Erfolgreiche Konferenzen: Planung — Leitung — Auswertung [1. Aufl.] 978-3-409-99531-3;978-3-663-02014-1

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German Pages 212 [201] Year 1980

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Erfolgreiche Konferenzen: Planung — Leitung — Auswertung [1. Aufl.]
 978-3-409-99531-3;978-3-663-02014-1

Table of contents :
Front Matter ....Pages 1-10
Zur Konferenztechnik und Rhetorik (Fritz Neske)....Pages 11-21
Die Konferenzplanung (Fritz Neske)....Pages 23-62
Die Durchführung und Kontrolle von Konferenzen (Fritz Neske)....Pages 63-124
Die Technik spezieller Konferenzen (Fritz Neske)....Pages 125-181
Back Matter ....Pages 183-212

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Neske . Erfolgreiche Konferenzen

Dipl.-Volkswirt Fritz Neske

Erfolgreiche Konferenzen Planung - Leitung - Auswertung

CIP-Kurztite1aufnahme der Deutschen Bibliothek Neske, Fritz, Erfolgreiche Konferenzen: Planung, Leitung, Auswertung / Fritz Neske. - Wiesbaden: Gabler, 1980. ISBN 978-3-663-02015-8 ISBN 978-3-663-02014-1 (eBook) DOI 10.1007/978-3-663-02014-1

©

Betriebswirtschaftlicher Verlag Dr. Th. Gabler GmbH, Wiesbaden 1980 Softcover reprint of the hardcover 1st edition 1980 Umschlaggestaltung: Horst Koblitz, Wiesbaden Satz: H. E. Henniger, Wiesbaden

Alle Rechte vorbehalten. Auch die fotomechanische Vervielfältigung des Werkes (Foto· kopie, Mikrokopie) oder von Teilen daraus bedarf der vorherigen Zustimmung des Verlages. ISBN 978-3-663-02015-8

Vorwort

Das vorliegende Buch soll Anregungen geben. Konferenzen zu leiten und an Konferenzen teilzunehmen gehört zu den Selbstverständlichkeiten, über die man nicht weiter nachdenkt. Und so liegen im Management-Instrument "Konferenzwesen" Möglichkeiten zur Produktivitätsverbesserung brach, die sich für die Organisation, aber auch für den einzelnen auszahlen können. Folgt man dem methodischen Aufbau dieses Buches Schritt für Schritt und vergleicht man die Anregungen mit der Praxis der eigenen Konferenztechnik, so wird man leicht feststellen, wo und wie die Hebel zu einer Verbesserung dieser Technik anzusetzen sind. Gute Konferenztechnik besteht nicht nur in der Lösung der technischorganisatorischen Aufgaben, sondern sie ist immer auch ein Stück richtiger Menschenbehandlung, die Menschenkenntnis im allgemeinen und die Möglichkeit zur Selbstkritik im besonderen voraussetzt.

Fritz Neske

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Inhal tsverzeichnis

I. Zur Konferenztechnik und Rhetorik

1. Warum Konferenzen - warum Konferenztechnik 2. Die Kunst, miteinander zu reden Fallbeispiel . . . . . . . . Rhetorik, eine nützliche Sache Von der Kunst des Zuhörens und Fragens Die Argumentation: schlagen und parieren, zuhören und überzeugen 11. Die Konferenzplanung 1. Was zur Konferenzplanung gehört Die Elemente der Konferenzplanung .... Routinekonferenzen Planungsaufwand . . . . . . 2. Wie man das Konferenzziel findet Fallbeispiel . . . . . . . . . Am Anfang steht das Problem Aus dem Problem ergibt sich das Konferenzziel 3. Konferenzstrategien Fallbeispiel Informationen sammeln Strategiemodelle 4. Wer an der Konferenz teilnehmen soll Auswahl nach-der Zahl ..... Auswahl nach der Sachkompetenz Auswahl nach der formalen Kompetenz Auswahl nach gruppendynamischen Gesichtspunkten Auswahl nach sozialen oder menschlichen Kriterien

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5. Die Planung von Zeit und Ort der Konferenz . . Der Konferenztermin . . . . . . . . . . . Kriterien für die Auswahl des Konferenzortes 6. Die Ablaufplanung einer Konferenz . . . . Die Planung der Sitzordnung . . . . . . Praktische Techniken der Ablaufplanung Die Checkliste 7. Die Tagesordnung

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III. Die Durchführung und Kontrolle von Konferenzen

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1. Die Durchführung von Konferenzen Gruppendynamik - nur ein Schlagwort? Groupthink 2. Der Konferenzleiter Fallbeispiel Die Aufgaben des Konferenzleiters Die Leitung - autoritär oder demokratisch? Die Leitungsgrundlagen Soll der Chef immer die Konferenz leiten? Die Hauptfehler des Konferenzleiters 3. Der Konferenzablauf Fallbeispiel Der Beginn der Konferenz Die Diskussion Die Konferenz abschließen Abstimmungsmethoden 4. Der erfolgreiche Konferenzteilnehmer Wissen ist Macht "Person" zeigen Praktische Tips Die persönliche Auswertung der Konferenz 5. Der Problemteilnehmer 6. Informationen und wie man sie präsentiert Das Referat Das Bild und die grafische Darstellung 7. Das Protokoll Die Art des Protokolls Inhalt und Stil des Protokolls

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Die Verwendung des Protokolls Checkliste ..... 8. Die Kontrolle Die Teilnehmer fragen Die Konferenzbewertung Checkliste Konferenzkontrolle IV. Die Technik spezieller Konferenzen 1. Die Informationskonferenz Fallbeispiel . . . . . . Informieren und motivieren Erfolgreiche Vertretertreffen 2. Die Entscheidungskonferenz Fallbeispiel . . . . . . . . Der logische Ablauf von Entscheidungen in Konferenzen Checkliste Kontrolle 3. Die Ideenkonferenz Psychologische Grundlagen Eigenschafts- und Funktionsanalysen Diskussionstechniken : Brainstorming und Synektik 4. Die Trainingskonferenz . . Was soll trainiert werden? Wer nimmt teil? Wer ist der Trainer? Die Trainingsmethoden Die Bewertung des Trainings 5. Die Konfliktkonferenz . . . . Die Kunst des Verhandelns Die Vorbereitung der Verhandlung Zehn wichtige Verhandlungsstrategien 6. Die Krisenkonferenz . . . . . . . . . 7. Die Telefonkonferenz ....... . Die Konferenzschaltung der Bundespost Die Zukunft: Telekonferenz 8. Die Pressekonferenz Wie die Presse arbeitet . . . . . Der Kontakt mit den Journalisten

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Die Planung einer Pressekonferenz Journalisten fragen ...... Nach der Pressekonferenz Zehn entscheidende Fehler im Umgang mit der Presse

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1. Die Grundlagen und Zeichenregeln der Netzplantechnik

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Anhang

Aufbauplanung, Zeitplanung, Terminplanung Critical Path Method (CPM) . . . . . . . . . . Program Evaluation and Review Technique (PERT) Metra-Potential-Methode (MPM) . . . . . . Weitere Entwicklungen in der Netzplantechnik 2. CPM-Netzplan "Vorbereitung einer Tagung" 3. Projektverfolgungsliste . . . . 4. Schriftgrößen für die Projektion Literaturverzeichnis

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Stichwortverzeichnis

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I Zur Konferenztechnik und Rhetorik

1. Warum Konferenzen warum Konferenztechnik

Manager verbringen 30, 40 oder 50 % ihrer Arbeitszeit in Konferenzen, und bis zu 15 % der Personalkosten in Unternehmen werden für derartige Treffen aufgewendet. Die Konferenz ist damit eines der wichtigsten Management-Instrumente überhaupt. Aber gemessen an seiner Bedeutung wird ihm verhältnismäßig wenig Aufmerksamkeit geschenkt; es ist wie mit der Luft zum Atmen: Man bemerkt sie erst, wenn sie verdorben ist, und das meistens zu spät. Konferenzen sind das prakti~;:hste Mittel des Informationsaustausches. Durch das direkte Miteinander-Reden der Konferenzteilnehmer wird ermöglicht, daß - Informationen unmittelbar mit der nötigen Klarheit mehreren Menschen gleichzeitig vermittelt werden können, - das unterschiedliche Sachwissen der Teilnehmer, das sich gegenseitig ergänzen und anregen kann, optimal genutzt wird, - komplexe Sachverhalte mit ihren Nebenbedingungen entwickelt und deutlich gemacht werden können, - durch die Nutzung des Urteilsvermögens aller Konferenzteilnehmer Entscheidungen effizient entwickelt und kontrolliert werden können, - die Ideenkapazität und die Assoziationsfelder der Teilnehmer für bestimmte Problemstellungen optimal genützt werden können, - auf mehrere Menschen gleichzeitig in bestimmter Weise Einfluß genommen werden kann, - das Bewußtsein, ebenso wie die anderen am Informations- und Entscheidungsprozeß beteiligt zu sein, motivierend wirkt, - die Notwendigkeit zur rhetorischen Auseinandersetzung und die Kontrolle, welche die übrigen Teilnehmer ausüben, zur Konzentration auf die Sache zwingt. 13

Sicherlich sind dies nur einige, wenn auch grundlegende Vorzüge der Konferenz. Sie machen Konferenzen notwendig und nützlich. Aber Konferenzen haben ein schlechtes Image, und dies oft genug nicht zu Unrecht. Sie gelten als - Zeitverschwendung und unerwünschte Unterbrechung des normalen Arbeitsablaufes, - uneffizient, weil viel geredet wird und oft nichts herauskommt, - ärgerlich, wenn Konferenzleiter oder -teilnehmer sich profilieren wollen, - demotivierend, weil Konferenzen dazu benutzt werden, einzelne vor den Augen der anderen bloßzustellen, sie abzukanzeln oder sie durch Nichtachtung zu strafen. Auch dies ist nur ein unvollständiger Katalog, aber er macht deutlich, daß es sich lohnt, sich mit der Konferenztechnik systematisch auseinanderzusetzen. Durch den Leistungsvorteil der Gruppe in sachlicher und kreativer Hinsicht und durch ihre motivierende Wirkung ("WirGefühl", Leistungsmotivation etc.) sind Konferenzen notwendig und nützlich. Aber sie sind auch teuer, da sie im besten Fall eine Anzahl hochkarätiger Manager aus ihrem produktiven Tagesablauf herausreißen. Konferenzen erhöhen die Gesamtproduktivität 'einer Organisation durch raschen und intensiven Informationsaustausch, wenn - die technischen und organisatorischen Voraussetzungen optimal gestaltet wurden, - alle Teilnehmer ihre intellektuelle, kreative und solidarische Kapazität voll einbringen. Die Wege dazu zeigen die folgenden Kapitel.

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2. Die Kunst, miteinander zu reden

Die scheinbar selbstverständlichste Sache der Welt stellt sich bei näherer Betrachtung als einigermaßen schwierig. heraus: das Miteinander-Reden. Und was den Fall noch verwickelter macht: Weil das Miteinander-Reden so selbstverständlich erscheint, macht sich auch kaum jemand Gedanken darüber, man beobachtet sich selbst nicht kritisch und bemerkt so weder die eigenen Schwierigkeiten, wenn es darum geht, sich verständlich zu machen, noch die der anderen. Jeder kennt diese Konferenzsituation, wenn man seine Sache vortragen will und bereits nach dem ersten Satz merkt, daß die übrigen in der Runde nur mit halber Aufmerksamkeit zuhören. Oder man sieht, wie ein anderer seinen Debattenbeitrag im Geiste vorformuliert; wenn er mit dieser Prozedur fertig ist, geht es in der Diskussion bereits um etwas ganz anderes. Oder jemand bringt einen Einwand mit einer emotionalen Heftigkeit hervor, die der Sache gar nicht angemessen ist, und verdirbt sich so seine Argumentation. Oder - was vielleicht am häufigsten vorkommt - man redet schlicht permanent aneinander vorbei; die Kunst des Aneinander-Vorbeiredens wird ja von den meisten Menschen intuitiv perfekt beherrscht.

Fallbeispiel Ein Werbeleiter sollte auf einer Konferenz die von ihm entwickelte Konzeption der nächsten Werbekampagne vortragen. Bisher wurde von der Werbung deS' Unternehmens ein konventioneller Stil gepflegt, gewissermaßen der kleinste gemeinsame Nenner, auf den sich alle Verantwortlichen einigen konnten. Nun wollte der Werbeleiter nicht zuletzt auch, um nicht gegenüber Konkurrenzunternehmen ins

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Hintertreffen zu geraten - dem Image des Unternehmens mit moderner grafischer Gestaltung und wirkungsvollen Slogans eine neue Grundlage geben. Der Werbeleiter wußte, daß es schwer werden würde, die konventionell eingestellten Kollegen zu überzeugen; der Chef würde sich wahrscheinlich der Mehrheitsmeinung anschließen. Der Werbemann trug trotzdem seine Argumente so zögernd vor, daß jeder zu spüren meinte, er zweifle selbst an der Durchsetzbarkeit seiner Konzeption. Seine Vortragsweise, die aggressiv hätte sein müssen, war unsicher, er sprach mit leiser Stimme, verwendete viele Möglichkeitsformen, redete nah über seine Notizen gebeugt und konnte im Endeffekt niemanden überzeugen. Seine an sich guten Vorschläge wurden abgelehnt.

Rhetorik, eine nützliche Sache

Wer seine Argumente gut vorträgt, wird jede Konferenz für sich als Erfolg buchen können. Was muß er tun? Am allerwichtigsten ist natürlich das, was man sagt. Rhetorik ist nicht die Kunst blumiger Sprache, sondern die Kunst, nachhaltig zu überzeugen. Dazu gehört, daß man sich gewissenhaft auf jedes Detail seiner Argumentation vorbereitet. Das Material, das man vortragen will, sollte vollständig und in sich widerspruchsfrei sein, und es sollte voraussehbare Gegenargumente bereits einschließen. Vor allem aber gehört zu einer sicheren Argumentation die feste überzeugung von der Richtigkeit der vorgebrachten Argumente. Und noch eines: Ein schwacher, nicht von sich überzeugter Mensch wird auch andere nicht überzeugen können. Neben der Sicherheit in der Sache ist also auch eine gehörige Portion Selbstwertgefühl nötig. Beide zusammen bilden die Grundlage für die Souveränität in der Argumentation. Wer die Technik guter Rede unterschätzt, begeht einen oft anzutreffenden Fehler. Bei uns zu Lande wird ein guter Redner leicht verdächtigt, nichts auszusagen. In Wahrheit ist es wie mit einem guten 16

Produkt, das schlecht verpackt und schlecht präsentiert wird: Es kann leicht zum Ladenhüter avancieren. Ebenso leicht geht ein gutes Argument auf einer Konferenz unter, wenn es schlecht verständlich vorgetragen oder wenn es im falschen Zusammenhang gebracht wird oder wenn die Wortwahl nicht der Mentalität derer entspricht, die überzeugt werden sollen. Wer die Effizienz seiner Argumentation erhöhen will, sollte sich die folgenden drei Komplexe der Rhetorik einprägen und seine eigene Sprech- und Redetechnik daran überprüfen. - Die klare Definition der eigenen Ansichten und Zielvorstellungen. Man sollte sich bewußt sein, welche Stärken und Schwächen sie haben; aber auch, wie die Leute, die zu überzeugen sind, auf sie reagieren werden, welche Vorbehalte diese Leute haben und wer zustimmt. Tatsache ist nicht gleich Tatsache; die Änderung einer bewährten Werbekonzeption gewinnt erst vor dem Hintergrund der erfolgreicher werbenden Konkurrenz an wirklicher Bedeutung. Also gilt es, den Argumenten das nötige Gewicht zu verleihen: Die Darstellung der Argumente soll durch die Einkleidung in logische Zusammenhänge, Bilder, Urteile, Ideen das Vorstellungsvermögen der Zuhörer anregen. - Die Wahl wirkungsvoller Wörter und Sätze. Argumentation bedeutet auch, die richtigen Wörter und Sätze für sich kämpfen zu lassen. Damit diese ihr Ziel erreichen, nämlich die Botschaft des Argumentierenden in seinem Sinne dem Zuhörer verständlich zu machen und ihn von der Richtigkeit und Wichtigkeit zu überzeugen, sollen sie folgenden Bedingungen genügen: Sie müssen klar und präzise sein, sie müssen den Tatbestand und sein Umfeld treffen, und der Zuhörer muß sie so verstehen, wie sie gemeint sind. Das beste negative Beispiel dafür ist die Wissenschaftssprache, die gegenüber Praktikern angewendet dazu führt, daß diese von vornherein abschalten und nicht mehr zuhören. - Wer gut artikuliert, überzeugt leichter. Auch das schlagendste Argument wird wirkungslos, wenn die Zuhörer es akustisch schlecht verstehen. Umgekehrt kennt jeder den Vorgang, wenn ein gewichtiger Mann ein schwaches Argument mit fester Stimme vorträgt; es gewinnt an Durchschlagskraft und überzeugt letzten Endes. Zur 17

eigenen Sprechschulung gehört: die bewußte Artikulation der Wörter und Sätze, das Ausmerzen von individuellen Sprechfehlern, die Kontrolle dialektgefärbter Ausdrucksweise. Einige Charakteristika .guter Artikulation: Deutlichkeit, Modulation von Art und Stärke der Stimme! Läßt zum Beispiel die Aufmerksamkeit auf einer Konferenz nach, und die Teilnehmer beginnen, sich nebenbei zu unterhalten, so kann der Konferenzleiter die Zuhörer zu erhöhter Aufmerksamkeit zwingen, indem er mit leiser werdender Stimme, aber deutlich artikuliert wichtige Argumente bringt.

Von der Kunst des Zuhörens und Fragens Kommunikation ist keine Einbahnstraße. Das Ziel jeder Kommunikation ist der Informationsaustausch, d.h. der Versuch, sich verständlich zu machen, aber auch den anderen zu verstehen. Wer wirklich überzeugen will, muß auch die Absichten, Meinungen, Urteile, Haltungen, Informationen der Menschen, mit denen er redet, kennenlernen, d.h., er muß zuhören können. Obendrein ist jede Konferenz überflüssig, auf der die Teilnehmer, wenn sie an der Reihe sind, monologisieren und von vornherein die Argumente der anderen nicht beachten. Was macht einen guten Zuhörer aus? Die wichtigste Einstellung ist: den anderen - im Guten wie im Bösen - ernst nehmen. Wer genug Konferenzen miterlebt hat, kennt die innere Haltung bestimmter Konferenzteilnehmer, die einfach nicht zuhören wollen. Man kann aber erst dann wirkungsvoll argumentieren, wenn man Meinung und Haltung des anderen versteht. Eine Konferenz ist nur dann wirklich erfolgreich, wenn alle ausgetauschten Informationen von allen begriffen worden sind. Ein perfekter Zuhörer muß deshalb fragen können. Mit Hilfe einer guten und bewußten Fragetechnik läßt sich nicht nur das eigene Verständnis erhöhen, sondern die Fragetechnik selbst stellt zugleich auch eine Argumentationshilfe dar. Das wird deutlich, wenn man sich die einzelnen Fragetypen vor Augen hält: 18

- Die offene Frage. Ein Beispiel dafür: "Welche Konsequenzen könnte eine neue Werbekonzeption haben? " Dieser Fragetyp läßt alle Möglichkeiten der Antwort offen. Der Fragende nimmt keinen Einfluß auf die Antwort; er kann Informationen bekommen, mit denen er nicht rechnet; aber es besteht auch die Gefahr, daß Probleme nicht erörtert werden, weil sie der Befragte gewollt oder ungewollt nicht aufdeckt. - Die geschlossene Frage. Ein Beispiel dafür: "Wird die neue Werbekonzeption nur neue Kundengruppen ansprechen oder auch alte? " Hier ist die Antwort eingegrenzt und in Form einer Alternative vorgegeben. Zugleich hält sie den Antwortenden zur Kürze und Präzision an. Je nachdem, wie intensiv die Antwortvorgabe in der geschlossenen Frage ist, verlangt diese ein größeres Detailwissen des Fragenden als die offene Frage. Geschlossene Fragen sind ein gutes Mittel, um ein Gespräch in bestimmte Bahnen zu lenken. - Die indirekte Frage. Ein Beispiel dafür: "Welche - dann selbst verschuldeten - Gefahren müssen wir bei der Änderung unserer Werbekonzeption zu vermeiden suchen?" Die indirekte Frage zwingt den anderen, Voraussetzungen zuzustimmen, wenn er sie beantwortet. Erörtert er die Gefahren, gibt er zu, daß c::s welche gibt und daß er sie selbst verschuldet. Es bedarf schon eines besonderen rhetorischen Geschicks des Antwortenden, um den Fallgruben indirekter Fragestellungen auszuweichen - Die Suggestivfrage. Einer der Kollegen des Werbeleiters könnte z.B. fragen: "Sie sind doch sicher einer Meinung mit mir, daß eine abrupte Änderung der Werbung zu fatalen Folgen führen kann? " Der Werbeleiter muß mit "ja" antworten, selbst wenn er mit geschickter "Ja, aber"-Argumentation den negativen Eindruck seiner Antwort wieder abzuschwächen vermag. Suggestivfragen sind ein rhetorisches Mittel, mit dem die Sattelfestigkeit einer Argumentation überprüft werden und mit dem natürlich der Befragte in eine bestimmte Richtung gedrängt werden kann.

Von diesen Fragentypen gibt es Abwandlungen und Vermischungen, je nach der speziellen Situation. Wer sich bewußt der Fragetechnik bedient, wird merken, wie er mit ihrer Hilfe Diskussionen und Auseinandersetzungen steuern kann. 19

Die Argumentation: schlagen und parieren, zuhören und überzeugen Wer eine rhetorische Schlacht gewinnt, kann dennoch in der Sache eine Niederlage erleiden. Das Prinzip der Nachhaltigkeit hat in der Rhetorik besondere Bedeutung und besondere Facetten. Auf einer Konferenz die eigene Zielsetzung zu verwirklichen, heißt einmal, in der Sache gute Argumente für die eigene Konzeption zu entwickeln, zum anderen aber auch, das entscheidende übergewicht an Stimmen für sich zu gewinnen. Menschen sind nicht allein und allzu selten von logisch begründbaren Tatbeständen zu überzeugen; ihre Meinung gründet sich auf Einstellungen ("Ich bin lieber vorsichtig"), auf Emotionen ("Gefühlsmäßig gefällt mir das nicht"), auf Klischees und Stereotypen ("Die Leute wollen das doch gar nicht") usw. Dieses Gestimmtsein gilt es durch Fragen und Zuhören zu erkennen. Dann kann das eigene Argument eingesetzt werden:

- Das Argument "ad rem": Es ist auf die zur Debatte stehende Sache abgestellt ("Die neue Werbekonzeption verhindert, daß unser Image blaß wird"). Das Argument "ad rem" hat die größten Chancen, zu überzeugen. Aber nicht immer; wenn die emotionale Abneigung gegen die Sache oder die Person zu stark ist, wird eine andere Art von Argument notwendig. - Das Argument "ad personam": Es richtet sich in erster Linie darauf, eine Person in ihrer Starrheit, ihrer Sachautorität oder auch ihrer Glaubwürdigkeit zu treffen ("Ich weiß, Herr Kollege, Sie sind ein Zauderer, und diese Einstellung hat Ihnen doch schon oft genug zu schaffen gemacht"). Das Argument "ad personarn" kann den Boden für die sachliche Argumentation bereiten. - Das Timing. Man kann sein Pulver bereits verschießen, wenn die gegnerischen Truppen noch gar nicht angetreten sind. Es geht also darum, wann das wirklich schlagende Argument eingesetzt und wie es vorbereitet wird. Im Falle der neuen Werbekonzeption wird der Werbeleiter zunächst einmal die Gefahren schildern, die in der Beibehaltung der alten Konzeption liegen. Er sollte dies so eindringlich tun, daß sein Hauptargument wie eine Erlösung für die Konferenzteilnehmer wirkt. Es kann aber auch günstig sein, die 20

Kontrahenten zuerst argumentieren zu lassen, mit Hilfe von Zwischenfragen und Einwänden ihre Argumentation "aufzuweichen" und dann selbst zu argumentieren. Das rhetorische Optimum ist dann gegeben, wenn das Gewicht der Persönlichkeit des Redners, das Gewicht seiner Sachargumentation 'und das Gewicht seiner rhetorischen Mittel übereinstimmen. Das rhetorische Optimum bürgt dafür, daß er die Zustimmung der übrigen Konferenzteilnehmer bekommt.

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11 Die Konferenzplanung

1. Was zur Konferenzplanung gehört

Henri Fayol, der große Systematiker und Lehrer der Unternehmensführung, nennt die "prevoyance", die Voraussicht in die Zukunft, den Kern des Managements. In der Gesamt- wie in der Detailaufgabe, also auch beim Konferenzmanagement, geht es darum, das zukünftige Ereignis so vorzubereiten, daß es produktiv abläuft und die Risiken für ein Scheitern möglichst gering gehalten werden. Die Konferenz ist eines der wichtigsten Management-Instrumente. Nichtsdestoweniger werden von Managern - wie sich in vielen Untersuchungen gezeigt hat - Konferenzen als größte Zeitverschwendung empfunden. Wie kommt es, daß eine so wichtige und nützliche Sache ein so negatives Image besitzt? Einer der wichtigsten Grunde dafür ist wohl der, daß Konferenzen oft genug schlecht vorbereitet sind und in ihren Notwendigkeiten, Möglichkeiten und Konsequenzen weder vom Konferenzleiter noch von den Konferenzteilnehmern ausgeschöpft werden. Dieses Management-Instrument Konferenz ist immer dann produktiv, wenn es gut geplant ist. Und zur Konferenzplanung gehört nicht nur das Organisieren der technischen Details, sondern in gleich starkem Maße auch die Vorbereitung der zu behandelnden Probleme und Ergebnisse der Konferenz, der Motivation der Teilnehmer und der Umsetzung der Konferenzergebnisse in die praktische Arbeit.

Die Elemente der Konferenzplanung Wie eine effiziente Konferenzplanung aufgebaut ist, zeigt die Abbildung 1: 25

Definition des Problems

Konferenzziel

Entwicklung von Strategien

~

Planung: Teilnehmer

I

Planung: Termin/Zeit

t

J

Ablaufplanung

Auswertung der Konferenz

Abb. 1: Die Stufen der Konferenzplanung 26

Planung: Ort

I

Auf der ersten Stufe werden aus den anstehenden Problemen das oder diejenigen ausgewählt, um die es auf der Konferenz gehen soll. Gleichzeitig wird hier auch entschieden, ob die Konferenz das geeignete Mittel zur Problemlösung ist. Aufgrund der Problemdefinition wird das Konferenzziel festgelegt. Auf der zweiten Stufe der Planung stellt sich die Frage, wie das gestellte Ziel auf der Konferenz erreicht werden kann. Diese Frage nach der Konferenzstrategie werden der Konferenzleiter und die Konferenzteilnehmer unterschiedlich beantworten: Neben der unterschiedlichen Sicht, die sich für die Sachfragen aus der unterschiedlichen Position der Teilnehmer ergibt, vertritt jeder Teilnehmer auch persönliche Interessen. Auf der dritten Stufe der Konferenzplanung wird entschieden, wer an der Konferenz teilnimmt, außerdem wann und wo sie stattfindet. Die vierte Stufe stellt die eigentliche Ablaufplanung dar; hier werden die technischen Details des Konferenzablaufs festgelegt. Auf der fünften Stufe wird geplant, wie die Konferenz ausgewertet werden soll und wie die erzielten Ergebnisse in die praktische Arbeit umgesetzt werden können. Jeder Stufe der Planung wird in diesem Abschnitt des Buches ein Kapitel gewidmet. Die Planungsstufen zeigen den logischen Ablauf der Konferenzplanung. Natürlich kann es notwendig sein, den einen oder anderen Punkt einer nachgeordneten Stufe schon vorher zu entscheiden; so ist etwa die Frage der Teilnehmer häufig bereits eine strategische Entscheidung. Grundsätzlich aber muß - soll die Planung ihr Ziel einer rundum erfolgreichen Konferenz erreichen - jede Planungsstufe nacheinander ausgearbeitet werden.

Routinekonferenzen In vielen Unternehmen trifft sich regelmäßig zu festgelegten Terminen ein bestimmter Personenkreis einer Führungsebene. Die Vorteile 27

derartiger Routinekonferenzen liegen auf der Hand: Durch die Kontinuität der Kontakte können die notwendigen Informationen unkompliziert weitergegeben werden, man hat einen laufenden überblick über das Geschehen. Gleichzeitig wird der persönliche Kontakt gefördert und ein Stück Atmosphäre vermittelt, deren Notwendigkeit oft unterschätzt wird. Auch Routinekonferenzen sollten regelmäßig geplant werden, und zwar unter folgenden Gesichtspunkten: - Muß die Konferenz inhaltlich besser geplant oder unter Umständen gestrafft werden? - Ist der Teilnehmerkreis ausreichend, zu groß oder zu klein? - Ist der gewählte Turnus akzeptabel? Außerdem sollte von Zeit zu Zeit jede Routinekonferenz in Frage gestellt werden, mit der überlegung, ob Ad-hoc-Konferenzen sich als produktiver erweisen könnten. Dies dürfte dann der Fall sein, wenn die Mehrzahl der Teilnehmer Routinekonferenzen für überflüssige Zeitverschwendung und für ergebnislos hält. Sind Routinekonferenzen vom Chef direkt initiiert, wird die Wahrheit über die Einstellung der Teilnehmer und über die Produktivität der Konferenz schwieriger herauszufinden sein. Hier zeigt sich bereits die Nützlichkeit einer Eigenschaft jedes Konferenzleiters: der Fähigkeit zur Selbstkritik.

Planungsaufwand

Nun könnte man einwenden, für eine Sache wie eine Konferenz lohne sich ein derartiger Aufwand nicht. Denn jeder in der Praxis Stehende hat seine negative Erfahrung mit der Planung gemacht. Sie hat die Tend,enz, sich zu verse1bständigen und einen überproportionalen Aufwand zu erfordern. Dazu ist folgendes zu sagen: Planung, wie sie hier aufgezeigt ist, führt zu gedanklicher Klarheit, und der Zeitaufwand für das Denken kann je nach Talent denkbar gestrafft werden. Zwei28

tens führt die sorgfältige Vorbereitung dazu, daß die Konferenz selbst gestrafft wird und sich dadurch ein Aufwandvorteil für alle Teilnehmer ergibt; ganz abgesehen vom Gewicht des Ergebnisse, von dem man bei einer schlecht geplanten Konferenz mit schlecht vorbereiteten Teilnehmern oft gar nicht reden kann.

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2. Wie man das Konferenzziel findet

Fallbeispiel In einem Unternehmen der Konsumgüterindustrie zeigt ein Produkt deutliche Absatzschwächen. Nach den Erfahrungen mit entsprechenden Lebenszyklen von Produkten kommt dieser Zustand viel zu früh; außerordentliche Einflüsse müssen also wirksam sein. Die Geschäftsleitung beschließt, eine Konferenz einzuberufen und thematisiert das Problem für alle Beteiligten folgendermaßen: "Sollen wir das absatzschwache Produkt aus dem Markt nehmen oder mit zusätzlichem Promotion-Aufwand versuchen, den Absatz zu steigern? " Der Leiter der Planung schlägt dagegen vor, die Konferenz lediglich dazu zu benutzen, die Ursachen des Absatzschwundes zu ermitteln. Er entwickelt für die Diskussionsleitung eine Checkliste, die mögliche Ursachen systematisiert: interne Schwachstellen, wie nachlassende Produktqualität, Fehlverhalten des Außendienstes, schwache Werbung, falsches Timing etc.; externe Einflüsse, wie veränderte Einstellungen und Verhaltensweisen der Konsumenten, Konkurrenzerfolge etc. Die Geschäftsleitung folgte dem Vorschlag des Planungsmannes und wickelte die Konferenz gemäß seinem Vorschlag ab. Aus der ursprünglich geplanten Entscheidungskonferenz wurde eine Informationskonferenz, auf der durch die Präzision der Aufgabenstellung eindeutig zutage gefördert wurde, daß Vertrieb und Werbung das Produkt in der letzten Zeit aus Personalknappheit und wegen zusätzlichen Aufwands durch die Neueinführung von Produkten stiefmütterlich behandelt hatten. Am Ende der Konferenz war allen Beteiligten klar, daß es nicht um eine Entscheidung für oder gegen das Produkt ging, sondern darum, mit welchen Maßnahmen das gewinnträch!ige Produkt gef~rdert werden sollte. Da dies einigen nicht-etatmäßigen Aufwand erforderte, wurde die Entscheidung darüber vertagt, bis Vertriebs- und Werbeleiter entsprechende Vorschläge gemacht hatten. 30

Am Anfang steht das Problem

Das Fallbeispiel zeigt, daß vor der Festsetzung des Konferenzzieles das anstehende Problem genauestens analysiert werden muß. Diese Tatsache ist in der Praxis gar nicht so selbstverständlich, wie sie klingt. Dabei ist die Formel für erfolgreiche Konferenzen einleuchtend: ohne genaue Problembestimmung keine klare Vorstellung vom Konferenzziel, ohne klares Konferenzziel kein sicheres Konferenzergebnis. In der Problemphase sollte der Konferenzleiter folgende überlegung anstellen: - Entwicklung des logischen Gerüsts: Ursachen, Einflüsse, Restriktionen, Systemzusammenhänge, Folgerungen, Motivationen etc. Je mehr Aspekte dem Konferenzleiter im voraus geläufig si~d, desto eher kann er im Laufe der Konferenz die Bedeutung von Diskussionsbeiträgen erkennen, nachhaken oder abblocken, desto genauer vor allem wird die Zieldefinition der Konferenz ausfallen (siehe Fallbeispiel). - Ist eine Konferenz das bestgeeignete Management-Instrument, um das Problem in den Griff zu bekommen? Je ehrlicher diese Frage gestellt wird, desto genauer können auch die Bedingungen festgelegt werden, unter denen die Konferenz die gewünschten Ergebnisse zeitigen kann. Vor allem aber wird die unproduktive Konferenz vermieden, die von der Mehrzahl der Beteiligten als überflüssig, Zeitverschwendung, Alibi oder Bühne für Selbstdarstellung empfunden wird. - Welche Aspekte sollen auf der Konferenz behandelt werden? Oft hat eine Problemstellung derartige Ausmaße, daß sie die Möglichkeiten einer Konferenz überford.ert. Oft wird vieles angerissen, nichts richtig ausdiskutiert, einfach weil zuviel auf dem Tapet steht, weil die Problemstellung gedanklich nicht gestrafft wurde. - Welche Perspektiven für das Problem ergeben sich aus den unterschiedlichen Blickwinkeln der Beteiligten? Aus der Sicht des Vertriebs stellen sich die Pr/pbleme oft anders dar als aus der der Produktion oder der Finanzierung.

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- Welche Vorarbeiten müssen von den einzelnen Konferenzteilnehmern geleistet werden, damit die Konferenz mit optimalem Informationsstand ihr Ziel erreichen kann?

Aus dem Problem ergibt sich das Konferenzziel Wer sein Ziel nicht genau kennt, wird Schwierigkeiten mit dem Treffen bekommen. Das gilt auch für die Konferenzleitung: Von der Qualität der Zielsetzung hängt die Qualität des Konferenzergebnisses ab. Nur ist die Fülle der Problemstellungen in der Praxis unendlich groß, und dementsprechend vielfältig sind auch die Möglichkeiten der Zielsetzung. Dennoch lassen sich zwei Grundtypen von Zielen herauskristallisieren: Ziele, die sich allgemein auf die Qualität einer Konferenz beziehen, und solche, die sich auf die Art, auf bestimmte Typen von Konferenzen beziehen. Ziele der ersten Gruppe sind: - Die Konferenz soll produktiv verlaufen, d. h. der Aufwand an Zeit und Kosten, an Personal und Mitteln soll im vernünftigen Verhältnis zum geplanten Konferenzergebr.is stehen. - Die Konferenz soll ein menschliches Klima erzeugen, das die Teilnehmer motiviert zu künftigen Leistungen, Ideen und auch zu gewünschtem Verhalten gegenüber anderen Organisationsmitgliedern. Es bestehen in der Praxis große Unterschiede in der Auffassung, welches Klima wirklich leistungsmotivierend wirkt, aber trotz aller ökonomischer Zwänge und Geneigtheiten sind den ökonomischen Zielen andere übergeordnet, deren Vernachlässigung ihnen letztlich zum Schaden gereicht. Ziele der zweiten Gruppe sind: - Die Konferenz soll optimal informieren. Hauptziel ist die reine Information, die Erhöhung des Wissensstandes bei den Teilnehmern. Ein Beispiel für diesen Typ ist die Vertreterkonferenz. Aufbau und Ablauf der Konferenz sind darauf abgestellt, daß der 32

Außendienst mit Argumenten für seine Verkaufsarbeit versorgt wird. Nebenziele von derartigen Informationskonferenzen können durchaus bestehen, z. B. die Motivation der Teilnehmer oder die Möglichkeit der sozialen Integration in den Betrieb. - Die Konferenz soll eine Entscheidung für eine bestimmte Problemstellung bewirken. Die echte Entscheidungskonferenz stellt wohl die höchsten Anforderungen an Konferenzplanung und -leitung, da sich die Entscheidungsfindung unter mehreren Personen vollzieht. Teil einer Entscheidungskonferenz kann die gegenseitige Informierung der Teilnehmer sein, die Informationssammlung kann aber auch in Form einer eigenen Informationskonferenz geschehen. - Die Konferenz soll möglichst viele und verwertbare Ideen produzieren. Die kreative Konferenz stellt ganz andere Forderungen an Aufbau und Leitung als die beiden erstgenannten Konferenztypen. Es müssen die Bedingungen erfüllt sein, unter denen ein optimaler Ideenfluß der Teilnehmer garantiert ist. - Durch die Konferenz sollen die Teilnehmer optimal geschult werden. Es ist eine Frage der Terminologie, ob man Trainingskonferenzen als Seminare, Kurse usw. bezeichnet. Trainingskonferenzen, deren Teilnehmerkreis aus Praktikern besteht, sind immer dadurch gekennzeichnet, daß die Teilnehmer einen gewichtigen Beitrag aus ihrer speziellen Erfahrung heraus liefern, ganz anders als bei reiner Unterrichtung etwa in der Schule. Dennoch sind hier die Kriterien für die Gestaltung der Konferenz ebenfalls pädagogischer Natur. - Durch die Konferenz soll ein Konflikt bereinigt werden. Im einfachsten Fall stehen sich zwei Verhandlungsgegner gegenüber, die angetreten sind, einen Konsens zu finden, der meist aus einem von beiden Seiten akzeptierten Komprorniß besteht. Typische Konfliktkonferenzen sind die Verhandlungen der Tarifpartner, Verkaufsverhandlungen, aber auch öffentliche Auseinandersetzungen, z. B. in Umweltfragen. Grundgerüst der Konferenzgestaltung ist hier die Verhandlungsstrategie, wobei Unsicherheit über die Verhandlungsführung der Gegenseite besteht. Die sich aus diesen Zielen der zweiten Gruppe ergebenden Konferenztypen bilden den Inhalt des vierten Teiles dieses Buches: Dort werden ihre speziellen Eigenarten und ihre Techniken im einzelnen besprochen. 33

Für den Konferenzleiter bedeutet die Entscheidung für einen bestimmten Konferenztyp auch die Festlegung des Detailzieles. Am obigen Fallbeispiel war es die Erforschung der Ursachen für den Absatzrückgang des Produkts. Dieses Detailziel bildet den Ausgangspunkt für die inhaltliche Konferenzvorbereitung, und deshalb muß es auch allen Konferenzteilnehmern (außer bei der Konfliktkonferenz) mitgeteilt werden. Jetzt beginnt sowohl für den Konferenzleiter als auch für den Konferenzteilnehmer die Informations- und Argumentationssammlung: die Festlegung der Konferenzstrategie.

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3. Konferenzstrategien

Fallbeispiel Eine Werkzeugmaschinen-AG hat ein besonders erfolgreiches Geschäftsjahr hinter sich. Auch nach Auffüllung der Reserven bleibt ein erheblicher Anteil an liquiden Mitteln, die für eine expansive Unternehmenspolitik verwendet werden sollen. Folgende Konzepte stehen zur Auswahl: Der Produktions- und der Entwicklungschef favorisieren eine extensive Ausweitung der eigenen technischen Ressourcen, der Finanzchef schlägt eine Mehrheitsbeteiligung an einem kränkelnden Konkurrenzunternehmen vor, das aber durch Geld und Goodwill wieder flott gemacht werden könnte, der Exportchef engagiert sich für Investitionen in Entwicklungsländern, und der Marketingchef möchte sich durch eine spezielle Diversifizierungsstrategie ein zweites Bein in einem branchenfremden Markt sichern. Alle Konzepte bieten wirtschaftlich gute Möglichkeiten; sie haben sich in einer speziellen Informationskonferenz als die attraktivsten Lösungen herausgestellt. Jetzt gilt es, zwischen ihnen zu entscheiden. Der Vorstandsvorsitzende gibt keiner Lösung von vornherein den Vorzug. Er hat sich als Konferenzstrategie vorgenommen, die Parteien gegeneinander argumentieren zu lassen. Ihre Argumente will er nach eher konservativen Prinzipien der Sicherheit und der Imagekontinuität beurteilen. Realisiert wurde schließlich der Vorschlag Nr. 1 des Produktions- und des Entwicklungschefs. Die beiden hatten schon vor der Entscheidungskonferenz ihr zunächst erheblich abweichendes Konzept auf einen gemeinsamen Nenner gebracht. Diese Koalition war ihr erster Schachzug. Der zweite war, daß sie unter richtiger Einschätzung der letztlich entscheidenden Kriterien den Sicherheitsaspekt der eigenen 35

und den Unsicherheitsaspekt der Vorschläge der Marketing- und Exportbereiche herausstellten, wobei sie auch im Hinblick auf die risikofreudige Mentalität des Marketingchefs einige Argumente "ad personam" brachten. Am schwierigsten war der Vorschlag des Finanzchefs aus dem Feld zu schlagen. Ausschlaggebend für den Erfolg war eine sorgfältige Informationssammlung - allein die Fülle der bereitgestellten Daten beeindruckte alle Teilnehmer - und die daraus resultierende Renditeprognose. Mit diesem Erfolg auf der Entscheidungskonferenz hatte sich der Produktionschef noch einen Schritt auf ein anderes Ziel zubewegt: Seine Aussichten, Nachfolger des bald ausscheidenden Vorstandsvorsitzenden zu werden, waren weiter gestiegen.

Informationen sammeln

Am Anfang aller strategischen überlegungen stehen drei Fragen: - Wie läßt sich die eigene Konzeption am besten begründen? - Mit welchen Argumenten der Gegenseite wird man sich ausemanderzusetzen haben? - Wie sind die Menschen beschaffen, die der eigenen Konzeption ablehnend oder zustimmend gegenüberstehen? Die Beantwortung der ersten Frage bedeutet eine möglichst umfangreiche Informationssammlung, aus der dann die Informationen, die das Konzept am besten stützen, ausgewählt werden. Es ist immer wieder interessant, die Verblüffung zu beobachten, die inhaltlich gut vorbereitete Konferenzteilnehmer bei den übrigen hervorrufen. Viele Profis gehen mit der festen überzeugung in Konferenzen, die Probleme aus der täglichen Anschauung sowieso zu beherrschen. Das Rennen machen dann oft die, die ein Quentchen brillanter sind. Welche Informationen dann ausgewählt werden, hängt nicht zuletzt auch davon ab, welche Argumente man von der Gegenseite erwartet. Im Beispiel des Werkzeugmaschinenunternehmens haben Produktions- und Entwicklungschef geschickt die negativen Aspekte der konkurrierenden Konzeptionen in ihre eigene Argumentation ein36

gebaut. Grundsätzlich gilt: Je umfassender die Information~samm­ lung, die auch die gegnerischen Möglichkeiten mit einbezieht, desto größer sind die Erfolgschancen. Die letzte Frage betrifft den "human factor" in der Konferenztechnik. Veranlagung, Einstellung und Verhalten der Konferenzteil·nehmer können dazu führen, daß jenseits aller Logik, Vernunft oder ökonomie argumentiert wird, daß Antipathien auch das beste Argument schlagen und daß Konferenzen zum "Horrortrip" avancieren können.

Strategiemodelle Der Begriff Strategie entstammt der Sprache des Militärs, und sieht man sich in der Schlachtengeschichte um, dann spielen neben Stärke und Verhalten des Gegners vor allem die Suche und der Einsatz von Verbündeten eine Rolle. Auch wenn Konferenzen in der Regel weniger martialisch verlaufen, so lohnt es sich, das strategische Mittel der Koalitionsbildung bewußt in die eigenen Pläne einzusetzen, und zwar lohnt es sich für den Konferenzleiter und für die Konferenzteilnehmer. Bei den folgenden Modellen (vgl. auch Abbildung 2) wird vom Konferenzleiter ausgegangen.

Konfrontationsmodell mit neutralem Konferenzleiter Die Konferenzteilnehmer vertreten untereinander kontroverse Standpunkte. Der Konferenzleiter bringt keine eigene Konzeption ein, sondern versucht durch Steuerung der Diskussion die besten Argumente für das anstehende Konferenzziel zu bekommen. Diese Konstellation hat den Vorteil, daß sich die Diskussion unbeeinflußt, also ohne Seitenblick auf ein vielleicht vorhandenes Wunschergebnis, entwickeln kann. Dadurch, daß kein Teilnehmer sich auf eine Koalition stützen kann, ist jeder darauf hingewiesen, sich bestmöglich vorzubereiten und alle gegnerischen Konzeptionen bei seiner Argumentation zu berücksichtigen. Im Fallbeispiel der Werkzeugmaschinenfabrik bleibt der Vorstandsvorsitzer als Diskussionsleiter neutral und fördert so eine intensive Diskussion. 37

Konfrontationsmodell mit neutralem Konferenzleiter

Konfrontationsmodell mit nicht neutralem Konferenzleiter

Koalitionsmodell ohne Einschluß des Konferenzleiters

K L = Konferenzleiter T = Teilnehmer # = Konfrontation ~ = Zustimmung

Koalitionsmodell mit Einschluß des Konferenzleiters

Abb. 2: Strategiemodelle

Konfrontationsmodell mit nicht neutralem Konferenz/eiter

Hauptkennzeichen dieser Konstellation ist die definitve Standpunktnahme des Konferenzleiters. Dadurch, daß er sein eigenes Konzept einbringt, ist die Diskussion in bestimmte Bahnen gelenkt, und zwar um so intensiver, je größer die Machtposition des Konferenzleiters ist. In einem Unternehmen, das von einem autoritären Alleininhaber geführt wird, verlangen derartige Konferenzen besonderes Durchsetzungsvermögen der Teilnehmer. Außerdem muß sich der Konferenzleiter bewußt sein, daß nicht unbedingt das beste Argument zum Zuge kommt, wenn seine Person oder seine Stellung kritische Standpunkte unterdrückt.

Koalitionsmodell ohne Einschluß des Konferenzleiters

Die negativen Folgen der vorigen Konstellation können abgeschwächt werden, wenn sich unter den Konferenzteilnehmern Koalitionen bilden, die sich gegenseitig in ihrer Argumentation verstärken (in der schematischen Darstellung bilden Teilnehmer 1 und Teilnehmer 2 eine Koalition). Wenn mehrere den gleichen Standpunkt vertreten, bekommen die Argumente mehr Autorität. Außerdem läßt sich durch eine geschickte Regie die Argumentation auf die einzelnen Sprecher verteilen. Dem Konzept des Konferenzleiters kann auf diese Weise ein ähnlich starkes entgegengesetzt werden.

Koalitionsmodell mit Einschluß des Konferenz/eiters

Bringt der Konferenzleiter eine eigene Konzeption ein und sind seine organisatorische Stellung und seine Autorität relativ schwach, so wird er versuchen, mit Konferenzteilnehmern eine Koalition zu bilden. In der schematischen Darstellung unterstützt Teilnehmer 1 die Vorstellungen des Konferenzleiters. Das Problem dieser Strategie liegt darin, 39

daß die übrigen Teilnehmer sehr bald das Gefühl bekommen können, die Diskussion werde manipuliert. Der Diskussionsleiter sollte also für eine echte Diskussion sorgen. Weitere strategische Maßnahmen können die Auswahl der Teilnehmer, die Festlegung von Zeit und Ort der Konferenz sein. Die nächsten Kapitel zeigen es.

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4. Wer an der Konferenz teilnehmen soll

Die optimale Anzahl und Zusammensetzung der Konferenzteilnehmer läßt sich generell nicht festlegen; zu viele Faktoren heben jede Aussage wieder auf. Systematisch festlegen lassen sich jedoch die Kriterien, nach denen die Teilnehmer ausgewählt werden. Diese Kriterien gelten grundsätzlich für jede Konferenz, nur werden sie je nach spezieller Sachlage mit unterschiedlichen Gewichten belegt.

Auswahl nach der Zahl Mammutkonferenzen, wie sie von einigen multinationalen Konzernen gepflegt werden, finden wohl ihre eigentliche Begründung in einern PR-Effekt und in einern Beeindruckungserfolg bei den Konferenzteilnehmern: Größe und Macht läßt sich an Riesenovalen, an denen 50 Personen und mehr sitzen, demonstrieren, und vielleicht entsteht bei den Teilnehmern ein Gefühl der Zufriedenheit, Teil dieses mächtigen Organisationsgebildet zu sein; vielleicht aber auch erfaßt erfolg- und einflußreiche Topmanager angesichts dieser Größenordnung die Angst, einen Teil ihrer Eigenständigkeit und ihres Selbstwertgefühls einzubüßen. Im allgemeinen richtet sich die Zahl der Teilnehmer nach dem Zweck der Konferenz. Handelt es sich um eine reine Informationskonferenz, kann der Rahmen breiter abgesteckt werden. Will man z. B. den Außendienst informieren, so muß man sich überlegen, ab welcher Größe noch ein Kontakt zu den Anwesenden hergestellt werden kann. Denn meistens ist ja der Sinn derartiger Konferenzen, daß neben der reinen Informierung noch motivationale Effekte erzeugt werden; ein guter Verkäufer ist immer auch von seinem Produkt und seiner Firma überzeugt. 41

Entscheidungskonferenzen werden zweckmäßigerweise in kleinerem Umfang stattfinden, da mit zunehmender Teilnehmerzahl die Schwierigkeit der Konsensfindung wächst. Ähnliches gilt für die kreative Konferenz; ab einer bestimmten Anzahl von Personen läßt sich das kreative Potential des einzelnen nicht mehr richtig ausschöpfen. Begrenzt wird die Teilnehmerzahl immer dann sein, wenn man intensiven Einfluß auf die Teilnehmer ausüben will, wie z. B. in Trainingskonferenzen.

Auswahl nach der Sachkompetenz Konferenzen dienen dem Informationsaustausch. Es ist eindeutig, daß die Personen, die zur Erreichung des Konferenzziels entscheidend beitragen können, auch teilnehmen. Dieses klare Entscheidungsprinzip wird jedoch leider immer wieder verletzt. Leute mit wirklicher Sachkompetenz werden wegen mangelnder formaler Kompetenz nicht beteiligt, und ihr sachlicher Beitrag fällt "unter den Tisch". Oder aber sie werden von ihren Vorgesetzten vertreten, die dann schlecht vorbereitet die Argumente nur mit halber Kraft vortragen. Wann immer es möglich ist, sollte das Kriterium der Sachkompetenz das entscheidende sein bei der Frage, wer an der Konferenz teilnimmt.

Auswahl nach der formalen Kompetenz Nach der Sachkompetenz spielt die formale Kompetenz bei der Auswahl die größte Rolle. Nicht nur, weil sich durch sie ein erhöhtes Maß an Führungswissen erwarten läßt, sondern weil Entscheidungen einer Konferenz durch die formale Kompetenz der Teilnehmer abgesichert sein müssen. Eine Einschränkung sollte dieses Prinzip der formalen Kompetenz immer dann erfahren, wenn durch die größere Sachkompetenz von Teilnehmern eine bessere Entscheidungsbildung oder grundsätzlich ein besseres Ergebnis der Konferenz erzielt werden kann. 42

Auswahl nach gruppendynamischen Gesichtspunkten

Dazu ein praktisches Beispiel: Die Marketing-Leute eines großen Unternehmens setzen sich regelmäßig nach Abschluß einer Saison zusammen, um aus den gemachten Erfahrungen über neue Möglichkeiten in der Produkt-, Werbe- und Vertriebspolitik zu beraten. Dabei geht es um eine Art ungezieltes brainstorming. Diese Konferenzen waren bisher recht langatmig und ohne nennenswerte Impulse zu geben verlaufen. Der Vertriebsleiter schlägt deshalb vor, einen jungen Reisenden hinzuzuziehen, der als temperamentvoller, unkonventioneller und ideenreicher Typ in der Konferenz als "Querdenker" figurieren könne. Das Experiment gelingt, die folgende Konferenz wird lebendig, die Teilnehmer bekommen durch die unorthodoxe Sichtweise des neuen Teilnehmers auch neue Anregungen. Gruppendynamische Auswahlprinzipien werden immer dann eine Rolle spielen, wenn es darum geht, den Charakter oder die Atmosphäre einer Konferenz zu beeinflussen: Aggressionen zu mildern, Anregungen zu schaffen, die Konferenzleitung zu stützen, das "groupthink" oder Gruppendenken (siehe Seite 67 ff.) zu verhindern.

Auswahl nach sozialen oder menschlichen Kriterien

Nicht nur sachlogische Kriterien können von Bedeutung sein. Die Teilnahme an Konferenzen bringt oft Prestige in der Organisation, oder ~.e bewirkt dadurch, daß die Teilnehmer das Gefühl bekommen mitzuwirken, mitzuentscheiden, einen starken Identifizierungsanstoß. Einen verdienten Mitarbeiter, der inzwischen weder die formale noch die Sachkompetenz besitzt, nicht mehr hinzuzuziehen, bedeutet eine Art von Degradierung. Wann dieses Kriterium der Teilnehmerauswahl zum Zuge kommt, muß sorgfältig überlegt werden; nur muß man sich darüber klar sein, daß derartige Gesichtspunkte, auch wenn die Organisation rein ökonomische Ziele verfolgt, grundsätzlich mit einzubeziehen sind. 43

Alle diese Auswahlkriterien haben strategischen Charakter. Sie können von der Konferenzleitung eingesetzt werden, um das Hauptziel oder Nebenziele der Konferenz zu erreichen.

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5. Die Planung von Zeit und Ort d er Konferenz

Der Konferenztermin

Die Terminierung von Konferenzen ist oft mit Fallstricken versehen. Es gibt zwar meistens einen besten Zeitpunkt für eine Konferenz, z. B. die Vertreterkonferenz vor einer Verkaufssaison, aber an welchem Tag, zu welcher Uhrzeit das Ereignis wirklich stattfinden soll, trifft oft auf geteilte Meinungen und geteilte Notwendigkeit. Am besten ist es, man fragt alle Teilnehmer und versucht sich auf einen Komprorniß zu einigen, der den Arbeitsplänen aller Konferenzteilnehmer Rechnung trägt; denn zusätzlich zur allgemeinen Konferenzunwilligkeit trägt eine schlechte Termingestaltung zur nemotivierung bei. überdies kann es geschehen, daß der Teilnehmer, der einen entscheidenden Beitrag zu leisten hat, an diesem Tag aus wichtigen Gründen an der Konferenz nicht teilnehmen kann. Sind iie Teilnehmer an der Termingestaltung beteiligt, ist das Gelingen oder Scheitern der Konferenz nicht nur Sache des Konferenzleiters, sondern zum Teil auch ihre eigene. Auch die Art des zu behandelnden Problems kann den Zeitpunkt einer Konferenz bestimmen. Besonders bei Entscheidungskonferenzen ist der Termin oft durch die Natur des Problems festgelegt. Bei ihnen ist es besonders wichtig, den Konferenzzeitpunkt so zu legen, daß die Entscheidung rechtzeitig getroffen wird, so daß die beschlossenen Maßnahmen auch noch ohne größere Reibungsverluste in die Tat umgesetzt werden können. Manche Entscheidungen werden auch zu früh getroffen, z. B. wenn ein zu erwartendes Gesetz neue Sicherheitsbestimmungen festlegen wird und das neue Produkt gerade abläuft. Ebenso wichtig wie die Wahl des richtigen Tages ist die Wahl der Tageszeit. Wirklich wichtige Konferenzen sollten in die Vormittags45

stunden verlegt werden, in denen der Mensch im allgemeinen am produktivsten ist. Es wird dann für den Konferenzleiter am einfachsten, Aufmerksamkeit und Beteiligung auf einem hohen Niveau zu halten und die Ziele der Konferenz zu erreichen. Werden allerdings relativ unwichtige Konferenzen in diese Zeit verlegt, können einige Teilnehmer das Gefühl bekommen, daß sie in dieser Zeit wichtigere Dinge hätten erledigen können. Zur Zeitplanung gehört auch die Bestimmung der Dauer der Konferenz, denn die Teilnehmer können diese dann besser in ihren persönlichen Arbeitsplan einbauen. Es kann z. B. bei der Lösung von Problemen notwendig werden, so lange zu tagen, bis ein konkretes oder konkretisierbares Ergebnis erzielt worden ist. Im allgemeinen aber sollten die anstehenden Probleme möglichst straff durchdiskutiert werden. Hauptkriterium für die Länge einer Konferenz ist der Stoff, der behandelt werden soll. Es muß ausreichend Zeit für die Erwägung aller wichtigen Argumente vorhanden sein; sonst wird der Konferenzleiter hauptsächlich damit beschäftigt sein, seinen Zeitplan zu erfüllen, statt auf die Erfüllung qualitativer Anforderungen an das Konferenzergebnis zu achten. Ist überdies ausreichend Zeit für die Konferenz veranschlagt und diese vor dieser Zeit beendet worden, werden die Teilnehmer mit einem guten Gefühl an ihre normale Arbeit zurückgehen.

Kriterien für die Auswahl des Konferenzortes Die Entscheidung über den Konferenzort kann nach folgenden Kriterien getroffen werden: - Die bestmögliche Erreichbarkeit. Alle Teilnehmer sollten mit einem Minimum an Zeitaufwand für Anreise oder Anfahrt den Konferenzort erreichen können. Die Wahl des Ortes kann sich natürlich auch nach den Erfordernissen einzelner Teilnehmer richten (z. B. die Krisenkonferenz am Urlaubsort des Chefs). - Die technischen Qualitäten. Dazu gehören: Kosten, Verfügbarkeit, ausreichende Größe, notwendige Einrichtungen wie Bestuhlung, 46

Demonstrationshilfen, übersetzungsanlagen, Verköstigungs- und übernachtungsmöglichkeiten, Raumklima, Störungsfreiheit etc. - Die strategische Qualitiit. Die Wahl des Konferenzortes kann Symbolcharakter haben, etwa wenn ein Unternehmen ein Umweltsymposion in einem Ort veranstaltet, dessen Bevölkerung sich gegen die Errichtung eines Zweigwerkes gewehrt hatte. Es gibt viele strategische Ansatzpunkte für die Wahl eines Konferenzortes: Marketingziele, Personalziele, finanzielle Ziele etc.

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6. Die Ablaufplanung einer Konferenz

Auch die beste inhaltliche und strategische Vorbereitung einer Konferenz kann zunichte gemacht werden, wenn das Organisieren der praktischen Details nicht sorgfältig genug geschieht. Erster und oberster Grundsatz bei der Ablaufplanung einer Konferenz: auch dem kleinsten, scheinbar unwichtigsten Detail die größte Aufmerksamkeit schenken! Wie oft passiert die folgende Situation in abgewandelter Form: Zu einer Verkaufsverhandlung hat man die erhofften Vertragspartner in ein idyllisch abseits jeder Großstadt gelegenes Hotel eingeladen. Die Verhandlungsführung war abgestellt auf eine audiovisuelle Vorführung, die mit eindrucksvollen Bildern und Grafiken die technischen und sonstigen Vorzüge des Objekts - es handelte sich um eine neuartige Produktionsanlage - überzeugend darstellen sollte, um so mehr, als praktische Anschauungsmöglichkeiten noch nicht gegeben waren. Als die Vorführung beginnen sollte und man die Verhandlungspartner bereits neugierig auf das kommende, überzeugende Demonstrationsmaterial gemacht hatte, ging die Projektorbirne kaputt. Ersatz war nicht zu beschaffen. In der aufgeregten und gestörten Atmosphäre mußten die Verhandlungen improvisiert werden. Man kam letztlich zu einem Abschluß, aber unter erhöhtem Nervenverschleiß und nicht so glatt, wie man gehofft hatte. Für den zweiten Grundsatz jeder Ablaufplanung haben die Angelsachsen einen einprägsamen Begriff: Doublecheck! Oder gar: Triplecheck ! Mehr als irgendwo anders gilt hier die Regel: Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser. Das gilt um so mehr, je größer die Konferenz ist und je mehr Aufwand für sie getrieben werden muß, wie Unterbringung der Teilnehmer, Verköstigung, Unterhaltung etc. Man sollte sich das Gesetz von Murphy vor Augen halten, das dieser für den Bereich der Technik aufgestellt hat: Was schiefgehen kann, geht auch schief. 48

Die Planung der Sitz ordnung Die Grundforderung an die Sitzordnung ergibt sich aus dem Hauptzweck der Konferenz: Jeder muß mit jedem reden können! Das setzt voraus, daß jeder den anderen zu jeder Zeit sieht. In der Schule dagegen hat man sich Gedanken darüber gemacht, wie sich die Schüler am wenigsten gegenseitig ablenken und am besten auf den Vortrag des Lehrers konzentrieren können und wie der Lehrer sie am besten kontrollieren kann. Diese beiden Aufgabenstellungen markieren auch die beiden grundlegenden Plazierungssysteme: den runden Tisch und das Hintereinandersitzen. Der runde und der viereckige Tisch (Abbildung 3). Der runde Tisch stellt die Idealform der Sitzordnung für eine Konferenz dar. Jeder Teilnehmer hat einen optimalen Kontakt mit jedem anderen. Das gleiche gilt auch für den viereckigen Tisch. Seine Grenze findet diese Plazierungsform bei größerer Teilnehmerzahl. Manchmal macht man den Versuch, das Prinzip des Sichgegenübersitzens auch bei größerer Teilnehmerzahl zu erhalten, indem man ein zusammenhängendes Rund oder ein Karree verwendet, das in der Mitte offen ist. Der Konferenzleiter hat beim runden Tisch die Möglichkeit, die Konferenz demokratisch zu moderieren. Das Oval (Abbildung 4). Es stellt einen guten Komprorniß dar, wenn eine größere Anzahl von Teilnehmern an "einen Tisch" gebracht werden muß. Der Sichtkontakt ist sehr gut. Das Oval erfordert allerdings überlegung, wo man den Konferenzleiter plaziert: Die besten Einflußmöglichkeiten ergeben sich für ihn, wenn er an einer der Breitseiten sitzt. Die aneinandergestellten Tische (Abbildung 5). Man findet diese Sitzordnung oft bei Zusammenkünften mit vielen Teilnehmern. Sitzen in der Abbildung 5a die Teilnehmer nur an der Außenseite der Tische, so ergibt sich das gleiche Prinzip wie das des runden Tisches. Problematischer wird es, wenn auch die Innenseiten der- Tische besetzt werden müssen, vor allem wie in Abbildung 5b. Die Teilnehmer wenden sich dann zum Teil den Rücken zu; außerdem müssen sie sich von ihrem Platz abwenden, um den Konferenzleiter, der an der Breitseite sitzen muß, zu sehen. Durch diese Sitzordnung allein ist bereits eine gewisse Desintegration der Konferenz vorprogrammiert.

49

a

c

b

d

Abb. 3: Sitzordnungen - Der runde Tisch und der vIereckige Tisch

a

Abb. 4: Sitzordnungen - Das Oval 50

b

a

b

Abb. 5: Sitzordnungen - Die aneinandergestellten Tische

Abb. 6: Sitzordnungen - Die einzelnen Tische 51

Die einzelnen Tische (Abbildung 6). Auch hier sollte versucht werden, das Prinzip des dauernden gegenseitigen Kontakts miteinander zu realisieren, etwa wie in Abbildung 6a, bei der die Teilnehmer wieder nur an den Außenseiten der Tische sitzen sollten. Läßt sich diese Lösung wegen der Anzahl der Teilnehmer nicht realisieren, bietet sich die Anordnung 6b an.

Praktische Techniken der Ablaufplanung Eine effiziente Ablaufplanung von Projekten muß eine Reihe von Forderungen erfüllen. Sie soll zunächst einmal die einzelnen Tätigkeiten, die zu den jeweiligen Maßnahmen gehören, in ihrem Zusammenhang darstellen; so gehört zur Vorbereitung eines Seminars oder einer Konferenz die Bestimmung des Konferenzraumes, der technischen Einrichtung, der Sitz- und Schreibmöglichkeiten der Teilnehmer usf., alles mit einer Fülle von scheinbar trivialen Unteraufgaben. Diese Tätigkeiten müssen in ihrem zeitlichen Ablauf sichtbar gemacht werden, - um wirksam koordinierbar und kontrollierbar zu werden, - um "kritische" Phasen aufzuzeigen, die aufgrund von zu erwartenden äußeren Faktoren der Unsicherheit oder durch eine zwangsmäßige Terminenge im voraus Schwierigkeiten signalisieren, - um während des Projektablaufs flexibel auf Veränderungen von Terminen und Ereignissen reagieren zu können. Die bildliche Darstellung der Zusammenhänge erleichtert die Unterweisung aller am Projekt Beteiligten; außerdem ist durch eine sorgfältige Ablaufplanung auch eine Verbesserung der Arbeitseffizienz zu erwarten, da jeder Mitarbeiter die Gesamtzusammenhänge vor Augen hat und nicht nur seine eigene Arbeitsaufgabe. Die Netzplantechnik Die Verfahren der Netzplantechnik - auch Netzwerktechnik oder Netzwerkanalyse genannt - wurden in den 50er Jahren für die Ter52

minplanung komplexer Projekte entwickelt. Diese Verfahren. zur Beschreibung, Steuerung und überwachung von Projektabläufen mit Hilfe von Netzmodellen verursachen nach Untersuchungen in den USA nur 0,1 bis 0,2 % der Projektgesamtkosten an Mehraufwand und bringen dafür eine durchschnittliche Verminderung der Ausführungskosten um 15 % und eine durchschnittliche Zeiteinsparung von 22 %. Die Vorteile der Netzplantechnik: - Ihre Anwendung zwingt alle am Projekt Beteiligten zu Genauigkeit in der Behandlung von Terminen und in der Koordination der Zusammenarbeit mit anderen Stellen. - Es wird der echte Zeitbedarf für das Projekt ermittelt. - Da die Engpässe im voraus sichtbar werden, kann rechtzeitig Vorsorge getroffen werden. - Beteiligte und auch nicht unmittelbar Beteiligte erhalten einen guten überblick; das erleichtert die laufende Kontrolle. - Treten Termin- oder Zeitverschiebungen ein, so werden die Konsequenzen für nachfolgende Tätigkeiten oder Ereignisse transparent. - Für komplexe Projekte kann zur Berechnung von Netzplänen der Computer eingesetzt werden. Bei der Planung von Konferenzen kann diese Technik sowohl in Form des einfach mit der Hand skizzierten Netzplanes als auch in Form des genau berechneten Netzplanes eingesetzt werden. Die genaue Beschreibung einzelner Netzplantechniken und ihre Zeichenregeln sowie ein Netzplan für die Planung einer Tagung finden sich im Anhang dieses Buches.

Das Balkendiagramm

Ein billig herzustellendes, einfach zu handhabendes und übersichtliches Planungsmittel, auch Balkenplan, Stab linien- oder Gantt-Diagramm genannt. Durch die intensive Diskussion über die Netzplantechnik geriet diese praktikable Methode ein wenig in Vergessenheit, die insbesondere für kleine und übersichtliche Projekte geeignet ist. Mit dem Balkenplan können auch die Ergebnisse aus den Netzplanberechnungen dargestellt werden. Beim Erstellen eines Balkendia53

gramms geht man ähnlich vor wie bei der Netzplantechnik: Die notwendigen Techniken werden aufgelistet, und der Zeitaufwand sowie Anfang und Ende der Tätigkeiten für sie werden geschätzt und eingetragen. In einem Koordinatensystem trägt man auf der horizontalen Achse die gewählten Zeiteinheiten ein (Tage, Wochen, Monate), auf der vertikalen Achse die Bezeichnungen für die vorgesehenen Tätigkeiten. Die Dauer der Tätigkeiten wird dann im Koordinatenfeld durch einen Balken symbolisiert. Ein solches einfaches Balkendiagramm zeigt die Abbildung 7.

Tätig· keit Nr.

1

2 3

Bear· beiter

--

4

5

--

6 7

8

9 10

10

20

30

40

-

Projek tdauer i n Tagen

Abb. 7: Balkendiagramm

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50

Die Checkliste Wenn jemand eine Reise plant, schreibt er praktischerweise alles auf einen Zettel, was er vor der Reise noch zu erledigen hat und was er in seinen Koffer packen will. Erledigte Aufgaben und eingepackte Sachen werden abgehakt. Dieses einfache System kann auch mit Erfolg bei der Konferenzplanung angewendet werden. Das Ziel der Checkliste ist, alle Details zu erfassen, die für den Erfolg einer Aufgabe von Bedeutung sind. Dies setzt systematisches Denken und Vertrautheit mit den praktischen Problemen voraus. Checklisten sollten sich deshalb aus der Erfahrung mit internen Arbeitsabläufen und externen Stellen im Laufe der Zeit entwickeln. Aus diesem Grunde sind die folgenden Checklisten zur Konferenzplanung als Anregung gedacht, sie auf die individuelle eigene Situation abzuwandeln und zu vervollkommnen.

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Projektliste Projekt Projekttermin - - - - - Projektleiter - - - - - - - Ort Tätigkeiten

Termin

Konferenzraum organisieren Teilnehmer benachrich tigen Referenten verpflichten Technisches Gerät besorgen Hilfskräfte bereitstellen Informationsmaterial herstellen Transport/Parkplatz für die Teilnehmer buchen Verköstigung bestellen übernachtung buchen Unterhaltung organisieren

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zuständig

erledigt

Checkliste Konferenzraum Ist der Raum verfügbar? Ist er lange genug verfügbar? Sind die Kosten tragbar? Ist der Raum groß genug? Ist die Bestuhlung ausreichend und komfortabel genug? Lassen die Tische die geplante Sitzordnung zu? Ist der Raum ausreichend hell? Sind die Möglichkeiten vorhanden, starke Sonneneinstrahlung abzumildern? Sind ausreichend Lüftungsmöglichkeiten vorhanden? Gibt es erkennbare Lärmquellen? Gibt es sonstige erkennbare Störungsquellen? Ist die Akustik (z. B. Mikrophonanlagen) gut? Läßt der Raum geplante Demonstrationstechniken zu? Haben die Teilnehmer in den Konferenzpausen die Möglichkeit, sich die Beine zu vertreten? Ist die Atmosphäre des Raumes der Konferenz angepaßt? Lassen sich die Türen leise schließen? Ist ein Hinweisschild an der Tür, um Störungen zu verhindern? Ist die Beleuchtungsmöglichkeit ausreichend? Läßt sich der Raum für Vorführungen verdunkeln? Ist der Raum besichtigt worden? Ist eine Stellprobe gemacht worden? Checkliste Platz der Teilnehmer und der Referenten Ist eine Stellprobe gemacht worden? Liegt das Informationsmaterial bereit? Liegt Schreibgerät und Papier bereit? Ist für Erfrischungen gesorgt? Ist für die Tischdekoration gesorgt? Sind die Namensschilder vollständig? Hat jeder die Teilnehmerliste?

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Checkliste Informationsmaterial Ist das Informationsmaterial auf die Bedürfnisse der Teilnehmer zugeschnitten? Wird das Informationsmaterial dem Zweck der Konferenz gerecht? Wird für ausreichende Kurzinformationen gesorgt? (Zusammenfassung von Referaten etc.) Sind die Informationen über den Ablauf der Konferenz vollständig? Sind spezielle Informationen für die Presse vorbereitet? Ist die Teilnehmerliste vorbereitet und aktuell? Sind die Angaben über die Teilnehmer so aussagekräftig, daß jeder mit ihnen etwas anfangen kann?

Checkliste Referate Sind die Referate sichergestellt? Sind die Referenten über Ort, Anreise, Zeitpunkt und Dauer der Konferenz, über Teilnehmerkreis und Termin des Referats informiert? Ist mit dem einzelnen Referenten der Inhalt und die Länge des Referats abgesprochen? Sind die verwendeten Demonstrationsmittel mit dem Referenten abgesprochen? Ist die Art der anschließenden Diskussion genau abgesprochen? Ist der Referent mit dem technischen Gerät vertraut gemacht worden? Ist mit dem Referenten eine Kurzfassung (abstract) seines Referats vereinbart?

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Checkliste Geräte Sind die Geräte auf ihre Funktionsfähigkeit überprüft? Sind die Geräte eingestellt (Größe des Bildes, Mikrophonprobe etc)? Sind ausreichend Kabel, Papier für Projektoren, Folien etc. vorhanden? Sind die notwendigen Ersatzteile vorhanden (Birnen etc.)? Ist das Projektmaterial vollständig? Sind Filzschreiber, Kreide, Leuchtstab, Zeigestock vorhanden? Sind die Geräte während des Vortrags und der Diskussion gut zu bedienen? Checkliste Verköstigung - übernachtung Transport - Unterhaltung Ist die Qualität der Menüs überprüft? Ist der Ort der Mahlzeiten den Anforderungen gewachsen? Sind ausreichend Mahlzeiten geordert worden? Haben die Teilnehmer vor, während und nach den Mahlzeiten ausreichend freie Zeit? Entspricht die übernachtungsmöglichkeit dem Standard der Teilnehmer? Sind die individuellen Wünsche der Teilnehmer berücksichtigt worden? Sind den Teilnehmern An- und Abreisemöglichkeiten geschildert? Sind die Buchungen überprüft worden? Sind ausreichend Parkmöglichkeiten vorhanden? Sind die Teilnehmer über Unterhaltungsmöglichkeiten informiert worden? Entspricht das organisierte Unterhaltungsprogramm dem Niveau der Konferenz? Schränkt das organisierte Unterhaltungsprogramm die Teilnehmer in ihrer Entfaltungsmöglichkeit zu sehr ein? Welche anderen als die organisierten Unterhaltungsmöglichkeiten gibt es?

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7. Die Tagesordnung

Wie durch ein Brennglas konzentriert sich in der Tagesordnung die Konferenzplanung. Durch sie sollen die Teilnehmer instruiert, aber auch motiviert werden. Angesichts dieser wichtigen Aufgabenstellung verblüfft die Lieblosigkeit, mit der Tagesordnungen aufgestellt werden, vom flüchtigen Telefonanruf bis zur mageren Aufzählung der in der Satzung vorgeschriebenen Tagesordnungspunkte. Auf der nächsten Seite 61 ist das Schema einer Konferenz-Agenda dargestellt, die auch die wichtigsten Aufgaben der Tagesordnung aufzeigt: - Die Teilnehmer werden über den Titel, die Teilnehmergruppe, Termin, Beginn, Ende und Ort der Konferenz informiert. Der Konferenz einen Titel zu geben, kann sehr nützlich sein, um sie von anderen Konferenzen zu unterscheiden, z. B. Planungskonferenz. Die Bezeichnung der Gruppe deutet an, in welcher Ebene der Hierarchie die Konferenz angesiedelt ist. - Durch die Bekanntgabe der übrigen Teilnehmer und der Konferenzleitung kann sich jeder auf den Verlauf der Konferenz einstellen. - Der folgende Komplex dient der inhaltlichen Vorbereitung der Teilnehmer: Das Konferenzproblem, das Konferenzziel, die Konferenzart wurden ausführlich in den vorangegangenen Kapiteln besprochen. Mit der Angabe der Konferenzunterlagen wird sichergestellt, daß die wichtigsten Papiere und Informationen mitgebracht werden oder für die Konferenz ausgewertet und vorbereitet wurden. Mit den "speziellen Hinweisen" kann man Einfluß auf die Teilnehmer nehmen, indem man z. B. auf die Bedeutung dieser Konferenz, auf bisheriges Fehlverhalten usw. aufmerksam macht. - Der dritte Abschnitt der Agenda beschreibt die einzelnen Tagesordnungspunkte und wer sich speziell auf diese vorbereiten bzw.

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Konferenz-Agenda Titel der Konferenz Termin _ _ _ _ __ Bezeichnung der Gruppe _____ Beginn _ _ Ende ~ Ort Konferenzteilnehmer

Konferenzleitung

Konferenzproblem _ _ __ Kon ferenzziel

Konferenzart _ _ _ _ __ Konferenzunterlagen _ __

Spezielle Hinweise _ _ _ _ _ _ _ _ __

Die Tagesordnung

Die Punkte der Tagesordnung

Es bereitet sich speziell darauf vor

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über sie referieren muß. Diese Festlegung bedeutet eine Verpflichtung der Teilnehmer. überdies muß sich jeder bewußt sein, daß auch jeder andere Genannte sich gewissenhaft vorbereitet; also wird man sich bei der Vorbereitung der Konferenz nicht nur auf sein enges Gebiet beschränken. Eine so gestaltete Tagesordnung ist auch ein ausgezeichnetes Hilfsmittel bei der Führung des Protokolls (vgl. Kapitel 111, 7).

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111 Die Durchführung und Kontrolle von Konferenzen

1. Die Durchführung von Konferenzen

Gruppendynamik - nur ein Schlagwort? Konferenzen sind eine Gruppenveranstaltung. Aus dieser selbstverständlichen Feststellung ergeben sich Konsequenzen, deren man sich im allgemeinen wenig bewußt ist. Für die Dauer der Konferenz bilden die Teilnehmer eine Gruppe, und sie werden damit mit großer Wahrscheinlichkeit Verhaltensweisen zeigen, die eben Gruppenverhalten grundsätzlich ausmachen: Sie werden der Konferenz als Gruppe zu der Leistung verhelfen, die der einzelne nicht imstande wäre, zu erbringen. Sie werden aber auch mit ihrem individuellen Verhalten des Funktionieren der Konferenz stören können. Konferenzen werden also dann optimal verlaufen, wenn die Bedingungen erfüllt sind, unter denen allgemein Gruppen optimal arbeiten. Welches sind diese Bedingungen? Zunächst einmal: Gruppen entstehen - wie im Fall der Konferenzdurch organisatorische Maßnahmen, die auf ein übergeordnetes Ziel ausgerichtet sind. Gruppen entstehen aber auch aufgrund spontaner menschlicher Kontakte, aufgrund eines Wir-Gefühls, aufgrund gemeinsamer Zielsetzungen und Normen, die nichts mit dem offiziellen Ziel zu tun haben müssen; ja es kann sogar die Gegnerschaft zu diesem offiziellen Ziel den Grund zur Gruppenbildung bieten. Gruppen, die formal nicht geplant sind und deren Verhalten nicht mit den Organisationsnormen übereinstimmt, bezeichnet man als Cliquen; sie können sich entscheidend auf den Verlauf von Konferenzen auswirken. Was kennzeichnet Gruppen? Gruppe ist nicht gleich Gruppe und Konferenz nicht gleich Konferenz. Jedes Treffen kann seinen ganz eigenen und unterschiedlichen Charakter haben. Es gibt Treffen, bei 65

denen sich die Teilnehmer verstehen, es herrscht eine konstruktive Stimmung; bei Verständigungsschwierigkeiten wird nachgefragt. Es ist das Bemühen aller spürbar, nicht nur das Konferenzziel zu erreichen, sondern auch die Atmosphäre des Miteinander aufrechtzuerhalten. Bei anderen Konferenzen wird das Unbeteiligtsein, ja die Obstruktionshaltung der Teilnehmer offensichtlich. Die Argumente ad personam überwiegen oder sind in die Sachargumentation eingeflochten, und sehr stark in den Vordergrund tritt die persönliche Zielsetzung der Teilnehmer. Weitere Kennzeichen sind die Zustimmung der Teilnehmer zur Konferenz und ihr Verständnis untereinander. Auch die Abhängigkeit der Beteiligten von der Teilnahme an der Konferenz spielt eine große Rolle. Stellt die Beteiligung an der Konferenz innerhalb der Organisation eine besondere Gratifikation - Ausdruck der Position, der Fach- und Sachkompetenz, der Führungseigenschaften, der Kreativität etc. - dar, werden sich die Teilnehmer potentiell anders verhalten, als wenn die Konferenz als lästiges Beiwerk und ohne große Bedeutung eingeschätzt wird. Grundsätzlich gilt also die Regel: Keine Konferenz abhalten, es sei denn, der Anlaß ist wirklich zwingend. Dann aber auch die Wichtigkeit der Konferenz für die Teilnehmer und die Bedeutung ihrer Teilnahme herausstellen. Damit sind auch die Bestimmungsgründe für die Abhängigkeit der Beteiligten von der Teilnahme gekennzeichnet: die Bedeutung der Aufgabe, das Prestige innerhalb der Organisation, die persönliche Zielsetzung. Ebenfalls ein Kennzeichen von Gruppen, das allerdings bei Konferenzen, deren Teilnehmer ja nur gelegentlich und für kurze Zeit zusammenarbeiten, schwieriger zu erkennen ist, ist die Ausbildung von Gruppennormen, die für das Verhalten der Beteiligten bestimmend sind. So kann sich z. B. auf den Konferenzen eines Unternehmens im Laufe der Zeit ein Diskussionsstil herausbilden, der sich durch Härte, Unduldsamkeit, Argumente ad personam auszeichnet. Dieser Stil hat der Persönlichkeit einiger führender Beteiligter entsprochen, und die Gruppe bzw. Konferenz hat ihn im Laufe der Zeit als produktivsten Stil adaptiert und zwingt jedes neue Mitglied, sich ihm anzupassen. Der Zusammenarbeit der Gruppe ist nicht besonders groß, aber die

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Entscheidungen, die gemeinsam getroffen werden, sind immer besonders hart, ja rücksichtslos ausdiskutiert. Selbstverstiindlich setL:t sich dieser Stil auch im ganzen Unternehmen fort, was eine hohe Fluktuationsrate unter den Mitarbeitern, eine hohe Arbeitsproduktivität in Routineaufgaben, eine geringe bei kreativen Problemen, ein schlechtes Betriebsklima und geringe Bindung der Mitarbeiter an das Unternehmen zur Folge hat.

Groupthink

Ist eine Konferenz optimal zusammengesetzt und verläuft sie auch optimal, dann ist die Chance sehr groß, daß sich der Leistungsvorteil der Gruppe auswirkt: Durch raschen Informationsaulitausch mit sofortiger Rückfragemöglichkeit, durch die Zusammenfassung der sich aus unterschiedlichen Sachwissen und Temperamenten ergebenden Urteile, durch den Ausgleich von Fehlern sowie durch die Möglichkeit zum Aufbau eines Wir-Gefühls kann die Gruppenleistung gleich der besten Einzelleistung eines Teilnehmers oder sogar besser als diese sein. Aber jede Gruppenarbeit hat auch ihre Nachteile, die sich überwiegend durch Koordinationsprobleme sowie durch einen Konformitätsdruck ergeben: -

Der Zeitaufwand für die zu lösende Aufgabe wird größer. Der Individualist wird unterdrückt. Die Mittelmäßigkeit wird gefördert. Der Konsens der Gruppe kann sich gegen das geplante Gesamtziel richten. - Viel Kraft, die die Mitglieder der Gruppe für ihr Prestige verwenden, geht für die Lösung der Aufgabe verloren.

Eine vor allem für die Konferenztechnik wichtige negative Wirkung von Gruppen ist von dem amerikanischen Psychologen Janis untersucht worden: Durch Konformitätsdruck und den Wunsch, sich gegenseitig zu unterstützen und übereinstimmung zu erzielen, werden unabhängige, kritische, abweichende Urteile unterdrückt. Außerdem 67

steigt mit zunehmender Größe der Gruppe die Anzahl der Teilnehmer, die nichts zur Diskussion beitragen. Janis nannte dieses Phänomen "groupthink"; der angelsächsische Begriff ist im Deutschen mit Gruppendenken übersetzt worden. Im einzelnen gibt es folgende Ursachen für dieses Gruppendenken: - Je höher in der Hierarchie eine Gruppe angesiedelt ist, desto stärker wirkt sich das Bewußtsein von Macht, Prestige, von der Wichtigkeit der eigenen Person, aber auch von der eigenen Urteilssicherheit aus. Das Gefühl von kollektiver Macht und Bedeutung kann die Möglichkeiten zur Selbstkritik trüben und zur völligen Fehleinschätzung der Realität beitragen. Das passiert in Politik und Wirtschaft, wie Janis an dem Beispiel der Schweinebucht-Affäre zeigt: Um zu einem einmütigen Beschluß zu kommen, wurden kritische Einwände gegen die Invasion exilkubanischer Truppen 1961 in Kuba vom Tisch gefegt; die Aktion scheiterte und geriet den USA zur großen Blamage. - Ein weiterer Grund für die drohende Realitätsferne von Entscheidungen in der Hierarchie hoch angesiedelter Gremien ist ihr mangelnder Kontakt zur Basis, zu ihrer Organisation, gewissermaßen zum " Frontgeschehen" . Je höher man in der Organisation steigt, desto mehr bekommt man zu hören, was man hören will und nicht, was man hören sollte. Oft ist dieses Abgeschnittensein von einem notwendigen Informationsstrom nicht unverschuldet, und damit auch nicht ein gewisser Realitätsverlust, der trotz des Bewußtseins, im Besitz vollkommener Führungsinformationen zu sein, eingetreten ist. Bestehen nun z. B. Konferenzen in Unternehmen nur aus Teilnehmern der Führungsschicht, so ist die Gefahr, daß die Gruppe ihre eigenen Vorurteile reproduziert, sehr groß. - In sehr homogenen Gruppen wird oft die Position der Kritik nach außen verlagert: Da sich innerhalb der Gruppe ernsthafte Widersprüche nicht bemerkbar machen, werden möglichen kritischen Ansatzpunkten, die von außen herangetragen werden könnten, von vornherein nicht akzeptable Motive, Unverstand oder Unwissen unterlegt; auf diese Weise wird verhindert, daß Argumente "von außen" die eigene Position relativieren könnten, und man "bewahrt" sich selbst davor, Fehler zu verhindern.

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- In Gruppen, die ein starkes Wir-Gefühl aufgebaut haben,. besteht oft die Tendenz, Kritik zu unterlassen. Man will die Sache nicht komplizieren, den gemeinsamen Beschluß nicht gefährden und sich selbst nicht in die Rolle des Außenseiters bringen. So verkehrt sich der Vorteil, daß alle Mitglieder der Gruppe ohne persönliche Nachteile ihre kritischen Einwände bringen können, in einen Nachteil für das geplante Ergebnis, wenn das Harmoniestreben den Leistungswillen übersteigt.

- Auch die schon erwähnten, jede Gruppe kennzeichnenden Gruppennormen tragen zum "groupthink" bei. Abweichende Verhaltensweisen, abweichende Ansichten werden von der Gruppe mit mehr oder weniger subtiler Gewalt unterdrückt, und hier wirkt sich die Stärke der Gemeinschaft verheerend aus: Die eisigen oder verächtlichen Mienen der versammelten Konferenzteilnehmer angesichts eines wichtigen, aber unüblichen Einwands eines "Neuen" in der Konferenzrunde sind schwerer zu überwinden als die "entfernte" Gegnerschaft. Jede Gruppe hat die Tendenz, die Kontrollmöglichkeiten ihrer Entscheidungen zu reduzieren. - Loyalität zur Führung kann ein Grund für das Gruppendenken sein. Ist der Chef auf der Konferenz anwesend, will man ihn nicht mit zusätzlichen Schwierigkeiten belasten und neigt dazu, die eigenen kritischen Einwände für weniger wichtig zu halten. Auf diese Weise wird ein kritisches Potential, das die Entscheidungen der Konferenz korrigieren und verbessern könnte, zurückgehalten. - Steht eine Gruppe unter starkem Konkurrenzdruck, läßt die Suche nach Gegenargumenten, welche die zu betreffenden Entscheidungen absichern könnten, nach: Das Schweigen von Konferenzteilnehmern wird als Zustimmung gedeutet, andere Zeichen der Ablehnung werden ignoriert. - Auch Zeitdruck führt zu "groupthink". Da bis zu einem bestimmten Zeitpunkt eine Entscheidung getroffen sein muß, verzichtet man auf Gegenargumente, die Entscheidungsprozeduren werden abgekürzt, vereinfacht. So kommen Entscheidungen zustande, die der Qualifikation des Entscheidungsgremiums nicht entsprechen. - Sind Entscheidungen durch typisches "groupthink"-Verhalten getroffen worden, so tendiert die Gruppe dazu, dieses unter allen Umständen zu rechtfertigen, auch wenn die Folgen eindeutig eine 69

andere Sprache sprechen. Oft werden sogar, wie um sich in seinen überzeugungen zu rechtfertigen und zu bestärken, weitere Entscheidungen unter den gleichen fehlerhaften Voraussetzungen gefäll t. Die gruppendynamischen Aspekte von Konferenzen machen deutlich: Konferenztechnik betrifft den Konferenzleiter und gleichermaßen die Konferenzteilnehmer. Die Konferenz wird für beide zum perfekten Management-Instrument, wenn nach der Planung der technischen Abläufe und der inhaltlichen Vorbereitung das zu erwartende Verhalten vom Konferenzleiter und den Teilnehmern richtig eingeschätzt und eingeplant wird.

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2. Der Konferenzleiter

Fallbeispiel

Die folgende Schilderung einer Konferenz ist leider nicht erfunden: An einem ovalen Tisch aus teurem Teak und in bequemen Ledersesseln sitzen die sechs Herren der Geschäftsleitung und warten auf den Beginn der monatlichen Routinekonferenz. Konferenzleiter wird der Inhaber des Unternehmens sein, und die Konferenz kann natürlich erst beginnen, wenn der Boß anwesend ist. Dieser aber läßt 20 Minuten auf sich warten, erscheint dann strahlend, erzählt von seinem Tennismatch, das er eben absolviert hat, greift zum Telefon, das neben seinem Sitz steht, telefoniert weitere drei Minuten gelöst über eine private Sache, um dann unvermittelt den Vertriebsleiter abzukanzeln, der angeblich einen Großkunden vergrätzt hat (in Wirklichkeit war die Verärgerung des Kunden auf eine Anordnung des Chefs zurückzuführen), und sich dann - jetzt in freundlichem, aufmunterndem Ton - seinem Protege, dem Produktionsleiter, zuzuwenden. Die Strategie dieser Art von Konferenzleitung ist klar: Es soll Unsicherheit geschürt werden, die Dominanz des Chefs und die Inferioritilt der Untergebenen soll herausgestellt werden; außerdem soll die Integration der Teilnehmer untereinander - evtl. gegen den Chef - gestört werden. Daß eine derartige Konferenzleitung nur Streß und minimale Ergebnisse zeitigt, merkt der Chef nicht. Im Unternehmen besitzt auch niemand die Autorität, es ihm zu sagen. In allen solchen Fällen, wenn es nicht nur um organisatorisch-planerische Konferenzprobleme geht, sondern um menschlich-motivationale Fragen, ist es nützlich, sich unter dem neutralen Aspekt der Konferenztechnik um eine Verbesserung der Ergebnisse zu bemühen.

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Die Aufgaben des Konferenzleiters

Wenn der Konferenzleiter die Seele der Konferenz ist, dann hat die eben geschilderte Konferenz eine schwarze Seele. Das Beispiel zeigt, daß Konferenzleitung außer rein sachlichen Wirkungen auch noch menschliche hat, die das sachliche Ergebnis in Frage stellen können. Es lohnt sich, einmal die Aufgaben des Konferenzleiters zusammenzustellen, die er neben der technischen Planung und Organisation hat, wie sie im zweiten Teil dieses Buches diskutiert wurden: - Initiative. Es wird auch häufig von der Lokomotiv-Funktion des Führenden gesprochen. Für die Konferenz bedeutet das: Der Konferenzleiter muß die Diskussion anregen, auf einem bestimmten Spannungsniveau halten. Dies kann dadurch geschehen, daß er Widerspruch hervorruft, Fragen aufwirft, rhetorisch schwache Konferenzteilnehmer, die wichtige Argumente vorzubringen haben, unterstützt, dominante Teilnehmer in Schranken hält, für eine Atmosphäre sorgt, die allen Teilnehmern das Gefühl vermittelt, es geht wirklich um das beste Argument, und es geht um ihr Argument. - Strukturierung und Koordinierung. Aufgrund von Position und persönlichen Fähigkeiten fallen jedem Konferenzteilnehmer bestimmte Aufgaben zu, was zu Konflikten oder Konsens führen kann. Es hängt vom Talent des Konferenzleiters ab, diese Aufgaben so zu strukturieren und die Verhaltensweisen der Teilnehmer so zu koordinieren, daß jeder einen optimalen Beitrag für ein gutes Konferenzergebnis leistet. Dabe~ geht es um Probleme folgender Art: Wer referiert zuerst? Welche Fragen werden diskutiert, auf welche Argumente wird eingegangen? Wie und wie ausführlich sollen Informationen präsentiert werden? Im Hintergrund aller Strukturierungs- und Koordinierungsfragen steht das Konferenzziel und die Strategie, es zu erreichen. - Kommunikation. Sie ist eine Aufgabe, die gewissermaßen in allen anderen enthalten ist. Es geht um eine rhetorische KatalysatorFunktion des Konferenzleiters: Er muß die Leute zum Reden, Zuhören und Fragen bringen; er muß schauen, daß sie sich ver72

ständlich machen, daß Unklarheiten beseitigt werden. Die Techniken dazu zeigt das 2. Kapitel im ersten Teil. - Integration. Das Fallbeispiel zu Beginn dieses Kapitels zeigt, wie desintegrierend das Verhalten eines Konferenzleiters wirken kann. Nicht nur, daß in dieser Konferenz nur die Informationen zutage gefördert werden, von denen man weiß, daß der Chef nicht allergisch auf sie reagiert, sondern das Mißtrauen, die Vorsicht, der Haß setzen sich auch nach der Konferenz fort, weil niemand sicher ist, daß der andere nicht mit allen Mitteln um sich schlägt, um seine eigene Haut zu retten. Auf der Konferenz begegnen sich die Mitglieder persönlich, die Kontaktintensität ist groß, und damit ist die Chance gegeben, ein Solidaritätsgefühl aufzubauen, das dem gesamten Betrieb förderlich ist. Diese Solidarität ist auch notwendig, wenn wirklich zum Nutzen des Gesamtzieles Ideen entwickelt, Informationen ausgetauscht, Entscheidungen getroffen werden sollen. Daß dieses Wir-Gefühl in Form des Gruppendenkens auch negative Folgen haben kann, wurde weiter oben gezeigt; .aber der Konferenzleiter hat die Möglichkeit, durch geschicktes Verhalten diese Fehler zu vermeiden. - Motivation. Eine Konferenz wird dann optimal verlaufen, wenn sich die Teilnehmer mit dem Konferenzziel identifizieren und die Konferenz selbst als das beste Mittel akzeptieren, dieses Ziel zu erreichen. Es kann hart diskutiert werden, Personen und Meinungen können unter Beschuß genommen werden, wenn die Argumentationslage dies erfordert. Sind die Teilnehmer aber passiv, uninteressiert an den Meinungen der anderen, überzeugt davon, daß die Konferenz nur Zeitverschwendung bedeutet und daß das Problem längst an anderer Stelle entschieden worden ist, dann muß die Konferenz scheitern. Aus diesem Grunde sollte der Konferenzleiter bereits bei der Planung der Konferenz die sachlichen und strategischen Beiträge der einzelnen Teilnehmer abstecken, ihnen das Konferenzziel bekanntgeben sowie die Bedeutung ihrer Informationen und Urteile. Auch im Verlauf der Konferenz hat der Konferenzleiter die Möglichkeit, durch Lob und Anerkennung nicht nur die Beteiligung anzuregen, sondern auch grundsätzliche Zustimmung zu Veranstaltungen dieser Art zu schaffen. Dies ist besonders wichtig bei allen Konferenzen, auf denen überzeugt werden soll; bei Seminaren, Vertreterbesprechungen etc. 73

- Domination. Es kann durchaus notwendig für den Konferenzleiter sein, auf einer Konferenz "Person" zu zeigen und von seinen Machtmitteln - so sie vorhanden sind - Gebrauch zu machen, um sich Gehör zu verschaffen, um heftiges Durcheinanderreden zu stoppen oder um destruktives Verhalten von Konferenzteilnehmern abzubauen. Welche Grenzen jede Domination haben sollte, wird im nächsten Abschnitt bei der Frage nach dem Führungsstil besprochen. - Entscheidung. Jede Einflußnahme auf andere Menschen ist mit Entscheidungen verbunden. Der Konferenzleiter muß entscheiden, wer welche Funktionen zu übernehmen hat, welche Argumente weiterdiskutiert werden, wie diskutiert wird usf. Es kann aber auch seine Hauptaufgabe sein, zu einem Problem sich von den Konferenzteilnehmern informieren zu lassen, diese Informationen mit den Teilnehmern zu diskutieren und dann zum Schluß die endgültige Entscheidung über das Problem zu treffen. Diese Aufgabe des Konferenzleiters wird im einzelnen im vierten Teil besprochen.

Die Leitung - autoritär oder demokratisch?

Diese eben besprochenen Aufgaben kann der Leiter einer Konferenz auf verschiedene Weise wahrnehmen, und je nachdem, wie er es anpackt, sieht auch das Ergebnis aus. In dem eingangs zitierten Fallbeispiel war der Chef als Konferenzleiter so autoritär, daß keiner der Konferenzteilnehmer sich wirklich entfalten und sein Wissen und Urteilsvermögen gelöst in die Diskussion einbringen konnte. Nun muß nicht jeder autoritäre Führungsstil solche Formen und Auswirkungen annehmen. Aber dieses Beispiel zeigt eine grundsätzliche Problematik des Führungsstils: Jeder bringt bei der Leitung einer Gruppe seine eigene Person ein, die er selten verleugnen und noch seltener auf eine bestimmte Vorstellung hin trimmen kann. Die Chance dazu wird aber um so größer, je sachlicher man das Problem des Führungsstils behandelt. -.1 I ,

Welcher Führungsstil bei der Leitung einer Konferenz gepflegt wird, sollte aber nicht nur von den menschlichen Eigenschaften dcs Konferenzleiters und von dem in der Organisation herrschenden Stil oder von der speziellen Konferenzsituation abhängen, sondern in erster Linie von der zu erfüllenden Aufgabe. Es kann notwendig sein, in einer Krisensituation und unter Zeitdruck eine Sitzung straff autoritär zu leiten und andererseits einem Treffen, bei dem hauptsächlich Ideen gesammelt werden sollen, demokratisch lediglich leichte "Hilfen" zu geben. Eine große Veranstaltung wird einen anderen Führungsstil erfordern als eine intime Versammlung von Gleichgestellten. Grundsätzlich gilt: - Einfache Probleme lassen sich in einer zentral strukturierten Gruppe besser lösen (5. Abbildung 8a). Nehmen wir als Beispiel eine Informationskonferenz für Vertreter, bei der der Konferenzleiter gleichzeitig die Informierung der Teilnehmer übernimmt. Er erreicht alle Teilnehmer gemeinsam, kann die Probleme jedes einzelnen behandeln und damit gleichzeitig Probleme aller Teilnehmer diskutieren. Eine ähnliche Struktur bietet sich bei pädagogisch ausgerichteten Konferenzen an. Der Führungsstil bei derartigen Konferenzen \vird zwangsläufig auf stärkere Einflußnahme durch den Konferenzleiter hinauslaufen. Wenn die Situation und die Aufgabe es erfordern, wird dieser Führungsstil autoritärer sein; aber er kann durchaus überwiegend demokratischen Charakter besitzen mit großer Beteiligung an Zielsetzung und Durchführung der Konferenz durch die Konferenzteilnehmer. - Komplizierte Probleme lassen sich leichter durch dezentralisierte Gruppenstrukturen lösen (s. Abbildung 8b). Der Konferenzleiter hat zwar die formale Leitungskompetenz, die Informationen aber werden nicht mehr ausschließlich über ihn geleitet und von ihm beurteilt. Da die sach- und fachkompetente Gruppe als Ganzes eine größere Urteilskapazität besitzt als der Konferenzleiter, wird dieser neben seinem fachlichen Beitrag seine Hauptaufgabe darin sehen. der Konferenzgruppe zu ihrem Leistungsvorteil zu verhelfen, indem er die Diskussion fördert und für ein produktives Konferenzklima sorgt. Der Konferenzleiter ist Katalysator und Anreger. Sein Führungsstil ist demokratisch, was nicht heißt, daß er keinen Einfluß nimmt; aber er läßt den Teilnehmern einen großen Mitentscheidungsspielraum für den Verlauf der Konferenz. 75

a

b

Abb. 8: Gruppenstrukturen

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Die Leitungsgrundlagen

Jeder, der Einfluß auf andere nehmen will, braucht eine bestimmte Art von Macht, die seinem Wert oder seinem Verhalten das nötige Gewicht verleiht. Ein Konferenzleiter, der sich nicht durchsetzen kann, der den rhetorischen Finessen einiger Konferenzteilnehmer nicht gewachsen ist, aber auch einer, dem man zwar folgen muß, dem man aber nicht vertraut, ist die nur allzu gewohnte Ursache für das Scheitern und für das schlechte Image von Konferenzen. Wer Konferenzen zu leiten hat, sollte sich systematisch die Führungsmittel, die ihm zur Verfügung stehen, bewußt machen und sich überlegen, welche er nicht oder zu wenig, welche er zu häufig oder zu intensiv und welche er schlecht eingesetzt hat. Die Führungsgrundlagen oder Führungsmittel für den Konferenzleiter können unterschiedlicher Natur sein: - Die Positionsmacht. Sich kraft seines Amtes durchzusetzen, bereitet im allgemeinen die geringsten Schwierigkeiten. Wer formal der Boß in der Organisation ist, wird meist auch als Konferenzleiter akzeptiert; außerdem hat er die Möglichkeit, den Teilnehmern Sanktionen aufzuerlegen. Wer zum Konferenzleiter bestellt wird, sollte dafür sorgen, daß er auch die nötige Kompetenz erhält und daß diese Kompetenz allen Teilnehmern bekannt ist. - Die menschliche Autoritiit. Wer eine freundliche Einstellung zu anderen Menschen hat, Verständnis und Einfühlungsvermögen besitzt, seine eigenen Maße in Relation zu anderen zu bewerten versteht und Fehler zugegeben bereit ist, wer versucht, konsequent und gerecht zu urteilen, dessen Entscheidungen wird man gern folgen, auch wenn sie hart ausfallen. Voraussetzung für die persönliche Autorität ist eine sichere Menschenkenntnis und die Anwendung der sich daraus ergebenden Konsequenzen. - Die Expertenautoritiit. Sie ist nicht nur die Basis für eine effiziente Diskussion, sondern leistet auch wertvolle Hilfe bei der Lösung disziplinarischer Aufgaben. Ein Konferenzleiter, der in der Sache etwas auszusagen hat, wird Nörgler und Quertreiber leicht zum 77

Schweigen bringen können und in hitzigen Diskussionen den nötigen Kompromig finden. Experte zu sein genügt aber nicht, um eine Konferenz gut zu leiten. - Die Informationsmacbt. Wer als Konferenzleiter mehr Informationen besitzt als die übrigen Teilnehmer, kann diesen Vorsprung für seine spezielle Aufgabe nützen. Er kann Andeutungen machen, ins Vertrauen ziehen, Anregungen geben, die Diskussion in bestimmte Bahnen lenken. Wissen die Teilnehmer um diesen Informationsvorsprung, werden sie den Weisungen des Konferenzleiters leichter folgen.

Soll der Chef immer die Konferenz leiten?

Es wird wohl die Norm sein, daß der jeweils Ranghöchste der Konferenzteilnehmer die Konferenz auch leitet. Dies hat den Vorteil, daß durch dessen Positionsmacht eine straffe Koordinierung gewährleistet ist, daß auch immer, wenn es notwendig ist, das nötige Führungswissen abberufen werden kann und die höchstmögliche formale Kompetenz in die Urteile und Entscheidungen eingeht. Dies verhilft der Konferenz zu einer zügigen Abwicklung: Man muß die Probleme nicht erst vertagen, um den Chef zu fragen, und man braucht bestimmte Richtungen nicht zu diskutieren, wenn sie nicht in die allgemeine Strategie der Organisation passen. Diese Vorteile und auch der, daß der Chef intensiv an der Kommunikation in der Organisation beteiligt ist und seine Mitarbeiter die Nähe zu ihm nicht verlieren, bleiben auch erhalten, wenn er zwar an der Konferenz teilnimmt, sie aber nicht selbst leitet. Damit vermeidet er Nachteile, die sich aus seiner Konferenzleitung ergeben, ohne auf den Vorteil seiner Anwesenheit zu verzichten. Welches sind diese Nachteile? Zunächst einmal ist seine Zeit zu kostbar, als daß er sich mit den technischen Details der Planung der Konferenz abgeben sollte. Dieses Problem läßt sich zwar dadurch lösen, daß ein großer Teil dieser Planungsaufgaben delegiert werden kann, es sollte aber die Planungs-

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kompetenz beim Konferenzleiter liegen, um zu garantieren, daß der Konferenzverlauf auch der Planung entspricht. Meistens jedoch wird aus Zeitmangel die vom Chef zu leitende Konferenz nachlässig geplant - "er hat ja die übersicht" -, die Konferenzteilnehmer werden unvollständig über ihre Aufgaben informiert und ihre Beiträge sind nicht ausreichend; außerdem fehlt oft ein wichtiger Mann, weil die Terminplanung nicht sorgfältig war. Es wird jedem Chef leicht faHen, genau den Einfluß auf die Konferenzplanung zu nehmen, den er für richtig hält, auch wenn er die Planungskompetenz einem anderen übergeben hat. Der zweite Nachteil besteht zwar auch, wenn er als bloßer Teilnehmer in der Konferenz sitzt, aber die Wirkung ist eine andere. Der Chef als Konferenzleiter bestimmt die Themen, die Art der Diskussion, ihre Ausführlichkeit usf. Jeder Teilnehmer wird versuchen, sich von seiner besten Seite zu zeigen, sich nicht unbeliebt zu machen oder sogar dem Chef nach dem Mund zu reden. Ist der Chef dagegen lediglich Teilnehmer der Konferenz, so besteht für ihn die Chance, Informationen zu bekommen, nicht nur über das anstehende Problem, sondern auch über seine Mitarbeiter, wie sie argumentieren, wie sie sich verhalten. Dies wird ihm leichter fallen, wenn er die leitende Funktion bewußt abgegeben hat. Hier ein paar nützliche Tips für den Chef als bloßen Konferenzteilnehmer: - Vor der Konferenz sich klarmachen, wieviel Einfluß man nehmen will und was man von den einzelnen Teilnehmern erwartet: Sollen sie lediglich informieren oder urteilen und mitentscheiden? Soll die Konferenz gemeinsam entscheiden? - Als Chef kann man seine Kompetenz nicht aufgeben, und demgemäß sollte man auch in der Konferenz nicht so tun. Die übrigen Teilnehmer werden es begrüßen, wenn der Chef mitdiskutiert, seine Vorstellungen und Zweifel einbringt. Es könnte allerdings ratsam sein, sich grundsätzlich eher zurückzuhalten, um nicht zu sehr zu dominieren und die anderen Teilnehmer an der Entfaltung zu hindern. - Den Konferenzleiter unterstützen. Wenn man ihn ermuntert, seine Aufgaben auch ihm gegenüber wahrzunehmen ("sagen Sie mir ruhig, wenn ich zuviel rede"), dann werden auch die übrigen Teilnehmer das als Aufforderung betrachten, freier zu reden.

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- Auf keinen Fall dem Konferenzleiter dreinreden oder ihn korrigieren, auch wenn er einen Fehler macht. Man untergräbt dessen Autorität und hätte die Konferenz gleich selber leiten können.

Die Hauptfehler des Konferenzleiters

1. Der Konferenzleiter überläßt die Teilnehmer sich selbst und nimmt keinen Einfluß auf den Fortgang der Diskussion. Die Chance, daß die Konferenz ihr Ziel erreicht, ist genng. 2. Der Konferenzleiter dominiert mit seiner Sach- und Fachkompetenz oder durch seine Rededauer die Teilnehmer so stark, daß diese sich nicht entfalten können und sich evtl. nicht trauen, ihren bescheidenen aber immerhin notwendigen Beitrag zu leisten. 3. Nimmt der Konferenzleiter seine problembezogenen und menschlichen Aufgaben nicht wahr, können andere in der Konferenz diese Rolle übernehmen und die Konferenz in ihrem Sinne beeinflussen. 4. Leitet der Boß die Konferenz, besteht die Gefahr, daß die Teilnehmer nur das zur Sprache bringen, von dem sie meinen, daß er es gerne hört.

S. Die Teilnehmer verlieren sich in der Diskussion abgelegener Probleme. Das eigentliche Konferenzziel gerät außer Sichtweite. Wenn die Zeit zu Ende ist, fehlen die notwendigen Ergebnisse oder müssen in aller Eile erzwungen werden. 6. Durch eine zu enge "Marschroute", die er sich selbst vorgegeben hat, verhindert der Konferenzleiter, daß die Diskussion lebendig wird und sich Ideen entwickeln. Diese enge Marschroute kann durch Themen oder Fragestellungs-Vorgaben, durch zu enge zeitliche Terminierung, durch ungeeignete Personenauswahl entstehen.

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7. Durch unbewußte Reaktionen (Körpersprache, Mimik, Ausrufe etc.) übt der Konferenzleiter Druck aus. Jeder Konferenzleiter sollte es sich zur Aufgabe machen, sich genau zu kontrollieren. 8. Der Konferenzleiter macht nicht gleich zu Beginn klar, in welchem Führungsstil er die Konferenz leiten will. Es besteht dann z. B. die Gefahr, daß die Teilnehmer eine Art "Frage- und-Antwort-Spiel" erwarten, während sich der Konferenzleiter eine muntere, frei sich entwickelnde Diskussion vorgestellt hatte. 9. Der Konferenzleiter - sei er nun der Chef der Organisation oder nicht - benutzt die Konferenz als Bühne zur Selbstdarstellung. Damit wird die Konferenz zur Farce und von keinem ernst genommen, allenfalls gefürchtet. 10. Der Konferenzleiter gibt nicht klar zum Ausdruck, was er von der Konferenz erwartet. Er wird in der Folge Schwierigkeiten haben, die Konferenz unter Kontrolle zu bringen. 11. Der Konferenzleiter macht sich auf Kosten einzelner lustig. Das bringt zwar zunächst einen Lacherfolg. Jeder kann aber damit rechnen, daß er als nächster dran ist. 12. Es wird über Abwesende in herabsetzender Weise gesprochen. Dies sollte nie vorkommen, außer in ausgesprochenen Personaldiskussionen, weil sonst ein Klima des Mißtrauens erzeugt wird.

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3. Der Konferenzablauf

Jede Konferenz durchläuft einzelne Phasen, die ein bestimmtes Verhalten des Konferenzleiters erfordern: der Beginn, die eigentliche Diskussion, der Abschluß.

Fallbeispiel

Nach einem mit großer Spannung erwarteten und mit hohen Einschaltquoten gesendeten, problematischen TV-Dokumentarspiel sollte anschließend eine Runde illustrer Personen Fragen des Publikums und allgemeine, mit dem Stück zusammenhängende Probleme diskutieren. Der Moderator machte gleich bei der Einleitung zwei gravierende Fehler, die die ganze nachfolgende Diskussionssendung zerstörten und die auch zu seiner Ablösung bei den folgenden Gesprächsrunden führten. Zunächst einmal war sein Einleitungsreferat zu lang; die Zuschauer wollten die Diskussion und keine Monologe. Der zweite, entscheidende Fehler aber lag in der Tendenz seiner Ausführungen. Sie engten das Thema so stark auf eine einzige, nicht einmal die wichtigste und obendrein umstrittene Fragestellung ein, daß das Gespräch nur mühsam in Gang kam und sich von den zu überwindenden Hürden im ganzen Verlauf nicht recht erholte. Die Gesprächsteilnehmer waren sichtlich konsterniert, daß sie auf Nebenaspekte festgenagelt werden sollten; ihre eigenen Vorstellungen, die sie kontrovers austragen wollten, kamen gar nicht oder kaum zur Sprache, und so schleppte sich die Diskussion mit dem zusätzlichen Handikap von Mißverständnissen zwischen den Gesprächsteilnehmern - die der Gesprächsleiter nicht sofort ausräumte: ein dritter schwerer Fehler bis zum Ende.

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Der Beginn der Konferenz

Dieses Fallbeispiel zeigt, daß sofort am Anfang die Weichen für den Verlauf der ganzen Konferenz gestellt werden müssen. Das gilt sowohl für die Atmosphäre der Konferenz als auch für die Behandlung der Sachprobleme. Da jede Konferenz bezüglich ihrer Themenstellung, ihrer personellen Zusammensetzung und der Situation, in der sie stattfindet, verschieden ist, sollen die wichtigsten Grundsituationen zu Beginn von Konferenzen diskutiert werden. Jede Konferenz stellt eine Ausnahmesituation dar. Die Teilnehmer kommen aus einer ihnen gewohnten Umgebung: Sie haben in ihrem täglichen Arbeitsablauf mit Menschen zu tun, an die sie sich gewöhnt haben, und sie haben ihren täglichen Arbeitsrhythmus. Eine Konferenz, und sei sie auch eine Routineangelegenheit, reißt sie aus dieser Umgebung' heraus. Ein Teil von ihnen kommt nur ungern, sieht die ganze Veranstaltung als Zeitverschwendung an, andere sind mit den Problemen ihres Arbeitsbereiches beschäftigt, wieder andere fürchten zu erwartende Auseinandersetzungen. Nur diejenigen, die die Konferenz bewußt als Instrument ansehen, ihre persönlichen und ihre Bereichsziele durchzusetzen, sind sofort zu Beginn der Konferenz aufmerksam, konzentriert, beteiligt. Im allgemeinen muß in dieser Phase der Konferenzleiter versuchen, Aufmerksamkeit zu wecken, die Teilnehmer auf die Konferenz hinzustimmen, die Stimmung aufzulockern usf. Dazu im folgenden einige Techniken, die zeigen, wie der Konferenzleiter von Anfang an das Treffen in den Griff bekommen kann:

Der Uberrascbungseffekt Wie weckt man Aufmerksamkeit, erzeugt Hinstimmung, Konzentration auf das Thema? Eine Methode ist der Oberraschungseffekt, der zu emotionaler Beteiligung führt. Der Konferenzleiter wendet sich z. B. mit folgenden Worten an die Teilnehmer: "Meine Damen und Herren, eigentlich sollte dies ein Routinetreffen werden. Aber das Scheitern der Vertragsverhandlungen mit dem neuen Großkunden bringt uns in eine kritische Situation. Ich hoffe, daß diese Konferenz 83

uns allen Anregung gibt für neue Initiativen." Der Konferenzleiter hat gleich zu Beginn eine gewisse Spannung erzeugt. Dies kann auch mit positiven Nachrichten bewirkt werden.

Die zugespitzte Frage Ist ein Problem kompliziert, gibt es viele Einstiegsmöglichkeiten oder viele Vorbehalte bei den Konferenzteilnehmern oder muß die Konferenz in Schwung gebracht werden, dann kann der Konferenzleiter das anstehende Problem in einer Frage zusammenfassen, und zwar durchaus in einer provokativen, etwa: "Sie wissen, die Einzelhandelskette XY setzt uns eine Filiale vor die Nase. Wir haben zwei Möglichkeiten: resignieren oder angreifen. Was wollen Sie wählen? " Jeder ist angesprochen. Keiner kann sich in Wartestellung begeben und erst mal der Dinge harren, die da kommen werden. Die Diskussion wird rasch in Gang kommen, wenn über das "Wie" des Angreifens gesprochen wird. Wie allerdings das Fallbeispiel zu Beginn dieses Kapitels gezeigt hat, darf die Fragestellung am Beginn der Konferenz die Möglichkeiten der Diskussion nicht zu sehr einengen.

Die Kliirung des Ablaufs "Meine Damen und Herren, wir haben die Ergebnisse der einzelnen Ressorts vorliegen. Ich würde jeden von Ihnen bitten, die Zahlen aus seinem Bereich zu erläutern. Wir können dann die gemeinsam zu ziehenden Konsequenzen diskutieren." Bei einem derartigen Konferenzbeginn ist nicht nur der sachliche Ablauf von vornherein klar die Teilnehmer konnten sich auch, da sie gut vorinformiert worden waren, sorgfältig vorbereiten -, sondern der Konferenzleiter hat den Teilnehmern auch zu verstehen gegeben, daß er Einfluß auf das Konferenzgeschehen nehmen wird. Ganz anders im folgenden Fall: "Sie wissen, wir haben das Problem, daß unser Image in der letzten Zeit gelitten hat. Es gibt viele Wege, es zu verbessern, auch viele, die uns hart ankommen werden. Ich möchte, daß wir heftig diskutieren und daß wir alle Möglichkeiten ins Kalkül ziehen, selbst die zunächst unrealisierbaren. Ich schlage vor, daß wir die Ideen zunächst nicht bewerten, sondern erst mal einen Ideenkatalog zusammenbringen. Ich werde die Diskussion weitgehend Ihnen überlassen, um nichts zu 84

präjudizieren." In diese Konferenz wird der Konferenzleiter nur eingreifen, wenn sie stecken bleibt, wenn er einen sachlichen Beitrag leisten will oder wenn irgendwelche Störungen auftreten. Allerdings müssen sich die Teilnehmer auf das angekündigte Verhalten des Konferenzleiters verlassen können. Wenn ihnen eine freie Diskussion versprochen ist, und anschließend dominiert der Konferenzleiter die Teilnehmer, dann wird in Zukunft keiner mehr "frei von der Leber weg" reden.

Humor Braucht man eine gelöste Stimmung für die Konferenz, etwa weil die Nichtprofis unter den Teilnehmern gehemmt sind oder weil starke Ressentiments unter den Teilnehmern herrschen, dann kann es günstig sein, mit einem Scherz oder mit einer Anekdote, die auf die herrschenden Verhältnisse abzielen, die Stimmung aufzulockern. Allerdings sollten keine Witze auf Kosten einzelner Teilnehmer oder nicht anwesender Personen gemacht werden.

Geplantes Tohuwabohu Steht zu erwarten, daß eine Gruppe Schwierigkeiten machen wird, weil sie mit den geplanten Themen, mit der Konferenzleitung usf. nicht zufrieden ist, dann kann es nützlich sein, die Teilnehmer erst mal eine Zeitlang sich führungslos raufen zu lassen. Wenn nicht ein anderer sofort das Kommando übernimmt, kommt bei einer uneinigen Gruppe kein gemeinsames Ziel, kein konsensförderndes Verhalten oder gar eine Entscheidung zustande. Die Teilnehmer werden dann, wenn auch vielleicht nolens-volens, das Eingreifen des Konferenzleiters begrüßen und ihm eher folgen.

Pünktlicher Beginn Wenn eine Konferenz um 9 Uhr angesetzt ist, soll sie auch um 9 Uhr beginnen; denn wer unter Zeitdruck steht, dessen Begeisterung für verspätet beginnende Konferenzen sinkt unter den Nullpunkt. Kommt einer der Teilnehmer zu spät, wird er sofort vom Konferenz85

leiter über den Stand der Dinge unterrichtet. Das verhindert zeitweise Unkonzentriertheit durch getuschelte Fragen und gibt dem Konferenzleiter Gelegenheit, auf die Diskussion einzuwirken. Außerdem wird es vielen unagenehm sein, auf Kosten der anderen eine Extrawurst gebraten zu bekommen.

Störungen

Kündigen sich zu Beginn der Konferenz Störungen an, sollten sie sofort beseitigt werden, auch wenn sie zu Anfang noch bedeutungslos scheinen. Mit zunehmender Dauer wirken sich z. B. auch leise Geräusche immer stärker aus, außerdem vergrößert sich ihre Wirkung, wenn die Konzentration der Konferenzteilnehmer nachläßt.

Die Diskussion

Verhält sich der Konferenzleiter geschickt oder weist das anstehende Problem viel Brisanz auf, wird die Konferenz sehr rasch in ihre zweite Phase übergehen, die eigentliche Diskussion. Diese Phase ist gekennzeichnet durch kontroverse Einstellungen und Argumentationen, durch menschliche Animositäten und Gemeinsamkeiten (siehe Gruppendenken), durch Verwirrung über die Mannigfaltigkeit der vorgebrachten Argumente, durch Triumph und Frustration oder auch durch Lethargie. Der Konferenzleiter, der alle diese Erscheinungen bei den Konferenzteilnehmern gewahr wird, im Auge behält und zu steuern versucht - gleich welchen Führungsstil er dabei verfolgt-, wird den größten Erfolg haben. Im folgenden einige typische Diskussionssituationen und die Techniken, mit denen der Konferenzleiter sie meistert. Die lethargische Diskussion

überwiegend schweigende Konferenzteilnehmer, müde Argumente und sich häufende Blicke auf die Uhr sind ein Alpdruck für jeden

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Konferenzleiter. Die Ursachen können vielfältig sein: Die Teilnehmer sind grundsätzlich desinteressiert, oder die Blockierung der Konferenz gehört zum strategischen Konzept, der Konferenzleiter macht gleich zu Beginn und/oder im Verlauf der Konferenz gravierende Fehler, einzelne Konferenzteilnehmer legen die Konferenz lahm, die Konferenz als Ganzes hat eine Atmosphäre, die das Interesse der Teilnehmer zum Erliegen bringt. Die beiden ersten Ursachen, Desinteresse und Obstruktion, kommen meistens nicht unerwartet. Man kennt seine Pappenheimer, ihre Fehler und Vorzüge, ihre Motive und ihre Ziele. Bereits bei der Planung der Konferenz lassen sich deshalb Gegenmaßnahmen ins Auge fassen: Die ThemensteIlung erfolgt so, daß die Schlüsselinteressen der einzelnen Teilnehmer angesprochen sind, z.B. nicht: "Die Aktivierung neuer Kundengruppen" sondern "Neue Kunden und ein neues Provisionssystem" . Während bei der ersten Formulierung nur zusätzliche Arbeit auf die Vertreter zuzukommen scheint, wird bei der zweiten die Erwartung auf ein höheres Einkommen das grundsätzliche Interesse erwachen lassen. Ein häufiger Grund für das Desinteresse sind nicht nur unwichtige oder unpopuläre Zielsetzungen für die Konferenz, sondern auch Problemstellungen, die den Konferenzteilnehmem unklar sind. Steht Obstruktion zu erwarten, so kann man von Anfang an bei der Aufgabenverteilung auf die Teilnehmer Einfluß nehmen und sich als Konferenzleiter für den Verlauf der Diskussion eine Strategie aus Konzessionen und Kompromissen oder Provokationen und Sanktionen oder aus beidem zurechtlegen. Die wichtigsten Techniken, Leben in lethargische Konferenzen zu bringen, sind Fragen, die man natürlich nicht selbst beantworten darf, und die direkte Provokation einzelner Teilnehmer ("ich habe das Gefühl, daß der Vertrieb Angst vor neuen Aufgaben hat"). Eigene Fehler zu erkennen gehört zum Schwierigsten im menschlichen Leben, da sie ein Teil unseres Selbstverständnisses geworden sind; noch schwieriger scheint es, erkannte Fehler auszumerzen. Das trifft insbesondere zu, wenn der Konferenzleiter aufgrund seiner persönlichen und charakterlichen Struktur die Lethargie der Teilnehmer bewirkt; beispielsweise wenn er die Konferenz so stark dominiert, daß die Teilnehmer es aufgegeben haben, eigene Initiativen zu entwickeln. Selbstkritik und Reflektiertheit sind dann Voraussetzung. Leichter sind Fehler folgender Art abzustellen: Der Konferenzleiter

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ist nicht ausreichend vorbereitet, das Treffen beginnt nicht zur angesetzten Zeit, der Konferenzleiter liest zuviel vor, er verliert den Faden und gerät auf Nebengeleise usf. Eine Konferenz beginnt rasch an Attraktivität zu verlieren, wenn der Konferenzleiter die Kontrolle über eine Reihe von Störungsfaktoren verliert, die sich aus dem Verhalten von Teilnehmern ergeben. Besonders beliebt sind die Nebenbeigespräche. Es gibt Leute, die die Technik haben, sich sofort, wenn sie sich nicht durchsetzen konnten, ihrem Nachbarn zuzuwenden und ihn von der Richtigkeit ihrer These zu überzeugen. Andere - die geborenen, aber nie bestellten Konferenzleiter - lieben es, mit ihrem Nebenmann so interessante und laute Gespräche zu führen, daß sie die ganze Aufmerksamkeit der Gruppe auf sich lenken, ohne natürlich etwas zum offiziellen Thema beizutragen. Tödlich für eine lebendige Diskussion ist auch die permanente Argumentation zweier Teilnehmer untereinander, wodurch kein anderer mehr zu Wort kommt. Mit einer Reihe von typischen Problemteilnehmern wird sich das nächste Kapitel befassen. Der Konferenzleiter muß versuchen, sie ebenso wie sich selbst in den Griff zu bekommen. Im Griff haben muß er auch die Konferenz als Ganzes. Er muß spüren, wann die Diskussion zu langatmig, schwerfällig, überkompliziert, überspezialisiert verläuft und das Interesse zu erlahmen beginnt. Dann fängt sein Part als Vereinfacher, Vermittler, übersetzer, Dämpfer, Katalysator, Advocatus diaboli an. Er muß spüren, wann Pausen einzulegen sind, weil das Treffen schon zu lange dauert und die Konzentration nachläßt. Gruppendenken vermeiden

Im vorletzten Kapitel wurden die Wirkungen des Gruppendenkens aufgezeigt. Wie lassen sie sich vermeiden? Die erste Weichenstellung geschieht bereits bei der Auswahl der Teilnehmer. Je homogener eine Gruppe ist, desto größer ist die Gefahr von "groupthink". Die Homogenität kann darin bestehen, daß die Teilnehmer aus der gleichen hierarchischen Ebene oder aus dem gleichen Bereich, z.B. dem Vertrieb, kommen oder die gleiche Kenntnisrichtung haben, wenn sie beispielsweise alle Ingenieure sind. Die Aufgabe des Konferenzleiters

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besteht also bereits in der Planungsphase darin, durch "frisches Blut" der zu erwartenden Verkrustung vorzubeugen. Dies kann etwa dadurch geschehen, daß in einer reinen Vertriebskonferenz der Produktmanager oder ein Mann aus der Werbung hinzugezogen wird; oder daß in einer Geschäftsführerkonferenz ein Mitarbeiter aus einer anderen hierarchischen Ebene oder ein Externer teilnimmt. Natürlich muß von Fall zu Fall entschieden werden, ob die Vorteile einer derartigen Lösung die Nachteile überwiegen. Wichtig ist aber zunächst, daß eine solche Lösung überhaupt ins Kalkül gezogen wird. Die zweite Maßnahme gegen das Gruppendenken ist bereits dadurch gegeben, daß dem Konferenzleiter oder auch dem einen oder anderen Teilnehmer dieses Phänomen überhaupt bewußt ist; er kann also, wenn Anzeichen im Laufe der Diskussion dafür auftreten, gegensteuern, indem er bewußt mögliche Gegenstandpunkte übernimmt, die sich ausbreitende Harmonie durch Kritik stört, mögliche negative Tendenzen von außen aufzeigt, die Kreativität hemmende Gruppennormen deutlich macht ("ich weiß, daß uns allen diese Art von Argument nicht liegt, aber wir sollten uns trotzdem Gedanken darüber machen"), die falschverstandene Loyalität zur Führung aufweicht ("die Geschäftsleitung hat genug am Hals, aber wir können das Produktionsrisiko bei der Produktentscheidung nicht einfach unter den Teppich kehren"). Schweigen die Teilnehmer, wenn sie eigentlich diskutieren müßten, wird der Konferenzleiter einzelne Teilnehmer provozieren: "Herr Meier, jetzt muß doch "Ihr" Einwand kommen; Sie können doch unmöglich mit dem Verlauf der Dinge übereinstimmen!" Steht die Konferenz unter starkem Zeitdruck, so wird der Konferenzleiter die Nerven behalten und dafür sorgen, daß nur dort die Diskussion abgekürzt wird, wo keine wichtigen Argumente unter den Tisch fallen. Hier macht sich eine sorgfältige Konferenzplanung bezahlt, wenn wichtige mögliche Einwände gegen Problemlösungen bereits im voraus aufgelistet worden sind und dann in einem verkürzten Verfahren vom Konferenzleiter nacheinander der Diskussionsrunde präsentiert werden; dann müssen die Konferenzteilnehmer auf jeden Fall Stellung nehmen. Emotionen diimpfenDie beste Konferenz ist die, in der in sachlicher Atmosphäre alle wichtigen Informationen und Argumente durchdiskutiert werden.

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Aber wenn Menschen zusammen sind, geht es nicht ohne Emotionen, Aggressionen, Sympathien und Antipathien, Getroffensein, Verletztsein ab, selbst wenn der Charakter der Konferenz sich üblicherweise auf einem einigermaßen neutralen, sachlichen Niveau bewegt. Der Konferenzleiter wird diese zwischenmenschlichen Wirkungen immer dann versuchen zu kontrollieren und hart geführte Diskussionen nicht zu persönlich werden zu lassen, wenn sie erstens den Ablauf der Konferenz stören oder das geplante Ergebnis gefährden, und zweitens, wenn durch eine negative Atmosphäre die Zusammenarbeit über die Konferenz hinaus gefährdet ist. Unklarheiten beseitigen

Es ist anzunehmen, daß sich jeder Teilnehmer aus seiner Sicht auf die Konferenz vorbereitet hat. Sein Standpunkt und die dazugehörige Begründung muß aber nicht allen übrigen Teilnehmern geläufig sein. Wenn z.B. der Produktionsleiter technische Details in die Debatte wirft oder der Werbechef mit Begriffen aus der Mediaanalyse operiert, dann können leicht Unverständnis oder Mißverständnisse den Fortgang der Konferenz stören. Der Konferenzleiter sollte die Diskussion laufend daraufhin überprüfen, ob die einzelnen Argumentationen auch von den übrigen Teilnehmern verstanden worden sind. Besteht leiser Zweifel, muß er sofort eingreifen: "Können Sie auch uns Nichttechnikern erläutern, welche Konsequenzen diese neue Technologie hat?" oder "Ich glaube, unter uns sind einige - mich eingeschlossen - , denen die Auflagenhöhe der genannten Zeitschriften nicht geläufig ist; können Sie uns kurz die Größenordnungen nennen?" Der Konferenzleiter sollte auch den Teilnehmern, die es, aus welchen Gründen auch immer, nicht wagen, ihr Nichtverstehen zu bekunden, Brücken bauen z.B. dadurch, daß er so tut, als habe er selbst den Tatbestand auch nicht verstanden. Ein weiteres Problem für den Konferenzleiter ist das der strukturellen Verwirrung der Teilnehmer. Im Laufe der Diskussion werden so viele Meinungen, Argumente, Standpunkte geäußert, die unterschiedliches Gewicht besitzen, mehr oder weniger zum Thema gehören, mehr oder weniger verständlich sind, daß die Gefahr besteht, den berühmten roten Faden zu verlieren. Nicht jeder kann die einzelnen Argumente sofort in ein logisches Gerüst einordnen und ihre Bedeu tung

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bestimmen. Auch hier zahlt sich die sorgfältige Vorbereitung des Konferenzleiters aus. Wenn er das Problem vorher vollständig und systematisch auf seine Aspekte hin untersucht hat, wird er die Diskussion so leiten, daß die Hauptargumente jedem jederzeit parat sind, daß Nebenargumente als solche gekennzeichnet werden, daß die Problematik und die Konsequenzen jedes wichtigen Arguments verfolgt werden und daß sich das Ganze auf das geplante - in seiner Struktur, nicht aber in seinem Inhalt geplante - Ergebnis hinbewegt, z.B. auf eine Entscheidung. Ein gutes Hilfsmittel (zur Technik des eigentlichen Protokolls vgl. S. 113) für den Konferenzleiter ist dabei eine Tafel oder noch besser ein Gestell mit umklappbaren DIN-AO-Bögen, ein sogenanntes Flip Chart. Man kann die Bögen auch daneben stehend gut beschreiben (praktikable Schriftgrößen siehe Anhang). Auf diesen Bögen wird mit breitem Filzstift der Fortgang der Konferenz festgehalten. Diese Aufgabe kann der Konferenzleiter selber übernehmen, es kann aber auch ein Teilnehmer tun. Ein derartigens "Konferenz-Memo" bringt eine Reihe von Vorteilen: - Die Teilnehmer haben das Ziel und die einzelnen Stationen der Diskussion immer vor Augen, was gleichzeitig die Aufmerksamkeit steigert und das Gedächnis entlastet. - Der Konferenzleiter kann Argumente sofort einordnen, wo sie logischerweise hingehören. - Die Diskussion wird effizienter, da alle Teilnehmer alle Argumente bei Bedarf abrufen können. - Das Mitschreiben der einzelnen Teilnehmer entfällt weitgehend. - Komplexe Probleme können graphisch erläutert und in ihren Zusammenhängen aufgezeigt werden. - Kein Argument fällt "unter den Tisch". - Wiederholungen werden vermieden. - Der erarbeitete Gesamtkomplex wird zum "Eigentum" der Gruppe, die so ihre Leistung auch "physisch" wahrnehmen kann. - Bei Konferenzunterbrechungen fällt es leicht, den Faden wiederaufzunehmen. Für das Konferenz-Memo benutzt der Konferenzleiter sein logisches Konzept, nach dem er die Konferenz vorbereitet hat. Die vorgebrach91

ten Argumente werden stichwortartig festgehalten, wichtige Komplexe, Schlüsselbegriffe werden unterstrichen, eingekreist oder mit sonstigen Symbolen versehen.

Die Konferenz abschließen Wenn die Konferenz sich ihrem Ende zuneigt, und es wurde in ihrem Verlauf hart debattiert, zeigen sich die natürlichen Ermüdungserscheinungen bei den Teilnehmern: Die Konzentration läßt nach, bei kontroverser Konstellation oder gar bei einer Zuspitzung der Polemik läßt die Fähigkeit nach, gegnerische Argumente und Verhaltensweisen ertragen zu können, die Stimmung kann gereizt sein, auch Enttäuschung kann herrschen, wenn man sieht, daß man mit seinem Standpunkt nicht durchkam. War die Konferenz langweilig, so ist sicher das Desinteresse gegen Schluß auf seinem Höhepunkt. Bei einer sehr lebhaften Diskussion in sachlich-freundlicher Atmosphäre - was immer anzustreben ist - wird der Konferenzleiter Mühe haben, die Teilnehmer zum Einmünden in den Hafen, also zum Abschluß zu bringen. In dieser abschließenden Phase der Konferenz hat der Konferenzleiter für zweierlei zu sorgen: - Die Debatte muß so gesteuert werden, daß das geplante Endziel erreicht wird: Die Teilnehmer haben die vorgesehenen Informationen bekommen, das anstehende Problem wurde gelöst und entschieden, der Trainingsstoff wurde vermittelt und geübt, der Kompromiß wurde erzi~lt usf. Dazu ist nötig, daß alle Argumente logisch geordnet und gewichtet und allen Teilnehmern klar sind: Die wichtigen und die unwichtigen Argumente, diejenigen, die für eine Lösung sprechen und die, die gegen eine Lösung sprechen, die Lösungsalternativen, die nach der Risiko- und Erfolgserwartung sowie nach ihrer Durchführbarkeit gewichtet sind. Hat der Konferenzleiter während der Diskussion den Stoff im Griff gehabt, dann wird sich das Ergebnis mit leichter Hilfe von ihm von selbst herauskristallisieren. - Wenn die Teilnehmer den Konferenztisch verlassen, sollen sie das Gefühl haben, die Konferenz hat ihnen etwas gebracht, und sie sind 92

für die weitere inner- oder außerorganisatorische Arbeit motiviert. Der Konferenzleiter braucht durchaus nicht um eine krampfhafte Harmonie bemüht zu sein; soziales Leben jeder Art ist von Konflikten gekennzeichnet, und die Aufgabe besteht darin, trotz kontroverser Einstellungen und Verhaltensweisen eine akzeptable Form des Zusammenlebens zu finden. Man entschärft einen Konflikt, wenn man ihn offenlegt; Schwelbrände werden in ihrer Gefährlichkeit oft zu spät erkannt. Muß zum Abschluß der Konferenz eine Entscheidung getroffen werden und liegt diese beim Konferenzleiter, weil er die Entscheidungskompetenz hat und auch die Verantwortung trägt, dann ist es den Konferenzteilnehmern gegenüber fair, ihnen für ihre Mitarbeit an dieser Entscheidung zu danken und aufzuzeigen, welchen Anteil ihre Information, ihre Argumente und ihre Urteile gehabt haben. Ist die Entscheidung gefällt, sollte sie sofort bekanntgegeben und begründet werden. Ist sie noch nicht klar - oder ist es nicht opportun, sie sofort bekanntzugeben -, so wird der Konferenzleiter die Teilnehmer etwa so verabschieden: "Ich danke Ihnen herzlich für Ihr Engagement in dieser Frage. Alle Argumente waren wichtig und werden mir meine Entscheidung erleichtern. Ich kann Ihnen diese aber noch nicht nennen, da sie auch von Faktoren abhängig ist, die außerhalb unserer Einflußmöglichkeiten liegen. Ich werde Ihnen aber meine Entscheidung, sobald sie getroffen ist, persönlich mitteilen." Wenn Mitarbeiter womöglich drei Stunden intensiv um eine Entscheidung mitgerungen haben, dann sollte man ihnen auch das Bewußtsein vom Umfang und vom Wert ihres Beitrages zu dieser Entscheidung vermitteln.

Abstimmungsmethoden Soll das anwesende Gremium die Entscheidung fällen, und hat sich im Verlauf der Konferenz nicht herauskristallisiert, wie diese aussehen wird, so muß abgestimmt werden; eine Abstimmung kann auch aus formalen Gründen, z.B. weil die Geschäftsordnung oder die Satzung sie vorschreibt, notwendig sein. Bevor der Konferenzleiter abstimmen läßt, sollte er nochmals zusammenfassen und vor allem 93

deutlich machen, wofür sich jeder entscheidet, wenn er seine Stimme abgibt. Ganze Volksabstimmungen sind schon zur Farce geworden, weil man seine Nein-Stimme abgeben sollte, wenn man für eine Sache ist, und seine Ja-Stimme für die Ablehnung. "Wir werden den Kandidaten nicht beschäftigen," kann im Bewußtsein eines Teilnehmers zu dem Gedanken führen: "Nein, wir wollen ihn nicht beschäftigen" und er meldet sich bei den Nein-Stimmen, was sich de facto als Zustimmung zum Kandidaten auswirkt. "Wer ist für die Anstellung des Kandidaten - wer ist gegen seine Anstellung?" Bei dieser Fragestellung gibt es keine Zweifel. Unter den Abstimmungsmethoden haben sich folgende bewährt:

- Das Handaufbeben. Körperzeichen stellen die einfachste Methode dar. Der Konferenzleiter wird zuerst um die Ja-Stimmen, dann um die Nein-Stimmen (= Gegenstimmen) und zum Schluß um die Stimmenthaltungen bitten. Ist die Mehrheit oder Minderheit überdeutlich, wird er die Gegenprobe nicht machen müssen. Ist die Konferenz größer oder sind Handzeichen nicht immer deutlich zu erkennen, wird der Konferenzleiter die anwesenden Stimmberechtigten sich in der eben genannten Reihenfolge von ihren Plätzen erheben lassen. - Der Hammelsprung. Diese parlamentarische Abstimmungstechnik verhindert auch die letzten Unsicherheiten bei der Abzählung des Stimmenverhältnisses. Im Parlament verlassen alle Abgeordneten den Plenarsaal; dann kommen die mit Ja Stimmenden durch eine dafür bezeichnete Tür wieder herein, die mit Nein Stimmenden durch eine andere Tür und diejenigen, die sich der Stimme enthalten, durch eine dritte Tür. Eine dem Hammelsprung ähnliche Wirkung läßt sich auch erzielen, wenn man die Teilnehmer nach ihrer Stimmentscheidung gruppiert. - Die namentliche Abstimmung. Dieses Verfahren wird man dann wählen, wenn aus Gründen der Entscheidungsverantwortung oder z.B. aus publizistischen oder dokumentarischen Gründen festgehalten werden soll, wer welche Entscheidung getroffen hat. - Die geheime Abstimmung. Ein Abstimmungsverfahren, das bei Personaldebatten häufig angewendet wird. Es hat den Vorteil, daß niemand wegen einer Entscheidung nachträglich diskreditiert wer94

den kann; außerdem wird das jeweilige Gremium als Ganzes mit der Gesamtentscheidung identifiziert. Es sollte immer dann vermieden werden, wenn die Gefahr besteht, daß sich einzelne um ihre Entscheidungsverantwortung drücken wollen. Die Geheimhaltung wird am besten gewahrt, wenn auf dem Stimmzettel das Ja und das Nein bereits vorgedruckt sind und der Abstimmende das für ihn in Frage kommende nur anzukreuzen braucht, so daß seine Schrift nachträglich nicht identifiziert werden kann.

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4. Der erfolgreiche Konferenzteilnehmer

Jede Konferenz ist ein ausgezeichnetes Mittel, sich selbst voranzubringen: die geschäftlichen Ziele, die Karriereziele, die menschlichen Ziele. Dieses Buch ist so angelegt, daß alle Teile auch für alle, die an Konferenzen teilnehmen, von Nutzen sind. Wer keine Konferenz zu leiten hat, sollte z. B. trotzdem das Kapitel über Konferenzleitung sich zu eigen machen; es nützt ihm, denn auf ihn wirken sich ja die Leitungstechniken aus. Es nützt sogar in zweierlei Hinsicht; einmal bekommt er ein Raster, anhand dessen er sein eigenes Verhalten überprüfen kann, zum anderen kann er auf bestimmte Manipulationstechniken, die seinen Zielen widerstreben, entsprechend reagieren. Jeder Konferenzteilnehmer sollte die Konferenz zu seiner eigenen, persönlichen Angelegenheit machen. Jeder sollte "seine" Konferenz systematisch planen, wie es in den vorangegangenen Kapiteln dieses Buches beschrieben wird. Je besser die persönliche Vorbereitung, desto größer ist die Aussicht auf Erfolg.

Wissen ist Macht Der unumstößliche Grundsatz für alle, die an Konferenzen teilnehmen, sollte lauten: in kein Treffen unvorbereitet gehen! Und: jedes, auch das scheinbar unwichtigste Detail mit der gleichen Sorgfalt planen! Wer diese Grundsätze befolgt, wird mit der Zeit unschlagbar; er kennt die Argumente seiner Gegner und Freunde im voraus und hat die Gegenargumente bereits parat, er kann überraschungen parieren; hinter seinen rhetorischen Fertigkeiten stehen Informationen, steht Wissen. Einer der wichtigsten deutschen Politiker, dem auch die Opposition strategische Qualitäten zugesteht, nämlich Herbert Wehner, ist bekannt dafür, daß er zu den bestinfor96

mierten und bestvorbereiteten Politikern in Bonn zählt, der auch das kleinste Detail einer Argumentation, die auf ihn zukommt, im voraus plant. Zur persönlichen Planung des Konferenzteilnehmers gehört außerdem die Beantwortung der folgenden Fragen: - Welche Ziele will ich auf der Konferenz durchsetzen? - Welche Strategien werden mir dies ermöglichen? - Welche rhetorischen Mittel werden notwendig sein?

"Person" zeigen Jeder Mensch hat seine eigene unverwechselbare Persönlichkeit. Er sollte sie nie verleugnen, sollte sich zu ihr bekennen. Dieser Satz scheint eine derartige Selbstverständlichkeit zu sein, daß man sich scheut, sie auszusprechen. Dennoch ist das Nichtakzeptieren der eigenen Person ein Hauptgrund dafür, daß Menschen versagen, wenn sie sich und ihre Sache vor anderen produzieren müssen, wenn sie ihrem Argument durch ihre Person (Auftreten, Haltung, Stimme, Gestik) Gewicht, Glaubwürdigkeit und Nachdruck verleihen sollen. Dieses unforcierte übereinstimmen mit sich selbst bringt dann auch in der Konferenz das sichere Gefühl dafür, wann man nachgeben muß, wo Kompromisse ohne Gesichtsverlust möglich sind, wie Koalitionen gesprengt werden und wie Zweifler überzeugt werden können. Voraussetzung für die Sicherheit in der eigenen Person ist die Sicherheit in der Sache, deshalb die Forderung nach intensiver Vorbereitung und Planung. Ein Punkt, dessen man sich immer bewußt sein sollte: Jeder Konferenzteilnehmer tritt für die Dauer des Treffens aus seinem üblichen Arbeitszusammenhang heraus, er verläßt seine Gruppe, also die Menschen, mit denen er normalerweise zusammenarbeitet, und wird Mitglied einer neuen, anderen Gruppe, nämlich der Konferenz. Der veränderte Charakter der neuen Gruppe führt bei ihren Mitgliedern dazu, daß sie, um ihr neu es Rollenverständnis zu definieren und sich

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in der neuen Gruppe behaupten zu können, auch ihr Verhalten ändern: Sie versuchen sich hier ein anderes Image zu geben, als sie es bei ihren Mitarbeitern haben. Bei diesem Prozeß werden leicht und oft Loyalitäten, Pflichten, Versprechungen über Bord geworfen. Ein typischer Fall dafür ist die Verwendung von Ideen, Ausarbeitungen, Konzepten von Mitarbeitern, die auf der Konferenz ohne Nennung der Urheberschaft vorgetragen werden. Noch schlimmer wird es, wenn man seinen Leuten verspricht, sich auf der Konferenz für bestimmte Belange einzusetzen, sich aus Konfliktscheu aber vor dieser Aufgabe drückt und dann natürlich später seine eigene "Version" vom Verlauf der Konferenz mehr oder weniger glaubhaft durchsetzen muß. Es gilt: Jeder vertritt in einer Organisation andere Menschen, die für seine Rolle eine bestimmte Funktion haben. Verleugnet er dies, fällt es negativ auf ihn zurück. Jedes Nichtinformiertsein stellt in einer Organisation eine Art Vakuum dar. Bei den Nichtinformierten erzeugt es eine bestimmte Erwartungshaltung, Unsicherheit, vielleicht auch Anerkennung des Informationsvorsprungs des anderen. Jeder Konferenzteilnehmer bekommt Informationen, die der Nichtteilnehmer nicht hat. Wie wichtig oder unwichtig diese Informationen sind, kann er plausiblerweise nicht beurteilen, sie werden aber sein Interesse, negativ oder positiv, herausfordern. Der Konferenzteilnehmer , sei er Chef oder Kollege, kann in dieser Konstellation sich auf verschiedene Weise verhalten. Im allgemeinen wird er versuchen, den Informationsvorsprung aufrechtzuerhalten; schließlich ist das ein Mittel, sich abzusetzen, sich zu profilieren und auch zu führen. Der Zusammenhalt der Arbeitsgruppe kann aber wesentlich gestärkt werden, wenn die Informierung der Nichtdabeigewesenen möglichst offen und möglichst umfassend erfolgt, was auch wieder positive Rückwirkungen auf den als Konferenzteilnehmer Priviligierten hat: Die Arbeitsproduktivität erhöht sich, und er wird unterstützt. Und wer Rückhalt in seiner Mannschaft hat, genießt auch nach außen Anerkennung.

Praktische Tips Die Aussicht, jede Konferenz erfolgreich für sich gestalten zu können, wird größer, wenn man folgendes beachtet: 98

Wo setzt man sich hin? Wer überzeugen will, muß auch gesehen werden und sehen. Will man den Chef beeindrucken, setzt man sich ihm gegenüber oder ihm zur Seite. Sind verschiedene Rangordnungen auf der Konferenz vertreten, sollte man nicht unmittelbar neben dem direkten Vorgesetzten Platz nehmen; sein "Schatten" könnte einen verdecken. Eigen- und Fremdimage: Wie sehen einen die anderen und wie möchte man gesehen werden? Der vorsichtige Umgang mit sich selbst verführt einen leicht zu Trugschlüssen. Erfolg oder Mißerfolg hängen oft von einer klaren Einschätzung der Vorstellungen ab, die sich die anderen Leute von einem machen. Zuhören können: Überzeugend argumentieren kann man erst, wenn man die Einstellung und die Argumente der anderen kennt. Das ist aber nur möglich, wenn man zuhört und beobachtet. Es besteht allgemein die Tendenz, bei Argumenten anderer, die den eigenen nicht entsprechen, abzuschalten und nicht mehr richtig zuzuhören. Keine Defensivhaltung: Wer mit einer defensiven inneren Einstellung in eine Konferenz geht, hat schon halb verloren. Seine Argumente so gut sie auch sein mögen -, seine überzeugungskraft, sein rhetorisches und gestisches Verhalten verliegen an Wirkung. Positiv denken und argumentieren: Jeder Mensch versucht, sich in jeder Situation so wohnlich wie möglich einzurichten. Eine hyperkritische Atmosphäre schafft grundsätzliches Unbehagen. Deshalb sollte man versuchen, selbst negative Argumente in einer positiven Grundhaltung vorzubringen. Den Gegner nicht killen: Man sollte dem Gegner, selbst wenn man ihm eine Niederlage beibringen muß, immer noch eine Möglichkeit geben, sein Gesicht zu wahren. Wer die Niederlage des anderen menschlich nötig hat, signalisiert den anderen die eigene Schwäche. Argumente sind die besten Truppen: Argumente sollten in guter Mischung Verstand und Emotionen ansprechen, sie sollten abgesichert sein und anschaulich vorgebracht werden. Nützlich ist es, Urteile von Autoritäten für sich einzusetzen.

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Kein Problemteilnehmer sein oder werden: Wer Problemteilnehmer ist, zeigt das folgende Kapitel.

Die persönliche Auswertung der Konferenz

Die nächste Konferenz beginnt, wenn die letzte aufgehört hat. Verlauf und Ergebnisse können für die nächste Konferenz von großer Wichtigkeit sein, deshalb sollte beides im nachhinein kurz analysiert werden. Am besten macht man sich ein kurzes Memo, in dem wichtigsten Punkte schriftlich festgehalten sind. Im Laufe der Zeit gibt die Sammlung der Memos einen überblick und Einblick in den Verlauf von Ereignissen, Vorgängen, Entscheidungen, aber auch in Personen und deren Verhalten, in Beziehungsgeflechte der Menschen untereinander und in Atmosphäre.

In einem derartigen Memo kann folgendes festgehalten werden: - Wie ist die Konferenz verlaufen (Atmosphäre)? - Welche Argumente wurden zu den Punkten der Tagesordnung vorgebracht? - Welche waren wirksam, welche nicht? - Wer hat stark, wer schwach argumentiert? - Welche Koalitionen hat es gegeben? - Welche Entscheidungen (Empfehlungen, Aufforderungen, Anweisungen) sind getroffen worden? - Mit welcher Begründung? - Wie hat sich der Chef entschieden und aus welchen Gründen? - Welche Strategie hatte ich für die Konferenz? - Welche Schwächen und welche Stärken hatte sie im Rückblick? - Welche Wirkung hatten meine Argumente? - Wie war mein Auftreten? - Was muß ich das nächste Mal wieder bzw. besser machen? - Was bedeutet das Konferenzergebnis für meine praktische Arbeit und für meine personelle Strategie? - Was bedeutet das Konferenzergebnis für die Arbeit meiner Mitarbeiter?

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5. Der Problemteilnehmer

Die Konferenz ist eine Art Werkzeug und als solches Mittel zu einem bestimmten Zweck. Sie soll störungsfrei funktionieren und effizient sein. Sie darf niemals Selbstzweck werden, sondern muß ihre Kommunikationsaufgabe optimal erfüllen. Störungen können von außen erfolgen, die Effizienz kann durch schlechte Planung und mangelhafte Leitung gemindert werden; Probleme, die in den vorangegangenen Kapiteln behandelt wurden. Konferenzen werden aber von Menschen gebildet, und damit hat jeder, der Konferenzen plant und durchführt, mit der gesamten Palette menschlicher Eigenschaften und Verhaltensweisen zu tun, die dem Konferenzergebnis förderlich, abe eben auch hinderlich sein können. Einige dieser Verhaltensweisen zeigen sich auf Konferenzen besonders häufig, was dazu führt, daß sich geradezu Typen von Problemteilnehmern herausbilden, die dann eine besondere Herausforderung für den Konferenzleiter darstellen. Dieser sollte allerdings, wenn er die folgende Zusammenstellung durchgesehen hat, sich fragen, ob er nicht selber ein Problemtyp irgendeiner Art ist, denn in diesem Fall muß die Konferenz jeweils einen besonderen Verlauf nehmen.

Der Profi/neurotiker

Er betrachtet die Konferenz als Bühne für seine Selbstdarstellung. Auf Kosten der Sachlichkeit sucht er seinen Auftritt, er kann nicht nachgeben, weil er Angst um sein Prestige hat, Fehler begeht er offiziell nie, und er hat die Tendenz, Informationen immer so zu manipulieren, daß sie ihm persönlich - nicht einmal unbedingt seinem Arbeitsbereich - dienen, nie aber der gemeinsamen Sache. Haltungen wie Solidarität, Disziplin, Einordnung sind selten bei einem derartigen Typ zu beobachten. Er reagiert emotional und benutzt auch mit Vorliebe das Argument ad personam. Seine Eitelkeit ist ausgeprägt 101

und hindert ihn an Selbstkritik, Selbstbeschränkung und Zurückhaltung. Ist er Konferenzleiter, so leiden alle Teilnehmer unter seinen je nach persönlicher Veranlagung - selbstherrlichen, tyrannischen, unsachlichen, abschweifenden, emotionalen Verhaltensweisen. Ist er lediglich Konferenzteilnehmer, so muß der Konferenzleiter ihn vorsichtig, aber prägnant, am besten indirekt ("Wir haben leider nicht nur die Probleme einer einzigen Führungskraft in unserem Haus ... ") auf die sachliche Aufgabe hinweisen. Der Angsthase

Er ist ein Mensch mit einem schwach ausgebildeten Selbstbewußtsein, das oft mit übergroßer Sensibilität einhergeht. Die Ansammlung von Menschen, die Gefahr angegriffen und verletzt zu werden, fühlen bei ihm zu äußerster Zurückhaltung. Gute Projekte, die von ihm vertreten werden, laufen Gefahr zu scheitern, einfach weil er sich scheut, sich mit seinen Gegnern auseinanderzusetzen. Andererseits wagt er wider bessere Einsicht nicht, sich mit Leuten anzulegen, deren Vorschläge er schlecht findet. Er läßt sich leicht aus dem Konzept bringen, seine rhetorischen Mittel sind schwach ausgeprägt, und er gibt in einer Auseinandersetzung schnell auf. Der Konferenzleiter sollte ihm zur Seite stehen und versuchen, sein Selbstbewußtsein und seine Sicherheit zu stärken, indem er für ihn Partei ergreift. Es kann auch notwendig sein, ihn anzustacheln durch eine freundliche - nie durch Ironie! - Provokation: "Ich halte Ihr Argument für gut; wollen Sie wirklich so schnell das Handtuch werfen? " Der Aggressive

Er ist das Gegenteil vom vorigen Typ. Er greift an, kämpft wie ein Terrier und kann so jede Diskussion in Schwung halten und dafür sorgen, daß auch unpopuläre Argumente auf den Tisch kommen und daß das Gruppendenken vermieden wird. Der Aggressive wird aber immer dann zum Problem, wenn es zur reinen Rechthaberei oder zu personellen Animositäten kommt oder wenn trotz erregter Debatte und beinharten Positionen ein Komprorniß gefunden werden muß. Der Aggressive kann dann selten über seinen eigenen Schatten springen, und er wird die Polemik aufrechterhalten, selbst wenn sie ihm 102

zum Nachteil gereicht. Er hat auch die Tendenz, Niederlagen, die er einem Gegner zufügt, endgültig und umfassend zu gestalten, so daß dem anderen keine Möglichkeit bleibt, sein Gesicht zu wahren. Auf diese Weise kommen Feindschaften zustande und Klimavergiftungen, die für die Produktivität der ganzen Organisation schädlich sind. Der Konferenzleiter hat hier die Aufgabe, mäßigend zu wirken; Mittel dazu sind: Abwiegeln, ablenken, beide Seiten loben, den Angreifer bitten, seine Attacken zurückzustellen, sich auf die Seite des Angegriffenen schlagen. Der Opportunist

Sein Verhalten resultiert aus unterschiedlichen Motiven: Es kann Charakterschwäche oder sachliche Entscheidungsschwäche, Karrierestrategie oder einfaches sachliches Kalkül sein. Der Opportunist geht auf verschiedene Weisen vor: Er weicht klaren Entscheidungen aus; er zeigt selten Engagement und wenn, dann nur, wenn sein Vorgesetzter auf seiner Seite ist; er verwirft mit Leichtigkeit sein eben getroffenes Urteil; er zeigt kaum übergeordnete Prinzipien; er ist bereit, sofort, wenn es ihm günstig erscheint, sich an andere Meinungen anzuhängen; er ist der typische Abwarter, der nie vorprellt, wenn es um heikle Dinge geht. Der Konferenzleiter sollte ihn stellen: "Wie sieht Ihre klare Stellungnahme aus, Herr XY?" Ein probates Mittel ist auch, wenn einer als Opportunist bekannt ist, ihn gleich zu Beginn der Diskussion separat zu einem Urteil aufzufordern, und wenn dieses zu ausweichend ausfällt, weiterzuboren: "Diese Art Aussage ist mir zu vage; was glauben Sie, sollen wir das Projekt aus Ihrer Sicht realisieren oder nicht?" Opportunisten bringen die Gefahr mit sich, daß schwierige Entscheidungen aus anderen als sachlichen Gründen getroffen werden und somit grundsätzlich die Qualität der Entscheidungen leidet. Der ewige Zweifler

Aus allgemeiner Entschlußunsicherheit, aus übertriebenem Perfektionismus, aus mangelnder Integrationsfähigkeit oder aus chronisch verengter Perspektive wird er alles und jedes Argument anzweifeln, jede Entscheidung zu verunsichern suchen. So nützlich die kritische 103

Stimme für die Diskussion ist - nicht zuletzt, um die trügerische Einstimmigkeit des Gruppendenkens zu vermeiden -, so hinderlich ist dieser Typ, wenn es darum geht, sich zu einer schwer umkämpften Entscheidung durchzuringen. Dem Konferenzleiter wird nichts anderes übrig bleiben, als ihm möglichst diplomatisch das Wort abzuschneiden: "Ich kann Ihre Zweifel verstehen, aber wir müssen zu einem verwertbaren Entschluß kommen, den auch Sie mittragen werden." Der Unvorbereitete

Teilnehmer - und selbst Konferenzleiter fallen unter diese Kategorie -, die oft oder sogar regelmäßig unvorbereitet auf Konferenzen erscheinen, mindern deren Qualität erheblich, oder zumindest wird das Qualitätsoptimum nicht ausgeschöpft. Das Bewußtsein, die Anforderungen, die das Treffen stellt, aus dem Ärmel schütteln zu können, das Geringschätzen der Notwendigkeit der Konferenz, ihrer Teilnehmer oder des Konferenzleiters, Arbeitsüberlastung, Faulheit oder Nachlässigkeit, das sind einige der Motive von tendenziell Unvorbereiteten. Manche Teilnehmer bemühen sich während der Konferenz, sich auf den notwendigen Informationsstand zu bringen, manche lassen ungeniert erkennen, daß sie nicht wissen, um was es geht. Der Konferenzleiter wird einiges an Geschick, Takt und Menschenkenntnis aufbringen müssen, um derartige Problemteilnehmer umzuprogrammieren. Mittel dazu kann das Bloßstellen vor allen Teilnehmern sein, ein Appell an alle Teilnehmer oder ein Gespräch unter vier Augen nach der Konferenz. Bei einer zweiten Gruppe von Problemteilnehmern geht es weniger um tiefgreifende menschliche Eigenschaften als um bestimmtes, dem Konferenzablauf nicht förderliches Verhalten, das unterschiedliche Ursachen haben kann. Symptome dieser Gruppe lassen sich leichter vom Konferenzleiter bewältigen als die der ersten Gruppe. Der Dauerredner

Er liebt es, sich reden zu hören und ist nur schwer zu unterbrechen. Selbst Einwände pflegt er zu überhören; er achtet auch nicht auf die 104

Wirkung, die seine Rede auf die anderen ausübt. Es gibt keine andere Möglichkeit, als ihn zu unterbrechen und den anderen auch zu ihrem Rederecht zu verhelfen. Die Hauptgefahr, die für die Konferenz von diesem Typ ausgeht, liegt darin, daß der Konferenzleiter zu spät eingreift; die übrigen Teilnehmer haben inzwischen abgeschaltet, beschäftigen sich mit ihren eigenen Unterlagen, oder sie sind verärgert, daß sie selbst nicht recht zum Zuge kommen. Ist dieser Zeitpunkt erreicht, fällt es schwer, die negative Stimmung zu verscheuchen und eine produktivere Arbeitsstimmung zu erzeugen. Der Schweiger

Ein häufiger Zeitgenosse, der es versteht, sein Schweigen auf mannigfaltigste Art zum Ausdruck zu bringen: Er sitzt einfach da,und man hat auch im kleinen Rahmen das Gefühl, er ist nicht vorhanden; er liest oder er blättert so aufreizend uninteressiert, daß jeder das Gefühl hat, von ihm müßten eigentlich die entscheidenden Argumente kommen. Der Konferenzleiter kann den Schweiger zwar leicht aus seiner Versenkung herausheben, indem er ihn direkt anspricht, aber ein belebendes Element für die Diskussion wird er wohl nie. Der Kopfschüttier

Er ist dem Schweiger insofern verwandt, als er nichts sagt. Aber die Konferenz verfolgt er mit Aufmerksamkeit, und er äußert sein Mißfallen permanent durch heftiges Kopfschütteln, durch den gequälten Blick zur Decke oder zu seinen Schuhen, beides womöglich noch unterstrichen durch heftiges Fingertrommeln auf den Tisch. Ähnlich sehen seine Zustimmungsbezeugungen aus. Da keinerlei Begründung solcherart gezeigter Urteile folgt, kann sich Unsicherheit unter den Disputanten ausbreiten, die der Konferenzleiter verhindern muß: "Ich sehe, Sie hegen nicht viel Sympathie für den Vorschlag Ihres Kollegen; enthalten Sie uns Ihre Argumente nicht vor." Der Detaillist

Er ist entweder Perfektionist oder Tüftler oder aber einfach Fachmann auf einem bestimmten Gebiet, der es nicht übers Herz bringt,

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einen Aspekt einer Sache außer acht zu lassen. So etwa, wenn die Konferenz den Ankauf einer Werkzeugmaschine berät und der technische Leiter seinem Publikum Details dieser Maschine präsentiert, die zwar seine Kenntnisse beweisen, zur Entscheidungsbildung der Nichtfachleute aber nichts beitragen. Der Detaillist wird auch dann zur Plage, wenn unter Zeitdruck entschieden werden muß und von ihm auch noch das entferntestliegende Argument in die Debatte geworfen wird, so daß für die wirklich wichtigen Probleme keine Zeit mehr verbleibt. Der Konferenzleiter kann den Detaillisten recht einfach aus dessen Gedankenfluß bringen, indem er ihn bittet, die für alle verständliche Quintessenz seiner Einsichten und Kenntnisse zu geben.

Der Ungeduldige

Er hat es sich zur Gewohnheit gemacht, anderen ins Wort zu fallen, noch ehe diese ihre Argumente zu Ende gebracht haben. Oder aber er übernimmt die Diskussionsleitung durch dauernde Einwürfe beipflichtender oder ablehnender Natur. Es kann dies im lebhaften Temperament des Betreffenden begründet sein, oder aber es kann bewußte Strategie sein. Im letzteren Fall wird der Konferenzleiter, damit ihm die Initiative nicht aus der Hand gleitet, rigoros eingreifen: "Ich bitte doch, jeden ausreden zu lassen." Im ersten Fall wird ein humorvoller Hinweis auf die Möglichkeit, das Temperament zu zügeln, die Stimmung nicht verderben. Der Unpünktliche

Es gibt Konferenzteilnehmer - und auch Konferenzleiter -, die es sich zur Gewohnheit machen, später als zur angesetzten Zeit auf der Konferenz zu erscheinen. Vielleicht brauchen sie die Aufmerksamkeitswirkung, die durch ihr extravagentes Verhalten entsteht, für ihr Ego, vielleicht müssen sie ihre Unabhängigkeit dokumentieren, vielleicht auch ihre Macht. Oft ist auch das Zuspätkommen eine Folge von Nachlässigkeit oder ein Indiz für die Wichtigkeit, die der Konferenz beigemessen wird. Meist folgt eine nonchalant vorgebrachte Begründung, die neben ihrer Stichhaltigkeit auch noch die Funktion hat, die übrigen Konferenzteilnehmer durch die eigene Terminnot 106

und Unabkömmlichkeit zu beeindrucken. Der Konferenzleiter sollte sich nicht beeindrucken lassen und die Konferenz zur angesetzten Zeit beginnen. Er sollte auch darauf achten, daß durch den Zuspätgekommenen keine Unterbrechung der Diskussion erfolgt. Unter Umständen kann es notwendig werden, mit einem notorisch Unpünktlichen ein Gespräch unter vier Augen zu führen oder gar ihn vor versammelter Mannschaft bloßzustellen. Der Frühvollender

Ähnlich schlagende Begründungen, wie sie der Unpünktliche gibt, wird auch derjenige vorbringen, der oft oder regelmäßig Konferenzen vorzeitig verläßt. Gerade in der Schlußphase der Diskussion, wenn entweder nach heftiger Debatte ein Komprorniß gefunden werden muß oder aber trotz allgemeiner Müdigkeit und Konzentrationsschwäche eine Entscheidung gefällt werden soll, kann das vorzeitige Aufbrechen eines Teilnehmers auch ein Auflösen der Konferenz bedeuten und die Neigung zum Vertagen des Problems allmächtig werden lassen. Entweder der vorzeitig Aufbrechende bricht seine Zelte möglichst unauffällig ab, oder aber der Konferenzleiter sorgt dafür, daß ihm und den anderen bewußt wird, daß sein Urteil keine allzugroße Bedeutung hat.

Der" Gschaftlhuber"

Dieser treffende bayerische Ausdruck kennzeichnet einen Menschen, der Geschäftigkeit demonstriert, um sich wichtig zu machen. In Konferenzen sind es die Leute, die sich ans Telefon rufen lassen, von der Sekretärin Botschaften empfangen oder welche aufgeben oder die Konferenz "wichtiger" Erledigungen wegen kurzfristig verlassen. Oft hat nur der Chef die Autorität zu einem derartigen Verhalten, aber auch dann wirkt es sich nicht weniger verheerend auf den Verlauf der Konferenz aus: Diskussionspunkte können nicht zu Ende geführt werden, weil der "entscheidende" Mann fehlt, die Konzentration ist gestört, hochbezahlte Leute sitzen unproduktiv herum, Verärgerung über die Mißachtung der Rolle aller übrigen Anwesenden macht sich breit. Leitet der Boß die Konferenz, sollte er sich bemühen, die Konferenzdisziplin, die notwendig ist und die er von seinen Mitarbeitern 107

erwartet, selbst vorzuleben. Ansonsten wird der Konferenzleiter den chronischen Gschaftlhuber vor oder nach der Konferenz auf die negativen Wirkungen seines Verhaltens hinweisen oder ihn mit der Bemerkung provozieren: "Vielleicht, Herr Kollege, verlegen Sie Ihr Büro hierher in unseren Konferenzraum - wir können dann alle von Ihrem Management-Stil profitieren."

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6. Informationen und wie man sie präsentiert

Informationen wirken nicht nur durch sich selbst, sondern auch durch die Art, in der sie vorgetragen werden. In Konferenzen geschieht dies in der Regel mündlich oder durch bildliche Darstellung. Man sollte es möglichst vermeiden, den Teilnehmern während der Konferenz schriftliches Informationsmaterial vorzulegen: Sie könnten es erstens nicht mit der nötigen Aufmerksamkeit zur Kenntnis nehmen, und zweitens lenkt das Studium der Unterlagen vom Konferenzgeschehen ab. Ausnahme: Man plant einen Uberraschungscoup und präsentiert den Teilnehmern kurzgefaßte Informationen, die so wichtig sind, daß sie das Konferenzgeschehen ändern.

Das Referat

Durch Reden überzeugen können, ist sicherlich eine Begabung. Man kann aber durch viele Fehler eine Begabung auch verdecken. Und die Begabung, zu überzeugen, die jeder Mensch besitzt, liegt in seiner Persönlichkeit: in der Identifizierung mit der Sache, die er vorbringt. Wer sich und seiner Sache sicher ist, der wirkt auch auf andere ein. Einige Grundregeln helfen, wichtige Fehler beim Vortrag zu vermeiden: - Die Grundsätze der Rhetorik (Seite 16 ff.) beachten. - Sich kurz fassen, den Stoff lebendig und verständlich mit Beispielen aus dem praktischen Leben darstellen, einen Verbalstil mit kurzen Sätzen pflegen. Der erste Satz muß fesseln; der Schluß des Refe109

rats muß Reizpunkte für die weitere Diskussion liefern. Zahlen ermüden leicht, deshalb durch Vergleiche etc. veranschaulichen. - Sich sorgfältig vorbereiten, mehr wissen, als man sagt. - Der Stoff und die Darstellung müssen a) auf die Zuhörer, b) auf das anstehende Konferenzproblem und c) auf das Konferenzziel abgestimmt sein. - Die beste Wirkung erzielt immer der, der die Zuhörer direkt anspricht und anschaut.

Das Bild und die grafische Darstellung Bilder oder grafische Darstellungen sollen einen komplizierten Stoff möglichst auf den ersten Blick in seinen Zusammenhängen verständlich machen. Dieser Aufgabe werden sie natürlich nicht gerecht, wenn sie ihrerseits so verwirrend sind, daß sich der Betrachter nach einer ausführlichen Beschreibung sehnt. Nun steht die grafische Darstellung allerdings immer im Zusammenhang mit dem gesprochenen (oder geschriebenen) Wort, es "illustriert" dieses. Wort und Bild zusammen sollen bei den Konferenzteilnehmern das Verständnis durch Anschauung und die Oberzeugungswirkung vergrößern sowie das Gedächtnis verstärken. Das Bild muß also verständlich, klar und übersichtlich sein; es darf nicht überladen sein und den vorgebrachten Stoff so verkomplizieren, daß erhebliche Anstrengungen notwendig werden, die Darstellung selbst verständlich zu machen. Es gibt eine Reihe von praktischen Hilfsmitteln und Geräten, um in der Konferenz bildliche Darstellungen zu präsentieren: Die Kreidetafel riecht im wahrsten Sinne des Wortes nach Schule und Uni, aber sie hat viele Vorteile: Das Gezeichnete ist gut sichtbar, es können Farben verwendet werden, es kann im Verlauf und ohne Unterbrechung der Konferenz gezeichnet, geschrieben und wieder gelöscht werden. Allerdings kann man die Aufzeichnungen nicht aufbewahren. 110

Das Flip Chart wurde schon in diesem Buch empfohlen, um ein Konferenz-Memo herzustellen. Die großen, an einem Gestell befestigten Blätter lassen sich nach hinten umlegen. Das Flip Chart ist leicht zu transportieren, es besitzt die Vorteile der Tafel - nur wird mit Filzstift geschrieben. Zusatzvorteil: Die beschriebenen Bögen können aufbewahrt werden. Magnettafeln. Auf ihnen werden mit vorgefertigten Buchstaben, Ziffern, Zeichen und Symbolen grafische Darstellungen zusammengestellt. Das Verfahren ist praktisch und rasch zu handhaben, die Darstellungen sind leicht zu verändern, wenn der Stoff es erfordert. Allerdings sind die Darstellungsmöglichkeiten auf die vorhandenen Zeichen beschränkt. Der Tageslichtprojektor (Overheadprojector) läßt, wie der Name sagt, Projektionen bei Tageslicht zu. Als Vorlage dient eine Transparentfolie, auf die mit Filzstift gezeichnet wird. Die großen Vorteile dieses Projektors liegen darin, daß die Konferenz nicht durch Verdunkelungsmaßnahmen unterbrochen werden muß und daß der Vortragende entweder vorgefertigte Vorlagen verwenden oder aber im Verlauf seiner Ausführungen zeichnen kann. Der Diaprojektor. Alles, was sich mit dem Fotoapparat aufnehmen läßt, kann über das Diapositiv an die Wand in nahezu beliebiger Größe projiziert werden, vom Ablaufdiagramm bis zum Farbfoto. Je größer das Format des Dias, desto besser die Farbwirkung. Hinderlich für den Konferenzablauf sind die notwendigen Verdunkelungsmaßnahmen. Die Tonbildschau kombiniert mit Bild und Ton. Ein auf Tonband gesprochener Text (natürlich auch Geräusche und Musik) wird abgespielt. Dabei sind Tonbandgerät und automatischer Diaprojektor gekoppelt, der auf einen Impuls vom Tonband hin jeweils ein anderes Dia zeigt. Die Tonbildschau macht die Diavorführung lebendiger. Das Episkop. Mit ihm lassen sich Vorlagen aus Büchern, Prospekten usw. im verdunkelten Raum auch farbig projizieren. Das Epidiaskop stellt eine Kombination von Diaprojektor und Episkop dar.

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Der Film, ein Medium mit hoher Beeindruckungswirkung, das allerdings viel Planung und technischen Aufwand bereits in der Herstellungsphase voraussetzt. Aus diesem Grund wird man ihn immer dann anwenden, wenn derselbe Film möglichst oft vorgeführt werden kann.

Die Videoanlage, ein relativ junges Medium, das für die Konferenztechnik eminente Bedeutung besitzt: Durch die neuartige Aufnahmetechnik auf Bänder oder Platten kann sofort nach der Aufnahme, ohne zusätzlichen technischen Aufwand, das Aufgenommene projiziert werden. Diese Technik ist universell einsetzbar und spielt vor allem im Verhaltenstraining eine große Rolle. Die Videotechnik ist in rasanter Entwicklung begriffen.

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7. Das Protokoll

Spätestens, wenn in einer Sitzung darüber gestritten wird, was denn nun eigentlich in der vorangegangenen Sitzung genau beschlossen worden ist und wer was hätte unternehmen sollen, spätestens dann wird der Sinn und Nutzen eines gut geführten Protokolls deutlich: Es soll das Ziel, den Verlauf und das Ergebnis einer Konferenz verbindlich festhalten. Das Protokoll kann urkundlichen Charakter haben j in diesem Fall sollten die rechtlichen Anforderungen vorher geklärt werden. Für normale Konferenzen haben Protokolle drei nützliche, eng zusammenhängende Zwecke: - Die Dokumentation: Geschehen und Ergebnisse sind so festgehalten, daß bei Bedarf auf sie zurückgegriffen werden kann. - Die Kontrolle: Da Konferenzen im allgemeinen etwas bewirken sollen, läßt sich ~nhand des Protokolls feststellen, ob die Handlungsanweisungen, die aus dem Konferenzergebnis folgten, in die Tat umgesetzt worden sind. - Die Information: Das Protokoll kann als Gedächtnisstütze für die Konferenzteilnehmer dienen, es kann für Informationszwecke innerhalb der gesamten Organisation verwendet werden, oder es kann ein größeres Publikum außerhalb der Organisation informiert werden.

Die Art des Protokolls Je nach dem Zweck des Protokolls wird man sich für eine bestimmte Art des Protokolls entscheiden. Das umfangreichste, wenn auch

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nicht übersichtlichste, ist das wörtliche Protokoll, etwa die Bundestagsprotokolle, bei denen jeder Zwischenruf, jede allgemeine Unmutsoder Beifallsäußerung festgehalten wird. Das aussagekräftigste und zugleich praktikabelste ist das zusammenfassende Verlaufsprotokoll. In ihm werden der Verlauf der Diskussion, ihre Schwerpunkte, die Hauptargumente und ihre Vertreter sowie die Hauptgegenargumente, wichtige Ereignisse (Atmosphäre z. B.), die Ergebnisse der Diskussion, zu ergreifende Maßnahmen usf. festgehalten. Das Beschluß- oder Ergebnisprotokoll hält nur die Ergebnisse und die Entscheidungen der Konferenz fest, nicht aber den Weg, wie es dazu gekommen ist. Es läßt sich am einfachsten und ökonomischsten erstellen und ist auch meistens genügend umfangreich, vor allem, wenn auch aufgezeichnet wird, wer welche Konsequenzen aus den Ergebnissen zu ziehen hat. Welche Art Protokoll man wählt, hängt davon ab, was man vorhat und welchen Aufwand man für das Protokollschreiben ins Auge faßt.

Inhalt und Stil des Protokolls Alle Protokollarten sollten grundsätzlich beinhalten: das Datum der Konferenz, die Teilnehmer, die Tagesordnung, die Ergebnisse, Handlungsanweisungen aus den Ergebnissen, wer das Protokoll bekommt. Damit das Protokoll Verbindlichkeit erhält, sollte ein Modus gefunden werden, nach dem alle Teilnehmer das einmal abgefaßte Protokoll akzeptieren, wenn sie nicht sofort Einspruch gegen Inhalt oder Formulierungen erheben. Dieser Vorgang erübrigt sich, wenn man das weiter oben diskutierte Konferenz-Memo als Protokoll benutzt. 114

Wie das Protokoll abgefaßt wird, hängt überwiegend vom sprachlichen Talent des Protokollführers ab; generell gilt: - Kurz fassen, ohne daß der Sinn entstellt ist. Aus einem guten Protokoll kann man kein Wort ohne entscheidenden Informationsverlust herausstreichen. - Mit Einfühlungsvermögen und Sachkenntnis das Wesentliche bringen; dieses kann unter Umständen ein treffender Einwurf sein, der eine ganze Diskussion mit einem Schlage beendet hat. Auf jeden Fall muß aus dem Protokoll ersichtlich sein, warum man so und nicht anders entschieden hat, oder warum man zu diesem oder jenem Ergebnis gekommen ist. - Eher Verwendung der direkten Rede als der indirekten, da diese zur umständlichen Darstellung verführt. - Eher die Imperfekt-Form verwenden als das Präsens. - Der Verbalstil ist in jedem Falle lebendiger als umständlich konstruierte Substantiva.

Die Verwendung des Protokolls Ein Protokoll kann ein hervorragendes Arbeitsmittel darstellen. Da Konferenzen im allgemeinen· die Ziele für eine bestimmte Periode festlegen, kann auf den folgenden Konferenzen anhand des Ausgangsprotokolls der Fortschritt bzw. das Erreichen oder Nichterreichen eines Ziels genau verfolgt werden. Es ist eine alte Erfahrung aus der Praxis: Ein mündlicher Beschluß hat nicht im entferntesten die gleiche fordernde Wirkung wie ein schriftlicher. Auch in den einzelnen betroffenen Abteilungen kann das Sitzungsprotokoll die Grundlage der Arbeit bilden.

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Checkliste

Ist das Protokoll ausreichend prägnant und vollständig? Stand am Anfang fest, wer es führt? Wurde festgelegt und begründet, was für ein Protokoll geführt werden sollte? Wurde der Protokollierende während der Konferenz unterstützt? War das Protokoll rechtzeitig fertig? Haben sich alle Teilnehmer einverstanden erklärt? Geht aus dem Protokoll hervor, wer welche Aufgaben aufgrund der Konferenzergebnisse hat? Wurde auf dieser Konferenz diskutiert, inwieweit die im Protokoll der vorhergehenden Konferenz festgehaltenen Ergebnisse und Aufgaben erledigt worden sind?

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8. Die Kontrolle

Konferenzen kosten Zeit und Geld, zwei Aspekte derselben Sache. Von vielen Managern werden Konferenzen als Zeitverschwendung erster Güte angesehen. Damit sich dies ändert, müssen die Kosten gesenkt werden. Dafür gibt es verschiedene Möglichkeiten: die Produktivität von Konferenzen zu erhöhen und gleichzeitig die Zeit, die sie in Anspruch nehmen, zu vermindern. Beides war bisher Thema dieses Buches, und zwar im Hinblick auf die Planung zukünftiger Konferenzen. Um die Produktivität zu erhöhen und den Zeitaufwand zu vermindern, muß aber zusätzlich nach jeder Konferenz kontrolliert werden. Aber Konferenzen haben auch einen nicht-materiellen Effekt, der sich erst im übertragenen Sinn in materiellen Größen ausdrücken läßt. Das soziale Klima der Konferenz wirkt sich in vielfältiger Weise auf die Arbeitsproduktivität der gesamten Organisation aus: - Auf der Konferenz begründete Aversionen beeinträchtigen die weitere Zusammenarbeit der Konferenzteilnehmer. - Es zeigt sich die Tendenz, daß ein schlechter Konferenzstil auch in die Abteilungen hineingetragen wird. - Die nicht an der Konferenz teilnehmen, haben von vornherein das Gefühl des Ausgeschlossenseins. Wenn man derartige Folgen von Konferenzen als soziale Kosten bezeichnen will, dann geht es darum, auch diese so niedrig wie möglich zu halten. Ganz ohne soziale Kosten wird es allerdings nirgends abgehen, wo Menschen zusammen arbeiten. Wirksame Kontrolle setzt Kritik und Selbstkritik voraus. Wer sich selbst überprüfen soll, läßt gern die wichtigsten - und oft auch unangenehmsten - Punkte weg, und die übrigen entschuldigt er, noch 117

bevor er irgendwelche pOSItlVen Konsequenzen ziehen kann. Von Nutzen ist deshalb ein Katalog von kritischen Fragen, die am Ende einer jeden Konferenz beantwortet werden müssen. Auch die Konferenzkontrolle kostet Zeit. Macht man sie zum ersten Mal, braucht man am längsten; dieser Zeitaufwand verringert sich von Mal zu Mal. Und: Je ernster man die Kontrolle nimmt, desto besser werden die Konferenzen, und desto rascher geht die Kontrolle vonstatten. Als ein solches Arbeitsmittel ist die "Checkliste Konferenzkontrolle" zu benutzen (siehe Seite 123/124).

Die Teilnehmer fragen Die beste Methode, herauszubekommen, wie die eigene Konferenztechnik verbessert werden kann, ist, die Teilnehmer sofort im Anschluß an eine Konferenz systematisch zu befragen. Man braucht sich dann nicht auf sein subjektives Urteil zu verlassen. Die Befragung kann zunächst mündlich erfolgen, insbesondere, wenn der Teilnehmerkreis nicht sehr groß ist. Werden dagegen Treffen mit größerer Teilnehmerzahl oder auch mit häufig wechselndem Teilnehmerkreis, wie etwa Vertreter- oder Trainingskonferenzen abgehalten, so lohnt eine schriftliche Befragung; diese hat zudem den Vorteil, daß die Ergebnisse im Laufe der Zeit jeweils verglichen werden können. Voraussetzung für jede Art Befragung ist: - Der Konferenzleiter ist wirklich gewillt, seine Konferenztechnik zu verbessern. - Es werden wirklich ehrliche Antworten erwartet. - Den Teilnehmern erwachsen keine Nachteile aus ihren Antworten. - Die Antworten werden - wenn möglich - in kommenden Konferenzen in die Tat umgesetzt. Ein Beispiel für einen kurzen Fragebogen ist auf den Seiten 119/120 zu finden.

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Fragebogen Beurteilung der Konferenz durch die Teilnehmer

(Wir möchten unsere Besprechungen so gestalten, daß alle Beteiligten den größtmöglichen Nutzen aus ihnen ziehen können. Sagen Sie uns bitte anhand der folgenden Fragen frank und frei, was Ihnen an dieser Besprechung nicht gefallen oder auch was Ihnen gefallen hat.)

1. Der Termin:

günstig ungünstig Ihre Terminvorschläge:

2. Der Konferenzraum:

günstig ungünstig Mängel:

Ihre Vorschläge:

3. Die Länge der Konferenz:

gerade richtig zu lang zu kurz I hr Vorschlag:

4. Probleme und Ziele der Konferenz:

Sind zu Beginn klar gemacht worden Sind zu Beginn nicht klar gemacht worden Ihre Kritik:

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5. Der Verlauf der Konferenz:

Die Information und Ergebnisse sind für Sie optimal gut ausreichend nicht ausreichend Ihre Kritik:

6. Die Konferenzleitung war:

sehr gut gut ausreichend schlecht Ihre Kritik:

7. Das Protokoll:

wurde rechtzeitig nicht rechtzeitig fertiggestellt. Der Inhalt nützt mir für meine Arbeit nützt mir nicht Ihre Vorschläge:

8. Gesamturteil: Wie würden Sie die Konferenz insgesamt beurteilen im Hinblick auf Zielsetzung, Zeitaufwand und Teilnehmerzahl?

Sehr gut gut ausreichend mangelhaft Ihre Verbesseerungsvorschläge:

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Die Konferenzbewertung Routine macht nicht nur sicher, sondern oft auch blind. Man kann unabhängig davon, ob die eigene Konferenztechnik für gut oder schlecht gehalten wird, einen externen Experten damit beauftragen, das Konferenzwesen im eigenen Betrieb auf Verbesserungsmöglichkeiten zu überprüfen. Eine andere Möglichkeit liegt darin, daß im Unternehmen ein Mitarbeiter sich auf die Konferenztechnik spezialisiert und einzelne Konferenzen bewertet. Natürlich kann dies zu Schwierigkeiten führen - die ein Externer nicht in diesem Maße hat -, weil kein Mensch Kritik mag. Voraussetzung ist deshalb die Initiierung derartiger Programme durch die Verantwortlichen und eine entsprechende Vorbereitung aller Beteiligten, die die Sachbezogenheit des Programms zeigt und den Nutzen für alle. Wie eine derartige Bewertung aussehen kann, zeigt die "Matrix zur Konferenzbewertung" auf Seite 122. Sie gliedert sich in vier wieder untergliederte Bereiche, die anhand einer Viererskala bewertet werden müssen. Damit nun nicht oberflächlich geurteilt wird, schreibt der Konferenzbeobachter die Begründung seiner Bewertung in das jeweilige Kästchen dieser Matrix. Beispiel zu B 5 = Teilnehmerauswahl: Mangelhaft = 0 Punkte. In das entsprechende Feld schreibt der "Beobachter": "Der Marketingplan konnte nicht entschieden werden: Der Mediaexperte fehlte." Da die Konferenz überwiegend den Marketingplan betraf, bedeutete dies ein erhebliches Manko. Die Gesamtpunktzahl für jeden Bereich ist ein deutlicher und sofort überblickbarer Hinweis dafür, wo im Hinblick auf eine Verbesserung der J(onferenztechnik der Hebel angesetzt werden muß. Die Gesamtpunktzahl zeigt im Verlauf der Zeit, ob und welche Fortschritte das Konferenzwesen gemacht hat.

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!fi

Problemteilnehmer

Diskussionsstil

Qualität der Diskuss.-Beiträge

Beteiligung

Vorbereitung

D Teilnehmer

Abschluß/Entscheidung

Diskussion

Rhetorik

Führungsstil

Vorbereitung

C Konferenzleitung

Teilnehmerauswahl Ablau fplanung

Problem-, Zielplanung Zeitplanung Planung des Ortes

B Konferenzplanung

Soziale Kosten

Teilnehmerzufriedenheit

Kosten

Zeitaufwand

Ziel erreicht

A Die Konferenz als Ganzes

'g

sehr gut 3 Punkte

gut 2 Punkte

ausreichend 1 Punkt

mangelhaft o Punkte

Gesamtpunktezahl :

Punktezahl D:

Punktezahl C:

Punktezahl B:

Punktezahl A:

Zahl der Punkte

Checkliste Konferenzkontrolle War die Konferenz notwendig? War der Anlaß ausreichend gewichtig? Handelte es sich lediglich um eine von allen Teilnehmern gequält zur Kenntnis genommene Routineangelegenheit? Hätten sich andere Möglichkeiten zur Problemlösung angeboten? Werden zu viele Konferenzen hintereinander angesetzt? Sind die Ziele der Konferenz erreicht worden? Konnte ein Ergebnis festgehalten werden? Ergaben sich aus dem Ergebnis Handlungsanweisungen? War die Konferenz produktiv? Waren die Konferenzziele klar definiert? Waren diese Ziele den Teilnehmern bekannt und verständlich? Konnte die Konferenz ihre Aufgabe mit einem Minimum an Zeitaufwand erledigen? War die Tagesordnung nicht zu dürftig oder zu umfangreich? Waren die Problembereiche ausreichend geplant? Waren die Teilnehmer ausreichend informiert? War das Treffen optimal terminiert? Waren die räumlichen Bedingungen optimal? Waren die Teilnehmer richtig ausgewählt? War der Konferenzablauf ausreichend geplant? Hielten sich Konferenzleiter und Konferenzteilnehmer an die Tagesordnung? Gab es ungeplante Unterbrechungen? Wurden einige einzelne Probleme so ausführlich behandelt, daß für die anderen keine Zeit mehr blieb? Sind alle getroffenen Entscheidungen ausreichend begründet worden? Klappte die "Technik"? Wie hat sich die Konferenz auf das Arbeitsklima der Organisation ausgewirkt? Haben die Teilnehmer Art und Dauer der Konferenz akzeptiert?

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Hat der Konferenzleiter die Diskussion im Griff gehabt? Wurde pünktlich begonnen? Hat ein Teilnehmer die Konferenz dominiert? Hatten sich die Teilnehmer gut vorbereitet? Wurde die Diskussion von allen lebhaft geführt? Hat der Konferenzleiter die Diskussion dominiert? Ist das Gruppendenken vermieden worden? Wurde dem Boß nach dem Munde geredet? War das Protokoll ausreichend prägnant und vollständig? War das Protokoll rechtzeitig fertig? Wurde der Zeitplan eingehalten? Ist der Konferenzleiter mit Konferenzkrisen fertiggeworden? Wurde der Führungsstil des Konferenzleiters der Art der Konferenz und dem Verhalten der Teilnehmer gerecht? Was hat die Konferenz gekostet? Sind die Soll-Kosten über- bzw. unterschritten worden? Wie wurde das Konferenzergebnis den Nichtbeteiligten mitgeteilt?

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IV Die Technik spezieller Konferenzen

1. Die Informationskonferenz

Fallbeispiel In einem Wirtschaftsverlag sollen die sechs Vertreter mit der neuen Frühjahrsproduktion vertraut gemacht werden. Der Verkaufsleiter organisiert das traditionelle Treffen: Am Vormittag referieren die Lektoren, die die Bücher betreut haben und die den Inhalt am besten kennen sollten, mittags geht man zusammen essen, nachmittags ist "technische" Besprechung in der Vertriebsabteilung, in der es um Rabatte, Vertreterberichte, Kundenreklamationen etc. geht. Der Vormittag verläuft jedes Jahr in der gleichen Atmosphäre: Die Lektoren, von der Inkompetenz der Vertreter überzeugt, versuchen sich selbst ins beste Licht zu rücken und beschreiben "ihre" Bücher und Autoren mit einem Schwall von Fachausdrücken, Fremdwörtern und vielen Floskeln a la " ... wie Sie sicher wissen ... ". Nun sammelt natürlich ein Fachvertreter im Laufe der Zeit einiges Wissen an, vielleicht hat er sogar ein Studium hinter sich. Aber er ist in erster Linie Verkäufer und kann sich unmöglich um alle Spezialthemen im einzelnen so kümmern, wie es ein Lektor tut. Aber da sich die Lektoren so elitär gehaben, stellt kaum ein Vertreter eine Zwischenfrage, und es wird trotz der Vorträge der Lektoren im Grunde nicht mehr Wissen vermittelt als auf den verschiedenen im Verlag produzierten Waschzetteln, Klappentexten, Vertriebstexten, Werbetexten aufsteht. Die Vertreter sind froh, wenn der "grauenhafte" Vormittag vorbei ist; beim gemeinsamen Essen, wenn es nicht mehr um Fachliches geht, stellen sich die Lektoren manchmal sogar als ganz nette Menschen heraus.

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Informieren und motivieren In diesem Verlag wird regelmäßig eine zweifache Chance vertan: Die Vertreter werden nicht ausreichend instruiert über die Verkaufsargumente, Zielgruppen, Konkurrenzprodukte etc., und sie werden nicht motiviert oder, mit einem altmodischen Wort, begeistert für die Sache, die sie nachher beim Kunden zu vertreten haben. Oft bedingt sich beides gegenseitig: Aus dem Wissen entsteht Begeisterung, aus der Begeisterung entsteht der Wunsch nach mehr Wissen. Jede geplante Informierung soll diese zweifache Wirkung haben: Sie soll instruieren und sie soll motivieren. Wird der Werbeabteilung das Konzept des neuen Produktes vorgestellt, so geht es nicht allein um die übermittlung bisher unbekannter Fakten: Je größer die Begeisterung der Werbeleute für das neue Produkt ist, desto größer ist auch der Anreiz, zugkräftige Werbeideen zu entwickeln. Damit die Information ihre Instruktionsaufgabe erfüllen kann, muß sie bestimmte Bedingungen erfüllen: - Sie muß verständlich sein. Technische, ökonomische, naturwissenschaftliche, kulturelle Zusammenhänge, die einem selbstverständlich erscheinen, sind es oft für den anderen gar nicht. Gute Universitätsprofessoren gehen in ihren Vorlesungen immer von der am leichtesten zu begreifenden Einheit aus - was viele Studenten dazu verführt, die Nase über diese "Einfalt" zu rümpfen -, um dann nach und nach die Linien des komplexen Stoffes zu verfolgen. Wer den Vorstand eines Unternehmens über neue Trends in der öffentlichen Meinung informiert, sollte nicht mit sozialwissenschaftlichen Ausdrücken um sich werfen und mit Ausführungen über statistische Auswertungsmethoden langweilen, sondern in verständlicher Sprache die neuen Entwicklungen, ihre Ursachen, die Folgen für das Unternehmen und mögliche Maßnahmen schildern. Wer sich für ein neues, risikoreiches Engagement der Firma einsetzt, kann nicht erwarten, daß alle anderen seine Begeisterung teilen; was einem selbst überzeugend vorkommt, kann den anderen zu äußerster Skepsis zwingen. - Der andere muß die Information in seine Gedankenwelt, in seine Sprache "übersetzen". Er muß sie sich derartig zu eigen machen, 128

daß sie einen hohen Grad von Selbstverständlichkeit für ihn besitzt. Selbst wenn man meint, eine Sache begriffen zu haben, gerät man oft in Schwierigkeiten, wenn man sie einem anderen erklären soll: Plötzlich fehlen einem die Worte, Zweifel tauchen auf, ein Glied in der logischen Kette fehlt. - Die Gelegenheit zu Rückfragen muß gegeben sein. Jeder muß die Möglichkeit bekommen, sachliche Unklarheiten aufzuzeigen. Fordert der Konferenzleiter zu Fragen auf, so kann er gleichzeitig feststellen, wie weit sich die Zuhörerschaft die Sache, um die es geht, zu eigen gemacht hat. Soll die Information ihre Motivationsaufgabe erfüllen, so muß sie - auch wirklich eine Information sein. Informationen, die ich sowieso schon kenne oder solche, bei denen ich merke, mir wird nur die eine Hälfte vorgetragen, während die andere Hälfte bei den "wirklichen" Informationsträgern verbleibt - Motto: Informationsvorenthaltung als Führungsmittel-, werden keine große Begeisterung bei mir wecken. Dagegen hat das Gefühl, informiert und damit beteiligt zu sein, selbst schon eine stark motivierende Wirkung. - den Anteil des anderen an der Sache herausstellen: Nur wer das Gefühl hat, sich mit einer Sache identifizieren zu können, kann sich auch dafür begeistern. - die menschlichen Eigenschaften des anderen ansprechen: seinen Mut, seine Eitelkeit, seinen Ehrgeiz, seinen Prestigewillen, seine Weltanschauung. Ein schwierig zu verkaufendes Produkt fordert die ganze "Verkaufskunst" des Reisenden, der Plan, auf bestimmten Sektoren erheblich zu expandieren, läßt sich nur verwirklichen, wenn sich alle Beteiligten kreativ und mit Ehrgeiz dafür einsetzen. Die Sache muß dem anderen die Möglichkeit geben, seine persönlichen Zielvorstellungen zu erfüllen, oder mit einem aktuellen Begriff der Psychologie: Sie muß ihm die Chance zur Selbstverwirklichung bieten, dann kann auch der Enthusiasmus geweckt werden. 129

Erfolgreiche Vertretertreffen

Die angesehene amerikanische Zeitschrift Advertising Age veröffentlichte 1966 die Ergebnisse einer Umfrage unter mehr als 50 Verkaufsleitern und Marketing-Managern, was deren praktischer Erfahrung nach ausschlaggebend für erfolgreiche Vertretertreffen sei und - was Vertretertreffen zum Scheitern bringen könne. Da der Außendienst nicht nur gewissermaßen die lebendige Fassade einer Unternehmung darstellt, sondern vor allem entscheidend für Erfolg oder Nichterfolg der Firma verantwortlich ist, wird es um so verwunderlicher, wie wenig Mühe man sich in den meisten Unternehmen mit der Gestaltung von Vertretertreffen gibt. Deshalb soll hier ein ausführlicher Auszug aus den Ergebnissen von Advertising Age folgen; viele der Ratschläge sind schon in den vergangenen Kapitel dieses Buches aufgetaucht. Was man tun sollte

Fangen Sie pünktlich an, bleiben Sie bei Ihrem Zeitplan, hören Sie pünktlich auf. Wählen Sie ein Leitthema und planen Sie die anderen Themen um dieses Leitthema herum. Proben Sie den Ablauf des Treffens. Bereiten Sie sich sowohl auf nebensächliche wie auch auf essentielle Fragen vor. Nehmen Sie sich Zeit zum Zuhören; fördern Sie die Diskussion. Äußern Sie eine positive Einstellung - über die Unternehmenspolitik, über Produktvorteile usf. Gestalten Sie die Tagesordnung so locker, daß genügend freie Zeit bleibt. 130

Benutzen Sie so viele visuelle Hilfsmittel und Demonstrationstechniken wie möglich. Beteiligen Sie jeden Teilnehmer wenigstens einmal. Machen Sie die Diskussionsthemen im voraus bekannt und geben Sie . jedem Beteiligten die Möglichkeit, seine Meinungen zu äußern. Halten Sie die Treffen lebendig und kurz. überprüfen Sie die einzelnen Referate sorgfältig; redigieren Sie sie im Hinblick auf eine größt}llögliche Wirkung. Verwenden Sie ein bißchen "showmanship " . Halten Sie ausreichende Regionaltreffen ab, so daß derartige Probleme nicht auf einem Gesamttreffen diskutiert werden müssen. Alles, was auf einem Haupttreffen diskutiert wird, sollte positiv und darauf ausgerichtet sein, Begeisterung zu erzeugen. Alles angekündigte Promotionmaterial sollte zum Zeitpunkt des Vertretertreffens zur Auslieferung bereitliegen. Zum Essen sollten Mitglieder der Geschäftsführung unter die Vertreter verteilt werden, damit sich zwischen ihnen eine Beziehung aufbauen kann und die jeweiligen Probleme besser verstanden werden. Sorgen Sie für Abwechslung. Nützen Sie den Humor, um die Stimmung aufzulockern. Setzen Sie zu den Treffen attraktive und nützliche Preise aus. Sorgen Sie für genügend Pausen. Lassen Sie Kaffee und Erfrischungen servieren. Der oberste Chef soll die Vertreter persönlich begrüßen und das Treffen eröffnen. 131

Halten Sie kleine Geschenke für die Vertreter, wie Schreib zubehör usw., bereit. Sorgen Sie für Unterhaltung. Machen Sie einen Mann für die ganze "Show" verantwortlich und geben Sie diese Verantwortlichkeit jedem, der mit dem Treffen zu tun hat, bekannt. Bereiten Sie eine Checkliste für jedes Detail des Treffens vor. Besichtigen Sie persönlich den Ort des Treffens. Sorgen Sie dafür, daß sich auch die Vertreter auf das Treffen vorbereiten. Von allem Demonstrationsmaterial sollten Duplikate mitgenommen werden. Beteiligen Sie soviel Leute vom Innendienst wie möglich an dem Treffen; sie können gute Erfahrungen dabei machen. Begrüßen Sie zu Beginn des Treffens alle Teilnehmer persönlich. Erläutern Sie die Geschäftsentwicklung und erklären Sie die Ziele der einzelnen Bereiche. Entlassen Sie am Ende des Treffens Ihre Vertreter mit einem Aktionsprogramm und realistischen Verkaufszielen. Sorgen Sie für ausreichend Diskussionszeit. Stellen Sie gute Gruppenleistungen heraus. Zeigen Sie den Vertretern, welche Funktionen die Verkaufsabteilung innerhalb des gesamten Marketingbereiches besitzt. Zeigen Sie die Wichtigkeit der Kommunikation auf. Geben Sie genügend Zeit zur An- und Abreise. 132

Bei aller Lebendigkeit muß das Treffen doch durch und durch geschäftlichen Charakter besitzen. Verpflichten Sie externe Experten für kurze Vorträge. Erläutern Sie die Marketingsituation einschließlich der Konkurrenz; auf diese Weise verstehen Ihre Vertreter auch die Strategie hinter dem neuen Programm. Größere Treffen sollten immer ein Oberraschungselement beinhalten. Größere Treffen müssen ein Motivationsthema haben, das die Ziele, die Mentalität und die Fertigkeiten Ihrer Vertreter anspricht. Bauen Sie das Treffen mit einer Serie von kleineren Höhepunkten auf, die in einem endgültigen Höhepunkt kulminieren - dem Bankett und der Preisverleihung. Sorgen Sie dafür, daß das Treffen in guter Stimmung endet. Versuchen Sie, die Teilnehmer mit einem guten Slogan zu motivieren, der auch in allen Ihren Briefen, Bulletins, Memos oder sonstigen Hausveröffentlichungen wieder auftaucht. Das Problemlösen sollte zu Beginn des Treffens erledigt werden. Sorgen Sie dafür, daß den Teilnehmern das Konferenzziel immer gegenwärtig ist. Eröffnen Sie das Treffen mit Informationen, welche die Teilnehmer mit Siegeszuversicht erfüllen. Die einzelnen Sitzungen sollten nicht länger als 30 Minuten dauern; wird trotzdem mehr Zeit benötigt, sollte man sie in einzelne Abschnitte aufteilen. Veranstalten Sie besondere Belohnungssitzungen in Form von Festessen, an denen die Frauen und die Geschäftsführung teilnehmen. Jeder trägt Namensschilder.

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Sorgen Sie für guten Komfort der Stühle usw. Fragen Sie vor dem Treffen die Gebietsmanager, welche gravierenden Probleme auf der Vertreterkonferenz gelöst werden müssen. Lassen Sie vor dem Treffen unter den Vertretern einen Fragebogen umgehen, auf dem diese ihre Fragen und Probleme schildern können. Setzen Sie Ziele, aber legen Sie besonderen Wert darauf, sich zu überlegen, wie diese Ziele erreicht werden können.

Was man nicht tun sollte Halten Sie sich nicht zu lange bei langweiligen Aufstellungen von Verkaufsziffern, Quoten usw. auf. Kritisieren Sie nicht das Auftragsvolumen des einzelnen Vertreters vor der ganzen Konferenz. Lassen Sie die Konferenz nicht zu einem Treffen der Nörgler werden. Sparen Sie nicht am falschen Ende, wenn Sie das Treffen organiSleren. Lassen Sie die Reden der Geschäftsführung nicht zu lang ausfallen. Vergessen Sie nicht, nach jeder Sitzung Zeit für die Diskussion einzuplanen. Sprechen Sie nicht nur über das, was nicht in Ordnung ist. überfüttern Sie die Leute nicht. Sorgen Sie dafür, daß aus der Vertreterkonferenz keine einseitige Informierung durch das Management wird, sondern daß auch das Außendienstpersonal das Management informiert. 134

Versuchen Sie nicht, zuviel in das Programm hineinzupacken; planen Sie lieber einen zusätzlichen Tag ein. Seien Sie nicht zu raffiniert; intelligente Vertreter wissen, daß sie auf dieser Konferenz nicht wegen der Unterhaltung zusammenkommen, sondern um Informationen für ihren Job mitzunehmen. Spulen Sie nicht jedes Jahr das gleiche Programm ab; sorgen Sie für Abwechslung. Verwenden Sie keine überladenen bildhaften Darstellungen. Kritisieren Sie nicht einzelne Leute. Lassen Sie keinen die "Show" dominieren, gleichgültig, ob es sich um den Verkaufsleiter oder einen Vertreter handelt. Vergessen Sie nicht darzulegen, was Sie als Ergebnis des Treffens von den Vertretern an Aktivitäten erwarten. Erlauben Sie keine langweiligen, abgelesenen Reden. Lassen Sie vor dem Treffen keine Cocktailparties oder dergleichen zu, die die Leute nur müde machen. Warten Sie mit der· Organisation des Treffens nicht bis zur letzten Minute, sondern sammeln Sie das ganze Jahr über Ideen dafür. Lassen Sie das Management nicht vor den Vertretern sprechen, ohne daß Sie mit ihm das Thema und die Zeit besprochen haben. Werden Sie nicht zu elementar, sondern pflegen Sie eine gewisse Raffinesse. Langweilen Sie die alten Profis nicht. Diskutieren Sie in der allgemeinen Sitzung keine Probleme, die nur einen Teil der Anwesenden betreffen.

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2. Die Entscheidungskonferenz

Fallbeispiel In einer mittleren chemischen Fabrik kommt die Führungsspitze des Unternehmens zusammen, um über die Errichtung eines Zweigwerkes zu entscheiden. Alle Bereichsleiter haben ihre Argumente für und wider den neuen Standort, ihre Bedingungen für optimales und wirtschaftliches Arbeiten vorbereitet. Die neue Anlage wurde beschlossen. Zwölf Monate später waren die inzwischen kostspieligen Planungen auf Eis gelegt: Aufgrund heftiger Bürgerproteste und darauffolgender politischer Schwierigkeiten in der Mehrheitsfraktion schob die Gemeinde die Beratung und Genehmigung des Projekts immer weiter auf. Fazit: Der Inhaber des Unternehmens hatte bei der Vorbereitung der Konferenz nicht an den öffentlichen Effekt seines Plans gedacht, im Unternehmen nahm der Werbeleiter PR-Funktionen wahr, und der gehörte nicht zur Unternehmensspitze. Die Folgen waren eindeutig. Der Fall zeigt: Das Projekt scheiterte an der unsystematischen Entscheidungsvorbereitung.

Der logische Ablauf von Entscheidungen in Konferenzen Wenn man im nachhinein untersucht, wie wichtige Entscheidungen zustande gekommen sind, dann wird sich herausstellen, daß oft Zufälle, Geschmack, der berühmte "Riecher", persönliche Einstellungen, unbewußte Reaktionen auf Personen oder Ereignisse den Ausschlag gaben. Dies darf jedoch nicht den Blick dafür verstellen, daß von derartigen Faktoren erfolgreiche wie erfolglose Entscheidungen gleichermaßen betroffen sind. Auch ein so komplizierter Prozeß wie 136

eine Entscheidung sollte kontrolliert ablaufen und in seinen einzelnen Phasen verbesserbar und vor allem organisierbar werden. Eine solche Entscheidungsorganisation ist vor allem notwendig, wenn nicht ein einzelner die Entscheid\lng zu treffen hat, sondern ein Gremium, wenn also das Wissen, die Meinungen, die Einstellungen, das Urteilsvermögen, die Entscheidungskriterien mehrerer Personen zu einer einzigen Entscheidung zusammengefügt werden müssen. Besondere Bedeutung fällt dabei der Rolle des Konferenzleiters zu. Er muß einen Großteil der Probleme, Argumente, Irrationalismen schon vorher in sein Konzept einbeziehen, um jederzeit den überblick über die Diskussion zu behalten und sie nicht aus den Fugen laufen zu lassen; er muß die Teilnehmer auf einen bestimmten Weg der Entscheidung einstimmen, um sicherzugehen, daß sie sich entsprechend vorbereiten und daß auch wirklich alle notwendigen Informationen in die Entscheidung eingehen; er muß divergierende Ansichten kompromißfähig, Argumente in ihren Dimensionen verständlich machen, Aversionen und Emotionen versachlichen. Wie der logische Ablauf einer gemeinschaftlich getroffenen Entscheidung aussieht, zeigt die Abbildung 9 (siehe Seite 13 8).

Die Prob/emphase

Auf dieser ersten Stufe wird das Problem, das ansteht, analysiert, und zwar im Hinblick auf die Ziele des Unternehmens, auf die Konkurrenz- und Marktsituation, auf die innere Situation des Unternehmens (Kapital, Personal, Produktionskapazitäten etc.). Das Problem wird ein jeweils anderes Format bekommen, je nachdem, ob es sich um eine vom Unternehmen vorangetriebene Idee oder Innovation handelt (z. B. ein neuartiges Produkt) oder ob es sich um eine Anpassung an die Umwelt handelt (z. B. Reaktion auf Konkurrenzmaßnahmen). Die Problemphase ist eine der wichtigsten Phasen in der Entscheidungsbildung, und doch wird ihr relativ wenig Aufmerksamkeit geschenkt. Schnell hat -man· sich auf zwei oder drei Alternativlösungen für ein komplexes Problem "heruntergeschwindelt" , die auch einige Wahrscheinlichkeit auf Konsens bieten. Daß die Struktur des Problems womöglich ganz anderer Lösungen bedürfte oder sich aus ihr 137

Ziele

Situation

Anpassung

Problem

t--

I--

Idee/Innovation

Lösungsalternativen

Informationssammlung

,

Durchführbarkeit

Risikoerwartung

Erfolgserwartung

J

l gewichtete Alternativen

j

J.

objektive Faktoren

subjektive Faktoren

+ Entscheidung I

Abb. 9: Der rationale Entscheidungsablauf 138

spezielle Kriterien für die Entscheidung ergeben könnten, fällt dabei unter den Tisch. Die meisten PR-Aktivitäten z. B. gehen von solchem verkürzten Problembewußtsein aus: Wenn man die öffendichkeit über das eigene Unternehmen informieren will, und man hat als Ausgangspunkt die Auskunft der Meinungsforscher, die Bevölkerung sei der Ansicht, die Unternehmen machten durchschnittlich 30 % Gewinn, dann ist es nicht damit getan, in einer Kampagne diese Zahl richtigzustellen. Man muß sich auch fragen, wie es zu dieser Vorstellung in der Bevölkerung kommt, welch~ historischen und aktuellen Tatsachen dazu geführt haben und wie die Struktur des Urteils oder Vorurteils beschaffen ist. Wird diese Arbeit geleistet, hat auch die PR-Botschaft ein anderes Gesicht und wird wahrscheinlich wirksamer. Bei einer anstehenden Entscheidung gibt es mehrere Möglichkeiten, die Problem phase für die Entscheidungskonferenz zu bewältigen. Der Konferenzleiter kann in Einzelgesprächen die Konferenzteilnehmer zu dieser Problemanalyse auffordern und durch sie begründete Lösungsvorschläge in die Diskussion einbringen lassen. Dieses Vorgehen bringt eine Straffung der Diskussion mit sich, und wichtige Argumente aus der Natur des Problems lassen sich auch dann noch diskutieren. Allerdings setzt dies intensive Eigeninitiative und -arbeit der Beteiligten voraus, wozu der Konferenzleiter methodische und sonstige Anregungen geben kann. Die andere Möglichkeit liegt darin, sie als Teil der Entscheidungskonferenz anzusehen. In diesem Fall muß der Konferenzleiter ein umfangreiches und straffes Konzept haben, damit nicht zuviel Zeit und Energie vor der eigendichen Entscheidungsdiskussion verbraucht werden. Als dritte Möglichkeit bietet sich an, in einer eigenen Informationskonferenz das Problem zu sondieren und Lösungsalternativen zu entwickeln, die dann in einer gesonderten Entscheidungskonferenz behandelt werden, eine aufwendige, oft auch notwendige Methode, die sicher zu den qualitativ besten Entscheidungen führt.

Die Entscheidungsvorbereitung

Auf dieser Stufe beginnt die eigentliche Entscheidung: Die gemeinsam erarbeiteten oder vorgeschlagenen Lösungsalternativen werden diskutiert, d. h. es werden zunächst möglichst viele Informationen 139

gesammelt, die die Urteilsfähigkeit der Beteiligten erhöhen können. Der Blick in die Zukunft ist jedem verwehrt, aber sorgfältige Tatsachenfeststellungen lindern diese Not etwas. Anhand dieser Informationen werden die Lösungsalternativen im Hinblick auf das Risiko, das man mit ihnen eingeht, auf die Durchführbarkeit und auf die Erfolgserwartung untersucht. Hätte die eingangs erwähnte chemische Fabrik Problem- und Entscheidungsvorbereitung systematisch angegangen, wäre sie auf das Problem der öffentlichen Meinung gestoßen und hätte sich entsprechend vorbereiten können. Das Ziel der Diskussion in der Entscheidungsvorbereitung ist es, zu gewichteten Alternativen zu kommen. Wenn sich drei Lösungen anbieten, dann könnten sich diese folgendermaßen darstellen: - Lösung A setzt einen hohen finanziellen Aufwand voraus mit hohem Risiko, aber auch großer Erwartung in bezug auf die Rendite. Vom Know how und von den Kapazitäten her ist die Lösung leicht in die Tat umzusetzen. - Lösung B setzt ebenfalls hohen finanziellen Aufwand voraus, allerdings mit geringerem Risiko und etwa gleichen Erfolgserwartungen. Die Durchführbarkeit ist jedoch aus politischen Gründen stark in Frage gestellt. - Lösung C setzt einen geringeren Einsatz an Mitteln voraus; allerdings sind auch die Renditeerwartungen geringer. Von der Durchführbarkeit her entstehen keine Probleme. Dies etwa wäre die Zusammenfassung, die der Konferenzleiter beim Abschluß des ersten Teils - bzw. zweiten Teils, wenn die Problemphase mit einbezogen war - der Diskussion geben würde: Risiko- und Erfolgserwartung sowie der Grad der Durchführbarkeit sind für alle Lösungsalternativen festgelegt. Der Konferenzleiter bringt so die Vorund Nachteile, die Chancen und die Hindernisse für die Projekte, wie sie sich in der Diskussion ergeben haben, den Teilnehmern konzentriert ins Bewußtsein. Die ganze Phase der Entscheidungsvorbereitung hat die Chance vergrößert, daß jeder die Dimensionen kennt, über die er entscheidet und daß die eigentliche Entscheidung, die gefällt wird, von größerer Qualität ist. 140

Die eigentliche Entscheidung

Bei der Entscheidungsvorbereitung ging es um wesentlichen um eine objektive Tatsachensammlung, welche die Lösungsalternativen charakterisieren sollte. Im Falle der obigen drei Lösungsmöglichkeiten mußte die Entscheidungsvorbereitung bereits ein negatives Votum für die Lösung B bringen, da sie praktisch undurchführbar ist. Bei den beiden anderen Lösungen gibt es keine eindeutig rational-objektiven Entscheidungskriterien mehr. Wer seinem Temperament und Charakter nach das Risiko liebt, wird die Lösung A wählen, wer von Natur aus vorsichtig ist, wählt die Lösung C. Alle Entscheidungen bestehen zu einem großen Teil neben dem rationalen Kalkül aus emotionalen, ästhetischen, traditionalen, altersbedingten etc. Urteilen. Daß die objektiven Kriterien, die sich durch die Entscheidungsvorbereitung ergeben, vollständig und exakt sind, ist notwendig und organisierbar; daß die "andere Hälfte" der Entscheidung, der "human factor", optimal wirkt, liegt an den beteiligten Menschen und damit auch an der Auswahl der Teilnehmer an einer Entscheidungskonferenz. Meistens wird die ganze Konferenz als Entscheidungsvorbereitung aufgefaßt: Sie soll Argumente für und wider bestimmte Lösungen liefern, die Entscheidung trifft dann der Chef, in der Regel auch Konferenzleiter. Auch in diesem Fall ist das systematische Vorgehen nach den logischen Entscheidungsprinzipien Problemanalyse, Lösungsalternativen, Informationssammlung, Gewich tungskriterien, Entscheidung das produktivste. Muß die Konferenz zu einer einstimmigen Entscheidung kommen, werden hohe Anforderungen an den Konferenzleiter gestellt: Er muß bereits im Laufe der Diskussion versuchen, bestimmte Lösungen auszuklammern und die Teilnehmer auf realisierbare einzustimmen. Wenn es am Ende zu einer harten Konfrontation mit total unflexibIen Positionen kommt - was der Konferenzleiter nach Möglichkeit verhindern sollte -, dann hilft nur der Blick in die Satzung oder der Rückgriff auf die Entscheidungskompetenz.

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Checkliste Vor jeder Entscheidungskonferenz sollten die im zweiten Teil dieses Buches behandelten Planungsaktivitäten besonders sorgfältig durchgeführt werden. Hier nochmals eine Checkliste dazu.

Wurde das Entscheidungsproblem sorgfältig analysiert? Wurde das Konferenzziel gewissenhaft festgelegt? Wurde es allen Teilnehmern so bekannt gemacht, daß sie sich optimal vorbereiten konnten? Wurde eine Konferenzstrategie ausgearbeitet, die eine qualitativ hochwertige Entscheidung erwarten ließ? Wurden die Konferenzteilnehmer nach Kompetenz und gruppendynamischen Gesichtspunkten optimal ausgesucht? Wurde der Zeitpunkt der Konferenz so gewählt, daß die Entscheidung weder zu früh noch zu spät kommt? Stellen Ort und Ablauf der Konferenz keine Hindernisse für eine optimale Entscheidungsbildung dar?

Kontrolle Die Techniken der gemeinschaftlichen Entscheidungsbildung lassen sich verbessern. Wenn die Entscheidung in die Tat umgesetzt worden ist, setzt sich dasselbe Gremium zusammen, rekapituliert die Probleme, die damals anstanden, die Lösungsalternativen, die man zur Verfügung hatte, die Gewichtungen, die angelegt worden waren, sowie die Gründe für die endgültige Entscheidung. Der nüchterne Vergleich mit der Realität zeigt dann, wie gut oder wie schlecht die Entscheidung war. Geht man derartig systematisch vor, dann läßt sich auch genau feststellen, wo der Fehler bzw. die Vorzüge lagen. Im Falle des Fallbeispiels dieses Kapitels wird man in Zukunft bei allen Entscheidungen, die öffentlichkeitswirksam werden können, den Werbe- und PR-Leiter mit hinzuziehen. 142

Eine derartige Analyse sollte auch die Planungsaktivitäten sowie den Ablauf der Konferenz mit einbeziehen. Eine Konferenz, die Hals über Kopf einberufen wird, kaum geplant und von den Teilnehmern kaum vorbereitet wird, garantiert keine abgewogenen Entscheidungen. Oder: Wird das Treffen von einem Teilnehmer dominiert, der zwar keine guten Argumente, dafür um so mehr rhetorische Gewandtheit, taktische Fertigkeit in der Koalitionsbildung besitzt, dann besteht die Gefahr, daß die Qualität der erreichten Entscheidung leidet. Oder: Ist dem Phänomen des Gruppendenkens keine Aufmerksamkeit gewidmet worden, dann wiegen sich alle Teilnehmer einmütig in dem Glücksgefühl erfolgreichen Konsenses; in Wirklichkeit wurde ein Flop produziert. Im Falle des Gruppendenkens besteht die besondere Gefahr, daß dieser Flop auf der Kontrollkonferenz im nachhinein sanktioniert wird, indem man allen möglichen Gründen die Schuld gibt die man ja gemeinsam trägt -, nur nicht sich selbst.

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3. Die Ideenkonferenz l

Wir sind immer auf der Suche nach "der" Idee: nach dem Verkaufsschlager, nach der verkaufswirksamen Anzeigenschlagzeile, nach dem technischen "Knüller", nach dem besten Finanzierungsrezept, nach der schlagenden Verhandlungsstrategie. Die Bürde des Suchens von Ideen schultert man sich zunehmend gemeinsam auf: Die Ideenkonferenz ist fester Bestandteil des Organisationsgeschehens geworden. Ob die gemeinsame Suche erfolgreicher verläuft als die Methode des "stillen Kämmerleins" hängt auch davon ab, wie gut derartige kreative Konferenzen organisiert sind. Die Kreativität unterliegt ihren eigenen Gesetzen, nach denen sich die spezielle Konferenztechnik richten muß.

Psychologische Grundlagen 2 Um das Wissen über das produktive Denken ist es nicht allzu gut bestellt. Es liegen zwar eine Menge psychologischer Untersuchungen vor, aber bei allen Problemen, die sich um Denken, Bewußtsein und Sprache drehen, ist die Krux, daß sie genau die Mittel darstellen, die man beschreiben, analysieren, sich vorstellen will. So bleibt das Problem der Kreativität eine Art Black Box: Man gibt in diesen "Kasten" etwas hinein - Diskussionstechniken, heuristische Methoden - und hofft auf ein bestimmtes Verhalten als Ergebnis dieses Inputs, ohne zu wissen, was genau in ihm vorgeht.

1 Entnommen aus: F. Neske, PR-Management, Gernsbach 1977. 2

VgI. F. Süllwold, Bedingungen und Gesetzmäßigkeiten des Problemlösungsverhaltens, in: C. F. Graumann (Hrsg.), Denken, Köln-Berlin 1971.

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Es gibt aber einige grundsätzliche Faktoren, die das Verhalten beim Problemlösen kennzeichnen: Umstrukturierungen: Angesichts des Problemdrucks bekommt ein Gegenstand neue Aspekte. Charakteristika, Eigenschaften, Funktionen, V~rwendungsmöglichkeiten werden sichtbar, die früher überhaupt nicht oder nur am Rande wahrgenommen wurden. Es kommt zu den typischen "Aha-Erlebnissen". Komplexe Probleme werden im allgemeinen durch verschiedene Stadien der Umstrukturierung gelöst. Um etwas umstrukturieren zu können, muß man zunächst die Struktur erkennen. Dann lassen sich heuristische Methoden - Methoden, um Wege zur Problem lösung zu finden - einsetzen: die Situationsanalyse mit der Materialanalyse und der Konfliktanalyse ("Warum geht es eigentlich nicht?" "Was ist der Grund des Konflikts? ") sowie der Zielanalyse ("Was ist eigentlich genau gefordert? "). Einstellungen: Eine Erfahrung, die aus dem Alltag geläufig ist, wurde auch durch die Psychologie erhärtet: die Routineblindheit. Werden Probleme öfter mit den gleichen Methoden gelöst, so kann dies zu einer Mechanisierung des Verhaltens und zur Blindheit gegenüber möglichen effizienten Lösungsweisen eines speziellen Problems führen. Die früheren Erfahrungen mit Lösungswegen können zu Rigidität führen und die notwendige Flexibilität einschränken. Diese Fähigkeit, seine Einstellung zu wechseln, flexibel zu sein, stereotype Ansätze zu überwinden, scheint eine Bedingung für kreatives Problemlösen zu sein. Motivation und Emotion: Ein besonders wichtiger Aspekt; denn wie soll eine Organisation oder Institution in Wort, Schrift und Aktion wirkungsvoll nach außen und innen vertreten werden können, wenn keine Identifikation, keine Begeisterung, kein Engagement vorhanden ist? Es hat sich gezeigt, daß Probleme intensiver behandelt werden, wenn sie den Interessen des Problemlösers entsprechen, als wenn sie neutral und unpersönlich sind. Auf der anderen Seite ist auch beobachtbar, daß durch starke Emotionalisierung Vorurteile und Fixierungen geförd