Erinnerungen des 7. Brandenburgischen Infanterie-Regiments Nr. 60 an die Feldzüge der Jahre 1864 und 1866

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Doch das Alles konnte das Gemüth unſerer Märker und ...
führten. Wir waren in der Nähe von Glücksburg und ...
giment ertheilt. Es war dieser Auftrag ebenso ehrenvoll als ...
Mit lautloser Spannung horchten wir, die in Reserve ...
die 4te Compagnie: den Musketier Wolschke verwundet; ...
am dreimal weiß gestreiften Bande. Später noch den Dr ...
rung der Occupation dieser Insel vom Ober-Commando befohlen...
Jena sah hier unsere heimkehrenden Colonnen defiliren, und ...
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überschritten, wo zerstampfte Felder, umherliegende Leichen, ...
decke waren zwischen den steinernen Pfeilern niedergestürzt, einen ...
Am 19. Juli erreichte das Regiment Schönkirchen, eine ...
Anhang. ...
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Erinnerungen

011597 des

7. Brandenburgischen

Infanterie -Regiments Nr. 60

an die Feldzüge

der Jahre 1864 und 1866.

Für die Mannschaften geschrieben Don

JOTL einem Offizier des Regiments.

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ENG

Berlin, 1869. Druck von A. W. Hayn's Erben. (C. Hayn, Hof- Buchdrucker. )

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Boyerthe Staatsbiblist 18564#

Inhalts - Verzeichniß.

Abschnitt I. Mobilmachung. 2. December 1863 • •

Seite 1

Feldzug gegen Dänemark. Ueberschreiten der Eider und Gefecht bei Windeby. 1. Februar 1864 9 · • 11 Missunde. 2. Februar 1864. . 16 Ueber die Schlei. 6. Februar 1864. . .. Gefechte bei Schmöl und am Wenningbund. 18. Februar 1864 . • • 21 Gefechte bei Oster - Düppel und Frydendahl. 17. März 1864 . . Der Parallelenbau ..

26 29

Gefechte vor den Düppeler Schanzen. 13. und 14. April 1864 . . • 33 40 Der Sturm. 18. April 1864 • 56 Waffenruhe. Mai 1864. .

Eroberung der Insel Alsen. 29. Juni 1864 • Rückmarsch. 14. November 1864 . Friedenszeit .

59 66 • 70

Abschnitt II.

Mobilmachung. 4. Mai 1866 ....

72

Krieg gegen Desterreich. Ueberschreiten der böhmischen Grenze. 23. Juni 1866. .

78

Schlacht bei Königgräß. 3. Juli 1866 Bis vor Wien .

84 95

Rückmarsch. 30. August 1866 . Schluß • Anhang

101 • 104 107



Vorwort.

Im Auftrage des Königlichen Regiments - Commandos

und für die Mannschaften des 60sten Regiments ist diese Darstellung der wichtigsten Ereignisse der beiden Feld züge niedergeschrieben worden , welche das Regiment ſeit ſeinem nunmehr bald zehnjährigen Bestehen mitzumachen die Auszeichnung hatte. Diese Blätter sind dem Andenken derer gewidmet, welchen es vergönnt war , unter den Fahnen des Regi ments zu fechten, und zur Nacheiferung für diejenigen geschrieben , welche durch ihren Eintritt in das Regiment bestimmt sind , würdige Erben seiner kriegerischen Ver gangenheit zu werden . Dem Verfasser hat das reichhaltige Material zu Ge bote gestanden , welches in den Acten , in den Aufzeich nungen des Herrn General von Hartmann , des dama ligen Regiments Commandeurs , und in eigenen, ſowie in den Notizen der Herren Kameraden vorhanden war,

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Da es der Zweck dieser Blätter ist , dem Soldaten die wichtigsten Ereignisse seines Regiments bekannt zu machen, so konnte auf die Thaten der mit und neben uns im Kampf geweſenen Truppen nur insoweit eingegangen. werden , als dies zum allgemeinen Verständniß erforder lich erschien. In der Darstellung der Kriegsereigniſſe iſt die Ge schichte der Gründung des Regiments fortgeblieben ; es ſei gestattet, die wichtigsten Daten hierfür an dieser Stelle vorauszuschicken. Das 60 ste Regiment verdankt seine Entstehung je ner Zeit, wo Seine Majestät König Wilhelm , noch als Prinz -Regent, das große Werk der Armee - Reorganiſa tion in's Leben rief. Aus den für die Mobilmachung des Jahres 1859 eingezogenen Mannschaften und aus den Abgaben der Linien - Regimenter wurden damals 32 neue Infanterie -Regimenter formirt, welche im Mai 1860 den Namen : „ combinirte Infanterie - Regimenter “ erhielten.

Das 20ſte combinirte Infanterie- Regiment erhielt durch Allerhöchste Cabinets - Ordre vom 4. Juli 1860 den Namen: 7tes Brandenburgisches Infanterie-Regiment Nr. 60 " und bildete mit dem 3ten Brandenburgischen Infanterie

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Regiment Nr. 20 die 11te Infanterie - Brigade der 6ten Infanterie- Division im III. Armee - Corps, zu deſſen com mandirendem General am 1. Juli 1860 Seine Königliche Hoheit Prinz Friedrich Carl von Preußen ernannt worden war.

Seinen Ersatz - Bezirk erhielt das Regiment in den Kreisen Ober- und Nieder - Barnim, Teltow und Stadt Berlin zugewiesen .

Durch Allerhöchste Cabinets - Ordre vom 15. Okto ber 1860 wurden den neuen Regimentern eigene Fah. nen verliehen, und am 18. Januar 1861 fand in erheben der Feier in Berlin vor dem Standbild Friedrichs des Großen deren Einweihung statt.

Nachdem Seine Ma

jestät König Wilhelm den Thron bestiegen, wurden die Fahnen dem Regiment eingehändigt und durch den da maligen Herrn Regiments - Commandeur , Oberst - Lieute nant von Hippel, in feierlicher Weise den Bataillonen übergeben. Mit der Verleihung der Fahnen war die Forma tion des Regiments nach jeder Richtung vollendet ; durch ſeine Gründung, ſeinen Erſah, ſeine Garniſonen und ſei nen Namen ein Brandenburgisches Regiment , erhielt es in den nächstfolgenden Jahren und durch die Ereigniſſe

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und Kämpfe zweier Feldzüge das Anrecht, sich ebenbürtig den alten brandenburgisch - preußischen Regimentern an die Seite zu stellen , welche zu allen Zeiten und an allen Orten in unwandelbarer Pflichterfüllung ihre höchste Ehre, und in der Anerkennung ihres Allerhöchsten Kriegsherrn ihren höchsten Lohn gefunden haben.

Neustadt - Eberswalde, im Februar 1869.

Der Verfasser.

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I.

Mobilmachung. 2. December 1863.

Bei Jei dem 7ten Brandenburgischen Infanterie - Regiment Nr. 60 herrschte in den ersten Decembertagen des Jahres 1863 ein außer gewöhnlich thätiges Leben. Es war die aufregendste Zeit, welche der preußische Soldat in der Garnison erleben kann. Am 2. De cember war die Mobilmachungs - Ordre eingetroffen . Das Regi ment sollte mit der Brigade Canstein zur Unterſtügung der Bundes - Execution nach Schleswig - Holstein rücken. Im Mai 1860 als neuformirtes Regiment in die Garniſonen Wrießen a. D., Königsberg i. N.-M. und Strausberg ein gerückt, hatten wir dieselben seit jener Zeit nur zu den jährlichen Herbstübungen verlassen, die Mobilmachungs - Ordre wurde daher als erstes Krieg verheißendes Ereigniß mit um so größerem Jubel begrüßt. Spannung und Freude zeigte sich auf allen Gefichtern, die Bataillone wurden auf 802 Köpfe verstärkt, die Reſerven tra fen ein und wurden möglichst ihren alten Compagnien wieder zu getheilt, Transporte und Kommandos kamen und gingen, — der Soldat zog seine Kriegsgarnitur an und richtete sich auf das Wirth schaften aus dem Tornister ein. Niemand wußte damals, ob es wirklich zum Kampf kommen würde, aber der Empfang der scharfen Patronen zum bevorstehen den Ausmarsch machte alle Herzen schneller schlagen , denn jezt war ja Aussicht , sie nicht blos zum Scheibenschießen zu verwen den, Aussicht, im Felde zu zeigen, wie weit unser Schießen, un ser Turnen und Fechten und die ganze Arbeit des Friedens uns tüchtig gemacht hatte, den ersten Waffengang des Krieges zu be stehen wir, eines der jüngsten Regimenter der Armee, wäh rend kurze Zeit vorher das 3te Brandenburgische Infanterie Regiment Nr. 20, welchem unsere Offiziere und älteren Mann schaften zum größten Theil entstammt waren, nach Luremburg hatte abrücken müſſen.

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Ein freudiger, tüchtiger Geist herrschte in allen Theilen des Regiments und , wie es auch kommen mochte, mit Zuversicht blickten wir Alle in die Zukunft. Hatten wir auch erst seit dem August 1863 unsern neuen Führer, den Herrn Oberst - Lieutenant von Hartmann vom 64sten Regiment, erhalten , so hatte uns doch beim großen Manöver dieses Jahres so Mancher der 64er Füfiliere Dies und Jenes von ihm erzählt. Dazu wußten wir, wie er beim Manöver uns geführt hatte, wußten , wie hoch ihn Seine Königliche Hoheit, der kommandirende Herr General, Prinz Friedrich Carl, schäßte, und daß er auch vom Kriege gegen die Dänen schon vom Jahre 1849 feine Erfahrungen hatte. Das Regiment war beim Ausrücken folgendermaßen formirt : Regiments - Führer : Oberst - Lieutenant von Hart: mann. Regiments - Adjutant : Premier- Lieutenant Sorge. 1stes Bataillon : Commandeur : Major von Jena. 5ter Stabs - Offizier : Major von Kettler. Bataillons - Adjutant: Premier- Lieutenant Kraehe. 1ste Compagnie : Hauptmann von Albrecht. Seconde- Lieutenant Raettig (vom 20. Landw. - Regt.). Bock. = Humbert II. (vom 20. Landw. -Regt. ). von Funk.

= Feldwebel Rasch.

2te Compagnie: Hauptmann von Mach. = Premier Lieutenant von Zaluszkowski. Seconde - Lieutenant Junne (vom 20. Landw. - Regt. ). Lüdde- Neurath. von Schmiterloew. Feldwebel Konrad. 3te Compagnie : Hauptmann von Leszczynski. Seconde-Lieutenant von der Schulenburg. von Harthausen. Graf York von Wartenburg (vom 20. Landw. -Regt.). Hauptner (vom 20. Landw. -Regt. ). Feldwebel Jaite.

3 4te Compagnie: Hauptmann Rödiger. Seconde- Lieutenant Ludwig. = von Seydlig . = von Geldern (vom 20. Landw. -Ngt.). Portepée -Fähnrich Runge. Feldwebel Mießsch. Oberstabs- und Regiments - Arzt Dr. Herzer. Unter- Arzt Dr. Zickner. Feld - Zahlmeister Hirche. 2tes Bataillon : Commandeur: Oberst- Lieutenant Blumenthal. Adjutant : Seconde-Lieutenant Pütter.

5te Compagnie : Hauptmann von Redern. Premier Lieutenant Baron von Zedliz - Neukirch. Seconde- Lieutenant Freiherr von Richthofen (vom 20 sten Landw . -Regt.). = Meie (vom 20. Landw. -Regt.). Feldwebel Buder.

6te Compagnie : Hauptmann Kraehe. Seconde - Lieutenant Bajetto. = = Alt. = = Kandelhardt (vom 20. Landw. - Regt.). = Rummel (vom 20. Landw. -Regt.). Feldwebel Jörß. 7te Compagnie : Hauptmann von Wins 1. Premier Lieutenant Lehmann. Seconde - Lieutenant Hammer (vom 20. Landw. - Regt.). = Maurer II. = = Martin (vom 20. Landw.-Regt.).

Feldwebel Schwarz.

8te Compagnie: Hauptmann Michelmann. Premier Lieutenant Johow. Seconde -Lieutenant von Khaynach. • David (vom 20. Landw. - Regt.). Krahn (vom 20. Landw. - Regt.). 1* Feldwebel Albrecht.

4 Stabs- und Bataillons - Arzt Dr. Kraß. Assistenz - Arzt Dr. Odel. Zahlmeister von Krottnaurer.

Füfilier -Bataillon : Commandeur: Major von Stülpnagel. Adjutant : Premier -Lieutenant von Stutterheim. 9te Compagnie : Hauptmann Maurer. Premier Lieutenant von Kaminieß. Seconde - Lieutenant Volkheim.

=

Gußow. Hübner II. (vom 20. Landw . - Regt.).

Feldwebel Großer. 10te Compagnie. Premier Lieutenant Seconde- Lieutenant = = 3 =

Caspari. Hensel. Schröder (vom 20. Landw. - Regt.). Schmeling.

von Scheven. Feldwebel Franz. 11te Compagnie: Hauptmann von Schlieben. Premier-Lieutenant Maurer I Seconde - Lieutenant Wahnschaffe (vom 20. Landw. - Regt.). = Michaëls. = von Lattorff 1 .

Feldwebel Dehler. 12te Compagnie: Hauptmann Graf von der Schulenberg -Wolfsburg. Premier -Lieutenant von Leliwa. Seconde - Lieutenant Humbert III. (vom 20. Landw. - Regt.). = = Schloß (vom 20. Landw. -Regt.). = von Lattorff II. Feldwebel Habel. Stabs- und Bataillons - Arzt Dr. van Asten. Unter - Arzt Dr. Scharfe. Feld- Zahlmeister Köppen. Ersas - Bataillon : Commandeur: Major z. D. Zieten. Adjutant: Seconde - Lieutenant Roch.

5 Hauptmann von Wins II. = a. D. von Steinwehr (vom 20. Landw. - Regt.). Klemann (vom 20. Landw. - Regt.). Premier-Lieutenant Voigt. Seconde-Lieutenant Chlebus , = Horn , = = von Wickede, (vom 20. Landw. -Regt.). = = Richter, = Riemann, Burchardt, Friedrichs. Zahlmeister Keeb. Handwerker- Abtheilung : Major a. D. von Funk. Es waren ferner abgegeben: Assistenz - Arzt Dr. Hahn als dritter Stabs - Arzt zum leichten Feld- Lazareth der 6ten Division. Zahlmeister Mangelsdorff als Rendant zum leichten Feld Lazareth der 6ten Division. Commandeur der 11ten Infanterie - Brigade : Ge neral - Major Freiherr von Canstein, seit dem Jahre 1861. Commandeur der 6ten Infanterie- Division : Seine Excellenz der General - Lieutenant von Man stein, seit dem Jahre 1863. Der Abschied von den Garnisonen war in damaliger Stim mung kurz und schmerzlos, und nachdem wir den armen Kame raden, welche beim Ersaß - Bataillon in Wrießen a. D. zurück bleiben mußten, Adieu gesagt hatten, da ging es am 15. December nach der schönen , vielgesungenen Melodie : „ Hurrah mit Sack und Pack - und in dem Paradefrack ", gen Berlin. Hier trafen am 16ten das 1ste und Füfilier - Bataillon ein; und, Seine Königliche Hoheit , den kommandirenden Herrn Ge neral und den Herrn Brigade - Commandeur an der Spize, be gann der Einmarsch in unsre Hauptstadt. Obwohl das Wetter nicht eben freundlich war -- es hatte der Regen seit dem Mor gen noch nicht aufgehört — so war doch die Freude , so durch Berlin zu rücken , allgemein und diese Freude wurde noch geſtei gert, als die Bataillone über die Schloßbrücke geführt und vor

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der Reiterstatue des großen Friedrich aufgestellt wurden , um von Seiner Majestät dem König besichtigt zu werden. Wohl hatte das Regiment schon zweimal bei den Manövern vor Seiner Majestät in Parade gestanden , aber der Gedanke, beim Ausmarsch ins Felb noch dieser Auszeichnung theilhaftig zu werden, gab diesem Tage eine noch höhere Bedeutung . Waren auch die Stiefel beschmußt und die Helme vom Regen etwas -blind geworden, das machte heute nichts , die Augen blickten frisch und glänzend dem Königlichen Kriegsherrn entgegen , der die Reihen durchschritt und dann den Offizieren die Allerhöchste Erwartung aussprach, daß das Regiment dem preußischen Namen Ehre machen und mit unseren Verbündeten , den Oesterreichern , in guter Waffenbrüderſchaft wett eifern werde. Das jubelnde Hurrah wollte nicht enden, als Seine Majestät uns Lebewohl sagte ; gab es da wohl Einen unter uns, der nicht wußte, daß er nicht zurückkehren dürfe, ohne die Erwartungen unseres aller gnädigsten Kriegsherrn aufs Vollständigſte erfüllt zu haben ?! Nachdem Tags darauf auch das 2te Bataillon eingetroffen war, erfolgte am Abend vom Hamburger Bahnhof der Transport des Regiments bis Hagenow, von wo nach kurzer Rast nach Wit tenburg und Gegend marſchirt wurde ; - es war für Viele, die noch nicht weit herum gekommen waren, recht überraschend, so mit Windeseile aus der preußischen Hauptstadt nach Mecklenburg fich versezt zu sehen. Allerdings litten wir dabei nicht Noth. War auch das Winterwetter nicht gerade freundlich, die Aufnahme seitens der Mecklenburger war desto freundlicher, und wenn auch damals die Vorbereitung für den Krieg durch Felddienstübungen und einen lebhaften Patrouillendienst gegen die Lauenburg'sche Grenze uns hauptsächlich beschäftigte , so ist doch die gute Auf nahme in den Mecklenburgischen Quartieren noch lange in unserer Erinnerung geblieben. In den Weihnachtstagen ſagten wir unseren Wirthen Lebewohl, um nach Lübeck zu rücken, woſelbſt mit uns das brandenburgische Füfilier - Regiment Nr. 35 und ein Theil der Ziethen - Husaren Quartier nehmen sollte. Hier war nun die Brigade Canstein versammelt, und es knüpften sich schnell die Bande der Kamerad schaft, welche auf dem Schlachtfeld sehr bald einen noch festeren Kitt erhalten sollten. Die Einwohner Lübecks, an starke Einquartierung nicht sehr gewöhnt, sahen zuerst wohl mit Besorgniß ihre altehrwürdige

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Stadt von Kriegsvolk überschwemmt, sehr bald jedoch trug das zuvorkommende und gesittete Benehmen der Brandenburger seine Früchte, und es gab kaum eine Stadt, die uns in der Folge ein so freundliches Andenken bewahrte, als gerade Lübeck. So traten wir damals froh und zuversichtlich in das Jahr 1864 ein. Das andauernd strenge Winterwetter konnte uns in der Vor bereitung für die bevorstehende Winter - Campagne nicht aufhalten ; fortgesette Marsch-, Schieß- und Felddienst - Uebungen machten uns immer fester gegen Kälte und Eis , und da das Terrain in der Umgebung Lübecks dem Schleswig'schen ziemlich gleicht, so boten die unsern Tirailleurs zuerst fremden Knicks und Grä ben sehr bald kein Hinderniß mehr, im Gegentheil, jeder Mann lernte erkennen, wie gut es sich in solchem Terrain mit dem Zünd nadel - Gewehr arbeitet, wie leicht es wird, den Angriff durch ge wandtes Heranschleichen und Flankiren des Gegners zu unterstügen. Durch die Beschaffung von Kapotten und wollenen Sachen und durch richtige Behandlung des Schuhzeuges gehörten Froſtſchäden bald zu den Seltenheiten, da ja Jedermann das Streben hatte, bei den entscheidenden Märschen gegen den Feind nicht zu fehlen. Mitte Januar trat eine Veränderung ein, die Alle mit Freude begrüßten, denn sie bot die Garantie, daß mit Dänemark, welches hartnäckig den deutschen Forderungen für die Herzogthümer Wider stand leistete, nun Ernst gemacht würde. Preußen und Dester reich übernahmen die Befreiung der Herzogthümer vom däniſchen Joch, das bisherige Verhältniß der Brigade Canstein als Reserve der sächsisch -hannöverschen Besagung Holstein's wurde aufgelöst und die 12te Infanterie- Brigade herangezogen. Um den preußischen Forderungen Nachdruck zu geben, wurde in der leßten Januar- Woche an die Südgrenze Schleswig's heran gerückt -- jest kam Leben in die Sache, das fühlten wir Alle. Das Regiment trat mit den übrigen inzwiſchen herange kommenen Truppen (6te Division - Brandenburger und 13te Division Westphalen) unter den Befehl Seiner Königlichen Hoheit des Prinzen Friedrich Carl , Kommandeur des I. com binirten Corps. Dieses Corps stand mit dem II. Corps (Defter reicher) und einer preußischen Garde - Division unter dem Ober Commando des General - Feldmarschall von Wrangel. Als ge meinsames Erkennungszeichen der alliirten Armee hatten wir, wie unsere Väter in den Befreiungskriegen, weiße Binden am linken Oberarm zu tragen.

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In den lezten Januartagen, während inzwischen das Regi ment Kiel und Umgegend besegt hatte, wurde die Avantgarde des Corps formirt, und stellte das Regiment hierzu das 1fte Bataillon unter Major von Jena. Diese Auszeichnung verdankte dasselbe seinem vorzüglichen Commandeur und dessen zahlreichen Kriegserfahrungen in den österreichischen Feldzügen in Italien. Der Regiments - Commandeur, Oberſt- Lieutenant von Hart mann, wurde mit der Führung der gesammten Avantgarden Infanterie beauftragt, der Oberst - Lieutenant Blumenthal über nahm die Führung des 60 sten Regiments (2tes und Füsilier Bataillon) und der Major von Kettler die des 2ten Bataillons. Noch immer, es war in den legten Tagen des Januar war die Frage, ob Krieg oder Frieden, nicht entschieden ; in einem Corps - Befehl vom 28sten hatte Seine Königliche Hoheit der kommandirende Herr General zu den Soldaten seines Corps ge= sprochen : „ Sollte der zweite dänische Krieg beginnen , so werden wir auf verschanzte Stellungen , auf breite Wasser- oder Eisflächen stoßen. Aber nur um so herrlicher wird sich Eure Unerschrockenheit und Euer Eifer zeigen. Wir werden jedes Hinderniß zu überwinden wissen und keines wird uns länger auf halten, als sich gebühret. Jene Hindernisse, bergen sie nicht denselben Feind, der es gewohnt ist , vor unseren Regimentern zu fliehen? Wohlan denn ! Suchen wir diesen Feind auf! widerseßen wir uns seinem Rückzuge ! zerstreuen wir seine Reihen!" Diese Worte unseres allverehrten Führers riefen eine leb hafte Spannung auf allen Gesichtern hervor , als sie vorgelesen wurden , und die Aufregung wuchs , als es hieß , daß alle Be fehle für den Uebergang über die Eider, die einzige Schranke zwischen uns und dem Feinde, vorbereitet seien; — als den Mannschaften aber angesagt wurde, daß in der Nacht zum 1sten Februar zum Vormarsch gegen den Feind voraussichtlich alarmirt werden würde, da war an ruhigen Schlaf, wie sonst, nicht zu denken. Es war eine kalte Nacht, die Nacht zum 1. Februar, ein rauher Wind fegte vom Meere her über die winterliche Landschaft, da horch ! übertönen Hornsignale und Trommelschall das Heulen

9 des Windes, fie finden ein lautes Echo von Cantonnement zu Cantonnement, es wird alarmirt zum Kriege, zum ersten Krieg für Preußen seit langer Zeit, zum

Feldzug gegen Dänemark. Ueberschreiten der Eider ―――

Gefecht bei Windeby.

1. Februar 1864. Der dämmernde Morgen des 1. Februar sah die preußi schen Colonnen festen Schritts und frohen Sinnes gegen die Eiderbrücken heranrücken , und die noch halbverschlafenen Augen der Sachsen in ihren Cantonnements blickten erstaunt , als wäre es ein Traum, auf die preußischen Heereszüge , welche an ihnen vorbeizogen, um die glanzvolle Arbeit des Krieges zu übernehmen. Schlag 7 Uhr überschritten die preußischen Têten die unversehrt ge bliebenen Eiderbrücken, und bald knallten luftig die erßten Schüſſe, gewechselt mit den dänischen Cavallerie- Posten , welche eilends abritten , um zu vermelden , daß Preußens Schwert gezückt sei, um dänischen Starrfinn und Uebermuth zurückzuweisen : Der Feldzug war eröffnet ! " Ich hoffe zuversichtlich, daß das Regiment in dem entscheidenden Augenblick sich daran erinnert , daß wir Brandenburger sind ! " hatte unser Herr Regi ments -Commandeur uns zugerufen , als er sein neues Com mando antrat, gleichsam als Gegengruß zu den hinreißenden Worten unseres erhabenen Corps - Commandeurs : "Ihr Brandenburger, ich kenne Euch - Ihr kennt

Mich, das ist genug gesagt! " Das packte, das entfesselte unser ganzes preußisches Soldaten gefühl, und bis zum jüngsten Soldaten durchdrang uns Alle der eine feste Wille, unsre Fahnen , die wir zum ersten Mal gegen den Feind trugen, hoch zu halten bis zum legten Blutstropfen ! So ging es drauf in Gottes Namen! Das allgemeine Ziel des heutigen Tages war Eckernförde ! Mit einigen Jäger - Compagnien und einer Eskadron Ziethen Husaren hatte unser 1ftes Bataillon die Tête der Avantgarde. Ihm stellte sich Anfangs, außer einigen, nicht vertheidigten Ver barrikadirungen, kein Widerstand entgegen, erst beim Dorfe Lehm fiek erblickte man feindliche Infanterie, die jedoch nach wenigen Schüssen das Weite suchte.

Eine Menge weggeworfener Spiel

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farten bezeichnete ihre Spur und zeigte, daß auch hier der alt deutsche Aberglaube : Spielkarten ziehen die Kugeln an, verbreitet war. Ohne Aufenthalt blieben die Musketiere im Vormarsch auf das Dorf Windeby , als plöglich aus einem vorliegenden Walde eine knatternde Salve, aber wirkungslos, über ihre Köpfe hinwegpfiff. Der Major von Jena ließ sofort die 2te und 3te ―――――― Compagnie zum Theil flankirend angreifen es war aber schwer, unsre Musketiere in ruhiger Gangart zu halten, der Eifer, zum ersten Mal an den Feind zu kommen , führte sie bald im Lauf -schritt und mit lautem Hurrah vorwärts - der Feind hielt nicht Stand und wandte sich, 2 Todte und 7 Verwundete zurücklaſſend, zum eiligen Rückzug auf Kochendorf. Kaum waren unsere Tirail leurs zum Halten zu bringen , bei der Verfolgung womöglich einen leibhaftigen Danske zu erreichen, war Jedermanns Wunsch und die Musketiere gaben sich erst zufrieden, als in der Gestalt eines recht strubbligen Seeländers der erste Ge fangene jubelnd eingebracht wurde. Unsere Musketiere hatten keinen Verlust, und war auch dieses erste Zusammentreffen mit dem Feinde, das Gefecht bei Windeby, im Vergleich zu den späteren Ereignissen nicht grade bedeutend, so war es doch ein Triumph für unser 1stes Bataillon, am ersten Kriegstage den Feind nicht ohne Wirkung erreicht und thatsächlich den Feldzug an dieser Stelle eröffnet zu haben. Kaum waren die Schüsse bei Windeby verhallt , da ertönte von rechts her Geschüßfeuer. Zwei dänische Kriegsschiffe nämlich, der " Thor“ und „ Espern - Snare ", hatten, in die Bucht von Eckernförde einlaufend , versucht, das Vorrücken unseres Gros durch ihr Feuer zu bedrohen. Dabei hatten sie sich aber in unserer Artillerie verrechnet , trog Glatteis und Gräben jagten einige unsrer gezogenen Batterien an den Strand vor , und nach kur zem Geschügkampf überzeugten sich die Dänen, daß es für sie im Feuerbereich unserer Granaten zu ungemüthlich sei, fie gaben Dampf und suchten das Weite. Das südlich des Meerbusens haltende Gros, dabei unser 2tes und Füsilier- Bataillon , war Zeuge dieſes aufregenden Schauſpiels, und als die ersten Granaten durch die helle Luft zischten, da ertönte ein jubelndes Hurrah aus allen Kehlen, das mit erneuter Kraft losbrach, als die beiden Seeschiffe davon dampften und un fere Artillerie zurückkehrte, die gutgemeinten Grüße des Feindes in Form recht kräftiger Granaten - Sprengſtücke in natura vorzeigend.

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Das war der erste, an Eindrücken so reiche Tag des Krieges, ihm folgte in kriegsmäßig überfüllten Cantonnements für uns eine nur kurze Ruhe ; mehrere Stunden vor Tagesanbruch riefen die Signale zu neuem Vormarsch. Die Avantgarde sollte über Kochendorf, das Gros über Eckernförde vorrücken , um den Feind womöglich noch vor seinen Schanzen zu fassen. Leider war Kochendorf schon leer, die Avantgarde erreichte erst bei Cosel feindliche Vortruppen und trieb sie in leichtem Ge fecht vor sich her, dicht auf folgte das Gros, die Brigade Can stein, sich später auf Ornum wendend. Inzwischen war die Kälte des vorhergehenden Tages einem trüben Nebelwetter gewichen. Wie mit grauen Schleiern war das knickdurchzogene Hügelland vor uns verdeckt. Schon zeigten Blutspuren auf den engen Wegen und vereinzelte Schüffe, daß man dem Feind auf den Fersen sei, doch noch immer sah man nichts von seinen Werken , welche hier den Uebergang über den breiten Meeres - Arm der Schlei absperren und dessen Brücken beherrschen. Da plöglich scheint ein feuriger Blig den Nebel schleier zu zerreißen und eine gewaltige Vollkugel saust über die Köpfe unserer Musketiere dahin. Das ist die beste Orientierung , wir sind vor den Werken von

Miffunde.

2. Februar 1864. Es war nach 12 Uhr Mittags , als die Verfolgung der ge worfenen feindlichen Vortruppen in ein allgemeines Vorgehen gegen die in Nebel gehüllten Schanzen überging. Aus den knick wegen aufmarschirend, sahen wir die Compagnien des erſten Tref fens den lezten Schüßenlinien des Feindes im Gefecht folgen, mit einer Ruhe wie beim Manöver, nach wenigen Augenblicken zisch ten auch im zweiten Treffen die feindlichen Gewehrkugeln durch die Glieder und so war eigentlich, ehe wir recht daran denken konn ten, das ganze Regiment zum ersten Mal im Feuer. Die Hauptaufgabe des Tages fiel der Artillerie zu , - fie follte mit überlegenem Feuer den Feind anfassen , die Infanterie der Avantgarde und die Brigade Canstein sollten die Artillerie decken und deren Erfolge ausnußen. Das 1ste Bataillon ging von Cosel aus auf dem linken Flügel, das 2te und dahinter das Füsilier - Bataillon von der Ornumer Mühle her auf dem rechten Flügel gegen die Schanzen vor, mit

12 1 ! jedem Schritt wuchs die Spannung unserer jungen Soldaten und als unsere Musketiere bis auf 500 Schritt an die Schanzen avancirten und ein heftiger Granaten- und Kartätschenhagel die auf die Höhen heraufrückenden Bataillone empfing, da sah wohl Mancher mit innerer Aufregung nach den niedersinkenden Kame raden und mit fragendem Blick nach den voraneilenden Offizieren, aber ein Hinweis auf den Feind, deffen Geschüße vor uns donner ten und auf die Fahnen, die zum ersten Mal vor dem Feinde ent hüllt, über unseren Häuptern flatterten, da war jeder Zweifel über wunden; mit freudiger Hingebung und einem Hurrah, welches den Geschüßdonner übertönte, eilte Alles dem Eisenhagel aus den feindlichen Feuerschlünden entgegen, deren Aufbligen im Ne bel die Stellung des Feindes bezeichnete. Unaufhaltsam drangen die Compagnie - Colonnen unseres 2ten Bataillons über einen todten Arm der Schlei , zum Theil über brechendes Eis gegen die feindliche linke Flügelschanze vor. Unter . dem Hagel der Kartätschen und dem Schwirren des Infanterie feuers nisteten sich die 5te, 6te und 8te Compagnie 180 Schritt vom Feinde ein, ein wirksames Feuer auf die Scharten und Bruſt wehren richtend , auf denen man nur zeitweise durch den Nebel die Köpfe der Vertheidiger erblickte. Die 7te Compagnie stand als Soutien am Fuß der glacis artig abfallenden Höhe. Inzwischen hatten gegen 100 Geschüße auf beiden Seiten

ihre blutige Arbeit begonnen und das unaufhörliche Krachen und Dröhnen derselben machte die Erde erzittern , ohne den Nebel vertreiben zu können. Während der Feind im vorbereiteten Terrain der eignen Werke den Stand unserer Bataillone be urtheilen konnte, gab es für unsere Kanoniere nichts zur Drien tirung, als das Aufbligen der feindlichen Geschüße. Bald stiegen leuchtende Flammen hinter den Schanzen auf - die Häuser an den Brücken waren in Brand gerathen, das war für unsere Ar tillerie ein Zeichen, daß sie über die feindlichen Werke hinweg geschoffen hatte, sie verbesserte sich schnell und auf echt preu ßische Art, das heißt, sie ging noch gegen 500 Schritt in's feind liche Kartätschfeuer vor und bearbeitete die feindlichen Werke, während es von uns aus bei der Menge der dort einschlagenden Geschoffe schien , als könne kein Geschüß und kein Mann aus diesem Höllenfeuer heil und ganz wieder zurückkehren. Indessen war auf beiden Flügeln der Artillerie unsere Infanterie in das feindliche Feuer herangerückt, des Winkes gewärtig, der sie von

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dem Ausharren im Feuer zum Vorbrechen gegen den hinter seinen Brustwehren verborgenen Feind aufrufen sollte. Unser 2tes Bataillon suchte den Verlust so manches braven Kameraden durch ein raftloses Schüßenfeuer zu rächen. So müh sam das Zielen im Nebel auch war, nicht ohne Wirkung sandten unsere Musketiere ihr Feuer in den Feind , und das vorliegende Werk wurde gezwungen, sogar sein Artillerie - Feuer zeitweise ein zustellen, denn als an dem einen Geschüß die preußischen Geschosse 7 Mann der Bedienungs -Mannschaft hintereinander außer Ge= fecht gesezt hatten, und als zuleßt ein dänischer Offizier, heran springend, um das Geſchüß zu bedienen, getroffen niedergesunken war, da er kaum den Wischer erfaßt hatte, — da fand sich Nie mand der Beſagung mehr bereit , dem sichern Schuß des Zünd nadelgewehrs zu troßen. Es ging ein Jeder von unseren Schüßen aus dieser schwieri gen Position mit einer Zuversicht zu seiner Waffe hervor , die sich auf alle Theile des Regiments übertrug und später in jedem neuen Gefecht ihre Bestärkung fand. Bei unserem 1ften Bataillon hatte unser Herr Regiments Commandeur mit einigen seiner Musketiere vorgehend, die feind lichen Befestigungen selbst recognoscirt und das Resultat dem ――― Herrn Divisions - Commandeur gemeldet ; eine der zahllos ein schlagenden Granaten hatte den Major von Jena , durch ihre Sprengstücke contufionirt , zu Boden geworfen und Lieutenant Graf Gröben von den Ziethen -Husaren getödtet ; zum Glück erholte sich der Herr Major von Jena wieder von seiner Con tuſion und konnte zum Jubel seiner Leute, wenn auch mit ver leztem Gesicht, beim Bataillon verbleiben. Auch auf dem rechten Flügel mehrten sich die Verluste : die Lieutenants Bajetto und Lau waren verwundet und mußten, nachdem sie lange noch dem Gefecht beigewohnt, zurückgebracht werden. Später erlag noch der Lieutenant Hammer dem tücki schen Geschoß, er war Landwehr- Offizier und hatte, troß seiner schwachen Gesundheit , darauf bestanden , die Gefahren des Feld zuges mit uns zu theilen. Dem gleichen Geſchick waren viele unsrer Braven erlegen , es war dieser Tag für die Musketiere unferes 2ten Bataillons eine heiße und blutige Schießübung nach Nebelzielen - so mancher unserer Tirailleurs lag, noch im Tode die Stellung des Schüßen beibehaltend, vom feindlichen Blei er reicht, auf dem schneebedeckten Blachfeld. Als gegen 4 Uhr Nachmittags zu dem anhaltenden Nebel wetter auch die Dunkelheit hereinbrach, wurde der Adjutant des

14 2 ten Bataillons, Lieutenant P., zum Herrn General von Can stein geschickt, um Befehle einzuholen. Mitten durch die feind lichen Geschoffe durchschritt er den Weg zur Ornumer Mühle hin und zurück zum Standpunkt des Herrn Generals, wo mit feltner Genauigkeit Granate um Granate des Feindes einschlug , den dort im Grunde etablirten Verbandplag bedrohend, den ersten für uns in diesem Feldzug. Der Lieutenant P. brachte den Befehl zum Abbruch des Ge

fechts. Man hatte den heutigen Gefechtszweck erreicht und dem Feinde derb auf den Zahn gefühlt , nachdem seine Vortruppen derartig in die Verschanzungen zurückgeworfen waren, daß eine Compagnie derselben, deren Führer, außer Gefecht gesezt, fehlten, erst eine Meile hinter den Werken zum Stehen kam. - Hier zu stürmen , lag nicht in der Absicht; um den Feind aus sei nem Danewerk zu vertreiben, waren bereits andere Dispositionen getroffen. Nicht ohne Schwierigkeiten brachen unsere Musketiere das Gefecht ab, denn nach dem Abrücken unserer Batterien richteten die Dänen mit erneuter Wuth ihr Feuer in's Vorterrain. Mit Verlusten, aber in ruhiger Haltung , verließen die Unsern ihre Position am Feinde. Da jezt ein Ausfall aus den feindlichen Werken jeden Augen blick erwartet werden , mußte, blieb der Premier - Lieutenant L. mit einem Zuge der 7ten Compagnie zurück , durch Schnellfeuer den Abzug der Andern maskirend. Mehreren dieser Braven kostete dieſes hinhaltende Gefecht das Leben, aber aufopferungsvoll hielt dieses Häuflein noch über eine Stunde die Pófition , nachdem längst die Musketiere, aufgenommen vom Füsilier - Bataillon, die Thalschlucht der Ornumer Mühle erreicht hatten. In uns Allen aber lebte nur der eine Wunsch, daß recht bald die Gelegenheit kommen möchte , mit diesem Gegner im freien Felde Abrechnung zu halten ; unserer Ueberlegenheit waren wir sicher, auch in der Minderzahl. Da ein Theil unserer Verwundeten noch hülfsbedürftig auf dem Gefechtsfelde verblieben war, so ging nach dem Gefecht ein Kommando von Unteroffizieren und Mannschaften, die sich frei willig hierzu erboten hatten , geführt vom Adjutanten des 2ten Bataillons unter Parlamentair-Flagge nochmals vor. Es erhielt hierbei in der eingetretenen Dämmerung ununterbrochen heftiges Feuer und erst am Fuß der Schanzen gelang es, dem Feind unsere friedliche Absicht kund zu thun und die Aufnahme und Unterbringung der verwundeten Kameraden zu bewirken.

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Westphälische Bataillone übernahmen die Vorposten, ohne vom Feinde, der genug mit sich selbst zu thun hatte, gestört zu werden. Das Regiment erreichte zum größten Theil erst bei herein brechender Nacht seine ihm in Eckernförde und Gegend zugewie senen Quartiere. Waren diese auch nicht bequem, sondern zum Theil dürftig durch die Ueberfüllung ; nach den Ereignissen und Anstrengungen dieses Tages war Jeder froh, unter Dach zu sein, aufgenommen von einer Bevölkerung , die in ihrem Jubel, von den verhaßten Dänen befreit zu ſein, das Leßte für ihre Befreier hergab. Die Verluste dieſes Tages waren nicht unerheblich. Das 1fte Bataillon hatte zwar nur einen Verwundeten, den Gefreiten Ruhle der 2ten Compagnie, dagegen hatte von unserm 2 ten Bataillon : die 5te Compagnie : die Unteroffiziere Lange und Wolff I., und die Musketiere Kopplow und Rieger tødt, die Mus tetiere Schulz I. und Beyer tödtlich verwundet, und den Gefreiten Deckert, die Musketiere Schulz IV. , Beyerli , Chemniß und Schrobbach verwundet; die 6te Compagnie: die Musketiere Defer, Draenikow, Haefeler, Meisch und Michaelis todt, den Musketier Bredereck tödtlich verwundet, und den Gefreiten Back1 hausen, die Musketiere Borchers , Naveau , Scholz , Rothe, Schröder, Gräve und Weise verwundet ; die 7te Compagnie : den Sergeant Schnabel und den Muske tier Dittmann todt , und die Musketiere Hinze , Sie mund I. , Roß, Schulz IV. , Tornow und Münchow verwundet ; die 8te Compagnie: die Musketiere Stein und Höhne todt, den Unteroffizier Hartmann und die Musketiere Hoff mann, Kummerow, Haube tödtlich verwundet, den Gefreiten Bacher, die Musketiere Dallig , Jürgen, Wittkopf und Drosan verwundet ; und vom Füsilier -Bataillon : die 9te Compagnie: die Füsiliere Lehmann 1. und Völkel verwundet ; die 10te Compagnie: die Füfiliere Lehmann II . und Beitke verwundet ;

die 11 te Compagnie: den Füfilier Christoph verwundet ; die 12te Compagnie : den Gefreiten Bugge verwundet. Das Regiment hatte in Summa 21 Todte und 31 Verwundete.

16 Die Grabhügel auf den Kirchhöfen von Eckernförde, Co sel, Brodersby und Ornumer Mühle bezeugen , daß auch wir blutigen Antheil genommen haben an der Feuerprobe von Missunde.

Ueber die Schlei ! Die nächsten Tage waren scheinbar der Ruhe gewidmet ; wäh rend der Feind nur durch kleinere Recognoscirungen beschäftigt wurde, vollzogen sich die Vorbereitungen zum Abmarſch nach der nördlichen Schlei, um des Feindes linke Flanke im Uebergang zu gewinnen und ihm den Rückzug zu verlegen. Nachdem Waffen und Munition wieder in Ordnung , und die dreitägige Mundportion ergänzt worden war, zogen am 5ten Februar die preußischen Colonnen weiter gen Norden, lange Wagenzüge begleitend , welche die zum Uebergang bestimmten Boote trugen, deren Heranschaffung diese zweitägige Pause ver ursacht hatte. Es war ein Marsch in Wind und Schneewetter, sehr beschwerlich für die Truppen, aber förderlich für das Ver borgenbleiben unserer Absichten vor den Späheraugen der zahl reichen dänischen Spione und vor dem Einblick der dänischen Schiffe, welche bei dem herrschenden Nebel ihren Kundschaftsdienst nicht versehen konnten. In aller Stille gewann Alles seine bestimmten Bivouaks Pläße gegenüber Arnis und Cappeln und an verdeckten Stel len wurden die Boote zum eisbedeckten Ufer geschleift, um jeden Augenblick eingebracht werden zu können. So war die Nacht herabgesunken, eine Bivouaks - Nacht ohne Feuer, um uns nicht dem Feind zu verrathen, ohne Stroh, weil es für solche Truppenmaffen nicht vorhanden war. Auf den schnee bedeckten Koppeln standen und lagen Offiziere und Leute bei den zusammengesezten Gewehren in Gruppen bei einander, halblaut flüsternd, was wohl der nächste Morgen für uns bringen werde sicher eine große Entscheidung ! Vom andern Ufer her, es waren wohl 500 Schritt und dar über, drang kein Ton , aus dem man Schlüsse ziehen konnte das Rauschen des Waffers und des Windes , der den Schnee über den Sturzacker jagte , verschlang jeden Ton ; drü ben aber, das wußte man , waren vollständig armirte Verſchan zungen, - wenn es dem Feinde gelang , unsere Absichten zu erfahren und Truppen hierher zu werfen , dann gab es schwere, blutige Arbeit.

17 Doch das Alles konnte das Gemüth unſerer Märker und Berliner nicht lange belasten , Kälte und Finsterniß machten er finderisch, zu Haufen ftellte und legte man sich fest aneinander, um von der Wärme der Kameraden zu profitirten, die unermüd lichen Berliner Redensarten und manche Verwechselung im Finstern reizten zum Lachen, um so mehr, da es nicht laut werden durfte. Gegen Morgen verstummte Alles ; der Schlaf der Ermüdung hatte selbst die frierenden allmälig überwunden. Da auf einmal Lärm von den nächsten Koppeln ! die Rufe: „Holz holen! “ „ Kaffee kochen! " ertönen von allen Sei ten ― wären es nicht preußische Truppen, man sollte meinen, eine Meuterei wäre ausgebrochen schon springen die Offiziere da zwischen, da bringt der Adjutant die dienstliche Erlaubniß zum Feueranmachen und Kochen, denn vor der dänischen Wachsamkeit braucht sich Niemand mehr zu geniren, der Feind hat, in der Front des Danewerks hart gedrängt und durch Gefechte erſchüttert, jezt von uns in der Flanke umgangen und mit vollständiger Vernichtung bedroht, seine gerühmte Danewerks - Stellung am Abend des 5ten heimlich geräumt und ist im vollen Rückzug auf Flensburg. Ein emfiges Leben entwickelte sich jest auf den Schneefeldern, der grauende Morgen sah unsere Feuer emporlodern, die Zungen band kein Befehl des Schweigens mehr, - für ein richtiges Ber liner Kind teine Kleinigkeit ! Wohl felten hat der Kaffee ſo präch tig uns geschmeckt, und als der klare Wintermorgen angebrochen war, ba wurde gepußt und Toilette gemacht, denn jest ging's doch zur Verfolgung, wer konnte wissen, wenn man dann wieder Zeit fand! -

6. Februar 1864. Auf einer von unseren Pionieren fest und elegant gebauten Pontonbrücke begann am Vormittag des 6. Februar der Ueber gang, an der Tête der Avantgarde Seine Königliche Hoheit der kommandirende Herr General. Diesem hatte sich Seine Königliche Hoheit der Prinz Albrecht (Vater) angeschlossen, welchen das rege Intereffe für die Armee, für Gefahr und Kampf hierhergeführt hatte, das Interesse, welches , hervorragend vor allen Herrscher Häusern der Welt, unsere erhabene Königs -Familie durchdringt. Schon am Morgen des 6. Februar hatte Seine König. liche Hoheit Prinz Albrecht die Gnade, unser 1stes Bataillon zu begrüßen. Auch in der Folge, auf Märschen und noch häu figer in Gefechten wurde dem Regiment die Auszeichnung zu 2

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Theil, von Seiner Königlichen Hoheit bemerkt zu werden, nicht ahnend, daß einft Seine Königliche Hoheit , als Chef des Regi ments, für immer an unserer Spige stehen würden. Am Nachmittag gingen im Groß auch das 2te und Füfilier Bataillon über die Schlei. Zum schnelleren Vordringen waren die Tornister zurückgelaſſen worden , nachdem das Wichtigste daraus : Patronen - Büchsen und der eiserne Bestand an Speck u. s. w., den unsere Wigbolde bald in eisernen Verstand " umtauften, in Brodbeutel und Kochgeschirr geborgen war. So gings frisch vorwärts an den verlassenen däni schen Schanzen vorbei, deren Anblick uns die alte Lehre einprägte, daß nicht Schanzen und Wälle, sondern friſche und kühne That im Kriege den Ausschlag geben. Die Märsche des 6. und 7. Februar werden uns Allen un vergeßlich bleiben. Das Streben , den fliehenden Feind einzu holen, gab Mann und Pferd doppelte Kräfte, und den Têten un ferer unvergleichlich braven Cavallerie, Ziethen - Husaren und 11ten Ulanen, gelang es , am Morgen des 7ten noch 100 Versprengte und zahlreiche Vorräthe in Flensburg fortzunehmen ; das Gros der dänischen Armee aber zu erreichen, hinderte der Vorsprung von 15 Stunden und mehr noch die mit Macht hereinbrechenden Unbilden des Winters . Schneestürme und Nebel hüllten das Land ein, auf den mit Glatteis bedeckten Straßen glitten und fielen die Pferde, schleuderten die Geſchüße und Wagen, welche oft den Marsch der Colonne hemmten und nur schwer wieder flott gemacht werden konnten. Bald waren alle Wege durch Schnee wehen und Glatteis verdorben, aber unverdroffen arbeiteten sich die Compagnien durch die Knickwege, und wenn auch der Sturm unseren Leuten Schnee und Eis ins Gesicht trieb, den Humor konnte er ihnen nicht vertreiben, und zu einem guten oder schlechten Wis ging ihnen auch heute nicht der Pust aus. Solchen Eindruck empfing wohl auch Seine Königliche Hoheit Prinz Albrecht , als Höchftderselbe im Vorbeireiten die Gnade hatte, unsere Musketiere zu fragen, wie es ihnen auf dem schwie rigen Marsch erginge. „ Königliche Hoheit," erwiederte einer derselben, den soeben ein schleuderndes Geschüßrad nicht gar sanft nach dem Straßengraben gestoßen hatte : „ ick danke , etjeht ja , Gott sei Dank, recht jut." Lächelnd ritten Seine Königliche Hoheit weiter. Schon war die Dunkelheit hereingebrochen, als die Mit tags vorangeeilten Fouriere uns in die heutigen Cantonnements

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führten. Wir waren in der Nähe von Glücksburg und zu un serem Staunen traf der Befehl ein, hier liegen zu bleiben. Das Ober-Commando hatte nämlich zur Verfolgung der fliehenden Dä nen unsere neuen Garde - Regimenter vorgezogen, das unausgeseßte Schneewetter gestattete aber auch diesen nicht, den Feind zu er reichen. Das war für uns, die wir ſtill liegen mußten, immer hin ein Troft.

11. Februar 1864. Der 11. Februar sah uns wieder in Bewegung , die Garde und die Defterreicher rückten nach Jütland, wir in den Sundewitt, dem größten Theil der dänischen Armee nach, welcher sich über Gravenstein in die berühmte Flankenpofition Düppel - Son derburg geworfen hatte. Auf dem Marsch nach Rinkenis und Alnoer, das wir erst spät Abends erreichten , begegneten wir verwundeten und unver wundeten Dänen , welche bei den Recognoscirungen der leßten Tage den Unseren in die Hände gefallen waren. Vor uns übernahm die Brigade Röder die Vorposten, wir stellten zahlreiche Strand- und Dorfwachen , deckten die Strand Batterien und mußten uns darauf gefaßt machen , feindlichen Landungsversuchen zu begegnen , da die Dänen zur See die un bestrittene Herrschaft hatten. Gleichzeitig wurde auf Feinde in Civilkleidern Jagd gemacht, das heißt, auf dänische Spione, zu denen meist Beamte, Prediger und Landbesiger des Sundewitt gezählt werden mußten. Zur eigenen Sicherung wurden jeßt solche Individuen zahlreich eingezogen und ins Schloß zu Gra venstein , das Haupt - Quartier des Corps - Commandos , abs geliefert. Von vorn drangen durch die Recognoscirungen faſt täglich neue Gerüchte zu uns von der feindlichen Stellung , die eine Unzahl von Geschüßen und alle Eigenschaften einer ausgedehnten. Festung haben sollte, hinter sich die reiche Insel Alfen, un nahbar durch das Meer , unterstüßt durch die Flotte, namentlich. durch ein total eisernes Panzerschiff, den Monitor „ Rolf Krake ", eine schwimmende Batterie der stärksten Geschüße. Das Alles klang sehr groß und furchtbar, — wir aber kann ten unsere Führung und Macht und hatten die Gewißheit des Sieges, thaten ruhig unseren Dienst und waren nicht wenig stolz darauf, daß unsere Geschicke im Felde mit Spannung und Neid von unseren Kameraden daheim verfolgt wurden. 2*

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Nach wenigen Tagen, am Nachmittag des 16. Februar, wur den das 2te und Füsilier - Bataillon alarmirt, um bei Alnoer an den Strand zu rücken. Mittelst einer wieder brauchbar gemachten Fähre nach Ecensund übergebracht, wurde sofort der westliche Theil der Halbinsel Broaker befeßt, während vom 2ten Ba taillon stärkere Recognoscirungen die feindliche Vorpostenſtellung erforschten. Am 17ten bezogen Füſilier- Compagnien die Vorposten, nach dem auch hier die verdächtigsten Dänenspione , zum Theil aus dem Bereich des Feindes herausgeholt, außer Wirksamkeit gesezt worden waren. Das war eine kalte Vorpostennacht bei Schottsbüll ; aber die Kälte hilft, auf Vorposten recht alert zu bleiben, und die wenigen verschlafenen Gesichter, die sich am Morgen des 18. Februar etwa unter uns fanden , verschwanden sofort, als an diesem Morgen mit mächtigem Schnauben und Pusten das vielgenannte See Ungethüm, der "I Rolf Krake “, an der Südseite des Broaker ent lang dampfte, unser 2tes Bataillon in Eckenfund und die Be sagung von Alnoer alarmirend. ,, Rolf Krate ", eine eisengepanzerte Batterie, deren schwere Geschüße in zwei eisernen Thürmen verborgen sind, wollte die am 17ten gebaute Pontonbrücke bei Eckensund zerstören und uns so vom Festland abschneiden. Es war ein erwartungsvoller Mo ment, als das Feuerschiff, „, unheimlich durch die Leblosigkeit auf feinem Deck und wie ein großer schwimmender Sarg“, sich vor Alnoer breit legte und die Kanonade gegen die preußische Batterie und die Brücke begann. Seine Geschoffe trafen aber weder die Eine noch die Andere, wohl aber den Montirungs -Wagen unseres Füfilier -Bataillons, deffen Fahrzeuge bei Eckenfund aufgefahren standen. Hier schlug eine Bombe durch den Deckel und zertrüm merte die leere Helmschachtel des Zahlmeisters . Noch lange paradírte die mit einer Kette angeschlossene Bombe an die ſem Wagen, uns stets an den Morgenbesuch des „ Rolf Krake “, oder, wie ihn die Mannschaften nannten , „ Rudolf Arrack “, erinnernd. Waren die Schüffe des Monitors wenig erfolgreich, so schie nen es die unserer Batterien, troß einer Unzahl Treffer, ebenso , Stun wenig. Gleichwohl wurde es dem dickfelligen Rolf nach 1 % den unbehaglich, er gab Dampf und fuhr nach Hause, erst später brachte man in Erfahrung, daß er doch in diesem Kampf in der Panzerung gelitten, auch Verwundete gehabt habe.

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18. Februar 1864. Unsere Füsilier- Compagnien konnten den Ausgang dieser Affaire nicht abwarten, sie wurden vorbeordert, um das vor unse ren Vorposten gelegene Dorf Schmöl dem dänischen linken Flügel gegenüber zu beseßen. Hierdurch wurde nämlich der lezte Theil des Broaker occupirt , während Truppen der Brigade Röder die feindliche Stellung an der Sonderburger Chauffee und der Büf felkoppel angriffen , einen Buchenwald , 4000 Schritt vor den Schanzen gelegen. Die 10te Compagnie beseßte eine Höhe östlich vom Dorfe Schmöl, die 12te den Dorfausgang füdlich davon , Beides ohne Gefecht. Die 11te und 9te Compagnie standen in Reserve, zum Theil noch auf Vorposten. Es war ein ausnahmsweise klarer Tag, wir sahen zum ersten Mal das Gefechtsfeld von Düppel und die See, die heut zahl reich von dänischen Schiffen belebt , hier mit einem Theil, dem sogenannten Wenningbund , ins Broaker - Land hineinreicht. Schneebedeckt zeigten sich in der Ferne die Schanzen , und vor uns im Grunde die dänischen Vorposten , die beim Erscheinen unserer Patrouillen uns die ersten Kugeln im freien Felde ent gegenschickten. Bald zogen links von uns die Colonnen der Brigade Röder dem Feinde entgegen, der auch uns gegenüber seine Posten ver ftärkte, ohne uns anzugreifen. Das lebhafte Infanteriefeuer aus den Gehölzen der Büffelkoppel war für unsere Compagnien , die das Dorf besest halten mußten , eine aufregende Musik, aber nur unseren Patrouillen im Vorterrain war es gestattet, ihren Eifer zum Gefecht zu bethätigen. Der Unteroffizier Grund mit einer Patrouille der 11ten Compagnie fand östlich von Schmöl eine Patrouille der 12 ten Compagnie von feindlichen Tirailleurs umzingelt und hart be drängt ; sofort stürzte er sich mit seinen Leuten dem Feinde in die Flante, durch einige wohlgezielte Schüffe die bedrängten Kameraden befreiend, die sich ihm sofort anschloffen. Grund zog auch noch eine Patrouille der 10ten Compagnie an sich und folgte, fo bis auf 10 Mann verstärkt , dem Feinde , der sich auf eine inzwischen vorgenommene Schüßenlinie zurückzog. Doch auch diese respectirten die einmal losgelassenen Füfiliere nicht, theils durch Schnellfeuer, theils durch Anlauf warfen sie dieselbe auf

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ihr Soutien und Beide in ein nahes Gehöft zurück. Von hier aus sah man den Feind mehrere Verwundete fortschaffen. Grund, der nun einmal im Zuge war, inftruirte die Seinen burch kurzen Wink ; nach wenigen Schüffen stürzten sich die Füst liere auf das Gehöft , und der Feind , wohl mehr dahinter ver muthend, gab auch dieses nach lebhaftem Feuer auf. Jubelnd wur den die Patrouillen bei ihrer Rückkehr mit einem leicht verwundeten Danske von den Unseren begrüßt, sie hatten uns gezeigt, wie es gemacht wird ", und die ehrenvollen Wunden der Füfiliere Ma del der 11ten und Runge der 12 ten Compagnie , und manch' durchlöcherter Mantel, auch zwei abgeschossene Helmspigen bewie sen, daß es den Dänen an gutem Willen nicht gefehlt hatte. Der Unteroffizier Grund erhielt für dieses kühne Gefecht später das Militair- Ehrenzeichen 1fter Claffe, fein treuer Gehülfe, der Gefreite Reccius derselben Compagnie, deffen vorzügliche Schüffe den übrigen die Bahn gebrochen hatten , das Militair Ehrenzeichen 2ter Claffe. Als am Mittag das Gefecht an der Chauffee schwieg, rückte die 10te Compagnie in die Büffelkoppel vor, und, während ihre Patrouillen nicht ohne Gefecht den Feind beobachteten und hier bei eine Menge feindlicher Lager- Utensilien erbeuteten , wurde durch einen Pionierzug die vom Feinde abgegrabene Straße nach Wielhoi wieder hergestellt. Nach dem Gefecht cantonnirten die 10te und 12te Compagnie zum ersten Mal in Broaker, dem Hauptflecken der Halbinsel. In zwischen war die Avantgarde aufgelöst worden und trat dem gemäß unser 1stes Bataillon zum Regiment zurück, dessen Füh rung unser Herr Regiments - Commandeur wieder übernahm . Nun begann der Vorpostendienst, unterbrochen von größeren Unternehmungen , die den Dänen bald unsere Ueberlegenheit im freien Felde klar machten und ihnen immer genau soviel Terrain entrissen, als von Oben her befohlen wurde. 22. Februar 1864. Eine solche war die Recognoscirung vom 22. Februar, wo mehrere Bataillone unserer Division von zwei Seiten die Ge hölze der Büffelkoppel umfassend, fich bei Wielhoi in einem hef tigen Gefecht die Hand reichten , einen großen Theil der däni schen Feldwachen gefangen nehmend, so daß der Feind von da ab nicht mehr wagte , in diese Gehölze seine Vortruppen auf zustellen.

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Hier fochten zum ersten Mal unsere 3ten Jäger mit , die, eben erst aus der Heimath eingetroffen , der Brigade Canstein zugetheilt waren. Ein Theil des Regiments hatte an diesem Tage die Ehre, unsere Königlichen Prinzen und Seine Excellenz den Herrn General - Feldmarschall von Wrangel in nächster Nähe zu sehen. Leider hinderten Nebel und Schneewolfen heut das Re cognosciren. In den legten Tagen des Februar trafen auch die Decora tionen für Windeby und Miffunde ein, und wurden in feierlicher Weise den Mannschaften an die Brust geheftet. Für Ersteres erhielt : die Schwerter zum Rothen Adler- Orden 4ter Claffe:

Hauptmann von Leszczynski ; das Militair- Ehrenzeichen 2ter Claffe: Feldwebel Conrad der 2ten Compagnie; Portepee -Fähnrich de Convenent } der 3ten Compagnie. Gefreiter Schlaffte Für Missunde: Regiments-Commandeur : Oberst -Lieutenant von Hartmann die Schwerter zum Rothen Adler - Orden 3 ter Claffe mit der Schleife; Commandeur des 1ften Bataillons : Major von Jena die Schwerter zum Rothen Adler - Orden 4ter Claffe ; Etatsmäßiger Stabs - Offizier und Führer des 2ten Bataillons : Major von Kettler den Rothen Adler - Orden 4ter Classe

mit Schwertern ; Hauptmann von Redern die Schwerter zum Rothen Adler Orden 4ter Claffe ; Premier Lieutenant Lehmann den Rothen Adler-Orden 4ter Seconde-Lieutenant Bajetto Claffe mit Schwertern . s Lau Das Militair- Ehrenzeichen 2ter Claffe erhielten : Unteroffizier Wolff der 5ten Compagnie ; Gefreiter Sergeant Müdet Unteroffizier Marschalleck der 6ten Compagnie ; Musketier Häfeler Musketier Daske der 7ten Compagnie; Sergeant Brunn der 8ten

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Oberft-Lieutenant Blumenthal , Commandeur des 2ten Ba taillons und Führer des 1sten und Füsilier- Bataillons, wurde in den Adelstand erhoben. Es wurden im Namen Seiner Majestät des Königs belobt : Seconde - Lieutenant von der Schulenburg für Windeby . = von Schmiterloew der Oberstabs- und Regiments - Arzt Dr. Herzer ; Gefreiter Bion der 6ten Compagnie; = Conrad der 7ten Compagnie; = Lüben = Welt der 8ten Compagnie. Mohrin Diese Auszeichnungen waren für uns ein lebhafter Sporn der Nacheiferung, und unsere theuere Nr. 60 war nun auch äußer lich als Kriegs -Regiment gekennzeichnet. Im Vorpostendienst wechselten wir regelmäßig mit unseren Kameraden vom 35 ften Regiment. In große, weiße Schaafpelze gehüllt, die bei der andauernden Winterkälte für diesen Zweck beschafft worden waren, konnten unsere Poften die Unbilden der Witterung sehr wohl aushalten. Der Eifer unserer Patrouillen wuchs von Tage zu Tage, und immer mehr lernten wir unsere Ueberlegenheit gegen die schwerfälligen Dänen erkennen, deren milizartige Ausbildung troß aller Bravour, selbst in der Ueberzahl, gegen unsere Fechtweise nicht aufkommen konnte. Gleichwohl zeigten die Recognoscirungen der höheren Ar tillerie und Ingenieur- Offiziere, daß die Einnahme der Düppel stellung durch bloßes Darauflosgehen nicht möglich sei, und so sehr unser Eifer auch einen schnell entscheidenden Coup herbei wünschte, - um den Feind zu vernichten, mußte man sich zur Belagerung entschließen. Alle Vorbereitungen hierzu wurden nun getroffen , und bis zur Mitte des Monat März nahm bei Tage der wenig glanzvolle, aber recht mühselige Dienst des Strauchschneidens und des Fa schinen und Schanzkorbflechtens , bei Nacht ein ausgedehnter Strandwachtdienst die Kraft unserer Truppen in Anspruch. Es half nichts, wir mußten uns mit den langwierigen Arbeiten des Belagerungsdienstes befreunden und warten, bis die nöthige An zahl schwerer Geschüße aus dem Vaterlande ankam. Die allmälig vorschreitende Einschließung der feindlichen Stellung und der Vorpostendienst führten auch in dieser Zeit zu

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kleinen Gefechten, in einem derselben wurden von einer Patrouille der 12ten Compagnie die Füsiliere Kegel und Vollmer verwundet. Die Winterlälte begann jezt häufigem Nebel- und Thau wetter zu weichen, welches unseren Dienst erheblich erschwerte und den Zustand unserer Fußbekleidung ernstlich bedrohte. Am 14ten März entspann sich beim Vorschieben der Vor posten ein kurzes Gefecht an der Büffelkoppel, welches die 7te Compagnie mit dem Füfilier- Bataillon in Reſerve bestand. Der Musketier Priskow wurde hierbei verwundet, die dänischen Vor truppen aber zurückgedrängt. Inzwischen waren schwere Geschüße aus der Heimath ange kommen und mit unendlicher Mühe ein Theil derselben durch Menschenkraft, - Pferde kamen in dem lehmigen Boden nicht auf dem östlichsten Vorsprung des Broaker- Landes vorwärts bei Gammelmark in Batterien gebracht worden. Diese Batte rien waren seit dem 15. März in Wirksamkeit und bearbeiteten auf eine Entfernung von 4000 Schritt die dänischen Verschanzungen, welche auch ihrerseits aus gezogenen Geſchüßen ein lebhaftes Feuer hierher richteten. Es war für uns Alle ein imposantes Schauspiel, von den Hö hen des Broaker dem Bombardement zusehen zu können. Dazu kam häufig der Schall der Gefechte von unserem linken, durch die Westphalen beseßten Flügel und die Flammen der in Brand ge schoffenen Gehöfte und Baracken , so daß das Ganze ein immer fort wechselndes Kriegsbild bot , die Schrecken des Kampfes mit der Schönheit der Küstenlandschaft verbindend. Die immer enger werdenden Quartiere, in denen ein häufiger Wechsel stattfand, waren , je näher den Schanzen, desto mehr, eigentlich nur Alarmhäuser. Zum Theil von den Einwohnern verlaffen , boten sie meist nichts als die kahlen Wände , aber als Feldsoldat wird man genügsam und richtet sich ein, das Zuſam mensein mit den Kameraden und der Aufenthalt im Freien , zu dem das Wetter zeitweise lockte, boten vielfach Ersaß, und — Er kältungen hatten wir uns längst abgewöhnt. Dazu kamen aus dem Vaterland und sogar aus den Ortschaften, wo wir auf dem Marsch uns Freunde erworben, zahlreiche Sendungen von Lebensmitteln, und die prächtige Einrichtung der Feldpoft gestattete den Verkehr mit der Heimath, der durch die Briefe unserer Leute, - manch mal recht schauerliche Gefechtsberichte enthaltend, - lebhaft unter halten wurde. An Ruhetagen half der unverwüstliche Humor un serer Wigbolde ftets neue Unterhaltung zu schaffen, die wunder

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lichsten Zeichnungen und Titulaturen schmückten die Mauern der Gehöfte, kunstvoll ausgestopfte ,, Hannemänner " befeßten bald die hervorragendsten Punkte, und im Herstellen falscher Batterien aus Pflugrädern und unbrauchbaren Ofenröhren waren sie Meister. Mit den kleinen Bedürfniffen des Soldaten wurden die Unserigen durch fest engagirte Marketender versehen, die stets ihre Vorräthe aus Flensburg holen konnten, - Photographen sogar fanden sich in unseren Cantonnements ein, so daß unsere Bilder im Orginal-Feldkostüm in die Heimath wandern konnten. Diese Nebendinge wurden in ernster, aber glorreicher Weise durch die Ereignisse des 17ten März unterbrochen. Gefechte bei Oster - Düppel und Frydendahl. 17. März 1864. An diesem Tage hatten wir lange schon und mit Spannung das Gewehrfeuer von unserem linken Flügel her und das aus allen Schanzen sich verstärkende Geſchüßfeuer gehört , als das Alarm Signal die Einschließungs -Truppen auch auf unserem Flügel ver sammelte. Das Gefecht, welches bei Rakebüll begonnen hatte, wurde mit erneuter Heftigkeit jezt auch bei Kirch- Düppel von Truppen der Brigade Röder geführt, welche den Auftrag hatten, dort ihre Vorposten vorzuschieben. Es gelang ihnen auch, die Dänen, welche heut mehr Truppen als sonst und das Streben zur Offensive zeigten, ohne unsere Hülfe zurückzudrängen. Das Gefecht im Dorf Düppel war bereits abgebrochen , als vom General - Kommando der Befehl eintraf, mit den nun doch ein mal alarmirten Truppen auch West- und Oster - Düppel und Frydendahl dem Feinde zu entreißen und dauernd zu befeßen. Im Dorf Düppel entbrannte jezt das Gefecht von Neuem, während die bereits abmarschirten Truppen wieder vorbeordert wurden. Der Auftrag , Frydendahl wegzunehmen , fiel uns, und da unser 2 tes Bataillon die Vorposten südlich der Chauffee beziehen sollte, speciell diesem zu. Unsere 6 te und 8te Compagnie wurden vom Herrn Oberst - Lieutenant von Blumenthal vorgeführt und warfen den mindestens gleichstarken Feind in einem stetig vorschreitenden Gefecht von Knick zu Knick, obwohl das Feuer der nächstgelegenen Schanzen sich mit Heftigkeit hierher wandte. Indessen war das Gefecht im Dorf Düppel, troß mehrerer in Brand geschoffener Gehöfte, weiter vorgeschritten, als plöglich

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unser Herr Regiments - Commandeur zwei dänische Bataillone zwischen Schanze V. und VI. hervorbrechen und sich nach Düppel wenden sah. Sehr bald wurde das Zurückweichen der dort fechtenden Tirailleurs vor der feindlichen Uebermacht bemerkbar, und wenn nicht bald Hülfe kam , dann gelang es dem Feinde, unsere Kameraden im Dorfe zurückzudrängen. Diesen Triumph fonnten wir ihm, der sonst nur vor uns zu fliehen gewohnt war, nicht laſſen, und unser Herr Regiments - Commandeur hatte bald die Genehmigung von Seiner Excellenz dem Herrn General Lieutenant von Manstein erhalten, dort einzugreifen. In seiner Nähe ftanden unsere 9te und 12te und 3 Compagnien Branden burgischer Jäger in Reserve. Die 9te Compagnie und links derselben eine Jäger- Com pagnie im 1ften, 2 Jäger - Compagnien im 2ten Treffen und die 12te in Reserve, so überschritt unser Herr Regiments - Comman deur die Chauffee, die öftlichsten, den Schanzen zu gelegenen Ge höfte zum Directions - Punkt gebend . Es durfte nicht geschoffen, sondern bei dem Durcheinander von Freund und Feind im Dorfe nur mit dem Bajonett gearbeitet werden. Kaum zeigten sich die ersten Züge auf der Chauffee, da wur den sie von den Schanzen mit Granaten begrüßt, doch das konnte sie nicht irre machen ; in geschloffenen Zügen von Knick zu Knick vorstürmend, hielten die Compagnien unverrückt den östlichen Dorfausgang im Auge , selbst als das Infanteriefeuer aus dem Dorfe mit Heftigkeit sich hierher richtete. Kaum sahen die Kame raden im Dorfe unseren Vorstoß , da wandten auch sie sich und drängten wieder nach vorn , als Tirailleurs unsere linke Flanke begleitend. Noch waren die Unseren 100 Schritt von den ersten Gehöften entfernt, da nahmen sie das Gewehr zur Attaque und im raschen Sturmlauf, der feindlichen Kugeln nicht achtend, nahmen fie die Gehöfte, den Eingang des Dorfes von den Schanzen her abschließend. Somit waren die Dänen im Dorfe abgeschnitten, dennoch vertheidigten sie sich von Haus zu Haus , von Hecke zu Hecke, erst auf nächster Distanz vom Feuern ablaffend und um Pardon bittend. Unser Herr Regiments - Commandeur , am Knie verwundet, gönnte sich kaum die Zeit, ein Taschentuch darum zu binden, dann commandirte er weiter und Haus für Haus fiel in unsere Hände. Die Artillerie der Schanzen warf, nachdem die dänische In fanterie unterlegen war, ihre Granaten auf Freund und Feind,

28 und als der Abend hereinbrach , war das brennende Düppel ein Bild der Zerstörung und des Todes. Im Qualm der brennen den Gehöfte wimmerten die Verwundeten, die Todten beneidend, diese und eine Menge Gefangener waren die Opfer der heutigen Niederlage. Der dänische Verlust , mehr als fünfmal größer als der preußische, verkündete von Neuem die Trefflichkeit unserer Waffe und den Werth unseres Angriffs. Es war das lezte Mal, daß der Feind Ueberfälle aus seinen Schanzen versuchte. Wir hatten heut die legten Stüßpunkte im Vorterrain : Rackebüll, Düppel und Frydendahl ihm entriſſen. Vom Regiment erhielten für dieses Gefecht: Oberst- Lieutenant von Hartmann den Kronen - Orden 3ter Claffe mit Schwertern ; Major von Stülpnagel den Kronen - Orden 4ter Claffe mit Schwertern ; Premier-Lieutenant von Kaminieg und Seconde - Lieutenant Pütter, Adjutant des 2ten Bataillons, den Rothen Adler Orden 4ter Claffe mit Schwertern. Der Hauptmann Kraehe, Premier - Lieutenant von Stutter heim, Adjutant des Füfilier- Bataillons , und Seconde Lieutenant Hübner II. (Landwehr- Offizier) wurden im Namen Seiner Majestät des Königs belobt. Die Unteroffiziere Bion der 6ten und Mulack der 8ten Com pagnie erhielten für die ausgezeichnete Führung ihrer Gruppen im Gefecht das Militair - Ehrenzeichnen 2ter Claffe, der Sergeant Reimann und Füsilier Bürsten binder der 9ten , die Unteroffiziere Wollenberg und Conrad der 6ten und der Musketier Stutterheim der 8ten Compagnie wurden für ihr besonders tapferes Ver halten im Namen Seiner Majestät des Königs belobt. Wir hatten am heutigen Tage verloren : Die Musketiere Funke, Baganz, Wegener der 6ten und den Füsilier Tempel der 9ten Compagnie todt. Die Musketiere Heise, Wittstock, Berg , König und Ge freite Lehmpuhl der 6ten, den Unteroffizier Mulad der 8ten und die Füsiliere Krusch, Friedeberg , und Unter offizier Siedow der 9ten Compagnie verwundet. In Summa 4 Todte und 9 Verwundete, von denen der Muske tier Heise kurz darauf verstarb. Man war jest den feindlichen Werken so nahe gekommen, daß man deren Ausdehnung und Größe auch gegen den linken

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Flügel hin übersehen konnte. Es war eine fast / Meile lange Festungslinie, die sich auf einer Hügelreihe vom Wenningbund bis zum Alfenfund hinzog, 10 meist geschlossene Forts, deren ver bindende Brustwehren (Communicationen) ebenfalls durch Geschüße vertheidigt wurden. Schon im ersten dänischen Kriege war hier Blut geflossen, doch seitdem war die Stellung bedeutend größer und stärker geworden, namentlich war die Küste Alsens und Son derburgs stark befestigt und mit Geschüßen gespickt, und beide Flanken konnten durch die dänischen Schiffe vertheidigt werden. "Rolf Krate" lag ftets zum Angriff bereit in der Nähe Sonder burgs, es gelang ihm auch an einem späteren Tage, dem 28ften, den Unseren große Verluste zuzufügen. Um gegen das Flankenfeuer von Gammelmark her sich zu fichern, hatten die unermüdlichen Schanzengräber, die Dänen, eine zweite Schanzenlinie von der Chauffee bis zum Wenningbund zu bauen begonnen. War der Feind auch bei der Vertheidigung ſo thätig, wie beim Bau, dann gab's noch viel für uns zu thun, doch desto größer war auch die Ehre. In den lezten Tagen des März, am 29ften, wurde die eigent liche Belagerung durch den Bau der 1ften Parallele begonnen.

Der Parallelenbau und die damit zuſammenhängenden nächtlichen Arbeitsdienste find ein Prüfftein für den Werth einer Truppe. Es handelt sich hier darum , beim Dunkel der Nacht an den Feind heranzugehen und dort so schnell und heimlich als möglich einen Graben auszuheben, der, hinreichend verbreitert, die gesicherte Aufstellung von Truppen, den Bau der Angriffsbatterien, und das weitere Vorrücken ge stattet. So gräbt man sich in Erdgängen möglichst nahe an den Feind heran, um nach Ueberwindung seiner Geschüße schließlich aus diesen Gängen hervorzubrechen zum Sturm. — Diese Arbeiten müssen überraschend schnell, mit wahrer Fuchs gewandtheit ausgeführt werden, unter dem Schuß der Vortruppen, die am Boden liegen , gefechtsbereit den feindlichen Ausfall er wartend ; verräth uns das Geräusch dem Feinde, dann wirft er Leuchtkugeln zur Erhellung des Vorterrains und bald fällt ein Hagel von Geschoffen auf die Arbeiter und ein Ausfall stört die Arbeit, unbeabsichtigte Gefechte herbeiführend. Der erste derartige Auftrag fiel unserer Brigade zu ; mit umgehängtem Gewehr und dem empfangenen Schanzzeug rückten

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wir schweigſam in einer langen Colonne zu Zweien an die weißen Tracírleinen. Rechts und links aufmarschirend, erhielt jeder seine Stelle angewiesen und, das Gewehr hinter sich abgelegt, begannen unsere Züge eifrig und möglichst geräuſchlos den harten Boden zu bearbeiten, denn Jeder war ja instruirt , welche Folgen hier Faulheit und Ungeschick haben mußten. Die heutige Nacht war wie zum Parallelenbau geschaffen ; der wolkenbedeckte Himmel ließ den Mond nicht hindurchblicken und der Ostwind führte uns das Geräusch aus den Schanzen, nicht aber den Dänen das unsere zu. Wir arbeiteten so , daß uns bald die kühle Nachtluft schwül erſchien, und wo ein Ermű dender zurückblieb , da griffen selbst die Offiziere zu ; außerdem hatten wir wenigstens die Genugthuung, daß es den Dänen drüben noch schlimmer ging. Nacht für Nacht mußten sie ihre zerschoffenen Werke ausbessern, während die Granaten der Gammelmark - Batte rien, ihre am Tage genommenen Ziele festhaltend , auch Nachts Tod und Verderben dorthin sandten. Inzwischen war es 1 Uhr geworden, die Ingenieur - Offiziere gingen, mit dem Maaßstock prüfend, die Reihen entlang - ,,noch nicht tief genug !" hörte man sie flüstern , - da plöglich blist's in Schanze II. auf, eine Granate ziſcht über die Arbeiter fort, ――――― bald folgen noch mehrere, aber ohne Schaden zu thun und die Arbeit zu unterbrechen ; es war nur das Zeichen der dänischen Wachsamkeit. Zudem hatten wir für die Unseren schon hinreichend Deckung geschafft, und selbst Leuchtkugeln und electrisches Licht, wie's in früheren Nächten oft der Fall war, konnten uns jest nichts mehr anhaben - aber eine rapide Wirkung hat solche zischende Granate im Finstern doch ; so Mancher ist vom Graben rand hinabgesprungen oder hat dem rothleuchtenden Geschoß seinen tiefen Diener gemacht. Jest aber beginnt von den Schanzen her der Morgen em por zu dämmern , jest ist's Zeit, den Rest der Dunkelheit noch zum Abmarsch zu benußen ; die nöthige Tiefe ist erreicht, noch einige Spatenwürfe, um die Brustwehr auszugleichen, dann wer den die Spaten eingesteckt, und geräuſchlos , wie wir gekommen, wird der Rückmarsch angetreten. " Wenn man wenigstens dabei roochen könnte," flüstert ein maulflinker Berliner zum Andern, „ aber mit kal ter Nase die kalte Nacht zu durchschippen ! - Na, man -muß die Feste feiern, wie sie fallen!" Der Feind, am Morgen die frischen Erdaufwürfe bemerkend, richtet sein nugloses

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Feuer darauf, er ist doch überlistet, denn nur die Vorposten sind, feinem Auge entzogen, stehen geblieben. Andere Truppen vollendeten in der nächsten Nacht den Aus bau der Parallele, durch die vorhandene Deckung vor dem feind lichen Feuer, nicht aber vor den Nachtheilen des quellenreichen Lehmbodens gesichert. Es sammelte sich in der Parallele soviel Waffer, daß nur mit großen Schwierigkeiten durch Faschinen und Bretter ihre Gangbarkeit ermöglicht wurde. Für solche Fälle war ein Theil der Manschaften mit hohen Stiefeln versehen. Die Compagnie. Chefs gaben diese gewöhnlich ihren besten Leuten, und der Ruf: „ Langstiefeln vor ! " wurde bei uns eine Art Schlachtruf und ertönte in der Folge oft, wo es sich nicht nur um Waffer handelte, bei schwierigen Märschen und im Gefecht. Als die der Parallele zugehörigen Batterien armirt waren, begann die Beschießung der Forts auch in der Front, welche von nun ununterbrochen fortgefeßt wurde. In der Nacht vom 7ten zum 8. April wurde die 2te foge nannte Halb-Parallele eröffnet. Auch hierzu stellte das Regiment die Arbeiter und mit demselben guten Erfolge. Die 11te Com pagnie hatte hierbei die Füfiliere von Dallwig und Andree durch Granatsplitter verwundet. Durch häufige Uebung und den Eifer unserer Leute bei den Pionier- Arbeiten hatten wir bald bei den Pionieren ein vorzüg liches Renomée. Wir waren nicht wenig stolz darauf, sehnten uns aber immer mehr danach, statt der Arbeit mit Spaten und Hacke, lieber die entscheidendere mit Kugel und Bajo nett zu erhalten. Nachdem ein Plan zum directen Uebergang über's Meer nach dem nördlichen Theil von Alsen , zu welchem die Heranschaffung von Booten und der Batteriebau bereits stattgefunden hatte, auch wir hatten unsere Schiffer gestellt, ― durch die stürmische Witterung im Anfang April gescheitert war, wurde jezt der An griff in der Front aufs Aeußerste beschleunigt, es waren bereits die Brigade Raven → 8tes und 18tes Regiment und die Garde- Regimenter hierhergezogen worden, und in der Nacht vom 11ten zum 12. April konnte bereits die 2te (eigentlich 3te) Parallele durch Truppen des 24sten Regiments ausgehoben wer den. In den Parallelen und den für die Posten davor ange legten Schüßengruben ftanden wir den feindlichen Vorposten jest so nahe, daß man sich zum Theil ins Auge sehen konnte. Diese Nähe führte oft zu einem stillschweigenden Uebereinkommen,

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nicht aufeinander zu schießen , doch noch öfter zu Scharmüßeln, welche stets den Erfolg auf unsere Seite brachten, wenn auch zeitweise Verwundete unvermeidlich waren. Für diese Lesteren wurde mehr als dies in einem größeren Kriege der Fall hätte sein können, sowohl in unseren Militair und Feld- Lazarethen, als auch in den Hofpitälern des Johanniter Ordens gesorgt, außerdem kamen für sie aus der Heimath zahl reiche Geld- und Erquickungsspenden. Für die Verwundeten unſeres Regiments sandte in diesen Tagen der Vater eines unserer Offiziere, Geh. Rath von Geldern in Berlin , eine größere Geldsumme. Unsere Gefechte und das Campagneleben vor Düppel waren sogar Veranlassung geworden, daß auf einem der Berliner Theater ein Stück in Scene ging , in dem die Kriegs thätigkeit des 60 ften Regiments dargestellt wurde. War das auch zum Theil aus dem Umstände zu erklären, daß Viele im Regi ment Berliner Kinder waren, ― so reizte es doch ihren Stolz ge= waltig, als ein Theil der hierbei eingenommenen Gelder für unsere Verwundeten einging. Wir Andern aber freuten uns troß der Anstrengungen unserer gefunden Glieder, denn das Größte und Glänzendste, der Sturm war ja erst zu erwarten, und jeder Theil nehmer der Belagerung hatte hierzu doch ein unbestreitbares Anrecht. Ein Theil unserer Compagnien, als Sturm- Compagnien ausgelooft, wurden bereits im Ingenieur -Park zu Schmöhlehn im Uebersteigen und Niederwerfen der Hinderniffe, wie sie in den feindlichen Schanzen zu erwarten waren, vorgeübt, fie waren stolz darauf, als die ersten bestimmt zu sein , welche den feindlichen Danebrog von seinen Bollwerken herabreißen und den Wider ftand brechen sollten, den uns hier der hartnäckige Feind so lange schon entgegengestellt hatte. Doch auch die anderen Compagnien sollten noch vor dem Sturm Gelegenheit finden, ihren Werth im Kampf zu bethätigen. In den lezten Tagen (der Sturm war schon für den 14. April bestimmt) hatte Seine Majestät der König , in Seiner unendlichen Theilnahme und Gnade für die Armee stets darauf bedacht, die Zahl der Opfer des Krieges möglichst zu verringern, unſerem com mandirenden Herrn General anheim gegeben, durch den Bau noch einer Parallele den Sturmweg zu den Schanzen abzukürzen. Da aber die dänischen Vorposten in sehr gut angelegten Schüßengräben noch außerhalb ihrer Schanzen sich hielten, so mußten sie in dieselben erst zurückgeworfen werden. Dieser Auf trag wurde unserem Herrn Regiments -Commandeur für sein Re

33 giment ertheilt. Es war dieser Auftrag ebenso ehrenvoll als schwierig, denn es war hier geboten, den Feind bis auf eine ge gebene Schrittzahl zurückzuwerfen , dann aber das Gefecht kurz abzubrechen und Ruhe zu schaffen zum Bau der Parallele, trog des Feindes Nähe.

Gefechte vor den Düppler Schanzen. 13. und 14. April 1864. Das Regiment stand am Abend des 13. April zur Ueber nahme der Trancheewachen an der Büffelkoppel , als unser Herr Regiments-Commandeur, deffen Wunde, vom 17. März noch immer nicht heil, ihn zwang, sich auf einen Stock zu stüßen, den Offizieren die Disposition gab. „ Heute giebt's was ", flüsterte Einer zum Andern, aber mit athemloser Spannung horchten wir bald den Worten unseres verehrten Führers , als er mit seiner durchdringenden Stimme zu uns zu sprechen begann : „ Sechsziger, ihr habt einen guten Ruf in der Armee und daheim im Vaterlande, namentlich in der Hauptstadt. Nun wohlan , heute Abend werdet ihr Gelegenheit finden , Eurem Rufe von Neuem Ehre zu machen! Wir werden die feindlichen. Posten. zurückwerfen und gefangen nehmen, wir werden da bei ein echt Kopenhagensches Regiment uns gegen über haben - da werde ich sehen, wer stärker ist, die Kopenhagener oder die Berliner!" Bewegung ging durch die Reihen, die wenigen Worte unseres Herrn Obersten hatten gewirkt, und es gab Keinen, der nicht fest entschlossen war, den Kopenhagenern gegenüber unsere Heimath würdig zu vertreten. Unser Herr Regiments - Commandeur hatte folgende Disposi tion ausgegeben : „ Die 1ste, 2te , 4te und 11te Compagnie stehen in der Formation der Compagnie - Colonne heut Abend 10 Uhr in der 2ten Parallele mit je 200 Schritt Distance zwischen den Compagnien. Auf einen hellen Pfiff, den ich selbst abgebe, stürzen sich die Têten züge der 4 Compagnien, in Tirailleurs aufgelöst, ohne Hurrah zu schreien und ohne einen Schuß ab= zugeben, durch die dänischen Schüßen hindurch und 3

34 gewinnen in dieser Weise 300 Schritt Terrain. Bei jedem dieser 4 Züge wird ein Mann bestimmt, der die Schritte laut zählt , und auf 300 Schritt wirft sich Alles nieder , um sich schußbereit zu machen gegen einen etwaigen Ausfall aus den Schanzen. Jedem dieser Züge wird eine Abtheilung Pioniere zugetheilt, um sofort Logements zur Deckung der Mannschaften zu graben. Die zweiten Züge der 4 Compagnie - Colonnen folgen auf 50 Schritt den ersten , jedoch geschlof sen, und stürzen sich auf die Dänen , welche in den Schüßengruben liegen, nehmen sie gefangen, oder stechen sie nieder, dürfen ebenfalls nicht Hurrah ru fen, auch keinen Schuß abgeben. Hinter diesen 2 Zügen folgen auf 50 Schritt ge schlossen die dritten Züge der 4 Compagnień , und haben den Auftrag , sich dorthin zu wenden , wo die ersteren Züge wider Erwarten auf einen hartnäckigen Widerstand des Feindes stoßen sollten. Auch sie dür fen nur mit dem Bajonett arbeiten und keinen Schuß abgeben. " Eine kalte und dunkele Nacht brach herein und lautlos_er warteten die zum heutigen Gefecht bestimmten Compagnien an den Ausfallstufen der Parallele, die zum Vorbrechen bestimmte Stunde. Ungeduldig blickten die Offiziere troß der Dunkelheit auf die Uhren, da tönt ein heller Pfiff, das Signal unseres Herrn Regiments - Commandeurs , von Links her durch die Nacht, die vordersten Züge erklettern hastig die Brustwehr und stürzen sich, die dänischen Vorposten überlaufend , im Marsch! Marsch ! auf den Feind ; lautlos und ohne zu schießen , zum Theil über die feindlichen Posten hinwegstolpernd , halten sie plöglich, nachdem sie die vorgeschriebene Distance gewonnen hatten , im Laufen an, sich schußbereit niederwerfend, während die sie begleitenden Pio niere, unbekümmert um den Feind , vor und hinter sich deckende Gräben auszuwerfen begannen. Inzwischen waren die 2ten Züge der Compagnie - Colonnen, auf 50 Schritt gefolgt von den 3ten, ebenfalls vorgebrochen, und während die überrannten Dänen zuerst lautlos den räthselhaften Ueberfall hingenommen hatten , da blizte es jezt plöglich an Allen Ecken und Enden auf, indem die ganze Linie entlang das Feuer der dänischen Posten entbrannte.

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Mit lautloser Spannung horchten wir, die in Reserve Ge bliebenen in die finstere Nacht hinaus, - da schwieg das Feuer, Geſchrei der Verwundeten tönt an unser Ohr und die Rufe ,,Pardon, Pardon ", - da hatten unfre Bajonette gewirkt, und schon bewegten sich dichte Gruppen gegen die Parallele heran, — dänische Gefangene. Sie waren richtig überrumpelt worden, die Kopenhagener, und kaum 5 Minuten hatte der Kampf gedauert, der ihnen statt der Rückkehr in ihre Schanzen die Reise nach Preußen verschaffte. Doch im Kriege darf man sich noch weniger als sonst im Leben verfrühter Freude hingeben ; der Feind , über ſeinen Verlust an Terrain und Mannschaften erzürnt , eröffnete jezt ein heftiges Infanteriefeuer aus den Communicationen, dem fich bald der Donner der Geschüße und das Gepraffel der Kar tätschen zugesellte. Wohl war ein großer Theil der Unsrigen durch die eifrige Arbeit der braven Pioniere bereits in Deckung, aber die Offiziere gingen noch umher, ordnend und die Distancen ausgleichend , um bei Tages - Anbruch ihre Leute gesichert zu wiffen. So war unser Herr Major von Jena , unermüdlich in seiner Fürsorge, die Gefechtsfront revidirend , auf dem Wege von den Schüßengruben der 4ten zu denen unserer 11ten Com pagnie, da praffelte eine Kartätschlage über das Gefechtsfeld und eine ihrer Kugeln riß den geliebten Führer des 1ften Bataillons zu Boden. Auf einer Bahre trugen ihn die Musketiere Ber benich, Hupfert und Zimmermann durch die Parallelen zu rück , und wo sich die Kunde seiner Verwundung verbreitete, da verkehrte sich die Freude des Sieges in Trauer. Inzwischen machten sich die Wirkungen unseres Ueberfalls immer merkbarer, die Dänen , welche glauben mochten , daß der Sturm von uns jeßt beabsichtigt sei, verstärkten ihr Feuer- und versuchten sogar mit 2 Compagnien aus Schanze I. einen Ausfall. Hier stießen diese auf die, in einer sich hier zum Meere hinziehen den Schlucht gut gedeckt liegende 1ste Compagnie, wurden mit ſehr wirksamem Feuer empfangen und mit Verlusten heimgeschickt. Troß des Feuers war es nun allen 4 Compagnien gelungen, sich einzugraben, wir hatten die Aufgabe des heutigen Tages ge löst und zwar so präcise nach der Disposition, daß unser Herr Regiments -Commandeur noch am nächsten Tage über uns erfreut schien, etwas, was viel bei ihm sagen wollte. Leider hatten wir manchen braven Kameraden , unter diesen auch den tapferen Lieutenant von Seydlig, verloren. Hingeriffen durch seinen jugendlichen Muth, war dieser ausgezeichnete und 3*

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beliebte Offizier mit einem Theil seines Zuges weit über die ihm vorgezeichnete Linie gegen Schanze II. hinausgegangen, konnte natürlich eine Deckung hier nicht gewinnen und sank, nahe beim Drahtgitter, mit zerschmettertem Haupte zu Boden. Nur mit großer Gefahr , unsere Schüßen hatten sich bereits zurückgezogen, konnten seine braven Begleiter, der Unteroffizier Gallasch und Musketier Weßel der 4ten Compagnie, ihn, den tapferen Todten, zurückbringen, nachdem sie, das Nachlaffen des heftigen Feuers abwartend, lange bei ihm ausgehalten hatten. Sie wurden Beide decorirt. Beim Zurücktragen der Leiche durch das Feuer des Fein des halfen ihnen die Musketiere Schöwe und Wieland der felben Compagnie. Zur Ablösung der im Gefecht geweſenen Compagnien rückten vor Beginn der Morgendämmerung des 14. April die Musketiere des 2ten Bataillons vor. Auf dem rechten Flügel entbrannte hier bei von Neuem das Gefecht ; hier hatte die 5 te Compagnie einen weiten Weg im sichern Schußbereich des Feindes bis zu den Loge ments der 1sten Compagnie zurückzulegen, und kaum zeigten sich die ablösenden Züge, da wurde es drüben lebendig und ein verheeren des Feuer begann. Dem Hauptmann von Redern der 5ten Compagnie wurde der Arm zerschmettert und wir hatten hier empfindliche Verlufte ; doch die braven Musketiere ließen sich nicht aufhalten, fie gewannen die Schlucht und gruben sich ein , das feindliche Feuer durch ihre sicheren Schüffe dämpfend. Die 1ste Compagnie verblieb in den Schüßengruben vor Schanze I. , um den Verlusten vorzubeugen , welche im Zurückgehen bei Tages helle unvermeidlich gewesen wären. Viele unserer Verwundeten mußten heute, entweder gar nicht oder nur nothdürftig verbunden, hier liegen bleiben, bis der Abend ihnen Erlösung brachte. Wie schwer es war, ihnen Hülfe zu bringen, davon giebt der Heldentod des Gefreiten Scheifler der 5ten Compagnie ein Beispiel. Der Musketier Blankenburg der 5ten Compagnie war, beim Vorgehen verwundet, 10 Schritt von dem schüßenden Graben niedergesunken. Der arme Kamerad lag da ohne Deckung und Hülfe, dem Feuer ausgefeßt , und rief um Beistand. Der Hauptmann v. R. forderte seine Leute auf, den Genossen in den ficheren Graben zu holen, und mehrere Kameraden folgten diesem Befehle und ihrem Herzen. Sowie jedoch ihre Köpfe über den Rand des Grabens auftauchten, so begann sofort aus Schanze II. ein so lebhaftes Feuer, daß die Leute von ihrem Rettungsversuche

37 Wenn denn Keiner ihm helfen will, so werde Abstand nahmen. ich ihn holen!" sagte der unerschrockene Scheifler, legte sein Gewehr nieder, kroch aus dem Graben und näherte sich dem verwundeten Blankenburg. In dieser Stellung war er, ohne getroffen zu werden , dem wimmernden Kameraden genaht, und erhob sich nun etwas mit den Händen, um Blankenburg zu faffen, - da zerschmetterte eine dänische Gewehrkugel dem bra ven Gefreiten den Kopf. Sein heldenmüthiges Beispiel guter Kameradschaft lebt als leuchtendes Vorbild in der Geschichte des Regiments fort. Die Gefechte des 13. und 14. April find für uns eine glorreiche und theure Erinnerung , glorreich durch die Bravour des Vorstürmens , bei dem nur das Bajonett gebraucht werden durfte, und durch die Zähigkeit, womit die Unseren, trog feindlicher Ausfälle und der Heftigkeit des Feuers , ihre Position unter den Augen des Feindes festhielten, ―― theuer, denn sie gehören unserem Regiment allein, theuer für uns auch durch schmerzliche Verlufte. Auf seinem Schmerzenslager im Johanniter-Hospital zu Nübel litt und starb unser verehrter Major von Jena , hoch geachtet von unserem kommandirenden Herrn General, tief be trauert vom ganzen Offizier - Corps und seinen treuen Musketieren, denen er nicht allein der Commandeur, nein, denen er ein Vater gewesen ist, hülfreich und theilnehmend in allen Lagen des Lebens, ein glanzvolles Vorbild im Kampf, ein Held im Sterben für feinen König. Nachdem er am 16. April die Augen für immer geschlossen, nahm seine Gemahlin die theure Leiche nach der Heimath, wo dieselbe am 19. April auf dem Familiengute Nettelbeck bei Putt liß zur Erde bestattet wurde. Auf den blutgetränkten Höhen der Düppelstellung bezeichnet ein umgittertes Kreuz die Stelle, wo ihn die tödtliche Kugel traf, in unserem Regiment aber lebt und bleibt die dankbare Erinnerung an ihn unauslöschlich für immer. In den Gefechten des 13. und 14. April verlor: die 1fte Compagnie: den Unteroffizier Gärtner tödtlich ver wundet, die Gefreiten Profeßky und Schulz , die Muske tiere Gröger, Polack, Kühne , Brei, Rauchftedt und König verwundet ; die 2te Compagnie : den Gefreiten Kurth, die Musketiere Lillwiß, Breßler, Magnus , Bethke, Goldberg und Schneider verwundet;

38 die 4te Compagnie : den Musketier Ehrhardt verwundet; die 5te Compagnie : den Gefreiten Scheifler todt, die Muske tiere Kuhröber, Schön , Düring und Beck tödtlich ver wundet, den Unteroffizier Hecht, die Musketiere Kersten, Blankenburg , Köhler 11. , Wölffel, Schulze V., Behm II., Heizmann , Süßbier, Schirmer und Lange verwundet ; die 6te Compagnie : den Musketier Liebe todt, den Unter offizier Konrad und Musketier Holk tödtlich verwundet, und Musketier Büscher verwundet. Es waren in Summa 11 Todte und 26 Verwundete. Eine größere Zahl der Verwundeten hatte beim Niedermachen der Dänen in den Schüßengruben Bajonettstiche davongetragen. Auch einen Vermißten hatte heute das Regiment, den Muske tier Remme der 4ten Compagnie, einen sonst als verwegen tapfer bekannten Kameraden. Fortgesette Nachforschungen beim feind lichen Kriegs -Ministerium noch im Laufe des Krieges ergaben, daß er, wahrscheinlich beim Vorftürmen des Lieutenant von Seyd= lig betheiligt, von den Dänen am Morgen des 14ten am Draht gitter der Schanze II. todt vorgefunden und auf dem Friedhof von Sonderburg begraben worden war. Für diese Gefechte erhielt das Regiment : den Rothen Adler- Orden 4ter Classe mit Schwertern für : Hauptmann von Schlieben ; Premier-Lieutenant Kraehe ; Seconde- Lieutenant von Schmiterloew ; = Freiherr von Richthofen (Landwehr Offizier); Meie (Landwehr - Offizier) ; das Militair-Ehrenzeichen 2ter Claffe für: Sergeant Simon der 2ten Compagnie ; Unteroffizier Gallasch der 4ten Compagnie ; = Bodin I. der 5ten Compagnie ; Gefreiter Walter der 11ten Compagnie; = Welk der 8ten Compagnie ; Musketier Weffel der 4ten Compagnie ; Im Namen Seiner Majestät des Königs wurden belobt : Hauptmann von Albrecht; = von Mach ; Premier Lieutenant von Leliwa ; Unteroffizier Gärtner der 1ften Compagnie;

39 Gefreiter und Lazarethgehülfe Sonntag der 1ften Compagnie ; Musketier König der 1ften Compagnie ; = Köbke der 2ten Compagnie. Das Militair - Ehrenzeichen 2ter Claffe wurde nachträglich noch dem Sergeanten Mißling und dem Unteroffizier Trink haus der 1sten Compagnie verliehen , welche Beide am Morgen des 14ten durch ihre Treffschüsse die zudringlichen Schüßen des nächsten dänischen Postens derartig im Zaum hielten , daß die Unseren vor diesen den Tag über gesichert wurden. Durch das Gefecht vom 13. und 14. April war das Terrain unmittelbar vor den Schanzen zum Bau der befohlenen Parallele erkämpft und dauernd beſegt worden. Die Parallele selbst wurde in der Nacht des 14ten eröffnet und an den folgenden beiden Tagen vollendet. Wir gingen jegt dem Sturm und der dabei zu erwartenden Entscheidungsschlacht entgegen. Vorbereitet dazu waren wir als Soldaten schon lange, und auch als Christen hatten wir uns vor bereitet und fertig gemacht, dem Tode ins Auge zu sehen. In den zahlreich vorhandenen Gotteshäusern hielten unsere Feldgeistlichen Gottesdienst, wie daheim in der Garnison, und wir besuchten unsere, durch die Gräber der Kameraden uns theure Gottesstätte, die unmittelbar am Gefechtsfelde liegende Broaker Kirche; - wir besuchten sie gern, und während das Wort Gottes unsere Herzen erfüllte , mahnte uns der Donner der Geſchüße draußen, wie sehr wir Alle bei der Entscheidungsschlacht der Standhaftigkeit und Hingebung des christlichen Soldaten bedürf ten; denn der preußische Soldat ist ja nicht ein soldgebungener Landsknecht, nein er ist ein ehrenvoller Vertheidiger seines Vater Landes, - die Waffe in seiner Hand ist nicht eine Mordwaffe der Beutegier, sondern ein starkes Mittel des Kampfes für die höchsten und edelsten Güter des Menschen, für Krone und Vaterland. Unvergeßlich war uns Allen namentlich die Abendmahlsfeier des 27. März in Erinnerung geblieben. Der Divisions- Prediger Dr. Holberg hatte die ergreifende Feier foeben beendigt, die leßten Töne der Orgel waren verhallt und feierliche Stille herrschte im Gotteshause, nur unterbrochen vom Dröhnen der Geschüße draußen, da trat ein anderer Geist licher zum Altar, den wir noch nicht gesehen hatten ; es war der Feldprobst der Armee, Dr. Thielen, welchen Seine Majestät der König zu Seinem Heere sandte, um Seine Getreuen durch

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Gottes Wort zu stärken. Derselbe erhob seine kräftige, bis in die Tiefe der Seele dringende Stimme und sprach zu der ver sammelten Menge ungefähr also : ,,Geliebte Brüder und wackere Krieger ! Nachdem ihr im Glauben an Euren Erlöser und im Angesicht der drohenden Gefahren den Segen der Kirche empfangen , so gehet hin in Frieden. Bevor Jhr aber von dannen geht, habe ich mich noch an dieser heiligen Stätte eines Auftrages von unserem geliebten Könige und Herrn an Euch zu entledigen , von welchem ich aus unserem Vaterlande soeben zu Euch komme. Als ich gestern bei unserem Könige war, sprach er zu mir bei meinem Ab `schiede: " Grüßen Sie Mir Meine treue Armee, grü ßen Sie alle meine Offiziere, grüßen Sie alle Meine Unteroffiziere und Soldaten , danken Sie jedem Einzelnen Meiner Armee für seine bewie sene Treue und sagen Sie ihnen Allen , wie Mein Königliches Herz stets bei Meiner treuen Armee weilt."" So nehmet denn diese Grüße unseres Königs mit von diesem Ort und gehet hin in Frieden , Amen !" Und dieser Gottesfrieden war uns geblieben , der innere Friede, der mit christlichem Sinn die Tapferkeit adelt und den Soldaten lehrt, im Toben des Kampfes Mannszucht zu bewahren und die Ehre seiner Fahne hochzuhalten über Alles.

Der Sturm am 18. April 1864.

Für diesen Tag waren schon am 16 ten die Sturm - Com pagnien unter das Commando des Herrn Major von Kettler gestellt und in Broaker vereinigt worden. Es waren hierzu die 3te, 6te, 9te und 10te Compagnie bestimmt. Die 2te, 4te, 11te und 12te Compagnie bezogen unter'm Commando des Herrn Major von Stülpnagel am Abend des 17ten die äußersten Vorposten. Die 1fte, 5te, 7te und 8te Compagnie, unter Commando des Herrn Oberft - Lieutenant von Blumenthal ein combinirtes Bataillon bildend, gehörten zur Reserve des Herrn General von Canftein.

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Die Sturm - Compagnien aller bei der Belagerung bethei ligten Regimenter bildeten 6 Sturm- Colonnen, entsprechend den 6 zu nehmenden Schanzen. Den Sturm , welcher 10 Uhr Vor mittags beginnen follte, commandirte Seine Ercellenz, General Lieutenant von Manstein. Die Unsrigen gehörten mit mehreren Compagnien des 35ften Regiments zur Sturm - Colonne des Herrn Major von Frag stein vom 35ften Regiment auf Schanze II., die stärkste und wohlerhaltenste des dänischen linken Flügels, und sollten in fol gender Weise vorgehen: Die 3te Compagnie sollte, in Schüßenschwärmen vorgehend, mit der 10ten als Soutien, die Communication zwischen Schanze II. und III., die 6te und 9te Compagnie die Communication zwischen Schanze II. und I. ftürmen und so zur Wegnahme der Schanze mitwirken. Diese Communicationen waren durch Geschüße ver theidigt, deren Emplacements faft ebenso stark waren, als die Schanze selbst. Am Morgen des 18. April, Nachts gegen 2 Uhr, rückten die Sturm - Compagnien an die Büffelkoppel, woselbst Helm und Tornister abgelegt wurden. Müße und Mantel en bandoulière mit Kochgeschirr, das war der Sturm - Anzug. Unter dem Feuer unserer Batterien geschah der Einmarsch in die Parallelen, nur langsam durch die Zickzackwege der Approchen vorrückend. Mit wechselnden Gefühlen sahen wir das Morgenroth des 18. April über das Meer und die Schanzen heraufleuchten, blutig roth spiegelte es sich in den Waffern des Wenningbund, — als wollte es den Tag des Blutvergießens verkünden , der heut mit dem Donner von faft 200 Geschüßen eröffnet wurde. Unsere Artillerie hatte den Auftrag, mit immer, stärker werdendem Feuer die feindliche Stellung zu erschüttern , und bald praffelten und heulten die Geschoffe aller unserer Batterien durch die Lüfte, so daß der Boden dröhnte und der Himmel zu zittern schien. Die größte Vorsicht war befohlen, um uns dem Feinde nicht zu verrathen, aber sprechen konnten wir, denn die Stimme eines Riesen würde hier beim Toben des Geſchüßkampfes verhallt sein, So gab denn Einer dem Andern die legten Aufträge für alle Fälle und sagte dem Freunde Adieu , - auf unser Leben hatten wir keinen Anspruch mehr, das gehörte jezt ausschließlich der Ehre unserer Fahnen. Hinter uns rückte Brigade auf Brigade in die zugewiesenen Pofitionen , die Comandeure und Führer gingen ab und zu, um

42 die Instructionen noch zu vervollständigen und uns daran zu er innern, was König und Vaterland heut von uns erwarte. Mit flammendem Auge sahen wir nach den feindlichen Wer ken, die Punkte aufsuchend, die unserem Angriff erliegen mußten. Je weiter die Zeiger unserer Uhren der 10ten Stunde entgegen rückten, desto spannender wurde die Situation , desto gehobener unsere Stimmung ; es bedurfte für uns nicht mehr der Ermah nung unserer Führer, unseres Eides zu gedenken , kaum mehr des Zuspruchs der Geistlichen, die uns auch hierher gefolgt waren, wir hatten ja Alle diesen Augenblick schon lange herbeigesehnt. Auf uns waren jeßt die Gedanken unseres hochherzigen Königs und Herrn gerichtet, welchem die Stunde des Sturmes genau bekannt war, auf uns blickten jezt die Prinzen unseres erhabenen Königshauses , uns begleiteten in dieser Stunde die Segenswünsche aller Preußenherzen in der Heimath - welch ein stolzes Gefühl , hier die bevorzugten Vertreter unſerer glor reichen Armee zu sein! ――― konnten wir , die Erben des ――――― preußischen Heldennamens , hier unterliegen ?! Noch fehlten nur wenige Minuten, mit rasender Haft jagten fich die Geschoffe aus unseren Feuerschlünden, ihr Donnern ließ keinen einzelnen Ton mehr unterscheiden , ein immerwährendes Gebrüll und Tofen durchheulte die Luft, da zeigt der Zei ger auf 10 das Geschüßfeuer schweigt, und eine unheimliche Todtenstille lagert sich über das Schlacht feld. da verkündet das Knattern Doch nur wenige Secunden , des Gewehrfeuers aus den Schanzen , und das Zündnadelfeuer unſerer Vorposten das Beginnen des Kampfes ; Compagnie auf Compagnie stürzt sich aus den Trancheen in das blutige Gemeßel - der Sturm hat begonnen! Von Neuem ertönt jezt das Geschüßfeuer auch aus den feindlichen Werken , und ein Hagel von Kartätschen begrüßt die Stürmenden. Mit jubelndem Hurrah stürzt sich unsere 3te Compagnie (Hauptmann von Leszczynski) aus der Parallele in unauf haltsamem Lauf den Offizieren nach, die mit dem Degen den Weg zeigen. Salven und Schüßenfeuer krachen ihnen entgegen, aber meist hoch über die Köpfe hinweg, -da ist das Drahtgitter erreicht und schnell durchhauen, noch hat der Feind nicht die zweite Kugel geladen, da erreicht ihn das Bajonett der Unseren ! Ueberrascht, vertheidigt die feindliche Besagung doch hartnäckig

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die Brustwehr, und im Gefecht Mann gegen Mann halten Bajo nett und Kolben ihre blutige Ernte; den Tapfern vorauf stürzt sich mit den Offizieren Sergeant Reiß auf die Brustwehr, ihm folgt der Musketier Brüsewiß , und mit dem Bajonett sich Bahn berechend , stoßen sie Bresche in den Wall feindlicher Lei ber, bis der Sergeant Reiß, durch zwei Schüffe im Bein ver wundet, niederstürzt. Hingeriffen von ihrem Beispiel, ersteigen die Musketiere die blutige Brustwehr. Viele der Braven ſinken todt oder verwundet zu Boden , aber zehnfach werden sie von den Kameraden gerächt ! — so schlagen sich die Musketiere Gembus, Franneck und Mädicke, den Kameraden ein Vorbild, bis sie mit Wunden bedeckt, zusammenbrechen. Der Feind leistet keinen Widerstand mehr , wohl 60 im Tode zuckende Körper bedecken die Wahlstatt und 2 Danebrogs, 2 Espignolen und an 150 Ge fangene sind der Preis des Sieges . Die Compagnie beseßt die eroberte Position , mit der siegreichen Besaßung der Schanze 11. fich vereinigend. Inzwischen hat auch die 10te Compagnie die Brustwehr er stiegen , mit ihr stürzt sich der Tambour Lehmberg der 3ten Compagnie , den Sturmmarsch schlagend , in den Feind, dessen zerstreut fliehende Züge zum Theil wieder Front machen und ihre Geschoffe uns entgegenschleudern. Gleich der 10ten stürmt auch die 6te, gefolgt von der 9ten Compagnie, auf die feindliche Brustwehr, noch gelingt's dem Feinde, uns mit Kartätschen zu überschütten , aber die Communication wird genommen und 1 Danebrog und viele Gefangene sind unser. Manch Braver stürzt, doch vorwärts und drauf" bleibt die Loosung. Im Innern der feindlichen Stellung angelangt, entfaltet sich ein imposantes Schauspiel vor unseren Blicken ; rings um her das Toben des Kampfes, eingehüllt in Wolken von Pulver dampf, ein Getümmel von Freund und Feind und ein sinn verwirrendes Feuern - aber sieh da! auf den nächstgelegenen Schanzen flattern kühn im Winde unsere theuern schwarz weißen Fahnen! Einen Augenblick wird gehalten , ein jubelndes " Hurrah dem König !" unter Trümmern und Leichen macht dem er regten Herzen Luft, dann vorwärts und weiter, dem fliehenden Feinde nach! So stürzen sich die 3 Compagnien ihrem Führer, dem Major von Kettler, nach, gegen die 2te Schanzenlinie , die wirren Haufen des Feindes vor sich hertreibend. Es gelingt der 10 ten

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Compagnie, auch hier einzudringen , in der Eile werden 2 feind liche Geschüße vernagelt und Gefangene gemacht. Der Sergeant Heine pflanzt die Flagge der Compagnie auf die Brustwehr, da zeigen sich feindliche Schwärme links von uns , der Düppel mühle zu, — schnell wird links geschwenkt, ein kurzes Feuergefecht, dann mit Hurrah dem Feinde nach ! Dieser flieht über ein abge branntes Gehöft dem Meere zu , aber auch hier wird ihm nicht Zeit gelaffen, bald ist auch dieſer Trümmerhaufen unser, deſſen verödete Mauern eine Menge dänischer Leichen und Verwundeter bergen. An den nächstgelegenen Knicks liegen noch Dänen mit einem Danebrog ! sie werden mit diesem zu Gefangene gemacht ; unter ihnen ein greiser Stabs - Offizier, der mit Thränen der Wuth im Auge sich entwaffnen läßt. Doch fieh da ! ein Trupp dänischer Langmäntel stürzt sich in unſere linke Flanke, und ein Kugelhagel überſchüttet die Unſeren, „Feuer nach links! ” ertönt das Kommando der Offiziere, und mit sichtbarer Wirkung richtet sich unser Schnellfeuer auf die feindlichen Schwärme. Da rücken feindliche Bataillone auch von vorn aus den Ba racken uns entgegen, links von uns bei der Mühle entbrennt das Gefecht heftiger als zuvor, jezt gilts, hier nachhaltigen Widerstand zu leisten, und an den Brustwehren des genommenen Retranche ments der 2ten Schanzenlinie werden die Züge zusammenhängend postirt, ein heftiges Schüßenfeuer auf den anrückenden Feind er öffnend. In diesem Augenblick kommt uns die 9te und ein Theil der 6ten Compagnie auf unserem linken Flügel zu Hülfe ! - Diese hatten auch schon das Ihre geleistet ; an der, dem Meere zunächst gelegenen Lünette des Retranchements hatten sich beide Compag nien die Hand gereicht, auf der einen Seite hatte beim An lauf der 6ten Compagnie der Sergeant Träger die schwarz weiße Fahne aufgepflanzt, nachdem er einen feindlichen Artillerie Unteroffizier getödtet , der noch im legten Moment, um zu feu ern, an sein Geschüß sprang. Den anderen Theil des Werks stürmte fast gleichzeitig die 9te Compagnie, welche von den tapfer aushaltenden dänischen Artilleristen noch zwei Kartätsch ladungen auszuhalten hatte, bevor sie in das mit 3 Geſchüßen besezte Werk eindrang , wo der Gefreite Orbens einen Dane brog nahm. Jezt besezten die Züge der 9ten Compagnie die Knicks nach dem abgebrannten Gehöft zu , und wir standen nun vereint dem

45 dänischen Angriff gegenüber, welcher aus den Baracken vor dem Brückenkopf her mit mehreren Colonnen, zahlreiche Tirailleur schwärme an der Tête, ausgeführt wurde. Inzwischen hatte unser alter Bekannter " Rolf Krake " fich nahe am Strand in unsere Flanke gelegt und warf jeßt seine riesigen Geschosse in unsere Reihen , der Feind kam mit seinen Colonnen uns immer näher, und seine Schüßen erreichten schon das abgebrannte Gehöft ; bei uns mehrten sich die Verluste, und Lieutenant Humbert III. fiel hier, schwer verwundet ; es war ein Moment der höchsten Spannung, Offiziere, Feldwebel, Spiel leute, Alles hatte Gewehre ergriffen, zahlreich fanken die Feinde, von unseren Geschoffen getroffen, aber immer und immer wieder führten die feindlichen Offiziere die Ihrigen vor, da ruft hinter uns die Trommel zum Sturm, bald erkennen wir die starke Stimme unseres Herrn Regiments - Commandeurs , Hurrah ! da kommen die Kameraden - das ganze Regiment, die Vorposten - Com pagnien im ersten und die Compagnien der Reserve im zweiten Treffen, in unserer rechten Flanke sehen wir bei der 7ten Com pagnie unsere Fahnen flattern ; „ Rolf Krake " scheint sich in ſei ner Wuth zu verdoppeln , noch einige Momente des heftigsten Feuers von beiden Seiten, - da wendet sich der Feind vor unserem Regiment zur eiligen Flucht, durch Haufen von Gefallenen den Weg ſeiner Niederlage bezeichnend. Links von uns sahen wir jeßt die hohe Gestalt unseres Herrn Brigade- Commandeurs durch das Getümmel vorschreiten , er er theilte dem Regiment den Befehl, hier halten zu bleiben, um bei einem erneuten Angriff der Dänen zur Hand zu sein. Die Sturm -Compagnien wurden zum Regiment herange zogen, welches nun hier bis auf die 7te Compagnie vereinigt war. Obwohl die deckenden Knicks benußt wurden, hatte das Regiment doch hier noch durch das immer stärker werdende Feuer von Alsen her vielfache Verluste , und eine der zahlreich hierher schlagenden Granaten riß auch unseren Herrn Regiments - Com - doch schnell springt dieser wieder auf, und, mandeur nieder, die herbeigeeilten Offiziere beruhigend , lächelt er, bindet das Taschentuch um ſein vom Granatſtück arg geſchrammtes Haupt und steht wieder da, wenn auch blutend, fest im Feuer, ein wahrer " Hart' Mann.“ Inzwischen war die 7te Compagnie dem fliehenden Feinde noch weiter gefolgt und avancirte im heftigen Gefecht bis in die Nähe der Brückenköpfe.

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Da gerieth sie in das lebhafte Feuer der dänischen Garden vom Sonderburger Schloß her und behauptete unter erheblichen Verlusten ihren Plaz. Hier war es auch, wo der Lieutenant Maurer II. von einer Espignolkugel aus dem Schloß zum Tode getroffen niedersank, den Empfindungen unserer Aller in den Wor ten Ausdruck gebend : „ ich sterbe gern für Hohenzollern ! " Die jest durch andere Truppen bereits erfolgte Wegnahme des Brückenkopfes - es war 3 Uhr geworden, ― war das Ende der Gefechte auf dem Festland. Die Kanonade dauerte fort und unfere, sowie die gewendeten dänischen Geſchüße aus den Schan zen beantworteten jeßt die leßten Versuche des grollenden Fein des, uns noch von Alfen aus Schaden zu thun. „ Rolf Krake “ hatte, zur Entscheidung zu spät kommend, von den Gammelmark Batterien ernstlich gelitten , und die früher im Wenningbund ausgespannten Neße hemmten lange Zeit seine Bewegung. Er entrann, um Heilung für seine Schäden zu suchen. So war es 5 Uhr geworden. Zwei in Reserve gebliebene Brigaden übernahmen die Vorposten auf dem blutigen Felde; an uns kam der Befehl, in die Quartiere abzurücken. Noch einen Blick warfen wir auf die Kampfstätte des heutigen Tages : Trüm mer und Leichen ringsum, unsere unermüdlichen Krankenträger, noch immer das Schlachtfeld durchschreitend, die Opfer des heu tigen Tages zu bergen, ſie hinzuſchaffen unter die Hand unserer ausgezeichneten Aerzte. Hinter den Brustwehren und Knicks be zeugten die reihenweis hingestreckten Körper der Feinde die Hef tigkeit des heutigen Kampfes und die Wirkung unserer Geſchofſe. Große Haufen Gefangener gaben uns die Gewißheit , daß wir die im Gefecht gewesenen Heerestheile des Feindes für diesen Krieg zertrümmert hatten ; über den Brückenköpfen lagerte noch der Qualm der abgebrannten Sonderburger Brücke, (eine zweite war vorher abgefahren worden) und von den Alfener Batterien dröhnte noch Schuß auf Schuß, das Leben derer auch jezt noch bedrohend, die kaum dem Tode entronnen waren. Mit dankerfülltem Herzen empfand Jeder die Bedeutung dieses Tages , und das erhebende Gefühl, zu dem Nuhmeskranz der preußischen Waffen ein neues Lorbeer - Reis gefügt zu haben, glänzte Jedem, selbst dem jüngsten Soldaten aus dem Auge. Der Jubel des Sieges ließ uns unserer Todten und Verwun deten nicht vergessen, aber wir wußten, daß unser hier vergoffenes Blut eine Aussaat sei zu künftigem Segen und zum Ruhme unseres theuren Vaterlandes.

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Mit diesen Gefühlen rückten die Compagnien , vorauf ihre Danebrogs und Trophäen, stolzen Schrittes und glanzstrahlenden Auges vor unseren siegreichen Heerführern, dem General -Feldmar schall und den Königlichen Prinzen vorbei. Vater Wrangel winkte gnädig mit der Hand , mit Aner kennung blickte Seine Königliche Hoheit Prinz Friedrich Carl aufdie Regimenter seines Corps, mit gnädiger Theilnahme richtete Seine Königliche Hoheit der Kronprinz an Einzelne von uns Worte des Dankes und auch Prinz Albrecht, Königliche Hoheit, betrachtete mit . Beifall und Theilnahme unsere siegesfreudig vor beimarschirenden Compagnien. Es war ein unvergeßlich großer Tag für uns Alle, beim Einrücken in die Quartiere kannte die Freude keine Grenzen : Fremde und Freunde, gleichviel, drückten sich an's Herz, es war ein Jubel ohne Gleichen! 15 feindliche große und kleine Werke erobert! 119 Geschüße dem Feinde abgenom men ! und mehr als 5000 Mann des Feindes todt oder lebendig in unseren Händen ! Jest wurde geschrieben, jubelnde Briefe an die Lieben da heim ; fast vergaß man, daß seit dem Abend vorher kein Biſſen über unsere Lippen gekommen, ― bis denn die Siegberauschten, vom Schlaf überwältigt, auf ihr Lager sanken. Die nächsten Tage waren für uns Alle voll Stolz und Ju bel über den glorreichen Beschluß der Belagerung, und selbst die Trauer um unsere Gefallenen und Verwundeten wich der Be wunderung ihrer dabei bewiesenen Bravour. Ein großer Theil der Verwundeten war nicht zu bewegen gewesen , das Gefecht zu verlaffen, so die Füsiliere Kranz, Grönert und Niklis der 10ten Compagnie ; zerriffen und blutend folgten sie dem Gefecht ; der Füfilier Grönert, ein lustiger Berliner, erregte durch seine vielfach bemerkbaren Kugelspuren sogar die Aufmerksamkeit Sei ner Königlichen t Hoheit des Prinzen Friedrich Carl, welcher ihm ein Geldgeschenk ,, zu Reparaturen " einhändigen ließ. Bei der Wegnahme der Communication bei Schanze II. er C hielt der Musketier Krause II. der 6ten Compagnie einen Schuß durch den rechten Vorderarm , n dann muß ich heute links schießen" rief er, und die Schmerzen verbeißend, stürzte er mit den Kameraden vorwärts, bis eine zweite Kugel in die Hüfte den Braven niederstreckte, der noch jest im Niedersinken den Kame= raden zurief: "I Gebt's ihnen tüchtig , nur vorwärts ! ich kann nicht mehr!"

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Als das Regiment mit seinen Reserve - Compagnien so glän zend den Kampf der Sturm- Compagnien entschied , verwundete ein Granatſplitter den Musketier Birkner der 1sten Compagnie am Gesicht und Auge. Blutend stürmt er weiter, da zerschmettert ihm eine Kugel das linke Ellenbogengelenk ; niederstürzend und mit den wüthendften Schmerzen erhebt er sich sofort wieder, der Compagnie nacheilend , mit den Worten: nur vorwärts ! — jest ist nicht Zeit zum Verbinden." - Wiederholt aufge fordert zurückzugehen , ruft er heftig : erst muß ich sehen, wie's hier zu Ende geht , dann ist noch Zeit genug ! " Die Genannten wurden alle decorirt. Solche Beispiele der Bravour und mannhaften Selbstver leugnung sind werth, zur Nacheiferung für uns Alle in ewiger Erinnerung zu bleiben. Das Regiment hatte mit schmerzlichen Verlusten den ehren vollen Antheil an diesem Siegestage sich errungen : 32 Brave hatten hier ihren Tod gefunden, 69 Verwundete hier für ihren König geblutet. Diese leßteren waren jeßt den Händen unserer aufopferungsvoll thätigen Aerzte anvertraut, Ritter und Brüder des Johanniter- Ordens und unsere Krankenträger hatten sie mit Aufbietung aller Kräfte aus dem feindlichen Feuer gebracht, ver bunden, erquickt und gelagert. Die auf dem Schlachtfeld Gefallenen wurden am nächsten Tage in große Gräber gebettet. Freund und Feind, im Tode versöhnt, ruhen sie auf dem großen Friedhof bei Schanze IV., da, wo sie im Leben gestritten und den Heldentod für König und Vaterland starben. Die einzelnen Compagnien verloren : die 1ste Compagnie: den Musketier Herms tödtlich verwun det, und die Musketiere Birkner, Spillecke, Nettke , Mendler, Walter, Endel und Schröder verwundet; die 2te Compagnie : die Unteroffiziere Studlinzki und Ten ning, die Gefreiten Finke und Thieme todt, die Mus ketiere Damerow, Schulze und Willich verwundet ; die 3te Compagnie: den Portepee- Fähnrich de Convenent, den Unteroffizier Hentschel und Musketier Catholy todt, die Musketiere Gerhardt und Franz tödtlich ver wundet, die Sergeanten Reiß und Vorpahl , den Unter offizier Rehn, die Gefreiten Schulz und Lippert , die Musketiere Rühle, Mädicke , Gembus, Franneck und Giesel verwundet;

49 die 4te Compagnie : den Musketier Wolschke verwundet ; die 5te Compagnie : den Musketier Rücker tødt und den Mus fetier Zinke tödtlich verwundet ; die 6te Compagnie : den Unteroffizier Karras , die Musketiere Gaedice und Rummel todt, den Unteroffizier Bartel und die Musketiere Raede und Bollwin tödtlich ver wundet, den Feldwebel Jörß, die Musketiere Krause II , Krause III., Thiele , Stänicke und Ahl verwundet; die 7te Compagnie : den Feldwebel Schwarz todt, die Muske tiere Krätschmar , Richter I. , Wielcke I. , Kanniga, Dießschold, Mittelbachert, Schmidt Ill., Schlei niß und Mattis verwundet ; die 8te Compagnie : den Musketier Witte tödtlich verwundet, die Musketiere Hedwig , Krüger und Trübner ver wundet; die 9te Compagnie : die Unteroffiziere Lange, Wünsche und Grimm, die Füsiliere Vilpinsky , Treue und Win ning todt, den Füstlier Wruck tödtlich verwundet, die Gefreiten Heybolt und Orbens, die Füfiliere Noack, Schulz VII., Mathes , Brichmann und Beyer ver wundet; die 10te Compagnie: die Füsiliere Liebedorn und Below todt, die Füfiliere Schulz III. und Süßmilch tödtlich verwundet, die Unteroffiziere Borchardt und Grabs dorff, die Gefreiten Krause und Kaufmann , die Fü filiere Zwick, Puls , Felisch , Kreßner, Heinrich, Grönert, Nicklis und Kranz verwundet ; die 11te Compagnie : die Füfiliere Schaller und Weber II . verwundet; die 12te Compagnie : den Füfilier Tribbensee todt und den Füfilier Biehain verwundet ; Eine Anzahl von Mannschaften, theils leicht verwundet, theils durch die Hindernisse an den Schanzen beschädigt , sind hier nicht mit aufgeführt worden. Der Siegesjubel des 18. April fand ſeinen Wiederhall im Vaterlande vor Allem aber in dem Herzen unseres Königlichen Kriegsherrn. Schon am nächsten Tage war uns die Allerhöchste Anerkennung und der Königliche Dank Seiner Majestät durch unſeren commandirenden Herrn General in einem Corps - Befehl ausgesprochen worden, — wer beſchreibt aber unseren Jubel, als 4

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am 21. April die Sturm - Colonnen in demselben Anzug, wie am 18ten, und Tags darauf auch die anderen Compagnien vor Seiner Majestät Selbst bei Azbüll in Parade standen. Unter den Klängen des neu componirten Düppel- Marsches, den wir beim Sturm zuerst gehört hatten , erfolgte der Vorbei marsch vor Seiner Majestät dem König , den Prinzen des Königlichen Hauses , dem General 1 Feldmarschall und anderen hohen preußischen und fremdherrlichen Offizieren. Dar auf wurden die Offiziere und die Decorirten vorgerufen, und viel fache Gnadenbezeugungen und die Verheißung eines besonderen Denkzeichens für die Sieger des 18. April bewieſen die Freude und Zufriedenheit unseres Königlichen Kriegsherrn. Es war ein erhebender unvergeßlicher Moment, als Seine Majestät uns Seinen Dank aussprachen. Die Königlichen Worte Seiner Anerkennung und Zufriedenheit waren der köstlichste Lohn unserer Anstrengungen und Kämpfe, und ein solches Hurrah, als damals bei Aßbüll , ist wohl kaum wieder bei einer Parade gehört worden. Bei dieser Herrschau wurde auch der Feldwebel Conrad des Regiments für sein tapferes und braves Verhalten in allen mitgemachten Gefechten, sowie speciell am Sturmtage von Sei ner Majestät zum Seconde 1 Lieutenant ernannt. So wird der 18. April für immer ein Ehrentag in der Ge schichte unseres Regiments bleiben und alle diejenigen , welche pflichtgetreu an der Belagerung und dem Sturm der Düppel stellung Theil genommen haben , können mit Recht ebenso stolz auf diese glorreiche Zeit zurückblicken , wie der französische und englische Soldat auf die Belagerung und Einnahme von Se bastopol. Seine Majestät der König hatte die Gnade , zum bleibenden Andenken an diesen Tag das Düppler Sturm Kreuz zu stiften , welches später alle diejenigen erhielten, welche den Sieg des 18. April mit erkämpft hatten. Das Regiment erhielt für seine Theilnahme am Sturm zahl reiche Auszeichnungen. Unser Herr Regiments - Commandeur erhielt für diesen Tag , sowie für das glänzende Gefecht seines Regiments in der Nacht vom 13. zum 14. April den Orden pour le mérite und später noch die K. K. Oesterreichische Eiserne Krone 2ter Klaffe mit der Kriegs - Decoration. Oberst-Lieutenant von Blumenthal die Schwerter zum Rothen Adler -Orden 4ter Claffe. Major von Kettler den Rothen Adler - Orden 3ter Klaſſe mit der Schleife von schwarz - weißem Bande und Schwertern

51 am dreimal weiß gestreiften Bande. Später noch den Dr ben der K. K. Desterreichischen Eisernen Krone mit der Kriegs - Decoration. Hauptmann von Wins I. den Rothen Adler- Orden 4ter Claffe mit Schwertern .

=

22

Kraehe I. den Kronen - Orden 3ter Classe mit Schwertern. Michelmann den Rothen Adler -Orden 4ter von Albrecht } Classe mit Schwertern. von Leszczynski den Orden pour le mérite, fo wie später das Ritterkreuz des K. K. Desterreichi

schen Leopold- Ordens mit der Kriegs - Decoration. von Mach den Rothen Caspari Adler -Orden Graf von der Schulenburg 4ter Claffe Wolfsburg Schwertern. mit Oberstabs- und Regmts. - Arzt Dr. Herzer = Premier Lieutenant von Kaminieß den Kronen - Orden 4ter Claffe mit Schwertern. Sorge den Rothen Adler - Orden 4ter Classe mit Schwertern. Kraehe den Kronen -Orden 4ter Claffe mit Schwertern. von der Schulenburg , Seconde- Lieutenant Schmeling, Alt,

Sergeant Reiß der 1ften Compagnie ; Gefreiter Welk der 8ten

Landwe O-, ffizierhr e

von Harthausen, von Scheven , = Gussow, = DISASTER Junne, Rummel, £ ?gi YA/pfeAn Kandelhardt, ut Graf York von Warten burg, Hauptner , Schröder, Humbert H., Hübner II , Das Militair- Ehrenzeichen 1fter Claffe :

2 =

mit Schwertern .

Adler Rothen O rden 4ter -den Claffe

=

1,3

4*

52

= 5= = 6= = 7= 3 9=

=

2 10 = = 12 , = 2, 3 4= = 5,

3 62

= 7=

= 8.= 1 9= 10

x

Freidank Günther • Wiegers. Hornauer . Kauffmann . Töpfer.. Wartenberg • Gefreiter Thieme Lippert Petke • Schulz III. • • Schulz I. · • Bermann · Conrad .

1ften = 3ten

= =

Gottschall Wollenberg • Neuendorff

1ften Compagnie ; 4ten 5= 6= = 9= 11 3 12 = 33

der = 2 =

=

Das Militair- Ehrenzeichen 2ter Claffe : Feldwebel Lüdke .. Miessch • · Buder • Jörf . Großer. • Dehler Habel. Vice-Feldwebel Graf • · • Sergeant Dühmert . · Geißeler . · • Vorpahl • • Döring . Traeger · Liebischowsky . · Reimann . Hinburg • Heine . • Schnell . Unteroffizier Nähring Kersten • Gurth .. Hübner = Bottmar

= 11 = · 2=

· 3. . = 4= 7.

=

53

Gefreiter Lüben . Mohrin Kies .. Orbens .

der 8ten Compagnie ;

1 9

Fisch.. Bönice . · 10 Kühne . Block $ 3

Krause Pfeil Böttcher (Lazareth- Gehülfe) Musketier Kubiz · · · Schadow. · • König Kühne • Birkner · Damerow ·

- 4.

- 1sten

- 2ten

Nugk .. Töpfer . · • Tambour Lehmberg Musketier Brüsewiß . · Gembus . · Franned. · • Mädice . • Schulz IV.. • Giefel · •

- 3,

4,

Hornist Hillges . Musketier Fleischer •

- 5, Siegmund · • Höhne ... Wistinghausen . • Mißler · Krause II. • Wielte ..

- 6.

7 Dießschold Stutterheim • • Füfilier Schulz III.. • Bürstenbinder · Meißner • Paschte · .. • Haffe .

8· ·

1 9 •

=

54

Füftlier Kranz .

· = * =

Schmidt II. Behrend Grönert .. Nitlis . Kersten Hoffmann Schulz II. Biehain • Rochow

der 10 ten Compagnie ;

0% 11 , 12

Ferner erhielt: das Militair - Ehrenzeichen 1fter Claffe: Sergeant Hamann der 8ten Compagnie ; das Militair- Ehrenzeichen 2 ter Claffe: Sergeant Häring der 5ten Compagnie ; Beide Unteroffiziere waren im Monat April bis zum Sturm der Schanzen zur Bedienung der Wallbüchsen commandirt. Später erhielt noch: = das Militair- Ehrenzeichen 2ter Claffe : Gefreite Kluge der 3ten Compagnie; Lazareth-Gehülfe Walter der 7ten Compagnie, ingleichen Unteroffizier Knauff, welcher zur Stabswache des Königlichen General- Commandos während des Feldzuges commandirt war. Seine Majestät der Kaiser von Desterreich überwies dem Regiment: 1 goldene Tapferkeits - Medaille, 7 große filberne Tapferkeits - Medaillen, 12 kleine filberne Tapferkeits - Medaillen , zur Vertheilung an die Würdigsten des Regiments. Es erhielten diese Decorationen: die goldne österreichische Tapferkeits - Medaille : Sergeant Reiß der 3 ten Compagnie; die große filberne Tapferkeits - Medaille : Feldwebel Miegsch der 4ten Compagnie ; Unteroffizier Gallasch der 4ten Compagnie ; Feldwebel Jörß der 6ten Compagnie ; Sergeant Hamann der 8ten Compagnie ; Gefreiter Welk der 8ten Compagnie ; Feldwebel Großer der 9ten Compagnie ; Gefreiter Orbens der 9ten Compagnie ;

55 die kleine filberne Tapferkeits -Medaille: Feldwebel Lüdke der 1ften Compagnie; Buder der 5ten Compagnie ; Praetorius der 10ten Compagnie; Dehler der 11ten Compagnie ; Habel der 12ten Compagnie; Sergeant Dühmert der 1sten Compagnie ; = Simon der 2ten Compagnie; Unteroffizier Brüsewiß der 3ten Compagnie; Wollenberg der 6ten Compagnie ; Musketier Wittstock der 6ten Compagnie ; Dießscholb der 7ten Compagnie; Füsilier Gröhnert der 10ten Compagnie; das Mecklenburgische Militair -Verdienst-Kreuz erhielten : Oberst -Lieutenant von Hartmann ; Hauptmann von Leszczynski; Premier Lieutenant von Stutterheim, sowie Sergeant Reiß der 3ten Compagnie ; Die dem Feinde in den Schanzen abgenommenen Geschüße wurden durch eine Ehren - Eskorte aller beim Sturm betheiligt gewesenen Truppentheile per Bahn nach Berlin geschafft, um feierlichst in die Residenzstadt eingeführt zu werden. Das Re giment stellte zu dieser Ehren - Eskorte in Summa 10 Unter offiziere, welchen die von den Compagnien des Regiments erober ten 5 Danebrogs mitgegeben wurden. Dieselben wurden spä ter dem Regiment wieder ausgehändigt , machten im December 1864 den feierlichen Einzug des Regiments in Berlin mit und wurden daselbst in das dortige Zeughaus abgeliefert, wo sie sich gegenwärtig noch befinden. In den nächsten Wochen, während ein Theil unserer Truppen zur weiteren Operation nach Jütland und zur Beseßung der wichtigsten Städte des eroberten Landes abrückte, - so auch unser 2tes Bataillon zur Beseßung Flensburgs, ― verblieben wir An deren dem auf der Insel Alsen sich verschanzenden Feinde gegen über auf Vorposten. Hierbei wurden die in Zeltlagern an den Schanzen campirenden Bataillone zum Abtragen der eroberten Werke verwendet, wofür aus Staatsmitteln unseren Leuten will kommene Geldzulagen bewilligt wurden. Während unsere Mannschaften im Schweiße ihres Angesichts die Schanzen einebneten und hierbei noch manch' vergrabenes

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Geſchüßrohr zu Tage förderten, bauten drüben am Meeresstrand die Dänen neue Werke, wir aber lachten ihrer Bemühungen, denn was helfen Schanzen und künstliche Kriegsmittel , wo , wie bei den geschlagenen Dänen, der moralische Halt und die Zuver ficht des Sieges zertrümmert ist. Die Zeltlager auf den Düppelhöhen glichen jezt oft einem Luftlager, aus allen Theilen Europas kamen zahlreiche Besucher und fremde Offiziere, um das Feld unserer Kämpfe mit eigenen Augen zu sehen, und unter den Klängen unseres Musik - Corps entwickelte sich hier troß des anstrengenden Dienstes ein fröhliches Lagerleben. Dies und die Menge der jeßt eintreffenden Sen dungen aus der Heimath bot uns Erſaß für die kümmerlichen Quartiere im abgebrannten Dorf Düppel und den Baracken der Büffeltoppel. Ein Rittergutsbesißer in Schlesien hatte dem Kriegs - Mini fterium die Summe von 50 Thalern für den Eroberer der ersten dänischen Fahne überwiesen. Da die Dänen jedoch keine eigent - die Danebrogs waren nur lichen Bataillons - Fahnen führten, ― Compagnie-Fahnen, so bestimmte das Ober- Commando dieſe Summe unserem Sergeanten Reiß, als dem ersten, welcher beim Sturm die feindlichen Verschanzungen erstiegen hatte.

Waffenruhe. In der Nacht vom 11. zum 12. Mai verkündeten die Sig nale: "I Gewehr in Ruh" den Eintritt einer vierwöchentlichen Waffenruhe. Wir sagten den Düppelhöhen und den Gräbern unserer gefallenen Kameraden Lebewohl und marschirten in Er holungs-Quartiere nach der Westküste. In Bredstedt, Husum, Lönning und in der Umgebung in weite Cantonnements vertheilt, fanden wir, jubelnd aufgenommen von der wohlhäbigen Bevölke rung der Marschlande an der Nordsee, diese Erholung in vollem Maaße. Beim Eintreffen wurden unsere Bataillone von Fest zügen der Bevölkerung empfangen, und von weißgekleideten Jung frauen bekränzt, zahlreiche Gespanne standen für uns bereit, und als die Compagnien entlassen waren, da wurde die blumenge schmückte Einquartierung im Triumph in die Quartiere geführt. Nun begann für unsere Leute ein Freudenleben ; was Küche und Haus bot, das wurde von unseren freundlichen Wirthen mit uns getheilt, und ihre echt deutsche Gastlichkeit ließ uns bald alle Anstrengungen und Entbehrungen vergeffen, - der Abstand war

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fast zu groß - es war uns zuerst ordentlich befremdend , daß nicht mehr geschoffen wurde, und oft noch glaubten wir beim Er wachen den Kanonendonner von Düppel zu hören. Die wieder beginnenden Waffenübungen und die lebhafte Thätigkeit, um Bekleidung und Ausrüstung wieder kriegsbrauch bar zu machen, brachten unsere Leute bald wieder in das richtige Gleichgewicht und nach wenigen Tagen harrten wir, vollkommen fertig zu neuen Kämpfen, der weiteren Entscheidung unseres Kö niglichen Kriegsherrn. Seine Königliche Hoheit Prinz Friedrich Carl hatten Ende Seine Mai das Obercommando über die verbündete Armee Excellenz der General der Infanterie von Herwarth das Com mando über unser Armee - Corps übernommen. Vor Ablauf der Waffenruhe schieden wir von den biederen Bewohnern der Westküste uud marschirten am 6. und 7. Juni wieder nach Osten ; bei Flensburg traf aber die Kunde ein, daß die Waffenruhe um 14 Tage verlängert sei und so kehrten wir wieder in die alten Cantonnements zurück. „ Es ist ganz deutlich", meinten unsere Leute, „ auf der Londoner Conferenz werden die Herren nicht fertig , und da werden wohl unsere guten Gewehre wieder mitsprechen müssen , damit die Danske's endlich zu Kreuze kriechen." Und so kam es in der lezten Woche des Juni waren die Truppen wieder auf dem Marsch, und bevor die Waffenruhe vollends ablief, standen wir auf dem erinnerungsreichen Broaker lande bereit, den Kampf mit dem hartnäckigen Feinde wieder auf zunehmen. Am 25. Juni, Nachts 12 Uhr, konnten die Feindseligkeiten beginnen, - jezt aber trennte uns das Meer von dem auf Al sen verschanzten Feinde, und wohl mancher biedere Musketier zerbrach sich den Kopf, wie's nun werden würde, und konnte mit aller Kriegskunft nur das Eine finden : „ wir müssen hin über auf die Insel und im Uebrigen Alles wie bei Düppel!" Früher aber, als wir Alle daran dachten, hatten, wie immer, unsere Vorgesezten gesorgt, und die wichtigsten Vorbereitungen für den Uebergang waren in aller Stille bereits getroffen. Der Angriff auf Alfen war allerdings bei den wohlarmirten Verschanzungen des Feindes am jenseitigen Ufer, bei der Breite

58 des Meeresarmes und der Nähe der feindlichen Seeschiffe, ein es war ein Schanzensturm zu Wasser, großartiges Wagniß ; bei dem es schwer war, den Feind, wie am 18. April zu über raschen, - aber von unseren Leuten konnte man ungewöhnliche Leistungen wohl erwarten, sie hatten ja schon gezeigt, daß auf ihre Ausdauer, Kraft und Tapferkeit sicher zu rechnen war. Vom 26. bis 28. Juni stellte das Regiment in Gemeinschaft mit anderen Truppen Arbeiter zum Batteriebau bei Satrup -Holz. Hierbei wurde der Musketier Voigt der 6ten Compagnie con tufionirt und dem Füfilier Haube der 11ten Compagnie durch Granatsplitter der rechte Unterschenkel zerschmettert. Nachdem die Sonne des 28. Juni hinabgeſunken war, zogen die Colonnen der Brandenburgischen und der Westphälischen Divis ſion aus ihren Cantonnements nach dem Strande. Nur leise flüsterte es in den Gliedern, denn die größte Stille war befohlen, und je näher man dem Alsensund kam, desto schweig samer suchte Alles seinen Plaz zu gewinnen. Wo wird uns die Sonne des kommenden Tages finden ?! " - so fragte sich Mancher - "so Gott will, siegreich auf Alfen!" so hofften zuversichtlich wir Alle. Die Meisten von uns hatten bis her nur vom Lande aus Bekanntschaft mit der See gemacht, nun sollten wir diese Bekanntschaft gleich mit einer Kriegsthat ver binden, wie sie in dieser Großartigkeit kaum jemals in der Kriegs geschichte ein Beispiel hat. Unser 1stes Bataillon hatte diesmal die Bestimmung , un mittelbar am Strande die Lisiere des Satrup - Holzes mit seinen Schüßengruppen zu beſehen , um den Beginn des Uebergangs, der um 2 Uhr Morgens stattfinden sollte, durch Schnellfeuer auf die feindlichen Brustwehren zu unterſtügen. Zu den Ueberschiffungs- Booten hatte das Regiment 170 Schiffer unter Premier- Lieutenant Freiherr v. 3. comman dirt, und so hatte wenigstens ein Theil unseres Regiments die Auszeichnung , beim ersten und gefährlichsten Uebergang bethei ligt zu sein. Noch vor Mitternacht hatten die Musketiere unseres 1sten

Bataillons , in tiefem Schweigen durch den finsteren Buchenwald ihren durch Strohkränze an den Bäumen bezeichneten Pfad fuchend, die befohlene Aufstellung eingenommen , während das 2te und Füfilier - Bataillon , welche mit dem 35sten Regiment die leßte Reserve der zum Uebergang bestimmten Truppen bildeten , das Rendezvous bei Oster- Satrup erreichten.

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Wir ftanden zum legten Mal unter dem Befehl unseres Herrn Brigade- Commandeurs , dessen Ernennung zum Comman deur der 10ten Infanterie - Division bereits erfolgt war. Durch dieselbe Allerhöchste Cabinets - Ordre war unser Herr Regiments Commandeur zum Obersten befördert worden.

Eroberung der Insel Alsen. 29. Juni 1864. Der wolkenbedeckte Nachthimmel begünstigte den Einmarsch der zum ersten Uebergang bestimmten Truppen der Brigade Nöder, und das Einführen der Boote in die vier am Strande vorbereiteten Uebergangspunkte. Beim südlichsten derselben, beim Uebergangspunkte A war unser 1stes Bataillon Zeuge des erwar tungsvollen Moments , als alle Vorbereitungen beendet und die hier auf 50 Booten überzuseßenden Compagnien des 24sten Re giments am Strand aufgestellt waren, -- in demselben Anzug wie beim Sturm, nur mit zum Schuß für die Patronen - Büchsen am Hals festgebundenen Brodbeuteln, die zweite Morgenstunde erwartend, zu welcher nur wenige Minuten noch fehlten. Die Uhren der Offiziere waren überall verglichen, - in tiefster Stille zählte Alles mit beschleunigtem Pulsschlag die leßten Sekun den, da heißt's halblaut, aber zuversichtlich : „ in Gottes Namen los!" Mit fieberhafter Haft werden die Boote aus dem Waldrand auf die fumpfige Wiese gezogen , sie sinken ein in den weichen Boden , aber mit übermenschlicher Kraft ziehen sie die 24er vor wärts, noch eine Minute peinvoller Arbeit, da sind die Boote flott, und neben ihnen harren die Braven, bis zum Leib im Waffer, des Winkes zum Einsteigen, ――――― jegt erfolgt er, die Ru der greifen ins Wasser - noch ist Alles ruhig beim Feinde Gott schüße die Braven! Athemlos vor Spannung und mit fertig gemachtem Gewehr blickten unsere Musketiere nach dem feindlichen Ufer und den voreilenden Booten, - noch regt sich nichts drüben am feindlichen Strande. Schon ist die Hälfte des Sundes überwunden, und die ersten Lichter des Morgens beginnen im Osten den Himmel zu röthen, die vordersten Boote sind kaum noch 200 Schritt vom Ziel, da kracht ein Gewehrschuß von drüben , der Feind ist geweckt, und bald erscheint das feindliche Ufer wie eine einzige feuer

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speiende Linie! Ein Hurrah und der Kugelhagel aus den Booten antwortet dem Feinde , jezt beginnen auch die Geſchüße auf bei den Seiten zu donnern und wie feurige Schlangen zischen Gra naten und Signal - Raketen durch die Luft , und der Feuerschein der feindlichen Fanale leuchtet den Kameraden drüben beim Landen, unſeren Musketieren beim Schnellfeuer auf die feindlichen Lauf gräben. Wohl haben die feindlichen Geschosse den Stürmenden Verluste bereitet und einzelne Boote zertrümmert, aber schwim mend und watend erreichen sie den feindlichen Strand, und bald hindert uns das Handgemenge drüben am Feuern. Noch wenige Sekunden da sind die feindlichen Werke erstiegen , ein Hurrah den Braven ! - dann zieht sich das Getöse des Kampfes nach dem Innern, nach den Gehölzen der Fohlenkoppel, unseren Blicken entschwindend. Unsere Boote kehren zurück, die Ruder fliegen, wohl 10 Mi nuten hat die Ueberfahrt über den hier 850 Schritt breiten Sund gedauert, von Neuem beginnt der Transport auf allen Punkten, und wenn auch das feindliche Granatfeuer von Sonder burg her noch fortdauert, der Jubel iſt nicht mehr zu halten, noch einmal gelingt die Landung , jeßt find 7 Bataillone auf ― Alfen, die brechen Bahn – die Insel ist unser. Bei uns war der Musketier Genz der 1sten Compagnie leicht verwundet; was unser Schnellfeuer drüben gewirkt, das entzog sich bei der weiten Entfernung der Beurtheilung. Wieder kehren die Boote zurück, unsere ersten Verwundeten und dänischen schon stehen die westphälischen Re Gefangenen zurückführend gimenter zur Ueberfahrt bereit und immer neue Colonnen rücken an die Uebergangspunkte ; nördlich von uns besteigen die 3ten Jäger die Boote, und von drüben tönt immer ferner der vor schreitende Kampf, da ſchnaubt der böse „ Rolf Krake “ aus der Augustenburger Föhrde heran und beginnt, quer vor den Sund gelegt, mit einer Heftigkeit, als wollte er sein Zuſpätkommen wieder gut machen, unsere Boote mit Kartätſchen zu überſchütten. Hoch auf sprigt das Salzwasser den Unseren ins Gesicht, aber sofort wird der feuerspeiende Panzer von unseren Batterien be arbeitet, das Ungethüm tobt, aber Alsen ist nicht mehr zu retten, bald erlahmt seine Kraft und unter dem Jubel der Unseren wen det er ab, dem schüßenden Meerbusen wieder zueilend. Jest wurde der Uebergang zur Luftfahrt, und unser 2tes und Füsilier- Bataillon formirten sich am Strand , um , gefolgt vom 1ften Bataillon , den drüben fechtenden Kameraden nachzu



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eilen. Es hatte sich schon eine gewisse Routine im Ueberfahren gebildet. Um jeden Schaden für die Bekleidung zu verhüten, wurden die Stiefeln ausgezogen, die Beinkleider bis an den Leib aufgekrempt und Brødbeutel und Leibgurt am Halse befestigt. Wohl nie haben preußische Truppen an einem Schlachttage so in Reih und Glied gestanden , es war hier aber unbedenklich, die strammen Schenkel und Waden entblößt zu zeigen, denn kein keusches Mädchenauge wurde hier verlegt, und mit Frohsinn und Scherzen watete Alles den ankommenden Booten entgegen, die zur Beschleunigung der Ueberfahrt sich aus dem tieferen Waffer nicht mehr entfernten. Wiederum wurden Verwundete und Ge fangene ausgeladen , und unsere Wigbolde schwiegen rücksichts voll, als sie diese und die Blutspuren in den Booten bemerkten. Während von dem zunächst gelegenen Uebergangspunkt B aus die ersten Batterien und die ersten Züge der Ziethen -Husaren auf sogenannten „ Maschinen ", d. h. auf mehreren Pontons gebauten Flößen mit Geländer, übergesezt wurden, begann endlich auch unser Regiment,. es war gegen 4 Uhr Morgens, nach Alsen überzufahren , als plöglich zum zweiten Mal ,, Rolf Krake " in den Sund lief, er feuerte uns noch einige Kartätschlagen um die Ohren, bekam wiederum die derbe Antwort unserer Batterien bei Schnabeckhage, dann machte er Dampf und jagte dem hohen Meere zu, für uns auf Nimmerwiedersehn. Wir waren indeß drüben am Strande aus den Booten ge sprungen, die Blutlachen an den genommenen Brustwehren , um gestürzte Geschüße und zahlreiche Leichen bezeugten hier die Hef tigkeit des stattgefundenen Kampfes . Von Süden her drang das Loben des Gefechtes an unser Ohr, und unser Herr Oberst, welcher soeben den Befehl bekommen hatte, über Ulkebüll auf Höruphaff vorzugehen, um die Dänen , welche anscheinend bei Sonderburg sich gesammelt, von ihrem Einschiffungs - Punkt Hörup haff abzuschneiden, brach sofort mit dem 2ten Bataillon dahin auf und ließ die beiden andern Bataillone folgen , sobald sie ge sammelt waren. Je weiter wir vorschritten , desto deutlicher gaben uns die auf und an der Straße liegenden Verwundeten und Todten die Ueberzeugung, wie erfolgreich die vor uns befindlichen Bataillone hier aufgeräumt hatten, und unsere von den Eindrücken des Tages aufgeregten Musketiere beschleunigten ihre Schritte, als das Knattern des Schüßen- und Salvenfeuers und das Artilleriefeuer von Sonderburg her immer lauter an ihr Ohr schlug. Bald

62 durchschritten wir die Trümmerhaufen von Rönhof und die blut befleckten Knickwege der Dörfer Kjär und Ulkebüll , vor uns lagerte sich der Pulverdampf des Gefechtes und der Qualm bren nender Baracken und Gehöfte ; - so erreichten wir Hörup und waren Zeuge des legten, heftigen Gefechts bei Höruphaff, welches die Muketiere des 53 sten Regiments mit den legten Truppen des Feindes bestanden , denen es nicht mehr gelang , ihre Flucht von Sonderburg her nach den dänischen Schiffen bei Höruphaff zu vollenden. Wohl 20 Offiziere und über 300 Mann wurden hier nach heftiger Gegenwehr gefangen gemacht. Noch war dieses Rencontre nicht beendet , da wurde das Dorf Hörup , welches von unserem 2ten Bataillon besegt war, von feindlicher Artillerie von Often her mit Granaten beworfen ; Oberst-Lieutenant von Blumenthal entwickelte sofort sein Ba taillon in Compagnie - Colonnen und ging auf und neben der Straße, welche über Schauby nach Ketenis führt und woher die Schüsse gekommen waren, zum Angriff vor. Seine Tirailleurs konnten indeß die feindliche Artillerie nicht mehr erreichen ; es waren, wie sich später ergab, einige dänische Feldgeschüße, welche von jeder Deckung entlößt, hier entkamen, nachdem sie auf dem Rückzug noch einmal Front machend, ihre legten Granaten uns als Abschiedsgruß entgegengeschleudert hatten. Die Verluste der Dänen waren enorm , die reiche Insel Alfen mit fast 100 Geschüßen und vielem Kriegs material hatten wir erobert , und über 3000 Mann der feindlichen Armee waren verwundet oder gefangen in unseren Händen. Die Reste der dänischen Armee begannen , auf Kekenis ge flüchtet, das Einschiffen nach der Heimath. Alsen war und blieb verloren, aber nicht nur der Verlust an Land und Leuten und die Zertrümmerung der Armee wirkten beim Feinde, nein, ein panischer Schrecken durchzitterte in der Folge ganz Dänemark, und die Schreier und Volksredner in Kopenhagen wurden immer kleiner und stiller, da ihr Glaube an die Sicherheit der Inseln er ſchüttert war und die Vereinigung preußischer und öfterreichischer Kriegsschiffe nahe bevorstand , welche in den ruhmvollen See gefechten bei Rügen und Helgoland den Dänen bewiesen hat ten, daß auch ihre Herrschaft zu See ernstlich bedroht sei. In einem wahren Siegesrausche begrüßten die Truppen nach dem blutigen Tage des 29. Juni ihren ruhmreichen Feldherrn, Seine Königliche Hoheit Prinz Friedrich Carl ; vor Höchstdem

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ſelben in dem abentheuerlichen Uebergangscoſtüm vorbeidefilirend. Die Bataillone unseres Regiments rückten , nachdem ihnen der bisherige Herr Brigade - Commandeur General - Major Freiherr von Canstein Lebewohl gesagt hatte, nach dem, an mehreren Stellen in Brand gerathenen Sonderburg, welches, als befestigter Central-Punkt der dänischen Vertheidigung , allen Leiden des Krieges preisgegeben , zum Theil in Schutt und Trümmern lag, jezt aber von jubelnden Preußen erfüllt war, die nicht verab fäumten, die noch erhaltenen Theile der Stadt von dem Brande zu retten. Schon brach der Abend herein , als die legten Compagnien von uns aufden wenigen vorhandenen Booten den Alſenſund über ſchritten und über die Kampfgefilde von Düppel in die Cantonne ´ments zurückmarſchirten ; sie waren mehr als 24 Stunden hinter einander auf den Beinen gewesen. Das Commando über die 11te Infanterie- Brigade übernahm an diesem Tage der Herr General - Major von Gersdorff, welcher den Krieg aus den Feldzügen der russischen Armee im Kaukasus in den Jahren 1842 bis 44, und aus den früheren schleswigschen Feldzügen der Jahre 1848 und 1849 her kannte. Wenn auch unser Regiment an den Gefechten auf Alfen nur in der Reserve Theil nehmen konnte , so war es doch mehreren unſerer commandirten Schiffer gelungen , sich bei der Ueberfahrt als Steuermänner und Bootsleute durch ihre Thätigkeit im feind. lichen Feuer auszeichnen. Ihr Führer , der Premier - Lieutenant Freiherr von Zedliß , erhielt den Rothen Adler - Orden 4 ter Claffe mit Schwertern. Der Unteroffizier Gallasch, für seine Tapferkeit in früheren Gefechten bereits decorirt, hatte als Steuermann des Bootes Nr. 1 . das Unglück, im feindlichen Feuer im Sunde festzufahren. Nicht achtend des Kartätſch- und Granatfeuers, sprang er ins Waſſer und machte, kaltblütig, als wenn es sich um ein Treptower Spree vergnügen handelte, mit Hülfe der braven Schiffer das Boot wieder flott, so daß es gelang, in die vorderste Linie wieder ein zurücken. Er erhielt für die bewiesene Bravour das Militair Ehrenzeichen 1ster Claffe. Das Militair- Ehrenzeichen 2ter Claffe erhielten: Unteroffizier Strahl. • der 1ften Compagnie ; Musketier Herrmann •

Meng • • Unteroffizier Grunwald

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2ten 4:

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64 Musketier Schubert . • Unteroffizier Baschin . • Gefreiter Hanne . • • Musketier Görß · • Füsilier Becker . • · Grawunder . •

der 5ten Compagnie ; 6= = 7 = = 8 z 10 - 12 -

Seine Majestät der König stiftete, gleich wie für den 18ten April , für den ewig denkwürdigen Uebergang nach Alsen ein Erinnerungskreuz , mit welchem alle beim Uebergange be theiligt gewesenen Truppen decorirt wurden. Am 1. und 2. Juli marſchirte das Regiment von Broaker nach Hadersleben, befeßte die Stadt mit dem 2ten Bataillon und bezog mit dem 1ften und Füsilier - Bataillon die Strandwachen bei und südlich der Haderslebener Bucht in Gemeinſchaft mit einer Schwadron des Ziethen -Husaren - Regiments. Hier lösten wir österreichische Truppen, es waren Ungarn ― vom Regiment Nr. 34, König von Preußen , im Strand dienst ab; wir freuten uns, hier diese flinken , braunen Gesellen ―――― kennen zu lernen, nur Schade, fie konnten uns nicht verstehen, unsere Leute konnten nur durch Zeichen oder Darreichen ihrer Feldflaschen ihre Kameradschaftlichkeit äußern. Südlich vom Eingang der Haderslebener Bucht, gegenüber von Aarösund, liegt die kleine zu Schleswig gehörige Insel Aarö. Auf Befehl des Diviſions - Commandos wurde am 9. Juli Abends 11 Uhr von unserem Herrn Oberſten mit 50 Füsilieren der 12ten Compagnie auf 5 Booten eine Recognoscirung dorthin ausgeführt, um festzustellen, ob diese Insel vom Feinde beseßt sei. Die Boote fuhren so heimlich als möglich in den hier ungefähr 1800 Schritt breiten Meeres - Arm hinaus, welcher, wie die Beobachtungen am Tage von dem kleinen Leuchtthurm im Hafen aus ergeben hatten, von 2 feindlichen Kanonen -Booten bewacht wurde. Sehr bald ergab sich, daß dies auch jezt der Fall war, gleichwohl fuhren die Boote weiter gegen den feindlichen Strand bis auf ungefähr 200 Schritt heran, als plöglich aufleuchtende Signal- Lichter und ein vor uns auftauchendes , feindliches Boot uns belehrten, daß der Feind hier mit gewohnter Zähigkeit Meer und Insel be hauptete. ― Es gelang uns, im Dunkel der Nacht wieder zurück zukehren. Da am 20. Juli, Mittags , voraussichtlich Waffenstillstand eintrat, so wurde für den Morgen desselben Tages die Ausfüh

65 rung der Occupation dieser Insel vom Ober- Commando befohlen. Unserem Regiment war diese Expedition aufgetragen , und für diesen Tag 2 Batterien zum Fernhalten der feindlichen Schiffe zugetheilt worden. Von den Pionier - Sectionen der Füsiliere waren hierzu Ge schüßenplacements bei Aarösund gebaut, und zur Unterſtügung des durch die 12te Compagnie auszuführenden Uebergangs die Compagnie unseres 2 ten Bataillons herangezogen worden. Wir harrten mit Spannung beim Anbruch des 20. Juli der zum Uebergang bestimmten Stunde und hofften, noch ein kleines Nach spiel von Alsen hier zu erleben - da kam im legten Augenblick noch Gegenbefehl, und der Uebergang unterblieb. Für die Zeit des am 20. Juli begonnenen Waffenstillstands er hielt das Regiment neue Cantonnements, und zwar : das 1ste Ba taillon in Flensburg , das 2 te und Füsilier Bataillon auf Alfen angewiesen, und trafen die Bataillone nach zwei resp. dreitägigem Marsch daselbst am 10ten August ein. Der blutige Waffengang war zu Ende und als die Friedens - Verhandlungen begannen , da konnten wir mit Genugthuung und Stolz auf die glorreichen Er folge der preußischen Waffen zurückblicken ; außer den von uns miterkämpften Siegen hatten auch unsere Ka meraden im Norden und Westen noch manchen Lorbeer Zweig sich erftritten , über den Limfjord bis zum Cap Skagen, der Nordspiße der jütischen Halbinsel war der Siegeszug unserer Fahnen vorgedrungen , und noch kurz vor dem Beginn des Waffenstillstandes war durch eine preußisch - österreichische Kanonenboot -Flottille die Wegnahme der durch dänische Marine - Truppen besez ten friesischen Inseln an der Westküste erfolgt. - Die Herzogthümer waren für Deutschland gewonnen , und für uns hatte sich dieser sechsmonatliche Krieg zu einer Reihe von größeren und kleineren Waffenthaten ge3 ftaltet, die, ununterbrochen siegreich, uns die Aller höchste Anerkennung unseres Königlichen Kriegsherrn und das Vertrauen unserer Führer erworben hatten. Für uns gab es , troß des Waffenstillstandes , in unserer Thätigkeit keinen Stillstand . Unter fortdauernd kriegsmäßiger Beſegung der Cantonnements begannen mit neuem Eifer die 5

66 Waffenübungen, es wurde geschoffen, exercirt und manövrirt wie in der Garnison. Zeitweise lockte Geſchüßdonner von der See her unsere Leute an den Strand, - es waren die Salutſchüsse und Manöver un serer preußischen Kriegsschiffe, die, jeßt hier erscheinend, die er oberten Häfen in Besig nahmen . Die Insel Alfen mit ihrem üppigen Grün und den herrlichen Seeküsten bot so interessante Cantonnements , wie sie die besten Herbstübungen in der Heimath kaum aufzuweisen haben , nur die als Mahlzeit hier allgemein beliebte Grüße , wollte unseren Leuten nicht munden, und troß der wohlhabenden Wirthe bereite= ten sich die Meisten ihr Essen selbst, wie man das als Feldsoldat so recht gewöhnt wird. Am 18. August kamen die ins Landwehr - Alter vorgerückten Mannschaften, am 31. Auguft die dem 4ten und 5ten Jahrgang zugehörigen Reserven zur Entlassung, und die Bataillone erhielten den Etat von 602 Köpfen. Es war ein herzlicher Abschied , den sie von uns nahmen, denn die gemeinsamen Erlebniſſe eines Feld zuges schlingen ein untrennbares Kameradschaftsband um die Her zen , und uns war es, als wären es nicht mehr dieselben Com pagnien, da wir die treuen , bärtigen Gesichter der entlassenen Kameraden nicht mehr unter uns sahen.

Der Rückmarsch. 14. November 1864. Nach nochmaligem Cantonnementswechsel trat das Regiment am 14. November seinen Rückmarsch in die Heimath an. Wir er blickten zum leßten Mal die erinnerungsreichen Geſtade der Oftfee und die Schlachtfelder, die uns große Ereigniſſe und die Grabhügel unſerer Kameraden unvergeßlich machten. Ueber Schleswig , Lü beck und Schwerin rückten wir heimwärts , überall mit Jubel empfangen und dem Besten aufgenommen, was uns die Bewohner bieten konnten. In leztgenannter Stadt hatten unsere Bataillone durch die hohe Gnade Seiner Königlichen Hoheit , des hier resi direnden Großherzogs von Mecklenburg einen überaus fest lichen Empfang und am Morgen des Ausmarsches die Auszeich nung, von Seiner Königlichen Hoheit das Geleit zu erhalten. Bei der Stadt Puttlig betraten wir nach fast einjähriger Abwesenheit die Grenzen unseres theueren Preußenlandes. Das in der Nähe befindliche Grab unseres unvergeßlichen Major von

67 Jena sah hier unsere heimkehrenden Colonnen defiliren, und in dem unsere Ehrensalven an der Ruhestätte des verehrten Todten verhallten , nahmen wir nochmals Abschied von dem , dessen An denken in unserem Regiment unauslöschlich fortlebt. Mit Benugung der Hamburger Eisenbahn von Zerniß aus trafen unsere Bataillone am 6. December in der Umgegend von Berlin ein. Am 7. December fand der feierliche Einzug der 6ten Division in Berlin statt. Hierzu sammelten sich die Truppen in Parade • Aufstellung auf dem Königs - Plaz vor dem Brandenburger Thor. Seine Majestät der König , mit ihm die Prinzen und Prin2 zessinnen des Königlichen Hauſes , hatten die Gnade, uns hier zu besichtigen. Als das Regiment sich zum Einmarsch in die mit Fahnen und Blumen festlich geschmückte Stadt formirte , theilte Seine Königliche Hoheit Prinz Friedrich Carl unserem Herrn Oberst und dem Regiment mit, daß Seine Königliche Hoheit Prinz Albrecht ( Vater ) zum Chef des Regi= ments ernannt worden sei. Im Jubel über diese Königliche Gnadenbezeugung rückten wir durch das mit der Sie gesgöttin geschmückte Brandenbuger Thor , wo sich auch unsere bereits entlassenen Mitkämpfer und ein Theil unserer wieder hergestellten Verwundeten eingefunden hatten. Ganz Berlin war auf den Beinen , überall Jubel, Hurrahrufen und Tücher schwenken, und auf die Köpfe fiel uns ein Blumenregen, so daß wir, bunt geschmückt mit Kränzen und Sträußen , nur langsam bis zum Standbild Friedrichs des Großen vorrücken konnten . Hier feste fich Seine Königliche Hoheit Prinz Albrecht an die Spige des Regiments und führte dasselbe bei Seiner Majestät dem Könige vorbei. Vor dem Königsschloſſe, am Dom, wurden wir entlassen, nachdem Seine Majestät der König Worte des Allerhöchsten Dankes und der Anerkennung an die Offiziere gerichtet hatten. Seine Königliche Hoheit Prinz Fried rich Carl hatten uns schon früher in einem Armee -Befehl von Flensburg aus Lebewohl gesagt ; das Regiment wurde heut zum ersten Mal von seinem erhabenen Chef begrüßt. Seine Königliche Hoheit Prinz Albrecht, Höchstdessen er habener Kriegseifer Ihn bereits im Jahre 1862 mit glorreichem Erfolge in die Kämpfe der Kaiserlich russischen Armee mit den friegerischen Gebirgsvölkern des Kaukasus geführt hatten, waren in dem Feldzuge gegen Dänemark gerade an den Tagen vor 5*

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und mit uns gewesen, welche, hervorragend durch Strapazen und Gefahren, durch blutige und heiße Kriegsthat die glänzendften Blätter in der Geschichte unseres Regiments füllen ; als wir, nach dem Uebergang über die Schlei , troß Schneeſturm und Glatteis dem fliehenden Feinde nacheilten , waren Seine König liche Hoheit bei uns , gnädige Worte der Aufmunterung an uns richtend , und sprengten dann an die Spiße der gegen Düppel vordringenden Avantgarde ; - als die Allarmsignale zu den hef tigen Gefechten des 17. März riefen, eilten Seine Königliche Hoheit auf das Schlachtfeld und , zuerst auf dem linken Flügel an den Kämpfen der Brigade Goeben Theil nehmend, erschienen Höchstdieselben gegen Abend bei uns, während die Schanzen über Frydendahl und das durch unser Eingreifen genommene Dorf Düppel ihren Granatenhagel ausschütteten, als am Sturm tage, nachdem wir unter den Augen Seiner Königlichen Hoheit gefochten hatten, das Geschüßfeuer von Alsen her noch über das Schlachtfeld donnerte, da hatten unsere Sturm - Compagnien die Auszeichnung gehabt, im Siegesjubel jenes glorreichen Tages vor Seiner Königlichen Hoheit zu defiliren. Heute erließen Höchst derselbe folgenden Befehl an das Regiment: " Offiziere und Soldaten Meines Regiments ! Am Tage Eurer siegesgekrönten Heimkehr und Eures Einzuges in die Haupt- und Residenzstadt Berlin geruhten Seine Majestät der König , Mich zu Eurem Chef zu ernennen. In der an Mich 第 ge richteten Cabinets - Ordre Seiner Majestät , durch welche er Mich zu so hoher Würde erhebt , spricht er es ausdrücklich aus , es soll dieses eine Auszeich nung für das Regiment sein. ― Euer Herr und Kö3 nig legt einen Nachdruck darauf, wie Ihr durch un erschütterlich festes Verhalten vor dem Feinde Euch Seiner besonderen Gnade würdig gezeigt habt! Den Offizieren und Mannschaften spreche ich daher Meinen warmen Glückwunsch aus , die Allerhöchste Zufriedenheit Seiner Majestät in so hohem Grade erworben zu haben , ―― ein Verdienst , welches das Regiment in Folge der denkwürdigen und ruhm reichen Kämpfe, die es bei so vielen Gelegenheiten siegreich zu bestehen die Ehre hatte, sich allein an rechnen darf. - Die Tage von Missunde, Düppel

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und Alfen sind mit goldenen Buchstaben in die Ge denktafeln der Geschichte eingetragen , sie werden Euren späteren Euch stets unvergeßlich bleiben, ― Kameraden aber ein hellleuchtendes Beispiel, Eueren Großthaten nachzuftreben. Angeregt durch den Act Königlicher Gnade, laßt uns aber, Kameraden , consequent darnach streben , unausgefeßt die Zufriedenheit Seiner Majestät bei aller und jeder Gelegenheit zu erwerben und da durch unsere Dankbarkeit unserem Allerhöchsten Herrn zu bezeugen. Mit dem Wunsche, es möch ten dem Regiment noch viele glänzende Tage bevor stehen, wie es die vergangenen waren , aber nie schlechtere, begrüße ich hiermit Mein tapferes Regiment!" gez. Albrecht, Prinz von Preußen .

Am 8. und 9. December hatte das Regiment Ruhetage in Berlin. Es waren nicht Ruhe-, nein es waren Jubeltage für uns. Nach fiegreichem Feldzug , nach errungener Anerkennung Seiner Majestät, unseres erhabenen Kriegsherrn, theilhaftig der größten Auszeichnung, welche einem preußischen Truppentheil wer den kann , der Auszeichnung , einen Prinzen unseres erhabenen Königshauses als Chef an unserer Spiße zu sehen, aufgenommen vom Jubel der Bevölkerung - Ruhetage für unsere Märker in Berlin! das kann nur der begreifen, der es mit durchlebt hat! Am 10. December rückte unser Regiment, auf dem Alexander Plag wiederum von Seiner Königlichen Hoheit unserem erhabenen Chef, vor Seiner Majestät dem König vorbeigeführt, aus Ber lin, um in seine Garnisonen abzumarſchiren. Am 13. und 14. December trafen die Bataillone hier ein, jubelnd empfangen mit Festlichkeiten , die ein Nachspiel der Ber liner Einzugsfeier waren. Zwei Tage darauf seßten sich die Ba taillone, ihre drei Jahr gedienten Leute entlassend und Rekruten einstellend, auf den Friedens - Etat von 518 Köpfen.

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Friedenszeit. Nach dem Einrücken des Regiments in die Garnisonen be gann mit der Ausbildung des neuen Ersages wieder eifrig wie früher der Friedensdienst, das heißt , die Vorbereitung des preu fischen Soldaten für den Krieg. Es geschah jezt alles Mögliche , um diejenigen zu belohnen, welche sich im Feldzuge ausgezeichnet hatten , um hier für die + jenigen , welche, verwundet, der Hülfe bedurften , und für die den Tod Kampf Hinterbliebenen derjenigen zu sorgen , welche im gefunden hatten. In vielen Fällen trat überreich die Gnade Seiner Königlichen Hoheit, unseres erhabenen Chefs , ein, welche stets wach und wirksam ist , da, wo es gilt , für würdige Ange hörige Höchstseines Regiments zu sorgen. Den Abschluß all' der Ehren und Freuden , welche in Ver anlassung des fiegreichen Feldzuges uns zu Theil wurden, bildete die Feier des 18. April 1865. An diesem Tage erschien eine Allerhöchste Cabinets - Ordre, durch welche den Fahnen des Ne giments das Band der Kriegs - Denkmünze von 1864 mit den Schwertern und die Bänder des Düppler Sturm- und des Alsen-Kreuzes Allergnädigst verliehen wurden. Unter jubelndem Hurrahruf wurden sie in erhebender Feier an unseren theuern Fahnen befestigt. Außerdem hatten Seine Majestät der König als einen Aus bruck für den Dank des Vaterlandes, die Errichtung von Dent mälern auf den Schlachtfeldern von Düppel und Alsen befohlen, sowie die Errichtung eines Ehren -Denkmals für das Heer in Berlin, zu welchem legteren die Grundsteinlegung am 18. April auf dem Königs - Plaß zu Berlin stattfand . Wie alle am Kriege betheiligt gewesenen Regimenter , sandte auch unser Regiment hierzu eine Deputation von Offizieren , Unteroffizieren und Ge meinen, welche , geführt vom Herrn Regiments - Commandeur nach der Grundsteinlegung zu Berlin , sich über Hamburg nach Kiel und von da auf Seiner Majestät Kriegsschiff „ Vineta “ nach den Schlachtfeldern von Düppel und Alſen begab, woselbst die Grundsteinlegungs - Feierlichkeiten ebenso wie in Berlin stattfan den, als unumstößlicher Beweis dafür, daß unser theures Preußen die durch das Blut ſeiner Söhne geheiligten Kampfstätten dauernd in seinem starken Schuß zu nehmen gewillt sei.

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Die zur Ehren- Deputation Gehörigen sahen bei dieser Ge legenheit die Gräber unserer Gefallenen wieder, welche nach dem Kriege zum Theil von Seiten des Regiments mit Grabkreuzen geziert, jest im Schmuck des anbrechenden Frühlings prangten, behütet und gepflegt durch die in der Nähe garnisonirenden Kameraden. In der Garnison herrschte am 18. April 1865 Jubel und Freude, erhöht durch besondere Gnadenbezeugungen Seiner Kö niglichen Hoheit, unseres hohen Chefs. Reich versorgt, konnten unsere Verwundeten diesen Tag ver leben, durch Geschenke von 50 bis 100 Thalern und durch fort dauernd jährliche Unterſtüßungen aus Königlichen und Privatmit teln waren sie der quälenden Sorge um die Zukunft überhoben. Den Gefallenen unseres Regiments hatte die poetische Feder eines ihrer Kameraden, des Lehrers Petsch aus Berlin , welcher bei unserer 12ten Compagnie den Feldzug mitgemacht und unsere Kriegsthaten in prächtigen Gedichten befungen hatte, ein Denk mal in einem besonderen Buche gegründet, welches in echt kame radschaftlicher Gesinnung geschrieben, die kurze Lebensbeschreibung und die legten Stunden unserer theueren Todten darstellt. So manche Veränderung hatte sich inzwischen im Commando unſerer Bataillone vollzogen. Für den wegen schwerer Erkran kung verabschiedeten Major von Stülpnagel, deffen Tod wir kurze Zeit darauf zu beklagen hatten, war im Februar 1865 der Herr Major von Cranach zum Commandeur des Füsilier - Ba taillons ernannt worden, welcher uns zum Theil schon während des Feldzuges gesehen hatte, an dem er als Adjutant beim Ober Commando Theil genommen. Während der Herbstübungen 1865 verließ uns, mit der Füh % rung des 2ten Ostpreußischen Grenadier- Regiments Nr. 3 be auftragt, der Herr Oberst - Lieutenant von Blumenthal. Der Herr Major von Schlieben wurde zum Commandeur des 2ten Bataillons und bei deſſen im Januar 1866 erfolgender Verab schiedung der Herr Major Freiherr von Kittlig zu ſeinem Nach folger ernannt.

II.

Mobilmachung. 4. Mai 1866.

Während im Anfang des Jahres 1866 die Ausbildung der Rekruten rüftig , wie nimmer vorwärts schritt , begannen kriege rische Gerüchte uns in Aufregung zu versehen. Oesterreich, so hieß es, unser Bundesgenosse von Schleswig fängt an , neidisch auf unsere Erfolge , unseren Bestrebungen feindselig entgegenzu treten. Wir glaubten Anfangs nicht daran , daß wir gegen die jenigen, die noch kurz vorher an unſerer Seite gekämpft hatten, das Schwert würden ziehen müssen , als aber bei Einbruch des Frühjahrs unsere Besichtigungen schneller, als sonst wohl auf einanderfolgten , und auch Seine Königliche Hoheit , unser kom mandirender Herr General schon im April uns inspicirten , als endlich am 4. Mai die Mobilmachungs - Ordre eintraf, da waren, troß der Kameradschaft für unsere früheren Kampfgenoffen, alle Zweifel beseitigt, und die diesmal für die ganze Armee befohlenen Rüstungen gaben uns die Hoffnung großer Ereignisse. Mitte Mai verließen wir, zum zweitenmal mobil, unfere Garnisonen, ebenso froh und zuversichtlich als im December 1863, denn aus dem dänischen Feldzuge hatten wir Alle noch die leb hafte Empfindung , wie sehr das wechselvolle Leben des Feld soldaten, mit seinen Anstrengungen und Gefahren, mit seinem Ruhm und Glanz dem Leben in der Garnison vorzuziehen ist, und die Hoffnung, daß wir, die schon einmal im Kriege Erprobten, auch diesmal unsere Kriegstüchtigkeit erfolgreich beweisen würden. Das Regiment war beim Ausmarsch folgendermaßen formirt : Regiments - Commandeur : Oberst von Hartmann. Regiments - Adjutant: Premier - Lieutenant Pütter. Istes Bataillon : Commandeur: Major von Kettler. 5ter Stabs - Offizier : Major Baron von Vietinghoff. Bataillons -Adjutant : Seconde- Lieutenant Ludwig.

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1fte Compagnie : Hauptmann von Albrecht. Premier 3 Lieutenant von der Schulenburg. Seconde-Lieutenant von Harthausen. Graf York von Wartenburg (vom 20ften Landw. - Regt. ). Kremnig (vom 20. Landw. - Regt.).

Feldwebel Lüdtfe. 2te Compagnie : Premier Lieutenant Maurer. = = Lehmann. Seconde- Lieutenant Gußow. Sachsenröder = Pinder

(vom 20. Landw. Regt.).

Sergeant Kersten (als Feldwebel.). 3te Compagnie : Premier = Lieutenant von Zaluskowsky. Seconde -Lieutenant Wahnschaffe (vom 20. Landw. - Regt.). Alt. Modrach.

Rabert (vom 20. Landw.-Regt.) . Feldwebel Böttcher. 4te Compagnie : Hauptmann Caspari. Seconde-Lieutenant von Funk. = von Geldern (vom 20. Landw.-Regt.). = = Lübbe - Neurath . Stadion. Feldwebel Miegsch. Oberstabs- und Regiments - Arzt Dr. Herzer. Assistenz - Arzt Dr. Thümmel. Feld -Zahlmeister Müller. 2tes Bataillon : Comandeur: Major Freiherr von Kittlig. Adjutant: Premier - Lieutenant von-Khaynach. 5te Compagnie : Hauptmann Voigt. Seconde - Lieutenant Bergemann (vom 20. Landw. - Regt.). = Lau. 1 Braunbehrens ( vom 20. Landw.- Rgt.).

74 Seconde -Lieutenant Lindow. Feldwebel Buder.

6te Compagnie: Premier- Lieutenant von Leliwa. Seconde-Lieutenant Bock. = Wehrmann (vom 20. Landw. - Regt.). = = Haake. = = Schulz II. (vom 20. Landw. -Regt.). Feldwebel Großer. 7te Compagnie: Hauptmann Krache 1 . Seconde-Lieutenant Rummel (vom 20. Landw . -Regt.). = = Schulz 1. (vom 20. Landw.- Regt.). = = von Schmiterloew. = Glazer (vom 20. Landw. =Regt. ) . Feldwebel Liepe. 8te Compagnie : Hauptmann Michelmann. Premier Lieutenant Johow. Seconde-Lieutenant Haenfeler (vom 20. Landw . -Regt.). = = Haber. = Uhlig (vom 20. Landw. - Regt.).

Feldwebel Ties. Bataillons - Arzt : Assistenz - Arzt Dr. Seligsohn. Feld-Zahlmeister Hirche. Füfilier - Bataillon: Commandeur: Major von Cranach. Adjutant: Seconde - Lieutenat von Scheven.

9te Compagnie : Hauptmann Baron von Zedlig. Premier Lieutenant Bajetto. Seconde - Lieutenant Hübner II. (vom 20. Landw. - Regt.). = = Ries (vom 20. Landw. - Regt.). = Lichtenfeldt. Feldwebel Jahn. 10te Compagnie : Hauptmann von Wins. Seconde - Lieutenant Schloß (vom 20. Landw. -Regt.). = von Lattorff 1. Haefeler (vom 20. Landw. -Regt.).

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Seconde -Lieutenant Bork (vom 20. Landw. - Regt.). Feldwebel Praetorius. 11te Compagnie. Hauptmann von Kaminies. Seconde-Lieutenant Humbert (vom 20. Landw. -Regt.). Schmeling. August (vom 20. Landw. - Regt.). von Ostrowsky. Feldwebel Sensche. 12te Compagnie : Hauptmann Graf von der Schulenburg. Premier Lieutenant Hensel. Seconde -Lieutenant von Lattorff II. = Risch (vom 20. Landw . -Regt .) . Portepee-Fähnrich Kreß. Feldwebel Schrepffer. Bataillons - Arzt : Stabsarzt Dr. van Aften. Unter- Arzt Dr. Schröter. Feld- Zahlmeister Ammedick. Erfat- Bataillon: Commandeur : Oberst - Lieutenant a. D. Holder - Egger. Adjutant: Seconde- Lieutenant Hellwig II . (vom 20. Landw. Regt.). Hauptmann von Stülpnagel (vom 20. Landw. - Regt.). Maurer. =

Sorge. Premier- Lieutenant von Stutterheim . Holz (vom 20. Landw. -Regt.) . Roch. Seconde - Lieutenant Volkheim. David (vom 20. Landw. -Regt.) . Heffe = Konrad.

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=

Frosch Holz Witte von Kamece Markert

(vom 20. Landw. - Regt.) .

Zahlmeister Keeb. Handwerker - Abtheilung : Hauptmann a. D. Röstel.

76 Es waren ferner abgegeben : Hauptmann Kraehe 1. als Führer des Besagungs - Bataillons Spandau. Stabs - Arzt Dr. d'Arrest zum 2ten leichten Feld - Lazareth 3ten Armee-Corps. Assistenz - Arzt Dr. Hahn als Stabs - Arzt zum 1ften schweren Feld -Lazareth 3 ten Armee- Corps. Assistenz - Arzt Dr. Zickner zum 1sten schweren Feld- Lazareth 3ten Armee - Corps. Zahlmeister Mangelsdorff als Rendant zum 2ten schweren Feld -Lazareth 3ten Armee - Corps. Zahlmeister Zunke als Rendant zum 3ten schweren Feld- Laza reth 3 ten Armee- Corps. Es waren abcommandirt: Seconde-Lieutenant Volkheimals Adjutant zum Commando der combinirten Stämme 20 sten Landw.- Regts. nach Berlin. Diesmal führte uns unser Marsch nach Süden, nach Sprem berg und Gegend, wo wir, zum Theil in wendischen Ortschaften cantonnirend, der fächsischen Grenze nahe lagen. Im Anfang Juni in die Nähe von Görlig rückend , er blickten unsere Sand- und Heidegewöhnten Märker zum ersten mal die Schönheit des schlesischen Gebirgslandes. Beim Anblick der Berge brachen sie in Jubel aus ein solches Land darf unserem theuren Preußen nicht entrissen werden , so lange noch ein Mann von uns am Leben ist!" - das war der erste, uns Allen gemeinsame Gedanke, und mit fröhlichen Kriegsliedern, troß Hiße und Tornisterdruck, die ungewohnten Höhen ersteigend, gedachten wir der zurückgebliebenen Kameraden des Erſag -Bataillons, welche indessen in den Mauern Tor gau's Festungsdienst thaten. Wie mußten uns dieſe beneiden ! Am 11. Juni versammelte Seine Ercellenz, der General Lieutenant von Manstein bei Reichenbach seine Kriegs, Division. In stolzem Verbande vereinigt, sahen wir hier unſere Brandenburgischen Waffengefährten von 1864 wieder, um in der Hoffnung neuer siegreicher Kämpfe, die alten Bande der Kame radschaft wiederzuknüpfen, die uns damals in Kampf und Sieg verbunden hatten. In der Schlachtordnung der Division bildete unser Regi ment mit 2 Batterien die Reserve unter dem Commando unseres Herrn Regiments - Commandeurs.

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Häufige Waffenübungen und anstrengende Märsche machten uns immer Triegstüchtiger und mit dem Bergterrain vertrauter. Unter vielfachen Cantonnementswechsel waren wir in der Gegend von Marktissa und an den herrlichen Thälern des Queis flusses der böhmischen Grenze so nahe gekommen, daß wir, wenn auch noch friedlich , die Bekanntschaft mit österreichischen Husarenpatrouillen machten. Die schlesische Bevölkerung empfing uns überall mit Freuden, und wo wir lagen, schwand allmählich die thörichte Furcht vor Croaten und Panduren und den Dro hungen frecher Zeitungsschreiber, daß die Armee des Feldzeug meisters Benedeck zehn Tage nach Eröffnung der Feindselig keiten in Berlin einziehen würde und dergleichen mehr. — Inzwischen war die Spaltung, welche österreichische Herrsch sucht und Anmaßung in Deutſchland hervorgerufen hatte, zum tie fen Riß geworden, und Ländern, welche mit uns in Frieden leben konnten, wurden die Waffen gegen uns in die Hand gezwungen. Preußen stand allein aber wachsam, und gewaltig durch kreuzte es die ränkevollen Pläne der Gegner : In Hannover, Kurhessen und Sachsen rückten unsere Truppen ein, und drei Armeen standen bald an den österreichischen Grenzen zum Ein rücken bereit, während die feindlichen Heere, zum Theil noch in der Rüstung begriffen, ihren Aufmarsch noch nicht vollendet hatten. Diese Energie des Handelns segte Europa in Erstaunen, - wie hoch steht doch der preußische Soldat , der durch Hingebung und strickten Gehorsam solch' starken Wil len seines Königlichen Kriegsherrn zur unwidersteh lichen Ausführung bringt! In der Schlachtordnung der preußischen Armee zum bevor stehenden Kampf mit Desterreich bildete das II., III. und IV. Corps unter dem Commando Seiner Königlichen Hoheit des Prinzen Friedrich Carl die I. Armee. Aus den Cavallerie- Regimentern dieser und anderen Armee Corps war unter dem Befehl Seiner Königlichen Hoheit des Prinzen Albrecht , unseres erhabenen Chefs, ein großes Caval Ierie- Corps formirt worden. Deftlich von uns standen vier Armee- Corps, das Garde-, I., V. und VI . Corps, die IIte Armee , unter dem Befehl Seiner Königlichen Hoheit des Kronprinzen, westlich reichte uns die in Sachsen eingerückte Elbe - Armee unter Seiner Excellenz General von Herwarth die Hand. Mehr als eine Viertelmillion Streiter waren hier vereinigt, jezt mußte es bald zum Losschlagen kommen, das fühlte Jeder,

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das sagten uns auch die Königlichen Worte, welche in dem Aufruf Seiner Majestät des Königs „ An Mein Volk “ alle Preußen herzen entflammten. Die Ereignisse drängten einander in schneller Folge und es schien, als wenn nach einem Jahrhundert die Zeit Friedrichs des Großen wieder angebrochen wäre. Der kampf- und blutgeweihte Boden des 7jährigen Krieges und die Heldengräber unserer Vor fahren mahnten uns zu zeigen, daß wir die würdigen Erben jener großen Zeit seien. Die Ströme von Blut, welche unsere Väter unter Friedrich dem Großen und in den Befreiungskriegen , und wir jüngst bei Düppel und auf Alfen dahin ge= geben haben , sollten sie umsonst vergossen sein ? Nimmermehr!" ― so sprach zu uns in einem Armeebefehl vom 22. Juni unser fiegreicher Ober- Befehlshaber Prinz Fried rich Carl, Königliche Hoheit. ,,Nie und nimmermehr!" so antwortete es in unsern Her zen und so überschritten wir am 23. Juni nach erfolgter Kriegs Unvergeßlich wird jener Erklärung die böhmische Grenze. denkwürdige Morgen in unserer Erinnerung fortleben. Begleitet von den Gebeten und Segenswünschen des ganzen Preußen landes trugen wir unsere Waffen zum zweitenmal in Feindes land, zu einem Kampfe, deſſen Folgen unberechenbar und für das Fortbestehen des Vaterlandes entscheidend werden mußten, zum

Krieg gegen Oesterreich. Der erste Kriegstag in Böhmen führte uns in die Ge gend von Friedland , ohne auf feindlichen Widerstand zu stoßen. Wir bivouakirten bei Mildenau und bei der Nähe des Iser Gebirges schien es uns , als müßten wier hier gegen feindliche Ueberraschungen ganz besonders auf der Hut sein. Schon waren alle Einrichtungen für die Nacht getroffen , ―― aber der Feind hatte sich auch vor unseren Vortruppen nicht gezeigt, und als ein kräftiges Gewitter, von den Bergen herabziehend, uns in Regen und Finsterniß hüllte, kam der Befehl, in einem Theil des Dor fes Alarm -Quartiere zu beziehen. Unser Abendbrot, zu welchem zwei requirirte Ochsen bereits der kundigen Hand unserer Flei scher erlegen waren, mußten unsere Leute in den Kochgeschirren mitnehmen , ―――― die erste Bouillonsuppe in Böhmen war uns zu Wasser geworden.

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Als wir am nächsten Morgen nach Reichenberg aufbrachen, hatte der fortdauernde Regen den kleinen Wittichbach in Mil denau zum reißenden Bergstrom gemacht, und da die gestern gebaute Laufbrücke zum Theil zerstört war, mußten wir weiter unterhalb den angeschwollenen Bach überschreiten. Ebenso erging es anderen Truppentheilen und es entstand hier durch ein Kreuzen der Colonnen ein Aufenthalt, wie ihn der Marsch großer Truppen massen im Kriege zeitweise unvermeidlich herbeiführt. Die herrliche Gebirgslandschaft des gestrigen Tages war verschwunden, und als wir durchnäßt und im Regen die Berg straße des Iser Gebirges erstiegen , da machten die armseligen Gebirgsdörfer, aus denen vor unseren Augen das leßte Vieh in die Wälder getrieben wurde, einen trostlosen Eindruck. Vom Feinde war auch heute für uns nichts zu ſehen, obwohl durch seine zahlreichen Engpäſſe das Bergterrain hier zur Ver theidigung wie geschaffen war ; dagegen bewiesen einzelne ver wundet zurücktransportirte Dragoner, daß unsere voraufgeeilte Cavallerie Fühlung mit dem Feinde gefunden haben mußte. In der Nähe von Reichenberg hatten wir das Glück, Seine König liche Hoheit Prinz Albrecht zu sehen, Höchstwelcher an der Spiße des Cavallerie - Corps hier vorrückte. Wir erreichten Mittags die Cantonnements, deren meist arme Bewohner von unserer, wenn auch noch so schonenden Requisition, recht hart betroffen wurden. Da wir unsere mitgeführten Vor räthe aufgezehrt hatten, und die von Feindeshand zerstörte Eisen bahn erst später wieder fahrbar wurde, so waren Requisitionen hier unvermeidlich. Es war für uns etwas höchst Peinliches, armen Leuten die leßte Kuh fortnehmen zu müſſen , oft das ein zige Besißthum , an das sich mit herzzerreißendem Jammer die ganze Familie klammerte, aber die gebieterische Forderung , den Lebensunterhalt «unserer Leute zu sichern , hieß alle Rücksichten schweigen. Kaum hatten wir an diesem Tage uns in den Quartieren eingerichtet, da tönten Alarmsignale durch die Berge , unsere Compagnien, noch von Schleswig her in solchen Fällen erfahren, rückten schnell auf die nächsten Höhen, doch ergab sich bald, daß es nur falscher Lärm war ; - wir rückten wieder ein und fanden die erschreckten Einwohner zum Theil zitternd in Kellern versteckt, zum Theil in die Berge geflohen. Wieder erscheinend, erklärten fie, daß sie ihre eigenen Truppen mehr als uns fürchteten, die Mannszucht unserer Leute und wohl auch unser Silbergeld,

80 was in Desterreich, wo meist Papiergeld courfirt, beſondere Freude #1 macht, hatten schnell gewirkt. Am nächsten Tage erfuhren wir den glänzenden Ausfall der bisherigen Scharmügel unſerer Cavallerie. In der Attaqe sowohl, wie im Einzelkampf hatten sich unsere Reiter den berühmten öster reichischen Cavalleristen gegenüber vollkommen bewährt, und damit den blutigen Waffengang der Iften Armee glorreich eröffnet. Als wir am 26. Juni die Gegend von Reichenberg ver ließen, mußten wir unsere 5te Division uns voraufgehen laffen, und erreichten am nächsten Tage, durch Liebenau marſchirend, die Bivouaks beim Dorfe Sichrow. Hier mehrten sich die Spuren des Krieges ; Verwundete auf dem Transport und im Feldlazareth, sowie die ersten Züge österreichischer Gefangener zeigten uns, daß ein größeres Gefecht stattgefunden haben müsse. In der That hatten Truppen von der 8ten Division (Thüringer) in dem glänzenden Nachtgefecht um die Iser - Uebergänge bei Podol die an Zahl weit überlegenen Desterreicher geschlagen. Das war für uns eine Jubel-Nachricht, preußische Infanterie hatte bei Nacht, auf den Gebrauch des Bajonetts angewiesen, die Oesterreicher von Deversee, die nichts kennen wollten, als Bajonett und Kolben, entscheidend geschlagen ! Unter den Gefangenen trafen wir denn auch richtig alte Freunde aus Schleswig, Leute von den Regimentern Martini und Ramming , und als diese uns an den Decorationen wieder erkannten, drückten sie zum Theil die Freude des Wiedersehens in den Lauten ihrer Landessprache aus, wovon wir nur „ Bruder — schau " und " Sleswig " verstanden. Einzelne unserer Leute reichten ihnen im Vorbeigehn wohl ihre Feldflaschen, mußten aber die alte Kameradschaft hinterher bereuen , denn die rauhen Na turföhne leerten dieselben meist mit einem Schluck. Nach einer kühlen Bivouaksnacht begann am 28. Juni unſer Vormarsch auf Münchengräß , zu einem heißen und für Viele auch blutigen Tage. Im Vorbeireiten begrüßte Prinz Friedrich Carl, Königliche Hoheit unsere Bataillone und bald verbreitete sich das Gerücht, daß Desterreicher und Sachsen unter Clam Gallas jenseits der Iser ständen, um uns das Vordringen über diesen Fluß, der hier einen bedeutenden Abschnitt bildet, zu ver wehren. Kaum hatten wir das Niederungsterrain der Iser erreicht, da bestätigte das beginnende Geschüßfeuer die Wahrheit dieser Nachrichten, und wir erblickten, auf dem steil abfallenden Höhen

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tamme jenseits der Iser ―――― den Muskybergen eine stattliche Reihe feindlicher Batterien, welche den jezt über Podol beginnen den Vormarsch unserer Colonnen mit einem gewaltigen Feuer zu hindern versuchten. Mit Spannung das 1 Meile vor uns immer heftiger entbrennende Gefecht verfolgend, harrten wir un geduldig des Befehls zum Vormarsch. Mehrere Cavallerie Regimenter debouchirten vor unseren Augen in die Ebene und trabten auf Podol vor , wir standen noch immer, - da hieß es auch für uns "I Vorwärts ! " und in einer finnverwirrenden Sonnengluth schritten wir querfeldein durch wogendes Getreide und Rübenfelder vor, in vollem Eifer noch ins Gefecht zu kom men aber bei unserer Ankunft war bereits Alles entschieden, und wir mußten uns mit der Freude begnügen, daß unsere Ka meraden vom IV. Corps, denen, von Münchengräß her angreifend, die Elbe-Armee geholfen hatte, troß des außerordentlich heftigen Feuers die steilen Felshöhen des Muskyberges erstiegen und den Feind geworfen hatten. Nach längerer Raft bei Swigan , einem Gute des Fürsten Rohan, woselbft sich zur allgemeinen Freude noch einige Fässer Bier vorfanden, rückte das Regiment am Uferrand der Iſer ent lang nach Laukoweß , welches erreicht wurde, noch ehe uns ein eben hereinbrechender Plaßregen vollkommen durchnäßt hatte. In dieser Gegend begann die uns vorwiegend feindlich gesinnte, czechische Bevölkerung. Wo dieſe dunkeläugige Menschenrace noch in den Dörfern geblieben war, da begann bald eine ent segliche Sprachverwirrung in den Quartieren, und das herzliche ,,Na Mutterchen, sein se man gut" unserer Märker konnte diese erstarrten Herzen nicht erweichen. Es hatte zuerst den Anſchein, als ob diese Leute selbst schon wochenlang dem Hunger preis gegeben waren, und erst als sich bei schärferem Durchsuchen der Gehöfte Lebensmittel und Geräthe vergraben vorfanden, lernten wir dieses Völkchen richtig beurtheilen und demgemäß behandeln. Die beste Probe czechischer Verschlagenheit erlebte hier unser Herr Oberst, welchen sein Wirth, der Guts - Inspector, unter Be theuerungen, daß er, durch die Truppen von Allem entblößt, dem Hunger preisgegeben sei, um etwas Brot bat. Das wurde ihm bewilligt mehr als Brod hatte unser Herr Oberst selbst nicht — und der Inspector begann , aber augenscheinlich mit Mühe, das Brod zu verzehren, da kam die Meldung, daß hinter einer frischgemauerten Wand im Gutskeller namhafte Vorräthe von Lebensmitteln gefunden seien, - und als sich der Herr 6

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Oberst wieder nach dem Inspector umfah, schwunden auf Nimmerwiederfehn.

- war dieser ver

Am Nachmittag des 29. Juni überschritten wir die Iser auf einer Pontonbrücke zum weiteren Vormarsch. Aufgehalten durch die Anhäufung unserer Regimenter und der Truppen der Elb Armee rückten wir theils auf, theils neben der Straße nur lang fam vorwärts, zeitweise über verlassene österreichische Bivouaks Pläge wegmarſchirend, während weggeworfene Bekleidungs- und Ausrüstungsstücke die Eile des feindlichen Rückmarsches be zeugten. Die Nacht brach herein, und im Mondschein wanden sich unsere Compagnien durch die Batterien- und Wagen - Colonnen, bald verfinsterte sich der Himmel , und während der Feuerschein der preußischen Bivouaks zu beiden Seiten der Chauffee uns nur spärlich den Weg erhellte, durchnäßte uns ein starker Ge witterregen bis auf die Haut. Bei der Waffer - Armuth des Terrains hinter Sobotka , wo wir heut bivouakiren sollten, hat ten unsere Leute schon vorher die Kochgeschirre gefüllt und sich mit Holz versehen. So rückten wir durch die Stadt, in deren engen Straßen troß der Nacht ein Durcheinander herrschte, wie es nur der Krieg bringt , und wie es nur preußische Disciplin zu lösen versteht; auf dem Markt umdrängten die zum Wafferholen com mandirten Mannschaften verschiedener bivouakirender Brigaden die einzige Cisterne, lange Wagenzüge mit Verwundeten ver stopften die Straßen, welche von marſchirenden Truppen gefüllt waren. Nach außerordentlich anstrengendem Marsch erreichten wir die Bivouaks - Pläge, und nur wenige unserer Leute berei teten sich noch Caffee, die Meisten warfen sich beim Gepäck ins durchnäßte Getreidefeld und schliefen. Kaum war nach zweistündiger Raft die Sonne emporgeftie gen, da wurde der Marsch auf Gitschin angetreten, woher sich gegen 5 Uhr Geschüßfeuer vernehmen ließ. Unsere Cavallerie Regimenter trabten vor, und es verbreitete sich jezt bei uns die Nachricht von den Gefechten des vorigen Tages, wo nach heißem Ringen unsere 5te und 3te Division das Corps von ClamF Gallas und die Sachsen geschlagen hatten. Bald durchschritten wir Dörfer, wo die Verwundeten des vorigen Tages untergebracht waren , zahlreichen Gefangenen Transporten begegnend , aus denen uns die Italiener mit viel fachen ,,Evviva's " begrüßten. Das Alles gab unseren Leuten neue Anspannung, und als wir das Gefechtsfeld des 29. Juni

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überschritten, wo zerstampfte Felder, umherliegende Leichen, fort geworfene Waffen , Brand- und Trümmerhaufen uns ein deut liches Bild von der Erbitterung und dem Umfang des Kampfes gaben, da fand sich bei uns kein Ermüdeter mehr ; die lebendigen Eindrücke eines Schlachtfeldes sind für den Feldsoldaten von auf wo wird regender Wirkung. Aber der Feind war im Rückzug er uns Widerstand leisten? so fragten sich Alle. Vor der Stadt wurde von unserer Proviant - Colonne Speck, Reis , Schiffszwieback und Rum empfangen , und nach dem Ab kochen gerastet , während die Sonne mit unbarmherziger Gluth auf die zertretenen Felder brannte, so daß unsere Leute, sich vor Sonnenstich zu wahren, den Kopf mit abgebrochenen Zweigen bedeckten. Nach einem starken Regenguß durchschritten wir Abends die Stadt Gitschin , deren Häuser , zum Theil zertrümmert und mit Kugelspuren bedeckt, voll Verwundeter lagen. Ein glänzendes Nachtgefecht hatte dieselbe in unsere Gewalt gebracht, und da jest auch die glorreichen Erfolge der Armee Seiner Königlichen Hoheit des Kronprinzen bei Nachod und Skalig . bekannt wurden, herrschte Frohsinn in unseren Reihen , nur durch das Bedauern getrübt , an den bisherigen Siegen Preußens keinen direkten Antheil zu haben. Längst war die Sonne hinter den Bergen verschwunden, da bezogen wir ein Bivouak bei Chotez und bereiteten uns aus aufgelöstem Schiffszwieback mit Speck eine Abendsuppe, wie man sie nur im Kriege richtig zu würdigen vermag ; Dachsparren eines verlassenen Hauses waren unser Feuerungsmaterial und ― naffes Getreide unser Kopfkiſſen. Der 1. Juli sollte Ruhetag sein , und der Vormittag wurde zur Reinigung der Gewehre und der Bekleidung verwendet. Dabei bot unser Bivouak einen eigenthümlichen Anblick : unsere Leute im Negligée, die Kleidungsstücke zum Trockenwerden um gekehrt ausgebreitet, dahinter die mitgeführten lebendigen Häupter", Ochsen und Kühe, welche lezteren oft von un seren Leuten angeschlichen wurden, um sich frische Milch zu verschaffen brevi manu durch Melken ; Alles war fröhlich und hoffte auf baldige Entscheidung , beim schönsten Wetter schrieben wir auf Tornistern und mit Bleistift unsere Feldpostbriefe an die Lieben daheim und rauchten den gelieferten österreichischen Taback, so feindselig er auch roch und schmeckte. Doch man darf den Tag nicht vor dem Abend loben , ein heraufziehen 6*

84 des Gewitter vernichtete Nachmittags die ganze Mühe des Mor gens und wir dankten Gott, als der Befehl eintraf, noch heut weiter vorzurücken. In fortdauerndem Regen erreichten wir Miletin und be zogen im Finstern ein Bivouak in Schloßpark. Wir lagen die Nacht über fast buchstäblich im Wasser und es schien , als ob unsere Sachen uns vom Leibe weichen müßten. Als aber der Vormittag des 2. Juli der Sonne wieder den Einblick in unser Lagerleben gestattete, da erwachte auch wieder unser Soldaten -Humor, und bald glich der Park von Miletin einem Freudenlager, deffen aus Laub und Baumzweigen gebaute Hütten mit Inschriften verziert wurden, wie sie wohl auf diesem Fleck Erde noch nie zu lesen waren. Da prangten auf Holz tafeln die Namen bekannter Berliner Straßen und Lokale, in einem „ Hôtel zur Bequemlichkeit " campirten 5 handfeste Mus ketiere, wo kaum für 2 Mann Plaß zu sein schien, hier rühmte ein Spaßvogel fein Stereoskopen - Cabinet, woselbst das Bildniß eines fliehenden Panduren durch das Astloch eines Brettes zu betrachten war, dort gaben zwei Clowns à la Renz in dem Gartentempel eines Schneckenberges eine Extravorstellung mit umgedrehten Röcken und emporstehenden Haaren - und über diesem ganzen Jubel und Trubel ließ der leßte Insasse des Gutshofes vom Dach eines Glashauses seine unschönen Klage rufe ertönen, ein vereinſamter Pfau, den seine Ungenießbarkeit vor dem Halsumdrehen geschüßt hatte.

Schlacht bei Königgräß . 3. Juli 1866. Am Morgen des 3. Juli - der Mond stand noch am Himmel - wurden unsere Leute aus dem Schlaf gerüttelt, denn um 1 Uhr war der Befehl zum Aufbruch eingetroffen ; kaum war noch Zeit zum Kaffeekochen, da hieß es an die Gewehre !" und zum Vormarsch auf Horsiz. Gegen 6 Uhr durchschritten wir diese Stadt, sie war wie ausgestorben ; allmälig aber beleb ten sich die Straßen durch die vorrückenden preußischen Colonnen und die beginnende Etablirung von Lazarethen gab uns die Vor ahnung dessen, was uns heute erwartete. Bald begann ein durchdringender Regen das Hügelland vor uns in Grau zu hüllen , und in den verödeten Dörfern zeig

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ten uns weggeräumte Barrikadirungen , daß wir auch hier nicht die Ersten waren. Die Division formirte sich in Rendezvous stellung und rückte auf Dub in der Richtung auf Sadowa vor. Vor uns sahen wir die Colonnen des IV. und II . Armee - Corps im Vormarsch, neben uns raffelten die Geschüße der Reserve Artillerie auf der Chauffee dahin, und durch hohes Getreide und schweren Lehmboden arbeiteten wir uns , durchnäßt bis an die Hüften , vorwärts. So hatten wir die Höhe von Dub erreicht, und es schien, als wenn sich der Nebel zu theilen beginne. Von hier sah man das fanftgewellte Hügelland bis in die Niederung des Bistrißbaches sich hinabsenken, deffen Lauf durch die Dörfer im Thal unseren Blicken verborgen blieb. Jenseits des Thales erblickten wir steiler ansteigende , einander überragende Höhen züge, deren Kuppen zum Theil mit Wald bedeckt waren. An den Abhängen wurden bald Reihen dunkeler Punkte mit dem Fernglas erkennbar, die bei der weiten Entfernung für Baum reihen gehalten werden konnten. Da plöglich zucken dort gelb leuchtende Blize auf, an vielen Stellen zugleich, und mit dumpfem Knall lösen sich von den vermeintlichen Baumreihen weiße rund geballte Wölkchen ab, es sind feindliche Geschüßaufftel= lungen, die jest mit allmälig ſich verstärkendem Feuer den An marsch unserer Têten begrüßen ! Noch waren unsere Blicke mit Spannung nach vorn gerich tet, da dringt lauter Hurrahruf von rückwärts an unser Ohr, immer lauter ertönt der Jubel , immer heftiger der Geschüß donner von vorn, da sehen wir einen Reitertrupp die Höhe bei Dub herauffprengen , ihm voraus auf stolzem Rappen - König Wilhelm! Ein jubelndes ,,Hurrah" ertönt auch von uns durch die graue Morgenluft , wir fühlen nichts mehr von Müdigkeit, Hunger und Näffe, freudig schwenken wir die Helme in der Luft - heut kommt's zum Schlagen auch für uns , heut = fechten wir unter den Augen des Allerhöchsten Kriegs herrn -- wer will uns da widerstehen!" Mit Stolz und Siegeszuversicht hingen unsere Blicke an der Heldengestalt des geliebten Königs , welcher jezt mit Seinem Chef des Generalstabes, dem General der Infanterie, Freiherrn von Moltke, die feindliche Stellung recognoscirte. Inzwischen hatte sich der Geschüßdonner vor uns immer mehr verstärkt, ein fernes Dröhnen in unserer rechten Flanke verkündete, daß dort auch die Elbe- Armee ins Gefecht getre ten sei. Bald zuckten immer zahlreicher die grellen Blige der

86 feuernden Batterien aus dem vorliegenden Hügelland auf, und die aufsteigenden Flammensäulen brennender Dörfer, sowie das ferne Getöse des Gefechts verseßte uns , die in Reserve Halten den , in fieberhafte Aufregung. Durch eine Lücke der vor uns liegenden Hügelreihen konnten wir das Vordringen der ersten, jenseits der Bistrig kämpfenden Truppen der 7ten Diviſion be obachten. Wir fahen sie in Compagnie - Colonnen hinanſtürmen gegen die Liftere des Waldes von Maslowied , begrüßt von den weißlich schimmernden Linien des Feindes, der ihnen außer dem heftigsten Granatfeuer seiner Batterien Salve auf Salve entgegenschmetterte ; da kommt bei den brennenden Gehöften von Benatek das zweite Treffen herangerückt , noch einige Minuten. ―― und wir sehen die dunkelen Schlachthaufen banger Erwartung der Unseren die Gehölze erreichen, der Feind weicht, und wäh rend die Flammen des brennenden Dorfes den grauen Himmel rothglühend färben, wälzt sich das Getümmel des Kampfes weiter, in den Gehölzen unseren Blicken entschwindend. Aehnlich wie hier, aber unserem Auge entzogen, kämpft die 8te Division in den Gehölzen von Sadowa, bald gefolgt von den Truppen des II . Armee - Corps , welche im blutigen Kampf die Biſtriglinie überschreiten und mit flürmender Hand die Dörfer von Sadowa bis Mokrowous dem Feinde entreißen. Vor uns zwischen Bistriß und Elbe steht die ganze öfter reichische Armee und die Sachsen, ihnen gegenüber find unsere 1. und die Elbe - Armee zum Kampfe vereinigt, noch fehlt die Armee Seiner Königlichen Hoheit des Kronprinzen, welche nach den blutigen Tagen von Nachod, Skaliz und Trautenau gegen Königinhof vorgedrungen, erst heute Nacht die Auffor derung erhalten hat, auf unserem linken Flügel eingreifend, den Feind in die Flanke zu fassen. Noch hat sie mehr als 1½ - 2 Meilen zurückzulegen, Nebel, Regen und aufgeweichter Boden hemmen den Vormarsch, ihre Anmarschlinien führen durch ein abschnittreiches Hügelterrain, welches dem Feinde überall Gele genheit bietet, den Vormarsch aufzuhalten ; — wird es ihr ge= lingen, zur rechten Zeit einzutreffen ? --Niemand von uns wußte damals, daß hier auf einer Schlacht linie von mehr als drei Meilen die beiderseitigen Heere die große Entscheidungsschlacht zu schlagen begannen, daß zum ersten Mal, seit den Tagen von Leipzig und Belle - Alliance das Riesenschauspiel einer Völkerschlacht sich entwickelte, wozu fast eine halbe Mil lion Streiter hier vereinigt waren, - gleichwohl gab uns der

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überallher dröhnende Geschüßdonner und die am Horizont aufstei genden Rauch- und Flammensäulen einen Begriff von den großen Ereignissen des heutigen Tages, von denen nur einen kleinen Theil mit eigenen Augen zu ſehen uns beschieden war. Wohl drei Stunden lang tobte die Schlacht, eine peinvolle Zeit für uns, die in Reserve Gebliebenen, in denen das Krachen der Geschüße das alte Feuer zum Gefecht entzündete. Mit bren nendem Auge starrten wir nach vorn und während das Getümmel der Verwundeten und Gefangenen die Straße vor uns belebte, harrten wir immer ungeduldiger des Befehls zum Angriff. In der Umgebung unseres Königlichen Kriegsherrn waren die Ferngläser nach halblinks , d. h. nach der Gegend ge richtet, woher man das Eintreffen Seiner Königlichen Hoheit, des Kronprinzen erwartete. Wohl über ½ Meile weit erblickte man in dieser Richtung eine Höhe , über das Hügelterrain her vorragend, welche durch zwei Bäume auf ihrem Gipfel beſonders kenntlich war. An den Abfällen dieſes Berges, ―― es war die -sogenannte Baumhöhe von Horzenowes , glaubte man von Zeit zu Zeit den Dampf zu bemerken, wie ihn feuernde Batterien Sollte dieses Feuer in eigenthümlicher Form entwickeln. gegen den Anmarsch der 11. Armee gerichtet sein? Noch wogte der Kampf in dem Walde von Maslowied mit wechselndem Erfolg hin und her, immer neue feindliche Brigaden warfen sich auf die dort fechtenden Bataillone der 7ten Diviſion ; von mehr als fünffacher Ueberlegenheit hartgedrängt, scheint die Kraft diesen Braven zu erlahmen und die Befürchtung erscheint immer gerechtfertigter , daß der Feind , in der Front bei Chlum und Lipa uns durch seine massenhaft und günstig placirten Geschüß aufstellungen festhaltend, sich jezt mit überlegener Macht auf die im Anmarsch begriffene 11. Armee stürzt. Adjutanten und Ordonnanz - Offiziere sprengen nach allen Richtungen davon da kommt auch für die Reserven der Befehl zum Vorrücken , das III. Armee - Corps soll die Bistriß überschreiten! Bevor diese Kunde zu uns dringen konnte , war die 5te Division bereits auf dem Marsch, noch verging wohl eine Viertel stunde, da kommt unser Herr Oberst von vorn an unsere Bataillone gesprengk, jest hieß es : „ Vorwärts auf Sadowa! " Das Ge päck wurde abgelegt , und die drei Bataillone in Colonne nach der Mitte nebeneinander, so folgt unser Regiment - es mochte 12 Uhr sein - dem Gros unserer Division, der 12ten Brigade.

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Zahlreiche Hurrahs erschallen aus den Reihen der Division unserem Allerhöchsten Kriegsherrn entgegen, dessen Feldherrn - Auge mit Zuversicht auf Seine treuen Bataillone blickt, die Fahnen sind entfaltet, die Musikcorps begleiten unseren Vormarsch mit den Klängen „ Heil dir im Siegerkranz“, heransprengend wirft Seine Königliche Hoheit , Prinz Friedrich Carl , zündende Worte der Begeisterung in unsere Bataillone, fie an die Kämpfe und Siege von Düppel erinnernd. Mit freudigem Hurrah dem verehrten Führer dankend, ging es im Geschwindschritt über granatendurchfurchte. Felder, vorbei bei Verwundeten und Todten, hinunter nach Sadowa. Hier krachten uns die ersten Granaten in diesem Kriege ent gegen, die alte Kampfeslust und das aufgeregte Spiel der Nerven in uns entzündend , welches das Auge gierig nach dem Feinde spähen , die Fauft sich fester um die Waffe klammern macht und die ganze Thatkraft des Mannes zum „ drauf und vorwärts “ zusammenfaßt. An der Brücke von Sadowa drängten sich im Uebergange die Truppen der 12 ten Brigade ; das Abwarten ihres Debouchirens paßte wenig zu unserem Eifer , an den Feind zu kommen , und, die 10te Compagnie zur Aufklärung des Terrains in der rechten Flanke detachirend , rückte unser Regiment mit Halbrechts auf Unter- Dohaliß. Wir traten hier in den Berreich eines gewal tigen Granatfeuers, und obwohl wir die feindlichen Geschüße nicht sahen, schlugen ihre Geschoffe doch mit seltener Präcision in die Nähe der Brücke, in dem aufgeweichten Lehmboden und den. Wasserflächen der sumpfigen Bistris crepirend , so daß Schmuß und Waffer, hochauffprigend , uns zeitweise die Umsicht raubten. Nicht ohne Verluste gelang es , uns dieser Situation durch eine energische Vorwärtsbewegung zu entziehen ; theils auf, theils neben der Brücke die Biſtrig überschreitend, erreichten wir das jenseitige Ufer, zum Theil bis zum Leibgurt durchnäßt. Im Dorfe stießen wir auf Theile der hier im Granatfeuer haltenden 5ten Division und während unsere Bataillone sich zum weiteren Vordringen sammelten , vermehrte der Anblick der sich hier häufenden Schrecken des Krieges unsere Aufregung. Unter dem Krachen plagender Granaten und dem Praffeln zertrümmerter Mauern , eingehüllt vom Qualm brennender Ge höfte, stöhnten Verwundete und wanden sich Sterbende , Freund und Feind bunt durcheinander, in den legten Zuckungen ; während das klägliche Brüllen des aus den brennenden Ställen ausge

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brochenen Viehes in den Donner der Geschüße sich mischte, doch da kommt unser Herr Oberst von seiner Recognoscirung ins Dorf zurückgeritten und befiehlt das Vorrücken auf Ober Dohaliz. Die 11te Compagnie, jest an der Tête, wirft ihre Schüßen vor, und in einem Hohlweg vorgehend, gewinnen dieſe den Aus gang des Dorfes , fie ersteigen das Plateau von Ober- Dohalig und dringen im hohen Getreide vor , ihnen nach die Bataillone ; jest ist wenigstens freie Umsicht gewonnen, - doch kaum erblickt die feindliche Artillerie unsere Helme, ――――― so praffeln auch im dichten Hagel die Granatstücke um uns, viele der Unſeren nieder reißend , da , wo schon die Truppen der pommerschen Regimenter und Theile der 5ten Diviſion die Erde mit Blut getränkt haben. Die 11te Compagnie gewinnt die östlichen Häuser von Ober Dohalis, links seitwärts von ihr entwickelt sich die 12te Com pagnie, die 9te als Soutien dahinter, und in Colonnen nach der Mitte besegen unsere Musketier -Bataillone Ober - Dohalig (oder Wyhnalow). So ist die Verbindung mit der 6ten Division wieder herge stellt, welche in dem von Granaten zerschmetterten Wäldchen von Sadowa inzwischen ihren Aufmarsch vollendet hat. Vor uns entwickelt sich ein imposantes Schauspiel - in wei tem Bogen sehen wir die formidable Geschüßaufstellung des Fein des vor Lipa die Hügel krönen, eine lange Feuerlinie uns unauf hörlich Granaten und Shrapnells entgegenwerfen. Ihrem Feuer antworten wohl einige preußische Batterien, mit unerschütterlicher Todesverachtung das blutige Plateau behauptend, aber die Ueber macht ist zu groß, und, ſelbſt mit Granaten überſchüttet, vermögen fie nicht, das Feuer des Feindes von der Infanterie abzuziehen. Es mochte 2 Uhr geworden sein, mit immer steigender Hef tigkeit speit der Feind uns seinen Eisenhagel entgegen , immer weiter dringen die Füfiliere in den Getreidefeldern vor — halb links in der Richtung auf Cistowes sehen wir preußische Infan terie vorſtürmen , feindliche Salven aus einem Gehöft bligen ihnen entgegen, jegt wirft sich feindliche Cavallerie auf die Vor gehenden, ein heftiges Schnellfeuer weist diese zurück, doch hinter den Hügeln scheint das preußische Vorgehen zu stocken, ― noch immer zeigt sich vor uns keine feindliche Infanterie , aber "1 wir müssen vorwärts !" so scheint es uns Allen, - da erreicht uns der positive Befehl: halten zu bleiben bis zum allgemeinen Vorgehen. -

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Für unser Regiment begann jegt eine Situation, die wohl geeignet war, unsere ganze Ausdauer und Bravour auf die Probe zu stellen. Im Sturmangriff ſich auf den Feind zu stürzen und in der Umarmung mit ihm Blut und Leben zu wagen , daß wir Solches vermochten, hatten wir in den Gefechten des Jahres 1864 gezeigt - heut sollten wir zeigen, wie der preußische Sol dat, treu seinem Königlichen Kriegsherrn und gehorsam bis zum Tode, stehenden Fußes dem feindlichen Eisenregen die Stirn bietet. Daß die allgemeine Gefechtslage dieser Stunden dieſes Ausharren verlangte , daß der Feind hier festgehalten werden mußte , bis seine verschanzte Stellung von der II. Armee in der Flanke erreicht war, das vermochte uns damals Niemand zu ―――― fagen, festgebannt durch den Befehl unserer Führer, erstarrte unser Vorgehen gegen die feindlichen Batterien, wir durften uns dieser Situation nicht durch das Vorstürmen gegen Lipa ent ziehen - und so verharrten wir in dieser Stellung , fast ohne Deckung ausgefeßt den feindlichen Geschossen , während sich un serem Gewehr kein erreichbares Ziel bot ―― die feindlichen Bat terien waren 1500 Schritt von unseren Schüßen entfernt — und das Blut der Kameraden den Boden färbte. So verging Stunde auf Stunde, mit immer gleicher Hef tigkeit krachten und zischten die feindlichen Geschosse über und in unsere Reihen, und wenn auch einzelne der feindlichen Granaten fich in die Erde wühlten, ohne zu crepiren, so mehrten sich doch von Moment zu Moment die Verluste. Vor uns hielt im hef= tigsten Feuer unser Herr Oberst mit seinem Adjutanten zu Pferde, sein Fuchs wurde am Ohr verwundet und unruhig aber es half nichts, auch dieser mußte hier aushalten; - schon vorher war dem Herrn Major von Kittlig ein Pferd unter'm Leibe verwundet worden , so daß Roß und Reiter zusammen stürzten ; fast zu gleicher Zeit war der Seconde - Lieutenant Bock, durch einen Granatsplitter im Gesicht getroffen, bewußtlos niedergesunken , aber, nach wenigen Minuten seinem Bataillon nacheilend, im Gefecht verblieben. Selbst auf dem Verband plage waren unsere Verwundeten bedroht, eine Granate zertrüm merte, das Dach des vorstehenden Hauses durchschlagend, den Medizinkarren des Füfilier - Bataillons und auch einer unserer Aerzte , der Dr. Schröder , wurde in Ausübung seines Berufes durch ein Granatstück verwundet. Doch noch verderbenbringender wütheten die feindlicheu Ge schoffe vorn bei den Füfilier- Compagnien. Zurückgesunken in

91 den Getreidefeldern zuckten die zerschmetterten Körper vieler un serer Kameraden, bis die unermüdliche Hand der Krankenträger fie aus dem Eisenhagel in Sicherheit brachte. Dem seinen Ti railleurs voraufeilenden Lieutenant von Lattorff II. riß das unbarmherzige feindliche Eisen den linken Unterschenkel weg, und beim Soutien der 12ten Compagnie, da, wo auf dem Rande des Straßengrabens stehend , der Premier- Lieutenant Hensel vor seinen Füsilieren den Moment des Vorgehens erwartete, schlug dieſen eine der feindlichen Granaten, vor seinen Füßen crepirend, tödtlich getroffen zu Boden. Beide Offiziere wiesen mit der legten Kraft ihres schwindenden Bewußtseins die Hülfe ihrer Leute zurück, und mit den Worten : „Haltet Euch tapfer, Ka meraden, sorgt nicht um mich! " hauchte der Premier- Lieu tenant Hensel, dessen linke Seite von den Granatstücken grauen • haft zerrissen war , sein Leben aus, während die Füfiliere auf einem Mantel den Lieutenant von Lattorff II. zurückbrachten, dessen Leben troß der Amputation über'm Knie zu unser Aller Freude erhalten werden konnte. Es mochte gegen 4 Uhr geworden sein ; von dem Vordrin gen der Elb - Armee gab uns das immer näher rückende Ge schüßfeuer Kunde, noch aber wußten wir nichts von den Ereig niffen jenseits Lipa, als sich beim Feinde, zu deffen Bekämpfung allmälig immer mehr preußische Batterien herangezogen worden waren , ein Verlangsamen des Feuers bemerkbar machte. Mit fichtbarer Unruhe arbeitete jezt ein Theil seiner Geſchüße nach unſerer linken Flanke hin, bald hörte das Feuern in der Front ganz auf, --- da plöglich entsteht eine räthselhafte Bewegung beim Feinde, und während man einzelne Cavallerie- Trupps in der Ferne verschwinden sieht, verlassen auch die feindlichen Ge ſchüge ihre Poſition, in eiliger Flucht ihrer Bedeckung folgend. Jezt schlug unsere Erlösungsstunde, jest ging es vorwärts, die glorreichen Kämpfe unserer Garden hatten Bahn ge brochen ! und, eiligst unsere Züge rangirend, von denen so manche Rotte fehlte, brachen wir gegen die Höhen von Lipa auf, und wandten uns auf die überraschende Kunde, daß vor uns bereits Alles entschieden und der Feind im Rückzug nach Süden sei, halbrechts, wo wir unweit des Dorfes Streſetiß auf das Ge tümmel der hin und her wogenden Cavallerie - Gefechte stießen, welche unter Führung und hervorragender Theilnahme Seiner Königlichen Hoheit des Prinzen Albrecht hier den glorreichen Abschluß dieses blutigen Tages mit der vollständigen Vertrei

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bung der feindlichen Reitergeschwader bildete. Bevor wir noch daran denken konnten, hier mit unserem Feuer einzugreifen, hatte unsere unvergleichlich brave Cavallerie die feindlichen Linien zer sprengt. Ueber das Siegesfeld weiter voreilend , welches , mit zahlreichen Verwundeten und Todten und zerschoffenen Pferden bedeckt, uns mit Bewunderung für unsere Reiter erfüllte, rückten wir nördlich bei Problus vorbei, deffen stark vertheidigte Höhen den Angriffen unserer Elbe - Armee erlegen waren. Auf dem von hier nach der Elbe und der Festung Königgräß hin in steti ger Neigung abfallenden Terrain erblickten wir wie auf einem Schlachtgemälde die zertrümmerten Linien des Feindes unter dem Donner der Batterien unseres VI . Armee - Corps nach der Elbe hin fliehend. Die österreichische Armee war in vollem Rückzug ! Gott war sichtlich mit uns gewesen, seinen Fügungen und der preußischen Tapferkeit waren die gewaltigen Schlachthaufen des Feindes erlegen. In unvergleichlicher Bravour hatte unsere 7te Division im Walde von Maslowied, der feindlichen Uebermacht fast erliegend, Stand gehalten und mehr als zwei Armee - Corps des Feindes, welche bestimmt waren , dem Anmarsch der 11. Armee entgegen zutreten, in dem aufreibenden Waldgefecht auf sich gezogen. Schnell und unaufhaltsam hatte diese, die Armee Seiner König lichen Hoheit des Kronprinzen , ihren Anmarsch ausgeführt, und unsere glorreichen Garde- Regimenter voran, hatte sie sich auf des Feindes Flanke gestürzt, so daß nichts der Gewalt ihres Angriffs widerstehen konnte ; ihr Eingreifen und die Erſtürmung aller feind lichen Positionen von Chlum, Lipa und Nedelist , und ihr Vor dringen bis Rosberig , Rosniß und Briza unter Kämpfen, welche die glanzvollsten Momente des heutigen Tages bilden, hatte den Ausgang dieses Schlachttages entschieden. Die ruhmreichen Ge fechte und das stundenlange, verluftvolle Ausharren der 1. Armee in der Defensive hatten die Erfolge der Flügel - Armeen vorbereitet. Das preußische Heer hatte mit dem Blut von mehr als 9000 Braven diesen Sieg erkauft, wovon 5000 ―――――― allein auf die 1. Armee kommen dagegen hatte der Feind 5 Fahnen , 160 Geschüße und 44,000 Mann ver loren, worunter fast 20,000 Gefangene waren. Die Trümmer seiner Armee - Corps wälzten sich nach der Elbe, zerschmettert in allen Theilen und an der Zu= kunft verzweifelnd.

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Obwohl diese Erfolge sich damals noch nicht übersehen ließen, so war der Anblick des Schlachtfeldes mit seinen brennenden Dörfern und zerstampften Feldern , mit seinen Trümmer- und Leichenhaufen doch so überwältigend, der Jubel, unter Allerhöchster Führung Seiner Majestät des Königs , und der Prinzen un seres erhabenen Königshauses heut gekämpft und gesiegt zu haben, so hinreißend, daß Hunger, Durst und Anstrengungen vor der Freude, an diesem Siegestage Theil genommen zu haben, in den Hintergrund traten. Unser erhabener Kriegsherr hatte heute die Ent behrungen und Gefahren des legten Soldaten getheilt, ―――― gab es wohl auf der weiten Welt eine Armee, die folch stolzes Siegesbewußtsein empfinden konnte als die preußische ?! Das Regiment bezog an der Stelle, wo es seine Tornister abgelegt hatte, in der Nähe des Roskosberges vor Sadowa das Bivouak, woselbst es , noch erfüllt von den mächtigen Ein drücken des Tages, erft mit Einbruch der Nacht eintraf. Für unsere Verwundeten war schon am Nachmittag des 3. Juli, so gut es ging, gesorgt worden, heute rückte ein Com mando von freiwillig hierzu sich Meldenden unter Befehl des Lieutenant von Colomb wieder auf das Gefechtsfeld, um un fere Todten aufzusuchen und zu begraben. Es war dies eine traurige, aber edle Aufgabe, und nachdem unseren Gebliebenen von Kameradenhand die Augen zugedrückt worden waren, wurden ſie da, wo viele Tausend in Frieden ruhen , auf dem Schlacht feld zur Erde bestattet. Einfache Holzkreuze mit ihren theuern Namen schmücken die Grabhügel von Dohalig und Wyhnalow. Das Regiment hatte einen Verlust von 115 Köpfen zu be flagen, darunter 31 Todte, Viele starben noch in den nächsten Tagen - Ehre sei ihrem Andenken ! Außer den schon genannten Offizieren hatte das Regiment verloren : die 1ste Compagnie : die Hautboisten Jage, Boehme und Klatte und den Musketier Appelt todt, den Musketier Beyer tödtlich verwundet und den Unteroffizier Grundt, Hautboist Lenz, Gefreiter Pagel und Musketiere Beu fter 11. und Garbe verwundet ; die 2te Compagnie : den Gefreiten Hübner tödtlich verwundet, den Sergeanten Nähring , Gefreiten Spremberg und

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94 die Musketiere Carus , Mundt , Koch II., Brebereck, Walter, Angelmeier, Scholz 1. , Zeim , Kuchen becker, Schröder , Schmiedel , Gärtner und Gro ger verwundet; die 3te Compagnie : die Unteroffiziere Wäscher und Weiß ner, Gefreiten Hollmann und die Musketiere Rumm ler, Breniz , Brandenburg und Seeger verwundet; die 4te Compagnie : den Musketier Koch, Gefreiten Weigt und die Musketiere Hübner , Nitschke und Schiller todt, den Unteroffizier Hellwig , und die Musketiere Heinze, Belecke, Jacob , Schneider III. und Joft tödtlich verwundet, den Unteroffizier Fleck, die Gefreiten Moisel, Altmann und Gründler , die Musketiere Bertram, Holzapfel , Krüger II., Rieger I., Dör fer, Schüße, Graumann , Uckrow und Schulz III. verwundet ; die 5te Compagnie : den Gefreiten Boschwiß und Musketier Blume todt, die Musketiere Carow, Sommerfeldt, Schulz II. und Goldammer verwundet ; die 6te Compagnie : die Musketiere Loß und Hinge ver wundet; die 7te Compagnie : den Gefreiten Heinrich, Tambour Mül ler und die Musketiere Loewendorf und Werner ver wundet ; die 8te Compagnie : den Gefreiten Schröder , die Musketiere Kühne, Köhler und Schabert verwundet ; die 9te Compagnie : den Füsilier Schneider II . todt, die Unter offiziere Sens und Diefert, die Füfiliere Altmann , Radeboldt und Tugend verwundet ; die 10te Compagnie: den Füsilier Müller II . tödtlich ver wundet; die 11te Compagnie : die Füfiliere Gielsdorf, Rathenow, Lammel und Jänickel . todt, den Füfilier Diewig tödt lich verwundet, die Unteroffiziere Reinicke und Wein= reich, die Gefreiten Krahn . und Heine und die Füsi liere Bastian, Poehle, Stiemer, Franke, Süßkow, Spiehala, Hannemann 1, Wilke II., Felix I., Bor chert, Schilling , Schück und Bobey verwundet ; die 12te Compagnie : den Horniſt Hankow, die Füsiliere Rich ter, Leppin und Lieske todt, die Füsiliere Pahlow, Graske, Göze , Petschel und Mertens II. verwundet ;

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Am 4. Juli Nachmittags traf der Befehl ein , um 5 Uhr den Weitermarsch anzutreten. Wir durchschritten nochmals das Schlachtfeld, auf dem jezt ein geräuschvolles Lagerleben herrschte, während noch von allen Seiten her Verwundete und Gefangene ein gebracht wurden und das Aufſammeln der Todten und Eingraben der getödteten Pferde noch fortdauerte. Die Trümmer des Rück zuges der österreichischen Armee : weggeworfene Waffen, Fuhrwerk, Geschüße zc. waren noch nicht weggeräumt, links von uns sahen wir die Festung Königgräß mit ihren aus den Waffern der angestauten Elbe hervorragenden Werken , der von Wjestar her erschallende Jubel und Hurrahruf verkündete die Anwesenheit Seiner Majestät des Königs auf dem Schlachtfelde, Allerhöchstwelcher an diesem Tage durch einen Armee -Befehl Seiner fiegreichen Armee Dank und Anerkennung aussprach. Nach einer wenig behaglichen Bivouaksnącht bei Wosnick, wo es, wie oft noch in der Folge mit der Verpflegung recht trübe aussah, überschritten wir am 5. Juli bei Prelautsch die Elbe. -Am 6. Juli wurde das Regiment der neu formirten Avant garde des III. Armee - Corps unter Führung des General -Majors, Herzog Wilhelm von Mecklenburg - Schwerin Hoheit zugetheilt. Die Infanterie dieser Avantgarde commandirte der Herr Oberst von Hartmann , Major von Kettler übernahm die Führung des Regiments. Jest begann für uns eine anstrengende aber interessante Probe unserer Marschfertigkeit ; die geschlagene feind liche Armee mußte jeßt dadurch vollends vernichtet werden, daß wir uus in fortgefeßten Eilmärschen an ihre Fersen hingen , sie mußte , auseinander marschirt werden. " So hatte denn die gewaltige preußische Verfolgung begonnen, welche, während die Kunde von der Riesenschlacht des 3. Juli ganz Europa durchbrang , durch die unwiderstehliche Gewalt un serer Marschleistungen den Feind bis zur Donau zurückwarf, die Verfolgung

Bis vor Wien ! Während wir im Anfang nur hier und da auf den Nachtrab der feindlichen Cavallerie stießen, welche den Abmarsch der feind lichen Armee zu decken hatte und hierbei einige Pferde erbeuteten und Gefangene machten, gelang es am 10. Juli unserer Avant garden -Cavallerie beim Dorf Rozinka, eine feindliche Wagen colonne auf der Flucht einzuholen und zu erbeuten.

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Am 11. Juli marſchirte die Avantgarde nach Tischnowiz. Das zu uns gehörige 2te Garde -Dragoner- Regiment stieß in den Straßen der Stadt auf eine im Abzug begriffene Escadron österreichischer Ulanen, die Dragoner hieben munter in den Feind, auf beiden Seiten gab es einige Todte und Verwundete, und als das Regiment dicht hinter den Dragonern in die Stadt rückte, war Alles bereits entschieden. Das für die Desterreicher hier be reits fertige Mittagbrod ließen wir uns nun vortrefflich schmecken. Am 12. Juli erfolgte unser Einmarsch in Brünn , nachdem unsere stattlichen Dragoner, vortrabend die jenſeitigen Ausgänge besezt hatten. Vor Seiner Hoheit dem Herzog defilirend, nah men unsere Bataillone ihre Aufstellung auf den Marktpläßen der Stadt und bezogen die Wachen ; die fröhlichen Klänge unserer Regimentsmusik lockten die durchweg friedlich gesinnten Einwohner herbei, welche mit neugierigen Blicken das jezt sich entwickelnde Lagerleben betrachteten , während Bürger der Stadt die Herbei schaffung von Brod, Fleisch , Caffee, Bier und Brennholz selbst veranlaßten und leiteten. Gegen Abend beseßten die Vorposten unseres 1ften Bataillons die Ausgänge der Stadt , die beiden anderen Bataillone bezogen ihr Nachtquartier in österreichischen Kasernen, während die Bürgerhäuser von der inzwischen einge troffenen 6ten Division belegt wurden. Am Morgen des 13. Juli verließen wir das herrliche Brünn, aber nach kurzem Marsch wurden die Quartiere 1 Meile südlich der Stadt bezogen. Durchpassirende Staffeten und Ertraposten, mit feindlichen Offizieren befeßt, gaben uns Kunde, daß Waffen ftillstands -Verhandlungen gepflogen wurden. Sie scheiterten je doch, denn am 14ten erreichte uns der Befehl zum Weitermarsch. Am 15. Juli rückte das Regiment in's Bivouak bei Muschau, das 1ste Bataillon ins Cantonnement bei Pausram. Dieser Marsch übertraf alle früheren an Beschwerden. Voll ständige Windstille bei einer wahren Gluthhige machten die — Staubwolken auf der „ Kaiserstraße " so heißen hier die Chauffeen — besonders lästig , aber der Gedanke, daß wir, die Vordersten am Feinde, uns dieser Auszeichnung würdig zeigen mußten, erhielt uns in Anspannung. 15. Juli 1866. Jenseits Muschau war die maſſive Brücke über die Thaya von der zurückgehenden feindlichen Cavallerie gründlich zerstört worden. Die noch glimmenden Balken der abgebrannten Brücken

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decke waren zwischen den steinernen Pfeilern niedergestürzt, einen natürlichen Damm bildend, über den das angestaute Waffer sich Bahn brach. Um durch Holzstege von einem Pfeiler zum andern die Brücke wieder passirbar zu machen, wurden die Pionierzüge des 2ten und Füsilier-Bataillons im Geschwindschritt vorgezogen. Mit anstrengendem Marsch erreichten dieſe die Brückenftelle und begannen , die Balken benußend , einen Steg herzustellen, während jenseits der Brücke feindliche Cavallerie- Vorposten uns beobachteten und diejenigen anzugreifen drohten, welche den Fuß auf's feindliche Ufer seßten. Schnell entschlossen warf der Musketier Kalisch der 5ten Compagnie, nachdem er die Erlaubniß hierzu erhalten hatte, so fort die Kleider ab und stürzte sich , auf dem Leibe nur Müge und Hemd, das Gewehr mit einem Arm, die Patronentasche mit den Zähnen festhaltend, in die Thaya und erreichte schwimmend und watend das jenseitige Ufer. Hier schlich er in den hohen Getreidefeldern vorwärts und feuerte auf ungefähr 400 Schritt auf die vorderste der feindlichen Vedetten. Diese machte Kehrt und jagte im Galopp auf Nikolsburg zu, und bald folgten die anderen ihrem Beispiel. Inzwischen hatten die Mannschaften der beiden Pionierzüge, den Lieutenant L. der 9ten Compagnie an der Spize, sich entkleidet und so costümirt , wie es Kalisch als praktisch bewiesen hatte, die Thaya durchschwommen, welche hier stellenweise über 4 Fuß tief und vielfach durch Eggen un gangbar gemacht war. Der Lieutenant L. sammelte am jenseiti gen Ufer feine nackten und naſſen Leute, und zum Entfeßen der Bewohner in den nächsten Dörfern begann nun die Jagd auf die indeffen wieder sichtbar gewordenen feindlichen Cavallerie Patrouillen. Nach kurzem Feuergefecht wurden diese zurückgetrieben und bis in die Nähe von Nikolsburg verfolgt. Der Lieutenant L. requirirte alsdann im nächstgelegenen Dorfe Beinkleider von den feindlichen Bauern , während deren Weiber sich beim An blick unserer Sanscülotten mit angftvollem Kreischen zur Flucht wandten. Auch Balken zum Brückenbau und ein großes Faß Bier requirirte der Lieutenant L. und traf so , jubelnd begrüßt von den Unsrigen, am späten Abend an der Brücke wieder ein. Kalisch war in seinem Eifer mit mehreren Begleitern, dar unter die Musketiere Müller der 7ten und Krüger der Sten Compagnie durch die Stadt Nikolsburg hindurch gegangen. Sie 7

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98 kamen hier noch gerade zur rechten Zeit, um einen Unteroffizier von den , auch zur Avantgarde gehörenden 11ten Ulanen, von denen 1 Zug feitwärts der abgebrannten Brücke im Lauf des Nachmittags die Thaya passirt hatte, von 6 feindlichen Cavalle risten zu befreien. Die Ulanen waren nämlich der feindlichen Cavallerie durch Nikolsburg gefolgt, als plöglich ein Theil der Desterreicher gegen die vordersten unserer Ulanen wieder Front. machte. Trog aller Gegenwehr hatten sie den bereits verwun deten preußischen Unteroffizier umzingelt. Es war dessen Glück, daß Kalisch und seine nacktbeinigen Genoffen hier rechtzeitig ein griffen. Diese verjagten durch einige wohlgezielte Schüffe die feindlichen Cavalleriſten und ſchoffen ihnen mehrere Pferde nieder, so daß noch drei feindliche Reiter zu Gefangenen gemacht werden. fonnten. Am nächsten Morgen um 4 Uhr wurde auf einem während der Nacht gebauten Laufsteg die Thaya überschritten und von den Offizieren zu Pferde nicht ohne Lebensgefahr durchschwom men. Dieser Marsch und die der nächsten Tage waren äußerst anstrengend durch Hiße und Staub. Als die Bataillone am 17. Juli das Hauptquartier Seiner Königlichen Hoheit des Prinzen Albrecht , die Stadt Felsberg, passirten, hatten sie die Auszeichnung, vor ihrem erhabenen Chef auf dem Markte zu defiliren und von Höchstdemselben in der herablaffendsten Weise begrüßt zu werden. Der hohe Herr hat gelegentlich die Gnade gehabt, dieſer Begegnung mit folgenden Worten Erwähnung zu thun : „ Auf dem Markte in Felsberg marschirte das Füsilier-Bataillon bei fast unerträglicher Gewitter schwüle bei mir vorüber. Man sah den Leuten an, wie sehr sie sich bestrebten , die drückende Müdigkeit zu verbergen. Ich rief ihnen zu : „ Füfiliere , Ihr werdet vom heutigen Marsch sehr ermüdet sein ?" worauf sie er wiederten: „O nee, et geht immer noch !" — Als nun die lezten Züge des Bataillons sich naheten, rief ich: „ Nun , ich wünsche Euch ein Paar frische Beine ! " worauf ein kleiner strammer Füsilier , wahrscheinlich ein echt Berliner Kind , sehr vergnügt entgegnete : Na, ich danke Königliche Hoheit, wenn wir man an an dere frische Beene hier requiriren könnten, uns sollt' et schon nich fehlen !"

99

Am 19. Juli erreichte das Regiment Schönkirchen, eine Besizung des österreichischen Erzherzogs Ernst, wo wir, da glücklicherweise der vortreffliche Viehstand hier nicht weggetrieben war, eine reichliche Verpflegung von Fleisch, Wein und Käse fanden. Das Füsilier -Bataillon beseßte den Eisenbahnknoten Genserndorf. Gelegentlich einer Recognoscirung auf Deutsch-Wagram und Markgraf- Neusiedel, wo unſere voraufgehende Cavallerie den Feind nicht mehr vorfand, betraten wir den hiſtoriſch berühmten Boden des Marchfelds wir waren nur noch einen Tagemarsch vor Wien! Auf dem Marsch des 22. Juli traf uns die Nachricht vom Abschluß einer fünftägigen Waffenruhe. Wir kochten im Bivouak ab und beseßten demnächst Deutsch -Wagram, Parbasdorf, Markgraf- Neusiedel , sowie Collerbrunn bei Pirawad. Tags darauf wurde die Avantgarde aufgelöst und trat das Regi ment zur 6ten Diviſion zurück. Obwohl wir hier bis zum 1. August in einer Gegend lagen, wo in guten Zeiten Wohlstand herrscht und der billige Landwein auch selbst dem armen Mann zugänglich ist, so hatten wir doch jezt, wo die Einwohner mit allem ihrem Vieh und Beſißthum die Dörfer verlassen hatten, und durch mehrjährige Mißernten die Felder verödet lagen, mit großen Verpflegungsschwierigkeiten zu kämpfen, da die Proviant - Colonnen noch nicht heran waren. Man half sich, so gut es ging, von den Feldern wurden die reif sten Kartoffeln und Runkelrüben ausgegraben , die Korngarben wurden ausgedroschen, das Wasser des Rußbachs, an dem unsere Cantonnements lagen, wurde künstlich gestaut und dadurch die vorhandenen Mühlen zum Vermahlen der gewonnenen Körner in Gang gebracht ; in den Backöfen der verödeten Gehöfte wurde nun gebacken , aber der Mangel an Salz und Caffee blieb fühl bar, bis unsere Proviant- Colonnen unserer Noth ein Ende machten. Mit sehnsüchtigen Blicken nach den Thürmen Wiens ver glichen unsere Leute die jeßige Situation mit der Waffenruhe an der Schleswig'schen Küste ; - dort kam Alsen nach der Waf fenruhe ―― wird ihr diesmal der Sturm auf Wien folgen ?! Unsere Kameraden der anderen Armee - Corps hatten noch neue Siege bei Tobitschau und bei Preßburg dem Lorbeer von Königgräß hinzufügen können , im Westen Deutschlands hatte 7*

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für uns, die 6te Di Sieg auf Sieg unsere Waffen gekrönt, vision, kam die Waffenruhe eigentlich zu schnell. Am 29. Juli vereinigte ein Feldgottesdienst die am Rußbach cantonnirenden Truppen zu erhebender Feier, am 31ften rückten die Truppen unseres Armee - Corps zur Königs - Parade bei Gen ferndorf, zur Königs - Parade vor Wien! Die Armee Seiner Königlichen Hoheit des Prinzen Friedrich Carl war hier fast vollständig vereinigt. Wer nicht dabei war , kann sich keinen Begriff von dem gewaltigen „, Hurrah ! " machen, welches aus dieser imposanten Truppenmasse fast dreier Armee- Corps unserem verehrten König und Kriegsherrn entgegen schallte. Das 60fte Regiment hatte hier die Auszeichnung , durch seinen erhabenen Chef, Prinz Albrecht, Königliche Hoheit, vor Seiner Majestät dem Könige vorbeigeführt zu werden. Nach dem Vorbeimarsch unserer Bataillone hatten Seine Königliche Hoheit die Gnade, Sich inmitten des Regiments in leutseligster Weise mit Seinen Sechszigern zu unterhalten. Dieser Tag voll Jubel und Auszeichnung wird in der Erinnerung unseres Regi ments unvergeßlich bleiben. Inzwischen waren zu Nikolsburg die Friedenspräliminarien abgeschlossen , denen zufolge bis zum Abschluß des definitiven Friedens die Thaya die Demarkationslinie zwischen den beider seitigen Armeen bilden sollte. Das Regiment trat demgemäß mit dem 1. August den Marsch auf Znaym an, woselbst es am 4. August eintraf. Die Erwartung weiterer Kämpfe, denen wir vollkommen vorbereitet und mit Zuversicht entgegengesehen hatten, war jest geschwunden, bei uns aber zeigten sich die ersten Wirkungen des schlimmsten Feindes kriegführender Armeen, der Cholera; mehrere unserer Leute mußten trog aller Vorsichts maßregeln und der Bemühungen der Aerzte erkrankt im Laza reth zurückbleiben, als das Regiment am 6. Auguſt abmarſchirte ; es waren meist Diejenigen der Erkrankung an dieser Seuche ausgefeßt, welche auf den Märschen nicht vorsichtig genug mit dem Trinken waren. Doch diese Uebelſtände hörten auf, als wir jegt durch wohl habendere Landstriche kamen , die bisher kaum einen Soldaten gesehen hatten. In Diwischau und Umgegend bezog das Regi ment Ruhequartiere ; die geregelte Verpflegung machte die Er krankungen aufhören ; Briefe und Sendungen aus der Heimath erreichten uns jeßt, und in kurzer Zeit war Alles wieder, wie man zu sagen pflegt ,, auf dem Damme ".

101 Hier erreichte uns die Kunde von der Besißergreifung von Hannover, Kurhessen , Nassau und Frankfurt a. M. und von den erhabenen Worten Seiner Majestät des Königs zur Beruhigung der Besorgniß vor französischer Einmischung : ,,Preußen hat nicht nöthig , bei einem solchen Heere irgend Jemand zu fürchten ! " Durch einen Armeebefehl vom 30 sten August erfuhren wir, daß ein ruhmreicher Friede den siegreichen Feldzug befchloffen habe. Rückmarsch. 30. August 1866. Mit dem 30. August begann die Räumung des feindlichen Landes. Wir verließen das Kaiserreich mit dem Bewußtsein, daß wir die Laften und Leiden des Krieges dem unglücklichen und am Kriege schuldlofen Lande nach Kräften erleichtert hatten. Unser Regiment rückte jedoch nicht sofort in das Vaterland zurück, sondern gehörte zu denjenigen Truppen , welche zur Be fegung des Königreichs Sachsen bis zu der Zeit bestimmt waren, wo auch der Friede mit diesem Lande abgeschlossen sein würde. Das Regiment traf am 12. September in Dresden ein. Da hatten unsere Leute am darauffolgenden Ruhetage Gelegen heit, sich die Brühl'sche Terrasse anzusehen , und das Wald schlößchen Bier an der Quelle zu probiren. Am 14. September segte das Regiment den Marsch nach seinem Bestimmungsort Leipzig fort. Hierbei benugte das Füsilier -Bataillon die Eisenbahn. Der Stab desselben und die 10 te und 11te Compagnie wurden gleich weiter bis nach Greiß befördert, um bis zum Abschluß des Friedens mit dem Fürsten thum Reuß ältere Linie daselbst als Besagung zu verbleiben. Am 20. September rückten das 1ste und 2te Bataillon in Leipzig ein, woselbst unser Ersag - Bataillon aus Torgau bereits eingetroffen war. Dasselbe wurde in das mobile Regiment ein verleibt und ſegten sich die Bataillone am 22. September auf den Etat von 802 Köpfen , so daß die ältesten Jahrgänge schon jezt in die Heimath entlassen werden konnten. Das Regiment blieb jedoch bis auf Weiteres mobil. Jegt wurde Bekleidung und Ausrüstung wieder kriegsbrauch bar hergestellt, und unsere Exercier- und Felddienst - Uebungen erregten das lebhafte Intereffe der Bewohner Leipzigs , welche seit lange nicht eine so bedeutende Garnison in ihren Mauern

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gesehen hatten. Zur Zeit unseres Einrückens in Leipzig hatte hier die große Meffe begonnen , das lebhafte Treiben und Durchein anderwogen der Handelsleute aller Nationen war für unsere Mannschaften etwas höchst Interessantes , und da wir durchweg mit großer Freundlichkeit hier aufgenommen worden waren , so fühlte sich das Regiment hier bald so heimisch, daß die Sehnsucht nach unseren Garnisonen nur sehr vereinzelt bemerkbar wurde. Im Anfang October kamen aus Greig wieder zum Regiment sichter der Füsiliere verkündeten , wohl gegangen sein müsse. Am 11ten October feierten

die 10te und 11te Compagnie zurück und die vergnügten Ge daß es auch dort ihnen recht

wir hier in Leipzig , wo vor 53 Jahren unsere Väter die große Völkerschlacht schlugen, in echt preußischer Weise einen Act der Gnade unseres Königlichen Kriegs herrn. Seine Majestät der König hatten denjenigen Offizieren und Mannschaften, welche sich im Feldzug gegen Oesterreich aus gezeichnet hatten, Orden und Ehrenzeichen verliehen. Nach einer Uebung im Regiment nahm dasselbe auf dem Königs- Plag zu Leipzig Aufstellung, und unser Herr Oberst verkündete die Aller gnädigste Verleihung der Decorationen für den Feldzug 1866. Vor der Front des Regiments wurden diese alsdann den Offi zieren und Mannschaften feierlichst an die Brust geheftet, und ein von unserem Herrn Regiments - Commandeur nach kurzer Ansprache ausgebrachtes donnerndes Hoch auf Seine Majestät "I König Wilhelm unter den Klängen „ Heil dir im Siegerkranz ' schloß die Feier, während die zahlreich anwesende Bevölkerung Leipzigs in unser Hochrufen aus voller Brust einstimmte. — Es erhielten : den Kronen - Orden 4ter Claffe mit Schwertern : Premier = Lieutenant von Leliwa; von Khaynach ; den Rothen Adler- Orden 4ter Classe mit Schwertern: Seconde-Lieutenant Bock; von Lattorff II.; Schloß (Landwehr - Offizier) ; die Schwerter zum Rothen Adler - Orden 4ter Claffe: Hauptmann von Wins ; den Rothen Adler- Orden 4ter Claffe: Stabs - Arzt Dr. van Asten ; im Namen Seiner Majestät wurden belobt : Premier Lieutenant Maurer ; von Zaluskowsky ;

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das Ehrenzeichen 2ter Classe: Unteroffizier Leopold .. Hadeball . • Gefreiter Mewes . • • •

der 1sten Compagnie;

Spremberg Musketier Scholz I.. Walter.

·

Feldwebel Böttcher . Unteroffizier Wäscher . Kieckebusch • • Fleck .. •

2ten

3 ,1

4 .

Waldhausen • Holzapfel. • • • Kalisch. Carom . Goldammer Publer. · • • Sommerfeldt • Otto II. • · Musketier Log · • Unteroffizier Häufeler • • • Musketier Müller II. • Tambour Müller .. • • Gefreiter Schröder ... • Musketier Köhler . • Sergeant Schulze . · Unteroffizier Ackermann • Feldwebel Praetorius • • Sensche Unteroffizier Reinice . • Gefreiter Krahn . • • • Füfilier Bastian . • • Schilling • • Feldwebel Schrepffer •

• • =

5 .

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• Füfilier Lehmann . ·- 12 . • • Pahlow .. Schneider . Ende October begann bei jedem Bataillon die Formation einer neuen Compagnie aus Abgaben der anderen Compagnien. Diese 3 neuen Compagnien, bestimmt zur Bildung eines neuen Infanterie-Regiments, wurden per Bahn am 4. November nach

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Brandenburg a. H. befördert, woselbst aus den neuformirten Compagnien der 6ten Division das jezige ostfriesische Infanterie Regiment Nr. 78 zusammengestellt wurde. Nachdem am 5. November die Demobilmachung eingetreten war, und das Regiment sich auf den Etat von 518 Köpfen gefegt hatte; nachdem wir am 11. November den von Seiner Majestät dem König anbefohlenen Friedens - Dank - Gottesdienst in der Nicolai-Kirche zu Leipzig mit den jest ebenfalls hier garnisoni renden beiden Bataillonen des 6ten brandenburgischen Infanterie Regiments Nr. 52 gefeiert hatten, erhielt das Regiment am 5ten Januar 1867 Befehl, in seine alten Garnisonen abzurücken. Die schönen Tage von Leipzig waren nun vorüber. Das Füfilier -Bataillon wurde per Eisenbahn bis Berlin, das 1ste und 2te Bataillon bis Wrießen resp . Angermünde beför dert. Das Füfilier- Bataillon hatte beim Durchmarsch durch Berlin die Auszeichnung, vor Seiner Majestät dem König , vorbeigeführt durch Seine Königliche Hoheit, unseren erhabenen Chef, zu defiliren. Am 7. resp. 8. Januar 1867 rückten die Bataillone in ihre alten Garnisonen ein , und der ihnen hier bereitete fest liche Empfang zeigte, daß wir troß langer Abwesenheit im Vater lande nicht vergessen worden waren. In die Garnisonen zurückgekehrt, durften wir das von Sei ner Majestät dem König zum Andenken an 1866 gestiftete Er innerungs -Kreuz für Königgräß anlegen und das Band dieses Kreuzes , geschmückt mit den Schwertern , in erhebender Feier um unsere Fahnen winden. Im März 1867 verließ uns der Herr Oberst von Hart mann , unser Regiments - Commandeur während beider Feldzüge, um das Commando der 6ten Infanterie - Brigade zu übernehmen. An seine Stelle trat als Commandeur unseres Regiments der Herr Oberst - Lieutenant von Knobelsdorff vom Schlesischen Füsilier- Regiment Nr. 38, welcher am 18. April desselben Jahres zum Obersten befördert wurde. Im April 1867 entriß uns der Tod den Commandeur des Füsilier - Bataillons, Major von Cranach , an deſſen Stelle der Herr Major Steinfeld , jezt Oberſt- Lieutenant, das Commando genannten Bataillons übernahm. In den ersten Tagen des Januar 1868 rückte das Füsilier Bataillon aus Strausberg nach Neustadt - Eberswalde, um hier dauernd in Garnison zu bleiben.

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Die sieg und erfolgreichen Kämpfe unserer Armee und ihre mit der Erweiterung unserer Grenzen zusammenhängende Ver größerung haben in allen Theilen unseres Heeres den Eifer zu weiterer Vervollkommnung und zur neuen Vorhereitung für den Krieg verdoppelt; so hat auch unser Regiment in unablässiger Thätigkeit die Friedensjahre 1867 und 1868 dazu benugt, seine junge Mannschaft zu der Kriegstüchtigkeit heranzubilden , welcher daffelbe seine Erfolge vor dem Feinde zu verdanken hat. Zahlreiche Acte der gnädigsten Theilnahme und Fürsorge Seiner Königlichen Hoheit, unseres hohen Chefs, haben auch in dieser Zeit Zeugniß gegeben von dem lebhaften Interesse Höchstdesselben für Sein Regiment. So war namentlich der 9. November 1868 ein unvergeß licher Ehrentag für das 60ste Regiment, der Tag , an welchem Seine Königliche Hoheit Prinz Albrecht Seinem Regiment die Auszeichnung Höchstseines Besuches in den Garnisonen desselben zu Theil werden ließ. Ihre Königlichen Hoheiten , unser erhabener Chef und der commandirende Herr General , begleitet von unserem Divisions - Commandeur , Seiner Excellenz General - Lieutenant von Buddenbrock und von unserem Herrn Brigade- Comman deur, General -Major von Berger, begrüßten und besichtigten die Mannschaften unseres Füsilier - Bataillons auf dem Bahnhof von Neustadt -Eberswalde und die Mannschaften des 1sten Ba taillons auf dem Bahnhof zu Wrießen a. D. Die Unteroffiziere und Mannschaften des Regiments wurden reich beschenkt, während das Offizier Corps von Seiner Königlichen Hoheit zur Tafel be fohlen wurde. Als hier die Klänge des ,,Heil Dir im Siegerkranz " verhallt waren, welche den Toast auf Seine Majestät den König begleiteten, sprach Seine Königliche Hoheit von Neuem in gnä digster Weise Höchstseine Teilnahme für das Regiment aus und widmete alsdann, nach Erwähnung unserer erinnerungsreichen Ge fechtstage, dem Andenken unſerer im Kampf für König und Vater land gefallenen Kameraden ein ſtilles Glas. Folgen wir dem erhabenen Beispiel Seiner Königlichen Ho heit, unseres hohen Chefs! Gedenken wir fort und fort unserer theueren Todten , welche durch ihr Kämpfen und Sterben uns, den Ueberlebenden die Bahn gebrochen haben, gedenken wir auch Derer in Ehren, welche mit dem Blute ehrenvoller Wunden un sere Siege mit erkauften , ―――――― und erinnern wir uns stets mit Dankbarkeit unserer Vorgesezten , deren Führung und Beispiel

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wir die Möglichkeit verdanken, den ersten Lorbeer um unsere Fahnen gewunden zu haben. Möge die Erinnerung an die Waffenthaten, welche in dieſem Buch verzeichnet ſtehen , uns Allen , die wir uns mit Stolz An gehörige des 60ften Regimentes nennen , Sporn und Anregung werden, den Siegeszeichen , welche an unsere Fahnen geknüpft find, in Mannszucht und Tapferkeit neue hinzuzufügen, - mö gen wir , ausgezeichnet durch die Gnade unseres Allerhöchsten Kriegsherrn , unausgesezt darnach streben, uns überall bei jeder Gelegenheit in gleicher Weise die Zufriedenheit unseres Königs und Herrn zu erwerben. Mit dem Wunsche, welchen Seine Königliche Hoheit, unser erhabener Chef, an dem Tage uns entgegenrief, als Höchst derfelbe an die Spiße unseres Regiments trat , dem Wunſche: „ es möchten dem Regiment noch viele glänzende Tage bevorstehen, wie es die vergangenen waren , aber nie mals schlechtere, " - rufen wir stets und immerdar : Es lebe Seine Majestät der König und unſer theueres Vaterland !

Anhang.

Folgende hervorragende Einzelthaten von Mannschaften des Re giments und Beispiele von Bravour und Tüchtigkeit, welche es verdienen, der Vergessenheit entzogen zu werden, mögen hier ihre Stelle finden, da dieselben in den vorliegenden Blättern nicht ein gefügt werden konnten, ohne die Uebersichtlichkeit des Ganzen zu beeinträchtigen.

1. Herr Lieutenant, ich hol' ihn mir! Als am 1. Februar nach dem Ueberschreiten der Eider der Commandeur unseres 1sten Bataillons in der Avantgarde in der Nähe von Windeby die feindliche Infanterie erreicht hatte, detachirte er unsere 3te Compagnie mit dem Auftrage, den Wald nordwestlich der Straße abzusuchen und durch schnelles Vorgehen den weichenden Dänen den Rückweg zu verlegen. Als die Com pagnie den Wald durchschritten hatte und in das freiere Terrain hinaustrat, erſcholl von den zurücksprengenden Husaren -Patrouil len der freudige Ausruf: „ Die Danske's ſind da!" Die vom Compagnie- Chef, Hauptmann von L. , vorgeschickten Schüßen " gingen mit freudigem Hurrah, mit der alten preußischen Bravour und mit großer Schnelligkeit vor, sahen ein sich abziehendes dä nisches Bataillon und suchten möglichst bald an den Feind zu kommen. Ungefähr 400 Schritt von den zurückgehenden feind lichen Schüßen entfernt, sah der Führer der Schüßen, der Lieu tenant v. d. S. , wie der Gefreite Schlaffte das Gewehr an schlug und rief ihm zu : „ Seßen Sie ab , es ist zu weit, Sie treffen doch nicht!" Mit dem Rufe : „ Passen Sie auf, Herr Lieutenant , ich hol ihn mir," krachte der Schuß los, und der Däne stürzte zusammen. Spätere Nachforschungen haben

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ergeben, daß die Kugel dem Dänen durch beide Kniekehlen ge gangen war. Der Gefreite Schlafke, ein guter Schüße und Flügelmannn der Compagnie , zeichnete sich im weiteren Verlauf des Gefechtes durch große Ruhe, Sicherheit im Schießen und Bravour derartig aus, daß er zu denen gehörte , welchen durch Verleihung des Militair-Ehrenzeichens 2ter Klaffe die Allerhöchste Anerkennung zu Theil wurde.

2. Kinder, man vorwärts, heute geht's los ! Bei dem Vorgehen des 2ten Bataillons am 2. Februar 1864 von der Ornumer Mühle aus gegen die Schanzen bei Miſſunde machte sich der Reservist Häfeler der 6ten Compagnie, Ma schinenbauer aus Berlin, besonders vortheilhaft bemerkbar. Hatte ihn seine gute Laune auf den beschwerlichen Märſchen zum Kriegsschauplage nie verlassen , hatte er die Kameraden durch seine drolligen Späße und Gesangs - Vorträge stets erheitert, so verließ ihn auch jezt, wo es der Bluttaufe entgegen ging, sein guter Humor nicht. Während die Compagnie im dichten Nebel vorging, lautlos - wie es wohl vor dem ersten Gefecht zu geschehen pflegt während bereits mehre Kameraden im Gliede niederſanken, ge troffen von den feindlichen Geschoffen, von denen man kaum wußte, aus welcher Richtung sie kamen , hörte man Häfeler's Stimme aus der Masse: Kinder man vorwärts , heute geht's los , nur drauf!" Als das Bataillon vom Plateau aus nach einer kleinen Anhöhe 200 Schritt vor der dänischen Schanze vorbrach, und die Schüßenzüge sofort die Kuppe besezen mußten, war Häfeler der Erste, schlich sich am weitesten hinauf und schoß mit wahrer Passion nach der Schanze, die man immer deutlicher sah; "/ Herr Hauptmann , jezt habe ich einen weg gepustet," rief er wiederholt und behielt dabei eine Kaltblütigkeit, als wäre er im Kriege groß geworden. Als nun mehrere Leute von feindlichen Kugeln verwundet wurden , bat er flehentlich, helfen zu dürfen und legte geschickt den ersten Verband an; kaum war er damit fertig, so sah man ihn auch schon wieder auf der Kuppe im Anschlage liegen. Seine Dreistigkeit nahm zu , oben stand er, nur halbgedeckt, das Gewehr an der Backe, da drang ihm

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eine Kugel in den Leib und lautlos sank er nieder. Ein harter Verlust für die Compagnie ! Welches Beispiel, welche Aufmun terung hätte er im Laufe des Krieges den Kameraden gegeben ! Beim Abzuge des Bataillons mußte er leider zurückgelaſſen werden. Später ausgeschickte Krankenträger trugen ihn nach Brodersby , wo er neben anderen tapferen Kameraden auf dem Kirchhofe ruht. Auf Befehl Seiner Majestät des Königs wurde das Militair- Ehrenzeichen 2ter Klasse seinen Hinterbliebenen zu gesandt.

3.

Sergeant Mücket. Im Gefechte bei Missunde ist noch des Sergeant Mücket der 6ten Compagnie zu gedenken. Derselbe zog vom ersten Augenblick an, als das Bataillon bei der Ornumer Mühle sich zum Gefecht in Compagnie- Colonne formirte, die Aufmerk famkeit des Compagnie- Chefs auf sich durch hervorstechende Kalt blütigkeit, man kann sagen : ungeheuchelte Freudigkeit zum bevor stehenden Kampfe. Noch hielten die Compagnien, ehe das Bataillon Befehl zum Vorwärtsgehen bekam, kurze Raft in der Nähe genannter Mühle ; die Offiziere saßen zusammen , gegen einen Knick gelehnt ; nahe beim Hauptmann K. der Sergeant Mücket. Da begrüßte uns die erste dänische Granate, schlug dicht neben uns in den Knick und wühlte sich hinein, so daß die Erde hoch in die Luft flog. Wer behielt da wohl seine Ruhe innerlich wie sonst? Mücket, mit demselben Gesicht, welches er beim Unterricht im Bajonettiren in der Garnison hatte, mit einem auch nicht die geringste Aufregung verrathenden Tone sagte nur : „ Herr Hauptmann , rücken Sie näher zu mir , Ihnen war die Bestie am nächsten , es könnte noch eine kommen.“ Jest hieß es : „ vorwärts ! " Im dichten Nebel sausen die Kugeln durch und über die Reihen, Mücket's Stimme hört man : „Kinder, man nicht ängstlich, Ihr müßt denken , jede Kugel trifft ja nicht ; seht mal , ich habe eine Braut und will auch lieber lebendig zurückkommen , doch wenn es sein muß, stirbt man als Soldat treu seinem König ! " Als das Bataillon nach zweistündiger Beseßung der Anhöhe vor der feindlichen Schanze Befehl zum Zurückgehen erhielt, war

110 die 6te Compagnie, die legte, welche sich abzog . Mücket erhielt den Auftrag , an Stelle des verwundeten Schüßen - Offiziers mit dem Schüßenzuge das Abziehen der beiden anderen Züge zu decken und führte dies mit Umsicht und seltener Kaltblütigkeit aus, fortwährend die Leute zum Schießen anfeuernd , das Auge unverwandt nach der Schanze, aus der jeden Augenblick ein Aus fall erwartet werden mußte. Mit der lezten Section war er der legte und kam unversehrt zur Compagnie zurück. Er hat das Verdienst, durch seine Ruhe und Standhaftigkeit die Leute bis zulegt gefeffelt und zur hingebendsten Tapferkeit ermuntert zu haben. Der Sergeant Mücket erhielt das Militair - Ehrenzeichen 2ter Claffe.

4. Die Bombe aus Schanze V. Am 17. März erhielt die 6te Compagnie den Befehl , mit der 8ten Compagnie zugleich vom Spißberge aus die dänischen Vorposten bis gegen Frydendahl, einem Gehöft an der Son derburger Chauffee, zurückzuwerfen. Dieser Auftrag wurde wie auf dem Erercirplag und von den Leuten mit bewunderungswerther Ruhe und Schnelligkeit ausgeführt. Die Tiralleurs avancirten gruppenweise im Marsch! Marsch! gegen die hinter den Knicks liegenden dänischen Schüßen, welche auf das lebhafteste feuerten , aber sofort dem ungestümen Vordringen Plaß machten und den nächsten Knick fuchten . So wurden sie von Knick zu Knick getrieben , bis zu dem genannten Gehöft. Die Compagnie hatte nur einen Verwundeten, da die Schüffe, welche uns wie Bienen um die Ohren sausten, ――――― zu hoch gingen. Schon neigte sich der Tag, da erhielt die Compagnie Befehl, zurück zu gehen und sich als Soutien der Vorposten aufzustellen. Die Compagnie schlug den Rückweg auf der Sonderburger Chauffee ein, die Leute mußten rechts und links im Graben gehen, der Hauptmann allein ging mitten auf der Chauffee. Da fiel krachend ein Kanonenschuß und in demselben Momente lag ein dunkler Haufen, im Blute zuckend, auf der Chauffee. Eine Bombe aus Schanze V. hatte man uns als Abschiedsgruß nachgesandt, und crepirend entriß dies kolossale Eisen der Compagnie 7 Tapfere, welche unvorsichtiger Weise allmälig aus dem Graben dem Haupt

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mann auf die Chauffee gefolgt waren. Es war ein wirklich un heimliches Intermezzo , doch die Compagnie behielt, wie immer, ihre Ruhe und folgte dem Commando : „ rechts um ! " ſeitwärts der Chauffee, falls die Dänen in ihrer Zärtlichkeit einen zweiten Abschiedsgruß senden sollten. Unter den Gefallenen sei der Reservist Wegener erwähnt, ein kleiner, kerniger Zimmergeselle, der vor und während des Gefechts wiederholt zum Hauptmann äußerte: „ Heute muß ich mir einen Dänen fangen , heute oder nie!" Troßdem er im Gefecht oft wie wüthend vorwärts lief, und über die Hälfte seiner Patronen verschoffen hatte , konnte er seinen Wunsch nicht ausführen. Jest lag er da, jämmerlich zerschmettert , aber kein Wort der Klage kam von den zuckenden Lippen als der Ausruf: ,,Wer wird nun für meine alte Mutter forgen!" Durch ein Sprengstück deffelben Geschoffes wurde auch dem Musketier Wittstock der rechte Oberarm zerschmettert. Die un fäglichen Schmerzen verbeißend, ging dieſer, zum Staunen seiner Kameraden, vollständig aufrecht und stramm zum Verbandplaß ja er half sogar einem verwundeten Kameraden auf demselben Wege, ihn, so gut es ging, mit dem gefunden Arm ſtügend. Beide erwartete dort die Amputation. Wittstock unterzog sich derselben mit einer Standhaftigkeit , welche die Aerzte mit Verwunderung erfüllte. Nach Verlust seines rechten Armes sollte er unter sorgsamer Führung eines Lazareth - Gehülfen zur Ambulance geleitet werden, doch mit stolzer Gebehrde wies er diese Hülfe mit den Worten zurück : „ laßt mich allein gehen , ich habe noch Kraft ge nug, hier in Gegenwart der vtelen Verwundeten meine ganze Courage zu zeigen , denn auch mit einem Arm werde ich mir durch die Welt helfen!" Erst als ihn am Krankenwagen in Folge des Blutverlustes eine schwere Ohnmacht befiel, ließ er sich fremde Hülfe gefallen. Wittstock wurde mit der kleinen österreichischen Tapferkeits Medaille decorirt. -

5. Ein Revierkranker täuscht den „ Rolf Krake “. Am Anfang des Monats April 1864 hatten Theile des Re giments den südöstlichen Theil des Broaker belegt. Die 5te

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Compagnie namentlich hatte einige Quartiere, darunter das des Hauptmann von R., welche kaum 200 Schritt vom Strande ent fernt lagen. "/ Rolf Krake " umfuhr zuweilen die Südfpiße der Halbinsel , und es wurde vorausgeseßt, daß in den nächſten Tagen vielleicht hier eine Landung versucht werden würde, wie der Feind sie öfter an anderen Stellen der Schleswiger Küste überraschend ausgeführt hatte. Eines Nachmittags, als die Com pagnie das Cantonnement verlassen hatte, um auf Strand wache bei den Gammelmark - Batterien zu ziehen , waren ein Revierkranker und 3-4 Handwerker im Quartier des Haupt manns zurückgeblieben. Der Revierkranke, Musketier Chemniß , war in dem benach barten Dorfe bei dem Arzt gewesen und gewahrte bei der Rück kehr den ,, Rolf Krake “, vor der Südſpiße der Halbinsel liegend ; es war ein flaches Boot mit etwa 20 Bewaffneten ausgesezt und im Begriff, sich gegen die Küste in Bewegung zu seßen. Der Musketier ergriff einen auf der Erde liegenden Stock und schlug mehrere Male mit demselben , wie mit einem Gewehr , an, was schon die Insaffen des Bootes stugig machte, er lief dann schnell in das Quartier, in welchem die Handwerker arbeiteten , rief diese heraus, und durch ein lebhaftes Schnellfeuer, welches diese 4-5 Mann auf das feindliche Boot richteten , wurde der Lan dungsversuch vereitelt , welcher es eben nur auf eine Ueber rumpelung abgesehen hatte. Der Geistesgegenwart des Revier kranken war dieser Erfolg zu danken.

6.

Underkuset eder Danske, -

auf Märkisch: Kusch' dir, Danske !

Als am 13. April 1864, Abends , das 1ste Bataillon die dänischen Vorposten in die Düppeler Schanzen zurückwerfen mußte, um Raum zur Anlegung der Parallele zu schaffen, fand auch der damalige Feldwebel Conrad der 2ten Compagnie, welcher später wegen Auszeichnung vor dem Feinde zum Offizier befördert wurde, Gelegenheit, einen Beweis von Geistesgegenwart zu liefern. Die 2 te Compagnie war , wie die anderen , nach eben stattgehabtem Gefecht beschäftigt, sich einzugraben und einzunisten, um die Vor posten vor den Trancheen zu bilden ; die Ausdehnung der Linie war nicht unbedeutend, es befanden sich daher auch, besonders zu

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Anfang, selbst innerhalb der einzelnen Compagnien, ziemlich lange Strecken, die noch unbeſegt waren. Eine solche hatte der Feld webel Conrad zu paffiren, als er von einer Abtheilung zur anderen seiner Compagnie gehen wollte. Plöglich kommt er auf seinem Wege an eine größere Schüßengrube , die von einem Trupp Soldaten besezt ist. Die Dunkelheit der Nacht gestattet nicht zu unterscheiden , ob Freund oder Feind vor ihm ist; - er jedoch, in der festen Meinung, daß es Mannschaften der eigenen Compagnie find, tritt hinein und findet - eine kleine däni sche Feldwache, welche durch Zufall nicht mit überrannt, daher intakt geblieben war. Jest war guter Rath theuer, doch unser Feldwebel hat den Kopf auf dem rechten Fleck, er weiß, Hülfe giebt es in nächster Nähe nicht , also selbst frisch gehandelt ; er fordert den Trupp mit der obigen, damals wohlbekannten däniſchen Redensart zur Ablegung der Waffen auf, und siehe da, die wahr scheinlich durch die ganze Situation und das sichere Auftreten des Feldwebels, den sie wohl nicht ohne Gefolge glaubten, verblüfften Dänen legen die Waffen ab und folgen ihrem nunmehrigen Führer, der sie zur nächsten Feldwache seiner Compagnie bringt.

7. Rettung eines Kameraden von den Pionieren. Bei dem Zurückwerfen der dänischen Vorposten in der Nacht vom 13. zum 14. April 1864 waren die Schüßenzüge der 2ten und 4ten Compagnie zu weit vorgegangen und mußten sich auf Befehl in die von den Pionieren zu ihrer Deckung ausgehobenen Schüßengräben zurückziehen. Der Schüßenzug der 2ten Compagnie war schon geordnet in den noch nicht vollständig fertigen Gräben , als der Gefreite Capeller, einer von den in echter Waffenbrüderschaft mit uns vorgegangenen Pionieren, von den Schanzen zurückkehrte und rief: "IKameraden, vor uns liegt mein Landsmann , der Pionier Schulz verwundet ; wer Courage im Leibe hat, der helfe mir, ihn aus dem feindlichen Feuer zu schaffen." Sofort trat unter Anderen der Gefreite Köbke von der 2 ten Compagnie unseres Regiments zu dem Gefreiten Capeller her an, erkundigte sich nach der Stelle, an welcher der Verwundete 8

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liegen solle, und sagte, daß es seine und seiner Kameraden Pflicht sei, sich dem gefahrvollen Unternehmen auszuseßen, und daß es ihn freue, den braven Pionieren so einen Dienst der Dankbarkeit und Liebe erweisen zu können. Zu gleicher Zeit waren auch noch einige Pioniere herbeige sprungen, und es entspann sich nun ein edler Wetteifer, wer mehr berechtigt sei, den verwundeten Kameraden zurückzuholen. Der Führer des Zuges mußte durch wiederholten Befehl die Pioniere zurückhalten und bestimmen , daß der Gefreite Köbke und der Musketier Itershagen , geführt durch den Gefreiten Capeller , den Verwundeten aus seiner traurigen Lage befreiten. In sehr heftigem Kugelregen wurde der Pionier Schulz von den drei Genannten mit großer Ruhe zurückgebracht. Die That wurde dadurch belohnt, daß der Gefreite Capeller das Militair-Ehrenzeichen 2ter Claffe und der Gefreite Köble eine Belobigung Seiner Majestät des Königs erhielt.

8. Kurzer Prozeß. Beim Nachtgefecht von Düppel am 13. April hatte die 11te Compagnie die dänischen Vorposten 300 Schritt überlaufen , die überraschten Dänen gefangen und grub sich eben in die Erde ein, als sie von links rückwärts mehrere Schüsse bekam. In dem Glauben, daß diese Schüsse bei der Dunkelheit von den eigenen Leuten herrühren, schickte der Hauptmann von S. den Gefreiten Walther mit dem Auftrage ab , dies Mißverständniß zu klären und ferneres Schießen zu inhibiren. Walther bekam nochmals Feuer und fah , daß dies aus einer noch beseßten , feindlichen Schüßengrube kam. Ohne Be finnen und ohne Unterstüßung abzuwarten, stürzte sich Walther ganz allein mit gefälltem Bajonett auf die Schüßengrube, den Dänen zurufend , sie sollen die Gewehre fortwerfen und sich er geben, da er sonst jeden Einzelnen mit dem Bajonett nieder machen werde. Auf dieses Zurufen und courageuse Vorgehen ergaben sich 4 Dänen, die der Gefreite Walther als Ge fangene einbrachte, während die übrigen , etwa 8-10 Mann, schleunigst links über die Chauffee abzogen, wo ein Angriff in dieser Nacht nicht stattgefunden hatte, und die feindlichen

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Vorposten noch in unserer linken Flanke standen. Gefreiter Walther erhielt für sein Benehmen das Militair - Ehrenzeichen 2ter Claffe.

9. Der Füfilier Röder als Beispiel für alle Mannschaften des Pionier -Zuges. Nach den Gefechten des 13. und 14. April hatte das Füfilier Bataillon als Soutien der unmittelbar am Feinde in Schüßen gruben einlogirten Musketiere die 2te Parallele besezt, zwischen den Vorposten und unserer Parallele fehlte es an jeder gesicherten Verbindung , und um solche herzustellen , erbat sich der Premier Lieutenant C., Führer der 10ten Compagnie, die Disposition über die Pionier- Sectionen des Bataillons. Diese waren sogleich zur Hand, und mit Hülfe eines improviſirten Wälzkorbes, d. h. eines Schanzkorbes, der mit Reisig und Stroh vollgestopft worden war, begann die Arbeit. Bisher hatte das feindliche Gewehrfeuer nur selten sich auf uns`gerichtet , jezt aber begann der Feind wahrscheinlich aus Wallbüchsen die Sappen - Tête unter Feuer zu nehmen , und Kugel auf Kugel schlug präcise in den Wälzkorb oder deffen Nähe. Die Leute gruben emfig , und mit Hülfe der Deckung des Korbes und der aufgeworfenen Erde gelang es, ohne Verluste aus der Parallele den Anfang der Zickzacks heraus zu bauen ; die Arbeit schritt aber nur langsam vorwärts , da an der Sappen - Tête nur wenig Leute zu gleicher Zeit arbeiten konnten. Der Premier Lieutenant C. drückte dies , als grade Leute seiner Compagnie arbeiteten, dieſen gegenüber aus, mit dem Bedauern, daß wir auf diese Weise noch lange nicht mit dieſem gesicherten Wege für unsere vorn am Feinde liegenden Kameraden fertig würden. Kaum hörte dies der Füsilier Röder, der eben hinter dem Wälzkorbe, flach auf der Erde liegend, arbeitete, als er, ein gewandter und verwegener Mann, plöglich aufsprang und eine Strecke auf dem freien Felde vorlaufend , im feindlichen Feuer niederkniete und sich unter dem Schwirren der Geschosse mit großer Gewandheit in die Erde grub. Bald war der Brave außer aller Gefahr, hatte auch in kurzer Zeit seine Deckung der artig erweitert, daß mehrere seiner Kameraden bei ihm Deckung finden konnten. Jest wurde es möglich, an mehreren Stellen zugleich zu arbeiten und gegen Mittag war es gelungen , unsere 8* 1

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Kameraden in den Schüßengruben zu erreichen, welche nicht wenig erfreut waren, eine so gesicherte Communikation mit der Parallele zu befizen. Dem verwegenen Röder war es zu danken, daß der Bau derselben so schnell vorschreiten konnte. Bis zum Sturm wurde diese Communikation, ſpäter erweitert, eifrig benußt, und hat, da sie durch ein vom Feinde scharf mit Feuer bestrichenes Terrain führte, wohl Manchen vor Verlegungen behütet.

10. Herr Hauptmann, ich kann nicht mehr! Am 17. April 1864, Abends 7 Uhr , hatte die 12te Com pagnie mit der 11ten , 2ten und 4ten Compagnie , die Vor posten in der 3ten Parallele bezogen , die 12te Compagnie, die Feldwache Nr. 3. Bei herrlichem Mondschein waren die Vorposten bis Morgens 3 Uhr heftigem feindlichen Kartätschfeuer ausgefeßt . Um 4 Uhr sammelten sich die ersten Sturm - Colonnen in der 3ten Parallele. Vormittags , Punkt 10 Uhr , wurden die Schüßenzüge der Sturm - Colonnen über die Vorposten hinaus vorgeschickt, sie nisteten sich an den Schanzen ein, um dem Feinde sein Feuer abzulocken. In der vordersten Schüßengrube hatte der Füsilier Biehain bemerkt, daß ein Mann von den Schüßen der Sturm - Colonne verwundet sei, sofort sprang derselbe aus seiner Deckung heraus, lief nach vorn, nahm den Verwundeten auf den Rücken und trug denselben zurück. Er wurde hierbei leicht verwundet. Als er mit seiner Bürde durch das neben dem Ausfall befindliche Loch kroch, erhielt Biehain eine zweite, gefährliche Verwundung, in dem ihm ein Theil der einen Hode abgeschossen wurde, er hatte indessen noch so viel Kraft, den Verwundeten in Sicherheit zu bringen und denselben in der Parallele zu bergen , indem er zu feinem Hauptmann , Grafen v. d. S. , zusammenfinkend sagte : „ Herr Hauptmann , ich kann nicht mehr !" Der Füsilier Biehain wurde zur Verwunderung der Aerzte im Lazareth zu Flensburg wieder hergestellt , meldete sich in Husum wieder bei der Compagnie, wurde aber beim Vormarsch nach Alsen in die Heimath geschickt. Er erhielt später das Militair - Ehrenzeichen 2ter Claffe und wurde als Halb - Invalide entlassen .

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Zum Feldzuge 1866 blieb Biehain nicht zu Hause; er mel dete sich freiwillig zum Eintritt und wurde dem Leib- Grenadier Regiment Nr. 8 zugetheilt.

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Der Feldwebel Joers. Ein vortreffliches Beispiel für die Unteroffiziere und Mann schaften während des ganzen Feldzuges war der Feldwebel Joerß der 6ten Compagnie. Fand man ihn nach den angestrengtesten Märschen sofort wieder mit seinen schriftlichen Arbeiten beschäftigt, war er unermüdlich in der Beaufsichtigung der Leute betreffs der Einquartierung und Verpflegung, so war er auch durch seine Luft zum Soldatenleben, durch seine Unerschrockenheit und ausgezeich nete Ruhe im Gefecht Allen ein Vorbild. Er war der Einzige, der Frau und Kind in der Heimath zurück gelaffen hatte, und doch war keiner in der Compagnie, welcher mit mehr Luft und Passion Feldsoldat war. Am Vorabend des Stur mes der Düppeler Schanzen kam er erst um 10 Uhr Abends mit dem Befehl aus dem Bataillons - Stabs - Quartier, daß die Com pagnie um 1 Uhr des Nachts in der Büffelkoppel stehen solle und daß der Sturm stattfände, was bis dahin Geheimniß war. In alle Quartiere ging er und sah, daß vor dem Aufbruch, wie es befohlen, Kaffee gekocht wurde, sprach den Leuten guten Muth zu und machte sie auf den ehrenvollen Auftrag aufmerkſam, den die Compagnie durch die Theilnahme am Sturm habe ; um 12 Uhr trat er vor die Compagnie, ohne einen Moment geruht zu haben. Als die Compagnie Vormittags 10 Uhr am 18. April aus der 3ten Parallele vorstürmte , war Joerß mit der Compagnie Fahne, die er sich besonders zu tragen erbeten hatte, einer der Ersten, erreichte aber nicht die feindliche Schanze ; ein Schuß in die Lende streckte ihn zn Boden. Da sieht er, wie ein Schwäch ling im Laufen einhält und sich vor den feindlichen Kugeln decken will, noch ein Mal rafft er sich auf und zwingt den Mann vor wärts zu laufen. Von Neuem sinkt er nieder, bis ihn Kranken träger aufnehmen und zurückbringen. Das preußische und österreichische Ehrenzeichen schmückt ſeine Bruft für seine Tapferkeit.

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12 . Herr Hauptmann, die Tornister laufen nicht weg ! Am Sturmtage ftand die 2te Compagnie auf Vorposten, folgte später den Sturm- Colonnen als Reserve und betheiligte sich an den Gefechten bei der 2ten Schanzenlinie. Hier nun im lebhafteften Kugel- und Granatfeuer entdeckt der Hauptmann von M. seinen Burschen, den Musketier T., hinter fich, welchem er den Befehl gegeben hat, als Wache bei den ab gelegten Tornistern in der Parallele zurückzubleiben. Auf seine Frage, wie er hierher käme, antwortet er: „ Herr Hauptmann , die Tornister werden doch nicht weglaufen, die finde ich schon wieder, aber den Herrn Hauptmann finde ich sonst vielleicht nicht mehr wieder , ich muß bei Ihnen bleiben , falls Sie verwundet oder gar erschossen werden sollten , ich kann Sie nicht verlassen!"

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A 13. Wie die Sechziger den besiegten Feind behandeln. Als am Mittag des 18. April, nach der Eroberung der Schanzen und des dahinter liegenden Retranchements, das Regi ment gesammelt auf einer großen Koppel zwischen den abge brannten Gehöften Hörlyk und Sney sich befand, bearbeiteten die dänischen Batterien das eroberte Terrain und ganz besonders die von uns beseßte Koppel mit Granaten. Ungeachtet der Knicks, welche unseren Leuten einigermaßen Schuß boten, erlitt das Regi ment hier nicht unbedeutende Verlufte. Auf der nach den Schanzen zu gelegenen Koppel lagen vor uns 30-40 Dänen theils todt, theils im Schmerz ihrer Wunden ftöhnend und zuckend ; -— ein ununterbrochener Granatenhagel durchfurchte diesen Boden , und häufige Klagelaute der verwun deten Feinde tönten an unser Ohr. Da erschallt unter uns eine Stimme: ,,Auf Kameraden , wer folgt mir , diese Armen in Sicherheit zu bringen?!" Sofort sprangen wohl acht Kameraden zu dem Rufer hin, und unter lautem Hurrahrufe des ganzen Regiments zerstreuten sich dieselben über das Blachfeld, und wo sie noch einen lebenden

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Dänen antrafen, brachten sie ihn vorsorglich an den Knick heran. Wohl 1 Stunde haben diese beherzten Samariter im heftig ften Granatfeuer ausgehalten, um ihre verwundeten Gegner in Sicherheit zu bringen. Ein donnerndes Hurrah des Regiments erschallte, als der legte Verwundete gerettet eingebracht wurde. Noch waren wir tief ergriffen von dem aufopfernden Hel denmuth dieser Braven , als plöglich lautes Gelächter von der Stelle her erschallte, wo die verwundeten ,, Danskes " gelagert worden waren. Unter den zulegt eingebrachten Verwundeten fand man zwei riesige Seeländer, Kerle, die ihrer Figur nach der Leib- Com pagnie des 1ften Garde- Regiments Ehre gemacht hätten; als man auch diese Beiden behutsam auf den Boden gelegt und sich nach ihrer Verwundung erkundigt hatte, da fand sich, daß sie ganz unverwundet und höchstens vom Kanonenfieber befallen ge wesen waren. Die beiden riesigen Nordlands - Söhne machten einen komischen Eindruck, als sie ihre kleinen Märkischen Retter um Pardon und Waffer baten. Ersteres wurde ihnen gewährt, Lezteres aber rundweg abgeschlagen, und da inzwiſchen Kranken träger eingetroffen waren, so mußten die langen Seeländer ihre verwundeten Landsleute, die Dänen, unter dem Gelächter unserer Leute durch das noch fortwährende Granatfeuer zum Verband. plas tragen. Leider sind die Namen jener braven Sechsziger Kameraden nicht mehr festzustellen , ihre That aber bleibt unvergeßlich, so lange das Regiment existirt.

14. Der Feldwebel in der Schüßenlinie und bei der Königs - Parade. Beim ersten Gefecht sah der Hauptmann von M. der 2ten Compagnie seinen Feldwebel Conrad , welchen er wegen seiner Thätigkeit in jeder Beziehung ganz besonders achtete , mit einem Gewehr in der Feuerlinie. Auf des Hauptmanns Frage : „ Was tausend, Feldwebel , was machen Sie hier und wessen Gewehr haben Sie? " antwortete derselbe : „ Ach, Herr Hauptmann, ich habe das Gewehr von einem dummen Rekruten genommen, der Kerl kann doch nichts treffen, bitte Herr Hauptmann , lassen Sie mich doch hier! " und

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das sagte er so flehentlich, daß der Hauptmann es ihm nicht abschlagen konnte. Er hatte wirklich mehrere sehr gute Schüffe gethan und brachte persönlich einen Gefangenen zur Compagnie. Erhielt an späteren Gefechtstagen die Compagnie den Befehl zum Vorgehen, so war der Feldwebel stets mit einem Gewehr versehen; bald hatte er es einem zurücktransportirten Verwun deten abgenommen, bald auf dem Kampfplage gefunden, und ehe fich's der Hauptmann versah, steckte er wieder unter den ersten Schüßen, jedem Soldaten ein herzliches Beispiel von Muth und wahrer Kampfeslust gebend. Die Soldaten der Compagnie sagten oft: Der Feldwebel trifft doch am besten und ist doch unser bester Soldat ", und wußten sich eine Menge Ge schichtchen von seiner Kaltblütigkeit zu erzählen. Sein Hauptmann brachte ihn nach dem Gefecht vom 13ten zum 14. April, in welchem der hochverehrte Commandeur, Major von Jena, tödtlich verwundet wurde und Conrad sich wieder sehr brav benommen , bei dem Herrn Regiments - Commandeur zur Beförderung zum Offizier in Vorschlag, und als dieses Ge such Seiner Majestät dem König bei Gelegenheit Seiner Inspi cirung der Schleswigschen Truppen vorgetragen wurde, rief un fer Allergnädigster Herr den Compagnie - Chef vor versammeltem Offizier Corps sämmtlicher Truppen vor, ließ sich über den Feld webel Conrad genauen Bericht erstatten und ernannte denselben demnächst sofort mit höchst anerkennenden Worten zum Offizier, als ein leuchtendes Beispiel für jeden braven Soldaten. Jezt ist der frühere Feldwebel Conrad Postmeister in Jüterbogk mit einem Gehalte von 800 Thalern und freier, sehr schöner Dienstwohnung.

15. „Rolf Krake “ muß nachzielen ! Als am Morgen des 29. Juni 1864 die erſten Abtheilungen des 60sten Regiments auf Kähnen nach Alsen abgingen, da war auf jedem Gesicht Heiterkeit und Zuversicht zu lesen , und gleich zeitig das brennende Verlangen , den bereits im Gefecht befind lichen Kameraden zu Hülfe zu eilen. Da brauste plöglich, als wir uns in der Mitte des Sundes befanden der vielgenannte „ Rolf Krake ", der berühmte Monitor der dänischen Marine, aus der Augustenburger Föhrde heran, um , wie es allen

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Anschein hatte, uns in den Grund zu fahren. Sein Erscheinen brachte unser heiteres Geplauder ins Stocken ; nur aus einem Kahn erscholl laut eine Stimme: „ Männeken , bange machen gilt nicht!" und sofort trat die frühere Unbefangenheit wieder ein. Indeß, "1 Rolf Krake " wollte uns so ganz ungefährdet doch nicht pafsiren laffen, er machte plöglich. Halt und drehte uns feine schönste Seite zu. Jeder wußte nun, was kommen würde, da ertönte wieder diefelbe Stimme, im echten berliner Dialekt : ,,Na nu , Männeken, bange machen gilt nicht! " Alles lachte, und als gleich darauf die eiserne Begrüßung von „ Rolf Krake" eintraf und sein Kartätschenhagel 40-50 Schritt vor uns ins Wasser schlug, da rief die frühere Stimme sogleich : „ Feldwebel , „ Rolf Krake “ heut Nachmittag eine Stunde nachzielen, er schießt zu kurz!" -

16. Der Musketier Pudler bei Dohalik, Als am 3. Juli 1866 während der Schlacht von Königgräß das 60 fte Regiment im Dorfe Dohalis aufgestellt war und das heftige, feindliche Granatfeuer Verlufte in den Reihen desselben herbeigeführt hatte , wurden mehrere Verwundete des Regiments in einem Hause untergebracht, neben welchem sich die diesseitige 5te Compagnie befand. Zum Zeichen, daß in dem Hause ein Verbandplag errichtet war, wurde auf demselben ein weißes Tuch als Fahne befestigt. Die österreichischen Kanoniere mochten das weiße Tuch für eine Kriegsfahne halten, und bald schlugen die Gefchoffe in und dicht neben dem Haufe ein , und die Verluste wurden in nächster Nähe bedeutend. Da stieg der Musketier Pudler der 5ten Compagnie auf das Dach des Hauses und entfernte nach vielen Schwierigkeiten im heftigsten Feuer die Fahne. In Folge deffen hörte das prä cise Schießen des Feindes an dieser Stelle auf. Der Musketier Pudler wurde für sein Verhalten mit dem Militair-Ehrenzeichen 2ter Claffe decorirt.

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17. Wahre Kameradschaft im Grauatfeuer. Als am 3. Juli die 9te Compagnie bei Dohalig stand, hatte ihr Schüßenzug eine kleine Böschung vor einem Teich be segt; die beiden anderen Züge der Compagnie standen rechts seit wärts, durch ein Gehöft dem feindlichen Einblick entzogen. Der Füfilier Schneider II. des Schüßenzuges mußte, durch eine Granate verwundet , dort zurückbleiben , als der Zug zur Compagnie wieder herangezogen wurde. In der Folterqual seiner Todesschmerzen lechzte der Verwundete nach Waffer, aber ein furchtbar präcises Granatfeuer des Feindes machte das Durch schreiten der Strecke von der Compagnie bis zu dem zerschoffenen Kameraden fast unpassirbar. Beim Anblick der Qualen des armen Schneider II. erbat fich der Unteroffizier Ackermann die Erlaubniß, ihm zu helfen ; nicht achtend der feindlichen Granaten, durcheilte er mit einigen anderen Leuten der Compagnie den gefährlichen Raum und labte den verwundeten Kameraden mit Wasser aus dem genannten Teich, bis zu seinem bald erfolgenden Verscheiden ihm helfend im Hagel der zahlreich plagenden Granaten in seiner leßten Noth. In Anerkennung dieses Beiſpiels aufopfernder Kameradschaft im feindlichen Feuer wurde der Unteroffizier Ackermann mit dem Militair- Ehrenzeichen 2ter Claffe decorirt.

18. Desterreichische Husaren von unseren Musketieren in die Falle gelockt. Am 8. Juli 1866 hatte der Landwehr - Unteroffizier Häuse ler, welcher bei der 7ten Compagnie eingezogen war, das Glück, sich durch soldatische Schlauheit und Unerschrockenheit auszeichnen zu können. Am genannten Lage war nämlich der Seconde - Lieutenant G. mit 1 Unteroffizier (Häufeler ) und 20 Mann auf dem Vor marsche des Bataillons von Cowarow nach Hlinskow zum Re quiriren von Fourage und Lebensmitteln nach dem Dorfe Blatt= now detachirt worden. Der Offizier hatte hier dem Unteroffizier

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mit einigen Leuten die Bewachung des Dorfes übergeben, während er selbst die Requisition betrieb. Dieselbe war noch lange nicht beendet, als ein Zug österreichischer Husaren in das Dorf zu reiten versuchte, um den verhaßten Preußen das Requiriren zu verfalzen. Der Unteroffizier Häuseler, durch den Posten von der drohenden Gefahr avertirt, benußte dieſe Gelegenheit, um sich einige der berühmten Husaren in nächster Nähe zu besehen, er befahl seinen Leuten, sich nicht zu zeigen und ließ eine Pa trouille jenes Zuges ruhig in das Dorf hineinreiten , woselbst er die erstaunten Pusstaföhne mit Sack und Pack gefangen nahm. Der übrige Theil des Zuges wurde durch das Schnellfeuer der jegt plöglich vortretenden Musketiere zurückgewiesen. Da der Unteroffizier Häufeler nachher die 4 gefangenen Huſaren und 4 Beutepferde abliefern konnte, so erhielt er auch mit den dabei betheiligten Mannschaften die vorschriftsmäßigen, sehr bedeutenden Beutegelder und wurde für die bei der kleinen Affaire bewiesene Bravour mit dem Militair - Ehrenzeichen 2ter Claffe belohnt.

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#1

Berichtigungen.

S. 17 3. 4 v. o. ft. profitirten I. profitiren. S. 35 3. 14 v. u. ist hinter merkbarer ein ; zu seßen. S. 40 3. 14 v. o. ft. meine 1. Meine.

S. 49 3. 10 v. o . ft. Wielde 1. Wilde. S. 49 3. 22 v. o. ft. Liebedorn I. Siebedorn. S. 56 3 9 v. o. ft. unseres I. unserer. . 63 3. 1 v. v. ft. abentheuerlichen 1. abenteuerlichen. S. 63 3. 17 8 v. v. ft. auszeichnen 1. auszuzeichnen. S. 65 3. 8 v. o. ft. Compagnie 1. Compagnien . S. 66 3. 11 v. u . ft. machten. I. machen. S. 72 3. 2 v. o. ft. nimmer I. immer. S. 76 3. 14 v. o. ft. waren 1. war. S. 77 3. 17. v. u. ft. ftrickten 1. ftricten. S. 78 3. 10 v. o., dieser Zeile find Gänsefüßchen vorzuſeßen. S. 78 3. 18 v. o., hinter Herzen ist ein Komma zu ſeßen. S. 78 3. 11 v. u. ft. wier 1. wir. S. 79 3. 19 v. u . ft. unſerer, u. f. w. Requisition, I. unſeren, u . s. w. Requifitionen. S. 80 3. 4. o. ft. Attaqe 1. Attaque. S. 89 3. 18 v. u. ift hinter Feuerlinie ein Komma zu ſeßen.

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