Festigkeitslehre für Wirtschaftsingenieure: Mit Verständnisfragen, vielen Beispielen und Aufgaben mit kleinschrittigen Lösungen [4. Aufl. 2019] 978-3-658-26140-5, 978-3-658-26141-2

Dieses Lehrbuch hilft mit vielen durchgerechneten Beispielen und Aufgaben mit sehr ausführlicher Lösung die Grundlagen d

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German Pages IX, 304 [307] Year 2019

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Festigkeitslehre für Wirtschaftsingenieure: Mit Verständnisfragen, vielen Beispielen und Aufgaben mit kleinschrittigen Lösungen [4. Aufl. 2019]
 978-3-658-26140-5, 978-3-658-26141-2

Table of contents :
Front Matter ....Pages I-IX
Einführung (Klaus-Dieter Arndt, Holger Brüggemann, Joachim Ihme)....Pages 1-39
Einfache Beanspruchungen (Klaus-Dieter Arndt, Holger Brüggemann, Joachim Ihme)....Pages 41-155
Zusammengesetzte Beanspruchungen (Klaus-Dieter Arndt, Holger Brüggemann, Joachim Ihme)....Pages 157-193
Durchbiegung (Klaus-Dieter Arndt, Holger Brüggemann, Joachim Ihme)....Pages 195-238
Stabilitätsfall Knickung (Klaus-Dieter Arndt, Holger Brüggemann, Joachim Ihme)....Pages 239-259
Lösungen zu Verständnisfragen und Aufgaben (Klaus-Dieter Arndt, Holger Brüggemann, Joachim Ihme)....Pages 261-293
Verwendete Bezeichnungen und Indizes (Klaus-Dieter Arndt, Holger Brüggemann, Joachim Ihme)....Pages 295-298
Back Matter ....Pages 299-304

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Klaus-Dieter Arndt Holger Brüggemann Joachim Ihme

Festigkeitslehre für Wirtschaftsingenieure Mit Verständnisfragen, vielen Beispielen und Aufgaben mit kleinschrittigen Lösungen

4. Auflage

Festigkeitslehre für Wirtschaftsingenieure

Klaus-Dieter Arndt  Holger Brüggemann  Joachim Ihme

Festigkeitslehre für Wirtschaftsingenieure Mit Verständnisfragen, vielen Beispielen und Aufgaben mit kleinschrittigen Lösungen 4., überarbeitete und erweiterte Auflage

Klaus-Dieter Arndt Ostfalia Hochschule für angewandte Wissenschaften Wolfenbüttel, Deutschland

Joachim Ihme Ostfalia Hochschule für angewandte Wissenschaften Wolfenbüttel, Deutschland

Holger Brüggemann Ostfalia Hochschule für angewandte Wissenschaften Wolfenbüttel, Deutschland

ISBN 978-3-658-26140-5 https://doi.org/10.1007/978-3-658-26141-2

ISBN 978-3-658-26141-2 (eBook)

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. Springer Vieweg © Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2011, 2014, 2017, 2019 Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung, die nicht ausdrücklich vom Urheberrechtsgesetz zugelassen ist, bedarf der vorherigen Zustimmung des Verlags. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Bearbeitungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von allgemein beschreibenden Bezeichnungen, Marken, Unternehmensnamen etc. in diesem Werk bedeutet nicht, dass diese frei durch jedermann benutzt werden dürfen. Die Berechtigung zur Benutzung unterliegt, auch ohne gesonderten Hinweis hierzu, den Regeln des Markenrechts. Die Rechte des jeweiligen Zeicheninhabers sind zu beachten. Der Verlag, die Autoren und die Herausgeber gehen davon aus, dass die Angaben und Informationen in diesem Werk zum Zeitpunkt der Veröffentlichung vollständig und korrekt sind. Weder der Verlag noch die Autoren oder die Herausgeber übernehmen, ausdrücklich oder implizit, Gewähr für den Inhalt des Werkes, etwaige Fehler oder Äußerungen. Der Verlag bleibt im Hinblick auf geografische Zuordnungen und Gebietsbezeichnungen in veröffentlichten Karten und Institutionsadressen neutral. Gedruckt auf säurefreiem und chlorfrei gebleichtem Papier Springer Vieweg ist ein Imprint der eingetragenen Gesellschaft Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH und ist ein Teil von Springer Nature. Die Anschrift der Gesellschaft ist: Abraham-Lincoln-Str. 46, 65189 Wiesbaden, Germany

Vorwort

Noch ein Buch über Festigkeitslehre – so werden viele Leser denken, wenn sie dieses Buch in die Hand nehmen. Warum haben wir dieses Buch geschrieben? Die Festigkeitslehre gehört als Teil der Technischen Mechanik zu den Kernfächern eines Ingenieurstudiums, wird aber bei den Studierenden eher als „Hammer-“, „Hass-“ oder „Loser-Fach“ angesehen. Durch die Einführung der Bachelor-Studiengänge wurde die Anzahl der Präsenzstunden für die Studierenden gekürzt. Dem selbstständigen Erarbeiten von Wissen und Fähigkeiten wurde mehr Raum gegeben. Dies erfordert entsprechend aufbereitete Unterlagen zur Theorie eines Faches und eine ausreichende Menge von Beispielen und Übungsaufgaben. Unser Ziel war es daher, den Stoff einerseits für das Bachelor-Studium auf das Wesentliche zu beschränken, ihn andererseits aber so praxis- und anwendungsnah wie nur möglich aufzubereiten, gerade auch für die zunehmende Zahl der Studierenden in Wirtschaftsingenieur-Studiengängen. Wir haben daher in zahlreichen Beispielen und Aufgaben auch wirtschaftliche Aspekte mit berücksichtigt. Das Buch ist sicher auch für Studierende an Technikerschulen und für Praktiker geeignet. Es entstand aus der Vorlesung „Festigkeitslehre“, die wir seit mehreren Jahren an der Ostfalia – Hochschule für angewandte Wissenschaften (Hochschule Braunschweig/Wolfenbüttel) halten. Die Unterlagen zu dieser Lehrveranstaltung für den Bachelor-Studiengang Maschinenbau gehen auf ein Skript unseres früheren Kollegen Prof. Dipl.-Ing. Eckard Dollase zurück, das von unserem inzwischen leider verstorbenen Kollegen Prof. Dr.-Ing. Klaus-Dieter Giese erweitert und überarbeitet wurde. Beiden sind wir für die Überlassung ihrer Unterlagen zu großem Dank verpflichtet. In die 4. Auflage wurden zur weiteren Verbesserung der Verständlichkeit, insbesondere für das Selbststudium, zusätzliche Abbildungen, Hinweise und Beispiele aufgenommen. Dem Stabilitätsproblem „Knicken“ wurde ein eigenes Kapitel gewidmet. Zu diesem Lehrbuch gehört als Klausurentrainer auch noch eine im selben Verlag erschienene Aufgabensammlung mit vielen weiteren durchgerechneten Aufgaben. Wir danken Herrn Dipl.-Ing. Heinrich Turk, der als wissenschaftlicher Mitarbeiter seit mehreren Jahren die Pflege und Erweiterung der zum Skript gehörenden Aufgabensammlung übernommen hat. Zahlreiche Proben aus der Werkstoffprüfung hat uns Herr Manfred Grochholski zur Verfügung gestellt. Dank gebührt auch dem Springer Vieweg Verlag, insbesondere Herrn Dipl.-Ing. Thomas Zipsner und Frau Imke Zander, für die konstruktive V

VI

Vorwort

und reibungslose Zusammenarbeit. Unseren Familien danken wir für ihre stete Unterstützung und das Verständnis. Für Anregungen aus dem Kreis der Leser zur weiteren Verbesserung dieses Buches sind wir dankbar. Wolfenbüttel im März 2019

Klaus-Dieter Arndt Holger Brüggemann Joachim Ihme

Inhaltsverzeichnis

1

Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.1 Aufgaben der Festigkeitslehre . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.2 Belastungen, Beanspruchungen und Beanspruchungsarten 1.3 Spannungen und „was ist Festigkeit?“ . . . . . . . . . . . . . 1.4 Spannungs-Dehnungs-Diagramm . . . . . . . . . . . . . . . 1.5 Formänderungsarbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.6 Zeitlicher Verlauf der Beanspruchung und Dauerfestigkeit 1.7 Zulässige Spannungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.8 Verständnisfragen zu Kapitel 1 . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.9 Aufgaben zu Kapitel 1 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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1 1 6 8 11 24 27 33 37 38

2

Einfache Beanspruchungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.1 Zug- und Druckbeanspruchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.1.1 Grundsätzliches zur Normalspannung . . . . . . . . . . . . . . 2.1.2 Spannungen durch Eigengewicht . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.1.3 Wärmespannungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.1.4 Flächenpressung ebener und gekrümmter Flächen . . . . . . . 2.1.5 Spannungen in zylindrischen Hohlkörpern . . . . . . . . . . . 2.2 Biegebeanspruchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2.1 Herleitung der Gleichung zur Biegespannungsermittlung . . 2.2.2 Flächenmoment 2. Grades . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2.3 Flächenmomente einfacher geometrischer Flächen . . . . . . 2.2.4 Abhängigkeit der Flächenmomente von der Lage des Koordinatensystems (Steiner’scher Satz) . . . . . . . . . . . . . 2.2.5 Flächenmomente zusammengesetzter Querschnitte . . . . . . 2.3 Schub- oder Scherbeanspruchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.3.1 Schub- und Scherspannung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.3.2 Schubspannungen durch Querkräfte bei Biegung . . . . . . . 2.3.3 Allgemeine Beziehungen für die Schubspannungsverteilung 2.3.4 Anwendung auf verschiedene Querschnittsformen . . . . . . . 2.3.5 Schubmittelpunkt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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41 41 41 49 50 54 61 69 69 87 89

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95 97 109 109 112 113 115 122 VII

VIII

Inhaltsverzeichnis

2.4

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124 124 132 135 146 147

Zusammengesetzte Beanspruchungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.1 Zusammengesetzte Normalspannungen . . . . . . . . . . . . . . . 3.2 Zusammengesetzte Tangentialspannungen . . . . . . . . . . . . . 3.3 Zusammengesetzte Normal- und Tangentialspannungen . . . . . 3.4 Vergleichsspannungshypothesen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.4.1 Hypothese der größten Normalspannung (NH) . . . . . . 3.4.2 Hypothese der größten Schubspannung (SH) . . . . . . . 3.4.3 Hypothese der größten Gestaltänderungsenergie (GEH) 3.4.4 Anstrengungsverhältnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.4.5 Zusammengesetzte Beanspruchungen und Anwendung der Festigkeitshypothesen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.5 Verständnisfragen zu Kapitel 3 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.6 Aufgaben zu Kapitel 3 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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157 159 165 167 179 180 181 182 184

2.5 2.6 3

Torsionsbeanspruchung . . . . . . . . . . . . . . . . 2.4.1 Torsion kreisförmiger Querschnitte . . . . 2.4.2 Torsion dünnwandiger Querschnitte . . . . 2.4.3 Torsion nicht kreisförmiger Querschnitte Verständnisfragen zu Kapitel 2 . . . . . . . . . . . Aufgaben zu Kapitel 2 . . . . . . . . . . . . . . . .

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4

Durchbiegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.1 Differenzialgleichung der elastischen Linie . . . . . . . . . . . . . 4.2 Überlagerungsprinzip bei der Biegung . . . . . . . . . . . . . . . . 4.3 Anwendung der Biegetheorie auf statisch unbestimmte Systeme 4.4 Verständnisfragen zu Kapitel 4 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.5 Aufgaben zu Kapitel 4 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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195 195 207 222 235 235

5

Stabilitätsfall Knickung . . . . . . . . . . . . . . . . 5.1 Knickspannung und Schlankheitsgrad . . . . . 5.2 Elastische Knickung nach Euler . . . . . . . . 5.3 Elastisch-plastische Knickung nach Tetmajer 5.4 Verständnisfragen zu Kapitel 5 . . . . . . . . . 5.5 Aufgaben zu Kapitel 5 . . . . . . . . . . . . . .

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239 241 244 252 256 256

6

Lösungen zu Verständnisfragen und Aufgaben . . . . 6.1 Lösungen zu Kap. 1 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.1.1 Lösungen zu Verständnisfragen aus Kap. 1 6.1.2 Lösungen zu Aufgaben aus Kap. 1 . . . . . 6.2 Lösungen zu Kap. 2 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.2.1 Lösungen zu Verständnisfragen aus Kap. 2 6.2.2 Lösungen zu Aufgaben aus Kap. 2 . . . . . 6.3 Lösungen zu Kap. 3 . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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261 261 261 262 263 263 265 268

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Inhaltsverzeichnis

6.4

6.5

6.6

7

IX

6.3.1 Lösungen zu Verständnisfragen aus Kap. 3 6.3.2 Lösungen zu Aufgaben aus Kap. 3 . . . . . Lösungen zu Kap. 4 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.4.1 Lösungen zu Verständnisfragen aus Kap. 4 6.4.2 Lösungen zu Aufgaben aus Kap. 4 . . . . . Lösungen zu Kap. 5 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.5.1 Lösungen zu Verständnisfragen aus Kap. 5 6.5.2 Lösungen zu Aufgaben aus Kap. 5 . . . . . Übungsklausuren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.6.1 Klausur 1 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.6.2 Klausur 2 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.6.3 Lösung Klausur 1 . . . . . . . . . . . . . . . . 6.6.4 Lösung Klausur 2 . . . . . . . . . . . . . . . .

Verwendete Bezeichnungen und Indizes 7.1 Verwendete Bezeichnungen . . . . . . 7.2 Indizes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.3 Indizes von R . . . . . . . . . . . . . . .

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268 269 272 272 273 278 278 279 281 281 284 286 290

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295 295 297 298

Weiterführende Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 299 Stichwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 301

1

Einführung

Die „Festigkeit von Dingen“ ist etwas, was im Alltagsleben häufig Gegenstand der Betrachtung ist. Meist wird umgangssprachlich dabei der Begriff „fest“ verwendet. Beispielsweise fragen Kinder im Winter, ob das Eis „fest genug sei, um es zu betreten“. „Fest“ wird als Beschreibung der Materialeigenschaft des Eises genutzt. Die Materialeigenschaft wird in Verbindung mit einer Belastung gebracht – die Kinder wollen das Eis betreten. Und es geht um einen Schaden, beziehungsweise um die Vermeidung eines Schadens. Die Kinder wollen nicht einbrechen. Auch in technischen Zusammenhängen findet dieser Begriff häufig Verwendung. Beispielsweise kann man Autozeitschriften entnehmen, dass in Kraftfahrzeugen zunehmend hochfeste Stähle oder Faserverbundwerkstoffe eingesetzt werden, um die Fahrzeuge leichter zu gestalten und das Crashverhalten zu verbessern. Wieder geht es um eine Materialeigenschaft, die in Verbindung mit einer Belastung (dem Crashtest) steht. Und wieder soll auch ein Schaden vermieden werden: die Insassen des Fahrzeuges sollen nicht verletzt werden. Beiden Beispielen kann man entnehmen, dass die „Festigkeit“ etwas mit den Eigenschaften eines Materials, mit den Belastungen und mit der Vermeidung von Schäden zu tun haben muss. Wie die Begriffe „fest“ beziehungsweise „Festigkeit“ in der Technik definiert sind und was dabei die Aufgabe der „Festigkeitslehre“ ist, ist Inhalt des Kap. 1.

1.1 Aufgaben der Festigkeitslehre Die Festigkeitslehre ist ein Teilgebiet der Technischen Mechanik. Dieses Gebiet kann unterteilt werden in:  Statik  Festigkeitslehre oder Elastostatik und  Kinematik/Kinetik. © Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2019 K.-D. Arndt et al., Festigkeitslehre für Wirtschaftsingenieure, https://doi.org/10.1007/978-3-658-26141-2_1

1

2

1

Abb. 1.1 Wirkung von Kräften auf starre (a) und verformbare Körper (b)

a

Einführung

b

F

Statik

Festigkeitslehre

(starr)

(verformbar)

F

F F

F

F

Die Statik ist die Lehre vom Gleichgewicht der Kräfte an einem starren Körper mit dem Ziel der Ermittlung unbekannter Kräfte, wie Auflager-, Gelenk- und Stabkräfte. Sie dient als Grundlage für die Dimensionierung und Auslegung (Festigkeitsberechnung) technischer Bauteile. In der Festigkeitslehre betrachten wir keine idealen starren Körper, sondern deformierbare oder elastische Körper. Sie stellt den Zusammenhang zwischen den äußeren und inneren Kräften sowie den Verformungen (Abb. 1.1) her. Auch die Lösung statisch unbestimmter Systeme setzt voraus, dass die Werkstoffe nicht starr sind. Darüber hinaus sind die Haltbarkeit und die Stabilität technischer Bauteile von großem Interesse. Die Aufgabe der Festigkeitslehre besteht darin, mit den aus der Statik ermittelten Kräften und Momenten Bauteile zu dimensionieren oder Spannungen zu ermitteln und zu überprüfen, ob sie unter den zulässigen Grenzwerten liegen. Zu den weiteren Aufgaben der Festigkeitslehre gehören:  Berechnungsverfahren für die Kraftwirkungen im Innern von Körpern und die hervorgerufenen Formänderungen zu entwickeln.  Regeln zur Beurteilung und Vermeidung des Versagens von Bauteilen aufzustellen. Ein Versagen der Bauteile tritt bei einer Überbeanspruchung im Betrieb in folgender Form auf:    

Gewaltbruch (statische Beanspruchung) Dauer(schwing)bruch (dynamische Beanspruchung; Abb. 1.2 und 1.3) unzulässig große Verformung Instabilität (Knicken, Beulen).

Der Dauerbruch (Dauerschwingbruch, Ermüdungsbruch) tritt infolge einer Dauerbeanspruchung auf. Im Bereich des Dauerschwinganrisses hat die Bruchfläche meist eine glatte Struktur, wobei der Restbruch i. Allg. grober strukturiert ist. Typisch für einen Dauerbruch sind die Rastlinien (Abb. 1.2). Diese Erscheinungsform ist jedoch nicht immer ausgeprägt. Fehlstellen an der Oberfläche oder auch im Werkstück können Auslöser für diese Art von Brüchen sein. Fehlstellen sind zum Beispiel Entkohlung an der Oberfläche, Schlackeneinschlüsse, Risse oder Gefügeunregelmäßigkeiten. Ferrit wirkt im Fall einer

1.1

Aufgaben der Festigkeitslehre

Abb. 1.2 Dauerbruch. (Quelle: IWM RWTH Aachen)

3 Dauerbruch Anriss

Rastlinien

Gewaltbruch

Entkohlung, wegen der schlechteren Wechselfestigkeit, als Auslöser. Infolge des Bruchfortlaufes nimmt die Materialquerschnittsfläche immer mehr ab (Rastlinien) und es kommt durch Überbelastung letztendlich zum Bruch (Restbruchfläche) des Bauteils. Die Lage der Bruchebene ist vor allem von der Beanspruchungsrichtung abhängig. Brüche, die senkrecht zur Beanspruchungsrichtung auftreten, bezeichnet man als normalflächig. Für spröde Trennbrüche und Ermüdungsbrüche ist diese Bruchlage i. Allg. charakteristisch. Von Schubbrüchen spricht man dagegen, wenn die Bruchflächen in Richtung der größten Schubspannungen auftreten. Bei Gewaltbrüchen von zähen Werkstoffen ist diese Bruchform u. a. anzutreffen. Bei unterschiedlichen Werkstoffen kann der Bruch durch Normal- und Schubspannungen ausgelöst werden. In Abb. 1.4 sind die Zuordnungen zwischen den Normalspannungen und den Schubspannungen im gefährdeten Querschnitt und die daraus resultierenden Bruchverläufe dargestellt. Die Beanspruchungsarten und die Spannungsverteilung werden im Abschn. 1.2 näher erläutert.

Abb. 1.3 Ermüdungsbruch eines Fahrradpedalarmes (hell: Spröd-, Gewaltbruch, dunkel: Ermüdungsbruch mit Rastlinien). (Quelle: Wikipedia)

4

1

Beanspruchungsart

Normalspannung Spannungsrichtung

F

Bruchverlauf Trenn-, Sprödbruch

Einführung

Schubspannung Spannungsrichtung

Bruchverlauf Schub- oder Gleitbruch

σz τ

Zug

τ

σz F F

σd

Druck

τ

τ

σd F F/2

τ

Biegung

F

σz

σd

τ τ τ

F/2 T

σz

Torsion T

σz

τ τ

Abb. 1.4 Bruchverläufe in Abhängigkeit der Beanspruchungsarten

Eine Vorgehensweise zur Lösung einer sicheren Bauteilauslegung ist Abb. 1.5 zu entnehmen. Grundlagen für die Berechnungsverfahren der Festigkeitslehre sind:  die Gesetze und Regeln der Statik sowie  ideal homogene und isotrope Körper. Homogen bedeutet, dass der Werkstoff überall gleichartige Eigenschaften aufweist. Bei isotropen Werkstoffen sind die Eigenschaften richtungsunabhängig. Die realen Werkstoffe der Technik (z. B. Metalle, Kunststoffe, Holz, Keramik, . . . ) hingegen:  sind nur für gleichmäßig feinkörnige Werkstoffe (z. B. Stahl oder Aluminium) annähernd homogen bzw. quasi-isotrop („nahezu isotrop“)  dagegen ist die Belastbarkeit/Beanspruchbarkeit begrenzt, d. h. innere Kraftwirkungen und Verformungen von Bauteilen sind zulässig, sie müssen (aber deutlich) unter bestimmten Grenzwerten bleiben, damit es nicht zum Versagen, z. B. Bruch, kommt.

1.1

Aufgaben der Festigkeitslehre

5 Geometrie

Werkstoff F

F

D

d

R

Belastung

Fm FeH

Bruch

F F

F

σ

Beanspruchbarkeit

Spannung σ

Beanspruchung

∆l

F

Rm Re

Bruch

Dehnung ε

Rm Re σmax

Bruch

S

Spannung σ

Vergleich

S = Re

σ max

Dehnung ε Änderung von: • Belastung • Geometrie • Werkstoff

nein

S ausreich.? ja

Bauteil sicher ausgelegt

Abb. 1.5 Nachweis der Festigkeit. (Nach [8])

Eine wesentliche Voraussetzung für eine möglichst wirklichkeitsnahe Festigkeitsberechnung ist die Kenntnis über die verwendeten Werkstoffe! Aus diesem Grunde benötigen wir Kenntnisse der Werkstoffkunde und Werkstoffprüfung, um eine Beurteilung für die Wahl des einzusetzenden Werkstoffes vornehmen zu können. Die Werkstoffkunde vermittelt Kenntnisse über den Aufbau, die Eigenschaften, die Behandlungsmöglichkeiten und den Einsatz der Werkstoffe. Die Werkstoffprüfung untersucht das Verhalten beanspruchter Werkstoffe, d. h.  den Zusammenhang zwischen Kräften und Verformungen  und den Grenzbeanspruchungen, die zum Versagen führen. Eine Unterscheidung der Werkstoffe erfolgt nach duktil (zäh) oder spröde.

6

1

Einführung

Duktile Werkstoffe     

Werkstoffe, die vor dem Bruch stark gedehnt werden können, heißen duktil oder zäh. Zu den duktilen Werkstoffen gehören z. B. unlegierte Stähle und Aluminium. Duktile Werkstoffe können Stöße und Energie absorbieren. Bei Überlastung tritt vor dem endgültigen Versagen eine große Deformation auf. Duktile Werkstoffe sind für das spanlose Umformen gut geeignet.

Spröde Werkstoffe  Zu den spröden Werkstoffen gehören gehärtete Stähle und Grauguss.  Spröde Werkstoffe sind sehr stoßempfindlich und können wenig Energie aufnehmen.  Bei spröden Werkstoffen tritt kein oder nur ein geringes Fließen vor dem Bruch auf. Die Festigkeitslehre ist daher eine Verknüpfung von Technischer Mechanik und Werkstoffkunde bzw. -prüfung zur Berechnung der inneren Kraftwirkung (Beanspruchung) und der Verformung von Bauteilen sowie zum Vergleich mit den zulässigen Werten. Die mithilfe der elementaren Festigkeitslehre berechneten Spannungen können aufgrund von Vereinfachungen/Idealisierungen erheblich von den tatsächlichen Spannungen abweichen. Viele Berechnungsverfahren erfassen nur sehr ungenau die tatsächlichen Vorgänge im Werkstoff, die vom jeweiligen Betriebszustand und der Belastungsart abhängig sind. Kenngrößen, als Ergebnis langer Erfahrung (z. B. Vergleichsspannungen, siehe Abschn. 3.4), führen daher zu brauchbaren Ergebnissen der Festigkeitslehre. Aus diesem Grund werden zwei Vorgehensweisen betrachtet:  Berechnung der Tragfähigkeit (zulässige Belastung/Lastbegrenzung), Abmessungen und Material sind gegeben  Ermittlung der erforderlichen Abmessungen (Dimensionierung), Kräfte und Momente sind gegeben. Das Ziel jeder Berechnung ist, dass mit Sicherheit kein Versagen eintritt.

1.2 Belastungen, Beanspruchungen und Beanspruchungsarten Aus der (äußeren) Belastung, den Kräften und Momenten, der Bauteilgeometrie und der Belastungsintensität im Bauteil kann die jeweilige Beanspruchung ermittelt werden. Abhängig von der Belastungsrichtung und der damit verbundenen Verformung treten fünf Grundbeanspruchungsarten (siehe Abb. 1.6) auf:  Zug, Druck und Biegung  Schub/Abscheren und Torsion (Verdrehen).

1.2

Belastungen, Beanspruchungen und Beanspruchungsarten Zug F

Druck F

F

Biegung F

7

Schub/Abscheren

Torsion

F Mb

Mb

T

T

F T

F F

F

F

F

F

Abb. 1.6 Grundbeanspruchungsarten mit typischen Beispielen. (Nach [8])

In Abb. 1.6 sind typische Beispiele dieser fünf Grundbeanspruchungsarten dargestellt. Tab. 1.1 enthält die fünf Grundbeanspruchungsarten, erweitert um die Beanspruchungsart Flächenpressung/Lochleibung mit Zuordnung der Kraftrichtung und der Spannungsverteilung im Querschnitt. In Abb. 1.7 sind für die Beanspruchungsarten Zug, Druck, Biegung und Torsion die Spannungsverteilungen dargestellt (Ergänzung zu Tab. 1.1). Platten und Schalen (eben und gekrümmt) hingegen sind komplizierte Beiteile, sie werden hier nicht näher behandelt und gehören darüber hinaus in den Bereich der höheren Festigkeitslehre.

Tab. 1.1 Grundbeanspruchungsarten mit Kraftrichtung und Spannungsverteilung Beanspruchungsart

Kraftrichtung

Zug Druck Biegung

In Stabachse In Stabachse Senkrecht zur Stabachse

Schub Torsion

Senkrecht zur Stabachse Senkrecht zur Stabachse und außerhalb der Achse Senkrecht zur Oberfläche

Flächenpressung, Lochleibung a

Annahme

Spannungsverteilung im Querschnitt Gleichmäßig Gleichmäßig Linear Gleichmäßig Linear Gleichmäßiga Gleichmäßiga

Beispiele Zugstange, Seil, Säule, Fundament Träger, Blattfeder, Achse Bolzen, Keil Welle, Drehstabfeder Auflager, Fundament Bolzen, Niet, Lagerschale

8

1 Biegebeanspruchung: F B

B

B F

σz

F

B

σb = M b = M b ⋅e Wb I σ bz

σz = F A konstante Spannungsverteilung

B

lineare Spannungsverteilung Torsionsbeanspruchung:

Druckbeanspruchung: B

B F

σbd B

e

Zugbeanspruchung: B

Einführung

τt

T

σd

F

B

τt τt = T

T = Wt Wp

σd = F

A

Abb. 1.7 Beanspruchungsarten und Spannungsverteilung

1.3 Spannungen und „was ist Festigkeit?“ Durch Einwirken von äußeren Kräften verformen sich Bauteile sichtbar oder zumindest messbar. Das Prinzip der Idealisierung des starren Körpers (Statik) wird, wie bereits in Abschn. 1.1 angesprochen, aufgegeben. Den äußeren Kräften wirken im Werkstoffgefüge innere Kräfte entgegen. Es herrscht im Normalfall Gleichgewicht. Damit die inneren Kräfte ermittelt werden können, muss ein „Freischneiden“ des Körpers (Abb. 1.8) erfolgen. Das Freischneiden in der Festigkeitslehre erfolgt analog zum „Freimachen“ in der Statik. Mit dieser Betrachtungsweise werden die inneren Kräfte F i in einem Bauteil dargestellt (Abb. 1.8). Beim Freischneiden wird der betrachtete Querschnitt des Bauteils gedanklich durchgetrennt. Da auch im Schnitt die Gleichgewichtsbedingungen gelten, müssen an den jeweiligen Schnittufern entsprechende Reaktionskräfte (innere Kräfte F i ) vorhanden sein, die den äußeren Kräften (F) entgegenwirken. Die Wiederherstellung des Gleichgewichts erfolgt nach dem Freischneiden, indem der jeweilige fortgenommene Teil durch die innere Kraft F i ersetzt wird, die als Kohäsionskraft die Werkstoffteilchen an dieser Stelle zusammenhält. Durch diese Vorgehensweise stehen die äußeren und inne-

Abb. 1.8 Prinzip des Freischneidens

F

F Querschnittsfläche A

F

Fi Schnittfläche Fi

F

1.3

Spannungen und „was ist Festigkeit?“

9

ren Kräfte wie bereits gesagt im Gleichgewicht. Es gilt weiter das Prinzip: Befindet sich das Gesamtbauteil im Gleichgewicht, dann ist auch jeder Teilabschnitt im Gleichgewicht (statisch). Steigt die äußere Kraft/Belastung, so tritt eine wachsende Widerstandskraft im Bauteil auf. Das Maß für die innere Beanspruchung ist eine mechanische Spannung. Spannungen sind wie Kräfte nicht direkt sichtbar. I Definition der Spannung: Spannung ist der Quotient aus der Teilschnittkraft F i und der dazugehörigen Teilschnittfläche Ai . D

dFi Fi D O : Ai dAi

(1.1)

Spannungen sind wie Kräfte gerichtete Größen und somit Vektoren. Spannungen sind i. Allg. beliebig im Raum gerichtet (Abb. 1.9), daher ist es zweckmäßig den Spannungsvektor in zwei senkrecht zueinander stehende Komponenten zu zerlegen, und zwar normal und tangential zur Schnittfläche. Aus der Komponente normal/senkrecht zur Fläche folgt die Normalspannung  D

dFin Fin D O : A dA

(1.2)

Aus der Komponente tangential zur Fläche folgt die Tangentialspannung  D

dFit Fit D O : A dA

(1.3)

Daraus lässt sich folgern:  Es treten zwei Spannungstypen (Abb. 1.10) auf, diese führen auch zu zwei verschiedenen Verformungs- und Zerstörungswirkungen und  die Spannungen sind abhängig von der (gedachten) Schnittfläche.

Abb. 1.9 Zerlegung der inneren Kraft F i in Normalkraft- F in und Tangentialkraftkomponente F it

Schnittfläche

Fi α Fit F it

Fin

10

1

Einführung

a F

F

σ Normalspannungen σ entstehen, wenn ein Stab gezogen oder gedrückt wird.

b F

τ τ

Tangential- oder Schubspannungen τ entstehen in einem Körper, wenn man z. B. einen Klebefilmstreifen aufklebt und daran zieht.

Abb. 1.10 Normal- (a) und Tangentialspannungen (b). (Nach [11])

Bei einer konstanten Spannungsverteilung in der Schnittfläche (in jedem Querschnittspunkt wirkt die gleiche Spannung) ergibt sich die Normalspannung  D

Fn A

Tangentialspannung  D

Ft A

mit Fn ? A mit Ft k A:

(1.4)

(1.5)

Die SI-Einheit für die (mechanische) Spannung (DIN 1301) wird in N/m2 oder Pascal1 (Pa) angegeben. Die Einheit Pa ist sehr „unhandlich“, daher wird vorzugsweise in der Technik die Einheit N/mm2 verwandt: O 106 N=m2 D 1 MPa: 1 N=mm2 D I Die Festigkeit ist die maximale Beanspruchbarkeit eines Werkstoffes, angegeben in Grenzspannungen (N/mm2 ), u. a. in Abhängigkeit von den Beanspruchungsarten und dem zeitlichen Verlauf der Beanspruchung. Beispiel 1.1 Wie groß sind die Normal- und die Tangentialspannung (Abb. 1.11), wenn F D 10 kN, A D 50 mm2 und ˛ D 60° betragen?

1

Blaise Pascal (1623–1662), französischer Philosoph und Mathematiker.

1.4

Spannungs-Dehnungs-Diagramm

11

Abb. 1.11 Normal- und Tangentialspannung

F F n α Ft

Lösung D

N Fn F  sin ˛ 10:000 N  sin 60ı D 173 D D 2 A A 50 mm mm2

D

Ft N F  cos ˛ 10:000 N  cos 60ı D 100 D D A A 50 mm2 mm2

1.4 Spannungs-Dehnungs-Diagramm Wird ein Körper auf  Zug beansprucht, so verlängert er sich  Druck beansprucht, so verkürzt er sich. Bei einer Zugkraft (Abb. 1.12) verlängert sich die Ausgangslänge l0 um den Betrag l auf die Länge l, daraus folgt die Dehnung: "D

l l  l0 D : l0 l0

(1.6)

Das Ergebnis des Zugversuches ist das Spannungs-Dehnungs-Diagramm (Abb. 1.13 und 1.14) mit Re = Streckgrenze oder Streckgrenzenfestigkeit in N/mm2 (Punkt P in Abb. 1.13)  P = Proportionalitätsgrenze in N/mm2 und Rm = Zugfestigkeit in N/mm2 . Der Zusammenhang  D f ("), also zwischen der Spannung  und der Dehnung " (bei konstanter Temperatur), wird wie bereits gesagt aus dem Zugversuch ermittelt. Beim Zugversuch wird eine genormte Probe mit dem Durchmesser d0 D 10 mm und der Prüflänge l0 D 5  d0 bzw. 10  d0 mit einer konstanten Geschwindigkeit gedehnt und die erforderliche Kraft F gemessen.

12

1

Abb. 1.12 Längenänderung eines Stabes im Zugversuch

Einführung F

F

σ

l = l0 + Δl

l0

l = l0 + Δl

σ

d0 σ σ unbelasteter Zugstab

F belasteter Zugstab F freigeschnittener Zugstab F

Spannung σ

d0

Zug

Re

Rm

P

Stauchung

d0

Bruchdehnung A

Druck

d F

Parallele zur HOOKE`schen Geraden HOOKE`sche Gerade

Einschnürung: d Dehnung ε

plastische Verformung

F

elastische Verformung

Abb. 1.13 Spannungs-Dehnungs-Diagramm für Druck und Zug

Im Spannungs-Dehnungs-Diagramm (Abb. 1.13) wird die auf die Anfangsquerschnittsfläche A0 bezogene Spannung  über der auf die Anfangslänge l0 bezogenen Dehnung " aufgetragen: l F und " D D A0 l0

1.4

Spannungs-Dehnungs-Diagramm

13

In Abb. 1.14 ist die Spannung über dem elastischen und dem plastischen Bereich aufgetragen. Der gestrichelt dargestellte Verlauf stellt die wahre Spannung dar. Sie wird ermittelt aus dem Quotienten der jeweiligen Kraft F zum jeweiligen Querschnitt Atat . Die Spannung wird üblicherweise auf den Ausgangsquerschnitt A0 bezogen, so dass sich der durchgezogene Kurvenverlauf ergibt. Spannungs-Dehnungs-Diagramme gemäß Abb. 1.13 werden wie folgt unterschieden: Duktile Metalle mit ausgeprägtem Fließbereich:  Linear elastischer Bereich:  <  P – Bis zur Proportionalitätsgrenze  P ist die Spannung proportional zur Dehnung:  D E  ". (Abb. 1.14)  Nichtlinear elastischer Bereich:  <  E – Bis zur Elastizitätsgrenze  E geht die Dehnung bei Entlastung wieder vollständig zurück. (Abb. 1.14) – Die Elastizitätsgrenze  E und die Proportionalitätsgrenze  P liegen meist sehr dicht beieinander. (Abb. 1.14)  Fließen:  > Re (Abb. 1.14) – Bei Überschreiten der Streckgrenze Re beginnt das Material zu fließen. – Die Dehnung nimmt auch bei gleichbleibender oder abnehmender Spannung zu. – Die Streckgrenze Re liegt meist in unmittelbarer Nähe zur Elastizitätsgrenze  E .

Für Stahl: σ P ≈ 0,8·Re

σ εges= εelast + εplast εges

wahre Spannung σB‘ Zugfestigkeit Rm

εelast εplast Bruchspannung σB Re σE σP

Fließspannung σ F nichtlinear elastischer Bereich linear elastischer Bereich

Streckgrenze RE Elastizitätsgrenze σE Proportionalitätsgrenze σP

plastischer Bereich

ε elastischer Fließen Bereich

Verfestigung

Einschnüren

Abb. 1.14 Spannungs-Dehnungs-Diagramm mit wahrer Spannung

14

1

Einführung

 Verfestigung: – Nach dem Fließen erfolgt durch die Kaltverfestigung ein weiterer Anstieg der Spannung bis zur Zugfestigkeit Rm . – Bei Erreichen der Zugfestigkeit Rm setzt ein starkes Einschnüren des Querschnitts ein. Die auf den aktuellen Querschnitt (Atat ) bezogene Spannung steigt weiter an (wahre Spannung  0 ), während die auf den Ausgangsquerschnitt (A0 ) bezogene Spannung  sinkt (Abb. 1.14).  Plastischer Bereich:  >  E – Nach der Entlastung bleibt eine plastische Dehnung "p zurück. – Die Entlastungskurve verläuft parallel zur Geraden im linear elastischen Bereich (Abb. 1.13). In Tab. 1.2 sind die Eigenschaften von Werkstoffen bezüglich der Bereiche des Spannungs-Dehnungs-Diagramms gegenübergestellt. Je nachdem, ob es sich um duktile (verformbare, Abb. 1.15 und 1.16) oder spröde Werkstoffe (Abb. 1.17 und 1.18) handelt, gibt es unterschiedliche Verläufe im SpannungsDehnungs-Diagramm. Bei den duktilen Werkstoffen kann eine ausgeprägte (Abb. 1.15a) oder keine ausgeprägte Streckgrenze (Abb. 1.15b) auftreten. Im letzteren Fall wird deshalb die Rp0,2 -Grenze herangezogen, d. h. der Spannungswert, bei dem nach der Entlastung eine Dehnung von 0,2 % verbleibt. Metalle ohne ausgeprägte Streckgrenze, dazu zählen:  Aluminiumlegierungen  vergütete Stähle. – Bei den meisten Metallen tritt kein ausgeprägtes Fließen auf. – Anstelle der Streckgrenze wird dann die 0,2 %-Dehngrenze Rp0,2 herangezogen. – Die Spannung Rp0,2 führt nach Entlasten zu einer bleibenden Dehnung "p von 0,2 %.

Tab. 1.2 Werkstoffeigenschaften Werkstoffeigenschaften Proportionalitätsgrenze

Zäh und plastisch Vorhanden

Fließgrenze

Gut erkennbar, ausgedehnt Nach deutlicher Dehnung und Einschnürung Groß Stähle und ihre Legierungen

Bruchverhalten

Arbeitsvermögen Beispiele

Spröde Angenähert vorhanden Nicht vorhanden

Bildsam (plastisch) Nicht vorhanden

Plötzlich ohne wesentliche Dehnung und Einschnürung Gering Gusseisen, Gestein, Glas

Einschnürung

Nicht vorhanden

Mittel Asphalt, Blei, Elastomere

1.4

Spannungs-Dehnungs-Diagramm a

15 b

σ Rm

Rp0,2

Bruch ReH

σ Rm Bruch

ReL Rm = Zugfestigkeit ReH = obere Streckgrenze ReL = untere Streckgrenze

Rp0,2 = Dehngrenze

ε

ε

0,2 %

Abb. 1.15 Spannungs-Dehnungs-Diagramm duktiler Werkstoffe. a Diagramm mit ausgeprägter Streckgrenze, b Diagramm ohne ausgeprägte Streckgrenze Abb. 1.16 Prüfkörper duktiler Werkstoffe (Zugversuch)

Abb. 1.17 Spannungs-Dehnungs-Diagramm spröder Werkstoffe

σ Rm

Bruch

ε

Typischer Vertreter spröder Werkstoffe ist das Gusseisen (Abb. 1.18). Hier kommt es nach einem signifikanten Anstieg der Spannung ohne Übergang zum Bruch (Abb. 1.17). Bei Grauguss und vielen nichtmetallischen Werkstoffen gibt es keinen Bereich, in dem sich die Spannungen proportional zu den Dehnungen verhalten. Eine Gegenüberstellung der Spannungs-Dehnungs-Diagramme verschiedener Werkstoffe enthält Abb. 1.19.

16

1

Einführung

Abb. 1.18 Graugussprüfkörper

Dem Spannungs-Dehnungs-Diagramm ist zu entnehmen, dass die Spannung  im elastischen Bereich proportional der Dehnung " (Abb. 1.13, 1.14 und 1.15) ist. Diesen Zusammenhang hat Hooke2 herausgefunden und man nennt ihn das Hooke’sche Gesetz:  DE"DE

l : l0

(1.7)

Der Elastizitätsmodul E in N/mm2 ist eine Maßzahl für die Starrheit des Werkstoffs. Elastizitätsmodule ausgewählter Werkstoffgruppen: E D 200.000 . . . 210.000 N/mm2 , wir rechnen mit E = 210.000 N/mm2 Al und Al-Legierungen: E D 60.000 . . . 80.000 N/mm2 Mg und Mg-Legierungen: E D 40.000 . . . 45.000 N/mm2

Stähle und Stahlguss:

Bei Stählen, die keine ausgeprägte Streckgrenze (Abb. 1.15b) aufweisen, wird – wie bereits beschrieben – die Spannung herangezogen, bei der eine bleibende Dehnung von 0,2 % (Rp0,2 ) nach der Entlastung auftritt.

Abb. 1.19 SpannungsDehnungs-Diagramm verschiedener Werkstoffe

σ harter Stahl

weicher Stahl Grauguss

Al-Legierung Kupfer (weich) ε

2

Robert Hooke (1635–1703), englischer Naturforscher.

1.4

Spannungs-Dehnungs-Diagramm

17

Tab. 1.3 Anhaltswerte ausgewählter Werkstoffgruppen (Re bzw. Rp0,2 /Rp0,1 ) Werkstoff Unlegierte Stähle Rostfreie Stähle Einsatzstähle Gusseisen GJL Gusseisen GJS Stahlguss Messing Kupfer Aluminiumlegierung Titanlegierung PP PVC GFK CFK Holz Beton Glas

Rm in N/mm2 290–830 400–1100 500–1200 100–450 350–900 380–970 400 220 140–540 900–1100 30 60 90 750 40–240 50 (nur für Druck) 80

Re in N/mm2 185–360 210–660 310–850 100–285 250–600 200–650 200 100 80–470 800–1000 15 50 – – – – –

E in kN/mm2 210 210 210 78–143 169–176 210 100 120 60–80 110 1 3 75 140 10 30 80

 in kg/dm3 7,85 7,85 8,10 7,10–7,30 7,25 7,85 8,50 8,74 2,75 4,43 1,10 1,40 1,45 1,45 0,50 2,38 3,00

Zwischen der Längenänderung und der Kraft besteht folgender Zusammenhang:  DE"DE

l l0

und  D

l D

F F l D )E ) A l0 A

F  l0 : E A

(1.8)

mit E  A D Dehnsteifigkeit. Tab. 1.3 enthält Anhaltswerte für Rm , Re bzw. Rp0,2 /Rp0,1 , E und  ausgewählter Werkstoffgruppen, die zur Lösung von Aufgaben herangezogen werden können. Beispiel 1.2 Ein Blechstreifen (Abb. 1.20) der Länge l D 100 mm aus Stahl (E D 2,1  105 N/mm2 ) wird um l D 0,1 mm gestreckt. Wie groß ist die Zugspannung?

Abb. 1.20 Eingespannter und auf Zug beanspruchter Blechstreifen

F l = 100

Δl = 0,1

18

1

Einführung

Lösung Mit dem Hooke’schen Gesetz berechnen wir die Spannung  : l N 0;1 mm D 2;1  105  l0 mm2 100 mm N N D 2;1  102 D 210 : 2 mm mm2

 DE "DE 

Beispiel 1.3 Der skizzierte Verbundstab (Abb. 1.21) ist aus zwei Metalllamellen zusammengelötet und wird durch die Kraft F belastet. Zu berechnen sind: a) die auftretenden Kräfte und Spannungen in den einzelnen Lamellen, b) die Längenänderung l. Geg.: F D 55.500 N; l D 500 mm; A1 D 300 mm2 ; A2 D 200 mm2 ; E1 D 0,45  105 N/mm2 ; E2 D 2,1  105 N/mm2 Vor der weiteren Behandlung der vorstehenden Aufgabe werden die Reihen-(seriell) (Abb. 1.22) und die Parallelschaltung (Abb. 1.23) erläutert. Der Lösungsweg für beide Schaltungsarten wird kurz dargestellt.

Abb. 1.21 Auf Zug beanspruchter Verbundstab

A1; E1 F

F A2; E2

l

l l1

l2

l3

l4

F

1

2

3

4

F

1 l1

2 Δl1

l2

F

3 Δl2

l3

Δl3

l4

l0 +Δlges Serielle Schaltung: Δlges = Δl1 + Δl2 + Δl3 + Δl4 ; F = F1 = F2 = F3 = F4

Abb. 1.22 Serielle Anordnung

F

4 Δl4

1.4

Spannungs-Dehnungs-Diagramm

19 F1

F1

F2

F2

3

F3

F3

4

F4

F4

1 2 F

F

l

F

F

Δl

Parallele Schaltung: Δlges = Δl1=Δl2=Δl3=Δl4 ; F = ΣFi = F1+F2+F3 +F4

Abb. 1.23 Parallele Anordnung

Anordnung: In Reihe/seriell (Abb. 1.22), es herrscht Kräftegleichgewicht. Hier sind die Kräfte in allen Elementen gleich groß. Vorgehensweise bei gegebener Gesamtlängenänderung Die Gesamtlängenänderung teilt sich in unterschiedliche Längenänderungen aller elastischen Elemente auf. Die Summe dieser Längenänderungen wird der gesamten Längenänderung gleichgesetzt. Durch Umstellen nach der Kraft kann diese berechnet werden. Ist die Kraft gegeben, ist die Lösung über die Formeln der einzelnen Längenänderungen einfacher. Anordnung: Parallel (Abb. 1.23), hier sind die Längenänderungen aller elastischen Elemente gleich groß. Vorgehensweise bei gegebener Kraft Zunächst stellt man die Gleichungen für die Längenänderungen aller parallelen Elemente auf. Je zwei Gleichungen der Längenänderungen werden nun gleichgesetzt, so dass eine Kraft jeweils durch eine andere (dann immer dieselbe) ausgedrückt werden kann. Dies wiederholt man entsprechend oft für alle Elemente. Durch Einsetzen in die Gleichung für die Aufteilung der Kraft kann nun die erste Kraft berechnet werden. Ist die gleichgroße Längenänderung gegeben, ist die Lösung über die Formeln der einzelnen Längenänderungen einfacher. Lösung zum Beispiel 1.3 Im vorliegenden Fall handelt es sich um eine Parallelschaltung (Abb. 1.23).

20

1

Einführung

Anwendung des Hooke’schen Gesetzes a)  DE "DE  l D

l I l

D

F F l F l ) DE ) l D A A l E A

E1  A1 F2  l F1  l D ) F1 D F2 E1  A1 E2  A2 E2  A2

Die Gesamtkraft F setzt sich aus den Einzelkräften F 1 und F 2 zusammen: F D F1 C F2 D F2

  E1  A1 E1  A1 C F2 D F2 1 C E2  A2 E2  A2

F  D F2 D  1 A1 1C E 1C E2 A2

55:500 N 0;45105 N300 mm2 mm2 mm2 2;1105 N200 mm2

 D 42.000 N

F1 D F  F2 D 55:500 N  42:000 N D 13:500 N 1 D

F1 13:500 N N D D 45 2 A1 300 mm mm2

2 D

F2 42:000 N N D D 210 A2 200 mm2 mm2

b) die Längenänderung l l D l D

13:500 N  500 mm mm2 F1  l D D 0;5 mm E1  A1 0;45  105 N  300 mm2

F2  l 42:000 N  500 mm mm2 D D 0;5 mm (Kontrolle) E2  A2 2;1  105 N  200 mm2

Nachdem wir die Teilsysteme seriell und parallel betrachtet haben, wollen wir uns mit einem Gesamtsystem befassen. Im Gegensatz zu einem Teilsystem, wo äußere Kräfte angreifen, wirken auf das Gesamtsystem keine äußeren Kräfte. Das Kräftegleichgewicht ist innerhalb des Gesamtsystems geschlossen, daher handelt es sich immer um ein serielles System. In Abb. 1.24 und 1.25 ist ein Gesamtsystem dargestellt (keine äußeren Kräfte). Die vom Gesamtsystem aufzunehmende Verformung wird hier an der Stelle C eingeleitet. Damit in einem Element eine Zug- oder Druckkraft übertragen werden kann, muss ein Kräftegleichgewicht vorliegen. Das in Abb. 1.24 dargestellte Gesamtsystem ist somit wegen des Kräftegleichgewichts an den jeweiligen Verbindungsstellen A bis F ein serielles System aus zwei Teilsystemen, das geometrisch parallel angeordnet ist (parallel

Spannungs-Dehnungs-Diagramm

21

Abb. 1.24 Paralleles Gesamtsystem aus einem seriellen System (Elemente 1 und 2) sowie einem weiteren seriellen System aus dem Element 3 und einem seriell dazu angeordneten parallelen Teilsystem aus den Elementen 4 und 5 vor einer Verformung

A

B

C

Verbindungselement

1

2

Verbindungselement

1.4

4 3 5

D

E

F

zur Kraftrichtung). Die Teilsysteme bestehen aus einem oder mehreren Elementen unterschiedlicher Anordnung. Die Verbindungselemente (in Abb. 1.24 und 1.25 rechts und links dargestellt) werden oft als starr angenommen. Sollten sie elastisch sein, müssen sie mit in den seriellen Ansatz einbezogen werden. Hier wird angenommen, dass diese Verbindungselemente bei Vorhandensein einer Längenänderung lges an der Verbindungsstelle C starr sind und zueinander parallel bleiben (also nicht kippen). Eine Längenänderung in einem Gesamtsystem kann durch mechanische Verstellelemente wie Federn oder Gewindespindeln, aber auch durch Wärme, hydraulische, pneumatische oder elektrische Bauelemente entstehen. Das in Abb. 1.24 und 1.25 dargestellte Gesamtsystem besteht hier aus zwei Teilsystemen: Teilsystem 1 besteht aus den beiden seriell angeordneten Elementen 1 und 2. Teilsystem 2 hingegen besteht aus dem Element 3 sowie einem zweiten seriell angeordneten weiteren Teilsystem aus einem parallelen System der beiden Elemente 4 und 5. Bei der Mehrzahl zu lösender Aufgaben wird lediglich ein Teilsystem (Systeme seriell/parallel wie in Abb. 1.22 und 1.23) betrachtet. Das zweite Teilsystem besteht dann aus der Umwelt, die als starr angenommen wird und nicht weiter zu berücksichtigen ist. Als generelle Vorgehensweise wird zunächst überprüft, ob in dem zu berechnenden Beispiel Teilsysteme enthalten sind. Bei einem Teilsystem wie in den Abb. 1.22 oder 1.23 wurde die Vorgehensweise bereits dort beschrieben.

C‘

B 1

2

C Verbindungselement

A Verbindungselement

Abb. 1.25 Gesamtsystem nach einer Verformung; Längenänderung entsteht an der Stelle C

Δlges 4

3 5

D

E

F

22

1

Einführung

Gemäß Abb. 1.24 und 1.25 ist folgende Vorgehensweise zu wählen: Man verwendet den Lösungsweg wie beim seriellen System. Allerdings kann der Lösungsweg noch nicht komplett abgeschlossen werden, da die Längenänderung für das parallele Teilsystem erst noch bestimmt werden muss, entsprechend der Vorgehensweise beim parallelen System. Nach der Umstellung auf die erste zu berechnende Kraft muss dieser Ausdruck in die Gleichung für die dazu passende Längenänderung eingesetzt werden. Mit dem Einsetzen in die Aufteilung der Gesamtlängenänderung schließt man den seriellen Lösungsweg ab. Um dieses zu vertiefen, soll das dargestellte Gesamtsystem anhand des Beispiels 1.4 berechnet werden. Beispiel 1.4 Das Gesamtsystem entspricht der Abb. 1.24. Gegeben: lges D 1,365 mm und i

Werkstoff

1 2 3 4 5

Stahl GJL Cu GJS Al

Ei N/mm2 210.000 95.000 120.000 170.000 80.000

Ai mm2 900 700 2400 750 750

li mm 300 700 600 400 400

Gesucht werden die Kraft F sowie die Spannungen und Verformungen der einzelnen Elemente. lges D l1 C l2 C l3 C l4;5 F  l1 F  l2 F  l3 F4  l4 F5  l5 l1 D I l2 D I l3 D I l4 D I l5 D E1  A1 E2  A2 E3  A3 E4  A4 E5  A5 l4  E5  A5 F4  l4 F5  l5 mit l4 D l5 (Parallelschaltung) ) D ) F5 D F4 E4  A4 E5  A5 l5  E4  A4

1.4

Spannungs-Dehnungs-Diagramm

23

  l4  E5  A5 l4  E5  A5 D F4 1 C l5  E4  A4 l5  E4  A4 F F  l4 F  ) l4 D   D E A F4 D  4 4 l4 E5 A5 l4 E5 A5 C 1 C l5 E4 A4 1 C l5 E4 A4  E4  A4 l4 F D F4 C F5 D F4 C F4

lges D

F  l1 F  l2 F  l3 C C C E1  A1 E2  A2 E3  A3

E5 A5 l5

F E4 A4 l4

C

E5 A5 l5

lges

F D

l1 E1 A1

C

l2 E2 A2

C

l3 E3 A3

C

E4 A4 l4

1 E A C 5l 5 5

1;365 mm

D

700 mm 2;1105 N 2 900 mm2

C

mm



300 mm 0;95105 N 2 700 mm2

C

mm

1;2105

600 mm N 2 2 2400 mm mm

1 1;7105 N750 mm2 mm2 400 mm

C

0;8105 N750 mm2 mm2 400 mm

F D 83:587 N F4 D  1C

F l4 E5 A5 l5 E4 A4

D

83:587 N 1C

400 mm0;8105 750 mm2 mm2 mm2 400 mm1;7105 N750 mm2

D 56.839,18 N

F5 D F  F4 D 83:587 N  56:839;18 N D 26:747;82 N Die Spannungen in den einzelnen Elementen i D i 1 2 3 4 5

Fi N 83.587 83.587 83.587 56.839,18 26.747,82

F Ai

i N/mm2 92,87 119,41 34,83 75,79 35,66

li mm 0,1327 0,8799 0,1741 0,1783 0,1783

lges D l1 C l2 C l3 C l4;5 D 0;1327 mm C 0;8799 mm C 0;1741 mm C 0;1783 mm D 1;365 mm

F

d

Abb. 1.26 Querkürzung

d0

Ein Stab, der gedehnt wird, verändert sich nicht nur in der Längsrichtung, sondern auch quer dazu, d. h.eine Verlängerung ist stets mit einer Querkürzung (Abb. 1.26) verbunden. Bei einer Querkürzung ist d < d0 .

F

24

1

Einführung

Tab. 1.4 Querkontraktionszahlen ausgewählter Werkstoffgruppen Werkstoff Beton Stähle und Stahlguss Gusseisen mit Lamellengrafit Al und Al-Legierungen Mg und Mg-Legierungen Kupfer Zink Elastomere

Querkontraktionszahl µ 0 0,30 0,25 . . . 0,27 0,33 0,30 0,34 0,29  0,5

Aus der Durchmesseränderung folgt für die Querkürzung: "q D

d d0  d D : d0 d0

(1.9)

Das Verhältnis Längsdehnung zur Querkürzung wird Poisson’sche3 Konstante m D ""q genannt. Für Metalle im üblichen Beanspruchungsbereich ist m  3,3. Es wird häufig der Kehrwert von m, die Poisson’sche Querkontraktionszahl  D m1 D " 0;3 D "q benutzt. Tab. 1.4 enthält Querkontraktionszahlen ausgewählter Werkstoffgruppen.

1.5 Formänderungsarbeit Im Abschn. 1.4 haben wir die Formänderungen " (Dehnung) und "q (Querkürzung) betrachtet. Es wird nun untersucht, welche Arbeit für diese Verformung (Abb. 1.27) benötigt wird. Die Arbeit ist für eine konstante Kraft wie folgt definiert: Arbeit D Kraft  Weg D W D O F  s:

3

Siméon-Denis Poisson (1781–1840), französischer Mathematiker und Physiker.

1.5

Formänderungsarbeit

25

Abb. 1.27 Herleitung der Formänderungsarbeit

W = ½ F·s

F

l0

Δl

s

F = σ ·A A0

Aus dem Zugversuch ist bekannt, dass die RKraft beim Zugversuch nicht konstant ist. Die allgemeine Definition der Arbeit ist W D F  ds. Z W D

F  ds

l Mit F D   A und " D ) l D l  " und dl D O ds D l  d" l Z Z ) W D   A  l  d" D A  l    d" Z W D V    d" und V D A  l Dividieren wir die Formänderungsarbeit W durch das Volumen V, dann erhält man die spezifische oder bezogene Formänderungsarbeit wf (Abb. 1.28). Sie ist die Arbeit, die benötigt wird, um z. B. das Volumen von 1 mm3 zu verformen. Die spezifische Formänderungsarbeit spielt in der Umformtechnik eine maßgebliche Rolle. W D wf D V

Z

Z   d" D

1 1 1 E  "  d" D  E  "2 D E  "  " D   " ) 2 2 2 wf D

Abb. 1.28 Spezifische oder bezogene Formänderungsarbeit wf

W 1 D  " V 2

(1.10)

σ

wf = 12σ ⋅ε ε

26

1

Einführung

Die Formänderungsarbeit W f : 1 1 E 1 2 1 F2 1 1 F2 1 Wf D V  wf D V    " D V    "  DV D V   2  D Al  2  2 2 E 2E 2 A E 2 A E 1 F2 l   : 2 A E Gemäß Gl. 1.11 wird die Formänderungsarbeit(-energie) umso größer, Wf D

   

(1.11)

je größer die Belastung ist je größer die Länge ist je kleiner die Querschnittsfläche ist oder je kleiner der E-Modul ist.

Beispiel 1.5 Welche Formänderungsarbeit nimmt ein zylindrischer Zugstab (Durchmesser d D 20 mm; Länge l D 2000 mm) aus Stahl (E D 2,1  105 N/mm2 ) bei einer Belastung bis zur Elastizitätsgrenze ( E D 200 N/mm2 ) auf? Lösung 1 2   und V D  d 2  l 2 E 4 2 2  1    ) Wf D  d 2  l   D  d2  l  4 2 E 8 E  .200 N/2 mm2 D 59:840 N mm D O 59;84 N m Stahl: WfSt D  202 mm2  2000 mm  8 2;1  105 N mm4 Mit

Wf D V  wf D V 

Welchen Wert erreicht die Formänderungsarbeit, wenn als Werkstoff Aluminium ( E D 80 N/mm2 ; E D 0,7  105 N/mm2 ) verwendet wird? WfAl D

 .80 N/2 mm2 D 28:723 N mm D O 28;723 N m  202 mm2  2000 mm  8 0;7  105 N mm4

Beispiel 1.6 Wie verhält sich die Formänderungsarbeit (Abb. 1.29) zwischen einer Schaftschraube und einer Dehnschraube? 2 Die Formänderungsarbeit ist nach Gl. 1.11: Wf D 12  FA  El , da A1 > A2 ist, kann die Dehnschraube bei gleichem F (Längskraft) mehr Formänderungsarbeit aufnehmen. Der Einsatz von Dehnschrauben erfolgt dort, wo eine dauernde dynamische Belastung vorliegt, z. B. beim Zylinderkopf eines Motors.

1.6

Zeitlicher Verlauf der Beanspruchung und Dauerfestigkeit

Abb. 1.29 Formänderungsarbeit Schaft- (a) und Dehnschraube (b)

27 a

b F

F Dehnschraube A1

A2

Schaftschraube

F

F

1.6 Zeitlicher Verlauf der Beanspruchung und Dauerfestigkeit Die Haltbarkeit eines Bauteils ist vorwiegend abhängig vom zeitlichen Verlauf der Belastung bzw. Beanspruchung sowie von der Betriebsart: Dauer- oder Aussetzbetrieb. Grundsätzlich wird zwischen einer ruhenden und einer schwingenden Belastung unterschieden. Maschinenteile werden überwiegend schwingend belastet. Bei schwingender Beanspruchung (Abb. 1.30) wird unterschieden zwischen    

Oberspannung  o (bzw.  o ), Unterspannung  u (bzw.  u ), Mittelspannung  m D ( o C  u ) / 2 (entsprechend  m ) und Spannungsausschlag  a D ( o   u ) / 2 (entsprechend  a ). σ (τ)

Lastspiel

σo (τ ο) σa (τ a) σm (τ m) 0 σu (τ u)

Abb. 1.30 Schwingende Belastung in Form einer Sinus-Funktion

Zeit t

28

1

Einführung

Bach4 unterscheidet drei idealisierte Lastfälle:  Lastfall I: ruhende (statische) Belastung (Abb. 1.31a): Die Spannung ( oder ) steigt zügig auf einen bestimmten Wert, dann sind Betrag und Richtung konstant. (z. B. Schraube nach dem Anziehen oder Spannung in einem Bauteil durch Eigengewicht).

o D u D m I

a D 0

 Lastfall II: schwellende Belastung (Abb. 1.31b): Die Spannung steigt von null auf einen Höchstwert und geht dann zurück auf null. Der Betrag ändert sich ständig, aber nicht das Vorzeichen (z. B. Kranseil, Bremshebel). o D max D 2   m D a I

u D 0

 Lastfall III: wechselnde Belastung (Abb. 1.31c): Die Spannung schwankt zwischen einem positiven und einem negativen Höchstwert; Betrag und Richtung ändern sich ständig (z. B. Getriebewellen). o D max D a u D max I

m D 0

Die Lastfälle II und III zählen zur dynamischen Belastung. Maßgeblich ist die Dauerfestigkeit  D eines Werkstoffs. Sie ist von der Mittelspannung  m und der Beanspruchungsart (schwellend oder wechselnd) abhängig. I Die Dauerfestigkeit  D ist die höchste Spannung, die ein Bauteil bei dynamischer Beanspruchung gerade noch beliebig lange ohne Bruch bzw. schädigende Verformung erträgt (N > 107 Lastspiele). Das Verhalten der Werkstoffe bei schwingender Belastung wird wie folgt untersucht: Polierte Probestäbe mit 10 mm Durchmesser werden bei konstanter Mittelspannung und entsprechender Schwingungsamplitude belastet. Wählt man die Amplitude groß genug, so kann es bei verhältnismäßig wenigen Lastspielen bereits zum Bruch (Abb. 1.34) kommen. Es bietet sich an, die Oberspannung  o über der Anzahl der Lastspiele N in einem Diagramm (Wöhler5 -Diagramm) aufzutragen. Aufgrund der großen Lastspielzahl ist 4

Julius Carl von Bach (1847–1931), bedeutender deutscher Maschinenbauingenieur. Professor für Maschinenelemente und Festigkeitslehre in Stuttgart. 5 August Wöhler (1819–1914), deutscher Eisenbahningenieur.

1.6 a

Zeitlicher Verlauf der Beanspruchung und Dauerfestigkeit z. B. Träger mit konstanter Last

b

z. B. Kranseil

29 c

z. B. Getriebewelle

F

m

σ (τ)

m

σ ruhende Belastung

(τ)

σo

schwellende Belastung

σ (τ)

F wechselnde Belastung

( τo)

σa

σo

σm

( τo)

( τ m)

σa

σa 0 Zeit t

Zeit t

σ =0

Zeit t

σa σu

Lastfall I

Lastfall II

( τu)

Lastfall III

Abb. 1.31 Lastfälle nach Bach

es zweckmäßig, die Auftragung für N logarithmisch vorzunehmen. Zwischen den Versuchen für eine Wöhlerkurve wird entweder nur die Mittelspannung  m oder nur das Verhältnis zwischen Ober- und Unterspannung, der Spannungsausschlag  a , verändert (Abb. 1.32 und 1.33). Die exemplarischen Ergebnisse zur Aufnahme eines Wöhler-Diagramms für  m D 0 sind in Tab. 1.5 und Abb. 1.33 enthalten. Mit diesen Ergebnissen kann das Wöhler-Diagramm konstruiert werden (Abb. 1.34). Aus dem Wöhler-Diagramm (Abb. 1.34) für Stähle lässt sich Folgendes herleiten (Tab. 1.6). Tab. 1.5 Wöhlerversuch Nr. 1 2 3 4 5 6

Spannungsausschlag  a in N/mm2 ˙350 ˙300 ˙250 ˙200 ˙180 ˙160

Lastwechsel bis zum Bruch 4250 8380 21.980 70.350 108.660 106 ohne Bruch

30

1 σ

Abb. 1.32 Aufnahme einer Wöhlerkurve mit unterschiedlichen Mittelspannungen

Einführung

1 Oberspannung σo Spannungsausschlag = σa Mittelspannung σm

σa

σm1 σa

Unterspannung σu 2 σa σm2 σa

3 σa σm3

σa

4 σa

σm4

Zeit

σa

Trägt man nun für einen Werkstoff und eine Beanspruchungsart (Zug, Druck, Biegung oder Torsion), die aus einer Vielzahl von Wöhler-Diagrammen ermittelten Dauerfestigkeiten in einem Diagramm auf, so erhält man das Dauerfestigkeitsschaubild nach Smith. Im Smith-Diagramm (Abb. 1.35 und 1.36) sind die Grenzspannungen  o ,  u über der Mittelspannung  m aufgetragen. Die beiden Kurven für  o und  u geben den Bereich in Abhängigkeit von  m an, in dem die wechselnde Beanspruchung schwanken kann, ohne dass eine Zerstörung trotz hoher Lastspiele gerade noch nicht eintreten kann. Die Zugfestigkeit kann jedoch bei zähen Stählen wegen der vorher auftretenden blei-

σ 1

2

3

4

σa1

aus Tab. 1.5

σa2

σa2

6

σai = Spannungsauschlag

Oberspannung σo

σa1

5

σa3

σa3

σa4

σa4

σa5 σa5

σa6 σa6

Mittelspannung σ m = 0

Unterspannung σu

Abb. 1.33 Wöhlerversuch mit konstanter Mittelspannung  m D 0

Zeit

1.6

Zeitlicher Verlauf der Beanspruchung und Dauerfestigkeit

Abb. 1.34 Wöhler-Diagramm

31

σ Rm

σD

1

10 102 103 104 105 106 107 108 Lastspiele N

Bruchfestigkeit

Zeitfestigkeit

Dauerfestigkeit

Kurzzeitfestigkeit

benden Verformung für eine Dimensionierung nicht herangezogen werden. Das Dauerfestigkeitsschaubild dieser zähen Werkstoffe wird daher von der Streckgrenze (oben) und der Stauch-/Quetschgrenze (unten) begrenzt. Werkstoffe, die ein unterschiedliches Verhalten bei Zug- oder Druckbeanspruchung (z. B. Grauguss) aufweisen, ergeben ein unsymmetrisches Dauerfestigkeitsschaubild. Abb. 1.37 enthält beispielhaft das Dauerfestigkeitsschaubild eines Vergütungsstahls 41Cr4 für die Beanspruchungsarten Biegung, Torsion, Zug und Druck. Für die Schubspannungen  erhält man grundsätzlich ein ähnliches Diagramm. Aufgrund der unterschiedlichen Belastungen ergeben sich entsprechende Bezeichnungen, die in Tab. 1.7 zusammengefasst sind. Die Indizes in vorstehender Tabelle sind nach DIN 1304 und 1350 genormt:  kleiner Index (Kennzeichnung der Beanspruchungsart): zD O Zug; d D O Druck; b D O Biegung; t D O Torsion  und großer Index (Kennzeichnung des Werkstoffkennwertes): BD O Bruchfestigkeit; F D O Fließgrenze (bzw. Stauch-/Quetschgrenze) fS D O Streckgrenzeg; D D O Dauerfestigkeit (Dauerschwingfestigkeit); Sch D O Schwellfestigkeit und W D O Wechselfestigkeit.

Tab. 1.6 Bezeichnung des Festigkeitsbereiches in Abhängigkeit der Lastspiele Lastspiele N 10–102 102 –103 bzw. 104 Bis 106 > 107

Bezeichnung Bruchfestigkeit

Bemerkung Der Bruch erfolgt bei einer Oberspannung, die der Bruchfestigkeit Rm bei ruhender Beanspruchung entspricht Kurzzeitfestigkeit Die Oberspannung verringert sich und die Proben werden teilweise plastisch verformt Zeitfestigkeit Weiter abnehmende Oberspannung, die zu verformungsfreien Brüchen führt Dauerfestigkeit Oberspannung von Stahl, die nicht zum Bruch führt

32

1

σD

σ Sch = 2σa σ W = ± σa

σD

σa

σD

Einführung

σa

σ Sch

σW

σm

σF

σa

σo

45°

σm σu

σm

III Darstellung der Grenzspannungen (σo; σ u)

durch die Fließgrenze σ F nach oben begrenzt, bei Zug σ F = Re

I

II

σ o = σm + σ a σ u = σm − σ a

σm

I ruhend II schwellend III wechselnd

vereinfachte Darstellung mit geraden Grenzspannungslinien

Abb. 1.35 Konstruktion des Smith-Diagramms (Zugbeanspruchung)

σ Streckgrenze

45 °

σu

σ d Sch

II σu

Belastungsfall II „Zug“ Belastungsfall I „Zug“

Belastungsfall III

Stauchgrenze

III

σo

II

Belastungsfall I „Druck“ Belastungsfall II „Druck“

I

I

σ z Sch

σ zW

Re

Rm

σo

schwellend wechselnd „Druck“

Abb. 1.36 Dauerfestigkeitsschaubild nach Smith

schwellend „Zug“

σm

1.7

Zulässige Spannungen

Abb. 1.37 Dauerfestigkeitsschaubild für Zug/Druck, Biegung und Torsion für den Vergütungsstahl 41Cr4

33 σ; τ N/mm2 1000

Biegung

960

900 Zug/Druck

800

800

700 600

Torsion

500

550

400 300 200 100 0 -100

100 200 300 400 500 600 700 800 9001000 σm ; τ m N/mm2

-200 -300 -400 -500

Tab. 1.7 Bezeichnung der Festigkeit in Abhängigkeit der Belastungsart Bruchfestigkeit bei ruhender Belastung Fließgrenze bei ruhender Belastung Dauerschwingfestigkeit Schwellfestigkeit Wechselfestigkeit

Zug Zugfestigkeit Rm Streckgrenze Re /Rp0,2  zD  zSch  zW

Druck Druckfestigkeit  dB Stauchgrenze  dF / d0,01  dD  dSch  dW

Biegung Biegefestigkeit  bB Biege(fließ)grenze  bF  bD  bSch  bW

Torsion Torsionsfestigkeit  tB Torsions(fließ)grenze  tF  tD  tSch  tW

1.7 Zulässige Spannungen In Versuchen wurden Grenzspannungen ( m ,  D ) ermittelt, die im Betrieb nicht erreicht werden dürfen. Darüber hinaus bestehen Schwierigkeiten bei der Berechnung der auftretenden Spannungen aufgrund folgender Einflüsse: keine homogenen, isotropen Werkstoffe, Oberflächenbeschaffenheit, Einkerbungen usw. Deshalb führt man Sicherheitszahlen ein. Grenz (1.12) Mindestsicherheit Smin D zulässig

34

1

Einführung

Tab. 1.8 Mindestsicherheit in Abhängigkeit des Lastfalls Lastfall Werkstoff Zweckmäßige Grenzspannung Sicherheit Smin

I Zäh mit Streckgrenze Streckgrenze Re 1,5 . . . 3

Spröde ohne Streckgrenze Bruchfestigkeit Rm 2 ... 4

II, III Für alle Werkstoffe Dauerfestigkeit D 2 ... 4

Die Grenzspannung ist abhängig von der Versagensmöglichkeit (plastische Verformung, Sprödbruch, Dauerbruch) und dem Lastfall (Tab. 1.8). Dementsprechend ist die zulässige Spannung zul D

Grenz : Smin

(1.13)

Zum Beispiel  zul bei dynamischer Beanspruchung: zul D

D : Smin

(1.14)

Für die Mindestsicherheit Smin (Abb. 1.38) wird bei zähen Werkstoffen Re und bei spröden Werkstoffen Rm als Grenzwert genommen. Die Grenzspannung hängt wie bereits gesagt von der Art der Beanspruchung und der Art des Versagens und die geforderte Sicherheit S hängt von den Folgen des Versagens ab. Zugbeanspruchung:  Bei Zugbeanspruchung kann ein Versagen durch Fließen oder durch Bruch erfolgen.  Versagen durch Fließen tritt bei duktilen Werkstoffen auf.  Versagen durch Bruch kann bei duktilen und spröden Werkstoffen auftreten.

a σ

b σ

zäher Werkstoff

spröder Werkstoff

Re

σzul

σzul Smin =

Sicherheit

Sicherheit

Rm

σ Grenz Re = σ zul σ zul

Smin =

σ Grenz Rm = σ zul σ zul

ε

Abb. 1.38 Mindestsicherheit bei zähem (a) und sprödem (b) Werkstoff

ε

1.7

Zulässige Spannungen

35

 Versagen durch Fließen: Die Sicherheit SF und die zulässige Spannung  zul werden mithilfe der Streckgrenze Re oder der 0,2 %-Dehngrenze Rp0,2 bestimmt: SFvorh D

F I vorh

zul D

F SFerf

mit

F D Re

oder Rp0,2

(1.15)

 Versagen durch Bruch: Die Sicherheit SB und die zulässige Spannung  zul werden mithilfe der Zugfestigkeit Rm bestimmt: B Rm I zul D (1.16) SBvorh D vorh SBerf Bei spröden Werkstoffen ist eine größere Sicherheit erforderlich, da sich ein Bruch nicht durch eine vorhergehende große Verformung ankündigt. Druckbeanspruchung: Bei einer Druckbeanspruchung hingegen kann ein Versagen durch Fließen, Bruch oder Knicken auftreten.  Versagen durch Fließen: Die Sicherheit SF und die zulässige Spannung  zul werden mithilfe der Druckfließgrenze  dF oder der Stauchgrenze  d0,01 bestimmt: SFvorh D

F I vorh

zul D

F SFerf

mit

F D dF oder d0;01

(1.17)

 Versagen durch Bruch: Die Sicherheit SB und die zulässige Spannung  zul werden mithilfe der Druckfestigkeit  dB bestimmt: dB dB SBvorh D I zul D (1.18) vorh SBerf  Versagen durch Knicken: Die Sicherheit SK und die zulässige Spannung  zul werden mithilfe der Knickspannung  K bestimmt: K K I zul D (1.19) SKvorh D vorh SKerf Die Knickspannung  K ist kein Werkstoffkennwert, sondern ist abhängig von der Knicklänge lK des Stabes, seinem Querschnitt A und dem Elastizitätsmodul E (siehe Kap. 5). Tab. 1.9 enthält Festigkeitswerte, die für Überschlagsrechnungen herangezogen werden können.

36

1

Einführung

Tab. 1.9 Statische Festigkeitswerte für Überschlagsrechnungen [10] Werkstoff Duktil (zäh) Beanspruchungsart Stahl, GS, Cu-Leg. Zug Re (Rp0,2 ) Druck Red  Re Biegung  bF  1,1  Re Schub  sF  0,6  Re Torsion  tF  0,65  Re

Al-KnetLeg.

Al-GussLeg.

Re Re 0,6  Re 0,6  Re

1,5  Re Re 0,75  Re –

Spröde GJL

GJM

GJS

Rm 2,5  Rm Rm 0,85  Rm –

1,5  Rm Rm 0,75  Rm –

1,3  Rm Rm 0,65  Rm –

Beispiel 1.7 Wie groß ist die zulässige Spannung für Baustahl S235JR mit Re D 235 N/mm2 und wie groß ist die vorhandene Sicherheit bei einer vorhandene Spannung von  vorh D 139 N/mm2 ? Lösung Statische Beanspruchung, Lastfall I; Smin D 1,5 (aus Tab. 1.8 gewählt) zul D

Re 235 N N D D 157 Smin 1;5 mm2 mm2

da D zul > vorh ; ist die Bemessung ausreichend! Svorh D

Grenz 235 N=mm2 D D 1;69 vorh 139 N=mm2

Beispiel 1.8 Ein Bergsteiger mit einer Masse m D 80 kg will ein Sicherungsseil kaufen. Zur Wahl kommen Stahl- oder Polyamidseile. Für den Einsatz im Gebirge wird mit einer fünffachen Sicherheit gerechnet. Die Eigenmasse des Seiles kann für die Berechnung der Last vernachlässigt werden. Die Stahlseile bestehen aus sechs gedrehten Litzen mit je 19 Drähten bzw. sechs Litzen mit 37 Drähten und einer Seilfestigkeit von 1770 N/mm2 . Bei den Polyamidseilen handelt es sich um geflochtene Seile mit drei Litzen. Die zulässige Last errechnet sich aus der Mindestbruchlast dividiert durch die Sicherheit S D 5. Die Eckdaten sind den Tabellen zu entnehmen. Stahlseil Seildurchmesser mm 4 6 8 10

Seilklasse 6 × 19 6 × 19 6 × 37 6 × 37

Mindestbruchlast kN 8,8 19,5 33,4 52

Zulässige Last kN 1,74 3,9 6,7 10,4

Preis C/m 0,90 1,20 2,40 2,60

1.8

Verständnisfragen zu Kapitel 1

Polyamidseil Seildurchmesser mm 4 6 8 10

Mindestbruchlast kN 3,1 9 12,75 19,6

37

Zulässige Last kN 0,62 1,8 2,55 3,92

Preis C/m 0,24 0,42 0,66 1,13

Lösung FG D m  g D 80 kg  9;81 m=s2 D 785 N  0;8 kN Aufgrund der Gewichtskraft kämen ein Stahlseil mit 4 mm Durchmesser zum Preis von 0,90 C/m oder ein Polyamidseil mit 6 mm Durchmesser zum Preis von 0,42 C/m in Frage. Das Polyamidseil hat den Vorteil, dass es leichter, flexibler und kostengünstiger ist. Als Nachteile wären zu nennen: Schlechte Kantenbeständigkeit, UV-strahlungs- und alterungsempfindlich. Der Vorteil des Stahlseiles liegt in der guten Kantenbeständigkeit. Es ist aber steifer, teurer und schwerer.

1.8 Verständnisfragen zu Kapitel 1 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. 10. 11. 12. 13. 14. 15.

Wodurch unterscheidet sich die Statik von der Festigkeitslehre? In welcher Form kann das Versagen eines Bauteils auftreten? Welche Grundbeanspruchungsarten kennen Sie? Erklären Sie den Unterschied zwischen dem Freimachen und dem Freischneiden! Wie ist die Spannung definiert? Erklären Sie die Begriffe Normal- und Tangentialspannung und wodurch sie sich unterscheiden. Wie wird die wahre Spannung ermittelt und worin besteht der Unterschied zum allgemeinen Spannungs-Dehnungs-Diagramm? Für welchen Bereich gilt das Hooke’sche Gesetz und was sagt es aus? Was versteht man unter der Poisson’schen Konstanten und der Querkontraktionszahl? Welche Faktoren haben einen Einfluss auf die Formänderungsarbeit? Wovon hängt die Haltbarkeit eines Bauteils ab? Worin unterscheiden sich die drei Lastfälle nach Bach? Wozu dient das Wöhler-Diagramm? Wie entsteht ein Smith-Diagramm und was kann man aus ihm entnehmen? Nennen Sie Gründe zur Einführung der Sicherheit S.

38

1

Einführung

1.9 Aufgaben zu Kapitel 1 Aufgabe 1.1 Der homogene starre Balken der Masse m ist wie skizziert an zwei Stahldrähten der Länge l und der Querschnittsfläche A horizontal aufgehängt. Dann wird die Last F aufgebracht. Um welchen Winkel ' neigt sich der Balken und um welche Strecken l1 und l2 werden die Drähte infolge der Last F dabei länger? Welche Spannungen herrschen in den Drähten?

2

1 a/4

a/2

l

F a/4

FG

l a A E m F

= 500 mm; = 750 mm = 0,25 mm2 ; = 2,1  105 N/mm2 = 5,097 kg; = 100 N

Aufgabe 1.2 Ein Verbundstab aus Stahl und Holz wird mit einer Kraft F D 25 kN wie skizziert beansprucht (Stahl: ESt D 2,1  105 N/mm2 ; Holz: EH D 1,5  104 N/mm2 ). a) Welche Spannungen treten im Stahl und im Holz auf? b) Wie groß ist die Verlängerung?

2

50

30

F

Holz

F

300

2

Stahl

Aufgabe 1.3 Wie groß ist die von einer Hartgummifeder von 30 mm Höhe und 50 mm Durchmesser aufgenommene Formänderungsarbeit, wenn die Feder mit 1,5 kN belastet wird und der E-Modul 4 kN/mm2 beträgt?

1.9

Aufgaben zu Kapitel 1

39

Ø 20

Aufgabe 1.4 Welche Formänderungsenergie wird vom linken bzw. rechten Teil des abgesetzten Stahlstabes aufgenommen, wenn der Stab mit F D 12 kN belastet wird?

300

500

Ø 10

F

Aufgabe 1.5 Ein Wasserbehälter ist an vier Bändern aus E295 gemäß Skizze aufgehängt. Der leere Behälter hat eine Masse von mleer D 1500 kg, der gefüllte Behälter mvoll D 4000 kg. Die Querschnittsfläche der Bänder beträgt A D 30 × 3 mm. Der Abstand a der Bänder vom linken und rechten Rand des Behälters beträgt 600 mm. a) Wie groß ist die Spannung in den Bändern bei leerem und vollem Behälter? b) Welche Sicherheiten liegen gegen Versagen bei vollem Behälter vor und sind sie ausreichend? c) Die Länge der Bänder bei leerem Behälter beträgt l0 D 1400 mm, um welchen Betrag l senkt sich der Behälter im gefüllten Zustand?

l0

Gegeben: Re D 295 N/mm2 ; Rm D 470 N/mm2 ; E D 2,1  105 N/mm2 .

a

a

2

Einfache Beanspruchungen

In Abschn. 1.2 haben wir fünf Grundbeanspruchungsarten (Abb. 2.1) kennengelernt, die nunmehr näher betrachtet werden. Die modifizierten Druckbeanspruchungen Beulen und Hertz’sche Pressung werden nicht behandelt.

2.1

Zug- und Druckbeanspruchung

2.1.1 Grundsätzliches zur Normalspannung Ein Stab (Abb. 2.2) wird in Längsrichtung mit einer zentrischen Kraft belastet. Schneiden wir den Stab in B–B, dann treten senkrecht zur Längsachse Normalspannungen auf. Aus der Gleichgewichtsbedingung am (linken und rechten) Teilstab folgt: F i  F = 0 ) F i = F, mit F i = innere Kraft (Schnittkraft) und F = äußere Kraft. In Abb. 2.3 ist die Querschnittsfläche über der Länge konstant oder nur leicht veränderlich (keine schroffen Übergänge oder Kerben). Damit ist auch  über dem Querschnitt konstant. Daraus folgern wir, dass die Zugspannung in Stäben konstant ist (Abb. 2.2, 2.3 und 2.5), wenn  sich die Querschnittsfläche A senkrecht zur Stabachse befindet (Abb. 2.4),  die Wirklinie von F auf der Schwerpunktachse (Mittellinie) (Abb. 2.4) liegt und  der Querschnitt A konstant ist (Abb. 2.4) bzw. sanfte Übergänge hat:

.z/ D

F D konstant. A

© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2019 K.-D. Arndt et al., Festigkeitslehre für Wirtschaftsingenieure, https://doi.org/10.1007/978-3-658-26141-2_2

(2.1)

41

42

2 Einfache Beanspruchungen

Spannungen Normalspannung Zug F

Druck

Tangentialspannung Biegung

Schub/Scherung

F

F

F

Mb Mb

F F

F

T

F/2 F/2 F F

F F

Torsion

T

modifizierte Druckbeanspruchung

Flächenpressung

Hertzsche Pressung

F

Knickung

Beulen

F

F

qd

qd

Abb. 2.1 Grundbeanspruchungsarten und modifizierte Beanspruchungen Abb. 2.2 Stab mit konstantem Querschnitt

B F

F

B B

F

B

B Fi Fi B B

B

B σ σ B

F

F

F

Bei leicht veränderlichem Querschnitt (Abb. 2.3): max D

F Amin

(2.2)

Entsprechendes gilt für die Druckbeanspruchung (Abb. 2.5): .d/ D

F A

bzw.  D 

F ; A

(2.3)

solange kein seitliches Ausweichen (Knicken) des Stabes auftritt. Das negative Vorzeichen in Gl. 2.3 drückt aus, dass eine Druckspannung vorliegt.

2.1 Zug- und Druckbeanspruchung

43

Abb. 2.3 Stab mit veränderlichem Querschnitt

B Amin

F

F

B B

B

B

B

B σmax B

F

Abb. 2.4 Bedingungen für konstante Zugspannung

F

B Fi Fi B

F

F

F

A

F

Als Festigkeitsbedingung mit der zulässigen Spannung gilt: j j D

F  zul A

(2.4)

Des Weiteren haben wir in Abschn. 1.1 zwei Vorgehensweisen kennengelernt; es gilt für die Tragfähigkeits-Rechnung (Lastbegrenzung): F  Fzul D A  zul

(2.5)

und für die Bemessungs-Rechnung (Dimensionierung): A  Aerf D F=zul

(2.6)

Die Eigenschaften der Zug- und Druckbeanspruchung sind Abb. 2.6 zu entnehmen.

a

b

Zugbeanspruchung:

σz

B

B

F

B

B

Druckbeanspruchung:

σd

B F

B

F

konstante Spannungsverteilung

Abb. 2.5 a Zug- und b Druckbeanspruchung mit Spannungsverteilung

B

B

F

44

2 Einfache Beanspruchungen Zug (Druck)

σz

F

F

• Konstante Normalspannung σ über dem Querschnitt A. • Jedes Werkstoffteilchen erfährt die „gleiche Beanspruchung“, d.h. der Werkstoff kann über den gesamten Querschnitt gleichmäßig bis zur Versagensgrenze (theoretisch) ausgenutzt werden => sehr gute Werkstoffausnutzung. • Bei Druckbeanspruchung => Gefahr der Knickung.

Abb. 2.6 Eigenschaften von Zug-/Druckbeanspruchung

Die Normalspannung dagegen ist über den Querschnitt nicht konstant (Abb. 2.7):  in unmittelbarer Nähe der Krafteinleitung (1),  bei Querschnittssprüngen (2),  bei Kerben (3), Einstichen (4) oder Bohrungen (5).

Beispiel 2.1 Wie groß ist die Zugspannung im Querschnitt eines ungebohrten und gebohrten mit 15 kN belasteten Flachstahls von 80 mm Breite und 10 mm Dicke, wenn der Bohrungsdurchmesser 30 mm beträgt (Abb. 2.8)? D

15:000 N N F D D 18;75 A 80 mm  10 mm mm2

D

F 15:000 N N D D 30 A .80 mm  30 mm/  10 mm mm2

Abb. 2.7 Nicht konstante Spannungsverteilung

σ= (1)

F

(2) x

(ungebohrt)

(mit Bohrung)

F A

(3)

(4)

σ

σ≠

(5)

σ

F A( x )

(1)

σ F

2.1 Zug- und Druckbeanspruchung

45

Abb. 2.8 Auf Zug belasteter Flachstahl A

A b

Beispiel 2.2 Finn Niklas, 9 Jahre alt, besitzt ein eigenes Fahrzeug: Ein Dreirad mit Tretantrieb, Abb. 2.9. Auf dem hinteren Sitz kann er einen Freund mitnehmen und an die Anhängerkupplung hängt er oft seinen Bollerwagen an. Wir wollen hier die Aufgabe der Berechnungsabteilung des Herstellers übernehmen und im Laufe dieses Buches die Festigkeit von Finn Niklas’ Dreirad überprüfen. Der Rahmen des Dreirads besteht aus Vierkantrohr und muss alle im Betrieb auftretenden Kräfte aufnehmen können. Um den Rechenaufwand überschaubar zu halten, schaffen wir uns zunächst ein vereinfachtes Rechenmodell des Dreirads. Das Dreirad besitzt, wie in Abb. 2.9 zu erkennen ist, einen T-förmigen Rahmen aus Vierkantrohr, an dem vorne die lenkbare Vorderradgabel gelagert ist. Die Anhängerkupplung von Finn Niklas’ Dreirad sitzt an der Verlängerung des Längsrohres hinter der Hinterachse, Abb. 2.10. Vereinfacht muss dieses kurze Vierkantrohr nur die Zugkraft für die Fortbewegung des Anhängers aufnehmen. Wir nehmen diese Kraft

Abb. 2.9 Finn Niklas’ Dreirad

46

2 Einfache Beanspruchungen FA

Abb. 2.10 Kraft an der Anhängerkupplung

hier mit 200 N an. Das Längsrohr hat die Außenmaße 50 × 20 mm bei 2 mm Wandstärke. Die Querschnittsfläche des Rohres beträgt damit A = 264 mm2 . Für die Zugspannung in diesem Bauteil erhalten wir dann z D

FA 200 N  0;8 N=mm2 D A 264 mm2

Diese Spannung ist sehr gering und damit vernachlässigbar. Bei einer beliebigen Schnittrichtung (Abb. 2.11) erfolgt der Schnitt nicht senkrecht zur Stabachse (= Kraftlinie). Der gedachte Schnitt B–B wird so gelegt, dass der Winkel ˛ senkrecht zum Schnitt liegt. Bedingung hierbei ist: Das freigemachte Teilsystem muss sich im Gleichgewicht befinden. X X Fiy D 0 Fix D 0 und Dies ist nur möglich, wenn im gedachten Schnitt sowohl Normalspannungen  als auch Tangentialspannungen  wirksam sind. F

F

F

F

y A0

x B

90°

B

α

α B

α Fi

Fi ∙

cos

α

σ·

A

B

α

A

Fi ∙ F waagerechter Schnitt

F schräger Schnitt

Abb. 2.11 Schräg geschnittener Stab

α Fi

sin

α

A

τ ∙A

A

σ

τ

2.1 Zug- und Druckbeanspruchung

47

Zum besseren Verständnis ist es sinnvoll, ein um den Winkel ˛ gedrehtes Koordinatensystem einzuführen. P Aus der Gleichgewichtsbedingung Fiy D 0 ) Fi  cos ˛    A D 0, (F i = F) mit

A0 F  cos2 ˛ ) ) D cos ˛ A0

AD

 D 0  cos2 ˛

(2.7)

Der Quotient F / A0 entspricht der Spannung  0 im Schnitt senkrecht zur Achse. P Aus der Gleichgewichtsbedingung Fix D 0 )   A  Fi  sin ˛ D 0, (F i = F) D

F  sin ˛  cos ˛; A0

mit

2  sin ˛  cos ˛ D sin 2˛ )

1 0  sin 2˛ 2 Mit der Probe für ˛ = 0° wird untersucht, ob die Gln. 2.7 und 2.8 stimmen: D

(2.8)

cos2 ˛ D 1 )  D 0 sin 2˛ D 0 )  D 0;

damit ist der Beweis erbracht worden.

Von besonderer Bedeutung ist jedoch der Schnitt unter dem Winkel ˛ = 45°: ) cos2 ˛ = 1/2 )  45° = 1/2  0 und sin 2˛ = 1 ) 45ı D

1 0 D max 2

(2.9)

Als Ergebnis kann festgestellt werden: Beim gezogenen (bzw. gedrückten) Stab (Abb. 2.11) im Schnitt unter 45° zur Stabachse beträgt die Normalspannung  0 / 2 und die maximale Schubspannung  max =  0 / 2. Im Zugversuch einer Rundprobe aus Stahl mit ausgeprägter Streckgrenze tritt eine starke Einschnürung (d. h. Querschnittsminderung) durch Fließen auf. Unter Fließen wird das Abgleiten einzelner Gefügeteile unter 45° zur Achse verstanden. Sie treten aufgrund maximaler Schubspannung auf – bis u. U. ein kritischer Anriss und dann der Restbruch erfolgen. Abb. 2.12 zeigt das Abgleiten unter 45° eines im Druckversuch zerstörten Probekörpers aus Aluminium. Beispiel 2.3 An einem zylindrischen Versuchskörper (Abb. 2.13) mit dem Durchmesser d = 30 mm wird ein Druckversuch gemacht. Bei einer Druckbelastung von F = 378 kN bricht der Probekörper unter 45°. a) Wie groß ist die Druckfestigkeit  db des Werkstoffs? b) Wie groß sind die Normal- und die Schubspannung in der Bruchebene unmittelbar vor dem Bruch?

48

2 Einfache Beanspruchungen

Abb. 2.12 Zerstörter Aluminium-Prüfkörper (Druckversuch)

Abb. 2.13 Versuchskörper unter Druckbelastung σ4



F

σd

τ4

α



d

Lösung O 0 D a) dB D

F A

.Schnittfläche ? F / ) dB D

F

 2 4 d

D

378:000 N mm2

 2 4 30

N D 535 mm 2

b) 45°-Ebene: 

45ı

45ı 45ı

  1 1p 1 2 ı 2 D 0 allgemein:  D 0  cos ˛I ˛ D 45 ! cos ˛ D 2I cos ˛ D 2 2 2 1 D 0 D 45ı 2 N N  268 und 45ı  268 mm2 mm2

2.1 Zug- und Druckbeanspruchung

2.1.2

49

Spannungen durch Eigengewicht

Spannungen durch Eigengewicht treten beim hängenden Stab (Abb. 2.14) oder hängenden Seil auf, wobei der Querschnitt A konstant ist. Die Betrachtung muss unter folgenden Gesichtspunkten erfolgen:  die äußere Kraft F ist (sehr) groß im Verhältnis zum Eigengewicht F G des Stabes (Seiles), in diesem Fall ist das Eigengewicht F G vernachlässigbar,  bei sehr langen frei hängenden Stäben (Seilen) ist das Eigengewicht F G u. U. allein verantwortlich für das Versagen (ohne äußere Kraft),  mit zunehmender Länge l nimmt das Eigengewicht F G zu, somit auch die Zugspannung an der Einspannstelle, dem gefährdeten Querschnitt B–B. Lösung O V    g D A  l    g D A  l   mit FG D m  g D  D   g D spezifisches Gewicht und V D A  l: Die maximale Zugspannung im Querschnitt B–B ist max D Für max D zul wird die Länge l zur Traglänge lT D

FG A

D l    zul .

zul zul D g 

(2.10)

Setzt man für max die Zugfestigkeit Rm , so wird daraus die

Abb. 2.14 Hängender Stab unter Eigengewicht

lR D

Rm Rm D g 

(2.11)

B

B

l

Reißlänge

A FG

(F)

50

2 Einfache Beanspruchungen

lT und lR sind dabei unabhängig von der Querschnittsform und der -größe. Sie sind nur abhängig vom Festigkeitswert  zul bzw. Rm und vom spezifischen Gewicht  des Werkstoffs/Materials. I Die Reißlänge ist als Zugfestigkeit bezogen auf das spezifische Gewicht definiert und wird zur Beschreibung der Belastbarkeit von Leichtbauwerkstoffen benutzt. Die Reißlänge ist auch ein Güte-/Qualitätsmerkmal für Werkstoffe:    

Naturseide: lRmin  45 km Kohlenstofffasern (C-Fasern): lR  100 km Kevlar: lR  200 km Stahl: lR  5 km

Beispiel 2.4 Wie groß ist die Reißlänge von Baustahl S235JR? Lösung Mit Gl. 2.11: lR D lR D

Rm N I I S235JR: Rm D 360 g mm2 360 N mm3 s2 1 kg m mm2 7;85 10

6

kg 9,81 m 1 Ns2

D 7;85 D

kg D 7;85 10 dm3

360 mm 7,85 10 6 9;81

6

kg mm3

4;67 106 mm

4;67 km

2.1.3 Wärmespannungen Aus der Erfahrung wissen wir, dass Körper sich bei Erwärmung ausdehnen und bei Abkühlung zusammenziehen. Ist ein Körper frei beweglich gelagert, so tritt keine Änderung des Spannungszustandes bei einer Erwärmung oder Abkühlung ein (Abb. 2.15). Die Längenänderung eines beweglich gelagerten stabförmigen Körpers infolge einer Temperaturänderung ist: l D l0  ˛  # Abb. 2.15 Frei gelagerter Stab unter Wärmebelastung

mit # D #1  #0

in K (Kelvin)

(2.12)

2.1 Zug- und Druckbeanspruchung

#0 #1 l0 ˛

51

= Temperatur vor der Änderung (Ausgangstemperatur) = Temperatur nach der Änderung (Endtemperatur) = Körper-/Stablänge vor der Temperaturänderung = Längenausdehnungskoeffizient in K1 (˛= 1 / K)

Die Längenausdehnungskoeffizienten ausgewählter Werkstoffe sind Tab. 2.1 zu entnehmen. Die Stablänge nach der Temperaturänderung ergibt sich zu: l1 D l0 C l D l0 C l0  ˛  # D l0 .1 C ˛  #/

(2.13)

Die Wärmedehnung lässt sich wie folgt ermitteln: "therm D "ª D

l l0  ˛  # D D "ª D ˛  # l0 l0

(2.14)

Die Dehnung wird (bei beidseitiger Einspannung, Abb. 2.16) behindert, es gilt die Bedingung:  C ˛  # D 0: "ges D "mech C "therm D "m C "ª D E Daraus folgt für die Wärmespannung  D ˛  #  E

(2.15)

Bei Abkühlung treten Schrumpfspannungen auf:  D ˛  #  E; wenn # < 0, dann ist  > 0 (z. B. bei Brückenlagern). Wärme- und Schrumpfspannungen sind nicht von den Bauteilabmessungen abhängig, sondern von den Werkstoffkennwerten ˛ und E sowie von der Temperaturdifferenz #:

Tab. 2.1 Längenausdehnungskoeffizienten ausgewählter Werkstoffe

Werkstoff Unlegierter Stahl Edelstahl Aluminium Kupfer Messing PP PVC Glas Quarzglas Beton Holz

˛ in 106 K1 12 16 24 17 20 180 70 5 0,5 10 4

52

2 Einfache Beanspruchungen

feste Wand Ausdehnung

F

F

F

Ausdehnung

F

ε therm εmech

εmech ε therm

εges = εmech + ε therm = ε m + εϑ = σ + α·∆ϑ =0! E

Abb. 2.16 Dehnung bei beidseitiger Einspannung

Beispiel 2.5 Die Gleise der Deutschen Bahn sind endlos verschweißt, d. h. es gibt keine Stoßlücken zwischen den Schienenenden. Ein Schienenstrang aus Stahl, endlos verschweißt, wird bei 25 °C spannungsfrei verlegt. Wie groß sind die Wärme- bzw. Schrumpfspannungen im Strang bei den Temperaturen 50 und 15 °C? Gesucht: 1 bei #1 und 2 bei #2 : Lösung Anwendung der Gl. 2.15 1 N und E D 2;1  105 K mm2 #1 D 50 ı C ! #1 D #1  #0 D .50  25/ ı C D O C25 K  D ˛  #  EI ˛St D 1;2  105

1 D ˛St  #1  E D 1;2  105 1 D 63

N mm2

1 N  25 K  2;1  105 K mm2

.Druckspannung/

O 40 K #2 D 15 ı C ! #2 D #2  #0 D .15  25/ ı C D 2 D ˛St  #2  E D 1;2  105 2 D C101

N mm2

1 N  .40/ K  2;1  105 K mm2

.Zugspannung/

Beispiel 2.6 Der skizzierte Körper befindet sich zwischen zwei starren Wänden (Abb. 2.17). Wie groß ist die Spannung in den Querschnitten und welche Kraft F tritt dabei auf?

53

d1 = 40

d2 = 80

2.1 Zug- und Druckbeanspruchung

120

100

Abb. 2.17 Eingespannter Stahlstab

Das Freimachen (a) und Freischneiden (b) des eingespannten Stahlstabes ist in Abb. 2.18 dargestellt. # D 60 ı C ˛St D 1;2  105 K1 N E D 2;1  105 mm2 Lösung l I F D A l F1  l1 D ˛1  l1  #  E1  A1 F2  l2 D ˛2  l2  #  E2  A2

l D ˛  #  lges I  D E  " D E  l1 D l1therm  l1elast l2 D l2therm  l2elast

Es gilt die geometrische Bedingung: lges D l1 C l2 D 0 und F 1 = F 2 = F  .˛1  l1 C ˛2  l2 /# D F

a FA

l1

l1 l2 C E1  A1 E2  A2

l2

 !F D

.˛1  l1 C ˛2  l2 /# l1 E1 A1

C

l2 E2 A2

b FB

FA

Fi

Abb. 2.18 Freigemachter Stahlstab. a Freimachen: F A  F B = 0 ! F A = F B , b Freischneiden: F A  F i = 0 ! F A = F i (F i = innere Kraft)

54

2 Einfache Beanspruchungen

Hier ˛1 D ˛2 D ˛St I E1 D E2 D EI Ai D F D

di2 4

.l1 C l2 /  ˛St  #  E 220 mm  1,2  105  60  2;1  105 N     D 288:281 N D l1 l2 4 4 120 100 mm 2 C C mm 2 2 2 2 2  d  40 mm 80 d 1

2

D 288;28 kN F 288;28 kN N D  D 229;4 I 2 2 2 A1 mm 4  40 mm F 288;28 kN N D  D 57;4 2 D 2 2 A2 mm2  80 mm 4 1 D

2.1.4

Flächenpressung ebener und gekrümmter Flächen

Neben Spannungen in Bauteilen treten bei Druckbeanspruchungen auch Berührungsspannungen zwischen Körpern auf, die als Flächenpressung p oder Lochleibung pl bezeichnet werden. In Abb. 2.19 sind die Möglichkeiten der Spannungen zwischen zwei Körpern dargestellt. Eine Kraft kann von einem zum anderen Bauteil nur über eine bestimmte Querschnittsfläche übertragen werden (Abb. 2.20).

Druckspannung

ebene Flächen Flächenlast

Flächenpressung gekrümmte Flächen Punktlast Linienlast

F F

d

F

Flächenlast

l F F

F Kugel/Kugel

b

l

F

Zapfen/Lagerschale Lochleibung

Walze/Walze

F

s

F

d

F

F

Träger/ Fundament Kugel/Platte

Abb. 2.19 Spannungen zwischen zwei Körpern

Walze/Platte

F Bolzen/Laschen

2.1 Zug- und Druckbeanspruchung

55

a F

F

F

FN

p

c b F

F

F A1

A p1

p

p3

A3

A2 _

_

p

p2

p2

p3

Abb. 2.20 Flächenpressung an Bauteilen: a Lagerung eines Querträgers, b Axialführung einer senkrechten Welle, c Befestigung einer Maschine (eines Motors oder Getriebes bzw. einer Pumpe) am Fundament

Es sind folgende Fragen zu klären:  Wie groß ist die Belastung an den Auflageflächen?  Welche Belastung ist zulässig, damit keine unerwünschten Verformungen oder ein Bruch auftreten? Es wird von der allgemein üblichen Annahme für ebene Berührungsflächen (Abb. 2.20 und 2.26) ausgegangen, dass eine gleichmäßige Verteilung der Druckkraft auf die Flächen erfolgt. Für die Druckbelastung pro Flächeneinheit gilt: Flächenpressung p D

F A

mit

F ?A

(2.16)

Die Einheit der Flächenpressung ist gleich der Einheit für die Spannung in N/mm2 . Die Flächenpressung p ist aber ein Maß für eine von außen – an der Oberfläche des Bauteils – wirkende Belastung.

56

2 Einfache Beanspruchungen

Abb. 2.21 Flächenpressung an schräger Fläche

FH

F

α

FN FH

l

b

α

l’

Greift die Kraft F nicht senkrecht zur Auflage-/Berührungsfläche (Abb. 2.21) an, mit der Auflagefläche A = b  l, dann gilt: pD

F Aproj

mit Aproj D b  l 0

und l 0 D l  cos ˛ ) p D

F b  l  cos ˛

oder

F F FN D D (2.17) A A  cos ˛ b  l  cos ˛ mit der Bedingung: Die vorhandene Flächenpressung p muss  der zulässigen Flächenpressung pzul sein. Zu beachten ist hierbei, dass der Werkstoff mit der geringeren Festigkeit maßgebend ist. So ist z. B. bei einem Gelenklager aus Grauguss mit einem Bolzen aus Stahl das GraugussLagergehäuse gefährdet, nicht der Stahlbolzen. Anhaltswerte für die zulässige Flächenpressung pzul sind der Tab. 2.2 zu entnehmen. pD

Beispiel 2.7 In einem Produktionsgebäude soll im 1. Obergeschoss eine abgeschriebene Produktionsmaschine durch eine neue ersetzt werden. Aufgrund statischer Gegebenheiten darf die Deckenbelastung 2500 N/m2 nicht überschreiten. Die Maschine hat die in Abb. 2.22 angegebene Grundfläche und eine Masse von 1,223 t. a) Wie groß ist die Flächenpressung aufgrund der vorstehenden Angaben?

Tab. 2.2 Anhaltswerte für die zulässige Flächenpressung pzul ( dF = Quetschgrenze;  dB = Druckfestigkeit) Werkstoff Zähe Werkstoffe Spröde Werkstoffe

Zulässige Flächenpressung pzul dF pzul  1,2 dF pzul  2 pzul  2dB pzul  3dB

Belastung Bei ruhender Belastung Bei schwellender Belastung Bei ruhender Belastung Bei schwellender Belastung

2.1 Zug- und Druckbeanspruchung

57 2800

1300

1000

Abb. 2.22 Maschinengrundfläche

2100

b) Aus Sicherheitsgründen soll die Belastung 1750 N/m2 nicht überschreiten. Wie groß ist dann die Aufstandsfläche auszuführen?

a) Die Maschinengrundfläche beträgt: Ages D 2;8 m  1;3 m  2;1 m  0;3 m D 3;01 m2 FG D m  g D 1;223 t  1000 kg/t  9;81 m/s2  1 N  s2 /kg  m D 12:000 N Aerf D

FG 12:000 N m2 D D 4;8 m2 pzul 2500 N

b) Die zulässige Flächenpressung wird auf 1750 N/m2 gesenkt. Aerf D

FG 12:000 N m2 D D 6;86 m2 pzul 1750 N

Technische Lösung des Problems: Damit die geforderte Deckenbelastung nicht überschritten wird, könnten die errechneten größeren Aufstandsflächen aus Blech der Stärke 5–10 mm hergestellt werden, auf die die Maschine gestellt wird. Beispiel 2.8 Zwei Bauteile sind gemäß Abb. 2.23 ineinander gefügt. Das obere Bauteil ist aus Guss GJL und das untere Bauteil aus Stahl E295 gefertigt. Das obere Bauteil ist 600 mm lang und 250 mm breit. Wie groß darf die maximal übertragbare Kraft F zwischen den beiden Bauteilen höchstens sein, wenn von einer ruhenden Belastung auszugehen ist und die zulässige Flächenpressung für GJL 70 N/mm2 und E295 120 N/mm2 beträgt? F  pzul A F D p  A  pzul  A

pD

58

2 Einfache Beanspruchungen

Abb. 2.23 Zusammengefügte Bauteile

F GJL

E295

600

Gemäß Vorgabe muss mit dem geringeren Wert pzul D 70 N/mm2 gerechnet werden! N  600 mm  250 mm D mm2 F  10:500:000 N D 10;5 MN

F  pzul  A D 70

Bei geneigten Berührungsflächen hingegen wird die Flächenpressung mithilfe der projizierten Fläche Aproj gemäß Abb. 2.24b berechnet.

a

Flächenpressung an der Berührungsfläche zweier Körper (Berührungsfläche A)

F

b Kegelförmige Berührungsfläche und deren Projektion (projizierte Fläche Aproj) F

A

Aproj

Abb. 2.24 a Flächenpressung an der Berührungsfläche zweier Körper, b kegelförmige Berührungsfläche

2.1 Zug- und Druckbeanspruchung

59

Abb. 2.25 Kegelstiftverbindung

Ø 40

F Ø 20

Beispiel 2.9 Mit welcher Kraft F darf ein Kegelstift gemäß Abb. 2.25 gezogen werden, wenn die zulässige Flächenpressung 60 N/mm2 nicht überschreiten soll? pD

F Aproj

    2 N  2 40  202 mm2 D  d 2 D 60 4 mm2 F D 56:548;66 N  56;55 kN F D pzul  Aproj D pzul 

Pressung bei gekrümmten Flächen Bei Gleitlagerzapfen, Stiften oder Gelenkbolzen ist die Flächenpressung in Umfangsrichtung nicht konstant. Es handelt sich hier um eine komplizierte Verteilung der Pressung (Abb. 2.26b), die rechnerisch schwer erfassbar ist. Die maximale Flächenpressung tritt in Richtung der angreifenden Kraft auf. Man geht in diesem Fall wie folgt vor, indem die auf die projizierte Fläche Aproj des Bauteils (Bolzen/Zapfen) bezogene Kraft F (Abb. 2.27b) herangezogen und damit die mittlere Flächen-

Abb. 2.26 Flächenpressung an ebenen (a) und gekrümmten Flächen (b)

a

b

F

F

F

p p

p

60

2 Einfache Beanspruchungen b

F

F

pmax

d

a

b

p

d

Aproj

Abb. 2.27 Flächenpressung an gewölbten Berührungsflächen (Gleitlagerzapfen). a Verteilung der Pressung am Umfang, b auf die Projektionsfläche bezogene mittlere Flächenpressung

pressung pm oder pN berechnet wird: pm D pN D

F F D  pNzul Aproj d b

(2.18)

Durch entsprechend niedrigere Werte für pNzul wird berücksichtigt, dass die örtliche Flächenpressung viel höher ist. pN und pNzul sind wichtige Größen z. B. bei der Gleitlagerberechnung. Bei Passschrauben, Stiften, Bolzen und Nieten, die durch eine Kraft F beansprucht werden, spricht man vom Lochleibungsdruck oder von der Lochleibung pl (Abb. 2.28). F Lochleibungsdruck oder Lochleibung pl D (2.19) d s mit d = Bohrungsdurchmesser und s = Blechdicke. pl D

F d l

mit Aproj D d  l oder d  s

(2.20)

Die genaue analytische Formel zur Flächenpressung kann mit der Hertz’schen1 Theorie ermittelt werden. Beispiel 2.10 Wie groß ist der Lochleibungsdruck bei einer Nietverbindung mit 9 Nieten (Abb. 2.29)? F = 40 kN Lösung Aproj D d  s D 12 mm  10 mm D 120 mm2 pl D 1

F 40:000 N N D D 37 2 n  Aproj 9  120 mm mm2

Heinrich Hertz (1857–1894), deutscher Physiker.

2.1 Zug- und Druckbeanspruchung

61

F

l

A

A d

d

s pl

A-A

Abb. 2.28 Lochleibungsdruck oder Lochleibung

12

Abb. 2.29 Doppellaschennietung

120

15 10

F

F

Der Lochleibungsdruck in den Löchern des mittleren Bleches bzw. an den mittleren Abschnitten der Niete ist am höchsten. Gefährdet ist der schwächere Partner der Verbindung: Man muss pl für Niet und Blech prüfen.

2.1.5 Spannungen in zylindrischen Hohlkörpern Spannungen unter Innen- und Außendruck Es wird von der Annahme ausgegangen, ein Ring bzw. Zylinder/Behälter sei dünnwandig. Die Dicke s ist dann klein gegenüber dem Radius r. Das bedeutet, ein Ring/Behälter/Zylinder ist dünnwandig, wenn das Verhältnis s/r  0,1 ist. Wir betrachten einen Zylinder, der unter einem Innendruck p steht und fragen, welche Spannungen auftreten. Dazu wird der Zylinder längs und quer geschnitten und das Kräftegleichgewicht gebildet (Abb. 2.30 und 2.31).

62

2 Einfache Beanspruchungen

Abb. 2.30 Längs (a) und quer (b) geschnittener Zylinder unter Innendruck p

a

σt

p

σt

b σt

σt

l

p

p·A

σa s

Abb. 2.31 Längs geschnittener Zylinder unter Innendruck

d

s

F = σt·AW = σ t·l·s

F

s Aproj = d·l

p

l

d

Aus dem Kräftegleichgewicht

P

Fz D 0 (Abb. 2.31) )

2  t  AW D 2  t  l  s D p  d  l ) t D

pd pr D 2s s

(2.21)

Wie Abb. 2.30b und 2.32 zu entnehmen ist, sind auch in senkrechten Schnitten zur Achse Spannungen vorhanden. Kräftegleichgewicht:   d2 a  AS D p  A D a  d    s D p  ) 4 pd pr D (2.22) a D 4s 2s Bei Betrachtung der Gln. 2.21 und 2.22 ist erkennbar, dass die Tangentialspannung doppelt so groß ist wie die Axialspannung. Daher platzen Systeme, die unter Innendruck stehen (Behälter, Rohrleitungen, Würstchen), bei Überlastung der Länge nach auf (Abb. 2.33 und 2.34).

2.1 Zug- und Druckbeanspruchung

63

Abb. 2.32 Axialspannungen

σa F=

p·A

AS

Abb. 2.33 Längs aufgeplatztes Würstchen. (Foto: Heinrich Turk)

Abb. 2.34 Geborstener Feuerlöscher. (Foto: Lutz Barfels)

A s

Abb. 2.35 Spannungen in kugelförmigen Behältern

p

s d

d

B

σ

B

A

Schnitt A - A

d

σ

Schnitt B - B

s

64

2 Einfache Beanspruchungen

Die Gln. 2.21 und 2.22 werden auch als Kesselformel bezeichnet. Bei unter Innendruck stehenden kugelförmigen Behältern ist die Spannung im Blech (Abb. 2.35) überall gleich: Es gilt Gl. 2.22; d. h. gegenüber einem zylindrischen Behälter kann die Wandstärke bei gleichem Innendruck halbiert werden. Man verwendet die Gl. 2.21 auch zur Berechnung von Schrumpfspannungen, z. B. bei Presssitzen von Welle und Nabe. Beispiel 2.11 Auf einen Radkörper vom Durchmesser 850 mm soll ein Radreifen von 75 mm Dicke warm aufgezogen werden (Abb. 2.36). Der Radreifen aus Stahl mit E = 2,1  105 N/mm2 wird bei der Fertigung auf 849,2 mm Innendurchmesser ausgedreht. Wie groß ist die Spannung im Radreifen durch das Warmaufziehen und welche Pressung stellt sich ein? Annahme: Die Radscheibe ist starr, d. h. der Durchmesser der Radscheibe bleibt beim Aufziehen des Radreifens unverändert. Lösung l I hier: l D   di ) l D  .d  di / l .d  di / d  .d  di / DE DE  DE   di di di N N .850  849;2/ mm 0;8 N  D 2;1  105    D 2;1  105 D 197;8 2 2 mm 849;2 mm mm 849;2 mm2  DE "DE 

Abb. 2.36 Aufgezogener Radreifen

75

pi  d 2 s 2  197;8 N  75 mm N ) pi D D  35 2s d mm2 850 mm mm2

Radreifen

Radscheibe Ø 850

D

2.1 Zug- und Druckbeanspruchung

65 s

Abb. 2.37 Zylindrischer Druckbehälter

d

r2

s1

r1

s2

p

Beispiel 2.12 Ein zylindrischer Druckbehälter (Abb. 2.37) wird für die Druckluftversorgung eines Betriebes eingesetzt. Die Behälterböden sind kugelförmig ausgeführt. Der Betriebsdruck schwankt zwischen 6 und 8 bar. Gegeben: d = 3000 mm; l = 5000 mm; s = s2 ; E = 2,1  105 N/mm2 ;  zul = 120 N/mm2 . Zu ermitteln sind: a) die Wanddicken s und s1 und der Radius r2 bei einer 1,5-fachen Sicherheit, b) die Spannungen in den einzelnen Druckbehälterteilen. Lösung Umrechnung: 1 bar = 105 N/m2 = 0,1 N/mm2 pd pr D .Zylinder) 2s s p  d1 p  r1 pr D D .linker Boden mit r D r1 /  a1 D 4  s1 2  s1 2  s1 p  d2 p  r2 p  r2 a2 D D D .rechter Boden mit s D s2 / 4  s2 2  s2 2s t D

a) s 

pr zul

S D

0;8 N1500 mm mm2 mm2 120 N

 1;5 D 15 mm

pr 0;8 N  1500 mm mm2 S D  1;5 D 7;5 mm 2  zul 2 mm2  120 N zul  2  s 120 N  2  15 mm mm2 r2  D D 3000 mm pS mm2 0;8 N  1,5 s1 

66

2 Einfache Beanspruchungen

b) t D

pr s

D

0;8 N1500 mm mm2 15 mm

N D 80 mm 2

a D

pr 0;8 N  1500 mm N D D 40 2 2s 2 mm  15 mm mm2

 a1 D

pr 0;8 N  1500 mm N D D 80 2  s1 2 mm2  7,5 mm mm2

 a2 D

p  r2 0;8 N  3000 mm N D D 80 2 2s 2 mm  15 mm mm2

Beispiel 2.13 Ein Gasversorger plant einen Vorratsbehälter für Erdgas, der bei 10 bar Betriebsdruck ein Volumen V = 30.000 m3 fassen kann. Wie hoch sind die Materialkosten bei der Auslegung als Kugelbehälter mit dKugel = 38,55 m oder alternativ als zylindrischer Behälter mit dZyl = 25 m, einer Länge des zylindrischen Teils von l = 44,5 m und halbkugelförmigen Böden? Gegeben:  zul = 250 N/mm2 ; K Stahl = 1450 C/t. Lösung Eine Kugel hat ein Volumen von VKugel D

  d3 4 D   r3 6 3

und eine Oberfläche AKugel D 4    r 2 D   d 2 : Für den zylindrischen Behälter mit halbkugelförmigen Böden gilt: VZyl

  4 4 3 2 D r l C  r D r l C r 3 3 2

AZyl D 2    r  l C 4    r 2 D 2    r .l C 2r/ Beim zylindrischen Behälter bestimmt die höhere Spannung in Längsrichtung die Wanddicke nach Gl. 2.21: t D

pd pr pr D )sD 2s s zul

Mit p = 10 bar = 1 N/mm2 : serf D

1 N  12:500 mm mm2 D 50 mm mm2  250 N

2.1 Zug- und Druckbeanspruchung

67

Für den Kugelbehälter gilt die günstigere Spannung in den Quernähten nach Gl. 2.22: pd pr pr D )sD 4s 2s 2  zul 1 N  19:275 mm mm2 D D 38;55 mm 2 mm2  250 N D 40 mm gewählt

a D sKugel sKugel

Wir prüfen das Volumen der beiden Behälterformen nach:     4 4 VZyl D   r 2 l C r D   12;52 m2 44;5 m C  12;5 m 3 3 VZyl  30:025 m3 4 4   r 3 D   19;2753 m3 3 3  29:997 m3

VKugel D VKugel

Die Behälter besitzen nahezu das gleiche, geforderte Volumen. Zur Ermittlung der Halbzeugkosten berechnen wir das Volumen der Behälterwände:   VW,Zyl D AZyl  s D 2 r  l C 2r 2  s   D 2 12;5 m  44;5 m C 2  12;52 m2  0;05 m VW,Zyl  272;93 m3 VW,Kugel D AKugel  s D   d 2  s D   38;552 m2  0;04 m VW,Kugel  186;75 m3 Die Stahlmasse der beiden Behälter ergibt sich mit  = 7,85 t/m3 zu: mZyl D 2142;5 t mKugel D 1466 t Bei den genannten Kosten von K Stahl = 1450 C/t betragen die Halbzeugkosten: KZyl  3.106.625  KKugel  2:125:700  Selbst wenn man beim Kugelbehälter einen Verschnitt beim Zuschneiden der Mantelbleche von 20 % ansetzt, liegen die Kosten mit KKugel  2.550.840  noch deutlich unter denen des zylindrischen Behälters.

68

2 Einfache Beanspruchungen a

ω=2·π·n

F = m·rS ·ω2 ω = 2·π ·n

b

r

Fi=σ·A

rs

Fi=σ·A

di d Abb. 2.38 a Rotierender Ring; b frei geschnittene Ringhälfte

Spannungen durch Fliehkräfte Rotiert ein Ring oder Zylindersegment, so treten infolge der Fliehkräfte Spannungen auf (Abb. 2.38). Technisch ist dies interessant beim Schwungrad eines Verbrennungsmotors oder beim Schwungradspeicher zur Energiespeicherung. Die Zentrifugalkraft oder Radialkraft F r lässt sich mit Hilfe der Winkelgeschwindigkeit ! ermitteln: Fr D m  rs  ! 2 mit rs D

2  r D Radius des Schwerpunktes eines halben KreisringsI 

mD r A Aus der Gleichgewichtsbedingung: X

Fi D 0 ) 2

A D m rs ! 2 D 2

 D   r 2  !2

AD

 r A

2 r !2 

(2.23)

Mit der Umfangsgeschwindigkeit v = r  ! wird aus der vorstehenden Beziehung:  D   v2

(2.24)

In einem frei rotierenden Ring darf die maximale Spannung zul D RSBm nicht überschritten werden. Setzt man diese Beziehung in Gl. 2.24 ein, so kann die Grenzgeschwindigkeit v Grenz ermittelt werden: s r zul Rm (2.25) D vGrenz D    SB

2.2 Biegebeanspruchung

69

und damit die Grenzdrehzahl: v = r  ! = r  2    n )

nGrenz

q Rm SB vGrenz D D 2 r 2 r

(2.26)

Für den Fall des Reißens gilt SB = 1, dann wird Gl. 2.26: q nR D

Rm 

(2.27)

2 r

Beispiel 2.14 Ein dünnwandiger Stahlring mit dem Radius r = 250 mm und einer Zugfestigkeit Rm = 570 N/mm2 rotiert frei. Bei welcher Drehzahl reißt der Ring ( = 7,85 kg/dm3 )? Lösung Zerreißen: SB D 1 ! q q nR D

Rm SB

2  r D 171;55 s

r

Rm

D 1

D 2  r ¶ 10:293 min

570 N dm3 kg m 106 mm3 103 mm mm2 7;85 kg s2 N dm3 m 1

2  250 mm

2.2 Biegebeanspruchung 2.2.1

Herleitung der Gleichung zur Biegespannungsermittlung

Allgemeines zur Biegung Ein Balken wird auf Biegung beansprucht, wenn Momente senkrecht zur Balkenlängsachse angreifen.

70

l

a h

Biegebeanspruchung

2 Einfache Beanspruchungen

M

b a

M

F

F

a

c F

F

d

F

F

F

Biegemoment in einem Balken

F

F h

l

x

F

z

F/2

l/2

l/2 F/2

F/2

Mb = F·l/4

Eingespannter Balken mit Einzellast

F/2

F h

l

M = Mb = F·l

F

Ein Balken auf zwei Stützen wird durch eine mittig angreifende Kraft F belastet. Der Balken wird in der Mitte geschnitten und die Last F je zur Hälfte auf die Teilbalken verteilt. Man erhält je ein Kräftepaar der Größe F2  2l

F/2

l/2

l/2

F/2

a unbelasteter Balken, b Zwischen den beiden Lagern tritt reine Biegung auf. Der Balken wird mit zwei gleich großen, entgegengesetzt gerichteten Momenten an den Balkenenden belastet ) Deformation. c Die Momente werden durch je ein Kräftepaar der Größe F  a ersetzt. d Belastung einer Radsatzachse (F D O Lager- bzw. Radaufstandskraft). Zwischen Rad und Lager erfolgt eine Querbeanspruchung durch die Kräfte F. Es handelt sich um eine zusammengesetzte Beanspruchung aus Querkraft und Biegung

F

Aus Gleichgewichtsbedingungen am Teilbalken ergibt sich ein gleich großes, entgegengesetzt gerichtetes Moment: inneres Moment – das Biegemoment M b

Beim eingespannten Balken mit Einzellast F am Ende tritt an der Einspannstelle das Einspannmoment M = M b = F  l und eine entgegengesetzt gerichtete Kraft F als Reaktionskraft auf

2.2 Biegebeanspruchung

71

F

F F

z

y y

z

F

z

z y

y

y

y

y

y

z z

z

z

Abb. 2.39 Gerade Biegung (Belastung in der Symmetrieebene)

Annahmen bei der Herleitung der Beziehung für Biegespannung und -verformung Die weiteren Betrachtungen für die Biegung von Balken/Trägern erfolgen unter folgenden Annahmen:

s

1. Der Balken ist unbelastet gerade und besitzt einen konstanten Querschnitt A = b  h. 2. Die Querschnittsabmessungen (Breite b und insbesondere Höhe h) sind klein gegenüber der Balkenlänge (h  l). 3. Die äußere Belastung erfolgt in der Symmetrieebene der Querschnitte, d. h. „Gerade Biegung“ (Abb. 2.39). Eine gerade Biegung liegt vor, wenn die Belastung symmetrisch zur Querschnittsebene erfolgt (Abb. 2.39). 4. Es treten nur kleine Deformationen auf; der Angriff der Belastungen erfolgt am unverformten Balken. 5. Die Deformation des Balkens wird durch die Biegelinie der Balkenachse beschrieben (Biegelinie oder elastische Linie = Krümmungsradius der deformierbaren Balkenachse, s. Abschn. 4.1). 6. Die Querschnittsebenen sind vor und nach der Deformation eben, d. h. keine Querschnittsverwölbung (Abb. 2.40). 7. Für den Balkenwerkstoff gilt das Hooke’sche Gesetz; die E-Module für Zug und Druck sind gleich.

d

σ σ z

z

σ

innere Faser gestaucht

d

σ

äußere Faser gestreckt

Querschnitt gewölbt

neutrale Faser

Streckung

Stauchung

Annahme 6

Abb. 2.40 Tatsächliche Verformung des Querschnittes beim Biegeumformen

72

2 Einfache Beanspruchungen

Abb. 2.41 Balken mit Einzellast

l a

F

b

F

A

B

x z

FA

FB

8. Die auftretenden Spannungen liegen unterhalb der Proportionalitätsgrenze. 9. Der untersuchte Querschnitt liegt nicht in der Nähe eines Lastangriffspunktes oder eines Auflagers, damit es zu keiner Spannungskonzentration kommt. Im Gegensatz zur vorstehenden Annahme 6 wölbt sich als Folge der plastischen Verformung der Querschnitt beim Biegeumformen wie in Abb. 2.40 dargestellt, da der Hooke’sche Bereich nicht mehr gültig ist (Plastizitätstheorie). Ermittlung des Biegemomentes Bislang wurde die reine Biegung betrachtet. Nun soll die Biegung, die durch eine Querkraft F q verursacht wird, untersucht werden. Dazu nehmen wir einen Balken, der auf zwei Stützen gelagert und durch eine außermittig angreifende Kraft F belastet ist (Abb. 2.41). Gleichgewicht: X Fz D 0 D FA  FB C F X MA D 0 D F  a C FB  l ) a FB D F  l b FA D F  l Für die weitere Betrachtung soll folgende Vorzeichendefinition gelten: I Die z-Achse in Richtung der Durchbiegung ist positiv. Ein Moment, das auf der positiven Seite der z-Achse eine Zugspannung hervorruft, ist positiv (Abb. 2.42).

Abb. 2.42 Vorzeichenregel

Mb

Mb

+

x z

Fq

Fq

2.2 Biegebeanspruchung

73

Abb. 2.43 Schnittufer des geschnittenen Balkens

Linkes Schnittufer:

Rechtes Schnittufer:

Fq

Fq I FA

Mb

Mb II FB

x

x z

z Mb

Mb FA·x x

FB·x x

Fläche FA ·x

Fq

Fq Fläche FB ·x

FA x

FB - FB

Zur Berechnung des Biegemomenten- und des Querkraftverlaufs schneiden wir den Balken in der Entfernung x vom Auflager und betrachten die beiden Schnittufer (Abb. 2.43) mit den Gleichgewichtsbedingungen für die Momente und Kräfte: Linkes Schnittufer: MI D 0 D FA  x C Mb Mb D FA  x D F bl  x P FI D 0 D FA C Fq Fq D FA Stelle des Kraftangriffes von F : Linkes Schnittufer: x D a Mb D F  bl  a P

Rechtes Schnittufer: MII D 0 D FB  x C Mb Mb D FB  x D F al  x P FII D 0 D Fq  FB Fq D FB

P

Rechtes Schnittufer: x D b Mb D F  al  b

) Mb D F 

ab l

Der Momenten- und Querkraftverlauf ist in Abb. 2.44 dargestellt. Der Fall der konstanten Streckenlast q wird in analoger Weise untersucht. Abb. 2.45 zeigt einen Träger auf zwei Stützen mit Streckenlast q. Auflagerkräfte (Abb. 2.46): FA D

ql ql I FB D 2 2

(2.28)

74

2 Einfache Beanspruchungen

Abb. 2.44 Momenten- und Querkraftverlauf für den Fall Einzellast F

Mb

M b = F·

a·b l

x Fq F

FA

FB

Abb. 2.45 Träger auf zwei Stützen mit Streckenlast q. Der gezeigte Brückenträger („Fischbauchträger“) ist ein Träger gleicher Festigkeit, d. h. der Querschnitt ist dem Biegemomentenverlauf angepasst

q

x

l

Träger auf zwei Stützen mit Streckenlast

q· l 2 Mb M ( x) = q (l·x – x 2 ) = b 2 8 max Biegemomentenverlauf

Brückenträger aus der ehem. Okerbrücke Fallersleber Tor, Braunschweig

Gleichgewicht siehe Abb. 2.46: X

MI D 0 D Mb  FA  x C q  x  x2 Mb D FA  x  q 2  q Mb D l  x  x2 2

x 2

x

2.2 Biegebeanspruchung

75

Abb. 2.46 Balken mit Streckenlast

l q

q·x

q·l

Fq I Mb

x/2

FA

FA

FB

x z

X

FI D 0 D FA C p  x C Fq

Fq D FA  q  x q Fq D .l  2x/ 2 Das maximale Biegemoment tritt bei l / 2 auf:     q l l2 q  l2 l D Mbmax D l  D Mb x D 2 2 2 4 8     q l l Fq x D D l 2 D0 2 2 2 Der Momenten- und Querkraftverlauf ist Abb. 2.47 zu entnehmen. Abb. 2.47 Momenten- und Querkraftverlauf für den Fall konstanter Streckenlast q

Mb

Fq

M

bmax

=

q·l 2 8

x

l/2

FA x FB

76

2 Einfache Beanspruchungen

Für den Fall der Einzellast F und der Streckenlast q gilt: Einzellast F : Streckenlast q:   Mb = bl  x  F Mb = p2 l  x  x 2 Fq = bl  F Fq = q2 .l  2x/ Mb d Mb Fq D lim ) Mb0 D ) die Querkraft Fq ist die Ableitung des Biegemomentes. x!0 x dx Allgemeine Lösung für den Biegemomentenverlauf Es fehlt noch der Beweis über die Allgemeingültigkeit der unter Abschnitt „Ermittlung des Biegemomentes“ hergeleiteten mathematischen Beziehungen. Zu diesem Zweck setzen wir eine Streckenlast mit beliebigem Verlauf an. Dazu wird ein Teilelement dx des Trägers (Abb. 2.48) betrachtet und es werden die Gleichgewichtsbedingungen aufgestellt. Gleichgewicht am Teilelement: X

  dx D0 MI D 0 D .Mb C d Mb /  Mb  Fq C d Fq  dx  q  dx 2 q d Mb  Fq  dx  d Fq  dx  .dx/2 D 0 2

Größen mit zwei Differenzialen (hier: dF q  dx und dx  dx = dx2 ) können vernachlässigt werden. Es wird: d Mb  Fq  dx D 0 d Mb Fq D dx Abb. 2.48 Allgemeine Lösung des Biegemomentenverlaufs

x FA

z

dx

FB

dx q·dx

Fq

Fq + dFq

I Mb

Mb + dMb

2.2 Biegebeanspruchung

77

Durch Umstellen dieser Gleichung nach dM b = F q  dx erhält man M b durch Integration: Z Mb D Fq  dx X   Fz D 0 D Fq C q  dx C Fq C d Fq D 0 q  dx C d Fq D 0 qD

d Fq d 2 Mb D dx d x2 Z

Fq D 

q  dx

Als Ergebnis kann festgehalten werden:  die Integration der Streckenlastfunktion ergibt den Querkraftverlauf,  die Integration des Querkraftverlaufes ergibt das Biegemoment. Beispiel 2.15 Wir kommen zurück auf Finn Niklas’ Dreirad aus Beispiel 2.2. Abb. 2.49 stellt die Seitenansicht von rechts des freigemachten Rahmens von der rechten Seite dar; unten ist der Rahmen ohne Gabel dargestellt, wobei das Versatzmoment M bv am vorderen Rahmenende eingetragen ist. Im Maschinenbau ist es üblich, das Eigengewicht der Bauteile zu vernachlässigen, da die aus Eigengewicht resultierenden Kräfte meist gegenüber den äußeren Kräften gering sind. Mit den aus der Statik bekannten Methoden ermitteln wir nun die Auflagerkräfte, die

l1

l3

FF

z

y

l2

x

Fv

Fh

FF M bv

Fv Fh

Abb. 2.49 Frei gemachter Dreiradrahmen von der Seite

78

2 Einfache Beanspruchungen

M bv M bmax

Fh FF

Fv

Abb. 2.50 Momenten- und Querkraftverlauf über dem Längsrohr des Dreiradrahmens

hier den Radaufstandskräften entsprechen. Wir setzen zunächst im Befestigungspunkt des Sitzes Finn Niklas’ Gewichtskraft mit F F = 550 N an und berechnen die Auflagerkräfte, d. h. hier die Radaufstandskräfte. F h ist zunächst die Achslast der Hinterachse. X X

Fz D 0 D Fh C Fv  FF ! Fv D FF  Fh M.V / D 0 D Fh .l1 C l2 /  FF  l2 ! Fh D

FF  l2 l1 C l2

Mit den Abmessungen des Dreirads l1 = 450 mm, l2 = 1150 mm und l3 = 300 mm erhalten wir für die Hinterachslast F h = 395,3 N und für die Vorderradlast F v = 154,7 N. Für die Berechnung der Beanspruchungsgrößen des Rahmens ist es sinnvoll, das vordere Rahmenende ohne die Gabel zu betrachten. Am vorderen Rahmenende wirkt dann die Vorderradlast F v = 154,7 N und ein Versatzmoment M bv = F v  l3 = 46.410 Nmm, siehe Abb. 2.50 unten. Abb. 2.51 zeigt den Querkraft- und den Momentenverlauf über dem Rahmenrohr von der rechten Seite aus gesehen. Für das maximale Biegemoment erhält man M bmax = F h  l1 = 177.885 Nmm. Die größte Querkraft tritt am Sitzbefestigungspunkt mit F qmax = F F = 550 N auf. Als Nächstes betrachten wir jetzt das Dreirad von hinten, um die Radaufstandskräfte an der Hinterachse sowie den Biegemomenten- und den Querkraftverlauf über dem Querrohr des Rahmens zu ermitteln, Abb. 2.51. Aus Symmetriegründen ist F hl = F hr = F h / 2 = 197,7 N. Das größte Biegemoment tritt in Rahmenmitte auf. Mit b / 2 = 350 mm ergibt es sich zu M bmax = 69.195 Nmm. Die größte Querkraft an derselben Stelle beträgt F qmax = F h = 395,3 N. Mit diesen Belastungen des Dreiradrahmens werden wir nun in den folgenden Kapiteln die Festigkeit und in Kap. 4 auch die Steifigkeit bzw. die Verformungen des Rahmens ermitteln.

2.2 Biegebeanspruchung

79 Fh

b/2

b/2

Mb

F hl F hl

F hr

z

F hr

Fq x

y

Abb. 2.51 Dreiradrahmen von hinten: angreifende Kräfte, Momenten- und Querkraftverlauf

Verteilung der Biegespannungen im Balken Gesucht sind die Kräfte und Momente in den einzelnen Querschnitten eines auf Biegung beanspruchten Balkens und die daraus resultierenden Spannungen, Abb. 2.52. Ansatz: Wenn sich der gesamte Balken im Gleichgewicht befindet, dann befinden sich auch seine Teilabschnitte im Gleichgewicht (s. Abschn. 1.3)! Gesucht werden die Kräfte und Momente im Schnitt an der Stelle „a“ im Abstand x vom Lager A. Bedingung für den linken Teilabschnitt: † F iz = 0: Damit Gleichgewicht herrscht, muss eine Kraft vorhanden sein, die der Auflagerkraft F A entgegengerichtet ist; es ist die Querkraft F q = F A . Die Querkraft F q bewirkt ein Verschieben der einzelnen Querschnitte gegeneinander. Die Querkraft F q und die Auflager-

Abb. 2.52 Teilbalken, freigemacht

l x

b

F a

z

Fq

A

F

Mb FA

B

Mb = F·x

Mb Fq

FB

Fq

h

e

Fi FA

x

h

x

Fi

80 M

M h

Abb. 2.53 Reine Biegung des Balkens

2 Einfache Beanspruchungen

M

Mb = M M

Mb Fi h

e

M

Fi

kraft F A bilden ein Kräftepaar. Aus dem Momentengleichgewicht (†M i = 0) folgt die Forderung nach einem gleich großen Biegemoment der Größe M b = F A  x. M b wird durch ein inneres Kräftepaar ersetzt, d. h. M b = F i  e = F A  x. Erkenntnis  Infolge des Kräftepaares F i tritt im oberen Bereich eine Druckkraft (führt zu einer Druckspannung  d ) und im unteren Bereich eine Zugkraft auf (ergibt eine Zugspannung  z , Abb. 2.52 unten).  Wenn l h (und „a“ nicht zu nah am Lager), ist der Abstand e viel kleiner als x und damit F i F A = F q , d. h. die innen wirkende Kraft F i ist viel größer als die Querkraft und die Biegebeanspruchung ist viel größer als die Schubbeanspruchung. Am rechten Schnittufer wirken die gleiche Querkraft und das gleiche Biegemoment wie am linken Schnittufer nur mit anderem Vorzeichen, es ist die Bedingung „actio = reactio“ erfüllt. Im Fall der reinen Biegung (Abb. 2.53) wird der Balken nur durch Momente auf Biegung beansprucht (F q = 0). In jedem beliebigen Schnitt treten nur zwei gleich große Kräfte auf, die Zug- und Druckbeanspruchung verursachen, und damit positive oder negative Normalspannungen. Von Interesse sind die Größe und die Verteilung dieser Normalspannungen. Für die weitere Betrachtung gehen wir von folgender Modellvorstellung aus: Der Teilabschnitt des Balkens wird mit einem Raster versehen (Abb. 2.54). Reine Biegung durch angreifende Momente (Abb. 2.54):  Die vorher horizontal liegenden Geraden gehen in flache Kreisbögen über.  Die senkrechten Linien (AE, BD) neigen sich nach oben hin, ohne sich dabei zu verformen: die obere Faser wird verkürzt, die untere Faser verlängert. Die Länge der mittleren Faser (FC = F 0 C0 ) bleibt unverändert; man nennt sie auch neutrale Faser.  Von F = F 0 bzw. C = C0 nehmen die Verlängerung bzw. Verkürzung bis zum Rand linear zu.

2.2 Biegebeanspruchung

81

Abb. 2.54 Balken mit Raster

E

D

F

M

C

A

B

E E'

D D'

F = F'

C = C'

A A'

B B'

M

Bei Werkstoffen, die dem Hooke’schen Gesetz folgen ( "), nimmt die Spannung von der neutraler Faser ausgehend linear nach außen zu, d. h. die maximale Zug- bzw. Druckspannung tritt in der jeweiligen Außenfaser auf (Abb. 2.55). Gesucht sind bei gegebenem M b die maximalen Spannungen  z max = ? und  d max = ? Wir betrachten einen Balken mit Rechteckquerschnitt der Höhe h und Breite b. Mit der Annahme, dass Symmetrie herrscht und dass die neutrale Faser durch den FlächenschwerO  max (Abb. 2.55). punkt S geht, gilt:  z max =  d max D Die Kraft F i entspricht der resultierenden Kraft der durch die Spannung verursachten Flächenbelastung je Querschnittshälfte. Es gilt: Z F D AD

Z   dA D

Zh=2 h   b  dh D b   dh D   b  2

und somit

0

Fi D

1 h max   b 2 2

(2.29)

Abb. 2.55 Spannungsverteilung im Querschnitt eines Biegebalkens

h

σd max

Neutrale Faser

σ z max

82

2 Einfache Beanspruchungen σmax z 1 h 3 2

z

·

e

h 2

y S

y

Fi

=

Mb

1 h 3 2

h 2

Fi

·

b

σmax

Abb. 2.56 Spannungsverteilung und innere Kräfte bei Biegung eines Balkens mit rechteckigem Querschnitt z

dA Fi

y e 2

dz

h 2

σmax

1∙ h 32

Abb. 2.57 Lage der Kraft F i

S b

Die Lage von F i (d. h. die Wirklinie) geht durch den Flächenschwerpunkt der dreieckförmigen Streckenlast im Abstand 13  h2 von der Außenfaser (Abb. 2.56 und 2.57). Dreiecksfläche: Z Fi D

Zh=2   dA D 0

1 h Fi D  max   b 2 2 e h 1h h D  D 2 2 32 3

max max  b  z  dz D b h=2 h=2

Zh=2 z  dz D 0

max h=2  ) D mit z D z max h=2

2.2 Biegebeanspruchung

83

h

h

b b

m

m

Abb. 2.58 Einfluss der Balkenhöhe auf die Steifigkeit eines Balkens

Der Abstand e der beiden inneren Kräfte F i beträgt: e Dh2

1h 2 D h 32 3

(2.30)

Das innere Moment ist mit dem äußeren Moment im Gleichgewicht: O Mb D Mi D Fi  e D

1 h b  h2 2 max   b  h ) Mb D max  2 2 3 6

(2.31)

Der Term b  h2 / 6 ist ein Maß für den Widerstand, den ein Balken mit rechteckigem Querschnitt einer Biegebeanspruchung entgegensetzt, man nennt ihn auch das Widerstandsmoment W des Rechteckquerschnittes. Die Einheit des Widerstandsmomentes wird in cm3 angegeben. Das Widerstandsmoment W ist proportional zur Breite b, aber proportional zum Quadrat der Höhe h2 des Querschnitts. Am Beispiel eines Holzbrettes (Abb. 2.58) soll der Begriff des Widerstandsmomentes verdeutlicht werden. Liegt das Brett flach auf, dann biegt es sich bei Belastung durch (biegeweich), steht das Brett hochkant, dann tritt keine sichtbare Durchbiegung auf (biegesteif). Biegespannungsverteilung für beliebige Querschnitte Bei beliebigen Querschnitten wird eine Aufteilung der Querschnittsfläche in schmale Streifen der Größe dA senkrecht zur Belastungsebene vorgenommen (Abb. 2.59b). Je R Streifen wird die innere Teilkraft dF i =   dA betrachtet. Aus † dF i = 0 ) dFi D R  dA D 0.  z D zmax und somit  D Da  z ist (Abb. 2.59a), gilt gemäß ähnlicher Dreiecke: max R R z z max  zmax . Aus  dA D 0) max  zmax dA D 0. R max zdA D 0 und damit Da  max und zmax konstant sind ) zmax Z zdA D 0

(2.32)

84

2 Einfache Beanspruchungen

Belas tungs ebene

a

z

b z

y S y

Balk enac h

S

se

er

Fas

x

z

zmax

e tral neu

S Mby

z

y

dFi = σ·dA dA

Abb. 2.59 Teilbalken, freigemacht

R

zdA D 0 bedeutet, dass die Koordinatenachse durch den Flächenschwerpunkt geht. Damit ist der Beweis erbracht, dass die neutrale Faser im Schwerpunkt der Querschnittsfläche liegt (Abb. 2.59a). Bezüglich der neutralen Faser gilt: O z    dA d My D z  d Fi D Z Z Z Mby D d My D z    dA ) Mb D

z2 max dA zmax

Der allgemeine Zusammenhang zwischen äußerem Biegemoment M b und der maximalen Biegespannung lautet: R Mb D max

z 2 dA zmax

(2.33)

Der Wert in eckigen Klammern ist das Widerstandsmoment W eines beliebigen Querschnittes bei einer Belastung um die y-Achse (Biegemoment um die y-Achse): R Wy D

z 2 dA zmax

(2.34)

Bei Belastung um die z-Achse durch ein Moment M bz : R Wz D

y 2 dA ymax

(2.35)

2.2 Biegebeanspruchung

85

R R mit Iy D z 2 dA und Iz D y 2 dA, den Flächenträgheitsmomenten oder (axialen) Flächenmomenten 2. Grades (s. Abschn. 2.2.2), ergibt sich: Wy D

Iy zmax

und Wz D

Iz ymax

(2.36)

mit den Schwerpunktachsen y und z. Der Zusammenhang zwischen den auftretenden Biegemomenten (M by , M bz ) und den damit verbundenen Spannungen ist Abb. 2.60 zu entnehmen. Da eine lineare Spannungsverteilung vorliegt, gilt:  D z D

Mb z Iy

(2.37)

(Geradengleichung mit der maximalen Spannung an der Stelle z = zmax ): max D

Mb Mb zmax D O Iy Wy

(2.38)

Nachfolgend wird die maximale Spannung in der Außenfaser mit  bmax bezeichnet (mit b für Biegung) und Index „max“ für die Biegespannung im höchst beanspruchten Querschnitt des Balkens (bei M bmax ). Allgemein lautet die Grundgleichung/Hauptgleichung der Biegung: b D mit Wb D

I emax

Mb Wb

(2.39)

und M b : Biegemoment im untersuchten Querschnitt und emax = zmax .

z

z

Mbz σd

σd

ma x

ma x

y

y Mby

σz

ma x

x

σz

x ma x

Abb. 2.60 Biegemoment und Spannungsverteilung in Abhängigkeit der Drehachsen der Biegemomente

86

2 Einfache Beanspruchungen Biegung

σ bdmax Mb

• Lineare Spannungsverteilung

Neutrale Faser

Mb

σbzmax

• Größte Biegespannung σ b max in der von der neutralen Faser am weitest entfernten Randfaser (Zug und Druck) => Werkstoffteilchen erfahren hier die größte Beanspruchung. • Keine Beanspruchung des Teilchenverbundes in der neutralen Faser => schlechte Werkstoffausnutzung. • Querschnitt möglichst so gestalten, dass Teilchen im beanspruchten Teil liegen und nicht im Bereich der neutralen Faser.

Abb. 2.61 Eigenschaften der Biegebeanspruchung

I Das (axiale) Flächenmoment 2. Grades kann auch als ein Maß für die Steifigkeit eines Querschnitts gegen Biegung aufgefasst werden. Die Eigenschaften der Biegebeanspruchung sind in Abb. 2.61 zusammengefasst. Beispiel 2.16 Ein Doppel-T-Träger aus Stahl (Abb. 2.62), der außen gelagert ist, wird mit einer Masse von 1000 kg mittig belastet. Es kann ein Träger aus S235JR oder ein Träger höherer Festigkeit aus S355JR eingesetzt werden. Welcher Träger ist günstiger, wenn die auftretende Biegespannung die zulässige Spannung nicht überschreiten soll? Gegeben: l = 3 m; Smin = 1,5 S235JR: Re = 235 N/mm2 S355JR: Re = 355 N/mm2 Abb. 2.62 Träger aus Beispiel 2.16

F l/2

F

l/2 y

y

2.2 Biegebeanspruchung

87

Lösung F l mgl 1000 kg  9;81 m N s2  3 m  D D D 7357 Nm 2 2 4 4 s2 kg m Re Mb D I Wberf D Smin zul

Mb D zul

Nach der Berechnung des erforderlichen Widerstandsmomentes W berf können die notwendigen Träger aus Tabellen ausgewählt werden (z. B. [10]. TB 1–11). Material Re Smin N/mm2

zul N/mm2

W berf I nach cm3 DIN 1025

Wy cm3

S235JR 235 S355JR 355

157 237

46,9 31

53,0 34,2

1,5 1,5

IPE 120 IPE 100

Bezog. Masse kg/m 10,4 8,1

Kosten Kosten C/t C 1800 1950

56,16 47,39

Es zeigt sich, dass der Träger aus S355JR aufgrund seiner höheren Streckgrenze einen kleineren Querschnitt erfordert, der dazu führt, dass er trotz höherer Kosten C/t die günstigere Variante darstellt.

2.2.2

Flächenmoment 2. Grades

Der Begriff des Momentes als Produkt F  a ist aus der Statik bekannt. Analog zu diesem Moment wird das Flächenmoment als Produkt Fläche mal Abstand von einem Bezugspunkt oder einer Bezugsachse gebildet. Man geht dabei folgendermaßen vor: Teilt man eine Fläche A in kleine Flächenelemente dA auf und multipliziert jedes Flächenelement dA mit dem Abstand y bzw. z (bzw. dem Quadrat des Abstandes) von der Koordinatenachse der Fläche A und addiert sämtliche Produkte über die gesamte Fläche A, dann erhält man die Flächenmomente (Abb. 2.63). Diese Größen treten in Form von Integralen auf. Die Flächenmomente 1. Grades oder statischen (linearen) Flächenmomente lassen sich wie folgt berechnen: Z Z (2.40) Hy D zdA und Hz D ydA: A

A

Liegt der Schwerpunkt S der Fläche A auf der y-Achse, so ist Z zS D 0 ) Hy D

zdA D 0 oder auf der z-Achse; dann wird A

Z

yS D 0 ) Hz D

ydA D 0 A

88

2 Einfache Beanspruchungen

Abb. 2.63 Flächenmomente

z dA

z

A

y

S y

d. h. Flächenmomente erster Ordnung bezogen auf die Achsen durch den Schwerpunkt S (Schwerpunktachsen) einer Fläche A sind stets Null. Flächenmomente erster Ordnung werden bei der Berechnung von Schubspannungen infolge von Querkräften (Abschn. 2.3.3 und 2.3.4) benötigt. Für die Koordinaten des Schwerpunkts gilt (Abb. 2.64): yS D

1 A

Z ydA und zS D

1 A

Z zdA

(2.41)

Für einfache, aus Teilflächen zusammengesetzte Flächen gilt: yS D

n 1 X .yi  Ai / Ages i D1

und zS D

n 1 X .zi  Ai / Ages i D1

(2.42)

LiegtR der Schwerpunkt R im Koordinatenursprung (yS = zS = 0), dann sind, wie bereits gesagt ydA = 0 und zdA = 0. Somit können je nach Lage des Koordinatensystems bezogen auf den Schwerpunkt die Flächenmomente 1. Grades positiv, negativ oder null sein. Abb. 2.64 Schwerpunktkoordinaten

z y

dA A (=Ages)

r ys 0

S zs

z

y

2.2 Biegebeanspruchung

89

Die axialen Flächenmomente 2. Grades (auch Flächenträgheitsmomente genannt) Z (2.43) Iy D z 2 dA bezogen auf die y-Achse Z Iz D

y 2 dA bezogen auf die z-Achse

(2.44)

sind stets positiv. Ihre Größe hängt von den betrachteten Achsen ab. Sie sind ein Maß für die Steifigkeit eines Querschnitts und kommen als Rechengröße bei der Ermittlung von Spannungen infolge von Biegung (Abschn. 2.2), Torsion (Abschn. 2.4) und bei der Untersuchung der Stabilität bezüglich Knicken (Kap. 5), Kippen, Beulen usw. vor. Die Flächenmomente 2. Grades werden in Anlehnung an die Massenträgheitsmomente auch als Flächenträgheitsmomente bezeichnet, obwohl Flächen in diesem Sinn keine Trägheit besitzen. Eine Integration ist möglich, wenn die Fläche A von einfach erfassbaren mathematischen Funktionen begrenzt ist. Ansonsten erfolgt eine Näherungslösung durch Summation, ausgehend von Flächenstreifen parallel zur betrachteten Achse. Statt der Integration wird eine Summenbildung vorgenommen: Iy D

n X

zi 2  Ai

und Iz D

i D1

n X

yi 2  Ai

(2.45)

i D1

2.2.3 Flächenmomente einfacher geometrischer Flächen Am Beispiel des Rechtecks, Dreiecks und des Vollkreises bzw. der Kreisringfläche werden die Flächenmomente 2. Grades hergeleitet. a) Rechteckquerschnitt (Flächenmoment bezogen auf die y-Achse, Abb. 2.65), es gilt Gl. 2.43: Z Iy D

z 2 dA mit dA D b  dz Zh=2

Iy D

Zh=2 z  b  dz D b 2

h=2

h=2

ˇh=2 z 3 ˇˇ z dz D b ˇ 3 h=2 2

3

Iy D bh = Flächenmoment 2. Grades. 12 Für das Widerstandsmoment gilt: Wy D

Iy b  h2 D h=2 6

90

2 Einfache Beanspruchungen

Abb. 2.65 Rechteckquerschnitt

dz

z

dA

h

z

y

b

Entsprechend gilt für die z-Achse: Iz D

b3  h 12

und Wz D

Iz b2  h D b=2 6

Für die Flächenmomente des Rechteckquerschnitts bezogen auf die Achsen gilt: Iy D

b  h3 12

und Iz D

b3  h 12

(2.46)

und für die Widerstandsmomente: Wy D

Iy b  h2 D h=2 6

und Wz D

Iz b2  h D b=2 6

(2.47)

Das Ergebnis entspricht der Gl. 2.31. b) Dreiecksquerschnitt (Flächenmoment bezogen auf die y-Achse), gemäß Abb. 2.66: dA D y  dz Z Z Iy D z 2 dA D z 2  y dz Die Breite y des Flächenelementes in Abhängigkeit von z können wir aus der Gleichung der Hypotenuse des Dreiecks im y-z-Koordinatensystem (Geradengleichung) berechnen:  z h z D  y C h und y D b 1  b h  3 ˇh Zh   z z z 4 ˇˇ 2 dz D b  Iy D b z 1  h 3 4h ˇ0 0

Iy D

b  h3 12

(2.48)

2.2 Biegebeanspruchung

91

Abb. 2.66 Dreiecksquerschnitt

z

h

dz

dA

z y

y b

Zu beachten ist, dass diese Gleichung bezogen auf die Grundseite des Dreiecks (yAchse) gilt. Dies entspricht dem I AB in Tab. 2.3, Zeile 1. c) Vollkreis und Kreisringfläche: Für den Kreis gilt: y2 + z2 = r2 . Gemäß Abb. 2.67 ist dAR= r  dr  d'. R Für die axialen Flächenmomente gilt allgemein: Iy D z 2 dA und Iz D y 2 dA. Addieren wir die beiden axialen Flächenmomente I y und I z , dann erhält man Z Iy C Iz D



 z 2 C y 2 dA mit y 2 C z 2 D r 2 )

Z r 2 dA:

Da Symmetrie vorliegt, ist I y = I z = I a (axiales Flächenmoment) und somit: I y + I z = 2  I a “

Z 2  Ia D

r 2 dA D Zr Z'

2  Ia D

r 2  r  dr  d'I

1 r  dr  d' D r 4 4

Z2 d' D

3

0

0

 2  Ia D r 4 2 2  Ia D Ip D

dA D r  dr  d' 1 4 r  'j2 0 4

0

)

Ia D Iy D Iz D

 4 r 2

 4 r 4

mit Ip = polares Flächenmoment 2. Grades rD

d  4 ) Ip D d 2 32

Iy D Iz D

 4 d 64

(2.49)

92

2 Einfache Beanspruchungen

Abb. 2.67 Kreisfläche

z

dr

r

dA

dφ y

Da alle axialen Flächenmomente gleich groß sind, liegt Symmetrie vor: Z Iy D Iz D Ia ) Iy C Iz D 2  Ia D

 2  z C y 2 dA D Ip

bzw. Ia D

1 Ip 2

Die axialen Flächenmomente für den Vollkreis- und den Kreisringquerschnitt (ohne Herleitung) lauten:  4 Vollkreis: Ia D (2.50) d 64    4 Kreisring: Ia D (2.51) D  d4 64

Tab. 2.3 Flächenmomente 2. Grades und Widerstandsmomente geometrischer Flächen Fläche

e1

1 S

e2

y

A

b

2

S

y

z b

y

h

z

Randfaserabstand e1 D 23 h e2 D 13 h

Flächenmoment

eD

Iy D Iz D

y

3

Iy D bh 36 3 IAB D bh 12

Widerstandsmoment W1 D W2 D

bh2 24 bh2 12

Wy D Wz D

bh2 6 hb2 6

B

h 2

bh3 12 hb3 12

2.2 Biegebeanspruchung

93

Tab. 2.3 (Fortsetzung) Fläche 3 e2

a

S

y

Flächenmoment

e1 D

Iy D b H 12h

Iy D Iz D ID D

Widerstandsmoment a4 12

3

Wy D a6 3p WD D a12 2

e1

z

D

Randfaserabstand e1 D a2 e2 D pa2 y

z

D

a

4 S

y

H 2

3

h Wy D b H6H

3

3

3

H

h

z

y z b

5

z

eD

d 2

Iy D Iz D Id D

eD

D 2

Iy D Iz   D 64 D4  d 4

 4 d 64

 3 Wy D 32 d D 0;1  d 3

S y

y z d

6

d z

y

S

y

Wy D Wz  D4 d 4 D 32 D D  d = 2  s, d. h. kleine Wandstärke 3 2 Iy D 8 Dm s Wy D 4 Dm s

z D

7 y

S

y

e2

e1

z

A

z

B

e1 D r  e2 Iy D 0;00686  d 4  D 0;288  d IAB D Iz D 128 d4 4 r e2 D 3   D 0;212  d

Wy D

Iy e1

94

2 Einfache Beanspruchungen

Tab. 2.3 (Fortsetzung) Fläche 8

Flächenmoment

Widerstandsmoment

Iy D Iz D

 3 64 B  H  3 H B 64

 Wy D 32 B  H2  0;1  B  H 2  Wz D 32 H  B2  0;1  H  B 2

eD

Iy D Iz D

 s 32  s 32

H

a

z

Randfaserabstand e D H2 D a

S

y

y

z

b B

9

z

H 2

H

s S

y

 H 2 .3B C H /  B 2 .3H C B/

y

 Wy D 16 s  H .3B C H /  Wz D 16 s  B .3H C B/

z B p

10

e D 1 R  Iy D 516 3  R4 p 2 D 0;5413  R4 3 D 0;866  R

e

z R

S

 R3

5 8

y R

y

Wy D

z

11

R y

p

e1 D R

Iy D 516 3  R4 D 0;5413  R4

e1 D

Iy D

p

Wy D 516 3  R3 D 0;5413  R3

R

z S

y

R

z 12

a z

e1

D

C

S y

e2

y

h.aC2b/ 3.aCb/ e2 D h.2aCb/ 3.aCb/

A

b

z

B



h3 2ab a C b C aCb 36 h3 IAB D 12 .3a C b/ 3 ICD D h12 .a C 3b/



W1 D W2 D

Iy e1 Iy e2

2.2 Biegebeanspruchung

2.2.4

95

Abhängigkeit der Flächenmomente von der Lage des Koordinatensystems (Steiner’scher2 Satz)

Gegeben sei eine Fläche A mit dem ursprünglichen Koordinatensystem und den Schwerpunktkoordinaten yS und zS . Eingeführt wird ein zweites Koordinatensystem mit den Achsen yN und z, N die parallel zu y und z liegen. Der Ursprung dieses neuen Koordinatensystems wird in den Schwerpunkt S der Fläche A gelegt. Gesucht wird der Zusammenhang zwischen den Flächenmomenten (Abb. 2.68) IyN , IzNRsowie I y und I z . R Ausgehend von den Flächenmomenten Iy D z 2 dA und Iz D y 2 dA sowie den Koordinaten N erhalten wir durch Einsetzen: y D yS C yN und z D zS C z; Z Z Z Z Iy D .zS C zN /2 dA D zS 2 dA C 2  zS zN dA C zN 2 dA und Z Z Z Z 2 2 Iz D .yS C y/ N dA D yS dA C 2  yS ydA N C yN 2 dA: Wir betrachten die einzelnen Komponenten: R  dA = A (gegebene Fläche) R R  die Terme zN dA und yN dA sind Null, da es sich um die statischen Flächenmomente bezogen auf die Schwerpunktachsen handelt R R  gemäß Definition sind zN 2 dA D IyN und yN 2 dA D IzN die Flächenmomente 2. Grades um die Schwerpunktachse.

Abb. 2.68 Zur Herleitung des Steiner’schen Satzes

z

z

y

dA

z

z

ys

y

Jakob Steiner (1796–1863), Schweizer Geometer.

S zs

y

y

0

2

A

96

2 Einfache Beanspruchungen

Als Ergebnis kann festgestellt werden: Iy D IyN C zS 2  A

und Iz D IzN C yS 2  A

(2.52)

Die vorstehenden Beziehungen nennt man auch den Steiner’schen Satz: I D IS C s 2  A

(2.53)

Das axiale Flächenmoment 2. Grades (I) bezogen auf eine beliebige Achse (y; z) ist gleich dem Flächenmoment 2. Grades (I S ) in Bezug auf die parallele Schwerpunktachse plus dem Produkt aus Quadrat des Achsenabstandes (yS 2 ; zS 2 ) multipliziert mit der Fläche A. Dieser Satz gilt nicht für beliebige Achsen, sondern nur in Verbindung mit den Schwerpunktachsen, da nur in diesem Fall die statischen Flächenmomente (H y ; H z ) null sind. s2 und A sind stets positiv. Daher ist auch immer I größer als I S . Die Flächenmomente 2. Grades um die Schwerpunktachsen sind somit immer die minimalen Flächenmomente. I Grundsätzlich dürfen bei zusammengesetzten Querschnitten nur die Flächenmomente 2. Grades addiert oder subtrahiert werden, jedoch nie die Widerstandsmomente. Widerstandmomente ergeben sich bei zusammengesetzten Querschnitten aus dem Gesamtflächenmoment 2. Grades durch Division durch den größten Randabstand. Beispiel 2.17 Gesucht ist das Flächenmoment 2. Grades IyN bezogen auf die Schwerpunktachse des Dreieckquerschnitts. Gegeben: Iy D

b  h3 h I zS D 12 3

und A D

bh 2

Lösung Anwendung des Steiner’schen Satzes: Iy D IyN C zS 2  A ) IyN D Iy  zS 2  A  2 h b  h3 bh b  h3 b  h3  IyN D  D  12 3 2 12 18 3 bh mit yN als Schwerpunktachse. D 36 Eine Umrechnung des Flächenmomentes von einer beliebigen Achse 1 in Abb. 2.69 auf eine zweite Achse, die nicht Schwerpunktachse ist, ist mit dem Steiner’schen Satz direkt nicht möglich, sondern kann nur über die Schwerpunktachse vorgenommen werden.

2.2 Biegebeanspruchung

97

Abb. 2.69 Umrechnung von einer Achse auf eine andere Achse mit Hilfe des Steiner’schen Satzes

I2 = IS + s22·A

Achse2 s2

I1 gegeben

Achse1

s1

IS = I1 – s12·A

Schwerpunktachse

I2 = I1 – s12·A + s22·A = I1 + A(s22 – s12)

2.2.5 Flächenmomente zusammengesetzter Querschnitte Die Querschnittsfläche setzt sich aus mehreren Grundfiguren bzw. Einzelquerschnitten zusammen. In diesen Fällen geht man wie folgt vor: Die einzelnen Flächenmomente werden addiert und zum Gesamtflächenmoment 2. Grades zusammengesetzt. Für alle Flächenmomente gilt die gleiche Bezugsachse. Iy ges D

n X

Iyi

und Izges D

n X

i D1

Izi

(2.54)

i D1

Zu beachten ist, dass die einzelnen Iyi und Izi auch negativ sein können. Allgemeine Vorgehensweise bei der Ermittlung der Flächenmomente 2. Grades von zusammengesetzten Querschnitten 1. Wahl eines Bezugskoordinatensystems (Möglichkeiten s. Abb. 2.70; hier: in den Schwerpunkt S1 der Fläche A1 ) 2. Aufteilen der Gesamtfläche (Profil; hier i = 1 . . . 3) in Teilflächen 3. Bestimmung des Gesamtschwerpunktes Sges : yS D

n n 1 X 1 X .yi  Ai / und zS D .zi  Ai / Ages i D1 Ages i D1

4. Ermittlung des Gesamtflächenmoments I ges bezogen auf die jeweilige Achse (y oder z) mithilfe des Steiner’schen Satzes: Iges D

n X 

ISi + si2  Ai



i D1

Hinweis: Bei der Berechnung der Flächenmomente 2. Grades zusammengesetzter Querschnitte kann man durch geschickte Aufteilung der Gesamtfläche in Teilflächen

98

2 Einfache Beanspruchungen

Abb. 2.70 Wahl des Bezugskoordinatensystems bei zusammengesetzten Querschnitten

z 1

S1

y S2 Sges

2 yS 3

S3

mit bekannten Flächenmomenten die Rechenarbeit verringern: Das Flächenmoment des kreuzförmigen Querschnittes (Abb. 2.71a) um die y-Achse kann über die drei Rechteckflächen in Abb. 2.71b oder in Abb. 2.71c berechnet werden. In Abb. 2.71c müssen die Steineranteile berücksichtigt werden; in Abb. 2.71b jedoch nicht, da alle Schwerpunkte der Teilflächen auf der Bezugsachse liegen. Darüber hinaus kann die Berechnung des Flächenmomentes 2. Grades bzw. des Widerstandsmomentes z. B. für ein gedrehtes Winkelprofil durch Scherung der Schenkel erfolgen (Abb. 2.72). Handelt es sich um Querschnitte (Abb. 2.73), in denen sich Bohrungen zur Aufnahme von Bolzen, Stiften, Schrauben usw. befinden, dann darf für den montierten Zustand (Zusammenbau) der Querschnitt nicht als vollflächig angesehen werden, d. h. die Bohrung muss berücksichtigt werden. Die Ermittlung des Flächenmomentes 2. Grades bzw. Widerstandsmomentes ist hierfür, wie in Abb. 2.73 dargestellt, vorzunehmen. Dabei sind die Bohrungs- und die Biegeachsen zu beachten. Der Ablauf zur Ermittlung der Flächenmomente 2. Grades zusammengesetzter Querschnitte ist in Abb. 2.74 dargestellt.

a

z

z

b

z

c

y

y

y

S3

S1

S2

y

y

zS3

zS2

S2 y

S1 S3

z

z

z

Abb. 2.71 Flächenmomente 2. Grades zusammengesetzter Querschnitte. a Gesamtquerschnitt, b günstige und c ungünstige Wahl der Teilquerschnitte zur Berechnung des Gesamt-Flächenmoments

2.2 Biegebeanspruchung

99

Abb. 2.72 Berechnung des Flächenmomentes 2. Grades bzw. des Widerstandsmomentes für ein gedrehtes Winkelprofil durch Scherung der Schenkel

Gesamtschwerpunkt Sges

S2

S1

S2

S1

Biegeachse

S3

S3

Abb. 2.73 Biegung eines Rechteckträgers mit Bohrung

B

Schnitt B - B d (20)

z

σd

y

y

y

h (80)

ma x

B

Mby b (50) x

σzm

3 3 3 I y = b· h - d · h = h (b - d ) = 128 cm 4 12 12 12 2 I I W y = e y = y = h (b - d ) = 32 cm 3 max h 6 2

z

Schnitt C - C ma x

C

y

y

h

σd

d

ax

y

Mby

C

b x 3 3 I y = b∙h - b ∙d = b (h3 - d 3) = 210 cm 4 12 12 12 I I W y = e y = y = b (h3 - d 3) = 52,5 cm 3 max h 6h 2 z Schnitt C - C Mbz

σd

ma x

C

y

y

h

ma x

d

σz

y

C

x

σz

ma x

b

3 3 3 I z = b ∙ h - b ∙ d = b (h - d ) ≈ 62 ,5 cm 4 12 12 12 2 I I Wz = e y = y = b (h - d) ≈ 25 cm 3 max 6h b 2

100 Abb. 2.74 Ablauf zur Ermittlung von Flächenmomenten 2. Grades zusammengesetzter Querschnitte

2 Einfache Beanspruchungen

Berechnung von Flächenmomenten 2. Grades zusammengesetzter Querschnitte

Zerlegen des Querschnittes in Teilflächen => - einfache geometrische Formen (ohne Integration) - genormte Bauteile (Profiltabellen) Hinweis: Auch negative Flächen (Aussparungen) sind zulässig und mitunter sehr zweckmäßig!

Betrachtung der Teilflächen => - Aufsuchen der Schwerpunkte - Flächen und Flächenmomente 2. Grades bestimmen. Hinweis: Möglichst parallele Achsensysteme verwenden!

Berechnung des Gesamtschwerpunktes Ermittlung der Abstände zwischen Teilschwerpunkten und Gesamtschwerpunkt Vorzeichen beachten!

Berechnung der Steiner’schen Anteile Addition aller Einzelflächenmomente 2. Grades und aller Steiner’schen Anteile

Flächenmoment 2. Grades zusammengesetzter Querschnitte

2.2 Biegebeanspruchung

101

Abb. 2.75 Ausgesparter Rechteckquerschnitt

H

h

b

y

y

B

Beispiel 2.18 Zu ermitteln sind das Gesamtflächen- und das Widerstandmoment für ein ausgespartes Rechteck (Abb. 2.75). B  H3 b  h3 I Iy2 D 12 12 Iy D Iyges D Iy1  Iy2 Iy 1 D

B  H 3  b  h3 12 Iy B  H 3  b  h3 Wy D H D 6H 2 Iy D

Beispiel 2.19 Es werden nun das Flächen- und das Widerstandsmoment des Rahmens aus Vierkantrohr 50 × 20 × 2 (Abb. 2.76) von Finn Niklas’ Dreirad berechnet. Iy D Iaußen  Iinnen D B  H 3  b  h3 20  503  16  463 D mm4 12 12 Iy D 78:552 mm4 D

B 3  H  b3  h 203  50  163  46 D mm4 12 12 D 17:632 mm4

Iz D

Iy 78:552 mm4 D D 3142 mm3 emax 25 mm Iz 17:632 mm4 Wz D D D 1763 mm3 emax 10 mm Wy D

102

2 Einfache Beanspruchungen

Abb. 2.76 Vierkantrohr

z

50

2

y

y

z 20

Gemäß der Definition des Flächenmomentes 2. Grades ist nur der senkrechte Abstand der einzelnen Teilflächen von der Bezugsachse (unabhängig vom Vorzeichen) von Bedeutung, d. h.:  Teilflächen dürfen um die Achse geklappt werden,  Teilflächen dürfen in Achsrichtung verschoben werden. Beim Umklappen und Verschieben bzw. Umgruppierungen von Teilflächen ist die vorgegebene Fläche aus möglichst wenigen Grundfiguren aufzubauen (Abb. 2.77 und 2.78).

z

1

2

y

y

=

=

1

-

2

y

=

y

3

z I z

1

2

y

=

1

-

2

y

z

y

z I z

=

=

y

y

y

=

y

y

=

I

=

3

z

z

Abb. 2.77 Ermittlung von Flächenmomenten 2. Grades durch Umgruppieren von Teilflächen

y

2.2 Biegebeanspruchung

= I

=

103

I1

z

z

+

z y

+

y

I2

=y

y



y

y z

z

z

=

+

=

I

+

=

I1

+

I2

z

z

I



I1

z

2I2

y

y

=

y

y



y

y z

= I

=

+ I1

+

+ I2

+

z

z

=

I

I1



I2

I2

Abb. 2.78 Ermittlung von Flächenmomenten 2. Grades aus Teilflächen

Beispiel 2.20 Ein quadratischer Plattenquerschnitt (Abb. 2.79) weist zwei Aussparungen auf. Zu bestimmen sind die Flächenmomente bezüglich der Schwerpunktachsen y und z. p Radius der Bohrung: r D a= 

Abb. 2.79 Quadratischer Plattenquerschnitt

z

4a 1

4a

a

3

z3

a y z2

y

a

a

a

2 z

a

104

2 Einfache Beanspruchungen

Lösung Der Schwerpunkt liegt in der Mitte der Fläche 1, da A2 = A3 ist und die beiden Flächen symmetrisch zur y- bzw. z-Achse liegen. Fläche 1: A1 = 4a  4a = 16a2 Fläche 2: A2 = a  a = a2   Fläche 3: A3 D   r 2 D   pa 2 D a2 Schwerpunktabstand: z2 = z3 = a     Iy D Iz D I1  I2 C z2 2  A2  I3 C z3 2  A3 I1 D

b  h3 b  h3 4a  .4a/3 256  a4 a  a3 a4 I I2 D I D D D D 12 12 12 12 12 12

I3 D

  r4 a4   a4 D D 2 4 4 4

256  a4 a4 a4   a2  a2   a2  a2 12 12 4     1 12 12 1 1 4 256 4 231 Iy D a     Da  D Iz 12 12 12 12 4 12 4 Iy D

Zahlenwert: a = 10 mm Iy D 191:704 mm4 Beispiel 2.21 Aus einem Baumstamm vom Durchmesser d (Abb. 2.80) soll ein Balken mit rechteckigem Querschnitt und maximalen Flächenmoment 2. Grades gesägt werden. Wie groß ist h zu wählen? d 2 D h2 C b 2 p  1=2 h D d 2  b2 D d 2  b2 3=2  b  d 2  b2 b  h3 Iy D D 12 12 dI I D Maximum ) D0 db

2.2 Biegebeanspruchung

105

Abb. 2.80 Beispiel idealisierter Baumstamm

y

h

d

z

b

Anwendung der Produktregel: .u  v/0 D u0  v C u  v 0  3=2 u D bI v D d 2  b 2 1=2 3 u0 D 1I v 0 D d 2  b 2  .2b/ 2 3=2 1=2  3 dI C d 2  b2  .2b/  b D 0 D d 2  b2 db 2 3=2 1=2    3 C d 2  b2  2b 2 0 D d 2  b2 2  3=2  1=2  2 1=2 1  D 3b 2 d 2  b 2 W d  b2 ) d 2  b 2 D 3b 2 ) d 2  b2 1 d 2 D 3b 2 C b 2 D 4b 2 ) b D d 2 s  2 r p d 3 2 dp 2 2 2 hD d b D d  D 3 d D 2 4 2 Beispiel 2.22 Für den dargestellten Biegeträger (Abb. 2.81) soll die größte auftretende Spannung ermittelt werden. Gesucht ist die maximale Spannung.

b

F l/2

z

h

l/2

y

b

x

h

Abb. 2.81 T-förmiger Biegeträger

106

2 Einfache Beanspruchungen z

1

S1

l/2

y

F/2

F/2

Sges

zS2

emax = eu

zS1

l/2

F

yS

S2 2

Abb. 2.82 In Einzelflächen zerlegter Biegeträger b Für die Biegespannung gilt: b D M D Wb Das Biegemoment errechnet sich zu:

Mb D

Mb Iy

e

F l F l  D 2 2 4

Zunächst erfolgt die Berechnung des Flächenmomentes I y , dazu muss der Schwerpunkt Sges der Gesamtfläche bestimmt werden (Abb. 2.82). Zu diesem Zweck legen wir das Koordinatensystem mit dem Ursprung in den Schwerpunkt S1 der Teilfläche 1 und berechnen die Abstände von den Schwerpunktachsen yi und zi wie folgt: i 1 2 †

Ai bh hb 2bh

zi 0 1/2(h + b) –

zi  Ai 0 1/2(h + b) h  b 1/2(h + b) h  b

yi 0 0 –

yi  Ai 0 0 0

Für den Schwerpunkt gilt: zS D

2 1 X 1=2 .h C b/ h  b 1 .zi  Ai / D D  .h C b/ Ages i D1 2hb 4

yS D

2 1 X .yi  Ai / D 0 .da S auf der Symmetrieachse liegt/ Ages i D1

2.2 Biegebeanspruchung

107

Mit dem Steiner’schen Satz ermitteln wir I yges : Iyges D I1 C zS21  A1 C I2 C zS22  A2 1 1 1 zS2 D .b C h/  .b C h/ D .b C h/ D zS1 2 4 4  2  2 3 1 1 bh h  b3 Iyges D C b  h .b C h/ C C b  h .b C h/ 12 4 12 4  2 3 3 1 bh hb Iyges D C C 2  b  h .b C h/ 12 12 4   2 b  h3 h  b3 1 D C C  b  h b C 2bh C h2 12 12 8  1  3 3 D 2bh C 2hb C 3b 3 h C 6b 2 h2 C 3bh3 24  1  Iyges D 5bh3 C 5hb 3 C 6b 2 h2 24 b D

Mb Mb D e Wb Iy

h 1 1  .b C h/ D .3b C h/ 2 4 4 F  l  24 1 3  F  l  .3b C h/  .3b C h/ D b D 4 .5bh3 C 5hb 3 C 6b 2 h2 / 4 2 .5bh3 C 5hb 3 C 6b 2 h2 /

emax D eu D b C h 

Beispiel 2.23 Eine Konsole trägt bei der Last F das Radiallager einer Welle. Für den skizzierten Querschnitt (Abb. 2.83) sind zu ermitteln: a) Die maximale senkrechte Lagerlast F so, dass im Querschnitt A–A eine größte Zugspannung von 10 N/mm2 infolge Biegebeanspruchung auftritt. b) Die im Querschnitt A–A auftretende größte Druckspannung. Wir bestimmen zuerst die Koordinaten des Gesamtschwerpunktes Sges und das Flächenmoment 2. Grades um die y-Achse. Das Ausgangskoordinatensystem legen wir in den Schwerpunkt S2 der Teilfläche 2. yS D 0 i 1 2 †

Ai mm2 b1  h1 b2  h2 b1  h1 + b2  h2

400  24 = 9600 24  276 = 6624 16.224

zi mm 150 0 –

Ai  zi mm3 1.440.000 0 –

zSi = zi  zS mm 61,24 88,76 –

108

2 Einfache Beanspruchungen 400

24

A

F

300

250

24 Sges

A Schnitt A - A

Abb. 2.83 Konsole

2 P

zS D

i D1

.Ai  zi / Ages

D

1:440:000 mm3 D 88;76 mm 16:224 mm2

Mit Hilfe des Steiner’schen Satzes bestimmen wir dann das Gesamtflächenmoment b1  h31 b2  h32 C A1  zS1 2 C C A2  zS2 2 12 12 400 mm  243 mm3 24 mm  2763 mm3 D C 9600 mm2  61;242 mm2 C 12 12 C 6624 mm2  88;762 mm2

Iyges D Iy1 C A1  zS1 2 C Iy2 C A2  zS2 2 D Iyges

Iyges D 1;307  108 mm4 a) bz D MIyb  e D FIya  eo , eo = Abstand Gesamtschwerpunkt bis zum oberen Rand: eo = 61,24 mm + 12 mm = 73;24 mm F D

b  Iy 10 N  1;307  108 mm4 D D 71:381;8 N D 71;38 kN a  eo mm2 250 mm  73;24 mm

b) bd D MIyb  eu , eu = Abstand Gesamtschwerpunkt bis zum unteren Rand: eu = 138 mm + 88,76 mm = 226;76 mm Mb F a 71;38 kN  103 N  250 mm  eu D  eu D  226;76 mm Iy Iy kN 1;307  108 mm4 N N D 30;96  31 2 mm mm2

bd D bd

Die Spannungsverteilung ist Abb. 2.84 zu entnehmen.

2.3 Schub- oder Scherbeanspruchung

109

Abb. 2.84 Spannungsverteilung in der Konsole

F

eu

eo

σbz

σ bd

2.3

Schub- oder Scherbeanspruchung

Bisher haben wir nur Normalspannungen betrachtet. Jetzt wenden wir uns den Tangentialspannungen aus Schub- und Scherkräften sowie aus Torsionsmomenten zu. Schub- und Scherspannungen treten in Niet-, Bolzen-, Kleb- und Schweißverbindungen (Abb. 2.85) oder durch Querkräfte bei der Biegung von Balken (Abb. 2.90) auf.

2.3.1 Schub- und Scherspannung Im Abschn. 1.3 wurde gezeigt, dass eine Tangentialkraft F eine Tangentialspannung  hervorruft. In diesem Fall spricht man auch von der Schub- oder Scherspannung. In Abschn. 1.4 wurde gezeigt, dass eine Zug- oder Druckkraft auf einen elastischen Körper zur Dehnung (oder Stauchung) " führt. Entsprechend resultiert aus einer Schub-/Tangentialkraft eine Gleitung (Schiebung) , siehe Abb. 2.86. Die Deckfläche des in Abb. 2.86 in Seitenansicht dargestellten Körpers verschiebt sich aufgrund der Tangentialkraft F gegenüber der Grundfläche um s. An der linken Fläche

Abb. 2.85 Beispiele für das Auftreten von Schub- und Scherkräften

Nietverbindung

F

Bolzenverbindung

F

F

F/2 F/2 F Klebverbindung

F

Schweißverbindung

F

F

110

2 Einfache Beanspruchungen

Abb. 2.86 Gleitung durch Tangentialkraft

Δs

L

γ

F τ τ

entsteht so ein Gleitwinkel , auch Schubwinkel genannt. Für kleine Winkel  gilt: tan    D s=L

(2.55)

Bei Werkstoffen, die dem Hooke’schen Gesetz  " folgen (Spannung ist proportional zur Dehnung), gilt auch  : Der Gleitwinkel ist proportional zur Schubspannung in den Horizontalebenen, siehe Abb. 2.86. Der Proportionalitätsfaktor wird Schubmodul G genannt: (2.56)  D G   bzw. G D =; ŒG D N=mm2 In Abb. 2.87 sind Dehnung/Querdehnung und Schiebung (Gleitung) mit den dazugehörigen Spannungen auf der Grundlage des Hooke’schen Gesetzes gegenübergestellt. Aus der Elastizitätstheorie ergibt sich folgende Beziehung zwischen E- und G-Modul (hier ohne Herleitung): m GD E (2.57) 2.m C 1/

Normalspannung

Schubspannung

Längen-/Queränderung

Winkeländerung

Dehnung

Gleitung/Schiebung

l l0

∆s

F

L

d0

F

d

F

F Hooke’sches Gesetz: σ = E·ε ε=

Hooke’sches Gesetz: τ = G·γ

∆l l – l0 ∆ d d0 – d und ε q = = = l0 l0 d0 d0

Abb. 2.87 Dehnung/Querdehnung und Schiebung (Gleitung)

γ=

∆s L

2.3 Schub- oder Scherbeanspruchung

111

Abb. 2.88 Scherbeanspruchung

F

F = τ a·A

b

τa

s

τa

A

F = τ a·A

F

Die Größe m ist dabei die Poisson’sche Konstante (siehe auch Abschn. 1.4) und gibt das Verhältnis von Längs- zu Querdehnung an (m = " / "q ). Für Metalle ist m = 3,3, so dass man nach Gl. 2.57 für den Schubmodul G erhält: G D 0;384  E

(2.58)

Mit der Schubkraft F =   A und der Verschiebung s =   L / G ergibt sich für die Formänderungsarbeit analog zu Abschn. 1.5 W D

F  s 2  V D 2 2G

(2.59)

mit dem Volumen V = A  L. Die Wirkung von Scherkräften auf ein Bauteil ist in Abb. 2.88 dargestellt: Zwei gleich große, entgegengesetzt wirkende Kräfte greifen senkrecht zur Bauteilachse an. Sie haben das Bestreben, die beiden Querschnitte des Bauteils gegeneinander zu verschieben, was Schubspannungen in den Querschnitten hervorruft. Aus der Gleichgewichtsbedingung für jeden Bauteilabschnitt lässt sich bei der (vereinfachenden) Annahme einer konstanten Spannungsverteilung die Scherspannung  a (Index a von „Abscheren“) ermitteln: a D F=A

(2.60)

In Wirklichkeit ergibt sich in den unter Scherkräften stehenden Querschnitten ein komplizierter Spannungszustand, Abb. 2.89. Neben den Schubspannungen sind auch Zug-, Druck- und Biegespannungen vorhanden. Außerdem ist die Scherspannung über dem Querschnitt nicht konstant (siehe Abschn. 2.3.3). Anhaltswerte für zulässige Scherspannungen im Maschinenbau können nach folgenden Beziehungen ermittelt werden:  a zul  Re / 1,5 bei ruhender Beanspruchung  a zul  Re / 2,2 bei schwellender Beanspruchung  a zul  Re / 3 bei wechselnder Beanspruchung mit Re als Streckgrenze (bzw. Rp0,2 als 0,2 %-Dehngrenze).

112

2 Einfache Beanspruchungen

Abb. 2.89 Verhalten zäher (a) und spröder (b) Werkstoffe beim Abscheren

2.3.2 Schubspannungen durch Querkräfte bei Biegung Erfährt ein Balken eine Biegebeanspruchung durch eine Querkraft, so treten neben den Biegespannungen auch Schubspannungen im Balken auf. Abb. 2.90 zeigt unten einen Teilabschnitt eines frei geschnittenen Balkens, bei dem nur die Schubspannungen eingetragen sind. Aus diesem Teilabschnitt wird ein weiteres Teilstück mit den Abmessungen h, b und l herausgeschnitten (siehe Abb. 2.90 oben rechts). In diesem Teilabschnitt wirken vertikale Schubspannungen  und horizontale Schubspannungen . N Mit der Gleichgewichtsbedingung X

Mi D 0

)

N  l  b  h    h  b  l D 0

(2.61)

i

Abb. 2.90 Durch Querkräfte verursachte Schubspannungen im Biegeträger

F

τ

b

y x

τ τ

Δh

h

z

Δl b

l

τ

τ

τ

τ

F

τ

2.3 Schub- oder Scherbeanspruchung

113

Abb. 2.91 Zum Begriff der zugeordneten Schubspannungen

τ

τ

τ

τ

folgt: N D . Das bedeutet, dass zum Gleichgewicht am betrachteten Teilkörper zu jeder Schubspannung in einer Ebene eine gleich große Schubspannung in einer dazu senkrechten Ebene vorhanden sein muss. Beide sind in Richtung Körperkante oder umgekehrt gerichtet, Abb. 2.91. Man nennt dies den Satz von den zugeordneten Schubspannungen; d. h. Schubspannungen treten nur paarweise auf.

2.3.3 Allgemeine Beziehungen für die Schubspannungsverteilung Um in einem Balken unter Biegebelastung die Schubspannungen in Längsrichtung genauer ermitteln zu können, betrachten wir zunächst einen „Balken“ aus lose aufeinander liegenden Brettern, Abb. 2.92a. Bei Biegebelastung durch eine Querkraft verschieben sich die einzelnen Bretter relativ zueinander. Verspannt man die einzelnen Bretterlagen gegeneinander, Abb. 2.92b, dann verhindert der Reibschluss zwischen den Brettern die relative Verschiebung; der Bretterstapel wirkt wie ein einziger Balken. Dabei treten in Schnitten parallel zur Balkenachse Schubspannungen auf (Abb. 2.92c). Bei Holzbalken können diese in Längsrichtung wirkenden Schubspannungen zum Aufspalten des Holzes führen, da es in Faserrichtung eine relativ geringe Schubfestigkeit besitzt.

Abb. 2.92 Schubspannungen in Längsrichtung eines Biegeträgers (nach [2]). a Balken aus lose aufeinander liegenden Brettern, b schubfest verbundene Bretter und c Biegeträger

a F

b F

c τ

F

τ τ

τ

114

2 Einfache Beanspruchungen F

l z

y x l/2 F

M1

Mb

∆A

M2 F1 = σ1· ∆A

F2 = σ2· ∆A

τ ·∆x·b ∆x

b

∆A

σ1

∆x

z

z

σ2 S-Achse

b

∆x

Abb. 2.93 Zur Herleitung der Schubspannungsverteilung im Biegeträger

Als nächstes interessieren die Lage und die Größe der maximalen Schubspannung. Abb. 2.93 zeigt einen Balken auf zwei Stützen mit einer Querkraft in Balkenmitte. Zwischen der Angriffsstelle dieser äußeren Kraft und der Auflagerkraft rechts wird ein schmales Stück der Breite x aus dem Balken herausgeschnitten. Aufgrund des dreieckförmigen Biegemomentenverlaufs ist das Schnittmoment M 1 am linken Rand des Teilstücks nicht gleich dem Schnittmoment M 2 am rechten Rand. An der oberen Scheibe aus diesem Balkenstück treten zum einen die Normalspannungen  1 und  2 aus den erwähnten Biegemomenten M 1 und M 2 und zum anderen die Schubspannung  an der Unterseite der Scheibe auf. Weil die beiden Normalspannungen nicht gleich sind, ist Gleichgewicht an dieser oberen Scheibe des Teilabschnitts nur möglich, wenn eine Schubspannung vorhanden ist: X Fix D 0 ) 1  A    x  b  2  A D 0 D Mit 1 D

M1 I

 zN und 2 D D

M2 I

2  1  A x  b

(2.62)

 zN folgt:

M2  M1 zN  A M zN  A  D  x I b x I b

(2.63)

2.3 Schub- oder Scherbeanspruchung

115

Für die Querkraft gilt die Beziehung aus Abschn. 2.2: Fq D

d Mb dx

R Die Gl. 2.40 für das statische Flächenmoment H = z  dA kann hier für das Flächenelement A eingesetzt werden als H = z N A. Damit lässt sich Gl. 2.63 schreiben als allgemeine Beziehung für die Schubspannungsverteilung: .x; z/ D

Fq .x/  H.z/ I b

(2.64)

mit der Breite b der Querschnittsfläche an der Stelle x und I, dem Flächenmoment 2. Grades der Querschnittsfläche bezogen auf die Schwerpunktsachse. Ist der Biegemomentverlauf konstant, d. h. M 1 = M 2 , dann ist mit  1 =  2 nach Gl. 2.62 die Schubspannung  = 0, d. h. bei reiner Biegung mit F q = 0 ist im Balken keine Schubspannung vorhanden.

2.3.4 Anwendung auf verschiedene Querschnittsformen Mit Hilfe von Gl. 2.64 werden jetzt die Schubspannungsverläufe in verschiedenen Querschnitten ermittelt. a) Rechteckquerschnitt (Abb. 2.94) Da sich beim Rechteckquerschnitt die Breite des Flächenelementes mit der Koordinate z nicht verändert, können wir vereinfacht schreiben: H.z/ D zN  A

a

b

τ max

c

z

τ=0

∆A

z z

τ(z)

τ

Fq

h

h/2

um 90° gedreht

τ max

h

τm

y

x Fq

b

A 1,5∙

Fq A

b

Abb. 2.94a–c Schubspannungsverteilung im Rechteckquerschnitt

τ=0

116

2 Einfache Beanspruchungen

zN ist die Koordinate des Schwerpunkts der Fläche A: zN D

h 2

z zC Cz D 2 2

h 2

D

z h C 2 4

Die Größe des Flächenelementes A ergibt sich zu   h A D b  z : 2 Damit erhalten wir für das Flächenmoment 1. Grades:         2   h h h h z h b b 2 C b z D  Cz  z D  z (2.65) H.z/ D 2 4 2 2 2 2 2 4 Das Flächenmoment 2. Grades für den Rechteckquerschnitt ist bekannt (Tab. 2.3): I D

b  h3 12

(2.66)

Mit der Gl. 2.64 für die allgemeine Schubspannungsverteilung und mit den Gln. 2.65 und 2.66 erhalten wir schließlich:  2  Fq  6 h 2  z (2.67) .x; z/ D b  h3 4 Dies ist die Gleichung einer quadratischen Parabel, d. h. die Schubspannung ist über dem Rechteckquerschnitt parabelförmig verteilt (siehe Abb. 2.94c). Für z = 0 ist die Schubspannung maximal: 3 Fq (2.68) max D  2 bh Bei der Querkraftbiegung von Balken bzw. Trägern ist also die Schubspannung in der neutralen Faser am größten, während sie am Rand den Wert null hat (siehe Gl. 2.67 für z = h / 2 bzw. z = h / 2). Die Biegespannung wird aber am Rand maximal, ist jedoch in der neutralen Faser null. Daher rechnet man üblicherweise vereinfacht mit der mittleren Schubspannung: Fq Fq D (2.69) m D A bh und somit max D 1;5  m Die maximale Schubspannung ist beim Rechteckquerschnitt anderthalbmal so groß wie die mittlere Schubspannung. Soweit es sich um lange, durch Querkräfte belastete Balken handelt, reicht die Ermittlung der mittleren Schubspannung nach Gl. 2.69 völlig aus. Meist kann man sogar die gegenüber der Biegespannung geringe Schubspannung insgesamt vernachlässigen. Bei kurzen, durch Querkräfte auf Biegung und Schub belasteten Trägern und bei Konsolen muss die Schubspannung genauer ermittelt und mit der Biegespannung als Vergleichsspannung (siehe Kap. 3) zusammengefasst werden.

2.3 Schub- oder Scherbeanspruchung

117

b) Kreisquerschnitt Die Querkraft F q und der Radius r des Querschnitts seien gegeben, siehe Abb. 2.95. Gesucht sind der Verlauf der Schubspannung  (z) und die größte Schubspannung  max . zN gibt die Lage des Schwerpunktes der schraffierten Kreisabschnittsfläche an; b(z) ist deren Breite in Abhängigkeit von z. Für die Berechnung der Schubspannung brauchen wir wieder das Flächenmoment 1. Grades: Z p H.z/ D z  dA mit dA D 2  yN  d zN und yN D r 2  zN 2 (siehe Abb. 2.95). Zr

Zr zN  2  yN  d zN D

H D z

1=2

2  zN  .r 2  zN 2 /

 d zN

z



2 3=2 H D  .r 2  zN 2 / 3

r D z

3=2 2 2 r  z2 3

(2.70)

Für die Breite b(z) des Kreisabschnitts in Abb. 2.95 ergibt sich: p b.z/ D 2 r 2  z 2 Das Flächenmoment 2. Grades eines Kreisquerschnitts haben wir in Abschn. 2.2.2 berechnet:  I D r4 4

z

um 90° gedreht

τ= 0

b(z) y

dz

τ ( z)

z

max

z

Fq

r

y

y

τ= 0

Abb. 2.95 Zur Berechnung der Schubspannungsverteilung beim Kreisquerschnitt

τmax

118

2 Einfache Beanspruchungen

Damit kann man nach Gl. 2.64 die Schubspannungsverteilung ermitteln: 3=2

.z/ D

Fq  23 .r 2  z 2 / Fq  H.z/ D  4 2 2 1=2 I b 4 r  2.r  z /

4  Fq 2 .r  z 2 / 3   r4 Für z = 0 erhalten wir die größte Schubspannung: .z/ D

max D

4 Fq  3  r2

(2.71)

(2.72)

Im Vergleich zur mittleren Schubspannung m D

Fq Fq D A  r2

(2.73)

gilt für den Balken mit Kreisquerschnitt: max D

4 m 3

(2.74)

Die größte Schubspannung ist also beim Vollkreisquerschnitt, der im Maschinenbau häufig bei Wellen und Achsen Anwendung findet, ein Drittel größer als die mittlere Schubspannung. Da diese größte Schubspannung wieder in der neutralen Faser auftritt (hier ist die Biegespannung gleich null), reicht meist die Berechnung der mittleren Schubspannung aus. c) Dünnwandiges Kreisrohr Dünnwandige Kreisrohre werden oft im Fahrzeug- und Maschinenbau als Gelenkwellen zur Gewichtsersparnis verwendet, aber auch in Leichtbaukonstruktionen bei Fachwerken für Hallen. Ohne Herleitung wird hier nur das Ergebnis für die maximale Schubspannung angegeben: (2.75) max D 2  m d) Vierkantrohr (Finn Niklas’ Dreirad) Der Verlauf der Schubspannung in einem auf Querkraftbiegung beanspruchten Querschnitt, für den die Funktionen H(z) für das Flächenmoment 1. Grades und b(z) für die Breite unstetige Funktionen sind, kann nur stückweise berechnet werden. Dies wird hier anhand des Vierkantrohres 50 × 20 × 2 (A = 264 mm2 ) aus dem Längsträger des Dreirads gezeigt, Abb. 2.96. Wir ermitteln den Schubspannungsverlauf des Längsträgers für eine Querkraft F q = 550 N (entspricht der Gewichtskraft des Fahrers).

2.3 Schub- oder Scherbeanspruchung

S

z1

z0 z1

z2

z2

2 2,4

ΔA

ΔA

1a 1b

2,15

1b 2 3

0,2

S

0

y 4 1

0

0,2

ΔA

ΔA z3

S

3

z3

z4

1,65

1,3

S

2

2,4

y

1,15

50

2

2,0

0,2

2

0 1a

0,3

20

119

4 3

4

Abb. 2.96 Ermittlung des Schubspannungsverlaufs am Vierkantrohr

Das Vierkantrohr besitzt ein Flächenmoment 2. Grades um die y-Achse von I y = 7,8552 cm4 (siehe Beispiel 2.19). Die Höhe des um die y-Achse symmetrischen Rohres beträgt 2,5 cm. Die Rechnung ist in Tab. 2.4 schrittweise dargestellt. Wir beginnen am oberen Rand des Vierkantrohres mit Schritt 0 entsprechend Abb. 2.96. Wie in Abb. 2.96 dargestellt, müssen für jede Höhe z (ausgehend von der Biegeachse) die jeweilige Teilfläche A oberhalb z bis zum oberen Profilrand sowie die Breite b ermittelt werden. Die Lage des Schwerpunktes S der Fläche A wird durch die Koordinate zN beschrieben. Für die Stelle 1 betrachten wir einmal die Fläche A zusammen mit der Breite b(z) = 2 cm (1a) und zweitens mit der Breite b(z) = 0,4 cm (1b), also direkt unterhalb der Deckfläche des Vierkantrohres. Die Breite b = 0,4 cm ergibt sich hier aus der Summe der Wandstärke links und rechts mit je 0,2 cm. An dieser Stelle erhält man durch die Unstetigkeit des Breitenverlaufs auch eine Unstetigkeit der Schubspannungsfunktion  q (z). Die Lage des Schwerpunktes S der Restfläche A oberhalb z muss für jede betrachtete Stelle ermittelt werden (siehe Tab. 2.4). Das Ergebnis der Schubspannungsberechnung am Vierkantrohr zeigt Abb. 2.97.

Tab. 2.4 Berechnung des Schubspannungsverlaufs für das Vierkantrohr Stelle z cm

zN cm

A cm2

b cm

zN  A cm3

0 1a 1b 2 3 4

– 2,4000 2,4000 2,3423 1,9761 1,5288

0 0,40 0,40 0,52 0,92 1,32

– 2,0 0,4 0,4 0,4 0,4

0 0,960 0,960 1,218 1,818 2,018

2,5 2,3 2,3 2,0 1,0 0

zN A Iy b 2

cm 0 0,0611 0,3055 0,3876 0,5786 0,6422

q D Fq zNIA y b N/cm2 0 33,60 168,0 213,18 318,23 353,24

q N/mm2 0 0,34 1,68 2,13 3,18 3,53

120

2 Einfache Beanspruchungen

Abb. 2.97 Berechnete Schubspannungen am Vierkantrohr

y

y

τ

Für die mittlere Schubspannung über dem Vierkantrohr erhält man nach Gl. 2.69: m D

Fq N 550 N D 2;08 D A 264 mm2 mm2

Das Verhältnis der in Tab. 2.4 berechneten maximalen Schubspannung und der mittleren Schubspannung beträgt hier: max  1;7 m Da die Schubspannungen aber bei langen Biegeträgern wie im vorliegenden Beispiel gegenüber den Biegespannungen gering sind, reicht die Berechnung der mittleren Schubspannung in der Regel aus. Bei Biegeträgern mit Schubbelastung werden oftmals im Bereich der Krafteinleitungsstellen Schubbleche zur Verstärkung eingebaut (Abb. 2.98), um ein Ausknicken des Profilsteges als Folge der auftretenden Schubspannungen zu verhindern.

Schubblech

Schubblech

Abb. 2.98 Konstruktive Ausführung von Biegeträgern mit Schubbelastung: Schubbleche als Verstärkung an Krafteinleitungsstellen

2.3 Schub- oder Scherbeanspruchung

121

e) Verbindungsarten von zusammengesetzten Profilträgern Profilträger werden oftmals aus einzelnen Bauteilen (Bleche, Winkel- oder gekantete Profile, Abb. 2.99) zusammengefügt. Die entsprechenden Verbindungen (Bolzen, Niete, Klebstoff- oder Leimschichten, Schweißnähte) müssen die auftretenden Längsschubspannungen aufnehmen. Für geleimte, geklebte, genietete (oder punktgeschweißte) und geschweißte (schrittgeschweißte) Träger nach Abb. 2.99 kommt Gl. 2.64 zur Anwendung.  q max kann für das Verbindungsmittel Klebnaht, Leimschicht, Niet, Schweißnaht mithilfe von Tab. 2.5 ermittelt werden. Bei Schweißnahtverbindungen ist zu berücksichtigen, dass gegenüber den auftretenden Schubspannungen auch Zug- oder Druckspannungen aus der zusätzlichen Biegebeanspruchung auftreten. Daher muss für beide Beanspruchungsarten die Vergleichsspannung  v nach Abschn. 3.4 bestimmt werden. Die Eigenschaften der Schub-(Scher-)Beanspruchung sind in Abb. 2.100 zusammengefasst.

a

t

t

ls

bz

genieteter/punktgeschweißter Träger

geleimter/geklebter Träger

Verbindung genietet, punktgeschweißt

Abb. 2.99 Schubbeanspruchte Trägerverbindungen

geschweißter Träger (schrittgeschweißt)

bz

Verbindung geleimt, geklebt, längs- oder schrittgeschweißt

122

2 Einfache Beanspruchungen

Tab. 2.5 Schubspannung für verschiedene Verbindungsarten Geleimter bzw. geklebter Träger qmax D

Fq Hy .z/ I bz

bz = Breite des Trägers an der Stelle z

Genieteter bzw. punktgeschweißter Träger F H .z/  4t  qmax D q I byz  3nr 2

Geschweißter Träger (schrittgeschweißt) 

n = Anzahl der Nietreihen t = Teilung = Abstand von Niet zu Niet   r2 = Querschnitt einer Nietfläche 4/3 = Formfaktor des Kreisquerschnittes (aus Gl. 2.72)

t = Teilung = Abstand von Schweißnaht zu Schweißnaht a = Schweißnahtbreite an der Wurzel lS = Länge der Schweißnaht

qmax D

Fq Hy .z/ I bz



t 2alS



Schub (Scherung) F

real

F

vereinfachend

τmax

F

Spannungen liegen tangential auf der Schnittfläche

τm

F

• Parabolischer Verlauf der Schubspannung = > größte Beanspruchung τmax in der Mitte. • Am „Rand“ keine Belastung (Vorteil bei zusammengesetzter Beanspruchung mit Torsion/Biegung!) => schlechte Werkstoffausnutzung. • Querschnitt „mittenzentriert“ gestalten. • I.A. vereinfachte Rechnung mit der mittleren Schubspannung τm.

Abb. 2.100 Eigenschaften von Schub-(Scher-)Beanspruchungen

2.3.5 Schubmittelpunkt Bei Profilen mit nur einer Symmetrieachse (z. B. U-, L-Profile) ergibt sich bei Querkraftbelastung eine Verdrehung (Torsion), wenn die Belastungsrichtung senkrecht zur Symmetrieachse liegt (Abb. 2.101). Verhindern lässt sich diese Verdrehung nur, wenn die Querkraft im so genannten Schubmittelpunkt M eingeleitet wird, Abb. 2.102a,b sowie 2.103. Greift die Querkraft F im Schwerpunkt S des U-Profils an, resultiert aus den Schubspannungen im Querschnitt ein Torsionsmoment T in der Ebene senkrecht zur Balkenachse, das die Verdrehung des Profils hervorruft. Wird die Querkraft mit Hilfe der angeschweißten Winkelkonsole im Schubmittelpunkt M des U-Profils aufgebracht (Abb. 2.102b), so ergibt sich ein Torsionsmoment aus der Kraft F multipliziert mit dem Abstand MS, das gleich dem Moment aus den Schubspannungen, aber entgegengesetzt gerichtet ist. Da Lkw-Rahmen meist Längsträger aus U-Profilen besitzen, werden die

2.3 Schub- oder Scherbeanspruchung

123

Abb. 2.101 Verdrehung von Profilen

S

S F

F

Tragfedern außen an Konsolen befestigt (Abb. 2.102d). Damit wird die Federkraft im Schubmittelpunkt in den Rahmenlängsträger eingeleitet und somit dessen Torsionsbeanspruchung vermieden. Bei symmetrischen Profilen mit Querkraft im Schwerpunkt, z. B. beim I-Profil in Abb. 2.102c und 2.103, erhält man einen symmetrischen Schubspannungsfluss und damit keine Verdrehung. Der Schubmittelpunkt ist also der Punkt, in dem die Querkraft wirken

a

F

S T

b

c F

M T

S

ΣT = 0

F

d

S

T

Abb. 2.102 Schubspannungsfluss und Schubmittelpunkt M. a Torsionsmoment T durch Krafteinleitung in Schwerpunktachse eines U-Profils, b Konsole sorgt für torsionsmomentenfreie Einleitung der Querkraft im Schubmittelpunkt, c beim symmetrischen Profil fallen M und S zusammen und d Querkrafteinleitung aus Blattfeder in Lkw-Rahmen aus U-Profilen mittels Konsole Abb. 2.103 Schubspannungsfluss und Schubmittelpunkt bei symmetrischen Profilen

z

z S=M y

y

z z y

S=M z

S=M y

y

z z y

y

S=M z

y

124

2 Einfache Beanspruchungen

muss, damit sie zwar eine Verbiegung des Balkens, aber keine Verdrehung verursacht. Der Schubmittelpunkt liegt immer auf einer Symmetrieachse der Querschnittsfläche und seine Lage ist für Standardprofile in den Profiltabellen (z. B. in DIN 1026-1 für U-Profile) angegeben. Die Lage hängt nur von der Querschnittsgeometrie, nicht aber von der Belastung ab.

2.4 Torsionsbeanspruchung In diesem Abschnitt betrachten wir die Drehmomentbelastung von Bauteilen. Der Einfachheit halber beginnen wir mit Bauteilen mit kreisförmigem Querschnitt und Rohrquerschnitt, die im Maschinenbau bei Antriebswellen überwiegend verwendet werden.

2.4.1

Torsion kreisförmiger Querschnitte

Ein Kreiszylinder bzw. eine Welle (Abb. 2.104a) wird durch ein in einer Ebene senkrecht zur Wellenachse wirkendes Kräftepaar auf Verdrehung (Torsion) beansprucht. Dieses Kräftepaar mit dem Hebelarm a ruft im freigemachten Teilabschnitt der Welle ein Torsionsmoment T = F  a hervor (Abb. 2.104b). Aus Deformationsversuchen ist bekannt, dass bei der Verdrehung eines Kreisquerschnittes die Durchmesser erhalten und die Querschnittsflächen eben bleiben. Wie in Abb. 2.105 dargestellt, wandern bei Verdrehung des Querschnittes der Punkt B nach B0 und der Punkt C nach C0 . Bei Torsion wird demnach der Kreisquerschnitt um seine Mittelachse verdreht. Von der Mittelachse bis zum Rand nimmt die Deformation linear zu. Nach dem Hooke’schen Gesetz nimmt damit auch die Schubspannung linear zu.

a

b

c

T = F·a

F

a

a

F

τ

F

F

a

T = F·a

Schnitt A - A

Abb. 2.104 a Durch Verdrehung beanspruchter Kreiszylinder; b, c freigeschnittener verdrehter Zylinder

2.4 Torsionsbeanspruchung

125

Abb. 2.105 Verformung und Schubspannungsverteilung bei Torsion

B

τ max

B’

C

C’

0

τ

0

r

r

Schubspannung Für die Auslegung einer Welle und für den Festigkeitsnachweis ist es wichtig, die maximale Schubspannung  max bei gegebenem Torsionsmoment berechnen zu können. Dazu betrachten wir Abb. 2.106. Im Kreisring gilt: dT = r  dF = r    dA. Das Torsionsmoment können wir daraus durch Integration berechnen: Z T D r    dA (2.76)

Für die Spannung  ergibt sich aufgrund der linearen Spannungsverteilung (siehe Abb. 2.105) folgender Zusammenhang mit der Randspannung  max : D

r max R

(2.77)

Zusammengefasst erhält man aus den Gln. 2.76 und 2.77 unter Beachtung der Integrationsgrenzen das bestimmte Integral für das Torsionsmoment T max T D R

ZR r 2  dA:

(2.78)

0

Das Integral stellt dabei eine charakteristische Querschnittsgröße bei Torsion dar und wird polares Flächenträgheitsmoment oder polares Flächenmoment 2. Grades genannt: ZR (2.79) Ip D r 2  dA 0

dr

Abb. 2.106 Zur Herleitung der Grundgleichung der Torsion

r

R τ

dA

126

2 Einfache Beanspruchungen

Abb. 2.107 Axiales und polares Flächenmomente 2. Grades

Iz

z

Mby

Mbz

T

Mby

y

y Ip = Iy + Iz

Iy

Iz

Iy

Mbz

In Abb. 2.107 ist die Zuordnung der axialen Flächenmomente 2. Grades und des polaren Flächenmoments 2. Grades zu den angreifenden Biegemomenten bzw. zum Torsionsmoment dargestellt. Dividiert man das polare Flächenmoment 2. Grades durch den Außenradius, erhält man das Torsionswiderstandsmoment W t , bei Kreisquerschnitten auch polares Widerstandsmoment W p genannt: Ip (2.80) Wt D Wp D R Damit lässt sich für die Grundgleichung/Hauptgleichung der Torsion schreiben: t D

T T D Wt Wp

mit t D max

als Spannung in der Außenfaser.

(2.81)

Für die Torsionsgrundgleichung gelten folgende Voraussetzungen:  Die Deformation ist elastisch, d. h. es gilt das Hooke’sche Gesetz.  Die Querschnitte bleiben eben; sie verwölben sich nicht.  Der untersuchte Querschnitt liegt nicht in der Nähe der Drehmomenteinleitung bzw. in der Nähe einer Kerbe.  Die Belastung ist statisch; es treten keine Trägheitskräfte auf.  Das unbelastete Bauteil ist spannungsfrei – ansonsten würden sich die Spannungen überlagern. Das polare Flächenmoment 2. Grades kann entsprechend Abb. 2.106 für einen Kreisring mit dem Innenradius ri und dem Außenradius ra nach Gl. 2.79 berechnet werden. Für die Teil-Kreisringfläche nach Abb. 2.106 gilt dabei dA = 2 r  dr. Zra Ip D

Zra r  dA D 2

r 3  dr ! Ip D

2

ri

ri

  4 ra  ri4 2

(2.82)

2.4 Torsionsbeanspruchung

127

Mit dem Innendurchmesser di und dem Außendurchmesser da lautet diese Gleichung: Ip D

   4 d  di4 32 a

(2.83)

Um das polare Flächenmoment 2. Grades für einen Vollkreisquerschnitt zu ermitteln, setzt man di = 0 und da = d:  4 Ip D (2.84) d 32 Für die Torsionswiderstandsmomente (auch „polare Widerstandsmomente“ genannt) erhält man aus den polaren Trägheitsmomenten für den Kreisringquerschnitt Wp D

 da4  di4  D4  d 4 D   16 da 16 D

(2.85)

und für den Vollkreisquerschnitt Wp D

  d 3: 16

(2.86)

Man erkennt, dass der Kreisringquerschnitt (Rohrquerschnitt) ideal für die Übertragung von Torsionsmomenten geeignet ist, denn der innere Teil des Vollkreisquerschnitts trägt wenig zur Torsionsmomentübertragung bei, aber hat einen Anteil an der Masse. Für Gelenkwellen (Kardanwellen) in Fahrzeugen wie Pkw, Lkw und Schienenfahrzeugen werden deshalb in der Regel Rohrquerschnitte verwendet. Aus Gl. 2.81 mit Gl. 2.86 kann durch Einsetzen von  t zul und Umstellen nach d eine Gleichung zur Vordimensionierung von Vollwellen gewonnen werden: s derf D

3

16  T   t zul

(2.87)

Beispiel 2.24 Das Mittelstück einer Gelenkwelle (ohne Gelenke) sei 600 mm lang. Es soll ein Drehmoment T = 1500 Nm übertragen. Die Welle soll probeweise sowohl als Vollwelle als auch als Rohr ausgelegt werden. Als Werkstoff ist S355JR vorgesehen mit einer zulässigen Torsionsspannung von  t zul = 150 N/mm2 . Die Kosten je kg Stahl S355JR betragen für Rohrhalbzeug 2,30 C und für Rundmaterial 1,70 C. Lösung Wir dimensionieren die Welle mit Gl. 2.87 vor: s derf D

3

16  T D   t zul

s 3

16  1:500:000 Nmm  37;06 mm   150 N=mm2

Wir wählen d = 38 mm. Für die Vordimensionierung des Rohres muss man einen Innendurchmesser oder eine Wandstärke vorwählen und dann den Außendurchmesser über

128

2 Einfache Beanspruchungen

Gl. 2.85 bestimmen. Zu beachten ist, dass Rohre nicht in beliebigen Abmessungen geliefert werden (siehe DIN EN 10220). Hier kommt ein Rohr mit da = 48,3 mm und 4 mm Wandstärke infrage. Wir können dann die polaren Widerstandsmomente für das Rohr nach Gl. 2.85 und für die Vollwelle nach Gl. 2.86 berechnen (siehe Tabelle). Die Torsionsspannungen nach Gl. 2.81 sind für beide Ausführungen fast gleich und liegen unter der zulässigen Spannung. Obwohl die Kosten für Rohre je kg höher sind als für Rundmaterial, sind die Halbzeugkosten für die Hohlwelle mit 6,03 C deutlich günstiger als für die Vollwelle mit 9,08 C. Dies liegt an der erheblich geringeren Masse der Hohlwelle bei gleicher Festigkeit. Für Kardanwellen bietet die Hohlwelle außerdem den Vorteil, dass die Gelenke (meist Schmiedestücke) einfach in die Hohlwelle eingeschoben und mit ihr verschweißt oder eingeschrumpft werden können. Abmessungen

Vollquerschnitt d = 38 mm Rohr ¿ 48,3 × 4

Wp mm3

A mm2

10.775 11.402

1134 557

Torsionsspannung t N/mm2 139 132

Masse kg

Halbzeugkosten C

5,34 2,62

9,08 6,03

Die Eigenschaften der Torsionsbeanspruchung sind aus Abb. 2.108 zu entnehmen.

Torsion τ tmax

T

T

τ tmax • Lineare Spannungsverteilung • Größte Torsionsspannung τt max am Außendurchmesser => Werkstoffteilchen erfahren hier die größte Beanspruchung. • Keine Beanspruchung des Teilchenverbundes in der Wellenachse (Durchmesser null) => schlechte Werkstoffausnutzung. • Querschnitt so gestalten, dass Teilchen auf entfernten Durchmessern liegen.

Abb. 2.108 Eigenschaften der Torsionsbeanspruchung

2.4 Torsionsbeanspruchung

129

Verdrehwinkel Das Torsionsmoment T verdreht entsprechend Abb. 2.109 den Endquerschnitt der Welle um den Winkel '. Zwischen den Winkeln ' und  besteht nach Abb. 2.109 folgender geometrischer Zusammenhang über den Kreisbogen: s D' r D l ) D

'r l

(2.88)

Das Hooke’sche Gesetz lässt sich für Schiebung schreiben als  DG ) D

 : G

(2.89)

Mit  =  t = T / W p ergibt sich für den Winkel  D

T : Wp  G

(2.90)

Setzt man Gl. 2.88 in Gl. 2.90 ein, erhält man schließlich: ' r T T l D !'D l Wp  G Wp  r  G

(2.91)

Da W p  r = I p ist, lässt sich der Verdrehwinkel ' (im Bogenmaß) am Endquerschnitt berechnen:  l T l bzw. ' D 'D (2.92) G  Ip r G Das Produkt G  I p stellt die Verdreh- bzw. Torsionssteifigkeit einer Welle dar. Der Verdrehwinkel ' wächst also mit dem Torsionsmoment T, mit der wirksamen Länge l und

τ τ τ τ

γγ

φ φ

γ T

s

l

Abb. 2.109 Verformung eines Zylinders unter Torsionsbeanspruchung

r

130

2 Einfache Beanspruchungen

dem Kehrwert der Verdrehsteifigkeit. Die Federsteifigkeit bzw. Federrate eines auf Verdrehung beanspruchten Querschnittes, z. B. einer Drehstabfeder, erhält man nach folgender Gleichung: G  Ip Nmm T D I ŒC D (2.93) C D ' l rad Beispiel 2.25 Eine Drehfeder besteht aus einem Vollstab (1) und einem Rohr (2), siehe Abb. 2.110. Die Verbindung links kann als starr angenommen werden. Der Verdrehwinkel der Gesamtanordnung ist zu berechnen. Gegeben: T = 105 Nmm, G = 81.000 N/mm2 . Lösung Die Drehwinkel von Vollstab und Rohr addieren sich, da es sich um eine Hintereinanderschaltung von Federn handelt: 'ges D 'Voll C 'Rohr Damit erhalten wir unter Verwendung der Gl. 2.92:   1 T l 1 'ges D C  G IpVoll IpRohr   IpVoll D  d4 D 204 mm4 D 15:708 mm4 32 32     4   4 IpRohr D  da  di4 D 50  404 mm4 D 362:265 mm4 32 32 'ges

105 Nmm  300 mm D  81:000 N=mm2



1 1 C 15:708 362:265



1 mm4

'ges D 0;0246 rad  1;41ı

Abb. 2.110 Drehfeder zu Beispiel 2.25

300

T

2

Ø 50

T

Ø 40

Ø 20

1

2.4 Torsionsbeanspruchung

131

Formänderungsarbeit Wie in Abschn. 1.5 für Zug/Druck und in Abschn. 2.3.1 für Schub wird auch für Torsion die Formänderungsarbeit berechnet. Gerade bei Federn spielt die Kenntnis der Formänderungsarbeit eine große Rolle, wenn Federn z. B. als Antriebs- oder Rückholfedern eingesetzt bzw. zur Stoßaufnahme in Puffern oder als elastische Anschläge verwendet werden. Z W D T  d' (2.94) Das Torsionsmoment T ist eine Funktion des Drehwinkels '. Mit T = C  ', wobei C die Drehfederkonstante ist, lautet das Integral: Z W D

C  '  d'

(2.95)

Für die Formänderungsarbeit ergibt sich demnach: W D

1 1  C  '2 D  T  ' 2 2

(2.96)

Setzt man in Gl. 2.96 die Gl. 2.92 bzw. 2.93 ein, so erhält man für die Formänderungsarbeit drei weitere Beziehungen: W D

l T2 2  G  Ip

und W D

G  Ip 2 ' 2l

sowie

W D

Ip  l  2 2  G  r2 t

(2.97)

Die letztgenannte Gleichung für die Formänderungsarbeit bei Torsion soll nun mit den entsprechenden Beziehungen für Zug/Druck und Schub verglichen werden: V0  2 2E V W D  2 2G

Zug/Druck: W D

mit

V0 D l  A

Schub:

mit

V D L  A:

Bei beiden Spannungsarten sind die Spannungen gleichmäßig im betrachteten Querschnitt verteilt. Für Torsion sieht die Gleichung ähnlich aus; allerdings steht hier die Größe I p / r2 anstelle der Fläche A bei Zug/Druck und Schub, da bei Torsion die Spannungen linear über dem Querschnitt verteilt sind (siehe Abb. 2.105). Beispiel 2.26 Für eine Drehstabfeder mit der federnden Länge l = 500 mm ist der erforderliche Stabdurchmesser derf zu ermitteln für eine Arbeitsaufnahme der Feder von W = 20 Nm bei einem Verdrehwinkel von ' = 30°. Wie groß ist hierbei die Torsionsspannung? Gegeben: G = 80.000 N/mm2

132

2 Einfache Beanspruchungen

Lösung Wir verwenden den mittleren Ausdruck der Gl. 2.97 und setzen ein: Ip D

  d4 32

und ' D 30ı D

4 G    derf  2 ) W D  6 64  l 36

Umgestellt nach derf und Zahlenwerte eingesetzt, erhält man: 4 derf D

36  64  W  l 36  64  20:000 Nmm  500 mm D 3  G  3  80:000 N=mm2

derf D 9;29 mm Man wählt nun einen ganzzahligen Wert, z. B. d D 10 mm. Die Torsionsspannung berechnet man nach Gl. 2.78. Mit T = 2  W / ' und W p = ( / 16)  d3 ergibt sich für die Torsionsspannung: 2  W  16 192  20:000 Nmm D 3 .=6/    d  2  103 mm3 2 t D 389;07 N=mm  390 N=mm2 t D

Diese Spannung liegt unterhalb der zulässigen Spannung von  t zul  1000 N/mm2 (z. B. für Drehstabfedern aus Federstahl 51CrV4).

2.4.2

Torsion dünnwandiger Querschnitte

Wir betrachten jetzt einen geschlossenen dünnwandigen Rohrquerschnitt beliebiger Form und nicht konstanter Wandstärke, Abb. 2.111. Die Schubspannung  ist bei Betrachtung einer bestimmten Stelle am Umfang des Profils (z. B. A–A in Abb. 2.111) über der Wandstärke s konstant, ist allerdings unterschiedlich groß an Stellen mit unterschiedlichen Wandstärken. Man kann sich die Größe der Schubspannungen in der Wand des Querschnitts vorstellen wie die Strömungsgeschwindigkeit einer Flüssigkeit in einem Kanal/Rohr (Abb. 2.112), der die Form der Wand besitzt: An jeder Stelle strömt pro Zeiteinheit das gleiche Flüssigkeitsvolumen, aber an schmalen Stellen des Kanals ist die Strömungsgeschwindigkeit größer als an breiten Stellen. Dies entspricht dem Kontinuitätsgesetz der Strömungsmechanik (Abb. 2.112). Daher spricht man vom Schubfluss, der an allen Querschnitten der Wand konstant ist. Schubfluss =   s =  1  s1 =  2  s2 = const. Für das in Abb. 2.111 hervorgehobene Wandelement mit der Schubspannung , der Wandstärke s und der Länge du erhalten wir eine Teil-Schubkraft dF: dF D   s  du

2.4 Torsionsbeanspruchung

133

s

r·cos α

du

s

α

τ ∙s·du

r

=F

τ B

r·cos α

A

A

r

α

du dA

B

d1

d2

Abb. 2.111 Torsion dünnwandiger geschlossener Querschnitte

c2 c1 Kontinuitätsgesetz: c1·A1 = c2·A2 = c·A = const

Abb. 2.112 Analogie Schubfluss (  s) – Kanal-/Rohrströmung (c  A)

Diese Teil-Schubkraft erzeugt ein Moment dT um einen (beliebigen) Bezugspunkt B: d T D dF  r  cos ˛ D   s  du  r  cos ˛ Das gesamte Schnittmoment T erhält man, wenn man über den gesamten Weg, d. h. über die gesamte Profilmittellinie integriert: I T D

I   s  r  cos ˛  du D .  s/ 

r  cos ˛  du

Da der Schubfluss   s ja konstant ist, kann er vor das Integral gezogen werden. Das Produkt r  cos ˛  du ist eine Rechteckfläche, wobei die hervorgehobene Dreieckfläche dA D .1=2/  r  cos ˛  du in Abb. 2.111 (rechts) gleich der halben Rechteckfläche ist: I r  cos ˛  du D 2  dA ! T D 2    s 

dA

134

2 Einfache Beanspruchungen

Abb. 2.113 Am = von der Profilmittellinie eingeschlossene Fläche

rcosα

du

dA = ½· r·cosα·du Am

B

Am = ∫dA

Profilmittellinie

Das Integral entspricht dem Summieren aller kleinen Dreiecksflächen mit dem Ergebnis Am , der von der Profilmittellinie eingeschlossenen Fläche (Abb. 2.113). Das gesamte Torsionsmoment errechnet sich daher zu: T D 2    s  Am

(2.98)

Durch Umstellen dieser Gleichung erhält man für die Schubspannung  bei einer Wandstärke s die 1. Bredt’sche Formel3 : D

T 2  Am  s

(2.99)

Die größte Schubspannung  max tritt an der Stelle mit der kleinsten Wandstärke smin auf: T T max D D  zul (2.100) 2  Am  smin Wt Das Torsionswiderstandsmoment für beliebige dünnwandige geschlossene Querschnitte lässt sich aus dieser Gleichung angeben: Wt D 2  Am  smin

(2.101)

Die 1. Bredt’sche Formel ist allgemeingültig für geschlossene dünnwandige Profile, z. B. für Kreis-, Rechteck-, Dreieck- und Ovalrohre. Außerdem wird sie zum Festigkeitsnachweis geschlossener, auf Torsion beanspruchter Schweißnähte verwendet. Schweißnähte können dabei als dünnwandige Profile angesehen werden. Beispiel 2.27 Man ermittle das Torsionswiderstandsmoment für die skizzierte kreisringförmige Schweißnaht (Abb. 2.114) mit dem Durchmesser der Wurzellinie (= mittlerer Durchmesser entsprechend der Bauteilkontur) d = 50 mm und der Schweißnahtdicke a = 3 mm. 3

Rudolph Bredt (1842–1900), deutscher Ingenieur.

2.4 Torsionsbeanspruchung

135

d

Wurzellinie = Randlinie der mittleren Fläche Am

Wurzellinie

D-a

a

a

D+a

Am

a = Schweißnahtdicke

Abb. 2.114 Torsion einer ringförmigen Schweißnaht

Lösung Das Torsionswiderstandsmoment kann einmal entsprechend dem polaren Widerstandsmoment nach Gl. 2.79 ermittelt werden, wenn für den Außendurchmesser d + a und für den Innendurchmesser d  a eingesetzt wird:  .d C a/4  .d  a/4  .53 mm/4  .47 mm/4  D  16 d Ca 16 53 mm 3 Wp D 11:154 mm

Wp D

Die zweite Möglichkeit ist die Berechnung nach der 1. Bredt’schen Formel Gl. 2.101 mit der Wanddicke s = a. Die mittlere Fläche wird durch die Wurzellinie begrenzt und besitzt den Durchmesser d: Wt D 2  Am  a D 2 

 2  d  a D 2  502 mm2  3 mm 4 4

Wt D 11:781 mm3 Hier ergibt sich nach Bredt ein etwas höherer Wert. Die Abweichungen sind umso geringer, je kleiner die Wandstärke s (hier: Schweißnahtdicke a) ist.

2.4.3 Torsion nicht kreisförmiger Querschnitte Wir betrachten jetzt die Torsion eines Stabes mit Kreisquerschnitt und eines Stabes mit Rechteckquerschnitt, Abb. 2.115. Zur Kennzeichnung der Deformationen bei Torsion sind die Außenflächen der Stäbe mit einem quadratischen Raster versehen.

136

2 Einfache Beanspruchungen

Abb. 2.115 Torsion eines Stabes mit Kreis- bzw. Rechteckquerschnitt

Beim Kreisquerschnitt verformen sich alle Quadrate auf der Mantelfläche gleich; die Stabendflächen bleiben eben. Dagegen werden die Quadrate auf dem Rechteckquerschnitt unterschiedlich deformiert. Die Endflächen des Rechteckstabes bleiben nicht eben; sie wölben sich auf. Die mathematische Behandlung der Torsion für beliebige Querschnitte ist sehr anspruchsvoll, so dass hierfür Versuche von Bedeutung sind. Sehr hilfreich für das allgemeine Verständnis ist das hydrodynamische Gleichnis: Es besteht eine Analogie zwischen den Spannungslinien eines auf Torsion beanspruchten Querschnitts und den Stromlinien einer in einem Behälter rotierenden Flüssigkeit. Die Querschnittsform des tordierten Stabes und die Behälterform sind dabei gleich. Die Strö-

Spannungslinien

Spannungsfrei (Totwasser)

mit Einstich

Abb. 2.116 Hydrodynamisches Gleichnis für die Torsion nicht kreisförmiger Querschnitte

2.4 Torsionsbeanspruchung

137

mungsgeschwindigkeiten der Flüssigkeit entsprechen den Spannungen im Querschnitt, siehe Abb. 2.116. In den Ecken eines rechteckigen Beckens ist die Strömungsgeschwindigkeit null (Totwasser). Demzufolge hat der rechteckige Querschnitt an diesen Stellen keine Torsionsspannung. Die größte Strömungsgeschwindigkeit herrscht in der Mitte der langen Rechteckseite. Bei Torsion liegt hier die maximale Torsionsspannung  tmax vor. Durch die Einführung entsprechender Querschnittsgrößen können die Berechnungsgleichungen für Torsionsstäbe mit beliebigen Querschnittsformen auf eine ähnliche Form gebracht werden wie die Gleichungen für kreiszylindrische Stäbe. Der allgemeine Ansatz für die Zusammenhänge zwischen der Belastung T (Torsionsmoment), dem Stoffwert G (Schubmodul) und der Torsionsspannung  t sowie der Deformation ' (Verdrehwinkel) lautet dann wie folgt: t D

T Wt

und ' D

T l G  It

(2.102)

W t ist dabei das Drillwiderstandsmoment und I t ist das Drillflächenmoment 2. Grades. Letzteres ist im Allgemeinen nicht gleich dem polaren Flächenmoment 2. Grades I p . I t und W t werden üblicherweise aus Versuchen oder über mathematische Näherungsverfahren ermittelt. Für einige Querschnittsformen sind diese Größen in Tab. 2.6 zusammengestellt. Die angegebenen Beziehungen für I t und W t dünnwandiger Profile (Tab. 2.6, Ziffer 9), die sich aus Rechtecken zusammensetzen, sind wie bereits erwähnt, Näherungsformeln. Je nach Aufteilung des Profils in einzelne Rechtecke kann es zu Abweichungen kommen (s. Beispiel 2.29). Aufgrund der zulässigen Spannungen und der vorgesehenen Sicherheiten können jedoch diese Abweichungen vernachlässigt werden. Der Korrekturfaktor wird nach einem von A. Föppl4 experimentell ermittelten Faktor auch FöpplFaktor genannt. Er bezieht sich auf die jeweilige Profilform.

Tab. 2.6 Widerstands- und Flächenmomente bei Verdrehung beliebiger Querschnitte Wt  3 d  0;2d 3 16

It  4 d 32

 0;1d 4

d

1

4 4  da di 16 da

4

 32

 4  da  di4

da

di

2

August Föppl (1854–1924), Prof. für techn. Mechanik.

Bemerkungen Größte Spannung am Umfang Wt D 2Wb It D Ip Wie unter 1

138

2 Einfache Beanspruchungen

Tab. 2.6 (Fortsetzung) Wt It Für kleine Wanddicken .Aa C Ai /  smin 2 .Aa C Ai /  s   2  Am  smin  4  A2m usm (Bredt’sche Formeln)

3 s

0;208a3

0;141a4 D

a

4

a4 7;11

Am um

Bemerkungen Aa = Inhalt der von der äußeren Umrisslinie begrenzten Fläche Ai = Inhalt der von der inneren Umrisslinie begrenzten Fläche Am = Inhalt der von der Mittellinie umgrenzten Fläche um = Länge der Mittellinie (mittlere Umrisslinie) Größte Spannungen in den Mitten der Seiten. In den Ecken ist  = 0

a

a > b ab D n  1 c1  a  b 3 D c1  n  b 4 Größte Spannungen in der c1 c1 2 3 Mitte der größten Seiten. c2  a  b D c2  n  b In den Ecken ist  = 0 c1 D  0;630 0;052 1 3 1  n C n5 0;625 c2 D 1  1Cn 3

a

5

b

Gleichseitiges Dreieck

a3 20



h3 13

a4 46;19



h4 26

Größte Spannungen in der Mitte der Seiten. In den Ecken ist  = 0

h

6

a

7

Regelmäßiges Sechseck



1;5113

1;8474

Größte Spannungen in der Mitte der Seiten

2.4 Torsionsbeanspruchung

139

Tab. 2.6 (Fortsetzung) 8

Regelmäßiges Achteck

9

Dünnwandige Profile

Wt 1;4813



P

3

bi3 hi

P

Bemerkungen Größte Spannungen in der Mitte der Seiten

bi3 hi

Größte Spannungen in der Mitte der Längsseiten des Rechteckes mit der größten Dicke bmax

b1

h2

η 0,99 1,0

1,12

1,17

1,29 1,31

h2

h1

b1 b2

h1

3bmax

It 1;7264

b3

b2

h3

Beispiel 2.28 In welchem Verhältnis stehen die von den beiden skizzierten Kastenträgern in Abb. 2.117 aufnehmbaren Torsionsmomente T a und T b ? Beide Träger haben dieselben Abmessungen; der Träger (Abb. 2.117a) ist geschlossen, Träger (Abb. 2.117b) besitzt einen schmalen Längsschlitz. Lösung Für beide Träger gilt dieselbe zulässige Spannung: t zul D

Ta Tb D Wta Wtb

!

Ta Wta D Tb Wtb

Für das geschlossene Profil verwenden wir die Bredt’sche Formel Wta D 2  Am  s und setzen die entsprechenden Größen aus der Skizze in der Einheit cm ein: Wta D 2  .12  0;3/2  0;3 cm3 ) Wta D 82;1 cm3 Das Drillwiderstandsmoment für den geschlitzten Kastenträger ermitteln wir mit Hilfe der Ziffer 9 aus Tab. 2.6: X  bi3  hi Wtb D 3bmax

140

2 Einfache Beanspruchungen b 3

3

a

3

3

60

120

120

Längsschlitz

120

120

Abb. 2.117 Torsion zweier Kastenträger; a geschlossen, b geschlitzt

Der Beiwert berücksichtigt die Querschnittsform. Wir schätzen hier  1. Die Summe wird aus den Produkten Breite hoch drei mal Höhe der einzelnen Profilabschnitte gebildet. Für h setzen wir hier die jeweilige Länge des Abschnitts und für b die Dicke ein, wieder in der Einheit cm. Wtb D

1  .3  0;33  12 C 2  0;33  6/ cm3 D 1;44 cm3 3  0;3

Daraus ergibt sich für das Verhältnis der Torsionsmomente: Ta 82;1 D  57 Tb 1;44 Der geschlossene Kastenträger kann demnach das 57-fache Torsionsmoment des geschlitzten Trägers aufnehmen. Grundsätzlich sind geschlossene Profile wesentlich torsionssteifer als offene. Beispiel 2.29 Das U-Profil ist wie dargestellt links wölbfrei fest eingespannt und wird am rechten Ende durch ein Kräftepaar beansprucht (Abb. 2.118). Wie groß darf die Kraft F höchstens sein, damit  t zul und ' zul nicht überschritten werden? Gegeben  t zul = 60 N/mm2 ; ' zul = 2°/m; G = 81.000 N/mm2 Bestimmung von W t gemäß Tab. 2.6, Ziffer 9 Profilaufteilung bei ungleicher Wandstärke bi : tzul D

T F a D Wt Wt

mit

Wt D

X 3 bi  hi 3  bmax

2.4 Torsionsbeanspruchung 60

5

45

100

110

5

15

141

15

Version 2

Version 1

Version 1 P Wt1 D 3b max 3iD1 bi3 D 9520 mm3   3 1;12 D 315 15  100 C 2  53  60 mm4 mm F1 D

tzul  Wt 60 N  9520 mm3 D D 5440 N a mm2 105 mm

F2 D

tzul  Wt 60 N  8773 mm3 D D 5013 N a mm2 105 mm

al D FGI t P 3 It D 3 bi  hi D

'D

It D

Version 2 P Wt2 D 3b max 3iD1 bi3 D 8773 mm3   3 1;12 D 315 15  100 C 2  53  60 mm4 mm

T l GIt

1;12 3

  3 15 mm3  110 mm C 2  53 mm3  45 mm D 142:800 mm4

 X 3 1;12  3 bi  hi D 15 mm3  100 mm + 2  53 mm3  60 mm D 131:600 mm4 3 3 F1 D

'  G  It 2ı  81:000 N  142.800 mm4   m D 3837;23 N D al m mm2 105 mm  1000 mm 180ı

F2 D

'  G  It 2ı  81:000 N  131:600 mm4   m D 3543;72 N D al m mm2 105 mm  1000 mm 180ı 60

F 15

Abb. 2.118 U-Profil

110

5

105

F

142

2 Einfache Beanspruchungen

Maßgebend ist der Verdrehwinkel ', d. h. die Kraft darf  3837 N nach Version 1 nicht überschreiten. Wäre die Wandstärke des U-Profils gleich, dann ist W t auch gleich: 60

100

110

5

55

5

5

5

Version 1

Version 1 P Wt2 D 3b max 3iD1 bi3 D 6160 mm3   3 1;12 3 4 D 315 mm 5  110 C 2  5  55 mm

Version 2

Version 2 P Wt2 D 3b max 3iD1 bi3 D 6160 mm3   3 1;12 3 4 D 315 mm 5  110 C 2  5  60 mm

Fazit: Da es sich bei der Ermittlung von I t und W t gemäß Tab. 2.6, Ziffer 9, um Näherungsformeln handelt, sind Abweichungen aufgrund der Profilaufteilung gemäß Version 1 und 2 gegeben, wenn unterschiedliche Wandstärken bi vorliegen. Das heißt die Abweichungen werden umso größer, je mehr sich die Wandstärken bi von Steg und Flanschen unterscheiden. Aufgrund der zulässigen Spannungen und der vorgesehenen Sicherheiten spielen diese Unsicherheiten keine maßgebende Rolle. Sind hingegen die Wandstärken bi der Versionen 1 und 2 gleich, dann sind auch die Werte von I t und W t identisch. Beispiel 2.30 Zu ermitteln sind das Verhältnis der axialen und polaren Flächenmomente 2. Grades eines Kreises und eines Quadrates bei gleicher Querschnittsfläche (siehe Abb. 2.119)! Beide Flächen sollen gleich groß sein; es gilt also: AKreis D   r 2 D AQuadrat D a2 ) a D r   4  Iy Kreis D d D r 4  0;79  r 4 64 4 b  h3 a4 2 4 Iy Quadrat D D D r  0;82  r 4 12 12 12 Iy Kreis 0;79  r 4   0;96 Iy Quadrat 0;82  r 4

p



2.4 Torsionsbeanspruchung

143

r

Abb. 2.119 Axiale und polare Flächenmomente 2. Grades

y

y

a

Lösung Das Drillflächenmoment für ein quadratisches Profil finden wir in Tab. 2.6, Ziffer 4.  4 d D 2  Iy Kreis  1;57  r 4 It Kreis D 32 It Quadrat  0;141  a4  0;141   2  r 4  1;39  r 4 It Kreis 1;57  r 4   1;13 It Quadrat 1;39  r 4 Während das axiale Flächenmoment der Kreisfläche nur geringfügig kleiner ist als das der Quadratfläche, hat der Kreisquerschnitt ein um 13 % größeres Drillflächenmoment als der Quadratquerschnitt. Für Wellen als weit verbreitetes Maschinenelement im Maschinenbau ist daher der Kreisquerschnitt gut geeignet, weil meistens sowohl Biegemomente als auch Torsionsmomente aufgenommen werden müssen. Beispiel 2.31 (Finn Niklas’ Dreirad) Die Antriebswelle des Dreirades aus S235 hat einen Durchmesser d = 18 mm. Der Antrieb erfolgt vom Kettenrad auf das linke Hinterrad. Das rechte Hinterrad ist lose auf der Welle befestigt, überträgt daher keine Drehmomente (das Dreirad besitzt kein Differenzialgetriebe). Wie groß ist die Torsionsbeanspruchung der Antriebswelle im normalen Fahrbetrieb und im Extremfall? Die Radlasten F hl und F hr betragen je 197,7 N. Abmessungen (siehe Abb. 2.120): sL = 650 mm; sZ = 430 mm; a = 150 mm; dZ = 70 mm; D = 300 mm Die Übersetzung von der Tretkurbel zur Kette beträgt i = 1,6:1 in der für die Übertragung der Fußkraft günstigsten Stellung. Der Fahrwiderstand des Dreirades, der als Umfangskraft am linken Hinterrad aufgebracht werden muss, wurde zu F ges = 50 N abgeschätzt. Lösung Im unteren Bildteil sind die Verläufe des Torsionsmomentes sowie des Biegemomentes aus den Radlasten dargestellt. Wir betrachten hier nur das Torsionsmoment. Wir

144

2 Einfache Beanspruchungen y

sL

a

a Kettenrad

F hl

F hr

d

D

T

T

dz

sz

F hl

F hr

z

T

x Mb

Abb. 2.120 Hinterachse zu Finn Niklas’ Dreirad

gehen zunächst von normaler Fahrt aus und setzen den Fahrwiderstand als Umfangskraft am linken Hinterrad an. Damit erhält man das Torsionsmoment zu T = F ges  D / 2 = 7500 Nmm. Mit den Gln. 2.81 und 2.86 erhält man für die Torsionsspannung: t D

T  3 d 16

D

7500 Nmm  6;6 N=mm2 1145 mm3

Diese Spannung ist sehr klein. Damit auch bei extremer Belastung die Welle nicht versagt, überprüfen wir noch die maximale Torsionsspannung. Sie tritt auf, wenn Finn Niklas mit voller Beinkraft die Tretkurbel belastet und gleichzeitig das linke Hinterrad (Antriebsrad) z. B. durch einen vorgelegten Stein oder durch Anziehen der Handbremse blockiert ist. Die maximale Fußkraft kann man mit der doppelten Gewichtskraft des Fahrers zu etwa F Fuß,max = 1100 N abschätzen. Mit der gegebenen Übersetzung beträgt die Umfangskraft am Kettenrad (gleich Zugkraft in der Kette) auf der Hinterachswelle FuZ D

FFuß, max 1100 N D  688 N i 1;6

und damit das maximale Torsionsmoment Tmax D FuZ  dz =2  24:080 Nmm:

A

Fz

Fz

A σd = E · ε

σd = Fd

Fd

Fd

M M σb · b · b e Wb I Durchbiegung w

Mb

Mb

Biegung σ b

Fz

σd Fd

σbd max

Abb. 2.121 Gegenüberstellung der fünf Grundbeanspruchungsarten

σz

bz max

Mb

Größte Biegespannung in ∆l ∆l den äußeren Randfasern, in σz = E · σd = E · der neutralen Faser ist σ b= l l 0. Konstante Normalspannung über dem Eine Querkraftbiegung Querschnitt A, dies trifft nicht auf die Bereiche im Bauteil zu, wo sich Bohrungen, Ein- führt zusätzlich zur Schubbeanspruchung. stiche, Kerben, Krafteinleitungsstellen oder 2.3. Querschnittssprünge befinden (sh. Abb. 2.7). I und Wb aus Tab. σ

A σz = E · ε

A

Druck σ d

l

Zug σ z

σ z = Fz

l

Normalspannung σ

l e

τ ( x, z ) = I ·b ( z )

F A Fq · H ( z )

τa, m = gilt für

F

Real: Die größte Schubspannung τmax tritt in der Mitte des Querschnitts auf, wird aber häufig bei der Berechnung vernachlässigt. Am Außenrand ist die Schubspannung null. Ausnahme: Kurze Träger (Achszapfen), bei denen der Abstand der Krafteinleitung von der Einspannung innerhalb der Bauteillänge liegt, dann ist die Schubspannung gegenüber der Biegespannung maßgeblich.

den Querkraftschub Vereinfachend wird mit der mittleren Schubspannung τ m gerechnet.

F

Schub/Scherung τ s,a

T τt = Wt

R

T

τtmax

D

T

τtmax

Größte Torsionsspannung τt max am Außendurchmesser, die Achse ist spannungsfrei. Wt aus Tab. 2.6.

T

Torsion τ t

Schubspannung τ

l

Spannungen

2.4 Torsionsbeanspruchung 145

146

2 Einfache Beanspruchungen

Damit ist die maximal in der Hinterachswelle auftretende Torsionsspannung t max D

24:080 Nmm  21 N=mm2 : 1145 mm3

Ob diese Spannung vom Bauteil aufgenommen werden kann, können wir erst entscheiden, wenn wir die Vergleichsspannung ermittelt haben (siehe Kap. 3), die auch die Biegespannungen in der Welle einbezieht. Eine Gegenüberstellung der in den Abschn. 2.1–2.4 behandelten fünf Grundbeanspruchungsarten mit den entsprechenden Eigenschaften der Beanspruchungsarten erfolgt in Abb. 2.121.

2.5 Verständnisfragen zu Kapitel 2 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. 10. 11. 12. 13. 14. 15. 16. 17. 18. 19. 20.

Warum ist in Stäben die Zugspannung konstant? Welche Bedingungen gelten für die Tragfähigkeits- und Bemessungsrechnung? Wenn ein Stab gezogen oder gedrückt wird, wie groß ist dann die Normal- und die Schubspannung bei einem Winkel unter 45° zur Stabachse? Von welchen Einflussgrößen hängt die Trag- und Reißlänge bei einem Bauteil unter Eigengewicht ab? Wie wirken sich Wärmespannungen in einem Bauteil aus und wovon ist die Spannung abhängig? Welcher Werkstoff ist bei der Ermittlung der Flächenpressung maßgeblich? Warum reißen Behälter, Kessel oder Rohre in erster Linie in Längsrichtung auf? Wovon hängt die Grenzgeschwindigkeit eines frei rotierenden Ringes ab? Ein Balken wird durch eine Querkraft F q belastet. Welche Auswirkungen ergeben sich für das Balkensystem? Was versteht man unter der neutralen Faser? Wie lautet die Grund-/Hauptgleichung der Biegung? Wovon hängt das Widerstandsmoment eines rechteckigen Balkens ab? Wie kann das (axiale) Flächenmoment 2. Grades erklärt werden? Wozu dient der Steiner’sche Satz und wie lautet er? Wie muss die Umrechnung des Flächenmomentes von einer beliebigen Achse auf eine andere Achse erfolgen? Beschreiben Sie den Zusammenhang zwischen Schubwinkel und Schubspannung. Warum ist es bei (langen) Biegeträgern ausreichend, mit der mittleren Schubspannung statt mit dem echten Schubspannungsverlauf zu rechnen? Welche Bedeutung hat der Schubmittelpunkt bei unsymmetrischen Profilen? Warum ist der Kreisringquerschnitt ideal zur Übertragung von Torsionsmomenten? Eine Torsionsstabfeder mit Vollkreisquerschnitt aus Stahl soll mit niedriger Federsteifigkeit (also hoher Nachgiebigkeit) ausgelegt werden. Wie kann dies erreicht werden?

2.6 Aufgaben zu Kapitel 2

147

21. Wozu wird die 1. Bredt’sche Formel verwendet? 22. Ein Lkw-Rahmen soll möglichst torsionsweich ausgelegt werden. Es stehen U-Profile und Rohre zur Verfügung. Welche sind grundsätzlich geeigneter?

2.6 Aufgaben zu Kapitel 2 Aufgabe 2.1 Ein aus Stahl und Kupfer bestehender Verbundstab (ESt = 2  ECu = 210.000 N/mm2 ) mit den Querschnitten ASt = ACu / 2 = 1 / 3 cm2 und der Länge 3a = 3 m soll in die gezeichnete Aussparung zwischen zwei starre Wände eingesetzt werden (h = 2 mm). a

St

a

Cu

a

St

F

h/2

F

Einbauzustand

h

3000

a) Wie groß muss die Presskraft F sein, damit der Einbau gelingt? b) Wie groß sind die Spannungen in den drei Stäben nach dem Einbau? c) Die Geometrie sei unverändert; jedoch soll die Schrumpfung nicht durch Aufbringen einer Kraft, sondern durch Temperaturabsenkung erfolgen! Die Ausdehnungskoeffizienten von Stahl und Kupfer sind gegeben: ˛ St = 12  106 K1 , ˛ Cu = 16  106 K1 . Berechnen Sie die notwendige Temperaturabsenkung, so dass der Stab gerade in die Aussparung passt.

148

2 Einfache Beanspruchungen

Aufgabe 2.2 Ein Standfuß aus GJL 200 steht auf einem Betonfundament und wird statisch mit einer Druckkraft F = 800 kN belastet. a) Wie groß ist der Innendurchmesser di zu wählen, wenn da = 250 mm,  d0,1 = 200 N/mm2 und S = 1,5 ist? b) Wie groß ist der Durchmesser D1 des Standfußes zu wählen, wenn für das Fundament eine zulässige Flächenpressung pzul = 7,5 MPa nicht überschritten werden darf?

F da

di

D1

Aufgabe 2.3 Das dargestellte Rohr steht unter Innendruck. Es ist am rechten Ende fest mit der Wand verbunden und am linken Ende durch eine Flanschverbindung verschlossen. Gegeben: pi = 18 bar; da = 160 mm, s = 8 mm. a) Welche Kraft wirkt auf den Flansch? b) Wie groß sind die Spannungen im Rohr?

0 12

0

2.6 Aufgaben zu Kapitel 2

149

Aufgabe 2.4 Ein dünnwandiger Stahlring mit einem Außendurchmesser d = 1500 mm rotiert frei. Bei welcher Drehzahl beginnt der Ring sich plastisch zu verformen (Re = 235 N/mm2 )? Aufgabe 2.5 Für die in der Abbildung dargestellten Profile sind die Flächenmomente 2. Grades I y und I z bezüglich der Schwerpunktachsen zu berechnen.

10

10

100

16

y

106

100 z

60

Aufgabe 2.6 Ein Gestell hat den skizzierten Querschnitt gemäß folgender Abbildung. Zu berechnen sind: a) die Flächenmomente 2. Grades für die y- und z-Achse b) die Widerstandsmomente für die y- und z-Achse.

600

S

z

y

350

y

40

z

282

160

150

2 Einfache Beanspruchungen

Aufgabe 2.7 Ein Hohlträger liegt gemäß Abbildung an beiden Enden frei auf. Bei welcher Länge l geht er aufgrund seines Eigengewichtes zu Bruch?

s

Gegeben: A = 19.600 mm2 ; q = 1,5 N/mm2 ;  B = 370 N/mm2. A q

s l

A

B □ 500

Aufgabe 2.8 Das in folgender Abbildung dargestellte zusammengeschweißte Profil wird durch ein Biegemoment M by belastet. Gegeben: Mby = 0,6 kNm. Bestimmen Sie das Flächenmoment 2. Grades des zusammengeschweißten Profils, die Biegespannungen im Profil, den qualitativen Spannungsverlauf, die Biegespannung in Höhe der Schweißnaht.

R 15

7,5

z

30

x y Mby 6

8

a) b) c) d)

40

2.6 Aufgaben zu Kapitel 2

151

Aufgabe 2.9 Das dargestellte Strangpressprofil aus AlMgSi1 wird durch eine mittig angreifende Kraft belastet. Gegeben: F = 18 kN; Rm = 325 N/mm2 ; Rp0,2 = 260 N/mm2 ; E-Modul = 70 kN/mm2 . a) Skizzieren Sie den Biegemomentenverlauf für den Profilträger mit Angabe des größten Biegemoments! b) Wie groß ist das axiale Flächenmoment 2. Grades bezogen auf die y-Achse? c) Wie groß sind die Biegespannungen in den Randfasern? d) Ist eine ausreichende Sicherheit gegen Fließen gegeben?

100

F

z

120

45

A

x

y

B 2800 A-B

35

Aufgabe 2.10 Für den einseitig eingespannten Balken  60 × 2000 (s. Abbildung) ist für die Stellen ①, ② und ③ der Festigkeitsnachweis zu führen, wenn  bzul = 245 N/mm2 nicht überschritten werden darf. Gegeben: F = 5 kN. 2000 600

400

F

Ø25

Ø25

□ 60

□ 25

3

2

1

152

2 Einfache Beanspruchungen

Aufgabe 2.11 Ein Bohrgestänge mit kreisförmigem Querschnitt ist bis zu einer Tiefe LE ins Erdreich vorgedrungen. An der Spitze des Bohrmeißels wirkt das Bohrmoment T. Das Erdreich übt auf das Gestänge einen konstanten Flächendruck p aus. Der Reibbeiwert zwischen Erdreich und Bohrgestänge ist . Das Bohrgestänge ist insgesamt bis zur Einleitung des Antriebsmomentes L = 5,5 m lang. a) Wie groß ist das erforderliche Antriebsmoment? b) Wie groß ist die maximale Torsionsspannung? c) Wie groß ist die Verdrehung der Endquerschnitte des Bohrgestänges unter der Annahme eines konstanten Reibmomentes? Gegeben: d = 70 mm; 0,5  105 N/m2 .

LE = 4 m;

G = 80.000 N/mm2 ;

 = 0,3;

T = 2000 Nm;

p=

d

LE

q

T Aufgabe 2.12 Eine Hohlwelle hat das Durchmesserverhältnis ı = d / D = 0,8. Sie soll eine Leistung P = 13,1 kW bei einer Drehzahl von n = 250 min1 übertragen. Dabei soll die zulässige Torsionsspannung von  zul = 60 N/mm2 nicht überschritten werden. Zu bestimmen sind: a) die erforderlichen Durchmesser D und d b) die Spannung am Innendurchmesser (auf der Innenseite der Hohlwelle).

2.6 Aufgaben zu Kapitel 2

153

Aufgabe 2.13 Für den skizzierten Drehfederstab ist die Bohrungstiefe a bei gegebenem Durchmesser d so zu bestimmen, dass sich eine Verdrehung zwischen den Querschnitten A und B von ' = 10° einstellt. Wie groß ist dabei die maximale Torsionsspannung?

d

D

Gegeben: d = 10 mm; D = 20 mm; l = 350 mm; G = 81.000 N/mm2 ; T = 0,6 kNm.

T a l A

B

Aufgabe 2.14 Omnibusse erhalten ein Gerippe aus rechteckigen Stahl-Hohlprofilen. Die Scheiben werden meist eingeklebt. Dazu wird im Fensterobergurt das im Bild dargestellte Spezial-Hohlprofil mit einer Wandstärke von s = 4 mm verwendet. Beim Anheben eines Rades (z. B. Parken mit einem Rad auf dem Bürgersteig) wird die Bus-Karosserie auf Torsion beansprucht. Dadurch erfährt auch der Fensterobergurt eine Torsionsbeanspruchung. Das Torsionsmoment wurde zu T = 1,6 kNm berechnet. Wie groß ist die Torsionsspannung im Fensterobergurt? Stahl-Hohlprofil

44

80

4

40 60 Klebefuge Seitenscheibe

154

2 Einfache Beanspruchungen

Aufgabe 2.15 Pkw der Kleinwagen- und unteren Mittelklasse besitzen oft eine nicht angetriebene Hinterachse als so genannte Verbundlenkerachse. Die Räder werden über Längslenker (Kasten- bzw. Rohrprofile) geführt. Die Längslenker sind zwischen den Lagerstellen an der Karosserie durch eine Torsionsfeder verbunden, die beim Wanken der Karosserie (Drehbewegung um die Längsachse) den Wankwinkel vermindert, indem sie die Wankfedersteifigkeit erhöht. Sie wirkt also wie ein Stabilisator. Die Torsionsfeder ist z. B. ein mit einem Öffnungswinkel von 70° gekantetes Stahlblech (V-Profil, siehe Skizze). Wie groß ist bei einem Verdrehwinkel von ' = 10° die Spannung in dem V-Profil?

Gegeben: Profillänge l = 1200 mm; Schubmodul G = 81.000 N/mm2 .

2.6 Aufgaben zu Kapitel 2

155

Aufgabe 2.16 Das in folgender Abbildung skizzierte stranggepresste Aluminium-Hohlprofil mit einer Wandstärke von s = 6 mm wird in einer Leichtbau-Konstruktion mit einem Torsionsmoment T = 2,1 kNm belastet.

36

70

a) Wie groß ist die Torsionsspannung? b) Wie groß ist bei einer Profillänge von 3000 mm der Verdrehwinkel (GAl = 27.000 N/mm2 )?

T 70 36

3

Zusammengesetzte Beanspruchungen

In Kap. 2 wurden die fünf Grundbeanspruchungsarten Zug, Druck, Schub, Biegung und Torsion behandelt. In der Praxis tritt selten eine Spannungsart für sich allein auf. Daher hat man an einer Schnittstelle in einem Bauteil meistens zwei oder mehr Spannungsarten gleichzeitig. Man spricht in diesem Fall von zusammengesetzter Beanspruchung. Für das Versagen eines Bauteils sind dann nicht mehr die Einzelspannungen maßgebend, d. h. ein Bauteil kann bei zusammengesetzter Beanspruchung auch versagen, wenn alle vorhandenen Einzelspannungen kleiner sind als die dafür jeweils zulässigen Spannungen. In diesem Kapitel werden daher die Berechnungsgrundlagen für Bauteile mit mehreren Spannungsarten behandelt. Zunächst werden einige Beispiele gezeigt (Abb. 3.1, 3.2). I Gleichartige Spannungen – Normalspannungen und Tangentialspannungen je für sich – können nach dem Superpositionsprinzip durch algebraische Addition zusammengefasst werden (Abb. 3.3 und 3.4). Dies gilt nur, solange die Beanspruchung im Hooke’schen Bereich stattfindet, wenn also Spannung und Dehnung proportional sind. Daraus folgt:  res =  Zug/Druck +  Biegung (Abb. 3.3)  res =  Schub +  Torsion (Abb. 3.4)

© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2019 K.-D. Arndt et al., Festigkeitslehre für Wirtschaftsingenieure, https://doi.org/10.1007/978-3-658-26141-2_3

157

158

3

Ansicht B

b

F A

F

F B

B

h

a

Zusammengesetzte Beanspruchungen

l

c

e b

F

d d0 a

F

F

F

Abb. 3.1 Beispiele für zusammengesetzte Beanspruchungen. a Beispiel für Zug-, Schub- und Biegebeanspruchung (Balken auf zwei Stützen), b Beispiel für Biegung, Schub und Torsion (einseitig eingespannter Träger), c Beispiel für Zug, Biegung und Schub (Kranhaken), d Getriebewelle, die meist auf Biegung, Schub und Torsion beansprucht wird, wobei oftmals noch Zug oder Druck hinzukommen a F

b F e

Abb. 3.2 Beispiele für zusammengesetzte Beanspruchungen, a schräger Zug/Druck, b exzentischer Zug/Druck, c schiefe Biegung, d exzentische Querkraft

c

F

d

F

3.1 Zusammengesetzte Normalspannungen

159

Abb. 3.3 Zusammengesetzte Beanspruchung: Einseitig eingespannter Träger, belastet durch eine Zugkraft F und ein Biegemoment M b

Mb F Superpositionsprinzip:

σz

σ bd

σ min

+

= σ max

σ bz F σz = A

Abb. 3.4 Zusammengesetzte Beanspruchung: Einseitig eingespannter Träger, belastet durch eine Querkraft F q und ein Torsionsmoment T

M σb = b Wb

+

=

σres = σ z + σ b

Fq T Superpositionsprinzip:

τtmax

τs

τres max

+

=

τs τs =

τres min

τtmax Fq

+

A

T τt = Wt

=

τres = τ s + τ t

3.1 Zusammengesetzte Normalspannungen Beanspruchung bei Zug oder Druck mit Biegung Wir betrachten zunächst einen links einseitig eingespannten Balken, der am freien Ende (rechts) durch eine Biege- und eine Zug- bzw. Druckkraft belastet ist, Abb. 3.5. In Abb. 3.5a,b treten im eingezeichneten Querschnitt A gleichzeitig ein Biegemoment M b = F z  x und eine Längskraft F l = F x auf. F x und F z sind dabei z. B. die Komponenten einer schräg angreifenden Kraft F. In Abb. 3.5c,d ergeben sich im Querschnitt A ein Biegemoment M b = F  a und eine Längskraft F l aufgrund der außermittig angreifenden Kraft F. Die Schubbeanspruchung durch die Querkraft F z in Abb. 3.5a,b ist vernachlässigbar, wenn die Länge des Balkens l wesentlich größer als die Balkenhöhe h ist. In der Praxis gilt dies ab etwa l > 10  h. Die im Balken auftretenden Spannungen lassen sich wie folgt berechnen: Zug- bzw. Druckspannungen: z,d D Biegezugspannungen: bz D

F A

Mb Mb D O I Wbz e z

(3.1)

160

3 l

x

Mb

Mb

Fx

σbz

ed

Fx

A

A

a

Fx A

Fx

Fx

σmax σmax

σz

+

A

Fl Mb

=

Druck

a

Fl Mb

d

+

σbz

Zug

=

σmin

σbd σbd

σmax

σd

+

a

a

Fx

σmin

σd

σbd

c A

σminDruck Zug

Fz

Fq Fl

ez

Fz

=

σbd

x b

+

σmax

z0 emax

A

Zug

σz

σz

A

z0

Fx

Fl

σbz

z0

Fx

A

Fz

Fq

=

Druck

z0

Fz

ed

x

z

ez

a

Zusammengesetzte Beanspruchungen

σbz

σmin

Abb. 3.5 Biegung mit Zug oder Druck; a Biegekraft F z und mittige Zugkraft F x ; b Biegekraft F z und mittige Druckkraft F x ; c außermittige Kraft F als Zug- und Biegekraft; d außermittige Kraft F als Druck- und Biegekraft

Biegedruckspannungen: bd D

Mb Mb D O I Wbd e

(3.2)

d

I ist dabei das axiale Flächenmoment 2. Grades und ez und ed sind bei unsymmetrischen Querschnitten die Abstände der Querschnittsränder von der Biegeachse. Für die Dimensionierung oder den Nachweis eines Balkens interessieren beim Auftreten von Biegespannungen die Spannungen am Rand, da diese maximal sind und hier die zulässigen Spannungen zuerst erreicht werden. Die resultierenden Randspannungen können wir durch algebraische Addition ermitteln: Biegung mit Zug: max D bz C z I min D bd C z

(3.3)

Biegung mit Druck: max D j  bd  d j I min D jbz  d j

(3.4)

Positive Randspannungen sind resultierende Zugspannungen; resultierende Druckspannungen treten als negative Randspannungen auf. Als Festigkeitsbedingung gilt, soweit die Streckgrenze des Werkstoffs der Quetschgrenze entspricht: (3.5) jmax j  zul

3.1 Zusammengesetzte Normalspannungen

161

Durch die Überlagerung von Biegespannungen mit Zug- oder Druckspannungen verschiebt sich die Spannungs-Nulllinie um das Maß z0 . Bei Biegung mit Zug wandert die Nulllinie zur Biegedruckseite und z0 wird negativ. Ein positives z0 erhalten wir bei Biegung mit Druck; hier verschiebt sich die Nulllinie zur Biegezugseite. Nach Abb. 3.5a ergibt sich z0 bei Biegezug zu z0 D 

z  ez bz

(3.6)

und für Biegedruck nach Abb. 3.5b erhält man z0 D

d  ed bd

(3.7)

Für  z >  bd (vgl. Abb. 3.5c) oder  d >  bz (vgl. Abb. 3.5d) liegt die Spannungsnulllinie außerhalb des Querschnitts. Als resultierende Randspannungen erhält man hier nur Zug- bzw. nur Druckspannungen. Beispiel 3.1 Wir untersuchen eine Stütze aus einem I-Profil mit angeschweißtem Konsolblech, Abb. 3.6a. Die Stütze wird durch zwei Druckkräfte F 1 und F 2 außermittig belastet, da die Kraft F 2 um die y-Achse des I-Profils (senkrecht zur Zeichnungsebene) ein Biegemoment erzeugt. Gegeben Querschnittsfläche A = 53,8 cm2 ; axiales Widerstandsmoment W by = 557 cm3 ; zul. Spannung  zul = 30 N/mm2 Gesucht ist die maximale Randspannung und ist sie zulässig? Lösung Die Stütze wird auf Druck durch die beiden Kräfte F 1 und F 2 und auf Biegung durch das Biegemoment M b = F 2  a beansprucht (Abb. 3.6b). Die Gesamtspannung in einem Querschnitt in ausreichender Entfernung zur Krafteinleitungsstelle und zum Auflager (z. B. Querschnitt B–B) erhält man als Summe aus der Biege- und der Druckspannung. Die größte Spannung wird entsprechend Abb. 3.5d am Biegedruckrand auftreten. Da es sich um Druckspannungen handelt, werden sie mit negativem Vorzeichen berücksichtigt: max D bd  d Die Biegespannung ergibt sich zu Mb F2  a 25 kN  300 mm D D Wb Wb 557  103 mm3 N D 13;46 : mm2

bd D bd

162

3 a F1 = 60 kN

a = 300

F2 = 25 kN

Zusammengesetzte Beanspruchungen

b

F1 = 60 kN F2 = 25 kN Mb = F2·a

I300- DIN 1025

ez

ed

σd

σd

σ bz

z0

B

B

σbd

σmax

Abb. 3.6 a Stütze zu Beispiel 3.1, b Druck- und Biegespannungen in der Stütze

Für die Druckspannung erhält man: F F1 C F2 .60 C 25/  103 N D D A A 53;8  102 mm2 N d D 15;8 mm2 d D

Die größte Randspannung, eine Druckspannung, berechnet sich damit zu max D  .13;46 C 15;8/ max  29;26

N mm2

N : mm2

N N Die Bedingung jmax j  29;3 mm 2 < zul D 30 mm2 wird eingehalten. Die minimale resultierende Randspannung erhalten wir folgendermaßen unter Berücksichtigung, dass aufgrund des symmetrischen Profils gilt: jbd j D jbz j.

min D bz  d D .13;46  15;8/ min D 2;34

N mm2

N mm2

3.1 Zusammengesetzte Normalspannungen

163

Nach Gl. 3.7 kann jetzt auch die Nulllinienverschiebung z0 ermittelt werden. Das IProfil nach Abb. 3.6a hat eine Höhe von 300 mm: z0 D

d  ed bd

ed ez D e D z0 D

h 300 mm D D 150 mm 2 2

15;8  150 mm D 176;08 mm 13;46

Die Spannungsnulllinie liegt also außerhalb des Profilquerschnittes analog zu Abb. 3.5d. Beispiel 3.2 Ein U-Profil wird außermittig durch eine Druckkraft belastet (Abb. 3.7). Zu bestimmen sind die Lage des Schwerpunktes der Querschnittsfläche und die maximale Normalspannung an der Einspannung. Gegeben: a, F Lösung Wir berechnen zunächst die Lage des Schwerpunktes im y-z-Koordinatensystem. Dazu teilen wir die Gesamtfläche des U-Profils in Teilflächen auf, für die die Schwerpunktlage leicht zu ermitteln ist (Abb. 3.8). P zS D zS D

zi  Ai 2  A1  3a C A2  a 12a3 C 8a3 D D 2 2 Ages 4a C 8a 12a2

20a3 5 D a 12a2 3

.ausgehend vom unteren Rand/

Bezogen auf die Schwerpunktachse in der Höhe zS hat die Kraft F ein Biegemoment Mb D

2a

a

S

2a

2a

a

5 a  F: 3

Abb. 3.7 Außermittig belastetes U-Profil in Beispiel 3.2

F

164

3

Zusammengesetzte Beanspruchungen

Abb. 3.8 Aufteilung des UProfils aus Beispiel 3.2 in Teilflächen

z A1 yS A2 y

Zur Berechnung der Biegespannung b D

Mb e Iy

fehlt noch das Flächenmoment 2. Grades für die yS -Achse. Dies setzt sich zusammen aus den Flächenmomenten der Einzelflächen um ihre (Teil-)Schwerpunkte und aus den Steiner-Anteilen: Iy D 2  I1 C 2  s12  A1 C I2 C s22  A2 Für Rechteckflächen gilt allgemein für das axiale Flächenmoment 2. Grades: I D

b  h3 12

Damit erhält man schließlich:  2  2 4 2 a  .2a/3 4a  .2a/3 2 Iy D 2  C2 a  2a C C a  8a2 12 3 12 3 16a4 32a4 48 4 96 4 64 32 Iy D C a4 C C a4 D a C a 12 9 12 9 12 9 144a4 C 384a4 44 4 528 4 Iy D D a D a 36 36 3 Setzt man den Abstand des unteren Profilrandes zum Schwerpunkt in die Formel für die Biegespannung ein, so erhält man die Biegespannung am unteren Rand, in diesem Fall eine Biegedruckspannung: bu D

5  a  F  3  5a 25  F D 4 3  44  a  3 132  a2

Durch entsprechendes Einsetzen für den oberen Rand ergibt sich eine Biegezugspannung: 5  a  F  3  7a 35 F D bo D 3  44  a4  3 132 a2

3.2 Zusammengesetzte Tangentialspannungen

165

Die Druckspannung im Querschnitt berechnet sich zu: d D

F F D Ages 12a2

Damit lassen sich die resultierenden Spannungen am unteren und am oberen Profilrand bestimmen: res u D bu  d D res o D bo  d D

25F  11F 36F 3 F D D 2 2 132a 132a 11 a2

35F  11F 24F 2 F D D 2 2 132a 132a 11 a2

Am unteren Rand ergibt sich eine resultierende Druckspannung, während der obere Rand eine resultierende Zugspannung aufweist. Die maximale Spannung tritt am unteren Rand auf: 3 F max D jres u j D 11 a2

3.2 Zusammengesetzte Tangentialspannungen Analog zur Behandlung der Normalspannungen in Abschn. 3.1 erfolgt jetzt die Betrachtung von Tangentialspannungen. In Abb. 3.9a ist ein einseitig eingespannter Zapfen mit einer außermittigen Querkraft F q am freien Ende dargestellt. Die Abb. 3.9b,c zeigen die Belastungen des Zapfens an der Einspannstelle. Neben der Querkraftbeanspruchung, die zu Schubspannungen (Scherspannungen) führt, ergibt die am Außenradius angreifende Kraft F q eine Torsionsbeanspruchung (Torsionsspannungen aus dem Torsionsmoment T, Abb. 3.9c). Die zusätzlich aus der Querkraft herrührende Biegebelastung, das Biegemoment M by in den Abb. 3.9b,c, wird für die Überlegungen hier vernachlässigt. Aufgrund der geringen Länge des Zapfens ist das zunächst zulässig. Je näher die Schnittebene am freien Ende liegt, umso geringer ist das Biegemoment.

Abb. 3.9 Beanspruchung durch Tangentialspannungen aus Querkraft und Torsion. a Seitenansicht, b Stirnansicht und c Berücksichtigung des Versatzmomentes von F q durch T

az b

l

c

z

z

Mby y

x

Mby y

T

r

Fq

Fq

Fq

166

3

Zusammengesetzte Beanspruchungen

Die Schubspannungen aufgrund der Torsionsbelastung errechnen sich wie folgt: t D

Fq  r T D O Wt Wt

Diese Spannungen liegen in jedem Punkt des Querschnitts senkrecht auf dem Radius des betreffenden Punktes, siehe Abb. 3.10a. Sie nehmen vom Rand zum Querschnittsmittelpunkt hin linear ab und sind im Mittelpunkt null. Für die Schubspannungen infolge Querkraft gilt nach Gl. 2.64 allgemein (vgl. Abschn. 2.3.4): Fq .x/  H .z/ q .x; z/ D I b Abb. 3.10b zeigt die Größe der Schubspannungen aus Querkraft – sie sind parabelförmig über dem Querschnitt verteilt mit dem Maximum in Querschnittsmitte. Am oberen und unteren Rand des Querschnitts (Punkte B und C) sind sie null. Sie liegen in der Querschnittsebene – in Abb. 3.10b also in der Zeichenebene – und weisen hier nach unten. In Abb. 3.10b sind sie für die Lage des Punktes D und für die Linie A–E eingezeichnet. Für die Überlagerung der Tangentialspannungen aus Torsion und Querkraft ist zu beachten, dass sie aufgrund ihrer von Punkt zu Punkt unterschiedlichen Größe und Richtung wie Vektoren zu behandeln sind. Damit erhält man die Schubspannungen für die verschiedenen Punkte des Querschnittes (siehe Abb. 3.10a): Punkt A: A D q  t Punkte B und C: q D 0I B,C D t Punkt D: ED D Et C Eq

a τt

Schubspannungen aus Querkraftum 90° geklappt gezeichnet

B τt τD

b

Schubspannungen in Höhe Punkt D

B

D

90

τq

τt

E

τq

E

A

A τt

τq

C

τt

C

Schubspannungen auf Linie A-E

Abb. 3.10 Überlagerung von Schubspannungen aus Torsion (a) und Querkraft (b)

3.3 Zusammengesetzte Normal- und Tangentialspannungen

167

In Punkt E tritt die maximale Schubspannung auf, da hier  t und  q dieselbe Richtung haben. Die Schubspannung aus Querkraft erreicht hier den Maximalwert nach Gl. 2.72. max D E D

Fq  r 4 Fq C Wt 3A

Für die Dimensionierung eines entsprechend Abb. 3.9a belasteten Bauteils ist diese Schubspannung maßgebend, falls wie hier vorausgesetzt, die Biegespannungen vernachlässigbar sind. Die Vorgehensweise beim gleichzeitigen Auftreten von Normal- und Tangentialspannungen wird in den folgenden Abschnitten behandelt.

3.3 Zusammengesetzte Normal- und Tangentialspannungen In der Praxis treten Normal- und Tangentialspannungen oft gleichzeitig auf, z. B. bei Antriebs- und Getriebewellen, die meist auf Biegung und Torsion (und auch durch Längs- und Querkräfte) beansprucht werden. Da Normal- und Tangentialspannungen unterschiedliche Richtungen haben, dürfen die verschiedenartigen Spannungen nicht für sich gegen die zulässigen Spannungen geprüft werden. Damit ist der getrennte Vergleich max  zul

und max  zul

nur für Überschlagsrechnungen, nicht jedoch als Spannungsnachweis zulässig! Auch die geometrische Addition der verschiedenen Spannungsarten gibt keine brauchbare Aussage über die Haltbarkeit eines Bauteils. Es ist bis heute nicht theoretisch eindeutig geklärt, durch welche Beanspruchung bei einem mehrachsigen Spannungszustand ein Versagen des Werkstoffs auftritt. Eine praxisgerechte Lösung bietet hier das Vergleichsspannungsprinzip, bei dem ein mehrachsiger Spannungszustand in einen vergleichbaren, d. h. beanspruchungsgleichen einachsigen Spannungszustand umgerechnet wird. Allerdings verhalten sich bei mehrachsigen Spannungszuständen die verschiedenen Werkstoffe nicht gleich, so dass für das Versagen von Bauteilen je nach verwendetem Werkstoff unterschiedliche Vergleichsspannungshypothesen entwickelt wurden, siehe Abschn. 3.4. Zweiachsiger Spannungszustand Ein Stab, der durch eine Längskraft (Zug- oder Druckkraft) belastet wird, unterliegt einem einachsigen Spannungszustand. Es treten nur Spannungen in einer Achsenrichtung, hier in Längsrichtung (Abb. 3.11), auf.

Abb. 3.11 Einachsiger Spannungszustand

σx F

σx F

168

3

Zusammengesetzte Beanspruchungen

In der Praxis überwiegt der zweiachsige, ebene Spannungszustand. Dabei treten zwei oder mehr Spannungen in einer Ebene auf. Dies ist z. B. der Fall bei Biegung mit Torsion oder bei zwei zueinander senkrechten Normalspannungen. Die Schnittflächen parallel zur Wirkungsebene dieser Spannungen sind spannungsfrei, z. B. bei Blechelementen, siehe Abb. 3.12. Alle Spannungen liegen in der x-y-Ebene, d. h. es gibt keine Spannungen senkrecht zur Zeichenebene. Für die Schubspannungen gilt folgende Vereinbarung für die Indizes: Der erste Index gibt die Ebene an, in der  angreift; x bezeichnet z. B. die Ebene senkrecht zur x-Achse. Der zweite Index gibt die Richtung von  an.  xy steht demnach für eine Schubspannung, die in einer Ebene senkrecht zur x-Achse liegt und in Richtung der y-Achse verläuft. Es gilt der Satz der zugeordneten Schubspannungen (vgl. Abschn. 2.3.2): O  xy D yx D Auf die Darstellung eines dreiachsigen (räumlichen) Spannungszustands wird hier verzichtet. Es sei nur angemerkt, dass sich dabei Normal- und/oder Tangentialspannungen in drei zueinander senkrechten Ebenen überlagern. Es treten also Spannungen in allen sechs Flächen eines Quaderelements auf. Räumliche Spannungszustände ergeben sich in Bauteilen im Bereich von Kerben (z. B. Ringnuten, Passfedernuten, Bohrungen) und von Schweißnähten sowie in der Nähe von Kraft-Einleitungs- und -Umleitungsstellen. Wir kommen zurück zum zweiachsigen Spannungszustand und schneiden den Quader aus Abb. 3.12 unter einem Winkel ˛. Auf die Schnittebene legen wir ein neues - Koordinatensystem, Abb. 3.13. In diesem Koordinatensystem unter dem Winkel ˛ zur x-Achse treten ebenfalls Normalspannungen  ˛ senkrecht zur Schnittebene und Tangentialspannungen  ˛ in der Schnittebene auf. Diese Spannungen werden wir berechnen und schließlich einen Winkel ˛ bestimmen, für den die Normalspannung maximal ist. Damit haben wir dann die Größe und die Richtung der so genannten Hauptspannungen im Quaderelement bestimmt.

Abb. 3.12 Ebener Spannungszustand

3.3 Zusammengesetzte Normal- und Tangentialspannungen Abb. 3.13 Geschnittenes Quaderelement und neues Koordinatensystem auf der Schnittfläche

169 Fy

Fx

Fx

α

η

Fy ζ

y

Fx

α x

Fy

Einerseits kennen wir damit die maximale Normalspannung, die ein Bauteil beansprucht. Bei faserverstärkten Kunststoff-Bauteilen, die z. B. im Flugzeug- und Fahrzeugbau aus Gewichtsgründen eingesetzt werden, kennen wir dann auch die Hauptbeanspruchungsrichtung und können so die Richtung der Fasern in der Kunststoffmatrix festlegen. Faserverstärkte Bauteile haben in Richtung der Fasern hohe Festigkeit, aber quer dazu nur geringe, da hier allein die erheblich niedrigere Festigkeit der Kunststoffmatrix maßgebend ist. Treten Spannungen unter verschiedenen Richtungen auf, muss z. B. ein entsprechend ausgerichtetes Fasergewebe einlaminiert werden. Auch bei Umformvorgängen, z. B. beim Tiefziehen von Blech bei der Herstellung von Karosserieteilen für Automobile, wird die Blechplatine je nach Form des Presswerkzeugs mehrachsig beansprucht. Hierbei interessieren die Größe der maximalen Spannung und die Richtung, um z. B. das Entstehen von Rissen im Blech beim Umformen zu vermeiden. Abb. 3.14a zeigt den geschnittenen Quader mit den auftretenden Spannungen; in Abb. 3.14b sind die aus den Spannungen resultierenden Kräfte (Spannungen multipliziert mit den zugehörigen Flächen) dargestellt. Die schräg liegende Schnittfläche hat die Größe A. a

b

Spannungen:

ζ

A·sinα

σα

σα ·A A τ α·

τα σx τyx

α σy

τxy

A·cosα

Kräfte:

α

τ xy·A·sinα

Abb. 3.14 Geschnittenes Teilelement mit angetragenen Spannungen (a) und Kräften (b)

τyx·A·cosα σy·A·cosα

η σx·A·sinα

170

3

Zusammengesetzte Beanspruchungen

Wir bilden jetzt das Kräftegleichgewicht in den Achsenrichtungen des - -Koordinatensystems (Abb. 3.15). X

F D 0

) ˛  A  x  A  sin ˛  sin ˛  y  A  cos ˛  cos ˛  yx  A  cos ˛  sin ˛  xy  A  sin ˛  cos ˛ D 0   ) ˛ D x  sin2 ˛ C y  cos2 ˛ C yx C xy  sin ˛ cos ˛ X F D 0

(3.8)

) ˛  A  xy  A  sin ˛  sin ˛ C yx  A  cos ˛  cos ˛ C x  A  sin ˛  cos ˛  y  A  cos ˛  sin ˛ D 0   ) ˛ D y  x  sin ˛ cos ˛ C xy  sin2 ˛  yx  cos2 ˛

(3.9)

Mit den Gln. 3.8 und 3.9 können jetzt die Spannungen am geschnittenen Quader berechnet werden. Wir können diese beiden Gleichungen aber noch vereinfachen. Nach dem Satz der zugeordneten Schubspannungen ist xy D yx . Außerdem gelten folgende trigonometrische Beziehungen: 1  cos 2˛ 2 1 C cos 2˛ 2 cos ˛ D 2 sin2 ˛ D

τxy A·sinα

η

inα

α ·s

τ xy

α

sα co A·

α

σ

α ·sin xA

sα ·co

τ yx A·cosα

sα co sα ·co

τ

Α α •

in A·s

σyA·cosα

Α

α

σx A·sinα sinα



τ xy

sα ·co

α· ·sin

inα A·s

σ xA

σα

2 sin ˛  cos ˛ D sin 2˛:

σ yA

ζ

cos2 ˛  sin2 ˛ D cos 2˛

α sin

τy

·sin sα ·co A x

α

α

τy

sα ·co A x

sα ·co

σy

ΣFζ = 0: σα ·Α− σx A·sinα·sinα − σy A·cosα·cosα−τ yx A·cosα·sinα − τxy A·sinα·cosα ΣFη = 0: τα ·Α −τxy A·sinα·sinα + τ yx A·cosα·cosα + σx A·sinα·cosα − σy A·cosα·sinα

Abb. 3.15 Komponenten der angreifenden Kräfte am geschnittenen Quaderelement

3.3 Zusammengesetzte Normal- und Tangentialspannungen

171

Damit erhält man aus den Gln. 3.8 und 3.9: ˛ D

y C x y  x C  cos 2˛ C yx  sin 2˛ 2 2

(3.10)

y  x (3.11)  sin 2˛  yx  cos 2˛ 2 Mit diesen Beziehungen Gln. 3.10 und 3.11 ist es uns gelungen, die Normal- und die Tangentialspannung in der Schnittebene des unter dem Winkel ˛ geschnittenen Quaderelements zu bestimmen. Wie schon eingangs gesagt, wird die maximale Normalspannung gesucht bzw. der Winkel ˛, für den die Normalspannung maximal wird. Dazu leiten wir die Gl. 3.10 für die Normalspannung  ˛ nach ˛ ab und setzen die Ableitung null: ˛ D

y  x d ˛ D 2  sin 2˛ C 2yx  cos 2˛ D 0 d˛ 2 Der Winkel, für den die Normalspannung maximal wird, d. h. für den die Ableitung nach Gl. 3.12 null ist, wird Hauptachsenwinkel ˛ h genannt (mit Index „h“ für Hauptachse). y  x  (3.12)  sin 2˛h C yx  cos 2˛h D 0 2 Über den allgemeinen trigonometrischen Zusammenhang tan ˛ D

sin ˛ cos ˛

erhält man schließlich aus Gl. 3.12 für den Hauptachsenwinkel: tan 2˛h D

2yx I y  x

˛h D

2yx 1 arctan 2 y  x

(3.13)

Aus der Beziehung tan 2˛h D tan .2˛h C 180ı / D tan 2 .˛h C 90ı / lässt sich erkennen, dass die Extremwerte der Normalspannung für ˛ h und ˛ h + 90° auftreten, d. h. die Achsen für  min und  max stehen senkrecht aufeinander. Zur Bestimmung der maximalen und der minimalen Spannung verwenden wir folgende trigonometrische Beziehungen sin 2˛ D p

tan 2˛ 1C

tan2 2˛

I

cos 2˛ D p

1 1 C tan2 2˛

und erhalten schließlich: y C x  max D ˙ min 2  D0

r y  x 2 2 C yx 2

(3.14)

172

3

Zusammengesetzte Beanspruchungen

Für die Hauptachsen des ebenen Spannungszustandes gilt:  Die Normalspannung  erreicht für eine Hauptachse ein Maximum.  Die Normalspannung  für die dazu senkrechte Achse ist minimal.  Die Tangentialspannung  ist null. Für das Problem der Ermittlung der Hauptspannungen und Hauptachsen bei einem ebenen Spannungszustand hat Mohr1 eine grafische Lösung angegeben, die nach ihm „Mohr’scher Spannungskreis“ genannt wird. Um diese grafische Methode zu entwickeln, betrachten wir nochmals die Gln. 3.10 und 3.11 für die Spannungen im unter dem Winkel ˛ geschnittenen Quaderelement: ˛ 

y C x y  x D  cos 2˛ C yx  sin 2˛ 2 2

y  x  sin 2˛  yx  cos 2˛ 2 Diese beiden Gleichungen werden quadriert. Aus Gl. 3.15 wird dann ˛ D

(3.15) (3.16)

  y C x 2  y  x 2 2 y  x 2 ˛  D cos 2˛ C 2  sin2 2˛  cos 2˛  yx  sin 2˛ C yx 2 2 2 und für Gl. 3.16 erhalten wir: ˛2 D

    2 y  x y x 2 sin2 2˛  2  cos2 2˛ sin 2˛  yx cos 2˛ C yx 2 2

Beide Gleichungen werden addiert:       2 y C x 2 y x 2 C ˛2 D C yx ˛  2 2 Das Ergebnis hat die Form einer Kreisgleichung und stellt den schon erwähnten „Mohr’schen Spannungskreis“ dar. Dieser Kreis hat die Mittelpunktskoordinaten

M und den Radius

1

ˇ y C x ˇˇ 0 2 ˇ

r y  x 2 2 : C yx rD 2

(3.17)

(3.18)

Christian Otto Mohr (1835–1918), deutscher Eisenbahn-Ingenieur, Baustatiker und Hochschullehrer an den TH Stuttgart und Dresden.

3.3 Zusammengesetzte Normal- und Tangentialspannungen σ M =½(σ y + σ x)

90

σy

n

σ

τyx

τ yx

σ mi

C

0

A

45°

τ max

Hauptachsen der Normalspannungen

E x σ ma

n mi

αh

G

σmin

σ max

τ xy

F

2α h

D

M σy

τ xy

τ

173

σ

σx

σx

τ xy τyx σy

σx B σmax ½(σ y - σ x)

Abb. 3.16 Mohr’scher Spannungskreis

Abb. 3.16 zeigt den Mohr’schen Spannungskreis in einem  --Koordinatensystem. Nach Gl. 3.17 können zunächst die Mittelpunktskoordinaten berechnet und der Mittelpunkt M des Kreises auf der  -Achse eingezeichnet werden. Man erhält den Punkt F auf der  -Achse als Ende der gegebenen Spannung  y und den Punkt G als Endpunkt der gegebenen Spannung  x . Mit der gegebenen Tangentialspannung  yx , die in F nach oben und in G nach unten eingetragen wird, findet man die Punkte A und B und damit den Durchmesser des Kreises als Strecke AB. Der Schnittpunkt C des Kreises mit der waagerechten Achse legt die minimale Hauptspannung  min fest und im Punkt D findet man die maximale Hauptspannung  max . Die Verbindung AC bildet mit der waagerechten Achse den Hauptachsenwinkel ˛ h . Die Gerade AC gibt die Richtung von  min an. Senkrecht dazu verläuft die Richtung von  max . Trägt man an der Geraden AC im Punkt A einen Winkel von 45° an, findet man mit der Geraden AE (und der dazu Senkrechten) auch die Richtung der größten Schubspannung  max . Aus Abb. 3.16 kann man folgende Beziehungen für die Hauptspannungen  max und  min ablesen: r y  x 2 y C x 2 max D M C r D C yx (3.19) C 2 2 r y  x 2 y C x 2 C yx (3.20) min D M  r D  2 2

174

3

Zusammengesetzte Beanspruchungen

Abb. 3.17 Quadrantenregel für den Mohr’schen Spannungskreis

τ

C

A

2. Quadrant

1. Quadrant

τyx > 0 σy < σx

τyx > 0 σy > σx

3. Quadrant

4. Quadrant

τ yx < 0 σy < σx

τ yx < 0 σy > σx

αh

D

σ

Die Größe der maximalen Tangentialspannung kann man analog zur Vorgehensweise für die Ermittlung der maximalen Normalspannung durch Differenziation der Gl. 3.11 berechnen: d ˛ D0 d˛ r y  x 2 2 D C yx O r (3.21) max D C 2 Die maximale Tangentialspannung im Hauptachsensystem entspricht dem Radius des Mohr’schen Spannungskreises, d. h. nach Abb. 3.16 max D

max  min : 2

(3.22)

Der Winkel ˛  ist um 45° größer als der Hauptachsenwinkel: ˛ D ˛h C 45ı

(3.23)

Damit erreichen die Schubspannungen unter 45° zur Hauptachse ein Maximum. Da die tan-Funktion mehrdeutig ist, entstehen bei der Bestimmung der Lage der Hauptachsen leicht Fehler. Bei Betrachtung der Zuordnung von  y,  yx und  x,  xy sind vier Kombinationen möglich. Mithilfe der Quadrantenregel (Abb. 3.17) kann man sehr schnell die Lage des Punktes A auf dem Mohr’schen Spannungskreis und die Richtung der max. und min. Hauptachse bestimmen. Beispiel 3.3 Gegeben sind für einen ebenen Spannungszustand die Normalspannungen  x = 40 N/mm2 und  y = 80 N/mm2 sowie die Tangentialspannung  yx = 34,6 N/mm2 . Gesucht sind die Größe und Richtung von  max ,  min und  max .

3.3 Zusammengesetzte Normal- und Tangentialspannungen

175

Lösung Zunächst werden die gesuchten Größen grafisch ermittelt. Dazu konstruieren wir den Mohr’schen Spannungskreis. Wir tragen die gegebenen Spannungen  x = 40 N/mm2 (Punkt G) und  y = 80 N/mm2 (Punkt F) auf der waagerechten Achse auf. In F und G zeichnen wir senkrecht nach oben bzw. unten die Tangentialspannung  yx = 34,6 N/mm2 ein. Mit den Punkten A und B haben wir als Strecke AB den Durchmesser sowie als Schnittpunkt der Geraden AB mit der waagerechten Achse den Mittelpunkt M gefunden. Wir können dann die Hauptspannungen aus Abb. 3.18 ablesen: max D 100 N=mm2 I min D 20 N=mm2 I max D 40 N=mm2 Die Linie AC gibt eine Richtung der Hauptachse der Normalspannungen vor; die zweite liegt senkrecht dazu. Die Linie AE legt die Richtung der Achse der Tangentialspannungen fest; auch hier steht die zweite Achse senkrecht auf der ersten. Als zweites ist auch eine rechnerische Lösung mit Hilfe der Gln. 3.19 und 3.20 möglich. r y  x 2 y C x 2 C yx ˙  max D min 2 2 s     80 C 40 N 80  40 2 N D ˙ C 34;62 2 mm2 2 mm2   q N N 2 2 D 60 ˙ 20 C 34;6  .60 ˙ 40/ mm2 mm2 N N max  100 min  20 mm2 mm2

Abb. 3.18 Grafische Lösung im Mohr’schen Spannungskreis für Beispiel 3.3

Hauptachsen der Normalspannungen Hau Tang ptachsen entia lspan der nung en

τ N/mm2 50

E

40 x σ ma

10 0 –10

10 σmin

αh

G

–30 –40 –50

F

2α h

30 x

σma

–20

τ yx

σmin

σ min

C

90

M 70 σy

90 τ xy

τ max

20

A 45°

30

σx

B σ max

D 110 N/mm2 σ

176

3

Zusammengesetzte Beanspruchungen

Die maximale Schubspannung ergibt sich nach Gl. 3.22:  max D

max  min N  40 2 mm2

Für die Hauptachsenwinkel erhält man nach Gl. 3.13: tan 2˛h D

2yx 2  34;6 69;2 D D I 2˛h D arctan 1;73  60ı y  x 80  40 40

Da die Arcus-Tangens-Funktion nicht eindeutig ist, liefert die Gl. 3.13 nur eine Hauptachsenrichtung; die zweite steht senkrecht dazu: ˛h1 D ˛h  30ı

˛h2  120ı bzw.  60ı

Dies gilt analog auch für den Winkel der Tangentialspannungsrichtung: tan 2˛ D  ˛1  15ı

y  x 80  40 40 D D I 2˛ D arctan .0;578/  30ı 2yx 2  34;6 69;2 ˛2 D ˛h C 45ı D 30ı C 45ı D 75ı D ˛1 C 90ı

Die rechnerischen Ergebnisse stimmen im Rahmen der Zeichengenauigkeit mit den zeichnerischen überein. Abb. 3.19 zeigt vier Sonderfälle des Mohr’schen Spannungskreises, wobei jeweils links das Element mit den eingeprägten Spannungen, in der Mitte der Mohr’sche Spannungskreis und rechts das um 45° gedrehte Element dargestellt sind: a) Einachsiger Zug (wie er z. B. beim Zugversuch auftritt, Abb. 3.19a) – der Spannungskreis berührt die senkrechte Achse von rechts. Der Hauptachsenwinkel hat für  yx = 0 nach Gl. 3.13 den Wert ˛ h = 0. Am unter 45° gedrehten Element können wir die größten auftretenden Schubspannungen erkennen, da sie nach Gl. 3.23 unter einem Winkel von 45° zu den Normalspannungen auftreten. Ihre Größe ergibt sich nach Gl. 3.11 für  x =  und  y = 0 sowie ˛ = 45° zu  ˛ =  / 2. b) Einachsiger Druck – der Spannungskreis berührt die senkrechte Achse von links, Abb. 3.19b. Mit  x =  erhält man die am um 45° gedrehten Element eingezeichneten Spannungen. c) Allseitiger Schub – der Mittelpunkt des Spannungskreises liegt im Ursprung, Abb. 3.19c. Für die Normalspannung am 45° gedrehten Element ergibt sich mit  x =  y = 0 und  yx =  sowie ˛ = 45° der Wert  ˛ = . d) Allseitiger Druck (dieser Fall entspricht z. B. der Belastung eines Steins unter Wasser, Abb. 3.19d) bzw. allseitiger Zug – der Mohr’sche Spannungskreis entartet zu einem Punkt auf der waagerechten Achse, denn nach Gl. 3.18 ist für  x =  y =  und  yx = 0 der Radius r = 0. Unter 45° ist nach Gl. 3.10  ˛ =  und nach Gl. 3.11 ergibt sich  ˛ = 0.

3.3 Zusammengesetzte Normal- und Tangentialspannungen a

177

Einachsiger Zug τ σ /2 σ

σ

σ

x

σ /2

σ /2

y

σ /2

σ /2 σ σ /2

45°

σ /2

b

σ /2 = τ max σ /2 = τ max σ /2

Einachsiger Druck τ σ /2 σ /2 σ /2 σ /2 y

σ /2

σ

σ

σ

x

σ /2

c

45°

σ

σ /2 σ /2 σ /2 σ /2

Reiner Schub τ τ

σ

σ =τ

y

τ

x

τ

45°

τ σ

τ

d

σ = −τ

τ σ

(allseitiger Druck)

allseitiger Zug

σ

σ

y

σ

x

σ

45°

σ σ

σ

σ

Abb. 3.19a–d Sonderfälle des Mohr’schen Spannungskreises

Beispiel 3.4 Die gebrochene Schraubenfeder eines Pkws zeigt eine Bruchfläche unter 45° zur Windungsachse (siehe Abb. 3.20). Erläutern Sie, warum der Bruch unter diesem Winkel aufgetreten ist. Lösung Schraubenfedern werden auf Torsion beansprucht, da es sich bei ihnen um gewundene Torsionsstabfedern handelt [10, S. 325]. Wir zeichnen den Mohr’schen Spannungskreis für diesen Sonderfall der Beanspruchung (siehe auch Abb. 3.19c).

178

3

Zusammengesetzte Beanspruchungen

Abb. 3.20 Gebrochene Schraubenfeder zu Beispiel 3.4

Aus dem Mohr’schen Spannungskreis, Abb. 3.21, entnimmt man die Größe der Hauptspannung: max D yx D t (Zugspannung) Mit Gl. 3.19 können wir die Hauptspannung  max auch rechnerisch ermitteln und erhalten dasselbe Ergebnis. Ebenso ergibt sich aus Gl. 3.13 der Hauptachsenwinkel zu 45°. Auf der um 90° gedrehten Hauptspannungsrichtung tritt  min auf. Diese Normalspannung ist bei gleichem Betrag entgegengesetzt wie  max gerichtet; es handelt sich also um eine Druckspannung. Betrachten wir ein Rechteckelement auf der Außenseite des Federdrahtes, so liegt die Hauptspannung  max unter 45° zur Drahtachse, so dass bei torsionsbeanspruchtem, vergütetem Federdraht ein Bruch in der Hauptachsenrichtung üblich ist (90° zur maximalen Hauptspannung  max ).

a

τ A τt

b

2α h

C σmin = − σmax M

σmax

D

σ

σmax T

τt

Hauptspannungsrichtung

d

αh

Richtung der Bruchfläche

τt

τt τt

τt σmax

T

B

Abb. 3.21 Mohr’scher Spannungskreis (a) und Hauptspannungen (b) im Draht zu Beispiel 3.4

3.4 Vergleichsspannungshypothesen

179

3.4 Vergleichsspannungshypothesen Vergleichsspannungshypothesen versuchen die Frage zu klären, wann bei mehrachsigen Spannungszuständen ein kritischer Spannungszustand erreicht wird. Grundgedanke aller Vergleichsspannungshypothesen ist, die Wirkung eines mehrachsigen Spannungszustandes auf eine einachsige Normalspannung zurückzuführen. Dazu wird eine gleichwertige einachsige Vergleichsspannung  v gebildet (Abb. 3.22). Diese errechnete (fiktive) Vergleichs(normal)spannung  v wird mit der zulässigen Normalspannung  zul verglichen. Als Spannungsnachweis wird  v   zul geprüft. Für die Sicherheit eines Bauteils ist maßgebend:  die Art der Beanspruchung,  die Art des möglichen Versagens. Aus den unterschiedlichen Beanspruchungs- und Versagensarten wurden zahlreiche theoretische Modelle für Festigkeits- oder Bruchhypothesen abgeleitet. Es existiert bis heute keine allgemein gültige und für alle Beanspruchungs- und Versagensarten gleichermaßen geltende Theorie. Drei Hypothesen haben sich herausgebildet, deren Brauchbarkeit durch Versuche und Praxis bestätigt wurden: I 1. die Normalspannungshypothese (NH) 2. die Schubspannungshypothese (SH) und 3. die Gestaltänderungsenergiehypothese (GEH). Im Folgenden werden diese Hypothesen und ihre Einsatzbereiche der Reihe nach behandelt. σy τyx τ xy

τxy gleichwertig σx

σv

σv

τ yx σy mehrachsiger Spannungszustand

einachsiger Spannungszustand

Abb. 3.22 Grundgedanke der Vergleichsspannungshypothesen

180

3

Zusammengesetzte Beanspruchungen

3.4.1 Hypothese der größten Normalspannung (NH) Nach der Normalspannungshypothese2 tritt ein Versagen bei mehrachsiger Beanspruchung ein, wenn – unabhängig von den anderen Spannungen – die (größte) Hauptspannung  max einen Grenzwert erreicht (Bruchfestigkeit).  max ergibt sich aus dem Mohr’schen Spannungskreis nach Gl. 3.19 mit: max

y C x D C 2

r y  x 2 2 D  C yx v zul 2

(3.24)

Für den Fall, dass nur Biegung und Torsion als Belastung vorhanden sind, gilt: x = 0;  y =  b und  yx =  t . Daraus folgt:   q 1 2 2 v D b C b C 4t  zul 2

(3.25)

Die Hypothese der größten Normalspannung liefert eine brauchbare und gute Übereinstimmung zwischen Versuch und Berechnung bei (überwiegend ruhender) Beanspruchung von Werkstoffen, welche mit Trennbruch ohne Fließen versagen  spröde Werkstoffe (Grauguss, martensitische Stähle, Schweißnähte)  spröde oder zähe Werkstoffe bei stoßartiger Beanspruchung  duktile Werkstoffe infolge Versprödung bei tiefen Temperaturen. Beispiel 3.5 In einer auf Zug und Torsion beanspruchten martensitisch gehärteten Welle aus 41Cr4 treten folgende Spannungen auf: x D 450 N=mm2 und t D 300 N=mm2 Die Zugfestigkeit beträgt Rm = 2000 N/mm2 . Wie groß ist die Sicherheit gegen Bruch? Lösung Anwendung der Normalspannungshypothese,  y = 0. v D SB D

2

  q  N p 1 N 1 D 600 x C x2 C 4t2 D 450 C 4502 C 4  3002 2 2 2 mm mm2 N 2000 mm Rm 2 D D 3,33  2, die Sicherheit gegen Bruch ist gegeben. N v 600 mm 2

Sie wurde erstmals 1861 von dem schottischen Ingenieur und Physiker William John Macquorn Rankine (1820–1871) formuliert.

3.4 Vergleichsspannungshypothesen

181

3.4.2 Hypothese der größten Schubspannung (SH) Die Schubspannungshypothese – auch Hypothese nach Tresca3 genannt – geht davon aus, dass ein Versagen (bei räumlicher Beanspruchung) durch Schubspannungen ausgelöst wird.  max ergibt sich aus dem Mohr’schen Spannungskreis (Abb. 3.16): r q y  x 2 2 O M F 2 C AF 2 D C yx max D 2 max  min mit max D 2 Aus dem Zugversuch (Abschn. 2.1.1) hatte sich ergeben, dass die maximale Schubspannung unter einem Winkel von 45° auftritt und halb so groß wie die Normalspannung ist: v max D I v D 2  max 2 Daraus ergibt sich für die Vergleichsspannung: r y  x 2 2 zul  v D 2  C yx (3.26) 2 q  2  2 (3.27) y  x C 2yx D q  2 (3.28) y  x C 4yx 2 D Bei Biegung und Torsion gilt:  x = 0;  y =  b und  yx =  t zul  v D

q

b2 C 4t2

(3.29)

Die Hypothese der größten Schubspannung liefert eine brauchbare Übereinstimmung zwischen Versuch und Berechnung bei (überwiegend ruhender) Beanspruchung von zähen (duktilen) Werkstoffen mit ausgeprägter Streckgrenze (großer plastischer Verformbarkeit), welche durch Fließen (Gleitbruch) versagen sowie auch spröde Werkstoffe unter Druckbeanspruchung. Im Vergleich zur Gestaltänderungsenergiehypothese (GEH) kommen etwas größere Werte und damit eine etwas größere Sicherheit heraus. Beispiel 3.6 In einem auf Zug und Torsion beanspruchten Bolzen aus einem duktilen Vergütungsstahl treten folgende Spannungen auf: x D 350 N=mm2 und t D 200 N=mm2 : Die Streckgrenze beträgt Re = 700 N/mm2 . Wie groß ist die Sicherheit gegen Fließen? 3

Henri Édouard Tresca (1814–1885), französischer Ingenieur. Neben der Entwicklung der Schubspannungshypothese war Tresca auch an der Gestaltung des Urmeters in Paris beteiligt.

182

3

Zusammengesetzte Beanspruchungen

Lösung Anwendung der Schubspannungshypothese,  y = 0 q q  2 N N 2 v D D 531,5 y  x C 4t D .350/2 C 4  2002 mm2 mm2 SF D

N 700 mm Re 2 D D 1;32  1,5, die Sicherheit gegen Fließen ist nicht gegeben. N v 531;5 mm2

3.4.3 Hypothese der größten Gestaltänderungsenergie (GEH) Der Ansatz der Gestaltänderungs(energie)hypothese – auch Mises4 -Hypothese genannt – ist, dass ein Versagen (bei räumlicher Beanspruchung) auftritt, wenn die Gestaltänderungsenergie (auch Gestaltänderungsarbeit) einen Grenzwert erreicht. Wird ein Bauteil belastet, so wird bei der Formänderung des Bauteils Arbeit verrichtet (Energie verbraucht): die Formänderungsarbeit/-energie (siehe auch Abschn. 1.5). Diese Formänderungsenergie W F ist aufteilbar in:  Volumenänderungsenergie W V  Gestaltänderungsenergie W G mit: W F = W V + W G. Beispiel 3.7 Bei einem Würfel, der in einer Richtung auf Zug beansprucht wird, vollzieht sich die Formänderung in zwei Schritten (Abb. 3.23): 1. Schritt: Volumenvergrößerung unter Beibehaltung der Würfelform. Diese Volumenvergrößerung wird durch die Normalspannung verursacht. 2. Schritt: Gestaltänderung unter Beibehaltung des vergrößerten Volumens. Diese Gestaltänderung durch die Schubspannung verursacht. Aus der Beobachtung von Versuchen hat sich ergeben, dass die Volumenänderungsenergie keinen Einfluss auf das Versagen hat, hingegen jedoch die Gestaltänderungsenergie. Das heißt, dass der Schubspannungseinfluss bei diesem Modell entscheidend ist. Ohne Herleitung (da sehr aufwändig) ergibt sich für den zweiachsigen Spannungszustand: q 2  (3.30) v D x2 C y2  x y C 3yx zul Die Hypothese der größten Gestaltänderungsenergie liefert eine gute Übereinstimmung zwischen Versuch und Berechnung bei (überwiegend ruhender) Beanspruchung von duktilen Werkstoffen ohne ausgeprägte Fließgrenze (z. B. Tiefziehstähle: hohes Verformungsvermögen ohne ausgeprägte Streckgrenze: DC 06; DC 10) sowie insbesondere bei dynamischer Beanspruchung. 4

Richard von Mises (1883–1953), österreichischer Mathematiker.

3.4 Vergleichsspannungshypothesen

183

Abb. 3.23 Verteilung der Formänderungsarbeit

Ausgangsvolumen

2. Schritt: Gestaltänderung

NH

duktil zäh

Werkstoff

spröde

Abb. 3.24 Anwendungsbereich der Vergleichsspannungshypothesen

1. Schritt: Volumenvergrößerung

GEH SH ruhend

dynamisch

stoßartig

Beanspruchung

Aus Abb. 3.24 ist zu entnehmen für welchen Werkstoff und welche Beanspruchung die jeweilige Vergleichsspannungshypothese anzuwenden ist. Der jeweilige Übergangsbereich zu den Vergleichsspannungshypothesen in Abb. 3.24 ist farblich heller dargestellt. Beispiel 3.8 Beispiel 3.6 ist mithilfe der Gestaltsänderungsenergiehypothese zu überprüfen. Lösung Anwendung der Gestaltsänderungsenergiehypothese,  y = 0 q q p N x2 C y2  x  y C 3t2 D x2 C 3t2 D 3502 C 3  2002 mm2 N D 492,44 mm2

v D

SF D

N 700 mm Re 2 D D 1;42  1,5, die Sicherheit gegen Fließen ist nicht gegeben. N v 492;44 mm 2

Beispiel 3.9 Eine Welle mit d = 40 mm wird durch ein Biegemoment M b = 450 Nm und ein Torsionsmoment T = 300 Nm belastet.

184

3

Zusammengesetzte Beanspruchungen

a) Wie groß sind die Biege- und Torsionsspannung? b) Wie groß sind die Vergleichsspannungen nach den drei Festigkeitshypothesen?

Lösung a) b D t D b)

Mb Wb T Wt

D

D

450:000 Nmm   3 3 32 40 mm

T Wp

D

N D 71;62 mm 2

300:000 Nmm   3 3 16 40 mm

N D 23;87 mm 2

  q 1 b C b2 C 4t2 D 2  p N 1 71;62 C 71;622 C 4  23;872 D 78;85 D 2 mm2 q p N SH: v D b2 C 4t2 D 71;622 C 4  23;872 D 86;07 mm2 q p N GEH: v D b2 C 3t2 D 71;622 C 3  23;872 D 82;7 mm2 NH:

v D

3.4.4 Anstrengungsverhältnis Bisher ist es nicht gelungen eine Hypothese zu finden, die allen Werkstoffen und Belastungsarten gerecht wird. Die unter Abschn. 3.4.1, 3.4.2 und 3.4.3 aufgeführten Gleichungen für die Vergleichsspannung  v sind gültig, wenn für  und  der gleiche Belastungsfall vorliegt, d. h. beide sind entweder ruhend, schwellend oder wechselnd. Häufig treten in der Praxis jedoch unterschiedliche Belastungsfälle auf: z. B. für eine Welle: Biegung wechselnd, Torsion ruhend. Um diese unterschiedlichen Belastungsfälle zu berücksichtigen, wird ein Korrekturfaktor in die Formeln eingeführt. Zunächst soll betrachtet werden, wie die Torsionsspannung in den unterschiedlichen Vergleichsspannungshypothesen berücksichtigt wird. Dazu wird der Fall „reine Torsion“ betrachtet mit  x =  y = 0. Aus dem Verhältnis der zulässigen Spannung  zul zur zulässigen Torsionsspannung  zul ergeben sich die folgenden Verhältniswerte ' für jede Vergleichsspannungshypothese (Tab. 3.1).

Tab. 3.1 Berücksichtigung der Torsionsspannung in den Vergleichsspannungshypothesen Hypothese zul ' D zul

NH 1

SH 2

GEH p 3  1;73

3.4 Vergleichsspannungshypothesen

185

Mit diesem Verhältniswert ' wird nach Bach der Korrekturfaktor ˛0 gebildet, der auch Anstrengungsverhältnis genannt wird. ˛0 D

zul '  zul

bzw. ˛0 D

Grenz '  Grenz

(3.31)

˛ 0 ist ein Gewichtungsfaktor von , mit dem in den Vergleichsspannungshypothesen die unterschiedlichen Beanspruchungsarten für die Normal- und Torsionsspannung berücksichtigt werden. Die Werte von  Grenz und  Grenz werden aus Dauerfestigkeitsschaubildern oder Tabellen für die gegebenen Belastungsfälle herausgesucht. Mit dem Korrekturfaktor ˛ 0 nach Bach ergeben sich für die Vergleichsspannung für den Fall „Biegung mit Torsion“ ( x = 0 und  y =  b ) die folgenden Gleichungen: V D

  q 1 b C b2 C 4.˛0 t /2  zul für NH 2

q V D b2 C 4.˛0 t /2  zul für SH q V D b2 C 3.˛0 t /2  zul für GEH

(3.32)

(3.33) (3.34)

Beispiel 3.10 Gegeben ist eine Welle aus E335, die durch ein Biegemoment M und ein Torsionsmoment T belastet wird. Gesucht: Anstrengungsverhältnis ˛ 0, wenn a) M wechselnd, T ruhend, b) M und T wechselnd c) M ruhend und T wechselnd. Lösung Werkstoffdaten nach [10, TB 1-1]  bF = 400 N/mm2 ;  bW = 290 N/mm2  tF = 230 N/mm2 ;  tW = 180 N/mm2

'D a) ˛0 D b) ˛0 D c) ˛0 D

bw 'tF bw 'tW bF 'tW

p

3 .für GEH/I

˛0 D

Grenz '  Grenz

D

p290  0;73 3230 D p290  0;93 3180 400 p D 3180  1;28

Erkenntnis: die stärkste Gewichtung der Schubspannungen tritt bei wechselnden Torsionsmomenten auf!

186

3

Zusammengesetzte Beanspruchungen

Beispiel 3.11 Wir schauen uns noch einmal die Antriebswelle von Finn Niklas’ Dreirad an (Abb. 3.25). In Beispiel 2.31 hatten wir die maximal auftretende Torsionsspannung bestimmt. Mit Kenntnis der Theorie zur Überlagerung von Spannungen soll jetzt die maximal auftretende Vergleichsspannung  v der Antriebswelle bestimmt werden und mit der zulässigen Spannung verglichen werden. Gegeben: F hl = F hr = 197,7 N a = 150 mm d = 18 mm S235: Re = 235 N/mm2 Smin = 1,5  max = 21 N/mm2 (aus Beispiel 2.31) Anstrengungsverhältnis ˛ 0 = 1

Abb. 3.25 Finn Niklas’ Dreirad

3.4 Vergleichsspannungshypothesen

187

Lösung Aus dem Biegemomentenverlauf ergibt sich das maximal auftretende Biegemoment: Mb D Fhl  a D 197;7 N  150 mm D 29:655 Nmm max D

Mb Mb 29:655 Nmm D  3 D  3 D 51;8 N/mm2 3 Wb d 18 mm 32 32

Da die Belastung der Antriebswelle dynamisch ist, wird die Vergleichsspannung nach der Gestaltänderungsenergiehypothese bestimmt (nach Gl. 3.34). q v D  2 C 3.˛0 /2 : q v D .51;8 N=mm2 /2 C 3.21 N/mm2 /2 D 63;3 N=mm2 Re 235 N=mm2 D D 157 N=mm2 Smin 1;5 v < zul

zul D

) Die in der Antriebswelle auftretende Vergleichsspannung bleibt unter der zulässigen Spannung.

3.4.5 Zusammengesetzte Beanspruchungen und Anwendung der Festigkeitshypothesen Treten zusammengesetzte Beanspruchungen auf, stellt sich die Frage, handelt es sich um reine resultierende Spannungen nach dem Überlagerungsprinzip oder um Beanspruchungskombinationen? Der Ablauf bezüglich der Ermittlung resultierender Spannungen bzw. der Vergleichsspannungen ist Abb. 3.26 zu entnehmen. Für die nachfolgenden Beanspruchungskombinationen wird folgende Empfehlung zur Anwendung der Vergleichsspannungshypothesen gegeben:  Biegung und Torsion In Wellen tritt diese Beanspruchung vorwiegend auf, wobei durch die Biegung Normalspannungen und durch die Torsion Torsionsspannungen hervorgerufen werden. Die Vergleichsspannung wird nach der Gestaltänderungsenergiehypothese ermittelt, da Wellen oftmals aus zähem Stahl sind.  Biegung und Schub In Balken/Trägern tritt diese Beanspruchung vorwiegend auf, indem durch Biegemomente Normalspannungen und durch die Querkräfte Schubspannungen hervorgerufen werden. Bei geschweißten Trägern können durch die Spannungen verformungslose Schweißrisse entstehen. Zur Ermittlung der Vergleichsspannung in Schweißnähten wird die Normalspannungshypothese angewendet. Bei Trägern, die auf Werkstoffen mit ausgeprägter Streckgrenze basieren, wird die Schubspannungshypothese herangezogen.

zul zul

Anwendung

'D

Anstrengungsverhältnis ˛ 0 Grenz ˛0 D ' Grenz

Biegung und Torsion

ε

Re

Rm

Rm Bruch

σ

Bruch

ε

Überwiegend ruhende Beanspruchung, duktile (zähe) Werkstoffe mit ausgeprägter Streckgrenze Re

2

Schubspannungshypothese SH q 2  v D .y  x /2 C 4yx zul q v D b2 C 4t2  zul q v D b2 C 4.˛0 t /2  zul

Rm

σ

Bruch

ε

Überwiegend ruhende Beanspruchung, duktile (zähe) Werkstoffe mit nicht ausgeprägter Streckgrenze Re sowie bei dynamischer Beanspruchung

p 3  1;73

Gestaltänderungsenergiehypothese GEH q 2  v D x2 C y2  x y C 3yx zul q v D b2 C 3t2  zul q v D b2 C 3.˛0 t /2  zul

3

σ

Überwiegend ruhende Beanspruchung, spröde Werkstoffe (Grauguss, Stein, Glas) und bei Schweißnähten

1

Normalspannungshypothese NH q y Cx y x 2 2  v D 2 C C yx zul 2   q v D 12 b C b2 C 4t2  zul   q v D 12 b C b2 C 4.˛0 t /2  zul

Tab. 3.2 Vergleichsspannungshypothesen

188 Zusammengesetzte Beanspruchungen

3.5 Verständnisfragen zu Kapitel 3

189 Einzelspannungen

σz,d

σb

τs

τt

treten

σ und τ

nein

gemeinsam auf? ja nein

resultierende Spannung Werkstoff duktil (zäh)?

σres

τres

σres = σz,d + σb τres = τs + τt

ja SH/ ja GEH

Vergleichsspannung σV (NH)

Vergleichsspannung σV (SH)

Vergleichsspannung σV (GEH)

Abb. 3.26 Ablaufschema resultierende Spannung/Vergleichsspannungshypothesen

 Torsion und Zug Diese Beanspruchung tritt in Schrauben und Spindeln auf. Sie erfolgt aus der durch das Anzugsmoment hervorgerufenen Torsionsspannung und der durch die Längskraft verursachten Zugspannung. Da Schrauben und Spindeln aus zähem Stahl sind, wird zur Ermittlung der Vergleichsspannung die Gestaltänderungsenergiehypothese angewendet.  Behälter und Rohre unter Außen- und Innendruck Zylindrische Behälter und Rohre werden durch axiale, radiale und tangentiale Spannungen beansprucht. Da für Behälter-/Rohrmaterialen zähe Werkstoffe zum Einsatz kommen, werden die Vergleichsspannungen nach der Schubspannungs- oder der Gestaltänderungsenergiehypothese ermittelt. In Tab. 3.2 sind die drei Vergleichsspannungshypothesen gegenübergestellt.

3.5 Verständnisfragen zu Kapitel 3 1.

Nennen Sie Beispiele für ein Bauteil mit zusammengesetzter Beanspruchung aus Normal- und Tangentialspannungen.

190

3

Zusammengesetzte Beanspruchungen

2.

Was ist bei der Überlagerung von Schubspannungen aus Querkraft und Torsion zu beachten? 3. Was kennzeichnet einen ebenen Spannungszustand? 4. Erläutern Sie die Bedeutung der Hauptachsen bei einem ebenen Spannungszustand. 5. Wozu dient der Mohr’sche Spannungskreis? 6. Warum können Schub- und Normalspannungen nicht einfach addiert werden, um eine maximal auftretende Spannung zu bestimmen? 7. Wann muss eine Vergleichsspannung berechnet werden? 8. Wie wird bei Berechnung einer Vergleichsspannung der Festigkeitsnachweis geführt? 9. Welche Vergleichsspannungshypothesen werden a) bei einer ruhenden Beanspruchung b) bei einer dynamischen Beanspruchung angewendet? 10. Wieso wurde in die Theorie das Anstrengungsverhältnis ˛ 0 eingeführt?

3.6 Aufgaben zu Kapitel 3 Aufgabe 3.1 Ein Säulendrehkran darf in der äußersten Stellung der Laufkatze eine Last F = 20 kN heben (siehe folgende Abbildung). Die Säule ist aus Rohr ¿ 273 × 5-S235JRH hergestellt. Der Ausleger besteht aus einem IPB-Profil. Gegeben: l = 2200 mm; l1 = 3000 mm; l2 = 2500 mm; a = 400 mm. a) Ermitteln Sie Art und Größe der maximalen Spannung im Querschnitt B–B sowie im Einspannquerschnitt am Boden. b) Bestimmen Sie die Nulllinienverschiebung (Verlagerung der neutralen Faser) y0 im Querschnitt B–B. c) Skizzieren Sie den resultierenden Spannungsverlauf und die Nulllinienverschiebung qualitativ im Querschnitt B–B.

3.6 Aufgaben zu Kapitel 3

191

Aufgabe 3.2 Eine Getriebewelle aus E335 wird auf Biegung wechselnd ( bW = 290 N/mm2 ) und Torsion schwellend ( Sch = 230 N/mm2 ) beansprucht. a) Welche Hypothese ist anzuwenden? b) Wie groß ist das Anstrengungsverhältnis ˛ 0 ? Aufgabe 3.3 Ein Blech aus S235JR (Raumtemperatur und keine besonderen Umwelteinflüsse) ist in der Blechebene statisch belastet. Die Spannungen betragen  x = 132 N/mm2 ;  y = 48 N/mm2 und  =  xy = 61 N/mm2 . a) Mit welcher Hypothese sollte das Blech auf Versagen gegen Fließen geprüft werden? b) Wie groß ist die Vergleichsspannung? c) Wie groß ist die Sicherheit gegen unzulässig große Verformung?

192

3

Zusammengesetzte Beanspruchungen

Aufgabe 3.4 Von einem abgewinkelten Balkenelement sind folgende Daten bekannt:

F1 Ød

l1

F3 F2

F1 F2 F3 l1 l2 d

l2

= 1,5 kN = 3,6 kN = 1,0 kN = 1000 mm = 500 mm = 50 mm

Bestimmen Sie Ort und Größe der maximalen Vergleichsspannung nach der Gestaltänderungsenergiehypothese für ein Anstrengungsverhältnis von ˛ 0 = 1. Aufgabe 3.5 An einem Kegelrad wirken die Umfangkraft F u = 6 kN, die Axialkraft F a = 2 kN und die Radialkraft F r = 1 kN. Die Abmessungen betragen: d = 50 mm, do = 120 mm, l = 40 mm. Lager Fu A

Fr

Fr d0

d

Fa

l

Für die Querschnittsfläche A sind zu ermitteln: a) die größte resultierende Normalspannung b) die Vergleichsspannung  v mit dem Anstrengungsverhältnis ˛ 0 = 1 zunächst ohne Berücksichtigung der Schubspannung aus der Querkraft

3.6 Aufgaben zu Kapitel 3

193

c) die Vergleichsspannung  v mit dem Anstrengungsverhältnis ˛ 0 = 1 mit Berücksichtigung der Schubspannung aus der Querkraft. d) Wann muss die Querkraft bei einer Biegebeanspruchung zur Ermittlung der Vergleichsspannung berücksichtigt werden?

4

Durchbiegung

Bisher haben wir bei der Dimensionierung von Bauteilen auf die Beanspruchung geachtet, indem wir untersucht haben, ob die vorhandene Spannung die zulässige nicht überschreitet und notwendige Sicherheiten eingehalten werden. In diesem Kapitel werden wir auch die Verformung von Bauteilen berücksichtigen und Biegelinien und Tangentenwinkel dieser Bauteile berechnen. Im Maschinenbau spielt neben der Festigkeit auch die Verformung von Bauteilen, Maschinen, Fahrzeugen usw. eine Rolle. Werkzeugmaschinen müssen sehr steif ausgelegt werden, damit nicht die Bearbeitungsgenauigkeit durch unzulässige Verformungen der Maschinen leidet. Eisenbahn-Reisezugwagen dürfen sich z. B. unter der Nutzlast nur um 1/300 der Stützweite durchsenken. Das ergibt bei den üblichen Stützweiten von 19.000 mm zwischen den Drehzapfen der Laufwerke eine maximale zulässige Durchbiegung in der Mitte des Wagenkastens von 63 mm. Da auch Getriebewellen Verformungen zeigen können, muss überprüft werden, ob die Winkelverschiebungen, die infolge der Verformung der Welle in den Lagerstellen auftreten, von den vorgesehenen (Wälz-)Lagern aufgenommen werden können.

4.1

Differenzialgleichung der elastischen Linie

Ein Träger, der auf Biegung beansprucht wird, krümmt sich (Abb. 4.1). In diesem Abschnitt wird die Gleichung für die Linie hergeleitet, die diese Krümmung beschreibt. Diese Linie wird elastische Linie oder Biegelinie genannt. Die Krümmung des Trägers ist abhängig von  der Größe des Biegemoments,  der Starrheit des Werkstoffs gegen eine elastische Deformation und  der Form und Größe des Balkenquerschnitts. © Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2019 K.-D. Arndt et al., Festigkeitslehre für Wirtschaftsingenieure, https://doi.org/10.1007/978-3-658-26141-2_4

195

196

4 a

Durchbiegung

F

σbd

h

b

σbz Nulllinie

F

h

b

b

σbd σbz

Abb. 4.1 Biegebeanspruchter Träger mit Rechteckquerschnitt auf zwei Stützen a hochkant, b flachkant

Zur Herleitung der Gleichung der elastischen Linie gelten die folgenden Voraussetzungen (siehe auch Abschn. 2.2.1): 1. Die Achse des unbelasteten Trägers (Balkens) ist gerade und der Querschnitt konstant. 2. Die Querschnittsabmessungen (Breite b und Höhe h) sind klein gegenüber der Balkenlänge l (h  l), d. h. die Schubspannungen sind vernachlässigbar. 3. Der Balkenwerkstoff ist homogen und isotrop, die E-Module für Zug und Druck sind gleich und das Hooke’sche Gesetz ist gültig. 4. Die äußere Belastung liegt in der Symmetrieebene des Querschnitts bzw. in Richtung einer Hauptachse (gerade Biegung). 5. Es treten nur kleine Durchbiegungen (Deformationen) und Winkeländerungen auf. 6. Die Balkenquerschnitte bleiben eben und senkrecht zur Balkenachse. 7. Die untersuchten Querschnitte sind in genügender Entfernung von Krafteinleitungsstellen (Auflager, Lastangriffsstellen). 8. Die maximale Spannung liegt unterhalb der Proportionalitätsgrenze ( max   p ). In Abb. 4.2 ist der Teilabschnitt eines auf Biegung beanspruchten Balkens dargestellt. Die w-Koordinate ist nach unten gerichtet ) der Wert für die Durchbiegung ist positiv (bei Belastung von oben). Die Dehnung eines Bogenelementes im Abstand z von der neutralen Faser ist: "D

z  d˛ l D l ds

Ein Bogenelement hat die Länge ds D   d˛ "D

z  d˛ z  D D   d˛  E

.Hooke’sches Gesetz/

4.1 Differenzialgleichung der elastischen Linie

197

Abb. 4.2 Teilabschnitt eines auf Biegung beanspruchten Balkens. (Nach [2])



ρ x dα

ds = ρ·dα ds

z·dα w

z

+Mb

parallel

Bei einer linearen Biegespannungsverteilung über der Balkenhöhe ergibt sich für die Spannung: Mb  z .I D O axiales Flächenmoment 2. Grades/ D I z Mb  z D E I  )

1 Mb D Dk  E I

.k: Krümmung/

(4.1)

Bemerkung:  Das Produkt E  I entspricht der Biegesteifigkeit, d. h. die Steifigkeit eines Balkens hängt nicht von seiner Festigkeit ab, sondern nur vom E-Modul und dem Flächenmoment 2. Grades.  Wenn M b und A konstant sind, folgt, dass auch  konstant ist, d. h. die Krümmung wird durch einen Kreisbogen beschrieben. Normalerweise ist M b nicht konstant; M b = f (x) ) Die Krümmung der Biegelinie ändert sich von Punkt zu Punkt der x-Achse. Für die Technik sind die Durchbiegung w und die Winkellage w0 der Biegelinie von Interesse. So gilt für viele Wälzlagerarten (Rillenkugel-, Nadel-, Zylinderrollenlager), dass keine Winkelabweichungen der Drehachsen zugelassen sind. Mit der Berechnung von w 0 kann überprüft werden, ob der Einsatz derartiger Lager möglich ist. Im Folgenden soll der Zusammenhang zwischen  und w bzw. w 0 hergeleitet werden. In der Mathematik (Funktionentheorie) wird der Zusammenhang zwischen der Krümmung  einer Kurve, die durch den Punkt P geht, und der Tangente in dem Punkt P wie

198

4

Durchbiegung

Abb. 4.3 Definition der Krümmung

folgt beschrieben (siehe Abb. 4.3): 1 y 00 D 3  1 C y02 2 Auf die Koordinaten x, w umgeformt: 1 w 00 D 3  1 C w0 2 2 Voraussetzung für die Herleitung der Gleichung der elastischen Linie sind kleine Winkeländerungen (siehe auch Annahme 5). Daraus folgt zum Beispiel für ˛ max = 1/2° ) w 0 = tan ˛ = tan (0,5°) = 0,009 ) w 02  104 , d. h. w 02 ist in der vorstehenden Gleichung aufgrund der Größenordnung bei Anwendung auf Biegung vernachlässigbar. 1 Mb D  E I Mb w 00 D )  3  E I 1 C w0 2 2 (In vorstehender Gleichung negatives Vorzeichen, da w positiv nach unten!) ) w 00 D 

Mb .x/ EI

(4.2)

Dies ist die lineare Differenzialgleichung 2. Ordnung für die elastische Linie (Biegelinie). Hier noch einmal ein Verweis auf die Vorzeichenregel aus Abschn. 2.2.2: Ein Moment, das auf der Seite der positiven w-Achse eine gezogene Faser erzeugt, ist positiv (Abb. 4.4). b .x/ darf nur bedingt zur Berechnung von Blattfedern verDie Gleichung w 00 D  MEI wendet werden (nur bei kleinen Verformungen), da die Voraussetzung w02  0 bei großen Durchbiegungen nicht erfüllt ist.

4.1 Differenzialgleichung der elastischen Linie

199

Abb. 4.4 Vorzeichenregel Mb

Mb

+

w

Erkenntnis Die zweite Ableitung der Biegelinie eines Trägers mit konstanter Biegesteifigkeit entspricht nach vorstehender Gleichung dem Momentenverlauf. Man erhält folgende Zusammenhänge zwischen der Streckenlast q(x), der Querkraft F q (x), dem Momentenverlauf M b (x), dem Steigungswinkel '(x) und der elastischen Linie (Biegelinie) w(x): q.x/ D Fq .x/0 D Mb .x/00 D C'.x/000 E  I D Cw.x/0000 E  I Aus der Funktion der Streckenlast erhält man nacheinander durch Integration: 1. 2. 3. 4.

die Querkraftlinie F q (x) die Biegemomentlinie M b (x) den Steigungswinkel der Biegelinie '(x) und die Biegelinie w(x). Z Fq D 

q  dx

(4.3)

Fq  dx

(4.4)

Mb dx E I

(4.5)

'  dx

(4.6)

Z Mb D Z 'D Z wD

Diese Vorzeichen ergeben sich, weil es üblich ist, die Durchbiegung von Trägern nach unten positiv anzugeben und die positive x-Achse nach rechts zu legen (Abb. 4.5). Der Steigungswinkel soll dann positiv sein, wenn bei zunehmendem Wert x auch die Durchbiegung größer (Abb. 4.5) wird. Beispiel 4.1 Für den eingespannten Träger konstanter Biegesteifigkeit (Abb. 4.6), der am Ende durch eine Einzelkraft F belastet ist, sind die Gleichung der Biegelinie, die maximale Durchbiegung und der Neigungswinkel zu bestimmen.

200

4

Abb. 4.5 Koordinaten der Durchbiegung und Vorzeichenkonstellation

Durchbiegung

x

+

w

w1 w2 postiver Bereich

negativer Bereich

Abb. 4.6 Einseitig eingespannter Träger mit Einzellast F

F E·I l

Lösung nach Gl. 4.2: E  I  w 00 D Mb .x/ Wir stellen die Beziehung für den M b -Verlauf auf (Abb. 4.7b). Dabei muss auf das richtige Vorzeichen geachtet werden. Nach Definition ist das durch F verursachte Moment negativ (Druck/Stauchung auf der positiven w-Seite). Mb .x/ D F  .l  x/ E  I  w 00 D  ŒF  .l  x/ D CF  .l  x/ Zweimal integrieren: 1 E  I  w 0 D F  l  x  F  x 2 C C1 2 1 1 E  I  w D F  l  x 2  F  x 3 C C1  x C C2 2 6 b

a F x

-Fl

Mb(x)

wmax w

φmax l

Abb. 4.7 a Verformung des Trägers und b Biegemomentenverlauf

l

F

4.1 Differenzialgleichung der elastischen Linie

201

Abb. 4.8 Randbedingungen einseitig eingespannter Träger

F

wB

l

x w A w (x = 0) = 0 w′(x = 0) = 0 = φA

φB B w (x = l) ≠ 0 w′(x = l) ≠ 0 = φB = φmax

Die Integrationskonstanten C1 und C2 erhält man aus den Randbedingungen (Rb.) (Abb. 4.8):  Horizontale Biegelinie an der Einspannstelle w 0 (x = 0) = 0 (Rb. 1)  keine Durchsenkung an der Einspannstelle w(x = 0) = 0. (Rb. 2) Rb. 1:

1 E  I  w 0 D F  l  0  F  0 2 C C1 D 0 2 C1 D 0

Rb. 2: E I w D

1 1 F  l  0 2  F  0 3 C 0 C C2 D 0 2 6

C2 D 0 Konstanten einsetzen in w(x) ergibt die Gleichung der Biegelinie:   1 1 1 wD F  l  x2  F  x3 E I 2 6  3   2 F l x 3 x wD  3 6E I l l Maximale Durchbiegung an der Krafteinleitungsstelle: F  l3 Œ3  1

6E I F  l3 w .x D l/ D D wmax 3E I

xDl)wD

Größte Schiefstellung(' größte Tangentenneigung) auch bei x = l:     F l2 1 F w0 D l  x  x2 D l2  E I 2 EI 2 2 F l x D l ) w0 D D 'max 2E  I

202

4

Durchbiegung

Auswertung der Gleichung für w:    F  l3 x 2  x 3 wD  3 6E I l l ) die Durchbiegung ist: 1. linear proportional zur Last F 2. in der 3. Potenz zur Länge l 3. umgekehrt proportional zur Biegesteifigkeit E  I ) Zu beachten ist, dass lange Träger überproportional deformiert werden und daher eventuell nach der zulässigen Durchbiegung dimensioniert werden müssen. Die zulässigen Spannungen werden dabei oftmals nicht erreicht. Beispiel 4.2 Für den eingespannten Träger konstanter Biegesteifigkeit (Abb. 4.9), der durch eine konstante Streckenlast q belastet ist, sind die Gleichung der Biegelinie, die maximale Durchbiegung und der Neigungswinkel zu bestimmen (Schnittgrößen am Träger siehe Abb. 4.10b). Lösung

X

.l  x/ q D  .l  x/2 2 2 q 2 00 E  I  w D Mb D .l  x/ 2  q 2 00 E I w D l  2lx C x 2 2

Mi D 0 ) Mb D q  .l  x/ 

Abb. 4.9 Einseitig eingespannter Träger mit Streckenlast q

q

E·I l

a

b x

q

q

Mb

wmax

E·I w

φmax

l

Abb. 4.10 a Verformung des Trägers und b Schnittgrößen

l-x

Fq

4.1 Differenzialgleichung der elastischen Linie

203

Integrieren:  3 q 2 2 x E I w D  l x l x + C C1 2 3   2 q l 2 l 3 x4 C C1  x C C2 EI w D  x  x + 2 2 3 12 0

Randbedingungen: E  I  w 0 .x D 0/ D 0 )

  q 2 03 l  0  l  02 C C C1 D 0 2 3

) C1 D 0 E  I  w .x D 0/ D 0 )

q  2



l 2 2 l 3 04 0  0 C 2 3 12

 C 0 C C2

) C2 D 0 Gleichung der Biegelinie:     x 3  x 4 q  l4 x 2 wD 4 C 6 24E  I l l l Maximale Durchbiegung bei x = l: w .x D l/ D Neigung bei x = l: w0 D

q 2E  I

q  l4 D wmax 8E  I



w 0 .x D l/ D

l 2  x  l  x2+

x3 3



ql 3 D 'max 6E  I

Beispiel 4.3 Für den außermittig mit einer Einzelkraft F belasteten Träger konstanter Biegesteifigkeit (Abb. 4.11) sind die Gleichung der Biegelinie und die maximale Durchbiegung zu bestimmen. Lösung Zunächst soll der Momentenverlauf ermittelt werden (Abb. 4.12). M b (x) ist keine glatte Funktion über der Balkenlänge (Sprungfunktion), d. h. verschiedene M b -Funktionen ) Integration in getrennten Bereichen, hier I und II.

204

4

Abb. 4.11 Beispiel 4.3

F

a

A

Abb. 4.12 Momentenverlauf

Auflagerkräfte:

X

Fz D 0 D FA  FB C F MA D 0 D FB  l  F  a D 0 ) FB D F 

a FA D F  FB D F  F   l   l a a b DF FA D F 1   DF l l l l

a l

M bmax aus Momentenverlauf (Abb. 4.12): Bereich I (0 ≤ x ≤ a)

Bereich II (a ≤ x ≤ l) a F MbII

MbI FA

FA x

FqI

x

FqII

b

B

l w=z x

X

Durchbiegung

4.1 Differenzialgleichung der elastischen Linie

MbI  FA  x D 0 MbI D F bl  x ) Mbmax D MbI .x D a/ D F  ba l E  I  wI00 D MbI D F  bl  x E  I  wI0 D F  E  I  wI D F 

b l b l

 

x2 2 x3 6

C CI1

205

MbII  FA  x C F .x  a/ D 0 MbII D F bl  x  F .x  a/ E  I  wII00 D MbII D F  bl  x C F .x  a/

E  I  wII0 D F 

b l b l

x2 2 x3 6

CF 

C CI1  x C CI2 E  I  wII D F  CF  C CII1  x C CII2

.xa/2 2 .xa/3 6

C CII1

Randbedingungen (Abb. 4.13): w 0 = w(x = 0) = 0 (Rb. 1 für „I“) w l = w(x = l) = 0 (Rb. 2 für „II“) Übergangsbedingungen: w Ia = w I (x = a) = w IIa (Üb. 1) w 0 Ia = w 0 I (x = a) = w 0 IIa (Üb. 2)

Für Krafteingriffsstelle, da die Durchbiegung und die Steigung gleich sein müssen

Aus Rb. 1: wI .x D 0/ D CI 2 D 0 ) CI 2 D 0 Aus Üb. 2:

0 0 wIa .x D a/ D wIIa .x D a/

b a2 b a2 .a  a/2 C CI1 D F CF C CII1 l 2 l 2 2 ) CI1 D CII1

F

Abb. 4.13 Randbedingungen für einen Träger auf zwei Stützen mit außermittiger Einzelkraft

l

φA

F

w

a

b

φB

x A

B

w w (x = 0) = 0 w′(x = 0) ≠ 0 = φA

w (x = l) = 0 w′(x = l) ≠ 0 = φB

206

4

Durchbiegung

Aus Üb. 1: w Ia = w IIa b a3 C CI1  a C CI2 D l 6 b a3 .a  a/3 D F CF C CII1  a C CII2 l 6 6 ) CII2 D 0

F

Aus Rb. 2: b l3 .l  a/3 CF C CII1  l D 0 wl D wII1 D 0 )D F l 6 # 6 " F .l  a/3 ) CII1 D bl  6 l Mit

b D l  aI

CII1 D

F b 2  l  b 2 D CI 1 6 l

Gleichungen für die Biegelinie entsprechend den beiden Bereichen I und II: 

F b  2  l  b2  x  x3 6E  I l    F b l  .x  a/3 C l 2  b 2  x  x 3 wII .x/ D 6E  I l b wI .x/ D

Kontrolle: w I (x = a) = w II (x = a): 

F b  2  l  b 2  a  a3 6E  I l    b l F  .a  a/3 C l 2  b 2  a  a3 D 6E  I l b

wI .x D a/ D

mit l = a + b 

F b  2  a C 2ab C b 2  b 2  a  a3 6E  I l

F F b 3 a2 b 2 D  a C 2a2 b  a3 D  6E  I l 3E  I l

wI .x D a/ D

4.2 Überlagerungsprinzip bei der Biegung

207

Maximale Durchbiegung: (liegt für a > b im Bereich I) wI0 .xm / D 0

F b x2 F b 2   mC  l  b2 D 0 E I l 2 6E  I l

xm2 1 2 D l  b2 2 6  1 2 l  b2 xm2 D 3 r .l 2  b 2 / ) xm D .x-Koordinate der maximalen Durchbiegung!/ 3

wI0 D 



F b  2  l  b 2  xm  xm3 6E  I l 3 3 1  b 1  2 F p l  b2 2  p l 2  b2 2  D 6E  I l 3 3 3  3  b 1 2 2 F  p l  b2 2 D 6E  I l 3 3 3 b F  l 2  b2 2 D p 9 3E I l

wmax D wI .xm / D

wmax

Die Gleichungen der Biegelinien, Durchbiegungen und Neigungen grundlegender Balkenprobleme sind in Tab. 4.1 zusammengefasst.

4.2 Überlagerungsprinzip bei der Biegung Aus den Grundlösungen für die Durchbiegungen und Neigungen der elastischen Linie (nach Tab. 4.1) ergeben sich Kombinationsmöglichkeiten. Die Voraussetzung dafür ist, dass die resultierende Spannung kleiner als die Proportionalitätsspannung bleibt:  res max <  P . Im linear-elastischen Bereich gilt: I Eine Überlagerung (Superposition) ist möglich. Durch die Überlagerung von Grundlösungen werden die Durchbiege- und Neigungswerte für komplizierte Belastungsfälle aus Einzelkräften und -momenten sowie Streckenlasten zusammengesetzt. Wenn kleine Verformungen und geringe Neigungen (vgl. Annahme 5 aus Abschn. 4.1) vorhanden sind und alle Durchbiegungswerte (so gut wie) senkrecht zur unverformten Balkenachse liegen, besteht die Möglichkeit der einfachen Addition. Dazu wird auf die Grundlösungen aus Tab. 4.1 und Abb. 4.14 zurückgegriffen.

4

3

2

1

A

A

A

A

q0

x

x

x

x

Belastungsfall

l

l

l

l

w B

x1

q x1

w

φmax

M

F

wmax

q0 l 4 120EI q0 l 4 120EI

wD

ql 4 24EI

wD

wD

ql 4 24EI

h    3  4  5 i 2 10 xl  10 xl C 5 xl  xl h    5 i 4  5 xl1 C xl1

h    3  4 i 2 6 xl  4 xl C xl h    4 i 3  4 xl1 C xl1

M x2 2EI  2 M l 2 1  xl1 2EI

wD

wD

wD

F l 3 6EI

wD

'max D

wmax D

'max D

wmax D

q0 l 4 30EI q0 l 3 24EI

ql 4 8EI ql 3 6EI

2

F l 3 3EI F l 2 2EI

l wmax D M 2EI M l 'max D EI

'max D

wmax D

Durchbiegungen w Neigung '

4

B φmax

w wmax

B φmax

wmax

B φ max

x1 w wmax

x1

F l 3 6EI

wD

h    3 i 2 3 xl  xl h    3 i 2  3 xl1 C xl1

Gleichung der Biegelinie

Tab. 4.1 Gleichungen der Biegelinien, Durchbiegungen und Neigungen von Balken

208 Durchbiegung

8

7

6

5

A

A

A

A

a

x

φA

F

φA

x

l/2 φA

x

x

a

l

w

l

q0 w

F

wmax

F

φB

F

w1

a

wmax

B

φB

B

B

B φ max

x1 b

wmax φB

l

l

x1

w wF

w

Belastungsfall

Tab. 4.1 (Fortsetzung)



  i x h 4 x 2 1  l 3 l

h    3  5 i 2 20 xl  10 xl + xl h    4  5 i 11  15 xl1 + 5 xl1  xl1



F w D 6EI 3alx  3a2 x  x 3 für 0  x  a

F 3alx  3ax 2  a3 w D 6EI für a  x  2l

   2   h    x 2 i F l 3 w D 6EI  al  bl  xl 1 C bl  ab für 0  x  a    x 2 i    2   h F l 3  bl  al  xl1 1 C al  ab1 w1 D 6EI für 0  x1  b

für x

F l 3 16EI  2l

q0 l 4 120EI

wD

wD

q0 l 4 120EI

wD

Gleichung der Biegelinie 11q0 l 4 120EI q0 l 3 8EI

3

 2  F a wmax D 24EI 3l  4a2 F a 'A D 2EI .l  a/ D 'B F a ' .a/ D 2EI .l  2a/

 2  2 F l 3 wF D 3EI  al  bl   1 'A D wF  2a 1 C bl   1 1 C al 'B D wF  2b

F l wF D wmax D 48EI F l 2 'A D 16EI D 'B

'max D

wmax D

Durchbiegungen w Neigung '

4.2 Überlagerungsprinzip bei der Biegung 209

12

11

10

9

A

A

φA

A

MA

A

φA

x

φA

wmax

x l/2

x

φA

x

l

φB

B

l/2

φB

wC

B

q

B

B

F

φF C

w1

a

wmax φ B

M φC

C

l

w

l

φB

x1

M l 2 24EI

MA l 2 3EI

wD

ql 4 24EI



  3 x 2 2 l C

l

h  x

l 2

2

l

 x 3

C

x h  x 2 i 1  4 l l

l

h  x

für 0  x 

wD

wD

l

 x 4 i

  1 x 3 2 l

i

   h  2 i F l 3 w D 6EI  al  xl 1  xl für 0  x  l  a   x1   x1 2 i   h 2a  F l 3 C 3  l  l  xl1 w1 D 6EI l l für 0  x1  a

Gleichung der Biegelinie

'A D

5ql 4 384EI 3 ql D 24EI

wmax D

'A D 'C D

'B

p 3 M l 2  EI 216 l p 2 3 M l D 'B 24EI M l 12EI

wmax D bei x D

2

MA l wmax D 9p 3EI bei x D 0;4426  l MA l 'A D 3EI D 2'B

Durchbiegungen w Neigung '  2   F l 3 wC D 3EI  al  1 C al 2 F l  al D 12  'B 'A D 6EI    F l 2 'C D 6EI  al 2 C 3 al

4

w wmax

w

l

Belastungsfall

Tab. 4.1 (Fortsetzung)

210 Durchbiegung

14

13

C

A

a

A

φA

x

φA

l

l w

x

wmax w

Belastungsfall

Tab. 4.1 (Fortsetzung)

φB

B

x1

x1

q

B

C

w1

a

φB

φC

q0

für: 0  x1  a

n h

i

h

C

i o

 2  2  2 ql 4 5 1  4 xl   24  al  16 xl 16EI für  2l  x  2l n h   i    4  2 3 ql 4 4 al C 6 al  1  xl1   al w1 D 24EI

q0 l 4 360EI

wD

wD

q0 l 4 360EI

wD

h    3  5 i 7 xl  10 xl C 3 xl h    3  4  5 i 8 xl1  20 xl1 C 15 xl1  3 xl1

Gleichung der Biegelinie

l

 a 



l

 x1  4 o

3

ql 4 16EI

h

5 24



l

 a 2 i q 5 wmax D 0 wenn a D l  24 wC hD i  a 2  a 3 ql 3 a 6 C 3  1 24EI l l wC D 0 wenn a D 0;3747  l 'A D 'B h i  2 ql 3 6 al  1 'A D 24EI j'C j  D  q 4a3 C 6a2 l  l 3 24EI

wmax D

q0 l 'B D  45EI

4

q0 l wmax  153EI bei x  0;519  l 7q0 l 3 'A D 360EI

Durchbiegungen w Neigung '

4.2 Überlagerungsprinzip bei der Biegung 211

212

4

Abb. 4.14 Grundlösungen

F

Durchbiegung wmax

x

φmax

3

F· l 2 2 E· I

F· l 3 E· I

l

w M

q

Abb. 4.15 Additive Überlagerung

M· l 2 2 E· I

M·l E· I

q· l 4 8E· I

q ·l 3 6 E· I

F l a

B

C

wges = wC = wBF + wφ = wBF + b·φBF

wges



wBF

A

b

φBF

Gemäß Abb. 4.15 ist beim Überlagerungsprinzip darauf zu achten, dass sich die Durchbiegung w an der Stelle C additiv aus zwei Anteilen zusammensetzt, und zwar zum einen aus der Durchbiegung w BF infolge der Kraft F (Stelle B; Strecke AB (Länge a)) und zum anderen aus der Durchbiegung im Punkt C, die infolge des auftretenden Winkels ' BF (Stelle B) multipliziert mit der Strecke BC (Länge b), entsteht. Beispiel 4.4 Einseitig eingespannter Balken der Länge l mit konstanter Streckenlast q und Einzellast F am freien Ende (Abb. 4.16). Wie groß sind die Durchbiegung und Neigung am freien Ende? Abb. 4.16 Beispiel 4.4

q

E·I l

F

4.2 Überlagerungsprinzip bei der Biegung

213

F

q

=

E·I x

F

q

+

=

w(x)

+

w(x)

wF

wges

w(x)

wq

l

Abb. 4.17 Überlagerungsprinzip Beispiel 4.4

Überlagerung durch Addition (Abb. 4.17): wges D wq C wF ;

d. h. Ziffer (3) u. (1) aus Tab. 4.1   ql ql F  l3 l3 F D C D C 8E  I 3E  I E I 8 3   3 ql l F D C E I 8 3 4

wges wges

Neigung am freien Ende: q  l3 F  l2 'ges D 'q C 'F D C 6E  I 2E  I   ql l2 'ges D CF 2E  I 3

Ziffer (3) u. (1) für die Neigung aus Tab. 4.1

Beispiel 4.5 Einseitig eingespannter Träger mit konstanter Streckenlast q auf der linken Balkenhälfte und F am freien Ende (Abb. 4.18). Wie groß ist die Durchbiegung und Neigung am freien Ende? Ansatz

l C w2F 2 Wichtig: q verursacht nicht nur die Durchbiegung an der Stelle 1, sondern für die Gesamtdurchbiegung muss auch die Neigung des Trägers an dieser Stelle berücksichtigt wges D w2 D w1q C '1q 

Abb. 4.18 Beispiel 4.5

F

q E·I l/2

l/2

214

4 F

x 2

1

=

w(x)

wges

w(x)

2

φ1q

+

w(x)

φq1·l/2

l/2

w1q

1

+

=

E·I

l/2

F

q

w2F

q

Durchbiegung

Abb. 4.19 Überlagerungsprinzip Beispiel 4.5

werden (s. Abb. 4.15). Diese Neigung ' 1q führt mit dem Hebel l / 2 zu einer zusätzlichen Absenkung an der Stelle 2 (Abb. 4.19).

wges 'ges

 4  3 q  2l q  2l l F  l3 D C  C 8E  I 6E  I 2 3E  I  l 3 q 2 F  l2 D '1q C '2F D C 6E  I 2E  I

Beispiel 4.6 Einseitig eingespannter Balken mit zwei Einzelkräften (Abb. 4.20). Auch bei diesem Beispiel muss berücksichtigt werden, dass die Kraft F 1 nicht nur eine Durchbiegung an der Krafteinleitungsstelle von F 1 verursacht, sondern mit dem Neigungswinkel ' 1F1 und dem Hebelarm b zur Durchsenkung an der Stelle F 2 beiträgt (Abb. 4.21).  wmax D F1 'max D

 a3 l3 a2 C  b C F2 3E  I 2E  I 3E  I

 1  F1 a2 C F2 l 2 2E  I

Abb. 4.20 Beispiel 4.6

F1

F2

E·I

a

b l

4.2 Überlagerungsprinzip bei der Biegung F1

F1

F2

E·I

215

F2

=

a

b

+ a

l

b

φ1F1

+

w(x)

w2F2

w(x)

φ1F1·b

=

w1F1

w(x)

wges

l

Abb. 4.21 Überlagerungsprinzip Beispiel 4.6

Beispiel 4.7 Einseitig eingespannter Balken mit konstanter Streckenlast q über der rechten Hälfte der Balkenlänge (Abb. 4.22) Eine Überlagerung kann auch mit negativer Addition – also durch Subtraktion – stattfinden. wges D wGanz  wTeil Auch bei diesem Beispiel muss berücksichtigt werden, dass die Teilquerkraft (rechts im Bild) nicht nur die Durchbiegung w 1q an der Stelle 1 verursacht, sondern auch mit dem Neigungswinkel ' 1q und dem Hebelarm l / 2 zur Durchsenkung an der Stelle 2 beiträgt (Abb. 4.23).   l wges D w2q  w1q C '1q  2 !  l 4  3 q 2 q  2l q  l4 l  C  wges D 8E  I 8E  I 6E  I 2   q  l4 1 1 1 wges D   E  I 8 128 96   q  l 4 41 41 5 wges D   8E  I 48 48 6 'ges D '2q  '1q D

q  l3 7  6E  I 8

Abb. 4.22 Beispiel 4.7

q E·I

l/2

l/2

216

4 q

q

_

l/2

l/2

wges

w(x)

2

=

1

w(x)

_ w(x)

φ1q

φ1q∙l/2

2

w1q

1

w2q

l/2

q

=

E·I

Durchbiegung

Abb. 4.23 Überlagerungsprinzip Beispiel 4.7

Beispiel 4.8 Einseitig eingespannter Balken mit abschnittsweise verschiedener Biegesteifigkeit unter der Einzellast F am freien Ende (Abb. 4.24) Ansatz Addition von drei Anteilen max. Durchbiegung: wmax D w1 C w2 C w3 (Abb. 4.25) w 1 an der Stelle 1 infolge F und M D F  b: w1 D F 

a3 a2 F  a2 CF b D 3E  Ia 2E  Ia E  Ia



a b C 3 2



Abb. 4.24 Beispiel 4.8

F

E·Ia

E·Ib

a

b

l

1 F E·Ia

E·Ib

a

F

=

E·Ia

M = F·b F

b

l

Abb. 4.25 Überlagerungsprinzip Beispiel 4.8

+

E·Ib 2

4.2 Überlagerungsprinzip bei der Biegung

217

w 2 infolge der Neigung in (1):  w2 D '1  b D F

a2 a CF b 2E  Ia E  Ia

 b

w 3 durch F über b: w3 D wmax

F  b3 3E  Ib

F  a3 D 3E  Ia

l b 1C3  C a a

Entsprechend: ' max aus drei Anteilen Kontrollen für w max : für b = 0 und a = l ) wmax D für I a = I b = I und a + b = l:

a

3

l b C 1C3 aa

F l 3 3EIa

!  3 b Ia  a Ib

i. O.!

 3 ! b D a3 C 3ab .a C b/ C b 3 a D a3 C 3a2 b C 3ab 2 C b 3 D O .a C b/3 D l 3

i. O.!

Beispiel 4.9 Kragträger mit Einzellast F am freien Ende (Abb. 4.26) Verformung bei F aus  Moment M = F  a in B  Kraft F über Länge a Die Verformung ergibt sich entsprechend Abb. 4.27: .F  a/  l F  a3 aC 3E  I 3E  I M l .F  a/  l a D a wobei wM D 'B  a D 3E  I 3E  I  3  2  a F l a 1C wges D  3E  I l l wges D wM C wF D

(siehe Tab. 4.1, Ziffer 9)

218

4

Abb. 4.26 Beispiel 4.9

Durchbiegung F

a

l

E·I

A

B

Abb. 4.27 Überlagerungsprinzip Beispiel 4.9

F

a

l Mb

E·I

wges

φB

A

B

Beispiel 4.10 Träger auf zwei Stützen mit Einzellasten F 1 und F 2 (Abb. 4.28). Die Durchbiegung an der Stelle x = l1 und der Neigungswinkel ' A sind zu bestimmen, wenn l1 = 2a; l2 = 3a; l3 = a; l = 6a sind. Durchbiegungen an den Krafteinleitungsstellen (Abb. 4.29): w 1 = w 1F1 + w 1F2 w 2 = w 2F1 + w 2F2

1. Index: Stelle 2. Index: verursachende Kraft

Bezogen auf: F 1 : fa1 = l1 = 2a; b1 = l2 + l3 = 4a; x = l1 = 2ag F 2 : fa2 = l1 + l2 = 5a; b2 = l3 = a; x = l1 = 2ag Anwendung Tab. 4.1, Ziffer 7: x

l ai

A φA

bi wFi Fi

φB B

Abb. 4.28 Beispiel 4.10

F1

F2 E·I

A

l1

B l3

l2

l

4.2 Überlagerungsprinzip bei der Biegung F1

2

l2

l1

1

2

a1

l3

+

φB2

A 1

2

a2

b1

b2

+

=

Mb

Mb

B

w2F2

l

=

A

w2

1

w1

B

w2F1

A

F2 φB1

w1F2

F2

E·I

w1F1

F1

219

Mb

Abb. 4.29 Überlagerungsprinzip Beispiel 4.10

wi D

      2  xi Fi  l 3  ai  bi 2  xi  l     1C 6E  I l l l bi a i  bi

Für w 1 = w 1F1 + w 1F2 : h i  2 2  bl1  xl 1 C bl1  a1xb1 2    2  3 l12 l 1 l 3 D F6EI  ll1  l2 Cl  1 C  l l2 Cl3 l1 .l 2 Cl3 /  .6a/3  2a 2  4a 2 .2a/2 6a D F16EI  6a  6a  1 C 4a  2a4a   3 216a3 4 1 a D F16EI  36  16 1 C 32  12 D FEI 4  16 2D 36 36

w1F1 D w1F1 w1F1 w1F1

w1F2 w1F2



a1 l

  2 1 C bl2  ax2 b2   2    3 l12 l3 l1 l 2 l 2  D F6EI  l1 Cl   1 C  l l l l3 .l1 Cl 2 /l3 F2 .6a/3 5a  a 2 2a .2a/2 6a D 6EI  6a  6a  6a  1 C a  5aa   3 216a3 5 1 1 2 a D F26EI  6  36  26 1 C 6  45 D FEI  10  36 

w1F2 D w1F2

F1 l 3 6EI

F2 l 3 6EI



a2 l



 2 b2 l

w1 D w1F1 C w1F2 D

32 9





F1 a3 EI

32 9



D

31 18

x l

F1 a3 EI

C

31 18



F2 a3 EI

D

a3 18EI

31 5



F2 a3 EI

.64F1 C 31F2 /

Für die Lagerstellen gilt: ' A = ' A1 + ' A2 und ' B = ' B1 + ' B2 Mit Tab. 4.1, Ziffer 7:   'A D 'A1 C 'A2 mit 'Ai D wFi  2a1 i 1 C bli     'A D wF1  2a1 1 1 C bl1 C wF2  2a1 2 1 C bl2 Gemäß Abb.: wF1 D O w1F1 und wF2 D O w2F2

B

220

4

b1

a2

w1F1

1

A

B

b2

φA2

+

A

F2

2

w2F2

F1

a1 φA1

 a2 2  b2 2 .6a/3  5a 2  a 2  l D F23EI  6a  6a D l   F1 a3 1 6a 20 F1 a2  EI  2.2a/ 1 C 4a D 9 EI   3 F2 a2 1 2 a  FEI  2.5a/ 1 C 6a D 35 a 36 EI

wF2 D

F2 l 3 3EI

'AF1 D

32 9

'AF2 D

25 18



'A D 'AF1 C 'AF2 D

20 F1 a2 9 EI

C

Durchbiegung

35 F2 a2 36 EI

D

a2 36EI

B

25 18



F2 a3 EI

.80F1 C 35F2 /

Beispiel 4.11 Jetzt wollen wir uns noch einmal das Dreirad von Finn Niklas (Abb. 4.30) anschauen und bestimmen, wie weit sich das Gestell an der Stelle des Sitzes unter dem Gewicht von Finn Niklas nach unten durchbiegt. Die Schnittgrößen am Rahmen sind in Abb. 4.31 dargestellt. Gegeben: l1 = 450 mm; l2 = 850 mm; lh = 950 mm; F GF = 550 N; F V = 154,7 N; F hl = F hr = 197,7 N; M = 46,41 Nm; I y = 78.552 mm4 ; Für den vorderen Träger gilt: wB D wBF C wBM  2 b F  l 3  a 2 wBF D   3E  I l l

Abb. 4.30 Finn Niklas’ Dreirad

4.2 Überlagerungsprinzip bei der Biegung

221

Abb. 4.31 Schnittgrößen am Dreirad

(Ziffer 7 in Tab. 4.1) a D l1 I b D l2

und l D l1 C l2  2  2 l2 l1 FGF  l 3 wBF D   3E  I l l   2  MA  l x 3 x 2 1  x 3 wBM D C  3E  I l 2 l 2 l x D l2

.Ziffer 10 Tab. 4.1/

"

   # l2 3 l2 2 1 l2 3 wBM C  l 2 l 2 l "      #   FGF  l 3 l2 2 M  l 2 l2 3 l2 2 1 l2 3 l1 2 ) wB D  C C   3E  I l l 3E  I l 2 l 2 l  2  2 3 3 450 850 550 N  1300 mm   ) wB D 5 N 4 1300 1300 3  2;1  10 mm2  78:552 mm "     # 850 46;41 Nm  13002 mm2 3 850 2 1 850 3 C C  N 4 1300 2 1300 2 1300 3  2;1  105 mm 2  78:552 mm M  l2 D 3E  I

D 1;25 mm C 1;16 mm D 2;14 mm Gleichzeitig biegt sich der hintere Träger an der Stelle C unter dem Einfluss der Gewichtskraft durch: F  l3 .Ziffer 6 Tab. 4.1/ 48E  I l D lh I F D Fh D Fhl C Fhr

wC D

wC D

Fh  lh 3 395;3 N  9503 mm3 D 0;43 mm D N 4 48E  I 48  2;1  105 mm 2  78:552 mm

222

4

Durchbiegung

Auf die Stelle B wirkt sich diese Durchbiegung wie folgt aus: wBC D wC

l2 l

Die Gesamtdurchbiegung am Sitz ergibt sich aus: wBges D wB C wC

4.3

l2 850 D 2;41 mm C 0;43 mm  D 2,69 mm l 1300

Anwendung der Biegetheorie auf statisch unbestimmte Systeme

Die Biegetheorie liefert zusätzliche Informationen, um Systeme, die statisch unbestimmt sind und in der Statik nicht lösbar waren, zu lösen. Die in der Statik behandelten Begriffe „statisch bestimmt“ beziehungsweise „statisch unbestimmt“ sollen hier noch einmal kurz definiert werden. Die statische (Un-)Bestimmtheit kann unterschieden werden in  innere und  äußere statische (Un-)Bestimmtheit. Bei innerlich statisch (un-)bestimmten Systemen werden geschlossene Fachwerke, Rahmen oder Ringe betrachtet und die Kräfte in den Stäben berechnet. Bei äußerlich statisch (un-)bestimmten Systemen werden offene Tragwerke (wie die in den Abb. 4.32, 4.33, 4.34 und 4.35 dargestellten Balken, Rahmen, . . . ) betrachtet. Bei diesen sind vor allem die Auflagerkräfte von Interesse. In diesem Buch werden nur die äußerlich statisch (un-)bestimmten Systeme behandelt. Definition für statische Bestimmtheit I Wenn die Anzahl der statischen Gleichgewichtsbedingungen ausreichend ist, um die statischen Unbekannten zu bestimmen, dann ist das System statisch bestimmt.

F

Abb. 4.32 Statisch bestimmte Systeme

B

A FAx FAz

FBz MA

FAx

A FAz

F

4.3 Anwendung der Biegetheorie auf statisch unbestimmte Systeme

223 F

Abb. 4.33 Einfach statisch unbestimmtes System B

A

C

FAx FAz

Abb. 4.34 Zweifach statisch unbestimmtes System

FBz

FCz

F

MA

B FAx

A

FBx

FAz

FBz

Abb. 4.35 Dreifach statisch unbestimmtes System

F3

F2

F1 FAx FAz

MA

FBx

MB

FBz

In Abb. 4.32 sind jeweils drei unbekannte Auflagerreaktionen vorhanden: im oberen System F Ax , F Az und F Bz ; im unteren System F Ax , F Az und M A . Diese Unbekannten lassen sich bestimmen, wenn drei (statische) Gleichgewichtsbedingungen vorhanden sind. Für diese Gleichgewichtsbedingungen sind folgende Alternativen möglich: a) †F ix = 0; †F iz = 0 und †M i(A) = 0 b) †F ix = 0; f†F iz = 0g; †M i(A) = 0 und †M i(C) = 0 c) †M i(A) = 0; †M i(B) = 0 und †M i(C) = 0 Bedingung für c) ist, dass die Punkte A, B und C nicht auf einer Geraden liegen. Im Gegensatz zu statisch bestimmten Systemen sind bei statisch unbestimmten Systemen mehr Unbekannte als Gleichgewichtsbedingungen vorhanden (Abb. 4.33, 4.34 und 4.35). Das System in Abb. 4.33 basiert auf dem System in Abb. 4.32 oben. Es wurde ein zusätzliches Loslager in Punkt C eingeführt. Damit gibt es vier unbekannte Größen (F Ax , F Az , F Bz und F Cz ). Für die Gleichgewichtsbedingungen gelten die drei unter a) bis c) beschriebenen Alternativen. Bei vier Unbekannten und drei Gleichgewichtsbedingungen bedeutet dies eine einfache statische Unbestimmtheit. In Abb. 4.34 wurde das System aus Abb. 4.32 unten um ein Festlager in Punkt B erweitert. Mit dem Festlager ergeben sich zwei zusätzliche Unbekannte (F Bx , F Bz ). Mit fünf

224

4

Durchbiegung

Unbekannten und drei Gleichgewichtsbedingungen ist das System zweifach statisch unbestimmt. In Abb. 4.35 ist ein fest eingespannter Rahmen dargestellt. In beiden Einspannpunkten treten Horizontal- und Vertikalkräfte sowie Einspannmomente auf. In Summe gibt es sechs unbekannte Größen. Bei drei Gleichgewichtsbedingungen bleiben drei Unbekannte übrig, woraus folgt, dass das System dreifach unbestimmt ist. Zur Ermittlung der unbekannten Größen werden zusätzliche Gleichungen aus der Formänderung des Systems gewonnen. Für statisch unbestimmt gelagerte Balken bzw. Rahmen sind verschiedene (gängige) Verfahren im Einsatz: a) Integrationsmethode: nutzt Informationen, die bei der Lösung der Differenzialgleichung der Biegelinie berücksichtigt werden. b) Überlagerungsmethode: löst die Biegefälle nach dem Additionsprinzip. c) Energiemethode nach Castigliano1 : hierbei wird die Formänderungsarbeit bei Biegung betrachtet:

1 Wb D 2

Z

1 O Mb  d' D 2

Z

Mb2 dx E I

Der Ansatz von Castigliano ist: wF D

@Wb @F

d. h. die Durchbiegung an einer Kraftangriffsstelle ist gleich der Ableitung der Formänderungsarbeit nach dieser Kraft. An einem Auflager gilt: wD0)

@Wb D 0 für Lager A. @F

Es werden nur die Methoden a) und b) behandelt. Dabei wird im folgenden Abschnitt aufgezeigt, wie man mit diesen Methoden die Unbekannten für statisch unbestimmte Systeme erhalten kann. a) Integrationsmethode b .x/ Ausgang ist die Differenzialgleichung der Biegelinie: w 00 D  MEI Aus den Randbedingungen des Systems werden zusätzliche Informationen gewonnen, die zur Bestimmung der statisch unbestimmten Größen genutzt werden.  Für ein zusätzliches Lager gilt: Die Durchbiegung w = 0 (unter Umständen auch w 0 = 0, wenn eine Symmetrie vorliegt).  Bei zusätzlicher Einspannung: w = 0, w 0 = 0. 1

Carlo Alberto Castigliano (1847–1884), italienischer Ingenieur.

4.3 Anwendung der Biegetheorie auf statisch unbestimmte Systeme

225

Beispiel 4.12 Ein Balken der Länge 2 l mit konstanter Biegesteifigkeit E  I wird in den Punkten A, B und C gelagert und mit einer konstanten Streckenlast q belastet (Abb. 4.36). Gesucht werden  die Auflagerkräfte F A , F B , F C  der Biegemomentenverlauf M b (x) Lösung Da die Balkenanordnung und die Belastung symmetrisch sind, muss auch die elastische Linie symmetrisch sein (Abb. 4.36b). Es reicht daher aus, nur eine Hälfte des Balkens bis zur Balkenmitte zu betrachten. Wenn die Biegelinie symmetrisch ist, dann muss der Steigungswinkel am Mittellager bei B gleich null sein: w 0 B = 0. Am Lager gilt auch, dass die Durchbiegung gleich null ist: w B = 0. Das Lager B mit w B = 0 und w 0 B = 0 entspricht einer festen Einspannstelle. Zur Vereinfachung kann daher ein Ersatzsystem mit der Hälfte des Balkens und einer festen Einspannstelle betrachtet werden (Abb. 4.36c). An diesem treten die in Abb. 4.37 dargestellten Schnittgrößen auf. Es gilt: X Fz D 0 D FA  q  x  Fq X

M D0DC

E  I  w0 D 

Z

E I w D

Abb. 4.36 a Dreifach gelagerter durchgehender Balken mit Streckenlast, b Verformung des Balkens und c Ausnutzung der Symmetrie

x2  q  x  FA C Mb 2

M .x/  dx D

(4.7)

x3 x2 q  FA C C1 6 2

(4.8)

x4 x3 q  FA C C1  x C C2 24 6 a

(4.9)

q

A

B

l

b

l

C

q

A

B

c

A

B

C

226

4

Abb. 4.37 Schnittgrößen am Ersatzsystem

Durchbiegung Fq

q

Mb x FA

Das heißt, es gibt drei Unbekannte: F A , C1 , C2 zu bestimmen, und zwar aus den Randbedingungen: w0 D w.x D 0/ D 0 .Rb. 1/ wl D w.x D l/ D 0 wl0

.Rb. 2/

0

D w .x D l/ D 0 .Rb. 3/

Aus Gl. 4.9 und (Rb. 1) ) C2 = 0 Aus Gl. 4.9 und (Rb. 2): l4 l3  q   FA C C1  l 24 6 l2 l3  FA  q C1 D 6 24

0D

Aus Gl. 4.8 und (Rb. 3): l3 l2  q   FA C C1 6 2 l3 l2 l3 l2 0D  q   FA C  FA  q 6 2 6 24 l2 l3 0 D   FA C  q 3 8 3 FA D q  l 8 0D

l2 3 l3 32  ql  q D  q  l3 6 8 24 48 1 C1 D q  l3 48 C1 D

Aus Symmetriegründen: FC D FA D

3 ql 8

4.3 Anwendung der Biegetheorie auf statisch unbestimmte Systeme

227

Vertikales Kräftegleichgewicht: X

Fiz D 0 D FA C FB C FC  2  q  l

FB D 2 .q  l  FA / 5 FB D q  l 4 Daraus folgt die Gleichung der Biegelinie (aus Gl. 4.9): x3 3 q  l3 x4 q  ql C x 24 6 8 48   x 3  x   x 4 q  l4 w .x/ D 3 C 2 48E  I l l l E I w D

und für die Neigung: q  l4 w .x/ D 48E  I 0

 3  x2 1 x 8 4 9 3 C l l l

Proben nach Rb. (1), (2), (3): w.x D 0/ D 0 ) i. O. w.x D l/ D 0 ) i. O. w 0 .x D l/ D 0 ) i. O. Biegemomentenverlauf: x2 3 qC ql x 2 8  x   2  ql x 2 Mb .x/ D C3 4 8 l l

Mb .x/ D 

x D 0 ) MbA D 0 ) i. O: x D l ) MbB D 

q  l2 8

Um den Verlauf von M b grafisch darzustellen, können die Nulldurchgänge mit Mb .x/ D 0 bestimmt werden:  x 2 x  D0 ) 4 C3 l l x  3 4 C3D0)x D l l 4

228

4

Mb max = –

Durchbiegung

1 2 ql 8

A

C B

Mb 3 l 8

M =

9 ql 2 128

3 l 4 l

Abb. 4.38 Biegemomentenverlauf zu Beispiel 4.12

Die waagerechte Tangente für M b kann wie folgt bestimmt werden:   q  l2 1 x D0D 8 2 C 3 8 l l 3  8x C 3l D 0 ) x D l 8    2  ql 9 3 3 Mb x D l D 4 C 3 8 8 64 8  2  2 36 C 72 ql q  l 36 D D  8 64 8 64   9 3 Mb x D l D q  l2 8 128 Mb0

Der resultierende Biegemomentenverlauf ist in Abb. 4.38 dargestellt. b) Überlagerungs- bzw. Superpositionsprinzip Das grundlegende Prinzip besteht darin, statisch unbestimmte Systeme in statisch bestimmte (Teil-)Systeme zu zerlegen:  in ein statisch bestimmt gelagertes Hauptsystem (wird auch Grund- oder Nullsystem genannt) mit allen gegebenen äußeren Belastungen und  so viele Zusatzsysteme, wie überzählige Lagereaktionen vorhanden sind. Die Reaktionskräfte oder -momente der überzähligen Auflager werden im jeweiligen Zusatzsystem als äußere Belastungen berücksichtigt.

4.3 Anwendung der Biegetheorie auf statisch unbestimmte Systeme

229 q

q MA l

E·I

Freigemachtes System B

A

FB

FA

Hauptsystem I q

Hauptsystem II

wBq

w′Aq

Zusatzsystem I

Zusatzsystem II MA

wBFB FB

w′MA

Abb. 4.39 Statisch überbestimmt gelagerter Träger, zu zerlegen in Haupt- und Zusatzsystem

Dann erfolgt die Bestimmung der Verformungen (Durchbiegungen und/oder Tangentenneigungen) für das Hauptsystem und die Zusatzsysteme. Anschließend werden die einzelnen Verformungswerte so überlagert, dass die Gesamtverschiebungen und/oder Tangentenneigungen dem Ausgangsystem entsprechen (z. B. an den betreffenden Lagerstellen gleich null sind). In Abb. 4.39 ist dargestellt, dass es verschiedene Möglichkeiten gibt, um das Ursprungssystem zu zerlegen. Zweckmäßig ist es, das Hauptsystem so zu wählen, dass die zu verwendenden Grundlösungen möglichst einfach sind. Dieses Beispiel soll im folgenden Teil nach beiden Zerlegungsvarianten gelöst werden. Beispiel 4.13 Der eingespannte Träger nach Abb. 4.40 hat ein überzähliges Lager. Er ist damit einfach statisch unbestimmt. Zur Lösung werden ein statisch bestimmtes Hauptsystem und ein Zusatzsystem gesucht. Lösung nach Hauptsystem I: Entfernen von Lager A Als Hauptsystem wird ein eingespannter Träger betrachtet (Abb. 4.41). Die maximale Durchbiegung, die durch die Streckenlast q verursacht wird, wird mit w Bq bezeichnet.

Abb. 4.40 Statisch überbestimmt gelagerter Träger, zu zerlegen in Haupt- und Zusatzsystem

q

l

E·I

230

4

Abb. 4.41 Hauptsystem

Durchbiegung

q wBq

Abb. 4.42 Zusatzsystem wBFB FB

Zur besseren Übersichtlichkeit werden im Index der Durchbiegungen (und auch der Neigungen) immer der Ort (in diesem Fall B) und die verursachende Kraft (hier q) angegeben. Im Zusatzsystem (Abb. 4.42) wird die überzählige Auflagerkraft (F B ) als äußere Belastung angenommen. Der Ansatz zur Lösung der Aufgabe ist die Überlagerung der Durchbiegungen am Lager B: wB D wBq C wBFB D 0 Nach Tab. 4.1, Ziffer 3 und Ziffer 1: q  l4 8E  I FB  l 3 wBFB D  3E  I q  l4 FB  l 3 wB D  D0 8E  I 3E  I FB  l 3 q  l4 D 3E  I 8E  I 3 FB D q  l 8 wBq D

Damit ist die Auflagerreaktion des überzähligen Lagers bestimmt. Alle weiteren Größen könnten jetzt berechnet werden. Lösung nach Hauptsystem II: Die feste Einspannung in Punkt A wird zu einem Festlager Das Hauptsystem mit dem Neigungswinkel w 0 Aq am Lager A zeigt Abb. 4.43.

Abb. 4.43 Hauptsystem

q w′Aq

4.3 Anwendung der Biegetheorie auf statisch unbestimmte Systeme Abb. 4.44 Zusatzsystem

231

MA w‘MA

Abb. 4.45 Zweifach statisch unbestimmtes System

F

a

A

b

B c

C d

Im Zusatzsystem wird die überzählige Auflagerreaktion (das Moment M A , welches im Hauptsystem weggelassen wurde) als äußere Kraft angenommen (Abb. 4.44). Der Ansatz zur Lösung liegt hier in der Überlagerung der Neigungswinkel am Lager A: 0 D O 'A D 'Aq C 'AMA D 0 wA0 D w 0Aq C wAM A

Nach Tab. 4.1, Ziffer 12 und Ziffer 10: q  l3 24E  I M l 'AMA D 3E  I q  l2 ) MA D 8

'Aq D 

Aus †M A = 0 lässt sich F B bestimmen und über †F iz = 0 dann auch F A . Bei einem zweifach statisch unbestimmten System (s. Abb. 4.45) müssen neben dem statisch bestimmten Hauptsystem zwei Zusatzsysteme aufgestellt werden. In jedem Zusatzsystem wird eine der überzähligen Auflagerreaktionen als äußere Kraft angenommen. Die möglichen Varianten zur Aufstellung der Hauptsysteme und die Ansätze zur Lösung werden in Abb. 4.46 dargestellt. Beispiel 4.14 Für den Träger (Abb. 4.45 und 4.46) sind die Lagerkräfte F A , F B , F C und das Moment M A zu berechnen, wenn a = d = l und b = c = 0,5 l ist. Für die Berechnung soll nach Abb. 4.46b vorgegangen und mit Hilfe der Tab. 4.1, Ziffer 1, die Durchbiegung für die Kräfte F, F B , F C und das Moment M A ermittelt werden.

232

4 a

A

C

B

b A

C

B

F

F wBF

wCF

wAF

φAF

Durchbiegung

wBFC

wAFA

wCFC

φAFA

FA

FC

wCFB

MA wAMo

FB

wA = wAF + wAFA + wAMA = 0 tanφA = tan φAF + tan φAFA + tan φAMA = 0

wB = wBF + wBFC + wBFB = 0 wC = wCF + wCFC + wCFB = 0

d wCF

F

φAF

φAMA

φAFB

wC = wCF + wCFC + wCMA = 0 tan φA = tan φAF + tan φAFC + tan φAMA = 0

FB

MA

φAMA

wBMA

MA

FC

wCMA

φAFC

wBFB

wCFC

φAF

F

wBF

c

wBFB

φAMA

wB = wBF + wBFB + wBMA = 0 tan φA = tan φAF + tan φAFB + tan φAMA = 0

Abb. 4.46 Zerlegung in Haupt- und Zusatzsysteme (a–d) bei einem zweifach statisch unbestimmten System

Die Durchbiegung an der Stelle C (Abb. 4.47b) infolge von F, F B und F C :   l F  l3 F  l2 l 7 F  l3 3 C  D wCF x D l D wF C 'F  b D wF C 'F  D 2 2 3E  I 2E  I 2 12 E  I  3 3   FC  2 l 9 FC  l 3 3 wCFC x D l D D 2 3E  I 8 E I  3  2   FB  2l FB  2l FB  l 3 3 wCFB x D l D wBFB C 'FB  l D C l D 2 3E  I 2E  I 6E  I

4.3 Anwendung der Biegetheorie auf statisch unbestimmte Systeme

l

b

½l

A

C

B

F

MA

FA

FC

wBFC

wFFC

wCFC

FB

φF

wF

l

wBF

½l

F

wCF

a

233

FC

wFFB

FB

wBFB

wCFB

φFB

Abb. 4.47 a freigemachter Träger, b Durchbiegungen infolge F, F B und F C

Durchbiegung an der Stelle B:  wBF

l xD 2



F  l3 D 3E  I

"

3 1 2



l 2l



  #  1 l 3 3 1 F  l3 C 1 C D 2 2l 3E  I 4 16

5 F  l3 48 E  I  3  FB  2l FB  l 3 l D D D 2 3E  I 24E  I  3 3 "      #  FC  2 l 3 l 1 l 3 3 1 9 FC  l 3 l D 1 C 1 C D  D 2 3E  I 2 2l 2 2l 8 E I 4 16 D

 wBFB x  wBFC x

D

45 FC  l 3 128 E  I

Es gilt die Bedingung w B = w C = 0 wB D 0W wC D 0W

5 45 1 F  FB  FC D 0 48 24 128 7 9 1 F  FB  FC D 0 12 6 8

234

4

Durchbiegung

Man erhält also zwei Gleichungen mit zwei Unbekannten, mit dem Ergebnis: FB D

15 F 2

FA kann aus MA kann aus ) MA D 

und FC D  X

16 F 27

Fiz D 0 bestimmt werden: FA C FB C FC F D 0 ) FA D 

X F l 12

319 F 54

3 l MiA D 0 bestimmt werden: FC  lF  l C FB  MA D 0 2 2

Aus dem Ergebnis ist ersichtlich, dass F A , F C und M A (Abb. 4.47a) entgegengesetzt wie angenommen gerichtet sind. Beispiel 4.15 Die Auflagerreaktionen des Balkens aus Beispiel 4.12 (Abb. 4.48) sollen mit Hilfe des Überlagerungsprinzips bestimmt werden. Ansatz zur Lösung: Das Hauptsystem bleibt erhalten, indem das mittlere Auflager (Lager B) entfernt wird, so dass ein statisch bestimmt gestützter Balken vorhanden ist. Im Zusatzsystem wird die Kraft F B als äußere Belastung angenommen. Da am realen System im Lager B die Durchbiegung null ist, gilt: wB D wBq C wBF D 0 Tab. 4.1, Ziffer 12 und Ziffer 6: 5 q.2  l/4 5 q  l4 D O 384 E  I 24 E  I l3 FB .2  l/3 wBF D  D FB 48E  I 6E  I l3 5 q  l4 5  FB D 0 ) FB D q  l 24 E  I 6E  I 4

wBq D

Aus Symmetriegründen mit vertikalem Kräftegleichgewicht: FA D FC D

Abb. 4.48 Balken aus Beispiel 4.12

3 ql 8

q

A

l

B

l

C

4.4 Verständnisfragen zu Kapitel 4

235

Fazit Wenn man den Lösungsweg mit dem in Beispiel 4.12 (Lösung mit Integrationsmethode) vergleicht, ist der Ansatz mit dem Überlagerungsprinzip viel schneller. Er lässt sich immer dann sehr gut einsetzen, wenn sich ein statisch unbestimmtes System in einfache Teilsysteme zerlegen lässt, deren Durchbiegungen und Neigungen bekannt sind.

4.4 Verständnisfragen zu Kapitel 4 1. 2. 3.

Wie wird die Krümmung eines Balkens berechnet? Wie lautet die lineare Differenzialgleichung für die elastische Linie? Wie lautet der differenzielle Zusammenhang zwischen der Krümmung, dem Neigungswinkel und der Durchbiegung eines auf Biegung beanspruchten Balkens? 4. Was versteht man unter der Biegesteifigkeit und wie wirkt sie sich auf die Formänderung eines Balkens aus? 5. Warum haben zwei Balken aus S235 und S355 mit dem gleichen Querschnitt die gleiche Biegesteifigkeit? 6. Warum führt die Anwendung der Biegegleichung für Werkstoffe mit hohen Verformungen zu Fehlern? 7. Was versteht man unter dem Superpositionsprinzip zur Ermittlung von Durchbiegungen? 8. Welches ist das grundlegende Prinzip zur Lösung statisch unbestimmter Systeme nach der Überlagerungsmethode? 9. Wann ist eine Überlagerung von Biegefällen möglich? 10. Wie (unter welchen Randbedingungen) werden Haupt- und Zusatzsysteme überlagert?

4.5

Aufgaben zu Kapitel 4

Aufgabe 4.1 In den Außenfasern eines Balkens herrscht der von Null mit der Trägerlänge linear ansteigende Spannungsverlauf.

σmax I

l

II

Gegeben: ESt = 2,1  105 N/mm2 ;  max = 120 N/mm2 ; l = 2 m; h = 300 mm (Balkenhöhe; konstant). a) Welchen Wert hat die größte Krümmung im Balken und wie ist der Krümmungsverlauf entlang des Trägers?

236

4

Durchbiegung

b) Welchen Winkel bilden die Tangente an der Biegelinie in den Endpunkten I und II? c) Durch welchen Belastungsfall kann der obige Spannungsverlauf erzeugt werden? d) Wie groß ist die maximale Durchbiegung des Balkens? Aufgabe 4.2 Dargestellt sind zwei horizontal eingespannte Blattfedern gleicher Biegesteifigkeit.

F d

B d

A l

l

Gegeben: Länge l; Kontaktabstand d mit d  l; Biegesteifigkeit E  I. Zu bestimmen sind: a) die Grenzkraft F, so dass gerade eine Berührung bei A eintritt. b) die Grenzkraft F, so dass gerade eine Berührung bei B eintritt. Aufgabe 4.3 Ein wie im Bild skizziert gelagerter Träger wird durch die Kraft F belastet.

F

E·I

l A

l B

Gegeben: F, l, E  I = konst. Zu bestimmen ist die Verschiebung des Kraftangriffspunktes bei konstanter Biegesteifigkeit.

4.5 Aufgaben zu Kapitel 4

237

Aufgabe 4.4 Ein einseitig eingespannter Träger wird an seinem freien Ende durch einen Gelenkstab abgestützt. Gegeben: I, E, l, q, A, a. a) Wie groß ist die Verschiebung des Punktes C? b) Wie groß ist die Kraft F im Gelenkstab?

a

E,A

q

x

c

E·I

l

w=z Aufgabe 4.5 Ein horizontal in der Wand eingespannter Träger mit der Biegesteifigkeit E1  I 1 wird durch eine Kraft F beansprucht. In der Mitte des Trägers (B) wird dieser zusätzlich durch ein Stahlseil gehalten.

l

E2, A2 F

E1· I1 A

B l

C l

Gegeben: F = 1 kN, l = 1 m, E1 = 0,72  105 N/mm2 , I 1 = 1008 cm4 , E2 = 2,10  105 N/mm2 , A2 = 113,10 mm2. a) Um welchen Betrag dehnt sich das Stahlseil? b) Wie groß ist der Winkel von Träger am Punkt B? c) Um wie viel verschiebt sich der Punkt C?

238

4

Durchbiegung

Aufgabe 4.6 Der beidseitig einbetonierte Träger wird durch die Kraft F belastet. Wie groß ist die Durchbiegung an der Krafteinleitungsstelle?

⅔l

F

⅓l

5

Stabilitätsfall Knickung

Bei schlanken Druckstäben gibt es eine Versagensart bei Druckbelastung, die Knicken genannt wird. Knicken ist kein Festigkeits-, sondern ein Stabilitätsproblem. Damit wollen wir uns in diesem Kapitel beschäftigen. In den Abschn. 2.1–2.4 sind wir bisher von folgenden Voraussetzungen ausgegangen:  die Systeme befinden sich im stabilen Gleichgewicht  die Verformung wurde bei der Ermittlung der Schnittgrößen und Spannungen nicht berücksichtigt  das Versagen des Systems tritt bei einer kritischen Grenzspannung auf. Abb. 5.1 enthält die drei Gleichgewichtsarten, die bei Stabilitätsfällen zu betrachten sind. Wir wenden uns jetzt Stabilitätsproblemen zu (Abb. 5.2), d. h.  für die Gleichgewichtslage ist die Verformung entscheidend  die Verformung ist stets senkrecht zur Belastung gerichtet und  die Verformung ist nicht proportional zur Last.

Abb. 5.1 Gleichgewichtsarten

F

F

stabiles indifferentes Gleichgewicht Gleichgewicht Zur Bewegung ist Energie notwendig

© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2019 K.-D. Arndt et al., Festigkeitslehre für Wirtschaftsingenieure, https://doi.org/10.1007/978-3-658-26141-2_5

F

labiles Gleichgewicht Bei Bewegung wird Energie frei

239

240

5

Stabilitätsfall Knickung

Stabilitätsprobleme treten auf, wenn ein Bauteil oder ein Bauelement auf Druck oder Schub beansprucht wird. Beispiele (siehe Abb. 5.2): a Knicken, lange schlanke auf Druck beanspruchte Stäbe/Träger können ausknicken b Beulen, ein durch hohen Druck belastetes Blech beult aus. c Drill- oder Biegedrillknicken, unsymmetrische oder dünnwandige, offene Profile verdrehen sich und knicken unter Druckbelastung aus. d Kippen, der Biegeträger knickt senkrecht zur Kraftrichtung aus

Abb. 5.2 Arten des Knickens

a

F

F

F

w

F

b qd

qd

c F

F

F

F

d

F

F

5.1 Knickspannung und Schlankheitsgrad

5.1

241

Knickspannung und Schlankheitsgrad

Zugkräfte haben auf verformte Bauteile eine stabilisierende Wirkung. So wird z. B. der Durchhang eines Seils oder einer Kette durch eine Erhöhung der Zugkraft reduziert. Ein schlanker Stab, der etwas durchgebogen oder gekrümmt ist, wird durch eine Zugkraft gestreckt, durch eine Druckkraft aber stärker gekrümmt. Ein schlanker Stab unter einer Druckkraft neigt zum Knicken oder Ausknicken (Abb. 5.2a). Hierbei handelt es sich um eine eindimensionale Instabilität. Dünnwandige Platten oder Schalen neigen unter Druckkräften zum Beulen oder Ausbeulen (Abb. 5.2b). Dies nennt man zweidimensionale Instabilität. Es gibt noch weitere Versagensformen von Bauteilen: Bei dünnwandigen, offenen Profilen können unter Druckkraft Drillknicken oder Biegedrillknicken auftreten (Abb. 5.2c). Biegebeanspruchte Träger mit schmaler Querschnittsfläche (z. B. ein aufrecht gestelltes Rechteckprofil) können durch Kippen versagen (Abb. 5.2d). Wir werden uns hier nur mit dem Knicken als einzige Instabilität beschäftigen. Knicken ist eine mögliche Versagensform druckbelasteter Bauteile. Dazu gehören im Bauwesen z. B. Säulen, Pfeiler und Stützen ebenso wie Masten. Im Maschinenbau sind z. B. Druckstangen, Kolbenstangen von Hydraulik- oder Pneumatikzylindern, Schraubenspindeln von Pressen sowie Pleuel von Verbrennungsmotoren auf Knicken zu prüfen. Der in Abb. 5.3 gezeigte Strommast hat versagt, weil innerhalb des (räumlichen) Fachwerks ein auf Druck belasteter Stab (Abb. 5.4) aufgrund extremer Eis- und Schneelast geknickt ist und damit weitere Stäbe überlastet wurden. Ebenso können Bauteile durch thermische Beanspruchung ausknicken (Abb. 5.5). Bei einem auf Druck belasteten schlanken Stab ist es von Interesse, ob eine von außen einwirkende Störung, eine kleine Querauslenkung, zurückgebildet oder verstärkt wird. Letzteres könnte bei einem labilen Gleichgewicht der Fall sein. Für einen idealen Stab mit idealer Belastung wurden die entsprechenden Beziehungen schon vor über 250 Jahren mathematisch hergeleitet. Ideal bedeutet in diesem Zusammenhang, dass die Stabachse exakt gerade ist, also keine Vorverformung besteht, und dass die Druckkraft genau im Profilschwerpunkt und in Richtung der Stabachse angreift. Zunächst machen wir einen Gedankenversuch mit einem zwischen zwei Gelenken gelagerten Stab, der durch aufgesetzte Massen belastet wird, Abb. 5.6. Untersucht werden soll der Einfluss einer kleinen Außermittigkeit der Belastung durch Vorgabe einer Exzentrizität e0 . In Stabmitte bildet sich jeweils eine Auslenkung e aus. Für eine Belastung mit der Masse m beträgt diese e D e0 + e1 . Daraus ergibt sich für den Stab ein Biegemoment M b = F G  (e0 + e1 ) mit F G D m  g. Für die Masse 2 m stellt sich eine neue Gleichgewichtslage ein bei e D e0 + e2 mit e2 > e1 . Bei der Masse 3 m erhalten wir eine überproportionale Auslenkung e3 des Stabes aufgrund des Biegemomentes M b D 3  F G  (e0 + e3 ). Der Stab kehrt allerdings nach Entlastung (Wegnahme der Masse 3 m) in seine Ursprungslage zurück. Oberhalb der Druckkraft 3F G führt eine kleine Zusatzbelastung zu großer Deformation des Stabes und schließlich zu seiner Zerstörung.

242

5

Stabilitätsfall Knickung

Abb. 5.3 Durch Schnee- und Eislast geknickter Strommast [11]

Abb. 5.4 Versagen (knicken) eines Druckstabes innerhalb des Fachwerkes F

F

F

Versagen durch Knicken innerhalb des Fachwerkverbandes

Abb. 5.5 Durch thermische Ausdehnung ausgeknickter Schienenstrang [11]

Die Belastung, die diese Zerstörung – das Knicken des Stabes – auslöst, nennt man Knicklast oder Knickkraft F K . Auch bei verringerter Anfangsexzentrizität e0 (e0 ! 0) führt dieselbe Knickkraft F K zur Zerstörung des Stabes, Abb. 5.7. Wenn wir systematisch die Einflussgrößen unseres Experimentes aus Abb. 5.6 untersuchen, erhalten wir folgende Zusammenhänge: Offenbar wird die Knickung eines schlanken Stabes durch das Biegemoment verursacht. Daher ist die Biegesteifigkeit E  I des Stabes für sein Knickverhalten wichtig. Je größer die Biegesteifigkeit E  I ist, umso größer ist die Knicklast: F K EI min . Die Knicklast F K wird umso kleiner, je länger der

5.1 Knickspannung und Schlankheitsgrad

243

Abb. 5.6 Entstehung des Knickvorgangs

m

3m

2m

3m +?m

e0

e0 +e1

e0 +e2

e0 +e3

Stab ist: FK 1= lK2 mit der Stablänge lK . Zusammengefasst lässt sich schreiben: FK

E  Imin

(5.1)

lK 2

Bezieht man diese Knickkraft F K auf die Querschnittsfläche A des Stabes, so erhält man die Knickspannung  K : K D

FK E  Imin

A A  lK 2

(5.2)

Die Knickspannung ist offenbar abhängig von: dem Elastizitätsmodul E, dem minimalen Flächenmoment I min des Stabes, der Querschnittsfläche A und dem Quadrat der Stablänge lK2 .

Abb. 5.7 Knickkraft in Abhängigkeit von der Auslenkung

Kraft F 4FG

für e0 = 0

3FG

Knicklast FK

ΔFG

   

2FG 1FG

e1

e2

e3

Auslenkung e

244

5

Stabilitätsfall Knickung

Mit der Definition des Trägheitsradius i (imin bezeichnet den Trägheitsradius für die Stabachse mit dem minimalen Flächenmoment 2. Grades) r imin D

Imin A

aus

2 D imin

Imin A

(5.3)

können wir den Schlankheitsgrad eines Knickstabes berechnen:

D

lK lK D O q imin Imin

(5.4)

A

Im Schlankheitsgrad sind alle geometrischen Eigenschaften eines Knickstabes enthalten, die sein Knickverhalten bestimmen. Wir erhalten schließlich die Knickspannung  K als Funktion des Schlankheitsgrades : K

E  Imin E 2 E D 2  imin D 2

A  lK2 lK

(5.5)

Die Knickspannung, also die Spannung im Stab, bei der dieser durch Knicken versagen wird, hängt damit offenbar vom Elastizitätsmodul E als Materialkonstante und vom Schlankheitsgrad als Beschreibung der geometrischen Eigenschaften ab. In Abb. 5.8 sind in Versuchen ermittelte Knickspannungen für Stäbe aus Stahl E335 über dem Schlankheitsgrad aufgetragen. Wenn die Knickspannung  K unterhalb der Proportionalitätsgrenze  P des Werkstoffs liegt, spricht man von elastischer Knickung. Ist die Knickspannung größer als die Proportionalitätsgrenze, liegt elastisch-plastische Knickung vor. Für Schlankheitsgrade < 20, also sehr kurze Stäbe, ist ein Knicknachweis nicht erforderlich. Solche Stäbe müssen nur auf Festigkeit überprüft werden.

5.2 Elastische Knickung nach Euler Überlegungen zum Knicken von Druckstäben stellte Euler1 bereits im Jahre 1744 an. Er betrachtete einen ideal elastischen und zentrisch belasteten Stab (e0 D 0), dessen beide Enden in reibungsfreien Gelenken gelagert sind. Der Lastangriffspunkt (in Abb. 5.9 oben) ist längs in x-Richtung verschieblich. Die Ausgangsdeformation w wird durch eine von außen einwirkende Störung hervorgerufen, z. B. durch eine in Abb. 5.9 nicht eingezeichnete Querkraft. Solange die Axialkraft F kleiner ist als die Knickkraft F K , geht der Stab in seine gestreckte Ausgangslage zurück, wenn die seitliche Störung wegfällt. Das durch die elastische Verformung entstehende Rückstellmoment im Stab ist also größer als das von außen aufgebrachte Moment 1

Leonhard Euler (1707–1783), Schweizer Mathematiker.

5.2 Elastische Knickung nach Euler

245

Elastisch-plastische Knickung

Elastische Knickung

400 N/mm2

Quetschgrenze σdF

Knickspannung σ K

300 Proportionalitätsgrenze σ P 200 Kein Knicknachweis

100

0

0

E335

20

40

60 80 Schlankheitsgrad λ

100

120

140

Abb. 5.8 Knickspannungen in Abhängigkeit vom Schlankheitsgrad. (Versuchsergebnisse; nach [2])

F  w. Die Knickkraft F K ist die kleinste Axiallast, bei der sich der aufgebogene Stab im Gleichgewicht befindet. Diese Kraft kann man bestimmen über die Biegelinie. In Kap. 4 wurde dafür die linearisierte Differenzialgleichung w00 D M b / E  I hergeleitet. w(x) ist die Durchbiegung des Stabes in Abhängigkeit von der Koordinate x; w0 ist die Tangente an die Biegelinie und w00 ist die Krümmung der Biegelinie. Die Krümmung ist proportional zum Biegemoment (w00 D M b / E  I). Diese Beziehung verwenden wir hier zur Berechnung des Rückstellmomentes: (5.6) Mb D w 00  E  I Im Grenzfall liegt ein Gleichgewicht von Rückstellmoment und äußerem Moment vor: Mb D FK  w D w 00  E  I w 00  E  I C FK  w D 0 bzw. w 00 C Mit der Abkürzung k 2 D

FK EI

FK w D0 E I

erhalten wir: w 00 C k 2  w D 0

(5.7)

246

5

Stabilitätsfall Knickung

Abb. 5.9 Knickstab nach Euler

F

w Gelenk (0)

x

lK

w

Gelenk (1)

Imax

Imin Ausweichrichtung

Damit haben wir eine lineare homogene Differenzialgleichung 2. Ordnung gefunden. Als Lösungsansatz eignen sich bei Betrachtung von Gl. 5.7 Funktionen, deren zweite Ableitung gleich der negativen Ursprungsfunktion ist, also Sinus- und Cosinus-Funktionen. Als allgemeiner Lösungsansatz kann folgende Funktion verwendet werden: w D A  sin .k  x/ C B  cos .k  x/ Erste Ableitung nach x: w 0 D A  k  cos.k  x/  B  k  sin.k  x/ Zweite Ableitung nach x: w 00 D A  k 2  sin.k  x/  B  k 2  cos.k  x/ w 00 D k 2  w

bzw. w 00 C k 2  w D 0

Damit haben wir unter Beachtung von k D r w D A  sin

q

FK EI

die allgemeine Lösung:

! ! r FK FK  x C B  cos x E I E I

Die Konstanten A und B ermitteln wir aus den Randbedingungen, den Lagerungsbedingungen nach Abb. 5.9: Der Stab kann sich im oberen und unteren Lager nicht seitlich verschieben. Demnach gilt: Randbedingung 1 (oberes Lager): w0 D w .x D 0/ D 0 Randbedingung 2 (unteres Lager): wl D w .x D lK / D 0 Die Randbedingungen werden nun in die allgemeine Lösung eingesetzt: Randbedingung 1: 0 D A  0 C B  1 ) B D 0

5.2 Elastische Knickung nach Euler

247

r Randbedingung 2: 0 D A  sin

FK  lK E I

!

r )

FK  lK D 0I I 2I : : : E I

Um keine triviale Lösung zu erhalten, muss A ¤ 0 sein. Der erste nicht triviale Eigenwert ist daher r FK  lK D : EI Aus dieser Gleichung kann jetzt die Knicklast FK , auch Euler-Last genannt, durch Umstellen berechnet werden: E  Imin FK D  2  (5.8) lK2 Aus der Knicklast F K kann man mit der Querschnittsfläche A und dem Schlankheitsgrad die Euler’sche Knickspannung  K ermitteln: K D

FK  2  E  Imin 2  E D D A

2 lK2  A

(5.9)

Wenn diese Spannung im Stab vorliegt, knickt der Stab. Man erkennt, dass die Knickspannung nach Gl. 5.9 von der Festigkeit des Werkstoffs unabhängig ist. Als einziger Werkstoffkennwert taucht in Gl. 5.9 der Elastizitätsmodul E auf. Knicken ist daher kein Festigkeitsproblem, sondern ein Stabilitätsproblem. Ein Stab aus hochfestem Stahl knickt bei der gleichen Last wie ein Stab aus Baustahl, da beide in etwa denselben Elastizitätsmodul besitzen. Wichtig für diese Überlegungen ist, dass das Hooke’sche Gesetz gilt, d. h. die Knickspannung  K muss unterhalb der Proportionalitätsgrenze  P liegen. Aus  K   P kann man den minimalen Schlankheitsgrad für die Gültigkeit der elastischen Knickung bestimmen: s E (5.10)

min D   P Die Proportionalitätsgrenze liegt bei Stählen ungefähr bei 80 % der Streckgrenze, für Baustahl S235 also bei  P  190 N/mm2 . Mit E D 2,1  105 N/mm2 erhält man s

min   

2;1  105  104 .gültig für S235/: 190

Für E335 mit  P  270 N/mm2 und demselben Elastizitätsmodul ergibt sich: s

min   

2;1  105  88 .gültig für E335/: 270

In Abb. 5.10 ist die Knickspannung  K D f ( 2 ) über dem Schlankheitsgrad aufgetragen. Man erhält rechts von den eben berechneten min ( min  104 für S335 bzw.

5

Stabilitätsfall Knickung

800 N/mm2 700 600

L2 GJ

500

λ min = 80

00

λ min = 88

400 E335 Tetm ajer

300

λ min = 65

r aje tm Te

Knickspannung σK bzw. zul. Druckspannung σdzul

248

Quetschgrenze S235

200 100

σdzul S235 für SK = 4

0

20

40

λ min = 104

S235 Tetma jer

Stah l Eu ler GJL 200 Eule r

60 80 100 120 Schlankheitsgrad λ

140

160

Abb. 5.10 Knickspannungen für Gusseisen und Stahl in Abhängigkeit vom Schlankheitsgrad . (Nach [2])

min  88 für E335) eine hyperbelförmigen Verlauf, die so genannte Euler-Hyperbel. Der Verlauf links davon wird im nächsten Abschnitt behandelt. Wir sind bisher von einem beidseitig gelenkig gelagerten Knickstab ausgegangen. Für Druckstäbe mit anderen Randbedingungen der Lagerung erhält man entsprechende Differenzialgleichungen mit anderen Knickkräften. In Abb. 5.9 beim beidseitig gelenkig gelagerten Stab entspricht die Länge lK einer Sinus-Halbwelle. Tab. 5.1 enthält die vier Grundfälle der Lagerung von Knickstäben, wobei der bisher behandelte Fall 2 der „Normalfall“ ist, mit der Knicklänge gleich der tatsächlichen Stablänge (lK D l). In Abhängigkeit von den Lagerungsbedingungen ergeben sich folgende Knicklängen und Schlankheitsgrade (Tab. 5.1):  Fall 1 – der Stab ist an einem Ende fest eingespannt, das andere Ende ist frei: lK D 2  l und D 2  l/imin  Fall 2 – der Stab ist beidseitig gelenkig gelagert: lK D l und D l/imin (Normalfall)  Fall 3 – der Stab ist einseitig fest eingespannt, die andere Seite ist gelenkig gelagert: lK  0,7  l und D (0,7  l) / imin  Fall 4 – der Stab ist einseitig fest eingespannt, am anderen Ende in einer Schiebehülse geführt: lK D 0,5  l und D (0,5  l) / imin

5.2 Elastische Knickung nach Euler

249

Tab. 5.1 Euler’sche Knickfälle mit Lagerungsbedingungen, Knicklänge, Schlankheitsgrad, Knicklast, Knickspannung, Anwendung F

F

F

F

lK = 0,5·l

l

lK = 0,7·l

Gelenk

lK = l

Gelenk

lK = 2·l

l

fest

fest fest

fest

Fall 1 Freie Knicklän2l ge lK Schlankheitsgrad i2l min Knicklast F K Knickspannung  K Anwendung a

2

 EIl 2min min  EI l 2 A Masten und Stützen 4 2 4

2 l

3  0,7 l

4 0,5 l

l imin 2

0;7l imin 2

0;5l imin 2

  EIl 2min min  2  EI l 2 A Säulen, Fachwerkstäbea

2  EIl 2min 4  EIl 2min 2 EImin min 2  l 2 A 4 2  EI l 2 A Säulen und Stützen, die fest eingespannt sind

Deren Einspannungen nicht starr genug sind, um eine Verdrehung der Stabenden zu verhindern

Mit Einführung der Knicklänge lK gelten die Knickkraft F K und die Knickspannung  K für alle vier Lagerungsfälle gleichermaßen (Tab. 5.1): FK D

 2  E  Imin lK2

und K D

2  E

2

(5.11)

Beispiel 5.1 Eine Stütze der Länge L0 mit dem Durchmesser d wird wie in Abb. 5.11 skizziert aus der spannungsfreien Stellung (Winkel ˛ ¤ 0) durch Verschieben des unteren Lagers in eine senkrechte Lage (˛ D 0) gebracht. Wie groß darf die Länge L0 höchstens sein, damit die Stütze in der senkrechten Stellung nicht ausknickt?

250

5

Stabilitätsfall Knickung

L

Abb. 5.11 Knickstab zu Beispiel 5.1

α

Gegeben: d; L D 30 d; E Lösung Die Knickspannung errechnet sich nach Gl. 5.11: K D

2  E

2

mit dem Schlankheitsgrad

D

lK : i

Das axiale Flächenmoment 2. Grades I und die Querschnittsfläche A ergeben sich für einen Kreisquerschnitt mit dem Durchmesser d zu: I D

 4 d 64

und A D

 2 d 4

Für den Trägheitsradius i erhält man: I d2  4 4 D D d ; i D 2 A 64   d 16 2

r also

iD

I d D A 4

Die Knicklänge ist hier lK D L D 30  d (Fall 2 nach Tab. 5.1). Damit errechnet sich zu:

D4

30  d L D4 D 120; d d

also Euler-Knickung.

Die Druckspannung durch die elastische Verkürzung des Stabes von L0 auf L bei der Verschiebung aus der schrägen in die senkrechte Lage kann man nach dem Hooke’schen Gesetz ermitteln: L0  L E d D "  E D L0

5.2 Elastische Knickung nach Euler

251

Diese Druckspannung muss gleich der Knickspannung (vorstehend) sein: K D

2  E  d 2 L0  L E D 2 L  16 L0

Nach Umstellung dieser Gleichung erhält man: 2  d 2 L D1 L0 16  L2

und schließlich

L0 D

L 1

 2 d 2 16L2

D

30  d 1

 2 d 2 16900d 2

Daraus ergibt sich die gesuchte Ausgangslänge L0 D 30;02  d . Beispiel 5.2 Ein beidseitig gelenkig an die festen Punkte A und B angeschlossener Stab (siehe Abb. 5.12) mit Rechteckquerschnitt (Höhe h, Breite b) soll gleichmäßig erwärmt werden, bis ein Ausknicken des Stabes eintritt. Welche Temperaturerhöhung # ist hierfür erforderlich? Gegeben: lD6m h D 300 mm b D 150 mm E D 2,1  105 N/mm2 ˛ D 1,2  105 K1 Lösung Es liegt Knickfall 2 vor mit lK D l D 6 m. Der Stab knickt um die Achse des kleineren axialen Flächenträgheitsmomentes aus, hier also um die senkrechte Achse; das Ausknicken erfolgt also senkrecht zur Zeichenebene – aus der Zeichenebene heraus. Die Knickspannung erhält man aus Gl. 5.11: K D

2  E

2

D

mit

lK imin

Für den Rechteckquerschnitt gilt für das kleinere axiale Flächenmoment 2. Grades: Imin D

h  b3 12

Abb. 5.12 Erwärmung eines eingespannten Stabes

l

0

A

B

252

5

Stabilitätsfall Knickung

Die Querschnittsfläche ist A D h  b. Für den minimalen Trägheitsradius erhält man daher: r h  b3 b imin D D p 12  h  b 2 3 Damit errechnet sich der Schlankheitsgrad zu: p p l 2 3 6m2 3

D D D 138 b 0;15 m Es liegt also Euler-Knickung vor. Die Knickspannung ist in diesem Fall gleich der Spannung aus der Wärmedehnung, die durch die festen Auflager ja verhindert wird. K D

2  E D # D ˛  #  E

2

Daraus kann man die Temperaturerhöhung durch Umstellen ermitteln: # D

2 2 D 43;18 K D 2 2

˛ 138  1;2  105 K 1

Der Stab muss bis zum Ausknicken also um 43,18 K erwärmt werden.

5.3

Elastisch-plastische Knickung nach Tetmajer

Versagen durch Druckspannungen kann in drei verschiedenen Formen auftreten: Schlanke Stäbe versagen durch Knicken, wobei die Druckspannung kleiner ist als die Proportionalitätsgrenze, also noch im elastischen Bereich. Diesen Fall haben wir im Abschn. 5.2 behandelt und als elastisches Knicken bezeichnet. Mittelschlanke Stäbe versagen durch Knicken bei einer Druckspannung oberhalb der Proportionalitätsgrenze, also im inelastischen Bereich. Kurze druckbelastete Stäbe knicken nicht, sondern versagen bei Spannungen oberhalb der Quetschgrenze (Druckfließgrenze  dF ) durch Fließen oder sie brechen. Im elastisch-plastischen Bereich, bei Spannungen oberhalb der Proportionalitätsgrenze, kann man keine theoretisch herleitbare mathematische Beziehung zwischen Spannung  und Verformung " aufstellen. Daher bleibt nur die Möglichkeit, Versuche zur Ermittlung der Zusammenhänge durchzuführen. Tetmajer2 wählte folgenden Näherungsansatz für die Knickspannung  K im elastisch-plastischen Bereich der Knickung (siehe auch Abb. 5.10): Stäbe aus Stahl:

K D a  b 

.Geradengleichung/

Stäbe aus Grauguss: K D a  b  C c 

2

2

.Parabelgleichung/

Ludwig von Tetmajer (1850–1905), Professor am Polytechnikum Zürich, Gründer der eidgenössischen Materialprüfanstalt.

5.3 Elastisch-plastische Knickung nach Tetmajer

253

Aus Messungen werden dann die konstanten Größen a, b und c für den jeweiligen Werkstoff bestimmt. Da die Stabquerschnittswerte A und I min in diesen Gleichungen nicht enthalten sind, ist die Vordimensionierung eines Knickstabs im elastisch-plastischen Bereich nicht möglich. Es können nur angenommene Querschnitte nachgerechnet werden. Für einige wichtige Werkstoffe des Maschinenbaus gelten für die Knickspannung in Abhängigkeit vom Schlankheitsgrad folgende Formeln: N mm2 N K D .335  0;62  / mm2

K D .310  1;14  /

S235: E335:

EN-GJL200: K D .776  12  C 0;053  2 /

N mm2

Mit Hilfe der Gl. 5.10 hatten wir die Schlankheitsgrade min ermittelt, von denen ab die elastische Knickung nach Euler gilt. Wir können jetzt die Schlankheitsgrade berechnen, für die kein Knicken mehr erfolgt, sondern nur noch ein Versagen durch Fließen oder Bruch auftritt. Dazu verwenden wir die Quetschgrenze, z. B. für S235: dF D 235

N mm2

Mit dF D K erhalten wir

min D

310  235 ) min D 65 D q : 1;14

Für das Versagen von Druckstäben aus S235 mit Schlankheitsgraden < q ist daher die Quetschgrenze  dF maßgebend. Zusammengefasst gelten also folgende Werte für die Bemessung von Druckstäben aus S235:  Quetschgrenze  dF für D 0 : : : q D 65  Knickspannung nach Tetmajer für D q : : : min D 104  Knickspannung nach Euler für  min In Tab. 5.2 sind die jeweils gültigen Formeln der Knickspannung für weitere Werkstoffe zusammengefasst. Für den nichtelastischen Bereich findet man in der Literatur außer den Formeln von Tetmajer auch die Johnson-Parabel (z. B. [10, S. 269]). Für die technische Berechnung können die zulässige Druckspannung und die zulässige Druckkraft folgendermaßen ermittelt werden: dzul D

K Serf

Fdzul D

FK K  A D O Serf Serf

(5.12)

254

5

Stabilitätsfall Knickung

Tab. 5.2 Knickspannungen in Abhängigkeit vom Schlankheitsgrad Werkstoff Plastische Knickung nach Tetmajer Gültigkeitsbereich Gleichung für  K S235 E295 E335 5 % Ni-St ENGJL200 Bauholz

0 < < 65 65 < < 104 0 < < 88

K D dF D 235 K D 310  1;14  K D 335  0;62 

0 < < 86 0 < < 80

K D 470  2;30   K D  776  12  C 0;053  2 K D 29;3  0;194 

0 < < 100

Elastische Knickung nach Euler 2 Gültigkeits- K D  2E bereich 207

> 104 K D . =100/ 2

> 88

> 86

> 80

K D

98;7 . =100/2

> 100

K D

9;9 . =100/2

Als erforderliche Sicherheit setzt man Serf  4 . . . 2 ein mit abnehmendem Schlankheitsgrad. Der Knicknachweis für einen Druckstab wird wie folgt durchgeführt (Abb. 5.13): Beispiel 5.3 Eine auf Druck belastete Stütze mit der Länge l D 6 m ist an beiden Enden fest eingespannt. Sie muss eine Druckkraft von 300 kN aufnehmen. Es stehen folgende Profile aus S235 zur Verfügung: a) IPE-Profil DIN 1025-IPE 300 (Doppel-T-Profil) b) IPB-Profil DIN 1025-IPB 140 (Breitflansch-Doppel-T-Profil) c) Rohr EN 10220-¿ 177,8 × 8 Lösung Die benötigten Profilwerte entnehmen wir Tabellenwerken, z. B. [10, TB 1-11 und TB 1-13]. Sie sind im Folgenden zusammengestellt. Stäbe knicken um die Achse des kleinsten Flächenmomentes 2. Grades aus, was hier für das IPE- und das IPB-Profil eine Rolle spielt. Aufgrund der Lagerungsbedingungen liegt Knickfall 4 vor mit lK D 0,5  l D 300 cm.

Flächenmoment 2. Grades I min Querschnittsfläche A Trägheitsradius imin Spezifische Masse m0 Kosten

cm4 cm2 cm kg/m C/kg

IPE 300 604 53,8 3,35 42,2 1,80

IPB 140 550 43 3,58 33,7 1,80

Rohr ¿ 177,8 × 8 1541 43 6,0 33,5 2,20

Wir berechnen nun nach Gl. 5.4 den jeweiligen Schlankheitsgrad und ermitteln damit nach Tab. 5.2 die gültige Knickspannung. Außerdem bestimmen wir die vorhandene Druckspannung in den Profilen und die Sicherheit gegen Knicken.

5.3 Elastisch-plastische Knickung nach Tetmajer

Abb. 5.13 Knicknachweis nach Euler oder Tetmajer

255

256

5

Schlankheitsgrad Knickspannung  K Vorhandene Spannung  d Sicherheit gegen Knicken SK Kosten

N/mm2 Nach N/mm2 C

IPE 300 90 207 Tetmajer 56 3,7 455,76

IPB 140 84 214 Tetmajer 70 3,1 364,00

Stabilitätsfall Knickung Rohr ¿ 177,8 × 8 50 235 Tetmajer 70 3,4 442,20

Nach den vorhandenen Sicherheiten gegen Knicken könnten alle drei Profile für die gegebene Aufgabenstellung eingesetzt werden. Aufgrund der sehr unterschiedlichen Flächenmomente um die beiden Profilachsen beim IPE-Profil erhält man hierbei sehr große Abmessungen mit entsprechend hohen Gesamtkosten. IPB-Profil und Rohr unterscheiden sich im Gewicht und in der Sicherheit nur geringfügig; aufgrund der höheren spezifischen Kosten des Rohrs ergibt sich mit dem IPB-Profil die kostengünstigste Lösung.

5.4

Verständnisfragen zu Kapitel 5

1. Worauf basieren die Untersuchungen von Euler zum Knicken von Druckstäben? 2. Wie werden die Arten des Knickens unterschieden? 3. Warum werden bei druckbelasteten Stäben mit Knickgefahr hohe Sicherheiten verlangt? 4. Was ist zu verändern, wenn sich bei der Dimensionierung eines schlanken Stabs aus Baustahl eine zu geringe Knicksicherheit ergibt? 5. Was kennzeichnet die Knickung nach Tetmajer?

5.5

Aufgaben zu Kapitel 5

Aufgabe 5.1 Ein Kran ist wie in folgender Abbildung mit F D 24 kN belastet. Wie groß muss der Innendurchmesser d der an beiden Enden (in den Punkten A und B) gelenkig gelagerten Stahlrohrstrebe aus S235 sein, wenn bei D D 100 mm Außendurchmesser die Sicherheit gegen Ausknicken SK D 3,5 sein soll?

5.5 Aufgaben zu Kapitel 5

257

Aufgabe 5.2 In einer Spindelpresse werden Holzplatten furniert. Die Platten werden mittels Spindelkraft gepresst. Dann werden zur Verkürzung der Abbindezeit des Leims die Druckplatten der Presse beheizt. Die Spindel aus E335 erwärmt sich dabei schneller als das Pressengestell aus S235. Die Spindel mit der maximalen freien Länge L ist oben in der Mutter hülsenartig und unten am Pressenteller in einem Kugelgelenk gelagert. Die Verformungen des Pressengestells aufgrund der Spindelkraft können vernachlässigt werden, ebenso der Längenunterschied zwischen Pressengestell und Spindel.

258

5

Stabilitätsfall Knickung

Gegeben: Freie Länge der Spindel: L D 715 mm Kerndurchmesser der Spindel: d D 20 mm Elastizitätsmodul für Stahl: E D 2,1  105 N/mm2 Wärmeausdehnungskoeffizient für Stahl: ˛ D 1,2  105 K1 Spindelkraft (aufgrund Vorspannmoment): F D 15.708 N a) Wie groß ist die Sicherheit gegen Knicken bei unbeheizter Presse? b) Wie hoch darf der Temperaturunterschied zwischen Pressengestell und Spindel maximal sein, damit die Knicksicherheit der Spindel mindestens SK D 2,1 ist? Aufgabe 5.3 Der Ausleger gemäß des Bildes ist für eine Masse m D 3 t mit 3-facher Sicherheit zu berechnen. Zu wählen sind a) für einen Holzbalken mit kreisförmigem Querschnitt der erforderliche Durchmesser, b) das erforderliche U-Profil aus S235JR für zwei parallele nicht verbundene Träger. Die Druckspannung und die tatsächliche Sicherheit.

P

m

2600

2300

5000

Aufgabe 5.4 Ein voller Wasserbehälter mit den Abmessungen 5 m × 2 m × 1,5 m wird gemäß folgender Abbildung durch 4 I-Säulen von 4 m getragen. Die Gewichtskraft des leeren Behälters beträgt 36 kN. Gegeben: E D 2,1  105 N/mm2 ; Wasser D 1000 kg/m3 . a) b) c) d)

Wie groß ist die Belastung einer Säule? Welches I min muss eine Säule bei einer Sicherheit SK D 4 haben? Welches Profil ist zu wählen? Wie groß ist der Schlankheitsgrad ?

5.5 Aufgaben zu Kapitel 5

1500

5000

gelenkig gelagert

4000

2000

259

6

Lösungen zu Verständnisfragen und Aufgaben

In diesem Kapitel werden die Antworten zu den Verständnisfragen aus den Kap. 1–5 gegeben. Außerdem sind die Ergebnisse, teilweise auch die Lösungen zu den Aufgaben aus den Kap. 1–5 enthalten. Damit können Leser und Leserinnen ihre eigenen Ergebnisse der Verständnisfragen und Übungsaufgaben überprüfen. Schließlich sind zwei komplette Klausuren und deren Lösungen dargestellt, so dass auch das Rechnen unter Klausurbedingungen geübt werden kann.

6.1

Lösungen zu Kap. 1

6.1.1 Lösungen zu Verständnisfragen aus Kap. 1 1.

2. 3. 4.

5.

Die Statik betrachtet ideale starre Körper und ermittelt die unbekannten Auflager-, Gelenk- und Stabkräfte. Die Festigkeitslehre betrachtet deformierbare oder elastische Körper und stellt einen Zusammenhang zwischen den äußeren und inneren Kräften sowie den Verformungen her, mit dem Ziel der Bauteilbemessung und des Spannungsnachweises. Ein Versagen eines Bauteils kann durch Gewaltbruch, Dauerbruch, unzulässig große Verformungen und durch Instabilität auftreten. Zu den Grundbeanspruchungsarten zählen: Zug, Druck, Biegung, Schub/Abscheren und Torsion (Verdrehen). Beim Freimachen werden die Auflager eines Systems durch ihre Kraft- und Momentenwirkungen ersetzt. Beim Freischneiden werden die Systeme gedanklich aufgeschnitten und die inneren Kräfte angetragen, so dass sich Kraft- und Momentenverläufe und schließlich Spannungen ermitteln lassen. Die Spannung ist das Verhältnis aus der Teilschnittkraft F i und der dazugehörigen Teilschnittfläche Ai .

© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2019 K.-D. Arndt et al., Festigkeitslehre für Wirtschaftsingenieure, https://doi.org/10.1007/978-3-658-26141-2_6

261

262

6.

7.

8. 9. 10. 11. 12. 13. 14.

15.

6 Lösungen zu Verständnisfragen und Aufgaben

Normalspannungen treten senkrecht zur gedachten Schnittfläche auf, während die Tangentialspannungen parallel zur gedachten Schnittfläche auftreten. Daraus resultieren zwei unterschiedliche Verformungs- und Zerstörungswirkungen. Die wahre Spannung wird aus dem Quotienten der jeweiligen Kraft F zum jeweiligen Querschnitt Atat ermittelt. Der Unterschied besteht darin, dass beim allgemeinen Spannungs-Dehnungs-Diagramm die Spannung sich auf den Ausgangsquerschnitt bezieht. Das Hooke’sche Gesetz gilt nur für den elastischen Bereich und sagt aus, dass zwischen der Spannung  und der Dehnung " ein linearer Zusammenhang besteht. Die Poisson’sche Konstante m ist das Verhältnis der Längsdehnung " zur Querkürzung "q . Die Querkontraktionszahl µ ist der Kehrwert der Poisson’schen Konstanten. Die Formänderungsarbeit W f ist abhängig von der Kraft F 2 , der Länge l, dem Elastizitätsmodul E und der Querschnittsfläche A. Die Haltbarkeit eines Bauteils ist abhängig vom zeitlichen Verlauf der Belastung/ Beanspruchung und der Betriebsart (Dauer- oder Aussetzbetrieb). Die Lastfälle nach Bach werden unterschieden nach ruhender, schwellender und wechselnder Belastung. Das Wöhler-Diagramm dient zur Ermittlung der Bruch-, Kurzzeit-, Zeit- und Dauerfestigkeit einer Wertstoffprobe. Das Smith-Diagramm wird aus einer Vielzahl von Wöhler-Diagrammen zur Ermittlung der Dauerfestigkeiten für die jeweilige Beanspruchungsart erstellt. Aus ihm können die Grenzspannungen  o und  u für den jeweiligen Werkstoff entnommen werden. Sicherheiten S werden eingeführt, da die aus Versuchen gefundenen Grenzspannungen ( m ,  D ) im Betrieb nicht erreicht werden dürfen und um Unsicherheiten bei der Berechnung der auftretenden Spannungen aufgrund von Einflüssen (keine homogenen, isotropen Werkstoffe, Oberflächenbeschaffenheit, Kerben) zu berücksichtigen.

6.1.2 Lösungen zu Aufgaben aus Kap. 1 Aufgabe 1.1 Zunächst müssen die Kräfte aus dem Kräfte- und Momentengleichgewicht bestimmt werden (Reihenschaltung): F = F 1 + F 2 ; F 1 = 25 N; F 2 = 75 N. Damit wird l1 = 0,238 mm; l2 = 0,714 mm und ' = 0,036°. Für die Spannungen muss die Gewichtskraft F G des Stabes mit berücksichtigt werden, somit wird F 1 = 50 N;  1 = 200 N/mm2 und F 2 = 100 N;  2 = 400 N/mm2 . Aufgabe 1.2 Durch die Belastung des Verbundstabes ergeben sich gleiche Dehnungen für Holz und Stahl. Die beiden Stahlplatten sind identisch und dürfen deshalb zusammengefasst werden. Unter Beachtung dieses Zusammenhanges ergeben sich folgende Werte: AH = 1500 mm2 ; ASt = 200 mm2 ; F = F H = 8,72 kN; F St = 16,28 kN.

6.2 Lösungen zu Kap. 2

263

a) Für die Spannungen ergeben sich folgende Werte:  H = 5,8 N/mm2 und  St = 81,4 N/mm2 b) Verlängerung l = 0,116 mm Aufgabe 1.3 Die Formänderungsenergie für die Gummifeder beträgt W f = 4,3 Nmm. Aufgabe 1.4 Die Formänderungsenergie für den linken und rechten Teil des Stabes beträgt W f li = 327,4 Nmm und W f re = 873 Nmm.

Aufgabe 1.5 a) Berechnung der Kraft pro Stahlband mit F leer = 3679 N und F voll = 9810 N Berechnung der Spannungen im Stahlband:  leer = 41 N/mm und  voll = 109 N/mm2 b) Bedingung für Fließen (voller Tank): SF = 2,7 (ausreichend, da Smin > 1,5) Festigkeitsbedingung für Bruch (voller Tank): SB = 4,3 (ausreichend, da SB > 2) c) Berechnung der Verlängerung der Stahlbänder (Befüllung): " = 0,00032 und l = 0,45 mm

6.2 Lösungen zu Kap. 2 6.2.1 Lösungen zu Verständnisfragen aus Kap. 2 1.

2. 3. 4. 5.

6. 7.

8.

Die Zugspannung in Stäben ist konstant, wenn folgende Bedingungen vorliegen:  die Querschnittsfläche liegt senkrecht zur Stabachse  die Wirklinie von F liegt auf der Schwerpunktachse (Mittelinie) und  der Querschnitt ist konstant bzw. hat sanfte Übergänge. Für die Tragfähigkeitsrechnung gilt: F  F zul =  zul  A und für die Bemessungsrechnung: A  Aerf = F /  zul . Die Normalspannung beträgt  =  0 / 2 und die Schubspannung  max =  0 / 2. Die Trag- und die Reißlänge sind nur abhängig von  zul bzw. Rm und vom spezifischen Gewicht des verwendeten Werkstoffs. Bei Erwärmung dehnen sich Körper aus und beim Abkühlen ziehen sie sich zusammen. Die Spannung ist abhängig vom Längenausdehnungskoeffizienten, dem EModul und der Temperaturdifferenz. Der Werkstoff mit der geringeren Festigkeit ist bei der Ermittlung der Flächenpressung maßgebend. Für das Aufreißen von Behältern, Kesseln oder Rohren in Längsrichtung ist die Tangentialspannung  t verantwortlich, da sie doppelt so groß wie die Axialspannung  a ist. Die Grenzgeschwindigkeit eines frei rotierenden Ringes hängt von der zulässigen Spannung  zul und der Dichte  des Werkstoffs ab.

264

9. 10. 11. 12. 13. 14. 15.

16. 17.

18.

19.

20.

21. 22.

6 Lösungen zu Verständnisfragen und Aufgaben

Die Querkraft F q bewirkt ein Verschieben der einzelnen Querschnitte gegeneinander und bildet mit der Auflagerkraft ein Kräftepaar, was ein Moment erzeugt. Die neutrale Faser ist spannungsfrei und die Spannungen nehmen von ihr aus linear nach außen zu. Darüber hinaus bleibt die Länge in diesem Bereich unverändert. Die Hauptgleichung der Biegung lautet  b = M b / W b . Das Widerstandsmoment ist proportional der Breite b und proportional der Höhe h2 . Das (axiale) Flächenmoment 2. Grades ist ein Maß für die Steifigkeit eines Querschnitts gegen Biegung. Mit dem Satz von Steiner lässt sich das Gesamtflächenmoment 2. Grades von zusammengesetzten Flächen berechnen. Er lautet: I = I s + s2  A. Eine Umrechnung des Flächenmomentes von einer beliebigen Achse auf eine andere Achse, die nicht Schwerpunktachse ist, ist mit dem Steiner’schen Satz nicht möglich, sondern kann nur über die S-Achse vorgenommen werden. Die Schubspannung ergibt sich aus dem Produkt von Schubwinkel  und Schubmodul G. Die Schubspannung ist (bei symmetrischen Profilen) in Profilmitte maximal. An dieser Stelle ist die Biegespannung null, während am Rand die Biegespannung maximal, die Schubspannung aber null ist. Bei langen Trägern unter Querkraftbiegung ist die Biegespannung sehr viel größer als die Schubspannung aus Querkraft. Unsymmetrische Profile verdrehen sich unter Querkraft, die nicht im Schubmittelpunkt eingeleitet wird. Nur wenn die Querkraft im Schubmittelpunkt angreift, erfährt der Träger keine Torsionsbeanspruchung (zusätzlich zur Biege- und Schubbeanspruchung). Die Torsionsspannungen eines Kreisquerschnitts sind an der Außenseite am größten, in der Mitte dagegen null. Zur besseren Ausnutzung des Materials ist deshalb ein Kreisringprofil (Rohr gegenüber Vollwelle) günstiger. Entsprechend Gl. 2.90 können nur der Durchmesser der Drehstabfeder verkleinert und/oder die Länge vergrößert werden. Bei einer Verkleinerung des Durchmessers erhöht sich die Spannung in der Feder; die Länge der Feder hat auf die Spannung keinen Einfluss. Die 1. Bredt’sche Formel dient zur Ermittlung des Torsionswiderstandsmomentes dünnwandiger geschlossener Querschnitte. Offene Profile (hier: U-Profile) sind wesentlich torsionsweicher als geschlossene Profile (z. B. Rohre). Da Lkw-Rahmen in der Regel torsionsweich ausgelegt werden, verwendet man als Längsträger der Rahmen U-Profile.

6.2 Lösungen zu Kap. 2

6.2.2

265

Lösungen zu Aufgaben aus Kap. 2

Aufgabe 2.1 a) Mit der Bedingung 2lSt + lCu = h kann die Kraft F = 4,67 kN bestimmt werden. b) Die Spannungen ergeben sich zu  St = 140 N/mm2 und  Cu = 70 N/mm2 . c) Die Temperaturabsenkung muss # = 50 K betragen. Aufgabe 2.2 a) Der erforderliche Querschnitt Aerf beträgt 43.087,4 mm2 und damit dierf = 230 mm (gewählt). b) Die erforderliche Fläche AD1 erf ist 148.214 mm2 und damit D1 = 440 mm (gewählt). Aufgabe 2.3 a) Die Kraft, die auf den Flansch wirkt, beträgt F = 29,32 kN. b) Die Spannungen betragen  t = 16,2 N/mm2 und  a = 8,1 N/mm2 . Aufgabe 2.4 Bei einer Drehzahl nF = 2065 min1 beginnt der Ring, sich plastisch zu verformen. Aufgabe 2.5 Das y-z-Koordinatensystem wird in die Profilmitte (yS = 0) und den unteren Rand des Profils gelegt, der Schwerpunkt zS befindet bei 46,6 mm. Die Flächenmomente betragen I y = 588,4 cm4 und I z = 217,3 cm3 . Für das rechte Profil erfolgt die gleiche Koordinatenzuordnung mit zS = 26 mm; damit erhält man die Flächenmomente I y = 43,8 cm4 und I z = 213,6 cm4 . Aufgabe 2.6 Für das Maschinengestell ergeben sich folgende Werte: yS = 0 und zS = 23 cm, I y ges = 1,4  105 cm4 ; I z ges = 3,9  105 cm4 W y ges = 8  103 cm3 ; W z1 = 1,06  104 cm4 und W z2 = 1,7  104 cm4 . Aufgabe 2.7 Die Länge l beträgt 78,7 m.

Aufgabe 2.8 a) Flächenmoment I y ges = 295.096,3 mm4 b) Biegespannungen  b1 = 57,5 N/mm2 und  b2 = 50,3 N/mm2 c) die Biegespannung in Höhe der Schweißnaht  b Schw = 11,7 N/mm2

266

6 Lösungen zu Verständnisfragen und Aufgaben

Aufgabe 2.9 F

FA

FB Mb

a) b) c) d)

Das größte Biegemoment beträgt M b max = 12,6 kNm das Flächenmoment 2. Grades um die y-Achse I y max = 8.572.500 mm4 Biegespannung in der Randfaser  b = 88,19 N/mm2 Sicherheit gegen Fließen SF = 2,95 > 1,5

60

60

z

z

y

y

z 25 Stelle 1

y

y

25 60

60 z

60

60

Aufgabe 2.10

y

y

z

z

Stelle 2

25 Stelle 3

M b1 = 2.000.000 Nmm; W b1 = 21.000 mm3 ;  b1 = 95,24 N/mm2 <  b zul M b2 = 7.000.000 Nmm; I y2 = 1.001.875 mm4 ; W b2 = 33.395,83 mm3 ;  b2 = 209,61 N/mm2 <  b zul M b3 = 10.000.000 Nmm; I y3 = 1.060.825,24 mm4 ; W b3 = 35.360,84 mm3 ;  b3 = 282,80 N/mm2   b zul

Aufgabe 2.11 a) Das Gesamtdrehmoment ergibt sich aus dem Bohrmoment und dem Reibmoment. Das Reibmoment lässt sich aus der Normalkraft, dem Reibbeiwert und dem Hebelarm berechnen. Die Normalkraft erhält man aus Flächendruck und Mantelfläche des Gestänges: TR D r    p    d  LE D 462 Nm Das Gesamtmoment beträgt somit: T ges = T R + T = 2462 Nm

6.2 Lösungen zu Kap. 2

267

b)  t = 36,6 N/mm2 c) Der Verdrehwinkel wird mit der Gesamtlänge L = 5,5 m berechnet. ' = 0,0715 rad; '° = 4,1° Aufgabe 2.12 Das Torsionsmoment berechnet man über die Formel P = T  ! = 500,4 Nm mit ! = Winkelgeschwindigkeit. a) Mit  t zul = T / W t erhält man für den Außendurchmesser D = 41,59 mm und über das gegebene Durchmesserverhältnis ı für den Innendurchmesser d = 32,27 mm. b) Die Torsionsspannung ist linear über dem Querschnitt verteilt (im Mittelpunkt ist die Torsionsspannung Null). Da hier die Durchmesser so ausgelegt wurden, dass an der Außenfaser die zulässige Spannung vorliegt, beträgt die Spannung an der Innenseite  ti = 0,8   t zul = 48 N/mm2 . Aufgabe 2.13 Das Torsionsmoment wirkt auf beide Längenabschnitte; ' = ' 1 + ' 2 ; damit ist a = 301,6 mm. Die Torsionsspannung ist im durchbohrten Teil höher;  t = 407,4 N/mm2 . Aufgabe 2.14 Für die Torsion geschlossener beliebiger Hohlprofile kann die Formel von Bredt, Gl. 2.99, angewendet werden: D

T 2  Am  s

Dazu ermitteln wir zunächst die von der Mittellinie des Profils eingeschlossen Fläche Am . Sie kann über zwei Rechtecke angenähert werden: Am  .36  44 C 56  32/ mm2 D 3376 mm2 Die Torsionsspannung beträgt damit   59 N/mm2 . Aufgabe 2.15 Wir ermitteln zuerst nach Tab. 2.6, Ziffer 9, das Torsionsträgheitsmoment und das Drillwiderstandsmoments für die V-förmige Torsionsfeder: I t  1080 mm4 ; W t  360 mm3 . Den Faktor nehmen wir wie beim rechtwinkligen Profil mit 0,99 an. Über Gl. 2.89 kann man durch Umstellen das Torsionsmoment für den Winkel ' = 10° bestimmen (T  12.758 Nmm). Die Torsionsspannung erhält man dann nach Gl. 2.81:  t = 35 N/mm2 . Aufgabe 2.16 Die Aufgabe kann mithilfe der Bredt’schen Formeln (siehe Tab. 2.6, Ziffer 3) zur Bestimmung von W t und I t gelöst werden. W t  35.280 mm3 (mit Am = 2940 mm2 );  t  60 N/mm2 I t  810.338 mm4 (mit um = 256 mm); '  16,5°

268

6.3

6 Lösungen zu Verständnisfragen und Aufgaben

Lösungen zu Kap. 3

6.3.1 Lösungen zu Verständnisfragen aus Kap. 3 1.

Träger unter Querkraft werden auf Biegung und Schub beansprucht. Ein Kranhaken wird auf Zug, Biegung und Schub beansprucht. Getriebewellen werden z. B. auf Biegung und Torsion beansprucht. 2. Schubspannungen sind wie Vektoren zu behandeln, d. h. neben der Größe muss bei der Überlagerung auch die Richtung beachtet werden. Die größte Schubspannung im Querschnitt tritt dort auf, wo Schubspannungen aus Querkraft und Torsion dieselbe Richtung haben. 3. Ein ebener Spannungszustand liegt vor, wenn alle auftretenden Spannungen (Normalund Schubspannungen) in einer Ebene liegen, wie es z. B. bei Blechelementen der Fall ist. 4. Die Normalspannungen in Richtung einer der Hauptachsen sind maximal, senkrecht dazu minimal. In Richtung der Hauptachsen sind die Schubspannungen null. 5. Der Mohr’sche Spannungskreis ist ein grafisches Verfahren, mit dessen Hilfe für z. B. einen ebenen Spannungszustand Größe und Richtung der maximalen und minimalen Spannungen bestimmt werden können. 6. Normalspannungen und Schubspannungen führen zu unterschiedlichen Schadensmechanismen im Bauteil. Diese lassen sich nicht linear überlagern. Daher nie Normal- und Schubspannungen addieren! 7. Immer wenn Normal- und Schubspannungen in einem Bauteil auftreten, muss die Vergleichsspannung berechnet werden. Nur wenn eine dieser beiden Spannungen sehr klein sein sollte, z. B. die Schubspannung infolge einer Querkraft bei einem langen eingespannten Träger, kann diese Spannung vernachlässigt werden, so dass dann auch nicht die Vergleichsspannung bestimmt werden muss. 8. Als Festigkeitsnachweis gilt, wenn die berechnete Vergleichsspannung kleiner als die zulässige Normalspannung ist. Zur Bestimmung der zulässigen Spannung siehe Abschn. 1.7. 9. a) Bei vorwiegend ruhender Beanspruchung wird für spröde Werkstoffe die Normalspannungshypothese und für zähe Werkstoffe mit ausgeprägter Streckgrenze die Schubspannungshypothese eingesetzt. b) Bei dynamischer Beanspruchung wird die Gestaltänderungsenergiehypothese verwendet. 10. Beanspruchungen können ruhend, schwellend oder wechselnd auftreten. Dies gilt sowohl für die Normalspannungen als auch für die Schubspannungen. Da das Eintreten eines Schadens von den unterschiedlichen Beanspruchungen abhängig ist, müssen diese in den Vergleichsspannungshypothesen berücksichtigt werden. Dies geschieht über das Anstrengungsverhältnis ˛ o .

6.3 Lösungen zu Kap. 3

269

6.3.2 Lösungen zu Aufgaben aus Kap. 3 Aufgabe 3.1 Die Säule wird durch die Kraft F auf Druck und durch das Moment M b = F  (l  a / 2) auf Biegung beansprucht. Die aus diesen beiden Belastungen herrührenden Spannungen sind Normalspannungen und können daher addiert werden. Es ist zu beachten, dass auf der linken Seite der Säule Biegezug-, auf der rechten Biegedruckspannungen vorliegen. Die Spannungen im Querschnitt B–B und im Einspannquerschnitt (unten links) sind gleich, da die Säule durch ein konstantes Biegemoment und eine konstante Druckkraft belastet wird. a) Die Biegespannung beträgt  b = 144,4 N/mm2 . Sie liegt auf der linken Seite der Säule als Biegezug-, rechts als Biegedruckspannung vor. Für die Druckspannung erhält man  d = 4,8 N/mm2 . Damit ist die größte resultierende Spannung eine Druckspannung mit  d  149 N/mm2 . b) Die neutrale Faser verschiebt sich zur Biegezugseite (hier also nach links) und zwar um den Wert d  d da ez D  D 4;54 mm y0 D bd bd 2

Aufgabe 3.2 a) Da es sich um einen zähen Werkstoff handelt und schwingende Beanspruchung vorliegt, ist die Gestaltänderungsenergiehypothese (GEH) anzuwenden. b) Grenz 1 bW 1 290 N=mm2 Dp Dp D 0;73 ˛0 D '  Grenz 3 Sch 3 230 N=mm2

Aufgabe 3.3 a) Es handelt sich um einen zähen Werkstoff und statische Belastung, damit kommt die Schubspannungshypothese (SH) zur Anwendung. b) v D D

q s

y  x

2

2 C 4  yx

.48  132/2

2 N2 2 N C 4  61 D 148;12 N=mm2 mm4 mm4

c) SD

235 N=mm2 Re D D 1;59 v 148;12N=mm2

270

6 Lösungen zu Verständnisfragen und Aufgaben

Aufgabe 3.4 F13

F1 TF1

F3

F2

res D z C b Mb13 D F13  l1 F13 D

F12

C

F32

q D .1;5 kN/2 C .1;0 kN/2 D 1;80 kN

F2  3  F13  l1 I Wb D C d ; A D d2 A Wb 32 4 3600 N 1800 N  1000 mm D  C 2  2  50 mm 503 mm3 4 32 N N N D 1;83 C 146;68  149 mm2 mm2 mm2

res D res res

F1  l1 F1  l1 1500 N  500 mm N D  3 D  31  3 3 Wt d mm2 50 mm 16 16 s     p N 2 N N 2 2 2 v D  C 3 D C 3  31  158 149 mm mm mm2 t D

Aufgabe 3.5 a) Ansatz: F a und F r liegen in einer Ebene. Die Biegung ist aber entgegengesetzt ) Subtrahieren und resultierendes Biegemoment ermitteln. Fa  d0 2000 N  120 mm  m D D 120 Nm 2 2  103 mm m D Fr  l D 1000 N  40 mm 3 D 40 Nm 10 mm D MbFa  MbFr D 120 Nm  40 Nm D 80 Nm

MbFa D MbFr Mbar

6.3 Lösungen zu Kap. 3

271

F a und F r stehen senkrecht auf F u ) das Biegemoment ergibt sich aus einer vektoriellen Addition. m D 240 Nm MbFu D Fu  l D 6000 N  40 mm 3 q 10 mm q Mbres D Mba r 2 C Mbu 2 D .240 Nm/2 C .80 Nm/2 D 253 Nm Mb  Mb D Mbres ; Wb D  d3 Wb 32 253 Nm  32  103 mm b D D 20;61 N=mm2   503 mm3 m b D

Überlagerung der Normalspannung mit der Biegespannung: d D max b) t D

Fa  2000 N  4 D 1;01 N=mm2 ; A D  d 2 D 2 2 A 4   50 mm D d C b D 20;61 N=mm2 C 1;01 N=mm2 D 21;62 N=mm2

T Fu  d0  ,T D , Wt D  d3 Wt 2 16 Fu  d0  16 6000 N  120 mm  16 D D 14;66 N=mm2 3 3 2    d3   50 mm q q v D n C 3  .˛0  t /2 D 21;622 C 3  14;662 N=mm2 D 33;3 N=mm2 t D

c) Unter Berücksichtigung der Schubspannung aus der Querkraft ergibt sich die resultierende Schubkraft aus: F r + F u q q 2 2 Fres D Fr C Fu D .1 kN/2 C .6 kN/2 D 6;08 kN 4 3 4 D 3 D

F für einen Vollkreisquerschnitt A Fres 4  6;08 kN  4  103 N D 4;13 N=mm2  D A 3    502 mm2 kN 

Schubspannung aus der Querkraft und Torsion zusammenfassen: res D max D t C  D 14;66 N=mm2 C 4;13 N=mm2 res D 18;80 N=mm2 s     N 2 N 2 v D C 3  18;80 D 39;1 N=mm2 21;62 mm2 mm2 d) Bei kurzen Trägern oder Wellen kann die Schubkraft aus der Querkraft einen nennenswerten Einfluss haben und muss berücksichtigt werden.

272

6 Lösungen zu Verständnisfragen und Aufgaben

6.4 Lösungen zu Kap. 4 6.4.1 Lösungen zu Verständnisfragen aus Kap. 4 1.

Die Krümmung eines Balkens berechnet sich nach Gl. 4.1: kD

2.

Mb 1 D  E I

Die Differenzialgleichung der elastischen Linie lautet nach Gl. 4.2: w 00 D 

3.

Krümmung

1 

D

Mb .x/ E I

w 00 3

.1Cw0 2 / 2 Mb Gleichung der Biegelinie w 00 D  EI R b .x/ Neigungswinkel der Biegelinie w 0 D  MEI dx C C1 R 'MD b Durchbiegung der Biegelinie w D dx dx C C 1 x C C2 EI 4. Das Produkt E  I ist die Biegesteifigkeit. Je steifer ein Träger auf Grund seines Werkstoffes (E) und seiner Querschnittsform (I) ist, um sei kleiner ist die Formänderung des Trägers. 5. Nein, die Biegesteifigkeit ist unabhängig von der Festigkeit des Werkstoffs. Sie ist nur abhängig vom E-Modul und vom Flächenträgheitsmoment I. 6. Die Herleitung der Biegelinie gilt nur für kleine Winkeländerungen. Bei größeren Verformungen und größeren Winkeländerungen ist die Berechnung mit einem Fehleranteil verbunden. 7. Liegt linear-elastische Biegung vor, dann dürfen die Lösungen von bekannten Einzelbelastungsfällen zur Gesamtlösung durch Superposition (Überlagerung durch Addition oder Subtraktion) zusammengeführt werden. 8. Grundlegendes Prinzip ist die Zerlegung eines statisch unbestimmten Systems in ein statisch bestimmtes Hauptsystem und Zusatzsysteme. Die Anzahl der Zusatzsysteme entspricht dem Grad der statischen Unbestimmtheit (1-fach, 2-fach, . . . ). In jedem Zusatzsystem wird eine der überzähligen Lagerreaktionen als äußere Kraft angenommen. 9. Eine Überlagerung von Biegefällen ist im linear-elastischen Bereich, also mit  res <  p, möglich. 10. Die Überlagerung findet an Punkten statt, an denen die Verformung des Systems bekannt ist. Dazu gehören Lager- und Einspannstellen. An diesen ist die Durchbiegung w = 0 und bei Einspannstellen auch die Neigung w0 = 0. Für diese Stellen gilt: w Hauptsystem an dieser Stelle + w Zusatzsystem an dieser Stelle = 0 im Ursprungssystem an dieser Stelle .

6.4 Lösungen zu Kap. 4

6.4.2

273

Lösungen zu Aufgaben aus Kap. 4

Aufgabe 4.1 a) Krümmung des Balkens Mb Mb 2  max  I Mb h D e D  ) Mb D Wb I I 2 h Mb D F  l F l h 2  max  I max D  ) Mb D F  l D I 2 h Mb 2  max  I 1 )kD kD D  EI E I h N 2  120 mm 2  max 2 kD D 3;81  106 mm1 D N E h 2;1  105 mm  300 mm 2 max D

b) Winkel der Tangente ' II D 0 F  l2 2  max  I  l max  l D D 2E  I 2E  I  h Eh N 120 mm2  2000 mm D D 0,00381 rad  0,22ı N 2,1  105 mm 2  300 mm

' I D 'max D 'max

c) Belastungsfall Der Spannungsverlauf tritt bei einem mit einer Kraft F belasteten eingespannten Balken auf. d) Maximale Durchbiegung wD

2 N 2 2  120 mm 2    l2  I F  l3 2  2000 mm D D N 3E  I 3E  I  h 3  2;1  105 mm 2  300 mm

wmax D 5;08 mm Aufgabe 4.2 F l 3 ; wF D d ; F D FIA a) wF D 3EI d ) FIA D 3EI l3 b) Wir betrachten zunächst nur den unteren Träger: wB D wA C 'A  l D d FIIA  l 3 FIIA  l 2 FIIA  l 3 5 C l D  Dd 3E  I 2E  I E I 6 6 E I d : ) FIIA D  5 l3

wB D

274

6 Lösungen zu Verständnisfragen und Aufgaben

Dies ist die Kraft, um den unteren Träger so weit hinunter zu drücken, dass dieser den Punkt B berührt. Die notwendige Gesamtkraft ergibt sich aus: Fges D FIIA C FIA C FIwA FIwA ist die Kraft, um den oberen Träger zusätzlich um die Durchbiegung des unteren Trägers hinunter zu drücken. 3  E  I  wA 3  E  I FIIA  l 3 D  D FIIA l3 l3 3E I 12 E  I  d 3E I d 27 E  I  d ) Fges D 2  FIIA C FIA D C D   5 l3 l3 5 l3

FIwA D

Aufgabe 4.3 Als Hauptsystem wird ein eingespannter Balken gewählt. Im Zusatzsystem wird die überzählige Auflagerkraft F B als äußere Belastung angenommen:

wBF

F

l

wBFB

l

FB

Der Ansatz zur Überlagerung ist: wB D wBF C wBFB D 0 Bestimmung von w BF im Hauptsystem: wBF D wF C 'F  l wBF D (Tab. 4.1, Ziffer 1)

F  l3 F  l2 C l 3E  I 2E  I

  F  l3 1 1 C EI 3 2 3 5F l D 6 E I

wBF D wBF

6.4 Lösungen zu Kap. 4

275

Bestimmung von w BB im Zusatzsystem: FB  .2l/3 8 FB  l 3 D 3E  I 3 E I Auflager ) wBF  wBFB D 0

wBFB D

5 F  l 3 8 FB  l 3  D0 6 E I 3 E I 3 5 5 F FB D  F D 8 6 16 

Durchbiegung w m in der Balkenmitte (am Kraftangriffspunkt): wm D wmF  wmB ; wmF D wmB

F  l3 3E  I

 3 !  l l 2  3 .Tab. 4.1, Ziffer 1/ 2l 2l     5  8  F  l3 3 1 5 F  l3 5  D 16  6  E  I 4 8 6 E  I 16 3 25 F  l 96 E  I   F  l 3 32 25  E  I 96 96 7 F  l3 96 E  I

FB .2l/3 D 6EI

wmB D wmB D wm D wm D

.Tab. 4.1, Ziffer 1/ 

Aufgabe 4.4 Als Hauptsystem wird ein eingespannter Balken gewählt. Im Zusatzsystem wird die Kraft, die im Gelenkstab auftritt, als äußere Kraft F C berücksichtigt.

FC

(Tab. 4.1, Ziffer 3) wCq D

q  l4 8E  I

wCFC

wCq

q

276

6 Lösungen zu Verständnisfragen und Aufgaben

(Tab. 4.1, Ziffer 1) wCFC D wCS D FC 

FC  l 3 3E  I

l a D FC  E A E A

.Dehnung des Stabes C/

wCq C wCFC D wCS q  l4 a FC  l 3  D FC  8E  I 3E  I E A q  l4 FC  a FC  l 3 D C 8E  I E A 3E  I  a q  l4 l3 D FC C 8E  I E A 3E  I 4 ql ql 4 1 FC D D  a  3 8E  I 8I C l EA

3EI

1 a A

C

l3 3I

Aufgabe 4.5 Als Hauptsystem wird ein eingespannter Balken gewählt. Das System wird bis Punkt A betrachtet! Die Kraft F wird in den Punkt B verschoben. Daraus ergibt sich auch das zusätzlich zu berücksichtigende Moment M = F  l. Im Zusatzsystem wird die Kraft, die über das Stahlseil eingebracht wird, als äußere Kraft F S berücksichtigt.

B

wBFM

B

M

wBFS

F

FS

a) Hauptsystem, Berücksichtigung von F und M: wBFM D

F  l3 F  l  l2 5 F  l3 C D 3E1  I1 2E1  I1 6 E1  I1

Nebensystem, Berücksichtigung von F S : wBFS D 

FS  l 3 3E1  I1

Überlagerung: wBres D wBFM C wBFS

5 F  l3 FS  l 3 l3 D  D 6 E1  I1 3E1  I1 3E1  I1



5 F  FS 2



6.4 Lösungen zu Kap. 4

277

Spannung im Stahlseil: wBres FS D l A2 wBres ) FS D E2  A2  l   5 l3 wBres ) wBres D F  E2  A2  3E1  I1 2 l 5F  l 3 ) wBres D D 0;096 mm 6E1  I1 C 2E2  A2  l 2

2 D E2  "2 D E2 

b) Berechnung F S : FS D E2  A2 

wBres D 2280;96 N l

Winkel in Punkt B: 'B D 'BF C 'BM C 'BFS 'B D

F  l2 F l l FS  l 2 C  D 0;005 rad 2E1  I1 E1  I1 2E1  I1

c) Verschiebung im Punkt C: wC D wBres C 'B  l C

F  l3 D 1;06 mm 3E1  I1

Aufgabe 4.6 Als Hauptsystem wird ein eingespannter Balken gewählt. Im Zusatzsystem werden die Kraft und das Moment, die in der rechten Einspannstelle in der Wand vorhanden sind, als äußere Kraft F B und äußeres Moment M B berücksichtigt. F B

MB B FB

Ansatz 1: w B = 0 in Einspannstelle 3

2

F . 23 l/ 1 F . 23 l/ FB  l 3 MB  l 2 C  l C D0 3E  I 2E  I 3 3E  I 2E  I 2 28 ) MB D FB  l  F  l 3 81 )

278

6 Lösungen zu Verständnisfragen und Aufgaben

Ansatz 2: ' B = 0 in Einspannstelle 2

F . 23 l/ FB l 2 MB l )  C D0 2EI 2EI EI MB 4 C F ) FB D 2 l 9 20 F ) FB D 27 ) MB D

4 Fl 27

Durchbiegung an der Krafteinleitungsstelle wF D wFF  wFFB C wFMB "      3 # 3 F . 23 l/ 2 FB l 3 2 2 MB  l 2 2 2 wF D   3 C 3E  I 6E  I 3 3 2E  I 3 wF D

6.5 6.5.1

8 F  l3 2187 E  I

Lösungen zu Kap. 5 Lösungen zu Verständnisfragen aus Kap. 5

1. Euler betrachtete einen ideal elastischen und zentrisch belasteten Stab, dessen beide Enden in reibungsfreien Gelenken gelagert sind. Der Lastangriffspunkt ist längs in xRichtung verschieblich. Daraus leitete er eine Differenzialgleichung ab und kam in Abhängigkeit von den Lagerungsbedingungen zu vier Knickfällen. 2. Knicken wird nach elastisch und elastisch-plastisch/unelastisch unterschieden. Die Ermittlung im elastischen Bereich erfolgt nach Euler und im elastisch plastischen Bereich nach Tetmajer. Das Kriterium, ob ein elastisches oder elastisch-plastisches Knicken vorliegt, ist in Abhängigkeit vom Werkstoff der Schlankheitsgrad min . 3. Knicken ist kein Festigkeitsproblem, sondern ein Stabilitätsproblem. Sobald die Knickkraft erreicht wird, erfolgt schlagartig das Versagen eines druckbelasteten Stabs durch Knicken. Daher muss die vorhandene Kraft bzw. Spannung eine entsprechende Sicherheit (SK > 2 . . . 4) gegenüber der theoretischen Knickkraft bzw. Knickspannung haben. 4. Die Knickspannung (für schlanke Stäbe meist nach Euler) hängt nur vom minimalen Flächenmoment 2. Grades und dem Elastizitätsmodul, ab. Ansonsten ist die Stabgeometrie maßgebend. Wenn ein Stab aus Baustahl eine zu geringe Knicksicherheit hat,

6.5 Lösungen zu Kap. 5

279

bleibt nur eine Veränderung des Querschnitts (evtl. der Länge und der Lagerungsparameter). Die Wahl eines höherfesten Stahls führt aufgrund des gleichen Elastizitätsmoduls nicht zum Ziel. 5. Bei der Knickung nach Tetmajer liegt die Knickspannung im Bauteil oberhalb der Proportionalitätsgrenze, also im unelastischen Bereich.

6.5.2

Lösungen zu Aufgaben aus Kap. 5

Aufgabe 5.1 Um die Druckkraft im Stab AB bestimmen zu können, müssen zunächst die Winkel im Dreieck bestimmt werden nach der für schiefwinklige Dreiecke geltenden Formel b 2 C c 2  a2 cos ˛ D 2b c mit a = der dem Winkel ˛ gegenüber liegenden Seite des Dreiecks. Dann kann man die Kraft bestimmen über die Kräftegleichgewichte in waagerechter und in senkrechter Richtung im Punkt B: F AB = 72 kN (Druck). Wir nehmen zunächst an, dass elastische Knickung vorliegt. Damit kann die Knickkraft nach Euler, also nach Gl. 5.8, ermittelt werden. Aufgrund der gelenkigen Lagerung des Stabs liegt Knickfall 2 vor mit lK = 4500 mm. Das axiale Flächenträgheitsmoment für ein Rohr ist   .D 4  d 4 / Imin D 32 Mit der Beziehung für die Sicherheit gegen Knicken SK D

FK FAB

erhält man schließlich als Gleichung für den gesuchten Innendurchmesser s dD

4

D4 

64  SK  FAB  lK2 3  E

und als Zahlenwert d  84 mm. Ob unsere Annahme der elastischen Knickung richtig war, prüfen wir über den Schlankheitsgrad nach Gl. 5.4. Hier ist = 138, unsere Annahme war also richtig: Es liegt elastische Knickung nach Euler vor.

Aufgabe 5.2 a) Die Spindel ist entsprechend Knickfall 3 gelagert (siehe Tab. 5.1) mit lK  0,7  l. Damit ergibt sich der Schlankheitsgrad der Spindel zu  100 > 0 = 88 (für E335), also Euler-Knickung. Die Knickspannung ist demnach  K  210 N/mm2 .

280

6 Lösungen zu Verständnisfragen und Aufgaben

Als vorhandene Spannung liegt die Druckspannung aus der gegebenen Spindelkraft mit  d  50 N/mm2 vor. Damit ergibt sich eine Sicherheit gegen Knicken SK  4,2 für die unbeheizte Presse. b) Die Gesamtspannung in der Spindel setzt sich aus der Druckspannung und der Wärmespannung zusammen:  D d C #

mit der Wärmespannung # D ˛  #  E:

Die Sicherheit gegen Knicken lautet hier also: SK D

K d C ˛  #  E

Diese Gleichung stellt man nach # um und setzt Zahlenwerte ein. Man erhält: #  20 K.

Aufgabe 5.3 p a) Länge des Auslegers l = lK = 52 m2 C 4;92 m2 = 7 m Der Ausleger wird mit F K nach Knickfall 2 auf Druck belastet FK 7m D I FK D 79:234; 62 N  79;2 kN FG 2;6 m S  FK  l 2 D 9834;48 cm4 I derf D Imin  Ierf D 2  E d D 22 cm gewählt

r 4

64  Ierf D 21;16 cmI 

i = d / 4 = 5,5 cm b) = 127,27 > 104 ! Knickung nach Euler; I min = 281 cm4 ! gewählt U 260 mit I z = 317 cm4 ; A = 48,3 cm2 ! i = 2,56 cm

= 273,44 > 104 ! Euler  D = 8,2 N/mm2 ;  K 27,72 N/mm2 ; Stat = 3,38

Aufgabe 5.4 a) F G = 36 kN; F Wasser = m  g = l  b  h    g = 147.150 N; F ges = F G + F Wasser =183.150 N F St = F ges / 4 = 45.785,5 N b) Knickfall 2: l = lK = 4000 mm; I min = 141,4 cm4 c) Gemäß Profil-Tabelle I z = I min , gewählt: I 200 mit I z = I min = 142 cm4 ; A = 28,5 cm2 ; iz = 2,24 cm oder IPB 100 mit I z = I min = 167 cm4 ; A = 26 cm2 ; iz = 2,53 cm d) = 178 (I 200) bzw. = 158 (IPB 100) ! Euler

6.6 Übungsklausuren

281

6.6 Übungsklausuren Um ein Gefühl für den Zeitbedarf in einer Klausur zu bekommen, sind nachfolgend die Aufgaben zweier Klausuren aufgeführt. Zulässige Hilfsmittel: Taschenrechner, ein Blatt eigene Formelsammlung, Skript. Bearbeitungszeit 90 min. Der Lösungsweg ist vollständig anzugeben.

6.6.1 Klausur 1 Aufgabe 1 Die drei Stäbe sind miteinander verbunden und spannungsfrei zwischen den Wänden platziert. Die Temperatur wird von T 1 auf T 2 erhöht.

lSt

lAl

lCu

Gegeben: T 1 = 20 o C, T 2 = 40 o C ˛ St = 1,2  10 5 K1 ; ESt = 2,1  105 N/mm2 lSt = 300 mm; ASt = 200 mm2 ˛ Al = 2,3  105 K1 ; EAl = 0,7  105 N/mm2 lAl = 200 mm; AAl = 450 mm2 ˛ Cu = 1,7  105 K1 ; ECu = 1,2  105 N/mm2 lCu = 100 mm; ACu = 515 mm2 a) Bestimmen Sie die Spannung im Stahlstab, wenn beide Wände als starr angenommen werden. b) Welche Spannung tritt im Stahlstab auf, wenn die Wände nachgeben (C = 100.000 N/mm)? Aufgabe 2 Ein im Boden eingespanntes Rohr ist mit einem Flachstahl verschweißt. Auf diesen wirken die Kräfte F y und F z . Die Länge, um die der Flachstahl gebogen wird, beträgt l.

282

6 Lösungen zu Verständnisfragen und Aufgaben

l Fz

h

hR

A

di

Fy b

dR

Gegeben: F y = 0,5 kN F z = 1,0 kN l = 400 mm h = 20 mm b = 30 mm hR = 1000 mm da = 70 mm di = 64 mm E = 2,1  105 N/mm2 ˛0 = 1 a) Bestimmen Sie die vertikale Verlagerung des Punktes A infolge der Kraft F z . b) Bestimmen Sie die Vergleichsspannung, die im Rohr auftritt. Lassen Sie den Einfluss der Schubspannung aus Querkräften unberücksichtigt. Aufgabe 3 Das Profil des skizzierten Biegeträgers ist aus drei Rechtecken zusammengesetzt.

6.6 Übungsklausuren

283 5a

2a

2F F B l

a

2l

a

2l

5a

A

5a

a) Skizzieren Sie den Biegemomentenverlauf für den Balken mit Angabe des größten Biegemoments. b) Ermitteln Sie die Lage der Schwerpunktachse des Profils. c) Wie groß ist das axiale Flächenträgheitsmoment I y für die waagerechte Schwerpunktachse? d) Wie groß ist die maximale Biegespannung für F = 1 kN, a = 1 cm und l = 1 m? Aufgabe 4 Die Kolbenstange eines Schiffsdieselmotors ist im Kolben und im Kreuzkopf (Geradführung, siehe Skizze) gelenkig gelagert. Sie hat eine maximale Druckkraft bei Höchstlast des Motors von F = 500 kN aufzunehmen. Weisen Sie nach, dass die Kolbenstange aus Schmiedestahl richtig dimensioniert ist.

F

l

Kolben Kolbenbolzen

Kolbenstange Bolzen Kreuzkopf

Pleuel

F Gegeben: Länge l = 350 cm Flächenmoment 2. Grades I min = 1200 cm4

284

Querschnittsfläche: Elastizitätsmodul: Streckgrenze:

6 Lösungen zu Verständnisfragen und Aufgaben

A = 140 cm2 E = 210.000 N/mm2 Re = 355 N/mm2

6.6.2 Klausur 2 Aufgabe 1 Der Stab 1 mit dem Radius r = 15 mm wird um # = 60o erwärmt. l

a

2 1

Gegeben: ˛ = 1,2  105 K1 E = 2,1  105 N/mm2 l1 = 500 mm a = 0,2 mm a) Welche Spannung tritt im Stab 1 auf, wenn die Wand 2 als starr angenommen wird? b) Welche Spannung tritt im Stab 1 auf, wenn die Wand 2 nachgibt (C = 100.000 N/mm)? Aufgabe 2 Ein T-Träger wird durch eine Kraft F auf Zug und Biegung beansprucht. Gegeben: F = 10 kN l1 = 200 mm l2 = 300 mm a = 10 mm b = 50 mm c = 70 mm

6.6 Übungsklausuren

285 b

F B l1

c

a

A l2

a

a) Bestimmen Sie die Lage des Flächenschwerpunktes. b) Berechnen Sie die maximal auftretende Spannung. Aufgabe 3 In einem Getriebe wird die untere Welle durch eine Radialkraft F R und durch eine Umfangskraft F U belastet.

FR

dw

dz

FU

l1

l2

Gegeben: F U = 500 N F R = 300 N l1 = 100 mm l2 = 200 mm dZ = 200 mm  zul = 120 N/mm2 Wie groß muss der Wellendurchmesser dW sein, damit die maximal auftretende Vergleichsspannung (Anstrengungsverhältnis ˛ o = 1) die zulässige Spannung nicht überschreitet? Aufgabe 4 Eine mit der Streckenlast q belastete Brücke (E  I 1 ) wird durch eine Stahlstütze (E  I 2 ) mit dem Durchmesser dS abgestützt. Gegeben:

286

6 Lösungen zu Verständnisfragen und Aufgaben

q = 10 kN/m l = 10 m h=8m dS = 200 mm I 1 = 2  106 mm4 E = 2,1  105 N/mm2

l/2

l/2

h

q

a) Um welchen Betrag senkt sich die Brücke in der Mitte durch? b) Wie groß ist die Sicherheit der Stütze gegen Knicken?

6.6.3 Lösung Klausur 1

Aufgabe 1 a) lª D # Œ˛St  lSt C ˛Al  lAl C ˛Cu  lCu

lª D lSt C lAl C lCu F  lSt F  lAl F  lCu D C C ESt  ASt EAl  AAl ECu  ACu  lSt lAl lCu DF C C ESt  ASt EAl  AAl ECu  ACu

6.6 Übungsklausuren

F D

287

# Œ˛St  lSt C ˛Al  lAl C ˛Cu  lCu

lSt ESt ASt

C

lAl EAl AAl 5

C

lCu ECu ACu

 300 C 2;3  105  200 C 1;7  105  100 K1 mm i 300 200 100 mm C 0;710 N 5 450 C 1;2105 515 2;1105 200 mm2

20K 1;2  10 h F D

mm2

F D 13:104 N St D b) lª D

F lSt ESt ASt

F 13:104 N N N D D 65;52  66 ASt 200 mm2 mm2 mm2

C

F lAl EAl AAl

C

F D St D

Aufgabe 2 z hR C a) z D FEA ı

Fz lhR EIı

F lCu ECu ACu

C

2F C

::: lSt ESt ASt

C

lAl EAl AAl

C

lCu ECu ACu

C

2 C

D 5639 N

F 5639 N N N D D 28;2  28 ASt 200 mm2 mm2 mm2

l C

Fz l 3 3EIFlachstahl

   2  2 d  di2 D 70  642 mm2 D 631;5 mm2 4 a 4     4   4 Iı D da  di4 D 70  644 mm4 D 35,5 cm4 64 64 b  h3 30 mm  203 mm3 IFlachstahl D D D 20:000 mm4 12 12 103 N  1000 mm 103 N  400  1000 mm3 z D C  400 N N 4 2 4 2;1  105 mm 2;1  105 mm 2  631;5 mm 2  35;5  10 mm Aı D

C

103 N  4003 mm3 N 3 4 3  2;1  105 mm 2  20  10 mm

z D 0;0075 mm C 2;15 mm C 5;079 mm z D 7;24 mm

288

6 Lösungen zu Verständnisfragen und Aufgaben

b) Mb1 D Fz  l D 1000 N  400 mm D 400:000 Nmm Mb2 D Fy  hR D 500 N  1000 mm D 500.000 Nmm q Mbges D Mb21 C Mb22 D 640.310 Nmm  da4  di4  .70 mm/4  .64 mm/4 D D 10:144 mm3 32 d 32 70 mm Mbges Fz 640:310 Nmm 1000 N N N D C D C D 64;71  65 Wb Aı 10.144 mm3 631,5 mm2 mm2 mm2 Wb D

Fy  l T D Wt Wt  da4  di4 Wt D D 20:288 mm3 16 da 500  400 Nmm N N t D D 9;86  10 20:288 mm3 mm2 mm2 s     q N 2 N N 2 2 2 v D  C 3t D C 3  10  67 65 mm2 mm2 mm2 t D

Aufgabe 3 P a) Fz D 0 D FA C FB  3F ! FA D 3F  FB X

Mb D 0 D F  2l C 2F  3l  FB  5l D 0

FB D

8F l 8 D F 5l 5

8 15 7 FA D  F C F D F 5 5 5 Mbmax D

16 Fl 5

14Fl 5

b) yS D

16Fl 5

3a  5a2 C 3;5a  10a2 15a3 C 35a3 D 5a2 C 5a2 C 10a2 20a2 yS D a

6.6 Übungsklausuren

289

yS

yS

4,5a

a 2,5a 0,5a

emax

2

z3

z2

S2

1,5a

z1

a

3,5a

S1

1

3

S3

c) Iyges D I1 C A1  z12 C I2 C A2  z22 C I3 C A3  z32 5a  .2a/3 a  .5a/3 5a  a3 C 10a2  .2;5a/2 C C 5a2  a2 C C 5a2  .4a/2 12 12 12 40a4 C 125a4 C 5a4 D C 62;5a4 C 5a4 C 80a4 12 40 C 125 C 5 C 750 C 60 C 960 4 D a 12 1940 4 485 4 D a D a  162a4 12 3

Iyges D Iyges Iyges Iyges d) Wb D

Iyges emax

D

485 4 2 9 970 3 a  D a  35;9a3 I emax D a 3 9a 27 2 Mb 16  F  l  27 432 F  l D D 3 Wb 5  970  a 4850 a3 F l D 0;089  3 a 432 1000 N  1000 mm D  4850 103 mm3 N  89 mm2

max D max max max

290

6 Lösungen zu Verständnisfragen und Aufgaben

Aufgabe 4 lK imin r

lK D l D 350 mm s Imin 1200 cm4 D 2,93 cm imin D D A 140 cm2 350 cm

D D 119;45  120 2,93 cm

D 120 ) Euler-Knickung

D

2  E  2  210:000 N N D  144 2 2 2

2 mm 120 mm F N 500:000 N d D  36 D 2 A 14:000 mm mm2 K D

K 144 D  4 ) ausreichend Š d 36  2  E  Imin FK D l2 2   210:000 N  1200 cm4  102 mm2 D 3502 cm2 cm2 mm2 FK D 2030;32 kN SK D

SD

FK 2030,32 kN D D 4;06 FD 500 kN

6.6.4 Lösung Klausur 2 Aufgabe 1 a) lª D ˛  #  l D 1;2  105  60  500 mm D 0;36 mm ls D lª  a D 0;36 mm  0;2 mm D 0;16 mm ls N N 0,16 mm D 67;2 E D ) D  2;1  105 2 l 500 mm mm mm2

6.6 Übungsklausuren

291

b) lª D ls C a C x2 x2 D

F C

 l F l F 1 ) lª D CaC ) lª  a D F C EA C EA C lª  a 0,16 mm lª  a D l D )F D l 1 1 CC CC 500 mm 1 EA Er 2 C 100.000 2,1105 N 152 mm2 mm2

 N mm

103 N kN

D 11;97 kN ) D

F 11;97 kN N 11;97 kN D D 16;93 D A   r2 mm2   152 mm2

Aufgabe 2 a) i 1 2 P

Ai mm2 600 500 1100

zi mm 0 35

Ai zi mm3 0 17.500 17.500

zis = zi  zs mm 15,91 19,09

P zs D b) Iyges D

zi Ai 17:500 D D 15,91 mm Ages 1100

10 mm  603 mm3 50 mm  103 mm3 C 15;912 mm2  600 mm2 C 12 12 C 19;092 mm2  500 mm2

D 518.257,58 mm4

292

6 Lösungen zu Verständnisfragen und Aufgaben

Mb Mb D e Wb Iyges N 1p l2 1p 3 m 2F   l1 D 2  10 kN   200 mm  103  Mb D 2 l1 C l2 2 5 kN 103 mm D 848,53 Nm b D

emax D eu D 15;91 mm C 30 mm D 45;91 mm bmax D

Mb 848;53  103 Nmm N  emax D  45;91 mm D 75;17 Iy 518:257;58 mm4 mm2

max D b C z p p 1 1 2F 2  10 kN  103 N N 2 2 z D D D 6;43 Ages 1100 mm2 kN mm2 ) max D 75;17

N N N C 6;43 D 81;6 2 2 mm mm mm2

Aufgabe 3 T T D  3 Wt 16 d dz T D Fu  O 50 Nm D 500 N  100 mm D 50:000 Nmm D q2 D

Fres D

FU2 C FR2 D 583;1 N

l2 2  l1 D 583;1 N   100 mm D O 38;87 Nm l1 C l2 3 Mb Mb b D D  3 Wb d 32 s s  2 2   q

T M 16 2 b v D b2 C 3 2 D C 3  D 4Mb2 C 3T 2  3  3 d d d3 32 16 q 16 4Mb2 C 3Mt2 D d 3 q 16 ) d3 D 4Mb2 C 3T 2   v s q 1 3 d D 4Mb2 C 3T 2   v s q  2  2 16 mm2 3 D  4  38;87  103 Nmm C 3  50  103 Nmm D 17,03 mm   120 N Mb D Fres 

) dw  17,03 mm

6.6 Übungsklausuren

Aufgabe 4 a)

293

5 q  l4  384 E  I Fs  l 3 ws D 48E  I

wq D

5 q  l4 Fs  l 3 Fs  h   D 384 E  I 48E  I EA Fs  h Fs  l 3 5 q  l4 ) C D A 48I 384 I  3 h l 5 q  l4 ) Fs C D A 48I 384 I 4 5 ql 5q  l 4 1 iD i h h ) Fs D 3 3 h 384 I C l 384 hI C l

wres D wq  ws D

A

48I

A

48

5  10  .10:000/ i D 62,5 kN h 6 3 384 8000210 C 10:000  48 2002 4

D

4

) wres D

62;5  103  8000 D 0,076 mm 2;1  105  4 2002

b) Knickfall 2: l = h  4 d 64 s

D q D q I D

I A

h  64



d4

4  d2

D

4h 4  8000 mm D D 160 ) Euler d 200 mm

2  E  I l2  2 2;1  105 N    2004 mm4 kN ) FK D D 2543,48 kN mm2 64  80002 mm2  103 N FK 2543;48 kN SD D D 40;7 FS 62;5 kN

FK D

7

Verwendete Bezeichnungen und Indizes

7.1

Verwendete Bezeichnungen

A B a a, b a, b, c, h, l, s C C D, d d E EA EI e F G G  Ip g GEH GFK GJL GJS H I i K K

Fläche, Bruchdehnung, Querschnitt Breite Nahtdicke Konstanten Abmessungen Celsius Drehfederkonstante, Federkonstante, Integrationskonstante Durchmesser Differenzial Elastizitätsmodul Dehnsteifigkeit Biegesteifigkeit Abstand, Exzentrizität, Randfaserabstand Kraft Gestalt, Gleit-/Schubmodul Torsions-, Verdrehsteifigkeit Erdbeschleunigung Gestaltänderungsenergiehypothese Glasfaserverstärkter Kunststoff Gusseisen mit Lamellengrafit Gusseisen mit Kugelgrafit Höhe, Flächenmoment 1. Grades (statisches Flächenmoment) Flächenmoment 2. Grades (Flächenträgheitsmoment) Trägheitsradius Kelvin Kosten

© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2019 K.-D. Arndt et al., Festigkeitslehre für Wirtschaftsingenieure, https://doi.org/10.1007/978-3-658-26141-2_7

295

296

k k0 L, l M Mg m m0 N N NH n P PP PVC p q R, r R Rb S s SH T t Üb V v W w x, y, z ˛ ˇ  ,ı " # ' ,

 

7

Verwendete Bezeichnungen und Indizes

Krümmung bezogene oder spezifische Kosten Länge Material, Moment, Mittelpunktkoordinaten, Schubmittelpunkt Magnesium Masse, Poisson’sche Konstante, Steigung bezogene oder spezifische Masse Lastspiele Newton Normalspannungshypothese Anzahl, Drehzahl Leistung, Steigung des Gewindes Polypropylen Polyvinylchlorid Druck, Flächenpressung Streckenlast Radius Werkstofffestigkeit Randbedingung Schwerpunkt, Sicherheitsfaktor, Streckgrenze Abstand, Blechdicke, Wandstärke, Weg Schubspannungshypothese Temperatur, Torsionsmoment Tonne Übergangsbedingung Volumen Geschwindigkeit Arbeit, Formänderungsarbeit, Widerstandsmoment Koordinate, Durchbiegung, spezifische Formänderungsarbeit Koordinaten Korrekturfaktor, Winkel, Längenausdehnungskoeffizient Winkel Winkel, Winkeländerung, spezifisches Gewicht Differenz Dehnung, Querkürzung Temperatur, thermisch Anstrengungsverhältnis, Biegewinkel, Neigung, Verdrehwinkel, Winkeländerung Koordinaten, Korrekturfaktor Schlankheitsgrad Querkontraktionszahl (P OISSON’sche Konstante) Dichte, Krümmungsradius

7.2 Indizes

297

  !

Normalspannung, Spannung Schubspannung, Tangentialspannung Winkelgeschwindigkeit

7.2 Indizes A, B, C, D Al a B b bd bz CFK Cu D d E erf elast F f G ges Grenz H h I i K L l M m max mech min N n o P

Eckpunkte, Schnittbezeichnung Aluminium Abscheren, Ausschlagspannung, außen, axial Bruch Biegung Biegedruckspannung Biegezugspannung Carbonfaserverstärkter Kunststoff Kupfer Dauer Druck Elastizitätsgrenze erforderlich elastisch Fließen, Fließ-/Stauchgrenze, Formänderung Formänderung Gewicht gesamt Grenzspannung Horizontal Hauptachse Doppel-T Zählindex, Index, innere Knickung Winkel Lochleibung Material Mittelspannung, mechanisch, mittlere maximal mechanisch minimal Normal Nenn, normal Oberspannung Proportionalitätsgrenze

298

p plast proj q R r res S s Sch St T t # tat therm u v vorh W x, y, z z zd zul

7

Verwendete Bezeichnungen und Indizes

polar plastisch projiziert Querkraft Reißlänge radial resultierend Schwerpunkt, Stirnfläche, Streckgrenze Schub schwellend Stahl Traglänge tangential, Torsion, Zeit thermisch tatsächlich thermisch Umfang, Unterspannung Vergleichsspannung vorhanden Wand, wechselnd Koordinaten Zug Zug-/Druckspannung zulässig

7.3

Indizes von R

e eH eL p0,2 p0,01 m

Streckgrenze obere Streckgrenze untere Streckgrenze 0,2 % Dehngrenze 0,01 % Stauchgrenze Zugfestigkeit

Weiterführende Literatur

1. Assmann, B.: Aufgaben zur Festigkeitslehre, 13. Aufl. Oldenbourg, München (2009) 2. Assmann, B., Selke, P.: Festigkeitslehre, 18. Aufl. Technische Mechanik, Bd. 2. Oldenbourg, München (2013) 3. Böge, A.: Technische Mechanik. Statik – Dynamik – Fluidmechanik – Festigkeitslehre, 31. Aufl. Springer Vieweg (2015) 4. Brommundt, E., Sachs, G., Sachau, D.: Technische Mechanik. Eine Einführung, 4. Aufl. Oldenbourg, München (2007) 5. Falk, S.: Mechanik des elastischen Körpers. Technische Mechanik, Bd. 3. Springer, Berlin Heidelberg New York (1969) 6. Hibbeler, R.C.: Festigkeitslehre, 8. Aufl. Technische Mechanik, Bd. 2. Pearson Studium, München (2013) 7. Holzmann, G., Dreyer, H.-J., et al.: Holzmann-Meyer-Schumpich. Technische Mechanik – Festigkeitslehre. Springer Vieweg (2016) 8. Läpple, V.: Lösungsbuch zur Einführung in die Festigkeitslehre. Ausführliche Lösungen und Formelsammlung, 3. Aufl. Springer Vieweg (2012) 9. Läpple, V.: Einführung in die Festigkeitslehre. Lehr- und Übungsbuch, 4. Aufl. Springer Vieweg (2016) 10. Muhs, D., Wittel, H., et al.: Roloff/Matek Maschinenelemente. Normung – Berechnung – Gestaltung, 23. Aufl. Springer Vieweg (2015) 11. Skolaut, W. (Hrsg.): Maschinenbau, 2. Aufl. Springer Vieweg (2018)

© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2019 K.-D. Arndt et al., Festigkeitslehre für Wirtschaftsingenieure, https://doi.org/10.1007/978-3-658-26141-2

299

Stichwortverzeichnis

A Anstrengungsverhältnis, 184 Außendruck, 61 Axialspannung, 62, 63

B Beanspruchung dynamische, 34, 182 Beanspruchungsarten, 6 Belastung dynamische, 28 ruhende, 28 schwellende, 28 statische, 28 wechselnde, 28 Bemessungsechnung, 43 Bereich elastischer, 13 plastischer, 13, 14 Berührungsspannungen, 54 Biegebeanspruchung, 69 Biegelinie, 195 Biegemoment, 72 Biegesteifigkeit, 197 Biegung, 69 Bolzenverbindung, 109 Bredt’sche Formel, 134 Bruchfestigkeit, 31, 33 Bruchverläufe, 4

D Dauerbruch, 2, 34 Dauerfestigkeit, 28 Dauerfestigkeitsschaubild, 32

Dehnsteifigkeit, 17 Dehnung, 11–14, 51 Differenzialgleichung 2. Ordnung für die elastische Linie, 198 Drehfederkonstante, 131 Drillflächenmoment 2. Grades, 137 Drillwiderstandsmoment, 137 Druckbeanspruchung, 35 Dünnwandiger Querschnitt, 132 Durchbiegung, 197

E Eigengewicht, 28, 49 Elastische Knickung, 244 Elastizitätsgrenze, 13 Elastizitätsmodul, 16 Energiemethode nach Castigliano, 224 Ermüdungsbruch, 2, 3 Euler, 247 Euler’sche Knickfälle, 249

F Federrate, 130 Federsteifigkeit, 130 Festigkeit, 10 Festigkeitsbedingung, 43 Festigkeitshypothesen, 184, 187 Festigkeitslehre, 1 Flächenmomente 1. Grades, 87 Flächenmomente 2. Grades, 89 Flächenpressung, 54 Flächenträgheitsmomente, 85 Fliehkräfte, 68 Fließgrenze, 14, 31, 33, 182 301

302 Formänderungsarbeit, 24, 111, 131 Freimachen, 8 Freischneiden, 8

G Gesamtsystem, 20 Gestaltänderungsenergiehypothese, 179, 182 Gewaltbruch, 2 Gewichtskraft, 37 Gleichgewichtsarten, 239 Gleitung, 109 Grenzbeanspruchung, 5 Grenzdrehzahl, 69 Grenzgeschwindigkeit, 68 Grenzspannung, 10, 30, 33, 34 Grundbeanspruchungsart, 6, 7 Grundgleichung der Torsion, 126

H Hauptachsenwinkel, 171 Hauptgleichung der Biegung, 85 Hauptspannungen, 173 Hauptsystem, 228 Hertz’sche Theorie, 60 Hooke’sches Gesetz, 16 Hypothese der größten Gestaltänderungsenergie, 182 Hypothese der größten Normalspannung, 180 Hypothese der größten Schubspannung, 181

I Innendruck, 61, 64 Instabilität, 2 Integrationsmethode, 224 isotrop, 4, 33, 196, 262

K Kesselformel, 64 Klebverbindung, 109 Knicklänge, 35, 248 Knicklast, 242 Knicknachweis, 254 Knickspannung, 241, 247 Kohäsionskraft, 8 Korrekturfaktor, 185

Stichwortverzeichnis Kurzzeitfestigkeit, 31

L Längenänderung, 17 Längenausdehnungskoeffizienten, 51 Lastfall, 28 Lochleibung, 61 Lochleibungsdruck, 60

M Mindestsicherheit, 34 Mises-Hypothese, 182 Mittelspannung, 27, 28, 30 Mohr’scher Spannungskreis, 172

N Nachweis Festigkeit, 5 Nietverbindung, 109 Normalkraftkomponente, 9 Normalspannung, 10 Normalspannung, zusammengesetzt, 159 Normalspannungshypothese, 179, 180

O Oberspannung, 27

P Parallele Schaltung, 19 polares Flächenmoment 2. Grades, 125 polares Flächenträgheitsmoment, 125 polares Widerstandsmoment, 126 Profilmittellinie, 133, 134 Profilträger geklebt, geleimt, genietet, 121 geschweißt, punkt-, schrittgeschweißt, 121 Proportionalitätsgrenze, 11, 13, 244, 252

Q Quadrantenregel, 174 quasi-isotrop, 4 Querkontraktionszahlen, 24 Querkürzung, 23 Quetschgrenze, 252

Stichwortverzeichnis R Rastlinien, 3 Reaktionskräfte, 8 Reihenschaltung, 19 Reine Biegung, 80 Reißlänge, 50 Restbruchfläche, 3

S Satz von den zugeordneten Schubspannungen, 113 Scherspannung, 109 Schlankheitsgrad, 244 Schnittrichtung, 46 Schnittufer, 8, 73 Schrumpfspannung, 51 Schubblech, 120 Schubbruch, 3 Schubfluss, 132 Schubmittelpunkt, 122 Schubmodul, 110 Schubspannung, 109, 125 Schubspannungshypothese, 179, 181 Schubspannungsverteilung, 115 Schub- und Scherspannung, 109 Schweißverbindung, 109 Schwellfestigkeit, 33 Schwerpunkt, 88 Smith-Diagramm, 30 Spannung, 9 wahre, 13, 14, 37, 262 Spannungen durch Eigengewicht, 49 Spannungen durch Fliehkräfte, 68 Spannungen in zylindrischen Hohlkörpern, 61 Spannungsausschlag, 27 Spannungs-Dehnungs-Diagramm, 11 Spannungszustand einachsiger, 167 mehrachsiger, 167, 179 zweiachsiger, 167, 168 Sprödbruch, 34 Statik, 2 Statisch bestimmtes System, 228 Statisch unbestimmtes System, 224, 231 statische Bestimmtheit, 222 Stauch-/Quetschgrenze, 31 Steiner’scher Satz, 95 Streckenlast, 73

303 Streckgrenze, 11, 13, 31 Superposition, 157, 207

T Tangentialkraftkomponente, 9 Tangentialspannung, 10 Tangentialspannung, zusammengesetzt, 165 Teilabschnitt, 79 Teilschnittfläche, 9 Teilschnittkraft, 9 Teilsysteme, 20, 21 Tetmajer, 252 Torsion, 124 Torsionssteifigkeit einer Welle, 129 Torsionswiderstandsmoment, 126, 127 Tragfähigkeitsrechnung, 43 Trägheitsradius, 244 Traglänge, 49 Tresca, 181

U Überlagerungs- bzw. Superpositionsprinzip, 228 Unterspannung, 27

V Verdrehwinkel, 129 Vergleichsspannungshypothese, 167, 179 Verständnisfragen Kapitel 1, 37 Kapitel 2, 146 Kapitel 3, 189 Kapitel 4, 235 Kapitel 5, 256 Vorzeichendefinition, 72 Vorzeichenregel, 72, 199

W Wärmedehnung, 51 Wärmespannungen, 50 Wechselfestigkeit, 33 Werkstoff duktiler, 14, 181, 182 spröde, 5, 6 spröder, 14, 180

304 Werkstoffe duktil, 5, 6 duktile, 6 Widerstandsmoment, 83 Wirklinie, 41, 82, 263 Wöhler-Diagramm, 31

Stichwortverzeichnis Z Zeitfestigkeit, 31 Zugbeanspruchung, 34 Zugfestigkeit, 35 Zugspannung, 41 Zugversuch, 12 Zulässige Spannungen, 33 Zusatzsystem, 228