Etymologisches Wörterbuch der deutschen Sprache [25., durchgesehene und erw. Aufl.] 9783110223644, 3110223643

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Etymologisches Wörterbuch der deutschen Sprache [25., durchgesehene und erw. Aufl.]
 9783110223644, 3110223643

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KLUGE Etymologisches Wörterbuch der deutschen Sprache

KLUGE Etymologisches Wörterbuch der deutschen Sprache Bearbeitet von Elmar Seebold 25., durchgesehene und erweiterte Auflage

De Gruyter

1883 1884 1889 1894 1899 1910 1915 1921 1924 1934

1951

1. und 2. Auflage 3., unveränderte Auflage 4., verbesserte Auflage 5., verbesserte Auflage 6., verbesserte und vermehrte Auflage, davon zweiter Abdruck 1905 7., verbesserte und vermehrte Auflage (seitdem mit Alfred Götze) 8., vermehrte und verbesserte Auflage 9., durchgesehene Auflage 10., verbesserte und vermehrte Auflage 11. Auflage, mit Unterstützung von Wolfgang Krause bearbeitet von Alfred Götze, unverändert bis 14. Auflage 1948 15. Auflage, Friedrich Kluge/Alfred Götze, Etymologisches Wörterbuch der deutschen Sprache (unter Mithilfe von Hans Krahe besorgt von Alfred Schirmer)

ISBN 978-3-11-022364-4

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. © 2011 Walter de Gruyter GmbH & Co. KG, Berlin/Boston Typographie: Farnschläder & Mahlstedt, Hamburg Satz: pagina GmbH, Tübingen Druck und buchbinderische Verarbeitung: Bercker Graphischer Betrieb GmbH & Co. KG, Kevelaer ¯ Gedruckt auf säurefreiem Papier Printed in Germany www.degruyter.com

1953 1957 1960 1963 1967 1975 1989 1995 1999 2002 2011

16. Auflage, unveränderter Nachdruck 17. Auflage unter Mithilfe von Alfred Schirmer bearbeitet von Walther Mitzka 18. Auflage bearbeitet von Walther Mitzka 19. Auflage bearbeitet von Walther Mitzka 20. Auflage bearbeitet von Walther Mitzka 21. unveränderte Auflage 22., völlig neu bearbeitete Auflage von Elmar Seebold unter Mithilfe von Max Bürgisser und Bernd Gregor 23., erweiterte Auflage bearbeitet von Elmar Seebold (gebunden) unveränderter Nachdruck der 23. Auflage (broschiert) 24., durchgesehene und erweiterte Auflage von Elmar Seebold 25., durchgesehene und erweiterte Auflage von Elmar Seebold

Inhalt Vorwort und Dank

VII

Zur Einrichtung des Wörterbuchs

IX

Welche Wörter sind aufgenommen worden? Der Aufbau der einzelnen Artikel IX Einführung in die Terminologie

IX

XII

Abgrenzung XII Allgemeines, Urschöpfung XIII Wortbildung XIV Syntaktische Fügungen XIX Semantische Begriffsbildung XIX Kurzwörter XX Entlehnungen XX Wortgebrauch XXII Grammatik XXV Lautstand XXVI Zeitliche Verhältnisse XXVIII Register XXX Alphabet und Schreibung

XXXV

Alphabetische Ordnung XXXV Fremde Alphabete XXXV Allgemein verwendete diakritische Zeichen Besondere Lautzeichen XXXVI Abkürzungen und allgemeine Literaturangaben

XXXV

XXXIX

Allgemeine Abkürzungen XXXIX Abkürzungen der Sprachbezeichnungen XLI Abkürzungen der Zeitschriften und Reihen XLV Abgekürzt zitierte Literatur LII Wörterbuch

1

Vorwort In die neue Auflage des Etymologischen Wörterbuchs der deutschen Sprache sind die Ergebnisse der neueren Forschungen (so weit sie mir bekannt geworden sind) aufgenommen worden. Die einschlägige Fachliteratur wurde berücksichtigt und aufgeführt. Druckfehler und sonstige Versehen (einschließlich des neuen Typs von Druckfehlern, der durch die Automatisierung der elektronischen Erfassung entsteht) sind verbessert worden. Neue Artikel sind: abzocken, alpin, Ampere, Aron(s)stab, Arschkarte, aufbrezeln, Bachelor, Bantam, Bäuerchen, Bierdeckel, Bismarckhering, Bocksbeutel2, Bond, Breche, Browser, Buhei, Buhmann, Cent, Diesel, Dildo, Dioptrie, Dioxin, Dotcom, Elchtest, Engländer, Euro, Fanmeile, Fauna, Fundamentalismus, Generika, Hahn2, Handy, Harmschar, Hinkelstein, Klammeraffe, Klettverschluss, Klick, Kugelschreiber, Logistik, Mahlzeit, masturbieren, Missionsarsstellung, Natrium, outen, Quantensprung, Reißverschluss, Skate, Spam, Sultan. Neue Bearbeitungen bereits vorhandener Artikel sind: Alant, Alkali, Ampel, Arrak, Arsen, Backpfeife, Ball1, barmherzig, Base 2, Baum, Bilanz, Bison, Bleistift, blond, Bocksbeutel1, Bonus, Borax, Borretsch, Buckel, Büffel, dopen, Einhorn, Erbe1, Erbe 2, Faden, Firma, Flipper, Fräulein, Gadem, gelackmeiert, Gerät, Glas, Glosse, Gramm, Griebe, grüßen, Hahn1, Harmonika, Heide 1, Heimweh, Heinzelmännchen, Hefe, Jazz, Jeans, Kakerlak, Kalium, Kluft 2, Kobalt, lack, Languste, Leberkäse,

-lich, Lob, Million, Mine, neppen, Nippes, Nymphe, opfern, Ossi, Parlament, Pavian, pflegen, Pflug, Quecke, Radar, Rasse, Rosenmontag, Rum, Schaukel, Schminke, Schuh, schurigeln, schützen, Schwaige, Seele, Spiegelei, Stuhl, Süden, Tausendsassa, trivial, üppig, weichen, Welt, Wessi, Wiek, Windhund, Wisent, Wismut, Zink. Größere Zusätze (und gegebenenfalls Veränderungen) zu vorhandenen Artikeln sind: Affe, Akelei, Album, Banner, Bild, Bit, Dame 2, ein, Ferse, fliehen, Frau, freilich, geloben, Geschlecht, glauben, gleich, Gründonnerstag, Hamburger, Kerl, kitzeln, Land, Lende, lieb, lynchen, Makrele, Met, Morgengabe, Mühle, Nestel, neun, Schiff, trügen, Virus, Zigeuner.

Dank Der vorliegenden Neuauflage sind viele Anfragen und Hinweise (auch auf die trotz zahlloser Korrekturen offenbar noch nicht vollständig ausgerotteten Druckfehler) aus dem Kreis der Leser und der Fachforschung zugute gekommen. Es waren viele – und deshalb muss der Dank auch pauschal bleiben. In vielen Fällen werden die Anregungen an Neuformulierungen oder Neufassungen der betreffenden Artikel erkennbar sein. München, im Juli 2010 Elmar Seebold

Zur Einrichtung des Wörterbuchs Welche Wörter sind aufgenommen worden? Das Etymologische Wörterbuch der deutschen Sprache behandelt den Standardwortschatz der deutschen Gegenwartssprache und einen angemessenen Teil der peripheren Wörter. Da es handlich und deshalb einbändig bleiben soll, wurde hier auf die Behandlung durchsichtiger Wörter verzichtet, auch wenn sie wortgeschichtlich durchaus behandelnswert gewesen wären. Im Prinzip sind also Wörter wie Waschbecken oder Abendröte, die jeder Sprecher als „Becken zum Waschen“ und „Röte am Abend“ erklären kann, nicht aufgenommen. Kleinere Inkonsequenzen sind in Kauf genommen worden, etwa wenn ein Wort zwar durchsichtig, aber schon alt ist (z. B. Fliege zu fliegen) oder wenn bei seiner Bildung Fremdeinflüsse zu vermerken sind (etwa Dampfer). Diese Beschränkung hat zugleich Folgen für die Aufnahme der Wortbildungselemente. An sich sollte die Etymologie von Präfixen und Suffixen in der historischen Wortbildungslehre behandelt werden und nicht in einem Wörterbuch. Wenn aber die Durchsichtigkeit zum Abgrenzungskriterium erhoben wird, dann sollten auch die Mittel bereitstehen, um diese Durchsichtigkeit feststellen zu können. Aus diesem Grund haben wir die wichtigsten Wortbildungselemente in das Wörterbuch aufgenommen. Dabei wurden auch die wichtigsten Fremdpräfixe und -sufixe berücksichtigt. Nicht aufgenommen wurden Namen und Namen-Elemente – nicht, weil sie unwichtig oder uninteressant wären, sondern weil ihre Behandlung so wichtig und so schwierig ist, dass sie nicht nebenher in einem Wörterbuch mit anderer Ziel-

setzung erbracht werden kann. In ein paar Fällen (etwa Adam oder deutsch) haben wir eine Ausnahme gemacht, die wohl ausreichend begründet werden kann. Merklich voneinander verschiedene Wörter, die nicht ohne weiteres als zusammengehörig erkannt werden können, sind getrennte Stichwörter in getrennten Artikeln (z. B. Aas und aasen, Aal und aalen). Ableitungen und Zusammensetzungen mit bemerkenswerten Besonderheiten werden als Unterstichwort genannt (z. B. Älchen unter Aal). Erwähnenswerte Ableitungen und Zusammensetzungen werden im Text morphologisch eingeordnet. Zu einigen weiteren Bemerkungen in Bezug auf den Artikel-Bestand vgl. die „Einführung in die Terminologie“ unter 1.1, 1.2 und 4.1.

Der Aufbau der einzelnen Artikel Der Wörterbuchtext ist aufgeteilt in Wörterbuch-Artikel. Jeder Artikel besteht aus Lemma (Artikelkopf), Textteil und gegebenenfalls dem Verweisteil. Das Lemma besteht aus Stichwort und Routine-Information. Das Stichwort ist das Wort, das behandelt und unter dem der Artikel eingeordnet wird. Hat das Stichwort mehrere Varianten, so kann neben dem Stichwort ein Nebenstichwort stehen (vgl. etwa den Artikel Bries). Wird innerhalb des Artikels eine Ableitung o. dgl. gesondert behandelt, so entsteht ein Unterstichwort (vgl. etwa den Artikel Aal mit dem Unterstichwort Älchen). Von den normalen Artikeln zu unterscheiden sind die Verweis-Artikel und in Bezug auf den Aufbau die WortbildungsArtikel.

Zur Einrichtung des Wörterbuchs

1. Im Kopf des Artikels (Lemma) stehen fol-

gende Angaben: (a) Die neuhochdeutsche Lexikonform, falls notwendig auch die Lautform in eckigen Klammern; (b) grammatische Angaben (Genus, starkes oder schwaches Verb usw.); (c) die Markierung des Wortschatzbereichs (Standard, erweiterter Standard, peripherer Wortschatz, Näheres s. unter „Einführung in die Terminologie“ 6.1) und der Sprachschicht (archaisch, regional, fachsprachlich, umgangssprachlich usw.) sowie Angaben zur heutigen Verbreitung bei regional beschränkten Wörtern. Wenn nötig folgt dann (d) die Bedeutung – die Bedeutungsangaben sind nicht als Bedeutungsbeschreibungen gedacht, sondern als Identifizierungshilfen, vor allem bei Homonymen oder bei seltenen Wörtern. Schließlich (e) die Erstbezeugung nach Jahrhunderten. Falls später noch eine stärkere Veränderung in Form, Bedeutung oder Verbreitung eingetreten ist, wird für diese die Datierung ebenfalls angegeben. 2. Angaben bei Erbwörtern aus älterer Zeit:

a) Die mittelhochdeutsche, althochdeutsche und altsächsische Form (Althochdeutsch und Altsächsisch gelten als regionale Ausprägungen derselben Sprache). Ist eine altsächsische Entsprechung nicht vorhanden, wohl aber eine mittelniederdeutsche oder mittelniederländische, so werden diese Formen aufgeführt. b) Die germanische Grundform mit grammatischen Angaben und Bedeutung; dann die Formen der anderen germanischen Sprachen, in denen das Wort bezeugt ist. Ist das Wort nicht gemein-germanisch, so wird die erschlossene Form als nord- und westgermanisch oder westgermanisch oder vordeutsch bezeichnet (westgermanisch, wenn mindestens eine altenglische Entsprechung vorhanden ist, sonst vordeutsch. Die Zugehörigkeit friesischer Wörter muss von Fall zu Fall beurteilt werden). Aus Gründen der Systematik gilt ein Wort als germanisch, wenn es außer im Deutschen noch im Gotischen bezeugt ist. An dieser Stelle werden nur die ältesten Stufen der germanischen Sprachen berücksichtigt (zu den jüngeren s. u. 5 a).

X

c) Die indogermanische Grundform mit grammatischen Angaben und Bedeutung. Falls ein Wort nicht gemein-indogermanisch ist, wird es als west-europäisch (germanisch + keltisch oder italisch), ost-europäisch (germanisch + baltisch oder slavisch), west/ost-europäisch (germanisch + mindestens eine Sprache aus beiden zuvor genannten Gruppen) oder europäisch (germanisch + griechisch oder armenisch oder albanisch und gegebenenfalls weitere europäische Sprachen) bezeichnet. Aus systematischen Gründen gilt als indogermanisch eine Gleichung, die germanische und arische oder hethitische oder tocharische Formen umfasst. Untypische oder sonstwie besondere Beleglagen können als voreinzelsprachlich bezeichnet werden. Die genannten Bezeichnungen sind lediglich Beschreibungen der mit ihnen definierten Verbreitung und schließen nicht notwendigerweise sprachgeschichtliche oder andere Annahmen in sich. Wenn das Belegmaterial reich genug ist, wird lediglich Hethitisch, Altindisch, Tocharisch, Griechisch, Lateinisch, Altirisch (gegebenenfalls modernes Kymrisch), Litauisch und Altkirchenslavisch aufgeführt; andere Sprachen nur, wenn sie besondere Aufschlüsse bieten oder das Material der regelmäßig geführten Sprachen versagt. Soll bei einer erschlossenen Form lediglich angegeben werden, dass sie auf der Lautstufe des Germanischen oder Indogermanischen rekonstruiert ist, ohne dass damit Verbreitungsangaben eingeschlossen sein sollen, so werden die Sprachangaben in Klammern gesetzt: (g.), (ig.). Aus äußerlichen Gründen ist diese Markierung aber nicht in allen Fällen angewandt worden. d) Lässt sich das Wort als Ableitung zu einem Grundwort (oder als Zusammensetzung) erklären, wird der semantische Bildungstyp und die Grundlage genannt (z. B. Faktitivum zu ig. . . .), außerdem wird normalerweise das Benennungsmotiv erläutert. Kann kein Grundwort festgestellt werden, wird Entstehung dunkel (o. ä.) vermerkt; entsprechend Benennungsmotiv dunkel. Diese Feststellung besagt also nicht, dass das Wort innerhalb der indogermanischen Sprachen keine Vergleichsmöglichkeit findet, sondern nur,

XI

dass es in diesem Rahmen nicht morphologisch analysiert werden kann. e) Es können weitere Bemerkungen zu Lautstand, Morphologie, Semantik, Beleglage oder Wortgeschichte folgen, falls dies notwendig erscheint. 3. Angaben zu Bestandteilen des Erbwortschat-

zes aus jüngerer Zeit: a) Zeit und Typ der Bildung, Grundwort; b) Benennungsmotiv und Besonderheiten. 4. Angaben zu Entlehnungen: a) Zeit der Ent-

lehnung, Herkunftssprache und gegebenenfalls vermittelnde Sprache; b) kurze etymologische Erklärung des Wortes in der Herkunftssprache; falls diese vom Standpunkt der entlehnenden

Der Aufbau der einzelnen Artikel

Sprache nicht offenkundig ist, wird sie in den kleingedruckten Teil verwiesen; c) Verweis auf zugehörige Entlehnungen. 5. Verweisteil (Kleindruck): a) Entsprechungen

in den modernen germanischen Sprachen, und zwar Neu-Niederländisch, Neu-Englisch, NeuSchwedisch und Neu-Isländisch; fällt NeuSchwedisch aus, kann dafür Neu-Dänisch eintreten, fällt Neu-Isländisch aus, kann dafür NeuNorwegisch eintreten; b) mit vgl. wird auf semantisch oder sachlich zugehörige Einträge verwiesen, mit s. auf etymologisch zugehörige; c) Literaturhinweise; d) bei Entlehnungen etymologische Bemerkungen, falls diese vom Standpunkt der gebenden Sprache aus nicht klar sind.

Einführung in die Terminologie* 0.0 Dieses Wörterbuch ist für alle diejenigen geschrieben, die wissen wollen, woher die Wörter der deutschen Sprache kommen – deshalb hat der Verfasser nach Kräften versucht, sich allgemeinverständlich auszudrücken. Zugleich soll dieses Wörterbuch aber auch wissenschaftlichen Ansprüchen genügen – weshalb ein gewisses Maß an Fachterminologie unvermeidlich ist. Für diejenigen, die mit dieser Fachterminologie Mühe haben, ist der folgende Abriss geschrieben; die einzelnen Fachwörter (Termini) sind über das Register leicht zu finden. In einigen Fällen werden auch Fachwörter genannt, die hier nicht benutzt werden. Damit soll der Übergang zu fachlichen Darstellungen mit anderer Terminologie erleichtert werden.

tung, wobei nur ein Lexem eine Bedeutung im engeren Sinn aufweist.

In diesem Wörterbuch geht es um Wörter – und schon dies erfordert eine genauere Begriffsbestimmung: Hier soll unter Wort verstanden werden ein selbständiges Element einer sprachlichen Äußerung, das nicht aus anderen selbständigen Elementen besteht. Das kann ein „normales Wort“ sein oder ein Name oder eine beliebige Lautfolge, mit der etwas bezeichnet werden soll. Soll schärfer unterschieden werden, so wird hier Lexem für eine Einheit des Wortschatzes gebraucht und von Namen, von fremdsprachigen Ausdrücken und von „Spielmaterial“ abgegrenzt. Ein Wort hat eine Form, womit meist die Lautform gemeint ist, und eine Bedeu-

Namen sind zunächst Bezeichnungen von Individuen (seien es Personen oder Örtlichkeiten) – in diesem Fall sprechen wir von Personennamen, Ortsnamen, Flussnamen usw., allgemein von Eigennamen (als Fachwort für Eigenname wird zum Teil auch Nomen Proprium oder einfach Proprium gesagt). „Normale“ Wörter (genauer gesagt geht es nur um Substantive) nennt man im Gegensatz zu den Namen Appellativa (Singular: -um, manchmal sagt man auch ausführlicher Nomen Appellativum; als allgemeine, nicht auf eine bestimmte Wortart beschränkte Bezeichnung für „normale Wörter“ ist aber Lexem vorzuziehen). Namen werden in diesem Wörterbuch nicht behandelt, es sei denn, sie hätten nachträglich die Bedeutung eines „normalen“ Wortes (das eine Klasse von Gegenständen bezeichnet) erlangt. Ein Übergang von einem Namen zu einem Appellativum findet sich z. B. bei Zeppelin oder Dietrich (die Sie deshalb im Wörterbuch auch erklärt finden). Im weiteren Sinn spricht man auch von Namen, wenn nicht Individuen gemeint sind, sondern bestimmte einheitliche Typen, so z. B. bei Markennamen oder Tier- und Pflanzennamen. Auch Markennamen werden hier nicht geführt (sofern sie nicht aus irgendeinem Grund in die Gemeinsprache übergegangen sind, wie z. B. Fön), dagegen gelten die normalen Tier- und Pflanzennamen (nicht die spezielle zoologische und botanische Terminologie) als Lexeme und sind deshalb in angemessenem Umfang aufgenommen.

* Ausführliche Erklärungen, zusammen mit erläuternden Beispielen, finden Sie in dem Buch Elmar Seebold: Etymologie. Eine Einführung am Beispiel der deutschen Sprache (München 1981). Als terminologisches Lexikon ist zu empfehlen

Hadumod Bußmann: Lexikon der Sprachwissenschaft (3. Aufl. Stuttgart 2002) gegebenenfalls ergänzt durch dies.: Routledge Dictionary of language and Linguistics. transl. Gregory Trauth and Kerstin Kazzazi (London, New York 1996).

Abgrenzung 1.1

1.2

XIII

Eine Abgrenzung ist auch notwendig gegenüber den sogenannten Exotismen oder Fremdbegriffen, das sind Wörter fremder Sprachen, die Gegenstände und Einrichtungen bezeichnen, die es bei uns nicht gibt, die viele Sprecher aber aus Reiseberichten und ähnlichem kennen (etwa Samowar, Iglu, Squaw, Kimono usw.). Sie müssen teilweise als Bestandteil der deutschen Sprache angesehen werden, besonders wenn sie (wie etwa Bumerang) in Vergleichen verwendet oder (wie etwa Bazar) auf einheimische Einrichtungen übertragen werden; auch die Verwendung in der Mode (Kimono, Mokassin) führt häufig zu einem so hohen Bekanntheitsgrad, dass eine Erklärung erwünscht ist – es handelt sich in solchen Fällen um assimilierte Exotismen. Aber der größte Teil dieser Exotismen gehört allenfalls in den Sonderwortschatz bestimmter Fachleute oder Kenner der betreffenden Länder und wird deshalb hier nicht behandelt; dass man über Grenzfälle verschiedener Meinung sein kann, ist unvermeidlich.

1.3

Von den so abgegrenzten Wörtern suchen wir die Etymologie, d. h. ihre Herkunft (ihre Entstehung) und ihre darauf folgende Geschichte, soweit sie für das Verständnis wichtig ist. Man sagt gelegentlich auch, dass man das Etymon eines Wortes sucht – das ist eigentlich mehrdeutig: Es kann einerseits heißen „die Herkunft“ oder „die Erklärung der Herkunft“, andererseits konkret: das Wort, von dem das gesuchte Wort abgeleitet ist (das Grundwort, s. 3.5). 1.4

Allgemeines, Urschöpfung Schauen wir uns nun an, wie Wörter entstehen können (was die Herkunft der Wörter ist). Man könnte sich vielleicht denken, es sei der einfachste Fall, für etwas Neues auch eine neue Lautfolge zu „erfinden“ – das wäre die sogenannte Urschöpfung, die aber in Wirklichkeit (wenigstens in unseren Kultursprachen) sehr selten ist. Am nächsten kommt ihr noch die Laut-

2.1

Allgemeines, Urschöpfung

malerei oder Onomatopöie (mit dem Adjektiv onomatopoetisch); das ist der Versuch, das Gemeinte mit lautlichen Mitteln nachzuahmen. Speziell unterscheidet man dabei drei Fälle: die Lautnachahmung, bei der ein Geräusch (ein Tierlaut, das Begleitgeräusch eines Vorgangs u. ä.) mit sprachlichen Mitteln nachgeahmt wird – der Tierlaut etwa, um das Tier zu bezeichnen (Kuckuck), das Begleitgeräusch, um den Vorgang zu bezeichnen (plumpsen). Dann die Lautgebärde, bei der die Sprechwerkzeuge entweder Begleitgeräusche zu dem Gemeinten hervorbringen oder mit der Lauthervorbringung das Gemeinte nachahmen. Für das erste kann man auf die vielen Wörter für „Mutter“ verweisen, die aus einfachen Folgen von Nasalen und Vokalen bestehen (Mama u. ä.) – sie sind eigentlich Begleitgeräusche zum Saugen der Kleinkinder an der Mutterbrust; dann übertragen auf die Brust und die Mutter selbst. Als Beispiel für das andere etwa bibbern für „zittern“, das mit seiner raschen Aufeinanderfolge der beiden b und dem „Zitterlaut“ r das Gemeinte (nämlich das Zittern) nachahmt. Und schließlich das Lautbild, bei dem ein nicht-lautlicher Sinneseindruck mit lautlichen Mitteln wiedergegeben wird. 2.2

2.3 Dabei bedient man sich des Mittels der Lautbedeutsamkeit: Man benutzt etwa den Gegensatz zwischen hellen und dunklen Vokalen, also i/e gegenüber u/a, um den Gegensatz zwischen hell und dunkel, zwischen hoch und tief, zwischen klein und groß, schnell und langsam usw. auszudrücken. So empfinden wir, dass der durch das Auge empfangene Sinneseindruck Blitz durch das Wort Blitz „gut“ oder „angemessen“ oder gar „richtig“ zum Ausdruck gebracht wird: der helle und schnelle Eindruck wird durch das kurze i angemessen wiedergegeben. In gewissem Umfang treten im Rahmen der Lautbedeutsamkeit Formungen und Lautungen auf, die sonst unüblich sind oder die der Lautentwicklung nicht entsprechen. So etwa emphatische oder expressive Lautungen (Dehnungen, Ver-

Einführung in die Terminologie

XIV

doppelungen von Konsonanten, Verschiebungen der Artikulationsart usw.); Verdoppelungen von Silben (die sogenannte Reduplikation, die in früheren Stufen unserer Sprache auch in der Formenbildung der Verben eine Rolle gespielt hat, später aber nur noch lautbedeutsam ist); dann gibt es eigene Suffixe für entsprechende Wörter, im Deutschen etwa -zen für Verben, die Ausdruckslaute bezeichnen (ächzen, seufzen usw.) und anderes. „Bedeutsam“ sind in der Regel nur einzelne Laute eines Wortes, und sie spiegeln nur wenige Merkmale seiner Bedeutung. Es ist ein (allerdings häufig anzutreffender) Irrtum, dass sich bei einem solchen Wort die Bedeutung aus der „Bedeutsamkeit“ seiner Einzellaute zusammensetzt.

Wortinnere eingeschoben wurden: die Infixe im Rahmen der Infigierung. Ein Infix (Nasalinfix) ist z. B. das Nasalpräsens der frühen Sprachperioden: Das Präsens einer Verbalwurzel konnte dadurch markiert werden, dass ein nasalhaltiges Element entweder suffigiert oder infigiert wurde. Als allgemeiner Ausdruck für Wortbildungsvorgänge und ihre Ergebnisse wird hier Weiterbildung benützt. In der modernen Terminologie, die versucht, alle natürlichen Sprachen mit der gleichen Terminologie zu erfassen, werden alle wortbildenden Elemente wie auch die Flexionselemente und die Wurzeln der Wörter Morpheme genannt. Dieser Terminus ist aber für die Beschreibung flektierender und wortbildender Sprachen wie dem Deutschen zu abstrakt und wird hier deshalb im allgemeinen nicht verwendet.

Wortbildung

3.2

Wesentlich häufiger als die Urschöpfung ist das Verfahren der Wortbildung, bei dem eine neue Bezeichnung mit Hilfe bereits vorhandener Wörter gebildet wird – entweder durch Zusammensetzung (Komposition) verschiedener Wörter (Haus + Tür wird zu Haustür) oder durch die Ableitung (Derivation) mit Hilfe zusätzlicher Elemente (Affixe). Diese sind meist am Wortende angehängt (Suffixe): Fabel + -haft wird zu fabelhaft, das wäre die Suffigierung; oder sie sind dem Wort vorangestellt (Präfixe): tauschen + ver- wird zu vertauschen, das wäre die Präfigierung (die häufig als besonderer Bildungstyp von der Ableitung getrennt wird). Ein Sonderfall besteht darin, dass die hinzugefügten Elemente selbständig bleiben, so dass eigentlich nicht die Bildung eines neuen Wortes vorliegt, wenn auch die semantische Veränderung des Grundworts ganz ähnlich ist wie bei der Präfigierung (z. B. einschlafen – er schläft ein; man spricht hier von einem Partikelverb; wenn auch andere Teile, z. B. erstarrte Akkusativ-Objekte wie in teilnehmen, berücksichtigt werden sollen, spricht man meist von Verbzusätzen). In frühen Sprachstufen gab es auch noch Elemente, die in das

3.3

3.1

Bei der Komposition kann es vorkommen, dass zwischen den beiden Teilen ein besonderes Element, das Fugenelement, eingeschoben wird (z. B. Wald-es-Lust). Diese Elemente sehen aus wie Kasus- oder Numerussuffixe des ersten Bestandteils, sind aber ihrer Funktion und weitgehend auch ihrer Herkunft nach anders zu erklären. In alten Sprachzuständen konnte auch an den Schluss eines Kompositums ein besonderes Suffix treten, das gewissermaßen die Komposition (oder einen besonderen Typ von Komposition) markierte. Solche Elemente nennt man Kompositionssuffixe. Bei der Ableitung kann es vorkommen, dass ein Wort einfach in eine andere Wortart überführt wird (was man an der Flexion und am syntaktischen Gebrauch sieht), ohne dass ein besonderes Suffix auftritt. In diesem Fall spricht man meist von Nullableitung (Arbeit – arbeiten), aber auch andere Termini (Konversion, implizite Ableitung u. a.) werden, meist mit schlechter Abgrenzung ihres Anwendungsbereichs, verwendet. Andere Komplikationen entstehen daraus, dass bestimmte zweite Bestandteile von Zusammensetzungen so häufig werden, dass sich ihre Bedeutung abschwächt und sie gewissermaßen

XV

zu Suffixen werden (etwa -mann, -zeug, -mäßig usw.). In solchen Fällen spricht man von einem Halbsuffix oder auch Suffixoid. Entsprechend geht es bei der Entwicklung von präfixartigen Elementen aus ersten Bestandteilen von Zusammensetzungen: Sie sind gegebenenfalls Halbpräfixe oder Präfixoide (z. B. erz-, ur-). Eine Besonderheit ist auch der Vorgang, bei dem gleichzeitig präfigiert und abgeleitet wird, die sogenannte Präfixableitung, z. B. wenn zu Ziffer das Verb entziffern gebildet wird (es gibt weder *ziffern noch *Entziffer, so dass beide Bildungsvorgänge zugleich erfolgt sein müssen). Damit verwandt ist die Partikelableitung, bei der der Zusatz trennbar bleibt (z. B. einäschern, er äschert ein – es gibt aber weder *äschern, noch *Einasche). Ein weiterer Sonderfall liegt vor, wenn zu einem Wort eine „Ableitung“ gebildet wird, die aussieht, als ob der Bildungsvorgang umgekehrt verlaufen wäre (die sogenannte Rückbildung): So sieht das Wort Bettler aus, als ob es von betteln abgeleitet wäre (ein Bettler ist jemand, der bettelt). In Wirklichkeit ist das Wort Bettler älter, und wie in anderen Sprachen ist das Wort für „betteln“ davon abhängig (vgl. l. mendicus „Bettler“ – mendicare „betteln“); aber da Bettler aussah wie eine Täterbezeichnung zu einem Verb, hat man für die Tätigkeit des Bettlers dieses vermeintlich zugrunde liegende Verb auch gebildet. In diesen Bereich gehören vor allem auch die sogenannten Nomina Postverbalia oder einfacher Postverbalia; das sind Substantive, die von einem Verb abgeleitet sind, aber formal aussehen, als seien sie dessen Grundwort (Wink ist von winken abgeleitet, äußerlich gesehen könnte es umgekehrt sein). Dieser Fachausdruck ist aber veraltet und entspricht der modernen Erfassung solcher Erscheinungen eigentlich nicht mehr in vollem Umfang; er sollte deshalb besser vermieden werden.

3.4

Damit ist der Vorgang der Wortbildung beschrieben, aber wenn wir uns für die Herkunft interessieren, gehen wir ja den umgekehrten Weg: Wir haben das abgeleitete Wort bereits vor-

3.5

Wortbildung

liegen und analysieren es nun, indem wir die Affixe ablösen (oder die Komposition trennen), um damit zu dem Grundwort zu gelangen (wenn man mangels genauer Kenntnis weniger genau sein will, sagt man auch Grundlage; bei der Komposition oder Präfigierung nennt man das einfache Grundwort Simplex). Es kann sein, dass man auch das Grundwort weiter analysieren kann und dessen Grundwort wieder – aber irgendwann einmal hört das auf, und man kommt zu Grundlagen, die nicht mehr analysierbar sind. Diese Grundlagen nennt man traditionellerweise Wurzeln. In der Sprachfamilie, zu der das Deutsche gehört, sind solche Wurzeln in den meisten Fällen Verbalwurzeln, d. h. das Wort, das diese Wurzel vertritt, ist ein Verb. In der frühen Zeit wurden dabei auch die einzelnen Stämme des Verbs (ein Präsens-Stamm, ein Perfekt-Stamm und anderes) durch besondere Bildungsvorgänge aus der Wurzel gewonnen: entweder durch Suffixe oder Infixe (z. B. bei den Nasalpräsentien) oder durch bloßen Vokalwechsel (Ablaut) bei den sogenannten Wurzelpräsentien (bei denen die Verbalendungen ohne Zwischenglied an die Wurzel antreten). 3.6 Nominale Bildungen, die unmittelbar aus der Wurzel gewonnen wurden (wenn sie auch semantisch von der Bedeutung des Verbs abhängig waren), nennt man primäre Bildungen (sie haben in der Regel ein Suffix, es gibt aber auch Wurzelnomina, bei denen kein Suffix vorhanden ist); werden sie aus einem bereits gebildeten Wort abgeleitet, sind es sekundäre Bildungen. Ganz am Schluss des Wortes kommen dann die Personalund Kasus-Endungen; ihre Form (und auch ihre Auswahl) ist häufig davon abhängig, mit welchem Laut das vor ihnen stehende Element (die Wurzel oder das Suffix) aufhört. Danach unterscheidet man konsonantische und vokalische Stämme (s. 3.7); die konsonantischen können Wurzelnomina oder Wurzelverben sein oder ein mit einem Konsonanten endendes Suffix aufweisen (z. B. n-Stämme, r/n-Stämme [bei denen ein mit -r gebildeter und ein mit -n gebildeter Stamm einander ergänzen] und anderes); vokalische

Einführung in die Terminologie

Stämme (die insgesamt viel häufiger sind) haben in der Regel ein Suffix, das auf einen Vokal endet; es können aber auch Wurzelverben (oder selten Wurzelnomina) auf Langvokal sein, die sogenannten Verba pura (Singular: Verbum purum). Die gleichen Bildungsverfahren sind dabei in der Wortbildung wie auch in der Stammbildung zu beobachten (d. h. bei der Bildung von Stämmen, die wir der Flexion zurechnen, z. B. dem Perfektstamm beim Verb usw.). Bestimmte Bildungstypen und bestimmte Affixe spielen in der frühen Wort- und Stammbildung eine große Rolle; man spricht dann etwa von ti-Abstrakta (und dem ti-Suffix), den r/n-Stämmen, den s-Stämmen, den Nasalpräsentien, den Wurzelnomina usw. Besonders häufig und besonders wichtig ist (beim Nomen und beim Verbum) eine Bildungsweise, bei der ablautendes e/o vor der Endung steht, der sogenannte Themavokal. Solche Bildungen nennt man thematisch; eine sekundäre Überführung andersartiger Bildungen in thematische wird Thematisierung genannt; Bildungen, die dieses Element nicht zeigen, sind athematisch. Zum vollen Verständnis von Argumenten mit solchen Ausdrücken ist natürlich nötig, dass man die betreffenden Bildungsverfahren und ihre Besonderheiten auch wirklich kennt. Das ist nun allerdings dem Fachmann und dem Spezialstudium vorbehalten, so dass der Nicht-Fachmann sich mit einem entsprechend eingeschränkten Verständnis begnügen muss.

3.7

Über die ursprüngliche Form der Wurzeln und ihre Erweiterungen gibt es mehrere Theorien. Wichtig ist, dass normalerweise eine Wurzel im Bereich unserer Sprache und ihrer Vorformen einsilbig ist (meist in der Form Konsonant + Vokal + Konsonant); es kommt aber auch vor, dass an den letzten Konsonanten noch ein Vokal gefügt wird (häufig ein ¡, über dessen Lautwert keine Einigkeit besteht). In solchen Fällen spricht man von zweisilbigen Wurzeln/Basen/Grundlagen. An die Wurzel können Erweiterungen

3.8

XVI

verschiedener Form treten: entweder einfache Konsonanten oder Vokal + Konsonant (oder Diphthong) – letzteres setzt eine Schwundstufe der Wurzel voraus (zu dieser s. u.). Das charakteristische Element der Erweiterung ist in der Regel der in ihr enthaltene Konsonant oder Halbvokal, danach spricht man dem jeweiligen Konsonanten entsprechend z. B. von einer Dentalerweiterung. Der Ausdruck Wurzel wird dadurch etwas mehrdeutig: Er bezeichnet sowohl die nicht mehr analysierbaren Elemente wie auch die, die bei der Wortbildung gleich eingesetzt werden (aber letztlich doch noch weiter analysierbar sind). Zurück zur Wortbildung: Ein Wort kann aus einem Substantiv oder Adjektiv gebildet sein – dann nennen wir es denominal, oder aus einem Verb – dann nennen wir es deverbal. Ein Adjektiv, das aus einem Verb gebildet und semantisch eng mit ihm verbunden ist (vielleicht sogar – wie die Partizipien – zu seinem Formenbestand gehört), nennen wir ein Verbaladjektiv (gerissen etwa wäre ein Verbaladjektiv zu reißen), ein Substantiv in dieser Stellung nennen wir ein Verbalsubstantiv. Zu den Verbaladjektiven gehören vor allem die Partizipien und die Adjektive der Möglichkeit (z. B. abwaschbar zu abwaschen); zu den Verbalsubstantiven der Infinitiv und das sogenannte Verbalabstraktum, d. h. ein Substantiv, das aus einem Verb gebildet ist und das gleiche bedeutet – nur wird es eben als Substantiv gebraucht (etwa Verallgemeinerung zu verallgemeinern, Stich zu stechen). Entsprechend verhält es sich mit dem Adjektivabstraktum (Reinheit zu rein, Röte zu rot). Wird ein alleinstehendes Adjektiv oder ein Infinitiv mit dem Artikel versehen und damit wie ein Substantiv gebraucht, so ist es substantiviert und wir sprechen von einer Substantivierung. Alle diese Abstraktbildungen haben die Tendenz, zu Bezeichnungen für Sachen, zu Konkreta (Singular: -um) zu werden (z. B. Bedienung oder Zeichnung). 3.9

Einige Ableitungstypen weisen typische Funktionen auf, die mit bestimmten traditionellen Ausdrücken bezeichnet werden. So kann von 3.10

XVII

fast jedem Substantiv ein Diminutiv (also eine Verkleinerungsform – man findet auch Deminutiv) gebildet werden, wie etwa Häuschen zu Haus. Mit den Diminutiven verwandt sind die Kosewörter oder Hypokoristika, die allerdings meist als Namen gelten und deshalb hier weniger einschlägig sind. Das Gegenteil dazu, das Augmentativum (die „Vergrößerungsform“) kommt im Deutschen bei Suffigierungen nicht vor. In den gleichen Bereich gehört schließlich das Kollektivum, die als Einheit gesehene Mehrheit (so ist Gebirge ein Kollektivum zu Berg: bei ihm handelt es sich eigentlich um eine Mehrheit von Bergen, die aber als Einheit gesehen wird, eben als „Gebirge“). Alle diese Bildungen sind Modifikationen, d. h. das neue Wort gehört zur gleichen Wortart wie sein Grundwort und hat im Prinzip die gleiche Bedeutung (der aber ein weiteres Merkmal hinzugefügt wird). Wird von der Bezeichnung eines männlichen Wesens (oder einer geschlechtsneutralen Bezeichnung) ein besonderes Femininum gebildet (z. B. Hündin zu Hund), so nennt man dieses Wort moviert, die Bildungsweise Motion (auch Movierung). Soziativbildungen nennt man solche, die Personen bezeichnen, die etwas gemeinsam tun oder haben, z. B. Geselle, ursprünglich derjenige mit dem man den Saal gemeinsam hat. Andere Substantiv-Typen sind vorwiegend von Verben abgeleitet; so die Nomina Actionis, die eine Handlung, vorwiegend in ihrem Verlauf, bezeichnen (Verzeihung zu verzeihen), gegenüber den Nomina Acti (oder genauer Nomina Rei Actae), die stärker das Resultat einer Handlung betonen (Pflanzung zu pflanzen). Die Nomina Instrumentalia (Nomen Instrumenti) oder Instrumentalbildungen bezeichnen das Werkzeug zu einer Handlung (Bohrer zu bohren); die Nomina Agentis oder Täterbezeichnungen bezeichnen den Täter – heute meist zu Verben (Fahrer zu fahren), früher häufig auch zu Substantiven (Sänger zu Sang). Nomina Qualitatis sind Eigenschaftsbezeichnungen zu Adjektiven (Größe zu groß). Lokalbildungen drücken den Ort eines Geschehens bei Verben (Wohnung zu 3.11

Wortbildung

wohnen) oder den Aufenthaltsort von Gegenständen (bei Substantiven) aus. Bei den Adjektiven sind noch besonders die Materialadjektive zu erwähnen, die den Stoff angeben, aus dem etwas gemacht ist (hölzern zu Holz). Auch die Zugehörigkeitsbildungen sind meist Adjektive, können aber auch Substantive sein; sie drücken eine Zugehörigkeit zum Grundwort aus, etwa ärztlich in ärztliche Kunst oder ärztliche Praxis („zum Arzt gehörig“). Kontrastbildungen sind den Pronomina nahestehende Adjektive, die einen klaren Gegensatz zu einem anderen Begriff ausdrücken (rechts zu links, oben zu unten usw.). Für die Wortbildung sind sie deshalb wichtig, weil bestimmte Suffixe nur in solchen Kontrastwörtern vorkommen. 3.12 Bei den Verben haben wir zunächst die Kausative, die ausdrücken, dass eine Handlung veranlasst oder bewirkt wird (tränken zu trinken als „trinken machen“); dann die Iterative, die eine Wiederholung anzeigen (sticheln zu stechen); entsprechend die Frequentative (die eigentlich die häufige Wiederholung ausdrücken, aber meist gleichbedeutend mit Iterativ gebraucht werden); die Intensive zum Ausdruck einer verstärkten Handlung (zucken zu ziehen); die Durative für einen fortlaufenden Vorgang (besonders aus Adjektiven, z. B. faulen zu faul); die Inchoative (auch Incohative) für eine beginnende Handlung (erröten zu rot); bei Ableitungen aus Adjektiven außerdem die Faktitive (die angeben, wozu etwas gemacht wird, wie wärmen „warm machen“) und schließlich solche, die die syntaktische Konstruktion betreffen – vor allem Transitive, die mit dem Akkusativ konstruiert werden und Intransitive, bei denen das nicht der Fall ist (streng genommen solche, die keinen Kasus regieren). So wird etwa aus antworten durch die Präfigierung mit be- das Transitivum beantworten. Diesen Vorgang nennt man Transitivierung. 3.13 Bei den Zusammensetzungen, den Komposita (Singular: -um), ist die Hauptgruppe die der Determinativ-Komposita. Das sind solche,

Einführung in die Terminologie

bei denen die Zusammensetzung eine speziellere Form von dem bedeutet, was im Hinterglied genannt ist (eine Haustür ist eine speziellere Form von einer Tür). Eine heute seltenere Gruppe sind die Possessiv-Komposita oder, wie man mit einem Ausdruck der indischen Grammatik häufig sagt, die Bahuvr-ıhis. Das sind Komposita, die etwas bezeichnen, das weder im Hinterglied noch im Vorderglied benannt ist, sondern das besitzt, was in diesen Gliedern genannt wird. So ist ein Dickkopf ja nicht ein dicker Kopf, sondern jemand, der einen dicken Kopf (im übertragenen Sinn) besitzt, oder ein Rotkäppchen ist nicht ein rotes Käppchen, sondern ein Mädchen, das ein rotes Käppchen besitzt usw. Solche Bildungen, bei denen das Gemeinte außerhalb des durch die Glieder Angegebenen liegt, nennt man auch exozentrisch – es sind meist Komposita, aber auch anderes. Der weniger häufig gebrauchte Gegenbegriff wäre endozentrisch zur Bezeichnung von Bildungen, bei denen ein Grundwort (Determinatum) näher bestimmt wird durch ein anderes Wort oder ein Affix (Determinans). Sehr selten sind im Deutschen die Kopulativkomposita, die etwas bezeichnen, das die Summe der beiden Glieder darstellt (etwa Strumpfhose). Eine besondere Form der Komposita sind schließlich die Verdeutlichungen, oder, wie man mit einem Beispielwort auch sagt, die Lindwurm-Komposita. Das sind Wörter, die veraltet sind oder gleichlautende Wörter anderer Bedeutung neben sich haben, und nun verdeutlicht werden, indem man sie zu einem Kompositum umbaut, in dessen Hinterglied ein Allgemeinbegriff steht. So sagte man statt Maultier früher einfach Maul – aber dies war gegebenenfalls missverständlich wegen des gleichlautenden Maul (für „Mund“), und so wurde ein Kompositum daraus gemacht mit dem Allgemeinbegriff Tier im Hinterglied. Wieder ein anderer Bildungstyp mit besonderen formalen Merkmalen (Betonung) sind die Verstärkungsbildungen (wie splitternackt zu nackt), deren Funktion gelegentlich auf Vergleiche zurückgeführt werden kann, aber vielfach nicht genauer erklärbar ist.

XVIII

Soweit die Wortbildung, wie sie sich auch heute noch vor unseren Augen abspielt. Wenn man sich aber mit den Bildungsweisen älterer Sprachzustände befasst, findet man auch Bildungsmittel vor, die wir heute nicht mehr haben und die wir teilweise nicht mehr verstehen. So haben die frühen Bildungen häufig Vokalwechsel, auf deren wichtigsten Fall, den Ablaut, unten (10.9) noch einzugehen sein wird. Eine Möglichkeit des Ablauts, die wir heute nicht mehr haben, ist die Vriddhi (das ist ein Ausdruck der alten indischen Grammatiker): Bei der Ableitung von Substantiven oder Adjektiven aus anderen Substantiven oder Adjektiven wird im Grundwort der erste Vokal gedehnt; die Bedeutung dieser Bildungen ist die der Zugehörigkeit. So ist bei dem Wort für „Hahn“ (in vorgermanischer Lautform *kano-) eine Ableitung gebildet worden, die eigentlich „zum Hahn gehörig“ bedeutet, und die diese Vokaldehnung aufweist, nämlich *k anes- „Huhn“. 3.14

Bildungsweisen, deren Funktion wir nicht mehr durchschauen, sind vor allem die Wurzelerweiterung durch sogenannte Wurzeldeterminative und das s mobile. Unter Wurzelerweiterung verstehen wir, dass wir bei gleicher Bedeutung teilweise kürzere und teilweise längere Wurzelformen vorfinden. Formal kann man dies folgendermaßen beschreiben: Es sind vokalische oder konsonantische Elemente oder beides an die ursprüngliche Wurzelform angetreten. Aber soweit wir erkennen können, hat sich dabei die Bedeutung nicht geändert, und außerdem treten bei diesen Wurzelerweiterungen alle möglichen Lautformen auf (was bei der normalen Wortbildung nicht der Fall ist). Hier liegt also offenbar eine Bildungsmöglichkeit vor, deren Funktion uns verschlossen bleibt. Unter s mobile verstehen wir den Fall, dass in unseren Vergleichsformen solche mit einem anlautenden s neben solchen ohne dieses s vorkommen (z. B. d. schmelzen, ahd. smelzan – e. to melt). Ob dieses „bewegliche s“ der Rest eines Präfixes ist oder ein uns unbekanntes Bildungsmittel oder eine lautliche Verstärkung oder eine Lautentwicklung in be3.15

XIX

stimmten Umgebungen, können wir nicht sagen – vermutlich sind auch nicht alle Fälle gleich zu beurteilen. Die Gesamtheit aller Bildungen aus einem Grundwort oder einer Wurzel nennen wir Wortfamilie. Die vollständige Erfassung einer Wortfamilie ist nur bei konsequent historischer Betrachtungsweise möglich. Die Wortfamilien, die sich auch im Wortschatz der Sprecher als für den Sprachgebrauch relevante Einheiten finden, sind im allgemeinen weniger umfangreich, da im Zuge von Lexikalisierungen die Zugehörigkeit ursprünglicher Mitglieder solcher Wortfamilien für den Sprecher nicht mehr erkennbar ist.

3.16

Syntaktische Fügungen Es gibt auch feste Wendungen, die mehr als ein Wort umfassen – weshalb es umstritten ist, ob man sie in einem Wörterbuch behandeln soll oder in einer speziellen Sammlung solcher Phrasen oder Idiome. In diesem Wörterbuch haben wir in beschränktem Umfang und ohne Anspruch auf Systematik eine größere Anzahl solcher Wendungen behandelt, vor allem, wenn sie auf das Wort, unter dem sie aufgeführt sind, zusätzliches Licht werfen. Solche Wendungen sind teils festgewordene Fügungen (wie grüner Salat), teils Zitate (wie des Pudels Kern nach Goethes Faust). 4.1

Einige dieser Wendungen fassen wir heute sogar als einheitliche Wörter auf (wie etwa abhanden, das ursprünglich von ab den Handen „von den Händen weg“ abgeleitet ist), besonders bei bestimmten syntaktischen Fügungen wie Präposition + Substantiv oder bei Wörtern, die keinen selbständigen Ton haben, sondern entweder vor einem anderen Wort hängen (Proklise, proklitisch, wie z. B. das zu des Infinitivs) oder hinter einem anderen Wort hängen (Enklise, enklitisch, wie z. B. da in der Mann da). Solche Fälle von Zusammenwachsen nennen wir

4.2

Semantische Begriffsbildung

Zusammenrückungen (oder Univerbierungen). Etwas anders zu beurteilen sind die Zusammenbildungen, bei denen in einen Wortbildungsvorgang Teile aufgenommen werden, die gegenüber dem Grundwort syntaktisch frei sind. So ist Grundsteinlegung das Abstraktum zu einen Grundstein legen (wo legen und Grundstein selbständige Wörter sind), oder blauäugig zu hat blaue Augen (zu beachten ist, dass es weder *Legung noch *äugig gibt). Hierzu gehören auch die Nominalformen der Partikelverben, die damit zwischen den syntaktischen Fügungen und den Wortbildungen stehen. Ein Sonderfall solcher Wendungen besteht schließlich darin, dass nicht eine Wortgruppe, sondern ein flektiertes Wort in anderer Funktion verwendet wird (z. B. geschweige, das eigentlich eine Verbalform ist, als Konjunktion). Diese Fälle nennt man Hypostasierung und den Vorgang Hypostase. 4.3

Semantische Begriffsbildung Etwas anderes ist es, wenn eine neue Bezeichnung dadurch gewonnen wird, dass man die Bedeutung eines bereits bestehenden Wortes verändert. Äußerlich gesehen bleibt das Wort dabei gleich, aber in der Bedeutung ist es anders geworden, es hat eine zweite Bedeutung hinzugewonnen, so dass wir auch hier von einem Bildungsvorgang reden können (der sich auf die Semantik, den Bedeutungsbereich, beschränkt). Solche Bedeutungsveränderungen verlaufen nach ganz bestimmten Mustern. Eines ist die Bedeutungsübertragung oder Metapher. Dabei wird ein Wort, das sonst X bezeichnet (z. B.: Rohr bezeichnet sonst „Schilfrohr“, also eine Pflanze) dazu verwendet, auch Y zu bezeichnen, weil sich X und Y in mindestens einem Merkmal ähnlich sind (z. B. Rohr wird dazu verwendet, auch künstlich geschaffene Röhren zu bezeichnen, weil sich Schilfrohr und künstlich geschaffene Röhren darin ähnlich sind, dass es sich bei ihnen um lange, runde, innen hohle Gegenstände handelt). 5.1

Einführung in die Terminologie

Ein weiteres solches Muster ist die Bedeutungsverschiebung oder Metonymie. Dabei wird etwas mit einem Wort bezeichnet, das eigentlich etwas mit ihm Zusammenhängendes meint. Typische Fälle sind etwa die Bezeichnungen von Kleidungsstücken durch das Wort für den Körperteil, den diese Kleidungsstücke bedecken: Ärmel oder in der Fachsprache auch Arm für das, was den Arm bedeckt; Kragen für das, was den Kragen (Hals) bedeckt, Leib oder Leibchen für das, was den Leib bedeckt usw. Dies ist aber nur ein besonderer Fall der Metonymie, es gibt noch viele andere Typen.

5.2

Sehr wichtig ist dann auch die Synekdoche oder die Bezeichnung pars pro toto („der Teil für das Ganze“). Sie tritt etwa auf, wenn wir eine Wohnung oder ein Haus als den (häuslichen) Herd bezeichnen (wir meinen ja wesentlich mehr als den Herd), oder etymologisch: (ein-)schenken bedeutet eigentlich nur „schräg halten“; man bezeichnete also das Ganze (das Einschenken) durch eine Teilhandlung (das Schräghalten).

5.3

Eine solche bildliche Verwendung eines Wortes führt noch nicht automatisch zu einem neuen Lexem oder einer neuen Bedeutung eines Lexems (das wären zwei verschiedene mögliche Beschreibungen des Endergebnisses solcher Vorgänge); dazu muss sie erst von der Sprachgemeinschaft aufgenommen werden. Zunächst dienen sie nur zur Bezeichnung – darunter wird hier die Erfassung eines Stücks Wirklichkeit durch sprachliche Mittel verstanden. Erst wenn sie aufgenommen sind, werden sie zu einer Benennung, zu einem in der Sprache vorgesehenen Mittel der Erfassung dieses Stücks Wirklichkeit. In der traditionellen Sprache der Rhetorik sind die genannten Typen von Bedeutungsveränderungen (Tropen) eigentlich nur als Bezeichnung für den Ersatz eines Wortes durch eine bildliche Wendung gedacht; werden sie verwendet, um einen Begriff zu erfassen, der anders nicht durch ein einfaches Wort erfasst werden kann, ist für diesen Vorgang in der Rhetorik der Ausdruck Katachrese vorgesehen.

5.4

XX

Kurzwörter 6. Eine moderne Form der Wortbildung sind

dann schließlich die Kurzwörter und Abkürzungen. Reine Abkürzungen, die man beim Sprechen als Buchstabenfolge ausspricht (BGB) oder wieder auflöst (usw.) sind in diesem Buch nicht aufgenommen. Solche, die wie ein Wort ausgesprochen werden (wie in neuerer Zeit Super-GAU oder AIDS, jetzt auch schon Aids, sogenannte Akronyme), sind in beschränkter Zahl aufgenommen, in der Regel solche, die schon älter sind und bei denen die Herkunft bereits nicht mehr allgemein bekannt ist. In größerem Umfang aufgenommen sind gekürzte Wörter, sogenannte Kopfwörter, bei denen nur der Anfang geblieben und der Schluss weggelassen ist (Auto für Automobil), und Schwanzwörter (bei denen der Schluss geblieben und der Anfang weggelassen ist, wie Bus aus Omnibus). Es gibt noch kompliziertere Formen der Wortfabrikation, bei der beliebige Teile der vollen Bezeichnung zu einem neuen Wort zusammengefaßt werden, doch wird auf sie nur in Sonderfällen am Rande eingegangen, weil diese Art der Bildung bis jetzt weitgehend auf Namen von Institutionen, Produkten usw. beschränkt ist. Im Deutschen nur selten, dafür im Englischen sehr beliebt und von dort vielfach übernommen, sind die blendings, die aus zwei Wörtern eines machen, um eine Bedeutung zu erfassen, die mit den Bedeutungen der beiden Ausgangswörter zu tun hat (im Deutschen etwa verschlimmbessern aus verschlimmern und verbessern, im Englischen etwa Smog aus smoke und fog).

Entlehnungen Ein großer Bereich der Gewinnung neuer Wörter besteht dann schließlich in der Entlehnung aus anderen Sprachen. Wir können z. B. ein englisches Wort in einen deutschen Text aufnehmen, und wenn dies häufig geschieht, wenn die Sprachgemeinschaft diese Übernahme ak7.1

XXI

zeptiert, dann wird dieses ursprünglich englische Wort auch zu einem deutschen (wie z. B. Sport, bei dem heute nur noch der Sprachgeschichtler daran denkt, dass dies eigentlich ein englisches Wort ist). Und dies gilt nicht nur für das Englische, sondern in früheren Jahrhunderten vor allem für das Französische und schon vor Beginn unserer schriftlichen Überlieferung bis heute für das Latein (und über das Latein auch das Griechische) – daneben auch für viele andere Sprachen, die aber nur in geringerem Umfang in Frage kommen. Besonders um die Flexion zu erleichtern, bekommen die Entlehnungen gelegentlich ein wortart-spezifisches einheimisches Wortbildungssuffix angehängt, das dann keine besondere Wortbildungsbedeutung hat, die sogenannten Adaptionssuffixe (z. B. -ieren bei Verben, z. B. diskutieren zu l. discutere, oder -isch bei Adjektiven, z. B. afrikanisch zu l. africanus). Nun ist der Fall, dass das Wort ganz übernommen wird (wie das eben genannte Sport, das ein Lehnwort ist), nicht die einzige Möglichkeit der Entlehnung. Ein mehrgliedriges Wort kann z. B. Stück für Stück übersetzt werden – die Lehnübersetzung, wie z. B. Geistesgegenwart aus frz. présence d’esprit. Ist es nur teilweise übersetzt und in anderen Teilen selbständig, spricht man von Lehnübertragung, z. B. bei Fegefeuer, das von l. purgatorium abhängig ist, aber nur mit fegen das - übersetzt, während der lateinischen l. purgare Lokativ-Ableitung im Deutschen ein zweites Kompositionsglied entspricht. Komplizierter ist die Lehnbedeutung, bei der ein Wort nach dem Vorbild eines fremden Wortes eine zusätzliche Bedeutung bekommt. So bedeutet das deutsche Wort lesen in alter Zeit eigentlich nur „auflesen“; aber das lateinische Wort, das „auflesen“ bedeutet (l. legere), bedeutet zugleich auch „(Schrift) lesen“, und danach hat auch das deutsche Wort die Bedeutung „(Schrift) lesen“ bekommen. – Von den Lehnwörtern unterscheidet man gelegentlich die Fremdwörter, die ihr fremdartiges Aussehen behalten haben und nicht assimiliert worden sind. Solche Fremdwörter hat man immer wieder aus der Sprache auszuscheiden ge7.2

Entlehnungen

sucht, indem man bestimmte Ersatzwörter für sie vorgeschlagen hat. Diese sind teilweise durchgedrungen, teilweise nicht. Sie bilden aber eine sprachgeschichtlich aufschlussreiche Erscheinung, so dass sie im Wörterbuch in der Regel erwähnt sind. Interessant ist dann der Fall der Scheinentlehnung, bei der ein fremdsprachiges Wort aufgenommen wird, das in der Ausgangssprache gar nicht existiert. Wir sagen z. B. Oldtimer für ein altes Auto – das sieht aus wie eine Entlehnung aus dem Englischen; aber im Englischen sagt man für diese Sache veteran car, der Ausdruck Oldtimer scheint also gar nicht englisch zu sein. Diese Fälle sind meist sehr schwer zu beurteilen, weil man nicht mit Sicherheit sagen kann, ob das Wort in der Ausgangssprache nicht doch ein paarmal aufgetreten und dabei entlehnt worden ist (worauf man dann in der Ausgangssprache ein anderes Wort einführte). Zu einem solchen Fall s. Handy.

7.3

7.4 Wenn man in verschiedenen Sprachen gleichbedeutende Wörter mit gleichem Aufbau hat, aber nicht entscheiden kann, ob eine Lehnübersetzung o. ä. vorliegt, spricht man zurückhaltender von Übersetzungsgleichungen oder Übersetzungsäquivalenten (man kann z. B. nicht sagen, wo die beliebte Bezeichnung der Zigarette als Sargnagel, ne. coffin nail, nisl. lík-kistunagli zuerst aufgetreten ist – es sind Übersetzungsgleichungen, die erst durch eine besondere Untersuchung geschichtlich gedeutet werden können). Wörter, die in alle wichtigen Kultursprachen entlehnt worden sind, nennen wir Internationalismen (man sagt auch Europäismen u. ä.); bei den sehr frühen Fällen dieser Art (Bezeichnungen für Gewürze, Metalle u. ä.) spricht man meist von kulturellen Wanderwörtern. 7.5 Allgemein trennt man den Lehnwortschatz vom Erbwortschatz und spricht demgemäß von Erbwörtern. Hat ein Wort Bestandteile aus dem Erbwortschatz und dem Lehnwortschatz zugleich, spricht man von hybriden Bildungen

XXII

Einführung in die Terminologie

(das gilt auch, wenn ein Wort aus verschiedenen sonstigen Sprachen Elemente aufweist, z. B. aus Latein und Griechisch). Beruhen Entlehnungen darauf, dass eine Völkermischung eingetreten ist, dann spricht man von einer Substratsprache oder einem Substrat, wenn aus der Sprache des unterlegenen Volkes Wörter aufgenommen worden sind (Substrate werden aber häufiger behauptet als nachgewiesen). Sind umgekehrt aus der Sprache des überlegenen Volkes Wörter aufgenommen worden, so spricht man von einem Superstrat. Da aus dem Lateinischen und den auf dieses folgenden romanischen Sprachen zu allen Zeiten Wörter ins Deutsche entlehnt worden sind, macht hier die sprachliche Bestimmung gelegentlich Mühe. Wir nennen hier Wörter, die mit lateinischem Sprachmaterial (das vielfach griechische Bestandteile aufweist) in neuer Zeit gebildet worden sind, neoklassisch. Bei den romanischen Sprachen ist zu beachten, dass ihre Vorformen, die für die Entlehnung ins Deutsche wichtig sind, häufig nicht belegt werden können, sondern nur erschlossen sind. Solche Wörter sind regelmäßig durch einen Stern (*) markiert und gegebenenfalls als frühromanisch bezeichnet.

7.6

In den Teilen 2–5 dieser Übersicht sind die Möglichkeiten der Herkunft eines Wortes aufgezählt – die verschiedenen Bildungsvorgänge, die in einer Sprache ein neues Wort (oder ein Wort in einer neuen Bedeutung) hervorbringen. Kommen wir bei unserer geschichtlichen Analyse eines Wortes nicht bis auf einen solchen Bildungsvorgang zurück, so nennen wir die Entstehung dunkel. Das bedeutet nicht, dass wir das Wort nicht zurückverfolgen können – unter Umständen kann es für die indogermanische Grundsprache eindeutig erschließbar sein; aber wir können seine Bildung nicht erklären und damit bleibt seine Entstehung für uns dunkel.

7.7

Wortgebrauch Die Wörter unserer Sprache liegen uns nicht alle gleich nahe: Einige kommen uns recht veraltet vor – wir würden z. B. das Wort Odem in normaler Sprache gar nicht benützen, es ist ein Archaismus, ein altertümliches Wort. In diesem Wörterbuch werden dabei als Stufen unterschieden veraltet, obsolet („stark veraltet“) und Archaismen (die einem größeren Teil der Sprecher nicht mehr bekannt sind). Manche Wörter sterben auch aus und werden dann (durch das Nachahmen des Gebrauchs älterer Texte) wiederbelebt, wie z. B. das Wort tarnen. Das Extrem auf der anderen Seite sind die Neologismen, die Neuwörter, die gerade erst in Gebrauch gekommen sind und bei denen man noch nicht so recht weiß, ob man sie schon unbesorgt gebrauchen darf. Andere Wörter liegen uns nicht so nahe, weil sie fachsprachlich sind – dabei denken wir in erster Linie an die Wissenschafts- und Berufssprachen; aber auch die Angler und Briefmarkensammler haben ihre Fachsprache. Es geht dabei einfach um einen Wortschatz, der spezieller ist, als ihn die Allgemeinheit benötigt, und deshalb nur von den kleinen Gruppen der Fachleute benützt wird. Wörter, die nur von kleinen Gruppen benutzt werden, kommen auch in anderen Zusammenhängen vor – z. B. Anspielungen auf die griechische und römische Mythologie oder andere geschichtliche Zustände, über die nur diejenigen reden können, die direkt oder indirekt mit der Sache zu tun gehabt haben. Solche Wörter nennen wir bildungssprachlich. In derart verschiedenen Sprachausprägungen (auch in verschiedenen Regionalsprachen usw.) treten häufig verschieden entwickelte Formen (Lautformen, Flexionsformen) aus demselben Ausgangspunkt auf. Solche verschiedenen Formen aus gleichem oder nahe verwandtem Ursprung nennen wir Varianten. Insgesamt wird hier unterschieden zwischen dem Wortschatz des Standards, zu dem auch veraltete, regionale, stilistisch markierte, vulgäre, tabuisierte und kindersprachliche Wörter gehören können; dem des erweiterten Standards, zu dem die weniger 8.1

XXIII

gebräuchlichen Wörter gehören, einschließlich der bildungssprachlichen, der obsoleten und der regional beschränkten; und schließlich dem peripheren Wortschatz, bei dem allgemeines Verstehen nicht vorausgesetzt werden kann (hierzu auch archaische Wörter, die mehr oder weniger ausgestorben sind und nur noch von einzelnen Sprechern gebraucht werden). Andererseits bemühen sich die Sprecher, eine bestimmte Form der Sprache zu sprechen, etwa die Hochsprache. Sie setzen also z. B. mundartliche Lautformen regelmäßig in hochsprachliche Lautformen um. Dabei kann es nun vorkommen, dass sie sich in der Beurteilung täuschen, dass sie ein Wort hochsprachlich machen, das gar nicht in die Hochsprache gehört, oder dass sie die Lautform falsch beurteilen und so eine falsche hochsprachliche Lautform herstellen. Solche Fälle nennt man Hyperkorrektismen. Es kann auch sein, dass die Sprecher ein Wort fälschlich an eine andere Sprachform angleichen, z. B. an das Französische, weil sie meinen, das betreffende Wort sei französischer Herkunft (oder weil ihnen die französische Aussprache passender erscheint oder aus welchen Gründen auch immer). Dann sagt man, eine Form sei französisierend; wenn man z. B. an das Griechische angleicht, ist die Form graezisierend und entsprechend bei anderen Sprachen. Häufig ist auch die (Re-) Latinisierung eines Wortes, das aus einer romanischen Sprache übernommen wurde.

8.2

Wenn ein Wort gebildet wird, dann hat es in der Regel zunächst eine systematische Bedeutung oder Bildungsbedeutung, d. h. seine Bedeutung kann aus der Bedeutung der Elemente und der Kenntnis der Funktion der Fügungsregeln erschlossen werden. Wenn Sie z. B. das Wort Fensterreiniger zum ersten Mal hören, dann können Sie die (systematische) Bedeutung erschließen aus Ihrer Kenntnis von Fenster, reinigen und Ihrer Kenntnis des Wortbildungstyps der Nomina Agentis und Nomina Instrumentalia auf -er sowie der Möglichkeit, bei solchen Nomina das Objekt der Handlung als Kompositionsglied

8.3

Wortgebrauch

anzufügen; also: „jemand, der Fenster reinigt“ oder „etwas, womit man Fenster reinigt“. Die meisten Wörter entwickeln aber nach einiger Zeit Besonderheiten, die nicht mehr aus den Bestandteilen erschlossen werden können. Ein Maikäfer z. B. ist nicht mehr einfach ein Käfer, den man im Mai vorfinden kann, sondern ein ganz bestimmter Käfer (auch wenn man ihn im April oder Juni findet), und andere Käfer, die man im Mai finden kann, nennen wir nicht so. Diese Art der Differenzierung nennt man Polarisierung. Die Bedeutung solcher Wörter muss man irgendwann lernen, sie sind lexikalisiert (wenn man nur speziell die Weiterentwicklung der Bedeutung meint, sagt man auch idiomatisiert oder ohne geschichtliche Deutung idiomatisch). Zu den Besonderheiten der Bedeutung gehört auch, dass sie individuelle oder stilistische Bewertungen entwickeln, die mit der Bedeutung selbst nichts zu tun haben (so hat etwa das Wort Führer aus geschichtlichen Gründen für uns einen negativen Beiklang). Soll auf solche Besonderheiten hingewiesen werden, so unterscheidet man zwischen der Denotation (der Bedeutung im eigentlichen Sinn) und der Konnotation (dem Beiklang, den Assoziationen). Die Sprecher reagieren nun teilweise auf solche Entwicklungen, indem sie die Wörter wieder im systematischen Sinn gebrauchen, sie wieder „verdeutlichen“. Diesen Vorgang erkennt man am besten daran, dass er manchmal zu Ergebnissen führt, die historisch gar nicht richtig sind, dass die Sprecher also eine „Verdeutlichung“ bewirkt haben, die etwas ganz Neues hervorbringt. So bedeutet etwa das Wort irritieren eigentlich „reizen“; aber die Sprecher haben geglaubt, es an irre anschließen zu müssen und haben es dann in der Bedeutung „irre machen, verwirren“ gebraucht. Diese Reaktion kann sogar die Lautgestalt des Wortes verändern, so etwa wenn ein Wort, das eigentlich Freithof lauten müsste (und in alter Zeit gelegentlich auch in dieser Form auftaucht), an Friede angeschlossen und dann Friedhof ausgesprochen wird. Solche Erscheinungen nennt man meist Volksetymolo8.4

Einführung in die Terminologie

gie, eine neutralere Bezeichnung ist Sekundärmotivation. Auch in anderen Bereichen, etwa der Morphologie, können Umdeutungen auftreten, etwa wenn ein Suffix mit einem gleichlautenden Suffix anderer Herkunft identifiziert wird.

XXIV

im Wörterbuch). Eine auf diese Weise abschätzige oder abwertende Bedeutung nennt man eine pejorative.

Andere derartige Veränderungen durch die Sprecher kommen davon, dass diese bestimmte Muster als Vorbild genommen und auf andere Fälle übertragen haben. So können wir etwa sagen tags in der Bedeutung „tagsüber“, indem wir einfach den Genetiv von Tag adverbial verwenden. Nach diesem Muster sagen wir nun auch nachts „die Nacht über, in der Nacht“, obwohl Nacht gar keinen Genetiv auf -s hat. Solche Fälle nennt man Analogie. Wieder ein anderer Fall, in dem sich die Sprecher „zu viel gedacht haben“, sind die falschen Ablösungen, bei denen eine Form oder eine Wortgruppe nicht so aufgelöst wird, wie es historisch gerechtfertigt wäre. So ist etwa Otter in der Bedeutung „Schlange“ (wie in Kreuzotter) eine falsche Ablösung aus Natter : Bei mundartlichen Formen von eine Natter [nadr] wurde falsch getrennt in [-n adr].

Eine andere Form der Bedeutungsentwicklung ist die Bedeutungsverallgemeinerung (ein Wort bekommt eine allgemeinere Bedeutung, z. B. Sache wird von „Gerichtssache“ verallgemeinert zu „Ding“). Im Gegensatz dazu steht die Bedeutungsverengung, bei der ein Wort eine eingeschränktere Bedeutung bekommt (z. B. Fass, das ursprünglich allgemein „Gefäß“ bedeutete, vgl. Tintenfass und Salzfass). Die verschiedenen Möglichkeiten der Bedeutungsentwicklung bringen es mit sich, dass ein Wort mehrere Bedeutungen haben und eine Bedeutung durch mehrere Wörter ausgedrückt werden kann. Es ist deshalb nicht unwichtig, ob man sein Material nach den Wortformen oder nach den Bedeutungen ordnet. Ordnet man nach den Wortformen und fragt nach deren Bedeutungen, so wendet man das semasiologische Verfahren an; ordnet man nach den Bedeutungen und fragt, durch welche Wörter sie ausgedrückt werden können, so ist das Verfahren onomasiologisch.

Bestimmte Besonderheiten ergeben sich auch schon beim Gebrauch der Wörter: Manche Wörter will man z. B. nicht „in den Mund nehmen“, weil sie Dinge betreffen, über die man nicht gerne redet (die körperliche Ausscheidung, Geschlechtsverkehr u. ä.). In solchen Fällen werden gerne verhüllende Wörter (Hüllwörter oder Euphemismen) verwendet (etwa Hintern oder der Hintere statt Arsch usw.). Nach einiger Zeit gelten häufig auch diese Hüllwörter wieder als „zu direkt“, so dass sie durch neue ersetzt werden müssen. Das Wort, das als Hüllwort herangezogen wird, macht damit natürlich eine Bedeutungsverschlechterung durch: Es muss für den gemiedenen Begriff mit eintreten. Typisch ist etwa, dass Wörter für „Mädchen“ (wie Dirne) zu Wörtern für „Prostituierte“ werden. Es gibt auch andere Gründe für eine Bedeutungsverschlechterung, etwa wenn ein gleichbedeutendes Wort das höhere Prestige hat (vgl. etwa Frauenzimmer

Wird etwas sprachlich zweimal benannt (etwa in den Teilen eines Kompositums), so nennt man dies eine Tautologie (der häufigste Fall sind die unter 3.13 behandelten LindwurmKomposita, es gibt aber auch anderes). Sind zwei ursprungsverschiedene Wörter gleichlautend, so nennt man dies eine Homonymie (sind sie nicht ganz gleichlautend, eine Paronymie). Sind die Bedeutungen dieser gleichlautenden Wörter ähnlich, so werden sie vom Sprecher für dasselbe Wort gehalten (vgl. etwa im Wörterbuch unter Spieß); sind die Bedeutungen stark unterschiedlich (Fuge „Ritze“ und „Musikstück“), so stört der Gleichlaut nicht; sind sie dagegen verschieden, aber verwechselbar oder sonstwie störend, so werden die beiden Wörter differenziert (verschieden gemacht), häufig auch so, dass eines von beiden schwindet (es gibt im übrigen auch andere Gründe für eine Differenzierung, etwa, dass zwei Wörter genau die gleiche Bedeutung

8.5

8.6

8.7

8.8

XXV

haben – dies stört den automatischen Ablauf der Sprache). Werden Teile eines sprachlichen Ausdrucks weggelassen, so nennt man dies eine Ellipse (etwa ein Helles statt ein helles Bier). Die Abgrenzung gegenüber Erscheinungen mit ähnlichen Auswirkungen wird verschieden vorgenommen, so dass der Begriff etwas unpräzis ist. Werden in einem mehrteiligen Kompositum die Mittelglieder ausgelassen (Reißzwecke statt Reißbrett-Zwecke), so spricht man von einer Klammerform.

8.9

Beeinflussen sich zwei (meist gleichbedeutende) Wörter so stark, dass sie in eines verschmelzen, so spricht man von einer Kontamination (die Wörter sind kontaminiert).

8.10

Besondere Schwierigkeiten für die Untersuchung bieten Wörter, die in irgendeiner Weise selten sind. Dazu gehören die Wörter, die in der Überlieferung nur einmal bezeugt sind – ein solches Wort nennt man Hapax legomenon oder kurz Hapax (d. h. „einmal gesagt“). Eine ähnliche Besonderheit besteht darin, dass ein Wort nur in Wörterbüchern, nicht in Texten bezeugt ist (hier wird im allgemeinen vermerkt: nur bei Lexikographen o. ä.). – Anders ist es bei den Relikten: Das sind Wörter oder Formen, die Merkmale eines älteren Systems bewahrt haben, die sonst überall beseitigt worden sind. So ist etwa gülden neben Gold das Relikt eines Lautwechsels ü–o (der darauf beruht, dass der Umlaut ü vor einem folgenden i/j aus u entstand und ein solches u vor dunklen Vokalen zu o wurde). Etwas Ähnliches wie die Relikte sind die Unregelmäßigkeiten, die Abweichungen von einer systematischen Bildung, die meist ebenfalls auf früheren Regelmäßigkeiten beruhen. Von Gelegenheitsbildungen oder okkasionellen Bildungen sprechen wir, wenn ein Wort in einer bestimmten Situation für einen bestimmten Zweck geprägt, dann aber wieder vergessen wird. Gelegentlich werden solche Bildungen aber verallgemeinert und in den normalen Wortschatz aufgenommen. 8.11

Grammatik

Grammatik Auch bei der Besprechung der Etymologie ist immer wieder auf die grammatischen Eigenschaften der betreffenden Wörter einzugehen; zunächst auf die Wortarten. Unter einem Nomen (Adjektiv: nominal) verstehen wir ein Substantiv oder Adjektiv (meist ein Substantiv); es flektiert nach Kasus und Numerus, wobei für letzteren zu beachten ist, dass es in der früheren Zeit auch einen Dual gegeben hat, einen Numerus, der die natürliche Paarigkeit (z. B. von Körperteilen wie Ohren) bezeichnet. Beim Kasus wird gelegentlich der Kasus obliquus oder obliquer Kasus genannt. Darunter versteht man zunächst den Akkusativ, allgemeiner dann aber auch die Kasus außerhalb des Nominativs (und Vokativs). Für die Wortbildung wichtig ist auch der Lokativ, ein Kasus, der den Ort bezeichnet (es gibt auch lokativische Bildungen, die nicht speziell Kasusformen sind). Eine Nominalform ist eine entweder wortbildungsmäßig oder nach Kasus und Numerus als Nomen bestimmte Form. 9.1

9.2 Beim Verb sind zunächst finite Formen (die Personalformen) von den infiniten Formen (wie Infinitiv und Partizip) zu unterscheiden; von diesen ist der Infinitiv ein Verbalsubstantiv, das Partizip ist ein Verbaladjektiv. In anderen Sprachen und in früheren Sprachzuständen gibt es außerdem noch ein Gerundiv(um), das sogenannte Participium Necessitatis (Partizip der Notwendigkeit; Angabe, dass das im Verb Ausgedrückte getan werden muss) und das Gerundium, ein zugehöriges Verbalsubstantiv. Bei den finiten Formen sind besonders die Diathesen zu erwähnen (die Unterscheidung zwischen Aktiv und Passiv; in der früheren Zeit gab es auch noch eine dritte, die funktionell häufig unserem Reflexivum entspricht, die mediale Diathese) sowie die Unterscheidung nach Tempus (Zeit) und Modus (Aussageart). Eine in den frühen germanischen Sprachen wichtige Stammbildung waren die Präteritopräsentien, die wie ein starkes Präteritum flektierten, aber präsentische Bedeutung

XXVI

Einführung in die Terminologie

haben (und zu dieser eine schwache Präteritalform bilden). Bei den Adjektiven sind die verschiedenen Steigerungsformen zu beachten: der Positiv (die Normalform), der Komparativ (die Steigerungsform) und der Superlativ (die Höchststufe, die außerhalb von Vergleichen Elativ genannt wird). Bei den mit den Adjektiven verwandten Zahlwörtern sind verschiedene funktionelle Sonderformen zu beachten. Neben den üblichen Kardinalzahlen (5, 6) und Ordinalzahlen (5., 6.) gibt es Multiplikativzahlwörter (fünfmal, sechsfach) und Distributivzahlwörter (je fünf, je sechs). Über die Adverbien ist hier nichts besonderes zu sagen; dagegen seien die Partikeln (nicht flektierende Wörter) besonders erwähnt. Eine Sonderstellung in Bezug auf die Etymologie nehmen die Interjektionen (Ausrufewörter) ein.

9.3

Was die syntaktische Konstruktion anbelangt, so sei hier auf die Unterscheidung zwischen affiziertem Objekt und effiziertem Objekt hingewiesen. Effiziert ist ein Objekt, wenn es durch die Verbalhandlung bewirkt bzw. hervorgebracht wird (z. B. ein Bild malen); affiziert ist das Objekt, wenn es durch die Handlung betroffen wird (den Hund schlagen).

9.4

Nomina werden nach Kasus und Numerus abgewandelt (dekliniert, Deklination), Verben nach Person, Numerus und Tempus/Modus (konjugiert, Konjugation). Beides zusammen nennt man Flexion (die Wörter werden flektiert) und das Verfahren dieser Abwandlung überhaupt die Morphologie einer Sprache (mit dem gleichen Wort bezeichnet man auch die Beschreibung dieser Möglichkeiten). Den gesamten Formenbestand, den ein Wort haben kann, nennt man sein Paradigma; fehlen bestimmte Teile, so ist das Paradigma defektiv wie z. B. bei den Pluralia tantum, den Wörtern, die nur im Plural vorkommen (z. B. Leute). Tritt für eine fehlende Formenreihe die Reihe eines anderen Wortes ein, so ist das Paradigma suppletiv(z. B. die Steigerungsformen gut, besser, am besten).

9.5

Grammatische Wörter, die die Stelle der Nomina einnehmen oder diese begleiten können, sind die Pronomina. Sie haben häufig bestimmte altertümliche Stämme, die Pronominalstämme, die vielfach sehr kurz, unregelmäßig und vielseitig verwendet sind. Zu den wichtigsten Funktionen der Pronomina gehört die Wiederaufnahme von etwas bereits besprochenem, der Rückbezug oder die anaphorische Funktion. Die Begleitung oder den Einsatz der Zeigegeste nennt man die deiktische Funktion oder Deixis. 9.6

Lautstand Was den Lautstand anbelangt, so bezeichnen wir die Bestandteile der Wortform als Laute; betrachten wir die Laute vom Lautsystem her (z. B. danach, ob sie Bedeutungen differenzieren können oder nicht), dann sprechen wir von Phonemen. Nach der Art der Hervorbringung unterscheiden wir bei den Lauten Vokale (Öffnungslaute, bei denen der Luftstrom beim Sprechen nicht behindert wird) und – terminologisch etwas ungenau – Konsonanten, bei denen der Luftstrom beim Sprechen behindert wird (eigentlich müsste man Vokale und Nicht-Vokale unterscheiden; daneben Sonanten und Konsonanten, d. h. Silbenträger und Laute außerhalb des Silbengipfels). Den Gesamtbestand der Vokale einer Sprache, auch den Vokalbestand eines Wortes, nennt man häufig den Vokalismus; entsprechend verwendet wird Konsonantismus. Laute, die je nach Umgebung als Sonant oder Konsonant realisiert werden, nennt man Halbvokale. Laute, die beim Übergang von einem Laut zu einem anderen eingeschoben werden (z. B. ein j zwischen i und a), nennt man Gleitlaute. 10.1

Die Konsonanten unterscheidet man nach ihrer Hervorbringungsart in Reibelaute (Spiranten, Adjektiv spirantisch), bei denen die Luft durch eine Enge im Mund gepresst wird (f, s, ch usw.), Verschlusslaute (Explosivlaute), bei 10.2

XXVII

denen ein Verschluss gelöst wird (p, b, t, d usw.), Affrikaten, die aus Verschlusslauten bestehen, die nicht durch eine Explosion, sondern durch eine reibelaut-bildende Lösung geöffnet werden (pf, tz), Nasale (m, n, ng), Liquiden (r, l) und Kontinuanten (j, w – auf diese bezieht man sich häufig als Halbvokale). Einen gelängten (verdoppelten) Konsonanten nennt man eine Geminate (geminiert „verdoppelt“). Nach dem Artikulationsort unterscheidet man Labiale (mit den Lippen gebildet), Labiodentale (Unterlippe + Oberzähne, z. B. f ), Dentale (mit den Zähnen), Alveolare (Zunge gegen Zahnrücken, wie d und t im Deutschen), Palatale (Vordergaumen), Velare (weicher Gaumen), Uvulare (mit dem Zäpfchen, z. B. das Rachen-r) und Laryngale (mit dem Kehlkopf, z. B. h). Die Palatale und Velare zusammen werden Tektale genannt (in der älteren Literatur auch Gutturale, was aber irreführend ist). Ein besonders in den frühen Sprachen wichtiger kombinierter Artikulationsort wird labiovelar genannt. Dabei handelt es sich um Velare, die mit Lippenrundung gesprochen werden, so dass sich eine enge Verbindung von Velar und (bilabialem) w ergibt.

10.3

Laute verändern sich im Laufe der Zeit – in der Regel so, dass der gleiche Laut unter gleichen Bedingungen zum gleichen anderen Laut wird. Das ist der Lautwandel; wenn man die Regelmäßigkeit der Erscheinung hervorheben will, spricht man auch von Lautgesetzen. Veränderungen, die von besonderen Bedingungen abhängig sind, sind etwa Dehnungen, d. h. Vokale, gelegentlich auch Konsonanten, werden gelängt, sei es, um den Ausfall anderer Laute auszugleichen (Ersatzdehnung), sei es, um die Lautform ausdrucksvoller zu machen (expressive Dehnung), sei es aus anderen Gründen. Ein wichtiger Fall ist die Überdehnung oder Pluti, die in bestimmten Bereichen regelmäßig vorkommen kann (etwa bei gerufenen Namen oder sonstigen Ausrufen ein auslautender Vokal). Wird ein Vokal so stark gedehnt, dass er in eine Lautfolge (meist zwei gleiche Laute mit Gleitlaut) zerfällt, 10.4

Lautstand

so spricht man von Zerdehnung (vgl. etwa Ehe aus einem langen e). 10.5 Unter einer Assimilation versteht man, dass ein Laut an einen anderen, im Wort benachbarten, ganz oder teilweise angeglichen wird. So haben wir etwa statt *ent-fangen in Wirklichkeit empfangen: das t ist an das f assimiliert worden (von einem Dental zu einem Labial) und dann hat sich auch der Nasal in seinem Artikulationsort angeglichen. Umgekehrt geht es bei der Dissimilation: Wenn zwei gleiche Laute nur durch wenige Laute getrennt sind, dann werden sie häufig unähnlich gemacht. So lautete das Wort Köder ursprünglich Körder und das erste r wurde durch Dissimilation beseitigt (dissimilatorischer Schwund). 10.6 Bei einer Metathese werden zwei Laute miteinander vertauscht, der eine springt um den anderen herum. Das ist besonders bei Liquiden der Fall; so gehört etwa Born zu Brunn(en), hat aber in der Stellung des r eine Metathese durchgemacht. Bei der Haplologie oder Silbenschichtung werden zwei gleiche Lautfolgen zu einer einzigen vereinfacht. So sagen wir statt *Zauberer-in nur Zauberin, weil die beiden -er- zu einem einzigen vereinfacht worden sind. 10.7 Besonders starke Veränderungen ergeben sich in unbetonten Silben, im Tiefton, gegebenenfalls auch im Satztiefton (an Stellen des Satzes, die strukturbedingt unbetont sind). Zu den häufigsten Erscheinungen dieser Art gehört die Apokope, der Abfall von auslautendem -e (gegebenenfalls auch von anderen Vokalen), und die Synkope, der Ausfall von unbetontem -e- (gegebenenfalls auch von anderen Vokalen) im Innern des Wortes. Man sagt, ein Vokal werde apokopiert oder synkopiert. Eine ähnliche Erleichterung der Sprechbarkeit auf der Seite der Konsonanten ist das „Anwachsen“ geschichtlich unberechtigter Konsonanten, meist am Schluss des Wortes (Epithese, epithetische Konsonanten); im Deutschen handelt es sich in der Regel um Dentale.

Einführung in die Terminologie

Stoßen zwei Vokale aufeinander, so spricht man von einem Hiat (es geht dabei nur um Vokalfolgen, die nicht einen Diphthong bilden können). Solche Lautfolgen sind vielfach unbequem, weshalb Gleitlaute eingeschoben werden, die sogenannten Hiattrenner. Ein anderer Fall tritt ein bei den Kontraktionen, bei denen die Vokale zusammengezogen werden (dabei können auch dazwischenstehende Konsonanten ausfallen). Beim Übergang in andere Sprachen (und auch sonst in der Sprachgeschichte) werden Lautformen gelegentlich verändert um der Sprechbarkeit oder des Wohlklangs willen (Euphonie, euphonisch).

10.8

Tritt Lautwandel nur in bestimmten Umgebungen auf, und wechseln diese Umgebungen innerhalb eines Paradigmas oder einer Wortfamilie, so entstehen Lautwechsel. Zu den wichtigsten Lautwechseln aus früher Zeit gehört der Ablaut – ein geregeltes System von Vokalwechseln in Flexion und Wortbildung der indogermanischen Sprachen. Man spricht in diesem Rahmen von der Normalstufe oder e-Stufe (d. h. ein e, das in anderen Formen abgewandelt wird), von der Abtönungsstufe oder o-Stufe (beide zusammen sind Hochstufen) im Gegensatz zur Schwundstufe oder Tiefstufe, in der der e-Vokal geschwunden ist und der Silbengipfel durch einen umgebenden Laut ausgefüllt werden muss. Umgekehrt ist es bei der Dehnstufe, in der der Vokal (das braucht in diesem Fall nicht unbedingt ein e zu sein) gelängt wird. Diese Lautwechsel gehen auf ganz verschiedene Arten von Lautwandeln zurück. Durch besondere Lautentwicklungen kann ein ablautendes Wort eine Lautform bekommen, die einer andersartigen Ablautreihe entspricht und dann in seinen Formen und Ableitungen dieser anderen Ablautreihe angeglichen werden (vgl. im Wörterbuch unter gedeihen). In diesem Fall spricht man von Ablautentgleisung.

10.9

10.10 Ein anderer Lautwechsel ist der Umlaut,

der darauf zurückzuführen ist, dass die dunklen Vokale aufgehellt wurden, wenn in der folgenden

XXVIII

Silbe früher ein i oder j stand (das in den späteren Formen aber geschwunden ist). Umlaute haben wir in unserer heutigen Sprache noch in vielen Fällen, besonders auch in der Form, dass sie funktionalisiert sind (d. h. eine grammatische Funktion zum Ausdruck bringen müssen), so etwa bei Garten – Gärten zum Ausdruck des Plurals. Ein Lautwechsel bei Konsonanten, der nur noch als Relikt erhalten ist, ist der grammatische Wechsel, etwa in schneiden – schnitt (auch der Schnitt). 10.11 Eine besondere Vokalentwicklung ist die

Rundung, bei der ein vorderer Vokal nachträglich eine Lippenrundung bekommt (i wird dann zu ü, e zu ö usw.); auch der umgekehrte Vorgang kann eintreten und heißt dann Entrundung. 10.12 In Bezug auf die Schreibungen sei darauf

hingewiesen, dass besondere Laute entweder mit einem eigenen Zeichen zum Ausdruck gebracht werden können oder indem ein vorhandenes Zeichen abgewandelt wird. Der abwandelnde Teil (z. B. die Pünktchen bei den Umlautvokalen) heißt diakritisches Zeichen.

Zeitliche Verhältnisse Was die zeitliche Schichtung anbelangt, so sei hier nur erwähnt, dass wir unsere heutige Sprache (seit etwa 1600) als Neuhochdeutsch bezeichnen, gegebenenfalls trennen wir die jüngste Schicht als Gegenwartssprache ab. Davor, etwa von 1350–1600, sprechen wir von Frühneuhochdeutsch (dazu gehört etwa die Sprache Luthers), noch früher (etwa 1100– 1350) von Mittelhochdeutsch (z. B. die Sprache Walthers von der Vogelweide oder Wolframs von Eschenbach), und unsere frühest-bezeugte Sprachform nennen wir Althochdeutsch (vom 8. Jh. bis etwa 1100). Das Element -hoch- kennzeichnet dabei den Gegensatz zu Niederdeutsch, das zwar auch Deutsch ist, aber z. B. nicht die Lautverschiebung mitgemacht hat. Zum gleichen Sprachraum gehörte 11.1

XXIX

auch die Vorstufe des heutigen Niederländischen, das aber auf Grund besonderer politischer und kultureller Umstände eine eigene Hochsprache entwickelt hat. Dagegen sind Dänisch, Norwegisch, Schwedisch und Englisch eigene Sprachen, die mit der unseren entfernter verwandt sind. Komplizierter ist es mit dem Friesischen, das wir hier ebenfalls als eine eigene Sprache (oder Sprachgruppe) betrachten. Wird für deutsche Wörter eine ältere Lautform erschlossen, ohne dass eine Verbreitung außerhalb des Deutschen vorausgesetzt wird, dann nennen wir diese Lautform vordeutsch. Auf Grund der verhältnismäßig nahen Verwandtschaft des Deutschen zu anderen Sprachen sind wir in der Lage, die Geschichte des Deutschen auch in der Zeit zu betrachten, in der es noch gar nicht belegt ist: Wir können durch den Vergleich der verwandten Sprachen die Vorstufen erschließen. Diese Vorstufe ist vor allem für Deutsch, Englisch, die skandinavischen Sprachen und das heute ausgestorbene Gotische das Germanische; vergleicht man darüber hinaus auch das Lateinische, Griechische, Keltische, Baltische, Slavische, Indische, Hethitische und einige andere Sprachen, so ergibt sich das Indogermanische, das in der außerdeutschen Fachsprache auch Indoeuropäisch genannt wird (das ist zwar ein neutralerer Ausdruck, aber sachlich weniger richtig, weil nicht alle europäischen Sprachen zu dieser Gruppe gehören). 11.2

Vermuten wir von einem Wort, dass es bereits in der indogermanischen Grundsprache vorhanden war, so nennen wir es indogerma-

11.3

Zeitliche Verhältnisse

nisch oder grundsprachlich. Nehmen wir ein hohes Alter in Anspruch, wollen aber nicht so weit zurückgehen, dann sagen wir voreinzelsprachlich. In diesem Wörterbuch wird versucht, die räumliche Vergleichbarkeit von Wörtern in bestimmte Gruppen zu fassen (die gewisse Rückschlüsse auf das Alter ermöglichen). Wir treffen dabei folgende Unterscheidungen: Westeuropäisch (weur.) nennen wir gegebenenfalls ein Wort, das außer im Germanischen noch im Keltischen oder Italischen oder in beiden vorkommt; osteuropäisch (oeur.) ein Wort, das außer im Germanischen noch im Baltischen oder Slavischen oder in beiden auftritt; west- und osteuropäisch (w/oeur.) die Kombination aus beiden. Europäisch (eur.) ist ein Wort, das außer im Germanischen noch im Griechischen oder Armenischen oder Albanischen auftritt (diese Sprachen stehen dem Germanischen ferner; deshalb müssen solche Wortgleichungen ein größeres Gebiet umfasst haben); für die Bezeichnung als indogermanisch oder grundsprachlich verlangen wir, dass ein Wort außer im Germanischen noch im Arischen (Indisch, Iranisch) oder Hethitischen oder Tocharischen auftritt. 11.4 Betrachten wir eine Sprache zu einem bestimmten Zeitraum, so nennen wir diese Betrachtungsweise synchronisch; untersuchen wir sie in ihrer Entwicklung, also historisch, so ist die Betrachtungsweise diachronisch. Die verschiedenen menschlichen Sprachen bezeichnen wir als Natursprachen, wenn wir den Gegensatz zu Kunstsprachen, Tiersprachen, Kalkülsprachen usw. hervorheben wollen.

Einführung in die Terminologie

Register A Abkürzung 6. Ablaut 10.9 Ablautentgleisung 10.9 Ableitung 3.1 ablösen, Ablösung 8.5 Abstraktum (-a), s. Adjektiv- 3.9 Verbal- 3.9 ti- 3.7 Abtönungsstufe 10.9 Adaptionssuffix 7.1 Adjektiv 9.3 Adjektiv der Möglichkeit 3.9 Adjektivabstraktum 3.9 Adverb 9.3 Affix 3.1 affiziertes Objekt 9.4 Affrikata (-en) 10.2 Akronym 6. althochdeutsch 11.1 Alveolar 10.3 Analogie 8.5 anaphorisch 9.6 Apokope, apokopiert 10.7 Appellativ(um) 1.2 Archaismus, archaisch 8.1 Assimilation, assimiliert 10.5 athematisch 3.7 assimilierter Exotismus 1.3 Augmentativum 3.10 B Bahuvr-ıhi 3.13 Bedeutung 1.1, 5.1 Bedeutung, systematische 8.3 Bedeutungsübertragung 5.1 Bedeutungsverallgemeinerung 8.7 Bedeutungsverengung 8.7

Bedeutungsverschiebung 5.2 Bedeutungsverschlechterung 8.6 Begriffsbildung, semantische 5.1

XXX

Benennung 5.4 Bezeichnung 5.4 Bildung, sekundäre 3.6 Bildungsbedeutung 8.3 bildungssprachlich 8.1 blending 6. D defektiv 9.5 Dehnstufe 10.9 Dehnung 10.4 deiktisch 9.6 Deklination, dekliniert 9.5 Deminutiv 3.10 denominal 3.9 Denotation 8.3 Dental 10.3 Dentalerweiterung 3.8 Derivation 3.1 Determinans 3.13 Determinativ-Kompositum 3.13 Determinatum 3.13 deverbal, deverbativ 3.9 diachronisch 11.4 diakritisches Zeichen 10.12 Diathese 9.2 Differenzierung, differenziert 8.8 Diminutiv 3.10 Dissimilation 10.5 Distributivzahlwort 9.3 Dual 9.1 dunkel 7.7 Durativ 3.12

E e-Stufe 10.9 effiziertes Objekt 9.4 Eigenname 1.2 Eigenschaftsbezeichnung 3.11 Elativ 9.3 Ellipse 8.9 emphatische Lautung 2.3 Enklise, enklitisch 4.2 Entlehnung 7.1 Entrundung 10.11

XXXI

Entstehung dunkel 7.7 Epithese, epithetisch 10.7 Erbwörter 7.5 Ersatzdehnung 10.4 Ersatzwort 7.2 erweiterter Standard 8.1 Erweiterung 3.8 Etymologie 1.4 Etymon 1.4 Euphemismus 8.6 euphonisch 10.8 europäisch 11.3 Europäismus 7.4 Exotismus (-en) 1.3 exozentrisch 3.13 Explosivlaute 10.2 expressive Dehnung 10.4 expressive Lautung 2.3 F fachsprachlich, Fachsprache 8.1 Faktitiv 3.12 falsche Ablösung 8.5 finite Formen, Finitum 9.2 Flexion 9.5 Form 1.1 französisierend 8.2 Fremdbegriff 1.3 Fremdwort 7.2 Frequentativ 3.12 frühneuhochdeutsch 11.1 frühromanisch 7.6 Fugenelement 3.2 funktionalisiert 10.10 G Gegenwartssprache 11.1 Gelegenheitsbildung 8.11 Geminate, geminiert 10.2 germanisch 11.2 Gerundium 9.2 Gerundiv(um) 9.2 Gleitlaut 10.1 graezisierend 8.2 grammatischer Wechsel 10.10 Grundlage 3.5

Register

grundsprachlich 11.3 Grundwort 3.5 guttural 10.3 H Halbpräfix 3.3 Halbsuffix 3.3 Halbvokal 10.1 Hapax (legomenon) 8.11 Haplologie 10.6 Herkunft 2.1 Herkunft dunkel 7.7 Hiat 10.8 Hiattrenner 10.8 Hochstufe 10.9 Homonymie 8.8 Hüllwort 8.6 hybrid(e Bildung) 7.5 Hyperkorrektismus 8.2 Hypokoristikum 3.10 Hypostase, Hypostasierung 4.1 I Idiom 4.1 idiomatisch, idiomatisiert 8.3 Incohativ, Inchoativ 3.12 indoeuropäisch 11.2 indogermanisch 11.2, 11.3 Infigierung, infigiert 3.1 infinite Form 9.2 Infinitiv 9.2 Infix 3.1 Instrumentalbildung 3.11 Intensiv(um) 3.12 Interjektion 9.3 Internationalismus (-en) 7.4 Intransitiv 3.12 Iterativ 3.12 K Kardinalzahl 9.3 Kasus obliquus 9.1 Katachrese 5.4 Kausativ 3.12 kindersprachlich 8.1 Klammerform 8.9

Einführung in die Terminologie

Kollektivum 3.10 Komparativ 9.3 Komposition 3.1 Kompositionssuffix 3.2 Kompositum 3.13 Konjugation, konjugiert 9.5 Konkretum 3.9 Konnotation 8.3 Konsonant 10.1 konsonantischer Stamm 3.6 Konsonantismus 10.1 Kontamination, kontaminiert 8.10 Kontinuant 10.2 Kontraktion, kontrahieren 10.8 Kontrastbildung 3.11 Kopfwort 6. Kopulativkompositum 3.13 Kosewort 3.10 Kurzwort 6. L Labial 10.3 Labiodental 10.3 Labiovelar 10.3 Laryngal 10.3 Latinisierung 8.2 Laut 10.1 Lautbedeutsamkeit 2.3 Lautbild 2.2 Lautform 1.1 Lautgebärde 2.2 Lautgesetz 10.4 Lautmalerei 2.1 Lautnachahmung 2.1 Lautwandel 10.4 Lautwechsel 10.9 Lehnbedeutung 7.2 Lehnübersetzung 7.2 Lehnübertragung 7.2 Lehnwort 7.2 Lexem 1.1 lexikalisiert 8.3 Lexikograph 8.11 Lindwurm-Kompositum 3.13 Liquid 10.2 Lokativ 9.1

XXXII

lokativische Bildung 9.1 Lokalbildung 3.11 M Materialadjektiv 3.11 medial, Medium 9.2 Metapher 5.1 Metathese 10.6 Metonymie 5.2 mittelhochdeutsch 11.1 Modifikation 3.10 Modus 9.2 Morphem 3.1 Morphologie, morphologisch 9.5 Movierung, Motion, moviert 3.10 Multiplikativzahlwort 9.3 N Name 1.2 Nasal 10.2 Nasalinfix 3.1 Nasalpräsens 3.1 natursprachlich 11.4 neoklassisch 7.6 Neologismus (-en) 8.1 neuhochdeutsch 11.1 niederdeutsch 11.1 niederländisch 11.1 Nomen (Nomina) 9.1 Nomen Appellativum 1.2 Nomen Proprium 1.2 Nomen Acti 3.11 Nomen Actionis 3.11 Nomen Agentis 3.11 Nomen Instrumentalis, Instrumenti 3.11 Nomen Postverbalium 3.4 Nomen Qualitatis 3.11 Nomen Rei Actae 3.11 nominal 9.1 Nominalform 9.1 Normalstufe 10.9 Nullableitung 3.3 O o-Stufe 10.9 Objekt, affiziertes, effiziertes 9.4

XXXIII

obliquer Kasus 9.1 obsolet 8.1 okkasionell 8.11 onomasiologisch 8.7 Onomatopöie, -poetisch 2.1 Ordinalzahl 9.3 osteuropäisch 11.3 P Palatal 10.3 Paradigma 9.5 Paronymie 8.8 Pars pro toto 5.3 Partikelableitung 3.3 Partikeln 9.3 Partikelverb 3.1 Partizip 3.9, 9.2 Partizipium Necessitatis 9.2 pejorativ 8.6 peripher 8.1 Phonem 10.1 Phrase 4.1 Plurale tantum (Pluralia tantum) 9.5 Pluti 10.4 Polarisierung 8.3 Positiv 9.3 Possessiv-Kompositum 3.13 Postverbale (-ia) 3.4 Präfigierung 3.1 Präfix 3.1 Präfixableitung 3.3 Präfixoid 3.3 Präsens, Nasal- 3.6, 3.7 Präteritopräsens 9.2 primäre Bildung 3.6 Proklise, proklitisch 4.2 Pronomen 9.6 Pronominalstamm 9.6 Proprium 1.2 R Reduplikation, redupliziert 2.3 regional 8.1 Reibelaut 10.2 Relatinisierung 8.2 Relikt 8.11

Register

Rückbildung 3.4 Rundung 10.11 S s mobile 3.15 Satztiefton 10.7 Scheinentlehnung 7.3 Schwanzwort 6. Schwundstufe 10.9 sekundäre Ableitung, – Bildung 3.6 Sekundärmotivation 8.4 Semantik 5.1 semantische Begriffsschöpfung 5.1 semasiologisch 8.7 Silbenschichtung 10.6 Simplex 3.5 Sonant 10.1 Soziativbildung 3.10 Spirant, spirantisch 10.2 Sprachausprägung 8.1 Stamm 3.7 Stammbildung 3.7 Standard 8.1 stilistisch 8.1 Substantivierung, substantiviert 3.9 Substrat 7.5 Suffigierung, Suffix 3.1 Suffixoid 3.3 Superlativ 9.3 Superstrat 7.5 suppletiv 9.5 synchronisch 11.4 Synekdoche 5.3 Synkope, synkopiert 10.7 systematische Bedeutung 8.3 T tabuisiert, Tabu 8.1 Täterbezeichnung 3.11 Tautologie 8.8 Tektal 10.3 Tempus 9.2 thematisch, Thematisierung 3.7 Themavokal 3.7 ti-Abstraktum 3.7 Tiefstufe 10.9

Einführung in die Terminologie

Tiefton 10.7 transitiv, Transitivierung 3.12 U Überdehnung 10.4 Übersetzungsäquivalent 7.4 Übersetzungsgleichung 7.4 Übertragung 5.1 Umdeutung 8.4 Umlaut 10.10 Univerbierung 4.2 Unregelmäßigkeit 8.11 Urschöpfung 2.1 Uvular 10.3 V Variante 8.1 Velar 10.3 Verallgemeinerung 8.7 veraltet 8.1 Verbalabstraktum 3.9 Verbaladjektiv 3.9, 9.2 Verbalsubstantiv 3.9, 9.2 Verbalwurzel 3.5 Verbum purum (Verba pura) 3.6 Verbzusatz 3.1 Verdeutlichung 3.13 Verengung 8.7 Verkleinerungsform 3.10 Verschiebung 5.2 Verschlechterung 8.6 Verschlusslaut 10.2 Verstärkungsbildung 3.13 Vokal 10.1

XXXIV

Vokaldehnung 10.4 vokalischer Stamm 3.6 Vokalismus 10.1 Volksetymologie 8.4 vordeutsch 11.1 voreinzelsprachlich 11.3 Vriddhi 3.14 vulgär 8.1 W Wendung 4.1 Wanderwort, kulturelles 7.4 Weiterbildung 3.1 westeuropäisch 11.3 wiederbelebt 8.1 Wort 1.1 Wortbildung 3.1 Wortfabrikation 6. Wortfamilie 3.16 Wurzel 3.5 Wurzeldeterminativ 3.15 Wurzelerweiterung 3.15 Wurzelnomen 3.6, 3.7 Wurzelpräsens 3.5 Z Zahlwort 9.3 Zerdehnung 10.4 Zugehörigkeitsbildung 3.11 Zusammenbildung 4.2 Zusammenrückung 4.2 Zusammensetzung 3.1 zweisilbige Wurzeln/Basen/Grundlagen 3.8

Alphabet und Schreibung A Alphabetische Ordnung

2. Russische Schrift und andere kyrillische

Die alphabetische Ordnung ist die des deutschen Alphabets; ß gilt als s + s, Umlaute werden wie die einfachen Vokale behandelt (ä = a, ö = o, ü = u), bei sonst gleicher Schreibung steht der umgelautete (oder mit anderen diakritischen Zeichen versehene) Vokal nach dem nicht umgelauteten (bzw. unmarkierten). Auch andere diakritische Zeichen bleiben bei der Anordnung unberücksichtigt (z. B. ç = c, etwa in Aperçu). In Klammern stehende Buchstaben werden bei der Anordnung nicht mitgerechnet.

3. Armenische Schrift: Rüdiger Schmitt:

Schriften: DUDEN 5, S. 188–192.

B Fremde Alphabete Hilfsmittel: DUDEN. Satz- und Korrekturanweisungen. 5. neu bearbeitete Aufl. von Friedrich Wilhelm Weitershaus (DudenTaschenbücher Bd. 5. Mannheim 1986). Schreibkonvention: In eckigen Klammern ([]) stehen Aussprachen, in Spitzklammern (< >) stehen Schreibungen.

Fremde Schriften (d. h. andere als die lateinische) werden transliteriert, d. h.: Jedem Buchstaben der fremden Schrift entspricht immer der gleiche Buchstabe der lateinischen Schrift (gegebenenfalls mit Hilfe von diakritischen Zeichen); bei Silbenschriften u. ä. (z. B. Hethitisch) werden die Zeichen der fremden Schrift in Buchstabenfolgen der lateinischen Schrift aufgelöst. Variationen in der Schreibung werden in der Regel normalisiert. Im einzelnen: 1. Griechische Schrift: Klassische

Transliteration, DUDEN 5, S. 193, Spalte IV.

Empfehlungen zur Transliteration der armenischen Schrift. In: ZVS 86 (1972), S. 296– 306; ders.: Grammatik des klassisch-armenischen mit sprachvergleichenden Erläuterungen (Innsbruck 1981), Kap. II,1. - ı-): DUDEN 5, 4. Indische Schrift (Devan agar S. 200 f. Tocharisch nach der üblichen Umschrift. 5. Iranische Schriften: Die Transliteration für Avestisch und Altpersisch folgt dem in wissenschaftlichen Veröffentlichungen üblichen Verfahren. 6. Semitische Schriften: Arabisch wie DUDEN 5, S. 197–199 (einschließlich Persisch). Hebräisch weicht wegen des Jiddischen von DUDEN 5, S. 196 etwas stärker ab (genauere Vokalbezeichnung, j statt y, s. statt z). .

C Allgemein verwendete diakritische Zeichen - über einem Vokalzeichen (z. B. a) - bezeichnet einen Langvokal. ˘ über einem Vokalzeichen (z. B. a) ˘ bezeichnet einen Kurzvokal (s. aber zu den slavischen Sprachen unten unter 2 f). ´ (Akut) über einem Vokalzeichen (z. B. á) bezeichnet den Wortakzent (s. aber zum Altnordischen und Isländischen unten unter 2 b sowie zum Slavischen unter 2 f). ` (Gravis ) über einem Vokalzeichen (z. B. à) bezeichnet einen davon verschiedenen Akzent (mit einzelsprachlich stark unterschiedlichen Regelungen). ˜ (Zirkumflex1 = Tilde) über einem Vokal-

Alphabet und Schreibung

ˆ

¨

 _

zeichen (z. B. ã) bezeichnet in der Regel die schleiftonige Intonation, die den Wortton und die Vokallänge einschließt (in den baltischen Sprachen auch bei l, r, m, n, den Liquida- und Nasaldiphthongen). (Zirkumflex2 = Dach) über einem Vokalzeichen (z. B. â) bezeichnet in der Regel eine bestimmte Vokalqualität, die die Vokallänge in sich schließt. (Trema) über einem Vokalzeichen (z. B. ï) bezeichnet die selbständige Aussprache eines Vokals nach einem Vokal (also nicht als Diphthong o. ä.). Beim e (ë) bezeichnet es in manchen Sprachen (Albanisch) eine besondere Vokalqualität. ist ein besonderer Akzent des Serbischen und Kroatischen, auch über Liquiden. ein Strich über oder unter einem Buchstaben für einen Geräuschlaut (gelegentlich auch durchstrichen) bezeichnet einen entsprechenden Reibelaut.

XXXVI

œ ø å

e

c) Sonstige

£ ¤

a) Indogermanisch, erschlossene Formen .r, .l, m, . n. ¥, g´ k, g kw, gw k (’), g (’)

D Besondere Lautzeichen bh, dh, g h b(h), d(h), g (h) h

a) Zischlaute s/z

š/ž ´s ˇc/ˇj[ˇg]

stimmloses und stimmhaftes s ([s] und [z]); nur im Deutschen (sowie im Italienischen und in der Umschrift des Hethitischen) ist = [ts] stimmloser und stimmhafter sch-Laut ([ʃ] und []) ein davon abweichender Zischlaut stimmlose und stimmhafte Affrikata tsch ([tʃ] und [d])

b) Vokale

¡ ¢

silbentragende Sonoranten sicher palatale Laute sicher velare Laute sicher labiovelare Laute velare oder palatale Laute, labiovelar ausgeschlossen velare oder labiovelare Laute, palatal ausgeschlossen aspirierte Medien Medien oder aspirierte Medien indogermanischer Laryngal (wie im Hethitischen bezeugt). Die Differenzierung zwischen drei verschiedenen Laryngalen ist hier nicht vorgesehen und wird nur bei Zitaten oder Auseinandersetzungen mit andersartigen Auffassungen verwendet.

b) Germanische Sprachen ˛o

§ q

Murmelvokal (wie im Deutschen unbetontes e) offenes e (wie deutsch ä)

velarer Nasal Kehlkopfverschlusslaut in phonetischer Schreibung

2. Einzelne Sprachen

k (w), g (w)

1. Allgemein

offenes ö geschlossenes ö offenes o offenes e (ä) in phonetischer Schreibung

gg, gk, gq

(nordische Sprachen) offenes o (gt.) h (oder ch) + w (labiovelarer Reibelaut oder Hauchlaut) (gt.) k + w (Labiovelar wie d. qu-, aber ohne u geschrieben) (gt.) £ + g, £ + k, £ + q; gg kann aber auch ein geminiertes g bezeichnen

XXXVII

þ þ, ð

¨, ð á

Besondere Lautzeichen

stimmloser dentaler Reibelaut (wie e. th in thin) sind im Altenglischen und teilweise auch im Altnordischen gleichwertig (stimmlose dentale Reibelaute, die zwischen Vokalen stimmhaft gesprochen werden) (as.) stimmhafte Reibelaute (usw.: Akut auf Vokalzeichen) bezeichnet anord. und isl. Vokallänge

c) Altindisch .r c/j y .t, d, . . n, . s. ñ, n m . h.

silbentragendes r stimmloses und stimmhaftes tsch ([tʃ] und [d]) wie deutsch j zerebrale (retroflexe) Laute palataler, velarer Nasal m oder Nasalierung des vorausgehenden Vokals schwacher Hauchlaut (für auslautendes s oder r)

d) Avestisch (Persisch ist wie Arabisch umschrieben) ˛a u, d x, g

nasaliertes a stimmloser und stimmhafter dentaler Reibelaut stimmloser und stimmhafter velarer Reibelaut

y ˘ı, u˘ ´

ł sz/rz c cz [ˇc]

langes zentrales i reduzierte Kurzvokale Der Akut bezeichnet den Wortton, ˇ im Cechischen und Slovakischen aber die Vokallänge; über einem Konsonanten bezeichnet er die Palatalität hartes, in bilabiales w übergehendes l (poln.) stimmloses und stimmhaftes sch ([ʃ] und []) [ts] tsch ([tʃ])

g) Baltische Sprachen ˛a ,˛e ,˛i y . e ˛e ¸l, n¸ , ¸k

nasalierte Vokale langes i langes e (lett.) offenes e (lett.) palatale Laute

h) Armenisch ê c/j x ‘ ł r-

halboffenes e stimmlose und stimmhafte Affrikata ts ([tʃ] und [dz]) ach-Laut bezeichnet die Aspiration (z. B. t‘) besonderes, vermutlich retroflexes l verstärktes r

i) Albanisch offenes e

e) Tocharisch

ë

Die Schreibung entspricht der altindischen. Ein Bogen über mehrere Zeichen bedeutet verschmolzene Ausprache der bezeichneten Laute; ä steht für den unbetonten reduzierten Vokal.

j) Europäische (ig.) Sprachen ç

(frz.) s vor dunklen Vokalen

k) Semitische Sprachen (Arabisch, Hebräisch) f) Slavische Sprachen ˛a ,˛e ,˛o ˇe

nasalierte Vokale langes e (mit palataler Qualität des vorausgehenden Konsonanten)

.t, d, . k. s, z, . . h. h ˘

emphatische Laute emphatische Laute (hebr. h ist stimmloser Laryngal) ach-Laut

Alphabet und Schreibung

. g ’ ‘

stimmhafte Entsprechung zu h Kehlkopfverschlusslaut (hebr. stimmloser Glottal) stimmhafter Kehlpresslaut (hebr. stimmhafter Reibelaut)

XXXVIII

3. Nicht-phonetische Zeichen

* **

l) Türkisch † ¸s/j ç/c

stimmloses und stimmhaftes sch ([ʃ] und []) stimmloses und stimmhaftes tsch ([tʃ] und [d])

bezeichnet eine erschlossene Form bezeichnet eine hypothetische erschlossene Form (innere Rekonstruktion u. dgl.) bezeichnet eine Belegform, die philologisch nicht ausreichend klar ist

Abkürzungen und allgemeine Literaturangaben Allgemeine Abkürzungen Adj/Adj. AdjKomp AdjNum AdjPP

= = = =

Adj. (PPräs.) =

Adj. (PPrät.) =

AdjSup = Adv/Adv. = AdvPostp = Aff Akk. alt. Anm. Aor. arch. Art. Aufl. Bd. bildg. dass. Dat. d. h. erw.

= = = = = = = = = = = = = =

evtl. = exot. = exot. (ass.) =

f. =

Adjektiv Komperativ eines Adjektivs Numerale (Zahlwort) aus einem Partizip des Präteritums entstandenes Adjektiv aus einem Partizip des Präsens entstandenes Adjektiv aus einem Partizip des Präteritums entstandenes Adjektiv Superlativ eines Adjektivs Adverb nachgestelltes Adverb (Postposition) Affix Akkusativ veraltet Anmerkung Aorist archaisch Artikel Auflage Band bildungssprachlich dasselbe Dativ das heißt erweiterter Standardwortschatz eventuell Exotismus assimilierter Exotismus (kann auch einheimische Sachverhalte bezeichnen) femininum

f./n. fach. fremd. FS Gen. grupp. GS Hrsg. Instr. Interj/Interj. intrans. Jh. jmd. kind. Konj/Konj. LAff/LAff. m. m./f. m./f./n.

= = = = = = = = = = = = = = = = = = =

m./n. n. n. Chr. Nom. Num/Num. o. ä. obs. o. dgl. per. PFut. phras. Pl/Pl. poet. Postp. PPerf. PPP. PPräs.

= = = = = = = = = = = = = = = = =

femininum und neutrum fachsprachlich deutlich fremdes Wort Festschrift Genetiv gruppensprachlich Gedenkschrift Herausgeber Instrumental Interjektion intransitiv Jahrhundert jemand kindersprachlich Konjunktion Lehn-Affixoid maskulinum maskulinum und femininum maskulinum und femininum und neutrum maskulinum und neutrum neutrum nach Christus Nominativ Numerale oder ähnlich obsolet (stark veraltet) oder dergleichen peripherer Wortschatz Partizip Futur phraseologisch festgelegt Plural poetisch Postposition Partizip Perfekt Partizip Perfekt Passiv Partizip des Präsens

Abkürzungen und allgemeine Literaturangaben

PPrät. Präp/Präp. Prät.-Präs. Pron/Pron. Pron.-Adj. Ptkl Ptklgruppe refl. reg. s. S. Sf Sfn

= = = = = = = = = = = = =

Sfpl = Sg. = Sm = Smf = Smfn = Smn = Smpl = Sn = Snpl = s. o. =

Partizip des Präteritums Präposition Präterito-Präsens Pronomen Pronominal-Adjektiv Partikel Partikelgruppe reflexiv regional siehe Seite Substantiv (femininum) Substantiv (femininum und neutrum) Substantiv (femininum, Plural) Singular Substantiv (maskulinum) Substantiv (maskulinum und femininum) Substantiv (maskulinum, femininum und neutrum) Substantiv (maskulinum und neutrum) Substantiv (maskulinum, Plural) Substantiv (neutrum) Substantiv (neutrum, Plural) siehe oben

XL

Spl std. stil. s. u. Subst. s. v.

= = = = = =

Vprpr Vst Vstrefl Vstsw Vsw Vswrefl tabu. trans. u. a. u. ä. u. dgl. unr. V./Vunr v. Chr. vgl. vulg. z. B. z. T. * **

= = = = = = = = = = = = = = = = = = =

> = < =

Substantiv (Plural) Standardwortschatz stilistisch markiert siehe unten Substantiv sub voce („unter dem Stichwort“) Verb (Präterito-Präsens) starkes Verb starkes, reflexives Verb starkes und schwaches Verb schwaches Verb schwaches, reflexives Verb tabuisiertes Wort transitiv unter anderem und ähnlich und dergleichen unregelmäßiges Verb vor Christus vergleiche vulgär zum Beispiel zum Teil (erschlossen) hypothetisch erschlossen (innere Rekonstruktion usw.) wird zu entstanden aus

XLI

Abkürzungen der Sprachbezeichnungen

Abkürzungen der Sprachbezeichnungen aägypt. abret. ae. afr. afrik. afrz. agutn. ahd. ai. air. ait. aisl. akkad. akslav. al. alb. alb.-geg. alb.-tosk. alem. am.-e. am.-span. andd. andfrk. andl. angl. anglo-i. anglo-norm. anord. äol. aonord. apers. apreuß. aprov. arab. aram. arm. aruss. as. aschw. assyr. atürk. avest. awfrk.

= = = = = = = = = = = = = = = = = = = = = = = = = = = = = = = = = = = = = = = = = = =

altägyptisch altbretonisch altenglisch altfriesisch afrikaans altfranzösisch altgutnisch althochdeutsch altindisch altirisch altitalienisch altisländisch akkadisch altkirchenslavisch altlateinisch albanisch albanisch-gegisch albanisch-toskisch alemannisch amerikanisch-englisch amerikanisch-spanisch altniederdeutsch altniederfränkisch altniederländisch anglisch anglo-indisch anglo-normannisch altnordisch äolisch altostnordisch altpersisch altpreußisch altprovenzalisch arabisch aramäisch armenisch altrussisch altsächsisch altschwedisch assyrisch alttürkisch avestisch altwestfränkisch

bair. bair.-österr. balto-slav. bask. berlin. bibel-gr. bret. bulg. burgund. byz.

= = = = = = = = = =

bairisch bairisch-österreichisch balto-slavisch baskisch berlinisch bibelgriechisch bretonisch bulgarisch burgundisch byzantinisches Griechisch

cech. ˇ = cechisch ˇ chin. = chinesisch d. = deutsch dn. = dänisch dor. = dorisch e. els. estn. eur.

= = = =

englisch elsässisch estnisch indogermanisch in Europa

fär. finn. finn.-kar. finno-ugr. fläm. fnhd. fr. friaul. frk. früh-rom. frz. g. gall. gallo-rom. georg. gr. grönländ. gt.

= = = = = = = = = = = = = = = = = =

färöisch finnisch (finnisch-)karelisch finno-ugrisch flämisch frühneuhochdeutsch friesisch friaulisch fränkisch frühromanisch französisch (gemein-) germanisch gallisch gallo-romanisch georgisch griechisch grönländisch gotisch

Abkürzungen und allgemeine Literaturangaben

hd. hebr. hess. heth. hom. hunn.

= = = = = =

hochdeutsch hebräisch hessisch hethitisch homerisch hunnisch

i. = indisch ig. = (gemein-) indogermanisch ig.(eur.) = ig., nur europäisch ig.(oeur.) = ig., nur osteuropäisch ig.(weur.) = ig., nur westeuropäisch ig. (w./oeur.) = ig., westeuropäisch und osteuropäisch ill. = illyrisch indian. = indianisch ir. = irisch iran. = iranisch it. = italienisch ivr. = ivrit (neuhebräisch) jap. = japanisch javan. = javanisch kat. kelt. khotan. kirchen-l. korn. krimgt. kslav. kurd. kymr.

= = = = = = = = =

l. langobard. lett. lit. luv. lux.-lothr.

= = = = = =

katalanisch keltisch khotansakisch kirchenlateinisch kornisch krimgotisch kirchenslavisch kurdisch kymrisch (walisisch)

lateinisch langobardisch lett. lettisch litauisch luvisch luxemburgischlothringisch lyd. = lydisch lyk. = lykisch

XLII

maked. mal. malb. marokk. mbret. md. me. messap. mex. mgr. mhd. mi. mir. ml. mndd. mndl. mpers. mrhein. myk.

= = = = = = = = = = = = = = = = = = =

makedonisch malaiisch malbergische Glossen marokkanisch mittelbretonisch mitteldeutsch mittelenglisch messapisch mexikanisch (spanisch) mittelgriechisch mittelhochdeutsch mittelindisch mittelirisch mittellateinisch mittelniederdeutsch mittelniederländisch mittelpersisch mittelrheinisch mykenisch

nassau. ndd. ndl. ndn. ndrhein. ndsorb. ne. neo-kl. nfr. nhd. nir. nisl. nndl. nnorw. nnorw. (bokmål) nnorw. (nynorsk) nordd. nordfr. nordfrz. nordg. nordh. norw. npers. nschw. nsg.

= = = = = = = = = = = = = = = = = = = = = = = = =

nassauisch niederdeutsch niederländisch neudänisch niederrheinisch niedersorbisch neuenglisch neoklassisch neufriesisch neuhochdeutsch neuirisch neuisländisch neuniederländisch neunorwegisch neunorwegisch (bokmål) neunorwegisch (nynorsk) norddeutsch nordfriesisch nordfranzösisch nordgermanisch nordhumbrisch norwegisch (dialektal) neupersisch neuschwedisch nord- und südgermanisch

XLIII

Abkürzungen der Sprachbezeichnungen

ntl.-gr. = neutestamentlich griechisch nwfr. = neuwestfriesisch n./wg. = nordgermanisch und westgermanisch obd. obit. obrhein. obsächs. obsorb. oeur.

= = = = = =

ofr. ofrz. ojidd. omd. ondd. oobd. osk. osset. österr.

= = = = = = = = =

oberdeutsch oberitalienisch oberrheinisch obersächsisch obersorbisch osteuropäischindogermanisch ostfriesisch ostfranzösisch ostjiddisch ostmitteldeutsch ostniederdeutsch ostoberdeutsch oskisch ossetisch österreichisch

pers. pfälz.-frk. phön. phryg. poln. polyn. port. prov.

= = = = = = = =

persisch pfälzisch-fränkisch phönizisch phrygisch polnisch polynesisch portugiesisch provenzalisch

räto-rom. rhein. rheinfrk. rom. rotw. rum. runen-nord. russ. russ.-kslav.

= = = = = = = = =

räto-romanisch rheinisch rheinfränkisch rom. romanisch rotwelsch rumänisch runennordisch russisch russisch-kirchenslavisch

sächs. sard. schles. schlesw.-holst.

= = = =

sächsisch sardisch schlesisch schleswig-holsteinisch

schott.-e. schott.-gäl. schw. schwäb. schwz. semit. serb.-kslav. serbo-kr. singhal. skr. slav. slovak. sloven. sofrz. sorb. spae. span. spanord. spgr. spl. spmhd. spmnd. städt.

= = = = = = = = = = = = = = = = = = = = = = =

steir. südd. südod. südslav. sumer. syr.

= = = = = =

schottisch-englisch schottisch-gälisch schwedisch schwäbisch schweizerisch semitisch serbisch-kirchenslavisch serbokroatisch singhalesisch sanskrit slavisch slovakisch slovenisch südostfranzösisch sorbisch spätaltenglisch spanisch spätaltnordisch spätgriechisch spätlateinisch spätmittelhochdeutsch spätmittelniederdeutsch Großstadtwort, meist berlinerisch steirisch süddeutsch südostdeutsch südslavisch sumerisch syrisch

talmud-hebr. tamil. tarent. tat. thrak. tirol. toch. (A/B) türk.

= = = = = = = =

talmud-hebräisch tamilisch tarent. tarentinisch tatarisch thrakisch tirolisch tocharisch (A/B) türkisch

ukr. umbr. ung. urslav.

= = = =

ukrainisch umbrisch ungarisch (magyarisch) urslavisch

Abkürzungen und allgemeine Literaturangaben

vd. ved. venet. venez.

= = = =

vordeutsch vedisch venetisch venezianisch

wallon. wd. westfäl. wfr. wg.

= = = = =

wallonisch westdeutsch westfälisch westfriesisch westgermanisch

XLIV

wgt. wind. wjidd. wmd. wndd. wobd. wogul. wruss. ws.

= = = = = = = = =

westgotisch westindisch westjiddisch westmitteldeutsch westniederdeutsch westoberdeutsch wogulisch wruss. westrussisch westsächsisch

XLV

Abkürzungen der Zeitschriften und Reihen

Abkürzungen der Zeitschriften und Reihen AANL

AASF

AAWG

AAWLM

AAWW

AB ABÄG ADA AGI AGMN

AGP ÅHVL

AIGK AION AION-G

AION-FG

Atti della Accademia Nazionale dei Lincei. Rendiconti della classe di scienze morali, storiche e filologiche, Serie VIII Suomalaisen Tiedeakatemian Toimituksia. Annales Academiae Scientiarum Fennicae Abhandlungen der Akademie der Wissenschaften in Göttingen, phil.-hist. Klasse Abhandlungen der Akademie der Wissenschaften und der Literatur in Mainz, geisteswissenschaftliche Klasse Anzeiger der Akademie der Wissenschaften in Wien. Phil.Hist. Klasse Archiv für Begriffsgeschichte Amsterdamer Beiträge zur älteren Germanistik Anzeiger für deutsches Altertum und deutsche Literatur Archivio Glottologico Italiano (Sudhoffs) Archiv für Geschichte der Medizin und der Naturwissenschaft Archiv für die gesamte Psychologie Årsberättelse Humanistiska Vetenskapssamfundet i Lund. Bulletin de la société des lettres de Lund Akten des Internationalen Germanisten-Kongresses Annali, Istituto Orientale di Napoli Annali. Sezione Germanica 1(1958)–16(1973). N. S. seit 1(1991). Dazwischen: Annali. Sezione Germanica: Filologia Germanica 17(1974)– 21(1978), Annali. Filologia

AION-N

AION-SF AION-T

AION-L AJGLL

AJPh AK ALL ALLG ALV AM ANF AL AÖAW

APhS AR ARom ARPh ASAWL

Germanica 22(1979)– 30/31(1987/88) Sezione germanica. Studi nederlandesi, studi nordici 17(1974)– 21(1978). Studi nederlandesi, studi nordici 22(1979)–30(1987). Danach wieder mit AION-G vereinigt, aus dem dieser Teil abgespalten worden war. Annali. Studi Filosofici Sezione germanica. Studi tedeschi 22(1979)–33(1990), ebenfalls aus AION-G abgespalten und dann wieder damit vereinigt. Annali, Istituto Orientale di Napoli, sezione linguistica American Journal of Germanic Linguistics and Literatures. Honolulu (Hawai). American Journal of Philology Archiv für Kulturgeschichte L’analisi linguistica e letteraria Archiv für lateinische Lexikographie und Grammatik Archiv für Literatur und Volksdichtung Archiv für Musikwissenschaft Arkiv för nordisk filologi Anthropological Linguistics Anzeiger der Österreichischen Akademie der Wissenschaften. Philosophisch-historische Klasse Acta Philologica Scandinavica Archiv für Religionswissenschaft Archivum Romanicum Arbeiten zur romanischen Philologie Abhandlungen der Sächsischen Akademie der Wissenschaften zu Leipzig

Abkürzungen und allgemeine Literaturangaben ASNSL ASp AuA

Archiv für das Studium der neueren Sprachen und Literaturen American Speech Antike und Abendland

XLVI

BVSAW

BzN BBCS BBGS BDL BEDS BF BGDSL

BGDSL-H

BGDSL-T

BGT BHV BJ BKIS

BlW

BN BON BSL BSOAS BüM

Bulletin of the Board of Celtic Studies Bayerische Blätter für das Gymnasial-Schulwesen Blätter für deutsche Landesgeschichte Beiträge zur Erforschung der deutschen Sprache Beiträge zur Flurnamenforschung Beiträge zur Geschichte der deutschen Sprache und Literatur, Halle (1 [1874]–76 [1955, recte: 1954]) Beiträge zur Geschichte der deutschen Sprache und Literatur, Halle (77 [1955]– 100 [1979]) Beiträge zur Geschichte der deutschen Sprache und Literatur, Tübingen (ab 77 [1955]) Beiträge zur Geschichte der Technik Bayerische Hefte für Volkskunde Bonner Jahrbücher des rheinischen Landesmuseums Beiträge zur Kunde der indogermanischen Sprachen (= „Bezzenbergers Beiträge“) Bibliographie zur lateinischen Wortforschung. (s. Abk. Bücher) Beiträge zur Namenforschung Blätter für oberdeutsche Namenforschung Bulletin de la Société Linguistique de Paris Bulletin of the School of Oriental and African Studies Bündnerisches Monatsblatt

Berichte über die Verhandlungen der sächsischen Akademie der Wissenschaften zu Leipzig, phil.hist. Klasse Beiträge zur Namenkunde

CL CM CoE

Cahiers de lexicologie Classica et Mediaevalia Comments on Etymology (Rolla, Missouri 1971 ff.)

DA

Deutsches Archiv für Erforschung des Mittelalters Dictionnaire des étymologies obscures (s. Abk. Bücher) Deutsches Fremdwörterbuch (s. Abk. Bücher) Deutsche Lebensmittelrundschau Deutsche Literaturzeitung Deutsche Medizinische Wochenschrift Deutsche Sprache Deutsche Vierteljahresschrift für Literaturwissenschaft und Geistesgeschichte Dictionnaire des usages sociopolitiques (s. Abk. Bücher) Deutsche Wortforschung in Europäischen Bezügen Deutsche Zeitschrift für Philosophie

DEO

DF DLR DLZ DMW DS DVLG

DUSP

DWEB DZPh

ECl EG EOS ES

Les études classiques Etudes germaniques Elbostfälische Studien English Studies

FA FF FL FLH FS

Filologiskt arkiv Forschungen und Fortschritte Folia linguistica Folia linguistica historica Frühmittelalterliche Studien

XLVII

Abkürzungen der Zeitschriften und Reihen

GermL GL GGA GLL GLSt GR GRM GSt HBV HG HL HRG

HS HSCPh HSF HV HWPh

HZ IA IF IIJ IJAL IJVS

IL JACh JAOS JAWG JDA JEGP

Germanistische Linguistik General Linguistics Göttingische Gelehrte Anzeigen German life and letters Grazer Linguistische Studien The Germanic Review Germanisch-Romanische Monatsschrift Germanische Studien Hessische Blätter für Volkskunde Hansische Geschichtsblätter Historiographica Linguistica Handwörterbuch zur deutschen Rechtsgeschichte (s. Abk. Bücher) Historische Sprachwissenschaft Harvard Studies in Classical Philology Historische Sprachforschung Heimat und Volkstum Historisches Wörterbuch der Philosophie (s. Abk. Bücher) Historische Zeitschrift Indogermanischer Anzeiger Indogermanische Forschungen Indo-Iranian Journal International Journal of Applied Linguistics Innsbrucker Jahrbuch für Völkerkunde und Sprachwissenschaft Incontri linguistici Jahrbuch für Antike und Christentum Journal of the American Oriental Society Jahrbuch der Augustin WibbeltGesellschaft Jahrbuch des deutschen Alpenvereins Journal of English and Germanic Philology

JEL JGGB

JHI JIES JMU JNÖ JOV JÖV JRS JVNS

JWI

KN KS

KVNS

LÄGLOS

LB LBa LF Lg LiLi LM LP LS LSE LUÅ

Journal of English Linguistics Jahrbuch der Gesellschaft für die Geschichte und Bibliographie des Brauwesens e. V. Journal of the History of Ideas The Journal of Indo-European Studies Jahrbuch des Marburger Universitätsbundes Jahrbuch für National-Ökonomie Jahrbuch für ostdeutsche Volkskunde Jahrbuch des Österreichischen Volksliederwerks The Journal of Roman Studies Jahrbuch des Vereins für niederdeutsche Sprachforschung Journal of the Warburg (and Courtauld) Institute Kwartalnik neofilologiczny Kleine Schriften (Schriftensammlung des betreffenden Verfassers) Korrespondenzblatt des Vereins für Niederdeutsche Sprachforschung (= NKB) Lexikon der älteren germanischen Lehnwörter in den ostseefinnischen Sprachen (s. Abk. Bücher) Leuvense Bijdragen Linguistique balkanique Listy filologické Language LiLi. Zeitschrift für Literaturwissenschaft und Linguistik Lexikon des Mittelalters (s. Abk. Bücher) Lingua Posnaniensis Lingua e stile Leeds Studies in English Lunds Universitets Årsskrift

Abkürzungen und allgemeine Literaturangaben

XLVIII

NGH MAG MASO MDB MDU MH MlJ MhJ MLN MLQ MLR MM

MMW MNAW

MoH

MoS MS MSN MSS MUM MVGB MVSV

Mitteilungen der Anthropologischen Gesellschaft Meijerbergs Arkiv för Svensk Ordforskning Mitteilungen aus der Deutschen Bibliothek Monatshefte für den deutschen Unterricht Museum Helveticum Mittellateinisches Jahrbuch Medizinhistorisches Journal Modern Language Notes Modern Language Quarterly Modern Language Review Münchener Museum für Philologie des Mittelalters und der Renaissance Münchner Medizinische Wochenschrift Mededelingen van de Nederlandse Akademie van Wetenschappen. Letterkunde Monatshefte. A journal devoted to the study of German language and literature (University of Wisconsin) Moderna Språk Muttersprache Mémoires de la société néophilologique Münchner Studien zur Sprachwissenschaft Mitteilungen des Universitätsbundes Marburg Mitteilungen des Vereins für Geschichte Berlins Mitteilungen des Vereins für Sächsische Volkskunde

NJ NJKA NKB NM NOWELE NPh NPhM NPhZ NS NSt NTF NTS NV NVRH

NW NZV

OLZ OZV

Orientalistische Literaturzeitung Oberdeutsche Zeitschrift für Volkskunde

PhF PL PhJ PhW PIAC

Philologia Frisica Papiere zur Linguistik Philosophisches Jahrbuch Philologische Wochenschrift Permanent International Altaistic Conference (Bloomington) Publications of the Modern Language Association of America Handbuch politisch-sozialer Grundbegriffe in Frankreich: 1680–1820 (s. Abk. Bücher)

PMLA PSG

NAWG

NB

Nachrichten von der Akademie der Wissenschaften in Göttingen, phil.-hist. Klasse. Nachrichten aus der neueren Philologie und Literaturgeschichte Namn och Bygd

Nachrichten der Gießener Hochschulgesellschaft Niederdeutsches Jahrbuch Neue Jahrbücher für das klassische Altertum Niederdeutsches Korrespondenzblatt (= KVNS) Niederdeutsche Mitteilungen North-Western European Language Evolution Neophilologus Neuphilologische Mitteilungen Neuphilologische Zeitschrift Nysvenska Studier Nietzsche-Studien Norsk Tidskrift for Filologi Norsk Tidsskrift for Sprogvidenskap Natur und Volk Nachrichten-Blatt für rheinische Heimatpflege (Nachrichten-Blatt des Verbandes der rheinischen Heimatmuseen) Niederdeutsches Wort Niederdeutsche Zeitschrift für Volkskunde

RBPhH

Revue belge de philologie et d’histoire. Belgisch tijdschrift voor filologie en geschiedenis

XLIX

Abkürzungen der Zeitschriften und Reihen

RCSF REA REI REL RF RFIC RGA

RH RHA RIL

RJ RJV RL RLR RMPh RV SAV SBAW

SBBA SC SCL SD SG SGG SG SHAW

SJ SLWU

Rivista critica di storia della Filosofia Revue des études anciennes Revue des études indo-européennes Revue des études latines Romanische Forschungen Rivista di filologia e di istruzione classica Reallexikon der germanischen Altertumskunde (s. Abk. Bücher) Romanica Helvetica Revue hittite et asianique Rendiconti dell’Istituto Lombardo di Scienze e Lettere. Milano. Classe di lettere e scienze morali e storiche Romanistisches Jahrbuch Rheinisches Jahrbuch für Volkskunde Ricerche linguistiche Revue de linguistique Romane Rheinisches Museum für Philologie Rheinische Vierteljahresblätter Schweizerisches Archiv für Volkskunde Sitzungsberichte der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, phil.-hist. Klasse Sitzungsberichte der Berliner Akademie Studia Celtica Studii s¸ i Cercet˘ari Lingvistice Sprachdienst Studium Generale Studia Germanica Gandensia Sprache der Gegenwart Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, phil-hist. Klasse Schiller Jahrbuch Sprache und Literatur in Wissenschaft und Unterrricht

SM SMS SN SÖAW

SPAW

SS SSAWL

StG STZ SUSA

SW TLL TNTL TPhS TSZGK

TT UUÅ

UWT

VIDS

VL VM

Schweizer Monatshefte Studier i Modern Språkvetenskap Studia Neophilologica Sitzungsberichte der Österreichischen Akademie der Wissenschaften Sitzungsberichte der Preußischen Akademie der Wissenschaften, phil.-hist. Klasse Sprachspiegel Sitzungsberichte der Sächsischen Akademie der Wissenschaften zu Leipzig Studi Germanici Sprache im Technischen Zeitalter Suomalais-Ugrilaisen Seuran aikakauskirja (Journal de la Société Finno-Ougrienne). Helsinki Sprachwissenschaft Travaux de linguistique et de littérature Tijdschrift voor Nederlandse Taalen Letterkunde Transactions of the Philological Society Thüringisch-Sächsische Zeitschrift für Geschichte und Kunst Taal en Tongval Uppsala Universitets Årsskrift (Filosofi, Språkvetenskap och Historiska Vetenskaper) Die Umschau in Wissenschaft und Technik Veröffentlichungen des Instituts für Deutsche Sprache und Literatur (Deutsche Akademie der Wissenschaften Berlin) Vie et langage Verslagen en mededeelingen der koninklijke oraanische academie voor taal en letterkunde

Abkürzungen und allgemeine Literaturangaben VR VWP

WBZDS

WB WF WJV WS WSt WW WZFSUJ

WZHUB WZUG

WZUH WZUL WZUR

ZADS ZAA ZAgAs ZCPh ZD ZDA ZDG ZDL

Vox Romanica Vierteljahrsschrift für wissenschaftliche Pädagogik Wissenschaftliche Beihefte zur Zeitschrift des Deutschen Sprachvereins Weimarer Beiträge Westfälische Forschungen Württembergisches Jahrbuch für Volkskunde Wörter und Sachen Wiener Studien Wirkendes Wort Wissenschaftliche Zeitschrift der Friedrich-Schiller-Universität Jena Wissenschaftliche Zeitschrift der Humboldt-Universität Berlin Wissenschaftliche Zeitschrift der Ernst-Moritz-Arndt-Universität Greifswald Wissenschaftliche Zeitschrift der Universität Halle Wissenschaftliche Zeitschrift der Karl-Marx-Universität Leipzig Wissenschaftliche Zeitschrift der Wilhelm-Pieck-Universität Rostock Zeitschrift des Allgemeinen Deutschen Sprachvereins Zeitschrift für Anglistik und Amerikanistik Zeitschrift für Agrargeschichte und Agrarsoziologie Zeitschrift für celtische Philologie Zeitschrift für Deutschkunde Zeitschrift für deutsches Altertum und deutsche Literatur Zeitschrift der deutschen geologischen Gesellschaft Zeitschrift für Dialektologie und Linguistik

L

ZDM ZDMG ZDPh ZDS ZDU ZDV ZDW ZGL ZHM ZK ZKTh ZM ZN ZO ZPhAS

ZPhSK

ZRG ZRPh ZS ZSp ZSPh ZSSR-GA

ZSSR-RA ZSV ZV ZUL

Zeitschrift für deutsche Mundarten Zeitschrift der Deutschen Morgenländischen Gesellschaft Zeitschrift für deutsche Philologie Zeitschrift für deutsche Sprache Zeitschrift für den deutschen Unterricht Zeitschrift für deutsche Volkskunde Zeitschrift für deutsche Wortforschung Zeitschrift für germanistische Linguistik Zeitschrift für hochdeutsche Mundarten Zeitschrift für Kulturgeschichte Zeitschrift für katholische Theologie Zeitschrift für Mundartforschung Zeitschrift für Namenforschung Zeitschrift für Ortsnamenforschung Zeitschrift für Phonetik und Allgemeine Sprachwissenschaft Zeitschrift für Phonetik, Sprachwissenschaft und Kommunikationsforschung Zeitschrift für Religion und Geistesgeschichte Zeitschrift für romanische Philologie Zeitschrift für Slawistik Zeitschrift für Sprachwissenschaft Zeitschrift für slavische Philologie Zeitschrift der Savigny-Stiftung für Rechtsgeschichte, Germanistische Abteilung (dieselbe) Romanistische Abteilung Zeitschrift des Sprachvereins Zeitschrift für Volkskunde Zeitschrift für die Untersuchung der Lebensmittel

LI

Abkürzungen der Zeitschriften und Reihen ZVPh ZVS

Zeitschrift für vergleichende Phonetik Zeitschrift für vergleichende Sprachforschung (auf dem

ZVV

Gebiete der indogermanischen Sprachen) Zeitschrift des Vereins für Volkskunde

Abkürzungen und allgemeine Literaturangaben

LII

Abgekürzt zitierte Literatur

(Abgekürzt zitierte und systematisch ausgewertete Literatur. Regelmäßig benutzte Nachschlagewerke sind nicht genannt.) Abegg-Mengold, C.: Die Bezeichnungsgeschichte von Mais, Kartoffel und Ananas im Italienischen. Probleme der Wortadoption und -adaption. Bern 1979. Ader, D.: Studien zur Sippe von „schlagen“. Diss. Münster 1958. Adolf, H.: Wortgeschichtliche Studien zum Leib/Seele-Problem. Wien 1937. AIGK VII = Kontroversen, alte und neue: Akten des VII. Internationalen Germanisten-Kongresses 1985. Hrsg. von A. Schöne. 11 Bde. Tübingen 1986. Alanne, E.: Das Fortleben einiger mhd. Bezeichnungen für die Weinlese und Weinbehandlung am Oberrhein. Helsinki 1956. Albrecht, Th.: Schrank – Butze – Bett vom Mittelalter bis ins 20. Jahrhundert am Beispiel der Lüneburger Heide. Petersberg 2001. Angstmann, E.: Der Henker in der Volksmeinung. Bonn 1928. Bachmann, K.: Der Einfluß von Luthers Wortschatz auf die schweizerische Literatur des 16. und 17. Jahrhunderts. Freiburg/Br. 1909. Bader, K. S.: Studien zur Rechtsgeschichte des mittelalterlichen Dorfes. Weimar I(1957), II(1962), III(1973). Baetke, W.: Das Heilige im Germanischen. Tübingen 1942. von Bahder, K.: Zur Wortwahl in der frühneuhochdeutschen Schriftsprache. Heidelberg 1925. Bammesberger, A. (1979): Beiträge zu einem etymologischen Wörterbuch des Altenglischen. Berichtigungen und Nachträge zum Altenglischen etymologischen Wörterbuch von F. Holthausen. Heidelberg 1979. Bammesberger, A. (1999): Von Glocken und Grüßen und Glaubensboten aus Irland. In:

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Präposition, die in festen Wendungen ins Deutsche übernommen wurde. Im Deutschen produktiv geworden ist sie mit der Bedeutung ’zu je ..., mit je ...’ (20 m 2 a` 400 †). Seit dem 16. Jh. in der Kaufmannssprache, heute veraltend. Ebenso nndl. a`, ne. a`, nschw. a`, nnorw. a`. Die französische Präposition geht auf die im 6./7. Jh. lautlich zusammengefallenen lateinischen Präpositionen a(b) ’von − weg’ und ad ’hinzu’ zurück. – DF 1 (21995), 5–9.

a- Präfix per. bildg. (–). Zum Ausdruck des Gegenteils

Französischen (zuerst a` la mode, 17. Jh.), und dann im Deutschen (häufig ironisch) ausgedehnt (17. Jh., häufiger erst im 18. Jh.). Mit nicht-französischen Wörtern und Namen etwa bei Goethe (z.B. 1807 welche die Farben a` la Gildemeister sahen, d.h. ’farbenblind waren’; erste Belege schon im 18. Jh.). Ebenso nndl. a` la, ne. a` la, nschw. a` la, nnorw. a` la; Þa`. – DF 1 (21995), 6–9.

aa ([¤a¤a] (gewöhnlich mit dem Ton auf dem zweiten

a, auch a-a geschrieben, hypostasiert als Neutrum) Interj std. kind. (19. Jh. in der Schriftsprache, aber zweifellos älter). Lautgebärde für den Laut, der bei der Lösung der ’Darmpresse’ im Kehlkopf entsteht; dann übertragen auf die Ausscheidung. Vgl. l. caca¯re, gr. kakka´o, schwz. agge, gaggi, nhd. acke usw. (Lautgebärden, bei denen der Kehlkopflaut durch einen Tektal vertreten wird).

oder des Fehlens bei fremdstämmigen Adjektiven (und seltener Substantiven). Vor Vokalen hat es die Variante Þan- (Bildungen mit lautlichen Besonderheiten wie Anhydrid neben Hydrid und Arrhythmie neben ÞRhythmus gehen unmittelbar auf griechische Wörter mit speziell griechischen Lautregelungen zurück). Zugrunde liegt die griechische NegationsVgl. Þkacken. Vorsilbe in Nominal- (besonders Adjektiv-)BildunAal Sm std. (9. Jh.), mhd. a¯l, ahd. a¯l, as. a¯l. Aus g. *¢¯ lagen (gr. alpha stere¯tiko´n, l. alpha prı¯va¯tı¯vum), die in m. ’Aal’, auch in anord. a´ll, ae. ¢¯ l. Außergermanisch griechischen (häufig über das Lateinische überliefer(wie viele Fischnamen) nicht vergleichbar. Da l. anten) Wörtern in die Volkssprachen entlehnt wurde, guı¯lla f. ’Aal’ in den anderen indogermanischen Spraz.B. amorph ’gestaltlos’ (gr. a´morphos zu gr. morphe¯´ chen Europas Entsprechungen zu haben scheint, war ’Gestalt’), apathisch (gr. apathe¯´s ’gefühllos’ zu gr. wohl ursprünglich ein weiter verbreitetes Wort für pa´thos ’Leiden, Gefühl’; ÞApathie), ÞAnarchie (gr. ’Aal’ vorhanden (das möglicherweise zugleich anarchı´a ’Führungslosigkeit’ zu gr. a´narchos ’führer’Schlange’ bedeutete), so dass das germanische Wort los’ aus gr. archo´s, a´rcho¯n ’Führer’). Da das Bildungseine Neuerung sein muss (vielleicht um ’Schlange’ verfahren für Kenner des Griechischen durchsichtig und ’Aal’ eindeutig zu unterscheiden). Herkunft unblieb, konnten seit dem 19. Jahrhundert auch neoklar, vielleicht als ’der sich Windende’ zu der als ig. klassische (auch hybride) Neubildungen vorgenom*el(¡)- oder ig. *hel(¡)- ’biegen, krümmen’ anzusetmen werden (in diesen ist das Präfix bei adjektivizenden Wurzel (die aber nur sehr unsicher bezeugt schen Bildungen in der Regel betont). Eine Hybridist; ÞElle, ÞEll(en)bogen). Versuche weiterer Anbildung mit einem aus dem Lateinischen knüpfungen an das Hinterglied von l. anguı¯lla und gr. stammenden Adjektiv ist z.B. asozial, eine Substan´egchelys ’Aal’, sowie an das Vorderglied von heth. tivbildung ist Analphabet (ÞAlphabet); die Variante illuyankasˇ ’ein bestimmtes Schlangenungeheuer’ bei vor Vokal auch in anorganisch. Besonders produktiv Hirt und Katz. Nach Polome´ Substratwort. − Die in den Fachsprachen und in dem Typ ahistorisch, apoveraltete Bedeutung ’Falte im Stoff’ ist eine Übertralitisch usw. gung wie in ÞAalstrich. − Die Verkleinerungsform Das Präfix geht zurück auf ig. *n und ist unmittelbar mit d. ˙ ÞÄlchen auch in der Bedeutung ’kleiner Fadenwurm, 1 Þun- und l. in- (Þin- ) verwandt. – Wortbildung 3 (1978), Aaltierchen’. 183–185; Cottez (1980), 3; Lenz (1991); DF 1 (21995), 1–5. a` la Ptklgruppe std. stil. (19. Jh.). Mit der Bedeutung

Ebenso nndl. aal, ne. eel, nisl. a´ll. – Hirt, H. IF 22 (1907), 65–68; RGA 1 (1973), 4f.; EWahd 1 (1988), 133–135; LM 1 (1980), 4f.; Röhrich 1 (1991), 51–53; Polome´, E. C. in Lippi-Green (1992), 51f.; Katz, J. T. FS Watkins (1998), 317–334; EWNl 1 (2003), 66f.

’nach Art von...’, besonders bei Speisen und individuellen Kunststilen (eigentlich a` la mode de/du, deshalb können nach dem femininen Artikel auch Masaalen Vswrefl std. stil. (19. Jh.). Vermutlich, wie sich rekulina stehen: a` la diable usw.). Entlehnt aus dem keln zu ÞRekel ’großer Hund’, zu ÞAal als ’sich woh-

Aalquappe lig dehnen, winden’ nach den Bewegungen des Aals; vgl. ndn. slange sik ’sich aalen’ (zu ÞSchlange), nnorw. a˚le ’robben’, refl. ’sich schlängeln’ und die Herkunft von nhd. Þschlendern. Die Einengung auf ’in der Sonne faulenzen’ ist sekundär. Trost, F. KVNS 71 (1964), 13 (anders).

Aalquappe Sf ’Fisch aus der Ordnung der Dorsche, lota

lota’ per. fach. ndd. (16. Jh.). Dieser Fisch (mit zahlreichen verschiedenen regionalen Bezeichnungen) wird wegen seines (besonders im Liegen auffälligen) breiten Kopfes mit breitem Maul als ’Aal-Frosch/ Kröte’ u.ä. bezeichnet, vgl. Quabaal, nndl. kwabaal, nndl. puitaal zu puit ’Frosch’, ae. ¢lepute. Zu einer konkurrierenden Etymologie s. ÞQuappe; vielleicht liegt eine Vermischung oder Sekundärmotivation vor. ÞAalraupe.

Aalraupe Sf (dasselbe wie ÞAalquappe) per. fach. md.

(14. Jh., Form 17. Jh.). Zunächst bezeugt als aalruppe; die Form mit Diphthong, vielleicht in Anlehnung an das nicht verwandte Wort ÞRaupe, seit dem 17. Jh. Im Hinblick auf die Variante ÞRutte ist das Hinterglied wohl entlehnt aus l. rube¯ta ’Kröte’ (zum Benennungsmotiv ÞAalquappe). LM 1 (1980), 5.

Aalstrich Sm ’dunkler Streifen auf dem Rücken von

Säugetieren (besonders von deren Wildformen)’ per. fach. (19. Jh.), etwas früher bezeugt nndl. aalstreep (18. Jh.). Vergleichbar ist anord. a´ll als Bestandteil von Pferdenamen (z.B. mo´-a´lottr ’mit einem braunen Aalstreifen’ zu anord. mo´r m. ’Moor’, in Zusammensetzungen ’moorbraun’). So bezeichnet entweder nach der Form des Fisches ÞAal oder (weniger wahrscheinlich) nach den Rückenstreifen bestimmter Aale. Aar Sm erw. obs. (8. Jh.; heute durch ÞAdler ersetzt),

2

’Weihe, Milan’ (und ähnliche Greifvögel) und stirbt spätestens im 17. Jh. aus (z.T. noch erhalten in Zusammensetzungen wie Mausaar und Fischaar). Im 18. Jh. wird es in dichterischer Sprache wiederbelebt, wobei es zunächst noch durch Adler verdeutlicht werden muss. − Bei der niederdeutschen und niederländischen Bedeutung ’männlicher Vogel’ (mndd. duvarne ’Täuberich’ seit dem 15. Jh., nndl. [dial.] aorent ’Tauber’) handelt es sich wohl nicht um eine Bedeutungsentwicklung, sondern um eine Übertragung des männlichen Vornamens Arnold. Ebenso nndl. arend, ne. erne, nschw. örn f., nisl. örn f.; ÞSperber, ÞBussard. – Suolahti (1909), 345–352; Kluge (1912), 83–89; Kuhberg (1933), 32; EWahd 1 (1988), 341–344; Schmitt, R. FL 4 (1970), 179–181 (zu den Adler-Wörtern aus ig. *harg´-); Pijnenburg, W. J. J. LB 76 (1987), 305–314 (zum -d in der niederländischen Form, unwahrscheinlich); EWNl 1 (2003), 161f.

Aas Sn std. (8. Jh., Form 12. Jh.), mhd. a¯s, mndd. a¯s,

mndl. aes. Aus wg. *¢¯ sa- n. ’Aas (als Fraß, vor allem der Greifvögel), Köder’, auch in ae. ¢¯ s. In der heutigen Bedeutung geht das Wort zurück auf eine Zugehörigkeitsbildung voreinzelsprachl. *e¯dso- ’als Fraß dienend’ zu einem (wohl dehnstufigen) s-Stamm ig. (nordeur.) *e¯dos ’Essen, Fraß’ zu der Wurzel ig. *ed’essen, fressen’, vgl. lit. ˙e˜desis m. ’Fressen, Köder’, russ. jasa´ f. ’Speise’ und (aus *e¯ds-ka¯) l. ¯esca, lit. ˙eska` f. ’Futter’ (vielleicht auch akslav. jato n. ’Speise, Nahrung’ mit abweichendem Dental). Von der Normalstufe gr. ´edesma ’Speise’. Falls finn. ateria ’Mahlzeit’ aus einem sonst nicht bezeugten urnord. *a¯terjaentlehnt ist, zeigt dieses eine genaue Entsprechung zu lit. ˙e˜desis. Wohl ein unmittelbarer Nachfolger dieses s-Stammes ist zu sehen in anord. a´t, ae. ¢ ¯ t, afr. ¯et, as. a¯t, ahd. a¯z ’Speise’ (ahd. auch ’Aas’, wohl durch Vermischung mit der Weiterbildung). Die beiden Bildungen ahd. a¯s und ahd. a¯z mussten im Spätmittelhochdeutschen lautlich zusammenfallen, wobei sich die Bedeutung ’Aas’ durchsetzte (da bei Homonymen in der Regel die anstößigere Bedeutung stärker ist); die Bedeutung ’Speise’ ist aber noch im 17. Jh. (mundartlich auch noch später), sowie im heute verdunkelten Kompositum ÞObst und in dem veralteten ÞAser bezeugt.

mhd. are, arn, ahd. aro, arn, as. aro, arn. Aus g. *aro¯n, ar-n- m. ’Adler, großer Greifvogel’ (n-Stamm, teilweise erweitert), auch in gt. ara, anord. o¸rn, (poet.) ari, ae. earn. Mit ähnlicher morphologischer Unregelmäßigkeit heth. harasˇ (Gen. haranasˇ); vermutlich aus der gleichen Bildung, aber mit Dissimilationen und zum Teil (wohl sekundärem) Ebenso 1) (g. *e¯tsa-) nndl. aas. Vgl. anord. ¢zli n. ’Aas’ 2) (g. e-Vokalismus, stammen air. ilar, kymr. eryr; lit. ere˜lis, *e¯taz) ne. Pl. eats, nschw. (dial.) a˚t, nisl. a´t(a); Þaasen, Þatzen, akslav. orı˘lu˘; vorauszusetzen ist ig. *har-en- m. Þäsen. – Schindler, J. Sprache 9 (1963), 203–206; EWahd 1 ’Adler, großer Greifvogel’. Mit Rücksicht auf Wörter (1988), 406–408; LÄGLOS 1 (1991), 42f.; Röhrich 1 (1991), 53; für ’Adler, großer Greifvogel’, die auf ig. *harg´- zuEWNl 1 (2003), 81f. rückführen (ai. rji-pya´-, epitheton ornans zu ´syenaaasen Vsw ’vergeuden’ erw. vulg. (19. Jh.). 1. Zu ÞAas in ˙ ’Adler, Falke’ u.a.) vermutlich zu einer einfacheren der weitergehenden Bedeutung ’verwesendes Wurzelform von diesem. Zur Bedeutung vgl. gr. argo´s aasig ’schmutzig, Fleisch’, die sich in regionalem ’weiß glänzend’ und ’schnell beweglich’, vermutlich schmierig, widerlich’ und aasen ’schmutzige, schmiealso etwa ’aufblitzend’. Somit ist die Ausgangsbedeurige Arbeit tun’ zeigt. 2. Die moderne Bedeutung geht tung wohl ’der Aufblitzende, der sehr Schnelle’, was eher auf die Bedeutung ’Fressen für Tiere’ zurück und besonders auf den Falken zutrifft. − Das Wort wird ist mit dem schlecht abgrenzbaren Bereich Þäsen, seit dem 12. Jh. verdrängt durch die Verdeutlichung Þatzen zu verknüpfen. Bezeugt ist die Anwendung adel-are ’edler Aar’ (ÞAdler), bedeutet dann meist

-abel

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solcher Wörter besonders für Vögel und Schweine, abblitzen Vsw std. stil. phras. (18. Jh.;. meist in Verbindie beide beim Fressen in beträchtlichem Umfang dungen wie er ist abgeblitzt oder sie hat ihn abblitzen Futter verstreuen. Daraus in übertragenem Gebrauch lassen). Ursprünglich vom Schießpulver, das ver’vergeuden, verschleudern’. pufft, ohne den Schuss auszulösen; die übertragene Bedeutung ist aber früher bezeugt. Ein ähnliches Bild ab (als Präposition durch Þvon ersetzt) Adv/Präp std. bei der Schuss ist nach hinten losgegangen. (8. Jh.), mhd. ab(e), ahd. aba, as. af . Aus g. *ab(a) Þblitzen. – Röhrich 1 (1991), 54. Präp. mit Dat., Adv. ’von − weg’ (mit Betonung der Trennung), auch in gt. af (ab-u), anord. af, ae. of, afr. Abc (Abece) Sn ’Buchstabenreihe’ std. (8. Jh., Form af, of (der Auslautvokal im Althochdeutschen ist 13. Jh.). Die drei ersten Elemente stehen stellvertrenachträglich angetreten). Dieses aus ig. *apo ’von − tend für das Ganze; schon früher das sonst seltenere weg’ in l. ab, gr. apo´, ai. a´pa u.a. Entstehung dunkel. − ab(e)c(e)d(e) mit Abecedarium ’Fibel; Gedicht, in dem Zum Ausdruck von ’von − her’ (mit Betonung der jeder Vers mit dem nächsten Buchstaben des AlphaRichtung) diente gt. fram, ae. fram, anord. fra´ (lautbets beginnt’. Auch kürzer (vor allem norddeutsch) lich unregelmäßig) aus g. *frama(n) und ahd. fan(a), Abe (13. Jh.) mit Abebuch, auch A-Buch (vgl. ÞFibel). fon(a), as. fan(a), afr. fan aus wg. *fa-ne (mit sekunDer ältere und allgemeinere Ausdruck ist ÞAlphabet dären Erweiterungen), aus ig. *po-ne (einer Variante (s. auch ÞAbc-Schütz(e)). Ml. abcd, abecedarium u.ä. von ig. *apo mit einem Suffix zur Bezeichnung der erscheint erst spät und ist deshalb kein eindeutiges Herkunft). In der weiteren Entwicklung ist ab im Vorbild. Deutschen durch Þvon in der Funktion als PräposiEbenso nndl. abc, ne. abc, nfrz. abc, ndn. abc, nschw. abc, tion weitgehend verdrängt worden (noch erhalten rennorw. abc. – Röhrich 1 (1991), 55. gional schweizerisch und in Relikten wie Þabhanden Abc-Schütz(e) Sm std. (16. Jh.). Zuerst in dem Dimi’von den Händen weg’), während es als Adverb ernutiv ABC-Schützigen. Zusammensetzung von ÞAbc halten blieb (in dieser Funktion fehlt dafür von). und ÞSchütze im Sinn von ’Anfänger, Neuling’. DieWendungen wie ab Hamburg, ab Montag und Kinder ser seit dem 15. Jh. belegte Ausdruck bezieht sich auf ab zwölf Jahren sind jünger (19. Jh.) und aus von das Wort Schütze im Sinn von ’Schüler’ im abschätHamburg ab usw. verkürzt (vielleicht knüpfen sie zigen Sinn. Die Herkunft dieses Gebrauchs ist unklar. auch an den im Schweizerischen noch erhaltenen Mit dem Erstglied ist die ÞFibel gemeint. Vgl. Fibelist präpositionalen Gebrauch an). Als Präfix entwickelt in gleicher Bedeutung bei Luther. ab- aus der Grundbedeutung ’von − weg’ NebenbeNyström (1915), 196–205, 236–240. deutungen wie ’miss-, -los, wider-’ (ÞAbgott, abdanken Vsw std. (16. Jh.). Älter jemanden abdanken, ÞAbgrund, Þabhold, Þabschätzig). d.h. ’mit Dank verabschieden’ zu ÞDank. Der KonEbenso nndl. af, ne. of, off, nschw. av, nisl. af. S. Þaber, struktionswechsel konnte leicht eintreten, da das ÞOffsetdruck, Þabgeschmackt und die unter aber behandelten besonderen Bedeutungsentwicklungen. – Wellander, E.: Die Wort überwiegend in dem Partizip abgedankt verBedeutungsentwicklung der Partikel ab- in der mhd. Verbalwendet wurde. Ebenso nndl afdanken. komposition (Uppsala 1911); Henzen (1969), 218–273; Wortbildung 1 (1973), 175–177, 211–214, 293, 319–322, 354; EWahd 1 (1988), 5–8; McLintock, D. R. FS Schützeichel (1987), 1099–1106 (anders zu von: vereinfacht aus from); Röhrich 1 (1991), 53f.; EWNl 1 (2003), 102; zu von: EWahd 3 (2007), 466–468, 504–506.

abäschern Vswrefl ’sich abmühen’ per. ndd. md. wobd.

EWNl 1 (2003), 102 f.

Abdecker Sm ’Beseitiger, Verwerter von Tierkada-

vern’ per. arch. (16. Jh.). Eigentlich ’derjenige, der die Decke (= Haut) von einem eingegangenen Tier abzieht’. Vgl. Schinder (Þschinden), ÞRacker.

Abee Smn ’Abort’ per. wobd. (20. Jh.). Verhüllende um(17. Jh.). Zu äschern ’mit Asche auslaugen’ zu ÞAsche. gangssprachliche Abkürzung (= AB) für ÞAbort 1, Wohl zunächst nur abgeäschert ’erschöpft’ mit der nicht schriftsprachlich. gleichen Übertragung wie ausgelaugt (Þauslaugen), -abel Suffix per. bildg. (–). Zur Ableitung von Adjektidoch ist das Wort nur in der übertragenen Bedeutung ven der Möglichkeit aus Verben (vornehmlich solbezeugt. cher auf -ieren, das dabei als Adaptionssuffix ausfällt), z.B. akzeptabel ’kann akzeptiert werden’ Abbiss Sm (Pflanzenname) per. fach. (16. Jh.). Auch Teufels Abbiss. Der Wurzelstock sieht im Herbst wie (Þakzeptieren). Das Suffix wird in romanischen (bzw. abgebissen aus, was offenbar dem Teufel zugeschrieromanischstämmigen) Wörtern entlehnt (z.T. als frz. ben wurde. -able, -ible) und geht auf funktional entsprechendes l. -a¯bilis, -ı¯bilis zurück, ist aber wohl semantisch auch Þbeißen. – Sauerhoff (2001), 266 mit Anm. 176. von afrz. able (ne. able) ’geschickt, passend’ beeinabblasen Vst std. stil. (16. Jh.). Ursprünglich ’durch ein flusst, das auf l. habilis zurückgeht. Die Variante -ibel Signal der Blasinstrumente das Ende ankündigen’ tritt meist auf, wenn das Basisverb nicht auf -a¯re aus(Jagd, Militär); seit dem 20. Jh. allgemein für ’etwas geht, z.B. l. dispo¯nere − d. disponibel (Þdisponieren), unerwartet (und meist bevor es angefangen hat) ababer l. accepta¯re − d. akzeptabel. Heute in neoklassisagen’. Þblasen.

Abele

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schen Bildungen frei verfügbar. Die deutsche seman- Abendland Sn std. (16. Jh.). Gegensatzbildung zu nhd. tische Entsprechung ist Þ-bar. ÞMorgenland; ursprünglich fast nur im Plural, das Bestimmungswort mit der Bedeutung ’Westen’. ErWortbildung 3 (1978), 36f., 395f. satzwörter für ÞOkzident und ÞOrient. Seit dem Abele [a′be:l¡] Sf (wmd., wobd. dafür mit Unterdrü18. Jh. (nur deutsch) ideologisch gebraucht. ckung der ersten Silbe Belle, Bellenbaum) ’Weißpap-

Faber, R. FS Heinrich (1979), 140–150. pel’ per. arch. ndd. (14. Jh.), mndd. abele. Mit mndl. Abendmahl Sn ’Altarsakrament (evangelisch)’ std. abeel, nndl. abeel, ne. abele, ndn. abel entlehnt aus (15. Jh.). Eigentlich das Wort für ’Abendessen’, das afrz. aubel –, was ein vor- rom. *albellus voraussetzt, übertragen für die Feier des letzten Mahls Christi mit ein Diminutiv zu ml. albarus ’Weißpappel’, eigentlich seinen Jüngern gebraucht wird. Vorbild ist gr. deı˜p’weißlich’ (zu l. albus ’weiß’ und l. albulus ’weißnon kyriako´n, l. dominica coena, wörtlich ’Herrenlich’). S. ÞAlber und ÞAlbe 2 für weitere Zusammenmahl’. Luther hat nur den ersten Teil übersetzt. Im hänge. Deutschen wird in der Regel ein Wort gebraucht, das EWNl 1 (2003), 83. regional nicht gewöhnlich das Abendessen bezeichAbend Sm std. (9. Jh., abendstern 8. Jh.), mhd. a¯bent, net (neben Abendmahl vor allem Abendessen und ahd. a¯bend, as. a¯band, auch in afr. ¯evend. Aus wg. Nachtessen), so dass das religiöse Wort dadurch ge*¢ ¯ band(a)- m. ’Abend’. Ähnlich ae. ¢ ¯ fen, das wohl hobener wirkt. Im allgemeinen Gebrauch setzt sich aus der gleichen Grundform umgestaltet worden ist Abendmahl als Form Luthers durch. (etwa nach ÞMorgen, vgl. die Entsprechungen ne.

HWDA 1 (1927), 42–55; Besch, W.: Sprachlandschaft und morning − evening); stärker abweichend anord. Sprachausgleich im 15. Jh. (München 1967), 134–136. aptann aus *aftanþ(a)-, das Gotische hat andere Wörter. Zumindest im Nordischen bezeichnete das Abenteuer Sn std. (12. Jh.), mhd. a¯ventiure f. Als ritterliches Fachwort aus frz. aventure f. entlehnt. Das NeuWort ursprünglich die Zeit zwischen 3 und 9 Uhr trum dringt aus dem Mittelniederdeutschen ein. Zunachmittags; die Zeit des Sonnenuntergangs war grunde liegt ein ml. *adventu¯ra n. Pl. ’Ereignis’, PFut. anord. kveld (ÞKilt). In den neueren Sprachen wurde zu l. advenı¯re ’herankommen, sich ereignen’. im Nordischen kveld, sonst Abend verallgemeinert Ebenso nndl. avontuur, ne. adventure, nfrz. aventure, nschw. (nndl. avond, ne. evening, nschw. kväll, nisl. kvöld). äventyr, nisl. ¢vinty´ri. Zu Entlehnungen aus der Sippe des zuMit Rücksicht auf die Herkunft von frz. soir, it. sera f. grunde liegenden l. venı¯re ’kommen’ s. Þintervenieren. – Mül’Abend’ aus l. se¯rus ’spät’ und ntl.-gr. opsı´a f. ’Abend’ ler, C. ZDW 3 (1902), 251; Miettinen (1962), 20–63; Öhaus gr. opse´ ’spät’ ist für die germanischen Wörter mann, E. NPhM 64 (1963), 76; Haug, W. FS Eggers (1972), wohl von einer sonst nicht bezeugten nt-Bildung zu 88–125; Nerlich, M. Weimarer Beiträge 24 (1977), 160–171; einem Wort für ’spät(er)’ auszugehen, das unter Brandt, W. in Lendle (1986), 7–9; Classen (1995), 2–18; Þaber behandelt wird. Bildungen auf -nt- treten auch EWNl 1 (2003), 190f.; Lebsanft, F. Wortfeld, 311–337. sonst bei Wörtern für Zeitstufen auf, vgl. ai. hemanta´- aber Adv/Konj std. (8. Jh.), mhd. aber, afer, abe, ahd. ’Winter’, ai. vasanta´- ’Frühling’. Das -t- in anord. abur, abar, abo (-b-/-f-/-w-), mndd. afer. Bei den Foraptann beruht wohl auf dem Einfluss von Bildungen men (auch den nachfolgend verglichenen) stehen g. wie aptr ’zurück, wieder’ und aptan ’hinten’; das ¢ ¯ *abur- und g. *abar- nebeneinander, für die Bedeuder westgermanischen Formen ist unerklärt. Den tung ist zunächst von ’wieder, zurück, danach’ ausVersuch der Anknüpfung an idg. *ksep- ’Nacht’ unzugehen. Die außergermanischen Vergleichsmögternehmen Bjorvand/Lindeman (*kse¯p-ont  lichkeiten führen zunächst auf zwei Komplexe zu*se¯pont-; -s*se¯pont  -s ¯epont-) ohne ausreichende rück (die letztlich miteinander zusammenhängen Klärung der dabei auftretenden lautlichen Probleme. können), nämlich ig. *apo, *po ’ab, weg’ − ’zurück’ − − Die Bedeutung ’Vorabend’ (eines Festes) hängt dar’hinter’ und ig. *epi, *opi ’auf, zu, bei’. Das Problem an, dass nach alter Auffassung der Tag mit dem vorist nun, dass die r-Bildungen mit der Bedeutung angehenden Abend beginnt; vgl. für die Auffassung ’nach, zurück, hinter, wieder’ formal zu *epi/opi, seder Bibel 3. Mose 23, 32 und für das Germanische Tamantisch zu *apo zu gehören scheinen. Man wird citus Germania 11 und allgemein Wünschmann. − hier (nach Dunkel) dem semantischen ZusammenSeit dem 14. Jh. auch ’Westen’ durch Bedeutungsenthang den Vorzug geben − der lautliche Zusammenfall lehnung aus l. vesper. auf der Stufe *op- kann zudem (gerade im GermaEbenso nndl. avond, morphologisch abweichend ne. eve, evenischen) auch zu Vermischungen geführt haben. ning; Þaber, ÞSonnabend. – HWDA 1 (1927), 23–35; JohannisDiese r-Bildungen (und Verwandtes) sind: ai. a´parason, T. MASO 5 (1943), 50–75; Wünschmann (1966), 105–111; ’hinterer, späterer, nachfolgender’ (aus [ig.] *apero-, Johannisson, T. MASO 14 (1975), 24f.; Darms (1978), 77–80; *epero- oder *opero- [letzteres, falls das umstrittene Markey, Th. FS Gimbutas (1987), 299–321; EWahd 1 (1988), Brugmannsche Gesetz außer Betracht bleibt]); air. ´ıar 9–13; Röhrich 1 (1991), 55f.; Bjorvand/Lindeman (2000), 18–21; EWNl 1 (2003), 189f. ’nach, spät, hinten, Ende’ − vielleicht aus *epiro-, aber ganz unklar (für den e-Vokalismus ist zu bedenken, dass das Keltische auch sonst sekundären e-Vokalis-

abgefuckt

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mus zeigt; ÞAar); g. *afera- ’nach’, in gt. afar ’nach’ abfinden Vst std. (13. Jh., Standard 16. Jh.). Ursprüngund substantiviert in ae. eafora, as. abÐ aro ’Nachkomlich gerichtlicher Ausdruck (zunächst ndd.), zu (ein me’ (teilweise vielleicht g. *abur-); ein sicheres o- in Urteil) Þfinden, wobei zufinden ’jemandem etwas gr. o´pi(s)the(n) ’hinten’. Zu g. *abur- und ig. *[a]pudurch Urteil zusprechen’ − abfinden (mit Dt.) vgl. vor allem ai. pu´nar ’wieder, zurück, abermals’. ’jemandem etwas durch Urteil absprechen’. Dann Offenbar ist also schon die Vorform für das germa(mit Akk.) ’jemandes Ansprüche befriedigen’, wornische Wort nicht einheitlich, und so wird man auch aus die heutigen Bedeutungen. bei der Bedeutung mit Vermischungen rechnen dür- Abfuhr Sf std. phras. (19. Jh.). Nur noch in der Wenfen. Vgl. auch die Bedeutung ’wieder’ von hundert dung eine Abfuhr erteilen. Zu abführen im Sinn von und aberhundert, Þabermals und ähnlichen Ausdrü’unterweisen, dressieren’ (eigentlich ’einen Hund so cken; vielleicht auch das seltene anord. Präfix aur-, dressieren, dass er geführt werden kann’), dann auch das ungefähr ’hinterer, zweiter’ bedeutet (anord. aur’zurückweisen, vernichtend besiegen’ (vgl. jemandem bord Ñ ’zweite Planke vom Kiel eines Schiffes’, anord. eine Lektion erteilen). Das Substantiv wurde dann vor aurfalr ’unterer Beschlag des Speeres’). Eine besonallem in der Studentensprache gebraucht für die Niedere Bedeutung ’miss-’ findet sich in ÞAberglaube derlage eines Paukanten in der Mensur vor Ablauf und anderem; sie geht (wie bei der Kompositionsder festgesetzten Fechtzeit, was für die heutige Beform von ÞAfter) zurück auf eine Bedeutungsentdeutung bestimmend geworden ist. wicklung von ’hinter’ zu ’schlechter’. − Das b in den abgebrannt AdjPP std. stil. (17. Jh.). Das Verb abbrendeutschen Formen ist wohl durch den Tiefton benen (Þbrennen) wird im 16. Jh. metonymisch auf den dingt. Geschädigten übertragen (jemand brennt ab). Das S. einerseits Þab und andererseits ÞAbend, Þachter, ÞAfter, Partizip wird in der Bedeutung ’jmd., dessen Haus ÞEbbe, ÞUfer und Þäbich, sowie die hier folgenden Zusamdurch Feuersbrunst zerstört wurde’ lexikalisiert und mensetzungen. – Wolfrum, G., Ulbricht, E. BGDSL-H 81 bekommt im 30-jährigen Krieg die Bedeutung (1959), 215–241; Schmidt, G.: Studien zum germanischen Ad’verarmt’. Es wird dann in die Studentensprache im verb (Diss. Berlin 1962), 265f.; Bublitz, W. Akten des 11. LinSinn von ’ohne Bargeld’ aufgenommen und kommt guistischen Kolloquiums (Aachen 1977), 2, 199–209; Dunkel, G. E. ZVS 96 (1982), 66–87; Rosengren, I. FS Grosse (Göpvon dort in die Umgangssprache; gelegentlich literapingen 1984), 209–232; EWahd 1 (1988), 401–403; Röhrich 1 risch (Goethe). (1991), 56.

Aberglaube Sm std. (13. Jh.), mhd. abergloube. Mhd.

abergloube ist vor allem im Südwesten bezeugt, neben späterem Missglaube, Afterglaube u.a. Zusammensetzung mit Þaber, das aus ’nach, wieder, hinter’ zu ’neben-, schlechter’ und dann zu der abschätzigen Bedeutung kommen konnte. S. auch ÞAberwitz. – HWDA 1 (1927), 64–87; Öhmann, E. FS Krause (1960), 166–169; Harmening (1979); LM 1 (1980), 29–32 (zur Sache und zum geschichtlichen Hintergrund); Biedermann (1998), 15–17.

abermals Adv std. alt. (15. Jh.). Als abermal, -s, aber ein

mal zu der Bedeutung ’zurück, wieder’ von Þaber. Aberwitz Sm ’Unverstand, Verblendung’ erw. obs.

Röhrich 1 (1991), 57.

abgebrüht AdjPP std. stil. (19. Jh.). Verwendet wie

’hartgesotten’ (in übertragener Bedeutung); in der eigentlichen Bedeutung bezeugt seit dem 16. Jh. Andere Belege des 16. Jhs. (Fischart) lassen einen Zusammenhang mit ndd. brüen ’beschlafen’ (eigentlich bräuten, zu ÞBraut 1) vermuten (vgl. Þabgefuckt); doch handelt es sich möglicherweise um zwei verschiedene Bildungen. abgedroschen AdjPP std. (18. Jh.). Zu dem seit dem

16. Jh. bezeugten abdreschen in der Bedeutung ’Garben ausdreschen’, auch übertragen mit der Bedeutung ’herunterleiern’ (nach dem gleichmäßigen Rhythmus des Dreschens mit Flegeln). Abgedroschen ist dann das ausgedroschene Stroh, übertragen ’das, was durch vieles Herunterleiern abgenutzt ist’.

(14. Jh.), mhd. aberwitz f. ’Irresein’. Zusammensetzung aus ÞWitz in der alten Bedeutung ’Verstand’ und aber in der unter ÞAberglaube behandelten besonderen Funktion. Ein Einfluss von älterem abewit- abgefeimt AdjPP erw. stil. (15. Jh.). Zu dem veralteten ÞFeim ’Schaum’ gehört als Partikelableitung das Vsw. ze und a¯witze ist nicht ausgeschlossen. abfeimen ’den Schaum von etwas wegnehmen, reiniabfällig Adj std. stil. (18. Jh.). In der heutigen Bedeugen’. Zur Bedeutungsentwicklung des Partizips vgl. tung als Gegenwort zu beifällig gebraucht, wie neben Þraffiniert, Þausgekocht und mit allen Wassern gewaÞBeifall auch seltenes Abfall ’Missfallenskundgeschen. bung’ steht. Röhrich 1 (1991), 57. abfieseln Vsw ’abnagen’, weniger allgemein ’abfin-

gern, klauben’ erw. oobd. (19. Jh.). Zu nicht mehr üblichem fieseln ’nagen, abfasern’; dieses zu Fiesel ’Faser’ (ohne klare Etymologie, wohl Abwandlung eines mit ÞFaser verwandten Wortes).

abgefuckt AdjPP ’heruntergekommen’ per. grupp.

(20. Jh.). Abwertender, vulgärer Kraftausdruck der Jugendsprache. Nach dem Muster von Þabgedroschen, Þabgebrannt, abgeklappert, abgerissen, abgewichst u.ä. gebildet zu ne. fuck ’ficken’, das

abgekartet sonst aber nur als Interjektion, nicht als Verb, entlehnt wurde. Vielleicht nach seltenem ne. fucked up ’heruntergekommen’. Carstensen 1 (1993), 2.

abgekartet AdjPP Þabkarten. abgelegen AdjPP std. (16. Jh.). Zu abliegen (Þliegen) in

der Bedeutung ’entfernt sein’. Abgeordneter Sm std. (17. Jh.). Substantiviertes Parti-

6 abhanden Adv std. phras. (14. Jh.). Nur noch in der

Wendung abhanden kommen. Entsprechend zu zuhanden, Þvorhanden Zusammenrückung von ab und dem alten, umlautlosen Plural von ÞHand. Die zugrunde liegende Fügung ist schon althochdeutsch, die Zusammenrückung erfolgt etwa im 14. Jh., die umlautlose Form setzt sich erst im 18. Jh. allgemein durch. Entsprechend nndl. afhandig. – EWNl 1 (2003), 105.

zip des Präteritums von abordnen. So bezeichnet wer- Abhang Sm std. (15. Jh., aber erst im 17. Jh. gebräuchden zunächst Bevollmächtigte, die meist in Staatsanlich geworden). Das Adjektiv Þabhängig ’schräg abgelegenheiten zu Verhandlungen entsandt werden; fallend’ ist zunächst häufiger. Zu abhängen in der Bedanach ’Mitglied einer Volksvertretung’. deutung ’geneigt sein’. Þordnen.

abgeschieden AdjPP ÞAbschied. abgeschmackt AdjPP std. (16. Jh., Form 17. Jh.). Aus

etwas älterem abgeschmack der Form eines Partizips angepasst. Zusammensetzung aus geschmack ’geschmackvoll’ und ab in der Bedeutung ’-los, wider-’ wie in Þabhold. Vgl. auch fnhd. abschmecken ’widrig schmecken’. Þschmecken.

Abgott Sm ’Götze’ std. alt. (8. Jh.), mhd. abgot, ahd.

Þhängen.

abhängig Adj std. (15. Jh., Bedeutung 18. Jh., das

Grundwort abhängen in der Bedeutung ’abhängig sein’ seit dem 16. Jh.). Vermutlich Lehnbedeutung oder Lehnübersetzung zu l. depende¯re (unter Einfluss des Französischen?) und fnhd. dependieren. S. ÞAbhang für die ältere Bedeutung. abhauen Vsw ’sich davon machen’ std. stil. (9. Jh., Be-

deutung 20. Jh.). Zu Þhauen in der nicht mehr üblichen Bedeutung ’sich beeilen’, die vermutlich vom Reiten ausgegangen ist: ’auf das Pferd einhauen (mit Sporen und Peitsche), um es zu größerer Schnelligkeit anzutreiben’. Der Ausdruck wird im 20. Jh. in der Soldatensprache allgemein und gelangt von dort aus in die Umgangssprache.

abgot, abguti nm., as. afgod, afr. afgod. Die ursprüngliche Bedeutung ist ’Götterbild’, dann ’heidnischer Gott’. In diesen Bedeutungen bleibt das Wort ÞGott in allen germanischen Sprachen zunächst Neutrum (gt. galiuga-guþ, anord. god,Ñ ae. god). Die Zusammensetzung mit ab- bedeutet in gt. afguþs, spätem flämi- abhold Adj erw. obs. (14. Jh.). Aus Þhold und ab ’-los, schem afgod und nnorw. (dial.) avgud ’gottlos’ wider-, miss-’ wie in Þabgeschmackt. (= ’von dem Gott entfernt ist’). Bei der Substantivieäbich Adj ’abgewandt, verkehrt (von der linken Seite rung im Deutschen dürfte es sich um die gleiche Bilvon Geweben usw.)’ per. arch. reg. (8. Jh.), mhd. dung mit etwas anderem semantischem Bezug hanebich, ahd. abuh, as. abÐ uh. Aus n./wg. *abuha- Adj. deln (etwa ’von dem Göttlichkeit entfernt ist’ = ’der ’verkehrt’, auch in anord. o¸fugr; parallel (mit Ablaut kein Gott ist’, vielleicht ’der nicht der Gott selbst ist’). und mit g. -k-) ist gt. ibuks ’rückwärtsgewandt’. VerDie Bildungsbedeutung ist aber nicht ausreichend gleichbare außergermanische Bildungen sind akslav. klar. Seit dem 16. Jh., aber erst neuerdings allgemein, opaky ’wiederum, entgegengesetzt’ und ai. apa¯n˜cim übertragenen Sinn [wie ÞIdol] verwendet. ’rückwärts gelegen, hinten liegend’. Es handelt sich Ebenso nndl. afgod. Zur Bildung vgl. ÞAbgrund. – Wesche, H. um parallele Bildungen aus ig. *ap-o/u- (Þaber), BGDSL 61 (1937), 82–85; Karg-Gasterstädt, E. BGDSL 67 nicht notwendigerweise um Reflexe des gleichen (1944), 420–433; Campanile, E. Studi e Saggi linguistici 10 grundsprachlichen Wortes. Der Anlaut des meist nur (1970), 184–189; EWahd 1 (1988), 24; EWNl 1 (2003), 104. mundartlichen deutschen Wortes ist auch h- (unorAbgrund Sm std. (8. Jh., Form 14. Jh.), mhd. abgrunt, ganisches h), g- (Präfix ge-) und n- (m-) (falsche Abälter abgründe, ahd. abgrunt, umgeformt aus älterem lösung). Das Suffix ist schon früh den i -haltigen Sufahd. abgrunti, as. afgrundi. Auch ae. (spät und selten) fixen angepasst worden und hat deshalb Umlaut be¢fgrynde, aus wg. *af-grund-ja-; dieses ist wie gleichwirkt. bedeutendes gt. afgrundiþa f. Abstraktum zu einem vorauszusetzenden Adjektiv g. *af-grund-(u)’grundlos (= von dem der Grund entfernt ist)’ (ahd. als abgrundi bezeugt), vielleicht Lehnübersetzung von gr. a´byssos (zu gr. bysso´s m. ’Grund’). Ebenso nndl. afgrond; aus dem Mittelniederdeutschen entlehnt nschw. avgrund. – Doppler, M.: Der Abgrund (Graz 1968); HWPh 1 (1971), 6; EWAhd 1 (1998), 25f.; EWNl 1 (2003), 105.

Ebenso ne. awkward (aus dem Nordischen entlehnt), nschw. avig, nisl. öfugur. – EWahd 1 (1988), 33–36; Heidermanns (1993), 93f.

Abitur Sn std. (19. Jh.). Zu l. abitu¯rus ’einer, der weg-

gehen wird’, dem Partizip des Futurs von l. abı¯re ’weggehen’ wird im Schullatein des 17. Jhs. (über ein abitu¯rı¯re ’weggehen wollen’) abitu¯rie¯ns und im 18. Jh. in deutschen Texten Abiturient ’einer der weggehen will’ gebildet. Für die zuerst 1788 in Preußen einge-

abluchsen

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führte Abschluss-Prüfung bestehen mehrere Bezeichnungen, unter anderem seit dem 18. Jh. AbiturientenExamen(-Prüfung). Daraus wird im 19. Jh. zunächst die Kurzform Abiturium gebildet (in Analogie zu Physikum aus l. examen physicum); später auch Abitur. Also eigentlich ’Prüfung für den, der (von der Schule) weggehen will’. Heute vielfach in der Kurzform Abi.

entlehnung aus kirchen-l. indulgentia f. den Nachlass der zeitlichen Sündenstrafen (später speziell durch Ableistung guter Werke oder Geldzahlung an kirchliche Einrichtungen). Bei Luther ist das Wort nach niederdeutschem Sprachgebrauch ein Neutrum.

Ebenso nndl. abiturie¨nt, nschw. abiturient. L. abı¯re ’weggehen’ ist mit l. ab- ’von − weg’ präfigiertes l. ¯ıre ’gehen’. Zu Entlehnungen aus dessen Sippe s. ÞExitus. – DF 1 (21995), 13–16.

Ablativ Sm (Kasus zur Markierung der Herkunft, z.B.

abkanzeln Vsw std. stil. (17. Jh.). Zu ÞKanzel. Zunächst

’von der Kanzel herab öffentlich nennen (nicht notwendigerweise tadelnd)’, seit dem 18. Jh. in der verallgemeinerten Bedeutung ’scharf tadeln’. Röhrich 1 (1991), 57f.

abkarten (in abgekartetes Spiel u.ä.) Vsw

Ebenso nndl. aflaat. – LM 1 (1980), 43–46; Röhrich 1 (1991), 58; EWAhd 1 (1988), 26; EWNl 1 (2003), 106.

im Lateinischen) per. fach. (15. Jh., Form 18. Jh.). Zunächst in der lateinischen Form Ablativus entlehnt, dann endungslos. Aus l. (ca¯sus) abla¯tı¯vus ’der die Trennung ausdrückende Fall’, zu l. abla¯tus ’weggetragen, weggebracht’, dem PPP. von l. auferre, zu l. ferre ’tragen’ und l. ab- ’von − weg’. Ebenso nndl. ablatief, ne. ablative, nfrz. ablatif, nschw. ablativ. Zu Entlehnungen aus der Sippe des zugrunde liegenden Partizips la¯tum s. ÞPrälat. – Leser, E. ZDW 15 (1914), 53.

’abmachen’ std. phras. (18. Jh.). Zu karten ’Karten spielen’, dann speziell ’eine Karte ausspielen’. Dieses ablaufen Vst (in der Wendung jemanden ablaufen lassen ’eine Abfuhr erteilen’) erw. stil. phras. (16. Jh.). Urvielfach übertragen für ’eine Sache einfädeln, sich sprünglich aus der Fechtersprache ’so parieren, dass etwas zurechtlegen’ (weil das Ausspielen einer Karte die Klinge des Gegners an der eigenen abgleitet’. Seit den weiteren Spielverlauf bestimmt, vgl. etwa ein dem 17. Jh. übertragen gebraucht. − Die Uhr/Zeit ist guter Schachzug im übertragenen Sinn); dann mit ababgelaufen wurde ursprünglich von der Sanduhr gezum Ausdruck des gemeinsamen Einfädelns einer Sasagt. che. Niekerken, W. FS Pretzel (1963), 369f. (anders).

Abklatsch Sm ’Nachbildung ohne eigenen Wert’ std.

stil. (19. Jh.). In der Druckersprache: ’von Hand hergestellter Bürstenabzug’, auch ’Kopie einer Inschrift durch Anpressen von nassem Papier’, von da aus übertragen. Zu klatschen (Þklatsch) im Sinne von ’geräuschvoll andrücken’. Vgl. frz. cliche´ ’Abklatsch, Abdruck’, das von einem entsprechenden nhd. klitschen, Klitsch übernommen ist (Þklitsch). Abkommen Sn std. (16. Jh., Bedeutung 17. Jh.). Wie äl-

Zu den Rang ablaufen s. ÞRank. – Röhrich 1 (1991), 58.

Ablaut Sm (ein Vokalwechsel) per. fach. (15. Jh.). Zu-

nächst gebraucht im Sinne von ’misstönend’, speziell, um den unregelmäßigen Vokalismus der starken Verben zu kennzeichnen. Dabei ist ab- im Sinne von ’abweichend vom Regelmäßigen’ zu verstehen. Von J. Grimm 1819 als grammatischer Terminus festgelegt. ÞLaut. – Schoppe, G. GRM 11 (1923), 184; RGA 1 (1973), 10–13; EWNl 1 (2003), 84.

Ableger Sm erw. fach. (18. Jh.). Zu ablegen, das in frü-

herer Zeit eine Reihe von Sonderbedeutungen hatte, teres Abkommung gehört es zu abkommen in der Beso auch ’Ausläufer bekommen, absenken’ im Gartendeutung ’sich von einer Verpflichtung, einer Schuld, bau. lösen, von einer Schuld wegkommen’ und bezeichnet ablehnen Vsw std. (16. Jh.). Zu Þlehnen 1. Zunächst in deshalb zunächst Vereinbarungen über Tilgungen der systematischen Bedeutung ’etwas Angelehntes und Erstattungen. Im 18. Jh. verschiebt sich bei Verb wegnehmen’ (nie in rein gegenständlicher Bedeutung und Substantiv die Bedeutung über älteres ’sich verbezeugt), z.T. von sich ablehnen, dann − wohl unter gleichen’ zu ’übereinkommen’ und ’Vertrag, ÜberEinfluss von l. de¯clı¯na¯re (das aber eher ’ablenken’ beeinkommen’. deutet) − ’abwehren, abschlagen’. abkratzen Vsw ’sterben’ std. vulg. (19. Jh.). Eigentlich Öhmann, E. NPhM 58 (1958), 1–3. ’sich mit einem ÞKratzfuß verabschieden’; dann abluchsen Vsw ’(mit List) wegnehmen, abschwat’sich davonmachen’. zen’ std. stil. (18. Jh.), ahd. [ar-]liuhhan (mit DiAbkunft Sf std. (17. Jh.). Abstraktum zu nicht mehr phthong statt Vokallänge), afr. lu¯ka. Ursprünglich üblichem abkommen ’abstammen’. niederdeutsches Intensivum zu mndd. luken ’ziehen, Þkommen. zupfen’, dieses aus wg. *leuk-a- ’rupfen’ auch in ae. Ablass Sm ’Erlass der Sündenstrafen’ erw. fach. (9. Jh.), lu¯can, afr. lu¯ka, aus ig. *leug´- in ai. ruja´ti ’zerbricht, mhd. abela¯z, ahd. abla¯z, mndd. afla¯t n., mndl. afla¯te. zerschmettert, zertrümmert’, lit. la´uzˇti ’brechen, aufDas Verbalabstraktum zu ablassen kann neben konbrechen’. Zur Bedeutungsentwicklung vgl. jemanden kreten Bedeutungen auch die Vergebung im christliÞrupfen, zur Form ndd. (Hildesheim) luckßen chen Sinne als Übersetzung von gr. a´phesis, l. remissio ’saugen (vom Kleinkind)’, wobd. (Elsass) liechsen (peccatorum) meinen. Seit dem 11. Jh. bezeichnet es ’Hanf raufen’. entsprechend der neuen Ablasslehre als BedeutungsJirlow (1926), 8; Niekerken, W. FS Pretzel (1963), 369f.

abmarachen abmarachen Vswrefl ’sich abquälen’ per. arch. (18. Jh.).

Ursprünglich ndd. Entstehung dunkel. Weissbrodt, E. ZDPh 64 (1939), 308 (= jiddisch); Wolf (1985), 31 (= jiddisch); Röll, W. AIGK VII, 5 (1986), 60f. (gegen jiddisch).

abmergeln Vsw Þausgemergelt. abmurksen Vsw std. vulg. (18. Jh.). Gelegentlich litera-

risch. Expressive s-Bildung zu ndd. murken ’töten’, dieses aus mndd. morken ’zerdrücken’. Vgl. zum Bedeutungsübergang mhd. zermürsen, zermüschen ’zerdrücken, ein Tier zertreten’. Vermutlich zu ig. *mer¡- ’zerdrücken’ in (spät-) anord. merja ’zerquetschen’, l. morta¯rium ’Mörser’, gr. maraı´no¯ ’ich reibe auf, vernichte’, ai. mrna¯´ti ’zermalmt’ (lautlich mehrdeutig). Vielleicht als˙ ˙Lautvariante genauer zu vergleichen mit ai. marca´yati ’beschädigt, versehrt’ (ai. marka´- m. ’Vernichtung, Tod’), l. murcus ’verstümmelt’. S. auch ÞMurk und Þmurksen.

abnorm Adj ’ungewöhnlich, unnatürlich’ erw. fremd.

(19. Jh.). Entlehnt aus l. abnormis ’von der Regel abweichend’ (zu l. ab- ’von − weg’ und l. no¯rma ’Regel, Norm’). Dazu seit dem 19. Jh. die neoklassische Erweiterung abnormal, wohl durch den Einfluss von anomal. Ebenso nndl. abnormaal, ne. abnormal, nschw. abnorm, nnorw. abnorm. – DF 1 (21995), 16f.

abonnieren Vsw std. (18. Jh.). Entlehnt aus frz. s’abon-

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Abort Sm ’Fehlgeburt’ per. fach. (14. Jh., Form 17. Jh.).

Als medizinisches Fachwort entlehnt aus l. abortus ’Fehlgeburt’, zunächst in lateinischer Form, dann endungslos. Das lateinische Wort ist ein Abstraktum zu l. aborı¯rı¯ ’vergehen, dahinschwinden’, speziell (zunächst unpersönlich) ’abgehen’, dann auch persönlich ’eine Fehlgeburt haben’, aus l. ab- ’von − weg’ und l. orı¯rı¯ ’sich erheben, hervorkommen’. Zu Entlehnungen aus dessen Sippe s. ÞOrient. Ebenso nndl. abortus, ne. abortion, nfrz. avortement, nschw. abort, nnorw. abort. – BlW 1 (1981), 48f.; DF 1 (21995), 22–24; EWNl 1 (2003), 84f.

abrackern Vsw ÞRacker. Abrakadabra Ptkl (Formelwort) std. (16. Jh.). Ein in

mehreren Sprachen bezeugtes Zauberwort, zunächst zur Abwehr gegen bestimmte Krankheiten; im Lateinischen seit dem 3. Jh. nachgewiesen. Über die Herkunft sind nur Spekulationen möglich. Ebenso nndl. abracadabra, ne. abracadabra, nfrz. abracadabra, nschw. abrakadabra, nnorw. abrakadabra. – HWDA 1 (1927), 95–97; Buchholz, W. Zeitschrift für Religion und Geistesgeschichte 8 (1956), 257–259; Barb, A. A. FS Deonna (Bruxelles 1957), 67–73; Brandenstein, W. Studies presented to J. Whatmough (s’Gravenhage 1957), 26f. (Herleitung aus dem Thrakischen ’Schaum und Asche’, vielleicht auch ’Nebel und Rauch’); BlW 1 (1981), 51; Röhrich 1 (1991), 58f.; DF 1 (21995), 26f.; Biedermann (1998), 17–19; EWNl 1 (2003), 85.

Abriss Sm std. (16. Jh., Bedeutung 19. Jh.). In der Be-

deutung ’kurze Zusammenfassung’ bezeugt seit dem ner bzw. abonner (eigentlich ’ausbedingen, festset19. Jh. Ursprünglich ein nur in den Umrissen entzen’), aus afrz. abosner ’abgrenzen’, zu afrz. bosne worfenes Bild, zu (ab-)reißen in der Bedeutung ’Grenzstein’ (später borne usw.). Das französische ’zeichnen’. Wort bedeutet unter anderem auch ’etwas im voraus Þreißen. bestellen’ und wird speziell in Bezug auf Zeitungen, kulturellen Veranstaltungen usw. verwendet. In die- abrupt Adj ’plötzlich, jäh’ erw. fremd. (18. Jh.). Entlehnt aus l. abruptus, dem PPP. von l. abrumpere ’abreisem Sinn wird es entlehnt. Die ursprüngliche Konßen, losreißen’, aus l. rumpere (ruptum) ’reißen, zerstruktion ist sich bei/auf etwas abonnieren (frz. abonbrechen’ und l. ab- ’von − weg’. ner quelqu’un a` quelque chose), dann im Deutschen Ebenso nndl. abrupt, ne. abrupt, nfrz. abrupt, nschw. abrupt, ohne französisches Vorbild transitiv geworden. Die nnorw. abrupt. Zur germanischen Verwandtschaft s. ÞRaub. alte Konstruktion ist heute nur noch in übertragener Þkorrupt, ÞEruption, ÞBankrott, ÞRotte, ÞRoute. – BlW 1 Bedeutung üblich (auf den Sieg abonniert usw.) Kon(1981), 56; DF 1 (21995), 27f.; EWNl 1 (2003), 85. kretum: Abonnement; Nomen Agentis: Abonnent (Anpassung von frz. abonne´, zunächst auch Abonnierter). Absatz Sm std. (14. Jh., Bedeutung 17. Jh.). In der Bedeutung ’Teil des Schuhs’ seit dem 17. Jh., ausgehend Ebenso nndl. zich abonneren, nschw. abonnera, nnorw. abonvon Absatz ’Abschnitt, Unterbrechung’, dann ’Stufe, nere. S. auch Þborniert. – Schirmer (1911), 4; DF 1 (21995), Podest’ u.ä. zu absetzen. 17–22; EWNl 1 (2003), 84.

Abort1 Sm ’Klosett’ erw. reg. (16. Jh., Standard 18. Jh.).

Þsetzen.

Hüllwort für älteres ÞAbtritt, aus Þab und ÞOrt als abschätzig Adj std. (15. Jh.). Zu abschätzen in der fachsprachlichen Bedeutung ’etwas als minderwertig ein’abgelegener Ort’; schon mndd. afort in dieser Bedeustufen und deshalb aus dem Verkehr ziehen (Müntung. Der Abtritt war ursprünglich ein Ort im Freien; zen, Brot u.ä.)’. er wurde dann überdacht und war, auch als er in das ÞSchatz. Wohngebäude einbezogen wurde, zunächst von den Wohnräumen möglichst weit entfernt. Mit Betonung Abschaum Sm std. (15. Jh.). Ursprünglich der sich beim des zweiten Gliedes (außer in der Schweiz) unter dem Sieden und Schmelzen bildende unreine Schaum, der Einfluss von ÞAbort 2 (oder mit verhüllender Entstelabgeschöpft wird. Rückgebildet aus abschäumen ’den lung durch Fremdwort-Betonung?). Schaum entfernen’ (das Verb wie abrahmen zu HWDA 1 (1927), 91–95; RGA 1 (1973), 15–18; Hiersche A (1986), ÞRahm 1, die Rückbildung auch in Abraum zu abräu13; Frey, M.: Der reinliche Bürger (Göttingen 1997).

absorbieren

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men). Vor allem übertragen gebraucht und in übertragener Bedeutung auch früher als in der eigentlichen Bedeutung bezeugt. ÞSchaum.

Abscheu Sm std. (16. Jh.). Rückbildung aus etwas älte-

Absicht Sf std. (16. Jh., Form 17. Jh.). Für älteres Abse-

hen, bei dem sich die Bedeutung ’Bestreben, Augenmerk’ aus konkretem ’Ziel, Visier’ entwickelte. Zu absehen ’eine Schusswaffe auf jmd. richten’ (daraus es auf jemanden oder etwas abgesehen haben). Das baugleiche absehen von etwas wohl unter dem Einfluss von lt. de¯spicere ’verachten, nicht beachten’.

rem abscheuen Vsw. ’zurückscheuen, sich entsetzen’ (heute ersetzt durch das denominale verabscheuen). Þsehen. – HWPh 1 (1971), 9–12; EWNl 1 (2003), 110. Die Rückbildung zeigt sich im maskulinen Genus, neben dem aber auch das feminine steht. Hierzu das Absinth Sm ’Wermutbranntwein’ per. fach. (19. Jh.). Adjektiv abscheulich. Entlehnt aus frz. absinthe f. (auch ’Wermut’), dieses Þscheu. – EWNl 1 (2003), 108. aus l. absinthium n. (und absinthia¯tum vı¯num Abschied Sm std. (15. Jh.), fnhd. abscheid und (seltener) ’Wermutwein’), dieses aus gr. apsı´nthion n. ’Wermut’ (und apsinthı´the¯s oı˜nos ’Wermutwein’). Die abschid zu fnhd. abscheiden ’weggehen’ (Þscheiden). Der Vokal des Partizips hat sich hier (im Gegensatz zu weitere Herkunft ist nicht sicher geklärt (vermutlich Bescheid; Þbescheiden) durchgesetzt. Vom Verbum ist aus einer Substratsprache entlehnt). noch das erstarrte Partizip Þabgeschieden ’zurückEbenso nndl. absint, ne. absinth(e), nschw. absint, nnorw. absint. – BlW 1 (1981), 65f.; Ntelopoulos, G. A. Glossologia 5–6 gezogen’ erhalten; vgl. auch die Abgeschiedenen ’die (1986–1987), 157–179; EWNl 1 (2003), 86. Toten’ (fnhd. abscheid häufig = ’Tod’). Denominal verabschieden Vsw. absolut Adj ’unbedingt, vollkommen’ std. (15. Jh.). Ebenso nndl. afscheid. – Röhrich 1 (1991), 60; EWNl 1 (2003), Entlehnt aus l. absolu¯tus ’losgelöst, unabhängig, in 107. sich abgeschlossen, vollständig’, dem PPP. von l. absolvere (absolu¯tum) ’lösen, entlassen, freisprechen, Abschlag Sm std. stil. (13. Jh., Bedeutung 16. Jh.). In den zum Abschluss bringen’ (Þabsolvieren). Auf die konkaufmännischen Bedeutungen ’Rechnungsabzug, kreten Verwendungsmöglichkeiten (in Politik, PhiTeilzahlung’ seit dem 16. Jh. bezeugt. Zu abschlagen, losophie usw.) hat auch die französische Entspredas schon mittelhochdeutsch übertragen für ’verrinchung absolu eingewirkt. Zum Begriff der absoluten gern’ in verschiedenen Anwendungsbereichen geMonarchie gehört die Weiterbildung Absolutismus. braucht wird (wenn man Teile von etwas abschlägt, Ebenso nndl. absoluut, ne. absolute, nfrz. absolu, nschw. absodann wird es kleiner). Þschlagen.

Abschreibung Sf erw. fach. (15. Jh., Bedeutung 19. Jh.).

lut, nnorw. absolutt. – Weimann, K.-H. DWEB 2 (1963), 385; HWPh 1 (1971), 12–33; BlW 1 (1981), 68–75; Vierhaus, R.: Patriotismus (Göttingen 1987), 63–83; DF 1 (21995), 34–41; EWNl 1 (2003), 86.

Der heutige technische Sinn aus älteren Bedeutungen von abschreiben wie ’tilgen, löschen (aus Dokumenabsolvieren Vsw ’freisprechen, abschließen’ erw. fach. ten), abbuchen’. (13. Jh., ’zu Ende führen’, 16. Jh.). Entlehnt aus l. abÞschreiben. solvere, zu l. solvere (solu¯tum) ’lösen’ und l. ab- ’von − abschüssig Adj std. (16. Jh.). Zu Abschuss ’Abhang’, eiweg’. Der Bedeutungsübergang von ’lösen’ zu gentlich ’Stelle, von der das Wasser schnell abfließen ’beenden’ geht entweder über ’entlassen’ oder er be(abschießen) kann’. zieht sich auf das Ablösen des Werkstücks aus dem Þschießen. Herstellungsgerät nach der Fertigstellung. Das zugehörige Abstraktum ist Absolution (14. Jh.); Nomen absehen Vsw ÞAbsicht. Agentis: Absolvent; Partizip: Þabsolut. Abseite Sf ’Seitenschiff (einer Kirche); Nebenraum

Ebenso nschw. absolvera, nnorw. absolvere. Zur Sippe des zuunter der Dachschräge’ ndd. per. fach. (12. Jh.), mhd. grunde liegenden l. solvere gehören außer dem PPP. absolut absı¯te, mndd. afside ’Seitengewölbe’. Entlehnt aus kirnoch das PPP. Þresolut mit dem Abstraktum Resolution. Verchen-l. absı¯da ’Wölbung, Chorkapelle’ zu gr. apsı´s wandt ist gr. ly´ein ’lösen’, dessen Sippe unter ÞAnalyse aufge(apsı˜dos) ’Gefüge, Gewölbe’. Die Lautform ist angeführt ist. Zur germanischen Verwandtschaft s. Þverlieren. – lehnt an Þab und ÞSeite; auch die niederdeutsche Röhrich 1 (1991), 61; DF 1 (21995), 48–54; EWNl 1 (2003), 86. Bedeutung steht wohl unter dem Einfluss dieses se- absorbieren Vsw ’aufsaugen’ erw. fremd. (17. Jh.). Entkundären Anschlusses. lehnt aus l. absorbe¯re, zu l. sorbe¯re ’schlucken, aufsauEbenso nndl. apsis, ne. apse, apsis, nfrz. abside, ndn. apsis. – gen’ und l. ab- ’von − weg’. Zunächst in die mediziEWahd 1 (1988), 30–32; BlW 1 (1981), 66f. nische Fachsprache entlehnt, dann Verallgemeineabseits Adv std. (17. Jh.). Neben diesseits, jenseits und rung der Bedeutung im 18. Jh. Heute auch übertragen wie diese ursprünglich ohne -s. Vielleicht in Anlehfür ’ganz in Anspruch nehmen’. Abstraktum ist nung an das ältere seitab, sonst unklar. Als FachausAbsorption. druck im Fußballsport (auch substantiviert, n.) im Ebenso nndl. absorberen, ne. absorb, nfrz. absorber, nschw. ab20. Jh. übersetzt das Wort ne. off side. sorbera, nnorw. absorbere. – BlW 1 (1981), 76f.; DF 1 (21995), Röhrich 1 (1991), 61.

54–58; EWNl 1 (2003), 86.

abspannen abspannen Vsw Þabspenstig. abspeisen Vsw std. phras. (16. Jh., Bedeutung 17. Jh.).

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nence. Adjektiv: abstinent; Täterbezeichnung: Abstinenzler (Hybridbildung).

Ebenso ne. abstinence, nfrz. abstinence. Zu Entlehnungen aus Vor allem in sich (nicht) abspeisen lassen. Ursprüngder Sippe des zugrunde liegenden l. tene¯re ’halten’ s. ÞTenor 1. – lich ’jemanden mit einer bestimmten Speise (einem Weimann, K.-H. DWEB 2 (1963), 385; BlW 1 (1981), 86–94; DF 1 bestimmten Futter) ernähren’, dann − vor allem mit (21995), 58–62; EWNl 1 (2003), 86. lassen − verwendet für ’sich (nicht) mit etwas zufrieden geben’. Vielleicht bezieht sich die Redewendung abstrakt Adj std. (15. Jh.). Entlehnt aus l. abstractus (eigentlich ’abgezogen’), dem PPP. von l. abstrahere auf den Brauch, seinem Freier durch das Vorsetzen ’abziehen, wegziehen’, zu l. trahere (tractum) bestimmter Speisen Annahme oder Ablehnung mit’ziehen, herleiten’ und l. ab- ’von − weg’. Das Gegenzuteilen. satzpaar abstrakt − Þkonkret geht auf den spätrömiEbenso nschw. avspisa, nnorw. avspise; ÞSpeise. – Röhrich 1 schen Philosophen Boethius zurück, wobei abstrakt (1991), 61f. das gr. ta` ex aphaire´seo¯s (Aristoteles) übersetzt; geabspenstig (in jemandem jemanden abspenstig machen) meint ist dabei eine für sich allein gedachte EigenAdj ’abgewandt’ std. phras. (14. Jh., Form 16. Jh.). Seit schaft, die aber gar nicht von einem Substrat getrennt dem 16. Jh. für älteres abspännig zu abspanen (abauftreten kann und deshalb von ihm ’abgezogen’ spenen) ’weglocken’ aus ahd. spanan, as. spanan werden muss. Verbum: abstrahieren ’auf das Begriff’locken’, spmhd. abspenen (abspanen) ’weglocken’; liche zurückführen’; Abstraktum: Abstraktion. Subdie heutige Form gehört zum (s)ti-Abstraktum (ahd.) stantivierung: Abstraktum ’das Abstrakte, Substantispanst ’Lockung’. Das Verbum aus wg. *span-a- Vst. vierung eines Verbs oder Adjektivs ohne Bedeutungs’locken’, auch in ae. spanan, afr. spona, (anord. spenja veränderung’. Vsw.), ohne klare Vergleichsmöglichkeit. Als GrundEbenso nndl. abstract, ne. abstract, nfrz. abstrait, nschw. abwort wird seit frühneuhochdeutscher Zeit abspannen strakt, nisl. afstrakt. Zur germanischen Verwandtschaft s. ’ausspannen’ verstanden, doch beruht dies auf sekunÞtragen. Zur Sippe von l. trahere ’ziehen’ gehören als Präfigiedärer Anlehnung. rungen attrahieren, Þsubtrahieren, extrahieren, Þkontrahieren ÞGespenst.

Abstand Sm std. (15. Jh.). In der eigentlichen Bedeu-

tung ’Entfernung’ und der übertragenen Bedeutung ’Verzicht’ (Abstand leisten) Verbalabstraktum zu mhd. abesta¯n ’abstehen, entfernt sein; überlassen, verzichten’. Dieses zu Þab und Þstehen bzw. ÞStand. abstatten Vsw std. phras. (16. Jh.). Meist nur in einen

mit ihren Abstrakta ÞAttraktion, Subtraktion und den Substantivierungen aus dem Partizip ÞExtrakt, Kontrakt − ebenso aus dem Simplex: ÞTrakt; über das Italienische: ÞTratte, über das Französische aus einem Partizip einer Präfigierung mit l. pro¯-: ÞPorträt. Auf Weiterbildungen aus der Form des Partizips gehen zurück: ÞTraktat und über das Französische Þmalträtieren (zu tracta¯re), ebenfalls aus dem Französischen ÞTrasse (aus *tractia¯re) und (über das Englische) Þtrainieren (*tragı¯na¯re). – HWPh 1 (1971), 33–66; Pfeifer, W. Philologus 123 (1979), 171f.; LM 1 (1980), 50–60; BlW 1 (1981), 94; DF 1 (21995), 62–74; EWNl 1 (2003), 86.

Besuch abstatten (oder Dank abstatten). Zu mhd. staten ’an seine Stelle bringen, zu etwas verhelfen’; dann auch sehr allgemein ’abfinden, entrichten’, zu ÞStatt abstrus Adj ’absonderlich’ erw. fremd. (17. Jh.). Ent(und Þausstatten, Þerstatten). lehnt aus l. abstru¯sus ’verborgen’, dem PPP. von l. Abstecher Sm std. phras. (17. Jh., Bedeutung 18. Jh.). In abstru¯dere ’verstecken, verbergen’, zu l. tru¯dere (tru¯der niederländischen Seemannssprache gibt es zu sum) ’stoßen, drängen’ und l. ab- ’von − weg’. Die nndl. afsteken ’(ein kleines Beiboot mit Hilfe des Bedeutungsverschlechterung von ’verborgen’ zu Bootshakens vom Schiff) abstoßen’ den Ausdruck ’absonderlich’ erst im Deutschen. een afsteker maken ’eine kurze Fahrt mit dem Beiboot Ebenso ne. abstruse, nfrz. abstrus, nschw. abstrus. Zur germamachen’ (nndl. steken im Sinn von ’stechen, stoßen, nischen Verwandtschaft s. Þverdrießen. – BlW 1 (1981), 95; DF 1 stochern’). Beides ins Deutsche entlehnt, wo das Sub(21995), 74. stantiv im 18. Jh. mit allgemeinerer Bedeutung in die absurd Adj ’widersinnig’ std. (16. Jh.). Entlehnt aus l. Gemeinsprache gelangt, das Verb schon seit dem absurdus (eigentlich ’misstönend’), das zu einem 16. Jh., hochdeutsch 17. Jh. Eine entsprechende Belautmalerischen l. susurrus ’Zischen’ gestellt wird. deutung von Þstechen liegt vor bei in See stechen. Früher vor allem üblich in der Sprache von PhilosoAbstinenz Sf ’Enthaltsamkeit’ erw. fach. (13. Jh., Form phie und Logik (vgl. ad absurdum führen). Abstrak15. Jh.). In lateinischer Form entlehnt aus l. abstinentum: Absurdität. tia, einem Abstraktum zu l. abstine¯ns (-entis) Ebenso nndl. absurd, ne. absurd, nfrz. absurde, nschw. absurd, ’enthaltsam’, dem PPräs. von l. abstine¯re ’sich entnnorw. absurd. Zur germanischen Verwandtschaft s. halten’, zu l. tene¯re ’halten, festhalten’ und l. ab- ’von Þschwirren. – HWPh 1 (1971), 66f.; Jones, W. J. SN 51 (1979), 247f.; LM 1 (1980), 60; BlW 1 (1981), 99–101; Röhrich 1 (1991), − weg’; endungslos seit dem 15. Jh. Zunächst kirchli65f.; DF 1 (21995), 75–78; EWNl 1 (2003), 87. cher und medizinischer Fachausdruck; die Bedeutungsverengung auf alkoholische Getränke erfolgt Abszess Sm ’eitrige Geschwulst’ per. fach. (16. Jh.). EntMitte des 19. Jhs. unter Einfluss von ne. (total) abstilehnt aus l. abscessus (eigentlich ’Weggang, Abson-

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abwesend

derung’), zu l. absce¯dere ’weggehen, entweichen, sich Abteil Sn std. (14. Jh., Bedeutung 19. Jh.). Von Sarrazin entfernen’, zu l. ce¯dere (cessum) ’weichen’ und l. ab1886 als Ersatzwort für ÞCoupe´ vorgeschlagen, und zwar als Maskulinum (wohl im Rückgriff auf älteres ’von − weg’. Gemeint ist die Absonderung des Eiters. Abteil m./n. ’Anteil, Apanage’, bezeugt seit dem Ebenso nndl. abces, ne. abscess, nfrz. abce`s, nschw. abscess, nnorw. abscess. Zur Sippe des zugrunde liegenden lateinischen 14. Jh., vor allem norddeutsch; es handelt sich dabei Verbs ce¯dere ’weichen’ gehören als tu-Stämme die Präfigierunum eine Rückbildung aus abteilen, parallel zu dem gen: Abszess, ÞExzess, ÞProzess und als zugehörige AdjektivAbstraktum Abteilung). Das Wort wird durch den Bildung Þsukzessiv. Abstraktbildungen sind ÞKonzession, offiziellen Gebrauch in Deutschland (mindestens zuÞProzession, ÞRezession, ÞSezession; von anderer Bildungsnächst nicht in der Schweiz und in Österreich) weise, zusammengerückt mit der Negation, l. necesse durchgesetzt, übernimmt aber von Coupe´ das neu’notwendig’, übernommen über das Französische in trale Genus (und meistens die Betonung auf der zweiÞNecessaire; als französische Bildung ÞProzedur. Zu einem ten Silbe). Partizip des Präsens ÞPräzedenzfall; und zu einer Adjektivbildung aus dem PPP. über das Französische: ÞAccessoires. – BlW 1 (1981), 57; DF 1 (21995), 78f.; EWNl 1 (2003), 83.

Abszisse Sf ’auf der X-Achse eines Koordinatensys-

abträglich Adj ’schädlich’ std. phras. (13. Jh., Bedeu-

tung 16. Jh.). Fast nur in einer Sache abträglich sein. In der heutigen Bedeutung seit dem 16. Jh. zu Abtrag ’Beeinträchtigung, Schädigung’; dieses zu abtragen, das zunächst ’wegtragen, stehlen, unterschlagen’, dann allgemein ’schädigen, zum Nachteil gereichen’ bedeutet. Frühere Belege für das Adjektiv gehen von anderen Bedeutungen des Verbs aus (’tilgend, entschädigend’).

tems abgetragene erste Koordinate eines Punktes’, auch ’X-Achse eines Koordinatensystems’ (kurz für Abszissenachse) per. fach. (18. Jh.). Entlehnt aus neokl. (lı¯nea) abscissa ’die Abgeschnittene (Linie)’, zu l. abscindere ’abspalten, trennen’, aus l. scindere (scissum) ’zerreißen, spalten’ und l. ab- ’von − weg’. Gemeint sind zunächst Abschnitte in einem KoordinaÞtragen. tensystem, die sich durch eine Gerade schneidende abtreiben Vst ’eine Schwangerschaft abbrechen’ std. Parallelen ergeben, vor allem bei der Beschreibung (12. Jh., Bedeutung 16. Jh.). Zu den verschiedenen älvon Kegelschnitten. Die Terminologie ist aber bis ins teren Bedeutungen des Verbs (’vertreiben, hindern, 19. Jh. auch im Lateinischen uneinheitlich. L. abscissa fortnehmen, wegschwemmen’) gehört auch erscheint erst seit dem 17. Jh. und wird seit Leibniz ’absondern, ausscheiden’, etwa von Metallen, und (1675) als Fachwort anerkannt. Nach ihm setzt sich parallel hierzu ’eine Schwangerschaft abbrechen, eine einheitliche Terminologie für das Koordinateneinen Fötus ausscheiden’, auch ’Gallensteine usw. system durch. ausscheiden’.

Ebenso nndl. abscis, ne. abscissa, nfrz. abscisse, nschw. abskissa, Þtreiben. nnorw. abscisse. Zur germanischen Verwandtschaft s. Abtritt Sm ’Klosett’ per. arch. (16. Jh.). Eigentlich Þscheiden. – Schirmer (1912), 1; Tropfke, J.: Geschichte der Elementar-Mathematik VI (1924), 92–95, 116–119. ’Weggang, abgelegener Ort’ zu abtreten in der Bedeu-

tung ’weggehen’. Neuer austreten. Ältere Bedeutungen des Wortes (’Weggang, Rücktritt, Abfall’, seit dem mhd. abbet, ahd. abbat, mndl. apt, abt. Aus kirchen-l. 14. Jh.) sind wegen dieser ’negativen’ Bedeutung des abba¯s, Akk. abba¯tem; dieses aus ntl.-gr. abba˜; dieses Wortes später vermieden worden. aus aram. abba¯ ’Vater’ (ursprünglich Lallwort), zuVgl. ÞAbort 1, Þtreten. – LM 1 (1980), 65f. nächst entlehnt als Anrede für Gott im Gebet, dann seit dem 4. Jh. als Anrede und Titel angesehener abtrünnig Adj erw. obs. (9. Jh.), mhd. abetrünnec, ahd. ab(a)trunnı¯g. Neben mhd. abetrünne, ahd. abtrunni, Mönche gebraucht; im 7./8. Jh. vor allem durch die Benediktiner verbreitet. Frühe Entlehnung auch in aus dem es wohl umgebildet ist. Dieses ist vermutlich afr. abbed, ebbede; ae. abbad, ne. abbot. Aus dem AltAdjektiv-Bildung oder Nomen Agentis mit der Beenglischen weiterentlehnt nschw. abbot und nisl. deutung ’Weggelaufener, Überläufer’. Bildungstyp (anord.) a´bo´ti (umgedeutet zu ’Verbesserer’, zu der unklar. Das Grundwort wird unter Þentrinnen behandelt. Sippe von Þbüßen). Hierzu Abtei, mhd. abbeteie, ahd. abbateia aus kirchen-l. abba¯tia (ahd. abbateia zeigt Heidermanns (1993), 605f. eine frühe Entlehnungsform des Suffixes, später an abwegig Adj std. stil. (15. Jh.). Zu Abweg ’Irrweg’ (auch das aus dem Französischen kommende -ı¯e angegli’Seitenweg’) neben adverbialem ab weg ’neben dem chen); und Äbtissin, mhd. eppetisse, ahd. abbatissa aus Weg, beiseite’ (ÞWeg), also ’irrig’ (auch ’abliegend, kirchen-l. abba¯tissa. Die pleonastische Erweiterung umständlich’). mit Þ-in 1 (wie in Prinzessin, Diakonissin) seit dem abwesend AdjPP std. (9. Jh., Form 15. Jh.). Notker (um 15. Jh. 1000) übersetzt l. abesse ’fern sein, fehlen’ mit ahd. Ebenso nndl. abt, ne. abbot, nfrz. abbe´, nschw. abbot, nisl. abawesen. Während die finiten Formen keine große a´bo´ti. – EWahd 1 (1988), 19–23; LM 1 (1980), 60–63; BlW 1 (1981), Rolle spielen, werden im Laufe der Zeit die Nomi18f.; EWNl 1 (2003), 87. nalformen wichtig: Seit dem 14. Jh. abewesen, im

Abt Sm ’Vorsteher eines Mönchsklosters’ std. (9. Jh.),

abzapfen 16. Jh. zu Abwesenheit verdeutlicht (vgl. zur Bildung Unwissenheit, Wohlhabenheit); im 15. Jh. zunächst ndd. afwesend, bald darauf auch oberdeutsch. ÞWesen, ÞAnwesen, Þanwesend. – Röhrich 1 (1991), 63. Vgl. nndl. afwezig. EWNl 1 (2003), 110.

abzapfen Vsw ’durch Wegnehmen eines Zapfens aus-

laufen lassen’ std. (16. Jh.). Von Anfang an übertragen gebraucht (Blut, Geld abzapfen); ÞZapfen.

12 Achat Sm (Halbedelstein) per. fach. (12. Jh., Form

15. Jh.). In lateinischer Form entlehnt aus l. acha¯te¯s, dieses aus gr. acha¯´te¯s; endungslos seit dem 15. Jh. Die weitere Herkunft ist nicht sicher geklärt. Eine ältere Entlehnungsform ist agat (12. Jh.). Ebenso nndl. agaat, ne. agate, nfrz. agate, nschw. agat, nnorw. agat. – Lüschen (1979), 163f.; EWahd 1 (1988), 87; EWNl 1 (2003), 110.

abzocken Vsw. ’jemanden (betrügerisch) um sein Geld Achel Sf ’Granne, Abfall (von Flachs und Hanf)’ per.

bringen, jemanden ausnehmen’ per. grupp. (20. Jh.). Aus ab- und zocken ’Glücksspiele machen’, hier bezogen auf betrügerische Geschicklichkeitsspiele. Die Bedeutung ist dann verallgemeinert worden zu ’jemanden ausnehmen’. Wie bei abgefeimt, ausgekocht usw. wird das passive Partizip auch zur Bezeichnung der aktiven Fähigkeit benützt und bedeutet in der Jugendsprache ’taktisch geschickt, kühl abwägend’. Neuer Wortschatz (2004), 1.

abzwacken Vsw Þzwacken. Accessoires (Aussprache überwiegend [asεsoa´r], ver-

arch. (15. Jh.). In seiner späten Bezeugung als niederdeutsche Aussprache von agel gleicher Bedeutung erklärbar. Allerdings ist ahd. einmal eine Variante ahil zu ahir (ÞÄhre) bezeugt, so dass eine alte, nicht literarisch gewordene Form nicht auszuschließen ist. Vorauszusetzen ist auf jeden Fall wg. *agilo¯(n)- f. ’Granne’ in ae. egl(e), ndd. agel, egel, wozu die althochdeutsche Form (wenn sie echt ist) eine Form ohne grammatischen Wechsel und evtl. der Suffixform -ula- wäre. Dieses ist eine l-Ableitung zu ig. *ak´’spitzig’, wie etwa auch l. aculeus ’Stachel’, bulg. osı´l ’Granne’ (akslav. osla ’Schleifstein’), ohne dass eine gemeinsame Vorform vorausliegen muss.

mutlich durch den Einfluss von ÞNecessaire) Spl erw. Ebenso ne. ail; ÞÄhre. – EWahd 1 (1988), 105–107; BlW 1 (1981), fremd. (19. Jh.). Entlehnt aus frz. accessoires, zu frz. 294 (zu l. acus ’Spreu’). accessoire ’zusätzlich’. Dieses aus ml. accessorius acheln Vsw ’essen’ per. grupp. (16. Jh.). Das Wort war in ’zusätzlich’, zu l. accessus, dem PPP. von l. acce¯dere den Hausierersprachen geläufig. Aus rotw. acheln, zu ’hinzukommen’, aus l. ce¯dere (cessum) ’gehen, treten’ wjidd. achlen ’essen’, dieses aus hebr. a¯kal ’essen’. und l. ad- ’hinzu’; als Wort der Mode seit dem 20. Jh. ¯ Küpper 1 (1955), 37; Wolf (1985), 32. Zur Sippe des zugrunde liegenden l. ce¯dere s. Achillesferse Sf ’schwacher Punkt’ std. bildg. (19. Jh.). ÞAbszess. Nach der griechischen Sage war der Held Achill(-eus, Ebenso nndl. accessoires, ne. accessories, nschw. accessoarer. – -es) nur an einer Stelle seines Körpers, nämlich der DF 1 (21995), 82–84; EWNl 1 (2003), 88f. Ferse, verwundbar (weil ihn seine Mutter als Kind an ach Interj std. (10. Jh.), mhd. ach, ahd. ah, mndd. ach, der Ferse gehalten hatte, als sie ihn durch Eintauchen mndl. ach, nndl. ach ’ach’. auch nschw. ack, ndn. ak. in das Wasser des Styx unverwundbar machen wollUnklar ist der Zusammenhang mit ähnlichen Interte). jektionen außergermanischer Sprachen, vor allem lit.

Ebenso nndl. achilleshiel, ne. Achilles’ heel, nschw. akilleshäl, a`k ’ach’ und air. uch, och, ach ’ach, weh’, und mit dem nnorw. akillesh¢l. – DF 1 (21995), 84f.; Röhrich 1 (1991), 63f.; starken Verb ae. acan ’schmerzen’ (ne. ache EWNl 1 (2003), 91. ’Schmerz, schmerzen’). Schon in frühmittelhochdeutscher Zeit auch substantiviert, heute z.B. noch in Achse Sf std. (9. Jh., vorausgesetzt schon im 8. Jh.), mhd. ahse, ahd. ahsa, as. ahsa. Aus wg. *ahso¯ f. mit Ach und Krach (ursprünglich ’mit Ächzen und ’Achse’, auch in ae. eax; daneben die l-Bildung *ahKrächzen’, dann auf eine Situation bezogen, in der sula- (o.ä.) in anord. o¸xull; im Gotischen ist ein Wort dies auftritt, ’mit knapper Not’). dieser Bedeutung nicht bezeugt. Außergermanisch ist Þächzen. – Schwentner (1924), 17f.; EWahd 1 (1988), 98f.; das Wort gut vergleichbar, zeigt aber auch dort keiRöhrich 1 (1991), 63; EWNl 1 (2003), 91. nen einheitlichen morphologischen Bau. Am weitesAch(e) Sf ’Wasserlauf’ per. arch. (8. Jh.), mhd. ache, ten verbreitet ist ig. (eur.) *a´k´si- in l. axis m., lit. asˇ`ıs, ahd. aha, as. aha. Aus g. *ahwo¯ f. ’Wasserlauf’, auch in aruss. osı˘ in gleicher Bedeutung; daneben *a´k´so- in ai. afr. a¯, ¯e, ae. ¯ea, anord. a´, o¸, gt. a§a; dieses aus ig. a ´ ks a-; *a´k´so¯n in gr. a´xo¯n, myk. a-ko-so-ne; eine (mor(weur.) *ak wa¯ (oder eher *¡k wa¯) ’Wasser, fließendes ˙ phologisch nicht ausreichend klare) l-Bildung auch Wasser’, auch in l. aqua. Vielleicht hierzu als Denoin kymr. echel. Lautlich und semantisch verwandt minative: heth. ekuzi ’bekommt Wasser, trinkt’, toch. sind die Wörter für ’Achsel’. Die BildungverschieAB yok- ’trinken’. Das Wort ist seit mittelhochdeutdenheit der Wörter weist zurück auf **ak´s, das eine scher Zeit nur noch mundartlich und (häufig) in endungslose (etwa lokativische) Bildung zu einem Namen bezeugt, gelegentlich wiederbelebt. ´es- sein kann. In Frage s-Stamm **ag ´ esoder **ak Ebenso nschw. a˚, nisl. a´. S. ÞAu und die Bildungen auf Aqua-. – kommt vor allem ein Anschluss an **ak´(es)- ’Spitze, Darms (1978), 25–33; EWahd 1 (1988), 99–103; Bader, F. FS Granne’ (vgl. dazu ÞEcke und ÞHorn), wenn die Polome´ 2 (1992), 380–405; EWNl 1 (2003), 65.

Acht1

13

Achse als Spitze aufgefasst wurde, an der das Rad auf- acht AdjNum std. (8. Jh.), mhd. aht, ahd. ahto, as. ahto. gehängt wird; als mögliche Weiterbildung **[a]k´er-d/ Aus g. *ahtau, auch in gt. ahtau, anord. a´tta, ae. eahta, afr. achta; dieses aus ig. *ok´to¯u ’acht’ in ai. asta´u, lit. t- ist zu beachten l. cardo, ae. heorr, anord. hjarri ˙˘˙ ist se’Türangel’ (das anlautende s- von ahd. scerdo, scerdar asˇtuonı`, gr. okto¯´, l. octo¯, air. ocht; akslav. osmı kundär umgeformt. Der auffällige Wortausgang lässt ’Türangel’ müsste dann, falls zugehörig, sekundär sich als Dualform erklären; das zugrunde liegende sein). Bereits alte Anwendungsbereiche sind Wort müsste dann eine Bedeutung wie gr. palaste¯´ ’Radachse’, ’Achsel’ und wohl auch ’Zentrum des Sternenhimmels, Erdachse’. ’(Handfläche), Breite von vier Fingern’, avest. asˇtay’kleines Längenmaß’ (avest. uz-asˇtay- ’Länge von 8 Ebenso nndl. as, nschw. axel (morphologisch abweichend), nisl. öxull (morphologisch abweichend), ne. axle (aus dem Fingerbreiten’) gehabt haben. Diese Wörter könnten Nordischen entlehnt); ÞAchsel. – Reichelt, H. WS 12 (1929), zugleich das gesuchte Grundwort enthalten (avest. 112–114; Darms (1978), 143–157; LM 1 (1980), 78; Hamp, E. P. asˇtay- und eventuell der zweite Bestandteil von gr. ZVS 95 (1981), 81–83; EWahd 1 (1988), 113f.; Röhrich 1 (1991), palaste¯´); andere Versuche knüpfen an das Zahlwort 64; EWNl 1 (2003), 168. Þvier (ig. *k wetwo¯r) an oder an eine Wurzel ig. *ok´Achsel Sf std. (8. Jh.), mhd. ahsel, ahd. ahsala, as. ahsla. ’spitzig’ (mit einer Bedeutung ’Spitzenreihe’, nämlich Aus g. *ahslo¯ f. ’Achsel’, auf das auch anord. o¸xl (feder 4 Finger der ausgestreckten Hand), s. zu dieser mininer i-Stamm) und ae. eaxel, afr. axle zurückfühWurzel unter ÞEcke. − Die Ordnungszahl (der) achte ren können; im Gotischen ist ein Wort dieser Bedeuzeigte ursprünglich eine Silbe mehr: mhd. ahtede, tung nicht bezeugt (nur gt. amsa ’Schulter’). Die in ahd. ahtodo, as. ahto¯˘do, vgl. gt. ahtuda. Diese dreisildiese Sippe einzuordnenden Zugehörigkeitsbildunbige Form ist seit mittelhochdeutscher Zeit verkürzt gen mit Vriddhi gehen von einer Form ohne l aus: worden; die Langform stirbt im 16. Jh. aus. ahd. uohasa (u.a.), mhd. uohse; ae. o¯custa (u.a.), Ebenso nndl. acht, ne. eight, nschw. a˚tta, nisl. a´tta; ÞOktober. Zu Achtel s. ÞTeil, zu achtzig s. Þ-zig. – Muller, F. IF 44 (1926), anord. o´st ’Achselhöhle’, selten auch ’Fittich’, anord. 137f.; Güntert, H. WS 11 (1928), 142; Henning, W. B. TPhS ’Halsgrube’. Danach zu schließen bekam die voraus(1948), 69; Ebbinghaus, E. A. BGDSL 72 (1950), 319f.; Rosenzusetzende ig. Form **ak´s ’Achse’ (ÞAchse) im Gerfeld, H.-F. WZUG 6 (1956/57), 208; Bailey, H. W. Asia maior. manischen und Lateinischen eine l-Bildung, die auf A British Journal of Far Eastern Studies 7 (1959), 23; Szemedie Bezeichnung der Achsel spezialisiert wurde: re´nyi, O.: Studies in the Indo-European System of Numerals neben dem angeführten g. *ahslo¯ ist zu nennen l. a¯la (Heidelberg 1960), 173; Shields, K. Diachronica 2 (1985), ’Flügel’ (aus *ak´sla¯) und das Diminutiv l. axilla 189–200, bes. 192f.; Meyer/Suntrup (1987), 565–580; EWahd 1 ’Achselhöhle’. Im Nordischen hat die l-Bildung das (1988), 121–124; Schmid, W. P.: Wort und Zahl (Mainz 1989); Grundwort in der Bedeutung ’Achse’ verdrängt; der Ross/Berns (1992), 588f., 601f., 618f.; EWNl 1 (2003), 91. Unterschied zwischen anord. o¸xull und anord. o¸xl Acht1 Sf ’Friedlosigkeit’ erw. obs. (11. Jh., ächten 8. Jh.), dürfte darauf beruhen, dass die Körperteilbezeichmhd. a¯ht, œhte, ahd. a¯hta, mnl. achte. Aus wg. *a¯hto¯ f. nung auf eine Dualform zurückgeht. Im Germani(älter *anhto¯) ’Friedlosigkeit’ auch in ae. o¯ht, afr. schen gab es für die Bedeutung ’Achsel’ und weiteres acht(e). Dazu das Verbum ächten, mhd. ahten, œhten, auch eine Zugehörigkeitsbildung mit Vriddhi. Entahd. a¯hten, as. a¯htian, ae. ¢ ¯ htan, afr. achta, echta. Die sprechende Körperteilbezeichnungen außerhalb des Acht (Friedlosigkeit) wurde von einem weltlichen Germanischen und Lateinischen sind ai. a´ksa-, das Gericht verhängt. Der so Verurteilte konnte straflos ˙ außer ’Achse’ auch ’Schlüsselbein’ (gewissermaßen getötet werden. Im Mittelalter steht neben der weltdie Fortsetzung des Achselgelenks, vgl. fnhd. achsellichen Acht der kirchliche ÞBann (vgl. in Acht und bein entsprechender Bedeutung) bedeutet, entspreBann tun). Außergermanisch kann das Wort mit chend wohl auch das avest. Hapax asˇa- (kaum einer Reihe von lautlich und semantisch ähnlichen ’Achsel’, wie meist aus etymologischen Erwägungen Wörtern verglichen werden, doch ist der Zusammenangesetzt wird); und arm. anowt ’Achselgrube’ hang in allen Einzelfällen unsicher und unklar. Vgl. (morphologisch unklare Zugehörigkeitsbildung); einerseits air. ´echt (aus *anktu-) ’Mord, Totschlag’, vielleicht auch air. ais ’Rücken’ (wenn ursprünglich auch ’Erschlagener’, wobei das Wort auch antizipa’Achsel’). Da die Herleitung des Wortes Achse aus torisch gebraucht werden kann, und heth. henkan ’Spitze’ nur für die Radachse, nicht aber für die Ach’Seuche, Tod’ (ig. *henk-), andererseits gr. ana´nke¯, sel zutrifft, hat hier die technische Bezeichnung das air. ´eicen, kymr. angen ’Zwang, Notwendigkeit’, l. neWort für einen Körperteil geliefert (s. zu dieser Frage cesse ’notwendig’. auch ÞNabe und ÞNabel). Ebenso nndl. acht. – Polome´, E. RBPhH 30 (1952), 462f.; ÖhEbenso nschw. axel, nisl. öxl, nndl. oksel ’Achselgrube’ (lautlich von außerhalb beeinflusst). – Reichelt, H. WS 12 (1929), 112–114; Darms (1978), 143–157; LM 1 (1980), 78; Hamp, E. P. ZVS 95 (1981), 81–83; EWahd 1 (1988), 113f.; Röhrich 1 (1991), 64.

mann, E. NPhM 66 (1965), 517–519; LM 1 (1980), 79–81; EWahd 1 (1988), 118–120; Röhrich 1 (1991), 65; von Künssberg, E.: Acht (Weimar 1910; zur Sache); DRW I (1914–1932), 361–370 (zur Sache); EWNl 1 (2003), 91f.

Acht2

14 2

Acht (in ’sich in Acht nehmen, außer Acht lassen’ usw.)

zugrunde liegende Verb ig. *ag´- bedeutete wohl urSf ’Obacht’ std. alt. phras. (9. Jh.), mhd. aht(e), ahd. sprünglich ’sammeln’ und hatte ein Abstraktum ig. ahta. Aus wg. *ahto¯ f. ’Beachtung’ (u.ä.), auch in ae. **ag´er- ’das Sammeln’ (vgl. gr. ageı´ro¯ ’versammle’, gr. eaht, afr. achte. Hierzu das Verbum achten ’beachagre´o¯ ’greife’); hierzu ig. *ag´r-o´-s m. ’Ort, wo das ten’, mhd. ahten, ahd. ahto¯n, as. ahto¯n, afr. achtia, ae. Sammeln stattfindet’, wozu weiter ig. *ag´ro-noeahtian. Hierzu vielleicht ohne Dentalerweiterung gt. ’Sammelfrucht’ (ÞEcker) und gr. a´grios ’wild wachaha ’Sinn, Verstand’, gt. ahjan ’meinen’. Wegen der send, wild’. Sekundär ist die Bedeutung des Verbs zu wenig prägnanten Lautform ist die weitere Herkunft ’Tiere sammeln, treiben, jagen’ weiterentwickelt worunklar: Für die t-Bildungen könnte ein Anschluss an den, die Bedeutung von ig. *ag´ros zu ’Ort, wo gesamdie Sonderbedeutung ’wiegen, (er)wägen’ bei der melt, geerntet wird’, von da aus zu ’Acker’. Wurzel ig. *ag´- ’bewegen, treiben’ erwogen werden Ebenso nndl. akker, ne. acre, nschw. a˚ker, nisl. akur. Zu den Entsprechungen in Entlehnungen s. Þagrar und ÞAgronom. – (z.B. l. exigere u.a. ’abwägen, erwägen, prüfen’, gr. Reichelt, H. ZVS 46 (1914), 309–311; Fränkel, H. Gnomon 4 a´xios aus *akti-o- ’wert, würdig’), doch müssten dann (1928), 566f.; Ungnad, A. Language 13 (1937), 142–145; Trier, J. die Bildungen ohne -t- abgetrennt werden. Ein mögBGDSL 67 (1944), 126; Chantraine, P.: Etudes sur le vocalicher Anschluss ist auch ig. *ak´- ’scharf, spitzig’ bulaire grec (Paris 1956), 33–40; Mehl, E. MS 71 (1961), 375f.; (ÞEcke) mit übertragener Bedeutung. Zu der BedeuBlW 2 (1984), 125–130 (ager); Anttila, R. SUSA 80 (1986), tung ’(hoch) achten’ passt an sich gr. o´knos m. 15–27; EWahd 1 (1988), 40–42; EWNl 1 (2003), 116. ’Zögern, Scheu’ semantisch sehr gut, doch stimmt das nicht zum sonstigen Bedeutungsumfang der ger- Ackermännchen Sn ’Bachstelze’ per. md. ndd. (16. Jh.). Der Vogel heißt danach, dass er im Frühjahr dem manischen Wörter. Ein sekundärer Zusammenfall Pflug folgt, um Nahrung zu finden. von (ig.) *ak´- ’spitzig, scharfsinnig’ und (ig.) *ok’scheuen’ kann dabei erwogen werden. ad- Präfix (bei Verben mit der Bedeutung ’hinzu’) per. bildg. (–). Sekundär erscheint das Präfix auch in deEbenso nndl. acht; ÞAchtung, ÞObacht. – Öhmann, E. NPhM verbalen Adjektiven und Substantiven. Es wird in la66 (1965), 517–519; EWahd 1 (1988), 116–118; EWNl 1 (2003), 91. teinischen und romanischen Wörtern entlehnt, ist achten Vsw ÞAcht 2. vielfach analysierbar, aber sehr selten produktiv. Es ächten Vsw ÞAcht 1. geht auf funktional entsprechendes l. ad- zurück und achter Adv ’hinter’ per. ndd. (10. Jh., Standard 18. Jh.), erscheint in verschiedenen Assimilationsformen: Als mndd. achter, mndl. achter, nndl. achter. Niedera- vor sc, sp, st (z.B. ÞAspirant; es gibt aber auch Fälle deutsch für after, seit dem 18. Jh. auch in hochdeutohne Angleichung, z.B. Adstringens); als ac- vor c (vgl. schen Texten. ÞAccessoires), in den romanischen Sprachen auch vor qu-, wo aber in der Regel im Deutschen ak- auftritt ÞAfter, Þaber. – EWNl 1 (2003), 92. (z.B. Þakkurat, Þakzeptieren, Akquisition); als af- vor Achtung Sf std. (9. Jh.), mhd. ahtunge, ahd. ahtunga, f (z.B. ÞAffix); als ag- vor g (z.B. Agglutination); als mndd. achtunge, andfrk. ahtinga, mndl. achtunge. al- vor l (z.B. ÞAllianz); als an- vor n (z.B. ÞAnnonce); Verbalabstraktum zu Þachten, das dessen Grundwort als ap- vor p (z.B. Þappellieren); als ar- vor r (z.B. 2 ÞAcht abgelöst hat. ÞArrest, es gibt aber Ausnahmen); als as- vor s (z.B. Bayer, H. WW 28 (1978), 401–422; EWAhd 1 (1988), 128. Þassoziieren, ohne Angleichung neo-kl. Adsorption); ächzen Vsw std. (14. Jh.), mhd. achzen, echzen. Abgeleials at- vor t (z.B. ÞAttraktion). In Neubildungen nur tet von Þach mit dem Suffix -z(en), also eigentlich selten und in der Regel ohne Assimilation (etwa ’ach sagen, stöhnen’. ÞAdrenalin, Adstringens). Acker Sm std. (8. Jh.), mhd. acker, ahd. ackar, as. ackar. Cottez (1980), 8; Schmidt (1996), 71f.; EWNl 1 (2003), 96. Aus g. *akraz ’Acker’, auch in gt. akrs, anord. akr, ae. adagio Adj ’langsam’ (Musiktempo) per. fach. (17. Jh.). ¢cer, afr. ekker, westgermanisch mit Gemination des Entlehnt aus it. adagio; die Substantivierung mit der k vor r; aus ig. *ag´ros m. ’Feld’ in ai. a´jra- ’Fläche, Bedeutung ’langsamer Satz’ im 18. Jh. It. adagio aus Ebene’, gr. agro´s ’Feld, Land’, l. ager ’Feld, flaches ad agio ’mit Gemächlichkeit, gemächlich’ zu it. agio Land’. Das Wort wird normalerweise als ro-Ableitung ’Gemächlichkeit, Ruhe usw.’; dieses aus l. adiacens zu *ag´- ’treiben, lenken’ gestellt, unter der Voraus’naheliegend, bequem’ zu l. iace¯re ’liegen’ (’umliesetzung, dass die Ausgangsbedeutung ’Weide’ war gend’ = ’mit Spielraum’). (vgl. ÞTrift zu Þtreiben), die sich dann zu ’Acker’ entEbenso nndl. adagio, ne. adagio, nfrz. adagio, nschw. adagio, wickelte. Sachlich und semantisch ist diese Annahme nnorw. adagio. – DF 1 (21995), 88–90. unbefriedigend. Der Versuch von Trier, von einem r/ Adam Sm erw. grupp. (12. Jh., als Appellativ). In der n-Stamm *ag´er/n- ’umhegter Platz’ (in gr. ago¯´n Bibel Name des ersten Menschen, zugleich hebräi’gehegter Kampfplatz’ und gr. agora¯´ f. ’Versammsches Wort für ’Mensch, Mann’ (hebr. a¯da¯m). Seit lungsort’) auszugehen, liegt semantisch näher, ist ¯ dem 12. Jh. verschiedene Wortverwendungen, die aber nicht ausreichend gesichert. Vermutlich ist mit meist unmittelbar von Bibelstellen abhängen: der alte stärkeren Bedeutungsentwicklungen zu rechnen: Das

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Adam nach Röm. 6,6; den alten Adam ausziehen nach Kol. 3,9 u.a. Geläufig seit Luther. Ebenso nndl. Adam, ne. Adam, nfrz. Adam, nschw. Adam, nisl. Adam; ÞAdamsapfel. – Röhrich 1 (1991), 66f.; DF 1 (21995), 90–94.

Adamsapfel Sm ’Schildknorpel beim Mann’ std.

Ebenso ne. add, nschw. addera, nnorw. addere. Zur Sippe des zugrunde liegenden l. dare s. ÞDatum. – Schirmer (1912), 2; DF 1 (21995), 102–106

addio, ade Grußformel Þadieu. -ade Suffix (für Konkreta) erw. bildg. (–). Aus den ro-

manischen Sprachen, besonders dem Französischen, (18. Jh.). Die Bezeichnung tritt zuerst im 15. Jh. im entlehnt in Wörtern wie ÞMarmelade, ÞParade, ProGebiet der romanischen Sprachen auf. Älter (und menade (Þpromenieren), Kanonade (ÞKanone). Selentsprechend weit verbreitet) ist die Bedeutung ten produktiv geworden (Blockade; Þblockieren), ’Granatapfel’ (deutsch 14. Jh.), auch als Bezeichnung dann in Namensableitungen wie Robinsonade). Häubestimmter Apfelsorten (hier hat das Kompositionsfiger ist die Variante -iade (Olympiade), die auch in glied Adam- eine ähnliche Funktion wie ÞParadiesHybridbildungen auftritt. Das Suffix stammt im weund soll nur die Vorzüglichkeit der Frucht hervorsentlichen aus l. -a¯tus, ursprünglich to-Ableitung von heben). Da in arabischen medizinischen Schriften der a¯-Verben. Schildknorpel als ’Granatapfel’ bezeichnet wird Adebar Sm ’Storch’ erw. obs. ndd. wmd. (11. Jh.), mhd. (po¯mum gra¯na¯tum n. in der lateinischen Übersetodebar u.ä., ahd. otibero u.ä., mndd. adebar u.ä., zung), wurde dies bei Adamsapfel auf dem Wege der mndl. odevare u.ä., nwfr. earrebarre, eibert. Ein vor Lehnbedeutung in den europäischen Sprachen nachallem westniederdeutsches, aber auch in angrenzengeahmt. Durch Ausdeutung dieser Bezeichnung entden Gebieten bezeugtes Wort für ’Storch’. Das offensteht dann die Herkunftslegende, dass diese beim bar schon früh undurchsichtig gewordene Wort Mann besonders stark hervortretende Erhöhung an wurde verschiedenen lautlichen Umgestaltungen der Kehle der dem Adam im Hals stecken gebliebene und Umdeutungen ausgesetzt. Sicher von Einfluss Bissen des verbotenen Apfels im Paradies sei (in der war die Deutung als ’Glücksbringer’ (zu g. *audaBibel ist im Übrigen nur allgemein von einer Frucht ’Heil, Glück’ und *ber-a- ’tragen, bringen’; die Rede). Das seit dem 19. Jh. als Quelle angegebene Þgebären); vgl. zu dieser auch die Verdeutlichung mit hebr. tappu¯ ah ha a¯da¯m (eigentlich ’Erhöhung beim ¯ ˙ ¯ Þheil in ndl. dial. heil-uiver; doch scheint auch dies Mann’ umgedeutet zu ’Apfel des Adam’) ist im Hebereits eine Umdeutung zu sein. Das Hinterglied bräischen selbst nicht nachweisbar. Erst modern kann zu *ber-a- ’tragen, bringen’ oder (mit niederunter Einfluss der europäischen Sprachen hebr. deutscher Inlautsentwicklung des f ) zu *far-atappu¯ ah ha a¯da¯m rı¯ˇso¯n ’Apfel des ersten Menschen’. ¯Ebenso ˙nndl. Adamsappel, ¯ ’fahren’ gehören; das Vorderglied ist unklar − ein ne. Adam’s apple, nfrz. pomme Wort für ’Sumpf’ (Adebar also als ’Sumpfgänger’, was d’Adam, nschw. adamsäpple, nisl. adamsepli. – EWNl 1 (2003), sachlich nahe liegen würde) lässt sich nicht ausrei96f. chend sichern. Zu erwägen ist eine Anknüpfung an adaptieren Vsw ’anpassen’ per. fach. (18. Jh.). Entlehnt die Partikel ig. *at- (mit verschiedenen Folgevokaaus l. adapta¯re ’anpassen, passend herrichten’ mit len), die im Keltischen und Baltischen mehrfach dem Adaptionssuffix -ieren. Aus l. ad- ’hinzu’ und ’wieder, zurück’ bedeutet. In diesem Fall also (in Verapta¯re ’anpassen’, Faktitivum zu l. aptus ’passend’, bindungen mit Þfahren) ’Wiederkehrer’, was insodem PPP. von l. apere ’verbinden’. Abstraktum: fern denkbar ist, als der Storch, ein zum gleichen Adaption, Adaptierung, älter auch Adaptation, GeräteHorst zurückkehrender Zugvogel, infolge seiner bezeichnung Adapter. Größe als Individuum wiedererkannt werden kann. Ebenso nndl. adapteren, ne. adapt, nfrz. adapter, nschw. adapLiberman (1997 und DEE) sucht im Hinterglied ein tera; ÞKoppel 1, ÞKoppel 2, ÞKoppel 3, ÞKopula, Þkuppeln, Element mit der Bedeutung ’belonging or pertaining 2 ÞCouplet.Ersatzwort ist anpassen. – DF 1 ( 1995), 94–100; to’, also gegebenenfalls ’der zum Sumpf Gehörige’. EWNl 1 (2003), 97. adäquat Adj ’angemessen’ erw. fremd. (17. Jh.). Ent-

lehnt aus l. adaequa¯tus (eigentlich ’angeglichen’), dem PPP. von l. adaequa¯re (-a¯tum) ’angleichen’, zu l. aequus ’gleich’. Ebenso nndl. adequaat, ne. adequate, nfrz. ade´quat. Zur lateinischen Sippe s. Þäqui-. Von Gottsched vorgeschlagenes Ersatzwort: angemessen. – DF 1 (21995), 100–102; EWNl 1 (2003), 98.

addieren Vsw ’zusammenrechnen, hinzufügen’ std.

(15. Jh.). Entlehnt aus l. addere, zu l. dare (datum) ’geben’ und l. ad- ’hinzu’, also ’hinzutun’. Abstraktum: Addition, Additiv ’chemischer Zusatz’, Addendum ’Hinzufügung, Nachtrag’.

Ebenso nndl. ooievaar (dial. euver). – Krogmann, W. Anglia 60 (1936), 35–38; Krogmann, W. KVNS 51 (1938), 71–73; Lockwood, W. B. GLL 48 (1995), 371–375; Liberman, A. GL 35 (1997), 120–130.

Adel1 Sm ’vornehmes Geschlecht’ std. (8. Jh.), mhd.

adel m./n., ahd. adal. Aus g. *aþala- n., das sonst nur in anord. adaÑ l n. bezeugt ist, als Vorderglied auch im Altsächsischen und vielleicht in gotischen Namen (Athalaricus) auftritt, aber durch seine Ableitungen überall außer im Gotischen vorausgesetzt wird. Die Bedeutung fällt auseinander, lässt sich aber einerseits auf ’Geschlecht, Herkunft’, andererseits auf ’Art, Wesen, natürliche Beschaffenheit’ zurückführen. Zu der

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Ableitung *aþalja- s. unter Þedel; eine Vriddhi-Bildung liegt offensichtlich vor in *o¯þala- n. ’Odal, Erbbesitz, Herkunftsort’ in ahd. uodil, as. o¯diÑ l, afr. ¯ethel, ae. œdeÑ l, anord. o´daÑ l. Dieses Wort ist auch in Namen häufig (Ulrich); seine Abgrenzung von gt. haimoþli ’Landbesitz, Heimat’, das semantisch zu ÞHeimat gehört, ist unklar. Die verschiedenen Versuche einer Etymologie können nicht voll überzeugen; am besten Szemere´nyi, der von einem Kompositum **at-alausgeht zu *at(i) ’weg, über-, hinaus’ und *al-a’nähren, wachsen’, wobei zu vergleichen wäre l. indole¯s ’angeborene Anlage’, l. pro¯le¯s ’Sprössling, Nachkomme’ und l. sub-ole¯s ’Spross, Nachkommenschaft’, evtl. auch toch. A a¯täl ’Mann’. Anders Vennemann: Entlehnt aus einem semitischen Superstrat.

ig. *e¯t-r- (r- oder r/n-Stamm) mit verschiedenen Erweiterungen und morphologischen Umdeutungen; vgl. gr. ˜etor n. ’Herz’, gr. ˜etron n. ’Bauch, Eingeweide’, air. inathar ’Eingeweide’. Falls avest. a¯tar- ’Feuer’ und die Sippe von ÞAtem zugehörig sind, ist von einer Bedeutung ’Wärme’ auszugehen, die sich einerseits zu ’Feuer’, andererseits zu ’Eingeweide’ entwickeln konnte (vgl. zu diesem Bezeichnungsmotiv etwa ÞKaldaune). − Aderlass ist seit dem 15. Jh. die übliche Bezeichnung für das (medizinische) Ablassen von Blut, heute auch übertragen verwendet für ’Schwächung’. Die poetische Ader u.ä. beruht auf einer Nachahmung des Gebrauchs von l. ve¯na ’Ader, Vene’. Ebenso nndl. ader, nschw. a˚der, morphologisch abweichend nisl. ¢d Ñ f . – Niederhellmann (1983), 233–235; EWahd 1 (1988), 54–57; Röhrich 1 (1991), 67f.; EWNl 1 (2003), 98.

Ebenso nndl. adel. – Behaghel, O.: Odal (München 1935); Szemere´nyi, O. Word 8 (1952), 42; Mezger, F. ZVS 72 (1955), adieu Grußformel std. reg. (15. Jh., Standard 17. Jh.). 1141; Zutt, H.: Adel und Edel (Mannheim 1956); Betz, W. FS Zunächst niederdeutsch, dann allgemein entlehnt aus Hammerich (1962), 9–11; Maurer, F. FS Tellenbach (1968), 1–5; frz. adieu ’zu Gott, Gott befohlen’, einer ZusammenBenveniste (1969/1993), 360–362; Moussy, C. FS Chantraine/ rückung von frz. a` dieu ’zu Gott’, dieses aus l. ad Ernout (1972), 157–168; GB 1 (1972), 1–48 (zur Sache und Gedeum. Die Variante ade´ (13. Jh., mndd. ad[d]e) beruht schichte); RGA 1 (1973), 58–77; Zotz, Th. Zeitschrift für die auf der älteren, schon mittelhochdeutschen EntlehGeschichte des Oberrheins 125 (1977), 3–20; Darms (1978), nung (wohl aus nordfrz. ade´), die dann, vor allem im 192–207; EWahd 1 (1988), 44–48; Heidermanns (1993), 107–109; Bjorvand/Lindeman (2000), 18 (zu einer ungemiSüdwesten, in die Mundarten zurückgedrängt wurde. nierten Form von atta ’Vater’ als ’väterlich’); Vennemann, Th. Aus einer weiteren Variante wallon. adjuus (vgl. span. Sprachwissenschaft 26 (2001), 189–204; EWNl 1 (2003), 97. adio´s) kommen adjüs, adjes, tjüs, tschüs, letzteres vor

Adel2 Sm ’Jauche’ per. oobd. (13. Jh.), fnhd. adel, mndd.

adel, mndl. adel. Diese Wörter gehen zurück auf ein möglicherweise gemeingermanisches g. *adelo¯n- m. ’Jauche’, auch in ae. adela, aschw. ko-adel. Weitere Herkunft unklar. Falls gr. o´nthos ’Mist, Kot von Tieren’ auf ein Nasalpräsens zurückgeht, könnte es als ig. (eur.) *od h- vergleichbar sein. Ebenso nndl. aal(t), ne. addle. – Martin, B. Teuthonista 2 (1925/26), 134–136; Tiefenbach, H. in Beck/Denecke/Jankuhn (1980), 45–54; Udolph (1994), 295–299; EWNl 1 (2003), 67f.

Adept Sm ’Eingeweihter’ per. fremd. (16. Jh., Form

allem nord- und mitteldeutsch. Seit dem 17. Jh. (vor allem in Künstlerkreisen) auch addio zu it. addio (= [ti raccomando] a dio). Ebenso nndl. adieu, ne. adieu, nfrz. adieu, nschw. adjö, nnorw. adjø. Zu dem Wort für ’Gott’ s. ÞDienstag; s. auch ÞDiva. Ersatzwort ist Lebewohl. – DF 1 (21995), 112–114; Prause, K.: Deutsche Grußformeln (Breslau 1930); Brunner, R. WZUR 5 (1955/56), 205–208; Kretschmer (1969), 75; Öhmann, E. FS Foerste (1970), 198–200; Paraschkewow, B. BGDSL-H 93 (1972), 299–307; Jones (1976), 84f.; Wolf, R. A. ZDL 44 (1977), 81–84; Voigt, B. Sprachpflege 39 (1990), 114f.; EWNl 1 (2003), 99.

18. Jh.). Zunächst in lateinischer Form entlehnt aus l. Adjektiv Sn ’Eigenschaftswort’ erw. fach. (17. Jh., Form adeptus ’erlangt, erreicht’, dem PPP. von l. adipiscı¯ 18. Jh.). Entlehnt aus spl. (nomen) adiectı¯vum ’Wort, ’erlangen, erreichen’, zu l. apiscı¯ ’erfassen, sich aneigdas hinzugefügt werden kann’ (nach gr. epı´theton, nen’. Zunächst ’jmd., der sich auf einem Gebiet viel -tiko´n), zu l. adiectum, dem PPP. von l. adicere Wissen angeeignet hat, Eingeweihter’; heute meist ’hinzufügen’ (eigentlich ’hinzuwerfen’), zu l. iacere scherzhaft junger Adept für einen Schüler oder Neu(iactum) ’werfen, schleudern’ und l. ad- ’hinzu’; zuling. nächst in lateinischer Form entlehnt, dann endungsEbenso nndl. adept, ne. adept, nfrz. adepte, nschw. adept. – los. 2 HWPh 1 (1971), 82f.; DF 1 ( 1995), 107–109.

Ader Sf std. (8. Jh.), mhd. a¯der, ahd. a¯dra, mndd.

Ebenso nndl. adjectief, ne. adjective, nfrz. adjectif, nschw. adjektiv, nnorw. adjektiv. Zur Sippe des zugrunde liegenden l. iacere ’werfen’ s. Þprojizieren. Ersatzwort: Eigenschaftswort. – Leser, E. ZDW 15 (1914), 45; BlW 2 (1984), 17.

ader(e), mndl. adere. Aus einem wohl gemeingermanischen g. *¢¯ d(a)ro¯ f. ’Eingeweide, Ader, Sehne’ (die Einengung der Bedeutung auf ’Blutgefäß’ ist erst Adjutant Sm ’ein militärischer Dienstgrad’ erw. fach. neuhochdeutsch, wohl durch Abgrenzung gegenüber (17. Jh.). Entlehnt aus gleichbedeutendem span. ayÞNerv und ÞSehne), auch in ae. ¢ ¯ dre, afr. eddere; udante (eigentlich ’Helfer, Gehilfe’), einem Nomen anord. ¢drÑ f. zeigt eine Form ohne r (anord. -r ist hier Agentis zu span. ayudar ’helfen’, aus l. adiu¯ta¯re nur Nominativ-Zeichen), doch dürfte dies angesichts ’helfen, unterstützen’ (vgl. frz. aider ’helfen’ aus derder etymologischen Zusammenhänge auf sekundärer selben Grundlage), zu l. adiuva¯re aus l. iuva¯re Umdeutung beruhen. Zugrunde liegt ein wohl schon ’unterstützen, helfen’ und l. ad- ’hinzu’. Die Annah-

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me, das Wort sei aus dem lautlich näherstehenden französischen adjudant entlehnt, ist weniger wahrscheinlich, da das französische Wort erst später bezeugt ist als das deutsche. Es liegt also wohl eine Relatinisierung im Deutschen vor.

adrett Ebenso nndl. admiraal, ne. admiral, nfrz. admiral, nschw. adÑ ´ıra´ll. – Littmann (1924), 69, 96; Latham miral, nisl. adm (1972), 40f.; Lokotsch (1975), 6; Kunitzsch, P. ADA 94 (1983), 108f.; Kiesler (1994), 139–141; DF 1 (21995), 125–127; Tazi (1998), 143 und 184–188; EWNl 1 (2003), 100.

Adonis Sm ’schöner Jüngling’ erw. bildg. (18. Jh.). EntEbenso nndl. adjudant, ne. adjutant, nfrz. adjudant, nschw. adjutant, nnorw. adjutant. – DF 1 (21995), 115f.; EWNl 1 (2003), lehnt aus gr. Ado¯nis, dem Namen eines Jünglings der 99. griechischen Sage, der von der Göttin Aphrodite

wegen seiner besonderen Schönheit geliebt wurde. Das Wort wird schon in der Antike als Appellativum Aar’ zu ÞAar, das ursprünglich allgemein ’großer (’schöner Jüngling’) verwendet. Raubvogel’ bedeutet. Die Verdeutlichung vermutlich Ebenso nndl. adonis, ne. Adonis, nfrz. adonis, nschw. adonis. – zunächst als technischer Ausdruck der Falknerei. Littmann (1924), 22f.; DF 1 (21995), 128–130. Mindestens gleichzeitig belegt ist gleichbedeutendes afrz. ale´rion, das (trotz lautlicher Schwierigkeiten) als adoptieren Vsw ’an Kindes statt annehmen’ std. aus dem Fränkischen entlehnt gilt. (16. Jh.). Entlehnt aus l. adopta¯re (eigentlich Ebenso nndl. adelaar. – Suolahti (1909), 345–352; RGA 1 ’hinzuwählen’), zu l. opta¯re ’wählen, wünschen’ und l. (1973), 79–81; Röhrich 1 (1991), 68f.; DEO (1982), 44f. (zu frz. ad- ’hinzu’. Abstraktum: Adoption; Adjektiv und ale´rion); EWNl 1 (2003), 98. Kompositionsform: adoptiv. Administration Sf ’Verwaltung’ erw. fach. (15. Jh.). EntEbenso nndl. adopteren, ne. adopt, nfrz. adopter, nschw. adoptera, nnorw. adoptere; ÞOption. – DF 1 (21995), 130–134; RGA 1 lehnt aus l. administra¯tio (-o¯nis) ’Verwaltung, Besor(1973), 83–85. gung’, zu l. administra¯re ’verwalten, besorgen, ausführen’, zu l. ministra¯re ’bedienen, darreichen, verAdrenalin Sn ’Hormon des Nebennierenmarks’ per. schaffen’ und l. ad- ’hinzu’. Nach amerikanischem fach. (20. Jh.). Neoklassische Bildung zu l. re¯n(e¯s) m. Vorbild jetzt auch für den ausführenden Regierungs(Pl.) ’Niere(n)’ und ad- ’hinzu-’, hier ’bei, neben’. apparat eines Landes, besonders bei Personennamen Zur Form vgl. l. re¯na¯lis ’die Nieren betreffend’. (Kennedy Administration). Verbum: administrieren; Ebenso nndl. adrenaline, ne. adrenalin, nfrz. adre´naline, Nomen Agentis: Administrator; Adjektiv: adminisnschw. adrenalin, nnorw. adrenalin. – EWNl 1 (2003), 100f. trativ. Adresse Sf std. (17. Jh.). In der Bedeutung ’Anschrift’ Ebenso nndl. administratie, ne. administration, nfrz. adminisentlehnt aus frz. adresse (eigentlich ’Richtung’), zu tration, nschw. administration, nnorw. administrasjon. L. mifrz. adresser ’etwas an jmd. richten’, aus früh-rom. nistra¯re gehört zu l. minister ’Diener, Gehilfe’ (ÞMinister) und *addı¯re¯ctia¯re ’ausrichten’, zu l. dı¯re¯ctus, dem PPP. von dieses wohl zu l. minus ’weniger’ als ’der Geringere’. Zu dessen l. dı¯rigere ’gerade richten, ausrichten’ und l. adSippe s. Þminus. Ersatzwort: Verwaltung. – Weimann, K.-H. DWEB 2 (1963), 385; DF 1 (21995), 118–125; EWNl 1 (2003), 99f.; ’hinzu’. Die Bedeutung ’an eine hochgestellte PersönCarstensen 1 (1993), 11f. lichkeit gerichtetes Schriftstück’ ist im 18. Jh. entlehnt aus ne. address gleicher Herkunft (gemeint war urAdmiral Sm (Dienstgrad der Marine) erw. fach. (12. Jh., sprünglich die an den König gerichtete [’adressierForm und Bedeutung 14. Jh.). Entlehnt aus frz. adte’] Bittschrift des Parlaments). Verb: adressieren; miral, neben älterem amiral, das sich im FranzösiSubstantiv: Adressat (Substantivierung des passiven schen später erneut durchsetzt (das d wohl durch AnPartizips). knüpfung an l. admira¯rı¯ ’bewundern’); das GrundEbenso nndl. adres, ne. address, nfrz. adresse, nschw. adress, wort aus arab. amı¯r ’Befehlshaber’ (heute Emir). Die nnorw. adresse. Zur gleichen Grundlage gehört auch Þadrett; Emire waren ursprünglich Kommandanten der Arzu l. dı¯rigere s. Þdirigieren und zur Sippe seines Grundworts l. mee, dann Statthalter eroberter Länder. So wird im regere Þregieren. Ersatzwort ist Anschrift (nach Zesen 1645). – Erstbeleg der europäischen Sprachen bei Einhardt Schirmer (1911), 7; Ganz (1957), 28; Moeller-Schina (1969), (Anfang 9. Jh.) der arabische Statthalter von Sizilien 92f.; Jones (1976), 85f.; Brunt (1983), 119f.; Rey-Debove/Gaamiratus genannt. Der Titel wird von den Normangnon (1988), 8; DF 1 (21995), 135–141; EWNl 1 (2003), 101. nen in Sizilien übernommen und bezeichnet sowohl adrett Adj ’gefällig’ erw. fremd. (17. Jh.). Entlehnt aus verwaltende wie auch militärische Ämter, unter anfrz. adroit ’passend, gefällig’, dieses aus früh-rom. derem war es der Titel des Flottenkommandanten. *addı¯re¯ctus ’ausgerichtet, wohlgeführt’, zu l. dı¯re¯ctus, Bei der Regelung von dessen Machtbefugnissen dem PPP. von l. dı¯rigere ’gerade richten, ausrichten’ durch Friedrich II. 1239 wurde auch der Titel festgeund l. ad- ’hinzu’, zunächst mit der französischen legt. Da Friedrichs Admirale meist Genuesen waren, Schreibweise und Aussprache, dann mit Anpassung kam der Titel auch nach Genua und von dort nach an die (regionale?) Aussprache. Frankreich, als Ludwig IX. in Genua eine französische Ebenso nnorw. adrett. Zur gleichen Grundlage gehört Flotte einrichten ließ. Im 14. Jh. wird dieser TitelgeÞAdresse; zu l. dı¯rigere s. Þdirigieren, und zur Sippe seines brauch auch im Deutschen geläufig. Die verschiedeGrundworts l. regere Þregieren. – Brunt (1983), 121; DF 1 nen Wortausgänge beruhen wohl auf nachträglicher (21995), 141–144. Suffixanpassung. Adler Sm std. (12. Jh.). Verdeutlichung adel-are ’edler

Advent

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Advent Sm ’Vorweihnachtszeit’ std. (13. Jh.), mhd. ad-

vente, mndd. advente. Entlehnt aus l. adventus ’Ankunft [Christi]’, dem Verbalabstraktum zu l. advenı¯re ’ankommen’ aus l. venı¯re (ventum) ’kommen’ und l. ad- ’hinzu’. Das lateinische Wort hat seit dem 5./6. Jh. in der christlichen Kirche die technische Bedeutung ’Vorbereitungszeit für die [Feier der] Ankunft Christi’. Ebenso nndl. advent, ne. Advent, nfrz. avent, nschw. advent, nisl. advÑ ent. Zur Sippe des zugrunde liegenden l. venı¯re s. Þintervenieren. – BlW 2 (1984), 22–25; EWNl 1 (2003), 101.

Adverb Sn ’nähere Bestimmung des Verbs, Umstands-

aus frz. (avoir) a` faire ’zu tun (haben)’. Zunächst mit französischer Schreibung und französischem Plural auf -s; der deutsche n-Plural tritt schon im 17. Jh. auf, die französische Schreibung besteht regional bis heute. Das Genus ist im Französischen zunächst ein Maskulinum, dann wird es wegen der Endung -e ein Femininum; das Deutsche folgt diesem Wechsel. Die Bedeutung ist zunächst nur ’Angelegenheit’, dann Hüllwort für ’Liebschaft’, besonders für skandalträchtige Liebschaften; heute vorwiegend für ’skandalöse Angelegenheit’ (vor allem in Politik und Wirtschaft).

Ebenso nndl. affaire, ne. affair, nschw. affär, nnorw. aff¢re. Frz. wort’ erw. fach. (16. Jh., Form 18. Jh.). Zunächst in faire ’machen, tun’ geht auf l. facere (factum) zurück; zu dessen lateinischer Form entlehnt aus l. (nomen) adverbium Sippe s. Þinfizieren. – Jones (1976), 86 ff.; DF 1 (21995), 161–164; (eigentlich ’das zum Verb gehörende Wort’), zu l. verEWNl 1 (2003), 103. bum ’Wort, Zeitwort’ und l. ad- ’hinzu’, nach dem Vorbild von gr. epı´rre¯ma; später endungslos. Adjek- Affe Sm std. (9. Jh.), mhd. affe, ahd. affo, as. apo. Aus möglicherweise gemein-germanischem g. *apo¯n- m., tiv: adverbial. auch in anord. api, ae. apa. Das Wort kann in der Ebenso nndl. adverbum, ne. adverb, nfrz. adverbe, nschw. adBedeutung ’Affe’ aus sachlichen Gründen nicht alt verb, nnorw. adverb. S. auch ÞVerb.Ersatzwort ist Umstandssein; außergermanische Anschlüsse sind aber unsiwort, früher Beiwort, Zuwort. – Leser, E. ZDW 15 (1914), 45. cher: (1) Die lautlich vergleichbaren slavischen WörAdvokat Sm ’Rechtsvertreter’ erw. obs. (14. Jh.). Entter (russ.-kslav. opica f. usw.) scheinen aus dem Gerlehnt aus l. advoca¯tus (eigentlich ’der Herbeigerufemanischen entlehnt zu sein; (2) das von dem griene’), dem substantivierten PPP. von l. advoca¯re chischen Lexikographen Hesych als keltische ’herbeirufen’, zu l. voca¯re (voca¯tum) ’rufen’ und l. adBezeichnung der Schwanzaffen angegebene abra´nas ’hinzu’. Ursprünglich war der Advokat ein in Rechtsist vereinzelt und unklar. (3) Vielleicht aus einem sachen zugezogener Beistand, der aus Freundschaft weiter verbreiteten Wort für ’Affe’ mit einem anlau(oder gegen geringes Entgelt) mit seinem Ansehen tenden k – (ai. kapı´-, auch in semitischen Sprachen, und juristischem Rat zur Seite stand, aber kein jurisim Griechischen und Lateinischen). Der Anlautvertischer Vertreter im heutigen Sinne des Wortes. Mit lust könnte erklärt werden, wenn das Wort aus dem der späteren Professionalisierung der Rechtshilfe Arabischen stammt, da im vulgären Arabischen bei dann auch entsprechender Bedeutungswandel. In diesem Wort ein Kehlkopfverschlusslaut statt des kDeutschland seit der Rechtsanwaltsordnung von 1878 erscheint (Littmann [1924], 24f.; Lokotsch [1927], keine offizielle Bezeichnung mehr. 85f.). Dem steht aber entgegen, dass das arabische Ebenso ne. advocate, nfrz. advocat, nndl. advocaat, nschw. adLautsystem dieser Zeit den Laut p nicht enthält. (4) vokat, nnorw. advokat. Zur Sippe des zugrunde liegenden l. Schrijver sucht durch eine Präzisierung traditiovoca¯re s. Þprovozieren. S. auch ÞVogt. – Dückert, J. in Dückert neller Ansätze eine keltische Entsprechung des ger(1976), 263–310; von Olberg, G. in Schmidt-Wiegand (1985), manischen Wortes zu rekonstruieren: Kelt. *abanko70–103; Grubmüller, K. FS Schmidt-Wiegand (1986), 158–171; DF 1 (21995), 145–152; EWNl 1 (2003), 101. ist ein Wort, das im Irischen (air. abac) ’Zwerg’ bedeutet, aber in einem speziellen Sinn, der etwa mit aero- LAff (’Luft-’, etwa in Aerodynamik) erw. bildg. ’Wassergeist’ zu umschreiben ist; im Kymrischen be(–). Früh bezeugt sind Aerologie 18. Jh., Aerostat deutet das Wort ’Biber’, in einer Lautvariante (ad18. Jh., Aerodrom 19. Jh. Aus der Kompositionsform danc) auch ’Krokodil’. Das Wort gehört zu einem von gr. a¯¯e´r ’Luft, (Nebel, Gewölk)’, das seinerseits lautlich unklaren Wort für ’fließendes (Süß-)Wasser, unerklärt ist. Quelle, Bach, Fluss’, kelt. *ab- oder *ab h- (eine EntDF 1 (21995), 152–161. scheidung zugunsten von *ab- ist nur möglich durch Afel Sm ’Wundinfektion’ per. oobd. (15. Jh.). Trotz späeine Deutung der norddeutschen Flussnamen auf ter Bezeugung wohl urverwandt mit lit. opa` ’eiternde *-apa, deren Herkunft aber umstritten ist); bei der Wunde, Geschwür’, wozu lit. opu`s ’empfindlich, Vorform von lt. amnis ’Strom’ kann das m auf einen weichlich’, das wiederum zu gr. ¯epedano´s ’schwach, beliebigen labialen Verschlusslaut zurückgehen; die hinfällig, gebrechlich’ passt (das wohl einen s-Stamm idg. Satemsprachen haben die Lautform *ap-; heth. *e˜pos n. voraussetzt). Zugrunde liegt also wohl ig. hap(a) ’Fluss’ kann mit beiden Formen verglichen (eur.) *e¯p-/¡p-, etwa ’empfindliche, schmerzende ˘werden. Schrijver setzt nun zu dem keltischen WasStelle’. serwort eine Zugehörigkeitsbildung *abo¯n ’zum WasAffäre Sf ’(unangenehme) Angelegenheit’ std. (17. Jh.). ser gehörig’, speziell ’Wasserzwerg’ an, zu dem das Entlehnt aus frz. affaire, einer Zusammenrückung belegte kelt. *abanko- eine endozentrische Weiterbil-

Affix

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dung wäre. Die vorausgesetzte Zwischenbildung sieht er in gm. *apo¯n ’Affe’ mit der Begründung, dass die Germanen den Affen mit einem Wasserzwerg gleichsetzten oder auffassten als ’Zwerg, der über das Wasser gekommen ist’ (vgl. Meerkatze ’Affe’). Das bei Hesych genannte keltische Wort kann eine Entsprechung dazu sein, wenn die dazu notwendigen Emendationen akzeptiert werden. Es liegt aber keine Entlehnung des germanischen Worts aus dem Keltischen vor, sondern Urverwandtschaft. Dieser Ansatz hat einige unübersehbare Schwierigkeiten, die aber vielleicht ausgeräumt werden können. Zunächst wäre eine Entsprechung zu den keltischen Wassermonstern im Germanischen eindeutig Nix (und das Femininum Nixe), und es besteht kein Grund anzunehmen, dass es daneben noch eine zweite Klasse solcher Monster gab. Zum zweiten weisen eventuell ältere Bedeutungen des Wortes Affe nicht auf ’Zwerg’, sondern im Gegenteil (im Nordischen) eindeutig auf ’Riese’. Auch mit Wasser haben sie vermutlich nichts zu tun, wenn auch die entscheidende kritische Stelle (HymisquidaÑ 20,3), an der der Riese Hymir a´ttrunn apa ’der Verwandte der Affen/Monster (?)’ genannt wird, bei der Situation auftritt, in der Thor nach der Midgardschlange angelt. Das entsprechende Wasserwort kommt auch im Germanischen gar nicht vor (die apa-Namen sind ein Problem für sich). Wenn die Argumentation von Schrijver also etwas für sich hat, dann müssen wir zu der Annahme der Entlehnung aus dem Keltischen zurückkehren. Der n-Stamm müsste dort unter anderem die Bedeutung ’Wassermonster’ gehabt haben, die gelegentlich Anlass zu einer Übertragung auf die Affen gegeben haben müsste. Im Keltischen wurde diese Übertragung dann aufgegeben, das ’Monster’ wurde zu einem ’Zwerg’ spezialisiert. Im Germanischen blieb die Übertragung erhalten, der Bezug zum Wasser ging (falls er im Germanischen je eine Rolle gespielt hat) verloren. − Affe ’Rausch’ seit dem 18. Jh. wie in anderen europäischen Sprachen (mit anderen Wörtern für Affe); es wird zurückgeführt auf eine Homonymie im Cˇechischen (opice f. ’Affe’ und opı´t se ’sich betrinken’) oder auf verschiedene Wirkungen des Alkohols, ausgedrückt durch Vergleich mit Tieren (so Riegler). Zu beachten ist, dass seit dem 16. Jh. angeblich rauscherzeugende Beeren Affenbeeren heißen, weil diejenigen, die sie gegessen haben, sich wie Affen verhalten (Marzell II, 206; auch III,1370, IV,957) − hieraus könnte die Bezeichnung übertragen sein. − Affe ’Tornister’ in der Soldatensprache seit 1800. Vielleicht scherzhafte Variation zu älterem Katzbalg ’Tornister’ (Þkatzbalgen). Beide Bezeichnungen vermutlich wegen des Fellbezugs der Tornister. − Das Verhalten dieser Tiere gab Anlass zu verschiedenen Übertragungen: affig ’eitel’, äffisch ’albern, eitel’, Affenliebe ’blinde Liebe’.

Ebenso nndl. aap, ne. ape, nschw. apa, nisl. api; Þäffen, ÞMaulaffe, ÞSchlaraffe. – Palander (1899), 20f.; Riegler, R. WS 6 (1914/15), 194–196; EWahd 1 (1988), 58f.; Röhrich 1 (1991), 69–74; Steinhauser (1978), 246770 (zu Affe ’Rausch’); EWNl 1 (2003), 77f.; Schrijver, P. FS Rasmussen (2004), 507–511.

Affekt Sm ’heftige Gemütsbewegung’ erw. fach.

(16. Jh.). Entlehnt aus l. affectus ’der körperliche oder geistige Zustand, Stimmung, Leidenschaft’, ursprünglich Verbalabstraktum zu l. afficere ’hinzutun, einwirken, anregen’ aus l. facere (factum) ’machen, tun’ und l. ad- ’hinzu’. Das Verbum ist mit anderen Bedeutungen als affizieren entlehnt. Ebenso nndl. affect, ne. affect, nfrz. affect, nschw. affekt, nnorw. affekt; Þaffektiert. Zur Sippe des zugrunde liegenden l. facere s. Þinfizieren.Ersatzwort ist Gemütsbewegung (Zesen 1671). – HWPh 1 (1971), 89–101; BlW 2 (1984), 114–120; Fink-Eitel, H. Zeitschrift für Philosophische Forschung 40 (1986), 520–542; zur Mühlen, K.-H. AB 35 (1992), 93–114; DF 1 (21995), 164–171.

affektiert AdjPP ’geziert’ erw. fremd. (17. Jh.). Ur-

sprünglich Partizip zu dem Verbum affektieren ’etwas anstreben, sich etwas anmaßen’, das im 16. Jh. aus l. affecta¯re ’sich etwas aneignen’ entlehnt wurde. Als Nebenbedeutung entwickelte sich ’verkünsteln, sich zieren’, das sich im Partizip erhalten hat, während das Verb sonst geschwunden ist. Das lateinische Wort ist ein Intensivum zu l. afficere, das unter ÞAffekt behandelt ist. Ebenso nndl. geaffecteerd, ne. affected, nfrz. affecte´, affete´, nschw. affekterad, nnorw. affektert.Zur Sippe des zugrunde liegenden l. facere s. Þinfizieren. – DF 1 (21995), 171–174.

äffen Vsw ’jemanden zum besten halten, täuschen,

nachahmen’ per. arch. (13. Jh.), mhd. effen, mndd. apen. Heute meist nur noch Þnachäffen ’nachahmen’. Zu ÞAffe nach den diesem zugeschriebenen Eigenschaften. Für die Bedeutung ’nachahmen’ (erst 18. Jh.) kommt auch ein Einfluss von äfern ’nachahmen’ (8. Jh.) in Frage (dieses zu ahd. avur; Þaber). Affenschande Sf std. stil. (19. Jh.). Offenbar ’etwas, das

selbst für die ›notorisch schamlosen‹ Affen eine Schande ist’. Die in DWB 2I,1568 für die Zusammensetzung mit Affen- als Schimpfwort und als Verstärkungswort gegebenen Belege reichen allein wohl nicht aus, um das Wort zu erklären, deshalb ist die Erklärung als falsche Umsetzung von ndd. aapen Schann ’offene Schande’ verlockend, sie ist aber nicht beweisbar. Niekerken, W. KVNS 50 (1937; Sonderheft), 36; Teut, H. KVNS 52 (1939), 48.

Affix Sn ’nicht frei vorkommendes Wortbildungsele-

ment’ per. fach. (16. Jh., Form 20. Jh.). Entlehnt aus l. affı¯xum ’das Angeheftete’, dem substantivierten PPP. von l. affı¯gere ’anheften, an etwas befestigen’, zu l. fı¯gere (fı¯xum) ’befestigen, heften’ und l. ad- ’hinzu’, zunächst in lateinischer Form, die erst im 20. Jh. aufgegeben wurde. Ebenso ne. affix, nfrz. affixe, nnorw. affiks. Zur germanischen Verwandtschaft s. unter ÞDeich. Zu dem zugrunde liegenden l.

Affolter

20 fı¯gere ’befestigen, heften’ gehören als Präfigierungen affigieren, präfigieren, suffigieren mit den Substantivierungen des PPP. ÞAffix, ÞPräfix, ÞSuffix und als Kompositum ÞKruzifix. Aus dem PPP. stammt auch Þfix 1 und aus einem Faktitivum dazu Þfixieren 1, über das Englische: Þfixen. Eine Instrumentalbildung ist ÞFibel 2; über das Französische: ÞMikrofiche. – Cottez (1980), 150.

Affolter Sm ’Apfelbaum’ (gelegentlich auch ’Mistel’

u.a.) per. arch. (8. Jh.), mhd. affolter (-pf-, -a-) f., ahd. affoltra f., affaltar m., as. apuldra f. (in Ortsnamen), apalder m. Geht zurück auf g. *apuldra- m., -o¯ f. ’Apfelbaum’, auch in anord. apaldr und ae. apuldre f., æppelder m., gebildet aus dem Wort für ÞApfel und dem ’Baumnamensuffix’ (ÞHolunder). Das Femininum könnte auf ein altes Kollektiv zurückgehen. Das Wort ist häufig in Ortsnamen. EWahd 1 (1988), 60–63.

Affrikate Sf ’Verschlusslaut mit folgendem homorga-

Afterglaube Sm ÞAberglaube. -age Suffix (zur Bildung von Verbalabstrakta und von

Kollektiven) erw. (–). Das Suffix wurde seit mittelhochdeutscher Zeit in französischen Wörtern entlehnt (ÞCourage, ÞEtage, ÞGarage) in Substantiven, die eine Handlung bezeichnen (z.B. Massage zu Þmassieren 1) oder eine Sache als Kollektivum erfassen (z.B. Trikotage zu ÞTrikot). Manche Ableitungen weisen beide Bedeutungen auf (z.B. Drainage ’Entwässerung’, Dränage ’System von Röhren/Gräben’; Þdränieren). Deutsche Bildungen erscheinen besonders in der Studentensprache seit dem 18./19. Jh. (z.B. Blamage zu Þblamieren), und dringen von dort aus in die Umgangssprache ein (ÞStellage, Fressage), häufig auch mundartlich (wmd. Bummelasch, Schenkage, omd. Kledage ’Kleider’), allgemein sind Takelage zu ÞTakel und ÞStaffage. Das Suffix lautete ursprünglich l. -a¯ticum, Neutrumform von

nem Reibelaut’ (z.B. [pf]) per. fach. (19. Jh.). Entlehnt Adjektiven auf l. -a¯ticus. – Öhmann, E. NPhM 75 (1974), aus l. affrica¯ta (eigentlich ’die Angeriebene’), dem 513–526; Wortbildung 3 (1975), 241–252; Fleischmann, S. Rosubstantivierten PPP. von l. affrica¯re ’anreiben’, zu l. mance Philology 30 (1976/77), 42–58; EWNl 1 (2003), 110f. frica¯re (frictum) ’reiben’ und l. ad- ’hinzu’. Meist Agenda Sf ’Tagesordnung, Terminkalender’ erw. fach. noch heute in lateinischer Form gebraucht. Entfernt (15. Jh.). Die früheste Bedeutung im Deutschen ist verwandt sind Þfrivol und Þfrottieren. ’Gottesdienstordnung’. Die deutsche Form Agende Ebenso nndl. affricaat, ne. affricate, nfrz. affrique´e. hat sich (bis jetzt) nicht durchgesetzt. Entlehnt aus l. agenda ’Dinge, die betrieben werden müssen’, dem Affront Sm ’Beleidigung’ erw. fremd. (15. Jh.). Entlehnt aus frz. affront, zu frz. affronter ’die Stirn bieten’ aus Plural von l. agendum, dem Gerundivum von l. agere frz. front ’Stirn’ und dem l. ad- ’hinzu’ entsprechen(a¯ctum) ’treiben, betreiben’. Die Häufigkeit wurde den Präfix. sicher erhöht durch den Einfluss von ne. agenda. Das Verbum ist ebenfalls entlehnt als Þagieren (auch die Ebenso nndl. affront, ne. affront, nfrz. affront. Frz. front geht auf l. fro¯ns (frontis) ’Stirn’ zurück, dessen Sippe unter ÞFront weiteren Zusammenhänge). genannt ist. – Jones (1976), 87; DF 1 (21995), 183–185; EWNl 1 (2003), 104.

After Sm erw. fach. (11. Jh., Bedeutung 14. Jh.), mhd.

Ebenso nndl. agenda, ne. agenda, nfrz. agenda. – Carstensen 1 (1993), 16; EWNl 1 (2003), 111.

Agent Sm ’Vertreter’ std. stil. (16. Jh., Bedeutung after, ahd. aft(e)ro, mndd. achter(e), echter. Ist eine 18. Jh.). Entlehnt aus it. agente, dieses aus l. age¯ns nur deutsche Substantivierung des Adjektivs ahd. (-entis), dem PPräs. von l. agere ’treiben, betreiben’. aft(e)ro. Bedeutet also ’der Hintere’ (vgl. Hintern), Zunächst nur ’Geschäftsführer’, dann aber auch ’im vielleicht Lehnbedeutung von l. posteriora n. Pl.; spästaatlichen Auftrag tätiger Spion’, letzteres unter Einter Bedeutungsverengung auf ’Öffnung des Darmfluss von frz. agent de police. Zu der ursprünglichen kanals’ (evtl. unter Einfluss von afterdarm). Das AdBedeutung gehört Agentur, eigentlich ’Geschäftsverjektiv after, Þachter wurde gebildet aus dem Adverb g. tretung, Geschäftsstelle’. *after- in gt. aftaro, anord. eptir, ae. ¢fter, as. aftar, Ebenso nndl. agent, ne. agent, nfrz. agent, nschw. agent, nnorw. ahd. aftar ’hinter, hinten’ (neuhochdeutsche Veragent; Þagieren. – Schirmer (1911), 7; Jones (1976), 88f.; DF 1 breitung von achter: DSA, Karte 60); dieses wiederum (21995), 189–195; EWNl 1 (2003), 113. gehört zu ig. *apo ’ab, weg, zurück, hinter’, dessen Aggregat Sn ’Kombination von zusammenwirkenden Problematik unter Þaber behandelt wird. In anderen Maschinen’ erw. fach. (15. Jh., Bedeutung 18. Jh.). Mit germanischen Sprachen tritt ein entsprechendes AdSubstantivierung entlehnt aus dem Neutrum des jektiv nur im Komparativ und Superlativ auf (ae. PPP. von l. aggrega¯re ’anhäufen, sammeln’, einer Prä¢fterra, anord. eptri, gt. aftuma), so dass der Positiv fixableitung zu l. grex (gregis) m. ’Herde, Schar’ und l. im Deutschen wohl sekundär ist (das Suffix *-ter des ad- ’hinzu’. In der Bedeutung ’Summe’ schon im Adverbs ist eine dem Komparativ nahestehende Ge15. Jh. bezeugt. Als ’Zusammenstellung ohne inneren gensatzbildung). Adverb und Adjektiv gehen im Zusammenhang’ 18. Jh., ’Gruppe zusammenwirkenHochdeutschen schon früh zurück, möglicherweise der Maschinen’ 20. Jh. Als Aggregatszustand wird der bedingt durch die als anstößig empfundene Bedeufeste, flüssige oder gasförmige (u.ä.) Zustand von tung des Substantivs. Stoffen bezeichnet (nach der unterschiedlich starken Þaber, Þachter, Þob-. – EWahd 1 (1988), 63–67. ’Anhäufung’ der Moleküle).

Agrasel

21 Ebenso nndl. aggregaat, ne. aggregate, nfrz. agre´gat, nschw. aggregat, nnorw. aggregat. Zu den verwandten griechischen Wörtern s. ÞAllegorie. – HWPh 1 (1971), 102f.; DF 1 (21995), 195–198; EWNl 1 (2003), 112.

Aggression Sf ’Angriffslust’ erw. fremd. (18. Jh.). Unter

Einfluss von frz. aggression entlehnt aus l. aggressio ’Angriff’, einem Abstraktum von l. aggredı¯ ’heranschreiten, angreifen’, zu l. gradı¯ (gressus sum) ’schreiten, gehen’ und l. ad- ’hinzu’. Täterbezeichnung: Aggressor; Adjektiv: aggressiv mit dem Abstraktum Aggressivität; aggressive Werbung u.ä. unter dem Einfluss des amerikanischen Englischen. Ebenso nndl. agressie, ne. aggression, nfrz. aggression, nschw. aggression, nnorw. aggresjon. Zur Sippe des zugrunde liegenden l. gradı¯ ’schreiten’ s. ÞGrad, ÞRegress. – Seidmann, P. Studia Philosophica 26 (1966), 228–266; HWPh 1 (1971), 103–109; Rey-Debove/Gagnon (1988), 9f.; DF 1 (21995), 198–209; Carstensen 1 (1993), 16f.; EWNl 1 (2003), 113.

Ägide Sf ’Schirmherrschaft’ erw. bildg. (18. Jh.). Ent-

lehnt aus l. aegis (-idis) ’Schild des Jupiter und der Minerva, Schutz’, dieses aus gr. aigı´s (-ı´dos) ’Ziegenfell, Lederharnisch, Sturmschild des Zeus und der Athena’. Die weitere Herkunft ist umstritten (der Zusammenhang mit gr. aı´x (aigo´s) ’Ziege’ ist nicht eindeutig). Ebenso nndl. aegis, aegide, ne. aegis, nfrz. ´egide, nschw. egid, nnorw. ¢gide. – DF 1 (21995), 209f.

agieren Vsw ’handeln’ erw. fremd. (14. Jh.), mndd. age-

ren. Entlehnt aus l. agere ’treiben, betreiben’ (wohl unter Einfluss von frz. agir). Ebenso nndl. ageren, nfrz. agir, nschw. agera, nnorw. agere. Zur Sippe des zugrunde liegenden l. agere ’treiben, betreiben’ gehören als Präfigierungen Þreagieren, Þredigieren mit den Abstraktbildungen ÞAktion (über das Niederländische in ÞAktie), ÞReaktion, ÞRedaktion, komponiert in navigieren mit dem Abstraktum ÞNavigation; ein tu-Abstraktum in ÞAkt 1, das präfigierte PPP. in Þexakt, das substantivierte PPP. in ÞAkte, das Gerundivum in ÞAgenda, das Partizip Präsens in ÞAgent; ein Nomen Agentis in ÞReaktor, über das Französische in ÞAkteur; eine Adjektiv-Ableitung in Þagil. Sekundärbildungen sind ÞAgitation (Abstraktum zu einem Intensivum); ein Adjektiv auf -tı¯vus im Zusammenhang mit den Abstrakta auf -tio in Þaktiv; eine adjektivische Weiterbildung zu dem tu-Stamm in Þaktuell; eine Instrumentalbildung in ÞExamen; das Abstraktum eines komponierten Adjektivs in ÞAmbiguität. Über das Englische aus einer jo-Bildung: ÞEssay. Entfernter verwandt ist Þkaschieren. Zur griechischen Verwandtschaft s. ÞDemagoge; zur germanischen ÞAcker; ein keltischer Verwandter in ÞAmt. – BlW 2 (1984), 130–148; DF 1 (21995), 210–213; EWNl 1 (2003), 111.

agil Adj ’beweglich’ erw. fremd. (17. Jh.). Entlehnt aus

frz. agile (mit Relatinisierung) oder unmittelbar aus l. agilis gleicher Bedeutung. Dieses zu l. agere ’treiben, betreiben’. Ebenso ne. agile, nfrz. agile, ndn. agil. Zur Sippe von l. agere ’treiben, betreiben’ s. Þagieren. – DF 1 (21995), 213f.

Agitation Sf ’politische Indoktrination’ erw. fach.

(16. Jh., Bedeutung 19. Jh.). Zunächst in allgemeiner

Bedeutung (’Bewegung, Erregung’) entlehnt aus l. agita¯tio (-o¯nis) ’das In-Bewegung-Setzen’, zu l. agita¯re ’schüren, betreiben, aufhetzen’, einem Intensivum zu l. agere ’treiben, betreiben’. Die heutige Bedeutung (’Werbung für eine Ideologie’) unter Einfluss von ne. agitation. Die (stärker positive) begriffliche Ausprägung der Sippe ist durch den russischen Kommunismus (Lenin) bestimmt. Nomen Agentis: Agitator; Verb: agitieren. Ebenso nndl. agitatie, ne. agitation, nfrz. agitation, nschw. agitation, nnorw. agitasjon. Zur Sippe von l. agere ’treiben, betreiben’ s. Þagieren. – Strauss u.a. (1989), 53–57; Ganz (1957), 29f. (zu Agitator); DF 1 (21995), 214–221.

Aglei Sf ÞAkelei. Agonie Sf ’Todeskampf’ erw. fach. (16. Jh., Form

18. Jh.). Entlehnt aus kirchen-l. ago¯nia, dieses aus gr. ago¯nı´a ’Kampf, Wettkampf; Angst, Beklemmung’, zu gr. ago¯´n m. ’Kampf, Wettkampf; Versammlung’; zunächst in lateinischer Form, die erst im 18. Jh. aufgegeben wurde. Gr. ago¯´n gehört zu gr. a´gein ’führen, leiten’, dessen Sippe unter ÞDemagoge dargestellt ist; die lateinische Verwandtschaft unter Þagieren, die germanische unter ÞAcker. Ebenso nndl. agonie, ne. agony, nfrz. agonie, nschw. agoni. – DF 1 (21995), 223f.; Cottez (1980), 11.

Agraffe Sf ’Schmuckspange’ per. fach. (17. Jh.). Ent-

lehnt aus gleichbedeutendem frz. agrafe (eigentlich ’Haken’), zu (spät bezeugtem) frz. agrafer ’anhaken, einhaken’. Die älteren französischen Formen sind agrape und agraper, die auf ein germanisches Wort (die Entsprechung zu ÞKrapfen) zurückgehen. Dann lautliche Beeinflussung durch frz. griffe ’Kralle, Haken’ oder frz. greffe ’spitzes Werkzeug’. Ebenso nndl. agrafe, ne. agraffe, nschw. agraff, nnorw. agraff. – DF 1 (21995), 224f.; Brunt (1983), 122f.; EWNl 1 (2003), 112.

agrar- LAff ’Landwirtschafts-’ erw. fach. (–). Entlehnt

aus l. agra¯rius ’den Acker(bau) betreffend’, zu l. ager ’Acker’ unter dem Einfluss von frz. agraire bei der Diskussion über den Grundbesitz nach der französischen Revolution. Als Adjektiv ist die Entlehnung sehr selten (auch mit einem Adaptions-Suffix in agrarisch), in Zusammensetzungen wird sie zu einer Art Präfixoid (zuerst Agrarverfassung 1829, dann -politik, -system 1856 usw.). ÞAgronom. – DF 1 (21995), 225–230; EWNl 1 (2003), 113 (agrarie¨r).

Agrasel (Agrassel, meist Pl.) Sn ’Stachelbeere’ per. ös-

terr. (13. Jh., Bedeutung 14. Jh.), mhd. agraz. Entlehnt aus aprov. agras ’unreife Weintraube, Saft aus dieser’, zunächst in der Bedeutung ’saure Obstbrühe’, dann (offenbar meist in der Form agresse) für ’unreife Trauben’, dann ’Stachelbeeren’ (die Form durch Einfluss von ml. agresta, das auch Agrest ’Saft von unreifen Trauben’, bezeugt seit dem 15. Jh., geliefert hat?). Das provenzalische (und das mittellateinische) Wort gehen zurück auf l. acer ’scharf, sauer’ (ÞAhorn). Die

Agronom Form mit l ist bereits romanisch und mittellateinisch (grosellarius). Ebenso nfrz. groseille. – EWahd 1 (1988), 93–95.

Agronom Sm ’Landwirtschaftskundiger’ per. fach.

(18. Jh.). Wohl vom Französischen ausgehender Internationalismus, der formal gr. agrono´mos ’Aufseher über die Stadtländereien’ entspricht, aber wohl eine Neubildung nach den Wissenschaftsbezeichnungen auf -nomie (ÞAstronomie, ÞÖkonomie) und den Bezeichnungen entsprechender Wissenschaftler auf Þ-nom ist. Die auf das Griechische zurückgehende (Kompositions-)Form agro- spielt wie Þagrar- eine Rolle als Lehnaffixoid, tritt aber seltener auf. Ebenso nndl. agronoom, ne. agronomist, nfrz. agronome, nschw. agronom, nnorw. agronom. Zur germanischen Verwandtschaft s. ÞAcker. – Cottez (1980), 11f.; DF 1 (21995), 234f.

Ag(t)stein Sm ÞBernstein, ÞAchat. ah Interj std. (12. Jh.), mhd. a¯, mndd. a¯. Ähnliche In-

terjektionen gibt es in vielen Sprachen, ohne dass ein ursprünglicher Zusammenhang vorausgesetzt werden muss. äh Interj std. (19. Jh.). Als Einschub bei stockender

Rede. Lautnachahmung für den bei Aktion der Stimmlippen ohne Artikulation entstehenden Kehlkopflaut. Im Deutschen seit dem 19. Jh. konventionell äh geschrieben. Keseling, G. in H. Weydt (Hrsg.): Sprechen mit Partikeln (Berlin 1989), 575–591.

aha Interj std. (12. Jh.), mhd. aha, mndd. ahah. Als Aus-

ruf bei plötzlicher Einsicht verbaut in Aha-Erlebnis (bei K. Bühler 1908). Ähnliche und wohl auch verwandte Ausrufe im Niederländischen, Englischen und Schwedischen. Ahle Sf ’Werkzeug zum Löcher stechen’ std. reg.

22 Ebenso nndl. els (morphologisch abweichend), ne. awl (aus dem Nordischen), nisl. alur. – EWahd 1 (1988), 135f.; DWA XII, Karte 9 (nhd. Verbreitung: obd., omd.); Katz, H. MSS 47 (1986), 99–108; EWNl 1 (2003), 67.

Ahn Sm (heute nur noch im Plural üblich) std. alt.

(9. Jh.), mhd. an(e), ahd. ano. In der Bedeutung ’Vorfahr’ auf das Deutsche beschränkt (einmal 15. Jh. mndl. anythen = aenhete ’Großvater’?). Weiter verbreitet ist ein ig. *han- mit der Bedeutung ’alte Frau’. Vielleicht ist ein Reflex auch im Anlaut von avest. nya¯ka-, apers. niya¯ka- ’Großvater’ zu sehen (*(a)n¡-a¯va-ka zu l. avus ’Großvater’?). Entstehung dunkel, vielleicht Lallwort. In der Bedeutung ’Großvater, Großmutter’ fehlt dem Wort zunächst eine Unterscheidungsmöglichkeit zwischen Maskulinum und Femininum. Diese wird nachträglich eingeführt (Ähni / Ahne, Ahnherr / Ahnfrau usw.), aber seit 1400 weicht das Wort vor dem klareren ÞGroßvater, ÞGroßmutter zurück. Femininbildung: Ahne. − Der Grundsprache scheint ein Wort für ’Großvater (väterlicherseits)’ gefehlt zu haben; die Bezeichnung war offenbar ÞVater, gegebenenfalls alter Vater. Vgl. ÞFrauche, ÞHerrche, ÞEnkel 1, ÞUrahn. – Kuhberg (1933), 35; Risch, E. MH 1 (1944), 118–121; Szemere´nyi (1977), 47–51; Müller (1979), 17–69; EWahd 1 (1988), 215–217.

ahnden1 Vsw ’strafen’ erw. obs. (8. Jh.). Mit unregel-

mäßiger Vokaldehnung aus mhd. anden, ahd. anton ’rächen, strafen, tadeln’, as. andon ’eifern’, ae. andian ’neidisch, eifersüchtig sein’, also wg. *and-o¯- Vsw. ’sich ereifern’; dieses offenbar zu wg. *ando¯n m. ’Zorn, Eifer’, auch (ahd.) ’Strafe’, in ahd. anto, as. ando, ae. anda. Unklar ist das Verhältnis zu ahd. anado, anadon ähnlicher Bedeutung (selten, in Glossen, würde die Erklärung der neuhochdeutschen Lautform aber erleichtern), ae. anodaÑ . Mit Rücksicht auf die Bedeutungsverzweigung von l. animus (’Hauch, Mut, Stolz, Leidenschaft usw.’) kann an g. *an-a-, ig. *an¡- (wohl *han¡-; ÞAnemone) ’atmen’ (in ai. a´niti ’atmet’, gt. uz-anan ’ausatmen’) angeknüpft werden, doch reicht diese Annahme allein noch nicht für die Erklärung der Bedeutung aus (hat etwa eine Entsprechung von gr. o´nomai ’ich tadle’ eine Rolle gespielt?).

(10. Jh.), mhd. ale, ahd. ala. Das Wort wird üblicherweise als wg. *¢ ¯ lo¯ f. ’Ahle’, auch in ae. ¢ ¯ l angesetzt; es könnte aus ig. *e¯la¯ ’spitziges Gerät’ hergeleitet werden, das auch in ai. a¯´ra¯ ’Treibstachel’ vertreten sein könnte. Entlehnungen des indischen Worts in finnisch-ugrische Sprachen könnten allerdings auf ig. *o¯la¯ weisen, evtl. ist sogar *ola¯ mit inner-arischer Dehnung anzusetzen, das zu germanischen Formen Seebold (1970), 78f.; EWahd 1 (1988), 221–224; de Grauwe, L. mit kurzem a stimmen könnte: anord. alr, ahd. alanSGG 21 (1980/81), 247–269. sa u.a. Diese Überprüfung lässt den Ansatz mit Lang2 vokal in den westgermanischen Formen aber als un- ahnden Vsw ’ahnen’ Þahnen. ahnen Vsw std. (12. Jh.), mhd. ez anet mir (oder mich) gesichert erscheinen: In den alten Sprachen kann aus dem Adverb ane ’an’ gebildet (vgl. es kommt mich durchaus Kürze vorliegen (vor allem da die Stamman), entsprechend mndd. anen. Seit dem 14. Jh. mit bildung nicht gesichert ist), und wo Langvokale bepersönlicher Konstruktion (ich ahne usw.). In Mundzeugt sind, können sie auf Dehnung in offener Silbe arten, die nach Vokalsynkope zusammenstoßende beruhen. Ein Nachweis im einzelnen steht allerdings Dentale vereinfachen (bint aus bindet), entsteht noch aus. Vielleicht ist also mit ig. *ola¯ f. (und anschon im 13. Jh. die hyperkorrekte Form anden, späderen Stammbildungen der gleichen Grundlage) auster ahnden; sie ist aber wegen des Gleichklangs mit zukommen. Weitere Herkunft unklar; zumal ein kulÞahnden 1 ’strafen’ wieder untergegangen. Abstrakturelles Wanderwort nicht ausgeschlossen ist. tum: Ahnung.

Akazie

23 Stammler (1954), 141–144; Moser, V. ZM 14 (1938), 65 (zu ahnden).

ähnlich Adj std. (8. Jh., Form 12. Jh.), mhd. anelich, ahd.

falls metonymisch die Ähren, oder eine Zugehörigkeitsbildung ’mit Grannen versehen’), so dass die Wörter wohl mit ig. *ak´- ’Spitze, spitzig’ (etwa in gr. a´kron n. ’das äußerste Ende, Spitze’) zusammenhängen.

analih (nur als Abstraktum analihhi n. und in anderen Weiterbildungen belegt). Wie in gt. analeiko Adv., Ebenso nndl. aar, ne. ear, nschw. ax, nisl. ax; ÞAhorn, ÞEcke, sonst ahd. anagilı¯h, ae. angelic (selten), mehrdeutig ÞHachel, ÞHulst. – BlW 1 (1981), 206–209 (a¯cer), 294 (acus); anord. a´lı´kr (selten), also g. *ana-(ga-)lı¯ka- adj. EWahd 1 (1988), 95–98; EWNl 1 (2003), 78. ’ähnlich’, eigentlich ’dessen Gestalt (*leika-; ÞLeiche) Aids Sn (?; der Gebrauch des Wortes mit Artikel wird nahe dar an ist’. Die Erklärung als ’nahezu gleich’ vermieden, so dass eine Genuszuweisung nicht er(Hiersche) ist zwar ebenfalls möglich, dürfte aber kennbar ist) erw. fach. (20. Jh.). Entlehnt aus dem auf chronologische und morphologische Schwierigam.-e. Akronym Aids (AIDS) für Acquired Immune keiten stoßen. Die fnhd. Form einlich mit gleicher Deficiency Syndrome ’Erworbenes ImmunschwächeBedeutung beruht wohl auf sekundärer Umdeutung. Syndrom’ (auch als Immunschwäche übersetzt). Das Das Verb ähneln (17. Jh.) ist aus älterem ähnlichen unzu dieser Krankheit führende Virus wird HIV regelmäßig gekürzt. Abstraktum: Ähnlichkeit. (Human Immunedeficiency Virus) genannt. Im Deutvon Bahder, K. ZHM 1 (1900), 299f.; Wenzlau, F. ZDW 6 schen bezeugt seit 1983. (1904), 99f.; Höfler, O. FS Kralik (1954), 39–41 (anders); Hiersche A (1986), 42.

ahoi Ptkl (seemännischer Anruf) erw. reg. (19. Jh.). Von

Ebenso nndl. AIDS, ne. AIDS, nfrz. SIDA (Syndrome d’Immunode´ficience Acquise), nschw. AIDS, nnorw. AIDS. – Carstensen 1 (1993), 18f.; EWNl 1 (2003), 113f.; Eitz, Th.: Aids (Hildesheim u.a. 2003).

Seeleuten aus dem Englischen entlehnt. Die Bestandteile a- und hoy dieses Ausrufs haben auch im deutschen Sprachbereich Entsprechungen (z.B. a hui bei Akademie Sf ’wissenschaftliche Gesellschaft’ erw. fach. (15. Jh.). Entlehnt aus l. Acade¯mı¯a, dieses aus gr. AkaJeroschin 14. Jh.). de¯´meia. Im Griechischen ist es zunächst Name eines Ebenso nndl. ahoi, ne. ahoy, nschw. ohoj, nnorw. ohoi. – vor Athen gelegenen Tempelbezirks, der − mögliEWNl 1 (2003), 113. cherweise volksetymologisch − auf den Namen des Ahorn Sm std. (9. Jh.), mhd. ahorn, ahd. ahorn, as. Heros Aka´de¯mos zurückgeführt wird. Eine von Plaahorn neben n -losen Formen in mundartlich Are ton in der Nähe eingerichtete Schule erhält den (usw., vgl. ndn. ¢r). Aus diesen Formen lässt sich ein Namen des Bezirks, den sie auch nach der Verlegung n./wg. *ahur-(na-) m., ig. (eur.) *akr-(no-) ’Ahorn’ an einen anderen Ort beibehält. Dann Übergang des ˙ erschließen, das auch in l. acer n. (l. acernus ’aus Eigennamens in ein Appellativum (’Schule, Lehre’). Ahorn’) und gr. (Hesych) a´kastos (vermutlich aus Die Bedeutung ’Vereinigung von Gelehrten’ zuerst *akr-sto-) bezeugt ist. Falls es sich um ein Erbwort bei den italienischen Humanisten (Cosimo de Me˙ handelt, dürfte es aus ig. *ak´er- ’Spitze’ oder einer dici, 15. Jh.), von dort kam Einrichtung und Wort damit zusammenhängenden Bildung abgeleitet sein nach Frankreich und Deutschland. Das Adjektiv (das Benennungsmotiv wäre also die Form der Blätakademisch wird wie Akademiker allgemeiner im Sinn ter). Es gibt aber Hinweise darauf, dass es sich um ein von ’zur Universität gehörig’ gebraucht; das Adjektiv vorindogermanisches Wanderwort handeln könnte; heute auch übertragen im Sinn von ’lediglich theoso das danebenstehende gr. (Hesych) a´karna retisch, für die Praxis irrelevant’ (seit dem 18. Jh., z.T. ’Lorbeer’ und baltische und slavische Formen, die in nach französischem Vorbild). ihrer Herkunft unklar sind. Falls heth. hiqqarza anzuEbenso nndl. academie, ne. academy, nfrz. acade´mie, nschw. schließen ist, kann von ig. *he¯kr/he´k-n-s ausgegangen akademi, nisl. akademı´a. – DF 1 (21995), 239–250; Immisch, O.: ˙ ˙ werden. Academia (Freiburg/Br. 1924); Weimann, K.-H. DWEB 2 Falls Erbwort, s. ÞEcke und für die Entsprechungen in Entlehnungen ÞAkrobat. – Nordstrandh, I. NM 5 (1949), 148–173; Mitzka, W.: Der Ahorn (Gießen 1950); RGA 1 (1973), 115f.; BlW 1 (1981), 205f.; EWahd 1 (1988), 110–113; Puhvel 3 (1991), 304f.; Oettinger, N. HS 107 (1994), 77–86; EWNl 1 (2003), 113.

Ähre Sf std. (8. Jh.), mhd. eher n., ahd. ehir, ahar n., as.

ehir. Führt zusammen mit gt. ahs, anord. ax und ae. ear zurück auf einen g. s-Stamm *ahaz- n., aus ig. (eur.) *akos- n., auch in l. acus (aceris) n. ’Granne, Spreu’ und gr. akoste¯´ ’Gerste’ (= ’die Grannige’). Mit anderem Suffix ist gebildet fnhd. agel, nhd. ÞAchel ’Ährenspitze’, ae. egl(e) ’Granne’ und außergermanisch lit. aku´otas ’Granne’, akslav. ostı˘nu˘ ’Stachel’. Gemeint sind also jeweils die Grannen (gegebenen-

(1963), 386; HWPh 1 (1971), 122–124; Knabe, P.-E. ASNSL 214 (1977), 245–261; LM 1 (1980), 248f.; BlW 1 (1981), 137f.; EWNl 1 (2003), 87f.

Akazie Sf (ein nicht einheimischer Baum) erw. fach.

(15. Jh., Form 19. Jh.). Entlehnt aus l. acacia (zunächst in lateinischer Form, dann eingedeutscht), dieses aus gr. akakı´a. Das griechische Wort ist wohl entlehnt; wegen der Dornen des Baumes können aber auch Ableitungen aus (ig.) *ak´- ’scharf’ eingewirkt haben. In den frühesten Belegen wird Akazie mit ÞSchlehe gleichgesetzt. Die in Deutschland bekannte, eingebürgerte Akazie ist eine ’falsche Akazie’, eine Art Robinie, die ähnlich aussieht. Ebenso nndl. acacia, ne. acacia, nfrz. acacia, nschw. akacia, nnorw. akasie. – BlW 1 (1981), 136f.; EWNl 1 (2003), 87.

Akelei

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Akelei Sf ’ein Hahnenfußgewächs’ per. fach. (9. Jh.,

mutlich hat die Ähnlichkeit mit letzterem auch die Bedeutung frühestens 12. Jh.), mhd. ageleie, ahd. agaentsprechende Bezeichnung der Akelei mitbestimmt leia, mndd. ak(e)leye. Die Beurteilung dieses Pflan(deren Honigsporne gar nicht wie Dornen aussehen, zennamens wird durch die bei Pflanzennamen häusondern eher wie Haken, und als regionale Form figen Verschiebungen des Namens auf ähnliche taucht tatsächlich auch Haglei auf). Die bei KunstPflanzen und parallele Benennungen mit dem gleihistorikern beliebte Feststellung, dass die Akelei auf chen Benennungsmotiv erschwert. Frühbezeugung dem Genter Altar (speziell dem Bild der musizierenin Glossen (akileia, agaleia) seit der zweiten Hälfte den Engel) mit der kabbalistischen hebräischen Gotdes 9. Jhs. mit der Bedeutung ’Dornbusch’ und als tesbezeichnung AGLA (aus den Anfangsbuchstaben von atha gibbor leolam adonai) vergesellschaftet vorGlosse zu l. paliurus, dessen Bedeutung ganz unklar ist (es wird meist mit ’Distel’ u.ä. übersetzt, aber z.B. kommt, weshalb der Pflanzenname aus der Gottesbezeichnung zu erklären sei, kann nach der Beleglage im Altenglischen auf Grund einer speziellen Deutung nicht richtig sein. Hierzu, zu den Namen der Akelei auch als ’Dachwurz’ aufgefasst). Es ist dabei ersichtund ihrer Bedeutung für die mittelalterliche Kunst s. lich ein lateinisches Wort, das aber andere lateinische Löber (1988), zu den Namen S. 17–21. Wörter glossiert und, wie seine lautlichen Eigentümlichkeiten (romanische Tenuiserweichung) zeigen, Ebenso nndl. akelei, ne. aquilegia, nfrz. ancolie, nschw. akleja, nnorw. akeleie. – Loewe, R. BGDSL 59 (1935), 245–254; Marvon den Volkssprachen aufgenommen worden ist. In zell 1 (1943), 359f.; BlW 1 (1981), 289–291 (aculeatus, aculeus); dieser Verwendung handelt es sich eindeutig um eine EWahd 1 (1988), 76f.; LM 1 (1980), 250; Sauerhoff (2001), Form (Femininum oder Suffigierung) von l. aculeus 60–74, 313–315; Löber, K.: Agaleia (1988). ’Stachel, Dorn’, vgl. mit abweichendem Suffix Akklamation Sf ’(Abstimmung durch) Zuruf, Bei(*-entus) afrz. aiglent ’Weißdorn’, frz. ´eglantier fall’ per. fach. (16. Jh.). Entlehnt aus l. accla¯ma¯tio ’wilder Rosenstock’ (dieses Wort wird dann vor allem (-onis) ’Zuruf (häufig auch Ausdruck des Missfalin der Bedeutung ’Weinrose’ in deutsche Mundarten entlehnt). Das postulierte ml. aquile(g)ia ist in prilens)’, einem Abstraktum zu l. accla¯ma¯re ’zurufen’, zu l. cla¯ma¯re ’laut rufen, schreien’ und l. ad- ’hinzu’. mären Quellen nicht bezeugt und ziemlich sicher ein Hyperkorrektismus. Erheblich später (seit dem AnEbenso nndl. acclamatie, ne. acclamation, nfrz. acclamation, fang des 12. Jhs., beginnend mit Hildegard von Binnnorw. akklamasjon. Zur Sippe von l. cla¯ma¯re s. Þdeklamieren, zur Sippe der Wurzel s. Þklar. – DF 1 (21995), 250–252; LM 1 gen) wird das Wort auch (und später ausschließlich) (1980), 251f.; BlW 1 (1981), 182f. zur Bezeichnung von dornenlosen Blütenpflanzen verwendet. Es ist dabei zunächst ganz unklar, welche akklimatisieren Vsw std. (19. Jh.). Mit dem AdaptionsPflanzen gemeint sind; die Annahme, dass es um die Suffix -isieren entlehnt aus frz. acclimater, einer Präheute als Akelei bezeichnete Pflanze geht, ist nicht fixableitung zu frz. climat ’Klima’ (ÞKlima). ausreichend zu stützen und in einigen Fällen sicher Ebenso nndl. acclimatiseren, ne. acclimatize, nfrz. acclimater, unrichtig. Die Lautform ist bei Hildegard von Bingen nschw. acklimatisera, nnorw. akklimatisere. – DF 1 (21995), 252–255; EWNl 1 (2003), 89. ageleia, acoleia; danach aquileia bei Albertus Magnus; später auch in anderen Volkssprachen (it. aquileia, Akkord Sm std. (13. Jh.). In der Bedeutung ’Übereinport. acoleja; span. und kat., wie auch frz. ancolie, kommen’ entlehnt aus frz. accord ’Übereinstimunregelmäßig weiterentwickelt). Etwa ab dem frühen mung, Abkommen’ (in den kommerziellen Bedeu14. Jh. spielt die Akelei in Kunst, Emblematik und tungen auch abhängig von it. accordo) zu frz. accorder Symbolik eine wichtige Rolle, aber hier ist umgekehrt ’ein Abkommen schließen’, dieses aus früh-rom. nicht gesichert, welcher Name für die Blume voraus*accorda¯re, wie l. concorda¯re ’sich in Einklang befinzusetzen ist. Erst mit dem Beginn der illustrierten den, versöhnen’ eine Präfixableitung von l. cor (corKräuterbücher (gesichert seit dem 16. Jh.) steht die dis) n. ’Herz’ und l. ad- ’hinzu’. Im 17. Jh. kommt zu Kombination von Name und die Bedeutung im heuder allgemeinen Bedeutung ’Abkommen’ die spezitigen Sinn fest. Er ist im Deutschen ohne (überregiellere Bedeutung ’Werkvertrag, Vereinbarung zur Beonale) Konkurrenz, im Englischen und Französizahlung nach Stückzahl (usw.)’ hinzu. − Die musischen daneben häufiger columbine, im Italienischen kalische Bedeutung, allgemein als ’schöner Zusamcelidonia (eigentlich ’Schöllkraut’, das ähnliche Blätmenklang der Töne’ seit dem 15. Jh. nach frz. accord, ter hat wie die Akelei); columbine (zu l. columba als musikalischer Terminus seit dem 17. Jh.; doch ’Taube’), weil die 5 Honigblätter als 5 im Kreis angedürfte hier eine Vermengung mit frz. corde f. ’Saite’, ordnete Vögelchen aufgefasst wurden. Im Deutschen aus l. chorda f., vorliegen, die sich vor allem in der bezeichnen Akelei (so die nördliche Form) und Aglei früheren Bedeutung ’ein Instrument stimmen’ zeigt. (so die oberdeutsche Form) zunächst verschiedene Ebenso nndl. akkoord, ne. accord, nfrz. accord, nschw. ackord, Blütenpflanzen mit einem dornartigen, aber weichen nnorw. akkord. Von der gleichen verbalen Grundlage mit anderen Präfixen stammen ab ÞRekord, ÞKonkordat, Fortsatz, so den Storchenschnabel (vermutlich geraÞKonkordanz; von der gleichen Grundlage über das Franzönium pratense, aber es werden mehrere Pflanzen so sische: ÞCourage; zur germanischen Verwandtschaft s. ÞHerz; bezeichnet) und den (Feld-) Rittersporn, und ver-

Akt1

25 ÞAkkordeon. – Schirmer (1911), 8; DF 1 (21995), 259–269; Eggebrecht (1955), 20f.; Jones (1976), 81f.; BlW 1 (1981), 188; EWNl 1 (2003), 116.

Akkordeon Sn erw. fach. (19. Jh.). Das Musikinstru-

ment wurde von dem österreichischen Instrumentenbauer Demian (1829) Akkordion genannt, weil seine Bässe in Akkorden angeordnet sind. Die Endung wohl nach dem älteren Orchestrion; dann -eon in Anlehnung an die französische Form solcher Suffixe. Ebenso nndl. accordeon, ne. accordion, nfrz. accorde´on; ÞAkkord.

akkreditieren Vsw ’beglaubigen’ per. fach. (17. Jh.).

Ebenso nndl. accusatief, ne. accusative, nfrz. accusatif, nschw. ackusativ, nnorw. akkusativ. L. accu¯sa¯re ist gebildet aus l. causa f. ’Grund, Schuld, Umstand’ und ad- ’hinzu’. Zu l. causa s. Þkausal und Þkosen. – Leser, E. ZDW 15 (1914), 53; Kapp, E. FS Snell (München 1956), 15–21.

Akne Sf (eine Hautkrankheit) erw. fach. (19. Jh.). Über

lateinische Quellen in England entlehnt aus gr. akme¯´ ’Höhepunkt’, auch ’Blüte’ und schließlich (im Plural) Bezeichnung eines Hautausschlags (also eigentlich ’die Blüte’, die englische Bezeichnung war ursprünglich auch rosy-drop). Die Form mit -n- beruht auf einer falschen Lesung. Sie ist in lateinischen Handschriften schon im 16. Jh. nachweisbar (EWNl). Zur weiteren Verwandtschaft von gr. akme¯´ s. ÞAkrobat.

Entlehnt aus frz. accre´diter ’beglaubigen’ (zu frz. cre´Ebenso nndl. acne, ne. acne, nfrz. acne´. – EWNl 1 (2003), 94. dit ’Vertrauen’, dessen weitere Verwandtschaft unter Akribie Sf ’höchste Genauigkeit’ erw. fremd. (18. Jh.). ÞKredit behandelt ist). Entlehnt aus kirchen- l. acribia, dieses aus gr. akrı¯´Ebenso nndl. accrediteren, ne. accredit, nfrz. accre´diter, nschw. beia, einem Abstraktum zu gr. akrı¯be¯´s ’genau, sorgackreditera, nnorw. akkreditere. – DF 1 (21995), 269–271. fältig’. Adjektiv: akribisch. Akku (Kurzform von Akkumulator, früher auch Aku)

Ebenso nndl. acribie, nschw. akribi, nnorw. akribi. Die HerSm std. (19. Jh., Form 20. Jh.). Mit diesem im Lateikunft des griechischen Wortes ist unklar. Vielleicht gehört es nischen noch nicht spezifizierten Wort werden in der zu gr. a´kros ’an der Spitze befindlich’ (vgl. Þspitzfindig). – Neuzeit Geräte bezeichnet, die die Funktion des SamKurz, D.: Akribeia (Göppingen 1970); DF 1 (21995), 280–282; melns und Speicherns (besonders von elektrischer EWNl 1 (2003), 94. Energie) haben: l. accumula¯tor m. ’Anhäufer’ zu l. Akrobat Sm ’Turnkünstler’ erw. fach. (19. Jh.). Entlehnt accumula¯re, aus l. cumula¯re ’häufen, steigern’ und l. aus frz. acrobate m./f. ’Seiltänzer’, dieses aus gr. akroad- ’hinzu-’; weiter zu l. cumulus ’Haufen’. Entspreba´te¯s ’Akrobat’, dieses zu akro´batos ’jmd. der auf den chend ne. accumulator, nfrz. accumulateur. Die KurzZehenspitzen läuft’, zu gr. a´kros ’spitz’ und gr. baı´nein form seit dem 20. Jh. Mit der Ausgangsbedeutung (bato´s) ’gehen’. Die Bedeutung wird noch im 19. Jh. ’anhäufen’ das Verbum akkumulieren und das Ab’Seiltänzer’ zu ’Artist mit außergewöhnlicher von straktum Akkumulation. Körperbeherrschung’ erweitert. Adjektiv: akrobatisch; Ebenso nndl. accu, ne. accumulator, nfrz. accu, nschw. ackuAbstraktum Akrobatik. mulator, nnorw. akku. – BlW 1 (1981), 193f.; DF 1 (21995), 271–274; EWNl 1 (2003), 90.

akkurat Adj ’genau’ per. fremd. (15. Jh.). Entlehnt aus l.

Ebenso nndl. acrobaat, ne. acrobat, nfrz. acrobate, nschw. akrobat, nnorw. akrobat. Zu gr. a´kros s. ÞAkne, die lateinische Entsprechung in Þakut und die deutsche in ÞEcke, zur Sippe von gr. baı´nein s. ÞBasis. – DF 1 (21995), 282–284; EWNl 1 (2003), 94.

accu¯ra¯tus ’sorgfältig, genau’, dem PPP. von l. accu¯ra¯re ’mit Sorgfalt erledigen’, zu l. cu¯ra¯re ’für etwas bzw. Akt1 Sm std. (15. Jh., Form 18. Jh.). Entlehnt aus l. a¯ctus jmd. Sorge tragen’ und l. ad- ’hinzu’; weiter zu l. cu¯ra ’Handlung’, Abstraktum zu l. agere (a¯ctum) ’treiben, ’Sorge, Sorgfalt, Augenmerk’. Das Abstraktum betreiben’ mit verschiedenen BedeutungsausweitunAkkuratesse mit französischer Endung, aber ohne gen in früher und später Zeit: ’Aufzug eines Bühnenfranzösisches Vorbild. werks’ 17. Jh.; als Terminus der Malerei des 18. Jh. Ebenso nndl. accuraat, ne. accurate, nschw. ackurat, nnorw. ’Stellung des menschlichen Körpers (durch ein Moakkurat. Zur Sippe des zugrunde liegenden l. cu¯ra s. ÞKur. – dell)’, dann allgemein ’Bild eines nackten (weibli2 DF 1 ( 1995), 275–277; BlW 1 (1981), 194f.; EWNl 1 (2003), 90. chen) Körpers’. Diese letzte Bedeutung ist nur Akkusativ Sm ’Wen-Fall’ erw. fach. (15. Jh., Form deutsch; nach Man´czak − ohne Nachweis − ist sie 18. Jh.). Entlehnt aus l. (ca¯sus) accu¯sa¯tı¯vus, eigentlich anderer Herkunft (falsche Ablösung aus nackt); nach ’der eine Anklage ausdrückende Fall’, AdjektivbilBammesberger entstanden durch falsche Ablösung dung zu l. accu¯sa¯re ’anklagen, beschuldigen’. Die labei Nacktmodell. Die frühen Zeugnisse, die sich nur teinische Bezeichnung ist eine Lehnübersetzung zu auf die Stellung des Körpers beziehen, dürften aber ´ gr. aitia¯tike¯ pto˜sis ’Fall, der das Verursachte angibt’. eindeutig sein. Die Bedeutungsverengung ähnlich Bei der Übertragung ins Lateinische wurde eine anwie ÞAkademie für Akademiestück, womit ebenfalls dere Bedeutung von gr. aitia¯tiko´s und gr. aitı´a, das das Bild eines nackten Menschen gemeint sein kann. neben ’Grund, Ursache’ auch ’Anklage, Vorwurf’ beEbenso nndl. akte, ne. act, nfrz. acte, nschw. akt, nnorw. akt. deutet, herangezogen. Kritisch zu dieser Auffassung Zur Sippe von l. agere s. Þagieren. – DF 1 (21995), 284–288; Kapp: Auch die griechische Fügung zielt auf den AnWeimann, K.-H. DWEB 2 (1963), 386; BlW 1 (1981), 280–286; klage-Fall; gemeint ist der Akkusativ mit Infinitiv, der Man´czak, W. ASNSL 219 (1982), 373; Hiersche, R. FS Polome´ als Inhalt bei Verben der Beschuldigung, der Behaup(1988), 269–278; EWNl 1 (2003), 116f.; Bammesberger, A. SW 30 (2005), 77–81. tung und der Erzählung steht.

Akte

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Akte Sf (selten Akt m., gewöhnlich Pl.: Akten)

’Schriftstück, Schriftverkehr’ std. (15. Jh., Form 16. Jh.). Zunächst in lateinischer Form entlehnt aus a¯cta (Pl.) ’das Verhandelte’, PPP. zu l. agere (a¯ctum) ’treiben, betreiben’. Im 16. Jh. eingedeutscht, doch bleibt die Formel ad a¯cta ’zu den Akten’ im Sinne von ’beiseite’ bis heute. Die Singularformen sind Rückbildungen. Ebenso nndl. akte, nfrz. acte, ndn. aktstykke, nnorw. aktstykke. Zur Sippe von l. agere s. Þagieren. – DF 1 (21995), 288–291; Ganz (1957), 31f.; Moeller-Schina (1969), 92f.; LM 1 (1980), 258f.; BlW 1 (1981), 249–251; EWNl 1 (2003), 116f.

Akteur Sm ’Handelnder, Schauspieler’ std. (18. Jh.).

Entlehnt aus frz. acteur, das seinerseits aus l. a¯ctor ’Handelnder, Schauspieler’ stammt, einem Nomen Agentis zu l. agere ’treiben, handeln’ (Þagieren). Heute meist im Sinne von ’Drahtzieher’ verwendet, um 1800 ein Wort für ’Schauspieler’, neben dem das (seltene) Femininum Aktrice (aus frz. actrice) steht. Ebenso nndl. acteur, ne. actor, nfrz. acteur, nschw. aktör, nnorw. aktør. – DF 1 (21995), 291f.; EWNl 1 (2003), 94f.

Aktie (selten Aktion) Sf std. (15. Jh.). Entlehnt aus nndl.

actie ’Anrecht’, dieses aus l. a¯ctio¯ (-o¯nis) in der Bedeutung ’klagbarer Anspruch’ (sonst ’Handlung’, Abstraktum zu l. agere [a¯ctum] ’treiben, betreiben’). Die spezielle Bedeutung ’Wertpapier, das einen Anspruch auf Dividende sichert’ seit dem 17. Jh. nach dem Niederländischen und Englischen. Die frühere Form ÞAktion noch in der Schweiz und in der Täterbezeichnung Aktionär (entsprechend frz. actionnaire).

aktuell Adj std. (18. Jh., Form 19. Jh.). Entlehnt aus frz.

actuel ’wirklich, für die Gegenwart wichtig’, dieses aus spl. a¯ctua¯lis ’wirksam, wirklich’, zu einem tu-Stamm von l. agere (a¯ctum) ’treiben, betreiben’. Die Bedeutungsentwicklung verläuft von ’wirklich’ über ’gegenwärtig wirklich’ hin zu ’zum gegenwärtigen Zeitpunkt wesentlich’, wobei das Zeitungswesen des 19. Jhs. eine wichtige Rolle spielte (Tatsachenberichte von soeben Geschehenem). Die Schreibung mit c wird bis zum Anfang des 20. Jhs. beibehalten. Abstraktum: Aktualität. Ebenso nndl. actueel, ne. actual, nfrz. actuel, nschw. aktuell, nnorw. aktuell. Zur Sippe von l. agere s. Þagieren. – DF 1 (21995), 315–320; Bäuerlein, H. Publizistik 3 (1958), 297–301; Haacke, W. Publizistik 4 (1959), 3–19; BlW 1 (1981), 275; EWNl 1 (2003), 95.

Aku Sm ÞAkku. Akupunktur Sf ’Heilbehandlung mit Nadelsti-

chen’ erw. fach. (19. Jh.). Das ostasiatische Verfahren (Zhen Jiu) wurde durch den niederländischen Arzt Ten Rhyne im 18. Jh. nach Europa gebracht und so (zumindest in lateinischen Texten) bezeichnet (zu l. acus ’Nadel’ und l. pu¯nctu¯ra ’Stich’, einer Ableitung von l. pungere [pu¯nctum] ’stechen’). Erste Kenntnisse schon etwas früher bei jesuitischen Missionaren, die das Wort wohl geprägt haben (EWNl). Im Deutschen erst seit dem 19. Jh. bezeugt. Ebenso nndl. acupunctuur, ne. acupuncture, nfrz. acupuncture, nschw. akupunktur, nnorw. akupunktur. Zur Sippe von l. pungere s. ÞPunkt, zum Bestimmungswort s. Þakut. – EWNl 1 (2003), 95f.

Ebenso nfrz. action, nschw. aktie, nnorw. aksje. Zur Sippe von l. agere s. Þagieren. – Schirmer (1911), 9; DF 1 (21995), 292–295; Akustik Sf ’Lehre vom Schall’ erw. fach. (18. Jh.). Nach Röhrich 1 (1991), 74f.; EWNl 1 (2003), 95.

Aktion Sf std. (15. Jh., Bedeutung 16. Jh.). Entlehnt aus

l. a¯ctio¯ (-o¯nis) ’Handlung’, einem Abstraktum zu l. agere (a¯ctum) ’treiben, betreiben’. Die allgemeine Bedeutung ’Handlung’ erst seit dem 16. Jh., die juristische Bedeutung ’einklagbarer Anspruch’ (ÞAktie) schon etwas früher. Ebenso nndl. actie, ne. action, nfrz. action, nschw. aktion, nnorw. aksjon. Zur Sippe von l. agere s. Þagieren. – BlW 1 (1981), 253–270; DF 1 (21995), 295–303; EWNl 1 (2003), 95.

dem Vorbild entsprechender Wissenschaftsbezeichnungen (über das Mittellatein) entlehnt aus gr. akoustiko´s ’das Hören betreffend’, Adjektiv aus dem to-Partizip von gr. akou´ein ’hören’ (aus *akous-, letztlich zu (ig.) *ak´- ’spitzig’, also ’die Ohren spitzen’). Zur germanischen Verwandtschaft s. Þhören. Adjektiv: akustisch. Ebenso nndl. akoestiek, acustica, ne. acoustics, nfrz. acoustique, nschw. akustik, nnorw. akustikk. – DF 1 (21995), 320–323; EWNl 1 (2003), 116.

aktiv Adj std. (16. Jh.). Entlehnt aus l. a¯ctı¯vus, Adjektiv- akut Adj ’unvermittelt, heftig’ erw. fach. (15. Jh.). Ent-

bildung zu l. agere (a¯ctum) ’treiben, betreiben’. Substantivierungen in mehreren Bedeutungen zu verschiedenen Zeiten: Gegensatz zu ÞPassiv (17. Jh. in lateinischer Form, seit dem 19. Jh. endungslos); derselbe Gegensatz bei Bilanzen (meist Aktiven oder Aktiva, 18. Jh.); ’Aktionsgruppe’ (20. Jh. DDR, nach dem Vorbild von russ. aktı´v; bekannter ist die davon abgeleitete und ebenfalls unter russischem Einfluss stehende Täterbezeichnung Aktivist). Mit allgemeinerer Bedeutung das Verbum aktivieren; Abstraktum (zum Adjektiv): Aktivität.

Ebenso nndl. actief, ne. active, nfrz. actif, nschw. aktiv, nnorw. aktiv. Zur Sippe von l. agere s. Þagieren. – DF 1 (21995), 303–314; Jones, W. J. SN 51 (1979), 248; BlW 1 (1981), 271f.; EWNl 1 (2003), 95.

lehnt aus l. acu¯tus (eigentlich ’spitz, scharf’, zu l. acuere ’schärfen, spitzen’, verwandt mit l. acus ’Nadel’; ÞAkupunktur). Der Gebrauch in der Medizin (für Krankheiten: ’plötzlich auftretend, heftig’) bereits im Lateinischen, wohl als Lehnbedeutung zu gr. oxy´s. Substantiviert Akut m. als Bezeichnung für einen steigenden (’spitzen’) Ton (ebenfalls Lehnbedeutung aus gr. oxy´s), dann auch ein diakritisches Zeichen für diesen (und anderes). Ebenso nndl. acuut, ne. acute, nfrz. aigu, nschw. akut, nnorw. akutt. S. ÞAkupunktur, ÞAkrobat und zur germanischen Verwandtschaft ÞEcke. – LM 1 (1980), 259; BlW 1 (1981), 296–298; DF 1 (21995), 323–325; EWNl 1 (2003), 96.

Aland

27 Akzent Sm ’Betonung, fremde Aussprache’ erw. fach.

Ebenso nndl. accijns, ne. excise, nfrz. accise, nschw. accis. Zu

dem zugrunde liegenden l. sede¯re ’sitzen’ s. ÞResidenz, zur ger(15. Jh., Form 20. Jh.). Entlehnt aus l. accentus, einer manischen Verwandtschaft Þsitzen. – Schirmer (1911), 10; LM Ableitung von l. accinere ’dazu klingen, dazu singen’, 1 (1980), 261; EWNl 1 (2003), 89. zu l. canere (cantum) ’singen, klingen’ und l. ad-al (Variante -ell) Suffix (zur Bildung von Adjektiven ’hinzu’. L. accentus ist eine Lehnübersetzung zu gr. zum Ausdruck der Ähnlichkeit oder Zugehörigproso¯idı´a¯, einem Abstraktum zu gr. pro´s ’hin, zu’ und keit) erw. bildg. (–). Z.B. (Ähnlichkeit) pastoral ’wie gr. o¯de¯´ ’Lied’, also ’hinzugefügte Melodie’, gemeint ist ein Pastor’, Þgenial ’wie ein Genie’ oder (Zugehörigalso zunächst die Intonation, dann (nach dem Verlust keit), z.B. kolonial ’zu den Kolonien gehörig, aus den des musikalischen Akzents) die Hervorhebung einKolonien stammend’. Das Suffix wird in lateinischen zelner Silben. Als Bezeichnung der entsprechenden Wörtern ins Deutsche übernommen und geht auf diakritischen Zeichen seit dem 16. Jh. In der Bedeufunktional entsprechendes l. -a¯lis zurück. Aus Subtung ’besondere Ausspracheweise’ häufig französisch stantivierungen solcher lateinischer Adjektive stamausgesprochen (und 〈accent〉 geschrieben). Verb: men einige Fremdwörter im Deutschen, deren Wortakzentuieren ’betont sprechen, hervorheben’. ausgang -al man synchronisch nicht als Suffix einordEbenso nndl. accent, ne. accent, nfrz. accent, nschw. accent, nen würde (z.B. ÞGeneral − l. genera¯lis ’allgemein’, nnorw. aksent. Zur Sippe von l. canere s. ÞChanson. Vgl. ÞProsodie. – DF 1 (21995), 327–333; Leser, E. ZDW 15 (1914), 36; ÞMoral − l. mo¯ra¯lis ’sittlich’). Das Suffix hat im DeutLM 1 (1980), 259f.; BlW 1 (1981), 151; EWNl 1 (2003), 88. schen häufig die Form -alisch, das dann nachträglich verkürzt werden kann, vgl. auch -alistisch. Es wird in akzeptieren Vsw ’annehmen’ erw. fremd. (15. Jh.). neoklassischen Bildungen in beträchtlichem Umfang Unter Einfluss von frz. accepter entlehnt aus l. accepgebraucht, eine Variante ist -ell (aus der französischen ta¯re, einem Intensivum zu l. accipere ’annehmen’, zu Folgeform der gleichen Grundlage). Bei Weiterbill. capere (captum) ’nehmen’ und l. ad- ’hinzu’. Adjekdungen tritt -al- für -ell ein (individuell − Individutiv: akzeptabel. alität). Erweiterte Suffixe sind Þ-ial (äquatorial) und Ebenso nndl. accepteren, ne. accept, nfrz. accepter, nschw. ac-ual (prozentual). ceptera, nnorw. akseptere. Zur Sippe von l. capere s. Þkapieren. – DF 1 (21995), 333–339; BlW 1 (1981), 152–158; EWNl 1 (2003), 88.

Akzidenz (auch Akzidens) Sn ’etwas Zufälliges, nicht

zum Wesen Gehörendes’ per. fach. (15. Jh., Form 18. Jh.). Entlehnt aus l. accidentia f. ’Zufall’, Abstraktum zu l. accidere ’vorfallen, eintreten’, zu l. cadere ’fallen’ und l. ad- ’hinzu-’. In philosophischer Verwendung Lehnübersetzung des aristotelischen gr. symbebe¯ko´s. Ebenso ne. accident, nnorw. aksidens. Zur Sippe von l. cadere s. ÞKadenz. – Bärthlein, K. Archiv für Geschichte der Philosophie 50 (1968), 196–253; HWPh 1 (1971), 72f.; BlW 1 (1981), 165; DF 1 (21995), 339–347.

Akzise Sf ’Verbrauchs-, Verkehrssteuer’ per. arch.

Wortbildung 3 (1978), 37f., 264.

alaaf Interj (Hochruf in Köln, z.B. im Karneval: Kölle

alaaf ) per. wmd. wndd. (17. Jh., Form 19. Jh.), mndd. alaf . Im 18. Jh. mit umgekehrter Stellung bezeugt als allaff Collen; Erstbeleg al aff colnisch land von 1635, die Wendung ist aber wohl älter. Ursprünglich all ab (mundartlich all-af ), etwa ’alles unterhalb Kölns, Köln über alles’. So auch auf den Devisen von Losen im 18. Jh. (neben Allaff Jungferschafft). Danach emphatische Dehnung der zweiten Silbe im Ausruf. Kuhl, J.: Alaaf Köln (Köln 1905); Hoffmann, W. GS Droege (1994), 504–515; EWNl 1 (2003), 117.

Alabaster Sm ’Edelgips’ erw. fach. (12. Jh.). Entlehnt (13. Jh., Standard 16. Jh., Form 20. Jh.), mndl. assise. aus l. alabaster m., alabastrum n., dieses aus gr. ala´Zunächst nur in Nordwestdeutschland als assise u.ä. bastros m. und -on n. (älter gr. ala´bastos) ’Alabaster entlehnt aus gleichbedeutendem afrz. assise; dieses ist (als Mineral), aus Alabaster gefertigtes Salbengefäß’. das substantivierte Partizip Perfekt von asseoir Wohl zu einem ägyptischen Wort für ’Salbgefäß’festsetzen’. Im Laufe des 15. Jhs. wird das Wort vor stein’ (Kammerzell). Der Bezug auf Salben (Salballem im Niederländischen als accise geschrieben und gefäß, vielleicht auch Bestandteil von Salben) ist auch aufgefasst und diese Veränderung dringt allgemein in frühen deutschen Belegen deutlich. Die weitere (auch im Französischen) durch (frz. accise, das allerHerkunft des Wortes ist nicht sicher geklärt (vermutdings vorwiegend Steuern auf niederländische und lich ägyptischer Herkunft, vielleicht ein Ortsname). englische Lebensmittel bezeichnet). Der Grund für Ebenso nndl. albast, ne. alabaster, nfrz. albaˆtre, nschw. alabasdie Veränderung ist nicht ausreichend klar (Anter, nisl. alabast. – Littmann (1924), 20f.; Tischler, J. Glotta schluss an das Partizip von l. accı¯dere ’anschneiden’ 56 (1978), 50–61; Lüschen (1979), 166; Kammerzell, F. FS Cherubim (Frankfurt/Main 2001), 116–119; EWNl 1 (2003), 118; im Sinn von ’einkerben’? Oder Anschluss an l. accenBjorvand, K. HSF 120 (2007), 295f. se¯re ’zurechnen’ und ÞZins? Vgl. den Zuwachs eines -n- in ndl. accijns). Eindeutschung der Schreibung Aland (Alant) Sm (Name verschiedener Karpfenerst im 20. Jh. Frz. asseoir beruht auf einer transitiven fische) per. fach. (9. Jh.), mhd. alant, ahd. alunt, as. Form (’Platz anweisen, festsetzen’) von l. assidere alund. Sind unter Annahme einer Grundform (g.) ’sich hinsetzen’. *alunþa- mit grammatischem Wechsel vergleichbar

Alant

28

mit anord. o¸lunn ’Makrele’. Weitere Entstehung dunkel. EWahd 1 (1988), 186–188.

Alant Sm ’Alant, Helenenkraut’ (früher Heilkraut und

Gewürz, besonders die Wurzel) per. fach. (10. Jh.) mhd. alant, ahd. alant, mndd. alant, mndl. alaen, alle < *alan. Daneben ae. eolone (< *ilun), afrz. ialne, eaune (< ml. helna, elena), frz. aune´e (dieses kollektive Ableitung). Zugrunde liegt gr. hele´nion, doch ist die lautliche Entwicklung komplex und unklar. Die lateinische Form ist l. inula (mit Vertauschung der Konsonanten?), doch steht in Glossen dafür ml. elena, elna, ella, enula. Nach Isidor 17,11,9 war die Form der Bauern ala. Außerdem die erweiterte Form ml. enula compana (’campanischer Alant’ oder ’ländlicher Alant’), e. elecampane (seit dem 14. Jh.). Vielleicht ist die Lautform beeinflusst von spl. a¯lum ’wilder Knoblauch’ nebst Anpassung an die Partizipien auf -ant. Ebenso nndl. alant. – Die Herkunft des griechischen Wortes ist unklar: Entweder zu gr. Hele´ne¯, dem Namen der Tochter des Zeus und der Leda (vielleicht zu dem gleichlautenden Appellativum, das ’Rohrbündel, geflochtener Korb, Fackel aus Rohr’ u.ä., bedeutet, oder nach Amigues aus ig. * welen-, zu l. vulnus als ’Wundkraut’. – Björkman, E. ASNSL 107 (1901), 377–379; Loewe, R. BGDSL 59 (1935), 254f.; Marzell 2 (1972), 1012–1014; EWAhd 1 (1988), 147–149; LM 1 (1980), 267; Amigues, S. Journal des savants 1990, 177–198; Lehrnbecher (1995), 155–159. EWNl 1 (2003), 117f.

Alarm Sm std. (15. Jh.). Entlehnt aus it. allarme, einer

Zusammenrückung aus it. all’arme ’zu den Waffen’; it. arma f. ’Waffe’, aus l. arma n. Pl. ’Waffen’. Frühe Nebenformen sind fnhd. allerme, lerman u.ä. (ÞLärm). Zusätzlicher französischer Einfluss ist mindestens bei der endgültigen Standardisierung der Schreibung anzunehmen. Verb: alarmieren. Ebenso nndl. alarm, ne. alarm, nfrz. alarme, nschw. (a)larm, nnorw. alarm. Für weitere Zusammenhänge s. ÞArmee. – DF 1 (21995), 347–351; EWNl 1 (2003), 118.

Alaun Sm ’ein Salz, das als blutstillendes Mittel und als

Beiz- und Färbemittel verwendet wird’ per. fach. (12. Jh.), mhd. alu¯n, mndd. alu¯n, mndl. alu¯n. Entlehnt aus frz. alun, dieses aus l. alu¯men n. Ebenso nndl. aluin, ne. alum, nfrz. alun, nschw. alun, nisl. a´lu´n. Die Herkunft des lateinischen Wortes ist unbekannt; ÞAluminium. – Schlutter, O. B. English Studies 42 (1910), 166–168; Förster, M. Anglia 41 (1917), 138; Goltz (1972), 161; Lüschen (1979), 166f.; EWahd 1 (1988), 185f.; LM 1 (1980), 272f.; EWNl 1 (2003), 128f.

Alb1 Sf ÞAlp(e). Alb2 (Alp) Sm ’Angsttraum’ erw. fach. (11. Jh.), mhd.

ÞAlpdrücken, Alptraum (auch ae. ylfa gesceot ’Albenschuss’ für ’Hexenschuss’). Denkbar ist die Anknüpfung an ai. rbhu´- ’Bezeichnung für kunstreiche Halbgötter’ (die˙ Alben waren wie die Zwerge offenbar auch begabte Schmiede) oder an l. albus ’weiß’ (da es in der nordischen Mythologie ’Lichtalben’ gibt, ÞAlbe 1). Andere (Mastrelli nach de Saussure) schließen an alpe ’Berggeister in den Alpen’ an. Im übrigen ist die mythologische Stellung der Alben so wenig klar (auch in der sonst reichhaltigen nordischen Überlieferung), dass etymologische Anschlüsse nicht ausreichend gesichert werden können. Die Femininform zu Alb war Elbe oder Elbinne; das Wort starb als Bezeichnung solcher Geister in der Neuzeit aus, dafür drang das verwandte ÞElf 2, Elfe aus dem Englischen ein. Ebenso nndl. alf. – Die Ablehnung des Vergleichs von Alb und ai. rbhu-, z.B. bei Mayrhofer, M.: EWAia 1 (1992), 259f. ist ˙ unbegründet: Die Möglichkeit einer Erklärung des indischen Wortes innerhalb des Indischen schließt nicht aus, dass eine parallele, aber nicht mehr nachweisbare Erklärung auch für das germanische Wort gilt. – RGA 1 (1973), 130–132; Mastrelli, C. A. StG 13 (1975), 5–13; Lecouteux, C. Euphorion 75 (1981), 371–378; Peeters, Ch. L. GL 28 (1988), 119; EWahd 1 (1988), 152–154; Knobloch, J. SW 14 (1989), 282–284; Röhrich 1 (1991), 75; EWNl 1 (2003), 119f.

Albatros Sm (ein Seevogel) per. exot. (18. Jh.). Entlehnt

aus nndl. albatros oder ne. albatross über algatross aus span. port. alcatraz. Letztlich vermutlich aus arab. alg˙atta¯s, eigentlich ’Taucher; ein Wasservogel, der un˙˙ terzutauchen pflegt’, die Beleglage ist allerdings unsicher. Der Name bezeichnet zunächst einen amerikanischen Seevogel, deshalb hat man auch (vergebens) nach einem Vorbild des Namens in den amerikanischen Sprachen gesucht. Die lautliche Umgestaltung zu -b- wohl im Anschluss an l. (und rom.) albus ’weiß’, weil diese Vögel ein weißes Gefieder haben. Ebenso nndl. albatros, ne. albatross, nfrz. albatros, nschw. albatross, nisl. albatros. – DEO (1982), 43f.; Rey-Debove/Gagnon (1988), 12; EWNl 1 (2003), 118.

Albe1 (auch Albel) Sf ’Weißfisch’ per. fach. (13. Jh.,

Form 17. Jh.), mhd. albel m. Entlehnt aus l. albula, einer Substantivierung von l. albulus ’weißlich’ (zu l. albus ’weiß’), das spätere Albe (17. Jh.) stammt aus einer Substantivierung des Grundworts (l. alba) (oder handelt es sich um eine lautliche Vereinfachung?). S. auch ÞAlb 2. Zum gleichen Grundwort gehören ÞAlber und ÞAbele; ÞAlbino, ÞAlbum.

Albe2 Sf ’Weißpappel’ ÞAlber.

Alber Smf (auch ÞAlbe2 f., Albel f.) ’Weißpappel’ per. alb, ahd. alb, as. alf . Aus g. *albi- (oder *alba-) m. fach. (9. Jh.), mhd. alber(boum), ahd. albari, as. al’Alb’ (mythisches Wesen zwischen Menschen, Götbari. Entlehnt aus ml. alburus, Nebenform zu l. altern und Zwergen, in christlicher Zeit auch als Nachtbulus ’weißlich’ mit Anpassung des Suffixes an ahd. mahr interpretiert), auch in anord. alfr, ae. ¢lf (Pl. -ari; Albe (18. Jh.) aus entsprechendem l. albus, Albel ylfe). Vgl. den Zwergennamen Alberich (’König der (18. Jh.) aus l. albulus. Bezeichnet nach der Farbe der Alben’?), nfrz. Oberon und die Bezeichnung Blätter.

Aldermann

29 1

Ebenso nndl. abeel, ne. abele; ÞAlbe . – Meyer-Lübke, W. ALLG 13 (1904), 50f.; EWahd 1 (1988), 157f.; Öhmann, E. NPhM 43 (1942), 20f. (Besprechung regionaler Formen); EWNl 1 (2003), 81.

albern Adj std. (9. Jh., Bedeutung 12. Jh.), mhd. alw¢re,

Wappen o.ä. beifügen. Auch diese Stammbücher, die Vorgänger der späteren Poesie-Alben, wurden z.T. album amicorum genannt. Mit dem Beginn der Fotografie wurden diese Einträge durch Fotos zunächst ergänzt, dann weitgehend ersetzt, und diese Sammlungen von Personen gingen dann in Sammlungen von fotografisch festgehaltenen Geschehnissen über. Dies führte zu weiteren Sammlungen thematisch zusammengehöriger Belegstücke und schließlich zur heutigen Bedeutung einer ’thematischen Sammlung von Bildern oder Gegenständen, die in einem Buch gesammelt werden können’. Diese Bedeutungsentwicklung zeigt sich zuerst im Deutschen und wird von dort in andere Sprachen übernommen, die Bedeutung ’Langspielplatte, zusammengehörige Platten’ kommt aus dem Englischen.

ahd. alawa¯ri ’freundlich, gütig’. Aus g. *al(l)aw¢ ¯ r-ja- Adj. ’freundlich’, auch in gt. (Abstraktum) allawerei ’volles Vertrauen, Vorbehaltlosigkeit’, anord. o¸lv¢rr ’(gast)freundlich’, ae. ealwerlı¯ce Adv. ’freundlich’. Das Adjektiv ist ein Bahuvrı¯hi-Kompositum ’dessen Vertrauen ganz ist, der volles Vertrauen hat’ zu einem Wurzelnomen ig. (eur.) *we¯r- ’Vertrauen’, das auch dem Adjektiv Þwahr zugrunde liegt. Im Frühneuhochdeutschen wird das Wort als Einheit empfunden (deshalb die Inlautentwicklung von lw zu lb und Abschwächung der zweiten Silbe) und nach dem Vorbild des Niederdeutschen mit Ebenso nndl. album, ne. album, nfrz. album, nschw. album, einem aus den obliquen Kasus stammenden n vernisl. albu´m. – DF 1 (21995), 352–354; Carstensen 1 (1993), 25f.; sehen, wodurch es sich den Materialadjektiven auf EWNl 1 (2003), 118f.; Worstbrock, F. J. MlJ 41 (2006), 247–264. -ern angleicht. Die Bedeutung wandelt sich in der gleichen Zeit von ’freundlich’ zu ’harmlos, naiv, Alchemie Sf ÞAlchimie. dumm’ (ähnlich in frz. bonhomme). Verb: (herum-) Älchen Sn ÞAal. albern; Abstraktum: Albernheit. Alchimie (auch Alchemie) Sf ’Goldmacherkunst’ erw. Seebold, E. IF 78 (1973), 146–162. obs. (13. Jh.). Entlehnt aus ml. alchimia (gegebenenAlbino Sm ’Lebewesen ohne Pigment in der Haut’ erw. falls über afrz. alkimie), dieses aus span. alquimia, aus fach. (18. Jh.). Entlehnt aus span. albino (eigentlich arab. al-kı¯miya¯’, auch ’Stein der Weisen’. Täterbe’der Weißliche’), einer Ableitung von span. (poet.) zeichnung: Alchimist; Adjektiv: alchimistisch. 1 albo ’weiß’, dieses aus l. albus (ÞAlbe ). Die BedeuEbenso nndl. alchimie, ne. alchemy, nfrz. alchimie, nschw. altungsentwicklung von ’weiß’ zu ’farblos, ohne Farbkemi, nnorw. alkymi. Das arabische Wort wird verschieden stoff’ beginnt in Bezeichnungen wie span. negros alerklärt. Es stammt am ehesten aus gr. chymeı´a, che¯meı´a binos für hellhäutige Neger; dann übertragen auf an’Beschäftigung mit der Metallumwandlung’. Die weitere dere Lebewesen ohne Pigment. Herkunft dieses griechischen Wortes ist umstritten. NahelieEbenso nndl. albino, ne. albino, nfrz. albinos, nschw. albino, nnorw. albino. – DF 1 (21995), 351f.; EWNl 1 (2003), 118.

Album Sn ’gebundenes Buch zur Aufnahme von Fotos,

gend ist der Anschluss an gr. chy´ma ’Metallguss’, doch bleibt dabei die Variante mit -e¯- unerklärt. Ein anderer Erklärungsversuch greift auf ein ägyptisches Wort mit der Bedeutung ’schwarz’ zurück; ÞChemie. – Lippmann (1919); HWPh 1 (1971), 148–150; Lokotsch (1975), 92; LM 1 (1980), 329–342; Kiesler (1994), 219; DF 1 (21995), 355–358; Tazi (1998), 113f.; EWNl 1 (2003), 119.

Briefmarken usw.’ std. (16. Jh.). Entlehnt aus l. album ’Verzeichnis’, eigentlich ’weiße Tafel (zum Aufschreiben)’ zu l. albus ’weiß’ (ÞAlbe 1). Zunächst eine Holztafel für öffentliche Bekanntmachungen, die mit Gips Aldermann (Altermann, Ältermann [Plural auch -leute]) geweißt war und mit schwarzer Farbe beschrieben Sm ’Ältester, Vorstand’ per. arch. ndd. md. (13. Jh., wurde, vgl. das parallele gr. ley´ko¯ma ’weiße Tafel’ zu Standard 18. Jh.). Regional seit dem 13. Jh. verbreitet, gr. leyko´o¯ ’ich weiße’, das vielleicht das Vorbild gevergleichbar mit ae. ealdorman (seit dem 8. Jh.), afr. wesen ist. Dann ’Mitgliederverzeichnis’ (z.B. die Liste aldirmon, mndd. olderman, mndl. ouderman. Wohl der Senatoren). In christlicher Zeit können diese Vereine Bildung mit dem Komparativ-Suffix; die Form zeichnisse zu ganzen Büchern auswachsen. Das Wort entspricht aber vor allem im Englischen nicht dem wird dann obsolet und ist wohl ausgestorben; doch Komparativ von alt. Weder der Gebrauch als Simplex wird es durch den Humanismus (mit der antiken Be(ae. ealdor ’Fürst’, afr. alder ’Vater’), noch der Zusamdeutung) im 15. Jh. neu belebt, vor allem wird die menhang mit ÞEltern, noch die Zusammensetzung Universitätsmatrikel häufig als album bezeichnet. In mit -mann sind recht klar, zumal bei den Germanen weiteren Kreisen gebräuchlich wird dann die Prädie Alten nicht als die Führenden galten. Das Wort gung album amicorum ’Verzeichnis der Freunde, stirbt in unmittelbarem Gebrauch in der Neuzeit aus, Freundeskreis’. Im 16. Jh. kommt dann die Sitte der wird aber seit dem 18. Jh. historisierend verwendet Stammbücher auf, bei denen der Besitzer seine Freun(z.T. auf niederdeutsche, z.T. auf englische Verhältde und von ihm geschätzte Zeitgenossen bittet, ihm nisse bezogen). mit eigenem Schriftzug ein Andenken zu hinterlasÞalt, ÞEltern. – RGA 1 (1973), 135, 6 (1986), 321f. sen, wobei diese dann ein Zitat, einen Sinnspruch, ihr

alert

30 alert Adj ’flink, munter’ erw. fremd. (17. Jh.). Entlehnt

aus frz. alerte ’munter, wachsam’ (eigentlich a` l’erte), dieses aus it. all’erta ’auf der Höhe, auf der Hut’, zu it. erta ’Anhöhe’. Die Bedeutungsentwicklung geht aus von ’wachsam’, von da aus zu ’flink’ und entsprechenden Bedeutungen. Ebenso nndl. alert, ne. alert, nfrz. alert, nschw. alert. It. erta ist eine Ableitung zu ait. ergere, dieses aus l. erigere ’aufrichten’, aus l. ex- und regere, dessen Sippe unter Þregieren behandelt wird. – DF 1 (21995), 358f.; Jones (1976), 90; Brunt (1983), 125f.; EWNl 1 (2003), 119.

alfanzen Vsw ’Possen reißen’ per. arch. (16. Jh.). Gebil-

lensystem und dann die Grundrechenarten bezeichnet. Das Wort geht zurück auf den Beinamen AlHwa¯rizmı¯ (’der Chwaresmier’, eine Herkunftsbe˘ zeichnung) eines arabischen Mathematikers des 9. Jhs., durch dessen Lehrbuch die (indischen und dann) arabischen Ziffern in Europa allgemein bekannt wurden. Das Original des hier in Frage kommenden Buches ist verschollen, die ml. Übersetzung ist Liber algorismi de practica arismetrice. Die Schreibung mit 〈th〉 in Anlehnung an gr. arithmo´s ’Zahl’. Die Bedeutung ist (seit dem 13. Jh.) zunächst ’Rechenkunst’ (im Deutschen untergegangen, im Englischen als algorism von algorithm getrennt); die moderne Bedeutung ’festgelegter komplexer Rechenvorgang’ im Deutschen seit Ende des 19. Jhs.

det aus älterem, heute nicht mehr üblichem al(e)fanz m. ’Schwindel, Possen’, auch im Sinne von ’Vorteil’ (dazu alfanzer ’Schwindler, Narr’, < 14. Jh., und alfanzerei f. ’Narretei’, 16. Jh.). Entlehnt aus it. all’avanEbenso ne. algorithm, nfrz. algorithme, nschw. algoritm, nnorw. algoritme. – Schirmer (1912), 4; Littmann (1924), 77; zo ’zum Vorteil’, zunächst mit BedeutungsentwickHWPh 1 (1971), 153–161; Kunitzsch, P. ADA 94 (1983), 19; lung zu ’übervorteilen’. Die Bedeutung ’Possen’ usw. Kiesler (1994), 213f.; Tazi (1998), 132–134; EWNl 1 (2003), 121. scheint von einem anderen Wort zu kommen (ahd. gi-ana-venzon ’sticheln, höhnen, spotten’?), doch alias Ptkl ’anders, auch ... genannt’ erw. fach. (15. Jh.). bleiben mehrere Einzelheiten unklar. Entlehnt aus l. alia¯s ’anders’, Adverbialbildung zu l. It. avanzo ist wie frz. avantage ’Vorteil’ herzuleiten aus der spl. alius ’ein anderer’. Kombination abante ’vor’. – Hiersche 1 (1986), 54.

Alge Sf (Wasserpflanze) std. (15. Jh., Form 19. Jh.). Ent-

lehnt aus l. alga ’Seegras, Tang’, zunächst in lateinischer Form, dann zunächst mit deutschem Plural Algen, dann auch der Singular Alge. Ebenso nndl. alg(e), ne. alga, nfrz. algue, nschw. alg, nnorw. alge. – Marzell 1 (1943), 190f.; EWNl 1 (2003), 120.

Algebra Sf ’Lehre von den mathematischen Gleichun-

Ebenso nndl. alias, ne. alias, nfrz. alias, nschw. alias, nnorw. alias. Zu Adverbien von l. alius gehören alias und ÞAlibi; zu dem aus der gleichen Wurzel stammenden l. alter gehören Þsubaltern und über das Französische ÞAltruismus; ferner das Verbum alternieren und das davon abhängige Þalternativ. – DF 1 (21995), 361f.; EWNl 1 (2003), 121.

Alibi Sn ’(Nachweis über den) Aufenthalt an einem an-

deren Ort’ erw. fach. (18. Jh.). In Anlehnung an frz. alibi m. entlehnt aus l. alibı¯ ’anderswo’, Adverbialbildung zu l. alius ’ein anderer’.

gen (usw.)’ erw. fach. (15. Jh.). Entlehnt aus ml. algebra, das seinerseits auf arab. al-gˇabr zurückgeht. DieEbenso nndl. alibi, ne. alibi, nfrz. alibi, nschw. alibi, nnorw. ses ist Teil des Titels eines Lehrbuchs des arabischen alibi. Zur Sippe von l. alius s. Þalias. – DF 1 (21995), 262–264; Mathematikers Al-Hwa¯rizmı¯ (9. Jh.): ’Lehre von den Jones (1976), 91; Röhrich 1 (1991), 75; Carstensen 1 (1993), ˘ und Vergleichungen’, zu arab. Wiederherstellungen 26f.; EWNl 1 (2003), 121. gˇabara ’einrenken, wiederherstellen’. Mit der WieAliment Sn ’Nahrungsmittel’, in der Regel Pl. ’Lebensderherstellung ist gemeint, dass ein negativer Wert in unterhalt, Unterhaltszahlungen’ erw. fach. (15. Jh., einer Gleichung positiv gemacht werden kann, indem Form 17. Jh.). Entlehnt aus l. alimentum ’Nahrungsman ihn auf die andere Seite bringt. Ursprünglich ist mittel’ zu l. alere ’nähren’, zunächst in lateinischer das Wort ein Fachbegriff der Medizin (’Einrenken Form, dann endungslos und mit deutschem Plural. von Knochenbrüchen’). Heute meist im Plural für ’Unterhaltszahlungen’ geEbenso nndl. algebra, ne. algebra, nfrz. alge`bre, nschw. algebra, braucht. nisl. algebra. – Schirmer (1912), 3f.; Littmann (1924), 76;

HWPh 1 (1971), 150–153; Latham (1972), 47; Lokotsch (1975), 50; Vernet (1984), 139–141; DF 1 (21995), 359–361; Tazi (1998), 131f.; EWNl 1 (2003), 120.

-algie LAff (in Namen für Krankheiten in der medizi-

nischen Terminologie) per. fach. (–). Z.B. in ÞNeuralgie, in der Bedeutung nicht ganz gleich: ÞNostalgie, ausgehend von gr. -algı´a ’Schmerz’ (z.B. odontalgı´a ’Zahnschmerz’) zu gr. a´lgos n. ’Schmerz’. Das zugehörige Adjektiv ist -algisch. Cottez (1980), 15.

Algorithmus Sm ’Berechnungsverfahren’ per. fach.

(13. Jh., Form 16. Jh.), mhd. algorismus. Entlehnt aus ml. algorismus, das das Rechnen im dekadischen Zah-

Ebenso nndl. alimentatie, ne. aliment, nfrz. aliment, ndn. alimentations-. Zur germanischen Verwandtschaft s. Þalt. Zu l. alere ’nähren’ gehören außer der Instrumentalbildung ÞAliment die präfigierte Substantiv-Ableitung Prolet mit späterem ÞProletarier und als Abstraktum eines abgeleiteten Verbs ÞKoalition; ursprünglich ein PPP. dazu ist l. altus ’hoch’, zu dem ÞAlt, ÞAltan und vielleicht ÞAltar gehören; über das Französische auch ÞHautevolee, ÞHautgout, ÞHausse und ÞOboe. – DF 1 (21995), 364–367; EWNl 1 (2003), 121.

Alkali Sn ’bestimmte Laugensalze’ per. fach. (15. Jh.).

Entlehnt aus frz. alcali m. (ml. alkali), dieses aus span. a´lcali m. aus arab. al-qalı¯, vulgäre Nebenform zu arab. al-qily ’Laugensalz’, zu arab. qala¯ ’im Topf kochen, rösten’. Da die Bedeutung des Wortes im Laufe der

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Zeit und in verschiedenen Anwendungsbereichen genlider, -brauen und -wimpern’; dann allgemein ’feines Pulver, etwas Feines, Subtiles’. Das Wort geht uneinheitlich war und mit anderen Bezeichnungen auf akkad. guhlu zurück, das ein Pulver zum Schwarzkonkurrierte, soll hier eine kurze Übersicht über ˘ färben der Augenlider bezeichnet (Antimontrisulfid diese Bezeichnungen in neuerer Zeit folgen: Alkali ist oder Bleisulfid). Im Deutschen zunächst in der Beursprünglich die Bezeichnung einer aus der Asche deutung ’feines Pulver’ verwendet, dann (zuerst bei von salzhaltigen Seepflanzen hergestellten Substanz (die nach Art der Pflanzen unterschiedlich sein konnParacelsus) auch ’Feines, Subtiles’ und schließlich te; später gewann man Alkali auch aus der Verbren’Essenz’. Man spricht u.a. vom alcohol vini, dem nung von Holz und anderem). Das Wort stammt aus ’Geist des Weines’ (zunächst Paracelsus, dann in die dem Arabischen (s.o.). Eine deutsche (niederländiinternationale Terminologie übergehend). Von hier sche) Bezeichnung dafür war Þ Pottasche (ndl. potas). in der Mitte des 19. Jhs. Erweiterung zur Bezeichnung Im Laufe der Zeit für gleichwertig erkannt wurde anderer berauschender Getränke. Im 19. Jh. werden ÞSoda, das aber mineralischer Natur war (Ablageweitere ’Alkohole’ entdeckt (z.B. Methylalkohol), so rungen des Nil oder von Seen). Die Wörter Soda und dass das Wort in fachsprachlichem Gebrauch KlasAlkali wurden aber teilweise für die gleichen Substansenbedeutung erhält. Adjektiv: alkoholisch; Weiterbilzen verwendet, (Al)kali auch für die Pflanzen, die zu dung: Alkoholismus mit der Täterbezeichnung seiner Herstellung dienten. Speziell für die mineraliAlkoholiker. sche Herkunft wurde die Bezeichnung ÞNatron verEbenso nndl. alcohol, ne. alcohol, nfrz. alcool, nschw. alkohol, wendet; das Wort kommt ebenfalls aus dem Arabinisl. alko´ho´l. – Littmann (1924), 76; Weimann, K.-H. DWEB 2 (1963), 386; Goltz (1972), 79f., 238f.; Lokotsch (1975), 98f.; schen, das es aber aus dem Ägyptischen übernommen LM 1 (1980), 416f.; DF 1 (21995), 367–371; Tazi (1998), 116–118; hat. Gleichbedeutend mit Natron wurde das lateiniEWNl 1 (2003), 119. sche Wort ÞSalpeter verwendet, das aber eigentlich ’Steinsalz’ bedeutet; es wird deshalb vermutet, dass es Alkoven Sm (Alkove f.) ’nischenartiger Schlafsich um eine Anpassung eines ursprünglichen *sal raum’ per. fach. (17. Jh.). Entlehnt aus frz. alcoˆve f., niter (also ’Natronsalz’) handelt. Mit dem Fortschritt dieses aus span. alcoba f. ’Schlafgemach’, aus arab. alder Kenntnisse im chemischen Bereich wurde zuqubba ’Gewölbe, Nebenraum (zum Schlafen)’, zu arab. qubba ’Kuppel, Kuppelbau, Grabkuppel’, auch nächst die Stellung des Bereichs im Gegensatz von ’Zelt’. Zunächst die Alkove, dann verändert, vielleicht Säuren und Basen wichtig (Helmont), wobei für die im Anschluss an ÞKoben oder ÞOfen. Aus derselben basische Seite vor allem das Wort Alkali herangezoGrundlage ist schon mittelhochdeutsch (Wolfram, gen wurde. Dann stellte Andreas S. Marggraf fest, 13. Jh.) über afrz. aucube die Form mhd. ekub ’eine dass es zwei chemisch grundsätzlich verschiedene Arten von ’Alkali’ gab und Martin H. Klaproth wies Art Zelt’ entlehnt. Ebenso nndl. alkoof, ne. alcove, nfrz. alcoˆve, nschw. alkov, nach, dass die mineralische und die vegetabilische nnorw. alkove. – DF 1 (21995), 371f.; Lokotsch (1975), 97f.; Substanz chemisch gleichwertig sind (1796). SchließBrunt (1983), 125; Tazi (1998), 188–189; EWNl 1 (2003), 122; lich gelang 1807 Humphry Davy der Nachweis, dass Albrecht (2001), 27 u.ö. den beiden Alkali-Substanzen zwei verschiedene chemische Elemente zugrunde lagen. Diese Elemente all Adj/Pron std. (8. Jh.), mhd. al(l), ahd. al(l), as. al(l). nannte er (und die englischsprachige Wissenschaft) Daneben als Vorderglied von Komposita auch g. *alaSodium (nach Soda) und Potassium, die deutsch’alles, ganz’. Lautlich ist vermutlich von *alna- neben sprachige Wissenschaft dagegen gebrauchte Natrium *ala- auszugehen. Am ehesten vergleichen sich osk. und Kalium. Die Bezeichnungen Soda und Natron allo ’ganz’ (*al-no-?), air. uile ’ganz, jeder’ (lautlich wurden auf die chemische Formel Na2CO3 festgelegt; mehrdeutig: *ol-jo-, *sol-jo-, beide mit guten Vergleichsmöglichkeiten), mit weiterem Zubehör; lit. Pottasche auf K2CO3; Kali wurde zum Sammelbegriff alia´i ’jeder, ganz’ hat andere Anschlussmöglichkeiten für die Kaliumsalze; Alkali(metall) die Bezeichnung für die Gruppe der zugehörigen Elemente (Natrium, und ist wohl abzutrennen. Zugrunde liegt offenbar Kalium u.a.). ein Pronominalstamm ig. (weur.) *ol-(/al-) ’jener, jenseits’, der sicher nur im Italienschen, Keltischen Ebenso nndl. alkali, ne. alkali, nfrz. alcali, nschw. alkali, nisl. alkalı´-ma´lmur; ÞKali, ÞKalium. – Littmann (1924), 86; Weiund (falls die vorliegende Sippe zugehörig ist) Germann, K.-H. DWEB 2 (1963), 386; Latham (1972), 48; Goltz manischen bezeugt ist. Zu ihm gehört die Bedeutung (1972), 234–238; Buntz, H. ASNSL 210 (1973), 324; Lokotsch ’extrem, in höchstem Maße, vollständig, ganz’ (vgl. (1975), 83; Lüschen (1979), 167f.; LM 1 (1980), 416; Barke die Bedeutungsentwicklung des zugehörigen l. ultra; (1991), 173f.; Tazi (1998), 115; Unger (2006), 29–31; EWNl 1 Þultra-) und damit die germanische Sippe *al(l)(2003), 122. ’alles, ganz’. Semantisch naheliegend ist ein AnAlkohol Sm ’reiner Weingeist’ std. (16. Jh.). Entlehnt schluss von ig. *al- ’anderer, zweiter’ (sicher gemeinaus span. alcohol ’feines Pulver’, dieses aus arab. alindogermanisch), doch sind die lautlichen Verhältkuhl (span.-arab. Aussprache: alkuhu´l) ’Antimon; nisse und die Abgrenzung von ig. *an- ’anderer’ nicht ˙ ˙ daraus hergestelltes Pulver zum Schwärzen der Auausreichend geklärt. − Das Substantiv All n. wird im

all

Allasch

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17. Jh. als Lehnübersetzung aus l. u¯niversum gewon- alleluja Interj Þhalleluja. nen. Die regionale Bedeutung ’leer, ausgegangen’ allenthalben Adv ’überall’ std. alt. (9. Jh., Form 12. Jh.). (alle werden usw., < 16. Jh., vor allem omd.) beruht Ahd. alahalba ist gebildet aus ala ’ganz, all’ und halba wohl auf einem Konstruktionswechsel oder einer El’Seite’; in adverbialen Wendungen bedeutet es ’nach lipse: Wenn z.B. die Kartoffeln im Keller alle verallen Seiten, überall’. Wenig später wird das Erstglied braucht sind, dann sind sie alle. flektiert und erhält dabei ein unorganisches -t-. 2 Ebenso nndl. al, ne. all, nschw. all, nisl. allur; Þals , Þalso, ÞOverall. – Kuhberg (1933), 35; Untermann, J. IF 63 (1958), 241–245; Vendryes (1959ff.), U 17f.; Fraenkel, E.: Die baltische Sprachwissenschaft in den Jahren 1938–1940 (Helsinki 1943), 58f.; EWahd 1 (1988), 129–131; DWA IV (1955) (zur Verbreitung von alle ’leer’); EWNl 1 (2003), 117.

Allasch Sm ’Kümmellikör’ per. fach. (19. Jh.). Entlehnt

aus russ. alasch. Der Likör ist benannt nach dem lettischen Ort Allazˇi bei Riga. Ebenso ne. Allasch, nndl. allasch.

allbot Adv ’andauernd, immer wieder’ per. wobd.

(15. Jh.). Schriftlich gut bezeugt, aber nicht hochsprachlich. Eigentlich ’bei jedem Aufgebot’, also zunächst ’jedesmal’, dann auch durativ ’andauernd’. Röhrich 1 (1991), 513f.

alldieweil Adv/Konj ’währenddessen, weil’ per. arch.

(12. Jh.). Eigentlich ’die (ganze) Zeit’ (zu ÞWeile); in der Bedeutung also eine Entsprechung zu Þwährend. alle Adj/Pron Þall. Allee Sf ’von Bäumen gesäumte Straße’ std. (16. Jh.).

Entlehnt aus frz. alle´e ’Gang’, d.h. ’Parkweg’, zu frz. aller ’gehen’. Ebenso nndl. allee, ne. alley, nschw. alle´, nnorw. alle´. Zur Etymologie von frz. aller s. DEO (1982), 45f. (umstritten, ob zu l. ambulare). Zum gleichen Grundverb gehört ÞAllüren und gegebenenfalls auch Þambulant und ÞPräambel. – DF 1 (21995), 172f.; Jones (1976), 91f.; EWNl 1 (2003), 122.

Allegorie Sf ’sinnbildliche Darstellung’ erw. fach.

Þall, Þ-halb. – EWahd 1 (1988), 139.

aller- Präfixoid (Verstärkung) std. (–). Ursprünglich

Genetiv Plural von Þall, der in zwei Verwendungen fest geworden ist: 1. in adverbialen Wendungen wie Þallerhand, Þallerdings, Þallerlei und lokalen Adverbien wie allerlanden (heute erstarrt); 2. zusammen mit Superlativen als Steigerung (allerschönste = ’schönste von allen’), in dieser Funktion noch produktiv. EWNl 1 (2003), 123f.

allerdings Adv std. (13. Jh., Form 16. Jh., Bedeutung

18. Jh.). Im 16. Jh. zusammengewachsen aus aller dinge(n), zunächst in der Bedeutung ’gänzlich, völlig’. Später fällt die Endung ab, worauf ein adverbiales -s antritt; die Bedeutung wird dabei zu einräumendem ’(gewiss), freilich’. Þaller-, ÞDing.

Allergie Sf ’Überempfindlichkeit gegen bestimmte

Einwirkungen’ erw. fach. (20. Jh.). Von dem österreichischen Mediziner Clemens von Pirquet 1906 vorgeschlagen. Gebildet aus gr. ´ergon n. ’Werk, Wirken, Sache’ und gr. allos ’anderer’ in Analogie zu ÞEnergie (wobei der en-e´rgeia − der wirkenden Kraft der körpereigenen Prozesse − eine all-e´rgeia gegenübergestellt wird, die die Reaktionen des Körpers auf körperfremde Stoffe bezeichnen soll). Adjektiv: allergisch. Ebenso nndl. allergie, ne. allergy, nfrz. allergie, nschw. allergi,

(14. Jh.). Entlehnt aus l. alle¯goria, dieses aus gr. alle¯nnorw. allergi. Zur Sippe von gr. ´ergon s. ÞEnergie. – Carsgorı´a¯, eigentlich ’das Anderssagen’, aus a´llos tensen 1 (1993), 27f.; DF 1 (21995), 381f.; EWNl 1 (2003), 124. ’anderer’ und einem Abstraktum zu gr. agoreu´ein allerhand Adv std. (13. Jh.). Zusammengewachsen aus ’sagen, sprechen’. Die Allegorie gehört zu den Tropen aller hande ’aller Arten’, zu ÞHand in der Bedeutung der antiken Rhetorik. Adjektiv: allegorisch. ’Seite’ (rechter Hand usw.).

Ebenso nndl. allegorie, ne. allegory, nfrz. alle´gorie, nschw. alEWNl 1 (2003), 124. legori, nisl. allego´rı´a. Gr. agoreu´ein bedeutet eigentlich ’in der ´ allerlei Adj/Pron std. (13. Jh.). Þaller-. Öffentlichkeit sagen’, es ist abgeleitet von gr. agora¯ ’Markt’, dieses zu gr. ageı´rein ’(ver-)sammeln’, das mit l. grex (gregis) m. Allerwelts- Präfixoid ’beliebiges −, irgendwelches −’ ’Herde, Schar’ entfernt verwandt ist. S. ÞKategorie und für die std. (–). Substantivische Komposita mit verstärkenlateinische Entsprechung ÞAggregat; zu gr. a´llos s. Þallo-. – DF dem ÞWelt (mit Fugen- s), das seinerseits durch Þall 2 1 ( 1995), 373–379; Cottez (1980), 17; Freytag, W. MlJ 20 verstärkt ist. Die Bildungen beginnen im 16. Jh., wer(1985), 66–102, 21 (1986), 3–33; EWNl 1 (2003), 123.

allegro Ptkl ’lebhaft, schnell, heiter’ (Tempobezeich-

nung der Musik) per. fach. (17. Jh.). Entlehnt aus it. allegro, dieses über frühromanische Zwischenstufen aus l. alacer (-cris) ’lebhaft, munter, aufgeregt’. Ebenso nndl. allegro, ne. allegro, nfrz. allegro, nschw. allegro. – DF 1 (21995), 379–381.

allein Adv std. (12. Jh.), mhd. alein(e). Verstärkung von

ahd. ein, wie in ne. alone (zu ne. one ’ein’) und nndl. alleen (een ’ein’). Þall, Þein 1.

den aber erst im 18., und dann besonders im 19. und 20. Jh. produktiv. Die Bedeutung ist einerseits verstärkend, andererseits abschätzig für ’Beliebiges, Irgendwelches’.

Allerwertester Sm erw. stil. (15. Jh., Bedeutung 19. Jh.).

Zunächst normale superlativische Steigerungsform, im 18. Jh. auch als Anrede geläufig. Seit dem 19. Jh. scherzhaftes Hüllwort für das Gesäß; wohl ähnlich zu verstehen wie der wertvollste Körperteil u.ä. Þaller-, Þwert.

Allopathie

33 allesamt Pron std. alt. (9. Jh.). Schon im Althochdeut-

schen werden alle und saman(t) ’zusammen’ miteinander verbunden und werden dann als Einheit aufgefasst. Þall, Þsamt.

allfällig Adj ’jeweilig, eventuell’ per. obd. (15. Jh.). Ab-

leitung zu der Phrase (auf) alle Fälle, also ’in Bezug auf jeden eintretenden Fall’. Besonders in der Schweiz gebräuchlich, aber sonst nicht in die Hochsprache aufgenommen. Þall, ÞFall.

allgemach Adv ’allmählich’ per. arch. (15. Jh.). Wie

mndd. al(ge)mak verstärkende Bildung mit Þall zu Þgemach, also ’bedächtig, gemächlich’; vorwiegend adverbial (’allmählich’) gebraucht. allgemein Adj std. (12. Jh.). Verstärkung von Þgemein

in dessen ursprünglicher Bedeutung durch Þall. Bei der Bedeutungsverschlechterung des Grundworts bleibt die alte Bedeutung bei allgemein. HWPh 1 (1971), 164–192; EWNl 1 (2003), 121.

Allianz Sf ’Bündnis’ erw. fach. (16. Jh.). Entlehnt aus

frz. alliance, einer Ableitung von frz. allier ’verbinden’, dieses aus l. alliga¯re, zu l. liga¯re ’binden’ und l. ad- ’hinzu’. Zum gleichen Grundverb ÞAlliierte ’Verbündete’. Ebenso nndl. alliantie, ne. alliance, nfrz. alliance, nschw. allians, nnorw. allianse. Zur Sippe von l. liga¯re s. Þlegieren. Vgl. das einfache Verb Þliieren. – DF 1 (21995), 382–385; Jones (1976), 93f.; Brunt (1983), 378f.; EWNl 1 (2003), 124.

Alligator Sm (Krokodilart) erw. fach. (16. Jh.). Entlehnt

(kaum nachweisbar). Offenbar gebildet aus (g.) *ala(Þall) und ÞGemeinde. Vergleichbar ist zunächst afr. elmente ’Gemeinde’, das aber im Gegensatz zu afr. mente f. ’Gemeinde’ ein Maskulinum ist; daneben, ebenfalls als Maskulinum, afr. elmetha ’Gemeinde’, offenbar ohne den grammatischen Wechsel, entsprechend ndd. (aus nordfr.) ellemo¯tha ’Allmend’, sowie anord. almenning ’gemeinsames Land’ (zu dem Wort für ’Mann’?). Das Wort bezeichnet wohl von Anfang an die Grundstücke, die der Dorfgemeinschaft gehören; im Deutschen daneben auch die Dorfgemeinschaft selbst. Es liegt wohl letztlich ein einheitliches Wort vor, das auf verschiedene Weise umgestaltet wurde. Ob es als g. *ala-(ga)main(i)þo¯(n) anzusetzen ist, lässt sich nicht mit Sicherheit entscheiden. Hofmann, D. It Beaken 25 (1963), 264–269; Schmidt-Wiegand, R.: Mark und Allmende (Marburg 1981); RGA 1 (1973), 173f.; LM 1 (1980), 439f.

allo- Präfixoid ’fremd, anders’ per. fach. (–). Dient in

neoklassischen Bildungen als Vorderglied komponierter Adjektive und Substantive und bedeutet dabei ’anders’ (z.B. Allogamie ’Fremdbestäubung’ zu allogam im Gegensatz zu autogam ’selbstbestäubend’; analog zu monogam, Monogamie ’Einehe’). Nachbildung griechischer Komposita mit gr. a´llo- ’anders-, fremd-’ (zu gr. a´llos ’anderer’) ohne konkretes Vorbild in Entlehnungen aus dem Griechischen. In der linguistischen Fachsprache zur Bezeichnung von Varianten verwendet. S. auch ÞAllegorie, ÞAllotria. Cottez (1980), 17.

aus frz. alligator oder ne. alligator, diese zusammen- Allod Sn ’freies, uneingeschränktes Vermögen’ per. gezogen aus span. el lagarto (de los Indios), wörtlich arch. (7. Jh.). Germanisches Rechtswort, althoch’die Echse der Indianer’, aus l. lacerta f. ’Eidechse’. Die deutsch im 9. Jh. bezeugt, dann ausgestorben und im Lautform schwankt in der frühen Zeit der Entleh19. Jh. als Terminus der Rechtsgeschichte wieder aufnung. genommen. Es zeigt zahlreiche BedeutungsverändeEbenso nndl. alligator, ne. alligator, nfrz. alligator, nschw. alrungen, die der Entwicklung der Rechtsvorstellungen ligator, nnorw. alligator. – Rey-Debove/Gagnon (1988), 13; folgen, und ist bezeugt in latinisierter Form in andfrk. EWNl 1 (2003), 124f. (malb.) alodis, alodus, später al(l)odium und in wgt. Urkunden als alaudes. Vermutlich gebildet aus (g.) Alliierte Spl ÞAllianz. *alla- (Þall) und g. *auda- ’Besitz’ in anord. audrÑ , ae. Alliteration Sf ’Stabreim’ per. fach. (18. Jh.). Neo-kl. ¯ e ad, as. o¯d, ahd. o¯t. Aber auch ein Anschluss an g. alliteratio wurde im 16. Jh. von einem italienischen *hluta- ’Los, Anteil’ ist denkbar. Humanisten gebildet und dann in die Volkssprachen übernommen. Zu l. littera ’Buchstabe’ und ad’hinzu’. Ebenso nndl. alliteratie, ne. alliteration, nfrz. allite´ration, nschw. alliteration, nnorw. alliterasjon. Zur Sippe von l. littera s. ÞLetter. Eine Entsprechung ist ÞStabreim, das allerdings auf das verskonstituierende Auftreten in den altgermanischen Sprachen beschränkt wird. – LM 1 (1980), 432–437; Rey-Debove/Gagnon (1988), 14.

allmählich Adv std. (14. Jh.), mhd. almechlich. Zur glei-

chen Grundlage wie Þgemach. Vgl. älteres Þallgemach.

Allmende Sf ’gemeinsamer Grund’ per. arch. (12. Jh.),

mhd. almende, al(ge)meinde, ahd. (ala-)gimeinida

Tiefenbach (1973), 97–100; EWahd 1 (1988), 165–167; LM 1 (1980), 440f.; DEO (1982), 46f. (alleu); Sousa Costa (1993), 229–235.

Allopathie Sf ’Schulmedizin’ per. fach. (19. Jh.). Um

1800 gebildet von S. Hahnemann zur Bezeichnung der Schulmedizin im Gegensatz zu der von ihm vertretenen ÞHomöopathie; aus gr. a´llos ’anderer’ und gr. pa´thos ’Leiden’, die Bedeutung des Kompositums ist aber nur im Gegensatz zur Bedeutung von Homöopathie durchschaubar. Täterbezeichnung: Allopath; Adjektiv: allopathisch. Ebenso nndl. allopathie, ne. allopathy, nfrz. allopathie, nschw. allopati.

Allotria

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Allotria Sn (älter auch Spl) ’Unfug’ erw. obs. (17. Jh.).

Entlehnt aus gr. allo´tria Pl. ’fremde, nicht zur Sache gehörige Dinge’, Substantivierung zu gr. allo´trios ’zum Fremdartigen gehörig’. Bei zielgerichteter Tätigkeit (Lernen, Predigt usw.) gilt das nicht zur Sache Gehörige als ’Unfug’. Þallo-, ÞHallodri. – DF 1 (21995), 386f.

Allround- LAff ’universal’ per. fremd. (–). Bildet Kom-

posita wie Allround-Athlet, -Sportler usw. Entlehnt aus am.-e. allround ’rundum’; im (amerikanischen) Englischen wird allerdings am.-e. allrounder vorgezogen. Carstensen 1 (1993), 29–31; DF 1 (21995), 387f.

Alltag Sm std. (14. Jh., Form 17. Jh.), spmhd. altac

’täglich’ (14. Jh.). Zusammenrückung aus Þall und ÞTag, vielleicht unter dem Einfluss des Adverbs alltäglich. Substantiviert bedeutet das Wort ’jeden Tag (Feiertag wie Werktag)’. Im 17. Jh., offenbar durch Verallgemeinerung aus Komposita mit Alltags-, setzt sich die Bedeutung ’Werktag’ durch, zunächst norddeutsch und in Bezug auf Kleidung. Allüren Spl (selten auch f.) ’auffälliges Benehmen, Ge-

habe’ erw. fremd. (19. Jh.). Entlehnt aus frz. allure f., eigentlich ’Gang’, im Plural ’Benehmen, Art und Weise’, einer Ableitung von frz. aller ’gehen’ (ÞAllee). Ebenso nndl. allures. – DF 1 (21995), 388–390; EWNl 1 (2003), 125.

Alm Sf ÞAlp(e). Almanach Sm ’Kalender, Jahrbuch’ erw. fach. (15. Jh.).

Entlehnt aus mndl. almanak, dieses aus span. almanaque und ml. *almanac, *almanach ’astronomisches Tafelwerk, Jahrbuch’, aus arab. al-mana¯h, das ˘ zwar belegt, aber etymologisch nicht sicher gedeutet ist. Seit dem 18. Jh. auch Titel periodisch erscheinender Sammlungen von Dichtungen. Ebenso nndl. almanak, ne. almanac, nfrz. almanach, nschw. almanack(a), nisl. almanak. – DF 1 (21995), 390f.; Kunitzsch, P. ADA 94 (1983), 109f.; LM 1 (1980), 445; EWNl 1 (2003), 126.

Almer (auch Almut, Almet) Smf ’Schrank, Schrein’ per.

arch. (15. Jh.). Entlehnt aus l. arma¯rium ’Schrank, Schrein’, eigentlich ’Raum für Geräte’, zu l. arma ’Waffen, Gerätschaften’ (ÞArmee), mit einer bereits im Mittellateinischen vorkommenden Dissimilation des ersten r (das gelegentlich auch noch in der deutschen Entlehnung bezeugt ist). Ebenso nfrz. armoire.

Almosen Sn std. (8. Jh.), mhd. almuosen, ahd. alamu-

osan, as. alamosna. Auch anord. o¸lmusa, ae. ¢lmysse. Entlehnt aus kirchen- l. elee¯mosyna f., dieses aus gr. elee¯mosy´ne¯ f. ’Mitleid’ (spät auch ’Almosen’), einem Abstraktum zu gr. elee¯´mo¯n ’mitleidig’, zu gr. ´eleos m. ’Mitleid’. Das anlautende /a/ unter Einfluss von frührom. *alimosina f., einer Nebenform, die wohl auf sekundärem Anschluss an l. alimo¯nia f. ’Ernährung, Unterhalt’ beruht (vgl. ÞAliment). Die heutige Form geht unter dem Einfluss Luthers auf eine niederdeut-

sche Lautform (statt des zu erwartenden *Almusen) zurück. Ebenso nndl. aalmoes, ne. alms, nfrz. aumoˆne, nschw. allmosa, nisl. ölmusa. – Baist, G. ZDW 12 (1910), 299f.; Siegert (1950), 26; EWahd 1 (1988), 142–144; LM 1 (1980), 452f.; EWNl 1 (2003), 68.

Almrausch (auch Alprausch) Sm ’Alpenrose’ per. österr.

(16. Jh., Form 18. Jh.). Zu Alm (ÞAlp(e)) und (vermutlich) einer Entlehnung aus l. ru¯scus f., ru¯scum n. ’Mäusedorn’. Einfaches ÞRausch2 schon früh, die Komposita erst wesentlich später bezeugt. Marzell, H. Jahrbuch des Vereins zum Schutze der Alpenpflanzen und -tiere 22 (1957), 44; Hubschmid, J. VR 27 (1968), 337–342 (zu Rausch); Marzell 3 (1977), 1327–1329.

Aloe Sf ’bittere tropische Pflanze’ per. fach. (13. Jh.),

mhd. a¯lo¯e n, as. a¯lo¯e. Entlehnt aus l. aloe¯, dieses aus gr. alo´¯e, das zu einem kulturellen Wanderwort des vorderen Orients gehört. Mit diesem Wort ist ein anderes zusammengefallen, das eine wohlriechende Holzart bezeichnet und im Griechischen zunächst als alo¯th erscheint. Mit dieser Bedeutung ist das Wort bereits im 9. Jh. bezeugt. Ebenso nndl. aloe¨, ne. aloe, nfrz. aloe`s, nschw. aloe, nnorw. aloe. – Hiersche, R. FS Neumann (1982), 121–128; EWahd 1 (1988), 167f.; LM 1 (1980), 453; Lehrnbecher (1995), 159–165; EWNl 1 (2003), 126.

Alp Sm ÞAlb 2. Alp(e) Sf ’Bergweide’ erw. obd. (10. Jh.), mhd. albe, ahd.

alba neben ÞAlm (das aus einer Assimilierung des b/p an das n eines n-Stammes kommt, bezeugt seit dem 14. Jh.). Geht offenbar zurück auf ein vorindogermanisches Wort, zu dem auch der Name der Alpen (sowie Alb und Allgäu) gehört. Als seine Bedeutung wird ’Berg’ vermutet, wobei in der späteren Geschichte ein Anschluss an l. albus ’weiß’ (im Hinblick auf den Schnee der Alpen) eine Rolle gespielt haben mag. Ebenso nndl. alpenweide, ne. alp, nfrz. alpe, nschw. alp, nnorw. alpeeng. – Hubschmied, J. U. FS Gauchat (Aarau 1926), 438; Bertoldi, V. ZRPh 56 (1926), 183; Hubschmid, J.: Alpenwörter romanischen und vorromanischen Ursprungs (Bern 1951), 8f., 43–47; RGA 1 (1973), 181–189; Ludvik, D. Acta Neophilologica 7 (1974), 43–46; EWahd 1 (1988), 155–157; LM 1 (1980), 458–460; EWNl 1 (2003), 126.

Alpdrücken Sn ÞAlb 2. Alphabet Sn std. (13. Jh.). Im Spätmittelhochdeutschen

entlehnt aus kirchen- l. alphabe¯tum, dieses aus gr. alpha´be¯tos m./f., aus gr. a´lpha und gr. be˜ta, den Namen der beiden ersten Buchstaben, die von den Griechen mit dem Alphabet von den Phönikern (vgl. hebr. aleph und hebr. beth) übernommen worden waren. Die Namen der beiden ersten Buchstaben stehen also für die ganze Buchstabenreihe. Adjektiv: alphabetisch. Da man das Alphabet zugleich mit der Kenntnis der Schrift erwirbt, steht es häufig für ’des Schreibens kundig’, besonders in der Gegensatzbildung Analphabet ’jemand, der nicht schreiben kann’.

Alt

35 Ebenso nndl. alfabet, ne. alphabet, nfrz. alphabet, nschw. alfabet, nnorw. alfabet. Vgl. ÞAbc. – DF 1 (21995), 391–199; EWNl 1 (2003), 120.

alpin Adj. ’auf die Alpen / das Hochgebirge bezo-

Starck, A. T.: Der Alraun (Baltimore 1917); RGA 1 (1973), 198; EWahd 1 (1988), 168–170; LM 1 (1980), 458–460; Röhrich 1 (1991), 76; Lehrnbecher (1995), 94–154; EWNl 1 (2003), 127.

als1 Konj/ Ptkl (Vergleichspartikel) std. (11. Jh.), mhd.

gen’ per. fach. (16. Jh.). Den Namen des zentraleuroals, alse, also¯ ’ebenso’. Das Wort ist demnach aus päischen Hochgebirges der Alpen kannte man schon Þalso abgeschwächt, wie ne. as, nndl. als. in der Antike, wobei unklar ist, was konkret man sich Dückert, J. BGDSL-H 83 (1961), 205–230; EWNl 1 (2003), 127. unter diesem Gebirge im Norden vorstellte. Seit dem als2 Adv ’immer wieder’ (u.ä.) per. wd. md. (13. Jh.). 8. Jh. ist der Name auch im Deutschen bezeugt und Abgeschwächt aus mhd. allez, Neutrum des Adjektivs die Kenntnis dieses Gebirges klarer gefasst. Im 16. Jh. Þall. wurde dazu das formal mittellateinisch aussehende Alsem Sm ’Wermut’ per. wmd. (10. Jh.). Das regional Adjektiv alpinus ’zu den Alpen gehörig, aus den beschränkt verbreitete mndl. alsene, ahd. alahsan ist Alpen kommend’ gebräuchlich, das im Deutschen entlehnt aus ml. aloxinum n.; dieses möglicherweise meist als alpinisch übernommen wurde. In dem Ausaus gr. alo´¯e oxı´ne¯s f. ’bittere Aloe’. maß, in dem nach den Alpen auch andere HochgeEbenso nndl. alsem. – EWahd 1 (1988), 139–141; EWNl 1 (2003), birge ins Blickfeld kamen, wurde das Adjektiv mehr 127. auf die Hochgebirge allgemein bezogen. Viele Ableialso Adv std. (8. Jh.), mhd. also¯, ahd. also¯, mndd. also¯, tungen (Alpinismus, Alpinistik, Alpinum, Alpinist mndl. also¯. Aus Þall und Þso zusammengesetzt, usw.). Die Zusammensetzungen mit Alpen- (Alpendamit ’ganz so, genau so’. Seit dem 13. Jh. auch als rose, -führer, -garten usw.) haben die Verbindung zu Konjunktion verwendet. dem Namen für das konkrete Gebirge stärker beÞall, Þals 1, Þso. – Wolfrum, G. BGDSL-H 80 (1958), 33–110; wahrt. DF 1(21995), 399–404.

Alptraum Sm ÞAlb 2. Alraun Sm (Alraune f.) ’magisch gebrauchte, menschen-

EWAhd 1 (1988), 171.

Alsterwasser Sn ’Mischgetränk aus Bier und Limona-

de’ per. ndd. (20. Jh.). Scherzhafte Übertragung nach der Farbe des Hamburger Binnengewässers.

förmige Wurzel’ per. arch. (11. Jh.), mhd. alru¯ne, ahd. Vgl. ÞRadler. – Eichhoff, J. FS Martin (1980), 159–163. alru¯n(a). Dieses Wort wurde benützt, um den Pflanalt Adj std. (8. Jh.), mhd. alt, ahd. alt, as. ald. Aus wg. zennamen l. mandragora m. wiederzugeben. Dieser *alda-, auch in ae. eald, afr. ald; im Nordgermanisteht für ein Nachtschattengewächs, dessen Wurzel schen nur Komparativ ellri und Superlativ ellztr (Ponach hebräischem und orientalischem Vorbild allersitiv gamall), im Gotischen j-Stamm alþeis in gleicher hand Zauberkräfte (Reichtum, Liebeszauber) zugeBedeutung (aber krim- gt. alt); vermutlich to-Partizip schrieben wurden. Im germanischen Norden, wo die zu g. *al-a- ’wachsen, nähren’ in gt. alan ’aufwachMandragoragewächse nicht gedeihen, wurde die sen’, anord. ala, ae. alan ’nähren, aufziehen’, aus ig. Pflanze (teils eingeführt, teils) mit ähnlichen einhei(eur.) *al- ’nähren’ in l. alere, air. ailid und Ableitunmischen Pflanzen (vor allem der Zaunrübe) gleichgen in anderen Sprachen. Die Ausgangsbedeutung ist gesetzt; die zugehörigen abergläubischen Vorstellunalso ’gewachsen, erwachsen’; eine parallele Entwickgen sind wohl alle nicht-germanischen Ursprungs. Je lung liegt bei l. altus ’hoch’, l. adultus ’erwachsen’ vor. nachdem, ob die Rübe nur zweigespalten (weiblich) − Modifikation: ältlich; Präfixableitung: veralten. oder mit einem weiteren Fortsatz versehen (männEbenso nndl. oud, ne. old. Entlehnungen aus der lateinischen lich) war, wurde die Pflanze als männlich oder weibVerwandtschaft unter ÞAliment und ÞAlt; ÞAlter, ÞEltern, lich angesehen und bekam das entsprechende gramÞWelt. – Mastrelli, C. A. AGI 46 (1961), 139–147; Seebold matische Geschlecht. Das Wort selbst wird mit dem (1970), 75–77; EWahd 1 (1988), 171–173; Röhrich 1 (1991), 76–78; Frauennamen ahd. Al(b)ru¯n, ae. Aelfru¯n, anord. AlBecker, H.-J.: Das Feld um alt (Heidelberg 1991); Heiderfru´n in Verbindung gebracht, der im Vorderglied das manns (1993), 97f. Wort Alb, im Hinterglied ein Namenelement, das mit Alt Sm (Singstimme) erw. fach. (15. Jh.). Entlehnt aus it. raunen zu tun hat, enthält (von der Sache her denkalto (aus l. vo¯x alta f. ’hohe Stimme’). So wird zubar, aber ganz unsicher). Etwas wahrscheinlicher, nächst eine hohe Männerstimme bezeichnet, deren aber ebenfalls unverbindlich, ist die Erklärung aus Rolle später, als auch Frauen Solistenrollen überneh(g.) *ala- (Þall) und *ru¯no¯ ’Geheimnis’ (Þraunen), men konnten, von Frauen gesungen wurde − für also ’großes Geheimnis’. Im Hinblick auf die schwer Frauen ist die Stimmlage allerdings ’tief’. fassbaren Relikte in der Verwandtschaft des Wortes Ebenso nndl. alt, ne. alto, nfrz. alto, nschw. alt, nisl. alt. Zur ÞRune wäre auch ein Ansatz als ’die ganz gespaltene’ germanischen Entsprechung s. Þalt. L. altus ist to-Partizip zu l. (es ist aber nur die Bedeutung ’schneiden’ bezeugt) alere ’nähren’; zu dessen Sippe s. ÞAliment. – EWNl 1 (2003), oder ’die ganz mit Runzeln bedeckte’ (hierfür ist nur 127f. die kurzvokalische Lautform bezeugt) denkbar.

Altan

36 Altan (Betonung auf beiden Silben möglich) Smf

’Söller, Balkon’ per. fach. obd. (15. Jh.). Entlehnt aus it. altana (eigentlich ’ein hoher, vorstehender Teil eines Hauses’), zu it. alto ’hoch’, aus l. altus. Ebenso nschw. altan, nnorw. altan. Zu l. altus s. ÞAlt. – Öhmann, E. NPhM 43 (1942), 27; Wis (1955), 91; LM 1 (1980), 460; DF 1 (21995), 404f.

Altar Sm (früher selten auch n.) std. (8. Jh.), mhd.

alt¢re, alta¯re, a´lter, ahd. alta¯˘ri. Entlehnt aus l. alta¯re (im Rückgriff darauf auch die neuhochdeutsche Betonung).

deutung ’konkurrierend mit den bestehenden Normen’. Ebenso nndl. alternatief, ne. alternativ, nfrz. alternatif, nschw. alternativ, nnorw. alternativ. Zu l. alter ’anderer’ gehören auch ÞAltruismus und Þsubaltern, zu seiner Parallele l. alius s. Þalias. – DF 1 (21995), 408–414; Müller, G. SD 23 (1979), 70f.; Rey-Debove/Gagnon (1988), 15; Strauss u.a. (1989), 415–423; Carstensen 1 (1993), 32f.; EWNl 1 (2003), 128.

altfränkisch Adj ’altmodisch’ per. arch. (14. Jh., Bedeu-

tung 15. Jh.). Umschreibung für ’althergebracht, tüchtig, echt’ (= in der Art der alten Franken); schon früh aber auch ’veraltet, unzeitgemäß’.

Ebenso nndl. altaar, ne. altar, nfrz. autel, nschw. altare, nisl. Lüdtke, G., Götze, A. ZDW 7 (1905/06), 15–27; Dünninger, J. altari. Das lateinische Wort (älter alta¯ria n. Pl.) wurde als ’erhöhter Aufsatz’ (zu l. altus ’hoch’) verstanden, doch ist die FS Schröder (1959), 155–162. ursprüngliche Bedeutung wohl ’Brandaltar’ (zu l. adole¯re altklug Adj std. (18. Jh.). Ursprüngliche Bedeutung: ’verbrennen’). Nach Nagy ’dessen Feuer (–*a¯s-) genährt ’durch Alter (und Erfahrung) klug’. Heute nur noch (*alto-) ist’. Bei beiden Annahmen geht der erste Bestandteil in der ursprünglich ironischen Verwendung, mit der auf l. alere ’nähren’ zurück; zu dessen Sippe s. ÞAliment. – BlW es jungen Leuten, hauptsächlich Kindern, nachgesagt 2 (1984), 164–168; RGA 1 (1973), 200–203; Nagy, G. HSCPh 78 wird. (1974), 71–106, bes. 82–88; EWahd 1 (1988), 174–176; LM 1 (1980), 461–465; EWNl 1 (2003), 128. Altruismus Sm ’selbstlose Denkungsweise’ erw. fach.

altbacken AdjPP std. (13. Jh.). Ursprünglich für nicht

mehr frisches Brot gebraucht und offenbar im Gegensatz zu mhd. niubachen ’frisch gebacken’ gebildet (Þbacken). Danach Bedeutungsverallgemeinerung zu ’altmodisch’ (spöttisch gemeint). Alter Sn std. (8. Jh.), mhd. alter, ahd. altar, as. aldar.

(19. Jh.). Entlehnt aus frz. altruisme, das A. Comte 1830 als Gegenbegriff zu ÞEgoismus einführte − in Anlehnung an frz. autrui ’der andere’ zu l. alter gebildet. Das -l- stammt also aus dem lateinischen Vorbild, die Endung -ui aus einer französischen Obliquusform. Adjektiv: altruistisch.

Ebenso nndl. altruı¨sme, ne. altruism, nfrz. altruisme, nschw. Aus g. *aldra- n. (im Nordischen m., gotisch unbealtruism, nnorw. altruisme. Zu l. alter ’anderer’ s. Þalternativ; stimmt) ’Lebensalter’, auch in anord. aldr m., ae. zu seiner Parallele l. alius ’anderer’ s. Þalias. – HWPh 1 (1971), ealdor, afr. alder; gotisch nur in fram-aldrs ’bejahrt’; 200f.; DF 1 (21995), 414f. vermutlich tro-Bildung zu g. *al-a- ’wachsen, nähaltväterisch Adj ’altmodisch’ erw. obs. (16. Jh.). Zu Altren’, parallel zu *alda- ’alt’. Außergermanisch vervater ’Vorfahr, Patriarch’ (mhd. altvater, ahd. altfater, gleicht sich wohl air. altram(m) ’Ernährung, Erzieas. aldfadar bedeuten in erster Linie ’Patriarch’; afr. hung’. Die Bedeutungsentwicklung geht also offenald(a)feder, ae. ealdf¢der ’Vorfahr’; anord. alda-fadiÑ r bar von ’Heranwachsen, Altersstufen des ist ein Beiname Odins). Die ironische Bedeutung Unmündigen’ zu den Altersstufen des Menschen all’altmodisch’ ist von Anfang an häufiger als die eigentgemein, und dann, in neuerer Zeit, zu ’hohes Alter’ liche (’altehrwürdig’). (im Gegensatz zu ’Jugend’). Verb: altern; Abstraktum: Altertum, wozu das Adjektiv altertümlich. Altvorder(e)n Spl ’Vorfahren’ per. arch. (9. Jh.), mhd. Ebenso nndl. ouderdom, nschw. a˚lder, nisl. aldur; Þalt. – RGA 1 altvorder, ahd. altfordoro m. Gebildet aus Þalt und (1973), 204f. unter Alte, 211–213; EWahd 1 (1988), 173f.; LM 1 Þvorder im Sinne von ’früher’. Im 18. Jh. veraltet, (1980), 470f. dann zeitweilig wiederbelebt. Kuhberg (1933), 35f.; EWAhd 1 (1988), 179. Ältermutter Sf , ÄltervaterSm ÞEltervater. alternativ Adj ’zwischen zwei Möglichkeiten die Wahl Altweibersommer Sm erw. obs. (17. Jh.). Das Wort hat drei Bedeutungen, deren Benennungsmotive und lassend, eine zweite Möglichkeit bildend’ erw. fremd. deren Verhältnis zueinander unklar sind: 1) Am (15. Jh.). Zunächst als lateinisches Adverb alternative schlechtesten bezeugt, aber vielleicht Vorbild für die entlehnt, dann auch als Adjektiv gebraucht. Ausweibeiden anderen ist ’zweite Jugend bei Frauen’ (fast tung des Gebrauchs unter Einfluss von frz. alternative nur mundartlich, selten literarisch seit dem 19. Jh.); ’abwechselnd, eine andere Möglichkeit bildend’, zu als ’unzeitig’ und ’nur kurze Zeit dauernd’ aufgefasst, frz. alterner ’abwechseln’, aus l. alterna¯re, zu l. alter wie etwa auch das mundartlich verbreitete Wort ’der andere’. Das Verbum ist entlehnt als alternieren Altweibertänze zeigt. (Diese Art der verächtlichen ’abwechseln’, das Abstraktum als Alternative. Die eiAusdrucksweise ist weit verbreitet, vgl. etwa l. anı¯lis). gentliche Bedeutung ist ’Wahl zwischen zwei MögBeim Mann spricht man bei der entsprechenden Silichkeiten’, unter dem Einfluss des Englischen auch: tuation vom Johannistrieb (nach dem bei Holzge’andere Möglichkeit’. In der 2. Hälfte des 20. Jhs. entwächsen vorkommenden zweiten Austrieb im Juni wickelt das Adjektiv und seine Ableitungen unter um den Johannistag herum) mit ganz anderen Kondem Einfluss des amerikanischen Englischen die Be-

37

Ambiente

notationen. 2) ’Nachsommer, sommerliche Zeit im Amaryllis Sf (eine Zierpflanze) per. fach. (18. Jh.). EiHerbst’, so seit dem 17. Jh.; auch St. Michaelssommer gentlich gräzisierender Name einer Hirtin in Vergils Eklogen; in der Neuzeit übertragen auf die Blume. (29. September), St. Martinssommer (11. November), Allerheiligensommer (1. November) u.ä. benannt. In Ebenso nndl. amaryllis, ne. amaryllis, nfrz. amaryllis, nschw. amaryllis. – EWNl 1 (2003), 130. der älteren Sprache auch Witwensommer, mundartlich (bair.) Ähndlsommer. Vielleicht metaphorisch überAmateur Sm std. (17. Jh.). Entlehnt aus frz. amateur in tragen aus (1), da ’nachzeitig’ und ’nur kurz dauernd’. der Bedeutung ’Kunstliebhaber’, dieses aus l. ama¯tor 3) ’Im Herbst (und Frühjahr) in der Luft herumflie’Liebender’, Nomen Agentis zu l. ama¯re ’lieben, etwas gende Spinngewebe’, auch Mariengarn, Liebfrauenhaar gern tun’. Heute nach dem Vorbild des Englischen als u.ä. genannt. Es scheint, dass diese Gewebe ursprüngInternationalismus besonders im Sinn von ’Nichtlich ÞSommer, fliegender Sommer u.ä. genannt wurProfessioneller (vor allem im Sport)’ gebraucht; häuden, und dass dies ein anderes Wort ist als das für die fig mit dem Nebensinn ’Dilettant’. Bezeichnung der Jahreszeit (vgl. das schon im 14. Jh. Ebenso nndl. amateur, ne. amateur, nfrz. amateur, nschw. bezeugte me. gossamer gleicher Bedeutung, das etyamatör, nnorw. amatør. – DF 1 (21995), 419–423; BlW 2 (1984), 169–171; Berichte zur Wissenschaftsgeschichte 9 (1986), besonmologisch unklar ist). Die Erweiterung zu Altweiberders Kleinknecht, Th. 147–160; Rey-Debove/Gagnon sommer (seit dem 19. Jh.) vielleicht wegen des zeitli(1988), 16; EWNl 1 (2003), 130. chen Auftretens der Fäden. Die norddeutschen Bezeichnungen Mettken oder Mettkensommer Amazone Sf ’kriegerische/reitende Frau’ erw. bildg. (verhochdeutscht Mädchensommer) gehören wohl zu (12. Jh., Bedeutung 16. Jh.). Das (sagenhafte) kriegeÞMade und beziehen sich am ehesten auf das Gerische Frauenvolk der Amazonen wird in mittelhochspinst der Schmetterlingspuppen und Seidenwürdeutschen Texten schon seit dem ausgehenden 12. Jh. mer. Etymologische Anknüpfungspunkte können erwähnt. Der Name ist über l. Amazo¯n aus gr. sein: (a) l. samara ’Ulmensamen’ (ursprünglich kelAmazo¯´n übernommen. Später übertragen auf ’sich tisch?), wenn damit ursprünglich die Samen eines männlich oder kriegerisch gebärdende Frau’, besonBaumes mit wolligen Früchten gemeint waren; (b) zu ders ’Reiterin’. dem englischen Wort: l. gossipinum u.ä. für eine Art Ebenso nndl. amazone, ne. Amazon, nfrz. amazone, nschw. Baumwolle (Plinius). amason, nnorw. amazone. Die Herkunft des Wortes ist nicht Lehmann, A.: Altweibersommer (Diss. Berlin 1911, zu Bedeutung 2); Miller, A. HV 16 (1938), 310–316 (zu Bedeutung 3); Röhrich 1 (1991), 78.

Aluminium Sn std. (19. Jh.). Neoklassische Neubildung

geklärt. Bereits antike Sekundär-Motivationen sehen in dem Wort negierendes gr. a- und gr. (poet.) mazo´s ’Brust’ und deuten dies damit, dass diese Frauen sich eine Brust amputiert hätten, um den Bogen besser spannen zu können. – LM 1 (1980), 514; DF 1 (21995), 423–427; EWNl 1 (2003), 130.

zu l. alu¯men (-minis) ’Alaun’; so benannt wegen des Vorkommens von Aluminium in Alaunerde. Seit 1782 Amber (Ambra) Sm ’krankhafte Ausscheidung der Gallenblase des Pottwals, als Duftstoff gebraucht’ per. (Lavoisier) wurde im Alaun ein Metall vermutet; der fach. (13. Jh.). Über frz. ambre (zu Amber), später Nachweis gelang erst nach 1820. Schon bei der Suche auch über it. ambra f. (zu Ambra) entlehnt aus arab. nach dem Metall wurde es bezeichnet: 1786 (de Moranbar ’Pottwal, dessen Absonderung’. Später in den veau) aluminia, 1808 (Davy) alumium (nach Silicium romanischen Sprachen wegen der gleichartigen Geusw.), später (1812) Aluminum, das heute noch die winnung aus dem Meer und dem ähnlichen AusseForm des amerikanischen Englischen ist. Im gleichen hen auch auf den Bernstein übertragen (frz. ambre Jahr wurde Aluminium vorgeschlagen, weil dies dem jaune ’Bernstein’, ambre gris ’Amber’). Lateinischen eher gemäß sei. Diese Form setzte sich Ebenso nndl. ambra, amber, ne. ambergris, nfrz. ambre, nschw. dann durch, wohl unterstützt von Wörtern wie Maambra, nnorw. ambra. – LM 1 (1980), 521; Mazzuoli Porru, G. gnesium (ÞMagnesia). Ebenso nndl. aluminium, ne. aluminium, nfrz. aluminium, nschw. aluminium, nisl. alu´mı´n; ÞAlaun. – Lüschen (1979), 168; Cottez (1980), 17; EWNl 1 (2003), 129.

AION-G 28/29 (1985/86), 421–470; Kiesler (1994), 141; Tazi (1998), 189f.; EWNl 1 (2003), 131f.

ambi- Präfixoid erw. fach. (–). Fügt in neoklassischen

Bildungen die Bedeutung ’um − herum, von verschiedenen Seiten her’ hinzu (z.B. Þambivalent (16. Jh.). Entlehnt aus ml. amalgama ’Gemisch, spe’mehrwertig’ in Analogie zu Þäquivalent ’gleichwerziell aus einem Metall und Quecksilber’, das auf arab. tig’). Entlehnt aus l. amb(i)-. al-malg˙am ’schmelzende Substanz, Legierung von Zur germanischen Verwandtschaft s. Þbei, zur griechischen s. Metallen und Quecksilber’ zurückgeht; dieses ÞAmphibie. – Cottez (1980), 18f. stammt seinerseits aus gr. ma´lagma ’ErweichungsAmbiente Sn ’Umgebung, Atmosphäre’ per. grupp. mittel, weicher Körper, Heilpflaster’. Verb: (20. Jh.). Entlehnt aus it. ambiente; dieses substantiamalgamieren ’vermischen’. viert aus l. ambie¯ns (-entis), dem PPräs. von l. ambı¯re Ebenso nndl. amalgaam, amalgama, ne. amalgam, nfrz. amalgame, nschw. amalgam, nnorw. amalgam. – DF 1 (21995), ’herumgehen’. Gelegentlich wird auch die französi415–419; Lüschen (1979), 168f.; LM 1 (1980), 508; Tazi (1998), sche Entsprechung Ambiance verwendet.

Amalgam Sn (Quecksilberlegierung) erw. fach.

118–120; EWNl 1 (2003), 129.

Ambiguität Ebenso nndl. ambiance, ne. ambient, nfrz. ambiance. S. Þambiund für die Sippe von l. ¯ıre ’gehen’ ÞExitus. – Piron, M. FS Grevisse (1966), 271–280; DF 1 (21995), 427–429.

Ambiguität Adj ’Mehrdeutigkeit’ per. fach. (17. Jh.).

38 ambulant Adj ’nicht stationär, wandernd’ erw. fremd.

(18. Jh.). Entlehnt aus frz. ambulant, dieses aus l. ambula¯re ’umhergehen’ (z.B. auch auf die wandernden Kaiserhöfe oder Gerichte bezogen). Die Ambulanz war ursprünglich ein bewegliches Feldlazarett. Die Bedeutung ’Krankenwagen’ unter englischem Einfluss.

Wohl unter Einfluss des Französischen entlehnt aus l. ambiguita¯s, Abstraktum zu ambiguus ’mehrdeutig’ zu Ebenso nndl. ambulant, ne. ambulant, nfrz. ambulant, ndn. l. ambigere ’uneins sein, schwanken’, zu l. ambi- und ambulant, nschw. ambulatorisk, nnorw. ambulant. S. l. agere (a¯ctum) ’treiben, betreiben’. Die Entlehnung ÞPräambel und zu möglichen Weiterbildungen ÞAllee. – steht wohl unter dem Einfluss des entsprechenden Schirmer (1911), 10; DF 1 (21995), 440–445; Carstensen 1 frz. ambiguı¨te´. Als Terminus in der modernen (1993), 34; EWNl 1 (2003), 133. Sprachwissenschaft verwendet, wo dann auch das zuAmeise Sf std. (8. Jh.), mhd. a¯meize, ahd. a¯meiza. Aus grunde liegende Adjektiv ambig entlehnt wird. wg. *¢ ¯ maitjo¯n f. ’Ameise’, auch in ae. ¢mete, zu *¢ ¯ Ebenso ne. ambiguity, nfrz. ambiguı¨te´. S. Þambi- und zur Sippe ’ab, weg’ (ÞOhnmacht) und *mait-a- ’schneiden’ von l. agere ’treiben’ Þagieren. – HWPh 1 (1971), 201–204; Ullrich, W. AB 32 (1989), 121–169; DF 1 (21995), 429–432; EWNl 1 (ÞMeißel 1). Da die germanischen f(jo¯n)-Stämme aus (2003), 132. Materialwörtern Bezeichnungen für Dinge bilden, die aus diesem Material bestehen (Kluge 1926, ambivalent Adj ’zwiespältig’ per. fach. (20. Jh.). Zuerst § 81f.), ist das Wort zu erklären als ’die aus AbschnitAmbivalenz von E. Bleuler 1911 gebildet für das Nebenten Bestehende’ (bezogen auf den bei der Ameise exeinander von entgegengesetzten Gefühlen, in Analotrem deutlichen Kerbtier-Körperbau). Vgl. ÞInsekt gie zu Äquivalenz ’Gleichwertigkeit’ (Þäquivalent), zu zu l. ¯ınseca¯re ’einschneiden’, entsprechend gr. ´entoma l. vale¯ns (-entis) ’mächtig, stark’, Partizip zu l. vale¯re n. Pl. ’Insekten’ zu gr. te´mnein ’schneiden’. Die An’bei Kräften sein’; das Adjektiv seit Freud 1916. nahme der Bezeichnung nach dem Abschneiden von Ebenso nndl. ambivalent, ne. ambivalent, nfrz. ambivalent, Blatt-Teilen ist weniger wahrscheinlich (da bei einnschw. ambivalent, nnorw. ambivalent. S. Þambi- und für die Sippe von l. vale¯re ’bei Kräften sein’ ÞValenz. – HWPh 1 (1971), heimischen Arten weniger üblich). 204; Cottez (1980), 19; DF 1 (21995), 435–440; EWNl 1 (2003), 132.

Amboss Sm std. (8. Jh.), mhd. anebo¯z, ahd. anabo¯z,

Ebenso ne. ant, emmet. – Schumacher, Th. DWEB 2 (1963), 301–316; EWahd 1 (1988), 203–205; LM 1 (1980), 526; Binz, G. ZDPh 38 (1906), 369–372 (anders).

amen Ptkl std. stil. (8. Jh.). Entlehnt aus l. a¯me¯n als mndd. anebo¯t m./n. Gebildet aus ahd. ana ’an’ und der Ableitung eines Verbs für ’schlagen’ g. *baut-aSchlussformel des christlichen Gebets, dieses aus gr. ame¯´n, aus hebr. a¯me¯n, zu hebr. a¯man ’stärken, beVst. in anord. bauta, ae. be¯atan, ahd. bo¯zen Vsw., also eigentlich ’Anschlag; Stelle, an der geschlagen wird’. kräftigen’. Ein Wort der Bekräftigung: ’so soll es sein!’ Hierzu vermutlich auch l. fu¯stis ’Knüttel’, mir. buailid Ebenso nndl. amen, ne. amen, nfrz. amen, nschw. amen, nisl. amen. – Lokotsch (1975), 6; Röhrich 1 (1991), 78; EWNl 1 ’schlägt’. Möglicherweise ist das Wort Amboss eine (2003), 133. (vor allem hochdeutsche) Lehnübersetzung von l. incu¯s ’Amboss’ (aus l. in- und einer Ableitung von l. Amethyst Sm (Halbedelstein) per. fach. (12. Jh.), mhd. cu¯dere ’schlagen’). Parallel gebildet sind nndl. aamametiste, amatist. Entlehnt aus afrz. ame´thyste, dieses beeld (mndl. a¯nebelte), ne. anvil (ae. anfilt, ahd. anaaus l. amethystus f., aus gr. ame´thystos f., zu gr. ame´falz). thystos ’nicht trunken, dem Rausch entgegenwirÞBosse, Þbosseln. – Seebold (1970), 90f.; RGA 1 (1973), kend’, zu gr. methy´ein ’trunken sein, betört sein’ aus 249–252; EWahd 1 (1988), 218f., 224 f . EWNl 1 (2003), 68. a- und gr. me´thy n. ’Wein, berauschendes Getränk’. Wenn die Bezeichnung des Steins nicht auf einer SeAmbra Sm ÞAmber. kundär-Motivation (eines entlehnten Wortes) beAmbrosia Sf ’Götternahrung’ erw. bildg. (13. Jh., Beruht, ist er wohl nach seiner Farbe benannt, der Farbe deutung 18. Jh.). Zunächst als Pflanzenname entdes bis zur Unschädlichkeit verdünnten Rotweins. lehnt, dann mit der ursprünglichen Bedeutung zuAus dem Namen herausgesponnen ist dann der Glaunächst in Ableitungen, aus l. ambrosia, dieses aus gr. be, dass der Stein Trunkenheit verhindern könne, ambrosı´a (eigentlich ’Unsterblichkeit’), einem Abwenn ihn der Trinkende bei sich trägt. straktum zu gr. a´mbrotos ’unsterblich’, zu gr. a- (Þa-) Ebenso nndl. amethist, ne. amethyst, nschw. ametist, nisl. ameund gr. broto´s ’sterblich’. Nach der griechischen Mytyst. Zu gr. me´thy ’Wein’ s. ÞMet. – Lüschen (1979), 169f.; LM 1 thologie die den Göttern vorbehaltene Nahrung, die (1980), 533; EWNl 1 (2003), 134. Unsterblichkeit bewirkt. Dann BedeutungserweiteAmmann Sm ’Gemeindevorsteher’ per. schwz. (13. Jh.). rung auf besonders wohlschmeckende Nahrung Seit mittelhochdeutscher Zeit bezeugte Variante von (’Götterspeise’). Amtmann. Die Funktionen waren zu verschiedenen Ebenso nndl. ambrosia, ambrozijn, ne. ambrosia, nfrz. ambroZeiten unterschiedlich, so dass keine genaue Bedeuisie, nschw. ambrosia. Lateinische Bildungen aus der gleichen tung angegeben werden kann. Wurzel s. unter Þmorbid. Zur germanischen Verwandtschaft s. ÞMord. – EWNl 1 (2003), 132.

LM 1 (1980), 562f.

Amok

39 Amme Sf ’Frau, die ein (fremdes) Kind nährt’ std. alt.

verwendet wurde (l. Ammo¯niaci guttae, gr. Ammo¯(11. Jh.), mhd. amme, ahd. amma, mndl. amme. Geniako´n). hört zu einem weiter verbreiteten Lallwort der KinEbenso nndl. ammoniak, ne. ammonia, nfrz. ammoniac, nschw. ammoniak, nisl. ammonı´ak. – Ruska, J. SHAW 5 (1923); dersprache für ’Mutter’, das z.B. auch in anord. EWNl 1 (2003), 136. amma ’Großmutter’ und gr. amma´ ’Mutter, Großmutter’, ai. amba¯´ ’Mutter’ erscheint. Ein Ammonshorn Sn ’Versteinerung eines Kopffüßlers’ per. Ammenmärchen ist eine Geschichte, die nur kleinen fach. (18. Jh.). Übersetzung der seit Plinius bezeugten Kindern erzählt wird, dann ’eine zwar beeindruckenBezeichnung l. ammo¯nis cornu¯a ’Hörner Ammons’ de, aber unglaubwürdige Geschichte’; die (nach dem ägyptischen Gott Ammon, der unter anAmmensprache sind (meist reduplizierende) kinderderem in der Gestalt eines Widders verehrt wurde). sprachliche Formen (wie Wauwau, Ticktack), die dem Ebenso nndl. ammonshoren, ne. cornu ammonis, ammonite, Kind von seiner Amme oder seinen Eltern vorgesagt nfrz. ammonite, nisl. ammonshorn. – Lüschen (1979), 170; werden. EWNl 1 (2003), 136. ÞHebamme. – EWahd 1 (1988), 205f.; EWNl 1 (2003), 135.

Ammer Sf (fachsprachlich auch m.) ’eine Vogelart’ per.

fach. (11. Jh.), mhd. amer, ahd. amaro, as. amer. Geht wie ae. amore auf die Getreidebezeichnung ahd. amar (-o, -i) ’Emmer, Dinkel’ (eine in Südwestdeutschland und der Schweiz häufiger, heute aber nur noch wenig angebaute Weizenart; ÞEmmer) zurück; vermutlich ist die Vogelbezeichnung gekürzt aus *amarfogal ’Emmer-Vogel’ (benannt nach der bevorzugten Nahrung, wie Distelfink und ÞHänfling). Seit dem 13. Jh. nach der Farbe des Vogels verdeutlicht zu ÞGoldammer. Die regionale Form Emmeritz geht auf die ahd. Koseform amirzo zurück; Emmerling auf ahd. amerinc mit Verdeutlichung des Suffixes Þ-ing zu -ling (ÞEmmeritz, Emmerling). Ebenso ne. yellow-hammer; ÞEmmer. – Suolahti (1909), 101–104; von Kralik, D. GGA 176 (1914), 135; EWahd 1 (1988), 192–194.

Ammern Spl ’Funkenasche’ per. wndd. (8. Jh.), mhd.

eimere, ahd. eimur(i)a. Aus g. *aimuzjo¯n f. ’(Funken)Asche’, auch in anord. eimyrja, ae. ¢¯ myrgan. Dieses ist ein Kompositum aus g. *aima- in anord. eimr m. ’Rauch’ und g. *uzjo¯n f. in anord. ysja f. ’Feuer’, mit anderem Suffix ahd. usil-, ae. ysel, anord. usli m. ’(glühende) Asche, Funken’ (zu ig. *eus- ’brennen’, etwa in l. u¯rere ’brennen’, ai. osati ˙ ’versengt’); also etwa ’Rauch-Asche, Rauch-Glut’. Ebenso ne. ember, nschw. dial. eldmörja (mit Ersatz des Erstglieds). – Kluge ZVS 26 (1883), 84; EWAhd 2 (1998), 987f.

Ammoniak Smn ’stechend riechende Stickstoff-Verbin-

dung’ erw. fach. (15. Jh., Form 17. Jh.). Entlehnt aus l. sa¯l ammo¯niacum ’Ammonisches Salz’ (medizinisch verwendet), aus gr. Ammo¯niako´n ha´las n. ’Steinsalz’, so bezeichnet nach der Ammons-Oase in Ägypten (mit einem Tempel des Gottes Ammon), einem bedeutenden Fundort dieses Salzes. Im Deutschen zunächst noch mit lateinischer Endung für das Salz gebraucht: mit salze armoniaco (H. von Mügeln, armist Nebenform zu amm-); die Gasform wird erst im 18. Jh. beachtet. Eine weitere Stickstoff-Verbindung wird von den Chemikern Ammonium genannt, eine Nebenform des Wortes, die zunächst (15. Jh.) als Bezeichnung für das Harz des Ammonbaumes

Amnestie Sf ’Begnadigung’ erw. fach. (16. Jh., Form

17. Jh.). Zunächst in der Form amnistia (gemäß der damaligen Aussprache des gr. -e¯-) entlehnt aus l. amne¯stia ’Vergebung, Vergessen’, dieses aus gr. amne¯stı´a¯ ’Vergesslichkeit, Amnestie’, einem Abstraktum zu gr. a´mne¯stos ’ohne Erinnerung’, zu gr. mimne¯´skein ’(sich) erinnern’ (mit sekundär nach anderen Verbalformen eingeschobenem -s-) und gr. a- (Þa-). Die Amnestie ist ursprünglich ein Verzicht auf gerichtliches Vorgehen zwischen streitenden (Kriegs-)Parteien mit dem Ziel der Versöhnung − insofern ist das ’Vergessen des Vergangenen’ eine wesentliche Voraussetzung. Verb: amnestieren. Ebenso nndl. amnestie, ne. amnesty, nfrz. amnistie, nschw. amnesti, nnorw. amnesti. Zu einer einfacheren Form der griechischen Verbalwurzel gehört ÞAutomat. – DF 1 (21995), 457–459; EWNl 1 (2003), 136.

Amöbe Sf ’Einzeller, Wechseltierchen’ erw. fach.

(19. Jh.). Neoklassische Bildung zu gr. amoibe¯´ ’Veränderung, Wechsel’, einer Ableitung von gr. ameı´bein ’wechseln’. So benannt, weil die Einzeller ihre Form wegen der Fließbewegungen des Plasmas ständig verändern.

Ebenso nndl. amoebe, ne. am(o)ebia, nfrz. amibe, nschw. amöba, nisl. amaba. Zur germanischen Verwandtschaft s. ÞMeineid. Entfernt verwandt: Þemigrieren, Þimmigrieren. – EWNl 1 (2003), 136.

Amok Sm (besonders in Amok laufen ’blindwütend he-

rumrennen und Leute ermorden’) erw. exot. ass. (17. Jh.). Malayisches Wort und malayischer Brauch: Die Betreffenden versetzen sich aus Rach- oder Ruhmsucht in Opiumrausch und fallen dann mit dem Kris (Dolch) jeden an, der ihnen in den Weg kommt; dabei rufen sie Amock. Aus Reisebeschreibungen in Deutschland bekannt seit dem 17. Jh. Im 20. Jh. auf europäische Verhältnisse übertragen, aber eher in Form eines Vergleichs. Herkunft und ursprüngliche Bedeutung des malayischen Wortes sind nicht klar. Verdeutlichungen: Amoklauf, -läufer, -laufen. Ebenso nndl. amok, ne. amok, amuck, nfrz. amok, nschw. amok, nnorw. amok. – Littmann (1924), 128; Lokotsch (1975), 7; Röhrich 1 (1991), 79; EWNl 1 (2003), 137.

amortisieren

40

amortisieren Vsw ’tilgen, auslöschen’ erw. fach.

und Ohm. Die Namengebung wurde 1881 vom Pariser (18. Jh.). Entlehnt aus frz. amortir ’abtöten, abtragen’, Internationalen Kongress der Elektriker bestätigt und dieses aus der früh-rom. Präfixableitung *ad-mortı¯re ist seither allgemein üblich. ’zu Tode bringen’, zu l. mortuus ’tot’, dieses zu l. morı¯ EWNl 1(2003) 138. ’sterben’. Die Form des Verbs ist dementsprechend Ampfer Sm per. fach. (10. Jh.), mhd. ampfer, ahd. ampfzunächst amortieren, dann aber, im Anschluss an selaro (auch ampfara f.), mndd. amper. Bedeutet wie ae. teneres ml. amortizare, die heutige Form. Die Bedeuampre ’der Saure’ zu dem nur noch in Relikten betung ist zunächst ’Schulden nach Plan tilgen, Urkunlegten g. *ampra- Adj. ’sauer’ (vor allem von pflanzden löschen’, dann auch ’Anschaffungskosten durch licher Säure) in anord. apr ’scharf, kalt’ und älterem Abschreibung oder erwirtschafteten Ertrag stufennndl. amper ’scharf, sauer’; dieses aus ig. *am(¡–)roweise decken’. Abstraktum: Amortisation. ’sauer, bitter’ in ai. ambla- ’sauer’ und l. ama¯rus Ebenso nndl. amortiseren, ne. amortize, nfrz. amortir, nschw. ’bitter’ (mit -mbr- < -mr-). amortera, nnorw. amortisere. Zur germanischen Verwandtschaft s. ÞMord, zu l. morı¯ ’sterben’ gehört auch Þmorbid; eine griechische Bildung aus der gleichen Wurzel in ÞAmbrosia. – Schirmer (1911), 10f.; DF 1 (21995), 465–469; Brunt (1983), 128; EWNl 1 (2003), 137.

Ampel Sf std. (10. Jh.), mhd. ampel, ahd. ampulla,

ÞSauerampfer. – EWahd 1 (1988), 207–209; Heidermanns (1993), 99 f .; EWNl 1 (2003), 137f.; RGA 26 (2004), 537f.

Amphibie Sf ’Tier, das sowohl im Wasser als auch auf

dem Land lebt’ erw. fach. (16. Jh.). Zunächst in fremder Form (amphibion n.) entlehnt aus l. amphibion n., dieses aus gr. amphı´bios ’zwei Leben habend’ − in verschiedenen Gebrauchsweisen, aber z.B. auch von Fröschen (mit Leben im Wasser und zu Land), zu gr. bı´os m. ’Leben’ und gr. amphi- ’auf beiden Seiten’. Adjektiv: amphibisch. Übertragen auf Amphibienfahrzeug, für Fahrzeuge, die sich zu Land und zu Wasser fortbewegen können.

mndd. appolle, mndl. ampulle. Entlehnt aus l. ampulla ’kleine Flasche’ (als *am-por-la zu l. amphora ’zweihenkliger Krug’). Mit dem deutschen Wort wird seit dem Mittelalter das ’ewige Licht’ in den (katholischen) Kirchen bezeichnet, in spätmittelhochdeutscher Zeit im Oberdeutschen auch andere Hängeleuchten. In neuerer Zeit von ÞLampe 1 zurückgeEbenso nndl. amfibie, ne. amphibian, nfrz. amphibie, nschw. drängt, aber als Blumenampel, dann als Verkehrsampel amfibie, nnorw. amfibium. Zur Sippe von gr. bı´os ’Leben’ s. (für die ursprünglich über der Kreuzung hängenden, ÞBiologie; zu den lateinischen Verwandten von amphi- s. beleuchteten Verkehrsregler) neu belebt. AutomatiÞambi-, zu den germanischen s. Þbei. Ersatzwort ist ÞLurch sche Verkehrsampeln gab es (im Gefolge der Rege(kaum gebraucht). – Cottez (1980), 20 (zu amphi-); DF 1 lungen an Eisenbahnkreuzungen) nach einem miss(21995), 471–475; EWNl 1 (2003), 134. glückten Versuch in London 1868 in Amerika seit 1914 (rot-grün) und 1920 (rot-grün-gelb), bezeichnet als Amphitheater Sn erw. fach. (13. Jh., Form 17. Jh.). Zunächst in lateinischer Form entlehnt aus l. amphitraffic lights/signals. Die hängenden Ampeln (Heuerthea¯trum, das seinerseits aus gr. amphithe´a¯tron entAmpel nach dem Namen der Herstellerfirma) gab es lehnt ist. Dieses aus gr. amphi- ’auf beiden Seiten’ in Deutschland von den 1930er Jahren bis 1972 (der (ÞAmphibie) und gr. the´a¯tron n. ’Zuschauerraum’ Verkehrsturm in Berlin 1924 war keine Ampel und im (zu gr. thea´omai ’ich betrachte’; ÞTheater), also eiübrigen auch nicht vollautomatisch). Von den gentlich ’das, bei dem der Zuschauerraum ringsum Heuer-Ampeln stammt die Bezeichnung als Ampel. ist’. Das Kompositum wurde dann zu Ampel vereinfacht Ebenso nndl. amfitheater, ne. amphitheatre, nfrz. amphite´aˆtre, und bezeichnet heute moderne (im allgemeinen nschw. amfiteater, nnorw. amfiteater. – DF 1 (21995), 475–478; nicht mehr hängende) Verkehrsregler. Die BedeuCottez (1980), 20; EWNl 1 (2003), 134f. tung des Wortes ist jetzt fest mit ’Verkehrsregelung Amphore Sf (ein in der Antike verwendetes, bauchiges durch Farben’ verknüpft, vgl. die Übertragungen wie Gefäß mit zwei Henkeln) erw. fach. (16. Jh., Form Ampel-Koalition. 18. Jh.). Entlehnt aus l. amphora, dieses aus gr. Ebenso nschw. ampel, nnorw. ampel. Vgl. frz. ampoule amphoreu´s m., älter amphiphoreu´s m. (dann haplo’Glühlampe’. Die zugrundeliegende Sippe unter ÞMetapher. logisch verkürzt) ’Vorratsgefäß mit beidseitigen HenÞAmphore, ÞAmpulle. – Kuhberg (1933), 36; EWahd 1 (1988), 209f.; EWNl 1 (2003), 137f. keln’, aus gr. amphi ’auf beiden Seiten’ und einer Instrumentalbildung zu gr. phe´ro¯ ’trage’, also ’beidseiAmpere Sn (Maßeinheit der Stromstärke) erw. fach. tiger Träger’. Die alte Entlehnung mit der Form 19. Jh. Die British Association for the advancement of ampfer bezeichnet ein Weinmaß; der spätere Exotisscience (1863–1874) setzte fest, dass für die Maßeinmus das antike Gefäß. heiten im Bereich der Elektrizität die Namen von Ebenso nndl. amfora, ne. amphora, nfrz. amphore, nschw. amPhysikern eingesetzt werden sollten, die sich in diefora, nnorw. amfora. Zur Sippe von gr. phe´rein ’tragen’ s. sem Bereich verdient gemacht hatten. Für die StromÞMetapher; ÞAmphibie, ÞAmpel, ÞAmpulle. – EWahd 1 (1988), stärke wurde der Name von A. M. Ampe`re 210–212; EWNl 1 (2003), 135. (1775–1836), gewählt, der unter anderem das elektrodynamische Gesetz formulierte. Zu anderen s. Volt

an-

41 Amplitude Sf ’Schwingungsweite’ per. fach. (19. Jh.).

Entlehnt und übertragen aus l. amplitu¯do (-dinis) ’Größe, Weite, Erhabenheit’, Abstraktum von l. amplus ’umfangreich, geräumig, groß’. Ebenso nndl. amplitude, ne. amplitude, nfrz. amplitude, nschw. amplitud.

Ampulle Sf ’Glasröhrchen’ erw. fach. (9. Jh., Form

nem Herrn aufhält). Aus der gleichen lateinischen Grundlage stammt auch Ambassadeur. Das Wort gehört mit ÞReich zusammen zu den wichtigsten frühen Entlehnungen aus dem Keltischen. Adjektiv: amtlich; Verb: amtieren. Ebenso nndl. ambt, nschw. ämbete, nisl. emb¢tti. Zur lateinischen Verwandtschaft s. Þagieren, zur griechischen ÞDemagoge; ÞBeamte(r). – Gottschald, M. ZD 46 (1932), 732f.; HWPh 1 (1971), 210–212; Schmidt-Wiegand (1972), 12–14; RGA 1 (1973), 257–268, 5 (1984), 411; LM 1 (1980), 546–559; Obst (1983), 197–205; EWahd 1 (1988), 195f.; Röhrich 1 (1991), 79f.; von Olberg (1991), 204–213; EWNl 1 (2003), 130–133.

19. Jh.). Entlehnt aus l. ampulla, einem Diminutivum zu l. amphora ’zweihenkliges Gefäß’ (Zwischenstufe * am-por-la). Bei der Diminuierung geht das Benennungsmotiv (’zweihenklig’) verloren − die Bedeutung ist nur noch ’kleineres Gefäß’. Die normale Amtsschimmel Sm (Symbol für ’Bürokratie, AmtsLautentwicklung führt zu ÞAmpel, die heutige Form sprache’) std. stil. (19. Jh.). Symbol für ’Bürokratie, beruht auf neuerlichem Rückgriff auf die lateinische Amtssprache’, zunächst in Österreich. Etwas älter in Vorform. Eine niederdeutsche Vereinfachung in der Schweiz den Amtsschimmel reiten im Sinn von ÞPulle. ’sich die staatlichen Einrichtungen zunutze machen’. Ebenso nndl. ampul, ne. ampulla, ampoule, nfrz. ampoule, Vielleicht ist die jüngere Bedeutung aus der älteren nschw. ampull, nnorw. ampulle. Zur Sippe des zugrunde lieentstanden im Sinn von ’auf behördlichen Vorschrifgenden gr. phe´rein ’tragen’ s. ÞMetapher; ÞAmphore, ÞAmpel, ten o.ä. herumreiten’ (im Sinn von ’unnötig lange ÞPulle. – EWahd 1 (1988), 210–212. und umständlich darauf beharren’). Das Aufkomamputieren Vsw ’operativ abnehmen’ erw. fach. (17. Jh., men der Redewendung bleibt aber unklar; dass geBedeutung 18. Jh.). Entlehnt aus l. amputa¯re wisse Amtsboten in der Schweiz beritten waren, ’wegputzen, abschneiden’, zu l. puta¯re ’schneiden, reicht kaum zur Erklärung aus. reinigen’ (zu l. putus ’rein, sauber’) und l. ambi- ’um Storfer, A. J.: Wörter und ihre Schicksale. (Berlin 1935/81), − herum’ (Þambi-). Abstraktum: Amputation. 312f.; Hiersche, R. FS Polome´ (1988), 269–278; Röhrich 1 Ebenso nndl. amputeren, ne. amputate, nfrz. amputer, nschw. amputera, nnorw. amputere. Zur gleichen Bedeutung von l. puta¯re ’schneiden’ gehört ÞDeputat und ÞDisput; daneben steht die Bedeutung ’(be)rechnen’, zu der als Abstraktum ÞReputation und als Nomen Agentis (über das Englische) ÞComputer gehören. Aus lautlichen Vereinfachungen von Präfigierungen stammen (über die italienische Bankenterminologie) ÞDiskont, ÞKonto, ÞKontor; Þputzen. – DF 1 (21995), 478–481; EWNl 1 (2003), 138.

Amsel Sf std. (9. Jh.), mhd. amsel, ahd. amsla, mndd.

ams(t)el. Führt wie ae. o¯sle auf ein wg. *amslo¯n. Weitere Herkunft unklar. Lautähnlich (*mes neben *ames) ist l. merula, das über frz. merle als ÞMerle ins Deutsche entlehnt wurde. Hierzu vielleicht auch kymr. mwyalch(en), falls aus *mesalka¯. Ebenso ne. ouzel. – Suolahti (1909), 54f.; Otre˛bski, J. LP 2 (1950), 260; Cˇop, B. Collectanea Indoeuropaea 1 (Ljubljana 1978), 24f.; Hamp, E. P. IF 87 (1982), 77–79; Hamp, E. P. ZCPh 43 (1989), 196–198; EWahd 1 (1988), 212f.; Ofitsch, M. FS Meid (1999), 269–276.

(1991), 80.

Amulett Sn ’(mit Zauberkräften versehener) Anhän-

ger’ std. (16. Jh.). Entlehnt aus l. a¯mu¯le¯tum, dessen Herkunft nicht sicher gedeutet ist. Ebenso nndl. amulet, ne. amulet, nfrz. amulette, nschw. amulett, nnorw. amulett. – Gildemeister, J. ZDMG 38 (1884), 140–142; DF 1 (21995), 481f.; LM 1 (1980), 564–566; EWNl 1 (2003), 138f.

amüsieren Vswrefl std. (17. Jh.). Entlehnt aus frz. s’amu-

ser gleicher Bedeutung. Adjektiv: amüsant; Abstraktum: Amüsement. Ebenso nndl. amuseren, ne. amuse. Das französische Wort ist eine Präfigierung zu frz. muser ’trödeln, sich vergnügen’, das wohl von früh-rom. *mu¯sus ’Maul, Schnauze’ abgeleitet ist. Auszugehen ist also von ’mit offenem Mund dastehen, etwas Verblüffendes betrachten’, und dann ’seine Kurzweil haben, seine Zeit vertreiben’. Ersatzwort ist belustigen. – DF 1 (21995), 483–491; Dumonceaux (1975); Jones (1976), 101f.; Brunt (1983), 129–131; EWNl 1 (2003), 139.

an Adv/Präp (als Verbzusatz zur Bezeichnung der Richtung [anlachen], des Handlungsbeginns [anbrennen], ambaht. Vereinigt sich mit gt. andbahti (sekundäre der Fortdauer des Ergebnisses [anbinden] u.ä.) std. Angleichung an die Vorsilbe and-), anord. emb¢tti (8. Jh.), mhd. ane, ahd. ana, as. an. Gehört (mit erund ae. ambiht unter einem g. *ambahtja- n. ’Dienst, weitertem Suffix) zu g. *ana, auch in gt. ana (ebenAmt’, das neben g. *ambahtjo¯n (und *ambahta-) m. falls erweitert), anord. a´, ae. on, afr. on, zu ig. *ana in ’Diener, Gefolgsmann’ steht. Dieses ist früh entlehnt gr. ana´ ’auf, an’, avest. ana u.a. aus kelt. ambactos ’Höriger, Diener’ (aus *ambi Ebenso nndl. aan, ne. on, nschw. a˚, nisl. a´. – Henzen (1969), ’herum’ und dem to-Partizip eines mit l. agere [a¯c241–268; Wortbildung 1 (1973) s. Übersicht 144f.; EWahd 1 tum] ’treiben, handeln usw.’ vergleichbaren Verbs, (1988), 213–215; EWNl 1 (2003), 69. erhalten vielleicht in kymr. amaeth ’Landmann, Bauan- Präfix in Entlehnungen Þa-. er’). Der Diener, Hörige ist also bezeichnet als ’Begleiter, Gefolgsmann’ (derjenige, der sich bei sei-

Amt Sn std. (8. Jh.), mhd. ambahte, ahd. ambahti, as.

Anachronismus Anachronismus Sm ’zeitlich falsche Einordnung’ erw.

fach. (18. Jh.). Entlehnt aus frz. anachronisme, dieses über das Lateinische aus gr. anachronismo´s ’Zuspätkommen, zeitlich falsche Einordnung’, Abstraktum zu gr. anachronı´zein ’sich verspäten, zeitlich oder metrisch falsch einordnen’, Präfixableitung mit gr. ana´ ’hinauf, zurück’ zu gr. chro´nos ’Zeit’ (ÞChronik). Adjektiv: anachronistisch. Ebenso nndl. anachronisme, ne. anachronism, nfrz. anachronisme, nschw. anakronism, nnorw. anakronisme. – DF 1 (21995), 492–496; Cottez (1980), 21f.; EWNl 1 (2003), 139.

Anagramm Sn ’Wort, das durch Umstellung der Buch-

42 Ebenso nndl. analyse, ne. analysis, nfrz. analyse, nschw. analys, nnorw. analyse. Zur lateinischen Verwandtschaft s. Þabsolvieren, zur germanischen s. Þverlieren, zur Sippe von gr. ly¯ein ’lösen’ gehören noch ÞParalyse (mit der gleichen Bildung, aber anderem Präfix) und ÞKatalysator (Weiterbildung mit Instrumentalsuffix zu einem entsprechenden Katalyse). – DF 1 (21995), 507–513; HWPh 1 (1971), 248; Auroux, S., Kaltz, B. PSG 6 (1986), 7–40; Tonelli, G. AB 7 (1962), 120–139 (zu Analytik); EWNl 1 (2003), 140.

Anämie Sf ’Blutarmut’ per. fach. (19. Jh.). Neo-klassi-

sche Bildung anaemia zu gr. a´naimos ’blutlos’, zu gr. haı˜ma n. ’Blut’ und negierendem gr. a- (Þa-). Ebenso nndl. anemie, ne. anaemia, nfrz. ane´mie, nschw. anemi,

staben eines anderen Wortes gebildet wurde’ per. nnorw. anemi. Gr. haı˜ma ’Blut’ auch in ÞLeukämie und fach. (17. Jh., Form 18. Jh.). Zunächst in fremder ÞHämoglobin. Zur germanischen Verwandtschaft s. ÞSchweiß 2. – EWNl 1 (2003), 142. Form entlehnt aus gr. ana´gramma, anagrammatismo´s ’Buchstabenumstellung’, Abstraktum zu gr. anaAnanas Sf std. (16. Jh.). Entlehnt aus port. anana´s, diegrammatı´zein ’Buchstaben umstellen’; Präfixableises aus südamerikanischen Indianersprachen (Tupı´, tung mit gr. ana´ ’hinauf, zurück’ zu gr. gra´mma n. Guaranı´), in denen das Wort wohl ana´na´, na´na´ o.ä. ’Buchstabe’. gelautet hat (z.T. mit Differenzierung zwischen der Ebenso nndl. anagram, ne. anagram, nfrz. anagramme, nschw. Pflanze und der Frucht). Der eigentliche Ursprung anagram, nnorw. anagram. Zur Sippe des zugrunde liegenden des Wortes ist dunkel. Unter den vielen Kontakten gr. gra´phein ’schreiben, zeichnen’ s. ÞGraphik. – DF 1 (1913), 32; dieses Internationalismus in den europäischen SpraCottez (1980), 21f. chen dürfte sich der Einfluss des Niederländischen Analogie Sf ’Ähnlichkeit’ erw. fach. (15. Jh.). Entlehnt auf Akzentverschiebung und Zuordnung des femiaus l. analogia, dieses aus gr. analogı´a ’Übereinstimninen Genus im Deutschen mit ausgewirkt haben. mung, Gleichung, Verhältnis’, wie das Adjektiv ana´Das europäische Schluss- s geht auf das Pluralzeichen logos eine Zusammenbildung von gr. ana` lo´gon ’dem zurück. Verhältnis entsprechend’. Ein Adjektiv tritt in der Ebenso nndl. ananas, nfrz. ananas, nschw. ananas, nisl. anamodernen Wissenschaftssprache erst später (18. Jh.) nas. – Littmann (1924), 146; Loewe, R. ZVS 60 (1933), 167–173; unter Einfluss von frz. analogue auf. Zu gr. ana´ Palmer (1939), 23f.; Wis, M. NPhM 66 (1965), 621; AbeggMengold (1979), Kap. III; EWNl 1 (2003), 140. ’hinauf, zurück’ (hier ’gemäß’) und gr. lo´gos ’Maß, Berechnung, Vernunft usw.’, dieses zu gr. le´gein Anapäst Sm (ein Versfuß) per. fach. (18. Jh.). Entlehnt ’zählen, berechnen usw.’ Adjektiv: analog(isch). aus l. anapaestus, dieses aus gr. ana´paistos, zu gr. anaEbenso nndl. analogie, ne. analogy, nfrz. analogie, nschw. analogi, nnorw. analogi. Zur Sippe von gr. lo´gos ’Rede, Rechnung’ s. ÞLogik. – DF 1 (21995), 498–503; Leser, E. ZDW 15 (1914), 8f.; Fehling, D.: Varro und die grammatische Lehre von der Analogie (Diss. masch. Kiel 1956); HWPh 1 (1971), 214–229; Christmann, H. H. FS K. Baldinger I (Tübingen 1979), 102–115; Christmann, H. H. FS W. T. Elwert (Wiesbaden 1980), 519–535; LM 1 (1980), 569f.; Irmscher, J. WZUR 37 (1988), 2, 4–6; EWNl 1 (2003), 139f.

Analyse Sf ’Zergliederung, Untersuchung’ erw. fach.

(15. Jh., Form 18. Jh.). Zunächst in der Form analysis entlehnt aus ml. analysis, aus gr. ana´lysis, einem Nomen Actionis zu gr. analy¯ein ’zergliedern, auflösen’, zu gr. ly¯ein ’lösen’ und gr. ana- ’hinauf, zurück’. Im Griechischen zunächst ein Terminus der mathematischen und philosophischen Methodenlehre (z.B. etwas auf die Bestandteile zurückführen, aus denen es zusammengesetzt ist). In der Neuzeit dann Ausweitung der Bedeutung auf ’wissenschaftliche Untersuchung’. Die Form Analyse in Anlehnung an frz. analyse. Verb: analysieren; Adjektiv: analytisch; Täterbezeichnung: Analytiker. Auf Teilbereiche spezialisiert sind Analysis (Mathematik), Analytik (Philosophie) und die Täterbezeichnung Analyst (Börse).

paı´ein ’zurückschlagen’, zu gr. paı´ein ’schlagen’ und gr. ana- ’hinauf, zurück’. Bezeichnet damit die Umkehrung des häufigeren ÞDaktylus. Ebenso nndl. anapest, ne. anap(a)est, nfrz. anapeste, nschw. anapest, nnorw. anapest.

Anarchie Sf ’Gesetzlosigkeit, Chaos’ erw. fach. (16. Jh.,

Form 18. Jh.). Entlehnt aus ml. anarchia, dieses aus gr. anarchı´a, einem Abstraktum zu gr. a´narchos ’führerlos, zügellos’, zu gr. archo´s m. ’Führer’ und negierendem gr. an- (Þa-). Gr. archo´s ist Nomen Agentis zu gr. a´rchein ’führen, herrschen’ (’an der Spitze gehen’). Im Griechischen ist Anarchie zunächst Bezeichnung für das Fehlen eines Anführers bzw. Heerführers, dann auch − im Zusammenhang politischer Staatstheorien − für die aus dem Zustand der Herrscherlosigkeit resultierenden Ausschreitungen. Seit dem 17. Jh. vermehrt Gegenstand neuzeitlichen Nachdenkens über die bestehenden Machtverhältnisse. Täterbezeichnung: Anarchist; Adjektiv: anarch(ist)isch. Ebenso nndl. anarchie, ne. anarchy, nfrz. anarchie, nschw. anarki, nnorw. anarki. Zu der Sippe von gr. a´rchein ’führen’ gehören zunächst die mit Anarchie parallelen ÞHierarchie,

ander

43 ÞOligarchie, ÞMonarch, ÞPatriarch, teils als Komposita mit archo´s ’Führer’, teils als Abstrakta zu solchen Bildungen (Þ-arch). Zu dessen Kompositionsform gr. archi- gehören Þarchi-, ÞArchipel, ÞArchitekt und die frühen Entlehnungen ÞErz-, erz- und ÞArzt. Vermutlich mit Lokativ-Suffix unmittelbar aus dem Verb gebildet ist ÞArchiv. Mit der Bedeutung ’(an der Spitze), alt’ zu der Nominalbildung gr. arche¯´ ’Ursprung’ das Adjektiv Þarchaisch und ÞArchäologie. – DF 1 (21995), 513–521; HWPh 1 (1971), 267–294; Grossmann/Grünberg (1971), 13–35; GB 1 (1972) 49–109; Irrlitz, G. in Welskopf 5 (1981), 191–234; Voser, G.: Anarchismus (Frankfurt/Main 1982); Deleplace, M. DUSP 4 (1987), 3–33; Strauss u.a. (1989), 57–74; Richter (1981), 148 (zu gr. arche¯´); EWNl 1 (2003), 140.

Anästhesie Sf ’Narkose’ per. fach. (18. Jh., Form

Zur lateinischen Verwandtschaft s. Þrational. – Krogmann, W. ZDPh 78 (1959), 19–39; Schüwer, H. NJ 104 (1981), 87f.

anbiedern Vswrefl ’sich plump einschmeicheln’ std. stil.

(18. Jh.). Partikelableitung zu dem bereits ironisch gebrauchten Þbieder. Anchovis Spl (Sardellenart) per. fach. (17. Jh.). Entlehnt

aus nndl. ansjovis und ne. anchovy, diese über romanische Vermittlung (vgl. port. anchova, span. anchoa, nfrz. anchois m.) wohl aus dem Baskischen. Semantisch wäre auch ein Anschluss an gr. aphy´¯e f. ’Fischbrut, kleine Fische’ (etymologisch unklar) denkbar, doch macht die Lautform Schwierigkeiten. Ebenso nndl. ansjovis, ne. anchovy, nfrz. anchois, nschw. ansjovis, nisl. ansjo´sa. – Georgacas (1978), 275–277; Polome´, E. JIES 11 (1983), 49; EWNl 1 (2003), 147.

19. Jh.). Entlehnt aus gr. anaisthe¯sı´a ’Mangel an Empfindungen, Unempfindlichkeit (gegenüber -and Suffix (zur Bildung von Personen- und SachbeSchmerz)’, Abstraktum zu dem negierten Verbaladzeichnungen passivischer Bedeutung, z.B. Habilitand jektiv gr. anaı´sthe¯tos ’gefühllos’ zu gr. aistha´nesthai ’jmd., der habilitiert werden soll’, Multiplikand ’empfinden, wahrnehmen’ (Þa-). Zunächst in latei’Zahl, die multipliziert werden soll’) per. bildg. (–). nischer Form entlehnt, dann eingedeutscht. TäterBei dem Suffix handelt es sich um das lateinische Gebezeichnung: Anästhesist. rundiv auf -(a)nd(us), das in neoklassischen BildunEbenso nndl. anesthesie, ne. an(a)esthesia, nfrz. anesthe´sie, gen nachgeahmt wird. Die Variante -end hängt von nschw. anestesi; ÞÄsthetik. – EWNl 1 (2003), 142. der Stammklasse des zugrunde liegenden lateinischen Anatomie Sf ’(Wissenschaft vom) Aufbau des KörVerbs ab (Primärverben gegenüber solchen auf -a¯re). pers’ erw. fach. (15. Jh., Form 18. Jh.). Im 16. Jh. mit Andacht Sf std. (9. Jh.), mhd. anda¯ht, ahd. anada¯ht, lateinischer Endung entlehnt aus spl. anatomia, diemndd. andacht, mndl. aendachte. Ein ti-Abstraktum ´ ses weitergebildet aus gr. anatome¯ ’Aufschneiden, zu Þdenken, präfigiert mit Þan; also ’Denken an etZergliedern’, einem Abstraktum zu gr. anate´mnein was, Aufmerksamkeit’. Das parallele ahd. a¯da¯ht f. ’aufschneiden, sezieren’, aus gr. te´mnein ’schneiden, ’Erinnerung’ ist schon seit dem 8. Jh. bezeugt. Seit zerteilen’ und gr. ana- ’hinauf, zurück’. Täterbezeichdem 12. Jh. eingeengt auf das ’Denken an Gott’ (wähnung: Anatom, Adjektiv: anatomisch. rend nndl. aandacht lediglich ’Aufmerksamkeit’ beEbenso ne. anatomy, nfrz. anatomie, nndl. anatomie, nschw. deutet). Adjektiv: andächtig. anatomi, nnorw. anatomi; ÞAtom, ÞDichotomie, ÞFliete. – DF 1 (21995), 521–527; LM 1 (1980), 575–577; EWNl 1 (2003), 140.

anbandeln Vsw ’einen Flirt oder einen Streit anfan-

HWPh 1 (1971), 295f.; Göttert, K.-H. FS Tschirch (1972), 151–169; Röhrich 1 (1991), 80; EWAhd 1 (1988), 219; EWNl 1 (2003), 70.

gen’ std. stil. (18. Jh.). Aus bairisch-österreichischen andante Ptkl (Tempobezeichnung der Musik) per. fach. Mundarten übernommen. Ausgangsbedeutung: (18. Jh.). Entlehnt aus it. andante, dem Partizip zu it. ’anzubinden suchen’. Genaue Herkunft unklar, vielandare ’gehen’, also eigentlich ’gehend, im Schritt’. leicht wie Þanzetteln ein Ausdruck der Webersprache. Ebenso nndl. andante, ne. andante, nfrz. andante, nschw. anVielleicht auch (Mehl, s.u.) ein Ausdruck der Fechdante, nnorw. andante. – DF 1 (21995), 529–531. tersprache: ’den Degen am Handgelenk festbinden, Andenken Sn std. (13. Jh., Bedeutung 18. Jh.). In der damit er nicht wegfliegt, wenn er aus der Hand geBedeutung ’Erinnerungszeichen’ Lehnbedeutung des schlagen wird’, symbolisch für den Beginn der Aus18. Jhs. zu frz. souvenir m. Die ältere Bedeutung einandersetzung. ’Erinnerung’ mit der Variante Angedenken noch in Þbinden. – Mehl, E. MS 78 (1968), 50. der heute meist ironisch gebrauchten Formel seligen anberaumen Vsw ’ansetzen’ std. alt. (7. Jh., Form Angedenkens (in dieser Formulierung nach dem Vor16. Jh.). Lautlich unter dem Einfluss von ÞRaum umbild von kirchen-l. beatae memoriae). gestaltet (oder regional schwäbisch zu au entwickelt ander Adj std. (8. Jh.), mhd. ander, ahd. ander, as. o¯daÑ r. und verallgemeinert) aus mhd. ra¯men ’festsetzen’, Aus g. *anþera- Adj. ’ander’, auch in gt. anþar, anord. mhd. bera¯men ’festsetzen’, ahd. ra¯me¯n, as. ra¯mon, annarr, ae. o¯deÑ r, afr. o¯ther. Dieses aus ig. *anteroru¯mon ’trachten, streben’. Mit gleichem Lautstand (oder *ontero-) in ai. a´ntara-, lit. an˜tras ’der andere’. wie das Altsächsische (und abweichend vom DeutGegensatzbildung auf *-tero- zu einem Pronominalschen) ae. ro¯mian ’streben’, wieder anders afr. ramia stamm, der mit anderem Suffix auch in ai. anya´’erziehen’. Dieses gehört offenbar zu einer (allerdings ’anderer’ vorliegt. − In anderen Umständen beruht auf schlechter bezeugten) Nominalbildung mhd. ra¯m einem alten euphemistischen Gebrauch von ander ’Ziel’ zu ig. (weur.) *re¯ – ’berechnen, meinen’, vor (vgl. Schulz). Adverb: anders; Verb: ändern. allem in l. re¯rı¯.

anderthalb Ebenso nndl. ander, ne. other, nschw. annan, nisl. annar; Þselbander. – Schulz, H. ZDW 10 (1908/09), 157; Debrunner, A. REI 3 (1943), 5–14; EWahd 1 (1988), 241f.; Röhrich 1 (1991), 80f.; EWNl 1 (2003), 140f.

anderthalb Adv ’eineinhalb’ std. (8. Jh., Form 14. Jh.).

Eigentlich ’das zweite halb’ zu Þander und Þhalb (das -t- aus anderen Ordinalzahlen wie vierthalb). Vgl. ae. oþer healf; umgekehrt anord. ha´lfr annarr. EWahd 1 (1988), 242; EWNl 1 (2003), 141.

anderweit(ig) Adv ’anderswo, sonst noch’ std. alt.

44

byzantinischen Historikers Prokop (6. Jh.) überliefert, in dem er äußerlich gesehen Klatschgeschichten und (meist negative) Charakterisierungen des Kaisers und seiner Umgebung wiedergibt. In Wirklichkeit handelt es sich um eine nicht nur in der Antike unerhörte Gegendarstellung zu seinen eigenen offiziellen Lobpreisungen auf den Kaiser und den Hof. Der Text ist weder zu Prokops Lebenszeit noch unmittelbar danach veröffentlicht worden, insofern ist der − möglicherweise erst später beigegebene − Titel zutreffend. In der Neuzeit wurden diese Anekdota als prägnant erzählte kurze Episoden aufgefasst, die das Vorbild und die Bezeichnung für spätere Erzählungen dieser Art abgaben.

(13. Jh., Form und Bedeutung 17. Jh.). Zu einem mittelhochdeutschen Zahlwortsuffix der Bedeutung ’-mal’, das auf mhd. weide ’Fahrt, Reise’ zurückgeführt wird (zu ÞWeide 2 ’Futter’ = ’die soundsovielte Ebenso nndl. anekdote, ne. anecdote, nfrz. anecdote, nschw. Fütterung auf dem Weg’, anderweide, drı¯weide usw.). anekdot, nnorw. anekdote. Zur gleichen Grundlage s. ÞDosis Bei Luther in der Form anderweit ’zum zweiten Mal’ und vielleicht ÞDose, zur lateinischen Verwandtschaft s. (mit Auslautverhärtung); dazu die Erweiterung (und ÞDatum. – DF 1 (21995), 531–535; EWNl 1 (2003), 142. Verwendung auch als Adjektiv) in der Kanzleisprache mit Verallgemeinerung der Bedeutung und Bezug auf Anemone Sf ’Buschwindröschen’ erw. fach. (16. Jh.). Entlehnt aus l. anemo¯ne¯, dieses aus gr. anemo¯´ne¯. Þweit. Wegen der lautlichen Ähnlichkeit zu gr. a´nemos m. Andreaskreuz Sn ’Kreuz mit schräggestellten Bal’Wind’ stellen es bereits antike Autoren zu diesem ken’ per. fach. (16. Jh.). So benannt, weil an einem und versuchen, den Bedeutungsunterschied zu übersolchen der Apostel Andreas gekreuzigt worden sein brücken (z.B. mit der Angabe, die Blüte öffne sich nur soll. Das Wort wurde zunächst in Künstlerkreisen übbeim Wehen des Windes). Auch moderne Erklälich. rungsversuche sind nicht viel überzeugender, so dass Ebenso nndl. sint-andrieskrius, ne. St. Andrew’s cross, nfrz. der Zusammenhang wohl nur als Sekundärmotivacroix de Saint-Andre´, nschw. andreaskors, nisl. andre´skross. tion eines ungeklärten Wortes aufzufassen ist. Diese androgyn Adj ’mit männlichen und weiblichen Merkhat aber auch die Namengebung in anderen Sprachen malen versehen’ per. fach. (20. Jh.). Vermutlich über bestimmt, z.B. bei der deutschen Entsprechung frz. androgyne entlehnt aus l. androgynus ’ZwitterÞBuschwindröschen. wesen’, dieses aus gr. andro´gynos, zu gr. ane¯´r (andro´s) Ebenso nndl. anemoon, ne. anemone, nfrz. ane´mone, nschw. anemone, nnorw. anemone. – DF 1 (1913), 34f.; EWNl 1 (2003), ’Mann’ und gr. gyne¯´ ’Frau, weibliches Wesen’. Die 142. Entlehnung als Substantiv schon im 16. Jh. wohl unmittelbar aus dem Griechischen. anerkennen Vsw ’gutheißen’ std. (16. Jh.). Die spezielle Ebenso nndl. androgyn, ne. androgynous, nfrz. androgyne, Bedeutung ’gutheißen’, die bei Þerkennen besonders nschw. androgyn, nnorw. androgyn. Vgl. ÞMannweib. Zum im Zusammenhang mit Þals 1 auftritt, wird durch die ersten Bestandteil s. ÞAndroide, zum zweiten ÞGynäkologie. – Verbindung mit Þan- verdeutlicht − ein Vorbild von Schulze, W.: Das androgyne Ideal und der christliche Glaube l. agno¯scere und/oder frz. reconnaıˆtre ist nicht ausge(Diss. Heidelberg 1940); Cottez (1980), 23; Aurnhammer, A.: schlossen. Anerkennen tritt schließlich allgemein für Androgynie. Studien zu einem Motiv in der europäischen Lidiese Bedeutung ein. teratur (Köln, Wien 1986). Androide Sm ’künstlicher Mensch, ein dem Menschen anfachen Vsw Þfachen. ähnliches Wesen (in futuristischer Literatur)’ per. anfangen Vst std. (9. Jh.), mhd. anva¯hen, ahd. anafa¯-

fach. (20. Jh.). Neoklassische Bildung zu gr. ane¯´r (andro´s) ’Mann’ und dem Suffix -oid. Ein entsprechendes Wort mit der Bedeutung ’Drahtpuppe’ existierte schon im 19. Jh. Ebenso nndl. androide, ne. android, nfrz. androı¨de, ndn. android; Þandrogyn. – Cottez (1980), 23 (zu andro-).

Anekdote Sf ’kurze, treffende Erzählung’ erw. fremd.

(18. Jh.). Entlehnt aus frz. anecdote, dieses aus gr. ane´kdota, eigentlich ’nicht Herausgegebenes’ (Pl.), einer Substantivierung (n. Pl.) von gr. ane´kdotos ’nicht herausgegeben’, dem PPP. von gr. ekdido´nai ’herausgeben’ und gr. a-, zu gr. dido´nai ’geben, schenken’. Unter dem Titel Anekdota ist ein Text des

han. In den übrigen westgermanischen Sprachen bedeutet das Partikelverb ’anpacken’ (mndd. anvangen, mndl. aenvangen, ae. onfo¯n). Abstraktum: Anfang; Adverb: anfangs, anfänglich; Nomen Agentis: Anfänger. anfechten Vst std. (9. Jh.), mhd. anevehten, ahd. ana-

fehtan ’jemand angreifen’. Zu Þfechten im Sinn von ’kämpfen’. Heute spezialisiert auf die rechtliche Bedeutung ’ein Urteil angreifen, in Frage stellen’. Das Abstraktum Anfechtung (11. Jh.) bedeutet eigentlich ’Angriff’; heute vorwiegend im religiösen Sinn ’Versuchung’ u.ä. Appel, H.: Anfechtung und Trost (Leipzig 1938).

Angsthase

45 Anführungszeichen Sn std. (18. Jh.). Übersetzt das

Fachwort signum citationis der Druckersprache (’Zeichen des Zitierens, Zeichen des Anführens’). Brandt, W., Nail, N. MS 86 (1976), 407–426.

angeben Vst std. (13. Jh.), mhd. anegeben. Zu Þgeben.

Festgelegt auf Sprachliches: ’aussagen, verraten, bestimmen, aufschneiden’. Dazu Angabe als Abstraktum und Angeber als Nomen Agentis. Stärker lexikalisiert das Adjektiv angeblich (18. Jh.) ’wie angegeben wird, wie man hört’. Angebinde Sn per. arch. (17. Jh.). Ursprünglich

’Geburtstagsgeschenk’, weil dieses an Arm oder Hals gebunden wurde. Þbinden. – HWDA 1 (1927), 435; Böhm, F.: Geburtstag und Namenstag (Berlin 1938), 50–74; Röhrich 1 (1991), 81f.

angegossen Adj std. phras. (18. Jh.). In passt wie ange-

gossen u.ä. Bezieht sich auf das genaue Zusammenpassen von Form und Guss. Angel Sf std. (9. Jh.), mhd. angel, ahd. angul, as. angul

nisch vergleichen sich spl. ancrae, angrae f. Pl. ’Raum zwischen Bäumen, bepflanzte Uferstreifen’ und gr. a´gkos ’Tal’. Weitere Entstehung dunkel; vielleicht als ’gekrümmte Fläche’ zu der unter ÞAngel behandelten Grundlage. Trier, J.: Anger und Park (Berlin 1968); Bader 3 (1973), 112–119; Tiefenbach, H. in Beck/Denecke/Jankuhn (1980), 299f.; EWahd 1 (1988), 247–249; Trier (1963), 23–31 (zur Bedeutung); EWNl 1 (2003), 686 (enk).

Angesicht Sn std. alt. (13. Jh.), mhd. angesiht f., as. an-

gisiht f . Ursprünglich wohl Verbalabstraktum zu ansehen und dann in der Bedeutung durch ÞGesicht beeinflusst. Die ursprüngliche Bedeutung ist wohl noch erhalten in angesichts. Þsehen. – Röhrich 1 (1991), 83; EWNl 1 (2003), 71.

Angewende Sn (auch Gewende n. und [so die älteste

Form] ÞAnwand f., Anwende f.) ’Stelle, an der der Pflug gewendet wird’ per. fach. (11. Jh., Form 15. Jh.), mhd. anwant, anwande f., ahd. anawanta, anawentı¯ f . Zu Þwenden als Kollektiv und Verbindung mit der Präposition Þan.

m. Geht in beiden Bedeutungen (’Fischangel, Türangel’) zurück auf g. *angulam. ’Haken’, auch in anord. Angina Sf ’Halskrankheit’ erw. fach. (16. Jh.). Entlehnt o¸ngull, ae. angel, eine (diminutive?) l-Bildung zu g. aus l. angina ’Mandelentzündung, Beengung’. *ango¯n m. ’Haken’ in ae. ange, ahd. ango. Das Wort Ebenso nndl. angina, ne. angina, nfrz. angine, nschw. angina, bezeichnet also ursprünglich den Haken, erst sekunnnorw. angina. Die Herkunft des lateinischen Wortes ist undär das ganze Gerät. Zugrunde liegt ig. *ankklar. Einerseits kann es eine Ableitung zu l. angere ’beengen, ’krümmen, krumm’ in ai. a´n˜cati ’krümmt’, gr. a´gkiswürgen’ sein − aber dann ist die Wortbildung undurchsichtig; andererseits gilt es als entlehnt aus gr. agcho´ne¯ f. ’Erdrosseln, tron n. ’Widerhaken’, l. ancus ’gekrümmt’ u.a. Falls Strick, würgende Angst’, doch stimmt dies weder in der Lautheth. hink- ’sich verneigen’ zugehörig ist, ist von ig. form noch in der Bedeutung genau dazu. – Rauch (1995), 147; *hank- auszugehen. Der Übergang zum Femininum EWNl 1 (2003), 143. erst spätmittelhochdeutsch. Verb: angeln; Nomen Agentis: Angler. Zur Bedeutung ’(Tür-)Angel’ gehört angreifen Vst std. (9. Jh.), mhd. anegrı¯fen, ahd. anaAngelpunkt ’entscheidender Punkt’. grı¯fan. Zu Þgreifen. Zunächst ist die Bedeutung ÞAnker 1. – RGA 1 (1973), 282–284; Kieser, O. FS Martin (1980), ’anfassen, greifen nach’, dann ’mit etwas in Berüh219–231; EWahd 1 (1988), 250–253; Röhrich 1 (1991), 82f.; rung kommen, anfangen’ und schließlich ’feindlich EWNl 1 (2003), 142. entgegentreten’. Angelegenheit Sf , angelegentlichAdj ÞAnliegen. Angst Sf std. (8. Jh.), mhd. angest, ahd. angust. Aus wg. *angusti- f. ’Angst’, auch in afr. angst. Dieses ist eine angenehm Adj std. (9. Jh., Form 15. Jh.), mhd. gen¢ ¯ me, (s)ti-Bildung (oder ti-Bildung zu einem s-Stamm) zu annæ ¯¯me, ahd. na¯mi. Aus g. *-n¢¯ mja- Adj., auch in gt. ig. *ang´ hu- ’eng, bedrängend’ (Þeng). Der s-Stamm anda-nems ’angenehm’, anord. n¢mr ’gelehrig’, Adliegt vor in ai. a´m ˙ has- ’Bedrängung, Angst’, l. angor jektiv der Möglichkeit zu g. *nem-a- ’nehmen’ m. ’Würgen, Angst’, l. angustus ’eng, schmal’ und (Þnehmen). Ausgangsbedeutung für das deutsche kslav. o¸zostı˘ ’Beengung’. Sekundär als (prädikatives) Wort ’annehmbar, was angenommen werden kann’. Adjektiv angst gebraucht; Adjektiv-Ableitung: Die Bildung besteht zunächst als Simplex und in Verängstlich; Verb: ängstigen. bindung mit Þan- oder Þge-, erst später als KombiÞbang(e), Þeng. – Wandruszka, M.: Angst und Mut (Stuttnation aus beidem, die sich besonders durch Luthers gart 1950); Wandruszka, M. in Bitter, W. (Hrsg.): Angst und Gebrauch durchsetzt. Die einfacheren Bildungen Schuld (Stuttgart 1953), 12–19; von Baeyer, W., von Baeyersind noch als genehm, ÞAnnehmlichkeit(en) und Katte, W.: Angst (Frankfurt/Main 1971); HWPh 1 (1971), ÞUnannehmlichkeit vorhanden, allerdings meist veral310–314; Bergenholtz, H.: Das Wortfeld ’Angst’ (Stuttgart tet. 1980); Endres, R. FS Matzel (1984), 137–144; EWahd 1 (1988), HWPh 1 (1971), 303–307; EWNl 1 (2003), 71.

Anger Sm ’Wiese’ per. arch. (8. Jh.), mhd. anger, ahd.

angar, as. angar. Vorauszusetzen ist (g.) *ang-ra- m. ’Grasland’, zu dem auch anord. -angr (vermutlich ’Bucht’) in Ortsnamen gehört, sonst im Nordischen anord. eng f. ’Wiese’ (aus *angjo¯) u.ä. Außergerma-

253–255; Bergenholtz, H., Faets, A.-Th. in Jäger (1988), 56–94; Röhrich 1 (1991), 84; LÄGLOS (1991), 26f. (zur Entlehnung der Sippe in die finnisch-ugrischen Sprachen); EWNl 1 (2003), 143.

Angsthase Sm std. stil. (17. Jh.). Vielleicht wie

ÞHasenpanier und ÞHasenfuß auf das Stereotyp vom

anhaben furchtsamen Hasen bezogen. In Anbetracht von ndd. ÞBangbüx(e), das auf eine naheliegende Erfahrung zurückgreift, scheint eine Verwechslung mit (so nicht bezeugtem) *Angsthose nicht ausgeschlossen. anhaben (in jemandem nichts anhaben können u.ä.)

Vsw ’antun’ std. phras. (13. Jh.), mhd. jemanden anehaben ’Hand an jemand legen, sich an ihn halten’. Nachträgliche Bedeutung: jemandem etwas anhaben ’jemandem etwas antun’. Zu Þhaben in der ursprünglicheren Bedeutung ’festhalten’. Röhrich 1 (1991), 84f.

anhängig Adj ’schwebend (von Gerichtssachen)’ erw.

46

arab. an-nı¯l ’Indigo’ über port. anil) ein selten bezeugtes Anil entlehnt. Der Farbstoff war als ÞIndigo (gr. indiko´n) schon im Altertum bekannt, die arabische Bezeichnung kommt durch die Portugiesen aus Nordafrika. 1840 wird der Farbstoff durch C. Fritsche beschrieben, wobei die Bezeichnung durch das terminologische Suffix Þ-in 2 erweitert wird. Für die synthetische Herstellung waren schon zuvor drei Verfahren entwickelt worden, doch haben sich die dafür vorgeschlagenen Bezeichnungen nicht durchgesetzt. Ebenso nndl. aniline, ne. aniline, nfrz. aniline, nschw. anilin, nnorw. anilin. Das arabische Wort stammt letztlich aus pers. nı¯la¯ oder ai. nı¯lı¯ f. ’Indigopflanze’, ai. nı¯´la- ’dunkelblau’, mit dem auch Þlila zusammenhängt. – Cottez (1980), 25; Kiesler (1994), 251f.; Tazi (1998), 190–192.

fach. (15. Jh.). Das Wort bedeutet zunächst ’zusammenhängend mit, einer Person oder Sache anhängend’; dann ist es aber auch Terminus der Geanimalisch Adj ’tierisch’ erw. fremd. (16. Jh.). Gelehrte richtssprache: Ein Verfahren anhängig machen heißt Bildung zu l. animal ’Tier’, das zu l. animus ’Atem, ’es einleiten, vorbringen’, und dann ist es anhängig Seele’ gehört. (’ein schwebendes Verfahren’). Ebenso nndl. animalisch, nschw. animalisk, nnorw. animalsk; anheben Vst ’beginnen’ erw. obs. (13. Jh.), mhd. ane-

Þanimieren. – DF 1 (21995), 547–550; Weimann, K.-H. DWEB 2

(1963), 386; BlW 2 (1984), 230–241, 245–259; EWNl 1 (2003), 144. heben, mndd. anheven, mndl. aenheffen. Entsprechend ae. onhebban, anord. hefja. Zu Þheben; die Be- animieren Vsw ’anregen’ erw. fremd. (16. Jh.). Entlehnt deutungsveränderung ist verständlich, doch ist nicht aus frz. animer ’anregen’, dieses aus l. anima¯re klar, von welcher konkreten Situation sie ausgegan’beseelen, beleben’, zu l. animus, anima ’Atem, Seele, gen ist. Die nominalen Ableitungen sind in der früLeben’. Im eigentlichen Sinn heute durch Erbwörter hen Zeit besser bezeugt als das Verb selbst. ersetzt, doch hält sich das Wort und seine Sippe für Wolf-Rottkay, W. H. Kratylos 9 (1964), 194 (Parallelen für die modernen (sexuellen) Amüsierbetriebe den Bedeutungsübergang). (Animiermädchen) und die Freizeit-Industrie (Animateur). Im filmtechnischen Bereich Animation anheim (in anheimstellen, anheimfallen, anheimgeben) im eigentlichen Sinn von ’beleben’ (z.B. in ZeichenAdv erw. obs. phras. (15. Jh.). Der Funktion nach ein trickfilmen). verstärktes Richtungsadverb ’hin’ zu mhd. (obd.) anheim ’anwesend’; zu ÞHeim wie Þdaheim. In der Ebenso nndl. animeren, ne. animate, nfrz. animer, nschw. animera, nnorw. animere. Dem lateinischen Wort liegt die Wurzel Kanzleisprache als stark personenbezogenes Adverb ig. *an¡- (wohl *han¡-) ’atmen’ zugrunde; an diese können gebraucht.

anheimeln Vsw ’vertraut wirken’ erw. reg. (18. Jh.). Die

alemannischen Verbalbildungen auf -eln bedeuten häufig ’nach etwas schmecken oder riechen’, demgemäß etwa ’nach Heimat schmecken’.

auch ÞAnimosität und Þinhalieren aus dem Lateinischen, ÞAsthma aus dem Griechischen und Þahnden 1 aus dem Deutschen angeschlossen werden; Þanimalisch. – DF 1 (21995), 550–560; Putscher (1973); Jones, W. J. SN 51 (1979), 248; EWNl 1 (2003), 144.

anheischig Adv std. alt. phras. (8. Jh., Form 14. Jh., Be- Animosität Sf ’Feindseligkeit’ erw. fremd. (17. Jh.). Ent-

deutung 17. Jh.). Heute nur noch in sich anheischig lehnt aus frz. animosite´ gleicher Bedeutung und remachen ’sich verpflichten’. In dieser Bedeutung gibt latinisiert nach l. animo¯sita¯s. es anheischig ’verpflichtet’ seit dem 16. Jh. Es ist umEbenso nndl. animositeit, ne. animosity, nfrz. animosite´, nschw. animositet, nnorw. animositet. Das lateinische Wort geht zugeformt aus mhd. antheizec in Anlehnung an rück auf l. animus ’Geist, Seele, Leben’ (Þanimieren) und beÞheischen (seit dem 14. Jh.). Weiter mit Suffixwechsel deutet zunächst ’Beseeltheit’ (Abstraktum zu l. animo¯sus zu ahd. antheizi, mhd. antheize gleicher Bedeutung, ’beseelt’), bekommt dann aber auch die Bedeutung ’Leidenas. ant-heˆti ’fromm’, und dieses steht neben ahd. anschaftlichkeit’ und schließlich ’Feindseligkeit’. – DF 1 (21995), theiz m. ’Gelübde, Versprechen’ (vgl. gt. andahait, ae. 560–562; EWNl 1 (2003), 144. andet ’Bekenntnis’), das zur Wurzel von Þheißen geAnis Sm ’eine Gewürzpflanze’ erw. fach. (13. Jh.). Enthört (s. auch Þent-). lehnt aus l. anı¯sum n., dieses aus gr. a´nı¯son n. (mit anhimmeln Vsw std. stil. (19. Jh.). Zu älterem himmeln dialektalen Varianten), dessen weitere Herkunft nicht ’einen verklärten Gesichtsausdruck haben (zum geklärt ist. Das griechische Wort bedeutet zunächst Himmel aufschauen)’ als ’jmd. mit verklärtem Gesowohl ’Anis’ als auch ’Dill’. Das Lateinische nutzt sicht anschauen’. dann die zwei ursprünglichen griechischen Varianten Anilin Sn (ein Farbstoff) per. fach. (18. Jh., Form anı¯sum n. und ane¯thum n. zur sprachlichen Unter19. Jh.). Zunächst wird im 18. Jh. aus frz. anil (aus scheidung (Þ’Dill’).

anno

47 Ebenso nndl. anijs, ne. anise, nfrz. anis, nschw. anis, nisl. anı´s. – EWahd 1 (1988), 257f.; Fincke, H. Gordian 63 (1963), 10–18 (zur Sache); LM 1 (1980), 644; EWNl 1 (2003), 144.

Anke Sf ÞEnkel 2.

Bedeutung sind das Verb anlassen und das Nomen Instrumenti Anlasser. HWPh 1 (1971), 325–327.

Anliegen Sn std. stil. (15. Jh.). Substantivierter Infinitiv

Anke(n) (durch ÞButter ersetzt) Sm ’Butter’ per. wobd.

(8. Jh.), mhd. anke, ahd. anko. Obwohl nur das Deutsche das Wort bewahrt hat, ist g. *ankwo¯n m. ’Fett, Butter’ vorauszusetzen, als Fortsetzer eines ig. (weur.) *ong wen- ’Salbe, Fett, Butter’ (in verschiedenen Ablautstufen), vgl. l. unguen n. ’Fett, Salbe’, air. imb ’Butter’ (*ng wen-) zur Verbalwurzel ig. *ong w˙ ´ kti, l. unguere u.a. Also ursprünglich ’salben’ in ai. ana ’Salbe, Schmiere’. ÞRenke. – EWahd 1 (1988), 263–265.

Anker1 Sm std. (12. Jh.), mhd. anker, ahd. ankar. Wie ae.

ancor entlehnt aus l. ancora f., das auf gr. a´gky¯ra f. zurückgeht. Dessen Bedeutung ist ursprünglich ’Haken’ o.ä., da es etymologisch zu der unter ÞAngel behandelten Sippe gehört. Die Germanen übernahmen das lateinische Wort mit der Sache − zuvor hatten sie ihre Schiffe mit Steinen (ahd. senkil, anord. stjo´ri) festgelegt. Verb: ankern ’vor Anker gehen’; Präfixableitung verankern. Ebenso nndl. anker, ne. anchor, nfrz. ancre, ndn. anker, nschw. ankar, nnorw. anker, nisl. akkeri; ÞAngel. – RGA 1 (1973), 342f.; EWahd 1 (1988), 261–263; LM 1 (1980), 692; Röhrich 1 (1991), 86; EWNl 1 (2003), 145.

Anker2 Sm (Flüssigkeitsmaß) per. arch. (17. Jh.). Ent-

lehnt aus nndl. anker, das wie ne. anker, nschw. ankar(e) aus ml. anc(e)ria f. entlehnt ist. Dieses stammt seinerseits vermutlich aus ahd. hantkar ’Handgefäß’. Ebenso ne. anker, nschw. ankare, nisl. anker. – EWNl 1 (2003), 145.

ankohlen Vsw ’im Scherz belügen’ std. stil. (19. Jh.). 2

Partikelableitung zu ÞKohl . ankreiden Vsw ’zum Vorwurf machen’ std. stil. (15. Jh.).

Ursprünglich ’(als Zeche) anschreiben’ (in alter Zeit mit ÞKreide an einer Tafel), daraus übertragen als ’sich vormerken, um sich später dafür zu rächen’. ankurbeln Vsw std. stil. (20. Jh.). Zu ÞKurbel, kurbeln.

Die Motoren der frühen Autos mussten mit einer Handkurbel angelassen werden, deshalb übertragen zu ’in Gang bringen’. Anlage Sf std. (16. Jh.). Zunächst Abstraktum zu anlie-

gen (und anlegen): 1. im Sinne von ’Veranlagung’ als ’Steuer’, 2. ’Ausführung nach Plan’, 3. ’Beilage’, 4. ’Erbanlage’, weitgehend bestimmt von den Bedeutungen von l. dispositio. HWPh 1 (1971), 322–325.

Anlass Sm std. (15. Jh., Bedeutung 19. Jh.), mhd.

(zu es liegt mir an etwas), dazu als Partizip veraltetes angelegen (es sich angelegen sein lassen) mit angelegentlich ’nachdrücklich’ und ÞAngelegenheit (ursprünglich ’Sache, die einem am Herzen liegt’). Mhd. aneligen, ahd. analiggen, mndd. anliggen ’jemandes Sache sein, jemanden bedrängen’ zu Þliegen. EWNl 1 (2003), 72.

Anmut Sf erw. stil. (14. Jh.), mhd. anemuot. Ursprüng-

lich Maskulinum mit der Bedeutung ’was in den Sinn (Mut) kommt, Verlangen’, vermutlich Rückbildung aus anemuoten ’begehren’, Partikelableitung zu mhd. muot (ÞMut). Später bezeichnet das Wort nicht mehr eine Empfindung des wahrnehmenden Subjekts, sondern eine Eigenschaft des wahrgenommenen Objekts und kommt damit zur heutigen Bedeutung (vermutlich durch Vermittlung des Adjektivs anmutig). Verb: anmuten. EWNl 1 (2003), 73.

Annalen Spl ’Jahrbücher’ erw. fach. (16. Jh., Form

18. Jh.). Entlehnt aus l. (librı¯) anna¯le¯s, eigentlich ’jährliche Bücher’, zu l. anna¯lis ’das Jahr bzw. die Jahre betreffend’, einer Ableitung von l. annus m. ’Jahr’; zunächst als annales entlehnt, dann eingedeutscht. In Wendungen wie in die Annalen eingehen weiter verbreitet. Ebenso nndl. annalen, ne. annals, nfrz. annales, nschw. annaler, nnorw. annaler; Þanno.Ersatzwort ist Jahrbücher. – DF 1 (21995), 564–566; EWNl 1 (2003), 145.

annehmen Vst ’an sich nehmen, vermuten, akzeptie-

ren’ std. (15. Jh.). Zu Þnehmen. Die Bedeutung ’vermuten’ offenbar aus ’auf sich nehmen, für sich beanspruchen’. HWPh 1 (1971), 329–333.

Annehmlichkeit(en) Sf (Pl.) Þangenehm. annektieren Vsw ’sich aneignen’ erw. fach. (16. Jh., Be-

deutung 19. Jh.). Zunächst mit der Bedeutung ’anhängen, anknüpfen’ entlehnt aus l. adnectere gleicher Bedeutung (aus l. ad- ’hinzu’ und l. nectere ’knüpfen’). Die heute übliche Bedeutung ’(ein Staatsgebiet) gewaltsam in Besitz nehmen’ wurde zunächst durch ne. annex, nfrz. annexer ausgedrückt und erscheint deshalb auch nhd. teilweise als annexieren. Durchgesetzt hat sich dann (dem lateinischen Vorbild entsprechend) das Verb annektieren und das Substantiv Annexion. Ebenso nndl. annexeren, ne. annex, nfrz. annexer, nschw. an2

nektera, nnorw. annektere; ÞNexus. – DF 1 ( 1995), 566–570; an(e)la¯z ’Ort, von dem das Rennen losgeht’ (vgl. z.B. EWNl 1 (2003), 145. loslassen). Die ursprüngliche Bedeutung wird verallgemeinert zu ’Anfang’, dann zu ’Ursache’. Seit dem anno Ptkl (zur Angabe des Jahresdatums) erw. fremd. 19. Jh. auch ’Ereignis’. Näher an der ursprünglichen (15. Jh.). In der Angabe des Jahresdatums in lateinisch

Annonce

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geschriebenen Texten steht anno ’im Jahre’ (zu l. und negierendem an- (Þa-). Abstraktum: Anonymität. annus ’Jahr’). Diese Formulierung wird dann auch in deutsche Texte übernommen − heute ist sie stilistisch Ebenso nndl. anoniem, ne. anonymous, nfrz. anonyme, nschw. anonym, nnorw. anonym. Zur germanischen Verwandtschaft s. markiert. Ausdrücke wie anno dazumal werden verÞName; Þhomonym, ÞMetonymie, ÞPseudonym, Þsynonym. – wendet, wenn man sich um die genaue DatumsanDF 1 (21995), 578–584; EWNl 1 (2003), 146f. gabe nicht kümmern will; anno Tobak (ÞTobak) steht für ’uralt’. Beides vielleicht als scherzhafte Umgestal- Anorak Sm ’wasser- und wetterfeste Jacke’ std. (20. Jh.). tung von anno Domini ’im Jahre des Herrn’. Entlehnt aus grönländ. anorak, dessen Herkunft Ebenso nndl. anno, nnorw. anno; ÞAnnalen. – Röhrich 1 nicht sicher geklärt ist. (1991), 87f.; EWNl 1 (2003), 146.

Annonce Sf ’Inserat’ std. (18. Jh.). Entlehnt aus frz. an-

nonce, einer postverbalen Ableitung von frz. annoncer ’öffentlich bekanntgeben, ankündigen’, dieses aus l. annu¯ntia¯re, zu l. nu¯ntia¯re ’berichten, melden’ und l. ad- ’hinzu’. Das Verb ist eine Ableitung von l. nu¯ntius m. ’Bote, Nachricht’. Die eingeschränkte Bedeutung im Deutschen erklärt sich aus der Verwendung im Zeitungswesen, wo man von einer Zeitungsannonce spricht. Unter Wegfall des Bestimmungsworts ÞZeitung übernimmt dann das Grundwort Annonce die engere Bedeutung des ursprünglichen Kompositums. Verb: annoncieren. Ebenso nndl. annonce, nfrz. annonce, nschw. annons, nnorw. annonse; Þdenunzieren, ÞNuntius, Þprononciert.Ersatzwort ist Anzeige. – DF 1 (21995), 571–574; EWNl 1 (2003), 146.

annullieren Vsw erw. fach. (16. Jh.). In der juristischen

Fachsprache entlehnt aus spl. anu¯lla¯re ’für nichtig erklären’, einer Präfixableitung zu l. nu¯llum ’nichts’ (ÞNull).

Ebenso nndl. anorak, ne. anorak, nfrz. anorak, nschw. anorak, nnorw. anorakk. – EWNl 1 (2003), 147.

anpflaumen Vsw Þpflaumen. Anrainer Sm ’Nachbar’ per. fach. (16. Jh.). Zu anrainen

’angrenzen’, Partikelableitung zu ÞRain im Sinne von ’Grenze’. anranzen Vsw ’derb anfahren’ erw. reg. stil. (15. Jh.).

Wohl eine Bildung auf mhd. -ezzen, das Grundwort ist aber unklar (ranken ’brüllen’?). anrüchig Adj ’von zweifelhaftem Ruf’ std. alt. (13. Jh.,

Form 15. Jh.). Aus dem Niederdeutschen als anrüchtig übernommen. Dort ist es zu ruchte ’Leumund’ gebildet, das (mit Übergang von ft zu cht) mhd. ruoft ’Ruf, Leumund’ entspricht (Þrufen). Das niederdeutsche Adjektiv bedeutet zunächst ’der einen (üblen) Ruf hat’; es wird dann im hochdeutschen Bereich verallgemeinert und offenbar an Þriechen angeschlossen, so dass es sein -t- verliert. ÞGerücht, Þberüchtigt und Þruchbar.

ansässig Adj std. stil. (15. Jh.). Zu fnhd. ansesz m. Ebenso nndl. annuleren, ne. annul, nfrz. annuler, nschw. annullera, nnorw. annullere. – DF 1 (21995), 574f.; EWNl 1 (2003), ’fester Wohnsitz’ und ansesse m. ’Eingesessener’; diese 146. zu mhd. sez, ahd. sez nm. ’Wohnsitz’. Þsitzen, Þaufsässig. Anode Sf ’Pluspol (beim elektrischen Strom)’ per. fach.

(19. Jh.). Der englische Physiker Faraday bezeichnete anschirren Vsw Þschirren. 1834 die beiden Pole des Elektronenstroms als Anode anschnauzen Vsw std. stil. (16. Jh.). Weiter verbreitet als und ÞKathode. Anode ist übernommen aus gr. a´nodos ÞSchnauze, so dass eine Bildung auf -ezzen zu an’Eingang’ zu gr. ana´ ’hinauf’ und gr. hodo´s ’Weg, schnauben (Þschnauben), anschnaufen (Þschnaufen) Gang’. oder anschnauen (zu mhd. sna¯wen ’schwer atmen’) Ebenso nndl. anode, ne. anode, nfrz. anode, nschw. anod, nisl. angesetzt werden kann. Alle drei (etymologisch zuano´deÑ ; ÞElektrode. Zu den übrigen Komposita mit gr. hodo´s s. sammengehörigen) Verben sind mit der Bedeutung ÞMethode. – EWNl 1 (2003), 146. ’jemanden anfahren’ bezeugt. anomal Adj ’unregelmäßig’ per. fremd. (17. Jh., Form Ansehen Sn std. stil. (13. Jh., Bedeutung 16. Jh.). Sub19. Jh.). Entlehnt aus spl. ano¯male¯ Adv., dieses aus gr. stantivierter Infinitiv, ausgehend von der Bedeutung ano¯´ma˘los ’ungleich’ (zu gr. homalo´s ’gleich, eben’ und ’Erscheinung’, dann ’beachtliche Erscheinung, Wertnegierendem gr. an-. Zugrunde liegt gr. homo´s schätzung (durch andere)’. Präfigierung von Þsehen ’gleich’). Das Wort ist aber wohl schon früh auf gr. mit Þan- (Þan). Der verbale Infinitiv ist schon seit no´mos m. ’Brauch, Gesetz’ bezogen worden und hat dem 8. Jh. bezeugt. sich später mit l. abnormis ’von der Norm abweiAnsinnen Sn erw. stil. (16. Jh.). Substantivierter Infinichend’ vermischt (Þabnorm, ÞNorm). In deutschen tiv zu mhd. an einen sinnen ’jmd. angehen um etwas’ Texten zunächst als anomalisch. Abstraktum: (vielleicht aus der alten Bedeutung von Þsinnen = Anomalie. ’gehen’). Heute meist von einem ungerechtfertigten Ebenso nndl. anomaal, ne. anomalous, nfrz. anomal, nschw. Begehren gesagt. anomal, nnorw. anomal; Þa-, ÞNorm. – DF 1 (21995), 575–578. anonym Adj std. (17. Jh.). Entlehnt aus l. ano¯nymus und Anstalt Sf std. (15. Jh.), mhd. anstalt. Nach dem Muster

frz. anonyme, diese aus gr. ano¯´nymos ’namenlos, unbekannt’, abgeleitet von gr. o´noma, o´nyma ’Name’

der älteren ti-Abstrakta gebildet zu Þstellen. Entsprechend zu anstellen ’anordnen, einrichten’ bedeu-

Anthologie

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tet das Substantiv u.a. ’Anordnung’ (vgl. Anstalten Antagonismus Sm ’Gegensätzlichkeit’ per. fach. treffen) und ’Einrichtung’ (auch als Gebäude). Präfix(18. Jh.). Neoklassische Neubildung zu gr. antago¯nı´ableitung: veranstalten. zesthai ’gegen jmd. kämpfen’, zu gr. ago¯nı´zesthai ’kämpfen’ und gr. anti-. Nomen Agentis: Antagonist Anstand Sm ’gute Sitten’ std. (17. Jh.). Abstraktbildung (vermutlich Ausgangspunkt der neoklassischen Bilzu anstehen im Sinne von ’passen, sich schicken’; diedungen: gr. antagoniste¯´s ’Gegner’). ses z.B. von Kleidern gesagt, wie ’es steht mir’, ’es sitzt’. Die heutige Bedeutung steht unter dem Einfluss der Ableitung anständig. Die Bedeutung ’Zaudern’ und dann ’Einwand’ noch in anstandslos ’ohne Einwände’ und Þbeanstanden. Þstehen, ÞStand. – Hoschke, A. Sprachpflege 12 (1963), 40; HWPh 1 (1971), 357f.; Röhrich 1 (1991), 89.

anstatt Präp std. (15. Jh.). Zu ÞStatt, also ’an der Stelle

von’. anstellig Adj ’geschickt’ erw. schwz. (18. Jh.). Auf Vor-

schlag Lavaters durch Schiller in die Hochsprache eingeführt. Zur Bedeutung vgl. ’sich zu etwas (geschickt) anstellen’. Kluge (1908), 207.

anstrengen (Simplex heute nicht mehr üblich)

Vsw std. (13. Jh., Form 15. Jh.), mhd. (ane)strengen, ahd. strengen. Ableitung teilweise von Þstreng, teilweise von ÞStrang ’Anspannen’ mit verschiedenen Bedeutungen, die heute vielfach nicht mehr eindeutig aufgeteilt werden können. Früheste Form angestrengen ’gerichtlich belangen’. Das Partikelverb anstrengen im Sinn von einen Prozess anstrengen geht auf die mittelhochdeutsche Bedeutung ’dringend bitten, zusetzen, bedrängen’ zurück (zu streng im Sinne von ’stark, aggressiv’); sich anstrengen ist ’sich abmühen (durch Anspannung aller Kräfte und Verzicht auf anderes)’ aus mhd. strengen (mit Akkusativ) ’einschränken, antreiben’ zu streng etwa im Sinn von ’unerbittlich’. -ant Suffix (bildet Adjektive) per. bildg. (–). Entspricht

Ebenso nndl. antagonisme, ne. antagonism, nfrz. antagonisme, nschw. antagonisme, nnorw. antagonisme. Weiter zu gr. ago¯´n ’Kampf, Wettkampf, Versammlung’, zu gr. a´gein ’treiben, führen; schreiten, ziehen, gehen’. Zu dessen Sippe s. ÞDemagoge. – HWPh 1 (1971), 358f.; DF 1 (21995), 585–590; EWNl 1 (2003), 147.

ante- LAff ’vor-’ erw. bildg. (–). Fügt in neoklassischen

Bildungen die Bedeutung ’vor’ hinzu (ante-diluvianisch ’vor-sintflutlich’). Herkunft aus l. ante-, das aus durchsichtigen lateinischen Bildungen übertragen wird. Þantik. – Cottez (1980), 26f.

Antenne Sf std. (15. Jh., Bedeutung 20. Jh.). Entlehnt

aus it. antenna, das von Marconi (1895) als eine der Bezeichnungen für seine drahtlose Sende- und Empfangseinrichtung benutzt wurde (neben ne. aerial, it. aereo u.a. − ohne Bedeutungsdifferenzierung zwischen Sende- und Empfangsantenne; Antenne zuerst gebraucht 1903 in italienischem Kontext). Das Wort bedeutete ursprünglich ’Segelstange’ (so l. antenna) und war eine Lokalableitung zu l. ante ’vor’ (’das davor Befindliche, Vorstehende’, im Deutschen seit dem 15. Jh.). Im 15. Jh. wurde es in der Übersetzung aristotelischer Schriften (neben häufigerem l. cornu¯ n.) gebraucht, um die Bedeutung ’Fühler (von Insekten)’ von gr. ke´ras n. wiederzugeben, das ursprünglich ’Horn’, dann übertragen auch ’Segelstange’ und ’Fühler’ bedeutet (es liegt also eine Lehnbedeutung aus dem Griechischen im spätmittelalterlichen Latein vor); im Deutschen seit dem 19. Jh. Die Bedeutung ’Fühler’ wurde im Italienischen geläufig; in anderen europäischen Sprachen blieb sie auf den zoologischen Fachwortschatz beschränkt. Die technische Bedeutung geht also auf ’Fühler’ zurück.

dem aktiven Partizip des Präsens lateinischer Verben (l. -a¯ns/-antis), auch in der Funktion eines Nomen Agentis oder Instrumenti. Zunächst entlehnt in lateiEbenso nndl. antenne, ne. antenna, nfrz. antenne, nschw. annischen Wörtern und Wörtern romanischer Spratenn, nnorw. antenne; Þavancieren, ÞAvantgarde. – Forssman, chen − die Adjektive meist aus dem Französischen, B. ZVS 79 (1965), 18–20; Knobloch, J. Lingua 26 (1970/71), 297; häufig in relatinisierter Form (z.B. Þelegant, Þgalant, Trier (1981), 118–125; DF 1 (21995), 590–592; EWNl 1 (2003), 148. Þprägnant, charmant − ÞCharme), die Substantive Anthologie Sf ’Sammlung ausgewählter (Literatur-) vielfach aus dem Lateinischen (z.B. ÞKonsonant), Stücke’ per. fach. (18. Jh.). Entlehnt aus gr. anthologı´a auch mit griechischen Grundlagen (Komödiant, Sym’Blütenlese’ (auch als Titel einer Sammlung von Epipathisant). Häufig in neoklassischen Bildungen grammen), einem Abstraktum zu antholo´gos ’Blüten (ÞFoliant), teilweise auch in hybriden Bildungen auf lesend’, zu gr. a´nthos n. ’Blume, Blüte’ und gr. le´gein deutscher Grundlage (Lieferant). Eine Variante (ur’sammeln’. Die Blüte steht metaphorisch für ’das Bessprünglich zu lateinischen Bildungen auf -e¯ns/-entis) te, das Glanzstück’. Die lateinische Entsprechung des ist Þ-ent. Viele Bildungen auf Þ-ant und Þ-ent sind Wortes, die gelegentlich auch im Deutschen geim Deutschen durchschaubar, auch wenn sie nicht braucht wird, ist Florilegium; die deutsche Entspreim Deutschen gebildet sind, vor allem die zu Verben chung Blütenlese wird nur selten gebraucht (fast ausauf Þ-ier(en) (Þdirigieren − Dirigent, Þgratulieren − schließlich für negative ’Glanzstücke’). Gratulant). Zu den Adjektiven auf -ant gehören die Ebenso nndl. anthologie, ne. anthology, nfrz. anthologie, nschw. Abstrakta auf Þ-anz bzw. Þ-enz. Wortbildung 2 (1975), 350–352, 3 (1978), 104 und die dort angegebenen Stellen.

antologi, nnorw. antologi. Zur Sippe des zugrunde liegenden gr. le´gein ’zählen, reden’ s. ÞLogik, zum ersten Bestandteil

Anthrazit ÞChrysantheme und ÞAntilope. – Cottez (1980), 27; DF 1 (21995), 592–594.

Anthrazit Smn ’hochwertige Steinkohle; dunkelgrauer

50 Ebenso nndl. antiek, ne. antique, nfrz. antique, nschw. antik, nnorw. antikk; ÞAntiquar.Ersatzwort ist altertümlich, Altertum. – DF 1 (21995), 609–615; HWPh 1 (1971), 385–392; BlW 2 (1984), 265–269; EWNl 1 (2003), 149.

Farbton’ erw. fach. (19. Jh.). Entlehnt aus frz. anAntilope Sf (ein gehörntes Huftier) per. fach. (19. Jh.). thracite, dieses im 18. Jh. übernommen aus l. anEntlehnt aus frz. antilope und ndl. antilope, diese aus thracı¯tis f. (eine Art ÞKarfunkel, auch eine Art ne. antelope; als zoologische Bezeichnung war das ÞKohle), dieses zu gr. a´nthrax (-akos) m. ’(Glut-) Wort seit dem 18. Jh. festgelegt. Die weitere Herkunft Kohle’. (Der Karfunkel ist ein roter Edelstein, der Beund das ursprüngliche Bezeichungsmotiv sind nicht deutungszusammenhang mit Kohle geht über die sicher geklärt. Das Wort wird als gr. antho´lops über Glut). Tierbücher (Bestiarien) in die Neuzeit überliefert, Ebenso nndl. antraciet, ne. anthracite, nfrz. anthracite, nschw. wobei Sekundärmotivationen zu gr. a´nthos n. antracit, nnorw. antrasitt. – Lüschen (1979), 171; EWNl 1 (2003), 150. ’Blume’ und gr. o´ps ’Auge’ eine Rolle spielen (etwa als ’Tier mit den besonders schönen Augen’); es liegt -anthrop- LAff ’Mensch’ per. bildg. (–). Das griechische aber wohl ein aus einer unbekannten afrikanischen Wort für ’Mensch’ (gr. a´nthro¯pos) wird sowohl als Sprache entlehntes Wort vor. Vorderglied wie auch als Hinterglied von Komposita Ebenso nndl. antilope, ne. antelope, nfrz. antilope, nschw. anin die neulateinische Wissenschaftssprache entlehnt tilop, nisl. antilo´pa. – LM 1 (1980), 715; Rey-Debove/Gagnon und wird in gewissem Umfang produktiv. Als Vor(1988), 23; EWNl 1 (2003), 149. derglied in der Form anthropo- (z.B. anthropo-morph Antimon Sn (ein Halbmetall) per. fach. (15. Jh., Form ’in Menschengestalt vorgestellt’), auch in Anthropo18. Jh.). Antimonium ist eine im Mittellatein auftrelogie ’Betrachtung des Menschen’; als Hinterglied in tende Bezeichnung unklarer Herkunft (spgr. anthe-anthrop(ie) (z.B. in ÞPhilanthrop ’Menschenmo¯´nion ’Blüte, [Ausgeblühtes’?]) für das im klassifreund’, Abstraktum: Philanthropie). schen Latein l. stibium, gr. stı´bi oder stı´mmi genannte Cottez (1980), 29; Linden, M.: Zum Anthropologiebegriff des Material. Gemeint war der Spießglanz (Antimonit), 18. Jhs. (Bern 1976); DF 1 (21995), 594–599. der als Augenschminke und als Heilmittel verwendet anti- Präfixoid (bezeichnet bei Substantiven und Adwurde (vgl. hierzu auch ÞAlkohol). Das Metall wurde jektiven einen Gegensatz zu dem im Grundwort Bezunächst für eine Art Blei gehalten; später wurde es zeichneten, z.B. Antikörper ’Abwehrkörper’, Antiheld auch mit anderen Metallen und Mineralien verwech’ein Nicht-Held’, anti-amerikanisch ’gegen Amerika selt. Nach genaueren Analysen im 18. Jh. wurde die eingestellt’) std. (–). Es wird in ursprünglich griechiBezeichnung auf das Element eingeengt (gegenüber schen Wörtern ins Deutsche übernommen (z.T. dem Spießglanz) und im Deutschen in der endungsdurch lateinische und romanische Vermittlung) und losen Form gebraucht. geht auf gr. antı´ ’gegen’ zurück. In neoklassischen Bildungen (auch umgangssprachlicher Art) produktiv (vgl. Antibabypille, Antialkoholiker), teilweise unter Einfluss des Englischen.

Ebenso nndl. antimoon, ne. antimony, nfrz. antimoine, nschw. antimon, nisl. antı´mon. – Lokotsch (1975), 73 (Nr. 918); Lüschen (1979), 171–173; Barke (1991), 178; EWNl 1 (2003), 150.

Rey, A. CL 11 (1967), 37–57 (zum Französischen); Wortbildung Antipathie Sf ’Abneigung’ erw. fremd. (16. Jh., Form 17. Jh.). Als Gegenbegriff zu dem geläufigeren 3 (1978), 238–241; Cottez (1980), 27f.; Hoppe, G. in Hoppe, G. ÞSympathie entlehnt aus l. antipathı¯a, dieses aus gr. u.a. (Hrsg.): Deutsche Lehnwortbildung (Tübingen 1987), 171–224; Carstensen 1 (1993), 39–41; DF 1 (21995), 599–606; antipa´theia, einem Abstraktum zu gr. antipathe¯´s EWNl 1 (2003), 148. ’entgegengesetzt fühlend’ u.ä. aus gr. pa´thos

Antibiotikum Sn ’Wirkstoff gegen Krankheitserre-

’Gemütsbewegung’. Ebenso nndl. antipathie, ne. antipathy, nfrz. antipathie, nschw. antipati, nnorw. antipati. Zu weiteren Verbindungen s. ÞPathos und Þanti-. – DF 2 (21996), 4–8; EWNl 1 (2003), 150.

ger’ erw. fach. (20. Jh.). Entlehnt aus frz. antibiotique Adj., dieses aus ne. antibiotic, einer Neubildung zu gr. (att.) bio¯tiko´s ’lebensfähig, zum Leben gehörig’ und Þanti-, weiter zu gr. bı´os m. ’Leben’. So benannt als Antipode Sm ’Mensch mit entgegengesetzter Eigenart, Gegenspieler’ erw. fach. (16. Jh., Bedeutung 18. Jh.). ’ein lebende Erreger abtötendes Mittel’. Entlehnt aus l. antipodes (Pl.), dieses zu gr. antı´podes Ebenso nndl. antibioticum, ne. antibiotic, nfrz. antibiotique, (Pl.), zum Adjektiv antı´pous (-podos) ’gegenfüßig, die nschw. antibiotikum, nnorw. antibiotikum. Zur Sippe von gr. bı´os ’Leben’ s. ÞBiologie. – Rey-Debove/Gagnon (1988), 22. Füße umgekehrt habend’, zu gr. pou´s ’Fuß’ und gr. anti- (ÞFuß, Þanti-). Demnach ein ’Gegenfüßler’, antik Adj std. stil. (17. Jh.). Entlehnt aus frz. antique, d.h. ’jmd., der sich auf der entgegengesetzten Seite dieses aus l. antı¯quus ’vorig, alt’, einer Nebenform der Erde befindet und dem Betrachter deshalb die von l. antı¯cus ’der vordere’, abgeleitet von l. ante Füße zuwendet’. Von da aus häufiger in übertragener ’vor’. Die Bedeutungsentwicklung von ’alt’ zu Bedeutung gebraucht. ’altertümlich, das Altertum betreffend’ vollzieht sich Ebenso nndl. antipode, ne. antipode, nfrz. antipode, nschw. anin den romanischen Sprachen im Rahmen kunsttipod, nnorw. antipode. Zur Sippe von gr. pou´s ’Fuß’ s. und kulturhistorischer Studien. Abstraktum: Antike. 2 ÞPodium. – DF 2 ( 1996), 8–11.

Anwesen

51 Antiqua Sf ÞAntiquität. Antiquar Sm ’Altertumsforscher; Händler mit alten

Büchern’ erw. fach. (16. Jh., Form 18. Jh.). Im 18. Jh. entlehnt aus l. antı¯qua¯rius m. ’Altertumskenner’ zu l. antiquus (Þantik). Adjektiv: antiquarisch; Lokalbildung: Antiquariat. Ebenso nndl. antiquaar, antiquair, ne. antiquary, nfrz. antiquaire, nschw. antikvarie, nnorw. antikvar; Þantik, ÞAntiquität. – DF 2 (21996), 12–17.

Antiquität Sf (meist Pl.) erw. fremd. (16. Jh.). Entlehnt

aus l. antı¯quita¯tes (Pl. zu l. antı¯quita¯s) ’Altertümlichkeiten’. Abstraktbildung zu l. antı¯quus (Þantik). Zur gleichen Grundlage (über ein praktisch unbezeugtes antiquieren) das Adjektiv antiquiert mit stärker negativer Bedeutung (’überholt’). Die Schrift Antiqua (= Littera antiqua ’alte Schrift’) ist so benannt, weil das Alphabet der alten Inschriften als Vorbild für die Großbuchstaben diente. Ebenso nndl. antiquiteit, ne. antiques, nfrz. antiquite´s, nschw. antikvitet, nnorw. antikvitet; Þantik, ÞAntiquar. – DF 2 (21996), 17–24.

Antlasstag Sm ’Gründonnerstag’ per. arch. oobd.

(13. Jh.), mhd. antla¯ztac, zu mhd. antla¯z ’Sündenerlass, Ablass’, ahd. antla¯z ’Aufschub, Vergebung’. Eigentlich zu entlassen. Am Gründonnerstag (bair. auch Antlass-Pfinztag) wurden die öffentlichen Büßer wieder in die Gemeinschaft der Christen aufgenommen. Antlitz Sn std. alt. (8. Jh., Form 12. Jh.), mhd. antlitze,

ahd. antlizzi. Aus vd. *anda-wlit-ja- n. ’Gesicht’, eigentlich ’das Entgegenblickende’ (oder ’das Aussehen’ mit Bedeutungsverengung). Die Formen der anderen germanischen Sprachen zeigen andere Stammbildungen: gt. anda-wleizn (aus vorgermanisch *wl[e]ids-na-?), anord. andlit (n[a]–Stamm), ae. andwlita (n-Stamm), afr. andlete (n-Stamm). Zu g. *anda (Þent-) ’entgegen’ und einer Ableitung von g. *wleit-a- ’blicken’ in anord. lı´ta, ae. wlı¯tan ’sehen, blicken’ (mit Ableitungen in den anderen germanischen Sprachen). Dieses ist eine Erweiterung von ig.(weur.) *wel- ’sehen’ in l. vultus m. ’Gesicht, Gesichtsausdruck’ und kymr. gwelaf ’ich sehe’. − Im Deutschen früher bezeugt ist ahd. antluzzi, mhd. antlütze neben ahd. antlutti, mhd. antlütte ’Antlitz’. Diese gehören zu der Wurzel g. *leud-, ig. *leud h’wachsen’, die unter ÞLode beschrieben wird. Semantisch mit Antlitz vergleichbar ist von deren Ableitungen vor allem gt. ludja f. ’Antlitz’ (die Ausgangsbedeutung ist hier also etwa ’Gestalt’). Offenbar haben sich im Deutschen zwei gleichbedeutende, aber ursprungsverschiedene Wörter vermischt − die beiden Ausgangspunkte könnten vd. *anda-wlit(j)a- n. und vd. *lud-jo¯ f. oder vd. *anda-lud-ja- n. gewesen sein. Ebenso nschw. anlete, nisl. andlit. – Seebold (1970), 563f.; EWahd 1 (1988), 280–283; Niederhellmann (1983), 287–290; Hamp, E. P. IF 87 (1982), 79–81 (anders zu g. *wleit-a-: Kontamination von *wel- ’sehen’ und *weid- ’sehen’).

antun Vunr std. (8. Jh.), ahd. anatuon. In den meisten

Bedeutungen (’zufügen’, ’Kleidungsstück anziehen’) wohl als Þtun + Þan zu verstehen; doch sind die Bedeutungen ’ein Leid zufügen’ und ’bezaubern’ mindestens mitbestimmt von and tun zu And(e) ’Sehnsucht, Schmerz’. Þahnden 1, Þentrisch. – de Grauwe, L. SGG 21 (1980–81), 255–258.

Antwort Sf std. (8. Jh., Form 15. Jh.), mhd. antwürte,

antwurt n./f., ahd. antwurti n., -ı¯ f., as. andwordi n. Aus g. *anda-wurd-ja- n. ’Antwort’, eigentlich ’Gegenwort, Entgegnung’, auch in gt. andawaurdi, ae. andwyrde, afr. ondwarde. Zu anda- (ÞAntlitz) und ÞWort. Das Femininum ist in althochdeutscher Zeit eine eigene Bildung, die dann mit dem Neutrum lautlich zusammenfällt. In nachmittelhochdeutscher Zeit setzt sich das feminine Genus dann durch. In derselben Zeit wird die Lautform an das Grundwort angeschlossen (Antwort statt Antwürte). Verb: antworten. Ebenso nndl. antwoord; Þverantworten. – EWahd 1 (1988), 288f.; Lühr, R. ZDA 109 (1980), 48–72 (zu dem synonymen Verb ahd. antlingen); Röhrich 1 (1991), 91; EWNl 1 (2003), 150f.

Anwalt Sm std. (10. Jh.), mhd. anwalte, ahd. anawalto.

Wie ae. onwealda Täterbezeichnung zu einem ahd. anawalt, ae. onweald f. ’Macht, Gewalt’ (zu dessen Stamm ÞGewalt), also eigentlich ’der die Gewalt hat, Bevollmächtigter, Befehlshaber’. Sonderfälle: Rechtsanwalt, Staatsanwalt. Þwalten. – von Olberg, G. in Schmidt-Wiegand (1985), 70–103.

Anwand Sf , AnwendeSf reg. ÞAngewende. Anwärter Sm std. stil. (16. Jh.). Zu mhd. anewarten

’erwarten, die Anwartschaft haben’, dazu auch das Abstraktum Anwartschaft. Ersatzwort für ÞAspirant. Þwarten.

anwenden Vsw std. (9. Jh., Bedeutung 16. Jh.), mhd.

anewenden ’jemandem etwas zuwenden’, refl. ’auf sich nehmen’, ahd. anawenten. Zu Þwenden. Eigentlich ’etwas wenden an jemanden (oder etwas)’. Indem der Adressat weggelassen wird, bekommt das Verb die Bedeutung ’gebrauchen, verwenden, auf etwas beziehen’. Soll der Adressat dennoch genannt werden, wird zusätzlich zu oder auf eingefügt (einen Paragraphen auf etwas anwenden, sein Geld zu einem guten Zweck anwenden). Þwenden.

Anwesen Sn std. stil. reg. (15. Jh.), fnhd. anewesen. Sub-

stantivierter Infinitiv von anewesen ’anwesend sein’ (Þanwesend), vielleicht Lehnübersetzung zu l. adesse und Gegensatzbildung zu fnhd. abewesen, abewesend. Die Bedeutung ist dem entsprechend zunächst ’Anwesenheit, Aufenthalt’, wird dann aber im Oberdeutschen verschoben zu ’Aufenthaltsort, Grundstück mit Wohnhaus’. ÞWesen, Þanwesend.

anwesend anwesend AdjPP std. (15. Jh.). Ursprünglich Partizipi-

albildung zu dem mhd. Verb anewesen mit der Bedeutung ’da sein, dabei sein’. Das Abstraktum ist zunächst der substantivierte Infinitiv ÞAnwesen, dann die Ableitung Anwesenheit. ÞWesen, Þabwesend, ÞAnwesen. – HWPh 1 (1971), 428; EWNl 1 (2003), 76.

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Brot versehen’, zu l. pa¯nis m. ’Brot’ und l. ad-, speziell gemeint war damit die Abfindung durch den Erstgeborenen beim Erbe. Ebenso nndl. apanage, ne. ap(p)anage, nfrz. apanage, nschw. apanage, nnorw. apanasje; Þpanieren, ÞPastille. – LM 1 (1980), 741; DF 2 (21996), 40–43.

apart Adj ’besonders, hübsch’ erw. fremd. (16. Jh.). Ent-

-anz (Variante -enz) Suffix (bildet Abstrakta) per. bildg.

lehnt aus frz. a` part (vgl. it. a parte, ml. ad partem) (–). Ursprünglich lateinische Abstraktbildungen, die ’auf der Seite’, dieses aus l. pars (-rtis) ’Seite, Teil, formal zum aktiven Partizip des Präsens gehören Anteil’. Im Deutschen wird es hypostasiert und ad(PPräs. -a¯ns/-antis, -e¯ns/-entis, Abstraktum -antia, verbial, selten auch attributiv verwendet. Die Bedeu-entia), semantisch konnten sie aber unmittelbar tung wird (wie etwa bei Þbesonders) zu ’besonders, vom Verb abhängig sein. Zu den auf die Partizipien reizvoll’ verengt. zurückgehenden Bildungen Þ-ant; die Formen auf Ebenso nndl. apart, ne. apart, nschw. apart, nnorw. aparte. Zur -anz und -enz sind teilweise unmittelbar aus dem LaSippe von l. pars ’Teil’ s. ÞPartei, ÞApartheid. – DF 2 (21996), teinischen, teilweise über das Französische ins Deut43–47; EWNl 1 (2003), 151. sche gekommen und sind dort zwar analysierbar Apartheid Sf ’Bezeichnung der Trennung von Weißen (Þkonkurrieren − Konkurrenz, Þakzeptieren − Akzepund Schwarzen in Südafrika’ per. fach. (20. Jh.). Enttanz; auch Þrelevant − Relevanz), aber nicht eigentlehnt aus Afrikaans apartheid, eigentlich ’Abgesonlich produktiv. dertheit’, zur ursprünglichen Bedeutung von Þapart. Franc¸ois, A.: La de´sinence -ance dans le vocabulaire franc¸ais Im Deutschen ein (internationaler) Exotismus. (Gene`ve 1950); Wortbildung 2 (1975), 60 und die dort angegebenen Stellen; Cottez (1980), 22.

anzetteln Vsw std. (15. Jh.). Ursprünglich Ausdruck der

Webersprache: ’die Zettel (Längsfäden) eines Gewebes vorbereiten’, dann übertragen für ’anstiften’, in der Regel im negativen Sinn. Partikelableitung zu ÞZettel 1. Röhrich 1 (1991), 92.

Ebenso nndl. apartheid, ne. apartheid, nfrz. apartheid, nschw. apartheid, nnorw. apartheid; Þapart, ÞPartei. – DF 2 (21996), 47f.; EWNl 1 (2003), 151.

Apartment Sn erw. fach. (20. Jh.). Englische Form von

ÞAppartement mit englischer Aussprache. Vorwiegend für kleinere Wohneinheiten (1 Zimmer mit Küche und Bad) gebraucht. ÞAppartement. – Carstensen 1 (1993), 43f.

anzüglich Adj std. (16. Jh.). Zu anziehen in einer älteren Apathie Sf ’Teilnahmslosigkeit’ erw. fremd. (18. Jh.).

Bedeutung ’etwas (tadelnd) anführen, etwa vor Gericht’. Vgl. die heute nicht mehr übliche Bedeutung von Anzug ’Vorwurf, Beschuldigung’. Die negative Bedeutung des Wortes hat die positive, nämlich ’anziehend, attraktiv’, verdrängt. Kainz, F. in Maurer/Rupp 2 (1974/78), 248.

Äon Sm (meist Äonen Pl.) ’Weltalter’ per. fach. (18. Jh.).

Entlehnt aus l. aeo¯n m., dieses aus gr. aio¯´n m./f. ’(Lebens)Zeit, Zeit(dauer), Ewigkeit’.

Ebenso nndl. aeon, ne. (a)eon, nfrz. ´eon, nschw. eon. Das griechische Wort aus ig. *aiw- entsprechender Bedeutung; Þewig. – DF 2 (21996), 39f.; Lackeit, C.: AION, Zeit und Ewigkeit (Diss. Königsberg 1916); Siegert (1950), 23; HWPh 1 (1971), 117–119.

Aorta Sf ’Hauptschlagader’ per. fach. (16. Jh.). Entlehnt

aus ml. aorta, dieses aus gr. aorte¯´, eigentlich ’Angebundenes, Sack, Schlauch’, dann als medizinischer Terminus für die Bronchien und die Hauptschlagader (weil sie vom Kopf bzw. Hals herunterhängen). Weiter zu gr. (syn)aeı´rein ’zusammenbinden (usw.)’. Ebenso nndl. aorta, ne. aorta, nfrz. aorte, nschw. aorta; ÞArterie. – EWNl 1 (2003), 151.

Apanage Sf ’regelmäßige finanzielle Zuwendung’ per.

fach. (15. Jh.). Entlehnt aus gleichbedeutendem frz. apanage m., dieses aus ml. appanagium n., einer Ableitung von ml. appanare ’ausstatten’, eigentlich ’mit

Vermutlich über l. apathı¯a und frz. apathie entlehnt aus gr. apa´theia ’Unempfindlichkeit’ (speziell als zentraler Begriff der stoischen Philosophie, dann zum Ideal des asketischen Mönchstums). Zu gr. pa´thos ’Gemütsbewegung’ und negierendem gr. a- (Þa-). Adjektiv: apathisch. Ebenso nndl. apathie, ne. apathy, nfrz. apathie, nschw. apati, nnorw. apati. Zur Sippe von gr. pa´thos ’Gemütsbewegung’ s. ÞPathos. – DF 2 (21996), 48–52; Siegert (1950), 30; HWPh 1 (1971), 429–433; EWNl 1 (2003), 151.

aper Adj ’schneefrei’ per. obd. (11. Jh.), mhd. a¯ber, ahd.

a¯ber. Herkunft unklar. Verlockend, aber lautlich schwer vergleichbar ist das unklare l. aprı¯cus ’offen, sonnenbeschienen’. EWahd 1 (1988), 16–19 (anders: aus a¯ + ber – ’fort-tragend’, mit ausführlicher Diskussion der Problemlage und der Deutungsansätze).

Aperc¸u Sn ’prägnante, geistreiche Bemerkung’ erw.

fach. (18. Jh.). Entlehnt aus frz. aperc¸u (eigentlich ’Übersicht, Einblick’), dem substantivierten Partizip des Präteritums von frz. aperc¸evoir ’wahrnehmen’ (also ’das Wahrgenommene’), aus früh-rom. *appercipere ’wahrnehmen’, zu l. percipere, eigentlich ’einnehmen, bemächtigen’, und l. ad- ’hinzu’, weiter zu l. capere ’nehmen, fassen, ergreifen’ und l. per-. Die französische Bedeutung ist ’kurzer Überblick’; sie ist

Aplomb

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im Deutschen selten. Die deutsche Bedeutung ist auf das Deutsche beschränkt. Ebenso nndl. aperc¸u, ne. aperc¸u, nfrz. aperc¸u, nnorw. aperc¸y. Zur Sippe von l. capere ’fangen’ s. Þkapieren. – DF 2 (21996), 52f.

Aperitif Sm ’alkoholisches Getränk (zum Anregen des

Mitteldeutschland hielt sich dagegen die verhochdeutschte Form Apfelsine. Die beiden Wörter sind heute Heteronyme ohne Bedeutungsunterschied. Ebenso nndl. sinaasappel, nschw. apelsin, nisl. appelsı´na. S. ÞApfel und vgl. zur Sache ÞOrange, ÞPomeranze. – Littmann (1924), 131f.; EWNl 1 (2003), 155.

Aphasie Sf ’(teilweiser) Verlust des SprechvermöAppetits)’ erw. fremd. (16. Jh., Bedeutung 20. Jh.). gens’ per. fach. (18. Jh.). Entlehnt aus gr. (poet.) aphaZunächst als Fachwort der Medizin entlehnt mit der sı´a ’Sprachlosigkeit’, zu gr. a´phatos ’unerwähnt, unBedeutung ’öffnendes, abführendes Heilmittel’ aus ml. aper(i)tivus ’öffnend’, zu l. aperı¯re ’öffnen’. Die bekannt’ zu gr. pha´nai ’sprechen’ und negierendem neue Bedeutung entsteht im Französischen im 19. Jh. gr. Þa-. und wird im 20. Jh. mit der französischen Lautform Ebenso nndl. afasie, ne. aphasia, nfrz. aphasie, nschw. afasi, nnorw. afasi. Zur Sippe von gr. pha´nai ’sprechen’ s. übernommen. Ebenso nndl. aperitief, ne. aperitif, nfrz. ape´ritif, nschw. aperitif, nnorw. aperitiff; ÞOuvertüre. – Weimann, K.-H. DWEB 2 (1963), 386; EWNl 1 (2003), 152.

Apfel Sm std. (8. Jh.), mhd. apfel, ahd. apful, as. appul

(-gre). Aus g. *aplu- m. ’Apfel’ (’Holzapfel’), auch in krimgt. apel, anord. epli, ae. ¢ppel, afr. appel. Ein ähnliches Wort gleicher Bedeutung im Keltischen (air. ubull usw.), sowie (mit Langvokal) im Baltischen (lit. o´balas usw.) und Slavischen (serb.-kslav. jablu˘ko usw.). Das Wort ist vielleicht nicht-indogermanischer Herkunft, doch kann es auch (nach Adams) als l-Stamm (später zu *ablu- erweitert) ein Erbwort sein, das im Mittelmeergebiet durch das Kulturwort *ma¯lo- zurückgedrängt wurde. Das alte Wort für den Apfelbaum ist ÞAffolter. Das Wort Apfel wird häufig in Übertragungen auf Bezeichnungen für kugelförmige Gegenstände genommen. Früh bezeugt hierfür ist Augapfel (ahd. [12. Jh.] ougaphul, mndl. ogheappel, ae. eag¢ppel). Ebenso nndl. appel, ne. apple, nschw. äpple, nisl. epli. Vielleicht lassen sich die indogermanischen und außerindogermanischen Formen auf einen Ansatz *abal-n-, amal-n- zurückführen; ÞApfelsine. – Bertsch (1947), 93–104; Berger, H. MSS 9 (1956), 26; Pokorny, J. GS Kretschmer 2 (1956/57), 83; RGA 1 (1973), 368–372; Hamp, E. P. ZCPh 37 (1979), 158–166; LM 1 (1980), 746f.; Marchese, M. P. Quaderni patavini di linguistica 2 (1980/81), 1–49; BlW 1 (1981), 22f.; Adams, D. Q. IF 90 (1985), 79–82; Gamkrelidze, Th. V. FS Alinei 1 (1986), 91–97; Markey, Th. JIES 16 (1988), 49–68; EWahd 1 (1988), 60–63, 298–301; Sims-Williams, N., Hamilton, J.: Documents turcosogdiens (London 1990), 59f.; Erdal, M. JIES 21 (1993), 27–36; Niederhellmann (1983), 162–164 (zu Augapfel); Röhrich 1 (1991), 112; EWNl 1 (2003), 154; Zavaroni, A. HSF 120 (2007), 20–41.

Apfelsine Sf ’Orange’ std. stil. (18. Jh.). Entlehnt aus

ÞBlasphemie. – HWPh 1 (1971), 436f.; EWNl 1 (2003), 102.

Aphorismus Sm ’prägnanter Sinnspruch’ erw. fach.

(15. Jh., Bedeutung 18. Jh.). Entlehnt aus l. aphorismus, dieses aus gr. aphorismo´s ’Abgrenzung, Unterscheidung, Lehrsatz’, abgeleitet von gr. aphorı´zein ’abgrenzen’, zu gr. ho´ros ’Grenze’ und gr. apo´ ’weg-’. Im Griechischen hat das Wort verschiedene Bedeutungen, von ’Abgrenzung’ bis ’(medizinischer) Lehrsatz’ (die Aphorismen sind die unverbunden aneinandergereihten Einsichten über die Natur von Krankheiten bei Hippokrates). In den Volkssprachen bezeichnet es zunächst medizinische Lehrsätze, wird dann verallgemeinert und dann unter dem Einfluss der französischen Literatur neu spezialisiert; in Deutschland wird diese Tradition vor allem von Lichtenberg aufgenommen. Adjektiv: aphoristisch. Ebenso nndl. aforisme, ne. aphorism, nfrz. aphorisme, nschw. aforism, nnorw. aforisme; ÞHorizont. – Krüger, H.: Studien über den Aphorismus als philosophische Form (Diss. Frankfurt/Main 1956); Weimann, K.-H. DWEB 2 (1963), 386; Schalk (1966), 1–20; von Stackelberg, J. in Neumann, G. (Hrsg.): Der Aphorismus (Darmstadt 1976), 209–225; HWPh 1 (1971), 437–439; DF 2 (21996), 53–56; EWNl 1 (2003), 107.

Aphrodisiakum Sn ’Mittel zur Anregung des Ge-

schlechtstriebs’ per. fach. (18. Jh.). Neolateinische Substantivierung des Adjektivs gr. aphrodisiako´s ’sexuell (erregend)’. Im Englischen (aphrodisiac) deutlich früher bezeugt als im Deutschen. Bei Plinius (Naturalis historia 37,148) heißt ein nicht näher beschriebener (Edel-)Stein aphrodisiaca, doch kann dies einfach ’Stein der Aphrodite’ bedeuten und besagt nichts über eine eventuelle sexuelle Kraft. Die griechische ko-Bildung gehört zu gr. aphrodı´sia ’Liebesfreuden’ und gr. aphrodisia´zo¯ ’Geschlechtsverkehr haben’, weiter zum Namen der Liebesgöttin Aphrodite.

nndl. appelsien (vielleicht gekürzt aus ebenfalls bezeugtem Apel de Sina; Sina aus arab. s¯ın ’China’) über ˙ DF 2 (21996), 56–58. ndd. Appelsina; neben dem heute üblichen nndl. sinaasappel. Diese sind gebildet nach frz. pomme de Aplomb Sm ’Sicherheit, Nachdruck, Dreistigkeit’ per. Sine m. ’Apfel aus China’. Die Früchte wurden im fach. (18. Jh.). Entlehnt aus frz. aplomb, eigentlich 16. Jh. von den Portugiesen aus China eingeführt und ’senkrechte Stellung, Gleichgewicht’, einer substanwurden mit dieser Bezeichnung auch von den bereits tivierten Zusammenrückung von frz. a` plomb bekannten Bitter-Orangen abgegrenzt, deren Be’senkrecht, im Lot’; frz. plomb ’Blei’ aus l. plumbum n. zeichnung (ÞOrange) vor allem im Süden auf die Die Bedeutungsverallgemeinerung geht vor allem neuen Früchte übertragen wird. Im Norden und in von der Sprache des Balletts aus, in der mit dem Wort das Abfangen von Bewegungen bezeichnet wird.

apodiktisch Ebenso nndl. aplomb, ne. aplomb, nfrz. aplomb, nschw. aplomb, nnorw. aplomb. – DF 2 (21996), 58f.; EWNl 1 (2003), 152.

apodiktisch Adj ’unumstößlich, nicht zu widerle-

54 Ebenso nndl. apostel, ne. apostle, nfrz. apoˆtre, nschw. apostel, nnorw. apostel. Zur Sippe des zugrunde liegenden gr. ste´llein ’schicken’ s. ÞStola. – Siegert (1950), 34f.; BlW 2 (1984), 269–289; Agnew, F. H. Journal of Biblical Literature 105 (1986), 75–96; Röhrich 1 (1991), 94; EWahd 1 (1988), 301f.; EWNl 1 (2003), 153.

gen’ erw. fach. (17. Jh., Form 18. Jh.). Zunächst in der lateinischen Form apodiktike entlehnt aus ml. apodı¯cticus ’schlüssig beweisend’, dann eingedeutscht. Aus Apostroph Sm ’Auslassungszeichen’ erw. fach. (17. Jh., Form 18. Jh.). Entlehnt aus l. apostrophus, dieses aus gr. apodeiktiko´s, zu gr. apodeikny´nai ’beweisen, vorgr. apo´strophos, eigentlich ’abgewandt’, zu gr. zeigen, aufweisen’, zu gr. deikny´nai ’zeigen, vorzeiapostre´phein ’sich abwenden’, zu gr. stre´phein gen, begreiflich machen’ und gr. apo- ’weg’. ’wenden, drehen’ und gr. apo- ’weg’. Zunächst in laEbenso nndl. apodictisch, ne. apodictic, nfrz. apodictique, teinischer und französischer Form (Apostrophe), nnorw. apodiktisk; ÞParadigma, ÞPolice, ÞSyndikat; zur gerdann endungslos. Ursprünglich verwendet als Attrimanischen Verwandtschaft s. Þzeihen, zur lateinischen but in Wendungen für ’ausgelassener Buchstabe’, Þdiktieren. – DF 2 (21996), 59–62. dann ’das Weggelassene’, schließlich ’das Zeichen für Apokalypse Sf ’Offenbarung über das kommende etwas, das ausgelassen wurde’. Aus der antiken RheWeltende, schreckliches Unheil’ erw. fach. (14. Jh.). torik stammen Apostrophe f. ’Anrede’ und Entlehnt aus l. apocalypsis, dieses aus ntl.-gr. apoka´apostrophieren ’anreden’ (Wegwendung vom Thema lypsis, eigentlich ’Enthüllung’, zu gr. (ep.) kaly´ptein und Hinwendung zu einer Person). ’verhüllen’ und gr. apo- ’weg’. Das Wort war und ist vor allem als Bezeichnung der Geheimen Offenbarung im Neuen Testament bekannt. Adjektiv: apokalyptisch.

Ebenso nndl. apostrof, ne. apostrophe, nfrz. apostrophe, nschw. apostrof, nnorw. apostrof; ÞStrophe, ÞKatastrophe. – DF 2 (21996), 77–79; Leser, E. ZDW 15 (1914), 36, 94; Cottez (1980), 30f.; EWNl 1 (2003), 153.

Ebenso nndl. apocalyps(e), ne. apocalypse, nfrz. apocalypse, nschw. apokalyps, nnorw. apokalypse. – Siegert (1950), 31; HWPh 1 (1971), 439f.; DF 2 (21996), 62–66; EWNl 1 (2003), 152. Apotheke Sf std. (13. Jh.). Entlehnt aus l. apothe¯ca

Apologie Sf ’Verteidigung, Rechtfertigung, Verteidi-

gungsrede vor Gericht’ per. fach. (16. Jh., Form 17. Jh.). Entlehnt aus l. apologia, zunächst in gleicher Form; dieses aus gr. apologı´a, wie gr. apologeı˜sthai ’sich herausreden, verteidigen’, eigentlich ’sich losreden’, zu gr. lo´gos m. ’Wort, Rede’ und gr. apo’weg’. Bekannt ist das griechische Wort durch die Apologie des Sokrates, dann durch die Apologien der frühen Christen (der Apologeten), die das Christentum gegen die Heiden verteidigten. Nomen Agentis: Apologet (deutsche Bildung, wohl nach l. apologeticus); Adjektiv: apologetisch. Ebenso nndl. apologie, ne. apology, apologia, nfrz. apologie, nschw. apologi, nnorw. apologi. Zur Sippe des zugrunde liegenden gr. le´gein ’zählen, reden’ s. ÞLogik. – HWPh 1 (1971), 446f.; Siegert (1950), 33 (zu Apologet); LM 1 (1980), 774–778; DF 2 (21996), 70–74.

Aporie Sf ’Ausweglosigkeit’ per. fach. (19. Jh.). Entlehnt

aus spl. aporia, dieses aus gr. aporı´a ’Ratlosigkeit, Verlegenheit’, zu gr. a´poros ’hilflos, ratlos, unmöglich, unwegsam’, zu gr. po´ros m. ’Durchgang, Pfad’ und negierendem gr. a- (Þa-), weiter zu gr. peı´rein ’durchdringen, durchbohren, durchstoßen’. Ebenso ne. aporia, nfrz. aporie. Zur germanischen Verwandtschaft s. Þfahren. – HWPh 1 (1971), 447f.; DF 2 (21996), 74f.

Apostel Sm std. stil. (8. Jh.). Entlehnt aus l. apostolus,

dieses aus gr. apo´stolos ’Bote, Gesandter’ (zunächst ’Aussendung [einer Flotte]’), zu gr. aposte´llein ’entsenden’, zu gr. ste´llein ’senden’ und gr. apo’weg’. Das Wort wird von Luther gegen konkurrierendes ÞBote und (im Plural) Zwölfboten durchgesetzt. Adjektiv: apostolisch.

’Magazin’, dieses aus gr. apothe¯´ke¯, zu gr. apotithe´nai ’weglegen’, zu gr. tithe´nai ’legen, stellen, setzen’ und gr. apo- ’weg’. Im Mittelalter wird die allgemeinere Bedeutung ’Magazin’ verengt auf ’Spezereiladen, Apotheke’, und schließlich zu ’Apotheke’ im heutigen Sinn. Die alte Bedeutung bewahren frz. boutique, it. bottega, span. bodega; im Englischen hat sich nur die Berufsbezeichnung apothecary durchgesetzt, das gleichlautende Wort für die Apotheke hat sich nur kurze Zeit gehalten. Täterbezeichnung: Apotheker. Ebenso nndl. apotheek, nschw. apotek, nnorw. apotek. Zur Sippe des zugrunde liegenden gr. tithe´nai ’legen, stellen’ s. ÞTheke. S. auch ÞBoutique. – DF 2 (21996), 79–83; LM 1 (1980), 794–802; Röhrich 1 (1991), 94; EWNl 1 (2003), 153.

Apparat Sm std. (14. Jh., Bedeutung 19. Jh.). Entlehnt

aus l. appara¯tus ’Zurüstung, Gerätschaft’, aus l. appara¯re ’ausrüsten, beschaffen’, zu l. para¯re ’fertigmachen, einrichten’ und l. ad- ’hin, zu’. Am frühesten im Deutschen bezeugt ist die (noch heute in der Wissenschaft übliche) Bedeutung ’Kommentar, Lesarten’, dann ’Zubehör’ und schließlich ’Gerätesammlung’, die spezielle Bezeichnung von Einzelgeräten erst seit dem 18. Jh. Abstraktum: Apparatur. Apparatschik bezeichnet den Funktionär des ParteiApparats; es ist ursprünglich in der Sprache der DDR als abwertende Bezeichnung aus russ. apparatcˇik entlehnt (das russische Suffix -cˇik bildet Täterbezeichnungen). Ebenso nndl. apparaat, ne. apparatus, nfrz. appareil, nschw. apparat, nnorw. apparat. Zur Sippe des zugrunde liegenden l. para¯re ’bereiten’ s. Þparat. – DF 2 (21996), 88–99; EWNl 1 (2003), 154.

April

55 Appartement (mit französischer Aussprache) Sn

’Wohnung’ erw. fach. (17. Jh.). Entlehnt aus frz. appartement m., dieses aus it. appartamento m., einer Ableitung von it. appartare ’abtrennen’, das auf l. pars (-rtis) f. ’Teil’ zurückgeht (it. a parte, l. ad partem ’abgeteilt’). Die englische Entsprechung ÞApartment (mit englischer Aussprache) gilt für Kleinstwohnungen. Ebenso nndl. appartement, ne. apartment, nfrz. appartement. Zur Sippe des zugrunde liegenden l. pars ’Teil’ s. ÞPartei; ÞApartment. – DF 2 (21996), 99–101; Jones (1976), 104; Brunt (1983), 132f.; EWNl 1 (2003), 154.

appellieren Vsw ’aufrufen, anrufen’ erw. fach. (12. Jh.),

allgemeiner Bedeutung, dann angepasst an das aus diesem entstandenen frz. apporter als Ausdruck der Jägersprache für das Herbeitragen geschossenen Kleinwilds oder (beim Dressieren) geworfener Gegenstände durch den Hund. Ebenso nndl. apporteren, nfrz. apporter, nschw. apportera, nnorw. apportere. Zur Sippe des zugrunde liegenden l. porta¯re ’tragen’ s. Þtransportieren. – DF 1 (1913), 45; EWNl 1 (2003), 156.

Apposition Sf ’gleichgeordnete Ergänzung eines Sub-

stantivs’ per. fach. (18. Jh.). Entlehnt aus ml. appositio, eigentlich ’Zusatz’, zu l. appo¯nere (appositum) ’hinstellen, dazusetzen’, aus l. ad- ’zu, an’ und l. po¯nere ’legen, stellen, setzen’.

mhd. appelliren. Entlehnt aus l. appella¯re ’anrufen, Ebenso nndl. appositie, ne. apposition, nfrz. apposition, nschw. auffordern’, Intensivum zu l. pellere ’stoßen, treiben’ apposition, nnorw. apposisjon. Zu l. po¯nere s. Þkomponieren. und l. ad- ’hin, zu’. Bezeugt ist zunächst die juristi- Appretur Sf ’(Mittel zur) Bearbeitung von Geweben sche Bedeutung ’Berufung einlegen’, dann − wohl (zum Schutz vor Feuchtigkeit usw.)’ per. fach. unter dem Einfluss des Französischen − die allge(18. Jh.). Entlehnt aus frz. appreˆt, einer Ableitung von meinere ’aufrufen’. Hierzu auch (als aus dem Franafrz. aprester ’vorbereiten, zubereiten’, zu l. praestus zösischen entlehnte Rückbildung) Appell ’militäri’gegenwärtig, zur Hand’. Das Wort wird zunächst in scher Aufruf, feierlicher Aufruf’. Bei der englischen der französischen Form entlehnt und dann mit einem Entsprechung appeal wandelt sich die Bedeutung zu Abstrakt-Suffix als Ableitung von appretieren ver’Ausstrahlung, Faszination’, das besonders bei ’Sexdeutlicht. Appeal’ auch ins Deutsche übernommen wird. AbEbenso nndl. appretuur, nfrz. appreˆt, nschw. appretur, nnorw. straktum: Appellation. Appellativum ’Gattungsbegriff’ appretur. – DF 1 (1913), 45f. ist eigentlich ’das Benannte, das Angeredete’. approbieren Vsw ’bestätigen, anerkennen’ per. fach. Ebenso ne. appeal, nfrz. appeler, nschw. appellera, nnorw. ap(15. Jh.). Entlehnt aus l. approba¯re ’gutheißen, anerpelere. Zur Sippe des zugrunde liegenden l. pellere ’stoßen’ s. kennen’ zu l. proba¯re ’erproben, prüfen, untersuchen’ ÞInterpellation. – DF 2 (21996), 103–109; Brunt (1983), 133; LM und l. ad- ’hin, zu’, zu l. probus ’gut, tüchtig, brav’. 1 (1980), 804f. (zu Appellation); EWNl 1 (2003), 154. Heute vor allem in approbiert und Approbation im Appetit Sm ’Hunger, Verlangen’ std. (15. Jh.). Entlehnt medizinischen Bereich. aus frz. appe´tit ’Esslust’ und ml. appetı¯tus cibi 2

Þprobat. – DF 2 ( 1996), 127–131; LM 1 (1980), 810f. ’Verlangen nach Speise’, diese aus l. appetı¯tus ’Verlangen’, abgeleitet von l. appetere ’verlangen’, zu l. Aprikose Sf std. (17. Jh.). Mit hyperkorrektem -e entpetere ’begehren (usw.)’ und l. ad- ’hin, zu’. Die Belehnt aus ndl. abrikoos, dieses aus frz. abricot m. unter Einfluss der Lautform des Plurals, aus span. albarideutungsverengung auf ein bestimmtes Verlangen − coque m. und port. albricoque, aus arab. al-barqu¯q, das nach Speise − vollzieht sich erst allmählich, dieses aus gr. preko´kkion n. (mit vielen Lautvarianindem das attribuierende ’nach Speise’ als selbstänten), das seinerseits übernommen ist aus l. praecodiges Wort wegfällt (beginnend in ml. Medizintexten quum n., einer Variante von l. praecox (Pl. praecocia) des 12. Jhs., dann im Französischen im 13. Jh., seit ’frühreif’, zu l. coquere (coctum) ’reifen, reifen lassen’. dem 16. Jh. treten andere Bezüge zurück). Adjektiv: Die im 1. Jahrhundert aus China in Italien eingeführte appetitlich. Frucht war der einheimischen ÞMarille im GeEbenso ne. appetite, nfrz. appe´tit, nschw. aptit, nnorw. appetitt. Zur Sippe von l. petere ’begehren’ s. ÞPetition. – DF 2 (21996), schmack überlegen und wurde als persica praecocia 114–121; LM 1 (1980), 806f.; Baldinger, K. in Neumann, W., ’frühreifer Pfirsich’ (Frucht, die früher reif ist als der Techtmeier, B. (Hrsg.): Bedeutungen und Ideen in Sprachen Pfirsich) bezeichnet. und Texten (Berlin 1987), 325–343; Röhrich 1 (1991), 94; EWNl 1 (2003), 155.

applaudieren Vsw ’Beifall spenden’ erw. fremd.

(16. Jh.). Entlehnt aus l. applaudere und frz. applaudir, zu l. plaudere (plausum) ’klatschen’ und l. ad’hin, zu’. Abstraktum: Applaus. Ebenso nndl. applaudisseren, ne. applaud, nfrz. applaudir, nschw. appla˚dera, nnorw. applaudere; Þexplodieren, Þplausibel. – DF 2 (21996), 121–123; EWNl 1 (2003), 155f.

apportieren Vsw erw. fach. (17. Jh., Bedeutung 18. Jh.).

Entlehnt zunächst aus l. apporta¯re ’herbeibringen’ in

Ebenso nndl. abrikoos, ne. apricot, nfrz. abricot, nschw. aprikos, nisl. aprı´ko´sa; Þkulinarisch, ÞBiskuit. – Littmann (1924), 81f.; Hasselrot, B. SN 13 (1941), 45–79, 226–252; RGA 1 (1973), 375; Lokotsch (1975), 20f.; Jones, W. J. SN 51 (1979), 249; Kiesler (1994), 156f.; EWNl 1 (2003), 85.

April Sm std. (12. Jh.), mhd. aprille, ahd. abrello. Das aus

l. Aprı¯lis (mensis) entlehnte Wort verdrängt älteres ahd. o¯starma¯no¯d ’Ostermonat’. Die Herkunft der lateinischen Monatsbezeichnung ist umstritten (vielleicht zu gr. Aphrodite, l. Venus).

apropos Ebenso nndl. april, ne. april, nfrz. avril, nschw. april, nisl. aprı´l. – Cortsen, S. P. Glotta 26 (1938), 270–275; EWahd 1 (1988), 26–28; Röhrich 1 (1991), 94f.; EWNl 1 (2003), 156f.

apropos (a` propos) Ptkl ’übrigens’ erw. fremd. (17. Jh.).

Entlehnt aus frz. a` propos ’zur (behandelten) Sache, zum richtigen Zeitpunkt kommend’, dieses hypostasiert aus frz. a` ’zu’ und frz. propos ’Zweck, Anlass, Vorsatz’, einer postverbalen Ableitung von frz. proposer ’vornehmen, vorschlagen’, dies aus frz. pro(Þpro-) und frz. poser ’stellen, legen’ gebildet nach l. pro¯po¯nere (dass.). In frz. poser scheinen sich spl. pausare ’ruhen’ und l. po¯nere (positum) vermischt zu haben. Ebenso nndl. apropos, nfrz. a` propos, nschw. apropa˚, nnorw. apropos. Zur Sippe von l. po¯nere ’setzen, stellen’ s. Þkomponieren. – DF 2 (21996), 137–140; Jones (1976), 542; EWNl 1 (2003), 157.

Aquamarin Sm (Edelstein) per. fach. (16. Jh., Form

56

weiter zu l. aequus ’gleich’. Es ist zunächst − im Mittellatein − ein Fachwort der mittelalterlichen Astronomie zur Bezeichnung des Himmelsäquators (d.h. [circulus] aequa¯tor die¯i et noctis ’Gleichmacher von Tag und Nacht’), so benannt, weil Tag und Nacht gleich lang sind, wenn die Sonne in dieser Position steht. Dann auch als geographischer Terminus verwendet für den Breitengrad der Erde, auf dem alle Punkte Tag- und Nachtgleichheit aufweisen. Ebenso nndl. equator, ne. equator, nfrz. ´equateur, nschw. ekvator, nnorw. ekvator. Zur Sippe von l. aequus ’gleich’ s. Þäqui-. – DF 2 (21996), 146–149; BlW 2 (1984), 55–59, 69–75; EWNl 1 (2003), 691.

äqui- LAff ’gleich’ erw. bildg. (–). Kompositionsform

von l. aequus ’gleich’, z.B. in Þäquivalent. Zu der Sippe von l. aequus ’gleich’ gehören außerdem die Adjektiv-Ableitung aequa¯lis, die über das Französische zu Þegal führt, und das abgeleitete Verb aequa¯re, das früh als Þeichen entlehnt wird und aus dessen präfigiertem PPP. Þadäquat herzuleiten ist; ÞÄquator ist ein Nomen Agentis zu ihm.

18. Jh.). Neubildung nach dem Vorbild von frz. aiguemarine f. und it. acquamarina f. als l. aqua marı¯na, äquivalent Adj ’gleichwertig’ per. fach. (17. Jh.). Entzurückgehend auf l. aqua f. ’Wasser’ und l. marı¯nus lehnt aus frz. ´equivalent und relatinisiert nach ml. ’zum Meer gehörig’, zu l. mare n. ’Meer’. Der Edelaequivalens (-entis), dieses aus l. aequus ’gleich’ und l. stein ist somit nach seiner Farbe als ’Meerwasser’ bevale¯ns (-entis) ’kräfig, vermögend’, zu l. vale¯re ’wert zeichnet. Zunächst entlehnt als Aqua marina, dann sein, bei Kräften sein’. Abstraktum: Äquivalenz; Koneingedeutscht. Zu den deutschen Entsprechungen kretum: Äquivalent. der Bestandteile s. ÞAch(e) und ÞMeer. Ebenso nndl. aquamarijn, ne. aquamarine, nschw. akvamarin, nisl. akvamarı´n. – Lüschen (1979), 174; EWNl 1 (2003), 157.

Aquaplaning Sn ’unkontrolliertes Gleiten von Autos

Ebenso nndl. equivalent, ne. equivalent, nfrz. ´equivalent, nschw. ekvivalent, nnorw. ekvivalent. Zu den beiden Wortsippen s. Þäqui- und ÞValenz. – DF 2 (21996), 150–154; Jones, W. J. SN 51 (1979), 257; EWNl 1 (2003), 692.

über stehendem Wasser auf Straßen’ per. fach. Ar Sn (auch m.) (ein Flächenmaß) per. fach. (19. Jh.). (20. Jh.). Entlehnt aus ne. aquaplaning, das eigentlich 1868 amtlich übernommen aus frz. are f., das seiner’Wasserski fahren’ bedeutet (zu ne. to plane seits auf l. a¯rea f. ’(freier) Platz’ zurückgeht. ’gleiten’). Ebenso nndl. are, ne. are, nfrz. are, nschw. ar, nnorw. ar; Ebenso nndl. aquaplaning, ne. aquaplaning, nfrz. aquaplaning, ÞAreal, ÞHektar. nschw. akvaplaning, nnorw. akvaplaning; ÞAch(e), ÞPiano, -ar1 (Variante -är1) Suffix (zur Bildung von denominaÞPlan 1. – Müller, K. F. SD 16 (1972), 196; Carstensen 1 len Zugehörigkeitsadjektiven) per. bildg. (–). Meist (1993), 47f.

Aquarell Sn ’mit Wasserfarben gemaltes Bild’ erw. fach.

entlehnt (und international), aber frei verfügbar. Z.B. illusionär, doktrinär; linear, alveolar. Herkunft aus l. -a¯rius, die Form -är über dessen französischen Fortsetzer frz. -aire.

(18. Jh.). Entlehnt aus it. acquarella f. (und frz. aquarelle f.), einer hypokoristischen Bildung im Anschluss an l. aqua¯rius ’zum Wasser gehörig’, zu it. acqua f. Wortbildung 3 (1978), 105 und die dort angegebenen Stellen. ’Wasser’, das auf l. aqua f. zurückgeht. It. acqua steht -ar2 (Variante -är2) Suffix (zur Bildung von Nomina hier für colore dell’acqua ’Wasserfarbe’. Agentis und Instrumentalbezeichnungen) erw. (–). Ebenso nndl. aquarel, ne. aquarelle, nfrz. aquarelle, nschw. akImmer entlehnt, aber meist ohne weiteres analysiervarell, nnorw. akvarell. Zur germanischen Verwandtschaft s. bar. Z.B. Bibliothekar, Revolutionär. Herkunft aus l. ÞAch(e). – DF 2 (21996), 143f.; EWNl 1 (2003), 157. -a¯rius, die Form -är über dessen französischen FortAquarium Sn std. (18. Jh.). Entlehnt aus ne. aquarium, setzer frz. -aire. Das Suffix entspricht dem Lehnsuffix einer neoklassischen Lokalableitung zu l. aqua f. Þ-er. ’Wasser’ Wortbildung 2 (1975), 356, 396f. Ebenso nndl. aquarium, ne. aquarium, nfrz. aquarium, nschw. akvarium, nnorw. akvarium. Zur germanischen Verwandt-ar3 Suffix (zur Bildung von kollektiven Sachbezeichschaft s. ÞAch(e). Vgl. ÞHerbarium, Terrarium. – DF 2 (21996), nungen; ÞGlossar, ÞMobiliar) per. bildg. (–). Her144–146; EWNl 1 (2003), 157f. kunft aus l. -a¯rium. Die Bildungen sind entlehnt, aber

Äquator Sm ’größter Breitenkreis auf der Erde’ erw.

fach. (16. Jh.). Entlehnt aus l. aequa¯tor, einem Nomen Instrumenti zu l. aequa¯re ’gleichmachen’ mit l. -tor,

meist analysierbar. Die lateinische Form ist beibehalten in Wörtern wie Instrumentarium und in den Lokalableitungen wie ÞAquarium. Wortbildung 2 (1975), 177.

Arche

57 Ära Sf ’Zeitabschnitt, Epoche’ erw. fach. (17. Jh.). Ent-

arbiträr Adj ’nach Ermessen, willkürlich’ per. fach. lehnt aus spl. aera, ein als Singular aufgefasster ur(17. Jh.). Entlehnt aus frz. arbitraire, dieses aus l. arsprünglicher Plural des Neutrums von l. aes (aeris) n. bitra¯rius, zu l. arbiter ’Schiedsrichter, Beobachter, ’Erz, Bronze, Kupfer, Geld, Wert’ (mit DeklinationsMitwisser, Zeuge’. Das Adjektiv überträgt die eigentwechsel). Pl. aera bezeichnet zunächst einen Zählliche Bedeutung ’schiedsrichterlich’ auf ’Sachverstein, dann den Posten in einer Rechnung; dann behalte, die nicht von Natur aus in einer bestimmten kommt es in Spanien die Bedeutung ’Zeitpunkt, ZeitWeise festgelegt sind, sondern einer Ermessensentscheidung bedürfen’; daraus dann ’beliebig, willkürraum’ im Rahmen von Datenangaben (vgl. etwa die Entwicklung von ÞDatum). Der Grund scheint die lich’. Ebenso nndl. arbitrair, ne. arbitrary, nfrz. arbitraire, nnorw. Zählung nach Steuerjahren zu sein, beginnend mit arbitr¢r. – Coseriu, E. ASNSL 204 (1968), 81–112; Brunt dem Jahr 38 v. Chr., in dem nach Isidor die Besteu(1983), 135; HWPh 1 (1971), 491–493; BlW 2 (1984), 288–294; DF erung von Spanien begann. Daraus hat sich der Ge2 (21996), 159–161; EWNl 1 (2003), 159. brauch verallgemeinert zu ’Epoche, Zeitabschnitt’ -arch LAff ’Herrscher’ per. bildg. (–). Das griechische (z.B. aera Hispanica). Verb gr. a´rchein ’der erste sein, herrschen’ hat als AbEbenso nndl. era, ne. era, nfrz. `ere, nschw. era, nnorw. ¢ra. Zur germanischen Verwandtschaft s. Þehern. – DF 2 (21996), leitung gr. archo´s m. ’Führer, Anführer’, in Kompo154–156; LM 1 (1980), 833; EWNl 1 (2003), 692. sita gr. -arche¯s m. und als Abstraktum -archı´a, z.B. gr. oligarchı´a ’Herrschaft der Wenigen’, gr. oliga´rche¯s Arabeske Sf ’(phantastische) Verzierung’ per. fach. ’einer der Herrscher einer Oligarchie’. Diese zweiten (18. Jh.). Entlehnt aus frz. arabesque, zu dem Adjektiv Bestandteile werden in neoklassischen Bildungen als frz. arabesque ’arabisch’. So benannt nach den Ver-arch m. und -archie f. für Herrscher- und Herrzierungen, die denen der Araber nachgebildet sind, schaftsbezeichnungen produktiv. Die zugehörige und die im wesentlichen aus vielfältig verschlungeSuffixform -archat (z.B. in Patriarchat) fügt an die nen Laubwerkornamenten bestehen. (Im religiösen Form des Maskulinums ein lateinisches Suffix (Þ-at) Bereich kennt der Islam keine Bilder, so dass die und ist somit hybrid. Schriftornamentik hier eine wesentlich größere Rolle Zur Sippe von gr. a´rchein s. ÞAnarchie. – Cottez (1980), 32f., spielt als im Christentum.) Später auf musikalische 36. und z.T. auch stilistische Verzierungen übertragen. archaisch Adj ’altertümlich’ erw. fremd. (18. Jh.). EntEbenso nndl. arabesk, ne. arabesque, nfrz. arabesque, nschw. arabesk, nnorw. arabesk. – DF 2 (21996), 156–159; Littmann lehnt aus spl. archaicus, dieses aus gr. archaı¨ko´s, abge(1924), 60; Lokotsch (1975), 8; Tazi (1998), 192; EWNl 1 leitet von gr. archaı˜os ’alt’, einer Ableitung von gr. (2003), 158. arche¯´ ’Ursprung’. Am frühesten bezeugt ist Archaismus ’altertümliches Wort’, dann das Adjektiv, Arbeit Sf std. (8. Jh.), mhd. arebeit, ahd. arabeit(i), as. das häufig speziell auf das griechische Altertum bearbÐ ed(i). Aus g. *arbaiþi- f. ’Mühsal, Arbeit’, auch in zogen wird. gt. arbaiþs, anord. erfidiÑ , ae. earfod,Ñ afr. arbe¯(i)d. Das Ebenso nndl. archaı¨sch, ne. archaic, nfrz. archaı¨que, nschw. Wort kann ein ti-Abstraktum zu einem Verb auf g. arkaisk, nnorw. arkaisk. Zur Wortsippe des zugrunde liegen*-¢¯ -ja- sein (eine sonst nicht bezeugte Bildungsweiden gr. a´rchein ’führen’ s. ÞAnarchie. – DF 2 (21996), 161–166 se). Andererseits lässt sich das slavische Wort für ArHWPh 1 (1971), 495–497; EWNl 1 (2003), 160. beit vergleichen: akslav. rabota ’Sklaverei, Knechtschaft’ u.ä., das deutlich zu akslav. rabu˘ m. ’Knecht, Archäologie Sf ’Altertumsforschung’ erw. fach. (17. Jh.). Entlehnt aus gr. archaiologı´a ’Erzählungen Sklave’ gehört; die Stammbildung (Abstraktsuffix aus der alten Geschichte’, zu gr. archaı˜os ’alt, ur-ota) ist aber mit der germanischen nicht zu vergleisprünglich’ und gr. lo´gos m. ’Kunde, Wissenschaft, chen. Verb: arbeiten; Nomen Agentis: Arbeiter; AdjekVernunft’ (ausgehend von Thukydides: Vorgeschichtiv: arbeitsam, komponiertes Adjektiv: arbeitslos. te des Peloponnesischen Kriegs). Täterbezeichnung: Geist, H. Luther-Jahrbuch 1931, 83–113; Götz, H. ASAWL 49 (1957), 119–125; Schneidewind, G. BGDSL-H 81 (1959), Archäologe; Adjektiv: archäologisch. 174–187; Krupp, M. Schlüsselwörter 2 (1964), 258–286; HWPh 1 Ebenso nndl. archeologie, ne. arch(a)eology, nfrz. arche´ologie, (1971), 480–489; GB 1 (1972), 154–242; Barzel, A.: Der Begriff nschw. arkeologi, nnorw. arkeologi. Weiteres unter ÞAnarchie ’Arbeit’ in der Philosophie der Gegenwart (Bern 1973); RGA 1 und Þ-logie. – DF 2 (21996), 166–171; Cottez (1980), 33; EWNl 1 (1973), 383–386; Reiter, N. ZfB 13 (1977), 125–142; Tranquilli, (2003), 160. V.: Il concetto di lavoro da Aristotele a Calvino (Milano 1979); Arche Sf erw. fach. (9. Jh.), mhd. arche, ahd. arka, arWiedemann, K.: Arbeit und Bürgertum (Heidelberg 1979); cha. Wie gt. arka, anord. o¸rk, ae. earc(e), afr. erke LM 1 (1980), 869–883; Anderson, R. R., Goebel, U., Reich’Kasten’ entlehnt aus l. arca ’Verschluss, Kasten’. In mann, O. FS Stutz. Hrsg. A. Ebenbauer (Wien 1984), 1–29; der Standardsprache nur noch als Bezeichnung für Krause, A. in Brandt, G., Rösler, I. (Hrsg.): Stellenwert und Bewältigung (Berlin 1988), 129–138; EWahd 1 (1988), 313–318; ’Noahs Kasten’ erhalten, mundartlich noch in andeRöhrich 1 (1991), 96f.; EWNl 1 (2003), 159. rer Bedeutung. Ebenso nndl. ark(e), ne. ark, nfrz. arche, nschw. ark, nisl. örk. Das lateinische Wort gehört zu l. arce¯re ’verschließen’. – EWahd 1 (1988), 330f.; EWNl 1 (2003), 163.

archi-

58 archi- Präfix ’Erz-’ erw. (–). Zur Präfigierung von Sub-

Ebenso nndl. arena, ne. arena, nfrz. are`ne, nschw. arena, 2

nnorw. arena. – DF 2 ( 1996), 187–189; EWNl 1 (2003), 161; stantiven (und Adjektiven), wobei dem Grundwort EWahd 2 (1998), 1136. die Bedeutung ’haupt-, übergeordnet’ hinzugefügt arg Adj std. (8. Jh.), mhd. arc, ahd. ar(a)g. Aus g. *argawird (z.B. Archidiakon ’erster Diakon’). Es handelt sich um die Kompositionsform von gr. archo´s Adj. ’feig’; das Wort gilt in alter Zeit als schlimmes Schimpfwort und hat ersichtlich eine sexuelle Neben’Führer’, die in Entlehnungen aus dem Griechischen bedeutung, vermutlich ’beim homosexuellen Ge(z.T. in lateinischer und romanischer Vermittlung) schlechtsverkehr die passive Rolle spielend’. Bezeugt ins Deutsche übernommen und aus diesen als Präfix in anord. argr und ragr (mit tabuisierender Metaverselbständigt wird. In frühen deutschen Entlehthese), ae. earg, afr. erg. Zu ig. *erg´ h- ’bespringen, kletnungen mit der Form ÞErz-, erz-. Zur Sippe des zugrunde liegenden gr. a´rchein s. ÞAnarchie. S. tern’, nur noch bewahrt in heth. ark- ’bespringen auch ÞArzt. – Cottez (1980), 32. (sexuell), klettern (auf Bäume)’ und in dem gemeinig. Wort für ’Hode’ ig. *org´ hi- (gr. o´rchis usw.) als Archipel Sm ’eine größere Inselgruppe’ per. fach. ’Instrument zum Bespringen’. Hierzu einerseits g. (16. Jh., Form 19. Jh.). Entlehnt aus it. arcipelago, zu *arga- als ’Besprungener’, andererseits lit. arzˇu`s, erzˇu`s it. pelago ’Gewässer’ und arci-, aus l. pelagus n. ’geil, wollüstig’, er˜ˇzilas ’Hengst’ als ’Bespringender’ ’Meer’, aus gr. pe´lagos n. Im Italienischen zunächst (nach Watkins zu erklären als Unterschied zwischen gebildet im Sinne von ’großes Gewässer’ als Bezeichaktivem *org´ ho´-s gegenüber passivem *o´rg´ ho-s). Der nung des ägäischen Meeres; dann verallgemeinert zu Anschluss weiterer Wörter (wie gr. orche´omai ’Gewässer mit vielen Inseln’ (speziell die Inselwelt ’tanzen’) kann semantisch plausibel gemacht werden, zwischen Griechenland und Kleinasien), schließlich doch sind bei einem eingehenden Vergleich die Laut’Inselgruppe im Meer’. Zunächst Archipelagus, dann formen (verschiedene Tektale) nicht vereinbar. Komnach französischem Vorbild gekürzt zu Archipel. posita: Arglist, arglos; Präfixableitung: verargen. Ebenso nndl. archipel, ne. archipelago, nfrz. archipel, nschw. arkipelag, nnorw. arkipel; Þarchi-. – DF 2 (21996), 174–176; EWNl 1 (2003), 160.

Architekt Sm ’Baumeister’ std. (16. Jh.). Entlehnt aus l.

architectus, dieses aus gr. archite´kto¯n, einer Zusammensetzung aus gr. archi- ’Erz-’ und gr. te´kto¯n ’Baumeister, Zimmermann’, also eigentlich ’Oberbaumeister’. Zugehöriges Adjektiv architektonisch mit dem Abstraktum Architektonik; auf eine lateinische Hybridbildung geht das Konkretum Architektur zurück. Ebenso nndl. architect, ne. architect, nfrz. architecte, nschw. arkitekt, nnorw. arkitekt. Zur Sippe des ersten Glieds s. Þarchiund ÞAnarchie, zur Sippe des zweiten ÞTechnik für die griechische, ÞText für die lateinische und ÞDechse(l) für die germanische Verwandtschaft. – Zellmer, E.: Die lateinischen Wörter auf -ura (Frankfurt/Main, 1976); DF 2 (21996), 176–181; Pevsner, N. Speculum 17 (1942), 549–562; HWPh 1 (1971), 502f.; LM 1 (1980), 901; EWNl 1 (2003), 160f.

Archiv Sn ’Aufbewahrungsort für öffentliche Urkun-

den und Dokumente’ erw. fach. (15. Jh.). Entlehnt aus ml. archı¯vum, dieses einer Nebenform von l. archı¯um, das auf gr. archeı˜on ’Amtsgebäude’ zurückgeht, einer Lokalbildung zu gr. a´rchein ’regieren, herrschen’. Eine Täterbezeichnung ist Archivar; Verb: archivieren.

Ebenso nndl. erg, nschw. arg, nisl. argur ’schlecht’, ragur ’feig’; Þärgern. – Anon.: Spuren von Konträrsexualität bei den alten Skandinaviern. Jahrbuch für sexuelle Zwischenstufen 4 (1902), 244–263, besonders 248–250; Beckmann, N. NTF 9 (1920), 103–108; Weisweiler, J. IF 41 (1923), 16–29; Ström, F. Saga och Sed (1972), 27–47; Watkins, C. BSL 70 (1975), 11–26; Arbeitman, Y. Maledicta 1 (1980), 76–78; Sørensen, P. M.: The Unmanly Man (Odense 1983), besonders Kapitel 2; Puhvel, J. FS Risch (1986), 154f.; Gade, K. E. Scandinavian Studies 58 (1986), 124–141; EWahd 1 (1988), 321–324; Schwink, F. W. IF 98 (1993), 231–240; Heidermanns (1993), 102f.; Schuhmann, R. FS Neumann (2002), 453–464; EWNl 1 (2003), 694f.

ärgern Vsw std. (11. Jh.), mhd. ergern, ahd. argero¯n. For-

mal vom Komparativ zu Þarg abgeleitetes Verb, also eigentlich ’schlechter machen’. Eine genauere Bedeutungsanalyse steht noch aus. Abstraktum: Ärger; Adjektiv: ärgerlich; Konkretum: Ärgernis. Argument Sn ’Beweisgrund’ erw. fach. (14. Jh.). Ent-

lehnt aus l. argu¯mentum, einer Ableitung von l. arguere ’beweisen, erhellen’. Verb: argumentieren; Abstraktum: Argumentation. Ebenso nndl. argument, ne. argument, nfrz. argument, nschw. argument, nnorw. argument. – DF 2 (21996), 189–194; BlW 2 (1984), 298–302; EWNl 1 (2003), 162.

Ebenso nndl. archief, ne. archives, nfrz. archives, nschw. arkiv, Argusaugen Spl ’scharfe Augen’ erw. bildg. (17. Jh.). nnorw. arkiv. Zur Sippe des griechischen Wortes s. ÞAnarchie. Argos (l. Argus) war der Name des Riesen, der hun– DF 2 (21996), 181–185; LM 1 (1980), 907; EWNl 1 (2003), 160. dert Augen hatte und von der Göttin Hera als Be-

Areal Sn erw. fremd. (18. Jh.). Entlehnt aus dem Adjek-

tiv ml. arealis ’zur Fläche gehörig’, zu l. a¯rea ’Fläche’. Ebenso nndl. areaal, ne. area, nfrz. aire, nschw. areal, nnorw. areal; ÞAr. – DF 2 (21996), 185f.; EWNl 1 (2003), 161.

Arena Sf ’Kampfplatz (im Amphitheater)’ erw. fach.

(16. Jh.). Entlehnt aus it. arena und l. are¯na, einer Nebenform von l. hare¯na ’Sand, Sandplatz’. Der Platz für die Kämpfe war mit Sand bestreut.

wacher der Jo, einer Geliebten des Zeus, eingesetzt wurde. Das Bild wird seit dem 16. Jh. häufiger gebraucht. Die vorliegende Form des Kompositums ist nur deutsch (und aus dem Deutschen entlehnt). Ebenso nndl. argusogen, ne. Argus-eyed, nfrz. yeux d’Argus, nschw. argusögon, nnorw. argusøyne. – DF 2 (21996), 194f.

Arlesbaum

59 Argwohn Sm std. stil. (12. Jh.), mhd. arcwa¯n, ahd. arg-

wa¯n. Zusammengerückt aus arg und wa¯n (noch im 13. Jh. auch arger wa¯n). Die Entwicklung zu o¯ ist in den meisten Mundarten üblich. In dieser Zusammensetzung hat das Wort ÞWahn seine alte Bedeutung ’Vermutung’ bewahrt. Verb: argwöhnen; Adjektiv: argwöhnisch. EWNl 1 (2003), 162.

Ariadnefaden Sm ’Lösungsweg’ erw. bildg. (17. Jh.).

Ebenso nndl. aritmetica, ne. arithmetic, nfrz. arithme´tique, nschw. aritmetik, nnorw. aritmetikk; ÞLogarithmus. – Schirmer (1912), 6; HWPh 1 (1971), 515f.; Cottez (1980), 36; DF 2 (21996), 217–221; EWNl 1 (2003), 163.

-arium Suffix (zur Bildung von Ortsbezeichnungen,

vornehmlich zur Charakterisierung von künstlich geschaffenen Anlagen, z.B. Planetarium ’Beobachtungsstation für Himmelskörper’) per. bildg. (–). Es wird hauptsächlich in neoklassischen Bildungen verwendet und geht auf das lateinische Lokalsuffix -a¯rium zurück.

Nach der griechischen Mythologie gibt Ariadne, die Tochter des kretischen Königs Minos, dem atheniÞ-ar 3. – Cottez (1980), 36. schen Prinzen Theseus ein Knäuel, das er beim Gang Arkade Sf ’Bogen’, meist Pl. ’Bogengang (usw.)’ per. durch das Labyrinth des Minotaurus abrollen lässt, fach. (17. Jh.). Entlehnt aus frz. arcade (zunächst in um nach dessen Bezwingung an diesem ’Leitfaden’ der Bedeutung ’Laubengang’ in der Gartentechnik, den rettenden Ausgang wiederzufinden. dann als ’Bogengang’ in der Architektur), dieses aus Ebenso nndl. draad van Ariadne, ne. Ariadne’s thread, nfrz. fil it. arcata (abgeleitet von it. arco m. ’Bogen’) und ml. d’Ariane, ndn. ariadne-traad, nnorw. ariadnetra˚d. Das Kompositum in dieser Form ist nur deutsch (und aus dem Deutarc(u)atum n., beide aus l. arcus m. ’Bogen’. schen entlehnt). – Röhrich 2 (1992), 957 (s.v. Leitfaden); DF 2 (21996), 195f.

Arie Sf ’(Opern)Lied’ erw. fach. (17. Jh.). Entlehnt aus

it. aria ’Lied, Melodie’, dieses zu afrz. aire ’Art und Weise’, wobei das Wort eine ’Art zu singen’ bezeichnet (vgl. d. ÞWeise ’Art’, Gesangsweise und Weise ’Melodie’). Die Verengung zur heutigen Bedeutung ’Opernlied’ vollzieht sich im 18. Jh. durch die eingeschränkte Verwendung im Zusammenhang der von italienischen Vorbildern geprägten Oper. Ebenso nndl. aria, ne. aria, nfrz. air, aria, nschw. aria, nisl. arı´a. – DF 2 (21996), 196–199; Eggebrecht (1955), 114, 127f.; EWNl 1 (2003), 162.

Aristokratie Sm ’Adelsherrschaft’ erw. fach. (15. Jh.).

Entlehnt aus frz. aristocratie f. ’Adelsherrschaft’, dieses aus l. aristocratia f., aus gr. aristokratı´a f., einem Abstraktum zu einem Kompositum aus gr. a´ristos ’Tüchtigster’, dem suppletiven Superlativ zu gr. agatho´s ’tüchtig, trefflich’, und gr. kra´tos ’Macht, Gewalt’. Im Griechischen bezeichnet das Wort die ’Herrschaft der Vornehmsten’ − in bewusster Scheidung von der Monarchie einerseits und der Demokratie andererseits. Da aber Adel gleichgesetzt wird mit der sittlich-moralischen Qualifikation des Edlen, kommt es zu der Gleichsetzung von Qualifikation und Abstammung, die das neuzeitliche Wortverständnis prägt. Das Adjektiv aristokratisch wird auch übertragen gebraucht. Täterbezeichnung: Aristokrat. Ebenso nndl. aristocratie, ne. aristocracy, nfrz. aristocratie, nschw. aristokrati, nnorw. aristokrati. Vgl. ÞAdel 1. Zum Hinterglied s. ÞDemokratie. – DF 2 (21996), 205–217; HWPh 1 (1971), 505–508; Cottez (1980), 35f.; Huber, A. in Welskopf 5 (1981), 78–107; EWNl 1 (2003), 162f.

Arithmetik Sf ’Rechenkunst’ erw. fach. (14. Jh.). Ent-

lehnt aus l. arithme¯tica, dieses aus gr. arithme¯tike¯´ (te´chne¯), zu gr. arithme¯tiko´s ’was das Rechnen betrifft’, zu gr. arithmeı˜n ’rechnen, zählen’, abgeleitet von gr. arithmo´s m. ’Zahl’. Adjektiv: arithmetisch.

Ebenso nndl. arcade, ne. arcade, nfrz. arcade, nschw. arkad, nnorw. arkade; ÞArmbrust, ÞErker, ÞArkebusier.Ersatzwort ist Bogengang. – DF 2 (21996), 221f.; Jones (1976), 106f.; Brunt (1983), 136; EWNl 1 (2003), 159.

Arkebusier Sm ’Hakenbüchsen-Schütze’ per. arch.

(16. Jh.). Entlehnt aus frz. arquebusier, zu frz. arquebuse f. ’Hakenbüchse’. Ebenso nndl. arkebus(s)ier, ne. harquebusier, nschw. hagelbössa. Das französische Wort vermutlich aus nndl. haakbus unter volksetymologischer Anlehnung an l. arcus ’Bogen’. Die Hakenbüchse hieß so, weil sie beim Schießen auf eine Hakenstange (als Stütze) aufgelegt wurde. – LM 1 (1980), 952.

arktisch Adj ’zur Arktis gehörig, kalt’ erw. fach.

(18. Jh.). Entlehnt aus l. arcticus ’nördlich’, aus gr. arktiko´s, eigentlich ’zum (Sternbild des) Bären gehörig’ (zu gr. a´rktos m. ’Bär, Sternbild des [Großen] Bären’). Dazu die Kunstbildung Arktis (ebenso Antarktis und antarktisch). Die Wörter werden im wesentlichen als Namen und Herkunftsadjektive gebraucht. Ebenso nndl. arctisch, ne. arctic, nfrz. arctique, nschw. arktisk, nisl. arktı´skur. Das Sternbild heißt ursprünglich ’der Wagen’ (sumerisch MUL GID.DA, entsprechend akkadisch eriq(q)u). Das akkadische Wort ist offenbar bei der Entlehnung ins Griechische mit Sekundärmotivation an gr. a´rktos angeschlossen worden. Vgl. Szemere´nyi, O. in 2. Fachtagung. Innsbruck 1962, S. 190. – Scherer, A.: Gestirnnamen bei den indogermanischen Völkern (Heidelberg 1953), 131–134; EWNl 1 (2003), 161.

Arl Sf ’Hakenpflug’ per. arch. (13. Jh.), mhd. arl. Ent-

lehnt aus einer slavischen Sprache (urslav. *ordlo, vgl. sloven. ra´lo, cˇech. ra´dlo). Die zugehörige Pflugschar heißt ärling, was wohl ebenfalls entlehnt ist (frühslav. *ordlı˘niku˘, vgl. allgemein südslav. ralnik). Koren, H.: Pflug und Arl (Salzburg 1950); Wiesinger, P. in Beumann/Schröder (1985), 164–170; Bayerisch-Österreichisches Wörterbuch. Bd. I Österreich (Wien 1963 ff.), I, 328f.

Arlesbaum Sm ’Mehlbeerbaum’ per. arch. (12. Jh.),

mhd. arlizboum, ahd. erlizboum. Herkunft unklar.

arm

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Vielleicht eine Weiterbildung zu dem Wort für Erle, da die Blätter der beiden Bäume sich ähnlich sind. arm Adj std. (8. Jh.), mhd. arm, ahd. ar(a)m, as. arm.

Ebenso nndl. armada, ne. armada, nschw. armada, nnorw. armada. Zur Sippe von l. arma ’Waffen’ s. ÞArmee. – Wis (1955), 93f.

Aus g. *arma- Adj. ’vereinsamt, unglücklich’ (im Ge- Armatur Sf ’Bedienungstafel, Ausrüstung’ erw. fach. (16. Jh.). Entlehnt aus it. armatura und l. arma¯tu¯ra gensatz zu heil), auch in gt. arms, anord. armr, ae. ’Ausrüstung, (Bewaffnung)’, einem Kollektivum zu l. earm, afr. erm. Herkunft unsicher. Nach einer Anarma ¯ tus ’ausgestattet, bewaffnet’, dem PPP. von l. arnahme gehört das Wort zu ig. *er(¡)- ’auflösen’ in lit. ma¯re ’ausrüsten, bewaffnen’, zu l. arma n. ’Gerät`ırti ’sich auflösen, trennen, in Trümmer gehen’, akschaften, Waffen’. slav. oriti ’auflösen’, ai. rte´ ’ohne’. Morphologisch ˙ ai. a´rma- ’Ruinenstätte’ (im Ebenso nndl. armatuur, ne. armature, nfrz. armature, nschw. vergleichbar ist vielleicht armatur, nnorw. armatur. Zur Sippe von l. arma ’Waffen, GeGegensatz zum intakten Dorf); doch wird dies neurätschaften’ s. ÞArmee. – DF 2 (21996), 228–230; EWNl 1 (2003), erdings auf eine Bedeutung ’Brunnen’ und eine Laut163f. form *al- zurückgeführt. Semantisch nach wie vor ansprechend ist die Anknüpfung an ig. (eur.) *orb ho- Armbrust Sf erw. obs. (12. Jh.), mhd. ar(m)brust, ar(m)brost n. Entlehnt aus afrz. arbalestre. Dieses ’zurückgelassen, verwaist, elend’ (l. orbus). Das gerkommt aus l. arcuballista ’Bogenschleuder’ (zu l. manische Wort könnte auf *orbh-mno- mit Assimiarcus m. ’Bogen’ und l. ballista ’Schleudermaschine’, lation von -b hm- zu -mm- zurückgehen; gr. orphano´s das aus einer Ableitung von gr. ba´llein ’werfen, ’verwaist’ auf *orbhmno- (die Zugehörigkeit von ˙ schleudern’ entlehnt ist). Das zweite Glied des deutanord. aumr − s. EWahd 1 − braucht dabei nicht vorschen Wortes wird zuerst auf mhd. berust, berost n. ausgesetzt zu werden). Modifikationen: ärmlich, arm(Kollektivum zu Þrüsten) und erst sekundär (nachselig; Präfixableitung: verarmen. dem dieses Wort ungebräuchlich wurde) auf ÞBrust Ebenso nndl. arm, nschw. arm; ÞArmut. – Weisweiler, J. IF 41 (daher das Femininum) bezogen. (1923), 304–329; Wirth, A. P.: Vor- und Frühgeschichte des Wortes ’arm’ (Diss. Freiburg 1966); Beck, H., Strunk, K. FS Eggers (1972), 18–41; RGA 1 (1973), 413–417; Boretzky, N. ZfB 13 (1977), 9–19; Reiter, N. ZfB 13 (1977), 125–142; EWahd 1 (1988), 333–335; Röhrich 1 (1991), 98f.; Heidermanns (1993), 104f.; EWAia I, 120 (zu ai. a´rma-); Olsen, S. FS Banta (Göppingen 1988), 75–97 (zum Gebrauch als Suffixoid); EWNl 1 (2003), 163.

Arm Sm std. (8. Jh.), mhd. arm, ahd. ar(a)m, as. arm.

Ebenso nfrz. arbale`te, nschw. armborst, nnorw. armbrøst. Zum Erstglied s. ÞArkade, ÞArkebusier und ÞErker. Zur Sippe des Zweitglieds s. ÞSymbol. – LM 1 (1980), 965–969; Schwarz, H. Trier (1981), 21 Anm. 13; Hiersche, R. BN 18 (1983), 262 Anm. 5; EWahd 1 (1988), 336f.

Armee Sf std. (16. Jh.). Entlehnt aus frz. arme´e, femi-

nines Partizip des Perfekts zu frz. armer ’bewaffnen’, dieses aus l. arma¯re, zu l. arma n. ’Gerätschaften, Waffen’.

Aus g. *arma- m. ’Arm’, auch in gt. arms, anord. armr, ae. earm, afr. erm. Dieses aus einem indogerEbenso ne. army, nfrz. arme´e, nschw. arme´, nnorw. arme´. Von manischen Wort für ’Schultergelenk, Arm’, das in l. arma ’Waffen, Gerätschaften’ findet sich ein italienischer Nachfolger verbaut in ÞAlarm, wozu auch ÞLärm; ein franzwei Ablautformen *ar¡-mo- und *r¡-mo- auftritt. ˙ zösischer Nachfolger ist verbaut in ÞGendarm. Das Verb arErsteres in l. armus ’Oberarm, Schulterblatt’, akslav. ma¯re ’bewaffnen, ausrüsten’ ist entlehnt in Þarmieren, sein ramo n. ’Schulter’; letzteres in ai. ¯ırma´- ’Arm’, PPP. über das Spanische in ÞArmada, über das Französische in apreuß. irmo f. ’Arm’. Ableitung von der VerbalwurÞArmee; eine Kollektivbildung dazu in ÞArmatur; eine Ortszel ig. *ar¡- ’fügen’ in gr. ararı´skein ’zusammenfübezeichnung in ÞAlmer. Zur germanischen Verwandtschaft s. gen’ und Ableitungen in anderen Sprachen. GrundÞArm, wo auch die entfernteren lateinischen Verwandten gebedeutung von Arm ist also ’Gelenk’ oder ’Körpernannt sind. – DF 2 (21996), 231–237; Jones (1976), 107f.; Röhteil bei dem Gelenk’. Vermutlich gleicher Herkunft ist rich 1 (1991), 100f. l. arma n. Pl. ’Waffen’ (ÞArmee), l. ars f. ’Kunst’ Ärmel Sm std. (10. Jh.), mhd. ermel, ahd. armilo. Ist wie (ÞArtist) und l. artus m. ’Gelenk’ (ÞArtikel). Präfixae. earmella eine Zugehörigkeitsbildung zu ÞArm in ableitung: umarmen. der Form eines Diminutivs. Grundbedeutung also Ebenso nndl. arm, ne. arm, nschw. arm, nisl. armur. S. auch ’das, was zum Arm gehört’ (vgl. ÞEichel zu ÞEiche). ÞÄrmel, ÞArt 1, ÞReim, ÞRitus. – Hamp, E. P. JIES 10 (1982), 187–189; EWahd 1 (1988), 331–333; Röhrich 1 (1991), 99f.; EWNl 1 (2003), 163.

Röhrich 1 (1991), 101f.; EWahdl 1 (1988), 338.

armieren Vsw ’mit Waffen, mit einer Ummantelung,

mit Stahl versehen’ per. fach. (16. Jh.). Entlehnt aus frz. armer, das auf l. arma¯re zurückgeht. Zu l. arma n. Entlehnt aus span. armada ’Kriegsflotte, Kriegsheer’, Pl. ’Waffen, Gerätschaften’, also ’mit Waffen oder zu l. arma¯tus ’bewaffnet’, dem PPP. von l. arma¯re Gerätschaften versehen, ausrüsten’. ’ausrüsten, bewaffnen’, zu l. arma n. ’Gerätschaften, Zur Sippe des Wortes s. ÞArmee. Waffen’. Allgemein bekannt geworden als Bezeichnung der von Philipp II. gegen England ausgesandten Armleuchter Sm ’Leuchter mit mehreren Armen’ std. Flotte. (18. Jh., Bedeutung 20. Jh.). Das Wort wird in der Gegenwartssprache als Schimpfwort gebraucht, ur-

Armada Sf ’Kriegsflotte; große Zahl’ per. fach. (16. Jh.).

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sprünglich verhüllend für Arschloch (wegen der gleichen Anfangsbuchstaben der Kompositionsglieder). Vgl. ne. shaving cream, sugar, shoot usw. für shit. – Christopher, R. Maledicta 3 (1979), 195.

Armut Sf std. (8. Jh.), mhd. armuot(e), ahd. armuoti,

armuotı¯ f./n., as. armo¯di. Altes Abstraktum zu Þarm mit unklarem Suffix. Þarm. – EWahd 1 (1988), 338–340.; EWNl 1 (2003), 164.

Arnika Sf (Heilpflanze) per. fach. (14. Jh.). Eine latini-

sierende Bildung unbekannter Herkunft. Entstellt aus gr. ptarmike¯´ ’Nieswurz’? Ebenso nndl. arnica, ne. arnica, nfrz. arnica. – Marzell 1 (1943), 406; LM 1 (1980), 999.

Aroma Sn std. (17. Jh.). Entlehnt aus l. aro¯ma ’Gewürz’,

dieses aus gr. a´ro¯ma, dessen Herkunft ungeklärt ist. Aromata ’Duftkräuter, Spezereien’ ist eine schon we-

sentlich frühere Entlehnung aus dem Plural des Wortes − heute nicht mehr üblich. Adjektiv: aromatisch. Ebenso nndl. aroma, ne. aroma, nfrz. arome, aroˆme, nschw. arom, nnorw. aroma, nisl. aro´matı´skur. – DF 2 (21996), 237–240; Schütt, H.-W. in Rapp/Schütt (1987), 255–272; EWNl 1 (2003), 164.

Aron(s)stab Sm (Wald- und Heckenpflanze) per. fach.

arrogant bezeichnet oder sie haben die Technik des Brennens solcher Getränke unter dieser Bezeichnung dort eingeführt. Aus dem ostindischen Bereich werden dann die Sache und das Wort nach Europa gebracht, wobei es müßig ist, eine gebende Sprache für das Deutsche ausmachen zu wollen (die maßgebende Rolle für den Handel spielten die Holländer). In der deutschen Literatursprache war die Form Rack üblich (für Arrack als Bestandteil von Punsch). Die von Paraschkewow (2004, 21f.) vertretene Ansicht, das Wort stamme ursprünglich nicht aus dem Arabischen, sondern aus einer morgenländischen Sprache (mit Beispielen aus dem Mongolischen und Koreanischen) ist erwägenswert, doch fehlt bis jetzt ein Nachweis der Entlehnungsrichtung. Ebenso nnd. arak, ne. arrack, rack, nfrz. ara(c)k, arac, nschw. arrak, nnorw. arak. – Littmann (1924), 81, 84f.; Lokotsch (1975), 91; Tazi (1998), 92f.; Arveiller, R. ZRPh 85 (1969), 123–126 Rack.

arrangieren Vsw ’in Ordnung bringen, einrichten’ erw.

fremd. (18. Jh.). Entlehnt aus frz. arranger, zu frz. ranger ’reihen’ und ad-. Abstraktum: Arrangement. Ebenso nndl. arrangeren, ne. arrange, nfrz. arranger, nschw. arrangera, nnorw. arrangere. Das französische Verb ist eine Ableitung von afrz. renc ’bestimmte Reihe, Platz’, dieses aus awfrk. *(h)ring ’Kreis, Versammlung’; also ’an seinen Platz bringen, einreihen’; ÞRang, Þrangieren; zur germanischen Verwandtschaft s. ÞRing. – Schirmer (1911), 15f.; Brunt (1983), 442 (zu rangieren); HWPh 1 (1971), 520f.; DF 2 (21996), 240–245; EWNl 1 (2003), 165.

(15. Jh.). Der gemeineuropäische Name der Pflanze ist zunächst aron (u.ä.) < ml. aron, arum < gr. a´ron, das seinerseits aus einer Mittelmeersprache entlehnt ist (nach Plinius aus dem Ägyptischen). In der frühen Neuzeit wurde der Name mit dem Namen des Hohepriesters A(a)ron, dem Bruder von Moses, identifiziert und zu verschiedenen Komposita erweitert, Arrest Sm std. (15. Jh.). Vermutlich über das Niederlänvon denen sich in der Standardsprache Aron(s)stab dische entlehnt aus afrz. arrest ’Beschlagnahme, Festdurchgesetzt hat. Der Name bezieht sich auf die aufhalten, (später) Haftbefehl, Verhaftung’, das eine fällig verdickte Form des Blütenkolbens, die auch zu postverbale Bildung zu afrz. arrester ist (entspresexuellen Bezeichnungen geführt hat (Pfaffenpint chend früher im Deutschen bezeugt: fnhd. arrestieren ’Penis des Hohepriesters’). Also die Verbindung einer [14. Jh.]). Das französische Wort aus l. resta¯re Benennung nach der Form mit dem alten Namen; zu ’zurückbleiben, stillstehen’ und l. ad- ’hin, zu’, zu l. dem Stecken Levis mit dem Namen Aarons, den Gott sta¯re (statum) ’stehen’ und l. re-. Eine jüngere Entlehzum Zeichen seiner Wahl grünen und blühen lässt nung des französischen Verbs führt zu arretieren (das (Num. 17,23), besteht keine naheliegende Beziehung. auch in technischer Bedeutung ’blockieren’ verwenMarzell 1 (1943), 443–454. det wird). Ebenso nndl. arrest, ne. arrest, nfrz. arreˆt, nschw. arrest, nnorw. Arrak (älter auch Rack) Sm ’Branntwein aus Reis oder arrest. Zur Sippe des zugrunde liegenden l. sta¯re ’stehen’ s. Palmsaft unter Zusatz von Melasse’ per. fach. (16. Jh.). ÞDistanz; zur germanischen Verwandtschaft s. Þstehen. – Arrak wurde in Ostindien hergestellt und von dort Schirmer (1911), 16; DF 2 (21996), 245–252; EWNl 1 (2003), 165. eingeführt. Früheste Bezeugungen sind arach für arrivieren Vsw ’vorwärtskommen’ erw. fremd. (16. Jh.). ’Reiswein’ (1525 durch Pigaphetta, den Chronisten Entlehnt aus frz. arriver, das über späte lateinische von Magallans Weltumseglung, erhalten in einer Formen (*adripare) zurückgeht auf eine Präfixableifranzösischen Teilübersetzung, bezogen auf die Philtung zu l. rı¯pa ’Ufer’ und l. ad- ’hin, zu’. In neuerer ippinen), im folgenden Jahrhundert auch für PalmZeit ist besonders das Partizip arriviert ’erfolgreich, wein und für Branntwein aus Zuckerrohr, die Lautangesehen’ gebräuchlich. formen sind arack und raque. Zurückgeführt wird das Ebenso ne. arrive, nfrz. arriver, nnorw. arrivere; ÞRevier. – Wort auf arab. araq, einer Bezeichnung für alkoholJones (1976), 112; DF 2 (21996), 254–257; EWNl 1 (2003), 165f. haltige Getränke, ausgehend von arab. araq at-tamr ’Saft der Dattelpalme’ (ursprünglich bedeutet arab. arrogant Adj ’überheblich’ std. (18. Jh.). Entlehnt aus araq ’Schweiß’). Entweder haben die Araber verfrz. arrogant, dieses aus l. arroga¯ns (-tis), dem PPräs. schiedene einheimische (vergorene) Getränke mit von l. arroga¯re ’etwas für sich beanspruchen’, also ihrem Wort für ein bestimmtes vergorenes Getränk eigentlich ’anspruchsvoll, anmaßend’; zu l. roga¯re

Arsch

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’fragen’ und l. ad- ’hin, zu’. Das Abstraktum Arroganz ist schon früher (14. Jh.) aus dem Lateinischen entlehnt. Ebenso nndl. arrogant, ne. arrogant, nfrz. arrogant, nschw. arrogant, nnorw. arrogant. L. roga¯re gehört letztlich zu l. regere ’richten’; zu l. roga¯re s. Þinterrogativ, ÞSurrogat; zu l. regere s. Þregieren. – DF 2 (21996), 257–260; EWNl 1 (2003), 166.

Arsch Sm std. vulg. (9. Jh., in Komposita 8. Jh.), mhd.

ars, ahd. ars(-belli), as. ars(-belli). Aus g. *arsa- m. ’Arsch’, auch in anord. ars und mit tabuisierender Metathese rass, ae. ears; dieses aus ig. *orso- m. ’Hinterteil’, auch in heth. arra- (lautlich unklar), gr. o´rros, arm. or¯ gleicher Bedeutung, wozu als *orsa¯ gr. oura¯´ f., air. err (mit wohl sekundärer e-Stufe) ’Schwanz’ (air. auch ’hinterer Teil’) gehört. Vermutlich eine Weiterbildung zu (ig.) *oros- n. ’Kuppe, Anhöhe’ in gr. o´ros n. ’Anhöhe, Berg’. Das Wort war offenbar zunächst ein Hüllwort für ein zu erschließendes älteres ig. *g´ hedos n., Verbalabstraktum zu ig. *g´ hed- ’scheißen’. Ebenso nndl. aars, ne. arse, nschw. arsel, nisl. rass. S. auch ÞMastdarm, Þverarschen. – EWahd 1 (1988), 345f.; Röhrich 1 (1991), 102–106; Strunk (1994), 382–384; EWNl 1 (2003), 81.

Arschkarte Sf ’rote Karte beim Fußball’, die – ziehen

gespielt hat. Bei der Übernahme in die deutsche Fachsprache wurde (immer noch ohne feste Terminologie) das weiße Arsenik (Arsenoxyd) als Arsenik bezeichnet, während die gelben und roten Schwefelverbindungen Realgar (ÞRauschgelb) und Auri(pi)gment genannt wurden. Das daraus zu isolierende Metall (dessen Natur lange umstritten war und erst seit dem späten 18. Jh. feststeht) wird meist ebenfalls mit dem lateinischen Wort arsenicum benannt; in etymologischen Spekulationen wird auch die Form arsenum gebraucht (18. Jh.). Im 19. Jh. festigt sich die Terminologie zu Arsen (ein Metall) und Arsenik ’Oxyde dieses Metalls’ (die schon seit dem Altertum als starkes Gift bekannt waren – die Arsensulfite, ebenfalls Arsenik genannt, sind in reiner Form ungiftig); doch wird in Bezug auf die Verwendung als Gift umgangssprachlich auch das Arsenoxyd Arsen genannt. Ebenso nndl. arseen, ne. arsenic, nfrz. arsenic, nschw. arsenik, nisl. arsenı´k. – Goltz (1972), 158–160, 239–242; Lüschen (1979), 175; LM 1 (1980), 1051f.; Barke (1991), 180f.; EWNl 1 (2003), 166.

Arsenal Sn ’Sammlung, Lager’ erw. fach. (15. Jh.). Ent-

lehnt aus it. arsenale m. ’Zeughaus’, dieses aus arab. da¯r as-sina¯ a ’Fabrik, Werft’ (arab. da¯r ’Haus’ und ˙ sina¯’a˙ ’Gewerbe’ zu sana’a ’herstellen’) mit it. En˙dung -ale. Bezeichnung ˙ vor allem für das MarineArsenal in Venedig, in dem auch Waffen hergestellt wurden.

’stark benachteiligt werden’ per. vulg. (20. Jh.). Die frühesten Belege für die (niedere) Standardsprache (um die Jahrtausendwende) zeigen ausschließlich die Fügung die Arschkarte ziehen / gezogen haben und Ebenso nndl. arsenaal, ne. arsenal, nfrz. arsenal, nschw. arsegehen damit eindeutig auf ein Kartenspiel zurück, bei nal, nnorw. arsenal.Ersatzwort für die ursprüngliche Bedeudem der Betroffene die Karte selbst zieht. Die Wentung ist ÞZeughaus. – DF 2 (21996), 260–263; Littmann (1924), dung ist daher gleichwertig mit dem früheren den 88; Wis (1955), 95f.; Lokotsch (1975), 40; LM 1 (1980), 1052f.; schwarzen Peter ziehen, dessen Konnotation mit Kiesler (1994), 169f.; Tazi (1998), 251–253; EWNl 1 (2003), 166. einem Kinderspiel den Gebrauch der Wendung in Art1 Sf ’angeborene Eigentümlichkeit, Natur, Herdramatischeren Situationen ungeeignet erscheinen kunft, Art und Weise’ std. (12. Jh.), mhd. art m./f., ließ. Die Wendung wurde deshalb durch einen Kraftmndd. artf . Das Wort kann altererbt sein, doch ist ausdruck verstärkt. Nachträglich wurde auch die rote auffällig, dass es in früherer Zeit unbelegt ist und erst Karte beim Fußball (die der Schiedsrichter zieht, später allgemein verbreitet wird. Falls es alt ist, ist im nicht der Betroffene) mit diesem Kraftausdruck begermanischen Bereich zu vergleichen ae. eard (ebenzeichnet (was sekundär so begründet wurde, dass der falls selten), mndl. aert ’Lage, Art’, anord. einardrÑ Schiedsrichter die rote Karte in der Hintertasche hat, ’einfach, aufrichtig’ (’von einfacher Art’); außergerdie gelbe in der Brusttasche). manisch ist am ehesten ein Wurzelnomen *ar(¡)tNeuer Wortschatz (2004), 16. ’Fügung’ (zu dem unter ÞArm behandelten *ar¡Arsen Sn (ein Gift, ein Halbmetall) erw. fach. (15. Jh., ’fügen’) anzusetzen, das auch in anderen Sprachen Form 19. Jh.). Als Arsenik entlehnt aus spl. arsenicum, nur in Relikten und Weiterbildungen vergleichbar ist: das auf gr. arseniko´n (arreniko´n) zurückgeht. Die gr. a´rti ’gerade, eben’, gr. a´rtios ’angemessen, richtig, Griechen kannten mindestens das rote und das gelbe bereit’, gr. artı´zein ’ordnen, einrichten’; arm. ard Arsensulfit, die sie zunächst ohne terminologische ’soeben, jetzt’; lit. artu`s ’nahe’ u.a. Ein Anschluss an Unterscheidung als arseniko´n und sandara´ke¯ bezeichÞArt 2 ist aber nicht ausgeschlossen (vgl. ahd. arto¯n neten. Im Lateinischen nannte Plinius das gelbe Ar’wohnen’?). Vermutlich eine Zusammenbildung ist sensulfit auripigmentum ’Goldfarbe’. Die beiden grieabartig; vermutlich eine Präfixableitung entarten; chischen Termini gehen auf semitische Wörter zuPartikelableitungen: ab-, ausarten. rück, arseniko´n auf Entsprechungen von syr. zarnı¯ka¯ Ebenso nndl. aard; ÞArm (dort Verweise auf die Sippe), Þartig. ’Arsenik’, dieses letztlich aus mpers. *zarnı¯k ’gold– HWPh 1 (1971), 525–531; LM 1 (1980), 1055f.; Röhrich 1 (1991), farben’ nach der gelben Farbe der Schwefelverbin106; EWNl 1 (2003), 79. dungen, wobei für den Anlaut wohl eine Sekundär- Art2 Sf (in Zusammensetzungen wie Artacker, Artzaun motivation nach gr. arseniko´s ’männlich’ eine Rolle usw.) per. arch. (12. Jh.), mhd. art ’das Ackern, Acker-

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Arznei

wo auch die entferntere lateinische Verwandtschaft genannt bau’, as. ard ’Aufenthaltsort’. Aus g. *ardi- f. ’das wird. Ersatzwort für den grammatischen Terminus ist GeAckern’, auch in anord. o¸rd,Ñ ae. eard (auch ’Aufentschlechtswort. – Schirmer (1911), 16; DF 2 (21996), 269–282; haltsort, Heimat’ usw.). ti-Abstraktum zu dem alten EWNl 1 (2003), 167. Verbum für ’pflügen’ g. *ar-ja- in gt. arjan, ahd. erren; artikulieren Vsw ’(sorgfältig) aussprechen’ erw. fach. aus ig. (eur.) *ar¡- in l. ara¯re, mir. airid, lit. a´rti, ak(15. Jh.). Entlehnt aus l. articula¯re (eigentlich ’glieslav. orati, gr. arou˜n. dern’), einer Ableitung von l. articulus ’Abschnitt, Seebold (1970), 81–83; EWahd 1 (1988), 347–349. Teil, Glied’ (ÞArtikel). Abstraktum: Artikulation. Art3 Sf (in Wendungen wie Pop Art) ’Kunst’ per. fach. Ebenso nndl. articuleren, ne. articulate, nfrz. articuler, nschw. phras. (20. Jh.). Entlehnt als Bestandteil (amerikaartikulera, nnorw. artikulere. – Weimann, K.-H. DWEB 2 nisch) englischer Bezeichnungen wie ne. Pop Art (aus (1963), 387; HWPh 1 (1971), 535f.; DF 2 (21996), 282–292. popular art ’volkstümliche Kunst’, vielleicht mit beArtillerie Sf ’Geschütze’, (Truppengattung) erw. fach. wusster Anspielung auf ne. pop ’Knall, Knüller’). (15. Jh.). Entlehnt aus frz. artillerie ’Geschütz’, einer Diese Bezeichnungsweise ist im (amerikanischen) Ableitung von afrz. artill(i)er ’mit Gerätschaft ausEnglischen sehr beliebt und hat auch kontinentale rüsten’, dessen Herkunft nicht ganz sicher geklärt ist. Nachahmer, so dass sie als Internationalismus aufgeTäterbezeichnung: Artillerist. fasst werden kann. Ebenso nndl. (pop-)art, nfrz. (pop)art, nschw. art. Für die nähere Verwandtschaft s. ÞArtist, für die Gesamtsippe ÞArm. – Strauss u.a. (1989), 577–583; Carstensen 1 (1993), 49f.; BlW 2 (1984), 302–315 (zum lateinischen Grundwort).

Arterie Sf ’Schlagader’ erw. fach. (14. Jh.). Entlehnt aus

Ebenso nndl. artillerie, ne. artillery, nfrz. artillerie, nschw. artilleri, nnorw. artilleri. Am ehesten stammt das französische Verb aus einem früh-rom. *apticulare zu l. adapta¯re ’anpassen’ oder aus früh-rom. articula¯re (Þartikulieren) im Sinn von ’einteilen, zuteilen’. – DF 2 (21996), 292–299; Horn, W. ASNSL 182 (1943), 51; Jones (1976), 112–114; DEO (1982), 51; LM 1 (1980), 1071; EWNl 1 (2003), 167.

l. arte¯ria, dieses aus gr. arte¯rı´a, einer Ableitung von gr. (syn)aeı´rein ’anbinden, aufhängen’ (aus *aerte¯r- ver- Artischocke Sf (essbare Pflanze) erw. exot. (16. Jh.). einfacht); also ’Aufhängung’, konkret ’am Kopf hänEntlehnt aus (nord)it. articiocco m., entstellte Varigender Schlauch’, dann verallgemeinert. Aus der gleiante von it. carciofo, dieses aus aspan. alcarcofa, aus chen Grundlage ÞAorta. span.- arab. al-harsˇu¯fa, Nebenform zu arab. al˘ gleicher Bedeutung). Teilweise einEbenso nndl. arterie, ne. artery, nfrz. arte`re, nschw. artär, hursˇu¯fa (alle mit nnorw. arterie. – DF 2 (21996), 266–269; EWNl 1 (2003), 166. ˘gedeutscht zu ÞErdschocke. artig Adj std. (13. Jh.), mhd. zunächst mit Umlaut ertec Ebenso nndl. artisjok, ne. artichoke, nfrz. artichaut, nschw. (verneint unartec, unertec). Zu ÞArt 1, also eigentlich ärtskocka, nnorw. artisjokk; ÞErdschocke. – Littmann (1924), 81, 84; Wis (1955), 96; Lokotsch (1975), 66; Kiesler (1994), ’von (guter) Art’ (zur Bedeutung vgl. etwa typisch zu 212f.; Tazi (1998), 253f.; EWNl 1 (2003), 167. ÞTyp). Dann in verschiedenen (positiven) Bedeutungen gebraucht; heute auf wenige Sonderfälle beArtist Sm ’Künstler (der Geschicklichkeitsübungen schränkt und bereits etwas altertümlich. Bildungen vorführt)’ erw. fach. (14. Jh., Bedeutung 19. Jh.). Entwie bösartig sind Zusammenbildungen (von böser lehnt aus ml. artista, dieses eine Täterbezeichnung zu Art). l. ars (artis) f. ’Kunst, Wissenschaft, Geschicklichkeit’. Mitzka, W. ZDS 26 (1970), 1–8. Das Wort bezeichnete im Deutschen zunächst den Angehörigen der Fakultät der Freien Künste (also der Artikel Sm ’Warengattung, Aufsatz, GeschlechtsPhilosophischen Fakultät), dann den Künstler. Im wort’ std. (13. Jh.). Entlehnt aus l. articulus ’Glied, 19. Jh. entsteht im Zusammenhang mit Variete´s unter Abschnitt’, einem Diminutivum zu l. artus ’Gelenk, Einfluss von frz. artiste die heutige speziellere BedeuGlied’. Das Wort wird zunächst in die Kanzleisprache tung. Die Einschränkung auf diese ist nur deutsch; in entlehnt als ’Abschnitt eines Vertrags’, das sich dann der weiteren Bedeutung ist das Wort ein Internatiauch zu ’Posten einer Warenrechnung’ entwickelt, onalismus. Adjektiv: artistisch. wozu Ende des 17. Jhs. aus frz. article die Bedeutung Ebenso nndl. artiest, ne. artiste, nfrz. artiste, nschw. artist, ’Handelsgegenstand, Ware’ übernommen wird. Im nnorw. artist. S. ÞArt 3, für die germanische Verwandtschaft 17. Jh. schließlich erscheint es als Terminus der und die weiteren Zusammenhänge ÞArm. Ersatzwort ist Sprachbeschreibung (der Artikel als Gelenkstück synKünstler, das aber eine weitere, und z.T. abweichende Bedeutaktischer Fügungen; das lateinische Wort ist Lehntung hat. – DF 2 (21996), 299–308; LM 1 (1980), 1072; EWNl 1 bedeutung nach gr. a´rthron, das bei den Stoikern zu(2003), 167. nächst verschiedene Pronomina bezeichnet und dann auf unterschiedliche Weise festgelegt wird. Die Arve Sf ’Zirbelkiefer’ per. schwz. (17. Jh.). Als arbe, arve belegt. Entstehung dunkel. heutige Bedeutung zuerst bei Diogenes Babylonius). Das abgeleitete Verb Þartikulieren hat die ursprüng- Arznei Sf std. (12. Jh.), mhd. arzenı¯e, erzenı¯e. Zu dem Wort ÞArzt werden früh gebildet ahd. gi-arza¯˘to¯n liche Bedeutung bewahrt. ’verarzten, heilen’ und ahd. arza¯tı¯e ’Heilmittel’. Statt Ebenso nndl. artikel, ne. article, nfrz. article, nschw. artikel, nnorw. artikkel. Zur germanischen Verwandtschaft s. ÞArm, dieser Bildung treten auch andere auf, die dem ver-

Arzt

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drängten älteren Wort (ahd. la¯hhino¯n ’heilen’) nachgebildet sind: ahd. giarzino¯n ’verarzten, heilen’, mhd. erzenen, arzen, woraus mhd. arzenı¯e, nhd. Arznei. Ebenso nndl. artsenij.

Arzt Sm std. (9. Jh.), mhd. arza¯t, arzet, ahd. arza¯t.

Eschenholz ist für Boote wenig geeignet, und somit hängt die Etymologie in der Luft. Hildebrandt, R. DWEB 3 (1963), 377.

Asch2 Sm ’eine Art Lastschiff’ (vgl. Hallasch ’Salz-

schiff’) per. oobd. (8. Jh.), mhd. asch, ahd. ask, as. Wurde in vorliterarischer Zeit aus ml. archiater entasc(men). Geht zurück auf g. *aska- m. ’Boot’, auch in lehnt (näher an der Ausgangsform mndl. arsatere). anord. askr, ae. ¢sc. Die Herkunft des bereits in der Das frühere germanische Wort war ahd. la¯hhi, gt. leLex Salica bezeugten Wortes ist unklar. keis. Das lateinische Wort stammt aus gr. archia¯tro´s RGA 1 (1973), 449f. (Diskussion der Möglichkeiten). ’Erz-arzt’, dem Titel antiker Hofärzte (gr. ia¯tro´s Asche Sf std. (8. Jh.), mhd. asche, ahd. asca, mndd. ’Arzt’, zu gr. ia˜sthai ’heilen’, vgl. ÞPsychiater). In asche, andfrk. asca. Aus g. *aska- f. ’Asche’, auch in frühneuhochdeutscher Zeit wurde der Beruf und die anord. aska, ae. ¢sce, neben *azgo¯ f. in gt. azgo (prinBezeichnung (gegenüber dem gelehrten ÞDoktor) bis zipiell könnte auch das hochdeutsche Wort auf diese zu ’Marktschreier’ abgewertet, doch setzte in der Form zurückgehen). G. *aska- ist vermutlich eine Neuzeit eine Neubewertung ein. Adjektiv: ärztlich; Zugehörigkeitsbildung zu ig. *has- ’Herd’ (ÞEsse), Präfixableitung: verarzten. also ’das zum Herd (oder Feuer o.ä.) Gehörige’, ähnEbenso nndl. arts. S. Þarchi-, ÞErz-, ÞArznei und zum grielich wie ai. a¯´sa-, heth. hasˇˇsa- ’Asche’ eine Vriddhichischen Grundwort ÞAnarchie. – Arnold, R. Sprachkunde Bildung zu der gleichen Grundlage sein dürfte. Die (1938), 14–16; Richter, G. BGDSL-H 88 (1967), 258–275; RGA 1 verbale d-Ableitung *haz-d- in gr. a´zein ’dörren, (1973), 440–446; LM 1 (1980), 1098–1101; Niederhellmann trocknen’ und cˇech. hvozdit, acˇech. ozditi ’Hopfen, (1983), 66–87; EWahd 1 (1988), 358–360; Kandler, G. Therapeutische Berichte 29 (1957), 366–375 (zum Benennungsmotiv Malz darren’ ist wohl als ’Hitze geben’ o.ä. aufzufasfür ’Arzt’); EWNl 1 (2003), 168. sen und war früher vermutlich weiter verbreitet. So könnte gt. azgo als *haz-d-ko- unter dem Einfluss dieAs Sn ’höchste Spielkarte’ std. (18. Jh.). Entlehnt aus frz. ser Form stehen; vergleichbar ist vielleicht arm. as m., wo mit diesem Wort die ’Eins’ auf Würfeln, acˇiwn. Partikelableitung: einäschern. Dominosteinen usw. bezeichnet wurde, danach auch Ebenso nndl. as, ne. ash(es), nschw. aska, nisl. aska; ÞEsse. – die Karte mit dem höchsten Spielwert (da sie nur eine LM 1 (1980), 1102; Röhrich 1 (1991), 106f.; EWahd 1 (1988), Markierung ihrer Spielfarbe aufwies). Das französi363–366; EWNl 1 (2003), 168f. sche Wort geht zurück auf l. as m., das die kleinste Münze bezeichnete, ursprünglich ein Wort für Äsche Sf ’ein Flussfisch’ per. fach. (9. Jh.), mhd. asche m., ahd. asco m., as. asco. Die Umlautform und das ’Plättchen, Scheibe’. In der Bedeutung ’Eins auf WürGenus kommen in nachmittelhochdeutscher Zeit aus feln’ schon mhd. esse, fnhd. eß, das vermutlich auf die dem Plural. Herkunft unklar. Vielleicht zu ÞAsche. ursprüngliche lateinische Form as (assis) zurückgeht. Die Bedeutung ’Persönlichkeit mit außergewöhnliEWahd 1 (1988), 367. chen Fähigkeiten’ teilweise unter englischem EinAschenbrödel (Aschenputtel) Sn std. alt. (16. Jh.). Alte fluss. Bezeichnung für den Küchenjungen. Eigentlich ’der, Ebenso nndl. aas, ne. ace, nfrz. as. – Carstensen 1 (1993), 50f.;

EWNl 1 (2003), 82.

der in der Asche wühlt’ (Þbrodeln, Þbuddeln). Heute nur noch als Name einer Märchenfigur bekannt.

Asbest Sm ’feuerfester Faserstoff’ erw. fach. (12. Jh.).

Aschermittwoch Sm std. (14. Jh.). An diesem Tag (MittEntlehnt aus l. asbestos, dieses aus gr. a´sbestos woch nach Fasnacht, Beginn der Fastenzeit) macht ’unauslöschlich, unzerstörbar’, PPP. von gr. sbenny´der Priester den Gläubigen zum Zeichen ihrer Bußnai ’auslöschen’ mit negierendem gr. a- (Þa-). Das fertigkeit ein Kreuz aus Asche auf die Stirn. Das -erWort bezeichnet im Griechischen den ungelöschten in der Fuge dieses Wortes hängt mit einer regionalen Kalk; der Bezug auf das in Gewebe verarbeitbare, feuPluralform von ÞAsche zusammen. erfeste Mineral erst bei Plinius in lateinischer Sprache Aschkuchen Sm ÞAsch. − möglicherweise auf Grund fehlerhafter Überlieferung. Unser Asbest heißt auf Griechisch amı´antos. Aschlauch Sm ÞSchalotte. Ebenso nndl. asbest, ne. asbestos, nfrz. asbeste, nschw. asbest, nnorw. asbest, nisl. asbest. – DF 2 (21996), 308–311; Diels, H. ZVS 47 (1916), 203–207; Goltz (1972), 171; Lüschen (1979), 176–178; EWNl 1 (2003), 169.

Asch1 Sm (Gefäß, vgl. ÞAschkuchen ’Gugelhopf, Napf-

kuchen’) per. md. (13. Jh.), mhd. asch. Herkunft unklar; denkbar ist ein Zusammenhang mit ÞAsch 2 und mit ÞEsche, etwa in dem Sinn, dass das Boot nach dem Material (Esche), das Gefäß nach dem Boot bezeichnet worden wäre (vgl. dazu etwa ÞSchiff ). Aber

Ase Sm (Gott der nordischen Mythologie) per. fach.

(19. Jh.). Entlehnt aus anord. a´ss. Dieses führt mit ae. o¯s gleicher Bedeutung auf g. *ansu- m. ’Gott’, dessen weitere Entstehung dunkel ist. Verlockend wäre ein Anschluss an ai. a´sura-, avest. ahura- ’Bezeichnung einer Götterklasse’, auch ’Gott’ (< *nsu-), weiter ab liegt die Möglichkeit, an heth. hasˇˇsu-˙ ’König’ anzuknüpfen. Im älteren Deutschen˘ in Namen mit Ans-, später auch in entlehnten Namen mit Os-.

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Assessor

´ s. – Polome´, Aspik Smn ’Sülze’ per. fach. (19. Jh.). Entlehnt aus frz. Ebenso nndl. Ase, ne. (Pl.) Aesir, nschw. as, nisl. A E. C. EG 8 (1953), 43; Szemere´nyi, O. ZVS 73 (1955), 77; RGA 1 aspic m. gleicher Bedeutung − ursprünglich aber (1973), 457f.; Motz, L. IF 89 (1984), 190–195; LM 1 (1980), ’Konzentrat aus Fleischsoße, Fond’; übertragen aus 1104–1106; Bammesberger, A. BzN 31 (1996), 231–240.

äsen Vsw erw. fach. (12. Jh.), mhd. a¯zen, ¯ezen. Das

schwache Verb äsen (älter -ss-, schwz. ätzen) ’weiden’ (älter ’etwas abweiden’) ist zu ahd. a¯z ’Futter, Weide’ gebildet; älter ist atzen, ahd. (alem.) a¯zzen ’füttern, jmd. speisen’, das aber auch mit anderer Lautung bezeugt ist, so dass die Vorform nicht sicher beurteilt werden kann. Vgl. mndd. asen, mndl. asen; ÞAas, Þatzen.

Aser Sm ’Speisesack, Mahlzeit des Jägers’ per. schwz.

(14. Jh.). Geschrieben auch Eser, Öser, Oser. Lokativbildung (’Ort, wo das Essen ist’, Suffix aus l. -a¯rium) zu ÞAas in der Bedeutung ’Speise’. Dann teilweise verallgemeinert zu ’Ranzen’ (z.B. Schulaser), teilweise verschoben zu ’Inhalt des Speisesacks, Mahlzeit’. ÞAas, Þessen. – Ott, P.: Sprache der Jäger (Frauenfeld 1970), 242–245.

Asket Sm ’enthaltsam lebender Mensch’ erw. fach.

der Bezeichnung des ätherischen Öls des Lavendels (lavandula spica, nhd. (großer) Speik), weil es sich in beiden Fällen um wichtige Essenzen handelt. Ebenso ne. aspik, nnorw. aspik. – Bertoldi, V. ZRPh 54 (1934), 229f.; DEO (1982), 52f.; EWNl 1 (2003), 170.

Aspirant Sm ’Anwärter, Bewerber’ per. fach. (18. Jh.).

Entlehnt aus frz. aspirant, einer Ableitung von frz. aspirer ’sich bewerben, streben nach’, aus l. aspı¯ra¯re ’sich einer Sache oder Person nähern, zu jmd. oder zu etwas zu gelangen suchen’; eigentlich ’zuhauchen, zuwenden’, zu l. spı¯ra¯re ’hauchen, atmen’ und l. ad’hin, zu’. Die Grundbedeutung zeigt sich in aspirieren ’behauchen’ und seinem Abstraktum Aspiration, sowie dem substantivierten PPP. Aspirata (-e) ’Hauchlaut’. Der Bedeutungsübergang von ’zuhauchen’ zu ’streben nach’ ist nur noch an der lateinischen Ausgangsbedeutung zu verfolgen, wo das Verb mit Dativ ’begünstigen, helfen’ bedeutet. Zugrunde liegt die Vorstellung des begünstigenden (und auf ein Ziel ausgerichteten) Windes für das Segelschiff.

(18. Jh.). Entlehnt aus gr. aske¯te¯´s, einem Nomen Agentis zu gr. askeı˜n ’üben, etwas gewissenhaft tun’. Ebenso nndl. aspirant, ne. aspirant, nfrz. aspirant, nschw. asDie Askese bedeutet im alten Griechenland zunächst pirant, nnorw. aspirant. Zur Sippe von l. spı¯ra¯re ’atmen’ s. die körperliche Ertüchtigung, dann geistige Schulung Þkonspirieren. Ersatzwort ist ÞAnwärter. – DF 2 (21996), und Zucht, bei der Selbstbeherrschung und Entsa330–336; EWNl 1 (2003), 170. gung teilweise stärker hervortreten. Die christliche, Assel (auch Atzel, Nassel u.a.) Sf , auch m. (lichtscheues auf Entsagung und teilweise Weltverneinung begrünKleintier) erw. fach. (16. Jh.). Entlehnt aus it. asello m. dete Askese wird erst im 17. Jh. mit dem Wort Askese ’Assel’ zu l. asellus m. ’kleiner Esel’; deshalb heißt das bezeichnet. Adjektiv: asketisch; Abstraktum: Askese. Tier auch ÞMaueresel, Eselchen u.ä. Das italienischEbenso nndl. asceet, ne. ascetic, nfrz. asce`te, nschw. asket, lateinische Wort ist eine Bedeutungsentlehnung aus nnorw. asket. – Pfister, F. FS Deissmann (1927), 76–81; Siegr. onı´skos m. zu gr. o´nos m./f. ’Esel’, formal ein Digert (1950), 36; HWPh 1 (1971), 538–543; LM 1 (1980), 1112–1116; minutiv, aber eigentlich eine Zugehörigkeitsbildung. 2 DF 2 ( 1996), 311–320; EWNl 1 (2003), 169. Gr. o´nos und onı´skos bezeichnen auch den TausendAspekt Sm ’Gesichtspunkt’ erw. fremd. (15. Jh.). Entfüßler und ähnliche kleine Tiere, vielleicht wegen der lehnt aus l. aspectus ’Anblick, Ausblick, Hinsehen’, grauen Farbe, oder weil ursprünglich eine auf Eseln einem Nomen Actionis zu l. aspicere ’hinsehen’, zu l. schmarotzende Laus gemeint war, dann auch andere specere ’sehen, schauen’ und l. ad- ’hin, zu’. Als TerSorten Läuse und schließlich die Tausendfüßler und minus der mittelalterlichen Astronomie hat das Wort die (oberflächlich ähnlichen) Asseln. Die Form mit zunächst die Bedeutung ’Konstellation der Planeten -tz- tritt auch bei dem Wort ÞEsel auf und widerund ihr Einfluss auf irdisches Geschehen’, dann spricht deshalb einer Gleichsetzung nicht. Vgl. l. por’Vorzeichen, Aussicht’ und die heutige Bedeutung. cellio m. ’Assel’, ursprünglich ’Schweinelaus’ zu l. porEbenso nndl. aspect, ne. aspect, nfrz. aspect, nschw. aspekt, cus m. ’Schwein’. Die italienischen Belege sind nicht nnorw. aspekt. Zur Sippe von l. specere ’sehen’ s. Þinspizieren. – früher als die deutschen, so dass hier noch weitere DF 2 (21996), 323–327; EWNl 1 (2003), 170. Klärung nötig ist. Asphalt Sm ’Erdpech’ erw. fach. (15. Jh.). Entlehnt aus ÞEsel. – Strömberg, R.: Griechische Wortstudien (Göteborg spl. asphaltus, dieses aus gr. a´sphaltos, einer Partizi1944), 10; Pfeifer, W. Philologus 123 (1979), 172f. pial-Ableitung von gr. spha´llesthai ’beschädigt werAssessor Sm ’Anwärter der höheren Beamtenlaufden, umgestoßen werden’ mit negierendem gr. abahn’ erw. fach. (15. Jh.). Entlehnt aus l. assessor (Þa-). Es ist das (Binde-)Mittel, das ursprünglich ver’Beisitzer bei Gericht’, einem Nomen Agentis zu l. wendet wird, um Mauern zu festigen, d.h. vor dem asside¯re ’dabeisitzen’, zu l. sede¯re ’sitzen’ und l. adUmfallen oder Einreißen zu schützen (vgl. ÞBeton). ’hin, zu’. Von da dann Weiterentwicklung zu Ebenso nndl. asfalt, ne. asphalt, nfrz. asphalte, nschw. asfalt, ’Richter oder Beamter am Anfang der Laufbahn im nisl. asfalt. – DF 2 (21996), 327–330; Diels, H. ZVS 47 (1916), höheren Dienst’. 207–210; Lüschen (1979), 178; EWNl 1 (2003), 169. Ebenso nndl. assessor, ne. assessor, nfrz. assesseur, nschw. assessor, nnorw. assessor. Zur Sippe von l. sede¯re ’sitzen’ s.

assimilieren ÞResidenz; zur germanischen Verwandtschaft s. Þsitzen. – DF 2 (21996), 345–348.

assimilieren Vsw ’angleichen’ erw. fach. (17. Jh.). Ent-

lehnt aus l. assimila¯re, zu l. simula¯re ’ähnlich machen, nachbilden’ und l. ad- ’hin, zu’, zu l. similis ’ähnlich’. Abstraktum: Assimilation (in der Antike rhetorischer Begriff für die Annäherung des Redners an die Meinung der Zuhörer). Ebenso nndl. assimileren, ne. assimilate, nfrz. assimiler, nschw. assimilera, nnorw. assimilere. Zur Sippe von l. similis ’ähnlich’ s. ÞFaksimile; zur germanischen Verwandtschaft s. Þzusammen. – HWPh 1 (1971), 544–548; Horstmann, A. AB 30 (1986), 7–43; DF 2 (21996), 348–359; EWNl 1 (2003), 172.

Assistent Sm ’Helfer, Gehilfe’ erw. fach. (16. Jh.). Ur-

sprünglich englische Neubildung zum PPräs. von l. assistere ’beistehen’, zu l. sistere ’(sich) hinstellen’ und l. ad- ’hin, zu’. Verb: assistieren. Ebenso nndl. assistent, ne. assistant, nfrz. assistant, nschw. assistent, nnorw. assistent. Zur Sippe von l. sistere s. Þexistieren; zu dem zugrunde liegenden l. sta¯re s. ÞDistanz, die deutsche Verwandtschaft unter Þstehen. – DF 2 (21996), 360–363; Jones (1976), 116f.; Rey-Debove/Gagnon (1988), 27; EWNl 1 (2003), 172.

assoziieren Vsw ’sich verbinden, sich zusammenschlie-

ßen’ per. fach. (16. Jh.). Entlehnt aus frz. s’associer, dieses aus l. associa¯re ’vereinigen, verbinden’, zu l. socia¯re ’vereinigen, verbinden’ und l. ad- ’hin, zu’, zu l. socius ’Gefährte’ (verwandt mit l. sequı¯ ’folgen’). Zunächst ein Terminus der Kaufmannssprache (refl., vgl. ’Gesellschafter’), dann vor allem ein Wort der Psychologie (trans.) ’Gedanken oder Bilder miteinander verbinden, hervorrufen’. Abstraktum: Assoziation; Adjektiv (Psychologie): assoziativ. Ebenso nndl. associ¡ren, ne. associate, nfrz. associer, nschw. associera, nnorw. assosiere. Zur Sippe von l. sequı¯ ’folgen’ s. ÞKonsequenz. – Schirmer (1911), 18; DF 2 (21996), 365–376; Markus, D. F.: Die Associationstheorien im XVIII. Jahrhundert (Halle 1901; zu Assoziation [psych.]); HWPh 1 (1971), 548–554; Holenstein, E.: Phänomenologie der Assoziation (Den Haag 1972); Müller (1965; gesellschaftlich); EWNl 1 (2003), 172f.

Ast Sm std. (8. Jh.), mhd. ast, ahd. ast, as. ast. Aus g.

66 Aster Sf ’Sternblume’ erw. fach. (18. Jh.). Das griechi-

sche Wort gr. aste¯´r m. ’Stern’ als Bestandteil von Blumenbezeichnungen wird im 18. Jh. in die lateinisch bestimmte Fachsprache und von da aus ins Deutsche übernommen, zunächst nach griechischem Vorbild als Maskulinum. Ebenso nndl. aster, ne. aster, nfrz. aster, nschw. aster, nisl. astra. Zur germanischen Verwandtschaft s. ÞStern 1; Þastro-, ÞAstrologie, ÞAstronomie, ÞDesaster.(Kaum gebrauchtes) Ersatzwort ist Sternblume. – Ganz (1957), 32f.; EWNl 1 (2003), 173.

Ästhetik Sf ’Lehre von der Schönheit’ erw. fach.

(18. Jh.). Eine besondere Wissenschaft der Gesetzmäßigkeiten des Schönen wurde 1735 von A. G. Baumgarten gefordert und dann in Vorlesungen und Schriften (1750 Aesthetica in lateinischer Sprache) ausgebaut. Der Vorschlag wurde rasch aufgegriffen und das Wort auch in die Volkssprachen übernommen. Das Wort ist entlehnt aus gr. aisthe¯tiko´s ’das Wahrnehmbare (gr. aisthe¯to´s) betreffend’, zu gr. aistha´nesthai ’wahrnehmen’ (als Grundform wird (ig.) *awis-d h- angesetzt, das auch l. audı¯re ’hören’ zugrunde liegen kann). Die Bedeutungskomponente ’schön, geschmackvoll’, die besonders in ästhetisch und Ästhet hervortritt, ist erst durch diesen terminologischen Gebrauch in die Sippe des griechischen Wortes gekommen (zuvor nur ’wahrnehmen, Sinneswahrnehmung’). Ebenso nndl. esthetica, ne. (a)esthetics, nfrz. esthe´tique, ndn. ¢stetik, nschw. estetik, nnorw. estetikk. S. ÞAnästhesie, ÞSynästhesie und zur lateinischen Verwandtschaft ÞAudienz, Þaudio-, ÞAuditorium. – Gombert, A. ZDW 3 (1902), 164; DF 1 (1913), 56; HWPh 1 (1971), 555–581; LM 1 (1980), 1128f.; Bark, K. in Scholtz, G. (Hrsg.): Interdisziplinarität der Begriffsgeschichte (Hamburg 2000), 55–62 (und Fontius, M. ebd. 63–65); EWNl 1 (2003), 703.

Asthma Sn ’Atemnot’ erw. fach. (16. Jh.). Entlehnt aus

gr. a´sthma, einer morphologisch unklaren Ableitung von ig. *an¡- ’atmen’ (vermutlich *han¡-). Adjektiv: asthmatisch; Täterbezeichnung: Asthmatiker. S. zur lateinischen Verwandtschaft Þanimieren und zur germanischen Verwandtschaft Þahnden 1.

Ebenso nndl. astma, ne. asthma, nfrz. asthme, nschw. astma, *asta- m. ’Ast’, auch in gt. asts (der i-Stamm des Altnisl. asma. – DF 2 (21996), 392–394; EWNl 1 (2003), 174. hochdeutschen ist wohl sekundär). Aus ig. (eur.) *ozdo- m. ’Ast, Zweig’, auch in gr. o´zos und arm. ost. astro- LAff erw. (–). Das Element geht auf die KomVermutlich aus **o-sd-o- ’das, was ansitzt’ zu der positionsform von gr. aste¯´r ’Stern’ (und gr. a´stron Wurzel *sed- ’sitzen’ (es wäre also eigentlich der Ast’Gestirn’) zurück (z.B. ÞAstronomie ’Sternkunde’) knorren so bezeichnet worden − nach anderer Aufund wird in neoklassischen Bildungen verbaut, die fassung ’Platz, auf dem sich der Vogel niedersetzt’, mit ’Stern-’ zu tun haben (z.B. ÞAstronaut). vgl. ÞNest). Als Zugehörigkeitsbildung mit Vriddhi Cottez (1980), 40. noch ae. o¯st, mndd. o¯st, mndl. oest (aus g. *o¯sta-) Astrologie Sf ’Sterndeuterei’ erw. fach. (12. Jh.). Ent’Astknorren’. Umgangssprachlich ist Ast ’Knorren’ lehnt aus l. astrologia, dieses aus gr. astrologı´a für ’Buckel’, vgl. sich einen Ast lachen. ’Sternkunde’ zu gr. astrolo´gos ’Sternkundiger’ zu gr. Þsitzen. – Darms (1978), 236–238; EWahd 1 (1988), 373–375; astro- (Þastro-) und gr. lo´gos (Þ-loge). Die griechische Röhrich 1 (1991), 107f.; Knobloch, J. IF 92 (1987), 29–32; Sternkunde ist zunächst eine wissenschaftliche (maHamp, E. P. NOWELE 18 (1990), 95f. thematische) Disziplin, in die dann immer stärker Elemente der Sterndeutung eindringen, die − sofern

Atem

67

sie aus dem Orient kommen − auch Astromantie deutung mit − durch die Entwicklung bedingten − (und ihre Vertreter Chaldäer) genannt werden. Im neuen Konnotationen (besonders bei der TäterbeMittelalter sind Sternkunde und Sterndeutung prakzeichnung Asylant). tisch ungeschieden und werden sowohl Astrologie wie Ebenso nndl. asiel, ne. asylum, nfrz. asile, nschw. asyl, nnorw. asyl. – DF 2 (21996), 416–422; Siegert (1950), 36f.; Link, J. in ÞAstronomie genannt. Die moderne Unterscheidung Flucht und Asyl. Hrsg. D. Thränhardt, S. Wolken (Freiburg in Astronomie ’Sternkunde’ und Astrologie ’Stern1988), 50–61; Strauss u.a. (1989), 86–90; LM 1 (1980), 1156–1158; deutung’ kommt etwa mit J. Kepler (16./17. Jh.) auf MoterErichsen, G. Spra˚k og spra˚kundervisning 25 (1992), und steht im Zusammenhang mit der Umgestaltung 19f.; EWNl 1 (2003), 169. des mittelalterlich-theologischen Weltbildes. Adjek-at Suffix (mit verschiedenen Funktionen) per. bildg. tiv: astrologisch; Täterbezeichnung: Astrologe. (–). Vorbild können zunächst Entlehnungen deverEbenso nndl. astrologie, ne. astrology, nfrz. astrologie, nschw. bativer maskuliner tu-Stämme zu lateinischen Verastrologi, nnorw. astrologi; Þastro-, ÞAstronaut, ÞAstronomie, Þ-loge, Þ-logie. – DF 2 (21996), 400–405; HWPh 1 (1971), ben auf -a¯re gewesen sein (ÞApparat aus l. appara¯tus 584–587; LM 1 (1980), 1135–1145; Hübner, W.: Die Begriffe Aszu l. appara¯re, ÞOrnat aus l. orna¯tus zu l. orna¯re usw.) tronomie und Astrologie in der Antike (Mainz 1989); EWNl 1 − sie sind im Deutschen Maskulina geblieben. Pro(2003), 174f. duktiv geworden sind die formal entsprechenden denominativen Ämterbezeichnungen mit dem bereits Astronaut Sm ’Weltraumfahrer’ erw. fach. (20. Jh.). festgewordenen Suffix l. -a¯tus (Konsulat zu ÞKonsul, Entlehnt aus am.-e. astronaut im Zusammenhang mit Dekanat zu ÞDekan usw.) − sie sind im Deutschen der amerikanischen Weltraumfahrt. Das Wort Neutra geworden. Auch Substantivierungen aus dem stammt aus dem Französischen, wo es in Analogie zu PPP. von Verben auf -a¯re und die mit ihnen verwandae´ronaute ’Ballonfahrer’ gebildet wurde, um denjeten denominalen Zugehörigkeitsbildungen (maskunigen zu bezeichnen, der sich mit Plänen zur Weltline und neutrale to-Stämme) können bei der Entraumfahrt befasst. Die Bezeichnung bleibt dann für wicklung des Fremdsuffixes eine Rolle gespielt haben die amerikanischen Weltraumfahrer, während von (z.B. Reservat, Literat). Produktiv sind im Deutschen den Russen Kosmonaut vorgezogen wird. außer den Ämterbezeichnungen neutrale Nomina Ebenso nndl. astronaut, ne. astronaut, nfrz. astronaute, nschw. astronaut, nnorw. astronaut; Þastro-, ÞNautik. – Carstensen Actionis und Nomina Acti, sowie damit zusammen1 (1993), 52f.; DF 2 (21996), 405f.; EWNl 1 (2003), 175. hängende Konkret-Bezeichnungen (vor allem zu Verben auf Þ-ier(en)), stark gestützt durch entspreAstronomie Sf ’Sternkunde’ erw. fach. (12. Jh.). Entchende Entlehnungen aus dem Französischen (Telelehnt aus l. astronomia, dieses aus gr. astronomı´a fonat, Konzentrat). Hierzu auch das Suffix zur Be’Sternkunde’ zu gr. astrono´mos ’Sternkundiger’ zu gr. zeichnung chemisch-pharmazeutischer Präparate astro- (Þastro-) und gr. no´mos (Þ-nom). Das grie(Barbiturat usw.). chische Wort ist später und seltener als gr. astrologı´a und bleibt zunächst auf die wissenschaftliche (maWortbildung 2 (1975), 307f., 417f., 464f. u.ö. thematische) Seite der Sternkunde beschränkt. Erst Atelier Sn ’Werkstatt (eines Künstlers)’ erw. fremd. im Mittelalter wird unter ÞAstronomie auch ’Stern(18. Jh.). Entlehnt aus frz. atelier m. ’Werkstatt (alldeuterei’ verstanden. Nach J. Kepler werden die beigemein)’. Die allgemeine Bedeutung tritt im Deutden Bezeichnungen wie auch die beiden Disziplinen schen nur selten auf, im allgemeinen ’Werkstatt eines schärfer getrennt. Adjektiv: astronomisch; TäterbeMalers’, dann auch Foto-, Film-, Mode-Atelier usw. zeichnung: Astronom. Ebenso nndl. atelier, ne. atelier, nfrz. atelier, nschw. atelje´, Ebenso nndl. astronomie, ne. astronomy, nfrz. astronomie, nschw. astronomi, nnorw. astronomi; Þastro, ÞAstronaut, ÞAstrologie, Þ-nom. – HWPh 1 (1971), 588–593; LM 1 (1980), 1145–1153; DF 2 (21996), 407–416; EWNl 1 (2003), 175.

Asyl Sn ’Zufluchtstätte’ erw. fach. (15. Jh., Form 18. Jh.).

nnorw. atelier. Das französische Wort aus älterem mfrz. astelier m. ’Ort, wo viele Holzspäne sind, Tischlerwerkstatt’, zu afrz. astele ’Span, Splitter’, aus früh-rom. *astella, einer volkssprachlichen Variante zu l. assula ’Splitter’; dieses ein Diminutivum zu l. asser m. ’Stange, Balken’. – DF 2 (21996), 426–430; EWNl 1 (2003), 175f.

Entlehnt aus l. asy¯lum, dieses aus gr. a´sy¯lon, zu gr. a´sy¯los ’unberaubt, sicher’, zu gr. sy˜lon ’Raub, PlünAtem Sm std. (8. Jh.), mhd. a¯tem, ahd. a¯tum, as. a¯doÑ m. derung’ und negierendem gr. Þa-. In der Antike ist Aus wg. *¢ ¯ d(u)ma- m. ’Hauch, Atem’, auch in ae. Ñ , afr. ¯ethma; dieses aus ig. *e¯tmo´- ’Atem’, auch in ¢ ¯ dm Asyl ein Heiligtum, in dem der Schutzsuchende vor jedem Zugriff sicher ist. Später geht dieses Recht auf ai. a¯tma¯´ ’Hauch, Seele’ (n-Stamm) und vielleicht air. athach f. ’Hauch, Wind’. Entstehung dunkel. Luthers christliche Kultstätten über. In dieser Bedeutung (also praktisch als Exotismus) wird das Wort im Form ÞOdem (mit regional weit verbreitetem WanDeutschen zunächst in seiner lateinischen Form verdel von a¯ zu o¯ und nördlichem d für t) ist auf die wendet; dann verallgemeinert zu ’Zufluchtsort’ und religiöse und gehobene Sprache beschränkt geblieben. Verb: atmen. endungslos; ab dem 19. Jh. dann ’Heim bzw. Unterkunft für Bedürftige’. In der Nachkriegszeit durch das Ebenso nndl. adem. – EWahd 1 (1988), 391–393; Röhrich 1 (1991), 18; EWNl 1 (2003), 98. deutsche Asylrecht Rückgriff auf die Ursprungsbe-

Atheismus

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Atheismus Sm erw. fach. (16. Jh.). Neoklassische Ablei- Atmosphäre Sf ’Lufthülle der Erde, Stimmung’ erw.

tung zu gr. a´theos ’gottlos, die Staatsgötter leugnend’, zu gr. theo´s ’Gott’ und negierendem gr. a- (Þa-). Täterbezeichnung: Atheist; Adjektiv: atheistisch. Ebenso nndl. atheı¨sme, ne. atheism, nfrz. athe´isme, nschw. ateism, nnorw. ateisme; ÞEnthusiasmus, ÞTheologie. – DF 2 (21996), 430–437; HWPh 1 (1971), 595–599; Kern, W. ZKTh 97 (1975), 3–40; Jones, W. J. SN 51 (1979), 249; Bianca, C. AIONSF 3 (1980), 71–104; Winiarczyk, M. Philologus 128 (1984), 157–183.

Äther Sm ’Raum des Himmels, Narkosemittel’ erw.

fach. (17. Jh.). Neoklassische Bildung zu gr. atmo´s m. ’Dunst’ und gr. sphaı˜ra ’Kugel’ zur Bezeichnung des angeblich von Himmelskörpern ausströmenden und sie umgebenden Dunstes. Die übertragene Bedeutung ’Umgebung, Stimmung’ findet sich ab dem 18. Jh.; die Bezeichnung für die Maßeinheit des (Luft-)Drucks seit dem 19. Jh. Ebenso nndl. atmosfeer, ne. atmosphere, nfrz. atmosphe`re, nschw. atmosfär, nnorw. atmosf¢re; ÞSphäre. Ersatzwort ist Dunstkreis. – DF 2 (21996), 454–460; Cottez (1980), 41; EWNl 1 (2003), 178.

fach. (14. Jh.). Entlehnt aus l. aethe¯r ’oberste Luftschicht’, dieses aus gr. aithe¯´r (eigentlich ’LeuchtenAtoll Sn ’Koralleninsel’ per. exot. (19. Jh.). Entlehnt aus des’), zu gr. aı´thein ’brennen, glühen, leuchten’. Nach ne. atoll, das seinerseits aus einheimischen Bezeichgriechischer Vorstellung lag über dem niederen Luftnungen wie atollon und atoll für die Malediven überraum (gr. a¯¯e´r) eine höhere Luftzone, der Äther. Im nommen ist. Im Englischen ist das Wort seit dem Äther, dem Wohnsitz der Götter, soll die Luft beson16. Jh. als Exotismus bekannt, 1842 wird es von Darders fein und hell sein. Im 18. Jh. wird das Wort zur win in die Wissenschaftssprache eingeführt. Bezeichnung eines Betäubungsmittels verwendet, das Ebenso nndl. atol, ne. atoll, nfrz. atoll, nschw. atoll, nnorw. flüchtiger als Luft ist (also wie der Äther über dieser atoll. Das Wort geht wohl auf malayalam adal ’verbindend’ ˙ schwebt). Im 19. Jh. wird es für das Medium der Lichtzurück; bezieht sich also auf die ringförmige Struktur der Inund Funkwellen außerhalb des Luftraums in Anseln; vgl. singhal. ätul, maledivisch atou. – Littmann (1924), 121; EWNl 1 (2003), 178. spruch genommen. In der Bedeutung stark verselbständigt ist das Adjektiv ätherisch ’vergeistigt’, tech- Atom Sn ’kleinstes Teilchen’ std. (15. Jh., Form 19. Jh.). nisch ’flüchtig (von Ölen)’. Entlehnt aus l. atomus f., zunächst mit lateinischer Ebenso nndl. ether, ne. ether, nfrz. ´ether, nschw. eter, nnorw. Flexion und maskulinem Genus. Das lateinische eter. – DF 2 (21996), 437–448; Ganz (1957), 28f.; Weimann, Wort wiederum ist entlehnt aus gr. a´tomos, einer SubK.-H. DWEB 2 (1963), 387; HWPh 1 (1971), 599–601; LM 1 stantivierung von gr. a´tomos ’unteilbar’, abgeleitet (1980), 1164f.; EWNl 1 (2003), 705. von einer Ablautstufe von gr. te´mnein ’schneiden’ mit Athlet Sm ’Wettkämpfer’ std. (16. Jh.). Entlehnt aus l. negierendem gr. a-. Im 19. Jh. deutsche Flexion und a¯thle¯ta, zu gr. a¯thle¯te¯´s, einem Nomen Agentis zu gr. neutrales Genus. − Im Griechischen bezeichnet das a¯thleı˜n ’um einen Preis kämpfen’, zu gr. a˜thlos Wort zunächst in philosophischen Überlegungen hy’Wettkampf’ und gr. a˜thlon n. ’Preis’. Die heutige Bepothetische Elementarteilchen; mit dem Aufkomdeutung ’Sportler’ unter dem Einfluss des Englimen der Naturwissenschaften dann physikalische schen. Adjektiv: athletisch, Abstraktum: Athletik. Fundierung dieses Konzeptes. Die erfolgreiche Kernspaltung im 20. Jh. widerlegt die im ursprünglichen Ebenso nndl. atleet, ne. athlete, nfrz. athle`te, nschw. atlet, nnorw. atlet; ÞBiathlon. – DF 2 (21996), 448–451; Carstensen 1 Benennungsmotiv zum Ausdruck kommende Auf(1993), 53; EWNl 1 (2003), 177f. fassung. Die damit zusammenhängende technische Entwicklung (Atombombe, Atomenergie) macht das -ation Suffix Þ-tion. Wort zu einem Schlagwort der ideologischen Ausein1 Atlas Sm ’Landkartensammlung’ erw. fach. (16. Jh.). andersetzung des 20. Jhs. Adjektiv: atomar. Nach dem Titel einer Landkartensammlung von Mercator 1595. Dieser Titel nach dem Titanen Atlas, der nach der griechischen Mythologie das Himmelsgewölbe auf den Schultern trägt (und der auf dem Kartenwerk abgebildet war). Ebenso nndl. atlas, ne. atlas, nfrz. atlas, nschw. atlas, nisl. atlas. – DF 2 (21996), 453f.; Littmann (1924), 94; EWNl 1 (2003), 177.

Ebenso nndl. atoom, ne. atom, nfrz. atome, nschw. atom, nisl. ato´m; ÞAnatomie, ÞDichotomie, ÞFliete. – DF 2 (21996), 460–478; Mau, J. WZHUB 2 (1952/53), 3, 1–20; Gerlach (1962), 55–59; Heller (1970), 78–100; HWPh 1 (1971), 603; Buchdahl, G. in Rapp/Schütt (1987), 101–129; Strauss u.a. (1989) 430–438; LM 1 (1980), 1174f.; Carstensen 1 (1993), 55–57; EWNl 1 (2003), 178.

Atlas2 Sm ’hochglänzendes Gewebe’ per. fach. (15. Jh.). -ator Suffix (zur Bildung von deverbativen Personen-

Entlehnt aus frz. atlas, dieses aus arab. atlas, eigent˙ lich ’glatt, fein’. Deutsch auch ÞRasch, französisch ÞSatin nach dem Namen des chinesischen Exportplatzes Tseu-thung (arab. Zeitun). Ebenso nndl. atlas, nschw. atlas, nnorw. atlas(k). – Karabacek, J.: Über einige Benennungen mittelalterlicher Gewebe (Wien 1882), 12 u.ö.; DF 1 (1913), 59; LM 1 (1980), 1173; EWNl 1 (2003), 177.

und Sachbezeichnungen, z.B. Illustrator, ÞVentilator) erw. fach. (–). Es wurde in Entlehnungen aus dem Lateinischen ins Deutsche übernommen; sein Ursprung ist l. -tor, häufig -a¯tor zu Verben auf l. -a¯re. Die ursprünglichen Varianten treten zwar in Entlehnungen auf, doch ist -a¯tor die einzige Variante, die auch produktiv geworden ist. Wortbildung 2 (1975), 353f.

69 ätsch Interj (Ausdruck für Spott und Schadenfreu-

de) std. (17. Jh.). Meist begleitet mit der Geste des ’Rübchen-Schabens’ − deshalb ist die Lautform wohl lautnachahmend für das Schabegeräusch. Wie das Rübchen-Schaben mit der Schadenfreude zu verbinden ist, bleibt allerdings unklar. Attache´ Sm ’diplomatischer Berater’ per. fach. (18. Jh.).

Entlehnt aus frz. attache´ m. (eigentlich ’Zugeordneter’), einer Substantivierung des Partizip des Präteritums von frz. attacher ’anbinden, zuordnen’.

Attribut Ätti (Diminutiv zu Att(e)) Sm ’Vater’ (auch ’Großva-

ter’) per. schwz. (16. Jh.). Diminutiv zu Att(e), mhd. atte, ahd. atto ’Vater’, mndl. ate (evtl. stammt der Umlaut aber auch aus Flexionsformen). Kindersprachliches Lallwort (vgl. das Ausbleiben der Lautverschiebung), das auch in gt. atta, nordfr. atta (usw.) auftaucht; außergermanisch in heth. atta-, gr. (Vokativ) a´tta, l. atta, alb. a´t(eı`) ’Vater’, mit Öffnung der Silbe das Diminutiv akslav. otı˘cı˘; vgl. ai. atta¯ ’Mutter’ (nicht in Texten belegt). Ähnliche Formen auch in außerindogermanischen Sprachen.

Ebenso nndl. attache´, ne. attache´, nfrz. attache´, nschw. attache´, ÞAdel. – EWahd 1 (1988), 385–388; Lühr (1988), 254f.; Friednnorw. attache´. Das französische Verb ist Fortsetzer eines frührich, J. Glotta 23 (1935), 207–210 (zu entsprechenden Lallwörrom. *attacticare, über das PPP. attactus zu l. attingere tern); Hermann, E. IF 53 (1935), 97f. (zu l. atta). ’berühren, anstoßen’ und Entsprechung zu attackieren (ÞAttacke). – DF 2 (21996), 479–482; Brunt (1983), 138f.; DEO Attitüde Sf ’Haltung’, besonders ’affektierte Haltung, (1982), 54; EWNl 1 (2003), 178f.

Attacke Sf ’Angriff’ erw. fremd. (17. Jh.). Entlehnt aus

Einstellung’ erw. fremd. (18. Jh.). Entlehnt aus frz. attitude f., das seinerseits aus it. attitudine entlehnt ist. Dessen weitere Herkunft ist mehrdeutig (zu l. aptus ’passend’ oder a¯ctus ’Bewegung’ oder Kreuzung aus beiden?).

frz. attaque, einem Nomen Actionis zu frz. attaquer ’angreifen’. Das Wort ist aus dem Italienischen entlehnt und ist die Entsprechung zu frz. attacher (s. das Vorhergehende), also aus früh-rom. *attacticare. Im Ebenso ne. attitude, nfrz. attitude, nschw. attityd, nnorw. at16. Jh. dienen dann italienische Phrasen mit attaccare tityde. – DF 2 (21996), 492–494; EWNl 1 (2003), 179f. (z.B. attaccare battaglia ’in der Schlacht mitmachen, Attraktion Sf ’(Anziehungskraft), zugkräftige Darbiemitkämpfen’) als Vorbild für frz. attaquer in der Betung (im Zirkus)’ erw. fremd. (16. Jh., Bedeutung deutung ’angreifen’. Verb: attackieren. 19. Jh.). Zunächst fachsprachlich (als ’AnziehungsEbenso nndl. attaque, ne. attack, nfrz. attaque, nschw. attack, kraft’) entlehnt aus l. attractio, einem Nomen Actionnorw. attakk. Zur Sippe des zugrunde liegenden l. tangere nis zu l. attrahere ’anziehen’, aus l. trahere (tractum) 2 ’berühren’ s. ÞTangente. – DF 2 ( 1996), 482–485; Jones (1976), ’ziehen’ und l. ad- ’hin, zu’. Dann im 19. Jh. die heute 118f.; DEO (1982), 54f.; EWNl 1 (2003), 179. übliche Bedeutung unter Einfluss von ne. attraction, Attentat Sn ’Mordanschlag’ erw. fach. (15. Jh., Bedeudieses aus frz. attraction ’Anziehung’, zu derselben tung 19. Jh.). Entlehnt aus ml. attenta¯tum ’Versuch’, Grundlage. Verb: attrahieren; Adjektiv: attraktiv mit dem substantivierten PPP. von l. attenta¯re, atAbstraktum Attraktivität. tem(p)ta¯re ’versuchen, angreifen, antasten’, zu l. Ebenso nndl. attractie, ne. attraction, nfrz. attraction, nschw. tempta¯re, tenta¯re (tempta¯tum) ’versuchen’ und l. adattraktion, nnorw. attraksjon. Zur Sippe des zugrunde liegen’hin, zu’. ’Versuch’ wird dabei verstanden als den l. trahere s. Þabstrakt. – DF 2 (21996), 494–499; Weimann, ’Versuch zu einem Verbrechen’, auch als der K.-H. DWEB 2 (1963), 387f.; Rey-Debove/Gagnon (1988), 28f.; Carstensen 1 (1993), 59; EWNl 1 (2003), 180. ’durchgeführte Versuch’. Im 19. Jh. unter Einfluss des entsprechenden frz. attentat m. eingeengt auf den Attrappe Sf ’Nachbildung’ erw. fach. (18. Jh.). Entlehnt speziellen Fall des politischen Mordversuchs. aus frz. attrape ’täuschender Gegenstand, ScherzAttentäter ist im 19. Jh. gebildet (als Reimwort zu artikel’, einer Ableitung von frz. attraper ’fangen, fasHochverräter) mit volksetymologischer Interpretatisen, erwischen’. Ursprünglich also ’Falle’ (durch die on von -tat als Kompositionsglied nhd. ÞTat. jemand hereingelegt wird). Ebenso nfrz. attentat, nschw. attentat, nnorw. attentat; Þtentativ, ÞTentakel. – DF 2 (21996), 485–489.

Attest Sn ’Bescheinigung’ erw. fach. (16. Jh., Form

Ebenso nfrz. attrape, nschw. attrapp, nnorw. attrapp. Das französische Wort ist abgeleitet von frz. trappe ’Schlinge, Falle’, das auf ein awfrk. *trappa ’Falle’ zurückgeht; ÞTrapper. – DF 2 (21996), 499–502; Jones (1976), 120.

18. Jh.). Entlehnt aus l. attesta¯tio f., einer Ableitung von l. attesta¯rı¯ ’bezeugen, bestätigen’, zu l. testa¯rı¯ (tes- Attribut Sn ’Beifügung, Eigenschaft’ erw. fach. (17. Jh., ta¯tus) ’bezeugen’ und l. ad- ’hin, zu’, weiter zu l. testis Form 18. Jh.). Entlehnt aus l. attribu¯tum, dem sub’Zeuge’. Zunächst entlehnt in der Form Attestat, dann stantivierten PPP. von l. attribuere ’zuweisen, beifü(wohl unter Einfluss von ne. attest) gekürzt. Verb: gen’, zu l. tribuere (tribu¯tum) ’zuteilen’ und l. adattestieren. ’hin, zu’; zunächst in lateinischer Form, dann eingeEbenso nndl. attest(atie), ne. attestation, attest, nfrz. attestatideutscht. Verb: attribuieren; Adjektiv: attributiv. on, nschw. attest, nnorw. attest; Þprotestieren, ÞTestament, Þtestieren. – DF 2 (21996), 489–492; Jones, W. J. SN 51 (1979), 249; EWNl 1 (2003), 179.

Ebenso nndl. attribuut, ne. attribute, nfrz. attribut, nschw. attribut, nnorw. attributt. Zur Sippe der zugrunde liegenden l. tribus ’Bezirk’ und l. tribuere ’teilen’ s. ÞTribut. Ersatzwort für den grammatischen Terminus ist Beifügung. – DF 2 (21996), 502–506; HWPh 1 (1971), 612–614; EWNl 1 (2003), 180.

Atzel

70 Atzel Sf ’Elster’ per. wmd. (14. Jh.). Diminutiv zu der

auf ahd. agaza, agastra zurückgehenden Form. ÞElster.

atzen Vsw ’füttern (der Jungvögel durch ihre El-

tern)’ erw. obs. (11. Jh.), mhd. atzen, ahd. (alem.) a¯zzen ’füttern, jmd. speisen’, das aber auch mit anderer Lautung bezeugt ist, so dass die Vorform nicht sicher von Þäsen abgetrennt werden kann. Vermutlich ebenfalls von ÞAas ’Speise’ abgeleitet. Abstraktum: Atzung. ätzen Vsw ’eine Oberfläche mit Säure behandeln’ erw.

auch Ptkl std. (8. Jh.), mhd. ouch, ahd. ouh, as. o¯k. Geht

zurück auf g. *auke ’auch’ in gt. auk, anord. auk, ae. ¯eac, afr. a¯k; mit abweichender Bedeutung gt. auk ’denn’, ahd. ouh ’aber’. Es kommen zwei Etymologien in Frage; unter Umständen sind − erkennbar an den verschiedenen Bedeutungen − zwei Partikel lautlich zusammengefallen, nämlich ein Imperativ g. *auke ’füge hinzu’ zu dem starken Verb g. *auk-a- ’hinzufügen’ (gt. aukan, anord. auka, ae. ¯eacen Adj.(PPrät.), afr. a¯ka, as. o¯kan Adj.(PPrät.), ahd. ouhhan), das auf ig. *aug- ’vermehren’ (l. auge¯re usw.) zurückgeht; und eine ig. Partikel *au, etwa in gr. au˜ ’wieder, hingegen’ mit enklitischem -ge. Zugunsten der ersten Etymologie spricht das durchsichtige ae. þ¢ ¯ r-to¯-e¯acen ’außerdem’, eigentlich ’dazugefügt’.

fach. (9. Jh.), mhd. etzen, ahd. ez(z)en. Aus g. *at-eja’essen machen, beißen lassen’, formal gleich auch in gt. fra-atjan ’zum Essen austeilen’, anord. etja ’hetzen, anspornen, reizen, füttern’, ae. ettan ÞAuktion, Þnoch 2, Þwachsen. – Seebold (1970), 84f. ’abweiden’, afr. etta ’weiden’; Kausativ zu Þessen (mit zu erschließender Grundbedeutung ’beißen’, also zu Audienz Sf ’Empfang bei einem Höhergestellten’ erw. fach. (15. Jh.). Entlehnt aus l. audientia ’Gehör, Aufvergleichen mit Þbeizen). In der Bedeutung ’füttern’ merksamkeit’, einem Abstraktum zu l. audı¯re berührt sich das Wort im Deutschen mit anderen Bil’hören’. Die Bedeutung entwickelt sich an den Fürsdungen (Þäsen, Þatzen); es bleibt in der Bedeutung tenhöfen in Formeln wie Audienz geben oder um eine ’beißen, ätzen’, die im 15. Jh. zu dem Fachwort für das Audienz bitten von ’Gehör’ zur ’Zeremonie, bei der Behandeln von Metall mit Säure wird. einem Gehör geschenkt wird’. EWahd 2 (1998), 1187f.; EWNl 1 (2003), 707f. au Interj (des Schmerzes) std. (11. Jh.), mhd. ou, ouwe¯,

ahd. au. Ahd. au neben mhd. o we¯. Naturlaut wie l. ai u.a. Þo, oh. – EWahd 1 (1988), 393–395.

Ebenso nndl. audi¡ntie, ne. audience, nfrz. audience, nschw. audiens, nnorw. audiens. S. Þaudio-, ÞAuditorium und aus dem Griechischen ÞÄsthetik. – DF 2 (21996), 506–508; Jones (1976), 120f.; EWNl 1 (2003), 181.

audio- LAff ’Hören’ erw. bildg. (–). Moderne, im La-

Au (auch Aue) Sf ’Flusslandschaft, Flussinsel’ erw. obs.

teinischen selbst nicht auftretende Kompositions(9. Jh.), mhd. ouwe, ahd. ouwa ’Land am Wasser, Inform für ’Hören, akustische Wahrnehmung’, die aus sel’. Aus g. *agwijo¯ f. ’die zum Wasser gehörige’, auch dem Verb l. audı¯re ’hören’ und seinen Ableitungen in anord. ey ’Insel’, ae. ¯ıg ’Insel’; Zugehörigkeitsbilherausgesponnen ist. In neoklassischen Bildungen dung zu g. *ahwo¯ f. ’Fluss, Wasser’ in gt. a§a ’Fluss’, wie audiovisuell, Audiometer usw. anord. o´, a´ ’Fluss’, ae. ¯ea, afr. a¯, ¯e ’Wasser, Fluss’, as. S. ÞAudienz, ÞAuditorium und aus dem Griechischen ÞÄsthetik. – Cottez (1980), 42; DF 2 (21996), 508–515; EWNl 1 aha, ahd. aha ’Wasser, Flut, Fluss’, nhd. ÞAch(e) be(2003), 181. sonders in Namen, aus ig. (weur.) *ak wa¯ f. (? *¡k wa¯) ’Wasser’, auch in l. aqua f. ’Wasser, Fluss’. Sowohl Auditorium Sn ’Hörerschaft, Hörsaal’ erw. fach. Ach(e) wie Au sind im Deutschen und außerhalb (15. Jh.). Entlehnt aus l. audı¯to¯rium ’Hörsaal’, zu l. häufig in Gewässer- und Flurnamen (und Namen audı¯tor m. ’Hörer’, zu l. audı¯re ’hören’. Während das von gewässernahen Landstücken); als Appellativ ist Wort in der Grundbedeutung ein heute nicht mehr Ach(e) heute weitgehend ausgestorben, Au(e) ist auf übliches akademisches Fachwort ist, ist die Verschiedie gehobene, dichterische Sprache beschränkt. bung zu ’Publikum eines Vortrags oder einer sonstiEbenso nndl. landouw ’Gefilde’, ne. island, nschw. ö, nisl. ey(ja) gen Veranstaltung’ verallgemeinert und noch üblich. ’Insel’; ÞAch(e), ÞEiland. – Darms (1978), 25; EWahd 1 (1988), 99–103 (zu -ach); Gobber (1995), 131f.

Aubergine Sf (Frucht eines Nachtschattengewächses in

Südostasien; Eierfrucht; auch als Farbwort für ’rötlich-violett’) per. exot. (20. Jh.). Entlehnt aus frz. aubergine, dieses aus kat. albergı´nia, aus arab. al-ba¯dingˇa¯n, aus pers. ba¯dinga¯n, ba¯dingˇa¯n u.ä. mit Dissi¯milierung von d-n zu r-n. Ebenso nndl. aubergine, ne. aubergine, nfrz. aubergine, nschw. aubergine, nnorw. aubergine. – Turner, R. L.: A Comparative Dictionary of the Indo-Aryan Languages (London 1966), Nr. 9369 und 11503 (zur Verbreitung des nicht-etymologisierbaren Wortes in den indo-arischen Sprachen); Tazi (1998), 193; EWNl 1 (2003), 180f.

Ebenso nfrz. auditoire, nndl. auditorium, nschw. auditorium, nnorw. auditorium. S. Þaudio-, ÞAudienz und aus dem Griechischen ÞÄsthetik. – DF 2 (21996), 515–519; LM 1 (1980), 1196; Jones (1976), 121 (zu Auditeur); EWNl 1 (2003), 182.

Aue Sf ÞAu. Auerhahn Sm ’Männchen des größten Wildhuhns’ erw.

fach. (10. Jh.), mhd. u¯rhan, ahd. u¯rhano. Aus vd. *u¯rahano¯n m. ’Auerhahn’; das Vorderglied auch als ahd. orre-huon ’Auerhenne’, fnhd. orrehan, das mit anord. orri ’Birkhuhn’ vergleichbar ist. Vermutet wird eine Herkunft aus einer Bedeutung ’männlich’: Die indogermanischen Sprachen haben zwei parallele Wörter für das Männchen von Tieren, einmal *wrs(en)- in ˙

auffallen

71

ai. vrsa´n- ’Männchen, Hengst’, ai. vrsabha´- ’Stier’, l. ˙ *rsverre˙¯˙s ’Eber’, lit. ver˜ˇsis ’(Stier)Kalb’;˙andererseits ˙˙ in ai. rsabha´- ’Stier’, gr. a´rse¯n ’männlich’. Beide ste˙ ˙ hen neben Wörtern für ’regnen’ (und andere Niederschläge) und beruhen wohl auf einer alten metaphorischen Benennung des Geschlechtsverkehrs als ’beregnen’; die Bedeutung ’männlich’ also aus ’besamend’. Die beiden Sippen sind entweder parallel oder durch unregelmäßige Abwandlung auseinander entstanden. Aus *rs-(o-) (g. *urz[a-]) lässt sich ohne ˙ fnhd. orrehan herleiten. Die übweiteres anord. orri, rigen Wörter (Auer-) gehen auf g. *u¯ra- zurück, das in der Bedeutung ’regnen’ (anord. u´r ’feiner Regen’) nur mit lateinischen Wörtern vergleichbar ist (l. u¯rı¯na¯re ’harnen’). In beiden Sprachen kann diese Lautform auf *uwrs-, einer Variante zu dem oben an˙ der Entwicklung von rs zu rz, geführten *wrs- mit ˙ anschließender Vereinfachung (lateidann zu rr mit nisch vor dem Akzent, germanisch nach Langvokal) zurückgehen, so dass der Anschluss an die verbreitete indogermanische Sippe gewonnen wird. Lautlich ist die Herleitung also plausibel, doch ist es vom semantischen Standpunkt aus auffällig, dass hier (und nur hier) ein Vogel nur als Männchen bezeichnet wird. Immerhin ist das Balzverhalten des Auerhahns so auffällig, dass eine solche Bezeichnung denkbar wäre. Die entsprechenden Bezeichnungen für die (unscheinbaren) weiblichen Tiere müssten parallel zu ÞHahn − ÞHenne − ÞHuhn erklärt werden, wo das Benennungsmotiv nur für das männliche Tier gilt, die weiblichen Tiere als ihm zugehörig benannt werden. ÞAuerochse. – Suolahti (1909), 248–251; RGA 1 (1973), 476; EWNl 1 (2003), 182; EWNl 4 (2009), 632f.

Auerochse Sm ’Wildrind’ erw. fach. (10. Jh.), mhd.

b ausgehen oder durch Gemination o.ä. die germanische Lautverschiebung vermieden haben. Das germanische Wort zeigt später im Süden Vokaldehnung, im Norden Geminate des Konsonanten. Nach Sommer Lautgebärde *up für eine schnelle, kräftige Bewegung von unten nach oben; iup mit ’Artikulationsanlauf’. Eine solche Annahme könnte das Ausbleiben der Lautverschiebung rechtfertigen. Normale Reflexe von ig. -p- in Þoben und Þüber. Ebenso nndl. op, ne. up, nschw. upp, nisl. upp. S. mit g. -pÞäufnen, Þoffen und ÞMake-up; mit g. -f-/-b- Þoben, Þob 2, Þüber; zu außergermanischen Sprachen s. Þsub- und Þhypo –. – Frings, Th., Müller, G. FS Sehrt (1968), 83–89; Henzen (1969), 218–240, 274–278; Sommer (1977), 6–11; Mitzka, W. ZDA 93 (1964), 293 (zum Lautlichen); Mitzka, W. NJ 93 (1970), 80–82, Wortbildung 1 (1973), 145f. und die dort angegebenen Stellen.

aufbäumen Vsw Þbäumen. aufbauschen Vsw ÞBausch. aufbegehren Vsw std. stil. (16. Jh., Standard 19. Jh.). Ein

ursprünglich schweizerisches Wort (gebildet wie auffordern), das im 19. Jh. in den Standard aufgenommen wird. Þbegehren.

aufbrechen Vst std. (13. Jh.). Partikelverb zu Þbrechen,

das früh übertragen wird auf andere inchoative Tätigkeiten, besonders den Beginn einer Reise oder eines Weges. aufbrezeln Vsw ’(sich) herausputzen, (etwas) aufmö-

beln’ per. grupp. (20. Jh.). Brotgebäck ist besonders wohlschmeckend, wenn es frisch gebacken und knusprig ist (redensartlich: knusprig wie eine Brezel). Wenn es etwas älter ist, wird es deshalb aufgebacken. Besonders wirksam (und deshalb häufig) ist dies bei Brezeln; deshalb ist aufbrezeln, das nur bildlich gebraucht wird, ’aufbacken wie eine Brezel’, d.h. etwas weniger Attraktives mit allen Mitteln anziehend machen.

u¯r(e), u¯rochse, ahd. u¯ro, u¯rohso. Aus g. *u¯ro¯n m. ’Ur, Auerochse’, das in der Variante g. *u¯ra- auch in ae. u¯r, anord. u´rr (und vielleicht in der Verdeutlichung Auerochse) auftritt. Das Wort ist auch Bezeichnung der Neuer Wortschatz (2004), 20. u-Rune. L. u¯rus und gr. ou˜ros gelten als Lehnwörter aus dem Germanischen. Da hier deutlich das männ- aufdonnern Vsw Þaufgedonnert. liche Tier bezeichnet wird, ist die unter ÞAuerhahn aufdrieseln Vsw Þaufdröseln. dargestellte Herkunft als Wort für ’Männchen’ plau- aufdröseln (auch aufdrieseln, auftröseln) Vsw ’aufdresibel, es wird aber auch Entlehnung aus einer unbehen, entwirren’ std. stil. (18. Jh.), ndd. triseln kannten Sprache erwogen. Die alte Lautform ist als ’drehen’. Vgl. ndd. trisel ’Kreisel’ zu einem md. triseln. ÞUr wiederbelebt worden. Weiteres unter Þtriezen, aber sonst ist die Herkunft Ebenso nndl. oeros; ÞAuerhahn, ÞOchse, ÞUr. – RGA 1 (1973), unklar. Das Wort ist durch Goethe verbreitet worden. 476–479; LM 1 (1980), 1199.

auf Adv/Präp std. (8. Jh.), mhd. u¯f, ahd. u¯f, as. u¯˘p. Aus

Aufenthalt Sm std. (15. Jh.), fnhd. u¯fenthalt. Verdeutli-

chung von gleichbedeutendem enthalt ’Unterhalt, g. *up(a) ’auf’, auch in anord. upp, ae. up, afr. up Aufenthalt’ zu enthalten ’stillhalten, zurückhalten, neben gt. iup (aus *eupa?). Semantisch vergleichbar sich aufhalten’. ist ig. *upo mit ähnlichen lokalen Bedeutungen in ai. auffallen Vst std. (18. Jh.). Wenn etwas auffällt u´pa und mit s-Anlaut (und gr. s > h) gr. hy´po, hypo´ ’aufschlägt’), dann erregt es Aufsehen; hieraus die ( und l. sub; vgl. auch heth. upzi ’(die Sonne) geht auf’. Bedeutungsentwicklung durch Verschiebung des BeDer Konsonantismus ist unklar: die germanischen trachter-Gesichtspunkts. Hierzu die Adjektive Formen müssten entweder von einer Variante mit ig. auffallend und auffällig.

aufführen

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aufführen Vsw std. (13. Jh.), mhd. ufvüeren ’hinauffüh- aufgelegt AdjPP std. (18. Jh.). Die Bedeutung ent-

ren’, dann auch ’aufrichten’. Die heutige Bedeutung wohl aus ’auf ein Podium führen’. aufgabeln Vsw std. stil. (17. Jh.). Zunächst ’auf die

Gabel spießen’, dann ’entdecken, finden’. Der Bedeutungsübergang geht darauf zurück, dass man beim Hineinstechen in einen Laubhaufen o.ä. mit einer Gabel gelegentlich etwas aufspießt, von dem man nicht wusste, dass es da war. aufgeben Vst std. (13. Jh.), mhd. u¯fgeben. Die durch-

sichtige Bedeutung ’übergeben’ ist spezialisiert in dem Abstraktum (Haus-)Aufgabe, das Verbum selbst mit seinen Ableitungen in der Bedeutung ’aufhören, verzichten’. Þauf , Þgeben.

Aufgebot Sn ’öffentliche Bekanntmachung einer Ehe-

spricht frz. dispose´, zu dem es vielleicht eine Lehnbedeutung ist. aufgeräumt AdjPP ’gut aufgelegt’ std. (16. Jh., Bedeu-

tung 17. Jh.). Partizip zu aufräumen ’(ein Zimmer) in Ordnung bringen’. Wie bei herausgeputzt ist der Ausdruck für das Sauber-Machen gleichzeitig ein Ausdruck für das Schmücken, vor allem von Personen gesagt. Schon früh übertragen verwendet für ’gut aufgelegt’. Aufhebens machen Vsw ’reißerisch in den Vordergrund

stellen’ std. stil. phras. (16. Jh., Bedeutung 17. Jh.). Ursprünglich Ausdruck der Fechtersprache für das zeremonielle Aufheben oder Aufgehebe der Waffen am Anfang des Kampfes (Praeludium); dann teilweise übertragen auf ’Anfang’, teilweise auf ’protziges Gehabe’. Das -s ist ursprünglich ein Genetiv.

schließung’ erw. fach. (15. Jh.). Zunächst eine aufgeRöhrich 1 (1991), 19. botene Mannschaft, zu aufgebieten, aufbieten. Dann ’Aufforderung zur Anmeldung von Ansprüchen’ und aufhören Vsw std. (13. Jh.), mhd. u¯fhœren; in gleicher schließlich ’Bekanntgabe einer beabsichtigten EheBedeutung auch einfaches mhd. hœren. Wenn jeschließung’ (d.h. ’Aufforderung zur Anmeldung irmand auf etwas sein Augenmerk richtet, dann lässt er gendwelcher Ehehindernisse’). zugleich von seiner Tätigkeit ab; das Ablassen ist desLM 1 (1980), 1203–1205. halb ein anderer Aspekt des Aufmerkens; daher die Übertragung. Dem entsprechend ist die absolute aufgedonnert AdjPP ’protzig gekleidet’ std. stil. Konstruktion und Bedeutung wesentlich früher be(19. Jh.). Zu sich aufdonnern, das heute als Finitum zeugt als die transitive (in der Regel mit Präposition nicht mehr üblich ist. Man vermutet eine (scherzhafÞmit). te) Bildung zu it. donna ’Dame’, doch kann dies allenfalls im Rahmen eines Wortspiels mitgewirkt ha- aufklären Vsw std. (17. Jh.), mndd. upkla¯ren ’klar werben. Zu ÞDonner etwa im Sinn von ’Theaterdonner’, den, aufhellen’. Als Wetter-Ausdruck der Seemannsd.h. etwas, das im Augenblick starken Eindruck sprache wird im 16. Jh. aufklaren in die Hochsprache macht, aber letztlich ohne Auswirkungen bleibt. übernommen; im 17. Jh. stärker der hochdeutschen Röhrich 1 (1991), 19. Wortbildung (und auch dem kausativen Gebrauch ’klar machen’) angepasst als aufklären. Heute wird aufgedunsen AdjPP std. (14. Jh.). Zu einem nicht mehr das Verb intransitiv und reflexiv verwendet als Wetgebräuchlichen starken Verb aufdinsen ’ausdehnen’. terausdruck und in deutlich übertragenem Sinn (sein Dieses zu mhd. dinsen, ahd. thinsan, as. thinsan Gesicht klärt sich auf ); transitiv hat es eine wesentli’ziehen’ aus g. *þens-a Vst. ’ziehen’, auch in gt. atþinche Rolle gespielt im Sinn von ’erklären’, dann als san ’heranziehen’. Dieses aus ig. *tens- ’ziehen, spanZentralbegriff der Aufklärung (18. Jh.) und neuerdings nen’ in ai. tam ˙ sayati ’zieht hin und her, schafft her(20. Jh.) im Sinne von ’das Geschlechtsleben darstelbei’, lit. te¸˜sti ’durch Ziehen dehnen, spannen’. Eine len’. Nomen Agentis: Aufklärer. einfachere Wurzelform ist ig. *ten- (Þdehnen). ÞGedöns. – Seebold (1970), 514f.

aufgekratzt AdjPP ’ausgelassen’ std. stil. (16. Jh., Form

Ebenso nndl. opklaren, ne. clear up, nschw. klarna (upp), nnorw. oppklare; Þklar. – HWPh 1 (1971), 620–635; GB 1 (1972), 243–342; Bahner, W. in M. Buhr, W. Förster (Hrsg.): Aufklärung − Gesellschaft − Kritik (Berlin 1985), 11–48.

und Bedeutung 18. Jh.). Ursprünglich Partizip zu aufkratzen ’durch Kratzen aufbereiten, neu herrichten’ aufkrempeln Vsw std. (19. Jh.). Eigentlich ’die Krempe (Stoffe, Kleider, Hüte usw.). Das Aufkratzen von umschlagen’, zunächst vorwiegend von Hüten geWolle und Tuch mit Disteln u.ä. ist zunächst ein Teil sagt, aber auch allgemein (Hemdsärmel usw.). des Herstellungsvorgangs, wird dann aber auch zum Auflauf Sm std. (13. Jh.), mhd. u¯flouf zu mhd. u¯floufen Zweck des Erneuerns durchgeführt. Dann übertrain der Bedeutung ’aufgehen, anschwellen’. Zunächst gen, etwa im Sinn von ’aufpolieren’, etwa ein schlechals ’Volksauflauf’. Als Bezeichnung für ein Soufflee tes (Theater-)Stück aufkratzen, aufgekratzt von seit dem 19. Jh. ’übertrieben gekleidet’ usw. Schließlich übertragen auf die Stimmung. auflehnen Vsw, auch Vswrefl std. (13. Jh.), mhd. u¯fleiÞauf , Þkratzen. nen. Entwickelt aus ’sich aufrichten’ die heutige Bedeutung. Zur Form s. Þlehnen 1.

aufziehen

73 aufmöbeln Vsw std. stil. (19. Jh.). Frz. meubler ’einrich-

ten’ wird zunächst entlehnt als möbeln, wozu aufmöbeln ’neu oder besser einrichten’, das dann übertragen gebraucht wird. Eine mögliche Bedeutung ’alte Möbel auffrischen’ ist nicht ausgeschlossen. aufmüpfig Adj ’aufsässig’ erw. obd. (20. Jh.). Übernom-

men aus dem Schweizerdeutschen. Oberdeutsche Form von muffig (Þmuffeln 2). äufnen Vsw ’(Kapital) ansammeln’ per. schwz. (16. Jh.),

wie mhd. u¯f(f)en ’erhöhen, ansammeln’, fnhd. aufen. Ableitung zu Þauf und wohl sekundäre Variante von aufen. In frühneuhochdeutscher Zeit weiter verbreitet (wobd., wmd.). aufoktroyieren Vsw ’aufzwingen’ per. fremd. (17. Jh.,

telhochdeutsch bezeugt ist. Sehr wahrscheinlich sind es regionale Formen, die in früher Zeit nicht erkennbar literarisch geworden sind und sich dann später auf nicht mehr erschließbare Weise ausgebreitet haben. Im vorliegenden Sinn älter und weiter verbreitet ist fnhd. aufsätzig (15. Jh.), das deutlich zu fnhd. aufsaz, mhd. u¯fsaz ’böse Absichten, Widersetzlichkeit’ gehört. Dieses zu mhd. u¯fsetzen, am ehesten in der (schlecht und spät bezeugten) Bedeutung ’widersetzlich sein’ (deutlicher die Hörner aufsetzen, den Kopf aufsetzen). Dazu auch aufsässig, vielleicht nach dem Muster mhd. widersaz − widers¢ze(c) gebildet. Zugrunde liegt ein altes Adjektiv der Möglichkeit (*s¢¯ tja-) zu Þsitzen. Þsitzen, Þansässig. – Heidermanns (1993), 479f.

Form und Bedeutung 19. Jh.). Als oktroyieren aufschneiden Vst ’prahlen’ std. stil. (16. Jh., Bedeutung ’bewilligen, gewähren’ entlehnt aus frz. octroyer glei17. Jh.). Es bedeutet in alter Zeit ’(am Tisch) vorlecher Bedeutung (dieses mit Neu-Anschluss an die lagen’, also ’Fleisch usw. aufschneiden’. Im 17. Jh. ähnteinische Grundlage aus afrz. otroier, dieses aus frühlich wie auftischen übertragen zu ’(Unglaubliches) rom. *auctorizare, Erweiterung aus l. aucto¯ra¯re erzählen’, mit dem großen Messer aufschneiden ’bestätigen, sich verbürgen’ zu l. auctor ’Urheber, Ge’große Reden führen, unglaubliche Geschichten erwährsmann’). Die − nur deutsche − spätere Bedeuzählen’; als die Bedeutung ’vorlegen’ unüblich wird, tungsveränderung beruht auf dem Streit um die wird die nähere Bestimmung bei ’prahlen’ weggelaspreußische Verfassung von 1848, die vom König oksen. Nomen Agentis: Aufschneider. troyiert, also ’erlassen’ wurde. Dies wurde von den Röhrich 1 (1991), 110f. Demokraten, die in der oktroyierten Verfassung eine aufschwemmen Vsw std. phras. (16. Jh.). Meist in festen aufgezwungene Verfassung sahen, nicht gebilligt. Wendungen wie aufgeschwemmtes Gesicht (ÞaufgeDiesen Sinn hat das Wort (verstärkt durch auf-) bis dunsen). Zu mhd. swemmen ’aufgehen lassen’ (etwa heute. Teig mit Hefe); ausgehend von ’mit Wasser vollsauEbenso nndl. octrooi, ne. octroi, nschw. oktroj, nnorw. oktroa. gen lassen’. In dieser Bedeutung kann es sich um eine Zur Sippe des zugrunde liegenden l. auge¯re ’vermehren’ s. Ableitung zu ÞSchwamm handeln als ’aufgehen wie ÞAuktion. ein Schwamm’, aber zumindest beeinflusst von aufpäppeln Vsw Þpäppeln. Þschwemmen, überschwemmen usw., die als Kausative aufpassen Vsw std. (16. Jh., Form 17. Jh.). Als passen auf zu Þschwimmen gehören. etwas entlehnt aus mndl. passen op oder mndd. passen Auftrag Sm ’Weisung, Bestellung’ std. (17. Jh.). Zu aufup, dann ohne Objekt, parallel zu ndl. oppassen nhd. tragen ’übertragen, übergeben’, dann ’Weisung erteiaufpassen. Das niederländisch/niederdeutsche Wort len, befehlen’. Das Verbum ist heute weithin ersetzt ist zwar aus dem Französischen entlehnt (Þpassen), durch beauftragen. hat aber die Bedeutung ’achten auf’ ohne das Vorbild Þtragen. entwickelt (offenbar ’vorübergehen lassen’ > auftröseln Vsw Þaufdröseln. ’warten’ > ’lauern auf’). Die Bedeutung ’auf etwas lauern’ ist beim Simplex im Deutschen nur regional. aufwarten Vsw ’bedienen’ erw. obs. (15. Jh.). Eigentlich ’auf jmd. achten, für jmd. sorgen’. Zu warten in der Ebenso nndl. oppassen, nschw. passe pa˚, nnorw. passe pa˚. Bedeutung ’achtgeben’ (wie etwa in nhd. ÞWarte). Aufruhr Sm std. (14. Jh., Standard 15. Jh.). Eine im Niederdeutschen beginnende Verstärkung von ÞRuhr im aufwiegeln Vsw ’aufreizen’ std. stil. (15. Jh.). Ursprünglich nur schweizerisch belegte Iterativbildung zu Sinne von ’heftige Erregung’ (zu Þrühren). Zunächst Þbewegen 2, also ursprünglich: ’in vielen kleinen Femininum wie das Grundwort, dann seit dem 16. Jh. Schritten bewegen’. Bei der Übernahme in die StanÜbergang zum Maskulinum (in Analogie zu Aufdardsprache vielfach als (fnhd.) aufwickeln umgestand?). Täterbezeichnung: Aufrührer; Adjektiv: setzt. Im 19. Jh. kommt als Gegensatzbildung aufrührerisch. abwiegeln auf. Nomen Agentis: Aufwiegler. Ebenso nndl. oproer, ne. uproar; ÞRuhr, Þrühren. – Bäumer, M. L. MDU 74 (1982), 463–472; LM 1 (1980), 1206f.

aufsässig Adj ’widerspenstig’ std. stil. (16. Jh.). Das

Problem mit den Formen auf -sässig besteht darin, dass es sich offenbar um eine alte Formation (ursprünglich -säße) handelt, die aber erst (nach-)mit-

aufziehen Vst std. (11. Jh.). Bei Uhren deshalb, weil die

antreibenden Gewichte der alten Turmuhren in die Höhe gezogen wurden. In der Bedeutung ’verspotten’ ein Ausdruck der Folter: das Opfer wurde mit beschwerten Füßen hochgewunden − deshalb eigent-

Augapfel lich ’jmd. quälen’, dann abgeschwächt ’verspotten’ (vgl. Þtriezen). Im 20. Jh. eine Veranstaltung aufziehen, etwa im Sinne von ’wie ein Uhrwerk ablaufen lassen’. Augapfel Sm ÞApfel. Auge Sn std. (8. Jh.), mhd. ouge, ahd. ouga, as. o¯ga. Aus

74 Auktion Sf ’Versteigerung’ erw. fach. (16. Jh.). Entlehnt

aus l. auctio (-o¯nis), einem Nomen Actionis zu l. auge¯re (auctum) ’vermehren, steigern’. Die technische Bedeutung erst beim Substantiv. Ebenso nndl. auctie, ne. auction, nschw. auktion, nnorw. auksjon. Zu l. auge¯re ’vermehren’ gehören Auktion als Abstraktum und ÞAugust als adjektivische to-Weiterbildung zu einem s-Stamm. Die übrigen Verwandten gehen auf das Nomen Agentis auctor zurück: ÞAutor und Þautorisieren; über das Französische Þaufoktroyieren, semantisch weiterentwickelt ÞAutorität und dazu das Adjektiv Þautoritär; zur germanischen Verwandtschaft s. Þauch und Þwachsen. Ersatzwort ist Versteigerung. – DF 2 (21996), 521–523.

g. *augo¯n n. ’Auge’, auch in gt. augo, anord. auga, ae. ¯eage, afr. a¯ge, aus ig. *ok w- ’Auge’ in ai. a´ksi-, gr. o´sse ˙ (Dual), l. oculus m., akslav. oko, lit. akı`s f. Vielleicht zu einer Verbalwurzel mit der Bedeutung ’sehen’. Der Diphthong im Germanischen beruht auf einem (wohl unregelmäßigen) Umsprung des u/w (BeAula Sf ’Festsaal’ per. fach. (16. Jh.). Entlehnt aus l. aula standteil des Labiovelars kw) wie bei ÞHaupt. Verb: ’Atrium, Halle’, dieses aus gr. aule¯´ ’Hof, Halle’. Entäugen. lehnt zur Bezeichnung der Festsäle von Gymnasien Ebenso nndl. oog, ne. eye, nschw. öga, nisl. auga; Þliebäugeln. – und Universitäten. Röhrich 1 (1991), 112–118; Specht, F. ZVS 62 (1935), 211 (zur Lautform).

Augentrost Sm ’Euphrasia (ein Halbschmarotzer)’ per.

Ebenso nndl. aula, nschw. aula, nnorw. aula. – DF 2 (21996), 523–525; EWNl 1 (2003), 183.

Aura Sf ’Ausstrahlung’ per. fach. (16. Jh., Bedeutung fach. (15. Jh.), spmhd. ougentro¯st, mndd. o¯gentro¯st. 19. Jh.). Entlehnt aus l. aura ’Lufthauch, Lichtglanz, Heißt so, weil die Pflanze als Augenheilmittel verDunst’, dieses aus gr. au´ra ’Luft, Hauch’, in dieser wendet wurde. Nicht auszuschließen ist allerdings, Bedeutung zunächst auch deutsch. Das Wort wurde dass der Name einfach ’ein Trost für die Augen, in der antiken Medizin benutzt, um die Vorahnung hübsch anzusehen’ bedeutet, und dass die Annahme für einen epileptischen Anfall zu bezeichnen, dann der Heilkraft aus dem Namen herausgesponnen ist. wurde es von verschiedenen esoterischen GruppieÄhnliches gilt, falls unter den Augen die gelben Flecke rungen übernommen. In der Kabbala wird damit ein auf den Blütenblättern zu verstehen sind. ÜbernomDunstkreis bezeichnet, der den Menschen bis zum men in nndl. ogentroost, nschw. ögontröst. Jüngsten Gericht umgibt, dann die wahrnehmbare Marzell 2 (1972), 389–392. Ausstrahlung eines Menschen. Seit dem 19. Jh. in phiAugiasstall Sm ’Ort mit großer Unordnung, üble Verlosophische und psychologische Konzepte einbezohältnisse’ erw. bildg. (18. Jh.). Übernommen aus dem gen. Griechischen (gr. Augeı´os boustası´a über l. cloacae Ebenso nndl. aura, ne. aura, nfrz. aura, nschw. aura, nnorw. Augeae), wo es auf eine altgriechische Sage um Heraura. – HWPh 1 (1971), 652f.; DF 2 (21996), 525–529; EWNl 1 kules zurückgeht, der die Aufgabe hatte, den seit 30 (2003), 183. Jahren nicht mehr ausgemisteten Stall des Königs Aurikel Sf ’Bergschlüsselblume’ per. fach. (18. Jh.). Die Augeı´as zu säubern. Schon in antiker Zeit als Bild Bergschlüsselblume wird wegen ihrer Form mundverwendet, um gehäufte Missstände zu bezeichnen. artlich auch Bärenöhrlein genannt. Aus dem gleichen Ebenso nndl. Augiasstal, ne. Augean stables, nfrz. ´ecuries d’AuGrund bekommt sie in der biologischen Fachsprache gias, nschw. augiasstall, nnorw. augiasstall. – Röhrich 1 (1991), die Bezeichnung ml. auricula ’Öhrchen’, die zuvor 118; DF 2 (21996), 519–521; EWNl 1 (2003), 182. schon für verschiedene Pflanzensorten üblich war; in Augstein Sm ÞBernstein. der volkssprachlichen Verwendung ohne die lateiniAugust Sm std. (8. Jh.), mhd. ougest, ahd. augusto, sche Endung. Das Wort zu l. auris ’Ohr’ (ÞOhr). mndd. owest, au(g)st, mndl. oust. Entlehnt aus l. Ebenso nndl. aurikel, ne. auricula, bear’s ear, nfrz. auricule, (me¯nsis) Augustus. Von den Römern so benannt zu oreille d’ours, nschw. aurikel, nnorw. aurikkel. Ehren des Kaisers Octavian, der den Namen Augustus aus Adv/Präp std. (8. Jh.), mhd. u¯z, ahd. u¯z, as. u¯t. Aus (eigentlich ’der Erhabene’) als Beinamen trug (tog. *ut(a) ’aus’ in gt. u¯t, anord. u´t, ae. u¯t, afr. u¯t, mit Bildung zu einem s-Stamm). Entlehnung und VerVokaldehnung zu ig. *ud- mit ähnlichen lokalen Bebreitung der lateinischen Bezeichnung erfolgte in judeutungen, z.B. in ai. u´d- ’empor, hinaus’. Das Wort ristischen Texten. Der neue Name ersetzte l. sectilis ist Adverb; Präposition nur im Westgermanischen. ’der sechste’ und verdrängte im Deutschen aranmaZu einer Variante (wohl aus ig. *ud-s-) Þer-. nod ’Erntemonat’. Die assimilierte Lautform wurde Ebenso nndl. uit, ne. out, nschw. ut, nisl. u´t; Þaußen, Þaußer, im 18. Jh. wieder an das Lateinische angepasst. Þer-, ÞFallout, Þk.o., ÞLayout. – Henzen (1969), 133–178; Ebenso ne. August, nfrz. aouˆt, nschw. augusti, nisl. a´gu´st. Zur Sippe von l. auge¯re ’vermehren’ s. ÞAuktion. – DF 1 (1913), 62; EWNl 1 (2003), 182f.

Wortbildung 1 (1973), 146 und die dort angegebenen Stellen; Röhrich 1 (1991), 118f.; EWNl 4 (2009), 444.

ausbaden Vsw ’die Folgen tragen’ std. stil. phras. (15. Jh.,

Bedeutung 17. Jh.). Die Wendung etwas ausbaden

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müssen in der heutigen Bedeutung ist erst seit dem 17. Jh. sicher bezeugt. Die Ausgangsbedeutung ist unklar. Zu bedenken ist zunächst die Parallelität von etwas ausfressen/auslöffeln müssen. So wie dort der Zusammenhang im Grunde in der Angabe von Grund und Konsequenz besteht (was man sich eingebrockt hat, muss man ausfressen), so gibt es auch bei Fischart (16. Jh.) der einmal einsteigt, der muß das Bad außbaden oder doch zahlen. Dies würde sich auf das Schema ’was man begonnen hat, muss man durchführen’ beziehen, und andere Merkmale (wie die Beteiligung anderer) könnten durch sekundäre Abwandlung hinzugekommen sein; ausbaden bedeutet in diesem Zusammenhang ’zu Ende baden, das Bad bis zum Ende durchführen’ (dass dabei zusätzlich an das Ausschütten, oder Reinigen, oder Bezahlen gedacht wurde, ist möglich, aber nicht notwendig). Älter ist neben der eigentlichen Bedeutung ’zu Ende baden’ das verallgemeinerte ausgebadet sein ’zu Ende sein, ruiniert sein’ und das transitive jemanden ausbaden ’(finanziell) ausnehmen, ruinieren’, das wohl wie ausziehen zu verstehen ist. ÞBad. – Röhrich 1 (1991), 131f.; Niekerken, W. FS Pretzel (1963), 372f. (anders).

ausbaldowern Vsw Þbaldowern. ausbeuten Vsw std. (16. Jh.). Partikelableitung zu

ausgemergelt entlehnt aus ne. to flip out, das das gleiche bedeuten kann (eigentlich ’wegschnipsen’). Auch ’außer sich sein, die Selbstbeherrschung verlieren’. Ebenso nndl. flippen, ne. flip out, ndn. flippe ud, nnorw. flippe ut; ÞFlipper. – Carstensen 1 (1993), 61–63.

Ausflucht Sf (meist Spl) std. (15. Jh.). Die heutige Be-

deutung geht zurück auf rechtssprachliche Wendungen (’Einrede, Anrufung eines höheren Gerichts’ als ’Vorwand bei der Verteidigung’, vgl. Ausweg, doch wird bei Ausflucht von vorneherein das Merkmal des Vortäuschens unterstellt). Zu Þfliehen und ÞFlucht 1. Ausflug Sm std. (13. Jh.), mhd. uzvluc. Zunächst nur

vom Ausfliegen der Vögel gesagt, dann (seit Luther) übertragen auf Menschen, spezialisiert auf ’Wanderung, kleinere Reise’ im 17. Jh., daneben regional Ausflucht. ausführen Vsw std. (10. Jh.), mhd. uzvüeren, ahd. uz-

fuoren ’hinausführen’. Dann ’zu Ende führen’ und damit die heutige Bedeutung. Entsprechend die Ableitung ausführlich (15. Jh.). ausgefallen AdjPP ’ungewöhnlich’ std. (20. Jh.). Zu

ausfallen (Þfallen) im Sinn von ’unterbleiben’. ausgefuchst AdjPP std. stil. (19. Jh.). Vermutlich stei-

gernde Bildung zu eingefuchst ’als Fuchs eingewiesen’ (aus der Studentensprache). Zu aus- in der Bedeutung ’bis zum Ende’. Da das Wort ursprünglich auch eine obszöne Bedeutung haben kann (ausgefuchste ÞHure), ist auch ein Anschluss an regionales Þfuchsen ’beschlafen’ denkbar.

ÞBeute 1, zunächst im eigentlichen Sinn ’Kriegsbeute machen’, dann auch ’die Beute verteilen’; daraus ’Gewinn ziehen’ und die Übertragung auf den Gewinn von Naturschätzen u.ä. Hierzu das Abstraktum Ausbeute, während Ausbeutung meist (nach dem Vor- ausgekocht AdjPP std. stil. (16. Jh., Bedeutung 19. Jh.). bild von frz. exploitation, ne. exploitation) festgelegt Zu auskochen ’durch Kochen reinigen (z.B. Fleisch wird auf die Ausnützung von Arbeitskräften. von Fett)’ mit ähnlichem Bedeutungswandel wie Þraffiniert. Gaunersprachliches Þkochem ’gescheit’ EWNl 4 (2009), 444. kann mit eingewirkt haben (auskochemen ’ausmaAusbund Sm ’Inbegriff, Muster’ std. alt. phras. (15. Jh.). chen, geheim beraten’ ist bezeugt). Vermutlich bezieht sich das Wort auf einen Brauch

Ebenso nndl. uitgekookt; Þkochen. – Röll, W. AIGK VII, 5 der Kaufleute, Warenproben ’aus den Bünden’ zu (1986), 59f.; EWNl 4 (2009), 446. nehmen, um sie als Schauende, Schaustück o.ä. obenauf zu binden. Da hierzu die besseren Stücke genom- ausgelassen AdjPP ’übertrieben fröhlich’ std. (16. Jh.). Zu auslassen in der Bedeutung ’freilassen, nicht zumen wurden, entwickelt Ausbund die Bedeutung rückhalten’; zunächst allgemein als ’hemmungslos, ’das beste von allen Stücken, etwas ungewöhnlich unbändig’, dann zur heutigen Bedeutung spezialiGutes’. Das Wort ist allerdings fast ausschließlich siert. übertragen bezeugt, und wo es sich auf Waren bezieht, ist der Zusammenhang nicht deutlich genug, ausgemergelt AdjPP std. (15. Jh.). Partizip eines selteum das Benennungsmotiv erkennen zu lassen. Forner belegten schwachen Verbs ausmergeln, auch abmal handelt es sich um ein exozentrisches Kompomergeln. Vermutlich wird damit ursprünglich das situm: ’das, was aus dem Bund herausgenommen ist, Verfahren bezeichnet, Äcker mit Mergel kurzfristig was außerhalb liegt’. Heute fast nur noch ironisch aufzuwerten, wodurch sie aber stärker ausgelaugt gebraucht. werden (vgl. die Bauernregel Mergel macht reiche Röhrich 1 (1991), 119; EWNl 4 (2009), 444f. Väter und arme Söhne). Das Wort wird auch (und zwar schon früher) für andere Formen des Auslauausfällig Adj std. (19. Jh.). Zu ausfallen (Þfallen) im gens und Abmagerns verwendet und dabei an Sinn von ’einen Ausfall machen, angreifen’. ÞMark 1 im Sinne von ’das Mark ausziehen’ angeausflippen Vsw ’durchdrehen, sich der bürgerlichen schlossen; bei der Verwendung zur Bezeichnung eines Gesellschaft entziehen, sich der Drogenszene zuwenabgemagerten Körpers auch (in der medizinischen den’ erw. grupp. (20. Jh.). In der Gegenwartssprache Fachsprache) an l. marcor ’Schlaffheit’, l. marcidus

ausgepicht ’welk’. Einzelheiten der Entstehung und Entwicklung unklar. ÞMergel. – Liebich, B. BGDSL 23 (1898), 223; Singer, S. ZDW 3 (1902), 223; Götze, A. ZDW 10 (1908/09), 49–56; EWNl 4 (2009), 447f.

ausgepicht AdjPP ’durchtrieben’ erw. stil. (18. Jh.). Ei-

gentlich ’mit Pech ausgeschmiert’ (um dicht zu machen, von einem Fass u.ä.), dann übertragen ein ausgepichter ÞMagen, d.h. ’einer, der viel verträgt’ und dann weiter verallgemeinert. auskneifen Vsw ’ausreißen’ std. stil. (19. Jh.). Über-

nommen aus ndd. u¯tknı¯pen (auch knı¯pen ga¯n) ’sich aus der Klemme (knı¯p) befreien, weglaufen’. Später zunächst in der Studentensprache ’sich heimlich davonmachen’. Auskunft Sf std. (15. Jh., Bedeutung 18. Jh.). Zunächst

in der Bedeutung ’Ausweg’ (zu auskommen, herauskommen) bezeugt; dann über Auskunft geben ’einen Ausweg nennen’ zur heutigen Bedeutung. Þkommen.

ausladend AdjPP ’ausgebreitet (von Ästen u.a.)’ std.

stil. (18. Jh.). Ursprünglich niederdeutsch. Die Nominalableitung auslade, ausladung ’vorspringender Teil eines Bauwerks’ ist früher (< 16. Jh.) bezeugt. Zu ÞLode, also vom üppigen Wachstum junger Sprösslinge gesagt und sekundär an Þladen 1 angeglichen. Niekerken, W. FS Pretzel (1963), 373.

auslaugen Vsw std. (17. Jh.). Zunächst mit einer Lauge,

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power ’armselig, ärmlich’, dieses aus frz. pauvre, aus l. pauper. Heute wird das Wort im allgemeinen auf ne. power ’Kraft’ bezogen (etwa als ’entkräften’). Ebenso ne. impoverish, nfrz. appauvrir.

ausrotten Vsw std. (15. Jh.). Früher auch ausrutten, ausreuten, ausreiten; es ist die ursprüngliche oberdeut-

sche Entsprechung zu dem aus dem Niederdeutschen stammenden Þroden. Die Bedeutung ist also ’mit der Wurzel entfernen’. Aussatz Sm ’Lepra’ erw. obs. fach. (13. Jh.), mhd. u¯zsaz,

u¯zsetze. Rückgebildet aus mhd. u¯zsetze neben der Ablautvariante ahd. u¯zsa¯z(e)o ’Aussätziger’ (8. Jh.), eigentlich ’einer, der außen sitzt’, weil die Leprakranken sich von den menschlichen Siedlungen absondern mussten. Das ältere Wort für ’Aussatz’ ist ahd. misalsuht ’Mieselsucht’ zu l. misellus ’der Arme, Elende’. Adjektiv: aussätzig. Þaus, Þsitzen. – A˚sdahl-Holmberg, M. NM 26 (1970), 32–41; RGA 1 (1973), 505–508; Rauch (1995), 105f.

ausschlagen Vst std. (9. Jh.), mhd. u¯zslahen, ahd. u¯zs-

lahan, as. utslahan. Partikelverb zu Þschlagen mit Þaus. Neben der eigentlichen Bedeutung ’herausschlagen’ und der Übertragung ’ablehnen’ entwickeln sich aus einer intransitiven Bedeutung wie ’sich irgendwohin richten, etwas irgendwohin kommen lassen’ die Bedeutungen ’(Sprossen, Knospen) hervorbringen’ (übertragen von Hautkrankheiten, vgl. [Haut-]Ausschlag); ’sich nach einer bestimmten Richtung bewegen (vom Zünglein an der Waage usw.)’ − hierzu den Ausschlag geben.

später auch mit Wasser ’etwas aus einer Substanz herauslösen’ (Salz aus Asche, Kupfer aus gerösteten Röhrich 1 (1991), 121; Rauch (1995), 106, 152 (zu Ausschlag). Kupfererzen). Die Substanz, der das gewünschte Material entzogen wurde, ist dann wertlos, deshalb die Ausschuss Sm ’ausgeschiedene Teile der Produkübertragene Bedeutung und das Partizip ausgelaugt. tion’ erw. fach. (15. Jh.). Zu ausschießen in der heute nur noch regional üblichen Bedeutung ’ausscheiausmarchen Vsw ’(Rechte) gegeneinander abgrenden, aussondern’, die auf Þschießen ’werfen’ zurückzen’ per. schwz. (15. Jh., Ableitung schon früher), geht. Mit anderer Bedeutungsentwicklung aus der fnhd. ausmarken ’abgrenzen’. Zu ÞMark 2. gleichen Grundlage die Bedeutung ’Kommission’. ausmerzen Vsw ’die zur Zucht nicht tauglichen Schafe außen Adv std. (8. Jh.), mhd. u¯zen, ahd. u¯z(z)ana, as. ausscheiden’ erw. fach. (15. Jh.). Das Wort wird auf u ¯ tan. Zu g. *u¯ta-n- ’außen’ in gt. u¯tana ’von außen’, ÞMärz bezogen, von der Vorstellung ausgehend, dass anord. u´tan, ae. utan(e), u¯ton; aus der unter Þaus die Schafherden im Frühjahr verkleinert werden. behandelten Grundlage ig. *ud- ’hinaus’ mit verFalls dieser Zusammenhang sekundär ist, ist die Herschiedenen Suffixen für lokale Adverbien. kunft des Wortes unklar. Gerlach, R. Blätter für deutsche Landesgeschichte 90 (1953), 175 (zu merten ’ausscheiden am Martinstag’); Neubauer, R. ZVV 13 (1903), 100–102 (als *merkezen ’markieren’ zu merken [bair.] Schafe merken); Röhrich 1 (1991), 120.

Auspizien Snpl ’Aussichten’ erw. bildg. (17. Jh.). Ent-

Ebenso nschw. utan, nisl. utan.

Außenseiter Sm std. (20. Jh.). Lehnübersetzung zu ne.

outsider (’der außerhalb Liegende’), ursprünglich als Bezeichnung eines Pferdes, das beim Rennen als chancenlos gilt. Das englische Wort wird im 19. Jh. entlehnt und dann (weitgehend) ersetzt.

lehnt aus l. auspicium n. ’Vogelschau’ (aus *avi-spekio-m zu l. avis ’Vogel’ und l. specere ’sehen’; zu dessen Stiven (1936), 82, 98; Carstensen 1 (1993), 64. Sippe s. Þinspizieren). außer Adv/Konj std. (8. Jh.), mhd. u¯zer, ahd. u¯z(z)ar, as. Ebenso nndl. auspicie¨n, ne. auspices, nfrz. auspices, nschw. aus-u¯tar. Aus g. *u¯tar-, auch in anord. u´tar, ae. u¯te, picier, nnorw. auspisier. – DF 2 (21996), 529–531; EWNl 1 (2003), u¯t(t)or, afr. u¯ter; aus der unter Þaus behandelten 183. Grundlage ig. *ud- ’heraus’. Adjektiv: äußer(er), Suauspowern Vsw ’ausbeuten bis zur völligen Erschöpperlativ: äußerst; hierzu: äußerlich, außerhalb. fung’ erw. obs. (19. Jh.). Partikelableitung zu nhd.

auto-

77 äußern Vsw std. stil. (11. Jh., Form 14. Jh.). Zu Þaus und

Ebenso nndl. oester, ne. oyster, nfrz. huıˆtre, nschw. ostron, nisl.

ostra. – RGA 1 (1973), 509–512; EWahd 1 (1988), 295–297. Þaußer werden seit spätalthochdeutscher Zeit Verben gebildet; frühest-bezeugt ist ahd. u¯zo¯n ’verwerfen’, austreten Vst std. (15. Jh., Bedeutung 19. Jh.). Im inrefl. + Gen. ’verzichten auf’, also im Grunde ’nach transitiven Gebrauch erhält das Verb frühneuhochaußen tun’. In mittelhochdeutscher Zeit u¯zen, u¯zenen deutsch vor allem in der Heeressprache die Bedeuu.ä. und daneben auch u¯zern, das eher eine verdeuttung ’aus einer Gruppe heraus-/ hervor-/ wegtreten’. lichende Anpassung als eine Neubildung ist (vgl. Daraus übertragen im 19. Jh. ’aus einem Verein usw. mndd. uten, uteren, mndl. uten). Die Bedeutung dieaustreten’ und ’seine Notdurft verrichten’ (dieses wie ser Verben ist zunächst ziemlich allgemein, z.T. erälteres abtreten; ÞAbtritt). halten in entäußern, Þveräußern. Das Simplex heute ausweiden Vsw ’die Eingeweide herausnehmen’ erw. (wie nndl. uiten, ne. utter) auf ’erwähnen’ beschränkt. fach. (16. Jh.). Zu dem unter ÞEingeweide behandelAbstraktum: Äußerung. ten Wort. ausstaffieren Vsw std. stil. (16. Jh.). Übernommen aus auswendig Adj std. phras. (13. Jh., Bedeutung 16. Jh.). ndd. utstafferen (u.ä.), das über mndl. stoffe¯ren auf Zu Þwenden und Þaus zunächst in der Bedeutung afrz. estofer zurückgeht; dieses gehört zu dem unter ’äußerlich, nach außen gewandt’. Seit dem 16. Jh. in ÞStoff behandelten Substantiv; also ursprünglich: der Verbindung mit Þwissen, Þlernen (u.ä.) als ’mit Stoff ausstatten, ausschmücken’. ’bereits beim äußeren Anblick kennen’. Ebenso nndl. stofferen, nschw. utstoffera, nnorw. utstaffere; ÞStaffage, ÞStoff .

Ausstand Sm std. (15. Jh., Bedeutung 19. Jh.). In älterer

Autarkie Sf ’wirtschaftliche Unabhängigkeit’ per. fach.

(19. Jh.). Entlehnt aus gr. auta´rkeia, einer Ableitung von gr. arkeı˜n ’genügen, ausreichen’ und gr. auto’selbst’ (Þauto-), also ’Selbstgenügsamkeit’. Adjektiv: autark.

Zeit als Abstraktum und Konkretum von Þausstehen in verschiedenen Bedeutungen bezeugt; speziell auch oberdeutsches Wort für ’Fehlen beim Dienst’ zu ausEbenso nndl. autarkie, ne. autarchy, nfrz. autarcie, nschw. austehen ’(beim Dienst) fehlen’. Ende des 19. Jh. wird tarki, nnorw. autarki. – HWPh 1 (1971), 686–691; GB 1 (1972), das Wort aus der Bergmannssprache aufgegriffen, um 377–381; DF 2 (21996), 531–536. das aus ne. strike entlehnte ÞStreik zu ersetzen; es hat authentisch Adj ’maßgeblich, echt’ erw. fach. (16. Jh.). sich aber nur teilweise durchgesetzt. Entlehnt aus l. authenticus, dieses aus gr. authentiko´s Steinecke, V. ZSV 9 (1894), 106. ’zuverlässig, richtig’, einer Ableitung von gr. authe´nausstatten Vsw std. stil. (16. Jh.). Zu früherem stat(t)en te¯s ’Urheber’. ’zu etwas verhelfen’, eigentlich ’zu etwas Gelegenheit Ebenso nndl. authentiek, ne. authentic, nfrz. authentique, geben’, zu ÞStatt ’Stelle, Gelegenheit’. nschw. autentisk, nnorw. autentisk. Das griechische Wort beÞabstatten, Þerstatten.

ausstechen Vst ’übertreffen’ std. (17. Jh.), fnhd. uzste-

chen, as. utsteken. Aus Þstechen und Þaus. Die übertragene Bedeutung bezieht sich wohl auf das Turnierwesen (das Stechen), bei dem der Sieger den Unterlegenen aus dem Sattel stach. Röhrich 1 (1991), 123f.

ausstehen Vst std. (14. Jh.). Zunächst in verschiedenen

steht sicher aus gr. auto´s ’selbst’ (Þauto-) und einem nicht eindeutig bestimmbaren zweiten Bestandteil − er kann ein Nomen Agentis auf gr. -te¯s zu einer vollstufigen Bildung zu gr. hany´ein ’zustande bringen, vollbringen’ sein, also ’Selbstvollbringer’. Es bedeutet aber auch ’Mörder’, so dass eine Einmischung einer zweiten Wurzel nicht ausgeschlossen ist. – Wandruszka, M. ZfSL 66 (1956), 68–80 (= KS 77–90); DF 2 (21996), 536–542; Kretschmer, P. Glotta 3 (1912), 289–293, ebd. 4 (1913), 340; Jones, W. J. SN 51 (1979), 249; HWPh 1 (1971), 692f.; EWNl 1 (2003), 184.

Bedeutungen gebraucht, die heute nicht mehr üblich sind (’wegbleiben’ − vgl. aber ÞAusstand); dann Auto Sn std. (20. Jh.). Kopfwort von Automobil ’fällig sein’ und schließlich (16. Jh.) ’ertragen’ (vgl. ’Kraftfahrzeug’ (zuerst als Vorderglied von Kompodurchstehen u.ä.). sita, seit 1913), wie das Vollwort (ÞAutomobil) nach etwas früherem französischem Vorbild (1910). Aussteuer Sf std. alt. (16. Jh.). Rückbildung zu aussteu1 Ebenso nndl. auto, ne. (amerik.) auto, nfrz. auto, nschw. bil, ern ’ausstatten’, d.h. mit einer ÞSteuer , einem Zunisl. bı´ll. – DF 2 (21996), 543–548; EWNl 1 (2003), 184f. schuss, versehen. Schmidt-Wiegand, R. in Hildebrandt/Knoop (1986), 134. auto- (Variante aut-) Präfixoid (zur Komposition von Substantiven und Adjektiven, wobei dem Grundwort Auster Sf erw. fach. (8. Jh., Standard 16. Jh.). Zuerst in die Bedeutung ’selbst, aus eigener Kraft’ hinzugefügt ahd. aostorscala ’Austernschale’ bezeugt, dann aber wird, z.B. ÞAutomobil ’selbstbewegendes Fahrzeug’, wohl erst im 16. Jh. aus ndd. u¯ster richtig entlehnt, das ÞAutonomie ’selbständig’) erw. bildg. (–). Vor Vokaüber das Niederländische auf afrz. oistre und auf l. len fällt in griechischen Wörtern das -o aus (Autarostrea und l. ostreum n. zurückgeht. Dieses stammt kie), ebenso vor h, das dann mit dem Auslaut des aus gr. o´streion n. ’Auster’, das aus einem Stamm ersten Gliedes verschmilzt (Þauthentisch − im Grie*ostr- ’harte Schale’ zu ig. *os(t)- ’Knochen’ (in l. os chischen ist -th- ein einfacher Laut). Das Element ’Knochen’ usw.) gebildet ist.

Autodafe´ wird in griechischen Wörtern ins Deutsche übernommen und in neoklassischen Bildungen verwendet. Seine Herkunft ist gr. auto´s ’selbst’. ÞAutarkie, Þauthentisch, ÞAuto, ÞAutodidakt, ÞAutogramm, ÞAutomat, ÞAutonomie. – Wortbildung 3 (1978), 228; Cottez (1980), 43f.; DF 2 (21996), 548–561; EWNl 1 (2003), 185.

Autodafe´ Sn ’Verbrennung von Schriften’, eigentlich

’feierliche Hinrichtung von Ketzern’ per. fach. (18. Jh.). Entlehnt aus port. auto da fe´ m., eigentlich ’Akt des Glaubens’ (= l. a¯ctus fide¯¯ı m.). Zunächst Bezeichnung der öffentlichen Verkündung eines Urteils der Inquisition; dann übertragen auf dessen Vollstreckung. Ebenso nndl. auto-da-fe´, ne. auto-da-fe´, nfrz. autodafe´, nschw. autodafe´, nnorw. autodafe´. – DF 2 (21996), 565–567; EWNl 1 (2003), 185.

Autodidakt Sm ’der sich selbst sein Wissen beigebracht

hat’ erw. fach. (16. Jh., Form 18. Jh.). Entlehnt aus gr. autodidakto´s Adj., das aus gr. auto´s ’selbst’ (Þauto-) und gr. didakto´s ’gelehrt, Lehrer’ zusammengesetzt ist. Dieses ist PPP. zu gr. dida´skein ’lehren’ (Þdidaktisch). Ebenso nndl. autodidact, ne. autodidact, nfrz. autodidacte, nschw. autodidakt, nnorw. autodidakt. – DF 2 (21996), 567–569; EWNl 1 (2003), 185.

autogen Adj ’eigenständig’ per. fach. (19. Jh.). Entlehnt

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Þmahnen; ÞAmnestie, ÞManie, ÞMentor. – DF 2 ( 1996), 567–588; HWPh 1 (1971), 695–697; Diels (1920), 57–70 (zur Sachgeschichte); EWNl 1 (2003), 186.

Automobil Sn erw. obs. (19. Jh.). Entlehnt (ungefähr

1885) aus frz. automobile, einer neoklassischen Zusammensetzung aus gr. auto´s ’selbst’ (Þauto-) und l. mo¯bilis ’beweglich’ (also eine Hybridbildung, wohl in Analogie zu dem früheren frz. locomobile). Frz. voiture automobile bezeichnete zunächst eine Art Straßenbahn auf Schienen, durch Pressluft betrieben (belegt seit 1875). Die Bezeichnung der Kraftfahrzeuge war zu Beginn ihrer Entwicklung noch uneinheitlich: am.-e. zunächst vor allem horseless carriage ’Wagen ohne Pferde’ u.a. Automobile ist dann amerikanisch geblieben, nicht aber englisch. Das deutsche Wort zunächst als Femininum entlehnt, dann zum Neutrum übergegangen und durch das Kurzwort ÞAuto weitgehend ersetzt. Ebenso nndl. automobiel, ne. (amerik.) autombile, nfrz. automobile, nschw. (automo)bil, nisl. bı´ll. Zu der Sippe des zugrunde liegenden l. move¯re ’bewegen’ s. ÞPromotion. – DF 2 (21996), 588–595; Lerch, E. SN 12 (1939/40), 210–236; Lipski, P. W. ASp 39 (1964), 176–187; Nail, N. Sprache und Literatur 52 (1983), 30–33; EWNl 1 (2003), 184f.

Autonomie Sf ’Unabhängigkeit’ erw. fach. (18. Jh.).

Entlehnt aus gr. autonomı´a, aus gr. auto´nomos ’unabhängig, selbständig’, dieses aus gr. auto´s ’selbst’ (Þauto-) und gr. no´mos ’Gesetz’, also ’nach eigenem Gesetz’. Adjektiv: autonom.

aus gr. autogene¯´s ’von sich selbst entstanden’, einem exozentrischen Adjektiv aus gr. auto´s ’selbst’ (Þauto-) Ebenso nndl. autonomie, ne. autonomy, nfrz. autonomie, und gr. ge´nos ’Geschlecht, Herkunft’ (Þ-gen), also nschw. autonom, nnorw. autonom; Þ-nom. – DF 2 (21996), ’dessen Herkunft selbständig ist’. Zunächst nach eng595–604; HWPh 1 (1971), 701–719; Strauss u.a. (1989), 90–93; lischem Vorbild für technische Vorgänge (autogenes EWNl 1 (2003), 186. Schweißen), dann seit 1928 autogenes Training (u.a.). Für die Sippe von gr. ge´nos ’Geschlecht’ s. Þhomogen Autor Sm ’Verfasser’ erw. fremd. (15. Jh.). Entlehnt aus l. und Þ-gen. auctor (bzw. seiner Schreibvariante l. autor) Ebenso nndl. autogeen, ne. autogenous, nfrz. autoge`ne, ndn. ’Urheber, Gründer’, einem Nomen Agentis zu l. autogen, nnorw. autogen. – DF 2 (21996), 569f. auge¯re (auctum) ’vermehren, fördern’. In den Volkssprachen bald eingeengt auf ’Verfasser, Schriftsteller’. Autogramm Sn ’eigenhändige Unterschrift’ erw. fach. Ebenso nndl. auteur, ne. author, nfrz. auteur, nschw. auktor. (19. Jh.). Neoklassische Neubildung zu gr. auto´s Zur Sippe des zugrunde liegenden l. auge¯re ’vermehren’ s. ’selbst’ (Þauto-) und gr. gra´mma n. ’Schriftzeichen, ÞAuktion. Ersatzwort ist ÞVerfasser. – DF 2 (21996), 606–612; Schreiben’. Zur Sippe des zugrunde liegenden gr. HWPh 1 (1971), 721–723; BlW 3 (1988), 16–29; EWNl 1 (2003), gra´phein ’schreiben’ s. ÞGraphik. 184. Ebenso nndl. autogram, ne. autograph, nfrz. autographe, nschw. autograf, nnorw. autograf. – DF 2 (21996), 571.

Automat Sm erw. fach. (16. Jh.). Entlehnt aus l. auto-

autorisieren Vsw ’ermächtigen’ erw. fremd. (16. Jh.).

Über frz. autoriser entlehnt aus ml. auctoriza¯re ’ermächtigen, bestätigen’ (’mit dem Recht des Autors ausstatten’).

matus, automatos Adj. ’aus eigenem Antrieb handelnd, freiwillig’, ’Maschine, die sich selbst bewegt’, Ebenso nndl. autoriseren, ne. authorize, nfrz. autoriser, nschw. zu gr. auto´matos ’aus eigenem Antrieb, von selbst geauktorisera, nnorw. autorisere; ÞAutor, ÞAuktion. – DF 2 schehend’, zu gr. auto´s ’selbst’ (Þauto-) und dem (21996), 612–615. selbständig nicht auftretenden Partizip der Wurzel ig. autoritär Adj ’bedingungslose Unterwerfung unter die *men- ’denken, wollen’ (*mn-to-), vgl. gr. me´mona ˙ Autorität verlangend’ erw. fremd. (19. Jh.). Nach dem ’im Sinn haben, gedenken, streben’, gr. me´nos ’Geist, Vorbild von frz. autoritaire zu ÞAutorität gebildet. Kraft, Drang’. Adjektiv: automatisch; Verb: Besonders mit seinem Gegenstück antiautoritär zu automatisieren. einem Schlagwort der Nachkriegszeit geworden. Ebenso nndl. automaat, ne. automat(ic machine), nfrz. automate, nschw. automat, nnorw. automat. Zur lateinischen Verwandtschaft s. Þmental und Þmonieren; zur germanischen

Ebenso nndl. autoritair, ne. authoritarian, nfrz. autoritaire, nnorw. autorit¢r; ÞAutor, ÞAuktion. – Strauss u.a. (1989), 93–97; DF 2 (21996), 616–618.

azur

79 Autorität Sf ’Ansehen’ erw. fremd. (14. Jh.). Entlehnt

aus l. au(c)to¯rita¯s ’Gültigkeit, Glaubwürdigkeit’, zu l. auctor m. ’Urheber, Gründer’ (ÞAutor, Þautorisieren), also ’Ansehen des Urhebers’. Adjektiv: autoritativ. Ebenso nndl. autoriteit, ne. authority, nfrz. autorite´, nschw. auktoritet, nnorw. autoritet; ÞAutor, ÞAuktion, Þautoritär. – Heinze, R. Hermes 60 (1925), 348–366; Fürst, F.: Die Bedeutung der auctoritas (Diss. Marburg 1934); HWPh 1 (1971), 724–733; Rabe, H.: Autorität (Konstanz 1972); GB 1 (1972), 383–406; BlW 3 (1988), 30–65; DF 2 (21996), 619–626; EWNl 1 (2003), 187.

avancieren Vsw ’aufsteigen, vorwärtskommen’ per.

Axiom Sn ’Grundsatz’ erw. fach. (16. Jh., Form 18. Jh.).

Entlehnt aus gleichbedeutend l. axio¯ma, dieses aus gr. axı´o¯ma, einer Ableitung von gr. a´xios ’würdig, wert’, zunächst in lateinischer Form, dann endungslos. So benannt nach der Auffassung, dass diese Lehrsätze von allen anerkannt und von niemandem angezweifelt werden. Erst später entwickelt sich aus den ’geschätzten Grundsätzen’ eine wissenschaftliche Axiomatik. Ebenso nndl. axioma, ne. axiom, nfrz. axiome, nschw. axiom, nnorw. aksiom. Gr. a´xios gehört zu gr. a´gein ’führen, treiben’ im Sinn von ’die Waagschale niederziehen’, also ’gewichtig’. S. ÞDemagoge und für die lateinischen Verwandten Þagieren. – Schirmer (1912), 8; HWPh 1 (1971), 737–748; DF 2 (21996), 638–644; EWNl 1 (2003), 190.

fremd. (17. Jh.). Entlehnt aus frz. avancer, dieses über spätlateinische Zwischenstufen zu l. ab-ante ’vor etwas weg’, zu l. ante ’vor, vorn’ und l. ab- ’von, weg’. Axt Sf std. (8. Jh.), mhd. ackes, ahd. ackus, as. akus. Aus Die ursprüngliche Bedeutung ist ’vorrücken’ (im mig. *akwesjo¯ f. ’Axt’, auch in gt. aqizi, anord. øx, ae. litärischen Sinn). œcse, afr. axa. Das -t ist sekundär angetreten; das k ist vor w westgermanisch geminiert. Vergleichbar sind l. Ebenso ne. advance, nfrz. avancer, nschw. avancera, nnorw. ascia und gr. axı¯´ne¯ ähnlicher Bedeutung. Es könnte avansere; ÞAntenne, ÞAvantgarde. – Schirmer (1911), 25; DF 2 (21996), 627–631; Jones (1976), 122; Brunt (1983), 140f.; EWNl 1 ig. *ak´- ’spitz, scharf’ als Grundwort vorausgesetzt (2003), 187f. werden, doch ist das Wort eher eine Entlehnung aus einer vorindogermanischen Sprache. Avantgarde Sf ’Vorkämpfer’ erw. fach. (16. Jh.). EntEbenso nndl. aaks, ne. axe, nschw. yxa, nisl. öx(i). – Schirolehnt aus frz. avantgarde, dieses aus frz. avant ’vor’ (l. kauer, A. MLQ 4 (1943), 21–25; RGA 1 (1973), 534–562; Benab-ante) und frz. garde m. ’Bewachung, Wache’ ware, W. A. BGDSL-T 101 (1979), 333f.; Röhrich 1 (1991), 125; (ÞGarde), also eigentlich ’Vorhut’. Das militärische EWahd 1 (1988), 44; Weber-Keller (1990), 32–35. Wort wird dann übertragen verwendet als ’VorAzeton (auch Aceton) Sn (ein Lösungsmittel) per. fach. kämpfer (einer bestimmten Strömung o.ä.)’, wäh(19. Jh.). Neoklassische Bildung mit dem Terminorend es im ursprünglichen Sinn durch ÞVorhut, logie-Element -on der Chemie zu l. ace¯tum n. ’Essig’ Spähtrupp usw. ersetzt wird. Adjektiv: avantgardis(nach dem säuerlichen Geruch). tisch. Ebenso nndl. aceton, ne. acetone, nfrz. ace´tone, nschw. aceton, Ebenso nndl. avant-garde, ne. avant-garde, vanguard, nfrz. nnorw. aceton; ÞEssig. avant-garde, nschw. avantgarde, nnorw. avantgarde; ÞAntenne, Þavancieren, ÞGarde.Ersatzwort ist Vorhut. – DF 2 azur Adj ’himmelblau’ erw. fremd. (17. Jh.). Entlehnt (21996), 631–637; Jones (1976), 124f.; Marino, A. Cahiers rouaus frz. azur ’azurblau, Lasurstein’, dieses aus (ml. mains d’e´tudes litte´raires 1 (1978), 55–80; Böhringer, H. AB 22 azurum ’himmelblau, Lasurstein’ und) span. azul (1978), 90–114; Strauss u.a. (1989), 645; Carstensen 1 (1993), ’blau’, (vermutlich über eine Zwischenstufe *la¯zu¯rd) 70f.

Aversion Sf ’Abneigung’ erw. fremd. (17. Jh.). Entlehnt

aus frz. aversion, dieses aus l. a¯versio (-o¯nis) (eigentlich ’Abwenden’), einer Ableitung von l. a¯vertere ’abwenden’, zu l. vertere (versum) ’wenden, drehen’ und l. ab- ’von, weg’. Ebenso nndl. aversie, ne. aversion, nfrz. aversion, nschw. aversion, nnorw. aversjon. Zur Sippe des zugrunde liegenden l. vertere ’wenden’ s. Þkonvertieren. – DF 2 (21996), 638f.; Brunt (1983), 141; EWNl 1 (2003), 189.

Avocado Sf (die essbare Frucht eines südamerikani-

schen Baumes) per. exot. (20. Jh.). Entlehnt aus gleichbedeutend älterem span. avocado m. (d.h. ÞAdvokat, heute abogado), einer volksetymologischen Umbenennung von Nahuatl ahuacatl, aus dem auch modern span. aguacate ’Avocado’ neu entlehnt ist. Ebenso nndl. avocado, ne. avocado, nfrz. avocat, nschw. avokado, nnorw. avokado. – EWNl 1 (2003), 189.

aus arab. la¯zaward, la¯zuward ’Lasurstein’, fachsprachlich auch ’blau wie Lasurstein’, aus pers. la¯ˇzuwärd. Bei der Entlehnung wurde das l- als vermeintlicher Artikel weggelassen. Die mittellateinische Form mit -r steht offenbar unter dem Einfluss von lasur, der blauen Malerfarbe, die teilweise aus Lapislazuli (Lasurstein) hergestellt wurde (bezeugt seit dem 8. Jh.). Dieses Wort scheint über mgr. lazu¯rion direkt auf das persische Wort zurückzugehen. Die Form azur zeigt also wegen des fehlenden l- spanischen, und wegen des -r griechisch-lateinischen Einfluss.

Ebenso nndl. azuur, ne. azure, nfrz. azur, nschw. azurbla˚, nisl. asu´rbla´; ÞLapislazuli, ÞLasur. – Littmann (1924), 90f.; Lokotsch (1975), 104; Kiesler (1994), 225; DF 2 (21996), 644f.; Tazi (1998), 146–148 und 194; EWNl 1 (2003), 190f.

B Baas Sm ’Meister, Herr’ per. ndd. (19. Jh.). Entlehnt aus

427–429 (anders); Philipp, O. ZDM 1 (1906), 373–379, 2 (1907),

1–18, 210–217, 3 (1908), 55–64, 333–345 (zum Femininum, auch nndl. baas, mndl. baes. Vor allem in der Sprache der bei Namen); EWNl 1 (2003), 243f.; Bammesberger, A. FS PanSeeleute gebräuchlich. Entstehung dunkel. Die Heragl (2004),17–24. leitung aus mhd. baz ’besser’ wäre vom semantischen Standpunkt aus mit Rücksicht auf l. magister, nfrz. Bache Sf ’(wildes) Mutterschwein’ erw. fach. (16. Jh.). supe´rieur, schwed. bästemann usw. befriedigend; Üblicherweise wird das Wort auf einen Ausdruck für doch setzt sie eine Wanderung von Süden nach Nor’Schinken, Speckseite’ zurückgeführt: ahd. bahho den voraus, die nicht sehr wahrscheinlich ist. (8. Jh.), mndl. bake ’Rücken, Speckseite’ (hieraus afrz. ne. bacon ’Speck’); vgl. mundartlich Bachen Ebenso nndl. baas, ne. boss, nschw. bas, nnorw. bas; ÞBoss 1. – Törnqvist, N. KVNS 76 (1969), 61–63; EWNl 1 (2003), 197. ’Speckseite’ und vielleicht weiter zu g. *baka- n. ’Rücken’ (ÞBackbord). Da das Wort ausschließlich babbeln Vsw Þpappeln. das wilde Schwein (mit Frischlingen) bezeichnet, ist Babuschen Spl ’Hausschuhe’ per. nordd. omd. (18. Jh.). aber eher daran zu denken, dass es sich um eine ZuEntlehnt aus frz. babouche f., das letztlich auf pers. gehörigkeitsbildung zu mndl. big, bik, bag usw. pa¯pu¯ˇs ’Fußbekleidung’ (aus pers. pa¯ ’Fuß’ und pers. ’Ferkel’ handelt (vgl. ne. pig) − dieses wohl ein lautpu¯ˇs¯ıdän ’bedecken’) zurückgeht. Die norddeutsche malendes Wort. Also wohl vd. *bak-o¯n f. ’das zu den Form Puschen ist wohl von poln. papuc´ (gleicher HerFerkeln (Frischlingen) gehörige (Tier)’. Damit lässt kunft) beeinflusst. sich auch eine Parallele zu ne. bitch ’Hündin’ herstelDF 1 (1913), 68f.; Dozy, R.: Dictionnaire detaille´ des noms des len. Der Lautstand der Wörter ist naturgemäß unfest. veˆtements chez les arabes (Beirut 1843), 50–53.

Baby Sn ’Säugling’ std. (19. Jh.). Entlehnt aus ne. baby,

einer Koseform zu ne. babe, das sicher ein Lallwort ist (Þpappeln, Þbabbeln). Die Entlehnung dieses Wortes ist wohl durch das Prestige englischer Kindermädchen zur Zeit der Entlehnung bedingt. Erst in jüngster Zeit ist aus dem amerikanischen Englischen entlehnt das damit zusammengesetzte Babysitter (zu ne. sit ’sitzen’). Nachträglich auch nach englischem Vorbild ’Liebling’ (besonders für Mädchen). Teilweise zu einem Bildungselement für ’klein’ geworden (BabyKassette usw.). Ebenso nndl. baby, nfrz. be´be´, nschw. baby, nnorw. baby. – DF 3 (21997), 1–3; Rey-Debove/Gagnon (1988), 35–37; Carstensen 1 (1993), 73–77; EWNl 1 (2003), 198.

Bach Sm std. (8. Jh.), mhd. bach m./f., ahd. bah, as. beki.

Aus wg. *baki- m. ’Bach’, auch in ae. bece, afr. -bitze, neben dem (vielleicht ursprünglicheren) ja-Stamm *bakja- m. in anord. bekkr. Regional, besonders in Gewässernamen, auch Femininum. Entstehung dunkel. Wenn air. bu´al ’Wasser’ auf (ig.) *b hog-la¯ zurückgeht, kann es vergleichbar sein. Vgl. auch ae. bro¯k ’Bach’ (ÞBruch 2), zu dem es mit Ablaut und Ausfall des r zwischen Labial und Tektal (vgl. Þsprechen und ne. to speak) gehören kann. Ebenso nndl. beek, nschw. bäck. – Krahe, H. BN 1 (1949/50), 32–34; Rooth 3 (1983), 5–49; Röhrich 1 (1991), 127; Peeters, C. IF 77 (1972), 212–214 (zur Morphologie); EWahd 1 (1988),

ÞBacke 2. – EWahd 1 (1988), 417 f .; EWNl 1 (2003), 202.

Bachelor selten statt dessen Bakkala(u)reus Sm (ein-

fachster akademischer Grad) erw. fach. (19. Jh.). Ab dem 13. Jh. wurde an den Artistenfakultäten der Universitäten als unterster akademischer Grad der baccala(u)reus vergeben. Die ursprüngliche Form ist baccalarius unklarer Herkunft (erwogen wird ein gallo-romanisches *bakkano ’rusticus’ oder ml. buccellarius ’Privatsoldat’ zu ml. buccella ’kleines Weißbrot’), dann auch baccalaureus in Anlehnung an l. laureus ’Lorbeer’, auch d. bakular in Anlehnung an l. baculus ’Schulstock’ (da diese Leute häufig Hilfslehrer wurden). In deutschen Texten erscheinen diese Wörter (mit dem Wortausgang -ie) seit dem 15. Jh.; im Laufe des 19. Jhs. verschwinden sie wieder. An der Universität bleiben im englischsprachigen Bereich die Titel bachelor und master (< l. magister), im französischsprachigen Bereich ist der bache´lier etwa auf der Ebene des Abiturienten, während man sich im deutschsprachigen Bereich an der Universität auf den Grad des Doktors beschränkte. Dann wurde in Deutschland zunächst als Grad vor dem Doktor der Magister eingeführt, worauf Ende 20., Anfang 21. Jh. durch den Vertrag von Bologna 1999 das englisch(-amerikanische) System mit bachelor und master für die Europäische Union übernommen wurde. Die Wörter werden deshalb in der Regel englisch aus-

Backfisch

81

gesprochen, die Bezeichnung als Bakkalaureus bleibt vereinzelt. EWNl 1 (2003), 198.

Bachstelze Sf erw. fach. (15. Jh.). Eigentlich ’die im

cke’. Vielleicht handelt es sich in beiden Fällen um Lautgebärden für die aufgeblasenen Backen und das Geräusch, das dann beim Öffnen der Lippen entsteht. Ahd. auch braccho, kinnibraccho. ÞBackpfeife. – Much, R. ZDW 2 (1902), 283; Cohen, G. CoE 1,1

Bach stelzt’. Bach kann sich darauf beziehen, dass sich (1971), 2; EWahd 1 (1988), 421–423; Lühr (1988), 224f.; Röhder Vogel gern am Wasser aufhält; doch ist stelzen in rich 1 (1991), 127; EWNl 1 (2003), 205. der heutigen Bedeutung für seine Bewegungen unBacke2 Sf (in Arschbacken, Hinterbacken Pl.) std. stil. typisch. Vermutlich handelt es sich um eine Umdeu(15. Jh.), fnhd. backe. Wird als übertragene Verwentung: Der Vogel wird meist nach seinen charakterisdung von Backe 1 aufgefasst, und möglicherweise ist tischen Bewegungen bezeichnet als ’der mit dem das Wort auch so zu erklären. Der übliche Anschluss Schwanz wippt’ (vgl. mundartlich Wippstert, ne. wagan g. *bakan. ’Rücken’ (ÞBackbord) und ahd. bahho tail usw.); stelz- könnte für ÞSterz ’Schwanz’ stehen ’Speckseite’ (ÞBache) ist aus lautlichen und seman(entweder mit einer auch sonst beobachtbaren Lauttischen Gründen zumindest bei einer unmittelbaren entwicklung, oder sekundär umgedeutet; auch ein Verknüpfung ausgeschlossen. Wenn das Wort tatparalleles Wort für ’Schwanz’ kommt in Frage [vgl. sächlich alt und von ÞBacke 1 unabhängig ist, gehört nisl. ste´l ’Schwanz eines Vogels’] aus *stelu-). Dann es zu g. *bro¯ka- ’Hinterteil’, übertragen ’Hose’ (vgl. wäre der Vogel entweder nur als ’Schwanz (der sich frz. culotte ’Hose’ zu frz. cul m. ’Hinterteil’), das minam Bach aufhält)’ bezeichnet worden (vgl. auch äldestens im Altenglischen eine Nebenform mit Geteres ahd. wazzar-stelza [10. Jh.]) oder es handelt sich minate und Vokalkürze hat (ae. bracc-). Das r kann um Klammerformen (’Bach-[Wipp-]Schwanz’). zwischen Labial und Tektal ausgefallen sein (vgl. nhd. Vgl. nndl. kwikstaart, ne. wagtail; ÞStelze. – Suolahti (1909), sprechen und ne. to speak). 87–94; Freitag, F. ZM 13 (1937), 157–174; Ranke, K. BGDSL 62 (1938), 286–317; Baumann, H.-H.: Sekundäre Motivationen bei romanischen Tierbezeichnungen (Diss. Bonn 1967), Kap. 4; EWahd 1 (1988), 511–513; Hermodsson, L. SN 64 (1992), 89f.

Back Sf ’tiefe, hölzerne Schüssel’ per. ndd. (20. Jh.). Vgl.

ne. back ’Gefäß’, nndl. bak ’Trog’; vielleicht alte Entlehnung aus gall. *bacca ’Wassergefäß’, das allerdings in der vorauszusetzenden Form mit dieser Bedeutung nicht belegt ist. Es gibt aber bacchia als Bezeichnung für ein Gefäß bei Isidor, und es ist denkbar, dass die Gruppe (zu der auch ÞBassin und ÞBecken gehören) letztlich von Bacchus (Gott des Weins) abgeleitet ist und ursprünglich Gefäße zur Aufbewahrung oder zum Ausschenken von Wein bezeichnet. DEO (1982), 59; EWNl 1 (2003), 202.

Backbord Sn ’linke Schiffsseite’ per. fach. (17. Jh.). Aus

mndd. bacbort (nndl. bakboord, ae. b¢cbord), eigentlich ’Bord im Rücken’ (s. ÞBord 2 und vgl. g. *baka- n. ’Rücken’ in anord. bak, ae. b¢c, afr. bek, as. bak, ahd. bah; ÞBacke 2). In alter Zeit war das Steuer auf der rechten Seite des Schiffes, so dass die linke hinter dem Rücken des Steuermanns lag. Ebenso nndl. bakboord. Vgl. ÞSteuerbord; ÞBache, ÞComeback, ÞFeedback. – EWNl 1 (2003), 203. 1

Backe (Backen) Smf ’Wange’ std. (12. Jh., bracko, kinn-

ÞBruch 3. – Much, R. ZDW 2 (1902), 283; Lühr (1988), 224f.

backen Vst std. (9. Jh., bro¯tbeckila ’Brotbäckerin’ 8. Jh.),

mhd. backen, ahd. backan, bahhan. Aus g. *bak-a(mit vermutlich sekundärer Nebenform *bakk-a-) ’backen’, auch in ae. bacan, sonst in Ableitungen (anord. baka Vsw. ’braten, backen, kneten’; as. giba´k ’Gebäck’ oder ’gebacken’). Mit abweichendem Vokalismus vergleichbar ist gr. pho¯´go¯ ’ich röste, brate’, das auch n-Präsentien aufweist, die die germanische Geminate erklären könnten. Vielleicht hierher auch l. focus ’Feuerstätte, Herd’ (mit abweichendem Auslaut). Vermutlich gehören diese Wörter mit unregelmäßigem Ausfall von r nach Labial zu einer lautmalenden Sippe (ig.) *b hr¡g- / *b hr(¡)g- in ai. bhrjja´ti ˙ wozu apreuß. ˙ au’röstet’ (ebenfalls mit Geminate), birgo ’Garkoch’ und l. fertum, al. ferctum ’Opferkuchen’; mit i und u ’verstärkt’ in l. frı¯ge¯re ’rösten, dörren’ und gr. phry´go¯ ’ich röste, dörre, brate’. Lautmalereien dieser Art sind auch Þbrutzeln, Þprasseln u.ä. Ein solcher Ansatz würde auch die Geminate leichter erklären. Nomen Agentis: Bäcker; Kollektivum: Gebäck. Ebenso nndl. bakken, ne. bake, nschw. baka, nisl. baka; Þaltbacken, ÞBackfisch, ÞBackstein, ÞBatzen, ÞBeck, Þhausbacken. – Seebold (1970), 87f.; RGA 1 (1973), 573–576; EWahd 1 (1988), 419–421; Braun, W. in Dückert (1976), 55–119 (zum Nomen Agentis Bäcker); LM 1 (1980), 1325–1327; Röhrich 1 (1991), 127; EWNl 1 (2003), 204.

bracko 9. Jh.), mhd. backe m., ahd. backo m. ’Backe, Kinnlade’, as. bacco in der Zusammensetzung kinnibacco (ahd. chinnibahho, kinnibahho) ’Kinnbacken’. Wenn unmittelbar mit dem gr. Glossenwort phago´nes Backfisch Sm erw. obs. (16. Jh.). Zunächst für junge ’Kinnbacken’ zu vergleichen, liegt voreinzelsprachl. Studenten, dann für halbwüchsige Mädchen ge*b hagn-/-en- voraus; weitere Herkunft unklar (kaum braucht. Junge Fische, die schon zu groß sind, um ˙ zu gr. pha´go¯ ’ich esse’, das dann eher von ’kauen’ oder wieder ins Wasser geworfen zu werden, eignen sich ’verschlingen’ ausgeht, üblich ist nur der Aorist ´ephanur zum Backen oder Braten − deshalb könnte es sich gon). Lautlich verdächtig ähnlich, aber nicht unmiteinfach um ein Bild für ’halbwüchsig’ handeln. Vertelbar zu vergleichen ist l. bucca f. ’aufgeblasene Bamutlich aber eigentlich eine Verballhornung von ml.

Backpfeife baccalarius (niedrigster akademischer Grad) und danach erst ’halbwüchsiges Mädchen’. Zu beachten ist, dass neben frz. bachelier ’junger Mann’ (baccalarius) das Femininum bachelette ’junges Mädchen’ steht. ÞKabeljau. – Eickhoff, R. ZDV 14 (1900), 213f., 470f.; Teetz, F. ZDV 14 (1900), 662; DEO (1982), 60f.; Röhrich 1 (1991), 128f.; EWNl 1 (2003), 205.

Backpfeife Sf ’Ohrfeige’ erw. nordd. (19. Jh.). Pfeifen ist

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Wort ist aber (mit verschiedenen Vokalen) gemeinoberdeutsch. Vielleicht zu Pöbel mit einer Bedeutungsentwicklung von ’gemeines Volk’ zu ’minderwertig’. Die Bedeutung ’minderwertiges Gras’ u.ä. geht zurück auf früh-rom. *bovale ’Heimweide (der Rinder)’, das dann das Gras nach dem 2. Schnitt bezeichnete. Wolf (1985), 39f.; Mätzler (1968), 36; Krefeld, Th. Mont-

fort 45 (1993), 38f. auch das Geräusch, das etwa eine geschwungene Rute hervorruft; deshalb ist Pfeife hier wohl als ’Schwung’ baff Adj (nur in der Wendung baff sein ’verblüfft, zu verstehen (nicht notwendigerweise mit einer Rusprachlos sein’) std. phras. (17. Jh.). Wohl aus der Inte). Dann würde das Wort bedeuten ’schwungvoller terjektion paff, mit der plötzliche Schüsse u.ä. wiedergegeben werden; ein Übergang zu dem modernen Schlag auf die Backe’. Ausdruck ist aber weder syntaktisch noch semantisch Backstein Sm std. reg. (17. Jh.). Ein gebrannter klar nachvollziehbar. Denkbar (nicht nachweisbar) (’gebackener’) Ziegelstein, zu Þbacken. ist, dass die Interjektion auch für ’Luft ablassen’ galt Bad Sn std. (8. Jh.), mhd. bat (-des), ahd. bad, as. bath. und die Wendung entsprechend zu verstehen ist (vgl. Aus g. *baþa- n. ’Bad’, auch in anord. bad Ñ ’Dampfjemand die Luft ablassen, mir bleibt die Luft weg u.ä.). bad’, ae. b¢þ, afr. be(i)th. Vermutlich to-Bildung zu Vgl. nndl. paf staan gleicher Bedeutung. – Röhrich 1 (1991), bähen ’erwärmen’, doch ist die Bildung kaum unab133f. hängig von dem Mittelmeerwort *bal- ’(warmes) Bad’ in gr. balaneı˜on usw. (nach Brøndal über das Bäffchen Sn ÞBeffchen. Etruskische entlehnt). In Ortsnamen bezeichnet das Bagage Sf ’Gesindel’ std. vulg. (16. Jh.). Entlehnt aus frz. bagage m. ’Tross’, einem Kollektivum zu frz. baWort Heilquellen wie Wildbad. Der Plural in Wiesgues Pl. ’Gepäck’ (Singular wohl ’Sack’ o.ä.). Die (nur baden usw. unter Einfluss von l. aquae f. Pl. Jirlow deutsche) Bedeutungsverschlechterung zu ’Gesinzeigt an nordischen und oberdeutschen Mundartbedel’ beruht darauf, dass der Tross bei den kämpfenlegen, dass baden ursprünglich ’erhitzen’ bedeutete den Truppen nicht sehr geachtet war (und sich dort (auch ’Flachs dörren’ u.ä.). Dies legt die Annahme auch allerlei Schmarotzer aufhielten; vgl. ÞPack und nahe, dass es sich ursprünglich um ein Verb für ÞTross). Die Bedeutung ’Gepäck’ auch bei der fran’erhitzen’, auch ’ein Dampfbad nehmen’ handelte, zösischen Ableitung ist vom Englischen bestimmt. das nachträglich von dem Mittelmeerwort semanEbenso nndl. bagage, ne. baggage, nschw. bagage, nnorw. batisch beeinflusst wurde. Für die Form des Substantivs gasje. Das französische Wort könnte letztlich auf anord. baggi schlagen Bjorvand/Lindeman*b h¡-oto- (entsprem. ’Bündel’ zurückgehen, doch ist seine Verbreitung einer solchend zu gt. liuhaþ ’Licht’) vor (Þbähen). Verb: chen Annahme nicht günstig. Der Rückgriff auf l. vacua, eibaden. Ebenso nndl. bad, ne. bath, nschw. bad, nisl. bad;Ñ Þausbaden, ÞBader. – Brøndal (1917), 183–185 = (1948), 190–192; Jirlow (1926), 73f.; RGA 1 (1973), 579–589; EWahd 1 (1988), 423f.; LM 1 (1980), 1331–1336; Röhrich 1 (1991), 129–133; Bjorvand/Lindeman (2000), 53; EWNl 1 (2003), 200.

Bader Sm per. arch. (14. Jh.), mhd. bad¢re, as. batheri.

Ist ursprünglich der Besitzer einer Badestube, der die Badenden bedient, sie auch zur Ader lässt, schröpft, ihnen die Haare schneidet usw. Danach allgemein für ’Heilgehilfe’ und ’Frisör’. ÞBad. – LM 1 (1980), 1339f.

Badminton Sn (ein wettkampfmäßiges Federball-

gentlich ’der freie Raum’ ist von hierher gesehen befriedigender, macht aber semantische Schwierigkeiten. – DF 3 (21997), 13f.; Jones (1976), 128f.; DEO (1982), 64; Rey-Debove/Gagnon (1988), 42; EWNl 1 (2003), 200.

Bagatelle Sf ’Kleinigkeit’ erw. fremd. (17. Jh.). Entlehnt

aus frz. bagatelle, dieses aus it. bagatella, einem Diminutivum zu l. ba¯ca ’Beere’. Von ’kleine Beere’ aus verallgemeinert zu ’eine Kleinigkeit’ (vgl. den Gebrauch von ne. peanuts und mhd. niht ein ber ’gar nichts’). Verb: bagatellisieren. Ebenso nndl. bagatel, ne. bagatelle, nschw. bagatell, nnorw. bagatell. – DF 3 (21997), 14–16; Jones, W. J. SN 51 (1979), 249; Brunt (1983), 144; EWNl 1 (2003), 200f.

spiel) per. fach. (20. Jh.). Entlehnt aus ne. badminton, baggern Vsw std. (18. Jh.). Entlehnt aus nndl. baggeren so bezeichnet nach Badminton House, dem Landsitz ’eine Fahrrinne ausbaggern’, das zu nndl. bagger des Duke of Beaufort in Gloucestershire, wo das aus ’Schlamm’ gehört, also eigentlich ’entschlammen’; Indien stammende Spiel zuerst nach festen Regeln dann verallgemeinert zu ’Erdreich maschinell abräudurchgeführt wurde. men’. Bagger ist eine deutsche Rückbildung aus dem Ebenso nndl. badminton, nfrz. badminton, nschw. badminton, Verb (zunächst ’Werkzeug zum baggern; Arbeiter, der nisl. badminton. – Rey-Debove/Gagnon (1988), 41f.; baggert’), auch eine Haplologie (statt *Baggerer) ist Carstensen 1 (1993), 81; EWNl 1 (2003), 200. denkbar; als Bezeichnung der zum Abräumen von Bafel Sm ’dummes Zeug’ per. fremd. (19. Jh.). AngebErde verwendeten Maschine vielleicht zugleich eine lich aus hebr. babel, bafel ’minderwertige Ware’. Das Verkürzung aus nndl. baggermachine.

Bajonett

83 Ebenso nndl. baggeren. Das im Germanischen isolierte niederländische Wort ist vielleicht urverwandt mit russ. bagno´ ’niedere, sumpfige Stelle’. – van Wijk, N. IF 24 (1909), 231f.; Lühr (1988), 292f.; EWNl 1 (2003), 201.

Baguette Sn ’Stangenweißbrot’ per. exot. (20. Jh.). Ent-

lehnt aus frz. baguette f. (eigentlich ’Stange, Leiste’), dieses aus it. bacchetta f. ’Stock, Stab’, einem Diminutivum zu it. bacchio m. ’Stab’, aus l. baculum (spl. baculus m.).

Bahre Sf std. (9. Jh.), mhd. ba¯re, ahd. ba¯ra, as. ba¯ra. Aus

wg. *b¢ ¯ ro¯ f. ’Bahre’, auch in ae. b¢¯ r, afr. bere. Dehnstufige Instrumentalbildung zu g. *ber-a- ’tragen’ (Þgebären); also eigentlich ’das, womit getragen wird’. Die Bedeutung wird dann weiterentwickelt zu ’Leichenbahre’, wozu die Partikelableitung aufbahren; die alte Bedeutung in Tragbahre u.ä. Ebenso nndl. baar, ne. bier. – Cox (1967), 50–55; EWahd 1 (1988), 469f.; LM 1 (1980), 1349f.; EWNl 1 (2003), 194f.

Ebenso nndl. baguette, nschw. baguette, nnorw. bagett; ÞBakel, Bai Sf ’Meeresbucht’ per. fach. (15. Jh., Standard ÞBazille, ÞBakterie, ÞDebakel. – EWNl 1 (2003), 201. 17. Jh.). Entlehnt aus nndl. baai zunächst zu mndd.

bähen Vsw ’durch Umschläge wärmen, Brot rös-

ten’ per. arch. obd. (8. Jh.), mhd. b¢hen, b¢jen, ahd. ba¯en ’erwärmen’. Vermutlich mit unregelmäßigem Ausfall des r nach Labial zu g. *br¢¯ -, voreinzelsprachl. *g whre¯- ’wärmen’, das in akslav. greˇti ’wärmen’ bezeugt ist. Vgl. auch Þbraten und Þbrüten sowie ÞBad. – EWahd 1 (1998), 425.

Bahn Sf std. (12. Jh.), mhd. ban(e), mndl. bane. Das

(sand)baie, dann in die Standardsprache. Das Wort kommt von frz. baie, das am ehesten zu frz. bayer ’gähnen, klaffen, den Mund aufmachen’ gehört (wie ÞMündung u.ä.). Die übliche Herleitung aus dem Namen des französischen Ortes La Baie (über span. bahı´a) lässt sich nicht ausreichend stützen. Ebenso nndl. baai, ne. bay, nfrz. baie. – Metzeltin, M. VR 26 (1967), 249–276; Pfister (1980), 84–90; DEO (1982), 65f.; EWNl 1 (2003), 193.

Wort fehlt der ältesten Zeit. Offenbar handelt es sich Baiser Sn ’Meringe’ per. fach. (19. Jh.). (Vermutlich Schein-)Entlehnung zu frz. baiser m. ’Kuss’, dieses um einen technischen Ausdruck, der außerhalb des aus älterem frz. baisier, dem substantivierten Infinitiv Germanischen ebenfalls mit technischen Wörtern zu von afrz. baisier ’küssen’, aus l. ba¯sia¯re. Das Gebäck ist vergleichen ist: Mit der Bedeutung ’Schlagfläche des nach seiner Zartheit und Süße so benannt (vgl. Hammers’ vergleicht sich ai. ghana´- ’Hammer’; mit ÞNegerkuss − etwas Ähnliches mit Schokolade-Überder Bedeutung ’Gestirnbahn, Tuchbahn, gebahnter zug). Das richtige französische Wort dafür ist merinWeg’ vergleicht sich russ. dial. gon ’Strecke, die von gue (ÞMeringe); doch ist nicht völlig sicher, ob baiser einem Pflüger ohne zu wenden gepflügt werden in dieser Bedeutung nicht auch in Frankreich zeitkann’ usw., kymr. gwanaf ’Schwaden; das beim weise üblich war. Dachdecken mit Stroh ohne Verschieben der Leiter DF 1 (1913), 70. erreichbare Stück’. Vorauszusetzen ist demnach vd. *bano¯ f. ’Fläche’ (in speziellen Zusammenhängen), ig. Baisse Sf ’Tiefstand der Wertpapiere’ per. fach. *g whono- ’Schlag’ (ebenfalls in speziellen Zusammen- (19. Jh.). Entlehnt aus frz. baisse, zu frz. baisser hängen) zu ig. *g when- ’schlagen’ in ai. hanti, heth. ’senken’, zu ml. bassus ’niedrig, flach’. kuenzi, gr. theı´nein, lit. gene˙´ti, akslav. ˇz˛eti, air. gonim, l. Ebenso nndl. baisse, nschw. baisse, nnorw. baisse. – DF 3 (21997), 16–18. of-fen-do. − In der Bedeutung ’Eisenbahn’ aus dem vollen Wort (ÞEisenbahn) gekürzt. − Verb: bahnen; Bajadere Sf ’indische Tempeltänzerin’ per. exot. Inchoativum: anbahnen (nur noch übertragen ver(18. Jh.). Entlehnt aus frz. bayade`re, dieses aus port. wendet für ’in die Wege leiten’); zu der Wendung eine bailadeira, einem Nomen Agentis zu port. bailar Bahn brechen heute in übertragener Bedeutung ’tanzen’, aus spl. balla¯re. bahnbrechend. Ebenso nndl. bajade`re, ne. bayadere, nfrz. bayade`re, nschw. Ebenso nndl. baan; ÞBahnhof , ÞBahnsteig. – Eichhoff (1968), 42–44; EWahd 1 (1988), 460–462 (zu ahd. bano m. ’Scharfrichter, Mörder, Untergang, Verderben, Tod’, das zu einer Wurzel mit der Bedeutung ’schlagen’ gehört); Seebold, E. BGDSL-T 112 (1990), 310f.; Röhrich 1 (1991), 134; Krüger (1979), 110–117 (zu [Eisen-]Bahn); EWNl 1 (2003), 194.

Bahnhof Sm std. (19. Jh.). Gekürzt aus Eisenbahnhof,

dieses aus Eisenbahn und Hof in der Bedeutung ’größerer Komplex von Wirtschafts-Gebäuden’. ÞBahn, ÞHof . – Krüger (1979), 126–130; Röhrich 1 (1991), 134.

Bahnsteig Sm std. (19. Jh.). Als Ersatzwort für Perron

analog zu Bürgersteig eingeführt. ÞBahn, ÞBürgersteig, ÞSteig. – Pfaff (1933), 18; Krüger (1979), 25.

bajadär; ÞBall 2. – Littmann (1924), 126; Richter, E. in: Volkstum und Kultur der Romanen 5 (1932), 1–20; Lokotsch (1975), 123; DF 3 (21997), 19f.

Bajazzo Sm ’Spaßmacher’ per. exot. (18. Jh.). Entlehnt

aus obit. pajazzo, pajasso, it. pagliaccio ’Narr, Hanswurst, Spaßmacher’, eigentlich ’Strohsack’, da diese Figuren eine weite Bekleidung aus grobem Stoff trugen, die Ähnlichkeit mit Strohsäcken aufwies (zu venez. paia, it. paglia ’Stroh’). Regionale deutsche Form Bajass. Ebenso nndl. paljas, nfrz. pailasse, nschw. pajas, nnorw. bajas. – DF 3 (21997), 70.

Bajonett Sn ’eine auf Gewehre aufgesetzte Stichwaf-

fe’ per. fach. (18. Jh.). Entlehnt aus frz. baı¨onnette f.; so benannt nach dem ursprünglichen Herstellungsort

Bake

84

Bayonne in Frankreich. Der dabei übliche Verschluss wird als Bajonett-Verschluss auch auf andere Bereiche übertragen. Ebenso nndl. bajonet, ne. bayonet, nschw. bajonett, nnorw. bajonett.Ersatzwort ist Seitengewehr. – DF 3 (21997), 20–22; Brunt (1983), 144f.; EWNl 1 (2003), 202.

Bake Sf ’Verkehrszeichen auf See und bei Bahnüber-

kann auf Sekundärmotivation beruhen, etwa nach spl. balla¯re ’tanzen, bewegen’ (Balance wird gerne im Zusammenhang mit Seiltanz gebraucht, vgl. besonders balancieren und Balancierstange). Die Balance ist also eigentlich das ausgeglichene Gewicht der beiden Waagschalen. Ebenso nndl. balans, ne. balance, nschw. balans, nnorw. balan2

se; ÞBilanz.Ersatzwort ist Gleichgewicht. – DF 3 ( 1997), 28–33; gängen’ per. fach. (17. Jh.). Ins Hochdeutsche überJones (1976), 132f.; Brunt (1983), 145–147; EWNl 1 (2003), 207. nommen aus mndd. bake ’Leuchtfeuer’, das seinerseits auf afr. baken, beken beruht. Dieses setzt wg. balbieren (regional und in festen Wendungen wie über *baukna- n. ’Zeichen’ fort (ae. be¯acen, as. bo¯kan, ahd. den Löffel balbieren) Vsw per. arch. phras. (16. Jh.). bouhhan). Ererbt ist daraus das Bodenseewort Bauche Eigentlich barbieren zu ÞBarbier mit Dissimilation ’Boje’ (8. Jh.). Das außergermanisch sonst nicht verdes ersten r. Einen Löffel schob man früher alten, gleichbare Wort könnte auf eine wen-Ableitung der zahnlosen Männern in den Mund, um sie besser raWurzel ig. *b ha¯- ’leuchten’ zurückgehen, vgl. ai. visieren zu können. Deshalb über den Löffel balbieren ’rücksichtslos (oder pauschal) behandeln’, dann auch bha¯´van ’strahlend, leuchtend’, wobei von einem g. *bauwn mit Übergang von w zu k auszugehen wäre ’übervorteilen’. ˙ Lautwandel bei ÞZeichen). (vgl. den Röhrich 2 (1992), 973. Mode´er, I. NB 31 (1943), 131–149 (zu l. bu¯cı¯na ’Trompetensignal’); RGA 2 (1976), 1f.; Schmidt-Wiegand (1978), 92–103; Hamp, E. P. CoE 15,5 (1955), 9f.; Faltings, V. F.: Nordfriesische Grabhügelnamen (Odense 1996), 15–17; EWNl 1 (2003), 203.

Bakel Sm ’Schulstock’, auch ’Spazierstock’ per. arch.

(17. Jh.). Entlehnt aus l. baculum n. (spl. baculus m.) ’Stab’. ÞBaguette. – EWahd 2 (1998), 259–262.

Bakschisch Sn ’Geldgeschenk (als Gegenleistung für

eine Gefälligkeit)’ per. exot. (17. Jh.). Entlehnt aus pers. bahˇs¯ıˇs ’Geschenk’ (vielleicht über eine andere ˘ europäische Sprache). Ebenso ne. baksheesh, nfrz. bakchich. – DF 3 (21997), 24f.

Bakterie Sf ’einzelliges Lebewesen’ erw. fach. (19. Jh.).

bald Adv std. (9. Jh., baldlihho und beldi 8. Jh.), mhd.

balde, ahd. baldo. Adjektiv-Adverb zu g. *balþa’kühn’, auch in gt. balþ-, anord. ballr, ae. beald, as. bald, ahd. bald. Der Bedeutungsübergang geht über ’kühn, eifrig’ zu ’schnell’ und dann zur heutigen Bedeutung. In seiner ursprünglichen Bedeutung spielt das Wort eine Rolle als Namenselement (Balduin, Willibald usw.). Seine weitere Herkunft ist unklar. Mit abweichendem Auslaut (Suffix oder Wurzelerweiterung) ist vergleichbar air. balc ’stark, mächtig’, kymr. balch ’kühn’, doch ist das damit vorausgesetzte ig. *b hal- seiner Lautstruktur nach auffällig und nicht weiter vergleichbar. Adjektiv: baldig; Substantiv: (phras.) Bälde. Ebenso nndl. boud, ne. bold, nschw. ba˚ld, ne. ballur. – EWahd 1

(1988), 434–436; Heidermanns (1993), 115f.; EWNl 1 (2003), Bei der genaueren Untersuchung und Beschreibung 363. der Einzeller wurde die stäbchenförmige Ausprägung mit l. bacte¯rium n. ’Stöckchen, Stäbchen’ benannt, Baldachin Sm ’prunkvolle Überdachung’ per. fach. dieses aus gr. bakte¯rı´a, auch bakte¯´rion n. Ursprünglich (14. Jh.). Zunächst im 14. Jh. als mhd. baldekı¯n entNeutrum, dann wegen der überwiegenden Verwenlehnt aus it. baldacchino, einer Ableitung von it. Baldung im Plural zum Femininum geworden. Hierzu dacco, der italienischen Form des Namens der Stadt das Adjektiv bakteriell und die WissenschaftsbezeichBagdad (arab. bag˙da¯di ’aus Bag˙da¯d’). Bezeichnung nung Bakteriologie. für kostbare golddurchwirkte (Seiden-)Stoffe, die aus dieser Stadt kommen, dann (nach dem Vorbild einer Ebenso nndl. bacterie, ne. bacterium, nfrz. bacte´rie, nschw. bakterie, nisl. bakterı´a; ÞBaguette, ÞBazille. – DF 3 (21997), 25–28; orientalischen Sprache) metonymisch übertragen auf EWNl 1 (2003), 199f. den häufig aus diesem Stoff gefertigten Traghimmel. Das Wort ist dann ungebräuchlich geworden und im Balalaika Sf (ein dreisaitiges russisches Instru17. Jh. erneut aus dem Italienischen entlehnt worden. ment) per. fach. (18. Jh.). Entlehnt aus russ. balala´jka. Die frühere Schreibvariante Baldequin beruht auf Vermutlich zu einem lautnachahmenden russischen dem Einfluss von frz. baldaquin. Verb (vgl. etwa russ. balabo´lit′ ’schwatzen’). Ebenso nndl. balaleika, ne. balalaika, nfrz. balalaı¨ka, nschw. balalajka, nnorw. balalaika.

Balance Sf ’Gleichgewicht’ erw. fach. (17. Jh.). Entlehnt

Ebenso nndl. baldakijn, ne. baldachin, nfrz. baldaquin, nschw. baldakin, nnorw. baldakin. – DF 3 (21997), 34f.; Littmann (1924), 93; Latham (1972), 58f.; Lokotsch (1975), 15; Höfler, M. ZRPh 83 (1967), 47f.; Höfler, M. (1967), 98f.; LM 1 (1980), 1362; Tazi (1998), 254f.; EWNl 1 (2003), 207.

aus frz. balance, dieses mit unregelmäßiger Vokalentwicklung über ein vorauszusetzendes früh-rom. *bibaldowern (ausbaldowern) Vsw ’herausbekommen, lancia ’Waage’ aus dem spl. Adjektiv bilanx ’zwei auskundschaften’ per. grupp. (19. Jh.). Aus rotw. Schalen besitzend’ zu l. lanx (lancis) ’(Waag-)Schale’ baldowern, dieses aus rotw. Baldower, wjidd. Baldound l. bi- ’zwei’ (Þbi-). Der Wortanfang bal- statt bil-

Ball1

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wer m. ’Auskundschafter, Angeber, Anführer bei Diebesunternehmen’; aus hebr. ba al-da¯ba¯r ’Herr des Wortes, der Sache’. Diese Wendung wird gebraucht, wenn man jemanden nicht bei seinem Namen nennen will (also etwa ’der Betreffende’). Wolf (1985), 41; Röhrich 1 (1991), 134.

Baldrian Sm ’eine Pflanze, aus der ein Beruhigungs-

(*b hlk´-jo-, also mit abweichendem Tektal), dürfte die˙ Ausgangsbedeutung zeigen. Kollektivum: ses die Gebälk. Ebenso nndl. balk, ne. balk, nschw. bjälke, nisl. bjelki; ÞBalkon, ÞBlock, ÞBohle, ÞPlanke, ÞPhalanx. – EWahd 1 (1988), 440–443; Lloyd, A. L. AJGLL 1 (1989), 53–66; Röhrich 1 (1991), 135f.; EWNl 1 (2003), 209.

mittel gewonnen wird’ erw. fach. (15. Jh.). Als baldri- Balkon Sm std. (17. Jh.). Entlehnt aus frz. balcon, dieses aus it. balcone, einem Augmentativum zu it. balco a¯n, waldrian entlehnt aus ml. valeriana f., dessen wei’(Balken)Gerüst’. tere Herkunft nicht sicher geklärt ist. Der Einschub Ebenso nndl. balkon, ne. balcony, nschw. balkong, nnorw. baldes -d- ist unklar; der Genuswechsel wohl nach der kong. Das italienische Wort galt seither als aus dem LangobarÄhnlichkeit mit Männernamen. Ebenso nndl. valeriaan, ne. valerian, nfrz. vale´riane, ndn. baldrian, nnorw. baldrian. – EWahd 1 (1988), 437f.; LM 1 (1980), 1365f.

Balg Sm erw. fach. (9. Jh., belgilin und balgbrust 8. Jh.),

dischen entlehnt, vgl. ahd. balko ’Balken’; doch rechnen neuere Untersuchungen (Korth) mit einem früh-rom. *pa¯lica, einer Ableitung aus l. pa¯lus ’Pfahl’. Wieder anders Kahane: Das Wort ist germanisch und die Bedeutung ursprünglich (wie oberdeutsch) ’Fensterladen’, von dem zum Balkon führenden Fenster; ÞBalken. – DF 3 (21997), 35–37; Öhmann, E. NPhM 44 (1943), 14; Lokotsch (1975), 17; Brunt (1983), 147f.; Korth, U.: Die Wortfamilie von balcon im Französischen und Romanischen, in Joppich-Hagemann/Korth (1973), 146–280; Kahane, H./ R. Romance Philology 30 (1976/77), 565–573; LM 1 (1980), 1381f.; LEI G I, 1 (2000), 127–169; EWNl 1 (2003), 209.

mhd. balc, ahd. balg, as. balg. Aus g. *balgi- m. ’Balg’ in gt. balgs, anord. belgr, ae. belg. Die Bedeutung ist ’Schlauch, Sack, abgezogene Tierhaut’. Das Wort ist einerseits vergleichbar mit außergermanischen Wörtern der Bedeutung ’Kissen, Polster’ (ÞPolster), z.B. avest. bar¡zisˇ n. ’Kissen, Polster’, andererseits mit air. Ball1 Sm ’Kugel, Spielgerät’ std. (9. Jh., ein unsicherer bolg ’Sack’ (spl. bulga ’Wassersack’), das neben gr. Beleg schon 8. Jh.). Der Beleg des 9. Jhs. (Gl 3,630,38 molgo´s m. ’Ledersack’ (ahd. malacha ’Ledertasche’) und 34) wurde in ChWdW9 versehentlich nicht besteht; schließlich könnte es eine Ableitung aus dem rücksichtigt; mhd. bal, ahd. bal. aus g. *ballu- m. germanischen starken Verb *belg-a- ’schwellen, zür’Ball, Kugel’, auch in anord. bo¸llr ’Kugel’ und der Abnen’ sein. Wahrscheinlich handelt es sich bei Balg, leitung ae. bealluc ’Hode’. Daneben steht ein dem irischen und dem griechischen Wort, um ein n-Stamm gleicher Bedeutung, der erst im Neuhochlautlich nicht sicher fassbares Wanderwort, das mit deutschen in der Bedeutung differenziert wird dem starken Verb ursprünglich nichts zu tun hat. Zu (ÞBallen). Am nächsten vergleichbar ist l. follis m. diesem gehören dafür vielleicht die Wörter für ’Blasebalg, Luftball, Luftkissen’, zu einer Wurzel ig. ’Polster’. − Balg wird auch metonymisch in der Be*b hel-, die mehrere Bezeichnungen für aufgeblasene deutung ’Leib’ gebraucht, dann auch für Personen, oder aufgeschwollene oder ausgestopfte Gegenstände besonders häufig für (unartige) Kinder. liefert. Letztlich zu einer Lautgebärde für die aufgeEbenso nndl. balg, ne. belly ’Bauch’, bellows ’Blasebalg’, nschw. blasenen Backen, wie unter ÞBausch dargestellt. Das bälg; ÞWechselbalg, Þkatzbalgen, ÞBudget, ÞBulge 2. – VenBallspiel stammt jedoch mit seiner Bezeichnung aus dryes, J. BSL 41 (1941), 134–139; Hubschmid (1955), 88; Seedem Französischen (frz. bal, aus it. palla, aus langobold (1970), 99–101; EWahd 1 (1988), 438–440; Röhrich 1 (1991), 134f.; EWNl 1 (2003), 208. bard. *balla), vgl. Athis und Prophilias (13. Jh., ed. Grimm, C* 94f.): dit spil was geheizin bal in ro¯mischer balgen Vswrefl ’sich raufen’ std. alt. (15. Jh.). Zu Balg im zungin. Gespielt wird zunächst mit ausgestopften LeSinne von ’(abgezogene) Haut’. Vgl. etwa einem das derbällen (ebd. 85f.: ein linde hu¯t, ubir ein weich ha¯r Fell gerben, sich in die Haare geraten usw. gesu¯t, als ein ku¯le also¯s gro¯z; disin handeweichin klo¯z, Þkatzbalgen. den wurfin sie ein andir), seit dem 15. Jh. von OberBalken Sm std. (9. Jh.), mhd. balke, ahd. balko, balc(h)o, italien ausgehend mit luftgefüllten Hohlbällen. Das as. balko. Aus wg. *balko¯n m. ’Balken’, auch in ae. Ballspiel ist zunächst eine Sache der Frauen: Gl balca, afr. balka. Daneben ein u-Stamm in anord. III,235,14–20 (12. Jh.): pal. quo utuntur mulieres in bo¸lkr und ein n-Stamm von der e-Stufe in anord. bjalludo. Noch im 15. Jh. werden auch größere zusamki. Am nächsten stehen außerhalb des Germanischen mengesetzte Bälle gefertigt, die wegen ihrer Größe lit. balzˇ´ıena f., balzˇ´ıenas ’Querstange’, russ. (dial.) und Schwere it. pallone heißen (ÞBallon). bo´lozno n. ’dickes Brett’ und, mit zweisilbiger GrundEbenso nndl. bal, ne. ball, nschw. boll; ÞBallen, ÞBallon, h lage *b l¡g´- und Nasalierung, gr. pha´lanx ’BaumÞBille, ÞBiller, ÞBolle, ÞBulge 1, ÞBulle 1, ÞPolster. – RGA 2 stamm,˙Walze, Balken’ (und vielleicht l. suffla¯men n. (1976), 11–13; Gillmeister, H. Stadion 7 (1981), 19–51; Gill’Bremsklotz’, falls aus *sub-flag-(s)men). Es handelt meister, H. Stadion 10 (1984), 31–40; Gillmeister, H. Stadion sich um eine verbreitete Sippe für Wörter der Bedeu10 (1984), 77–94; EWahd 1 (1988), 430f.; Röhrich 1 (1991), 136; Dolch, M. Stadion 7 (1981), 53–92; EWNl 1 (2003), 205f. tung ’Balken, Stamm usw.’ mit ungewöhnlich starkem Ablaut. Falls l. fulcı¯re ’stützen’ dazugehört

Ball2

86 2

Ball Sm ’Tanzfest’ std. (17. Jh.). Entlehnt aus frz. bal,

Ebenso nndl. ballerina, ne. ballerina, nfrz. ballerine; ÞBall 2. – DF 3 (21997), 48f.; EWNl 1 (2003), 210.

einer Ableitung von frz. baller ’tanzen’, dieses aus l. balla¯re. Vergleichbar ist gr. ballı´zein ’tanzen’, doch ist ballern Vsw ’dumpf knallen’ std. stil. (17. Jh.). Lautdie Annahme, dass l. balla¯re daraus entlehnt ist, malend wie mndd. balderen gleicher Bedeutung. wegen der abweichenden Stammbildung nicht unDann umgangssprachlich für ’(herum-)schießen’, problematisch. und Ballermann m. für ’Schusswaffe’, besonders Ebenso nndl. bal, ne. ball, nschw. bal, nisl. ball. Zu der Sippe ’Revolver’. des zugrunde liegenden gr. ba´llein ’werfen’ s. ÞSymbol; ÞBajadere, ÞBallade, ÞBallerina, ÞBallett, ÞBallen. – DF 3 (21997), 37–39; Paesens, H. RMPh 90 (1941), 146–156; Radermacher, L. RMPh 91 (1942), 52–58; Mehl, E. MS 76 (1966), 307–311; Jones (1976), 131; Brunt (1983), 145; EWNl 1 (2003), 206.

Ballade Sf ’erzählendes Gedicht’ erw. fach. (16. Jh., Be-

deutung 18. Jh.). Das Wort wurde zunächst mit der Bedeutung ’Tanzlied’ entlehnt aus frz. balade ’Tanzlied’ (letztlich aprov. balada aus aprov. balar ’tanzen’, aus l. balla¯re; ÞBall 2). Die Lautform wird beibehalten, als das Wort mit der Bedeutung ’volkstümliches erzählendes Lied’ aus ne. ballad neu entlehnt wird. Die Bedeutungsentwicklung im Englischen beruht darauf, dass in den Tanzliedern gern dramatische Geschichten wiedergegeben wurden. Ebenso nndl. ballade, ne. ballad, nschw. ballad, nisl. balladaÑ . – DF 3 (21997), 39–44; Ganz (1957), 34; Jones (1976), 133; LM 1 (1980), 1383–1387; EWNl 1 (2003), 209f.

Ballast (auf beiden Silben betonbar) Sm ’zur Be-

Ballett Sn ’künstlerische Tanzdarbietung’ erw. fach.

(17. Jh.). Entlehnt aus it. balletto m. (und frz. ballet m.), einer Diminutivbildung zu it. ballo m. ’Tanz’, zu it. ballare ’tanzen’, dieses aus l. balla¯re. Ebenso nndl. ballet, ne. ballet, nschw. balett, nisl. ballett; ÞBall 2. – DF 3 (21997), 49–52; Jones (1976), 133f.; EWNl 1 (2003), 210.

Ballon Sm ’kugelförmiges Gefäß, Luftfahrzeug’ std.

(16. Jh.). Entlehnt aus frz. ballon, dieses aus it. pallone ’großer Ball’, einem Augmentativum zu it. palla, balla f. ’Kugel’. Die Bedeutung ’Luftfahrgerät’ ist bezeugt seit 1783. Ebenso nndl. ballon, ne. balloon, nfrz. ballon, nschw. ballong, nnorw. ballong; ÞBall 1. – DF 3 (21997), 55–60; Stubelius (1960), 110–125; Zastrow, D.: Entstehung und Ausbildung des französischen Vokabulars der Luftfahrt mit Fahrzeugen leichter als Luft (Tübingen 1963), 85–96; Röhrich 1 (1991), 138; EWNl 1 (2003), 211.

Balsam Sm ’ein Linderungsmittel’ erw. exot. ass.

(11. Jh.), mhd. balsame, ahd. balsamo. Entlehnt aus l. schwerung mitgeführtes Gewicht, unnützes Gewicht, balsamum n. ’Balsamstrauch, Balsamharz’, dieses aus Überflüssiges’ erw. fach. (14. Jh., Standard 17. Jh.). gr. ba´lsamon n., aus hebr. ba¯sa¯´m. Die ursprüngliche Entlehnt aus mndl. ballast ’das Gleichgewicht von südarabische Form hatte ein laterales ´s, was die WieSchiffen sicherndes Gewicht (in Form von Sandsädergabe als ls erklärt. Zu einer Verbalwurzel, die cken)’. Das Wort ist nicht sicher erklärt. Man ver’angenehm duften, angenehm sein’ bedeutet. Partimutet im zweiten Bestandteil -last die Entsprechung kelableitung: Þeinbalsamieren. zu nhd. ÞLast, da die frühe Entlehnung ins FranzöEbenso nndl. balsem, ne. balsam, balm, nfrz. baume, nschw. sische last, lest lautet; der erste Bestandteil wird sobalsam, nisl. balsam. – Littmann (1924), 17; Lokotsch (1975), wohl mit bar ’rein, bloß’ in Verbindung gebracht 25; Cottez (1980), 48; LM 1 (1980), 1389; Müller, W. W. in (d.h. ’eine Last um der Last willen’) als auch mit nndl. Lendle (1986), 84; EWahd 1 (1988), 445–447; DF 3 (21997), 60–65; bal- ’schlecht’ (d.h. ’die Last ohne Handelswert’). EWNl 1 (2003), 211f. Vielleicht liegt in nschw. barlast (eigentlich ’bloße Balustrade Sf ’säulenverziertes Geländer’ per. fach. Last’) die ursprüngliche Form vor. (18. Jh.). Entlehnt aus frz. balustrade, dieses aus it. Ebenso nndl. ballast, ne. ballast, nfrz. ballast, nschw. barlast, balaustrata, einer Ableitung von it. balaustro m. nnorw. balast. – DF 3 (21997), 44–47; EWNl 1 (2003), 210. ’Geländerdocke’ (fachsprachlich entlehnt als Ballen Sm std. (11. Jh., Form 15. Jh.), mhd. balle, ahd. Baluster), eigentlich ’Granatapfelblüte’ (wegen der ballo. Ist zunächst eine morphologische Variante zu ähnlichen Form), aus l. balaustium n. ’Granatapfel’, dem stark flektierten ÞBall 1. Es wird dann differenaus gr. balau´stion n. ziert zu ’Hand- und Fußballen’, später auch zu Ebenso nndl. balustrade, ne. balustrade, nschw. balustrad, ’Zusammengepacktes, Warenballen’; letzteres unter nnorw. balustrade. – DF 3 (21997), 65–67; Brunt (1983), 148; Einfluss von frz. balle, das zumindest nicht ausEWNl 1 (2003), 212f. schließlich germanischer Herkunft ist (vielleicht zu l. Balz (neben balz auch falz und pfalz) Sf ’Paarungsverballa¯re ’tanzen’ als ’Festgetretenes, Festgestampftes’). halten der Vögel, die zur Zeit der Paarung stattfinDie Einzelheiten der Entwicklung sind aber nicht dende Jagd’ erw. fach. (14. Jh.). Die Herkunft des klar. Im 15. Jh. wird das n im Nominativ fest. Wortes ist ganz unklar, der Wechsel des Anlauts rätDEO (1982), 70.

Ballerina Sf ’Solotänzerin (beim Ballett)’ per. fach.

(17. Jh.). Entlehnt aus it. ballerina ’Tänzerin’, einer Ableitung von it. ballare ’tanzen’. Von Bedeutung ist besonders die erste Solotänzerin, die Primaballerina.

selhaft. Nach Vennemann aus l. ballatio ’Tanz’, das allerdings praktisch nur bei einem Autor bezeugt ist. Webinger, A. ZV 7 (1935), 160f.; Röhrich 1 (1991), 138; Vennemann, Th. Sprachwissenschaft 26 (2001), 425–431; EWNl 1 (2003), 212.

Banderole

87 Bambule (in Bambule machen) Sf ’krawallartiger Pro-

(1981), 203–205, 226–231; Simon, M. in Welskopf 5 (1981),

280–290. test von Häftlingen’ per. grupp. phras. (20. Jh.). In der Gegenwartssprache entlehnt aus frz. bamboula Band1 Sm ’Buch’ std. (17. Jh.). Zu Þbinden in der Be’Rummel’, eigentlich Bezeichnung einer afrikanideutung ’einbinden’, also ’das Eingebundene’. schen Trommel und eines Tanzes zu deren Klängen ÞEinband. (aus einer Bantusprache). Band2 Sn std. (8. Jh.), mhd. bant, ahd. bant, as. band. Bambus Sm ’tropisches Rohrgras’ per. fach. (17. Jh.). Aus g. *banda- n. ’Band, Fessel’, auch in anord. band. Entlehnt aus nndl. bamboe, dieses (vermutlich über Instrumentalbildung zu Þbinden. Übertragen in das Portugiesische) aus südindischen Dialekten bamBandwurm; in moderner Zeit häufig für Tonband oder bu, mambu u.ä. Das -s über das Niederländische aus sonstige elektronische Datenträger. der portugiesischen Pluralform. Ebenso nndl. band, nisl. band, nschw. band. – EWNl 1 (2003), Ebenso ne. bamboo, nfrz. bambou, nschw. bambu, nisl. bambus. – Littmann (1924), 129; Lokotsch (1975), 18; EWNl 1 (2003), 213.

Bammel Sm ’Angst’ std. stil. (19. Jh.). Wohl als ’Herz-

215.

Band3 [bænd] Sf ’Musikgruppe’ per. grupp. (19. Jh.).

Entlehnt aus ne. band, dieses aus frz. bande ’Schar, Trupp’.

klopfen’ zu bammeln ’hin- und herschwanken’ (von Ebenso nndl. band, nschw. band, nnorw. band; ÞBande 1. – etwas Aufgehängtem). Dieses tritt seinerseits in mehCarstensen 1 (1993), 84f.; DF 3 (21997), 75f.; EWNl 1 (2003), reren Lautvarianten auf (Þbaumeln, pampeln usw.) 215. und ist deshalb wohl eine lautmalerische Bildung. Im Bandage Sf ’fester Schnür- bzw. Stützverband’ erw. 17. Jh. ist bammen für den Ton der Glocken bezeugt. fach. (18. Jh.). Entlehnt aus frz. bandage, einer AbleiWolf (1985), 43 (Versuch einer Herleitung aus dem Westjidtung von frz. bander ’verbinden’, zu frz. bande dischen); Röhrich 1 (1991), 138. ’Binde’, das aus dem Germanischen stammt banal Adj ’nichtssagend’ erw. fremd. (18. Jh.). Entlehnt (Þbinden). Die harten Bandagen sind die Vorläufer aus frz. banal, einer Ableitung aus afrz. ban ’Geder Boxhandschuhe; hart waren sie bei Wettkämpfen, richtsbezirk’, dieses aus awfrk. ban ’Bann’ (ÞBann). weich beim Training. Verb: bandagieren. Das Adjektiv wird zunächst zur Bezeichnung von Ebenso nndl. bandage, ne. bandage, nschw. bandage, nnorw. Dingen verwendet, die den Personen, die in einem bandasje. – DF 3 (21997), 76–79; EWNl 1 (2003), 215. bestimmten Bezirk leben, gemeinsam gehören. Aus Bande1 Sf ’Schar’ std. (15. Jh.). Entlehnt aus frz. bande ’gemeinsam, gemeinnützig’ wird dann ’normal’ mit ’Trupp, Schar’, zunächst für Soldaten, Musikanten der Bedeutungsverschlechterung hin zu ’nichtssau.ä. Das französische Wort bedeutet ursprünglich gend’. Abstraktum: Banalität. ’Fähnlein’ und ist entlehnt aus dem Germanischen Ebenso nndl. banaal, ne. banal, nschw. banal, nnorw. banal. –

DF 3 (21997), 67–71; EWNl 1 (2003), 214 f .

Banane Sf std. (16. Jh.). Entlehnt aus port. banana, die-

ses aus einer Mundart Guineas. Der Bananenstecker heißt so, weil er wegen seiner federnden Kontaktflächen die Form einer Banane (ohne die Krümmung) hat. Unter einer Bananenrepublik versteht man einen Staat mit unsicheren politischen Zuständen (nach südamerikanischen Staaten, die ständig von Putschen bedroht werden und bei denen andererseits Bananen einen Hauptwirtschaftszweig ausmachen; Lehnübersetzung von am.-e. banana republic). Ebenso nndl. banaan, ne. banana, nfrz. banane, nschw. banan, nisl. banani. – Littmann (1924), 88, 130, 152; Loewe, R. ZVS 61 (1933), 112–114; Wis, M. NPhM 59 (1958), 1–34; 61 (1960), 58–62; 66 (1965), 621; Lokotsch (1975), 18; Röhrich 1 (1991), 138; Carstensen 1 (1993), 83f.; EWNl 1 (2003), 215.

Banause Sm ’Mensch mit mangelhaftem Verständnis

für Kunst usw.’ per. fremd. (18. Jh.). In Übersetzungen aus dem Griechischen entlehnt aus gr. ba´nausos ’Handwerker’ mit der Nebenbedeutung ’Spießbürger’ und in diesem Sinn dann auch in literarischen Kreisen verwendet. DF 3 (21997), 71–75; Arnold, R. F. ZDW 5 (1903/04), 257–262; Arnold, R. F. ZDW 8 (1906/07), 2f.; Rössler, D. in Welskopf 3

(gt. bandwa ’Zeichen’ usw.). Im Deutschen sinkt die Bedeutung zu ’Diebes- und Räuberbande’ (möglicherweise unter dem Einfluss von ÞBandit). Ebenso nndl. bende, ne. band, nschw. band, nnorw. bande; ÞBanner, ÞBand 3. – DF 3 (21997), 79–81; EWNl 1 (2003), 264.

Bande2 Sf ’seitliche Einfassung’ per. fach. (18. Jh.). Ent-

lehnt aus frz. bande ’Streifen, Band’, das letztlich auf ein zu Þbinden gehöriges germanisches Wort zurückgeht. Ebenso nndl. band. – DF 3 (21997), 81f.

Bändel Smn ’Schnur, Schnürsenkel’ std. reg. (11. Jh.),

mhd. bendel m., ahd. bentil m., mndd. bendel. Alte Diminutivbildung zu ÞBand 2 mit dem älteren maskulinen Genus. Die alten Diminutive waren nicht durchgängig neutral, sondern folgten dem Genus ihres Grundworts. Vgl. anord. bendill; Þbinden.

Banderole Sf ’Streifband’ per. fach. (17. Jh.). Entlehnt

aus frz. banderole, das seinerseits aus it. banderuola ’Fähnlein’ kommt, einem Diminutiv zu it. bandiera ’Fahne’ (ÞBanner). Das französische Wort bedeutet eigentlich ’Fähnlein, Wimpel’, dann auch ’Spruchband, Transparent’ und schließlich ’Streifband’ (wohl unter dem Einfluss von bande; ÞBande 2). Die deut-

bändigen

88 1

sche Entlehnung ist heute auf diese letzte Bedeutung Bank Sf ’Sitzgelegenheit’ std. (9. Jh.), mhd. banc, ahd. beschränkt. bank, as. bank. Aus g. *banki- m. ’Bank’, auch in anord. bekkr, ae. benc, afr. benk, bank, bonk. Daneben Ebenso nndl. banderol, ne. banderol(e), nschw. banderoll. – DF 3 (21997), 82f.; EWNl 1 (2003), 216. steht der n-Stamm anord. bakki ’Erhöhung’, ae. ho¯banca ’Bettstelle’. Das Femininum ist erst mittelhochbändigen Vsw std. (16. Jh.). Abgeleitet aus mhd. bendec deutsch und vielleicht altenglisch. Entstehung un’an die Leine gelegt’ (zu ÞBand 2, und damit zu klar. Vielleicht als ’Kante’ (gemeint waren ursprüngÞbinden). Zunächst von Hunden gesagt (ein Hund lich die um den Saal herumlaufenden Bänke) aus g. ist bändig, wenn er sich an der Leine führen lässt), *branka- mit Ausdrängung des -r-, doch ist mit dieser dann übertragen. Bedeutung sonst nur ablautendes (me., ne., mndl., Þunbändig. nndl.) brink bezeugt. − Auf die lange Bank schieben ist Bandit Sm ’Verbrecher’ erw. fremd. (16. Jh.). Entlehnt in der Variante in die lange Truhe spielen seit dem aus it. bandito, dem substantivierten PPP. von it. 15. Jh. bezeugt. Die Wendung spielt auf die Verwahbandire ’verbannen’, das aus dem Germanischen entrung von Gerichtsakten in Truhen an, wobei sich lehnt ist (s. ÞBann, lautlich wohl unter dem Einfluss Þlang 1 wohl nicht auf die Truhe oder Bank bezieht, 1 des Wortes für ’Fähnlein, Trupp’; ÞBande , sondern bereits übertragen auf den Zeitraum geÞBanner), also eigentlich ’der Verbannte’. Sekundär meint ist. ist das Wort mit Bande 1 verknüpft worden. Ebenso nndl. bandiet, ne. bandit, nfrz. bandit, nschw. bandit, nnorw. banditt. – DF 3 (21997), 84–88; Eppert (1963), 63f.; EWNl 1 (2003), 216.

Bandscheibe Sf ’Knorpel zwischen den Wirbeln’ erw.

fach. (20. Jh.). Zu erwarten wäre als Bedeutung ’ein Band (Ligament) in Form einer Scheibe’ − der Bildung nach ist das Wort aber eher aufzufassen als ’Scheibe in der Funktion eines Bandes’. bang(e) Adj std. reg. (13. Jh.), mhd. bange. Aus ahd. be-

und ahd. ango ’ängstlich’ (zu der Grundlage von ÞAngst) zusammengewachsen. Verb: bangen; Abstraktum: Bange. S. auch Þeng. – EWNl 1 (2003), 216.

Bangbüx(e) (Bangbux(e)) Sf ’Angsthase’ per. ndd.

(19. Jh.). Eigentlich ’Angsthose’ (ÞBuxe), da sich nach der Volksweisheit die Angst vor allem in der Hose bemerkbar macht (vgl. ÞSchiss u.ä.). ÞAngsthase.

Bangert Sm ’Obstgarten’ per. arch. (11. Jh., Form

16. Jh.). Aus der monophthongierten mhd. Form ba¯m ’Baum’ und ahd. gart(o) zusammengewachsen. Vgl. ahd. boumgarto. Die assimilierte Form seit dem 16. Jh. Vgl. ÞWingert.

Banjo Sn (ein amerikanisches Saiteninstrument) per.

fach. (20. Jh.). Entlehnt aus ne. banjo, dessen Herkunft unsicher ist.

Ebenso nndl. bank, ne. bench, nisl. bekkur. – Schmidt, L. Antaios 12,1 (1971), 85–103; RGA 2 (1976), 33f.; EWahd 1 (1988), 456–458; LM 1 (1980), 1408f.; Schmidt-Wiegand (1991), 295f.; Röhrich 1 (1991), 140–144; EWNl 1 (2003), 217 f .

Bank2 Sf ’Geldinstitut’ std. (13. Jh.). Entlehnt aus it.

banco m., banca f. (eigentlich ’Tisch’). Zugrunde liegt ahd. bank (ÞBank 1). Gemeint ist der ’Tisch des Geldwechslers’, dann allgemeiner ’Institution des Geldhandels’. Das Kompositum Banknote kommt aus dem Englischen, wie auch der Gebrauch des Wortes im Sinne von ’Sammelstelle, Magazin’ (Datenbank, Blutbank usw.). Banknoten waren ursprünglich Quittungen für Edelmetalleinlagen in England und den Niederlanden (17. Jh.). Die Quittungen konnten dann statt des Edelmetalls selbst in Zahlung gegeben werden. Später wurden die Banken von der Verpflichtung zur Einlösung befreit, so dass daraus das Papiergeld entstand. Täterbezeichnung: Bankier. Ebenso nndl. bank, ne. bank, nfrz. banque, nschw. bank, nisl. banki. – DF 3 (21997), 88–96; Brunt (1983), 149; Ganz (1957), 35 (zu Banker); LM 1 (1980), 1410–1414; Rey-Debove/Gagnon (1988), 46f.; Höfer, A. PSG 5 (1986), 27–60 (zu Bankier); Carstensen 1 (1993), 86–88; North (1994), Kap. 4 (zu Banknote); EWNl 1 (2003), 218.

Bänkelsänger Sm ’Moritatensänger’ erw. fach. (18. Jh.).

Vielleicht in Anlehnung an it. cantambanco gebildet, um die Sänger zu bezeichnen, die auf den Jahrmärkten usw. die neuesten (meist schauerlichen) Begebenheiten als Lieder vortrugen, wobei sie auf einer Bank standen und ein vorgezeigtes Bild ausdeuteten. Das Diminutiv Bänkel ist ostmitteldeutsch. Die heutige abschätzige Bedeutung ist von den häufigen Parodien dieser Liedform beeinflusst.

Ebenso nndl. banjo, nfrz. banjo, nschw. banjo, nisl. banjo´. Man rechnet wegen älterem banjor mit einer unregelmäßigen Lautentwicklung aus ne. bandore (= ein gitarrenähnliches Saiteninstrument), aus span. bandurria f., bandola f. und port. bandola f., bandolim m., aus l. pandu¯ra f., pandu¯rium ’dreisaitiges MuÞBank 1, Þsingen. – Naumann, H. ZVV 30/31 (1921), 1–21 (zur sikinstrument’, doch gibt es noch ältere Formen ohne -r, die an Sachgeschichte). Wörter afrikanischer Sprachen anklingen (senegambisch baBankert Sm ’uneheliches Kind’ per. arch. (15. Jh.), mhd. nia). Vielleicht altes afrikanisches Wort, evtl. gleicher Herkunft, das sekundär an ne. bandore angeglichen wurde. – Reybanchart. Zusammensetzung aus Bank 1 und dem NaDebove/Gagnon (1988), 45f.; EWNl 1 (2003), 217. menelement -hart (Gebhart, Reinhart), eigentlich also

’das auf der (Schlaf-)Bank (der Magd, und nicht im Ehebett) gezeugte Kind’ (ÞBank 1). Dass sich -hart als

bar

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zweites Element (gegenüber ähnlichen Bildungen wie Banner Sn ’Fahne’ erw. fach. (12. Jh.), mhd. banier(e), Bänkling, Bankkind) durchgesetzt hat, beruht wohl dann dem deutschen Lautstand angepasst. Das mitauf dem lautlichen Gleichklang mit ÞBastard. telhochdeutsche Wort ist entlehnt aus frz. bannie`re f. 1 ’Heerfahne’, das seinerseits eine Weiterbildung zu Bankett Sn ’Festmahl’ erw. fremd. (15. Jh.). Entlehnt einer Entlehnung aus dem Germanischen ist (gt. aus it. banchetto m. ’Festmahl’, einer Diminutivbilbandwa ’Zeichen’ und seine Verwandtschaft) unter dung zu it. banco m. ’Tisch’ (ÞBank 1). Verschiedene dem lautlichen Einfluss der Entsprechung zu ÞBann. Bedeutungsentwicklungen sind hier denkbar. PlauDie nicht eingedeutschte Form Banier, seit dem 15. Jh. sibel erscheint, dass zunächst eine Bedeutungsverauch Panier 2, bleibt regional (z.B. bei Luther), ist schiebung von ’Tisch’ auf ’Essen’ stattgefunden hat heute aber veraltet. Die übertragene Bedeutung (vgl. d. ’Mittagstisch’), wozu dann die hypokoristi’Spruchband, Transparent’ führt zu ’Wahlspruch’ sche Bildung als Bezeichnung eines feinen, besonde(heute in der Lautform Panier); das französische Diren Essens kam; schließlich Erweiterung zu ’Festminutiv weiter zu ’Streifband’ (s. ÞBanderole); die mahl’. Oder Bezeichnung eines Mahls, bei dem Serenglische Form banner zu ’Zeitungsüberschrift (beviertischchen gebraucht wurden? (so Pfeifer: sonders wenn sie über die ganze Breite des Blattes Etymolog. Wörterb. 1993, 95). geht)’, heute international für Werbeeinschaltungen Ebenso nndl. banket, ne. banquet, nfrz. banquet, nschw. ban(u.ä.) auf Internetseiten. kett, nnorw. bankett. – DF 3 (21997), 96–100; EWNl 1 (2003), 218. 2

Bankett Sn (auch Bankette f.) ’Randstreifen einer Stra-

ße’ per. fach. (19. Jh.). Entlehnt aus frz. banquette, einer Ableitung von normannisch- frz. banc ’Aufwurf an einem Graben, Umfassung aus aufgeworfener Erde’ (zu anord. bakki ’Erhöhung’; ÞBank 1). Ebenso nndl. banket, ne. banquette; ÞBank 1. – DF 3 (21997), 100–102.

Bankrott Sm std. (15. Jh.). Entlehnt aus it. bancarotta f.

Ebenso nndl. banier, ne. banner, nschw. baner, nnorw. banner; ÞBande 1, ÞHasenpanier. – DF 2 (1942), 305f. (zu Panier); LM 1 (1980), 1419; EWNl 1 (2003), 216 f .

Bannware Sf ÞKonterbande. Banse Sf (auch m.) ’(Korn)Scheuer, Stapelplatz für

Holz, Kohle’ u.ä. per. md. ndd. (17. Jh.). In der älteren Sprache nicht bezeugt, aber offensichtlich bereits germanisches Wort, vgl. gt. bansts ’Scheuer’, anord. ba´ss ’Stand im Kuhstall’, ae. bo¯s(i)g ’Stall, Heuplatz über dem Stall’. Vermutlich eine Bezeichnung für aus leichtem Flechtwerk bestehende Nebengebäude; deshalb ist ein Anschluss an Þbinden denkbar (g. *band-s-).

(eigentlich ’zerstörte Bank’); it. rotta aus l. ruptus ’zerbrochen, zerstört’, dem PPP. von l. rumpere ’zerbrechen’ und banca wie in ÞBank 2. Also ’gescheiterte Bank’; die Angabe, die Wechseltische seien Bantam(gewicht) Sn (leichte Gewichtsklasse im Boxen usw.) per. fach. (19. Jh.). Bei der Festsetzung der Rein diesem Fall zerschlagen worden, beruht auf einer geln des Boxsports im 19. Jh. wurde die GewichtsGelehrten-Etymologie des 18. Jhs. klasse bis 54 kg Körpergewicht als Bantam(gewicht) Ebenso nndl. bankroet, ne. bankruptcy, nfrz. banqeroute, nschw. bankrutt, nnorw. bankerott; ÞBank 2, Þabrupt. – DF 3 bezeichnet. Der Name bezieht sich auf die Bantam(21997), 107–114; Müller, C. ZDW 3 (1902), 251; LM 1 (1980), hühner, eine Zwerghuhnrasse, deren Hähne beson1409f.; Schirmer (1911), 27; Röhrich 1 (1991), 144; EWahd 1 ders aggressiv sind und deshalb bei Hahnenkämpfen (2003), 219. gern eingesetzt wurden. Deren Name wiederum bezieht sich auf den Herkunftsort, das frühere Sultanat Bann Sm std. alt. (9. Jh., latinisiert seit dem 7. Jh.), mhd. Bantam auf Java (heute Banten); gezüchtet wurden ban, ahd. ban, as. ban. Aus g. *banna- m. ’Aufgebot, die Hühner dann in England und Japan. Befehl, Bann’, auch in afr. ban(n), bon, anord. bann (n.) ’Verbot’, ae. geban(n). Abstraktum zu g. *bann-aEWNl 1 (2003), 219. Vst. ’aufbieten, gebieten’. Dieses beruht vermutlich -bar Suffix (zur Bildung passiver Adjektive der Mögauf einem Nasalpräsens (*b h¡-nw- o.ä.) zu eur. *b ha¯lichkeit) std. (–), mhd. -b¢re, ahd. -ba¯ri. Heute nur ’(feierlich) sprechen’ in l. fa¯rı¯ ’sprechen’ (vgl. fa¯s noch Adjektivsuffix, früher selbständiges Wort. Mhd. ’göttliches Recht’), russ. obava´tı˘ ’bezaubern, be-b¢re, ahd. -ba¯ri gehen, wie ae. -b¢ ¯ re, zurück auf ein schwören’, gr. phe¯mı´ ’ich sage, behaupte, befehle’. Adjektiv der Möglichkeit g. *b¢ ¯ r-ja- zu g. *ber-aModerne Bedeutungen (’Handelsverbot’) unter dem ’tragen’, also ’tragend, fruchtbar’ (vgl. mhd. unb¢re Einfluss des Englischen. Verb: bannen, verbannen. ’unfruchtbar’). Ebenso nndl. ban, ne. ban, nschw. bann, nisl. bann. Zu der Sippe der griechischen Entsprechung s. ÞBlasphemie, zu der lateinischen s. Þdiffamieren; Þbanal, ÞBandit. – Wiessner, H.: Twing und Bann (Baden 1935); Seebold (1970), 88–90; RGA 2 (1976), 34–44; Tiefenbach (1973), 18–21; EWahd 1 (1988), 453–456; LM 1 (1980), 1414–1418; Sousa Costa (1993), 53–123; Carstensen 1 (1993), 88f.; EWNl 1 (2003), 214.

Þgebären. – Flury, R.: Struktur und Bedeutungsgeschichte des Adjektiv-Suffixes -bar (Diss. Zürich 1964); Wortbildung 3 (1978), 106 und die dort angegebenen Stellen; EWahd 1 (1988), 472–474; Heidermanns (1993), 124f.; EWNl 1 (2003), 196.

bar Adj std. (9. Jh.), mhd. bar, ahd. bar, as. bar. Aus g.

*baza- Adj. ’bar, bloß’, auch in anord. berr, ae. b¢r, afr. ber aus ig. (eur.) *b hoso- ’bar, bloß’, auch in lit.

Bar

90 h

ba˜sas, aruss. bosu˘ ’barfüßig’, arm. bok ’barfuß’ (aus spenst, schreckliche Erscheinung’) zu (ig.) *b oidos’Schrecken’ (vgl. lit. baisa` f. ’Schrecken’, l. foedus *b hoso-g wo-?) und erweitert in gr. psı¯lo´s ’nackt, kahl’. Zu einem schlecht fassbaren Verbum ig. *b hes-, psa¯’hässlich’) zugrunde liegen. Hamp zieht kymr. baedd ’Eber’ als *b h¡jedo- heran. [*b hsa¯-] ’reiben, abreiben’, auch ’kauen’; Ausgangsbedeutung also ’abgerieben, blank’ mit BedeutungsEbenso nndl. beer, ne. boar. – Gabriel (1989); EWahd 1 (1988), übergang zu ’bloß’ wie bei nhd. Þblank und in der542 (anders); Hamp, E. P. NOWELE 20 (1992), 65; EWNl 1 (2003), 245. selben Wortfamilie etwa bei gr. pse¯no´s ’kahlköpfig’ (Glossenwort). − Die Verwendung in Bezug auf Geld Baraber Sm ’(italienischer) Bauarbeiter’ per. österr. ist schon mittelhochdeutsch und später sehr häufig; (20. Jh.). Vermutlich zu it. barabba ’Nichtsnutz, Rowgemeint ist wohl ’offen vor Augen liegend, vor den dy’ (nach dem biblischen Namen Barrabas). Augen aufgezählt’. Hierzu auch Barschaft u.ä. Zur Mätzler (1968), 77. Grundbedeutung barfuß, barhaupt u.ä. Baracke Sf ’Behelfsunterkunft’ std. (17. Jh.). Entlehnt Ebenso nndl. bar, ne. bare, nschw. bar, nisl. ber; ÞBerserker, aus frz. baraque ’Feldhütte’ und it. baracca, beide aus ÞBesen. – Richter, G. in Dückert (1976), 173–214; Hamp, E. P. span. barraca. Das Wort bezeichnet zunächst eine REA 20 (1986/87), 35f.; EWahd 1 (1988), 465f.; Röhrich 1 (1991), Soldatenunterkunft. 144; Heidermanns (1993), 121; EWNl 1 (2003), 195, 220. Bar Sf ’(Nacht)Lokal’ std. (19. Jh.). Entlehnt aus ne.

Ebenso nndl. barak, ne. barrack, nschw. barak, nnorw. barakke. Die weitere Herkunft ist nicht sicher geklärt. Eine Herkunft

bar, dieses aus afrz. barre ’Balken, Stange, Schranke’. aus der Entsprechung zu ÞBarre ist im Hinblick darauf, dass es Eigentlich Bezeichnung einer Schranke (ÞBarre), die sich wohl zunächst um Holzgerüste gehandelt hat, nicht ausden Gastraum vom Schankraum trennt, dann Tisch geschlossen. – DF 3 (21997), 121–123; Jones (1976), 139f.; DEO an dieser Stelle, mit Gelegenheit zum Trinken (im (1982), 73f.; EWNl 1 (2003), 220f. Stehen oder auf hohen Hockern). Dann die ganze Barbar Sm ’Rohling’ std. (13. Jh.). Entlehnt aus l. barTrinkstube (in dieser Bedeutung evtl. aus ne. barbarus, dieses aus gr. ba´rbaros ’ausländisch, roh’. Das room gekürzt). In allen diesen Bedeutungen ins Deutgriechische Wort bezeichnete ursprünglich diejenische übernommen, ebenso in modernen Ausweitungen, die nicht griechisch sprachen − es ist offenbar gen auf Verkaufs- und Ausgabestellen von anderen eine reduplizierte Lautnachahmung (heute sagt man Dingen (Milchbar, Plattenbar). etwa Rhabarber, um ’Volksgemurmel’ zu simulieren); Ebenso nndl. bar, ne. bar, nfrz. bar, nschw. bar, nisl. bar. – Reyähnlich ai. barbara- ’stammelnd’. Später wurde das Debove/Gagnon (1988), 47; Carstensen 1 (1993), 89–91; DF 3 Wort auch verwendet, um Griechen zu bezeichnen, (21997), 117–120; EWNl 1 (2003), 220. die schlecht Attisch sprachen. Das Wort wird dann Bär1 Sm ’Bär’ std. (8. Jh.), mhd. ber, ahd. pero, be¯r, von den Römern und schließlich von den Volksmndl. bere. Aus g. *bero¯n/-n- m. ’Bär’, auch in anord. sprachen übernommen und angepasst; dabei auch in bjo¸rn (u-Stamm), ae. bera. Die nur germanische Beseiner Bedeutung ausgeweitet (einerseits ’grausam’, zeichnung geht entweder auf ein älteres Wort für andererseits ’sprachwidrig’). Im Deutschen wird das ’braun’ zurück (lit. be˙´ras ’braun’) oder setzt (mit Wort zunächst mit Anfangsbetonung gesprochen Übergang von *g´ hw- zu g. *b-) älteres *g´ hwer- ’wildes (wie noch in dem Namen Barbara erhalten), dann Tier’ fort (mit Dehnstufe gr. the¯´r, akslav. zveˇrı˘, lit. wird es an die französische Betonung angepasst. Adˇzve˙rı`s; ohne diese l. ferus ’wild’). − Die Bezeichnung jektiv: barbarisch; Abstraktum: Barbarei. eines Sternbilds als Bär folgt der antiken Tradition Ebenso nndl. barbaar, ne. barbarian, nfrz. barbare, nschw. bar(Þarktisch). Bei einen Bären aufbinden liegt wohl eine bar, nnorw. barbar; Þbrav, Þbravo, ÞRhabarber, ÞBulldogge. – DF 3 (21997), 123–149; Schäfer, K. Monatsschrift für Höhere falsche Umsetzung eines niederdeutschen Wortes für Schulen 35 (1936), 261–268; Funck, B. in Welskopf 4 (1981), ’Traglast’ vor (zu g. *ber-a- ’tragen’; Þgebären, 26–51; Braun, W. in Welskopf 5 (1981), 137–168; RGA 2 (1976), ÞBahre). Der Vergleich von Lügen und Traglasten ist 49f.; Le´vy, E. Ktema 9 (1984/87), 5–14; Michel, P. PSG 8 auch sonst üblich (vgl. etwa einem die Hucke voll lü(1988), 7–49; BlW 3 (1988), 91–101; LM 1 (1980), 1434–1436; gen). Ebenso nndl. beer, ne. bear, nschw. björn, nisl. björn; Þbraun, ÞBiber. – Gaidoz, H., Rolland, E. Me´lusine 2 (1884/85), 30–38 (Namen des Sternbilds); Havers, W.: Neuere Literatur zum Sprachtabu (Wien 1946), 35–37; RGA 2 (1976), 45–48; EWahd 1 (1988), 563–565; LM 1 (1980), 1431f.; Röhrich 1 (1991), 144–147; Niekerken, W. KVNS 50 (1937), Sonderheft, 26f. (zu einen Bären aufbinden); EWNl 1 (2003), 245.

Bär2 Sm ’Zuchteber’ per. arch. (9. Jh.), mhd. be¯re, as.

be¯r(swı¯n) ’Eber’, mndl. be¯re. Aus wg. *baiza- m. ’Eber’, auch in ae. ba¯r. Wenn so zunächst der wilde Eber bezeichnet wurde, kann voreinzelsprachl. *b hoids-o- ’der Schreckliche’ (lit. baı˜sas ’Schreckge-

Borst, A.: Barbaren. Geschichte eines europäischen Schlagwortes. In: ders.: Barbaren, Ketzer und Artisten (München, Zürich 1988), 19–31; Rugullis, S.: Die Barbaren in den spätrömischen Gesetzen (Frankfurt 1992); EWNl 1 (2003), 221.

Barbe Sf (Flussfisch) per. fach. (12. Jh.), mhd. barbe

m./f., ahd. barbom. Entlehnt aus l. barbus m., das seinerseits eine Zugehörigkeitsbildung zu l. barba ’Bart’ ist (nach den Barteln ’Bartfäden’ dieser Fische). Ebenso nndl. barbeel, ne. barbel, nfrz. barbeau, nschw. barbfisk; ÞBarbier. – EWahd 1 (1988), 470f.

Barbecue Sn ’Grillfest, Bratrost’ per. fremd. (20. Jh.).

Entlehnt aus ne. barbecue, dieses aus span. barbacoa,

Barg

91

barbacua´ f. ’im Erdloch zubereiteter Braten’, ursprünglich: ’Lager aus Weiden- oder Lianengeflecht’, das auf ein indianisches Wort (Taino) zurückgeht.

Form und Anpassungen aus ihr sind schon früher in deutschen Texten bezeugt. RGA 2 (1976), 52f.

Ebenso nndl. barbecue, nfrz. barbecue, nnorw. barbecue. – Rey- Bärendienst Sm ’in guter Absicht ausgeführte HandDebove/Gagnon (1988), 47f.; Carstensen 1 (1993), 91; EWNl lung, die dem Begünstigten aber schadet’ erw. bildg. 1 (2003), 221. (19. Jh.). Nach einer verbreiteten Fabel, die z.B. auch

bärbeißig Adj erw. obs. (18. Jh.). Nach Bärenbeißer,

einer Bezeichnung der Boxer (Hunderasse), die ursprünglich zur Tierhatz gezüchtet wurden. Das Adjektiv spielt auf den unfreundlich wirkenden Gesichtsausdruck dieser Tiere an.

bei La Fontaine (L’ours et l’amateur des jardins VIII, X) dargestellt ist. In ihr erschlägt ein Bär eine Fliege auf der Nasenspitze des schlafenden Freundes (oder wirft einen Stein nach ihr) und drückt dabei dem Freund den Schädel ein.

Barbier Sm per. arch. (14. Jh., Form 15. Jh.), mhd. bar-

Bärendreck Sm ’eingekochter Süßholzsaft, Labierer. Ist mit dem Verb barbieren entlehnt aus afrz. kritze’ erw. obs. (19. Jh.). Ein zunächst schweizeribarbier ’Friseur’, dieses aus ml. barberius, einer Absches Wort. Das Benennungsmotiv ist unklar − vielleicht wegen der starken Süße als ’(Dreck) für die − leitung von l. barba f. ’Bart’. Die an das Französische angeglichene Kurzform wird erst im folgenden JahrSüßes liebenden − Bären’. Zu beachten ist die Bedeuhundert üblich. Die Nebenbedeutung ’Wundarzt’ tung ’Einkochrückstand’ bei ÞDreck. geht darauf zurück, dass die Barbiere auch einfache Bärenhäuter Sm ’nichtswürdiger Mensch’ per. arch. medizinische Behandlungen vornahmen (vgl. (17. Jh.). Gebildet zu dem Ausdruck auf der BärenÞFeldscher). haut liegen für ’faul sein’ (mit Bezug auf die LandsEbenso nndl. barbier, ne. barber, nfrz. barbier, nschw. barbeknechte, dann auch auf Studenten). Der Ausdruck rare, nnorw. barber; Þbalbieren, ÞBarbe, ÞBart. – LM 1 (1980), selbst ist von den Humanisten im Anschluss an Ta1444f.; Röhrich 1 (1991), 147f.; DF 3 (21997), 149–154; EWNl 1 citus, Germania 15 geprägt, wonach die Germanen in (2003), 222. Friedenszeiten faulenzten. Die Ausgestaltung des BilBarchent Smn ’auf einer Seite aufgerauter Baumwolldes ist wohl angeregt durch den Bericht derselben flanell’ per. fach. (12. Jh.), mhd. barchant, barcha¯t, Quelle, wonach sich die Germanen in Felle wilder barchet, barraga¯n, barka¯n m. Ist entlehnt aus ml. barTiere kleideten. rachanus m., barrachanum n. ’grober Wollstoff’, dieRöhrich 1 (1991), 148–151; Niekerken, W. FS Pretzel (1963), ses aus span. barraga´n m., aus arab. barraka¯n (dass., 373f. (anders). sowie auch ein Gewand daraus). Im Deutschen beBarett Sn ’schirmlose Kopfbedeckung’ erw. fach. zeichnet das Wort zunächst einen groben Wollstoff (14. Jh.). Entlehnt aus it. baretta, beretta, wie frz. be´ret aus Ziegen- und Kamelhaar, dann ein Mischgewebe abgeleitet aus l. birrus m. ’Überwurf, Mantel’. Das aus Baumwolle und Leinen, in der neueren Zeit ein Wort ist schon in alter Zeit mit gr. pyrro´s ’feuerrot’ aufgerautes Köpergewebe aus Baumwolle. gleichgesetzt worden − daher noch Birett für die Ebenso nndl. barchent, ne. barracan, nschw. parkum. – Rosenquist (1942), 428–436; DF 3 (21997), 154–156; Kiesler (1994), 157f.; Tazi (1998), 195.

Barde Sm ’(keltischer) Sänger’ per. arch. (16. Jh.). Ent-

(rote) Kopfbedeckung katholischer Geistlicher. Die Herkunft des Grundworts ist umstritten − in Frage kommt ein gallisches Wort für ein Kleidungsstück oder die Herleitung aus einem Farbwort für ’dunkel, rot’ zur Bezeichnung grober Stoffe.

lehnt aus frz. barde oder l. bardus, das seinerseits aus einem keltischen Wort entlehnt ist. Zunächst in der Ebenso nndl. baret, ne. beret, nfrz. be´ret, nschw. barett, nnorw. eigentlichen Bedeutung gebraucht, dann im Zuge der barett; ÞBüro. – DF 3 (21997), 159–162; Gamillscheg (1969), Ossian-Begeisterung verallgemeinert und auch 88; Meier (1975), 215 (zu l. vitta ’Kopfbinde’); DEO (1982), 99; (durch Anschluss des bei Tacitus erwähnten barditus LM 1 (1980), 1459f.; LM 2 (1983), 213; EWNl 1 (2003), 224. ’Schlachtgesang’, ÞBardiet) für ’Sänger der Germa- Barg (auch Barch) Sm ’verschnittener Eber’ per. fach. nen’ gebraucht. (9. Jh.), mhd. barc, ahd. barug, as. bar(u)g. Aus g. Ebenso nndl. bard(e), ne. bard, nschw. bard, nnorw. barde. – *baruga- m. ’verschnittener Eber’, auch in anord. Kuhberg (1933), 37f.; Stiven (1936), 29; LM 1 (1980), 1456f.; bo ¸rgr, ae. bearg; Nebenform mit Schwundstufe in ae. DF 3 (21997), 156–159; EWNl 1 (2003), 221f. -borg und mndd. borch. Vergleichbar sind slavische Bardiet Sn ’Schlachtgesang’ per. arch. (17. Jh., Form Wörter, etwa russ. bo´rov ’verschnittener Eber’ (wohl 18. Jh.). Bei Tacitus Germania 3 wird der Schildgesang nicht aus dem Germanischen entlehnt) aus (ig.) der Germanen bei Beginn des Kampfes barditus ge*b horu-o- neben dem durch das Germanische vorausnannt (andere Handschriften haben baritus). Dieses gesetzten (ig.) *b horu-ko-. Die slavischen Wörter Wort ist ungeklärt. Klopstock nimmt es auf, indem er können auch ’Kleinvieh’ u.ä. bedeuten, so dass die es als eine Ableitung von ÞBarde auffasst (was Ausgangsbedeutung unklar ist. Falls von ’verschnitsprachgeschichtlich kaum richtig ist). Die lateinische ten’ auszugehen ist, kann an ig. *b her- ’schneiden’ u.a. angeknüpft werden (zu diesem s. Þbohren).

Bariton

92 Ebenso ne. (dial.) barrow. – Trier (1952), 87f.; Stiles, P. Anglia 101 (1983), 22–24; EWahd 1 (1988), 493–495; EWNl 1 (2003), 224.

Bariton Sm ’Singstimme zwischen Tenor und

lappigen Blattform bezeichnet; ähnlich die jüngere l. Benennung lycopodium n. (wörtlich ’Wolfsfuß’, wonach ne. wolf’s claw).

Bass’ erw. fach. (17. Jh., Form 18. Jh.). Entlehnt aus it. Wüst (1956), 74. baritono ’Halbbass’, zu it. baritono ’mit tiefer StimBärme Sf ’Bierhefe’ per. fach. (17. Jh.). Übernommen me’, dieses aus gr. bary´tonos, zu gr. bary´s ’schwer, tief’ aus ndd. barme. Dieses geht auf wg. *berma-/o¯n m. 2 und gr. to´nos ’Spannung, Ton’ (ÞTon ). Zuerst in la’Hefe’ in ae. beorm(a), mndd. berm, barm zurück, das tinisierter Form als Barytonus, dann endungslos. mit l. fermentum n. ’Sauerteig, Ferment’ unmittelbar Zum Vorderglied s. noch ÞBarometer und die lateizu vergleichen ist (*b hermen-). Vermutlich als ’Mittel nische Entsprechung in Þgravitätisch. zum Heben’ zu g. *ber-a-, ig. *b her- ’tragen, heben’. Ebenso nndl. bariton, ne. baritone, nfrz. baryton, nschw. baryton, nisl. bary´ton. – DF 3 (21997), 162–165; EWNl 1 (2003), 224f.

Barium Sn (ein Erdalkali-Metall) per. fach. (19. Jh.). Die

deutschen Bergleute gaben einem schweren, neben Erzen gefundenen Mineral den Namen Schwerspat (ÞSpat 1). Die Schweden Scheele und Gahn isolierten daraus um 1774 eine bis dahin unbekannte Erde, die von Scheele Schwerspat-Erde genannt wurde; später nannte man sie auch terra ponderosa oder Schwererde. Der Franzose G. de Morveau nannte sie 1779 Baryt (zu gr. barys ’schwer’), und als man im 19. Jh. den Baryt als Oxyd eines Metalls erkannte, nannte man dieses (zunächst in England) Baryum. Ebenso nndl. barium, ne. barium, nfrz. baryum, nschw. barium, nisl. barı´n. – Cottez (1980), 48; Rey-Debove/Gagnon (1988), 50.

Barkarole Sf ’Lied der Gondolieri’ per. fach. (18. Jh.).

Ebenso ne. barm. Vgl. ÞHefe zu Þheben; ÞFerment, Þgebären. – EWNl 1 (2003), 245.

barmherzig Adj std. (8. Jh., Form 11. Jh.), mhd. barm-

herzec, ahd. armherzi. Wie entsprechendes gt. armahairts und ae. earm-heort. Lehnübersetzung von l. misericors ’mitleidig’. L. miser bedeutet zunächst ’unglücklich’ (erst nachträglich auch ’arm’); l. misericors ist deshalb ’jemand, dessen Herz unglücklich ist’, zu l. cor (cordis) ’Herz’ (parallel zu l. compassio ’Mit-leid’). Die Bildung taucht bereits bei Plautus auf, ist also zunächst nicht christlich bestimmt. Die Lehnübersetzung in die germanischen Sprachen bedeutet an sich das Gleiche, doch tritt im Germanischen die Bedeutung von arm als ’bedürftig’ stärker und schneller hervor, so dass das Wort als ’Herz für die Armen’ erklärbar wird. Das spätere b- stammt von Þerbarmen. HWPh 1 (1970), 754f.; Beck, H. ZDPh 98 (1979) SH, 109–129;

Entlehnt aus it. barcarola, einer Ableitung von it. barLM 1 (1980), 1471–1473; EWNl 1 (2003), 225f. carolo m. ’Gondoliere’, zu it. barca ’kleines Schiff’, aus Barn Sm ’Krippe, Heustock’ per. obd. md. (8. Jh.), mhd. l. barca. barn (barm, baren), ahd. barn. Ist vergleichbar mit ae. Ebenso nndl. barcarolle, ne. barcarol(le), nfrz. barcarolle, beren ’Scheuer’, neben dem bere-¢rn u.a. steht. Im 2 nschw. barkaroll, nnorw. barkarole; ÞBarke. – DF 3 ( 1997), Englischen scheint das Wort für ’Gerste’ (ae. bere) 165f.; EWNl 1 (2003), 225. zugrunde zu liegen; doch hat dies im Deutschen keine Barkasse Sf ’Motorboot’ per. fach. (18. Jh.). Entlehnt Entsprechung. Auch Anschluss an g. *ber-a- ’tragen’ aus frz. barcasse, dieses aus span. barcaza, einer Aug(Þgebären) ist denkbar. Im einzelnen unklar. mentativbildung zu span. barca ’Boot, Kahn’. Ebenso nndl. barkas, nschw. barkass, nnorw. barkas(s); ÞBarke. – DF 3 (21997), 166f.; EWNl 1 (2003), 225.

Barke Sf ’kleineres Schiff ohne Mast’ per. fach. (12. Jh.),

mhd. barke. Ist entlehnt aus mndl. barke ’kleines Küstenschiff’, das über romanische Zwischenstufen (mfrz. barque) zurückgeht auf spl. barca. Ebenso nndl. bark, ne.(poet.) barque, nfrz. barque, nschw. bark, nnorw. bark. Das vorauszusetzende lateinische Wort gilt als Erweiterung (*barica) zu gr. ba˜ris ’ägyptischer Nachen; eine Art Floß’, einem ägyptischen Wort der Nilschifffahrt. Die romanischen Formen scheinen aber eher auf früh-rom. *barica neben *barrica zu weisen, das wohl zu früh-rom. barra ’Stange’ gehört (ÞBarre); ÞBarkarole, ÞBarkasse. – Katz, P. IF 57 (1940), 264; Öhmann, E. NPhM 41 (1940), 145f.; Lokotsch (1975), 168; Jones (1976), 140; DEO (1982), 80f.; EWahd 1 (1988), 474–476; DF 3 (21997), 167–170; EWNl 1 (2003), 225.

Bärlapp Sm ’eine Farnart [lycopodium]’ per. fach.

(16. Jh.). Als ’Bärentatze’ (zu ahd. lappo ’Ruderschaufel’, also ’flacher, großer Gegenstand’, vermutlich weiter zu ÞLappen) wird die Pflanze wegen ihrer

EWahd 1 (1988), 482f.; Trier (1952), 84f. (vergleicht Wörter für ’Korb’ und weist darauf hin, dass Krippen häufig geflochten waren).

barock Adj ’verschnörkelt, überladen’, als Substantiv

ein Kunststil des 18. Jhs. erw. fach. (18. Jh.). Entlehnt aus frz. baroque ’bizarr, grotesk’, das unter anderem auch auf Kunstwerke angewandt werden kann. Im Deutschen hat J. Burckhardt seit 1855 das Wort dazu verwandt, die auf die Renaissance folgende Kunstperiode zu bezeichnen, und diese Terminologie ist dann international geworden. Das französische Wort bezeichnet ursprünglich eine unregelmäßige Perle, es ist entlehnt aus port. barroco, dessen Herkunft nicht sicher geklärt ist. Offenbar ist das Wort dann im Französischen beeinflusst worden durch den Namen des Syllogismus baroco, der in der Renaissance als Spottwort für scholastische Argumentationsweise benutzt worden war, und hat so seine abschätzige Bedeutung entwickelt.

Bart

93 Ebenso nndl. barok, ne. baroque, nschw. barock, nnorw. barokk. – DF 3 (21997), 170–176; Kurz, Lettere italiane 12 (1960), 414–444; Lokotsch (1975), 30; Lurati, O. VR 34 (1975), 63–93; Jaumann, H. AB 20 (1976), 17–41; DEO (1982), 80; EWNl 1 (2003), 226.

Barometer Smn ’Luftdruckmesser’ erw. fach. (17. Jh.).

Barren Sm ’Gussstück aus Metall’ erw. fach. (18. Jh.).

Das gleiche Wort wie ÞBarre, der Form nach rückgebildet aus dem Plural, speziell um die Handelsform von Edelmetallen (als ’Stange’) zu bezeichnen. Seit Jahn auch Name eines Turngeräts (mit zwei Stangen). Ebenso ne. bar, nfrz. barre, nschw. barr, nnorw. barre. – RGA 2

Neubildung des englischen Chemikers R. Boyle (1976), 60–71; LM 1 (1980), 1487; Mehl, E. MS 72 (1962), 52–54 (1665) aus gr. ba´ros n. ’Schwere, Druck’, zu gr. bary´s (der Name des Turngeräts als eine Abkürzung für *Barrenschwingel). ’schwer’ und gr. me´tron n. ’Maß, Maßstab’. Das Prinzip des Gerätes selbst wurde von E. Torricelli 1644 Barriere Sf ’Absperrung’ erw. fach. (16. Jh.). Entlehnt beschrieben; entsprechende Instrumente wurden zuaus frz. barrie`re, einem Kollektivum zu frz. barre nächst Torricellische Röhre genannt. ’Stange’. Ebenso nndl. barometer, ne. barometer, nfrz. barome`tre, nschw. barometer, nnorw. barometer. S. ÞBariton, ÞBarium, zu den lateinischen Entsprechungen Þgravitätisch und ÞMetrik. – DF 3 (21997), 176f.; Ganz (1957), 36f.; Cottez (1980), 48; EWNl 1 (2003), 226f.

Baron Sm ’Freiherr’ erw. obs. (12. Jh.). Zunächst ist

mhd. baru¯n entlehnt aus frz. baron (eigentlich ’freier Mann, Lehensmann’, meist von höherem Rang). Das Wort ist dann im Deutschen ausgestorben, und im späten 15. Jh. erneut als Adelstitel entlehnt worden. Femininum: Baronin; dazu diminutiv Baronesse. Ebenso nndl. baron, ne. baron, nschw. baron, nisl. baro´n. Die Herkunft des französischen Wortes ist umstritten. Seine früheste Bezeugung im 6./7. Jh. weist auf ’Söldner, Lehensmann’. Man hat dahinter ein germanisches Wort gesucht, ohne ein klares Vorbild ausmachen zu können. Neuerdings wird ein Anschluss an l. va¯ro, ba¯ro ’grobschlächtige Person’ zu l. va¯rus ’verwachsen, x-beinig’ versucht. ’Grobschlächtig’ hätte zunächst eine Bezeichnung germanischer Söldner sein können, die mit deren sozialem Aufstieg zu einem Ehrennamen wurde. – DF 3 (21997), 178–182; Ganz (1957), 37; Schmidt-Wiegand (1972), 27f.; DEO (1982), 79f.; LM 1 (1980), 1476–1484; von Olberg (1991), 97–105; EWNl 1 (2003), 227.

Barras Sm ’Militärdienst’ erw. grupp. (19. Jh., Bedeu-

tung 20. Jh.). Seit napoleonischer Zeit, zunächst für das Militärbrot, dann (ähnlich wie bei ÞKommiss) auf alles Militärische ausgeweitet. Zu wjidd. baras ’Fladenbrot’. Kügler, H. NPhZ 4 (1952), 135f. und 265f.; Wolf (1985), 44f.

Barre Sf ’Schranke’, danach ’Sandbank, Untiefe’ (als

Ebenso nndl. barrie`re, ne. barrier, nschw. barriär, nnorw. barriere; ÞBarre. – DF 3 (21997), 182–185; Jones (1976), 140f.; EWNl 1 (2003), 228.

Barrikade Sf ’Straßensperre’ std. (17. Jh.). Entlehnt aus

frz. barricade, dieses aus it. barricata, einer Ableitung von it. barricare ’versperren, verrammeln’, zu vorrom. barra ’sperriger Balken’ (ÞBarre). Präfixableitung: verbarrikadieren. Ebenso nndl. barricade, ne. barricade, nfrz. barricade, nschw. barrikad, nnorw. barrikade. – DF 3 (21997), 185–188; Gombert, A. ZDW 3 (1902), 165f.; Jones (1976), 140; DEO (1982), 82; Röhrich 1 (1991), 151; EWNl 1 (2003), 228.

barsch Adj std. reg. (16. Jh.). Aus dem Niederdeutschen

übernommen, wo es aber nicht viel früher bezeugt ist. Vermutlich wie der Fischname Barsch als ’borstig’ zu erklären (vgl. Þwiderborstig). Als vd. *bars-ka- Adj. ’borstig’ wohl eine Erweiterung zu g. *barz-a- ’starr aufgerichtet’ in ahd. bar(r), anord. barr ’feurig, heftig’. Heidermanns (1993), 117.

Barsch Sm std. (11. Jh.), mhd. bars, ahd. bars, as. bars.

Aus wg. *barsa- m. ’Barsch’, auch in ae. b¢rs; Nebenformen sind ahd. bersih, mhd. bersich, alem. berschi u.ä. (*barsiha-) und aschw. ag(h)borre, ndn. aborre (*ag- ’spitzig’ und *burzo¯n-). Zugrunde liegt ig. *b hres/b hares- ’Spitze’ (zu diesem ÞBart, ÞBorste und ˙ ÞBürste), also *b ha´rs-o- ’der mit Stacheln Versehene’ (nach der stacheligen Rückenflosse dieser Fische). Ebenso nndl. baars, ne. bass(e). – RGA 2 (1976), 71–73; EWahd 1

’Hindernis, Absperrung’) per. fach. (13. Jh.), mhd. (1988), 486–488 (zu den nordischen Wörtern, 70–72); EWNl 1 (2003),196f. barre. Entlehnt aus afrz. barre ’(Quer-)Stange’; dieses aus vor-rom. barra ’Querbalken’. Bart Sm std. (8. Jh.), mhd. bart, ahd. bart, as. bard. Aus Ebenso ne. bar, nfrz. barre, ndn. barre, nnorw. (alt.) barre. Eine wg. *barda-, auch in ae. beard, afr. berd. Aus ig. (w/ Herkunft dieses Wortes aus l. va¯rus ’entgegengesetzt’, spl. va¯ra oeur.) *b hard h-, älter vermutlich *b harz-d h-, auch in l. ’quer’ ist erwägenswert. Zu einer Entlehnung auf anderem Weg barba f. (Anlaut unregelmäßig), lit. barzda` f., akslav. vgl. ÞBar. S. auch ÞBarren, ÞBarriere, ÞBarrikade, ÞEmbargo. brada f. ’Bart’, zu ig. *b hres/b hares ’Spitze, Borste’, also – Suolahti, H. NPhM 17 (1915), 117; Mehl, E. MS (1962), 52–54; ˙ etwa ’der Borsten Setzende’. Von der gleichen GrundMeier (1975), 213–215 (zu l. vitta); DEO (1982), 81f.; EWNl 1 lage auch Þbarsch, ÞBarsch, ÞBorste und ÞBürste; (2003), 194 f. eine ähnliche Bildung auf -d h-, aber mit SchwundBarrel Sn (ein Hohlmaß, besonders für Erdöl, 159 Listufe der ersten Silbe in air. brot ’Stachel’, kymr. brater) per. fach. (19. Jh.). Entlehnt aus ne. barrel (eigentthu ’stechen’, ahd. brart, brort ’Spitze, Rand’. Das zulich ’Holzgefäß’), dieses aus afrz. baril, dessen weitere grunde liegende Verb ist unter Þbohren behandelt. Herkunft nicht sicher geklärt ist. Öhmann, E. NM 59 (1958), 225f.; Carstensen 1 (1993), 92f.

Ebenso nndl. baard, ne. beard; ÞBarbier, ÞBarte 2, ÞHellebarde, ÞSchembart. – Trier (1963), 188–191; EWahd 1 (1988), 488–490;

Barte1

94 LM 1 (1980), 1490f.; Röhrich 1 (1991), 151–155; Niekerken, W. FS Pretzel (1963), 374f. (zu der Bart ist ab); EWNl 1 (2003), 196.

Barte1 Sf ’Breitbeil’ per. arch. (11. Jh.), mhd. barte

’Streitaxt’, ahd. barta, as. barda. Zugehörigkeitsbildung zu ÞBart, also ’die Bärtige’, wie anord. skeggja ’Hellebarde’ zu anord. skegg ’Bart’. ÞHellebarde. – EWahd 1 (1988), 490–492; Weber-Keller (1990), 38.

Barte2 Sf (meist im Plural gebraucht) ’Walzähne’ per.

fach. (18. Jh.). Wohl regional niederdeutsch oder niederländisch entstanden und eigentlich aus dem Plural von Bart (nndl. baarden) rückgebildet. Die (nicht in einer Reihe stehenden) Zähne werden als Bart bezeichnet. Barteln Spl ÞBarbe. Basalt Sm ’Ergussgestein’ per. fach. (18. Jh.). Entlehnt

aus l. basalte¯s, einer Verschreibung von l. basanite¯s ’Probierstein, sehr harter Stein, (wahrscheinlich: Basalt)’, aus gr. basanı´te¯s lı´thos, aus älterem gr. ba´sanos, das möglicherweise ägyptischen Ursprungs ist. Ebenso nndl. basalt, ne. basalt, nfrz. basalte, nschw. basalt, nisl. basalt. – Lüschen (1979), 181; Kammerzell, F. FS Cherubim (Frankfurt/Main 2001), 119–124; EWNl 1 (2003), 229, 235.

Basar Sm ’(orientalischer) Markt, Wohltätigkeitsveran-

staltung’ std. exot. ass. (16. Jh.). Entlehnt aus frz. bazar, dieses über türk. bazar aus pers. ba¯za¯r ’öffentlicher Markt’. Nach französischem Vorbild auch für ’Wohltätigkeitsverkäufe’ u.ä. (18. Jh.). Ebenso nndl. bazaar, ne. baza(a)r, nschw. basar, nisl. basar. – DF 3 (21997), 188–190; Schirmer (1911), 29; Littmann (1924),

110f.; Benveniste (1969/1993), 101; Lokotsch (1975), 23.

Rücksicht nehmen. So trägt die geschichtlich wichtige Säure-Basen-Theorie (von Sylvius und Tachenius, 2. Hälfte des 17. Jhs.) ihren Namen sprachlich gesehen zu Unrecht, da in den ursprünglichen Darstellungen der Theorie das Wort Base überhaupt nicht gebraucht wurde (Tachenius: acidum – alcali). Der Ausdruck geht vielmehr auf Lavoisier (1789) zurück, der das der Luft und dem Wasser gemeinsame Element bestimmte und es zugleich als wesentlichen Bestandteil der Säuren erkannte, die aus ihm und den bases oder radicales acidifiables bestehen sollten. Er nannte das isolierte Element deshalb ’Säure-Erzeuger’ (oxyge`ne, auf deutsch wiedergegeben mit Sauerstoff ); die Basen wurden über die bei der Neutralisation entstehenden Salze bestimmt und in der Folgezeit unterschiedlich definiert und eingeordnet. Ursprünglich gemeint ist mit ’Grundlage’ also ’Grundbestandteil einer Säure’ (was nach der heutigen Einordnung sachlich nicht zutrifft). DF 1 (1913), 78f.; EWNl 1 (2003), 229f.

Basilika Sf (Kirchentyp) per. fach. (15. Jh.). Entlehnt

aus spl. basilica, dieses aus l. basilica ’Prachtbau’, aus gr. basilike¯´ (stoa´) ’königliche Halle’, zu gr. basiliko´s ’königlich’, zu gr. basileu´s m. ’König, Fürst, Herrscher’. Im Lateinischen ist zunächst eine Markt- und Gerichtshalle gemeint, dann Übergang auf das christliche Gotteshaus im allgemeinen Sinn von ’Kirche’, so dass es auch die Christengemeinde bezeichnen kann. Ebenso nndl. basiliek, ne. basilica, nfrz. basilique, nschw. basilik, nisl. basilı´ka; ÞBasilikum, ÞBasilisk. – Siegert (1950), 38; LM 1 (1980), 1526f.; DF 3 (21997), 190–192; EWNl 1 (2003), 230.

Basilikum Sn (Gewürzkraut) per. fach. (14. Jh., Form 20. Jh.), mhd. bası¯lie, basilig m./f. Ist entlehnt aus ml. basa. Ursprünglich ’Schwester des Vaters’, dann im basilicum, aus gr. basiliko´n (phyto´n) (eigentlich ’das 15. Jh. ausgeweitet zu ’Tante’, danach auch ’Nichte’ Königliche’) zu gr. basiliko´s, zu gr. basileu´s m. (selten) und (wohl ausgehend vom Diminutiv) ’König, Fürst, Herrscher’ (die Nebenform mhd. ba’Kusine’ (häufig), auch allgemein ’entfernte weibliche silie usw. aus gleichbedeutendem l. basilı¯´a, gr. basiVerwandte’; in der Hochsprache Entsprechung zu leı ´ a). So bezeichnet nach dem edlen Duft. Das Wort Kusine. Nebenform ahd. wasa, as. wasa. Die Herkunft bleibt in eingedeutschter Form Basilie (teilweise sedes nur deutschen Wortes ist dunkel. Falls ml. barbas kundär motiviert zu Braunsilge); relatinisiert im m. ’Vatersbruder’ als ursprünglich langobardisches 20. Jh. Wort vergleichbar ist, kann von vd. *bazwo¯n ausgeEbenso nndl. basilicum, ne. basilie, nfrz. basilic, nschw. basilika; gangen werden. In der indogermanischen GrundÞBasilika, ÞBasilisk. – Bertoldi, V. ZRPh 54 (1934), 229f.; sprache gab es offenbar kein Wort für ’Kusine’ − die EWahd 1 (1988), 497f.; LM 1 (1980), 1526; EWNl 1 (2003), 230. so Verwandten wurden ’Schwestern’ genannt Basilisk Sm ’ein Fabelwesen mit tödlichem Blick’ per. (gegebenenfalls mit einer zusätzlichen Spezifikaexot. (14. Jh.), mhd. basiliske. Ist entlehnt aus l. basition). liscus, dieses aus gr. basilı´skos (eigentlich ’kleiner KöZur Bedeutungsentwicklung vgl. ÞVetter. – Risch, E. MH nig’), zu gr. basileu´s ’König’. Im Altertum ein reines (1944–1947), 117f.; Müller (1979), 75–78; Ruipe´rez (1984), Fabelwesen (schlangenförmig, mit weißen Flecken 19–28; EWahd 1 (1988), 495–497; Jones (1990), 139–146. wie ein Diadem als Königszeichen auf dem Kopf und 2 Base Sf (chemische Verbindung) per. fach. (19. Jh.). tödlichem Biss, Atem und Blick); als solches (halb Rückbildung aus dem Plural von ÞBasis; also eigentDrache, halb Hahn, aus missgebildeten Hühnereiern lich ’Grundlage’. Die Begründung für diese Bezeichvon Schlangen, Kröten usw. ausgebrütet, mit tödlinung wird dadurch erschwert, dass die Darstellungen chem Blick) lebt es im Mittelalter weiter. Mit dem der Chemie-Geschichte nur auf die Inhalte Wert gleichen Wort werden aber auch reale Tiere bezeichlegen und auf den sprachlichen Ausdruck keine Base1 Sf ’Kusine’ erw. obs. obd. (9. Jh.), mhd. base, ahd.

Bastonade

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net; vor allem eine Eidechsenart mit einem kleinen Hornfortsatz, der mit einer Krone verglichen wurde. Ebenso nndl. basilisk, ne. basilisk, nfrz. basilic, nschw. basilisk, nnorw. basilisk; ÞBasilika, ÞBasilikum. – Bertoldi, V. ZRPh 54 (1934), 229f.; LM 1 (1980), 1529f.; Röhrich 1 (1991), 157; DF 3 (21997), 192–194; EWNl 1 (2003), 230 f .

(1928), 267; Jacobson, H. ZDA 66 (1929), 217–246, besonders 232–244; Szemere´nyi, O. ZVS 71 (1954), 199–217, besonders 210–213; Meid, W. IF 69 (1964), 231f.; Darms (1978), 257–264; Koivulehto, J. FS Schmitt (1988), 252–255; EWahd 1 (1988), 500–502; Röhrich 1 (1991), 157f.; Dick, E. S. FS Szemere´nyi (1993), 307–340; EWNl 1 (2003), 231f.

Basis Sf ’Grundlage’ erw. fach. (15. Jh.). Entlehnt aus l. basta Ptkl ’Schluss!’ erw. fremd. (17. Jh.). Entlehnt aus

basis, dieses aus gr. ba´sis (eigentlich ’Schritt, Gang’), einer Ableitung von gr. baı´nein ’gehen’. (Zur Bedeutungsentwicklung vgl. nhd. Þtreten − Tritt im Sinne von ’fester Untergrund; Stelle, auf die man treten kann; Stufe’). Verb: basieren.

it. basta ’es ist genug’, dieses aus früh-rom. *bastare ’genug sein’.

Ebenso nndl. basta, nschw. basta, nnorw. basta. Die Herkunft des romanischen Verbs ist umstritten. Vielleicht aus früh-rom. *basitare ’die Grundlage von etwas sein’ zu spl. basis ’Grundlage’. – DF 3 (21997), 79; DEO (1982), 83f.; Knobloch, J. FS Meid (1989), 103–105; Röhrich 1 (1991), 158; EWNl 1 (2003), 232.

Ebenso nndl. basis, ne. base, basis, nfrz. base, nschw. bas, nnorw. basis, (mil.) base. Zur germanischen Verwandtschaft s. Þkommen, zur lateinischen Þintervenieren; ÞAkrobat, ÞDiabetes. – DF 3 (21997), 194–201; Gombert, A. ZDW 3 (1902), Bastard Sm ’uneheliches Kind, Mischling’ erw. fach. 167–169; Schirmer (1911), 29; Schirmer (1912), 8; Jones (13. Jh.), mhd. bast(h)art. Entlehnt aus afrz. bastard (1976), 141; EWNl 1 (2003), 231. (neben fils de bast) ’anerkannter Sohn eines Adeligen

bass (Adv des Komparativs Þbesser) Adv per. arch.

(9. Jh.), mhd. baz, ahd. baz, as. bat. Aus g. *batiz, auch in anord. betr, ae. bet, afr. bet. Mit Schwundstufe des Komparativsuffixes gebildet; später durch den normalen Komparativ ersetzt. Þbesser, ÞBuße, Þfürbass, ÞBaas.

Bass Sm ’tiefste Singstimme’ erw. fach. (15. Jh.). Ent-

lehnt aus it. basso (ml. bassus ’niedrig’) als ’tiefe (niedrige) Stimme’. Im Sinne von ’tiefes Streichinstrument’ gekürzt aus Bassgeige. Ebenso nndl. bas, ne. bass, nfrz. basse, nschw. bas, nisl. bassi. – DF 3 (21997), 202–205; Eggebrecht (1955), 68f.; EWahd 1 (1988), 503–505; EWNl 1 (2003), 228f.

Bassin Sn std. (17. Jh.). Entlehnt aus frz. bassin m., aus

und einer nicht mit diesem verheirateten Frau oder einer verheirateten Frau niedrigeren Standes’ (ursprünglich wertfreier Gebrauch z.B. als Selbstbezeichnung bei Wilhelm dem Eroberer). Herkunft umstritten. Semantisch am wahrscheinlichsten ist eine (belegbare) Ausgangsbedeutung ’wilder Schössling’ (d.h. ein aus dem Wurzelstock wachsendes Wildreis eines veredelten Baumes). Zugrunde liegt eine Wortsippe, die in nfrz. baˆton ’Stock’ und baˆtir ’bauen’ fortgesetzt ist, über deren Herkunft die Meinungen aber weit auseinandergehen (s. auch Þbasta). Das Suffix ist wohl ursprünglich germanisch (-hard als Namenelement). Ebenso nndl. bastaard, basterd, ne. bastard, nfrz. baˆtard, Ñ

nschw. bastard, nisl. bastardur. Vgl. ÞBankert. – Wolf, L. ZRPh früh-rom. *bacin(i)um, aus gall. *bacca ’Wasserge81 (1965), 310–324; DEO (1982), 86f.; Knobloch, J. LBa 27 fäß’, dessen Herkunft nicht sicher geklärt ist. Bezeugt (1984), 57–60 (anders: ossetisch ’Kind des Packs’), auch MS 105 ist (einmal) bei Gregor von Tours ml. bacchinon, viel(1995), 142; Dick, E. S. FS Szemere´nyi (1993), 307–340; DF 3 leicht entlehnt aus gr. (Hesych-Glosse) ba´kinon ’eine (21997), 207–212; EWNl 1 (2003), 232. Art Gefäß’. Vielleicht letztlich eine Ableitung aus BacBastei Sf ÞBastion. chus (Gott des Weins) und damit ein Gefäß zur Aufbasteln Vsw std. (15. Jh.). Zunächst ’mangelhaft zubewahrung oder zum Ausschenken des Weins. rechtmachen’ u.ä., auch in der Form bästeln. HerEbenso nndl. bassin, ne. basin, nschw. bassäng, nnorw. basseng; kunft nicht ausreichend klar. Wahrscheinlich zu ÞBack, ÞBecken. – DF 3 (21997), 205f.; Brunt (1983), 151f.; DEO mhd. besten ’schnüren, binden’ als ’etwas notdürftig (1982), 83; EWNl 1 (2003), 231. zusammenbinden’ (statt es fachgerecht zu reparieBast Sm erw. fach. (11. Jh.), mhd. bast, ahd. bast, as. bast. ren). Dieses zu ÞBast in der Bedeutung ’Seil, Schnur’. Aus g. *basta- m. ’Bast (innere Schicht der Pflanzen-

rinde), Bastseil’, auch in anord. bast, ae. b¢st. Hierzu Bastion Sf ’Bollwerk’ erw. fach. (16. Jh.). Entlehnt aus als Vriddhi-Bildung mhd. buost ’Bastseil’. Entstehung frz. bastion m., dieses aus it. bastione m., einem Augdunkel. Da Wörter für ’Bast’ meist zu Bedeutungen mentativum zu it. bastia ’Bollwerk’, aus afrz. bastie wie ’schälen, nackt’ u.ä. gehören (vgl. etwa l. liber), ’Gebäude’, einer Ableitung von afrz. bastir ’bauen’. kommt ein Zusammenhang mit bar in Frage. Die BeDas Grundwort ist entlehnt als Bastei (14. Jh.). urteilungsgrundlage ist aber nicht ausreichend. Nach Ebenso nndl. bastion, ne. bastion, nschw. bastion, nnorw. bastion. – DF 3 (21997), 212–217; Jones (1976), 141f.; Öhmann, E. Koivulehto benannt nach der Art der Gewinnung NPhM 43 (1942), 27 (zu Bastei); EWNl 1 (2003), 232f. (nach dem Einweichen ausgeschabt) als ’Ausgeschabtes’ zu der unter ÞBesen und Þbar vorausgeBastonade Sf ’orientalische Prügelstrafe (auf die Fußsetzten Wurzel (ig.) *b hes- ’schaben, reiben’. Nach Ja- sohlen)’ per. exot. (19. Jh.). Über frz. bastonnade entcobson und Szemere´nyi entlehnt. lehnt aus it. bastonata ’Stockhieb’ zu it. bastonare Ebenso nndl. bast, ne. bast, nschw. bast, nisl. bast(n.); Þbasteln, ’prügeln’ aus it. bastone m. ’Stock’. ÞBesen. – Johansson, K. F. IF 19 (1906), 121; Abegg, E. IF 46

Bataillon Ebenso nndl. bastonnade, ne. bastinado, nschw. bastonad. – DF 1 (1913), 80.

Bataillon Sn ’Truppenabteilung’ erw. fach. (16. Jh.).

Entlehnt aus frz. bataillon m., dieses aus it. battaglione m., einem Augmentativum zu it. battaglia f. ’Schlachttruppe’, aus spl. battua¯lia f. ’Fechtübungen mit Stöcken’, zu spl. battuere ’schlagen, klopfen’. Das französische Wort ersetzt früheres nhd. ÞFähnlein. Ebenso nndl. bataljon, ne. battalion, nschw. bataljon, nnorw. bataljon; ÞBatterie, ÞDebatte, ÞKombattant, ÞRabatt. – DF 3 (21997), 217–220; Jones (1976), 143f.; EWNl 1 (2003), 233.

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chen Verb batzen ’zusammenkleben, zusammenhängen’ (wohl eine Intensivbildung *backezzen zu backen). Das Wort wird dann auf die im 15. Jh. in Bern und Salzburg geprägten Dickpfennige bezogen; deshalb heute noch in der Schweiz für ein kleines Geldstück. Zusammenhang mit nndl. botje ’kleines Geldstück’? ÞButzen, Þpatzen. – Luschin-Ebengreuth, A. Numismatische Zeitschrift 12 (1880), 379–396; LM 1 (1980), 1552f.; Röhrich 1 (1991), 158.

batzig Adj Þpatzig. Batate Sf ’Süßkartoffel’ per. md. (16. Jh.). Entlehnt aus Bau Sm Þbauen.

span. patata (vgl. ne. potato ’Kartoffel’). Das Wort Bauch Sm std. (11. Jh., uuasbucho ’ein gefundener verstammt aus einer südamerikanischen Indianersprastümmelter Rumpf’ 8. Jh.), mhd. bu¯ch, ahd. bu¯h. Aus che (Aruak-Mundart von Haiti). Es hat sich (als Wort g. *bu¯ka- m. ’Bauch’, auch in anord. bu´kr, ae. bu¯c, afr. für ’Kartoffel’) bei uns hochsprachlich nicht durchbu¯k, bu¯ch. Das Wort geht zurück auf eine Wurzel mit gesetzt, hält sich aber in Mundarten Thüringens, verschiedenen anlautenden Labialen, mit der dicke, Hessens und Frankens. bauchige Gegenstände bezeichnet werden (vgl. russ. Ebenso nndl. bataat, ne. potato, nfrz. patate, nschw. batat. – pu´zo n. ’Bauch, Wanst’); vermutlich ursprünglich Abegg-Mengold (1979), 152–163; EWNl 1 (2003), 233. eine Lautgebärde für die aufgeblasenen (und daher Batenke Sf (eine Schlüsselblumenart) per. fach. dicken) Backen, vgl. die Zusammenstellung unter (16. Jh.). Entlehnt aus l. (stachys) be¯to¯nica, der gelehrÞBausch. Hierher vielleicht auch air. abach ’Eingeten Bezeichnung unbekannter Herkunft für Betonie weide’ ( ’Gefecht’ > ’GefechtsRGA 4 (1981), 57f.; RGA 18 (2001), 138; DEO (1982), 166 (l. einheit’) als frz. batterie d’artillerie ’Reihe der Ge*bu¯ca¯re ’die Wäsche übergießen’ zu l. bu¯ca [Variante zu bucca] schütze’, erweitert schließlich zu ’in einer Reihe auf’Krug, Schlauch − Waschzuber’). gestellte Gegenstände’. Die Bedeutung ’Stromspeicher’ wird im 18. Jh. aus dem Englischen bauchpinseln (auch gebauchkitzelt, gebauchstreichelt, auch bauchbepinseln) Vsw (sich gebauchpinselt fühlen übernommen. u.ä. ’sich geschmeichelt fühlen’) std. stil. phras. Ebenso nndl. batterij, ne. battery, nschw. batteri, nnorw. batteri; ÞBataillon. – DF 3 (21997), 221–225; Jones (1976), 145; (20. Jh.). Die Ausdrücke sind sicher Vergröberungen Carstensen 1 (1993), 96; EWNl 1 (2003), 234. einer ursprünglichen Wendung. Sie können sich auf die Art beziehen, in der Tiere, etwa Katzen, zutraulich Batzen Sm ’Klumpen’, ’ein Geldstück’ erw. obs. gemacht werden; denkbar ist aber auch ein Ausgangs(16. Jh.). Für ’Klumpen, dickes Stück’ zu dem schwa-

Baum

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punkt wie den Küenzel streichen ’jemandem schmeicheln’ (nach Schmeller/Frommann, 1268, zu Küenzel/n ’Fettansatz unter dem Kinn’); vgl. auch die nahestehenden Wendungen den Kauz streichen ’schmeicheln’ nach DWb V, 369f. oder fuchsschwänzen ’schmeicheln’. Baude Sf ’Berghütte’ per. omd. (15. Jh.). Ursprünglich

’Hirtenhütte im Riesengebirge’ (jetzt eher ’Hotel’ an entsprechender Stelle), aus einer Variante vd. *bu¯þo¯zu vd. *bo¯þo¯- in Bude; cˇech. bouda ist aus diesem entlehnt. Auf entsprechender Lautstufe mit Vokalkürze steht lit. bu`tas m. ’Haus’. Schier, B. FS Foerste (1970), 181f.

bauen Vsw std. (8. Jh.). In der heute vorherrschenden

Ebenso ne. bower, nschw. bur, nisl. bu´r ’Vorratskammer’; Þbauen, ÞBauer 2, ÞNachbar. – Krahe, H. IF 47 (1929), 326 und 57 (1939), 116f.; EWahd 2 (1998), 454f.

Bauer2 Sm ’Landmann’ std. (9. Jh.), zu den Formen s.u.,

as. gibu¯r. In dem Wort sind wohl mehrere Bildungen zusammengeflossen: 1. Mhd. gebu¯r(e), ahd. gibu¯r, as. gibu¯r (neben obd. gibu¯ro); 2. mhd. bu¯re m. (n.); 3. ahd. bu¯ari; die Hauptform ist (1) aus wg. *ga-bu¯ra- m. ’Mitbewohner (der Dorfgemeinschaft)’. Eigentlich eine Bildung wie Geselle, also ’einer, der im gleichen bu¯r ’Wohnort’ wohnt’. Die Bedeutung ’Landmann’ als Berufsbezeichnung und Standesbezeichnung ist jünger, wobei ihre Ausbildung (Nomen Agentis auf -er?) im einzelnen unklar ist. Die Verwendung des Wortes im Schach- und Kartenspiel folgt der dort auftretenden (bruchstückhaften) Standesordnung. Neben den deutschen Wörtern auch ae. gebu¯r, doch zeigt das (Alt-)Englische mit land-bu¯end daneben auch die Bildung (aus der gleichen Grundlage), die für die nordischen Sprachen charakteristisch ist (anord. bo´ndi). Femininum: Bäuerin; Adjektiv: bäuerlich, übertragen bäurisch.

Bedeutung ’(ein Haus) bauen’ ist das Wort jung (spätmittelhochdeutsch) und wohl eine Ableitung zu Bau (mhd. bu ¯ , ahd. bu¯, ae. bu¯ ’Wohnung, Haus’), die sich mit älteren, gleichlautenden Verben vermischt hat. Diese älteren Verben sind nicht mehr auseinanderzuhalten. Beteiligt ist sicher ein starkes Verb, das aber nur im Altnordischen noch als solches erhalten ist (anord. bu´a); sonst gibt es starke Präsensformen Ebenso nndl. boer, buur; Þbauen, ÞBauer 1, ÞNachbar. – Lud(gotisch, altenglisch, altsächsisch, althochdeutsch) vik, D. Acta Neophilologica 5 (1972), 83–85; GB 1 (1972), und ein starkes Partizip (altenglisch, mittelhoch407–439; RGA 2 (1976), 99–107; RGA 3 (1978), 216–221; Wensdeutsch) mit unklaren Präteritalformen im Althochkus, R., Jankuhn, H., Grinda, K. (Hrsg.): Wort und Begriff deutschen, sowie schwache Verben aller Stammklas’Bauer’ (Göttingen 1975); Huber, A. in Dückert (1976), 17–54; Brandsch, J.: Bezeichnungen für Bauern und Hofgesinde im sen. Die Hauptbedeutung der Formen der alten SpraAlthochdeutschen (Berlin 1987); Kristensen, A. K. G. Medichen ist ’wohnen’, wodurch sich das Verb, für das als aeval Scandinavia 12 (1988), 76–106; LM 1 (1980), 1563–1604; Ausgangsform etwa g. *bo¯wwa- anzusetzen ist, als Röhrich 1 (1991), 159f.; EWNl 1 (2003), 406. dehnstufige Bildung zu ig. *b hew¡- ’werden, sein’ erweist. Es ist bezeugt in l. fuı¯ ’ich war’ (u.a.), den au- Bäuerchen (fast ausschließlich in der Wendung ein Bäuerchen machen bei Säuglingen) Sn ’aufstoßen ßerpräsentischen Formen des Verbum substantivum (rülpsen)’ per. kind. (20. Jh.). Älter nndl. boer, das im Keltischen, lit. bu¯´ti ’sein, werden’, akslav. byti nach EWNl schon seit dem 18. Jh. bezeugt ist. Im ’sein, werden’, gr. phy´o¯ ’ich bringe hervor, zeuge’, gr. Hinblick auf am.-e. burp ’aufstoßen, rülpsen’ phy´omai ’ich werde, wachse’, ai. bha´vati ’er wird, er (20. Jh.) wird dort wohl zu Recht lautnachahmende ist’ (s. auch bin). Die (lautlich ebenfalls schwierigen) Entstehung (und nicht ’bäurisches Verhalten’) angegermanischen Formen sind: gt. bauan, anord. bu´a, ae. setzt. In Hinsicht auf den Gebrauch des Wortes sicher bu¯an, as. bu¯an, ahd. bu¯wan, bu¯wen. Die transitive Beziemlich alt, aber in älterer Zeit unbezeugt. deutung ’bereiten, (ein Feld) bebauen’ gehörte ursprünglich wohl zu einer anderen Bildung von derNndl. boer, nfr. boer. – EWNl 1 (2003), 343. selben Grundlage. Konkretum: Bau mit zahlreichen Bauernfänger Sm ’plumper Betrüger’ std. stil. (19. Jh.). Zusammensetzungen. In der Berliner Diebessprache gebildet. Bauer dabei Ebenso nndl. bouwen, nschw. bo ’wohnen’, nisl. bu´a ’Landim Sinn von ’Dummkopf, Tölpel’. wirtschaft betreiben’. Für die lateinischen Entsprechungen s. ÞFutur und für die griechischen ÞPhysik; ÞBauer 1, ÞBauer 2, ÞBauten, Þbaufällig, ÞBude, ÞGebäude. – Seebold (1970), 124–128; EWNl 1 (2003), 365; EWahd 2 (1998), 411–414.

Bauer1 Sm (auch n.) ’Vogelkäfig’ erw. fach. (8. Jh.),

Bauer(n)wetzel Sm ÞZiegenpeter. baufällig Adj std. (14. Jh.). Aufbau unklar. Vielleicht zu

einem mhd. *bu¯-(ge)velle ’Ruine’; belegt ist aber nur mhd. hu¯sgevelle in dieser Bedeutung.

mhd. bu¯r, ahd. bu¯r n. (auch m.?). Ursprünglich mit EWNl 1 (2003), 365. weiterer Bedeutung ’Haus, Kammer’, später auf Baum Sm std. (8. Jh.), mhd. boum, ahd. boum, as. bo¯m. ’Vogelkäfig’ (u.ä.) eingeengt. Aus g. *bu¯ra- m./n. Das Wort tritt an die Stelle des in e. tree erhaltenen ’(kleines) Haus’, auch in anord. bu´r n., ae. bu¯r n. Eine alten Wortes für ’Baum’. Aus wg. *bauma- m. wohl nur germanische Bildung zu dem unter bauen ’Baum, Balken’, auch in ae. be¯am ’Baum, Balken’, afr. behandelten Verb für ’wohnen’; doch klingt die Heba¯m (zur Bedeutung ’Balken’ vgl. ÞSchlagbaum, Wesych-Glosse by´rion ’Haus, Zimmer’ an (das Wort ist berbaum). Daneben steht *bagma- gleicher Bedeuvielleicht messapisch). tung in gt. bagms, ähnlich in aschw. bakn und − auf

baumeln

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Ñ r, in Kompo*bazma- zurückgehend − anord. badm ten’ (sonst auch ’auf den Baum klettern’ von Tieren). sita auch -barmr. Die Möglichkeit der Verbindung Vermutlich ein altes Jägerwort, dessen alte Bedeutung dieser Lautformen, und damit die Etymologie des nicht mehr erschlossen werden kann; evtl. ursprüngWortes, ist umstritten und unklar. Falls die Wörter lich vom Bären gesagt, der sich aufrichtet, um auf auf die gleiche Grundform zurückgehen (was nicht einen Baum zu steigen. von vorneherein sicher ist), kann die westnordische Ebenso ne. beam. – Porzig, W.: Das Wunder der Sprache Form nicht ohne Zusatzannahmen mit den beiden (München 1950), 231f. anderen verbunden werden. In Frage kommt ein Ein- Baumwolle Sf std. (12. Jh.), mhd. boumwolle, regional fluss von awn. bo˛rr ’Nadelbaum’, dessen Vorform auch assimiliert bouwol (vgl. schwz. bouwele). Diese *barwa- einem *bauma- ausreichend nahe stehen (in der frühesten Zeit durch die Araber aus Indien würde und dieses zu *barma- umgeformt hätte. Es eingeführte) Faser gleicht der ÞWolle, ist aber nicht wäre auch nicht ausgeschlossen, von einem dem Govon Schafen, sondern von Bäumen (genauer: Sträutischen entsprechenden Lautstand *bagma- auszuchern, gossypium herbaceum). Das Bestimmungswort gehen und eine untypische Veränderung von -gm- zu ÞBaum wurde vielleicht im Anschluss an Herodot -dm- anzunehmen. In diesem Fall wäre der Wechsel 3, 106 gewählt, wonach in Indien Wolle, die die Schaf-dm-/-rm- in umgekehrter Richtung verlaufen. Bei wolle an Schönheit und Güte übertrifft und aus der den beiden anderen Formen kommt älteres *baumadie Inder ihre Kleidung herstellen, auf Bäumen oder *bagma- als Vorform in Frage. Für ersteres wächst. könnte an die Wurzel ig. *b hew¡- ’wachsen’ (usw.) Vgl. ÞKattun. – LM 1 (1980), 1669. (Þbauen) angeschlossen werden, vgl. etwa gr. phy˜ma Bausback Sm ÞPausbacken, ÞBausch. n. ’Gewächs’ zu phy´omai ’wachsen’ mit Entwicklung von g aus w in der Umgebung vor silbischem Nasal Bausch (dazu bauschen, bausen ’aufschwellen’, aufbauschen ’übertreiben’) Sm ’Ausfaltung von Stoff, (*b howm). Diese Entwicklung ist in entsprechender ˙ lockerer Knäuel (Watte usw.), Wulst’ per. arch. phras. Lautumgebung aber nicht bezeugt; sie ist sonst vor (11. Jh.), mhd. bu¯sch (selten), auch mit -s, ahd. bu¯sc. der Lautverschiebung eingetreten und hat dadurch Diesen und ähnlichen Wörtern liegt eine Lautgebärzu gm. -k- geführt, was zu gt. bagms nicht stimmt de für ’die Luft aus den aufgeblasenen Backen aus(vgl. ÞZeichen und ÞBake). Auch die Möglichkeit stoßen’ zugrunde, etwa *phu- für ’aufblasen − spreneiner ’Verschärfung’ des -w- zu -ggw- ist nicht ausgegen − platzen’ und mit einem bilabialen Reibelaut schlossen, bietet aber mindestens ebenso große Pro*fu- (o.ä.) für das anhaltende Blasen. Daraus einerbleme bei der Beurteilung. Für eine Vorform *bagmaseits Bedeutungen wie ’blasen’, andererseits ’aufgekönnte idg. *b ha¯g hu´- ’Unterarm’ herangezogen werblasen, dick, geschwollen’. Da die Lautungen einerden, dessen Reflex im Englischen außer ’Arm, Schulseits immer wieder als Lautgebärde erneuert, andeter’ auch ’Zweig’ bedeutet (also *b hag h(w)o- oder rerseits aber auch lautgesetzlich weiterentwickelt *b h¡g h(w)o´- mit Kürze – dann wäre die Ausgangsbewerden können und da die Einzelsprachen durch deutung etwa ’Astwerk’). Auch diese Annahme führt ihren unterschiedlichen Lautbestand die Lautgebärde ohne weitgehende (und wenig wahrscheinliche) Zuverschieden erfassen, fallen die vergleichbaren Wörsatzannahmen nicht zum Ziel. Nach Kuiper ist das ter stark auseinander (und entsprechend unsicher ist Wort aus einer Substratsprache entlehnt die Zusammenstellung). Zudem sind die meisten (*b hab hma-) – auch das geht nicht ohne problematiWörter erst spät belegt, was aber nicht notwendigersche Zusatzannahme: Das für ’Bohne’ bezeugte Wort weise heißt, dass sie jung sind − im allgemeinen sind hätte auch die Bedeutung ’Baum’ gehabt. es familiäre und umgangssprachliche Wörter, die Ebenso nndl. boom, ne. beam; Þbäumen, ÞBaumwolle, nicht ohne weiteres in literarische Texte aufgenomÞSchlagbaum. – Cox (1967), 55–61 (zur Bedeutung ’Sarg’); men (und deshalb auch nicht überliefert) werden. Peeters, Ch. ZVS 88 (1974), 129–133; Lehmann (1986), 55f. (zieht einen Ansatz mit Laryngal vor); Hamp, E. P. FS Fisiak. Einen zu Bausch passenden Lautstand zeigen außerEd. D. Kastovsky & A. Szwedek. Berlin 1 (1986), 345f. (aus g. halb des Germanischen etwa russ. bu´chnutı˘ *bargma-); Röhrich 1 (1991), 161f.; Kuiper, F. B. J. NOWELE ’(an)schwellen’ und gr. phy˜sa f. ’Blasebalg, Blase’. 25 (1995), 63–88; EWahd 1 (2003), 263–267; EWNl 1 (2003), 354; Zum lautmalerischen Ursprung vgl. noch ai. phutDavio, G. W. FS Rauch,147–154. karoti ’phu machen, (verächtlich) zischen’ u.a.. In baumeln Vsw std. (17. Jh.). Wohl regionale (ostmitteldiesen Zusammenhang können gestellt werden: mit deutsche) Variante des ebenfalls regionalen bammeln der Bedeutung ’blasen’ Þpusten, Þpfusen, Þfauchen (s. auch ÞBammel, ÞBembel, ÞPummel). Am ehesten und ÞBö; mit der Bedeutung ’aufgeblasen’ als Lautbild aufzufassen. Wenn vom Hängen und ÞPausbacken, bauschen und ÞPocke; mit der BedeuSchwingen der Glocken auszugehen ist, könnte eine tung ’dick, geschwollen’ ÞBauch, ÞBacke 1 (l. bucca) Lautnachahmung zugrunde liegen. und ÞBeule. Die Wurzel ig. *b heu¡- ’wachsen’ usw. (Þbauen) gehört vermutlich ebenfalls hierher; in welbäumen Vsw (meist sich aufbäumen ’sich aufrichchem Umfang die Sippe lautgesetzlich überliefertes ten’) per. arch. (15. Jh.). Wohl ’sich am Baum aufrich-

beben

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und morphologisch regelmäßiges Material und lautmalerisch beeinflusste Bildungen enthält, lässt sich schwer bestimmen. − Die Redensart in Bausch und Bogen (wozu auch Þpauschal) ist etymologisch nicht eindeutig geklärt. Zu beachten ist zunächst, dass Bausch, Baus in der älteren Sprache auch ’Armvoll, Handvoll’ u.ä. bedeutet, also eine ungezählte und ungewogene Menge. Hierzu nach der Bause ’geschätzt, nicht gewogen’ und weiter (vielleicht unter dem Einfluss von in ÞSausund Braus) auch ’mit vollen Händen’. Der Bestandteil ÞBogen bleibt dabei ungeklärt. Die Erklärungsversuche von DWb I, 1198 (es ist vom Grundstückskauf auszugehen, wobei Bausch nach außen gewölbte, ÞBogen nach innen gewölbte Flächen sind) und von Kluge (171957) (nach H. H. Bockwitz: Kulturgeschichte des Papiers [Stettin 1935], 62: ein Bausch Papier sind 181 Bogen) scheitern daran, dass eine entsprechend frühe fachsprachliche Verwendung nicht nachweisbar ist. ÞBeuschel, ÞBeutel, Þblähen, ÞBö, ÞButzen, Þerbosen, ÞPuff 2. – Hubschmid, J. VR 29 (1970), 282–302; Röhrich 1 (1991), 163f.; EWahd 2 (1998), 474.

Bäuschel Smn ’schwerer Hammer’ per. fach. (19. Jh.).

Instrumentalbildung zu mhd. biuschen, bu¯schen ’schlagen, klopfen’. Weiter verbreitet ist mit dieser Bedeutung eine Lautform g. *baut-a- Vst. ’schlagen, stoßen’ (ÞAmboss und vgl. ae. by¯tl n./m.? ’Hammer’), der lautliche Zusammenhang ist aber nicht klar (aus *baut-ska-?). Bautastein Sm per. exot. (20. Jh.). Ein ursprünglich nur

baxen Vsw ’ringend schlagen’ per. arch. ndd. (18. Jh.).

einen baks ’Backenstreich, Schlag’ geben. Variante zu dem aus dem Englischen stammenden Þboxen. Ebenso ndn. bakse, nnorw. bakse.

Bazar Sm ÞBasar. Bazille Sf (auch Bazillus m.) ’Stäbchenbakterie’ erw.

fach. (19. Jh.). Eingeführt für ’eine stäbchenförmige Unterart der Bakterien’, zu spl. bacillum n., bacillus m. ’Stäbchen’, das als Diminutivum zu spl. baculus m., baculum n. ’Stab’ gehört. Ebenso nndl. bacil, ne. bacillus, nfrz. bacille, nschw. bacill, nnorw. basill; ÞBaguette, ÞBakterie. – DF 3 (21997), 225f.; EWNl 1 (2003), 199.

be- Präfix std.,. Aus g. *bi-, auch in gt. bi-, ae. be-, afr.

bi-. Entstanden aus der Vorform der Partikel bei. In verkürzter Form fest geworden ist das Präfix in Þerbarmen, Þbleiben, Þbinnen und Þbang(e). In nominalen Formen ist in der älteren Sprache noch die betonte, aber nicht notwendigerweise gelängte Form bı¯- bezeugt; Relikte dieser Betonungsweise noch in Þbieder und (nicht mehr erkennbar) in ÞBeicht(e). Die Funktion des Präfixes war ursprünglich rein örtlich (ahd. bifallan ’hinfallen’) und wurde dann verallgemeinert zu einer Verstärkung (bedecken) und zur Transitivierung ursprünglich intransitiver Verben (beleuchten). Außerdem tritt be- in Präfixableitungen vom Typ bekleiden zu ÞKleid (’mit Kleidern versehen’) auf. Ebenso n ndl. be-, ne. be-. – Hittmair, A.: Die Partikel be(Diss. Wien 1882); Bogner, A.: Die Verbalvorsilbe bi- (Diss. Hamburg 1933); Haessler, L.: Old High German ’biteilen’ and ’biskerien’ (Philadelphia 1935); Wortbildung 1 (1973), 146 und an den dort angegebenen Stellen; EWNl 1 (2003), 236.

in isländischen Texten überliefertes Wort (anord. bautarsteinn, auch bautadaÑ rsteinn) für den skandinavischen Brauch, zu Ehren bestimmter Toten große Steine (in der Regel schriftlose, aber auch Bild- und Beamte(r) (mit Adjektiv-Flexion) Sm std. (14. Jh.). Runensteine) an die Straße zu setzen. Die Etymologie Kontrahiert aus Beamteter, der Substantivierung ist unklar; am wahrscheinlichsten ist die Annahme, eines partizipialen Adjektivs zu beamten, weiter zu dass das Wort ursprünglich *brautarsteinn, d.h. ÞAmt. ’Stein an der Straße’ (zu anord. braut f. ’Weg, Straße’) LM 1 (1980), 1720f.; GB 7 (1992), 1–96; EWNl 1 (2003), 238. lautete und das -r- in der Überlieferung verloren ging beanstanden Vsw std. (19. Jh.). Gebildet als Präfix(wie häufig in Anlautgruppen mit Labial + r). Ableitung zu ÞAnstand in dessen Bedeutung Ebenso nndl. bautasteen, nschw. bautasten, nisl. bau’Zaudern, Stillstand’ mit den Nebenbedeutungen ta(r)steinn. – RGA 2 (1976), 112f.; LM 1 (1980), 1689. ’Bedingung’ und ’Einwand’; also etwa ’Einwände maBauten Spl std. stil. (18. Jh.), mndd. buwete n. chen’. ’Gebäude’ (zu Þbauen). Dringt als regionales Wort beben Vsw std. (8. Jh.), mhd. biben, ahd. bibe¯n, as. (ndd. bu¯te) in die Verwaltungssprache von BrandenbibÐ o¯n. Aus g. *bib-¢¯ - (neben -o¯-) Vsw. ’beben’, auch burg und besonders Berlin und bekommt im Laufe in anord. bifa, ae. bifian, afr. beva. Zugrunde liegt des 18. Jhs. im Norddeutschen die Funktion des Pluersichtlich eine reduplizierte Präsensbildung, als rals zu Bau. Um 1800 in die Hochsprache aufgenomderen Grundlage ig. *b hei¡- ’sich fürchten’ angesehen men (wohl um die lautlich unbequemen Formen wird. Dieses wird bezeugt durch ai. bha´yate, akslav. Baue, Bäue zu vermeiden). bojatise˛ und lit. bijo´tis gleicher Bedeutung. Die hochBauxit Sm ’Aluminium-Rohstoff’ per. fach. (19. Jh.). sprachliche Form mit -e- stammt über Luther aus Benannt nach dem ersten Fundort Les Baux. dem Niederdeutschen (mndd. beven). Im OberdeutEbenso nndl. bauxiet, ne. bauxite, nfrz. bauxite, nschw. bauxit, schen dafür (mhd.) bidemen aus derselben Grundlannorw. bauxitt. – Lüschen (1979), 182; EWNl 1 (2003), 234. ge. Eine mundartliche Intensivbildung ist Þbibbern. Zur Reduplikation (wohl nicht morphologisch, sondern expressiv) vgl. Þzittern. Präfigierung: erbeben; Substantivierung: (Erd-)Beben.

Becher

100 Ebenso nndl. beven. – Kluge, F. ZVS 26 (1883), 85f.; Sievers, E. IF 43 (1925), 174; Mezger, F. ZVS 72 (1955), 127; Wackernagel, J. ZVS 41 (1907), 305–309 (ablehnend); EWNl 1 (2003), 294; EWahd 2 (1998), 6, 9–12.

Becher Sm std. (11. Jh.), mhd. becher, ahd. behhari, as.

bikeri. Entlehnt aus ml. bicarium n., älter bacarium n. ’Weingefäß, Wassergefäß, Becher’ unklarer Herkunft. Aus dem Niederdeutschen sind entlehnt lett. bik˛eris und anord. bikarr (aus diesem me. biker, ne. beaker). Aus einer romanischen Nebenform (afrz. pichier) stammt ne. pitcher ’Krug’. Verb: bechern. Ebenso nndl. beker, ne. beaker, nschw. bägare, nisl. bikar; ÞBecken, ÞBack. – Sehwers, J. ZVS 54 (1927), 167; EWahd 1 (1988), 507f.; LM 1 (1980), 1771–1773; FEW I, 362; Gamillscheg (1969), 18 (die spätlateinische Beleglage ist im einzelnen undurchsichtig); DEO (1982), 59 (wohl zu Bacchus [Gott des Weins] als ’Weingefäß’); EWNl 1 (2003), 256.

becircen Vsw ’betören’ std. bildg. (20. Jh.). Präfixablei-

tung nach den Verführungskünsten der griechischen Zauberin Circe (gr. Kirke¯). Die deutsche Aussprache folgt der spätlateinischen. 2

Röhrich 1 (1991), 164; DF 3 ( 1997), 230.

Beck Sm ’Bäcker’ per. obd. md. (12. Jh.), mhd. becke,

ahd. (–) becko. Nomen Agentis (*bak-jo¯n) zu g. *bak-a- ’backen’ (Þbacken). Erst neuhochdeutsch ersetzt durch die systematische Neubildung Bäcker; außer in den Mundarten noch als Familienname erhalten. Vgl. ÞPfister.

Becken Sn std. (10. Jh.), mhd. becke(n), ahd. becki(n).

Entlehnt aus ml. bac(c)in(i)um n. ’Wassergefäß’; dieses ist eine Ableitung zu gall. bacca f. gleicher Bedeutung. Ebenso nndl. bekken; ÞBassin, ÞBecher, ÞPickelhaube. – Hildebrandt, R. DWEB 3 (1963), 358f.; EWahd 1 (1988), 508f.; EWNl 1 (2003), 256.

Beckmesser Sm ’kleinlicher Kritiker’ erw. bildg.

(19. Jh.). Nach der gleichnamigen Gestalt, einem kleinlichen Preisrichter, in Wagners Meistersingern. Röhrich 1 (1991), 164.

bedenken Vsw std. (8. Jh.), mhd. bedenken, ahd. bithen-

ken, as. bithenkian. Präfigierung zu denken, auch in ae. beþencan, afr. bithenzia, gt. biþagkjan; die Bedeutung ’beschenken’ aus ’sich gedanklich jemandem zuwenden’ (vgl. mit etwas an jemanden denken). Zur eigentlichen Bedeutung auch das Substantiv Bedenken mit den Adjektiven bedenklich und bedenkenlos; parallel dazu Bedacht und bedächtig. Þdenken.

bedeppert Adj ’ratlos, betroffen’ std. stil. (19. Jh.). Die

Abgrenzung von ähnlichen Wörtern ist schwer, z.B. von Betöberung im Sinn von ’Betäubung’ bei Grimmelshausen (17. Jh.). Anschluss an schwach bezeugtes mhd. beteben, ahd. beteben, beteppen ’unterdrücken, ruhig machen’ ist möglich. Die heutige Bedeutung wird wohl mit mundartlich zerdeppern ’zerschlagen’

(zu Tepper ’Töpfer’?) in Verbindung gebracht, mit einem ähnlichen Bild wie ndd. Þbekloppt, eigentlich ’beklopft’, also ’angeschlagen’. Röhrich 1 (1991), 164.

bedingen1 Vsw ’zur Folge haben’ std. stil. (13. Jh.), mhd.

bedingen, verstärkt aus einfachem dingen, ahd. t(h)ingo¯n, dingo¯n (ÞDing). Die ursprüngliche Bedeutung ist ’aushandeln, vereinbaren’ (Þbedingen 2), daraus ’verursachen, zur Folge haben’. Unter dem Einfluss von Bedingung (ursprünglich ’Vereinbartes’, dann ’Voraussetzung, Kondition’) auch ’erfordern, zur Bedingung haben’. Hierzu auch unbedingt ’ohne Voraussetzung, ohne Vorbehalt’ und bedingungslos. bedingen2 (auch sich ausbedingen) Vst ’zur Bedingung

machen’ std. alt. (13. Jh., Form 17. Jh.). Ursprungsgleich mit Þbedingen 1, mit Beibehaltung der älteren Bedeutung; dann, ausgehend vom Niederdeutschen, seit dem 17. Jh. sekundär starke Flexion (besonders das Partizip ausbedungen). ÞDing, Þbedingen 1. – HWPh 1 (1970), 762–765; LM 1 (1980), 1782f.; EWNl 1 (2003), 240.

bedürfen Vprpr std. stil. (8. Jh.), mhd. bedurfen, ahd.

bithurfan, mndd. bedörven. Präfigierung zu Þdürfen mit dessen alter Bedeutung ’nötig haben’, während sich das einfache Verb zu einem Modalverb weiterentwickelt hat. Abstraktum: Bedürfnis und Bedarf; Adjektiv: bedürftig. HWPh 1 (1971), 765–771; GB 1 (1972), 440–489.

beeinträchtigen Vsw std. (17. Jh.). Zu fnhd. eintragen

’hindern, schaden’ nebst ÞEintrag und (möglicherweise sekundär) Eintracht ’Hindernis, Schaden’, vermutlich maskulin (im Gegensatz zu dem heute noch üblichen ÞEintracht f. ’Übereinstimmung’) gehört beeinträchtigen ’hindern, schaden’, das über die Kanzleisprache in die allgemeine Sprache eindringt. Die Bedeutungsentwicklung von eintragen vermutlich vom Eintragen des Fadens in die Kette beim Weben (’querschießen’). Beelzebub Sm ’der oberste Teufel’ erw. bildg. (8. Jh.).

Mit den Bibelübersetzungen (seit dem Tatian) entlehnt aus hebr. ba al-z evu¯v, -l. Der Name findet sich nur in christlichen Texten und ist vielleicht zu erklären als hebr. ba al-z evu¯l ’Herr der (himmlischen) Wohnung’ = ’Herr der Dämonen’, möglicherweise ein Schimpfwort der Juden für Jesus. Der heutige Gebrauch, vor allem in der Wendung den ÞTeufel durch Beelzebub austreiben, geht zurück auf Mt. 12,24, wo die Pharisäer Jesus vorwerfen, er treibe die bösen Geister durch Beelzebub aus. Die Erklärung der Stelle ist aber, wie die Erklärung des Namens, wegen der Unsicherheit der Namensform umstritten. Ebenso nndl. Be¡lzebub, ne. Beelzebub, nnorw. Beelzebub. – Tantsch, W. ZDPh 75 (1956), 337–347 (Variante Beelzebock); Gaston, L. Theologische Zeitschrift 18 (1962), 247–255; Baldinger, K.: Zum Einfluß der Sprache auf die Vorstellungen des Menschen (Heidelberg 1973), 9f.; Haag, H.: Teufelsglaube (Tübingen 1974), 294–303; EWNl 1 (2003), 244.

101

befehlen

Beere Sf std. (8. Jh., Form 16. Jh.), mhd. ber f./n., ahd.

mhd. beva¯hen, ahd. bifa¯han. Die Bedeutung des Parberi n., as. -beri n. Das Femininum ist offenbar im tizips war ursprünglich ’gefangen, verwickelt, begrenzt’ (8. Jh. unbifanganlih ’unbegreiflich’), dann Frühneuhochdeutschen aus dem Norden eingedrungen, vgl. mndd. bere f., mndl. (dial.) bere f., ae. berige f. übertragen ’beeinträchtigt, beeinflusst’ und wurde in der Zeit der Klassik einerseits auf ’verschüchtert’, an’Beere’ (jo¯n-Stamm). Älter ist das Neutrum g. *bazja- n. in anord. ber, as. (wı¯n)-beri, ahd. beri n., mhd. dererseits auf ’voreingenommen’ festgelegt. Hierzu ber f./n., neben der Form ohne grammatischen Wechals Verneinung unbefangen; Abstraktum: sel *bas-ja- n. in gt. (weina-)basi, mndl. bes(e), mndd. Befangenheit, in neuerer Zeit als juristischer Terminus beseke (Diminutiv); hierzu auch ndd. (dial.) ÞBesing häufiger. ’Beere, Heidelbeere’. Herkunft unklar. Die übliche Ebenso nndl. bevangen. Herleitung aus einem Wort für ’rot’ (ae. basu befehlen Vst std. (8. Jh.), mhd. bevelhen, ahd. bi’purpurn’ und das ganz unsichere mir. basc ’rot, fel(a)han. Wie ae. befeolan, afr. bifela Präfigierung zu Scharlach’) ist so wenig zu sichern wie die aus einem g. *felh-a- Vst., dies auch in gt. filhan, anord. fela, ae. Wort für ’Strauch, Rute’ (nnorw. [dial.] bas[e] m. feolan, afr. -fela. Die Bedeutung ist bei intransitivem ’Strauch, Unterholz’). Zu beachten ist, dass allgemeiGebrauch (nur im Altenglischen belegt) ’(ein-)sinne Wörter für ’Beere’ (gegenüber ’Frucht’ usw.) nicht ken, (ein-)dringen’; für den transitiven Gebrauch häufig sind, und dass l. ba¯ca, bacca ’Beere’ aus einem lässt sich ’senken, drängen’ erschließen; bezeugt ist wh Substrat stammt. Falls mit g. *b- aus ig. *g - gerech- einerseits (ausgehend von ’versenken’) ’verbergen, wh net wird, kann g. *bas- auf (ig.) *(o)g os- zurückgebegraben’ (gotisch, altnordisch, westgermanisch in führt werden. Zu vergleichen wäre einerseits lit. u´oga Relikten bei präfigierten Formen), andererseits (nur wh ’Beere’ (*o¯g a¯), akslav. vin-jaga ’Weinrebe’ präfigiert, und zwar gotisch mit ana-, westgerma(*og wha¯), akslav. agoda ’Beere’ (*og whod-a¯), l. u¯va nisch mit bi-) ’empfehlen, anvertrauen, befehlen’ wh ’Traube’ (*o˘g a¯), andererseits ai. gha´sati ’isst, ver(vgl. in jemanden dringen, auf etwas dringen). Die zehrt’, ai. gha¯sa´- m. ’Futter’, l. fe¯num ’Heu’ Bedeutung ’befehlen, gebieten’ taucht zunächst nur (*g whes-no-), gr. o´pson ’Zukost’ (*og whs-o-, das o- kann vereinzelt auf, setzt sich dann aber bei der Entwickallerdings auch Präfix sein).Gr. pso¯mo´s ’Brocken, Bislung zum Neuhochdeutschen durch. Das einfache sen’ (gr. pse¯n ’reiben’ und ai. psa¯ti ’kaut’ wären dann Verb stirbt im Deutschen nach der althochdeutschen von dieser Sippe abzutrennen). Auszugehen wäre Zeit aus. Außergermanisch ohne klare Vergleichswh dabei wohl von ig. *og - ’Essen, Bissen’, dazu das möglichkeit. Das wurzelschließende -h ist sicher nur Wort für ’Beere’ wohl im Sinne von ’Zukost’ oder germanisch und vergleicht sich mit dem -h des in der ’Essbares’. Parallel dazu eine verbale s-Erweiterung Bedeutung entsprechenden *þrenh-a- (Þdringen). In ’essen, verzehren’. Das Germanische hätte bei dieser der nach Ablösung dieser Erweiterung übrig bleibenAnnahme eine für die Wurzel typische Bedeutung in den einfacheren Form ig. (eur.) *pel- vergleichen sich die Erweiterung übernommen. mit der Bedeutung ’begraben’ l. sepelı¯re (umbr. pels-) Ebenso nndl. bes, ne. berry, nschw. bär, nisl. ber. – RGA 2 ’begraben’, mir. (unsicher) eillged, eillgheadh (1976), 132–139; EWahd 1 (1988), 560f.; LM 1 (1980), 1783–1785; ’Begräbnis’; ausgehend von ’verbergen’ wohl auch Röhrich 1 (1991), 165; Heidermanns (1993), 118; EWNl 1 air. to-ell- ’stehlen’ (*pel-n-, nur im Perfekt, bei einem (2003), 274 f., 330. Verbalstamm, in dem verschiedene Quellen zusamBeet (obd. auch Bett) Sn std. (9. Jh., bettilin 8. Jh.), mengeflossen sind); mit der Bedeutung ’empfehlen mhd. bette, ahd. bettilı¯(n). Das Wort ist ursprünglich usw.’ am ehesten l. appella¯re ’anreden, anrufen, anidentisch mit ÞBett; doch sind die Bedeutungen regen’ (auch com-, interpella¯re), vielleicht auch gr. ’Beet’ und ’Bett’ im 16. Jh. ausgehend vom Mittelapeile´o¯ ’ich gebe an, drohe’ und lett. pel˜t ’schmähen, deutschen auf verschiedene Lautvarianten verteilt verleumden’. Am wenigsten deutlich sind die Verworden: Die Form Bett setzt dabei den Lautstand des knüpfungsmöglichkeiten für die AusgangsbedeuGenetivs mit Konsonantengemination fort (bette-s), tung. In Frage kommen (alle aus *pel-n-) l. pellere die Form Beet den ursprünglichen Lautstand des Notrans. ’stampfen, klopfen, schlagen, fortstoßen, fortminativs und Akkusativs (beti). Die übertragene Betreiben, beeindrucken’ (u.a.), air. ad-ella ’besuchen, deutung ’Beet’, die auch im Niederländischen und sich nähern, berühren’, gr. pı´lnamai trans. / intrans. Englischen auftritt, ist ursprünglich ’Pflanzenstand’ich nähere mich’, nebst gr. pe´las ’nahe’ (Wörter für ort’; auszugehen ist also von der Bedeutung ’Lager, ’nahe’ gehen nicht selten auf ’angepresst, angedrängt’ Grundlage’. zurück, vgl. etwa frz. pre`s ’nahe’, das zu l. presse¯ Adv. Ebenso nndl. bed, ne. bed, nisl. bed Ñ (entlehnt). – Hubschmid, ’gepresst, gedrückt’ gehört). Abstraktum: Befehl. J. FS Schröpfer (1991), 235 (anders); EWNl 1 (2003), 238.

Beete Sf ÞBete. befangen AdjPP std. (8. Jh., Bedeutung 18. Jh.), mhd.

beva¯hen, ahd. bifa¯han. Zu dem starken Verb befangen,

Ebenso nndl. bevelen, nschw. dial. fjäla, nisl. fela. S. Þempfehlen, ÞBeispiel und für das Vergleichsmaterial Þappellieren. – Wüst (1956), 90–96; HWPh 1 (1970), 774f.; Seebold (1970), 191–193; Vennemann (1998), 257f.; EWNl 1 (2003), 294; EWahd 3 (2007), 126–131.

Beffchen Beffchen Sn ’Predigerkragen’ per. fach. (18. Jh.). Aus

dem Niederdeutschen übernommen (für früheres Überschlägchen). Diminutiv zu mndd. beve, beffe ’Chorhut und Chorrock des Prälaten’, mndl. beffe ’Kragen’, das seinerseits aus ml. biffa f., der Bezeichnung einer Tuchart, und afrz. biffe ’gestreifter Stoff’ stammt. Zur Bedeutungsentwicklung vgl. ÞKappe und ÞMütze. Ebenso nndl. bef, befje. – EWNl 1 (2003), 246.

befinden Vst std. (8. Jh.), mhd. bevinden, ahd. bifindan,

102 begatten Vswrefl erw. stil. (17. Jh.). In der heutigen Be-

deutung wohl zu ÞGatte als Euphemismus gebildet. Ein älteres, lautgleiches Wortes ist kaum unmittelbar zu verbinden. begeben Vstrefl std. stil. (9. Jh.), mhd. begeben. Bedeu-

tet ursprünglich ’sich hingeben, sich entäußern’ (nicht-reflexiv ’verlassen, aufgeben’) und wird im Mittelhochdeutschen speziell gebraucht für ’sich ins Kloster begeben’. Später verblasst die Ausgangsbedeutung, und das Wort bedeutet nur noch ’sich irgendwohin begeben’, mit unpersönlichem Subjekt auch ’sich ereignen’, mit Genetiv (heute obsolet) noch nahe an der älteren Bedeutung ’auf etwas verzichten’.

as. bifindan, afr. bifinda. Präfigierung zu Þfinden mit der durchsichtigen Bedeutung ’beurteilen’ und im Reflexivum mit der weiter abliegenden Bedeutung ’sich finden, da sein’. Abstraktum zur transitiven Konstruktion: Befund; Adjektiv zur reflexiven: begehen Vst std. (8. Jh.), mhd. bega¯n, bege¯n, ahd. biga¯n, befindlich. bige¯n. Eigentlich ’entlanggehen’ und von da aus Ebenso nndl. bevinden; Þfinden. ’besichtigen’ und ’feiern’. beflissen AdjPP ’eifrig’ erw. obs. (17. Jh.). Partizip zu begehren Vsw std. (13. Jh.), mhd. begern, begirn. Präfialtem sich befleißen ’sich bemühen’ (8. Jh.), das heute gierung zu älterem mhd. ger(e)n, ahd. gere¯n, gero¯n ausgestorben (bzw. zu sich befleißigen erweitert) ist. ’begehren’ (8. Jh.), das seinerseits von ahd. mhd. ger ÞFleiß, Þgeflissentlich. ’begierig’ abgeleitet ist. Zur weiteren Verwandtschaft befördern Vsw std. (18. Jh.). Ursprünglich neben s. Þgern und ÞGier. Zum Zeitwort die Rückbildung gleichbedeutendem bevordern und befürdern. PräfixBegehr (mhd.) und die Ableitung begehrlich. Zu der ableitung zu Þvorder oder Präfigierung von Þfördern Variante mhd. begirn gehört das Abstraktum im Sinn von ’voranbringen’ (’helfen’, ’transportieBegierde. ren’) und als Ersatz für Þavancieren im 19. Jh. ÞGier, Þgern, Þaufbegehren. – HWPh 1 (1970), 776–780; EWNl ’aufrücken lassen’. 1 (2003), 246 f .; EWahd 4 (2009), 116f., 178. EWNl 1 (2003), 295.

befriedigen Vsw std. (12. Jh., Form 15. Jh.). Erweiterung

von älterem mhd. bevriden, eigentlich ’einfrieden, schützen’. Das Wort gerät immer stärker unter den Einfluss von Þzufrieden und bedeutet heute ’zufriedenstellen’. EWNl 1 (2003), 295f.

befugt AdjPP std. stil. (16. Jh.). Wie das Abstraktum

Befugnis gebildet zu einem nicht mehr üblichen Verb fnhd. sich bevu¯gen ’berechtigen’ (in Resten noch: was befugt dich dazu?), vor allem niederdeutsch. Zu Þfügen und ÞFug, also eigentlich ’passend machen’. Heute vor allem in Unbefugten ist der Zutritt verboten. ÞUnfug. – EWNl 1 (2003), 295.

befürworten Vsw std. stil. (19. Jh.). Kanzleisprachliche

Bildung zu ÞFürwort im Sinne von ’Empfehlung’ (vgl. etwa Fürbitte). Dieses zu ein Wort für jemand einlegen. begabt AdjPP std. (13. Jh.), mhd. bega¯ben ’ausstatten,

beschenken’. Ursprünglich konkret gemeint (etwa: ’zur Hochzeit ausgestattet’), abgeleitet von ÞGabe f. Durch die Mystiker wird das Wort im 14. Jh. eingeschränkt auf spirituelle und intellektuelle Ausstattung (das Partizip wohl als Bedeutungsentlehnung aus l. do¯ta¯tus) und entwickelt sich dann zu einem Ausdruck für ’talentiert’ (vgl. frz. doue´, ne. gifted). Das Substantiv Begabung (zunächst ’Schenkung’) folgt dieser Bedeutungsentwicklung im 18. Jh. HWPh 1 (1970), 775f.; EWNl 1 (2003), 246.

Begeisterung Sf std. (17. Jh.). Abstraktum zu der wenig

früheren Präfix-Ableitung begeistern ’beleben’ zu ÞGeist gebildet, ursprünglich neben begeisten. Das Abstraktum Begeisterung ist in seiner Bedeutung offenbar von ÞEnthusiasmus beeinflusst worden, das Verbum von inspirieren (ÞInspiration). beginnen Vst std. (8. Jh.), mhd. beginnen, ahd. bigin-

nan, as. biginnan. Präfigierung zu dem nur präfigiert auftretenden Verbalstamm g. *-genn-a- ’beginnen’, auch in gt. duginnan, ae. beginnan, onginnan, afr. biginna, bijenna. Die außergermanischen Vergleichsmöglichkeiten sind unsicher, da das Verb nur präfigiert vorkommt und sich deshalb die Ausgangsbedeutung nicht sicher bestimmen lässt. Mit Rücksicht auf gleichbedeutendes an-fangen, etwas an-packen, l. incipere usw. ist aber eine Grundbedeutung ’fassen, packen’ wahrscheinlich, die bei einer Verbalwurzel ig. (eur.) *g hed-, in der Regel mit doppelter Nasalierung (*g hend-n-), bezeugt ist. In diesem Fall vergleichen sich l. prehendere ’ergreifen, fassen’ und gr. chanda´no¯ ’ich fasse, umfasse’; vielleicht auch air. ro-geinn ’Platz finden, umschlossen sein’, kymr. genni ’enthalten sein’. Abstraktum: Beginn. Ebenso nndl. beginnen, ne. begin. Für das lateinische Vergleichsmaterial s. ÞRepressalie; Þvergessen. – Seebold (1970), 224f.; EWNl 1 (2003), 248; EWahd 4 (2009), 346–348.

beglaubigen Vsw std. (14. Jh., Form 16. Jh.). Erweite-

rung von älterem beglauben, wohl eine Präfixablei-

beheben

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tung zu Glaube (Þglauben), also ’zum Glauben bringen, im Glauben bestärken’. begleiten Vsw std. (14. Jh.). Wird im 14. Jh. als Ablei-

dings von einem anderen habig ’wohlhabend’ (das von die Habe abgeleitet ist) in der Bedeutung beeinflusst. Durch den Gebrauch hat sich die Bedeutung dann zu ’wohlbeleibt, behaglich’ weiterverschoben. Die unerweiterte Form lebt weiter in schwäb. b’häb ’knapp, geizig’. Abstraktum: Behäbigkeit.

tung be-geleiten ’das Geleit geben’ zu mhd. geleit(e) n. ’Geleite, Begleitung’ gebildet (Þleiten). Das Wort ist im Niederländischen in dieser Form erhalten (begeHeidermanns (1993), 263. leiden), während es im Neuhochdeutschen lautlich vereinfacht wird. In der Bedeutung setzt begeleiten behaftet AdjPP std. stil. phras. (15. Jh.). Nur noch in mit älteres beleiten und geleiten fort. etwas behaftet, älter mhd. behaft, ahd. bihaft, eigentlich Partizip zu ahd. biheften ’binden, fesseln, umbegnügen Vswrefl std. (14. Jh.), mhd. begenüegen. Ist schließen’. abgeleitet von Þgenug mit Ausfall des -e- des zweiten ÞHaft, Þheften. – EWNl 1 (2003), 251. Präfixes. Wortgeschichtlich ersetzt die Form früheres mhd. benüegen und genüegen. behagen Vsw std. stil. (13. Jh., as. 9. Jh.), mhd. behagen, as. bihagon. Aus g. *hag-o¯- Vsw. ’gefallen, passen’, Begonie Sf ’eine in tropischen und subtropischen Geauch in anord. hagar ’es trifft sich, ziemt sich’, ae. bieten beheimatete Pflanze’ per. fach. (17. Jh.). Entgehagian ’sich bequemen, bereit sein’, afr. hagia lehnt aus gleichbedeutend frz. be´gonia m., so benannt ’behagen’. Alle einzelsprachlichen Formen sind spät nach Be´gon, einem Gouverneur von Sto. Domingo und z.T. spärlich bezeugt. Im Deutschen hat sich das und Förderer der Botanik. Wort offenbar vom Niederdeutschen her ausgebreiEbenso nndl. begonia, ne. begonia, nschw. begonia, nisl. tet. Alter a/o¯-Ablaut in der altnordischen Wortfamilie bego´nı´a. (anord. ho´gr ’bequem’) lässt ein Primärverb als Ausbegöschen Vsw ’beschwichtigen’ per. ndd. (20. Jh.). gangspunkt der germanischen Sippe vermuten, zu Umgesetzt aus begösken zu göske ’Gänschen’ (nach dem mhd. behagen ’behaglich’, ahd. kehagin den Zischlauten bei der Beruhigung kleiner Kinder). ’genährt’ das Partizip sein könnte. Eine ältere BedeuÞGössel. tung ’können, vermögen’ zeigt sich in ae. onhagian, begreifen Vst std. (8. Jh.), mhd. begrı¯fen, ahd. bigrı¯fan. das damit eine Brücke bildet zu ai. ´sakno´ti ’kann, verBedeutet zunächst konkret ’ergreifen, umgreifen’, mag’, ig. *k´ak-, wohl auch (mit abweichendem Anebenso mhd. begrif ’Umfang, Bezirk’. Die übertralaut) in lit. ka`kti ’irgendwohin gelangen, genügen, gene Verwendung des Verbs im Sinne von ’versteausreichen’, lit. ka´nkinti ’jmd. etwas zur Genüge liehen’ beginnt bereits in althochdeutscher Zeit (z.T. im fern, hinreichend mit etwas versehen’. Die BedeuAnschluss an l. com-prehendere), später auch die des tungsverhältnisse im einzelnen sind unklar. Das Substantivs im Sinn von ’Vorstellung’. In der AufEWNl schließt an ÞHag an und geht von ’abgeklärung wird Begriff auf ’Allgemeinvorstellung’ (zur schirmt’ aus. Adjektiv behaglich. Übersetzung von ÞIdee) eingeengt. Die Wendung in Ebenso nndl. behagen. – Seebold (1970), 245f.; Heidermanns etwas begriffen sein bedeutet ursprünglich ’ertappt (1993), 264f.; EWNl 1 (2003), 249f. werden bei etwas’; im Anschluss an die verallgemeinerte Verwendung dieses Ausdrucks seit dem 18. Jh. behände Adj erw. stil. (12. Jh.), mhd. behende ’geschickt, flink’. Ist zusammengerückt aus bihende ’bei auch im Begriff sein zu tun ’gerade etwas tun’. Adjekder Hand’. Ähnlich Þabhanden, Þvorhanden und − tive: begreiflich, begrifflich. Die konkrete Bedeutung aus anderer Grundlage − Þzufrieden. Abstraktum noch in inbegriffen. einer nicht mehr üblichen Adjektiv-Modifikation: Ebenso nndl. begrijpen, begrip. – Schwartz, R. L.: Der Begriff Behändigkeit. des Begriffs in der philosophischen Lexikographie (München 1983) (zur Ideengeschichte); HWPh 1 (1970), 780–787; LM 1 (1980), 1808–1810; Röhrich 1 (1991), 166; Vater, H. Sprachreport 16 (2000), 10–13; EWNl 1 (2003), 248f.

begriffsstutzig Adj std. (19. Jh.). Als ’beim Begreifen

stutzen, einen Begriff nicht erfassen’ zu Þstutzen. Beha Sm ÞBüstenhalter. behäbig Adj std. stil. (19. Jh.). Seit spätmittelhochdeut-

EWNl 1 (2003), 250f.

behaupten Vsw std. (14. Jh.). Die heutige Bedeutung

’versichern’ (besonders gegenüber jmd., der das Gesagte nicht glauben will) geht zurück auf eine ältere ’etwas durchsetzen, etwas verteidigen’ (heute noch in der Wendung sich gegen etwas behaupten), vor allem als Ausdruck der Rechtssprache (bezeugt seit dem 14. Jh.). Vermutlich zu ÞHaupt im Sinne von ’Herr’, also ’sich als Herr (über etwas) erweisen’. Abstraktum: Behauptung.

scher Zeit gibt es zu gehaben, behaben (8. Jh., Þhaben, Þheben) im Sinne von ’festhalten, zusammenhalten’ ja-stämmige Adjektive gehebe, behebe ’zusammenHWPh 1 (1970), 816. haltend, dicht schließend (von Gefäßen), geizig’. beheben Vst ’beseitigen’ std. (9. Jh., Bedeutung 20. Jh.). Diese Adjektive werden häufig mit -ig erweitert, und Regional auch in anderen Bedeutungen (’behalten, mit dieser Form kommt behäbig in der Zeit der Klasbehaupten’ usw.) und von älterem behaben schwer zu sik (Goethe) in die Hochsprache, wird dabei aller-

behelligen trennen. Mit verstärkendem Präfix Þbe- zu Þheben (vgl. aufheben). behelligen Vsw std. stil. (16. Jh.). Die heutige Bedeu-

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extremen Betonungsunterschieden nicht ausgeschlossen ist). Eine Herkunft der Bedeutung ’nahe’ aus einer anderen Bildung (ig. *api?) ist nicht ausgeschlossen.

tung ’belästigen’ geht zurück auf älteres ’plagen’. In Ebenso nndl. bij, ne. by; ÞBeicht(e), ÞBiwak, Þbleiben. – Wortdieser Bedeutung ist das Wort (wie das einfache bildung 1 (1973), 191f.; Hamp, E. P. in Lehmann, W. P., Hewitt, helligen) aus dem Adjektiv hellig ’müde, matt’ abgeJ. H. (Hrsg.): Language Typology (Amsterdam/Philadelphia leitet (also eigentlich ’ermatten, ermüden’, trans.). 1991), 105–110; Kiesewetter, J. BEDS 10 (1991), 133–175; GrieDas nur regional seit spätmittelhochdeutscher Zeit pentrog, W. HS 104 (1991), 12230; EWNl 1 (2003), 307f.; EWahd auftretende Adjektiv ist seinerseits eine Erweiterung 2 (1998), 1–3. aus dem ebenfalls beschränkt verbreiteten hahl, hähl, Beicht(e) Sf erw. fach. (8. Jh.), mhd. bı¯hte, ahd. bı¯jiht, hel(l) ’trocken, mager, dürr’, mndl. hael; Relikte dieses bı¯giht, as. bigihto m. Verbalabstraktum zu ahd. bijeAdjektivs auch in anderen germanischen Sprachen, han, as. (bi)gehan ’bekennen’ zu g. *jeh-a- Vst. vor allem in anord. hall¢ri ’Missernte, Hungersnot’ ’sprechen, versichern’. Als solches eine Bau-Ent(zu anord. a´r ’Jahr’) und ae. (selten) hell-heort sprechung, möglicherweise sogar Lehnübersetzung ’verzagt’ (’schwachherzig’). Zu erschließen ist etwa g. zu l. co¯nfessio gleicher Bedeutung neben l. co¯nfite¯rı¯ *halli- Adj. ’dürr, vertrocknet’ (aus voreinzelsprachl. ’bekennen’; dieses nach gr. exomologe´o¯ ’bekennen’ (in *kolz-i-?); vergleichbar ist lett. ka`lst ’vertrocknen’ und Bezug auf das öffentliche Sündenbekenntnis). Der mit s mobile im Anlaut gr. ske´llomai ’ich vertrockne, Ansatz einer älteren Bedeutung ’Aussage vor Gericht’ verdorre’, nebst gr. skeleto´s ’Mumie, Skelett’. (was eine Lehnübersetzung ausschließen würde) ist ÞHallig, Þschal, ÞSkelett. – Heidermanns (1993), 275; Grazi, nicht ausreichend zu sichern. Das Grundwort noch V. FS Carlo Alberto Mastrelli (Pisa 1985), 201–210. in l. iocus ’Scherz’, und vielleicht in ai. ya¯cati ’fragt, Behörde Sf std. (17. Jh.). Gebildet aus ndd. behören im bittet’. Verb: beichten; Täterbezeichnung: Beichtiger Sinne von ’zu etwas gehören’ und damit eher nieder(veraltet), Beichtvater. deutschem Wortgebrauch entsprechend. Die urEbenso nndl. biecht; Þgenieren. – Sommer, F. WS 7 (1921), sprüngliche Bedeutung noch in ÞZubehör. Die heu102–106; Siegert (1950), 39; Seebold (1970), 286f.; EWNl 1 tige Bedeutung ’Amtsstelle’ ersetzt früheres behörigen (2003), 304; EWahd 1 (1998), 32. Orts und meint demnach die ’zugehörige Amtsstelle’. beide AdjNum std. (8. Jh.), mhd. beide, be¯de, ahd. beide, Þhören, Þgehören. be¯de, as. be¯d,Ñ be¯deÑ a. Geht zurück auf eine Wortgruppe Behuf Sm In der Wendung zu diesem Behuf ’zu diesem aus einem kollektiven Zahlwort, das in gt. bai, *bos, Zweck’ und in der erstarrten Genetiv-Form behufs ba bezeugt ist, und dem bestimmten Artikel (bzw. ’zwecks’. erw. obs. phras. (13. Jh.), mhd. behuof, demonstrativen Pronomen), z.B. in gt. baþoskipa mndd. beho¯f . In der alten Sprache nicht bezeugt, ’beide (die) Schiffe’. Das Altnordische hat im Genetiv wohl aber in ae. beho¯f, afr. beho¯f n. ’Zweck, Nutzen’ noch die einfachen Formen, sonst (NPl. ba´diÑ r) For(vgl. anord. ho´f n. ’Maß, Art und Weise’). Das hierfür men, die aus der Zusammenrückung stammen; das vorauszusetzende präfigierte Verb Þbeheben ist weAltenglische hat einfache Formen, die stark an das sentlich schlechter und nicht in passenden Bedeutunparallele Zahlwort für ’zwei’ angeglichen sind (besongen belegt. Auch ist die Dehnstufe bei diesem Bilders deutlich im NPl. be¯gen zu twe¯gen ’zwei’), ne. dungstyp unüblich. Die Einzelheiten der Bildung both, me. bothe ist aus dem Altnordischen entlehnt. bleiben deshalb unklar. Das Altfriesische (bethe) hat wie das Altsächsische Ebenso nndl. behoeve, ne. behoof; Þheben. – Heidermanns und Althochdeutsche nur noch die zusammenge(1993), 287f.; EWNl 1 (2003), 251. rückten (und danach vereinfachten) Formen. Die Lautung -e¯- im Althochdeutschen stammt vom Zahlbehum(p)sen Vsw ’hereinlegen’ per. omd. (20. Jh.). Zu wort für ’zwei’ (zwe¯ne). Zugrunde liegt diesem kolmundartlichem hum(p)sen ’stehlen’, das wohl zu lektiven Zahlwort eine Formation, die aus ig. *-b h- + Þhumpeln usw. gehört, vgl. hümpler ’Stümper, PfuEndung (teilweise erkennbaren Dualendungen) bescher’ (16. Jh.). steht, wobei aber außerhalb des Germanischen Laubei Adv/Präp std. (8. Jh.), mhd. bı¯, ahd. bı¯, as. bı¯. Aus g. tungen vorangehen, die untereinander nicht verein*bi (mit Möglichkeit der Dehnung), auch in gt. bi, ae. bar sind: Auf (ig.) *amb ho¯ weisen gr. a´mpho¯ und l. bı¯, afr. bı¯. Als Verbalpräfix regelmäßig unbetont und ambo ¯; auf a/o/¡– weisen lit. abu` und akslav. oba; das später abgeschwächt (gt. bi-, anord. in Relikten b-, ae. Altindische hat ubha´u, dessen lautliche Deutung be-, afr. as. bi-, ahd. bi-). Die Bedeutung ist ’nahe, höchst umstritten ist. Möglicherweise war das Wort bei’, im Gotischen ’um − herum’. Letzteres erlaubt eine Anknüpfung an ig. *amb hi, *mb hi ’um − herum, ursprünglich enklitisch und hat dabei die erste Silbe verschiedenen Auslauten vorangehender Wörter anauf beiden Seiten’ (Þum, Þambi-),˙ wobei angenomgepasst. men werden muss, dass im Germanischen die erste ˘

˘

Silbe abfallen konnte (was bei einem Wort mit so

Ebenso nndl. beide, ne. both (entlehnt), nschw. ba˚da, nisl. ba´diÑ r; Þob 1, Þum. – Jasanoff, J. H. BSL 71 (1976), 123–131;

Bein

105 Bader, F. Verbum 2 (1979), 150; EWahd 1 (1988), 513–515; Ross/ Berns (1992), 571–575; EWNl 1 (2003), 252.

Beiderwand Smfn ’auf beiden Seiten gleich aussehen-

beige Adj ’sandfarben’ erw. fremd. (19. Jh.). Entlehnt

aus frz. beige ’sandfarben; (bei Wolle:) ungefärbt, roh’.

Ebenso nndl. beige, ne. beige, nschw. beige, nnorw. beige. Das des Gewebe aus Leinen und Wolle’ per. fach. (15. Jh.). französische Wort bezeichnet ursprünglich gemischte Farben Zu mhd. want n. ’Seite’, besonders ’Tuchseite’ (vgl. oder gemischte Gewebe (Wolle und Baumwolle); deshalb verdie Umdeutungen bei ÞGewand und ÞLeinwand). mutlich aus l. bijugus, bı¯gus ’zusammengespannt, doppelt’. – Die Bezeichnung besagt also ’das Beidseitige’ (vgl. DEO (1982), 96; EWNl 1 (2003), 253. mhd. beiderwentliche ’gleichbedeutend’); also zu Beige Sf ’Stapel’ per. obd. (9. Jh.), mhd. bı¯ge, ahd. bı¯ga f. Þwenden. (auch bı¯go m.) ’Stapel, Haufen (von Holz, Garben Stosch, J. ZDW 11 (1909), 1–4; Meisinger, O. ZDW 11 (1909), usw.)’. Hierzu spmhd. bı¯gen, nhd. (obd.) beigen 307. ’aufstapeln’. Herkunft unklar. Vielleicht wie gr. phibeiern Vsw ’mit dem Klöppel an die Glocke schlatro´s ’Klotz, Holzscheit’ eine Ableitung zu der Wurzel gen’ per. wmd. (16. Jh., Standard 18. Jh.). Übernomig. (eur.) *b hei¡- ’schlagen, hauen’ (ÞBeil), also ’das men aus mndl. beieren gleicher Bedeutung, älter beiaGespaltene’ oder ’Gefällte’, wozu das germanische erden. Wort ein Kollektivum sein müsste.

Ebenso nndl. beieren. Neben dem Verb mndl. beiaert ’GloKaspers, W. ZDA 82 (1948/50), 303; Rooth, E. AASF B 84 ckenspiel’. Zugrunde liegt wohl afrz. baier ’anschlagen (von (1954), 45 Anm.; EWahd 2 (1998), 29–31. den Hunden), läuten (von Glocken)’. Der auslautende Dental Beil Sn std. (9. Jh., witubil 8. Jh.), mhd. bı¯l(e), bı¯hel, muss nicht unbedingt auf einem Suffix beruhen, sondern könnte auch zugewachsen sein. – Kern, J. H. ZDW 14 (1912), ahd. bı¯hal, mndd. bı¯l, byl. Ein nur deutsches und nie214–217; Gailliard, E. VM 2 (1913), 300–308 und 688f.; derländisches Wort, das von einem gleichbedeutenBursch, H. Semantische Hefte 4 (1981), 110–116; Bursch, H. den keltischen Wort kaum zu trennen ist: air. bı´ail, Bonner Geschichtsblätter 37 (1985/88), 305–356; EWNl 1 (2003), bia´il m., kymr. bwyall, bw(y)ell ’Axt’. Die keltischen 252f. h

Beifall Sm std. (15. Jh.). Zunächst überwiegend im Nor-

den bezeugt für ’Unterstützung, Hilfe’ vor allem vor Gericht und in politischen Auseinandersetzungen. Das Wort gehört zu fallen im Sinn von ’jmd. zufallen’; mit entsprechender Bedeutung wird zunächst auch ÞZufall benutzt (heute nicht mehr üblich), in entgegengesetzter Bedeutung Abfall (von jemandem). Das entsprechende Verb beifallen ist selten bezeugt und heute nicht mehr üblich. Beifall wird in jüngerer Zeit allgemein als Ersatzwort für Applaus (Þapplaudieren) verwendet. In entsprechender Bedeutung das Adjektiv beifällig. HWPh 1 (1970), 818; EWNl 1 (2003), 312.

Beifuß Sm ’Artemisia vulgaris’ erw. fach. (8. Jh., Form

13. Jh.), mhd. bı¯bo¯z, fnhd. peipus (und ähnliches in einigen Mundartformen), ahd. pı¯po¯z, mndd. bibot. Lautlich könnte dies eine Zusammensetzung aus Þbei und der auch in ÞAmboss enthaltenen Ableitung zu g. *baut-a- ’schlagen’ sein, doch bleibt das Benennungsmotiv und damit auch die Verknüpfung unklar. Das Wort ist im Westfälischen des 13. Jhs. umgedeutet worden zu bı¯vo¯t ’Bei-Fuß’, sehr wahrscheinlich in Anlehnung an den antiken Glauben, dass angebundener Beifuß vor Müdigkeit auf der Reise schütze (Plinius Nat. hist. 26, 150, sekundär wohl aufgefasst als ’ans Bein gebunden’). Danach mndl. bivoet, mndd. ndd. bifot und seit dem 14. Jh. auch fnhd. bivuoz, nhd. Beifuß. Ebenso nndl. bijvoet. – Karg-Gasterstädt, E. BGDSL 62 (1938), 55–59; Marzell 1 (1943), 434f.; LM 1 (1980), 1820; Dahlberg, T. NM 22 (1966), 105–114 (für die Etymologie ist vielleicht mhd. wurpo¯z ’Wurzelwerk’ wichtig); Sauerhoff (2001), 86f.; EWNl 1 (2003), 312f.; EWahd 2 (1998), 15–17.

Wörter führen auf (ig.) *b ijalis f. zurück, die germanischen auf (ig.) *b h¯ıklo- n.; vielleicht ist aber unter Ansatz eines *bij¡-tlo- zu vermitteln, obwohl die Lautentwicklung auf beiden Seiten nicht völlig klar ist. Falls dieser Ansatz zutrifft, handelt es sich um eine Instrumentalbildung zu der Verbalwurzel *b hei¡- ’schlagen, spalten, schneiden’ in l. (Glosse) perfines. perfringas, air. benaid ’schlägt, schlägt ab, erschlägt usw.’, akslav. biti ’schlagen, stoßen’, zu der unser Verb beißen eine Erweiterung bildet. Eine Entlehnung aus einer dritten Sprache ist aber nicht ausgeschlossen. Ebenso nndl. bijl. – Karstien, C. ZVS 65 (1938), 154–161; Mohr, W. ZVS 65 (1938), 161f.; Pisani, V. ZVS 67 (1942), 226f.; Blaisdell, F. W., Shetter, W. Z. BGDSL-T 80 (1958), 404–412; Götz, H. BGDSL-H 81 (1959), 188–191; Foerste, W. FS Trier (1964), 115f.; RGA 2 (1976), 154–162; Weber-Keller (1990), 32–35; Röhrich 1 (1991), 166; EWNl 1 (2003), 309; EWahd 2 (1998), 35–38.

beiläufig Adj ’nebenbei’, auch ’unwichtig’ (österr.) std.

stil. (16. Jh.). Aus Þbei und Þlaufen als ’nebenherlaufend, im Vorübergehen’. beilegen Vsw ’schlichten’ std. (8. Jh.), mhd. bı¯legen,

ahd. bileggen. Die Bedeutung geht aus von ’zudecken, auf etwas darauflegen’. beileibe Adv erw. stil. (16. Jh.). Die Beteuerung geht aus

von ÞLeib in der Bedeutung ’Leben’, also etwa ’bei meinem Leben’. Beilke Sf ÞBillard. Bein Sn std. (8. Jh.), mhd. bein, ahd. bein, as. be¯n. Aus g.

*baina- n. ’Knochen’, auch in anord. bein, ae. ba¯n, afr. be¯n; im Gotischen ist ein Wort mit dieser Bedeutung nicht belegt. Germanischer Ersatz für das alte indo-

beinahe

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Ebenso nndl. bajes ’Gefängnis’. – Tatzreiter, H. Studia Negermanische Wort für ’Knochen’, das in gr. oste´on, l. erlandica. Hrsg. St. Predota (Breslau 1992), 469–476; EWNl 1 os u.a. vorliegt. Es wurde wohl aufgegeben wegen der (2003), 201. Homonymie zwischen g. *asta- ’Ast’ und dem im Beispiel Sn std. (12. Jh., Form 15. Jh.), mhd. bı¯spel, Germanischen zu erwartenden **asta- ’Knochen’. Die Herkunft des neuen Worts ist unklar. Man kann andfrk. bı¯spil ’Gleichnis, Redensart’. Ebenso ae. bies auf anord. beinn Adj. ’gerade’ zurückführen, in der spell, eigentlich ’das dazu Erzählte’, zusammengesetzt Annahme, dass ursprünglich die geraden Röhrenaus bei und g. *spella- n. ’überlieferte Geschichte, Mythos’ in gt. spill, anord. spjall (meist Pl.), ae. spell, knochen gemeint waren, doch ist dieses Adjektiv nur as. spel, ahd. spel, das sich bei gleicher Lautform nordgermanisch und seinerseits nicht anschließbar. (*spel-) nur mit arm. ar¯a-spel ’Sage, Sprichwort’ verOder g. *baina- (ig. *b h¡i-no-) ’abgeschlagen’ (in Bezug auf Schlachttiere) oder als ’Astknorren’? Oder gleicht; weiter vielleicht mit s mobile zu den unter (ig.) *b hoj¡-n- und verwandt mit l. fı¯nis ’Ende, Gren- Þbefehlen aufgeführten Verwandten von l. appella¯re. Der Vokalismus ist seit spätmittelhochdeutscher Zeit ze’? Die heute vorherrschende Bedeutung ’untere Exsekundär an ÞSpiel angeglichen worden (vgl. tremität’ ist erst im Deutschen entwickelt worden. ÞKirchspiel). Die heutige Bedeutung ’Beispiel, MusAdjektive: beinern, beinig; Kollektiv: Gebein. Ebenso nndl. been, ne. bone, nschw. ben, nisl. bein. – Silfwerter, Vorbild’ beruht auf einer Lehnbedeutung von l. brand (1958), 116–186 (entlehnt aus einem keltischen Wort für exemplum, das u.a. ’Gleichnis’ und ’Vorbild, Muster’ ’Horn, [Elfen-]Bein’); Markey, Th. L. NOWELE 2 (1983), bedeutet. Adjektive: beispielhaft, beispiellos.

93–107; Hamp, E. P. NOWELE 6 (1985), 67–70; EWahd 1 (1988), Þappellieren, ÞGospel. – Schröder, E. ZDA 37 (1893), 241–268; 515f.; Bammesberger, A. HS 103 (1990), 264–268; Röhrich 1 HWPh 1 (1970), 818–823; Röhrich 1 (1991), 169f. (1991), 167–169; Heidermanns (1993), 113; Hinderling, R. FS Goossens (1996), 559–566; Lewickij, V. HS 116 (2003), 103f.; beißen Vst std. (8. Jh.), mhd. bı¯zen, ahd. bı¯z(z)an, as. EWNl 1 (2003), 244f. bı¯tan. Aus g. *beit-a- Vst. ’beißen’, auch in gt. beitan,

beinahe Adv std. (16. Jh.), mhd. bı¯ na¯ch, ahd. bı¯ na¯h.

Kombination von zwei Elementen, die für sich alleine ebenfalls ’beinahe, fast’ bedeuten können (bei viertausend bei Luther, ein Vergleich ward nahe zustande gebracht bei Goethe). Häufig wird die Verbindung erst in frühneuhochdeutscher Zeit, wobei sie vielfach auf dem zweiten Bestandteil betont wurde. Die Getrennt-Schreibungen hören im 18. Jh. auf. Ebenso nndl. bijna; Þbei, Þnah(e). – EWNl 1 (2003), 310.

Beinheil Sn ÞBeinwell. Beinwell Sm ’Symphytum officinale’ per. fach. (12. Jh.),

anord. bı´ta, ae. bı¯tan, afr. bı¯ta; dieses aus ig. *b heid’spalten, trennen’, auch in ai. bhina´tti ’zerstört, erschlägt’, gr. pheı´domai ’ich schone (ich lasse ab von)’ (semantisch abliegend), l. findere ’spalten, trennen’. Für die unerweiterte Wurzel ig. *b hei¡- sind die zugehörigen Formen unter ÞBeil aufgeführt. Abstraktum: Biss; Kollektiv: Gebiss; Adjektiv: bissig; Konkretum: Bissen. Ebenso nndl. bijten, ne. bite, nschw. bita, nisl. bı´ta; ÞBein, Þbeizen, Þbisschen, Þbitter, Þbitzeln, ÞImbiss. – Seebold (1970), 96–99; Röhrich 1 (1991), 170; EWNl 1 (2003), 312; EWahd 2 (1998), 143–145.

mhd. beinwelle, ahd. beinwella, beinwalla (Ablaut Beißker Sm ÞPeitzker. oder Umlauthinderung?), mndd. benwell. Der PflanBeiswind Sm ÞBise. ze wird heilende Kraft bei Knochenbrüchen zugeschrieben, vgl. die gleichbedeutenden gr. sy´mphyton Beitel (meist Stechbeitel, auch -beutel) Sm ’Holzmeißel, Stemmeisen’ per. fach. (18. Jh.). Das Wort geht n., eigentlich ’Zusammenwachsen’, l. co¯nsolida f. eimit einiger Sicherheit auf die Wurzel *b hei¡- ’schlagentlich ’Befestigung, Verdickung’, nhd. Beinheil. Der gen, spalten, schneiden’ (ÞBeil) zurück und könnte zweite Bestandteil gehört zu älterem wellen, obd. walzu dieser eine instrumentale tlo-Bildung (g. *bı¯-dla-) len (auch über-) ’zusammenwachsen (von Rinde, sein; die Lautentwicklung solcher dl-Bildungen ist Knochenbrüchen usw.)’. Das Wort wird in der alten aber unklar. Das semantisch entsprechende mhd. beiMedizin von vielen Körpervorgängen gebraucht ßel ’Stichel, Meißel’ ist wohl aus der erweiterten Ver(etwa im Sinn von ’in Bewegung sein’), so dass es balwurzel gebildet (Þbeißen). Die Unsicherheit in der wohl aus Þwallen 1 mit nicht völlig klarer BedeutungsAuffassung als Beitel oder ÞBeutel dürfte darauf hinentwicklung entstanden ist. Dasselbe Element im weisen, dass noch ein anderes Wort eingewirkt hat, Vorderglied s. unter ÞWallwurz. nämlich ndd. bötel (u.ä.), das aber nicht das gleiche DWB XIII, 1280; Marzell 4 (1979), 536–544; EWahd 1 (1988), bedeutet: ein bötel ist ein Schlagwerkzeug. Das nie520f.; LM 1 (1980), 1823. derdeutsche Wort entspricht einem wg. *bautila- m. Beisasse (auch Beisass) Sm ’Stadtbewohner ohne ’Schlegel’ zu g. *baut-a- ’schlagen’ (ÞAmboss), vgl. ae. Grundbesitz (im Mittelalter)’ per. fach. (14. Jh.). Zur by¯tla ’Hammer’, ahd. steinbo¯zil ’Steinklopfer’, mhd. Bildung und zum zweiten Element vgl. ÞInsasse. bo¯zel ’Prügel’ (s. auch ÞBeutheie). Die WortgeschichLM 1 (1980), 1824f. te bleibt im einzelnen unklar. Beisel Sn ’Kneipe’ per. österr. (20. Jh.). Wie ÞBeiz(e) EWNl 1 (2003), 253. entlehnt aus rotw. und wjidd. bajis ’Haus’; dieses aus hebr. bajit ’Haus’. ¯

Belche

107 Beitscher, Beitzker Sm ÞPeitzker. Beiz(e) Sf ’Kneipe’ erw. wobd. (15. Jh., Standard

20. Jh.). Wie ÞBeisel entlehnt aus rotw. und wjidd. bajis ’Haus’; dieses aus hebr. bajit ’Haus’. Das Wort ist ¯ deutschen Hausiemit der Bedeutung ’Haus’ in allen rersprachen üblich; ’Wirtshaus’ nur im Südwesten. EWNl 1 (2003), 101.

beizen Vsw std. (10. Jh.). Die Bedeutungen der Wörter,

deutungen ’steigen, klimmen’ und ’klemmen’, die zweite Bedeutung wird nachträglich auf die schwach flektierende Ableitung Þklemmen konzentriert; das starke Verb wird auf die erste festgelegt; beklommen ist ein Relikt der allgemeineren Bedeutung des starken Verbs (mit Übertragung von der körperlichen Enge auf die seelische Beengung). Abstrakta: Beklemmung, Beklommenheit.

die dieser Lautform entsprechen können, fallen weit bekloppt Adj ’töricht’ std. vulg. (20. Jh.). Niederdeutsches Partizip ’(längere Zeit) beklopft’, zu der Entauseinander. Hier werden nur diejenigen berücksichsprechung von (be)klopfen (Þklopfen). tigt, die für das Neuhochdeutsche vorauszusetzen Röhrich 1 (1991), 171. sind, nämlich 1) ’mit Beize behandeln’, auch intr. ’ätzen’, mhd. beizen, abgeleitet von Beize, mhd. beize, bekommen Vst std. (8. Jh.), mhd. bekomen, ahd. biqueahd. beiza ’Beize, Lauge, Alaun’, eigentlich ’die Beiman. Präfigierung des starken Verbs kommen mit breit gefächerter Bedeutung, zu der im Althochdeutßende’, vgl. ahd. beiz(i)stein ’Alaun’; 2) ’mit Greifschen auch ’zu etwas kommen, zuteil werden’ gehört. vögeln jagen’, früher auch ’mit Hunden jagen’, ahd. beizen, mhd. beizen; wegen der Konstruktion (man Hieraus die Bedeutung ’erhalten’, die heute vorbeizt nicht den Falken, sondern man beizt mit dem herrscht. Auf eine andere Bedeutungsschattierung Falken das Wild) wohl kein Kausativum (’beißen geht etwas bekommt mir ’etwas ist mir zuträglich’ zumachen’), sondern ein Faktitivum zu einer Vorstufe rück, wozu in neuerer Zeit das Adjektiv bekömmlich von mhd. beize ’Beizjagd’. Beides zu Þbeißen. gebildet wurde. Segelcke (1969), 237–240 (zu 2); Reuter (1906), 5–10; RGA 2 (1976), 163–173; EWahd 1 (1988), 524–526; LM 1 (1980), 1825–1829 (zur Beizjagd); EWNl 1 (2003), 254.

bekannt AdjPP std. (13. Jh.). Ursprünglich Partizip zu

Þbekennen ’(er)kennen’; dann kann das Partizip zusammen mit werden und sein das Verb ersetzen; kausativ bekannt machen. Heute haben sich finites Verb und Partizip semantisch voneinander getrennt. Hierher als Weiterbildung bekanntlich, das sich aus der Kanzleisprache verbreitet hat. Substantivierung: Bekannter; wozu das Abstraktum (das auch als Konkretum gebraucht wird) Bekanntschaft. Þkennen, Þbekennen. – Leumann, M. IF 45 (1927), 111f.; Erben, J. FS Besch (1993), 111–121; EWNl 1 (2003), 255.

bekehren Vsw std. stil. (8. Jh.), mhd. beke¯ren, ahd. bi-

ke¯ren. Lehnübersetzung von l. convertere ’umdrehen, bekehren’. Heute auf religiöse Zusammenhänge beschränkt. Abstraktum: Bekehrung. HWPh 1 (1970), 825f.; LM 1 (1980), 1830f.

bekennen Vsw std. (8. Jh.), mhd. bekennen, ahd. biken-

Ebenso nndl. bekomen; Þbequem.

belämmert AdjPP Þbelemmern. belangen Vsw std. (11. Jh.), mhd. b(e)langen, ahd. be-

lange¯n. Präfixbildung zu lange¯n (Þlangen). Im Althochdeutschen bedeuten beide Verben (ausgehend von ’ausstrecken, ergreifen’) ’verlangen, sich sehnen’ (mit Akkusativ der Person und Genetiv der Sache); dieser Gebrauch ist noch in obd. (vor allem schwz.) blangen (ich blange ’ich sehne mich’) erhalten. Erst mittelhochdeutsch bezeugt ist die vom gleichen Ausgangspunkt ausgehende Bedeutung ’sich erstrecken, ausreichen, betreffen’, wofür heute meist anbelangen steht; vergleichbar sind nndl. aanbelangen und ne. belong ’gehören zu’. Ferner gehört hierzu die Rückbildung nhd. Belang ’Wichtigkeit, Interesse’, die im 18. Jh. aus der Kanzleisprache übernommen wurde. Hierzu auch das Adjektiv belanglos. Erst frühneuhochdeutsch ist beim transitiven Verb die Bedeutung ’jmd. um etwas angehen, jmd. vor Gericht ziehen’. Sie geht auf die konkrete Bedeutung ’ergreifen’ zurück.

EWNl 1 (2003), 259. nen. Bedeutet ursprünglich ’(er)kennen’ (Þbekannt), hat aber in der Rechtssprache die Funktion von Belche Sf ’Blesshuhn’ per. obd. (11. Jh.), mhd. belche, ’bekannt machen’ übernommen (es ist also semanahd. belihha. Ein nur deutsches Wort, das aber sehr alt tisch vom Partizip abhängig). Der Ausdruck wird sein muss, da es sich mit l. fulica (auch fulix) unter früh auch in der Kirchensprache verwendet und erAnsatz eines (ig.) *b holik(a) fast genau vergleichen hält durch die Mystiker seine besondere Prägung. lässt (g. -k-, ahd. -hh- setzt eigentlich ig. -g- voraus). Nomen Agentis: Bekenner; Abstraktum: Bekenntnis. Morphologisch stärker abweichend, aber gleichbeÞkennen, Þbekannt. – HWPh 1 (1970), 826–828. deutend, ist gr. phale¯rı´s. Zugrunde liegt eine Bezeichnung für Tiere mit weißem Fleck auf der Stirn oder beklommen AdjPP std. (15. Jh., Form 18. Jh.). Partizip dem Kopf (wie etwa bei nhd. ÞBlesse); vgl. etwa noch zu einem nicht mehr gebräuchlichen starken Verb alb. bale¨ ’Tier (meistens Schaf oder Ziege) mit weimhd. beklimmen ’beklemmen, umklammern’, zußem Fleck auf der Stirn’, lit. ba˜las, gr. phalo´s ’weißnächst als beklummen, dann Verschiebung des Vokals fleckig’, mit ¯e-Vokalismus akslav. beˇlu˘ ’weiß’. entsprechend den Partizipien dieser Ablautreihe. Das starke Verb Þklimmen hatte nebeneinander die Be-

belegen Þblass, ÞBlesse. – Springer, O. FS Hönigswald (1987), 375–383; EWahd 1 (1988), 431–434, 530f.; Zinko, M. FS Pohl (2002), 891–904.

belegen Vsw std. (8. Jh.). Zunächst ’auf etwas legen’,

dann übertragen, etwa mit einem Eid belegen ’beschwören’ und schließlich im heute vorwiegenden Sinn ’beweisen’ mit Beleg m., wobei vielleicht Þbeilegen und Beilage (d.h. Beifügung von Beweismitteln) die Bedeutung mitbestimmt haben. Þlegen, ÞBelegschaft.

Belegschaft Sf std. (19. Jh.). Zu Þbelegen im speziellen

Sinn von ’(ein Bergwerk) mit Bergleuten versehen’. Die Belegschaft ist demgemäß zunächst ’die Gesamtheit der Bergarbeiter in einem Bergwerk’, dann verallgemeinert auf beliebige Betriebe. beleidigen Vsw std. (14. Jh.), mhd. beleidegen, Verstär-

kung zu mhd. leidegen, leidigen, ahd. -leidı¯go¯n, leidego¯n, leidogo¯n ’verletzen, betrüben’ zu leideg, leidig ’verletzt, betrübt’, also eigentlich ’ein Leid antun’. Über das Adjektiv Þleidig zu ÞLeid. LM 1 (1980), 1837f.; EWNl 1 (2003), 260.

belemmern Vsw ’belästigen’, besonders belemmert

108 bellen Vsw std. (9. Jh.), mhd. bellen Vst., ahd. bellan

(nur Präsensbelege). In erster Linie vom Bellen des Hundes gesagt, andere Gebrauchsweisen lassen sich als übertragene Verwendungen auffassen. Das lautlich vergleichbare ae. bellan (ebenfalls nur Präsensbelege) bedeutet allgemein ’brüllen’ (vom Löwen, Eber usw.), und mit dieser allgemeineren Bedeutung sind auch nordgermanische Wörter mit einfachem l vergleichbar (anord. beli ’das Brüllen’, belja ’brüllen’). Schallwörter mit einer Grundlage (ig.) *b hel/b hle¯ sind häufiger (vgl. etwa l. fle¯re ’weinen’ und mhd. bl¢jen ’blöken’), bellen kann in diesen Umkreis gehören. Es ist aber nicht völlig auszuschließen, dass es zu einem anderen bellan ’treffen, prallen, stoßen’ gehört, das hauptsächlich in ahd. widarbellan ’zurückspringen’ bezeugt ist (vgl. etwa anschlagen vom Hund, oder ausstoßen von einem Schrei u.ä.; hierzu afrz. baier ’anschlagen vom Hund, läuten von den Glocken’ unter Þbeiern). Kollektives Abstraktum: Gebell. S. auch Þbelfern, Þblaffen, Þbölken. – Glombik-Hujer, H. DWEB 5 (1968), 167–171; Seebold (1970), 101f.; EWahd 1 (1988), 533–535; EWNl 1 (2003), 399 f. (bulken).

Belletrist Sm ’Autor unterhaltender Literatur’ per. fach.

AdjPP ’betreten’, ’scheußlich’ (von Sachen) per. ndd. (17. Jh.). Aus dem Niederdeutschen verbreitetes Frequentativum (mndd. belemmeren) zu belemen ’lähmen’ (Þlahm). Vor allem das Partizip wird häufig an Lamm angeschlossen, deshalb auch die Schreibung belämmert und die erkennbare Bedeutungsverschiebung dieser Form.

(18. Jh.). Gebildet zu frz. belles lettres Pl. ’schöne Literatur’, älter ’schöne Wissenschaften’; frz. belle ’schön’ aus l. bellus und frz. lettre ’Buchstabe, Schrift; Literatur’ aus l. littera f. Die ’schönen Wissenschaften’ waren Grammatik, Rhetorik und Poesie; Belletrist(ik) bezieht sich jedoch nur auf unterhaltende (’schöngeistige’) Literatur.

Ebenso nndl. belemmeren ’behindern’. – EWNl 1 (2003), 260.

Ebenso nndl. bellettrist, ne. belletrist, nschw. belletrist; ÞLetter. – DF 3 (21997), 237–243; Brunt (1983), 153; Strauss u.a. (1989), 583–585; EWNl 1 (2003), 262.

belfern Vsw erw. stil. (16. Jh.). Ausdruck für ein beson-

deres Bellen, das nach Region verschieden ist belzen Vsw Þpelzen. (’winselnd’, ’rau, misstönig’ u.ä.), obd. belfzen; sonst bemänteln Vsw erw. stil. (16. Jh.). Eigentlich ’mit dem auch belfen und (lautlich weiter abliegend) bäffen. Mantel der christlichen Nächstenliebe zudecken’ Wohl lautmalende Ausdrücke in Anlehnung an (kirchen-l. pallio Chrı¯stia¯nae dı¯le¯ctio¯nis tegere), in den Þbellen. Streitschriften der Reformationszeit abgewertet zu belieben Vsw erw. stil. (15. Jh.), mndd. bele¯ven, mndl. ’beschönigen’. believen. Präfigierung zu lieben (so noch erkennbar in Ebenso nschw. bemantla; ÞDeckmantel. beliebt, unbeliebt, Beliebtheit), dann WeiterentwickBembel Sm ’Glockenschwengel’, übertragen ’Krug für lung der Bedeutung zu ’gutheißen, beschließen, geApfelwein’ per. wmd. (19. Jh.). In der eigentlichen Beruhen’ u.ä. Hierzu Belieben und beliebig. deutung zu regionalem bampeln ’baumeln’ EWNl 1 (2003), 261f. (Þbaumeln); die Bedeutungsübertragung nach der Belladonna Sf ’Tollkirsche, aus der Tollkirsche gewonForm des Krugs. nene Arznei’ per. fach. (19. Jh.). Entlehnt aus it. belS. auch ÞPummel. ladonna (eigentlich ’schöne Frau’), einer Sekundärmotivation zu ml. bladona, blandonia ’Königskerze, Bemme Sf ’Butterbrot’ per. omd. ndd. (16. Jh.). Vermutlich entlehnt aus sorb. pomazka ’Butterschnitte’ Nachtschatten’, das wohl gallischen Ursprungs ist. (zu sorb. pomazac´ ’beschmieren’ aus po ’auf’ und der Semantische Basis der Nachdeutung ist die VerarbeiEntsprechung zu akslav. mazati ’schmieren’). Das tung der Tollkirsche in Schönheitsmitteln (vor allem Wort wird zunächst zu Bemmchen umgeformt und solche, die eine Vergrößerung der Pupillen bewirkdann dazu eine Normalform Bemme, -pomme, ten). -bamme u.ä. gebildet. Ebenso nndl. belladonna, ne. belladonna, nfrz. belladonne, nschw. belladonna, nnorw. belladonna. Zur Verwandtschaft von it. donna s. ÞDame 1. – Marzell 1 (1943), 516–523.

Panzer, F. FS Kluge (1926), 99–108; von Polenz, P. DWEB 2 (1963), 275–279; Bielfeldt (1965), 44; Eichler (1965), 23–27 (gegen eine Entlehnung [eher zu omd. bammen, bampen ’essen’]); Eichler, E., Weber, H. ZS 11 (1966), 231–237.

beordern

109 bemoost AdjPP erw. grupp. (17. Jh.). Baumstämme und Benne Sf ’Wagenkasten, Schubkarren’ per. schwz.

Steine, die lange an der selben Stelle bleiben, setzen Moos an; deshalb sagt man auch von Menschen, die lange an der selben Stelle bleiben, dass sie Moos angesetzt haben. Die spezielle Verwendung im Deutschen kommt aus der Studentensprache: ein bemoostes Haupt ist ’ein älterer Herr’ oder ’ein Student mit vielen Semestern’. Verstärkt wurde der Gebrauch dieser Wendung durch ein Lustspiel gleichen Titels von R. Benedix (19. Jh.). Röhrich 1 (1991), 172.

benauen Vsw ’in die Enge treiben’, besonders benaut

AdjPP ’kleinlaut’ per. ndd. (17. Jh.). Übernommen aus ndd. benouwen, das hd. Þgenau entspricht. Seebold (1970), 123f.

benedeien Vsw ’segnen’ erw. obs. (12. Jh.), mhd. bene-

dı¯en, benedı¯gen. Entlehnt aus it. benedire, das auf l. benedı¯cere ’wohl reden, segnen’ zurückgeht.

(16. Jh.). Entlehnt aus gall. benna, vielleicht über frz. benne ’zweirädriger Karren mit geflochtenem Korb’, vgl. kymr. ben ’Fuhrwerk’, vermutlich aus einer mit unserem binden vergleichbaren Grundlage (etwa als *b hend hna¯), also ’das Geflochtene’. Aus der gleichen Wortsippe entlehnt sind ae. binn f. ’Kasten, Korb, Krippe’, ne. bin ’Kasten, Tonne’, nndl. ben ’Korb’. Ein hierzu gehöriges benne ’Futterraufe’ haben niederländische Siedler des 12. Jhs. aus Südbrabant in die Mark Brandenburg gebracht. Ebenso nndl. ben. – Hagen, A. M. Taal en Tongval 21 (1969), 169–176; EWNl 1 (2003), 263.

benommen AdjPP std. (19. Jh.). Ursprünglich Partizip

zu Þbenehmen im Sinn von ’gänzlich wegnehmen’ (es benimmt mir den Atem u.ä.); offenbar ist ein Objekt wie die Sinne ausgelassen. benzen Vsw ’inständig bitten, tadeln’ per. oobd.

Ebenso nndl. benedijen, nfrz. be´nir. Zur Sippe des zugrunde liegenden l. dı¯cere ’sagen’ s. Þdiktieren. – Röhrich 1 (1991), 172; EWNl 2 (2005), 184.

(15. Jh.). Vermutlich deutsche Intensivbildung auf Þ-z(en) zu einer Entlehnung aus it. penare ’Pein zufügen’.

Benefiz Sn (Benefizvorstellung f.) ’Vorstellung zuguns-

ÞPein. – Knobloch, J. FS Rosenfeld (1989), 488; Beck, H. FS

Besch (1993), 517–522. ten eines Künstlers oder eines wohltätigen Zwecks’ per. fach. (18. Jh.). Entlehnt aus der frz. Wen- Benzin Sn std. (19. Jh.). Der deutsche Chemiker Mitdung au be´ne´fice de ’zugunsten von’ (aus l. beneficium scherlich nennt 1833 einen von ihm durch Destillation n. ’Gunst, Verdienst, Beistand’). der Benzoesäure dargestellten Kohlenwasserstoff Ebenso ne. benefit, nndl. benefiet, nschw. benefice, nnorw. beBenzin, das J. von Liebig durch Benzol ersetzt (Ennefice. Zur Sippe des zugrunde liegenden l. facere ’tun, machen’ dung nach ÞAlkohol). Danach werden die beiden Bes. Þinfizieren. – DF 3 (21997), 244–248; RGA 2 (1976), 233–237; zeichnungen differenziert: Benzin steht für das aus LM 1 (1980), 1904–1907; BlW 3 (1988) (zu l. beneficium), 132–138 Erdöl destillierte, als Treibstoff verwendete Kohlen(zum älteren Begriff des Benefiziums). wasserstoff-Gemisch, Benzol für den einfachen arobenehmen Vst std. (8. Jh.), mhd. benemen, ahd. binematischen Kohlenwasserstoff. Die ursprünglich naman. In der alten Bedeutung ’wegnehmen’ auf bemengebende Benzoe-Säure wird aus dem Benzoe-Harz stimmte Wendungen beschränkt (etwas benimmt uns (Harz des Benzoe-Baumes) gewonnen. Benzoe ist die die Aussicht). Jung und seiner Herkunft nach unklar latinisierte Form von span. benjuı´, kat. benjuı´, nfrz. ist sich mit jemandem benehmen (ins Benehmen setbenzoin. Das Wort ist in Katalonien, wo das als Weihzen) ’besprechen, verständigen’ (wohl aus der Kanzrauch dienende Harz aus der Levante eingeführt wurleisprache und nach Adelung niederdeutsch) und de, aus arab. luba¯ngˇa¯wı¯ (eigentlich ’javanischer Weih(damit wohl zusammenhängend) sich benehmen rauch’) umgestaltet worden, indem die erste Silbe mit ’sich aufführen’. Einfluss von frz. se (s’y) prendre, bei dem katalanischen Artikel verwechselt und deshalb dem die Bedeutungsentwicklung deutlicher ist, kann weggelassen wurde. Das Harz kommt eigentlich aus erwogen werden. Dazu umgangssprachlich Benimm Sumatra − bei der arabischen Bezeichnung scheint m., Hypostasierung des Imperativs Benimm dich! also eine Verwechslung vorzuliegen. Þnehmen, Þbenommen, Þunbenommen.

Bengel Sm ’ungezogener Junge’, ob d. auch ’Knüppel,

Ebenso nndl. benzine, ne. benzine ’Waschbenzin’, nfrz. benzine ’Benzol’, nschw. bensin, nisl. bensı´n. Das ursprünglich südarabische Wort liba¯n ’milchfarbenes Weihrauchharz’ gehört zu der Wurzel lbn ’weiß’. – Littmann (1924), 86; Lokotsch (1975), 106; Cottez (1980), 50; Kiesler (1994), 147; DF 3 (21997), 248–251; Tazi (1998), 255f.; EWNl 1 (2003), 266.

Stange’ std. stil. (13. Jh., Bedeutung 16. Jh.), mhd. bengel ’Knüppel, Stange’, mndl. bengel ’Knüppel, Stange’. Wie Schlegel zu schlagen ist dieses abgeleitet von einer Entsprechung zu ndd. bangen (neben ne. to bang, anord. banga) ’klopfen, schlagen’. Die Übertragung Benzol, Benzoe ÞBenzin. auf Menschen stellt diese (ähnlich wie bei Flegel) als beobachten Vsw std. (17. Jh.). Präfixableitung zu ÞObacht neben der selteneren einfachen Ableitung Menschen, die mit einem groben Bengel hantieren, obachten. Gibt in größerem Umfang l. observa¯re, nfrz. und deshalb als ’grob’ dar. Nicht ausgeschlossen ist observer wieder. aber auch die Übertragung auf ’männliches Glied’ und dann ’männliche Person’ (wie bei ÞStift 1 usw.). beordern Vsw ÞOrder. Ebenso nndl. bengel. – EWNl 1 (2003), 265.

bequem

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bequem Adj std. (9. Jh.), mhd. bequ¢me, ahd. biqua¯mi bereiten Vsw std. (12. Jh.), mhd. bereiten, mndd. bere¯-

’passend, schicklich’. Ähnlich ae. gecwe¯me ’annehmbar, gefällig’ und anord. hald-kv¢mr ’vorteilhaft, nützlich’; afr. *ke¯me ’schön, hübsch’. Dehnstufiges Adjektiv der Möglichkeit (g. *-kw¢ ¯ mja-) zu der Vorform von Þbekommen mit der alten Bedeutung ’zuträglich sein’ (u.ä.), also ’was zuträglich sein kann’ (vgl. l. conveniens). Die naheliegende Weiterentwicklung zu dem heutigen ’angenehm usw.’ ist jung. Abstraktum: Bequemlichkeit; Verb: bequemen (refl.). Ebenso nndl. bekwaam; Þkommen. – Weisweiler, J. IF 53 (1935), 55; A˚rhammar, N. R. PhF 1988 (1989), 111–113; Heidermanns (1993), 350 und 353f.; EWNl 1 (2003), 258; EWahd 2 (1998), 93 f .

berappen Vsw ’bezahlen’ erw. stil. (19. Jh.). Das Wort ist

aus der Studentensprache in die Hochsprache gelangt; dorthin kam es offenbar aus schwäbischen Krämersprachen, also Ausprägungen des Rotwelschen. Die weitere Herkunft ist unklar: Sowohl gegen die Ableitung von der Scheidemünze ÞRappen wie auch gegen Anknüpfungen an das Jiddische und Hebräische können starke Bedenken geltend gemacht werden. Nach Wolf aus berabbeln, dieses aus berebbeln, beribbeln zu Rebbes ’Zins, Gewinn, Ertrag’. Nach Buttenwieser aus hebr. j erappe¯ ’(Heilung) bezahlen’ umgeformt (vgl. Exod. 21,19). Buttenwieser, M. ZD 36 (1922), 181–183; Birnbaum, S. A. ZDPh 74 (1955), 249; Wolf (1985), 264; Röhrich 1 (1991), 172.

Berberitze Sf ’Sauerdorn, Berberis vulgaris’ per. fach.

den, bereiden, mndl. bereden, bereiden. Diese Wortfamilie ist wegen der ungünstigen Beleglage und der Vermischung lautgleicher und -ähnlicher Wurzeln nicht mehr genau abzugrenzen. Vorauszusetzen ist ein Verb mit der Bedeutung ’ordnen’ (u.a.) g. *raideja-, häufig auch mit ga- präfigiert, in gt. (ga)raidjan ’anordnen’, anord. greidaÑ , ae. (ge)r¢¯ dan, mndl. (ge)reiden, (ge)re(e)den, mhd. (ge)reiten. Daneben stehen die Adjektive gt. garaiþs (garaids) ’angeordnet’, anord. greidrÑ ’bei der Hand, geradewegs (usw.)’, ¯ de ’bereit (usw.)’, afr. anord. reidrÑ ’bereit’, ae. (ge)r¢ re¯d(e) ’fertig’, mndl. (ge)re(e)de, (ge)reide, mhd. (ge)reit(e). Wohl erst unter dem Einfluss dieser Adjektive tritt bei den Verben auch die Bedeutung ’bereit machen, zubereiten’ auf. Im Althochdeutschen ist nur ebanreiti ’in derselben Lage befindlich’ neben Formen mit ant- (antreitı¯ ’Ordnung, Reihe’ u.a.) bezeugt; später werden im kontinentalgermanischen Bereich vor allem Präfigierungen mit be- üblich, zu denen die heutigen Formen gehören. Außergermanisch ist am nächsten vergleichbar lett. rist ’ordnen’, lett. riedu ’ich ordne’ mit lett. raids ’fertig, bereit’, lit. raidu`s ’bereit, schnell’; air. re´id ’eben, leicht, bereit’, kymr. rhwydd ’leicht, schnell, frei’. Zugrunde liegt offenbar eine Erweiterung (ig.) *(a)reid h- zu der Wurzel *ar¡- ’fügen’, die unter ÞArm aufgeführt wird. Eventuell kann auch gr. arithmo´s ’Zahl, Zählung’ näher angeschlossen werden.

Ebenso nndl. bereid, bereiden, ne. ready, nschw. greja ’erledi(18. Jh.). Entlehnt aus ml. berberis m./f. (auch barberis gen’, nisl. reiduÑ bu´inn; ÞReede, Þruhmredig. – EWahd 1 (1988), m./f.) aus arab. barbris, aus berber. ambarba¯ris unbe283–285; Heidermanns (1993), 433f.; EWNl 1 (2003), 268 f. kannter Herkunft. Einheimische Namen für den Berg Sm std. (8. Jh.), mhd. berc, ahd. berg, as. berg. Aus Strauch und die Beere sind mhd. su¯rach m. u.ä. (nach g. *bergam. ’Berg’, auch in anord. bjarg n., berg n. dem sauren Geschmack der Blätter und der Beeren; ’Felsen, Felswand’, ae. beorg, afr. berch, birg und gt. in -ach ist ein Kollektivsuffix bei Pflanzennamen), nndl. der Weiterbildung bairgahei ’Gebirge’; aus ig. zuurbes m. (’Sauerbeere’, auch Sauerdorn − die Blätter *b herg´ h- ’Höhe’ (vermutlich ein ablautendes Wurzelund Zweige tragen Dornen). nomen), auch in avest. *bar¡zah- n. ’Höhe, Berg’, Ebenso nndl. berberis, ne. barberry, nfrz. berbe´ris, nschw. berarm. (erkn-a-) berj ’himmelhoch’, akslav. breˇgu˘ beris, nnorw. berberiss. – Marzell 1 (1943), 568–579; Latham ’Ufer, Abhang’ (in anderen slavischen Sprachen auch (1972), 62f.; LM 1 (1980), 1931; Tazi (1998), 93f. ’Hügel’), mir. bri(g) ’Hügel, Berg’ (schwundstufig). Bereich Sm std. (18. Jh.). Rückgebildet aus mhd. bereiDer Wurzelauslaut des altkirchenslavischen und des chen, mndl. bereiken ’reichen bis, sich erstrecken’ avestischen Wortes stimmen dabei nicht zusammen. (Þreichen). Das Wort übernimmt die allgemeine BeWegen der besonderen Bedeutung des altkirchensladeutung des älteren ÞReich und schränkt dieses ein vischen Wortes ist wohl keine Entlehnung (etwa aus auf ’Herrschaftsbereich’. Die Auseinandersetzung dem Germanischen) anzunehmen, sondern das auch zwischen den beiden Wörtern führt zu Vermischunsonst zu beobachtende Verhalten des Slavischen wie gen im Genus und in der Aussprache (in Mundarten, eine Kentum-Sprache. Mit Hochstufe wie im Gerdie mhd. ei und ¯ı noch unterscheiden). manischen, aber in der Bedeutung weiter abliegend, von Polenz, P. ZDPh 76 (1957), 80–94; Griepentrog, W. HS ist kymr. bera ’Haufen (von Stroh, Heu o.dgl.)’. Diese 104 (1991), 12842; EWNl 1 (2003), 269. Substantive gehören zu einem Verb mit der Bedeubereit Adj std. (12. Jh.), mhd. bereit(e), mndd. bere¯de, tung ’sich erheben, wachsen’ in heth. parkija- ’sich bereide, mndl. bereet, bereiden. Zur Bedeutung des erheben, hoch werden, wachsen’, toch. AB pärkadverbiellen bereits vgl. ne. already zu ready. Abstrak’aufgehen’, avest. bar¡zaiia- ’aufwachsen lassen’ tum: Bereitschaft; Kompositum: bereitwillig. (Kausativ). Daneben Adjektive in der Bedeutung Þbereiten. – EWNl 2 (2005), 239f. ’hoch’ in heth. parku-, avest. bar¡z-, arm. barjr und in der Partizipialbildung (*b hrg´ hont-) ai. brha´nt-, der im ˙ ˙

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Bernstein

(1988), 556–558; LM 1 (1980), 1840 (Belfried); EWNl 1 (2003), Westen Namen entsprechen: in germanischer Laut261. form die Burgunden, zusammen mit Bornholm (anord. Burgundarho´lmr), in keltischer Lautform der Beriberi Sf (Vitamin-Mangelkrankheit, die die EuroStammesname Brigantes, der Stadtname Bregenz und päer im 16. Jh. auf Ceylon kennenlernten) per. fach. der Frauenname Brigitte (’die Erhabene’). Adjektiv: (16. Jh.). Singhal. beri bedeutet ’Schwäche’, die Verbergig. doppelung verstärkt den Inhalt (also ’große SchwäEbenso nndl. berg, ne. barrow, nschw. berg, nisl. bjarg n., berg che’). n.; ÞBurg, ÞGebirge. – Schatz, J. FS Kluge (1926), 122–131; LM 1 (1980), 1943–1945; EWahd 1 (1988), 553f.; Röhrich 1 (1991), 173–175; Güntert (1932), 30f. (als Lehnwort erklärt); EWNl 1 (2003), 269.

Berg- Aff (in Bergbau m., Bergwerk n., Bergmann m.

usw.) std. (14. Jh.). Diese Bezeichnungen beruhen darauf, dass der bei uns älteste Untertagebau in Stollen betrieben wurde, die man in die Berghänge hineingrub. Die Bezeichnungen wurden beibehalten, als der Untertagebau auch auf das Flachland ausgedehnt wurde. RGA 2 (1976), 245–267; LM 1 (1980), 1946–1952.

Ebenso nndl. beriberi, ne. beriberi, nfrz. be´ribe´ri, nschw. beriberi, nisl. beri-beri. – Littmann (1924), 125f.; EWNl 1 (2003), 270.

berichten Vsw std. (11. Jh.), mhd. berihten. Bedeutet zu-

nächst ’richtig machen’ (dafür heute berichtigen), dann allgemein ’in Ordnung bringen’. In übertragener Bedeutung wird es im Sinn von ’belehren’ verwendet: jemanden über eine Sache berichten (vgl. Þunterrichten). Später abgeschwächt zu ’mitteilen, wiedergeben’. Rückbildung: Bericht. Ebenso nndl. berichten; Þrichten, Þrecht. – EWNl 1 (2003), 270.

Bergamotte Sf (eine Birnenart) per. fach. (18. Jh.). Ent- Berline Sf ’voll durchgefederter Reisewagen’ per. arch.

lehnt aus frz. bergamote; dieses aus it. bergamotta. Das italienische Wort ist in Anlehnung an den Ortsnamen Bergamo umgebildet aus türk. beg armudu ’Herrenbirne’, zu türk. beg, heute bey (Adelstitel). Ebenso nndl. bergamot, ne. bergamot, nschw. bergamott, nnorw. bergamott. – Brunt (1983), 154.

bergen Vst std. (8. Jh.), mhd. bergen, ahd. bergan, (gi-)

(17. Jh.). Angeblich von einem Baumeister des Kurfürsten von Brandenburg hergestellt; der Wagentyp scheint aber zuerst in Frankreich hergestellt worden zu sein. Danach in Anlehnung an den Stadtnamen frz. berline und danach d. Berline. Später ersetzt durch den ÞLandauer.

Ebenso ne. Berline. – DF 1 (1913), 83; Brunt (1983), 154; Kugler, G. J. in Treue (1986), 236–250; EWNl 1 (2003), 271.

bergan, as. gibergan. Aus g. *berg-a- Vst. ’bergen’, auch 1 in gt. bairgan, anord. biarga, ae. beorgan, nwfr. bergje. Berliner Sm ’Felleisen der Handwerksburschen’ per. arch. (19. Jh.). Aus dem Rotwelschen. Vielleicht hanAus einer sonst nur im Baltoslavischen bezeugten delt es sich um eine Umdeutung von l. pellı¯nus Adj. Verbalwurzel (ig.) *b herg h- ’bewahren’, auch in lit. ’aus Fell’ (zu l. pellis f. ’Fell’). Im Kontrast dazu wer(reg.) bı`rginti ’sparen’ und akslav. nebreˇˇsti ’außer den dann gebildet: Charlottenburger ’UmhängetaAcht lassen, missachten’, russ. bere´ˇc ′ ’hüten, bewahsche’ und Potsdamer ’kleines Reisebündel’ nach Stadtren, schonen, sparen’. Weitere Anknüpfungsmögteilen von Berlin. lichkeiten sind unsicher; auch der BedeutungszusamWolf (1985), 50. menhang innerhalb der Sippe (vgl. Þborgen) ist nicht ausreichend geklärt. Präfigierung: verbergen. Berliner2 Sm ’Schmalzgebäck’ std. (19. Jh.). Gekürzt aus Berliner Pfannkuchen (ÞKrapfen, ÞBallen). Ebenso nndl. bergen, nschw. bärga, nisl. bjarga. S. ÞBürge, ÞHerberge − in der Sekundärmotivation wird auch ein ZusamBerlocke (meist Pl., auch Brelocke) Sf ’Uhrenanhängsmenhang mit ÞBurg hergestellt. – Seebold (1970), 106f.; RGA el’ per. arch. (18. Jh.). Entlehnt aus frz. breloque, zu 2 (1976), 277–284; EWahd 1 (1988), 554–556; EWNl 1 (2003), 270.

Bergfried Sm ’fester Turm’ per. fach. (12. Jh.), mhd.

dem berloque eine seltenere regionale Nebenform ist, ’zierliche Kleinigkeit, Schmuck’, unklarer Herkunft.

ber(c)vrit, bervride mit der älteren Bedeutung Ebenso nndl. breloque, nschw. berlock. – DF 1 (1913), 83; DEO ’hölzernes Turmgerüst, das an die Mauern einer be(1982), 100, 153. lagerten Stadt geschoben wird’. Ähnliche Ausdrücke Bernhardiner Sm (Hunderasse, Lawinenhund) erw. mit ähnlichen Bedeutungen in anderen mittelalterlifach. (19. Jh.). Nach dem Hospiz St. Bernhard in der chen Sprachen (etwa ml. berfredum n., belfredus, berSchweiz, in dem diese Hunde seit dem 17. Jh. als Lafredus usw. afrz. berfroi). Das Wort ist also durch Sewinenhunde ausgebildet wurden. kundärmotivation an ÞBerg und ÞFriede(n) (oder Bernstein Sm std. (13. Jh., Standard 18. Jh.). ÜbernomÞeinfrieden) angeschlossen worden, seine Herkunft men aus mndd. bern(e)stein, barnste¯n ’brennbarer ist unklar. Lautlich anklingend und etymologisch klar Stein’ zu bernen ’brennen’ (aus Þbrennen durch Umwäre das von Götze angeführte mgr. *py´rgos phore¯tos sprung des r entstanden); die echt hochdeutsche ’Tragturm von Elefanten’ (zu gr. phe´rein ’tragen’), das Form Brennstein ist vereinzelt bezeugt. Das entspreaber nicht belegt zu sein scheint. (Bezeugt ist gr. py´rchende anord. Wort brennisteinn bedeutet ’Schwegos in der Bedeutung ’Tragturm, Belagerungsturm’). fel’. Zu der teilweise konkurrierenden und im HochEbenso ne. belfry. Zur Sippe von gr. phe´rein ’tragen’ s. deutschen älteren Bezeichnung Agstein (Augstein, ÞMetapher. – Götze, A. BGDSL 59 (1935), 316f.; EWahd 1

Berserker Agetstein u.a.), die auf l. acha¯te¯s zurückgeht und eigentlich ’Achat, Gewichtstein, Magnetstein’ bedeutet, siehe Meineke. Bernstein ist als fossiles Harz brennbar und unterscheidet sich damit von anderen Steinen. Vgl. zur Sache: ÞGlas, ÞMagnet und Þelektrisch. – RGA 2 (1976), 288–298; Lüschen (1979), 185f.; LM 1 (1980), 2008–2012; Meineke (1984), 24–26, 67–74; Mazzuoli Porru, G. AION-G 28/29 (1985/86), 421–470 (zu Ambra); Puhvel, J. FS Meid (1999), 347–350; EWNl 1 (2003), 226; EWahd 2 (1998), 469.

Berserker Sm per. exot. (18. Jh.). Entlehnt aus anord.

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bildet aus mndd. rüchtig ’ruchbar’). Es bedeutet ursprünglich ’das Gerüft / Geschrei (erstes Stadium der Anklage) über jmd. erheben’ und zeigt mit -cht- aus -ft- (zu Þrufen) niederdeutsche/niederländische Lautform. Zur gleichen Sippe gehören Þanrüchig, ÞGerücht und Þruchbar. EWNl 1 (2003), 274.

berücken Vsw ’den Kopf verdrehen’ erw. stil. (16. Jh.).

Aus der Sprache des Fisch- und Vogelfangs: ’ruckartig ein Netz über das zu fangende Tier werfen’, damit ’überlisten, hereinlegen’; dann übertragen gebraucht, vor allem für Liebesbetörungen.

berserkr, Bezeichnung eines Kriegers, der in Ekstase mit übermenschlicher Kraft kämpft und nach VolksBeruf Sm std. (17. Jh.). Ableitung von berufen im geistmeinung unverwundbar ist. Das Wort gehört zu lichen Sinn (’Berufung’): Gott lässt seinen Ruf an die anord. serkr ’Gewand, Waffenrock, Tierfell’, das VorMenschen ergehen. So wird Beruf verwendet wie das derglied ist weniger klar; aber da berserkr in der norntl.-gr. kle˜sis f., l. voca¯tio f. Luther gebraucht (nach dischen Überlieferung mit ulf-hediÑ nn ’Wolfswams’ 1. Kor. 7,20 und dem Vorbild der Mystiker) das Wort (als Bezeichnung solcher Krieger) in Kontrast gesetzt auch im weltlichen Sinn für ’Amt, Stand’ und führt so wird, dürfte das Vorderglied das Wort für ’Bär’ sein zur heutigen Bedeutung; doch zeigt sich die beson(obwohl dies im Altnordischen bjo¸rn lautet). Anders dere Herkunft noch heute an den besonderen VerKuhn und McCone, die das Vorderglied zu berr wendungen des Wortes. − Auf den Gebrauch des ’nackt’ (Þbar) stellen und ’mit bloßem Hemd bekleiVerbs in der Rechtssprache verweist sich auf etwas det’ ansetzen (oder ’dessen Hemd Nacktheit ist’ = oder jemanden berufen; jemanden berufen bedeutet ’nackt’?). dort zunächst ’vor Gericht laden’, bei der Berufung Ebenso nndl. Berserker, ne. berserk(er), nfrz. berserk, nschw. bärsärk, nisl. berserkur. – Noreen, E. ANF 48 (1932), 242–254; lädt man sich gewissermaßen selbst vor Gericht, nach von See, K. ZDW 17 (1961), 129–135; Kuhn, H. FS 2 (1968), auf steht dabei die Berufungsinstanz (ich berufe mich 218–227; RGA 2 (1976), 298–304; LM 1 (1980), 2019f.; McCone, auf den Kaiser ’ich appelliere an den Kaiser’). Ein K. R. in Meid (1987), 106; DF 3 (21997), 251–254. dritter Gebrauch von berufen geht zurück auf die Vorstellung, dass Geister durch die Nennung ihres Nabersten Vst std. (9. Jh., int-, ir- 8. Jh.), mhd. bresten, mens herbeigerufen werden; im weiteren Sinn, dass ahd. brestan, as. brestan. Aus g. *brest-a- Vst. ’bersdie Nennung eines Unglücks usw. dieses herbeiruft. ten’, auch in anord. bresta, ae. berstan, afr. bersta; Hierher gehört der Gebrauch von unberufen zur Abhöchstwahrscheinlich eine st-Weiterbildung zu g. *brek-a- ’brechen’ oder eine unabhängige Bildung wendung dieser Möglichkeit. Adjektiv: beruflich. aus der gleichen Wurzel. Die Varianten berst- und Þrufen. – Paulus, N. Historisches Jahrbuch 32 (1911), 725–755; Historisches Jahrbuch 45 (1925), 308–316; Holl, K. SPAW 1924, brest- wechseln einander im Laufe der Geschichte ab; XXIX–LVII; Siegert (1950), 39–41; HWPh 1 (1970), 833–835; die heutige Form ist durch den Gebrauch Luthers fest GB 1 (1972), 490–507; Röhrich 1 (1991), 177; EWNl 1 (2003), geworden. Die andere Variante hat sich in ÞGebresten 272. ’Mängel, Krankheit’ (süddeutsch) gehalten. Ebenso nndl. barsten, ne. burst, nschw. brista, nisl. bresta; Beryll Sm (Halbedelstein) per. fach. (12. Jh.), mhd. beÞprasseln. – Seebold (1970), 139; EWNl 1 (2003), 228. rille, barille. Entlehnt aus l. be¯ryllus (und afrz. beril); dieses aus gr. be¯´ryllos, und dieses wiederum aus pra¯Bertram Sm ’Anacyclus pyrethrum’, eine Heilpflanze, krit verulia- (pa¯li veluriya-, sanskritisiert va´idu¯rya-), mit der aus den Mittelmeerländern stammenden ˙ ˙¯lur zudas wohl auf den dravidischen Ortsnamen Ve Abart Deutscher Bertram per. fach. (11. Jh.), mhd. ˙ rückgeht. Die weitere Entwicklung s. unter ÞBrille. ber(h)tram, ahd. berhtram. Entlehnt aus dem GrieEbenso nndl. beril, ne. beryl, nfrz. be´ryl, be´ril, nnorw. beryll. – chischen und umgeformt. Die in der Heilkunde verMaster, A. BSOAS 11 (1943–46), 304–307; Leumann, M. Glotwendeten Wurzeln der Pflanze schmecken brennend, ta 32 (1953), 2156; Lüschen (1979), 186. daher der Name gr. py´rethron n. (zu gr. py˜r n. ’Feuer’), übersetzt in nndl. vuurwortel ’Feuerwurzel’. Beryllium Sn (ein Leichtmetall) per. fach. (19. Jh.). Der französische Chemiker Vauquelin isolierte 1798 aus Bei der Übernahme wird das Wort an den Personendem Beryllmineral eine Erde, die die Herausgeber der namen Berhtram, Bertram lautlich angeglichen. Annales de chimie glucine, Glycinium nannten (zu gr. Ebenso nschw. bertram, nnorw. bertram; ÞPyromane. – Marzell 1 (1943), 251f.; LM 1 (1980), 2039; EWahd 1 (1988), 559f. glyky´s ’süß’), da sie süß schmeckte; die deutschen Chemiker nannten sie dagegen Beryllerde. Der deutberüchtigt AdjPP std. (16. Jh.). Ursprünglich Partizip sche Chemiker Wöhler versuchte 1828, das zugrunde zu dem heute untergegangenen berüchtigen ’ins Geliegende Metall zu isolieren. Er nannte es Beryllium, rede bringen’, erweitert aus älterem berüchten, das aus sonst wurde es auch Glycium oder Glycinum genannt. mndd. beruchten, berochten entlehnt wurde (bzw. ge-

113 Ebenso nndl. beryllium, ne. beryllium, nfrz. be´ryllium, nschw. beryllium.

beschaffen AdjPP std. (15. Jh.). Zu einem heute nicht

beschweren bescheuert AdjPP ’nicht recht bei Verstand’, von Sa-

chen ’unerfreulich’ std. stil. (20. Jh.). Vermutlich von Þscheuern im Sinn von ’prügeln’ ausgegangen.

mehr üblichen mhd. beschaffen Vst. ’(er-)schaffen’ Vgl. Þbekloppt u.ä. (vgl. ahd. biscaffo¯n Vsw. ’gestalten, bilden’ 8. Jh.). Das beschickern Vsw ’sich betrinken’, meist im Partizip Partizip ist mit der Bedeutung ’geartet’ übriggebliebeschickert ’betrunken, angetrunken’ per. grupp. ben; hierzu seit dem 17. Jh. Beschaffenheit ’Art, Zu(19. Jh.). Aus dem Rotwelschen zu Þschicker. sammensetzung’. Beschlag Sm std. (15. Jh., Verb 8. Jh.). In der eigentlibeschäftigen Vsw std. (17. Jh.). Präfix-Ableitung zu chen Bedeutung ist Beschlag ein Metallstück, das zum mhd. scheftig, scheftec ’tätig’ (zu Þschaffen ’arbeiSchutz oder zur Verzierung auf Holz u.ä. befestigt ten’). Die t-Ableitung auch in ÞGeschäft. wird − zu mhd. beslahen, ahd. bislahan ’durch Schlagen mit etwas versehen, überziehen’. Hierzu auch ein beschälen Vsw ’(ein Tier) decken’ per. fach. (16. Jh.). Zu Pferd beschlagen, und da ein gut beschlagenes Pferd mhd. schel(e), ahd. scelo ’Zuchthengst’, also ’mit dem Zuchthengst belegen’. Nomen Agentis: Beschäler. ein gut vorbereitetes Pferd ist, bekommt das Partizip ÞSchälhengst. beschlagen die Bedeutung ’bewandert, gut vorbereitet’ (evtl. auch aus ein Fass beschlagen ’mit Reifen verbeschatten Vsw std. (20. Jh.), in der übertragenen Besehen’). Dann bedeutet das Verb mit einer nicht völdeutung ’jmd. heimlich bewachen’, also ’wie ein lig klaren Bedeutungsentwicklung (vermutlich im Schatten folgen’, seit den zwanziger Jahren des Sinn von ’die Hand auf etwas legen’) ’hemmen, hin20. Jhs. bezeugt dern’ (einen Wagen beschlagen) und dann weiter bescheiden Vst erw. obs. (12. Jh.). Mhd. bescheiden Vst. ’etwas konfiszieren, einziehen’; hierzu Beschlag (in hat zwei Bedeutungen: 1) ’jmd. etwas zuweisen, beBeschlag nehmen), Beschlagnahme usw. stimmen’ (vgl. etwa Þentscheiden); hierzu noch WenRöhrich 1 (1991), 178; EWNl 1 (2003), 278. dungen wie mir ist beschieden. 2) ’jmd. über etwas belehren’ (vgl. etwa mitteilen), heute noch in kanzlei- beschließen Vst std. (8. Jh.), mhd. besliezen, ahd. bisliozan. Die Ausgangsbedeutung ’abschließen’ ist heute sprachlichen Wendungen wie jemanden abschlägig veraltet (noch in Beschließerin obs.). Aus ihr entwibescheiden. Hierzu Bescheid m. und das reflexive sich ckelt sich schon mittelhochdeutsch die Bedeutung bescheiden, ursprünglich ’sich belehren lassen, zur ’beenden’ und ’zum Schluss kommen, entscheiden’. Einsicht kommen’, dann ’sich begnügen’. Zu dieser Abstraktum: Beschluss. Bedeutung gehört das Partizip bescheiden (mit älterer EWNl 1 (2003), 279. Ablautform). Es steht mit der Ableitung Bescheidenheit unter dem Bedeutungseinfluss von l. discre¯tio, beschränkt AdjPP std. (9. Jh., Bedeutung 18. Jh.), mhd. nfrz. discre´tion. beschrenken, ahd. biskrenken. Zunächst in der eigentÞscheiden. – Berg, K. Würzburger Prosastudien I (München lichen Bedeutung ’mit Schranken umgeben, durch 1968), 16–80; HWPh 1 (1970), 837f.; Röhrich 1 (1991), 177; Schranken zurückhalten’, dann übertragen als EWNl 1 (2003), 275. ’einengen, in Grenzen halten, (sich) begnügen’ bescheißen Vst std. vulg. (11. Jh., Bedeutung 14. Jh.), (ÞSchranke, Þschränken). Hierzu das Partizip bemhd. beschı¯zen, ahd. biskı¯zan ’verkoten, besudeln’. schränkt ’engstirnig’. Präfigierungen zu Þscheißen. Der Übergang der Be- beschummeln Vsw ’betrügen’ std. stil. (18. Jh.). Wird als deutung zu ’betrügen’ ist wohl zu erklären über das jüdisches Wort bezeichnet, es lässt sich aber im WestPartizip beschissen in der Bedeutung ’unangenehm, jiddischen nicht nachweisen. Herkunft umstritten. unerträglich’, dann das Verb im Sinne von ’jemanDie älteste Bedeutung von Þschummeln ist vielleicht den in eine unangenehme Lage bringen’. Hierzu ’handeln’. schon spmhd. Beschiss m. Althaus, H. P. ZM 30 (1963/64), 66–69; Foerste, W. NW 4 Röhrich 3 (1992), 1313.

bescheren Vsw ’zu Weihnachten schenken’ std.

(1964), 79 (zu ndd. schummeln ’scheuern, schrubben’ aus ’sich schnell hin- und herbewegen’, das andererseits zu ’betrügen’ wird).

(17. Jh.). Aus mhd. beschern mit allgemeinerer Bedeutung ’zuteilen, zumessen’ (von Gott und Schicksal). beschuppen Vsw ’betrügen’ per. grupp. (18. Jh.). EntDie besondere Bedeutung des heutigen Wortes erlehnt aus dem Rotwelschen. Wahrscheinlich handelt klärt sich aus der Auffassung, dass die Weihnachtses sich ursprünglich um ein Wort für ’heftig stoßen’ geschenke Gaben des Christkinds seien. Das mittel(vgl. ÞSchubs ’Stoß’ zu Þschieben), das zu ’übertölhochdeutsche Wort ist eine Präfixbildung zu wg. peln, betrügen’ weiterentwickelt wurde. *skar-ija- ’(zu-)teilen’ in ae. scirian, ahd. scerian, scerWolf (1985), 302. ren zu wg. *skaro¯ f. ’Teil’ in ae. scearu, afr. skere. beschweren Vsw std. (simplex 8. Jh., be- 9. Jh., BedeuÞscheren 1. – Haessler, L.: OHG. Biteilen and Biskerien (Diss. tung 14. Jh.). Das Wort ist in der ursprünglichen BeChicago. Philadelphia 1935); Röhrich 1 (1991), 177; EWNl 1 deutung ’belasten’ noch heute gebräuchlich. Dane(2003), 276.

beschwichtigen

114

ben reflexives sich beschweren seit dem 14. Jh. mit der besitzen Vst std. (8. Jh.), mhd. besitzen, ahd. bisizzen. Bedeutung ’sich als beschwert, bedrückt darstellen, Zunächst ’in Besitz nehmen’. Gemeint ist dabei sich beklagen’. Entsprechend wandelt Beschwerde Grund und Boden, auf dem man tatsächlich sitzt (oder sich setzt). Danach Verallgemeinerung zum seine Bedeutung von ’Bedrückung’ zu ’Klage’. Adjekheutigen Sinn, erst seit dem 16. Jh. häufiger. Kontiv: beschwerlich. kreta: Besitz, Besitzung, Besitztum. EWNl 1 (2003), 300. beschwichtigen Vsw std. (17. Jh.). Übernommen aus

Þsitzen, Þbesessen. – HWPh 1 (1970), 846–848; LM 1 (1980),

2064–2069 (zu Besitz); Röhrich 1 (1991), 182f.; EWNl 1 (2003), ndd. beswichtigen, erweitert aus beswichten ’zum 301. Schweigen bringen’. Es entspricht mit niederdeutsch/ besonders Adv std. (15. Jh.), mhd. besunder. Zusamniederländischem Übergang von -ft- zu -ht- dem menrückung aus unbetontem mhd. bı¯ und mhd. sunmhd. (be-)swiften, ahd. giswifte¯n, einer morpholoder (Þsondern 1), also ’abgesondert, vorzüglich’; seit gisch unklaren Bildung zu gt. sweiban ’ablassen, auffrühneuhochdeutscher Zeit mit adverbialem -s (wie hören’. Auffällig ähnlich ist messap. sı´pta ’das bei Adverbien, die aus Genetivformen stammen). Schweigen’ (aus *sw-). Gleichzeitig kann die Zusammenrückung auch als Krahe, H. IF 47 (1929), 327; Heidermanns (1993), 581. (ausschließlich attributives) Adjektiv besonderer gebesebeln Vsw ’betrügen’ per. grupp. (16. Jh., Bedeutung braucht werden. 19. Jh.). Verwendet als Entsprechung zu nhd. beschei-

ßen; aus rotw. sefeln ’scheißen’ zu rotw. Sefel ’Kot, Mist’ und damit ein vulgäres Wort. Wolf (1985), 307.

beseitigen Vsw std. (19. Jh.). Aus dem Oberdeutschen

in die Hochsprache übernommen. Das Wort geht zurück auf das mhd. Adverb besı¯te ’beiseite, auf der Seite’ und bedeutet damit zunächst ’auf die Seite stellen’. Besemer (auch Desem(er)) Sm ’Handschnellwaage mit

nur einer Schale und verschiebbarem Gewicht’ per. fach. (13. Jh., Standard 18. Jh.). Ursprünglich niederdeutsches Wort, das im 13. Jh. (wie anord. bismari gleicher Bedeutung) aus russ. bezme´n entlehnt wurde. Das russische Wort geht vermutlich auf türk. batman zurück, das ein Gewichts- und Hohlmaß von etwa 10 kg bezeichnet. Ebenso nschw. besman, nisl. bismari. – Wick (1939), 19; Bielfeldt (1965), 11.

Besen Sm std. (8. Jh.), mhd. bes(e)m(e), ahd. bes(a)mo,

as. besmo. Aus wg. *besmo¯n- m. ’Besen’, auch in ae. besma, afr. besma. Instrumentalbildung ’Feger, Kehrer’ zu einer Wurzel (ig.) *b hes- ’fegen, reinigen’, die in dieser Form nicht fassbar ist. Vergleichbar ist vor allem die Erweiterung *pse¯ (aus **b hse¯-) in gr. psa´o¯ ’ich reibe, wische’, gr. perı´pse¯ma n. ’Kehricht’ u.a. (vgl. auch die unter Þbar behandelten Wörter). Ebenso nndl. bezem, ne. besom; Þbar, ÞBast. – Koivulehto, J. FS Schmitt (1988), 246–252; EWahd 1 (1988), 567f.; Röhrich 1 (1991), 179–181; EWNl 1 (2003), 299f.

besessen AdjPP ’fanatisch’ std. (9. Jh., Bedeutung

14. Jh.). In der lexikalisierten Bedeutung von besessen ist das Partizip von Þbesitzen gekürzt aus vom ÞTeufel besessen, d.h. ursprünglich ’vom Teufel bewohnt, vom Teufel in Beschlag genommen’ (oder von unreinen Geistern). Später verallgemeinert. Röhrich 1 (1991), 182; EWNl 1 (2003), 300.

Besing Sm ÞBeere.

EWNl 1 (2003), 313f.

besorgen Vsw ’Sorge tragen für etwas’, ’etwas beschaf-

fen’, umgangssprachlich auch ’stehlen’ std. (9. Jh.), mhd. besorgen, ahd. bisorge¯n. Zunächst in allgemeiner Bedeutung, dann meist eingeengt. Die Ausgangsbedeutung noch am deutlichsten im Partizip besorgt ’mit Sorge erfüllt’ erhalten. besser AdjKomp (das zugehörige Adverb bass ist veral-

tet; Superlativ best) std. (8. Jh.), mhd. bezzer, best/bezzist, baz, ahd. bezziro, bezzisto, baz, as. betara, betst/ best/bezt, bat/bet. Aus g. *batiz-o¯n, *batist-a-, *batiz, auch in gt. batiza, batista, anord. betri; beztr/baztr, betr; ae. bet(e)ra, bet(e)st, bet; afr. beter/betr, best, bet. Der Suppletivismus ist bei den Adjektiven für ’gut’ weit verbreitet; weniger klar sind die Verknüpfungsmöglichkeiten. Unter dem Ansatz einer Wurzel ig. *b had- oder *b hod- lässt sich die ro-Bildung ai. bhadra´- ’glücklich, erfreulich’ heranziehen (die aber lautlich mehrdeutig ist); vielleicht auch (bei Annahme eines Konsonantenumsprungs) akslav. dobru˘ ’gut’. Im Germanischen ist die Wortsippe mit mehreren Bildungen vertreten, von denen sich nur Buße bis heute gehalten hat. Verben: (ver)bessern; Abstraktum: (Ver)besserung. Ebenso nndl. beter, best, ne. better, best, nschw. bättre, bäst, nisl. betri, beztur, betur; Þbass, ÞBestseller, ÞBuße. – Pisani, V. Studi Mastrelli (Pisa 1985), 375f.; Hamp, E. P. IIJ 30 (1987), 175; Röhrich 1 (1991), 183–185; Heidermanns (1993), 118f.; EWNl 1 (2003), 281, 285.

Bestallung Sf ’Einsetzung in ein Amt’ erw. fach.

(15. Jh.), mhd. bestallt. Das mhd. Wort ist die alte Partizipialform von Þbestellen, die sich in der Bedeutung ’in ein Amt eingesetzt, für ein Amt bestellt’ in der Hochsprache hält. In Anlehnung an dieses Partizip wird auch das Abstraktum als Bestallung und das Verb zu bestallen umgebildet (bleibt aber außerhalb des Partizips selten). Die Ablösung vom Normalparadigma kann für das 15. Jh. angesetzt werden.

beten

115 bestätigen Vsw std. (13. Jh.), mhd. best¢tigen. Präfix-

Ableitung zu mhd. st¢¯ tec ’fest, beständig’ (also ’fest machen’) − gegebenenfalls eine Ableitung von best¢tec. Das Adjektiv wird heute stetig geschrieben (Þstet), es gehört letztlich zu Þstehen. Abstraktum: Bestätigung. Heidermanns (1993), 548f.

bestatten Vsw std. (11. Jh., Bedeutung 12. Jh.), mhd.

bestimmen Vsw std. (15. Jh.), mhd. bestimmen. Ur-

sprünglich ’durch seine Stimme auswählen, festlegen’, dann allgemein ’anordnen’. In der philosophischen Fachsprache des 18. Jhs. entwickelt sich die Bedeutung ’definieren’. Abstraktum: Bestimmung; Adjektiv (PPrät.): bestimmt. HWPh 1 (1970), 850–859; LM 1 (1980), 2080f.; EWNl 1 (2003),

282.

bestaten, ahd. bistaten. Ist eine Verstärkung des ein- bestricken Vsw std. (8. Jh.), mhd. bestricken, ahd. bistricken bedeutet u.a. ’mit einem Strick, mit Stricken fachen staten ’an einen Ort bringen, festlegen’ (zu fangen’. Zunächst wohl als Ausdruck der JägerspraÞStatt). Das Wort wird dann verhüllend für ’ins Grab che. Schon mittelhochdeutsch wird es zum gängigen legen’ gebraucht. Abstraktum: Bestattung. Ausdruck für ’durch Liebreiz für sich einnehmen’. bestechen Vsw std. (15. Jh.), fnhd. bestechen. Hat mehVgl. Þberücken. rere Bedeutungen, von denen eine ’prüfen’ ist (in Bestseller Sm ’etwas, das sich sehr gut verkauft’ erw. etwas hineinstechen, um den Inhalt oder die Qualität fach. (20. Jh.). Entlehnt aus ne. bestseller, einem Komdes Inhalts zu prüfen, z.B. Entnahme von Proben aus positum aus ne. best (Þbesser), dem suppletiven SuTeerfässern). Davon hängt die Verwendung mit Akperlativ von ne. good ’gut’, und ne. seller, einer Abkusativ der Person ab im Sinn von ’jemandem auf leitung von ne. sell ’verkaufen’, das auf g. *saljan zuden Zahn fühlen’. Danach mit Geschenken bestechen rückgeht. Die Ableitung in Form eines Nomen ’mit Geschenken ausprobieren, ob der Betreffende zu Agentis hat hier eine stärker passive Bedeutung. beeinflussen ist’. Dabei geht es darum, dem Betref-

Ebenso nndl. best-seller, ne. bestseller, nfrz. best-seller, nschw. fenden etwas zukommen zu lassen, um ihn günstig zu bestseller, nnorw. bestseller. – Rey-Debove/Gagnon (1988), stimmen (nicht um einen Handel, also nicht darum, 59f.; Carstensen 1 (1993), 110–113; DF 3 (21997), 268f. dass man ihn für eine bestimmte Gegenleistung bestürzen Vsw std. (9. Jh., Bedeutung 13. Jh.), mhd. be’kauft’). Daraus ist die heutige Bedeutung verallgestürzen, ahd. bisturzen. Ist eigentlich ein verstärktes meinert. Schon von Anfang an kann auch einfaches ’stürzen, umwerfen, zusammenwerfen, umdrehen’. stechen diese Bedeutung haben (was heute nicht mehr Dann auf innere Zustände übertragen, etwa als ’jmd. üblich ist). In den gleichen Zusammenhang gehört verwirren, durcheinanderbringen’; zunächst auch die Bedeutung ’für sich einnehmen’ (seit dem 18. Jh.) von freudigen Anlässen gesagt, dann auf ’erschre− zu vergleichen sind aber auch Wendungen wie in cken’ eingeengt. Vor allem in Partizipien (bestürzend, die Augen stechen; Þstechen. Abstraktum in der bestürzt) und Ableitungen (Bestürzung) üblich. Hauptbedeutung: Bestechung; Adjektiv: bestechlich, in der Nebenbedeutung bestechend. besuchen Vsw std. (11. Jh., Bedeutung 17. Jh.), mhd. besuochen, ahd. besuohhen ’untersuchen, versuchen, beBesteck Sn std. (16. Jh.). Ursprünglich ein Futteral, in fragen’ u.ä. Die Bedeutung, auf die der heutige Gedas Werkzeuge u.ä. gesteckt werden, dann der zusambrauch zurückgeht, ist ’jmd. aufsuchen’ mit verschiemengehörige Satz der Werkzeuge u.ä. selbst. Heute denen Bedeutungsspezialisierungen. In eingeengt auf das Tischbesteck (und auf fachsprachnach-mittelhochdeutscher Zeit eingeengt auf lichen Gebrauch). ’Verwandte, Freunde aufsuchen’. LM 1 (1980), 2071; EWNl 1 (2003), 282.

bestellen Vsw std. (9. Jh.), mhd. bestellen, ahd. bistellen

Röhrich 1 (1991), 85f.

’besetzen, umstellen, anordnen’. Von der zuletzt ge- Bete (auch Beete) Sf (meist rote Bete ’rote Rübe’) erw. wndd. (17. Jh.). Übernommen aus dem Niederdeutnannten Bedeutung aus dann das heutige ’in Auftrag schen. Das Wort ist eine alte Entlehnung aus l. be¯ta geben’, wie das unter ÞBestallung behandelte ’in ein ’Bete, Mangold’. Die ebenfalls frühen hochdeutschen Amt einsetzen’. Entlehnungen haben sich nur regional (seit 9. Jh. als EWNl 1 (2003), 282. Beißkohl, Bießkohl für ’Mangold’ u.ä.) gehalten. Bestie Sf std. (14. Jh., Form 15. Jh.), mhd. zunächst in Ebenso nndl. biet, ne. beet, nfrz. bette, nschw. beta, nnorw. bete. lateinischer Form (bestı¯a¯). Entlehnt aus l. be¯stia – Karg-Gasterstädt, E. BGDSL 62 (1938), 159f.; RGA 2 ’Tier, wildes Tier’, dann der deutschen Flexion ange(1976), 314–316; Cottez (1980), 51; Baader, Th. BGDSL 62 passt. Vor allem in den Ableitungen bestialisch, Besti(1938), 159f. (zu den Lautformen), 63 (1939), 117–119; EWNl 1 (2003), 306 f.; EWahd 2 (1998), 24–26. alität übertragen gebraucht für ’unmenschlich’. Eine stärker assimilierte Form ist ÞBiest 2. beten Vsw std. (8. Jh.), mhd. beten, ahd. beto¯n, as. beEbenso nndl. beest, ne. beast, nfrz. beˆte, nschw. best, nnorw. best; ÞBiest 2. – Öhmann, E. ZDW 18 (1962), 96–99; Brennecke, D. NSt 5 (1976), 113–145; DF 3 (21997), 254–268; EWNl 1 (2003), 283.

don. Der christliche Begriff des Betens wurde von den Germanen bei der Übernahme des Christentums meist in einer Art Lehnbedeutung aus l. o¯ra¯re ’bitten, beten’ durch Wörter für ’bitten’ wiedergegeben. Zu

beteuern

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HWPh 1 (1970), 860f.; Röhrich 1 (1991), 186; EWNl 1 (2003), diesen gehört auch beten, das von g. *bed-o¯ f. ’Bitte’, 242. dann auch ’Gebet’ abgeleitet ist (dieses in gt. bida, ae. bedu, afr. bede, as. beda, ahd. beta). Nomen Agentis: Bett Sn std. (8. Jh.), mhd. bett(e), ahd. betti, as. bed(di). Beter; Partikelverb: anbeten (l. ado¯ra¯re), dazu das AbAus g. *badja- n. ’Bett’, auch in gt. badi, anord. bedrÑ straktum Anbetung. m. (’Polster, Federbett’), ae. bed, afr. bed. Herkunft ÞGebet. – Wissmann (1932), 92–102; Röhrich 1 (1991), 186. unklar. Air. lepaid f., das neben ’Bett’ auch ’Schlafzimmer, Zufluchtsort’ bedeutet, weist am ehesten auf beteuern Vsw std. (15. Jh., Form 17. Jh.). Für ’eidlich eine Vorform (ig.) *b hotjo´-. Zu beachten ist auch das einschätzen, festsetzen’, zunächst den Wert einer zweite Glied von gr. kra´bbatos m. ’(niedriges) RuheSache (deshalb zu Þteuer), dann die Wahrheit einer bett’, dessen Herkunft ungeklärt ist. Die traditionelle Aussage betreffend. Das Substantiv Beteuerung ist weErklärung von Bett als ’Schlafgrube’ (zu l. fodere sentlich früher bezeugt als das Verb; vielleicht ist es ’graben’) ist von der Sache her unhaltbar. Eine urdie ältere Bildung. sprüngliche Bedeutung ’Boden’ ist dagegen wahrBeton Sm std. (18. Jh.). Entlehnt aus frz. be´ton, dieses scheinlich − sie führt aber kaum auf ig. *b hed haus l. bitu¯men n. ’Erdharz, Bergteer’. Direkt aus dem ’graben’ zurück. Die Folge Labial − Dental bei verLateinischen stammt das Wort Bitumen. Verb: schiedenen Artikulationsarten ist in diesem Bedeubetonieren. tungsbereich auffällig (b hot- oder b hod h-, ngr. pa´tos Ebenso nndl. beton, nschw. betong, nnorw. betong. – Röhrich ’Boden, Sohle, Bett usw.’ aus pat-, ne. pad ’Kissen, 1 (1991), 186; DF 3 (21997), 269–274; EWNl 1 (2003), 287. Pfote, Bett’ aus bodh oder bot). Handelt es sich urbetören Vsw std. (12. Jh., Bedeutung 16. Jh.), mhd. sprünglich um Lautnachahmungen (’stampfen’?, betœren. Eigentlich ’zum Toren machen, äffen’ ’tappen’?), die zu ’gestampfter Boden’ führen und (ÞTor 1), dann übertragen zu ’bezaubern’. dann weiterentwickelt werden oder um Entlehnunbetrachten Vsw std. (8. Jh., Bedeutung 15. Jh.), mhd. gen aus einer Substratsprache? − Bett und ÞBeet sind betrahten, ahd. bitrahto¯n, bitrahten. Verstärkung des ursprünglich dasselbe Wort − die beiden Bedeutuneinfachen trachten und bedeutet zunächst wie dieses gen sind dann auf verschiedene Lautvarianten verteilt ’erwägen’. In frühneuhochdeutscher Zeit kommt es worden. Bei der Bedeutung ’Flussbett’ ist Herkunft als ’beim Anschauen erwägen’ zu der heutigen Beaus *b hed h- ’graben’ denkbar, wenn frz. bief deutung. Das Substantiv Betracht (in Betracht ziehen ’Mühlgraben, Flussabschnitt’ nicht auf ein germaniusw.) bewahrt noch die ältere Bedeutung; das Adverb sches, sondern ein gallisches Wort zurückgeht. − Das (und Adjektiv) beträchtlich entwickelt sich aus ’mit Bett steht symbolisch auch für ’Krankheit’, deshalb Überlegung’ zu allgemeinerem ’erheblich’. Das Abbettlägerig u.ä. − Verb: betten. straktum Betrachtung bezieht sich stärker auf das inEbenso nndl. bed, ne. bed, nschw. bädd; ÞBeet. – Foerste, W. NW 2 (1961), 21–64; RGA 2 (1976), 316–320; Knobloch, J. SW 5 nerliche Betrachten.

Ebenso nschw. betrakta, nnorw. betrakte. – HWPh 1 (1970), 859f.; LM 1 (1980), 2085–2087; EWNl 1 (2003), 287.

betragen Vst std. (12. Jh.). Die Bedeutungsentwicklung

(1980), 180; LM 1 (1980), 2087; Maher, J. P. JIES 9 (1981), 341–347; EWahd 1 (1988), 572–574; Röhrich 1 (1991), 186f.; Hubschmid, J. FS Schröpfer (1991), 225–263; Meier, H. Vox Romanica 10 (1948/49), 73–86 (zu den Benennungsmotiven für ’Bett’); EWNl 1 (2003), 238.

ist im Ganzen unklar. Im Zusammenhang mit Summen und Maßen aus mhd. betragen Vst. ’zusammenBettel Sm ’minderwertiges Zeug’, meist in der Fügung tragen, vergleichen, rechnen’, einer Präfigierung von jemandem den Bettel vor die Füße werfen ’seine MitÞtragen; im Sinne von ’sich benehmen’ aus mhd. bearbeit aufkündigen’ erw. grupp. phras. (17. Jh.). Rücktragen Vsw. ’seinen Unterhalt haben, sich mit etwas bildung aus Þbetteln, wohl mit dem ursprünglichen begnügen’, dann ’mit jmd. auskommen’ zu der heuSinn ’Ertrag des Bettelns’. tigen Bedeutung (das schwache Verb übernimmt Röhrich 1 (1991), 187f. dabei immer mehr Formen von dem lautgleichen starken). Ein Teil der Bedeutungen gehört vielleicht betteln Vsw std. (9. Jh.), mhd. betelen, ahd. betalo¯n. Wörter dieser Bedeutung sind in der Regel von Wörnicht zu tragen Vst., sondern zu as. tregan ’leid sein, tern für ’Bettler’ abgeleitet, das deutsche Wort muss betrüben’ über eine Bedeutung ’Sorge’. Im einzelnen also eine Rückbildung sein zu Bettler, mhd. betel¢re, noch klärungsbedürftig. ahd. betala¯ri (oder auf die gleiche Grundlage zurückbetreten AdjPP ’verlegen’ std. (16. Jh.). Vermutlich zu gehen). Mit dieser Täterbezeichnung hängen zusamder Nebenbedeutung ’überraschen, ertappen’ von bemen gt. bidagwa ’Bettler’ und ae. bedecian ’betteln’. treten Vst. Semantisch ist wie bei l. mendı¯cus ’Bettler’ zu l. menBetrieb Sm std. (16. Jh., Bedeutung 19. Jh.). Wie das dum ’Fehler, Gebrechen’ oder bei gr. pto¯cho´s ’Bettler’ Grundverb betreiben aus dem Niederländisch/Niezu gr. pto˜ma ’Fall, Unglück’, gr. pto¯´sso¯ ’ich gehe zuderdeutschen in die Hochsprache gelangt und zusammengekauert’ (o.ä.) ein Ausdruck für einen unnächst einfaches Abstraktum (’Betreiben, Wirken, glücklichen Zustand als Grundlage zu erwarten. Ein Tätigkeit’). Dann wird es zum Konkretum für solcher könnte in lit. be˙da`, akslav. beˇda ’Not, Sorge, ’geschäftliches Unternehmen’. Adjektiv: betriebsam.

Beutel

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Kummer’ vorliegen, doch sind diese (dehnstufigen) Beuschel Sn ’Speise aus Tierinnereien’ per. oobd. Formen wegen Zusammenfalls verschiedener Wur(16. Jh., Bedeutung 19. Jh.). Die vorhergehende Bezeln mehrdeutig. Der Anschluss von Bettler und betdeutung ist ’Herz, Lunge, Milz und Leber’ (obere teln an Þbitten ist wohl sekundär, doch ist zu beachEingeweide eines geschlachteten Tieres), besonders ten, dass air. foigde, faigde ’Bettelei’ (ig. auch Eingeweide von Fischen. Diminutiv zu *upo-g whed h-ja¯) und air. foigdech ’Bettler’ zu eben die- ÞBausch. Das Wort bedeutet in der frühesten Bezeugung Teile von Kleidern, also etwa ’Wulst’, und ist in ser Wurzel gehört. Ebenso nndl. bedelen, bedelaar. – RGA 2 (1976), 316; EWahd 2 einer derartigen Bedeutung auf die Innereien ange(1998), 570; EWNl 1 (2003), 239. wandt worden. Betthupferl Sn ’Süßigkeit, die die Kinder bekommen, Beute1 Sf ’Kriegsbeute’ std. (14. Jh.), mhd. biute um ihnen das Zu-Bett-Gehen zu versüßen’ erw. obd. ’Beute, Verteilung’. Übernommen aus mndd. bu¯(i)te (19. Jh.). Betthupfer ist zunächst eine Scherzbezeich’Tausch, Verteilung, Beute’, das eine Ableitung von nung für ’Floh’; dann wohl übertragen als ’etwas, das bu¯ten ’tauschen, verteilen, Beute machen’ ist. Die man unerwartet im Bett findet’. Wörter sind seit dem 14. Jh. bezeugt und schon kurz darauf als Entlehnung in den Nachbarsprachen nachbetucht Adj ’begütert’ erw. grupp. (17. Jh.). Unmittelweisbar (frz. butin, butiner). Die Beute wird also zubar aus dem Westjiddischen entlehnt, und zwar liegt nächst als ’das (bei einem Kriegs- oder Raubzug) zur das hebr. Partizip ba¯tu ah ’sicher sein, vertrauensvoll’ ˙ ˙ Verteilung Kommende’ aufgefasst, erst später als zugrunde, das in Händlerkreisen auf einen finanziell ’das Weggenommene, Eroberte’. Weitere Herkunft sicheren, also wohlhabenden Partner angewandt unklar. Am ehesten kommen für einen Vergleich in werden kann. Die Lautung wird über wjidd. betu¯che Frage kymr. budd ’Gewinn, Beute, Reichtum’, air. ’sicher’ an die deutsche Partizipialform angepasst. Im bu´aid n. ’Sieg, Vorteil’ (aus ig. *b houd-), die aber ihRotwelschen erscheint das Wort erst später in der rerseits isoliert sind. Eine frühe Entlehnung aus dem Form betuach und bedeutet dort ’still, vorsichtig, zuKeltischen ist nicht völlig auszuschließen. Präfixabversichtlich’. leitung: erbeuten; s. auch Þausbeuten. Wolf (1985), 51. betulich Adj std. stil. (18. Jh.). Zu sich betun ’sich ge-

schäftig zeigen’ (eigentlich ’abschließen, fertigmachen’, zu Þtun). beugen Vsw std. (11. Jh.), mhd. böugen, ahd. bougen, as.

bo¯gian ’biegen’. Aus g. *baug-eja-Vsw. ’beugen’, auch in anord. beygja, ae. bigan, afr. beia (die Deutung von gt. usbaugjan ’ausfegen’ ist umstritten), Kausativ zu Þbiegen, also ’biegen machen’. Beugung als grammatischer Terminus ist eine Lehnbedeutung von l. de¯clı¯na¯tio. Präfigierung: verbeugen. Ebenso nndl. buigen, ne. bow, nschw. böja, nisl. beygja. S. auch Þvorbeugen. – Pfaff (1933), 19; EWahd 2 (1998), 263.

Beule Sf std. (9. Jh., bulislac 8. Jh.), mhd. biule, ahd.

bu¯˘l(l)a, bu¯illa, as. bu¯la. Aus wg. *bu¯ljo¯(n) f. ’Beule’, auch in ae. by¯l(e), afr. be¯l, beil. Daneben eine Reihe von lautlich und semantisch ähnlichen Bildungen. Zu der zugrunde liegenden Lautgebärde s. ÞBausch. – Niederhellmann (1983), 218–221; EWNl 1 (2003), 395f.; EWahd 2 (1998), 427, 429–431.

Beunde Sf (ursprünglich ’umzäunte Hauswiese’.

Kommt heute vor allem mundartlich und in zahlreichen Flurnamen vor) per. arch. (8. Jh.), mhd. biunt(e), biunde, ahd. biunta. Die Entsprechung mndd. bivank weist darauf hin, dass die Ausgangsbedeutung wohl ’Umzäuntes’ war (zu Þbei und Þwenden im Sinne von ’flechten, Palisadenzäune anbringen’). Vgl. ÞBitze. – Bader 3 (1973), 105–112, 98–104; Bauer, R. BON 16 (1979), 23–33; Tiefenbach, H. in Beck/Denecke/Jankuhn (1980), 294–298; LM 2 (1983), 8; Törnqvist, N. NJ 76 (1953), 25–37 (anders); EWahd 1 (1988), 451–453 (zu ahd. bameth); EWahd 2 (1998), 135–138.

Ebenso nndl. buit, ne. booty, nfrz. butin, nschw. byte, nnorw. bytte; ÞFreibeuter. – RGA 2 (1976), 323–331; EWNl 1 (2003), 397.

Beute2 Sf ’Backbrett’, ’Waldbienenstock’ arch. per.

wmd. (9. Jh.). Trotz der frühen Bezeugung ist weder die Herkunft noch die Geschichte ausreichend klar. Bezeugt ist einerseits ahd. biot m., as. biod ’Tisch, Opfertisch’ aus g. *beuda- m. ’Tisch’, auch in gt. biuþs m., anord. bjo´d Ñ n., ae. be¯od; andererseits ahd. biuta ’Bienenstock’, teig- ’Backtrog’, mhd. biute ’Backtrog, Bienenkorb’. ÞBieten. – Karg-Gasterstädt, E. BGDSL 61 (1937), 245f. (zu but- ’Holzklotz’), weiteres in den Mundartwörterbüchern; EWahd 2 (1998), 88–90, 138f.

Beutel Sm std. (8. Jh.), mhd. biutel n./m., ahd. bu¯til, as.

bu¯dil. Führen zurück auf vd. *bu¯dila- m. ’Beutel’. Außerhalb vergleichen sich Wörter mit weit auseinanderfallender Bedeutung, die auf *budd- (eine expressive Lautform) zurückführen: nisl. -budda ’Geldbeutel’ (jung), schwed. (dial.) bodd ’Kopf’, me. budde n., ne. bud ’Knospe’. Da ein Zusammenhang wahrscheinlich ist, dürfte Beutel ursprünglich ’das in einem Tuch Zusammengebundene (etwa: Geld)’ gewesen sein, die expressiven Wörter haben dann eine Bedeutung wie ’Knopf’, bezeichnen also etwas dickes Rundes. Sie gehören wohl zu der unter ÞBausch beschriebenen Lautgebärde. Beutel ist auch ein Mehlsieb (ein auf diese Weise zusammengebundenes Tuch ist die einfachste Form eines Siebs) − daher gebeutelt ’durcheinandergeschüttelt’. Ein Beutelschneider ist eigentlich jemand, der Geld stiehlt, indem er den am Gürtel getragenen Beutel aufschlitzt

Beutheie − heute für jemanden gebraucht, der Wucherpreise verlangt. Ebenso nisl. budda ’Geldbeutel’; ÞWindbeutel. – LM 2 (1983), 10; Röhrich 1 (1991), 189f.; EWNl 1 (2003), 395f.; EWahd 2 (1998), 478f.

Beutheie (auch Pochheie) Sf ’Böttcherschlegel’ per.

fach. (18. Jh.). Zu mhd. hei(e), ahd. heia ’Schlegel, Holzhammer’, zu mndl. heien, wfr. heien ’schlagen, rammen’, das vielleicht mit l. caedere ’hauen, schlagen’ zusammengehört. Das Vorderglied vermutlich zu einer Gefäßbezeichnung, die mit ÞBeute 2 zusammenhängt. Poch- gehört ersichtlich zu Þpochen; doch dürfte dies kein Grund sein, Beut- an g. *baut-a’schlagen’ (ÞAmboss, ÞBeitel) mit niederdeutscher Lautform anzuschließen. Zur lateinischen Verwandtschaft s. Þdezidiert; ÞHeide 1, ÞHeister. – Braun, F. FS Cordes (1976), 42–55; EWNl 2 (2005), 404.

bevor Konj std. (8. Jh.), mhd. bevor, ahd. bifora, as. bi-

foran. Sind wie ae. beforan Adverbien mit der Bedeutung ’davor’ (örtlich), ’vorher, zuvor’ (zeitlich) aus be- (Þbe-, Þbei) und Þvor. In Sätzen, bei denen bevor Adverb ist, das durch ¯e ’ehe’ wiederaufgenommen wird, entwickelt sich in frühneuhochdeutscher Zeit seine Funktion als Konjunktion. EWahd 2 (1998), 28.

bewähren Vsw std. (12. Jh.), mhd. bew¢ren. Ist eine Prä-

fixableitung von Þwahr und bedeutet demnach zunächst ’als wahr erweisen’. Heute meist im reflexiven Gebrauch mit der Bedeutung ’sich als brauchbar erweisen’. Kein Zusammenhang mit Þwähren und Þgewähren. EWNl 1 (2003), 297.

bewältigen Vsw std. (14. Jh.). Präfixableitung zu mhd.

waltec, weltec ’gewaltig’ zu walten. Die Bedeutung ist zunächst ’in seine Gewalt bringen, eine Sache beherrschen’, dann ’mit etwas fertig werden’. bewandert AdjPP std. (16. Jh.). Zu einer Präfigierung

von Þwandern. Einerseits in der zu erwartenden passiven Bedeutung bezeugt (ein viel bewanderter Weg), andererseits, und heute fast ausschließlich, im Sinne des Perfekts oder Zustandspassivs (er ist in etwas bewandert). Letzteres wohl nach dem Vorbild von Þerfahren. Bewandtnis Sf Þbewenden. bewegen1 Vst ’jmd. zu etwas veranlassen’ std. alt.

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’bedrücken, schwer sein’, im Zentrum der Bedeutung steht ersichtlich das Wiegen mit der Waage. Die Präfigierung variiert lediglich diese Ausgangsbedeutung, und die Überlieferung zeigt deshalb ein gewisses Schwanken in der Bedeutung, zumal starkes und schwaches Verb beim Simplex nicht mehr auseinandergehalten werden. In der Neuzeit wird diese auf ’veranlassen zu’ (das eigentlich zu den Bedeutungen des schwachen Verbs gehört) eingeschränkt, weil alle anderen Bedeutungen auf andere Verben festgelegt werden (z.B. auf erwägen). Das Verb bleibt damit bestehen, wird aber in seinem Anwendungsbereich zurückgedrängt. Ebenso nndl. bewegen Vst. Þbewegen 2. – Seebold (1970), 542–544; Stieglbauer-Schwarz (2001), Kap. 13; EWNl 4 (2009), 606.

bewegen2 Vsw ’die Lage verändern, jemanden rüh-

ren’ std. (8. Jh.), mhd. bewegen. Das präfigierte schwache Verb bewegen hat von Anfang an die Bedeutung ’die Lage verändern’ wie das einfache schwache Verb; daneben auch ’innerlich bewegen’, ’veranlassen zu’ und ’sich entschließen’ (refl.). Es ist daher eher eine Präfigierung des Simplex vom schwachen Verb als eine Ableitung des präfigierten starken Verbs. Von Anfang an verschwimmt der Gegensatz zum Simplex. Spätestens seit dem 16. Jh. übernimmt bewegen die Funktion des einfachen wegen Vsw. Abstraktum: Bewegung; Adjektiv: beweglich. S. Þbewegen 1, ÞLeuwagen, Þunentwegt und die unter Þwiegen 2 genannte Sippe. – HWPh 1 (1970), 863–882; LM 2 (1983), 24–28; Heller (1970), 144–162; Stieglbauer-Schwarz (2001), Kap. 13; EWNl 1 (2003), 297.

beweisen Vst std. (13. Jh., Form 15. Jh.), mhd. bewı¯sen

Vsw., mndd. bewisen Vsw. Die starken Formen beginnen im 15. Jh. und setzen sich dann durch. Evtl. hat dabei ein älteres -wı¯zan ’anrechnen’ mitgeholfen (auch in der Bedeutung?). Das Wort bedeutet mit persönlichem Objekt ursprünglich ’anweisen, zurechtweisen, belehren’ zu Þweisen; später mit Akkusativ der Sache ’nachweisen, zeigen’, in der Rechtssprache − ausgehend vom Vorzeigen von Beweismitteln − ’zwingend nachweisen’. Von dort aus gelangt es in die Wissenschaftssprache. Als Substantiv hierzu gilt zunächst mhd. bewı¯sunge; seit dem 16. Jh. wird es ersetzt durch Beweis, eine Rückbildung aus dem schwachen Verb. Ebenso nndl. bewijzen, bewijs. – HWPh 1 (1970), 882–888; RGA 2 (1976), 483–487; LM 2 (1983), 28–31; EWNl 1 (2003), 297.

(8. Jh.), mhd. bewegen, ahd. biwegan. Präfigierung zu ahd. wegan, g. *weg-a- ’wiegen, bewegen’, das unter bewenden Vsw erw. obs. (9. Jh.), mhd. bewenden, ahd. biwenten. Präfigierung zu wenden. Das Wort bedeutet Þwiegen 1 behandelt ist und zu dem auch Þwägen geursprünglich ’hinwenden’, auch ’anwenden, verwenhört; bewegen hat heute ein schwaches Präsens, denn den’. Hierzu die heute idiomatisierte Wendung es die alte Vokalqualität setzt Umlaut-a fort (wägen setzt dabei bewenden lassen (d.h. ’auf sich beruhen lassen’); den e-Vokalismus [1. Sg. und Pl.] des Präsens unter ähnlich mit substantiviertem Infinitiv sein Bewenden Einfluss des Substantivs ÞWaage fort, wiegen den ihaben ’auf sich beruhen bleiben’ und als Ableitung Vokalismus [2./3. Sg.]). Die Bedeutung des Simplex aus dem alten Partizip bewandt (ähnlich wie verwandt ist im Ahd. ’wiegen, wägen’, auch ’erwägen’ und

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Bibliographie

im Sinn von ’angeboren, zugehörig’ gebraucht) die ÞBewandtnis ’Beschaffenheit’.

klassischen Bildungen, auch hybrider Art (schon alt etwa ÞBigamie).

bewerkstelligen Vsw std. (17. Jh.), mhd. ze werke stellen

ÞDiplom. Zur lateinischen Verwandtschaft s. ÞDuo, zur grie-

chischen di- und zur germanischen Þzwie- und Þzwei. – Wort’zur Ausführung bringen’. Über ein Adjektiv werkbildung 3 (1978), 249; Cottez (1980), 51; DF 3 (21997), 274–280. stellig (in Fügungen wie werkstellig machen) wird das Präfixverb abgeleitet (selten auch ein Simplex werk- Biathlon Sn ’Kombination aus Skilanglauf und Scheibenschießen’ per. fach. (20. Jh.). Moderne Bildung stelligen). parallel zu früherem Pentathlon ’Fünfkampf’, das auf EWNl 1 (2003), 297. ein altgriechisches Wort gleicher Bedeutung (gr. pe´nbewusst AdjPP std. (15. Jh.), fnhd. bewissen, mndd. betathlon) zurückgeht. weten. Das Verb mit der Bedeutung ’wissen, sich zuEbenso nndl. biathlon, ne. biathlon, nfrz. biathlon; Þbi-, rechtfinden’ ist spärlich bezeugt, ebenso sein Partizip ÞAthlet. bewist. Dieses entwickelt sich (wie bei gewusst zu bibbern Vsw ’zittern’ std. stil. (18. Jh.). Zu einer LautÞwissen) im Mitteldeutschen zu bewusst und setzt gebärde für ’zittern’, zu der auch Þbeben gehört. sich in dieser Form durch Luthers Einfluss durch. Das Þpuppern. – EWNl 1 (2003), 302f. Partizip wird später in der reflexiven Formel sich einer Sache bewusst sein im Sinne von ’wissen, sich klar Bibel Sf ’die Heilige Schrift’ std. (13. Jh.), mhd. biblie, darüber sein’ gebraucht und spielt dann zusammen bibel. Entlehnt aus kirchen-l. biblia ’die Heiligen Bümit der Ableitung Bewusstsein in der philosophischen cher’, dieses aus dem Plural von gr. biblı´on n. ’Buch’, und psychologischen Fachsprache (Selbstbewusstzu gr. by´blos, bı´blos ’Papyrusbast’, aus By´blos sein) eine bedeutende Rolle. Adjektive: unbewusst, ( verallgemeinert zu ’sperren’. Abstraktum: Blockade. bl- ist für das Lateinische nicht strikt beweisbar, aber Ebenso nndl. blokkeren, ne. block, nschw. blockera, nnorw. durch die gesicherte Entwicklung mr- > br- und blokkere; ÞBlock, ÞBlockstelle. – DF 3 (21997), 362–374; Jones durch die Entwicklung in den Nachbarsprachen (be(1976), 152f.; Brunt (1983), 160; LM 2 (1983), 280–281; EWNl 1 sonders im Keltischen) ziemlich wahrscheinlich. (4) (2003), 331. Die Entwicklung von -e/i- zu -o- in bestimmten LautBlockstelle Sf ’Stellwerk’ per. fach. (20. Jh.). Die Blockumgebungen ist nur für die Entwicklung vor -l- ausstelle dient zum blockieren eines Geleises, ist also aus reichend gesichert, für die Entwicklung nach -l- gibt Þblockieren rückgebildet. es zwar Beispiele; aber es besteht die Tendenz, sie jeweils als Einzelfall zu erklären. (5) Auf eine Entwickblöde Adj std. (9. Jh.), mhd. blœde ’gebrechlich, zaglung von -tn- zu -nd- gibt es zwar Hinweise (z.B. l. haft’, ahd. blo¯di, as. blo¯d(Ñ i). Aus g. *blauþa, blauþjafundus < -d hn-), aber keine zwingende Parallele. Un(vermutlich ursprünglich u-Stamm) Adj. ’schwach, bequem für eine solche Deutung sind lautlich und zaghaft’, auch in anord. blaudrÑ , ae. ble¯aþ; gt. vielleicht semantisch ähnliche Wörter (z.B. l. fla¯vus ’blond’). in blauþjan ’abschaffen’. Außergermanisch ist am Täterbezeichnung (Femininum): Blondine; Verb: ähnlichsten gr. phlau˜ros ’schlecht, geringfügig, ärmlich’ (ig./vor-gr. *b hlau-ro-); weitere Herkunft unklar. blondieren. Ebenso nndl. blond, ne. blond(e), nschw. blond, nnorw. blond. – Im 17. Jh. wird dazu gebildet blödsinnig ’geistig behinDF 3 (21997), 374–380; Tilander, G. FS Meier (München 1971), dert’, worauf blöde ebenfalls in dieses Bedeutungsfeld 545–547; Brunt (1983), 160; Woll, D.: Neue Beiträge zur rohineingezogen wird. Blödsinn m. ist eine Rückbildung manischen Etymologie 10 (1975), 342–367; DEO (1982), 127; des 18. Jhs. zu blödsinnig. Verb: blödeln; PräfixableiSpeyer, J. S. TNTL 27 (1908), 1–9; van der Meulen, R. TNTL tungen: Þentblöden, verblöden. 45 (1926), 60–69; Daan, J. de nieuwe taalgids 71 (1978), 484–489; EWNl 1 (2003), 331.

Blut

135 bloß Adj std. (12. Jh.), mhd. blo¯z, mndd. blo¯t, mndl.

bloot. Aus g. *blauta- Adj. ’bloß’ (u.a.), auch in anord. blautr ’zart, schwach, nass’, ae. ble¯at ’armselig’. Lautlich würde entsprechen ein gr. phlyda´o¯ ’ich triefe’ mit gr. phlydaro´s ’weich, matschig’. Das würde die altnordische Nebenbedeutung erklären, aber kaum zu ’entblößt’ führen. Unter Umständen sind hier zwei verschiedene Wörter zusammengeflossen; vgl. das bedeutungsähnliche Þblöde und nhd. (reg.) blutt ’bloß, unbekleidet’, die lautlich nicht ohne weiteres zu bloß passen. Die Zusammenhänge bedürfen noch der genaueren Aufklärung. Die Wendung sich eine Blöße geben ’eine schwache Stelle zeigen’ ist ein Ausdruck der Fechtersprache. Präfixableitung: entblößen; Zusammenrückung: bloßstellen.

se’ und ist wohl nicht zugehörig); partizipähnliche Ableitung ’das Blühende’ aus g. *blo¯-a- ’blühen’ (s. Þblühen). Parallele Ableitungen sind ae. blo¯stm(a) m. (ne. blossom) und ae. bl¢ ¯ d f. S. auch ÞBlüte und ÞBlust. − Die Blume des Weins ist dessen Duft (und Geschmack) − wie der einer Blume (vgl. frz. bouquet m.), Lehnbedeutung zu l. flo¯s ’Blume’ und ’Duft des Weins’. − Die Blume im Bierglas ist der hochstehende Schaum (der wie eine Blume aufblüht), möglicherweise nach dem Vorbild von l. flo¯s (-o¯ris) m. ’Schaum des Weins’. Durch die Blume oder Þverblümt wird etwas nur andeutungsweise gesagt; ursprünglich wohl durch Rede blumen, d.h. in zierlicher, geschmückter Ausdrucksweise. Gegenteil: Þunverblümt. Adjektive: blumig, geblümt.

Ebenso nndl. bloot, nschw. blöt, nisl. blautur ’nass’. – Lühr (1988), 267f.; Röhrich 1 (1991), 221; Heidermanns (1993), 130f.; EWNl 1 (2003), 332; EWahd 2 (1998), 199–201.

Ebenso nndl. bloem, ne. bloom (entlehnt aus dem Altnordischen), nschw. blom(ma), nisl. blo´m. – Röhrich 1 (1991), 222f.; EWNl 1 (2003), 329; EWahd 2 (1998), 208f.

blubbern Vsw ’Blasen aufsteigen lassen’ std. stil.

(20. Jh.). Lautmalerisch. EWNl 1 (2003), 333 (blubber).

Blue Jeans Spl Þblau, ÞJeans. Bluff [bluf, blœf] Sm ’Täuschung’ erw. fremd. (20. Jh.).

Blumenkohl Sm std. (16. Jh.). Lehnübersetzung mit

Umkehrung der Glieder zu it. cavolfiore (zu it. cavolo ’Kohl’ und it. fiore ’Blume’). Daneben auch Entlehnung des italienischen Worts, die sich heute noch in österr. ÞKarfiol hält. EWNl 1 (2003), 330.

Entlehnt aus ne. bluff, dessen Herkunft nicht zweifelsfrei geklärt ist. Ausgangspunkt für die Entlehnung blümerant Adj ’flau, unwohl’ erw. obs. (17. Jh.). Entlehnt aus frz. bleumourant ’mattblau’, eigentlich ist wohl das Kartenspiel Poker, bei dem der Bluff zur ’sterbendes Blau’. Die heute noch übliche VerwenSpielpraxis gehört. Dann Verallgemeinerung der Bedung mir wird ganz blümerant zumute ist eine umdeutung. Verb: bluffen. schreibende Abwandlung von mir wird blau (statt Ebenso nndl. bluf, nfrz. bluff, nschw. bluff, nnorw. bløff; dessen heute: schwarz) vor den Augen. Þverblüffen. – Rey-Debove/Gagnon (1988), 71; DF 3 (21997), 381–383; EWNl 1 (2003), 333.

blühen Vsw std. (8. Jh.), mhd. blüejen, ahd. bluoen, as.

Röhrich 1 (1991), 223.

Blunze (auch Blunzen) Sf ’dicke Blutwurst’ per. obd.

blo¯ian. Aus wg. *blo¯-(j)a- Vst. ’blühen’, auch in ae. (16. Jh.). Zu mhd. blunsen ’aufblähen, aufblasen’. blo¯wan Vst. (die auf Langvokal auslautenden ’Verba Wohl lautmalerisch vom Geräusch, das schwerfällige pura’ sind im Deutschen allgemein von der starken in Körper beim Fallen machen. die schwache Flexion übergegangen). Dieses aus ig. Vgl. Þpflatsch, Þplumpsen u.ä. (weur.) *b hlo¯- ’blühen’, auch in l. flo¯s (-o¯ris) ’Blume, Bluse Sf std. (19. Jh.). Entlehnt aus frz. blouse, dessen Blüte’ und mir. bla´th ’Blüte’; falls das Wort ÞBlatt Herkunft nicht sicher geklärt ist. zugehörig ist, ergeben sich weitere VergleichsmögEbenso nndl. blouse, ne. blouse, nschw. blus, nisl. blu´ssa. Viellichkeiten. Wenn von einer Bedeutung ’sprossen, herleicht kommt das frz. Wort mit dialektaler Form des Suffixes vorbrechen’ auszugehen ist, kann die Wortsippe an aus früh-rom. *bullosa ’kugelförmig’ als spöttische Bezeichnung bäuerlicher Kleidung (oder zu bulla = pulla ’Trauergedie unter Þblähen besprochene Lautgebärde für wand’, eigentlich ’das Dunkle’?). – DF 3 (21997), 385–387; Lo’blasen, schwellen, platzen’ angeschlossen werden. kotsch (1975), 132; DEO (1982), 127f.; EWNl 1 (2003), 332. Präfigierungen mit Þer-, Þver-; Partikelverb mit auf-. Ebenso nndl. bloeien, ne. blow; ÞBlatt, ÞBlume, ÞBlüte, ÞBlust. Blust Sm ’Blüte’ per. arch. wobd. (13. Jh.), mhd. bluost. – Seebold (1970), 122; Koivulehto, J. BGDSL-T 103 (1981), Besondere Ableitung zu g. *blo¯-a- ’blühen’; ähnlich 258f.; EWNl 1 (2003), 329; EWahd 2 (1998), 206–208. ae. blo¯stm(a). Es handelt sich hier wohl um germanische st-Bildungen, es ist aber nicht ausgeschlossen, Blümchenkaffee Sm ’sehr dünner Bohnenkaffee’ (bedass letztlich ein näherer Zusammenhang zu der ssonders in Sachsen gesagt) per. omd. (18. Jh.). AngebErweiterung in l. flo¯s (-o¯ris) vorliegt. lich, weil man bei ihm das Blumenmuster auf dem ÞBlume, Þblühen, ÞBlüte. Grund der Tasse sehen konnte. Röhrich 1 (1991), 222.

Blume Sf std. (8. Jh.), mhd. bluome m./f., ahd. bluoma

f., bluomo m., as. blo¯mo m. Aus g. *blo¯mo¯n m. ’Blume, Blüte’, auch in gt. blo¯ma, anord. blo´m n., blo´mi m., afr. bla¯m (ae. blo¯ma bedeutet ’Metallmas-

Blut Sn std. (8. Jh.), mhd. bluot, ahd. bluot, as. blo¯d. Aus

g. *blo¯da- n. ’Blut’ (mit grammatischem Wechsel, der im Gotischen zurückgenommen ist), auch in gt. bloþ, anord. blo´d,Ñ ae. blo¯d, afr. blo¯d. Ein nur germanisches Wort, das die alten indogermanischen Wörter für

Blüte

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’Blut’ (vertreten durch l. aser und l. cruor m.) ersetzt Boa Sf ’Schlange, Halspelz’ erw. fach. (16. Jh.). Entlehnt hat. Vermutlich ein Beiwort (oder Hüllwort?) zu dieaus l. boa, das zunächst ’Wasserschlange’ bedeutet und dann auf die südamerikanischen Riesenschlansen, wohl zu *b hel- ’schwellen’ − ’platzen’ − ’fließen’ gen übertragen wird. Das Wort ist unklarer Herkunft. (l. fluere ’fließen’ usw.) als das, was den Körper straff Die Bedeutung ’Halspelz, Federboa’ ist im 19. Jh. aus hält und bei Verwundungen hervorquillt. Einzelheiten bleiben aber unklar. Nhd. blut- wird als Verstärdem Französischen entlehnt, wo sie im Rahmen einer kungselement gebraucht (blutjung, blutarm). (Gleimodischen Bezeichnung aus dem Schlangenwort ches) Blut steht sinnbildlich für enge Verwandtschaft übertragen wurde. oder sonstige Zusammengehörigkeit. Verb: bluten; Ebenso nndl. boa, ne. boa, nfrz. boa, nschw. boa, boa-orm, nnorw. boa, nisl. boaslanga. – DF 1 (1913), 89f.; EWNl 1 (2003), Adjektiv: blutig; übertragen für ’rot’ (Blutbuche), 334. ’Mord’ (Blutrache), direkte Verwandtschaft (blutsverwandt). Bob Sm (ein Sportschlitten) per. fach. (19. Jh.). Entlehnt Ebenso nndl. bloed, ne. blood, nschw. blod, nisl. blo´d.Ñ S. auch aus ne. bob(sled) oder bob(sleigh), das ursprünglich ÞGeblüt. – Kroes, H. W. J. GRM 36 (1955), 347; Silfwerim amerikanischen Englischen zwei aneinandergebrand (1958), 81–115; RGA 3 (1978), 77–80; Hamp, E. P. FLH 1 hängte Schlitten bezeichnete, mit denen Baumstäm(1980), 389–392; Grazi, V. AGI 67 (1982), 1–37; Guerrieri, me transportiert wurden; ein bob war ursprünglich A. M.: Sangue e Antropologia biblica nella patristica. Hrsg. F. einer der beiden Schlitten, zunächst wohl nur der Vattioni, Roma 2 (1982), 907–934; Del Zotto, C.: Sangue e hintere, der damit entweder vom Verb aus als der Antropologia nella letteratura cristiana. Hrsg. F. Vattioni, Roma 3 (1983), 1375–1420; LM 2 (1983), 288–289; Röhrich 1 ’hochschnellende’ (ne. to bob ’sich ruckartig bewe(1991), 223–225; EWNl 1 (2003), 329; EWahd 2 (1998), 211 f . gen’) oder vom Substantiv aus (bob u.a. ’Pendel’ und ähnliche angehängte Teile) als der ’angehängte’ beBlüte Sf std. (9. Jh., Form 12. Jh.), mhd. bluot, ahd. zeichnet wurde. Das Hinterglied ist ein niederländibluot. Aus wg. *blo¯-di- f. ’Blüte’, auch in ae. bl¢¯ d. Ein sches Wort, wobei sled über das Englische aus mndl. ti-Abstraktum zu g. *blo¯-a- ’blühen’, also eigentlich slede (vgl. ÞSchlitten) entlehnt wurde; sleigh beruht ’das Blühen’. Die neuhochdeutsche Lautform (mit auf der niederländischen Nebenform slee, die über -e) ist bereits in mittelhochdeutscher Zeit aus dem die niederländische Kolonie in Nordamerika dort gePlural Blüten rückgebildet in Anlehnung an ÞPflanze bräuchlich wurde. Zu dem aus diesem Langholzu.ä. (und vielleicht um der Homonymie mit ÞBlut zu schlitten entwickelten Sportgerät wurde zunächst entgehen). bob-sled gesagt, später allgemein zu bob gekürzt. Þblühen, ÞBlume, ÞBlust. – Röhrich 1 (1991), 225f.; EWahd 2 (1998), 210f.

Blutegel Sm ÞEgel. blutrünstig Adj std. (13. Jh.), mhd. bluotrunstec (u.ä.).

Ebenso nndl. bobslee, nfrz. bob(sleigh), nschw. bobb, nnorw. bobsleigh. – Rey-Debove/Gagnon (1988), 73; Gillmeister, H. in Triet, M. (Hrsg.): 100 Jahre Bobsport (Basel 1990), 16–26; EWNl 1 (2003), 335.

Abgeleitet aus mhd. bluotrunst, ahd. bluotruns(t). Die Boccia Sn (ein Spiel mit faustgroßen Kugeln) per. exot. Formen des zweiten Bestandteils fallen weit ausein(20. Jh.). Entlehnt aus it. boccia f. (eigentlich ’runder ander, und auch die Bedeutungen sind − obwohl es Körper, Kugel’), dessen weitere Herkunft nicht sicher sich um einen Rechtsterminus handelt − widergeklärt ist. sprüchlich: sowohl ’Wunde mit fließendem Blut’, wie Ebenso nndl. boccia, ne. boccie, nschw. boccia, nnorw. boccia. auch ’Wunde, bei der kein Blut fließt’; das Adjektiv bedeutet zunächst ’eine solche Wunde habend’, wird Bock Sm std. (9. Jh.), mhd. boc, ahd. boc, as. boc, buc, mndd. buk, bok, mndl. buk, bok. Aus g. *bukka- m. dann aber seit dem 16. Jh. (bei lautlichen Varianten ’Bock’, auch in anord. bukkr, bokkr, ae. bucca schon früher) zu ’blutig’ und dann zu ’blutgierig’ (n-Stamm, neben bucc ’Rehbock’). Den gleichen umgedeutet. In der Standardsprache erscheint diese Lautstand (expressive Gemination) zeigen die keltiletzte Bedeutung erst im 20. Jh. Da weder die ältere schen Wörter air. boc(c), kymr. bwc(h); eine EntlehForm noch die ältere Bedeutung präzisiert werden nung ist deshalb nicht ausgeschlossen (wenn auch können, ist die übliche Herleitung unsicher: Zu Blut aus sachlichen Gründen nicht wahrscheinlich). Ohne und einer alten Ableitung von g. *renn-a- ’rinnen’: Geminate, aber mit Vokallänge, entspricht avest. ahd. runs, runsa, runst ’Strömung, Wasserlauf’. bu¯za- und mit abweichender Bedeutung arm. bowc Denkbar ist auch ein Anschluss an älteres ÞRunse ’Lamm’. Weitere Herkunft unklar. Brøndal zieht it. ’Riss, Kerbe’ als ’Wunde, die lediglich ein Riss ist, aus becco ’Bock’ heran und vermutet Entlehnung aus dem (wenig) Blut fließt’; schwere Wunden werden in dem Etruskischen; sowie Entlehnung des avestischen den Rechtstexten anders benannt. Wortes und anderer Wörter aus einer diesem vorausÞRunse, Þrinnen. – Niederhellmann (1983), 229–233. liegenden (kaukasischen) Sprachform. − Übertragen Bö Sf ’Windstoß’ erw. fach. (17. Jh.). Übernommen aus ist Bock ein vierbeiniges Gestell, danach auch der Kutnndl. bui. Gehört wohl zu der unter ÞBausch dargescherbock (16. Jh.). − Einen Bock schießen für älteres stellten Lautgebärde für ’blasen’. einen Fehler schießen und damit auch Bock für EWNl 1 (2003), 395.

Bodmerei

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’Fehler’: In den Schützengilden des 16. Jhs. wurde ein einerseits spezialisiert zu ’Blasebalg, Geldbeutel usw.’, Fehlschuss Bock genannt, wie noch heute beim Keandererseits übertragen auf ’Blase, Hodensack, Hülse usw.’ geln ein Fehlwurf ein ÞPudel. − Den Bock zum Gärtner machen ist eine Variante von scherzhaften WarJung, H.: 3000 Jahre Bocksbeutel (Würzburg 1970); Hommel, H.: Symbolia II (Hildesheim 1988), 362–366. nungen vor Handlungen, die man nicht tun sollte (wie die Katze nach Bratwürsten schicken, den Wolf Bocksbeutel2 Sm ’die hergebrachten Gewohnheiüber die Schafe setzen usw.), dann Verallgemeinerung ten’ per. arch. (18. Jh.). Noch in der Goethezeit ist dies im Gebrauch. − In der Jugendsprache ist Bock, ausdie übliche Bedeutung des Wortes Bocksbeutel, norgehend von Redewendungen wie geil wie ein Bock, zu malerweise ist es negativ gemeint. Bezeugt ist das einem Ausdruck für ’Lust, Appetit’ geworden. Wort auch für einen Bestandteil der Sonntagstracht Ebenso nndl. bok, ne. buck, nschw. bock; ÞBückling 2, der Frauen, offenbar ein am Gürtel getragener Beutel, Þverbocken. – Brøndal 1917, 179f. = 1948, 187–189; Janze´n, A. in dem sich besonders das Gesangbuch befand. Das Göteborgs Högskolas A˚rsskrift 43 (1937); DEO (1982), 137f.; LM Wort wird deshalb erklärt als ’Beutel für das Buch’ (in 2 (1983), 303–304; Röhrich 1 (1991), 226–228; EWNl 1 (2003), niederdeutscher Form, also boks-beutel). Dies wurde 346; EWahd 2 (1998), 216–218. dann offenbar als Symbol für nicht mehr gewolltes Bockbier Sn (gekürzt Bock m./n., auch Doppelbock Herkommen aufgefasst. m./n. usw.) ’ein Starkbier’ erw. fach. (16. Jh., Form Bockshorn (in der Redensart ’jemanden ins Bockshorn 19. Jh.). Früher Oambock oder Ambock (in Münjagen’) Sn std. phras. (16. Jh.). Bezeugt seit S. Brant chen). Gemeint war ursprünglich das Einbecker Bier, und M. Luther in verschiedenen Wendungen. Herdas berühmte Exportbier der niedersächsischen Stadt kunft unklar, da eine Erklärung aus regionalen VerEinbeck. Bock beruht auf der Kürzung einer regionahältnissen die weite Verbreitung glaubhaft machen len Variante dieses Namens. müsste. Übersicht über die Vorschläge bei Röhrich. Mehlber, L. JGGB (1980/81), 111–117; Plümer, E. HG 99 (1981), 10–32; EWNl 1 (2003), 346.

bocken Vsw ’sich sperren’ std. stil. (19. Jh.). Zu ÞBock

als ’steifbeinig dastehen und sich sperren wie ein Bock’. Adjektiv: bockig. EWahd 2 (1998), 320.

Bocksbeutel1 Sm ’besonders geformte Flaschen für

Hartnacke, W. NPhM 13 (1942), 227f.; Heinermann, Th. BGDSL 67 (1944), 248–269; Greciano, G. Proverbium 7 (1984), 63–79; Röhrich 1 (1991), 228–232; EWahd 2 (1998), 219f.

Bockwurst Sf (eine Brühwurst) erw. fach. (19. Jh.). Eine

Wurst, die zum ÞBockbier gegessen wurde, also Klammerform aus *Bockbier-Wurst.

Frankenwein’ per. fach. (19. Jh.). Die Flaschen in ab- Boden Sm std. (9. Jh.), mhd. bodem, boden, ahd. bodam, geplatteter Kugelform sind regional in Italien, in as. bodoÑ m. Aus vd. *buþma- m. ’Boden’, während die Baden und in Franken üblich. Da in Franken der beaußerdeutschen Sprachen auf g. *butma- zurückgeliebte Steinwein in ihnen abgefüllt wurde, der vor Fälhen (anord. botn, ae. botm). Auszugehen ist offenbar schungen geschützt werden sollte, wurden dort die von einem ig. *b hud h-men- in ai. budhna´- m. ’Boden, Flaschen versiegelt und dieses Qualitätsmerkmal Grund, Wurzel’ (mit Erleichterung von -mno-), gr. übertrug sich auf die Flaschenform. Der Name bepythme¯´n m. ’Boden eines Gefäßes, des Meeres, Wurruht auf einem scherzhaften Vergleich der Flaschenzel’; ferner, wohl mit Umsprung des -n-, l. fundus m. form mit dem Hodensack des Bocks. Etymologisch ’Boden’, mir. bonn m. ’Sohle, Grundlage’. Die Vervon Bedeutung ist die These, dass mit dieser Bezeichschiedenheit des dentalen Auslauts kann auf vernung ursprünglich tatsächlich Bockshoden gemeint schiedene Assimilation an den Nasal zurückgehen. waren, die als Flüssigkeitsbehälter gebraucht wurden. Herkunft der Wurzel und damit die weitere ErkläBegründet wurde diese These durch den Gräcisten H. rung unklar. Die Bedeutung ’Stockwerk’ und dann Hommel, der gr. ary´ballos ’Beutel, der zusammenbesonders ’Dachstock’ ist speziell deutsch. − Der Bogeschnürt werden kann; kugelförmige Gießkanne densee hat seinen Namen seit der Karolingerzeit von mit schmalem Hals’ ebenfalls als ’Schafbocks-Beuder kaiserlichen Pfalz Bodman. Zu dieser s. RGA 3 tel’ erklärte (zu gr. arneio´s ’Schafbock, Widder’ und (1978), 125–129; vgl. A. Borst in Der Bodensee. Hrsg. gr. balla´ntion ’Geldbeutel’ – dieses weiter zu gr. phalH. Maurer (Sigmaringen 1982), 495–529. Adjektiv: lo´s, was aber nur geht, wenn das Wort aus einer inbodenlos; Kompositum: bodenständig. dogermanischen Nachbarsprache, etwa Thrakisch Ebenso nndl. bodem, ne. bottom, nschw. botten, nisl. botn. Zur oder Illyrisch, entlehnt wurde). Aber schon die Anlateinischen Verwandtschaft s. ÞFundament; ÞBodmerei, nahme einer Entlehnung entwertet die ArgumentaÞbuddeln. – Schlemmer (1971), 143–149; Lühr (1988), 340f.; tion mit dem Griechischen, die im übrigen nicht in Hamp, E. FS Bailey (1990), 447–450; Röhrich 1 (1991), 232–234; Kroonen, G. ABäG 62 (2006), 17–25; Kortland, F. ABäG 63 allen Punkten einwandfrei ist. Ein semantisch besser (2007), 5–8; EWNl 1 (2003), 337; EWahd 2 (1998), 222–225. durchschaubares Wort wie l. follis zeigt die wahrscheinlichere Bedeutungsstruktur von balla´ntion: Bodmerei Sf ’Schiffsbeleihung’ per. fach. (16. Jh.). Aus Auszugehen ist von ’Schlauch, Behältnis aus Leder’, mndd. (ver)bod(d)emen ’den Boden eines Schiffs,

Bofist

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Schiff und Ladung, beleihen’ und dem zugehörigen mndd. bodemrije. Ebenso nndl. bodemerij; ÞBoden. – LM 2 (1983), 307.

Bofist (Bovist) Sm ’eine Pilzart’ erw. fach. (15. Jh.), fnhd.

scheinlich. Vielleicht einfach Lautmalerei für schwere Gegenstände. Vielleicht aber auch zu mhd. bolen, ahd. bolen ’rollen, wälzen’ (ÞBöller), dessen Herkunft aber auch nicht klarer ist.

ÞBollwerk. – RGA 3 (1978), 174–183. vohenvist ’Füchsinnenfurz’. Zu mhd. vohe ’Füchsin’ (ÞFähe) und mhd. vist ’Furz’ (ÞFist). Der Anlaut Bohne Sf std. (8. Jh.), mhd. bo¯ne, ahd. bo¯na, as. bo¯na. wird gegen den Anlaut des zweiten Gliedes mittelAus g. *bauno¯ f. ’Bohne’, auch in anord. baun, ae. deutsch und niederdeutsch dissimiliert; die entstebe¯an, afr. ba¯ne. Gemeint sind zunächst die Saubohne hende Form wird teils sekundär motiviert (zu und die Bohnenkerne, die Gartenbohne (’grüne BohPfauen-, Buben-Fist), teils für ein Fremdwort angesene’) ist erst später aus Amerika eingeführt worden. hen. Dem Hinterglied entspricht mit gleicher BedeuAußergermanisch vergleicht sich l. faba, russ. bob m. tung genau gr. pe´zis ’Bofist’. Allgemeiner ist die Beund apreuß. babo, die auf (ig.) *b hab ha¯ führen, sowie zeichnung ’Wolfsfurz’ in gr. lyko´perdon (so auch die (aus *b ha-ko/a¯) alb. ba´the¨ ’Saubohne’ und gr. phako´s botanische Bezeichnung dieses Pilzes), nndl. wolfsm. ’Linse’. Mit diesen lässt sich der germanische Diveest, nfrz. vesse-de-loupe u.a. Die Benennung bezieht phthong nur unter der Annahme einer Dissimiliesich auf die bei Berührung des alten Pilzes ausstäurung **babno¯ zu *bauno¯ vereinigen; sie ist nicht ausbenden Sporen. geschlossen, aber ohne Parallele. Zu bedenken ist außerdem die Möglichkeit, dass es sich um Forssman, B. MSS 29 (1971), 47–70; EWNl 1 (2003), 366. Entlehnungen aus einer nicht-indogermanischen Bogen Sm std. (8. Jh.), mhd. boge, ahd. bogo, as. -bogo. Sprache handelt, da die Bohne nirgends eine WildAus g. *bug-o¯n m. ’Bogen’, auch in anord. bogi, ae. afr. frucht ist. boga; eine Instrumentalbildung zu g. *beug-aEbenso nndl. boon, ne. bean, nschw. böna, nisl. baun. – ’biegen’ (Þbiegen). Außergermanisch vergleichbar ist Bertsch (1947), 156–165; RGA 3 (1978), 183–189; Röhrich 1 mir. fidbocc ’Holzbogen’ (mit expressiver Geminati(1991), 235–237; Kuiper, F. B. J. NOWELE 25 (1995), 79f.; on oder assimiliertem Auslaut). − Ein Bogen Papier EWNl 1 (2003), 354; EWahd 2 (1998), 237f. sind ursprünglich die aus einem Stück zusammenBohnenlied Sn (es geht übers Bohnenlied ’es ist unergefalteten (’zusammengebogenen’) Blätter. hört’) per. phras. (15. Jh.). Das damit gemeinte Lied ist Ebenso nndl. boog, ne. bow, nschw. ba˚ge, nisl. bogi. S. noch bekannt − es schildert Verkehrtheiten und AlbernÞBausch zu der Redensart in Bausch und Bogen. – RGA 3 (1978), heiten und hat den Kehrreim Nu gang mir aus den 157–165, 171f.; Wortmann, F. NW 15 (1975), 85–97; LM 2 (1983), 317–324; Röhrich 1 (1991), 234; Relleke (1980), 73–75, 177 (zur Bohnen ’Lass mich jetzt in Ruhe’. Auf Lieder mit BohBedeutung ’Geigenbogen’ [seit dem Mittelhochdeutschen]); nen wird aber auch schon im 13. Jh. angespielt. EWNl 1 (2003), 353; EWahd 2 (1998), 227.

Bohei Sn ÞBuhei. Bohe`me Sf ’ungezwungenes Künstlermilieu’ per. fach.

Böhme, F. M.: Altdeutsches Liederbuch (Leipzig 1877), 435 (Text); Vgl. außerdem Kopp, A. ZVS 27 (1917), 35–49, 167f.; Röhrich 1 (1991), 237f.

(19. Jh.). Entlehnt aus gleichbedeutend frz. bohe`me, bohnern (bohnen) Vsw ’den Boden wachsen’ erw. ndd. (18. Jh.). Zu mndd. bonen ’blank reiben’, das mit dieses aus ml. bohemus ’böhmisch, Böhme’. Als Hermndl. (uut)boenen auf wg. *bo¯n-o¯- Vsw. ’blank reikunftsbezeichnung (’die Leute aus Böhmen’) hat es ben, glänzen’, auch in ae. bo¯nian, führt. Außergerbereits im Mittellateinischen auch die Bedeutung manisch vergleicht sich air. ba´n ’weiß, glänzend’; ein ’Zigeuner’. In bewusster ’Entbürgerlichung’ des weiterer Anschluss ist an eine Wurzelform *b ha¯Künstlerlebens kommt es dann zu der Assoziation ’leuchten, glänzen’ (ai. bha¯´ti ’leuchtet, scheint’) mögvon Künstlerleben und Zigeuner- und Vagabundenlich. Kompositum: Bohnerwachs. leben, die die heute geläufige Bedeutung entstehen EWNl 1 (2003), 342. lässt. Zentrum für diese Vorstellung ist das Pariser Quartier Latin; für die Verbreitung in Deutschland Böhnhase Sm ÞBönhase. war Puccinis Oper La Bohe`me von Bedeutung. bohren Vsw std. (10. Jh., duruhboron 8. Jh.), mhd. born, Ebenso nndl. bohe`me, ne. Bohemian, nschw. bohemliv, nnorw. ahd. boro¯n, as. boron. Aus g. *bur-o¯- Vsw. ’bohren’, bohem. – DF 3 (21997), 391–393; Kreuzer, H. DVLG (Sonderauch in anord. bora, ae. bo¯rian; außergermanisch verheft) 38 (1964), 170–207; Jones (1976), 153f.; HWPh 1 (1970), gleicht sich am genauesten l. fora¯re ’bohren’ (wohl 952f.; Röhrich 1 (1991), 234f.; EWNl 1 (2003), 345f. von einer Vollstufe), darüber hinaus weit verbreitet Bohle Sf std. (15. Jh.), mhd. bole, mndd. bol(l)e Wörter auf einer Grundlage (ig.) *b her- zur Bezeich’Planke’, mndl. bol ’Baumstamm’. Aus vd. *bulo¯n f. nung von Arbeiten mit scharfen Werkzeugen. Die ’Bohle, Baumstamm’; vergleichbar ist anord. bolr, besondere Stammbildung in den germanischen und bulr m. (a-Stamm) ’Baumstamm’. An sich könnte lateinischen Wörtern ist entweder intensiv-deverbal hier die unerweiterte Grundlage des Wortes für oder denominativ (am ehesten zu einem Wort für ÞBalken vorliegen, doch ist eine solche Annahme bei ’Loch’). Nomen Instrumenti: Bohrer. so spät und schlecht bezeugten Wörtern nicht wahr-

Bombast

139 Ebenso nndl. boren, ne. bore, nschw. borra, nisl. bora; Þverbohrt. – RGA 3 (1978), 189–205; EWNl 1 (2003), 357; EWahd 2 (1998), 246f.

Boiler Sm ’Gerät zur Bereitung von heißem Was-

ser’ erw. fach. (19. Jh.). Entlehnt aus ne. boiler, einem Nomen Instrumenti zu ne. boil ’kochen, erhitzen’, aus afrz. bolir, aus l. bullı¯re (eigentlich ’Blasen werfen’), einer Ableitung von l. bulla f. ’Wasserblase (usw.)’, zunächst in der Bedeutung ’Dampfkessel’, dann auch als Bezeichnung für kleinere und einfachere Geräte. Ebenso nndl. boiler; ÞBulle 2. – Carstensen 1 (1993), 146f.; EWNl 1 (2003), 346.

Boje Sf (ein verankerter Schwimmkörper als Markie-

rung) per. fach. (16. Jh., Standard 18. Jh.). Übernommen von mndl. boye, dessen Herkunft umstritten ist. Ebenso nndl. boei, ne. buoy, nfrz. boue´e, nschw. boj, nnorw. bøye. – Mode´er, I. NB 31 (1943), 131–149; EWNl 1 (2003), 339.

-bold Suffix erw. alt. (–). Zunächst Namenelement in

bollern Vsw Þbullern. Bollwerk Sn std. alt. (14. Jh.), fnhd. bolwerk, mndd. bol-

werk, mndl. bolwerc ’Schutzbau (Werk) aus Bohlen’. Heute nur noch als technischer Terminus und übertragen (als ’Schutzwall gegen’) verwendet. Aus dem Niederländischen auch ins Französische entlehnt als boulevard m., das alsbald seine Bedeutung wandelt zu ’breite Ringstraße’ (die sich auf, bzw. vor den Bollwerken ausbilden konnte). In der Bedeutung ’breite Straße’ dann ins Deutsche zurückentlehnt. Ebenso nndl. bolwerc; ÞBohle. – Stammler (1954), 194–198; Jones (1976), 157f.; EWNl 1 (2003), 348f.

Bolschewik Sm ’radikaler (russischer) Sozialist’ erw.

fach. (20. Jh.). Die russische sozialistische Partei spaltete sich 1903 in den Mehrheitsflügel der Bolschewiken (zu russ. bol’sche ’größer, mehr’) und den Minderheitsflügel der Menschewiken. Die Bolschewiken setzen sich in der Folgezeit durch und bestimmen dann (offiziell nicht mehr unter diesem Namen) die Politik der Sowjetunion. Dadurch wird Bolschewismus neben ÞKommunismus für mehrere Jahrzehnte zum Feindbild der westlichen Politik. Adjektiv: bolschewistisch.

Namen auf -bald (vgl. etwa Sigibald ’Sebaldus’) und gleichzusetzen mit dem Adj. Þbald ’kühn’. Schon früh (mittelhochdeutsch) dient dieses Namenglied auch zur Schaffung von charakterisierenden AppelEbenso nndl. bolsjewiek, ne. Bolshevik, nfrz. bolchevik, nschw. lativen. Zunächst etwa Hetzbold als Name eines Jagdbolsjevik, nisl. bolse´vı´ki. – Grossmann/Grünberg (1971), hundes, dann allgemein ’Jagdhund’. Dann schon 36–87; DF 3 (21997), 394–401; EWNl 1 (2003), 348. mittelhochdeutsch Trunkenbold und Wankelbold. Vielleicht war das Hinterglied zur Zeit der ersten Bil- bolzen Vsw ’kraftvoll, aber planlos, Fußball spielen; dungen noch durchsichtig, vgl. Maul-Held, nschw. raufen’ std. stil. (20. Jh.). Zu ÞBolzen. Das Schießen dryckes-kämpe ’Trunkenbold’ (zu ÞKämpe) u.a. Die mit Bolzen und auch in der Technik das Einpressen Vertretung durch -o- ist regional. von Bolzen ist ein wuchtiger und schneller Vorgang − davon ist wohl das Bild genommen. Möglicherweise Wortbildung 2 (1975), 349f. parallel zu Þholzen, das ursprünglich beim Hockey Bolero Sm (ein rhythmischer spanischer Tanz) per. gesagt wurde, aufgekommen. exot. (19. Jh.). Entlehnt aus gleichbedeutend span. bolero, dessen weitere Herkunft unsicher ist. Ebenso nndl. bolero, ne. bolero, nfrz. bole´ro, nschw. bolero, nnorw. bolero. – EWNl 1 (2003), 347.

bölken Vsw ’brüllen (vor allem von Rindern)’ per. ndd.

wmd. (16. Jh.). Das Wort gehört zu einer Reihe von niederdeutschen Schallwörtern, wie mndd. belken, bolken, mndl. belken, nndl. balken (vom Esel), md. bülken, nndl. bulken ’brüllen, muhen, blöken’. Lautnachahmende Bildungen von der Grundlage von Þbellen mit germanischem k-Suffix. Hauschild, O. ZDW 12 (1910), 34; EWNl 1 (2003), 209.

Bolle (Bölle schwz.) Sf ’Zwiebel’ per. städt. (11. Jh.). Ent-

lehnt und gekürzt aus it. cipolla (ÞZwiebel) in Anlehnung an älteres ahd. bolla ’runder Körper’, z.B. auch ’Knospe’. Ebenso nndl. bol; ÞBall 1. – EWahd 2 (1998), 228, 230f.

Böller Sm ’kleiner Mörser, Knallkörper’ erw. fach.

(16. Jh.), spmhd. pöler. Zunächst ’Schleudermaschine’, dann ’kleines Geschütz (zum Salutschießen)’, zu mhd. boln ’drehen, schleudern’, ahd. bolo¯n ’drehen, rollen, wälzen’, dessen weitere Herkunft unklar ist. ÞBohle.

Bolzen Sm std. (10. Jh.), mhd. bolz(e), ahd. bolz(o),

mndd. bolte(n), mndl. bolte, boute. Führen auf einen n-Stamm; ahd. mhd. bolz, ae. bolt wie anord. boltr auf einen a-Stamm. Beide Formen sind entlehnt aus früh-rom. *(cada-)bultjo ’Bolzen, Pfeil’ aus l. catapulta f. ’Wurfmaschine, Wurfgeschoss’ aus gr. katape´lte¯s ’Schleudermaschine’. Ebenso nndl. bout, ne. bolt, nschw. bult, nisl. bolti; Þbolzen, ÞKatapult. – Brüch, J. ZDA 73 (1936), 75–86; Lloyd, A. L. AJGLL 1 (1989), 53–66; Röhrich 1 (1991), 239f.; EWNl 1 (2003), 364; EWahd 2 (1998), 234–236.

Bombast Sm ’Schwulst, Redeschwall’ erw. fremd.

(18. Jh.). Entlehnt aus ne. bombast, das zunächst ’Baumwolle’ bedeutet, dann ’ein Kleidungsstück, das mit Baumwolle ausgestopft ist’, und schließlich eine Redeweise, die mit unnötigem Schwulst ’ausgestopft’ ist. Das englische Wort ist eine Variante (mit sekundär angetretenem t) von älterem ne. bombace, dieses aus afrz. bombasin ’Baumwolle; baumwollene Wattierung’, aus ml. bombax (-acis) ’Baumwolle’, aus älterem l. bomby¯x (-y¯cis) m./f. (’Kokon der Seidenraupe, Seidenraupe, Seide’), aus gr. bo´mbyx; dieses ist wohl orientalischer Herkunft. Adjektiv: bombastisch.

Bombe

140 Ebenso nndl. bombast, nschw. bombasm, nnorw. bombast. – DF 3 (21997), 407–410; Ganz (1957), 42f.; EWNl 1 (2003), 349f.

Bombe Sf std. (17. Jh.). Entlehnt aus frz. bombe, dieses

’festverzinsliche Schuldverschreibung’ wurde das Wort international und damit auch deutsch. EWNl 1 (2003), 351.

aus it. bomba, aus l. bombus m. ’dumpfes Geräusch’, bongen Vsw erw. fach. (20. Jh.). Das Verb bongen aus gr. bo´mbos m., für das man lautnachahmenden ’einen Bon ausstellen’ entsteht in dieser Lautform Ursprung annimmt. Bombardement und aufgrund der Aussprache mit auslautendem velarem bombardieren gehen auf frz. bombarde ’schweres BeNasal. Heute vielfach übertragen verwendet (gebongt lagerungsgeschütz’, eigentlich ’(Stein-)Schleuder’in Ordnung, erledigt’), wohl ausgehend von der Weimaschine’ zurück, eine Ableitung von frz. bombe. Als tergabe der Bestellung an die Küche mit einem Bon erstes Element dient bomben- mehrfach zur Verstärim Restaurant. kung, wobei die verschiedenen Bildungen möglicherBönhase Sm per. nordd. (15. Jh.). Alte niederdeutsche weise unterschiedlich zu beurteilen sind. Für die älScherzbezeichnung für die Katze (’Bühnenhase’ zu teste Wendung, bombenfest (18. Jh.), ist eine falsche Bühne ’Dachraum’, entsprechend anderenorts Umsetzung aus ndd. boomfast, also eigentlich ’fest ÞDachhase), die im 15. Jh. (wohl wiederum scherzwie ein Baum’ nicht ausgeschlossen, und haft) auf unzünftige Handwerker, vor allem Schneibombensicher (mit Ton auf beiden Kompositionsglieder, übertragen wird (weil sie heimlich in abgelegedern) ist möglicherweise im Anschluss daran gebilnen Räumen arbeiten). det; bombensicher (mit Ton auf dem Erstglied) ’so siWalther, C. ZDW 8 (1906/07), 191–199; LM 2 (1983), 411–412; cher, dass es durch keine Bombe zerstört werden Röhrich 1 (1991), 239; Schroeder, K. Stader Archiv 5 (1915), kann’ ist wohl erst später. Ein Bombenerfolg ist wohl 67–69 (anders). ’ein Erfolg, der einschlägt wie eine Bombe’. Vielleicht im Anschluss daran bombig ’großartig’. Täterbezeich- Bonmot Sn ’treffende, geistreiche Bemerkung’ per. fach. (17. Jh.). Entlehnt aus frz. bon mot ’witzige Bemernung: Bomber; Verb (meist präfigiert): zer-, kung’, eigentlich ’gutes Wort’. verbomben. Ebenso nndl. bon-mot, ne. (bon) mot, nnorw. bonmot. – DF 3 Ebenso nndl. bom, ne. bomb, nschw. bomb, nisl. bomba. – DF 3 (21997), 426f.; Schirmer (1911), 35; Brunt (1983), 162f.; (21997), 401–407, 410–417; Niekerken, W. KVNS 50 (1937) SH, EWNl 1 (2003), 352. 28; Jones (1976), 154f.; Brunt (1983), 161f.; LM 2 (1983), Bonus Sm ’Gutschrift’ erw. fach. (19. Jh.). Entlehnt aus 389–390; Röhrich 1 (1991), 240; EWNl 1 (2003), 349.

Bommel Smf ’Troddel, Quaste’ std. reg. (20. Jh.). Zu

Þbummeln in der Bedeutung ’(wie ein Glockenschwengel) hin- und herschwanken’. Vgl. Þbaumeln. S. bommeln in dieser Bedeutung bei Adelung.

Bon Sm ’Gutschein’ erw. fach. (18. Jh.). Entlehnt aus frz.

bon, einer Substantivierung von frz. bon ’gut’, dieses aus l. bonus. Gemeint ist zunächst eine Zahlungsanweisung, die vom Schuldner ’gutgeheißen’ wird. Dann Bedeutungsausweitung, heute etwa für ’Kassenzettel’. Ebenso nndl. bon, nschw. bong, nnorw. bong; ÞBonbon, Þbongen, ÞBonmot, ÞBonus. – DF 3 (21997), 417–421; BlW 3 (1988), 147–165 (zum Grundwort); EWNl 1 (2003), 350.

Bonbon Sn std. (18. Jh.). Entlehnt aus gleichbedeutend

frz. bonbon m., einer kindersprachlichen Form (substantivierte Reduplikationsform) des französischen Adjektivs bon ’gut’, dieses aus l. bonus ’gut’. Kollektivum: Bonbonniere. Ebenso nndl. bonbon, ne. bonbon, nnorw. bonbon; ÞBon. – DF 3 (21997), 423–425; EWNl 1 (2003), 350f.

Bond (meist Plural) Sm ’festverzinsliches, auf den In-

haber lautendes Wertpapier’ per. fach. (20. Jh.). Entlehnt aus e. bond, einer regionalen, besonders schottischen, Variante von e. band, der Entsprechung von d. ÞBand 2. Diese Variante bekam Bedeutungen wie ’Verbindung, Verpflichtung’, auch rechtlicher Art (’Haftung, Bürgschaft’). In der modernen Bedeutung

gleichbedeutendem e. bonus; dieses aus l. bonus ’gut’ (s. ÞBon). Die Entlehnung eines Substantivs aus l. bonus ’gut’ hätte allerdings im Neutrum stehen oder um den Wortausgang gekürzt werden müssen, das Wort muss also (auch wegen seines barbarischen Plurals bonuses) eine besondere Herkunft haben. Normalerweise wird Börsenslang und schlechte Lateinkenntnisse vermutet, doch ist wahrscheinlicher, dass der Wortgebrauch eine Übernahme aus dem Vermerk bonus ist (also etwa ’zugute kommen ...’ und eine Summe). Gemeint ist ursprünglich eine zusätzliche Zahlung (Sondervergütung, Prämie); dann auch etwa ’(Schadenfreiheits-) Rabatt’ und Ähnliches (Gegensatzbildung: Malus), auch Punktevorgaben und andere Vorteile (etwa beim Sport). In Verruf geraten ist das Wort durch überzogene Zusatzleistungen zu Managergehältern bei Banken. Ebenso nndl. bonus, nschw. bonus, nnorw. bonus, nisl. bo´nus. – Schirmer (1911), 36; EWNl 1 (2003), 535.

Bonze Sm ’buddhistischer Priester, abwertende Be-

zeichnung eines (finanziell) bessergestellten Funktionärs’ erw. grupp. (16. Jh., Bedeutung 18. Jh.). Entlehnt aus frz. bonze, dieses aus port. bonzo ’buddhistischer Priester’, aus jap. bo¯zu n. ’Priester’. Es bezeichnet zunächst als Exotismus den buddhistischen Priester in China und Japan, dann wird es auf bigotte Geistliche beliebigen Bekenntnisses übertragen. In der Arbeiterbewegung wird es zum Spottwort für verständnislose, auf den eigenen Vorteil bedachte,

Börde

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hochstehende Funktionäre (der Grund für die Übertragung liegt in der ideologischen Unbeweglichkeit), auch allgemein für Hochgestellte und Reiche (z.B. Parteibonze). Variante: Bonzier. Ebenso nndl. bonze, ne. bonze. – Lokotsch (1975), 27; DF 3 (21997), 428–431; EWNl 1 (2003), 352.

Boom Sm ’Aufschwung’ erw. fach. (19. Jh.). Entlehnt

aus ne. boom, dieses wohl zu ne. boom ’sich plötzlich − unter beträchtlicher Geräuschentwicklung − sehr heftig fortbewegen’, das wohl lautnachahmenden Ursprungs ist. Ebenso nndl. boom, nfrz. boom, nschw. boom, nnorw. boom. – Rey-Debove/Gagnon (1988), 77; Carstensen 1 (1993), 149–151; DF 3 (21997), 431–433.

Boot Sn std. (15. Jh.). Ein Boot ist vor allem das Beiboot

passte Form aufgegeben. Auch die Bedeutung hat ein wechselvolles Schicksal: Das Wort berührt sich mit ml. botrax (u.ä.) ’Krötenstein’. Dieses geht auf gr. ba´trachos, bo´trachos ’Frosch’ (semantisch eigentlich auf gr. batrachı´te¯s ’Krötenstein’) zurück. Da das grüne Kupfermineral Malachit wie Borax als Goldlötmittel verwendet werden konnte, ergab sich im 16. Jh. auch ein borax ’Malachit’ (und chrysocolla, der Name des Malachits, wurde auch auf Borax angewandt). Im Verlauf des 17. Jhs. wurde dann Borax auf die Bedeutung ’Dinatriumtetraborat’ festgelegt. Ebenso nndl. borax, ne. borax, nfrz. borax, nschw. borax, nisl. bo´rax. – Goltz (1972), 248–250; Lüschen (1979), 192; Cottez (1980), 54; Tazi (1998), 120f.; Grab-Kempf, E. SW 32 (2007), 207–216; EWahd 2 (1998), 243f.

1 zu einem größeren Schiff. Das Wort ist aus der nie- Bord Sn ’Wandbrett’ erw. ndd. (16. Jh.), as. bord m., mndd. bort, mndl. bord. Niederdeutsches Wort, das g. derdeutschen Seemannssprache übernommen, *burdan. ’Brett’ entspricht, auch in gt. fotu-baurd mndd. bo¯t, mndl. boot, diese aus me. bo¯t, ae. ba¯t m./f. ’Fußbank’, anord. bord,Ñ ae. bord, afr. bord; auch ahd. Neben diesem anord. ba´tr m., mit dem es (wegen der bort, mhd. bort, die aber keine Fortsetzer haben. DieLautentsprechungen) nicht urverwandt sein kann. Es ses Wort steht im Ablaut zu ÞBrett. fragt sich deshalb, ob das Altenglische aus dem AltEbenso nndl. bord, ne. board, nschw. bord, nisl. bord;Ñ ÞBord 2, nordischen entlehnt hat oder umgekehrt (das Wort ÞBordell. – Niedballa (2001); EWNl 1 (2003), 356. ist weder in den ältesten nordischen, noch in den ältesten englischen Texten belegt). Wegen der kultur- Bord2 Sm ’oberster Rand des Schiffes’, meist übertragen (an Bord usw.) erw. fach. (13. Jh.), as. bord n. Niederund sprachgeschichtlichen Verhältnisse ist wohl andeutsch/niederländischer Ausdruck der Seemannszunehmen, dass das nordische Wort den Ausgangssprache, der auch in Gegenden, in denen er lautlich punkt bildet. Ein seltenes und poetisches anord. beit abgewandelt erscheinen sollte, diese Lautform behält. ’Schiff’ (das mit dem altenglischen Wort urverwandt Bezeugt in anord. bord Ñ n., ae. bord, afr. bord, ahd. bort sein könnte und damit für dies als Ursprung sprechen n. Die Etymologie ist nicht eindeutig, da mehrere könnte) fällt demgegenüber nicht ins Gewicht, weil es Herleitungsmöglichkeiten bestehen; unter Umstänohne weiteres eine postverbale Bildung zu anord. den haben die verschiedenen Quellen zusammengebeita ’kreuzen’ sein kann. Mndl. beitel ’kleines Boot’ wirkt: 1. Da der Bord ursprünglich aus aufgesetzten kann auf Umsetzung aus *ba¯tel (das zu frz. bateau Brettern bestand, kann Herkunftsgleichheit mit wird) beruhen. Herkunft unklar. Die PartikelableiÞBord 1 ’Brett’ angenommen werden. Wahrscheinlitung ausbooten bedeutet zunächst ’mit dem Boot an cher ist aber 2.: Für das Wort bord besteht weithin die Land bringen’, heute nur noch übertragen ’jemanallgemeinere Bedeutung ’Rand, Kante, Einfassung’ den (aus einer Funktion) ausschalten’. u.ä., die (da es sich um den Rand des Schiffes handelt) Wolf-Rottkay, W. H. Anglia 71 (1952/53), 140–147; Wüst, W. Anglia 73 (1955), 262–275; Rogby, O. It Beaken 25 (1963), ebenfalls zugrunde liegen kann. In diesem Fall liegt 302–305; RGA 3 (1978), 233–291; LM 2 (1983), 443; Röhrich 1 aber ein anderes Wort vor, das seinerseits lautlich (1991), 240–242; EWNl 1 (2003), 355f. nicht völlig klar ist: Es handelt sich um Bildungen zu *bar/bur- und *br-; da ahd. brort, ae. brord bezeugt Bor Sn (chemisches Element) erw. fach. (19. Jh.). Das ist, kann ahd. bort usw. durch Dissimilation aus brort Element Bor wurde 1808 als Radikal der Boraxsäure entstanden sein − ein einfaches *bor-d- ist aber nicht entdeckt und mit einer Kürzung (Kopfwort) aus ausgeschlossen. ÞBorax benannt. Die Borsalbe wird aus Vaseline und Zur Bedeutung ’Rand’ vgl. noch ÞBord 3 und ÞBorte. – RöhBorsäure hergestellt.

Öhmann, E. NPhM 57 (1956), 107f.; Lüschen (1979), 192; EWNl 1 (2003), 354f.

rich 1 (1991), 242; Niedballa (2001); EWNl 1 (2003), 355; EWahd 2 (1998), 249–252.

3 Borax Sm ’borsaures Natrium’ per. fach. (15. Jh.), fnhd. Bord Sn ’Uferböschung, begrenzender Abhang’ per.

borros, buras. Entlehnt als borros u.ä. aus ml. borax f./n. Dieses geht über iberoromanische Zwischenstufen auf arab. bu¯raq, bauraq, und dieses auf pers. bu¯räh zurück; zusätzliche unmittelbare Entlehnungen aus dem Arabischen führen zu beträchtlicher Formenvielfalt. Später wird erneut auf die mittellateinische Form borax zurückgegriffen und die ange-

arch. (9. Jh.), mhd. bort, ahd. bort ’Rand’. Zu ÞBord 2. Hierzu auch Bordstein. ÞBorte, Þbordieren. – EWNl 1 (2003), 355.

Börde Sf ’fruchtbare Niederung, besonders in der

norddeutschen Tiefebene’ per. fach. (14. Jh.). Aus mndd. borde ’ein der Stadt(kirche) zins- oder steuerpflichtiges Landgebiet’, dann ’Gerichtsbezirk,

Bordell

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Landschaft’, heute vor allem in Landschaftsbezeichnungen wie Magdeburger Börde, zu ndd. bören ’(Steuern) erheben’. Althochdeutsch entspricht giburida f. ’was einem zukommt’. Vgl. Þgebühren. – DRW II (1932–35), 408; Schröder, E. NJ 65/66 (1939/40), 33f.

Bordell Sn ’Haus für gewerbsmäßige Prostitution’ erw.

fremd. (14. Jh.). Entlehnt aus mndl. bordeel, dieses aus frz. bordel m. und it. bordello m., die in der eigentlichen Bedeutung ’kleine (Bretter-)Hütte’ vermutlich auf ein germanisches Wort zurückgehen (ÞBord 1). Es handelt sich demnach um eine euphemistische Diminutivbildung. Ebenso ne. brothel, nfrz. bordel, nschw. bordell, nnorw. bordell. – Jones, W. J. SN 51 (1979), 249; Zimmermann, M. GL 1979, 52f.; DF 3 (21997), 433f.; Niedballa (2001), 187–190; EWNl 1 (2003), 356.

bordieren Vsw ’einfassen, besetzen’ per. arch. (16. Jh.).

Entlehnt aus frz. border gleicher Bedeutung, zu frz. bord ’Rand, Besatz’, das seinerseits aus einem westfränkischen Wort stammt, das zu ÞBord 3 oder zu ÞBorte gehört. Hierzu als Konkretum Bordüre. Ebenso nndl. boorden, ne. border. – DF 3 (21997), 434–436; Jones (1976), 156f.; Niedballa (2001), 369; EWNl 1 (2003), 356f.

borgen Vsw std. (9. Jh.), mhd. borgen, ahd. borge¯n,

mndd. borgen, mndl. borgen. Aus wg. *burg-e¯- Vsw., auch in ae. borgian. Als älteste Bedeutungen stehen fest ’schonen’ und ’etwas erlassen’, dann erst ’borgen, leihen’ und ’Bürge sein’. Der Bedeutungsübergang ist unklar. S. ÞBürge, mit dem das Wort ersichtlich zusammenhängt. Das Abstraktum Borg (heute nur noch in auf Borg) ist bereits alt (10. Jh.). Röhrich 1 (1991), 242f.; EWNl 1 (2003), 357; EWahd 2 (1998), 245 f.

Borke Sf ’Rinde’ erw. ndd. (17. Jh.), mndd. borke, mndl.

Ebenso nndl. geborneerd, ne. borne´, nschw. bornerad, nnorw. bornert; Þabonnieren. – DF 3 (21997), 436f.; EWNl 2 (2005), 186f.

Borretsch Sm ’Borago officinalis, Gurkenkraut’ per.

fach. (13. Jh.), spmhd. boretsch. Der Borretsch wurde im Mittelalter von den Arabern auf der iberischen Halbinsel eingeführt und von dort aus verbreitet. Der heutige Name geht auf eine arabische Bezeichnung zurück, die für die eng verwandte ’italienische Ochsenzunge’ bezeugt ist (die Pflanze Ochsenzunge wird in deutschen Mundarten auch Baurenboretsch oder wilder Buratsch genannt). Die arabische Bezeugung ist für das Maghrebinische (Nordwest-Afrika) (a)bu¯ huraisˇ (zu den Varianten s. Grab-Kempf) zu einer ˙Wurzel, die Bedeutungen wie ’rau’ und ’kratzen’ aufweist, so dass die Pflanze nach ihren rauhaarigen Blättern bezeichnet ist (auch im Deutschen wird die Gattung als Raublattgewächse bezeichnet. Der Name wurde (für den echten Borretsch) über das Katalanische und Französische ins Deutsche entlehnt. Im Französischen ist das Wort ein Femininum, im Deutschen ein Maskulinum. Ebenso ne. borage, nfrz. bourrache. – Latham (1972), 63; LM 2 (1983), 466–467; Tazi (1998), 95f.; Grab-Kempf, E. SW 31 (2006), 207–220.

Börse1 Sf ’Geldbeutel’ std. reg. (18. Jh.). Entlehnt aus

nndl. beurs, das seinerseits auf ml. bursa ’Geldbeutel’ zurückgeht. Ebenso ne. purse, nfrz. bourse, nschw. börs; ÞBörse 2, ÞBursch, ÞBursche. – DF 3 (21997), 441; Jones (1976), 158; Röhrich 1 (1991), 243; EWNl 1 (2003), 291f.; EWahd 2 (1998), 469f.

Börse2 Sf ’Handelsplatz’ erw. fach. (16. Jh.). Entlehnt

aus nndl. beurs, das das ’Börsengebäude’ in Antwerpen bezeichnet. Dieser Name wird zurückgeführt auf das Brügger Kaufleutegeschlecht van de burse (weil sie als Kaufleute drei Börsen = Geldbeutel, im Wappen führten). Lateinische Belege in Frankreich und Brabant zeigen aber, dass einschlägige Gebrauchsweisen des Wortes schon erheblich älter sind. So wird ml. bursa ’Geldbeutel’ früh zu einem Ausdruck für ’gängige Währung’ und für ’Geldwechsel’; dann für ’Ort, an dem der Geldwechsel stattfindet’ und dann weiter verallgemeinert. Täterbezeichnung: Börsianer.

bark. Übernommen aus dem Niederdeutschen. Verwandt ist anord. bo¸rkr m. ’Rinde’, so dass wohl g. *barku- m. erschlossen werden kann − im Niederdeutsch/Niederländischen ist das Wort zum Femininum umgeformt worden. Wenn die Bedeutung ursprünglich ’Rinde’ war, dann ist es auf Grund seiner Verbreitung wohl ein älteres Wort, das sich im NieEbenso ne. purse, nfrz. Bourse, nschw. börs, nnorw. børs; derdeutsch/Niederländischen als Relikt erhalten hat. ÞBörse 1. – DF 3 (21997), 437–440; DEO (1982), 145f.; LM 2 Sonstige Herkunft unklar. Der Borkenkäfer ist ein ver(1983), 467; Röhrich 1 (1991), 243; EWNl 1 (2003), 292. breiteter Schädling, der diesen Namen auch in GeBorste Sf std. (11. Jh.), mhd. borste neben borst m./n., bieten trägt, in denen ÞRinde gesagt wird. ahd. borst, burst m./n., borsta, bursta, as. bursta. Aus Petersson, H. IF 23 (1908/09), 403; EWNl 1 (2003), 225. vd. *burst- m./f./n. ’Borste’. Daneben mit noch anBorn Sm ÞBrunnen. deren Stammbildungen ae. byrst f./n., bryst, anord. borniert Adj ’engstirnig’ erw. fremd. (18. Jh.). Mit Sufburst. Zu ig. *b hrs/b hares- ’Spitze, Borste’, das unter fixanpassung entlehnt aus frz. borne´, dem Adj. ÞBart behandelt˙ ist; weiter wohl zu der unter (PPrät.) zu frz. borner ’beschränken’; eigentlich Þbohren behandelten Grundlage. S. außer diesem ’eingegrenzt, beschränkt’, einer Ableitung von frz. noch ÞBarsch und ÞBürste. Ähnliche t-Bildungen wie borne ’Grenzstein’, dessen Herkunft nicht sicher gein g. *burst- auch in l. fa¯stı¯gium n. ’Gipfel’ und ai. klärt ist. b hrst´ı- ’Spitze’. Adjektiv: borstig. ˙˙˙

Botten

143 2

Ebenso ne. bristle, nschw. borst; ÞBord , Þwiderborstig. – Röhrich 1 (1991), 243; EWNl 1 (2003), 359; EWahd 2 (1998), 471f.

Borte Sf erw. fach. (9. Jh.), mhd. borte m., ahd. borto m.

deutungszusammenhänge sind noch nicht genügend erhellt. Bossel ist eigentlich der Flachs- und Wäschebleuel, in hochdeutscher Form allerdings selten bezeugt, hochdeutsch ist für das Verb dagegen die Bedeutung ’kegeln’.

Wg. *burdo¯n f. ’Rand, Borte’, auch in ae. borda m., ist die n-stämmige Nebenform zu dem unter ÞBord 2 und ÞBord 3 behandelten Wort für ’Rand’, das früh Jirlow (1926), 110–113; Röhrich 1 (1991), 244. schon ’Randbesatz, Band’ bedeutet. Vermutlich ist Botanik Sf ’Lehre von den Pflanzen’ erw. fach. (17. Jh.). die systematische Verteilung *burda- ’Rand’ und Entlehnt aus neo-kl. botanica ’Heilkräuterkunde’, *burdo¯n ’Randbesatz’, doch gehen die belegten Fordieses nach gr. botaniko´s ’pflanzlich, die Heilkräuter men durcheinander. betreffend’, einer Ableitung von gr. bota´ne¯ ’Weide, RGA 3 (1978), 322; Niedballa (2001); EWahd 2 (1998), 252. Futter, Kraut’. Täterbezeichnung: Botaniker; Adjektiv: botanisch. Böschung Sf ’künstlich hergestellter, gleichmäßiger Abhang’ erw. fach. (16. Jh.). Ursprünglich ein AusEbenso nndl. botanie, ne. botany, nfrz. botanique, nschw. botanik, nnorw. botanikk. – DF 3 (21997), 443–447; Cottez (1980), druck des Deich- und Festungsbaus. Die vorauszu55; EWNl 1 (2003), 361. setzende Grundlage böschen ’einen Deich- oder Wallabhang mit Reisigbündeln ausfüttern’ ist erst später Bote Sm std. (8. Jh.), mhd. bote, ahd. boto, as. bodo. Aus bezeugt. Das Wort gehört offenbar zu einer regionag. *bud-o¯n m. ’Bote’, auch in anord. bodiÑ , ae. boda, len Form von ÞBusch, wohl nach einem der verwenafr. boda; Nomen Agentis zu g. *beud-a- Vst. ’bieten’ deten Materialien (Reisigbündel). (s. bieten), also ’derjenige, der entbietet oder aufbietet’. Auch Botschaft, ahd. botascaf(t), ae. bodscipe ist Kranemann, N. MS 71 (1961), 328–333; Trier (1981), 84–88; Hiersche, R. BN 18 (1983), 273–275. gemein-westgermanisch und kann deshalb schon alt sein. Das Wort bedeutet seit dem 15. Jh. auch böse Adj std. (9. Jh.), mhd. bœse, bo¯se, ahd. bo¯si. Aus vd. ’Gesandter’ (Verwendung des Abstraktums als *bausja- ’böse, gering, schlecht’. Die lautlich verNomen Agentis); es wurde dann durch frz. ambasgleichbaren Wörter sind semantisch zu verschieden sadeur verdrängt, das dann im 18. Jh., von Wien ausfür eine Rekonstruktion, so dass die Herkunft unklar gehend, durch die jüngere Form Botschafter offiziell bleibt. Modifikation: boshaft; Abstraktum: Bosheit. ersetzt wurde. Präfigierung: Vorbote. Ebenso nndl. boos; Þerbosen. – Heidermanns (1993), 120f.; EWNl 1 (2003), 355; EWahd 2 (1998), 253–255.

Boskett Sn ’Gebüsch’ per. fach. (17. Jh.). Entlehnt aus

Röhrich 1 (1991), 244–247; EWNl 1 (2003), 336; EWahd 2 (1998), 259.

frz. bosquet m. ’Wäldchen’, dieses aus it. boschetto m., botmäßig Adj ’untergeben’, heute praktisch nur noch unbotmäßig in übertragener Bedeutung (’aufsäseinem Diminutivum zu it. bosco m. ’Wald’, für das sig’) erw. obs. (14. Jh.). Zu spmhd. botm¢zec ’dem gallischer Ursprung angenommen wird. Gebot gemäß’ zu (Ge)bot, Þbieten und Þgemäß. Ebenso nndl. bosje, ne. boscet, bosquet, boscage, nschw. buskage, nnorw. buskas. – DF 3 (21997), 441f.

Boss1 Sm ’Chef’ std. stil. (19. Jh.). Entlehnt aus gleich-

bedeutend ne. boss, dieses aus mndl. baas ’Herr, Meister’. Ebenso nndl. boss, ne. boss, nfrz. boss, nschw. boss (’Bonze’), nnorw. boss; ÞBaas. – Rey-Debove/Gagnon (1988), 79f.; Röhrich 1 (1991), 243f.; Carstensen 1 (1993), 156–158; DF 3 (21997), 442f.; EWNl 1 (2003), 197.

Boss2 Sm ’Halbstiefel’ ÞBotten. Bosse Sm ’Bund Flachs’ per. arch. (9. Jh.), mhd. bo¯ze,

Böttcher Sm ’Küfer’ erw. ndd. omd. (13. Jh.), spmhd.

botecher, mndd. bodeker, bodiker u.ä. Da ÞBottich ein ursprünglich oberdeutsches Wort ist, Böttcher aber aus dem Niederdeutschen kommt, kann Böttcher nicht unmittelbar aus Bottich abgeleitet sein; es ist vielmehr eine niederdeutsche Form der Täterbezeichnungen auf -ker zu ÞBütte, mndd. bode(ne) (vgl. omd. ÞBüttner). ÞBütte. – A˚sdahl-Holmberg, M.: Studien zu den niederdeutschen Handwerksbezeichnungen des Mittelalters (Lund, Kopenhagen 1950), 163–188; Müller, G. BGDSL-H 83 (1961), 288–293; LM 2 (1983), 490–492; Witte, U. in Schmidt-Wiegand (1985), 123–145.

ahd. bo¯zo (auch -a f.), mndd. bote. Aus vd. *baut-o¯n m. ’Bündel Flachs’, vielleicht zu g. *baut-a- ’schlagen’ (ÞAmboss), vgl. ein Stoß Papier, ein Schlag Essen Botten Spl ’warme, bequeme Reiseschuhe, Hausschuu.ä., oder ’so viel Flachs, wie auf einmal gebossen he’, ’schwere Stiefel’ per. md. wobd. (14. Jh.). Eine wird’? häufigere Nebenform ist spmhd. botschu, nhd. (dial.) Dahlberg, T.: Mittelhochdeutsch Wurpo¯z ’radix’, bo¯ze Botze, Botsche (aus einer Zusammensetzung mit nhd. ’Flachsbündel’, boz ’Stoß’ (Göteborg 1955); EWahd 2 (1998), -schuh). Aus frz. botte f. gleicher Bedeutung (auch ins 269f. Englische entlehnt als boot). Dagegen scheint obd. bosseln Vsw ’an einer kleinen Arbeit eifrig herummaBoss2 ’Halbstiefel’ auf eine andere Grundlage zurückchen, basteln’ per. stil. (15. Jh.). Neben Bossel-Arbeit zugehen (zu Boss ’Stoß’, s. ÞAmboss − solche Stiefel ’Kleinarbeit’. Vielleicht als ’an etwas herumklopfen’ werden ’angestoßen’ = ’angezogen’). letztlich zu bossen ’schlagen’ (ÞAmboss), aber die Be-

Bottich

144 Spenter, A. NJ 97 (1974), 95–97; Dahlberg, T.: Mittelhochdeutsch Wurpo¯z ’radix’, bo¯ze ’Flachsbündel’, boz ’Stoß’ (Göteborg 1955); DEO (1982), 137; A˚sdahl-Holmberg, M. FS Rosenfeld (1989), 469–486.

Bottich Sm std. (9. Jh.), mhd. botige, boting, botech(e)

zeichnung des freien Staatsbürgers; dann immer stärkere Hervorhebung der wirtschaftlichen Situation (dabei dann Abgrenzung von frz. citoyen), schließlich immer mehr ’Mitglied der besitzenden Klasse’. Seit Saint-Simon in Frankreich als Gegenbegriff zu prole´taire ’Proletarier’ gebraucht; daher dann in revolutionären Kreisen die Abwertung des Wortes, die im Deutschen allgemein wird. Abstraktum: Bourgeoisie.

m./f., ahd. botega f . Ist sicher aus dem romanischen Bereich entlehnt, doch macht die Bestimmung der genauen Vorform Schwierigkeiten. In Frage kommt eine Kurzform von l. apothe¯ca f. aus mgr. apothe¯´ke¯ f. Ebenso nndl. bourgeois, ne. bourgeois, nschw. bourgeoisie, nisl. (ÞApotheke), doch ist für dieses Wort die nächststeburgeis. Zur germanischen Verwandtschaft s. ÞBurg. – Arnold, R. F. ZDW 8 (1906/07), 3; DF 3 (21997), 452–462; di Corhende Bedeutung ’Weinkeller’, und spl. but(t)is cia, J. Journal of Modern History 50 (1978), 207–233; Militz, ’Fass’, das aber keine gleichartige tektale Erweiterung H. M. ’Bürger’ im Französischen (Berlin 1979); HWPh 1 (1970), zeigt. Eine Mischung aus beiden Quellen ist nicht 962–966; GB 1 (1972), 713–722; Fetscher, I. in Christianity and ausgeschlossen. Das Wort Bottich ist zunächst nur the Bourgeoisie. Ed. J. B. Metz (New York 1979), 3–14; Re´tat, oberdeutsch. Es hat später sein maskulines Genus P. PSG 9 (1988), 75–105; EWNl 1 (2003), 364. wohl von dem lautähnlichen, aber ursprungsverBouteille Sf ’Flasche’ per. arch. (17. Jh.). Entlehnt aus schiedenen ahd. botah m. ’Körper’ bezogen. frz. bouteille, dieses aus ml. buticula, einem DiminuÞBütte, ÞTheke. – Götze, A. NJKA 41 (1918), 130; Hubschmid tivum zu ml. but(t)is ’Fass’. Die Herkunft des latei(1955), 66–70; Alanne, E. NPhM 56 (1955), 202f.; Müller, G. nischen Grundworts ist umstritten. BGDSL-H 83 (1961), 288–293; RGA 3 (1978), 330–332; EWahd 2 (1998), 257f.

Boudoir Sn ’eleganter, intimer Raum der vornehmen

Ebenso nndl. bottelen ’Flaschen abfüllen’, ne. bottle, nschw. butelj, nnorw. butelje; ÞBütte, ÞBuddel, ÞButler. – DEO (1982), 148.

Damen’ per. fremd. (18. Jh.). Entlehnt aus frz. boudoir Boutique Sf ’kleines (Mode-)Geschäft’ erw. fremd. m., einer Lokativbildung zu frz. bouder ’schmollen, (15. Jh.). Entlehnt aus frz. boutique, dieses über das schlecht gelaunt sein’, das wohl aus dem GalloroLateinische aus mgr. apothe¯´ke¯ ’Speicher, Magazin’ manischen stammt. So bezeichnet als der Raum, in (ÞApotheke). Es bedeutet im 16. Jh. ’Lokal, in dem ein den sich die Dame zurückziehen kann, wenn ihr Beruf ausgeübt wird’, dann spezieller ’Kramladen’. nicht nach Gesellschaft zumute ist (ÞSchmollwinkel ist Diese Bedeutung wird ins Deutsche übernommen; ursprünglich ein Ersatzwort dazu). sie verschlechtert sich dann aber zu ’schlechtes Haus, Ebenso nndl. boudoir, ne. boudoir, nschw. budoar, nnorw. buBude’; (insbesondere:) ’schlechte Gastwirtschaft’. Die doar. – DF 3 (21997), 447–449; EWNl 1 (2003), 363. heutige Bedeutung beruht auf einer jungen abermaBouillon Sf std. (18. Jh.). Entlehnt aus frz. bouillon m., ligen Entlehnung aus dem Französischen. Die älteren einer Ableitung von frz. bouillir ’sieden’, dieses aus l. Bedeutungen sind erhalten in der älteren Form bullı¯re (eigentlich ’Blasen werfen’), zu l. bulla ’Blase Budike. (usw.)’. Das deutsche Wort erscheint als Femininum, wohl im Anschluss an ÞSuppe oder Brühe (Þbrühen). Ebenso nndl. bouillon, ne. bouillon, nschw. buljong, nnorw. buljong; ÞBulle 2. – DF 1 (1913), 94; Brunt (1983), 165; EWNl 1 (2003), 364.

Ebenso nndl. boetiek, ne. boutique, nschw. butik, nnorw. butikk; ÞTheke. – Schlicker, M. SD 18 (1974), 178f.; Jones (1976), 159; DF 3 (21997), 462–464; EWNl 1 (2003), 344.

Bovist Sm ÞBofist.

Boulevard Sm ’breite Straße’ erw. fremd. (16. Jh.). Ent- Bowle Sf (ein alkoholisches Getränk mit Früch-

lehnt aus frz. boulevard m., das seinerseits aus ndl. bolwerk (ÞBollwerk) entlehnt ist. Es handelt sich um die breiten Straßen an der Stelle früherer Festungswälle, besonders in Paris. Ebenso nndl. boulevard, ne. boulevard, nschw. boulevard, nnorw. bulevard. – DF 3 (21997), 449–452; EWNl 1 (2003), 364.

Boulevard-Blatt (entsprechend Boulevard-Presse) Sn

ten) erw. fach. (18. Jh.). Entlehnt aus ne. bowl ’Napf, (Punsch-)Schale’. Zunächst entlehnt in der Bedeutung ’Gefäß für Mischgetränke’; ab 1850 metonymisch übertragen auf ein bestimmtes, in solchen Gefäßen serviertes Getränk. Ebenso nndl. bowl, nfrz. bol, nschw. ba˚l, nnorw. bolle. – DF 1 (1913), 94f.; Ganz (1957), 43f.; EWNl 1 (2003), 366.

’Sensationszeitung’ std. stil. (19. Jh.). Bezeichnung für Bowling Sn (amerikanisches Kegelspiel) per. fach. (20. Jh.). Entlehnt aus am.-e. bowling, einer Ableidie Zeitungen, die sofort nach Erscheinen auf den tung von ne. bowl ’schieben, rollen’, zu ne. bowl großen Straßen der Großstädte verkauft wurden, und ’Kugel’, dieses aus frz. boule f., aus l. bulla f. ’Aufdie in der Regel sehr reißerisch aufgemacht waren. schwellung, Blase’ (usw.). Ebenso nndl. boulevardblad, nfrz. feuille boulevardie`re, nnorw. bulevardblad.

Bourgeois Sm ’wohlhabender Bürger’ per. grupp.

(18. Jh.). Entlehnt aus frz. bourgeois, einer Ableitung von frz. bourg ’befestigte Siedlung’. Zunächst Be-

Ebenso nndl. bowling, nfrz. bowling, nschw. bowling, nnorw. bowling; ÞBulle 2. – Rey-Debove/Gagnon (1988) 83; Carstensen 1 (1993), 159; EWNl 1 (2003), 366.

Brackwasser

145 Box Sf ’Schachtel, kleiner Raum, Abteil im Pferde-

Brachmonat ist das alte Wort für den Juni, ahd.

stall’ erw. fremd. (19. Jh.). Entlehnt aus ne. box ’Behältnis, Unterstand’, dieses wie nhd. ÞBüchse aus l. puxis ’Behältnis’.

bra¯hma¯no¯d. Aus der Wendung mhd. in bra¯che ligen ’in Brache liegen’ wird nhd. brachliegen, das häufig übertragen gebraucht wird (’ungenutzt bleiben’).

Ebenso nndl. box, nfrz. box, nschw. box, nisl. box. – ReyDebove/Gagnon (1988), 84; Carstensen 1 (1993), 159–161; DF 3 (21997), 464–468; EWNl 1 (2003), 366f.

Ebenso nndl. braak(akker). – Kutzelnigg, A. MS 82 (1972), 173; LM 2 (1983), 536–537; EWNl 1 (2003), 368; EWahd 2 (1998), 273–275.

boxen Vsw std. (18. Jh.). Entlehnt aus ne. box, dessen

Herkunft nicht geklärt ist. Anfänglich auch in der Form Þbaxen. Ebenso nndl. boksen, nfrz. boxer, nschw. boxa, nisl. boxa; ÞBoxer. – DF 3 (21997), 468–472; Erämetsä, E. NPhM 59 (1958), 36; Rey-Debove/Gagnon (1988), 85f.; Carstensen 1 (1993), 162f.; EWNl 1 (2003), 346.

Boxer Sm (eine Hunderasse) per. fach. (20. Jh.). Boxer

ist zunächst ein Faustkämpfer (zu Þboxen); das Wort wird dann von deutschen Züchtern als Bezeichnung einer Hunderasse gewählt, um Eigenschaften wie Kampfgeist u.ä. zu suggerieren. Boxkalf Sn ’chromgegerbtes, feinnarbiges Kalbsle-

der’ per. fach. (20. Jh.). Entlehnt aus ne. box calf. Das (Kalbs-)Leder wurde so benannt nach dem Londoner ’bootmaker’ Joseph Box; zudem liegt ein wortspielerischer Bezug des Namens auf die rechteckige (kästchenförmige) Narbung des Leders vor. Ebenso nndl. boxcalf, nfrz. box(calf), nschw. boxkalv, nnorw. bokskalv. – Rey-Debove/Gagnon (1988), 84f.

Boykott Sm ’Ächtung’ erw. fach. (19. Jh.). Entlehnt aus

brachial Adj ’den Arm betreffend, handgreiflich’ per.

fremd. phras. (19. Jh.). Entlehnt aus l. brachia¯lis ’zum Arm gehörig’, zu l. brac(c)hium ’Arm’, aus gr. brachı´o¯n ’Oberarm, Arm’. Deutsch eigentlich nur in Brachialgewalt und brachiale Gewalt ’rohe Gewalt’. Ebenso nndl. brachiaal, ne. brachial, nfrz. brachial; ÞBratsche, ÞBrezel, ÞPratze. – Cottez (1980), 56; DF 3 (21997), 476–478.

Brachsen Sm (Brachse f., Brasse(n) f. /(m.)) (ein Karp-

fenfisch) per. fach. (12. Jh.), mhd. brahsem m., ahd. brahsa f., brachsmo m., brachsma f., mndd. brassem, daneben as. bresmia f. (aus *brehs- oder *brahsimo). Aus vd. *brahs-mo¯n f. (und andere Stammbildungen) ’Brachsen’; nschw. braxen ist wohl urverwandt, und damit ist das Wort von ursprünglich weiterer Verbreitung. Lautlich lässt sich an ein schlecht bezeugtes Verb für ’glänzen, leuchten’ anknüpfen: mhd. brehen, anord. brja´ (falls gt. bra§a augins ’Augenblick’ dazugehört, aus g. *brehw-), da der Brachsen ja ein Weißfisch ist. Es wäre dann also von *brah(w)s-mo¯n’der Glänzende’ auszugehen. evtl. von ig. *mrok ws-mo¯n-, vgl. etwa kymr. brithyll ’Forelle’ < *mrk wtilo-). ˙

ne. boycott, das auf einen Eigennamen zurückgeht: Ebenso nndl. brasem, ne. bream (entlehnt aus frz. bre`me, das Der Güterverwalter Charles Boycott wurde von der aus der deutschen Sippe stammt), nschw. braxen. – Boutkan, irischen Landliga wegen seiner Härte gegen die PächD. ABÄG 51 (1999), 5–22 (anders: Substratwort); EWNl 1 ter geächtet, und niemand wollte mehr für ihn arbei(2003), 373f.; EWahd 2 (1998), 280–282. ten, so dass er schließlich zur Auswanderung gezwungen wurde. Daraus das Verb to boycott ’ächten’ Brack Sn ’Ausschuss’ (bracken Vsw. ’ausmerzen’) per. fach. (14. Jh.). Zunächst als Wörter des norddeut(boykottieren), und zu diesem wieder das Substantiv schen Handels bezeugt: Lautvarianten zu ÞWrack boycott ’Ächtung’. Das Verb dann allgemein für und wracken. ’jemanden schneiden’. Ebenso nndl. boycot, nfrz. boycottage, nschw. bojkott, nnorw. boikott. – DF 3 (21997), 472–476; LM 2 (1983), 525–526; ReyDebove/Gagnon (1988), 88f.; Röhrich 1 (1991), 247f.; EWNl 1 (2003), 367.

brabbeln Vsw ’vor sich hinreden’ std. stil. (18. Jh.),

mndd. brabbelen. Ursprünglich wohl lautmalend. Vgl. Þbabbeln, Þpappeln und Þblabla. – EWNl 1 (2003), 368.

Brache Sf ’unbestelltes Land’ erw. fach. (8. Jh.), mhd.

Kutzelnigg, A. MS 82 (1972), 169–181.

Bracke Sm ’Spürhund’ per. fach. (13. Jh.), mhd. bracke,

ahd. bracko, mndd. bracke, mndl. bracke. Falls ererbt, aus vd. *brakko¯n, das − mit expressiver Gemination oder -kn-Assimilierung − zu l. fragra¯re, mhd. br¢¯ hen ’riechen’ gestellt werden kann (wenn von ’Spürhund’ auszugehen ist). Da aber gleichbedeutende it. bracco, nfrz. braque aus einem vorauszusetzenden früh-rom. *per-agica¯re ’aufstöbern, hetzen, treiben’ hergeleitet werden können, ist zu erwägen, ob die germanischen Wörter nicht aus den romanischen entlehnt sind.

bra¯che, ahd. bra¯hha, mndd. bra¯ke, mndl. bra¯ke. Aus vd. *br¢ ¯ k-o¯ f. ’Brache’ (Ruhezeit in der Dreifelderwirtschaft). Da das Wort kaum von kymr. braenar, branar, brynar, air. branar ’Brache’ zu trennen ist, ist Ebenso nndl. brak. Zur Herkunft der Verben vgl. Seebold in ein Anschluss an g. *brek-a- ’brechen’, der zur Not Mayrhofer/Peters/Pfeiffer (1980), 482; ÞFlair. – Palander semantisch glaubhaft gemacht werden könnte, nicht (1899), 38f.; Lühr (1988), 225f.; Bursch, H. RJ 30 (1979), 59–62; ratsam. Im Keltischen liegt *brag-no- oder *mrag-noLM 2 (1983), 537–538; EWNl 1 (2003), 369; EWahd 2 (1998), voraus, so dass der gemeinsame Ausgangspunkt 276–278. h *b rag- oder *mrag- sein könnte. Am ehesten zu der Brackwasser Sn ’Gemisch von Süß- und Salzwasunter Þmorsch behandelten Grundlage, so dass von ser’ erw. fach. (17. Jh.). Wie nndl. brakwater zu mndl. ’morsch werdendes Land’ auszugehen wäre.

Brägen

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brak ’salzig’ (ne. brackish, d. brackig). Zu ig. *mrog- in der unter morsch behandelten Sippe, mit der auch abgestandene und faulige Flüssigkeiten bezeichnet werden. Zu dieser Lautform passt gr. (Hesych) bra´gos ’Flussaue’. Eine Auslautvariante hierzu in gr. bre´cho¯ ’nässe, überflute’, broche¯´ f. ’Regen, Bewässerung, Überschwemmung’. Schwer zu beurteilen ist gr. bra´chea n. Pl. ’seichte Stellen’ (hierher oder zu gr. brachy´s ’kurz’?). ÞBruch 2, ÞBrühl, Þmorsch. – Kutzelnigg, A. MS 82 (1972), 173; EWNl 1 (2003), 369f.

Brägen (Bregen) Sm ’Hirn von Schlachttieren’ erw. ndd.

ten mit verschiedenen Bedeutungen auf. Auf den heutigen Gebrauch haben wohl eingewirkt: 1) ein niederdeutsches Wort, seit dem 16. Jh. bezeugt, ’Schreiben, wodurch das Abbrennen von Haus und Hof angedroht wird’ (parallel zu Fehdebrief ), und 2) ein süddeutsches Wort, seit dem 17. Jh. bezeugt, ’obrigkeitliche Verfügung, die zum Sammeln von Gaben für Brandgeschädigte berechtigt’. Eigentlich üblich geworden ist das Wort aber aus der Studentensprache (18. Jh.): ’Brief an die Eltern, in dem um Geld gebeten wird, da man ’abgebrannt’ sei’ (um dies zu verdeutlichen, sei der Brief auch angebrannt worden). Wie viele verschiedene Ausgangspunkte für dieses Wort anzusetzen sind, und wie sie sich gegenseitig beeinflusst haben, ist noch nicht ausreichend untersucht.

(18. Jh.). Übernommen aus mndd. bregen, bragen n., mndl. bragen aus wg. *bragno- m. ’Hirn’, auch in ae. br¢gen, afr. brein, brı¯n n. Wohl zu vergleichen mit gr. Ebenso nndl. brandbrief. – Röhrich 1 (1991), 248; EWNl 1 brechmo´s m. ’Vorderhaupt, Oberschädel’, kymr. breit(2003), 371. hell, brithell ’Gehirn’ (aus *brg-t-), so dass voreinzel˙ sprachl. *mreg h- als Ausgangspunkt anzusetzen ist brandmarken Vsw ’anprangern’ std. (14. Jh., Bedeutung (Anlaut!). Auffällig ist die lautliche und semantische 18. Jh.). Wie Brandmal und ÞBrand allein bedeutet Nähe zu ig. *mozg- ’Mark, Gehirn’ (ÞMark 1), doch fnhd. brandmark ’das Tieren, Geräten usw. eingesind die beiden Sippen lautgesetzlich nicht zusambrannte Eigentumszeichen’, dann ’das einem Verbrecher eingebrannte Zeichen’. Von hier aus übermenzubringen. tragen verwendet. Ebenso nndl. brein, ne. brain. – Lühr (1988), 332f. (anders); EWNl 1 (2003), 376.

Bramarbas Sm ’Prahlhans’, häufig bramarbasieren Vsw.

RGA 3 (1978), 401f.; LM 2 (1983), 566–567; Röhrich 1 (1991),

248.

’großtun’ per. fremd. (18. Jh.). Titelfigur in einer Sa- Brandschatzung Sf (und daraus rückgebildet tire von B. Mencke 1710 und von dort aus, hauptsächbrandschatzen Vsw.) ’eine Geldzahlung o.ä. (Schatlich durch Gottsched, in allgemeinerem Sinn verwenzung) erpressen durch die Drohung des Niederbrendet. Der Name ist wohl in Anlehnung an span. branens einer Stadt’ o.ä. erw. obs. (14. Jh.). Dann verallmar ’schreien’ oder nndl. brammen ’prahlen’ (17. Jh.) gemeinert zu ’niederbrennen und plündern’. gebildet. EWNl 1 (2003), 372. Ebenso ndn. Bramarbas. – DF 3 (21997), 480–482.

Branche Sf ’Abteilung, Zweig’ erw. fach. (18. Jh.). Ent-

lehnt aus frz. branche ’Zweig’, dieses aus l. branca ’Pfote’ u.a. Wörter für ’Zweig, Ast’ und für ’Arm, Finger’ sind mehrfach parallel. Ebenso nndl. branche, ne. branch, nschw. branch, nnorw. bransje. – DF 3 (21997), 482–484; Schirmer (1911), 37; LM 2 (1983), 549; EWNl 1 (2003), 371.

Brand Sm std. (9. Jh.), mhd. brant, ahd. brant, as. brand.

Brandsohle Sf ’innere Schuhsohle’ per. fach. (18. Jh.).

Aus dünnem, schlechterem Leder gefertigt. Evtl. ursprünglich: ’das Stück Leder, das das Brandzeichen eines Tieres trägt’. Ebenso nndl. brandzool.

Brandung Sf std. (18. Jh., älter Branding). Entlehnt aus

nndl. branding. Dieses zu branden (etwa ’wie ein Brand andringen’, auch d. [an]branden) aus Þbrennen unter dem Einfluss von ÞBrand.

Aus g. *branda- m. ’Brand’, auch in anord. brandr Ebenso nschw. bränning, nnorw. brenning. – EWNl 1 (2003), ’brennendes Holzscheit’, ae. brond, afr. brand, brond. 372. Eine to-Bildung (evtl. aus älterem tu) zu g. *brenn-aBrandy Sm ’Weinbrand’ erw. fremd. (19. Jh.). Entlehnt Vst. ’brennen’ (Þbrennen). Die nordische Bedeutung (aber eigentlich nur in Zusammenhängen, die Eng’Teil des Vorderschiffs’ ist sicher nicht zugehörig; ob lisches und Amerikanisches betreffen, gebraucht) aus die Bedeutung ’Schwert’ (zu der die häufigen Persone. brandy, einer Kurzform von ne. brandwine, nennamen auf -brand gehören) einschlägig ist, ist brandewine, aus ndl. brandewijn (eigentlich ’genicht sicher; -brand in Ortsnamen weist dagegen auf brannter Wein’). Brandrodung hin. Nhd. brand- wird auch als VerEbenso nfrz. brandy, nnorw. brandy; ÞBranntwein, Þbrennen. stärkungswort benutzt (brandneu − vielleicht unter – Ganz (1957), 46; Rey-Debove/Gagnon (1988), 92; EWNl 1 englischem Einfluss). (2003), 373. Ebenso nndl. brand, ne. brand, nschw. brand. – LM 2 (1983), 549–550; Carstensen 1 (1993), 169; EWNl 1 (2003), 371; EWahd 2 (1998), 290–292.

Brandbrief Sm ’dringlicher Brief’ erw. fach. (18. Jh.).

Entsprechende Wörter treten zu verschiedenen Zei-

Branntwein Sm erw. obs. (13. Jh.), spmhd. brantwı¯n.

Eigentlich ’gebrannter Wein’ zu Þbrennen im Sinn von ’destillieren’ und ÞWein. Ursprünglich auch mit Flexion des ersten Gliedes (Akkusativ Brandtenwein

Braue

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bei Schiller). Entlehnt zu nndl. brandewijn und von dort zu ne. brandy. Ebenso nschw. brännvin, nisl. brennivı´n. S. auch ÞWeinbrand. – EWNl 1 (2003), 372.

Brasse(n) Sf(m) ÞBrachsen.

Bratenrock Sm ’eine Art Gehrock’ per. arch. (17. Jh.).

Wohl als ’das Kleidungsstück, in dem man zum Essen Þ(Braten) geht’. Vgl. ne. roastmeat clothes.

Bratsche Sf ’ein Streichinstrument’ erw. fach. (17. Jh.).

Entlehnt aus it. viola da braccio, dessen Bestimmungswort zurückgeht auf l. brac(c)hium n. ’Arm’. fleisch’ per. wobd. (9. Jh., diohbrato 8. Jh.; Form Als ’Armgeige’ steht das Instrument im Gegensatz zur 17. Jh.), mhd. bra¯te, ahd. bra¯to, as. bra¯do. Das gleiche ’Kniegeige’, der viola da gamba ’Gambe’. Im DeutWort wie Braten in der ursprünglichen Bedeutung schen erscheint es zunächst als Bratschgeige. ’schieres Fleisch’. Woher der Umlaut kommt, ist Ebenso ndn. bratsch, nnorw. bratsj. Vgl. ÞGambe; Þbrachial. – nicht ganz klar: einerseits ist -brät die KompositionsDF 3 (21997), 484–486. form von ÞBraten (dem Typ nach ein alter ja-Stamm, vgl. ÞWildbret), andererseits kann es Kollektivum Bratwurst Sf std. (12. Jh.). Heute verstanden als (mhd. gebr¢te) sein, und schließlich kann es aus ’gebratene oder zu bratende Wurst’, aber ursprüngeinem im 17. Jh. bezeugten Plural bräter (der allerlich ’eine mit magerem Fleisch gefüllte Wurst’ dings auch erst zu solchen Formen gebildet sein (ÞBrät). Doppelte Herkunft des Wortes ist in diesem kann) rückgebildet sein. Fall allerdings nicht auszuschließen.

Brät Sn ’fein gehacktes mageres Kalb- oder Schweine-

EWahd 2 (1998), 298f.; EWNl 1 (2003), 369; EWahd 2 (1998), 299–302.

braten Vst std. (8. Jh.), mhd. bra¯ten, ahd. bra¯tan, as.

Prät. -bre¯d. Aus wg. *br¢ ¯ da- Vst. ’braten’, auch in ae. br¢ ¯ dan, afr. bre¯da. Vergleichbar sind nordische Wörter mit der Bedeutung ’schmelzen’: aschw. bradhin ’geschmolzen’, anord. br¢daÑ ’schmelzen’ Vsw. Da die gemeinsame Bedeutung offenbar ’erhitzen’ ist, liegt ein Zusammenhang mit der Wurzel von Þbrennen näher als der sonst angenommene mit ÞBrühe. Zu der unter brennen angesetzten Wurzel ig. *g wher’brennen’ müsste dann eine langvokalische Erweiterung mit dentalem Auslaut *g whre¯t/dh angesetzt werden. Diese kann vorliegen in air. grı´s ’Hitze, Feuer, Glut’ (*g whre¯d-s-, der Lautstand ist aber unsicher; zum Auslaut vgl. air. grı´said ’macht erröten’ mit kymr. gwrido ’erröten lassen’). Auch l. freta¯le ’Bratpfanne’ kann unmittelbar dazugehören, besonders wenn der Wurzelvokal lang ist. Es wäre dann ig. (weur.) *g whre¯t- ’erhitzen’ anzusetzen. Ebenso nndl. braden; ÞBraten, Þbrüten. – Seebold (1970), 128f.; EWNl 1 (2003), 369; EWahd 2 (1998), 299–302.

Braten Sm std. (9. Jh.), mhd. bra¯te, ahd. bra¯to, as. bra¯do.

brauchen Vsw std. (8. Jh.), mhd. bru¯chen, ahd. bru¯hhan,

bru¯hhen, as. bru¯kan ’genießen, sich erfreuen’. Aus g. *bru¯k-a- Vst. intr. ’gebrauchen’, auch in gt. bru¯kjan, ae. bru¯can, afr. bru¯ka. Das Wort ist nur im Altenglischen eindeutig als starkes Verb belegt; in den übrigen westgermanischen Sprachen gibt es nur ein starkes Präsens, das später meist schwache Präteritalformen hat; im Nordischen fehlt es, im Gotischen ist es ein schwaches Verb. Die Bedeutung ist ’brauchen, gebrauchen, verbrauchen’. Außergermanisch lassen sich unter einer Grundform ig. *b hrug- mit formalen Schönheitsfehlern ein lateinisches und ein altindisches Verb vergleichen: l. fruor, fru¯ctussum ’ich genieße, erfreue mich an etwas, habe den Nießbrauch’ (Auslaut unklar), ai. bhuna´kti ’genießt, benützt, verzehrt’ (unter der Annahme, dass das Nasalinfix das r ausgedrängt hat). Ausgangsbedeutung ist also ’genießen (Früchte, Ernte, Speise und Trank)’. Die heutige Bedeutung von brauchen entwickelt sich im 17. Jh. in verneinten Sätzen (’etwas nicht verwenden’ = ’etwas nicht nötig haben’); das sachliche Objekt tritt dabei in den Akkusativ (statt in den Genetiv). Das abgeleitete (erst frühneuhochdeutsch gebräuchliche) Substantiv Brauch wandelt seine Bedeutung von ’Verwendung’ zu ’Sitte’, wohl ausgehend von Wendungen wie rechter Brauch, unser Brauch usw. Entsprechend Brauchtum. Präfigierungen mit Þge-, miss-, Þver-; Adjektiv: brauchbar.

Ein ursprünglich von dem starken Verb Þbraten ganz unabhängiges Wort mit der Bedeutung ’schieres Fleisch ohne Speck und Knochen’, das erst auf Grund der Lautgleichheit sekundär dem Verbum angeglichen wurde und heute als ein Konkretum zu diesem gelten kann. Vorauszusetzen ist g. *br¢ ¯ da-/o¯n/-o¯ Ebenso nndl. gebruiken, ne. brook, nschw. bruka, nisl. bru´ka. Zur lateinischen Verwandtschaft s. Þfrugal. – Seebold (1970), ’Fleischstück’, auch in anord. bra´d Ñ f. ’Fleisch’, ae. len140f.; LM 2 (1983), 580–582; EWahd 2 (1998), 364–367. de-br¢ ¯ d ’Lende’. Von der alten Bedeutung hält sich noch obd. ÞBrät ’fein gehacktes mageres Kalb- oder Braue Sf std. (8. Jh.), mhd. bra¯(wen), ahd. bra¯wa, as. Schweinefleisch’ und − mit abweichender Schreibra¯ha, bra¯wa. Aus g. *br¢¯ gwo¯ f. ’Braue, Wimper’, bung − ÞWildbret. Außergermanisch vergleicht sich ¯ w, afr. bre¯ n., mit auch in anord. bra´ ’Wimper’, ae. br¢ lediglich mir. broth ’Fleisch’, sonst ist die Herkunft Ablaut und ohne grammatischen Wechsel gt. inunklar. bra§a augins ’im Augenblick’, Konkretbildung zu Röhrich 1 (1991), 249. einem Verb zum Ausdruck schneller Bewegungen, besonders des Auges, g. (erweitert) *bregd-a- ’zücken, zucken’ (anord. bregdaÑ , ae. bregdan, afr. breida,

brauen

148 w

brı¯da, ahd. brettan), aus ig. *mrek - in lit. me´rkti ’die Augen schließen, blinzeln’ (mit anderer Vokalisierung). Das Wort Braue bedeutet zunächst ’Wimper’, und zwar wird eine obere und eine untere Braue (u.ä.) unterschieden (ÞWimper). Danach verdrängt es das alte Wort für ’Braue, Haarbogen über den Augen’, ig. *b hru¯-, erhalten in anord. bru´n, ae. bru¯ und im Deutschen in dialektalen Fortsetzern eines nicht belegten mhd. *bru¯, *bru¯n, und tritt (schon althochdeutsch) in dessen Bedeutung ein. Ebenso nndl. wenkbrauw, ne. brow, nisl. bra´. – Dal, I. NTS 9 (1938), 219–230; Dolch, M. ZM 20 (1951/52), 146f.; Seebold (1970), 129–132; Kutzelnigg, A. MS 83 (1973), 135–142 (anders); EWahd 2 (1998), 302–305.

brauen Vsw std. (13. Jh.), mhd. briuwen, bru¯wen, mndd.

Braunsilge Sf ÞBasilikum. Brausche Sf ’Beule auf der Stirn’ per. omd. (13. Jh.),

mhd. bru¯sche. Eine Bildung aus einer Grundlage, die ae. bry¯san ’stoßen, schürfen’ (ne. bruise) entspricht. Brause Sf std. (17. Jh.). Zu (auf)brausen (Þbrausen),

zunächst in der Bedeutung ’Dusche’, dann als ’Limonade’ (20. Jh.). EWNl 1 (2003), 385.

brausen Vsw std. (13. Jh.), mhd. bru¯sen, mndd. bru¯sen.

In der Bedeutung ’schäumen, sieden’ dürfte das Wort aus dem Umkreis von Þbrauen stammen. Die Bedeutung ’stürmen’ kann damit zusammenhängen, aber auch auf einer unabhängigen Lautmalerei beruhen. Hierher auch in ÞSaus und Braus (mhd. bru¯s ’Brausen, Lärmen’).

bruwen, bruen, browen Vst./Vsw., mndl. brouwen. Aus Ebenso nndl. bruisen. S. auch ÞBraut 2. – EWNl 1 (2003), 392. g. *breww-a- Vst. ’brauen’, auch in aschw. bryggia, ae. h h bre¯owan, afr. briu¯wa; dieses aus ig. *b ru-/b erwBraut1 Sf ’junge Frau am Hochzeitstag, Verlobte’ std. ’wallen, sieden’, auch ’brauen’. Dem Germanischen (9. Jh., in Komposita 8. Jh.), mhd. bru¯t, ahd. bru¯t, as. stehen am nächsten l. de¯fru¯tum ’gekochter Most’, bru¯d. Aus g. *bru¯di- f. ’junge Frau am Tag ihrer Hochmir. bruithid ’kocht’ (zu mir. bruth ’Glut’, kymr. brwd zeit’ (später auch ’Verlobte’), auch in gt. bru¯þs (ohne ’das Brauen; so viel Bier, wie auf einmal gebraut grammatischen Wechsel), anord. bru´drÑ , ae. bry¯d, afr. wird’), gr. ap-e´-phry-sen (Glosse) ’braute, sott’, thrak. breid. Semantisch muss das Wort ursprünglich bebry˜tos ’Gerstengetränk’; von der anderen Wurzelstufe deutet haben ’eine Frau, die (ihrem Mann am Tag vor allem l. ferve¯re (al. [poet.] fervere) ’sieden’ und ihrer Hochzeit) ihre Jungfräulichkeit geopfert hat mir. berbaid ’kocht’. Nomen Agentis: Brauer mit der und damit zu seiner ’rechtmäßigen Gattin’ geworden Lokalableitung Brauerei; Kollektivum: Gebräu. ist’. Nur dieser Ansatz, der in naturrechtlichen VorEbenso nndl. brouwen, ne. brew, nschw. brygga, nisl. brugga. S. stellungen einer Reihe von indogermanischen Völauch ÞBier, Þbrausen, Þbrodeln, ÞBraut 2, ÞBrunnen, ÞBrot, kern seine Begründung findet, kann die verschiedeÞbrühen. – Seebold (1970), 143f.; Mehlber, L. JGGB 1983, nen Bedeutungen in den Einzelsprachen, die von 11–17; Mehlber, L. JGGB 1982, 178–186 (zu den wichtigsten ’Jungfrau’ bis ’(längst verheiratete) rechtmäßige GatAbleitungen); EWNl 1 (2003), 389; EWahd 2 (1998), 350f. tin’ reichen, erklären. Als Ausgangsbedeutung ist bei braun Adj std. (9. Jh., wormbrun 8. Jh.), mhd. bru¯n, einem solchen Befund in der Regel ’Jungfrau’ anzuahd. bru¯n, as. bru¯n. Aus g. *bru¯na- Adj. ’braun’, auch setzen. Formal ist von ig. *mr-u¯-t(i)- auszugehen, das in anord. bru´nn, ae. bru¯n, afr. bru¯n; dieses aus ig. in dieser Form nicht vergleichbar ist. Auf der Grund(eur.) *b hru¯no- ’braun’, auch in gr. phry˜nos m., phry´ne¯ lage *mr- vergleichen sich l. marı¯tus ’beweibt, verheif. ’Kröte, Frosch’ (wenn nach der Farbe als ’Brauner’ ratet’ und lit. martı` ’Braut’. Vermutlich gehen die benannt). Eine einfachere (reduplizierte) WurzelWörter auf eine Bedeutung ’Junge − Mädchen’ und form liegt vor in ai. babhru´- ’braun’ (zu der vermutdiese auf eine adjektivische Bedeutung ’jung, frisch’ lich das Wort ÞBiber gehört); noch einfacher (ig.) zurück, die etwa in ahd. muruwi ’zart, frisch’ vertre*b her- in lit. be˙´ras ’braun’ (ÞBär 1). − Braun in der ten ist. Adjektiv: bräutlich. alten Bedeutung ’violett’ beruht auf einer Entlehnung Ebenso nndl. bruid, ne. bride, nschw. brud, nisl. bru´duÑ r; aus l. pru¯num ’Pflaume’ zur Bezeichnung der Farbe ÞBräutigam, ÞBrautlauf . – Braune, W. BGDSL 32 (1907), dieser Frucht (ahd. bru¯n, mhd. bru¯n). − Die Formel 30–55 (vgl. ebenda 6–9 und 559–562); Krogmann, W. Glotta 20 (1932), 175–180; Krogmann, W. WS 16 (1934), 80–90; Thieme, braune Nacht (seit der Barockzeit) beruht auf romaP. ZVS 78 (1963), 161–248; Kuen, H. FS Gamillscheg (München nischen Vorbildern (frz. nuit brune usw.), Bräune als 1968), 291–303; Szemere´nyi (1977), 82–84; Röhrich 1 (1991), Krankheitsname (’Diphtherie, Angina’) bezieht sich 250f.; Seebold, E. FS Polome´ 2 (1992), 444–456; EWNl 1 auf die braunrote Verfärbung der Schleimhäute bei (2003), 390; EWahd 2 (1998), 403–406. den betroffenen Kranken. Modifikation: bräunlich; Braut2 Sf ÞWindsbraut. Faktitivum: bräunen. Ebenso nndl. bruin, ne. brown, nschw. brun, nisl. bru´nn; Bräutigam Sm std. (9. Jh.), mhd. briutego(u)me, bruiÞbrünett. – Götze, A. ZDW 12 (1910), 200–206; Schwentner tegume, ahd. bru¯tigomo, as. bru¯digumo. Aus g. *bru¯di(1915), 56–59; Borinski, K. SBAW (1918), Nr. X; Borinski, K. gumo¯n m. ’Bräutigam’, auch in anord. bru´dgÑ umi, ae. SBAW (1920), Nr. I; Vietor, K. ZDPh 63 (1938), 284–298; Dal, bry ¯dguma (dagegen: gt. bruþ-faþs mit einer EntspreI. NTS 9 (1938), 219–230; Öhman, S.: Wortinhalt und Weltbild chung zu ai. pa´ti- ’Herr’ im Hinterglied). Das zweite (Stockholm 1951), 137–142; Röhrich 1 (1991), 250; RGA 8 Element ist das heute im Deutschen ausgestorbene (1991), 210; Heidermanns (1993), 143; Rauch (1995), 80f., 135, alte Wort für ’Mann, Mensch’ in gt. guma, anord. 146f. (zu Bräune); EWNl 1 (2003), 391; EWahd 2 (1998), 374–377.

Brei

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gumi, ae. guma, ahd. gomo, vergleichbar mit l. homo, alit. ˇzmuo˜ ’Mann, Mensch’ zu dem alten Wort für ’Erde’ (ig. *g´ hdeÑ m-, älter ig. *d heg´ hom), also eigentlich ’Irdischer’. Ebenso nndl. bruidegom, ne. bridegroom (sekundär an groom angeglichen), nschw. brudgum, nisl. bru´dgÑ umi. Zur lateinischen Verwandtschaft s. ÞHumus; ÞBraut 1, ÞMann. – Schmidt, P. ZDA 51 (1909), 280–287; Dolfini, G. RIL 105 (1971), 330–338; Peeters, Ch. ZVS 90 (1977), 8f.; EWNl 1 (2003), 390f.

Brautlauf Sm ’Hochzeit’ per. arch. (8. Jh.), mhd. bru¯t-

*m(e)r(e)g- zurückgreift. Auf einen solchen Ansatz führt eine Reihe typisch landwirtschaftlicher Fachwörter in verwandten Sprachen, allerdings mit starker lautlicher Variation und unterschiedlicher Vokalisierung. Semantisch am nächsten bei dem germanischen Wort steht gr. amorgı´s ’stalks of mallow (malva silvestris), used like hemp or flax’, also mit *(¡)morg- gegenüber *mreg-, das Grundverb gr. amergo¯ bedeutet ’pflücken, abziehen, auspressen’. Hierzu weiter ai. marj- ’reinigen, abstreifen’, gr. omo´rgnymi ’abwischen’ u.a. S. auch Þradebrechen.

louf(t) m./f./n., ahd. bru¯t(h)louft m./f., as. bru¯dlo¯ht, Jirlow 1926. EWahd 2 (1998), 307. bru¯dhlo¯ft. Aus g. *bru¯di-hlaupa- m. ’Hochzeit, Brautbrechen Vst std. (8. Jh.), mhd. brechen, ahd. brehhan, as. lauf’, auch in anord. bru´dhÑ laup, brudlÑ aup, brullaup brekan. Aus g. *brek-a Vst. ’brechen’, auch in gt. brin., ae. bry¯dhlo¯p (aus dem Altnordischen entlehnt; kan, ae. brecan, afr. breka; dieses aus ig. *b hregsonst ws. gifta, angl. ge¯mung f., u.a.). Die Stammbil’brechen’, das vielfach ein Nasalpräsens aufwies, wodung ist nicht einheitlich, wobei vermutlich sekundurch das r ausgedrängt werden konnte. Lautlich däre Umgestaltungen eine größere Rolle gespielt genau vergleicht sich l. frangere ’brechen’ (allerdings haben als von Anfang an bestehende Bildungsvermit a-Vokal, aber vgl. das Präteritum fre¯gı¯); ohne r: schiedenheiten. Es handelt sich um die germanische air. bongid ’bricht, erntet’, lit. ben˜gti ’beenden, aufBezeichnung der Hochzeit; vermutlich ist die hören’ (’abbrechen’), ai. bhana´kti ’bricht, zerbricht’. ’Heimführung’ der Braut gemeint, die ein rechtsverDie Wurzel *b hreg- kann als Erweiterung von einfabindlicher Vorgang war. cherem *b her- aufgefasst werden, durch das verschieWachsner (1921); Krogmann, W. WS 16 (1934), 80–90; dene ähnliche Tätigkeiten bezeichnet werden, vgl. Schröder, E. ZDA 61 (1924), 17–34 (anders); Carlsson, L. anord. berja ’schlagen, kämpfen’, ahd. berien, berren ZSSR-GA 77 (1960), 312f., 320f. (zur Sache); RGA 3 (1978), ’zerstampfen, zerschlagen’, l. ferı¯re ’schlagen’, akslav. 421–425; Schmidt-Wiegand, R. in Hildebrandt/Knoop brati ’kämpfen, streiten’. − Die Bedeutung ’sich er(1986), 116–118; EWNl 1 (2003), 391; EWahd 2 (1998), 408f. brechen’ seit dem 14. Jh. aus der Magen erbricht sich brav Adj ’artig, wacker, lieb’ std. (16. Jh.). Entlehnt aus mit Gewalt. Präfigierungen mit Þge-, Þver- und Parfrz. brave ’tapfer’, dieses aus it. bravo (eigentlich tikelverben mit auf-, aus-, ein- mit den Abstrakta auf ’unbändig, wild’). Die (romanische) Bedeutungsent-bruch und -brechen und den Nomina Agentis auf wicklung läuft über ’wild’ zu ’tapfer’ zu ’wacker’; die -brecher. deutschen Bedeutungen hängen von verschiedenen Ebenso nndl. breken, ne. break. ’Rückwanderer’ aus dem FranEinflüssen aus dem Französischen ab und werden zösischen sind ÞBrikett und ÞBresche; zu Entlehnungen aus erst spät auf ’folgsam, lieb’ eingeengt. Die alte Bedeuder lateinischen Entsprechung s. ÞFragment; Þgebrechen, tung noch in dem noch wenig gebräuchlichen ÞVerbrechen, ÞBrecher, ÞBruch 1; ÞBrocken; Þbersten, Þprägen. Bravour. – Seebold (1970), 132–135; Röhrich 1 (1991), 252; EWNl 1 Ebenso nndl. braaf, ne. brave, nschw. bra, nnorw. brav. Das (2003), 376; EWahd 2 (1998), 307–309. romanische Wort wird auf l. barbarus ’fremd, ungesittet’ zuBrecher Sm ’Sturzsee’ erw. fach. (19. Jh.). Lehnübersetrückgeführt. Anders Knobloch, J. SD 30 (1986), 20; ÞBarbar, zung von ne. breaker (zu break; Þbrechen), davor hd. Þbravo. – DF 3 (21997), 486–492; Röhrich 1 (1991), 251f.; Brechsee. Brunt (1983), 167 (zu Bravour); EWNl 1 (2003), 367.

bravo Ptkl std. (18. Jh.). Entlehnt aus it. bravo ’tapfer,

tüchtig, ausgezeichnet’ (Þbrav). Ebenso nndl. bravo, ne. bravo, nfrz. bravo, nschw. bravo, nnorw. bravo. – DF 3 (21997), 489–491; EWNl 1 (2003), 374f.

Breche Sf ’Gerät, um die starren Bestandteile von

Bredouille Sf ’missliche Lage’ per. fremd. (18. Jh.). Ent-

lehnt aus frz. bredouille in dessen (nicht mehr üblicher) Bedeutung ’Dreck, Matsch’ (eˆtre en bredouille ’im Matsch stecken’). Vermutlich aber entlehnt über einen Ausdruck des Brettspiels trictrac, der einen Spielvorteil bezeichnet, bei dem der Gegner sich nicht bewegen kann, also ’in der Patsche sitzt’. Im heutigen Französischen bedeutet bredouille ’erfolglos’.

Flachs oder Hanf zu zerkleinern’ per. fach. (13. Jh.), mhd. breche, davon abgeleitet das swV. brechen (brechte). Entsprechende Wörter in anderen germaDas französische Wort gehört mit regionaler Lautvariation zu nischen Sprachen sind aus dem Deutschen entlehnt. frz. barder ’rutschen’. – DEO (1982), 151f.; DF 3 (21997), 493f. Diese Sippe ist in späterer Zeit sicher auf das starke Verb brechen bezogen worden, doch weist die Seman- Brei Sm std. (8. Jh.), mhd. brı¯(e), ahd. brı¯(o), brı¯wo, mndd. bri, brı¯g, mndl. bri. Aus vd. *brı¯wa- m. ’Brei’. tik (der Flachs wird nicht zerkleinert, sondern zerDies gehört am ehesten zu der Grundlage von quetscht) und die auffällige Stellung des schwachen Þbrauen, ig. *b herw-/b hreu-, aber zu einem sonst nicht Verbs auf Besonderheiten hin. Es ist deshalb eine anbelegten Erweiterungstyp *b hr-ei-w-. Das morpholodere Herkunft zu erwägen, die auf einen Ansatz ig.

breit

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gisch entsprechende mir. breo´ f. ’Flamme’ weicht in der Bedeutung stark ab und gehört wohl nicht unmittelbar dazu. Ausgangsbedeutung könnte etwa ’Gekochtes’ sein (vgl. die regionale Variante Koch2 n. ’Brei’). In bair. Brein ist das n einer n -stämmigen Ableitung festgeworden; die Bedeutung ist in der Regel ’Hirse’. Ebenso nndl. brij. – RGA 3 (1978), 429–431; Röhrich 1 (1991), 252f.; EWNl 1 (2003), 379; EWahd 2 (1998), 346f.

breit Adj std. (8. Jh.), mhd. breit, ahd. breit, as. bre¯d.

Aus g. *braida- Adj. ’breit’, auch in gt. braiþs, anord. breidrÑ , ae. bra¯d, afr. bre¯d, breid; Herkunft unklar. Etymologisch zugehörig ist wohl ahd. breta ’flache Hand’, ae. bred, afr. brede ’Fläche’. Abstraktum: Breite; Präfixableitungen: verbreiten, verbreitern; Partikelableitung: ausbreiten. Ebenso nndl. breed, ne. broad, nschw. bred, nisl. breiduÑ r. – Röhrich 1 (1991), 253; Heidermanns (1993), 135f.; EWNl 1 (2003), 375; EWahd 2 (1998), 311–313.

breitschlagen Vst ’überreden’ std. stil. (18. Jh.).

ÞBlechbreitschlagen heißt, es in eine bestimmte Form bringen, was schon früh auch übertragen gesagt wird. Also: ’jemanden in eine solche Form bringen (dass er zustimmt)’. Breitseite Sf ’Längsseite des Schiffes (in ihrer vollen

Breite), vor allem beim Abfeuern von Kanonen gesagt’ per. fach. (16. Jh.). Aus Þbreit und ÞSeite − auffällig ist nur, dass hier von Breitseite und nicht von Längsseite gesprochen wird. Röhrich 1 (1991), 253.

Breme (Bremse1) Sf (Name verschiedener stechender

Seibicke, W. MS (1964), 253.

brennen Vsw std. (8. Jh.), mhd. brennen, ahd. brennen,

as. gibrennian. Aus 1) g. *branneja- ’verbrennen’ (trans.), auch in gt. gabrannjan, anord. brenna (älter brinna), ae. b¢rnan, afr. barna, berna, burna, Kausativ zu 2) mhd. brinnen, ahd. brinnan, as. brinnan aus g. *brenn-a- Vst. ’brennen’ (intrans.), auch in gt. brinnan, anord. brenna (älter brinna), ae. beornan, afr. burna. In nachmittelhochdeutscher Zeit ist das starke Verb ausgestorben und seine Funktion vom schwachen Verb übernommen worden. Das germanische Verb ist wahrscheinlich ein altes nu-Präsens zu der ig. Wurzel *g wher- ’brennen’. Dieses in ai. ghrnoti ˙ ’leuchtet, brennt’ (Lexikonwort), arm. ˇjer¯˙nowm, ˇjer¯ay ’ich wärme mich’; die einfache Wurzel in gr. the´romai ’ich werde warm, wärme mich’, akslav. greˇtise˛ ’sich wärmen’, lit. gare˙´ti ’brennen’, air. fo-geir ’erhitzt, entflammt’, l. formus ’warm’. Ebenso ne. burn, nschw. brinna, bränna, nisl. brenna; Þabgebrannt, ÞBrand, ÞBrandung, ÞBranntwein, ÞBrandy, Þbraten, Þbrenzlig, ÞBrunst, Þdurchbrennen, ÞWeinbrand. – Seebold (1970), 137–139 (zum Lautlichen); Seebold, E. in Mayrhofer/Peters/Pfeiffer (1980), 431–484, besonders 478f.; Röhrich 1 (1991), 253f.; EWNl 1 (2003), 371f.; EWahd 2 (1998), 319, 342–345.

Brennpunkt Sm std. (17. Jh.). Lehnübersetzung für l.

pu¯nctum u¯stio¯nis für den Treffpunkt der durch eine Linse gehenden Strahlen, mit dem (im Fall von Sonnenstrahlen usw.) brennbare Stoffe entzündet werden können. Wie das entsprechende l. focus dann übertragen auf ’die Stelle, auf die sich alle Aufmerksamkeit konzentriert’.

Fliegen) erw. obd. (8. Jh.), mhd. brem(e), ahd. brema Ebenso nndl. brandpunt, nschw. brännpunkt, nnorw. brennpunkt. f., bremo m., as. bremo m. Aus vd. *brem-o¯n m. ’Bremse, Stechfliege’ zu der ig. Schallwurzel *b hrem- Brente Sf ’Rückentraggefäß’ per. fach. (15. Jh.), spmhd. (z.B. in l. fremere ’brüllen, tosen’, ahd. pram ’rugiebrente. Wie nordit. brenta ein Wort der Alpenregion, bam’), hier offenbar in der Bedeutung ’summen’, also das in germanischen und romanischen Sprachen ver’Summer’. Vgl. ai. bhramara´- m. ’Biene’, bulg. breitet ist. Herkunft unklar, vermutlich Substratwort. brъmbar ’Hummel, Käfer’. Zur gleichen Wurzel Nach anderer Auffassung (Meier) mit Varianten und mndd. bromete, mndl. breemse, ahd. brimissa, das im Erweiterungen zu l. vitta ’Stirnband’, weil das Trag16. Jh. aus dem Niederdeutschen ins Hochdeutsche gefäß durch ein Stirnband auf dem Rücken gehalten übernommen wird (die althochdeutsche Form ging wurde. ohne Nachfolger unter; sie hätte *Brimse ergeben Öhmann, E. NPhM 42 (1941), 105f.; Alanne, E. NPhM 56 müssen). Nicht auszuschließen wäre auch eine Vor(1955), 203f.; Mätzler (1968), 17; Meier, H. FS Lapesa (Maform *mrem- (vgl. Þmurmeln für entsprechende drid 1972), 433–438, und FS Alinei 2 (1987), 310–314. Schallwörter). brenzlig Adj ’kritisch, verdächtig’ std. (16. Jh.). Die urEWNl 1 (2003), 376; EWahd 2 (1998), 315f., 336f. sprüngliche Bedeutung ist ’angebrannt riechend’, zu Bremse1 Sf ÞBreme. brenzeln ’angebrannt riechen’, weiter zu brenzen, das mit Suffix -ezz- (g. *-atja-) aus Þbrennen gebildet ist. Bremse2 Sf ’Hemmschuh’ std. (14. Jh.), spmhd. bremse ’Klemme, Maulkorb’ u.ä. Zu einem Verb, das Bresche Sf std. (16. Jh.). Als militärisches Fachwort ent’zwängen, klemmen’ bedeutet, mhd. pfrengen und lehnt aus frz. bre`che gleicher Bedeutung. Dieses ist (lautlich genauer) mndd. pramen. Weitere Herkunft seinerseits wohl aus einem westfränkischen Wort aus unklar. Bremse war auch die Nasenklammer zur Bänder Sippe von Þbrechen entlehnt. Vor Bresche wurde digung störrischer Pferde, von dort aus übertragen in frühneuhochdeutscher Zeit Lucke gesagt. auf die Vorrichtung zum Anhalten von Fahrzeugen. Ebenso nndl. bres, ne. breach, nschw. bräsch. – DF 3 (21997), 494–497; Röhrich 1 (1991), 254f.; EWNl 1 (2003), 377. Verb: bremsen.

Brikett

151 bresthaft Adj ’mit Gebrechen behaftet’ erw. obs.

(16. Jh.), spmhd. bresthaft. Zu breste ’Gebrechen’, also ’mit Gebrechen behaftet’. ÞGebresten. – EWahd 2 (1998), 320–323.

Ebenso nndl. bridge, nfrz. bridge, nschw. bridge, nnorw. bridge, nisl. bridds. – Müller, K. Sprachpflege 34 (1985), 119; ReyDebove/Gagnon (1988), 95; EWNl 1 (2003), 378.

Brief Sm std. (9. Jh.), mhd. brief, ahd. briaf, as. bre¯f n.

Wie afr. bre¯f n., anord. bre´f n. frühe Entlehnung aus l. breve n. ’kurzes Schreiben’ (zu l. brevis ’kurz’). bred. Aus wg. *breda- n. ’Brett’. Im Ablaut dazu steht Dabei geht g. ¯e 2 auf gedehntes l. e zurück, f ist der ÞBord 1; es ist deshalb nicht ausgeschlossen, dass eine Reflex von bereits spirantisch gewordenem l. v. Die gemeinsame, ablautende Grundlage (also ein WurBedeutung ist ursprünglich ’Urkunde, kurze schriftzelnomen) vorausliegt. Zu der Wurzel (ig.) *b her-, die liche Festlegung’; die heutige Bedeutung wird urunter Þbrechen und Þbohren dargestellt ist; eine Besprünglich von ÞSendbrief getragen, das seit mitteldeutung ’schneiden’ (o.ä.) ist in ihrem Rahmen nicht hochdeutscher Zeit vereinfacht wird. Die ältere Beausgeschlossen, so dass die Grundbedeutung deutung noch in Brief und ÞSiegel, verbriefen, ’Geschnittenes’ sein könnte. − Das schwarze Brett war Schuldbrief u.ä. Adjektiv: brieflich. ursprünglich eine Tafel, auf die mit Kreide geschrieEbenso nndl. brief, ne. brief, nfrz. brevet, nschw. brev, nisl. bre´f; ben wurde, später ’Anschlagtafel’. Vielleicht besteht ÞBrevier, ÞBrimborium. – RGA 3 (1978), 461–463; LM 2 (1983), ein Zusammenhang mit den sogenannten Hohn648–682; Röhrich 1 (1991), 257f.; EWNl 1 (2003), 378; EWahd 2 und Spott-Tafeln norddeutscher Zünfte, die seit dem (1998), 332–334. 16. Jh. bezeugt sind. Der Ausdruck schwarzes Brett ist hierfür allerdings erst im 18. Jh. bezeugt. − Einen Stein Bries (Briesel, Brieschen, Bröschen) Sn ’innere Brustdrüse bei jungen Kälbern’ per. fach. (17. Jh.), fnhd. im Brett haben kommt von den Brettspielen. − Bretter brüs. Am ehesten abgeleitet von ÞBrust, doch ist sind u.a. die Skier (nach dem Vorbild von bair. mangels früher Formen keine Klarheit zu gewinnen. Brettl); Bretter auch für ’Bühne, Theater’ (nach der Das Wort kann auch wegen des bröseligen Aussehens besonders aufgebauten Bretterbühne), davon abgeder Drüse näher mit ÞBrosame verwandt sein. setzt Brettl ’Kabarett’. − Ein Brett vor dem Kopf haben Ebenso nschw. kalvbräss. Vgl. vielleicht auch ne. brisket die störrischen Ochsen, denen das Jochbrett über die ’Tierbrust’, nfrz. bre´chet m. ’Brustbeinkamm der Vögel’; Augen gehängt wird.

Brett Sn std. (8. Jh.), mhd. bret, ahd. bret, as. (beddi-)

ÞPritsche. – Warncke, J. NZV 6 (1928), 179–183; Götze, A. NGH 7 (1929), 14–20; Röhrich 1 (1991), 255–257; EWNl 1 (2003), 268; EWahd 2 (1998), 323–325.

Brevier Sn ’Gebetbuch; Auszug wichtiger Textstel-

len’ erw. fach. (15. Jh.). Entlehnt aus l. brevia¯rium, einem Kollektivum zu l. brevis ’kurz’. Zunächst nur ein kurzes Verzeichnis der Elemente des kirchlichen Stundengebets, dann erweitert um die jeweiligen Gebete, Psalmen und Gesänge, und schließlich übertragen auf außerliturgische Sammlungen. Ebenso nndl. brevier, ne. breviary, brevier, nfrz. bre´viaire, nschw. breviarium; ÞBrimborium, ÞBrief . – LM 2 (1983), 640–642; DF 3 (21997), 497f.; EWNl 1 (2003), 377f.

Brezel Sf ’Gebäck mit verschlungenen Enden’ erw. obd.

ÞBrust. – Kretschmer (1969), 248f.

Brigade Sf ’eine Truppenabteilung’ erw. fach. (17. Jh.).

Entlehnt aus frz. brigade, dieses aus it. brigata ’Kampftruppe’, einer Ableitung von it. brigare ’kämpfen’, abgeleitet von it. briga ’Streit’. Die weitere Herkunft ist nicht geklärt. Dazu Brigant ’Straßenräuber’, älter ’Kämpfer’. Brigade ’Arbeitsgruppe’ in der Sprache der DDR nach russischem Vorbild, entsprechend wurde dort Brigadier ’Leiter einer Arbeitsbrigade’ auch nach russischem Vorbild [brigadi:r] ausgesprochen, gegenüber [brigadie] als militärischem Rang. Ebenso nndl. brigade, ne. brigade, nschw. brigad, nnorw. brigade; ÞBrigg. – DF 3 (21997), 598–503; Jones (1976), 162f.; DEO (1982), 156; EWNl 1 (2003), 379.

(12. Jh., prezzita 8. Jh.), mhd. bre¯zel (u.ä.), ahd. brezzitella (u.ä.). Sind aus einem romanischen Wort ent- Brigg Sf ’Zweimaster’ per. fach. (18. Jh.). Entlehnt aus lehnt, das durch it. bracciatello m. vertreten ist. Dieses ne. brig, einer Kürzung von ne. brigantine, das ebenist ein Diminutiv zu l. brac(c)hia Pl. ’Arme’ und befalls ins Deutsche übernommen wurde. Bezeichnet nennt damit das Gebäckstück nach der Form der wie wird so ein Schiff mit niedrigem Bord, zu Brigant gekreuzte Arme ineinander gelegten Enden. Auf eine ’Kämpfer, Räuber’ (ÞBrigade). einfachere Vorform braciata gehen ahd. brezzita, Ebenso nndl. brik, nfrz. brick, nschw. brigg, nisl. brigg. Vgl. mhd. pre¯ze (bair. bretzen), schwäb. brezet zurück. ÞKuff ; ÞBrigade. – Ganz (1957), 47; EWNl 1 (2003), 380.

Ebenso ne. pretzel, nfrz. bretzel; Þbrachial. – Röhrich 1 (1991), Brikett Sn ’Presskohle’ erw. fach. (19. Jh.). Entlehnt aus 257; EWahd 2 (1998), 330–332.

Bridge Sn (ein Kartenspiel) per. fach. (19. Jh.). Entlehnt

aus ne. bridge, das auf den Ausruf biritch zurückgeht, mit dem das Spiel ohne Trumpf angesagt wird. Die Herkunft des Wortes ist unbekannt. Heute kann die Bezeichnung des Spiels als ’Brücke’ verstanden werden, weil die einander gegenübersitzenden Spieler jeweils zusammenspielen.

frz. briquette f., einer Ableitung von frz. brique f. ’Ziegelstein’, dieses aus mndl. bricke (zu Þbrechen). So benannt nach der Form, in die die Kohle gepresst wird (also ’Ziegelstein-Kohle’, parallel zu ’Eierbrikett’). Ebenso nndl. briket, nfrz. briquette, nschw. brikett, nnorw. brikett. – DF 3 (21997), 503f.; EWNl 1 (2003), 380.

brillant

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brillant Adj erw. fremd. (18. Jh.). Entlehnt aus frz. bril-

lant, dem PPräs. zu frz. briller ’glänzen’, aus it. brillare. Die weitere Herkunft ist nicht völlig geklärt (vielleicht zu ÞBeryll; ÞBrille). Substantiviert Brillant m. für einen besonders geschliffenen Diamanten. Verb: brillieren; Abstraktum: Brillianz. Ebenso nndl. briljant, ne. brilliant, nfrz. brillant, nschw. briljant, nnorw. briljant. – Gombert, A. ZDW 3 (1902), 169f.; DF 3 (21997), 504–509; Littmann (1924), 17; Brunt (1983), 167f.; EWNl 1 (2003), 380f.

Brille Sf ’Augengläser’ std. (15. Jh.), mhd. berille, barille

’Anger’, ähnlich me. brinke, brenke, bringe n. ’Rand, Ufer’, anord. brekka f. ’Abhang eines Hügels’. Gemeint ist offenbar der Rand eines Grashügels, hinter dem das Gelände abfällt. Am ehesten zu den Wörtern mit der Bedeutung ’Rand’ von einer Grundlage (ig.) *b h(e)r(e)m-, einerseits in anord. barmr ’Rand’, andererseits in mhd. brem n. ’Einfassung’, me. brimme, brumme n. ’Rand’ (Þverbrämen), also (ig.) *b hrem-go-. Auffallend ähnlich ist kymr. bryn ’Hügel, Höhe’, das aber in andere Zusammenhänge gestellt wird.

Das Wort ist häufig in niederdeutschen Ortsnamen und davon m; fnhd. b[e]rille. Entlehnt aus l. be¯ryllus m., dieses abhängigen Personennamen.ÞBord 2 – LM 2 (1983), 694; aus gr. be¯´ryllos m. ’Beryll, bläulich gefärbter Kristall’. EWNl 1 (2003), 381. Man schliff Berylle in Reliquiare und Monstranzen ein, um den Inhalt sichtbar zu machen, und erkannte brisant Adj erw. fremd. (19. Jh.). Entlehnt aus frz. bridaran die optische Wirkung des Halbedelsteins. Sie sant, dem PPräs. von frz. briser ’brechen, zerbrechen, wurde gegen 1300 ausgenützt zur Verfertigung von sprengen’. Offenbar ohne französische Vorlage das Sehhilfen, die aus ÞBeryll (oder Bergkristall) geAbstraktum: Brisanz. schliffen wurden, bis man Glas ohne Bläschen herEbenso nndl. brisant, nschw. brisant, nnorw. brisant. Das franstellen konnte. Das deutsche Femininum Brille ist zösische Wort wohl zu afrz. brisier ’zermalmen’ (von Trauben), ursprünglich der Plural des Maskulinums, mit dem vgl. afrz. brisa ’Rückstand beim Keltern’ (’das Zermalmte’), vermutlich Substratwort aus dem Keltischen. – Strauss u.a. der Stein bezeichnet wird. Ebenso nndl. bril, nnorw. briller; ÞBeryll, Þbrillant. – LM 2 (1983), 689–692; Röhrich 1 (1991), 258–261; EWNl 1 (2003), 380.

Brimborium Sn ’übergroßer Aufwand’ std. stil. (18. Jh.).

Entlehnt aus frz. brimborion m. ’Hokuspokus, Lappalie’. Dieses aus mfrz. breborion ’Brevier’, später auch ’Zauberformel, Zaubergebete’ (ÞBrevier). Die mechanisch heruntergesagten Gebete werden als wirkungsloser Aufwand betrachtet. Röhrich 1 (1991), 261; DF 3 (21997), 510f.

(1989), 585–588; DF 3 (21997), 511–513; EWNl 1 (2003), 381.

Brise Sf ’leichter Wind’ erw. fach. (18. Jh.). In die See-

mannssprache entlehnt aus einem Wort, das in mehreren germanischen und romanischen Sprachen verbreitet, aber unklarer Herkunft ist: ne. breeze, nfrz. brise, span. brisa usw. Ebenso nndl. bries, ne. breeze, nfrz. brise, nschw. bris, nnorw. bris. S. auch ÞBise. – Ganz (1957), 47; Törnqvist, N. KVNS 77 (1970), 22f.; EWNl 1 (2003), 378.

Brocken Sm std. (9. Jh.), mhd. brocke, ahd. brocko. Bil-

dung mit expressiver Gemination (oder n-Assimilation) zu Þbrechen, also ’Bruchstück, Abgebrochenes’. as. brengian. Aus g. *breng-a- Vunr. ’bringen’, auch in Das auslautende n ist aus dem Plural und den obligt. briggan, ae. bringan, afr. bringa. Die Stammbilquen Formen übernommen. Dazu brocken (’Brot o.ä. dung ist im Germanischen singulär: starkes Präsens, in Stücke brechen und in die Suppe o.ä. werfen’) und aber schwaches, abgelautetes Präteritum; dazu westbröckeln (’in Brocken zerfallen’). Adjektiv: bröckelig. germanisch teilweise ein starkes Partizip (das im AltLühr (1988), 226; Röhrich 1 (1991), 261f.; EWNl 1 (2003), 385; hochdeutschen sekundär auch zu starken PräteritalEWahd 2 (1998), 352f. formen geführt hat). Das Verb kann verglichen werden mit einem keltischen und vielleicht einem brodeln Vsw std. (13. Jh.), mhd. brodelen, nndl. bordetocharischen Verb unter einer Grundform (ig.) len. Iterativ-Ableitung zu einem Wort für ’Brühe’, wg. *b hrenk-, was für das Germanische grammatischen *bruda- n. in ahd. brot, ae. broþ, anord. brod Ñ (selten). Wechsel voraussetzen würde: kymr. hebrwng, hebrynBrudler u.ä. sagt man süddeutsch für ’Brauer, Koch’ gaf, ’führen, bringen’ (aus *sem-b hronk-), toch. AB u.ä., ÞAschenbrödel ist ’Küchenjunge, Küchenmädprän˙k- ’sich zurückhalten’. Diese Bildung wird als chen’ (derjenige aus der Küche, der mit Asche zu tun Wurzelkontamination von *b her- ’tragen’ (Þgebären) hat). Zu der unter Þbrauen behandelten Verbalwurzel. und *(e)nek- ’erreichen’ (Þgenug) angesehen. Da sich diese beiden Verben im Griechischen suppletiv erS. auch Þprudeln und Þsprudeln. gänzen, ist eine solche Annahme naheliegend. Kon- Brodem Sm ’Dunst, Dampf’ per. arch. (11. Jh.), mhd. kretum: Mitbringsel; Adjektiv: unwiederbringlich. bra¯dem, ahd. bra¯dam, mndl. bradem. Daneben ae. Ebenso nndl. brengen, ne. bring, nschw. bringa (entlehnt); br¢ ¯ þ ’Geruch, Ausdünstung, Dampf’, ne. breath Þumbringen. – Seebold (1970), 136f.; EWNl 1 (2003), 377; ’Atem’. Wahrscheinlich gehen beide Formen auf wg. EWahd 2 (1998), 338–341. *br¢¯ þa- m. zurück, und das deutsche Wort ist nachBrink Sm ’Grashügel’ per. ndd. (18. Jh.). Übernommen träglich an Atem angepasst worden. Das Grundwort aus dem Niederdeutschen: Mndd. brinc, mndl. brinc ist vielleicht bezeugt in mhd. br¢hen ’riechen’, aber bringen Vunr std. (8. Jh.), mhd. bringen, ahd. bringan,

Brot

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dies ist nur einmal als Variante bezeugt (Parzival 171, Bronchie Sf ’Luftröhrenast’ erw. fach. (19. Jh.). Ent23). Weiter zu ig. *g whre¯- ’riechen’ in ai. jı´ghrati lehnt aus l. bronchia n. Pl. ’Luftröhrenäste’, dieses aus gr. bro´nchia n. Pl., zu gr. bro´nchos m. ’Luftröhre’. Die ’riecht’, toch. A kra¯m ’Nase’, gr. os-phraı´nomai ’ich rieche’, gr. o´sphre¯sis˙f. ’Geruchssinn’ (*ods-g whre¯-), er- Entzündung der Bronchien heißt Bronchitis, hierzu s. weitert l. fragra¯re ’duften’. Þ-itis. ÞFlair. – Seebold, E. in Mayrhofer/Peters/Pfeiffer (1980), 482 (zum Lautlichen); EWahd 2 (1998), 278–280.

Broiler Sm ’Brathähnchen’ per. omd. ondd. (20. Jh.).

Ebenso nndl. (Pl.) bronchi¡n, ne. bronchus, nfrz. bronche, nschw. (Pl.) bronker, nnorw. bronkie. – Casewitz/Skoda (1985), 50f. (Erklärung des gr. Wortes als Lautnachahmung); EWNl 1 (2003), 387.

Entlehnt aus ne. broiler ’Brathühnchen’, zu ne. broil Bronze Sf (Kupferlegierung) erw. fach. (16. Jh.). Ent’rösten, grillen’, das vermutlich auf frz. bruˆler lehnt aus it. bronzo m. Weiter vermutlich über eine ’brennen, rösten’ zurückgeht. Eine auf die neuen unbezeugte arabische Zwischenstufe aus pers. biringˇ Bundesländer beschränkte Entlehnung. Ein broiler ist ’Messing’. Adjektiv: bronzen. im Englischen ein Grill oder ein Hühnchen, das zum Ebenso nndl. brons, ne. bronze, nfrz. bronze, nschw. brons, nisl. Grillen aufgezogen wird; ein ’Grillhühnchen’ ist ein brons. – DF 1 (1913), 99; Lippmann (1919), 549–569; Steiger, broiler chicken. Vermutlich ist die deutsche EntlehA.: Origin and Spread in European Languages (New York nung aus diesem Ausdruck gekürzt. 1963), 37–39; LM 2 (1983), 712–717, DEO (1982), 162f. (anders); Ebenso ne. broiler chicken, nschw. broiler, nnorw. broiler. – Carstensen 1 (1993), 176f.

Brokat Sm ’kostbares, durchwirktes (Seiden)Gewe-

be’ erw. fach. (16. Jh.). Entlehnt aus it. broccato, einer Ableitung von it. broccare ’durchwirken’, aus einem vor- rom. *brocca ’Spitze’. So benannt nach der Besonderheit, dass das Seidengewebe mit Gold- bzw. Silberfäden durchwirkt wurde. Ebenso nndl. brokaat, ne. brocade, nfrz. brocart, nschw. brokad, nnorw. brokade; ÞBrokkoli, ÞBrosche, ÞBroschüre. – DF 3 (21997), 514f.; DEO (1982), 160f.; LM 2 (1983), 712; EWNl 1 (2003), 385.

Brokkoli Sm (ein Gemüsekohl) erw. fach. (20. Jh.). Ent-

lehnt aus it. broccoli, dem Plural von it. broccolo ’Sprossenkohl, Spargelkohl’, zu it. brocco ’Schössling’, eigentlich ’Spitze’. Ebenso nndl. broccoli, ne. broccoli, nfrz. brocoli, nschw. broccoli, nnorw. brokkoli; ÞBrokat. – EWNl 1 (2003), 382.

Brom Sn (ein chemisches Element) erw. fach. (19. Jh.).

1826 von dem Franzosen A. J. Balard entdeckt und aufgrund des unangenehmen Geruchs nach gr. bro˜mos m. ’Gestank’ benannt. Ebenso nndl. broom, ne. bromine, nfrz. brome, nschw. brom, nisl. bro´m. – EWNl 1 (2003), 388.

EWNl 1 (2003), 387.

Brosame Sf (Brosam m., meist Brosamen Pl.) std.

(9. Jh.), mhd. brosem(e), brosme f., ahd. bro¯s(a)ma f., as. brosmo m. Aus vd. *brusmo¯n f. ’Krume, Brosame’; aus der gleichen Grundlage mit anderen Suffixen mir. bruar ’Stückchen, Brosame’, mir. bruscar ’Brosamen’, bret. bruzun ’Brotkrume’, kymr. briwionyn ’Brotkrume’, l. frustum n. ’Stückchen’ zu (ig.) *b hreus- ’zerbrechen’ in ae. bry¯san ’zerreiben, zerstampfen’, mir. bru´aid ’zerbricht, zerschmettert’; mit anderem Auslaut anord. brjo´ta, ae. bre¯otan ’brechen’ (es wäre nicht ausgeschlossen, *brusmo¯n als *brutsmo¯n unmittelbar auf dieses Verb zurückzuführen). ÞBrösel ist ein altes Diminutiv hierzu (mhd. brosemlı¯n n.), zu diesem weiter (zer-)bröseln. Diese Wörter zeigen noch eine allgemeinere Bedeutung, während Brosamen wohl durch den Anklang an Brot auf ’Brotkrümel’ festgelegt ist. EWahd 2 (1998), 357–359.

Brosche Sf ’Anstecknadel’ std. (19. Jh.). Entlehnt aus

frz. broche, dieses aus vor- rom. *brocca ’Spitze’. Ebenso nndl. broche, ne. brooch, nschw. brosch, nisl. brjo´stna´l; ÞBrokat, ÞBroschüre. – DF 3 (21997), 515; Puzˇule, S. P. Valoda tipologiska¯s iezı¯ms (Riga 1988), 90–96; EWNl 1 (2003), 382.

Brombeere Sf std. (10. Jh., Simplex 9. Jh.), mhd. bra¯m- Bröschen Sn ÞBries.

ber n., ahd. bra¯mberi n., mndd. bramber. D.h. die Broschüre Sf ’kleineres, geheftetes Schriftstück’ erw. Beere des Dornstrauchs, der ahd. bra¯ma f., bra¯mo m., fach. (18. Jh.). Entlehnt aus frz. brochure, Konkretum mhd. bra¯me m. heißt (nndl. braam); eine Weiterbilzu frz. brocher ’heften’, dieses aus vor- rom. *brocca dung in ae. br¢¯ mel, ne. bramble. Da es ein voreinzel’Spitze’. Die Bedeutung ist also eigentlich ’Heftung’; sprachl. *moro- ’Maulbeere, Brombeere’ gibt (gr. das zugrunde liegende Verb ist als broschieren entmo´ron n., arm. mor, kymr. morwydden n., l. mo¯rum n. lehnt. − von denen aber mindestens das lateinische Wort Ebenso nndl. brochure, ne. brochure, nschw. broschyr, nnorw. aus dem Griechischen entlehnt ist), ist es verlockend brosjyre; ÞBrokat, ÞBrosche. – DF 3 (21997), 515–517; EWNl 1 für wg. *br¢¯ mo¯n von voreinzelsprachl. *mre¯mo- aus(2003), 382f. zugehen; die Form der Erweiterung ist aber unklar. Brösel Sm ÞBrosame. Ig. (eur.) *moro- kann zu einem schlecht fassbaren Brot Sn std. (8. Jh.), mhd. bro¯t, ahd. bro¯t, as. bro¯d. Aus g. *mer- ’schwarz, dunkel’ gehören. *brauda- n., auch in anord. braud,Ñ ae. bre¯ad, afr. bra¯d, Wienesen, L.: Die Brombeere (Gießen 1952); Röhrich 1 (1991), 262; EWNl 1 (2003), 368, vgl. 376; EWahd 2 (1998), krimgt. broe. Das Wort hat im Althochdeutschen und 285–289. Altsächsischen das ältere g. *hlaiba- (s. ÞLaib) in der

Brotzeit

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Bedeutung ’Brot’ verdrängt; das Gotische hat noch Bruch Sm ’Gebrochenes’ std. (9. Jh.), mhd. bruch, ahd. allgemein hlaifs m., im Altenglischen und Altnordibruh, as. bruki. Aus wg. *bruki- m. ’Bruch’, auch in ae. bryce, afr. breke zu g. *brek-a- ’brechen’ (Þbrechen). schen haben die ältesten Quellen noch hla¯f m. und hleifr m. Westgermanisch heißt schon seit frühester Die Einzelbedeutungen sind durchsichtig; zu beachZeit die essbare Bienenwabe ’Bienenbrot’: ae. ten ist Bruch(zahl), das eine Lehnübersetzung von l. be¯obre¯ad, as. bı¯bro¯d, ahd. bı¯bro¯t. Die Etymologie ist numerus fra¯ctus ist. Hierzu in die Brüche gehen, urunklar: 1) Normalerweise geht man von einer Ableisprünglich ’nicht aufgehen, einen Bruch ergeben’, tung von brauen aus, mit dem Hinweis darauf, dass dann unter Einfluss der Grundbedeutung ’zunichte mit Brot ursprünglich das nach der neuen Technik werden’. Adjektive: brüchig, unverbrüchlich; Konkregesäuerte Brot gemeint war (im Gegensatz zu einfatum: Bruchstück. Röhrich 1 (1991), 266f.; EWNl 1 (2003), 377; EWahd 2 (1998), cheren Herstellungsarten der Laibe). Gegen diese 374. Etymologie spricht, dass kein anderes Wort für Brot (in irgendeiner Sprache) dieses Benennungsmotiv Bruch2 Smn ’Sumpfland’ per. ndd. (11. Jh.), mhd. zeigt. Das ’Bienenbrot’ müsste bei dieser Etymologie bruoch, ahd. bruoh n. /(m.?). Vielleicht hierher auch eine übertragene Bedeutung sein. 2) In Anbetracht ae. bro¯c m. ’Bach’ (vermutlich ’Bach mit sumpfigen der im Nordhumbrischen auftretenden Bedeutung Ufern’); dann wg. *bro¯ka- m./n. ’Sumpfland’, (viel’Stück, Bissen’ bei ne. bread wird an die Grundlage leicht als Vriddhi-Bildung) zu der unter ÞBrackwasser *breu- ’brechen’ und die davon abgeleiteten (allerbehandelten Sippe g. *brak- für ’Sumpf, stehendes dings lautlich abweichenden) Wörter für ’BrosaWasser’ usw. aus ig. (nordeur.) *m(e)r(e)g- neben men’ angeknüpft (ÞBrosame). ’Bissen, Leckerbissen’ *m(e)r(e)k-, wohl Erweiterung zu *mer- ’Gewässer, ist ein häufiges Benennungsmotiv für ’Brot’ (nachSumpf’, zu dem auch ÞMeer und ÞMoor gehören. vollziehbar z.B. in ngr. pso¯mı´ n. ’Brot’ zu gr. pso¯mo´s Häufig in Ortsnamen. ’Brocken, Bissen’); das ’Bienenbrot’ wäre dann ein Ebenso nndl. broek, ne. brook; ÞBach, ÞBrühl. – Dittmaier, H. ZDA 84 (1952), 174–178; Kutzelnigg, A. MS 82 (1972), 173; ’Leckerbissen von den Bienen’. Diese Etymologie ist Udolph (1994), 130–132; EWNl 1 (2003), 384f.; EWahd 2 (1998), aber lautlich und morphologisch nicht befriedigend. 394–396. 3) Zu erwägen wäre auch ein Zusammenhang mit brauchen in Anbetracht von l. fru¯mentum ’Korn, Bruch3 Sfn ’kurze Hose’ per. arch. (9. Jh., bruohha¯h Nahrungsmittel’ und der häufigen Herleitung von 8. Jh.), mhd. bruoch f., ahd. bruoh f., as. bro¯c f . Aus g. Wörtern für ’Brot’ aus Getreidebezeichnungen. Das *bro¯k- m. (Pl.) ’Hose’, auch in anord. bro´k f., ae. bre¯c, ’Bienenbrot’ wäre dann ’Bienennahrung’. Aber auch br¢ ¯ c f. (Pl.), afr. bre¯k, bro¯k. Gemeint ist die kurze hier ist kein einfacher lautlicher oder morphologiHose, an die in früherer Zeit die Beinlinge (Hosen) scher Weg der Verbindung erkennbar (l. fru¯mentum befestigt wurden. Das gleiche Wort für die gleiche geht vermutlich auf *b hru¯g-ment- oder *b hru¯gsmentSache bestand auch bei den Kelten (bra¯ca), sogar zurück). Diminutivum: Brötchen; Adjektiv: brotlos. auch in einer Nebenform mit expressiver Verdoppelung oder n-Assimilation (gall. bracca, wie ae. braccas Ebenso nndl. brood, ne. bread, nschw. bröd, nisl. braud.Ñ – Schrader, O. FS Sievers (Halle/Saale 1896), 5–11; RGA 3 (1978), m. Pl.). Eine der beiden Sprachen muss wegen des 545–552; LM 2 (1983), 719–721; Röhrich 1 (1991), 262–266; gleichen Auslauts aus der anderen entlehnt haben EWNl 1 (2003), 388; EWahd 2 (1998), 359–361. (nach Szemere´nyi gilt dies allerdings nicht, wenn für das Keltische von kelt. *bra¯gika¯ auszugehen ist). Da Brotzeit Sf bair. ÞFrühstück. im Altertum die bra¯ca als typisch gallische Kleidung Browser Sm ’Programm zum Betrachen von Internetgalt (man unterschied sogar Gallia bra¯ca¯ta ’das beseiten’ per. fach. (20. Jh.). Entlehnt aus gleichbedeuhoste Gallien’ = ’Gallia Narbonensis’ von Gallia totendem e. browser, dieses ist ein Nomen Instrumenti ga¯ta ’das togatragende Gallien’ = ’Oberitalien’), zu e. to browse ’in einem Buch oder einer Zeitschrift wurde bra¯ca häufig als ursprünglich keltisches Wort blättern, herumschmökern’, ursprünglich ’abgraangesehen. Den Ausschlag dürfte aber geben, dass im sen’. Die Aufgabe des Browsers ist, in einer DatenGermanischen eine klare etymologische Anknüpfung bank oder im Internet verschiedene Einheiten aufzumöglich ist, so dass das Germanische die gebende rufen und gegebenenfalls zu bearbeiten; in der allgeSprache gewesen sein muss: Gleichlautend gibt es im meinen Sprache werden vor allem die für das Internet Germanischen Wörter für ’Hinterteil’, so dass die verwendeten Programme so bezeichnet, die in der Hose nach dem Körperteil benannt wurde, den sie Regel noch eine größere Zahl andersartiger Funktibedeckt (vgl. frz. culotte f. ’Hose’ zu frz. cul m. onen erfüllen (z.B. Versenden von E-Mail). Deshalb ’Hinterteil’), anord. bro´k f. ’Oberschenkel’, ae. bre¯c f. ist die volle Bezeichnung auch e. web-browser, das ’Hinterteil’, schwz. bruech ’Schamgegend’ und von allerdings von vorneherein vereinfacht wurde. Der der geminierten Form das unter ÞBacke 2 behandelte erste solche Browser war Mosaic (1993), die Vorstufe Wort. Verwandt sein kann ferner l. suffra¯go f. von Netscape (1994). ’Hinterbug der Tiere’ und vielleicht gäl. breaman ’Hinterteil, Schwanz von Schafen und Ziegen’. Auch

brummen

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dieses Argument wird aber hinfällig, falls die HesychGlosse zuverlässig ist, dass (gr.) brakkai ein Kleidungsstück aus Ziegenleder bei den Kelten war. In diesem Fall könnten die Wörter urverwandt sein. Ebenso nndl. broek, ne. breeches. – Birkhan (1970), 247f.; Szemere´nyi (1989), 117–123; Griepentrog (1995), 79–90; Beekes, R. S. P. ABÄG 54 (2000), 25f.; EWNl 1 (2003), 384; EWahd 2 (1998), 390–394.

Brücke Sf std. (8. Jh.), mhd. brücke, brucke, brügge, ahd.

(Diminutiv) bro´lis aus brotere˙˜lis. Weitere Herkunft unklar; das Wort enthält aber das für indogermanische Verwandtschaftsnamen typische -ter-Suffix. Die ursprüngliche Bedeutung des Wortes war offenbar ’zur gleichen Generation gehörige männliche Blutsverwandte innerhalb der Großfamilie’. Adjektiv: brüderlich; Kollektiv: Gebrüder; Abstraktum/Konkretum: Brüderschaft/Bruderschaft; Präfixableitung: verbrüdern.

Ebenso nndl. broeder, ne. brother, nschw. broder, nisl. bro´diÑ r; brugga, as. bruggia. Aus g. *brugjo¯ f., auch in anord. Þfraternisieren. – Risch, E. MH 1944–1947, 117f.; Trier, J. bryggja ’Landebrücke, Landesteg’, ae. brycg, afr. brigZSSR-GA 65 (1947), 225f.; Benveniste (1969/1993), 166–168; ge. Daneben anord. bru´ ’Brücke’. Außergermanisch Bartholmes (1970), 81–93; Szemere´nyi (1977), 22–32; RGA 3 vergleicht sich das zweite Wort mit slavischen Wör(1978), 552–555; Röhrich 1 (1991), 268–270; Carruba (1998), tern (aruss. bervı˘ ’Floß’, ukr. berv ’Baumstumpf’, 129–139; EWNl 1 (2003), 383f.; EWahd 2 (1998), 385–388. bulg. brъv ’Steg, Furt’, serbo-kr. brv ’Balken, Stegbrühen Vsw std. alt. (12. Jh.), mhd. brüejen, brüen, brücke’ u.a.), älter akslav. brı˘vı˘no n. ’Balken’, das eimndd. broien, brogen, mndl. broeien. Aus vd. gentliche slavische Wort für ’Brücke’ ist aber akslav. *bro¯(w)-ja- Vsw. ’brühen’. Das Wort gehört sicher zu mostu˘ m. usw. Anschließbar ist ferner das in einigen der unter Þbrauen behandelten Sippe ig. Ortsnamen auftauchende Element gall. briva, das *b herw-/b hreu- ’wallen, sieden’, entweder als unab’Brücke’ bedeuten könnte, in den belegten keltischen hängige Erweiterung (*b hro¯-) oder, was wahrscheinSprachen ist das Wort ’Brücke’ aber air. drochet, licher ist, als dehnstufige Bildung zu *breww-akymr. pont. Auszugehen ist wohl von einem kelt.-g.’brauen’ (*b hro¯w-). Von den Wörtern für ’Brühe’ geslav. Wort *b hrw-, das ’Stamm, Bohle’ und ’einfache hört ˙ Brühe, mhd. brüeje, mndl. broei(e) zu brühen; Brücke (aus einem Stamm)’ bedeutete, hierzu anord. anord. brod Ñ n., ae. brod,Ñ ahd. broth, brod n. gehört bru´. Als technisch anspruchsvollere Brücken auftranäher zu brauen. − Bei der in älteren Texten gelegentten, konnte dieses Wort erhalten bleiben; daneben lich auftretenden Bedeutung ’necken, plagen’ handelt gab es für die neuere Form aber auch spezielle Bees sich um ein anderes Wort (die niederdeutsche zeichnungen, in der Regel kollektivartige AbleitunForm von bräuten, zunächst ’beschlafen’, dann gen zu einem Wort für ’Stämmchen, Prügel’ (so ge’ärgern, necken’). Präfigierung: Þver-. hört das altirische Wort wohl zu *druko- ’StämmEbenso nndl. broeien, ne. broth; Þabgebrüht. – Röhrich 1 chen’ zu *deru- ’Baum’). G. *brugjo¯ ist am ehesten (1991), 270; EWNl 1 (2003), 384; EWahd 2 (1998), 389. eine Ableitung zu einem solchen Wort, nämlich *b hru-k(o)-, erhalten in Prügel (seit spätmittelhoch- Brühl Sm ’feuchte Wiese’ per. arch. (13. Jh.), mhd. brüel. Entlehnt aus ml. bro(g)ilus, das gall. *brogilos vorausdeutscher Zeit belegt) und schwz. Brügi ’Prügelsetzt. Dieses zu (ig.) *mrog-, das als Erbwort in damm, Plattform, Heubühne (usw.)’; zu vergleichen ÞBrackwasser und ÞBruch 2 auftritt. Das Wort ist häuist vielleicht auch lit. bru¯kly˜s ’Prügel’. Das Wort Brüfiges Element in Ortsnamen. cke selbst weist in den Mundarten ebenfalls BedeuDittmaier, H. ZDA 84 (1952), 174–178; Bader 3 (1973), 133–150; tungen wie ’Zwischenboden, Bettstelle über dem LM 2 (1983), 75. Ofen’ u.ä. auf. Das ursprüngliche Wort fiel der Homonymie mit dem alten Wort ÞBraue zum Opfer; im brüllen Vsw std. (13. Jh.), mhd. brüelen. Setzt vd. *bro¯lja- voraus. Im Ablaut zu diesem mhd. pral, bral Nordischen wurde dieses mit -n erweitert, so dass bru´ ’Schrei’. Herkunft unklar, wohl lautmalend. Abstrak’Brücke’ bestehen bleiben konnte; im Süden ist das tum: Gebrüll. alte Wort ausgestorben. Präfixableitung: überbrücken. Þprahlen. – Glombik-Hujer, H. DWEB 5 (1968), 152–157; Brücke ist häufiges Element von Ortsnamen.

˘

Röhrich 1 (1991), 270f.; EWNl 1 (2003), 392, 404. Ebenso nndl. brug, ne. bridge, nschw. brygga, nisl. bru´, bryggja ’Hafendamm, Anlegebrücke’. – Hammerich, L. L. BGDSL-T brummen Vsw std. (12. Jh.), mhd. brummen. Lautma77 (1955), 183; RGA 3 (1978), 555–580; Seebold, E. IF 87 (1982), lende Bildung, der Wörter für ’summen, surren’ am 189–191; Hinderling, R. Archiv für Geschichte von Oberfrannächsten stehen (ÞBreme, ÞBremse). Weiter ab liegt ken 62 (1982), 229–233; LM 2 (1983), 725–732; Röhrich 1 (1991), die Bedeutung ’brüllen’, die bei entsprechender Laut267f.; Gobber, G. (1995), 139–143; EWNl 1 (2003), 389f.; form vorkommt (ahd. breman, l. fremere u.a.) Die EWahd 2 (1998), 370–373.

Bruder Sm std. (8. Jh.), mhd. bruoder, ahd. bruoder, as.

bro¯daÑ r. Aus g. *bro¯þe¯r m. ’Bruder’, auch in gt. broþar, anord. bro´diÑ r, ae. bro¯doÑ r, afr. bro¯ther, bro¯der, bro¯er. Dieses aus ig. *b hra¯te¯r m. ’Bruder’, auch in toch. A pracar, ai. bhra¯´tar-, gr. phra¯´te¯r ’Mitglied einer Bruderschaft’, l. fra¯ter, air. bra´thair, akslav. brat(r)u˘, lit.

Bedeutung ’im Gefängnis sitzen’ ist wohl in der Studentensprache rückgebildet aus rotw. Brummbajes ’Bienenstock, Gefängnis’. Abstraktum: Gebrumm; Nomen Agentis: Brummer; Adjektiv: brummig; Iterativum: brummeln.

Ebenso nndl. brommen; ÞBrunft. – Seebold (1970), 136; Wolf (1985), 65; EWNl 1 (2003), 286; EWahd 2 (1998), 316–318, 374.

brünett

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