Engelbrecht

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Sonthofen ...
Dorspiel. ...
1. Aufzug. ...
2. Aufzug. ...
3. Aufzug. ...
4. Aufzug. ...
5. Aufzug. ...

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PT 2642 Tr82 E5 UC-NRLF

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75

191

6 PB

Engelbrecht

Sin bäuerliches Trauerspiel in fünf Aufzügen von

Thilo von Trotha

Zentralverlag der NSDAP. Franz Gher Nachf. GmbH.

Engelbrecht

Ein bäuerliches Trauerſpiel in fünf Aufzügen

von

Thilo von Trotha

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Zentralverlag der NSDAP. Franz Eher Nachf. 6.m.b.H. München-Berlin

Ordensburg

Sonthofen

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/ 175

Alle Rechte vorbehalten. Den Bühnen gegenüber als Manuskrip gedruckt. Das Recht zur bühnenmäßigen Aufführung einschließlid der Film und Rundfunkrechte und des öffentlichen Vortrags if allein zu erwerben durch : den Deutſchen Bühnenverlag der NSDAP Berlin SW68, Zimmerstraße 88

PT2642 Tr82E5

Reichsleiter " Alfred Rosenberg in dankbarer

Verehrung

zu geeignet

T

Spieler: Engelbrecht Ragnhild, seine Frau Göran, sein Schwiegervater Erik Pukete Olof Spar Engelbrechts Unterführer } Der Erzbischof Der Bischof von Linköping Ein Prälat Karl Knutsson Bonde Der alte Sparre , Schwedische Dater Olof Sparres Edelleute Natt och Dag Graf Trolle , Sprecher des Adels Der Sprecher der Bürger Margareta, Königin von Dänemark Schweden und Norwegen Der Beichtiger Margaretas Jösse Erikson , dänischer Dogt in Dalarna Bauern, Fischer, Ritter, Höflinge, Geistliche, Bürger, Soldaten, Boten. Die Handlung spielt um die Mitte des 15. Jahrhunderts.

3ur Aussprache der Namen: Göran sprich Jöran , Natt och Dag ſprich Natt

Dag ,

Karl Knutsson Bonde ſprich Bunde , Måns ſprich Mons , Linköping sprich Linchöping. Alle im Stück enthaltenen schwedischen Namen werden auf der ersten Silbe betont, ausgenommen Uppſála.

Dorspiel. (Eine Fischerhütte auf Alsen. Der Fischer, ſeine junge Frau, Kinder.) Frau : Jens, hast Du gehört, was die Leute erzählen? Sie sagen, auf dem Festland ginge die Pest um. Fischer : Kann ſchon ſein. Frau: Gott sei Dank sind wir weit ab. (Es klopft.) Fischer : Wer klopft? Stimme : Oeffnen ! Im Namen Ihrer Majestät ! Frau: Der Dogt!

Stimme: Oeffnen ! Sofort öffnen ! Fischer : So eilig sind's die Alsner Fischer nicht gewöhnt! (Geht und öffnet.) (Hofleute, unter ihnen der Beichtvater der Königin, tragen die halb ohnmächtige Margareta herein. Die Fischerfrau nähert sich der Kranken und fährt mit einem Aufschrei zurück.) Ein Ritter : Still! Frau : Die Kinder! Ritter : Wißt Ihr nicht, wen Ihr in Eurer -- Ihre Majestät, die schmutzigen Hütte bergt? Königin von Dänemark, Schweden und . . .

Margareta : Nicht so ! Sie hat recht. Stelle Du Dich vor Deine Küken, Glucke, und spreize Deine Flügel! Ich weiß, was es heißt, ein Kind zu ver- Herr Lars ! lieren. Ein Höfling : Majestät !

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Margareta : Sorgt, daß der Fischer und seine Frau und die Kinder zu Nachbarn kommen . Dielleicht werden sie verschont. Laßt die Nachbarn vorher räumen . Trefft alle Dorsichtsmaßnahmen ! (3um Fischer) : Wie heißt Du? Fischer : Jens Knudsen. Margareta : Ich hoffe, der Besuch Deiner Königin bringt Dir kein Unglück. (3ur Frau) : Wie heißt Du? Frau : Grete, Frau Königin. - Grete, bring' Deine Margareta : So wie ich. Kinder vorsichtig heraus, daß sie keinen von uns berühren. Ein Kind : Mutter, was hat die fremde Frau? Frau : Still, Hänschen ! (Der Fischer, seine Frau und die Kinder ab.) Ein Ritter (leise) : Wie auffässig das Dolk hier ist! Als ob jeden Tag Margareta : Ich höre noch, Herr Knud ! Unser Dolk ist nicht auffässig. Unser Dolk liebt uns ! (Sie macht ein Zeichen zu ihrem Beichtiger hin.) Beichtiger : Meine Herren, ich muß bitten, Ihre Majestät allein zu laſſen. Gefolge : Der Himmel schüße Ihre Majestät. (Ab.) Margareta : Oh, wie das brennt ! Wie das höllische Feuer ! 11 Kaplan, was habt Ihr zulezt von Schweden gehört? Beichtiger : Die Majestät ſollte jezt an die Ewigkeit denken, nicht an Schweden! Die Majestät vergißt, daß ich Beichtvater bin, nicht Kanzler ! Margareta : Jezt brauche ich einen Kanzler! Beichtiger : Die Majestät hat im Leben so viel an Gott und die ewige Seligkeit gedacht, und nun, wo diese Gedanken näher liegen als je, will sie nicht auf Ihren Beichtiger hören ?

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Margareta : Im Leben hatte ich Zeit, an die Kirche zu denken. Jezt habe ich keine Zeit. Wer ſagt mir, was geschieht, wenn ich fort bin? Ich will mit Euch über Schweden sprechen, nicht über die ewige Seligkeit ! Ich befehle, daß Ihr mit mir über Schweden sprecht ! Hört zu, bringt meinem Neffen Erik mein Dermächtnis. Sagt ihm — oh, ich friere so, gebt mir doch eine Decke, eine Decke ! - sagt ihm, er solle vor allem auf Schweden achten . Die Bauern dort richtig anfassen. Nichts mit Gewalt tun, alles mit scheinbarer Güte. Ihr wißt, die wildesten Hengste werden am besten von Frauen geritten. Eine weiche Hand zeigen. Diel versprechen. Sie sind leichtgläubig. Aber nicht allzuviel halten ! Den Schein größter Selbständigkeit laſſen. Nicht prunkvoll auftreten . — Hört Ihr? Beichtiger : Ja, Majestät. Margareta : Er soll vorsichtig sein mit den Steuern. Mit der richtigen Anwendung der Steuern steht und fällt der Thron. Sagt ihm das! Beichtiger : Ja, Majestät. Margareta : So , das ist es ! . . . Ich muß an meine Kindheit denken : Als ich ein kleines Mädchen war, nahm mich mein Dater manchmal auf die Knie und sagte : Daß Du kein Junge bist! Aber Glück hatte ich jedenfalls wie wenige Männer meines Geschlechts. Beichtiger : Majestät Margareta : Ich weiß, Ihr wollt sagen, das seien weltliche Gedanken. Aber ob Gott nicht alle Gedanken gleich lieb sind , wenn es nur gute Gedanken sind? Ich glaube es. - (Sie bekommt einen Schwächeanfall . Der Kaplan ist um sie bemüht .) Margareta allein !

(wieder

erwachend) :

Laßt

mich jezt

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Beichtiger : Majestät, Ihr seid krank! Margareta : Ich möchte allein bleiben ! Beichtiger : fiebert !

Ihr

habt

nicht

gebeichtet,

Ihr

Margareta : Ich habe Euch hundertmal gebeichtet. Ich habe nichts Neues zu sagen. Auch nichts für die Regierung. Meine Gedanken verwirren sich. Beichtiger : Ich darf Euch jezt nicht verlaſſen, Majestät ! Margareta : Bin ich noch Königin der drei Reiche? Geht, ich befehle Euch! Ich bin allein durchs Leben gegangen, ich will allein sterben. Derzeiht, die Pest entstellt so . Ihr könnt mir doch nicht mehr helfen. Wenn mein Gesicht schwarz ist, mögt Ihr wiederkommen, wenn Ihr Eure Königin so im Gedächtnis behalten wollt. Beichtiger : Meine Königin , wie könnte ich jezt gehen! Margareta : Die Königin bittet . Nicht meine Hand küſſen, Lieber. Ich danke Euch für Eure Treue. Geht. Beichtiger : Gott gebe Euch Frieden ! (Ab.) Margareta (allein) : Nun stirbt mein Geschlecht. Wir haben wohl lange genug geherrscht in dieſem Lande. Die Sonne ist hinunter. Es scheint Wind aufzukommen. Mein dänischer Seewind, durch mein ganzes Leben warst Du mein Gefährte. Du ſauſteſt um den Turm, in dem ich als Kind schlief. Du gabst mir das Geleit, so oft ich über den Belt fuhr. Willst Du jezt meine Seele mitnehmen auf Deinen starken Flügeln? Willst Du sie wie eine Feder hinwehen vor Gottes Thron?

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Ich sehe kaum mehr. Ich höre nur noch Dich, Du dänischer Seewind . Du wirst stärker und stärker. Oh welch ein Sturm ! Nimmst Du die Hütte auf Deine starken Flügel ? Liegt nicht weit unten mein geliebtes Land? Sonne, Sterne, wir sausen an ihnen vorbei. Kleiner — kleiner, ferner — ferner. Fliege, mein dänischer Seewind, fliege ! (Stirbt. )

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1. Aufzug. 1. Auftritt. (Dalarna. Freier Plaß in der Nähe der Burg von Borganäs. Bauern, darunter Göran Anderſſon und Erik Puke. Im Hintergrunde Engelbrecht. ) Göran Andersson : Jezt warte ich den halben Tag hier. Wenn es so weiter geht, wachse ich noch an die Erde an. 1. Bauer : Er soll noch nicht da ſein. 2. Bauer : Ich warte schon seit gestern früh. Erik Puke : Treibt sich wohl wieder mit Weibern herum. Göran Hast Du schon gehört : Neulich hat der Dogt auf dem Markt die Tochter von Olof aus Björkdalen gesehen. Bei Nacht haben sie das Mädel geholt. 3. Bauer : Derfluchter Schinder ! 2. Bauer : Dorsicht ! Puke : Wo ist sie jezt? Göran

Auf der Burg bei ihm.

Engelbrecht (vortretend) : So wird es allen Euren Töchtern gehen. Ich rate Euch : Bemalt Euren Mädels die Gesichter mit Ruß und laßt sie ihren blanken Hals verbergen, so wie andere ihren Buckel zu verstecken suchen! 2. Bauer : Dorsicht! Er ist ein Städtischer! Engelbrecht : Was wollt Ihr beim Dogt? Göran : Klagen, Meister Engelbrecht.

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Engelbrecht : Dann geht lieber nach Hauſe. 2. Bauer : Jhr seht, er hält's mit Jösse Erikson ! Engelbrecht : Jösse Erikson hat keine Zeit für Euch.

Puke : Woher weißt Du das? Engelbrecht : Das weiß jedes Kind . Er hat viel zu tun. Puke : Auf der Mädchenjagd ? Engelbrecht : Ganz richtig. Es freut mich, daß Du es so offen ſagſt. 2. Bauer : Es wäre besser, Du hieltest Dein Maul. Er stellt Dir Fallen. Alle Stadtleute halten es mit Jösse Erikson. Puke : Ich will aber nicht mehr ſtill ſein ! Engelbrecht : Daran tuſt Du recht. Puke : Ich will klagen! Alle Bauern : Wir alle wollen klagen ! Engelbrecht : Gegen wen wollt Ihr klagen? 3. Bauer : Gegen die Knechte von Jösse Erikſon. Engelbrecht : Was haben die Euch denn getan? Puke : Das müßteſt Du wohl auch wissen, Engelbrecht. Engelbrecht : Die Knechte tun doch nichts, was ihnen nicht erlaubt ist? 2. Bauer : Ja, aber der Herr Dogt Engelbrecht : Der Herr Dogt, der Herr Dogt ! Wie der Herr so der Knecht ! Sprecht es doch offen aus, Männer!

3. Bauer : Was sollen wir aussprechen? Engelbrecht : Daß der Vogt schuld ist . Wäre er ein guter Dogt, geschähen solche Dinge nicht — und andere auch nicht. Sagtet Ihr nicht selbst vorhin, er habe einem Eurer Nachbarn die Tochter geraubt und verführt? 11

Göran

Natürlich hat er das getan.

Engelbrecht : Aber wenn es der hohe Herr Dogt ſelbſt tut, so ist es kein Verbrechen mehr? Wenn meine Bergleute raubten und stöhlen, würdet Ihr dann nicht sagen : Der Engelbrecht ist schuld? Und wenn ich selbst mitraubte, würdet Ihr dann sagen: Nein, er ist nicht schuld, denn er ist Bergmeister der Krone -? Göran

Das ist nicht übel gesagt.

Engelbrecht : Wer ist denn Jösse Erikson? Eines Bauern Sproß wie Ihr und ich. 1. Bauer Eines Bauern Sohn sollte mehr Derstand für die Bauern haben. Engelbrecht : Das meine ich auch. Aber er ist ja auch nicht von Dalarna und nicht von Schweden. Göran

Er versteht unsere Sprache kaum.

Engelbrecht : Der König in Kopenhagen hat versprochen, daß seine Dögte bei uns auch aus unserem Lande stammen sollten. Göran Mich dünkt, Du hast ein Gefühl für den Bauern, ob Du gleich ein Werkmeister bist. Engelbrecht : Es ist Eure Sache, wie Ihr die Rechte Eures Standes wahrt. Ich finde nur, daß Ihr sie besser verteidigen könntet. Göran : Wir brauchen wohl einen, der uns darin anführt. Engelbrecht : Das ist wahr. Den müßt Ihr finden. Ich wünsche es Euch von Herzen , daß Ihr ihn findet. (Der Dogt Jösse Erikson tritt mit zwei Begleitern auf. Sie sind halb betrunken und zerren Ragnhild mit sich.) Göran Ragnhild ! (Stürzt auf Jösse zu.) Jösse (zu den Soldaten) : Haltet den Alten zurück ! Still, Mädel! Ragnhild : Laßt mich frei ! 12

Göran : Gebt meine Tochter heraus ! Meine Tochter ist keine Dänenhure ! (Tumult.) Jösse : Schlagt die Bande auseinander ! Derfluchte Brut ! Komm, Mädel, komm, Du Kraßbürſte! Engelbrecht (wirft sich dazwischen) : Halt ! (Die Bauern drängen sich um ihn.)

Jösse : Na? Engelbrecht : Halt, sage ich! Wenn hier niemand das Recht dieser Leute vertritt, so tue ich das ! Herr Jösse Erikſon , gebt dieſes Mädchen frei ! Jösse : Was ? Biſt Du verrückt ? Ich muß lachen. Ein Bergmeister will für die Bauern sprechen und dann noch verlangen, daß Jösse Erikson ein Mädchen frei gibt, das ihm gefällt? Ihr seid doch der Bergmeister Engelbrecht, nicht wahr? Engelbrecht : Ja. Jösse : Eigentlich sollte ich Dich sofort in den Turm stecken lassen. Aber mir steht die Laune ſo , Dich - belustigend zu finden, mein Freund. Wollt Ihr mich jetzt gutwillig durchlaſſen ? Bauern wollen weichen.)

(Die

Engelbrecht : Laßt Ihn nicht durch, Bauern ! Und wenn er ein paar von uns niederschlägt, um so besser! Dann hört es der König in Kopenhagen, und Herr Jösse Erikſon wird die längste Zeit Dogt gewesen sein. Jösse : Nehmt den Burschen fest ! Engelbrecht : Entwaffnet den Dogt ! (Es geſchieht.) Herr Dogt, ich rate Euch, still zu sein. Ihr seid in unserer Hand. Bis Eure Knechte aus der Burg kommen, habt Ihr schon ein paar Meſſer im Leibe! (3u Göran): Nimm Deine Tochter, Bauer. Herr Dogt, Ihr werdet die Mädchenjagd künftig unterlassen! 13

Der Gehorsam gegenüber dem König gebietet, Euch jest wieder frei zu laſſen. Ihr wißt nun, wie Jhr Euch gegen schwedische Bauern verhalten müßt. Hier Euer Schwert, Herr, Jhr seid frei. (Der Dogt und seine Begleiter werden freigegeben.) Jösse (im Abgehen) : Wir sprechen uns wieder ! Engelbrecht : Bei König Erik ! Jösse : Der Weg bis Kopenhagen ist weit. Engelbrecht : weiter gelangt.

Schwedische

Zähigkeit

ist schon

Jösse : Mit Euch werde ich schon noch fertig. Und ein dänischer Dogt gilt beim König von Dänemark noch immer mehr als tausend Dreckbauern von Dalarna ! (Ab. Die Bauern drängen sich um Engelbrecht.) Göran Meister Engelbrecht, meine Tochter will Dir danken . Komm, komm, Ragnhild ! Ragnhild (vor Engelbrecht) : Danke.

Göran Hast Du Meister Engelbrecht nicht mehr zu sagen? Ragnhild : Nein. Er hat nur getan, was Mannespflicht ist. Ich habe ihm nichts zu danken. Ich schäme mich nur, daß Ihr es nicht getan habt. (Unwillen unter den Bauern.) 1. Bauer : Deine Tochter redet hochfahrend , Göran Andersson ! Engelbrecht : Laßt das Mädchen . was sie meint.

Ich verstehe,

Ragnhild : Du verstehst, was ich meine? Ich glaube es nicht ganz. Laßt mich mit diesem Mann allein sprechen ! Göran Du führst Dich immer sonderbarer auf! Ragnhild (zu Engelbrecht) : Wenn Ihr nicht wollt, dann laßt es bleiben. Ich kann es auch für mich behalten.

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Engelbrecht : Was? Ragnhild : Das, was ich Euch allein sagen würde. Engelbrecht : Laßt dem Mädchen seinen Willen. Göran Als ob sie den nicht schon immer hinreichend bekommen hätte! (3u Ragnhild :) Wir erwarten Dich bei der Schmiede. (Bauern ab.) Ragnhild : Was bist Du für ein Mann? Engelbrecht : Du fragſt wunderlich. ein Mann ! Ragnhild : Du bist Engelbrecht : Das will ich meinen. Ragnhild : Und Du kannſt d as anſehen? Engelbrecht : Was? Ragnhild : Du fragst noch? Engelbrecht : Was ansehen? Ragnhild : All die Schande ! Engelbrecht : angesehen.

Ich habe sie ja nicht nur mit

Ragnhild : Doch. Engelbrecht : Ich verstehe nicht, was Du meinſt. Ragnhild : Glaubſt Du , wenn Du è in ma l handelst, ist uns geholfen? Engelbrecht : Ich? Ragnhild : Ja, Du. Engelbrecht : Was meinſt Du denn, was ich tun soll? Ragnhild : Du fragſt mich ? Engelbrecht : Ja. Ragnhild : Schämst Du Dich Mädchen, so zu fragen?

nicht,

mich,

ein

Engelbrecht : Warum schmähſt Du mich? Ragnhild : Ich schmähe Dich noch hundertfach mehr als die andern !

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Die andern sind klein, sind eng, sind feige, ſind selbstsüchtig. Keiner hat den Mut, den Anfang zu machen. Aber man würde es ihnen vielleicht vergeben könnte !

wenn man Männern Schwäche vergeben

Aber, daß Du, der Du all das hast, was ihnen fehlt, beiseite stehst, das ist eine große Schande ! Engelbrecht : Ich habe Euch doch geholfen. Ragnhild : Ja, ein Mal . Aber hast Du vor, es auch weiter zu tun? Willst Du Dich auch weiter dieser Unterdrückten annehmen, die einer leitenden Hand bedürfen? Jedes Tier, das stärker ist als die anderen, setzt sich an die Spitze seines Rudels und führt es durch die Gefahr. Der Mensch aber steht beiseite, für sich, eigensüchtig , und nur, wenn ihn die Laune ankommt, tut er einmal etwas für die andern. Willst Du weiter so beiseite stehen? Engelbrecht : Noch nie hat solche Dinge gesagt.

mir

ein Mensch

Du Ragnhild : Hätte man sie Dir eher gesagt hättest mich heute nicht aus den Klauen dieses Schinders retten brauchen ! Engelbrecht : Ich gehöre nicht zu Euch, Mädchen. Ragnhild : So , Du gehörſt nicht zu uns ? war denn Dein Vater?

Was

Engelbrecht : Bauer. Ragnhild : Und Deine Mutter? war sie?

Wessen Tochter

Engelbrecht : Meine Mutter war eines Bauern Tochter. Ragnhild : Ich fühlte es.

Was bist Du also ?

Engelbrecht : Eigentlich wohl ein Bau e r. Ragnhild : 3ieht es Dich nicht dorthin zurück, woher Du kommst? Sieh, überall um Dich, soweit unser Dalarna reicht, sind nur Bauern. Engel-

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brecht, die geknechtete Scholle stöhnt die ganze Nacht und ruft nach dem Befreier! Engelbrecht : Ich liebe meine Arbeit. Laßt Bauern den Bauer führen. Mich bindet nicht so vieles mehr an die Scholle wie Euch. Ragnhild : Engelbrecht! Engelbrecht : Aber wenn Du Ragnhild : Engelbrecht Engelbrecht : Wenn Du mich lieb haben willst Ragnhild : Versprich mir, daß Du unsere Bauern führst. Dann verspreche ich Dir auch etwas ! Engelbrecht : Ich werde Euch führen! Ragnhild : Und ich werde Dich lieb haben.

2. Auftritt. (Hof in Dalarna. Göran, Ragnhild, Puke, Engelbrecht, Bauern.) Göran

Kommt Dein Mann?

Ragnhild : Er bringt noch das Pferd in den Stall. Göran Wozu ist denn der Knecht da? Ragnhild : Er tut es immer selbst. Engelbrecht (tritt ein). Göran Was bringst Du?

Engelbrecht : Nichts. Göran Das ist nicht viel, Sohn. Engelbrecht : Jöſſe Erikſon bleibt. Der König wies mich im 3orn fort. Er verstand nicht, um was es uns zu tun ist. (Erregung bei den Bauern.) „ Die Bauern klagen immer “, meinte er. Da ging ich. Ein Bauer : Und was nun ? 2

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Puke : Wir schaffen.

müssen Jösse Erikson selbst

weg-

Alle : Weg mit Jöſſe Erikson ! Göran : Soll nur die Hand gestraft werden, nicht aber der Kopf, der ihr Befehle gibt? Wenn wir jezt ein en Jösse Erikson wegjagen, kommen drei wieder.

Der König muß weg! Ein Bauer : König Erik? Göran

Sehen wir den König ab !

Ein Bauer : Wir sollen den König absetzen, der von Gott bestimmt iſt? Puke : Schon vor ihm stürzten Könige. Engelbrecht : Mag sein, daß der König weg muß. Aber, Bauern, welch ein kindischer Gedanke : Wir kleines Häuflein hier- und Kopenhagen, die drei Reiche, die Ritterheere ! Ragnhild : Du weißt, daß Du es vermagſt ! Engelbrecht : Wir dürfen keine Aufrührer ſein. Puke : Aufrührer? Welches Recht ist älter : Fürstenrecht oder Bauernrecht? Die Bauern können ohne Fürſten leben, aber nicht die Fürsten ohne Bauern ! Ein Bauer : Mich dünkt reichlich gefährlich, was da gesagt wird ! Andere : Uns auch. Göran

Wer von Euch weiß etwas Besseres?

Engelbrecht (halb für sich) : Es ist wahr, ein Schritt muß dem anderen folgen. So gehen wir Schritt für Schritt, immer weiter. Bauern! Wir haben den Weg der Freiheit be-

schritten, uns bleibt keine Wahl, als ihn weiterzugehen oder das alte Joch wieder auf uns zu nehmen. Bauern, Ihr steht am Kreuzweg ! Wollt Ihr weitergehen, so seid Euch klar, daß Ihr vielleicht alles drangeben müßt, Hof und Frau und Kinder . 18

Wollt Ihr das tun um der Freiheit willen, dann werde ich Euch führen. Dünkt Euch das aber zu hoch bezahlt, so müßt Ihr den anderen Weg gehen und mit Jösse Erikson Frieden ſchließen. Dann allerdings ist es das beste, Ihr liefert mich an Jöſſe aus, denn sonst bekommt Ihr den Frieden nicht. (Bewegung unter den Bauern.) Laßt mich weiter reden! Ueberlegt Euch genau, fragt Kopf wie Herz , ehe Ihr entscheidet! Ein Bauer : Jösse Erikson hat natürlich große Macht. Einige andere : Er kann uns alle Puke : Wollt Ihr den Engelbrecht dem dänischen Schinder ausliefern?

Ein Bauer : Das nicht, aber wir müssen vorsichtig sein. Engelbrecht : Gut. Mein Weg liegt klar, Bauern . Wer nicht mit mir will , soll wegbleiben. Folgt mir ! (Alle ab bis auf Ragnhild.) Ragnhild (allein) : Jezt bist Du gegangen. Aber

Dein Weg führt nicht nur nach Borganäs. Er führt weiter, ich weiß es. Herr Gott, der Du mir die Kraft gabſt, ihn zu erwecken, gib mir die Stärke, auch weiter mit ihm zu gehen!

2*

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2. Aufzug. 1. Auftritt. (Westergötland, vor dem Zelt Engelbrechts. Olof Sparre tritt auf, einige Bauern mit ihm.) Sparre : Gebt Raum, laßt mich zu ihm hinein ! Ein Bauer : Ritter und Adlige haben bei unſerem Feldherrn nichts zu suchen. Sparre : Ich muß ihn sprechen, ich muß es! Anderer Bauer : Seid vorsichtig, sag' ich! Sparre : Untersucht mich doch auf Waffen . verwahrt das ! (Wirft Schwert und Dolch weg.)

Hier,

Puke (auftretend) : Was ist das hier für ein Lärm? — Ein Ritter? Was verschafft uns diese Auszeichnung? Sparre : Ich möchte Engelbrecht Engelbrechtsson sprechen! Puke : Ihr könnt ebensogut mit mir sprechen. Sparre : Das würde ein schönes Regiment geben hier im Lande, wenn Engelbrecht Herrscher wäre und Ihr schlößt ihn so von seinen Untertanen ab wie mich jetzt. Bin ich schlechter als irgendeiner von Euch Bauern, die Ihr ihn dauernd ſeht und sprecht? Puke

Ihr meint wahrscheinlich, Ihr wäret beſſer !

Sparre : Schämen solltet Ihr Euch, so von jedem zu denken, der ein Adelswappen trägt. Sind wir nicht eines Stammes mit Euch? Glaubt Ihr, da-

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durch befreit Ihr das Land, daß der Adel den Bauern und der Bauer den Adel verachtet? Thr werdet Eurem Feldherrn wenig nüßen mit solcher Gesinnung. Puke : Ich glaube ihm mehr zu nüßen, wenn ich einem so losen Mundwerk wie dem Deinen etwas Härteres zu beißen gebe, als ich bin! Nehmt ihn fest. Dielleicht kann er eine gute Geisel für uns sein. Engelbrecht (tritt aus dem Zelt) : Was geht hier vor? Puke : Wir haben diesen Herrn festgenommen. Er könnte Dir nach dem Leben stellen. Engelbrecht : Ich habe Euer Gespräch genau im 3elt gehört. Ihr spracht laut genug. Du irrst, wenn Du annimmst, ich sei nur allein für Euch zu sprechen. Ich bin für jeden Schweden da, verstehst Du? Puke : Die Ritter sind alle dänisch gesonnen ! Engelbrecht : Schwedische Däter und Mütter haben auch sie gezeugt und geboren. (3u Sparre) : Wie heißt Du? Sparre : Olof Bengtsson Sparre. Engelbrecht : Was willst Du von mir? Sparre : Dich sehen.

Puke : Könnte er nicht bis Dadstena warten?

zum Reichstag

von

Engelbrecht : Ich spreche mit dieſem Mann . Wer hat Dich gesandt? Sparre : Ich selbst. Engelbrecht : Warum kommst Du? Sparre : Dich zu sehen. Engelbrecht : Nur mich zu sehen? Sparre : Ich weiß nicht, wie ich es sonst nennen soll. 21

Engelbrecht : Und nun? Sparre : Jezt habe ich Dich gesehen. Puke (halblaut) : Er führt etwas anderes im Schilde ! Engelbrecht (zu Puke) : Laßt uns allein sprechen. Puke : Du mußt es wiſſen ! (Ab.) Engelbrecht : Was hast Du mir zu sagen? Sparre : Deinen Namen möchte ich sagen : Engelbrecht ! Engelbrecht : Seltsam . Sparre : Seit Du vor einigen Monden Borganäs erobertest, habe ich Deinen Siegeszug verfolgt und wollte Dich sehen.

Deine Wachen wollten mich nicht durchlassen. Dein Unterführer wollte mich gefangen sezen. Warum ist es so schwer, zu Dir zu gelangen, wenn man sich solange danach gesehnt hat? Engelbrecht : Du bist jung, Erik Sparre. Sparre : Ja, ich bin jung . Aber Du weißt, ich komme aus einem angesehenen Haus. Ich bin viel gereist. Ich kenne den ganzen Adel Schwedens. Alle gingen bei meinem Vater ein und aus. Du kommst morgen nach Dadstena, die Stände erwarten Dich dort. Ich kenne sie alle, die dort sein werden. Ihr aber kennt sie nicht so, wie sie sind. Ihr konntet in der Schlacht siegen, aber die feinen Fäden, die Spinnenneke der Prälaten und Edlen kennt Ihr noch nicht. Euer Kampf ging zu kurz und zu schnell, als daß Ihr Euch auch in dieser Kunst hättet üben können. Hütet Euch, daß nicht das, was Ihr auf dem Schlachtfelde gewannt, Euch im Ratssaal wieder abgelistet wird ! Engelbrecht : Ich verstehe, was Du meinst. Jedoch ganz unrecht hatte mein Unterführer Erik Puke eben doch nicht : Ihr unterschäßt die Bauern gern. 22

Aber ich habe doch Dertrauen zu Dir, denn Dir kann man es ansehen, daß Du es ehrlich meinſt. — Sieh, unsere Stärke ist gerade die Einfachheit unserer Forderungen. Sparre : Aber wenn man Euch Eure Forderungen verweigert? Engelbrecht : So erfüllen wir sie uns selbst. Sparre : Das ſagſt Du mir so offen? Engelbrecht : Du warst ja auch offen zu mir. Sparre : Ich möchte in Deine Dienste treten. Engelbrecht : Weißt Du , daß Du dann von heute an bei den Deinen ausgestoßen bist? Sparre : Ja. Engelbrecht : Du weißt auch, daß ich Dich vielleicht gerade deshalb brauchen könnte und würde? Sparre : Ja. Engelbrecht : So wirst Du die Nacht in meinem Zelt bleiben und mir sagen, was Du weißt. Puke! Duke (tritt auf) . Engelbrecht : Erik Sparre verbringt die Nacht in meinem Quartier. Er wird auch in Zukunft hierbleiben. Ihr Keine Widerrede ! Ihr habt mich gewählt müßt jezt meine Befehle nehmen, wie sie sind. (Will gehen.) Puke : Engelbrecht, wir haben Dir noch jemand zu bringen. Es ist vielleicht gut, wenn der Junker dabei ist. Engelbrecht : Wen wollt Ihr bringen? Duke (ruft): Lennart ! Måns! (2 Soldaten bringen einen gefesselten Bauern herbei.) Engelbrecht : Ist das nicht Anders Erikson ? Ich dachte, der sei erschlagen. Puke: Wir fingen ihn mit den Dänen zusammen am Dättersee. 23

Engelbrecht : Derrat? Puke : Derrat um Geld. Engelbrecht (zu dem Bauer) : Hast Du uns verraten ? Bauer (schweigt). Engelbrecht : Ob Du uns verraten hast? Bauer (schweigt). Engelbrecht : Kann er nicht sprechen ? Puke : Doch. Engelbrecht : Alle waren treu bisher, alle, und Du bist hingegangen zum Dänen und haſt uns verraten wollen. Dein Hof wäre zerstört worden in Grund und Boden, wenn wir nicht gewesen wären, und der Feind wäre über Dich gekommen wie der Teufel Du aber nimmst Dänen-Geld ! Warum hast Du das getan? (Es kommen mehr Bauern herbei und sammeln sich um die Gruppe.)

Bauer (schweigt). Engelbrecht : Alle diese, die hier um Dich sind, haben ihr Blut gewagt auch für Dich und Du verrätst sie! All die schlaflosen Stunden, all die ruhelose Qual meines Werks, ich habe sie auch für Dich durchlitten, und Du verrätſt mich! Schweden hast Du verraten, Deine Mutter, die arm und geschändet am Boden liegt. Kein Waſſer der Welt kann die Flecken der Schmach von Dir waschen, nicht einmal Dein Blut! Stirb! (Der Bauer wird abgeführt.) Den Bären kann man im offenen Kampf bestehen und den wilden Stier. Aber das schleicht heran

wie Kreuzottern. Wir sehen es nicht und plößlich sticht es uns in den Fuß, und wir werden zerfreſſen von Gift und können uns nicht wehren! Wie kann man diese Sache überhaupt verraten? (Die Bauern drängen sich um ihn.) 24

1. Bauer : Er stirbt ja. verdient.

Ihm geschieht, wie er es

2. Bauer : Das Beispiel wird die andern abschrecken. 3. Bauer : Es hat immer Derräter gegeben. Engelbrecht : Bauern ! Ich gehöre Euch. Aber Ihr gehört auch zu mir. Wenn ich Euch je nicht treu sein sollte, so tut mir wie diesem da. Aber solange ich Euch führe, werde ich jeden vernichten, der die Treue zu unserer Sache bricht! Geht, und denkt an die Freiheit !

2. Auftritt. (Reichstag in Dadstena. Der Erzbischof von Uppsala, der Bischof von Linköping, Graf Trolle, Karl Knutsson Bonde, Natt och Dag, Sparre der Aeltere, Sprecher der Bürger, Edelleute, Geistliche und Bürger.) Linköping (zum Erzbischof) : Was habt Ihr für einen Eindruck von den Erfolgen dieses Engelbrecht? Erzbischof : Augenblicklich den, daß Macht Macht ist. Linköping : Ich meine, die Sache ist für uns doch nicht so sehr gefährlich, denn für den Augenblick könnte es fast ein Vorteil sein, wenn der König geschwächt würde. Erzbischof: Ich habe als junger Priester selbst einen Bauernaufstand in Deutschland miterlebt, mein Freund. Es ging dabei nicht einfach her für unſeren Stand. Und Ihr werdet wohl gehört haben, was die Aufstände bedeuten, die es jezt in Böhmen gegeben hat. Der erste Schritt heißt Bauernfreiheit , der zweite Keßerei . 25

Jedenfalls, was auch kommen sollte, wir dürfen die Derbindung mit Kopenhagen nicht abreißen laſſen. Linköping : Ich habe gute Freunde auf Seeland. Erzbischof : So haltet die Freundschaft weiter. Linköping : Ich meine aber, man sollte doch den Bauern jezt mit Nachdruck die Ueberlegenheit der Kirche zeigen. Erzbischof: Wir werden sehen, mein (Trolle und Karl Knutsſon treten dazu.)

Freund.

Trolle : Was erwartet die hohe Geistlichkeit? Erzbischof : Die notwendige Unterstüßung durch die weltlichen Mächte, Herr Reichsrat Trolle. Trolle : Ihr überſchäßt unser Dermögen. Dadstena ist völlig eingekreist von den Bauern . Hätte die Kirche unsere berechtigten Forderungen den Bauern gegenüber mehr berücksichtigt, so brauchten wir heute nicht in dieser Falle zu ſizen. Erzbischof : Haltet Ihr das Derlangen der Bauern, eingesessene Dögte zu haben, für unberechtigt? Hättet Ihr diese Forderung mehr berücksichtigt, so hättet Ihr uns allen die Falle erspart, Herr Trolle. Trolle : Wollt Ihr die Partei der Bauern nehmen ? Erzbischof : Dielleicht zeigen sie uns einmal ein gewiſſes Verständnis. Trolle : Das ist nicht Euer Ernſt! Erzbischof : Warum nicht ? Karl Knutsson : So wißt Ihr nicht, Herr Erzbischof, daß Bauernsturm und Keßerei dicht beieinander wohnen? Erzbischof : Knutsson !

Ein

richtiges

Wort,

Herr

Karl

Herold (tritt auf und ruft in den Saal) : Engelbrecht hat die Stadt betreten! 26

Trolle : hat er viel Gefolge? Herold : Ein paar Hundertschaften schwer bewaffneter Leute. (Herold ab.) Karl Knutsson : Ich muß den Mann sehen! (Geht ans Fenster und sieht hinaus.) Trolle (zum Erzbischof) : Standpunkt?

Ihr

bleibt

bei

Eurem

Erzbischof : Ihr kennt die berechtigten Forderungen, die die Kirche an den Adel stellt. Ich habe sie Euch oft genug aufgezählt. Trolle : Ich verspreche Euch auf mein Wort, allen Euren Wünschen entgegenzukommen. Erzbischof : Gut. Dann sind Eure Forderungen auch die unseren. Trolle : Ich danke Euch. (3um Sprecher der Bürgerschaft) : Wie steht es mit den Bürgern ? Sprecher der Bürger : Sie halten mit. Trolle : Der Reichsrat ist einig ! Karl Knutsson (am Fenster) : Er kommt! (Der Reichsrat nimmt in stummer Unruhe seine Pläge ein. Engelbrecht tritt ein, gefolgt von Göran, Puke, Sparre dem Jüngeren und bewaffneten Bauern .) --Engelbrecht : Hoher Reichsrat Trolle : Wollt Ihr nicht Eure Waffen ablegen? Engelbrecht : Nein , Herr . Ich werde die Waffen erst dann ablegen, wenn unser Land frei iſt. Trolle : Was wollt Ihr von uns?

Engelbrecht : Wir bitten um Eure Zustimmung zu unseren bisherigen Handlungen . Puke (halblaut) : Bitten?

Trolle : Was nennt Ihr Eure bisherigen Handlungen? 27

Engelbrecht : Die Vertreibung der dänischen Dögte. Trolle : Es war gewiß ein Fehler schon der seligen Königin Margareta, unseren verbrieften Rechten auf eingeborene schwedische Dögte nicht stattzugeben. Es freut uns, gute Leute, daß Ihr hierin die gleiche Ueberzeugung zeigt wie unser Reichsrat. Nur diese gewaltsame Form gefällt uns auf die Dauer nicht. Wir sind der Ansicht, Ihr tätet am besten, wieder an Eure Arbeit zu gehen. Wir werden dem König vor Augen halten, welche Unruhe und Mißstimmung seine Dögte hervorgerufen haben. Der König wird dann schon nachgeben. Engelbrecht : Was sollen wir tun ? Trolle zurück.

3erstreut

Euch.

Geht

auf

Eure Höfe

Engelbrecht : Bin ich hier im schwedischen Reichsrat?

Trolle : Gewiß. Engelbrecht : Nach Hause gehen? Jhr die Verhandlungen weiterführen? Wir wollen keine Verhandlungen ! Trolle : Dergeßt nicht, daß Ihr hier vor der höchsten Stelle des Landes steht. Der Reichsrat vertritt den König !

Natt och Dag : Wer hat Euch überhaupt aufgefordert, die Dögte zu verjagen und die Burgen zu plündern wie Räuber? Engelbrecht : Wer war es, der das ſprach? Natt och Dag : Ein Edelmann ! (Erregung unter den Bauern.) Engelbrecht : Ein Edelmann? Ein Schuft ! (Beide ziehen, Engelbrecht schlägt Natt och Dag blizschnell die Waffe aus der Hand und schlägt ihn mit der flachen Klinge über den Rücken.) Erzbischof : Bei Gott, meine Herren, Streit im Reichsrat ! Es ist eine Schande!

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Mattoch Dag (von anderen zurückgehalten) : Ich lasse mich nicht von einem Bauernlümmel schlagen ! Puke: Bauernlümmel ? Haufen !

Haut den Kerl über den

Linköping : Glaubt Ihr, auf diese Weise Schweden zu befreien? Sparre d. Jüngere : Der Herr Bischof von Linköping weiß gewiß am besten, wie Schweden zu befreien ist : er bekommt genug Dänengeld , um sich ein gutes Leben zu schaffen! Sparre d . Aeltere : Mein Sohn, Du bei den Bauern? Sparred. Jüngere : Ich bei den Schweden ! Dater, Du nicht? (Alles hält inne.) Sparred . Aeltere : Hierher zu uns gehörſt Du ! Sparred. Jüngere : 3u Euch? Jhr?

Wer seid denn

Sparred. Aeltere : Das fragst Du noch in Deiner Pflichtvergessenheit? Ich frage Dich : Wer bist Du? Sparre d. Jüngere : Bäuerin Sohn !

Dein Sproß

und

einer

Sparre d . Aeltere : Diese Schande ! Puke : So dürfte mein Vater nicht mit mir ſprechen! Linköping : Das ist Derrat, gemeiner Derrat ! Engelbrecht (zu Puke) : Nehmt den Bischof fest und den Herrn, der vorhin die Bauern schmähte. Laßt Sparres Dater unbehelligt. Wir werden aber den Herrn Bischof und den Herrn Junker augenblicklich zum Fenster hinauswerfen Lassen, wenn jezt nicht Ruhe eintritt. Dann können die Herren mit meinen Bauern unten nähere Bekanntschaft schließen ! Ich frage Euch, Herren, warum empfangt Ihr mich als Feind ? 29

Trolle : Eine wunderliche Frage ! nicht eben wie Feinde behandelt?

Habt Ihr uns

Engelbrecht : Oh nein . Wir sind zwar nur Bauern . Aber der Bauer ist gleichfalls höfisch, wenn man ihn artig bewillkommnet. Ich dachte, hier im schwedischen Reichsrat mit offenen Armen aufgenommen zu werden, da ich als Schwede komme. Es sieht aber so aus, als verstände man die d än i s ch e Mundart hier beſſer als die schwedische . Ich kam hierher in dem Glauben, wenigstens mit Klugheit aufgenommen zu werden. Stattdeſſen ſchmäht man mich und mein Gefolge, obgleich man doch weiß, daß die ganze Stadt von meinem Heer umgeben ist. Wenn das die überlieferte Derhandlungsweise des hohen Reichsrats ist, so wundert es mich nicht, daß die Königin Margareta einmal leichtes Spiel mit Euch hatte. Wie unklug, sich über die Befreiung des eigenen Landes zu erbosen ! Wie unklug, den Befreiern so grimmig gegenüberzutreten ! Wie so unweise auch die Haltung der Vertreter unserer Heiligen Kirche! Ich frage Euch, Herr Erzbischof : Sind die Bauern nicht ebenso gehorsame Kinder der Heiligen Kirche wie Ritter und Bürger? Erzbischof : Gewiß. Engelbrecht : Ihr seht, die Herren vom Adel hören das ungern. Sie sind so still geworden, die Herren vom Adel. Sparred . Jüngere : Sie wählten sich die Kirche zur Nothelferin und Fürſprecherin ! Engelbrecht : Herren vom Reichsrat ! Ihr fürchtet wohl, ich träte Euch mit ebenso unmutvollem Herzen gegenüber, wie Ihr mir. Ihr irrt. Meine Bauern und ich kamen voll Dertrauen zu Euch. 30

Aber das alles ist unwichtig , wenn ich an das denke, was uns vor allem hierher führte: an die Freiheit Schwedens. (Bewegung.) Waren wir nicht von altersher ein freies Volk mit eigener Hoheit, eigenem Gesetz und Regiment? Kann der Zufall des Erbes einer fremden Frau ein ganzes Dolk, eine Ueberlieferung von Jahrhunderten auslöschen ? Ich frage den Sprecher des Adels : Hat das fremde Königshaus ein wirkliches Recht auf Schweden? Trolle : Herr Erik ist unser erblicher Herr und König. Engelbrecht : Und selbst, wenn es so wäre, ist dann der Buchstabe dieses Erbgesetzes mehr als unser aller lebendes Recht? Ich sage Euch, Ihr Herren : Nur wer ein Erbe gerecht verwaltet, soll seiner genießen. Wer es aber mißbraucht, dem muß es entzogen werden. Ein Dogt, der sein Land ſchlecht verwaltet, muß abgesezt werden. Ein König ebenso. Erzbischof : Der König ist von Gott bestimmt. Engelbrecht : Dann wäre er Gottes Dogt, Herr Erzbischof, und glaubt Ihr, daß Gott will, daß König Erik sich an das Geſeß nicht hält, daß er uns fremde 3wingherren in die Landschaften ſezt, die unser Recht mit Füßen treten? Begreift Ihr nicht, daß ein König, der die grundlegendsten Rechte eines Landes dauernd verlegt, nicht König bleiben kann? (3uſtimmung an verschiedenen Stellen.) Wer sagt Euch denn, Ihr Herren vom Adel, daß der Krone nicht eines Tages eines Eurer ererbten Güter gefällt, und daß der König dann behauptet, es sei sein Lehen, und es wieder einzieht? Würdet Ihr das ruhig hinnehmen, Herr Trolle?

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Trolle : Nein. Engelbrecht : Ich frage Euch, Herr Erzbischof, ob der König nicht vielleicht lieber einen Dänen auf dem Stuhl von Uppsala sehen würde? Was würdet Ihr dazu sagen? Erzbischof (zuckt die Achſeln) .

Engelbrecht : Bitte antwortet mir ! Erzbischof : Die Heilige Kirche steht außerhalb solcher Streitigkeiten . Sprecher der Bürger : Die Kirchenherren ſind immer von einer sonderbaren Gleichgültigkeit in Fragen, die andere betreffen ! Ich finde, daß Herr Engelbrecht recht hat. (Justimmung bei den Bürgern.) Engelbrecht : Kann mir einer etwas nennen, wodurch die Verfassungsbrüche der dänischen Krone entschuldigt werden können? Trolle : Ich glaube, für alle antworten zu müſſen : Nein ! Engelbrecht : So bitte ich um Eure Zustimmung, den Feldzug fortzuführen . Erzbischof : Wir können es nicht hindern. Engelbrecht : Ich bitte um Eure 3 uſt i m mung ! Trolle : Der Adel stimmt zu . Sprecher der Bürger : Die Bürger gleichfalls. Engelbrecht : Und die Kirche? Erhofft sie sich immer noch Dorteile von der dänischen Krone? Erzbischof : Die Kirche stimmt zu. (Großer Jubel unter den Bauern und allgemeine Bewegung.) Engelbrecht : Ich fordere hiermit feierlich die Absetzung König Eriks von Dänemark als eines ungetreuen Statthalters Gottes in Schweden! Steht auf, alle, die Ihr Euch diesem Vorschlag anschließt! Alle! (Alle stehen auf.) 32 32

Ich fordere weiter, daß noch heute hier von dieſer Stelle, der Absagebrief an den König abgesandt wird . (3u Sparre dem Jüngeren) : Lies ihn vor ! Sparred . Jüngere : An König Erik von Dänemark! Als wir Dir, König Erik, die Krone Schwedens übertrugen, da glaubten wir, daß Du sie tragen würdest getreu den Pflichten, die die Verfaſſung des Reiches Dir auferlegte. Aber Du warst uns ein ungerechter Herr. Wohl hast Du von uns verlangt, daß wir Dir den Gehorsamseid leiſteten und Zins zahlten. Aber Deine Pflichten gegenüber dem schwedischen Land und Volk glaubtest Du nicht beachten zu brauchen. Deshalb sagen wir hiermit feierlich uns los von Deinem Regiment, vor Gott und allen Menschen, für alle Zeit. Gegeben zu Vadstena. Der Schwedische Reichsrat. Trolle : Ihr Herren, habt Ihr etwas gegen dieſen So laſſen wir ihn Nein? Brief einzuwenden? noch heute abgehen. (Ju Engelbrecht) : Ihr habt gesiegt. Nehmt meine Hand im Namen des Reichs. Engelbrecht : Ich danke Euch. (3u den Bauern) : Laßt die Herren los. (Der Bischof von Linköping und Ich sehe Euch Natt och Dag werden freigegeben.)

wieder, wenn der lezte Feind das Land verlaſſen hat. Es lebe Schweden ! (Ab mit seinem Gefolge und den Bauern.) Trolle : Der Reichstag ist geschlossen ! (Die Stände verlassen allmählich den Raum, es bleiben allein zurück : der Erzbischof von Uppsala und Karl Knutsson Bonde.) Karl Knutsson : Er hat fast etwas von einem König an sich, dieser Engelbrecht ! Erzbischof : König ! Sprecht dieses Wort_nicht aus! Seid auch Ihr von der gleichen Seuche er3

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griffen wie Herr Trolle, der vorhin alles versprach und jest wie im Traum alle Zuſagen brach? Karl Knutsson : Wie im Traum? Ich meine, die nackte Gewalt ist kein Traum, ſondern etwas sehr Wirkliches . Es war Erzbischof : Ihr versteht mich nicht. nicht nur die Gewalt! (Halb für sich.) Dieser Engelbrecht ist gefährlicher, als dacht hätte. Aus solchem Stoff sind die Erzketer geschaffen, die vermessen an den des Weltgebäudes rütteln wollen. — Aber es 3eit. (3u Karl Knutsson.)

ich gegroßen Säulen noch ist

Die Adelspartei ist ohne Haupt. Kart Knutsson : Das wäre neu . Erzbischof : Lieber Freund , ich bewundere Eure Ruhe nach einem Augenblick, der me in Gemüt ſo sehr erschüttert hat. Thr verstandet nicht, was ich meinte, als ich sagte, die Adelspartei sei ohne Haupt? Meint Ihr, die Bauern werden, wenn sie als Sieger zurückkehren - was Ihr doch wohl auch bei ihren jezigen Forderungen bleiben annehmt und sich friedlich wieder auf ihre Höfe zurückziehen? Glaubt Ihr nicht auch, daß der nächste Schritt der Bauern vor allem Euren Stand betreffen wird? Es kann sehr wohl sein, daß dann manchen Herren, die die Bauern in eine Lage versezt haben, die ihnen wohl zukommt und auch in andern Ländern besteht, gewisse alte Geseze vor die Augen gehalten werden, die ihnen sehr ungelegen sein könnten. Karl Knutsson : Seht Ihr nicht zu schwarz? Ich halte den Mann doch nicht für so gefährlich. Und die Befreiung von der Dänenherrschaft ist sogar ein Verdienst, ſagen manche. 34

Erzbischof : Das mag die Anschauung mancher Leute sein. Aber wer soll König sein, wenn der Däne nicht mehr Herrscher ist ? Der Reichsrat kann nicht in Ewigkeit regieren. Karl Knutsson : König? Erzbischof : Ja, König. Das habt Ihr nicht bedacht, als Ihr dies Wort vorhin ſelbſt ausspracht. Karl Knutsson : Aber ein Bauer nicht König werden!

kann

doch

Erzbischof : Bauern sind Päpste und Bischöfe geworden. Warum sollten sie nicht auch einmal Könige werden?

Karl Knutsson : Das ist lächerlich. Erzbischof : Aber naheliegend. Karl Knutsson : unternehmen?

Was

gedenkt

Ihr denn zu

Erzbischof : Eins ist mir ganz gewiß : Schweden muß einen König haben. Dieser König müßte aus einem der großen Geschlechter Schwedens ſtammen. Es könnte zum Beispiel ein — Bonde sein. Karl Knutsson : Ein Bonde - König? Erzbischof : Warum eigentlich nicht? Karl Knutsson : Ihr träumt, Herr Erzbischof. Noch ist ja nicht einmal Erik abgesetzt. Es ist unmöglich. Erzbischof : Ihr habt vielleicht recht. Noch regiert Erik. Noch muß Engelbrecht siegen. Die Der Dänen können mit einem Heer kommen. König von Dänemark kann wieder eingesezt werden. Dieles kann geschehen. Es war auch mehr ein Gedanke von mir. Aber es wäre mir eine besondere Freude, Euch bald einmal bei mir in Uppsala zu sehen. Betrachtet mich als Euren Freund und Diener. (Ab. Karl Knutsson bleibt einen Augenblick in Gedanken stehen und geht dann gleichfalls ab.) 3*

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3. Aufzug.

1. Auftritt. (Engelbrechts Feldlager. Engelbrecht, Göran, Puke.) Puke: Hörst Du die Rufe draußen? (Man hört Rufe : „ Sparre, Sparre".) Engelbrecht : Sie rufen „ Sparre! “ Er scheint ſeine Probe gut bestanden zu haben. Er schreibt nicht nur gut, sondern er schlägt auch gut. Puke : Womit Du wohl sagen wolltest, daß ich nur schlagen kann? Engelbrecht : Das habe ich nicht gesagt ! Warum verstehst Du es dann? Geh und hole Sparre herein. (Puke ab.) Göran Du mußt achtgeben auf die beiden, Sohn. Sparre sieht gern zu weiß, Puke zu schwarz . Das verträgt sich nicht zuſammen. Engelbrecht : Ich weiß , Vater. Aber ich brauche den einen wie den anderen. Göran Aber Du weißt nicht, was Neid iſt. Hörst Du, wie sie draußen rufen : Heil Bauernkönig Engelbrecht ! Engelbrecht : Bauernkönig? (Sparre tritt schnell ein, hinter ihm Puke.) Sparre : Heil, Bauernkönig Engelbrecht !

Engelbrecht : Was ist mit den Dänen? Sparre : Wir schlugen sie in einem kurzen Gefecht. Die Entflohenen retteten sich auf Schiffe. 36 ,

Engelbrecht : So hat der letzte Däne schwedischen Boden verlassen. Wir haben unser Dersprechen eingelöst. Sparre : Hörst Du nicht, wie die Bauern nach ihrem Führer verlangen? Sie wollen Dich sehen ! Engelbrecht : Ich gehe. (Er will hinaus, hält plößlich inne und faßt Göran an den Schultern .) Dater! Schweden ist frei ! (Engelbrecht verläßt den Raum. Nach einem Augenblick erhebt sich draußen Jubelgeschrei .) Sparre : Hörst Du , Puke? Du freust Dich ja gar nicht richtig. Sieh doch auf Vater Göran, wie der sich freut! Wir haben gesiegt, Erik Puke, der Däne ist weg ! Puke : Schlachten schlagen ist nicht so schwer, wie dem Bauern das wiederzugeben, was Jahrhunderte lang der Edelmann ihm nahm . Aber das verstehst Du nicht so wie wir! Sparre : Was heißt : wie wir ? Gehöre ich nicht zu Euch? Puke : Das habe ich nicht zu entscheiden. Göran Du solltest Dich schämen, Erik Puke. Alles denkt an unseren Sieg und Du stehst hier mit einem mürriſchen Geſicht und einem kleinlichen Haß. Sparre : Haß? Gegen wen? Göran Wahrscheinlich gegen Dich, Sparre. Sparre : Warum? Puke : Wer fragt, der soll auch Antwort haben : Weil Du bist, wie Du bist! Sparre : Das konnst Du mir sagen, jezt, in diesem Augenblick? Was habe ich Dir getan? Göran Nichts hast Du ihm getan. Er will nur alles allein haben, der Puke. Aber solange noch auf mich gehört wird , wird mein Sohn dafür ſor37

gen, daß Du nicht die Oberhand bekommst, Erik Puke! Sparre : Du hättest mir das nicht sagen sollen , Dater Göran ! Göran : Einmal hättest Du es doch gemerkt. Sparre (zu Puke) : Du siehst einen Eindringling in mir, nicht wahr? Puke : Ja.

Sparre : Weiter, weiter! Engelbrecht (kommt zurück) : Meine Daljungen haben mich fast umgebracht. Aber was steht Ihr wie Stöcke?

Sparre : Engelbrecht, ich bitte um meine Entlassung. Engelbrecht : Du , warum? Sparre : Ich will gehen. Engelbrecht : Was ist hier geschehen? Göran Es paßt dem Bauernmarschall nicht, daß der Bauernkanzler sich auch einmal gut geschlagen hat. Sparre : Ich will Puke nicht im Wege stehen ! Engelbrecht : Immer verlegt, immer aufbrausend, Sparre ! Immer argwöhnisch, immer verfinstert, Puke! Ich dulde das nicht ! Du bleibst, Sparre! Wir haben wahrhaftig andere Aufgaben ! Es soll ein Bote vom Reichsrat eingetroffen ſein, wo ist er? Sparre : Ich werde nachsehen. (Ab.) Engelbrecht (zu Puke) : Du bringſt uns noch einmal ins Unglück mit Deiner verqueren Gesinnungsart. Du mußt Dich damit abfinden, daß der Junge einige Eigenschaften besißt, die Du nicht hast, genau so wie er das anerkennen muß, worin Du ihm voraus biſt. 38

Wisse eines : Nicht der Argwohn , sondern der Glaube macht frei. Du hast Dich doch auch mir aus Glauben, nicht aus Argwohn angeschlossen. Ich verstehe Dich manchmal nicht. Puke : Ich Dich auch nicht. Aber an Dich glaube ich. Engelbrecht : Ich weiß. (Sparre und der Bote des Reichsrats, ein Prälat, treten ein.) Engelbrecht : Ein geistlicher Herr? Seid Jhr vom Reichsrat gesandt? Prälat : Ja. Darf ich allein mit Euch unterhandeln? (Göran, Puke und Sparre ab.) Engelbrecht : Was bringt Ihr? Prälat : Der Reichsrat hat mit tiefer Freude und Genugtuung die Kunde vernommen, daß die Dänen endgültig das Feld geräumt haben. Der Reichsrat erwartet Euch in einer Woche in Dadstena zu weiteren Entschlüſſen. Der Reichsrat möchte nicht versäumen, Euch ſeinen Dank zum ſinnfälligen Äusdruck zu bringen. Um ganz sicher zu sein, daß die Form dieses Dankes auch Eure Zustimmung findet, sendet er mich hierher, um Euch zuvor mit der Ehrung bekannt zu machen, die man Euch zugedacht hat.

Engelbrecht : sein?

Welcher

Art

soll

diese

Ehrung

Prälat : Der Reichsrat läßt Euch mitteilen, daß er Euch auf dem kommenden Reichstag zum Reichshauptmann Schwedens zu erheben gedenkt. Eine Engelbrecht : 3um Reichshauptmann ? sehr ehrenvolle Stellung. und nehme sie an.

Ich danke

den Herren

Prälat : Meine eigentliche Sendung ist hiermit beendet, Herr Reichshauptmann. 39

Ich bitte nun noch, mit Euch als Bote des geistlichen Standes und der Heiligen Kirche reden zu dürfen .

Engelbrecht : Wie Ihr wollt. Prälat : Thr wißt selbst am besten, daß Eure Bauern jetzt nach dem Siege ihre Belohnung für den Kampf einfordern werden. Ihr seid heute auch durchaus in der Lage, diesen Lohn, falls er Euch verweigert werden sollte, Euch selbst zu holen, auch gegen den Widerstand des Adels. Aber Euer Heer geht einmal wieder auseinander. Die Begeisterung, die Euch als Sieger feierte, wird abklingen. Die Bauern werden in ihren Alltag zurückkehren. Ihr aber werdet Euch mit den Ränken der adligen Herren abzuplagen haben, und dann wird es gut sein, wenn Ihr bei einem der Stände, und noch dazu dem mächtigsten, eine feste, dauernde Stütze habt. Denn mit den Bauern unter Euch und der Geistlichkeit neben Euch ſeid Ihr unbesiegbar. Engelbrecht : Die Bauern unter mir, die Geistlichkeit neben mir? Entweder beide unter mir oder beide neben mir, lieber Herr! Prälat : Aber Ihr müßt doch verstehen, daß es kein geringes Angebot ist, das Euch hier von seiten des geistlichen Standes und der Kirche gemacht wird! Engelbrecht : Ihr wollt etwas von mir, nicht ich etwas von Euch. Ehe ich Euch daher antworte, möchte ich wissen , was Ihr als Gegenleistung für Euren Beistand verlangt. Prälat : Wir verlangen gar nichts. Wir erwarten nur von den Bauern als den gehorsamen Söhnen der Heiligen Kirche die Wiederherstellung einiger alter hervorragender Rechte unserer Kirche, die in den letzten Menschenaltern vom aðligen Stand

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nicht nur vergeſſen, ſondern — ich möchte sagen geradezu unter die Füße getreten worden sind. Engelbrecht : Wir sind doch nicht dazu da, Eure alten Privilegien zu verteidigen. Prälat : Ich sagte Euch, daß die Gegenleistung nicht ausbleiben wird. Engelbrecht : Nun gut. Aber was verlangt Ihr von uns selbst ? Prälat : Wir unterſtüßen Euch in Euren bäuerlichen Forderungen gegenüber dem Adel und helfen Euch, von gewiſſen Derpflichtungen der Bauern gegenüber den Herrenhöfen los zu kommen. Die erste Bedingung dafür wäre natürlich, daß das Derhältnis der Bauern zu den Bistümern und Klöſtern unverändert bleibt. Engelbrecht : Herr Prälat, Ihr wißt, daß ich Euch nicht hergerufen habe. Ich habe auch den Beiſtand des geistlichen Standes nicht erbeten. Ich brauche ihn nicht, wie Ihr ja vorhin ſelbſt andeutetet. Die Forderungen, die die Bauern auf dem Reichstag in Dadstena stellen werden, stehen überhaupt noch nicht fest und wenn sie festständen, würde ich sie Euch nicht mitteilen. Prälat : Da Ihr mir versichert, daß die Gedanken hierüber noch nicht endgültig geformt sind , stelle ich selbstverständlich diesen Punkt einstweilen zurück. Ich komme zur zweiten Frage: Sie lautet, ob Ihr bereit seid, der Kirche Eure unbedingte Unterstützung im Kampf gegen die Kezerei zu gewähren ? Engelbrecht : Auch diese Frage erstaunt mich. Prälat : So? Engelbrecht : Wir sind nur Bauern. Mit uns muß man klar und deutlich sprechen. Ihr scheint der Sache großen Wert beizulegen. Erklärt mir doch etwas genauer, worin dieſer Beistand bestehen soll. 41

Prälat : Gern. Es könnte zum Beispiel sein, daß einer Eurer Bauern etwa hier in Eurem Feldlager von uns der Kezerei überführt werden würde. Dann müssen wir von Euch seine Auslieferung und Euren Beistand in seiner Bestrafung fordern . Engelbrecht : Wenn das nun aber einer meiner besten Krieger wäre? Prälat : Jhr fragt noch? Dann erst recht ! Ein Kezer, der äußerliche Tugenden besikt, ist gefährlicher als einer von mittelmäßiger Gesinnung. Engelbrecht : Wer entscheidet, wer ein Kezer ist? Prälat : Die Inquiſition. Engelbrecht : Wenn nun aber nach meiner Ansicht in einem Falle Keßerei nicht vorliegt? Prälat : Darüber habt nicht Ihr zu befinden, sondern allein die Heilige Kirche.

Engelbrecht : Auch Euer Konzil könnte irren. Prälat : Ich bin entsekt über Eure Worte! Eine Engelbrecht : Ich verstehe Euch nicht. Macht wie die Heilige Kirche hat es nicht nötig, ein paar armen kleinen Bauern nachzuspüren, die vielleicht noch einigen alten, lieb gewordenen Bräuchen anhängen. Ich finde Eure Forderungen unverständlich und überflüssig. Ich achte die Rechte der Kirche, aber ich begreife diese Eure Ereiferung nicht und finde sie freier Menschen unwürdig. Prälat : Herr Reichshauptmann ! Engelbrecht : Ich habe gesehen, wie schwedische Bauern 3 wang aufnehmen . Solange Recht und Freiheit bei einer Sache sind, tun sie alles. Ist nur ein Schein des Unrechts, der Unfreiheit dabei, so lehnen sie sich auf. Da ist es ganz gleich, ob sie es mit dem König in Kopenhagen oder der Heiligen Kirche zu Rom zu tun haben.

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Prälat : Jhr seht die Gebote Gottes und die Willkür eines irdischen Herrschers, wie des Königs von Dänemark , gleich? Eine sehr gefährliche Anschauung, Herr Reichshauptmann, die ich Euch als Dertreter der Heiligen Kirche verweisen muß ! Engelbrecht : Ihr seid hier in meinem Zelt, nicht ich in Eurem. Es wird besser sein, Ihr behaltet Euren Unmut für Euch. Ich habe den Eindruck, daß Eure Forderungen nicht so ehrlich waren , wie ſie der Würde der Kirche entsprechend sein müßten. Für Eure Botschaft danke ich Euch. Mit dem geistlichen Stande verhandle ich dann, wenn es meinen Bauern und mir notwendig erscheint. Meine Zeit glaube ich Euch hinreichend zur Derfügung gestellt zu haben . (Geht zum Eingang.) Sparre! Wache! (Sparre und einige Soldaten treten ein.) Engelbrecht : Der geistliche Herr ist sich über die treue Gesinnung unserer Bauern gegenüber der Kirche nicht ganz im klaren. Er wünſcht, bis zum Tage unserer Abreise nach Vadstena also übermorgen ― hier im Lager unseren Jungen einige Male eindringlich die reine Lehre zu verkünden. Er wird dann unter unserem Schuß mit nach Vadstena reisen. Prälat : Wie soll ich das verstehen? Engelbrecht : Genau so , wie ich es gesagt habe. Ich liebe es nicht, wenn man meinen Entschlüſſen vorgreift. Sparre, Du hafteſt dafür, daß dieser Befehl genau durchgeführt wird . Laß für das Wohlergehen des ehrwürdigen Vaters Sorge tragen mit aller Ehrerbietung, die ihm zukommt. (Wache mit dem Prälaten ab . Göran und Puke treten ein.) Engelbrecht : Unser Gast brachte mir Nachricht vom Reichsrat. Ich bin zum Reichshauptmann ernannt.

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Sparre : Hast Du es angenommen? Puke : Warum sollte er es nicht annehmen? Sparre : Weil es zu wenig ist! Wenn Dir die Stände den Reichshauptmann an-

bieten, so mußt Du mehr fordern oder Dir mehr holen, Engelbrecht ! Engelbrecht : Mehr? Sparre : Jezt liegt Dir alles zu Füßen. Wer weiß, wie es in wenigen Monden aussieht, wenn die Herren ihre Freiheit genießen dürfen ! Sparre hat vielleicht nicht so unrecht. Göran Sparre : Fordere das Reichsverweseramt oder die Krone!

Puke : Die Krone? Engelbrecht : Bist Du von Sinnen?

Die Krone?

Sparre : Ja, ja, ja ! Die Krone ! Du hast doch gehört, wie die Bauern riefen : Heil Bauernkönig Engelbrecht ! Puke Engelbrecht ist in diesen Krieg gegangen, um die Bauern zu befreien, nicht um einen Thron zu erobern. Sparre : Wenn dem, der das Dolk befreite und einte, nicht eine Krone zustehen soll, wem dann überhaupt? Engelbrecht : Welch eine Vermeſſenheit ! Wohin denkst Du? Sparre : Ich glaube an Dich, ſonſt nichts! Engelbrecht : Der Bauer hat doch mich gerufen, nicht ich den Bauern. Und daß Gott sich gerade den Engelbrecht für dieses Werk ausgesucht hat, macht das den Engelbrecht so besonders, so auserwählt? Es hätte ja auch ein anderer sein können ! Du bist oft wie ein Kind in Deinem Glauben, Sparre ! Sparre : Und Du unterschäßeſt nicht nur Dich selbst, sondern auch die Notwendigkeit von Glanz und Macht ! 44

Puke : Glanz und Macht ! Meinst Du , wir sind Engelbrecht gefolgt, damit er sich einen Königshof aufbaut mit Schranzen, Pfaffen und Dienern? Engelbrecht : Ich gehe nach Vadstena, um den Bauern wieder in den Reichsrat zu bringen . Dann ist das Land frei , der Bauer auch. Damit ist meine Aufgabe erfüllt. Sparre : Nein, nein ! Oh höre nur dies eine Mal auf mich! Bauernkönig ! Ein Bauernkönig regiert mit seinen Bauern wie andere Herrscher mit dem Adel und den Geistlichen ! Warum soll das nicht möglich sein? Engelbrecht (heftig) : Ich bin nicht ehrgeizig! Schweig ! Laß mich! Begrabe Deine ehrgeizigen Pläne ! Wir haben jezt anderes zu beraten. Es gilt die Forderungen, die wir auf dem Reichstag in Dadstena an die Stände richten wollen. Wir müſſen uns vor allem auf die alten Rechtssäße ſtüßen, die König Magnus außer Kraft sezte. Puke : Dieser König hat die Dänenherrschaft mit verschuldet. Wenn unsere Bauern mit verantwortet hätten, hätten sie auch mitgekämpft. Engelbrecht : Dieser König hat schlecht geherrscht, auch wenn andere ſein Regiment rühmten. Ein echter Herrscher ſollte alle Kräfte seines Dolkes gebrauchen wie der Wassermüller alle Strömungen des Baches. Göran : Die Zeiten sind schon lange vorbei , wo die Könige das wußten. uke: Dielleicht ist es doch ganz gut so , denn wenn die dänische Königin Margareta dieses Geheimnis gekannt hätte Engelbrecht : Margaretas Gedanke war groß. Große träumten ihn vor ihr, Große werden ihn vielleicht noch lange nach ihr träumen. Es ist ein 45

gewaltiger Gedanke, die drei Reiche zu einen aber ein Traum. Es gibt Wahrträume und Gaukelträume. Margaretas Gedanke aber ist kein Wahrtraum . So wie eine Sippe Sippe bleibt und eine Landschaft Landschaft, und nur aus der eigenen Art ſich vermehren und wachsen kann , so ist ein Volk Dolk.

Sparre : Ja ! Ja ! Ja ! (ſtürzt hinaus.) Göran

Was hat er?

Engelbrecht : Er trauert um seinen Königstraum.

2. Auftritt. (Erzbischöflicher Palast in Uppsala. Der Erzbischof, Bischof von Linköping, der Prälat.)

der

Prälat : Engelbrecht ist nicht zu berechnen. So sehr ich auch bei meinem Besuch vielen seiner Eigenschaften, vor allem seinen kezerischen Regungen, auf die Spur gekommen bin, ſo rätselhaft ist er mir sonst. Auch darin iſt er vielleicht eine kezerische Erscheinung. Denn von Gott können die zweifellos außergewöhnlichen Kräfte nicht kommen, die ihm innewohnen. Linköping : Sein Einfluß auf junge Menschen muß außerordentlich sein. Ihr wißt, wie fest er den einzigen Sohn des Ritters Sparre an sich gekettet hat, der den unerfahrenen Bauern dauernd verräterische Einblicke in das Tun und Planen der Stände gibt. Erzbischof : Es sollen sich schon mehr junge EdelLeute seinem Waffendienst angeboten haben. Seine Stellung als Reichshauptmann legt das natürlich nahe. Linköping : Nur der geistliche Stand ist noch ein Bollwerk. 46

Prälat : Jrrt Euch nicht, Herr Bischof! Der Bischof Thomas zum Beiſpiel hat vor einigen Tagen ein Feldlager der Bauer besucht und ihnen gepredigt. Erzbischof : Das iſt nicht möglich! Prälat : Die Zunge ſträubt sich, es wiederzugeben, und ich hätte es nicht geglaubt, wenn es mir nicht Ohrenzeugen beschworen hätten : Thomas predigte den Bauern, Engelbrecht sei ihnen und uns allen von Gott gesandt !

Erzbischof : Das ist nicht wahr ! Prälat : Es ist wahr. Erzbischof : Wir werden gegen Thomas vorgehen . Auch gegen andere, wenn es notwendig ist. Aber was hilft das? Es genügt ja nicht. Adel, Bürger, nun auch noch die Brüder im eigenen Stande! Sieg über Sieg. Ungeheure Umwälzungen in einer schwindelnd kurzen Zeit. Auf dem Festlande die Kezerei, immer wieder aufschwärend . Eine gleichwertige Macht gegen Engelbrecht nicht einzusehen! Linköping : Grauenhaft ! Erzbischof : Es gibt nur eine Möglichkeit, einen lezten Weg, aus dem Nez zu entkommen : So fortiges Handeln !

(3u Linköping) : Ihr fahrt im Lande herum und bestärkt alle Amtsbrüder im Glauben an die Macht Greift unseres geistlichen Standes in Schweden. rücksichtslos zu das fällt Euch ja nicht schwer. (3um Prälaten) : Thr reist sofort nach Kopenhagen und nehmt die Derhandlungen mit dem Beichtvater des Königs von Dänemark auf und dann mit dem König selbst. Den Adel versuche ich auf dem Wege Wir über Bonde auf unsere Seite zu bringen . müssen 3eit gewinnen, ehe das bäuerliche Ungeheuer seinen Fehler erkennt und aufs Ganze geht. 47

Prälat : Ich fahre noch heute. Linköping : Wann soll ich meine Reise beginnen ? Erzbischof : Ebenfalls sofort. Gott gebe Euch Kraft zu dem schweren Werk, wie er auch mir Kraft geben möge. Derlaßt mich jezt. Nehmt meinen Segen zum Abschied. (Der Bischof von Linköping und der Prälat ab. Der Erzbischof geht unruhig auf und ab. Karl Knutsson tritt ein.) Erzbischof : Willkommen, lieber Sohn ! Die Erinnerung an mehrere Aussprachen, die wir nach dem ersten dieser „ Bauernreichstage “ und später hatten, ließ mich um Euren Besuch bitten. Karl Knutsson : Ihr seid leider nicht in der Lage_geweſen, einen gewiſſen Beistand zu leisten, den Ihr mir andeutetet. Erzbischof : Ihr ja auch nicht. Lieber Freund , Ihr wißt genau, daß Ihr unsere größte Hoffnung seid . Ich bin auch darüber unterrichtet, daß Thr versucht habt, mit Engelbrecht die Frage eines Königs schwedischen Geblüts besprechen zu laſſen, und daß dabei Eure früheren freundschaftlichen Beziehungen zu Herrn Natt och Dag ein gewiſſes Hindernis waren. Karl Knutsson : Natt och Dag? Erzbischof : Man sagt das! Karl Knutsson : Ihr schicktet ja Boten zu Engelbrecht.

auch einen

Erzbischof : Der Prälat war der Abgesandte des Reichsrats und hatte Engelbrecht die Reichshauptmannsschaft anzutragen. Karl Knutsson : Das hätte ebensogut ein Ritter tun können. Aber Ihr drängtet Euch danach! Erzbischof : Es galt, die Einheit des Reichstages den Bauern vor Augen zu führen ! Karl Knutsson : Sehr schön gesagt. Nur schade, daß die Heilige Kirche zwar schwieg, nicht aber der

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Engelbrecht. Man erzählt überall, daß er Euer Angebot, mit ihm gegen den Adel zu gehen, mit Spott zurückgewieſen hat. Erzbischof : Dann sind wir uns nichts schuldig, Herr Karl Knutsson Bonde! Karl Knutsson : Das eben meine ich. Es müßte sich auf solcher Grundlage eigentlich gut verhandeln lassen. Erzbischof : Ihr scherzt? Karl Knutsson : Oh nein, Herr Erzbischof. Erzbischof : Ihr wißt doch, daß nur die Kirche Euch bei Euren großen Plänen helfen kann. Denn es ist klar, daß Euer Gedanke, deutlich vor dem Adel ausgesprochen, auch andere Herren veranlassen könnte, vielleicht mit gleichen Ansprüchen aufzutreten. Karl Knutsson : Mit gleichen Ansprüchen, aber nicht mit gleicher Berechtigung. Erzbischof : Ich weiß, Ihr haltet viel von Eurem Geschlecht, Herr Karl Knutsson. Aber Ihr werdet zugeben, daß Ihr für Euren Gedanken beim Adel keinen Beistand finden werdet, vor allem nicht im Augenblick. Karl Knutsson : Man ist gewiß noch nicht reif dazu. Erzbischof : Es tut mir leid , Euch erklären zu müſſen, daß auch der geistliche Stand zu einer Unterstützung Eures Planes nicht imſtande iſt. Karl Knutsson : Warum ? Erzbischof : Weil wir im Augenblick zwar einen König brauchen, aber den nehmen müssen, den wir zuerst und am leichtesten bekommen können. Karl Knutsson : Ihr habt mich also irregeführt? Wer soll König werden? Erzbischof : Der es nach der Kalmarer Union schon ist: Erik von Dänemark !

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Karl Knutsson : Für dieſen Wahnsinn wollt Ihr meinen Beistand ? Erzbischof : Es ist kein Wahnsinn . Es ist nur klare Erkenntnis der Lage. Ich pflege mir nichts vorzumachen, Herr Karl Knutsson. Karl Knutsson : 3u diesem Narrenspiel gebe ich mich nicht her! Außerdem ist es ohne den Ädel undurchführbar. Ich glaube, es ist besser, ich gehe. Erzbischof : Nein, bleibt ! Eben weil es nur mit dem Adel zu schaffen iſt, bat ich Euch doch hierher. Wollt Ihr lieber ein von Bauern geschundener Edelmann sein oder bestenfalls Schranze am Hof eines Emporkömmlings , oder aber Führer einer freien Adelspartei unter einem König, der doch immer fern ist und Euch nicht viel hineinregieren kann? Und vielleicht später einmal mehr da niemand weiß, was Gott mit uns im Sinne hat? Wer sagt Euch, daß nicht Engelbrecht, der zweifellos über Mäßigkeit verfügt, an seiner Aufgabe weiterwächst und im Dorgehen gegen den Adel versöhnlicher wird ? Könnte es nicht sein, daß er sich eines Tages wirklich mit dem Adel gegen die Kirche findet, und daß dann zwar die Ansprüche der Edelleute teilweise befriedigt werden, Eu rem Gedanken aber jede, auch die lezte Durchführungsmöglichkeit genommen wird? Ihr habt Euch bisher zurückgehalten. Das war auch gut so. Aber jetzt ist der Augenblick da, wo Ihr hervortreten müßt. Kein Ziel ohne eigenen Einsatz. Schon in einem halben Jahre aber ist es zu spät, zu spät für alle. Seht Ihr das ein? Karl Knutsson : Ich hätte gern Bedenkzeit. Erzbischof : Wenn Ihr wollt - wenn es für Euch eine Frage ist, ob Ihr lieber Führer der Adelspartei unter König Erik seid oder nur ein Edelmann wie andere unter Engelbrecht? 50

Karl Knutsson : Ihr unterſchäßt meinen Einfluß. Erzbischof : Dielleicht, verzeiht ! Aber ich will noch ein übriges tun. Meine Berater, Schreiber und Helfer stehen Euch zur Verfügung. Ebenso meine ausländischen Verbindungen. Euer Ansehen als Träger eines alten Namens ist groß. Ihr habt Derwandte, Freunde. Auf Trolle werde ich hinreichend Druck ausüben, um ihn fortzuschaffen. Ich weiß viel von ihm. Außerdem braucht Ihr nur die Nachteile ins rechte Licht zu rücken, die dem Adel durch ihn entstehen. Ich werde dann beim König in Kopenhagen auf seinen Sturz hinwirken und Eure Stellung stärken lassen. Seid Ihr einverstanden? Karl Knutsson : Ich bewundere Euch, Herr Erzbischof, und ich werde Euch folgen. Erzbischof : Und nun, da wir so einig sind, ist es vielleicht nicht notwendig, daß ich mit einem Gast spreche, den die gleiche Gesinnung hierher führt wie Euch, sondern Ihr könnt das für mich tun und gewiß besser als ich. Karl Knutsson : Wer ist es? Erzbischof : Ihr werdet selbst sehen. Empfangt meinen Segen ! (ab.) (Nach einem Augenblick tritt Natt och Dag ein.) Karl Knutsson : Du, Natt och Dag? Natt och Dag : Das überrascht Dich wohl? Karl Knutsson : Was führt Dich hierher? Nattoch Da g : Wahrscheinlich das gleiche wie Dich, Karl Knutsson ! Karl Knutsson : Das glaube ich nun doch nicht ganz. Der Erzbischof bat mich, statt seiner mit Dir zu sprechen. Natt och Dag : Dann seid Ihr Euch wohl einig? Karl Knutsson : Dielleicht. Aber was suchst Du hier eigentlich? 51

Natt och Dag : Rache , Kart Knutsson ! Karl Knutsson : Ein schweres Wort.

Man

sagt mir, Dein Name wäre im engen Zusammenhang mit dem meinen bei Engelbrecht genannt worden. Wie ist das möglich? Nattoch Dag : Das ſcheint Dir unbequem zu ſein? Nun, ich weiß auch nicht, wie das möglich war. Karl Knutsson : Du vergißt dem Engelbrecht den Reichstag von Vadstena nicht ? Dein ritterlicher Nacken spürt noch die Bauernhand ?

Natt och Dag : Bald wird der ganze Adel sie zu spüren bekommen, und das will ich verhindern, soweit es an mir liegt! Karl Knutsson : Also deshalb bist Du hier, Natt och Dag, deshalb! Hast Du Dir schon Gedanken gemacht, wie Du es anstellen willst, daß Du ihm zu Leibe gehst? Natt och Dag : Du hast das richtige Wort gesprochen: zu Leibe gehen! ― Jch will ihn töten! Karl Knutsson : Töten ? Das ist ein hartes Wort und eine noch härtere Tat. Natt och Dag : Willst Du mithalten? Karl Knutsson : Um Gottes willen ! Aber eine Fehde kannst Du ihm doch nicht ansagen, denn Du bekommst ihn nicht mitten in seinem Heer. Natt och Dag : Ich brauche keine Fehde dazu. Karl Knutsson : Keine Fehde? Du willst — Nein, nein ! Ich halte meine Öhren zu ! Ich höre nichts! Ich habe Dich nicht gesehen! Mein Weg zum Thron darf nicht voll Blut sein ! Das bringt Unglück ! Nattoch Dag : Dein Weg zum Thron? Was wird hier gespielt? Karl Knutsson : Laß mich, frage nicht ! Es geziemt Dir überhaupt nicht, mich zu fragen! 52

Natt och Dag : So steht es also. und Du -

Der Erzbischof

Karl Knutsson : Nein, nicht der Erzbischof. Noch geht es nicht. Ich allein! Natt och Dag : Nein, nicht Du allein. Ich mit Dir! Du schreckſt zurück, Karl Knutsson ? Dersteh' mich doch. Ich kreuze Deine Wege nicht. Du bist reich, Du bist klug und angesehen. Ich bin nur ein einfacher Burgherr und Ritter wie viele andere und habe nicht das Gehirn dazu , mich auf den Bahnen der feinen Listen und Ränke zu bewegen. Ich habe nur Schwert und Dolch und meine

Faust, und die kann ich dem zur Verfügung stellen, Du bist der sie gebraucht - wenn ich es will! reich, Du bist klug und angesehen. Ich laſſe Dir Deine Macht, laß Du mir meine Rache! Karl Knutsson : Man erzählte mir, Ihr wäret ausgeföhnt. Natt och Dag : Nur, um deſto ſicherer das Ziel zu erreichen.

Karl Knutsson : Entsetzlich! Nattoch Da g : Du warst immer zartfühlend, wenn Das Dinge rauherer Art auszurichten waren. war schon so, wenn wir als Jungen spielten, und ich für Dich das Pferd Deines Daters aus dem Stall holen mußte, das er Dir zu reiten verbot. Du hast Dich nicht geändert. Ich auch nicht. Karl Knutsson : Ich sehe es. Aber Du warst schon damals groß in Deinen Versprechungen ! Natt och Dag : Siehst Du , die Maschen Deines Gewissens werden schon weiter, Karl Knutsson . Sieh Nur so werden vorwärts, sieh auf Dein 3iel. Throne erobert. Du weißt jezt mein Geheimnis, Ich sage Dir nichts aber ich weiß auch Deins. mehr. Aber ich werde kommen, um mir meinen Lohn abzuholen, wenn Du König biſt. 53

Karl Knutsson : Sprich das nicht aus ! war es ferner als jeßt.

Nie

Nattoch Dag : Um so ruhiger kann Dein Gewissen sein. Ich gehe meinen Weg auch ohne Dich zu Ende. Wir wollen sehen, wer besser zu seinem Ziele kommt. Karl Knutsson : schwer werden !

Gott läßt mir meinen Weg

Natt och Dag : Bist Du so sicher, daß Gott es ist, der Dir Deinen Weg zeigt? Karl Knutsson : Sprich nicht so frevelhaft! Natt och Dag : Unsere Zeit ist schwächlich geworden, schwächlich vor allem im Hassen. Die Ritter wurden so zaghaft, daß der Bauer ihnen auf die Fersen rückte. Nur die Künder der Liebe, die Pfaffen, wiſſen noch, was ein rechter Haß ist. Und sie lassen sich Zeit dabei. Darin können wir von ihnen lernen . Du kannst auf mich und meine Verwandtschaft immer rechnen, Karl Knutsson Bonde. Karl Knutsson : Ich nehme Dein Anerbieten an. Ich brauche Mitstreiter in meiner Sache. Deine Sache mache Du, wie es Dir gefällt. Ich frage nicht danach und will nie mehr davon hören. Nattoch Dag : Also abgemacht. Hier meine Hand . Karl Knutsson : Nein , nicht so . eben erst dem Erzbischof.

Ich gab sie

Natt och Dag : Du bereitest Dich schon jezt auf Dein hohes Amt vor und willst Dich nicht entweihen? Wie Du willst, Karl Knutsson. Mir ist alles recht. Küssen brauche ich sie aber noch nicht, Deine königliche Hand, nicht wahr? Das kommt später, wenn wir beide am Ziel sind. Und ich glaube Dir, daß auch Du Dein Ziel erreichst denn Du läßt andere Deine Arbeit tun. (Natt och Dag ab. Karl Knutsson sieht ihm eine Weile nach und wendet sich dann langsam zum Gehen.) 54

4. Aufzug. 1. Auftritt. (3eltlager Sparres in Uppland. Sparre und ein Soldat.) Soldat : Draußen wartet ein Ritter, der mit Dir sprechen will . Es ist ein älterer Mann, und er sagt, er trüge denselben Namen wie Du. Sparre : Den gleichen Namen ? Ich will ihn sehen. (Soldat ab. Sparre der Aeltere tritt ein.) Sparre der Aeltere : Olof! Sparre d. Jüngere : Was führt Dich zu mir ? Dater : Die Sorge um Dich. Ich hörte, daß Du mit einem Teil des Heeres hier in Uppland liegst und die Aufgabe hast, Stockholm unter Augen zu halten. — Willst Du mir nicht die Hand geben? Sohn : Kommst Du im Guten oder im Schlechten? Dater : Kann ein Dater seinem Sohn im Schlechten kommen? Sohn : Dielleicht. Dater : Ich soll Dir Grüße bestellen, Olof. Sohn Don wem? Dater : Don unserem Hof. Don Deinen Pferden, die ungeritten im Stall stehen , ſeit Du gingſt. Dom Wald, in dem Dein Dater nun bald nicht mehr jagen kann, weil er zu alt wird . Don zu Hause. Sohn

Sieht noch alles aus wie früher ?

Dater : Ja, bis auf eines. 55

Sohn : Und das ist? Vater : Alles wartet auf den Erben. Sohn : Ich habe keine 3eit.

Dater : Du willst keine Zeit haben! Sohn Hast Du vergessen, daß ich auf mein Erbteil verzichtet habe, als ich zu Engelbrecht ging und Du mir drohtest, mir das Erbe zu entziehen? Was erinnerst Du mich jezt an diese Stunde? Dater : Ich bin bereit, das abzuändern. Es würde schlecht aussehen, wenn die Kirche den Herrenhof erbte. Sohn : Ist das alles, was Dich hierher führt? Dater : Ist das nicht genug? Sohn Nein! Nein! Dater : Du sollst auch das andere hören. Ich kann verstehen, daß Dich das Abenteuer gelockt hat, wie es auch mich in meiner Jugend rief. Aber einmal muß das Abenteuer aufhören, und vor allem das unritterliche Abenteuer eines Edelmannes. Sohn : Du willst die Befreiung unseres Landes ein Abenteuer nennen und damit den Befreier selbst einen Abenteurer? Dater : Allerdings. Und da meine Bitten nichts genügt haben, möchte ich Dich warnen . Sohn Schöne Bitten ! Es ist unklug genug von Dir, Dich hierher zu wagen und in diesem Zelt gegen den Mann zu sprechen, der über uns gebietet. Dater : Ich habe mich nie gefürchtet. Aber nachdem mir die Sohnespflichten verweigert werden, muß ich Dich an die Pflichten erinnern, die Du Deinem Namen und Deinem Stande schuldig bist. Sohn Meinem Stande? Dem bin ich so wenig schuldig wie dem Mond am Himmel! Dater : Du kannst Dich nicht aus dem Geschlecht lösen, dessen Namen Du trägſt.

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Sohn: Ich habe mich schon gelöst. Dor allem aber meine ich, hättest Du nicht den geringsten Grund, mich gerade daran zu mahnen ! Dater Deine Erziehung, Dein Wiſſen, alle Eigenschaften, die Engelbrecht jetzt bei Dir ausnußt, verdankst Du diesem Stand! Sohn : So will ich Dich zum zweiten Male daran erinnern, daß die Mutter, mit der Du mich zeugtest, ein Bauernkind war, und daß Du erst dann Dich meiner zu erinnern beliebtest, als Dir der andere Erbe starb! Dater : Das ist hart zu hören aus Sohnesmund. Ich will auch nicht leugnen, daß Schuld bei mir liegt, und wenn Deine Mutter mehr in Dir spricht als Dein Vater, das Geringere mehr als das Höhere, so bin ich machtlos dagegen. Sohn : Ich will nichts hören von Hoch und Gering und all Euren engen Begriffen ! Dein Hiersein ist mir eine einzige Kränkung, denn mit jedem Wort ziehst Du alles herab, was mir teuer und heilig ist! Dater : Wenn Dein Gefühl Dir nicht sagt, was das Rechte ist, muß es der Verſtand tun ! Bisher konntest Du glauben, von der aufsteigenden Flut mitgetragen zu werden. Dieser Engelbrecht ging von Sieg zu Sieg. Alles glückte ihm, was er anpackte. Aber Du wirst bald selbst sehen, daß das auch anders ſein kann, und ich weiß, daß die Flut jezt wieder sinkt. Die Stände laſſen es sich nicht gefallen, daß der Bauer eine 3wingherrschaft über sie ausübt. Das werdet Ihr bald zu spüren bekommen. Sohn

Willst Du mir nichts Näheres darüber sagen?

Dater : Ich weiß nicht mehr als dieses. Aber ich fühle das Unheil um Dich, mein Sohn, und vor Dir. Ich glaube nicht, daß wir uns wiedersehen werden, wenn Du heute nicht auf mich hörst. Sohn : Ist etwas gegen uns geplant? 57

Dater : Ich sagte Dir ja, ich fühle das alles nur. Ich glaube, der Mann, dem Du Dich angeschlossen hast, wird Dir kein Glück bringen. Sohn : Wie Du Dich irrst ! Wenn Du ahntest, wieviel Glück er mir schon gebracht hat. Was wißt Ihr denn, was wissen überhaupt alle, wer Engelbrecht ist? Da sihen nun alle, jeder auf seiner Pfründe, Ritter, Geistliche, Bürger und ein fremder König. Jeder sieht nur einige Schritte über seinen Plak hinaus. Und da kommt er , wie von Gott selbst gesandt. Er öffnet nur seinen Mund und alles hört. Er weist nur mit der Hand und alles folgt. Er spricht von Schweden und alles ruft : Schweden ! Und wenn Engelbrecht hundertmal den Weg herab nähme, und wenn Du mir noch viel mehr bötest als heute, so wäre das doch nur wie ein Blechreif gegen eine Königskrone! Er hat mich zum Menschen und zum Mann gemacht. Er hat mich neu gezeugt! Es ist umsonst, Vater. Du sollst nichts mehr verſuchen. Ich will nicht, daß sich mein Vater vor seinem Sohn erniedrigt. Bleib' noch bei mir, laß mich Dich ansehen, weil es wohl das leztemal iſt. Ich danke Dir für das, was ich Dir danken kann . Mehr ist nicht möglich. Dater : So muß ich gehen. Eine bittere Ahnung sagt mir, daß ich Dein Unglück überleben werde. Ich tue weiter meine Pflicht für meinen Stand, tu Du die Deine für den neuen Gedanken dieses Engelbrecht. Das einzige, was wir noch für einander tun können, ist, uns nicht mehr zu begegnen. Sohn Du hast recht, denn jeder redet eine Sprache, die der andere nie mehr verstehen lernen wird .

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2. Auftritt. (Engelbrechts Hof in Dalarna. Engelbrecht allein, vor ihm auf dem Tisch eine Chronik.) Engelbrecht : Das waren die Folkunger. Ein großes Geschlecht. Und doch erschlugen sich die Brüder um der Macht und um der Herrschaft willen. Ist die Macht so wie der Hunger und die Liebesbrunst, macht sie aus Starken Feige, aus Geraden Falsche, aus Schwachen Kühne, macht sie Männer zu Weibern, Weiber zu Männern ? Hab' ich nicht manchen gesehen, der sonst scheu und zage war, aber als die Liebesbrunst ihn ergriff, ward er ein Held ? Habe ich nicht manchen gekannt, der gut und ehrsam und bescheiden war, als ihm aber Macht zuteil wurde, da ward er ein Schinder und schlechter Mensch? Wer hat dieses Geſetz in unsere Brust gesenkt? Soll es ewig so sein, daß unter den Strahlen seines Gebots Schierling und Nesseln geil ins Kraut schießen? Muß der Ehrgeiz, muß die Selbstſucht die Größe begleiten? (steht auf.) Jhr Folkunger, was half Euch Eure Eifersucht? Nichts, als daß Euer großes Geschlecht schneller verging, und der Feind es leichter hatte, dies Euer Land zu schwächen und zu unterjochen. Du Macht da oben, Schicksal, Gott, bedurfteſt Du wirklich gerade meiner, um diese Tat zu tun ? Oder war es eine Laune, ein Glückswürfelspiel, das mich an diese Stelle warf, das mich ein Land befreien ließ und mich doch inmitten dieses meines Volkes erkennen läßt, wie schmal der Grad ist, auf dem wir alle gehen, wie dünn der Stab, auf den wir uns stüßen? Ist denn keiner, der das Werk allein um des Werkes willen tut? Aber es sollte ihn geben, wenigstens einen , damit die anderen sehen und begreifen lernen, welches Leben lebenswert ist! 59

Ragnhild (tritt ein) : Hast Du wieder schlechte Nachrichten, daß Du so unruhig auf und ab gehst? Engelbrecht : Sage Du mir, Ragnhild , ſage wenigstens Du mir, warum mir das alles aufgebürdet wird !

Ragnhild : Was? Engelbrecht : Macht, Stellung, Menschen! Ragnhild : Wardst Du ihrer überdrüſſig? Engelbrecht : Ja! Ragnhild : Warum bist Du überhaupt hierher gekommen? Engelbrecht : Das fragst Du ? Ragnhild : Ich hätte noch eine längere Trennung ertragen. Engelbrecht : Verstehst Du mich auch nicht mehr ? Ragnhild : Ich verstehe Dich schon. Aber ich begreife nicht, warum Du hierher gekommen biſt. Engelbrecht : War mein Werk nicht vollendet? Ragnhild : Du siehst, wie es vollendet ist, nun, da die Stände den Dänen wieder geholt haben. Engelbrecht : All das iſt jezt leicht gesagt. Ragnhild : Das mußtest Du Dir aber vorher sagen, daß den Ständen nicht zu trauen war. Engelbrecht : Du bist hochfahrend geworden in der Zeit, da wir uns nicht sahen! Ragnhild : Ich wünschte nur, Du wärest hochfahrender. Dann wäre Dir dies alles nicht geschehen. Warum gingst Du nicht weiter auf Deinem Wege? Warum kamst Du hierher? Engelbrecht : Ich kam hierher, um auf meinem Hofe zu sein, um wieder Bauer zu sein, ich, der ich Bauern führen soll . Aber die Urteile, die Du über Männerwerk fällst, von dem Du nichts verstehst, dünken mich überflüssig und unberechtigt. 60

Ragnhild : Ein guter Rat ſchadet niemand, und das will ich Dir sagen : Wäre ich bei Dir gewesen, so wärest Du jezt in Dadstena oder Stockholm, aber nicht hier. Engelbrecht : Woher nimmst Du das Vermögen, hierüber zu urteilen? Ragnhild : Aus dem gleichen Herzen, das damals vor Jösse Eriksons Burg ahnte, daß nur Du es ſein konntest, der uns befreite. Ach, Engelbrecht, ich fühlte ja nur, wer Du warst ! Engelbrecht : Ich muß mich gewöhnen , einſam zu sein. Ragnhild : Einſam warst Du auch vorher. Engelbrecht : Einsam für mich. sam inmitten einer Welt.

Aber nicht ein-

Ragnhild : Du bist nicht mit mir verheiratet. Schweden ist es, mit dem Du vermählt bist, Engelbrecht ! Engelbrecht : Ich habe mich nach dieser Aufgabe nicht gedrängt. Ragnhild : Das sagst Du immer wieder. Aber die Aufgabe drängte sich nach Dir. Hast Du nicht viel größere Widerstände gehabt, als Du Deine 3üge begannst, und hast gesiegt? Und jetzt weißt Du nicht, was Du mit den Ständen beginnen sollſt, die den König wiedergeholt haben, um sich hinter ihm zu verstecken, weil sie Dich fürchten? Engelbrecht : Ich weiß schon, was zu tun ist. — Ich warte nur. Ragnhild : Du wartest. Aber was willst Du dann tun? Du wirst das tun müssen, was Du versäumt hast : weiter gehen auf dem Wege, den Du beschritten hast, das erfüllen, was jene fürchten : Dir alle Macht holen! Engelbrecht : Da ist es wieder : Macht ! Sparre sprechen !

Ich höre

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Ragnhild : So ist er der einzige Kluge von all Deinen Leuten. Ich möchte den Mann kennenlernen, der Dir so verständig geraten hat. Aber Du hältst natürlich wieder auf den verstockten Puke, dessen eifersüchtiges Wesen mir nie gefiel, und der auch Dir alles mißgönnen wird. Engelbrecht : Du hast kein Recht, Puke zu schmähen! Er ist mein treuester Gefolgsmann. Ragnhild : Das nenne ich nicht Gefolgsmannstreue, wenn man seinen Herrn ſchlecht berät. Aber Du willst ja nicht hören. Es hat keinen 3weck, mit Dir zu reden. Geht Ihr Euren falschen Weg und laßt Euch von einem Weibe beschämen, das gesunder fühlt als Ihr ! Engelbrecht : Du ſprichst wahrhaftig, als ob Du nicht mich zum Manne hättest, sondern irgendeinen jener lahmen Schreiberlinge aus Dadstena oder Stockholm ! Keinen freudigen Empfang fand ich in meinem Hauſe ! Ragnhild : Du fandest den Empfang, den das Weib des Engelbrecht ihrem Mann bereiten muß, wenn sie würdig ſein will , ſein Weib zu heißen ! Engelbrecht : Genug, Ragnhild ! Glaubst Du, daß ich nicht Tag und Nacht nur daran denke, wie ich einen Ausweg finden kann? Meinst Du, ich wüßte nicht, daß ich die Macht besize, auch hier Wandel zu schaffen, und daß mein Amt als Sprecher der Bauern mich dazu verpflichtet, zu handeln? Das gleiche Amt aber bindet mich auch, abzuwarten, wann der Däne uns die Gelegenheit gibt, vorzugehen. Ragnhild : Sagtest Du nicht selbst, daß die Stände versprochen hatten, nur ein Schwede dürfte König sein? Engelbrecht : Ich will das volle Recht auf meiner Seite haben. Ich will die ersten Handlungen 62

des Dänen abwarten, denn er wird unser Recht nicht achten, weil er es nicht kann. Ragnhild : Das volle Recht ? gefragt, als Ihr losschlugt?

Hast Du danach

Engelbrecht : Ich war zuvor am Hof von Kopenhagen, Ragnhild. Ragnhild : Du verlorst 3eit damit ! Und ebenso verlierst Du jezt hier Deine Zeit ! Und alles das, weil Du Angst hast, ehrgeizig zu sein , weil Du meinst, Du dürftest nichts für Dich wollen ! So ist es doch? Engelbrecht : wollen.

Ich

darf

auch

nichts für mich

Ragnhild : Aber wenn Du und die Dinge das gleiche bedeuten, mußt Du auch für Dich wollen. Man kann doch nicht furchtsam werden nur aus lauter Rechtlichkeit ! Und dabei ſizeſt Du und zerquälst Dir den Kopf Tag und Nacht und bist beinahe krank vor 3orn und Kummer über den Derrat der Stände! Du mußt allein ſein, und es überwältigt Dich, daß Du das erkennst. Hätteſt Du es eher erkannt, wärest Du früher diesen Weg gegangen und nicht nach Dalarna zurückgekehrt. Du hättest mich vergessen oder Du hättest mich geholt und mir ein Reich in den Schoß gelegt. Siehst Du , so sehr weiß ich, was Du vermagst ! Du hast nun Zeit gefunden bei mir, und in der Einsamkeit hat es Dich doppelt bitter überfallen, was Derrat, Neid und Schlechtigkeit sind. Ich versuchte schon einmal, Dir den Weg zu zeigen. Damals fühlte ich nur. Heute weiß ich, wer Du bist, denn wir alle haben es doch mit Augen gesehen. (Eine Wache tritt ein.) Wache : Es ist Botschaft vom Reichsrat draußen, Reichshauptmann. 63

Engelbrecht : Dom Reichsrat? Ich will sie hören. (Ein Ritter mit kleinem Gefolge tritt ein.)

Ritter : Herr, ich bin in größter Eile hergeritten . Ich soll Euch auf das dringlichste bitten, sofort satteln zu lassen und mit Euren Truppen zu kommen. Der König von Dänemark hat sein Dersprechen nicht eingehalten. Engelbrecht : Er auch nicht ! Ritter : Der Reichsrat bittet Euch, ihn und das Reich vor der Gewaltsamkeit des Königs zu schützen. Engelbrecht : Sagt dem Reichsrat, daß ich komme! (Ritter ab.) Nun, Ragnhild ? Ragnhild : Nimm mich mit ! Engelbrecht : Warum? Ragnhild : Damit ich bei Dir bin und nicht immer nur dieſer Puke, und weil der Herr Reichshauptmann ja auch zu Vadstena und zu Stockholm sein Weib nicht zu verstecken braucht. Nichts als Ehrgeiz , Du , nichts als Ehrgeiz ! mich mit Dir reisen !

Laß

Engelbrecht : Wie Du bitten kannſt auf einmal . Ragnhild : Ich kann es auch laſſen. auch allein reiten.

Du kannſt

Engelbrecht : Komm Du nur mit. Aber wenn Du meinst, ich sei mit Schweden verheiratet, so ist mir, als hielte ich Schweden, wenn ich Dich umarme, meine Ragnhild !

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5. Aufzug. 1. Auftritt. (Auf einer Schäre. Engelbrecht, Ragnhild .) Ragnhild : Sieh, welch ein Sommertag ! Die Klippen sind grau vor Hiße und das Wasser liegt so still, daß die Möwe kaum niederzustoßen wagt, aus Furcht, sie könne seinen Spiegel trüben. Engelbrecht : Man sieht im Waſſer bis auf den Grund. Es zeigt sein wahres Inneres, so wie der Mensch in der Stille höchsten Glückes oder tiefſten Unglückes ſein wahres Wesen zeigt, gütig und grausam, gesättigt und gierig zugleich. Ragnhild : Weißt Du, daß es das erſtemal iſt, ſeit wir uns lieben, da wir so ruhevoll ſehen, was um uns ist, ohne auszuspähen, ohne auf das Künftige zu lauschen? Wir hatten noch nicht Zeit genug, anderes auf uns wirken zu laſſen, da wir immer nur selbst tun und handeln mußten. Engelbrecht : Mir iſt, als hätten wir noch nicht gelebt. Ragnhild : Wir sind doch jung ! Engelbrecht : Wenn es nach dem ginge, was wir durchlebten in so kurzer Zeit, könnte man uns alt nennen. Man könnte glauben, daß nicht mehr viel zu leben wäre.

Ragnhild : Laß solche Gedanken ! Engelbrecht : Ich will auch nicht mehr rückwärts schauen. Es liegt zu viel hinter mir. Das

5.

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Grauen könnte kommen und mir den Kopf in den Nacken drehen, wenn ich zu lange dort hinſtarre. Ragnhild : Du willst die Welt sehen, als sie ist.

immer

anders

Engelbrecht : Kann ich dafür ? Ich bin so erschaffen. Aber woher nähme ich die Kraft für mein Werk, wenn ich mir stündlich klar machte, wie erbärmlich die Welt vielleicht ist ? Wenn mir täglich vor Augen stünde, wieviel Wortbruch, Derrat, Hoffart und tiefe Schlechtigkeit mir begegnet? Ein guter Geist läßt mich das meist schnell vergeſſen . Und sieh', ich soll ja abgeben, soll die Sonne spielen, von der Mond und Sterne Licht borgen. Woher soll ich das nehmen? Dom Ruhm vielleicht? Der ist flüchtig. Dom Glück ? Es ist nicht dauerhafter. Dom Predigen der Pfaffen? Sie wiſſen selbst nicht, was sie reden, und haben mir nie etwas gesagt. Ich kann nur an mich glauben und an die Macht, die mich zu meinem Dolk berief, so gebieterisch, daß ich ihr folgen mußte, wenn sich auch mein Inneres dagegen wehrte. Warum wollt Ihr immer Waſſer in meine Flamme gießen? Wenn sie niedriger brennt, dann staunt Ihr und beklagt Euch und mich. Ragnhild : Aber ich doch nicht. Engelbrecht : Auch Du , Liebe, Du sogar vor allem . Du bist darin genau so wie ein Dolk, und mir ſcheint, die Völker möchten immer Götter an ihrer Spitze sehen. Und was bin ich schon? Werkzeug eines Schicksals, deſſen Plan wir doch nicht kennen. Immer dann, wenn man glaubt, ein Wort seines Befehls deutlich vernommen zu haben, ist der Laut schon verklungen, und wir rätſeln an den Worten, die wir nicht mehr vernahmen. Ragnhild : Du bist wieder schwermütig heute. Das ist nicht die Laune für das Werk, das Du Dir vorgenommen hast.

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Engelbrecht : Man soll die Stunden nutzen, die Man handelt darum Ruhe zum Denken geben. doch, wie man muß. Und ich habe vor, sehr schnell zu handeln und ohne alle Rücksichten. Ich weiß ja auch nicht, wie lange 3eit ich noch dafür habe. Ragnhild : Sieh dort, was für eine dunkle Wolke. Sie eilt auf die Sonne zu , wird schwärzer und dichter. Gleich schluckt sie die Sonne. Da ! Wie es sofort kühl wird ! Engelbrecht : Du bist übermüdet, Ragnhild. Solch ein Feldzug mit all ſeinen Ritten, Reiſen und Fahrten ist nicht so leicht durchzuhalten, wie Du glaubtest. Wir wollen die Nacht hier auf der Schäre bleiben. Dann kannst Du schlafen, und ich überdenke mir noch einmal meine Pläne für Stockholm. Ragnhild : Ehrgeizige Pläne ? Engelbrecht : Pläne, die nach dem Sinn meiner Ragnhild sein werden. Und doch Pläne, die ihre lezte Gestalt erst nun erhalten können, da der Däne endgültig aus dem Lande ist. Ich will in Stockholm alle Notwendigkeiten prüfen . Ich will nichts übereilen und auch nichts tun, was meinem Wesen nicht gemäß ist. Ein tiesinneres Gefühl sagt mir, daß die Ränke gegen mich feiner geschmiedet ſind , als ich in meiner Arglosigkeit dachte. Das Schwert allein wird sie nicht vernichten können, denn man wird dem Schwert das Kruzifix entgegenhalten und fragen : Willst Du auf den Erlöser schlagen? Ich hatte nicht genug 3eit bisher und war vielleicht zu töricht, um der Kutte einen größeren und tieferen Argwohn zuzuwenden wie dem Panzer und dem. Federbusch. Mir fallen die Gespräche wieder ein, die ich mit dem Abgesandten des Erzbischofs hatte. Ich habe sie zu wenig beachtet, obwohl ich wußte, daß ich nichts Gutes von der Seite zu erwarten habe. Ich habe das Kleid zu hoch geachtet und das

5*

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Kreuz auf der Brust zu wichtig genommen gegenüber den Gedanken , die darunter wohnen. Das ist ein Fehler, den ich gutmachen muß. Dieſen Herren soll meine besondere Liebe und Sorgfalt in Stockholm gelten ! Ragnhild : Hörſt Du nicht Ruderſchlag? Engelbrecht : Nein. Ragnhild : Ich bin müde. laut.

Mein Herz klopft ſo

Engelbrecht : Du bist angestrengt, ich sagte es Dir ja. Lehne den Kopf an meine Schulter. Schlafe ein wenig . Ragnhild : Die schwarze Wolke ist immer noch da. Engelbrecht : Laß sie nur. Sie wird auch vergehen. Horch auf das Lied der Mittagsstille. Ragnhild : Jezt höre ich ganz deutlich Engelbrecht : Was? Ragnhild : Den Ruderschlag. Engelbrecht : Jeßt höre ich ihn auch. Ragnhild : Wo hast Du Deine Waffen? Engelbrecht : Seit wann bist Du ſo ſchreckhaft? Ragnhild : Man weiß nie, was kommen kann ! Engelbrecht : Aber Ragnhild! Ragnhild : Da ist das Boot ! darin !

Es ſizen Bewaffnete

Engelbrecht : Nun ja. Ragnhild : Sie haben uns geſehen. Engelbrecht : Sie grüßen freundlich. Ragnhild : Der am Steuer, sieh! setzliches Gesicht !

Welch ein ent-

Engelbrecht : Du fieberst ja, Ragnhild , und fliegst am ganzen Leibe! Es ist Natt och Dag, richtig, ich erkenne ihn. Soeben winkt er wieder.

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Ragnhild : Hol' Deine Waffen ! Sonst hole ich sie! Ich rufe nach Deinen Leuten ! Engelbrecht : Laß das, ich befehle Dir ! Es ist Natt och Dag, ein Edelmann . Vielleicht schickt ihn der Reichsrat. Wunderlich allerdings, gerade i hn zu senden. Natt och Dag (auftretend) : Welche Ehre, Herr Reichshauptmann, Euch hier auf meinem Boden begrüßen zu können. Engelbrecht : Ich wußte gar nicht, daß Euch dieſe Schäre gehört. Natt och Dag : Ihr meint, Ihr wärt sonst nicht gekommen? Ich grüße Euch, edle Frau . Welche Freude, daß auch Ihr Zeuge dieser Begegnung ſeid . Engelbrecht : Warum?

Ihr

seid

schwer

bewaffnet?

Natt och Dag : Wollt Ihr den Grund wiſſen? Engelbrecht : Gewiß ! Natt och Dag : Dies ist der Grund! (3ieht sein Schwert und schlägt Engelbrecht nieder.) Ragnhild : Mörder, Mörder, Mörder ! (Stürzt zu Engelbrecht.) Natt och Dag (zu seinen Knechten) : Sofort das Gefolge abfangen ! (Tritt zu Engelbrecht) : Nun, Herr Bauernkönig ? Engelbrecht : Feigling! (Wendet sich ab und stirbt. Natt och Dag tritt betroffen zurück.) Ragnhild (nach langer Pauſe, wie erstarrt zu dem Toten) : Ob ich recht tat, als ich Dir diesen Weg wies? Würdest Du nicht noch heute leben, wenn ich es nicht getan hätte? Soll ich nun sagen, ich wünschte, es wäre ungeschehen ? Ich höre, wie Du

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antwortest : Nein, es darf nicht ungeschehen sein. Nein, nein. Natt och Dag : Ihr seid meine Gefangene. Keine Furcht! Ich werde Euch mit all der Ehrerbietung behandeln, die einer so hochedlen Bauerntochter zukommt. Ragnhild : Laßt mich los ! Natt och Dag : Ich weiß nicht, ob ich das wagen darf. Thr springt sonst vielleicht ins Waſſer, und Euer Leben ist mir wertvoller als Euer Tod. (3u den Knechten) : Schleppt den toten Hund fort !

Ein Knecht : Das war kein Hund ! Und das eben war kein Ritterwort! Nattoch Dag : Willst Du mich lehren, was Ritterworte sind. Knecht : Es war auch keine Rittertat, einen wehrlosen Mann zu erschlagen! Natt och Dag : Willst Du hinterher, Schuft ? Sind selbst hier in meinem Gefolge schon bäuerliche Aufrührer? Nehmt ihn fest und schmeißt ihn in den Turm!

(3u einem anderen Knecht) : Du , Per, sorge, daß sofort Nachricht nach Stockholm zum Reichshauptmann Karl Knutsson Bonde kommt. Edle Dame, Jhr folgt mir. Bitte behaltet meinen Arm. Ihr weint? Tröstet Euch, Ihr seid ja noch jung.

Ragnhild : Jung .

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2. Auftritt. (Saal im Stockholmer Schloß. Karl Knutsson Bonde im Krönungsmantel, der Erzbischof.) Erzbischof : Nur wenige Augenblicke trennen Euch noch von der Erfüllung Eurer Wünsche. Gleich werden die Glocken zu läuten beginnen. Draußen harrt das Dolk auf den neuen König. Ihr seid am Ziel. Seid Jhr mit uns zufrieden? Karl Knutsson : Es ist gekommen, wie ich es mir gedacht habe. Ich bin Euch und Eurem Stande für Eure Hilfe verbunden. Ihr habt noch einen Wunsch? Erzbischof : Ich wollte noch vor der Krönung mit Euch reden, um Euch an einige Gespräche zu erinnern, die wir vor dem großen Umschwung der Dinge geführt haben. Karl Knutsson : Welche Gespräche meint Jhr? Erzbischof : Unterredungen, in denen Ihr mir bestimmte Zusicherungen gemacht habt für den Fall, daß Ihr das erreichtet, was Ihr nachher im Dom aus meinen Händen empfangen werdet. Karl Knutsson : Aus Euren Händen? Ihr meint die Krone? Nun ja, auch aus Euren Händen, gewiß. Aber muß das alles gerade jezt sein ? Ich Der große erinnere mich gar nicht so genau. Augenblick, das hohe meinen Geist zu sehr. Erzbischof : So Hilfe kommen.

Ziel,

all

das

beschäftigt

darf ich Eurem Gedächtnis zu

Karl Knutsson : Sagt es nach der Krönung. Erzbischof : Wir besprachen gewisse Privilegien der Heiligen Kirche, die Ihr zu erneuern zusichertet. Karl Knutsson : Ich glaube, der 3eremonienmeister muß jeden Augenblick kommen . 71

Erzbischof : Es handelte sich auch um die Kezerei und ihre Bekämpfung. Karl Knutsson : Mantel paßt?

Findet

Ihr,

daß

mir

der

Erzbischof : Karl Knutsson Bonde, Ihr sprecht mit dem Erzbischof von Uppsala ! Karl Knutsson : Und Ihr mit dem König von Schweden! Erzbischof : König von Schweden, jawohl ! König von unseren Gnaden! Karl Knutsson : Das ist eine Anmaßung ! Erzbischof : Wie, Ihr wagt es, hier den großen Herrn zu spielen ? Wo wäret Ihr denn ohne uns? Was habt Ihr überhaupt geleistet, um an Euer Ziel zu kommen? Keinen einzigen Streich habt Ihr selbst gegen Engelbrecht geführt !

Karl Knutsson : Ihr vielleicht? Erzbischof : Das ist unerträglich ! Ihr Schattenpuppe eines Königs, Speiſerest vom Tische Engelbrechts- ein Wink genügt, um Eure ganze Herrlichkeit zu zertrümmern ! Ich kröne Euch nicht ! Karl Knutsson : Dann mag das ein Bischof tun. Glaubt Ihr, ich laſſe mich durch Euch von meinem Wege abbringen ? Erzbischof : Ihr meint, wir seien gut genug, die Trittleiter für Euch darzustellen ? Ihr sollt uns kennenlernen! Eine Frage : Ich habe gehört, daß Natt och Dag einen Schutzbrief von Euch bekommen hat. Habt Ihr vor, diesen Brief auch als König zu bestätigen ?

Karl Knutsson : Allerdings ! Erzbischof : Ihr gebt also einem Mörder öffentlich den Schuß Eurer gesalbten Majestät? Karl Knutsson : Stört Euch das? 72

Erzbischof : Es ſtört andere, Herr Karl Knutsſon, und es stört auch mich. Karl Knutsson : Euch? Ihr scherzt! Erzbischof : Glaubt Ihr nicht, daß es mir ein Leichtes ist, die Zusammenhänge zwischen Euch und Natt och Dag aufzudecken, über die schon heute überall im Dolke gemunkelt wird ? Karl Knutsson : Dieser Pfeil träfe nur Euch selbst mit, Herr Erzbischof. Jest scheint Ihr ein schlechtes Gedächtnis für Gespräche zwischen uns zu haben. Ihr wart es doch, der mich auf Natt och Dag selbst hinwies. Erzbischof : Gewiß . Aber nicht mit solchen Anweisungen, wie Ihr sie ihm gegeben zu haben

scheint. Karl Knutsson :

Euch schlägt

das

Gewissen

jezt? Erzbischof : Ihr scheint keines mehr zu besiken, Herr Karl Knutsson . Habt Ihr nicht gehört, daß das Weib des Engelbrecht im Turm Natt och Dags vor Gram gestorben ist? Karl Knutsson : Ist sie das ? Erzbischof : Ich hörte es gestern . Karl Knutsson : Aber die Burg wurde nicht gestürmt. Und daß Puke den Sparre erledigt hat, wißt Ihr genau so wie ich. Aber Ihr fühlt Euch völlig unschuldig an allem, nicht wahr? Erzbischof : Ich verurteile als Dertreter der Heiligen Kirche auf das schärfste den ebenso feigen wie unmenschlichen Mord am Reichshauptmann Engelbrecht Engelbrechtsson ! Karl Knutsson : Verzeiht, aber ich muß lächeln! Ihr, der Ihr selbst die Gegner gesammelt habt, der Ihr vor allem danach strebtet, Engelbrecht zu verdrängen 73

Erzbischof : 3u verdrängen, ja, nicht aber zu beseitigen, geschweige zu ermorden ! Karl Knutsson : Mir scheint, Ihr werdet noch einmal zum Fürkämpfer der Bauern, Herr Erzbischof. Erzbischof : Ihr versteht noch immer nicht, daß ich ernst mit Euch rede. Es geht um Eure Krone in dem Gespräch, das ich hier mit Euch führe ! Glaubt Ihr, ein König , deſſen Schuld an der Ermordung des Engelbrecht offenbar wird , ist nur einen Tag seines Thrones sicher? Karl Knutsson : Aber es kann ja nicht offenbar werden. Erzbischof : Ihr versteht mich noch immer nicht, Karl Knutsson. Hier, aus dieſem meinem Munde wird es aller Welt offenbar werden Karl Knutsson : Nein! Erzbischof : Wenn Ihr mir nicht in all dem willfährig ſeid, was Ihr mir versprochen habt. Karl Knutsson : Bin ich König oder der Fuhrknecht für den Wagen der Kirche? Erzbischof : Ihr seid nicht der erste König, den die Kirche gemacht hat, und werdet nicht der letzte sein, den sie stürzt! Ich frage Euch noch einmal : Wollt Ihr Euch jezt erinnern? Karl Knutsson : Laßt mir noch 3eit! — Thr wollt nicht die Last mit mir zusammen tragen. Quält mich nicht mehr. Ich gebe Euch alles, was Ihr wollt. Nur schweigt! Erzbischof : Ich habe Euer Wort! Karl Knutsson : Ihr habt mein Wort ! Ich bitte Euch, schweigt ! - Hört Thr Erzbischof: Ich verspreche es Euch. die Glocken draußen rufen?

Karl Knutsson : Ich höre sie. 74

Erzbischof : Erhebt Euren Geist, damit Thr Eurer großen Aufgabe gewachsen seid . Ihr seid blaß! Karl Knutsson : Ihr habt mir zuviel ins Gedächtnis zurückgerufen! Erzbischof : Kann ich Eure Sorgen lindern? Karl Knutsson : Wißt Ihr, ich sprach neulich mit Natt och Dag. Er war nämlich einmal heimlich bei mir. Ich fragte ihn nach Engelbrechts Tode, immer wieder und wieder, und schließlich fragte er, warum ich das immer von neuem hören wolle. Und da sagte ich ihm, er erzähle das ſo ruhig, und wenn man das so höre, sei es gar nicht so schlimm. Ich machte mir nämlich immer so schreckliche Dorstellungen darüber. Nur, welches das letzte Wort Engelbrechts war, wollte Natt och Dag mir nicht sagen. Erzbischof : Warum denkt Ihr jetzt so viel daran, kurz vor Eurer Krönung? Karl Knutsson : Ich denke immer daran . Und jezt ist auch diese Ragnhild tot. Ich sage mir so oft, ich wußte doch eigentlich ― nichts davon. Ich wollte nämlich nichts davon wiſſen, als Natt och Dag zum erstenmal mit mir darüber sprach. - Denkt Ihr auch an Engelbrecht? Erzbischof : Manchmal. Karl Knutsson : Und an seinen Tod? Erzbischof: Zuweilen denke ich an ſein Ende. Es ist hier so dämmerig. Findet Ihr nicht, daß schon Licht gebracht werden könnte? Karl Knutsson : Die Feier beginnt doch gleich. Oder meint Ihr auch, daß es noch lange bis dahin dauert? Erzbischof : Es iſt wirklich kalt hier, wie in einer Gruft! 75

Karl Knutsson : Mir ist, als wären wir nicht allein im Raum !

Erzbischof : Ihr seid krank ! Karl Knutsson : Nein, nein ! Spürt Ihr nichts ? Erzbischof : Was soll ich spüren? Karl Knutsson : Es ist etwas hinter mir, das faßt durch meinen Körper ! Mein Herz ist in mir wie ein Klumpen Eis! Erzbischof : Faßt Euch, faßt Euch! Karl Knutsson : Eis schmelzen !

Oh, nie wieder wird dieses

Erzbischof : Hört ! Sie kommen ! Rafft Euch hoch! In wenigen Augenblicken tragt Ihr die Krone Schwedens ! Karl Knutsson : Ich will die Krone nicht ! Sie wird mir die Hirnschale zusammendrücken ! Erzbischof : Nicht so , jezt nicht so! (Die Flügeltür springt auf. Man sieht einen langen Gang hinunter ein Spalier sich stumm verneigender Höflinge.)

Blickt auf!

726

Karl Knutsson : Ah! Licht! Erzbischof : Kommt, stüßt Euch auf meinen Arm.

Nachspiel. (Eine Schäre, Nacht, ſtarker Wind. In einer Höhle, halb mit Brettern abgedeckt, sitzt Natt och Dag. Karl Knutsson tritt auf mit einem kleinen Gefolge.) Karl Knutsson : Hier ist Licht, vielleicht kann man hier unterkommen zur Nacht ! Ein Gefolgsmann : He, Fischer, mach' Plaz für Deinen König ! Natt och Dag : Ich bin kein Fischer und das ist • kein König. Karl Knutsson : Woher weißt Du, daß ich kein König bin?

Natt och Dag : Weil die Könige nicht um diese Zeit zu Besuch kommen und weil ich den Königen laſſen einen nicht traue. Wißt Jhr, die Könige lassen gern im Stich. Ich kannte auch Könige, als ich noch Ritter war. Aber alle diese Könige waren eigentlich keine Könige. Sie waren, ja , was weiß ich, was sie waren Gefolgsmann : Er redet wunderlich. Natt och Dag : Und erst die Ritter, die laſſen einen im Stich! Am besten sind immer die Seeräuber. Sie sind ehrlich, tapfer, gutmütig und edel. Karl Knutsson : Ich muß über Nacht hier auf der Insel bleiben . Du hörst ja selbst, wie es stürmt. Ich werde Dir reichlich Lohn geben für das Uebernachten.

77

Den brauche ich nicht. Natt och Dag : Lohn ? Wenn Ihr wüßtet, wieviel Geld ich einmal hatte! Karl Knutsson : Hast Du denn auch heute noch ſo viel?

Nattoch Dag : Nein. Seht Ihr, das Schlimme ist, daß der Engelbrecht das ganze Geld mit ins Grab genommen hat. Das ist schon viele Jahre her. Aber es ist mit den Jahren nicht besser geworden. Der Engelbrecht, wißt Ihr, das war ein sonderbarer Mann. Ich kannte ihn, den Engelbrecht Karl Knutsson : immer aus!

Sprich

diesen Namen nicht

Natt och Dag : Ihr kennt ihn also auch? seid Ihr eigentlich? (leuchtet ihm ins Gesicht.)

Wer

Ein König? Das soll ein König sein ? Dich kenne ich doch! Auf Dich habe ich gewartet, (wirfi die Fackel fort und springt Karl Knutsson an die Kehle), Karl Knutsson Bonde! Karl Knutsson : Hilfe, Hilfe! (Das Gefolge reißt sie auseinander und überwältigt Natt och Dag.) Leuchtet ihm ins Gesicht ! Ich will sehen, wer das ist! (Es geschieht.) Natt och Dag! Ist das der lette Gruß Schwedens an mich? Was treibst Du hier, Natt och Dag? Nattoch Dag : Laßt mich erst los, dann will ich es Dir sagen. Ich habe manchmal solche Anfälle. Es ist vorüber. Du kannst mich ruhig freigeben und mit mir sprechen. (Es geschieht.) Karl Knutsson : Wie kommst Du hierher, Natt och Dag? Natt och Dag : Durch Dich. Karl Knutsson : Wie? Natt och Dag : Weil Du mich nicht schüßteſt. Karl Knutsson : Konnte ich es denn?

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Nattoch Dag : Wohl nicht. - Ich lebe hier. Aber erſt will ich wiſſen, was Du hier tuſt. Karl Knutsson : Ich bin auf der Flucht ins Ausland. Tattoch Dag : Du siehst noch immer ganz jugendlich aus. Ich bin grau geworden. Es schläft sich beſſer in Purpur und Seide als in der Sceräuberhöhle. Karl Knutsson : Schlafen? Schlaf kenne ich seit Jahren nicht mehr. Natt och Dag : Du auch nicht? Siehst Du , nicht einmal das gönnt er uns, der Engelbrecht! Karl Knutsson : Laß die Toten ruhn ! Nattoch Da g : Sie ruhen nicht. Sie sind da. Der Engelbrecht ist meine Gesellschaft Tag und Nacht. Karl Knutsson : Laß, laß! Nattoch Da g : Nein, nein. Warum soll er nicht auch Deine Gesellschaft sein, wo Du doch ebenso viel Teil haſt an ihm wie ich? Wo ist der Erzbischof? Karl Knutsson : Er ist seit Jahren tot. Nattoch Dag : Er hat es beſſer als wir. Karl Knutsson : Oder schlimmer. Natt och Dag : Ach so , Du glaubst ja an den Unſinn mit der Hölle. Ich finde, die Hölle jenseits ist überflüſſig. Mir genügt die Hölle diesseits vollständig. Was wurde aus König Erik von Dänemark? Karl Knutsson : Er starb.

Nattoch Dag : So, auch? Karl Knutsson : Einmal stirbt doch jeder ! Natt och Dag : Oh nein. Der Engelbrecht starb nicht. Karl Knutsson : Du beginnst wieder, wirr zu reden. 79

Natt och Dag : Ich bin ganz klar . Sag mir : sind die Bauern noch im Reichstag?

Karl Knutsson : Ja. Natt och Dag : Fremden?

Ist das

Land

noch frei

von

Karl Knutsson : Ja ! Ja! Nattoch Dag : Spricht man noch von Engelbrecht? Karl Knutsson : Hör auf! Jedes Kind singt von ihm ! Natt och Dag : Alles umsonst, alles umsonst ! Und Du bist ein König ohne Land. (Karl Knutsson bricht in Tränen aus.) Weine nicht, Karl Knutsson. Der Ritter ohne Burg, und der König ohne Land, gehören sie nicht zusammen? Aber, hab' keine Furcht, ich will nicht mit Dir ziehen morgen. Denn ich hasse Dich so sehr, daß ich glaube, ich erwürge Dich doch einmal, wenn ich einen meiner Anfälle habe. Und Du sollst Dein Leben zu Ende leben, erbarmungslos, wie auch ich das muß! Ein früher Tod wäre zu ſchade für Dich, Karl Knutsson ! Du weinst immer noch? So warst Du schon als Kind. Du weintest, wenn etwas falsch lief, ich schlug alles entzwei . Und heute weinst Du wieder ich aber bin zu müde, zu mürbe, um noch um mich zu schlagen. Ich bin wohl bald so weit wie Du. Du mußt Dich damit abfinden : Wir sind weniger, als wir jemals waren, und er, der Engelbrecht, ist mehr geworden als alle Könige vor ihm. Wir können beide nicht schlafen, Karl Knutsson. So wollen wir wachen machen bis zum lezten de Morgen. nb ur g

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