass das neue Recht auch Individualschutz im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB vermittle. Zumindest erfordere eine effektive Durchsetzung des Unionsrechts ein private enforcement im Kapitalmarktrecht, und die restriktive Rechtsprechung des BGH könne deshalb nicht aufrechterhalten werden.29 Dem soll im Folgenden nachgegangen werden, wobei methodisch nach einem zweistufigen Ansatz verfahren wird. Zunächst wird auf Basis der tradierten deutschen Schutzgesetzdogmatik geprüft, ob die jeweilig verletzten Normen des § 20a WpHG a. F., der MAR und der BMR zumindest auch Individualschutz vermitteln (A.I.1.) und sich etwaige Schadensersatzansprüche in das haftungsrechtliche Gesamtsystem einfügen (A.I.2.). Erst im Anschluss wird es um die Frage gehen, ob das Unionsrecht, speziell der aus Art. 4 Abs. 3 AEUV hergeleitete Effet-utile-Grundsatz, dergestalt auf die deutsche 25  Siehe

oben § 12 A.I.1. aber oben § 13 E. zum Deliktsstatut der Ansprüche wegen Verletzung der Ad-hoc-Publizitätspflicht. 27  BGHZ 192, 90, 97 ff. (IKB). 28  Zu dieser näher Mülbert / Sajnovits, ZfPW 2016, 1, 37 ff. 29  Siehe näher unten § 14 B.II. 26  Siehe



B. Private enforcement im Kapitalmarktrecht über § 823 Abs. 2 BGB289

Schutzgesetzdogmatik einwirkt, dass zivilrechtliche Schadensersatzansprüche zwingend bestehen müssen (A.II.). I. Zivilrechtliche Haftung auf Basis der tradierten Schutzgesetzdogmatik des § 823 Abs. 2 BGB 1. Individualschutzvermittelnde Normen a) Marktmanipulationsverbot des § 20a WpHG a. F. Die Verwirklichung des § 823 Abs. 2 Satz 1 BGB erfordert unter anderem, dass der Schädiger gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz (Schutzgesetz) verstößt. Die jeweilige verletzte Norm ist nur dann Schutzgesetz, wenn sie nach ihrem durch Auslegung zu ermittelnden Zweck zumindest auch dem Individualschutz dient.30 Dabei ist gerade der Schutz auch des Geschädigten gemeint.31 Für die Frage, ob eine Norm Individualschutz vermittelt, sind deshalb Inhalt und Zweck der Norm in ihrem jeweiligen Regelungszusammenhang, nicht aber ihre Wirkung entscheidend.32 Zur Feststellung einer intendierten Individualschutzvermittlung muss nach der Rechtsprechung des BGH in umfassender Würdigung des gesamten Regelungszusammenhangs geprüft werden, „ob es in der Tendenz des Gesetzgebers liegen konnte, an die Verletzung des geschützten Interesses die deliktische Einstandspflicht des dagegen Verstoßenden mit allen damit zugunsten des Geschädigten gegebenen Beweiserleichterungen zu knüpfen“33.

30  Aus der Rechtsprechung nur BGHZ 12, 146, 148; BGHZ 122, 1, 3; aus der Literatur Sprau, in: Palandt, BGB, 76. Aufl. 2017, § 823 Rn. 58; Wagner, in: MünchKommBGB, 7. Aufl. 2017, § 823 Rn. 498; Spickhoff, in: Soergel, BGB, 13. Aufl. 2005, § 823 Rn. 195; Hager, in: Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2009, § 823 Rn. G 19; Deutsch / Ahrens, Deliktsrecht, 6. Aufl. 2014, § 15 Rn. 276, S. 100. Kritisch zu dieser Formel Schmiedel, Deliktsobligationen nach deutschem Kartellrecht, 1974, S.  119 ff. 31  Dies ist eine Frage des persönlichen Schutzbereichs des verletzten Schutzgesetzes und daher von der Frage der Schutzgesetzeigenschaft der jeweiligen Norm zu unterscheiden. Siehe dazu Larenz / Canaris, Lehrbuch des Schuldrechts II / 2, 13. Aufl. 1994, § 77 II.2.a., S. 433; Canaris, in: FS Larenz II, 1983, S. 27, 46; Spickhoff, in: Soergel, BGB, 13. Aufl. 2005, § 823 Rn. 218 ff.; a. A. Schmiedel, Deliktsobligationen nach deutschem Kartellrecht, 1974, S. 109 ff. 32  BGHZ 192, 90, 98 f. Rn. 21 (IKB); BGHZ 100, 13, 19 f.; BGHZ 106, 204, 206; Spickhoff, in: Soergel, BGB, 13. Aufl. 2005, § 823 Rn. 195; Hager, in: Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2009, § 823 Rn. G 23; Deutsch / Ahrens, Deliktsrecht, 6. Aufl. 2014, § 15 Rn. 277, S. 101. 33  BGHZ 192, 90, 99 Rn. 21 (IKB).

290

4. Kap., § 14 Deliktsrechtliche Folgen von Manipulationen

Dem § 20a WpHG a. F. kann keine individualschützende Intention entnommen werden, weshalb seine Schutzgesetzeigenschaft bereits auf dieser Stufe zu Recht ganz überwiegend verneint wird.34 Im Einzelnen: Individuelle Anleger sind im Wortlaut des § 20a WpHG a. F. nicht genannt, sodass dieser keinen Hinweis auf einen bezweckten Individualschutz gibt.35 Die sonstige Regelungssystematik des WpHG liefert keine weiterführenden zwingenden Auslegungsergebnisse. Dass der Gesetzgeber die Ad-hoc-Publizitätsplicht des § 15 WpHG a. F. durch zivilrechtliche Schadensersatzansprüche (§§ 37b, 37c WpHG a. F.) flankierte und mit § 15 Abs. 6 Satz 1 WpHG a. F. eine darüberhinausgehende Haftung ausschließt, spricht systematisch allenfalls gegen einen intendierten Individualschutz des § 15 WpHG a. F. Denn den §§ 37b, 37c WpHG a. F. käme andernfalls lediglich eine haftungsbegrenzende Wirkung zu. Der Verzicht des deutschen Gesetzgebers auf eine haftungsrechtliche Flankierung des § 20a WpHG a. F. und eine dem § 15 Abs. 6 WpHG a. F. entsprechende Regelung ist bei rein systematischer Betrachtung schon wegen der Unterschiedlichkeit des § 15 WpHG a. F. und des § 20a WpHG a. F. ohne Aussagekraft.36 Tatbestandliche Überschneidungsbereiche zwischen § 15 WpHG a. F. und einer informationsgestützten Marktmanipulation ändern daran nichts. Im Gegenteil stünde wegen dieses Überschneidungsbereichs vielmehr zu befürchten, dass die Wertungen des § 15 Abs. 6 Satz 1 WpHG a. F. und der §§ 37b Abs. 2, 37c Abs. 2 WpHG a. F. durch eine Haftung nach den §§ 823 Abs. 2 BGB i. V. m. 20a WpHG a. F. unterlaufen würden.37 Die Materialien und die sonstige Gesetzeshistorie sprechen insgesamt ebenfalls gegen einen von § 20a WpHG a. F. intendierten Individualschutz. 34  BGHZ 192, 90, 99  f. (IKB) Rn. 23; Mülbert / Steup, in: Habersack / Mülbert /  Schlitt, Unternehmensfinanzierung, 3. Aufl. 2013, § 41 Rn. 204; Bachmann, JZ 2012, 578, 579; Vogel, in: Assmann / Schneider, WpHG, 6. Aufl. 2012, § 20a Rn. 31; Fleischer, DB 2004, 2031, 2032 f.; Schmolke, ZBB 2012, 165, 168 f.; Groß, WM 2002, 477, 484; Maier-Reimer / Webering, WM 2002, 1857, 1864; Maier-Reimer / Seulen, in: Habersack / Mülbert / Schlitt, Kapitalmarktinformation, 2. Aufl. 2013, § 29 Rn. 160; Barnert, WM 2002, 1473, 1483; Edelmann, BB 2004, 2031, 2032; Schuster, ZHR 167 (2003), 193, 215; Schwark, in: Schwark / Zimmer, KMRK, 4. Aufl. 2010, § 20a WpHG Rn. 7; Schwark, in: FS Kümpel, 2003, S. 485, 498 f.; Weber, NJW 2003, 18, 20; a. A. Mock, in: KölnKommWpHG, 2. Aufl. § 20a Rn. 487 f.; Altenhain, BB 2002, 1874, 1875; Ekkenga, ZIP 2004, 781 ff.; Fuchs / Dühn, BKR 2002, 1063, 1066; Grüger, WM 2010, 247, 250 ff.; Hellgardt, DB 2012, 673, 678; Leisch, ZIP 2004, 1573, 578; Lenzen, ZBB 2002, 279, 284; Sprau, in: Palandt, BGB, 76. Aufl. 2017, § 823 Rn. 72. 35  BGHZ 192, 90, 99 f. Rn. 23 (IKB). 36  Hinsichtlich des Fehlens einer dem § 15 Abs. 6 WpHG entsprechenden Regelung auch BGHZ 192, 90, 99 f. Rn. 23 (IKB). 37  BGHZ 192, 90, 100 f. Rn. 25 (IKB).



B. Private enforcement im Kapitalmarktrecht über § 823 Abs. 2 BGB291

Im Gesetzentwurf der Bundesregierung zum 4. Finanzmarktförderungsgesetz wird besonders hervorgehoben, dass § 20a WpHG a. F. die Funktionsfähigkeit der (regulierten) Kapitalmärkte schützen soll.38 Dass das 4. Finanzmarktförderungsgesetz ebenso wie das Anlegerschutzverbesserungsgesetz ausweislich der Begründungen auch dem Anlegerschutz dienen39, ist wenig aussagekräftig. Richtigerweise ist mit einem intendierten Anlegerschutz im Kapitalmarktrecht nämlich noch keine Aussage dazu getroffen, ob damit auch eine schadensersatzrechtliche Flankierung einhergeht.40 Zudem stellte die MAD I, deren Umsetzung § 20a WpHG a. F. diente, gerade im Zusammenhang mit dem Marktmanipulationsverbot ganz vorrangig auf die Gewährleistung von Marktfunktionenschutz ab.41 Dass der Gesetzgeber auf einen eindeutigen Hinweis auf einen intendierten Individualschutz im Wortlaut oder in den Materialien verzichtet hat, muss wegen der zur Vorgängernorm des § 88 BörsG a. F. vorherrschenden Auffassung, die eine Schutzgesetzeigenschaft verneint hat, als Wille gegen einen Individualschutz verstanden werden.42 b) Marktmanipulationsverbot des Art. 15 MAR Das Marktmanipulationsverbot des § 20a WpHG a. F. wurde zum 3. Juli 2016 von Art. 15 MAR abgelöst.43 Ordnet man das Marktmanipulationsverbot des Art. 15 MAR unter die Voraussetzungen an eine zumindest auch Individualschutz vermittelnde Norm ein, so ergeben sich bei genauer Betrachtung keine Unterschiede zu § 20a WpHG a. F.44 Auf Basis der tradierten Schutzgesetzdogmatik des § 823 Abs. 2 BGB vermittelt Art. 15 MAR keinen Individualschutz: Der Wortlaut des Art. 15 MAR bzw. der diesen ausfüllenden Definitionsnorm des Art. 12 MAR enthält keine Hinweise auf einen intendierten Indivi38  Begr. RegE BT-Drucks. 14 / 8017, S. 64. Dies betont auch BGHZ 192, 90, 100 Rn. 24 (IKB). 39  BGHZ 192, 90, 100 Rn. 24 (IKB) m. w. N. 40  Näher Mülbert, ZHR 177 (2013), 160, 174 ff. 41  BGHZ 192, 90, 100 Rn. 24 (IKB). 42  BGHZ 192, 90, 100  f. Rn. 25 (IKB); offen dagegen Fleischer, NJW 2002, 2977, 2979. 43  Siehe oben § 10 A. 44  Mülbert, in: Assmann / Schneider / Mülbert, Wertpapierhandelsrecht, 7. Aufl. 2018, Art. 15 VO Nr. 596 / 2014 Rn. 45 ff.; Schmolke, in: Klöhn, MAR, 1. Aufl. 2018, Art. 15 Rn. 77 ff.; Klöhn, in: Kalss / Fleischer / Vogt, Gesellschafts- und Kapitalmarktrecht in Deutschland, Österreich und der Schweiz 2013, 2014, S. 229, 235 f.; a. A. auch allein auf Basis der deutschen Schutzgesetzdogmatik Poelzig, ZGR 2015, 801, 829; Zetzsche ZHR 179 (2015), 490, 494; tendenziell auch Seibt, ZHR 177 (2013), 388, 424; Seibt / Wollenschläger, AG 2014, 593, 607; Hellgardt, AG 2012, 154, 165 f.

292

4. Kap., § 14 Deliktsrechtliche Folgen von Manipulationen

dualschutz. Art. 15 MAR spricht lediglich davon, dass Marktmanipulationen und der Versuch hierzu verboten sind, während Art. 12 MAR definiert, was unter einer Marktmanipulation im Sinne der Verordnung zu verstehen ist. In Art. 12 Abs. 2 lit. b MAR ist, bezogen auf eine handelsgestützte Marktmanipulation, zwar von irregeführten Anlegern die Rede. Diese werden aber nur als bestimmende Bezugsgröße für die Beurteilung einer Irreführungseignung herangezogen.45 Daneben sprechen auch systematische Erwägungen gegen eine Individualschutzvermittlung im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB. Anders als etwa bei der Ratingagenturen-VO (Art. 35a) und der PRIIP-VO (Art. 11), in denen der europäische Gesetzgeber unmittelbar anwendbare zivilrechtliche Schadensersatzansprüche normiert hat, setzt er beim Marktmissbrauchsregime ganz überwiegend auf eine aufsichts- und sanktionenrechtliche Durchsetzung.46 Gegen dieses systematische Argument spricht auch nicht, dass die MAR diesbezüglich nur Mindestvorgaben macht (Art. 23 Abs. 2, 30 Abs. 1 MAR). Hier geht es ja nicht um die Frage, ob die Gewährung zivilrechtlicher Ansprüche den Mitgliedstaaten möglich wäre, sondern darum, ob die Vorschriften der MAR im Sinne der deutschen Schutzgesetzdogmatik aus sich heraus auch Individualschutz vermitteln. Es ist auch im übrigen Regelungszusammenhang nicht ersichtlich, dass die MAR – weitergehend als die MAD I – einen individuellen Anlegerschutz bezweckt. Art. 1 MAR erklärt die Schaffung eines gemeinsamen Rechtsrahmens für Insidergeschäfte, die unrechtmäßige Offenlegung von Insiderinformationen und die Marktmanipulation (Marktmissbrauch) und Maßnahmen zur Verhinderung von Marktmissbrauch zum Regelungsgegenstand.47 Die Verhaltensge- und -verbote dienen dazu, die „Integrität der Finanzmärkte in der Union sicherzustellen und den Anlegerschutz und das Vertrauen der Anleger in diese Märkte zu stärken“. Im Zusammenhang mit der Manipulation von Referenzwerten spricht Erwägungsgrund 44 MAR zudem davon, dass die Manipulationen zu einer Beeinträchtigung des Marktvertrauens und zu beträchtlichen Verlusten für die Anleger sowie auch zu realwirtschaftlichen Verzerrungen führen können. In beiden Zusammenhängen werden die Anle45  Mülbert, in: Assmann / Schneider / Mülbert, Wertpapierhandelsrecht, 7. Aufl. 2018, Art. 12 VO Nr. 596 / 2014 Rn. 65. Zum Anlegerleitbild der MAR allgemein Langenbucher, AG 2016, 417. 46  Siehe oben § 10 D. Ferner Schmolke, NZG 2016, 721; insoweit auch Poelzig, ZGR 2015, 801, 809. 47  Ebenso Art. 1 Richtlinie 2014 / 57 / EU: „Diese Richtlinie enthält Mindestvorschriften für strafrechtliche Sanktionen bei Insider-Geschäften, unrechtmäßiger Offenlegung von Insiderinformationen und Marktmanipulation, um die Integrität der Finanzmärkte in der Union sicherzustellen und den Anlegerschutz und das Vertrauen der Anleger in diese Märkte zu stärken.“



B. Private enforcement im Kapitalmarktrecht über § 823 Abs. 2 BGB293

ger in ihrer Gesamtheit angesprochen, ohne dass die besondere Schutzbedürftigkeit Einzelner hervorgehoben würde. Zu den Referenzwert-Manipulationen heißt es in diesem Sinne in Erwägungsgrund 44 Satz 2 MAR: „Daher sind spezielle Vorschriften für Referenzwerte erforderlich, um die Integrität der Märkte zu wahren und sicherzustellen, dass die zuständigen Behörden ein klares Verbot der Manipulation von Referenzwerten durchsetzen können.“ In den Erwägungsgründen 47 und 49 MAR wird erneut der Schutz der Anleger als Regelungsziel betont. Es fehlt aber auch hier jeder Hinweis da­ rauf, dass individuelle Anleger unabhängig von der Anlegergesamtheit geschützt werden sollen. Die CRIM-MAD rekurriert bezüglich der Marktmanipulation sogar ausschließlich auf den Funktionenschutz und das damit zusammenhängende Anlegervertrauen.48 c) Vorschriften der BMR Den Vorschriften der BMR ist gleichermaßen ganz überwiegend keine individualschützende Zwecksetzung zu entnehmen.49 Allerdings erklärt auch die BMR den Anlegerschutz an verschiedenen Stellen zu einem ihrer Regelungsziele.50 Dabei geht es aber durchweg – ebenso wie bei der MAR – um überindividuellen Anlegerschutz. Deshalb kommen vor allem die Compliance- und Governancevorgaben nicht als Schutzgesetze im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB in Betracht.51 Für diese Beurteilung spricht auch die Systematik der BMR, da sie neben dem Anlegerschutz den Verbraucherschutz zu einem ihrer Regelungsziele erklärt.52 Der Verbraucherschutz, der durch die Verordnung gewährleistet werden soll, wird gerade durch bestimmte Instrumente, die in einem eigenen Abschnitt genannt sind, durchgesetzt (Titel IV – Transparenz und Verbraucherschutz53). Seine Forcierung erklärt sich durch die Einbeziehung von Fi48  Siehe

Erwägungsgründe 1 und 13 CRIM-MAD. Grundmann, in: Staub, HGB, Bankvertragsrecht 2, 5. Aufl. 2018, 6. Teil, 4. Abschnitt, A Rn. 780. 50  Siehe oben § 6 B.III. 51  Zu den vergleichbaren Bestimmungen der Ratingagenturen-VO: Schroeter, Ratings, 2014, S. 826; Wagner, in: MünchKommBGB, 7. Aufl. 2017, § 826 Rn. 139 ff.; zuvor schon Habersack, ZHR 169 (2005), 185, 207 f.; Berger / Stemper, WM 2010, 2289, 2293. 52  Veil / Teigelack, in: Veil, Europäisches Kapitalmarktrecht, 2. Aufl. 2014, § 27 Rn. 19 führen aus, dass es sich nur um eine scheinbare Unterscheidung handele, da das englische Aufsichtsrecht eine Unterscheidung nicht kenne und die Begriffe synonym verwende. Jedoch taucht diese begriffliche Doppelung jedenfalls in früheren europäischen Rechtsakten, die ebenfalls von anglo-amerikanischen Einflüssen geprägt waren, nicht auf. 53  Siehe oben § 7 D. 49  A. A.

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4. Kap., § 14 Deliktsrechtliche Folgen von Manipulationen

nanzkontrakten, die als Verbraucherkredite im Sinne der VerbraucherkreditRichtlinie einzuordnen sind. Nur bezogen auf diese verbraucherschützenden Instrumente ist auch von einer individualschützenden Zwecksetzung auszugehen. Diese wird sich allerdings kaum auswirken, da die betreffenden Verbraucher, die von den jeweiligen Vorschriften geschützt werden, auch eine vertragliche / vorvertragliche Beziehung zu dem jeweiligen Schädiger unterhalten. Folglich wird es auf die schwerfälligere deliktische Rechtsdurchsetzung kaum ankommen. Ferner können auch die zur MAR schon genannten systematischen Argumente angeführt werden. Anders als andere neue europäische Rechtsakte, die unmittelbar individuelle Schadensersatzansprüche vorsehen oder doch jedenfalls die Mitgliedstaaten zu deren Implementierung verpflichten (Ratingagenturen-VO, PRIIPS, Prospektrichtlinie)54, fehlen solche Ansprüche in der BMR. Schließlich sprechen auch die Erwägungsgründe – und speziell Erwägungsgrund 22 BMR – nicht für eine individualschützende Funktion sämt­ licher Regelungen der BMR. In Letzterem wird lediglich zum Ausdruck gebracht, dass etwaige individualschützende Vorschriften des nationalen Rechts oder des Unionsrechts von den Aufzeichnungspflichten55 flankiert werden können. 2. Vereinbarkeit mit dem haftungsrechtlichen Gesamtsystem a) Diskussionsstand Neben der Individualschutzvermittlung muss sich eine Norm, um als Schutzgesetz im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB eingeordnet werden zu können, in das haftungsrechtliche Gesamtsystem einfügen. Dafür muss nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs56, die sich an grundlegende Vorarbeiten im Schrifttum anlehnt57, wie auch nach der herrschenden Meinung in der Literatur58 die Schaffung eines individuellen Schadensersatzanspruchs 54  Siehe

näher unten § 14 B.II.1.c). oben § 7 C.II.1.d). 56  Erstmals wohl BGH NJW 1976, 2129; sodann BGHZ 66, 388, 390 f.; BGHZ 106, 204, 207; BGHZ 125, 366, 374; BGHZ 175, 276, 281 Rn. 18; BGHZ 176, 281, 297 Rn. 51; BGH ZIP 2012, 318, 320 Rn. 21; BGHZ 186, 58, 66 Rn. 26. 57  Knöpfle, NJW 1967, 697, 698 ff.; grundlegend für die weitere Rechtsentwicklung dann Canaris, in: FS Larenz II, 1983, S. 27, 47 ff. 58  Siehe beispielhaft Wagner, in: MünchKommBGB, 7. Aufl. 2017, § 823 Rn. 503; Hager, in: Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2009, § 823 Rn. G 19; kritisch hingegen etwa Spickhoff, in: Soergel, BGB, 13. Aufl. 2005, § 823 Rn. 199 f. 55  Siehe



B. Private enforcement im Kapitalmarktrecht über § 823 Abs. 2 BGB295

sinnvoll sein und im Lichte des haftungsrechtlichen Gesamtsystems als tragbar erscheinen. Seit jeher wurden als relevante Kriterien auf die gesetzgeberischen Grundentscheidungen gegen eine deliktsrechtliche Generalklausel und gegen einen umfassenden Vermögensschutz59 sowie auf das Funktionsverständnis des § 823 Abs. 2 BGB gegenüber § 823 Abs. 1 BGB und § 826 BGB abgestellt.60 Zur Konkretisierung des Kriteriums der „Vereinbarkeit mit dem haftungsrechtlichen Gesamtsystem“ hat sich allen voran Canaris, soweit es um den Ersatz primärer Vermögensschäden geht, für eine – auf den ersten Blick – restriktive Handhabung des § 823 Abs. 2 BGB ausgesprochen: In dem jeweilig verletzten Schutzgesetz müsse ein rechtsethisches Minimum festgelegt werden. Nur so sei dieses mit § 826 BGB als der einzigen primäre Vermögensschäden ersetzenden deliktischen Norm vergleichbar.61 § 823 Abs. 2 BGB habe gegenüber § 823 Abs. 1 und § 826 BGB lediglich eine konkretisierende und ergänzende, nicht aber eine öffnende Funktion. Die Grundentscheidung des Gesetzgebers für eine begrenzte Ersatzfähigkeit primärer Vermögensschäden (§ 826 BGB) dürfe nicht umgangen werden.62 Eine Haftung für primäre Vermögensschäden sei angesichts der eingrenzenden Funktion des § 826 BGB nur gerechtfertigt, wenn ein Verhalten wegen seiner Nähe zu den von § 826 BGB erfassten Verhaltensweisen als besonders verwerflich erscheine. Eine solche Nähe solle wiederum bei einem Verstoß gegen Strafgesetze vorliegen. Mit einer Strafbewehrung bringe der Gesetzgeber nämlich eine besondere Missbilligung bzw. den besonderen Unwertgehalt einer Handlung zum Ausdruck.63 Dieser Einordnung wurde mit dem Argument entgegengetreten, die Abgrenzung zwischen Straf- und Ordnungswidrigkeiten sei oft zufällig und daher nicht zur Abgrenzung geeignet.64 Im Übrigen sei eine derartige Ein­ engung des Anwendungsbereichs des § 823 Abs. 2 BGB nicht angezeigt oder gar zu rechtfertigen. Bei den §§ 823 Abs. 1, 823 Abs. 2 und 826 BGB handele es sich um gleichwertige kleine Generalklauseln. Es bestünden keine Hin59  BGHZ 66, 388, 390  f.; Poelzig, Normdurchsetzung durch Privatrecht, 2012, S.  485 f. 60  Canaris, in: FS Larenz II, 1983, S. 27, 48. 61  Canaris, in: FS Larenz II, 1983, S. 47, 57 f., 75 ff.; dem folgend Verse, ZHR 170 (2006), 398, 405 ff. 62  Canaris, in: FS Larenz II, 1983, S. 47, 57 f., 75 ff. anknüpfend an die Vorarbeiten von Knöpfle, NJW 1967, 697, 699 ff. 63  Canaris, in: FS Larenz II, 1983, S. 47, 49 f., 58 ff.; zustimmend etwa Verse, ZHR 170 (2006), 398, 408. Diese Auffassung kann sich jedenfalls insofern auf den historischen Gesetzgeber berufen, als dieser davon ausging, dass vor allem Strafgesetze als Schutzgesetze in Betracht kommen. Dazu Verse, ZHR 170 (2006), 398, 408. 64  Wagner, in: MünchKommBGB, 7. Aufl. 2017, § 823 Rn. 477.

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4. Kap., § 14 Deliktsrechtliche Folgen von Manipulationen

weise auf eine Subsidiarität oder bloße Konkretisierungsfunktion des § 823 Abs. 2 BGB.65 Verwandt mit dem Kriterium der Vereinbarkeit mit dem haftungsrecht­ lichen Gesamtsystem ist die Überlegung in der Rechtsprechung, den § 823 Abs. 2 BGB gegenüber sonstigen Anspruchsgrundlagen subsidiär zur Anwendung gelangen zu lassen.66 In zahlreichen Urteilen fordert der BGH nämlich eine besondere Schutzbedürftigkeit des Anspruchstellers, die er verneint, wenn diesem aus anderen Tatbeständen Ansprüche zustehen.67 b) Enge Möglichkeiten des Ersatzes primärer Vermögensschäden im deliktischen Schutzsystem Um dem differenzierten Haftungsregime der §§ 823 ff. BGB gerecht zu werden, ist es in der Tat erforderlich, für eine Haftung nach § 823 Abs. 2 BGB neben der Individualschutzvermittlung – und teils auch zu deren Konkretisierung – eine weitere Eingrenzung vorzunehmen. Die im deutschen Recht bewusst restriktive Gewährung einer deliktsrechtlichen Kompensation primärer Vermögensschäden darf nicht durch eine systemsprengende Haftung wegen Schutzgesetzverletzungen ausgedehnt werden.68 Dies gilt besonders dann, wenn sich eine Haftung an einen Verstoß gegen generalklauselartig gefasste Verhaltensge- oder -verbote knüpft, etwa das Verbot der Marktmanipulation. Würde hier auch ein fahrlässiger Verstoß zu einer Haftung für primäre Vermögensschäden eines zunächst nicht begrenzten und begrenzbaren Kreises von Anspruchstellern führen, verlören nicht nur die Haftung für vorsätzliche sittenwidrige Schädigung nach § 826 BGB, sondern auch die spezialgesetzlichen Haftungstatbestände des Kapitalmarktrechts weitgehend an Bedeutung. Wegen der großen Überschneidungsbereiche zwischen informationsgestützten Marktmanipulationen und fehlerhaften Ad-hoc-Mitteilungen würde dieser Konflikt die haftungsbegrenzende Funktion der §§ 97 Abs. 2 und 98 Abs. 2 WpHG nivellieren und die Entscheidung des Gesetzgebers gegen einen allgemeinen kapitalmarktrechtlichen (Informations-)Haftungstatbestand unterlaufen.69 65  Spickhoff,

Gesetzesverstoß und Haftung, 1998, S. 49 ff., 125 ff. 84, 312, 317; BGHZ 125, 366, 374; zur Rechtsprechung Klein, Beratungsprotokollpflicht, 2015, S. 389 ff.; Verse, ZHR 170 (2006), 398, 405. 67  BGHZ 39, 366, 369; BGHZ 84, 312, 317; dazu Klein, WM 2016, 862, 863; kritisch etwa Verse, ZHR 170 (2006), 398, 406 f. 68  So auch Verse, ZHR 170 (2006), 398, 407; Wagner, in: MünchKommBGB, 7. Aufl. 2017, § 823 Rn. 476. 69  So auch Bachmann, in: Bachmann / Casper / Schäfer / Veil, Steuerungsfunktionen des Haftungsrechts im Gesellschafts- und Kapitalmarktrecht, 2007, S. 93, 101 für bürgerlich-rechtliche Informationshaftung. Vgl. auch Verse, ZHR 170 (2006), 398, 66  BGHZ



B. Private enforcement im Kapitalmarktrecht über § 823 Abs. 2 BGB297

Etwas anderes ergibt sich auch nicht aufgrund der strafrechtlichen Ahndung von Verstößen gegen das Marktmanipulationsverbot.70 Die Überlegungen von Canaris über die Nähe der Straftatbestände zu den von § 826 BGB erfassten Verhaltensweisen scheinen zwar zunächst durchaus plausibel. Gerade bei allgemeinen kapitalmarktrechtlichen Verhaltensgeboten wie Art. 15 MAR, die durch Blankettnormen strafrechtlich abgesichert werden, muss aber bedacht werden, dass die Überlegungen zur Eingrenzung schnell einen umgekehrten Effekt haben und zu einer deutlichen Haftungsausweitung führen können. Deshalb wird hierzu vertreten, dass durch Blankettnormen abgesicherte Verhaltensgebote – anders als sonstige Straftatbeständen – nicht ohne Weiteres als Schutzgesetze einzuordnen sind.71 Dem wurde nicht nur mit einem Verweis auf zahlreiche Sanktionshilfsnormen, die als Schutzgesetze anerkannt sind, widersprochen.72 Es wurde auch argumentiert, dass die Strafnorm – unabhängig von der formalen Ausgestaltung als Blankettnorm – gleichwohl einen Verhaltensbefehl enthalte und darin auch eine besondere Pönalisierung des Gesetzgebers zum Ausdruck komme.73 Ob dieser eine Blankettnorm schafft oder ob er das Verhalten in der betreffenden Strafnorm nochmals ausformuliert, ist eine regelungstechnische Frage. Eine solche ist von Zweckmäßigkeitserwägungen bestimmt und habe damit keinen Einfluss auf den Grad der Pönalisierung des Verhaltens durch den Gesetzgeber. Selbst wenn man sich auf den Standpunkt stellen würde, dass wegen der strafrechtlichen Ahndung des Verbots der Marktmanipulation über eine Blankettnorm eine Haftung mit dem deliktischen Gesamtsystem vereinbar wäre, dürfte dies nur für diejenigen Marktmanipulationen gelten, die auch die zusätzlichen Anforderungen des § 119 Abs. 1 WpHG erfüllen. Das wären die tatsächliche Kursbeeinflussung und auf der subjektiven Seite der Vorsatz. Die Haftung für bestimmte Marktmanipulationen wäre dann mit dem haftungsrechtlichen Gesamtsystem vereinbar. Für andere Marktmanipulationen (fahrlässige oder solche ohne den Nachweis einer Kursbeeinflussung) müsste die Vereinbarkeit hingegen verneint werden. Eine solchermaßen gespaltene Beurteilung würde – vor allem wegen der Ermittlung einer tatsächlichen Kursbeeinflussung – erhebliche Rechtsunsicherheiten bedeuten und schwierige Bewertungsfragen in langwierige Haftungsprozesse verschieben. Im Interesse der Rechtssicherheit sollte dies vermieden werden. Als maßgeblichen Grund für die Unvereinbarkeit mit dem haftungsrechtlichen Gesamtsystem 407 im Zusammenhang mit der Durchgriffshaftung auf Organwalter, bei deren Bejahung über § 823 Abs. 2 BGB die gesetzgeberische Entscheidung für eine grundsätz­ liche Innenhaftung der Geschäftsleiterhaftung berücksichtigt werden müsse. 70  Siehe oben § 10 D.I. und D.II.1. 71  Dreher, in: FS Kraft, 1998, S. 59, 66. 72  Verse, ZHR 170 (2006), 398, 411 f. 73  Verse, ZHR 170 (2006), 398, 411 f.

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4. Kap., § 14 Deliktsrechtliche Folgen von Manipulationen

sollte auf den Aspekt der fehlenden Kohärenz mit den sonstigen spezialgesetzlichen kapitalmarktrechtlichen Haftungstatbeständen abgestellt werden. Nichts anderes gilt im Ergebnis bei Verstößen gegen Vorschriften der BMR. Selbst wenn man diese – entgegen den obigen Ausführungen – als individualschutzvermittelnde Normen einordnete, fügte sich eine Haftung nicht in das haftungsrechtliche Gesamtsystem ein. Ein Verstoß gegen Vorschriften der BMR würde allenfalls zu primären Vermögensschäden führen. Deshalb würde eine Einordnung als Schutzgesetz das austarierte System der deliktischen Generalklauseln sprengen. Bei einem Verstoß gegen die Vorschriften der BMR besteht zudem keine Nähe zu den von § 826 BGB erfassten Verhaltensweisen, da diese Vorschriften nicht durch strafrechtliche Blankettnormen flankiert sind. Selbst wenn man also der Ansicht von Canaris folgen würde, müsste man eine Vereinbarkeit mit dem haftungsrechtlichen Gesamtsystem verneinen. II. Einwirkungen des Unionsrechts auf die tradierte Schutzgesetzdogmatik In jüngerer Zeit wird im deutschen Kapitalmarktrechtsschrifttum zunehmend vertreten, das Unionsrecht gebiete eine zivilrechtliche Ahndung bestimmter Verstöße.74 Gemeinhin beruft sich die Literatur dabei auf die Rechtsprechung des EuGH in den Rechtssachen Courage, Manfredi und Muñoz sowie auf allgemeine Überlegungen zum unionsrechtlichen Gebot der effektiven Rechtsdurchsetzung und auf die gesamtgesellschaftlichen Vorzüge eines private enforcement. Für die hier untersuchten Vorschriften der MAR und der BMR muss diesen Ansätzen allerdings eine Absage erteilt werden. Der Grundsatz effektiver Durchsetzung des Unionsrechts – auch in seiner Konkretisierung durch den EuGH – gebietet keine pauschale und undifferenzierte Pflicht zur Gewährleistung zivilrechtlicher Schadensersatzansprüche bei Verstößen gegen europäisches (Verordnungs-)Recht. Zudem fußt das Postulat von den gesamtgesellschaftlichen Vorteilen privater Rechtsdurchset74  Poelzig, ZGR 2015, 801; Poelzig, NZG 2016, 492, 501; Seibt / Wollenschläger, AG 2014, 593, 607; Beneke / Thele, BKR 2017, 12; Seibt, ZHR 177 (2013), 388, 424 f.; Tountopoulos, ECFR 2014, 297, 315 ff.; Mock, in: KölnKommWpHG, 2. Aufl. § 20a Rn. 478 ff.; für informationsgestützte Marktmanipulationenauch Hellgardt, AG 2012, 154, 163 ff.; offen Veil, ZGR 2016, 305, 322 ff. der sich für ein Eingreifen des Gesetzgebers ausspricht; Maume, ZHR 180 (2016), 358, 368; a. A. Schmolke, NZG 2016, 721, 723 ff.; Schmolke, in: Klöhn, MAR, 1. Aufl. 2018, Art. 15 Rz. 85 ff.; Mülbert, in: Assmann / Schneider / Mülbert, Wertpapierhandelsrecht, 7. Aufl. 2018, Art. 15 VO Nr. 596 / 2014 Rz.  48; Buck-Heeb, Kapitalmarktrecht, 8. Aufl 2016, § 7 IV Rn.  568 f., S.  187 f.; Spindler, in: beck-online.GROSSKOMMENTAR, BGB, Stand: 16. Oktober 2016, § 823 Rn. 374.



B. Private enforcement im Kapitalmarktrecht über § 823 Abs. 2 BGB299

zungsmechanimen allenfalls auf Vermutungen. Es ist bis heute empirisch nicht belegt. Dieses Verdikt ist im Folgenden näher zu entfalten. 1. Marktmanipulationsverbot der MAR a) Gebot der effektiven Durchsetzung des Unionsrechts (effet utile) Die Mitgliedstaaten der Europäischen Union werden durch Art. 291 Abs. 1 AEUV verpflichtet, alle erforderlichen Maßnahmen nach nationalem Recht zu ergreifen, um die Durchführung der verbindlichen Rechtsakte der Union zu gewährleisten. Der EuGH hatte diese Rechtsanordnung als sog. Effetutile-Grundsatz bereits vor der Normierung in Art. 291 Abs. 1 AEUV aus Art. 4 Abs. 3 EUV entnommen.75 Aufgrund dieses Effektivitätsgebots sind die Mitgliedstaaten zum Erlass ergänzenden nationalen Rechts verpflichtet, wenn eine Verordnung die Art und Weise ihrer Anwendung nicht abschließend regelt und ihr effektiver Vollzug auf den ergänzenden Erlass mitgliedstaatlicher Normen angewiesen ist.76 In diesem Rahmen werden in der Rechtsprechung zumeist „wirksame, verhältnismäßige und abschreckende“ Maßnahmen von den Mitgliedstaaten eingefordert.77 Für die Frage einer in der Verordnung nichtgeregelten Sanktionierung von Verletzungen gilt im Ausgangspunkt, dass das Ob und das Wie einer Sank­ tionierung im Ermessen der Mitgliedstaaten liegen.78 Da diese aber dazu verpflichtet sind, alle geeigneten Maßnahmen zu treffen, um die volle Wirksamkeit des Unionsrechts zu gewährleisten, ist dieses Ermessen begrenzt.79 Es kann sich nach der Rechtsprechung des EuGH sogar zu einer Pflicht zur (zivilrechtlichen) Sanktionierung verdichten.80 75  Siehe von Bogdandy / Schill, in: Grabitz / Hilf / Nettesheim, Das Recht der Europäischen Union, 57. ErgLief. August 2015, Art. 4 EUV Rn. 76. 76  EuGH v. 17.  Dezember 1979  – C-30 / 70, Slg. 1970, 1197 Rn. 10 (Scheer); EuGH v. 6.  Mai 1982  – C-54 / 81, Slg. 1982, 1449 Rn. 4 f. (Fromme); EuGH v. 12. Februar 2008 – C-2 / 06, Slg. 2008, I-411, Rn. 57 (Kempter). 77  Schon EuGH v. 21. September 1989 – C-68 / 88, Slg. 1989, 2965, 2985, Rn. 24 (Kommission / Griechenland); in der Folge etwa EuGH v. 16. Oktober 2003 – C-91 / 02, Slg. 2003, I-12077, Rn. 17, 22 (Hannl + Hoffstetter). 78  EuGH v. 18.  Februar 1982  – C-77 / 81, Slg. 1982, 681 Rn. 18 f. (Zuckerfabrik Franken); von Bogdandy / Schill, in: Grabitz / Hilf / Nettesheim, Das Recht der Europäischen Union, 57. ErgLief. August 2015, Art. 4 EUV Rn. 79. 79  Vgl. EuGH v. 17. Dezember 1979 – C-30 / 70, Slg. 1970, 1197 Rn. 10 (Scheer); EuGH v. 15.1.2004  – C-230 / 01, Slg. 2004, I-937 Rn. 36 ff. (Intervention Board for Agricultural Produce); von Bogdandy / Schill, in: Grabitz / Hilf / Nettesheim, Das Recht der Europäischen Union, 57. ErgLief. August 2015, Art. 4 EUV Rn. 79. 80  Siehe von Bogdandy / Schill, in: Grabitz / Hilf / Nettesheim, Das Recht der Europäischen Union, 57. ErgLief. August 2015, Art. 4 EUV Rn. 79.

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4. Kap., § 14 Deliktsrechtliche Folgen von Manipulationen

b) Konkretisierende Rechtsprechung des EuGHs Der EuGH hat den Effektivitätsgrundsatz in zahlreichen Judikaten konkretisiert. Dabei erkennt der EuGH im Ausgangspunkt an, dass die Mitgliedstaaten selbst bestimmen können, ob und, wenn ja, welche zivilrechtlichen Folgen sie bei Verstößen gegen das Unionsrecht vorsehen. Das Unionsrecht muss durch die implementierten Maßnahmen allerdings effektiv durchgesetzt werden können.81 Das deutschsprachige Schrifttum, das sich für eine zwingend erforderliche Absicherung von europäischem Verordnungsrecht durch zivilrechtliche Haftungsansprüche ausspricht, beruft sich maßgeblich auf die Entscheidungen des EuGHs in den Rechtssachen Courage82, Manfredi83 und Muñoz84. Daraus soll sich ergeben, dass unmittelbar geltende unionsrechtliche Vorschriften immer auch auf der Ebene der Mitgliedstaaten zivilrechtlich durchsetzbar sein müssen.85 Bei einer näheren Analyse dieser Entscheidungen kann ihnen aber nur entnommen werden, dass der EuGH bei den Regelungen, die den Entscheidungen zugrunde lagen, eine zivilrechtliche Durchsetzungsmöglichkeit für erforderlich hielt. In anderen Rechtsbereichen haben der nationale Gesetzgeber und der Normanwender (nationale Gerichte) nach wie vor im Einzelfall zu entscheiden, ob die effektive Durchsetzung der jeweiligen europäischen Regelung es zwingend gebietet, einer zivilrechtlichen Haftung zur Geltung zu verhelfen.86 In den Rechtssachen Courage87 und Manfredi88 befand der EuGH zu den (heutigen) Art. 101 f. AEUV, dass diese bei Verstößen gegen die Kartellverbote privatrechtliche Schadensersatzansprüche zwingend erforderlich machen. Vor allem in der Rechtssache Courage hob der EuGH hervor, dass die 81  EuGH v. 30. Mai 2013 – C-604 / 11, ZIP 2013, 1417 Rn. 57 (Genil); dazu etwa Poelzig, ZGR 2015, 801, 806. 82  EuGH v. 20.  September 2001  – C-453 / 99, Slg. 2001, I-6287. Dazu aus kartellrechtlicher Sicht K.Schmidt, AcP 206 (2006), 169, 196 ff. 83  EuGH v. 13.  Juli 2006  – C-295 / 04 bis C-299 / 04, Slg. 2006, I-6619 Rn. 60 ff. (Manfredi). 84  EuGH v. 17. September 2002 – C-253 / 00, Slg. 2002, I-7289 (Muñoz). 85  So Wagner, in: MünchKommBGB, 5.  Aufl., 2009, § 823 Rn. 336; Franck, Marktordnung durch Haftung, 2016, S. 200. Abgeschwächter nunmehr Wagner, in: MünchKommBGB, 7. Aufl. 2017, § 823 Rn. 481. 86  Mülbert / Sajnovits, ZBB 2012, 266, 283 f. 87  EuGH v. 20.  September 2001  – C-453 / 99, Slg. 2001, I-6287 (Courage). Dazu aus kartellrechtlicher Sicht K.Schmidt, AcP 206 (2006), 169, 196 ff. 88  EuGH v. 13.  Juli 2006  – C-295 / 04 bis C-299 / 04, Slg. 2006, I-6619 Rn. 60 ff. (Manfredi).



B. Private enforcement im Kapitalmarktrecht über § 823 Abs. 2 BGB301

„praktische Wirksamkeit des in Artikel 85 Absatz 1 ausgesprochenen Verbots“ beeinträchtigt wäre, wenn nicht „jedermann Ersatz des Schadens verlangen könnte, der ihm durch einen Vertrag, der den Wettbewerb beschränken oder verfälschen kann, oder durch ein entsprechendes Verhalten entstanden ist“.89 Ein solcher Schadensersatzanspruch erhöhe „die Durchsetzungskraft der gemeinschaftlichen Wettbewerbsregeln“.90 In der Rechtssache Manfredi hat der EuGH diese Linie bestätigt.91 Die Entscheidungen bleiben in der Argumentation aber ganz auf die Besonderheiten des primärrechtlich verankerten Kartellrechts bezogen. In der Rechtssache Munoz92, der die Verordnung (EU) Nr. 1035 / 72 zugrunde lag, räumte der EuGH einem Konkurrenten die Möglichkeit ein, die Einhaltung der Verordnung durch privatrechtliche Unterlassungsansprüche durchzusetzen. Zur Begründung des Erfordernisses einer Klagebefugnis rekurrierte der EuGH auf die Erwägungsgründe der Verordnung (EWG) Nr. 1035 / 72. Daraus ergebe sich, dass „deren Beachtung im Wege eines Zivilprozesses durchgesetzt werden kann, den ein Wirtschaftsteilnehmer gegen einen Konkurrenten anstrengt“93. Eine solche Klagebefugnis verstärke nämlich die „Durchsetzungskraft der gemeinschaftsrechtlichen Regelung der Qualitätsnormen“94. Ferner ergänze sie die „Tätigkeit der Stellen, die in den Mitgliedstaaten für die Durchführung der in dieser Regelung vorgesehenen Kontrollen zuständig sind, und trägt damit dazu bei, oft nur schwer aufzudeckende Praktiken zu unterbinden, die den Wettbewerb verfälschen könnten. So gesehen sind Klagen von Konkurrenten vor nationalen Gerichten besonders geeignet, wesentlich zur Sicherung eines lauteren Handels und der Markttransparenz in der Gemeinschaft beizutragen“95. Der EuGH führte durchaus überzeugend aus, dass ein Konkurrent zur Effektuierung der Durchsetzung der Bestimmungen auch einen Unterlassungsanspruch gegen seinen Wettbewerber haben muss. Nichts anderes würde sich aber bereits aus der deutschen Schutzgesetzdogmatik ergeben.96 Die Erwägungsgründe 3 und 20 der besagten Verordnung zeigen, dass gerade auch die Wettbewerber in deren Schutzbereich einbezogen sind. Die Verordnung hat also auch eine die einzelnen Wettbewerber schützende Komponen89  EuGH

v. 20. September 2001 – C-453 / 99, Slg. 2001, I-6287 Rn. 26 (Courage). v. 20. September 2001– C-453 / 99, Slg. 2001, I-6287 Rn. 27 (Courage). 91  EuGH v. 13.  Juli 2006  – C-295 / 04 bis C-299 / 04, Slg. 2006, I-6619 Rn. 60 (Manfredi). 92  EuGH v. 17. September 2002 – C-253 / 00, Slg. 2002, I-7289 (Muñoz). 93  EuGH v. 17. September 2002 – C-253 / 00, Slg. 2002, I-7289 Rn. 30 (Muñoz). 94  EuGH v. 17. September 2002 – C-253 / 00, Slg. 2002, I-7289 Rn. 31 (Muñoz). 95  EuGH v. 17. September 2002 – C-253 / 00, Slg. 2002, I-7289 Rn. 31 (Muñoz). 96  Siehe näher oben § 14 B.I.1. 90  EuGH

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4. Kap., § 14 Deliktsrechtliche Folgen von Manipulationen

te.97 Nur einem solchen Wettbewerber hat der EuGH einen Anspruch zugesprochen und keinesfalls jedem Marktteilnehmer, der irgendwie von einem Verstoß betroffen sein könnte. Der Kreis der Wettbewerber ist deutlich enger als jener der Anleger im Rahmen des Marktmanipulationsrechts. In Randnummer 57 der Entscheidung betont der EuGH zudem die schwache öffentliche Rechtsdurchsetzung in diesem Bereich.98 Die Entscheidungen Courage, Manfredi und Muñoz sprechen zwar tendenziell dafür, dass der EuGH die private Rechtsdurchsetzung für eine sinnvolle und effektivitätssteigernde Ergänzung hält. Keinesfalls ergibt sich daraus aber eine generelle Verpflichtung der Mitgliedstaaten, für sämtliches unmittelbar anwendbares Unionsrecht derartige Möglichkeiten vorzusehen. Soweit das Unionsrecht keine konkreten Vorgaben zum Durchsetzungsregime macht, bleibt es vielmehr auch nach diesen Judikaten im Grundsatz den Mitgliedstaaten vorbehalten, geeignete Mechanismen vorzusehen. Nur soweit diese eine effektive Durchsetzung nicht zu gewährleisten vermögen, verlangt das Unionsrecht im Einzelfall, dass die private Rechtsdurchsetzung durch die subjektive Funktionalisierung von Marktteilnehmern ermöglicht wird. Dass der EuGH in den letzten Jahren nicht von diesem Grundsatz abgewichen ist, bestätigt eine neuere Entscheidung aus dem Jahr 2013. Darin hatte sich der EuGH zu den Auswirkungen der MiFID I auf das nationale Vertragsrecht geäußert.99 In der Entscheidung weist der EuGH neuerlich ausdrücklich auf die funktionale Äquivalenz von privat- und öffentlich-rechtlichen Mechanismen hin und betont, dass „in Ermangelung einer Regelung der Union hierzu … es der innerstaatlichen Rechtsordnung der Mitgliedstaaten zu[kommt], die vertraglichen Folgen eines Verstoßes gegen diese Verpflichtungen festzulegen, wobei die Grundsätze der Äquivalenz und der Effektivität beachtet werden müssen“100. Der Entscheidung lag mit der MiFID I eine Richtlinie zugrunde und kein unmittelbar anwendbarer Rechtsakt. Es sind aber keine plausiblen Gründe dafür ersichtlich, warum bei Verordnungen prinzipiell etwas anderes gelten soll als bei Richtlinien. Gerade bei der Rechtsdurchsetzung unterscheiden sich die Regelungsbefehle für die Mitgliedstaaten in Verordnungen und Richtlinien oft nicht. c) Gewaltenteilung und systematische Erwägungen Eine rechtsgebietsübergreifende Verallgemeinerung der Erwägungen des EuGHs verbietet sich – jedenfalls bei Sekundärrechtsakten – auch unter dem Mülbert / Sajnovits, ZBB 2012, 266, 283 f. v. 17. September 2002 – C-253 / 00, Slg. 2002, I-7289 Rn. 57 (Muñoz). 99  EuGH v. 30. Mai 2013 – C-604 / 11, ZIP 2013, 1417. 100  EuGH v. 30. Mai 2013 – C-604 / 11, ZIP 2013, 1417, 1419 Rn. 57. 97  Vgl.

98  EuGH



B. Private enforcement im Kapitalmarktrecht über § 823 Abs. 2 BGB303

Gesichtspunkt der Gewaltenteilung immer dann, wenn sich der europäische Gesetzgeber ausdrücklich gegen eine zivilrechtliche Haftung ausspricht. Diese Entscheidung muss sich nur vor dem Hintergrund seiner eigenen primärrechtlichen Bindungen als rechtmäßig erweisen.101 Grigoleit102 hat im kapitalmarktrechtlichen Zusammenhang erstmals ausdrücklich auf den Aspekt der institutionellen Balance hingewiesen. Schmol­ ke103 hat diese Überlegungen auf die zivilrechtliche Haftung für einen Verstoß gegen das Marktmanipulationsverbot übertragen.104 Ausgangspunkt ist der hier schon angesprochene Aspekt, dass der europäische Gesetzgeber in der MAR ganz bewusst auf eine zivilrechtliche Flankierung seines hauptsächlich öffentlich-rechtlich geprägten Sanktionenregimes verzichtet hat.105 Das ist geschehen, obwohl die Mitgliedstaaten bei der zivilrechtlichen Ahndung von Marktmanipulationen über kein kohärentes Regime verfüg(t)en. Einige Mitgliedstaaten wie Irland, Portugal und Zypern sehen spezialgesetzliche Haftungstatbestände für einen Verstoß gegen das Marktmanipulationsverbot vor. Andere, etwa Österreich, ermöglichen eine Haftung über ein weites Verständnis des Schutzgesetzcharakters.106 In wiederum anderen Mitgliedstaaten wie etwa Deutschland, Frankreich und Großbritannien lehnen hingegen sowohl die Gesetzgeber, die herrschende Meinung und die Rechtsprechung eine Haftung ab.107 Der europäische Gesetzgeber hat sich in der MAR in voller Kenntnis dieser Divergenzen nicht mit einer zivilrechtlichen Haftung und der damit verbundenen Einbindung Privater befasst. Über Whistleblower-Systeme setzt er in ganz anderer Weise auf die Mitwirkung Privater an der Rechtsdurchsetzung.108 Diese sollen den Behörden Informa­ tionen über Verstöße melden. Diese positive Entscheidung des europäischen Gesetzgebers muss auch vom EuGH akzeptiert werden.109

101  Schmolke,

NZG 2016, 721, 726 ff. ZHR 177 (2013), 264, 275 ff. 103  Schmolke, NZG 2016, 721, 722 ff. 104  In diese Richtung auch W.-H.Roth, ZHR 179 (2015), 668, 674 ff., 684. Näher zum institutionellen Gleichgewicht auf der EU-Ebene Michel, Institutionelles Gleichgewicht und EU-Agenturen, 2015. 105  Schmolke, NZG 2016, 721, 722 f.; vgl. zur MiFID Grigoleit, ZHR 177 (2013), 264, 275. 106  Tountopoulos, ECFR 297, 304 f. 107  Schmolke, NZG 2016, 721, 722; Tountopoulos, ECFR 297, 304 f. 108  So auch Schmolke, NZG 2016, 721, 727. 109  Vgl. Rebhahn, ZfPW 2016, 281, 287. 102  Grigoleit,

304

4. Kap., § 14 Deliktsrechtliche Folgen von Manipulationen

d) Keine nachgewiesenen Effektivitäts- und Effizienzsteigerungen aa) E  ffektivere Rechtsdurchsetzung des Marktmanipulationsverbots durch private Schadensersatzklagen? Das Effektivitätsgebot ließe private Rechtsdurchsetzungsmechanismen überhaupt nur als sinnvoll erscheinen, wenn man mit den jeweiligen Mechanismen ein Mehr an konkreter Rechtsdurchsetzung eines Regelungsbefehls, etwa des Marktmanipulationsverbots, erzielte. Zur Feststellung dieser Effektivitätssteigerung sind die etwaigen Effizienzsteigerungen durch die jeweiligen Durchsetzungsmechanismen, bezogen auf den konkreten Regelungsbefehl, zu ermitteln. Mit der Prüfung der Effizienz bestimmter Rechtsdurchsetzungsmechanismen kann nämlich verglichen werden, welcher davon die größtmögliche Wirkung bei den geringstmöglichen Kosten hat.110 Insoweit sind die Rechtsdurchsetzungskosten, die Durchsetzungsanreize und die Durchsetzungsflexibilität in die Betrachtung einzubeziehen.111 Existierende öffentlich-rechtliche Durchsetzungsmechanismen müssen mit potenziell zu etablierenden privaten Durchsetzungsmechanismen verglichen werden. Nur dann kann beurteilt werden, ob existierende Mechanismen zur effektiven Durchsetzung führen, und vor allem, ob ergänzende Mechanismen die Effektivität der Durchsetzung fördern würden. Vergleicht man die private und die staatliche Rechtsdurchsetzung miteinander, sind auf Seiten der staatlichen die Vorteile behördlich zentralisierter Organisation und die zur Verfügung stehenden Eingriffsrechte zu nennen112. Auf Seiten der privaten Rechtsdurchsetzung spielen Skaleneffekte eine wesentliche Rolle. Rechtsdurchsetzungskosten sind die Kosten, die für das Erkennen eines Rechtsverstoßes, die Ausmachung des Täters, das Einschätzen der rechtlichen Folgen und die Sanktionierung anfallen. Viele Marktteilnehmer können grundsätzlich mehr Rechtsverstöße erkennen, als eine Behörde mit ihrem begrenzten Mitarbeiterapparat.113 Bei der öffentlich rechtlichen Überwachung sind zudem die hohen Kosten einer laufenden und flächende110  Ackermann,

in: FS Köndgen, 2016, S. 1, 7. Klöhn, in: Kalss / Fleischer / Vogt, Gesellschafts- und Kapitalmarktrecht in Deutschland, Österreich und der Schweiz 2013, 2014, S. 229, 237 ff.; Klöhn, in: Schulze, Compensation of Private Losses, 2011, S. 179, 182 m. w. N. Zu den Gefahren eines regulatory capture Wagner, in: FS Köndgen, 2016, S. 649, 673; Ackermann, in: FS Köndgen, 2016, S. 1, 5, jeweils m. w. N. insbesondere zur anglo-amerikanischen Literatur. 112  Wagner, in: FS Köndgen, 2016, S. 649, 672 f. 113  Klöhn, in: Kalss / Fleischer / Vogt, Gesellschafts- und Kapitalmarktrecht in Deutschland, Österreich und der Schweiz 2013, 2014, S. 229, 237; Wagner, in: FS Köndgen, 2016, S. 649, 674. 111  Dazu



B. Private enforcement im Kapitalmarktrecht über § 823 Abs. 2 BGB305

ckenden Marktbeobachtung mit zu berücksichtigen, die auch ohne tatsäch­ liche Rechtsverstöße bzw. deren Entdeckung anfallen.114 Private, denen selbst ein Schaden entstanden ist, haben normalerweise einen größeren Anreiz, sich um eine Aufdeckung und Sanktionierung zu bemühen. Mitarbeitern von Behörden wird dagegen häufig unterstellt, dass sie bei ihrem hierarchischen Behördenaufbau mit vielen zu erledigenden Aufgaben kein besonderes Interesse an einer echten Entdeckung und Ahndung von Verstößen hätten.115 Die Flexibilität bei der öffentlichen Rechtsdurchsetzung ist dafür größer, da den Aufsichtsbehörden ein deutlich größeres Instrumentarium zur Verfügung steht. Neben den straf- und ordnungswidrigkeitenrechtlichen Sanktionen116 gehören hierzu z. B. die Verhängung von Tätigkeits- bzw. Berufsverboten117 und in neuerer Zeit auch das naming and shaming118. Private sind in aller Regel nur auf Geldschadensersatzansprüche beschränkt. Anknüpfend an diese Aspekte, wurde von Klöhn eine Unterscheidung zwischen informations- und handelsbasierten Manipulationen vorgeschlagen.119 Informationsgestützte Manipulationen geschehen durch die Verbreitung unwahrer oder die Unterdrückung wahrer Informationen. Handelsbasierte Manipulationen folgen Handelsstrategien, die den Preis eines Finanzinstruments quasi verdeckt beeinflussen.120 Hinsichtlich der Entdeckung eines Gesetzesverstoßes weist Klöhn überzeugend darauf hin, dass Private in ihrer den Markt konstituierenden Gesamtheit informationsgestützte Manipulationen kostengünstiger erkennen als eine Behörde.121 Diese komparativen Kostenvorteile verringern sich freilich schon dann, wenn man die Identifizierung des Täters als nächsten für die spätere Rechtsdurchsetzung wesentlichen Schritt hinzunimmt. Diese wird bei Anonymität des Täters typischer114  Wagner,

in: FS Köndgen, 2016, S. 649, 674. in: Kalss / Fleischer / Vogt, Gesellschafts- und Kapitalmarktrecht in Deutschland, Österreich und der Schweiz 2013, 2014, S. 229, 238; weniger scharf Wagner, in: FS Köndgen, 2016, S. 649, 673; Jackson / Roe, Journal of Financial Economics 93 (2009), 207, 210. 116  Siehe näher oben § 10 D.I. und II.1. 117  Wagner, in: FS Köndgen, 2016, S. 649, 673. Zu den Mechanismen im Kapitalmarktrecht etwa Veil, ZGR 2016, 305, 307 ff. 118  Siehe oben § 10 D.II.3. 119  Klöhn, in: Kalss / Fleischer / Vogt, Gesellschafts- und Kapitalmarktrecht in Deutschland, Österreich und der Schweiz 2013, 2014, S. 229, 238 ff. 120  Klöhn, in: Kalss / Fleischer / Vogt, Gesellschafts- und Kapitalmarktrecht in Deutschland, Österreich und der Schweiz 2013, 2014, S. 229, 238. 121  Klöhn, in: Kalss / Fleischer / Vogt, Gesellschafts- und Kapitalmarktrecht in Deutschland, Österreich und der Schweiz 2013, 2014, S. 229, 238 f. 115  Klöhn,

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4. Kap., § 14 Deliktsrechtliche Folgen von Manipulationen

weise oft nur Behörden – aufgrund ihrer Eingriffsbefugnisse – möglich sein.122 Gerade bei den hier interessierenden Manipulationen von Referenzzinssätzen versprechen private Marktbeobachtungen keine komparativen Kostenvorteile bei der Entdeckung von Tat und Täter. Zwar handelt es sich auch bei der Manipulation von Benchmarks nach der obigen Einordnung um eine informationsgestützte Manipulation.123 Die die Benchmarks verfälschenden Informationen werden aber – jedenfalls heute – nicht unmittelbar öffentlich gemacht, sondern meist nur der Output der Aggregation von Eingabedaten nach vorgenommener Trimmung. Daher handelt es sich bei Benchmark-Manipulationen um verdeckte informationsgestützte Marktmanipulationen. Bei ebensolchen bedarf es einer behördlichen investigativen Ermittlung der Umstände des Zustandekommens der Meldungen. Allerdings lassen sich durch empirische Untersuchungen Privater Belege für Unregelmäßigkeiten feststellen.124 Dies gelingt jedoch allenfalls rückschauend über längere Vergleichsperioden. Jedenfalls können tatsächliche Belege für die Manipulationen, die auch eine rechtliche Bewertung zulassen und vor allem die Entdeckung des Täters, nur durch eine behördliche Aufklärung gewonnen werden. Trotz der Informationsgestütztheit der Manipulationen besteht so eine Nähe zu den handelsgestützten Manipulationen. Bei denen wird eine Effektivitätssteigerung durch ein private enforcement mit überzeugenden Argumenten angezweifelt. bb) Gefahren eines over enforcement durch übermäßige Abschreckung Abgesehen von den Effektivitätssteigerungen, die bestimmte Regelungen bei der Durchsetzung eines konkreten Regelungsbefehls versprechen, muss das bestehende Gesamtsystem der Verhaltensvorgaben einschließlich der Rechtsdurchsetzungsmechanismen daraufhin überprüft werden, ob es nicht einer Effizienzsteigerung auf dem Finanzmarkt insgesamt entgegensteht oder eine solche jedenfalls gefährdet.125 Damit ist der Aspekt einer Folgenbetrach122  Klöhn, in: Kalss / Fleischer / Vogt, Gesellschafts- und Kapitalmarktrecht in Deutschland, Österreich und der Schweiz 2013, 2014, S. 229, 239. 123  Siehe oben § 10 B.II.1. und C.II. 124  Siehe oben § 3 B.II.2.a) und e). 125  Vgl. Ackermann, in: FS Köndgen, 2016, S. 1, 3 f. Dies ist insbesondere im Kapitalmarktrecht von besonderer Bedeutung, weil die individuellen Verluste von Anlegern infolge von Insiderhandel oder Marktmanipulationen nicht den Gesamtwohlfahrtsverlust des jeweiligen Verhaltens zum Ausdruck bringen. Siehe dazu Ackermann, in: FS Köndgen, 2016, S. 1, 16; Wagner, in: FS Köndgen, 2016, S. 649, 671.



B. Private enforcement im Kapitalmarktrecht über § 823 Abs. 2 BGB307

tung zur Ermittlung einer optimalen Regulierung angesprochen.126 Ein gegebenenfalls austariertes System öffentlich-rechtlicher Durchsetzungsmechanismen könnte nämlich bei einer durch die Rechtsprechung erzwungenen zusätzlichen zivilrechtlichen Haftung ausgehebelt werden. Letztere könnte die Effizienz des Finanzmarkts stören und so zu Wohlfahrtshemmungen führen. Insofern sind vorrangig die Gefahren eines over enforcement etwa durch die Angst von Marktteilnehmern vor zu scharfen Sanktionen zu berücksichtigen. Das gilt auch für die Sorge vor zu Unrecht angestrengten privaten Schadensersatzklagen, die ein echtes Handlungs- und damit Transaktionshemmnis bedeuten können.127 Ein unter Umständen über mehrere Instanzen geführter zivilrechtlicher Rechtsstreit kann nicht nur hohe Kosten der Rechtsverteidigung bedeuten. Er kann auch erhebliche Reputationsverluste nach sich ziehen, und zwar selbst dann, wenn am Ende feststeht, dass die betreffenden Haftungstatbestände gar nicht verwirklicht wurden. Die wenigen Studien im Bereich des Kapitalmarktrechts zur Frage einer durch private enforcement bewirkten Effizienzsteigerung kommen denn auch zu teils unterschiedlichen Ergebnissen. Vor allem zwei – in ihren Ergebnissen konträre128 – Studien werden in diesem Zusammenhang in der Literatur immer wieder angeführt:129 eine im Journal of Finance im Jahr 2006 veröffentlichte Studie von La Porta, Lopez-de-Silanes und Shleifer130 und eine von Jackson und Roe im Journal for Financial Economics im Jahr 2009131. La Porta, Lopez-de-Silanes und Shleifer bewerten die private Rechtsdurchsetzung, wie sie namentlich in Common-law-Ländern zu finden ist, als für die Effizienz nationaler Kapitalmärkte ganz entscheidenden Faktor. Der öffentlichen Rechtsdurchsetzung komme demgegenüber eine ganz untergeordnete Bedeutung zu.132 Auch innerhalb der in dieser Studie untersuchten 126  Dazu Binder, in: FS Köndgen, 2016, S. 65; knapp auch Mülbert / Sajnovits, German Law Journal 18 (2017), 1, 36 f. 127  Vgl. Ackermann, in: FS Köndgen, 2016, S. 1, 11; zum over enforcement schon Landes / Posner, Journal of Legal Studies 4 (1975), 1, 15 ff. 128  Wagner, in: FS Köndgen, 2016, S. 649, 668, nach dem die Studien von Jackson / Roe einerseits und La Porta / Lopez-de-Silanes / Shleifer zu „diametral entgegengesetzten Ergebnissen“ kommen. 129  Wagner, in: FS Köndgen, 2016, S. 649; Klöhn, in: Kalss / Fleischer / Vogt, Gesellschafts- und Kapitalmarktrecht in Deutschland, Österreich und der Schweiz 2013, 2014, S. 229. 130  La Porta / Lopez-de-Silanes / Shleifer, Journal of Finance 61 (2006), 1. Kritisch insbesondere zur Validität der Ausgangsdaten Wagner, in: FS Köndgen, 2016, S. 649, 668 f. m. w. N. 131  Jackson / Roe, Journal of Financial Economics 93 (2009), 207. 132  La Porta / Lopez-de-Silanes / Shleifer, Journal of Finance 61 (2006), 1, 20; dazu instruktiv Wagner, in: FS Köndgen, 2016, S. 649, 664 ff.

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4. Kap., § 14 Deliktsrechtliche Folgen von Manipulationen

Common-law-Jurisdiktionen wird das Marktmanipulationsverbot aber nicht durchweg von zivilrechtlichen Schadensersatzansprüchen flankiert (z.  B. UK).133 Jackson und Roe hingegen messen der öffentlichen Rechtsdurchsetzung die größere Bedeutung für die Steigerung der Kapitalmarkteffizienz bei.134 e) Fazit: Keine Notwendigkeit einer abweichenden unionsrechtskonformen Auslegung oder einer teleologischen Reduktion Sowohl die systematischen Erwägungen als auch die ökonomisch allenfalls vage gesicherten Aussichten auf eine Effektivitätssteigerung durch ein private enforcement – jedenfalls im Bereich verdeckter Marktmanipulationen – sprechen gegen eine zwingende Einwirkung des Unionsrechts auf die Schutzgesetzdogmatik des § 823 Abs. 2 BGB und damit gegen dessen „Umdeutung“ in eine deliktische Generalklausel im Bereich des Kapitalmarktrechts. Es besteht daher keine Notwendigkeit zu einer unionsrechtskonformen Auslegung oder einer teleologischen Reduktion des § 823 Abs. 2 BGB bei einer Marktmanipulation durch eine Beeinflussung von Benchmarks. 2. Bestimmungen der BMR Die Bestimmungen der BMR, besonders die in ihr enthaltenen Complianceund Governancevorgaben135, können nicht anders bewertet werden. Einfache Marktteilnehmer haben keine Einsichtsmöglichkeiten in die Umsetzung der Governance- und Compliancevorgaben. Damit können sie neben den Aufsichtsbehörden bei der Entdeckung und Aufdeckung von Verstößen keinen eigenen gewinnbringenden, mithin effektivitätssteigernden Beitrag zur Rechtsdurchsetzung leisten. Der Gefahr, dass anlasslos und ohne Anhaltspunkte Klagen erhoben würden, die wegen der hohen Rechtsverteidigungskosten erhebliche negative Wirkungen entfalten, würde keine gesteigerte Aufdeckungswahrscheinlichkeit gegenüberstehen. Allenfalls die im Zusammenhang mit den verbraucherschützenden Aspekten der BMR stehenden Transparenz- und Offenlegungspflichten136 könnten die behördliche Überwachung sinnvoll flankieren. Die Verletzung dieser Pflichten könnte aber ggf. schon auf Basis der tradierten Schutzgesetzdogmatik zu einem Anspruch führen.137 133  Siehe

oben § 14.A.II.1.a). Journal of Financial Economics 93 (2009), 207. Auch dazu Wagner, in: FS Köndgen, 2016, S. 649, 667 ff. 135  Siehe oben § 7 C. 136  Siehe oben § 7 D. 137  Siehe oben § 14 I.1.c). 134  Jackson / Roe,



C. Private enforcement in den engen Grenzen des § 826 BGB309

C. Private enforcement in den engen Grenzen des § 826 BGB I. Einführung Eine deliktische Haftung wegen Manipulationen kann sich nur aus § 826 BGB ergeben. Primär richtet sich ein Anspruch allerdings gegen die indi­ viduellen Händler und / oder Submittenten, die Falschmeldungen an die Ad­ ministratoren weitergegeben haben.138 Da es im Deliktsrecht an einer dem § 278 BGB vergleichbaren Zurechnungsnorm fehlt, kommt die Zurechnung einer etwaigen Anspruchsverwirklichung an die Bank nicht in Betracht. So verbleibt es zunächst139 nur bei einer Haftung der manipulierenden natürlichen Personen. Die Anleger wären also auf eine Geltendmachung gegenüber den Händlern angewiesen. Eine solche kann sich wegen der begrenzten Solvenz der Händler in der praktischen Rechtsdurchsetzung als schwierig erweisen. Zudem würden sich zusätzliche Durchsetzungsprobleme deshalb stellen, weil die manipulierenden Händler meistens überhaupt nicht in Deutschland, sondern in anderen Staaten ansässig sind / waren. Anders wäre dies nur, wenn ein von § 31 BGB analog erfasster Repräsentant eine Manipulation unmittelbar angeordnet hat oder eine solche zukünftig anordnen wird. II. Manipulationshandlungen als Verstoß gegen die guten Sitten im Verhältnis zum Verstoß gegen das Verbot der Marktmanipulation Nach § 826 BGB ist derjenige, der in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise einem anderen vorsätzlich Schaden zufügt, zum Ersatz des Schadens verpflichtet. Objektiv erfordert die Verwirklichung des § 826 BGB einen Verstoß gegen die guten Sitten. Wie schon bei § 138 BGB wird das Merkmal der guten Sitten mit der Formel vom „Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden“ umschrieben.140 Für die Manipulation von Referenzzinssätzen muss berücksichtigt werden, dass es nicht um einen Verstoß gegen das den Marktfunktionenschutz gewährende und sichernde Verbot der Marktmanipulation141 geht, sondern um die Herausbildung einer sittlichen Verkehrspflicht zum Schutz fremden (individuellen) Vermögens142. Im Rahmen von § 826 BGB kann insofern nicht allein auf den kapitalmarktrechtli138  Vgl. Wagner, in: MünchKommBGB, 7. Aufl. 2017, § 826 Rn. 37 zur Ausrichtung des § 826 BGB auf den Individualtäter. 139  Vgl. sogleich § 14 D. zur Haftung der Bank nach § 831 BGB. 140  Vgl. oben § 12 B.V. zu § 138 BGB und Wagner, in: MünchKommBGB, 7. Aufl. 2017, § 826 Rn. 9. 141  Siehe oben § 14 B. 142  Vgl. Oechsler, in: Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2014, § 826 Rn. 36.

310

4. Kap., § 14 Deliktsrechtliche Folgen von Manipulationen

chen Normverstoß abgestellt werden. Würde allein darauf rekurriert, müsste in Konsequenz zur fehlenden Individualschutzvermittlung des Marktmanipulationsverbots143 auch verneint werden, dass die sittliche Verkehrspflicht dem Schutz fremden individuellen Vermögens dient. Das ist aber Voraussetzung eines Anspruchs nach § 826 BGB.144 Es muss deshalb vielmehr um die Ausformulierung einer gerade das individuelle Vermögen der Bankkunden oder sonstiger Anleger schützenden sittlichen Verhaltenspflicht gehen. Diese kann sich – quasi zufällig – mit dem Verstoß gegen das Marktmanipulationsverbot überschneiden. Ganz in diesem Sinne hat der BGH etwa im IKB-Urteil hervorgehoben, dass für „die Annahme der Sittenwidrigkeit weder der Verstoß gegen eine gesetzliche Vorschrift noch die Tatsache eines eingetretenen Vermögensschadens [genügt]; vielmehr muss sich die besondere Verwerflichkeit des Verhaltens aus dem verfolgten Ziel, den eingesetzten Mitteln, der zutage tretenden Gesinnung oder den eingetretenen Folgen ergeben“145. Eine solche Sittenwidrigkeit aus der Gesamtschau kann nach dem BGH durch eine besonders verwerfliche Gesinnung des Deliktstäters indiziert werden.146 Die Vermögensschäden der individuellen Anleger werden beim schädigenden Handeln von Derivatehändlern und / oder Submittenten vom Schutzzweck einer im Sinne der Rechtsprechung des BGH konkretisierten Sittenpflicht erfasst. Die besondere Verwerflichkeit des Verhaltens der Derivatehändler ergibt sich aus ihrer besonderen Stellung, die ihnen weitreichende Einwirkungsmöglichkeiten auf die Vermögensinteressen der Kunden gibt. Solche manipulativen Verhaltensweisen fallen umso stärker ins Gewicht, als die Händler allein zur Generierung individueller Gewinne und zur Steigerung ihrer eigenen Reputation in der Bank agierten (besonders verwerfliche Gesinnung). III. Vorsatzerfordernis Neben dem Verstoß gegen die guten Sitten erfordert § 826 BGB auch den Vorsatz des Deliktstäters. Das Vorsatzerfordernis bezieht sich auf die die Sittenwidrigkeit des Verhaltens begründenden Umstände, den Eintritt des Schadens sowie die Kausalität des schädigenden Verhaltens. 143  Siehe

oben § 14 B.I.1.a) und b). BGHZ 96, 231, 236 f.; Wagner, in: MünchKommBGB, 7. Aufl. 2017, § 826 Rn. 46; Oechsler, in: Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2014, § 826 Rn. 54. 145  BGHZ 192, 90, 101 f. Rn. 28 (IKB); vgl. auch BGHZ 160, 149, 157 (Infomatec II); Sprau, in: Palandt, BGB, 76. Aufl. 2017, § 826 Rn. 4; kritisch Oechsler, in: Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2014, § 826 Rn. 58a, der eine systemwidrige Vermischung mit dem Vorsatzerfordernis befürchtet und die Frage der verwerflichen Gesinnung im Rahmen der Prüfung eines Entschuldigungsgrundes stellen will. 146  BGHZ 160, 149, 157 f. (Infomatec II). 144  Vgl.



C. Private enforcement in den engen Grenzen des § 826 BGB311

Der Deliktstäter muss die Umstände, die die Sittenwidrigkeit begründen, in seinen Vorsatz aufgenommen haben.147 Nicht erforderlich ist, dass er selbst die Wertung der Sittenwidrigkeit nachvollzogen hat.148 Bei den typischen Benchmark-Manipulationen durch Derivatehändler bzw. Submittenten wird die Sittenwidrigkeit gerade aus der Gesamtschau der Umstände und Motive der Manipulationen hergeleitet.149 Diese sind in den Vorsatz der manipulierenden Händler und / oder der falsch meldenden Submittenten in aller Regel aufgenommen. Derivatehändler, aber auch Submittenten haben positive Kenntnis davon, dass die falsch gemeldeten Eingabedaten von dem tatsächlich zu meldenden Wert abweichen. Diese Falschmeldung geschieht auf Seiten der Händler, um die eigenen Buch- / Handelspositionen zu verbessern oder um einen persönlichen finanziellen Malus zu verhindern oder um einen Bonus zu erlangen. Wenn jemand so handelt, muss das als besonders verwerflicher Eigennutz gelten.150 Bei den Submittenten gibt es ähnliche eigennützige Motive, z. B. ein besonderes Geltungsbedürfnis gegenüber den De­ rivatehändlern oder der Versuch, sich diesen gegenüber auf Kosten der be­ ruflichen Verpflichtungen gefällig zu erweisen. Schließlich haben sowohl Händler als auch Submittenten Kenntnis davon, dass wegen der geringen Größe des Panels – noch verstärkt bei einer mehrere Banken übergreifenden Absprache – eine hohe Wahrscheinlichkeit für die tatsächliche Beeinflussung eines öffentlichen Gutes besteht. Dessen Veränderung wird ganz erhebliche Auswirkungen auch auf zahlreiche Vertragsverhältnisse der eigenen Bank – zum Vor- oder Nachteil der Kunden – haben. Der Deliktstäter muss bei § 826 BGB darüber hinaus aber auch den Eintritt des Schadens und den Kausalverlauf in seinen Vorsatz aufgenommen haben. Dazu ist erforderlich, dass er Art und Umfang des Schadens jedenfalls voraussehen konnte und positiv will oder aber ihn um anderer Zwecke willen zumindest billigend in Kauf genommen hat.151 Nicht erforderlich ist, dass der Schädiger die Person des Geschädigten kannte.152 Er muss aber immer147  Siehe etwa BGH NJW-RR 2009, 1208 Rn. 20; ferner nur Sprau, in: Palandt, BGB, 76. Aufl. 2017, § 826 Rn. 8. 148  Schon RGZ 72, 4, 7; 123, 271, 277 f.; sodann etwa BGHZ 8, 83, 87 f.; BGH ZIP 2004, 2095, 2100; Sprau, in: Palandt, BGB, 76. Aufl. 2017, § 826 Rn. 8; zur Auseinandersetzung mit der dadurch begründeten Aufweichung der Vorsatztheorie Wagner, in: MünchKommBGB, 7. Aufl. 2017, § 826 Rn. 33 ff.; Oechsler, in: Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2014, § 826 Rn. 62 ff. 149  Siehe soeben § 14 C.II. 150  Vgl. die Erwägungen soeben § 14 C.II. 151  Sprau, in: Palandt, BGB, 76. Aufl. 2017, § 826 Rn. 11; Oechsler, in: Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2014, § 826 Rn. 61; BGH WM 2013, 1310, 1313 Rn. 22; BGH NJW-RR 2013, 550, 552 Rn. 32. 152  RGZ 157, 213, 220; BGHZ 108, 134, 143; BGHZ 160, 149, 156; Wagner, in: MünchKommBGB, 7. Aufl. 2017, § 826 Rn. 25.

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4. Kap., § 14 Deliktsrechtliche Folgen von Manipulationen

hin die „Richtung, in der sich sein Verhalten zum Schaden anderer auswirken konnte, und die Art des möglicherweise eintretenden Schadens vorausgesehen und billigend in Kauf genommen“153 haben. Eine nur allgemeine Vorstellung von möglichen Schäden genügt nicht.154 Vielmehr muss sich der Vorsatz auf einzelne Schadenspositionen konkretisiert haben.155 Im vorliegenden Zusammenhang kann sich ein Schädigungsvorsatz der manipulierenden Händler deshalb nur auf diejenigen Kunden der Bank bezogen haben, die innerhalb des jeweils vom Händler verwalteten Portfolios eine Position in Finanzinstrumenten einnehmen, die durch die jeweilige Manipulation negativ beeinflusst wird.156 Vor allem Marktteilnehmer, die nicht Kunden der Bank sind, werden nicht in den Vorsatz aufgenommen, da der manipulierende Händler überhaupt keine Kriterien an der Hand hat, um den Kreis der Anspruchsberechtigten und den Schadensumfang auch nur einigermaßen zu konkretisieren. Schäden sonstiger Anleger oder Kunden müssen demgegenüber als Fernschäden erscheinen und werden nicht erfasst.157 Das ist eine wesentliche Besonderheit des § 826 BGB, da das deutsche Schadensrecht im Übrigen von der grundsätzlichen Ersatzfähigkeit auch von Fern- und Folgeschäden ausgeht.158 Das auf den Schaden bezogene Vorsatzerfordernis des § 826 BGB führt so zu einer wesentlichen Einschränkung.

D. Private enforcement bei Benchmark-Manipulationen über § 831 BGB Anknüpfend an eine tatbestandliche deliktische Handlung der Händler und / oder der Submittenten (§ 14 C.), kommt im Ausgangspunkt auch eine deliktische Haftung der Bank aus § 831 BGB in Betracht. Die manipulierenden Derivatehändler und / oder die Submittenten als Arbeitnehmer sind ohne Weiteres als Verrichtungsgehilfen der Bank einzuordnen.159 Neben der Ge153  BGHZ 108, 134, 143; Wagner, in: MünchKommBGB, 7. Aufl. 2017, § 826 Rn. 25. 154  Sprau, in: Palandt, BGB, 76. Aufl. 2017, § 826 Rn. 11. 155  Oechsler, in: Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2014, § 826 Rn. 78. 156  So tendenziell auch Buck-Heeb, WM 2015, 157, 165, allerdings nur mit Blick auf die vom Management angewiesenen Manipulationen. Schäden von Nicht-Bankkunden stellen nach ihr nur einen nicht ersatzfähigen Reflexschaden dar. A. A. Weck, KommJur 2013, 281, 285 f. 157  Vgl. zum Problem der Fernschäden Zetzsche, ZHR 179 (2015) 490, 494 f. 158  Lange, in: Lange / Schiemann, Schadensrecht, 3. Aufl. 2003, § 3 IX 11, S. 124. 159  Vgl. nur Wagner, in: MünchKommBGB, 7. Aufl. 2017, § 831 Rn. 14 m.N. zur Rechtsprechung. Probleme können bestehen, wenn die manipulierenden Händler in einer anderen Konzerngesellschaft angestellt sind (vgl. BGH NZG 2013, 279). Deshalb wäre es aus der Sicht klagender Geschädigter sinnvoll, einen deliktischen An-



E. Fazit zu den deliktsrechtlichen Folgen313

schäftsherreneigenschaft der Bank und der Verrichtungsgehilfeneigenschaft der manipulierenden Händler bedarf es zur Haftungsbegründung einer Handlung des Gehilfen in Ausführung der Verrichtung, die ihrerseits eine widerrechtliche Deliktsverwirklichung gegenüber dem Anspruchsteller ist. Hinsichtlich der Voraussetzung einer Handlung in Ausführung der Verrichtung gelten die Ausführungen oben zu § 278 BGB entsprechend.160 Soweit die Rechtswidrigkeit ihrerseits erst durch subjektive Elemente beeinflusst wird, wie es soeben für § 826 BGB dargelegt wurde161, müssen diese auch beim Gehilfen vorliegen. Mithin muss der Verrichtungsgehilfe den Tatbestand des § 826 BGB voll verwirklicht haben.162 Die Ersatzpflicht tritt nach § 831 Abs. 1 Satz 2 BGB nicht ein, wenn der Geschäftsherr bei der Auswahl der bestellten Person und, sofern er Vorrichtungen oder Gerätschaften zu beschaffen oder die Ausführung der Verrichtung zu leiten hat, dabei die im Verkehr erforderliche Sorgfalt beachtet hat, oder wenn der Schaden auch bei Anwendung dieser Sorgfalt entstanden wäre. Diesbezüglich ist gerade bei einer Anknüpfungstat nach § 826 BGB zu berücksichtigen, inwieweit der Geschäftsherr mit einer vorsätzlich sittenwidrigen Schädigung durch seine Gehilfen rechnen musste.163 Ob der Bank eine Exkulpation gelingt, ist eine Frage des Einzelfalls.

E. Fazit zu den deliktsrechtlichen Folgen Die Manipulation von Financial-Benchmarks begründet über § 823 Abs. 2 BGB keine privatrechtlichen Ansprüche für geschädigte Anleger. Gleiches gilt für Verstöße gegen die Compliance- und Governancevorgaben der BMR. Art. 15 MAR ist ebenso wie schon § 20a Abs. 1 WpHG a. F. kein Schutzgesetz im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB, da die Norm keinen Individualschutz gegenüber einzelnen Anlegern vermittelt. Zudem würde sich ein Schadensersatzanspruch nicht stringent in das haftungsrechtliche Gesamtsystem einfügen. Parallele Erwägungen begründen auch, dass die Compliance- und Governancevorgaben der BMR keine Schutzgesetze im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB sind. Auch die BMR bezweckt mit den Bestimmungen ausspruch gegen diejenige Konzerngesellschaft geltend zu machen, bei der die jeweils manipulierende Person tatsächlich angestellt ist. 160  Siehe oben §  12 C.III.2.a) und b). Vgl. Wagner, in: MünchKommBGB, 7. Aufl. 2017, § 831 Rn. 25; BGH NJW-RR 1989, 723, 725; BGH NJW 1977, 2259, 2260 f. 161  Siehe oben § 14 C.II. 162  BGH WM 1989, 1047, 1050; Oechsler, in: Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2014, § 826 Rn. 117; Wagner, in: MünchKommBGB, 7. Aufl. 2017, § 831 Rn. 29. 163  Oechsler, in: Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2014, § 826 Rn. 117.

314

4. Kap., § 14 Deliktsrechtliche Folgen von Manipulationen

schließlich den Marktfunktionenschutz und keinen individuellen Anlegerschutz. Aus dem Unionsrecht ergibt sich sowohl für das Marktmanipulationsverbot als auch für die Bestimmungen der BMR nichts anderes. Der Grundsatz effektiver Durchsetzung des Unionsrechts gebietet keine pauschale und undifferenzierte Pflicht zur Schaffung zivilrechtlicher Schadensersatzansprüche bei Verstößen gegen europäisches (Verordnungs-)Recht. Zudem sind gesamtgesellschaftliche Vorzüge privater Rechtsdurchsetzungsmechanismen im Kapitalmarktrecht allenfalls Vermutungen und keine empirisch gesicherte Erkenntnis. Eine deliktische Haftung gerade wegen Manipulationen folgt im deutschen Deliktssystem zunächst nur aus einem Verstoß gegen § 826 BGB, wobei sich ein Anspruch gegen den unmittelbaren Vorsatztäter richtet. Der für § 826 BGB erforderliche Schädigungsvorsatz eines manipulierenden Händlers erstreckt sich allerdings nur auf diejenigen Kunden der Bank, die innerhalb des jeweils vom Händler verwalteten Portfolios eine Position in Finanzinstrumenten einnehmen, die durch die jeweilige Manipulation negativ beeinflusst wird. Für die Ansprüche gilt die regelmäßige Verjährungsfrist (§§ 195, 199 Abs. 1 BGB).164 Anknüpfend an eine tatbestandliche deliktische Handlung der Händler und / oder der Submittenten im Sinne des § 826 BGB, kommt im Ausgangspunkt auch eine deliktische Haftung der Bank aus § 831 BGB in Betracht. Ob der Bank eine Exkulpation nach § 831 Abs. 1 Satz 2 BGB gelingt, ist eine Frage des Einzelfalls.

164  Vgl.

oben § 12 F.



A. Differenzschaden315

§ 15  Schadensrechtliche Aspekte Besondere Schwierigkeiten in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht werfen die Manipulationen von Financial-Benchmarks nicht nur auf der Tat­ bestandsseite, sondern auch auf der Rechtsfolgenseite der diversen zivilrechtlichen Anspruchsgrundlagen auf. Nicht zuletzt unterscheiden sich die tatsächlichen Nachweisschwierigkeiten bei der Geltendmachung des Differenzschadens einerseits und des Vertragsabschlussschadens andererseits ganz wesentlich. Sind die rechtlichen Hürden vor der Geltendmachung des Vertragsabschlussschadens nämlich erst einmal genommen, zeigt sich, dass dessen Geltendmachung deutlich geringeren tatsächlichen Schwierigkeiten begegnet als diejenige des Differenzschadens. Fragen der Schadensentstehung und des Schadensumfangs sind kollisionsrechtlich im Anwendungsbereich der Rom I- bzw. der Rom II-VO nach dem jeweiligen Vertrags- (Art. 12 Rom I-VO) bzw. Deliktsstatut (Art. 15 Rom II-VO) zu beantworten.

A. Differenzschaden I. Differenzschaden beim Abschluss eines auf eine manipulierte Benchmark referenzierenden Vertrags 1. Relevanz des Differenzschadens Der Bezugspunkt bei der Geltendmachung eines Differenzschadens ist die Manipulation der Benchmark als solche. Deshalb stellt der Differenzschaden für all diejenigen Schadensersatzanspruchsgrundlagen die relevante Schadensposition dar, die gerade an die Manipulation als Pflichtverletzung oder als deliktische Handlung anknüpfen. Dies gilt nach hier vertretener Auffassung für die vertragliche Haftung wegen Pflichtverletzung nach den §§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2 BGB1, mangels einer Schutzgesetzverletzung aber nicht für einen Anspruch aus § 823 Abs. 2 BGB2. Daneben spielt der Differenzschaden für einen Anspruch nach § 33a Abs. 1 GWB i. V. m. Art. 101 AEUV gegen die Kartellanten3 ebenso eine Rolle wie für einen Anspruch aus den §§ 826 und 831 BGB4. Die unterschiedlichen Voraussetzungen auf der Tatbestandsseite wirken sich nicht aus: Bei den haftungsausfüllenden Zurechnungskriterien geht es in allen Fällen um die Verknüpfung zwischen der 1  Siehe

oben oben 3  Siehe oben 4  Siehe oben 2  Siehe

§ 14 E. § 14 B. § 11 C.III. § 14 D. und D.

316

4. Kap., § 15 Schadensrechtliche Aspekte

Manipulation – ob alleine oder kollusiv mit anderen – und der Beeinflussung des Werts des Finanzinstruments bzw. die Auswirkungen auf die Höhe der Leistungspflicht. 2. Haftungsausfüllende Kausalität und objektive Zurechnung a) Äquivalente Kausalität Bei dem Nachweis des Einflusses der Falschmeldung auf den Verlauf der Benchmark stellen sich im Rahmen der äquivalenten Kausalität erste kleinere, aber überwindbare rechtliche Hürden.5 Äquivalent kausal ist jedes Ereignis, das nicht hinweggedacht werden kann, ohne dass der Erfolg entfiele (conditio sine qua non). In der Theorie lässt sich der Kausalzusammenhang zwischen der Falschmeldung einer Bank, der dadurch bedingten Veränderung der Benchmark und der dadurch wieder bewirkten Veränderung der Leistungspflicht innerhalb des vertraglichen Verhältnisses leicht erklären: Es muss ermittelt werden, ob die falschen Werte rechnerisch einen Einfluss auf die Ermittlung der Benchmark hatten und ob die Benchmark rechnerisch einen Einfluss auf die Leistungspflichten im Vertragsverhältnis hatte. Einzelne Banken könnten sich darauf berufen, dass ihre manipulierten Eingabedaten wegen der Trimmung von der Berechnung ausgenommen wurden und deshalb keinen Einfluss auf die Berechnung hatten. Jedoch schließt die Herausnahme von Falschmeldungen aus der Berechnung nicht zwangsläufig einen Einfluss auf die Benchmark aus.6 Eine Nichtbeeinflussung ist nur dann gegeben, wenn auch die Meldung des korrekten Wertes im gleichen getrimmten Feld gelegen hätte wie die Falschmeldung und mithin ebenfalls nicht in die Berechnung eingeflossen wäre.7 Nur in diesem Fall wäre schon die äquivalente Kausalität einer Falschmeldung zu verneinen. Ferner könnte die nicht mittäterschaftliche Durchführung mehrerer paralleler Manipulationen durch unterschiedliche Panelbanken eine in Anspruch genommene Bank zur Entgegnung veranlassen, dass die falschen Eingabedaten nur wegen Manipulationen anderer Banken einen Einfluss auf den L ­ IBOR bzw. den EURIBOR nehmen konnten oder dass der Einfluss nur wegen ebensolcher Manipulationen in einer bestimmten Höhe eingetreten ist. Bei näherer Betrachtung kann die äquivalente Kausalität durch beide Einwände nicht entfallen. Wenn feststeht, dass die jeweilige Falschmeldung entweder in die Berechnung eingeflossen ist oder jedenfalls dazu geführt hat, 5  Lehmann,

in: Bankrechtstag 2015, 2016, S. 207, 216 f. oben § 3 B.II.2.d) und § 10 B.III. 7  Siehe oben § 3 B.II.2.d) und § 10 B.III. 6  Siehe



A. Differenzschaden317

dass die Eingabedaten einer anderen Panelbank, die andernfalls getrimmt worden wären, in die Berechnung eingeflossen sind, ist es nämlich unschädlich, dass die Falschmeldung nur im Zusammenwirken mit der ebenfalls voll kausalen Falschmeldung anderer Banken zu einer (der konkreten) Beeinflussung der Benchmark geführt hat. Nur weil andere Ereignisse ebenfalls kausal für einen Schaden geworden sind, ändert dies nichts an der Kausalität – selbst entfernterer – Umstände.8 Der Einfluss mehrerer Schädiger ist erst im Rahmen einer Gesamtschuld respektive beim Gesamtschuldnerausgleich oder aber dann relevant, wenn eine andere Panelbank, die ebenfalls Manipulationen begangen hat, Schadensersatzansprüche geltend machen würde. Letztere müsste sich ihren eigenen Einfluss im Rahmen des Mitverschuldens zurechnen lassen. Hat die Addition der kumulativ wirkenden Beiträge eine Schadensvertiefung bewirkt, gilt grundsätzlich nichts anderes.9 Soweit allerdings der Schaden bei abgrenzbaren Schadensteilen teilweise allein auf der einen und teilweise allein auf der anderen Ursache beruht, muss sich jeder Schädiger – vorbehaltlich eingreifender Regelungen zur Gesamtschuld10 – nur seinen Schadensteil zurechnen lassen.11 Von vornherein kaum relevant sind im Zusammenhang mit BenchmarkManipulationen Überlegungen zur alternativen Kausalität. Ein Fall alternativer Kausalität liegt dann vor, wenn sich nicht ermitteln lässt, wer von mehreren Beteiligten (nicht Mittätern12) den Schaden verursacht hat, aber feststeht, dass jede Handlung für sich geeignet gewesen wäre, den Gesamtschaden zu verursachen.13 Ist aber bekannt, dass eine Bank an einem bestimmten Tag eine Falschmeldung abgegeben hat, was Voraussetzung für einen Fall alternativer Kausalität wäre, lässt sich normalerweise aus den Datensätzen beim Administrator ermitteln, ob die Eingabedaten der Bank an dem jeweiligen Tag getrimmt wurden oder nicht. Ebenso kann man theoretisch ermitteln, ob sie dazu geführt haben, dass eine andere getrimmte Meldung hätte einfließen müssen. In der Regel wird es daher nicht unklar sein, welche von mehreren Falschmeldungen eine Beeinflussung der Benchmark und deshalb zum Teil auch den Schaden bewirkt haben. 8  Vgl. Oetker, in: MünchKommBGB, 7. Aufl. 2016, § 249 Rn. 135; Lange, in: Lange / Schiemann, Schadensrecht, 3. Aufl. 2003, § 3 XII 2, S. 157 f.; Schiemann, in: Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2017, § 249 Rn. 35. 9  Lange, in: Lange / Schiemann, Schadensrecht, 3. Aufl. 2003, § 3 XII 2, S. 158. 10  Siehe dazu sogleich § 15 A.I.2.c). 11  BGH NJW 2002, 504; Oetker, in: MünchKommBGB, 7. Aufl. 2016, § 249 Rn. 135; Deutsch / Arens, Deliktsrecht, 6. Aufl. 2014, § 6 A.III. Rn. 62. 12  Lange, in: Lange / Schiemann, Schadensrecht, 3. Aufl. 2003, § 3 XII 1, S. 156. 13  Oetker, in: MünchKommBGB, 7. Aufl. 2016, § 249 Rn. 136.

318

4. Kap., § 15 Schadensrechtliche Aspekte

Für die Kausalitätsfrage, ob und in welcher Höhe die manipulierte Benchmark den Wert eines Finanzinstruments bzw. die Leistungspflichten in einem Finanzkontrakt beeinflusst hat, muss die Differenz des manipulierten Referenzzinssatzes zu einem hypothetisch nichtmanipulierten Referenzzinssatz ermittelt werden.14 Entscheidend ist aber nur die hypothetische Benchmark bei einer gedacht korrekten Meldung der jeweils in Anspruch genommenen Bank und nicht eine hypothetisch insgesamt manipulationsfreie Benchmark. Die Bank kann sich in ihrem Verursachungsbeitrag nicht entlastend auf ein etwaiges illegitimes Verhalten Dritter berufen.15 Es muss mithin ermittelt werden, welches die tatsächlichen Refinanzierungseinschätzungen der Bank im Rahmen einer ermessensfehlerfreien Ermittlung innerhalb einer bestimmten Zeitperiode gewesen wären.16 Diese müssen mit den tatsächlich gemeldeten LIBOR / EURIOBOR-Werten ebendieser Bank verglichen werden. Solche Ermittlungen gestaltet sich ex post als äußerst schwierig17 und können nicht ohne umfängliche Untersuchungen innerhalb der Bank gelingen. Von den Klägern wird dies kaum zu leisten sein. b) Keine Beschränkung durch normative Zurechnungslehren aa) Adäquanztheorie Der Eintritt des Schadens ist bei den hier untersuchten Manipulationshandlungen auch adäquat kausal. Im Falle einer Managementanweisung zum Manipulieren18 ebenso wie im Falle einer Manipulation durch Derivatehändler selbst bzw. auf deren Anweisung hin19 kann ein objektiver Beobachter in der Position des Schädigers20 die Gefahr des Schadenseintritts der Falschmeldungen erkennen. Er weiß ja um die Wirkungsweise der Eingabedaten für die Ermittlung der jeweiligen Benchmark einerseits und um die der Benchmark auf die Leistungspflichten in den Verträgen mit den Kunden andererseits. Nach der Adäquanztheorie muss eine Ursache im Allgemeinen und nicht nur unter besonders eigenartigen, unwahrscheinlichen und nach 14  Buck-Heeb,

WM 2015, 157, 167. Schiemann, in: Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2017, § 249 Rn. 64 ff. 16  Buck-Heeb, WM 2015, 157, 167. 17  Lehmann, in: Bankrechtstag 2015, 2016, S. 207, 216. 18  Siehe oben § 3 B.II.2.c). 19  Siehe oben § 3 B.II.2.c). 20  Diese Beurteilung ist aus der Ex-ante-Sicht eines optimalen Beobachters in der Position des Schädigers vorzunehmen. Siehe etwa BGHZ 3, 261, 266 f.; Oetker, in: MünchKommBGB, 7. Aufl. 2016, § 249 Rn. 111; Spindler, AcP 208 (2009), 283, 286; Grüneberg, in: Palandt, BGB, 76. Aufl. 2017, Vorb. v. § 249 Rn. 27; kritisch Larenz, Lehrbuch des Schuldrechts I, 14. Aufl. 1987, § 27 III b, S. 437. 15  Vgl.



A. Differenzschaden319

dem gewöhnlichen Verlauf der Dinge außer Betracht zu lassenden Umständen geeignet sein, einen Erfolg dieser Art herbeizuführen.21 Die Beeinflussung der jeweiligen Benchmark durch die Falschmeldung eines Kontributors ist – trotz der meist stattfindenden Trimmung – keinesfalls derart unwahrscheinlich, sondern vielmehr ganz regelmäßig die Folge der Falschmeldungen.22 Gleiches gilt für den Einfluss der Benchmark auf die unterschiedlichen Vertragsverhältnisse. bb) Schutzzwecklehre Die Schadenszurechnung wird im Falle der Benchmark-Manipulationen auch nicht durch den Schutzzweck der jeweils verletzten Deliktsnorm oder des Vertrags, gegen dessen Pflichten verstoßen wurde, beschränkt. Für die vertraglichen Ansprüche eines Anlegers / Kunden gegenüber seiner (manipulierenden) Bank ergeben sich aus dem Schutzzweck keinerlei Einschränkungen für die Ersatzfähigkeit des Differenzschadens. Die Bank hat derartige Manipulationen gegenüber den Kunden zu unterlassen, damit deren Vermögen nicht gefährdet wird.23 Damit schützt der Vertrag gerade die durch die Manipulationen beeinträchtigten Vermögensinteressen des jeweiligen Kunden. Hinsichtlich der deliktischen Anspruchsgrundlage (§ 831 BGB) wurde bereits oben ausgeführt, dass die maßgebliche deliktische Handlung des Verrichtungsgehilfen ein Verstoß gegen § 826 BGB ist. Klar ist ferner, dass § 826 BGB die Vermögensinteressen von Personen, die in derartige Finanzinstrumente oder Finanzkontrakte investiert sind, vor vorsätzlich sittenwidrigen Schädigungen schützt24. Vorsätzlich sind die im Rahmen des § 826 BGB relevanten Schädigungen allerdings nur bezogen auf die Gegenparteien von Derivaten im Portfolio des jeweils manipulierenden Händlers.25 Im Rahmen des kartellrechtlichen Schadensersatzanspruchs nach § 33a Abs. 1 GWB i. V. m. Art. 101 AEUV sind alle vom Kartell betroffenen Marktteilnehmer grundsätzlich in den Schutzbereich einbezogen. So kommt eine sehr weitgehende Einbeziehung auch nur mittelbar Geschädigter in Betracht.26 21  BGHZ 7, 198, 204; BGHZ 57, 137, 141; BGH NJW 1995, 126, 127; BGHZ 137, 11, 19; BGH NJW 2002, 2232, 2233; BVerwG NJW 2001, 1878, 1881; kritisch zur Adäquanztheorie etwa Oetker, in: MünchKommBGB, 7. Aufl. 2016, § 249 Rn.  110 m. w. N. 22  Siehe oben § 10 B.III. 23  Siehe oben § 14 D.II. 24  Siehe oben § 14 C.II. 25  Siehe oben § 14 D.II. 26  Siehe oben § 11 C.III.; ferner etwa Zetzsche, ZHR 179 (2015), 490, 498 ff.

320

4. Kap., § 15 Schadensrechtliche Aspekte

cc) Reserveursachen Beim Stichwort der „Reserveursachen“27 oder der „überholenden“28 oder „hypothetischen Kausalität“ geht es um den normativen Ausschluss der Verantwortlichkeit für ein schädigendes Verhalten, soweit der Schaden aufgrund anderer Ursachen (später) ganz oder teilweise ohnehin eingetreten wäre.29 Rechtsprechung und Literatur sind sich trotz intensiver Diskussionen bis heute über die Behandlung solcher Reserveursachen nicht vollends einig.30 Die Rechtsprechung und Teile der Literatur waren lange sehr restriktiv hinsichtlich der zurechnungsbegrenzenden Wirkung von Reserveursachen und ließen diese nur bei sog. Schadensanlagen zu.31 Weite Teile des Schrifttums haben demgegenüber unterschiedliche Differenzierungskriterien vorgeschlagen, von denen die von Neuner herausgearbeitete Unterscheidung zwischen unmittelbaren und mittelbaren Schäden als wohl herrschende Auffassung bezeichnet werden kann.32 Danach sollen Reserveursachen auf unmittelbar durch die kausale Handlung verursachte Schäden (Objektschäden), die quasi mit der Einwirkung des kausalen Ereignisses entstanden und abgeschlossen sind, keine Auswirkung haben.33 Für mittelbare Folgeschäden – etwa die Zahlung einer Erwerbsminderungsrente oder die Ermittlung entgangenen Begriff geht zurück auf Heck, Schuldrecht, 2. Aufl. 1929, S. 48. etwa R.Schmidt, AcP 152 (1952), 112; Lange, AcP 152 (1952), 153; von Caemmerer, Überholende Kausalität, 1962. Kritisch zum Begriff etwa Esser /  E. Schmidt, Schuldrecht I / 2, 8. Aufl. 2000, § 33 IV, S. 245. 29  Reserveursachen werden heute einhellig als Zurechnungs- und nicht als Kausalitätsproblem behandelt. Siehe erstmals Heck, Schuldrechts, 2. Aufl. 1929, S. 48; aus der Kommentarliteratur etwa Oetker, in: MünchKommBGB, 7. Aufl. 2016, § 249 Rn. 207 f.; aus der Rechtsprechung BGHZ 104, 355, 359 f. Das RG (RGZ 129, 316, 321; RGZ 144, 80, 84) ging demgegenüber noch davon aus, dass es sich um ein „echtes“ Kausalitätsproblem handele. 30  Siehe die Übersicht bei Lange, in: Lange / Schiemann, Schadensrecht, 3. Aufl. 2003, § 4 I 1, S. 180 f. 31  RGZ 129, 316, 321; RGZ 144, 80, 84 (noch unter der Prämisse einer Einordnung als Kausalitätsproblem); sodann etwa BGHZ 29, 207, 215; BGHZ 78, 209, 213 f.; BGH NJW 1985, 676, 677; offener hinsichtlich der Berücksichtigung von Reserveursachen auch in anderen Fällen dagegen etwa BGHZ 104, 355, 359 f., allerdings zum insolvenzrechtlichen Anfechtungsrecht. Aus der Literatur insbesondere Keuk, Vermögensschaden und Interesse, 1972, S. 89 ff. 32  Neuner, AcP 133 (1931), 277, 285  ff.; Coing, SJZ 1950, 866, 871; Larenz, Lehrbuch des Schuldrechts I, 14. Aufl. 1987, § 30 I, S. 525; aus neuerer Zeit etwa Grüneberg, in: Palandt, BGB, 76. Aufl. 2017, Vorb. v. § 249 Rn. 55 ff., 60 ff. und die Rechtsprechung, siehe etwa BGHZ 29, 207, 215; BGHZ 10, 6, 10 f. 33  BGHZ 29, 207, 215; Larenz, Lehrbuch des Schuldrechts I, 14. Aufl. 1987, § 30 I, S. 525. 27  Der 28  So



A. Differenzschaden321

Gewinns – sollen Reserveursachen hingegen zu einer Reduzierung des Anspruchs führen.34 Als Gegenpol hierzu wird im Anschluss an von Caemmerer noch immer die Auffassung vertreten, dass – außer bei der hypothetischen Einstandspflicht eines Dritten – Reserveursachen generell für eine Zurechnungsbegrenzung zu berücksichtigen seien.35 Außer Streit stehen heute deshalb im Grunde nur die Schnittmengen der vorgestellten Meinungen. Dies betrifft die Berücksichtigung von Reserveursachen im Falle einer gesetz­ lichen Bestimmung wie in § 287 Satz 2 Halbs. 2 BGB36, bei Schadensanlagen sowie bei mittelbaren Folgeschäden und die Nichtberücksichtigung bei der Ersatzpflicht eines Dritten37. Bei der Haftung für Benchmark-Manipulationen spielen Manipulationen anderer Banken als Reserveursachen nur eine Rolle, wenn bei einer korrekten Meldung durch den sich auf die Reserveursache berufenden Schädiger die Falschmeldung einer anderen Bank in die Berechnung eingeflossen wäre und diese so, jedenfalls teilweise, ebenfalls zur Entstehung des Schadens geführt hätte. Gegenüber den üblicherweise diskutierten Fallkonstellationen bei Reserveursachen bestehen allerdings einige Besonderheiten. Zum einen hätte die Reserveursache nämlich exakt zur gleichen Zeit gewirkt wie die kausale Meldung. Zudem bewirkt die kausale Ursache keinen Objektschaden im klassischen Sinne, sondern beeinflusst einen Geldleistungsanspruch und führt mithin zu einem unmittelbaren Vermögensschaden. Schließlich ist zu berücksichtigen, dass die Reserveursache zwar vom (gesetzeswidrigen) Verhalten eines Dritten ausgeht, dem geschädigten Kunden gegen diesen Dritten aber in der Regel kein Schadensersatzanspruch zustünde. Diese Besonderheiten haben Auswirkungen auf die Berücksichtigungsfähigkeit der Reserve­ ursache: Ausgehend vom Wortlaut des § 249 Abs. 1 Satz 1 BGB, ist nicht die Berücksichtigung von Reserveursachen in den Anlagefällen und bei der Ermittlung von Vermögensfolgeschäden, sondern vielmehr die Nichtberücksichtigung bei unmittelbaren Schäden die begründungsbedürftige Ausnahme.38 Diese Ausnahme, die vom BGH und von der herrschenden Lehre für unmittelbare Schäden gemacht wird, bezieht sich in nahezu allen Stellungnah34  BGHZ 29, 207, 215; Larenz, Lehrbuch des Schuldrechts I, 14. Aufl. 1987, § 30 I, S. 525. 35  Oetker, in: MünchKommBGB, 7. Aufl. 2016, § 249 Rn. 207 ff., 213. 36  Nach ganz herrschender Meinung können aus den Normen aber weder ein allgemeines Prinzip noch ein argumentum e contrario abgeleitet werden. Siehe Lange, in: Lange / Schiemann, Schadensrecht, 3. Aufl. 2003, § 4 II, S. 183. 37  Schiemann, in: Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2017, § 249 Rn. 95; Medicus /  S. Lorenz, Schuldrecht I, 21. Aufl. 2015, § 52 III Rn. 687, S. 319. 38  Vgl. BGH NJW 1986, 1329, 1332.

322

4. Kap., § 15 Schadensrechtliche Aspekte

men auf unmittelbare Sachschäden und nicht auf unmittelbare Vermögensschäden, wie sie im Falle der Benchmark-Manipulationen zu verzeichnen sind. Die Begründungen zur fehlenden Beachtlichkeit sind zwar vielschichtig, lassen sich aber letztlich auf die Erwägung zurückführen, dass der Geschädigte durch die Sachschädigung einen Anspruch erworben hat, der an die Stelle der (teilweise) untergegangenen Sache getreten ist und der ihm nicht nachträglich durch ein aus Sicht von Schädiger und Geschädigtem zufälliges Ereignis wieder entzogen werden dürfe.39 Zum Teil wird (ergänzend) angeführt, dass ansonsten eine doppelte Belastung des Geschädigten mit dem Sach- und dem Forderungsrisiko drohe.40 Diese Erwägungen tragen bei unmittelbaren Vermögensschäden nur bedingt. Sie sind geprägt von einem vermögensabstrahierten Integritätsschutzgedanken, der allenfalls bei unmittelbaren Sachschäden Relevanz hat und nur dort – etwa durch Regelungen wie § 249 Abs. 2 BGB – auch wertungsmäßigen Niederschlag im Gesetz gefunden hat. Bei unmittelbaren Vermögensschäden kann deren Ermittlung aber notwendigerweise nicht auf die Einbeziehung der Reserveursachen verzichten.41 Zudem spricht für eine Berücksichtigung von Reserveursachen im Falle von Benchmark-Manipulationen der Vergleich mit den Schadensanlagefällen. Dadurch, dass die aus der Berechnung gedrängte Meldung einer Drittbank genau zur selben Zeit auf die Ermittlung der Benchmark gewirkt hätte wie die kausale Falschmeldung der in Anspruch genommenen Bank, war die Meldung der Drittbank quasi bereits in der Sache (Benchmark) angelegt und hat nicht später auf diese eingewirkt. Für Schadensanlagen ist es aber seit jeher unbestritten, dass diese als Reserveursachen berücksichtigt werden müssen.42 Nichts anderes kann bei den infolge der Falschmeldung aus der Berechnung gedrängten Meldungen von Drittbanken gelten. Folge dessen ist, dass es sich zugunsten einer manipulierende Bank schadensmindernd auswirkt, wenn bei einer korrekten Meldung die Falschmeldung einer anderen Bank in die Berechnung eingeflossen wäre und diese so, jedenfalls teilweise, ebenfalls zur Entstehung des Schadens geführt hätte.

39  Vgl. BGHZ 29, 207, 215; Larenz, Lehrbuch des Schuldrechts I, 14.  Aufl. 1987, § 30 I, S. 525 f. 40  Medicus, in: Staudinger, BGB, 12. Aufl. 1983, § 249 Rn. 105. 41  Vgl. Lange, in: Lange / Schiemann, Schadensrecht, 3. Aufl. 2003, § 4 VII, S. 189; Schiemann, in: Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2017, § 249 Rn. 100; angedeutet auch in BGH NJW 1986, 1329, 1332. 42  Siehe oben § 15 Fn. 37.



A. Differenzschaden323

c) Gesamtschadenszurechnung im Falle mehrerer manipulierender Banken Haben mehrere Banken Falschmeldungen abgegeben, ist jede Bank gegenüber ihren Kunden und den sonstigen Anspruchstellern im Ausgangspunkt nur für den abgrenzbaren Schadensteil verantwortlich, der gerade auf ihre Manipulationshandlung zurückzuführen ist.43 Bloße Nebentäter, die additiv durch ihre jeweils kausalen Manipulationen eine abgrenzbare Beeinflussung der Benchmark verursacht haben, können weder im Rahmen vertraglicher noch deliktischer Ansprüche ohne Weiteres für parallele Beeinflussungen der Benchmark durch Dritte verantwortlich gemacht werden. Bei den hier untersuchten Benchmark-Manipulationen liegt auch kein Fall kumulativer Kausalität vor, bei dem der gesamte Schaden auch durch jede einzelne Manipulation alleine hätte verursacht werden können.44 Eine Zurechnung der von dritten Banken verursachten Schadensteile kommt daher nur dann in Betracht, wenn die jeweils in Anspruch genommene Bank aufgrund eines kollusiven Zusammenwirkens mit anderen Banken bei der Manipulation im Rahmen bestimmter Haftungsnormen auch für deren Verursachungsteil verantwortlich gemacht werden kann. Hinsichtlich der Möglichkeiten der Zurechnung der Verursachungsbeiträge dritter Banken muss zwischen deliktischen und vertraglichen Schadensersatzansprüchen unterschieden werden. Für deliktische Ansprüche, die nach hier vertretener Auffassung gegen die Panelbanken nur als Anspruch nach § 33a Abs. 1 GWB45 sowie in engen Grenzen nach § 831 BGB in Betracht kommen46, können die §§ 830, 840 BGB die erforderliche Zurechnung begründen und eine Gesamtschuld zwischen mehreren Schädigern konstituieren.47 Soweit mehrere Deliktstäter durch eine gemeinschaftlich begangene unerlaubte Handlung jemanden einen Schaden zugefügt haben, ist nach § 830 Abs. 1 Satz 1 BGB nämlich jeder von ihnen für den gesamten Schaden verantwortlich. Dabei kommt es nicht 43  Siehe oben § 15 A.I.2.a). Vgl. auch Wagner, in: MünchKommBGB, 7. Aufl. 2017, § 830 Rn. 1; Eberl-Borges, in: Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2012, § 830 Rn. 6; Krause, in: Soergel, BGB, 13. Aufl. 2005, § 830 Rn. 1. 44  Vgl. zu den Erfordernissen kumulativer Kausalität Eberl-Borges, in: Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2012, § 830 Rn. 70 f. 45  Siehe oben § 11 C.III. 46  Siehe oben § 14 E. 47  Vgl. zu § 33 GWB BGHZ 190, 145, 171 Rn. 80 (ORWI); Köhler, GRUR 2004, 99, 101; Emmerich, in: Immenga / Mestmäcker, Wettbewerbsrecht, 5. Aufl. 2014, § 33 GWB Rn. 33; Topel, in: Wiedemann, Kartellrecht, 3. Aufl. 2016, § 50 Rn. 121. Insoweit ist nach richtiger Auffassung auch keine Ausnahme gegenüber sog. Kronzeugen zu machen. Siehe Dreher, in: FS Möschel, 2011, S. 149, 162 ff.

324

4. Kap., § 15 Schadensrechtliche Aspekte

auf die individuelle Verursachung einzelner Schadensteile oder des Gesamtschadens an.48 Der Grund für diese „solidarische Haftung“49 liegt im gemeinsamen schädigenden Einwirken der handelnden Deliktstäter, was vom Gesetz als besonders verwerflich angesehen wird.50 Die Anwendung des § 830 Abs. 1 Satz 1 BGB auf Fälle von Benchmark-Manipulationen setzt voraus, dass eine Mittäterschaft von mehreren Banken nachgewiesen werden kann. Nach ständiger Rechtsprechung des BGH setzt dies „neben der Kenntnis der Tatumstände wenigstens in groben Zügen den jeweiligen Willen der einzelnen Beteiligten, die Tat gemeinschaftlich mit anderen auszuführen oder zu fördern“, und „eine Beteiligung an der Ausführung der Tat (…), die in irgendeiner Form deren Begehung fördert und für diese relevant ist“ voraus.51 Gerade nach den kartellrechtlichen Untersuchungen erscheint der Nachweis einer Mittäterschaft in einigen Fällen konzertierter Manipulationen möglich. Die Mittäter haften gegenüber dem Geschädigten dann als Gesamtschuldner (§ 840 Abs. 1 BGB).52 Wird ein vertraglicher Schadensersatzanspruch durch einen Kunden gegen die eigene Bank geltend gemacht, so stellt sich die Frage, ob diese auch für den Schaden einzustehen hat, der durch das kollusive Zusammenwirken mit anderen Banken entstanden ist. Das jeweilige Handeln der Mitarbeiter der anderen Panelbanken ist der in Anspruch genommenen Bank – anders als das Handeln ihrer eigenen Mitarbeiter53 – nicht nach § 278 BGB zuzurechnen. Die Regelung des § 830 Abs. 1 Satz 1 BGB kann auf den vertraglichen Schadensersatzanspruch nicht ohne Weiteres angewendet werden. Das Vertragsrecht unterscheidet sich durch den Grundsatz der Relativität der Schuldverhältnisse deutlich vom Deliktsrecht.54 Gegenüber den anderen Banken besteht nämlich in der Regel keine vertragliche Verbindung, sondern allenfalls ein deliktischer Anspruch.55 48  BGHZ 72, 355, 358 f.; Sprau, in: Palandt, BGB, 76. Aufl. 2017, § 830 Rn. 1; Eberl-Borges, in: Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2012, § 830 Rn. 4, 7. 49  Deutsch, JZ 1972, 105, 106. 50  Deutsch, JZ 1972, 105, 106; Schiemann, in: Erman, BGB, 14. Aufl. 2014, § 830 Rn. 2. 51  BGH WM 2014, 71, 73. Erforderlich ist eine gemeinschaftliche Begehung entsprechend der strafrechtlichen Kritierien, siehe BGHZ 63, 124, 126; BGHZ 89, 383, 389; Sprau, in: Palandt, BGB, 76. Aufl. 2017, § 830 Rn. 3. 52  Vgl. bezogen auf einen kartellrechtlichen Schadensersatzanspruch BGHZ 190, 145, 171 Rn. 80 (ORWI). 53  Siehe oben § 12 C.III. 54  Wagner, in: MünchKommBGB, 7. Aufl. 2017, § 830 Rn. 10. § 830 Abs. 1 Satz 2 BGB, der hier weniger von Bedeutung ist, ist in der Rechtsprechung zur Erleichterung für den Geschädigten aber bereits auf vertragliche Schadensersatzansprüche angewendet worden. Siehe BGH NJW 2001, 2538, 2539.



A. Differenzschaden325

Das Einstehenmüssen für den gesamten, durch das kollusive Zusammenwirken mehrerer Händler in unterschiedlichen Panelbanken entstandenen Schaden ergibt sich bei der Geltendmachung vertraglicher Schadensersatzansprüche aber aus Schutzzweckerwägungen. Der Kunde wird im Rahmen der vertraglichen Schutzpflichten nicht nur vor den unmittelbaren Manipulationen der Mitarbeiter seiner Bank geschützt, sondern richtigerweise auch vor deren Kartellabsprachen mit anderen Banken, die dann zu einem ungleich größeren Schaden für den Kunden führen.56 Wenn sich, wie oben dargelegt, die kartellarische Absprache als Vertragsverletzung gegenüber dem Kunden erweist57, dann hat die Bank gegenüber ihren Kunden auch für den insgesamt dadurch verursachten Gesamtschaden einzustehen. Ob und wie sie bei den anderen Banken Regress nehmen kann, ist eine davon zu unterscheidende Frage. d) Tatsächliche Nachweisprobleme und Lösungsmöglichkeiten Trotz der theoretisch möglichen Zurechnungsbegründung werden Anleger im konkreten Haftungsprozess enormen Darlegungs- und Beweisschwierigkeiten gegenüberstehen.58 Sie müssen den ermessensfehlerfreien LIBOR /  EURIBOR-Wert eines jeden Tages ermitteln und diesen mit dem jeweils manipulierten Wert desselben Tages vergleichen. Nur so kann die tatsäch­ liche Schadenshöhe ermittelt werden. Um diesen Vergleichswert festzustellen, müssen umfängliche Ermittlungen innerhalb der einzelnen manipulierenden Bank stattfinden, um anhand der dokumentierten Daten bei der Kredit­ risikoabteilung festzustellen, welche Einschätzung an dem konkreten Tag ermessensfehlerfrei zur eigenen Kreditaufnahmemöglichkeit hätte abgegeben werden müssen. Ohne eine vertiefte Einsicht in die Unterlagen der Bank ist hier für die Kläger auch mithilfe von Sachverständigengutachten kaum eine seriöse Schadensermittlung möglich. Besonders erschwerend kommt hinzu, dass im Fall von Dauerschuldverhältnissen wie etwa Darlehensverträgen nicht nur ein derartiger Nachweis zu erbringen ist. Vielmehr müssen die korrekten, weil manipulationsfreien 55  Etwas anderes kann gelten, wenn gegenüber der einen Bank der vertragliche und gegenüber der anderen Bank ein deliktischer (z. B. § 33a Abs. 1 GWB) Anspruch in Betracht kommt. 56  Siehe oben § 12 C.II. 57  Siehe oben § 12 C.II. 58  Die Ausführungen gelten unter der Maßgabe, dass deutsche Gerichte nach den internationalen Zuständigkeitsvorschriften zuständig sind. Jedenfalls für die hier untersuchten Ansprüche, auf die nach der Rom I- und der Rom II-VO deutsches Recht anwendbar ist, werden die Vorschriften der EuGVVO i. d. R. auch zur internationalen Zuständigkeit deutscher Zivilgerichte führen (vgl. oben § 12 A.I.1. und § 14 A.).

326

4. Kap., § 15 Schadensrechtliche Aspekte

­ IBOR / EURIBOR-Werte über die gesamte Vertragslaufzeit ermittelt werL den. Ist der Zins nämlich über eine Zinsgleitklausel variabel gestellt, passt sich die Zinszahlungspflicht jeden Tag automatisch an den aktuellen LIBOR /  EURIBOR an.59 Wurde dieser durch die Bank über die Vertragslaufzeit mehrfach manipuliert, dann muss gegebenenfalls für jeden Tag, an dem Manipulationen – jedenfalls zum Nachteil des Kunden – stattgefunden haben, der korrekte LIBOR / EURIBOR-Wert ermittelt und nachgewiesen werden. Haben sich bestimmte Manipulationen über die Vertragslaufzeit hingegen zum Vorteil des Kunden ausgewirkt, stellt sich die Frage, ob sich der Kunde diese bei der Geltendmachung des Differenzschadens zu seinem Nachteil anrechnen lassen muss.60 Prozessuale Hilfen können für die Kläger allenfalls die Grundsätze der sekundären Behauptungslast und der Schadensschätzung nach § 287 ZPO sein. Ausgehend von der beim Anspruchsteller liegenden Behauptungs- und Beweislast hinsichtlich der Schadensentstehung und Schadenshöhe, bürdet der BGH der nicht beweisbelasteten Partei eine gesteigerte Substantiierungslast auf, wenn zwischen den Parteien ein Informationsgefälle besteht und die beweisbelastete Partei keine Möglichkeit zu dessen Beseitungung hat.61 Soweit die Gegenpartei diese erhöhten Anforderungen nicht erfüllt, kann die Geständnisfunktion des § 138 Abs. 3 ZPO greifen.62 Ferner kann § 287 ZPO klagenden Kunden / Anlegern einige Erleichterungen bringen. Dessen Darlegungs- und Beweiserleichterungen beziehen sich nicht auf den Haftungsgrund, mithin die Tatbestandsseite, sondern ausschließlich auf die Rechtsfolgenseite und damit die haftungsausfüllende Kausalität.63 Die Behauptungslast wird dem Anspruchsteller allerdings auch im Rahmen des Schadensumfangs (§ 287 ZPO) nicht abgenommen64, und so muss er wenigstens die Anknüpfungstatsachen für eine richterliche Schadensschätzung vortragen und ggf. beweisen.65 Schon dies wird im Fall der LIBOR / EURIBOR-Manipulationen für klagende Kunden / Anleger nicht einfach sein. Zudem darf die richterliche Schadensschätzung auf der Grundlage der bewiesenen, unstreitigen oder zugestandenen Anknüpfungstatsachen 59  Siehe

oben § 12 A.I.2.c). unten § 15 C.II.2. 61  BGHZ 86, 23, 29; BGHZ 100, 190, 195 f.; BGHZ 120, 320, 327 f.; BGH NJW 1995, 3311, 3312; BGH NJW-RR 2002, 1309, 1310. 62  Prütting, in: MünchKommZPO, 5. Aufl. 2016, § 286 Rn. 103. 63  Prütting, in: MünchKommZPO, 6.  Aufl. 2016, § 287 Rn. 8 ff.; Foerste, in: Musielak / Voit, ZPO, 14. Aufl. 2017, § 287 Rn. 3 ff. 64  Prütting, in: MünchKommZPO, 6. Aufl. 2016, § 287 Rn. 29. 65  BGH NJW 1988, 3016; Prütting, in: MünchKommZPO, 6. Aufl. 2016, § 287 Rn. 14; Foerste, in: Musielak / Voit, ZPO, 14. Aufl. 2017, § 287 Rn. 7. 60  Siehe



A. Differenzschaden327

nicht „völlig in der Luft hängen“.66 Teilweise wird sogar gefordert, dass aufgrund der bewiesenen, unstreitigen oder zugestandenen Anknüpfungs­ tatsachen zumindest feststeht, dass überhaupt ein Vermögensschaden entstanden ist (Beweis des ersten Euro)67, was die Kunden / Anleger bei LIBOR / ­ EURIBOR-Manipulationen schon vor Probleme stellen kann. Für die Geltendmachung eines Kartellschadens bringt § 33a Abs. 2 Satz 1 GWB (in der Fassung der 9. GWB-Novelle68) eine Erleichterung. Nach diesem wird widerleglich vermutet, dass ein Kartell einen Schaden verursacht. Die Norm hat aber nur Bedeutung für die Geltendmachung des Kartellschadensersatzes nach § 33a Abs. 1 GWB. Der Geschädigte muss aber gleichwohl Anknüpfungstatsachen für eine Schätzung der Schadenshöhe vortragen. Von der Regelung eines Mindestschätzschadens hat der deutsche Gesetzgeber – trotz entsprechender Vorschläge im Schrifttum69 – abgesehen. 3. Streuschäden als Durchsetzungshindernis Zu den Schwierigkeiten beim Nachweis individueller Differenzschäden treten bei den LIBOR- und den EURIBOR-Manipulationen geringe Durchsetzungsanreize auf Seiten der Anspruchsinhaber hinzu, da diese oftmals nur geringfügige Individualschäden erlitten haben werden (Streuschaden­ proble­matik).70 Ein Streuschaden zeichnet sich dadurch aus, dass durch ein und dasselbe Verhalten eine große Zahl an gleichartigen Individualschäden verursacht wird.71 Diese sind nominell nur gering, und ihre Geltendmachung im Individualprozess verursacht oft unverhältnismäßig hohe Kos66  BGHZ 91, 243, 256 f.; BGH NJW 1987, 909, 910; BGH NJW-RR 1993, 795, 796; BGH NJW 1994, 663, 665; Prütting, in: MünchKommZPO, 6. Aufl. 2016, § 287 Rn. 14; Foerste, in: Musielak / Voit, ZPO, 14. Aufl. 2017, § 287 Rn. 8. 67  Lange, in: Lange / Schiemann, Schadensrecht, 3. Aufl. 2003, § 3 XIII 4 (S. 178); a. A. etwa Foerste, in: Musielak / Voit, ZPO, 14. Aufl. 2017, § 287 Rn. 3, der die Erleichterungen des § 287 ZPO auch auf die Frage ob „überhaupt“ ein Schaden entstanden ist, anwendet. 68  Zur Kartellschadensersatz-Richtlinie und ihrer Umsetzung in Deutschland durch die 9. GWB-Novelle Kersting / Preuß, WuW 2016, 394. 69  Kersting / Preuß, WuW 2016, 394, 295. 70  Buck-Heeb, WM 2015, 157, 168; Miller, Law and Financial Markets Review 8 (2014), 155, 158, der dies aber relativiert. Die Ausführungen gelten unter der Maßgabe, dass deutsche Gerichte nach den internationalen Zuständigkeitsvorschriften zuständig sind. Jedenfalls für die hier untersuchten Ansprüche, auf die nach der Rom I- und der Rom II-VO deutsches Recht anwendbar ist, werden die Vorschriften der EuGVVO i. d. R. auch zur internationalen Zuständigkeit deutscher Zivilgerichte kommen (vgl. oben § 12 A.I.1. und § 14 A.). 71  Vgl. Wagner, Gutachten A zum 66. DJT 2006, A 106 ff.; Wagner in: Casper /  Janssen / Pohlmann / Schulze, Sammelklage, 2009, S. 41, 51 ff.

328

4. Kap., § 15 Schadensrechtliche Aspekte

ten.72 Erst im Aggregat handelt es sich um Schäden in einer ganz erheb­ liche Größenordnung.73 Gerade diese Situation – von einzelnen individuell sehr großvolumigen Transaktionen abgesehen – besteht typischerweise bei den Manipulationen bedeutender Referenzzinssätze wie LIBOR und ­EURIBOR. Die einzelnen Manipulationshandlungen verändern die Benchmark an einem bestimmten Tag oft nur um wenige Basispunkte und wirken sich daher auch auf die einzelnen, die Benchmark referenzierenden Finanzkontrakte / Finanzinstrumente nur ganz gering aus. Die volkswirtschaftlich bedeutsamen Fehlallokationen ergeben sich erst durch die enormen Volumina aller auf den LIBOR oder den EURIBOR referenzierenden Verträge.74 Durch das bei Streuschäden bestehende Missverhältnis zwischen der Höhe der Individualschäden und den individuellen Rechtsdurchsetzungskosten, die gerade bei den Benchmark-Manipulationen durch die geschilderten Nachweisprobleme75 noch größer sind, werden individuell Geschädigte praktisch davon abgehalten, ihren Schaden geltend zu machen.76 Dem kann effektiv nur durch Mechanismen kollektiven Rechtsschutzes begegnet werden, wobei Gruppen- und Verbandsklagen als Instrumente denkbar sind.77 Zur Geltendmachung der hier untersuchten Ansprüche gegen Banken wegen der Manipulationen von Benchmarks gibt es in Deutschland derzeit noch keine funk­tionierenden Instrumente kollektiver Rechtsdurchsetzung, mit denen die rationale Apathie der Kunden / Anleger überwunden werden könnte. Die kartellrechtliche Verbandsklage nach § 33 Abs. 4 Nr. 1 GWB bezieht sich nur auf den Beseitigungs- und Unterlassungsanspruch nach § 33 Abs. 1 GWB.78 Ein KapMuG-Verfahren, so es denn überhaupt geeignet ist, der Streuschaden­ problematik entgegenzuwirken79, ist nach § 1 Abs. 1 KapMuG nur für bestimmte kapitalmarktrechtliche Spezialtatbestände vorgesehen. Hier kommt 72  Wagner,

52.

in: Casper / Janssen / Pohlmann / Schulze, Sammelklage, 2009, S. 41,

73  Auch insofern handelt es sich um ein Wesensmerkmal von Streuschäden, vgl. Wagner, Gutachten A zum 66. DJT 2006, A. 107; Wagner, in: Casper / Janssen / Pohlmann / Schulze, Sammelklage, 2009, S. 41, 52. 74  Siehe oben § 2 C. 75  Siehe oben § 15 A.I.2.d). 76  Wagner, Gutachten A zum 66. DJT 2006, A 107; Wagner, in: Casper / Janssen / Pohlmann / Schulze, Sammelklage, 2009, S. 41, 53. 77  Zu Vor- und Nachteilen beider Instrumente siehe Wagner, Gutachten A zum 66. DJT 2006, A 107 ff. 78  Siehe Emmerich, in: Immenga / Mestmäcker, Wettbewerbsrecht, 5. Aufl. 2014, § 33 GWB Rn. 101 ff. Die Debatte um kollektive Rechtsdurchsetzungsmechanismen wird im Kartellrecht nach wie vor heftig diskutiert. Siehe etwa Bernhard, Kartellrechtlicher Individualschutz durch Sammelklagen, 2010; Wagner, in: Casper / Janssen / Pohlmann / Schulze, Sammelklage, 2009, S. 41, 42 ff. 79  Kritisch Wagner, Gutachten A zum 66. DJT 2006, A 121 ff.



B. Vertragsabschlussschaden329

es nur für Ansprüche nach § 97 WpHG in Betracht80, nicht aber für die Ansprüche wegen vorvertraglicher und vertraglicher Pflichtverletzung.81 Das am 14. Juli 2018 vom Bundestag verabschiedete Gesetz zur Einführung einer zivilprozessualen Musterfeststellungsklage82 kann hier freilich zukünftig (ab dem 1. November 2018) eine gewisse Abhilfe schaffen. Danach sollen eingetragene Verbraucherschutzverbände die Möglichkeit erhalten, zugunsten von mindestens zehn betroffenen Verbrauchern das Vorliegen oder Nichtvorliegen zentraler anspruchsbegründender bzw. anspruchsausschließender Voraussetzungen feststellen zu lassen.83 Die zivilprozessuale Musterfeststellungsklage kann auch für die hier im Raum stehenden Ansprüche von Verbrauchern – und nur von Verbrauchern – nutzbar gemacht werden. Ob sie im Ergebnis wirklich zu einer effektiveren Geltendmachung der Ansprüche beitragen wird, bleibt freilich abzuwarten.

B. Vertragsabschlussschaden I. Problemstellung Die Nachweisprobleme im Zusammenhang mit der Geltendmachung des Differenzschadens ebenso wie die Streuschadenproblematik und die durch sie verminderten Anreize zur Geltendmachung lenken den Blick auf diejenigen Anspruchsgrundlagen, die eine Vertragsaufhebung als Naturalrestitution gewähren (Vertragsabschlussschaden). Bei den hier erörterten Anspruchsgrundlagen kommt ein Vertragsabschlussschaden als Rechtsfolge eines Anspruchs bei einem vorvertraglichen Schuldverhältnis oder bei einem zusätzlichen Beratungsvertrag immer dann infrage, wenn für das schädigende Ereignis auf die Verletzung einer Aufklärungspflicht über die Manipulationen abgestellt wird.84 Der Kunde dürfte den Vertrag bei – unterstellt – pflichtgemäß vollzogener Aufklärung / Beratung über die Manipulationen nicht abgeschlossen haben, wobei ihm vor Gericht die Vermutung aufklärungsrichtigen oder beratungsgerechten Verhaltens hilft. Nach dieser von der Rechtsprechung entwickelten tatsächlichen Vermutung wird zugunsten derjenigen Person, gegenüber der eine Aufklärungspflicht verletzt wurde, vermutet, dass sie sich bei gehöriger Aufklärung objektiv aufklärungsgerecht verhalten hätte. 80  Buck-Heeb,

WM 2015, 157, 168. zum Fehlen effizienter kollektiver Rechtsdurchsetzungsmechanismen Möllers / Pregler, ZHR 176 (2012), 144 ff. 82  GesE der Fraktionen CDU / CSU und SPD, BT-Drs. 19 / 2507. 83  GesE der Fraktionen CDU / CSU und SPD, BT-Drs. 19 / 2507, S. 1. 84  Siehe oben § 13 D. 81  Allgemein

330

4. Kap., § 15 Schadensrechtliche Aspekte

Probleme bereiten aber diejenigen Sachverhalte, in denen es dem Kläger nicht gelingt, neben dem Vertragsschluss nachzuweisen, dass ihm durch die Manipulationen auch ein Vermögensschaden entstanden ist. Es wird nämlich unterschiedlich beurteilt, ob die Geltendmachung des Vertragsabschlussschadens in Situationen möglich ist, in denen dieser Nachweis nicht gelingt oder in denen sogar klar ist, dass kein eigenständiger Vermögensschaden entstanden ist. II. Ersatz des Vertragsabschlussschadens als Rechtsfolge der c.i.c. Der Vertragsabschlussschaden ist nach heute einhelliger Auffassung in Rechtsprechung und Schrifttum eine denkbare Rechtsfolge einer Aufklärungspflichtverletzung aus c.i.c.85 Dies wurde lange Zeit generell bestritten. Allen voran Medicus86, Canaris87, Stoll88 und Lieb89 haben in grundsätzlicher Ablehnung einer Vertragsaufhebung wegen c.i.c. vorgetragen, dass vorvertragliche Schutzpflichten – anders als das Anfechtungsrecht – nicht dem Schutz der Willensfreiheit, sondern einzig dem Vermögensschutz dienten. Deshalb könne sich aus der Verletzung einer vorvertraglichen Schutzpflicht niemals eine Kompensationspflicht in Form einer Vertragsrückabwicklung ergeben. Das hat sich aber nicht durchgesetzt. Es gibt aber nach wie vor Stimmen in Rechtsprechung90 und Literatur91, die eine Vertragsrückabwicklung nur bei einem zusätzlichen Vermögensschaden gewähren wollen. Das Verschulden bei Vertragsschluss müsse auch tatsächlich zu einer über den Abschluss des ungewollten Vertrags hinausgehenden Vermögensschädigung geführt haben. So hatte der VII. Zivilsenat schon im Jahr 1991 im Zusammenhang mit Kapitalanlagen die Auffassung vertreten, dass ein Anleger – trotz der Täuschung bei den Verhandlungen – keine Rückabwicklung des Vertrags als Vertragsabschlussschaden geltend machen könne, wenn er keinen Verlust in Geld erlitten habe.92 Diese Rechtsprechung 85  Siehe

die Nachweise in § 15 Fn. 36, 37 und 40. JuS 1965, 209, 212 ff. 87  Canaris, ZGR 1982, 395, 416 ff.; ausdrücklich anders dann Canaris, AcP 200 (2000), 273, 305 ff., 314. 88  Stoll, in: FS Riesenfeld, 1983, S. 275, 281 ff. 89  Lieb, in: FS 600 Jahre Universität Köln, 1986, S. 251, 259 ff. 90  BGH NJW 1998, 302, 303 f. 91  Lange, in: Lange / Schiemann, Schadensrecht, 3. Aufl. 2003, § 5 III 2, S. 222; Lieb, in: FS Medicus I, 1999, S. 337; Paefgen, Haftung für mangelhafte Aufklärung aus culpa in contrahendo, 1999, S. 19 ff.; Mankowski, Beseitigungsrechte, 2003, S.  194 f. 92  BGHZ 115, 213, 221 f. Andererseits nimmt der BGH in der Entscheidung einen Schaden doch ohne Vergleich mit der Gegenleistung allein aufgrund der grundle86  Medicus,



B. Vertragsabschlussschaden331

hat der V. Zivilsenat in einer viel diskutierten Entscheidung aus dem Jahr 1998 noch weiter ausgebaut.93 Demgegenüber halten andere Stimmen in Rechtsprechung und Schrifttum einen zusätzlichen Vermögensschaden für irrelevant und sprechen sich im Rahmen von Ansprüchen aus c.i.c. für eine Rückabwicklung des Vertrages aus, wenn dieser nur bei – unterstellt – pflichtgemäß vollzogener Aufklärung / Beratung nicht abgeschlossen worden wäre.94 III. Kein Erfordernis eines zusätzlichen Vermögensschadens Richtigerweise setzt § 249 Abs. 1 BGB für einen Schadensersatz durch Naturalrestitution nicht voraus, dass ein Vermögensschaden vorliegt, wie es sich bereits aus der Systematik der §§ 249 ff. BGB ergibt.95 An diesen Regelungen wird deutlich, dass nur eine Entschädigung in Geld einen Vermögensschaden voraussetzt (arg. con. § 253 Abs. 1 BGB), nicht aber eine Entschädigung durch Naturalrestitution. Der Schuldner hat daher den Zustand, der bestehen würde, wenn der zum Ersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre, auch dann wieder herzustellen, wenn es sich nicht um einen Vermögensschaden handelt. Davon zu trennen ist die Frage, ob die Schutzzwecke der Haftung wegen c.i.c. eine Naturalrestitution in Form einer Vertragsaufhebung ausschließen, weil diese Normen nur das Vermögen schützen sollen. Es müsste deshalb als genden Verscheidenheit des Anlagemodells mit dem im Prospekt beschriebenen Modell an. Dazu Grigoleit, Vorvertragliche Informationshaftung, 1997, S. 147 f. 93  BGH NJW 1998, 302. Gerade diese Entscheidung hatte die Diskussion in der Literatur – kurz vor der Schuldrechtsreform – nochmals neu entfacht. Dazu etwa Fleischer, AcP 200 (2000), 91; Grigoleit, NJW 1999, 900; S.Lorenz, ZIP 1998, 1053; Wiedemann, JZ 1998, 1176. 94  BGHZ 160, 149, 153 (zu § 826 BGB); BGHZ 162, 306, 309 f.; Grüneberg, in: Palandt, 76. Aufl. 2017, § 311 Rn. 13; Emmerich, in: MünchKommBGB, 7. Aufl. 2016, § 311 Rn. 78, 196; S. Lorenz, Schutz vor dem unerwünschten Vertrag, 1997, S.  387 ff.; Kersting, Dritthaftung für Informationen, 2007, S. 456 ff.; Töger, Arbeitsteilung und Vertrag, 2012, S. 466  ff.; Fleischer, Informationsasymmetrie, 2001, S.  441 ff.; Ackermann, Der Schutz des negativen Interesses, 2007, S. 308 ff.; Wiedemann, JZ 1998, 1176, 1177; Fleischer AcP 200 (2000), 91, 111; Kersting, JZ 2008, 714, 717 f.; Grigoleit, Vorvertragliche Informationspflichten, 1997, S. 147 ff. (auch bei einer schadensrechtlichen Betrachtung (S. 148); Grigoleit, NJW 1999, 900, 901 f. Grigoleit vertritt insgesamt freilich ein anderes dogmatisches Konzept, indem er § 123 BGB analog auch auf fahrlässige Informationspflichtverletzungen zur Anwendung bringt. In diesem Konzept kommt es von vornherein nicht auf einen Vermögensschaden an, da § 123 BGB unzweifelhaft die Willensfreiheit schützt. 95  Siehe S. Lorenz, Schutz vor dem unerwünschten Vertrag, 1997, S. 73; Grigoleit, Vorvertragliche Informationspflichten, 1997, S. 19 ff., S. 148; ferner Fleischer, AcP 200 (2000), 91, 111 f.; Kersting, Dritthaftung für Informationen, 2007, S. 457.

332

4. Kap., § 15 Schadensrechtliche Aspekte

Fehlkompensation erscheinen, würde eine Vertragsrückabwicklung / -aufhebung gewährt, obwohl überhaupt keine Beeinträchtigung des Vermögens zu gewärtigen sei. Diese These wird man spätestens seit der Schuldrechtsreform nicht mehr aufrechterhalten können.96 Die vorvertraglichen Schutzpflichten im Sinne der §§ 311 Abs. 2, 241 Abs. 2 BGB schützen gerade auch über das Vermögen hinausreichende „Interessen“. In der Begründung zur Schuldrechtsreform wird sogar ausdrücklich betont, dass als ebensolche Interessen auch „andere Interessen wie zum Beispiel die Entscheidungsfreiheit zu schützen sein können“97. Der Schaden könne sich bei einer c.i.c. gerade auch in dem „formal gültigen Vertragsabschluss“ realisieren. Deshalb wird eine „Lösung vom Vertrag als Naturalrestitution“ als denkbare Rechtsfolge genannt.98 Soweit der BGH und der ihm folgende Teil der Lehre mit dem Erfordernis eines Vermögensschadens ein zusätzliches Abgrenzungskriterium zur Arglist­ anfechtung schaffen wollen, so ist diese teleologische Reduktion besonders begründungsbedürftig und nicht – umgekehrt – die wortlaut- und systemkonforme Normanwendung. Vor dem Hintergrund dessen, dass der Gesetzgeber der Schuldrechtsreform die Problematik aus der Diskussion infolge der BGH-Entscheidung von 199899 kannte und keine begrenzenden Kriterien aufgestellt hat, wird man eine Planwidrigkeit aber nur schwerlich annehmen können.100 Die Aufnahme der „sonstigen Interessen“ in den (vor-)vertraglichen Pflichtenumfang wäre bedeutungslos, wenn man etwaige Friktionen des Nebeneinanders der beiden Institute durch ein Tatbestandsmerkmal auflöste, das den Schutzzweck des § 241 Abs. 2 BGB gerade um den Schutz dieser „sonstigen Interessen“ kupiert. Naheliegender wäre es – ein echtes Konkurrenzproblem unterstellt –, am subjektiven Tatbestand sowie an der Verjährung- / Ausschlussfrist anzusetzen. Es wäre überdies kaum nachvollziehbar, warum gerade das Vorliegen eines Vermögensschadens das maßgebliche Abgrenzungskriterium sein sollte. Gedacht sei an einen Vertrag in Millionenhöhe, der rückabgewickelt wird, weil er bei dem Vertragspartner zu einem 96  Kersting, Dritthaftung für Informationen, 2007, S. 457; tendenziell auch Canaris, JZ 2001, 499, 519, allerdings mit dem Hinweis, dass die Frage eines zusätzlich erforderlichen Vermögensschadens für eine Vertragsrückabwicklung nach dem Willen des Gesetzgebers nicht präjudiziert werden sollte. 97  Begr.  GesE Schuldrechtsmodernisierung BT-Drucks. 14 / 6040, S. 126 (zu § 241 BGB). 98  Begr.  GesE Schuldrechtsmodernisierung BT-Drucks. 14 / 6040, S. 162 (zu § 311 BGB). Auch schon vor der Schuldrechtsreform etwa Canris, AcP 200 (2000), 273, 314. 99  Siehe oben § 15 B.II. 100  Kersting, Dritthaftung für Informationen, 2007, S. 458; a. A. Ackermann, Der Schutz des negativen Interesses, 2007, S. 305 f.



B. Vertragsabschlussschaden333

Vermögensschaden von einem Euro geführt hat. Soll dieser eine Euro Vermögensschaden neben dem Vertragsabschluss in Millionenhöhe tatsächlich zur Begründung der Rückabwicklung taugen? IV. Friktionen des Nebeneinanders Eine Aufklärungspflichtverletzung im vorvertraglichen Bereich – und Gleiches gilt für eine Aufklärungspflichtverletzung in einem Beratungsvertrag – kann auch ohne das Vorliegen eines Vermögensschadens grundsätzlich neben der Arglistanfechtung zu einer Vertragsrückabwicklung als Schadensersatz führen. Allerdings ergibt sich ein Spannungsverhältnis zur Arglist­ anfechtung. Zutreffend ist nämlich, dass die tatbestandlichen Pflichtverletzungen im vorvertraglichen Stadium (Aufklärungspflichten) dem Täuschungstatbestand des § 123 Abs. 1 BGB entsprechen.101 Daraus ergibt sich, dass vorsätzliche Aufklärungspflichtverletzungen sowohl eine arglistige Täuschung im Sinne des § 123 BGB als auch eine c.i.c. sein können. Eine fahrlässige (auch grob fahrlässige) Aufklärungspflichtverletzung könnte kein Anfechtungsrecht begründen, wohl aber eine Haftung aus c.i.c. mit der einer dem Anfechtungstatbestand im Ergebnis entsprechenden Rechtsfolge (Vertragsaufhebung).102 Zudem stoßen die Unterschiede in der Dauer der Verjährung des Anspruchs aus c.i.c. im Vergleich zur Anfechtungsausschlussfrist des § 124 BGB auf Bedenken.103 Im Ausgangspunkt ist zu klären, ob dieses Spannungsverhältnis überhaupt als echtes Konkurrenzverhältnis existiert oder ob nicht vielmehr die Arglistanfechtung und die c.i.c. nur in einigen Fällen gewollte und gerechtfertigte und damit hinzunehmende Überschneidungsbereiche aufweisen. Schon früh haben Rechtsprechung und Literatur für die Unterschiedlichkeit der beiden Institute auf die unterschiedlichen Rechtsfolgen verwiesen.104 Im Gegensatz zum Schadensersatzanspruch aus c.i.c. führt die Anfechtung zu einer Extunc-Nichtigkeit des Vertrags (§ 142 BGB), die auch unmittelbare Wirkung auf Dritte hat.105 Medicus hat allerdings darauf hingewiesen, dass § 404 BGB beim Vertragsaufhebungsanspruch jedenfalls im Ergebnis eine Drittwir101  Breidenbach, Informationspflichten, 1989, S.  9  f.; Fleischer, Informations­ asymmetrie, 2001, S. 449 f.; Tröger, Arbeitsteilung und Vertrag, 2012, S. 459. 102  Kersting, Dritthaftung für Informationen, 2007, S. 456. 103  Zum Problem Tröger, Arbeitsteilung und Vertrag, 2012, S. 466  ff.; Singer, Selbstbestimmung und Verkehrsschutz, 1995, S. 238; S.Lorenz, Schutz vor dem unerwünschten Vertrag, 1997, S. 337; Fleischer, AcP 200 (2000), 91, 101 mit jeweils unterschiedlichen Lösungsvorschlägen. 104  BGH NJW 1962, 1196, 1198. 105  Diese Argumentation wurde schon in der Rechtsprechung des Reichsgerichts (etwa RGZ 79, 194, 197) für das Verhältnis zwischen Arglistanfechtung und delikti-

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4. Kap., § 15 Schadensrechtliche Aspekte

kung erzeuge und die Unterschiede daher eher formaler Natur seien.106 Die unterschiedlichen Rechtsfolgen sind aber bei näherem Hinsehen nicht rein formaler Natur. Die Anfechtung wegen arglistiger Täuschung führt nach herrschender Meinung nämlich in der Regel auch zur Ex-tunc-Nichtigkeit des Verfügungsgeschäfts. Daraus können sich gerade im Insolvenzfall deut­ liche Unterschiede von einem vertraglichen Rückabwicklungsanspruch ergeben.107 Eine weitere wichtige Unterscheidung liegt darin, dass die c.i.c. – anders als das Anfechtungsrecht der §§ 119 ff. BGB – die Vertragsaufhebung davon abhängig macht, dass die Pflichtverletzung dem Anspruchsgegner zuzurechnen ist.108 Aus alldem folgt, dass die beiden Institute einige Unterschiede aufweisen und dass – gerade vor dem Hintergrund der Debatte kurz vor der Schuldrechtsreform – deren Nebeneinander vom Gesetzgeber gewollt und damit auch hinzunehmen ist. Hinreichende Gründe, die teleologische Eingriffe in eines der Institute rechtfertigen würden, sind nicht zu erkennen. Im Gegenteil ist erwiesen, dass eine Informationshaftung auch für Fahrlässigkeit ökonomisch sinnvoll und sogar notwendig ist.109 Auch für eine Begrenzung der Verjährungsvorschriften oder eine analoge Anwendung des § 124 BGB im Falle vorvertraglicher Aufklärungspflichtverletzungen110 spricht nichts. Daher ist weder der subjektive Tatbestand der c.i.c. im Falle vorvertraglicher Aufklärungspflichtverletzungen noch die Verjährungsfrist des § 199 BGB an die Arglistanfechtung anzupassen.

C. Vorteilsausgleichung I. Problemstellung Bezogen auf die Manipulation von Benchmarks stellt sich im Verhältnis der Bank zum Kunden die Frage einer Vorteilsausgleichung in denjenigen Fällen, in denen sich die Manipulationen teilweise zum Vorteil und nur teilweise zum Nachteil des Kunden auswirken. Ein solcher Fall kann sowohl innerhalb desselben Vertragsverhältnisses als auch dann auftreten, wenn der schem Anspruch auf Vertragsaufhebung (§ 826 BGB) vorgebracht. Dazu Ackermann, Der Schutz des negativen Interesses, 2007, S. 308. 106  Medicus, JuS 1965, 209, 212; zustimmend BGH NJW 1998, 302. 107  Kersting, Dritthaftung für Informationen, 2007, S. 459. 108  Ackermann, Der Schutz des negativen Interesses, 2007, S. 310 ff. 109  Fleischer, Informationsasymmetrie, 2001. 110  Für eine analoge Anwendung des § 124 BGB aber Canaris, AcP 200 (2000), 273, 319; Fleischer, Informationsasymmetrie, 2001, S. 448 f.; Wiedemann, in: Soergel, BGB, 12. Aufl. 1990, Vor § 275 Rn. 199; Grigoleit, Vorvertragliche Informa­ tionshaftung, 1997, S. 157 ff. (in seinem System [Fn. 1526] freilich ganz konsequent).



C. Vorteilsausgleichung335

Kunde mehrere Finanzinstrumente und / oder Finanzkontrakte mit der Bank abgeschlossen hat. Im Schrifttum wurde die Frage eines „Nettings“ der für den Kunden negativ mit den positiv verlaufenen Geschäften zwar aufgeworfen, aber bislang nicht beantwortet.111 II. Berücksichtigung vorteilhafter Manipulationen 1. Vorteil aufgrund „ein und derselben“ Handlung Hinsichtlich der Anrechnung von Vorteilen, die aufgrund der Manipulationen der Benchmark durch die Bank beim Kunden verursacht werden, sind zwei Sachverhalte zu unterscheiden. Zum einen kann ein und dieselbe Manipulationshandlung (Falschmeldung) einen finanziellen Nachteil in einem Vertrag und einen finanziellen Vorteil in einem anderen Vertrag bewirken. Der Vorteil tritt in diesem Fall genau durch das die Ersatzpflicht begründende Verhalten unmittelbar und ohne das Dazwischentreten Dritter, des Verletzten selbst oder anderer äußerer Ereignisse ein. Deshalb ist ein „enger innerer Zusammenhang“ zwischen Vor- und Nachteil zu bejahen. Insofern ist mithin ein „echter Fall“ der Vorteilsausgleichung gegeben, da tatsächlich „ein und dasselbe“ Ereignis für den Geschädigten sowohl positive als auch negative Folgen hat.112 Bei solchen Konstellationen wird auch im Schrifttum für eine Anrechnung plädiert und eine Vorteilsausgleichung vorgesehen.113 Der Schutzzweck der verletzten vertraglichen Nebenpflicht gebietet keine abweichende Bewertung. Die Vermögensinteressen, deren Bewahrung die oben konstituierte Nebenpflicht114 dient, werden auch dann hinreichend geschützt, wenn gleichzeitig Vermögensvorteile mit angerechnet werden. Das gilt grundsätzlich sowohl bei einer Geltendmachung des Differenzschadens als auch bei der des Vertragsabschlussschadens als Naturalrestitution. Eine Nichtanrechnung wäre eine Überbetonung präventiver Erwägungen, die sich jedenfalls im Vertragsverhältnis nicht rechtfertigen ließe.

111  Buck-Heeb,

WM 2015, 157, 167. Oetker, in: MünchKommBGB, 7. Aufl. 2016, § 249 Rn. 231. 113  Vgl. schon Heck, Schuldrecht, 2. Aufl. 1929, § 15, S. 50; ferner Esser, Schuldrecht I, 4. Aufl. 1970, § 48 III, S. 343; Lange, in: Lange / Schiemann, Schadensrecht, § 9 IV 1, S. 503; Mertens, in: Soergel, BGB, 12. Aufl. 1990, Vor § 249 Rn. 233; Thüsing, Wertende Schadensberechnung, 2001, S. 31; Oetker, in: MünchKommBGB, 7. Aufl. 2016, § 249 Rn. 231; a. A. bei vorsätzlicher oder grob fahrlässiger Pflichtverletzung Rudloff, in: FS von Hippel, 1967, S. 423, 434 ff. 114  Siehe oben § 12 C.II. 112  Vgl.

336

4. Kap., § 15 Schadensrechtliche Aspekte

Nichts anderes gilt im Ausgangspunkt auch für einen kartellrechtlichen Anspruch nach § 33a Abs. 1 GWB i. V. m. Art. 101 AEUV115. Nach § 33c Abs. 1 Satz 1 GWB ist der Schaden eines Abnehmers wegen überteuerter Waren oder Dienstleistungen nicht deshalb ausgeschlossen, weil die Ware oder Dienstleistung weiterveräußert werden konnte. Der Schaden des Abnehmers ist ausgeglichen, soweit der Abnehmer einen Preisaufschlag, der durch einen Verstoß nach § 33a Abs. 1 GWB verursacht worden ist, an seine Abnehmer (mittelbare Abnehmer) weitergegeben hat (§ 33c Abs. 1 Satz 2 GWB). Dies hatte der BGH bereits in der sog. ORWI-Entscheidung judiziert.116 Allerdings wird den Kartellanten die volle Darlegungs- und Beweislast auferlegt, wobei Erleichterungen nur sehr begrenzt zugelassen werden.117 Nur zugunsten der mittelbaren Abnehmer wird nach § 33c Abs. 2 GWB unter bestimmten Umständen vermutet, dass der Preisaufschlag auf ihn abgewälzt wurde. Zwar geht es hier nicht um die Berücksichtigung der Weitergabe überhöhter Preise an nachfolgende Marktstufen, sondern um die Berücksichtigung von parallelen Geschäftsabschlüssen. Aus der Zulassung der Vorteilsausgleichung in ersterem Fall wird aber deutlich, dass die Zwecke des § 33a GWB einer Vorteilsausgleichung nicht entgegenstehen. Eine andere Beurteilung kann allenfalls im Rahmen des § 826 BGB angezeigt sein.118 Dort erscheint eine besondere Betonung des präventiven Charakters der Deliktsnorm nämlich naheliegend. Soweit dieser Anspruch über § 831 BGB quasi auf die Bank übergeleitet wird, ist ebenfalls der Zweck des § 826 BGB maßgeblich. Insofern erscheint eine Versagung der Vorteilsausgleichung denkbar. 2. Vorteil aufgrund mehrerer als „einheitliches Geschehen“ zu würdigender Handlungen Von der eben behandelten Konstellation zu unterscheiden sind Sachverhalte, in denen nicht ein und dieselbe Manipulationshandlung sowohl zu einem Schaden als auch zu einem Vorteil des Geschädigten geführt hat, sondern in denen die Vorteile durch andere Manipulationen der Bank entstanden sind als die Nachteile. Eine solche Situation ergibt sich zum Beispiel, wenn ein Kunde im Laufe seiner Geschäftsverbindung mit der Bank – ggf. auch unterhalb eines Rahmenvertrags – mehrere Finanzinstrumente und -kontrakte 115  Zu

diesem siehe oben § 11 C.III. 190, 145, 162 ff. Rn. 57 ff. (ORWI). 117  Emmerich, in: Immenga / Mestmäcker, Wettbewerbsrecht, 5. Aufl. 2014, § 33 GWB Rn. 65. 118  Siehe oben § 14 D. 116  BGHZ



C. Vorteilsausgleichung337

abgeschlossen hat, deren Wertentwicklung von einer manipulierten Benchmark abhängig ist und der Kunde über einen längeren Zeitraum bei einigen dieser Verträge von den unterschiedlichen Manipulationen der Bank profitiert und bei anderen Verluste erleidet. Bei diesen Fällen geht es nicht um echte Vorteilsausgleichung119, weil nicht ein und dieselbe Handlung sowohl zu einem Vorteil als auch zu einem Nachteil geführt hat. Gleichwohl ist es anerkannt, dass unter Umständen mehrere Eingriffe des Schädigers als einheitliches Geschehen gewertet und die durch unterschiedliche Handlungen herbeigeführten Gewinne und Verluste gegeneinander verrechnet werden können.120 In einer jüngeren Entscheidung hatte der II. Zivilsenat des BGH Gelegenheit, zu einem ähnlich gelagerten Problem Stellung zu nehmen. Gegenstand der Entscheidung waren pflichtwidrige Spekulationsgeschäfte eines Geschäftsführers, derentwegen er von seiner Gesellschaft in Anspruch genommen wurde. Der BGH entschied: „Wenn aus einer Reihe gleichartiger unzulässiger Spekulationsgeschäfte durch ein Organ sowohl Gewinne als auch Verluste entstehen, muss sich die Gesellschaft auf ihren Schadensersatzanspruch wegen der entstandenen Verluste grundsätzlich die Gewinne anrechnen lassen (…).“121 Dieses Ergebnis führt der BGH auf das Bereicherungsverbot zurück, auf dem die Grundsätze der Vorteilsausgleichung beruhten und das es gebiete, dass sich die Gesellschaft nicht an Fehlern der Organmitglieder auf deren Kosten bereichern könne.122 „Die Gesellschaft verhielte sich treuwidrig und widersprüchlich, wenn sie das Organmitglied für einen Fehler ersatzpflichtig macht, aber den Gewinn behält, wenn das Organ den gleichen Fehler erneut begeht. Dass sich ein haftungsbegründendes Ereignis nach einer ersten fehlerhaften Entscheidung wiederholt, ist bei Dauerverhältnissen wie dem Organverhältnis nicht selten und rechtfertigt es, gleichartige unzulässige Geschäfte hinsichtlich der Anrechnung von Vorteilen miteinander zu verknüpfen. Eine solche Anrechnung von Gewinnen auf Verluste belastet die Gesellschaft nicht unzumutbar und begünstigt das Organ nicht unbillig.“123 Anders entschied der XI. Zivilsenat des BGH im Falle von positiv und negativ verlaufenen Swap-Geschäften, die alle auf fehlerhaften Anlageberatungen beruhten und bei denen der Kunde nur eine Rückabwicklung der für 119  Siehe

zu dieser soeben § 15 C.II.1. in: MünchKommBGB, 7. Aufl. 2016, § 249 Rn. 231. 121  BGH NJW 2013, 1958, 1961 Rn. 26 unter Verweis auf Fleischer, DStR 2009, 1204, 1210; Fleischer, in: Spindler / Stilz, AktG, 2. Aufl. 2010, § 93 Rdnr. 39; Haas / Ziemons, in: Michalski, GmbHG, 2. Aufl. 2010, § 43 Rn. 212; Mertens, in: Soergel, BGB, 12. Aufl. 1999, Vor § 249 Rn. 233. 122  BGH NJW 2013, 1958, 1961 Rn. 27. 123  BGH NJW 2013, 1958, 1961 Rn. 27. 120  Oetker,

338

4. Kap., § 15 Schadensrechtliche Aspekte

ihn negativ verlaufenden Geschäfte begehrte.124 Nach dem XI. Zivilsenat können Vorteile, „die aus zu anderen Zeiten geschlossenen Swap-Verträgen aufgrund einer gesonderten Beratung resultieren, mangels Nämlichkeit des Schadensereignisses im Zuge der Vorteilsausgleichung keine Berücksichtigung finden […]“. Daran ändere auch die Gleichartigkeit der Pflichtverletzung nichts.125 Der BGH betont auch, dass sich aus der eben rezipierten Entscheidung des II. Zivilsenats nichts anderes ergebe. Dort sei die Entscheidung eine besondere Folge der Treuepflicht der Gesellschaft gegenüber den Organmitgliedern und könne deshalb nicht mit dem Vertragsverhältnis zwischen der Bank und dem Kunden verglichen werden.126 Ferner erkennt der XI. Zivilsenat auch keine Widersprüchlichkeit im Vorgehen derjenigen Kunden, die nur die positiv verlaufenen Geschäfte aufrechterhalten und die übrigen rückabwickeln lassen.127 Ein solches Verhalten solle allenfalls im Rahmen der Prüfung der haftungsbegründenden Kausalität relevant sein. Zur Begründung hebt der XI. Zivilsenat darauf ab, dass der „Verzicht auf eine entsprechende Anwendung der Grundsätze der Vorteilsausgleichung … den Anreiz, Beratungspflichten stets und immer zu genügen“, sichere.128 Nichts anderes soll sich auch daraus ergeben, dass alle Geschäfte auf der Basis des gleichen Rahmenvertrags zwischen den Parteien abgeschlossen wurden.129 Die Erwägungen des XI. Zivilsenats sollten jedenfalls nicht auf die vorliegenden Konstellationen übertragen werden. Vielmehr ist mit den Erwägungen des II. Zivilsenats davon auszugehen, dass sich die Kunden die Vorteile anderer Manipulationen anrechnen lassen müssen. Treuepflichten bestehen – wenn auch in abgeschwächter Form – auch im Vertragsverhältnis.130 Außerdem ist das Vorgehen von Kunden, die nur die positiv verlaufenen Geschäfte aufrechterhalten und die übrigen Geschäfte rückabwickeln lassen, genauso widersprüchlich wie dasjenige der Gesellschaft, die ihr Organmitglied für einen Fehler ersatzpflichtig macht, aber den Gewinn behält, den das Organmitglied durch gleichartige Fehler für die Gesellschaft erwirtschaftet hat. Zudem muss die Vorteilsausgleichung auch nicht aus Gründen der Prävention ausgeschlossen werden. Die Beratungspflichten fußen nach der Rechtsprechung des BGH nur auf dem Vertragsverhältnis und werden nicht vom Auf124  BGHZ

205, 117. 205, 117, 148 Rn. 85; a. A. OLG München, WM 2013, 369, 373; Stackmann, NJW 2012, 2913, 2915; Zoller, BKR 2012, 405, 409 f.; Lehmann, NJW 2016, 2913, 2916 f. 126  BGHZ 205, 117, 149 Rn. 86. 127  BGHZ 205, 117, 149 Rn. 87. 128  BGHZ 205, 117, 149 Rn. 87. 129  BGHZ 205, 117, 149 f. Rn. 88. 130  Siehe dazu allgemein oben § 12 C.II. 125  BGHZ



D. Fazit zu den schadensrechtlichen Aspekten339

sichtsrecht – das seinerseits präventive Zwecke verfolgt – beeinflusst.131 Dann aber erscheint es zu weitgehend, dass die Parteien den konkludenten Beratungspflichten sogar noch einen präventiven Charakter beimessen sollen. Für Benchmark-Manipulationen folgt daraus, dass sich die Kunden bei der Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen parallele Geschäfte, bei denen sich die Manipulationen ihrer Bank für sie vorteilhaft ausgewirkt haben, gegen sich gelten lassen müssen. Erst recht gilt dies – und insofern steht auch die Entscheidung des XI. Zivilsenats nicht entgegen –, wenn bei einem Darlehensvertrag mit Zinsgleitklausel132 Manipulationen an bestimmten Tagen während der Vertragslaufzeit die Zinszahlungspflicht des Kunden erhöhen und andere Manipulationen während der Laufzeit dazu führen, dass sich die Zinszahlungspflicht des Kunden zwischenzeitlich ungerechtfertigt reduziert.

D. Fazit zu den schadensrechtlichen Aspekten Die Geltendmachung eines Differenzschadens gestaltet sich für Anleger wegen erheblicher Nachweisprobleme als besonders schwierig. Hinzu tritt, dass Anleger häufig nur einen geringen Differenzschaden durch die Manipulationen von Benchmarks erleiden werden, diesem Schaden aber ganz erhebliche Rechtsdurchsetzungskosten gegenüberstehen (Streuschadenproblematik). Beide Aspekte lassen die Geltendmachung eines Differenzschadens als unattraktiv erscheinen. Diese Probleme lenken den Blick auf diejenigen Anspruchsgrundlagen, die eine Vertragsaufhebung als Naturalrestitution (Vertragsabschlussschaden) gewähren. Der Vertragsabschlussschaden ist richtigerweise auch dann ersatzfähig, wenn der Anspruchsteller durch die Manipulationen keinen Vermögensschaden erlitten hat bzw. er einen solchen nicht nachweisen kann. So werden die Schwierigkeiten bei der Geltendmachung des Differenzschadens nicht auf die Geltendmachung des Vertragsabschlussschadens übertragen. Die Ermöglichung der Geltendmachung des Vertragsabschlussschadens führt bei den Manipulationen von Benchmarks zu einem echten Haftungsrisiko für an den Manipulationen beteiligte Banken.

170, 226 Rn. 19; Ellenberger, in: FS Nobbe, 2009, S. 523, 534 f. oben § 15 A.I.2.d).

131  BGHZ 132  Siehe

5. Kapitel

Schluss § 16  Wesentliche Ergebnisse und Ausblick Jahrelang wurden bedeutende Financial-Benchmarks auf den internationalen Finanzmärkten manipuliert. Die Auswirkungen der Manipulationen auf die Welt-Volkswirtschaft sind noch nicht vermessen. Betrachtet man aber alleine die Volumina der auf den LIBOR und den EURIBOR referenzierenden Finanzinstrumente von geschätzt ca. 370 Billionen Euro sowie den durchschnittlichen täglichen Umsatz auf dem Devisenmarkt von ca. vier Billionen Euro, so erscheinen Schätzungen von Fehlallokationen im Billionen-Euro-Bereich nicht fernliegend. Gesetzgeber und Aufsichtsbehörden weltweit reagierten und reagieren auf die Manipulationen und die sonstigen Risiken durch oft parallele Regulierungsansätze. Sie setzen auf die grundsätzliche Beibehaltung der bestehenden Financial-Benchmarks, wobei sie tendenziell die Verwendung von transaktionsbasierten Eingabedaten und Benchmarks fördern. Neuerdings gibt es sogar Bestrebungen, etablierte Benchmarks zu ersetzen. Daneben setzen Gesetzgeber und Aufsichtsbehörden auf einen Propertisierungsansatz, auf verstärkte Compliance- und Governancevorgaben für die Administratoren und Kontributoren von Benchmarks und auf eine Steigerung von Transparenz und der damit zusammenhängenden Erleichterung aufsichtlicher und öffentlicher Überwachung. Die BMR folgt in ihrem Grundansatz dieser gemeinsamen internationalen Regulierungsstrategie. Durch die in ihr enthaltenen Governance- und Compliancevorgaben wie auch durch die gesteigerte aufsichtsbehördliche und öffentliche Überwachung werden Interessenkonflikte zukünftig eingedämmt. Die (vergangenen) Manipulationen von Benchmarks haben aber auch nach geltendem Recht vielfältige Implikationen. Die Übermittlung fehlerhafter Eingabedaten von Kontributoren an Administratoren stellt nach § 20a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Alt. 1 WpHG a. F. eine verbotene informationsgestützte Marktmanipulation dar. Nach neuem Recht stellt sogar eine fahrlässige Meldung oder sonstige Übermittlung von falschen Eingabedaten an einen Administrator eine verbotene Marktmanipulation im Sinne der Art. 15, 12 Abs. 1 lit. d MAR dar. Eine tatsächliche Beeinflussung der Benchmark muss für den aufsichtsrechtlichen Verstoß nicht vorliegen.



5. Kap., § 16 Wesentliche Ergebnisse und Ausblick341

Die Europäische Kommission hat im Zusammenhang mit EURIBOR- und Yen-LIBOR- sowie mit CHF-LIBOR-Manipulationen Bußgeldbescheide gegen einige Großbanken von insgesamt ca. 1,5 Milliarden Euro verhängt. Im Zuge der Ermittlungen wurde nachgewiesen bzw. haben die Banken eingeräumt, dass ihre Händler aktiv miteinander kommuniziert und Vereinbarungen getroffen hatten, nach denen von mehreren Banken gezielte Falschmeldungen an die Administratoren der Benchmarks abgegeben wurden. Die Absprachen zwischen Händlern verschiedener Banken über konzertierte Falschmeldungen an die Administratoren von Referenzzinssätzen stellen einen Verstoß gegen Art. 101 AEUV dar. Dieser Kartellverstoß tritt nicht hinter den schon durch die einzelnen Falschmeldungen verwirklichten Verstoß gegen das kapitalmarktrechtliche Marktmanipulationsverbot zurück. Die Manipulation von Benchmarks und insbesondere diejenige der hier im Fokus stehenden Referenzzinssätze zeitigen aber auch ganz vielfältige privatrechtliche Implikationen. Auf Benchmarks wird in Verträgen verschiedenster dogmatischer Einordnung Bezug genommen. Dabei beeinflussen sie teilweise die Höhe der Hauptleistungspflicht (Darlehensverträge, Indexzertifikate, Zinstermingeschäfte) und teilweise die Höhe einer Nebenleistungspflicht (Floater). Soweit der in einer AGB-Klausel in Bezug genommene Referenzzinssatz die Höhe der Hauptleistungspflichten betrifft, findet grundsätzlich keine AGB-rechtliche Angemessenheitskontrolle statt. Dies gilt vor allem für Zinsgleitklauseln in Darlehensverträgen, nicht aber für Zinsänderungsklauseln, auf deren Inhaltskontrollfähigkeit aus § 308 Nr. 4 BGB geschlossen werden kann. Betrifft eine Benchmark die Höhe einer Nebenleistungspflicht, muss die Klausel von vornherein auch der Inhaltskontrolle nach § 307 BGB standhalten. Eine einfache den LIBOR, den EURIBOR oder einen anderen Referenzzinssatz voll übertragende Gleitklausel stellt aber keine unangemessene Benachteiligung dar. Sofern durch die Bezugnahme auf die Benchmark eines nicht-autorisierten Administrators gegen das gesetzliche Verbot des Art. 29 BMR verstoßen wird, führt dies in der Regel zur Nichtigkeit der entsprechenden Verträge. Werden von einer der Vertragsparteien Manipulationen an den die Verträge beeinflussenden Benchmarks vorgenommen, hat dies ganz vielfältige vertragsrechtliche Implikationen. Eine Manipulation, die vom Management der Bank angeordnet wird, stellt sich ebenso als vertragliche Nebenpflichtverletzung gegenüber den Kunden der Bank dar wie eine solche, die durch Händler innerhalb der Bank autonom vorgenommen wird. Das manipulative Verhalten des Managements wird der Bank analog § 31 BGB zugerechnet, dasjenige der manipulierenden Derivatehändler und Submittenten nach § 278 Satz 1 BGB.

342

5. Kap., § 16 Wesentliche Ergebnisse und Ausblick

Die Manipulation von Financial-Benchmarks hat zudem zahlreiche wissensabhänge Folgen. Damit sind privatrechtliche Folgen innerhalb von Banken vorgenommener Manipulationshandlungen an Financial-Benchmarks gemeint, die von der Frage abhängig sind, ob die jeweilige Bank Kenntnis von den Manipulationen hatte oder hätte haben müssen. Als wissensabhängige Manipulationsfolgen kommen eine Anfechtung von auf manipulierte Benchmarks referenzierenden Verträgen wegen arglistiger Täuschung, eine Haftung aus c.i.c., eine Haftung wegen einer Beratungspflichtverletzung sowie Ansprüche nach § 98 WpHG in Betracht. Für all diese Ansprüche ist mit maßgeblich, ob der Bank das Wissen einzelner Organmitglieder oder Mitarbeiter zugerechnet werden kann. Die Untersuchung zur Wissenszurechnung hat gezeigt, dass die Kennntis von Händlern oder Submittenten unterhalb der Repräsentantenebene (analog § 31 BGB) über Manipulationen an Benchmarks der Bank als Gesellschaft im Rahmen von vertraglichen Haftungstatbeständen oder aufsichtsrechtlichen Normen zugerechnet wird. Im deliktischen Bereich kommt es – vorbehaltlich des Umstands, dass der Gesellschaft keine Organisationspflichtverletzungen vorzuwerfen sind – dagegen nicht zu einer Zurechnung. Falls die Mitarbeiter in anderen Konzerngesellschaften ansässig waren, kommt es nur bei Verletzung einer Organisationspflicht durch die Muttergesellschaft zu einer Zurechnung an ebendiese. Insoweit sind gerade spezialgesetzliche Compliancepflichten bedeutsam. Die Manipulation von Financial-Benchmarks begründet über § 823 Abs. 2 BGB keine privatrechtlichen Ansprüche für geschädigte Anleger. Gleiches gilt für Verstöße gegen die Compliance- und Governancevorgaben der BMR. Art. 15 MAR ist ebenso wie schon § 20a Abs. 1 WpHG a. F. kein Schutzgesetz im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB, da die Norm keinen Individualschutz gegenüber einzelnen Anlegern vermittelt. Aus dem Unionsrecht ergibt sich sowohl für das Marktmanipulationsverbot als auch für die Bestimmungen der BMR nichts anderes. Der Grundsatz effektiver Durchsetzung des Unionsrechts gebietet keine pauschale und undifferenzierte Pflicht zur Schaffung zivilrechtlicher Schadensersatzansprüche bei Verstößen gegen europäisches (Verordnungs-)Recht. Eine deliktische Haftung gerade wegen Manipulationen folgt im deutschen Deliktssystem zunächst nur aus einem Verstoß gegen § 826 BGB, wobei sich ein Anspruch gegen den unmittelbaren Vorsatztäter richtet. Anknüpfend an eine tatbestandliche deliktische Handlung der Händler und / oder der Submittenten im Sinne des § 826 BGB, kommt im Ausgangspunkt auch eine deliktische Haftung der Bank aus § 831 BGB in Betracht. Ob der Bank eine Exkulpation nach § 831 Abs. 1 Satz 2 BGB gelingt, ist eine Frage des Einzelfalls.



5. Kap., § 16 Wesentliche Ergebnisse und Ausblick343

Besondere Schwierigkeiten in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht werfen die Manipulationen von Financial-Benchmarks nicht nur auf der Tatbestandsseite, sondern auch auf der Rechtsfolgenseite der diversen zivilrechtlichen Anspruchsgrundlagen auf. Ganz wesentlich unterscheiden sich aber die tatsächlichen Nachweisschwierigkeiten bei der Geltendmachung des Differenzschadens einerseits und eines Vertragsabschlussschadens andererseits. Die Nachweisprobleme im Zusammenhang mit der Geltendmachung des Differenzschadens ebenso wie die Streuschadenproblematik und die durch sie verminderten Anreize zur Geltendmachung lenken den Blick auf diejenigen Anspruchsgrundlagen, die eine Vertragsaufhebung als Naturalrestitution gewähren (Vertragsabschlussschaden). Bei den hier erörterten Anspruchsgrundlagen kommt ein Vertragsabschlussschaden als Rechtsfolge eines Anspruchs bei einem vorvertraglichen Schuldverhältnis oder bei einem zusätzlichen Beratungsvertrag immer dann infrage, wenn für das schädigende Ereignis auf die Verletzung einer Aufklärungspflicht über die Manipulationen abgestellt wird.1 Der Vertragsabschlussschaden ist richtigerweise auch dann ersatzfähig, wenn der Anspruchsteller durch die Manipulationen keinen Vermögensschaden erlitten hat oder er einen solchen nicht nachweisen kann. Die Ermöglichung der Geltendmachung des Vertragsabschlussschadens führt bei den Manipulationen von Benchmarks zu einem echten Haftungsrisiko für an den Manipulationen beteiligte Banken. Dieses Potenzial, von dem – auch neben den hohen aufsichtsrechtlichen Strafen – echte Steuerungseffekte ausgehen könnten, ist bisher in Deutschland nicht ausgeschöpft, und das Verjährungsregime lässt Zweifel daran aufkommen, ob diese Ansprüche für vergangene Manipulationen noch ausgeschöpft werden können. Zugleich weisen die Erwägungen aber auch in die Zukunft. Die fehlende Steuerungsmöglichkeit, die dem Deliktsrecht in dieser Frage bescheinigt wurde, kann konzen­ triert durch das Vertragsrecht ausgeglichen werden.

1  Siehe

oben § 13 D.

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Sachwortverzeichnis Abbildungsfunktion  48 f., 54 f., 73 Abgestimmte Verhaltensweise  65, 147 f., 150 ff., Ad-hoc-Publizität/Ad-hoc-Mitteilung  210, 221, 230, 257 f., 273 f., 280 f., 283 f., 288, 290, 296 Administrator  98 ff., 101 ff., 107 ff., 120 f., 122 f. Adverse selection (Negativauslese)  53 AGB – AGB-Banken  157 – AGB-Sparkassen  157 – Angemessenheitskontrolle/Inhalts­ kontrolle  174 ff., 182 ff – Zulässigkeitsschranken  173 ff., 185 ff. Aggregation  39 f., 51 f., 73, 306 Aktienindex  41 Allgemeines Persönlichkeitsrecht  248, 280 Allgemeinwohlinteresse  224 Anfechtung – Arglistige Täuschung  221 f., 274 ff., 330, 332 ff. – Eigenschaftsirrtum  202 ff. Anlegerschutz  57, 78, 289 ff., 293 f., Anleihe  49, 164 f., 185 ff. Anpassungssymmetrie  177 Anwendungsbereich – Benchmark-VO  80 ff., 91 ff., 94, 97 – MAR  128 f., 135 f., 148 Äquivalenz – Äquivalenzinteresse  158, 176 – Äquivalenzverhältnis  176 ff., 184 – funktionale  302 – Gleichwertigkeit (DrittstaatenRegime)  104 f.

– materielle  179 f. – objektive  178 f., 184 – subjektive  177 f. Arbeitsvertrag  196, 239, 251 ff., Arglist  210, 221 f., 271 ff., 274 ff., 281, 332 ff., 342 Aufklärungspflicht  221, 247, 272 f., 274 ff., 329 f., 333 f., 343 Auskunftsanspruch  264 f., Auskunftspflicht  248 f., 252 Ausreißer  40 f., 63, BaFin  122 f., 134, 143, Barclays  64, 66, 193, 246, Bayern LB  47 Bedingungstheorie  213 Benchmark – Bereitstellung  47, 60, 71, 87 ff., 102, 106, 108 ff., 119, 126, 136, 138 – transaktionsbasierte  35, 60, 63 Benchmark-VO – Ausnahmen  94 ff. Berufsverbot  140, 305 Beschwerdesystem  113 f. Bestandsschutzregeln/Bestandsschutz­ regime  107, 171 f. Beurteilungsspielraum  118 Beweislast  326, 336 Bewertungserheblichkeit  133 ff. Brexit  102 ff. Central counterparty (CCP)/Zentrale Gegenpartei  82, 96, 100 Chinese walls  109, 266 Commerzbank  46 Compliance – Compliancesystem  102, 112 f., 117, 119, 206, 245, 259, 266 f.

Sachwortverzeichnis387 – Complianceverstoß  38, 245 ff. – Compliancevorgaben  98, 117 – wertpapierhandelsrechtliche  107, 266 Courage-Entscheidung  298, 300 ff. CRD IV  72, 107 CRR  72, 79 culpa in contrahendo (c.i.c.)  180, 274 ff., 281, 330 ff., 342 Darlegungslast  336 Darlehen/Darlehensvertrag  42, 45, 56, 156, 158, 159 f., 172, 187, 190, 204 f., 207, 279, 325, 339, 341 Dauerschuldverhältnis  53 f., 179, 204, 206 f., 325 Deliktsstatut  158, 286, 288, 315 Derivatehändler  62, 64, 66, 119, 133, 150, 195 ff., 208, 251, 253, 310 ff., 318, 341 Deutsche Bank AG  44, 46 f. Deutsche Bundesbank  94 Devisenmarkt  33 f. Differenzschaden  315 ff. Doppelbestrafungsverbot  149 Drittstaaten-Regime  103 ff. – Anerkennung  101, 105 f. – Äquivalenz  104 f. – Übernahme  106 f. DZ Bank  46 f. EBA  70 Effektivität  299 f., 302, 304 ff., 308 Effet-Utile-Grundsatz  169, 288 Efficient capital market hypothesis  50 ff. Effizienz – allokative  49, 51 f., 58, 76 f., 149, 223, 225, 231 – Effizienzsteigerung  304 ff. – informationelle  52, 58, 230 Eigenschaftsirrtum  200 ff. Eigenzurechnung  214 Einbeziehungsinteresse  189

Eingabedaten – Begriff  40 ff. – Beitragen von/Übermittlung von  60 ff., 75, 80, 89 f., 97 ff., 130 f., 136, 198 – Berechnung/Ermittlung von  92 ff. – Ermessensabhängige  66 f., 85 – transaktionsbasiert/transaktions­ bezogen  47, 71, 125 Einlagengeschäft  156 ff., 182 f. EMMI  46 f. EONIA  47, 87 Erfolgsort  285, 287 Erfüllungsgehilfe  110, 193 ff., 234 f., 244, 272, Ermessen – billiges  163, 185 – Ermessensspielraum  97, 99, 108, 112, 114, 117, 120 f., 176, 185, 299 – ermessensabhängige Eingabedaten  63 – vernünftiges  96 ESMA  47, 70, 75, 83, 88 f., 104 ff. EURIBOR-Panel  46 Europäische Kommission  75 f., 83, 86 ff., 104 f., 126, 145 ff., 152 EWR  102, 135, 147 Exkulpation  313 Extraterritorial  130, 136 EZB  47, 94 Fahrlässigkeit  137 f., 142, 209, 213, 273 f., 283 f., 296 f., 333 f. Falschmeldung  61, 63 ff., 128, 130, 133 ff., 145, 148, 150, 154, 188, 309, 311, 316 f., 318 f., 321 f., 323, 335, 341 Fernschäden  312 Financial Conduct Authority (FCA)  44, 47, 71 Finanzmarkteffizienz  76 Finanzmarktstabilität  78 f. Floater  164 f., 186 Fremdzurechnung  214

388 Sachwortverzeichnis FSB  42, 69, 70, FSMA  47 Fundamentalwert(effizienz)  50 f. Funktionenschutz  76 f., 78 f., 80, 120, 171, 291, 293, 309, 314 FX&MM Committee  62 Geheimhaltung  252, 265, 280 ff. Geld-Brief-Spanne  59, 78 Geldpolitik  49, 68 Geltungsbereich  129, 135 geltungserhaltende Reduktion  183 Gemeindeentscheidung  216 Genehmigungspflicht  100 Generalklausel   54, 295 f., 298, 308 genuine link  129 f., 136 Gesamtschuld  317, 323 f. Gesamtumsatz  142 Geschäftschancenlehre  250, 253 Geschäftsgrundlage  180, 200 ff. Geschäftsherr  193, 196 f., 199, 217, 248, 313 Geschäftsleiter/leitung  110, 123, 239 ff., 255, 256, 268 Gesellschafter   215, 255, 265 Gesetzlicher Vertreter  193, 234 f., 269, Gesetzliches Leitbild  177 Gestaltungsrecht  160, 162 f., 167, 181, 185 Gewinnmarge  184, 208 Gleichbehandlungsgrundsatz  226 Gleichstellungsargument  226, 227, 234 Gleichwertigkeit  104 Haftungsrechtliches Gesamtsystem  271, 294 ff., 297 f. Handelsbuch  62, 151 Handelsplatz  85, 100, 135 Hauptleistungspflicht  159, 160, 161 ff., 165 ff., 173, 176 f., 180, 184, 186, 189 f. Hauptniederlassung  158 Hedging  48, 56, 168, 190, 205 Hilfsperson  193 f., 197

IKB-Urteil  288, 310 Index – Begriff  39 ff. – Index-Anbieter  92, 94, 96 – Index-Fonds  49, 54 f. – Indexkombination  90 f. – Indexprodukt  56 – Indexzertifikat  165, 186 Individualschutz  239, 288, 289 ff., 310 Information – Informationsasymmetrie  52 f., 57, 59, 275 ff. – Informationsbarrieren  119, 266 – Informationseffizienz  50 ff., 59, 76, 230 – Informationsfunktion  48 f. – Informationshändler  58 f., 77 – Informationskosten  52 f., 58 – Informationsoffenlegungsverbot  262 f. – Informationsorganisation  218, 227 f., 230, 240 ff., 251, 254, 256 f., 267 – Informationspflichten  52 f., 121, 240, 246 f., 253, 264 f. – Informationsverbreitung  58, 136, 223 – Informationsweitergabepflicht  218, 243 ff., 250, 252, 260 f., 263 f., 268, 270, 272, 274 information overload  52, 60 Inhaberschuldverschreibung  164 f. Insiderverbot  262 f. Institutionelle Balance  303 Integritätsinteresse  197 Integritätsschutz  197, 323 Interbanken(kredit)markt  44 f., 51, 68, 130, 156 Intercontinental Exchange (ICE)  43 Interessenkonflikt  34, 59, 61 f., 66, 72, 98, 100, 108 ff., 112, 117 ff., 199, 280 f. Investmentfonds  48, 81, 83, 85, 91, 101, 121 IOSCO  34, 70, 84, 89, 105 f.

Sachwortverzeichnis389 Kartell – Kartellrecht  35 f., 38, 90 f., 142, 147 ff., 245, 285, 301, 319, 328, 336 – Kartellverstoß  147 ff., 245 Kaufmann  219, 270 Kausalität – adäquate  318 f. – alternative  317 – äquivalente  316 ff. – haftungsausfüllende  316 ff., 326 – haftungsbegründende  338 – hypothetische  320 f. – kumulative  323 – überholende  320 f. Kenntnis/Kennenmüssen  96, 185, 187 f., 193, 204, 206, 208, 210, 212 f., 217, 220 ff., 271 ff., 284, 324, Kernbeschränkung  152 f. Knowledge Governance  266 f. Kollektive Rechtsdurchsetzung  328 Kollisionsrecht  157, 211, 285, 315 Kollusives Zusammenwirken  63, 67, 323 ff. Komparativer Kostenvorteil  168, 194 f., 200, 202, 231, 305 f. Konformitätserklärung  96 Kontributor  34, 39, 44, 46 f., 60 ff., 72, 78, 82, 87, 89, 90, 92 f., 94, 97, 98 ff., 107 ff., 111 f., 113 f., 116, 117 ff., 121, 122, 130, 133, 136 f., 143, 162 f., 190, 202, 240, 251, 256, 277, 319 Kontrolle – Kontrollfreiheit  176 – Kontrollrahmen  112 f., 116, 117 Konzentrationseffekt  59, 68 f., 70, 73, 127 Konzern – faktischer  259 – Konzernorganisation(spflichten)  253 ff. – Konzernorganisationsfreiheit  259 – Konzernrecht  108 – Konzernumsatz  142 – Zurechnung im  218 ff., 255 f. Kooperationsvereinbarung  104, 106

Kredit  43, 45 ff., 51, 84, 95, 121, 130, 156, 159, 161, 172, 294 Kreditinstitut  93 f., 101, 103 Kündigung  180, 206 f., 247 Kursbeeinflussung  133 ff., 297 Landesbank Hessen Thüringen ­Girozentrale  47 LBB Berlin  46 LBBW  46, 47 Leerverkauf  170 Legalitätsdurchsetzungspflicht  241, 259 Legalitätspflicht  192, 240 f., 248 Leichtfertigkeit  123 f., 132, 137 f., 140 f. Leistungsänderungsrecht  185 Leistungsbestimmungsrecht  160 ff., 181 Leistungsnähe  189 Leistungsstörungsrecht  180, 201 lex causae  211 LIBOR-Panel  43 Liquidität  45, 57 ff., 68, 171 Lizenzierung  84, 99 Loan Market Association  156 Loyalitätspflicht  191 Manfredi-Entscheidung  298, 300 ff. Manipulierbarkeit – abstrakte/generelle  200 ff., 276 f. – konkrete  200 ff. Marge  56, 161, 176 f., 179 f., 184, 207 f. Market Maker  59, 77 Markt – Derivatemarkt  58, 148, 150 – Devisenmarkt  33 – Folgemarkt  148, 152 f. – kompetitiver  151 – kooperativer  151 – Marktteilnehmer  34, 42, 44, 49 f., 52, 54, 58, 68, 71, 153, 281, 302, 307 f., 312

390 Sachwortverzeichnis – Markttiefe  48, 58 – Markttransparenz  33, 50 ff., 301 – Marktversagen  53 – relevanter  152 f. Marktmanipulation – informationsgestützt  130 ff. – handelsgestützt  132 f. – handlungsgestützt  132 f. Meldewege  115 f. Methodenkriterium  82 f., 97 MiFID II  72, 85, 96 MiFIR   72, 100 Mitarbeiter  62, 88, 93, 109 f., 116 f., 128, 150, 193 ff., 206, 208, 210, 214, 231, 234, 237, 239, 242 ff., 251 ff., 261, 263 f., 265, 268, 272 ff., 276, 282, 285, 304 f., 324 f. Mittelwert – arithmetischer  40 – getrimmter  41 – gewichteter  41 – ungewichteter  41 Monopol   178 moral hazard (moralisches Risiko)  52 f. Munoz-Entscheidung  298, 300 ff. Musterfeststellungsklage  329 Mutterunternehmen  142 f., 258 Nachweisprobleme  325 ff. naming and shaming  143, 305 Naturalrestitution  329, 331 f., 335, 339 Nebenpflichten  158, 189 ff., 252, 335 Nebentäter  323 Ne-bis-in-idem-Grundsatz  149 Negativauslese (adverse selection)  52 f. Nemo-tenetur-Grundsatz  249, 252, 261 f., 279 netting  335 Neue Institutionenökonomie  52  Nichtigkeit – ex nunc  171 – ex tunc  333 f. – Umstandsnichtigkeit  187

– zivilrechtliche  168 ff., 187, 208, 265 Nichtproduktion  59 Norddeutsche Landesbank  46, 47 Nutzer  39, 44, 61, 83, 88, 91, 94 f., 98 ff., 108 f., 112 ff., 120 Nutzungsrecht  72 Objektive Zurechnung  316 ff. Obliegenheit  221 Öffentliches Gut  33, 42, 72 Öffentlichkeitskriterium  83 f. Opportunismus  48, 54, 222, 278 f. Opportunitätskosten  53 Option  82, 97, 166 f. Ordnungswidrigkeit  124, 139 f., 141 ff., 192, 250, 288, 295, 305 Organ/Organmitglied  192, 210, 215 f., 223, 233 f., 237, 241, 242 ff., 264 f., 274 f., 337 f. Organisationspflicht(verletzung)  110, 192 f., 210 f., 217 ff., 220 ff., 267 ff., 272, 342 Organtheorie  192, 194, 215 f., 233, 268 f., 272 Organwissen  233 ff. ORWI-Entscheidung  336 over enforcement  306 ff. Panelbanken  41, 43 ff., 47, 61 ff., 65, 67, 134, 148, 150 ff., 163, 188, 191, 198, 202, 205, 285, 316 f., 323 ff. Pflichtenqualität  238 f. Portfolio  57, 81, 91, 154, Portfoliotheorie  56 Preis – Preisabrede  36 – Preisbildung  50, 52, 77, 134, 150, 204 f. – Preiseinwirkung  134 – Preisfestsetzung  151 ff. – Preisklausel  172 – Preisnebenabrede  175 PRIIPS  294 Privatautonomie  162, 176, 264

Sachwortverzeichnis391 private enforcement  285 ff. Produktvorgabe  100 Propertisierung  72, 74, 99 Proportionalitätsgebot  113, 118 Ratingagenturen-VO  292, 294 Rational-choice-Theorie  50 Realwirtschaft  51, 68, 71, 79, 82, 87, 120 Rechenschaftsrahmen  113 f. Rechtsdurchsetzung  285, 294, 298, 302, 304 ff., 309, 314, 328, 339 Rechtsdurchsetzungskosten  304, 328 Referenzierungskriterium  81 f., 88, 96 Referenzwert – autorisierter  171 – Bereitstellung  47, 60, 87, 88 f., 91 ff., 98, 108 ff. – kritischer Referenzwert  69, 86 f., 99 – nicht-autorisierter  101 f., 169 f., 208 – nicht-signifikanter Referenzwert  87, 96, 98, 108 – Rohstoff-Referenzwert  49, 63, 70, 85, 97, 95, 98, 108 – signifikanter Referenzwert  87, 95, 98, 108 – Verwendung  75, 80, 90, 94, 100, 103 f., 106, 168 ff. Referenzwert-Erklärung  108, 120 f. Refinanzierungskosten  51, 56, 66, 179, 183 f. Registrierungspflicht  100 Regulierte Daten  85 f., 95, 98 Regulierungsinstrument  49, 80, 97 ff., 101 ff. Repräsentant  192 ff., 210, 216 f., 232, 244, 251 f., 272 f., 284 Reputationsmanipulationen  66 Reputationsverlust  307 Reserveursache  320 ff. Richterliche Rechtsfortbildung  215, 237 f., 245, 267, 269 ff. Risiko – Marktrisiko  132 f., 277

– Risikomanagement  48 f., 56, 96, 200 – Risikomaßfunktion  48 f. – Risikoprinzip  214, 227 ff., 230 f., 238 f., 243, 255, 267 f. – Risikosphäre  189, 202 – Risikosteuerung  55 ff., 195 – Risikostreuung  55 ff. – Risikoverteilung  48, 55, 194 f., 197, 243 – Risikozuweisung  200 ff., 228 f., 243, 245 – Systemrisiko  78 f. – Zinsänderungsrisiko  183 rogue trader  66, 193, 195 Rohstoff-Benchmark   49, 63, 70 Rücksichtnahmepflicht  190 Sanktionenregime  123 ff., 139 ff. Schadensschätzung  326 Schlechtproduktion  59 f. Schutzgesetz  239, 288 ff., 315, 342 Schutzpflichten  158, 195 f., 199, 201, 242, 325, 330, 332 schutzwürdiges Interesse  189, 265 Schutzzweck  153, 170, 239, 310, 319, 325, 331 f., 335 Sekundäre Behauptungslast  326 Selbstbelastung/Selbstbezichtigung  248 f., 252, 279 f. Selbstschutz  222 f. Signal  62, 68, 132 Sittenwidrigkeit  180, 187 f., 265, 296, 310 f., 313, 319 Skaleneffekt  54, 304 Sonia  71 Streuschaden  327 ff. subjektive Funktionalisierung  302 subjektives Element  132, 137 f., 187, 271 ff., 284 Submittent  90, 93, 114, 117 ff., 130, 196, 198, 200, 208, 210, 251, 253, 309 ff. Suchkosten  52 f., 58

392 Sachwortverzeichnis Synallagma  159, 167 f., 177 Systemrelevanz  68, 73

– Unternehmensleitung  249 – Unternehmensverbund  253 ff.

Tatbestandswirkung  154 f., 209 Tatzeitprinzip  140 Technical advice (technische Empfehlung)  83, 88 f., Teilfrage  211 Thomson Reuters  65, 115, 130 Tochtergesellschaft  43, 142 f., 210, 253, 255, 257 ff., 263 Transaktionsdaten  44, 47, 81, 130 Transaktionshemmnis  307 Transaktionskosten  52, 53 ff., 56 f., 77, 194, 222 Transparenz  49 ff., 72, 120, 172, 293, 301 Transparenzkontrolle  173 f., 181, 186 Transparenzpflicht  80, 100, 109, 308 Treu und Glauben  275, 278 Treuepflicht  239, 246 ff., 250, 252, 259 f., 264 f., 338 Trimmung  41, 44, 46, 65 ff., 134 f., 139, 306, 316 f., 319

venire contra factum proprium  222, 236 f. Veranlasserprinzip  214 Verbotsgesetz   168 ff. Verbraucher – Verbraucherdarlehensvertrag  156 – Verbraucher-Kreditrichtlinie  90, 121 – Verbraucherschutz  80, 82, 100, 120 f., 293 f., 308, 329 Verfügungsgeschäft  334 Verhaltenskodex  98 f., 111, 113, 117, 119 Verhaltenssteuerung   228 ff., 258, 267 Verhaltenszurechnung   213 f., 227, 233 f., 243 Verjährung  208, 221, 283 f., 314, 332 f. Verkehrsinteresse  224, 230 f. Verkehrsschutz  216, 224, 229, 231 Verkehrssicherungspflicht  241 f. Verkehrssitte  275, 278 Verkehrswesentlichkeit   204 f. Vermögen – Vermögensinteressen  190 f., 198 ff., 208, 310, 319, 335 – Vermögensschaden  287, 295 ff., 310, 321 f., 327, 330 ff., 339 – Vermögensschutz  295, 330 Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens   329 Veröffentlichungspflicht  109, 124 Verrichtungsgehilfe  236, 312 f., 319 Verschulden  142, 154, 193, 233 f., 245, 270, 271, 273, 282, 317, 330 Verschwiegenheitspflicht  263, 264 ff., 268 f., 280 Versicherungsvertragsrecht  217 verständiger Anleger  134 Versuch  116, 119, 139, 141, 251, 292 Vertrag – Vertrag mit Schutzwirkung für Dritte  189

Übergangsregeln/Übergangsregime  102 ff., 171 Übermittlung  83, 89, 93, 126, 136 ff., 198 Übernahme  106 f. Überproduktion  59 f. Überwachungspflicht  244 ff. unabhängige Aufsicht  112 unabhängiger Aufsichtsausschuss  116 unangemessene Benachteiligung  175 ff., 207 unerlaubte Handlung  323 Unterlassungspflicht  191, 195, 197 Unternehmen – beaufsichtigtes Unternehmen  93, 95, 98, 100, 101 f., 103, 106, 117, 121, 122 f., 143, 168 ff. – Unternehmensführung  108 ff. – Unternehmensgruppe  253

Sachwortverzeichnis393 – Vertragsabschlussschaden  315, 329 ff. – Vertragsaufhebung  202, 209, 329 ff. – Vertragsauslegung  175, 180 – Vertragsfreiheit  179 – Vertragstypus  166, 168, 190, 277 Vertrauen – Systemvertrauen  230 – Vertrauenshaftung  214, 274 – Vertrauensschutz  77 f., 222, 225 f., 229 f., 238, 243 – Vertrauensverlust  45, 68, 149, 206 – Vertrauenswürdigkeit  203 ff. Vertretenmüssen  192 ff., 271 Verwaltungssanktionen   123 verwerfliche Gesinnung  310 Vorfrage  211 Vorsatz  198 ff., 208 Vorstand  111, 192 ff., 223, 234 f., 246 f., 263, Vorteilsabschöpfung  142 Vorteilsausgleichung  334 ff. Waffengleichheit  178 Wall Street Journal  64 Weisung  64, 67, 90, 251 f., 259, 318 Wertpapierfirma  93, 101 Wettbewerb – Wettbewerbsbeschränkung  147 ff., 151 ff. – Wettbewerbsnachteil  228 Wheatley-Report  43, 64 f., 70

Whistleblower-System  116, 240, 303 Wissen – Begriff  212 f. – Wissenmüssen  212 f. – Wissensnorm  220 ff. – Wissensvertreter  217 – Wissenszurechnung  212 ff. Zentralbank  68, 94 Zentrale Gegenpartei (CCP)  96 Zins – fester Zinssatz  95, 177 – Sollzinssatz  90, 95 – variabler Zinssatz  95, 159 ff., 174 – Zinsänderungsklausel  159 ff., 174 ff., 181 ff. – Zinsänderungsrisiko  183 – Zinsforward  166 – Zinsfuture  166 – Zinsoption  167 – Zinsswap  167 f. – Zinstermingeschäft  166 ff. Zurechnung – organschaftliche  216 – Wissenszurechnung  212 ff. – Zurechnungsgegenstand  214 – Zurechnungsobjekt  214 f. – Zurechnungssubjekt  214 f. Zuständigkeit  111, 116 f., 122, 227, 246 Zweckbestimmung  90 Zweigniederlassung  44, 46, 158