Elementatio Theologica (Stoicheiosis) 9783787316564, 3787316566

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Elementatio Theologica (Stoicheiosis)
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Philosophische Bibliothek

Proklos Theologische Grundlegung Griechisch–Deutsch

Meiner

PROKLOS

Theologische Grundlegung Griechisch  –  deutsch

Übersetzt und mit einer Einleitung sowie einem durchgängigen erläuternden Kommentar herausgegeben von

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FELI X M EI N ER V ER LAG H A M BU RG

PHILOSOPHISCHE BIBLIOTHEK BAND 562

Bibliographische Information Der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publi­ka­tion in der Deutschen Nationalbibliographie ; detaillierte b ­ ibliographische Daten sind im Internet über ‹  http ://dnb.ddb.de  › abrufbar. ISBN 978-3-7873-1656-4

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INHALTSVERZEICHNIS

Einleitung ������������������������������������������������������������������������������� VII I.

Proklos. Leben und Tätigkeit ����������������������������������������������� VII § 1. Leben — § 2. Person — § 3. Schriftsteller — § 4. Stil

II. Die Stellung des Proklos im Neuplatonismus ����������������� XXVIII § 5. Heterogenität und Homogenität des Neuplatonismus — § 6. Die kausale Bewegung — § 7. Metaphysisches Begehren  — § 8. Neuplatonische Scheidewege III. Die Theologische Grundlegung. Form, Titel, Datierung ������ XLV § 9. Aufbau — § 10. Der Titel — § 11. Chronologie IV. Metaphysische Verwandlungen ��������������������������������������� LXVII § 12. Die Theologische Grundlegung. Erster Teil — § 13. Her­ vortreten — § 14. Hierarchie — § 15. Teilhabe — § 16. Drei Modi des Seins —§ 17. Verwandlungen oder Umgestaltungen  — § 18. Zwischenbemerkung. Die Selbstbestehenden — § 19. Materie. Die Grenze des Einen — § 20. Die Proklische ­Monadologie — § 21. Die Theologische Grundlegung. Zweiter Teil. Aussicht

Bibliographie ���������������������������������������������������������������������� CXIII Editorischer Bericht ����������������������������������������������������������� CXXI

Πρόκλου διαδόχου πλατωνικοῦ ϕιλοσόϕου Στοιχείωσις ϑεολογική Κεϕάλαια σια´



Die Theologische Grundlegung des Philosophen Proklos, der platonische Nachfolger, in 211 Kapiteln ����������� 1

Anmerkungen ������������������������������������������������������������������������� 231 Terminologisches Register und Übersetzungsschlüssel ����� 357

EINLEITUNG

I.  Proklos. Leben und Tätigkeit § 1.  Leben Über das Leben des Philosophen und Schulhauptes der athenischen Akademie Proklos (410 /411–485 n. Chr.) ist seinen hinter­ lassenen Werken wenig zu entnehmen. Der Philosoph, der die athenische Akademie im 5. Jahrhundert zum letzten Mal zur Blüte führte, versteckt sich hinter einem beispiellos abstrakten philosophischen Stil. Er verläßt diese Stellung lediglich ein einziges Mal im Prolog seines Kommentars zu Platons Parmenides, wo er sich an seinen Schüler Asklepiodotos wendet, dem er den Kommentar widmete.1 Es stehen allerdings zwei hinsichtlich ihrer Absicht und Qualität sehr unterschiedliche Quellen über das Leben des ­Proklos zur Verfügung. Erstens die Gedenkrede seines Schülers und Nachfolgers Marinos, »Proklos oder über das Glück«2, die anläßlich des ersten Jahrestags seines Todes entstanden ist. Dieser Text ist seiner Form nach eine Biographie, hinsichtlich der biographischen Details ist der Text allerdings mit Vorsicht zu behandeln. Marinos idealisiert nämlich das wirkliche Leben des Proklos stark und schmückt es mit wunderbaren Geschichten aus. Offen­bar hatte er auch nicht die Absicht, eine historisch akkurate Lebensgeschichte zu verfassen. Das Porträt gehört im Grunde genommen dem hagiographischen Genre an. Marinos modelliert Proklos’ Leben entlang den Tugenden, die einem vollkommenen neuplatonischen Philosophen eigen sein sollten, Vgl. den Kommentar zum Parmenides 618.16–20. Die maßgebliche Ausgabe der Vita Procli ist von Henri Dominique Saffrey und Alain-Philippe Segonds, Marinus. Proclus ou sur le bonheur, Fr./Gr., Paris 2001. – Marinos’ Lebensbeschreibung war beliebt als Beispiel für ein ideales philosophisches Leben, weshalb es auch viele moderne Übersetzungen gibt, eine deutsche von Emil Orth, Proklos, Liber de causis. Marinos, Leben des Proklos, Rom 1938. 1

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und in ein solches Bild passen keine Berichte über das tägliche Leben, etwa als Leiter eines bedeutsamen philosophischen Instituts. Einen anderen Eindruck von der Person Proklos vermittelt eine zweite Quelle, die nicht Proklos, sondern Isidor gewidmet ist.3 Isidor war Proklos’ Schüler und sein Nachfolger, was er allerdings zugunsten Marinos’ nicht wurde. Über Isidor hat sein Schüler Damaskios eine Biographie verfaßt. Diese nur fragmentarisch erhaltene Schrift schildert ein recht genaues, allerdings von Isidor vermitteltes Bild der athenischen Akademie unter Proklos’ Leitung. Es wird berichtet über Proklos’ Verwaltungsstil, aber auch über sein Privatleben einschließlich der von Syrianos arrangierten, von Proklos jedoch ausgeschlagenen Heirat mit Aidesia. Nicht zuletzt wegen des sachlicheren Stils dieser Schrift vermittelt sie einen ausgewogeneren Eindruck von Proklos’ wirklichem Leben. Im Verein zeichnen die beiden Lebensbeschreibungen das Bild eines Mannes, der einerseits im Zeichen der Philosophie lebte und, da er von den Göttern zur Philosophie vorbestimmt war, auch im Zeichen der Theologie. Ferner sehen wir einen Mann, der neben seinen Lehrtätigkeiten ein großes Institut unter komplexen Zeitumständen weise und geschickt verwaltet hat. Proklos wurde 410 oder 411 n. Chr. während eines kurzfristigen Aufenthalts der Eltern in der multikulturell geprägten Großstadt Konstantinopel geboren. Die Eltern kehrten bald nach seiner Geburt nach Xanthos in Lykien zurück, wo ihr vermutlich einziges Kind in höheren gesellschaftlichen Kreisen aufwuchs. Wie Marinos erzählt, soll Proklos in Xanthos die Göttin Athene im Traum erschienen sein, die ihn zu einem philosophischen Leben aufforderte.4 Die erste Gelegenheit, sich mit der Philo­ Die Fragmente Das Leben des Isidors sind herausgegeben von Clemens Zintzen, Damascii vitae Isidori reliquiae, Hildesheim 1967. Eine frühere deutsche Übersetzung mit Kommentar stammt von Rudolf Asmus, Das Leben des Philosophen Isidoros von Damaskios aus Damaskos, Leipzig 1911. Eine moderne englische Übersetzung der Fragmente ist herausgegeben von Polymnia Athanassiadi, Damascius. The Philosophical History, Oxford 1999. 4 Vgl. Das Leben des Proklos 6. 3



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sophie zu beschäftigen, fand er an der alexandrinischen Universität, wo er allerdings, dem Wunsch seines Vaters folgend, zuerst Jura studierte. Neben Jura und Rhetorik beschäftigte er sich auch intensiv mit Platon und Aristoteles. Er soll sich allerdings schon bald über die oberflächliche und auch falsche Deutung der Platonischen Dialoge geärgert haben. Erneut erhält er einen Mahnruf von Athene, der ihn vielleicht nicht zur Philosophie überhaupt, sondern zum Studium der platonischen Philosophie an der Akademie in ihrer eigenen Stadt auffordert.5 Im Jahre 431 erreicht Proklos Athen, wo sich das Erbe Platons noch in unverfälschter Gestalt vorfand und er den Rest seines Lebens bleiben sollte. Übrigens ist seine Entscheidung, an der platonischen Akademie Philosophie zu studieren, nicht außergewöhnlich, denn im Laufe des 5. Jahrhunderts war die Akademie aus einer langen, eher peri­pheren Existenz wieder ins Zentrum des intellektuellen Lebens gerückt. Offenheit für Multikulturalität, das sich verschiebende Verhältnis zwischen christlicher Theologie und griechischer Philosophie sowie ein neues Interesse an der griechischen Kultur und dem historischen Platon spielt für die Revalorisierung der Akademie eine nicht unerhebliche Rolle. Für Proklos entscheidend wird allerdings der Umstand gewesen sein, daß in Athen die große philosophische Tradition wieder­ erweckt war. Unter Plutarch und Syrianos hatte sich die Akademie wieder zu einem bedeutsamen Institut entwickelt, das von vielen Studenten aus allen Teilen der antiken Welt – auch im Rahmen eines Bildungsprogramms – besucht wurde. Wie Marinos berichtet, war die Ankunft des Proklos in Athen ein Ereignis. Syrianos soll ihn im Hafen abgeholt und in sein Haus aufgenommen haben.6 Diese Ehre mag ihm sicherlich auch wegen seiner hohen Abstammung zugekommen sein, vielleicht ist ihm aber auch die Kunde von seinem großen philosophischen Talent vorausgeeilt. Jedenfalls hat er Syrianos in intellektueller Hinsicht beeindruckt, denn schon sehr bald wird er zu den Privatissima unter Leitung des betagten Plutarch eingeladen, in denen der Phaidon sowie Aristoteles’ Abhandlung Über die Seele studiert wurden. Syrianos nahm sich des Proklos auch als Vgl. Das Leben des Proklos 10. Vgl. Das Leben des Proklos 12.

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Menschen an. Er schlug ihm die Ehe mit seiner schönen Verwandten Aidesia vor. Ein Gott soll die Ehe vereitelt haben, wie Damaskios Proklos’ Absage später deutete.7 Syrianos erkannte in Proklos auch bald seinen Nachfolger. Gemeinsam arbeiteten sie sich in wenigen Jahren durch alle Abhandlungen des Aristoteles, für den Syrianos eine kritische Liebe hegte, sowie durch die Platonischen Dialoge in der von Iamblichos festgelegten Reihenfolge. Zusammen mit seinem Mitschüler Domninos wurden auch Vorbereitungen für eine privilegierte philosophische Einweihung in religiös-mystische Texte getroffen, insbesondere in die Orphischen Hymnen und Chaldäischen Orakel. Diese Einweihung konnte wegen des plötzlichen Todes des Syrianos um 438 nicht mehr ausgeführt werden. Im Grabe sind Proklos und Syrianos dann für immer miteinander vereint. In der Grabinschrift heißt es: »Die Körper der beiden Männer hat dieses Grab empfangen, damit der Ort auch ihre Seelen erhalten darf«.8 Syrianos’ Tod hat Proklos’ Leben tiefgreifend beeinflußt. So wurde er viel früher als erwartet sein Nachfolger. Er war erst 27 oder 28 Jahre alt, als er quasi über Nacht die Aufgaben als Schuloberhaupt einer Einrichtung mit internationalem Renommee, die inzwischen auch unter erheblichem Druck stand, auf sich nahm und sich diesen bis zu seinem Tode im Jahr 485 widmete. Auf diese schwierige und freilich auch praktische und politisch brisante Aufgabe war Proklos kaum vorbereitet. Er erfüllte sie glänzend, obwohl Marinos insbesondere die weltliche Seite von Proklos’ Lebensaufgaben in seiner eher schwärmerischen Lebensbeschreibung wenig berücksichtigt, ja gar beiseite schiebt. Er verliert sich kaum in Äußerlichkeiten, sondern beschränkt sich bald auf die Beschreibung von Proklos’ philosophischem Leben und auf die dazu erforderlichen, ihm von den Göttern geschenkten Tugenden. Hiermit hat seine Lebens­erzählung ihr eigentliches Ziel erreicht, und er entwirft das Bild eines heiligen Philosophen, der sein Leben ganz der schriftstellerischen Tätigkeit, der Lehre und dem Gottesdienst widmet. Nur wenige historische Umstände kümmern Marinos noch, wie etwa die lange Vgl. Das Leben des Isidors, Fragment 124. Vgl. Griechische Anthologie VII 341.

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Reise nach Asien, die Proklos vielleicht wegen der Spannungen zwischen den Christen und Nichtchristen in Athen unternommen hat;9 allerdings auch die unbequeme Tatsache, daß Proklos im 74. Lebensjahr gestorben ist, was im Widerspruch zu einem Traum steht, in dem ihm der Geist des Plutarch vorher­gesagt haben soll, daß Proklos im Alter von 70 sterben würde. Marinos’ Versuch, die Vorhersage zu retten, ist sonderbar. Proklos soll nämlich die letzten Jahre seines Lebens zwar noch gelehrt haben, aber nicht mehr geschrieben; überhaupt habe er im Alter viel von seiner geistigen Kraft und Schärfe eingebüßt. Werden nun diese letzten müden Jahre nicht mitgezählt, ist, so Marinos, Proklos’ Körper zwar 74 Jahre alt geworden, doch hat sein Geist kürzer gelebt.10 Diese prophetische Arithmetik ist freilich historisch nicht überzeugend, sie bestätigt allerdings das Bild, daß Amt und Pflichten das philosophische Leben des Proklos definierten. Die Fragmente Über das Leben des Isidors zeichnen ein ähnliches Bild, daß nämlich Proklos neben seiner konzentrierten schriftstellerischen Tätigkeit und eines intensiven Unterrichts­ programms die Führungsgeschäfte der Akademie höchst einsichtsvoll verfolgt habe. Er besaß nicht nur ein großes philo­ sophisches, sondern auch ein beachtliches organisatorisches Talent. Dies im Gegensatz zu Marinos, der die meisten seiner philosophischen Arbeiten zerrissen hat und als Proklos’ Nachfolger die Akademie ins Chaos stürzte und in die Unbedeutsamkeit führte.

Vgl. Das Leben des Proklos 18, wo sich Marinos absichtlich verdeckt ausdrückt, vgl. dazu die Deutung der Passage von Edward J. Watts, City and School in Late Antique Athens and Alexandria, Berkeley/Los Angeles 2006, S. 104 ff. Grund für die Reise könnte allerdings auch die Not einer innerlichen Besinnung gewesen sein oder auch ein letzter Besuch an die Eltern. Die Rückkehr nach Athen scheint jedenfalls glatt und ohne Aufsehen verlaufen zu sein. 10 Vgl. Das Leben des Proklos 26. 9

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§ 2.  Person In Übereinstimmung mit den beiden so verschiedenen biographischen Quellen lassen sich zwei Seiten der Persönlichkeit des Proklos feststellen, die in das allgemeine Bild passen, das uns sein Werk sowie die historischen Umstände vermitteln. Es gibt einerseits den philosophisch-religiösen, anderseits den praktischen Proklos. Auch wenn das von Marinos hagiographisch aufgeputzte Schema der Proklischen Tugenden als historisch wenig zuverlässig relativiert werden muß, zeigen sich hinter den ­Bellevuen auch zutreffende Zeichen seiner Persönlichkeit. So hat Proklos Philosophie und Religiosität miteinander verbunden, und er ist ein von den Göttern beseelter Mensch. Im Überblick der Tugenden betont Marinos zuerst Proklos’ körperliche Schönheit und Kraft, die selbstverständlich als ein Ausdruck seiner Favorisierung durch die Götter anzusehen sind. Obwohl es kein Bildnis des Proklos gibt, er sich auch gegen die Anfertigung eines solchen gewehrt haben soll und Marinos zufolge ohnehin kein Maler seine Schönheit hätte treffen können,11 scheint die Nachricht von seiner Schönheit, die auch Damaskios bestätigt,12 nicht ganz abwegig, auch wenn sie nicht primär als Totalität reizvoller Züge, sondern vielmehr plotinisch verstanden wird, nämlich als die Dynamik von beseelendem Prinzip und beseeltem Körper. Eine solche Dynamik als ein Verhältnis von spiritueller Konzentration und Empfänglichkeit einerseits und festem Zugriff auf abstrakte Gedanken anderseits waltet in Proklos’ schriftstellerischem Werk durchaus vor. Sein philosophischer und literarischer Stil ist überall durch den dynamischen Ausdruck von etwas Tieferem und Grundsätzlicherem geprägt. Die körperliche Kraft des Proklos zeigt sich besonders in seiner enormen Ausdauer. Über 40 Jahre lang soll er nach einer kurzen Nachtruhe täglich jeden Morgen fünf verschiedene Vorlesungen über exegetische Probleme der Philosophie abgehalten und anschließend mindestens 700 Zeilen, d. h. ungefähr 20 Seiten geschrieben haben; mittags habe er sich dem philosophischen ­Gespräch gewidmet, abends erneut gelesen, nachts soll er die Vgl. Das Leben des Proklos 3. Vgl. Das Leben des Isidors, Frag. 111.

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Götter mit der Verfassung von Hymnen geehrt und bei Sonnenaufgang gebetet haben.13 Dieser Bericht ist sicherlich allein schon deshalb übertrieben, weil er die täglichen administrativen Verpflichtungen unerwähnt läßt. Aber daß Proklos außergewöhnlich viel und konzentriert geschrieben hat, bezeugt sein umfangreiches, zum Teil allerdings nur fragmentarisch erhaltenes Œuvre, zu dem er seine Arbeiten schrittweise in 40 arbeitsamen Jahren zusammengefügt hat. Diese Leistung allein wird Marinos dermaßen beeindruckt haben, daß er sie nur durch die Tätigkeit eines göttlichen Prinzips erklären konnte. Seine göttliche Beseeltheit könne auch daran abgelesen werden – obwohl Marinos das lieber nicht allzu breit ausführt –, daß er kraft einer großen inneren Freiheit stets zum Wohl­ergehen seiner Umgebung gehandelt habe. Marinos erwähnt seine Großzügigkeit, auch die der Stadt Athen gegenüber, sowie seine außergewöhnlichen rhetorischen Fähigkeiten, öffentlich und mit großer Leichtigkeit abstrakte Gedanken sowie konkrete Anliegen vorzutragen und zu verteidigen.14 Andere Tugenden stehen im Zusammenhang mit der Erkundung der spirituellen Schichten des Menschen und seiner körperlichen Existenz, d. h. sie beziehen sich auf die Annäherung des Menschen an Gott, worin der wesentliche Trieb eines jeden Menschen, besonders aber des von den Göttern privilegierten Menschen besteht. Auch in den reinigenden Tugenden zeichnet sich Proklos aus, wodurch sich seine Seele auf die eigene Existenz einschränkt und stärker als der Körper ist und sich mithin als autonom erweist.15 Ferner legt Proklos bezüglich der kontemplativen Tugenden eine besondere Begabung an den Tag. Sie treten vor allem an der Leichtigkeit zutage, mit der er die göttlichen Strukturen der Wirklichkeit erkenne. Interessanterweise bemerkt Marinos ganz im Geiste Proklos’, daß diese Strukturen nicht nur griechisch seien, sondern für alle Kulturen eine Geltung besäßen.16 Proklos war sich seines kulturellen Hintergrundes bewußt, zugleich war er aber auch zu sehr Philosoph, um ihn als maßgeblich an­zu­sehen. Vgl. Das Leben des Proklos 22. Vgl. Das Leben des Proklos 14. 15 Vgl. Das Leben des Proklos 20. 16 Vgl. Das Leben des Proklos 19. 13

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Auf der kontemplativen Ebene verschwindet sowohl die griechische als auch die barbarische Außenseite aller Theologie und werden die von Zeit und Kultur unabhängigen metaphysischen Strukturen sichtbar. Proklos sieht ein, daß die metaphysische Wahrheit nicht, jedenfalls nicht ausschließlich, griechisch spricht. Schließlich gibt es eine höchste Tugend, die die intellektuelle Kontemplation übersteigt. Es geht um die theurgische Tugend, sich für die Tätigkeit der Götter und für das höchste Prinzip, nämlich das Prinzip des Einen, zu öffnen und sogar damit zu identifizieren.17 Die Natur der neuplatonischen im allgemeinen und Proklischen Theurgie im besonderen ist in der Literatur umstritten, was wegen der knappen Andeutungen im jeweiligen Schriftgut nicht ganz unverständlich ist. Die neueren Auslegungen schwanken zwischen deren Einschätzung als blanker Magie und ein durch gewisse technische Vorbereitungen philosophisch begründetes Offenstellen der Seele für eine metaphysisch zu beschreibende göttliche Tätigkeit.18 Auch Marinos geht nicht näher auf diese Tugend ein, sondern begnügt sich mit einer Erzählung über die geheimnisvollen Umstände der theurgischen Vorbereitung durch Syrianos.19 Der theurgischen Erfahrung geht offenbar eine Einweihung voraus, die nur besonders dazu bestimmte Menschen erhalten. Marinos illustriert diese höchste Tugend des göttlichen Wirkens durch den Topos einer wunderbaren Genesung.20 In der Theurgie, auf die Proklos als Krönung der menschlichen Existenz in seinem Werk lediglich hindeutet, werden Mensch und höchste metaphysische Tätigkeit miteinander verwoben und Gott und Mensch einander ähnlich. Obwohl Proklos immer als Philosoph arbeitet, ist es auch klar, daß es ihm dabei letztendlich um diese theurgische Erfahrung und Tätigkeit geht. Die philosophischen und spirituellen Fähigkeiten sind zwar wichtige Voraussetzungen für seine Tätigkeit als Schuloberhaupt, reichen jedoch, insbesondere wegen des zunehmenden Einflus Vgl. Das Leben des Proklos 26–28. Vgl. Radek Chlup, Proclus. An Introduction, Cambridge 2012, S. 168– 184. 19 Vgl. Das Leben des Proklos 26. 20 Vgl. Das Leben des Proklos 29. 17 18



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ses des Christentums, allein nicht mehr aus. Besonders hinsichtlich der öffentlichen und privaten Subventionen stand die Schule damals unter Druck, was in der Akademie dazu führte, dem Christentum nicht polemisch zu begegnen. Eine weitere Be­lastung für die Akademie war die Konkurrenz, die ihr von anderen, vornehmlich christlich orientierten Bildungs­instituten gemacht wurde, was ihr Schüler und somit auch Einnahmen kostete. Daß es Proklos gelungen ist, die Akademie auch unter solchen Umständen zu einem letzten Höhepunkt zu führen, ist sicher ein starkes Indiz für seine weltorientierte und pragmatische Haltung. Zweifelsohne wird allerdings auch die theologische Offenheit des Proklischen Systems – zumindest zeitweilig – einen posi­ tiven Einfluß auf die allgemeine Akzeptanz der Akademie gehabt haben. Proklos hat seine Philosophie zwar auf der Grundlage der Platonischen entwickelt, doch geht seine eigene Metaphysik allein schon deshalb weit über Platon hinaus, weil die allgemeinen metaphysischen Strukturen nicht das privilegierte Eigentum des Platonismus oder einer anderen philosophischen Schule sind. Nach Proklos gibt es Strukturen und Verhältnisse, die sowohl für den Platonismus als auch für die christliche Philo­ sophie systematische Relevanz haben. Hierin liegt sicherlich einer der Gründe dafür, daß die Akademie unter Proklos auch für christlich inspirierte Denker eine bedeutsame Bildungsstätte sein konnte.21 Nicht jeder Student hörte damals dasselbe Programm. An der Akademie gab es sowohl Vorlesungen und Seminare, die ausschließlich von überzeugten Platonikern besucht wurden, wie auch solche für ein breiteres Publikum, etwa über Rhetorik. Überhaupt lebten in Athen damals Philosophen und christliche Theologen nicht radikal getrennt voneinander, weshalb es zweifelsohne auch gemeinsame Diskussionen gab. Wichtig bleibt jedoch die Tatsache, daß die Akademie unter Proklos’ Führung ein weltoffenes, multikulturelles Institut war, an dem Studenten mit Vgl. dazu auch die Liste der Proklos-Schüler bei Henri Dominique Saffrey und Leendert Gerrit Westerink, Proclus. Théologie platonicienne. Livre I, Paris 1968, S. xlix–liv. Mehrere dieser Schüler sollten später kirchliche Ämter ausüben. 21

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verschiedensten kulturellen und theologischen Hintergründen aufeinandertrafen und nicht selten Freundschaften fürs Leben schlossen. Ganz ohne Makel waren Proklos’ praktische Einsichten jedoch nicht. Sein größter und für die Akademie sicherlich fataler Irrtum war die Einsetzung Marinos’ zu seinem Nachfolger. Diesen Schritt hat Proklos in seinen letzten Lebensjahren bereut und auch rückgängig zu machen versucht. Zuerst Hegias und dann Isidor sollten nach seinem Tode die Leitung der Akademie übernehmen, beide haben jedoch aus unklaren Gründen abgelehnt. Nachdem Marinos zwei oder drei Jahre nach Proklos verstarb, sollten mehrere Jahrzehnte vergehen, bis Damaskios, der jüngere Freund Isodors, um 515 nach Athen übersiedelte, neues Schuloberhaupt wurde und der Akademie zum letzten Mal neues Leben einhauchte. Er sollte das letzte Schuloberhaupt sein. § 3.  Schriftsteller Wenn Proklos, wie Marinos berichtet, tatsächlich jeden Tag mindestens 700 Zeilen, mithin ca. 20 moderne Textseiten geschrieben hat, müßten einmal ungefähr 275.000 Seiten existiert haben. Das ist unwahrscheinlich. Dennoch besteht kein Zweifel, daß Proklos ein außerordentlich fruchtbarer Autor gewesen ist. Laurence Jay Rosán zählt in seinem Katalog 45 Abhandlungen, Kommentare und Gedichte, oft von erheblichem Umfang.22 In vielen Fällen fehlen heute die Schriften und sind nur noch die Titel bekannt. Jedoch sind mehrere tausend Textseiten überliefert, darunter ganze Werke, doch auch viele kürzere und längere Fragmente. Das überlieferte Werk besteht aus verschieden­ artigen Abhandlungen, große systematische Werke sowie kleinere, einem spezifischen Thema gewidmete Essays, ausgiebige Kommentare zu den schwierigsten Dialogen Platons, Zusammenfassungen der Aristotelischen Physik sowie Auslegungen rätselhafter religiöser Gedichte und schließlich auch eine Reihe von den Göttern gewidmeten Hymnen. Vgl. Laurence Jay Rosán, The Philosophy of Proclus. The Final Phase of Ancient Thought, New York 1949, S. 36–59. 22



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Das Genre des Kommentars ist für den Neuplatonismus eine übliche Ausdrucksform, die vermutlich aus der Praxis der Lehre entstanden ist, aber auch aus dem Bezug auf die Platonische Philo­sophie zu verstehen ist. Bereits als Studenten wurden die Neuplatoniker zur Schärfung des philosophischen Verstandes dazu angehalten, bestimmte zentrale Texte, vor allem, aber nicht ausschließlich die Platonischen Dialoge, ausführlich zu erläutern. So scheint die Abfassung eines Kommentars zum Parmenides in der neuplatonischen Schule eine Art Prüfungsaufgabe ge­wesen zu sein. Allerdings eignet sich die Form des Kommentars auch hervorragend für eine untergründige Auseinandersetzung mit Plotins Auslegung der Platonischen Metaphysik, weil dabei seine zentralen Einsichten leicht auf versteckte Weise umgedeutet oder revidiert werden können. Der Kommentar avanciert damit zu einem Instrument, nicht allzu offen eine Alternative zu einer Plotinischen Position zu entwickeln. Seit Plotin setzt sich auch das Genre der philosophischen Abhandlung durch. Der Autor ergreift hier selbst das Wort und befreit sich von den Fesseln der Tradition, wie etwa Iamblichos in seiner Abhandlung Über die Mysterien der Ägypter. Hier weht der Wind einer empathischen Theologie, sofern der Mensch nicht durch philosophische Erkenntnis, sondern durch kultische Handlungen Gott ähnlich zu werden vermag. Abgesehen von wenigen Ausnahmen gibt es keine Chrono­ logie der einzelnen Proklischen Werke,23 weshalb sie üblicherweise auch ihrem Genre nach geordnet werden. Überhaupt ist die Chronologie deshalb so schwierig, weil ihr Autor allem Anschein nach nur wenige seiner Schriften definitiv für abgeschlossen angesehen hat. An den meisten seiner Schriften hat er zeitlebens geschliffen, weshalb man sie auch nur sehr bedingt einer bestimmten Entwicklungsphase zuordnen kann.

So behauptet Marinos, daß Proklos den Kommentar zum Timaios bereits im Alter von 27 Jahren fertiggestellt hätte (Das Leben des Proklos 13). Das ist jedoch allein schon wegen des Umfangs und der Ausge­wogen­ heit des Werkes unwahrscheinlich. Außerdem steht der Kommentar in allen Hinsichten in Übereinstimmung mit anderen Teilen des Proklischen Werks. Möglicherweise ist der von Marinos erwähnte Timaios-Kommentar ein früher und inzwischen verschollener Kommentar. 23

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1.  Philosophische Kommentare – Weitaus die meisten der Proklischen Kommentare haben die Dialoge Platons zum Gegenstand. Es hat auch einen Kommentar zu Plotins Enneaden24 und vielleicht auch einen zu Aristoteles’ Über die Seele gegeben. Obwohl Aristoteles für Proklos ein wichtiger Bezugspunkt war, hat er sich sonst jedoch nicht kommentierend auf ihn eingelassen, möglicherweise aus Respekt vor Syrianos, unter dessen Führung er die Hauptschriften des Aristoteles studiert hatte und deshalb nicht zu ihm in eine exegetische Konkurrenz treten wollte. Sonst sind alle wichtigsten Dialoge Platons, also alle, die für Plotin wichtig waren, und fast alle, die zu dem von Iamblichos definierten neuplatonischen Kurrikulum gehörten, Gegenstand eines oftmals jedoch verschollenen Kommentars. Verschollen ist z. B. der Kommentar zum Theaitetos, den Proklos zusammen mit seinem Kommentar zum Ti­maios nach Marinos am höchsten geschätzt hat.25 Daß dies wahrscheinlich ist, legt allein schon die Tatsache nahe, daß der Theaitetos eine Kritik des epistemologischen Relativismus entwickelt mit einem Argument für das Bleibende. Außerdem eröffnet der Theaitetos eine anthropologische Perspektive, was die Annäherung des Menschen an Gott anbelangt. Diese beiden Themen haben das Denken des Proklos tatsächlich tief geprägt. Proklos’ Timaios-Kommentar ist erhalten, obwohl nicht klar ist, ob er vollständig vorliegt, weil der Schlußteil nicht mit dem des Dialogs zusammenfällt. Es ist aber durchaus möglich, daß Proklos den Kommentar einfach nicht weitergeführt hat und somit das erhaltene Bruchstück von etwa 1000 modernen Druckseiten tatsächlich die ganze Arbeit ausmacht. In diesem Kommentar nimmt Proklos den Timaios zum Ausgangspunkt für die Darlegung seiner Auffassung, daß die Entwicklung der Natur durch in der Zeit vorherrschende Gesetze bestimmt ist, die als Entfaltung höherer, zeitloser und mithin metaphysischer Ursachen aufzufassen sind. Ein anderer bedeutsamer Kommentar ist der zu Platons Par­ menides, vielleicht dessen rätselhaftester Dialog, in dem Platon Vgl. Leendert Gerrit Westerink, »Exzerpte aus Proklos’ EnneadenKommentar bei Psellos«, in: Byzantinische Zeitschrift 52 (1959), S. 1–10. 25 Vgl. Das Leben des Proklos 38. 24



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in einer Bewegung von natürlicher Attraktion und epistemo­ logischer Repulsion den Begriff des »Einen« oder besser – da es sich hierbei nicht ausdrücklich um ein metaphysisches Prinzip handelt – den Begriff des »Eins« umkreisend erörtert und sowohl die Unerkennbarkeit des Eins als auch seine philo­ sophische Notwendigkeit evoziert. In seinem nicht vollständig erhaltenen Kommentar nimmt Proklos diesen selbst nicht meta­ physischen Begriff des »Eins«, den die Neuplatoniker selbstverständlich meta­physisch verstanden und gedeutet haben, zum Ausgangspunkt für eine detaillierte Beschreibung der metaphysischen Wirklichkeit und des Verhältnisses dieser Wirklichkeit zum Einen als höchstem Prinzip. Dabei stimmt er ausdrücklich Platons These der philosophischen Unerkennbarkeit des Einen zu, versucht allerdings vermittelst einer theurgischen Empfänglichkeit dem Einen zu begegnen. Proklos’ Anthropologie bzw. seine Analyse des Menschen und des menschlichen Strebens liegt im Kommentar zum Ersten Alkibiades vor. Dieser vielleicht nicht authentische Dialog Platons steht im Zeichen der Selbsterkenntnis, des Verlangens nach dem Guten und des Begriffs des Rechtfertigens. In dem entsprechenden Kommentar geht es um die für den Menschen grund­ legende Aufgabe der Selbsterkenntnis, die mit der Erkenntnis des Bildes des Einen in der Seele zusammenfällt. Es wird der Weg des Abschüttelns der Vielheit als Weg zum höchsten erreichbaren Gipfel des menschlichen Daseins beschrieben, d. h. einer Seele in einem Körper. Anders als bei Plotin ist dies jedoch kein Weg der Flucht vor und von der Vielheit, sondern vielmehr ein reflexiver Weg, der die Vielheit des Daseins in seinem individuellen Ursprung sammelt, in ihn zurückbiegt und damit vereint, um so – wenn möglich – das Eine zu erkennen. Bislang unterschätzt sind die Exzerpte aus dem Kommentar zum Kratylos, der den anscheinend spielerischen etymologischen Ansatz mit ernsthaftem Tiefsinn durchmißt und die soziale und metaphysische Bedeutung von Wörtern und ihr Verhältnis zum metaphysischen Urbild untersucht.26 Der Name ist Vgl. die wichtige Interpretation von R. M. van den Berg, Proclus’ Commentary on the Cratylus in Context: Ancient Theories of Language and Naming, Leiden/New York/Köln 2008. 26

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ein Bild von Ideen oder Formen und ihren wechselseitigen Verhältnissen, womit die Grenzen und Möglichkeiten der sprach­ lichen bzw. menschlichen Erkenntnis des ersten Prinzips und des Metaphysischen überhaupt ermittelt werden. Ferner ist ein (großes) Bruchstück des Kommentars zur Po­ liteia erhalten, obwohl nicht ganz klar ist, ob es sich hierbei tatsächlich um einen Kommentar oder nicht vielmehr um eine Sammlung relativ unabhängig voneinander entstandener Essays handelt. Auffallend sind besonders jene Essays, in denen Proklos Platons provozierende Kritik an der Dichtkunst im Ausgang von der Auffassung widerlegt, daß sich die metaphysischen Verhältnisse im konkreten Geistesleben und mithin auch in der Dichtung abbilden, weshalb dieselbe auch nicht als eine die Menschheit bedrohende Erfindung beseitigt werden darf. Nach Proklos besitzt die Dichtkunst, wie etwa die Homerische, kraft ihrer göttlichen Inspiration ein Potential, das auf den höchsten metaphysischen Standpunkt führt. Der Überlieferung zufolge soll Proklos auch Kommentare zu den anderen Platonischen Dialogen verfaßt haben, die dem neuplatonischen Schulprogramm auf jeden Fall angehörten, wie z. B. Philebos, Sophist, Phaidon und Phaidros; über den Inhalt dieser Kommentare schweigen die Berichte allerdings. 2.  Philosophische Abhandlungen – Wie vor ihm Plotin und Iamblichos hat auch Proklos philosophische Abhandlungen verfaßt, in denen er sich frei bewegt, ohne sich der Auslegung eines Platonischen Texts unterzuordnen. Allerdings gilt diese Unabhängigkeit nur bedingt für die umfangreiche Platonische Theo­logie (Περὶ τῆς κατὰ Πλάτωνα ϑεολογίας), worin Proklos sich zwar nicht auf einen bestimmten Dialog Platons stützt, doch eine eigene philosophische Darstellung entwickelt, die er erst in zweiter Instanz mit aus Platon geschöpften metaphysischen Vorstellungen zu bestätigen versucht. In dem aus sechs Büchern bestehenden und wohl vollständig erhaltenen Werk kündigt Proklos zwar an, alle von Platon in irgendeinem Kontext angeführten oder auch nur angedeuteten Prädikate der Götter zu durchmessen, in Wirklichkeit entfaltet er jedoch eine metaphysische Wirklichkeit, von der sich besonders die höchsten Schichten, d. h. die des Einen, der Henaden und der Intellekte, nicht ohne weiteres



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auf Platon zurückführen lassen. Überhaupt ist die Exposition dermaßen elaboriert und systematisch organisiert, daß sich jeder Vergleich mit den Inhalten der Platonischen Dialoge gleichsam verbietet. Der Grundgedanke der Platonischen Theologie ist der, daß meta­physische Verhältnisse sowohl abstrakt sind und abstrakt beschrieben werden können als auch göttlich sind und als göttlich zu erfahren sind. Ganz ohne jeden Verweis auf Platon kommt die Theologische Grundlegung (Στοιχείωσις ϑεολογική) aus. In diesem Werk spricht Proklos selbst oder vielmehr seine eigene metaphysische Logik. In 211 knappen Kapiteln, die alle nach dem Muster einer allgemeinen These mit anschließendem, streng logisch geführtem Beweis gebildet sind, bietet Proklos einen handlichen Überblick über die allgemeinen Prinzipien und Bereiche seiner Metaphysik. In der zweiten Hälfte der Abhandlung steigt er stufenweise von der höchsten metaphysischen Ebene des Einen und der Henaden zu den Intellekten und von diesen zu den gött­lichen Seelen hinab. Die menschliche Seele gehört der Darstellung zufolge offenbar nicht mehr ins Reich der göttlichen Meta­physik. Im Lichte des gesamten neuplatonischen Schriftguts ist die Theologische Grundlegung in jeder Hinsicht atypisch und einmalig. Ihr Anlaß liegt vielleicht in dem Bedürfnis vieler Studenten, über eine knappe und handliche Darstellung der Essenz des n ­ euplatonischen bzw. Proklischen Gedankenguts zu verfügen. Neben diesen genannten zwei Hauptwerken hat Proklos nach dem Beispiel der Plotinischen Enneaden auch kürzere Essays verfaßt. Sie sind stets einem bestimmten Thema gewidmet. Drei solcher Essays haben sich erhalten, allerdings nicht (oder nur teilweise) in der Originalsprache, sondern in der sehr wörtlichen lateinischen Übersetzung von Wilhelm von Moer­ beke. In den beiden einander thematisch verwandten Essays De decem dubitationibus circa providentiam (Zehn Aporien über die Vorsehung) und De providentia et fato et eo quod in nobis (Über die Vorsehung, das Schicksal und den freien Willen) wird einerseits die Frage erörtert, ob die Vorsehung imstande ist, alles Konkrete und Wirkliche vorher zu erkennen, und wenn sie das ist, in welcher Weise, und anderseits die Frage, ob die metaphysische Vorsehung nicht im Widerspruch mit der

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von uns erfahrenen und vom Streben der Seele nach dem Ursprung auch erforderten Freiheit steht. In dem dritten Essay De malorum subsistentia (Über die Existenz des Bösen) geht es um die früheste Erörterung des Theodizeeproblems, wie nämlich das Böse in einer vom Guten als höchstem Prinzip bedingten Wirklichkeit existieren kann. Alle drei Abhandlungen sind nicht für den akademischen Hörsaal, sondern für ein breiteres Publikum bestimmt, zumal Proklos in ihnen auch für charakteristische Standpunkte der neuplatonischen Metaphysik wirbt, die sich nicht einfach mit der alltagtäglichen Selbsterfahrung vereinbaren lassen. Dem Genre und dem Inhalt nach schwierig zu deuten sind Proklos’ 18 Argumente, die für die zeitliche Ewigkeit der Welt (κόσμος) plädieren. Die Argumente sind in ihrer Widerlegung durch Johannes Philoponos in seiner Schrift De aeternitate mundi erhalten.27 Ob die Argumente einmal eine selbständige Arbeit ausgemacht haben, läßt sich nicht mehr eindeutig bestimmen. Jedenfalls versuchen sie je auf ihre Weise, im Anschluß an die Theologische Grundlegung und den Kommentar zum Ti­ maios die Ewigkeit, d. h. das ohne Anfang und Ende Sein der zeit­lichen Welt zu beweisen, indem das Verhältnis zwischen ­Demiurg und veränderlicher Welt eingehend analysiert wird. Die Argumente erörtern Verhältnisse der Bewegung, der Zeit sowie von Ursprung und Abbild, sie handeln von der Macht der göttlichen Prinzipien und dem unmöglichen Übel und kulminieren in der Göttlichkeit der Welt. Daß die 18 Argumente in einer antichristlich gestimmten Polemik entstanden sind, ist unwahrscheinlich, zumal Proklos in ihnen nichts zu widerlegen scheint, sondern vielmehr eigene Gedanken entwickelt.

Für eine höchst interessante Deutung des Werkes vgl. Helen S. Lang und Anthony D. Macro, Proclus. On the Eternity of the World (De aeter­ nitate mundi), Berkeley/Los Angeles 2001. Die erste deutsche Übersetzung des Werkes von Philoponos hat Clemens Scholten in der Reihe Fon­ tes Christiani vorgelegt, De aeternitate mundi – Über die Unendlichkeit der Welt, Turnhout 2009 ff. Siehe auch den Kommentar von Benjamin Gleede, Platon und Aristoteles in der Kosmologie des Proklos. Ein Kom­ mentar zu den 18 Argumenten für die Ewigkeit der Welt bei Johannes Philoponos, Tübingen 2008. 27



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3.  Wissenschaftliche Arbeiten – Neben der Philosophie hat sich Proklos auch mit Mathematik und Astronomie beschäftigt, obwohl unter philosophischem Gesichtspunkt. Zu erwähnen ist hier zunächst sein Kommentar zum ersten Buch der Elemente des Euklid. Obwohl Proklos hier kommentierend auf den Euklidischen Text eingeht, nutzt er den Kommentar vornehmlich für die Entwicklung eigener Themen, die einerseits auf das Verhältnis von Mathematik und Metaphysik und anderseits auf das von Mathematik und der ethischen Lebenspraxis gehen. Auch die Mathematik wird als Ausdruck und Bild metaphysischer Verhältnisse verstanden, indem durch mathematische Kontem­ plation die höheren Fähigkeiten der Seele erweckt und ihr Streben nach ihrem Ursprung erregt werden können. Die Betrachtung mathematischer Verhältnisse fördert die Einsicht in politische und wissenschaftliche Strukturen und stiftet in der Seele eine Ordnung, die der Lebenspraxis zugute kommt. Ferner sind auch die Überlegungen über die systematische Darstellung der Mathematik bedeutsam sowie die allgemeinen Erörterungen über Wesen und Art einer »Grundlegung«. Andere wissenschaftliche Arbeiten erörtern Astronomie und Physik. Proklos ist aller Wahrscheinlichkeit nach auch der Verfasser eines Kommentars zu Ptolemäus’ Tetrabiblos sowie einer Paraphrase desselben Werkes, das ein sonderbares Amalgam von Astronomie, Mathematik und Astrologie ist. Von beiden W ­ erken sind umfangreiche Fragmente erhalten, obwohl die letzten Ausgaben aus dem 16. bzw. 17. Jahrhundert stammen, was zeigt, wie stiefmütterlich dieses Proklische Genre bislang behandelt ist. Ferner gibt es ein kleines, jedoch kaum faßbares Werk einer »physikalischen« Grundlegung; ob Proklos tatsächlich der Verfasser dieses Werkes ist, ist nicht ganz unumstritten. Im Unterschied zu der Theologischen Grundlegung umfaßt die Physika­ lische Grundlegung (Στοιχείωσις ϕυσική) nicht einen ganzen Wissenschaftsbereich, d. h. den der Physik, sondern bloß einen kleinen Teil davon. Dargestellt werden die Prinzipien der Bewegung der körperlichen Wirklichkeit und des Himmels, und zwar mit Blick auf besonders das 6. und 7. Buch der Aristotelischen Physik und auf Über den Himmel. Dabei bedient sich Proklos Aristotelischer Begrifflichkeit, stützt sich aber auf eine eigene logische Form.

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4.  Religiöse Arbeiten – Hierbei handelt es sich hauptsächlich um Arbeiten, die der praktischen Religionsausübung gewidmet sind. Nur sehr wenig von diesem Genre ist fragmentarisch greifbar. Lediglich Nachrichten über die Titel belegen, daß Proklos religiöse Kommentare zu Homer, Orpheus, Pythagoras und auch Die Übereinstimmung von Orpheus, Pythagoras und Platon im Lichte der Chaldäischen Orakel verfaßt hat. Es soll von ihm auch ein Buch über die Mutter der Götter gegeben haben. Die Zeit überlebt haben wenige, dafür aber besonders schöne Fragmente seiner philosophischen Deutung der Chaldäischen Orakel. Es handelt sich hierbei um eine Sammlung von hexametrischen Gedichten, die in einer bildhaft evozierenden, doch auch kryptischen Weise beanspruchen zu zeigen, daß und wie die gesamte Wirklichkeit von göttlicher Präsenz durchdrungen ist. Der Ursprung der Chaldäischen Orakel ist unklar. Seit dem 4. Jahrhundert werden sie von verschiedenen Neuplatonikern als ein mystisches Gegenstück der christlichen Offenbarung entgegengehalten. In der Akademie war der Unterricht in den Chaldäischen Orakeln nur erwählten Schülern vorbehalten. Proklos selbst wurde wegen des frühzeitigen Todes seines Lehrers Syrianos nicht vollständig in sie eingeweiht. Man wird aber davon ausgehen dürfen, daß er sich die Orakel durch Selbst­ studium erschlossen hat, wodurch es ihm auch wohl leichter fiel, ihre Deutung im Einklang mit seiner eigenen Philosophie zu entwickeln. Die überlieferten Fragmente zeigen, wie der Mensch kraft der Theurgie den Göttern nahe kommen kann. Anschaulich ist in diesem Zusammenhang ein Fragment der Abhandlung Über die hieratische Technik bei den Griechen. Auch hier steht die Theurgie zentral im Mittelpunkt. Der Ausgangspunkt ist jedoch ein ganz anderer, insofern es nicht um eine evozierende Theologie, sondern vielmehr um die Wirklichkeit selbst geht, die in einer überraschenden Weise als Bild des Göttlichen gesehen und auch genutzt werden kann. Mit anderen Worten, die Erfahrung der Wirklichkeit als komplexen Bildes des Metaphysischen ermöglicht eine theurgische Erfahrung dieses Metaphysischen. Zu den religiösen Arbeiten gehören ferner sieben Hymnen – mit Sicherheit haben viel mehr solcher Hymnen existiert –, in denen sich Proklos den Göttern zuwendet: Helios, Aphrodite,



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Hekate, Athena, die Musen und die Götter im allgemeinen. Die Hymnen steigen nicht einfach ehrfurchtsvoll zu den Göttern hinauf, sondern bewegen sich zwischen den zwei Wirklichkeiten des menschlichen Daseins, nämlich die der verwirrenden Alltäglichkeit und die des Ewigen, dessen Erfahrung von der Alltäglichkeit bedroht wird. Als auf die Götter gerichtete Meditationen befreien die Hymnen die menschliche Seele von der irdischen Verwirrung und richten sie darauf aus, das Ewige nimmer aus dem Auge zu verlieren und so glücklich und erfolgreich zu leben. Die Hymnen sind bestimmt das persönlichste Zeugnis der Proklischen Reflexion über die Bedeutung und Richtung des menschlichen Lebens, das zwangsläufig zwischen jenen zwei polaren Horizonten gelebt werden muß. § 4.  Stil Das übliche Vorurteil, Proklos sei kein besonders guter Schriftsteller und seinen schier unendlichen, massiven und höchst abstrakten Arbeiten fehle stilistische Meisterschaft und literarische Selbstbeherrschung, soll im Verfolg nuanciert werden. In Wirklichkeit ist Proklos nämlich ein scharfer systematischer, aber auch flexibler Denker, der für sich und seine Themen einen angemessenen und zuweilen auch spielerischen Stil gefunden hat. 1.  Entfaltung der Einheit – Auffällig ist zuallererst die große architektonische Einsicht, mit der Proklos seine Pläne ausführt, sowie der sichere Griff auf sein oftmals umfangreiches Material. Dies gilt nicht nur für die umfangreiche Platonische Theo­ logie oder die summarische Darstellung in der Theologischen Grundlegung, auch die umfangreichen Kommentare, die oft als unstrukturierte Improvisationen über die Platonischen Dialoge gescholten wurden, sind genau betrachtet streng und höchst eindrucksvoll komponiert. Die jeweiligen Prologe stellen den Gesamtplan in der Regel scharf umrissen dar, der dann Schritt für Schritt und mit sicherer Hand über oftmals hunderte von Seiten streng durchgeführt wird. 2.  Artikulation des Abstrakten – Daß Proklos seine abstrakte Mission bis in die letzten Finessen hinein kennt, zeigt die Ruhe,

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mit der er seine teils extrem schwierigen und oftmals der Plato­ nischen Vorlage widersprechenden Gedanken ausführt. Stets ist er darum bemüht, seine Gedanken möglichst verständlich zu artikulieren, wobei er sich auch stets um mögliche Einwürfe oder Mißverständnisse kümmert. Er trägt keinen abstrakten inneren Monolog vor, sondern wendet sich an ein lebendiges Publikum, was allerdings auch bedeutet, daß er in Wahrheit immer mehr weiß und denkt, als er tatsächlich sagt. Die Schriftsprache ist eben nur ein unvollkommener Ausdruck einer viel reicheren gedanklichen Wirklichkeit. 3.  Terminologische Konsistenz – Obwohl Proklos’ Œuvre das Resultat einer langjährigen Arbeit und anschließendem Feinschliff ist, ist seine technische Terminologie auffällig präzise und konsistent. Äußerlich erscheint das Werk wie aus einem Guß, was allerdings nicht heißt, daß damit die Bewegung seines Denkens erstarrt wäre. Im Gegenteil: Das fließende und beweglich suchende Denken drückt sich trotz fixer Terminologie gerade in ihrer Anwendung lebendig aus. 4.  Sprache und Denkrhythmus – Syntax und Wortfolge des Griechischen sind bei Proklos grammatisch richtig, klar und stets auf die Logik des sich darstellenden Gedankens abgestimmt. Die Wortfolge z. B. paßt sich den gedachten metaphysischen und begrifflichen Verhältnissen oftmals so an, daß bei analytischen Denkstrukturen das grammatische Subjekt dem Prädikat vorhergeht, diesem aber bei synthetischen Denkstrukturen folgt. So gestaltet Proklos einen natürlichen Zusammenhang zwischen Denken und Sprache, der auch wirklich in der artikulierten Fülle seines Denkens gründet. 5.  Argumentative Disziplin – Eine besondere schriftstellerische Qualität kommt in der argumentativen Diszipliniertheit seiner Prosa zum Ausdruck. Proklos behauptet nicht einfach, hofft auch nicht, mit gelungenen Metaphern und anregenden Aussichten zu bezaubern, sondern versucht seine Einsichten stets argumentativ zu beweisen oder wenigstens plausibel zu machen. Argumentation wird von Proklos nicht zur automatisierten Erkenntnisgeneration genutzt, wie ihm etwa von Dodds vorge-



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worfen wird, sondern gilt ihm vielmehr als Mittel, dasjenige, was er bereits scharf einsieht, logisch mitzuteilen. Die gern mit γάρ eingeleiteten Argumentationen – das Partikel kommt im erhaltenen Werk ungefähr 16 000 Mal vor – lenkt die Aufmerksamkeit des Lesers auf die sich dialektisch vermittelnde Wirklichkeit des Denkens, um so den Zusammenhang und die Notwendigkeit des Gedankens dem Leser nachvollziehbar zu vermitteln. In der Tat geht nach Proklos der Gedanke der Sprache vorher, die in einer logisch-artikulierten Bewegung das Gedachte anschaulich macht. 6.  Stilistische Spielerei – Obwohl das oft verkannt wird, besitzt Proklos einen ausgeprägten Sinn für Humor. Das zeigt sich u. a. an der spielerischen Haltung, nach der sich in seinen Werken Ton, Stil und Form zuweilen radikal ändern, besonders in seinen Kommentaren zu Platon. Im Kommentar zum Timaios z. B. exponiert Proklos Auffassungen seiner Vorgänger polemisch, zusammenfassend oder einführend, was die Schrift einerseits zu einem Beispiel von historischer Gelehrsamkeit macht, ohne anderseits dem kommentierten Grundtext Gewalt anzutun bzw. zu vergessen, wie er mit seinen Ansichten im Einklang oder im Gegensatz steht. Im Kommentar zum Parmenides ­dagegen erwähnt Proklos keine anderen Philosophen, selbst dann nicht, wenn durchaus klar ist, daß er sich etwa auf Plotin oder Iamblichos bezieht. Und wenn er etwas bestimmter wird, verbirgt er andere Meinungen hinter einem ausweichenden »irgendein« oder »mancher«. Diese Strategie ist nicht zufällig, sondern steht im Einklang mit dem erörterten Gegenstand. Proklos belastet seine metaphysischen Darlegungen nicht mit seiner enormen Belesenheit; sie erhalten so einen zeitlosen Charakter. Ähnliches gilt für Stil und Form der Theologischen Grund­ legung, wofür es im Altertum kein Beispiel gibt. Sicherlich spielt auch hier eine gewisse Selbstironie eine Rolle, sofern Proklos den Ruf eines maßlosen Schriftstellers hatte und jetzt zeigt, daß er die Kunst der Selbstbeschränkung durchaus beherrscht, ohne dabei den festen Griff auf den Inhalt zu verlieren. Im Hinblick auf die schöne Gegenüberstellung des Plotinischen und Proklischen literarischen und philosophischen Stils von

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Werner Beierwaltes kann gesagt werden,28 daß es Plotin um eine Darstellung des Inneren, d. h. der problematischen Verhältnisse der strebenden Seele oder der metaphysischen Prinzipien geht und er sich dafür solcher Begriffe und Ausdrücke bedient, die nicht notwendig ausgewogen, grammatisch und argumentativ sind, sondern vor allem der Vermittlung des philosophischen Enthusiasmus dienen. Proklos’ Stil dagegen ist von einem ruhigen Überblick des Ganzen der Wirklichkeit, d. h. sowohl der Wirklichkeit des täglichen Lebens als auch der metaphysischen Wirklichkeit, gekennzeichnet. Er überblickt die Meta­physik in ihrer ganzen Breite, wobei der Mensch nicht die zentrale Stellung einnimmt und manchmal sogar das Schlußstück ist. Die die Strukturen des Göttlichen skizzierende Theologische Grund­ legung macht tatsächlich genau dann Halt, wenn der Mensch erscheint. Proklos geht von dem umfassenden Überblick aus, wobei ihm die menschliche Möglichkeit der Erfahrung des Göttlichen wesentlich Fernerfahrung bleibt; das im Gegensatz zu Plotin, der sich philosophisch und stilistisch anstrengt, diese Erfahrung zu beschreiben oder gar zu evozieren. II.  Die Stellung des Proklos im Neuplatonismus § 5.  Heterogenität und Homogenität des Neuplatonismus Die im letzten Abschnitt angesprochenen stilistischen und systematischen Differenzen zwischen Plotin und Proklos sind allein schon ein Indiz dafür, daß der Neuplatonismus kein homogener philosophischer Denkansatz ist. Seine wichtigsten Vertreter, der Gründer Plotin (204–270), dessen Schüler, Herausgeber und Biograph Porphyrios (ca. 233–305), der relativ unabhängige Iamblichos (ca. 240 – ca. 326), Proklos (410/411–485) und später Damaskios (462– ca. 538) und Simplikios (ca. 490 – ca. 560), Vgl. Werner Beierwaltes, »Entfaltung der Einheit. Zur Differenz plotinischen und proklischen Denkens«, in: ders., Denken des Einen. Stu­ dien zur neuplatonischen Philosophie, Frankfurt/M. 1985, S. 155–192, bes. S. 160. 28



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haben eigene Formen des Neuplatonismus herausgebildet mit einer davon jeweils geprägten religiösen, philosophischen und systematischen Dynamik. Die systematische Heterogenität der verschiedenen neuplatonischen Systemauffassungen ist deshalb ein Ergebnis je eigener Entwicklungen und Ursachen. 1.  Erstens gibt es keinen kanonischen neuplatonischen Urtext. Selbstverständlich waren alle Neuplatoniker mit Plotins Enneaden intim vertraut, die den schriftlichen Anfang des Neu­ platonismus markieren. Die Enneaden sind allerdings durch eine große, oft auch verwirrende philosophische Offenheit und Unbestimmtheit gekennzeichnet. Dies mag einer der Gründe dafür sein, daß ihnen niemals ein kanonischer Charakter zugeschrieben worden ist. Plotin interessierte insbesondere das Verstehen und Evozieren des Verhältnisses zwischen der Seele und dem Einen; eine streng philosophische Artikulation des eigenen meta­physischen Systems galt ihm nicht als Hauptaufgabe. Sofern bei Plotin die Rede von einem System sein kann, ist dieses höchstens umrißhaft angedeutet. Die Dynamik seines Denkens regt allerdings dazu an, dieses System begrifflich zu erfassen. Auf der anderen Seite sind nicht Plotins Enneaden, sondern die Platonischen Dialoge der eigentliche Grundtext für den Neu­platonismus, deren Deutung und systematische Übersetzung sich die Neuplatoniker zur philosophischen Aufgabe gemacht haben. Die Enneaden bilden, so betrachtet, vielmehr eine fruchtbare Perspektive für die Deutung dieser Dialoge. 2.  Zweitens ist der Neuplatonismus keine Schule im strengen Sinn. Er ist nicht nur an geographisch verschiedenen Stellen entstanden, auch zu verschiedenen Zeiten, sondern auch von verschiedenen kulturellen sowie philosophischen Umfeldern geprägt, weshalb er u. a. zu verschiedenen Systemen geführt hat, die aller­dings alle aus einer gemeinsamen Referenzquelle hervorgehen. Der Ägypter Plotin lebte und lehrte in Rom, Porphyrios kam aus Syrien, verbrachte einige Jahre in Rom, ging nach Sizilien, wonach sich seine Spur verwischt. Iamblichos, ebenfalls Syrer, studierte kurzzeitig, vielleicht zusammen mit Porphyrios, vielleicht unter seiner Leitung in Rom, kehrte zurück nach Syrien, wo er in Apamea eine eigene Schule gründete. Proklos stammte aus Klein-Asien und ging nach einem Zwischenaufenthalt in

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Alexandrien nach Athen. Damaskios kam aus Damaskus, studierte in Alexandrien und Athen, wohin er später umsiedelte. Simplikios hat sein Leben in Klein-Asien und Alexandrien verbracht. Jeder dieser Orte ist von einer jeweils anderen kulturellen, geistigen und religiösen Atmosphäre gekennzeichnet, was sich in den jeweiligen Systemen niedergeschlagen hat, aber auch in dem gemeinsamen Kern neuplatonischen Denkens. § 6.  Die kausale Bewegung Die Einheit des Neuplatonismus ist insbesondere durch eine einheitliche systematische Perspektive auf Platon bestimmt, vor allem durch die radikale Transzendenz des »Guten«. Plotin zieht für dieses Prinzip aller Wirklichkeit die alternative Bezeichnung »das Eine« vor. Hierfür findet er Rückhalt im Parmenides, wo es allerdings nicht, wie bei Plotin, als ein metaphysisches Prinzip verstanden wird. Trotzdem ist Plotins Identifikation des Einen mit dem Guten für den Neuplatonismus zu einer leitenden Idee geworden. Aus dem Guten oder Einen geht eine kontinuierliche und zugleich differenzierte kausale Bewegung hervor, die zwei verschiedene metaphysische Bereiche stiftet. Erstens den des Intellekts, d. h. den Bereich des ewigen Trägers aller Paradigmata, und zweitens den Bereich der Seele, wodurch der beweglichen Dynamik der Zeit der dynamische Stillstand der Ewigkeit vermittelt wird. Nach diesen Bereichen geht die kausale Bewegung dann in die körperliche Wirklichkeit der Natur über. Diese vom Einen oder Guten ausgehende Bewegung wird aller­dings, wo immer sie anlangt, von einer gegenläufigen Bewegung erwidert, weil, das ist der Grundgedanke, was vom Guten verursacht wird, diesem auch zustrebt. Den Hintergrund für diesen zentralen Gedanken des Neuplatonismus hat Platon vorbereitet; Plotin hat ihn in intensiver Auseinandersetzung mit Aristoteles systematisiert. Der seelische Zustand des Strebens oder Begehrens ist nämlich zunächst kein Bewußtseinszustand, sondern ein natürliches Gerichtetsein als ontologische Bedingung der Seienden. Auf keiner metaphysischen Ebene und genausowenig in der körperlichen Wirklichkeit gibt es etwas, das



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sich kraft seines Seins nicht auf das Eine richtet und somit auf das Eine hinstrebt. Zusätzlich zu diesem Streben, das allen Seienden zukommt, gibt es in einigen Seienden auch noch das Streben in der Gestalt des Lebens. Auf den verschiedenen metaphysischen Ebenen drückt sich dieses Streben als eine Dynamik aus und auf der Ebene der materiellen Wirklichkeit als Leben im biologischen Sinne. Ferner kommt einigen Seienden ein erkennendes Streben zu. Im Intellekt manifestiert sich dieses Streben als empfangendes Gerichtet­ sein auf das Eine, in der Seele als Selbsterfüllung mit dem Intellekt und in der materiellen Wirklichkeit als die Neugier und die Vitalität des Erkennens und des reflexiven Zugriffs auf das Eine.29 Diese Bewegung, die die Seinsbedingung aller Seienden ist, das Prinzip ausgenommen, schließt sich zu einem Kreis zusammen, der im Guten oder Einen anfängt und sich vom Verursachten aus wieder dem Guten oder Einen zuwendet. Diese spezifisch neuplatonische Struktur der Hinwendung ist freilich nicht ohne Schwierigkeiten, die verschiedenen Lösungsstrategien markieren zugleich die Scheidewege innerhalb des Neuplatonismus. Zunächst ist zu bemerken, daß die metaphysischen Schichten, die von der aus dem Guten hervortretenden Bewegung erreicht werden, nicht schon vor und unabhängig von dieser Bewegung existierten, sondern erst kraft jener Bewegung entstehen. So entsteht etwa nach Plotin der Intellekt dann, wenn die Tätigkeit des Einen, nachdem sie das Eine verlassen hat, zum Stillstand kommt, ihren Ursprung anschaut und sich mit dieser Anschauung auf ihn fixiert.30 Mit der Fortbewegung jener Kausaltätigkeit entsteht dann die Seele, bis die Tätigkeit sich schließlich zur Materie gestaltet. Die vom Einen oder Guten ausgehende Abwärtsbewegung verläuft gestuft nach einer festen, hierarchischen Reihenfolge.31 Die Logik dieser Reihenfolge ist auf vielfache Weise beschrieben, z. B. anhand der allmählichen Verwandlungen der sich in der Bewegung ausdrückenden Einheit. Das Prinzip wird von den Neuplatonikern vor allem wegen der Anziehungskraft, die es Vgl. 40. Vgl. Plotin V.2.1 und auch V.1.7.5 ff. 31 Vgl. in dieser »Einleitung« auch die §§ 13 und 17. 29

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als Ziel des Strebens auszeichnet, »das Gute« genannt, dagegen heißt es im spekulativen Kontext »das Eine«, das ganz eins ist, d. h. keinerlei Zweiheit oder Vielheit enthält. Der zweite meta­ physische Bereich des auf alle Wirklichkeit tätigen Intellekts besitzt dagegen eine noch ungeteilte Zweiheit des Denkenden und des Gedachten. Tatsächlich ist der Intellekt komplexer als eine bloße Zweiheit. Er enthält nämlich auch die Formen oder Para­ digmata, die der Wirklichkeit Struktur und Identität verleihen. Insofern ist der Intellekt nicht absolut eins, sondern zwei und selbst viel oder, nach einer Formel im Parmenides »eins-viel« (ἓν πολλά). Allerdings bleibt er auch im Besitz einer starken Einheit und ist er »einhaft«, wegen seiner Nähe zum Einen. Die Zweiheit der Subjekt-Objekt-Dichotomie und die Vielheit der Formen oder Paradigmata sind Aspekte einer Einheit, die als intrinsische Andersheit viel ist. Auf der dem Intellekt folgenden metaphysischen Ebene verringert sich die Einheit weiter. Die Seele, d. h. die Seele der ganzen Wirklichkeit ist ebenfalls nach einer Formel des Parmenides »eins-und-viel« (ἓν καὶ πολλά). Sie schaut allerdings nicht mehr unmittelbar das Eine selbst, sondern orientiert sich am Einen des Intellekts, das ja schon viel ist, und verbreitet und zerstreut diese Einheit in der beweglichen Struktur der Wirklichkeit als Vieles. Die entscheidende metaphysische Funktion der Seele ist die Vermittlung der ruhenden Ewigkeit des Intellekts an die zeitlichen Prozesse, wobei sie die ursprüngliche Einheit aus den Augen verlieren kann. Wegen der Zeitlichkeit der Welt und der Selbsterfahrung der menschlichen Seele wird sich folglich auch die metaphysische Seele in einer Sukzessivität vorfinden, weshalb sie sich auch stets etwas anderes bewußt ist und sich weder ihres ganzen Inhalts noch ihrer Einheit bewußt sein kann. Sie ist wesentlich Entfaltung und Zerstreuung der Einheit. Aus der von dem Einen ausgehenden kausalen Bewegung entsteht eine hierarchisch gegliederte Ordnung metaphysischer Bereiche, die zuerst hinsichtlich der Art und des Grades der ihnen zugrundeliegenden Einheit unterschieden sind. In Übereinstimmung mit dem Grad der Einheit sind die jeweiligen Stadien der sich wandelnden Kausalität auch aus anderen Perspektiven zu beschreiben. Eine dieser Perspektiven ist die der Zeitbezogenheit. Das Eine steht außerhalb der Zeit. Der Intellekt dagegen



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steht jenseits der Zeit, umfaßt aber oder ist selbst Ewigkeit, wobei Ewigkeit als das zugleich daseiende Ganze aller Zeit, d. h. alles je in der Zeit Seiende aufzufassen ist. Hinsichtlich der Zeitbezogenheit der Seele besteht innerhalb der verschiedenen neuplatonischen Systeme wenig Einigkeit, obwohl der Streitpunkt eher eine Nuance ausmacht und die Grundeinsicht allgemein geteilt wird, daß sich die Seele in der Zeit entfaltet und ihre Tätigkeit in der Zeit verwirklicht. Uneinigkeit besteht bezüglich der Frage, wann genau die Zeit eintritt. Nach Plotin ist die Zeit die Seinsweise der Seele und wechselseitig mit ihr verbunden, so daß dort, wo Zeit ist, auch Seele ist, und dort, wo Seele ist, auch Zeit. Proklos dagegen vertritt die Ansicht, daß die Zeit der Seele vorhergeht, weshalb die Seele immer in der Zeit, die Zeit aber nicht nur in der Seele ist, sondern auch an sich besteht. Eine weitere alternative Beschreibung der kausalen Bewegung kennzeichnet diese anhand der Allgemeinheit, die den jeweiligen metaphysischen Bereichen in der Hierarchie eigen ist. Die Abstufung der kausalen Tätigkeit raubt derselben ihre Allgemeinheit und macht sie stets konkreter. So gilt das Eine als Prinzip und Anfang von Allem für Alles. Es übt seinen Einfluß auf alles aus und wird als »eins und bloß eins« definiert; es ist somit in keinerlei Weise individualisiert, sondern bleibt völlig allgemein. Der Intellekt ist dagegen der Träger der Formen und Para­digmata, die entweder abstrakt sind, wie das Schöne, Wahre, Gerechte, oder bereits konkret, wie die Klassen der Lebewesen oder die Form des Menschen. Obwohl die Bestimmtheit dieser Klassen nicht die ganze Wirklichkeit, sondern nur einen Teil von ihr betrifft, bleiben sie in hohem Grade allgemein, insofern sie ja nur eine allgemeine Eigenschaft der Wirklichkeit bestimmen. Die Seele dagegen entfaltet nicht nur die Ewigkeit in der Zeit, sie differenziert auch das vom Intellekt empfangene BesondereAllgemeine, so daß konkrete Wirklichkeit entstehen und strukturiert werden kann. Die Seele berührt das Allgemeine des Intellekts, besitzt es auch, aber vermittelt der konkreten Wirklichkeit das schon nicht mehr vollkommene Allgemeine. Diesen auf Plotin zurückzuführenden metaphysischen Rahmen akzeptieren alle späteren Neuplatoniker. Philosophisch ist er jedoch unbefriedigend, sofern nämlich wesentliche systematische Fragen unbeantwortet bleiben. Und hier gehen seine Nach-

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folger je eigene Wege, die in den folgenden drei Punkten kurz erläutert werden. 1.  Ein erster Differenzpunkt betrifft die Kausalität des Einen. Ist das Eine nämlich Prinzip und Ursache von Allem, d. h. des Intellekts, der Seele und der Wirklichkeit, muß es imstande sein, seine Tätigkeit zum Intellekt zu machen, aber auch zur Seele und schließlich zur endlichen, materiellen Wirklichkeit. Wie aber kann das Eine etwas erzeugen, das anders ist als es selbst? Daß etwa der Intellekt kraft der kausalen Tätigkeit sich selbst erzeugt und sich seine Beschaffenheit gibt, ist eine rätselhafte Erklärung, denn um sich selbst erzeugen zu können, muß der Intellekt bereits bestehen. Machte dagegen das Eine seine Tätigkeit zum Intellekt, müßte es um die Beschaffenheit des Intellekts wissen, was eine Differenz ins Eine einführte, die freilich der Natur des Einen widerspräche. Das Eine ist somit nicht imstande, sich ein kausales Programm zu setzen. Allerdings bleibt auch die Natur der verursachenden Handlung im Dunkeln. Plotin wie Proklos beteuern, daß das Eine als Prinzip und Ursprung der kausalen Bewegung immer bleibt, was und wie es ist, sich weder bewegt noch in irgendeiner Hinsicht verändert oder verringert. Das Eine trennt also nicht etwas von sich ab noch erzeugt es aus sich. Deshalb beschreibt Plotin das Verursachen als ein Erleuchten (ϕωτίζειν), das allerdings zuerst metaphorisch aufzufassen ist, was hervorgeht aus der Verwendung bestimmter einleitender Begriffe wie »gleichsam«, »als ob« usw. Das heißt, das Eine verursacht, »als ob« es erleuchte usw. Erleuchtung und Licht sind bei Plotin und Proklos bildhafte Ausdrücke für die spontane und immer mit ihrer Quelle verbundene kausale Tätigkeit des Einen; jene Begriffe erklären aber nicht, wie die kausale Bewegung aus dem Einen hervortritt noch was eigentlich aus ihm hervortritt. 2.  Ebenfalls offengelassen hat Plotin das Problem der Immanenz des Transzendenten. Daß das Eine für sich selbst und in vollkommen eigener Weise besteht und jenseits aller Seienden ist, heißt, daß alles Spätere nicht in demselben Sinne eins sein kann. Das Eine ist transzendent. Dennoch steigt das Eine infolge einer ihm eigenen Bewegung zum Intellekt, zur Seele usw. hinab und ist in allen diesen Bereichen anwesend. Die Frage ist dann allerdings, wie es dort da ist, etwa so, wie es selbst ist oder



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vielmehr als Abbild? Ist es als Abbild da, fragt sich, wie und ob es sich vom Intellekt oder von der Seele aus jemals so erreichen läßt, wie es an sich ist. 3.  Ein drittes Problem bezieht sich auf die Konstitution und die Herkunft der Materie. Das Eine, der Intellekt und die Seele üben eine Tätigkeit auf die Materie aus. Dort, wo diese Tätigkeit von metaphysischen Ursachen formiert und strukturiert ist, erscheint die körperliche Wirklichkeit. Was aber ist diese Materie? Ist sie eine ursprüngliche Gegenkraft des Einen oder selbst eine formlose Gegensubstanz, die unabhängig von den metaphysischen Bereichen da ist, sich ihnen irgendwie widersetzt, aber dennoch von ihnen beeinflußt und zur Wirklichkeit gestaltet wird? Oder rührt die Materie vielmehr auch vom Einen, dem Prinzip von Allem, her, so daß sie etwa die letzte Stufe einer im Einen anfangenden und alle metaphysischen Bereiche durch­ querenden kausalen Bewegung ist? § 7.  Metaphysisches Begehren Auch den Gedanken der metaphysischen Aufwärtsbewegung, die von den unteren Bereichen der körperlichen Wirklichkeit, dann von der Seele und schließlich vom Intellekt ausgeht und sich zu den höheren Bereichen und schließlich zum Einen selbst begehrend hinwendet, übernehmen die späteren Neuplatoniker von Plotin. In der Ausgestaltung dieses Gedankens gehen sie jedoch eigene Wege. Die Aufwärtsbewegung ist zuallererst nicht so zu verstehen, daß sie zeitlich der von dem Einen ausgehenden Bewegung folgt. Oftmals wird die Einheit der Aufwärts- und Abwärtsbewegung als Kreis vorgestellt. Das heißt, die strebende Bewegung als Hinwendung auf die metaphysischen Bereiche geht mit der von dem Einen ausgehenden Abwärtsbewegung zusammen. Insbesondere Proklos versteht diesen Kreis allerdings nicht als eine sukzessive Bewegung, sondern vielmehr als Ausdruck einer unauflösbaren Dynamik mit zwei verschiedenen Tendenzen. Nämlich, die kausale Bewegung setzt das Streben voraus, das selbst von der kausalen Bewegung bedingt ist. Mithin sind metaphysische Ursache und metaphysisch Verursachtes miteinander verbunden.

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Das metaphysische Begehren der Seienden ist daher auch nicht als eine zusätzliche Eigenschaft zu verstehen, als ob dieselben schon da wären und über die Freiheit verfügten, höheres, wie etwa das Eine oder den Intellekt, zu begehren. Vielmehr ist das Begehren als eine Empfänglichkeit für das Eine zu verstehen, kraft der Seiendes überhaupt erst ist. Verfügte Seiendes nämlich nicht über einen gewissen Grad von Einheit, wäre es zerstreut, unzusammenhängend und folglich auch kein Seiendes. Die Seienden erwerben ihre Einheit vom Einen kraft ihres Strebens dem Einen zu. Metaphysische Verursachung ist demnach wesentlich Erweckung des Strebens. Wird die vom Einen ausgehende Verursachung auch als ein sich vom Verursachten auf das Prinzip zuwendendes Streben gedeutet, kann das Eine als für-sich-selbst-bleibend verstanden werden, ohne in oder auch außer sich vervielfältigt zu sein. So kann das Eine als Prinzip und Ursache aller Seienden verstanden werden. Denn wird die vom Einen ausgehende Ver­ ursachung vom Verursachten aus auch als ein dem Prinzip zugewandtes Streben verstanden, wird die paradoxe Situation aufgehoben, daß das Eine, ohne sich in oder außer sich selbst zu vervielfältigen, alles Spätere verursacht. Die kausale Initiative und somit alle Bestimmtheit wird nämlich vom radikal teillosen und folglich auch nicht bestimmenden Einen in die Vielheit der Verursachten verlegt. Die Bestimmtheit rührt somit nicht vom Einen, sondern vom Verursachten her. Das Eine ist zwar Ur­ sache, weil etwas von ihm ausgeht, allerdings entsteht nicht der Widerspruch, daß es sowohl vollkommen eins als auch seitens des Verursachten bestimmt, d. h. differenziert und folglich viel sein muß. Diese Lösung ist freilich nicht unproblematisch, denn das kausale Streben, mit dem das Verursachte das Eine erwidert, entsteht in demjenigen, das selbst kraft der kausalen Bewegung, d. h. kraft des Strebens entstehen muß. Es bestimmt sich folglich selbst durch das Streben, obwohl es noch nicht ist bzw. nur vermittelst dieser Bestimmung Sein erlangt. Proklos hat dieses Problem anhand des schwierigen Lehrstückes der »Selbstbestehenden« zu lösen versucht.32 32

Vgl. § 18.



EinleitungXXXVII

Ein zweites Problem bezüglich des metaphysischen Strebens gilt der anthropologischen Konsequenz. Die Auffassung eines universellen, d. h. alles dem Einen nachstrebende Streben ist nämlich allem Anschein nach eine Extrapolierung der menschlichen Erfahrung. Lebende Seiende, insbesondere Menschen ­streben in vielerlei Hinsicht Einheit an, etwa in jeder Individualisationsleistung oder in der Herstellung von Denkzusammenhängen. Es gibt nämlich kein gelungenes Leben ohne Konsistenz, keinen Gedanken ohne verknüpfende Einheit. Vor allem in der Metaphysik Plotins ist die Einheitserfahrung stark entwickelt. Und tatsächlich scheint er sich besonders für die menschliche Einheitserfahrung und weniger für die philosophische Artikulation einer Einheitsmetaphysik zu interessieren. Das Begehren der Erfahrung von Transzendenz ist charakteristisch für die neuplatonische Anthropologie als eine wesentlich metaphysische. Diese Analyse dieses Begehrens ist freilich nicht ohne Schwierigkeiten. Es fragt sich nämlich, ob tatsächlich das Eine selbst Gegenstand des Strebens ist und, gesetzt es ist dies der Fall, ob dann das Eine als das Eine für die unteren Seienden überhaupt zu erfassen oder zu erreichen ist. Die Seele als Mittelpunkt des strebenden und erkennenden menschlichen Bewußtseins unterscheidet sich ja allein schon wegen ihrer Zeitbezogenheit wesentlich vom Einen, das jenseits aller Zeit und somit auch jenseits der Ewigkeit ist. Deshalb kann die Seele dem Einen nicht wirklich gleich werden und folglich das Eine auch grundsätzlich nicht erfahren. Das metaphysische Begehren des Einen muß letztlich vergeblich bleiben. Das haben viele spätere Neuplatoniker eingesehen, weshalb sie sich etwa damit beholfen haben, daß die Seele zwar nicht das Eine selbst, allerdings sein Abbild erfahren kann, dem sich das Streben zuwendet. An diesem Punkt trennen sich ebenfalls die Wege der Neuplatoniker. § 8.  Neuplatonische Scheidewege Fester Ansatzpunkt der neuplatonischen Metaphysik ist das Gute oder Eine als transzendentes Prinzip aller Seienden sowie eine vom Einen ausgehende kausale Bewegung oder Tätigkeit, die, ohne das Eine irgendwie zu verringern oder zu ändern, zunächst

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zum Sein des Intellekts wird und über das Sein der Seele schließlich in die körperliche Wirklichkeit führt und diese erschafft. Intellekt und Seele sind zunächst allgemein und supra-individuell, dann aber auch individuell aufzufassen, und zwar in dem Sinne, daß individueller Intellekt und individuelle Seele wesentlich mit den allgemeinen metaphysischen Bereichen verbunden sind. Gegenläufig zu jener Bewegung aber verknüpfen sich die Seienden dadurch auch mit dem Intellekt und mit dem Einen, in­ dem sie auf diese hinstreben und kraft dieses Strebens von ihnen ihre wesentlichen Eigenschaften erwerben. Ihr Streben ist somit auch konstitutiv für ihr Sein und kein nachträglicher Zusatz. Es entsteht auf diese Weise ein simultanes dynamisches Verhältnis, wobei Prinzip und Verursachtes wesentlich aufeinander bezogen sind. Die spontane Abwärtsbewegung und das Aufwärtsstreben sind gleichsam zwei Perspektiven eines Zusammenhangs. Dieses dynamische Verhältnis spiegelt sich im individuellen Leben der menschlichen Seele, die das Eine begehrt, sich in ihren Tätigkeiten von diesem Begehren bestimmen läßt und sich dieses Begehrens bewußt wird. So entsteht eine im Licht der Erfahrung des Einen stehende Anthropologie. Im Folgenden wird insbesondere die Metaphysik Plotins mit der des Proklos verglichen. Hierfür ist allerdings zu berücksichtigen, daß Proklos von der religiös-metaphysischen Bildtheorie des Iamblichos beeinflußt ist. Ihr zufolge ist die Wirklichkeit göttlich. In ihr ist das Göttliche greifbar, weil sich die Götter in ihr ausdrücken und abbilden, obwohl die menschliche Seele das nicht unmittelbar zu erkennen vermag. 1.  Einheit des Einen – Allen Neuplatonikern hat die Beschreibung des Prinzips als »des Einen« erhebliche Schwierigkeiten bereitet. Plotin etwa betont die radikale und für keinerlei Differenz oder Vielheit empfängliche Einheit des Einen; doch versteht er es auch als Prinzip und Ursprung des Seins aller Seienden, obzwar er dem Einen jede zielgerichtete Tätigkeit oder Selbstentfaltung abspricht. Allerdings muß das Prinzip auch um das Verursachte wissen, wäre das nämlich nicht der Fall, wäre nicht zu erklären, woher die Bestimmtheit des Verursachten stammt, folglich muß das Prinzip auch irgendwie in sich differenziert sein. Mithin involviert die These des Einen als absoluten Prin-



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zips offenbar einen Selbstwiderspruch. Dessen war sich Plotin bewußt, wie aus der Tatsache hervorgeht, daß er das Eine absolut »eins« nennt, aber als Ursache aller Seienden alle diese Seiende »sein« läßt, nämlich »in der Weise des Einen«.33 Was »alles in der Weise des Einen sein« allerdings genau heißt, wird von Plotin nicht genauer erläutert. Nicht nur Proklos, sondern vor ihm auch schon Iamblichos und nach ihm Damaskios haben dieses Problem zu lösen versucht. Offenbar handelt es sich hier also um ein Problem mit einer Diskussionstradition. Proklos’ Lösungsvorschlag besteht darin, daß er im Bereich des Einen eine Vielheit zuläßt. Im Bereich des Einen besteht neben dem Einen eine endliche Vielheit von »Einen«, die Proklos wahrscheinlich mit Iamblichos »Henaden« nennt. Henaden sind mit dem Einen eng verknüpfte einhafte Elemente, die den ersten Schritt des Einen in Richtung auf die Verursachten und die Vielheit setzen. Kraft dieser Henaden kann das Eine Prinzip einer Vielheit sein. In diesem Zusammenhang ist es wichtig zu wissen, daß Proklos den Göttern, die er mit den Henaden, nicht aber mit dem Einen gleichsetzt, das Vermögen der Vorsehung, also ein implizites Wissen um die ­artikulierte Wirklichkeit zuschreibt. Proklos gibt somit die letztendlich unmögliche Idee der radikalen Einheit des Einen auf. 2.  Unmögliche Verursachung – Ähnlich wie bei der Weltschöpfung besteht die Schwierigkeit der Theorie des Einen in der ursprünglichen Initiative des Freisetzens, aber auch in der Frage, was genau freigesetzt wird. Zunächst ist diese Initiative des aus sich Heraustretens des Einen keine solche, die irgendwann anfängt und dann wieder erlischt, sondern eine dauernde mit dem Einen simultan verlaufende Bewegung. Wie allerdings das Eine etwas aus sich hervortreten lassen kann, erklärt Plotin nicht. Er bestreitet lediglich, daß diese Bewegung physisch vonstatten geht. In diesem Zusammenhang spricht er in Gleichnissen. Das bekannteste ist wohl, daß Intellekt und Seele entstehen, während das Eine unveränderlich bleibt; es strahlt wie die Sonne, wobei die Strahlen beim Verlassen der Sonne selbst zu Licht werden, aber immer mit ihrem Ursprung in der Sonne verbunden 33

Vgl. Enneaden V.2.1.

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bleiben. Die Auffassung, daß Plotin hier wörtlich genommen werden muß, weshalb das Licht des Einen als eine Realität und nicht als Metapher aufzufassen ist, ist, wie gesagt, nicht richtig. Die Metapher erklärt nämlich nicht, wie das Eine aus sich selbst heraustreten kann, genauso wenig, was es ist, das aus dem Einen heraustritt und zum Intellekt wird. Proklos hat versucht, die Unbestimmtheiten der Plotinischen Kausalitätstheorie zu beseitigen. Ausgehend von dem Gedanken, daß das Eine unbewegliches und unveränderliches Prinzip aller Seienden und Ursprung einer kausalen Bewegung ist, deutet er diese Bewegung als eine sich allmählich verwandelnde Tätigkeit. Je weiter sie das Eine verlassen hat, je unähnlicher wird sie ihm.34 Obwohl diese Umdeutung versucht, die Probleme Plotins zu beheben, ist sie auch selbst nicht unproblematisch. 3.  Die Immanenz – Die verschiedenen Auffassungen von Kausalität involvieren auch unterschiedliche Bewertungen der Immanenz des Einen und damit der metaphysischen Prinzipien überhaupt. So verläuft bei Plotin die Kette der Verursachung im Ausgang vom Einen über den Intellekt, der zur Seele wird usw. Nach Plotin ist diese kausalen Bewegung nicht, wie bei Proklos, durch eine allmähliche Verwandlung gekennzeichnet. Tatsächlich betont Plotin oft, daß das Eine rein, d. h. so, wie es an sich selbst ist, beim Intellekt und allem anderen da ist: »wir sind vom Einen nie getrennt oder abgeschnitten: das Eine ist immer da, und kann von uns immer unmittelbar berührt werden, wann immer wir das wollen«.35 Wie sich Plotin diese Immanenz genau vorgestellt hat, bleibt unklar. Vermutlich bedeutet die reine Anwesenheit des Einen im Intellekt zugleich die reine Anwesenheit des Einen in demjenigen, das vom Intellekt verursacht wird. Wesentlich für Plotin aber ist die Überzeugung, daß sich die metaphysischen Bereiche unmittelbar und nicht als Abbilder durchdringen, weshalb die hierarchische Immanenz der Prinzipien im Späteren rein bleibt. Der Proklische Verwandlungsgedanke, nach dem sich die Kausalität im Abstieg vom Einen wandelt und einen neuen metaphy Vgl. in dieser »Einleitung« Teil IV und bes. die §§ 13 und § 17. Enneaden VI.9.9.7–9. Vgl. auch VI.9.7.3–6.

34 35



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sischen Bereich stiftet, läßt keinen Raum für die reine Immanenz des Einen. Bereits im Intellekt ist das Eine schon nicht mehr so da, wie es selbst ist, d. h. rein, sondern ist es vielmehr Abbild des Einen. Folglich ist das Eine in der nächsten Instanz, nämlich der der Seele, Abbild eines Abbildes. Die Konsequenz der Proklischen Verwandlungstheorie ist, daß das Eine in uns nur als »Bild«, »Spur« oder »Samen« da ist. Abbild, Spur und Samen, die es in uns gibt und von uns zu berühren sind, sind wertvolle Gaben, reichen aber nicht an die reine Immanenz des Einen heran. 4.  Anthropologie – Die verschiedenen Formen der Immanenz haben selbst wiederum eine Divergenz hinsichtlich des Einen als Prinzips der Seele und somit unseres Lebens zur Folge. Ausgangspunkt der neuplatonischen Metaphysik und Anthropologie ist das Streben auf das Eine hin, ein Streben, das zuerst ontologisch-konstitutiver Natur ist und in der Anthropologie zum Leitfaden für das bewußte Verhalten wird. Letzteres Streben gestaltet sich jedoch anders, wenn das Eine entweder ein Abbild des Ursprungs ist oder wenn es rein gegenwärtig ist und unmittelbar berührt werden kann. Bei Plotin übt das rein immanente Eine einen unmittel­baren Einfluß auf die Seele aus und fordert sie zur Anähnlichung und radikalen Vereinfachung auf; mithin muß die Seele die unbeherrschte Vielheit scheuen. Das gewöhnliche Leben bedroht die Seele mit verwirrender Vielheit und hält sie dadurch vom Einen entfernt. Dennoch wird das Eine, so wie es an sich ist, von jeder Handlung, jedem Gedanken, jeder Form des Seins und von jedem Beschluß intendiert. Plotin ist nicht blind für die Tatsache, daß wir das Eine oft nicht scharf im Blick haben. Vergessen oder negieren tun wir es jedoch nicht. Auch wenn es uns unbewußt ist, bleibt es leitend für das Leben. Und der sich dieses Umstandes bewußte Mensch wird nach Plotin sein Leben daraufhin einrichten, sich dem Einen möglichst ähnlich zu machen. Nach Proklos ist das Eine, das Ursprung und Ziel der Seele und des menschlichen Lebens ist, allerdings nur ein Abbild des Einen als Prinzips von allem. Der Mensch orientiert sich daher nicht am allgemeinen Einen, sondern an einem individuellen Einen, dem »Einen in uns« oder »unserem Einen«. Einerseits ermöglicht nun diese eigentümliche Individualität des Einen

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es, die Vervielfältigung der Seele in den besonderen weltlichen Vermögen nicht als Verfremdung aufzufassen, sondern auch als Ausdruck dieses Einen. Es offenbart sich hier die große Weltoffenheit des Proklos, insofern er mit den weltlichen Dimensionen des Seins viel weniger Probleme hat als Plotin. So sind ihm Tugenden nicht nur wertvoll, wenn sie dem Einen angeglichen sind, sondern auch dann, wenn sie Ausdruck des lediglich individuellen Einen sind. Anderseits gilt diese Rechtfertigung des Lebens im Einklang mit dem individuellen Einen nicht schlechthin, denn auch Proklos plädiert dafür, der Vielheit zu entfliehen. Diese Flucht besteht allerdings wesentlich in einer Befreiung von allem Falschen und Verwirrenden. Wir sollen unsere Vermögen rein halten und zu erkennen lernen, inwiefern wir selbst und unsere Vermögen Ausdruck des individuellen Einen sind, um in der inneren Differenz der Seele zunächst unser Eines zu erfahren und von dieser Erfahrung aus das Eine selbst zu erahnen. Dort, wo sich die Plotinische Anthropologie gleichsam schnurstracks und unvermittelt dem reinen Einen zuwendet, beschreitet die Proklische Anthropologie einen vermittelten Weg zum Einen hin. 5.  Erfahrung und Religiosität – Das Streben dem Einen zu ist ein allgemeines Element der neuplatonischen Metaphysik, ein phänomenologisch legitimierter Leitfaden für eine Anthropo­ logie und schließlich auch Ausdruck eines tiefen Verlangens, das Eine nicht nur als Leitfaden zu haben, sondern es auch selbst zu erfahren oder gar zu sein. Der von Plotin angedeutete Weg zum Einen ist im Grunde genommen eine Fortsetzung des anthropologischen Wegs des Abschüttelns der Vielheit. Hat sich die Seele einig gemacht und ist sie dem reinen Einen ähnlich geworden, ist sie im Begriff eines möglichen Durchbruchs einer reinen Erfahrung des Einen. Diesen Durchbruch vermag die Seele dem Einen nicht selbst abzuringen, sondern sie muß warten, bis ihr das Eine von sich aus wie die aufgehende Sonne erscheint. Die Immanenz des Einen bekräftigt Plotins Überzeugung, daß das Eine so, wie es selbst ist, erfahren werden kann, obwohl es keine Garantie für seine Erscheinung gibt. Es ist trotzdem lohnenswert, das eigene Leben ins Zeichen des Einen und folglich auch der Philosophie zu setzen, was den Weg zur Vereinigung mit dem Einen vorbereitet.



EinleitungXLIII

Dieser optimistischen Sichtweise der Vereinigung konnte Proklos nicht folgen, zumal er ja in der Seele nicht das Eine selbst, sondern nur sein Abbild vorfindet. Das Erreichen dieses Abbildes ist für die Seele allerdings keine Erfüllung des alles bestimmenden Ziels ihres Strebens. Proklos sucht das Eine daher auch nicht in der Nähe des unerreichbaren Einen selbst, auch nicht im Innern, sondern in der verursachten und wesentlich göttlichen Wirklichkeit. Zwar charakterisiert auch Plotin den Intellekt und sein Leben öfter als göttlich, doch ist dieser Intellekt zuallererst eine metaphysische Entität, die erst im nachhinein metaphorisch mit Göttern gleichgesetzt wird. Proklos dagegen erkennt in der Wirklichkeit eine vielschichtige Verflechtung des Einen mit den Göttern bzw. der Henaden mit den von diesen abgestuften Spiegelungen. Von den Göttern gehen Kräfte aus, die sich von oben herab durch die ganze Wirklichkeit hindurch ausdehnen und überall ein Abbild oder eine Spur ihrer ursprünglichen Natur hervorrufen. Die Wirklichkeit ist nach dem von Proklos öfter angeführten Wort des Thales »von Göttern erfüllt«.36 Liebe, Schutz, Reinheit, hinaufführende, hinwendende und bewahrende Kraft sind göttliche Eigenschaften, die von den Henaden und schließlich vom Einen ausgehen und das Leben und Sein der Wirklichkeit bilden. Die Göttlichkeit der Wirklichkeit läßt sich nach Proklos erfahren und muß deshalb in einem Verhältnis zum Ursprung im Einen stehen. Hierin liegt auch der Ansatz für die Proklische Theurgie. Die überall in der Wirklichkeit vorwaltende göttliche Tätigkeit des Einen, mit der sich die Seele hingebend identifiziert und wodurch sie von ihr erfüllt wird, ist zwar nicht das Eine selbst, aber seine göttliche Tätigkeit. Zuweilen fällt der Mensch mit der Dynamik des individuellen Einen und seinen vielen Ausdrücken zusammen und erkennt er das eigene göttliche Eine als die tätige, sich in den seelischen Vermögen darstellende Einheit seines Seins. Die Erfahrung des Einen als Ziel des metaphysischen Strebens ist dort, wo sich eine reine Immanenz des Einen vorfindet, ein unvermittelter Zugriff auf das Eine, was nur in einer kurzfristigen Berührung realisiert werden kann. Sind aber, wie bei 36

Vgl. hierzu auch § 21.

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Proklos, der Immanenz Grenzen gesetzt und waltet diese stets lediglich als Abbild des Einen vor, ist das Eine nie so zu erfahren, wie es selbst ist. Erfahrung des Einen kann deshalb nur über einen Umweg zustande kommen, nämlich über den Weg der Erfahrung der göttlichen, vom Einen ausgehenden Tätigkeit. Die Erfahrung des Einen fällt folglich zuerst mit dem dynamischen Weg der absteigenden Tätigkeit des Einen zusammen und sieht dann auch auf das Eine selbst. In den oben dargelegten fünf Punkten sind die divergierenden Wege der Plotinischen und Proklischen Philosophie im Zusammenhang mit den neuplatonischen Grundvoraussetzungen dargestellt. Plotin zeigt sich hier als Neuplatoniker der Innerlichkeit, der vor allem das Streben seiner Seele zu begreifen hat, um die begehrte Erfahrung des Einen zu machen. Neben seiner spirituellen Natur spielt für diese Auffassung sicherlich auch der histo­rische Umstand eine Rolle, daß die Philosophie durch die anhaltenden Gewaltsamkeiten im Rom des 3. Jahrhunderts in sich selbst getrieben war. Proklos lebte dagegen in Athen, wo trotz der politisch delikaten Umstände auch eine weltoffene und friedfertige Atmosphäre herrschte. Ferner dürfte eine radikal gelebte Neigung zur Innerlichkeit nicht zu den praktischen Auf­ gaben gepaßt haben, die Proklos als Oberhaupt der Akademie zu erfüllen hatte. Er hat die neuplatonische Metaphysik nicht bloß gelebt, er hat sie auch diesem Leben angepaßt. Proklos steht Plotins Erahnen der reinen Anwesenheit des Einen in der Seele sowie seiner Metaphysik der reinen kausalen Immanenz so oder so skeptisch gegenüber. Deshalb auch hat er das dynamische Verhältnis des Einen zum Verursachten neu durchdacht und als eine hierarchisch gegliederte Folge sich ineinander spiegelnder und untereinander abgegrenzter Abbilder konstruiert. Hiermit geht eine strenge und brückenlose Unterteilung der verschiedenen ontologischen Bereiche einher. Verschiedene Bereiche müssen als solche behandelt werden, auch wenn sie ihrem Ursprung nach zusammenhängen. Hiermit im Zusammenhang steht auch Proklos’ Pessimismus bezüglich der Möglichkeit, das Eine jemals so erfahren zu können, wie es an sich ist. Auch in der Religion gibt es lediglich eine Erfahrung des Ursprungs des Bildes und keine transzendente Erfahrung dieses



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Ursprungs selbst. In beiderlei Hinsicht regt sich sein Widerstand gegen das Unvermittelte sowie das Bedürfnis nach klareren onto­logischen Grenzziehungen. Nicht umsonst stellt Proklos der Intuition ontologische Artikulation, der enthusiastischen Innerlichkeit Ruhe und der Äußerlichkeit Unvermitteltheit sowie der reinen Immanenz Vermittlung und das Abbild entgegen. Dies sind die Eckpfeiler seiner Philosophie und zugleich seiner Stellung im Neuplatonismus. III. Die Theologische Grundlegung. Form, Titel, Datierung § 9.  Aufbau Daß Proklos eine eigene Stellung im Neuplatonismus einnimmt und somit auch eine eigene Formulierung seiner Metaphysik vertritt, impliziert, daß die Theologische Grundlegung, anders als Dodds meint, nicht als ein »neuplatonisches Kompendium« verstanden werden darf. Diese Auffassung mag durch ihren objektiven und allgemeinen Stil oder dadurch inspiriert sein, daß dieses Werk viele grundsätzliche Themen der neuplatonischen Metaphysik erörtert. In Wirklichkeit legt der Inhalt der Theo­ logischen Grundlegung eine andere Interpretation nahe. Die Theologische Grundlegung bietet eine sorgfältig artikulierte Beschreibung der neuplatonischen Metaphysik in 211 oft knappen und der Form nach (in der Regel) identisch konstruierten Kapiteln. Angefangen wird mit dem Einen, wonach zu den in die Welt des Werdens hinabsteigenden Seelen fortgeschritten wird. Die einzelnen Kapitel berichten über den Gehalt und die Struktur des vom Einen ausgehenden und auf die werdende Wirklichkeit hinabführenden Wegs der Metaphysik. Die Kapitel lassen sich in verschiedene thematische Komplexe gliedern, die jeweils logische Bedingung eines nächsten thematischen Komplexes sind. Das identische Konstruktionsschema der einzelnen Kapitel ist für die antike Philosophie einzigartig und beispiellos. Jedes Kapitel beginnt mit einer pointierten These. Das erste Wort ist in allen Fällen πᾶς oder eine Flexion. Übersetzt ist es stets mit

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»alles«, manchmal auch mit »jedes«, auch dann, wenn damit der normalsprachlichen Weise des Formulierens zuweilen etwas Gewalt angetan werden mußte. Letzteres geschieht nämlich auch bei Proklos selbst, dessen verspielter Ausgangspunkt auch ihm stilistische Opfer abverlangte. Die Thesen der einzelnen Kapitel gehen auf ein Allgemeines, etwa »alle Vielheit«, »alle Intellekte«, »alle Götter«, »alle Körper« usw. und verlangen somit eine Rechtfertigung, die Aufgabe eines Beweises wird. Ohne Beweis blieben die allgemeinen Thesen Zumutungen. Jedes Kapitel, das zwischen einigen wenigen und etwa 30 Zeilen zählt, besteht aus einer These, der ein klar abgegrenzter Beweis folgt. Das erstmalige Auftreten der Konjunktion γάρ (denn), ist ein Zeichen dafür, daß von der These zum Beweis übergegangen wird. Der Beweis wiederum beschließt mit einer Schlußfolgerung, die meistens mit ἄρα (also) eingeleitet wird. Oft paraphrasiert die Schlußfolgerung auch die These, was anzeigt, daß die Aufgabe bewältigt und der Beweis geliefert ist. In seltenen Fällen setzt Proklos das Kapitel mit einem Korollarium fort, das mit den Worten ἐκ δὴ τούτων ϕανερόν (hieraus leuchtet ein) markiert wird.37 Es handelt sich hier um Zugaben, die eine Deutung, Konsequenz oder Anwendung der These formulieren. In formeller Hinsicht ist der logische Aufbau aller Beweise richtig und schlüssig. Er verfährt in der Regel nach einem festen Schema, wobei aus zuvor dargelegten und bewiesenen Prämissen eine Schlußfolgerung gezogen wird. In vielen Fällen ist die Beweisstruktur allerdings auch von einer erheblichen Komplexität geprägt. Proklos bevorzugt nämlich Beweise, die von einer Vielfalt alternativer und logisch möglicher Sachverhalte ausgehen, wobei einer dieser Sachverhalte mit der zu beweisenden These zusammenfällt und die übrigen Sachverhalte beseitigt werden müssen, um jene zu bestätigen. Für die Widerlegung bevorzugt er wieder den Widerspruchsbeweis. Er setzt das Gegenteil der zu widerlegenden Alternative voraus und zeigt, daß hieraus Ungereimtes folgt. Zuweilen führt er beide Beweisstrategien auch in ein vielschichtiges Schema zusammen. Die These eines Kapitels wird aufgrund der Ungereimtheit des Gegenteils bewiesen, Vgl. Kap. 14, 21, 22, 25, 52, 57, 62, 63, 64, 73, 107, 175.

37



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doch folgt der Beweis dieser Ungereimtheit aus einer Vielzahl alternativer Sachverhalte, von denen wiederum die meisten vermittelst eines Widerspruchsbeweises zu beseitigen sind. Zusätzliche Schwierigkeiten innerhalb der verzwickten Beweisstruktur bereitet der Umstand, daß Proklos für die Ungereimtheit des gesetzten Gegenteils manchmal keinen Grund angibt und so tut, als ob er evident ist. In solchen Fällen ist es oft nicht einfach, die formelle Richtigkeit der Beweisstruktur zu erkennen. Innerhalb dieser Beweisstrukturen entwickelt die Theologische Grundlegung den Grundriß der Proklischen Metaphysik, wobei ein im großen und ganzen klarer, jedoch oft nicht eben leichtverständlicher Weg zurückgelegt wird. Daß die Theologische Grund­ legung in zwei große Abteilungen aufteilt werden kann, wird allgemein anerkannt, obwohl nicht sicher ist, ob der zweite Teil mit Kap. 100 oder, wie in der Regel angenommen wird, mit Kap. 113 beginnt. Der zweite Teil beschreibt jedenfalls die metaphysischen Bereiche des Einen, des Intellekts und der Seele aus der Perspektive ihrer Göttlichkeit, während der erste Teil einer allgemeinen Skizze der metaphysischen Kausalität, d. h. ihrer Prinzipien, Strukturen und Verhältnisse gewidmet ist. Schematisch ist die Theologische Grundlegung folgenderweise gegliedert: I. Metaphysische Kausalität (Kap. 1–112) Die metaphysischen Ursachen (Kap. 1–24) Die triadische Struktur der Kausalität (Kap. 25–49) Die Kausalität von Ewigkeit und Zeit (Kap. 50–55) Komplexe Kausalität (Kap. 56–65) Kausale Verhältnisse (Kap. 66–100) Kausale Verhältnisse innerhalb der metaphysischen B ­ ereiche (Kap. 101–112) II. Die metaphysischen Bereiche (Kap. 113–211) Das Eine und die Henaden (Kap. 113–159) Der Intellekt (Kap. 160–181) Die Seelen (Kap. 182–211)38

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Vgl. auch die Abgrenzung der Themen des zweiten Teils in § 21.

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An dieser allgemeinen Übersicht sind folgende ­Beobachtungen zu machen. Zuerst, daß die Theologische Grundlegung offensichtlich anhand eines von vornherein klar gefaßten Plans entworfen und entwickelt ist. Stets sind die Kapitel zusammenhängend um ein tangiertes oder eingehend erörtertes metaphysisches Thema gruppiert. Zweitens wird ein umfassenderer logischer Zusammenhang entfaltet, indem im ersten Teil die Begriffe des »Einen« und der »Vielheit« in allgemein-formeller Weise erörtert und vermittelst dieser Erörterung allmählich die metaphysischen Entitäten selbst erreicht werden, während im zweiten Teil die metaphysischen Bereiche selbst in abgestufter Reihenfolge zur Darstellung kommen. Proklos fängt an beim Einen, deduziert die Henaden, setzt von den Henaden aus den Schritt in Richtung des Intellekts, legt anschließend, allerdings eher skizzenhaft, die verschiedenen Klassen des Intellekts dar und leitet abschließend vom Intellekt die Seele und ihre Gattungen ab. Drittens ist die Feststellung allgemein unproblematisch, daß sich der erste Teil mit den allgemeinen Prinzipien der Kausalität befaßt, ohne daß dafür die wirklichen Gestalten der metaphysischen Kausalität berücksichtigt werden. Es geht hier um den formellen philosophischen Begriff des »Einen« und nicht um das »Eine« im neuplatonischen Sinne als »Prinzip von allem«, obwohl Pro­ klos dieses metaphysische »Eine« sowie den Intellekt und die Seele niemals aus den Augen verliert. Im zweiten Teil der Theo­ logischen Grundlegung geht es dann um eine Beschreibung der ganzen metaphysischen Wirklichkeit, wie sie vor ihm kein Neuplatoniker geliefert hat. Zusammenfassend ist der erste Teil der Theologischen Grund­ legung den allgemeinen begrifflichen Prinzipien gewidmet, während der zweite Teil, auf diesen sich stützend, ihre spezifische Anwendung erörtert. Allerdings kann man nicht behaupten, daß der zweite Teil eine logische Schlußfolgerung des ersten ist. Und zwar aus dem Grunde nicht, weil bestimmte spezifische Differenzen dort oftmals lediglich postuliert oder eingeführt, aber keineswegs abgeleitet werden. Lediglich die tragenden Bausteine des Gefüges der im zweiten Teil ausgeführten metaphysischen Wirklichkeit sind im ersten vorbereitet und ausgeführt. Viertens verfährt die Theologische Grundlegung im Rahmen ihrer 211 streng gegliederten Kapitel zwar nach einem bestimm-



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ten logischen Konzept, d. h. es wird ein Weg von einfachen zu komplexeren Thesen zurückgelegt und es werden aus allgemeinen Thesen die Formen spezifischer metaphysischer Seiender abgeleitet, doch folgt daraus keineswegs, daß damit der Anspruch eines geschlossenen logischen Systems im Sinne Spinozas erfüllt oder auch nur gestellt würde. Das heißt, eines Systems, das ausgehend von Definitionen oder Maximen, die alles Begriffliche genau festlegen, ein metaphysisches Gesamtgebäude ableitete. Die Theologische Grundlegung kennt solche Definitionen nicht, vielmehr kommen in den ersten Kapiteln Begriffe zum Einsatz, z. B. »Eins« oder »Einheit«, »Vielheit«, »Teilhabe« usw., deren lediglich vorausgesetzte Bedeutung sich mit ihrer Verwendung erst im Laufe der Untersuchung erhellt. Die Theo­ logische Grundlegung ist auch keine Schrift, für die die logische Form in dem Sinne relevant und vital wäre, daß sie tatsächlich Erkenntnis erzeugte. Ihre Form ist vielmehr daraufhin angelegt, daß sie bestehende Erkenntnis in ordentlicher und methodischer Weise darlegt, wozu ein strenges Vorgehen nach Definitionen gar nicht erforderlich ist. § 10.  Der Titel Einen fast unüberhörbaren Hinweis darauf, wie die Theologische Grundlegung gelesen und verstanden werden soll, gibt der Titel. Er ist nämlich nicht allgemein, konventionell oder klassifizierend, wie der der übrigen Proklischen Schriften. Es handelt sich hierbei nicht um einen Gattungstitel, wie er etwa von anderen Autoren verwendet wurde oder verwendet werden konnte. Er stammt von Proklos selbst, der damit eine ganz bestimmte Absicht verbindet, die im Verfolg erhellt werden soll. 1.  Zunächst ist »Theologische Grundlegung« keine unproblematische Übersetzung von Στοιχείωσις ϑεολογική. Das zweite Wort kann ohne weiteres mit »theologisch« übersetzt werden. Wie dieser Begriff allerdings im Rahmen des metaphysischen Kontexts der Abhandlung zu verstehen ist, ist eine Frage, die uns später beschäftigen wird. Schwieriger ist das eher ungewöhnliche Wort στοιχείωσις, das vielleicht erst im 3. Jahrhun-

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dert v. Chr. von Euklid oder von Epikur geprägt wurde.39 Das Wort scheint auf eine künstliche Gelegenheitsbildung hinzuweisen. Morphologisch handelt es sich um ein Verbalsubstantiv des seltenen Verbs στοιχειοῦν, das nach dem herkömmlichen Substantiv στοιχεῖον gebildet ist. Ein στοιχεῖον ist ein »Bestandteil einer Reihe« und insofern ein »Schritt«, ein »Buchstabe« oder auch ein »Element«. Eine στοιχείωσις wäre demnach eine Feststellung, Aufstellung oder Darstellung der Elemente von irgend etwas. In der Praxis ist dieses »irgend etwas« stets ein besonderer Erkenntnisbereich, von dem in einer στοιχείωσις die Elemente aufgestellt und mitunter auch schon angewandt werden, und zwar, indem nicht nur die begrifflichen Elemente, sondern auch die theoretischen Prinzipien des Erkenntnisbereichs dargelegt werden, die auf diesen Elementen aufbauen oder daraus zusammen­gesetzt sind. Wilhelm von Moerbeke (um 1215–1286) hat das Werk ins Lateinische übersetzt und ihm den treffenden, im Lateinischen allerdings ebenfalls ungewöhnlichen Titel »Elementatio theo­ logica« gegeben. Hier wie sonst nimmt Wilhelms Übersetzungsstrategie eine fast akribische Buchstäblichkeit an, wobei der Originaltext wortgetreu im Lateinischen abgebildet wird. »Elementatio« müßte mit »Elementierung« ins Deutsche übersetzt werden, was dann soviel besagte wie die Auflösung eines Ganzen in seine Elemente. Damit wird jedoch weder den Elementen an sich noch ihren primären Zusammensetzungen Rechnung getragen. Aus diesem Grunde ist für die Übersetzung des dunklen Titelbegriffs στοιχείωσις »Grundlegung« gewählt. 2.  In Anbetracht des eigenwilligen Titels ist ferner festzustellen, daß er authentisch ist und nicht erst im nachhinein dem Werk beigegeben wurde, was in den neuplatonischen Schulen keineswegs unüblich war. Alle Argumente, die gegen die Authentizität des Titels vorgebracht worden sind, sind nicht triftig. Proklos kannte eine Schrift des bedeutenden Musiktheoretikers Aristoxenos, Zeitgenosse und Freund des Aristoteles, unter dem Titel στοι­ χείωσις, vgl. Kommentar zum Timaios II 169.17. Vermutlich ist das nicht der Titel der Schrift gewesen, sondern Proklos charakterisiert sie unter Zuhilfenahme seines eigenen Vokabulars. 39



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So kann erstens die bloße Tatsache, daß Proklos in keinem seiner Werke die Theologische Grundlegung erwähnt, kein Anlaß zur Beunruhigung sein, denn sie ist, wie unten dargelegt werden wird,40 ein spätes, vielleicht sogar Proklos’ letztes Werk. Zweitens ist vorgebracht worden, daß die Theologische Grundlegung ihrem Titel nach einen Plan nach »Elementen« aufstellt, obwohl in der Abhandlung von Elementen nirgends die Rede ist. Diese Feststellung ist freilich richtig, doch ist entgegenzuhalten, daß die Elemente nicht der Gegenstand der Theologischen Grund­ legung sind, sondern vielmehr Teil ihrer Methode, weshalb ihre Funktion metaperspektivisch ist. Mithin vermischt Proklos in der Grundlegung das Thema, d. h. die Metaphysik der Kausalität, und diese Metaperspektive, d. h. die der methodischen Darlegung der Elemente, nicht miteinander. Wie gesagt ist eine στοιχείωσις auch keine im neuplatonischen Kontext mehr oder weniger neutrale Gattungsbeschreibung. Zunächst gibt es keine andere neuplatonische στοιχείωσις, ausgenommen Proklos’ eigene kurze Physikalische Grundlegung. Zwar findet sich im Corpus Dionysiacum eine Stelle, worin PseudoDionysios Areopagita die offenkundig fiktive Person des heiligen Hierotheos aufführt, für die vielleicht der historische Proklos Modell steht. Dieser Hierotheos soll Θεολογικαὶ στοιχειώσεις, also »Theologische Grundlegungen« verfaßt haben. Aus den Zusammenfassungen, die Pseudo-Dionysios von diesen Grundlegungen gibt, geht jedoch deutlich hervor, daß sie alle auf Pro­ klos’ Theologische Grundlegung zurückgeführt werden können.41 Von durchschlagendem Gewicht für die Authentizität des Titels ist allerdings der Umstand, daß Proklos selbst von der Idee einer Grundlegung als Methode begeistert war. Neben der Theologischen Grundlegung hat er wie gesagt auch noch eine Physikalische Grundlegung verfaßt, außerdem hat er in seinem Kommentar zu Euklid ausführlich über die Natur einer Grundlegung reflektiert und ganz allgemein das Ziel und die Methode einer theoretischen Grundlegung formuliert.42 Vgl. § 11. Vgl. Pseudo-Dionysios Areopagita, Über die göttlichen Namen II.9 648A und III.2 681A. 42 Vgl. vor allem den Kommentar zu Euklid 73.25–74.9. 40 41

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3.  Aus den Überlegungen im Euklid-Kommentar geht hervor, daß eine auf Elementen basierende Grundlegung ein didaktisches Modell ist, das in geordneter Weise einen besonderen Erkenntnisbereich darstellt und zugänglich macht. Die Mathematik und ihre Teilbereiche müssen eine solche elementare Grundlegung auf jeden Fall aufstellen, wie Proklos im Hinblick auf Euklid feststellt. Obwohl Proklos in seinem Euklid-Kommentar auf das Verfahren einer solchen Grundlegung leider nicht detaillierter eingeht, gilt auch für die Metaphysik, daß sie einen eigenen Erkenntnisbereich bildet, der daher ebenfalls einer Grundlegung bedarf. Wie für die Mathematik gilt auch für die Metaphysik, daß die Darstellungsweise der Grundlegung nicht gänzlich vom Gegenstand bestimmt ist, sondern vielmehr pragmatisch, didaktisch-strategisch und in gewissem Grade auch frei verfährt und auch verfahren muß für eine erfolgreiche Darstellung ihres Erkenntnisbereichs. Deshalb muß Proklos für die einer Grundlegung zugrundeliegenden Elemente bestimmte Kriterien formulieren, etwa daß sie der Zahl nach beschränkt sind; aber auch, daß sie die Erkenntnisse nicht einzeln, sondern in ihrem dynamischen Zusammenhang aufzeigen und vermitteln, denn Erkenntnis wird nicht von einzelnen Tatsachen, sondern von umfangreicheren Strukturen gebildet; und ferner, daß die Elemente allgemeine Thesen ausmachen, weil sie sonst nicht zu erlernen und damit der Erkenntnis nicht zugänglich wären. Die Elemente sind freilich auch keine primär ontologischen Gegebenheiten oder Fundamentalbegriffe, sondern bereits deren Anwendung in relativ komplexen Thesen, weil sich ja die primären Begriffe und Gegebenheiten nicht erkennen, beschreiben oder beweisen lassen, sondern vielmehr undefinierbarer Ausgangspunkt aller Erkenntnis sind. Die Auswahl der Elemente ist somit nicht bloß von der Sache her bestimmt, sondern auch von der didaktischen Perspektive her, d. h. von der Überlegung, daß genau diese und diese Elemente am besten dazu imstande sind, in bestimmten Zusammenhängen eine lebendige Einführung in den Erkenntnisbereich zu geben. So verwendet Proklos z. B. im ersten Kapitel der Theologischen Grundlegung den Begriff des Einen (oder der Einheit) in einer These über das Verhältnis



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zwischen Einheit und Vielheit, er erläutert diesen Begriff selbst jedoch nicht. Eine Grundlegung im Proklischen Sinne ist daher weder ein geschlossenes System, das kraft logischer Gesetze aus sicheren Prinzipien neue Erkenntnisse deduziert, so daß eine griffige Übersicht über den Erkenntnisbereich entstünde, noch ein objektiver Grundriß dieses Erkenntnisbereiches. Sie ist vielmehr ein menschlicher und daher auch in gewissem Sinne willkür­ licher Versuch, den Erkenntnisbereich auf didaktisch fruchtbare Weise zu eröffnen. Es werden Ansatzpunkte ausgewählt, zweckmäßig und systematisch miteinander verknüpft und verflochten, es werden bereits bestehende allgemeine Erkenntnisse einsichtig gemacht, vermittelt und schließlich auch auf spezifische Ge­geben­heiten angewendet, um so die Strukturen des jeweiligen Erkenntnisbereichs zu erhellen. Die Methode einer Grund­legung ist nicht darauf angelegt, die Erkenntnisse einfach auszusagen, sondern vielmehr darauf, sie im Bewußtsein der Schüler lebendig und fruchtbar entstehen zu lassen. Eine Grundlegung beschreibt somit auch nicht den ganzen Bereich einer bestimmten Erkenntnis, sondern führt den Schüler in denselben ein, wodurch er überhaupt erst in den Stand gesetzt wird, ihn aus eigener Kraft weiter zu explorieren. Kurzum, die Grundlegung erweckt die begreifende Seele und disponiert sie zur Erkenntnis. 4.  Die Selbstverständlichkeit des zweiten Titelworts ϑεολογική stellt sich bei näherem Hinsehen bald als trügerisch heraus. Auf den ersten Blick scheint die Bedeutung ausgemacht. Nach dem soeben Gesagten ginge es um eine didaktische Einführung in den Bereich der Theologie. So einleuchtend diese Erklärung zunächst scheint, trifft sie nicht ohne weiteres die Proklische Absicht. Zunächst ist nämlich zu bemerken, daß in der ersten Hälfte der Theologischen Grundlegung von dem eigentlich theologischen Thema, nämlich von den Göttern, gar keine Rede ist. Das Wort ϑεός (Gott) kommt dort ein einziges Mal und noch dazu in einem Korollarium zu Kap. 64 vor. Allerdings wird zu Anfang des zweiten Teils der Theologischen Grundlegung, nämlich in Kap. 113, die göttliche Vielheit in den Bereich des Einen eingeführt und steht die Darlegung des Einen und der Henaden

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im Zeichen der Götter, in der nachfolgenden Erörterung des Intellekts und der Seele ist dann von den Göttern nur beiläufig die Rede. Hinzukommt, daß viele der erörterten Klassen von Intellekten und Seelen gar nicht göttlich sind. Augenscheinlich kann die Theologische Grundlegung also kein Grundriß einer Theologie im strengen Sinne sein. Nichtsdestoweniger ist die Theologische Grundlegung ohne Zweifel ein metaphysisches Werk. Aus diesem Grunde ist es auch nicht unüblich, den Titel im Hinblick auf Aristoteles zu deuten. Dieser hat ja die höchste Form der Philosophie, die Erkenntnis der ersten Ursachen und Prinzipien, d. h. die Meta­physik, »erste Philosophie« und an zwei oder drei Stellen auch »Theologie« genannt. Dodds und Reale haben deshalb da­für ­plädiert, das Titel­wort »theologisch« als ein Synonym für ­Meta­physik in aristotelischem Sinn zu interpretieren.43 Gegen diese Interpretation spricht, daß Proklos in seinem Werk nirgends eine solche Gleichsetzung vornimmt. Überhaupt handelt es sich hierbei um ein typisch Aristotelisches Charakteristikum, das die Proklische Philosophie nicht tangiert. Ferner hat Proklos die Bedeutung von Theologie selbständig, d. h. nicht als Aristoteliker, durchdacht, wobei er als Vertreter des späten Neuplatonismus Metaphysik und Theologie scharf gegeneinander absetzt, weil beide Disziplinen durch eigene Absichten und ein eigenes epistemisches Verhalten ausgezeichnet sind. Nach Proklos geht die Metaphysik von Begriffen und Vorstellungen in der erkennenden Seele aus, die zwar ihre eigene Wirklichkeit haben und insofern wahr sind, doch hinsichtlich dessen, was über die Seele hinausgeht, bloß Abbilder sind, die zur Erkenntnis oder Erfahrung des Urbildes im Rahmen der Metaphysik nicht transzendiert werden können. In ihrer Entfernung vom Vgl. Proclus. The Elements of Theology. A Revised Text with Translation, Introduction, and Commentary by E. R. Dodds, Oxford 1933, ²1963, S. 187: »›Theology‹ is used here in its Aristotelian sense, as a synonym of ›first philosophy‹ or ›metaphysic‹«. Ferner Giovanni Reale, »L’estremo messaggio spirituale del mondo antico nel pensiero metafisico e teurgico di Proclo«, in: Elementi di Teologia, in Proclo Licio Diadoco. I Manuali. Elementi di fisica. Elementi di teologia. I testi magico-teurgici, traduzione, prefazione note e indici di Chiara Faraggiana di Sarzana, Milano 1985, S. lxvii. 43



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metaphysischen Ursprung ist die Philosophie zwar imstande, äußerliche Strukturen zu skizzieren, doch vermag sie es nicht, die metaphysischen Ursprünge so zu erkennen, wie sie an sich sind. Die Philosophie – groß und menschlich zugleich – erkennt das für den Menschen Erkennbare und richtet ihr zuweilen geblendetes Auge vom Diesseitigen aus aufwärts (letztendlich zum Jenseitigen). Im Unterschied zur Metaphysik oder zur Philosophie hat die Theologie zwar denselben Ansatz, nämlich das für die mensch­ liche Seele Erkennbare. Allerdings versteht sie sich nicht von dieser Beschränkung her, sondern läßt das Erkennbare dadurch hinter sich, indem sie es als Abbild und Erzeugnis eines Höheren bzw. eines Göttlichen betrachtet und vom diesem Abbild aus nach dem Ursprung fragt. Während sich die Philosophie mit der beschränkten Erkenntnis abfindet und sich bemüht, diese möglichst akkurat zu beschreiben, nutzt die Theologie dieselbe Erkenntnis für den nichtphilosophischen, d. h. zuerst induktiven und dann auch erfahrenen Schritt hin zum Erkenntnistranszendenten. Der Theologe erkennt das Göttliche nicht vermittels sicherer Begriffe, sondern leitet die Natur des Transzendenten von ihren Abbildern ab und erfährt diese Natur dadurch, daß er sich für das dynamische Verhältnis der göttlichen Ursache und des Bildes öffnet und so aufgeht in der göttlichen Tätigkeit. Die Theologie transzendiert demnach das für die menschliche Seele Erkennbare, indem sie die Seele auf den Ursprung des Erkennbaren richtet und sie für die Erfahrung der kausalen Tätigkeit öffnet. Im Titel der Theologischen Grundlegung ist Theologie somit weder ein Synonym für Metaphysik, noch ist sie als eine philosophische Wissenschaft des Göttlichen zu deuten. Sie ist vielmehr als eine Seelenhaltung aufzufassen, die vom Abbild aus den Ursprung sucht, den sie schließlich in seiner Transzendenz findet. Die Theologie bereitet folglich die Erfahrung des Göttlichen vor.44 5.  Diese beiden Elemente – d. h. das didaktische Einführungsmodell und die transzendierende Haltung – hat Proklos im Titel der Theologischen Grundlegung miteinander zu einer Absichts Vgl. Platonische Theologie I.4 17.9 ff oder Kommentar zum Parmeni­ des 925.32 ff. 44

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erklärung verflochten. Es handelt sich also um eine Grund­ legung, die theologisch verfährt. Dies heißt vor allem, daß die philosophische Seele kraft der Abbilder des Einen, des I­ ntellekts und der Seele imstande ist, über das ursprüngliche Eine und die dazugehörenden Henaden, über den Intellekt und seine Klassen und schließlich auch über die Seele und ihre Klassen zu reflektieren. Proklos konstruiert folglich keine Entitäten in einem leeren metaphysischen Raum – wie Dodds meint  –, sondern nimmt vielmehr die metaphysischen Spuren in der Seele zum Ausgangspunkt, von wo aus er den Blick auf den gött­lichen und in strengem Sinne unerkennbaren Ursprung richtet. Auf diesen Ursprung läßt sich hindeuten, er läßt sich allerdings weder benennen noch erkennen, jedenfalls nicht so erkennen, wie er an sich ist. Die sich auf das dynamische Verhältnis von Ursprung und Abbild stützende theologische Erfahrung wird von der Theologischen Grundlegung nicht ausdrücklich thematisiert. Dieser letzte Schritt wird offenbar lediglich vorbereitet. Um von den phänomenologischen Gegebenheiten den Blick hinauf zu den metaphysischen Klassen zu wenden, ist die Methode der Grundlegung offenbar deshalb vorzüglich ge­eignet, weil sie sowohl einen Bereich der allgemeinen Prinzipien als auch einen ihrer Anwendung kennt. Die allgemeinen, sich vor allem auf die Verhältnisse von Ursachen und Verursachtem beziehenden Prinzipien erteilen Hinweise über die Natur der unbekannten Ursache eines irgendwie bekannten Verursachten. Anders als die konkreten metaphysischen Klassen besitzen sie eine Notwendigkeit, die den Leitfaden für die heikle Überleitung vom Erkennbaren zum Unerkennbaren abgibt. Das Ergebnis einer auf die göttlichen Ursprünge der Abbilder abzielenden Grundlegung ist eine Skizze der göttlichen Bereiche. Sie verschafft somit eine Übersicht der nicht unmittelbar zugänglichen metaphysischen Wirklichkeit. So besehen erzeugt die Theologische Grundlegung schließlich doch noch eine »Theologie« als systematische Beschreibung des göttlichen Bereiches. Trotz der Unerkennbarkeit jener metaphysischen Wirklichkeit, die Proklos oft als seinen originären Beitrag akzentuiert, hat er weder die Existenz dieser Wirklichkeit noch ihre vielschichtig geordnete Struktur je bezweifelt. Zur Tilgung eines solchen Zweifels wäre eine Grundlegung also überflüssig. Vielmehr ist



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die ausgearbeitete Skizze mit ihren Klassen und Unterklassen, Charakterisierungen der Henaden, der besonderen Intellekte sowie der Seelen – was ebensosehr ein genuin Proklischer Beitrag zur neuplatonischen Metaphysik und zur Aufdeckung des Unerkennbaren ist – selbst das Ergebnis einer theologischen Haltung. In dieser Hinsicht ist die Grundlegung ebenfalls als theologisch zu charakterisieren. 6.  Mit dem Ausdruck »theologisch« in dem Titel wird auf eine Grundlegung angespielt, die sich auf den spezifischen Wissensbereich der Theologie bezieht. Es ist allerdings auch zu überlegen, ob die Betonung nicht auch auf das Titelwort »Grundlegung« gelegt werden könnte. Die Rede wäre dann von einem spezifischen theologischen Genre, nämlich dem einer Grundlegung. Diese Verlagerung wäre tatsächlich dann angebracht, wenn es neben der Grundlegung noch eine weitere geplante oder gar durchgeführte theologische Arbeit gäbe. Und das ist der Fall. Proklos hat nämlich auch die Platonische Theologie verfaßt. Ein umfangreiches Werk, das wesentlich dieselbe metaphysische Wirklichkeit wie die Theologische Grundlegung beschreibt, zu ihr hinsichtlich ihrer Architektonik in vielerlei Hinsicht parallel verläuft und außerdem viele der im ersten Teil der Theologischen Grundlegung entfalteten Prinzipien verwendet. Der wichtigste Unterschied zwischen beiden Werken ist der, daß die Platoni­ sche Theologie Prädikate der Götter zum Leitfaden der Beschreibung des Metaphysischen oder zu ihrer Bestätigung verwendet, die sämtlich aus den Schriften Platons zusammengetragen sind, während die Theologische Grundlegung diesen Leitfaden in den Sachen selbst findet. Das heißt, in der Platonischen Theologie ist Platon, in der Theologischen Grundlegung vielmehr bloß der Begriff die Autorität. Im Folgenden wird nun die These entwickelt, daß die Plato­ nische Theologie und die Theologische Grundlegung als Gegenstücke zueinander entstanden sind; vielleicht hat sich Proklos gar während der Arbeit an der Platonischen Theologie entschlossen, dazu auch eine Grundlegung zu schreiben. Das Verhältnis beider Werke ließe sich dann so verstehen, daß das eine die umfassende, aus Platon und anderen Autoren schöpfende Hauptarbeit, das andere ihre methodisch einführende und grundlegende Kurz-

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fassung wäre. Es gäbe somit einerseits eine ausgearbeitete Theologie und anderseits eine – mit der Betonung auf dem zweiten Wort – theologische Grundlegung. In der Platonischen Theologie ist bezüglich der Inventur der metaphysischen Wirklichkeit sowie der Feststellung der Natur der Klassen stets Platon der beherrschende Gesprächspartner und damit unvermeidlich auch der spezifische kulturelle und religiöse Kontext seines Denkens. In der Theologischen Grund­ legung dagegen wird Platon überhaupt nicht erwähnt, ja, es werden überhaupt gar keine anderen Autoren erwähnt. Die Darstellung stützt sich einzig und allein auf Logik und Begriff. So gelingt es Proklos, die metaphysische Wirklichkeit frei von aller historischen oder kulturellen Bestimmtheit darzustellen, um ihr so eine nur auf Begriff und Logik bezogene Allgemeinheit zu verschaffen. In der Theologischen Grundlegung wird nicht nur die von Platon übernommene Metaphysik in ihren bloßen Grundzügen sichtbar, sondern darüber hinaus auch die Struktur der Metaphysik schlechthin. Anhand elementarer Begriffe wird eine für die Religion überhaupt gültige allgemeine Struktur zur Darstellung gebracht, kraft der auch solche Studenten, die mit dem platonisch-griechischen Kulturkontext weniger vertraut waren, mit dem notwendigen Rüstzeug ausgestattet werden konnten, die metaphysischen Grundlagen der eigenen Religion zu durchschauen. Man kann sich somit leicht vorstellen, daß die übersichtliche Theologische Grundlegung auf ein Anliegen der Schüler zurückzuführen ist, über einen knappen Text zu verfügen, der unter Berücksichtigung der für die athenische Akademie typischen kulturell und religiös bestimmten Bezugspunkte die Grundlagen der Theologie aufdeckt. In einer Passage des Corpus Dionysiacum beschreibt Pseudo-Dionysios Areopagita, wie das eigene, offenbar schon seltene Exemplar der Theologischen Grund­ legung unter seinen Freunden zu jenem Behufe von Hand zu Hand ging.45

Vgl. Pseudo-Dionysios Areopagita, Über die göttlichen Namen III.2 681B. 45



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§ 11.  Chronologie Auch hinsichtlich der Schriften allgemeinster metaphysischer und theologischer Art ist es angebracht, nach der relativen Chronologie im Ganzen des Œuvres zu fragen. Ein jugendlicher Aufschrei, ein rasch hingeworfenes Programm oder ein ausgewogener Rückblick sind jeweils unterschiedlich zu deuten. Für Proklos gilt leider, was auch für viele andere Autoren des Altertums gilt, daß stichhaltige Hinweise zur Werkchronologie nahezu gänzlich fehlen, die die Datierung der Theologi­ schen Grundlegung in seinem Gesamtwerk erlaubten. Marinos schweigt allgemein über die Chronologie der Proklischen Werke, mit Ausnahme einer einzigen Arbeit. Proklos soll nämlich den Kommentar zum Timaios schon in seinem 27. Lebensjahr vollendet haben. Diese Nachricht kann allerdings kaum auf die erhaltene Fassung des Timaios-Kommentars zutreffen, da er in jeder Hinsicht ein Produkt seines reifen Denkens ist. Vielleicht hatte Marinos jedoch auch guten Grund, über die Chronologie zu schweigen. Denn tatsächlich kann man sich des Eindrucks kaum entziehen, daß das Gesamtwerk erst im Laufe der Zeit zu einem homogenen und in theoretischer sowie termino­logischer Hinsicht konsistenten Ganzen zusammen­ gewachsen ist. Obwohl Proklos seine Werke irgendwann einmal konzipiert und erarbeitet hat, können sie auch durchaus nachträglich ins Ganze des Corpus eingefügt und anderen Werken angereiht worden sein, indem ihr Verfasser sie fortwährend auf dieses hin durchgesehen und darauf abgestimmt hat. Er hätte somit sein Gesamtwerk in ein zeitloses Ganzes zusammengefügt, so daß die Frage nach der Chronologie einzelner Werke keinen Sinn macht. Angesichts der geschlossenen und streng gearbeiteten Theologischen Grundlegung muß man sich allerdings fragen, ob sich ein Werk dieser Art nicht einer solchen ständigen Abstimmung widersetzt und somit im Gesamtwerk eine Sonderstellung einnimmt. Gesetzt, daß sich überhaupt etwas zur Datierung der Theo­ logischen Grundlegung ausmachen ließe, kann man sich dafür nicht auf harte philologische, sondern nur auf eher rhetorische Argumente stützen. Ein solches rhetorisches und inzwischen auch zugkräftiges Argument hat Dodds entwickelt. Unter dem

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Einfluß einer bereits 1881 von Joseph Freudenthal vertretenen These46 behauptet Dodds, die Theologische Grundlegung sei eine Früharbeit.47 Die Selbstverständlichkeit, mit der diese Auffassung vorherrschend geworden ist, hat nur wenige gewundert. Ausnahmen sind Jean Trouillard,48 der in der »Einleitung« zu seiner französischen Übersetzung der Theologischen Grundlegung Zweifel an jener Frühdatierung äußert, und Eva di Stefano, die in der »Einleitung« ihrer italienischen Übersetzung Mut gezeigt hat, die Frage nach der Chronologie neu zu stellen.49 Die philosophische Sicherheit und Genauigkeit der Theologischen Grund­ legung, ihre intrinsische Konsistenz und sachliche Kongruenz mit den anderen, von Proklos im Laufe vieler Jahre erarbeiteten Werke kann di Stefano mit gutem Recht nicht in Einklang mit einer relativ frühen Entstehungszeit der Theologischen Grund­ legung bringen. Ihre Intuition ist zumal auch deshalb valide, weil die Argumente zugunsten einer Frühdatierung nicht besonders aussagekräftig sind. Von glatter Unkenntnis der Umstände zeugt die Feststellung Freudenthals, daß der Proklos der Theologischen Grundlegung noch vollkommen von Plotin und Iamblichos abhängig sei. Eine Widerlegung erübrigt sich allein schon deshalb, weil die Theologische Grundlegung an verschiedenen Punkten auffällig hart mit Plotin und Iamblichos verfährt. Nimmt man Freudenthals These wirklich ernst, folgt ferner, daß das Proklische Gesamtwerk, mit dem die Grundlegung sachlich im Einklang stünde, von Plotin und Iamblichos abhängig wäre und deshalb ein frühes Werk wäre, was freilich absurd ist. Zweitens nimmt Dodds, wie vor ihm bereits Freudenthal die Tatsache, daß in der Theologischen Grundlegung überhaupt keine anderen Proklischen Werke erwähnt werden, zur Bestäti Vgl. Joseph Freudenthal, »Zu Proklos und dem jüngeren Olym­pio­ dor«, in: Hermes 16 (1881), S. 201–224, vor allem S. 215 Anm. 1. 47 Vgl. Proclus. The Elements of Theology. A Revised Text with Translation, Introduction, and Commentary by E. R. Dodds, Oxford 1933/²1963, S. xvi–xvii. 48 Vgl. Proclos. Éléments de Théologie. Traduction, introduction et notes par Jean Trouillard, Paris 1965, S. 45. 49 Vgl. Proclo. Elementi di Teologia. Introduzione, traduzione e commento di Eva di Stefano, Firenze 1994, S. 55–66. 46



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gung für eine frühe Entstehungszeit. Zuerst ist dagegen einzuwenden, daß im Proklischen Gesamtwerk Querverweise überhaupt nur sporadisch vorkommen. Proklos hat solche Verweise nicht verwendet, um z. B. die Konsistenz seines Gesamtwerks zu unterstreichen. Ferner ist die Theologische Grundlegung ein in sich geschlossenes und wesentlich auf sich selbst beruhendes Werk, das mit der Entfaltung einer gänzlich unhistorischen Meta­physik eine ganz eigene Strategie verfolgt. Das Werk nennt überhaupt keinen Namen, stützt sich auf keine äußere Autorität und beruft sich deshalb konsequenterweise auch nicht auf andere Werke desselben Œuvres. Überhaupt hätten solche Verweise den Plan relativiert, eine Metaphysik nach einer autonom verfahrenden didaktisch-logischen Methode darzustellen. Das Fehlen werkinterner Verweise kann somit kein Nachweis für die Früh­ent­stehung sein, sondern muß vielmehr als ein Zeichen von Übersicht, Kraft und ausgewogener Reife gedeutet werden. Ein weiteres Argument für die Frühdatierung ergibt sich aus bestimmten Subtilitäten in der metaphysischen Hierarchie, die in der Grundlegung fehlen, in anderen Werken allerdings, besonders in der Platonischen Theologie, breit ausgeführt werden. Dodds führt mehrere solche Beispiele an, wie etwa die Zwischenklasse der Intellekte. In der Theologischen Grundlegung fehlen die »sowohl denkbaren als auch denktätigen göttlichen Intellekte«, während dagegen andere Klassen, wie die der »denkbaren göttlichen Intellekte« und die der »denktätigen göttlichen Intellekte« erwähnt werden. Weil Proklos jene Zwischenklassen in der Platonischen Theologie ausführlich erörtert, soll die Ordnung der Klassen in der Theologischen Grundlegung weniger detailliert sein, weshalb es sich nach Dodds auch um ein weniger ausgereiftes, mithin frühes Werk handeln müsse. Diese Deutung geht von einer falschen Exposition des Problems aus. Zuerst und allgemein ist zu fragen, ob Subtilität immer ein Indiz für einen höheren Entwicklungsstand ist. Nicht selten werden von einem Autor frühere Subtilitäten im Rückblick als künstlich, verwirrend oder für die Mitteilung der eigenen Gedanken als nicht förderlich angesehen, weshalb er sie gern zurücknimmt. Zweitens verfügt Proklos über eine genau de­finierte Ansicht, was eine Grundlegung bieten muß, um in didaktischer Hinsicht eine effektive Einführung zu sein; dazu gehört Über-

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sichtlichkeit sowohl hinsichtlich der Prinzipien als auch der Ausarbeitung. Eine Einführung würde freilich überstrapaziert werden, wenn sie alle möglichen Differenzierungen weit ausmessen würde. Drittens präsentiert Proklos in der Theologischen Grundlegung die denkbaren Intellekte und die denktätigen Intellekte nicht als separate Klassen, ja überhaupt nicht als »Klassen«, sondern stellt vielmehr fest, daß alle Intellekte diese beiden Eigenschaften in höherem oder geringerem Grade besitzen. Es gibt somit denkbare, gedankliche und auch denkbare und zugleich gedankliche Intellekte.50 Das vierte Argument bezieht sich auf vermeintliche theoretische Widersprüche innerhalb der Theologischen Grundlegung. Proklos, so Dodds, schwanke in seiner Auffassung des Intellekts und wäre sich nicht darüber im klaren, ob der Intellekt dem ganzen zweiten metaphysischen Bereich zuzuschlagen sei oder ob er nur die geringere, denktätige Schicht dieses zweiten Bereiches ausmache. Dodds zufolge soll Proklos diese Mehr­ deutig­keit erst später geklärt haben. Das ist allerdings falsch. Sie ist nämlich dem Neuplatonismus überhaupt eigen und findet sich auch in der Platonischen Theologie.51 Proklos’ Analyse der inneren Dynamik des Intellekts ist stets dadurch gekennzeichnet, daß sie immer und überall drei verschiedene und doch ineinander verflochtene Aspekte kennt, nämlich den denkbaren, mit dem Sein gleichgesetzten Aspekt, den Aspekt der vermittelnden und verknüpfenden Tätigkeit, d. h. den Aspekt des Lebens, und schließlich den aktiven, denkenden Aspekt des Intellekts dem eigentlich subjektiven Sinne nach. Ergebnis der Analyse des einen Intellekts ist ein inneres Objekt, eine Tätigkeit und das bewußte Denken, das es vor allem verdient, Intellekt zu heißen. Einen zweiten Widerspruch hat Dodds in der seiner Ansicht nach unsteten Auffassung des Teilhabeverhältnisses wahrgenommen. Während Proklos in Kap. 23 und auch sonst die Beteiligung eines Unteilnehmbaren an der Teilhabe betont, was seinen eigenen theoretischen Beitrag zur neuplatonischen Metaphysik Vgl. besonders ThG 166 und 167 mit Anm. Vgl. etwa Platonische Theologie III.6, 26.12–21, wo Proklos wirkliches Sein, Leben und den denktätigen Intellekt voneinander abhebt, sie dann aber wieder zu einer Einheit verbindet. 50 51



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markiert, scheint dieser Gedanke in Kap. 109 aufgegeben zu sein, denn hier hat der Intellekt an der als unteilnehmbar definierten Henade teil, womit das Unteilnehmbare strenggenommen verschwindet. Dodds schließt hieraus, daß Proklos zum Zeitpunkt der Abfassung der Theologischen Grundlegung den für das Unteilnehmbare charakteristischen Gedanken noch nicht bewältigt gehabt habe, weshalb sie einer frühen philosophischen Entwicklungsstufe zugeschlagen werden müsse. Dodds hat Kap. 109 allerdings dem Buchstaben und nicht dem Geiste nach gelesen. Daß der Intellekt an der Henade teilhat, heißt dort nämlich nicht, daß der Intellekt die Henade in irgendeinem Sinne unmittelbar berührte, weshalb sie nicht länger unteilnehmbar wäre, sondern es geht dort vielmehr darum, daß der Intellekt kraft eines Vermittelnden mit der Henade in einem Teilhabeverhältnis steht. Und für dieses Verhältnis gilt unverändert Proklos’ im übrigen fester Grundsatz, daß »Teilhabe« (μέϑεξις) ein »Teilnehmendes« (μετέχον), ein »Teilgenommenes« (μετεχόμενον) und ein »Unteilnehmbares« (ἀμέϑεκτον) umfaßt. Triftigere Argumente für eine frühe Datierung der Theolo­ gischen Grundlegung sind bislang nicht vorgebracht worden. Und so entsteht Raum für eine alternative Datierung, die auch einer anderen Intuition Rechnung trägt. Wie gesagt entwickelt die Theologische Grundlegung die Grundlagen eines umfassenden Systems zur Einführung. Die teilweise verspielte, aber auch äußerst effektive Art, wie Proklos diese Einführung in ein kompliziertes System gestaltet und konsistent durchführt, setzt freilich eine erhebliche schriftstellerische Fähigkeit voraus. Dies wäre schon allein ein Indiz dafür, daß die Theologi­ sche Grundlegung ein reifes Werk ist; eine späte, ja vielleicht sogar späteste Arbeit, in der Proklos noch einmal sein gesamtes System überblickt und auf seine Prinzipien zurückführt. Ist das der Fall, müßte die Theologische Grundlegung sachlich tatsächlich eng mit der Platonischen Theologie zusammenhängen, denn es gibt gute und auch allgemein anerkannte, hier jedoch nicht näher zu erläuternde Gründe dafür, daß die Platonische Theo­ logie ein spätes Hauptwerk des Proklos ist.52 Auffallend ist in Vgl. dazu Saffrey und Westerink, Proclus. Théologie platonicienne, a. a. O., Livre VI, S. xliv–lix. 52

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diesem Zusammenhang die Tatsache, daß Proklos in der Plato­ nischen Theologie seinen anfänglichen Plan, nach dem Einen und den Intellekten auch die Seele aus theologischer Perspektive zu behandeln, nicht ausführt, sondern mit dem Hinweis auf eine andere, fertige Arbeit abkürzt. Ist nun jene andere Arbeit die Theologische Grundlegung, wirft dieser Umstand Licht auf die Entstehungszeit und auch Absicht dieses Werkes. Angesichts der sachlichen Homogenität des Proklischen Gesamtwerks ist es nicht weiter erstaunlich, daß die Platonische Theologie und die Theologische Grundlegung dieselbe Metaphysik beschreiben, mit ähnlichen Begriffen arbeiten und im Rahmen ähnlicher theoretischer Zusammenhänge vorgehen; sie nehmen ferner die gleichen Aufgliederungen in den metaphysischen Bereichen vor und streben eine ähnliche Vollständigkeit an. Auch ihr Aufbau ist ähnlich. Auf einen allgemeinen Teil der Prinzipien folgt die Entfaltung der jeweiligen metaphysischen Bereiche. Daß die Prinzipien in beiden Werken nicht die gleichen sind, ist leicht dadurch zu erklären, daß es in der Platonischen Theologie um den platonischen Begriff einer »Theologie« und um die Rechtfertigung einer von einer theologischen Perspektive aus aufgestellten Metaphysik geht, während die Theologische Grundlegung zuerst die metaphysischen Kausalitätsstrukturen entwickelt. Letztere lassen sich in der Platonischen Theologie auch einfach aufweisen, obwohl sie dort nur in einer eher locke­ ren oder bündigen Form auftreten. Ferner sind die Platonische Theologie und die Theologische Grundlegung das philosophische Ergebnis desselben theologischen Verfahrens. Beide Werke thematisieren aufgrund eines phänomenologischen Zugriffs auf erkennbare Abbilder ihre unerkennbaren Ursprünge. Wichtiger jedoch ist, daß sie derselben Problemsphäre angehören. In beiden Werken geht es um das übrigens nirgendwo detailliert erörterte Verhältnis zwischen dem Einen und den Henaden, um die Erhellung der komplexen Struktur des Intellekts und um die von Analogien, Spiegelungen und gegenseitigen Durchdringungen bestimmten architektonischen Strukturen der metaphysischen Wirklich­keit. Kurzum, beide Werke gehören tatsächlich zusammen und sind als ausgearbeitete Theologie einerseits und einführende Grundlegung anderseits komplementär und dürf-



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ten daher aller Wahrscheinlichkeit nach auch derselben Phase philosophischer Tätigkeit angehören. Ist die Platonische Theo­ logie ein Spätwerk, so gilt deshalb dasselbe für die Theologische Grundlegung. Es ist kaum plausibel, daß die Theologische Grundlegung sehr viel früher als die Platonische Theologie verfaßt ist. Erstens setzen Titel und metaphysische Grundhaltung der Theologischen Grund­legung die Thematisierung des Theologiebegriffes voraus, der hier tatsächlich fehlt – das Wort »theologisch« kommt ausschließlich im Titel des Werkes vor. Dem Theologiebegriff allerdings ist das ganze erste Buch der Platonischen Theologie gewidmet. Zweitens ist die Entstehungsbedingung einer Grundlegung das Dasein, die Ermittlung und die Erkenntnis jenes Wissensbereichs, in den die Grundlegung einführen soll. Deshalb ist zu erwägen, ob die Theologische Grundlegung nicht zugleich mit oder kurz nach Abschluß der Platonischen Theologie entstanden ist. Wie gesagt kündigt der Plan der Platonischen Theologie eine Erörterung der göttlichen Seelen an, die allerdings ausbleibt; sie beschließt statt dessen mit dem Hinweis, daß die fehlende Erörterung an anderer Stelle nachgetragen wird. Ob sich diese andere Stelle nun im Kommentar zum Timaios oder in der Theo­ logischen Grundlegung findet, ist nicht weiter relevant. Relevant ist nur, daß Proklos die Erörterung der Seelen in der Theologi­ schen Grundlegung, obwohl sie auch hier nur knapp ausfällt, auf jeden Fall breiter ausführt als in der Platonischen Theologie, die das theologische Programm letztendlich nicht vollständig durchführt. Aus irgendeinem Grund hat sich Proklos während der Arbeit an der Platonischen Theologie entschlossen, einen griffigen Übersichtstext seiner Theologie anzufertigen. Für die Abfassung der umfangreichen Platonischen Theologie war selbstverständlich mehr Zeit notwendig als für die der Grundlegung, und es ist gut vorstellbar, daß Proklos während der Abfassung beider Werke gelegentlich von dem einen zu dem anderen wechselte. Genausogut vorstellbar ist es aber auch, daß er seine Theolo­ gische Grundlegung bereits vollendet hatte und die dort ebenfalls nur skizzenhafte Behandlung der Seelen in der Platonischen Theologie weiter auszuführen gedachte, sie dort aber schließlich rigoros abkürzte. Es läßt sich hierüber nur spekulieren, nicht je-

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doch über den sachlich affinen und damit auch chronologischen Zusammenhang von Platonischer Theologie und Theologischer Grundlegung. Ist also die Platonische Theologie ein Spätwerk, vielleicht sogar das letzte Werk, das Proklos vor 480 abgeschlossen hat, wenn wir Marinos Glauben schenken, daß Proklos während seiner letzten Lebensjahre nicht mehr schriftstellerisch tätig war, dann muß das gleiche für die Theologische Grundlegung gelten. Folglich müßte sie irgendwann zwischen 475 und 480 fertiggestellt sein. Sicher ist diese Datierung freilich nicht, hier wird lediglich für ihre Plausibilität plädiert. Eine genauere Datierung ist allerdings auch für die Interpretation der Grundlegung von Bedeutung. Ist sie nämlich eine Synopsis der Proklischen Metaphysik aus theologischer Perspektive und ist weiter die Vermutung richtig, daß die Theologische Grundlegung ein Gegenstück der Plato­ nischen Theologie ist, in der ja auch zentrale Motive aus Proklos’ anderen Werken – wie z. B. aus den Kommentaren zum Parmenides oder Timaios – nachklingen, muß die Theologische Grundlegung als ein Werk verstanden werden, in dem P ­ roklos seine Metaphysik insgesamt noch einmal überdenkt und in ihrer letztgültigen Gestalt mitteilt. Diese Gestalt ist offenbar so zu bestimmen, daß sie, im Gegensatz zu der der Platonischen Theologie, die ausdrücklich in der griechischen Kultur, insbesondere aber Platonischen Philosophie steht, absichtlich von allen diesen Vernetzungen befreit ist. Es spricht somit vieles dafür, daß Proklos im Alter die Ort und Zeit verhaftete Hülle seiner Metaphysik abwirft und in der Theologischen Grund­ legung nur noch das Wesentlichste aufbewahrt, das für jede philosophisch sinnvolle Religion und Metaphysik allgemeine Gültigkeit beansprucht. Unter diesem Gesichtspunkt betrachtet, wundert es nicht, daß die Theologische Grundlegung dem Pseudo-Dionysios Areopagita das Paradigma für die Vereinbarkeit verschiedener Religionen und Philosophien in einer wahren Homodoxia ist.



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IV.  Metaphysische Verwandlungen § 12.  Die Theologische Grundlegung. Erster Teil Gegen den ersten Teil der Theologischen Grundlegung (Kap. 1–112) ist oftmals vorgebracht worden, er sei wenig kohärent, weshalb er auch nicht als allgemeiner Teil einer »Grundlegung« in Proklischem Sinne anerkannt werden könne. Mitverantwortlich für diese Sichtweise ist sicherlich die lockere Konstruktion dieses Teils, der viele zentrale Themen der neuplatonischen Metaphysik aneinanderreiht, so wie Einheit, Vielheit, Autarkie, Bewegung, Teilhabe, Hervorbringen, Vollkommenheit, Hervortreten, Bleiben, Hinwendung, Ewigkeit, Zeit, Zeitlosigkeit, hierarchische Priorität, Ganzes und Teile, Allgemeinheit, Transzendenz, Immanenz, Kraft, Körperlichkeit und Unkörperlichkeit, Reihe und Ordnung, Unendlichkeit und Endlichkeit. Es liegt daher auch auf der Hand, diesen Teil als einen allgemeinen Katalog neuplatonischer Begriffe zu lesen. Dodds etwa sieht hierin einen Katalog metaphysischer Gegensätze.53 Reale erkennt darin vor allem einen Beitrag zur Henologie,54 während ihn Trouillard als Artikulation gewisser allgemeiner Gesetze der Metaphysik deutet.55 Ein Katalog metaphysischer Gegensätze ist der erste Teil allerdings allein schon deshalb nicht, weil die großen neuplatonischen Themen und Motive in erster Linie nicht um ihrer selbst willen erörtert werden, sondern einen breiteren metaphy­sischen Kontext entfalten. Ebensowenig ist dieser Teil eine Henologie, d. h. eine Lehre vom Einen, denn das Eine ist hier nicht das Hauptthema, sondern wird nur beiläufig als metaphysisches Prinzip formeller Einheit zur Sprache gebracht. Trouillards Vorschlag, den ersten Teil als Darlegung allgemeiner metaphysischer Gesetze aufzufassen, ist sachlich vielleicht nicht ganz unangemessen, doch erkennt er weder in diesen Gesetzen den Proclus. The Elements of Theology, a. a. O., S. x. Giovanni Reale, »L’estremo messaggio spiritual del mondo antico«, a. a. O., S. lxx. 55 Proclos. Éléments de Théologie. Traduction, introduction et notes par Jean Trouillard, Paris 1965, S. 46–47. 53

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vorbereitenden Abschnitt einer »Grundlegung« noch hinter den aufgestellten Prinzipien und Verhältnissen das verbindende Thema. Die verschiedenen in diesem Teil erörterten neuplatonischen Motive erhellen in Wirklichkeit Einzelaspekte der meta­ physischen Kausalität. So geht es hier z. B. nicht um Zeit und Ewigkeit an sich, sondern um Zeit und Ewigkeit als kausal tätige Ursachen; gleichermaßen stellen Ganzes und Teile ein grundsätzliches kausales Verhältnis dar, während Grenze und Unendlichkeit Prinzipien einer sich wandelnden Kausalität sind oder das Eine Ursache aller Einheit, allen Zusammenhangs und somit alles Daseins ist usw. So ergibt sich folgende Übersicht des ersten Teils der Theolo­ gischen Grundlegung: Die metaphysischen Ursachen Das Eine als Ursache der Vielheit (1–6) Das Gute als Ursache (7–13) Bewegungsbeziehungen der metaphysischen Ursachen (14–20) Horizontale metaphysische Kausalität (21–24) Die triadische Struktur der metaphysischen Kausalität Hervortreten (25–29) Bleiben und Hinwendung (30–35) Vermittelte triadische Kausalität (36–39) Triadische Kausalität und das Selbstbestehende (40–49) Ewigkeit und Zeit als metaphysische Ursachen Ewigkeit und Zeit als Maß (50–55) Kausale Komplexität Zusammengesetzte metaphysische Kausalität (56–62) Kausale Reihen und Ordnungen (63–65) Kausale Verhältnisse Ganzes und Teile (66–74) Transzendenz dem Vermögen nach (75–85) Grenze und Unendlichkeit: 1. Die Struktur des wirklich Seienden (86–88) 2. Grenze und Unendlichkeit als kausale Prinzipien (89–96) Horizontale Transzendenz (97–100)



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Kausale Verhältnisse innerhalb der metaphysischen Bereiche Hierarchie von Sein, Leben und Intellekt (101–103) Formen von Ewigkeit und Zeitlichkeit (104–107) Verknüpfungen der metaphysischen Bereiche (108–112) Diese Prinzipien und Verhältnisse der Kausalität werden – mit Ausnahme von wenigen Kapiteln und Korollarien – allgemein und formell beschrieben, weshalb ihre Bedeutung für die konkrete metaphysische Kausalität vorwiegend implizit bleibt. Im allgemeinen werden die Prinzipien einer »Grundlegung« nicht a priori oder definitorisch aufgestellt, sondern wachsen gleichsam aus der konkreten Wirklichkeit, die sie aus ihrer jeweiligen besonderen Perspektive beschreiben, doch zugleich als ihren Ansatzpunkt und Hintergrund voraussetzen. Statt einer Erläuterung bestimmter grundsätzlicher Theoreme wird in der Theo­ logischen Grundlegung eine ganzheitliche Skizze dieses Hintergrunds, d. h. des eigentlichen didaktischen Ziels der Theoreme dargeboten. Diesen Hintergrund bildet die »Bewegung« der metaphysischen Kausalität, die im Einen anfängt, um sich anschließend bis zur körperlichen Wirklichkeit auszuweiten, obwohl diese Wirklichkeit in der Theologischen Grundlegung nicht thematisch ist. Prinzipien aber sind, auch wenn sie nur für sich betrachtet werden, immer Prinzipien von etwas, d. h. von einer Wirklichkeit, der sie immer schon angehören. Ferner unterstellt die in einer »Grundlegung« begründete theologische Haltung auch einen Anhaltspunkt in einer Wirklichkeit. Die strenggenommen unerkennbaren Prinzipien erwachsen aus der phänomenologisch zugänglichen Wirklichkeit. § 13.  Hervortreten Anfang der metaphysischen Kausalität ist eine Bewegung, die Proklos in der Regel das »Hervortreten des Einen« (πρόοδος τοῦ ἑνός) nennt, aber auch, weil das Eine nicht selbst Subjekt einer Bewegung sein kann, das »Hervortreten vom Einen her« (πρόοδος ἀπὸ τοῦ ἑνός). Letztere Formulierung ist richtiger, aber auch rätselhafter, da sie eine zunächst unauffällige offene Stelle besitzt. Das Subjekt der hervortretenden Bewegung bleibt

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nämlich unbenannt, denn dort, wo Bewegung ist, auch wenn sie metaphysischer Natur ist und in einem metaphysischen Umfeld stattfindet, muß es etwas geben, das sich wirklich bewegt. Dieses Bewegende kann nicht das Eine selbst sein, weil dieses als Ursprung der Bewegung definiert ist und daher stets in sich an seinem eigenen metaphysischen Ort bleibt. Dieses Grundproblem der neuplatonischen Metaphysik, nämlich das des Hervor­ tretens des Einen, wird auch von Proklos nicht wirklich überzeugend gelöst. Der Grund liegt auf der Hand, jede Benennung des Subjekts des kausalen Hervortretens würde dasselbe konkretisieren. Trotzdem gibt Proklos gelegentlich Hinweise für eine mögliche Lösungsstrategie. Die metaphysische Kausalität übt nämlich keine Tätigkeit (ἐνέργεια) aus, sondern ist Tätigkeit, genausowenig hat sie eine Kraft (δύναμις), sondern ist Kraft. Diese Tätig­keit und diese Kraft manifestiert die Unendlichkeit, mit der diese Tätigkeit und diese Kraft tatsächlich zusammenfallen.56 Die erste, unmittelbar nach dem Einen daseiende Unendlichkeit wird daher auch als die Ursache aller Dinge verstanden.57 Von dem Einen her tritt eine Kraft und eine Tätigkeit hervor, die zugleich Unendlichkeit sind. Diese Unendlichkeit ist nun keine bloß formelle Eigenschaft, wie ja auch das Eine selbst nicht nur in formellem Sinne eins oder Einheit ist. Das Eine ist vielmehr Überfülle, die noch gänzlich undifferenziert und somit in einem transzendenten Sinne eins ist. Ähnliches gilt auch für die Unendlichkeit, die selbst die Natur des übervollen Einen nachahmt und hierdurch ein inhaltvolles Prinzip ist. Was aber der Inhalt dieser Unendlichkeit ist, wird nicht genauer dargelegt; vermutlich ist das auch gar nicht möglich. Klar ist jedoch, daß aus dem Einen eine unendliche Kraft und Tätigkeit hervortreten, die alles Verursachte in sich tragen. Das Subjekt der kausalen Bewegung ist die unendliche Tätigkeit oder die tätige Unendlichkeit. Diese Deutung läßt freilich vieles ungeklärt. Allerdings arbei­ tet Proklos hier – im Gegensatz zu Plotins metaphorischer Redeweise – mit philosophisch klar umrissenen Begriffen. Sie zwingen Proklos eine Logik auf, die ihm eine Erklärung dafür ab Für die Unendlichkeit als ein alle Seiende erzeugendes Vermögen vgl. etwa Platonische Theologie III.8 32.2 ff. 57 Vgl. Kap. 92. 56



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fordert, wie sich z. B. Tätigkeit und Unendlichkeit während des Hervortretens jeweils verhalten und sich möglicherweise auch wandeln. Ist die hier vorgenommene Gleichsetzung des Subjekts des Hervortretens mit der Tätigkeit, der Kraft und der Unendlichkeit richtig, macht Hervortreten aber auch eine allmähliche Entfernung vom Einen aus, muß gefragt werden, ob das Subjekt bei dieser Entfernung bloß nominal identisch bleibt, sich sachlich jedoch abstuft und somit tatsächlich verwandelt. Kraft und Unendlichkeit ändern sich freilich infolge der Bewegung, da sie sonst auf allen metaphysischen Ebenen der Weise und Stärke nach dieselbe Tätigkeit ausübten und mitunter überall dasselbe verursachten, weshalb das Hervortreten nirgendwo endete. Im Gegensatz zu Plotin verwendet Proklos den Ausdruck »Hervortreten« (πρόοδος) auffallend häufig. In der Theologi­ schen Grundlegung sind das Substantiv und die entsprechenden Verbalformen 112 Mal belegt. Proklos betont den Bewegungscharakter der Kausalität, der von Plotins Metaphern für die Kausalität, wie etwa die des Lichts, verdeckt wird. Proklos versteht diese Bewegung weder räumlich noch zeitlich, sie vollzieht sich vielmehr in der zeitlosen Sphäre der der Zeit vorhergehenden metaphysischen Strukturen, wo sie das ebensowenig zeitlich aufzufassende Erscheinen des Metaphysischen bezeichnet. Hervortreten ist bei Proklos demnach ebenfalls als eine Metapher zu verstehen, die das Entstehen des Subjekts der Bewegung neben dem Einen und der allmählichen Entfernung dieses Subjekts vom Prinzip zum Ausdruck bringt. Daß das Hervortreten als Entfernung des kausalen Subjekts vom Prinzip zu verstehen ist, ergibt sich aus der Beschreibung vermittelst der Begriffe »Bleiben« (μονή) und »Hinwendung« (ἐπιστροϕή). Das hervortretende Subjekt »bleibt« nämlich trotz der kausalen Entfernung im Prinzip, allerdings nicht, wie bei Plotin, wie es selbst ist, sondern »in irgendeiner Weise« (πῃ).58 Diese Weise beinhaltet sowohl eine Übereinstimmung dem Inhalt nach als auch eine Differenz und sogar Trennung der Sache nach. Das Hervorgetretene verläßt zwar das Prinzip, bleibt aber in einem ursprünglichen Sinne in der transzendenten Fülle der Ursache. Das heißt, der Ursprung bleibt, aber das Abbild Vgl. Kap. 30.

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e­ ntfernt sich. Zugleich verknüpft sich dieses Abbild, d. h. die Gestalt des Subjekts der kausalen Bewegung, mit dem Ursprung, indem es ihn erstrebt, darauf orientiert ist bzw. nach dem von Proklos bevorzugten Ausdruck »sich auf ihn hinwendet«. Ohne seine Stelle zu ändern, d. h. dort bleibend, wo es ist, richtet sich das Subjekt der Bewegung auf den Ursprung. Die metaphysische Kausalität beruht demnach auf einem dynamischen, zugleich auch unveränderlichen Verhältnis; weil sie in der Zeitlosigkeit gegründet ist, kann von einem Nacheinander, Hervortreten, Bleiben und Hinwendung nicht die Rede sein. Es entsteht ein metaphysisches Kräftefeld, in dem das hervortretende Subjekt mit dem Prinzip verknüpft bleibt, weil es ihm ähnlich ist. Die Trennung ist nicht radikal, weil das Subjekt in seinem Streben stets dem Prinzip zugewendet bleibt. Folglich ist Kausalität eine doppelte Bewegung, zusammengesetzt aus einer hervortretenden Trennung und einer aufwärtsstrebenden Hinwendung. Trotzdem wird im Folgenden vor allem die Bewegung des Hervortretens betont. § 14.  Hierarchie Die Bewegung des Hervortretens und die entsprechende allmäh­ liche Entfernung vom Einen sind als Abwärtsbewegung zu verstehen, d. h. mit dem Erreichen von Ebenen, die stets ferner vom Einen abliegen und daher auch schwächer sind, geht auch eine Abstufung der Natur des Subjekts einher. Kraft der kausal bestimmten hervortretenden Bewegung ergibt sich eine Hierarchie, die in untereinander geordneten Verwandlungen des ur­sprüng­ lichen Subjekts besteht, aus denen sich eine Reihenfolge von Ursachen entwickelt. In dieser Hierarchie geht die eine Ursache der anderen, d. h. geht die eine Verwandlung des Subjekts der anderen vorher. Diese Reihung ist freilich nicht zeitlich zu verstehen, denn es gibt in diesem metaphysischen Zusammenhang noch keine Zeit, da sie selbst etwas Verursachtes ist. Sie entsteht nicht an erster Stelle der Hierarchie, sondern erst auf der Ebene des Intellekts. Die Priorität innerhalb der kausal-meta­phy­si­ schen Hierarchie bezieht sich auf die Bedingungen des Seins. Das heißt, höher in der Hierarchie steht das, ohne welches das



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Geringere bzw. Verursachte nicht wäre. Solche Bedingungen sind anders als die kausaler Abhängigkeit in der physischen Welt, wo zwar die Ursache dem Verursachten vorhergeht, das Sein des Verursach­ten jedoch schon vor der Ursache dasein muß. In der metaphysischen Hierarchie ist das Verursachte hinsichtlich seines Seins zwar völlig von der Ursache, diese hingegen in keinerlei Weise vom Verursachten abhängig. Die allmähliche Abstufung in der Hierarchie drückt sich besonders an den Seinseigenschaften des hervortretenden Subjekts aus, die mit der Entfernung vom Prinzip an Intensität einbüßen. Zugrunde liegt hier das für die Proklische Metaphysik grund­ legende Gesetz der Verursachung durch Ähnlichkeit (ὁμοιότης). Das heißt, alles, was kraft des Hervortretens entsteht, ist dem ursprünglichen sowie dem unmittelbar vorhergehenden Prinzip ähnlich.59 Ähnlich meint in diesem Zusammenhang, daß eine sachliche Übereinstimmung vorliegt, die durch einen Verlust an Intensität bestimmt wird. Die vier in metaphysischer Hinsicht wichtigsten sich abstufenden Seinseigenschaften des hervortretenden Subjekts sind die folgenden. 1.  Paradox erörtert wird die von Platon, vor allem aber von Aristoteles und Plotin entwickelte Eigenschaft der Autarkie (αὐτάρκεια). Weil Autarkie u. a. durch das Vermögen definiert ist, sich mit dem Guten zu erfüllen,60 und weil das erste Prinzip, d. h. das Eine oder das Gute bereits selbst ursprünglich eins und gut ist, spricht Proklos, im Gegensatz zu Aristoteles und Plotin, dem ersten Prinzip Autarkie ab. Das erste Prinzip ist jenseits der Autarkie, die sich tatsächlich erst dort findet, wo das Hervortreten und somit die Entfernung vom Einen und Guten angefangen hat. Ferner sind nicht alle Stufen der metaphysischen Hierarchie in demselben Grade (oder überhaupt) autark. So gilt etwa für die besonderen und nichtgöttlichen Seelen, daß sie Vgl. Kap. 28 und z. B. Platonische Theologie III.2 6.24, 7.20, 7.23 und 8.9, ferner den Kommentar zum Parmenides 738.35 f. 60 Vgl. Kap. 10. Die alternative Definition der Autarkie, nach der sich das Autarke nicht in Besseres verwandeln kann, hängt hiermit zusammen, sofern sich ja dasjenige, was sich mit dem Guten erfüllt, nicht in Besseres zu verwandeln braucht, vgl. Platonische Theologie I.19 90.4 ff. 59

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veränderlich, nicht immer vollkommen und folglich auch nicht ganz Herr ihrer eigenen Vervollkommnung und ihres eigenen Gutseins sind. Die in Kap. 9–10 der Theologischen Grundlegung erörterte und in Kap. 40–49 mit den Selbstbestehenden verbundene Au­ tarkie bezieht sich auf das Vermögen der Selbstbestimmung, sowohl hinsichtlich der Struktur der Selbstbestehenden (oder des Wesens: οὐσία) als auch ihres Zustandes (oder der Tätigkeit: ἐνέργεια). Aus diesem Grunde widerspricht die Autarkie des hervortretenden kausalen Subjekts nicht wirklich der Tatsache, daß alles durch das Prinzip des Einen verursacht wird. Die hervortretende kausale Bewegung erreicht zwar die Ebene, wo sie zum Intellekt (νοῦς) oder zur Seele (ψυχή) wird, ist jedoch nicht imstande, für sich selbst die Natur dieser Verwandlung zu bestimmen, d. h. jene Natur, die auf der Ebene des Intellekts oder der Seele und paradoxerweise auch kraft desselben Intellekts und derselben Seele entsteht, obwohl Intellekt und Seele streng­ genommen auf dieser Ebene noch nicht bestehen. Proklos hat das Paradox nie überzeugend gelöst, obwohl er dazu gelegentlich einen außer dem System bestehenden und sich mit der Selbst­ bestimmung der metaphysischen Entitäten beschäftigenden Gott einführt.61 Autarkie besteht also in der Freiheit zur Selbstbestimmung und in der Möglichkeit, sich selbst mit dem Guten zu erfüllen, was beides Seinsweisen sind, die sich im Abstieg der metaphysischen Hierarchie verringern. Das heißt, je tiefer etwas in der Hierarchie steht, in desto höherem Grade fehlt Selbständigkeit und Autarkie und desto größer ist die jeweilige Abhängigkeit. 2.  Zweitens ändert sich auch die Intensität der Natur des hervortretenden Subjekts, denn die Unendlichkeit und das zur Natur des Subjekts gehörende Vermögen verringern sich im hierarchischen Abstieg. Das heißt, sie verlieren die Kraft, um das, was auf höherer Ebene schon verursacht ist, nochmals zu verursachen. Während der transzendente Ursprung unverändert bleibt, zieht das hervortretende Subjekt weiter, verwandelt sich und wird schwächer, obwohl es in diesem Fortgang unendlich bleibt. Es gibt somit verschiedene Grade von Unendlichkeit. Vgl. § 18.

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Der Verlust an Unendlichkeit und Vermögen entspricht der Verringerung der Allgemeinheit des kausalen Vermögens. Im hervortretenden Subjekt wird die Unendlichkeit, je weiter sich das Subjekt vom Prinzip entfernt, weniger konzentriert. Höher in der Hierarchie umfaßt das hervortretende und sich verwandelnde Subjekt in seiner Unendlichkeit das Spätere in einer allgemeineren und kräftigeren Weise, während das abgestiegene Subjekt an Allgemeinheit verliert und an Konkretheit und Bestimmtheit gewinnt. Übrigens involviert der Verlust an Unendlichkeit des hervortretenden Subjekts nicht, daß auch das ursprüngliche Prinzip an Unendlichkeit einbüßt. Der Verlust gilt den einzelnen Stadien der Entfernung vom Prinzip, und zwar im Hinblick auf dieses Prinzip, aber nicht dem Prinzip selbst. 3.  Parallel mit dem Verlust an Unendlichkeit verringert sich beim Abstieg auch die Einheit des Hervortretenden. Das mag auf den ersten Blick befremden, merkwürdig ist es jedoch nicht. Einheit und Unendlichkeit sind nämlich keine polaren Alternativen, sondern vielmehr stets zugleich auftretende Konstituentien der in der metaphysischen Hierarchie alles nach dem Einen bestimmenden »Mischung«. Dort, wo der kausale Überfluß des Einen im hervortretenden Subjekt als Unendlichkeit (ἀπειρία) abgebildet wird, spiegelt die Grenze (πέρας) des Subjekts die Einheit, die Unerkennbarkeit und das zusammenhaltende Vermögen des Einen. Diese bindende Einheit wird geringer, wenn die kausale Unendlichkeit geringer wird. Der Verlust an Einheit entspricht dem Proklischen Gesetz, daß Hervortreten durch Ähnlichkeit mit dem Prinzip, d. h. durch Verlust an Identität mit demselben zustande kommt. Entfernung vom Einen ist somit ein allmähliches Zerfließen der ursprünglichen Verwandtschaft mit dem Einen. Die Natur der sich verringernden Einheit ist in erster Linie nicht auf die Vervielfältigung des hervortretenden Subjekts der kausalen Bewegung auf einer bestimmten Ebene bezogen. Trotzdem ist die Zahl des Einen, d. h. des Einen zusammen mit den Henaden, tatsächlich geringer als die Zahl der Intellekte und diese wiederum geringer als die Zahl der Seelen. Abstieg heißt nämlich auch Vervielfältigung und mithin Verlust an Einheit. Wo das Eine für sich unerkennbar differenziert-undifferenziert

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bleibt, bilden die Grenze und das Eine, wie es sich im Abstieg gestaltet, die Unerkennbarkeit des Einen, seine zusammenhaltende unbegreifliche Kraft, sowie seine bleibende Natur ab. Das sich mit dem Hervortreten abbildende und verringernde Eine ist als Abbild zuerst weder formelle noch numerische Einheit, sondern vielmehr eine unerkennbare, zusammenhaltende und in noch undifferenzierter Weise das Differenzierte in sich umfassende Kraft. Es ist diese übervolle Einheit, die mit der Entfernung vom Einen geringer wird und schließlich in einer numerischen Zerstreuung zutage tritt.62 4.  Weil Proklos das Prinzip sowohl als das Eine (τὸ ἕν) als auch als das Gute (τἀγαϑόν) beschreibt und Gutheit und Einheit einander wechselseitig implizieren,63 muß dem Verlust an Einheit beim Abstieg der kausalen Bewegung auch eine Abnahme an Gutheit entsprechen. »Das Eine« und »das Gute« bezeichnen dasselbe Prinzip, sind jedoch ihrem begrifflichen Inhalt nach nicht identisch. Daß Proklos das Prinzip bevorzugt »das Eine« und nicht »das Gute« nennt, hängt offenbar damit zusammen, daß das Gute dem Prinzip eine Zweiheit zuzuschlagen scheint, wozu gleich mehr. Der Name »das Eine« betont dagegen den sachlichen Inhalt des Prinzips als Prinzips. In seiner unerkennbaren und verborgenen Weise und als differenzierte Un­differen­ ziert­heit ist das Eine bereits dasjenige, das zu verursachen ist. Mithin ist Verursachung Entfaltung und Artikulation des Einen als Prinzips. Mit offenbarem Unbehagen untersucht Proklos das Gute des Prinzips,64 das er weder als moralische noch als ontologische Norm deutet. Das Gute zeigt sich vielmehr in der Initiative des Hervortretens und damit in der Ingangsetzung der kausalen Bewegung. Insofern ist es die Ursache, die allem Seienden Dasein Vgl. Platonische Theologie III.8, und bes. 32.8 ff. Das Bestehen aller Seienden nach dem Einen wird von Proklos als eine Mischung aus Grenze und Unendlichkeit analysiert, vgl. Platonische Theologie III.8; für das sich verringernde Vermögen des Hervortretenden vgl. Kap. 87–96. 63 Vgl. Kap. 13. 64 Vgl. bes. Platonische Theologie I.22, sowie Kap. 8–13 und 119–122; das Verhältnis des Guten als Prinzips mit dem Guten als abgeleiteter Eigenschaft wird erörtert im Kommentar zum Timaios I 359.20–381.21. 62



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verleiht und es mit Gutheit erfüllt, kraft der sich Seiendes erhält. Im Zuge seiner etwas eigenwilligen Lektüre des Philebos stößt Proklos auf drei Prädikate des Guten, die die vom Guten aus­ gehende kausale Dynamik zusammenfassen.65 An erster Stelle ist das Gute Gegenstand des Strebens (ἐϕετόν). Kraft dieser Seinsweise zieht es alle Seienden zu sich hinauf, orientiert sie auf sich und erfüllt sie so mit dem Guten, während das Gute für sich unerkennbar, unaussprechlich und unfaßbar, d. h. für immer unerreichbar, aber dennoch Gegenstand des Strebens bleibt. Das Gute sichert somit selbst die Distanz und die innerhalb der kausalen Dynamik stabile Ordnung des Ganzen. Die zweite Eigenschaft des Guten besteht darin, daß es »zureichend« oder »hinlänglich« (ἱκανόν) ist. Diese Hinlänglichkeit des Guten faßt die Überfülle, die Unendlichkeit, die Unerschöpflichkeit und erzeugende Kraft des Prinzips zusammen und setzt das Hervortreten und die Vervielfältigung des Guten in Gang, was sich an den neidlosen und freien Gaben des Guten an alles Spätere zeigt, das hierdurch seinerseits gut wird. Die dritte Eigenschaft des Guten, die eine Mischung der beiden soeben erörterten Eigen­schaften ist, besteht darin, daß es »vollkommen« (τέλειον) ist. Hierdurch regt das Gute die Seienden an, ihm nachzustreben, aber auch dazu, daß sie das Gute in irgendeiner Weise versuchen auszudrücken, um so die bleibende Vollkommenheit des Guten nachzuahmen und dadurch die eigene beste und höchste Seinsweise zu verwirklichen. Das Streben hat ein transzendentes, unerreichbares Ziel, als Gabe oder Abbild des Guten aber auch ein immanentes Ziel, das es auch wirklich zustande bringen kann. Weil das kausale Hervortreten einerseits ein Spenden und anderseits ein Empfangen des Guten ist, verwandelt sich das Subjekt des Hervortretens beim Abstieg hinsichtlich seines Grads an Gutheit. Weil es aber selbst auf jeder Ebene gut ist, setzt es die kausale Dynamik in Gang und breitet sich hierin aus. Das heißt, wo immer das Gute ist, regt es sich zum Hervortreten und zur Vervielfältigung an, nimmt einen Teil seiner Gutheit mit, den es sich selbst in einer späteren Gestalt spendet, zieht dieses Spätere an sich und macht es kraft der eigenen Vollkommenheit Vgl. Philebos 21D und Platonische Theologie I.22 101.14 ff.

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vollkommener. Mit dem hierarchischen Abstieg verringert sich allerdings der erhaltene Teil des ursprünglichen Guten, weshalb dasselbe auch für die kausale Dynamik gelten muß. Das heißt, je weiter das Gute abgestiegen ist, desto weniger Seiende regt es zum Hervortreten an; es büßt an Kraft ein und zieht stets weniger Seiende zu sich hinauf. Das erregte Streben wird schwächer und unbestimmter, und die Vollkommenheit, die es anderen Seienden z. B. setzt, wirkt stets schwächer oder nur eine kurze Zeit. Aus diesem Grunde verlieren auch die in der meta­phy­si­ schen Hierarchie tiefer stehenden Seelen immer wieder ihre Vollkommenheit und werden auch stets von neuem dazu angeregt, sie wiederzugewinnen. Denn auch die wahrende und erhaltende Kraft des Guten verringert sich mit der Tiefe des hierarchischen Abstiegs. § 15.  Teilhabe Proklos erläutert die metaphysische Verursachung anhand der Metapher des Hervortretens, d. h. anhand der kausalen Bewegung im Sinne einer schrittweisen Entfernung vom Einen. Bestimmt wird diese Verursachung durch ein dynamisches Verhältnis, wobei das Subjekt hervortritt, die Ursache aber bleibt, indem diese im Verursachten ein Streben und eine Hinwendung anregt und so das Verursachte zu sich hinaufzieht. Daß sich hieraus endlich ein stabiles und fest umrissenes Gefüge ergibt, erhellt aus Proklos’ Analyse einer problematischen und zugleich zentralen Konstante der platonischen und der neuplatonischen Metaphysik. Die Neuplatoniker haben sich mit dem Gedanken einer Ursache, die sowohl transzendent ist als auch Initiative einer Verursachung sein soll und hervortritt, niemals richtig anfreunden können. Eine solche Ursache verspielt nämlich die Einheit. Aus diesem Grunde haben sie sich auch bemüht, die Initiative der Verursachung von der Ursache zum Verursachten zu verschieben. Die Umkehrung der kausalen Perspektive zeigt sich besonders im Streben und in der Hinwendung des Verursachten, durch die sich das Verursachte auf die Ursache richtet und derselben so ähnlich wird. Genau dieses Verhältnis beschreibt die Teilhabe (μέϑεξις, μετοχή).



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Der von Platon in die Metaphysik eingeführte und von Plotin und anderen Neuplatonikern übernommene Begriff der Teilhabe ist trotz seiner mannigfaltigen Anwendung von den antiken Autoren niemals eingehend analysiert worden.66 Proklos hat das in einer relativ ausführlichen und genauen Untersuchung nachgeholt. Hierbei konzentriert er sich nicht ohne Polemik auf die ontologische Struktur der Teilhabe. Diese Struktur beseitigt nämlich die unreflektierte Ahnung, daß in der Teilhabe Ursache und Verursachtes einander irgendwie berühren, so daß die Ursache im Verursachten anwest. In der Teilhabe wird von der Ursache dem Verursachten eine Eigenschaft übertragen und so eine Gleichgestimmtheit gestiftet, die allerdings die ontologische Differenz von Ursache und Verursachtem nicht aufhebt. Wenn Proklos z. B. anhand von Intensität oder Nähe verschiedene Arten der Teilhabe unterscheidet, verwendet er bildhafte Begriffe, die je einen eigenen ontologischen Unterschied involvieren, wie etwa Eindruck (τύπωσις), Abbild oder Spiegelung (ἔμϕασις) oder Angleichung (ὁμοίωσις).67 Dasjenige aber, das den Eindruck oder das gespiegelte Abbild zurückläßt, bleibt bei der Teilhabe für sich und wird im Verursachten nicht so, wie es selbst ist. Es beeinflußt das Verursachte, formt es, spendet ihm zuweilen auch wesentliche Eigenschaften, doch bleibt für sich und geht nicht selbst in das Verursachte ein. Die technische Analyse der Teilhabe in der Theologischen Grundlegung bestätigt diese durch Gaben und Spenden zu überbrückende Differenz zwischen Ursache und Verursachtem.68 Beachtenswert ist allerdings die Tatsache, daß Proklos zufolge die Teilhabe ein Verhältnis von drei und nicht von zwei Stellen ist. Normalerweise verknüpft die Logik der Teilhabe das Teilhabende mit demjenigen, an dem teilgenommen wird. Dieses zweistellige Verhältnis kennt Proklos auch, es wird jedoch immer als ein vorläufiges eingeführt und bald durch präzisere Verhältnis­ begriffe ergänzt. Denn das Teilhabende hat strenggenommen Bekanntlich erörtert Aristoteles die Teilhabe als eine poetische Metapher und nicht als eine metaphysische Struktur, vgl. Metaphysik I.9 991a19 ff. 67 Vgl. Kommentar zum Parmenides 846.22 ff. 68 Vgl. vor allem Kap. 23–24. 66

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nicht unmittelbar an etwas teil. In einem jeden Teil­habe­ver­ hältnis liegt nämlich ein Bezug auf ein Transzendentes, auf ein an sich Unteilnehmbares vor, auf das das Teilhabende hinstrebt, es aber nicht erreicht; dafür ergibt sich zwischen Un­teil­nehm­ barem und Teilhabendem eine Gabe, die vom Unteilnehmbaren »als etwas, das teilgenommen wird«, dem Teilhabenden übermittelt wird. Das, an dem teilgenommen wird, ist einerseits ein unerreichbar Transzendentes, woran strenggenommen nicht teil­genommen werden kann, anderseits der teilgenommene Teil. Dieser Teil verbindet und trennt zugleich die beiden Extreme. Der zugrundeliegende Gedanke ist folgender: Weil die Teilhabe das kausale Hervortreten beschreibt, obwohl in umgekehrter Richtung, impliziert die Trennung des Ursprungs der Teilhabe vom Teilhabenden, daß Ursache und Verursachtes getrennt bleiben und einander nicht berühren, sondern vielmehr jeweils auf eigener Ebene in der metaphysischen Hierarchie da sind. Hinsichtlich des Teilhabenden ist noch zu bemerken, daß es sich hierbei zwar um ein Verursachtes handelt, jedoch nicht immer um ein vermittelst dieser Teilhabe Verursachtes, was insbesondere dann der Fall ist, wenn sich die Teilhabe nicht auf die wesentliche Natur des Verursachten bezieht, etwa wenn es nur um einen entfernten, etwa zeitlichen Einfluß geht. Wenn aber z. B. der Intellekt am Einen oder an den Henaden, wie sich Proklos zuweilen ausdrückt, »teilhat«, ist damit nicht gemeint, daß der Intellekt bereits da ist, sodann am Einen teilhat und endlich die Gabe empfängt, die ihn erst eigentlich zum Intellekt macht. Teilhabendes ist hier nur noch abstrakter Moment eines Ver­ursach­ten, noch bevor es eigentlich verursacht ist; es gibt die bloße Stelle in der metaphysischen Hierarchie an, wo das hervortretende Subjekt der kausalen Bewegung Intellekt wird. Daß der Intellekt oder allgemeiner, daß das Verursachte an der Ursache teilhat, ist insofern irreführend, weil dieses Teilhaben das endliche kausale Ergebnis vorwegnimmt. § 16.  Drei Modi des Seins In einer weiteren technisch versierten Differenzierung, die vermutlich einer Polemik mit der neuplatonischen Tradition entspringt, entwickelt Proklos die auf die metaphysischen Grenzen



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gegründeten unüberbrückbaren Trennungen und festen Stufen der hierarchischen Struktur. Proklos irritiert die rätselhafte, aber zugleich auch attraktive neuplatonische Formel »Alles in Allem«, die er freilich auch gelegentlich selbst verwendet, um damit auszudrücken, daß das Verursachte »in« der Ursache sei. Was aber heißt dieses »in Allem sein« sowie das hinsichtlich des Ver­ursach­ten »in« der Ursache sein? In der Antwort auf diese Frage liegt ein Schlüssel für das Verständnis der neuplatonischen Auffassung von Immanenz und Transzendenz. Proklos geht aus von dem Umstand, daß alles in der kausalen Hierarchie Bestehende nicht bloß selbst, sondern auch als Verursachtes und als Ursache zu betrachten ist; insofern muß es infolge der Verknüpfung mit seiner Ursache – nämlich als Verursachtes – und mit seinem Verursachten – nämlich als Ursache  – definiert werden.69 Erstens ist nämlich etwas auf der eige­nen Ebene so, wie es selbst ist. Auf jeder Stufe des hervortretenden und absteigenden kausalen Subjekts hat es seine eigenen natürlichen Eigenschaften, die sich auf keiner anderen Stufe mit der­sel­ben Intensität finden. Es ist z. B. Intellekt, Denkbares, wirklich Seiendes oder was auch immer Teil der metaphysischen Hierarchie ist.70 In manchen Fällen ist diese eigene Natur Ergebnis der Selbstbestimmung, die nicht nur für die Autarkie charakteristisch ist, sondern auch für die Selbstbestehenden. Zentral für die Betrachtung eines jeden Seienden auf seiner eigenen Stufe – mit dem technischen Ausdruck καϑ᾽ ὕπαρξιν – ist »das selb­ständige Dasein« dieses Seienden, womit zugleich der entsprechende Seinsmodus definiert wird. Auf der eigenen Ebene besteht jedes Seiende »als selbständiges Dasein«. Zweitens ist das Seiende auch Ursache von anderem, wenn es aus sich herausgeht. Seine kausale Tätigkeit übt es im hierarchisch Späteren aus und spendet diesem so die Möglichkeit zur Selbstbestimmung, bleibt jedoch selbst das hervortretende und sich verwandelnde Subjekt. Das Spätere nimmt den Einfluß der Die vielleicht deutlichste Darstellung der verschiedenen Modi des Daseins findet sich in Kap. 65. 70 Für Beispiele metaphysischer Seienden, in denen die Differenzierung der Seinsmodi zum Ausdruck kommt, vgl. Kommentar zum Parmenides 900.18 ff. und Kommentar zum Timaios I 234.23 ff. 69

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Ursache an und trennt sich von ihr, die, so, wie sie ist, auf ihrer eigenen Ebene besteht. Im Späteren ist die Ursache demnach nicht so da, wie sie selbst ist, sondern verwandelt und als Abbild (εἰκονικῶς). Der spätere Seinsmodus des Seienden bzw. des Seins des Abbildes des Seienden entspricht der Betrachtung des Seienden von der Perspektive seiner Kausalität oder Teilhabe aus und heißt Sein »der Teilhabe nach« (κατὰ μέϑεξιν). Drittens ist das Seiende als Stufe des hervortretenden Subjekts auch selbst ein Verursachtes, wie auch das an ihm teilhabende Verursachte. Mitunter ist es Abbild der eigenen Ursache und besteht getrennt von dieser. Zugleich muß es schon in der Ursache da sein, da diese sonst nicht seine Ursache wäre, sondern vielmehr ein ihm Fremdes. Auch diese Weise der Präsenz in der Ursache, die ein schwieriges und auch oft einfach verschwiegenes Problem der neuplatonischen Kausalität darstellt, wird von Proklos als ein Seinsmodus nach dem Model des Abbildes erörtert. Ist nämlich etwas Abbild, dann muß es auch den Ursprung oder das Urbild dieses Abbildes geben. Zwischen Ursprung und Abbild besteht eine ontologische Trennung, selbst wenn beide einander ähnlich sind und auch in irgendeinem Sinne berühren. Mithin ist das Seiende in seinem Ursprung nicht so da, wie es selbst ist, sondern in der Weise des Ursprungs. Wie das zu verstehen ist, bleibt eine offene Frage. Proklos beschränkt sich auf die Beteuerung, daß der Ursprung das Verursachte »in vorhergehender Weise« oder »in allgemeinerer Weise« umfaßt oder enthält, obwohl auch klar ist, daß hier von Transzendenz und Inkommensurabilität die Rede ist. Die dritte Perspektive und der dritte Seinsmodus bezieht sich auf die Weise des Ursprungs oder der Ursache (κατ᾽ αἰτίαν), die offenbar das Seiende selbst übersteigt. Die Bilanz ist wiederum, daß das ontologische Gefüge der kausalen Hierarchie starr und unwandelbar ist. Was ist, ist an einer Stelle, die es nie zurücklassen und aufgeben kann. Ein Seiendes steht zwar offen für Einflüsse von oben oder auch von unten her, die allerdings seine wesentlichen Eigenschaften nicht tangieren, die feste Stelle des Seienden in der metaphysischen Hierarchie ändert sich nämlich nie. Das Seiende läßt sich nicht bloß auf der eigenen Ebene (καϑ᾽ ὕπαρξιν), sondern auch auf höheren vorhergehenden Ebenen (κατ᾽ αἰτίαν) und auf späteren



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Ebenen (κατὰ μέϑεξιν) betrachten. Auf allen diesen Ebenen ist es präsent, allerdings nicht so, wie es selbst ist. In Wirklichkeit ist das Seiende sowohl in der höheren Ursache als auch im Verursachten nur auf metaphorische Weise da. In dieser Hinsicht distanziert sich Proklos zwar nicht von der neuplatonischen Tradition, denn das Verursachte ist noch immer in der Ursache, dennoch geht er in der Hinsicht über jene Tradition hinaus, insofern Seiendes zwar im Ursprung ist, doch nur in der Weise des Ursprungs, während das Seiende selbst bleibt, wie und wo es ist. Ähnlich verhält es sich mit dem Sein eines Seienden in bezug auf ein Verursachtes, wo das Seiende bloß ein vom Ursprung entferntes Abbild ist. Die überkommene neuplatonische Auffassung der Immanenz des Seienden in der Ursache sowie die der Immanenz des Seienden im Verursachten ist nach Proklos noch keine genau umrissene metaphysische Doktrin, weshalb sie einer Revision bedarf. § 17.  Verwandlungen oder Umgestaltungen Infolge der metaphysischen Kausalität bewegt sich das Subjekt des Hervortretens nicht kontinuierlich, sondern gestuft abwärts. Diese Abwärtsbewegung involviert eine Logik der kausalen Umgestaltung. Das hervortretende Subjekt nimmt nämlich als Träger der Kausalität während seines Abstiegs stets neue Gestalten an, die sich als Abbild und Ursprung und als Verursachtes und Ursache zueinander verhalten. Die hervortretende Kausalität ist als eine Stufung von Umgestaltungen des Subjekts auf den jeweiligen metaphysischen Ebenen zu verstehen. Diese Umgestaltungen sind in der Regel dermaßen radikal, daß die sachliche Identität des Subjekts strenggenommen nicht zu verteidigen ist. Nicht nur das Vermögen, die Unendlichkeit und die Tätigkeit des Subjekts verringern sich mit seinem Abstieg, auch ändert sich seine Seinsgestalt, sofern seine späteren Gestalten stets Abbilder und Spiegelungen eines Ursprungs sind. Bild und Spiegelung sind freilich vom Urbild unterschieden. Denn in der Spiegelung hat eine Umgestaltung der Unendlichkeit statt, weil sie Bild einer früheren Gestalt wird. Bleibend ist allerdings der erste Ursprung der kausalen Bewegung, d. h. das Eine selbst.

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Anders als etwa bei Plotin vermischt sich nach Proklos das Eine nicht mit dem hervortretenden Subjekt. Das Eine schaut gleichsam nur zu, wie sich die Umgestaltungen der Unendlichkeit auf den verschiedenen Ebenen des Hervortretens immer weiter von ihm entfernen und so seine verschiedenen Wirklichkeiten auf den späteren metaphysischen Ebenen konstituieren. Die Reihenfolge der Umgestaltungen besitzt allerdings eine Logik, die dem kausalen Subjekt einerseits die Freiheit nimmt, sich überall beliebig zu gestalten, anderseits aber auch nicht vollkommen in sich geschlossen und zwingend ist. Anders als oft angenommen wird, bildet die Hierarchie der Stufen tatsächlich keine lückenlose goldene Kette, weil ja die jeweiligen meta­ physischen Ebenen scharf voneinander getrennt und unterschieden sind. Die definitorischen Eigenschaften, die der einen Ebene wohl, der anderen jedoch nicht mehr zukommen, trennen die metaphysische Wirklichkeit in ontologisch separate Bereiche auf. Mithin muß man auch feststellen, daß die Natur Sprünge macht. Ferner ist die Logik der Kausalität auch nicht imstande, jeder Stufe die ihr jeweils eigene Natur zu bestimmen. Wäre sie dazu imstande, hätte Proklos zweifelsohne dargetan, wie und weshalb sich das Eine als der Anfang der Bewegung zunächst zum wirklich Seienden, dann dieses Seiende zum Leben und dieses Leben dann wieder zum Intellekt und dieses zur Seele usw. umgestaltete. Die Umgestaltungen des Einen haben eine Logik, die erst im nachhinein festgestellt werden kann, weshalb sie auch keine apriorische Notwendigkeit besitzt. Nicht umsonst führt Proklos, wenn er die erste Gestaltung des Subjekts, d. h. die Unendlichkeit des Einen erklärt, einen außer dem metaphysischen System stehenden Gott ein.71 Ausgehend vom Dasein und von der Tätigkeit des Einen stellt nämlich ein Gott das auf das Eine folgende denkbare Sein her. Logik, Plan und Motive dieses Gottes bleiben allerdings dunkel, da er über ein selbst unerforschliches Wissen verfügt. Dort aber, wo Proklos diesen Gott nicht quasi von außen ins System hineinschmuggelt, sind es die metaphysischen Ebenen selbst, die die definitorische Aufgabe übernehmen; hier bilden sich näm71

Vgl. Platonische Theologie III.9 36.10 ff.



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lich die Selbstbestehenden, die sich im Kräftefeld des Einen selbst bestimmen und sich selbst Dasein verleihen. Die Natur der meta­physischen Seienden erhellt erst im nachhinein und folgt nicht der Logik der hervortretenden Kausalität. System und Logik sind in dieser Hinsicht also auch nicht vollkommen geschlossen. Die Logik der kausalen Bewegung wird nämlich vom Prinzip des Abbildes bestimmt, d. h. spätere Gestaltungen sind stets Abbild des vorhergehenden Ursprungs. Weil jedoch Abbild und Ursprung zwar unterschiedlich, einander aber auch verwandt sind und weil Hervortreten immer durch Ähnlichkeit oder Identi­tät zustande kommt, kann sich das Subjekt des Hervortretens nicht beliebig gestalten, vielmehr wird seine Gestalt auf späteren Stufen von den früheren Gestalten geprägt. Mithin übernimmt das Subjekt die wesentlichen Eigenschaften der früheren Gestalten nicht unverändert, sondern empfängt vielmehr ähnliche Eigenschaften, die einerseits den ursprünglichen Gestalten entsprechen, anderseits aber auch schon eine Weiterentwicklung und Umgestaltung darstellen. Der Prozeß der Spiegelung ist in der Tat komplex, insbesondere weil Proklos nicht klarstellt, ob die sich selbst bestimmende Dimension einer jeden metaphysischen Ebene als Abbild und Spiegelung aufzufassen ist.72 So bestimmt z. B. die nach dem Einen zuerst daseiende oberste Schicht des Intellekts, d. h. die des wirklich Seienden, zuerst sich selbst im kausalen Kräftefeld des Einen und empfängt anschließend den Einfluß des Einen. Es muß mithin zuerst den Spiegel geben, um das Bild abzuspiegeln. Komplex ist die Spiegelungslogik allerdings vor allem deshalb, weil sie selbst eine kontinuierliche Bewegung ausmacht, nach der das Abbild selbst zunächst Ursprung ist und dann nochmals zum Abbild wird. Beschränken wir uns auf den einfachsten Fall, nämlich den der ersten Umgestaltung des Subjekts, kraft der das unmittelbar dem Einen Folgende zum wirklich Seienden wird. Dieses wirklich Seiende (τὸ ὄντως ὄν), das in seiner Selbständigkeit bereits ein Abbild des Einen ist, empfängt das Eine später (ontologisch, nicht chronologisch später) als die Einheit seiner Natur, d. h. als Vgl. etwa Kommentar zum Parmenides 744.12–24.

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ein zusätzliches Bild des Einen, das nun dem wirklich Seienden wie eine Spiegelung dem Spiegel angehört. Das wirklich Seiende ist somit eine Umgestaltung der Tätigkeit des Einen und, sofern es eins ist, nochmals ein Bild des Einen. Diese komplexe Struktur spiegelt sich sodann in der Natur der nächsten metaphysischen Ebene, d. h. der des Lebens (ζωή). Zunächst bestimmt sich das Leben selbst und wird Abbild des wirklich Seienden; anschließend empfängt es dann das Bild des wirklich Seienden und gestaltet es ins wirklich Seiende des Lebens um. So erwirbt das Leben Inhalt und Struktur, überdies nimmt es das in dem wirklich Seienden noch implizite Bild des Einen an, d. h. das Eine des wirklich Seienden, und spiegelt es als Bild des Einen des wirklich Seienden des Lebens, wodurch es seine Einheit bekommt usw. Auf den unteren metaphysischen Ebenen findet im Abbild der unmittelbar vorhergehenden Gestalt der kausalen Tätigkeit, das jedes Selbstbestehende zuerst ist, eine ähnliche Wieder­holung der Spiegelung der Struktur des Vorhergehenden statt. Eine genauere Erörterung dieser Spiegelung wird allerdings rasch unüberschaubar. Die Hauptsache ist jedoch klar, daß nämlich trotz der Selbstbestimmung die Natur der jeweiligen metaphysischen Ebenen, d. h. die aus dem kausalen Hervortreten hervorgehenden sukzessiven Umgestaltungen der vorhergehenden und wiederholt gespiegelten metaphysischen Stufen mitgeprägt werden. Kurz, im Wesen des Späteren ist das Frühere immer als Abbild zu erkennen. Die Umgestaltungen bilden demgemäß eine logische Reihe, deren Stufungen durch die wesentlichen Eigenschaften charakterisiert werden. Wird der Intellekt der Einfachheit halber als einer aufgefaßt (wird also von allen irgendwie selbständigen Schichten des wirklich Seienden, des Lebens und des Intellekts im engeren Sinne abstrahiert), dann ist hinsichtlich des gegenseitigen Verhältnisses zwischen dem Einen, dem Intellekt und der Seele zu sagen, daß dort, wo das Eine 1. radikal »eins« ist, 2. es sich in keiner Weise auf die Zeit 3. oder auf Bewegung bezieht und beiden vorhergeht, 4. absolute Einheit ist und 5. undifferenzierte Differenz ist, der Intellekt



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1. »eins-viel« ist, 2. ewig und 3. bewegungslos (obwohl in sich selbst tätig und dynamisch) ist, 4. ungeteilt als ungeteilte Zweiheit und Vielheit ist und 5. als Zweiheit ewig mit sich selbst zusammenfällt (er denkt sich selbst) und die Seele 1. »eins-und-viel« ist, 2. in der Zeit ist, 3. sich selbst bewegt, also in Bewegung ist, 4. geteilt ist (in dem Sinne, daß sie mehrere Vermögen besitzt, a.) sich von ihrem inneren Ursprung zu entfernen und b.) offen für die spätere Wirklichkeit zu sein), 5. als Zweiheit die Anlage besitzt, wieder mit ihrem U ­ rsprung, d. h. mit sich selbst zusammenzufallen und so sich wieder­ herzustellen.73 Was den Intellekt zum Intellekt macht, die Seele zur Seele, was überhaupt das Spezifische des Intellekts und der Seele ist, dazu macht Proklos keine näheren Angaben. Die Antwort liegt offen­ bar in der Natur der Selbstbestimmung der Selbstbestehenden verborgen, die ebenfalls der Logik der kausalen Bewegung ausgesetzt sind, wenngleich sie auch eine relativ eigenständige Freiheit besitzen. Trotzdem bestimmen sich die Selbstbestehenden kraft des Ähnlichkeitsprinzips und der Bildlogik in Übereinstimmung mit den vorhergehenden Stufen des kausalen Hervor­ tretens, d. h. sie entziehen sich nicht den gespiegelten und wiederholt gespiegelten Bildern der früheren Ebenen. § 18.  Zwischenbemerkung. Die Selbstbestehenden Nicht leicht zu verstehen sind die oben in § 17 kurz angeschnittenen Selbstbestehenden (αὐϑυπόστατα). In der Theologischen Grundlegung treten sie unversehens auf, werden in den Kap. 40– 49 ausgiebig erörtert, um dann fast ganz zu verschwinden (sie Vgl. Kap. 20, Platonische Theologie I.11 47.6 ff. und allgemeiner III.6, sowie Kommentar zum Parmenides 1089.31 ff.

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werden nur noch zweimal kurz erwähnt). Offenbar sind die Selbstbestehenden von Proklos in die neuplatonische Metaphysik eingeführt worden, weshalb ihnen auch eine grundlegende metaphysische Bedeutung zuzukommen scheint, über die allerdings wenig Klarheit besteht. Die Selbstbestehenden scheint Proklos aus zweierlei Grund in seine Metaphysik eingeführt zu haben. Erstens zur Lösung des Hauptproblems der neuplatonischen Einheitsmetaphysik, wie nämlich das absolut transzendente Eine, das mit der konkreten Wirklichkeit in keiner Berührung steht, auf diese dennoch eine Tätigkeit auszuüben vermag bzw. als ihre Ursache zu betrachten ist. Die Selbstbestehenden haben eine gewisse Entsprechung in der Absolutheit des Einen, indem sie diese mit der Absicht ausüben, dadurch die Transzendenz des Einen nicht zu beeinträchtigen. Der springende Punkt ist dabei die Annahme einer doppelten Kausalität, womit der paradoxe Umstand überwunden werden soll, daß das Eine Ursache von allem sei, auch dort, wo es kein Wissen hat und folglich auch nicht tätig sein kann.74 Das Eine ist nämlich überhaupt allgegenwärtig, stiftet überall ein einendes Kräftefeld und manifestiert sich überall im sich stufenweise verwandelnden Hervortreten. Trotz seiner einenden Tätigkeit ist es nicht imstande, auch die konkreten Gestalten zu bestimmen und diese zum wirklich Seienden, Leben usw. zu bilden. Das Vermögen und die Initiative zur Bestimmung jener konkreten Gestalten verlagert Proklos nun auf die Selbstbestehenden, die im selben einenden Kräftefeld wie das Eine stehen, sich im Gegensatz zum Einen in demselben jedoch selbst bestimmen und dadurch sich selbst (αὐτά) zustandebringen (ὑϕιστάναι). Die Selbstbestehenden verleihen sich selbst dadurch Bestehen (ὑπόστασις), daß sie die Tätigkeit des Hervortretens gestalten und diese selbst werden. Die konkreten metaphysischen Gestalten der Kausalität werden also sowohl von der hervortretenden und vereinenden Tätigkeit des allgegenwärtigen Einen als auch von den diese Tätigkeit bestimmenden Selbstbestehenden verursacht. Mit dieser Lösung wird freilich auch das eigentliche Kau Für die doppelte Kausalität vgl. den Kommentar zum Parmenides 1151.1 ff. 74



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salitätsproblem vom Einen auf die Selbstbestehenden überlagert, über deren vom Einen unabhängigen Ursprung als auch Natur Proklos jedoch schweigt. So fehlt eine Antwort auf die Frage, woher die Selbstbestehenden das Vermögen und Wissen nehmen, die Tätigkeit des Einen so zu gestalten, daß sie demzufolge bestehen. Die Selbstbestehenden sollen also ein wichtiges Problem der Einheitsmetaphysik lösen, doch erklärt Proklos nicht, wie sie das können; vielleicht war er sich darüber auch gar nicht im Klaren. Das erklärt vielleicht auch die Zurückhaltung, mit der Proklos seine Lehre der Selbstbestehenden entfaltet. In der Tat ist es auffällig, daß sie kaum in den größeren Kontext der Abhandlung integriert ist. So fehlt oftmals eine Bezugnahme auf sie an solchen Stellen, wo man sie inhaltlich vielleicht erwartete. Es ist gut möglich, daß es sich hierbei um eine spätere Lehre handelt, die Pro­klos erst im Nachhinein einigen seiner Schriften eingeflochten hat. Nur an einigen ganz wenigen Stellen deutet er tentativ an, wie er seine Selbstbestehenden im Rahmen der traditionellen neuplatonischen Metaphysik verstanden wissen will. Klar ist allerdings, daß das Eine nicht als Selbstbestehendes aufgefaßt werden darf, weil das Eine jenseits aller Kausalität und vorzüglicher als das Selbstbestehende ist, aber auch weil sich im Selbstbestehenden immer etwas findet, das Bestehen verleiht, sowie etwas, das ins Bestehen gebracht wird, mithin eine – ungeteilte – Zweiheit, welche sich mit der Natur des Einen nicht verträgt.75 Daß der Intellekt als metaphysische Ebene selbstbestehend ist, und daß das Gleiche für die Schichten des Intellekts gilt, d. h. für das wirklich Seiende (ὄντως ὄν), das Leben und den Intellekt im engeren Sinne, beteuert Proklos ausdrücklich.76 Wichtig ist es auch darauf hinzuweisen, daß dieser selbstbestehende Charakter nicht nur der jeweiligen Ebene als einem Ganzen oder den verschiedenen Schichten des Intellekts zukommt, sondern auch den lenkenden Elementen jeder dieser Schichten und schließlich den individuellen Intellekten, die den von jenen lenkenden

Vgl. etwa den Kommentar zum Parmenides 786.11 ff., 1144.36 ff., 1150.8 ff. und 1150.16 ff. und den Kommentar zum Timaios I 232.11 ff. 76 Vgl. etwa Kap. 86 und Kommentar zum Parmenides 1135.29 ff. 75

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Elementen definierten Reihen angehören.77 Ähnliches gilt für die Seele, die führenden Seelen einer Reihe und schließlich für die individuellen Seelen.78 Die Tatsache, daß Proklos besonders die Seele mit Selbstbestehendem gleichsetzt, deutet vermutlich darauf hin, daß sich die Lösung des Kausalitätsproblems nicht ausschließlich einem metaphysischen Motiv verdankt. Der zweite mit der Einführung der Selbstbestehenden zusammenhängende Problemkreis ist phänomenologischen Ursprungs und hat überdies eine anthropologische Dimension. Ohne die Unüberbrückbarkeit der metaphysischen Grenzen aufzuheben, scheint Proklos nämlich die menschliche Selbsterfahrung als ein sich selbst angehörendes und selbstbegründetes Wesen – d. h. zuerst als eine sich selbst angehörende Seele – auf die metaphysische Wirklichkeit zu projizieren. Auch die menschliche Seele ist eine Seele, obwohl nicht die höchste, doch eine, deren Existenz sich nicht auf anderes zurückführen läßt. Das hat zur Folge, daß ihre wesentlichen Eigenschaften auch den eigentlichen und höchsten Gestalten der Seele zukommen. Offenbar hat sich Proklos außerdem den sich in der Seele spiegelnden Intellekt als sich selbst angehörend vorgestellt. Mithin läßt er sich nicht auf anderes zurückführen, weshalb er selbständig und individuell ist. Die menschliche Seele dagegen enthält lediglich ein Abbild oder eine Spur des Intellekts. So erhellt unter anderem, weshalb sich Proklos so viel unbeschwerter über die Seele als über den Intellekt als selbstbestehend äußert. Aus der Erfahrungsperspektive besteht nämlich ein viel unmittelbarerer Zugang zur Seele, zumal sich ja das seelische Leben zuerst in der Seele abspielt und uns der Intellekt im Rahmen der Proklischen Metaphysik nicht rein zur Verfügung steht, sondern nur als ein von der Seele empfangenes Bild. Auch die Tatsache, daß Proklos in der Theologischen Grund­ legung das eigentlich hierarchische kausale Verhältnis des Bleibens, des Hervortretens und der Hinwendung im Selbstbestehenden verinnerlicht, ist vom phänomenologischen Standpunkt Für die individuellen Elemente der metaphysischen Ebenen vgl. unten § 20. 78 Vgl. u. a. Kap. 189–191 und den Kommentar zum Parmenides 1004.17 ff. u. ö. 77



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aus sehr viel leichter zu verstehen.79 Weil nämlich einerseits das Bleiben und das Hervortreten verschiedenartige, allerdings auch polare Strukturen ausmachen, Selbstbestehendes aber anderseits schlechthin teillos und einfach ist – d. h. unkörperlich, ungeworden und ewig –,80 waltet in ihm eine Differenz mit einer polaren Dynamik vor, in der das Bleibende und das Hervortretende – also das sich Hinwendende – immer und unauflöslich zusammenfallen. Auf diese Weise wird das ewige Wesen des Selbstbestehenden aufgestellt. Diese Analyse der Struktur der Seele sowie die Selbsterfahrung der zeitlich tätigen Seele als nicht immer, allerdings manchmal mit sich selbst zusammenfallend haben zu der Vermutung geführt, daß die Tätigkeit der Seele darauf angelegt ist, mit der ewigen Struktur der selbstbestehenden Seele zusammenzufallen, d. h. das Bleiben und die Hinwendung auch in der tat­sächlichen Erfahrung miteinander zu verknüpfen und zu verschmelzen. Die lebendige Seele strebt auf dieses Zusammenfallen hin, worin auch der Grund für dieses Streben liegt. Im sowohl seinem Wesen als auch seiner Tätigkeit nach ewigen Intellekt gibt es eine solche zeitliche Verfremdung nicht, weshalb in ihm die Pole des dynamischen Verhältnisses zusammenfallen. Die systematische Relevanz der Erfahrung der Seele als in sich selbst gegründet und somit selbstbestehend hat noch eine weitere, die Proklische Metaphysik prägende Dimension. Die Erfahrung der Seele deutet nämlich nicht nur auf die Irreduzibilität, sondern auch auf die Individualität der Seele hin. Diese Individualität wurde freilich auch schon von Plotin anerkannt, obwohl sie insbesondere hinsichtlich der eschatologischen Konsequenzen und der individuellen Unsterblichkeit Fragen offen läßt. So bleibt letztendlich unklar, wie Plotin die endgültige meta­physische Stelle der Seele versteht, was sich im Lichte einer Metaphysik, die die Kausalität des Einen ohne äußeren Einfluß und ohne Fremdbestimmung entfaltet, für den Erhalt von Individualität beunruhigend auswirken muß. Plotins kausale Meta­ physik ist eine der allgemeinen, sich vom Einen entfernenden Bewegung, die dem Besonderen eigentlich keinen eigenen Platz Vgl. Kap. 40–44. Vgl. Kap. 45–49.

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zubilligen kann. Proklos hingegen hat mit seiner Lehre der Selbstbestehenden versucht, die Individualität zu retten, indem er die allgemeine Kausalität und die allmächtige Wirkung des Einen mit der Selbstbestimmung vereinigt.81 Mithin hat er die traditionelle neuplatonische Einheitsmetaphysik so umgedeutet, daß die Seienden nicht mit dem Einen identisch und auch nicht seine Gestaltungen sind, weshalb sie sich auch nicht irgendwann wieder im Einen auflösen. Vielmehr verfügen die Seienden, dem Prinzip der Selbstbestimmung nach, über eine Selbständigkeit hinsichtlich des Einen. § 19.  Materie. Die Grenze des Einen Die Umgestaltungen des hervortretenden kausalen Subjekts werden mit dem hierarchischen Abstieg stets komplexer. Sie bezeichnen nämlich nicht bloß ein Selbstbestehendes, das eine metaphysische Ebene definiert, sondern sind auch stets Abbild eines Vorhergehenden und Abbild eines Abbildes eines diesem Vorhergehenden wieder Vorhergehenden usw. In der Hierarchie wird jede Stufe stets von den jeweils höheren Stufen verursacht, die sie zum Ausdruck bringt. Die Komplexität steigert sich aller­ dings nicht unendlich, weil der metaphysische Abstieg nicht unendlich fortschreitet, sondern eine Grenze erreicht. Der Abstieg endet nämlich bei den Seelen als den letzten Selbstbestehenden. Dort, wo die Seienden das Vermögen zur Selbstbestimmung ganz verlieren und in jeder Hinsicht von den metaphysischen Ursachen abhängig sind, mithin ihre Existenz nur noch ein Bild dieser Ursachen ist, kippt die Metaphysik um in die materielle Wirklichkeit. Letztere bleibt in der Theologischen Grundlegung nahezu ganz außer Betracht. Trotzdem ist sie der Bereich, für den die Grundlegung die Prinzipien entwickelt und bereitstellt. Die kausale Tätigkeit der metaphysischen Hierarchie hört dort auf, wo die sich durch die materielle Wirklichkeit ausdehnende Wirkung der Ursachen erlischt, d. h. an der untersten Grenze dieser Wirklichkeit. Nun ist auch die ganze materielle Vgl. für die individuellen Seienden in der Proklischen Metaphysik vgl. § 20. 81



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Wirklichkeit hierarchisch gegliedert. Im Unterschied zur metaphysischen Wirklichkeit sind ihre höheren Stufen jedoch komplexer als die niederen. Das geht zurück auf die Tatsache, daß hinsichtlich der metaphysischen Grundsätze eine höhere Stelle in der metaphysischen Hierarchie auch stets eine weitere Ausdehnung der kausalen Tätigkeit involviert.82 Folglich wird alles in der materiellen Wirklichkeit Verursachte nicht nur von den nächsten, sondern auch von den diesen vorhergehenden metaphysischen Ursachen verursacht, d. h. übt die Seele ihre Tätigkeit auf etwas aus, dann auch der Intellekt, das Leben, das wirklich Seiende und schließlich das Eine.83 In der gegliederten materiellen Wirklichkeit gibt es somit einen Bereich, wo die Seele, der Intellekt und das Eine tätig sind. Dies ist der Bereich der menschlichen Seele. Es gibt aber auch einen Bereich, der von der metaphysischen Seele nicht erreicht wird, in dem aber die drei verschiedenen Aspekte des Intellekts, d. h. der denktätige Intellekt, das Leben und das wirkliche Seiende und schließlich auch das Eine tätig sind. Diesem Bereich gehören die nicht-reflektierenden und nur mit Vorstellung, Wahrnehmung und Erinnerung ausgestatteten Lebewesen an.84 Noch tiefer in der materiellen Wirklichkeit stehen die vom Leben, dem wirklich Seienden und dem Einen verursachten Seienden; dies ist der Bereich der vegetativen Natur. Wo nur noch wirklich Seiendes und das Eine ihre kausale Tätigkeit ausüben, ist der Bereich der geformten Materie, also der der Körper. Schließlich gibt es noch einen Bereich, wo nur noch das Eine tätig ist. Er ist dem Einen am fernsten, und dort übt es seine schwächste Tätigkeit aus. Diese Grenze des vom Einen ausgehenden Hervortretens ist die Materie (ὕλη).85 Die Materie ist folglich die letzte Gestalt des der ganzen Wirklichkeit zugrundeliegenden Einen. Wie seine Vorgänger Platon, Aristoteles und Plotin erörtert auch Proklos die Seinsweise der Materie kaum näher. Klar ist allerdings, daß die Materie nur vom Einen abhängig ist und von keinen ande Vgl. Kap. 57. Ebd. 84 Vgl. Platonische Theologie III.6 23.25 ff. 85 Für den gegliederten Aufbau der materiellen Wirklichkeit vgl. Plato­ nische Theologie III.6. 82 83

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ren meta­physischen Ursachen beeinflußt wird.86 Das heißt, sie macht zwar einen einigen Bereich aus, untersteht aber keiner Form und überhaupt keinem Abbild; sie ist somit in einem radikalen Sinne ungeformt, aller Bestimmung entkleidet (στέρησις) und in diesem Sinne unendlich.87 Hieraus ergibt sich die Auffassung der Materie als ein Nicht­ seiendes,88 das in kausalem Sinne unfruchtbar und kraftlos ist, nichts erzeugen kann und folglich keine Ursache mehr sein kann. Die Materie heißt »einfach«89 und ist nur noch Vermögen (δύναμις) im Sinne einer unendlichen Empfänglichkeit oder Fähigkeit, von den formenden Prinzipien bestimmt zu werden.90 Geformte Materie ist immer vom wirklich Seienden geprägt und insofern bereits Körper (σῶμα).91 Und weil manche Körper für den Einfluß des Lebens, des Intellekts und eventuell für den der Seele aufnahmefähig sind, wird die Materie zum Zugrunde­ liegenden (ὑποκείμενον) der nachmetaphysischen Wirklichkeit und zugleich deren charakteristische Dimension.92 Hieraus ergibt sich die metaphysische Funktion der Materie. Als Gegenstück des Einen, auf das das Eine tätig ist, ist sie Voraussetzung der zeitlichen, d. h. werdenden Wirklichkeit überhaupt. Gäbe es keine Materie, könnten die metaphysischen Prinzipien gar keine Wirklichkeit gestalten und würden mithin auch selbst keine Tätigkeit besitzen. Es gibt aber die Materie als der letzte Tätigkeitsbereich des Einen; diese muß aller metaphysischen Tätigkeit der Prinzipien zugrunde liegen. Die Materie nimmt diese Prinzipien als Form an, als Leben und als Ausdruck der Seele und bringt so die Tätigkeit zum Stillstand, verleiht ihr Bestehen und spiegelt sie so, daß die materielle Wirklichkeit entsteht. Für die Abhängigkeit der Materie vom Einen vgl. Kap. 72 und u. a. Platonische Theologie I.15 70.15 ff. 87 Für die Unendlichkeit der Materie vgl. Kap. 94 und u. a. Platonische Theologie III.10 40.23 ff. 88 Vgl. Platonische Theologie III.21 78.10 ff. 89 Vgl. Kap. 59. 90 Vgl. Platonische Theologie III.8 34.7 ff.; III.10 40.23 ff.; III.19 66.21 ff. 91 Vgl. Kap. 72. 92 Bezüglich der Materie als ein allen Seienden Zugrundeliegendes vgl. Kap. 72 und Platonische Theologie V.17 61.17 ff. 86



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Die Materie empfängt die Bilder in einer der Hierarchie der metaphysischen Ursachen entsprechenden Reihenfolge, wodurch zugleich der Aufbau der Wirklichkeit bestimmt wird. Die Materie, selbst das letzte Bild des Einen, empfängt zuerst – obzwar nicht überall – die Formen des wirklich Seienden. Dort, wo sie geformt ist, kann sie offen für das Leben sein, obwohl nicht alles formhafte Materielle auch lebendig ist. Dort allerdings, und nur dort, wo sie lebende Materie ist, kann sie erkennend und so­ mit Bild des Intellekts sein, dort wiederum, und nirgends sonst, kann sie auch für den Ausdruck der Seele empfänglich sein. Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang, daß sich nach Proklos – im Unterschied zu Plotin – die metaphysischen Ursachen nicht als solche, d. h. so, wie sie selbst sind, sondern lediglich als Bilder mit der Materie zur Wirklichkeit verknüpfen. Die Metaphysik der Wirklichkeit ist eine Metaphysik der Distanz, und die Wirklichkeit ist kein unvermitteltes Geflecht der metaphysischen Prinzipien mit der Materie. Trotzdem bieten die Bilder, wenn sie als Ausdruck der metaphysischen Ursachen anerkannt werden, der Philosophie die Möglichkeit, aufgrund einer durch sie legitimierten Ahnung die Ursachen selbst zu erkennen. Denn in ihrer Beschaffenheit und ihrem Wechsel zeigen die Bilder eine Spur jener Ursachen, die vermittelst philosophischer Einsicht und Überlegung zu untersuchen und zu präzisieren ist und sich unter Umständen auch erfahren läßt. Ein Bild ist die Zusammenballung der den Ursachen entstammenden Tätigkeit. Nicht überall, nicht an jeder Stelle und in jedem Augenblick zeigt die metaphysisch-theologisch betrachtete Wirklichkeit die reine Tätigkeit einer Ursache, mithin eine Tätigkeit, die in der Theurgie sogar das Göttliche erahnen läßt. Ohne die Materie gäbe es weder eine Erfahrung jener Tätigkeit noch eine Theurgie.93 Zweitens erhellt aus der Proklischen Definition der Materie auch die Bestimmung ihres ontologischen Rangs. Unter historischem Gesichtspunkt ist sie der Aristotelischen Materieauffassung verwandt. Aristoteles versteht die Materie ausdrücklich als das von aller Form entkleidete Gegenstück der gestaltenden Prinzipien. Nach Proklos ist die Materie dagegen ein Gegenstück des Einen und der metaphysischen Ursachen. So gesehen Vgl. in diesem Zusammenhang auch § 21.

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schließt er sich nicht der Plotinischen Materieauffassung an, dernach die Materie eine dem Einen radikal fremde und sogar feindliche Gegenmacht ist. Bei Proklos entstammt die Materie dem Einen, von dem sie in metaphysischer Hinsicht zwar am weitesten entfernt ist, aber dennoch damit verbunden und davon abhängig bleibt. In seinem metaphysischen System ist somit alles, auch die Materie, vom Einen verursacht, davon abhängig und dadurch bestimmt. Ist nun das Eine auch auf die Materie tätig, wirkt es damit letztendlich auch auf sich selbst zurück und errichtet so die gesamte materielle Wirklichkeit. Der Gedanke der Geschlossenheit dieses metaphysischen Systems ist allerdings irreführend. Denn die Proklische Materie ist eine vom Einen getrennte und nur hinsichtlich der vom Einen ausgehenden kausalen Tätigkeit eine von ihm abhängige Gestalt. Somit wirkt das Eine über die Materie eigentlich nicht mehr auf sich selbst, weshalb sich das Eine in der Materie nicht selbst modifiziert, sondern lediglich seine Tätigkeit, die sich beim ersten Hervortreten allerdings schon vom Einen getrennt hat. Das Proklische System ist somit nur in der Hinsicht geschlossen, daß alle seine Bereiche immer vom Einen als transzendentem Ursprung herrühren und deshalb auch immer Bild des Einen sind. Proklos nimmt hiermit bewußt Stellung gegen Plotins meta­ physische Geringschätzung der Materie als des Bösen, das ins­ besondere die Seele hinsichtlich ihrer natürlichen Orientierung auf das Eine verwirrt und auch behindert. Freilich anerkennt auch Proklos ein gewisses verführerisches Potential der Materie. Weil aber die Materie vom Einen und somit auch vom Guten herrührt, ist sie nicht ohne weiteres als ein fremdes oder gar böses Gegenstück des Einen zu verstehen. Verfehlt also die Seele wegen der Materie ihre eigentliche Aufgabe – welche sich nach Proklos übrigens niemals ganz erledigen läßt und insofern auf immer Aufgabe bleibt –, so zeigt sich das Gute zwar nicht der individuellen Seele, bleibt aber für das Ganze ein Gutes. Im Gegensatz zu Plotin kann Proklos das der Materie entspringende Übel als eine substanzlose Nebenerscheinung (παρυπόστασις) im Ganzen der Wirklichkeit verstehen.94 Vgl. u. a. Platonische Theologie I.18 84.16 ff.

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§ 20.  Die Proklische Monadologie 1.  Die vom kausalen Hervortreten errichtete hierarchische Metaphysik ist relativ einfach zu skizzieren. Von dem Einen als dem Prinzip von Allem geht die absteigende Bewegung der kausalen Tätigkeit aus. In dieser Bewegung verwandelt sich ihr Subjekt zuerst in jene Bereiche, die zusammen den Intellekt etablieren, d. h. die des wirklich Seienden, des Lebens und des denktätigen Intellekts, dann in jene, die die Seele etablieren und schließlich, obwohl Proklos hierüber nicht ganz klar ist, in jene Bereiche, die die Natur (ϕύσις) etablieren. Die Materie und die körperliche Welt sind nun nicht als weitere Umgestaltungen des kausalen Subjekts aufzufassen, sondern vielmehr als seine durch wiederholte Spiegelungen abgestufte Tätigkeit. Proklos’ Metaphysik der sukzessiven Umgestaltungen hat somit eine andere Stoßrichtung als Plotins Metaphysik der reinen Immanenz der Prinzipien im Späteren. Plotins Untersuchung der menschlichen Erfahrung erkennt zwar die Individualität des einzelnen Intellekts sowie der einzelnen Seele an, hat jedoch nicht erklärt, wie sich das im Allgemeinen enthaltene Individuelle aus diesem Allgemeinen entwickelt. Proklos berücksichtigt dagegen diesen Zusammenhang des allgemeinen Wesens einer metaphysischen Ebene mit den einzelnen Elementen dieser Ebene. Er entwickelt ihn auch detailliert, zumal es sich ja hierbei auch um ein zentrales Motiv seiner Meta­ physik handelt. Trotzdem bleibt seine Lösung des Problems dieses Zusammenhangs letztendlich unklar. Zum einen deshalb, weil den dazu eingeführten Begriffen wie Monade (μονάς), Reihe (σειρά), Ordnung (τάξις) oder Anordnung (δια­κόσμησις) eine klare Definition fehlt. Ferner behindert das sehr allgemein entwickelte Verfahren die Einsichtigkeit der Lösung. Proklos deduziert und beschreibt zwar relativ genau die einzelnen göttlichen Intellekte und Seelen, er dehnt die Behandlung jedoch nicht auf die menschlichen Intellekte und Seelen aus. Mithin bleibt die Distanz zwischen den allgemeinen metaphysischen Wesen und ihren einzelnen Elementen groß und im einzelnen schwer zu durchschauen. Dennoch ist die Stoßrichtung seiner Lösung klar. Von zentraler Bedeutung sind jene metaphysischen Seienden, die Proklos »Monaden« nennt. In der neuplatonischen Tradition

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erlangen die Monaden erst bei Proklos einen zentralen Stellenwert für die metaphysische Wirklichkeit. Was eine Monade aller­ dings ist, erörtert Proklos nicht näher. Daß Damaskios später die Natur der Monade aufgrund der freilich falschen Etymologie erklärt, nach der μονάς mit μονή (Bleiben) zusammenhängt,95 ist ein Indiz dafür, daß der Monadenbegriff keineswegs klar umrissen war. Proklos assoziiert den Begriff mit Vereinzelung (μόνωσις)96 oder mit Einförmigkeit (μονοειδῶς εἶναι)97, womit er betont, daß Monaden vereinzelt für sich bestehen, einzigartig sind und eine exklusive, transzendente Stelle in der meta­ physischen Ordnung einnehmen. Jedenfalls ist die Monade bei Proklos ausdrücklich ein Prinzip (ἀρχή), analog dem Einen als Prinzip von Allem. Als Prinzip mit offenbar bestimmten Eigen­ schaften besitzt die Monade verborgene (unaussprechliche, unerkennbare), einförmige und in sie eingeschlossene Daseinsformen und Vermögen, die einerseits ihr Sein bestimmen, sich anderseits aber auch vereinzelt im Späteren manifestieren.98 Die Monade ist Prinzip einer metaphysischen Ebene. Als ein solches Prinzip ist sie nicht nur für die Selbstbestimmung dieser Ebene verantwortlich, sondern ist sie auch eine das Eine nachahmende Tätigkeit, sich selbst als diese Ebene zu gestalten. Diese Tätigkeit ist nicht bloß in dem Sinne vom Einen abhängig, daß die Monade das Eine nachahmt und letztlich auch vom Einen verursacht ist, sondern auch in dem Sinne, daß sie die vom Einen ausgehende Tätigkeit gestaltet und auf sie wiederum ihre eigene Tätigkeit ausübt. Die Monade ist somit selbst eine Gestalt des hervortretenden kausalen Subjekts und definiert die von ihm jeweils erreichte Ebene. Es gibt folglich auf jeden Fall drei Haupt­ monaden: die des Intellekts, die der Seele und die der Vereinigung des Einen mit seinen Henaden.99 (Allerdings ist manchmal auch die Rede von einer Monade der Natur.)

Vgl. Damaskios, Über die Prinzipien I 87.25 Ruelle = II 3.18 Westerink. Vgl. etwa Platonische Theologie II.7 50.12–16 und Kommentar zum Timaios I 443.12 ff. 97 Vgl. Platonische Theologie II.7 49.1–8. 98 Vgl. Platonische Theologie III.2 8.9 ff. 99 Vgl. u. a. Platonische Theologie I.3 14.5–15. 95

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So wie das Eine die ganze von ihm verursachte Wirklichkeit ist, so ist auch die Monade die ganze metaphysische Ebene, die von ihr bestimmt wird und ihr entstammt. Auffällig an der Proklischen Monadologie ist allerdings, daß die Monaden auch selbst wieder Monaden enthalten, die als Besonderung eines Aspekts der ursprünglichen Monade und der von ihr umfaßten Vermögen und Eigenschaften zu verstehen sind. Auf jeder metaphysischen Ebene gibt es Monaden, die in mehrere Triaden, Vierheiten und Siebenheiten aufgestellt werden, die einander durchdringen, aber auch transzendent und einzigartig sind. Jede Monade, die der Identität einer metaphysischen Ebene zugrunde liegt, birgt wiederum in sich Monaden, die hinsichtlich ihrer Intensität und Eigenschaften eingeschränkt, aber immer noch Monaden sind. Es gibt demnach nicht nur Monaden der ersten Vereinigung, des Intellekts und der Seele, denn z. B. die Monade des Intellekts umfaßt in sich die Monade des wirklich Seienden, die des Lebens und die des denktätigen Intellekts, und, mit letzterer verknüpft, gibt es wiederum eine Triade, die aus der Monade des Lebewesens, der anfertigenden (δημιουργική) Monade und der Monade des Alls zusammengesetzt ist. Ähnliches gilt auch für die Monaden auf der Ebene der Seele und der Natur. Auf einer jeden von einer allgemeinen Monade definierten metaphysischen Ebene finden sich Monaden, die ein in jener allgemeinen Monade eingeschlossenes Vermögen verselbständigen und tätig machen. Die enthaltene Monade trennt, teilt und entfaltet das Wesen und das kausale Potential der enthaltenden Monade, wie diese wiederum die verborgene Einheit des Einen entfaltet und in einer besonderen Gestalt verwirklicht. Die Anzahl der in den Monaden enthaltenen Monaden wird in Proklos’ weitläufigen Ausführungen rasch unübersichtlich, doch ist die zugrundeliegende Idee deutlich genug. Als Gestalten des hervortretenden kausalen Subjekts bilden die Monaden die hierarchisch gegliederte absteigende Reihe der metaphysischen Bereiche. In Übereinstimmung mit dem triadischen Verhältnis von Ursprung, Dasein und Bild vermitteln sie einander die wesentlichen Eigenschaften der ursprünglichen, vom Einen ausgehenden Tätigkeit.100 Dabei bilden die von diesen Vgl. Kap. 103.

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Eigenschaften bestimmten Seienden kein wirkliches Kontinuum, sondern vielmehr eine aus getrennten Gliedern zusammengesetzte Kette. Die metaphysischen Bereiche des Einen, des Intellekts – d. h. des wirklich Seienden, des Lebens und des denktätigen Intellekts – und der Seele sind nicht graduell, sondern hinsichtlich bestimmt definierender Kennzeichen unterschieden. Denn wie gesagt, macht die Natur an den Grenzen der jeweiligen metaphysischen Bereiche Sprünge. Diesem diskontinuierlichen Abstieg entspricht ein allmählicher Verlust an kausalem Vermögen. Die Hauptmonaden sowie die darin beschlossenen und sich als besondere Vermögen entfaltende Monaden durchdringen einander, bestehen ineinander und bilden die logische Hauptachse des metaphysischen, gleichsam vertikalen Abstiegs. 2.  Ferner ist jede Monade nicht nur in dem Sinne zeugungsfähig (γόνιμος), daß sie sich an der Verursachung der niederen meta­ physischen Ebenen beteiligt, sondern auch in dem Sinne, daß sie eine Vielheit erzeugt, die mit ihr der gleichen Reihe (σύστοιχος) angehört und so auch ihre eigene metaphysische Ebene stiftet.101 Wie allerdings die Monade dies alles vermag, woher die Initiative dazu stammt, aber auch was die Substanz der Elemente der sich der Monade anschließenden Vielheit ist und wie diese Elemente der Monade überhaupt entspringen können, wird von Proklos ebensowenig erörtert wie die ursprüngliche kausale Tätigkeit, die von den Monaden nachgeahmt wird. Er stellt vielmehr eine dem Sein und der Struktur der Monade entsprechende Gesetzmäßigkeit des Erscheinens der Vielheit fest. Die Kausalität des Einen und die der Monade entsprechen einander auch in der Hinsicht, daß das Hervortreten vom Einen her in einer logisch eindeutigen Abfolge stattfindet, sofern jede folgende metaphysische Ebene von der vorhergehenden impliziert wird, aber daß auch die der Monade angemessene Vielheit eine Ordnung kennt, nach der ihre einzelnen Elemente einander bedingen. In der Regel erörtert Proklos diese Vielheit als Reihe (σειρά), als eine Ordnung (τάξις, διακόσμησις) jedoch, wenn die Betonung auf der erzwungenen Folge in der Reihe liegt. Vgl. Kap. 21, Platonische Theologie I.3 14.11 f., II.8 53.8–11, III.2 7.28–8.3 oder Kommentar zum Parmenides 620.6 f. 101



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Trotzdem gibt es auch einen wesentlichen Unterschied zwischen der kausalen Vermittlung des Einen einerseits und der der Monade anderseits hinsichtlich der Natur der Abstufung. Denn obwohl sowohl in der Hierarchie des aus dem Einen hervor­ tretenden kausalen Subjekts als auch in der der Monade angehörenden Ordnung Abstufung und Verlust stattfinden, geschieht in beiden Fällen etwas anderes. Beim kausalen Abstieg vom Einen her bestehen der Zusammenhang und die Identität in der ursprünglichen übervollen Einheit, die sich auf jeder Ebene ganz unterschiedlich gestaltet und die zudem auf Weisen bestimmt wird, die als solche nicht in jener Einheit gegeben sind. Die Tätigkeit des Einen wird, wie gesagt, sprungweise umgestaltet, so daß es zwischen den verschiedenen Stufen keine eigentliche sachliche Identität mehr gibt. Es handelt sich nicht um Umgestaltungen derselben Einheit, sondern um Gestalten, die zwar auf das Eine als ihren Ursprung zurückzuführen sind, aber diesen Ursprung auch hinter sich gelassen haben und ihn daher nur noch als ein Bild in sich tragen. Dagegen besteht die Kohärenz der in der Monade anfangenden und mit ihr verbundenen Ordnung in der kontinuierlichen Identität, die von der monadischen Natur dargestellt wird. Die Monade besitzt eine Eigenheit, die sie den Elementen der Ordnung abgestuft, d. h. mit stets geringerer Intensität vermittelt, allerdings ohne daß sich damit ihr Wesen änderte. Die hierarchisch gegliederte metaphysische Bewegung vom Einen her wie auch die Bewegung, kraft der die Monade ihre wesentlichen Eigenschaften den Elementen der Ordnung spendet, versteht Proklos als Hervortreten, das allerdings in dem einen Fall eine kontinuierliche Verringerung und in dem anderen eine Reihe von jeweils wesentlich unterschiedenen Verwandlungen ausmacht. Dieser Unterschied im Zusammenhang mit der Tatsache, daß Proklos die von den Monaden ausgehenden Reihen mit den Monaden gleichgeordnet (σύστοιχος) darstellt, hat zu der seit Dodds verbreiteten Deutung geführt, daß es einerseits ein Hervortreten vom Einen her und anderseits ein von der Monade angeregtes Hervortreten gibt, wobei das eine als eine vertikale oder longitudinale und das andere als horizontale oder transversale kausale Bewegung ausgelegt wird. Folglich wäre jedes Element der meta­physischen Wirklichkeit durch zwei Koordinaten festzule-

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gen. Das heißt, das Element besteht zuerst auf einer bestimmten meta­physischen Ebene, nämlich auf der des wirklich Seienden, des Lebens, des denktätigen Intellekts usw. (x). Daraufhin nimmt es auf dieser Ebene relativ zu seiner Monade eine entferntere Stelle ein ( y). Die Elemente der metaphysischen Wirklichkeit könnten dann innerhalb des metaphysischen Ganzen nach den Koordinaten x, y identifiziert werden. Diese Deutung kann allein schon aus dem Grunde nicht zutreffen, weil sich eine gleichgeordnete Reihe nicht ganz auf derselben metaphysischen Ebene befindet wie die sie in Bewegung setzende Monade. Die Reihe kann also nicht, wie Dodds sie interpretiert, nur transversal sein. In seiner Darstellung der Struktur der von den Monaden aus­ gehenden Reihen geht es Proklos vielmehr darum, daß und wie die Glieder einer Reihe zuerst dort, wo sie der Monade nah sind, mithin auf der von der Monade bestimmten meta­physischen Ebene, in sich selbst vollkommene (αὐτοτελεῖς) und selbständige Wesen sind. Dort aber, wo sich die Glieder der Reihe von der Monade entfernen, sind sie keine selbständigen Wesen mehr, sondern lediglich Erleuchtungen (ἐλλάμψεις), die Proklos als Teilgenommene (μετεχόμενα) beschreibt. Angenommen werden sie von den Elementen späterer, d. h. niederer Ebenen. Folglich dehnt sich die kontinuierlich abstufende Ordnung durch verschiedene Ebenen hindurch aus; erst durch die eigene, von ihrer Monade bestimmten Ebene, dann durch die späteren Ebenen. So erzeugt die Monade eines Intellekts auf der Ebene des Intellekts Intellekte, auf der Ebene der Seele Bilder des Intellekts, die von den Seelen angenommen werden, aber nicht mehr eigentlich Intellekt sind. Usw. Es dehnt sich demnach diese der Monade entspringende Reihe nicht einfach und allein transversal, sondern auch longitudinal, die verschiedenen Ebenen durch­ querend, aus.102 3.  Die Proklische Architektonik der Monaden und ihrer Ordnungen läßt sich noch weiter differenzieren. So verliert die von der Monade angeregte, sich von ihr aber auch entfernende Ordnung niemals ihre Orientierung an der Monade, d. h. alle Glieder Für die Struktur der von der Monade gegründeten Reihen vgl. bes. Kap. 64. 102



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der Ordnung wenden sich auf die Monade hin. Ebensowenig ist eine Reihe eine ungeordnete Menge vereinzelter haltloser Elemente, sondern eine strukturierte und immer mit der Monade verknüpfte Ordnung, die durch Gemeinschaft und Verbindung (κοινωνία), Zusammenhang (συνέχεια) und Abstufung (ὕϕεσις) sowie monadische Transzendenz (ὑπεροχή) gekennzeichnet ist. Der Grundgedanke dieser Architektonik ist klar. Dasselbe gilt für ihre Relevanz hinsichtlich des Zusammenhangs z ­ wischen dem allgemeinen Wesen und den besonderen Seienden. Die aus den Monaden hervorgehenden Ordnungen, die wie gesagt keine transversalen Verzweigungen ausmachen, sind selbst in die absteigende Haupthierarchie verwickelt und bestimmen dadurch die Identität der besonderen metaphysischen Seienden sowie jener Seienden, die anderen Ordnungen angehören. Eine Ordnung ist gleichsam ein Faden, der aus einer Monade hervorgeht, ihre definierende Eigenschaft annimmt oder gar ist, sie in sich festhält und mit dem kausalen Gewebe des allgemeinen Hervor­tretens aus dem Einen verflechtet. Auf der Ebene der eigenen Monade umfassen die Ordnungen selbständige und ihr gleichende Elemente, auf den späteren Ebenen bestehen sie aus unselbständigen Erleuchtungen, die folglich von etwas anderem abhängig sind. Sie gehören einem metaphysischen Seienden an, das auf der eigenen Ebene Selbständigkeit besitzt, wie z. B. eine das Bild eines Intellekts empfangende Seele. Auf jeder metaphysischen Ebene gibt es eine Vielzahl von Monaden, d. h. auf der Ebene der Seele, der des Intellekts und sogar der des Einen, wo es die Henaden gibt. In Übereinstimmung mit dem Grundgesetz der Proklischen Metaphysik, daß Verlust an kausaler Intensität stets mit einer numerischen Zunahme einhergeht, ist die Anzahl der Monaden auf einer niederen Ebene stets größer als auf einer höheren. Hierdurch entsteht eine bald stets komplexer werdende Vielheit von Ordnungen, von denen einige auf der Ebene des Einen, andere (numerisch mehr) auf den Ebenen des Intellekts und wieder andere (wieder numerisch mehr) auf der Ebene der Seele entspringen. So sind in das kausale Gesamtgewebe eine Unmenge von Fäden ineinander geschlagen, wovon jeder einen jeweils eigenen kausalen Einfluß ausübt. Die bereits unüberschaubare Komplexität der kausalen Beeinflussung eines jeden Seienden durch die Monaden wird dann

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noch durch den Umstand vergrößert, daß sich auf derselben metaphysischen Ebene die von unterschiedlichen Monaden definierten Ordnungen auch untereinander beeinflussen. Ein selbständiges Element x einer Ordnung a1, die auf der Ebene bn der Monade cm entspringt, nimmt unter Umständen Eigenschaften der Elemente der von der Monade cm + 1 abhängigen und ebenfalls auf der Ebene bn entspringenden Ordnung a2 an. Auf das von der Monade cm erzeugte Element x üben somit sowohl die Monade cm als auch die in der Ordnung a1 früheren Elemente als auch einige Elemente der der Monade cm + 1 entstammenden Ordnung a2 ihren Einfluß aus. Die Situation wird noch komplexer bzw. dynamischer. Denn auf der Ebene bn−1, die der Ebene bn vorhergeht, gibt es auch Monaden d1, d2, d3 usw., die selbst eine Ordnung begründen, für die gilt, daß ihre selbständigen Elemente noch auf der Ebene bn−1 existieren, ihre Erleuchtungen und Bilder jedoch von den selbständigen Elementen der späteren Ebene bn und somit auch von späteren Ordnungen ak, al usw. angenommen werden. Für ein jedes Element, das einer von der Monade bestimmten und auf einer gewissen Ebene entstandenen Ordnung angehört, gilt also, daß es 1.) von dieser Monade auf dieser Ebene bestimmt wird; daß es 2.) dem Einfluß der höheren Elemente jener Ordnung unterliegt; daß es 3.) dem Einfluß der Elemente und der Monaden anderer auf derselben metaphysischen Ebene anfangender Ordnungen unterliegt; und daß es 4.) dem Einfluß der höheren Ordnungen unterliegt und deshalb in eben dieser Hinsicht auch diesen höheren Ordnungen angehört. Kurz, besondere Seiende, etwa eine individuelle oder menschliche Seele, lassen sich nicht aufgrund von zwei fixen Koordinaten bestimmen, die die Ebene und die Distanz des Elements hinsichtlich der Monade definieren. Zuerst verdanken die besonderen Seienden der Monade die Ordnung, der sie angehören; ferner verdanken sie ihr jene Selbständigkeit, die der Natur ihrer Ebene entspricht. Sie sind somit eine besondere Art der Seele oder des Intellekts. Damit ist ihr metaphysisches Sein allerdings weder gegeben noch völlig bestimmt; es ist nur ein Anfang gemacht. Denn ein Seiendes ist gleichsam ein metaphysischer Punkt, an dem die Einflüsse vieler Ordnungen zusammentreffen und ein Ganzes bilden, das seinerseits viele Eigenschaften emp-



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fängt und annimmt, einige für immer, andere nur zeitweilig. Die besonderen Seienden, die sich ihrem Ursprung nach auf einer bestimmten und von einem allgemeinen Wesen bestimmten Ebene befinden und im Zeichen einer besonderen Monade stehen, verdanken ihre Identität und ihr individuelles Sein diesem vielseitigen Spiel, in dem die verschiedenen Einflüsse der Ordnungen konvergieren und jene besonderen Seienden andere aufleuchten lassen. Auf diese Weise meint Proklos Plotins Problem gelöst zu haben, wie sich das allgemeine Wesen und die besonderen Seienden zueinander verhalten. § 21.  Die Theologische Grundlegung. Zweiter Teil. Aussicht 1.  Nun ist es endlich möglich, die Bedeutung des zweiten Teils der Theologischen Grundlegung zu erörtern. Rückblickend ­entwickelt Proklos im ersten Teil (Kap. 1–112) hauptsächlich die allgemeine Prinzipienlehre seiner Metaphysik. Die Prinzipien sind formell und allgemein und beziehen sich auf verschiedene Aspekte der Kausalität, besonders auf die verschieden­ artigen Verhältnisse zwischen Ursache und Verursachtem. Das Eine, das Gute, Bewegung, Monaden, Reihen und Ordnungen, Teilhabe, Hervortreten, Bleiben und Hinwendung, Selbstbestehende, Ewigkeit und Zeit, Hierarchie, Ganzes und Teile sowie Grenze und Unendlichkeit werden alle aus der Perspektive der meta­physischen Kausalität dargelegt. Allerdings ist die sachliche Referenz jener Prinzipien im ersten Teil nicht entwickelt bzw. die vom Einen ausgehende Bewegung des Subjekts und seine sukzessiven konkreten Verwandlungen in die wesentlichen Gestalten der jeweiligen meta­ physischen Ebenen. Nur vereinzelt wird dort, und zwar lediglich zur Veranschaulichung der allgemeinen Prinzipien, auf die meta­physische Wirklichkeit hingedeutet, die Hintergrund und Zweck der kausalen Prinzipien ist. Nach Proklos’ Auffassung einer Grundlegung ist der Erkenntnisbereich zwar vorher bekannt, beginnt die Darstellung aber mit allgemeinen Prinzipien, die von einer gewissen Vertrautheit mit dem Erkenntnisbereich herrühren. Diese im Kommentar zu Euklid allgemein

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ent­wickelte Strategie kommt auch in der Theologischen Grund­ legung zum Tragen. Die konkrete Anwendung der Prinzipien der metaphysischen Kausalität erfolgt im zweiten Teil der Theologischen Grund­ legung, und zwar in den Kapiteln 113–211. Hier wird die Struktur der metaphysischen Hierarchie skizziert, wo­bei die im ersten Teil dargelegten kausalen Prinzipien ausgewertet werden, was allerdings meistens nur implizit geschieht. Das heißt allerdings nicht, daß diese Skizze etwa das Ergebnis einer apriorischen Deduktion aus den Prinzipien sei. Denn auch als Metaphysiker bleibt Proklos seiner phänomenologischen Ver­anlagung treu. Für die Darstellung der höchsten Götter, der Henaden, die an sich weder erkennbar noch zu beschreiben, sondern in jeder Hinsicht transzendent sind, bedient er sich des Prinzips, daß sich das Göttliche anhand der Teilhabenden erkennen läßt. Er beruft sich somit auf eine an anderer Stelle entwickelte Erfahrung der göttlichen Eigenschaften und Phänomene, die dort als von den Göttern stammend gedeutet werden. Proklos charakterisiert dementsprechend auch die Götter als reinigend, schützend, väterlich, vervollkommnend, Leben spendend, erzeugend, zusammenhaltend, führend usw.103 Ebensowenig folgt Proklos’ Analyse der intellektuellen Tätigkeit einer Deduktion aus Prinzipien. Vielmehr wird sie aus der Erfahrung des menschlichen Intellekts – der im strengen Sinne nicht einmal wirklich Intellekt, sondern Schatten eines Intellekts ist – abgeleitet. Ähnlich verhält es sich hinsichtlich der Ableitung der Wesensart der Seelen. Der logisch gegliederte Aufbau des zweiten Teils der Grund­ legung ist – abgesehen von einigen marginalen Unklarheiten in der Abgrenzung – leicht erkennbar. Proklos beschäftigt sich zuerst mit dem Bereich des Einen (Kap. 113–159, evtl. 113–165), anschließend mit dem des Intellekts (Kap. 160–181, evtl. 166–183) und schließlich mit dem der Seele (Kap. 182–211, evtl. 184–211). Er folgt somit der kausalen Hierarchie, wie sie natürlicherweise hervortritt. Bemerkenswert ist allerdings der Umstand, daß auf der Ebene des Einen das Eine lediglich erwähnt und nicht näher erörtert 103

Vgl. Kap. 151–156 und den Kommentar zum Timaios III 198.16–199.2.



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oder analysiert wird. In der Tat ist das Eine ja radikal transzendent und daher auch unerkennbar und unbeschreiblich. Der Bereich des Einen enthält allerdings auch die Henaden – die Einheiten oder »Einsen« –, die Erscheinungsformen des Einen sind. Die Henaden, an denen eine Teilhabe möglich ist, haben oder sind selbst Eigenschaften, die der gesamten metaphysischen Wirklichkeit vermittelt werden, kraft welcher Vermittlung sie auch überhaupt erst erkennbar sind. Sie sind die vollkommenen, selbständigen und ursprünglichen Götter, deren Wesen reinigend, schützend, väterlich usw. ist. Die Erörterung des Bereiches des Einen im zweiten Teil der Theologischen Grundlegung steht hauptsächlich im Zusammenhang mit diesen henadischen Göttern, d. h. wie sie sich in der metaphysischen Wirklichkeit ausweiten und ihr ihre Eigenschaften spenden, sie gut machen und vergöttlichen. Auch die Darstellung des Bereichs des Intellekts ist in mehreren Hinsichten ungewöhnlich. Erstens bleibt hier die geschichtete Struktur des Intellekts außer acht. Das wirklich Seiende bzw. der bedeutendste Aspekt des Intellekts wird zwar kurz als jener Punkt erwähnt, wo sich Henaden und Intellekt berühren, heißt dort allerdings nicht Intellekt (Kap. 159–165). Anschließend ist die Rede vom allgemeinen Intellekt (Kap. 165–166) und vom denktätigen Intellekt (Kap. 167 ff.), doch wird vom Leben als der mittleren Schicht des Intellekts (vgl. dazu Kap. 101–103) geschwiegen. Zweitens fehlt dem zweiten Teil eine detailliertere Darstellung der Hierarchie aller intellektuellen Götter, wie sie im 4. und 5. Buch der Platonischen Theologie herausgearbeitet ist (dieser Umstand ist vielleicht dadurch zu erklären, daß sich die Theologische Grundlegung auf die Hauptsachen konzentriert). Statt dessen erörtert Proklos die allgemeine Struktur des Intellekts, wobei er sich unverkennbar auch mit anderen Auffassungen des Intellekts, insbesondere mit der Aristotelischen, auseinandersetzt. Nach Proklos ist der Intellekt ungeteilt, sich selbst denkend, alles Denkbare in sich selbst umfassend, ewig denkend und selbst ewig. Seine Besonderheit verdankt er der Perspektive, kraft der er alles Denkbare oder alle Formen ewig in sich denkt. Das heißt, jeder Intellekt denkt alles, doch je auf eigene Weise und aus eigener Perspektive. Besonders diese Eigenheit bestimmt die in

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der Theologischen Grundlegung nicht weiter herausgearbeitete Hierarchie der Intellekte. Auch die Beschreibung der seelischen Ebene bleibt äußerst schematisch. Sie bezieht sich kaum auf die detaillierte Darlegung der seelischen Götter im Timaios-Kommentar, sondern vielmehr auf die wesentlichen Eigenschaften der Seele, auf einige Unterschiede zwischen den Arten von Seelen sowie auf die problematische Verbindung der Seele mit der körperlichen Wirklichkeit, wofür ein ewiger und für jede Seele besonderer Körper als Fahrzeug (ὄχημα) bereitgestellt wird. Seelen sind »Selbstleben«, d. h. sie spenden Leben, enthalten als Bild des Intellekts die Formen und als antizipierendes Wissen der wahrnehmbaren Wirklichkeit auch diese Wirklichkeit, sind aber selbst unkörperlich. Sie sind außerdem unvergänglich und unsterblich, was jedoch nicht für jede Seele bedeutet, daß sie ohne Veränderung ist und sich im Ganzen der Zeit identisch bleibt. Die stets den Göttern folgenden Seelen denken immer, sind sich ewig gleich und befinden sich ewig in derselben Lage, während die anderen Seelen ent­weder gar nicht denken oder abwechselnd denken und nicht denken, kraft welcher Bewegung sie ihren vollkommenen Zustand verlassen und wiederfinden. Die immer identischen göttlichen Seelen führen die Ordnungen der schwächeren Seelen an, denen sie ihre Eigenschaften spenden und die dann als Boten oder Engel (ἄγγελοι), Dämonen, Heroen oder als Seelen der Lebe­wesen im Zeichen ihrer göttlichen Seele leben. 2. Sofern nunmehr die Göttlichkeit der metaphysischen Wirklichkeit erreicht ist, kann eine weitere Überlegung zum Titel der Theologischen Grundlegung angestellt werden. Obwohl Proklos’ Erörterungen nicht immer ganz eindeutig sind, sind strenggenommen nur die Henaden auf der Ebene des Einen als Gott zu betrachten, wohingegen nur einige Intellekte und Seelen göttlich sind. An einer Stelle, wo sich Proklos sehr genau erklären will, nennt er die göttliche Henade Gott (ϑεός), den göttlichen Intellekt göttlichst (ϑειότατον), die göttliche Seele göttlich (ϑεία) und den göttlichen Körper – denn unter Umständen sind auch Körper göttlich – gottförmig (ϑεοειδές).104 Auch wenn der Intellekt Vgl. Kap. 129.

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also nicht einfach Gott ist, verfügt er über Vermögen und Eigenschaften, die unmittelbar von den Göttern stammen, weshalb er als Gott betrachtet werden kann. Besitzt ein Intellekt Vorsehung oder Vorherwissen (πρόνοια), dann ist er Gott.105 Ähnliches gilt für die Seelen, die göttlich sind, wenn sie von oben her das göttliche Licht empfangen.106 Werden also Intellekte oder Seelen als Götter bezeichnet, handelt es sich nicht um ursprüngliche, sondern um abgeleitete göttliche Gestalten, die mit den Henaden bzw. den eigentlichen Göttern eng verbunden sind. Die Bereiche des Intellekts und der Seele sind somit nicht Gott, sondern vielmehr göttlich; sie sind nicht in jeder Hinsicht und in jedem Element göttlich, denn göttlich sind nur einige Elemente, vor allem die Monaden und die ihnen nahe stehenden Elemente in ihren Ordnungen. Es sind jedoch diese Bereiche, in denen sich die Ordnungen der Götter zuerst ausdehnen. Denn die Ordnungen der Götter sind lediglich besondere Fälle der einer Monade entstammenden Ordnungen, die ihre Eigenschaften als selbständige und selbstvollkommene Seiende ausdrücken und anderen Seienden als Erleuchtung und Teilhabe spenden. In den Henaden, insofern sie ebenfalls Monaden sind, beginnt ein Faden, der sich durch die ganze Wirklichkeit hindurch ausdehnt und ihr die henadische Eigenschaft vermittelt. Aus dem Bereich des Einen werden also gleichsam göttliche, die Wirklichkeit durchdringende Fäden gesponnen, mit reinigender, schützender, erzeugender, zusammenhaltender, väterlicher, trennender usw. Kraft, die von einigen Elementen angenommen wird. Nach einer von Plotin übernommenen Rede sind die Götter zwar überall, d. h. die den Henaden entstammenden Ordnungen dehnen sich durch die ganze Wirklichkeit hindurch aus und werden von solchen Seienden aufgenommen, die für die entsprechenden henadischen Eigenschaften empfänglich sind.107 Allerdings kann lediglich in den unteren Bereichen der zeitlich bestehenden menschlichen Seele die Empfänglichkeit Folge eines Entschlusses sein, die henadischen Eigenschaften empfangen zu wollen. In der ewigen metaphysischen Wirklichkeit besteht die Vgl. Kap. 134. Vgl. Kap. 185. 107 Vgl. Kap. 140. 105 106

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Möglichkeit eines solchen Entschlusses freilich nicht, sondern ist die Empfänglichkeit für die göttlichen Ordnungen mit der Konstitution der Seienden gegeben. Mithin gibt es Intellekte, die immer bestimmte göttliche Eigenschaften zum Ausdruck bringen und daher auch wesentlich über die reinigende, zusammenhaltende, väterliche usw. Kraft verfügen. Ferner gibt es mit jenen Intellekten verknüpfte Seelen, die kraft dieser Verknüpfung Eigenschaften mit ihnen teilen und daher auch eine Schar ihr folgender und von ihr bestimmter Seelen anführen können. Auf alle Fälle liegt allerdings die Fähigkeit zur Aufnahme jener göttlichen Eigenschaften im Sein und nicht in einem Entschluß. So ergibt sich eine Wirklichkeit, die von den göttlichen Ordnungen durchdrungen ist. Auf der Ebene des Einen entspringen die Ordnungen den Göttern und vermitteln deren wesensbestimmende Eigenschaften den wirklich Seienden, denn hier ist noch alles göttlich. Anschließend divergieren die Ordnungen, weshalb in den unteren Schichten des Intellekts das Leben und die denktätigen Intellekte nicht mehr alle göttlich sind, genausowenig wie auf der Ebene der Seele alle Seelen göttlich sind. Göttlichkeit heißt nämlich, im Besitz bestimmter Eigenschaften zu sein, die von einem Gott stammen und eine bestimmte Ordnung charakterisieren. Diese Ordnung ist kraft der Ähnlichkeit mit dem Gott und ihrer Hinwendung zu ihm in sich fest zu einem Ganzen zusammengebunden, das an allen Ebenen Elemente berührt und sie so göttlich macht. Hier zeigt sich noch einmal die eigentümliche Deutung der Immanenz. Seiende sind nämlich göttlich, wenn sie einer göttlichen Ordnung angehören. Es ist jedoch niemals der Gott selbst, der sich in den einzelnen Seienden vorfindet, trotz der an Plotin erinnernden Formel, daß »die Götter überall anwesen«. Nach Proklos vermischt sich Gott nicht mit den Seienden. Er bleibt immer an seinem eigenen meta­ physischen Ort, von wo aus er in seliger Distanz seine Gaben spendet. Die Immanenz ist die Gabe. Die alles verbindenden Fäden der Götter breiten sich durch die ganze metaphysische Wirklichkeit hindurch aus. Es überrascht daher auch kaum, wenn die Theologische Grundlegung eine abstrakte Überlegung über die Bewegung der Ordnungen mit der von Platon bzw. von Thales übernommenen Formel beschließt, daß alles voll von Göttern ist (μεστὰ πάντα



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ϑεῶν).108 Dort nämlich, wo die Wirklichkeit die göttlichen Ord-

nungen zu empfangen vermag, ist sie auch selbst göttlich. So sind wirkliche Seiende, d. h. göttliche Intellekte, ewig göttlich, was auch für einige Seelen gilt, die anderen Seelen allerdings genießen nur zeitweilig Göttlichkeit und verlieren sie, um sie aufs neue zu gewinnen. Mithin kann auch das, was seiner eigenen Natur nach nicht göttlich ist, in einer bestimmten Konstellation der metaphysischen Wirklichkeit göttlich werden. Für die Beschreibung des den Henaden entspringenden Wegs des seienden Einen in die Wirklichkeit verwendet Proklos in der Platonischen Theologie fast dieselbe Formel: πάντα πλήρη ϑεῶν.109 Wie in der Grundlegung sind Kontext und Ton ähnlich abstrakt. Nun taucht die Formel μεστὰ πάντα ϑεῶν auch in Proklos’ kleiner Arbeit (oder Fragment) Über die hieratische Technik bei den Griechen auf, wo sie als Ausgangspunkt allerdings auch die Weise der religiösen Erkenntnis und Praxis rechtfertigt.110 In der Theologischen Grundlegung und Platonischen Theologie faßt sie allerdings lediglich eine theoretische Beweisführung zusammen, weshalb es durchaus naheliegend ist, daß Proklos die Stelle in der Theologischen Grundlegung mit dem hieratischen Text im Zusammenhang sieht. Das aber hätte zu bedeuten, daß der Titel der Theologischen Grundlegung eine weitere Dimension erhält, d. h. sie ist nicht nur deshalb theologisch, weil sie die Göttlichkeit der metaphysischen Wirklichkeit von den Göttern her zu erklären und zu beschreiben beansprucht, sondern vor allem deshalb, weil sie die religiöse Haltung der metaphysischen und der körperlichen Wirklichkeit, mithin die in eigentlichem Sinne theologische Haltung, begründet. Theologie ist nach Proklos vor allem ein von der Wirklichkeit her auf das Göttliche Hinschauen, das so in derselben Wirklichkeit erkannt und auch erfahren wird. Daß das Göttliche in der Wirklichkeit vorgefunden werden kann, entwickelt der zweite Teil der Theologischen Grundlegung. Er legt dar, wie das Göttliche in der Wirklichkeit da ist und wie sie als Präsenz des Göttlichen und Abbild des Gottes erkannt werden kann. Vgl. Kap. 145. Vgl. Platonische Theologie III.27 98.23. 110 Vgl. Über die hieratische Technik bei den Griechen, S. 149.28 f. Bidez. 108 109

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Der letzte Zweck dieser Theologie ist allerdings nicht die transzendierende Einsicht in die Natur der Götter, sondern das Öffnen der Wirklichkeit für den göttlichen Einfluß,111 etwa dadurch, daß sie es dem hieratisch inspirierten Menschen ermöglicht, die Göttlichkeit nicht bloß symbolisch oder philosophisch einzusehen, sondern sie auch in die Seele und den Körper aufzunehmen, so daß der Körper selbst, obzwar nur für kurze Zeit, der göttlichen Ordnung angehört und so die göttliche Kraft verbreitet, damit die Wirklichkeit sich ändern kann, zwar nicht in ihrem Wesen, in ihrer Struktur oder gar auf ewig, sondern in einem Teilstück und für kurze Zeit. Für diese höchste menschliche Tätigkeit, d. h. für die Theurgie, legt die Theologische Grundlegung den theoretischen Grund. Im Aufzeigen und Rechtfertigen dieser menschlichen Perspektive besteht deshalb auch aller Wahrscheinlichkeit nach die eigentliche Bedeutung des Titels dieses höchst abstrakten Werkes.

111

Vgl. Über die hieratische Technik bei den Griechen, S. 151.18 ff. Bidez.

Bibliographie

Ausgaben und Übersetzungen der Theologischen Grundlegung

1. Ausgaben Creuzer (1822), Institutio theologica, in Initia Philosophiae ac Theologiae ex Platonicis Fontibus Ducta sive Procli Diadochi et Olympiodori in Platonis Alcibiadem Commentarii ex codd. mss. nunc primum graece edidit itemque eiusdem Procli In­ stutionem Theologicam integriorem emendatioremque adjecit Fridericus Creuzer, Frankfurt/M., pars III, (mit lateinischer Übersetzung) Dodds (1963), Proclus. The Elements of Theology. A Revised Text with Translation, Introduction and Commentary by E. R. Dodds, Oxford 1933, ²1963

2.  Deutsche Übersetzungen der Theologischen Grundlegung Engelhardt (1823), Der theologische Unterricht des Proclus, in: Die angeblichen Schriften des Areopagiten Dionysius. Übersetzt und mit Abhandlungen begleitet von J. G. V. Engelhardt, Zweyter Theil, S. 139–262 Tritsch (1956), Dionysios Areopagita. Mystische Theologie und andere Schriften, mit einer Probe aus der Theologie des Pro­ klus. Aus dem Griechischen übersetzt, mit Einleitung und Kommentar versehen von Walther Tritsch, München-Planegg 1956, S. 211–222 Sonderegger (2004), Proklos. Grundkurs über Einheit. Grund­ züge der neuplatonischen Welt. Text, Übersetzung, Einleitung und Kommentar von Erwin Sonderegger, Sankt Augustin Zurbrügg (2004), Proklos: Elemente der Theologie. Von Ingeborg Zurbrügg, Remscheid

CXIV Bibliographie

3.  Anderssprachige Übersetzungen Wilhelm von Moerbeke (1268/1987), Proclus. Elementatio theo­ logica, translata a Guillelmo de Morbecca. Herausgegeben von Helmut Boese, Leuven Taylor (1792), Proclus’s Theological Elements, in: The Philosoph­ ical and Mathematical Commentaries of Proclus on the First Book of Euclid’s Elements. To which are added A History of the Restoration of Platonic Theology by the Later Platonists. And a Translation from the Greek of Proclus’s Theological El­ ements. Translated by Thomas Taylor, London, S. 321–437 Taylor (1816). The Elements of Theology, in: The Six Books Of Proclus, the Platonic Successor, on the Theology of Plato, trans­ lated from the Greek. Also a Translation of Proclus’ Elements of Theology. By Thomas Taylor, London, Vol. II, S. 300–441 Johnson (1909), Proclus’ Metaphysical Elements. (Στοιχειωσις ϑεολογικη). Translated from the Original Greek by Thos. M. Johnson, Osceola Ionides (1917), Divine Arithmetic. A Subject Long Since Forgot­ ten (The Elements of Theology. By Proclus). A Translation by A. C. Ionides, London Trouillard (1965), Proclos. Éléments de théologie. Traduction, introduction et notes par Jean Trouillard, Paris Faraggiana (1985), Elementi di teologia, in Proclo. I Manuali. Traduzione, prefazioni e indici di Chiara Faraggiana di Sarzana, Milano Di Stefano (1994), Proclo. Elementi di teologia. Introduzione, traduzione e commento di Eva di Stefano, Firenze Hilfreich für die Verwertung der frühen altgeorgischen Übersetzung der Theologischen Grundlegung (12. Jahrh.) von Ioane Petrizi sind folgende Titel (neben der von Levan Gigineishvili angekündigten vollständigen englischen Übersetzung, deren bereits fertiggestellter Teil den Verf. zur Verfügung stand): Günther, Hans-Christian (2007), Die Übersetzungen der Ele­ mentatio Theologica und ihre Bedeutung für den Proklostext, Leiden/Boston/Köln Gigineishvili, Levan (2007), The Platonic Theology of Ioane ­Petritsi, Piscataway



BibliographieCXV

Alexidze und Bergemann (2009), Ioane Petrizi. Kommentar zur Elementatio theologica des Proklos. Übersetzung aus dem Alt­ georgischen, Anmerkungen, Indices und Einleitung. Herausgegeben von Lela Alexidze und Lutz Bergemann, Amsterdam/ Philadelphia Von Bedeutung ist ferner die von Nikolaus von Methone hergestellte (kritische) byzantinische Paraphrasis der Theologischen Grundlegung: Angelou (1984), Nicholas of Methone. Refutation of Proclus’ Elements of Theology. A Critical Edition with an Introduction on Nicholas’ Life and Works by Athanasios D. Angelou, Leiden Ausgaben sonstiger Arbeiten des Proklos mit Siglen Kommentar zu Platons »Staat« (in Remp.) Kroll (1894–1901), Procli Diadochi in Platonis Rem Publicam Commentarii, Leipzig, Bd. 1, 1894, Bd. 2, 1901 Kommentar zu Platons »Parmenides« (in Parm.) Cousin (1864), Procli Commentarium in Platonis Parmenidem, in Procli Philosophi Platonici Opera Inedita. Edidit Victor Cousin, Paris, Spalte 617–1244 Steel (2007–2009), Procli in Platonis Parmenidem Commenta­ ria. Recognoverunt brevique adnotatione critica instruxerunt C. Steel, C. Macé, P. d’Hoine, A. Gribomont, L. Van Campe, Oxford, Bd. 1, 2007, Bd. 2, 2009, Bd. 3, 2009 Kommentar zu Platons »Timaios« (in Tim.) Diehl (1903–1906) Procli Diadochi in Platonis Timaeum Com­ mentaria. Edidit Ernestus Diehl, Leipzig, Bd. 1, 1903, Bd. 2, 1904, Bd. 3, 1906 Kommentar zum ersten Buch Euklids »Elementa« (in Euklid.) Friedlein (1873), Procli Diadochi in Primum Euclidis Elemento­ rum Librum commentarii. Ex recognitione Godofredi Friedlein, Leipzig

CXVI Bibliographie

Kommentar zu Platons »Kratylos« (in Crat.) Pasquali (1908), Procli Diadochi in Platonis Cratylum Commen­ taria. Edidit Georgius Pasquali, Leipzig Kommentar zu Platons »Erster Alkibiades« (in Alkib.) Cousin (1864), Procli Commentarium in Platonis Primum Alci­ biadem, in Procli Philosophi Platonici Opera Inedita. Edidit Victor Cousin, Paris, Spalte 281–602 Segonds (1985–1986), Proclus. Sur le premier Alcibiade de Platon. Texte établi et traduit par Alain Philippe Segonds, Paris, Bd. 1, 1985, Bd. 2, 1986 Platonische Theologie (PTh) Saffrey-Westerink (1968–1997), Proclus. Théologie platonicienne. Texte établi et traduit par H. D. Saffrey et L. G. Westerink, Paris, Bd. 1, 1968, Bd. 2, 1974, Bd. 3, 1978, Bd. 4, 1981, Bd. 5. 1987, Bd. 6, 1997 Hymnen (Hymn.) Vogt (1957), Procli Hymni. Accedunt hymnorum fragmenta; epigrammata, fontium et locorum similium apparatus, indices. Edidit Ernestus Vogt, Wiesbaden Van den Berg (2001), Proclus’ Hymns. Essays, Translations, Com­ mentary. By Robbert M. van den Berg, Leiden/Boston/Köln Über zehn Aporien über die Vorsehung (De decem. dub.) Boese (1960), De Decem Dubitationibus circa Providentiam, in Procli Diadochi Tria Opuscula (De Providentia, Libertate, Malo). Edidit Helmut Boese, Berlin, S. 3–108 Isaac (1977), Proclus. Trois études sur la providence. I. Dix pro­ blèmes concernant la providence. Texte établit et traduit par Daniel Isaac, Paris Über Vorsehung, Schicksal und dasjenige, das von uns selbst ab­ hängt (De prov.) Boese (1960), De Providentia et Fato et eo quod in nobis ad Theodorum Mechanicum, in Procli Diadochi Tria Opuscula (De Providentia, Libertate, Malo). Edidit Helmut Boese, Berlin, S. 109–171



BibliographieCXVII

Isaac (1979), Proclus. Trois études sur la providence. II. Provi­ dence, fatalité, liberté. Texte établi et traduit par Daniel Isaac, Paris Über das Bestehen des Bösen Boese (1960), De Malorum Substitentia, in Procli Diadochi Tria Opuscula (De Providentia, Libertate, Malo). Edidit Helmut Boese, Berlin, S. 172–265 Isaac (1982), Proclus. Trois études sur la providence. III. De l’existence du mal. Texte établi et traduit par Daniel Isaac, Paris Skizzen der astronomischen Positionen Manitius (1909), Procli Diadochi Hypotyposis astronomicarum positionum. Una cum scholiis antiquis e libris manu scriptis et germanica interpretatione et commentariis instruxit Ca­ rolus Manitius, Stuttgart Über die hieratische Technik bei den Griechen (De hier. techn.) Bidez (1928), Πρόκλου περὶ τῆς καϑ’  Ελληνας ἱερατικῆς τέχνης, in Catalogue des manuscrits alchimiques grecs. Publié sous la direction de Joseph Bidez, Bruxelles, Bd. 6, S. 148–151 Kommentar zu Hesiods »Werken und Tagen« Marzillo (2010), Der Kommentar des Proklos zu Hesiods »Wer­ ken und Tagen«. Edition, Übersetzung und Erläuterung der Fragmente von Patrizia Marzillo, Tübingen Über die Ewigkeit der Welt Rabe (1899), Ioannes Philoponus. De Aeternitate mundi contra Proclum. Edidit Hugo Rabe, Leipzig Lang (2001), Proclus. On the Eternity of the World. Greek Text with Introduction, Translation and Commentary by Helen S. Lang, Berkeley

CXVIII Bibliographie

Sonstige Arbeiten des Proklos in deutscher Übersetzung Schönberger und Steck (1945), Kommentar zum ersten Buch von Euklids »Elementen«. Von Proklus Diadochus. Aus dem Griechischen ins Deutsche übertragen und mit textkritischen Anmerkungen versehen von Leander Schönberger. Eingeleitet, mit Kommentar und bibliographischen Nachweisen versehen von Max Steck, Halle/S. Feldbusch (1972), Proklos Diadochos. Zehn Aporien über die Vorsehung. Frage 1–5 (§§ 1–31). Übersetzt von Klaus Feldbusch, Diss. Köln Böhme (1975), Proklos Diadochos. Zehn Aporien über die Vor­ sehung. Frage 6–10 (§§ 32–66). Übersetzt und erklärt von Ingeborg Böhme, Diss. Köln Baltes (1978), Proklos. Über die immerwährende Dauer des Kos­ mos. Achtzehn Argumente gegen die Christen, in: Die Welt­ entstehung des platonischen Timaios nach den antiken Inter­ preten. II. Proklos. Von Matthias Baltes, Leiden, S. 134–164 Erler (1978), Über die Existenz des Bösen. Von Proklos Diadochos. Übersetzt und erläutert von Michael Erler, Meisenheim/G. Borger und Erler (1980), Proklos Diadochus. Über die Vor­sehung, das Schicksal und den freien Willen an Theodoros, den Inge­ nieur (Mechaniker). Nach Vorarbeiten von Theo Borger übersetzt und erläutert von Michael Erler, Meisenheim/G. Bartholomai (1990), Proklos. Kommentar zu Platons Parmenides 141E–142A. Eingeleitet, übersetzt und erläutert von Rainer Bartholomai, Sankt Augustin Gleede (2009), Platon und Aristoteles in der Kosmologie des ­Proklos. Ein Kommentar zu den 18 Argumenten für die Ewig­ keit der Welt bei Johannes Philoponos. Von Benjamin Gleede, Tübingen (enthält auch eine Deutsche Übersetzung) Zekl (2010), Proklos Diadochus. Kommentar zum platonischen Parmenides. Übersetzt mit einer Einleitung und Anmerkungen versehen von Hans Günter Zekl, Würzburg Vgl. ferner auch oben, unter »Ausgaben sonstiger Arbeiten«, Manitius (1909) und Marzillo (2010). Die von Marinos von Neapolis verfaßte Biographie ist übersetzt von Anton Rudolf Noë:



BibliographieCXIX

Noë (1938), Die Proklosbiographie des Marinos, Diss. Heidelberg sowie von Emil Orth: Orth (1938), Proklos, Liber de causis. Marinos, Leben des ­Proklos. Von Emil Orth, Rom, S. 109–151 Hinweise zur Sekundärliteratur Es wird hier von einer Sekundärbibliographie abgesehen, zumal die Menge an Artikeln und Büchern seit ungefähr zwanzig Jahren schnell wächst und daher jede gedruckte Bibliographie bald überholt ist. Überdies besorgt die Proklos-Gruppe in Löwen (Belgien) eine fortlaufend aktualisierte elektronische Bibliographie, worauf an dieser Stelle verwiesen sei: https://hiw.kuleuven.be/ dwmc/ancientphilosophy/proclus/proclusbiblio.html Als philosophisch anregend und oft Themen der Theologi­ schen Grundlegung berührend sind an dieser Stelle vor allem die Beiträge von David Butorac, Christoph Helmig, D. Gregory MacIsaac, Jan Opsomer, Carlos Steel und Robbert van den Berg zu nennen sowie die rezente ausgewogene Einführung ins Proklische Denken von Radek Chlup: Chlup, Radek (2012), Proclus. An Introduction, Cambridge Nützlich ist außerdem die kommentierte Übersicht über die frühere Literatur: Nicoletta Scotti Muth (1993), Procli negli ultimi quaranti anni. Bibliografia raggionate della letteratura primari e secondaria riguardante il pensiero procliano e i suoi influssi storici (anni 1949–1992), Milano Sie fängt an mit der bahnbrechenden Einleitung von Rosán, die auch eine Übersicht über die frühere Literatur bietet: Rosán, Lawrence Jay (1949), The Philosophy of Proclus. The Final Phase of Ancient Thought, New York Klassisch und noch immer einflußreich, auch für die Verf., ist Beierwaltes, Werner (1967, ³2014), Proklos. Grundzüge seiner Metaphysik, Frankfurt/M.

Editorischer Bericht

Ausgangspunkt jeder modernen Auseinandersetzung mit Proklos’ Στοιχείωσις ϑεολογική oder Theologischen Grundlegung ist die bahnbrechende, von Eric Robertson Dodds besorgte Ausgabe Proclus. The Elements of Theology. A Revised Text with Translation, Introduction and Commentary, Oxford 1933, ²1963. Diese Ausgabe liegt auch dem hier vorgelegten griechischen Text zugrunde. Eine neue Kollation der Handschriften wurde nicht durchgeführt, für die Informationen über die überlieferten Handschriften stützt sich diese Textausgabe auf den textkritischen Apparat von Dodds. Allerdings sind die Leseweisen der isomorphen lateinischen Übersetzung Wilhelm von Moer­bekes systematisch stärker berücksichtigt als bei Dodds, dasselbe gilt für die altgeorgische Übersetzung von Ioane Petritzi. Beide mittelalterlichen Übersetzungen stützen sich auf eine ältere Überlieferung als jene erhaltenen Handschriften, die Dodds für seine Ausgabe verwertet hat. Für zahlreiche mündliche und schriftliche Auskünfte bezüglich der Übersetzung von Petritzi sind wir Prof. Dr. Levan Gigineisvhili aus Tiflis verpflichtet, der eine englische Übersetzung des altgeorgischen Textes in Aussicht gestellt hat. Ausgangspunkt für die teils von Dodds abweichende Edition des griechischen Textes war die, einen neuen, philologisch und wissenschaftlich verläßlichen Text zu erstellen, der, wie für eine philosophische Textausgabe üblich, von einem einheitlichen systematischen Verständnis der Proklischen Philosophie getragen ist. Überall wo von Dodds’ Textedition abgewichen wurde, ist das im textkritischen Apparat angegeben, nicht verzeichnet sind jedoch die häufigen Abweichungen von der Interpunktion in dessen Edition. Im Apparat verweist das Kürzel »D.« immer auf Änderungen in bezug auf die Edition Dodds’. Die philosophische Verfahrensweise der Στοιχείωσις ϑεολογική ist gekennzeichnet durch eine sehr präzise und auch in hohem Maße technische Sprachlichkeit. Ansatz und Zweck der vor-

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Editorischer Bericht

liegenden Übersetzung ist es, dieses Verfahren möglichst wortund syntaxgetreu und, sofern das die Deutsche Sprache zuläßt, isomorph zu übersetzen, unter Verzicht auf eine lateinlastige Begrifflichkeit, um so die Eigenart der Quelle in der Übersetzung für sich sprechen zu lassen. Zuweilen mutet das Ergebnis daher vielleicht etwas schwerfällig an; diese Schwerfälligkeit ist jedoch in der Regel der griechischen Quelle selbst geschuldet, diesbezüglich verzichtet die Übersetzung auf Zugeständnisse an die Eleganz oder Form. Einige Beispiele auf der Wortebene: Proklos differenziert zwischen den Einheit bezeichnenden Ausdrücken ἑνιαῖος, ἑνικός, ἑνοειδής, die entsprechend konsequent mit »einheitlich«, »einig«, »einsartig« übersetzt werden. In einigen Fällen waren Konzessionen allerdings unvermeidlich. Das gilt besonders für die auf νοῦς bezogenen Ausdrücke, wie νοῦς, νοεῖν, νόησις, νοητός, νοητικός, νοερός, πρόνοια, προνοεῖν, διά­ νοια. Um diese Wortgruppe in der Übersetzung zu erhalten, wird νοῦς als »Denkvermögen« übersetzt, obwohl es eine Art geistige Denkanlage ist, wofür es im Deutschen keinen entsprechenden Ausdruck gibt. In der »Einleitung« und in den »Anmerkungen« wird dagegen für die Übersetzung dieser Ausdrücke zurückgegriffen auf den üblichen, den Wortstamm »Denken« allerdings nicht abbildenden Ausdruck »Intellekt«. Auch die Zweideutigkeit von νοερός in einer einheitlichen Übersetzung zu erhalten ist nicht gelungen, sofern es als »gedanklich« oder auch als »denkartig« übersetzt werden mußte. Ausgangspunkt der Übersetzung ist jedoch, das griechische Original insbesondere hinsichtlich der technischen Terminologie konsequent und insgesamt in terminologisch fixierter Gestalt wiederzugeben, um so ein isomorphes Abbild der besonders in dieser Schrift stark technischen Terminologie und Ausdrucksweise des Proklischen Denkens zu schaffen. Hilfsmittel für die Lektüre sind neben der »Einleitung« die »Anmerkungen« zum deutschen Text (per Kapitel nummeriert). Letztere beanspruchen, den Text und seine allgemeine Struktur sowohl philosophisch-historisch als auch systematisch-begriff­ lich zu erschließen und zu erläutern. Die Verweise auf andere Kapitel der Theologischen Grundlegung sind dort halbfett gesetzt (z. B. 103). Bezüge auf antike Quellen werden mit den üb-



Editorischer Bericht

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lichen Titelbezeichnungen hergestellt, auf Proklische Arbeiten wird mit folgenden Kürzeln verwiesen (für die verwendeten Ausgaben siehe die Bibliographie unter »Ausgaben sonstiger Arbeiten des Proklos mit Siglen«): De decem dub. – De decem dubitationibus circa providentiam De hier. techn. – Περὶ τῆς καϑ’  Ελληνας ἱερατικῆς τέχνης De prov. – De providentia et fato et eo quod in nobis Hymn. – Hymni in Alkib. – In Platonis Primum Alcibiadem in Crat. – In Platonis Cratylum commentaria in Euklid. – In Primum Euclidis commentaria in Parm. – In Platonis Parmenidem commentaria in Remp. – In Platonis Rem publicam commentarii in Tim. – In Platonis Timaeum commentaria PTh – Platonica theologia ThG – Theologische Grundlegung In ihren Autobiographien haben die beiden modernen Herausgeber der Στοιχείωσις ϑεολογική, Friedrich Creuzer1 und E. R. Dodds2, nicht ohne Schmerz auf ihre langjährigen Mühen mit Proklos’ Theologischer Grundlegung zurückgeblickt. Das Buch ist nicht nur außerordentlich schwierig, es fordert für sein angemessenes Verständnis von seinem Leser auch geradezu, sich tief in den Proklischen Gedankenkosmos hineinzudenken. Dazu braucht man Zeit. Auch der Weg des Zustandekommens vorliegenden Buches war vor allem ein langer, aber auch mühe- und zuweilen selbst qualvoller Weg, der Freunde, Kollegen und nicht zuletzt den Verleger nicht selten bis an den Rand ihrer Strapazierfähigkeit gebracht hat. All ihnen, zu viele, um sie alle zu nennen, danken wir an dieser Stelle herzlich für ihre Geduld mit uns, für ihre Hilfe und Ermunterung, wenn die Ausdauer wieder einmal am Boden lag. Prof. Dr. Werner Beierwaltes aller Friedrich Creuzer, Aus dem Leben eines alten Professors, in: Friedrich Creuzer’s Deutsche Schriften, neue und verbesserte, Abt. 5, Bd. 1, Leipzig/ Darmstadt 1848, S. 122 ff. 2 Eric R. Dodds, Missing Persons. An Autobiography, Oxford/New York 1977, ²2000, S. 76, 91. 1

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dings, Wegbereiter für Proklos und das neuplatonische Denken im deutschen Sprachraum, der Ben Schomakers während eines gemeinsamen Ausfluges in die Benediktinerabtei Pannonhalma in Ungarn zu dieser Arbeit angeregt hat, möchten wir an dieser Stelle ausdrücklich höchsten Respekt und tiefe Dankbarkeit bezeugen. Ernst-Otto Onnasch und Ben Schomakers Amsterdam und Antwerpen, im Oktober 2015

Πρόκλου διαδόχου πλατωνικοῦ ϕιλοσόϕου Στοιχείωσις ϑεολογική Κεϕάλαια σια´

Die Theologische Grundlegung des Philosophen Proklos, der platonische Nachfolger, in 211 Kapiteln

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1.  πᾶν πλῆϑος μετέχει πῃ τοῦ ἑνός.

εἰ γὰρ μηδαμῇ μετέχοι, οὔτε τὸ ὅλον ἓν ἔσται οὔϑ' ἕκαστον τῶν πολλῶν ἐξ ὧν τὸ πλῆϑος, ἀλλ' ἔσται καὶ ἐκείνων ἕκαστον πλῆϑος, καὶ τοῦτο εἰς ἄπειρον, καὶ τῶν ἀπείρων τούτων ἕκα­ στον ἔσται πάλιν πλῆϑος ἄπειρον· μηδενὸς γὰρ ἑνὸς μηδαμῇ μετέχον μήτε καϑ' ὅλον ἑαυτὸ μήτε καϑ' ἕκαστον τῶν ἐν αὐτῷ, πάντῃ ἄπειρον ἔσται καὶ κατὰ πᾶν. τῶν γὰρ πολλῶν ἕκα­στον, ὅπερ ἂν λάβῃς, ἤτοι ἓν ἔσται ἢ οὐχ ἕν. καὶ εἰ οὐχ ἕν, ἤτοι πολλὰ ἢ οὐδέν. ἀλλ' εἰ μὲν ἕκαστον οὐδέν, καὶ τὸ ἐκ τούτων οὐδέν, εἰ δὲ πολλά, ἐξ ἀπειράκις ἀπείρων ἕκαστον· ταῦ­τα δὲ ἀδύνατα· οὔτε γὰρ ἐξ ἀπειράκις ἀπείρων ἐστί τι τῶν ὄντων, τοῦ γὰρ ἀπείρου πλέον οὐκ ἔστι· τὸ δὲ ἐκ πάν­των ἑκάστου πλέον οὔτε ἐκ τοῦ μηδενὸς συντίϑεσϑαί τι δυ­νατόν. πᾶν ἄρα πλῆϑος μετέχει πῃ τοῦ ἑνός.

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2.  πᾶν τὸ μετέχον τοῦ ἑνὸς καὶ ἕν ἐστι καὶ οὐχ ἕν.

εἰ γὰρ μὴ ἔστιν αὐτοέν, μετέχει γὰρ τοῦ ἑνὸς ἄλλο τι ὂν παρὰ τὸ ἕν, πέπονϑε τὸ ἓν κατὰ τὴν μέϑεξιν καὶ ὑπέμεινεν ἓν γενέσϑαι. εἰ μὲν οὖν μηδέν ἐστι παρὰ τὸ ἕν, μόνον ἐστὶν ἕν καὶ οὐ μεϑέξει τοῦ ἑνός, ἀλλ' αὐτοὲν ἔσται· εἰ δ' ἐστί τι παρ' ἐκεῖνο ὃ μὴ ἔστιν ἕν, τὸ μετέχον τοῦ ἑνὸς καὶ οὐχ ἕν ἐστι καὶ ἕν, οὐχ ὅπερ ἓν, ἀλλ' ἓν ὄν ὡς μετέχον τοῦ ἑνός.1 του῀το2 ἄρα οὐχ ἕν ἐστιν οὐδ' ὅπερ ἕν. ἓν δὲ ὂν ἅμα καὶ μετέχον τοῦ ἑνός καὶ διὰ τοῦτο οὐχ ἓν καϑ' αὑτὸ ὑπάρχον, ἕν ἐστι καὶ

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τὸ μετέχον τοῦ … μετέχον τοῦ ἑνός :  von D. ausgelassen τοῦτο :  D. schreibt τούτῳ

1.  Jede Vielheit hat in irgendeiner Hinsicht am Einen teil.1 Denn hat eine Vielheit in keiner einzigen Hinsicht am Einen teil, dann kann weder das Ganze eins sein noch jeder der vielen Teile, aus denen die Vielheit besteht, sondern muß auch jeder dieser Teile Vielheit sein und so unendlich weiter; und jeder dieser unendlich vielen Teile muß so wiederum unendliche Viel­ heit sein. Denn eine Vielheit, die in keiner einzigen Hinsicht am ­Einen teilhat, das heißt weder ihrer selbst als Ganzem nach noch hinsichtlich eines der in ihr enthaltenen Teile, ist in jeder Hinsicht und als Ganzes unendlich. Jeder beliebige Teil der Vielheit, welchen man auch nimmt, ist nämlich entweder eins oder nicht eins. Ist er nicht eins, ist er entweder vieles oder nichts. Ist aber ein jeder Teil nichts, ist auch das Ganze der Teile nichts; ist er hingegen viel, besteht ein jeder Teil aus unendlich vielen Unendlichkeiten. Beides ist freilich unmöglich.2 Weder besteht ein Seiendes nämlich aus unendlich vielen Unendlichkeiten, denn nichts ist mehr als unendlich, während das Ganze aller Teile mehr als jeder einzelne Teil ist, noch kann etwas aus nichts zusammengesetzt sein. Folglich hat jede Vielheit in irgendeiner Hinsicht am Einen teil. 2.  Alles am Einen Teilhabende ist eins und nicht-eins.1 Denn ist es nicht das Selbsteine – was nämlich am Einen teilhat, ist etwas anderes neben dem Einen –, dann hat es das Eine seiner Teilhabe nach erlitten und Einswerdung erfahren. Ist es also nichts neben diesem Einen, dann ist es bloß eins und kann am Einen nicht teilhaben und ist es vielmehr das Selbsteine; ist es hingegen neben diesem Einen etwas, das nicht eins ist, dann ist dasjenige, das am Einen teilhat, sowohl nicht-eins als auch eins, weil es ja nicht das ist, was gerade eins ist; 2 vielmehr ist es eins, weil es am Einen teilhat. Folglich ist dies nicht-eins und nicht das, was gerade eins ist. Vielmehr ist es, weil es zugleich eins ist und am Einen teilhat und dadurch an sich nicht eins ist,

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I.  Metaphysische Kausalität

οὐχ ἕν, παρὰ τὸ ἓν ἄλλο τι ὄν. ᾧ μὲν ἐπλεόνασεν οὐχ ἕν, ᾧ δὲ πέπονϑεν ἕν. πᾶν ἄρα τὸ μετέχον τοῦ ἑνὸς καὶ ἕν ἐστι καὶ οὐχ ἕν. 3.  πᾶν τὸ γινόμενον ἓν μεϑέξει τοῦ ἑνὸς γίνεται ἕν.

αὐτὸ μὲν γὰρ οὐχ ἕν ἐστι, καϑὸ δὲ πέπονϑε τὴν μετοχὴν τοῦ ἑνός, ἕν ἐστιν· εἰ γὰρ γίνοιτο ἓν ἃ μὴ ἔστιν ἓν καϑ' αὑτά, συνιόντα δήπου καὶ κοινωνοῦντα ἀλλήλοις γίνεται ἕν, καὶ ὑπο­μένει τὴν τοῦ ἑνὸς παρουσίαν οὐκ ὄντα ὅπερ ἕν. μετέχει ἄρα τοῦ ἑνὸς ταύτῃ, ᾗ πάσχει τὸ ἓν γενέσϑαι. εἰ μὲν γὰρ ἤδη ἐστὶν ἕν, οὐ γίνεται ἕν· τὸ γὰρ ὂν οὐ γίνεται ὃ ἤδη ἐστίν· εἰ δὲ γίνεται ἐκ τοῦ μὴ ἑνὸς πρότερον, ἕξει τὸ ἓν ἐγγενομένου τινὸς ἐν αὐτοῖς ἑνός. 4.  πᾶν τὸ ἡνωμένον ἕτερόν ἐστι τοῦ αὐτοενός.

εἰ γάρ ἐστιν ἡνωμένον, μετέχοι ἄν πῃ τοῦ ἑνὸς ταύτῃ, ᾗ καὶ ἡνωμένον λέγεται· τὸ δὲ μετέχον τοῦ ἑνὸς καὶ ἕν ἐστι καὶ οὐχ ἕν. τὸ δ' αὐτοὲν οὐχὶ καὶ ἕν ἐστι καὶ οὐχ ἕν· εἰ γὰρ καὶ τοῦτο ἕν τε καὶ οὐχ ἕν, καὶ τὸ ἐν αὐτῷ πάλιν ἓν τὸ συναμϕότερον ἕξει, καὶ τοῦτο εἰς ἄπειρον, μηδενὸς ὄντος αὐτοενὸς εἰς ὃ στῆναι δυνατόν, ἀλλὰ παντὸς ἑνὸς καὶ οὐχ ἑνὸς ὄντος. ἔστιν ἄρα τι τὸ ἡνωμένον τοῦ ἑνὸς ἕτερον. [ταὐτὸν γὰρ ὂν τῷ ἡνωμένῳ τὸ ἓν πλῆϑος ἄπειρον ἔσται, καὶ ἕκαστον ὡσ­αύ­ τως ἐκείνων ἐξ ὧν ἐστι τὸ ἡνωμένον.]3

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5.  πᾶν πλῆϑος δεύτερόν ἐστι τοῦ ἑνός.

εἰ γὰρ ἔστι πλῆϑος πρὸ τοῦ ἑνός,4 οὐ μεϑέξει τοῦ ἑνός, εἴπερ πρὶν γένηται ἓν ἐστὶν ἐκεῖνο πλῆϑος, τοῦ γὰρ μὴ ὄντος οὐ μετέχει· καὶ διότι τὸ μετέχον τοῦ ἑνὸς καὶ ἕν ἐστιν ἅμα καὶ οὐχ ἕν, οὔπω δ' ὑπέστη ἕν τοῦ πρώτου πλήϑους ὄντος.

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ταὐτόν γάρ ὂν … τὸ ἡνωμένον :  vermutlich eine Randglosse πρὸ τοῦ ἑνός, οὐ μεϑέξει :  D. πρὸ τοῦ ἑνός, τὸ μὲν ἓν μεϑέξει τοῦ πλήϑους, τὸ δὲ πλῆϑος τὸ πρὸ τοῦ ἑνὸς οὐ μεϑέξει; vermutlich eine 4

Randglosse

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Von den metaphysischen Ursachen

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eins und nicht-eins, da es neben dem Einen noch etwas anderes ist. Durch dasjenige, was es vermehrte, ist es nicht-eins, doch durch dasjenige, was es erlitten hat, ist es eins. Folglich ist alles am Einen Teilhabende eins und nicht-eins. 3.  Alles Einswerdende wird eins durch Teilhabe am Einen. Denn selbst ist es nicht-eins, insofern es allerdings die Teilhabe am Einen erlitten hat, ist es eins. Denn werden diejenigen eins, die an sich nicht eins sind, werden sie wohl dadurch eins, daß sie zusammenkommen und sich miteinander verbinden, das heißt, sie erleiden die Gegenwart des Einen, während sie nicht dasjenige sind, was gerade eins ist. Sie haben folglich am Einen teil, insofern sie Einswerdung erleiden. Sind sie nämlich schon eins, werden sie nicht eins, denn was etwas ist, wird ja nicht, was es schon ist. Werden sie aber eins, wo sie vordem nicht eins waren, dann können sie das Eine nur dadurch besitzen, daß in ihnen ein bestimmtes Eine hineingekommen ist.1 4.  Alles Vereinte ist unterschieden vom Selbsteinen. Denn ist es vereint, muß es in irgendeiner Hinsicht am Einen teilhaben, insofern es nämlich vereint genannt wird.1 Das jedoch, was am Einen teilhat, ist eins und nicht-eins.2 Das Selbsteine ist jedoch nicht sowohl eins als auch nicht-eins. Wäre nämlich auch das Selbsteine eins und nicht-eins, müßte auch das Eine, das wiederum in diesem Einen enthalten ist, beide enthalten und so weiter bis ins Unendliche, weil sich dann nirgends das Selbsteine vorfände, das diesen Regreß zum Stehen bringen kann, weshalb vielmehr alles eins und nicht-eins wäre.3 Das Vereinte ist folglich etwas, das vom Einen unterschieden ist. [Denn wäre das Eine mit dem Vereinten identisch, müßte es unendliche Vielheit sein, und genauso jeder der Teile, woraus das Vereinte besteht.] 4 5.  Alle Vielheit ist nach dem Einen.1 Denn geht eine Vielheit dem Einen vorher, kann sie nicht am Einen teilhaben, weil ja jene Vielheit schon ist, bevor das Eine da ist – sie hat nämlich nicht an demjenigen teil, das nicht ist –, und weil das, was am Einen teilhat, zugleich eins und nicht-eins ist,2 während das Eins jedoch noch nicht da ist, wenn die Vielheit das

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I.  Metaphysische Kausalität

ἀλλ' ἀδύνατον εἶναί τι πλῆϑος μηδαμῇ ἑνὸς μετέχον. οὐκ ἄρα πρὸ τοῦ ἑνὸς τὸ πλῆϑος. εἰ δὲ δὴ ἅμα τῷ ἑνί, καὶ σύστοιχα ἀλλήλοις τῇ ϕύσει, χρόνῳ γὰρ οὐδὲν κωλύει, οὔτε τὸ ἓν καϑ' αὑτὸ πολλά ἐστιν οὔτε τὸ πλῆϑος ἕν, ὡς ἀντιδιῃρημένα ἅμα ὄντα τῇ ϕύσει, εἴπερ μηδέτερον ϑατέρου πρότερον ἢ ὕστερον. τὸ οὖν πλῆϑος καϑ' αὑτὸ οὐχ ἓν ἔσται, καὶ ἕκαστον τῶν ἐν αὐτῷ οὐχ ἕν, καὶ τοῦτο εἰς ἄπειρον, ὅπερ ἀδύνατον. μετέχει ἄρα τοῦ ἑνὸς κατὰ τὴν αὐτοῦ5 ϕύσιν, καὶ οὐδὲν ἔσται αὐτοῦ λαβεῖν ὃ μὴ ἔστιν ἕν· μὴ ἓν γὰρ ὄν ἐξ ἀπείρων ἄπειρον ἔσται, ὡς δέδεικται. πάντῃ ἄρα μετέχει τοῦ ἑνός. εἰ μὲν οὖν τὸ ἕν, τὸ καϑ' αὑτὸ ἓν ὄν, μηδαμῇ μετέχει πλή­ ϑους, ἔσται τὸ πλῆϑος πάντῃ τοῦ ἑνὸς ὕστερον, μετέχον μὲν τοῦ ἑνός, οὐ μετεχόμενον δὲ ὑπὸ τοῦ ἑνός· εἰ δὲ καὶ τὸ ἓν μετέχει πλήϑους, κατὰ μὲν τὴν ὕπαρξιν ὡς ἓν ὑϕεστώς,6 κατὰ δὲ τὴν μέϑεξιν οὐχ ἕν, πεπληϑυσμένον ἔσται τὸ ἕν, ὥσπερ τὸ πλῆϑος ἡνωμένον διὰ τὸ ἕν. κεκοινώνηκεν ἄρα τό τε ἓν τῷ πλήϑει καὶ τὸ πλῆϑος τῷ ἑνί. τὰ δὲ συνιόντα καὶ κοινωνοῦντά πῃ ἀλλήλοις, εἰ μὲν ὑπ' ἄλλου συνάγεται, ἐκεῖνο πρὸ αὐτῶν ἐστιν, εἰ δὲ αὐτὰ συνάγει ἑαυτά, οὐκ ἀντίκειται ἀλλήλοις, ἀντικείμενα γὰρ οὐ σπεύδει εἰς ἄλληλα. εἰ οὖν τὸ ἓν καὶ τὸ πλῆϑος ἀντιδιῄρηται, καὶ τὸ πλῆϑος ᾗ πλῆϑος οὐχ ἕν, καὶ τὸ ἓν ᾗ ἓν οὐ πλῆϑος, οὐδέτερον ἐν ϑατέρῳ γενόμενον, ἓν ἅμα καὶ δύο ἔσται. ἀλλὰ μὴν εἰ ἔσται τι πρὸ αὐτῶν τὸ συνάγον, ἢ ἕν ἐστιν ἢ οὐχ ἕν. ἀλλ' εἰ οὐχ ἕν, ἢ πολλὰ ἢ οὐδέν· οὔτε δὲ πολλά, ἵνα μὴ πλῆϑος ᾖ πρὸ ἑνός· οὔτε οὐδέν, πῶς γὰρ

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αὐτοῦ :  D. schreibt ἑαυτοῦ ὑϕεστώς :  D. ὑϕεστός



Von den metaphysischen Ursachen

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Erste ist. Es ist freilich unmöglich, daß es eine Vielheit gibt, die in keiner Hinsicht am Einen teilhat.3 Die Vielheit kann folglich dem Einen nicht vorhergehen. Wenn nun Vielheit zugleich mit dem Einen ist, so daß sie ihrer Natur nach gleichrangig sind (der zeitlichen Gleichrangigkeit steht nämlich nichts entgegen), dann ist weder das Eine an sich viel noch die Vielheit eins, da sie ja als Gegensätze unterschieden sind, die ihrer Natur nach zugleich sind, weil nämlich keines von beiden früher oder später ist als das andere.4 Dann muß somit auch die Vielheit an sich selbst nicht-eins sein, wie genauso jeder der Teile in dieser Vielheit nicht-eins ist und das bis ins Unendliche, was freilich unmöglich ist.5 Vielheit hat folglich ihrer Natur nach am Einen teil, und man wird niemals einen Teil einer Vielheit vorfinden, der nicht eins ist; denn würde er nicht eins sein, wäre er, wie schon gezeigt,6 unendlich, weil er dann aus Unendlichkeiten bestünde. Eine Vielheit hat folglich in jeder Hinsicht am Einen teil. Wenn es sich nun so verhält, daß das Eine, das heißt, das an sich selbst Eine, in keiner Hinsicht an Vielheit teilhat, dann muß die Vielheit in jeder Hinsicht später als das Eine sein, da sie ja am Einen teilhat, doch umgekehrt an dieser Vielheit nicht vom Einen teilgenommen wird. Hätte allerdings auch das Eine an Vielheit teil und bestünde es nicht nur seinem eigenen Dasein nach als eins, sondern wäre es durch die Teilhabe auch nicht-eins, dann müßte das Eine vervielfältigt sein, gleichwie die Vielheit durch das Eine vereint ist. Das Eine würde folglich etwas mit der Vielheit und die Vielheit etwas mit dem Einen gemein haben. Wenn aber diejenigen, die zusammenkommen und sich in irgendeiner Hinsicht miteinander verbinden, von anderem zusammengebracht werden, dann geht ihnen dies andere vorher; bringen sie dagegen sich selbst zusammen, dann kann es sich nicht um Gegensätze handeln, denn Gegensätze streben nicht aufeinander zu. Sind also das Eine und die Vielheit gegensätzlich unterschieden und ist die Vielheit als Vielheit nicht eins und das Eine als Eins nicht Vielheit, da keines von beiden schon in dem anderen da ist, dann sind sie zugleich eins und zwei. Geht aber das, was sie zusammenbringt, ihnen vorher, muß dieses entweder eins oder nicht-eins sein. Ist es nicht-eins, dann ist es entweder vieles oder nichts. Vieles kann es freilich nicht sein, denn sonst

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I.  Metaphysische Kausalität

συνάξει τὸ οὐδέν; ἓν ἄρα μόνον, οὐ γὰρ δὴ καὶ τοῦτο τὸ ἓν πολλά, ἵνα μὴ εἰς ἄπειρον. ἔστιν ἄρα τὸ αὐτοέν, καὶ πᾶν πλῆϑος ἀπὸ τοῦ αὐτοενός. 6.  πᾶν πλῆϑος ἢ ἐξ ἡνωμένων ἐστὶν ἢ ἐξ ἑνάδων.

ἕκαστον γὰρ τῶν πολλῶν ὅτι μὲν οὐκ ἔσται καὶ αὐτὸ πλῆ­ ϑος μόνον καὶ τούτου πάλιν ἕκαστον πλῆϑος, δῆλον, εἰ δὲ μὴ ἔστι πλῆϑος μόνον, ἤτοι ἡνωμένον ἐστὶν ἢ ἑνάδες.7 καὶ εἰ μὲν μετέχον τοῦ ἑνός, ἡνωμένον, εἰ δὲ ἐξ ὧν τὸ πρώτως ἡνωμένον, ἑνάδες·8 εἰ γὰρ ἔστι τὸ αὐτοέν, ἔστι τὸ πρώτως αὐτοῦ μετέχον καὶ πρώτως ἡνωμένον· τοῦτο δὲ ἐξ ἑνάδων· εἰ γὰρ ἐξ ἡνωμένων, πάλιν τὰ ἡνωμένα ἔκ τινων, καὶ εἰς ἄπειρ­ ον. δεῖ δὴ εἶναι τὸ πρώτως ἡνωμένον ἐξ ἑνάδων, καὶ εὕρομεν τὸ ἐξ ἀρχῆς.

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7.  πᾶν τὸ παρακτικὸν ἄλλου κρεῖττόν ἐστι τῆς τοῦ παρ­

αγομένου ϕύσεως. ἤτοι γὰρ κρεῖττόν ἐστιν ἢ χεῖρον ἢ ἴσον. ἔστω πρότερον ἴσον. τὸ τοίνυν ἀπὸ τούτου παραγόμενον ἢ δύναμιν ἔχει καὶ αὐτὸ παρακτικὴν ἄλλου τινὸς ἢ ἄγονον ὑπάρχει παντελῶς. ἀλλ' εἰ μὲν ἄγονον εἴη, κατ' αὐτὸ τοῦτο τοῦ παράγοντος ἠλάττωται καὶ ἔστιν ἄνισον ἐκείνῳ, γονίμῳ ὄντι καὶ ἔχοντι δύναμιν9 τοῦ ποιεῖν, ἀδρανὲς ὄν· εἰ δὲ καὶ αὐτὸ παρακτικόν ἐστιν ἄλλων, ἢ καὶ αὐτὸ ἴσον ἑαυτῷ παράγει, καὶ τοῦτο ὡσαύτως ἐπὶ πάντων, καὶ ἔσται τὰ ὄντα πάντα ἴσα ἀλλήλοις καὶ οὐδὲν ἄλλο ἄλλου κρεῖττον, ἀεὶ τοῦ παράγοντος ἴσον ἑαυτῷ τὸ ἐϕεξῆς ὑϕιστάντος· ἢ ἄνισον, καὶ οὐκέτ' ἂν ἴσον

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ἑνάδες :  D. schreibt ἑνάς ἑνάδες :  D. schreibt ἑνάς 9 ἔχοντι δύναμιν :  D. δύναμιν ἔχοντι 8



Von den metaphysischen Ursachen

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gäbe es eine Vielheit, die dem Einen vorhergeht.7 Es ist aber auch nicht nichts, denn wie könnte nichts je etwas zusammenbringen? Es ist folglich nur eins; es kann nämlich nicht auch dieses Eine vieles sein, denn sonst ginge es bis ins Unendliche weiter.8 Folglich ist es das Selbsteine und stammt jede Vielheit vom Selbsteinen. 6.  Alle Vielheit besteht entweder aus Vereinten oder aus Hena­den.1 Denn daß nicht jeder Teil einer Vielheit auch selbst bloß Vielheit und nicht jeder Teil eines solchen Teils wiederum Vielheit sein kann, ist offenbar.2 Ist ein solcher Teil allerdings nicht bloß Vielheit, ist er entweder Vereintes oder Henaden. Hat er allerdings am Einen teil, ist er Vereintes, besteht er jedoch aus den Teilen, aus denen das zuerst Vereinte besteht, ist er Henaden. Gibt es nämlich das Selbsteine,3 dann gibt es auch das zuerst an diesem Teilhabende 4 und zuerst Vereinte; dieses besteht dann aus Henaden. Bestünde es nämlich aus Vereinten, bestünden diese wiederum aus Teilen und so weiter bis ins Unendliche.5 Das heißt somit, daß das zuerst Vereinte aus Henaden bestehen muß; und so finden wir unseren anfänglichen Satz. 7.  Alles anderes Hervorbringende ist stärker als die Natur des Hervorgebrachten.1 Denn es ist entweder stärker oder schwächer oder gleichstark. Man nehme zunächst an, es sei gleichstark. Das dadurch Her­vorgebrachte hat demnach entweder auch selbst ein irgend ­etwas anderes hervorbringendes Vermögen oder ist vollkommen zeugungsunfähig. Wäre es jedoch zeugungsunfähig, muß es ge­ rade in dieser Hinsicht geringer als das Hervorbringende sein und ist ihm nicht gleichstark, da ja das Hervorbringende zeugungsfähig ist und produktives Vermögen besitzt, während das Hervorgebrachte kraftlos ist. Brächte nun das Hervorgebrachte selbst wiederum anderes hervor, bringt es entweder Gleichstarkes hervor, was dann auch für alles weitere gelte, und so müßten alle Seienden einander gleichstark sein und wäre nichts stär­ker als anderes, da das Hervorbringende dem Darauffolgenden immer ein gleichstarkes Bestehen verleiht; 2 oder das von ihm Hervorgebrachte ist ihm nicht gleichstark, dann kann es jedoch

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I.  Metaphysische Kausalität

εἴη τῷ αὐτὸ παράγοντι· δυνάμεων γὰρ ἴσων ἐστὶ τὸ τὰ ἴσα ποιεῖν, τὰ δ' ἐκ τούτων ἄνισα ἀλλήλοις, εἴπερ τὸ μὲν παράγον τῷ πρὸ αὐτοῦ ἴσον, αὐτὸ δὲ τῷ10 μετ' αὐτὸ ἄνισον. οὐκ ἄρα ἴσον εἶναι δεῖ τῷ παράγοντι τὸ παραγόμενον. ἀλλὰ μὴν οὐδ' ἔλαττον ἔσται ποτὲ τὸ παράγον. εἰ γὰρ αὐτὸ τὴν οὐσίαν τῷ παραγομένῳ δίδωσιν, αὐτὸ καὶ τὴν δύναμιν αὐτῷ χορηγεῖ κατὰ τὴν οὐσίαν. εἰ δὲ αὐτὸ παρακτικόν ἐστι τῆς δυνάμεως τῷ μετ' αὐτὸ πάσης, κἂν ἑαυτὸ δύναιτο ποιεῖν τοιοῦτον, οἷον ἐκεῖνο· εἰ δὲ τοῦτο, καὶ ποιήσειεν ἂν ἑαυτὸ δυνατώτερον· οὔτε γὰρ τὸ μὴ δύνασϑαι κωλύει παρούσης τῆς ποιητικῆς δυνάμεως οὔτε τὸ μὴ βούλεσϑαι, πάντα γὰρ τοῦ ἀγαϑοῦ ὀρέγεται κατὰ ϕύσιν, ὥστε εἰ ἄλλο δύναται τε­­λειό­ τε­ρον ἀπεργάσασϑαι, κἂν ἑαυτὸ πρὸ τοῦ μετ' αὐτὸ τε­λειώ­ σειεν. οὔτε ἴσον ἄρα τῷ παράγοντι τὸ παραγόμενόν ἐστιν οὔτε κρεῖττον. π᾵ν11 ἄρα τὸ παράγον κρεῖττον τῆς τοῦ παραγομένου ϕύσεως.

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8.  πάντων τῶν ὁπωσοῦν τοῦ ἀγαϑοῦ μετεχόντων ἡγεῖται τὸ

πρώτως ἀγαϑὸν καὶ ὃ μηδέν ἐστιν ἄλλο ἢ τἀγαϑόν.12 εἰ γὰρ πάντα τὰ ὄντα τοῦ ἀγαϑοῦ ἐϕίεται, δῆλον ὅτι τὸ πρώτως ἀγαϑὸν ἐπέκεινά ἐστι τῶν ὄντων. εἰ γὰρ ταὐτόν τινι τῶν ὄντων, ἢ ταὐτόν ἐστιν ὂν καὶ τἀγαϑόν, καὶ τοῦτο τὸ ὂν οὐκέτι ἂν ἐϕιέμενον εἴη τοῦ ἀγαϑοῦ, αὐτὸ τἀγαϑὸν ὑπάρχον· τὸ γὰρ ὀρεγόμενόν του ἐνδεές ἐστιν οὗ ὀρέγεται, καὶ τοῦ ὀρεκ­ τοῦ ἕτερον καὶ ἀπεξενωμένον·13 ἢ τὸ μὲν ἄλλο, τὸ δὲ ἄλλο, καὶ τὸ μὲν μεϑέξει, τὸ ὄν, τὸ δὲ ἔσται μετεχόμενον ἐν τούτῳ, τὸ ἀγαϑόν. τὶ ἄρα ἀγαϑόν ἐστιν, ἐν τινὶ τῶν μετεχόντων ὄν, καὶ οὗ τὸ μετασχὸν ἐϕίεται μόνον, ἀλλ' οὐ τὸ ἁπλῶς ἀγαϑὸν καὶ οὗ πάντα τὰ ὄντα ἐϕίεται· τοῦτο μὲν γὰρ κοινὸν πάντων

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αὐτὸ δὲ τῷ :  D. αὐτῷ δὲ τὸ πᾶν :  D. πάντῃ 12 τἀγαϑόν :  D. ἀγαϑόν 13 ἕτερον καὶ ἀπεξενωμένον :  D. ἀπεξενωμένον 11



Von den metaphysischen Ursachen

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selbst nicht mehr gleichstark mit seinem Hervorbringenden sein; gleichstarke Vermögen produzieren nämlich Gleichstarkes, während die vom ersten Hervorbringenden und vom zweiten Hervorbringenden Hervorgebrachten nicht gleichstark sind, weil ja das zweite Hervorbringende dem ersten gleichstark ist, dem Darauffolgenden freilich nicht.3 Das Hervorgebrachte kann folglich nicht dem Hervorbringenden gleichstark sein. Ferner kann das Hervorbringende nie weniger stark sein. Spendet es nämlich dem Hervorgebrachten das Wesen, schenkt es demselben auch das diesem Wesen entsprechende Vermögen. Bringt es freilich das ganze Vermögen des Darauffolgenden hervor, vermag es auch sich selbst so zu machen, wie das Folgende ist, das heißt, es kann sich selbst mächtiger machen. Verhindern kann dies nämlich weder Unvermögen, weil ja das tätige Ver­ mögen da ist, noch Unwille, denn alles strebt seiner Natur nach dem Guten nach.4 Folglich muß das Hervorbringende, weil es das Vermögen hat, anderes vollkommener zu machen, vor demjenigen, das nach ihm ist, sich selbst vervollkommnen. Das Hervorgebrachte ist folglich dem Hervorbringenden gegenüber weder gleichstark noch stärker.5 Alles Hervorbringende ist folglich stärker als die Natur des Hervorgebrachten. 8.  Allem irgendwie am Guten Teilhabenden geht das zuerst Gute vorher, das nichts als das Gute ist.1 Denn begehren alle Seienden das Gute, ist klar, daß das zuerst Gute jenseits aller Seienden ist.2 Ist nämlich das Gute mit einem der Seienden identisch,3 sind entweder das Seiende und das Gute identisch, doch dann kann dieses Seiende das Gute nicht mehr begehren, weil es selbst schon das Gute ist, denn dem Nachstrebenden fehlt das, wonach es strebt, und das Strebende ist vom Nachgestrebten unterschieden und entfremdet; oder das Seiende und das Gute sind verschieden, und das eine, das Seiende, hat teil am anderen und ist das andere, das Gute, in dem Seienden, weil an jenem von diesem teilgenommen wird. Es ist also ein bestimmtes Gutes, da es in einem der Teilhabenden ist, und wird nur von demjenigen, was daran teilnimmt, begehrt. Nicht jedoch ist es das schlechthin Gute und das von allen Seienden Begehrte, denn dieses ist für alle Seiende der gemeinsame Gegenstand des

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I.  Metaphysische Kausalität

ἐστὶ τῶν ὄντων ἐϕετόν, τὸ δὲ ἐν τινὶ γενόμενον ἐκείνου μόνου14 ἐστὶ τοῦ μετασχόντος. τὸ ἄρα πρώτως ἀγαϑὸν οὐδὲν ἄλλο ἐστὶν ἢ ἀγαϑόν. ἂν γάρ τι ἄλλο προσϑῇς, ἠλάττωσας τῇ προσϑέσει τὸ ἀγαϑόν, τὶ ἀγαϑὸν ποιήσας ἀντὶ τοῦ ἀγαϑοῦ τοῦ ἁπλῶς· τὸ γὰρ προσ­ τεϑέν, οὐκ ὂν τὸ ἀγαϑὸν, ἀλλ' ἔλαττον ἢ ἐκεῖνο, τῇ αὐτοῦ οὐσίᾳ15 τὸ ἀγαϑὸν ἠλάττωσεν.

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9.  πᾶν τὸ αὔταρκες ἢ κατ' οὐσίαν ἢ κατ' ἐνέργειαν κρεῖττόν

ἐστι τοῦ μὴ αὐτάρκους ἀλλ' εἰς ἄλλην αἰτι´αν16 ἀνηρτημένου τὴν τῆς τελειότητος αἰτίαν. εἰ γὰρ ἅπαντα τὰ ὄντα τοῦ ἀγαϑοῦ κατὰ ϕύσιν ὀρέγεται, καὶ τὸ μὲν ἑαυτῷ παρεκτικόν ἐστι τοῦ εὖ, τὸ δὲ ἐπιδεὲς ἄλλου, τὸ17 μὲν παροῦσαν ἔχει τὴν τοῦ ἀγαϑοῦ αἰτίαν, τὸ δὲ χωρὶς οὖσαν, ὅσῳ δὴ οὖν ἐγγυτέρω τοῦτο τῆς τὸ ὀρεκτὸν χορη­γού­ σης, τοσούτῳ κρεῖττον ἂν εἴη τοῦ τῆς κεχωρισμένης αἰτίας ἐνδεοῦς ὄντος καὶ ἀλλαχόϑεν ὑποδεχομένου τὴν τελειότητα τῆς ὑπάρξεως ἢ τῆς ἐνεργείας. ἐπεὶ ὅτι18 καὶ ὁμοιότερόν19 ἐστιν αὐτῷ τῷ ἀγαϑῷ τὸ αὔταρκες, ἠλαττωμένον20 τῷ μετέχειν τοῦ ἀγαϑοῦ καὶ μὴ αὐτὸ εἶναι τὸ ἀγαϑὸν πρώτως, συγγενές πώς ἐστιν ἐκείνῳ, καϑόσον παρ' ἑαυτοῦ δύναται τὸ ἀγαϑὸν ἔχειν· τὸ δὲ μετέχον καὶ δι' ἄλλου μετέχον μειζόνως ἀϕέστηκε τοῦ πρώτως ἀγαϑοῦ καὶ ὃ μηδέν ἐστιν ἄλλο ἢ ἀγαϑόν.

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10.  πᾶν τὸ αὔταρκες τοῦ ἁπλῶς ἀγαϑοῦ καταδεέστερόν ἐστι.

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τί γάρ ἐστιν ἄλλο τὸ αὔταρκες ἢ τὸ παρ' ἑαυτοῦ καὶ ἐν ἑαυτῷ τὸ ἀγαϑὸν κεκτημένον; τοῦτο δὲ ἤδη πλῆρές ἐστι τοῦ ἀγαϑοῦ καὶ μετέχον, ἀλλ' οὐχὶ αὐτὸ τὸ ἁπλῶς ἀγαϑόν, ἐκεῖνο γὰρ καὶ τοῦ μετέχειν καὶ τοῦ πλῆρες εἶναι κρεῖττον, ὡς δέ­ δεικται. εἰ οὖν τὸ αὔταρκες πεπλήρωκεν ἑαυτὸ τοῦ ἀγαϑοῦ, τὸ ἀϕ' οὗ πεπλήρωκεν ἑαυτὸ κρεῖττον ἂν εἴη τοῦ αὐτάρκους καὶ ὑπὲρ αὐτάρκειαν, καὶ οὔτε ἐνδεές τινος τὸ ἁπλῶς ἀγαϑόν, 14 15 16 17

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μόνου  :   D. μόνον αὐτοῦ οὐσίᾳ :  D. ἑαυτοῦ οὐσίᾳ αἰτίαν :  D. schreibt οὐσίαν τὸ :  D. καὶ τὸ ἐπεὶ ὅτι :  D. ἐπεὶ οὖν καὶ ὁμοιότερόν :  von D. ausgeklammert ἠλαττωμένον :  D. schreibt καὶ ἠλαττωμένον

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Von den metaphysischen Ursachen

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Begehrens; das Gute jedoch, das in einem bestimmten Seienden da ist, ist nur für dasjenige Gegenstand des Begehrens, das daran teilnimmt.4 Das zuerst Gute ist folglich nichts als gut. Würde nämlich etwas anderes hinzugefügt, wird das Gute durch diese Zutat verringert, weil das Gute dadurch zu einem bestimmten Guten gemacht wird, statt das zu sein, was schlechthin gut ist.5 Die Zutat ist nämlich nicht das Gute, sondern weniger als das Gute und verringert deshalb mit ihrem Sein das Gute. 9.  Alles entweder seinem Wesen oder seiner Tätigkeit nach1 Autarke ist stärker als das Nichtautarke, das vielmehr von einer anderen Ursache abhängt, nämlich von der Ursache seiner Voll­ kommenheit.2 Denn streben alle Seienden ihrer Natur gemäß dem Guten nach3 und verschaffen manche Seiende sich selbst das Wohlsein, während andere dazu anderes bedürfen, ist die Ursache des Gutseins manchen Seienden gegenwärtig, während andere Seiende von ihr abgetrennt sind, dann folgt, daß, je näher die Seienden der Ursache sind, die ihnen schenkt, wonach sie streben, sie desto stärker sind als das, was einer abgetrennten Ursache bedarf und die Vollkommenheit seines Daseins oder seiner Tätigkeit von anderswoher empfängt. Denn da das Autarke am meisten dem Guten selbst ähnelt, obwohl es geringer ist, weil es am Guten teilhat und selbst nicht das zuerst Gute ist, ist es diesem Guten irgendwie verwandt, insofern es seine Gutheit von sich selbst erhalten kann, während etwas, das am Guten teilhat, und zwar vermittelst anderem teilhat, dadurch weiter von dem zuerst Guten, das heißt, von demjenigen absteht, das nichts als gut ist. 10.  Alles Autarke ist schwächer als das schlechthin Gute.1 Denn was ist das Autarke anderes als das, was das Gute von und in sich selbst erworben hat? Dieses ist nun gerade schon vom Guten erfüllt und hat am Guten teil,2 ist allerdings nicht selbst das schlechthin Gute, denn dieses ist, wie schon gezeigt wurde,3 stärker als Teilhaben und Erfülltsein. Wenn also das Autarke sich selbst mit dem Guten erfüllt hat, muß dasjenige, womit es sich erfüllt hat, stärker als das Autarke und über der Autarkie sein; und es fehlt weder dem schlechthin Guten an etwas, denn

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I.  Metaphysische Kausalität

οὐ γὰρ ἐϕίεται ἄλλου, εἴη γὰρ ἂν ἐλλιπὲς ἀγαϑοῦ κατὰ τὴν ἔϕεσιν· οὔτε αὔταρκες, εἴη γὰρ ἂν πλῆρες ἀγαϑοῦ, καὶ οὐ τἀγαϑὸν πρώτως. 11.  Πάντα τὰ ὄντα πρόεισιν ἀπὸ μιᾶς αἰτίας τῆς πρώτης.

ἢ γὰρ οὐδενός ἐστιν αἰτία τῶν ὄντων ἢ κύκλῳ τὰ αἴτια πε­περασμένων τῶν πάντων ἢ ἐπ' ἄπειρον ἡ ἄνοδος καὶ ἄλλο ἄλλου αἴτιον καὶ οὐδαμοῦ στήσεται ἡ τῆς αἰτίας προ­υπό­ στασις. ἀλλ' εἰ μὲν μηδενὸς εἴη τῶν ὄντων αἰτία, οὔτε τάξις ἔσται δευ­τέ­ρων καὶ πρώτων, τελειούντων καὶ τελειουμένων, κο­σ­ μού­ντων καὶ κοσμουμένων, γεννώντων καὶ γεννωμένων, ποι­ ούντων καὶ πασχόντων, οὔτε ἐπιστήμη τῶν ὄντων οὐδενός· ἡ γὰρ τῶν αἰτίων γνῶσις ἐπιστήμης ἐστὶν ἔργον, καὶ τότε λέγομεν ἐπίστασϑαι, ὅταν τὰ αἴτια γνωρίσωμεν τῶν ὄντων. εἰ δὲ κύκλῳ περίεισι τὰ αἴτια, τὰ αὐτὰ πρότερα ἔσται καὶ ὕστερα, δυνατώτερά τε καὶ ἀσϑενέστερα, πᾶν γὰρ τὸ παράγον κρεῖττόν ἐστι τῆς τοῦ παραγομένου ϕύσεως· διαϕέρει δὲ οὐδὲν τὸ διὰ πλειόνων ἢ δι' ἐλαττόνων μέσων συνάπτειν τῷ αἰτιατῷ τὸ αἴτιον καὶ ποιεῖν ἀπ' ἐκείνου· καὶ γὰρ τῶν μεταξὺ πάντων ἔσται κρεῖττον ὧν ἐστιν αἴτιον, καὶ ὅσῳ ἂν πλείω τὰ μέσα, τοσούτῳ μειζόνως αἴτιον. εἰ δ' ἐπ' ἄπειρον ἡ τῶν αἰτίων πρόσϑεσις, καὶ ἄλλο πρὸ ἄλλου ἀεί, πάλιν οὐδενὸς ἐπιστήμη ἔσται· τῶν γὰρ ἀπείρων οὐδενός ἐστι γνῶσις, τῶν δὲ αἰτίων ἀγνοουμένων οὐδὲ τῶν ἑξῆς ἐπιστήμη ἔσται. εἰ οὖν καὶ αἰτίαν εἶναι δεῖ τῶν ὄντων, καὶ διώρισται τὰ αἴτια τῶν αἰτιατῶν, καὶ οὐκ εἰς ἄπειρον ἡ ἄνοδος, ἔστιν αἰτία πρώτη τῶν ὄντων ἀϕ' ἧς οἷον ἐκ ῥίζης πρόεισιν ἕκαστα, τὰ

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Von den metaphysischen Ursachen

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es begehrt nichts anderes, sofern es nämlich begehrt, muß es des Guten ermangeln, noch ist es autark, denn dann würde es vom Guten erfüllt sein und wäre nicht das zuerst Gute.4 11.  Alle Seienden kommen aus einer Ursache hervor, nämlich aus der ersten.1 Denn sonst hat entweder kein einziges Seiendes eine Ursache, oder es laufen die Ursachen der in diesem Falle endlich vielen Seienden in einem Kreis, oder es geht bis ins Unendliche aufwärts, das heißt, jede Ursache hat wieder eine andere Ursache und nirgends wird diesem Vorausbestehen der Ursachen ein Ende gesetzt. Gäbe es allerdings von keinem Seienden eine Ursache, dann könnten sich weder die Seienden gegeneinander als später und früher, vollendend und vollendet, ordnend und geordnet, erzeugend und erzeugt und bewirkend und erleidend verhalten,2 noch gäbe es von irgendeinem Seienden ein Wissen, denn Erkenntnis ist die Aufgabe des Wissens, wir sagen ja nur, daß wir etwas wissen, wenn wir die Ursachen der Seienden erkennen.3 Liefen jedoch die Ursachen in einem Kreis, wären dieselben Seienden sowohl früher als auch später und sowohl mächtiger als auch schwächer. Alles Hervorbringende ist nämlich stärker als die Natur des Hervorgebrachten.4 Es macht hier keinen Unterschied, ob wir die Ursache durch mehr oder weniger vermittelnde Ursachen mit dem Verursachten verbinden und aus dem Verursachten herkommen lassen. Denn die Ursache muß stärker als alle zwischenliegenden Seienden sein, die sie verursacht, und ist sogar in höherem Grade Ursache, je größer die Zahl der vermittelnden Ursachen ist.5 Und wenn schließlich immer eine höhere Ursache hinzuge­ setzt wird bis ins Unendliche, das heißt, wenn über jeder Ursache immer wieder eine höhere steht, kann es wiederum kein Wissen von etwas geben. Gibt es nämlich unendlich viele Ur­ sachen, dann ist von keiner je Erkenntnis möglich, und werden die Ursachen nicht erkannt, dann gibt es auch kein Wissen von demjenigen, das aus diesen Ursachen folgt.6 Muß es also eine Ursache der Seienden geben, sind ferner die Ursachen von dem Verursachten unterschieden und geht es nicht aufwärts bis ins Unendliche, dann gibt es eine erste Ursache

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I.  Metaphysische Kausalität

μὲν ἐγγὺς ὄντα ἐκείνης, τὰ δὲ πορρώτερον· ὅτι γὰρ μίαν εἶναι δεῖ τὴν ἀρχήν, δέδεικται, διότι πᾶν πλῆϑος δεύτερον ὑϕέστηκε τοῦ ἑνός. 12.  Πάντων τῶν ὄντων ἀρχὴ καὶ αἰτία πρωτίστη τὸ ἀγαϑόν

ἐστιν. εἰ γὰρ ἀπὸ μιᾶς αἰτίας πάντα πρόεισιν, ἐκείνην τὴν αἰτίαν ἢ τἀγαϑὸν χρὴ λέγειν ἢ τἀγαϑοῦ κρεῖττον. ἀλλ' εἰ μὲν κρείττων ἐκείνη τοῦ ἀγαϑοῦ, πότερον ἥκει τι καὶ ἀπ' ἐκείνης εἰς τὰ ὄντα καὶ τὴν ϕύσιν τῶν ὄντων ἢ οὐδέν; καὶ εἰ μὲν μηδέν, ἄτοπον· οὐ γὰρ ἂν ἔτι ϕυλάττοιμεν αὐτὴν ἐν αἰτίας τάξει, δέον πανταχοῦ παρεῖναί τι τοῖς αἰτιατοῖς ἐκ τῆς αἰτίας καὶ διαϕερόντως ἐκ τῆς πρωτίστης, ἧς πάντα ἐξήρτηται καὶ δι' ἣν ἔστιν ἕκαστα τῶν ὄντων. εἰ δέ ἐστι μετουσία κἀκείνης τοῖς οὖσιν, ὥσπερ καὶ τἀγα­ ϑοῦ, ἔσται τι τῆς ἀγαϑότητος κρεῖττον ἐν τοῖς οὖσιν, ἐϕῆκον ἀπὸ τῆς πρωτίστης αἰτίας· οὐ γάρ που, κρείττων οὖσα καὶ ὑπὲρ τἀγαϑόν, καταδεέστερόν τι δίδωσι τοῖς δευτέροις ὧν τὸ μετ' αὐτὴν δίδωσι. καὶ τί ἂν γένοιτο τῆς ἀγαϑότητος κρεῖτ­ τον; ἐπεὶ καὶ αὐτὸ τὸ κρεῖττον τὸ μειζόνως ἀγαϑοῦ με­τει­ λη­ϕὸς εἶναι λέγομεν. εἰ οὖν οὐδὲ κρεῖττον ἂν λέγοιτο τὸ μὴ ἀγαϑόν, τοῦ ἀγαϑοῦ πάντως δεύτερον. εἰ δὲ καὶ τὰ ὄντα πάντα τοῦ ἀγαϑοῦ ἐϕίεται, πῶς ἔτι πρὸ τῆς αἰτίας ταύτης εἶναί τι δυνατόν; εἴτε γὰρ ἐϕίεται κἀκείνου, πῶς τοῦ ἀγαϑοῦ μάλιστα; εἴτε μὴ ἐϕίεται, πῶς τῆς πάντων αἰτίας οὐκ ἐϕίεται, προελϑόντα ἀπ' αὐτῆς; εἰ δὲ τἀγαϑόν ἐστιν ἀϕ' οὗ πάντα ἐξήρτηται τὰ ὄντα, ἀρχὴ καὶ αἰτία πρωτίστη τῶν πάντων ἐστὶ τἀγαϑόν.

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der Seienden, aus welcher die einzelnen Seienden wie aus einer Wurzel hervorgehen, wobei manche nah und andere entfernter sind. Daß es nämlich einen Ursprung geben muß, wurde schon dadurch gezeigt, daß alle Vielheit nach dem Einen besteht.7 12.  Aller Seienden Ursprung und erste Ursache ist das Gute.1 Denn treten alle Seienden von einer Ursache aus hervor,2 muß von dieser Ursache entweder gesagt werden, daß sie das Gute ist oder daß sie stärker als das Gute ist. Ist diese Ursache nun aber stärker als das Gute, erreicht dann etwas von dieser Ur­ sache aus die Seienden und die Natur der Seienden oder nichts? Wenn nichts, wäre das ungereimt. Denn dann können wir diese Ursache nicht länger im Rang einer Ursache halten, weil von einer Ursache überall etwas im Verursachten dasein muß,3 insbesondere dann, wenn es sich um die erste Ursache handelt, von welcher alle Seienden abhängen und durch welche jedes der ­Seienden ist. Gäbe es jedoch auch von dieser Ursache, wie ja auch vom Guten, eine anwesende Teilnahme an den Seienden, muß in den Seienden etwas dasein, das stärker als Gutheit ist und die Seienden von der ersten Ursache her erreicht; denn es ist ausgeschlossen, daß eine stärkere Ursache, die über dem Guten steht, dem Späteren etwas Schwächeres spendet als das, was dasjenige, das nach dieser Ursache ist,4 diesem spendet. Und was könnte stärker als Gutheit sein? 5 Stärker nennen wir nämlich gerade dasjenige, was dem Guten in höherem Grade teilhaftig ist. Wenn wir daher vom Nichtguten auch nicht sagen können, daß es stärker ist, muß es sicherlich später als das Gute sein. Und wie könnte es, wenn alle Seienden das Gute begehren,6 ferner noch etwas geben, das dieser Ursache vorhergeht? Denn entweder begehren sie dann auch dieses  – aber wie könnten sie dann am meisten das Gute begehren – oder sie begehren es nicht – aber wie könnten sie dann nicht die Ursache aller Seienden begehren, obwohl sie aus ihr hervorgetreten sind?7 Ist es allerdings das Gute, von dem alle Seienden abhängen, dann ist Ursprung und erste Ursache aller Seienden das Gute.

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I.  Metaphysische Kausalität

13.  Πᾶν ἀγαϑὸν ἑνωτικόν ἐστι τῶν μετεχόντων αὐτοῦ καὶ

πᾶσα ἕνωσις ἀγαϑόν, καὶ τἀγαϑὸν τῷ ἑνὶ ταὐτόν. εἰ γὰρ τὸ ἀγαϑόν ἐστι σωστικὸν τῶν ὄντων ἁπάντων, διὸ καὶ ἐϕετὸν ὑπάρχει πᾶσι, τὸ δὲ σωστικὸν καὶ συνεκτικὸν τῆς ἑκάστων οὐσίας ἐστὶ τὸ ἕν· τῷ γὰρ ἑνὶ σώζεται πάντα, καὶ ὁ σκεδασμὸς ἕκαστον ἐξίστησι τῆς οὐσίας· τὸ ἀγαϑόν οἷς ἂν παρῇ, ταῦτα ἓν ἀπεργάζεται καὶ συνέχει κατὰ τὴν ἕνωσιν. καὶ εἰ τὸ ἓν συναγωγόν ἐστι καὶ συνεκτικὸν τῶν ὄντων, ἕκαστον τελειοῖ κατὰ τὴν ἑαυτοῦ παρουσίαν· καὶ ἀγαϑὸν ἄρα ταύτῃ ἐστὶ τὸ ἡνῶσϑαι πᾶσιν. εἰ δὲ καὶ ἡ ἕνωσις ἀγαϑὸν καϑ' αὑτὸ καὶ τὸ ἀγαϑὸν ἑνο­ ποιόν, τὸ ἁπλῶς ἀγαϑὸν καὶ τὸ ἁπλῶς ἓν ταὐτόν, ἑνίζον τε ἅμα καὶ ἀγαϑῦνον τὰ ὄντα. ὅϑεν δὴ καὶ τὰ τοῦ ἀγαϑοῦ τρόπον τινὰ ἀποπεσόντα καὶ τῆς τοῦ ἑνὸς ἅμα στέρεται μεϑέξεως, καὶ τὰ τοῦ ἑνὸς ἄμοιρα γενόμενα, διαστάσεως ἀναπιμπλάμενα, καὶ τοῦ ἀγαϑοῦ στέρεται κατὰ τὸν αὐτὸν τρόπον. ἔστιν ἄρα καὶ ἡ ἀγαϑότης ἕνωσις καὶ ἡ ἕνωσις ἀγαϑότης, καὶ τὸ ἀγαϑὸν ἕν καὶ τὸ ἓν πρώτως ἀγαϑόν. 14.  Πᾶν τὸ ὂν ἢ ἀκίνητόν ἐστιν ἢ κινούμενον, καὶ εἰ κι­

νού­μενον, ἢ ὑϕ' ἑαυτοῦ ἢ ὑπ' ἄλλου, καὶ εἰ μὲν ὑϕ' ἑαυτοῦ, αὐτοκίνητόν ἐστιν, εἰ δὲ ὑπ' ἄλλου, ἑτεροκίνητον· πᾶν ἄρα ἢ ἀκίνητόν ἐστιν ἢ αὐτοκίνητον ἢ ἑτεροκίνητον. ἀνάγκη γὰρ τῶν ἑτεροκινήτων ὄντων εἶναι καὶ τὸ ἀκί­νη­τον, καὶ μεταξὺ τούτων τὸ αὐτοκίνητον· εἰ γὰρ πᾶν τὸ ἑτε­ρο­ κίνητον ὑπ' ἄλλου κινουμένου κινεῖται, ἢ κύκλῳ αἱ κινήσεις ἢ ἐπ' ἄπειρον· ἀλλ' οὔτε κύκλῳ οὔτε ἐπ' ἄπειρον, εἴπερ ὥρισται

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13.  Alles Gute vereint die je an ihm Teilhabenden, und jede Vereinung ist etwas Gutes; und das Gute ist mit dem Einen ­identisch.1 Denn erhält das Gute alle Seienden – weshalb es auch von allen Seienden begehrt wird – 2 und ist dasjenige, das das Wesen eines jeden Seienden erhält und zusammenhält, das Eine – denn alle Seiende werden vom Einen erhalten und Zerstreuung entfernt jedes Seiende von seinem Wesen –, dann macht das Gute die Seienden, denen es gegenwärtig ist, eins und hält sie hin­ sichtlich dieser Vereinung zusammen.3 Und bringt und hält das Eine die Seienden zusammen, dann vervollkommnet es jedes Seiende kraft seiner Gegenwart. In dieser Hinsicht ist also auch das Vereintwerden für alle Seienden ein Gutes.4 Ist jedoch wiederum die Vereinung ein Gutes an sich und macht das Gute eins, dann sind das schlechthin Gute und das schlechthin Eine dasselbe, das die Seienden nämlich sowohl vereinigt als auch gut macht.4 Woraus sich ergibt, weshalb die Seienden, die auf irgendeine Weise vom Guten abfallen, dadurch zugleich auch ihrer Teilhabe am Einen beraubt werden und weshalb die Seienden, die des Einen nicht länger teilhaft sind, da sie von Trennung erfüllt werden, auf dieselbe Weise auch des Guten be­raubt werden. Die Gutheit ist folglich Vereinung und die Vereinung Gutheit, und das Gute ist eins und das Eine ist zuerst gut. 14.  Alles Seiende ist entweder bewegungslos oder in Bewe­ gung; ist es in Bewegung, dann entweder durch sich selbst oder durch anderes; ist es durch sich selbst in Bewegung, dann ist es selbstbewegt, ist es jedoch durch anderes in Bewegung, dann ist es fremdbewegt; alles Seiende ist folglich entweder bewegungslos oder selbstbewegt oder fremdbewegt.1 Denn wo es fremdbewegte Seiende gibt, gibt es notwendig auch das Bewegungslose und in der Mitte zwischen diesen das Selbstbewegte. Wird nämlich alles Fremdbewegte durch anderes bewegt, das selbst in Bewegung ist, bilden die Bewegungen entweder einen Kreis oder eine unendliche Reihe.2 Einen Kreis oder eine unendliche Reihe bilden sie allerdings nicht, weil ja alle Seienden durch ihren Ursprung begrenzt werden und das

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I.  Metaphysische Kausalität

τῇ ἀρχῇ τὰ ὄντα πάντα καὶ τὸ κινοῦν τοῦ κινουμένου κρεῖττον· ἔσται τι ἄρα ἀκίνητον πρῶτον κινοῦν. ἀλλ' εἰ ταῦτα, ἀνάγκη καὶ τὸ αὐτοκίνητον εἶναι. εἰ γὰρ σταίη τὰ πάντα, τί ποτε ἔσται τὸ πρώτως κινούμενον; οὔτε γὰρ τὸ ἀκίνητον, οὐ γὰρ πέϕυκεν· οὔτε τὸ ἑτεροκίνητον, ὑπ' ἄλλου γὰρ κινεῖται. λείπεται ἄρα τὸ αὐτοκίνητον εἶναι τὸ πρώτως κινούμενον, ἐπεὶ καὶ τοῦτό ἐστι τὸ τῷ ἀκινήτῳ τὰ ἑτεροκίνητα συνάπτον, μέσον πως ὄν, κινοῦν τε ἅμα καὶ κι­νού­ μενον· ἐκείνων γὰρ τὸ μὲν κινεῖ μόνον, τὸ δὲ κινεῖται μόνον. πᾶν ἄρα τὸ ὂν ἢ ἀκίνητόν ἐστιν ἢ αὐτοκίνητον ἢ ἑτερο­ κίνητον. ἐκ δὴ τούτων κἀκεῖνο ϕανερόν, ὅτι τῶν μὲν κινουμένων τὸ αὐτοκίνητον πρῶτον, τῶν δὲ κινούντων τὸ ἀκίνητον. 15.  Πᾶν τὸ πρὸς ἑαυτὸ ἐπιστρεπτικὸν ἀσώματόν ἐστιν.

οὐδὲν γὰρ τῶν σωμάτων πρὸς ἑαυτὸ πέϕυκεν ἐπιστρέϕειν· εἰ γὰρ τὸ ἐπιστρέϕον πρός τι συνάπτεται ἐκείνῳ πρὸς ὃ ἐπι­ στρέϕει, δῆλον δὴ ὅτι καὶ τὰ μέρη τοῦ σώματος πάντα πρὸς πάντα συνάψει τοῦ πρὸς ἑαυτὸ ἐπιστραϕέντος· τοῦτο γὰρ ἦν τὸ πρὸς ἑαυτὸ ἐπιστρέψαι, ὅταν ἓν γένηται ἄμϕω, τό τε ἐπιστραϕὲν καὶ πρὸς ὃ ἐπεστράϕη. ἀδύνατον δὲ ἐπὶ σώματος τοῦτο, καὶ ὅλως τῶν μεριστῶν πάντων· οὐ γὰρ ὅλον ὅλῳ συνάπτεται ἑαυτῷ τὸ μεριστὸν διὰ τὸν τῶν μερῶν χωρισμόν, ἄλλων ἀλλαχοῦ κειμένων. οὐδὲν ἄρα σῶμα πρὸς ἑαυτὸ πέ­ϕυ­ κεν ἐπιστρέϕειν, ὡς ὅλον ἐπεστράϕϑαι πρὸς ὅλον. εἴ τι ἄρα πρὸς ἑαυτὸ ἐπιστρεπτικόν ἐστιν, ἀσώματόν ἐστι καὶ ἀμερές.

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Bewegende stärker als dasjenige ist, das in Bewegung ist.3 Es muß folglich etwas Bewegungsloses und zuerst Bewegendes geben.4 Ist dies allerdings der Fall, muß es auch das Selbstbewegte geben. Gesetzt nämlich, daß alles in Ruhe wäre, was würde dann zuerst in Bewegung kommen? Freilich weder das Bewegungslose, denn dies liegt nicht in seiner Natur, noch das Fremd­ bewegte, denn dies wird durch anderes bewegt. Es bleibt folglich übrig, daß das sich zuerst Bewegende das Selbstbewegte ist, da ja dieses die fremdbewegten Seienden mit dem Bewegungs­losen verknüpft und, indem es zugleich bewegt und in Bewegung ist, sie auf gewisse Weise miteinander vermittelt.5 Von diesen setzt nämlich das Bewegungslose nur in Bewegung, während das Fremdbewegte nur in Bewegung ist. Alles Seiende ist folglich entweder bewegungslos oder selbstbewegt oder fremdbewegt. Hieraus leuchtet auch dies ein, daß das Selbstbewegte das erste derjenigen ist, die in Bewegung sind, das Bewegungslose hingegen das erste derjenigen, die in Bewegung setzen. 15.  Alles sich auf sich selbst Hinwendende ist unkörperlich.1 Denn es liegt nicht in der Natur des Körperlichen, sich auf sich selbst hinzuwenden. Verknüpft sich nämlich das, was sich auf etwas hinwendet, mit dem, auf das es sich hinwendet, dann ist ja klar, daß sich alle Teile eines Körpers mit allen seinen Teilen verknüpfen müssen, wenn dieser Körper sich auf sich selbst hingewendet hat. Selbsthinwendung trat nämlich dort auf,2 wo zwei eins werden, nämlich das, was sich hingewendet hat, und das, worauf sich dieses hingewendet hat. Dies ist allerdings einem Körper und überhaupt allem Geteilten unmöglich. Das Geteilte kann sich nämlich nicht als Ganzes mit sich selbst als einem Ganzen verknüpfen wegen der Trennung seiner Teile, von denen der eine hier, der andere dort liegt. Es liegt also nicht in der Natur des Körpers, sich so auf sich hinzuwenden, daß er als Ganzes auf sich als Ganzes hingewendet ist. Gibt es folglich etwas, das sich auf sich hinwendet, ist es unkörperlich und ohne Teile.

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I.  Metaphysische Kausalität

16.  Πᾶν τὸ πρὸς ἑαυτὸ ἐπιστρεπτικὸν χωριστὴν οὐσίαν ἔχει

παντὸς σώματος. εἰ γὰρ ἀχώριστον εἴη σώματος οὑτινοσοῦν, οὐχ ἕξει τινὰ ἐνέργειαν σώματος χωριστήν. ἀδύνατον γάρ ἀχωρίστου τῆς οὐσίας σωμάτων οὔσης τὴν ἀπὸ τῆς οὐσίας ἐνέργειαν εἶναι χωριστήν· ἔσται γὰρ οὕτως ἡ ἐνέργεια τῆς οὐσίας κρείττων, εἴπερ ἡ μὲν ἐπιδεής ἐστι σωμάτων, ἡ δὲ αὐτάρκης ἑαυτῆς οὖσα καὶ οὐ σωμάτων. εἰ οὖν τι κατ' οὐσίαν ἐστὶν ἀχώριστον, καὶ κατ' ἐνέργειαν ὁμοίως ἢ καὶ ἔτι μᾶλλον ἀχώριστον· εἰ δὲ τοῦτο, οὐκ ἐπιστρέϕει πρὸς ἑαυτό· τὸ γὰρ πρὸς ἑαυτὸ ἐπι­στρέ­ ϕον, ἄλλο ὂν σώματος, ἐνέργειαν ἔχει χωριζομένην σώ­μα­τος καὶ οὐ διὰ σώματος οὐδὲ μετὰ σώματος, εἴπερ ἥ τε ἐνέργεια καὶ τὸ πρὸς ὃ ἡ ἐνέργεια οὐδὲν δεῖται τοῦ σώματος. χωριστὸν ἄρα πάντῃ σωμάτων ἐστὶ τὸ πρὸς ἑαυτὸ ἐπι­ στρέϕον.

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17.  Πᾶν τὸ ἑαυτὸ κινοῦν πρώτως πρὸς ἑαυτό ἐστιν ἐπι­

στρεπ­τικόν. εἰ γὰρ κινεῖ ἑαυτό, καὶ ἡ κινητικὴ ἐνέργεια αὐτοῦ πρὸς ἑαυτό ἐστι, καὶ ἓν ἅμα τὸ κινοῦν καὶ τὸ κινούμενον. ἢ γὰρ μέρει μὲν κινεῖ, μέρει δὲ κινεῖται, ἢ ὅλον κινεῖ καὶ κινεῖται, ἢ ὅλον μὲν κινεῖ, μέρει δὲ κινεῖται, ἢ ἔμπαλιν. ἀλλ' εἰ μέρος μὲν ἄλλο ἐστὶ τὸ κινοῦν, μέρος δὲ ἄλλο τὸ κινούμενον, οὐκ ἔσται καϑ' ἑαυτὸ αὐτοκίνητον, ἐκ μὴ αὐτο­ κινήτων ὑϕεστώς21, ἀλλὰ δοκοῦν μὲν αὐτοκίνητον, οὐκ ὂν δὲ κατ' οὐσίαν τοιοῦτον. εἰ δὲ ὅλον κινεῖ, μέρος δὲ κινεῖται, ἢ ἔμπαλιν, ἔσται τι μέρος ἐν ἀμϕοτέροις καϑ' ἓν ἅμα κινοῦν καὶ κινούμενον, καὶ τοῦτό ἐστι τὸ πρώτως αὐτοκίνητον. εἰ δὲ ἓν καὶ ταὐτὸν κινεῖ καὶ κινεῖται, τὴν τοῦ κινεῖν ἐνέργειαν

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ὑϕεστώς :  D. ὑϕεστός



Von den metaphysischen Ursachen

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16.  Alles sich auf sich selbst Hinwendende hat ein von jedem Körper abgetrenntes Wesen.1 Denn wäre das sich auf sich Hinwendende von irgendeinem Körper ungetrennt, hätte es auch keine vom Körper abgetrennte Tätigkeit. Ist nämlich das Wesen nicht von den Körpern abgetrennt, dann ist es unmöglich, daß die von diesem Wesen herrührende Tätigkeit davon abgetrennt ist. Die Tätigkeit würde auf diese Weise nämlich stärker als das Wesen sein,2 da letzteres der Körper bedürfte, während die Tätigkeit autark wäre, da sie sich selbst und nicht den Körpern angehört. Ist somit etwas seinem Wesen nach unabgetrennt, ist es auch, und zwar in gleichem Maße oder sogar noch mehr, seiner Tätigkeit nach unabgetrennt. Das heißt aber, daß es sich nicht auf sich selbst hinwendet. Das sich auf sich selbst Hinwendende hat nämlich, da es vom Körper unterschieden ist,3 eine Tätigkeit, die vom Körper abgetrennt ist, das heißt weder durch diesen noch zusammen mit diesem zustande kommt, da ja jene Tätigkeit und das, worauf dieselbe geht, des Körpers keineswegs bedürfen.4 In jeder Hinsicht von den Körpern abgetrennt ist folglich das sich auf sich selbst Hinwendende.5 17.  Alles, was zuerst sich selbst in Bewegung setzt, wendet sich auf sich selbst hin. Denn setzt es sich selbst in Bewegung, dann ist seine bewegende Tätigkeit auf sich selbst gerichtet und sind das Bewegende und das Bewegte zugleich eins. Denn entweder bewegt es teilweise und wird es teilweise bewegt, oder es bewegt als Ganzes und wird als Ganzes bewegt, oder es bewegt sich als Ganzes und wird teilweise bewegt oder umgekehrt. Wenn allerdings, erstens, das Bewegende und das Bewegte verschiedene Teile sind, kann es an sich selbst nicht selbstbewegt sein, da es ja aus nicht selbstbewegten Teilen besteht, sondern es scheint vielmehr selbstbewegt zu sein, obzwar es dies seinem Wesen nach nicht ist. Bewegt es, zweitens, als Ganzes und wird es teilweise bewegt oder umgekehrt, muß es in beiden einen bestimmten Teil geben, der in einer und derselben Hinsicht zugleich bewegt und bewegt wird; dieser Teil ist dann das zuerst Selbstbewegte. Wenn es schließlich als eins und dasselbe bewegt und bewegt wird, muß es, indem es Beweger seiner selbst ist,

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I.  Metaphysische Kausalität

πρὸς ἑαυτὸ ἕξει, κινητικὸν ἑαυτοῦ ὄν· πρὸς ὃ δὲ ἐνεργεῖ, πρὸς τοῦτο ἐπέστραπται. πᾶν ἄρα τὸ ἑαυτὸ κινοῦν πρώτως πρὸς ἑαυτό ἐστιν ἐπι­ στρεπτικόν. 5

18.  Πᾶν τὸ εἶναι χορηγοῦν

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ἄλλοις αὐτὸ πρώτως ἐστὶ τοῦτο, οὗ μεταδίδωσι τοῖς χορηγουμένοις. εἰ γὰρ αὐτὸ τὸ εἶναι23 δίδωσι καὶ ἀπὸ τῆς ἑαυτοῦ οὐσίας ποιεῖται τὴν μετάδοσιν, ὃ μὲν δίδωσιν ὑϕειμένον ἐστὶ τῆς ἑαυτοῦ οὐσίας, ὃ δέ ἐστι, μειζόνως ἐστὶ καὶ τελειότερον, εἴπερ πᾶν τὸ ὑποστατικόν τινος κρεῖττόν ἐστι τῆς τοῦ ὑϕισταμένου ϕύσεως. τοῦ δοϑέντος ἄρα τὸ ἐν αὐτῷ τῷ δεδωκότι προ­ υπάρχον κρειττόνως ἔστι, καὶ ὅπερ ἐκεῖνο μέν ἐστιν, ἀλλ' οὐ ταὐτὸν ἐκείνῳ· πρώτως γὰρ ἔστι, τὸ δὲ δευτέρως. ἀνάγκη γὰρ ἢ τὸ αὐτὸ εἶναι ἑκάτερον καὶ ἕνα λόγον ἀμ­ ϕοτέρων, ἢ μηδὲν εἶναι κοινὸν μηδὲ ταὐτὸν ἐν ἀμϕοῖν, ἢ τὸ μὲν πρώτως εἶναι, τὸ δὲ δευτέρως. ἀλλ' εἰ μὲν ὁ αὐτὸς λόγος, οὐκ ἂν ἔτι τὸ μὲν αἴτιον εἴη, τὸ δὲ ἀποτέλεσμα, οὐδ' ἂν τὸ μὲν καϑ' αὑτό, τὸ δ' ἐν τῷ μετασχόντι, οὐδὲ τὸ μὲν ποιοῦν, τὸ δὲ γινόμενον. εἰ δὲ μηδὲν ἔχοι ταὐτόν, οὐκ ἂν τῷ εἶναι ϑάτερον ὑϕίστατο τὸ λοιπόν, μηδὲν πρὸς τὸ εἶναι τὸ ἐκείνου κοινωνοῦν. λείπεται ἄρα τὸ μὲν εἶναι πρώτως ὃ δίδωσι, τὸ δὲ δευτέρως ὃ τὸ διδόν ἐστιν, ἐν οἷς αὐτὸ τὸ εἶναι24 ϑάτερον ἐκ ϑατέρου χορηγεῖται.

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19.  Πᾶν τὸ πρώτως ἐνυπάρχον τινὶ ϕύσει τῶν ὄντων, πᾶσι

πάρεστι τοῖς κατ' ἐκείνην τὴν ϕύσιν τεταγμένοις καϑ' ἕνα λόγον καὶ ὡσαύτως. εἰ γὰρ μὴ πᾶσιν ὡσαύτως, ἀλλὰ τοῖς μέν, τοῖς δ' οὔ, δῆ­λον ὡς οὐκ ἦν ἐν ἐκείνῃ τῇ ϕύσει πρώτως, ἀλλ' ἐν ἄλλοις μὲν πρώτως, ἐν ἄλλοις δὲ δευτέρως, τοῖς ποτε μετέχουσι· τὸ γὰρ

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τὸ εἶναι χορηγοῦν :  D. schreibt τὸ τῷ εἶναι χορηγοῦν αὐτὸ τὸ εἶναι :  D. schreibt αὐτῷ τῷ εἶναι 24 αὐτὸ τὸ εἶναι :  D. αὐτῷ τῷ εἶναι 23

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seine bewegende Tätigkeit auf sich selbst richten; auf dasjenige allerdings, auf das es diese Tätigkeit ausübt, ist es hingewendet.1 Folglich wendet sich alles, was zuerst sich selbst in Bewegung setzt, auf sich selbst hin.2 18.  Alles, was andere mit dem Sein ausstattet, ist selbst das­ jenige zuerst, was es den Ausgestatteten mitteilt.1 Denn schenkt es selbst das Sein und spendet es seine Gabe aus seinem eigenen Wesen, dann ist seinem eigenen Wesen gegen­über das, was es schenkt, abgestuft, während das, was es ist, stärker und vollkommener ist, da alles, was irgend etwas das Bestehen verleiht, stärker als die Natur desjenigen ist, das ins Bestehen tritt.2 Das in dem Schenkenden Vorherbestehende ist folglich stärker als das Geschenkte, und zwar ist es das, was das Geschenkte ist, ohne damit identisch zu sein, denn jenes ist zuerst, während das Geschenkte später ist. Es ist nämlich notwendig, daß sie entweder beide identisch sind und sich auf eine und dieselbe Weise verhalten oder daß es in beiden nichts Gemeinsames oder Identisches gibt oder daß das eine zuerst und das andere später ist. Hätten sie allerdings erstens das nämliche Verhältnis, könnte das eine nicht mehr Ursache und das andere Erzeugtes oder das eine für sich und das andere in dem Teilhabenden oder wiederum das eine schaffend und das andere werdend sein.3 Hätten sie hingegen nichts Identisches, dann könnte das eine nicht durch sein Sein dem anderen das Bestehen verleihen, da es dann mit dem Sein dieses anderen nichts gemeinsam hat.4 Bleibt folglich nur übrig, daß das eine das, was es schenkt, zuerst ist, während das andere das, was das Schenkende ist, später ist, in all den Fällen nämlich, wo das eine Sein selbst von dem anderen ausgestattet wird. 19.  Alles, was in irgendeiner natürlichen Art der Seienden zuerst da ist, ist allen unter diese Natur geordneten Seienden einem und demselben Verhältnis nach und auf dieselbe Weise gegenwärtig.1 Denn wäre es nicht allen Seienden auf dieselbe Weise gegenwärtig, sondern nur manchen, anderen jedoch nicht, dann ist klar, daß es nicht in jener Natur zuerst war, sondern in manchen Seienden zuerst, doch später in anderen, die manchmal an ihm

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I.  Metaphysische Kausalität

ποτὲ μὲν ὑπάρχον, ποτὲ δὲ μή, οὐ πρώτως οὐδὲ καϑ' αὑτὸ ὑπάρχει, ἀλλ' ἐπεισοδιῶδές ἐστι καὶ ἀλλαχόϑεν ἐϕῆκον οἷς ἂν οὕτως ὑπάρχῃ. 20.  Πάντων σωμάτων ἐπέκεινά ἐστιν ἡ ψυχῆς οὐσία, καὶ

πασῶν ψυχῶν ἐπέκεινα ἡ νοερὰ ϕύσις, καὶ πασῶν τῶν νοερῶν ὑποστάσεων ἐπέκεινα τὸ ἕν. πᾶν γὰρ σῶμα κινητόν ἐστιν ὑϕ' ἑτέρου, κινεῖν δὲ ἑαυτὸ οὐ πέϕυκεν, ἀλλὰ ψυχῆς μετουσίᾳ κινεῖται ἐξ ἑαυτοῦ καὶ ζῇ διὰ ψυχήν καὶ παρούσης μὲν ψυχῆς αὐτοκίνητόν πώς ἐστιν, ἀπούσης δὲ ἑτεροκίνητον, ὡς ταύτην ἔχον καϑ' αὑτὸ τὴν ϕύσιν καὶ ὡς ψυχῆς αὐτοκίνητον25 οὐσίαν λαχούσης· ᾧ γὰρ ἂν παραγένηται, τούτῳ μεταδίδωσιν αὐτοκινησίας, οὗ δὲ μετα­ δίδωσιν αὐτῷ τῷ εἶναι, τοῦτο πολλῷ πρότερον αὐτή ἐστιν. ἐπέκεινα ἄρα σωμάτων ἐστίν ὡς αὐτοκίνητος κατ' οὐσίαν, τῶν κατὰ μέϑεξιν αὐτοκινήτων γινομένων. πάλιν δὲ ἡ ψυχὴ κινουμένη ὑϕ' ἑαυτῆς δευτέραν ἔχει τάξιν τῆς ἀκινήτου ϕύσεως καὶ κατ' ἐνέργειαν ἀκινήτου ὑϕεστώ­σης· διότι πάντων μὲν τῶν κινουμένων ἡγεῖται τὸ αὐτοκίνητον, πάντων δὲ τῶν κινούντων τὸ ἀκίνητον. εἰ οὖν ἡ ψυχὴ κι­ νου­μένη ὑϕ' ἑαυτῆς τὰ ἄλλα κινεῖ, δεῖ πρὸ αὐτῆς εἶναι τὸ ἀκινή­τως κινοῦν· νοῦς δὲ κινεῖ ἀκίνητος ὢν καὶ ἀεὶ κατὰ τὰ αὐτὰ ἐνεργῶν. καὶ γὰρ ἡ ψυχὴ διὰ νοῦν μετέχει τοῦ ἀεὶ νοεῖν, ὥσπερ σῶμα διὰ ψυχὴν τοῦ ἑαυτὸ κινεῖν· εἰ γὰρ ἦν ἐν ψυχῇ τὸ ἀεὶ νοεῖν πρώτως, πάσαις ἂν ὑπῆρχε ψυχαῖς, ὥσπερ καὶ τὸ ἑαυτὴν κινεῖν· οὐκ ἄρα ψυχῇ τοῦτο ὑπάρχει πρώτως. δεῖ ἄρα πρὸ αὐτῆς εἶναι τὸ πρώτως νοητικόν· πρὸ τῶν ψυχῶν ἄρα ὁ νοῦς. ἀλλὰ μὴν καὶ πρὸ τοῦ νοῦ τὸ ἕν. νοῦς γὰρ εἰ καὶ ἀκίνητος, ἀλλ' οὐχ ἕν, νοεῖ γὰρ ἑαυτὸν καὶ ἐνεργεῖ περὶ ἑαυτόν. καὶ τοῦ

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αὐτοκίνητον :  D. τὴν αὐτοκίνητον

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teilhaben. Dasjenige, was nämlich bald da, bald nicht da ist, ist weder zuerst noch an sich selbst da, vielmehr tritt es ein und kommt den Seienden, für welche es auf diese Weise da ist, von anderswoher hinzu.2 20.  Jenseits aller Körper ist das Wesen der Seele, jenseits aller Seelen die gedankliche Natur und jenseits alles gedanklichen Be­ stehens das Eine.1 Denn jeder Körper ist von anderem bewegt. Es liegt ja nicht in der Natur des Körpers, sich selbst in Bewegung zu setzen, vielmehr bewegt er sich durch sich selbst vermittelst der anwesenden Teilnahme der Seele, lebt er durch die Seele und ist, sofern die Seele gegenwärtig ist, irgendwie selbstbewegt, sofern sie allerdings nicht gegenwärtig ist, fremdbewegt, da dies die Natur des Körpers an sich ist und die Seele ein selbstbewegtes Wesen erhalten hat.2 Denjenigen nämlich, bei denen die Seele anwesend ist, teilt sie Selbstbewegung mit, dasjenige jedoch, was sie durch das Sein selbst mitteilt, ist sie selbst viel früher.3 Sie ist also jenseits der Körper, da sie ihrem Wesen nach selbstbewegt ist, während die Körper durch Teilhabe selbstbewegt werden. Die Seele wiederum, die durch sich selbst bewegt wird, hat hinsichtlich der bewegungslosen, das heißt ihrer Tätigkeit nach bewegungslos bestehenden Natur die zweite Stelle, da all denen, die bewegt werden, das Selbstbewegte, und all denen, die in Bewegung setzen, das Bewegungslose vorhergeht.4 Wenn so­ mit die Seele, die bewegt wird, durch sich selbst alles übrige bewegt, muß vor ihr das bewegungslos in Bewegung Setzende sein.5 Das Denkvermögen allerdings setzt in Bewegung, indem es bewegungslos und immer auf dieselbe Weise tätig ist.6 Durch das Denkvermögen hat nämlich auch die Seele am Immerdenken teil, wie auch der Körper durch die Seele am Selbstbewegen teilhat. Wäre nämlich das Immerdenken zuerst in der Seele, müßte es, gleichwie das Selbstbewegen, in allen Seelen dasein.7 Es ist folglich nicht zuerst in der Seele da. Vor der Seele muß folglich das sein, was zuerst denkfähig ist; vor den Seelen ist also das Denkvermögen. Ferner aber besteht vor dem Denkvermögen auch das Eine. Denn obwohl das Denkvermögen bewegungslos ist, ist es trotzdem nicht eins, denn es denkt sich selbst und übt Tätigkeit auf

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I.  Metaphysische Kausalität

μὲν ἑνὸς πάντα μετέχει τὰ ὁπωσοῦν ὄντα, νοῦ δὲ οὐ πάντα· οἷς γὰρ ἂν παρῇ νοῦ μετουσία, ταῦτα γνώσεως ἀνάγκη μετ­ έχειν, διότι ἡ νοερὰ γνῶσίς ἐστιν ἀρχὴ καὶ αἰτία πρώτη τοῦ γινώσκειν. ἐπέκεινα ἄρα τὸ ἓν τοῦ νοῦ· καὶ οὐκέτι τοῦ ἑνὸς ἄλλο ἐπέκεινα· ταὐτὸν γὰρ ἓν καὶ τἀγαϑόν, τἀγαϑὸν δὲ ἀρχὴ26 πάντων, ὡς δέδεικται.

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21.  Πᾶσα τάξις ἀπὸ μονάδος ἀρχομένη πρόεισιν εἰς πλῆ­ϑος

τῇ μονάδι σύστοιχον, καὶ πάσης τάξεως τὸ πλῆϑος εἰς μίαν ἀνάγεται μονάδα. ἡ μὲν γὰρ μονάς ἀρχῆς ἔχουσα λόγον ἀπογεννᾷ τὸ οἰκεῖον ἑαυτῇ πλῆϑος· διὸ καὶ μία σειρὰ καὶ μία τάξις ἡ ὅλη27 παρὰ τῆς μονάδος ἔχει τὴν εἰς τὸ πλῆϑος ὑπόβασιν· οὐ γὰρ ἔτι τάξις οὐδὲ σειρά, τῆς μονάδος ἀγόνου μενούσης καϑ' αὑτήν. τὸ δὲ πλῆϑος ἀνάγεται πάλιν εἰς μίαν τὴν κοινὴν τῶν ὁμοταγῶν πάντων αἰτίαν· τὸ γὰρ ἐν παντὶ τῷ πλήϑει ταὐτὸν οὐκ ἀϕ' ἑνὸς τῶν ἐν τῷ πλήϑει τὴν πρόοδον ἔσχε· τὸ γὰρ ἀϕ' ἑνὸς μόνου τῶν πολλῶν οὐ κοινὸν πάντων, ἀλλὰ τῆς ἐκείνου μόνης ἰδιότητος ἐξαίρετον. ἐπεὶ οὖν καϑ' ἑκάστην τάξιν ἐστί τις καὶ κοινωνία καὶ συνέχεια καὶ ταυτότης, δι' ἣν καὶ τάδε μὲν ὁμο­ ταγῆ λέγεται, τάδε δὲ ἑτεροταγῆ, δῆλον ὡς ἀπὸ μιᾶς ἀρχῆς ἥκει πάσῃ τῇ τάξει τὸ ταὐτόν. ἔστιν ἄρα μονὰς μία πρὸ τοῦ πλήϑους καϑ' ἑκάστην τάξιν καὶ εἱρμὸν, τὸν ἕνα λόγον τοῖς ἐν αὐτῇ τεταγμένοις παρεχο­ μένη πρός τε ἄλληλα καὶ πρὸς τὸ ὅλον. ἄλλο μὲν γὰρ ἄλλου αἴτιον ἔστω τῶν ὑπὸ τὴν αὐτὴν σειράν, τὸ δὲ ὡς μιᾶς τῆς σειρᾶς αἴτιον ἀνάγκη πρὸ τῶν πάντων εἶναι, καὶ ἀπ' αὐτοῦ πάντα ὡς ὁμοταγῆ γεννᾶσϑαι, μὴ ὡς τόδε τι ἕκαστον ἀλλ' ὡς τῆσδε τῆς τάξεως ὑπάρχον.

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ἀρχὴ πάντων :  D. ἀρχὴ ἄρα πάντων ἡ ὅλη :  D. schreibt ἣ ὅλη



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sich selbst aus.8 Außerdem haben alle irgendwie Seienden am Einen, jedoch nicht alle auch am Denkvermögen teil.9 Diejenigen Seienden nämlich, denen die Teilnahme des Denkvermögens gegenwärtig ist, müssen notwendig an Erkenntnis teilhaben, weil die gedankliche Erkenntnis Ursprung und erste Ursache des Erkennens ist.10 Das Eine ist folglich jenseits des Denkvermögens. Und jenseits des Einen gibt es nichts anderes mehr. Das Eine und das Gute sind nämlich identisch, und das Gute ist Ursprung von allem, wie schon gezeigt.11 21.  Jede Ordnung entspringt einer Monade und tritt zu ei­ ner mit dieser Monade auf derselben Ebene bestehenden Viel­ heit hervor, und die Vielheit jeder Ordnung wird auf diese eine ­Monade zurückgeführt.1 Denn, da sie sich als Ursprung verhält, erzeugt die Monade die ihr eigene Vielheit, weshalb auch eine Reihe und eine Ordnung ganzheitlich aus der Monade den Abstieg in die Vielheit hat. Es gäbe nämlich keine Ordnung und keine Reihe mehr, wenn die Monade unfruchtbar für sich bliebe. Anderseits wird diese Vielheit wiederum auf die eine Ursache zurückgeführt, die allen in der gleichen Ordnung Geordneten gemeinsam ist. Das in der ganzen Vielheit Identische ist nämlich nicht aus einem der Vielen hervorgetreten. Denn das, was nur von einem der Vielen stammt, ist nicht allen gemeinsam, sondern charakterisiert nur die Eigenart dieses einen.2 Weil es nun in jeder einzelnen Ordnung eine gewisse Gemeinsamkeit, Kontinuität und Identität gibt, aufgrund wovon man sagt, daß manche in der gleichen Ordnung und andere in unterschiedlichen Ordnungen sind, ist es offenbar, daß das Identische die ganze Ordnung von einem Ursprung aus erreicht. In jeder Ordnung und Kette gibt es also der Vielheit vorher­ gehend eine Monade, die allen in dieser Ordnung Geordneten ihr einziges Verhältnis zueinander und hinsichtlich des Ganzen verleiht.3 Innerhalb einer und derselben Reihe muß jedes Ur­ sache eines anderen sein, während es anderseits notwendig ist, daß die Ursache der Reihe, sofern diese Reihe eins ist, jedem vorhergeht und daß aus dieser Ursache jedes als der gleichen Ordnung angehörend erzeugt wird, zwar nicht als irgendein Einzelnes, sondern nur, sofern es in dieser Ordnung da ist.4

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ἐκ δὴ τούτων ϕανερὸν ὅτι καὶ τῇ ϕύσει τοῦ σώματος ὑπ­ άρχει τό τε ἓν καὶ τὸ πλῆϑος, καὶ ἥ τε μία ϕύσις τὰς πολλὰς ἔχει συνηρτημένας καὶ αἱ πολλαὶ ϕύσεις ἐκ μιᾶς εἰσι τῆς τοῦ ὅλου ϕύσεως· καὶ τῇ τάξει τῶν ψυχῶν πάρεστιν ἐκ μιᾶς τε ἄρχεσϑαι ψυχῆς τῆς πρώτης καὶ εἰς πλῆϑος ψυχῶν ὑπο­βαί­ νειν καὶ τὸ πλῆϑος εἰς τὴν μίαν ἀνάγειν· καὶ τῇ νοερᾷ οὐσίᾳ μονάδα τε εἶναι νοερὰν καὶ νόων πλῆϑος ἐξ ἑνὸς νοῦ προελϑὸν καὶ εἰς ἐκείνην ἐπιστρέϕον· καὶ τῷ ἑνὶ τῷ πρὸ τῶν πάντων τὸ πλῆϑος τῶν ἑνάδων καὶ ταῖς ἑνάσι τὴν εἰς τὸ ἓν ἀνάτασιν. μετὰ τὸ ἓν ἄρα τὸ πρῶτον ἑνάδες καὶ μετὰ νοῦν τὸν πρῶτον νόες καὶ μετὰ τὴν ψυχὴν τὴν πρώτην ψυχαί καὶ μετὰ τὴν ὅλην ϕύσιν αἱ πολλαὶ ϕύσεις.

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22.  Πᾶν τὸ πρώτως καὶ ἀρχικῶς ὂν καϑ' ἑκάστην τάξιν ἕν

ἐστι καὶ οὔτε δύο οὔτε πλείω δυεῖν, ἀλλὰ μονογενὲς πᾶν. ἔστω γάρ, εἰ δυνατόν, δύο· τὸ γὰρ αὐτὸ ἀδύνατον καὶ πλειό­ νων ὄντων· ἢ οὖν ἑκάτερον τούτων ἐστὶν ὃ λέγεται πρώτως ἢ τὸ ἐξ ἀμϕοῖν. ἀλλ' εἰ μὲν τὸ ἐξ ἀμϕοῖν, ἓν ἂν εἴη πάλιν καὶ οὐ δύο τὰ πρῶτα· εἰ δὲ ἑκάτερον, ἢ ἐκ ϑατέρου ϑάτερον, καὶ οὐ πρῶτον ἑκάτερον, ἢ ἐπίσης ἄμϕω. ἀλλ' εἰ ἐπίσης, οὐδέτερον ἔτι ἔσται πρώτως· εἰ γὰρ τὸ ἕτε­ ρον πρώτως, τοῦτο δὲ οὐ ταὐτὸν τῷ ἑτέρῳ, τί ἔσται τῆς τά­ ξεως ἐκείνης; ὃ γὰρ μηδὲν ἄλλο ἐστὶν ἢ ὃ λέγεται, τοῦτο ἔστι πρώτως· τούτων δὲ ἑκάτερον ἕτερον ὄν ἐστί τε ἅμα καὶ οὐκ ἔστιν ὃ λέγεται. εἰ οὖν ταῦτα διαϕέρει μὲν ἀλλήλων, οὐ καϑό­ σον δέ ἐστιν ὃ λέγεται πρώτως διαϕέρει - τοῦτο γα`ρ πρώτως

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Hieraus leuchtet nun ein, daß sich auch in der körperlichen Natur das Eine und die Vielheit vorfinden, daß die eine Natur viele verknüpfte Naturen enthält und daß diese vielen Naturen aus der einen Natur des Ganzen stammen; 5 daß es ferner auch der Ordnung der Seelen zukommt, aus einer ersten Seele zu entspringen, zu einer Vielheit von Seelen hinabzusteigen und diese Vielheit auf eine Seele zurückzuführen; daß es zudem für das gedankliche Wesen sowohl eine gedankliche Monade gibt als auch die von einem Denkvermögen aus hervortretende und sich jener Monade hinwendende Vielheit der Denkvermögen; 6 und daß es schließlich für das allem vorhergehende Eine die Vielheit der Henaden und für diese Henaden die Aufwärtswendung zu diesem Einen gibt.7 Folglich kommen nach dem ersten Einen Henaden, nach dem ersten Denkvermögen Denkvermögen, nach der ersten Seele Seelen und nach der Natur als Ganzer die vielen Naturen.8 22.  Alles in jeder Ordnung zuerst und ursprünglich Seiende ist eins und nicht zwei oder mehr als zwei, sondern gänzlich ein­ zig­­artig.1 Denn gesetzt, wenn möglich, es gäbe zwei von diesen – dieselbe Unmöglichkeit ergibt sich freilich auch, wenn es mehr als zwei geben sollte –, dann ist somit entweder jedes von beiden zuerst das, was man sagt, das es ist, oder das, was aus beiden besteht, ist solches. Wäre es nun das aus beiden Bestehende, würden die Ersten wieder eins und nicht zwei sein, wäre aber jedes der beiden solches, dann stammt entweder das eine aus dem anderen und ist nicht jedes der beiden zuerst oder jedes der beiden ist solches gleichermaßen. Wäre allerdings jedes der beiden gleichermaßen solches, dann kann keines der beiden noch zuerst sein. Wäre nämlich das eine zuerst und nicht mit dem anderen identisch, wie könnte es dann jener Ordnung angehören? Dasjenige nämlich, das nichts anderes als das ist, was man sagt, das es ist, ist zuerst.2 Sind sie allerdings unterschieden, sind sie und sind sie zugleich auch nicht das, was man sagt, das sie sind. Sind sie also voneinander unterschieden, allerdings nicht, insofern sie das sind, was man sagt, das sie zuerst sind – denn dieses besitzen beide zuerst als identische Eigenschaft –, dann kann keines der beiden dieses zuerst sein,

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ταὐτὸν πέπονϑεν -, οὐκ ἄμϕω ἔσται πρώτως, ἀλλ' ἐκεῖνο, οὗ ἄμϕω μετασχόντα πρώτως εἶναι λέγεται. ἐκ δὴ τούτων ϕανερὸν ὅτι καὶ τὸ πρώτως ὂν ἕν ἐστι μόνον, ἀλλ' οὐ δύο τὰ πρώτως ὄντα ἢ πλείω· καὶ ὁ πρώτιστος νοῦς εἷς μόνος, ἀλλ' οὐ δύο οἱ πρῶτοι νόες· καὶ ἡ πρωτίστη ψυχὴ μία· καὶ ἐϕ' ἑκάστου τῶν εἰδῶν, οἷον τὸ πρώτως καλόν, τὸ πρώτως ἴσον, καὶ ἐπὶ πάντων ὁμοίως· οὕτω δὲ καὶ τὸ τοῦ ζώου εἶδος ἓν τὸ πρῶτον καὶ τὸ τοῦ ἀνϑρώπου· ἡ γὰρ αὐτὴ ἀπόδειξις.

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23.  Πᾶν τὸ ἀμέϑεκτον ὑϕίστησιν ἀϕ' ἑαυτοῦ τὰ μετεχό­

μενα, καὶ πᾶσαι αἱ μετεχόμεναι ὑποστάσεις εἰς ἀμεϑέκτους ὑπάρξεις ἀνατείνονται. τὸ μὲν γὰρ ἀμέϑεκτον, μονάδος ἔχον λόγον, ὡς ἑαυτοῦ ὂν καὶ οὐκ ἄλλου καὶ ὡς ἐξῃρημένον τῶν μετεχόντων, ἀπογεννᾷ τὰ μετέχεσϑαι δυνάμενα. ἢ γὰρ ἄγονον ἑστήξεται καϑ' αὑτό, καὶ οὐδὲν ἂν ἔχοι τίμιον, ἢ δώσει τι ἀϕ' ἑαυτοῦ, καὶ τὸ μὲν λαβὸν μετέσχε, τὸ δὲ δοϑὲν ὑπέστη μετεχομένως. τὸ δὲ μετεχόμενον πᾶν, τινὸς γενόμενον ὑϕ' οὗ μετέχεται, δεύ­τερόν ἐστι τοῦ πᾶσιν ὁμοίως παρόντος καὶ πάντα ἀϕ' ἑαυ­τοῦ πληρώσαντος. τὸ μὲν γὰρ ἐν ἑνὶ ὂν ἐν τοῖς ἄλλοις οὐκ ἔστιν, τὸ δὲ πᾶσιν ὡσαύτως παρόν, ἵνα πᾶσιν ἐλλάμπῃ, οὐκ ἐν ἑνί ἐστιν, ἀλλὰ πρὸ τῶν πάντων. ἢ γὰρ ἐν πᾶσίν ἐστιν ἢ ἐν ἑνὶ τῶν πάντων ἢ πρὸ τῶν πάντων. ἀλλὰ τὸ μὲν ἐν πᾶσιν ὄν, μερισϑὲν εἰς πάντα, πάλιν ἄλλου ἂν δέοιτο τοῦτο28 μερισϑὲν ἑνίζοντος, καὶ οὐκέτ' ἂν τοῦ αὐτοῦ μετέχοι πάντα, ἀλλὰ τὸ μὲν ἄλλου, τὸ δὲ ἄλλου, τοῦ ἑνὸς μερισϑέντος· εἰ δὲ ἐν ἑνὶ τῶν πάντων, οὐκέτι τῶν πάντων ἔσται, ἀλλ' ἑνός. εἰ οὖν καὶ κοινὸν τῶν μετέχειν δυναμένων καὶ τὸ αὐτὸ πάντων, πρὸ τῶν πάντων ἔσται· τοῦτο δὲ ἀμέϑεκτον.

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τοῦτο :  D. τοῦ τὸ

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sondern ist dasjenige zuerst, an dem beide so teilhaben, daß von beiden gesagt wird, daß sie es zuerst sind.3 Hieraus leuchtet ein, daß das zuerst Seiende nur eins ist und es nicht zwei oder mehr zuerst Seiende gibt, daß das erste Denk­ vermögen nur eins ist und es nicht zwei erste Denkvermögen gibt,4 daß die erste Seele eine ist und daß dasselbe für jede einzelne Form gilt, so gibt es z. B. das zuerst Schöne, das zuerst Gleiche und so weiter. Ebenso ist auch die erste Form des Lebe­ wesens eine und auch die des Menschen. Der Beweis läuft nämlich genauso.5 23.  Alles Unteilnehmbare verleiht aus sich selbst denjenigen das Bestehen, an denen teilgenommen wird, und jedes Bestehen, an dem teilgenommen wird, wendet sich aufwärts dem unteil­ nehmbaren Dasein zu.1 Denn erstens erzeugt das Unteilnehmbare, das sich wie eine Monade verhält, sofern es sich selbst und nicht anderem gehört und sofern es die Teilhabenden übersteigt, diejenigen, an denen Teilhabe möglich ist. Es muß nämlich entweder zeu­gungs­unfähig für sich bleiben, hat dann allerdings keine Auszeichnung und Ehrenstelle,2 oder es muß etwas von sich selbst spenden, und dann hat dasjenige, das dieses aufnimmt, teil, während das Gespendete als dasjenige besteht, an dem teilgenommen wird. Zweitens hat jedes, an dem teilgenommen wird, da es nun demjenigen gehört, das daran teilhat, hinsichtlich dessen, das bei allem auf die gleiche Weise anwest und alles aus sich selbst erfüllt, die zweite Stelle. Was nämlich in einem ist, ist nicht in den anderen, während das, das allen in derselben Weise gegenwärtig ist, damit es alles erleuchtet, nicht in einem, sondern allem vorher ist.3 Es ist nämlich entweder in allen oder in einem von allen oder allen vorher. Das, was in allen ist, hat sich jedoch über alle verteilt und bedarf deshalb wiederum anderes, das dieses Geteilte eint; es werden dann jedoch nicht mehr alle am selben teilhaben,4 sondern jedes nimmt an anderem teil, da das eine geteilt wurde. Ist es hingegen in einem von allen, kann es nicht mehr allen, sondern nur einem gehören. Wenn es somit allen, die teilzuhaben vermögen, gemeinsam und für alle identisch ist, muß es allen vorher sein. Solches nun ist unteilnehmbar.

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I.  Metaphysische Kausalität

24.  Πᾶν τὸ μετέχον τοῦ μετεχομένου καταδεέστερον, καὶ

τὸ μετεχόμενον τοῦ ἀμεϑέκτου. τὸ μὲν γὰρ μετέχον, πρὸ τῆς μεϑέξεως ἀτελὲς ὄν, τέλειον δὲ τῇ μεϑέξει γενόμενον, δεύτερόν ἐστι πάντως τοῦ μετεχομέ­ νου καϑὸ τέλειόν ἐστι μετασχόν· ᾗ γὰρ ἀτελὲς ἦν, ταύτῃ τοῦ μετασχεϑέντος, ὃ ποιεῖ τέλειον αὐτό, καταδεέστερον. τὸ δὲ μετεχόμενον, τινὸς ὂν καὶ οὐ πάντων, τοῦ πάντων ὄντος καὶ οὐ τινὸς πάλιν ὑϕειμένην ἔλαχεν ὕπαρξιν· τὸ μὲν γὰρ τῷ πάντων αἰτίῳ συγγενέστερον, τὸ δὲ ἧττον συγγενές. ἡγεῖται ἄρα τὸ μὲν ἀμέϑεκτον τῶν μετεχομένων, ταῦτα δὲ τῶν μετεχόντων· ὡς γὰρ συνελόντι ϕάναι, τὸ μέν ἐστιν ἓν πρὸ τῶν πολλῶν, τὸ δὲ μετεχόμενον ἐν τοῖς πολλοῖς ἓν ἅμα καὶ οὐχ ἕν, τὸ δὲ μετέχον πᾶν οὐχ ἓν ἅμα καὶ ἕν. 25.  Πᾶν τὸ τέλειον εἰς ἀπογεννήσεις πρόεισιν ὧν δύναται

παράγειν, αὐτὸ μιμούμενον τὴν μίαν τῶν ὅλων ἀρχήν. ὡς γὰρ ἐκείνη διὰ τὴν ἀγαϑότητα τὴν ἑαυτῆς πάντων ἐστὶν ἑνιαίως ὑποστατικὴ τῶν ὄντων - ταὐτὸν γὰρ τἀγαϑὸν καὶ τὸ ἕν, ὥστε καὶ τὸ ἀγαϑοειδῶς τῷ ἑνιαίως ταὐτόν -, οὕτω καὶ τὰ μετ' ἐκείνην διὰ τὴν τελειότητα τὴν ἑαυτῶν ἄλλα γεν­νᾶν ἐπείγεται καταδεέστερα τῆς ἑαυτῶν οὐσίας. ἥ τε γὰρ τε­ λειότης τἀγαϑοῦ μοῖρά τίς ἐστι καὶ τὸ τέλειον ᾗ τέλειον μι­μεῖ­ ται τἀγαϑόν· ἐκεῖνο δὲ πάντων ἦν ὑποστατικόν· ὥστε καὶ τὸ τέλειον ὧν δύναται παρακτικόν ἐστι κατὰ ϕύσιν. καὶ τὸ μὲν τελειότερον, ὅσῳ περ ἂν ᾖ τελειότερον, τοσούτῳ πλειόνων αἴτιον· τὸ γὰρ τελειότερον μᾶλλον τἀγαϑοῦ μετέχει, τοῦτο δέ ἐγγυτέρω τἀγαϑοῦ· τοῦτο δέ συγγενέστερον τῷ πά­ ντων αἰτίῳ· τοῦτο δέ πλειόνων αἴτιον. τὸ δὲ ἀτελέστερον,

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24.  Alles Teilhabende ist schwächer als das Teil­genommene und dies Teilgenommene ist wiederum schwächer als das Un­ teilnehmbare. Denn das Teilhabende, das vor der Teilhabe unvollkommen ist und durch die Teilhabe vervollkommnet wird, hat, sofern es durch diese Teilhabe vollkommen wird, hinsichtlich des Teilgenommenen auf alle Fälle die spätere Stelle. Eben insofern es nämlich unvollkommen war, ist es schwächer als das Teilgenommene, von dem es vervollkommnet wird. Ferner hat das Teil­ genommene, das irgendeinem und nicht allem angehört, hinsichtlich desjenigen, das allem und nicht irgendeinem angehört, ein abgestuftes Dasein; dieses ist der Ursache von allem nämlich mehr, jenes jedoch weniger verwandt.1 Das Unteilnehmbare geht folglich den Teilgenommenen vorher, und diese wiederum gehen den Teilhabenden vorher, denn, zusammenfassend gesagt, ersteres ist eins vor den Vielen, das Teilgenommene ist in den Vielen eins und zugleich nicht eins, und alles Teilhabende ist nicht eins und zugleich eins.2 25.  Alles Vollkommene tritt zur Erzeugung derjenigen hervor, die es hervorzubringen vermag, indem es selbst den einen Ur­ sprung des Ganzen nachahmt.1 Denn so, wie der Ursprung durch seine Gutheit einheitlich allen Seienden das Bestehen verleiht – das Gute und das Eine sind nämlich identisch, so daß Gutheitlichsein auch mit Einheitlichsein identisch ist –,2 werden auch diejenigen, die nach diesem Ursprung sind, durch ihre Vollkommenheit dazu getrie­ ben, anderes zu erzeugen, das schwächer als ihr eigenes Wesen ist.3 Jene Vollkom­menheit ist nämlich ein Teil des Guten, und das Vollkommene als Vollkommenes ahmt das Gute nach. Dieses allerdings war – so hat sich ergeben – das, was allem das Bestehen verleiht,4 so daß auch das Vollkommene seiner Natur nach dasjenige hervorbringt, das es hervorzubringen vermag. Denn je vollkommener das Vollkommenere ist, desto mehr verursacht es. Vollkommener zu sein heißt nämlich, mehr am Guten teilzuhaben, dies heißt, dem Guten näher zu sein, dies wiederum, der Ursache von allem verwandter zu sein, und dies, mehr zu verursachen. Je unvollkommener dagegen das Unvoll-

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ὅσῳ περ ἂν ἀτελέστερον ᾖ, τοσῷδε μᾶλλον ἐλαττόνων αἴτιον· πορρώτερον γὰρ ὂν τοῦ πάντα παράγοντος, ἐλαττόνων ἐστὶν ὑποστατικόν. τῷ γὰρ πάντα ὑϕιστάνειν ἢ κοσμεῖν ἢ τε­λειοῦν ἢ συνέχειν ἢ ζωοποιεῖν ἢ δημιουργεῖν τὸ μὲν ἐπὶ πλειόνων ἕκαστα τούτων δρᾶν συγγενές, τὸ δὲ ἐπὶ ἐλαττόνων ἀλλο­ τριώ­τερον. ἐκ δὴ τούτων ϕανερὸν ὅτι τὸ πορρώτατον τῆς ἀρχῆς τῶν πάντων ἄγονόν ἐστι καὶ οὐδενὸς αἴτιον· εἰ γάρ τι γεννᾷ καὶ ἔχει τι μεϑ' ἑαυτό, δῆλον ὡς οὐκέτ' ἂν εἴη πορρώτατον, ἀλλ' ὃ παρήγαγε πορρωτέρω ἐκείνης, αὐτὸ δὲ ἐγγύτερον τῷ παράγειν καὶ ὅ τι ἄλλο, μιμούμενον τὴν πάντων παρακτικὴν τῶν ὄντων αἰτίαν.

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26.  Πᾶν τὸ παρακτικὸν αἴτιον ἄλλων μένον αὐτὸ ἐϕ' ἑαυτοῦ

παράγει τὰ μετ' αὐτὸ καὶ τὰ ἐϕεξῆς. εἰ γὰρ μιμεῖται τὸ ἕν, ἐκεῖνο δὲ ἀκινήτως ὑϕίστησι τὰ μετ' αὐτό, καὶ πᾶν τὸ παράγον ὡσαύτως ἔχει τὴν τοῦ παράγειν αἰτίαν. ἀλλὰ μὴν καὶ τὸ ἓν ἀκινήτως ὑϕίστησιν· εἰ γὰρ διὰ κινήσεως, ἢ ἐν αὐτῷ ἡ κίνησις, καὶ κινούμενον οὐδὲ ἓν ἔτι ἔσται, μεταβάλλον ἐκ τοῦ ἕν· ἢ οὐκ ἐν αὐτῷ29 ἡ κι´νησις καὶ ἐκ30 τοῦ ἑνὸς ἔσται· καὶ ἢ ἐπ' ἄπειρον ἢ ἀκινήτως παράξει τὸ ἕν. καὶ πᾶν τὸ παράγον μιμήσεται τὸ ἓν καὶ τὴν παρακ­ τικὴν τῶν ὅλων αἰτίαν· ἐκ γὰρ τοῦ πρώτως πανταχοῦ τὸ μὴ πρώτως· ὥστε καὶ ἐκ τοῦ πάντων παρακτικοῦ τὸ τινῶν παρακτικόν. καὶ ἅπαν ἄρα τὸ παράγον μένον ἐϕ' ἑαυτοῦ παράγει τὰ ἐϕε­ ξῆς· ἀνελαττώτων ἄρα τῶν παραγόντων μενόντων, τὰ δεύτερα παράγεται ὑπ' αὐτῶν· τὸ γὰρ ὁπωσοῦν ἐλαττούμενον μένειν ἀδύνατον οἷόν ἐστιν.

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ἢ οὐκ ἐν αὐτῷ :  D. ἢ εἰ μετ’ αὐτὸ καὶ ἐκ :  D. καὶ αὐτὴ ἐκ



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kommenere ist, desto weniger verursacht es. Was nämlich dem Alleshervorbringenden ferner steht, verleiht wenigerem das Bestehen. Denn dem Allesbestehengeben oder dem Alles­ord­ nen, Allesvervollkommnen, Alleszusammenhalten, Alleslebend­ machen oder Allesherstellen ist die Ausübung jeder dieser Tä­ tig­keiten auf mehreres verwandter, die auf wenigeres dagegen fremder.5 Hieraus leuchtet ein, daß das dem Ursprung von allem Entfernteste zeugungsunfähig ist und nichts verursacht. Würde es nämlich etwas erzeugen und so etwas nach ihm haben, dann ist offenbar, daß es nicht mehr das Entfernteste sein kann, vielmehr ist dasjenige, das es erzeugt hat, dem Ursprung ferner, während es selbst diesem Ursprung dadurch verwandter ist, daß es anderes, was auch nur immer, hervorbringt und so die Ursache aller Seienden nachahmt.6 26.  Jede anderes hervorbringende Ursache bringt das Nächst­ folgende und alles Darauffolgende hervor, während sie selbst für sich bleibt.1 Denn ahmt sie das Eine nach und verleiht dieses Eine ohne zu bewegen dem Folgenden das Bestehen, dann hat auch alles Hervorbringende in derselben Weise seine hervorbringende Ur­ sächlichkeit. Freilich verleiht das Eine in der Tat das Bestehen, ohne zu bewegen. Geschähe dies nämlich durch Bewegung, dann müßte diese Bewegung entweder in dem Einen sein, so daß dieses in Bewegung wäre und nicht mehr eins sein könnte,2 da es sich änderte und dadurch sein Einssein zurückließe, oder diese Bewegung wäre nicht in dem Einen und entspränge dem Einen und so fort bis ins Unendliche, es sei denn, es würde das Eine ohne zu bewegen hervorbringen.3 Ferner ahmt alles Hervorbringende das Eine sowie seine hervorbringende Ursächlichkeit des Ganzen nach.4 Es ist nämlich auf alle Fälle aus demjenigen, das zuerst ist, daß das, was nicht zuerst ist, stammt, so daß aus dem alles Hervorbringenden das stammt, was einiges hervorbringt.5 Das heißt folglich, alles Hervorbringende bringt das Darauffolgende hervor, während es für sich bleibt. Das Spätere wird daher von seinen Hervorbringern hervorgebracht, indem diese unverringert bleiben, denn was sich irgendwie verringert, kann unmöglich bleiben, wie es ist.

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27.  Πᾶν τὸ παράγον διὰ τελειότητα καὶ δυνάμεως περι­

ουσίαν παρακτικόν ἐστι τῶν δευτέρων. εἰ γὰρ μὴ διὰ τὸ τέλειον, ἀλλ' ἐλλεῖπον κατὰ τὴν δύναμιν παρήγαγεν, οὐδ' ἂν τὴν ἑαυτοῦ τάξιν ἀκίνητον ἠδύνατο ϕυ­λάτ­ τειν· τὸ γὰρ δι' ἔλλειψιν καὶ ἀσϑένειαν ἄλλῳ τὸ εἶναι παρ­εχό­ μενον τῇ ἑαυτοῦ τροπῇ καὶ ἀλλοιώσει τὴν ὑπόστασιν ἐκείνῳ παρέχεται. μένει δὲ οἷόν ἐστι πᾶν τὸ παράγον, καὶ μένοντος τὸ μετ' αὐτὸ πρόεισι. πλῆρες ἄρα καὶ τέλειον ὑπάρχον τὰ δεύτερα ὑϕίστησιν ἀκινήτως καὶ ἀνελαττώτως, αὐτὸ ὂν ὅπερ ἐστὶ καὶ οὔτε μεταβάλλον εἰς ἐκεῖνα οὔτε ἐλαττούμενον· οὐ γὰρ ἀπομερισμός ἐστι τοῦ παράγοντος τὸ παραγόμενον· οὐδὲ γὰρ γενέσει τοῦτο προσῆκεν, οὐδὲ τοῖς γεννητικοῖς αἰτίοις· οὐδὲ μετάβασις, οὐ γὰρ ὕλη γίνεται τοῦ προιόντος· μένει γὰρ οἷόν ἐστι, καὶ τὸ παραγόμενον ἄλλο παρ' αὐτό ἐστιν. ἀναλλοίωτον ἄρα τὸ γεννῶν ἵδρυται καὶ ἀνελάττωτον, και` διὰ31 γόνιμον δύναμιν ἑαυτὸ πολλαπλασιάζον καὶ ἀϕ' ἑαυτοῦ δευτέρας ὑποστάσεις παρεχόμενον.

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28.  Πᾶν τὸ παράγον τὰ ὅμοια πρὸς ἑαυτὸ πρὸ τῶν ἀν­

ομοίων ὑϕίστησιν. ἐπεὶ γὰρ κρεῖττον ἐξ ἀνάγκης ἐστὶ τοῦ παραγομένου τὸ παράγον, τὰ αὐτὰ μὲν ἁπλῶς καὶ ἴσα κατὰ δύναμιν οὐκ ἄν ποτε εἴη ἀλλήλοις· εἰ δὲ μὴ ἔστι ταὐτὰ καὶ ἴσα, ἀλλ' ἕτερά τε καὶ ἄνισα, ἢ πάντῃ διακέκριται ἀλλήλων ἢ καὶ ἥνωται καὶ δια­κέκριται. ἀλλ' εἰ μὲν πάντῃ διακέκριται, ἀσύμβατα ἔσται, καὶ οὐδαμῇ τῷ αἰτίῳ τὸ ἀπ' αὐτοῦ συμπαϑές· οὐδὲ μεϑέξει τοίνυν ϑα­τέ­ ρου ϑάτερον πάντῃ ἕτερα ὄντα, τὸ γὰρ μετεχόμενον κοι­νω­ νίαν δίδωσι τῷ μετασχόντι πρὸς τὸ οὗ μετέσχεν· ἀλλὰ μὴν

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διά :  D. καὶ διά



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27.  Alles Hervorbringende bringt durch Vollkommenheit und Überfluß des Vermögens das Spätere hervor.1 Denn brächte es nicht durch seine Vollkommenheit, sondern vielmehr durch einen Mangel an Vermögen hervor, könnte es auch seine bewegungslose Stelle nicht beibehalten.2 Was nämlich durch Mangel und Schwäche anderem das Sein verleiht, verleiht diesem das Bestehen durch Verwandlung und Veränderung seiner selbst. Alles Hervorbringende jedoch bleibt, wie es ist, und indem es bleibt, tritt das Darauffolgende hervor.3 Indem es selbst erfüllt und vollkommen da ist, verleiht es folglich ohne Bewegung und ohne Verringerung dem Späteren das Bestehen, indem es bleibt, was es ist, sich nicht ins Spätere verwandelt und sich nicht verringert.4 Das Hervorgebrachte ist nämlich keine Absonderung des Hervorbringenden, denn das geziemte weder dem Werden noch den erzeugenden Ursachen,5 und es ist auch kein Übergang, denn das Hervorbringende wird nicht zum Material des Hervortretenden.6 Es bleibt nämlich wie es ist, und das Hervorgebrachte ist etwas anderes neben ihm. Folglich bleibt das Erzeugende ohne Veränderung oder Verringerung, wobei es sich durch sein zeugungsfähiges Vermögen vervielfältigt und von sich aus späteren Bestehen gewährt. 28.  Alles Hervorbringende verleiht eher den ihm Ähnlichen als den ihm Unähnlichen das Bestehen.1 Denn indem das Hervorbringende notwendig stärker als das Hervorgebrachte ist,2 können das Hervorbringende und das Her­vor­gebrachte einander niemals schlechthin identisch und ­ihrem Vermögen nach gleich sein. Sind sie jedoch nicht identisch und nicht gleich, sondern vielmehr verschieden und ungleich, dann sind sie entweder in jeder Hinsicht unterschieden oder sowohl vereint als auch unterschieden. Sind sie freilich, erstens, in jeder Hinsicht unterschieden, können sie nicht zusammenkommen, und dann kann das aus der Ursache Stammende in keiner Hinsicht mit dieser Ursache gleichgestimmt sein. Dann kann das eine auch nicht am anderen teilnehmen, weil sie in jeder Hinsicht unterschieden sind, denn das, an dem etwas teilhat, gibt ja dem Teilnehmenden Gemein­sam­keit mit demjenigen, an dem dies teilnimmt.3 Das

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ἀνάγκη τὸ αἰτιατὸν τοῦ αἰτίου μετέχειν, ὡς ἐκεῖϑεν ἔχον τὴν οὐσίαν. εἰ δὲ πῇ μὲν διακέκριται, πῇ δὲ ἥνωται τῷ παράγοντι τὸ παραγόμενον, εἰ μὲν ἐπίσης ἑκάτερον πέπονϑεν, ἐπίσης ἂν αὐτοῦ μετέχοι τε καὶ οὐ μετέχοι· ὥστε καὶ ἔχοι ἂν τὴν οὐσίαν παρ' αὐτοῦ καὶ οὐκ ἔχοι τὸν αὐτὸν τρόπον· εἰ δὲ μᾶλλον εἴη διακεκριμένον, ἀλλότριον ἂν εἴη τοῦ γεννήσαντος μᾶλλον ἢ οἰκεῖον τὸ γεννηϑέν, καὶ ἀνάρμοστον πρὸς αὐτὸ μᾶλλον ἤπερ ἡρμοσμένον, καὶ ἀσυμπαϑὲς μᾶλλον ἢ συμπαϑές. εἰ οὖν καὶ συγγενῆ τοῖς αἰτίοις κατ' αὐτὸ τὸ εἶναι καὶ συμ­ παϑῆ τὰ ἀπ' αὐτῶν, καὶ ἐξήρτηται αὐτῶν κατὰ ϕύσιν, καὶ ὀρέγεται τῆς πρὸς αὐτὰ συναϕῆς, ὀρεγόμενα τοῦ ἀγαϑοῦ καὶ τυγχάνοντα διὰ τῆς αἰτίας τοῦ ὀρεκτοῦ, δῆλον δὴ ὅτι μᾶλ­λον ἥνωται τοῖς παράγουσι τὰ παραγόμενα ἢ διακέκριται ἀπ' αὐ­ τῶν· τὰ δὲ μᾶλλον ἡνωμένα ὅμοιά ἐστι μᾶλλον ἢ ἀνόμοια τού­τοις οἷς μ᾵λλον32 ἥνωται. τὰ ὅμοια ἄρα πρὸ τῶν ἀνομοίων ὑϕίστησι πᾶν τὸ παρ­ακ­ τικὸν αἴτιον. 29.  Πᾶσα πρόοδος δι' ὁμοιότητος ἀποτελεῖται τῶν δευ­τέ­

ρων πρὸς τὰ πρῶτα. εἰ γὰρ τὸ παράγον τὰ ὅμοια πρὸ τῶν ἀνομοίων ὑϕίστησιν, ἡ ὁμοιότης ἀπὸ τῶν παραγόντων ὑϕίστησι τὰ παραγόμενα· τὰ γὰρ ὅμοια δι' ὁμοιότητος ὅμοια ἀποτελεῖται, ἀλλ' οὐ δι' ἀν­ομοιό­τη­τος. εἰ οὖν ἡ πρόοδος ἐν τῇ ὑϕέσει σώζει τὸ ταὐτὸν τοῦ γεννηϑέντος πρὸς τὸ γεννῆσαν, καὶ οἷον ἐκεῖνο πρώτως, τοιοῦτον ἐκϕαίνει τὸ μετ' αὐτὸ δευτέρως, δι' ὁμοιότητος ἔχει τὴν ὑπόστασιν.

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μᾶλλον :  D. μάλιστα



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Ver­ursachte wird jedoch notwendig an der Ursache teilhaben, weil es von dort das Wesen hat. Ist, zweitens, das Hervorgebrachte in der einen Hinsicht von dem Hervorbringenden unterschieden und in der anderen mit demselben vereint und hat es beides in gleichem Maße erfahren, müßte es in gleichem Maße teilhaben und auch nicht teilhaben, so daß es in derselben Weise sein Wesen von dem Hervorbringenden hätte als auch nicht hätte.4 Ist es dagegen in höherem Maße unterschieden, müßte das Erzeugte dem Erzeugenden in höherem Maße fremd als nahe, in höherem Maße unangemessen als angemessen und in höherem Maße ungleichgestimmt als gleichgestimmt sein.5 Sind somit diejenigen, die aus den Ursachen stammen, dem Sein selbst nach denselben verwandt und gleichgestimmt, hängen sie ihrer Natur nach von ihnen ab, streben sie darauf zu, die Ursachen zu berühren, insofern sie nämlich dem Guten nachstreben und vermittelst der Ursache auf den Gegenstand des Strebens treffen, dann ist ja klar, daß das Hervorgebrachte in höherem Maße mit dem Hervorbringenden vereint als von demselben unterschieden ist. Was in höherem Maße vereint ist, ist demjenigen, womit es in höherem Maße vereint ist, in höherem Maße ähnlich als unähnlich. Folglich verleiht jede hervorbringende Ursache eher den Ähnlichen als den Unähnlichen das Bestehen. 29.  Jedes Hervortreten kommt durch Ähnlichkeit der Späte­ ren mit den Ersten zustande.1 Denn verleiht das Hervorbringende eher den Ähnlichen als den Unähnlichen das Bestehen,2 dann verleiht die Ähnlichkeit von den Hervorbringenden her den Hervorgebrachten das Bestehen. Ähnliches kommt nämlich durch Ähnlichkeit als Ähn­ liches zustande und nicht durch Unähnlichkeit. Erhält somit das Hervortreten mit Abstufung die Identität des Erzeugten mit dem Erzeugenden3 und zeigt das Darauffolgende die Eigenschaft, die das Erzeugende zuerst hat, später auf,4 dann besitzt das Hervortreten sein Bestehen durch Ähnlichkeit.

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I.  Metaphysische Kausalität

30.  Πᾶν τὸ ἀπό τινος παραγόμενον ἀμέσως μένει τε ἐν τῷ

παράγοντι καὶ πρόεισιν ἀπ' αὐτοῦ. εἰ γὰρ πᾶσα πρόοδος μενόντων τε γίνεται τῶν πρώτων καὶ δι' ὁμοιότητος ἀποτελεῖται, τῶν ὁμοίων πρὸ τῶν ἀν­ομοίων ὑϕισταμένων, μένει πῃ καὶ τὸ παραγόμενον ἐν τῷ παράγοντι· τὸ γὰρ πάντῃ προιὸν οὐδὲν ἂν ἔχοι ταὐτὸν πρὸς τὸ μένον, ἀλλ' ἔστι πάντῃ διακεκριμένον· εἰ δὲ ἕξει τι κοινὸν καὶ ἡνω­ μένον πρὸς αὐτό, μένοι ἂν καὶ αὐτὸ ἐν ἐκείνῳ, ὥσπερ κἀκεῖνο ἐϕ' ἑαυτοῦ μένον ἦν. εἰ δὲ μένει33 μόνον μὴ προιόν, οὐδὲν διοί­σει τῆς αἰτίας οὐδὲ ἔσται μενούσης ἐκείνης ἄλλο γεγονός· εἰ γὰρ ἄλλο, διακέκριται καὶ ἔστι χωρίς· εἰ δὲ χωρίς, μένει δὲ ἐκείνη, προῆλϑε τοῦτο ἀπ' αὐτῆς ἵνα διακριϑῇ μενούσης. ᾗ μὲν ἄρα ταὐτόν τι πρὸς τὸ παράγον ἔχει, τὸ παραγόμενον μένει ἐν αὐτῷ, ᾗ δὲ ἕτερον, πρόεισιν ἀπ' αὐτοῦ· ὅμοιον δὲ ὄν, ταὐτόν πῃ ἅμα καὶ ἕτερόν ἐστι· μένει ἄρα καὶ πρόεισιν ἅμα, καὶ οὐδέτερον ϑατέρου χωρίς.

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31.  Πᾶν τὸ προιὸν ἀπό τινος κατ' οὐσίαν ἐπιστρέϕεται πρὸς

ἐκεῖνο ἀϕ' οὗ πρόεισιν. εἰ γὰρ προέρχοιτο μέν, μὴ ἐπιστρέϕοι δὲ πρὸς τὸ αἴτιον τῆς προόδου ταύτης, οὐκ ἂν ὀρέγοιτο τῆς αἰτίας· πᾶν γὰρ τὸ ὀρεγόμενον ἐπέστραπται πρὸς τὸ ὀρεκτόν. ἀλλὰ μὴν πᾶν τοῦ ἀγαϑοῦ ἐϕίεται, καὶ ἡ ἐκείνου τεῦξις διὰ τῆς προσεχοῦς αἰτίας ἑκάστοις. ὀρέγεται ἄρα καὶ τῆς ἑαυτῶν αἰτίας ἕκαστα· δι' οὗ γὰρ τὸ εἶναι ἑκάστῳ, διὰ τούτου καὶ τὸ εὖ, δι' οὗ δὲ τὸ εὖ, πρὸς τοῦτο ἡ ὄρεξις πρῶτον, πρὸς ὃ δὲ πρῶτον ἡ ὄρεξις, πρὸς τοῦτο ἡ ἐπιστροϕή.

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μένει :  D. μένοι



Von der triadischen Struktur der metaphysischen Kausalität

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30.  Alles von irgendeinem aus unmittelbar Hervorgebrachte bleibt im Hervorbringenden und tritt auch aus diesem hervor.1 Denn entsteht jedes Hervortreten, indem die Ersten bleiben,2 und kommt es durch Ähnlichkeit zustande,3 da den Ähnlichen eher als den Unähnlichen das Bestehen verliehen wird,4 dann bleibt das Hervorgebrachte in gewissem Sinne auch im Hervorbringenden. Dasjenige nämlich, das in jeder Hinsicht hervortritt, kann keine Identität mit dem Bleibenden haben, sondern ist in jeder Hinsicht verschieden. Muß es allerdings mit dem Bleibenden etwas gemeinsam und damit Vereintes haben, dann wird es auch in diesem bleiben, weil dieses ja auch für sich bleibend war.5 Bleibt das Hervorgebrachte jedoch nur und tritt es nicht hervor, dann kann es nicht von der Ursache verschieden sein und ist es nicht etwas anderes, das entsteht, indem die Ursache bleibt. Als anderes ist es nämlich unterschieden und abgetrennt, und ist es abgetrennt, indem die Ursache bleibt, muß es von dieser Ursache aus hervorgetreten sein, damit es sich von der bleibenden Ursache unterscheide. Insofern das Hervorgebrachte eine Identität mit dem Hervorbringenden hat, bleibt es also in demselben, insofern es jedoch unterschieden ist, tritt es aus diesem hervor. Als Ähnliches ist das Hervorgebrachte in gewissem Sinne identisch und zugleich unterschieden. Folglich bleibt es und tritt zugleich hervor, und das eine findet sich nicht getrennt von dem anderen vor. 31.  Alles von irgendeinem aus Hervortretende wendet sich sei­ nem Wesen nach auf das hin, aus dem es hervortritt.1 Denn würde es hervortreten, ohne sich auf die Ursache dieses Hervortretens hinzuwenden, dann könnte es nicht nach seiner Ursache streben; alles Strebende ist nämlich auf den Gegenstand seines Strebens hingewendet. Alles freilich begehrt in der Tat das Gute, und jedes erlangt das Gute vermittelst seiner unmittelbaren Ursache. Ein jedes strebt folglich auch seiner Ursache nach.2 Wodurch nämlich ein jedes das Sein bekommt, bekommt es auch das Wohlsein, wodurch es das Wohlsein bekommt,3 darauf ist auch sein Streben zuerst gerichtet, und worauf das Streben zuerst gerichtet ist, darauf ist seine Hinwendung gerichtet.

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I.  Metaphysische Kausalität

32.  Πᾶσα ἐπιστροϕὴ δι' ὁμοιότητος ἀποτελεῖται τῶν ἐπι­

στρε­ϕο­μένων πρὸς ὃ ἐπιστρέϕεται. τὸ γὰρ ἐπιστρεϕόμενον πᾶν πρὸς πᾶν συνάπτεσϑαι σπεύ­δει καὶ ὀρέγεται τῆς πρὸς αὐτὸ κοινωνίας καὶ συνδέσεως· συν­ δεῖ δὲ πάντα ἡ ὁμοιότης, ὥσπερ διακρίνει ἡ ἀνομοιότης καὶ διίστησιν. εἰ οὖν ἡ ἐπιστροϕὴ κοινωνία τίς ἐστι καὶ συναϕή, πᾶσα δὲ κοινωνία καὶ συναϕὴ πᾶσα δι' ὁμοιότητος, πᾶσα ἄρα ἐπιστροϕὴ δι' ὁμοιότητος ἀποτελοῖτ' ἄν34.

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33.  Πᾶν τὸ προιὸν ἀπό τινος καὶ ἐπιστρέϕον κυκλικὴν ἔχει

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τὴν ἐνέργειαν. εἰ γάρ ἀϕ' οὗ πρόεισιν εἰς τοῦτο ἐπιστρέϕει, συνάπτει τῇ ἀρχῇ τὸ τέλος καὶ ἔστι μία καὶ συνεχὴς ἡ κίνησις, τῆς μὲν ἀπὸ τοῦ μένοντος, τῆς δὲ πρὸς τὸ μεῖναν γενομένης·35 ὅϑεν δὴ πάντα κύκλῳ πρόεισιν ἀπὸ τῶν αἰτίων ἐπὶ τὰ αἴτια. μεί­ ζους δὲ κύκλοι καὶ ἐλάττους, τῶν μὲν ἐπιστροϕῶν πρὸς τὰ ὑπερκείμενα προσεχῶς γινομένων, τῶν δὲ πρὸς τὰ ἀνωτέρω καὶ μέχρι τῆς πάντων ἀρχῆς· ἀπὸ γὰρ ἐκείνης πάντα καὶ πρὸς ἐκείνην.

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34.  Πᾶν τὸ κατὰ ϕύσιν ἐπιστρεϕόμενον πρὸς ἐκεῖνο ποι­εῖ­

ται τὴν ἐπιστροϕήν, ἀϕ' οὗ καὶ τὴν πρόοδον ἔσχε τῆς οἰκείας ὑποστάσεως. εἰ γὰρ κατὰ ϕύσιν ἐπιστρέϕεται, τὴν κατ' οὐσίαν ὄρεξιν πρὸς ἐκεῖνο κέκτηται, πρὸς ὃ ἐπιστρέϕεται· εἰ δὲ τοῦτο, καὶ τὸ εἶναι αὐτοῦ πᾶν εἰς ἐκεῖνο ἀνήρτηται, πρὸς ὃ τὴν οὐσιώδη ποιεῖται ἐπιστροϕήν, καὶ ὅμοιόν ἐστιν ἐκείνῳ κατ' οὐσίαν· διὸ καὶ συμπαϑὲς ἐκείνῳ κατὰ ϕύσιν, ὡς τῇ οὐσίᾳ συγγενές. εἰ δὲ τοῦτο, ἢ ταὐτόν ἐστι τὸ εἶναι ἀμϕοτέρων ἢ ἐκ ϑατέρου ϑάτερον ἢ ἄμϕω ἐξ ἑνὸς ἄλλου τὸ ὅμοιον ἔλαχεν· ἀλλ' εἰ μὲν ταὐτὸν τὸ εἶναι ἀμϕοτέρων, πῶς κατὰ ϕύσιν ϑάτερον πρὸς ϑάτερον ἐπέστραπται; εἰ δὲ ἐξ ἑνὸς ἄμϕω, πρὸς ἐκεῖνο ἂν εἴη τὸ κατὰ ϕύσιν ἐπιστρέϕειν ἀμϕοτέροις. λείπεται ἄρα ἐκ

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ἀποτελοῖτ’ ἄν :  D. ἀποτελοῖτο ἄν γινομένης :  D. γενομένης

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Von der triadischen Struktur der metaphysischen Kausalität

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32.  Jede Hinwendung kommt durch Ähnlichkeit der Hinwen­ denden mit demjenigen zustande, auf das sie sich hinwenden.1 Denn das ganze Hinwendende bemüht sich, sich mit letzterem als Ganzem zu verknüpfen und strebt Gemeinschaft und Verbindung mit demselben an. Es ist jedoch Ähnlichkeit, die alles verbindet,2 wie Unähnlichkeit unterscheidet und entzweit. Besteht nun Hinwendung in Gemeinschaft und Verknüpfung und ist alle Gemeinschaft und alle Verknüpfung durch Ähnlichkeit, dann muß folglich jede Hinwendung durch Ähnlichkeit zustande kommen. 33.  Alles von irgendeinem aus Hervortretende und Sichhin­ wendende hat eine kreisförmige Tätigkeit.1 Denn wendet es sich auf das hin, von dem aus es hervortritt, verknüpft es das Ende mit dem Anfang2 und ist seine Be­wegung eins und kontinuierlich, da sie einerseits dem Bleibenden entsprungen und anderseits auf das Gebliebene gerichtet ist.3 Deshalb tritt alles in einem Kreis von den Ursachen aus zu diesen Ursachen hervor. Es gibt allerdings größere und kleinere Kreise, da sich manche Hinwendungen auf das unmittelbar Überliegende, andere jedoch auf das Höhere bis hin zum Ursprung von allem richten.4 Denn von diesem Ursprung aus tritt alles hervor und auf denselben wendet sich alles hin. 34.  Alles sich naturgemäß Hinwendende richtet seine Hin­ wen­dung auf das, aus dem es auch das Hervortreten des eigenen Bestehens hat.1 Denn wendet es sich naturgemäß hin, ist sein wesensgemäßes Streben auf dasjenige gerichtet, auf das es sich hinwendet. Das heißt, daß sein ganzes Sein von dem abhängt, auf das es seine wesentliche Hinwendung richtet, und daß es demselben ­seinem Wesen nach ähnlich ist.2 Es ist ihm somit auch natur­gemäß gleich­gestimmt, da es ihm ja dem Wesen nach verwandt ist. Dies heißt wiederum, daß entweder das Sein beider iden­tisch ist oder daß das eine aus dem anderen stammt oder daß sie beide ihre Ähnlichkeit von einem Dritten bekommen haben. Wäre aller­dings das Sein beider identisch, wie könnte dann das eine naturgemäß auf das andere hingewendet sein? Stammten beide jedoch aus einem, ist es dieses, auf das beide ihre naturgemäße

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I.  Metaphysische Kausalität

ϑα­τέ­ρου ϑάτερον τὸ εἶναι ἔχειν· εἰ δὲ τοῦτο, καὶ ἡ πρόοδος ἀπ' ἐκείνου, πρὸς ὃ ἡ κατὰ ϕύσιν ἐπιστροϕή. ἐκ δὴ τούτων ϕανερὸν ὅτι καὶ ὀρεκτὸν πᾶσι νοῦς, καὶ πρό­ εισι πάντα ἀπὸ νοῦ καὶ πᾶς ὁ κόσμος ἀπὸ νοῦ τὴν οὐσίαν ἔχει, κἂν ἀίδιος ᾖ· καὶ οὐ διὰ τοῦτο οὐχὶ πρόεισιν ἀπὸ νοῦ, διότι ἀίδιος, οὐδὲ γὰρ διὰ τοῦτο οὐκ ἐπέστραπται, διότι ἀεὶ τέτακται, ἀλλὰ καὶ πρόεισιν ἀεὶ καὶ ἀίδιος κατ' οὐσίαν, καὶ ἐπέστραπται ἀεὶ καὶ ἄλυτος κατὰ τὴν τάξιν. 35.  Πᾶν τὸ αἰτιατὸν καὶ μένει ἐν τῇ αὐτοῦ αἰτίᾳ καὶ πρό­

εισιν ἀπ' αὐτῆς καὶ ἐπιστρέϕει πρὸς αὐτήν. εἰ γὰρ μένοι μόνον, οὐδὲν διοίσει τῆς αἰτίας, ἀδιάκριτον ὄν, ἅμα γὰρ διακρίσει πρόοδος· εἰ δὲ προίοι μόνον, ἀσύναπτον ἔσται πρὸς αὐτὴν καὶ ἀσυμπαϑές καὶ μηδαμῇ36 τῇ αἰτίᾳ κοι­ νω­νοῦν· εἰ δὲ ἐπιστρέϕοιτο μόνον, πῶς τὸ μὴ τὴν οὐσίαν ἀπ' αὐτῆς ἔχον κατ' οὐσίαν ποιεῖται τὴν πρὸς τὸ ἀλλότριον ἐπι­στροϕήν; εἰ δὲ μένοι μὲν καὶ προίοι, μὴ ἐπιστρέϕοιτο δέ, πῶς ἡ κατὰ ϕύσιν ὄρεξις ἑκάστου37 πρὸς τὸ εὖ καὶ τὸ ἀγαϑὸν καὶ ἡ ἐπὶ τὸ γεν­νῆσαν ἀνάτασις; εἰ δὲ προίοι μὲν καὶ ἐπιστρέϕοιτο, μὴ μέ­ νοι δέ, πῶς ἀποστὰν μὲν τῆς αἰτίας συνάπτεσϑαι σπεύδει πρὸς αὐτήν, ἀσύναπτον δὲ ἦν πρὸ τῆς ἀποστάσεως; εἰ γὰρ συνῆπτο, κατ' ἐκεῖνο πάντως ἔμενεν· εἰ δὲ μένοι καὶ ἐπιστρέϕοιτο, μὴ προέρχοιτο δέ, πῶς τὸ μὴ διακριϑὲν ἐπιστρέϕειν δυνατόν; τὸ γὰρ ἐπιστρέϕον πᾶν ἀναλύοντι ἔοικεν εἰς ἐκεῖνο, ἀϕ' οὗ διῄρηται κατ' οὐσίαν.

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καὶ μηδαμῇ :  D. μηδαμῇ ἑκάστου :  D. ἑκάστῳ



Von der triadischen Struktur der metaphysischen Kausalität

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Hinwendung richten müssen. Es bleibt folglich nur übrig, daß das eine das Sein vom anderen hat, und das heißt, daß es auch von demjenigen aus hervortritt, auf das es seine naturgemäße Hinwendung richtet. Hieraus leuchtet ein, daß sowohl das Denkvermögen für alles Gegenstand des Erstrebens ist und alles vom Denkvermögen aus hervortritt, als auch, daß die ganze Weltordnung ihr Wesen vom Denkvermögen hat, obgleich sie immerwährend ist.4 Sie tritt auch nicht deshalb nicht aus dem Denkvermögen hervor, weil sie immer­während ist, denn sie wendet sich ja auch nicht deshalb nicht hin, weil sie immer geordnet ist, vielmehr tritt sie immer hervor und ist ihrem Wesen nach immerwährend, auch wendet sie sich immer hin und ist ihrer Ordnung nach unauflöslich.5 35.  Alles Verursachte bleibt in seiner Ursache, tritt von dieser aus hervor und wendet sich auf dieselbe hin.1 Denn würde es, erstens, nur bleiben, kann es nicht von seiner Ursache verschieden sein, da es nicht unterschieden ist. Hervor­ treten impliziert nämlich Unterscheidung. Würde es ferner jedoch nur hervortreten, kann es mit seiner Ursache weder verknüpft noch gleichgestimmt sein und hat es in keiner Hinsicht etwas mit der Ursache gemein.2 Würde es sich wiederum nur hinwenden, wie wird es sich dann, weil es ja von seiner ­Ursache nicht sein Wesen hat, seinem Wesen nach auf ihm Fremdes hinwenden?3 Würde es, zweitens, zwar bleiben und hervortreten, sich jedoch nicht hinwenden, wie könnten dann das naturgemäße Streben eines jeden nach Wohlsein und nach dem Guten und die Auf­wärtswendung zu demjenigen bestehen, von dem es erzeugt ist? 4 Würde es ferner zwar hervortreten und sich hinwenden, jedoch nicht bleiben, wie könnte es sich dann bemühen, sich mit der Ursache, von der es sich entfernt hat, zu verknüpfen, obwohl es vor seiner Entfernung unverknüpft war? Wäre es nämlich verknüpft, müßte es wenigstens in dieser Hinsicht geblieben sein.5 Würde es wiederum bleiben und sich hinwenden, jedoch nicht hervortreten, wie wäre diese Hinwendung dann möglich, sofern es sich nicht unterschieden hat? Alles sich Hinwendende scheint etwas zu sein, das sich in dasjenige auflöst, von dem es seinem Wesen nach getrennt worden ist.

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I.  Metaphysische Kausalität

ἀνάγκη δὲ ἢ μένειν μόνον ἢ ἐπιστρέϕειν μόνον ἢ προιέναι μόνον ἢ συνδεῖν τὰ ἄκρα μετ' ἀλλήλων ἢ τὸ μεταξὺ μεϑ' ἑκα­τέρου τῶν ἄκρων ἢ τὰ σύμπαντα· λείπεται ἄρα καὶ μένειν πᾶν ἐν τῷ αἰτίῳ καὶ προιέναι ἀπ' αὐτοῦ καὶ ἐπιστρέϕειν πρὸς αὐτό.

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36.  Πάντων τῶν κατὰ πρόοδον πληϑυνομένων τὰ πρῶτα

τελειότερα τῶν δευτέρων ἐστί, καὶ τὰ δεύτερα τῶν μετ' αὐτά, καὶ ἐϕεξῆς ὡσαύτως. εἰ γὰρ αἱ πρόοδοι καὶ διακρίνουσιν38 ἀπὸ τῶν αἰτίων τὰ παρ­αγό­μενα καὶ ὑϕέσεις εἰσὶ πρὸς τὰ πρῶτα τῶν δευτέρων, τὰ μὲν πρῶτα προελϑόντα συνῆπται μᾶλλον τοῖς αἰτίοις, ἀπ' αὐ­ τῶν ἐκείνων ἐκβλαστάνοντα, τὰ δὲ δεύτερα πορρωτέρω τῶν αἰτίων ἐστί, καὶ ἑξῆς ὁμοίως· τὰ δὲ ἐγγυτέρω καὶ τὰ συγ­γε­­νέ­ στερα τοῖς αἰτίοις τελειότερα, καὶ γὰρ τὰ αἴτια τῶν αἰτιατῶν, τὰ δὲ πορρώτερον ἀτελέστερα, ἀνομοιούμενα τοῖς αἰτίοις.

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37.  Πάντων τῶν κατ' ἐπιστροϕὴν ὑϕισταμένων τὰ πρῶτα

ἀτελέστερα τῶν δευτέρων, καὶ τὰ δεύτερα τῶν ἑξῆς, τὰ δὲ ἔσχατα τελεώτατα. εἰ γὰρ αἱ ἐπιστροϕαὶ γίνονται κατὰ κύκλον, καὶ ἀϕ' οὗ ἡ πρόοδος, εἰς τοῦτο ἡ ἐπιστροϕή, ἀπὸ δὲ τοῦ τελειοτάτου ἡ πρόοδος, ἡ ἐπιστροϕὴ ἄρα εἰς τὸ τελειότατον. καὶ εἰ ἐϕ' ὃ ἡ πρόοδος ἔσχατον, ἀπὸ τούτου πρώτου ἡ ἐπιστροϕή, ἡ δὲ πρόοδος εἰς ἔσχατον τὸ ἀτελέστατον, καὶ ἡ ἐπιστροϕὴ ἀπὸ τοῦ ἀτελεστάτου. πρῶτα μὲν ἄρα ἐν τοῖς κατ' ἐπιστροϕὴν τὰ ἀτελέστατα, ἔσχατα δὲ τὰ τελεώτατα.

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καὶ διακρίνουσι :  D. διακρίνουσι



Von der triadischen Struktur der metaphysischen Kausalität

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Schließlich ist es notwendig, daß das Verursachte entweder nur bleibt oder sich nur hinwendet oder nur hervortritt oder daß es das erste und das letzte miteinander oder das mittlere mit einem dieser beiden oder alle zusammen verbindet. Es bleibt folglich nur übrig, daß alles in seiner Ursache bleibt, aus dieser hervortritt und sich auf dieselbe hinwendet. 36.  Von allen im Hervortreten Vervielfältigten sind die ersten vollkommener als die zweiten, die zweiten wiederum vollkom­ mener als die folgenden und so weiter.1 Denn unterscheidet das Hervortreten das Hervorgebrachte auch von den Ursachen2 und ist das Hervortreten eine Abstufung der zweiten im Vergleich zu den ersten,3 dann sind die ersten Hervorgetretenen mit den Ursachen in höherem Grade verknüpft, da sie aus jenen Ursachen selbst hervorsprießen, während die zweiten weiter von den Ursachen abstehen und so fort. Das den Ursachen Nähere und Verwandtere ist vollkommener, denn die Ursachen sind vollkommener als das Verursachte,4 das ihnen weiter Abstehende jedoch ist unvollkommener, indem es den Ursachen unähnlich wird.5 37.  Von allen, die der Hinwendung gemäß das Bestehen be­ sitzen, sind die ersten unvollkommener als die zweiten, die zwei­ ten als die folgenden und sind die letzten die vollkommensten.1 Denn verlaufen Hinwendungen in einem Kreis,2 richtet sich die Hinwendung auf das, von dem aus das Hervortreten stattfindet,3 und findet das Hervortreten von dem Vollkommensten aus statt,4 dann muß sich die Hinwendung also auf das Vollkommenste richten. Fängt ferner die Hinwendung in demjenigen an, welches als letztes vom Hervortreten erreicht wird und ist das im Letzten endende Hervortreten das Unvollkommenste, dann muß auch die Hinwendung in dem Unvollkommensten anfangen.5 Von denen, die der Hinwendung gemäß bestehen, sind die ersten folglich die unvollkommensten und die letzten die vollkommensten.

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I.  Metaphysische Kausalität

38.  Πᾶν τὸ προιὸν ἀπό τινων πλειόνων αἰτίων, δι' ὅσων

πρόεισι, διὰ τοσούτων καὶ ἐπιστρέϕεται, καὶ πᾶσα ἐπιστροϕὴ διὰ τῶν αὐτῶν, δι' ὧν καὶ ἡ πρόοδος. ἐπεὶ γὰρ δι' ὁμοιότητος ἑκατέρα γίνεται, τὸ μὲν ἀμέσως ἀπό τινος προελϑὸν καὶ ἐπέστραπται ἀμέσως πρὸς αὐτό, ἡ γὰρ ὁμοιότης ἄμεσος ἦν· τὸ δὲ μεσότητος ἐν τῷ προιέναι δεόμενον μεσότητος δεῖται καὶ κατὰ τὴν ἐπιστροϕήν, δεῖ γὰρ πρὸς τὸ αὐτὸ ἑκατέραν γίνεσϑαι· ὥστε πρὸς τὸ μέσον ἐπι­ στρα­ϕή­σε­ται πρῶτον, ἔπειτα πρὸς τὸ τοῦ μέσου κρεῖττον. δι' ὅσων ἄρα τὸ εἶναι, διὰ τοσούτων καὶ τὸ εὖ εἶναι ἑκάστοις, καὶ ἔμπαλιν.

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39.  Πᾶν τὸ ὂν οὐσιωδῶς39 ἐπιστρέϕει μόνον ἢ ζωτικῶς ἢ

καὶ γνωστικῶς. ἢ γὰρ τὸ εἶναι μόνον ἀπὸ τῆς αἰτίας κέκτηται ἢ τὸ ζῆν μετ' αὐτοῦ τοῦ εἶναι40 ἢ καὶ γνωστικὴν ἐκεῖϑεν ὑπεδέξατο δύν­ α­μιν. ᾗ μὲν οὖν ἔστι μόνον, οὐσιώδη ποιεῖται τὴν ἐπιστροϕήν, ᾗ δὲ καὶ ζῇ, καὶ ζωτικήν, ᾗ δὲ καὶ γινώσκει, καὶ γνωστικήν· ὡς γὰρ προῆλϑεν, οὕτως ἐπέστραπται, καὶ τὰ μέτρα τῆς ἐπι­ στροϕῆς ὥρισται τοῖς κατὰ τὴν πρόοδον μέτροις. καὶ ἡ ὄρεξις οὖν τοῖς μέν ἐστι κατ' αὐτὸ τὸ εἶναι μόνον, ἐπιτηδειότης οὖσα πρὸς τὴν μέϑεξιν τῶν αἰτίων, τοῖς δὲ κατὰ τὴν ζωήν, κίνησις οὖσα πρὸς τὰ κρείττονα, τοῖς δὲ κατὰ τὴν γνῶσιν, συναίσϑησις οὖσα τῆς τῶν αἰτίων ἀγαϑότητος.

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40.  Πάντων τῶν ἀϕ' ἑτέρας αἰτίας προιόντων ἡγεῖται τὰ

παρ' ἑαυτῶν ὑϕιστάμενα καὶ τὴν οὐσίαν αὐϑυπόστατον κε­ κτη­μένα. εἰ γὰρ πᾶν τὸ αὔταρκες ἢ κατ' οὐσίαν ἢ κατ' ἐνέργειαν κρεῖττον τοῦ εἰς ἄλλην αἰτίαν ἀνηρτημένου, τὸ δὲ ἑαυτὸ παρ­ άγον, ἑαυτῷ τοῦ εἶναι παρεκτικὸν ὑπάρχον, αὔταρκες πρὸς

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οὐσιωδῶς :  D. καὶ οὐσιωδῶς μετ’ αὐτοῦ τοῦ εἶναι :  D. μετὰ τοῦ εἶναι

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Von der triadischen Struktur der metaphysischen Kausalität

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38.  Alles aus einer bestimmten Zahl von Ursachen Hervor­ tretende wendet sich durch genau so vieles hin, als wodurch es hervortritt; und jede Hinwendung findet vermittelst derselben statt als das Hervortreten.1 Denn weil jedes der beiden durch Ähnlichkeit zustande kommt,2 ist erstens das unmittelbar aus irgendeinem Hervortretende auch unmittelbar auf dasselbe hingewendet – da ja die Ähn­lichkeit unmittelbar war  – und bedarf zweitens das, was zu seinem Hervortreten einer Vermittlung bedarf, dieser Vermittlung auch zu seiner Hinwendung – Hervortreten und Hinwendung kommen nämlich beide in Beziehung auf dasselbe zustande –,3 so daß sich dieses zuerst auf die Mitte und dann auf dasjenige hinwenden muß, das stärker als diese Mitte ist. Durch genauso vieles, wie jedes das Sein erlangt, erlangt es folglich auch das Wohlsein und umgekehrt. 39.  Jedes Seiende wendet sich nur wesentlich oder als Leben oder auch als Erkenntnis hin.1 Denn es hat von seiner Ursache entweder nur das Sein er­ halten oder mit dem Sein selbst das Leben, oder es hat von dieser Ursache auch das Vermögen zu erkennen empfangen. Sofern es nun nur ist, übt es eine wesentliche Hinwendung aus, sofern es auch lebt, auch eine lebenskräftige, und sofern es auch erkennt, auch eine in der Form der Erkenntnis. Denn wie es hervorgetreten ist, hat es sich hingewendet, und die Maße der Hinwendung sind durch die Maße des Hervortretens bestimmt. Das Streben mancher Seienden besteht somit nur bezüglich des Seins selbst als die Veranlagung, an den Ursachen teilzunehmen, das Streben anderer indessen besteht bezüglich des Lebens als eine Bewegung dem Stärkeren zu, und das Streben wieder anderer besteht bezüglich der Erkenntnis als ein Bewußtsein der Gutheit der Ursachen.2 40.  Allen von einer anderen Ursache aus Hervortretenden ge­ hen diejenigen vorher, die von sich aus bestehen und ein selbst­ bestehendes Wesen besitzen.1 Denn alles entweder seinem Wesen oder seiner Tätigkeit nach Autarke ist stärker als dasjenige, das von einer anderen Ursache abhängt. Was freilich sich selbst hervorbringt, indem es imstande

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I.  Metaphysische Kausalität

οὐσίαν, τὸ δὲ ἀπ' ἄλλου μόνον παραγόμενον οὐκ αὔταρκες· τῷ δὲ ἀγαϑῷ συγγενέστερον τὸ αὔταρκες, τὰ δὲ συγγενέστερα καὶ ὁμοιότερα ταῖς αἰτίαις πρὸ τῶν ἀνομοίων ὑϕέστηκεν ἐκ τῆς αἰτίας· τὰ ἄρα παρ' ἑαυτῶν παραγόμενα καὶ αὐ­ϑυ­πό­ στατα πρεσβύτερά ἐστι τῶν ἀϕ' ἑτέρου μόνον εἰς τὸ εἶναι προ­ελ­ϑόντων. ἢ γὰρ οὐδὲν ἔσται αὐϑυπόστατον, ἢ τὸ ἀγαϑὸν τοιοῦτον, ἢ τὰ πρῶτα ἐκ τἀγαϑοῦ ὑποστάντα. ἀλλ' εἰ μὲν μηδὲν αὐ­ϑυ­πό­ στα­τον, ἐν οὐδενὶ τὸ αὔταρκες ἔσται κατ' ἀλήϑειαν· οὔτε γὰρ ἐν τἀγαϑῷ, κρεῖττον γὰρ αὐταρκείας ἓν ὂν ἐκεῖνο καὶ αὐτο­ αγα­ϑόν, ἀλλ' οὐχὶ ἔχον τἀγαϑόν· οὔτε ἐν τοῖς μετὰ τἀγαϑόν, πᾶν γὰρ ἐνδεὲς ἄλλου ἔσται, τοῦ πρὸ αὐτοῦ μόνον.41 εἰ δὲ τἀγαϑὸν αὐϑυπόστατον, αὐτὸ ἑαυτὸ παράγον οὐχ ἓν ἔσται, τὸ γὰρ ἀπὸ τοῦ ἑνὸς προιὸν οὐχ ἕν· ἀϕ' ἑαυτοῦ γὰρ πρόεισιν, εἴπερ αὐϑυπόστατον· ὥστε ἓν ἅμα καὶ οὐχ ἓν τὸ ἕν. ἀνάγκη ἄρα τὸ αὐϑυπόστατον εἶναι μετὰ τὸ πρῶτον, καὶ δῆλον ὡς πρὸ τῶν ἀϕ' ἑτέρας αἰτίας μόνον προελϑόντων· κυ­ριώ­τερον γὰρ ἐκείνων καὶ τἀγαϑῷ συγγενέστερον, ὡς δέ­ δεικται.

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41.  Πᾶν μὲν τὸ ἐν ἄλλῳ ὂν ἀπ' ἄλλου μόνον παράγεται,

πᾶν δὲ τὸ ἐν ἑαυτῷ ὂν αὐϑυπόστατόν ἐστι. τὸ μὲν γὰρ ἐν ἄλλῳ ὂν καὶ ὑποκειμένου δεόμενον ἑαυτοῦ γεννητικὸν οὐκ ἄν ποτε εἴη, τὸ γὰρ γεννᾶν ἑαυτὸ πεϕυκὸς ἕδρας ἄλλης οὐ δεῖται, συνεχόμενον ὑϕ' ἑαυτοῦ καὶ σωζόμενον ἐν ἑαυτῷ τοῦ ὑποκειμένου χωρίς. τὸ δὲ ἐν ἑαυτῷ μένειν καὶ ἱδρῦσϑαι δυνάμενον ἑαυτοῦ παρ­ ακτικόν ἐστιν, αὐτὸ εἰς ἑαυτὸ προιόν καὶ ἑαυτοῦ συνεκτικὸν ὑπάρχον, καὶ οὕτως ἐν ἑαυτῷ ὄν, ὡς ἐν αἰτίῳ τὸ αἰτιατόν· οὐ

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30

41

μόνον :  D. μὸνον 〈ὄν〉



Von der triadischen Struktur der metaphysischen Kausalität

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ist, sich selbst das Sein zu verschaffen, ist hinsichtlich seines Wesens autark, was aber nur durch anderes hervorgebracht wird, ist nicht autark. Das Autarke aber ist dem Guten verwandter, und was den Ursachen verwandter und ähnlicher ist, besteht früher aus dieser Ursache als das, was dieser Ursache weniger ähnelt. Folglich sind diejenigen, die von sich selbst aus hervorgebracht werden und selbstbestehend sind, ehrwürdiger als jene, die lediglich aus anderem ins Sein hervortreten.2 Denn entweder wird es nichts Selbstbestehendes geben, oder das Gute ist solches, oder diejenigen, die zuerst von dem Guten aus bestehen, sind solches. Gäbe es jedoch nichts Selbstbestehendes, wird es nichts geben, in dem das wahrhaft Autarke ist.3 Dieses liegt nämlich nicht im Guten, denn das Gute ist stärker als Autarkie,4 da es eins und das Gute selbst ist, jedoch das Gute nicht besitzt. Ebensowenig liegt das Selbstbestehende in den auf das Gute folgenden, denn jedes dieser bedarf eines anderen, das ihm nur vorhergeht. Wäre dagegen das Gute selbstbestehend, kann es nicht eins sein, weil es ja sich selbst hervorbringt. Was nämlich aus dem Einen hervortritt, ist nicht eins. Es tritt nämlich aus sich selbst hervor, da es selbstbestehend ist. Folglich wäre das Eine zugleich eins und nicht eins.5 Folglich wird notwendigerweise das Selbstbestehende nach dem Ersten sein; und es ist klar, daß das Selbstbestehende vor denjenigen besteht, die nur aus einer anderen Ursache hervortreten, denn es ist mächtiger als diese und dem Guten verwandter, wie schon gezeigt wurde. 41.  Alles, was in anderem ist, wird nur von anderem aus her­ vorgebracht, während alles, was in sich selbst ist, selbstbestehend ist.1 Denn einerseits kann, was in anderem ist und eines Unterliegenden bedarf, sich niemals selbst erzeugen. Dasjenige nämlich, in dessen Natur es liegt, sich selbst zu erzeugen, bedarf keines anderen Sitzes, da es unabhängig vom Unterliegenden von sich selbst zusammengehalten und in sich selbst erhalten wird. Anderseits bringt das, was in sich selbst zu bleiben und sich in sich selbst zu gründen vermag, sich selbst hervor, da es zu sich selbst hervortritt und sich selbst zusammenhält und so in sich selbst ist wie das Verursachte in der Ursache.2 Es ist nämlich

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I.  Metaphysische Kausalität

γὰρ ὡς ἐν τόπῳ, οὐδὲ ὡς ἐν ὑποκειμένῳ· καὶ γὰρ ὁ τόπος τοῦ ἐν τόπῳ ἕτερος, καὶ τοῦ ὑποκειμένου τὸ ἐν ὑποκειμένῳ ὄν, τοῦτο δὲ ἑαυτῷ ταὐτόν. αὐϑυποστάτως ἄρα καὶ ὡς ἐν αἰτίᾳ τὸ ἀπ' αἰτίας, οὕτως ἐν ἑαυτῷ ἐστιν. 5

42.  Πᾶν τὸ αὐϑυπόστατον πρὸς ἑαυτό ἐστιν ἐπι­στρε­π­τικόν.

εἰ γὰρ ἀϕ' ἑαυτοῦ πρόεισι, καὶ τὴν ἐπιστροϕὴν ποιήσεται πρὸς ἑαυτό· ἀϕ' οὗ γὰρ ἡ πρόοδος ἑκάστοις, εἰς τοῦτο καὶ ἡ τῇ προόδῳ σύστοιχος ἐπιστροϕή. εἰ γὰρ πρόεισιν ἀϕ' ἑαυτοῦ μόνον, μὴ ἐπιστρέϕοιτο δὲ προιὸν εἰς ἑαυτό, οὐκ ἄν ποτε τοῦ οἰκείου ἀγαϑοῦ ὀρέγοιτο καὶ ὃ δύναται ἑαυτῷ παρέχειν. δύ­ν­ α­ται δὲ πᾶν τὸ αἴτιον τῷ ἀπ' αὐτοῦ διδόναι μετὰ τῆς οὐσίας, ἣν42 δίδωσι, καὶ τὸ εὖ τῆς οὐσίας, ἧς δίδωσι, συζυγές, ὥστε καὶ αὐτὸ ἑαυτῷ· τοῦτο ἄρα τὸ οἰκεῖον τῷ αὐϑυποστάτῳ ἀγα­ ϑόν. τούτου δὲ οὐκ ὀρέξεται τὸ ἀνεπίστροϕον πρὸς ἑαυτό· μὴ ὀρε­γό­μενον δέ, οὐδ' ἂν τύχοι, καὶ μὴ τυγχάνον, ἀτελὲς ἂν εἴη καὶ οὐκ αὔταρκες. ἀλλ' εἴπερ τῳ ἄλλῳ, προσήκει καὶ τῷ αὐ­ ϑυποστάτῳ αὐτάρκει καὶ τελείῳ εἶναι. καὶ τεύξεται ἄρα τοῦ οἰκείου καὶ ὀρέξεται καὶ πρὸς ἑαυτὸ ἐπιστραϕήσεται.43

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43.  Πᾶν τὸ πρὸς ἑαυτὸ ἐπιστρεπτικὸν αὐϑυπόστατόν ἐστιν.

εἰ γὰρ ἐπέστραπται πρὸς ἑαυτὸ κατὰ ϕύσιν καὶ ἔστι τέλειον ἐν τῇ πρὸς ἑαυτὸ ἐπιστροϕῇ, καὶ τὴν οὐσίαν ἂν παρ' ἑαυτοῦ ἔχοι· πρὸς ὃ γὰρ ἡ κατὰ ϕύσιν ἐπιστροϕή, ἀπὸ τούτου καὶ ἡ πρόοδος ἡ κατ' οὐσίαν ἑκάστοις· εἰ οὖν ἑαυτῷ τὸ εὖ εἶναι

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42 43

ἣν :  D. ἧς ἐπιστραϕήσεται :  D. στραϕήσεται



Von der triadischen Struktur der metaphysischen Kausalität

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weder in sich selbst wie in irgendeinem Ort noch wie in irgendeinem Unterliegenden. Der Ort ist nämlich von dem unterschieden, was in diesem Ort ist, und was in einem Unterliegenden ist, ist von diesem Unterliegenden unterschieden. Hier aber ist die Rede von etwas, das mit sich selbst identisch ist. Es ist somit in sich selbst in der Weise des Selbstbestehenden und so wie das, was von einer Ursache stammt, in der Ursache ist. 42.  Alles Selbstbestehende wendet sich auf sich selbst hin.1 Denn tritt es aus sich selbst hervor,2 wird es auch seine Hinwendung auf sich selbst ausüben. Auf das nämlich, woraus das Hervortreten eines jeden stammt, ist auch die diesem Hervortreten entsprechende Hinwendung gerichtet.3 Tritt es nämlich nur aus sich selbst hervor und würde es sich nicht in seinem Hervortreten auf sich selbst hinwenden, dann kann es auch nie demjenigen Guten nachstreben, das ihm eigen ist und das es sich zu verschaffen vermag. Jede Ursache vermag jedoch dem aus ihr Stammenden zugleich mit dem Wesen, das sie demselben spendet, auch das mit diesem gespendeten Wesen verbundene Wohlsein zu spenden, so daß das Selbstbestehende auch sich selbst dieses Wohlsein zu spenden vermag. Dies ist folglich das Gute, das diesem Selbstbestehenden eigen ist. Diesem Guten allerdings kann das nicht nachstreben, das sich nicht auf sich selbst hinwendet, und strebt es diesem nicht nach, dann kann es dieses Gute auch nicht finden, und findet es dieses Gute nicht, dann muß es unvollkommen und kann es nicht autark sein. Gibt es aber überhaupt etwas, dem Autarksein und Vollkommen­ sein zukommen, dann kommen diese auch dem Selbstbestehenden zu. Folglich muß das Selbstbestehende das eigene Gute erwerben, diesem nachstreben und sich deshalb auf sich selbst hinwenden. 43.  Alles sich auf sich selbst Hinwendende ist selbstbestehend.1 Denn hat sich etwas seiner Natur gemäß auf sich selbst hingewendet und ist es in dieser Selbsthinwendung vollkommen, dann muß es auch sein Wesen von sich selbst haben. Die naturgemäße Hinwendung eines jeden richtet sich nämlich auf dasjenige, von dem aus auch das wesensgemäße Hervortreten stattfindet.2 Verschafft etwas somit sich selbst das Wohlsein, wird es sich selbst

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I.  Metaphysische Kausalität

παρέχει, καὶ τὸ εἶναι δήπου ἑαυτῷ παρέξει, καὶ ἔσται τῆς ἑαυτοῦ κύριον ὑποστάσεως. αὐϑυπόστατον ἄρα ἐστὶ τὸ πρὸς ἑαυτὸ δυνάμενον ἐπι­στρέ­ϕειν. 44.  Πᾶν τὸ κατ' ἐνέργειαν πρὸς ἑαυτὸ ἐπιστρεπτικὸν καὶ

κατ' οὐσίαν ἐπέστραπται πρὸς ἑαυτό. εἰ γὰρ τῇ μὲν ἐνεργείᾳ δύναιτο44 ἐπιστρέϕεσϑαι πρὸς ἑαυτό, τῇ δὲ οὐσίᾳ ἀνεπίστροϕον ὑπάρχοι, κρεῖττον ἂν εἴη κατὰ τὴν ἐνέργειαν μᾶλλον ἢ κατὰ τὴν οὐσίαν, τῆς μὲν ἐπιστρεπτι­ κῆς οὔσης, τῆς δὲ ἀνεπιστρόϕου· τὸ γὰρ ἑαυτοῦ ὂν κρεῖττον ἢ τὸ ἄλλου μόνον, καὶ τὸ ἑαυτοῦ σωστικὸν τελειότερον ἢ τὸ ὑπ' ἄλλου μόνον σωζόμενον. εἰ ἄρα τι κατ' ἐνέργειάν ἐστι τὴν ἀπὸ τῆς οὐσίας πρὸς ἑαυτὸ ἐπιστρεπτικόν, καὶ τὴν οὐσίαν ἐπι­στρεπτικὴν ἔλαχεν, ὡς μὴ ἐνεργεῖν πρὸς ἑαυτὸ μόνον, ἀλλὰ καὶ ἑαυτοῦ εἶναι καὶ ὑϕ' ἑαυτοῦ συνέχεσϑαι καὶ τελειοῦσϑαι.

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45.  Πᾶν τὸ αὐϑυπόστατον ἀγένητόν ἐστιν.

εἰ γὰρ γενητόν, διότι μὲν γενητόν, ἀτελὲς ἔσται καϑ' ἑαυτὸ καὶ τῆς ἀπ' ἄλλου τελειώσεως ἐνδεές· διότι δὲ αὐτὸ ἑαυτὸ παράγει, τέλειον καὶ αὔταρκες. πᾶν γὰρ γενητὸν ὑπ' ἄλλου τελειοῦται τοῦ παρέχοντος αὐτῷ γένεσιν οὐκ ὄντι, καὶ γὰρ ἡ γένεσις ὁδός ἐστιν ἐκ τοῦ ἀτελοῦς εἰς τὸ ἐναντίον τέλειον· εἰ δ' ἑαυτό τι παράγει, τέλειον ἀεί ἐστιν, ἀεὶ τῇ ἑαυτοῦ αἰτίᾳ ­συ­νόν, μᾶλλον δὲ ἐνυπάρχον, πρὸς τὸ τῆς οὐσίας τε­λειω­τικόν.

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46.  Πᾶν τὸ αὐϑυπόστατον ἄϕϑαρτόν ἐστιν.

εἰ γὰρ ϕϑαρήσεται, ἀπολείψει ἑαυτὸ καὶ ἔσται ἑαυτοῦ χω­ ρίς. ἀλλὰ τοῦτο ἀδύνατον· ἓν γὰρ ὄν, ἅμα καὶ αἴτιόν ἐστι καὶ αἰτιατόν· πᾶν δὲ τὸ ϕϑειρόμενον ἀποστὰν τῆς ἑαυτοῦ αἰτίας 30

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δύναιτο :  D. δύναται



Von der triadischen Struktur der metaphysischen Kausalität

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auch das Sein verschaffen und für sein eigenes Bestehen verantwortlich sein. Folglich ist dasjenige, das zur Selbsthinwendung imstande ist, selbstbestehend. 44.  Alles sich seiner Tätigkeit nach auf sich selbst Hinwen­ dende ist auch seinem Wesen nach auf sich selbst hingewendet.1 Denn vermöchte etwas sich seiner Tätigkeit nach auf sich selbst hinzuwenden,2 während es seinem Wesen nach ohne Hinwendung wäre, dann müßte es seiner Tätigkeit nach stärker als seinem Wesen nach sein, da die Tätigkeit sich auf sich selbst hinwendet, während das Wesen ohne Hinwendung ist. Was sich selbst gehört, ist nämlich stärker, als was nur anderem gehört, und was sich selbst erhält, ist vollkommener, als was nur von anderem erhalten wird.3 Wendet sich folglich etwas der Tätigkeit nach, die seinem Wesen entspringt, auf sich selbst hin, dann besitzt es auch ein sich hinwendendes Wesen, so daß es nicht nur auf sich selbst tätig ist, sondern auch sich selbst gehört und von sich selbst zusammengehalten und vervollkommnet wird. 45.  Alles Selbstbestehende ist ungeworden.1 Denn wäre es geworden, müßte es, indem es geworden ist, selbst unvollkommen sein und der Vervollkommnung durch anderes bedürfen, indem es jedoch sich selbst hervorbringt, ist Selbstbestehendes vollkommen und autark. Denn alles Gewordene wird von etwas anderem vervollkommnet, das dem Gewordenen, sofern es nicht da ist, das Werden verschafft; Werden nämlich ist der Weg aus der Unvollkommenheit zu der entgegengesetzten Vollkommenheit.2 Bringt etwas allerdings sich selbst hervor, ist es immer vollkommen, da es immer mit seiner Ursache zusammen oder vielmehr in dieser Ursache und auf das sein Wesen Vervollkommnende gerichtet ist. 46.  Alles Selbstbestehende ist unvergänglich.1 Denn würde es vergehen, müßte es sich selbst zurücklassen und schließlich von sich selbst getrennt sein. Das jedoch ist unmöglich. Denn da es eins ist, ist es zugleich sowohl Ursache als auch Verursachtes. Alles Vergehende freilich vergeht, indem es sich von seiner eigenen Ursache entfernt. Denn sofern etwas

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I.  Metaphysische Kausalität

ϕϑείρεται· ἐν ὅσῳ γὰρ ἂν ἐξέχηται τοῦ συνέχοντος αὐτὸ καὶ σώζοντος, ἕκαστον συνέχεται καὶ σώζεται· οὐδέποτε δὲ ἀπο­ λείπει τὴν αἰτίαν τὸ αὐϑυπόστατον, ἅτε ἑαυτὸ οὐκ ἀπολεῖπον· αἴτιον γὰρ αὐτὸ ἑαυτῷ ἐστιν. ἄϕϑαρτον ἄρα ἐστὶ τὸ αὐϑ­υπό­ στατον πᾶν.

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47.  Πᾶν τὸ αὐϑυπόστατον ἀμερές ἐστι καὶ ἁπλοῦν.

εἰ γὰρ μεριστόν, αὐϑυπόστατον ὄν, ὑποστήσει μεριστὸν ἑαυτό καὶ ὅλον αὐτὸ στραϕήσεται πρὸς ἑαυτὸ καὶ πᾶν ἐν παντὶ ἑαυτῷ ἔσται· τοῦτο δὲ ἀδύνατον. ἀμερὲς ἄρα τὸ αὐ­ϑυ­πό­στα­ τον. ἀλλὰ μὴν καὶ ἁπλοῦν· εἰ γὰρ σύνϑετον, τὸ μὲν χεῖρον ἔσται ἐν αὐτῷ, τὸ δὲ βέλτιον, καὶ τό τε βέλτιον ἐκ τοῦ χεί­ ρο­νος ἔσται καὶ τὸ χεῖρον ἐκ τοῦ βελτίονος, εἴπερ ὅλον ἀϕ' ὅλου ἑαυτοῦ πρόεισιν. ἔτι δὲ οὐκ αὔταρκες, προσδεὲς ὂν τῶν ἑαυτοῦ στοιχείων, ἐξ ὧν ὑϕέστηκεν. ἁπλοῦν ἄρα ἐστὶ πᾶν ὅπερ ἂν αὐϑυπόστατον ᾖ.

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48.  Πᾶν τὸ μὴ ἀίδιον ἢ σύνϑετόν ἐστιν ἢ ἐν ἄλλῳ ὑϕέ­στη­

κεν. ἢ γὰρ διαλυτόν ἐστιν εἰς ταῦτα ἐξ ὧν ἐστι καὶ πάντως σύγκειται ἐξ ἐκείνων εἰς ἃ διαλύεται, ἢ ὑποκειμένου δεόμενον καὶ ἀπολεῖπον τὸ ὑποκείμενον οἴχεται εἰς τὸ μὴ ὄν. εἰ δὲ ἁπλοῦν εἴη καὶ ἐν ἑαυτῷ, ἀδιάλυτον ἔσται καὶ ἀσκέδαστον. 49.  Πᾶν τὸ αὐϑυπόστατον ἀίδιόν ἐστι.

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δύο γάρ εἰσι τρόποι, καϑ' οὓς ἀνάγκη τι μὴ ἀίδιον εἶναι, ὅ τε ἀπὸ τῆς συνϑέσεως καὶ ὁ ἀπὸ τῶν ἐν ἄλλῳ ὄντων. τὸ δὲ αὐϑυπόστατον οὔτε σύνϑετόν ἐστιν ἀλλ' ἁπλοῦν, οὔτε ἐν ἄλλῳ ἀλλ' ἐν ἑαυτῷ. ἀίδιον ἄρα ἐστίν. 30



Von der triadischen Struktur der metaphysischen Kausalität

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mit dem verbunden ist, das es zusammenhält und erhält, wird es zusammengehalten und erhalten. Das Selbstbestehende jedoch läßt seine Ursache niemals zurück, weil es sich selbst nicht zurückläßt. Es ist nämlich Ursache seiner selbst. Unvergänglich ist folglich alles Selbstbestehende. 47.  Alles Selbstbestehende ist teillos und einfach.1 Denn wäre es geteilt, müßte es als Selbstbestehendes sich selbst als Geteiltem das Bestehen verleihen, sich ganz auf sich selbst hinwenden und ganz in sich selbst als Ganzem sein.2 Das ist jedoch unmöglich. Das Selbstbestehende ist folglich teillos. Es ist ferner auch einfach. Wäre es nämlich zusammengesetzt, müßte der eine Teil stärker, der andere schwächer sein und der stärkere aus dem schwächeren und auch der schwächere aus dem stärkeren stammen,3 indem das Selbstbestehende als Ganzes aus sich selbst als Ganzem hervortritt. Außerdem könnte es nicht autark sein, da es der Elemente bedarf, aus denen es besteht. Einfach ist folglich alles, was selbstbestehend ist. 48.  Alles Nichtimmerwährende ist entweder zusammengesetzt oder besteht in anderem.1 Denn was nicht immerwährend ist, ist entweder in jene Teile auflösbar, aus denen es besteht, und ist dann jedenfalls aus denjenigen Teilen zusammengesetzt, in die es aufgelöst wird; oder es bedarf eines Unterliegenden und verschwindet ins N ­ ichtsein, wenn es das Unterliegende zurückläßt.2 Würde es jedoch einfach und in sich selbst sein, muß es unauflösbar und unzerteilbar sein. 49.  Alles Selbstbestehende ist immerwährend.1 Denn es gibt zwei Weisen, wonach etwas nicht immer­während sein muß, nämlich aufgrund des Zusammengesetztseins oder aufgrund des Seins in anderem. Selbstbestehendes jedoch ist nicht zusammengesetzt, sondern einfach und ist nicht in etwas anderem, sondern in sich selbst.2 Es ist folglich immerwährend.

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I.  Metaphysische Kausalität

50.  Πᾶν τὸ χρόνῳ μετρούμενον ἢ κατὰ τὴν οὐσίαν ἢ κατὰ

τὴν ἐνέργειαν γένεσίς ἐστι ταύτῃ, ᾗ μετρεῖται κατὰ χρόνον. εἰ γὰρ ὑπὸ χρόνου μετρεῖται, προσήκοι ἂν αὐτῷ τὸ κατὰ χρόνον εἶναι ἢ ἐνεργεῖν, καὶ τὸ ἦν καὶ τὸ ἔσται διαϕέροντα ἀλλήλων· εἰ γὰρ ταὐτὸν κατὰ ἀριϑμὸν τὸ ἦν καὶ τὸ ἔσται, οὐδὲν ὑπὸ χρόνου πέπονϑε πορευομένου καὶ ἀεὶ ἄλλο τὸ πρό­ τερον ἔχοντος καὶ ὕστερον.45 εἰ οὖν ἄλλο τὸ ἦν καὶ ἄλλο τὸ ἔσται, γινόμενον ἄρα ἐστὶ καὶ οὐδέποτε ὄν, ἀλλὰ τῷ χρόνῳ συμπορεύεται, ὑϕ' οὗ μετρεῖται, ἐν τῷ γίνεσϑαι ὂν καὶ οὐχ ἱστάμενον ἐν τῷ αὐτῷ εἶναι, ἀλλ' ἀεὶ δεχόμενον τὸ εἶναι ἄλλο καὶ ἄλλο, ὡς τὸ νῦν κατὰ τὸν χρόνον ἄλλο ἀεὶ καὶ ἄλλο διὰ τὴν τοῦ χρόνου πορείαν· οὐχ ἅμα ἄρα ὅλον ἐστίν, ἐν τῷ σκιδ­ να­μένῳ τῆς χρονικῆς παρατάσεως ὄν, καὶ συνεκτεινόμενον· τοῦτο δέ ἐστιν ἐν τῷ μὴ εἶναι τὸ εἶναι ἔχειν, τὸ γὰρ γινόμενον ὃ γίνεται οὐκ ἔστι. γένεσις ἄρα ἐστὶ τὸ οὕτως ὄν.

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51.  Πᾶν τὸ αὐϑυπόστατον ἐξῄρηται τῶν ὑπὸ χρόνου με­

τρουμένων κατὰ τὴν οὐσίαν. εἰ γὰρ ἀγένητόν ἐστι τὸ αὐϑυπόστατον, οὐκ ἂν ὑπὸ χρόνου κατὰ τὸ εἶναι μετροῖτο· γένεσις γὰρ περὶ τὴν ὑπὸ χρόνου με­τρουμένην ϕύσιν ἐστίν· οὐδὲν ἄρα τῶν αὐϑυποστάτων ἐν χρόνῳ ὑϕέστηκεν.

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52.  Πᾶν τὸ αἰώνιον ὅλον ἅμα ἐστίν· εἴτε τὴν οὐσίαν ἔχει

μόνην46 αἰώνιον, ὅλην ἅμα παροῦσαν αὐτὴν ἔχον, καὶ οὐ τὸ μὲν αὐτῆς ὑποστὰν ἤδη, τὸ δὲ εἰσαῦϑις ὑποστησόμενον, ὃ μήπω ἔστιν, ἀλλ' ὁπόσον εἶναι δύναται, τοσοῦτον ὅλον ἤδη κεκτημένον ἀνελαττώτως καὶ ἀνεπιτάτως· εἴτε και` τὴν47 ἐν­έρ­ γειαν πρὸς τῇ οὐσίᾳ, καὶ ταύτην ἀϑρόαν ἔχον καὶ ἐν τῷ αὐτῷ μέτρῳ τῆς τελειότητος ἑστηκυῖαν καὶ οἷον παγεῖσαν καϑ' ἕνα καὶ τὸν αὐτὸν ὅρον ἀκινήτως καὶ ἀμεταβάτως. εἰ γὰρ αἰώνιόν ἐστιν, ὡς καὶ τοὔνομα ἐμϕαίνει, τὸ ἀεὶ ὄν, τὸ δὲ ποτὲ εἶναι καὶ τὸ γίνεσϑαι ἕτερον τοῦ ἀεὶ ὄντος, οὐ δεῖ τὸ

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καὶ ὕστερον :  D. καὶ τὸ ὕστερον μόνην :  D. μόνον 47 εἴτε καὶ τὴν :  D. εἴτε τὴν 46

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Von Ewigkeit, Zeit und der kausalen Hierarchie

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50.  Alles entweder hinsichtlich seines Wesens oder hinsichtlich seiner Tätigkeit durch Zeit Gemessene ist genau insofern Werden, als es hinsichtlich der Zeit gemessen wird.1 Denn wird es durch Zeit gemessen, muß ihm Sein oder Tätigkeit unter der Hinsicht der Zeit zukommen und unterschiedenes Gewesensein und Seinwerden;2 denn sind das Gewesensein und das Seinwerden numerisch identisch, hat es von der Zeit nichts empfunden, welche nämlich fortläuft und ein stets anderes Früheres und Späteres hat. Sind ihm somit das Gewesensein und das Seinwerden immer anders, dann ist es folglich werdend und nimmer seiend, verläuft aber zugleich mit der Zeit, von der es gemessen wird, das heißt, es ist im Werden und kommt nicht im Sein selbst zur Ruhe, nimmt jedoch immer ein anderes Sein an, weil das zeitliche Jetzt wegen des Fortlaufens der Zeit immer ein anderes ist. Es ist also kein gleichzeitiges Ganzes, da es in der Zerstreuung der zeitlichen Ausdehnung ist und sich zugleich mit der Zeit ausdehnt. Das heißt allerdings, daß es das Sein im Nichtsein hat, denn das Werdende ist nicht das, was es wird. Folglich ist das in diesem Sinne Seiende Werden. 51.  Alles Selbstbestehende geht über diejenigen hinaus, die ­ihrem Wesen nach durch die Zeit gemessen werden.1 Denn da das Selbstbestehende ungeworden ist, kann es nicht hinsichtlich des Seins durch Zeit gemessen werden. Werden näm­ lich gibt es in Beziehung auf die durch Zeit gemessene Natur. Keines der Selbstbestehenden besteht folglich in der Zeit. 52.  Alles Ewige ist ein gleichzeitiges Ganzes, und es hat entwe­ der ausschließlich ein ewiges Wesen – da es dieses Wesen zugleich im ganzen gegenwärtig hat, und nicht der eine Teil derselben schon besteht, während der andere, der noch nicht ist, künftig bestehen wird, sondern es so viel, wie es zu sein vermag, bereits als Ganzes ohne Verringerung oder Ausdehnung besitzt –, oder es hat neben jenem Wesen auch eine ewige Tätigkeit und besitzt diese Tätigkeit gesammelt, stets nach demselben Maß der Voll­ kommenheit festgesetzt und sozusagen erstarrt innerhalb einer und derselben Grenze ohne Bewegung oder Veränderung.1 Denn wenn ewig [aioonion], wie das Wort schon sagt, das Im­merseiende [aei on] ist2 und Jemalssein und Werden vom Im­

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I.  Metaphysische Kausalität

μὲν πρότερον εἶναι, τὸ δὲ ὕστερον· γένεσις γὰρ ἔσται καὶ οὐκ ὄν· ὅπου δὲ μήτε τὸ πρότερον καὶ ὕστερον μήτε τὸ ἦν καὶ τὸ ἔσται, ἀλλὰ τὸ εἶναι μόνον ὅ ἔστιν, ὅλον ἅμα ἐστὶν ἕκαστον ὅ ἐστι· τὸ δὲ αὐτὸ καὶ ἐπὶ τοῦ ἐνεργεῖν. ἐκ δὴ τούτου ϕανερὸν ὅτι τοῦ ὅλοις εἶναι ὁ αἰὼν αἴτιος, εἴπερ πᾶν τὸ αἰώνιον ἢ κατ' οὐσίαν ἢ κατ' ἐνέργειαν ὅλην ἅμα τὴν οὐσίαν ἢ τὴν ἐνέργειαν ἔχει παροῦσαν αὐτῷ.

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53.  Πάντων τῶν αἰωνίων προυπάρχει ὁ αἰών, καὶ πάντων

τῶν κατὰ χρόνον ὁ χρόνος προυϕέστηκεν. εἰ γὰρ πανταχοῦ πρὸ τῶν μετεχόντων ἔστι τὰ μετεχόμενα καὶ πρὸ τῶν μετεχομένων τὰ ἀμέϑεκτα, δῆλον ὅτι ἄλλο μὲν τὸ αἰώνιον, ἄλλο δὲ ὁ ἐν τῷ αἰωνίῳ αἰών, ἄλλο δὲ ὁ καϑ' αὑτὸν αἰών, τὸ μὲν ὡς μετέχον, τὸ δὲ ὡς μετεχόμενον, ὁ δὲ ὡς ἀμέϑεκτος· καὶ τὸ ἐν χρόνῳ48 ἄλλο, μετέχον γάρ, καὶ ὁ ἐν τούτῳ χρόνος ἄλλος, μετεχόμενος, καὶ ὁ πρὸ τούτου χρόνος, ἀμέϑεκτος ὤν. καὶ τούτων μὲν ἑκάτερος τῶν ἀμεϑέκτων πανταχοῦ καὶ ἐν πᾶσιν ὁ αὐτός, ὁ δὲ μετεχόμενος ἐν ἐκείνοις μόνον, ὑϕ' ὧν μετέχεται. πολλὰ γὰρ καὶ τὰ αἰώνια καὶ τὰ ἔγχρονα, ἐν οἷς πᾶσιν καὶ49 αἰών ἐστι κατὰ μέϑεξιν καὶ χρόνος διῃρημένος· ὁ δὲ ἀδιαίρετος αἰὼν καὶ ὁ εἷς χρόνος πρὸ τούτων, καὶ ὁ μὲν αἰὼν αἰώνων, ὁ δὲ χρόνων χρόνος, τῶν μετεχομένων ὄντες ὑποστάται.

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54.  Πᾶς αἰὼν μέτρον ἐστὶ τῶν αἰωνίων, καὶ πᾶς χρόνος

τῶν ἐν χρόνῳ, καὶ δύο ταῦτα μέτρα μόνα ἐστὶν ἐν τοῖς οὖσι τῆς ζωῆς καὶ τῆς κινήσεως. πᾶν γὰρ τὸ μετροῦν ἢ κατὰ μέρος μετρεῖ ἢ ὅλον ἅμα ἐϕαρ­ μο­σϑὲν τῷ μετρουμένῳ· τὸ μὲν οὖν καϑ' ὅλον μετροῦν αἰών

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τὸ ἐν χρόνῳ :  D. τὸ ἔγχρονον καὶ :  von D. ausgelassen

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Von Ewigkeit, Zeit und der kausalen Hierarchie

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merseienden unterschieden sind, dann kann es nicht so sein, daß der eine Teil des Ewigen früher, der andere aber später ist, es würde dann nämlich Werden und nicht Seiendes sein. Wo es jedoch kein Früheres und Späteres gibt und kein Gewordensein und kein Seinwerden, sondern nur das Sein, das es ist, ist jedes als gleichzeitiges Ganzes, was es ist. Dasselbe gilt auch für das Tätigsein. Hieraus leuchtet nun ein, daß die Ewigkeit die Ursache des Seins für das Ganze ist, weil alles hinsichtlich des Wesens oder der Tätigkeit Ewige sein Wesen oder seine Tätigkeit zugleich ganz bei sich gegenwärtig hält. 53.  Allen Ewigen geht die Ewigkeit vorher, vor allen zeitlich Seienden besteht die Zeit.1 Denn gehen überall den Teilhabenden die Teilgenommenen und diesen wiederum die Unteilnehmbaren vorher, dann ist klar, daß das Ewige, die Ewigkeit im Ewigen und die Ewigkeit an sich je verschieden sind, das eine nämlich als das Teilhabende, das andere als das Teilgenommene und das dritte als das Unteilnehmbare. Ebenfalls ist klar, daß das, was in der Zeit ist, weil es teilhat, die Zeit in diesem, weil sie das Teilgenommene ist, und wiederum die dieser vorhergehende Zeit, weil sie unteilnehmbar ist, jeweils verschieden sind. Hier sind die beiden Unteilnehmbaren überall und in allen dasselbe, die beiden Teilgenommenen sind jedoch nur in den­ jenigen, die an denselben teilhaben. Denn vieles ist ewig und vieles ist in der Zeit, und in all diesen sind einerseits als Teilhabe die Ewigkeit und anderseits die geteilte Zeit da, diesen gehen jedoch die ungeteilte Ewigkeit und die eine Zeit vorher, nämlich als die Ewigkeit der Ewigkeiten bzw. die Zeit der Zeiten, weil sie den Teilgenommenen das Bestehen verleihen. 54.  Alle Ewigkeit ist Maß für die ewigen Seienden und alle Zeit ist Maß für die Seienden in der Zeit, was in den Seienden die einzigen Maße des Lebens und der Bewegung sind.1 Denn alles Messende mißt entweder mit einem Teil oder indem es sich als gleichzeitiges Ganzes dem Gemessenen anlegt. Was nun als Ganzes mißt, ist Ewigkeit, und was Teil für Teil mißt,

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I.  Metaphysische Kausalität

ἐστι, τὸ δὲ κατὰ μέρη χρόνος· δύο ἄρα μόνα τὰ μέτρα, τὸ μὲν τῶν αἰωνίων, τὸ δὲ τῶν ἐν χρόνῳ ὄντων. 55.  Πᾶν τὸ κατὰ χρόνον ὑϕεστὼς ἢ τὸν ἀεὶ χρόνον ἔστιν ἢ

ποτὲ ἐν μέρει χρόνου τὴν ὑπόστασιν κεκτημένον. εἰ γὰρ αἱ πρόοδοι πᾶσαι δι' ὁμοιότητός εἰσι καὶ πρὸ τῶν πάντῃ ἀνομοίων συνεχῆ τοῖς πρώτοις ὑϕίσταται τὰ ὅμοια πρὸς αὐτὰ μᾶλλον ὄντα ἢ ἀνόμοια, τοῖς δὲ αἰωνίοις συνάπτειν τὰ ἐν μέρει χρόνου γινόμενα ἀδύνατον, καὶ γὰρ ὡς γινόμενα ἐκεί­ νων ὄντων καὶ ὡς ποτὲ τῶν ἀεὶ ὑϕεστηκότων διέστηκε, μέσα δὲ τούτων τε καὶ ἐκείνων ἐστὶ τὰ πῇ μὲν ὅμοια ἐκείνοις, πῇ δὲ ἀνόμοια, οὐκοῦν τῶν ποτὲ γινομένων καὶ τῶν ἀεὶ ὄντων μέσον ἢ τὸ ἀεὶ γινόμενον ἢ τὸ ποτὲ ὄν, τοῦτο δέ ἐστιν ἢ τὸ οὐκ ὄντως ὂν50 ἢ τὸ ποτὲ ὄντως ὄν. ἀλλὰ τὸ ποτὲ ὄντως ὂν ἀδύνατον εἶναι, τὸ δὲ ποτὲ οὐκ ὄντως ὂν τῷ γινομένῳ ταὐτόν· οὐκ ἄρα μέσον τὸ ποτὲ ὄν· λεί­πε­ται ἄρα τὸ ἀεὶ γινόμενον εἶναι τὸ μέσον ἀμϕοῖν, τῷ μὲν γίνεσϑαι συνάπτον τοῖς χείροσι, τῷ δὲ ἀεὶ μιμούμενον τὴν αἰώνιον ϕύσιν. ἐκ δὴ τούτων ϕανερὸν ὅτι διττὴ ἦν ἡ ἀιδιότης, αἰώνιος μὲν ἄλλη, κατὰ χρόνον δὲ ἄλλη, ἡ μὲν ἑστῶσα ἀιδιότης, ἡ δὲ γινο­ μένη, καὶ ἡ μὲν ἠϑροισμένον ἔχουσα τὸ εἶναι καὶ ὁμοῦ πᾶν, ἡ δὲ ἐκχυϑεῖσα καὶ ἐξαπλωϑεῖσα κατὰ τὴν χρονικὴν παράτασιν, καὶ ἡ μὲν ὅλη καϑ' αὑτήν, ἡ δὲ ἐκ μερῶν, ὧν ἕκαστον χωρίς ἐστι κατὰ τὸ πρότερον καὶ ὕστερον.

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τὸ οὐκ ὄντως ὂν :  D. τὸ ποτὲ οὐκ ὄντως ὂν



Von Ewigkeit, Zeit und der kausalen Hierarchie

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ist Zeit. Es gibt folglich nur zwei Maße, das eine bezieht sich auf die ewigen Seienden und das andere auf die in der Zeit. 55.  Alles in der Zeit Bestehende ist entweder im Immer der Zeit oder besitzt das Bestehen irgendeinmal in einem Teil der Zeit.1 Denn kommt jedes Hervortreten durch Ähnlichkeit zustande und bestehen vor den in jeder Hinsicht Unähnlichen kontinuierlich mit den Ersten diejenigen, die den Ersten eher ähnlich als unähnlich sind, und können sich die in einem Teil der Zeit Werdenden unmöglich mit den Ewigen verbinden – denn sie sind von den Ewigen entfernt, sofern sie werden und die Ewigen sind und sofern sie irgendeinmal sind, während die Ewigen immer bestehen – und sind in der Mitte zwischen den in einem Teil der Zeit Werdenden und diesen Ewigen diejenigen, die in einer bestimmten Hinsicht diesen Ewigen ähnlich, in einer anderen jedoch unähnlich sind,2 dann folgt, daß in der Mitte zwischen den irgendeinmal Werdenden und den Immerseienden entweder das Immerwerdende oder das irgendeinmal Seiende, dies heißt wiederum, entweder das nicht wirklich Seiende oder das irgend­ einmal wirklich Seiende, ist. Das irgendeinmal wirklich Seiende ist freilich eine Unmöglichkeit und das irgendeinmal nicht wirklich Seiende ist mit dem Werdenden identisch. In der Mitte ist folglich nicht das irgend­ ein­mal Seiende. Folglich bleibt nur übrig, daß das Immerwerdende das Mittlere beider ist, da es sich ja, sofern es wird, mit den Geringeren verbindet, und sofern es immer ist, die ewige Natur nachahmt. Hieraus leuchtet nun ein, daß von einer zweifachen Immerwährendheit die Rede war.3 Die ewige Immerwährendheit und die Immerwährendheit in der Zeit sind nämlich unterschieden. Die erste ist in Ruhe, die andere wird; die erste hat das Sein gesammelt und ganz zugleich, die andere ist zerstreut und hat sich in der Ausdehnung der Zeit entfaltet; die erste Immerwährendheit ist an sich ein Ganzes, die andere besteht aus Teilen, von denen jeder abgesondert da ist, insofern er früher oder später ist.

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I.  Metaphysische Kausalität

56.  Πᾶν τὸ ὑπὸ τῶν δευτέρων παραγόμενον καὶ ἀπὸ τῶν

προτέρων καὶ αἰτιωτέρων παράγεται μειζόνως, ἀϕ' ὧν καὶ τὰ δεύτερα παρήγετο. εἰ γὰρ τὸ δεύτερον ὅλην ἔχει τὴν οὐσίαν ἀπὸ τοῦ πρὸ αὐ­ τοῦ, καὶ ἡ δύναμις αὐτῷ τοῦ παράγειν ἐκεῖϑεν, καὶ γὰρ αἱ δυ­νά­μεις αἱ παρακτικαὶ κατ' οὐσίαν εἰσὶν ἐν τοῖς παράγουσι, καὶ συμπληροῦσιν αὐτῶν τὴν οὐσίαν. εἰ δὲ τὴν τοῦ παράγειν δύναμιν ἀπὸ τῆς ὑπερκειμένης αἰτίας ἔλαχε, παρ' ἐκείνης ἔχει τὸ εἶναι αἴτιον ὧν ἐστιν αἴτιον, μετρηϑὲν ἐκεῖϑεν κατὰ τὴν ὑποστατικὴν δύναμιν· εἰ δὲ τοῦτο, καὶ τὰ ἀπ' αὐτοῦ προιόντα αἰτιατά ἐστι διὰ τὸ πρὸ αὐτοῦ, τὸ γὰρ ϑάτερον ἀποτελέσαν αἴτιον καὶ ϑάτερον αἰτιατὸν ἀποτελεῖ· εἰ δὲ τοῦτο, καὶ τὸ αἰτιατὸν ἐκεῖϑεν ἀποτελεῖται τοιοῦτον. ἀλλὰ μὴν ὅτι καὶ μειζόνως ἐκεῖϑεν, δῆλον. εἰ γὰρ τὴν αἰτίαν τῷ δευτέρῳ τοῦ παράγειν αὐτὸ δέδωκεν, εἶχεν ἄρα πρώτως αὐτὴν51 τὴν αἰτίαν, καὶ διὰ τοῦτο καὶ τὸ δεύτερον γεννᾷ, τὴν τοῦ δευτέρως γεννᾶν δύναμιν ἐκεῖϑεν λαβόν. εἰ δὲ τὸ μὲν κατὰ μέϑεξιν ἐγένετο παρακτικόν, τὸ δὲ κατὰ μετάδοσιν καὶ πρώτως, μειζόνως αἴτιον ἐκεῖνο τὸ καὶ ἄλλῳ τῆς γεννητικῆς τῷ52 ἐϕεξῆς δυνάμεως μεταδεδωκός.

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57.  Πᾶν αἴτιον καὶ πρὸ τοῦ αἰτιατοῦ ἐνεργεῖ καὶ μετ' αὐτὸ

πλειόνων ἐστὶν ὑποστατικόν. ᾗ53 γάρ ἐστιν αἴτιον, τελειότερόν ἐστι καὶ δυνατώτερον τοῦ μετ' αὐτό· καὶ εἰ τοῦτο, πλειόνων αἴτιον, δυνάμεως γὰρ μεί­ ζονος πλείω54 παράγειν, ἴσης δὲ τὰ ἴσα, καὶ τῆς ἐλάττονος ἐλάττω· καὶ ἡ μὲν τὰ μείζονα ἐν τοῖς ὁμοίοις δυναμένη δύν­ αμις καὶ τὰ ἐλάττονα δύναται, ἡ δὲ τὰ ἐλάττονα δυναμένη

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αὐτὴν :  D. ταύτην τῷ :  D. τῶν 53 ᾗ :  D. εἰ 54 πλείω :  D. τὸ πλείω 52



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56.  Alles von Späteren Hervorgebrachte wird auch, und zwar in höherem Maße, von den Früheren hervorgebracht, die ursäch­ licher sind und von denen auch die Späteren hervorgebracht sind.1 Denn hat das Spätere sein ganzes Wesen vom Vorhergehenden, dann stammt auch sein hervorbringendes Vermögen von dorther. Auch die hervorbringenden Vermögen sind nämlich ihrem ­Wesen nach in den Hervorbringenden und machen mit deren Wesen aus. Und hat das Spätere sein hervorbringendes Vermögen von der überliegenden Ursache erhalten, dann hat es von dieser das Ursachesein desjenigen, das es verursacht; dieses Ur­sache­ sein ist dem Späteren in Übereinstimmung mit seinem Vermögen, Bestehen zu verleihen, von jener Ursache her zugemessen. Das heißt, daß auch die aus diesem Späteren Hervortretenden durch das dem Späteren Vorhergehende verursacht sind, denn dasselbe, was das eine zur Ursache macht, macht das andere zum Verursachten. Das heißt wiederum, daß auch das Verursachte als solches von jener Ursache aus zustandegebracht wird. Ferner ist klar, daß dieses Verursachte auch in höherem Maße von jener Ursache aus zustandegebracht wird. Hat diese nämlich dem Späteren seine hervorbringende Ursächlichkeit gegeben, muß sie folglich dieselbe Ursächlichkeit bereits zuerst besessen haben,2 und deshalb erzeugt auch das Spätere, das von jener Ursache sein später erzeugendes Vermögen hergenommen hat. Ist jedoch das Spätere aufgrund der Teilhabe hervorbringend geworden, während jene Ursache kraft der Mitteilung und zuerst hervorbringend ist, dann ist diese Ursache in höherem Maße Ursache, da sie auch anderem von ihrem Vermögen, das Folgende hervorzubringen, mitgeteilt hat. 57.  Alle Ursachen sind vor dem Verursachten tätig und ver­ leihen nach diesem noch mehr Seienden das Bestehen.1 Denn eine Ursache ist als Ursache vollkommener und vermögender als das, was nach ihr kommt.2 Ist dem so, verursacht die Ursache mehr, denn es geziemt einem größeren Vermögen mehr hervorzubringen, einem gleichen gleichviel und einem geringeren weniger. Ein Vermögen, das in Ähnlichen Größeres vermag, vermag darin auch Geringeres, doch ein Vermögen, das Geringeres vermag, wird nicht notwendigerweise auch Größeres

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I.  Metaphysische Kausalität

οὐκ ἐξ ἀνάγκης τὰ μείζω δυνήσεται. εἰ οὖν δυνατώτερον τὸ αἴτιον, πλειόνων ἐστὶ παρακτικόν. ἀλλὰ μὴν καὶ ὅσα δύναται τὸ αἰτιατόν, μειζόνως ἐκεῖνο δύ­να­ται· πᾶν γὰρ τὸ ὑπὸ τῶν δευτέρων παραγόμενον ὑπὸ τῶν προ­τέρων καὶ αἰτιωτέρων παράγεται μειζόνως· συνυϕίστησιν ἄρα αὐτῷ πάντα ὅσα πέϕυκε παράγειν· εἰ δὲ καὶ αὐτὸ πρό­τε­ ρον παράγει, δῆλον δήπουϑεν ὅτι πρὸ αὐτοῦ ἐνεργεῖ κατὰ τὴν παρακτικὴν αὐτοῦ ἐνέργειαν. ἅπαν ἄρα αἴτιον καὶ πρὸ τοῦ αἰτιατοῦ ἐνεργεῖ καὶ σὺν αὐτῷ καὶ μετ' αὐτὸ ἄλλα ὑϕίστη­ σιν. ἐκ δὴ τούτων ϕανερὸν ὅτι ὅσων μὲν αἰτία ψυχή, καὶ νοῦς αἴτιος, οὐχ ὅσων δὲ νοῦς, καὶ ψυχὴ αἰτία· ἀλλὰ καὶ πρὸ ψυ­ χῆς ἐνεργεῖ, καὶ ἃ δίδωσι ψυχὴ τοῖς δευτέροις, δίδωσι καὶ νοῦς μειζόνως, καὶ μηκέτι ψυχῆς ἐνεργούσης νοῦς ἐλλάμπει τὰς ἑαυτοῦ δόσεις, οἷς μὴ δέδωκε ψυχὴ ἑαυτήν. καὶ γὰρ τὸ ἄψυχον, καϑόσον εἴδους μετέσχε, νοῦ μετέχει καὶ τῆς τοῦ νοῦ ποιήσεως· καὶ δὴ καὶ ὅσων νοῦς αἴτιος, καὶ τὸ ἀγαϑὸν αἴτιον, οὐκ ἔμπαλιν δέ· καὶ γὰρ αἱ στερήσεις τῶν εἰδῶν ἐκεῖϑεν, πάντα γὰρ ἐκεῖϑεν, νοῦς δὲ στερήσεως ὑποστάτης οὐκ ἔστιν, εἶδος ὤν.

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58.  Πᾶν τὸ ὑπὸ πλειόνων αἰτίων παραγόμενον συν­ϑετώ­

τερόν ἐστι τοῦ ὑπὸ ἐλαττόνων παραγομένου. εἰ γὰρ πᾶν αἴτιον δίδωσί τι τῷ ἀπ' αὐτοῦ προιόντι, τὰ μὲν πλείονα αἴτια πλείονας ποιήσεται τὰς δόσεις, τὰ δὲ ἐλάττονα ἐλάττους· ὥστε καὶ τῶν μετασχόντων τὰ μὲν ἐκ πλειόνων ἔσται, τὰ δὲ ἐξ ἐλαττόνων, ὧν ἑκάτερα μετέσχε, τὰ μὲν διὰ τὴν ἐκ πλειόνων αἰτίων πρόοδον, τὰ δὲ διὰ τὴν ἐκ τῶν ἐλατ­ τόνων· τὰ δὲ ἐκ πλειόνων συνϑετώτερα, τὰ δὲ ἐξ ἐλαττόνων

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­ ermögen. Ist also eine Ursache vermögender, dann heißt das, v daß sie mehr hervorbringt. Ferner aber vermag jene Ursache auch in höherem Maße das, was das Verursachte vermag, denn alles, was von Späteren her­ vorgebracht wird, wird in höherem Maße von Früheren, die ursächlicher sind, hervorgebracht.3 Die Ursache verleiht folglich zusammen mit dem Verursachten demjenigen, in dessen Natur es liegt hervorzubringen, das Bestehen. Bringt hier nun auch, und zwar früher, die Ursache hervor, dann erhellt offensichtlich, daß die Ursache vor dem Verursachten tätig sein muß, nämlich ihrer das Verursachte hervorbringenden Tätigkeit nach. Jede Ursache ist also vor dem Verursachten und zusammen mit diesem tätig und verleiht zudem nach diesem noch anderen das Be­stehen. Hieraus leuchtet nun ein, daß von allem, wovon Seele Ursache ist, auch Denkvermögen Ursache ist, während nicht umgekehrt von allem, wovon Denkvermögen Ursache ist, auch Seele Ursache ist. Denkvermögen ist vielmehr auch schon vor der Seele tätig und das, was Seele dem Späteren gibt, gibt diesem auch Denkvermögen, und zwar in höherem Maße, und wo Seele bereits nicht mehr tätig ist, erleuchtet Denkvermögen mit seinen Gaben immer noch dasjenige, dem sich Seele nicht gegeben hat. Denn auch Unbeseeltes, sofern es der Form teilhaftig ist, hat am Denkvermögen und an der schaffenden Tätigkeit des Denkvermögens teil. So ist ebenfalls von allem, wovon Denkvermögen Ursache ist, auch das Gute Ursache, während das Umgekehrte nicht gilt. Denn auch die Beraubungen der Form stammen von jenem Guten (denn alles stammt von dort), während das Denkvermögen, da es Form ist, nicht imstande ist, einer solchen Beraubung Bestehen zu verleihen.4 58.  Alles von mehr Ursachen Hervorgebrachte ist zusammen­ gesetzter als das von weniger Ursachen Hervorgebrachte.1 Denn spendet jede Ursache dem aus ihr Hervortretenden etwas, dann spenden mehr Ursachen mehr Gaben und weniger Ursachen weniger Gaben, so daß einige der Teilhabenden aus mehr, andere aus weniger solcher bestehen, deren sie je teilhaftig geworden sind, nämlich dadurch, daß sie aus mehr bzw. weniger Ursachen hervortreten. Was aus mehr Ursachen hervor-

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τῶν αὐτῶν ἁπλούστερα. πᾶν ἄρα τὸ ὑπὸ πλειόνων αἰτίων παρ­ αγό­μενον συνϑετώτερον, τὸ δὲ ὑπὸ ἐλαττόνων ἁπλούστερον, ὧν γὰρ ϑάτερον μετέχει, καὶ ϑάτερον, ἀλλ' οὐκ ἔμπαλιν. 59.  Πᾶν τὸ ἁπλοῦν κατ' οὐσίαν ἢ κρεῖττόν ἐστι τῶν συν­

ϑέτων ἢ χεῖρον. εἰ γὰρ τὰ ἄκρα τῶν ὄντων ὑπὸ ἐλαττόνων καὶ ἁπλουστέρων παράγεται, τὰ δὲ μέσα ὑπὸ πλειόνων, ταῦτα μὲν ἔσται σύν­ ϑετα, τὰ δὲ ἄκρα τὰ μὲν κατὰ τὸ κρεῖττον ἁπλούστερα, τὰ δὲ κατὰ τὸ χεῖρον. ἀλλὰ μὴν ὅτι τὰ ἄκρα ὑπὸ ἐλαττόνων παρ­άγε­ται, δῆλον, διότι τὰ ἀνωτέρω καὶ ἄρχεται πρὸ τῶν κατα­δεεστέ­ρων καὶ ὑπερεκτείνεται αὐτῶν ἐϕ' ἃ μὴ πρόεισιν ἐκεῖνα δι' ὕϕεσιν δυνάμεως· διὰ γὰρ τοῦτο καὶ τὸ ἔσχατον τῶν ὄντων ἁπλούστατον, ὥσπερ τὸ πρῶτον, ὅτι ἀπὸ μόνου πρόεισι τοῦ πρώτου· ἀλλ' ἡ ἁπλότης ἡ μὲν κατὰ τὸ κρεῖττόν ἐστι πάσης συνϑέσεως, ἡ δὲ κατὰ τὸ χεῖρον. καὶ ἐπὶ πάντων ὁ αὐτός ἔστω55 λόγος.

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60.  Πᾶν τὸ πλειόνων αἴτιον κρεῖττόν ἐστι τοῦ πρὸς ἐλάτ­

τονα τὴν δύναμιν λαχόντος καὶ μέρη παράγοντος ὧν ϑάτερον ὅλων ὑποστατικόν ἐστιν. εἰ γὰρ τὸ μὲν ἐλαττόνων, τὸ δὲ πλειόνων αἴτιον, μέρη δὲ τὰ ἕτερα τῶν ἑτέρων, ἃ μὲν ποιεῖ ϑάτερον, καὶ τὸ λοιπὸν ποιήσει, τὸ τῶν πλειόνων ὑποστατικόν, ἃ δὲ τοῦτο παράγει, τούτων οὐ πάντων ἐστὶν ἐκεῖνο παρακτικόν· δυνατώτερον ἄρα καὶ περιληπτικώτερον. ὡς γὰρ τὸ προελϑὸν πρὸς τὸ προ­ ελϑόν, οὕτω τὸ παραγαγὸν πρὸς τὸ παραγαγόν, κατ' ἄλ­λη­ λα ληϕϑέντα, τὸ δὲ πλείω δυνάμενον μείζονα δύναμιν ἔχει καὶ ὁλικωτέραν· τοῦτο δέ ἐγγυτέρω τῆς πάντων αἰτίας· τὸ

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ἔστω :  D. ἐστι



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tritt, ist zusammengesetzter, was aus weniger Ursachen hervortritt, ist einfacher. Alles von mehr Ursachen Hervorgebrachte ist folglich zusammengesetzter und alles von weniger Ursachen Hervorgebrachte ist einfacher; woran nämlich dieses teilhat, hat auch jenes teil, während das Umgekehrte nicht gilt. 59.  Alles seinem Wesen nach Einfache ist entweder stärker oder schwächer als das Zusammengesetzte. Denn werden die äußersten Seienden durch weniger und einfachere Ursachen, die mittleren aber durch mehr hervorge­bracht, dann müssen die mittleren zusammengesetzt und die äußersten Seienden entweder in stärkerem oder in geringerem Sinne einfacher sein.1 Daß jedoch die äußersten Seienden in der Tat durch weniger Ursachen hervorgebracht werden, ist klar, weil ja die höheren Ursachen vor den Schwächeren anfangen und sich auch weiter als diese erstrecken, nämlich bis dorthin, wohin die schwächeren Ursachen in ihrem Hervortreten durch Abstufung ihres Vermögens nicht mehr reichen.2 Das letzte der Seienden ist nämlich genau wie das erste der Seienden dadurch möglichst einfach, daß es nur aus dem Ersten hervortritt. Diese Einfachheit jedoch ist im einen Fall stärker als jede Zusammensetzung, im anderen aber schwächer. Und dasselbe Argument muß auch für alle anderen Seienden gelten.3 60.  Alles, was mehr verursacht, ist stärker als die Ursache, die ein auf weniger angelegtes Vermögen erhalten hat und Teile der­ jenigen hervorbringt, denen als Ganzen die andere Ursache das Bestehen verleiht.1 Denn verursacht die eine Ursache weniger und die andere mehr und ist das eine Teil des anderen, dann muß das, was die eine Ursache herstellt, auch von der anderen Ursache – von jener nämlich, die an mehr das Bestehen verleiht – hergestellt werden, während umgekehrt nicht alles, was diese hervorbringt, auch von jener hervorgebracht wird. Diese Ursache ist folglich mächtiger und umfassender. Es verhält sich nämlich das eine Hervortretende zum anderen wie das eine Hervorbringende zum anderen, wenn diese aufeinander bezogen werden. Die Ursache, die mehr vermag, besitzt ein größeres und ganzheitlicheres Vermögen; diese freilich ist der Ursache von allem näher.2 Und je

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δὲ ἐγ­γυτέρω ταύτης μειζόνως ἐστὶν ἀγαϑόν, εἴπερ αὕτη τὸ ἀγαϑόν. τὸ ἄρα πλειόνων αἴτιον κατ' οὐσίαν κρεῖττον ὑπάρχει τοῦ ἐλάττονα παράγοντος. 5

61.  Πᾶσα δύναμις ἀμέριστος μὲν οὖσα μείζων ἐστί, με­ρι­

ζομένη δὲ ἐλάττων. εἰ γὰρ μερίζεται, πρόεισιν εἰς πλῆϑος· εἰ δὲ τοῦτο, πορ­ρω­ τέρω γίνεται τοῦ ἑνός· εἰ δὲ τοῦτο, ἐλάττω δυνήσεται, τοῦ ἑνὸς καὶ τοῦ συνέχοντος αὐτὴν ἀϕισταμένη· καὶ ἀτελής, εἴπερ τὸ ἑκάστου ἀγαϑὸν ὑπάρχει κατὰ τὴν ἕνωσιν.

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62.  Πᾶν πλῆϑος ἐγγυτέρω τοῦ ἑνὸς ὂν ποσῷ μέν ἐστι τῶν

πορρωτέρω ἔλαττον, τῇ δυνάμει δὲ μεῖζον. ὅμοιον γὰρ τῷ ἑνὶ μᾶλλον τὸ ἐγγύτερον, τὸ δὲ ἓν πάντων ἦν ὑποστατικὸν ἀπληϑύντως· τὸ ἄρα ὁμοιότερον αὐτῷ, πλειό­ νων αἴ­τιον ὑπάρχον, εἴπερ ἐκεῖνο πάντων, ἑνοειδέστερον ἔσται καὶ ἀμε­ρι­στότερον, εἴπερ ἐκεῖνο ἕν. ὡς μὲν οὖν ἑνὶ τὸ ἧττον πε­πληϑυ­σμένον μᾶλλον συγγενές, ὡς δὲ πάντων αἰτίῳ τὸ πλειό­νων παρακτικόν, τοῦτο δέ δυνατώτερον. ἐκ δὴ τούτων ϕανερὸν ὅτι πλείους μὲν αἱ σωματικαὶ ϕύσεις τῶν ψυχῶν, πλείους δὲ αὗται τῶν νόων, οἱ δὲ νόες πλείους τῶν ϑείων ἑνάδων· καὶ ἐπὶ πάντων ὁ αὐτὸς λόγος.

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63.  Πᾶν τὸ ἀμέϑεκτον διττὰς ὑϕίστησι τῶν μετεχομένων

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τὰς τάξεις, τὴν μὲν ἐν τοῖς ποτὲ μετέχουσι, τὴν δὲ ἐν τοῖς ἀεὶ καὶ συμϕυῶς μετέχουσι. τῷ γὰρ ἀμεϑέκτῳ τὸ ἀεὶ μετεχόμενον ὁμοιότερον ἢ τὸ ποτέ· πρὶν ἄρα ὑποστῇ τὸ ποτὲ μεϑεκτόν, τὸ ἀεὶ μεϑεκτὸν ὑποστήσεται, τῷ μὲν μετέχεσϑαι τοῦ μετ' αὐτὸ μὴ διενεγκόν,

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näher sie dieser ist, in desto höherem Maße ist sie gut, weil ja jene Ursache das Gute ist. Was mehr verursacht, ist folglich seinem Wesen nach stärker als die weniger hervorbringende Ursache. 61.  Jedes Vermögen ist größer, falls ungeteilt, und geringer, falls es sich teilen läßt.1 Denn läßt sich ein Vermögen teilen, tritt es zur Vielheit hervor. Das heißt, es entfernt sich vom Einen. Das wiederum heißt, es wird weniger vermögen, da es weiter von dem Einen absteht, von dem es zusammengehalten wird. Und es wird unvollkommen sein, da das Gute eines jeden in der Vereinung besteht.2 62.  Alle dem Einen nähere Vielheit ist hinsichtlich der Quan­ tität geringer, hinsichtlich des Vermögens jedoch größer als die dem Einen ferneren Vielheiten.1 Denn eine dem Einen nähere Vielheit ähnelt diesem mehr; und das Eine war dasjenige, das ohne Vervielfältigung allem Be­ stehen verleiht.2 Folglich muß die Vielheit, die dem Einen mehr ähnelt und Ursache von mehr ist, da das Eine Ursache von allem ist, einsartiger und ungeteilter sein, da das Eine eins ist. Sofern also das Eine eins ist, ist die weniger vervielfältigte Vielheit dem ­Einen verwandter, sofern jedoch das Eine Ursache von allem ist, ist ihm die mehr hervorbringende Vielheit, das heißt die mächtigere Vielheit verwandter. Hieraus leuchtet nun ein, daß es mehr körperliche Naturen als Seelen, mehr Seelen als Denkvermögen und mehr Denkvermögen als göttliche Henaden gibt. Dasselbe Argument gilt für alles andere. 63. Alles Unteilnehmbare verleiht zwei Ordnungen von solchen, an denen teilgenommen wird, das Bestehen, nämlich ­jener Ordnung, die in den manchmal Teilhabenden, und jener ­Ordnung, die in den immer und naturgemäß Teilhabenden be­ steht.1 Denn das immer Teilgenommene ist dem Unteilnehmbaren ähnlicher als das manchmal Teilgenommene.2 Bevor das manchmal Teilnehmbare besteht, muß das immer Teilnehmbare bestehen, das sich zwar, sofern an ihm teilgenommen wird, nicht

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τῷ δὲ ἀεὶ συγγενέστερον ὂν τῷ ἀμεϑέκτῳ καὶ ὁμοιότερον. καὶ οὔτε μόνα ἔστι τὰ ποτὲ μετεχόμενα, πρὸ γὰρ τούτων τὰ ἀεὶ μετεχόμενα, δι' ὧν καὶ ταῦτα συνδεῖται κατά τινα πρόοδον εὔτακτον τοῖς ἀμεϑέκτοις· οὔτε μόνα τὰ ἀεὶ μετεχόμενα, καὶ γὰρ ταῦτα, δύναμιν ἔχοντα ἄσβεστον, εἴπερ ἀεὶ ἔστιν, ἄλλων ἐστὶν οἰστικὰ τῶν ποτὲ μετεχομένων· καὶ μέχρι τούτων ἡ ὕϕεσις. ἐκ δὴ τούτων ϕανερὸν ὅτι καὶ αἱ ἀπὸ τοῦ ἑνὸς ἑνώσεις ἐλλαμπόμεναι τοῖς οὖσιν αἱ μὲν ἀεὶ μετέχονται, αἱ δὲ ποτέ, καὶ αἱ νοεραὶ μεϑέξεις διτταὶ ὡσαύτως, καὶ αἱ τῶν ψυχῶν ψυχώσεις, καὶ αἱ τῶν ἄλλων εἰδῶν ὁμοίως· καὶ γὰρ τὸ κάλλος καὶ ἡ ὁμοιότης καὶ ἡ στάσις καὶ ἡ ταυτότης, ἀμέϑεκτα ὄντα, ὑπό τε τῶν ἀεὶ μετεχόντων μετέχεται καὶ ὑπὸ τῶν ποτὲ δευ­ τέρως κατὰ τὴν αὐτὴν τάξιν.

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64.  Πᾶσα ἀρχικὴ μονὰς διττὸν ὑϕίστησιν ἀριϑμόν, τὸν μὲν

αὐτοτελῶν ὑποστάσεων, τὸν δὲ ἐλλάμψεων ἐν ἑτέροις τὴν ὑπό­στασιν κεκτημένων. εἰ γὰρ καϑ' ὕϕεσιν ἡ πρόοδος διὰ τῶν οἰκείων τοῖς ὑπο­ στα­τικοῖς αἰτίοις, καὶ ἀπὸ τῶν παντελῶν56 τὰ τέλεια καὶ διὰ τούτων μέσων τὰ ἀτελῆ πρόεισιν εὐτάκτως· αἱ57 μὲν ἔσονται αὐτοτελεῖς ὑποστάσεις, αἱ δὲ ἀτελεῖς· καὶ αὗται μὲν γίνονται εἴδη58 τῶν μετεχόντων, ἀτελεῖς γὰρ οὖσαι δέονται τῶν ὑπο­ κειμένων εἰς τὴν ἑαυτῶν ὕπαρξιν· αἱ δὲ ἑαυτῶν ποιοῦσι τὰ μετέχοντα, τέλειαι γὰρ οὖσαι πληροῦσι μὲν ἑαυτῶν ἐκεῖνα καὶ ἑδράζουσιν ἐν ἑαυταῖς, δέονται δὲ οὐδὲν τῶν καταδεεστέρων εἰς τὴν ὑπόστασιν τὴν ἑαυτῶν. αἱ μὲν οὖν αὐτοτελεῖς ὑποστάσεις, διὰ τὴν εἰς πλῆϑος διά­κρισιν ἠλαττωμέναι τῆς ἀρχικῆς αὐτῶν μονάδος, διὰ τὴν

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παντελῶν :  D. παντελείων αἱ :  D. ὥστε αἱ 58 εἴδη :  D. ἤδη 57



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vom Späteren unterscheidet, sofern dieses aber immer geschieht, dem Unteilnehmbaren freilich verwandter und ähnlicher ist. Weder gibt es nur die manchmal Teilgenommen  – ihnen gehen nämlich die immer Teilgenommenen vorher, wodurch sie in einem wohlgeordneten Hervortreten mit den Un­teil­nehm­ baren verbunden werden –, noch gibt es nur die immer Teilgenommenen, denn diese sind, da sie immer sind, im Besitz eines ­unerschöpflichen Vermögens und bringen andere mit, näm­ lich die manchmal Teilgenommenen. Bis hierher reicht auch die Abstufung. Hieraus leuchtet nun ein, daß an einigen der Vereinungen, die die Seienden vom Einen her erleuchten, immer teil­genommen wird, an anderen manchmal und daß es ebenso auch zwei gedankliche Teilhaben gibt, zwei Beseelungen der Seelen und ebenfalls zwei Teilhaben an den anderen Formen. Denn auch an Schönheit, Ähnlichkeit, Ruhe und Identität, die doch unteilnehmbar sind,3 wird sowohl von den immer Teilhabenden als auch von den später in derselben Ordnung manchmal Teil­ habenden teilgenommen. 64. Jede ursprüngliche Monade verleiht einer zweifachen Zahl das Bestehen; die eine besteht aus solchen, die ein selbstvoll­ kommenes Bestehen sind, die andere aus Erleuchtungen, die in anderem das Bestehen besitzen.1 Denn findet das Hervortreten als eine Abstufung durch solche statt, die den bestehengebenden Ursachen verwandt sind, dann treten wohlgeordnet aus den schlechthin Vollkommenen die Vollkommenen und durch deren Vermittlung die Unvollkommenen hervor.2 Die einen werden dann ein selbstvollkommenes und die anderen ein unvollkommenes Bestehen sein. Letztere werden hier zu Formen der Teilhabenden – da sie in ihrer Unvollkommenheit eines Unterliegenden zu ihrem Dasein bedürfen –,3 während sich erstere die Teilhabenden aneignen, denn in ihrer Vollkommenheit erfüllen sie die Teilhabenden mit sich selbst und gründen diese in sich selbst, während sie zu ihrem eigenen Bestehen nicht eines Schwächeren bedürfen.4 Jedes selbstvollkommene Bestehen nun, obwohl es, indem es sich zur Vielheit unterschieden hat, geringer als seine ursprüngliche Monade geworden ist, ähnelt dieser Monade hinsichtlich

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αὐτο­τελῆ ὕπαρξιν ὁμοιοῦνταί πῃ πρὸς ἐκείνην· αἱ δὲ ἀτελεῖς καὶ τῷ ἐν ἄλλοις εἶναι τῆς καϑ' αὑτὴν ὑϕεστώσης καὶ τῷ ἀτελεῖ τῆς πάντα τελειούσης ἀϕεστήκασιν· αἱ δὲ πρόοδοι διὰ τῶν ὁμοίων ἄχρι τῶν πάντῃ ἀνομοίων. διττὸν ἄρα ὑϕίστησιν ἀριϑμὸν ἑκάστη τῶν ἀρχικῶν μονάδων. ἐκ δὴ τούτων ϕανερὸν ὅτι καὶ ἑνάδες αἱ μὲν αὐτοτελεῖς ἀπὸ τοῦ ἑνὸς προῆλϑον, αἱ δὲ ἐλλάμψεις ἑνώσεων· καὶ νόες οἱ μὲν οὐσίαι αὐτοτελεῖς, οἱ δὲ νοεραί τινες τελειότητες· καὶ ψυχαὶ αἱ μὲν ἑαυτῶν οὖσαι, αἱ δὲ τῶν ψυχουμένων, ἰνδάλματα καὶ59 μόνον οὖσαι ψυχῶν. καὶ οὕτως οὔτε πᾶσα ἑνὰς60 ϑεός, ἀλλ' ἡ αὐτοτελὴς ἑνάς, οὔτε πᾶσα νοερὰ ἰδιότης νοῦς, ἀλλ' ἡ οὐσιώδης μόνον, οὔτε πᾶσα ψυχῆς ἔλλαμψις ψυχή, ἀλλ' ἔστι καὶ τὰ εἴδωλα τῶν ψυχῶν. 65.  Πᾶν τὸ ὁπωσοῦν ὑϕεστὼς ἢ κατ' αἰτίαν ἔστιν ἀρχοει­

δῶς ἢ καϑ' ὕπαρξιν ἢ κατὰ μέϑεξιν εἰκονικῶς. ἢ γὰρ ἐν τῷ παράγοντι τὸ παραγόμενον ὁρᾶται, ὡς ἐν αἰ­ τίᾳ προυπάρχον, διότι πᾶν τὸ αἴτιον ἐν ἑαυτῷ τὸ αἰ­τια­τὸν προ­εί­ληϕε, πρώτως ὂν ὅπερ ἐκεῖνο δευτέρως· ἢ ἐν τῷ παραγο­ μένῳ τὸ παράγον, καὶ γὰρ τοῦτο, μετέχον τοῦ παράγοντος, ἐν ἑαυτῷ δείκνυσι δευτέρως ὃ τὸ παράγον ὑπάρχει πρώτως· ἢ κατὰ τὴν ἑαυτοῦ τάξιν ἕκαστον ϑεωρεῖται, καὶ οὔτε ἐν τῷ αἰτίῳ οὔτε ἐν τῷ ἀποτελέσματι· τὸ μὲν γὰρ ἔστι κρειττόνως ἢ ἔστι, τὸ δὲ χειρόνως ἢ ἔστι, δεῖ δέ που εἶναι καὶ ὅ ἐστιν· ἔστι δὲ καϑ' ὕπαρξιν ἐν τῇ ἑαυτοῦ τάξει ἕκαστον.

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ἰνδάλματα καὶ μόνον :  D. ὡς ἰνδάλματα μόνον ἑνάς :  D. ἕνωσις



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des selbstvollkommenen Daseins in gewisser Hinsicht. Dagegen entfernt sich jedes unvollkommene Bestehen sowohl dadurch von der Monade, daß es in anderem ist, während die Monade in sich selbst besteht, als auch dadurch, daß es selbst unvollkommen ist, während die Monade alles vervollkommnet. Das Hervortreten erreicht vermittelst der Ähnlichen die in jeder Hinsicht Unähnlichen. Folglich verleiht jede ursprüngliche Monade einer zweifachen Zahl das Bestehen. Hieraus leuchtet nun ein, daß manche Henaden selbstvollkommen aus dem Einen hervorgetreten sind, während andere Erleuchtungen von Vereinungen sind, und daß manche Denkvermögen ein selbstvollkommenes Wesen sind, andere aber bestimmte gedankliche Vollkommenheiten, und daß manche Seelen sich selbst gehören, andere aber dem Beseelten und eigentlich nur Abbilder von Seelen sind. Demzufolge ist auch nicht jede Henade Gott, sondern nur die selbstvollkommene Henade, ist nicht jede gedankliche Eigenschaft Denkvermögen, sondern nur die wesentliche Eigenschaft, und ist auch nicht jede Erleuchtung einer Seele selbst Seele, sondern gibt es auch Bilder der Seelen. 65.  Alles irgendwie Bestehende ist entweder der Ursache ent­ sprechend in der Weise des Ursprungs oder als selbständiges Da­ sein oder der Teilhabe entsprechend in der Weise des Bildes.1 Denn entweder läßt sich das Hervorgebrachte im Hervorbringenden betrachten, sofern es in der Ursache vorher da ist, weil jede Ursache in sich selbst das Verursachte schon vorher begriffen hat, da sie ja zuerst ist, was das Verursachte später ist; oder es läßt sich das Hervorbringende im Hervorgebrachten betrachten, denn auch dieses zeigt, da es am Hervorbringenden teilhat, in sich selbst später auf, was das Hervorbringende zuerst ist; oder es wird jedes in seiner eigenen Ordnung besehen, also weder in seiner Ursache noch in seinem Erzeugten, denn seine Ursache ist stärker, sein Erzeugtes jedoch schwächer als es selbst, während es auch irgendwo das sein muß, was es ist: als selbständiges Dasein besteht ein jedes in seiner eigenen Ordnung.

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I.  Metaphysische Kausalität

66.  Πάντα τὰ ὄντα πρὸς ἄλληλα ἢ ὅλα ἐστὶν ἢ μέρη ἢ

ταὐτὰ ἢ ἕτερα. ἢ γὰρ περιέχει ϑάτερα, περιέχεται δὲ τὰ λοιπά· ἢ οὔτε περι­έχει οὔτε περιέχεται, καὶ ἢ ταὐτόν τι πέπονϑεν, ὡς ἑνὸς μετ­έχοντα, ἢ διακέκριται ἀλλήλων. ἀλλ' εἰ μὲν περιέχει, ὅλα ἂν εἴη, εἰ δὲ περιέχοιτο, μέρη· εἰ δ' ἑνὸς τὰ πολλὰ μετέχοι, ταὐτά ἐστι κατὰ τὸ ἕν, εἰ δὲ πλείω μόνον εἴη, ἕτερα ἀλλήλων ταύτῃ, καϑὸ πολλά ἐστιν. 67.  Πᾶσα ὁλότης ἢ πρὸ τῶν μερῶν ἐστιν ἢ ἐκ τῶν μερῶν

ἢ ἐν τῷ μέρει. ἢ γὰρ ἐν τῇ αἰτίᾳ τὸ ἑκάστου ϑεωροῦμεν εἶδος, καὶ ὅλον ἐκεῖνο πρὸ τῶν μερῶν λέγομεν, τὸ ἐν τῷ αἰτίῳ προυποστάν· ἢ ἐν τοῖς μετέχουσιν αὐτοῦ61 μέρεσι, καὶ τοῦτο διχῶς, ἢ γὰρ ἐν ἅπασιν ὁμοῦ τοῖς μέρεσι, καὶ ἔστι τοῦτο ἐκ τῶν μερῶν ὅλον, οὗ καὶ ὁτιοῦν μέρος ἀπὸν ἐλαττοῖ τὸ ὅλον· ἢ ἐν ἑκάστῳ τῶν μερῶν, ὡς καὶ τοῦ μέρους κατὰ μέϑεξιν τοῦ ὅλου62 γεγονότος, ὃ καὶ ποιεῖ τὸ μέρος εἶναι ὅλον μερικῶς. καϑ' ὕπαρξιν μὲν οὖν ὅλον τὸ ἐκ τῶν μερῶν, κατ' αἰτίαν δὲ τὸ πρὸ τῶν μερῶν, κατὰ μέϑεξιν δὲ τὸ ἐν τῷ μέρει· καὶ γὰρ τοῦτο κατ' ἐσχάτην ὕϕεσιν ὅλον, ᾗ μιμεῖται τὸ ἐκ τῶν μερῶν ὅλον, ὅταν μὴ τὸ τυχὸν ᾖ μέρος, ἀλλὰ τῷ ὅλῳ δυνάμενον ἀϕομοιοῦσϑαι, οὗ καὶ τὰ μέρη ὅλα ἐστίν. 68.  Πᾶν τὸ ἐν τῷ μέρει ὅλον μέρος ἐστὶ τοῦ ἐκ τῶν μερῶν

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ὅλου. εἰ γὰρ μέρος ἐστίν, ὅλου τινός ἐστι μέρος, καὶ ἤτοι τοῦ ἐν αὐτῷ ὅλου, καϑ' ὃ λέγεται ἐν τῷ μέρει ὅλον, ἀλλ' οὕτως αὐτὸ ἑαυτοῦ μέρος, καὶ ἴσον τῷ ὅλῳ τὸ μέρος ἔσται, καὶ ταὐτὸν 30

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αὐτοῦ :  D. αὐτῆς τοῦ ὅλου :  D. τοῦ 〈ὅλου〉 ὅλου



Von den kausalen Verhältnissen

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66.  Alle Seienden verhalten sich zueinander entweder als Ganze oder als Teile oder als identisch oder als unterschieden.1 Denn entweder umfassen die einen Seienden, während die übrigen umfaßt werden, oder kein Seiendes umfaßt und keines wird umfaßt, und diesfalls haben sie entweder etwas Identisches angenommen, indem sie an einem teilhaben, oder sie sind voneinander unterschieden. Umfassen Seiende allerdings, müssen sie Ganze sein, und werden sie umfaßt, Teile.2 Gibt es jedoch eines, an dem viele Seiende teilhaben, sind diese unter der ­Hinsicht dieses einen identisch. Sind die Seienden aber bloß Vielheit, dann sind sie voneinander unterschieden, insofern sie viele sind.3 67.  Jede Ganzheit ist entweder vor den Teilen oder aus den Teilen oder in dem Teil.1 Denn wir können die Form eines jeden entweder in seiner Ursache anschauen, und dann nennen wir diese Form, die in der Ursache vorherbesteht, ein Ganzes-vor-den-Teilen, oder in den an dieser Ursache teilhabenden Teilen und dies wiederum auf zweifache Weise, entweder nämlich als die Form, die in allen Teilen zusammen ist, und dann ist sie ein Ganzes-aus-den-Teilen, wobei das Fehlen eines Teils die Verringerung des Ganzen zur Folge hat, oder als die Form in jedem der Teile, da auch der Teil durch Teilhabe jenes Ganze geworden ist, das jeden Teil als ein Ganzes in der Weise eines Teils herstellt.2 Als selbständiges Dasein ganz ist somit das Ganze-aus-denTeilen, der Ursache entsprechend ganz das Ganze-vor-den-Teilen, der Teilhabe entsprechend ganz ist schließlich das Ganzein-dem-Teil, denn auch dieses ist ein Ganzes, allerdings auf der letzten Ebene, insofern es nämlich das Ganze-aus-den-Teilen nachahmt, gesetzt, daß es kein beliebiger Teil ist, sondern ein Teil, der sich dem Ganzen, von dem auch die Teile Ganze sind, anzuähneln vermag. 68.  Jedes Ganze-in-dem-Teil ist Teil des Ganzen-aus-denTeilen.1 Denn ist es ein Teil, dann ist es Teil eines Ganzen, das heißt entweder des Ganzen in ihm, wodurch es ja Ganzes-in-dem-Teil genannt wird – so wird es jedoch Teil von sich selbst sein, sind Teil und Ganzes einerlei und somit beide identisch –, oder es ist

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I.  Metaphysische Kausalität

ἑκάτερον· ἢ ἄλλου τινὸς ὅλου· καὶ εἰ ἄλλου, ἢ μόνον ἐστὶν ἐκείνου μέρος, καὶ οὕτως οὐδὲν ἂν πάλιν τοῦ ὅλου διαϕέροι, ἑνὸς ὄντος ἓν ὂν μέρος· ἢ μεϑ' ἑτέρου, παντὸς γὰρ ὅλου τὰ μέρη πλείω ἑνός, κἀκεῖνο ἔσται, ἐκ πλειόνων ὄν, ὅλον ἐκ τῶν μερῶν ἐξ ὧν ἐστι· καὶ οὕτω τὸ ἐν τῷ μέρει ὅλον τοῦ ἐκ τῶν μερῶν ἐστι μέρος.

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69.  Πᾶν τὸ ἐκ τῶν μερῶν ὅλον μετέχει τῆς πρὸ τῶν μερῶν

ὁλότητος. εἰ γὰρ ἐκ μερῶν ἐστι, πεπονϑός ἐστι τὸ ὅλον, τὰ γὰρ μέρη ἓν γενόμενα τὸ ὅλον διὰ τὴν ἕνωσιν πέπονϑε, καὶ ἔστιν ὅλον ἐν μὴ ὅλοις τοῖς μέρεσι. παντὸς δὲ τοῦ μετεχομένου προυϕέστηκε τὸ ἀμέϑεκτον· ἡ ἄρα ἀμέϑεκτος ὁλότης προυπάρχει τῆς μετ­ εχο­μένης· ἔστιν ἄρα τι εἶδος ὁλότητος πρὸ τοῦ ἐκ τῶν μερῶν ὅλου, ὃ οὐ πεπονϑός ἐστι τὸ ὅλον, ἀλλ' αὐτοολότης, ἀϕ' ἧς ἡ ἐκ τῶν μερῶν ὁλότης. ἐπεὶ καὶ τὸ μὲν ἐκ τῶν μερῶν ὅλον πολλαχοῦ καὶ ἐν πολλοῖς ἐστιν, ἐν ἄλλοις καὶ ἄλλοις63 ἐκ μερῶν οὖσι, τοῖς μὲν ἄλλων, τοῖς δὲ ἄλλων, δεῖ δὲ εἶναι καὶ64 τὴν μονάδα πασῶν τῶν ὁλο­ τήτων καϑ' αὑτήν· οὔτε γὰρ εἰλικρινὲς ἕκαστον τῶν ὅλων τούτων, ἐπιδεὲς ὂν τῶν μερῶν ἐξ ὧν ἐστιν οὐχ ὅλων ὄντων· οὔτε ἐν τινὶ γεγονὸς τοῖς ἄλλοις ἅπασιν αἴτιον εἶναι δύναται τοῦ εἶναι ὅλοις· τὸ ἄρα τοῦ ὅλοις εἶναι τοῖς ὅλοις ἅπασιν αἴτιον πρὸ τῶν μερῶν ἐστιν· εἰ γὰρ καὶ τοῦτο ἐκ τῶν μερῶν, τὶ ὅλον ἔσται καὶ οὐχ ἁπλῶς ὅλον, καὶ πάλιν τοῦτο ἐξ ἄλλου, καὶ ἢ εἰς ἄπειρον ἢ ἔσται τὸ πρώτως ὅλον, οὐκ ἐκ μερῶν ὅλον, ἀλλ' ὅ ἐστιν ὁλότης ὄν.

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ἄλλοις :  D. ἐν ἄλλοις καὶ :  von D. ausgelassen



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Teil eines anderen Ganzen. Ist es allerdings Teil eines anderen Ganzen, ist es entweder der einzige Teil dieses Ganzen, und so wird es sich wiederum in nichts vom Ganzen unterscheiden, da es der eine Teil eines Ganzen ist, das eins ist, oder es ist Teil mit einem anderen Teil – jedes Ganze hat nämlich mehr als einen Teil –, und dann wird jenes Ganze, da es aus mehreren Teilen ­besteht, ein Ganzes-aus-den-Teilen sein, aus denen es besteht. Und so ist das Ganze-in-dem-Teil Teil des Ganzen-aus-denTeilen. 69.  Jedes Ganze-aus-den-Teilen hat an der Ganzheit-vorden-Teilen teil.1 Denn ist es aus Teilen, dann hat es das Ganzsein angenommen – diese Teile nämlich, die eins werden, nehmen kraft einer Ver­ einung das Ganzsein an – und ist ein Ganzes-aus-den-Teilen, die nicht selbst Ganzes sind. Ferner besteht vor allem Teilgenommenen das Unteilnehmbare. Die unteilnehmbare Ganzheit ist folglich vor der teilgenommenen Ganzheit da. Es gibt also eine bestimmte Form der Ganzheit vor dem Ganzen-aus-den-Teilen, die nicht dadurch Ganzes ist, daß sie das Ganzsein angenommen hat, sondern Selbstganzheit ist, von der die Ganzheit-aus-denTeilen stammt.2 Dies ergibt sich auch wie folgt. Das Ganze-aus-den-Teilen ist an vielen Orten und in vielen Ganzen, das heißt in immer ver­ schiedenen Ganzen-aus-den-Teilen, die wiederum aus immer verschiedenen Teilen bestehen, es muß jedoch auch die an sich bestehende Monade aller Ganzheiten geben. Denn weder ist eines dieser Ganzen rein Ganzes, da es der Teile bedarf, aus denen es besteht und die nicht selbst ein Ganzes sind, noch kann es, sofern es in etwas entsteht, Ursache des Ganzseins für alle Ganzen sein. Das Ganze, das die Ursache des Ganzseins aller Ganzen ist, besteht folglich vor den Teilen. Bestünde nämlich auch dieses Ganze wieder aus Teilen, wäre es ein bestimmtes Ganzes und nicht Ganzes schlechthin, und dann müßte es wieder von einem anderen Ganzen stammen und so weiter bis ins Unendliche, es sei denn, es gibt ein zuerst Ganzes, das kein Ganzes aus Teilen ist, sondern ist, was Ganzheit ist.

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I.  Metaphysische Kausalität

70.  Πᾶν τὸ ὁλικώτερον ἐν τοῖς ἀρχηγικοῖς καὶ πρὸ τῶν

με­ρι­κῶν εἰς τὰ μετέχοντα ἐλλάμπει καὶ δεύτερον ἐκείνων ἀπο­λεί­πει τὸ μετασχόν. καὶ γὰρ ἄρχεται πρὸ τοῦ μετ' αὐτὸ τῆς ἐνεργείας τῆς εἰς τὰ δεύτερα, καὶ σὺν τῇ ἐκείνου παρουσίᾳ πάρεστι, καὶ ἐκείνου μηκέτι ἐνεργοῦντος ἔτι πάρεστι καὶ ἐνεργεῖ τὸ αἰτιώτερον· καὶ οὐκ ἐν διαϕόροις μόνον ὑποκειμένοις, ἀλλὰ καὶ ἐν ἑκάστῳ τῶν ποτὲ μετεχόντων. δεῖ γὰρ, εἰ τύχοι, γενέσϑαι πρῶτον ὄν, εἶτα ζῶον, εἶτα ἄνϑρωπον· καὶ ἄνϑρωπος οὐκέτι ἔστιν ἀπο­ λειπούσης65 τῆς λογικῆς δυνάμεως, ζῶον δὲ ἔστιν ἐμπνέον καὶ αἰσϑανόμενον, καὶ τοῦ ζῆν πάλιν ἀπολιπόντος μένει τὸ ὄν, καὶ γὰρ ὅταν μὴ ζῇ τὸ εἶναι πάρεστι· καὶ ἐπὶ πάντων ὡσαύτως. αἴτιον δέ, ὅτι δραστικώτερον ὑπάρχον τὸ αἰτιώτερον πρό­τε­ ρον εἰς τὸ μετέχον ἐνεργεῖ, τὸ γὰρ αὐτὸ ὑπὸ τοῦ δυ­να­τω­τέ­ρου πάσχει προτέρου· καὶ τοῦ δευτέρου πάλιν ἐνεργοῦντος κἀκεῖνο συνεργεῖ, διότι πᾶν, ὅπερ ἂν ποιῇ τὸ δεύτερον, συν­απο­γεννᾷ τοῦτο66 καὶ τὸ αἰτιώτερον· καὶ ἀπολειπόντος67 ἐκείνου τοῦτο ἔτι πάρεστιν· ἡ γὰρ τοῦ δυνατωτέρου μετάδοσις, δρῶσα μει­ ζόνως, ὑστέρα τὸ μετασχὸν ἀπολείπει, καὶ γὰρ διὰ τῆς τοῦ δευτέρου μεταδόσεως τὴν ἑαυτῆς ἔλλαμψιν ἐδυνάμωσεν.

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71.  Πάντα τὰ ἐν τοῖς ἀρχηγικοῖς αἰτίοις ὁλικωτέραν καὶ

ὑπερτέραν τάξιν ἔχοντα ἐν τοῖς ἀποτελέσμασι κατὰ τὰς ἀπ' αὐτῶν ἐλλάμψεις ὑποκείμενά πως γίνεται ταῖς τῶν με­ρι­κω­ τέ­ρων μεταδόσεσι, καὶ αἱ μὲν ἀπὸ τῶν ἀνωτέρων ἐλλάμψεις ὑποδέχονται τὰς ἐκ τῶν δευτέρων προόδους, ἐκεῖναι δὲ ἐπὶ τούτων ἑδράζονται· καὶ οὕτω προηγοῦνται μεϑέξεις ἄλλαι ἄλλων, καὶ ἐμϕάσεις ἄλλαι ἐπ' ἄλλαις ἄνωϑεν εἰς τὸ αὐτὸ ϕοι­τῶ­σιν ὑποκείμενον, τῶν ὁλικωτέρων προενεργούντων, τῶν

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ἀπολειπούσης :  D. ἀπολιπούσης τοῦτο :  D. schreibt τούτῳ 67 ἀπολείποντος :  D. ἀπολίποντος 66



Von den kausalen Verhältnissen

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70.  Alles Allgemeinere in den Ursprünglichen erleuchtet auch früher als das Besondere die Teilhabenden und verläßt das Teil­ nehmende später.1 Denn das Ursächlichere fängt vor dem Darauffolgenden seine Tätigkeit auf das Spätere an, ist zusammen mit der Gegenwart des Darauffolgenden da und ist auch noch gegenwärtig und t­ ätig, wenn dieses schon nicht mehr tätig ist; und dies ist nicht nur so in verschiedenen Unterliegenden, sondern auch in jedem der manchmal Teilhabenden.2 Denn zuerst muß z. B. Sein d ­ asein, danach Lebewesen und dann Mensch. Also ist etwas kein Mensch mehr, wenn das Vernunftvermögen es verläßt, es bleibt allerdings atmendes und wahrnehmendes Lebe­wesen. Wird es wiederum vom Leben verlassen, dann bleibt noch das Seiende, denn auch, wenn jenes nicht mehr lebt, ist das Sein noch da. Dasselbe gilt für alle anderen Fälle. Der Grund dafür ist, daß das Ursächlichere, weil es ja tatkräftiger ist, seine Tätigkeit früher auf das Teilhabende ausübt, denn eins und dasselbe erfährt die Wirkung des Mächtigeren zuerst.3 Und ist dann wiederum das Spätere tätig, ist auch das Mächtigere zusammen mit diesem tätig, weil alles, was das Spätere herstellt, vom Ursächlicheren miterzeugt wird. Und verläßt jenes Spätere etwas, ist das Ursächlichere noch immer da, denn die Mitteilung des Mächtigeren, die in höherem Maße zustandebringend ist, verläßt das Teilnehmende später, denn jene Mitteilung hat durch diese Mitteilung ihre eigene Erleuchtung verstärkt. 71.  Alles, was unter den ursprünglichen Ursachen eine allge­ meinere und höhere Ordnungsstelle hat, wird in den Er­zeugten kraft der von ihm ausgehenden Erleuchtung in gewissem Sinne Unterliegendes für die Mitteilungen der mehr besonderen Ur­ sachen, und die von den höheren Ursachen ausgehenden Erleuch­ tungen erhalten das Hervortreten aus den späteren Ursachen, während sich dieses Hervortreten auf jene Erleuchtungen grün­ det. So geht die eine Teilhabe der anderen vorher und erreicht von oben herab Abspiegelung auf Abspiegelung dasselbe Unter­ liegende, wobei die allgemeineren Ursachen vorher tätig sind, die besondereren jedoch zu den Tätigkeiten jener allgemeine­-

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I.  Metaphysische Kausalität

δὲ με­ρι­κω­τέρων ἐπὶ ταῖς ἐκείνων ἐνεργείαις τὰς ἑαυτῶν μετα­ δόσεις χορηγούντων τοῖς μετέχουσιν. εἰ γὰρ τὰ αἰτιώτερα πρὸ τῶν δευτέρων ἐνεργεῖ, διὰ περι­ ουσίαν δυνάμεως καὶ τοῖς ἀτελεστέραν ἔχουσι τὴν ἐπι­τη­ δειότητα παρόντα καὶ ἐλλάμποντα κἀκείνοις, τὰ δὲ ὑϕειμένα κατὰ τὴν τάξιν δεύτερα χορηγεῖται68 ἀπ' αὐτῶν, δῆλον ὡς αἱ τῶν ὑπερτέρων ἐλλάμψεις, προκαταλαμβάνουσαι τὸ μετ­έχον ἀμϕοτέρων, ἐπερείδουσι τὰς τῶν ὑϕειμένων μεταδόσεις, αἱ δὲ ταῖς ἀπ' ἐκείνων ἐμϕάσεσιν ὑποβάϑραις χρῶνται, καὶ δρῶ­σιν εἰς τὸ μετέχον, προειργασμένον ὑπ' ἐκείνων.

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72.  Πάντα τὰ ἐν τοῖς μετέχουσιν ὑποκειμένων ἔχοντα λόγον

ἐκ τελειοτέρων πρόεισι καὶ ὁλικωτέρων αἰτίων. τὰ γὰρ πλειόνων αἴτια δυνατώτερά ἐστι καὶ ὁλικώτερα καὶ ἐγγυτέρω τοῦ ἑνὸς ἢ τὰ τῶν ἐλαττόνων· τὰ δὲ τῶν προ­υπο­ κειμένων ἄλλοις ὑποστατικὰ πλειόνων αἴτιά ἐστιν, ὑϕιστάντα καὶ τὰς ἐπιτηδειότητας πρὸ τῆς τῶν εἰδῶν παρουσίας· ὁλι­ κώτερα ἄρα ταῦτα καὶ τελειότερά ἐστιν ἐν τοῖς αἰτίοις. ἐκ δὴ τούτων ϕανερὸν διότι ἡ μὲν ὕλη, ἐκ τοῦ ἑνὸς ὑπο­ στᾶσα, καϑ' αὑτὴν εἴδους ἐστὶν ἄμοιρος, τὸ δὲ σῶμα καϑ' αὑτό, εἰ καὶ τοῦ ὄντος μετέσχε, ψυχῆς ἀμέτοχόν ἐστιν· ἡ μὲν γὰρ ὕλη, ὑποκείμενον οὖσα πάντων, ἐκ τοῦ πάντων αἰτίου προῆλϑε, τὸ δὲ σῶμα, ὑποκείμενον ὂν τῆς ψυχώσεως, ἐκ τοῦ ὁλικωτέρου τῆς ψυχῆς ὑϕέστηκε, τοῦ ὄντος ὁπωσοῦν μετα­ σχόν.

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73.  Πᾶν μὲν ὅλον ἅμα ὄν τί ἐστι καὶ μετέχει τοῦ ὄντος, οὐ

πᾶν δὲ ὂν ὅλον τυγχάνει ὄν. ἢ γὰρ ταὐτόν ἐστιν ὂν καὶ ὅλον, ἢ τὸ μὲν πρότερον, τὸ δὲ ὕστερον. ἀλλ' εἰ καὶ τὸ μέρος ᾗ μέρος ὂν μέν ἐστιν, ἐκ γὰρ

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χορηγεῖται :  D. χορηγεῖ τὰ

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ren Ursachen den Teilhabenden noch ihre eigenen Mitteilungen spenden.1 Denn sind die ursächlicheren Ursachen vor den späteren tätig, sofern sie durch den Überfluß ihres Vermögens den weniger vollkommen Veranlagten gegenwärtig sind und diese auch erleuchten, und wird das in der Ordnung Geringere und Spätere wiederum von diesen gespendet,2 dann ist klar, daß die von den höheren Ursachen ausgehenden Erleuchtungen das, was sowohl an den ursächlicheren als auch an den geringeren Ursachen teilhat, vorher besetzen und so eine Grundlage für die Mitteilungen der geringeren bilden, während diese Mitteilungen sich ihrerseits der von den höheren Ursachen ausgehenden Abspiegelungen als Fundament bedienen und auf das von jenen Ursachen dazu vorbereitete Teilnehmende wirken. 72.  Alles, was sich unter den Teilhabenden als ein Unterlie­ gendes verhält, tritt aus vollkommeneren und allgemeineren Ur­ sachen hervor.1 Denn Ursachen, die mehr verursachen, sind mächtiger, all­ gemeiner und dem Einen näher als solche, die weniger verursachen, und Ursachen, die dem Unterliegenden, das anderem vorhergeht, Bestehen verleihen, verursachen mehr, da sie vor der Gegenwart der Formen auch der Veranlagung dazu Bestehen verleihen.2 Sie sind folglich unter den Ursachen allgemeiner und vollkommener. Hieraus leuchtet nun ein, weshalb die Materie, die vom Einen aus besteht, an sich der Form nicht teilhaftig ist und weshalb der Körper an sich, obzwar er am Sein teilnimmt, nicht an Seele teilhat. Die Materie, die allem das Unterliegende ist, ist nämlich aus der Ursache von allem hervorgetreten, und der Körper, der der Beseelung das Unterliegende ist, besteht von dem her, das allgemeiner als die Seele ist, da er in gewisser Weise am Sein teilnimmt. 73.  Jedes Ganze ist ein Seiendes und hat zugleich am Seien­ den teil, es ist allerdings nicht jedes Seiende gerade auch ein Ganzes.1 Denn Seiendes und Ganzes sind entweder dasselbe oder das eine ist früher und das andere später. Aber selbst wenn der Teil

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μερῶν ὄντων ἐστὶ τὸ ὅλον, οὐ μέντοι καὶ ὅλον καϑ' αὑτό· οὐκ ἄρα ταὐτόν ἐστιν ὂν καὶ ὅλον· εἴη γὰρ ἂν τὸ μέρος οὐκ ὄν· εἰ δὲ τὸ μέρος οὐκ ὄν, οὐδὲ τὸ ὅλον ἔστι· πᾶν γὰρ ὅλον μερῶν ἐστιν ὅλον, ἢ ὡς πρὸ αὐτῶν ὂν ἢ ὡς ἐν αὐτοῖς· μὴ ὄντος οὖν τοῦ μέρους, οὐδὲ τὸ ὅλον εἶναι δυνατόν. εἰ δὲ τὸ ὅλον πρὸ τοῦ ὄντος, ἔσται πᾶν ὂν ὅλον εὐϑύς· οὐκ ἄρα ἔσται πάλιν τὸ μέρος μέρος. ἀλλὰ ἀδύνατον, εἰ γὰρ τὸ ὅλον ἐστὶν ὅλον, μέρους ὂν ὅλον, καὶ τὸ μέρος ἔσται μέρος, ὅλου μέρος ὄν. λείπεται ἄρα πᾶν μὲν εἶναι τὸ ὅλον ὄν, οὐ πᾶν δὲ τὸ ὂν ὅλον. ἐκ δὴ τούτων ϕανερὸν ὅτι τὸ πρώτως ὂν ἐπέκεινα τῆς ὁλό­ τη­τός ἐστιν, εἴπερ τὸ μὲν πλείοσι πάρεστι, τὸ ὄν, καὶ γὰρ τοῖς μέρεσιν ᾗ μέρη τὸ εἶναι ὑπάρχει, τὸ δὲ ἐλάττοσι· τὸ γὰρ πλειόνων αἴτιον κρεῖττον, τὸ δὲ ἐλαττόνων καταδεέστερον, ὡς δέδεικται.

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74.  Πᾶν μὲν εἶδος ὅλον τί ἐστιν, ἐκ γὰρ πλειόνων ὑϕέστη­

κεν, ὧν ἕκαστον συμπληροῖ τὸ εἶδος· οὐ πᾶν δὲ ὅλον εἶδος. καὶ γὰρ τὸ τὶ καὶ ἄτομον ὅλον μέν ἐστιν ᾗ ἄτομον, εἶδος δὲ οὐκ ἔστι· πᾶν γὰρ ὅλον ἐστὶ τὸ ἐκ μερῶν ὑϕεστώς,69 εἶδος δὲ τὸ εἰς πλείω τὰ καϑέκαστα εἴδη70 τεμνόμενον· ἄλλο ἄρα τὸ ὅλον καὶ ἄλλο τὸ εἶδος, καὶ τὸ μὲν ὑπάρχει πλείοσι, τὸ δὲ ἐλάττοσιν· ὑπὲρ τὰ εἴδη ἄρα τῶν ὄντων ἐστὶ τὸ ὅλον. ἐκ δὴ τούτων ϕανερὸν ὅτι τὸ ὅλον μέσην ἔχει τάξιν τοῦ τε ὄντος καὶ τῶν εἰδῶν· ᾧ ἕπεται τὸ καὶ πρὸ τῶν εἰδῶν ὑϕεστά­ ναι τὸ ὄν, καὶ τὰ εἴδη ὄντα εἶναι, μὴ μέντοι πᾶν ὂν εἶδος. ὅϑεν καὶ ἐν τοῖς ἀποτελέσμασιν αἱ στερήσεις ὄντα μέν πώς εἰσιν, εἴδη δὲ οὔκ εἰσι, διὰ τὴν ἑνιαίαν τοῦ ὄντος δύναμιν καὶ αὗται71 τοῦ εἶναι καταδεξάμεναί τινα ἀμυδρὰν ἔμϕασιν.

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ὑϕεστώς :  D. ὑϕεστός εἴδη :  D. ἤδη 71 αὗται :  D. αὐταὶ 70

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als Teil Seiendes ist – denn ein Ganzes besteht aus seienden Teilen –, ist er an sich doch nicht auch Ganzes. Seiendes und Ganzes können folglich nicht dasselbe sein, denn sonst wäre der Teil nicht Seiendes.2 Und ist der Teil nicht Seiendes, ist auch das Ganze nicht. Jedes Ganze ist nämlich ein Ganzes von Teilen, ­entweder so, daß es vor diesen Teilen, oder so, daß es in diesen besteht. Ist also der Teil nicht, dann kann auch das Ganze nicht sein. Ist jedoch ferner das Ganze vor dem Seienden, dann muß jedes Seiende unmittelbar Ganzes sein, und dann ist folglich wiederum der Teil nicht Teil. Doch das ist unmöglich. Denn wenn das Ganze Ganzes ist, muß der Teil, da das Ganze Ganzes eines Teils ist, Teil sein, da er Teil des Ganzen ist. Es bleibt folglich nur übrig, daß jedes Ganze Seiendes ist, doch nicht jedes Seiende Ganzes. Hieraus leuchtet nun ein, daß das zuerst Seiende jenseits der Ganzheit ist, weil das eine, nämlich das Seiende, da auch den Teilen als Teilen das Sein zukommt, bei mehreren und das andere bei wenigeren gegenwärtig ist. 74.  Jede Form ist ein Ganzes – denn sie besteht aus mehrerem, von dem jedes die Form miterfüllt –, doch nicht jedes Ganze ist Form.1 Denn auch was irgend etwas und unzerteilbar ist, ist, sofern unzerteilbar, zwar Ganzes, doch nicht Form.2 Denn Ganzes ist alles, was aus Teilen besteht, Form jedoch ist, was in mehrere einzelne Formen zerteilt werden kann.3 Das Ganze und die Form sind folglich unterschieden, und das Ganze kommt mehrerem, die Form jedoch wenigerem zu. Das Ganze steht folglich über den Formen der Seienden. Hieraus leuchtet nun ein, daß das Ganze eine Mittelstelle zwi­ schen dem Seienden und den Formen einnimmt. Es folgt, daß das Seiende auch vor den Formen besteht und die Formen Seiende sind, während nicht jedes Seiende Form ist. Deshalb sind auch in den Erzeugten die Beraubungen irgendwie Seiende, doch nicht Formen. Auch diese Beraubungen haben nämlich durch das einige Vermögen des Seienden irgendeine dunkle Abspiegelung vom Sein empfangen.

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I.  Metaphysische Kausalität

75.  Πᾶν τὸ κυρίως αἴτιον λεγόμενον ἐξῄρηται τοῦ ἀπο­

τελέσματος. ἐν αὐτῷ γὰρ ὄν, ἢ συμπληρωτικὸν αὐτοῦ ὑπάρχον ἢ δεόμενόν πως αὐτοῦ πρὸς τὸ εἶναι, ἀτελέστερον ἂν εἴη ταύτῃ τοῦ αἰ­ τιατοῦ· τὸ δὲ ἐν τῷ ἀποτελέσματι ὂν συναίτιόν ἐστι μᾶλλον ἢ αἴτιον, ἢ μέρος ὂν τοῦ γινομένου ἢ ὄργανον τοῦ ποιοῦντος· τό τε γὰρ μέρος ἐν τῷ γινομένῳ ἐστίν, ἀτελέστερον ὑπάρχον τοῦ ὅλου, καὶ τὸ ὄργανον τῷ ποιοῦντι πρὸς τὴν γένεσιν,72 τὰ μέτρα τῆς ποιήσεως ἀϕορίζειν ἑαυτῷ μὴ δυνάμενον. ἅπαν ἄρα τὸ κυρίως αἴτιον, εἴ γε καὶ τελειότερόν ἐστι τοῦ ἀπ' αὐ­τοῦ καὶ τὸ μέτρον αὐτῷ73 τῇ γενέσει παρέχεται, καὶ τῶν ὀρ­γά­νων ἐξῄρηται καὶ τῶν στοιχείων καὶ πάντων ἁπλῶς τῶν κα­λου­ μένων συναιτίων. 76.  Πᾶν μὲν τὸ ἀπὸ ἀκινήτου γινόμενον αἰτίας ἀμετά­

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βλητον ἔχει τὴν ὕπαρξιν, πᾶν δὲ τὸ ἀπὸ τῆς κινουμένης μεταβλητήν. εἰ γὰρ ἀκίνητόν ἐστι πάντῃ τὸ ποιοῦν, οὐ διὰ κινήσεως, ἀλλ' αὐτῷ τῷ εἶναι παράγει τὸ δεύτερον ἀϕ' ἑαυτοῦ· εἰ δὲ τοῦτο, σύνδρομον ἔχει τῷ ἑαυτοῦ εἶναι τὸ ἀπ' αὐτοῦ· εἰ δὲ τοῦτο, ἕως ἂν ᾖ, παράγει· ἀεὶ δὲ ἔστιν· ἀεὶ ἄρα ὑϕίστησι τὸ μετ' αὐτό, ὥστε καὶ τοῦτο ἀεὶ γίνεται ἐκεῖϑεν καὶ ἀεὶ ἔστι, τῷ ἐκείνου ἀεὶ κατὰ τὴν ἐνέργειαν συνάψαν τὸ ἑαυτοῦ κατὰ τὴν πρόοδον ἀεί. εἰ δὲ δὴ κινεῖται τὸ αἴτιον, καὶ τὸ ἀπ' αὐτοῦ γινόμενον ἔσται μεταβλητὸν κατ' οὐσίαν· ᾧ γὰρ τὸ εἶναι διὰ κινήσεως, τοῦτο τοῦ κινοῦντος75 μεταβάλλοντος μεταβάλλει τὸ εἶναι· εἰ γὰρ ἐκ κινήσεως παραγόμενον ἀμετάβλητον αὐτὸ μένοι, κρεῖτ­τον ἔσται τῆς ὑποστησάσης αἰτίας· ἀλλ' ἀδύνατον. οὐκ

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τὴν γένεσιν :  D. τὴν γένεσιν δουλεύει αὐτῷ :  D. αὐτὸ 74 τῆς :  von D. ausgelassen 75 κινοῦντος :  D. κινουμένου 73



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75.  Jede in eigentlichem Sinne so genannte Ursache geht über das Erzeugte hinaus.1 Denn wäre sie in dem Erzeugten, es entweder miterfüllend oder für ihr eigenes Sein irgendwie benötigend, dann müßte sie in dieser Hinsicht unvollkommener als das Verursachte sein. Wäre sie freilich im Erzeugten, ist sie eher Mitursache als Ursache, sei es als Teil des Entstehenden oder als Werkzeug des Schaffenden.2 Der Teil ist nämlich im Entstehenden, wo er unvollkommener als das Ganze ist, und das Werkzeug steht dem Schaffenden zum Zwecke des Entstehens zur Verfügung und ist nicht imstande, für sich die Maße des Schaffens zu bestimmen. Folglich geht jede Ursache in eigentlichem Sinne, da sie ja vollkommener ist als das von ihr Stammende und diesem beim Entstehen das Maß verschafft, sowohl über das Werkzeugliche als auch über die Elemente und schlechthin alles hinaus, was Mitursache genannt werden kann. 76.  Alles von einer bewegungslosen Ursache aus Entstehende hat ein unveränderliches, alles von seiner bewegenden Ursache aus Entstehende jedoch ein veränderliches Dasein.1 Denn ist das Schaffende in jeder Hinsicht bewegungslos, bringt es nicht durch Bewegung, sondern durch das Sein selbst von ihm selbst aus das Spätere hervor.2 Ist dies der Fall, dann hat es, mit seinem eigenen Sein einhergehend, das von ihm Stammende. Ist dies wiederum der Fall, bringt es so lange hervor, wie es ist. Es ist freilich immer. Folglich verleiht es dem Darauf­ folgenden immer das Bestehen, so daß dieses immer daraus entsteht und auch immer ist, da es sein Immer hinsichtlich seines Hervortretens mit dem Immer des Schaffenden hinsichtlich sei­ ner Tätigkeit verbunden hat.3 Ist nun hingegen die Ursache in Bewegung, dann muß auch das aus ihr Entstehende hinsichtlich seines Wesens veränderlich sein. Dasjenige nämlich, das das Sein durch Bewegung erhält, verändert sein Sein, wenn sich das Bewegende verändert. Denn bliebe das aus Bewegung Hervorgebrachte selbst unveränderlich, wäre es stärker als die Ursache seines Bestehens. Das freilich ist unmöglich. Es kann folglich nicht unveränderlich sein. Es wird sich folglich hinsichtlich seines Wesens verändern und

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I.  Metaphysische Kausalität

ἄρα ἀμετάβλητον ἔσται· μεταβαλεῖ ἄρα καὶ κινήσεται κατ' οὐσίαν, τὴν ὑποστήσασαν αὐτὸ κίνησιν μιμούμενον. 77.  Πᾶν τὸ δυνάμει ὂν ἐκ τοῦ κατ' ἐνέργειαν ὄντος ὃ τοῦτο

δυνάμει ἐστὶν εἰς τὸ ἐνεργείᾳ πρόεισι, τὸ μέν πῃ δυνάμει ἐκ τοῦ πῃ κατ' ἐνέργειαν, ᾗ αὐτὸ δυνάμει, τὸ δὲ πάντῃ δυνάμει ὂν ἐκ τοῦ πάντῃ κατ' ἐνέργειαν ὄντος. αὐτὸ μὲν γὰρ ἑαυτὸ τὸ δυνάμει προάγειν εἰς ἐνέργειαν οὐ πέϕυκεν, ἀτελὲς ὄν· εἰ γὰρ ἀτελὲς ὂν αἴτιον ἑαυτῷ γίνοιτο τοῦ τελείου καὶ κατ' ἐνέργειαν, τὸ αἴτιον ἔσται τοῦ ἀπ' αὐτοῦ γεγονότος ἀτελέστερον. οὐκ ἄρα τὸ δυνάμει ᾗ δυνάμει ἑαυτῷ τοῦ κατ' ἐνέργειαν αἴτιον· ἔσται γάρ ᾗ ἀτελές τοῦ τελείου αἴτιον, εἴπερ τὸ δυνάμει πᾶν ᾗ δυνάμει ἀτελές, τὸ δ' ἐνεργείᾳ πᾶν ᾗ ἐνεργείᾳ τέλειον. εἰ ἄρα ἔσται τὸ δυνάμει κατ' ἐνέργειαν, ἀπ' ἄλλου τινὸς ἕξει τὸ τέλειον, καὶ ἤτοι καὶ αὐτὸ δυνάμει, ἀλλ' ἔσται οὕτω πάλιν τὸ ἀτελὲς τοῦ τελείου γεννητικόν· ἢ ἐνεργείᾳ, καὶ ἤτοι ἄλλο τι ἢ τοῦτο ὃ δυνάμει τὸ κατ' ἐνέργειαν γινόμενον ἦν. ἀλλ' εἰ μὲν ἄλλο τι ἐνεργείᾳ ὂν ποιεῖ, κατὰ τὴν ἑαυτοῦ ἰδιότητα ποιοῦν οὐ τὸ δυνάμει τὸ ἐν ϑατέρῳ ποιήσει ἐνεργείᾳ· οὐδὲ τοῦτο τοίνυν ἔσται κατ' ἐνέργειαν, εἴπερ μή, ᾗ δυνάμει ἔστι, ταύτῃ γίνοιτο. λείπεται ἄρα ἐκ τοῦ κατ' ἐνέργειαν ὄντος ὃ δυνάμει τί ἐστιν εἰς τὸ ἐνεργείᾳ μεταβάλλειν.

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be­wegen, da es die Bewegung nachahmt, die ihm das Bestehen ver­lie­hen  hat. 77.  Alles als Möglichkeit Seiende tritt zum Sein als Tätigkeit aus demjenigen hervor, das in Tätigkeit das ist, was jenes als Möglichkeit ist, wobei das, was in bestimmter Hinsicht als Mög­ lichkeit ist, aus dem hervortritt, was in bestimmter Hinsicht in Tätigkeit ist – insofern nämlich jenes als Möglichkeit ist –, aber das, was in jeder Hinsicht als Möglichkeit ist, aus dem, was in jeder Hinsicht in Tätigkeit ist.1 Denn es liegt nicht in der Natur des als Möglichkeit Seienden, sich selbst zur Tätigkeit zu bringen, da es unvollkommen ist. Würde es nämlich als Unvollkommenes für sich selbst Ur­ sache seiner Vollkommenheit und seines In-Tätigkeit-Seins sein, müßte die Ursache unvollkommener als das aus dieser Ursache Entstandene sein. Was als Möglichkeit ist, ist folglich, insofern es als Möglichkeit ist,2 nicht für sich selbst die Ursache seines In-Tätig­keit-Seins, denn sonst wäre es, insofern es ja unvollkommen ist, die Ursache seiner eigenen Vollkommenheit, weil alles, was als Möglichkeit ist, insofern es als Möglichkeit ist, unvollkommen, und alles, was als Tätigkeit ist, insofern es als Tätigkeit ist, vollkommen ist. Soll folglich das, was als Möglichkeit ist, in Tätigkeit sein, muß es diese Vollkommenheit von irgendeinem anderen haben, und dies besteht dann entweder auch selbst als Möglichkeit – dann müßte das Unvollkommene jedoch wiederum Vollkommenheit erzeugen –, oder es besteht als Tätigkeit, und dann ist es ent­ weder etwas anderes oder was dasjenige, das zur Tätigkeit gebracht wird, zuerst als Möglichkeit war. Ist allerdings dasjenige, das hier wirksam ist, etwas anderes in Tätigkeit und wirkt es seiner Eigenart nach, dann bewirkt es nicht, daß das, was in dem anderen als Möglichkeit ist, zur Tätigkeit wird. Letzteres kann auch nicht in Tätigkeit sein, wenn es nicht in der Hinsicht wird, in der es als Möglichkeit ist.3 Es bleibt folglich nur übrig, daß von dem aus, was in Tätigkeit das ist, was irgend etwas als Möglichkeit ist, dieses in Sein als Tätigkeit umschlägt.

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I.  Metaphysische Kausalität

78.  Πᾶσα δύναμις ἢ τελεία ἐστὶν ἢ ἀτελής.

ἡ μὲν γὰρ τῆς ἐνεργείας οἰστικὴ τελεία δύναμις, καὶ γὰρ ἄλλα ποιεῖ τέλεια διὰ τῶν ἑαυτῆς ἐνεργειῶν, τὸ δὲ τελειωτικὸν ἄλλων μειζόνως αὐτὸ τελειότερον· ἡ δὲ ἄλλου του δεομένη τοῦ κατ' ἐνέργειαν προυπάρχοντος, καϑ' ἣν δυνάμει τι ἔστιν, ἀτελής· δεῖται γὰρ τοῦ τελείου ἐν ἄλλῳ ὄντος, ἵνα μετα­ σχοῦσα ἐκείνου τελεία γένηται· καϑ' αὑτὴν ἄρα ἀτελής ἐστιν ἡ τοιαύτη δύναμις. ὥστε τελεία μὲν ἡ τοῦ κατ' ἐνέργειαν δύ­να­μις, ἐνεργείας οὖσα γόνιμος· ἀτελὴς δὲ ἡ τοῦ δυνάμει, παρ' ἐκείνου κτωμένη τὸ τέλειον.

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79.  Πᾶν τὸ γινόμενον ἐκ τῆς διττῆς γίνεται δυνάμεως.

καὶ γὰρ αὐτὸ δεῖ ἐπιτήδειον εἶναι καὶ δύναμιν ἀτελῆ ἔχειν, καὶ τὸ ποιοῦν, κατ' ἐνέργειαν ὃ τοῦτο δυνάμει ἐστὶν ὑπάρχον, δύναμιν προειληϕέναι τελείαν· πᾶσα γὰρ ἐνέργεια ἐκ δυνάμεως τῆς ἐνούσης πρόεισιν. εἴτε γὰρ τὸ ποιοῦν μὴ ἔχοι δύναμιν, πῶς ἐνεργήσει καὶ ποιήσει εἰς ἄλλο; εἴτε τὸ γινόμενον μὴ ἔχοι τὴν κατ' ἐπιτηδειότητα δύναμιν, πῶς ἂν γένοιτο; τὸ γὰρ ποιοῦν εἰς τὸ παϑεῖν δυνάμενον ποιεῖ πᾶν, ἀλλ' οὐκ εἰς τὸ τυχὸν καὶ ὃ μὴ πέϕυκεν ὑπ' αὐτοῦ πάσχειν.

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80.  Πᾶν σῶμα πάσχειν καϑ' αὑτὸ πέϕυκε, πᾶν δὲ ἀσώμα­

τον ποιεῖν, τὸ μὲν ἀδρανὲς ὂν καϑ' αὑτό, τὸ δὲ ἀπαϑές· πάσ­ χει δὲ καὶ τὸ ἀσώματον διὰ τὴν πρὸς τὸ σῶμα κοινωνίαν, ὡς δύναται ποιεῖν καὶ τὰ σώματα διὰ τὴν τῶν ἀσωμάτων μετουσίαν. τὸ μὲν γὰρ σῶμα ᾗ σῶμα διαιρετόν ἐστι μόνον, καὶ ταύτῃ παϑητόν, πάντῃ ὂν μεριστόν, καὶ πάντῃ εἰς ἄπειρον. τὸ δὲ

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78.  Jedes Vermögen ist entweder vollkommen oder unvoll­ kommen.1 Denn ein Tätigkeit herbeiführendes Vermögen ist ­vollkommen, es macht nämlich durch die eigenen Tätigkeiten anderes vollkommen, und was anderes vervollkommnet, ist selbst in höherem Grade vollkommen. Ein Vermögen jedoch, das eines anderen bedarf, das vorher in derjenigen Tätigkeit ist, hinsichtlich der das Vermögen etwas als Möglichkeit ist, ist unvollkommen. Es bedarf nämlich einer Vollkommenheit, die in anderem ist, damit es durch Teilhabe daran vollkommen werde. Ein solches Vermögen ist folglich an sich unvollkommen. Somit ist das Vermögen des in Tätigkeit Seienden vollkommen, da es Tätigkeit erzeugt, während das Vermögen des als Möglichkeit Seienden unvollkommen ist, insofern es seine Vollkommenheit von dem als Tätigkeit Seienden erhält. 79.  Alles Entstehende entsteht aus einem zweifachen Ver­ mögen.1 Denn es muß selbst eine bestimmte Veranlagung, das heißt ein unvollkommenes Vermögen haben, und das Bewirkende, das in Tätigkeit ist, was das Entstehende als Möglichkeit ist, muß vorher ein vollkommenes Vermögen besitzen. Jede Tätigkeit tritt nämlich aus einem inseienden Vermögen hervor. Denn hätte das Bewirkende kein Vermögen, wie könnte es dann tätig sein und auf anderes wirken? Und hätte das Entstehende kein Vermögen im Sinne einer Veranlagung, wie könnte es dann werden? Das Bewirkende bewirkt nämlich alles, indem es auf dasjenige wirkt, das seine Wirkung zu erleiden vermag, jedoch nicht, indem es auf Willkürliches und auf das wirkt, das natürlicherweise seine Wirkung nicht erleiden kann. 80.  Allen Körpern liegt es in der Natur zu leiden, allen Un­ körperlichen jedoch zu wirken; jene sind an sich ohne Wirkung, während diese ohne Leiden sind. Allerdings leidet auch das Un­ körperliche, nämlich durch seine Gemeinschaft mit dem Körper, gleichwie auch die Körper wirken können, nämlich durch die anwesende Teilnahme der Unkörperlichen.1 Denn der Körper als Körper ist nur teilbar und insofern auch leidensfähig, weil er überall teilbar ist, und zwar überall bis ins

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I.  Metaphysische Kausalität

ἀσώματον, ἁπλοῦν ὄν, ἀπαϑές ἐστιν, οὔτε γὰρ διαιρεῖσϑαι δύναται τὸ ἀμερὲς οὔτε ἀλλοιοῦσϑαι τὸ μὴ σύνϑετον. ἢ οὖν οὐδὲν ἔσται ποιητικὸν ἢ τὸ ἀσώματον, εἴπερ τὸ σῶμα καϑὸ σῶμα οὐ ποιεῖ, πρὸς τὸ διαιρεῖσϑαι μόνον καὶ πάσχειν ἐκ­ κείμενον. ἐπεὶ καὶ πᾶν τὸ ποιοῦν δύναμιν ἔχει ποιητικήν, ὥστε οὐ καϑὸ σῶμα ποιήσει, ἀλλὰ κατὰ τὴν τοῦ ποιεῖν ἐν αὐτῷ δύν­ αμιν· ἄποιον δὲ καὶ ἀδύναμον τὸ σῶμα καϑ' αὑτό·76 μεϑέξει ἄρα δυνάμεως ποιεῖ, ὅταν ποιῇ. καὶ μὴν καὶ τὰ ἀσώματα παϑῶν μετέχει ἐν σώματι γενόμενα, συνδιαιρούμενα σώμασι καὶ ἀπο­λαύοντα τῆς μεριστῆς ἐκείνων ϕύσεως, ἀμερῆ ὄντα κατὰ τὴν ἑαυτῶν οὐσίαν.

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81.  Πᾶν τὸ χωριστῶς μετεχόμενον διά τινος ἀχωρίστου

δυ­νά­μεως, ἣν ἐνδίδωσι, τῷ μετέχοντι πάρεστιν. εἰ γὰρ καὶ77 αὐτὸ χωριστὸν ὑπάρχει τοῦ μετέχοντος καὶ οὐκ ἔστιν ἐν ἐκείνῳ, ὡς τὴν ὑπόστασιν ἐν ἑαυτῷ κεκτημένον, δεῖ δή τινος αὐτοῖς μεσότητος συνεχούσης ϑάτερον πρὸς ϑάτερον, ὁμοιοτέρας τῷ μετεχομένῳ, καὶ τῆς78 ἐν αὐτῷ τῷ μετέχοντι οὔσης· εἰ γὰρ ἐκεῖνο χωριστόν ἐστι, πῶς τοῦτο μετέχει, μήτε αὐτὸ ἐκεῖνο ἔχον μήτε ἄλλο ἀπ' αὐτοῦ; δύναμις ἄρα ἀπ' ἐκεί­ νου καὶ ἔλλαμψις εἰς τὸ μετέχον προελϑοῦσα συνάψει καὶ79 ἄμϕω· καὶ τὸ μὲν ἔσται δι' οὗ ἡ μέϑεξις, τὸ δὲ μετεχόμενον, τὸ δὲ μετέχον.

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82.  Πᾶν ἀσώματον, πρὸς ἑαυτὸ ἐπιστρεπτικὸν ὄν, ὑπ' ἄλ­

λων μετεχόμενον χωριστῶς μετέχεται. εἰ γὰρ ἀχωρίστως, ἡ ἐνέργεια αὐτοῦ οὐκ ἔσται χωριστὴ τοῦ μετέχοντος, ὥσπερ οὐδὲ ἡ οὐσία· εἰ δὲ τοῦτο, οὐκ ἐπιστρέψει 30

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ὥστε οὐ καϑὸ … καϑ’ αὑτό :  D. kehrt die Abfolge von ὥστε οὐ καϑὸ … αὐτῷ δύναμιν und ἄποιον δὲ … καϑ’ αὑτό um 77 καὶ :  von D. ausgelassen 78 καὶ τῆς :  D. schreibt καίτοι 79 καὶ :  von D. ausgelassen



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Unendliche. Das Unkörperliche jedoch ist, da es einfach ist, ohne Leiden. Was nämlich ohne Teile ist, kann nicht geteilt werden, und was nicht zusammengesetzt ist, kann sich nicht ä­ ndern. Wirkend ist somit entweder nichts oder das Unkörperliche, weil der Körper als Körper nicht wirkt, sondern nur Teilung und Leiden unterworfen ist.2 Ferner hat jedes Wirkende ein wirkendes Vermögen, so daß es nicht als Körper wirken wird, sondern kraft des wirkenden Vermögens, das es in ihm hat. Dem Körper an sich mangelt freilich Beschaffenheit und Vermögen. Wirkt er, so muß dies folglich durch Teilhabe am Vermögen sein. Umgekehrt hat auch das Unkörperliche am Leiden teil, sofern es sich in einem Körper befindet; es wird dann zusammen mit dem Körper getrennt und genießt die geteilte Natur des Körpers, obgleich es seinem eigenen Wesen nach teillos ist.3 81.  Alles, woran getrennterweise teilgenommen wird, ist ver­ mittelst des ungetrennten Vermögens, das es dem Teilhabenden gibt, diesem gegenwärtig.1 Denn ist dieses selbst vom Teilhabenden getrennt und nicht in ihm da, sofern es ja sein Bestehen in sich selbst besitzt, bedarf es offenbar eines Mittleren, das das eine mit dem anderen zusammenhält, demjenigen mehr ähnelt, an dem teilgenommen wird und das in dem Teilhabenden da ist. Denn wäre das, an dem teilgenommen wird, getrennt, wie könnte dann das Teilhabende daran teilhaben, wenn dies weder dasjenige selbst besitzt, an dem teilgenommen wird, noch etwas anderes, das von ihm stammt. Folglich verknüpfen das Vermögen, das von dem stammt, an dem teilgenommen wird, und die Erleuchtung, die zum Teil­ habenden hervortritt, dieses auch mit jenem. Das heißt, es gibt das, vermittelst dessen Teilhabe statthat, das, an dem teilgenommen wird und das, was teilhat.2 82.  An allem Unkörperlichen, das sich auf sich selbst hinwen­ det, wird, wenn anderes daran teilhat, getrennterweise teilge­ nommen.1 Denn geschähe dies ungetrennterweise, könnte die Tätigkeit des Unkörperlichen nicht vom Teilhabenden abgetrennt sein, genausowenig wie das Wesen. Das hieße dann, daß es sich nicht

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I.  Metaphysische Kausalität

πρὸς ἑαυτό, ἐπιστρέψαν γὰρ ἔσται τοῦ μετέχοντος χωρίς, ἄλλου ὄντος αὐτὸ ἄλλο ὄν· εἰ ἄρα δύναται πρὸς ἑαυτὸ ἐπιστρέ­ ϕειν, χωριστῶς μετέχεται, ὅταν μετέχηται ὑπ' ἄλλων. 83.  Πᾶν τὸ ἑαυτοῦ γνωστικὸν πρὸς ἑαυτὸ πάντῃ ἐπι­στρε­

πτικόν ἐστιν. ὅτι μὲν γὰρ τῇ ἐνεργείᾳ πρὸς ἑαυτὸ ἐπιστρέϕει, γινῶσκον ἑαυτό, δῆλον· ἓν γάρ ἐστι τὸ γινῶσκον καὶ γινωσκόμενον, καὶ ἡ γνῶσις αὐτοῦ πρὸς ἑαυτὸ ὡς γνωστόν, ὡς μὲν γινώσκοντος ἐνέργειά τις οὖσα, αὐτοῦ δὲ πρὸς ἑαυτό, διότι ἑαυτοῦ γνωστι­ κόν ἐστιν. ἀλλὰ μὴν ὅτι καὶ τῇ οὐσίᾳ, εἰ τῇ ἐνεργείᾳ, δέ­ δεικται· πᾶν γὰρ τὸ τῷ ἐνεργεῖν πρὸς ἑαυτὸ ἐπιστρεπτικὸν καὶ οὐσίαν ἔχει πρὸς ἑαυτὴν συννεύουσαν καὶ ἐν ἑαυτῇ οὖσαν. 84.  Πᾶν τὸ ἀεὶ ὂν ἀπειροδύναμόν ἐστιν.

εἰ γὰρ ἀνέκλειπτός ἐστιν αὐτοῦ ἡ ὑπόστασις, καὶ ἡ δύνα­­ μις, καϑ' ἥν ἐστιν ὅ ἐστι καὶ εἶναι δύναται, ἄπειρός ἐστι· πε­περασμένη γὰρ οὖσα ἡ κατὰ τὸ εἶναι δύναμις ἀπολίποι ἄν ποτε, ἀπολιποῦσα δέ καὶ τὸ εἶναι τοῦ ἔχοντος αὐτὴν ἀπο­λίποι καὶ οὐκέτ' ἂν ἀεὶ ὂν ὑπάρχοι. δεῖ ἄρα τὴν τοῦ ἀεὶ ὄντος δύν­ αμιν, τὴν συνέχουσαν αὐτὸ κατὰ τὴν οὐσίαν, ἄπειρον εἶναι.

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85.  Πᾶν τὸ ἀεὶ γινόμενον ἄπειρον τοῦ γίνεσϑαι δύναμιν ἔχει.

εἰ γὰρ ἀεὶ γίνεται, ἀνέκλειπτός ἐστιν ἡ τῆς γενέσεως ἐν αὐτῷ δύναμις· πεπερασμένη γὰρ οὖσα ἐν τῷ ἀπείρῳ χρόνῳ παύσεται, παυσαμένης δὲ τῆς τοῦ γίνεσϑαι δυνάμεως παύσαιτο ἂν καὶ τὸ γινόμενον τὸ κατ' αὐτὴν γινόμενον, καὶ οὐ­κέτ' ἂν ἀεὶ γινόμενον εἴη. ἀλλὰ μὴν ὑπόκειται ἀεὶ80 γινόμενον· ἄπειρον ἄρα ἔχει τὴν τοῦ γίνεσϑαι δύναμιν.

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ὑπόκειται ἀεὶ :  D. ἀεὶ ὑπόκειται



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auf sich selbst hinwenden kann, denn hätte es sich hingewendet, müßte es vom Teilhabenden abgetrennt sein, da beide etwas anderes sind.2 Vermag sich das Unkörperliche auf sich selbst hinzuwenden und wird an ihm von anderen teilgenommen, geschieht dies folglich getrennterweise.3 83.  Alles sich selbst Erkennende wendet sich in jeder Hinsicht auf sich selbst hin.1 Denn daß es sich in seiner Tätigkeit auf sich selbst hinwendet, wenn es sich selbst erkennt, ist klar. Das Erkennende und das, was erkannt wird, sind dann nämlich eins, und das Erkennende richtet seine Erkenntnis auf sich selbst als Erkanntes, so daß diese Erkenntnis eine Tätigkeit des Erkennenden ist, eine Tätigkeit allerdings, die das Erkennende auf sich selbst richtet, weil es sich selbst erkennt.2 Daß es sich jedoch auch seinem Wesen nach auf sich selbst hinwendet, wenn es dies in seiner Tätigkeit tut, wurde schon gezeigt. Denn alles, was sich in seinem Tätigsein auf sich selbst hinwendet, hat auch ein Wesen, das in sich selbst konvergiert und in sich selbst ist. 84.  Alles Immerseiende ist unendlich vermögend.1 Denn ist sein Bestehen unerschöpflich, muß auch das Ver­ mögen, durch das es ist, was es ist, und wodurch es zu sein vermag, unendlich sein. Wäre das Vermögen, das sich auf sein Sein bezieht, nämlich endlich, ließe es irgendeinmal nach. Und ließe es nach, dann läßt auch das Sein des Besitzers dieses Vermögens nach und ist nicht mehr immerseiend. Folglich muß das Vermögen des Immerseienden, das dies Immerseiende seinem Wesen nach zusammenhält, unendlich sein. 85.  Alles Immerwerdende besitzt ein unendliches Vermögen zu werden.1 Denn wird es immer, ist das Vermögen des Werdens im Immer­ werdenden unerschöpflich. Wäre es nämlich endlich, hörte es in der unendlichen Zeit auf; und hörte dieses Vermögen zu werden auf, dann hörte auch das Werdende, das heißt das diesem Ver­ mögen nach Werdende, auf und könnte es nicht immerwerdend sein. Wir setzten allerdings Immerwerdendes voraus. Das Vermögen des Immerwerdenden zu werden ist folglich unendlich.

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I.  Metaphysische Kausalität

86.  Πᾶν τὸ ὄντως ὂν ἄπειρόν ἐστιν οὔτε κατὰ τὸ πλῆϑος

οὔτε κατὰ τὸ μέγεϑος, ἀλλὰ κατὰ τὴν δύναμιν μόνην. πᾶν μὲν81 γὰρ τὸ ἄπειρον ἢ ἐν ποσῷ ἐστιν ἢ ἐν πηλίκῳ ἢ ἐν δυνάμει· τὸ δ' ὄντως ὂν ἄπειρον μὲν ὡς ἄσβεστον ἔχον τὴν ζωὴν καὶ τὴν ὕπαρξιν ἀνέκλειπτον καὶ τὴν ἐνέργειαν ἀν­ ελάττωτον, οὔτε δὲ διὰ μέγεϑός ἐστιν ἄπειρον, ἀμέγεϑες γὰρ τὸ ὄντως ὄν, αὐϑυποστάτως ὄν, πᾶν γὰρ τὸ αὐϑυποστάτως ὂν ἀμερές ἐστι καὶ ἁπλοῦν· οὔτε διὰ πλῆϑος, ἑνοειδέστατον γάρ, ἅτε ἐγγυτάτω τοῦ ἑνὸς τεταγμένον, καὶ τῷ ἑνὶ συγγενέστατον· ἀλλὰ κατὰ τὴν δύναμιν ἄπειρον ἐκεῖνο. διὸ κατὰ ταὐτὸν ἀμερὲς ἐκεῖνο καὶ ἄπειρον, καὶ ὅσῳ δὴ μᾶλλον ἓν καὶ μᾶλλον ἀμερές, τοσούτῳ καὶ ἄπειρον μᾶλλον· ἡ γὰρ μεριζομένη δύναμις ἀσϑενὴς ἤδη καὶ πεπερασμένη, καὶ αἵ γε πάντῃ μερισταὶ δυνάμεις πεπερασμέναι πάντως εἰσίν· αἱ γὰρ ἔσχαται καὶ πορρωτάτω τοῦ ἑνὸς διὰ τὸν μερισμὸν πε­πε­ρασ­μέναι πώς εἰσιν,82 αἱ δὲ πρῶται διὰ τὴν ἀμέρειαν ἄπει­ροι· ὁ μὲν γὰρ μερισμὸς διαϕορεῖ καὶ ἐκλύει τὴν ἑκάστου δύ­να­μιν, ἡ δὲ ἀμέρεια σϕίγγουσα καὶ συσπειρῶσα ἀνέκλειπτον αὐτὴν καὶ ἀνελάττωτον ἐν ἑαυτῇ συνέχει. ἀλλὰ μὴν ἡ κατὰ μέ­γε­ϑος ἀπειρία καὶ ἡ κατὰ πλῆϑος στέρησίς ἐστι πάντῃ τῆς ἀμε­ρείας καὶ ἀπόπτωσις· ἐγγυτάτω μὲν γὰρ τοῦ ἀμεροῦς τὸ πε­πε­ρασμένον, πορρωτάτω δὲ τὸ ἄπειρον, πάντῃ τοῦ ἑνὸς ἐκ­βε­βη­κός. οὐκ ἄρα τὸ κατὰ δύναμιν ἄπειρον ἐν ἀπείρῳ κατὰ πλῆϑός ἐστιν ἢ μέγεϑος, εἴπερ ἡ μὲν ἄπειρος δύναμις τῇ ἀμερείᾳ σύνεστι, τὸ δὲ πλήϑει ἢ μεγέϑει ἄπειρον πορρωτάτω τοῦ ἀμε­ρ­οῦς ἐστιν. εἰ οὖν τὸ ὂν μεγέϑει ἦν ἢ πλήϑει ἄπειρον, οὐκ ἂν ἀπειροδύναμον ἦν· ἀλλὰ μὴν ἀπειροδύναμόν ἐστιν· οὐκ ἄρα ἄπειρον κατὰ πλῆϑός ἐστιν ἢ μέγεϑος.

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81 82

μὲν :  von D. ausgelassen πώς εἰσιν :  D. schreibt πάντως εἰσιν



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86.  Alles wirklich Seiende ist unendlich, nicht als Vielheit oder als Größe, sondern einzig als Vermögen.1 Denn alles Unendliche ist unendlich, entweder als Quantität oder als Umfang oder als Vermögen. Das wirklich Seiende allerdings ist unendlich, sofern es unerlöschliches Leben, unerschöpfliches Dasein und unverringerbare Tätigkeit hat;2 es ist jedoch weder unendlich durch Größe – denn das wirklich Seiende hat keine Größe, da es auf die Weise des Selbstbestehenden ist, denn alles auf die Weise des Selbstbestehenden Seiende ist ohne Teile und einfach3 – noch durch Vielheit –, denn es ist das Einsartigste, da es in der Ordnung dem Einen am nächsten und am verwandtesten ist –, vielmehr ist das wirklich Seiende unendlich als Vermögen.4 Deshalb ist es in einer und derselben Hinsicht teillos und unendlich. Und je mehr es eins und teillos ist, desto mehr ist es auch unendlich. Denn ein Vermögen, das sich aufteilen läßt, ist bereits schwach und endlich, und Vermögen, die in jeder Hinsicht ­geteilt sind, sind durchaus endlich. Die niedrigsten und am weitesten vom Einen entfernten Vermögen sind nämlich durch die Teilung in bestimmter Weise endlich, die ersten Vermögen sind jedoch durch ihre Teillosigkeit unendlich. Denn Teilung zerstreut das Vermögen eines jeden und löst es auf, während Teillosigkeit, die das Vermögen einschnürt und zusammenzieht, es unerschöpflich und unverringerbar in sich selbst z­ usammenhält. Sowohl die Unendlichkeit als Größe als auch die Unendlichkeit als Vielheit ist jedoch in jeder Hinsicht Beraubung und Wegfall von Teillosigkeit. Was hier nämlich endlich ist, ist dem Teillosen am nächsten, und das hier Unendliche ist davon am weitesten entfernt, da es in jeder Hinsicht das Eine verlassen hat.5 Folglich besteht dem Vermögen nach Unendliches nicht im Unendlichen der Vielheit oder der Größe nach, weil ein unendliches Vermögen mit Teillosigkeit einhergeht und Unendlichkeit im Sinne von Vielheit oder Größe am weitesten vom Teillosen entfernt ist. Wäre somit das Seiende unendlich im Sinne von Größe oder Vielheit, könnte es nicht unendlich vermögend sein. Es ist jedoch unendlich vermögend. Es ist folglich weder als Viel­ heit noch als Größe unendlich.

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I.  Metaphysische Kausalität

87.  Πᾶν μὲν τὸ αἰώνιον ὄν ἐστιν, οὐ πᾶν δὲ τὸ ὂν αἰώνιον.

καὶ γὰρ τοῖς γενητοῖς ὑπάρχει πως τοῦ ὄντος μέϑεξις, καϑ' ὅσον οὐκ ἔστι ταῦτα τὸ μηδαμῶς ὄν, εἰ δὲ μὴ ἔστι τὸ γι­νό­μενον οὐδαμῶς ὄν, ἔστι πως ὄν. τὸ δὲ αἰώνιον οὐδαμῇ τοῖς γενητοῖς ὑπάρχει, καὶ μάλισϑ' ὅσα μηδὲ τῆς κατὰ χρό­ νον τὸν ὅλον ἀιδιότητος μετείληϕεν. ἀλλὰ μὴν πᾶν τὸ αἰώνιον ἀεὶ ἔστι, μετέχει γὰρ αἰῶνος, ὃς τὸ ἀεὶ εἶναι δίδωσιν ὑϕ' ὧν ἂν μετέχηται. τὸ ἄρα ὂν ὑπὸ πλειόνων μετέχεται ἢ ὁ αἰών. ἐπέκεινα ἄρα τοῦ αἰῶνος τὸ ὄν· οἷς μὲν γὰρ αἰῶνος μέτεστι, καὶ τοῦ ὄντος, οἷς δὲ τοῦ ὄντος, οὐ πᾶσι καὶ αἰῶνος.

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88.  Πᾶν τὸ ὄντως ὂν ἢ πρὸ αἰῶνός ἐστιν ἢ ἐν τῷ αἰῶνι ἢ

μετέχον αἰῶνος. ὅτι μὲν γάρ ἐστι πρὸ αἰῶνος, δέδεικται· ἀλλὰ μὴν καὶ ἐν τῷ αἰῶνι, ὁ γὰρ αἰὼν τὸ ἀεὶ μετὰ τοῦ ὄντος ἔχει, καὶ μετέχον αἰῶνος, τὸ γὰρ αἰώνιον πᾶν μεϑέξει καὶ τοῦ ἀεὶ καὶ τοῦ ὄντος αἰώνιον λέγεται· τοῦτο μὲν γὰρ κατὰ μέϑεξιν ἄμϕω ἔχει, καὶ τὸ ἀεὶ καὶ τὸ ὄν, ὁ δὲ αἰὼν τὸ μὲν ἀεὶ πρώτως, τὸ δὲ ὂν κατὰ μέϑεξιν, τὸ δὲ ὂν αὐτὸ πρώτως ὄν ἐστιν.

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89.  Πᾶν τὸ ὄντως ὂν ἐκ πέρατός ἐστι καὶ ἀπείρου.

εἰ γὰρ ἀπειροδύναμόν ἐστι, δῆλον ὅτι ἄπειρόν ἐστι, καὶ ταύτῃ ἐκ τοῦ ἀπείρου ὑϕέστηκεν· εἰ δὲ ἀμερὲς καὶ ἑνοειδές, ταύτῃ πέρατος μετείληϕε· τὸ γὰρ ἑνὸς μετασχὸν πεπέρασται. ἀλλὰ μὴν ἀμερὲς ἅμα καὶ ἀπειροδύναμόν ἐστιν. ἐκ πέρατος ἄρα ἐστὶ καὶ ἀπείρου πᾶν τὸ ὄντως ὄν.

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87.  Alles Ewige ist Seiendes, doch nicht alles Seiende ist ewig.1 Denn auch den Gewordenen kommt irgendwie Teilhabe am Seienden zu, sofern sie nicht das keineswegs Seiende sind. Ist das Werdende nicht keineswegs Seiendes, ist es irgendwie Seiendes. Ewigkeit freilich kommt in keiner Hinsicht den Gewordenen zu, am wenigsten denen, die nicht an der Immerwährendheit im Ganzen der Zeit teilnehmen.2 Ferner aber ist alles Ewige immer, denn es hat an der Ewigkeit teil, die denjenigen, von denen an ihr teilgenommen wird, das Immersein spendet. Es wird folglich am Seienden von mehr teilgenommen als an der Ewigkeit. Das Seiende ist folglich jenseits der Ewigkeit. Denn was an der Ewigkeit Anteil nimmt, nimmt auch am Seienden Anteil, während nicht alles, was am Seienden Anteil nimmt, auch an der Ewigkeit Anteil nimmt. 88.  Alles wirklich Seiende ist entweder vor der Ewigkeit oder in der Ewigkeit oder hat an der Ewigkeit teil.1 Daß das wirklich Seiende vor der Ewigkeit ist, wurde schon gezeigt.2 Ferner ist es allerdings auch in der Ewigkeit, denn die Ewigkeit besitzt das Immer zusammen mit dem Seienden. Und es gibt wirklich Seiendes, das an der Ewigkeit teilhat. Denn alles Ewige [aioonion] wird ewig genannt wegen seiner Teilhabe am Immer [aei] und am Seienden [on].3 Es hat nämlich beide, sowohl das Immer als das Seiende, durch Teilhabe, während die Ewigkeit das Immer zwar zuerst, das Seiende aber durch Teilhabe hat und das Seiende selbst zuerst Seiendes ist. 89.  Alles wirklich Seiende besteht aus Grenze und Unend­ lichem.1 Denn ist es unendlich vermögend, ist es offenbar unendlich, und in dieser Hinsicht besteht es aus dem Unendlichen. Und ist es teillos und einsartig, dann hat es in dieser Hinsicht an der Grenze teil. Was am Einen teilnimmt, ist nämlich begrenzt. Wirklich Seiendes ist jedoch in der Tat zugleich teillos und unendlich vermögend.2 Alles wirklich Seiende besteht folglich aus Grenze und Unendlichem.

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I.  Metaphysische Kausalität

90.  Πάντων τῶν ἐκ πέρατος καὶ ἀπειρίας ὑποστάντων προ­

υπάρχει καϑ' αὑτὰ τὸ πρῶτον πέρας καὶ ἡ πρώτη ἀπειρία. εἰ γὰρ τῶν τινων83 ὄντων τὰ ἐϕ' ἑαυτῶν ὄντα προυϕέστηκεν ὡς κοινὰ πάντων καὶ ἀρχηγικὰ αἴτια καὶ μὴ τινῶν, ἀλλὰ πάν­ των ἁπλῶς, δεῖ πρὸ τοῦ ἐξ ἀμϕοῖν εἶναι τὸ πρῶτον πέρας καὶ τὸ πρώτως ἄπειρον· τὸ γὰρ ἐν τῷ μικτῷ πέρας ἀπειρίας ἐστὶ μετειληϕὸς καὶ τὸ ἄπειρον πέρατος. τὸ δὲ πρῶτον ἑκάστου οὐκ ἄλλο ἐστὶν ἢ ὅ ἐστιν· οὐκ ἄρα δεῖ περατοειδὲς εἶναι τὸ πρώτως ἄπειρον καὶ ἀπειροειδὲς τὸ πρῶτον πέρας· πρὸ τοῦ μικτοῦ ἄρα ταῦτα πρώτως.

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91.  Πᾶσα δύναμις ἢ πεπερασμένη ἐστὶν ἢ ἄπειρος, ἀλλ' ἡ

μὲν πεπερασμένη πᾶσα ἐκ τῆς ἀπείρου δυνάμεως ὑϕέστηκεν, ἡ δὲ ἄπειρος δύναμις ἐκ τῆς πρώτης ἀπειρίας. αἱ μὲν γὰρ ποτὲ οὖσαι δυνάμεις πεπερασμέναι εἰσί, τῆς τοῦ ἀεὶ εἶναι ἀπειρίας ἀποπεσοῦσαι, αἱ δὲ τῶν ἀεὶ ὄντων ἄπειροι, μηδέποτε τὴν ἑαυτῶν ἀπολείπουσαι ὕπαρξιν.

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92.  Πᾶν τὸ πλῆϑος τῶν ἀπείρων δυνάμεων μιᾶς ἐξῆπται

τῆς πρώτης ἀπειρίας, ἥτις οὐχ ὡς μετεχομένη δύναμίς ἐστιν, οὐδὲ ἐν τοῖς δυναμένοις ὑϕέστηκεν, ἀλλὰ καϑ' αὑτήν, οὐ τι­ νὸς οὖσα δύναμις τοῦ μετέχοντος, ἀλλὰ πάντων αἰτία τῶν ὄντων. εἰ γὰρ καὶ τὸ ὂν αὐτὸ τὸ πρῶτον ἔχει δύναμιν, ἀλλ' οὐκ ἔστιν ἡ αὐτοδύναμις· ἔχει γὰρ καὶ πέρας, ἡ δὲ πρώτη δύνα­μις ἀπειρία ἐστίν· αἱ γὰρ ἄπειροι δυνάμεις διὰ μετουσίαν ἀπειρίας ἄπειροι. ἡ οὖν αὐτοαπειρία πρὸ πασῶν ἔσται δυνάμεων, δι' ἣν καὶ τὸ ὂν ἀπειροδύναμον καὶ πάντα μετέσχεν ἀπειρίας· οὔτε γὰρ τὸ πρῶτον ἡ ἀπειρία, μέτρον γὰρ πάντων ἐκεῖνο, τἀγαϑὸν ὑπάρχον καὶ ἕν· οὔτε τὸ ὄν, ἄπειρον γὰρ τοῦτο, ἀλλ'

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τινων :  D. schreibt τινὸς

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90.  Vor allem aus Grenze und Unendlichkeit Bestehenden gibt es die erste Grenze an sich und die erste Unendlichkeit an sich.1 Denn wenn vor den Seienden, die zu irgendeinem gehören, dieselben Seienden für sich bestehen, sofern sie allen gemein und ursprüngliche Ursache für alle sind und nicht bestimmten, sondern schlechthin zu allen gehören, dann müssen vor demjenigen, das aus beiden besteht, die erste Grenze und das zuerst Unendliche sein.2 Die Grenze in dem Gemischten nimmt nämlich an Unendlichkeit und das Unendliche in dem Gemischten an der Grenze teil. Das erste von irgendeinem ist allerdings nichts anderes als das, was es ist. Folglich kann das zuerst Unendliche nicht grenzartig sein und die erste Grenze nicht unendlichartig. Sie sind folglich vor dem Gemischten zuerst da. 91.  Alle Vermögen sind entweder begrenzt oder unendlich, aber alle begrenzten Vermögen haben ihr Bestehen aus dem un­ endlichen Vermögen, alle unendlichen Vermögen jedoch aus der ersten Unendlichkeit.1 Denn Vermögen, die manchmal sind, sind begrenzt, da sie von der Unendlichkeit des Immerseins abgefallen sind. Die Vermögen der Immerseienden allerdings sind unendlich, da sie ihr eigenes Dasein niemals zurücklassen.2 92.  Das All der Vielheit der unendlichen Vermögen hängt von einer, nämlich der ersten Unendlichkeit ab, die weder ein teilgenommes Vermögen ist noch im Vermögenden besteht, son­ dern vielmehr an sich ist, indem sie nicht das Vermögen von ir­ gendeinem Teilhabenden, sondern Ursache aller Seienden ist.1 Denn auch wenn das Seiende selbst, das heißt das erste Seiende, ein Vermögen hat, ist es noch nicht das Vermögen selbst. Es hat nämlich auch eine Grenze,2 während das erste Vermögen Unendlichkeit ist. Unendliche Vermögen sind nämlich unendlich durch Teilnahme der Unendlichkeit. Vor allen Vermögen muß somit die Unendlichkeit selbst sein, durch welche das Seiende unendlich vermögend ist und alles an der Unendlichkeit teilhat. Sie ist nämlich nicht das erste – denn dies ist Maß von allem, da es das Gute und eins ist – 3 und auch nicht das Seiende – denn dies ist zwar unendlich, aber nicht Unendlichkeit. Folglich ist

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I.  Metaphysische Kausalität

οὐκ ἀπειρία. μεταξὺ ἄρα τοῦ πρώτου καὶ τοῦ ὄντος ἡ ἀπειρία, πάντων αἰτία τῶν ἀπειροδυνάμων καὶ αἰτία πάσης τῆς ἐν τοῖς οὖσιν ἀπειρίας. 93.  Πᾶν τὸ ἄπειρον ἐν τοῖς οὖσιν οὔτε τοῖς ὑπερκειμένοις

ἄπειρόν ἐστιν οὔτε ἑαυτῷ. ᾧ γὰρ ἄπειρον ἕκαστον, τούτῳ καὶ ἀπερίγραϕον ὑπάρχει· πᾶν δὲ ἐν ἐκείνοις ἑαυτῷ τε ὥρισται καὶ τοῖς πρὸ αὐτοῦ πᾶσι. μόνοις δὴ λείπεται τοῖς καταδεεστέροις ἄπειρον εἶναι τὸ ἐν ἐκείνοις ἄπειρον, ὧν ὑπερήπλωται τῇ δυνάμει τοσοῦτον ὥστε πᾶσιν αὐτοῖς ἀπερίληπτον ὑπάρχειν· κἂν γὰρ ἐϕ' ὁσο­νοῦν ἐκεῖνα πρὸς αὐτὸ ἀνατείνηται, ἀλλ' ἔχει τι πάντως ἀπ' αὐ­τῶν ἐξ­ῃρημένον· κἂν εἰσίῃ πάντα εἰς αὐτό, ἀλλ' ἔχει τι κρύ­ϕιον τοῖς δευτέροις καὶ ἀκατάληπτον· κἂν ἐξελίττῃ τὰς ἐν αὐτῷ δυνάμεις, ἀλλ' ἔχει τι δι' ἕνωσιν ἀνυπέρβλητον, συν­εσπει­ρα­ μένον, ἐκβεβηκὸς τῆς ἐκείνων ἀνελίξεως. ἑαυτὸ δὲ συνέχον καὶ ὁρίζον οὐκ ἂν ἑαυτῷ ἄπειρον ὑπάρχοι, οὐδὲ πολλῷ μᾶλλον τοῖς ὑπερκειμένοις, μοῖραν ἔχον τῆς ἐν ἐκείνοις ἀπειρίας· ἀπειρότεραι γὰρ αἱ τῶν ὁλικωτέρων δυνάμεις, ὁλικώτεραι οὖ­ σαι καὶ ἐγγυτέρω τεταγμέναι τῆς πρωτίστης ἀπειρίας.

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94.  Πᾶσα μὲν ἀιδιότης ἀπειρία τίς ἐστιν, οὐ πᾶσα δὲ ἀπει­

ρία ἀιδιότης. πολλὰ γὰρ τῶν ἀπείρων οὐ διὰ τὸ ἀεὶ ἔχει τὸ ἄπειρον, ὥσπερ καὶ ἡ κατὰ τὸ ποσὸν ἀπειρία καὶ ἡ κατὰ τὸ πηλίκον καὶ ἡ τῆς ὕλης ἀπειρία καὶ εἴ τι ἄλλο τοιοῦτον, ἢ διὰ τὸ ἀδιεξίτητον ἄπειρον ὑπάρχον ἢ διὰ τὸ ἀόριστον τῆς οὐσίας. ὅτι δὲ ἡ ἀιδιότης ἀπειρία, δῆλον· τὸ γὰρ μηδέποτε ἐπιλεῖπον ἄπειρον, τοῦτο δὲ τὸ ἀεί, τὴν ὑπόστασιν ἀνέκλειπτον ἔχον. ἡ ἄρα ἀπειρία πρὸ τῆς ἀιδιότητός ἐστι· τὸ γὰρ πλειόνων

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zwischen dem Ersten und dem Seienden die Unendlichkeit, die Ursache von allen unendlich Vermögenden und Ursache aller Unendlichkeit in den Seienden ist. 93.  Alles in den Seienden Unendliche ist weder für die Dar­ überhinausliegenden noch für sich selbst unendlich.1 Denn durch das, wofür ein Unendliches unendlich ist, läßt es sich genausowenig umschreiben. Alles Unendliche in den Seienden ist allerdings sowohl für sich selbst als auch für alles, das diesem vorhergeht, bestimmt. Es bleibt deshalb nur, daß das Unendliche in den Seienden nur für die Schwächeren unendlich ist, über die es in Einfachheit durch sein Vermögen so weit hinausgeht, daß es für alle diese Seienden unfaßbar ist. Auch wenn sich jene Seienden möglichst weit gegen das Unendliche aufwärtswenden, behält es etwas, das sich den Seienden ganz und gar entzieht; und auch wenn alle Seienden in dieses Unendliche eingehen, behält es etwas, das für die späteren Seienden verborgen und ungreifbar ist; und selbst wenn die Seienden die im Unendlichen enthaltenen Vermögen entfalten, behält es etwas, das wegen seiner Vereinung unbesiegbar ist, sich in sich zusammengezogen hat und der Entfaltung jener Vermögen entkommen ist. Wenn es sich freilich zusammenhält und bestimmt, kann es nicht für sich selbst unendlich sein und noch viel weniger für die Überliegenden, da es einen Teil der in ihnen befindlichen Unendlichkeit hat. Je mehr Seiende nämlich allgemein sind, desto unendlicher sind ihre Vermögen, da diese ganzheitlicher und in der Ordnung der ersten Unendlichkeit näher sind. 94.  Alle Immerwährendheit ist eine Unendlichkeit, doch nicht alle Unendlichkeit ist Immerwährendheit.1 Denn es gibt viel Unendliches, dessen Unendlichkeit nicht im Immer liegt, z. B. die Unendlichkeit der Quantität nach, dem Umfang nach, der Materie nach und alles andere, das entweder durch die Unzählbarkeit oder durch die Un­bestimmt­heit seines Wesens unendlich ist. Anderseits ist klar, daß die Immerwährendheit Unendlichkeit ist,2 denn was niemals nachläßt, ist unendlich, und das Immer besteht hier darin, daß es ein nichtnachlassendes Bestehen hat. Folglich geht die Un­end­lich­keit der Immerwährendheit vorher. Denn was mehr Be­stehen verleiht

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I.  Metaphysische Kausalität

ὑπο­στατικὸν καὶ ὁλικώτερον αἰτιώτερόν ἐστιν. ἐπέκεινα ἄρα τοῦ αἰῶνος ἡ πρώτη ἀπειρία καὶ ἡ αὐτοαπειρία πρὸ αἰῶνος.84 95.  Πᾶσα δύναμις ἑνικωτέρα οὖσα τῆς πληϑυνομένης ἀπειρ­

οτέρα. εἰ γὰρ ἡ πρώτη ἀπειρία τοῦ ἑνὸς ἐγγυτάτω, καὶ τῶν δυ­νά­ μεων ἡ τῷ ἑνὶ συγγενεστέρα τῆς ἀϕισταμένης ἐκείνου μει­ζό­ νως ἄπειρος· πληϑυνομένη γὰρ ἀπόλλυσι τὸ ἑνοειδές, ἐν ᾧ μέ­νουσα τὴν πρὸς τὰς ἄλλας εἶχεν ὑπεροχήν, συνεχομένη διὰ τὴν ἀμέρειαν· καὶ γὰρ ἐν τοῖς μεριστοῖς αἱ δυνάμεις συν­αγό­ μεναι μὲν πολλαπλασιάζονται, μεριζόμεναι δὲ ἀμυδροῦνται.

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96.  Παντὸς πεπερασμένου σώματος ἡ δύναμις, ἄπειρος

οὖσα, ἀσώματός ἐστιν. εἰ γὰρ σωματική, εἰ μὲν τὸ σῶμα τοῦτο ἄπειρον, ἔσται ἐν πεπερασμένῳ ἄπειρον· εἰ δὲ πεπερασμένον, οὐ καϑὸ σῶμα ἄρα, κατὰ τοῦτο δύναμίς ἐστιν· εἰ γάρ ᾗ σῶμα πεπέρασται, ᾗ δὲ δύ­να­μις ἄπειρος, οὐκ ἔσται καϑὸ σῶμα δύναμις. ἀσώματος ἄρα ἡ ἐν τῷ πεπερασμένῳ σώματι δύναμις ἐνοῦσα ἄπειρος.

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97.  Πᾶν τὸ καϑ' ἑκάστην σειρὰν ἀρχικὸν αἴτιον τῇ σειρᾷ

πάσῃ τῆς ἑαυτοῦ μεταδίδωσιν ἰδιότητος, καὶ ὅ ἐστιν ἐκεῖνο πρώτως, τοῦτό ἐστιν αὔτη καϑ' ὕϕεσιν. εἰ γὰρ ἡγεῖται τῆς ὅλης σειρᾶς καὶ πάντα τὰ σύστοιχα πρὸς αὐτὸ συντέτακται, δῆλον δὴ ὅτι πᾶσι τὴν μίαν ἰδέαν, καϑ' ἣν ὑπὸ τὴν αὐτὴν τέτακται σειράν, ἐκεῖνο δίδωσιν. ἢ γὰρ ἀναιτίως πάντα τῆς πρὸς ἐκεῖνο μετέσχεν ὁμοιότητος ἢ ἀπ' ἐκείνου τὸ ταὐτὸν ἐν πᾶσιν. ἀλλὰ τὸ ἀναιτίως ἀδύνατον· τὸ γὰρ ἀναιτίως καὶ αὐτόματον, τὸ δὲ αὐτόματον ἐν οἷς τάξις ἐστὶ καὶ ἀλληλουχία καὶ τὸ ἀεὶ ὡσαύτως οὐκ ἄν ποτε γένοιτο.

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καὶ ἡ αύτοαπειρία πρὸ αίῶνος :  von D. als eingeschobene Randglosse

ausgeklammert

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und allgemeiner ist, ist ursächlicher. Die erste Unendlichkeit ist folglich jenseits der Ewigkeit, und die Unendlichkeit selbst geht der Ewigkeit vorher. 95.  Alle einheitlicheren Vermögen sind unendlicher als die sich vervielfältigenden Vermögen.1 Denn ist die erste Unendlichkeit dem Einen am nächsten, dann ist das dem Einen verwandtere Vermögen in höherem Grade unendlich als ein davon entferntes. Vervielfältigung heißt für ein Vermögen nämlich Verlust an Eins­artig­keit; solange das Vermögen allerdings in dieser Eins­artig­keit verblieb, bewahrte es, zusammengehalten durch diese Teillosigkeit, sein Übermaß gegen die anderen Vermögen. Denn im Teilbaren werden die sich mit ihm verbindenden Vermögen zur Vielheit, und diese Teilung heißt Verdunklung. 96.  Von jedem begrenzten Körper ist das Vermögen, wenn es unendlich ist, unkörperlich.1 Denn wäre es körperlich und wäre sein Körper unendlich, müßte Unendliches in Begrenztem sein. Wäre sein Körper jedoch begrenzt, wäre folglich das Vermögen nicht Vermögen, insofern es Körper ist. Wäre es nämlich als Körper begrenzt, als Vermögen jedoch unendlich, könnte es nicht, insofern es Körper ist, Vermögen sein. Das einem begrenzten Körper inneseiende unendliche Vermögen ist folglich unkörperlich. 97.  Jede in einer Reihe ursprüngliche Ursache teilt der ganzen Reihe ihre Eigenart mit, und was diese Ursache zuerst ist, ist diese Reihe auf abgestufte Weise.1 Denn geht eine solche Ursache der ganzen Reihe vorher und sind alle in dieser Reihe Bestehenden auf die Ursache hingeordnet, dann ist klar, daß sie all diesen die eine Beschaffenheit gibt, kraft der sie in dieser Reihe geordnet sind. Entweder nämlich nimmt alles an der Ähnlichkeit mit der Ursache auf unverursachte Weise teil, oder stammt das in allen Identische von der Ursache her. Daß dies jedoch auf unverursachte Weise geschieht, ist unmöglich, denn »auf unverursachte Weise« heißt auch »spon­ tan«. Spontaneität gibt es jedoch niemals in denjenigen, in denen Ordnung, Kontinuität und immerbleibende Identität sind. Folg-

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I.  Metaphysische Kausalität

ἀπ' ἐκείνου ἄρα τὴν ἰδιότητα τῆς ἐκείνου ὑποστάσεως πᾶσα δέχεται ἡ σειρά. εἰ δὲ ἀπ' ἐκείνου, ϕανερὸν ὅτι μετὰ ὑϕέσεως καὶ τῆς προσ­ ηκούσης τοῖς δευτέροις ὑποβάσεως· ἢ γὰρ ὁμοίως ἔν τε τῷ ἡγουμένῳ καὶ ἐν τοῖς δευτέροις85 ἡ ἰδιότης ὑπάρχει, καὶ πῶς ἔτι τὸ μὲν ἡγεῖται, τὰ δὲ μετ' ἐκεῖνο τὴν ὑπόστασιν ἔλαχεν; ἢ ἀνομοίως· καὶ εἰ τοῦτο, δῆλον ὡς ἀϕ' ἑνὸς τῷ πλήϑει τὸ ταὐτόν, ἀλλ' οὐκ ἔμπαλιν, καὶ δευτέρως ἔστιν ἐν τῷ πλήϑει τὸ πρώτως ἐν τῷ ἑνὶ προυπάρχον ἰδίωμα τῆς σειρᾶς ἐξαίρετον.

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98.  Πᾶν αἴτιον χωριστὸν πανταχοῦ ἐστιν ἅμα καὶ οὐ­δα­

μοῦ. τῇ μὲν γὰρ μεταδόσει τῆς ἑαυτοῦ δυνάμεώς ἐστι πανταχοῦ, τοῦτο γάρ ἐστιν αἴτιον, τὸ πληρωτικὸν τῶν μεταλαγχά­νειν αὐτοῦ πεϕυκότων καὶ ἀρχικὸν τῶν δευτέρων πάντων καὶ παρὸν πᾶσι ταῖς τῶν ἐλλάμψεων γονίμοις προόδοις· τῇ δὲ ἀμίκτῳ πρὸς τὰ ἐν τόπῳ ὄντα οὐσίᾳ καὶ τῇ ἐξῃρημένῃ καϑαρότητι οὐδαμοῦ ἐστιν· εἰ γὰρ χωριστόν ἐστι τῶν ἀποτελεσμάτων, ὑπερίδρυται πάντων ὡσαύτως καὶ ἐν οὐδενί ἐστι τῶν ἑαυτοῦ καταδεεστέρων. εἴτε γὰρ πανταχοῦ μόνον ἦν, αἴτιον μὲν εἶναι οὐκ ἐκωλύετο καὶ ἐν πᾶσιν εἶναι τοῖς μετέχουσι, πρὸ πάντων δὲ οὐκ ἂν ἦν χωριστῶς· εἴτε οὐδαμοῦ, τοῦ πανταχοῦ χωρίς, πρὸ πάντων μὲν εἶναι οὐκ ἐκωλύετο καὶ μηδενὸς εἶναι τῶν ὑποδεεστέρων, ἐν πᾶσι δὲ οὐκ ἂν ἦν ὡς τὰ αἴτια πέϕυκεν ἐν τοῖς αἰτιατοῖς εἶναι ταῖς ἑαυτῶν ἀϕϑόνοις μεταδόσεσιν. ἵν' οὖν καὶ αἴτιον ὑπάρχον ἐν πᾶσιν ᾖ τοῖς δυναμένοις μετέχειν, καὶ χωριστὸν ὂν ἐϕ' ἑαυτοῦ πρὸ πάντων ᾖ τῶν ἀπ' αὐτοῦ πληρουμένων, πανταχοῦ ἐστιν ἅμα καὶ οὐδαμοῦ. καὶ οὐ μέρει μὲν πανταχοῦ, μέρει δὲ οὐδαμοῦ· οὕτως γὰρ ἂν αὐτὸ ἑαυτοῦ διεσπασμένον εἴη καὶ χωρίς, εἴπερ τὸ μὲν αὐτοῦ πανταχοῦ καὶ ἐν πᾶσι, τὸ δὲ οὐδαμοῦ καὶ πρὸ τῶν πάντων, ἀλλ' ὅλον πανταχοῦ, καὶ οὐδαμοῦ ὡσαύτως. καὶ γὰρ

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δευτέροις :  D. ἄλλοις

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lich empfängt von der Ursache her die ganze Reihe die Eigenart des Bestehens der Ursache. Stammt allerdings die Eigenart von der Ursache, dann offen­ bar mit Abstufung und einem den Späteren angemessenen Abstieg. Denn entweder besteht die Eigenart in dem Vorhergehenden und in den Späteren auf gleiche Weise – doch wie könnte dann noch eines vorhergehen und den anderen ein darauffolgendes Bestehen zufallen? – oder auf ungleiche Weise. In letzterem Falle ist jedoch klar, daß das Identische die Vielheit von einem her erreicht und nicht umgekehrt und daß die zuerst in diesem einen vorherbestehende und diese Reihe auszeichnende Eigenschaft in der Vielheit später ist. 98.  Jede abgetrennte Ursache ist überall und zugleich nirgends.1 Denn einerseits ist durch die Mitteilung ihres Vermögens diese Ursache überall. Ursache ist nämlich das, was sowohl dasjenige erfüllt, das seiner Natur nach an der Ursache teilhaben kann, als auch Ursprung aller Späteren ist als auch jedem zeugungsfähigen Hervortreten der Erleuchtungen gegenwärtig ist. Anderseits aber ist diese Ursache durch ihr mit den räumlichen Seienden unvermischtes Wesen und ihre übersteigende Reinheit nirgends. Denn ist sie von den Erzeugten abgetrennt, befindet sie sich in derselben Weise über alle und ist in keinem derjenigen, die schwächer sind als sie. Wäre sie nämlich lediglich überall, verwehrte ihr zwar das Ursachesein nicht, auch in allen Teilhabenden zu sein, sie könnte dann aber nicht abgetrennterweise allem vorher sein. Und wäre sie nirgends, ohne überall zu sein, hinderte zwar das Vor-allemSein sie auch nicht, keinem der Schwächeren anzugehören, sie könnte dann aber nicht in allen sein, wie es in der Natur der Ursachen liegt, durch die freigebige Mitteilung von sich in den Verursachten zu sein. Damit sie nun als Ursache in all denen ist, die an ihr teilzuhaben vermögen, und abgetrennt und für sich vor all denen ist, die von ihr erfüllt werden, muß sie überall und zugleich nirgends sein. Sie ist auch nicht teilweise überall und teilweise nirgends, denn so würde sie von sich abgerissen und abgetrennt sein, weil der eine Teil überall und in allem und der andere nirgends und allem vorher wäre. Sie ist vielmehr als Ganze überall und in der-

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I.  Metaphysische Kausalität

τὰ μετέχειν αὐτοῦ δυνάμενα ὅλῳ ἐν­τυγ­χάνει καὶ ὅλον ἑαυτοῖς εὑρίσκει παρόν, κἀκεῖνο ὅλον ἐξῄρηται· τὸ γὰρ μετασχὸν οὐκ ἐκεῖνο ἐν ἑαυτῷ κατέταξεν, ἀλλ' ἀπ' ἐκείνου μετέσχεν ὅσον χωρῆσαι δύναται·86 καὶ οὔτε τῷ μετα­δι­δό­ναι ἑαυτοῦ στε­νο­ χω­ρεῖ­ται ταῖς τῶν πλειόνων μεϑέξεσι, χωρὶς ὄν, οὔτε τὰ μετ­έχοντα ἐλλιπῶς μεταλαγχάνει, πανταχοῦ ὄντος τοῦ μετα­ διδόντος.

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99.  Πᾶν ἀμέϑεκτον, ᾗ ἀμέϑεκτόν ἐστι, ταύτῃ ἀπ' ἄλλης

αἰτίας οὐχ ὑϕίσταται, ἀλλ' αὐτὸ ἀρχή ἐστι καὶ αἰτία τῶν μετ­εχο­μένων πάντων, καὶ οὕτως ἀρχὴ πᾶσα καϑ' ἑκάστην σει­ρὰν ἀγένητος. εἰ γάρ ἐστιν ἀμέϑεκτον, ἐν τῇ οἰκείᾳ σειρᾷ τὸ πρωτεῖον ἔλαχε, καὶ οὐ πρόεισιν ἀπ' ἄλλων· οὐ γὰρ ἂν εἴη πρῶτον ἔτι, τὴν ἰδιότητα ταύτην καϑ' ἥν ἐστιν ἀμέϑεκτον παρ' ἄλ­λου τινὸς ὑποδεχόμενον· εἰ δὲ ἄλλων ἐστὶ καταδεέστερον καὶ ἀπ' ἐκείνων πρόεισιν, οὐχ ᾗ ἀμέϑεκτόν ἐστι, ταύτῃ πρόεισιν, ἀλλ' ᾗ μετέχον· ἀϕ' ὧν γὰρ ὥρμηται, τούτων δήπου μετέχει, καὶ ὧν μετέχει, ταῦτα οὐκ ἔστι πρώτως· ὃ δὲ ἀμέϑεκτόν87 ἐστι, τοῦτο πρώτως ἐστίν. οὐκ ἄρα ᾗ ἀμέϑεκτον, ταύτῃ ἀπ' αἰτίας ἐστίν· ᾗ μὲν γὰρ ἀπ' αἰτίας, μετέχον ἐστὶ καὶ οὐκ ἀμέϑ­εκτον, ᾗ δὲ ἀμέϑεκτον, μετεχομένων αἴτιον, ἀλλ' οὐκ αὐτὸ μετέχον ἄλλων.

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100.  Πᾶσα μὲν σειρὰ τῶν ὅλων εἰς ἀμέϑεκτον αἰτίαν καὶ

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ἀρχὴν ἀνατείνεται, πάντα δὲ τὰ ἀμέϑεκτα τῆς μιᾶς ἐξέχεται τῶν πάντων ἀρχῆς. εἰ γὰρ ἑκάστη σειρὰ ταὐτόν τι πέπονϑεν, ἔστι τι ἐν ἑκάστῃ ἡγεμονοῦν τὸ τῆς ταυτότητος αἴτιον· ὡς γὰρ τὰ ὄντα πάντα ἀϕ' ἑνός, οὕτω καὶ πᾶσα σειρὰ ἀϕ' ἑνός. πᾶσαι δὲ αὖ αἱ ἀμέϑ­­εκτοι μονάδες εἰς τὸ ἓν ἀνάγονται, διότι πᾶσαι τῷ ἑνὶ

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δύναται :  D. δεδύνηται ἀμέϑεκτόν :  D. ἀμεϑέκτως 88 αἰτίαν καὶ ἀρχὴν :  D. ἀρχὴν καὶ αἰτίαν 87

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Von den kausalen Verhältnissen

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selben Weise nirgends. Es ist nämlich auch so, daß diejenigen, die an der Ursache teilzunehmen vermögen, auf sie als Ganze treffen und sie als Ganze bei sich gegenwärtig vorfinden und daß die Ur­sache als Ganze über sie hinausgeht. Was an der Ursache teilnimmt, hat diese nämlich nicht in sich selbst eingestellt, sondern hat von ihr soviel genommen, wie es in sich zu fassen vermag. Weder wird die Ursache, obzwar sie von sich selbst mitteilt, dadurch eingeengt, daß mehr an ihr teilhat, weil sie nämlich abgetrennt ist, noch erhalten die Teilhabenden einen mangelhaften Anteil, weil das Mitteilende überall ist. 99.  Alles Unteilnehmbare hat, sofern es unteilnehmbar ist, das Bestehen nicht von einer anderen Ursache, sondern ist selbst Ur­ sprung und Ursache aller Teilgenommenen, und deshalb ist jeder Ursprung in einer jeden Reihe ungeworden.1 Denn ist es unteilnehmbar, hat es in seiner eigenen Reihe die erste Stelle und tritt nicht aus einem anderen hervor. Es würde nämlich nicht länger erstes sein, nähme es die Eigenart, hinsichtlich der es unteilnehmbar ist, von etwas anderem auf, und ist es schwächer als andere und tritt es aus diesen hervor, tritt es nicht hervor, sofern es unteilnehmbar ist, sondern sofern es teilhat. Denn wodurch es angeregt wird, daran hat es sicherlich teil, und die, an denen es teilhat, ist es nicht zuerst. Was das Unteilnehmbare allerdings ist, ist es zuerst. Sofern es folglich unteilnehmbar ist, stammt es nicht von einer Ursache, denn sofern es von einer Ursache stammt, hat es teil und ist nicht unteilnehmbar, sofern es jedoch unteilnehmbar ist, ist es Ursache der Teilgenommenen, doch hat es selbst nicht an anderen teil. 100.  Jede Reihe eines Ganzen wendet sich ihrer unteilnehm­ baren Ursache und ihrem unteilnehmbaren Ursprung aufwärts zu, und alle Unteilnehmbaren hängen von dem einen Ursprung von allem ab.1 Denn hat jede Reihe etwas Identisches erlitten, dann gibt es in der Reihe ein Vorhergehendes, das Ursache dieser Identität ist. Denn wie alle Seienden von einem stammen, stammt auch die ganze Reihe von einem. Ihrerseits aber führen alle unteilnehmbaren Monaden auf das Eine zurück, da alle eine Analogie mit

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I.  Metaphysische Kausalität

ἀνάλογον· ᾗ οὖν ταὐτόν τι καὶ αὗται πεπόνϑασι, τὴν πρὸς τὸ ἓν ἀναλογίαν, ταύτῃ εἰς τὸ ἓν αὐταῖς ἡ ἀναγωγὴ γίνεται· καὶ ᾗ μὲν ἀπὸ τοῦ ἑνὸς πᾶσαι, οὐδεμία τούτων ἀρχή ἐστιν, ἀλλ' ὡς ἀπ' ἀρχῆς ἐκείνης· ᾗ δὲ ἑκάστη ἀμέϑεκτος, ταύτῃ ἀρχὴ ἑκάστη. τινῶν οὖν ἀρχαὶ οὖσαι τῆς πάντων ἀρχῆς ἐξέχονται· πάντων γὰρ ἀρχή ἐστιν ἧς πάντα μετείληϕε· μετείληϕε δὲ μόνου πάντα τοῦ πρώτου, τῶν δὲ ἄλλων οὐ πάντα, ἀλλὰ τινά. διὸ καὶ τὸ ἁπλῶς πρῶτον ἐκεῖνο, τὰ δὲ ἄλλα πρὸς τινὰ μὲν τάξιν ἐστὶ πρῶτα, ἁπλῶς δὲ οὐ πρῶτα.

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101.  Πάντων τῶν νοῦ μετεχόντων ἡγεῖται ὁ ἀμέϑεκτος

νοῦς, καὶ τῶν τῆς ζωῆς ἡ ζωή, καὶ τῶν τοῦ ὄντος τὸ ὄν· αὐτῶν δὲ τούτων τὸ μὲν ὂν πρὸ τῆς ζωῆς, ἡ δὲ ζωὴ πρὸ τοῦ νοῦ. διότι μὲν γὰρ ἐν ἑκάστῃ τάξει τῶν ὄντων πρὸ τῶν μετ­εχο­ μένων ἐστὶ τὰ ἀμέϑεκτα, δεῖ πρὸ τῶν νοερῶν εἶναι τὸν νοῦν καὶ πρὸ τῶν ζώντων τὴν ζωὴν καὶ πρὸ τῶν ὄντων τὸ ὄν. διότι δὲ προηγεῖται τὸ τῶν πλειόνων αἴτιον ἢ τὸ τῶν ἐλατ­τό­νων, ἐν ἐκείνοις τὸ μὲν ὂν ἔσται πρώτιστον· πᾶσι γὰρ πάρεστιν, οἷς ζωὴ καὶ νοῦς, ζῶν γὰρ πᾶν καὶ νοήσεως μετέχον ἔστιν ἐξ ἀνάγκης· οὐκ ἔμπαλιν δέ, οὐ γὰρ τὰ ὄντα πάντα ζῇ καὶ νοεῖ. δευτέρα δὲ ἡ ζωή, πᾶσι γάρ, οἷς νοῦ μέτεστι, καὶ ζωῆς μέτεστιν, οὐκ ἔμπαλιν δέ, πολλὰ γὰρ ζῇ μέν, γνώσεως δὲ ἄμοιρα ἀπολείπεται. τρίτος δὲ ὁ νοῦς, πᾶν γὰρ τὸ γνωστικὸν ὁπωσοῦν καὶ ζῇ καὶ ἔστιν. εἰ οὖν πλειόνων αἴτιον τὸ ὄν, ἐλατ­ τό­νων δὲ ἡ ζωή, καὶ ἔτι ἐλαττόνων ὁ νοῦς, πρώτιστον τὸ ὄν, εἶτα ζωή, εἶτα νοῦς.

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dem Einen aufweisen. Sofern also auch sie etwas Identisches erlitten haben, nämlich ihre Analogie mit dem Einen, lassen sie sich auf das Eine zurückführen. Und sofern sie alle vom Einen stammen, ist keine von ihnen Ursprung, sondern stammen sie vielmehr von jenem Ursprung. Insofern jedoch eine jede Monade unteilnehmbar ist, ist sie Ursprung. Als Ursprung von manchem hängen die Monaden somit von dem Ursprung von allen ab. Denn der Ursprung von allen ist der, an dem alles teilnimmt. Das einzige allerdings, woran alles teilnimmt, ist das Erste. Dagegen nehmen an anderem nicht alle, sondern nur manche teil. Deshalb ist jenes auch das schlechthin Erste, während ­anderes zwar hinsichtlich irgendeiner Ordnung erstes, jedoch nicht schlechthin erstes ist. 101.  Allen am Denkvermögen Teilhabenden geht das unteil­ nehmbare Denkvermögen vorher, allen am Leben Teilhabenden das Leben, allen am Seienden Teilhabenden das Seiende; von diesen drei ist das Seiende vor dem Leben und das Leben vor dem Denkvermögen.1 Denn weil in jeder Ordnung von Seienden vor denen, an denen teilgenommen wird, die Unteilnehmbaren sind, muß vor den Denktätigen das Denkvermögen, vor den Lebenden das ­Leben und vor den Seienden das Seiende sein. Weil ferner die ­Ursache von Mehrerem der von Wenigerem vorhergeht, muß von jenen drei das Seiende das erste sein, denn es ist all denen gegen­wärtig, wo Leben und Denkvermögen gegenwärtig sind, da ja alles, was lebt und am Denken teilhat, notwendig ist, während umgekehrt nicht alle Seienden leben und denken. An zweiter Stelle muß allerdings das Leben sein, denn alle, die am Denkvermögen teilnehmen, nehmen auch am Leben teil, während das Umgekehrte nicht gilt, denn es gibt vieles, das zwar lebt, doch der Erkenntnis unteilhaftig bleibt. An dritter Stelle muß schließlich das D ­ enkvermögen sein, denn alles, was irgendwie erkennt, lebt auch und ist auch. Ist also das Seiende Ursache von mehr, das Leben von weniger und das Denkvermögen von noch weniger, dann kommt das Seiende zuerst, danach Leben und hiernach Denkvermögen.2

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I.  Metaphysische Kausalität

102.  Πάντα μὲν τὰ ὁπωσοῦν ὄντα ἐκ πέρατός ἐστι καὶ

ἀπείρου διὰ τὸ πρώτως ὄν· πάντα δὲ τὰ ζῶντα ἑαυτῶν κι­νη­ τικά ἐστι διὰ τὴν ζωὴν τὴν πρώτην· πάντα δὲ τὰ γνωστικὰ γνώσεως μετέχει διὰ τὸν νοῦν τὸν πρῶτον. εἰ γὰρ τὸ καϑ' ἑκάστην σειρὰν ἀμέϑεκτον τῆς οἰκείας ἰδιό­ τητος πᾶσι τοῖς ὑπὸ τὴν αὐτὴν σειρὰν μεταδίδωσι, δῆλον δὴ ὅτι καὶ τὸ ὂν τὸ πρώτιστον μεταδίδωσι πᾶσι πέρατος ἅμα καὶ ἀπειρίας, μικτὸν ὑπάρχον ἐκ τούτων πρώτως· καὶ ἡ ζωὴ τῆς παρ' ἑαυτῆς89 κινήσεως, καὶ γὰρ ἡ ζωὴ πρώτη πρόοδός ἐστι καὶ κίνησις ἀπὸ τῆς μονίμου τοῦ ὄντος ὑποστάσεως· καὶ ὁ νοῦς τῆς γνώσεως, πάσης γὰρ γνώσεως ἡ ἀκρότης ἐστὶν ἐν νῷ, καὶ νοῦς τὸ πρώτως γνωστικόν.

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103.  Πάντα ἐν πᾶσιν, οἰκείως δὲ ἐν ἑκάστῳ.

καὶ γὰρ ἐν τῷ ὄντι καὶ ἡ ζωὴ καὶ ὁ νοῦς, καὶ ἐν τῇ ζωῇ τὸ εἶναι καὶ τὸ νοεῖν, καὶ ἐν τῷ νῷ τὸ εἶναι καὶ τὸ ζῆν· ἀλλ' ὅπου μὲν νοερῶς, ὅπου δὲ ζωτικῶς, ὅπου δὲ ὄντως ὄντα πάντα. ἐπεὶ γὰρ ἕκαστον ἢ κατ' αἰτίαν ἔστιν ἢ καϑ' ὕπαρξιν ἢ κατὰ μέϑεξιν, ἔν τε τῷ πρώτῳ τὰ λοιπὰ κατ' αἰτίαν ἔστι, καὶ ἐν τῷ μέσῳ τὸ μὲν πρῶτον κατὰ μέϑεξιν, τὸ δὲ τρίτον κατ' αἰτίαν, καὶ ἐν τῷ τρίτῳ τὰ πρὸ αὐτοῦ κατὰ μέϑεξιν, καὶ ἐν τῷ ὄντι ἄρα ζωὴ προείληπται καὶ νοῦς· ἑκάστου δὲ κατὰ τὴν ὕπαρξιν χαρακτηριζομένου καὶ οὔτε κατὰ τὴν αἰτίαν, ἄλλων γάρ ἐστιν αἴτιον, οὔτε κατὰ τὴν μέϑεξιν, ἀλλαχόϑεν γὰρ ἔχει τοῦτο, ὃ90 μετείληϕεν, ὄντως ἐστὶν ἐκεῖ καὶ τὸ ζῆν καὶ τὸ νοεῖν, ζωὴ οὐσιώδης καὶ νοῦς οὐσιώδης· καὶ ἐν τῇ ζωῇ κατὰ μέϑεξιν μὲν τὸ εἶναι, κατ' αἰτίαν δὲ τὸ νοεῖν, ἀλλὰ ζωτικῶς ἑκάτερον, κατὰ τοῦτο γὰρ ἡ ὕπαρξις· καὶ ἐν τῷ νῷ καὶ ἡ ζωὴ καὶ ἡ οὐσία κατὰ μέϑεξιν, καὶ νοερῶς ἑκάτερον, καὶ γὰρ τὸ εἶναι τοῦ νοῦ γνωστικὸν καὶ ἡ ζωὴ γνῶσις.

89 90

παρ’ ἑαυτῆς :  D. παρ’ ἑαυτῇ ὃ :  D. οὗ

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Von den Verhältnissen in den metaphysischen Bereichen

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102.  Alle irgendwie Seienden bestehen durch das zuerst Sei­ ende aus Grenze und Unendlichem, alle Lebenden sind durch das erste Leben selbstbewegend und alle Erkennenden haben durch das erste Denkvermögen an Erkenntnis teil.1 Denn teilt in einer jeden Reihe das Unteilnehmbare allen in derselben Reihe von seiner Eigenart mit, dann ist klar, daß das erste Seiende allen zugleich Grenze und Unendlichkeit mitteilt, da es die erste Mischung aus beiden ist; 2 ebenfalls ist klar, daß das Leben seine Selbstbewegung mitteilt, denn das Leben ist das erste Hervortreten und die erste Bewegung aus dem bleibenden Bestehen des Seienden; und schließlich ist klar, daß das Denkvermögen seine Erkenntnis mitteilt, denn der Gipfel aller Erkenntnis liegt im Denkvermögen und Denkvermögen ist das zuerst Erkennende.3 103.  Alles ist in allen, doch in einem jeden, je wie es diesem eigen ist.1 Denn im Seienden sind das Leben und das Denkvermögen, im Leben das Sein und das Denken und im Denkvermögen das Sein und das Leben, hier jedoch sind sie denktätigerweise, dort lebenderweise und dort seienderweise. Weil ein jedes nämlich entweder der Ursache gemäß oder als selb­ständiges Dasein oder der Teilhabe gemäß ist und im ­ersten die anderen der Ursache gemäß sind, im mittleren das erste der Teilhabe gemäß und das dritte der Ursache gemäß und im dritten die vorhergehenden der Teilhabe gemäß sind, sind folglich im Seienden auch Leben und Denkvermögen schon vorher­ enthalten, und weil jedes seiner Selbständigkeit nach charakterisiert wird, das heißt weder als Ursache – es ist nämlich Ur­ sache von anderem – noch als Teilhabe – was es durch Teilhabe hat, hat es nämlich von anderswoher –, sind das Leben und das Denken hier seienderweise, nämlich als wesentliches Leben und als wesentliches Denkvermögen. Ferner ist im Leben das Sein der Teilhabe gemäß und das Denken der Ursache gemäß, beides allerdings lebenderweise, denn hierin besteht das selbständige ­Dasein. Im Denkvermögen schließlich sind das Leben und das Wesen der Teilhabe gemäß. Beide sind hier denktätigerweise, denn das Sein des Denkvermögens ist erkennend und sein L ­ eben ist Erkenntnis.

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I.  Metaphysische Kausalität

104.  Πᾶν τὸ πρώτως αἰώνιον τήν τε οὐσίαν καὶ τὴν ἐν­

έργειαν αἰώνιον ἔχει. εἰ γὰρ πρώτως μεταλαγχάνει τῆς τοῦ αἰῶνος ἰδιότητος, οὐ τῇ μὲν αὐτοῦ μετέχει, τῇ δὲ οὔ, ἀλλὰ πάντῃ μετέχει· ἢ γὰρ κατὰ τὴν ἐνέργειαν μετέχον οὐ μετέχει κατὰ τὴν οὐσίαν, ἀλλ' ἀδύνατον, ἡ γὰρ ἐνέργεια κρείττων ἔσται τῆς οὐσίας· ἢ κατ' οὐσίαν μετέχον οὐ μετέχει κατὰ τὴν ἐνέργειαν, καὶ ἔσται τὸ91 πρώτως αἰώνιον τὸ αὐτὸ καὶ χρόνου μετέχον πρώτως, καὶ χρόνος μέν τινων μετρήσει τὴν ἐνέργειαν πρώτως, αἰὼν δὲ οὐδενός, ὁ παντὸς χρόνου κρείττων, εἴπερ τὸ πρώτως αἰώνιον οὐ συνέχεται κατ' ἐνέργειαν ὑπὸ αἰῶνος. ἅπαν ἄρα τὸ πρώτως αἰώνιον τήν τε οὐσίαν ἔχει καὶ τὴν ἐνέργειαν αἰώνιον.

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105.  Πᾶν τὸ ἀϑάνατον ἀίδιον, οὐ πᾶν δὲ τὸ ἀίδιον ἀϑά­

νατον. εἰ γὰρ ἀϑάνατόν ἐστι τὸ ἀεὶ ζωῆς μετέχον, τὸ δὲ ἀεὶ ζωῆς μετέχον καὶ τοῦ εἶναι μετέχει, καὶ τὸ ἀεὶ ζῶν ἀεὶ ἔστιν, ὥστε τὸ ἀϑάνατον πᾶν ἀίδιον· ἔστι γὰρ τὸ ἀϑάνατον τὸ ἄδεκτον ϑανάτου καὶ ἀεὶ ζῶν, ἀίδιον δὲ τὸ ἄδεκτον τοῦ μὴ εἶναι καὶ ἀεὶ ὄν. εἰ δὲ πολλὰ τῶν ὄντων ἐστὶ καὶ κρείττονα καὶ χείρονα τῆς ζωῆς, ἄδεκτα ὄντα τοῦ ϑανάτου,92 ἀεὶ δὲ ὄντα, οὐ πᾶν ἄρα τὸ ἀίδιον ἀϑάνατόν ἐστιν. ἀλλὰ μὴν ὅτι πολλὰ ἀεὶ ὄντα οὐκ ἀϑάνατά ἐστι, δῆλον· ἔστι γάρ τινα τῶν ὄντων ἄμοιρα μὲν ζωῆς, ἀεὶ δὲ ὄντα καὶ ἀνώλεϑρα· ὡς γὰρ ἔχει τὸ ὂν πρὸς τὴν ζωήν, οὕτως τὸ ἀίδιον πρὸς τὸ ἀϑάνατον· ἡ γὰρ ἀναϕαίρετος ζωὴ τὸ ἀϑάνατόν ἐστι, καὶ τὸ ἀναϕαιρέτως ὂν ἀίδιον, τὸ δὲ ὂν τῆς ζωῆς περιληπτικώτερον, καὶ τοῦ ἀϑανάτου ἄρα τὸ ἀίδιον.

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τὸ :  von D. ausgelassen ϑανάτου :  D. ἀϑανάτου



Von den Verhältnissen in den metaphysischen Bereichen

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104.  Alles zuerst Ewige hat sowohl ein ewiges Wesen als auch eine ewige Tätigkeit.1 Denn bekommt es zuerst Anteil an der Eigenart der Ewigkeit, dann hat es nicht in der einen Hinsicht teil und in der anderen nicht, sondern in jeder Hinsicht; anderenfalls hätte es nämlich entweder seiner Tätigkeit nach und nicht seinem Wesen nach teil – doch das ist unmöglich, die Tätigkeit wäre dann nämlich stärker als das Wesen –, oder es hätte seinem Wesen und nicht seiner Tätigkeit nach teil – dann aber hätte dasselbe zuerst Ewige auch zuerst an der Zeit teil2 und müßte zwar die Zeit für einige das erste Maß der Tätigkeit sein, die Ewigkeit aber, obwohl stärker als alle Zeit, für keines, da das zuerst Ewige seiner Tätigkeit nach nicht von der Ewigkeit zusammengehalten wird. Folglich hat alles zuerst Ewige sowohl ein ewiges Wesen als auch eine ewige Tätigkeit. 105.  Alles Unsterbliche ist immerwährend, doch nicht alles Immerwährende ist unsterblich.1 Denn ist unsterblich, was immer am Leben teilhat, und hat, was immer am Leben teilhat, auch am Sein teil, dann muß das Immerlebende auch immer sein, weshalb alles Unsterbliche im­ merwährend ist. Unsterblich ist nämlich, was den Tod nicht annimmt und immer lebt, immerwährend, was das Nichtsein nicht annimmt und immer ist. Gibt es allerdings Seiende, die entweder stärker oder schwächer als das Leben sind, die also den Tod nicht annehmen, aber trotzdem immer sind, ist folglich nicht alles Immerwährende unsterblich. Daß aber in der Tat viele Immerseiende nicht unsterblich sind, ist klar, denn es gibt Seiende, die nicht am Leben teilhaben, dennoch immer und unzerstörbar sind. Das Immerwährende und das Unsterbliche verhalten sich nämlich wie Sein und Leben – denn unvernichtbares Leben ist das Unsterbliche und das unvernichtbare Seiende ist immerwährend –, und das Seiende ist umfassender als das Leben; folglich ist das Immerwährende auch umfassender als das Unsterbliche.

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I.  Metaphysische Kausalität

106.  Παντὸς τοῦ πάντῃ αἰωνίου κατά τε οὐσίαν καὶ ἐν­

έργειαν καὶ τοῦ τὴν οὐσίαν ἔχοντος ἐν χρόνῳ μέσον ἐστὶ τὸ πῇ μὲν αἰώνιον, πῇ δὲ χρόνῳ μετρούμενον. τὸ γὰρ τὴν οὐσίαν ἔχον ὑπὸ χρόνου περιεχομένην κατὰ πάντα ἐστὶν ἔγχρονον, πολλῷ γὰρ πρότερον τοῦτο καὶ τὴν ἐν­ έργειαν ἔγχρονον ἔλαχε· τὸ δὲ κατὰ πάντα ἔγχρονον τῷ κατὰ πάντα αἰωνίῳ πάντῃ ἀνόμοιον. αἱ δὲ πρόοδοι πᾶσαι διὰ τῶν ὁμοίων· ἔστιν ἄρα τι μεταξὺ τούτων· ἢ οὖν τῇ οὐσίᾳ αἰώνιον, τῇ ἐνεργείᾳ δὲ ἔγχρονον τὸ μέσον, ἢ ἀνάπαλιν. ἀλλὰ τοῦτο ἀδύνατον, ἔσται γὰρ τῆς οὐσίας ἡ ἐνέργεια κρείττων· λείπεται δὴ ϑάτερον εἶναι τὸ μέσον.

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107.  Πᾶν τὸ πῇ μὲν αἰώνιον, πῇ δὲ ἔγχρονον, ὄν τέ ἐστιν

ἅμα καὶ γένεσις. καὶ γὰρ τὸ αἰώνιον πᾶν ὄν ἐστι καὶ τὸ μετρούμενον ὑπὸ χρόνου γένεσις, ὥστ' εἰ τὸ αὐτὸ χρόνου μετέχει καὶ αἰῶνος, οὐ κατὰ τὸ αὐτὸ δέ, καὶ τὸ αὐτὸ ἔσται ὄν τε καὶ γένεσις οὐ καϑ' ἓν ἄμϕω. ἐκ δὴ τούτων ϕανερὸν ὅτι ἡ μὲν γένεσις, καὶ τὴν οὐσίαν ἔγχρονον ἔχουσα, ἀνήρτηται εἰς τὸ πῇ μὲν ὄντος, πῇ δὲ γε­ νέσεως κοινωνοῦν, αἰῶνος ἅμα καὶ χρόνου μετέχον· τοῦτο δὲ εἰς τὸ κατὰ πάντα αἰώνιον· τὸ δὲ κατὰ πάντα αἰώνιον εἰς τὸν αἰῶνα· ὁ δὲ αἰὼν εἰς τὸ ὂν τὸ προαιώνιον. 108.  Πᾶν τὸ ἐν ἑκάστῃ τάξει μερικὸν διχῶς μετέχειν δύν­

αται τῆς ἐν τῇ προσεχῶς ὑπερκειμένῃ διακοσμήσει μονάδος· ἢ διὰ τῆς οἰκείας ὁλότητος ἢ διὰ τοῦ ἐν ἐκείνῃ μερικοῦ καὶ συστοίχου πρὸς αὐτὸ κατὰ τὴν πρὸς ὅλην τὴν σειρὰν ἀνα­ λογίαν. εἰ γὰρ δι' ὁμοιότητος ἡ ἐπιστροϕὴ πᾶσι, καὶ ἔστι τῷ ἐν τῇ ὑπερκειμένῃ τάξει μοναδικῷ καὶ ὅλῳ τὸ ἐν τῇ καταδεεστέρᾳ μερικὸν ἀνόμοιον, καὶ ὡς ὅλῳ μερικὸν καὶ ὡς τάξεως ἄλλης

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Von den Verhältnissen in den metaphysischen Bereichen

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106.  Zwischen allem in jeder Hinsicht, das heißt sowohl sei­ nem Wesen als auch seiner Tätigkeit nach Ewigen und dem, das sein Wesen in der Zeit hat, ist das, was in der einen Hinsicht ewig ist und in der anderen von der Zeit gemessen wird.1 Denn was ein von Zeit umfaßtes Wesen hat, ist überall in der Zeit, da es dann erst recht eine Tätigkeit in der Zeit hat. Was überall in der Zeit ist, ist dem überall Ewigen in jeder Hinsicht unähnlich. Allerdings findet jedes Hervortreten durch Ähnliche statt.2 Es muß folglich zwischen beiden ein Mittleres geben. Dieses Mittlere ist nun entweder seinem Wesen nach ewig, doch seiner Tätigkeit nach in der Zeit, oder umgekehrt. Letzteres jedoch ist unmöglich, sonst wäre nämlich die Tätigkeit stärker als das Wesen.3 Es bleibt so nur übrig, daß ersteres das Mittlere ist. 107.  Alles, was in der einen Hinsicht ewig, in der anderen je­ doch in der Zeit ist, ist zugleich Seiendes und Werden.1 Denn alles Ewige ist Seiendes2 und alles durch Zeit Gemessene Werden; 3 so daß, wenn dasselbe an Zeit und an Ewigkeit teilhat, jedoch nicht in derselben Hinsicht, dasselbe auch Seiendes und Werden sein muß, obwohl beides nicht in derselben Hinsicht. Hieraus leuchtet nun ein, daß das Werden, das auch sein ­Wesen in der Zeit hat, von demjenigen abhängt, das in der einen Hinsicht etwas mit Seiendem, in der anderen jedoch etwas mit Werden gemeinsam hat, da es zugleich an Ewigkeit und an Zeit teilhat. Dieses hängt dann aber von dem überall Ewigen ab, dieses überall Ewige von der Ewigkeit und diese Ewigkeit wiederum vom vorewigen Seienden.4 108.  Alles in irgendeiner Ordnung Besondere kann auf zwei­ erlei Weise an der Monade in der angrenzend überliegenden An­ ordnung teilhaben, nämlich entweder durch die eigene Ganzheit oder durch das in jener überliegenden Ordnung Besondere, das dem ersteren Besonderen gemäß dem analogen Verhältnis zum Ganzen der Reihe gleichgeordnet ist.1 Denn kommt Hinwendung für alles durch Ähnlichkeit zustande2 und ist das in der niederen Ordnung Besondere dem Monadischen und Ganzen in der überliegenden Ordnung unähnlich, da Besonderes dem Ganzen unähnlich ist und jedes der beiden einer anderen Ordnung angehört, und ist ferner jenes

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I.  Metaphysische Kausalität

καὶ ἄλλης, πρὸς δὲ τὸ ἐκ τῆς αὐτῆς σειρᾶς ὅλον ὅμοιον διὰ τὴν τῆς ἰδιότητος κοινωνίαν καὶ πρὸς τὸ τῆς ὑπερκειμένης προσεχῶς ὁμοταγὲς διὰ τὴν ἀνάλογον ὑπόστασιν, δῆλον δὴ ὅτι διὰ τούτων αὐτῷ μέσων ἡ πρὸς ἐκεῖνο γίνεσϑαι πέϕυκεν ἐπιστροϕὴ ὡς δι' ὁμοίων, ἀνόμοιον·93 τῷ94 μὲν γὰρ ὡς μερικῷ μερικὸν ὅμοιον, τὸ δὲ ὡς τῆς αὐτῆς ὂν σειρᾶς οἰκεῖον· ἐκείνῳ δὲ τῷ τῆς ὑπερκειμένης ὅλῳ95 κατ' ἀμϕότερα ἀνόμοιον.

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109.  Πᾶς μερικὸς νοῦς μετέχει τῆς ὑπὲρ νοῦν καὶ πρωτί­

στης μονάδος96 διά τε τοῦ ὅλου νοῦ καὶ διὰ τῆς ὁμοταγοῦς αὐτῷ μερικῆς ἑνάδος· καὶ πᾶσα μερικὴ ψυχὴ τοῦ ὅλου μετέχει νοῦ διά τε τῆς ὅλης ψυχῆς καὶ τοῦ μερικοῦ νοῦ· καὶ πᾶσα σώματος μερικὴ ϕύσις διά τε τῆς ὅλης ϕύσεως καὶ μερικῆς ψυχῆς μετέχει τῆς ὅλης ψυχῆς. πᾶν γὰρ μερικὸν μετέχει τῆς ἐν τῇ ὑπερκειμένῃ τάξει μο­νά­ δος ἢ διὰ τῆς οἰκείας ὁλότητος ἢ διὰ τοῦ ἐν ἐκείνῃ μερικοῦ καὶ πρὸς αὐτὸ ὁμοταγοῦς.

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110.  Πάντων τῶν καϑ' ἑκάστην σειρὰν διατεταγμένων τὰ

μὲν πρῶτα καὶ τῇ ἑαυτῶν μονάδι συνημμένα μετέχειν δύν­ αται τῶν ἐν τῇ ὑπερκειμένῃ σειρᾷ προσεχῶς ἱδρυμένων διὰ ἀνα­λογίας,97 τὰ δὲ ἀτελέστερα καὶ πολλοστὰ ἀπὸ τῆς οἰκείας ἀρχῆς οὐ πέϕυκεν ἐκείνων ἀπολαύειν. διότι γὰρ τὰ μέν ἐστι συγγενῆ πρὸς ἐκεῖνα, ϕύσιν ἐν τῇ σϕετέρᾳ τάξει λαχόντα κρείττονα καὶ ϑειοτέραν, τὰ δὲ πορ­ρώ­τε­ρον προελήλυϑε, δευτέραν καὶ ὑπηρετικὴν ἀλλ' οὐ πρω­τουρ­γὸν καὶ ἡγεμονικὴν ἐν τῇ σειρᾷ πάσῃ κεκληρωμένα πρό­οδον, ἐξ ἀνάγκης τὰ μὲν ὁμοϕυῶς συζεύγνυται τοῖς ἐκ τῆς ὑπερ­κειμένης τάξεως, τὰ δὲ ἀσύναπτά ἐστι πρὸς ἐκείνην· οὐ γὰρ ἅπαντα τῆς ἴσης ἐστὶν ἀξίας, κἂν ἐκ τῆς αὐτῆς ᾖ

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ἀνόμοιον :  D. schreibt ἀνόμοιον 〈ὂν〉 τῷ :  D. τὸ 95 ἐκείνῳ … τῷ … ὅλῳ :  D. ἐκεῖνο … τὸ … ὅλον 96 μονάδος :  D. ἑνάδος 97 ἀναλογἰας :  D. τῆς ἀναλογίας 94

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Von den Verhältnissen in den metaphysischen Bereichen

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Besondere dem Ganzen seiner Reihe wegen ihrer gemeinsamen Eigenschaften ähnlich und ist es dem Gleichgeordneten in der ihm angrenzend überliegenden Ordnung durch ein analoges Bestehen ähnlich, dann ist ja klar, daß durch Vermittlung dieser beiden die naturgemäße Hinwendung des Besonderen auf das Monadische der überliegenden Ordnung zustande kommt, da sich Unähnliches durch Ähnliches hinwendet. Das Besondere nämlich ist dem einen als Besonderem ähnlich, dem anderen ist das Besondere dadurch verwandt, daß es derselben Reihe an­ gehört. Jenem Ganzen der überliegenden Ordnung ist das Besondere allerdings in beiden Hinsichten unähnlich. 109.  Jedes besondere Denkvermögen hat an der Monade über dem Denkvermögen, das heißt an der ersten Monade, durch das ganze Denkvermögen und durch die ihm gleichgeordnete besondere Henade teil, jede besondere Seele hat am ganzen Denkvermögen durch die ganze Seele und durch ihr besonderes Denkvermögen teil, und jede besondere Natur eines Körpers hat durch die ganze Natur und durch eine besondere Seele an der ganzen Seele teil.1 Denn alles Besondere hat an der Monade in der überliegenden Ordnung teil, entweder durch die eigene Ganzheit oder durch das in jener überliegenden Ordnung Besondere und ihm Gleichgeordnete. 110.  Von allen in irgendeiner Reihe Geordneten können die ersten und mit ihrer Monade verbundenen durch Analogie an den in der überliegenden Reihe angrenzenden teilhaben, wäh­ rend es nicht in der Natur der unvollkommeneren und von dem Ursprung entfernteren liegt, ihre überliegenden zu genießen.1 Denn weil die einen denen in der überliegenden Reihe verwandt sind, da sie in der eigenen Ordnung eine bessere und göttlichere Natur bekommen haben, während die anderen weiter hervorgetreten sind, da ihnen ein späteres und untergeordnetes, und nicht ein in der Reihe als ganzer zuerst tätiges und leitendes Hervortreten zugeteilt ist, folgt notwendig, daß sich die einen, sofern sie gleichnatürlich sind, mit denen aus der überliegenden Ordnung verbinden und daß die anderen nicht mit dieser Ordnung verknüpft sind. Nicht alles ist nämlich gleichwertig, auch

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I.  Metaphysische Kausalität

δια­κοσμήσεως, οὐδὲ γὰρ εἷς ὁ λόγος, ἀλλ' ὡς ἀϕ' ἑνὸς καὶ πρὸς ἕν πάντα πρόεισιν ἐκ τῆς οἰκείας μονάδος·98 ὥστε οὔτε99 δύναμιν ἔλαχε τὴν αὐτήν, ἀλλὰ τὰ μὲν ὑποδέχεσϑαι δύναται τὰς τῶν ὑπερκειμένων προσεχῶς μεϑέξεις, τὰ δὲ ἀνομοιού­ μενα ταῖς ἀπὸ τῶν ἀρχῶν ἐπὶ πλεῖστον προόδοις τῆς τοιαύτης παρῄρηται δυνάμεως.

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111.  Πάσης τῆς νοερᾶς σειρᾶς οἱ μέν εἰσι ϑεῖοι νόες ὑπο­

δε­ξά­μενοι ϑεῶν μεϑέξεις, οἱ δὲ νόες μόνον· καὶ πάσης τῆς ψυχικῆς αἱ μέν εἰσι νοεραὶ ψυχαὶ εἰς νοῦς ἀνηρτημέναι οἰ­ κείους, αἱ δὲ ψυχαὶ μόνον· καὶ πάσης τῆς σωματικῆς ϕύσεως αἱ μὲν καὶ ψυχὰς ἔχουσιν ἐϕεστώσας ἄνωϑεν, αἱ δέ εἰσι ϕύσεις μόνον, τῆς τῶν ψυχῶν ἄμοιροι παρουσίας. ἑκάστης γὰρ σειρᾶς οὐχ ὅλον τὸ γένος εἰς τὸ πρὸ αὐτοῦ ἀν­ηρτῆσϑαι πέϕυκεν, ἀλλὰ τὸ ἐν αὐτῇ τελειότερον καὶ συμ­ ϕύεσϑαι τοῖς ὑπερκειμένοις ἱκανόν. οὔτε οὖν πᾶς νοῦς ϑεοῦ ἐξ­ ῆπται, ἀλλ' οἱ ἀκρότατοι καὶ ἑνικώτατοι τῶν νόων, οὗτοι γὰρ ταῖς ϑείαις ἑνάσι συγγενεῖς· οὔτε πᾶσαι ψυχαὶ μετ­έχουσι νοῦ τοῦ μεϑεκτοῦ, ἀλλ' ὅσαι νοερώταται· οὔτε πᾶσαι σωματικαὶ ϕύσεις ἀπολαύουσι ψυχῆς παρούσης καὶ μετ­εχο­μένης, ἀλλ' αἱ τελειότεραι καὶ λογοειδέστεραι. καὶ οὗτος ἐπὶ πάντων ὁ λόγος τῆς ἀποδείξεως.

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112.  Πάσης τάξεως τὰ πρώτιστα μορϕὴν ἔχει τῶν πρὸ

αὐτῶν. τὰ γὰρ καϑ' ἑκάστην ἀκρότατα γένη διὰ τὴν ὁμοιότητα συνάπτεται τοῖς ὑπερκειμένοις καὶ διὰ τὴν συνέχειαν τῆς προ­ όδου τῶν ὅλων, ὥστε οἷά πέρ ἐστιν ἐκεῖνα πρώτως, τοιαύτην ἔλαχε καὶ ταῦτα μορϕήν, συγγενῆ πρὸς τὴν ἐκείνων ϕύσιν, καὶ

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98 99

πάντα πρόεισιν ἐκ τῆς οίκείας μονάδος :  von D. ausgelassen οὔτε :  D. οὐδὲ



Von den Verhältnissen in den metaphysischen Bereichen

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nicht, wenn es derselben Anordnung angehört, denn nicht alles hat dasselbe Verhältnis,2 vielmehr ist alles aus einem und auf eines hin, sofern ja alles aus der eigenen Monade hervortritt. Das heißt auch, daß nicht alles dasselbe Vermögen besitzt, sondern daß manche die Teilhabe an den angrenzend Überliegenden zu empfangen vermögen, während andere durch das weitere Hervortreten aus dem Ursprung diesem unähnlich geworden und so eines derartigen Vermögens beraubt sind. 111.  Die ganze denktätige Reihe besteht teilweise aus gött­ lichen Denkvermögen, die Teilhabe an den Göttern empfangen haben, und teilweise aus Denkvermögen, die nur Denkvermögen sind. Die ganze seelische Reihe besteht teilweise aus denktätigen Seelen, die von den ihnen verwandten Denkvermögen abhän­ gen, und teilweise aus Seelen, die nur Seele sind. Und die ganze körperliche Natur besteht teilweise aus Naturen, die überdies eine von oben hinzugekommene Seele haben, und teilweise aus Naturen, die nur Natur sind, da sie der Gegenwart der Seelen nicht teilhaftig sind.1 Denn nicht die ganze Klasse einer Reihe ist naturgemäß von dem Vorhergehenden abhängig, sondern nur das in der Reihe Vollkommenere reicht zu einer natürlichen Verbindung mit den Überliegenden hin.2 Folglich ist nicht jedes Denkvermögen an einem Gott festgemacht, sondern nur die äußersten und ein­ heitlichsten Denkvermögen, denn diese sind den göttlichen Henaden verwandt; auch haben nicht alle Seelen am teilnehmbaren Denkvermögen teil, sondern nur die denktätigsten Seelen, und genießen nicht alle körperlichen Naturen die Gegenwart einer teilgenommenen Seele, sondern nur die vollkommeneren und strukturgemäßeren Naturen. Diese Beweisführung gilt für alle Fälle. 112.  In jeder Ordnung haben die ersten die Gestalt der ihnen vorhergehenden.1 Denn die höchsten Klassen in irgendeiner Ordnung verbinden sich sowohl durch ihre Ähnlichkeit als auch durch die Kon­ tinuität des Hervortretens des Ganzen mit den Überliegenden. Daraus folgt, daß, wie die Überliegenden zuerst sind, auch die Gestalt ist, die diese höchsten Klassen erhalten haben, da ihre

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II.  Die metaphysischen Bereiche

ϕαίνεται εἶναι τοιαῦτα κατὰ τὴν ἰδιότητα τῆς ὑποστάσεως, οἷα τὰ πρὸ αὐτῶν. 113.  Πᾶς ὁ ϑεῖος ἀριϑμὸς ἑνιαῖός ἐστιν.

εἰ γὰρ ὁ ϑεῖος ἀριϑμὸς αἰτίαν ἔχει προηγουμένην τὸ ἕν, ὡς ὁ νοερὸς τὸν νοῦν καὶ ὁ ψυχικὸς τὴν ψυχήν, καὶ ἔστιν ἀνάλογον τὸ πλῆϑος πανταχοῦ πρὸς τὴν αἰτίαν, δῆλον δὴ ὅτι καὶ ὁ ϑεῖος ἀριϑμὸς ἑνιαῖός ἐστιν, εἴπερ τὸ ἓν ϑεός· τοῦτο δέ, εἴπερ τἀγαϑὸν καὶ ἓν ταὐτόν· καὶ γὰρ τἀγαϑὸν καὶ ϑεὸς ταὐτόν· οὗ γὰρ μηδέν ἐστιν ἐπέκεινα καὶ οὗ πάντα ἐϕίεται, ϑεὸς τοῦτο· καὶ ἀϕ' οὗ τὰ πάντα καὶ πρὸς ὅ, τοῦτο δὲ ἀγαϑόν.100 εἰ ἄρα ἔστι πλῆϑος ϑεῶν, ἑνιαῖόν ἐστι τὸ πλῆϑος· ἀλλὰ μὴν ὅτι ἔστι, δῆλον, εἴπερ πᾶν αἴτιον ἀρχικὸν οἰκείου πλήϑους ἡγεῖται καὶ ὁμοίου πρὸς αὐτὸ καὶ συγγενοῦς.

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114.  Πᾶς ϑεὸς ἑνάς ἐστιν αὐτοτελής, καὶ πᾶσα αὐτοτελὴς

ἑνὰς ϑεός. εἰ γὰρ τῶν ἑνάδων διττὸς ὁ ἀριϑμός, ὡς δέδεικται πρότερον, καὶ αἱ μὲν αὐτοτελεῖς εἰσιν, αἱ δὲ ἐλλάμψεις ἀπ' ἐκείνων, τῷ δὲ ἑνὶ καὶ τἀγαϑῷ συγγενὴς καὶ ὁμοϕυὴς ὁ ϑεῖος ἀριϑμός, ἑνάδες εἰσὶν αὐτοτελεῖς οἱ ϑεοί. καὶ ἔμπαλιν, εἰ ἔστιν αὐτο­ τελὴς ἑνάς ϑεός ἐστι· καὶ γὰρ ὡς ἑνὰς τῷ ἑνὶ καὶ ὡς αὐτο­τε­ λὴς τἀγαϑῷ συγγενεστάτη διαϕερόντως ἐστί, καὶ κατ' ἄμϕω τῆς ϑείας ἰδιότητος μετέχει καὶ ἔστι ϑεός· εἰ δὲ ἦν ἑνὰς μὲν οὐκ, αὐτοτελὴς δέ, ἢ αὐτοτελὴς μὲν ἡ ὑπόστασις, οὐκέτι δὲ ἑνάς, εἰς ἑτέραν ἂν ἐτάττετο τάξιν διὰ τὴν τῆς ἰδιότητος ἐξ­ αλ­λαγήν.

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115.  Πᾶς ϑεὸς ὑπερούσιός ἐστι καὶ ὑπέρζωος καὶ ὑπέρ­

νους. εἰ γὰρ ἑνάς ἐστιν ἕκαστος αὐτοτελής, ἕκαστον δὲ τούτων οὐχὶ ἑνὰς ἀλλ' ἡνωμένον, δῆλον δὴ ὅτι πάντων ἐστὶν ἐπέκεινα

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ἀγαϑόν :  D. τἀγαϑόν

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Von den Henaden

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Natur der der Überliegenden verwandt ist, und daß jene höchsten Klassen der Eigenart ihres Bestehens gemäß so erscheinen, wie die ihnen Vorhergehenden sind. 113.  Die ganze göttliche Zahl ist einig.1 Denn hat die göttliche Zahl das Eine als vorhergehende Ursache, wie auch die gedankliche Zahl das Denkvermögen und die seelische Zahl die Seele, und ist die Vielheit überall der Ursache analog, dann ist klar, daß auch die göttliche Zahl einig ist, wenn nämlich das Eine Gott ist. Dies ist freilich der Fall, da das Gute und das Eine identisch sind, denn das Gute und Gott sind identisch. Denn dasjenige, worüber nichts hinausgeht und was von allem begehrt wird, das ist Gott, und dasjenige, woher alles stammt und worauf alles gerichtet ist, das ist gut.2 Gibt es eine Vielheit von Göttern, dann ist folglich diese Vielheit einig. Daß es in der Tat diese Vielheit gibt, ist klar, da jede ursprüngliche Ursache einer eigenen Vielheit vorhergeht, welche ihr ähnlich und verwandt ist.3 114.  Jeder Gott ist selbstvollkommene Henade, und jede selbst­ vollkommene Henade ist Gott.1 Denn ist die Zahl der Henaden zweifach, wie schon gezeigt wurde,2 und sind manche Henaden selbstvollkommen und andere deren Erleuchtungen und ist ferner die göttliche Zahl dem ­Einen und Guten verwandt und naturähnlich, dann sind die Götter selbstvollkommene Henaden.3 Umgekehrt ist eine Henade, wenn sie selbstvollkommen ist, Gott. Denn als Henade ist sie dem Einen und als selbstvollkommen dem Guten am allermeisten und vor allem anderen verwandt, und in beiden Weisen hat sie an der göttlichen Eigenart teil, das heißt, sie ist Gott. Ginge es dagegen um eine Henade, die jedoch nicht selbstvollkommen ist, oder um ein selbstvollkommenes Bestehen, das jedoch nicht eine Henade ist, müßte es wegen der Verschiedenheit der Eigenarten einer anderen Ordnung zugeordnet werden.4 115.  Jeder Gott ist über Wesen, über Leben und über Denk­ vermögen.1 Denn ist jeder Gott selbstvollkommene Henade und ist jedes der Genannten nicht Henade, sondern Vereintes, dann ist klar,

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II.  Die metaphysischen Bereiche

τῶν εἰρημένων ἅπας ϑεός, οὐσίας καὶ ζωῆς καὶ νοῦ· εἰ γὰρ διέστηκε μὲν ταῦτα ἀλλήλων, πάντα δέ ἐστιν ἐν πᾶσιν, ἕκα­ στον τὰ πάντα ὂν ἓν101 οὐκ ἂν εἴη μόνον. ἔτι δέ, εἰ τὸ πρῶτον ὑπερούσιον, ἅπας δὲ ϑεὸς τῆς τοῦ πρώτου σειρᾶς ἐστιν ᾗ ϑεός, ὑπερούσιος ἕκαστος ἂν εἴη. ἀλλὰ μὴν ὅτι τὸ πρῶτον ὑπερούσιον, ϕανερόν· οὐ γὰρ ταὐτὸν ἑνί τε εἶναι καὶ οὐσίᾳ εἶναι, οὐδὲ ταὐτὸν τὸ ἔστι καὶ τὸ ἥνωται· εἰ δὲ μὴ ταὐτόν, ἢ ἄμϕω τὸ πρῶτον, καὶ ἔσται οὐχ ἓν μόνον, ἀλλά τι καὶ ἄλλο παρὰ τὸ ἕν, καὶ μετέχον δὴ λοιπὸν ἑνὸς, ἀλλ' οὐκ αὐτοέν· ἢ ϑάτερον τούτων· ἀλλ' εἰ μὲν οὐσία, ἐνδεὲς ἔσται τοῦ ἑνός, ὅπερ ἀδύνατον, εἶναι τἀγαϑὸν καὶ τὸ πρῶτον ἐνδεές· ἓν ἄρα μόνον ἐκεῖνο, ὥστε ὑπερούσιον. εἰ δὲ ὃ ἕκαστόν ἐστι πρώτως, τούτου τὴν ἰδιότητα πάσῃ τῇ σειρᾷ δίδωσι, καὶ ὁ ϑεῖος ἀριϑμὸς ἅπας ὑπερούσιός ἐστιν· ἐπεὶ καὶ τὰ ὅμοια παράγει πρὸ τῶν ἀνομοίων ἕκαστον τῶν ἀρχικῶν αἰτίων· εἰ ἄρα ὁ πρώτιστος ϑεὸς ὑπερούσιος, καὶ ϑεοὶ πάντες ὑπερ­ ούσιοι, ταύτῃ γὰρ ὅμοιοι ἔσονται· οὐσίαι δὲ ὄντες, ἀπὸ οὐσίας ἂν παράγοιντο τῆς πρώτης ὡς μονάδες102 τῶν οὐσιῶν. 116.  Πᾶς ϑεὸς μεϑεκτός ἐστι πλὴν τοῦ ἑνός.

ὅτι μὲν γὰρ ἐκεῖνο ἀμέϑεκτον, δῆλον, ἵνα μὴ μετεχόμενον καὶ τινὸς διὰ τοῦτο γενόμενον μηκέτι πάντων ὁμοίως ᾖ τῶν τε προόντων καὶ τῶν ὄντων αἴτιον. ὅτι δὲ αἱ ἄλλαι ἑνάδες μετέχονται ἤδη, δείξομεν οὕτως· εἰ γὰρ ἔστιν ἄλλη μετὰ τὸ πρῶτον ἀμέϑεκτος ἑνάς, τί διοίσει τοῦ ἑνός; ἢ γὰρ ὡσαύτως ἐστίν103 ὥσπερ ἐκεῖνο, καὶ πῶς τὸ μὲν δεύτερον, τὸ δὲ πρῶτον; ἢ οὐχ ὡσαύτως, καὶ τὸ μὲν αὐτοέν, τὸ δὲ ἕν τε καὶ οὐχ ἕν·

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ὂν ἓν :  D. ὂν ἓν ἂν μονάδες :  D. μονάδος 103 ἐστίν :  D. ἕν ἐστιν 102



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daß jeder Gott jenseits aller genannten, das heißt jenseits von Wesen, Leben und Denkvermögen ist.2 Sind diese nämlich einerseits voneinander unterschieden, während anderseits alles in allem ist, dann kann jedes von ihnen, da es alles ist, nicht nur eins sein.3 Ist ferner das Erste überwesentlich und gehört jeder Gott als Gott der Reihe des Ersten an, dann muß jeder Gott überwesentlich sein.4 Daß das Erste jedoch überwesentlich ist, leuchtet ein. Denn Einssein und Wesensein ist nicht dasselbe, genausowenig wie »ist« und »ist-vereint« dasselbe ist. Sind sie allerdings nicht dasselbe, sind entweder beide das Erste, doch dann kann dieses nicht mehr nur eins sein, sondern ist es neben dem Einen auch noch etwas anderes, und so ergibt sich etwas, das am Einen teilhat, doch nicht das Selbsteine ist; oder eines von beiden ist das Erste. Wäre allerdings Wesen das Erste, muß es des Einen ermangeln, was unmöglich ist, da dies bedeutet, daß das Gute und das Erste mangelhaft wären. Jenes Erste ist folglich nur eins und daher überwesentlich. Spendet zudem jedes Erste seiner ganzen Reihe die Eigenschaften desjenigen, das es selbst zuerst ist, dann ist auch die ganze göttliche Zahl über­wesent­lich.5 Ferner gilt auch, daß jede ursprüngliche Ursache vor dem Unähnlichen das Ähnliche hervorbringt. Ist folglich der erste Gott über­wesent­lich, müssen auch alle Götter überwesentlich sein – sie müssen nämlich in dieser Hinsicht ähnlich sein –, wären sie dagegen Wesen, müßten sie vom ersten Wesen als Monaden der Wesen ­hervorgebracht werden.6 116.  Jeder Gott ist teilnehmbar, ausgenommen das Eine.1 Denn daß dieses Eine unteilnehmbar ist, ist klar, da es sonst, indem daran teilgenommen würde und es hierdurch anderem gehörte, nicht länger für alle Vorseienden und Seienden in derselben Weise Ursache sein könnte.2 Daß an den anderen Henaden jedoch wirklich teilgenommen wird, können wir wie folgt beweisen: Gesetzt, es gäbe nach dem Ersten noch eine andere unteilnehmbare Henade, in welcher Hinsicht würde diese dann vom Einen unterschieden sein? Sie müßte nämlich entweder in derselben Weise wie jenes Eine sein – wie könnte dann jenes zweites und dieses erstes sein? –, oder sie ist nicht in derselben Weise, und dann haben wir einerseits das Selbsteine und anderseits, was eins und nicht-eins ist. Ist jedoch dieses Nichteine kein

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II.  Die metaphysischen Bereiche

ἀλλὰ τὸ οὐχ ἓν τοῦτο, εἰ μὲν μηδεμία ὑπόστασις, ἔσται μόνον ἕν· εἰ δὲ ὑπόστασίς τις ἄλλη παρὰ τὸ ἕν, μετεχόμενον ἔσται τὸ ἓν ὑπὸ τοῦ οὐχ ἑνός· καὶ τὸ μὲν αὐτοτελὲς τὸ ἕν, ᾧ συνάπτει πρὸς τὸ αὐτοέν, ὥστε τοῦτο πάλιν ὁ ϑεός, ᾗ ϑεός· τὸ δὲ οὐχ ἓν ὑποστὰν ἐν104 μεϑέξει τοῦ ἑνὸς ὑϕέστηκε. μεϑεκτὴ ἄρα ἐστὶ πᾶσα ἑνὰς μετὰ τὸ ἓν ὑποστᾶσα, καὶ πᾶς ϑεὸς μεϑεκτός.

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117.  Πᾶς ϑεὸς μέτρον ἐστὶ τῶν ὄντων.

εἰ γάρ ἐστιν ἑνιαῖος ἅπας ϑεός, τὰ πλήϑη πάντα τῶν ὄντων ἀϕορίζει καὶ μετρεῖ. πάντα μὲν γὰρ τὰ πλήϑη, τῇ ἑαυτῶν ϕύσει ἀόριστα ὄντα, διὰ τὸ ἓν ὁρίζεται· τὸ δὲ ἓν ὂν105 μετρεῖν καὶ περατοῦν, οἷς ἂν παρῇ, βούλεται, καὶ περιάγειν εἰς ὅρον τὸ μὴ τοιοῦτον κατὰ τὴν αὐτοῦ δύναμιν· γίνεται γὰρ κἀκεῖνο ἑνοειδὲς τῇ μεϑέξει· τοῦτο δὲ τῆς ἀοριστίας τε καὶ ἀπειρίας ἀϕίσταται· καὶ ὅσῳ μᾶλλον ἑνοειδές, τοσούτῳ ἧττον ἀόριστον καὶ ἄμετρον. μετρεῖται ἄρα πᾶν πλῆϑος τῶν ὄντων ὑπὸ τῶν ϑείων ἑνά­ δων.

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118.  Πᾶν ὅ τι περ ἂν ἐν τοῖς ϑεοῖς ᾖ, κατὰ τὴν αὐτῶν

ἰδιότητα προυϕέστηκεν ἐν αὐτοῖς· καὶ ἔστιν ἡ ἰδιότης αὐτῶν ἑνιαία καὶ ὑπερούσιος· ἑνιαίως ἄρα καὶ ὑπερουσίως πάντα ἐν αὐτοῖς. καὶ γὰρ εἰ τριχῶς ἕκαστον ὑϕέστηκεν, ἢ κατ' αἰτίαν ἢ καϑ' ὕπαρξιν ἢ κατὰ μέϑεξιν, πρῶτος δὲ πάντων ἀριϑμὸς ὁ ϑεῖος ἀριϑμός, οὐδὲν ἐν αὐτοῖς ἔσται κατὰ μέϑεξιν, ἀλλὰ πάντα καϑ' ὕπαρξιν ἢ κατ' αἰτίαν. ἀλλὰ καὶ ὅσα ὡς αἴτιοι πάντων προειλήϕασιν, οἰκείως τῇ ἑαυτῶν ἑνώσει προειλήϕασι· καὶ γὰρ πᾶν τὸ κατ' αἰτίαν τῶν δευτέρων ἡγεμονοῦν ὡς αὐτὸ πέ­ϕυκεν, οὕτως ἔχει τὴν αἰτίαν τῶν καταδεεστέρων.

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ἐν :  D. schreibt ἓν ἓν ὂν :  D. ἑνιαῖον

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Bestehen, wird es nur eins sein; ist es dagegen neben dem E ­ inen irgendein anderes Bestehen, wird an dem Einen von diesem Nichteinen teilgenommen werden.3 Zudem ist das Eine, wodurch sich die Henade dann mit dem Selbsteinen verbindet, das Selbstvollkommene, so daß dieses wieder Gott als Gott ist, während das bestehende Nichteine in der Teilhabe am Einen das Bestehen bekommen hat.4 Folglich ist jede Henade, die nach dem Einen besteht, teilnehmbar, das heißt, jeder Gott ist teilnehmbar. 117.  Jeder Gott ist Maß der Seienden.1 Denn ist jeder Gott einig, dann bestimmt und mißt er alle Vielheiten der Seienden.2 Alle Vielheiten nämlich, sofern sie ihrer eigenen Natur nach unbestimmt sind, werden durch das Eine bestimmt. Was eins ist, will dasjenige, dem es gegen­wärtig ist, messen und begrenzen und das zur Bestimmung führen, was seinem eigenen Vermögen nach nicht bestimmt ist, denn auch dies wird durch Teilhabe einsartig; was jedoch einsartig wird, entfernt sich von der Unbestimmtheit und Unendlichkeit. Auch gilt, je einsartiger es ist, desto weniger ist es unbestimmt und ohne Maß. Jede Vielheit von Seienden wird folglich von den göttlichen Henaden gemessen. 118.  Alles, was nur immer in den Göttern ist, besteht gemäß ihrer Eigenart in ihnen vorher, und ihre Eigenart ist einig und überwesentlich. Alles ist folglich in einiger und überwesentlicher Weise in den Göttern.1 Denn besteht jedes auf dreierlei Weise, das heißt entweder der Ursache entsprechend oder als selbständiges Dasein oder der Teilhabe entsprechend, und ist die erste Zahl von allen die göttliche, dann kann es in den Göttern nichts der Teilhabe entsprechend geben, sondern ist alles in ihnen als selbständiges Dasein oder der Ursache entsprechend. Was die Götter jedoch als Ursachen von allem vorherbesitzen, besitzen sie ihrer eigenen Vereinung gemäß. Alles nämlich, was als Ursache den Späteren vorhergeht, besitzt, so wie es selbst seiner Natur nach ist, die Ursächlichkeit des Schwächeren.

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πάντα ἄρα ἔστιν ἐν τοῖς ϑεοῖς ἑνιαίως καὶ ὑπερουσίως. 119.  Πᾶς ϑεὸς κατὰ τὴν ὑπερούσιον ἀγαϑότητα ὑϕέστηκε,

καὶ ἔστιν ἀγαϑὸς οὔτε καϑ' ἕξιν οὔτε κατ' οὐσίαν, καὶ γὰρ αἱ ἕξεις καὶ αἱ οὐσίαι δευτέραν καὶ πολλοστὴν ἔλαχον τάξιν ἀπὸ τῶν ϑεῶν, ἀλλ' ὑπερουσίως. εἰ γὰρ τὸ πρῶτον ἓν καὶ τἀγαϑόν, καὶ ᾗ ἕν τἀγαϑόν καὶ ᾗ τἀγαϑόν ἕν, καὶ πᾶσα ἡ σειρὰ τῶν ϑεῶν ἑνοειδής τέ ἐστι καὶ ἀγαϑοειδὴς κατὰ μίαν ἰδιότητα, καὶ οὐ κατ' ἄλλο ἕκα­ στος ἑνὰς καὶ ἀγαϑότης, ἀλλ' ᾗ ἑνάς ταύτῃ ἀγαϑότης καὶ ᾗ ἀγαϑότης ἑνάς· καὶ ὡς μὲν ἀπὸ τοῦ πρώτου προελϑόντες, οἱ μετὰ τὸ πρῶτον ἀγαϑοειδεῖς καὶ ἑνοειδεῖς, εἴπερ ἐκεῖνο ἓν καὶ τἀγαϑόν, ὡς δὲ ϑεοί, πάντες ἑνάδες καὶ ἀγαϑότητες. ὡς οὖν τὸ ἓν τὸ τῶν ϑεῶν ὑπερούσιον, οὕτω καὶ τὸ ἀγαϑὸν αὐτῶν ὑπερούσιον, οὐκ ἄλλο τι ὂν παρὰ τὸ ἕν, οὐ γὰρ ἄλλο ἕκαστος, εἶτα ἀγαϑόν, ἀλλὰ μόνον ἀγαϑόν, ὥσπερ οὐδὲ ἄλλο, εἶτα ἕν, ἀλλὰ μόνον ἕν.

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120.  Πᾶς ϑεὸς ἐν τῇ ἑαυτοῦ ὑπάρξει τὸ προνοεῖν τῶν ὅλων

κέκτηται, καὶ τὸ πρώτως προνοεῖν ἐν τοῖς ϑεοῖς. τὰ μὲν γὰρ ἄλλα πάντα μετὰ ϑεοὺς ὄντα διὰ τὴν ἐκείνων μετουσίαν προνοεῖ, τοῖς δὲ ϑεοῖς ἡ πρόνοια συμϕυής ἐστιν· εἰ γὰρ τὸ τῶν ἀγαϑῶν μεταδιδόναι τοῖς προνοουμένοις ἐξ­ αίρετόν ἐστι τῆς προνοητικῆς ἰδιότητος, οἱ δὲ ϑεοὶ πάντες ἀγαϑότητές εἰσιν, ἢ οὐδενὶ μεταδώσουσιν ἑαυτῶν, καὶ οὐδὲν ἔσται ἀγαϑὸν ἐν τοῖς δευτέροις· πόϑεν γὰρ τὸ κατὰ μέϑεξιν ἢ ἀπὸ τῶν πρώτως τὰς ἰδιότητας ἐχόντων; ἢ μεταδιδόντες ἀγαϑῶν μεταδιδοῦσι, καὶ ταύτῃ προνοήσουσι τῶν πάντων. ἐν ϑεοῖς οὖν ἡ πρόνοια πρώτως· καὶ ποῦ γὰρ ἡ πρὸ νοῦ ἐνέργεια

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Alles ist folglich in den Göttern in einiger und in überwesentlicher Weise. 119.  Jeder Gott besteht der überwesentlichen Gutheit gemäß und ist gut, weder im Sinne eines Verhaltens noch im Sinne ­eines Wesens – denn sowohl das Verhalten als auch das Wesen hat hin­ sichtlich der Götter eine spätere und sovielste Stelle in der Ord­ nung –, sondern in überwesentlicher Weise.1 Denn ist das Erste eins und das Gute und ist es, insofern es eins ist, das Gute, und, insofern es das Gute ist, eins, und ist die ganze Reihe der Götter einer und derselben Eigenart nach einsartig und gutheitlich, dann ist auch jeder Gott nicht in verschiedener Hinsicht Henade und Gutheit, sondern, insofern er Henade ist, ist er Gutheit, und insofern er Gutheit ist, ist er Henade. Und die Götter nach dem Ersten sind, sofern sie aus dem Ersten hervortreten, gutheitlich und einsartig, da dies Erste eins und das Gute ist, sofern sie jedoch Götter sind, sind sie alle Henade und Gutheit. Wie also das Eine der Götter über­ wesentlich ist, ist auch ihr Gutes überwesentlich, da es neben dem E ­ inen nicht noch anderes ist. Jeder Gott ist nämlich nicht zuerst anderes und noch dazu gut, sondern er ist nur gut, genauso wie er nicht zuerst anderes und noch dazu eins, sondern nur eins ist.2 120.  Jeder Gott besitzt in seinem selbständigen Dasein das Vorherdenken des Ganzen, und das erste Vorherdenken beruht bei den Göttern.1 Denn alles andere, das nach den Göttern ist, besitzt durch deren anwesende Teilnahme das Vorherdenken, während den Göttern das Vorherdenken in der Natur liegt. Ist nämlich die Mitteilung des Guten an das Vorhergedachte das Charakteristikum der Eigenschaft des Vorherdenkens und sind alle Götter Gutheit, dann werden diese entweder keinem etwas von sich mitteilen, und dann wird es in den Späteren nichts Gutes geben – denn woher sonst käme das Gute durch Teilhabe, wenn nicht von denjenigen, die diese Eigenschaft zuerst besitzen –, oder sie teilen mit, und teilen dann vom Guten mit und denken in dieser Hinsicht alles vorher. Dieses Vorherdenken besteht nun zuerst bei den Göttern. Denn wo sonst bestünde diese dem Denkver-

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ἢ ἐν τοῖς ὑπερουσίοις; ἡ δὲ πρόνοια, ὡς τοὔνομα ἐμϕαίνει, ἐνέργειά ἐστι πρὸ νοῦ. τῷ εἶναι ἄρα ϑεοὶ καὶ τῷ ἀγαϑότητες εἶναι πάντων προ­ νοοῦσι, πάντα τῆς πρὸ νοῦ πληροῦντες ἀγαϑότητος. 5

121.  Πᾶν τὸ ϑεῖον ὕπαρξιν μὲν ἔχει τὴν ἀγαϑότητα, δύ­να­

μιν δὲ ἑνιαίαν καὶ γνῶσιν κρύϕιον καὶ ἄληπτον πᾶσιν ὁμοῦ τοῖς δευτέροις. εἰ γάρ ἐστι προνοητικὸν τῶν ὅλων, ἔστιν ἐν αὐτῷ δύναμις κρατητικὴ τῶν προνοουμένων, δι' ἥν, ἀκράτητον καὶ ἀπερί­ γραϕον τοῖς πᾶσιν ὑπάρχουσαν, πάντα πεπληρώκασιν ἑαυ­τῶν, πάντα ὑποστρώσαντες ἑαυτοῖς· πᾶν γὰρ τὸ ἀρχικὸν ἄλλων αἴτιον καὶ κρατητικὸν διὰ δυνάμεως περιουσίαν ἄρχει καὶ κρατεῖ κατὰ ϕύσιν. ἔστι δὴ οὖν ἡ πρωτίστη δύναμις ἐν τοῖς ϑεοῖς, οὐ τῶν μὲν κρατοῦσα, τῶν δὲ οὔ, πάντων δὲ ἐξ ἴσου προ­λα­βοῦσα τὰς δυνάμεις ἐν ἑαυτῇ τῶν ὄντων, οὔτε οὐσιώδης οὖσα δύναμις οὔτε πολλῷ πλέον ἀνούσιος, ἀλλὰ τῇ ὑπάρξει τῶν ϑεῶν συμϕυὴς καὶ ὑπερούσιος. ἀλλὰ μὴν καὶ τὰ πέρατα πασῶν τῶν γνώσεων ἑνοειδῶς ἐν τοῖς ϑεοῖς προυϕέστηκε· διὰ γὰρ τὴν ϑείαν γνῶσιν τὴν ἐξ­ῃρη­ μένην τῶν ὅλων καὶ αἱ ἄλλαι πᾶσαι γνώσεις ὑπ­έστησαν, οὔτε νοερὰν οὖσαν οὔτε ἔτι μᾶλλον τῶν μετὰ νοῦν τινα γνώσεων, ἀλλὰ κατὰ τὴν ἰδιότητα τὴν ϑείαν ὑπὲρ νοῦν ἱδρυμένην. εἴτε ἄρα γνῶσίς ἐστι ϑεία, κρύϕιός ἐστιν αὕτη καὶ ἑνοειδὴς ἡ γνῶσις· εἴτε δύναμις, ἀπερίγραϕος πᾶσι καὶ περιληπτικὴ πάντων ὡσαύτως· εἴτε ἀγαϑότης, τὴν ὕπαρξιν αὐτῶν ἀϕο­ ρί­ζουσα· καὶ γὰρ εἰ πάντα ἐστὶν ἐν αὐτοῖς, γνῶσις δύναμις ἀγαϑότης, ἀλλ' ἡ ὕπαρξις τῷ ἀρίστῳ χαρακτηρίζεται καὶ ἡ ὑπό­στασις κατὰ τὸ ἄριστον, τοῦτο δὲ ἡ ἀγαϑότης.

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mögen vorhergehende Tätigkeit, wenn nicht in den Überwesentlichen? Vorherdenken ist, wie der Name andeutet, eine Tätigkeit vor dem Denkvermögen.2 Durch ihr Gottsein, das heißt durch ihr Gutheitsein, denken folglich die Götter alles vorher, weil sie alles mit der dem Denkvermögen vorhergehenden Gutheit erfüllen. 121.  Alles Göttliche hat als selbständiges Dasein die Gutheit und besitzt auch ein einiges Vermögen und eine für alles Spätere insgesamt verborgene und unfaßbare Erkenntnis.1 Denn denkt das Göttliche das Ganze vorher, dann gibt es im Göttlichen ein über das Vorhergedachte herrschendes Vermögen, kraft dessen, da es für alles unbeherrschbar und unumschreibbar ist, die Götter alles mit sich erfüllt haben, nachdem sie zuerst ­alles für sich ausgebreitet hatten.2 Jede für anderes ursprüngliche und hierüber herrschende Ursache ist nämlich durch Überfluß ihres Vermögens Ursprung und herrscht ihrer Natur nach. Das erste Vermögen liegt also bei den Göttern, allerdings nicht so, daß es über das eine herrscht und über das andere nicht, sondern so, daß es in sich die Vermögen aller Seienden ohne Unterschied schon vorher hat und kein wesentliches, noch viel weniger ein unwesentliches Vermögen, sondern ein mit dem selbständigen Dasein der Götter gleichnatürliches, das heißt ein überwesentliches Vermögen ist. Ferner hat auch das Ende einer jeden Erkenntnis je ein einsartiges Vorherbestehen bei den Göttern, denn durch die göttliche Erkenntnis, die das Ganze übersteigt, bestehen auch alle anderen Erkenntnisse, wobei diese göttliche Erkenntnis nicht denktätig und noch viel weniger eine der Erkenntnisse nach dem Denkvermögen ist, sondern vielmehr der göttlichen Eigenart gemäß über dem Denkvermögen liegt.3 Gibt es folglich göttliche Erkenntnis, dann ist diese verborgen und ist diese Erkenntnis einsartig; gibt es ein göttliches Vermögen, dann ist es für alles unumschreibbar und umfaßt es gleicherweise alles, und gibt es eine göttliche Gutheit, dann bestimmt sie das Dasein der Götter. Denn auch wenn alle drei, das heißt Erkenntnis, Vermögen und Gutheit in den Göttern liegen, wird dennoch ihr Dasein durch das Beste charakterisiert und ist ihr Bestehen dem Besten gemäß, und dieses Beste ist die Gutheit.

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122.  Πᾶν τὸ ϑεῖον καὶ προνοεῖ τῶν δευτέρων καὶ ἐξῄρηται

τῶν προνοουμένων, μήτε τῆς προνοίας χαλώσης τὴν ἄμικτον αὐτοῦ καὶ ἑνιαίαν ὑπεροχὴν μήτε τῆς χωριστῆς ἑνώσεως τὴν πρόνοιαν ἀϕανιζούσης. μένοντες γὰρ ἐν τῷ ἑνιαίῳ τῷ ἑαυτῶν καὶ ἐν τῇ ὑπάρξει τὰ πάντα πεπληρώκασι τῆς ἑαυτῶν δυνάμεως, καὶ πᾶν τὸ δυνάμενον αὐτῶν μεταλαγχάνειν ἀπολαύει τῶν ἀγαϑῶν ὧν δέχεσϑαι δύναται κατὰ τὰ μέτρα τῆς οἰκείας ὑποστάσεως, ἐκείνων αὐτῷ τῷ εἶναι, μᾶλλον δὲ προεῖναι, τἀγαϑὰ τοῖς οὖσιν ἐπιλαμπόντων· ὄντες γὰρ οὐδὲν ἄλλο ἢ ἀγαϑότητες, αὐτῷ τῷ εἶναι τοῖς πᾶσιν ἀϕϑόνως τἀγαϑὰ χορηγοῦσιν, οὐ κατὰ λογισμὸν ποιούμενοι τὴν διανομήν, ἀλλὰ τούτων μὲν κατὰ τὴν αὐτῶν ἀξίαν δεχομένων, ἐκείνων δὲ κατὰ τὴν αὐτῶν ὕπαρξιν διδόντων. οὔτε οὖν προνοοῦντες σχέσιν ἀναδέχονται πρὸς τὰ προ­νο­ ούμενα, τῷ γὰρ εἶναι ὅ εἰσι πάντα ἀγαϑύνουσιν, πᾶν δὲ τὸ τῷ εἶναι ποιοῦν ἀσχέτως ποιεῖ, ἡ γὰρ σχέσις πρόσϑεσίς ἐστι τοῦ εἶναι, διὸ καὶ παρὰ ϕύσιν· οὔτε χωριστοὶ ὄντες ἀναιροῦσι τὴν πρόνοιαν, οὕτω γὰρ ἂν ἀναιροῖεν, ὃ μηδὲ ϑέμις εἰπεῖν, τὴν ὕπαρξιν τὴν ἑαυτῶν, ἧς ἡ ἰδιότης ἀγαϑότης ἐστίν·106 ἀγα­ ϑοῦ γὰρ ἡ μετάδοσις εἰς πᾶν τὸ μετέχειν δυνάμενον, καὶ τὸ μέγιστόν ἐστιν οὐ τὸ ἀγαϑοειδές, ἀλλὰ τὸ ἀγαϑουργόν· τοῦτο τοίνυν ἢ οὐδὲν ἕξει τῶν ὄντων ἢ ϑεοὶ πρὸ τῶν ὄντων, οὐ γὰρ ἄν που τοῖς μὲν κατὰ μέϑεξιν ἀγαϑοῖς ὑπάρχοι τὸ μεῖζον ἀγαϑόν, τοῖς δὲ πρώτοις107 ἀγαϑοῖς τὸ ἔλαττον.

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123.  Πᾶν τὸ ϑεῖον αὐτὸ μὲν διὰ τὴν ὑπερούσιον ἕνωσιν

ἄρρητόν ἐστι καὶ ἄγνωστον πᾶσι τοῖς δευτέροις, ἀπὸ δὲ τῶν μετεχόντων ληπτόν ἐστι καὶ γνωστόν· διὸ μόνον τὸ πρῶτον παντελῶς ἄγνωστον, ἅτε ἀμέϑεκτον ὄν. πᾶσα γὰρ ἡ διὰ λόγου γνῶσις τῶν ὄντων ἐστὶ καὶ ἐν τοῖς οὖσιν ἔχει τὸ τῆς ἀληϑείας καταληπτόν,108 καὶ γὰρ νοημάτων

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ἡ ίδιὀτης ἀγαϑότης ἐστίν :  D. ἰδιότης ἡ ἀγαϑότης ἐστίν πρώτοις :  D. πρώτως 108 καταληπτόν :  D. καταληπτικόν

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122.  Alles Göttliche denkt das Spätere vorher und geht über das Vorhergedachte hinaus, ohne daß das Vorherdenken das un­ gemischte und einige Übermaß des Göttlichen lockert und ohne daß die abgetrennte Vereinung das Vorherdenken verdunkelt.1 Denn während die Götter in ihrer Einigkeit und ihrem Dasein bleiben, haben sie alles mit ihrem Vermögen erfüllt und alles, was an ihnen teilnehmen kann, genießt das Gute, das es den Maßen seines eigenen Bestehens gemäß empfangen kann, indem die Götter durch ihr Sein selbst oder besser noch durch ihr Vorher­sein den Seienden das Gute als Erleuchtung spenden. Da sie nämlich nichts anderes als Gutheit sind, gewähren sie durch das Sein selbst allen Seienden neidlos das Gute, indem sie das Gute nicht durch Berechnung erteilen, sondern es vielmehr so ist, daß die Seienden das Gute entsprechend ihrer Würde empfangen, während die Götter ihrem Dasein nach spenden. Daß die Götter vorherdenken, besagt also erstens nicht, daß sie ein Verhältnis zum Vorhergedachten annehmen, denn dadurch, daß sie sind, was sie sind, machen sie alles gut, und alles, was seinem Sein nach verfährt, verfährt ohne Verhältnis. Ein Ver­hältnis ist nämlich ein Zusatz von Sein und ist deshalb auch etwas neben der Natur. Zweitens hebt die Tatsache, daß die Götter abgetrennt sind, auch nicht ihr Vorherdenken auf, denn so würden die Götter – was zu sagen nicht erlaubt ist – ihr eigenes Dasein aufheben, dessen Eigenart in Gutheit besteht. Es kommt dem Guten nämlich die Mitteilung zu, die sich auf ­alles, was teilhaben kann, erstreckt, und das Größte ist nicht, was gutheitlich ist, sondern was Gutes bewirkt. Nun jedoch besitzt entweder keines der Seienden dieses Größte oder es besitzen dies die Götter, die vor den Seienden sind, denn es kann nicht das größere Gut denen, die durch Teilhabe gut sind, das kleinere jedoch den ersten Guten zukommen. 123.  Alles Göttliche ist selbst durch seine überwesentliche Ver­ einung für alles Spätere unaussprechlich und unerkennbar, läßt sich allerdings aufgrund des Teilhabenden fassen und erkennen. Deshalb ist das Erste als einziges vollkommen unerkennbar, da es ja unteilnehmbar ist.1 Denn alle Erkenntnis durch Aussage ist auf Seiende bezogen, und das, was sie von der Wahrheit faßt, liegt in den Seienden. Sie

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ἐϕάπτεται καὶ ἐν νοήσεσιν ὑϕέστηκεν. οἱ δὲ ϑεοὶ πάντων εἰσὶν ἐπέκεινα τῶν ὄντων· οὔτε οὖν δοξαστὸν τὸ ϑεῖον οὔτε διανοητὸν οὔτε νοητόν· πᾶν γὰρ τὸ ὂν ἢ αἰσϑητόν ἐστι, καὶ διὰ τοῦτο δοξαστόν· ἢ ὄντως ὄν, καὶ διὰ τοῦτο νοητόν· ἢ μεταξὺ τούτων, ὂν ἅμα καὶ γενητόν, καὶ διὰ τοῦτο διανοητόν. εἰ οὖν οἱ ϑεοὶ ὑπερούσιοι καὶ πρὸ τῶν ὄντων ὑϕεστήκασιν, οὔτε δόξα ἔστιν αὐτῶν οὔτε ἐπιστήμη καὶ διάνοια οὔτε νόησις. ἀλλ' ἀπὸ τῶν ἐξηρτημένων οἷαί πέρ εἰσιν αὐτῶν αἱ ἰδιό­ τητες γνωρίζονται, καὶ τοῦτο ἀναγκαίως· κατὰ γὰρ τὰς τῶν μετεχομένων ἰδιότητας καὶ αἱ τῶν μετεχόντων συνδιαιροῦνται δια­ϕορό­τη­τες, καὶ οὔτε πᾶν μετέχει παντός, οὐ γὰρ ἔστι σύν­ταξις τῶν πάντῃ ἀνομοίων, οὔτε τὸ τυχὸν τοῦ τυχόντος μετέχει, ἀλλὰ τὸ συγγενὲς ἑκάστῳ συνῆπται καὶ ἀϕ' ἑκάστου πρόεισιν.

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124.  Πᾶς ϑεὸς ἀμερίστως μὲν τὰ μεριστὰ γινώσκει, ἀχρό­

νως δὲ τὰ ἔγχρονα, τὰ δὲ μὴ ἀναγκαῖα ἀναγκαίως, καὶ τὰ μεταβλητὰ ἀμεταβλήτως, καὶ ὅλως πάντα κρειττόνως ἢ κατὰ τὴν αὐτῶν τάξιν. εἰ γὰρ ἅπαν ὅ τι περ ἂν ᾖ παρὰ τοῖς ϑεοῖς, κατὰ τὴν αὐ­ τῶν ἔστιν ἰδιότητα, δῆλον δήπουϑεν ὡς οὐχὶ κατὰ τὴν τῶν χειρόνων ϕύσιν ἐν τοῖς ϑεοῖς οὖσα ἡ γνῶσις αὐτῶν ἔσται, ἀλλὰ κατὰ τὴν αὐτῶν ἐκείνων ἐξῃρημένην ὑπεροχήν· ἑνοειδὴς ἄρα καὶ ἀπαϑὴς ἡ γνῶσις ἔσται τῶν πεπληϑυσμένων καὶ πα­ϑη­τῶν. εἰ ἄρα καὶ τὸ γνωστὸν εἴη μεριστόν, ἀλλ' ἡ ϑεία γνῶ­σις ἀμέριστος καὶ ἡ τῶν μεριστῶν, καὶ εἰ μεταβλητόν ἀμετά­βλητος, καὶ εἰ ἐνδεχόμενον ἀναγκαία, καὶ εἰ ἀόριστον ὡρισ­μένη· οὐ γὰρ ἀπὸ τῶν χειρόνων εἰσδέχεται τὸ ϑεῖον τὴν γνῶσιν, ἵνα οὕτως ἡ γνῶσις ἔχῃ, ὡς τὸ γνωστὸν ἔχει ϕύσεως·

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erfaßt nämlich Gedanken und besteht in Denkungen. Die Götter sind jedoch jenseits aller Seienden. Das Göttliche ist somit weder Gegenstand der Meinung noch der Verstandeseinsicht, noch des Denkens. Alles Seiende ist nämlich entweder Gegenstand der Wahrnehmung und dadurch Gegenstand der Meinung oder wirklich Seiendes und dadurch Gegenstand des Denkens, oder es ist zwischen diesen beiden, das heißt zugleich Seiendes und Gewordenes und dadurch Gegenstand der Verstandeseinsicht. Sind die Götter also überwesentlich und bestehen sie vor den Seienden, dann gibt es von ihnen weder Meinung noch Wissen und Verstandeseinsicht, noch Denkung. Trotzdem läßt sich aufgrund desjenigen, das von den Göttern abhängt, die Beschaffenheit der Eigenschaften der Götter erkennen, und dies zwar mit Notwendigkeit. Denn den Eigenschaften derjenigen gemäß, an denen teilgenommenen wird, lassen sich zugleich auch die Unterschiede der Teilhabenden feststellen, und weder hat alles an allem teil – es gibt nämlich keine Ordnung von in jeder Hinsicht Unähnlichem –, noch hat Beliebiges an Beliebigem teil, sondern vielmehr ist, was mit einem jeden verbunden ist und aus diesem hervortritt, hiermit verwandt. 124.  Jeder Gott erkennt das Geteilte ungeteilt, was in der Zeit ist zeitlos, das Nichtnotwendige mit Notwendigkeit, das Verän­ derliche unveränderlich und im allgemeinen ein jedes besser und höher, als dies in der eigenen Ordnung ist.1 Denn ist alles, was den Göttern zukommt, ihrer Eigenart ge­ mäß,2 dann ist doch wohl klar, daß die Erkenntnis der Götter, da sie den Göttern zukommt, nicht der Natur des Schwächeren, sondern vielmehr dem dies Schwächere übersteigenden Übermaß der Götter gemäß sein wird. Ihre Erkenntnis des Ver­ vielfältigten und Leidenden wird folglich einsartig und ohne Leiden sein. Folglich ist, auch wenn der Gegenstand der Erkenntnis geteilt ist, die göttliche Erkenntnis ungeteilt, obwohl diese auf Geteiltes bezogen ist, ist, auch wenn der Gegenstand der Erkenntnis veränderlich ist, die göttliche Erkenntnis unveränderlich und ist, wenn jener möglich ist, diese notwendig und, wenn jener unbestimmt ist, diese bestimmt.3 Denn das Göttliche nimmt die Erkenntnis nicht vom Schwächeren an, so daß seine Erkenntnis so wie die Natur des Erkannten wäre. Vielmehr ist

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II.  Die metaphysischen Bereiche

ἀλλὰ τὰ χείρονα περὶ τὸ ὡρισμένον τῶν ϑεῶν ἀορισταίνει, καὶ περὶ τὸ ἀμετάβλητον μεταβάλλει, καὶ τὸ ἀπαϑὲς παϑητικῶς ὑποδέχεται καὶ τὸ ἄχρονον ἐγχρόνως· τοῖς μὲν γὰρ χείροσιν ἀπὸ τῶν κρειττόνων παρεκβαίνειν δυνατόν, τοῖς δὲ ϑεοῖς εἰσ­ δέ­χεσϑαί τι παρὰ τῶν χειρόνων οὐ ϑέμις.

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125.  Πᾶς ϑεός, ἀϕ' ἧς ἂν ἄρξηται τάξεως ἐκϕαίνειν ἑαυτόν,

πρόεισι διὰ πάντων τῶν δευτέρων, ἀεὶ μὲν πληϑύνων τὰς ἑαυ­ τοῦ μεταδόσεις καὶ μερίζων, ϕυλάττων δὲ τὴν ἰδιότητα τῆς οἰκείας ὑποστάσεως. αἱ μὲν γὰρ πρόοδοι δι' ὑϕέσεως γινόμεναι τὰ πρῶτα παν­ τα­χοῦ πληϑύνουσιν εἰς τὰς τῶν δευτέρων ὑποβάσεις, τὰ δὲ προιόντα κατὰ τὴν πρὸς τὰ παράγοντα ὁμοιότητα τὴν ἑαυ­ τῶν ὑποδέχεται διάταξιν, ὥστε τὸ ὅλον ταὐτόν πως εἶναι, καὶ ἕτερον τὸ προιὸν τῷ μένοντι, διὰ μὲν τὴν ὕϕεσιν ἀλλοῖον ϕαινό­μενον, διὰ δὲ τὴν συνέχειαν τὴν πρὸς ἐκεῖνο τῆς ταυ­τό­ τη­τος οὐκ ἐξιστάμενον, οἷον δέ ἐστιν ἐκεῖνο ἐν τοῖς πρώτοις, τοιοῦτον ἐν τοῖς δευτέροις ὑϕιστάμενον αὐτό καὶ τῆς σειρᾶς τὴν ἀδιάλυτον κοινωνίαν διαϕυλάττον. ἐκϕαίνεται μὲν οὖν ἕκαστος τῶν ϑεῶν οἰκείως ταῖς τάξεσιν, ἐν αἷς ποιεῖται τὴν ἔκϕανσιν, πρόεισι δὲ ἐντεῦϑεν ἄχρι τῶν ἐσχάτων διὰ τὴν γεννητικὴν τῶν πρώτων δύναμιν· πληϑύνεται δὲ ἀεὶ διὰ τὴν πρόοδον ἀϕ' ἑνὸς εἰς πλῆϑος γινομένην, ϕυ­ λάττει δὲ τὸ ταὐτὸν ἐν τῇ προόδῳ διὰ τὴν ὁμοιότητα τῶν προ­ιόντων πρὸς τὸ ἑκάστης σειρᾶς ἡγεμονοῦν καὶ πρωτουργὸν αἴτιον.

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126.  Πᾶς ϑεὸς ὁλικώτερος μέν ἐστιν ὁ τοῦ ἑνὸς ἐγγυτέρω,

μερικώτερος δὲ ὁ πορρώτερον. τοῦ γὰρ πάντα παράγοντος ὁ πλειόνων αἴτιος ἐγγυτέρω, ὁ δὲ ἐλαττόνων πορρωτέρω, καὶ ὁ μὲν πλειόνων αἴτιος ὁλι­κώ­ τερος, ὁ δὲ ἐλαττόνων μερικώτερος. καὶ ἑκάτερος μὲν ἑνάς ἐστιν, ἀλλ' ὁ μὲν δυνάμει μείζων, ὁ δὲ ἐλάττων κατὰ τὴν δύ­να­μιν· καὶ οἱ μερικώτεροι γεννῶνται ἐκ τῶν ὁλικω­τέ­ρων

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das Schwächere hinsichtlich des Bestimmten der Götter unbestimmt, hinsichtlich ihres Unveränderlichen veränderlich und nimmt es, was ohne Leiden ist, leidend und das Zeitlose zeitlich an. Denn es ist zwar möglich, daß das Schwächere sich vom Stärkeren entfernt, es ist jedoch den Göttern nicht erlaubt, etwas von den Schwächeren aufzunehmen. 125.  Jeder Gott tritt von der Ordnung, in der er sich zuerst erscheinen läßt, durch alles Spätere hindurch hervor, wobei er seine Mitteilungen immer vervielfältigt und teilt und zugleich die Eigenart seines Bestehens bewahrt.1 Denn jedes durch Abstufung zustande kommende Hervortreten vervielfältigt die Ersten überall, bis sie zum Späteren hinabsteigen, während das Hervortretende seine Stelle in der Ordnung gemäß seiner Ähnlichkeit mit den Hervorbringern empfängt, so daß das Ganze irgendwie identisch und zugleich das Hervortretende vom Bleibenden unterschieden ist, da dies Hervortretende wegen der Abstufung zwar andersartig erscheint, sich durch seine Kontinuität mit dem Bleibenden aber nicht von der Identität entfernt; so, wie das Bleibende in den Ersten beschaffen ist, besteht dies Hervortretende in den Späteren und bewahrt es die unauflösbare Gemeinsamkeit seiner Reihe. Jeder der Götter erscheint also in den Ordnungen, in denen er sich in einer diesen Ordnungen entsprechenden Weise zur Erscheinung bringt, tritt jedoch von dort kraft des erzeugenden Vermögens der Ersten bis zum Letzten hervor. Bei seinem Hervortreten vom Einen zur Vielheit vervielfältigt sich ein Gott immer, während er bei seinem Hervortreten das Identische kraft der Ähnlichkeit der Hervortretenden mit der vorhergehenden und zuerst tätigen Ursache einer jeden Reihe bewahrt. 126.  Jeder dem Einen nähere Gott ist allgemeiner, jeder dem Einen fernere Gott ist besonderer.1 Denn der Gott, der mehr verursacht, ist demjenigen näher, das alles hervorbringt, der Gott, der weniger verursacht, ist diesem ferner. Und je mehr ein Gott verursacht, desto allgemeiner ist er, und je weniger, desto besonderer.2 Beide sind zwar Henade, der eine aber ist seinem Vermögen nach größer und der andere hinsichtlich seines Vermögens geringer.3 Die besondereren Götter

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II.  Die metaphysischen Bereiche

οὔτε μεριζομένων ἐκείνων, ἑνάδες γάρ, οὔτε ἀλλοιουμέ­νων, ἀκίνητοι γάρ, οὔτε σχέσει πληϑυνομένων, ἀμιγεῖς γάρ· ἀλλ' ἀϕ' ἑαυτῶν δευτέρας ἀπογεννώντων προόδους διὰ δυνάμεως περιουσίαν ὑϕειμένας τῶν πρὸ αὐτῶν. 5

127.  Πᾶν τὸ ϑεῖον ἁπλοῦν πρώτως ἐστὶ καὶ μάλιστα, καὶ

διὰ τοῦτο αὐταρκέστατον. ὅτι μὲν γὰρ ἁπλοῦν, ἐκ τῆς ἑνώσεως ϕανερόν, ἑνικώτατον γάρ ἐστι πᾶν, τὸ δὲ τοιοῦτον διαϕερόντως ἁπλοῦν· ὅτι δὲ αὐταρκέστατον, μάϑοι τις ἂν ἐννοήσας ὅτι τὸ μὲν σύνϑετον ἐνδεές ἐστιν, εἰ καὶ μὴ τῶν ἄλλων, ὧν ἐστιν ἔξω, ἀλλ' ἐκείνων γε, ἐξ ὧν συνετέϑη· τὸ δὲ ἁπλούστατον καὶ ἑνιαῖον καὶ τὸ ἐν109 τῷ ἀγαϑῷ ταὐτὸν προστησάμενον αὐταρκέστατον· τοιοῦτον δὲ τὸ ϑεῖον πᾶν· οὔτε οὖν τῶν ἄλλων δεῖται, αὐτοαγαϑότης ὑπάρχον, οὔτε ἐξ ὧν ὑϕέστηκεν, ἑνιαῖον ὑπάρχον.

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128.  Πᾶς ϑεός, ὑπὸ μὲν τῶν ἐγγυτέρω μετεχόμενος, ἀμέ­

σως μετέχεται, ὑπὸ δὲ τῶν πορρωτέρω, διὰ μέσων, ἢ ἐλατ­ τό­νων ἢ πλειόνων, τινῶν. τὰ μὲν γάρ διὰ συγγένειαν ἑνοειδῆ καὶ αὐτὰ ὄντα μετέχειν αὐτόϑεν δύναται τῶν ϑείων ἑνάδων, τὰ δὲ δι' ὕϕεσιν καὶ τὴν εἰς πλῆϑος ἔκτασιν ἄλλων δεῖται τῶν μᾶλλον ἡνωμένων ἵνα μετάσχῃ τῶν αὐτοενάδων οὐσῶν, ἀλλ' οὐχ ἡνωμένων· τῆς γὰρ αὐτοενάδος110 μεταξὺ καὶ τοῦ διῃρημένου πλήϑους ἐστὶ τὸ ἡνωμένον πλῆϑος, συμϕύεσϑαι μὲν τῇ ἑνάδι δυνάμενον διὰ τὴν ἕνωσιν, συγγενὲς δέ πως ὂν καὶ τῷ διῃρημένῳ πλήϑει διὰ τὴν τοῦ πλήϑους ἔμϕασιν.

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129.  Πᾶν μὲν σῶμα ϑεῖον διὰ ψυχῆς ἐστι ϑεῖον τῆς ἐκ­

ϑεουμένης, πᾶσα δὲ ψυχὴ ϑεία διὰ το`ν ϑει῀ον νοῦν,111 πᾶς δὲ νοῦς κατὰ μέϑεξιν τῆς ϑείας ἑνάδος· καὶ ἡ μὲν ἑνὰς αὐτόϑεν

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ἐν :  D. ἕν αὐτοενάδος :  D. ἑνάδος 111 διὰ τὸν ϑεῖον νοῦν :  D. διὰ τοῦ ϑείου νοῦ 110

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werden von den allgemeineren erzeugt, ohne daß diese sich teilen  – sie sind nämlich Henade –, sich ändern – sie sind ja unbeweglich – oder wegen eines Verhältnisses zur Vielheit werden – sie mischen sich ja nicht –, vielmehr erzeugen sie durch Überfluß des Vermögens aus sich selbst spätere Hervortretungen, die gegenüber den vorhergehenden Göttern eine abgestuft sind. 127.  Alles Göttliche ist zuerst und vor allem anderen einfach und deshalb am autarksten.1 Denn daß das Göttliche einfach ist, erhellt aus seiner Ver­ einung, denn alles Göttliche ist am einheitlichsten,2 und hierfür gilt, daß es mehr als alles andere einfach ist. Daß es aber am autarksten ist, versteht, wem innewird, daß Zusammen­gesetztes ­bedürftig ist, wenn auch nicht anderer, die außer ihm sind, so doch zumindest der Teile, aus denen es zusammengesetzt ist. Was am einfachsten und einig ist und eine Identität im Guten aufzeigt,3 ist am autarksten. So ist jedoch alles Göttliche beschaffen. Es bedarf also weder anderer, da es Gutheit selbst ist, noch solcher, aus denen es besteht, da es einig ist. 128.  An jedem Gott wird von den ihm Näheren unmittelbar teilgenommen, von den ihm Ferneren jedoch durch Mittlere, die weniger oder mehr sein können.1 Denn solche, die durch Verwandtschaft auch selbst eins­artig sind, vermögen an den göttlichen Henaden von sich aus teilzunehmen; andere jedoch bedürfen wegen ihrer Abstufung und Ausdehnung zur Vielheit anderer, die in höherem Maße vereint sind, um an denjenigen teilzunehmen, die Selbsthenade, doch nicht Vereinte sind. Zwischen der Selbsthenade und der in sich geteilten Vielheit ist nämlich die vereinte Vielheit, die einerseits durch ihre Vereinung zu einer natürlichen Verbindung mit der Henade imstande ist, anderseits dadurch, daß sie eine Abspiegelung der Vielheit ist, in bestimmter Hinsicht auch der in sich geteilten Vielheit verwandt ist. 129.  Jeder göttliche Körper ist göttlich durch eine Seele, die vergöttlicht ist, jede Seele ist jedoch göttlich kraft des göttlichen Denkvermögens, und jedes Denkvermögen ist göttlich wegen der Teilhabe an der göttlichen Henade. Das heißt, die Henade ist

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II.  Die metaphysischen Bereiche

ϑεός, ὁ δὲ νοῦς ϑειότατον, ἡ δὲ ψυχὴ ϑεία, τὸ δὲ σῶμα ϑεοειδές. εἰ γὰρ ὑπὲρ νοῦν ἐστιν ἅπας ὁ τῶν ϑεῶν ἀριϑμός, αἱ δὲ μεϑέξεις διὰ τῶν συγγενῶν καὶ τῶν ὁμοίων ἐπιτελοῦνται, ἡ μὲν ἀμέριστος οὐσία μεϑέξει πρώτως τῶν ὑπερουσίων ἑνάδων, δευτέρως δὲ ἡ γενέσεως ἐϕαπτομένη, τρίτως δὲ ἡ γένεσις, καὶ ἕκαστα διὰ τῶν προσεχῶς ὑπερκειμένων. καὶ ϕοιτᾷ μὲν ἄχρι τῶν ἐσχάτων ἐν τοῖς μετέχουσιν ἡ τῶν ϑεῶν ἰδιότης, διὰ μέσων δὲ τῶν πρὸς ἑαυτὴν συγγενῶν· ἡ γὰρ ἑνὰς πρώτῳ μὲν τῷ νῷ δίδωσι τὴν ἑαυτῆς ἐξαίρετον ἐν τοῖς ϑείοις δύναμιν, καὶ ἀποτελεῖ κἀκεῖνον τοιοῦτον νοῦν, οἵα ἐστὶ καὶ αὐτὴ κατὰ τὸ ἑνιαῖον πλῆϑος· διὰ δὲ νοῦ καὶ ψυχῇ πάρεστι, συνεξάπτουσα κἀκείνην τῷ νῷ καὶ συνεκπυροῦσα, εἰ ὁ νοῦς οὗτος εἴη μεϑεκτός· διὰ δὲ ψυχῆς ἀπήχημα τῆς οἰκείας ἰδιότητος καὶ τῷ σώματι δίδωσιν, εἰ μετέχοι τι σῶμα ψυχῆς. καὶ οὕτω γίνεται τὸ σῶμα οὐ μόνον ἔμψυχον καὶ νοερόν, ἀλλὰ καὶ ϑεῖον, ζωὴν μὲν καὶ κίνησιν λαβὸν παρὰ ψυχῆς, διαμονὴν δὲ ἄλυτον ἀπὸ νοῦ, ἕνωσιν δὲ ϑείαν ἀπὸ τῆς μετεχομένης ἑνάδος· ἕκαστον γὰρ τῆς ἑαυτοῦ ὑπάρξεως μεταδίδωσι τοῖς ἐϕεξῆς.

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130.  Πάσης ϑείας τάξεως τὰ πρῶτα μειζόνως ἐξῄρηται

τῶν προσεχῶς ὑπ' αὐτὰ τεταγμένων ἢ ταῦτα τῶν ἐϕεξῆς· καὶ μειζόνως ἐξέχεται τὰ δεύτερα τῶν προσεχῶς ὑπερκειμένων ἢ τούτων τὰ μετὰ ταῦτα. ὅσῳ γὰρ ἂν ἑνικώτερον ᾖ τι καὶ ὁλικώτερον, τοσούτῳ καὶ τὴν ὑπεροχὴν ἔλαχε μείζονα πρὸς τὰ ἐϕεξῆς· ὅσῳ δ' ἂν ὑϕει­ μένον κατὰ τὴν δύναμιν, τοσούτῳ μᾶλλόν ἐστι τοῖς μετ' αὐτὸ συμϕυέστερον. καὶ τὰ μὲν ὑψηλότερα μᾶλλον ἑνίζεται τοῖς ἑαυτῶν αἰτιωτέροις, τὰ δὲ καταδεέστερα ἧττον· δυνάμεως γάρ ἐστι μείζονος τὸ μᾶλλον ἐξῃρῆσϑαι τῶν ὑϕειμένων καὶ μᾶλλον ἡνῶσϑαι τοῖς κρείττοσιν, ὥσπερ αὖ ἔμπαλιν τὸ τῶν

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von sich aus Gott, das Denkvermögen ist göttlichstes, die Seele göttlich und der Körper gottförmig.1 Denn ist die ganze Zahl der Götter über dem Denkvermögen und kommt Teilhabe durch Verwandtes und Ähnliches zustande, dann muß an den überwesentlichen Henaden erstens das ungeteilte Wesen teilhaben, zweitens das sich mit Werden berührende Wesen und drittens das Werden; 2 und jedes hat stets durch das angrenzend Überliegende teil. Die Eigenart der Götter geht unter den Teilhabenden bis zum Letzten, allerdings über die ihr verwandten Mittleren.3 Die Henade spendet nämlich das Vermögen, das sie unter den Göttern auszeichnet, zuerst dem Denkvermögen und vollendet dieses Denkvermögen so, wie sie auch selbst in der einigen Vielheit ist.4 Durch Denkvermögen ist die Henade ferner der Seele gegenwärtig, die sie zusammen mit dem Denkvermögen entzündet und in Flammen setzt, das heißt wenn dieses Denkvermögen teilnehmbar ist. Durch die Seele spendet die Henade auch dem Körper, sofern dieser irgendwie an Seele teilhat, einen Nachklang ihrer Eigenart. So wird der Körper nicht nur beseelt und gedanklich, sondern auch göttlich, da er Leben und Bewegung von der Seele, unauflösliches Beharren vom Denkvermögen und göttliche Vereinung von der teilnehmbaren Henade nimmt. Von diesen teilt nämlich jedes dem Darauffolgenden von dem eigenen Dasein mit. 130.  In jeder göttlichen Ordnung gehen die Ersten in höherem Grade über die ihnen angrenzend Untergeordneten hinaus als diese wieder über die Folgenden, und die Späteren verbinden sich fester mit den angrenzend Überliegenden, als sich die auf den Späteren Folgenden mit diesen verbinden.1 Denn je einheitlicher und allgemeiner etwas ist, desto ­größer ist auch das Übermaß, das es gegenüber dem Folgenden hat, und je mehr es hinsichtlich seines Vermögens abgestuft ist, desto ­größer ist seine Naturgleichheit mit dem, das nach ihm ist. Ferner werden die Höheren mehr mit Ursachen vereint, die ursächlicher als sie selbst sind, die Niederen jedoch weniger. Einem größeren Vermögen ist es nämlich eigen, über die Nachstehenden mehr hinauszugehen und sich mit den Stärkeren mehr zu vereinen, genauso wie umgekehrt einerseits ein größerer Abstand zu den

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II.  Die metaphysischen Bereiche

μὲν ἀϕίστασϑαι μᾶλλον, τοῖς δὲ συμπάσχειν, ἐλάττωσίς ἐστι δυ­νά­μεως, ὃ δὴ συμβαίνει τοῖς δευτέροις καϑ' ἑκάστην τάξιν, ἀλλ' οὐ τοῖς πρώτοις. 131.  Πᾶς ϑεὸς ἀϕ' ἑαυτοῦ τῆς οἰκείας ἐνεργείας ἄρχεται.

τὴν γὰρ ἰδιότητα τῆς εἰς τὰ δεύτερα παρουσίας ἐν ἑαυτῷ πρῶτον ἐπιδείκνυσι· διότι δὴ καὶ τοῖς ἄλλοις ἑαυτοῦ μετα­ δίδωσι, κατὰ τὸ ὑπέρπληρες ἑαυτοῦ. οὔτε γὰρ τὸ ἐλλεῖπον οἰκεῖον τοῖς ϑεοῖς οὔτε τὸ πλῆρες μόνον· τὸ μὲν γὰρ ἐλλεῖπον πᾶν ἀτελὲς ὑπάρχει, καὶ ἄλλο τέλειον ποιεῖν αὐτὸ μὴ τέλειον ὑπάρχον, ἀμήχανον· τὸ δὲ πλῆρες αὔταρκες μέν,112 οὔπω δὲ εἰς μετάδοσιν ἕτοιμον. ὑπέρπληρες ἄρα εἶναι δεῖ τὸ πληρωτικὸν ἄλλων καὶ εἰς ἄλλα διατεῖνον τὰς ἑαυτοῦ χορηγίας. εἰ οὖν τὸ ϑεῖον ἅπαντα ἀϕ' ἑαυτοῦ πληροῖ τῶν ἀγαϑῶν τῶν ἐν αὐτῷ, ἕκαστον ὑπέρπληρές ἐστιν· εἰ δὲ τοῦτο, ἐν ἑαυτῷ πρώτῳ τὴν ἰδιότητα ἱδρυσάμενον ἣν113 δίδωσι τοῖς ἄλλοις, οὕτω δὴ κἀ­κεί­ νοις ἐπορέγει τὰς μεταδόσεις τῆς ὑπερπλήρους ἀγα­ϑό­τητος.

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132.  Πᾶσαι τῶν ϑεῶν αἱ τάξεις μεσότητι συνδέδενται.

καὶ γὰρ πᾶσαι τῶν ὄντων αἱ πρόοδοι διὰ τῶν ὁμοίων ἀπο­ τελοῦνται, καὶ πολλῷ δὴ μᾶλλον αἱ τῶν ϑεῶν διακοσμήσεις ἀδιάλυτον κέκτηνται τὴν συνέχειαν, ἅτε ἑνοειδῶς ὑϕεστηκυῖαι καὶ κατὰ τὸ ἓν ἀϕωρισμέναι τὸ ἀρχηγικὸν αὐτῶν αἴτιον. ἡνω­ μένως οὖν αἱ ὑϕέσεις γίνονται καὶ μειζόνως ἢ κατὰ τὴν ἐν τοῖς οὖσι τῶν δευτέρων πρὸς τὰ πρῶτα ὁμοιότητα, ὅσῳ δὴ καὶ ἡ τῶν ϑεῶν ὕπαρξις ἐν τῷ ἡνῶσϑαι τῶν ὄντων μᾶλλον ὑϕέστηκε. πάντα οὖν τὰ ϑεῖα γένη συνδέδεται ταῖς οἰκείαις μεσότησι, καὶ οὐκ ἀμέσως ἐπὶ τὰς διαϕερούσας πάντῃ προ­ όδους χωρεῖ τὰ πρῶτα, ἀλλὰ διὰ τῶν ἑκατέροις κοινῶν γενῶν, ἀϕ' ὧν τε πρόεισι καὶ ὧν ἐστιν ἀμέσως αἴτια· ταῦτα γὰρ

112 113

μὲν :  D. μόνον ἣν :  D. ὧν

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Stärkeren und anderseits eine Gleichgestimmtheit mit diesen Nachstehenden eine Verringerung des Vermögens bedeutet, was nun bei den Späteren in einer Ordnung in der Tat der Fall ist, allerdings nicht bei den Ersten. 131.  Jeder Gott fängt von sich selbst aus seine eigentliche Tä­ tigkeit an.1 Denn die Eigenschaften seiner Gegenwart bei den Späteren zeigt ein Gott zuerst in sich selbst auf.2 Deshalb teilt er ja den anderen auch seiner Übervollheit gemäß von sich selbst mit. Den Göttern gebührt nämlich weder Mangel noch bloße Vollheit. Denn erstens ist alles Mangelhafte unvollkommen und unfähig, anderes vollkommen zu machen, wo es nicht selbst vollkommen ist; und zweitens ist, was voll ist, zwar autark, jedoch noch nicht zur Mitteilung geeignet. Was anderes erfüllt und seine Freigebigkeit auf anderes ausbreitet, muß folglich übervoll sein.3 Erfüllt also das Göttliche alles von sich aus mit dem in ihm enthaltenen Guten, dann ist jedes Göttliche übervoll. Ist dies der Fall und hat das Göttliche die Eigenschaften, die es den anderen spendet, zuerst in sich selbst gegründet, dann reicht es auf diese Weise auch diesen anderen die Mitteilungen seiner übervollen Gutheit dar. 132.  Alle Ordnungen der Götter sind durch Vermittelndes in­einander verbunden.1 Denn ein jedes Hervortreten von Seienden kommt durch Ähnliches zustande und die unauflösliche Kontinuität, die die Anordnungen der Götter besitzen, ist noch größer, sofern diese Anordnungen einsartig bestehen und durch das Eine, das ihre ursprüngliche Ursache ist, bestimmt sind. Die Abstufung findet also vereint statt, und diese Vereinung ist in dem Maße größer als die der Ähnlichkeit, die unter den Seienden den späteren hinsichtlich der ersten zukommt, wie auch das Bestehen der Götter mehr als das der Seienden im Vereintsein besteht. Alle göttlichen Klassen2 werden also durch geeignete Vermittelnde miteinander verbunden, und die ersten Klassen gehen nicht unmittelbar in ein in jeder Hinsicht unterschiedenes Hervortreten über, sondern vielmehr vermittelt durch die Klassen, die beiden gemeinsam sind und aus denen sie hervortreten und deren unmittelbare Ur­ sachen sie sind. Diese Klassen bringen nämlich beide Enden in

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II.  Die metaphysischen Bereiche

συνάγει τὰ ἄκρα κατὰ μίαν ἕνωσιν, τοῖς μὲν ὑπεστρωμένα συμϕυῶς, τῶν δὲ ἐξῃρημένα προσεχῶς, καὶ τὴν εὔτακτον διαϕυλάττει τῶν ϑείων ἀπογέννησιν. 133.  Πᾶς μὲν ϑεὸς ἑνάς ἐστιν ἀγαϑουργὸς ἢ ἀγαϑότης ἑνο­

ποιός, καὶ ταύτην ἔχει τὴν ὕπαρξιν καϑόσον ἕκαστος ϑεός· ἀλλ' ὁ μὲν πρώτιστος ἁπλῶς τἀγαϑὸν καὶ ἁπλῶς ἕν, τῶν δὲ μετὰ τὸν πρῶτον ἕκαστος τὶς ἀγαϑότης ἐστὶ καὶ τὶς ἑνάς. ἡ γὰρ ἰδιότης ἡ ϑεία διέστησε τὰς ἑνάδας καὶ ἀγαϑότητας114 τῶν ϑεῶν, ὥστε ἕκαστον κατά τι τῆς ἀγαϑότητος ἰδίωμα πάντα ἀγαϑύνειν, οἷον τελεσιουργεῖν ἢ συνέχειν ἢ ϕρουρεῖν· τούτων γὰρ ἕκαστον τὶ ἀγαϑόν ἐστιν, ἀλλ' οὐ πᾶν τὸ ἀγα­ ϑόν. τὴν δε` ἑνιαίαν115 αἰτίαν τὸ πρῶτον προεστήσατο· διὸ καὶ τἀγαϑόν ἐστιν ἐκεῖνο, ὡς πάσης ἀγαϑότητος ὑποστατικόν· οὐδὲ γὰρ αἱ πᾶσαι τῶν ϑεῶν ὑπάρξεις ἅμα παρισοῦνται τῷ ἑνί· τοσαύτην ἐκεῖνο πρὸς τὸ πλῆϑος τῶν ϑεῶν ἔλαχεν ὑπερ­ βολήν.

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134.  Πᾶς ϑεῖος νοῦς νοεῖ μὲν ὡς νοῦς, προνοεῖ δὲ ὡς ϑεός.

τοῦ μὲν γὰρ νοῦ τὸ γινώσκειν τὰ ὄντα καὶ ἐν νοήσεσιν ἔχειν τὸ τέλειον ἐξαίρετόν ἐστι, τοῦ δὲ ϑεοῦ τὸ προνοεῖν καὶ ἀγαϑῶν πάντα πληροῦν· ἡ δὲ μετάδοσις αὕτη καὶ ἡ πλήρωσις δι' ἕνωσιν γίνεται τῶν πληρούντων116 πρὸς τὰ πρὸ αὐτῶν, ἣν καὶ ὁ νοῦς μιμούμενος εἰς ταὐτὸν ἔρχεται τοῖς νοητοῖς. ᾗ οὖν προνοεῖ, ϑεός, ἐν τῇ πρὸ νοῦ ἐνεργείᾳ τῆς προνοίας ἱσταμένης· διὸ καὶ πᾶσι μὲν ἑαυτοῦ μεταδίδωσιν ὡς ϑεοῦ, οὐ πᾶσι δὲ πάρεστιν ὡς νοῦς, καὶ γὰρ ἐϕ' ἃ τὸ νοερὸν ἰδίωμα μὴ πρόεισιν, ἐπὶ ταῦτα ϕϑάνει τὸ ϑεῖον· καὶ γὰρ τὰ μὴ νοοῦντα προνοεῖσϑαι βούλεται καὶ ἀγαϑοῦ τινος μεταλαγχάνειν· τοῦτο

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ἀγαϑότητας :  D. τὰς ἀγαϑότητας τὴν δὲ ἑνιαίαν :  D. konjiziert οὗ ἑνιαίαν 116 πληρούντων :  D. πληρουμένων 115



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einer Vereinung zusammen, indem sie sich für die einen natur­ ähnlich ausbreiten,3 über die anderen jedoch angrenzend hinausgehen, und auf diese Weise bewahren sie das wohlgeordnete Erzeugen des Göttlichen. 133.  Jeder Gott ist gutesbewirkende Henade oder einsma­ chende Gutheit; und jeder Gott besitzt ein solches Dasein, sofern er Gott ist. Der erste Gott ist allerdings das Gute schlechthin und schlechthin eins, während jeder Gott nach dem ersten Gott eine bestimmte Gutheit und eine bestimmte Henade ist.1 Denn es ist die göttliche Eigenart, welche die Henaden und Gutheiten der Götter voneinander unterscheidet, so daß jeder Gott einer bestimmten Eigenart der Gutheit gemäß alles gut macht, das heißt z. B. vervollkommnet, zusammenhält oder schützt. Jedes von diesen ist nämlich ein bestimmtes Gutes, aller­ dings nicht das ganze Gute. Das Erste zeigt ferner allem vorher die einige Ursächlichkeit auf – weshalb jenes auch das Gute ist, da es jeder Gutheit Bestehen verleiht. Denn auch das Dasein aller Götter zusammen ist dem Einen nicht gleich.2 Ein so großes Übermaß besitzt dieses Erste hinsichtlich der Vielheit der Götter. 134.  Jedes göttliche Denkvermögen denkt zwar als Denkver­ mögen, denkt aber vorher als Gott.1 Denn das Charakteristikum des Denkvermögens besteht in der Erkenntnis der Seienden und der Vervollkommnung in Denkungen, das des Gottes jedoch in dem Vorherdenken und dem Erfüllen von allem mit Gutem. Dieses Mitteilen und Erfüllen findet durch die Vereinung des Erfüllenden2 mit dem Vorhergehenden statt, und in der Nachahmung dieser Vereinung erreicht das Denkvermögen eine Identität mit dem Gedachten. Insofern also ein göttliches Denkvermögen vorherdenkt, ist es Gott, da das Vorherdenken in der dem Denkvermögen vorhergehenden Tätigkeit besteht. Deshalb teilt es sich, sofern es Gott ist, auch ­allem mit, wenn es auch nicht allem als Denkvermögen gegenwärtig ist. Denn auch das, bis wohin die gedankliche Eigenart nicht hervortritt, wird vom Göttlichen erreicht. Auch was nicht denkt, verlangt nämlich, vorhergedacht zu werden und an irgend­ einem Guten teilzunehmen, und zwar deshalb, weil nicht alles –

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II.  Die metaphysischen Bereiche

δὲ διότι νοῦ μὲν οὐ πάντα ἐϕίεται, οὐδὲ οἷς μετασχεῖν δυνατόν, τοῦ δὲ ἀγαϑοῦ πάντα ἐϕίεται καὶ σπεύδει τυχεῖν. 135.  Πᾶσα ϑεία ἑνὰς ὑϕ' ἑνός117 μετέχεται τῶν ὄντων ἀμέ-

σως, καὶ πᾶν τὸ ἐκϑεούμενον εἰς μίαν ἑνάδα ϑείαν ἀνατείνεται· καὶ ὅσαι αἱ μετεχόμεναι ἑνάδες, τοσαῦτα καὶ τὰ μετέχοντα γένη τῶν ὄντων. οὔτε γὰρ δύο ἢ πλείους ἑνάδες ὑϕ' ἑνὸς μετέχονται· πῶς γάρ, τῶν ἐν αὐταῖς ἰδιοτήτων ἐξηλλαγμένων, οὐχὶ καὶ τὸ ἑκάστῃ συμϕυόμενον ἐξήλλακται, δι' ὁμοιότητος τῆς συναϕῆς γινομένης; οὔτε μία ἑνὰς ὑπὸ πλειόνων μετέχεται διῃρημένως· ἀσύν­ απτα γὰρ τὰ πολλὰ ὄντα τῇ ἑνάδι, καὶ ὡς ὄντα τῇ πρὸ τῶν ὄντων καὶ ὡς πολλὰ ἑνάδι· δεῖ δὲ τὸ μετέχον πῇ μὲν ὅμοιον εἶναι τῷ μετεχομένῳ, πῇ δὲ ἕτερον καὶ ἀνόμοιον. ἐπεὶ οὖν τὸ μετέχον τῶν ὄντων τί ἐστιν, ἡ δὲ ἑνὰς ὑπερούσιος, καὶ κατὰ τοῦτο ἀνωμοίωνται, ἓν ἄρα εἶναι χρὴ τὸ μετέχον, ἵνα καὶ118 κατὰ τοῦτο ὅμοιον ᾖ τῷ μετεχομένῳ ἑνί, εἰ καὶ τὸ μὲν οὕτως ἓν ὡς ἑνάς, τὸ δὲ ὡς πεπονϑὸς τὸ ἓν καὶ ἡνωμένον διὰ τὴν ἐκείνης μέϑεξιν.

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136.  Πᾶς ϑεὸς ὁλικώτερος μὲν ὑπάρχων καὶ ἐγγυτέρω τοῦ

πρώτου τεταγμένος ὑπὸ ὁλικωτέρου γένους τῶν ὄντων μετ­ έχεται, μερικώτερος δὲ καὶ πορρώτερον, ὑπὸ μερικωτέρου· καὶ ὡς τὸ ὂν πρὸς τὸ ὄν, οὕτως ἡ ἑνὰς πρὸς τὴν ἑνάδα τὴν ϑείαν. εἰ γὰρ ὅσα τὰ ὄντα, τοσαῦται καὶ αἱ ἑνάδες, καὶ ἔμπαλιν, μιᾶς ὑϕ' ἑνὸς μετεχομένης, δῆλον δὴ ὅτι κατὰ τὴν τῶν ἑνά­

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ὑϕ’ ἑνὸς :  D. ὑϕ’ ἑνός τινος καὶ :  von D. ausgelassen



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sogar nicht alles, dem Teilhabe hieran möglich ist – Denkvermögen begehrt, jedoch alles das Gute begehrt und sich bemüht, es zu erlangen. 135.  An jeder göttlichen Henade wird von einem Seienden un­ mittelbar teilgenommen, und alles, was vergöttlicht wird, streckt sich einer göttlichen Henade empor, und es gibt genauso viele teilhabende Klassen von Seienden, wie es teilnehmbare Hena­ den gibt.1 Denn es wird erstens nicht von einem Seienden an zwei oder mehr Henaden teilgenommen. Wie nämlich könnten, wenn die Henaden verschiedene Eigenarten haben, die mit jeder Henade natürlicherweise verbundenen Seienden nicht ebenfalls verschieden sein, wenn ihre Verbindung durch Ähnlichkeit zustande kommt? Zweitens wird nicht von mehreren Seienden auf je unterschiedliche Weise an dieser einen Henade teilgenommen, denn diese vielen Seienden sind mit der Henade unverbunden, sowohl weil sie Seiende sind und die Henade vor den Seienden ist, als auch weil sie viele sind und die Henade Henade ist. Was teilhat, muß jedoch in einer Hinsicht dem Teilgenommenen ähnlich, in anderer Hinsicht jedoch von diesem unterschieden und ihm unähnlich sein. Da nun hier das Teilhabende ein Seiendes, die Henade jedoch überseiend ist, so daß sie in dieser Hinsicht unähnlich sind, muß folglich das Teilhabende notwendigerweise eins sein, damit es hinsichtlich seines Einsseins dem einen Teilgenommenen auch ähnlich ist, auch wenn letzteres als Henade eins ist, ersteres jedoch das Eins erlitten hat und durch Teilhabe an der Henade vereint ist. 136.  An jedem allgemeineren und in der Ordnung dem Ersten näheren Gott wird von einer allgemeineren Klasse der Seienden teilgenommen, an jedem besondereren und dem Ersten ferneren Gott jedoch von einer besondereren Klasse; und die eine Henade verhält sich zur anderen göttlichen Henade genau so, wie sich das eine Seiende zu anderem Seienden verhält.1 Denn gibt es genauso viele Henaden wie Seiende und um­ gekehrt, da ja von einem Seienden an einer Henade teilgenommen wird, dann ist sowohl offenbar, daß die Ordnung der Sei-

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II.  Die metaphysischen Bereiche

δων τάξιν ἡ τῶν ὄντων πρόεισι τάξις, ὁμοιουμένη τῇ πρὸ αὐτῆς, καὶ ταῖς μὲν ὁλικωτέραις τὰ ὁλικώτερα συμϕύεται, ταῖς δὲ μερικωτέραις ἑνάσι τὰ μερικώτερα ὄντα. εἰ γὰρ μή, πάλιν τὰ ἀνόμοια τοῖς ἀνομοίοις συνάψει, καὶ ἡ κατ' ἀξίαν δια­νομὴ οὐκ ἔσται· ταῦτα δὲ ἀδύνατα, εἴπερ καὶ τοῖς ἄλλοις ἅπασι τὸ ἓν καὶ τὸ οἰκεῖον μέτρον ἐκεῖϑεν ἐπιλάμπεται καὶ ἀπ' ἐκείνων ἐϕήκει· πολλῷ δὴ οὖν μᾶλλον ἐν αὐτοῖς τάξις ἔσται τῆς μεϑέξεως, τὰ ὅμοια κατὰ τὴν δύναμιν τῶν ὁμοίων ἐξ­άπτουσα.

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137.  Πᾶσα ἑνὰς συνυϕίστησι τῷ ἑνὶ τὸ μετέχον αὐτῆς ὄν.

τὸ μὲν γὰρ ἕν, ὡς πάντων ἐστὶν ὑποστατικόν, οὕτω καὶ τῶν ἑνάδων τῶν μετεχομένων καὶ τῶν ὄντων τῶν εἰς τὰς ἑνάδας ἀνηρτημένων αἴτιον· τὸ δὲ ἑκάστης ἐξημμένον ἡ ἑνὰς ἡ εἰς αὐτὸ ἐλλάμπουσα παράγει, ἁπλῶς μὲν εἶναι τοῦ ἑνὸς ποιοῦντος, τὸ δὲ συμϕυὲς εἶναι τῆς ἑνάδος ἀπεργαζομένης ᾗ ἐστι συμϕυές. αὕτη οὖν ἐστιν ἡ καϑ' ἑαυτὴν ἀϕορίζουσα τὸ μετέχον αὐτῆς ὂν καὶ τὴν ἰδιότητα τὴν ὑπερούσιον ἐν αὐτῷ δεικνύουσα οὐσιωδῶς· ἐκ γὰρ τοῦ πρώτως πανταχοῦ τῷ δευτέ­ρως ὑπάρχει τὸ εἶναι τοῦτο, ὅ ἐστιν· ἥτις οὖν ἐστι τῆς ϑεό­τη­τος ὑπερούσιος ἰδιότης, αὕτη καὶ τοῦ ὄντος ἐστί τοῦ μετ­­έχοντος αὐτῆς οὐσιωδῶς.

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138.  Πάντων τῶν μετεχόντων τῆς ϑείας ἰδιότητος καὶ ἐκ­

ϑεου­μένων πρώτιστόν ἐστι καὶ ἀκρότατον τὸ ὄν. εἰ γὰρ καὶ τοῦ νοῦ καὶ τῆς ζωῆς ἐπέκεινα τὸ ὄν, ὡς δέ­ δεικται, εἴπερ πλείστων τοῦτο μετὰ τὸ ἓν αἴτιον, ἀκρότατον ἂν εἴη τὸ ὄν. τούτων μὲν γὰρ ἑνικώτερον, καὶ διὰ τοῦτο πάντως σεμνότερον, ἄλλο δὲ πρὸ αὐτοῦ οὐκ ἔστι πλὴν τοῦ ἑνός· πρὸ γὰρ τοῦ ἑνιαίου πλήϑους τί ἄλλο ἢ τὸ ἕν; πλῆϑος δὲ ἑνιαῖον τὸ ὄν, ὡς ἐκ πέρατος ὂν καὶ ἀπείρου· καὶ ὅλως πρὸ τῆς οὐσίας τὸ ὑπερούσιον ὄν·119 ἐπεὶ καὶ ἐν ταῖς εἰς τὰ

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ὄν :  D. konjiziert μόνον

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enden der Ordnung der Henaden entsprechend hervortritt, da sie sich der vorhergehenden Ordnung anähnelt, als auch, daß sich die allgemeineren Seienden natürlicherweise mit den allgemeineren Henaden, die besondereren Seienden jedoch mit den besondereren Henaden verbinden. Wäre dies nämlich nicht der Fall, ver­bünde sich wiederum Unähnliches mit Unähnlichem und könnte keine würdige Zuteilung stattfinden. Beides allerdings ist unmöglich, weil auch die übrigen Seienden ihr Eins und ihr eigenes Maß als Erleuchtung von dorther empfangen und das Eins und das Maß diese Seienden von jenen aus erreicht. Um so mehr muß also in jenen Seienden die Ordnung der Teilhabe walten, die nach Vermögen Ähnliches mit Ähnlichem verbindet. 137.  Jede Henade verleiht mit dem Einen zusammen dem an ihr teilhabenden Seienden das Bestehen.1 Denn das Eine ist so, wie es allen Seienden das Bestehen verleiht, auch Ursache der Henaden, an denen teilgenommen wird, und der Seienden, die von diesen Henaden abhängen. Eine Henade bringt jedoch das je mit ihr verbundene Seiende hervor, indem sie es erleuchtet. Hier schafft das Eine das Sein schlechthin, während die Henade, wo das Seiende gleichnatürlich ist, das Gleichnatürlichsein anbringt. Es ist also die Henade, die sich selbst gemäß das an ihr teilhabende Seiende bestimmt und in diesem ihre überseiende Eigenart in der Weise des Seins sichtbar macht. Dem Späteren kommt nämlich überall von dem aus, was zuerst ist, dasjenige Sein zu, das es ist.2 Welche nun auch immer die überseiende Eigenart einer Gottheit ist, sie gehört in der Weise des Seins auch dem an ihr teilnehmenden Seienden an. 138.  Von allen, die an der göttlichen Eigenart teilhaben und ver­göttlicht werden, ist das Seiende das erste und höchste.1 Denn ist das Seiende jenseits des Denkvermögens und des Lebens, wie schon gezeigt,2 weil dieses ja nach dem Einen das meiste verursacht, muß das Seiende das höchste sein. Es ist nämlich einer­seits einheitlicher und deshalb in jeder Hinsicht auch erhabener, anderseits gibt es vor ihm nichts außer dem Einen. Was kann es nämlich vor der einigen Vielheit anderes als das Eine geben? Das Seiende ist eine einige Vielheit, da es ja aus Grenze und Unendlichem ist; 3 und überhaupt ist vor dem Sein das Überseiende.

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II.  Die metaphysischen Bereiche

δεύτερα ἐλλάμψεσι μόνον τὸ ἓν ἐπέκεινα ϕϑάνει τοῦ ὄντος, τὸ δὲ ὂν εὐϑὺς μετὰ τὸ ἕν· τὸ γὰρ δυνάμει ὄν, οὔπω δὲ ὄν, ἕν ἐστι κατὰ τὴν αὐτοῦ120 ϕύσιν, καὶ τὸ μετὰ τοῦτο ἤδη ἐνεργείᾳ ὄν· καὶ ἐν ταῖς ἀρχαῖς ἄρα τοῦ ὄντος ἐπέκεινα εὐϑὺς τὸ μὴ ὂν ὡς κρεῖττον τοῦ ὄντος καὶ ἕν.

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139.  Πάντα τὰ μετέχοντα τῶν ϑείων ἑνάδων, ἀρχόμενα ἀπὸ

τοῦ ὄντος, εἰς τὴν σωματικὴν τελευτᾷ ϕύσιν. τὸ γὰρ πρῶτόν ἐστι τῶν μετεχόντων τὸ ὄν, ἔσχατον δὲ τὸ σῶμα, καὶ γὰρ σώματα ϑεῖα εἶναί ϕαμεν· πάντων γὰρ τῶν γενῶν τὰ ἀκρότατα τοῖς ϑεοῖς ἀνεῖται, σωμάτων, ψυχῶν, νόων, ἵνα ἐν πάσῃ τάξει τὰ τοῖς ϑεοῖς ἀναλογοῦντα συνεκτικὰ καὶ σωστικὰ τῶν δευτέρων ὑπάρχῃ καὶ ἕκαστος ἀριϑμὸς ὅλος ᾖ κατὰ τὸ ἐν τῷ μέρει ὅλον, ἔχων ἐν ἑαυτῷ πάντα καὶ πρὸ τῶν ἄλλων τὴν ϑείαν ἰδιότητα. ἔστιν οὖν καὶ σωματικῶς καὶ ψυ­χι­κῶς καὶ νοερῶς τὸ ϑεῖον γένος· καὶ δῆλον ὅτι πάντα ταῦτα ϑεῖα κατὰ μέϑεξιν· τὸ γὰρ πρώτως ϑεῖον ἐν ταῖς ἑνάσιν ὑϕέστηκε. τὰ ἄρα μετέχοντα τῶν ϑείων ἑνάδων ἄρχεται μὲν ἀπὸ τοῦ ὄντος, λήγει δὲ εἰς τὴν σωματικὴν ϕύσιν.

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140.  Πᾶσαι τῶν ϑείων

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αἱ δυνάμεις ἄνωϑεν ἀρχόμεναι καὶ διὰ τῶν οἰκείων προιοῦσαι μεσοτήτων μέχρι τῶν ἐσχάτων κα­ϑή­κουσι καὶ τῶν περὶ γῆν τόπων. οὔτε γὰρ ἐκείνας διείργει τι καὶ ἀποκωλύει τῆς εἰς πάντα παρ­ουσίας· οὐδὲν122 γὰρ δέονται τόπων καὶ διαστάσεων διὰ τὴν ἄσχετον πρὸς πάντα ὑπεροχὴν καὶ τὴν ἄμικτον πανταχοῦ παρουσίαν· οὔτε τὸ μετέχειν αὐτῶν ἐπιτήδειον κωλύεται τῆς μεϑ­­έξεως, ἀλλ' ἅμα τέ τι πρὸς τὴν μετουσίαν ἕτοιμον γί­­νε­ται κἀ­κεῖ­ναι πάρ­εισιν· οὔτε τότε παραγενόμεναι οὔτε πρό­­τε­ρον ἀποῦσαι, ἀλλ' ἀεὶ ὡσαύτως ἔχουσαι· ἐὰν οὖν τι τῶν περὶ γῆν ἐπιτήδειον ᾖ μετέχειν, καὶ τούτῳ πάρεισι· καὶ πάντα πε­πλη­ρώ­

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αὐτοῦ :  D. ἑαυτοῦ ϑείων :  D. ϑεῶν 122 οὐδὲν :  D. οὐδὲ 121

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Das verhält sich auch so, weil beim Erleuchten der Späteren nur das Eine über das Seiende hinausgeht und das Seiende gleich nach dem Einen ist. Denn was als Möglichkeit ist, jedoch noch nicht Seiendes ist, ist seiner Natur nach eins, und was nach diesem ist, ist bereits Seiendes als Tätigkeit.4 Es gibt folglich unter den Ursprüngen jenseits des Seienden gleich das Nichtseiende, das in dem Sinne nicht Seiendes ist, weil es stärker als das Sein und eins ist. 139.  Alles an den göttlichen Henaden Teilhabende fängt mit dem Seienden an und endet in der körperlichen Natur.1 Denn das erste der Teilhabenden ist das Seiende, das letzte der Körper, denn auch Körper sind, sagen wir, göttlich.2 Die Gipfel aller Klassen, bzw. der Körper, der Seelen und der Denk­ vermögen, ragen nämlich bis zu den Göttern hinauf, so daß in jeder Ordnung das den Göttern Analoge das Spätere in ­einem Kontinuum zusammenhält und bewahrt und jede Zahl ein Ganzes im Sinne eines Ganzen-in-dem-Teil ist,3 insofern diese Zahl nämlich alles in sich hat und vor den anderen die göttliche Eigenart hat. Die göttliche Klasse besteht also auch körperlich, seelisch und gedanklich. Zudem ist klar, daß all diese durch Teilhabe göttlich sind, denn das zuerst Göttliche hat sein Bestehen in den Henaden. Was an den göttlichen Henaden teilhat, fängt folglich mit dem Seienden an und geht in der körperlichen ­Natur zu Ende. 140.  Alle Vermögen des Göttlichen fangen von oben her an, treten durch geeignete Vermittelnde hervor und reichen bis zum Letzten, das heißt bis in den irdischen Bereich.1 Denn erstens gibt es nichts, das diese Vermögen getrennt hält und sie an ihrer Gegenwart bei allem hindert,2 denn diese benötigen wegen ihres unrelatierten Übermaßes und ihrer unvermischten Allgegenwart weder einen Ort noch eine Distanz. Zweitens wird das, was veranlagt ist, an diesen Vermögen teilzunehmen, nicht an der tatsächlichen Teilnahme gehindert, vielmehr sind, wenn etwas die Veranlagung teilzunehmen besitzt, zugleich auch diese Vermögen gegenwärtig, zwar nicht in der Art und Weise, daß sie genau dann dazukommen oder vorher nicht gegenwärtig sind, sondern so, daß sie immer in derselben Weise sind. Gibt es im Irdischen etwas, das veranlagt ist, teilzunehmen, dann sind

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II.  Die metaphysischen Bereiche

κασιν ἑαυτῶν· καὶ τοῖς μὲν ὑπερτέροις μει­ζό­νως πάρεισι, τοῖς δὲ μέσοις κατὰ τὴν αὐτῶν τάξιν, τοῖς δὲ ἐσχάτοις ἐσχάτως· ἄνωϑεν οὖν μέχρι τῶν τελευταίων ἐκτείνουσιν ἑαυτάς, ὅϑεν καὶ ἐν τούτοις εἰσὶ τῶν πρώτων ἐμ­ϕάσεις, καὶ συμπαϑῆ πάντα πᾶσιν, ἐν μὲν τοῖς πρώτοις τῶν δευτέρων προυπαρχόντων, ἐν δὲ τοῖς δευτέροις τῶν πρώτων ἐμ­ϕαινο­μένων· τριχῶς γὰρ ἦν ἕκαστον, ἢ κατ' αἰτίαν ἢ καϑ' ὕπ­αρξιν ἢ κατὰ μέϑεξιν.

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141.  Πᾶσα πρόνοια ϑεῶν123 ἡ μὲν ἐξῃρημένη τῶν προ­νοου­

μένων ἐστίν, ἡ δὲ συντεταγμένη. τὰ μὲν γὰρ κατὰ τὴν ὕπαρξιν καὶ τὴν τῆς τάξεως ἰδιότητα παντελῶς ὑπερήπλωται τῶν ἐλλαμπομένων· τὰ δὲ τῆς αὐτῆς ὄντα διακοσμήσεως προνοεῖ τῶν ὑϕειμένων τῆς αὐτῆς συ­ στοι­χίας, μιμούμενα καὶ ταῦτα τὴν τῶν ἐξῃρημένων ϑεῶν προνοητικὴν ἐνέργειαν καὶ πληροῦν ἐϕιέμενα τὰ δεύτερα τῶν ἀγαϑῶν, ὧν δύνανται.

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142.  Πᾶσι μὲν οἱ ϑεοὶ πάρεισιν ὡσαύτως, οὐ πάντα δὲ

ὡσαύτως τοῖς ϑεοῖς πάρεστιν, ἀλλ' ἕκαστα κατὰ τὴν αὐτῶν τάξιν τε καὶ δύναμιν μεταλαγχάνει τῆς ἐκείνων παρουσίας, τὰ μὲν ἑνοειδῶς, τὰ δὲ πεπληϑυσμένως, καὶ τὰ μὲν ἀιδίως, τὰ δὲ κατὰ χρόνον, καὶ τὰ μὲν ἀσωμάτως, τὰ δὲ σωματικῶς. ἀνάγκη γὰρ τὴν διάϕορον μέϑεξιν τῶν αὐτῶν ἢ παρὰ τὸ μετέχον γίνεσϑαι διάϕορον ἢ παρὰ τὸ μετεχόμενον. ἀλλὰ τὸ ϑεῖον πᾶν ἀεὶ τὴν αὐτὴν ἔχει τάξιν καὶ ἄσχετόν ἐστι πρὸς πάντα καὶ ἄμικτον. παρὰ τὸ μετέχον ἄρα124 λείπεται τὴν ἐξ­ αλλα­γὴν ὑϕίστασϑαι, καὶ τὸ οὐχ ὡσαύτως ἐν τούτοις εἶναι, καὶ ταῦτα ἄλλοτε ἄλλως καὶ ἄλλα ἄλλως παρεῖναι τοῖς ϑεοῖς, ὥστε πᾶσιν ἐκείνων ὡσαύτως παρόντων τὰ πάντα οὐχ ὡσ­αύ­

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ϑεῶν :  D. konjiziert ϑείων ἄρα λείπεται :  D. ἄρα μόνον λείπεται



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ihm auch diese Vermögen gegenwärtig. Sie haben auch alles mit sich erfüllt. Den Höheren sind sie so in höherem Grade gegen­ wärtig, den Mittleren dieser Stelle entsprechend und den Letzten letzterweise. Sie dehnen sich somit von oben her bis zu den Untersten aus, weshalb es auch in diesen die Abspiegelungen der Ersten gibt und alles mit allem gleichgestimmt ist, da die Späteren in den Ersten vorherbestehen und die Ersten sich in den Späteren abspiegeln. Denn es ergab sich schon, daß ein jedes auf drei Weisen ist, nämlich entweder der Ursache entsprechend oder als selbständiges Dasein oder der Teilhabe entsprechend. 141.  Alles Vorherdenken der Götter geht entweder über das Vorhergedachte hinaus oder besteht zusammen mit ihm in der­ selben Ordnung.1 Denn es gibt einerseits solche Vorhergedachten, die ihrem eigenen Dasein und der Eigenart ihrer Ordnung nach das von ihnen Erleuchtete in Einfachheit vollkommen überragen, ander­ seits aber auch solche, die derselben Anordnung angehören und das in dieser Zusammenreihung Ab­gestufte vorherdenken, indem auch sie die vorherdenkende Tätigkeit der über alles hinausgehenden Götter nachahmen und begehren, um das Spätere mit dem Guten, zu dem sie imstande sind, zu erfüllen. 142.  Allem sind die Götter in derselben Weise gegenwärtig, nicht alles jedoch ist in derselben Weise den Göttern gegenwär­ tig, sondern ein jedes nimmt seiner Stelle und seinem Vermö­ gen gemäß Anteil an der Gegenwart der Götter, das heißt das eine einsartig, das andere vervielfältigt, das eine immerwährend, das ­andere zeitlich und das eine unkörperlich, das andere kör­ perlich.1 Denn die unterschiedliche Teilhabe an den Göttern muß entweder einem Unterschied der Teilhabenden oder einem derjenigen, an denen teilgenommen wird, entsprechen. Alles Göttliche befindet sich jedoch immer an derselben Stelle und ist auf nichts bezogen und mit allem unvermischt. Es bleibt also, daß die Verschiedenheit beim Teilhabenden beruht und daß jenes »nicht in derselben Weise« in den Teilhabenden liegt und daß diese der Zeit nach und jede für sich anders den Göttern gegenwärtig sind, so daß die Götter zwar in derselben Weise allen Teilhabenden,

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II.  Die metaphysischen Bereiche

τως πάρεστιν ἐκείνοις, ἀλλ' ὡς ἕκαστα δύναται πάρ­εστι, καὶ ὡς πάρεστιν, οὕτως ἐκείνων ἀπολαύει· κατὰ γὰρ τὸ μέτρον τῆς τούτων παρουσίας ἡ μέϑεξις. 143.  Πάντα τὰ καταδεέστερα τῇ παρουσίᾳ τῶν ϑεῶν ὑπ­

εξίσταται, κἂν ἐπιτήδειον ᾖ τὸ μετέχον, πᾶν μὲν τὸ ἀλλότριον τοῦ ϑείου ϕωτὸς ἐκποδὼν γίνεται, καταλάμπεται δὲ πάντα ἀϑρόως ὑπὸ τῶν ϑεῶν. ἀεὶ μὲν γὰρ τὰ ϑεῖα περιληπτικώτερα καὶ δυνατώτερα τῶν ἀπ' αὐτῶν προελϑόντων ἐστίν, ἡ δὲ τῶν μετεχόντων ἀν­επι­τη­ δειό­της τῆς ἐλλείψεως τοῦ ϑείου ϕωτὸς αἰτία γίνεται· ἀμυδροῖ γὰρ κἀκεῖνο τῇ ἑαυτῆς ἀσϑενείᾳ· ἐκείνου δὲ ἀμυδρουμένου ἄλλο τι δοκεῖ τὴν ἐπικράτειαν μεταλαμβάνειν, οὐ κατὰ τὴν αὐτοῦ δύναμιν, ἀλλὰ κατὰ τὴν τοῦ μετέχοντος ἀδυναμίαν κατ­ εξανίστασϑαι δοκοῦν τοῦ ϑείου τῆς ἐλλάμψεως εἴδους.

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144.  Πάντα τὰ ὄντα καὶ πᾶσαι τῶν ὄντων αἱ διακοσμήσεις

ἐπὶ τοσοῦτον προεληλύϑασιν, ἐϕ' ὅσον καὶ αἱ τῶν ϑεῶν δια­ τάξεις. καὶ γὰρ ἑαυτοῖς οἱ ϑεοὶ τὰ ὄντα συμπαρήγαγον, καὶ οὐδὲν οἷόν τε ἦν ὑποστῆναι καὶ μέτρου καὶ τάξεως τυχεῖν ἔξω τῶν ϑεῶν· καὶ γὰρ τελειοῦνται πάντα κατὰ τὴν αὐτῶν δύναμιν, καὶ τάττεται καὶ μετρεῖται παρὰ τῶν ϑεῶν. καὶ πρὸ τῶν ἐσ­ χάτων οὖν ἐν τοῖς οὖσι γενῶν προυπάρχουσιν οἱ καὶ ταῦτα κοσμοῦντες ϑεοὶ καὶ διδόντες καὶ τούτοις ζωὴν καὶ εἰδοποιίαν καὶ τελειότητα καὶ ἐπιστρέϕοντες καὶ ταῦτα πρὸς τὸ ἀγαϑόν· καὶ πρὸ τῶν μέσων ὡσαύτως καὶ πρὸ τῶν πρώτων. καὶ πάντα ἐνδέδεται καὶ ἐνερρίζωται τοῖς ϑεοῖς καὶ σώζεται διὰ ταύτην τὴν αἰτίαν· ἀποστὰν δέ τι τῶν ϑεῶν καὶ ἔρημον γενόμενον παντελῶς εἰς τὸ μὴ ὂν ὑπεξίσταται καὶ ἀϕανίζεται, τῶν συν­ εχόντων αὐτὸ πάντῃ στερούμενον.

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nicht alle Teilhabenden jedoch in derselben Weise den Göttern gegenwärtig sind: Vielmehr ist jedes Teilhabende, sofern es das vermag, den Göttern gegenwärtig, und insofern es ihnen gegenwärtig ist, genießt es die Götter; seine Teilhabe entspricht nämlich dem Maße der Gegenwart der Götter. 143.  Alles Mangelhaftere weicht der Gegenwart der Götter, und wenn das Teilhabende dazu veranlagt ist, dann tritt alles dem göttlichen Licht Fremde diesem aus dem Weg und wird alles zugleich von den Göttern erleuchtet.1 Denn immer umfaßt das Göttliche mehr und ist es mächti­ger als das, was aus ihm hervorgetreten ist, während es die Ungeeignetheit des Teilhabenden ist, die den Mangel des göttlichen Lichts verursacht, denn sie verdunkelt durch ihre eigene Schwäche das Licht. Wenn jenes Licht allerdings verdunkelt wird, scheint etwas anderes die Übermacht zu gewinnen, nicht kraft seines Vermögens, sondern indem es sich kraft des Unvermögens des Teilhabenden der göttlichen Form der Erleuchtung zu widersetzen scheint. 144.  Alle Seienden und alle Anordnungen der Seienden sind so weit hervorgetreten wie die Ordnungen der Götter.1 Denn zusammen mit sich selbst haben die Götter die Seienden hervorgebracht, und es ergab sich, daß unabhängig von den Göttern nichts bestehen und sein Maß und seine Ordnungsstelle finden könnte. Alles wird nämlich seinem Vermögen gemäß vervollkommnet und erhält seine Ordnungsstelle und sein Maß von den Göttern. Auch vor den letzten Klassen der Seienden sind also die Götter da, indem sie auch diese Klassen noch ordnen, auch ihnen noch Leben, Formung und Vollkommenheit spenden und auch sie noch auf das Gute hinwenden. Vor den mittleren und den ersten Klassen sind die Götter in der gleichen Weise da. Alles ist in den Göttern gebunden und wurzelt in ihnen; 2 und dies ist die Ursache, daß es erhalten wird. Wenn etwas von den Göttern absteht und vollkommen vereinzelt ist, weicht es ins Nichtsein und verschwindet, da es in jeder Hinsicht derjenigen beraubt ist, die es zusammenhalten.

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II.  Die metaphysischen Bereiche

145.  Πάσης ϑείας τάξεως ἰδιότης125 διὰ πάντων ϕοιτᾷ τῶν

δευτέρων, καὶ δίδωσιν ἑαυτὴν ἅπασι τοῖς καταδεεστέροις γέ­ νεσιν. εἰ γὰρ ἄχρι τοσούτου τὰ ὄντα πρόεισιν, ἕως οὗ καὶ τῶν ϑεῶν οἱ διάκοσμοι προεληλύϑασιν, ἐν ἑκάστοις γένεσίν ἐστιν ἡ τῶν ϑείων δυνάμεων ἰδιότης ἄνωϑεν ἐλλαμπομένη· κομίζεται γὰρ ἕκαστον ἀπὸ τῆς οἰκείας προσεχοῦς αἰτίας τὴν ἰδιότητα, καϑ' ἣν ἐκείνη τὴν ὑπόστασιν ἔλαχε. λέγω δὲ οἷον εἴ τις ἔστι ϑεότης καϑαρτική, καὶ ἐν ψυχαῖς ἔστι κάϑαρσις καὶ ἐν ζώοις καὶ ἐν ϕυτοῖς καὶ ἐν λίϑοις· καὶ εἴ τις ϕρουρητική ὡσαύτως, καὶ εἴ τις ἐπιστρεπτική καὶ εἴ τις126 τελεσιουργός, καὶ εἰ ζωοποιός ὁμοίως. καὶ ὁ μὲν λίϑος μετέχει τῆς καϑαρτικῆς δυνάμεως σωματικῶς μόνον, τὸ δὲ ϕυτὸν ἔτι τρανέστερον κατὰ τὴν ζωήν, τὸ δὲ ζῶον ἔχει καὶ κατὰ τὴν ὁρμὴν τὸ εἶδος τοῦτο, ψυχὴ δὲ λογικὴ λογικῶς, νοῦς δὲ νοερῶς, οἱ δὲ ϑεοὶ ὑπερουσίως καὶ ἑνιαίως· καὶ πᾶσα ἡ σειρὰ τὴν αὐτὴν ἔχει δύναμιν ἀπὸ μιᾶς τῆς ϑείας αἰτίας. καὶ ἐπὶ τῶν λοιπῶν ὁ αὐτὸς λόγος· πάντα γὰρ ἐξῆπται τῶν ϑεῶν, καὶ τὰ μὲν ἐξ ἄλλων, τὰ δὲ ἐξ ἄλλων προλάμπεται· καὶ αἱ σειραὶ μέχρι τῶν ἐσχάτων καϑήκουσι· καὶ τὰ μὲν ἀμέσως, τὰ δὲ διὰ μέσων πλειόνων ἢ ἐλαττόνων εἰς ἐκείνους ἀνήρτη­ ται. μεστὰ δὲ πάντα ϑεῶν, καὶ ὃ ἕκαστον ἔχει κατὰ ϕύσιν, ἐκεῖϑεν ἔχει. 146.  Πασῶν τῶν ϑείων προόδων τὰ τέλη πρὸς τὰς ἑαυτῶν

ἀρχὰς ὁμοιοῦται, κύκλον ἄναρχον καὶ ἀτελεύτητον σώζοντα διὰ τῆς πρὸς τὰς ἀρχὰς ἐπιστροϕῆς. εἰ γὰρ καὶ ἕκαστον τῶν προελϑόντων ἐπιστρέϕεται πρὸς τὴν οἰκείαν ἀρχήν ἀϕ' ἧς προελήλυϑε, πολλῷ δήπου μᾶλλον αἱ ὅλαι τάξεις, ἀπὸ τῆς ἑαυτῶν ἀκρότητος προελϑοῦσαι, πάλιν ἐπι­στρέϕονται πρὸς ἐκείνην. ἡ δὲ ἐπιστροϕὴ τοῦ τέλους εἰς τὴν ἀρχὴν μίαν ἀπεργάζεται πᾶσαν καὶ ὡρισμένην καὶ εἰς ἑαυ­

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ἰδιότης :  D. schreibt 〈ἡ〉 ἰδιότης εἴ τις :  D. εἰ

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145.  Jeder göttlichen Ordnung Eigenart breitet sich durch ­alles Spätere hindurch aus und schenkt sich selbst allen schwä­ cheren Klassen.1 Denn treten die Seienden bis dorthin hervor, bis wohin auch die Anordnungen der Götter hervorgetreten sind, dann gibt es in jeder Klasse die Eigenart der göttlichen Vermögen, die als Er­ leuchtung von oben kommt. Jede Klasse erwirbt nämlich von ihrer angrenzenden Ursache die Eigenart, der gemäß diese Ursache das Bestehen hat. Ich meine folgendes: Wenn es etwa eine reinigende Gottheit gibt, dann gibt es auch in den Seelen Reinigung, wie auch in Lebewesen, Pflanzen und Steinen; ebenso, wenn es eine schützende Gottheit gibt, und wenn es eine hinzuwendende und eine vervollkommnende Gottheit gibt; wenn es eine lebendmachende gibt, auf dieselbe Weise. Der Stein hat dann nur körperlich an diesem reinigenden Vermögen teil, die Pflanze schon deutlicher ihrem Leben nach, das Lebewesen hat diese Form auch seinem Trieb nach, die vernünftige Seele vernünftigerweise, das Denkvermögen gedanklicherweise und die Götter in überseiender und einiger Weise. Und die ganze Reihe hat dasselbe Vermögen von der einen göttlichen Ursache her.2 Dasselbe Argument gilt in den anderen Fällen.3 Alles hängt nämlich von den Göttern ab, jedes jedoch wird von einem anderen Gott von oben erleuchtet, und die Reihen dehnen sich bis zum Letzten aus. Manches ist unmittelbar mit den Göttern verknüpft, anderes durch mehr oder weniger Vermittler. »Alles ist von Göttern erfüllt«, und das, was ein jedes seiner eigenen Natur nach besitzt, hat es von dorther.4 146.  Von jedem göttlichen Hervortreten macht sich das Ende dem Anfang ähnlich, so daß es durch diese Hinwendung zum Anfang einen anfangslosen und endlosen Kreis bewahrt.1 Denn wendet sich jedes Hervorgetretene auch auf seinen ursprünglichen Anfang hin, von dem aus es hervorgetreten ist, muß sich doch erst recht jede Ordnung als Ganze, die aus dem eigenen Gipfel hervorgetreten ist, wieder diesem hinwenden. Die Hinwendung des Endes zum Anfang macht das ganze Hervortreten eins, bestimmt es und zieht es in sich selbst zusammen,

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II.  Die metaphysischen Bereiche

τὴν συν­νεύουσαν καὶ ἐν τῷ πλήϑει τὸ ἑνοειδὲς ἐπι­δεικ­νυ­μένην διὰ τῆς συννεύσεως. 147.  Πάντων τῶν ϑείων διακόσμων τὰ ἀκρότατα τοῖς πέρ­

ασιν ὁμοιοῦται τῶν ὑπερκειμένων. εἰ γὰρ δεῖ συνέχειαν εἶναι τῆς ϑείας προόδου καὶ ταῖς οἰ­κείαις ἑκάστην τάξιν συνδεδέσϑαι μεσότησιν, ἀνάγκη τὰς ἀκρό­τη­τας τῶν δευτέρων συνάπτειν ταῖς ἀποπερατώσεσι τῶν πρώτων· ἡ δὲ συναϕὴ δι' ὁμοιότητος. ὁμοιότης ἄρα ἔσται τῶν ἀρχῶν τῆς ὑϕειμένης τάξεως πρὸς τὰ τέλη τῆς ὑπερ­ ιδρυ­μένης.

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148.  Πᾶσα ϑεία τάξις ἑαυτῇ συνήνωται τριχῶς, ἀπό τε

τῆς ἀκρότητος τῆς ἐν αὐτῇ καὶ ἀπὸ τῆς μεσότητος καὶ ἀπὸ τοῦ τέλους. ἡ μὲν γάρ, ἑνικωτάτην ἔχουσα δύναμιν, εἰς πᾶσαν αὐτὴν διαπέμπει τὴν ἕνωσιν καὶ ἑνοῖ πᾶσαν ἄνωϑεν, μένουσα ἐϕ' ἑαυτῆς. ἡ δὲ μεσότης, ἐπ' ἄμϕω τὰ ἄκρα διατείνουσα, συνδεῖ πᾶσαν περὶ ἑαυτήν, τῶν μὲν πρώτων διαπορϑμεύουσα τὰς δόσεις, τῶν δὲ τελευταίων ἀνατείνουσα τὰς δυνάμεις, καὶ πᾶσι κοινωνίαν ἐντιϑεῖσα καὶ σύνδεσιν πρὸς ἄλληλα· μία γὰρ οὕτως ἡ ὅλη γίνεται διάταξις ἔκ τε τῶν πληρούντων καὶ τῶν πληρουμένων, ὥσπερ εἴς τι κέντρον εἰς τὴν μεσότητα συν­ νευόντων. ἡ δὲ ἀποπεράτωσις, ἐπιστρέϕουσα πάλιν εἰς τὴν ἀρχὴν καὶ τὰς προελϑούσας ἐπανάγουσα δυνάμεις, ὁμοιότητα καὶ σύννευσιν τῇ ὅλῃ τάξει παρέχεται. καὶ οὕτως ὁ σύμπας διάκοσμος εἷς ἐστι διὰ τῆς ἑνοποιοῦ τῶν πρώτων δυνάμεως, διὰ127 τῆς ἐν τῇ μεσότητι συνοχῆς, διὰ128 τῆς τοῦ τέλους εἰς τὴν ἀρχὴν τῶν προόδων ἐπιστροϕῆς.

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διὰ :  D. konjiziert 〈καὶ〉 διὰ διὰ :  D. καὶ διὰ



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so daß es in seiner Vielheit das Einsartige vermittelst dieser Konvergenz sichtbar macht.2 147.  Aller göttlichen Anordnungen Gipfel machen sich den Grenzen der überliegenden Anordnungen ähnlich.1 Denn soll es eine Kontinuität des göttlichen Hervortretens geben und soll jede Ordnung durch geeignete Vermittler zusammengebunden sein, dann ist es notwendig, daß sich die Gipfel der späteren Anordnungen mit den untersten Grenzen der ersten Anordnungen verknüpfen. Diese Verknüpfung kommt durch Ähnlichkeit zustande. Es muß folglich eine Ähnlichkeit der Anfänge der unteren Ordnung mit den Enden der überliegenden Ordnung geben. 148.  Jede göttliche Ordnung ist auf dreierlei Weise mit sich selbst vereint, nämlich von ihrem Gipfel, von ihrer Mitte und von ihrem Ende her.1 Denn erstens breitet der Gipfel der Ordnung, dessen Vermögen am einheitlichsten ist, die Vereinung durch die ganze Ordnung aus und vereint er die ganze Ordnung von oben her, indem er für sich bleibt. Zweitens bindet die Mitte, die sich auf die beiden Äußersten ausstreckt, die ganze Ordnung dadurch um sich zusammen, daß sie die Gaben der Ersten der Ordnung übermittelt2 und die Vermögen der Letzten aufwärts wendet und so in alle Gemeinsamkeit und gegenseitige Verbindung hineinbringt. Denn so wird die ganze Ordnung von Erfüllenden und Erfülltwerdenden, die auf die Mitte wie auf einen Kreismittelpunkt hin konvergieren, eine Einheit. Drittens bringt die unterste Begrenzung, die sich wieder auf den Anfang hinwendet und die hervorgetretenen Vermögen wieder aufwärts führt, eine Ähnlichkeit und Konvergenz der ganzen Ordnung zustande. So ist dann die gesamte Anordnung eins durch das eins­ machende Vermögen der ersten der Ordnung, durch die kontinuierliche Zusammenhaltung in der Mitte und durch die Hinwendung des Endes zum Anfang des Hervortretens.

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II.  Die metaphysischen Bereiche

149.  Πᾶν τὸ πλῆϑος τῶν ϑείων ἑνάδων πεπερασμένον ἐστὶ

κατὰ ἀριϑμόν. εἰ γὰρ ἐγγυτάτω τοῦ ἑνός ἐστιν, οὐκ ἄπειρον ὑπάρχει·129 οὐ γὰρ συμϕυὲς τῷ ἑνὶ τὸ ἄπειρον, ἀλλὰ ἀλλότριον· εἰ γὰρ καὶ τὸ πλῆϑος καϑ' αὑτὸ ἀϕίσταται τοῦ ἑνός, τὸ ἄπειρον πλῆϑος δῆλον ὡς παντελῶς ἔρημον ἐκείνου· διὸ καὶ ἀδύναμον καὶ ἀδρανές. οὐκ ἄρα ἄπειρον τὸ τῶν ϑεῶν πλῆϑος. ἑνοειδὲς ἄρα καὶ πεπερασμένον, καὶ παντὸς ἄλλου πλήϑους μᾶλλον πε­πε­ρασμένον· παντὸς γὰρ ἄλλου πλήϑους μᾶλλον τῷ ἑνὶ συγ­γενές. εἰ μὲν οὖν ἡ ἀρχὴ πλῆϑος, ἔδει τὸ ἐγγυτέρω τῆς ἀρχῆς τοῦ πορρώτερον μᾶλλον εἶναι πλῆϑος· ὁμοιότερον γὰρ τὸ ἐγ­γύτερον· ἐπεὶ δὲ ἕν ἐστι τὸ πρῶτον, τὸ ἐκείνῳ συναϕὲς πλῆ­ϑος ἧττον πλῆϑος τοῦ πορρώτερον· τὸ δὲ ἄπειρον οὐχ ἧττον πλῆϑος, ἀλλὰ μάλιστα πλῆϑος.

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150.  Πᾶν τὸ προιὸν ἐν ταῖς ϑείαις τάξεσι πάσας ὑπο­δέ­

χεσϑαι τὰς τοῦ παράγοντος δυνάμεις οὐ πέϕυκεν, οὐδὲ ὅλως τὰ δεύτερα πάσας τὰς τῶν πρὸ αὐτῶν, ἀλλ' ἔχει τινὰς ἐκεῖνα τῶν καταδεεστέρων ἐξῃρημένας δυνάμεις καὶ ἀπεριλήπτους τοῖς μετ' αὐτά. εἰ γὰρ αἱ τῶν ϑεῶν ἰδιότητες διαϕέρουσιν, αἱ μὲν τῶν ὑϕει­μένων ἐν τοῖς ὑπερτέροις προυπάρχουσιν, αἱ δὲ τῶν ὑπερτέ­ ρων, ὁλικωτέρων ὄντων, ἐν τοῖς ὑϕειμένοις οὔκ εἰσιν, ἀλλὰ τὰς μὲν ἐνδίδωσι τὰ κρείττονα τοῖς ἀπ' αὐτῶν παρα­γο­μένοις, τὰς δὲ ἐν αὐτοῖς προείληϕεν ἐξῃρημένως· δέ­δεικται γὰρ ὅτι ὁλικώτεροι μέν εἰσιν οἱ ἐγγυτέρω τοῦ ἑνός, μερικώτεροι δὲ οἱ πορρώτερον· οἱ δὲ ὁλικώτεροι τῶν με­ρι­κω­τέρων περι­ληπτι­ κω­τέ­ρας ἔχουσι δυνάμεις. οὐκ ἄρα τὴν ἐκείνων δύναμιν οἱ δευτέραν ἔχοντες τάξιν καὶ μερικωτέραν περι­λή­ψονται. ἔστιν ἄρα ἐν τοῖς ὑπερτέροις ἀπερίληπτόν τι καὶ ἀπερίγραϕον τοῖς ὑϕειμένοις. καὶ γὰρ ἄπειρον ἕκαστον τῶν ϑείων ὄντως130 οὔτε ἑαυτῷ δέδεικται ὂν οὔτε τοῖς ὑπὲρ αὐτὸ πολλῷ πρότερον, ἀλλὰ τοῖς

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ἄπειρον ὑπάρχει :  D. ἂν ἄπειρον ὑπάρχει ὄντως :  D. οὕτως

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149.  Die ganze Vielheit der göttlichen Henaden ist der Zahl nach begrenzt.1 Denn ist diese Vielheit dem Einen am nächsten, dann ist sie nicht unbegrenzt. Das Unbegrenzte ist nämlich dem Einen nicht gleichnatürlich, sondern vielmehr fremd. Ist nämlich die Vielheit an sich selbst von dem Einen entfernt, dann ist klar, daß die unbegrenzte Vielheit vollkommen leer von diesem Einen ist; deshalb ist sie auch unvermögend und unfähig. Folglich ist die Vielheit der Götter nicht unbegrenzt.2 Sie ist folglich einsartig und begrenzt, und zwar begrenzter als jede andere Vielheit. Sie ist dem Einen nämlich verwandter als jede andere Vielheit. Wäre nun der Ursprung Vielheit, müßte das, was dem Einen näher ist, mehr Vielheit als das sein, was dem Ursprung ferner ist. Denn das, was irgendeinem näher ist, ist diesem auch ähnlicher. Weil jedoch das Erste eins ist, ist die hiermit verbundene Vielheit weniger Vielheit als die ihm fernere Vielheit; das Unbegrenzte ist deshalb nicht weniger Vielheit, sondern am meisten Vielheit. 150.  Allem, das in den göttlichen Ordnungen hervortritt, liegt es nicht in der Natur, alle Vermögen des Hervorbringenden auf­ zunehmen, wie es überhaupt nicht in der Natur des Späteren liegt, alle Vermögen des Vorhergehenden aufzunehmen; vielmehr be­ sitzt das Vorhergehende gewisse Vermögen, die über das Schwä­ chere hinausgehen und für das Folgende unfaßbar sind.1 Denn sind die Eigenarten der Götter verschieden, dann bestehen die der niederen Götter in den höheren vorher, während die der höheren Götter, die ja allgemeiner sind, nicht in den niederen sind. Vielmehr gewährt das Stärkere dem von ihm Hervorgebrachten manche Eigenschaften, während es andere übersteigenderweise in sich vorherumfaßt. Daß nämlich die dem Einen näheren Götter allgemeiner und die ihm ferneren besonderer sind, wurde schon gezeigt.2 Die Vermögen der allgemeineren Götter sind allerdings umfassender als die der besondereren Götter. Folglich werden Götter, die eine spätere und besonderere Stelle in der Ordnung haben, nicht das Vermögen jener allgemeineren Götter besitzen. In den höheren Göttern gibt es folglich etwas, das für die niederen Götter unfaßbar und unumschreibbar ist. Dies gilt auch, weil von einem jeden Göttlichen gezeigt wurde, daß es nicht für sich selbst und noch viel weniger für das, was

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II.  Die metaphysischen Bereiche

μεϑ' ἑαυτὸ πᾶσιν· ἡ δὲ ἀπειρία κατὰ τὴν δύναμιν ἐν ἐκείνοις· τὸ δὲ ἄπειρον ἀπερίληπτον, οἷς ἐστιν ἄπειρον. οὐκ ἄρα πασῶν μετέχει τῶν δυνάμεων τὰ καταδεέστερα, ὧν ἐν ἑαυτοῖς τὰ κρείττονα προείληϕεν· ἦν γὰρ ἂν ἐκεῖνα περιληπτὰ τοῖς δευ­ τέροις, ὥσπερ δὴ καὶ αὐτοῖς τὰ δεύτερα. οὔτε οὖν πάσας ἔχει ταῦτα τὰς ἐκείνων, διὰ τὸ μερικώτερον· οὔτε ἃς ἔχει, τὸν αὐτὸν ἐκείνοις ἔχει τρόπον, διὰ τὴν ἀπειρίαν τὴν ἐκείνας131 ὑπερ­ϕέρειν τῶν καταδεεστέρων ποιοῦσαν. 151.  Πᾶν τὸ πατρικὸν ἐν τοῖς ϑεοῖς πρωτουργόν ἐστι καὶ

ἐν τἀγαϑοῦ τάξει προιστάμενον κατὰ πάσας τὰς ϑείας δια­ κοσμήσεις. τὰς γὰρ ὑπάρξεις τῶν δευτέρων καὶ τὰς δυνάμεις ὅλας καὶ τὰς οὐσίας αὐτὸ παράγει κατὰ μίαν ἄρρητον ὑπεροχήν· διὸ καὶ πατρικὸν ἐπονομάζεται, τὴν ἡνωμένην καὶ ἀγαϑοειδῆ τοῦ ἑνὸς δύναμιν ἐμϕαῖνον καὶ τὴν ὑποστατικὴν τῶν δευτέρων αἰτίαν. καὶ καϑ' ἑκάστην τῶν ϑεῶν τάξιν τὸ πατρικὸν ἡγεῖ­ ται γένος, παράγον ἀϕ' ἑαυτοῦ πάντα καὶ κοσμοῦν, ἅτε τῷ ἀγαϑῷ τε­ταγμένον ἀνάλογον. καὶ πατέρες οἱ μὲν ὁλικώτεροι, οἱ δὲ μερι­κώ­τε­ροι, καϑάπερ καὶ αὐταὶ τῶν ϑεῶν αἱ τάξεις τῷ ὁλι­κω­τέρῳ καὶ μερικωτέρῳ διαϕέρουσι κατὰ τὸν τῆς αἰτίας λόγον. ὅσαι οὖν αἱ ὅλαι τῶν ϑεῶν πρόοδοι, τοσαῦται καὶ αἱ τῶν πατέρων διαϕορότητες· εἰ γὰρ ἔστι τι κατὰ πᾶσαν τά­ ξιν ἀνά­λογον τἀγαϑῷ, δεῖ τὸ πατρικὸν ἐν πάσαις εἶναι, καὶ προιέναι ἀπὸ τῆς πατρικῆς ἑνώσεως ἑκάστην.

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ἐκείνας :  D. ἐκεῖνα



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über ihm ist, wirklich unendlich ist, sondern für alles Dar­auffol­ gende.3 Die Unendlichkeit des Göttlichen allerdings ist Unendlichkeit dem Vermögen nach. Und das, was unendlich ist, ist für das, wofür es unendlich ist, unfaßbar. Folglich hat das Schwächere nicht an all denjenigen Vermögen teil, die das Stärkere in sich vorherumfaßt, denn sonst würde das Stärkere für das ­Spätere genau so faßbar sein, wie ja das Spätere für das Stärkere faßbar ist. Dies Spätere besitzt dadurch, daß es besonderer ist, also nicht alle Vermögen des Stärkeren, die Vermögen jedoch, die es besitzt, besitzt es nicht in derselben Weise wie das Stärkere, und zwar wegen der Unendlichkeit, die die Vermögen des Stärkeren über das Schwächere erhebt.4 151.  Alles Väterliche in den Göttern ist zuerst tätig und be­ steht in allen göttlichen Anordnungen als erstes und an der Stelle des Guten.1 Denn es bringt in seinem einen unaussprechlichen Ü ­ bermaß das Dasein des Späteren, die ganzen Vermögen und das Wesen dieses Späteren hervor. Deshalb auch wird es väterlich genannt, da es ein vereintes und gutheitliches Vermögen und eine be­ stehen­verleihende Ursächlichkeit hinsichtlich des Späteren zeigt. Auch geht in jeder Ordnung der Götter die väterliche Klasse voran, die alles aus sich selbst hervorbringt und ordnet, indem ihre Stelle in der Ordnung der des Guten entspricht. Väter sind ferner allgemeiner oder besonderer, wie sich ja auch die Ordnungen der Götter unterscheiden, insofern diese Ordnungen nämlich hinsichtlich ihrer Ursächlichkeit allgemeiner oder be­ son­derer sind. Die Väter sind also auf genau so viele Weisen von­einander unterschieden, wie die Götter in verschiedenen Ganzen hervortreten. Gibt es nämlich in jeder Ordnung etwas dem ­Guten Analoges, dann muß es in allen Ordnungen etwas Väterliches geben und muß jede Ordnung aus der väterlichen Ver­ einung hervortreten.

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II.  Die metaphysischen Bereiche

152.  Πᾶν τὸ γεννητικὸν τῶν ϑεῶν κατὰ τὴν ἀπειρίαν τῆς

ϑείας δυνάμεως πρόεισι, πολλαπλασιάζον ἑαυτὸ καὶ διὰ πάν­ των χωροῦν, καὶ τὸ ἀνέκλειπτον ἐν ταῖς τῶν δευτέρων προ­ όδοις διαϕερόντως ἐπιδεικνύμενον. τὸ γὰρ πληϑύνειν τὰ προιόντα καὶ ἀπὸ τῆς ἐν ταῖς αἰτίαις κρυϕίας περιοχῆς προάγειν εἰς ἀπογεννήσεις τίνος ἐξαίρετόν ἐστιν ἢ τῆς ἀπείρου τῶν ϑεῶν δυνάμεως, δι' ἣν πάντα γο­ νίμων ἀγαϑῶν πεπλήρωται τὰ ϑεῖα, παντὸς τοῦ πλήρους ἄλλα132 ἀϕ' ἑαυτοῦ παράγοντος κατὰ τὴν ὑπερπλήρη δύναμιν; γεννητικῆς οὖν ϑεότητος ἴδιον ἡ τῆς δυνάμεως ἐπικράτεια, πολλαπλασιάζουσα τὰς τῶν γεννωμένων δυνάμεις καὶ γο­νί­ μους ἀπεργαζομένη καὶ ἀνεγείρουσα πρὸς τὸ γεννᾶν ἄλλα καὶ ὑϕιστάνειν· εἰ γὰρ ἕκαστον τῆς οἰκείας ἰδιότητος ἣν ἔχει πρώτως, τοῖς ἄλλοις μεταδίδωσι, πᾶν δήπου τὸ γόνιμον καὶ τοῖς μεϑ' ἑαυτὸ τὴν γόνιμον ἐνδίδωσι πρόοδον καὶ τὴν ἀπειρ­ ίαν ἐνεικονίζεται τὴν τῶν ὅλων ἀρχέγονον, ἀϕ' ἧς πᾶσα γεν­ νητικὴ προῆλϑε δύναμις, τὰς ἀεννάους τῶν ϑείων προόδους ἐξῃρημένως ἀπορρέουσα. 153.  Πᾶν τὸ τέλειον ἐν τοῖς ϑεοῖς τῆς ϑείας ἐστὶ τε­λειό­

τητος αἴτιον. ὡς γὰρ ἄλλαι τῶν ὄντων εἰσὶν ὑποστάσεις, ἄλλαι τῶν ὑπερ­ ουσίων, οὕτω δὴ καὶ τελειότητες ἄλλαι μὲν αἱ τῶν ϑεῶν αὐ­ τῶν κατὰ τὴν ὕπαρξιν, ἄλλαι δὲ αἱ τῶν ὄντων δεύτεραι μετ' ἐκείνας· καὶ αἱ μὲν αὐτοτελεῖς καὶ πρωτουργοί, διότι καὶ τὸ ἀγαϑὸν ἐν ἐκείνοις πρώτως, αἱ δὲ κατὰ μέϑεξιν ἔχουσαι τὸ τέλειον. ἄλλη μὲν οὖν διὰ ταῦτα ἡ τῶν ϑεῶν τελειότης καὶ ἄλλη τῶν ἐκϑεουμένων· τὸ δὲ ἐν τοῖς ϑεοῖς πρώτως τέλειον οὐ μόνον τοῖς ἐκϑεουμένοις τῆς τελειότητος αἴτιον, ἀλλὰ καὶ τοῖς ϑεοῖς αὐτοῖς· εἰ γάρ, ᾗ τέλειον, ἕκαστον ἐπέστραπται πρὸς τὴν οἰκείαν ἀρχήν, τὸ πάσης τῆς ϑείας ἐπιστροϕῆς αἴτιον τελεσιουργόν ἐστι τοῦ τῶν ϑεῶν γένους.

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ἄλλα :  D. ἄλλ’

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152.  Alles Erzeugende der Götter tritt gemäß der Unendlich­ keit des göttlichen Vermögens hervor, wobei es sich selbst verviel­ fältigt und sich durch alles hindurch ausbreitet und vor allem in dem Hervortreten des Späteren seine Unerschöpflichkeit zeigt.1 Denn wem sonst gehört die Eigenschaft, das Hervortretende zu vervielfältigen und aus der in den Ursachen verborgenen Um­fassung hervorzubringen und zu erzeugen, wenn nicht dem unendlichen Vermögen der Götter, durch das alles Göttliche von zeugungsfähigen Gütern erfüllt ist, wobei alles, was erfüllt ist, aus sich und gemäß seinem übervollen Vermögen anderes hervorbringt? Es ist also der erzeugenden Gottheit eigen, ihr Vermögen zu verwalten, indem sie die Vermögen derjenigen vervielfältigt, die erzeugt werden, und diese Vermögen zeugungsfähig macht und dazu anregt, selbst anderes zu erzeugen und an­derem das Bestehen zu verleihen. Teilt nämlich jedes anderem die Eigenart mit, die es selbst zuerst besitzt, dann muß alles Zeugungsfähige auch den Darauffolgenden ein zeugungsfähiges Hervortreten spenden und so die Unendlichkeit abbilden, die die ursprüngliche Erzeugerin des Ganzen ist und aus der das ganze erzeugende Vermögen hervorgetreten ist, das übersteigenderweise das immer fließende Hervortreten des Göttlichen quellen läßt. 153.  Alles Vollkommene in den Göttern ist Ursache der gött­ lichen Vollkommenheit.1 Denn so, wie das Bestehen der Seienden ein anderes ist als das der Überseienden, so ist auch die Vollkommenheit der Götter selbst hinsichtlich ihres Daseins anders als die spätere und nachherige Vollkommenheit der Seienden. Hierbei ist die eine Vollkommenheit freilich selbstvollkommen und zuerst tätig,2 da bei den Göttern auch das Gute zuerst ist, die andere besitzt dagegen ihre Vervollkommnung durch Teilhabe. Hierdurch ist also erstens die Vollkommenheit der Götter eine andere als die der Vergöttlichten und ist zweitens die zuerst in den Göttern be­ stehende Vervollkommnung nicht nur den Vergöttlichten, sondern auch den Göttern selbst Ursache ihrer Vollkommenheit. Denn ist jedes, sofern es vollkommen ist, auf seinen Ursprung hingewendet, dann muß das, was jede göttliche Hinwendung verursacht, die Klasse der Götter vervollkommnen.

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II.  Die metaphysischen Bereiche

154.  Πᾶν τὸ ϕρουρητικὸν ἐν τοῖς ϑεοῖς ἕκαστον ἐν τῇ οἰκείᾳ

τάξει διαϕυλάττει τῶν δευτέρων ἑνοειδῶς ἐξῃρημένον καὶ τοῖς πρώτοις ἐνιδρυμένον. εἰ γὰρ ἡ ϕρουρὰ τὸ τῆς ἑκάστου τάξεως μέτρον ἀτρέπτως διασώζει καὶ συνέχει πάντα τὰ ϕρουρούμενα ἐν τῇ οἰκείᾳ τε­λ­ειό­­τη­τι, πᾶσιν ἐνδίδωσι τὴν ἀπὸ τῶν καταδεεστέρων ὑπερ­οχήν· καὶ ἄμικτον ἕκαστον ἵστησιν ἐϕ' ἑαυτοῦ μονίμως, κα­ ϑαρό­τητος ἀχράντου τοῖς ϕρουρουμένοις αἴτιον ὑπάρχον· καὶ ἐνιδρύει τοῖς ὑπερτέροις· τέλειον γὰρ πᾶν ἐστι τῶν μὲν πρώ­ των ἀντεχόμενον, ἐν ἑαυτῷ δὲ μένον καὶ τῶν κατα­δε­εστέ­ρων ὑπερηπλωμένον.

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155.  Πᾶν μὲν τὸ ζωογόνον ἐν τοῖς ϑείοις γένεσιν αἴτιον γεν­

νητικόν ἐστιν, οὐ πᾶσα δὲ ἡ γόνιμος τάξις ζωογόνος ἐστίν. ὁλικωτέρα γὰρ ἡ γεννητικὴ τῆς ζωογονικῆς καὶ ἐγγυτέρω τῆς ἀρχῆς· ἡ μὲν γὰρ γέννησις τὴν εἰς πλῆϑος τὰ ὄντα προ­ άγουσαν αἰτίαν δηλοῖ, ἡ δὲ ζωογονία τὴν χορηγὸν ἁπάσης ζωῆς ϑεότητα παρίστησιν. εἰ οὖν ἡ μὲν τῶν ὄντων πολ­λα­πλα­ σιά­ζει τὰς ὑποστάσεις, ἡ δὲ τὰς τῆς ζωῆς προόδους ὑϕίστη­ σιν, ὡς ἔχει τὸ ὂν πρὸς τὴν ζωήν, οὕτως ἡ γεννητικὴ τάξις ἕξει πρὸς τὴν ζωογόνον σειράν. ὁλικωτέρα δὴ οὖν ἔσται καὶ πλειόνων αἰτία καὶ διὰ τοῦτο ἐγγυτέρω τῆς ἀρχῆς.

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156.  Πᾶν μὲν τὸ τῆς καϑαρότητος αἴτιον ἐν τῇ ϕρουρητικῇ

περιέχεται τάξει, οὐκ ἔμπαλιν δὲ πᾶν τὸ ϕρουρητικὸν τῷ κα­ ϑαρτικῷ γένει ταὐτόν. ἡ μὲν γὰρ καϑαρότης τὸ ἀμιγὲς ἐνδίδωσι πρὸς τὰ χείρονα πᾶσι τοῖς ϑεοῖς καὶ τὸ ἄχραντον ἐν τῇ προνοίᾳ τῶν δευτέρων, ἡ δὲ ϕρουρὰ καὶ τοῦτο ἀπεργάζεται καὶ ἐν ἑαυτοῖς πάντα συνέχει καὶ σταϑερῶς ἐντίϑησι τοῖς ὑπερτέροις. ὁλικώτερον ἄρα τοῦ καϑαρτικοῦ τὸ ϕρουρητικόν ἐστιν, ἴδιον γὰρ ἁπλῶς ϕρουρᾶς μὲν τὸ τὴν αὐτὴν ἑκάστου τάξιν διατηρεῖν πρός τε

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154.  Alles Schützende in den Göttern erhält ein jedes an der eigenen Ordnungsstelle, während es selbst durch seine Eins­artig­ keit über das Spätere hinausgeht und in den Ersten gegründet ist.1 Denn bewahrt die schützende Tätigkeit unveränderlich das Maß der Ordnungsstelle eines jeden und hält sie alles Geschützte in seiner Vollkommenheit zusammen, dann gewährt sie allem das Hinausgehen über das Schwächere, stellt sie, da sie dem Geschützten Ursache der unbefleckten Reinheit ist, ein jedes un­ vermischt und für sich bleibend hin und gründet es in den Höheren. Alle Vollkommenheit besteht nämlich darin, daß etwas sich zwar an den Ersten hält, dabei aber in sich selbst bleibt und an Einfachheit das Schwächere überragt. 155.  Alles Lebenerzeugende in den göttlichen Klassen ist eine erzeugende Ursache, nicht jede zeugungsfähige Ordnung ist je­ doch lebenerzeugend.1 Denn die erzeugende Ordnung ist allgemeiner als die leben­ erzeugende und dem Ursprung näher. Erzeugung gibt hier näm­lich die Ursache zu erkennen, die die Seienden zur Vielheit hervorführt, während das Lebenerzeugen auf die alles Leben spendende Gottheit hindeutet. Wenn jene also das Bestehen der Seienden vervielfältigt, dieses jedoch jedem Hervortreten des Le­ bens Bestehen gibt, muß sich so, wie sich das Seiende zum Leben verhält, auch die erzeugende Ordnung zur lebenerzeugenden Reihe verhalten. Sie muß also allgemeiner sein, mehr verursachen und deshalb dem Ursprung näher sein. 156.  Alles Reinheit Verursachende ist in der schützenden Ord­ nung enthalten, während umgekehrt nicht alles Schützende mit der reinigenden Klasse identisch ist.1 Denn Reinheit gewährt allen Göttern eine Unvermischtheit hinsichtlich des Schwächeren und Unbeflecktheit im Vorher­ denken des Späteren, während das Schützen dasselbe bewirkt und noch dazu alles in sich zusammenhält und fest in die Höheren setzt. Folglich ist das Schützende allgemeiner als das Reinigende. Eigenschaft des Schützens schlechthin nämlich ist es, die Stelle eines jeden hinsichtlich seiner selbst, des Vorhergehenden und des Darauffolgenden identisch zu erhalten, Eigenschaft der

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II.  Die metaphysischen Bereiche

ἑαυτὸ καὶ τὰ πρὸ αὐτοῦ καὶ τὰ μετ' αὐτό, καϑαρότητος δὲ τὸ ἐξαίρειν133 τῶν καταδεεστέρων τὰ κρείττονα. ταῦτα δέ ἐστι πρώτως ἐν τοῖς ϑεοῖς, τοῦ γὰρ ἐν πᾶσιν ὄντος δεῖ μίαν αἰτίαν προηγεῖσϑαι καὶ ὅλως πάντων τῶν ἀγαϑῶν τὰ ἑνοειδῆ μέτρα παρ' ἐκείνοις προείληπται καὶ οὐδέν ἐστιν ἐν τοῖς δευτέροις ἀγαϑόν, ὃ μὴ προυϕέστηκεν ἐν τοῖς ϑεοῖς· πόϑεν γὰρ ἔσται τοῦτο, καὶ τίνα ἕξει τὴν αἰτίαν; ἐν ἐκείνοις ἄρα καὶ ἡ καϑαρότης πρώτως ἀγαϑὸν οὖσα, καὶ ἡ ϕρουρὰ καὶ πᾶν ὅ τι τοιοῦτον.

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157.  Πᾶν μὲν τὸ πατρικὸν αἴτιον τοῦ εἶναι πᾶσίν ἐστι

χο­ρη­γὸν καὶ τὰς ὑπάρξεις τῶν ὄντων ὑϕίστησι, πᾶν δὲ τὸ δημιουργικὸν τῆς εἰδοποιίας τῶν συνϑέτων προέστηκε καὶ τῆς τάξεως καὶ τῆς κατ' ἀριϑμὸν αὐτῶν διαιρέσεως καὶ ἔστι τῆς αὐτῆς τῷ πατρικῷ συστοιχίας ἐν μερικωτέροις γένεσιν. ἑκάτερον γὰρ τῆς τοῦ πέρατός ἐστι τάξεως· ἐπεὶ καὶ ἡ ὕπαρξις καὶ ὁ ἀριϑμὸς καὶ τὸ εἶδος περατοειδῆ πάντα ἐστίν, ὥστε ταύτῃ σύστοιχα ἀλλήλοις. ἀλλὰ τὸ μὲν δημιουργικὸν εἰς πλῆϑος προάγει τὴν ποίησιν, τὸ δὲ ἑνοειδὲς134 παρέχεται τὰς τῶν ὄντων προόδους· καὶ τὸ μὲν εἰδοποιόν, ἐστι τὸ δὲ οὐσιοποιόν. ᾗ οὖν ταῦτα διέστηκεν ἀλλήλων, τό τε εἶδος καὶ τὸ ὄν, ταύτῃ τοῦ δημιουργικοῦ τὸ πατρικὸν διέστηκεν· ἔστι δέ τι ἓν135 τὸ εἶδος. ὁλικώτερον ἄρα καὶ αἰτιώτερον136 τὸ πα­τρι­κόν ἐστιν, ἐπέκεινα τοῦ δημιουργικοῦ γένους ὡς τὸ ὂν τοῦ εἴδους.

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158.  Πᾶν τὸ ἀναγωγὸν αἴτιον ἐν τοῖς ϑεοῖς καὶ τοῦ καϑ­αρ­

τι­κοῦ διαϕέρει καὶ τῶν ἐπιστρεπτικῶν γενῶν. ὅτι μὲν γὰρ εἶναι δεῖ καὶ τοῦτο πρώτως ἐν ἐκείνοις δῆλον, ἐπειδὴ τῶν ὅλων ἀγαϑῶν ἐκεῖ τὰ αἴτια πάντα προυϕέστηκεν. ἀλλὰ τοῦ μὲν καϑαρτικοῦ προυπάρχει διότι τὸ μὲν ἀπολύει τῶν χειρόνων, τοῦτο δὲ συνάπτει τοῖς κρείττοσι· τοῦ δὲ ἐπι­ στρεπτικοῦ μερικωτέραν ἔχει τάξιν διότι πᾶν τὸ ἐπιστρέϕον

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ἐξαίρειν :  D. ἐξαιρεῖν ἑνοειδὲς :  D. schreibt ἐνοειδῶς 135 τι ἓν :  D. (mit Taylor) τι ὂν 136 αἰτιώτερον :  D. konjiziert αἰτιώτερον 〈ὄν〉 134

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Reinheit jedoch ist es, die Stärkeren von den Niederen hinaufzunehmen. Beide sind zuerst in den Göttern, denn dem, das in allem ist, muß eine einzige Ursache vorhergehen, und überhaupt sind die einsartigen Maße alles Guten in den Göttern vorherbegriffen und gibt es im Späteren nichts Gutes, das nicht in den Göttern vorherbesteht. Denn woher wäre es sonst und welche Ursache würde es haben? Reinheit ist folglich zuerst in den Göttern, da sie ein Gutes ist, und dasselbe gilt für das Schützen und alles dergleichen. 157.  Jede väterliche Ursache spendet allem das Sein und ver­ leiht dem Dasein der Seienden das Bestehen, jede herstellende Ursache jedoch verwaltet die Formung des Zusammengesetzten, dessen Ordnung und zahlenmäßige Teilung und gehört dersel­ ben Zusammenreihung an wie die väterliche Ursache, obwohl sie sich in den besondereren Klassen findet.1 Denn jede von beiden gehört der durch die Grenze bestimmten Ordnung an, weil Dasein, Zahl und Form alle grenzartig sind, so daß die väterliche und die herstellende Ursache in dieser Hinsicht derselben Zusammenreihung angehören. Jedoch führt das Herstellende die schaffende Tätigkeit in eine Vielheit hervor, während das Einsartige das Hervortreten der Seienden gewährt, das heißt, jenes ist formerschaffend, dieses seinerschaffend. In­sofern somit diese, das heißt die Form und das Seiende, voneinander unterschieden sind, ist auch das Väterliche vom Herstellenden unterschieden. Die Form allerdings ist eine gewisse Einheit.2 Das Väterliche ist folglich allgemeiner und ur­ sächlicher, indem es jenseits der herstellenden Klasse ist, wie auch das S­ eiende j­enseits der Form ist. 158.  Jede hinaufführende Ursache in den Göttern ist sowohl von der reinigenden Ursache als auch von den hinwendenden Klassen unterschieden.1 Denn daß auch diese Ursache zuerst bei den Göttern sein muß, ist klar, da alle Ursachen aller Güter dort vorherbestehen. Sie besteht jedoch vor der reinigenden Ursache, weil die eine vom Schwächeren loslöst, während die andere mit dem Stärkeren verbindet. Dagegen hat sie eine besonderere Stelle als die hin-

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II.  Die metaphysischen Bereiche

ἢ πρὸς ἑαυτὸ ἐπιστρέϕει ἢ πρὸς τὸ κρεῖττον, τοῦ δὲ ἀναγω­ γοῦ τὸ ἐνέργημα κατὰ τὴν πρὸς τὸ κρεῖττον ἐπιστροϕὴν χαρακτηρίζεται, ὡς εἰς τὸ ἄνω καὶ ϑειότερον137 ἄγον τὸ ἐπι­στρεϕόμενον. 5

159.  Πᾶσα τάξις ϑεῶν ἐκ τῶν πρώτων ἐστὶν ἀρχῶν, πέ­

ρατος καὶ ἀπειρίας· ἀλλ' ἡ μὲν πρὸς τῆς τοῦ πέρατος αἰτίας μᾶλλον, ἡ δὲ πρὸς τῆς ἀπειρίας. πᾶσα μὲν γὰρ ἐξ ἀμϕοτέρων πρόεισι διότι τῶν πρώτων αἰτίων αἱ μεταδόσεις διήκουσι διὰ πάντων τῶν δευτέρων· ἀλλ' ὅπου μὲν τὸ πέρας ἐνδυναστεύει κατὰ τὴν μῖξιν, ὅπου δὲ τὸ ἄπειρον· καὶ οὕτω δὴ τὸ μὲν περατοειδὲς ἀποτελεῖται γένος ἐν ᾧ τὰ τοῦ πέρατος κρατεῖ, τὸ δὲ ἀπειροειδές ἐν ᾧ τὰ τῆς ἀπειρίας.

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160.  Πᾶς ὁ ϑεῖος νοῦς ἑνοειδής ἐστι καὶ τέλειος καὶ πρώ­

τως νοῦς, ἀϕ' ἑαυτοῦ καὶ τοὺς ἄλλους νόας παράγων. εἰ γὰρ ϑεῖός ἐστι, πεπλήρωται τῶν ϑείων ἑνάδων καὶ ἔστιν ἑνοειδής· εἰ δὲ τοῦτο, καὶ τέλειος, τῆς ἀγαϑότητος τῆς ϑείας πλήρης ὑπάρχων· εἰ δὲ ταῦτα, καὶ πρώτως ἐστὶ νοῦς, ἅτε τοῖς ϑεοῖς ἡνωμένος· παντὸς γὰρ νοῦ κρείττων ὁ ἐκϑεούμενος νοῦς. πρώτως δὲ ὢν νοῦς καὶ τοῖς ἄλλοις αὐτὸς δίδωσι τὴν ὑπόστασιν· ἀπὸ γὰρ τῶν πρώτως ὄντων πάντα τὰ δευτέρως ὄντα τὴν ὕπαρξιν κέκτηται.

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161.  Πᾶν τὸ ὄντως ὂν, τὸ τῶν ϑεῶν ἐξημμένον, ϑεῖόν ἐστι

νοητὸν καὶ ἀμέϑεκτον. ἐπεὶ γὰρ πρῶτόν ἐστι τῶν τῆς ϑείας ἑνώσεως μετεχόντων τὸ ὄντως ὄν, ὡς δέδεικται, καὶ πληροῖ τὸν νοῦν ἀϕ' ἑαυτοῦ, καὶ γὰρ ὁ νοῦς ὄν ἐστιν ὡς τοῦ ὄντος πληρούμενος, ϑεῖόν ἐστι

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ϑειότερον :  D. τὸ ϑειότερον

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Von dem Intellekt

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wendende Ursache, weil sich alles Sichhinwendende entweder auf sich selbst oder auf das Stärkere hinwendet, während die Tätigkeit der hinaufführenden Ursache als Charakteristikum die Hinwendung zum Stärkeren hat, da es das Sichhinwendende zum Göttlicheren hinaufführt. 159.  Jede Ordnung von Göttern besteht aus den ersten Ur­ sprüngen, das heißt aus Grenze und Unendlichkeit; die eine Ord­ nung hat jedoch mehr von der Ursächlichkeit der Grenze, die andere aber mehr von der der Unendlichkeit.1 Denn eine jede solche Ordnung tritt aus beiden hervor, da sich die Mitteilung der ersten Ursachen durch alles Spätere hindurch ausbreitet. Aber in dem einen Fall herrscht in der Mischung die Grenze vor, in dem anderen jedoch das Unendliche. Auf diese Weise kommt dann einerseits die grenzartige Klasse zustande, in der der Einfluß der Grenze, anderseits die unendlichartige Klasse, in der der Einfluß der Unendlichkeit überwiegt. 160.  Jedes göttliche Denkvermögen ist einsartig, vollkommen und, indem es auch die übrigen Denkvermögen aus sich hervor­ bringt, zuerst Denkvermögen.1 Denn ist es göttlich, dann ist es von den göttlichen Henaden erfüllt und einsartig. Ist dies der Fall, dann ist es vollkommen, da es von der göttlichen Gutheit erfüllt ist.2 Ist aber beides der Fall, dann ist es auch zuerst Denkvermögen, da es mit den Göttern vereint ist. Stärker als jedes andere Denkvermögen ist nämlich das vergöttlichte Denkvermögen. Ist es allerdings zuerst Denkvermögen, verleiht es auch den übrigen Denkvermögen das Bestehen. Denn von dem, was zuerst etwas ist, haben auch alle Späteren das Dasein.3 161.  Alles wirklich Seiende, das von den Göttern abhängt, ist ein göttliches Denkbares und unteilnehmbar.1 Denn weil das wirklich Seiende das erste der an der göttlichen Vereinung Teilhabenden ist, wie gezeigt wurde,2 und das Denkvermögen aus sich erfüllt – denn auch das Denkvermögen ist Seiendes, weil es mit Seiendem erfüllt ist –, muß es doch wohl ein göttliches Denkbares sein; göttlich nämlich, sofern es ver-

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II.  Die metaphysischen Bereiche

δήπου νοητόν, ὡς μὲν ἐκϑεούμενον ϑεῖον, ὡς δὲ πληρωτικὸν τοῦ νοῦ καὶ ὑπ' αὐτοῦ μετεχόμενον νοητόν. καὶ ὁ μὲν νοῦς ὂν διὰ τὸ πρώτως ὄν, αὐτὸ δὲ τὸ πρώτως ὂν χωριστόν ἐστιν ἀπὸ τοῦ νοῦ, διότι μετὰ τὸ ὄν ἐστιν ὁ νοῦς. τὰ δὲ ἀμέϑεκτα πρὸ τῶν μετεχομένων ὑϕέστηκεν, ὥστε καὶ τοῦ συζύγου πρὸς τὸν νοῦν ὄντος προυπάρχει τὸ καϑ' αὑτὸ καὶ ἀμεϑέκτως ὄν· νοητὸν γάρ ἐστιν οὐχ ὡς τῷ νῷ συντεταγμένον, ἀλλ' ὡς τελειοῦν ἐξῃρημένως τὸν νοῦν, διότι κἀκείνῳ τοῦ εἶναι μεταδίδωσι καὶ πληροῖ κἀκεῖνον τῆς ὄντως οὔσης οὐσίας.

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162.  Πᾶν τὸ καταλάμπον τὸ ὄντως ὂν πλῆϑος τῶν ἑνάδων

κρύϕιον καὶ νοητόν ἐστι, κρύϕιον μὲν ὡς τῷ ἑνὶ συνημμένον, νοητὸν δὲ ὡς ὑπὸ τοῦ ὄντος μετεχόμενον. ἀπὸ γὰρ τῶν ἐξημμένων πάντες οἱ ϑεοὶ καλοῦνται, διότι καὶ τὰς ὑποστάσεις αὐτῶν τὰς διαϕόρους ἀπὸ τούτων, ἀγνώστους ὑπαρχούσας, γνῶναι δυνατόν· ἄρρητον γὰρ καϑ' αὑτὸ πᾶν τὸ ϑεῖον καὶ ἄγνωστον, ὡς τῷ ἑνὶ τῷ ἀρρήτῳ συμϕυές· ἀπὸ δὲ τῆς τῶν μετεχόντων ἐξαλλαγῆς καὶ τὰς ἐκείνων ἰδιότητας γνωρίζεσϑαι συμβαίνει. νοητοὶ δὴ οὖν εἰσιν οἱ τὸ ὄντως ὂν καταλάμποντες, διότι δὴ τὸ ὄντως ὂν νοητόν ἐστι ϑεῖον καὶ ἀμέϑεκτον, τοῦ νοῦ προυϕεστηκός· οὐ γὰρ ἂν τοῦτο τῶν πρωτίστων ἐξήπτετο138 ϑεῶν, εἰ μὴ κἀκεῖνοι πρωτουργὸν εἶχον ὑπόστασιν καὶ δύναμιν τελειωτικὴν τῶν ἄλλων ϑεῶν, εἴπερ ὡς τὰ μετέχοντα πρὸς ἄλληλα, οὕτω καὶ αἱ τῶν μετεχομένων ἔχουσιν ὑπάρξεις.

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163.  Πᾶν τὸ πλῆϑος τῶν ἑνάδων, τὸ μετεχόμενον ὑπὸ τοῦ

ἀμεϑ­έκτου νοῦ, νοερόν ἐστιν. ὡς γὰρ ἔχει νοῦς πρὸς τὸ ὄντως ὄν, οὕτως αἱ ἑνάδες αὗται πρὸς τὰς ἑνάδας τὰς νοητὰς ἔχουσιν. εἴπερ139 οὖν ἐκεῖναι,140

138

ἐξήπτετο :  D. ἐξῆπτο εἴπερ :  D. ᾗπερ 140 ἐκεῖναι :  D. καὶ ἐκεῖναι 139

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Von dem Intellekt

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göttlicht ist, denkbar, sofern es das Denkvermögen erfüllt und von diesem an ihm teilgenommen wird. Ferner ist das Denkvermögen Seiendes durch das zuerst Seiende, während dies zuerst Seiende selbst vom Denkvermögen abgetrennt ist, weil das Denkvermögen nach dem Seienden ist. Das Unteilnehmbare besteht nämlich vor dem, woran teilgenom­ men wird, so daß das Seiende, das für sich selbst und in unteilnehmbarer Weise ist, vor den mit dem Denkvermögen verbundenen Seienden da ist. Das wirklich Seiende ist nämlich nicht deshalb denkbar, weil es mit dem Denkvermögen in der gleichen Ordnung ist, sondern weil es das Denkvermögen vervollkommnet, indem es dieses übersteigt, da es ihm das Sein mitteilt und es mit wirklich seiendem Wesen erfüllt. 162.  Die ganze Vielheit der Henaden, die das wirklich S­ eiende erleuchtet, ist verborgen und denkbar; verborgen nämlich, in­ dem sie mit dem Einen verbunden ist, denkbar jedoch, indem an ihr vom Seienden teilgenommen wird.1 Denn alle Götter werden von den von ihnen Abhängenden her benannt, weil es von diesen her auch möglich ist, ihr unter­ schiedenes Bestehen, obgleich unerkennbar, trotzdem zu erkennen. Alles Göttliche ist nämlich an sich unaussprechlich und unerkennbar, da es dem unaussprechlichen Einen naturähnlich ist. Die Eigenarten der Götter können also aufgrund der Verschiedenheit der Teilhabenden erkannt werden. Denkbar nun sind die Götter, die das wirklich Seiende erleuchten, weil das wirklich Seiende denkbares Göttliches und, da es vor dem Denkvermögen besteht, unteilnehmbar ist. Dieses wirklich Seiende könnte nämlich nicht von den ersten Göttern abhängen, besäßen diese nicht auch ein zuerst tätiges Bestehen und ein Vermögen, das die übrigen Götter vervollkommnet, weil sich das Dasein derjenigen, an denen teilgenommen wird, unter­einander genau so verhält, wie sich die Teilhabenden unter­ einander verhalten. 163.  Die ganze Vielheit der Henaden, an der vom unteilnehm­ baren Denkvermögen teilgenommen wird, ist gedanklich.1 Denn diese Henaden verhalten sich zu den denkbaren Henaden so, wie sich das Denkvermögen zum wirklich Seienden ver-

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II.  Die metaphysischen Bereiche

κατα­λάμπουσαι τὸ ὄν, νοηταί εἰσι, ταύτῃ καὶ αὗται, κατα­ λάμπουσαι τὸν ϑεῖον καὶ ἀμέϑεκτον νοῦν, νοεραί εἰσιν, ἀλλ' οὐχ οὕτω νοεραὶ, ὡς ἐν νῷ ὑϕεστηκυῖαι, ἀλλ' ὡς κατ' αἰτίαν τοῦ νοῦ προυπάρχουσαι καὶ ἀπογεννῶσαι τὸν νοῦν. 5

164.  Πᾶν τὸ πλῆϑος τῶν ἑνάδων, τὸ μετεχόμενον ὑπὸ τῆς

ἀμεϑέκτου πάσης ψυχῆς, ὑπερκόσμιόν ἐστι. διότι γὰρ ἡ ἀμέϑεκτος ψυχὴ πρώτως ὑπὲρ τὸν κόσμον ἐστί, καὶ οἱ μετεχόμενοι ὑπ' αὐτῆς ϑεοὶ ὑπερκόσμιοί εἰσιν, ἀνὰ λόγον ὄντες πρὸς τοὺς νοεροὺς καὶ νοητούς, ὃν ἔχει ψυχὴ πρὸς νοῦν καὶ νοῦς πρὸς τὸ ὄντως ὄν. ὡς οὖν ψυχὴ πᾶσα εἰς νοῦν141 ἀνήρτηται καὶ νοῦς πρὸς142 τὸ νοητὸν ἐπέστραπται, οὕτω δὴ καὶ οἱ ὑπερκόσμιοι ϑεοὶ τῶν νοερῶν ἐξέχονται, καϑάπερ δὴ καὶ οὗτοι τῶν νοητῶν.

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165.  Πᾶν τὸ πλῆϑος τῶν ἑνάδων τῶν μετεχομένων ὑπό

τινος αἰσϑητοῦ σώματος ἐγκόσμιόν ἐστιν. ἐλλάμπει γὰρ εἴς τι τῶν τοῦ κόσμου μερῶν διὰ μέσων τοῦ νοῦ καὶ τῆς ψυχῆς· οὔτε γὰρ νοῦς ἄνευ ψυχῆς πάρεστί τινι τῶν ἐγκοσμίων σωμάτων οὔτε ϑεότης ἀμέσως συνάπτεται καὶ ψυχῇ·143 διὰ γὰρ τῶν ὁμοίων αἱ μεϑέξεις· καὶ αὐτὸς ὁ νοῦς κατὰ τὸ νοητὸν τὸ ἑαυτοῦ καὶ τὸ ἀκρότατον μετέχει τῆς ἑνάδος. ἐγκόσμιοι οὖν αἱ ἑνάδες, ὡς συμπληροῦσαι τὸν ὅλον κόσμον καὶ ὡς ἐκϑεωτικαὶ τῶν ἐμϕανῶν σωμάτων· ϑεῖον γὰρ καὶ τούτων ἕκαστόν ἐστιν, οὐ διὰ τὴν ψυχήν, οὐ γὰρ πρώτως αὕτη ϑεός· οὐδὲ διὰ τὸν νοῦν, οὐδὲ γὰρ οὗτος τῷ ἑνὶ ὁ αὐτός· ἀλλ' ἔμψυχον μὲν καὶ ἐξ ἑαυτοῦ κινούμενον διὰ ψυχήν, ἀεὶ δὲ ὡσαύτως ἔχον καὶ τάξει τῇ ἀρίστῃ ϕερόμενον διὰ τὸν νοῦν,

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νοῦν :  D. νοῦς πρὸς :  D. εἰς 143 καὶ ψυχῇ :  D. ψυχῇ 142



Von dem Intellekt

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hält. Da nun jene Henaden, die das Seiende erleuchten, denkbar sind, so sind auch die Henaden, die das göttliche und unteilnehmbare Denkvermögen erleuchten, gedanklich, aber nicht gedanklich in dem Sinne, daß sie im Denkvermögen bestehen, sondern in dem Sinne, daß sie als Ursache vor dem Denkver­ mögen da sind und das Denkvermögen erzeugen. 164.  Die ganze Vielheit der Henaden, an der von der gan­ zen unteilnehmbaren Seele teilgenommen wird, ist überwelt­ lich.1 Denn deshalb, weil die unteilnehmbare Seele als erste über der Welt ist, sind auch die Götter, an denen von dieser Seele teil­ genommen wird, überweltlich, da sie sich auf die gleiche Weise gegen die denktätigen und denkbaren Götter verhalten, wie sich die Seele gegen das Denkvermögen und sich das Denkvermögen gegen das wirklich Seiende verhält. Wie also die ganze Seele vom Denkvermögen abhängt und das Denkvermögen auf das Denkbare hingewendet ist, so hängen die überweltlichen Götter von den denktätigen Göttern ab, gleichwie diese ja auch von den denkbaren Göttern abhängen. 165.  Die ganze Vielheit der Henaden, an denen von irgend­ einem wahrnehmbarem Körper teilgenommen wird, ist inner­ weltlich.1 Denn sie beleuchtet gewisse Teile der Welt durch Vermittlung des Denkvermögens und der Seele. Denkvermögen ist nämlich nicht unabhängig von Seele irgendeinem innerweltlichen Körper gegenwärtig, noch verbindet sich Gottheit unmittelbar auch mit Seele; alle Teilhabe nämlich kommt durch Ähnliches zustande. Und das Denkvermögen selbst nimmt seinem Denkbaren, das heißt seinem Gipfel nach, an der Henade teil. Die Henaden sind also innerweltlich, insofern sie die ganze Welt erfüllen und insofern sie die sichtbaren Körper vergöttlichen.2 Denn auch jeder dieser Körper ist göttlich, sei es weder durch die Seele, diese ist nämlich nicht zuerst Gott, noch durch das Denkvermögen, denn auch dieses ist nicht identisch mit dem Einen. Vielmehr ist der Körper beseelt und selbstbewegend durch die Seele, verhält er sich immer gleich und wird durch das Denkvermögen in bester Ordnung fortbewegt und ist er göttlich durch seine Vereinung.

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II.  Die metaphysischen Bereiche

ϑεῖον δὲ διὰ τὴν ἕνωσιν· καὶ εἰ δύναμιν ἔχει προνοητικήν, διὰ ταύτην ἐστὶ τὴν αἰτίαν τοιοῦτον. 166.  Πᾶς νοῦς ἢ ἀμέϑεκτός ἐστιν ἢ μεϑεκτός, καὶ εἰ με­

ϑ­εκτός, ἢ ὑπὸ τῶν ὑπερκοσμίων ψυχῶν μετεχόμενος ἢ ὑπὸ τῶν ἐγκοσμίων. παντὸς μὲν γὰρ τοῦ πλήϑους τῶν νόων ὁ ἀμέϑεκτος ἡγεῖ­ ται, πρωτίστην ἔχων ὕπαρξιν, τῶν δὲ μετεχομένων οἱ μὲν τὴν ὑπερκόσμιον καὶ ἀμέϑεκτον ἐλλάμπουσι ψυχήν, οἱ δὲ τὴν ἐγκόσμιον· οὔτε γὰρ ἀπὸ τοῦ ἀμεϑέκτου τὸ πλῆϑος εὐϑὺς τὸ ἐγκόσμιον, εἴπερ αἱ πρόοδοι διὰ τῶν ὁμοίων, ὁμοιότερον δὲ τῷ ἀμεϑέκτῳ τὸ χωριστὸν τοῦ κόσμου μᾶλλον ἢ τὸ διῃρημένον περὶ αὐτόν· οὔτε μόνον τὸ ὑπερκόσμιον ὑπέστη πλῆϑος, ἀλλ' εἰσὶ καὶ ἐγκόσμιοι, εἴπερ καὶ ϑεῶν ἐγκοσμίων πλῆϑος, καὶ αὐτὸς ὁ κόσμος ἔμψυχος ἅμα καὶ ἔννους ἐστί, καὶ ἡ μέϑεξις ταῖς ἐγκοσμίοις ψυχαῖς τῶν ὑπερκοσμίων νόων διὰ μέσων ἐστὶ τῶν ἐγκοσμίων νόων.

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167.  Πᾶς νοῦς ἑαυτὸν νοεῖ, ἀλλ' ὁ μὲν πρώτιστος ἑαυτὸν

μόνον, καὶ ἓν κατ' ἀριϑμὸν ἐν τούτῳ νοῦς καὶ νοητόν, ἕκαστος δὲ τῶν ἐϕεξῆς ἑαυτὸν ἅμα καὶ τὰ πρὸ αὐτοῦ· καὶ νοητόν ἐστι τούτῳ τὸ μὲν ὅ ἐστι, τὸ δὲ ἀϕ' οὗ ἐστιν. ἢ γὰρ ἑαυτὸν νοεῖ πᾶς νοῦς ἢ τὸ ὑπὲρ ἑαυτὸν ἢ τὸ μεϑ' ἑαυτόν. ἀλλ' εἰ μὲν τὸ μεϑ' ἑαυτόν, πρὸς τὸ χεῖρον ἐπιστρέψει νοῦς ὤν· καὶ οὐδὲ οὕτως ἐκεῖνος144 αὐτὸ γνώσεται, πρὸς ὃ ἐπ­έστρεψεν, ἅτε οὐκ ὢν ἐν αὐτῷ, ἀλλ' ἔξω αὐτοῦ, τὸν δὲ ἀπ' αὐτοῦ τύπον μόνον, ὃς ἐν αὐτῷ γέγονεν ἀπ' ἐκείνου· ὃ γὰρ ἔχει, οἶδε, καὶ ὃ πέπονϑεν, οὐχ ὃ μὴ ἔχει καὶ ἀϕ' οὗ145 πέπονϑεν.

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144 145

ἐκεῖνος :  D. ἐκεῖνο ἀϕ’ οὗ πέπονϑεν :  D. ἀϕ’ οὗ [οὐ] πέπονϑεν



Von dem Intellekt

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Besitzt er außerdem ein Vermögen vorherzudenken, hat er dieses durch die gleiche Ursache.3 166.  Jedes Denkvermögen ist entweder unteilnehmbar oder teilnehmbar; ist es teilnehmbar, dann wird an ihm entweder von überweltlichen oder von innerweltlichen Seelen teilgenommen.1 Denn jeder Vielheit von Denkvermögen geht das unteilnehmbare Denkvermögen vorher, welches das erste Dasein hat; 2 von den Denkvermögen jedoch, an denen teilgenommen wird, erleuchten manche die überweltliche und unteilnehmbare Seele und andere die innerweltliche Seele. Denn erstens tritt aus dem unteilnehmbaren Denkvermögen nicht gleich seine innerweltliche Vielheit hervor, weil jedes Hervortreten durch Ähnliches zustande kommt und weil das, was von der Welt abgetrennt ist, dem Unteilnehmbaren ähnlicher ist als das, was im Bereich der Welt geteilt ist. Zweitens besteht nicht nur seine überweltliche Vielheit, sondern gibt es auch innerweltliche Denkvermögen, da es auch eine Vielheit innerweltlicher Götter gibt,3 da die Welt selbst beseelt und zugleich mit Denkvermögen begabt ist 4 und da Teilhabe an den überweltlichen Denkvermögen für die innerweltlichen Seelen durch die Vermittlung innerweltlicher Denkvermögen zustande kommt. 167.  Jedes Denkvermögen denkt sich selbst; das erste Denkver­ mögen denkt jedoch nur sich selbst, und in ihm sind Denkvermö­ gen und Denkbares zahlenmäßig eins, während jedes der folgen­ den Denkvermögen zugleich sich selbst und das Vor­hergehende denkt; für ein solches Denkvermögen ist das Denkbare einerseits das, was es selbst ist, anderseits das, von woher es stammt.1 Denn jedes Denkvermögen denkt entweder sich selbst oder das, was über ihm liegt, oder das, was nach ihm ist. Denkt allerdings erstens ein Denkvermögen, was nach ihm ist, dann wird es sich, sofern es Denkvermögen ist, auf Schwächeres hinwenden. Auf diese Weise kann jenes Denkvermögen auch nicht dasjenige erkennen, auf das es sich hingewendet hat – da dies nicht in ihm, sondern außer ihm ist –, sondern nur den von dorther stammenden und in ihm selbst entstandenen Eindruck. Es ist sich nämlich dessen, das es besitzt, und dessen, das es empfunden hat, bewußt, doch nicht dessen, das es nicht besitzt, noch dessen, von woher diese Empfindung stammt.2

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II.  Die metaphysischen Bereiche

εἰ δὲ τὸ ὑπὲρ αὐτόν, εἰ μὲν διὰ τῆς ἑαυτοῦ γνώσεως, ἑαυτὸν ἅμα κἀκεῖνο γνώσεται· εἰ δὲ ἐκεῖνο μόνον, ἑαυτὸν ἀγνοήσει νοῦς ὤν. ὅλως δέ τὸ πρὸ αὐτοῦ γινώσκων οἶδεν ὅτι146 καὶ αἴτιόν ἐστιν ἐκεῖνο, καὶ ὧν αἴτιον· εἰ γὰρ ταῦτα ἀγνοήσει, κἀκεῖνο ἀγνοήσει, τὸ τῷ εἶναι παράγον, καὶ147 ἃ παράγει μὴ γινώσκων· ὃ δὲ ὑϕίστησι καὶ ὧν αἴτιον τὸ πρὸ αὐτοῦ γι­νώ­ σκων, καὶ ἑαυτὸν ἐκεῖϑεν ὑποστάντα γνώσεται. πάντως ἄρα τὸ πρὸ αὐτοῦ γινώσκων γνώσεται καὶ ἑαυτόν. εἰ οὖν τις ἔστι νοῦς νοητός, ἐκεῖνος ἑαυτὸν εἰδὼς καὶ τὸ νοητὸν οἶδε, νοητὸς ὤν, ὅ ἐστιν οὗτος.148 ἕκαστος δὲ τῶν μετ' ἐκεῖνον τὸ ἐν αὐτῷ νοητὸν νοεῖ ἅμα καὶ τὸ πρὸ αὐτοῦ· ἔστιν ἄρα καὶ ἐν τῷ νῷ νοητὸν καὶ ἐν τῷ νοητῷ νοῦς· ἀλλ' ὁ μὲν τῷ νοητῷ ὁ αὐτός, ὁ δὲ τῷ νοοῦντι149 τῷ μὲν ἐν αὐτῷ ὁ αὐτός, τῷ πρὸ αὐτοῦ δὲ οὐχ ὁ αὐτός· ἄλλο γὰρ τὸ ἁπλῶς νοητὸν καὶ ἄλλο τὸ ἐν τῷ νοοῦντι νοητόν.

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168.  Πᾶς νοῦς κατ' ἐνέργειαν οἶδεν ὃ νοε῕ καὶ ὅτι νοεῖ,150

καὶ οὐκ ἄλλου μὲν ἴδιον τὸ νοεῖν, ἄλλου δὲ τὸ νοεῖν ὅτι νοεῖ. εἰ γάρ ἐστι κατ' ἐνέργειαν νοῦς καὶ νοεῖ ἑαυτὸν οὐκ ἄλλον ὄντα παρὰ τὸ νοούμενον, οἶδεν ἑαυτὸν καὶ ὁρᾷ ἑαυτόν· ὁρῶν δὲ νοοῦντα καὶ ὁρῶντα γινώσκων, οἶδεν ὅτι νοῦς ἐστι κατ' ἐνέργειαν, τοῦτο δὲ εἰδώς, οἶδεν ὅτι νοεῖ, καὶ οὐχ ὃ151 νοεῖ

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146 147 148 149 150 151

οἶδεν ὅτι :  D. οἶδεν ἄρα ὅτι καὶ :  von D. ausgelassen οὗτος :  D. αὐτός τῷ νοοῦντι :  von D. ausgelassen ὃ νοεῖ καὶ ὅτι νοεῖ :  D. ὅτι νοεῖ ὃ :  D. ἃ



Von dem Intellekt

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Denkt zweitens ein Denkvermögen, was über ihm liegt, und zwar durch Selbsterkenntnis, dann wird es zugleich sich selbst und jenes erkennen, denkt es jedoch nur jenes, dann wird es nicht sich selbst erkennen, obwohl es Denkvermögen ist. Im allgemeinen allerdings ist sich ein Denkvermögen, das erkennt, was vor ihm liegt, sowohl dessen bewußt, daß dies Vorliegende Ursache ist, als auch desjenigen, wofür dies Vorliegende Ursache ist.3 Würde es nämlich letzteres nicht erkennen, könnte es auch keine Erkenntnis von dem haben, das seinem Sein gemäß hervor­ bringt, weil es ja nicht auch erkennt, was dieses hervorbringt. Erkennt es das, was hier Bestehen verleiht, und das, wofür das Vorhergehende die Ursache ist, dann wird es auch sich selbst erkennen als von dorther bestehend. Folglich muß ein Denkvermögen, das das Vorhergehende erkennt, unbedingt auch sich selbst erkennen. Gibt es also ein Denkvermögen, das denkbar ist, und ist dies sich seiner selbst bewußt, dann ist es sich, da es selbst denkbar ist, also auch des Denkbaren, das dies Denkvermögen ist, bewußt. Jedes der folgenden Denkvermögen denkt jedoch zugleich das Denkbare in ihm und das Denkbare vor ihm. Folglich ist Denkbares im Denkvermögen und Denkvermögen im Denkbaren.4 Aber das eine Denkvermögen ist mit dem Denkbaren identisch, während das andere zwar mit dem Denkenden in sich, jedoch nicht mit dem ihm vorhergehenden Denkbaren identisch ist. Denn Denkbares schlechthin ist anderes als das Denkbare im Denkenden. 168.  Jedes Denkvermögen in Tätigkeit ist sich dessen, was es denkt, und dessen, daß es denkt, bewußt, und es ist nicht das eine Denkvermögen, das denkt, und das andere, das denkt, daß es denkt.1 Denn ist ein Denkvermögen in Tätigkeit und denkt es sich selbst nicht als unterschieden von dem Gedachten, dann ist es sich von sich selbst bewußt und sieht es sich selbst. Und sieht es sich selbst als denkend und erkennt es sich selbst als sehend, dann ist es sich davon bewußt, daß es Denkvermögen in Tätigkeit ist; und ist es sich dessen bewußt, dann ist es sich der Tat­ sache, daß es denkt, und nicht nur dessen, was es denkt, bewußt.

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II.  Die metaphysischen Bereiche

μόνον. ἅμα ἄρα ἄμϕω οἶδε, καὶ τὸ νοητὸν καὶ ὅτι νοεῖ ἐκεῖνο, καὶ νοεῖται ὑϕ' ἑαυτοῦ νοοῦντος. 169.  Πᾶς νοῦς ἐν αἰῶνι τήν τε οὐσίαν ἔχει καὶ τὴν δύναμιν

καὶ τὴν ἐνέργειαν. εἰ γὰρ ἑαυτὸν νοεῖ καὶ ταὐτὸν νοῦς καὶ νοητόν, καὶ ἡ νόησις τῷ νῷ ταὐτὸν καὶ τῷ νοητῷ· μέση γὰρ οὖσα τοῦ τε νοοῦντος καὶ τοῦ νοουμένου, τῶν αὐτῶν ἐκείνων ὄντων ἔσται δήπου καὶ ἡ νόησις ἡ αὐτὴ πρὸς ἄμϕω. ἀλλὰ μὴν ὅτι ἡ οὐσία τοῦ νοῦ αἰώνιος, 〈δῆλον〉·152 ὅλη γὰρ ἅμα ἐστί· καὶ ἡ νόησις ὡσαύτως, εἴπερ τῇ οὐσίᾳ ταὐτόν· εἰ γὰρ ἀκίνητος ὁ νοῦς, οὐκ ἂν ὑπὸ χρόνου μετροῖτο οὔτε κατὰ τὸ εἶναι οὔτε κατὰ τὴν ἐνέργειαν· τούτων δὲ ὡσαύτως ἐχόντων, καὶ ἡ δύναμις αἰώνιος. 170.  Πᾶς νοῦς πάντα ἅμα νοεῖ, ἀλλ' ὁ μὲν ἀμέϑεκτος ἁπλῶς

πάντα, τῶν δὲ μετ' ἐκεῖνον ἕκαστος καϑ' ἓν πάντα. εἰ γὰρ ἅπας νοῦς ἐν αἰῶνι τήν τε οὐσίαν ἱδρύσατο τὴν ἑαυτοῦ καὶ ἅμα τῇ οὐσίᾳ τὴν ἐνέργειαν, πάντα ἅμα νοήσει· πάντα153 γὰρ κατὰ μέρος καὶ ἄλλοτε ἄλλο154 τῶν ἐϕεξῆς, οὐκ ἐν αἰῶνι· τὸ γὰρ ἐϕεξῆς ἐν χρόνῳ πᾶν· πρότερον γὰρ καὶ ὕστε­ρον τὸ ἐϕεξῆς, ἀλλ' οὐχ ὁμοῦ πᾶν. εἰ μὲν οὖν ὁμοίως155 νοήσουσι πάντες, οὐ διοίσουσιν ἀλλήλων· εἰ γὰρ ὁμοίως πάντα νοοῦσιν, ὁμοίως πάντα εἰσίν, ἃ νοοῦσιν ὄντες· ὁμοίως δὲ πάντα ὄντες, οὐχ ὁ μὲν ἀμέϑεκτος, ὁ δὲ οὔ· ὧν γὰρ αἱ νοήσεις αἱ αὐταί, καὶ αἱ οὐσίαι, εἴπερ ἡ νόησις ἡ

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〈δῆλον〉 :  beispielhafte Ergänzung von Taylor

νοήσει· πάντα :  D. konjiziert νοήσει πᾶς. εἰ καὶ ἄλλοτε ἄλλο :  D. καὶ ἄλλο καὶ ἄλλο 155 ὁμοίως :  D. ὁμοίως πάντα 154



Von dem Intellekt

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Es ist sich folglich beides zugleich bewußt, sowohl des Denk­ baren als auch dessen, daß es dieses denkt; das heißt, es wird von sich selbst gedacht, indem es denkt. 169.  Jedes Denkvermögen hat sein Wesen, sein Vermögen und seine Tätigkeit in Ewigkeit.1 Denn denkt ein Denkvermögen sich selbst und sind Denkvermögen und Denkbares identisch, dann ist auch die Denkung mit dem Denkvermögen und dem Denkbaren identisch. Da die Denkung sich nämlich zwischen dem Denkenden und dem, was gedacht wird, befindet, muß, wo diese identisch sind, auch die Denkung mit beiden identisch sein. Ferner ist klar, daß das ­Wesen des Denkvermögens ewig ist; dieses Wesen ist nämlich als Ganzes zugleich da.2 Gleiches gilt für die Denkung, da sie mit dem Wesen identisch ist; denn wenn das Denkvermögen bewegungs­los ist,3 kann es weder seinem Sein noch seiner Tätigkeit nach durch Zeit gemessen werden.4 Und verhalten sich Wesen und Denkung immer gleich, dann ist auch das Vermögen ewig. 170.  Jedes Denkvermögen denkt alles zugleich, das unteil­ nehmbare Denkvermögen jedoch alles schlechthin, die darauf­ folgenden Denkvermögen wiederum alles aus einer Perspektive.1 Denn hat sich jedes Denkvermögen sein Wesen in Ewigkeit errichtet und zugleich mit jenem Wesen auch seine Tätigkeit,2 dann muß es alles zugleich denken. Dächte es nämlich alles einzeln, müßte es bald jenes, bald dieses in einer Abfolge denken und besäße Wesen und Tätigkeit nicht in Ewigkeit; alle Abfolge ist nämlich in der Zeit, denn Abfolge heißt, daß das eine früher, das andere später ist und gerade nicht alles zusammen ist. Würden nun alle Denkvermögen hier auf die gleiche Weise denken, wären sie nicht voneinander unterschieden.3 Denken sie nämlich alles auf die gleiche Weise, sind sie auch alles auf die gleiche Weise, da sie sind, was sie denken. Und sind sie alles auf die gleiche Weise, dann kann nicht das eine Denkvermögen unteilnehmbar und das andere nicht unteilnehmbar sein. Denn die Wesen derjenigen Denkvermögen, deren Denkungen identisch sind, sind ebenfalls identisch, weil die Denkung jedes Denkver-

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II.  Die metaphysischen Bereiche

ἑκάστου ταὐτὸν τῷ ἑκάστῳ εἶναι, καὶ ἕκαστος ἄμϕω, καὶ ἡ νόησις καὶ τὸ εἶναι. λείπεται δὴ οὖν, ἢ μὴ ὁμοίως πάντα156 νοεῖν ἕκαστον, ἀλλ' ἕν, ἢ πλείω, μὴ πάντα δὲ ὅμως· ἢ πάντα καϑ' ἕν. ἀλλὰ τὸ μὲν μὴ πάντα νοεῖν λέγειν νοῦν ἐστι ποιεῖν ἀγνοοῦντά τι τῶν ὄντων· και` γα`ρ μεταβήσεται, εἰ νοε῕ οὐχ ἅμα, ἀλλὰ πρότερον καὶ ὕστερον,157 ἀκίνητος ὤν, καὶ ἔσται ψυχῆς χείρων τῆς ἐν τῷ κινεῖσϑαι πάντα νοούσης, διὰ τὸ μένειν ἓν μόνον νοῶν. πάντα ἄρα νοήσει καϑ' ἕν, ἢ γὰρ πάντα ἢ ἓν ἢ πάντα καϑ' ἕν· τῆς νοήσεως ἀεὶ μὲν καὶ ἐν πᾶσι πάντων οὔσης, τὰ δὲ πάντα ἑνὶ τῶν πάντων ὁριζούσης· ὥστε εἶναί τι κρατοῦν ἐν τῇ νοήσει καὶ τοῖς νοουμένοις ἕν, πάντων ἅμα κατὰ τὸ ἓν νοου­ μένων, καὶ τοῦ ἑνὸς αὐτῷ τὰ πάντα χαρακτηρίζοντος. 171.  Πᾶς νοῦς ἀμέριστός ἐστιν οὐσία.

εἰ γὰρ ἀμεγέϑης καὶ ἀσώματος καὶ ἀκίνητος, ἀμέριστός ἐστι· πᾶν γὰρ τὸ ὁπωσοῦν μεριστὸν ἢ κατὰ πλῆϑος ἢ κατὰ μέγεϑος ἢ κατὰ τὰς ἐνεργείας ἐστὶ μεριστὸν ἐν χρόνῳ ϕερο­ μένας· ὁ δὲ νοῦς κατὰ πάντα αἰώνιος, καὶ ἐπέκεινα σωμάτων, καὶ ἥνωται τὸ ἐν αὐτῷ πλῆϑος. ἀμέριστος ἄρα ἐστίν. ὅτι μὲν οὖν ἀσώματος ὁ νοῦς, ἡ πρὸς ἑαυτὸν ἐπιστροϕὴ δηλοῖ, τῶν γὰρ σωμάτων οὐδὲν πρὸς ἑαυτὸ ἐπιστρέϕεται· ὅτι δὲ αἰώνιος, ἡ τῆς ἐνεργείας πρὸς τὴν οὐσίαν ταυτότης, οὕτω γὰρ δέδεικται πρότερον· ὅτι δὲ ἥνωται τὸ πλῆϑος, ἡ πρὸς τὰς ἑνάδας τὰς ϑείας τοῦ νοεροῦ πλήϑους συνέχεια· αἱ μὲν γάρ εἰσι πρῶτον πλῆϑος, οἱ δὲ νόες μετ' ἐκείνας. εἰ οὖν καὶ πλῆϑος ἅπας νοῦς, ἀλλ' ἡνωμένον πλῆϑος· πρὸ γὰρ τοῦ διῃρημένου τὸ συνεπτυγμένον καὶ ἐγγυτέρω τοῦ ἑνός.

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ἢ μὴ ὁμοίως πάντα :  D. konjiziert εἰ μὴ ὁμοίως 〈μὴ〉 πάντα καὶ γὰρ μεταβήσεται, εἰ νοεῖ οὐχ ἅμα, ἀλλὰ πρότερον καὶ ὕστερον  :  D. οὺδὲ γὰρ μεταβήσεται καὶ νοήσει ἃ μὴ πρότερον

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Von dem Intellekt

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mögens mit seinem Sein identisch ist und jedes Denkvermögen beides ist, sowohl Denkung als auch Sein. Es bleibt nun also übrig, daß entweder nicht jedes Denkvermögen alles auf gleiche Weise denkt, sondern nur eines oder einiges, jedoch nicht alles gleich, oder daß es alles aus einer Perspektive denkt. Wer jedoch behauptet, daß ein Denkvermögen nicht alles denkt, sagt, daß es irgendein Seiendes nicht erkennt. Ferner müßte ein Denkvermögen, wenn es nicht alles zugleich, sondern das eine vor dem anderen dächte, während es bewegungslos ist, seinen Gegenstand wechseln. Außerdem würde es schwächer als die Seele sein, die durch Bewegung alles denkt, während es in seiner Beständigkeit hingegen nur eines denkt.4 Das Denkvermögen denkt folglich alles aus einer Perspektive  – es hatte ja entweder alles oder eins oder alles aus einer Perspektive zu denken –, da die Denkung immer und in allen auf alles bezogen ist, während sie alles gemäß einem von allen bestimmt, so daß in der Denkung und in dem, was gedacht wird, ein Bestimmtes vorherrscht, da alles zugleich aus dieser einen Perspektive gedacht wird und für jenes Denkvermögen diese eine Perspektive alles charakterisiert. 171.  Jedes Denkvermögen ist ungeteiltes Wesen.1 Denn ist es ohne Größe, unkörperlich und bewegungslos, dann ist es ungeteilt. Alles irgendwie Geteilte ist nämlich entwe­ der als Vielheit oder als Größe oder seinen in der Zeit beweglichen Tätigkeiten nach geteilt. Denkvermögen allerdings ist in jeder Hinsicht ewig, ist jenseits der Körper, und die in ihm enthaltene Vielheit ist vereint. Es ist folglich ungeteilt. Daß nun das Denkvermögen unkörperlich ist, erhellt seine Hinwendung auf sich selbst, denn es gibt keinen Körper, der sich auf sich selbst hinwendet; 2 daß es ferner ewig ist, erhellt die Identität seiner Tätigkeit mit seinem Wesen – dies wurde nämlich schon gezeigt –,3 und daß seine Vielheit vereint ist, erhellt die Kontinuität der gedanklichen Vielheit mit den göttlichen Henaden. Die Henaden sind nämlich die erste Vielheit, und die Denkvermögen sind nach ihnen. Ist nun auch jedes Denkvermögen eine Vielheit, dann muß diese eine vereinte Vielheit sein, denn der sich in sich selbst unterschiedenen Vielheit geht jene Vielheit vorher, die zusammengefaltet und dem Einen näher ist.4

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II.  Die metaphysischen Bereiche

172.  Πᾶς νοῦς ἀιδίων ἐστὶ προσεχῶς καὶ ἀμεταβλήτων κατ'

οὐσίαν ὑποστάτης. τὸ γὰρ ἀπὸ ἀκινήτου παραγόμενον αἰτίας ἅπαν ἀμετάβλητόν ἐστι κατὰ τὴν οὐσίαν· νοῦς δὲ ἀκίνητος, αἰωνίως πάντα158 ὢν καὶ ἐν αἰῶνι μένων, καὶ τῷ εἶναι παράγει ἃ παράγει·159 εἰ δὲ ἀεὶ ἔστι καὶ ὡσαύτως ἔστιν, ἀεὶ παράγει καὶ ὡσαύτως. οὐκ ἄρα ποτὲ μὲν ὄντων, ποτὲ δὲ μὴ ὄντων αἴτιος, ἀλλὰ τῶν ἀεὶ ὄντων. 173.  Πᾶς νοῦς νοερῶς ἐστι καὶ τὰ πρὸ αὐτοῦ καὶ τὰ μετ'

αὐτόν. τὰ μὲν γάρ ἐστι κατ' αἰτίαν, ὅσα μετ' αὐτόν, τὰ δὲ κατὰ μέϑεξιν, ὅσα πρὸ αὐτοῦ· νοῦς δὲ ὁ αὐτός160 ἐστι καὶ νοερὰν ἔλαχεν οὐσίαν. κατὰ τὴν ἑαυτοῦ ἄρα ὕπαρξιν ἀϕορίζει πάντα, καὶ ἃ κατ' αἰτίαν ἐστὶ καὶ ἃ κατὰ μέϑεξιν. καὶ γὰρ ἕκαστον, ὡς πέϕυκεν, οὕτω μετέχει τῶν κρειττόνων, ἀλλ' οὐχ ὡς ἐκεῖνα ἔστιν· ᾗ161 γὰρ ἂν ὡσαύτως ὑπὸ πάντων μετείχετο, μετέχει δὲ ἄλλα ἄλλως. κατὰ τὴν ἰδιότητα ἄρα τῶν μετεχόντων καὶ δύναμιν αἱ μεϑέξεις. νοερῶς ἄρα ἐν τῷ νῷ τὰ πρὸ αὐτοῦ. ἀλλὰ μὴν καὶ τὰ μετ' αὐτὸν νοερῶς ἐστιν· οὐ γὰρ ἐκ τῶν ἀποτελεσμάτων ἐστίν, οὐδὲ ἐκεῖνα ἔχει ἐν ἑαυτῷ, ἀλλὰ τὰς αἰτίας τὰς ἐκείνων· ἔστι δὲ πάντων τῷ εἶναι αἴτιος, τὸ δὲ εἶναι αὐτοῦ νοερόν. καὶ τὰ αἴτια ἄρα νοερῶς ἔχει τῶν πάντων. ὥστε πάντα νοερῶς ἔχει162 πᾶς νοῦς, καὶ τὰ πρὸ αὐτοῦ καὶ τὰ μετ' αὐτόν. ὡς οὖν τὰ νοητὰ νοερῶς ἔχει πᾶς, οὕτω καὶ τὰ αἰσϑητὰ νοερῶς.

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αἰωνίως πάντα :  D. αἰώνιος πάντῃ ἃ παράγει :  D. ἃ ἂν παράγῃ 160 ὁ αὐτός :  D. αὐτός 161 ᾗ :  D. konjiziert ἤδη 162 ἔχει :  D. ἐστι 159



Von dem Intellekt

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172.  Jedes Denkvermögen verleiht zunächst Immerwähren­ dem und seinem Wesen nach Unveränderlichem das Bestehen.1 Denn alles, was aus einer bewegungslosen Ursache hervor­ gebracht wird, ist seinem Wesen nach unveränderlich.2 Denkvermögen ist freilich bewegungslos, da es alles in ewiger Weise ist, in der Ewigkeit beständig ist und durch sein Sein hervorbringt, was es hervorbringt.3 Ist es aber immer und ist es auf die gleiche Weise, bringt es auch immer und auf die gleiche Weise hervor.4 Es ist folglich nicht Ursache von Seienden, die mal sind, mal nicht sind, sondern von Immerseienden. 173.  Jedes Denkvermögen ist auf gedankliche Weise sowohl das Vorhergehende als auch das Folgende.1 Denn das eine ist es als Ursache, nämlich das Darauffolgende, das andere jedoch, das Vorhergehende, als Teilhabe. Das Denkvermögen ist aber dasselbe und hat ein gedankliches Wesen. Folglich bestimmt es alles, sowohl das, was es als Ursache ist, als auch das, was es als Teilhabe ist, seinem eigenen Dasein nach. Denn jedes hat so, wie es in seiner Natur liegt, am ­Stärkeren teil, aber nicht so, wie das Stärkere selbst ist, denn dann würde am Stärkeren von allem auf die gleiche Weise teilgenommen werden, während in Wirklichkeit alles auf andere Art und Weise teilhat. Jede Teilhabe entspricht also der Eigenart und dem Vermögen des Teilhabenden. Folglich ist das Vorhergehende auf gedank­liche Weise im Denkvermögen. Ein Denkvermögen ist aber auch das Darauffolgende auf ge­ dankliche Weise. Es besteht nämlich nicht aus seinen Erzeugnissen und enthält in sich auch nicht diese selbst, sondern ihre Ursachen. Es ist ferner Ursache von allem durch sein Sein, und dieses Sein ist gedanklich. Folglich enthält es auf gedankliche Weise die Ursachen von allem. Hieraus ergibt sich, daß jedes Denkvermögen alles, das heißt, sowohl das Vorhergehende als auch das Darauffolgende, auf gedankliche Weise enthält. Jedes Denkvermögen enthält also so, wie es das Denkbare gedanklich enthält, auch das Wahrnehmbare gedanklich.

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II.  Die metaphysischen Bereiche

174.  Πᾶς νοῦς τῷ νοεῖν ὑϕίστησι τὰ μετ' αὐτόν, καὶ ἡ

ποίησις ἐν τῷ νοεῖν, καὶ ἡ νόησις ἐν τῷ ποιεῖν. εἰ γὰρ νοητόν ἐστι καὶ νοῦς ταὐτὸν καὶ τὸ εἶναι ἑκάστου τῇ νοήσει τῇ ἐν ἑαυτῷ, ποιεῖ δὲ ἃ ποιεῖ τῷ εἶναι καὶ παράγει κατὰ τὸ εἶναι ὅ ἐστι, καὶ τῷ νοεῖν ἂν παράγοι τὰ παραγόμενα· τὸ γὰρ εἶναι καὶ τὸ νοεῖν ἓν ἄμϕω· καὶ γὰρ ὁ νοῦς καὶ πᾶν163 τὸ ὂν τὸ ἐν αὐτῷ ταὐτόν. εἰ οὖν ποιεῖ τῷ εἶναι, τὸ δὲ εἶναι νοεῖν ἐστι, ποιεῖ τῷ νοεῖν. καὶ ἡ νόησις ἡ κατ' ἐνέργειαν ἐν τῷ νοεῖν, τοῦτο δὲ τῷ εἶναι ταὐτόν, τὸ δὲ εἶναι ἐν τῷ ποιεῖν· τὸ γὰρ ἀκινήτως ποιοῦν τὸ εἶναι ἐν τῷ ποιεῖν ἀεὶ ἔχει. καὶ ἡ νόησις ἄρα ἐν τῷ ποιεῖν.

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175.  Πᾶς νοῦς ὑπὸ τῶν κατ' οὐσίαν ἅμα καὶ ἐνέργειαν

νοερῶν μετέχεται πρώτως. ἀνάγκη γὰρ ἢ ὑπὸ τούτων ἢ ὑπ' ἄλλων τῶν νοερὰν μὲν ἐχόντων τὴν οὐσίαν, μὴ ἀεὶ δὲ νοούντων. ἀλλ' ὑπ' ἐκείνων ἀδύνατον· καὶ γὰρ ἡ ἐνέργεια τοῦ νοῦ ἀκίνητος, καὶ ὑϕ' ὧν ἄρα μετέχεται, ταῦτα ἀεὶ μετέχει164 τῆς νοερᾶς ἐνεργείας ἀεὶ νοερὰ τὰ μετέχοντα ποιούσης· τῷ γὰρ αἰωνίῳ τῆς ἐνεργείας τὸ ἐν μέρει τινὶ τοῦ χρόνου τὴν ἐνέργειαν ἔχον ἀσύναπτον. μεταξὺ δέ, ὥσπερ ἐν ταῖς οὐσίαις, οὕτω δὴ καὶ ἐν ταῖς τῶν ἐνεργειῶν ἐξαλλαγαῖς, τῆς αἰωνίου πάσης ἐνεργείας καὶ τῆς ἐν τινὶ χρόνῳ τελείας ἡ κατὰ πάντα τὸν χρόνον ἔχουσα τὸ τέλειον· οὐδαμοῦ γὰρ αἱ πρόοδοι γίνονται ἀμέσως, ἀλλὰ διὰ τῶν συγγενῶν καὶ ὁμοίων κατά τε τὰς ὑποστάσεις καὶ τὰς τῶν ἐνεργειῶν τελειότητας ὡσαύτως. πᾶς ἄρα νοῦς ὑπ'

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πᾶν :  von D. ausgelassen ἀεὶ μετέχει :  D. ἀεὶ νοοῦντα ἀεὶ μετέχει



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174.  Jedes Denkvermögen verleiht durch sein Denken dem Darauffolgenden Bestehen, und seine schaffende Tätigkeit be­ steht in seinem Denken und seine Denkung in seinem Schaffen.1 Denn sind Denkbares und Denkvermögen identisch und ist das Sein eines jeden Denkvermögens wiederum mit der Denkung in ihm identisch2 und schafft ferner ein Denkvermögen das, was es schafft, durch sein Sein und bringt es seinem Sein, das es ist, gemäß hervor, dann muß es auch durch sein Denken das, was hervorgebracht wird, hervorbringen. Beides, das heißt, sein Sein und sein Denken, ist nämlich eins. Denkvermögen und alles darin enthaltene Seiende sind nämlich identisch. Wenn nun ein Denkvermögen durch sein Sein schafft und dieses Sein Denken ist, dann schafft es durch sein Denken; und seine Denkung in Tätigkeit besteht in seinem Denken, dieses ist identisch mit ­seinem Sein, und dieses Sein besteht wiederum in seinem ­Schaffen, denn was bewegungslos schafft, besitzt sein Sein immer in seinem Schaffen.3 Diese Denkung besteht folglich auch in seinem Schaffen. 175.  An jedem Denkvermögen wird zuerst von dem seinem Wesen und zugleich seiner Tätigkeit nach Gedanklichen teilge­ nommen.1 Denn am Denkvermögen wird notwendig entweder von solchen Gedanklichen oder von anderen zuerst teilgenommen, die zwar ein gedankliches Wesen besitzen, doch nicht immer denken. Daß an ihm von letzteren zuerst teilgenommen wird, ist unmöglich. Die Tätigkeit des Denkvermögens ist nämlich bewegungslos, und folglich haben diejenigen, von denen am Denkvermögen teilgenommen wird, immer an jener gedanklichen Tätigkeit teil, die alle Teilhabenden gedanklich macht. Dasjenige, dessen Tätig­ keit in einem Teil der Zeit ist, verbindet sich nämlich nicht mit der Ewigkeit der Tätigkeit. Wie für die Wesen, so gilt auch für die verschiedenen Arten der Tätigkeit, daß sich zwischen aller ewigen Tätigkeit und der nur für eine gewisse Zeit vollkommenen Tätigkeit diejenige Tätigkeit befindet, die in der ganzen Zeit vollkommen ist. Hervortreten findet nämlich niemals unmittelbar statt, sondern kommt durch Verwandtes und Ähnliches zustande, sowohl hinsichtlich des Bestehens als auch hinsichtlich der Vervollkommnung der

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II.  Die metaphysischen Bereiche

ἐκείνων μετέχεται πρώτως τῶν κατὰ πάντα χρόνον νοεῖν δυ­να­μέ­νων καὶ ἀεὶ νοούντων, εἰ καὶ κατὰ χρόνον ἀλλὰ μὴ αἰωνίως ἡ νόησις. ἐκ δὴ τούτου ϕανερὸν ὅτι ψυχὴν ποτὲ νοοῦσαν, ποτὲ δὲ μή, νοῦ προσεχῶς μετέχειν ἀδύνατον.

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176.  Πάντα τὰ νοερὰ εἴδη καὶ ἐν ἀλλήλοις εἰσὶ καὶ καϑ'

αὑτὸ ἕκαστον. εἰ γὰρ ἀμέριστος πᾶς νοῦς καὶ ἡνωμένον διὰ τὴν νοερὰν ἀμέρειαν τὸ165 ἐν αὐτῷ πλῆϑος, ἐν ἑνὶ πάντα ὄντα καὶ ἀμερεῖ ἥνωται ἀλλήλοις, καὶ ϕοιτᾷ διὰ πάντων·166 εἰ δὲ ἀύλως ἔστι πάντα καὶ ἀσωμάτως, ἀσύγχυτά ἐστι πρὸς ἄλληλα, καὶ χωρὶς ἕκαστον ϕυλάττον τὴν ἑαυτοῦ καϑαρότητα μένει ὅ ἐστι. δηλοῖ δὲ τὸ μὲν ἀσύγχυτον τῶν νοερῶν εἰδῶν ἡ τῶν ἑκάστου διακεκριμένως μετεχόντων ἰδιάζουσα μέϑεξις· εἰ γὰρ μὴ 167 τὰ μετεχόμενα διεκέκριτο καὶ ἦν χωρὶς ἀλλήλων, οὐδ' ἂν τὰ μετέχοντα αὐτῶν ἑκάστου μετεῖχε διακεκριμένως, ἀλλ' ἦν ἂν πολλῷ μᾶλλον ἐν τοῖς καταδεεστέροις ἀδιάκριτος σύγχυσις, χείροσιν οὖσι κατὰ τὴν τάξιν· πόϑεν γὰρ ἂν ἐγίνετο διάκρισις, τῶν ὑϕιστάντων αὐτὰ καὶ τελειούντων ἀδιακρίτων ὄντων καὶ συγκεχυμένων; τὸ δὲ αὖ ἡνωμένον τῶν εἰδῶν ἡ τοῦ περιέχοντος ἀμερὴς ὑπόστασις τεκμηριοῦται καὶ ἡ ἑνοειδὴς οὐσία· τὰ γὰρ ἐν ἀμε­ ρεῖ καὶ ἑνοειδεῖ τὴν ὕπαρξιν ἔχοντα, ἐν τῷ αὐτῷ ἀμε­ρίστως ὄντα, πῶς γὰρ ἂν μερίσαις τὸ ἀμερὲς καὶ τὸ ἕν, ὁμοῦ ἐστι καὶ ἐν ἀλλήλοις, ὅλα δι' ὅλων ϕοιτῶντα ἀδιαστάτως· οὐ γὰρ διαστατὸν τὸ περιέχον, καὶ ὡς ἐν διαστατῷ τὸ μὲν ἐν τῳδί, τὸ δὲ ἀλλαχοῦ, ἀλλ' ἅμα ἐν τῷ ἀμερεῖ καὶ ἑνὶ πᾶν· ὥστε καὶ

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τὸ :  D. καὶ τὸ διὰ πάντων :  D. πάντα διὰ πάντων 167 εἰ γὰρ μὴ :  D. εἰ μὴ γὰρ 166



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Tätigkeit. An jedem Denkvermögen wird folglich zuerst von denjenigen teilgenommen, die in der ganzen Zeit denken können und auch immer denken, obwohl auch diese Denkung zeitlich und nicht ewig ist. Hieraus leuchtet nun ein, daß eine bald denkende, bald nicht denkende Seele unmöglich direkt am Denkvermögen teilhat. 176.  Alle gedanklichen Formen sind sowohl ineinander als auch einzeln für sich.1 Denn ist jedes Denkvermögen ungeteilt und die im Denkvermögen enthaltene Vielheit wegen der gedanklichen Ungeteiltheit vereint,2 dann sind alle Formen, da sie in diesem Einem und Ungeteilten sind, miteinander vereint und breiten sie sich durcheinander hindurch aus. Sind allerdings alle Formen immateriell und unkörperlich, dann sind sie untereinander unvermischt und bewahrt jede abgetrennt ihre Reinheit, indem sie bleibt, was sie ist. Daß jedoch die gedanklichen Formen unvermischt sind,3 wird dadurch dargetan, daß es für die je unterschiedlich an den einzelnen Formen Teilnehmenden eine charakteristische Teilnahme gibt. Würden die Formen, an denen teilgenommen wird, sich nämlich nicht unterscheiden und nicht voneinander abgetrennt sein, dann könnten die an den Formen Teilhabenden auch nicht unterschiedlich an den einzelnen Formen teilhaben und würde erst recht die Vermischung in den Geringeren ununterschiedlich sein, da diese ihrer Stelle nach schwächer sind. Was wäre nämlich der Ursprung des Unterschieds, wenn diejenigen, die den Geringeren Bestehen verleihen und sie vervollkommnen, selbst ohne Unterschied und vermischt wären? Das Vereintsein der Formen wiederum wird von dem teil­ losen Bestehen und dem einsartigen Wesen des Umgebenden bezeugt. Die Formen nämlich, die ihr Dasein im Teillosen und Einsartigen haben und in demselben ungeteilt sind – denn wie könnte man das Teillose und das Eine teilen –, sind zusammen und ineinander, da sie sich ohne Entfernung als Ganzes durch das Ganze hindurch ausbreiten. Dieses Umgebende ist nämlich nicht ausgedehnt; und während im Ausgedehnten das eine hier, das andere dort ist, ist dagegen im Teillosen und Einen alles zugleich. So ergibt sich, daß alle Formen ineinander sind. Folglich

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II.  Die metaphysischen Bereiche

ἐν ἀλλήλοις. πάντα ἄρα τὰ νοερὰ εἴδη καὶ ἐν ἀλλήλοις ἐστὶν ἡνωμένως καὶ χωρὶς ἕκαστον διακεκριμένως. εἰ δέ τις ἐπὶ ταῖσδε ταῖς ἀποδείξεσι καὶ παραδειγμάτων δέοιτο, τὰ ϑεωρήματα νοείτω τὰ ἐν μιᾷ ψυχῇ· ἃ δὴ πάντα ἐν τῇ αὐτῇ ὄντα ἀμεγέϑει οὐσίᾳ καὶ ἥνωται ἀλλήλοις, τὸ γὰρ ἀμέγεϑες οὐ τοπικῶς ἔχει τὰ ἐν αὐτῷ, ἀλλ' ἀμερίστως καὶ ἀδια­στάτως, καὶ ἥνωται168 καὶ διακέκριται· πάντα γὰρ εἰ­λι­ κρι­νῶς ἡ ψυχὴ προάγει καὶ χωρὶς ἕκαστον, μηδὲν ἐϕέλκουσα ἀπὸ τῶν λοιπῶν, ἃ εἰ μὴ διεκέκριτο ἀεὶ κατὰ τὴν ἕξιν οὐδ' ἂν ἡ ἐνέργεια διέκρινε τῆς ψυχῆς.

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177.  Πᾶς νοῦς πλήρωμα ὢν εἰδῶν, ὁ μὲν ὁλικωτέρων, ὁ

δὲ μερικωτέρων, ἐστὶ περιεκτικὸς εἰδῶν, καὶ οἱ μὲν ἀνωτέρω νόες ὁλικώτερον ἔχουσιν ὅσα μερικώτερον οἱ μετ' αὐτούς, οἱ δὲ κατωτέρω μερικώτερον ὅσα ὁλικώτερον οἱ πρὸ αὐτῶν. οἱ μὲν γὰρ ἀνωτέρω δυνάμεσι χρῶνται μείζοσιν, ἑνο­ει­δέ­ στεροι τῶν δευτέρων ὄντες, οἱ δὲ κατωτέρω, πληϑυνόμενοι μᾶλλον, ἐλαττοῦσι τὰς δυνάμεις ἃς ἔχουσι· τὰ γὰρ τῷ ἑνὶ συγγενέστερα, τῷ ποσῷ συνεσταλμένα, τῇ δυνάμει τὰ μετὰ ταῦτα169 ὑπεραίρει, καὶ τὰ τοῦ ἑνὸς πορρώτερον ἔμπαλιν. δύν­ αμιν οὖν οἱ ἀνωτέρω προστησάμενοι μείζονα, πλῆϑος δὲ ­ἔλατ­τον, δι' ἐλαττόνων κατὰ τὸ ποσὸν εἰδῶν πλείω παράγουσι διὰ τὴν δύναμιν· οἱ δὲ μετ' ἐκείνους διὰ πλειόνων ἐλάττω κατὰ τὴν τῆς δυνάμεως ἔλλειψιν. εἰ οὖν ἐκεῖνοι δι' ἐλαττόνων πλείονα παράγουσιν, ὁλικώτερα τὰ ἐν αὐτοῖς εἴδη, καὶ εἰ οἵδε διὰ πλειόνων ἐλάττονα, μερικώτερα τὰ ἐν τούτοις. ἐξ ὧν δὴ συμβαίνει τὰ καϑ' ἓν εἶδος ἐκ τῶν ὑπερτέρων ἀπο­ γεννώμενα κατὰ πλείους ἰδέας ἐκ τῶν δευτέρων διῃρημένως παράγεσϑαι, καὶ ἔμπαλιν τὰ διὰ πολλῶν καὶ διακεκριμένων

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καὶ ἥνωται :  von D. ausgelassen τὰ μετὰ ταῦτα :  D. τὰ μετ’ αὐτὰ



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sind alle gedanklichen Formen ineinander, weil vereint, und ein­ zeln und abgetrennt, weil unterschiedlich. Wünschte sich einer neben diesen Beweisen auch Beispiele, so denke er sich die Lehrsätze, die in einer Seele sind. Sie sind offenbar in demselben Wesen, das keine Größe hat, und sind deshalb auch miteinander vereint – was nämlich keine Größe hat, umfaßt, was es umfaßt, nicht auf räumliche Weise, sondern ohne Teilung oder Ausdehnung – und somit sowohl vereint als auch unterschieden. Die Seele führt nämlich alle Lehrsätze klar und deutlich und einen jeden abgetrennt und einzeln hervor, ohne daß sie dazu irgendeinen der übrigen heranzieht, und die Tätigkeit der Seele könnte diese Lehrsätze auch niemals unterscheiden, wenn sie nicht immer schon ihrer Veranlagung nach unterschieden wären.4 177.  Jedes Denkvermögen, indem es die ganze Fülle der For­ men ist, umfaßt die Formen, das eine Denkvermögen zwar die allgemeineren, das andere aber die besondereren; höhere Denk­ vermögen enthalten dasjenige allgemeiner, was die nachfolgen­ den Denkvermögen besonderer, die niederen jedoch dasjenige besonderer, was die vorhergehenden allgemeiner besitzen.1 Denn die höheren Denkvermögen verfügen über ein größeres Vermögen, da sie einsartiger als die späteren sind, die niederen sind jedoch vervielfältigter und verringern dadurch die Vermögen, die sie besitzen. Was dem Einen nämlich verwandter ist, ist der Quantität nach beschränkt, geht aber dem Vermögen nach über das folgende hinaus; was dem Einen ferner ist, verhält sich genau umgekehrt.2 Höhere Denkvermögen zeigen also ein größeres Vermögen, jedoch eine geringere Vielheit auf, wenn sie kraft ihres Vermögens durch zahlenmäßig weniger Formen mehr hervorbringen, während die folgenden Denkvermögen der Verringerung ihres Vermögens gemäß durch mehr Formen weniger hervorbringen. Bringen also die höheren Denkvermögen durch weniger Formen mehr hervor, sind die in ihnen enthaltenen Formen allgemeiner, und bringen die folgenden Denk­ vermögen durch mehr Formen weniger hervor, müssen die in ihnen enthaltenen Formen wiederum besonderer sein. Hieraus ergibt sich, daß das, was in Übereinstimmung mit einer Form aus den höheren Denkvermögen erzeugt wird, in

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II.  Die metaphysischen Bereiche

ἰδεῶν ὑπὸ τῶν καταδεεστέρων παραγόμενα δι' ἐλαττόνων καὶ ὁλικωτέρων ὑπὸ τῶν ἀνωτέρω παράγεσϑαι· καὶ τὸ μὲν ὅλον καὶ κοινὸν πᾶσι τοῖς μετέχουσιν ἄνωϑεν παραγίνεσϑαι, τὸ δὲ μεμερισμένον καὶ τὸ ἴδιον ἐκ τῶν δευτέρων· ὅϑεν οἱ δεύτεροι νόες ταῖς τῶν εἰδῶν μερικωτέραις διακρίσεσιν ἐπιδιαρϑροῦσί πως καὶ λεπτουργοῦσι τὰς τῶν πρώτων εἰδοποιίας.

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178.  Πᾶν νοερὸν εἶδος ἀιδίων ἐστὶν ὑποστατικόν.

εἰ γὰρ αἰώνιόν ἐστι καὶ ἀκίνητον πᾶν, ἀμεταβλήτων ἐστὶ κατ' οὐσίαν αἴτιον καὶ ἀιδίων ὑποστάσεων, ἀλλ' οὐ γινομένων καὶ ϕϑειρομένων, ὥστε πᾶν τὸ κατ' εἶδος νοερὸν ὑποστὰν ἀίδιόν ἐστι. καὶ γὰρ εἰ αὐτῷ τῷ εἶναι πάντα τὰ εἴδη παράγει τὰ μετὰ ταῦτα,170 τὸ δὲ εἶναι αὐτῶν ἀεὶ ὡσαύτως ἔχει, καὶ τὰ ἀπ' αὐτῶν ὡσαύτως ἕξει καὶ ἀίδια ἔσται. οὔτε ἄρα τὰ γενητὰ κατά τινα χρόνον ἀπ' αἰτίας ὑϕέστηκεν εἰδητικῆς οὔτε τὰ ϕϑαρτά ᾗ ϕϑαρτά εἶδος ἔχει νοερὸν προ­ υπάρχον· ἦν γὰρ ἂν ἄϕϑαρτα καὶ ἀγένητα, πρὸς ἐκεῖνα τὴν ὑπό­στασιν ἔχοντα. 179.  Πᾶς ὁ νοερὸς ἀριϑμὸς πεπέρασται.

εἰ γὰρ ἔστι μετ' αὐτὸν ἄλλο πλῆϑος κατ' οὐσίαν ὑϕειμένον, καὶ οὗτος ἐγγυτέρω τοῦ ἑνός, ἐκεῖνο δὲ πορρώτερον, τὸ δὲ ἐγγυτέρω τοῦ ἑνὸς ἔλαττον κατὰ τὸ ποσόν, πλεῖον δὲ τὸ πορ­ ρώ­τερον, καὶ ὁ νοερὸς ἀριϑμὸς ἐλάττων ἂν εἴη παντὸς τοῦ μετ' αὐτὸν πλήϑους. οὐκ ἄρα ἄπειρός ἐστι. πεπέρασται ἄρα

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τὰ μετὰ ταῦτα :  D. τὰ μετ’ αὐτά



Von dem Intellekt

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Übereinstimmung mit mehreren Ideen unterschiedlich aus den späteren hervorgebracht wird, und umgekehrt auch, daß das, was vermittelst vieler und unterschiedener Ideen von den niederen Denkvermögen hervorgebracht wird, vermittelst wenigerer und allgemeinerer Ideen von den höheren Denkvermögen hervorgebracht wird; und ebenfalls, daß das allen Teilhabenden Allgemeine und Gemeinschaftliche von oben, die Besonderheit und das Eigene hingegen aus den späteren Denkvermögen hervorgebracht wird. Daher müssen die späteren Denkvermögen mit den besondereren Unterscheidungen der Formen die formende Tätigkeit der ersten Denkvermögen gewissermaßen artikulieren und verfeinern. 178.  Jede gedankliche Form verleiht Immerwährendem das Bestehen.1 Denn da jede gedankliche Form ewig und bewegungslos ist, ist sie ihrem Wesen nach Ursache für unveränderliches und immerwährendes, nicht jedoch für werdendes und vergehendes Bestehen,2 so daß alles einer gedanklichen Form gemäß Bestehende immerwährend ist. Oder folgenderweise: Bringen alle Formen durch das Sein selbst das Folgende hervor und ist ihr Sein immer gleich, dann muß auch das, was von ihnen stammt, sich immer gleich verhalten und immerwährend sein. Folglich besteht weder das zu irgendeiner Zeit Gewordene von einer formalen Ursache her, noch hat das Vergängliche als Vergängliches eine vorhergehende gedankliche Form.3 Sie würden nämlich unvergänglich und ohne Werden sein, hätten sie ein auf jene Formen bezogenes Bestehen. 179.  Die ganze gedankliche Zahl ist begrenzt.1 Denn gibt es nach dieser noch eine andere, ihrem Wesen nach abgestufte Vielheit, ist ferner jene Zahl selbst dem Einen näher, diese Vielheit hingegen dem Einen ferner, und ist das dem Einen Nähere der Quantität nach geringer, hingegen das dem Einen Fernere der Quantität nach größer, dann muß die gedankliche Zahl geringer als jede nachfolgende Vielheit sein.2 Folglich ist diese Zahl nicht unbegrenzt. Die Vielheit der Denkvermögen ist folglich begrenzt. Was geringer als etwas ist, ist nämlich nicht

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II.  Die metaphysischen Bereiche

τὸ πλῆϑος τῶν νόων· τὸ γὰρ τινὸς ἔλαττον οὐκ ἄπειρον, διότι τὸ ἄπειρον οὐδενὸς ἔλαττον ᾗ ἄπειρον. 180.  Πᾶς νοῦς ὅλος ἐστίν, ὡς171 ἐκ μερῶν ὑποστὰς ἕκαστος

καὶ ἥνωται τοῖς ἄλλοις καὶ διακέκριται ἀπ' αὐτῶν·172 ἀλλ' ὁ μὲν ἀμέϑεκτος νοῦς ἁπλῶς ὅλος, ὡς καὶ τὰ μέρη πάντα ὁλι­ κῶς ἔχων ἐν ἑαυτῷ, τῶν δὲ μερικῶν ἕκαστος ὡς ἐν μέρει τὸ ὅλον ἔχει, καὶ οὕτως πάντα ἐστὶ μερικῶς. εἰ γὰρ καϑ' ἓν πάντα, τὸ δὲ καϑ' ἓν οὐδὲν ἄλλο ἐστὶν ἢ μερικῶς, τὸ ἄρα ὅλον οὕτως ἐστὶν ἐν ἑκάστῳ τούτων με­ρι­ κῶς, καϑ' ἕν τι τῶν μερικῶν ἐπικρατοῦν ἐν τοῖς πᾶσιν ἀϕο­ ρι­ζόμενον.

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181.  Πᾶς ὁ μετεχόμενος νοῦς ἢ ϑεῖός ἐστιν, ὡς ϑεῶν ἐξ­

ημμένος, ἢ νοερὸς μόνον. εἰ γὰρ ἔστιν ὁ ϑεῖος καὶ ἀμέϑεκτος νοῦς πρώτως, τούτῳ δήπου συγγενής ἐστιν οὐχ ὁ κατ' ἀμϕότερα διαϕέρων, καὶ τὸ173 μὴ εἶναι ϑεῖος καὶ τὸ174 μὴ ἀμέϑεκτος εἶναι· τὰ γὰρ κατ' ἄμϕω ἀνόμοια ἀσύναπτα ἀλλήλοις. δῆλον δὴ οὖν ὅτι τῇ μὲν ὅμοιόν ἐστι τῷ πρώτως ὄντι νῷ τὸ μέσον, τῇ δὲ ἀνόμοιον. ἢ οὖν ἀμέϑεκτόν ἐστι καὶ οὐ ϑεῖον ἢ μετεχόμενον καὶ ϑεῖον. ἀλλὰ πᾶν τὸ ἀμέϑεκτον ϑεῖον, ὡς τῷ ἑνὶ τὴν ἀνάλογον τάξιν ἐν τῷ πλήϑει λαχόν. ἔσται ἄρα τις νοῦς ϑεῖος ἅμα καὶ μετ­ εχό­μενος. ἀλλὰ μὴν εἶναι δεῖ νοῦν καὶ μὴ μετέχοντα τῶν ϑείων ἑνά­ δων, ἀλλὰ νοοῦντα μόνον· καϑ' ἑκάστην γὰρ σειρὰν τὰ μὲν πρῶτα καὶ τῇ ἑαυτῶν μονάδι συνημμένα μετέχειν δύναται τῶν

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ὡς  :  D. 〈οὐχ〉 ὡς ἕκαστος καὶ … ἀπ’ αὐτῶν :  von D. ausgelassen 173 τὸ :  D. τῷ 174 τὸ :  D. τῷ 172



Von dem Intellekt

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unbegrenzt, weil das Unbegrenzte als unbegrenzt nicht geringer als irgend etwas ist. 180.  Jedes Denkvermögen ist in dem Sinne Ganzes, daß jedes einzelne Denkvermögen aus Teilen besteht und sowohl mit den anderen Denkvermögen vereint als auch davon unterschieden ist; das unteilnehmbare Denkvermögen ist allerdings schlecht­ hin Ganzes, da es auch alle Teile auf die Weise des Ganzen oder allgemein enthält, jedes besondere Denkvermögen besitzt jedoch das Ganze in dem Teil und ist in diesem Sinne alles auf die Weise des Teils, das heißt auf besondere Weise.1 Denn ist ein solches Denkvermögen alles aus einer Perspektive und heißt »aus einer Perspektive« nichts anderes als »auf die Weise des Teils« oder »auf besondere Weise«, dann ist in diesem Sinne folglich das Ganze in jedem besonderen Denkvermögen auf besondere Weise, da dies Ganze von der einen Perspektive eines besonderen Denkvermögens, die in allem vorherrscht, bestimmt wird. 181.  Jedes Denkvermögen, an dem teilgenommen wird, ist entweder göttlich, in dem Sinne, daß es mit Göttern verknüpft ist, oder nur gedanklich.1 Denn ist das göttliche und unteilnehmbare Denkvermögen zu­ erst, dann ist ihm jedenfalls nicht das Denkvermögen verwandt, das von ihm in beiden Hinsichten unterschieden ist, das heißt sowohl in seinem Nichtgöttlichsein als auch in seinem Nichtunteilnehmbarsein. Was nämlich in diesen beiden Hinsichten unähnlich ist, ist untereinander unverbunden. Es ist daher ja offenbar, daß das Vermittelnde dem zuerst seienden Denkvermögen in einer Hinsicht zwar ähnlich, in anderer aber unähnlich ist. Es ist also entweder unteilnehmbar und nicht göttlich, oder es wird daran teilgenommen und es ist göttlich. Alles Unteilnehmbare ist jedoch göttlich, da es in seiner Vielheit die dem Einen entsprechende Stelle besitzt. Es muß folglich ein Denkvermögen sein, das göttlich ist und an dem zugleich auch teilgenommen wird. Ferner muß es auch ein Denkvermögen geben, das nicht an den göttlichen Henaden teilhat, sondern nur denkend ist. Denn in jeder Reihe vermögen diejenigen, die zuerst und mit ihrer Monade verbunden sind, an denen in der angrenzend überliegen-

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II.  Die metaphysischen Bereiche

ἐν τῇ ὑπερκειμένῃ προσεχῶς τάξει, τὰ δὲ πολλοστὰ ἀπὸ τῆς ἀρχικῆς μονάδος οὐχ οἷά τέ ἐστιν ἐκείνων ἐξῆϕϑαι. ἔστιν ἄρα καὶ νοῦς ϑεῖος καὶ νοῦς νοερὸς175 μόνον· ὁ μὲν κατὰ τὴν ἰδιότητα τὴν νοερὰν ἱστάμενος, ἣν ἀπὸ τῆς ἑαυτοῦ μονάδος ἔχει καὶ τοῦ ἀμεϑέκτου,176 ὁ δὲ κατὰ τὴν ἕνωσιν, ἣν ἀπὸ τῆς μετεχομένης ἑνάδος ὑπεδέξατο.

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182.  Πᾶς ϑεῖος νοῦς μετεχόμενος ὑπὸ ψυχῶν μετέχεται

ϑείων. εἰ γὰρ ἡ μέϑεξις ἐξομοιοῖ τῷ μετεχομένῳ τὸ μετέχον καὶ συμϕυὲς ἀποτελεῖ, δῆλον δὴ ὅτι ϑείαν εἶναι ψυχὴν ἀνάγκη τὴν τοῦ ϑείου νοῦ μετέχουσαν καὶ εἰς ϑεῖον νοῦν ἀνηρτημένην, καὶ διὰ μέσου τοῦ νοῦ τῆς ἐν αὐτῷ ϑειότητος177 μετέχειν· ἡ γὰρ ϑειότης178 συνεξάπτει τῷ νῷ τὴν μετέχουσαν αὐτοῦ ψυχὴν καὶ συνδεῖ τῷ ϑείῳ τὸ ϑεῖον.

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183.  Πᾶς νοῦς μετεχόμενος μέν, νοερὸς δὲ μόνον ὤν, μετ­

έχεται ὑπὸ ψυχῶν οὔτε ϑείων οὔτε νοῦ καὶ ἀνοίας ἐν μεταβολῇ γινομένων. οὔτε γὰρ ϑεῖαι ψυχαί εἰσιν αἱ τοιαῦται, οὐδὲ νοῦ μετ­έχου­ σαι,179 ϑεῶν γὰρ αἱ ψυχαὶ διὰ νοῦ μετέχουσιν, ὡς δέδεικται πρότερον· οὔτε αἱ μεταβολῆς180 δεκτικαί· πᾶς γὰρ νοῦς ὑπὸ τῶν κατ' οὐσίαν ἀεὶ καὶ κατ' ἐνέργειαν νοερῶν μετέχεται· καὶ γὰρ τοῦτο δῆλον ἐκ τῶν ἔμπροσϑεν.

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175 176 177 178 179 180

νοῦς νοερὸς :  D. νοῦς τις νοερὸς καὶ τοῦ ἀμεϑέκτου :  von D. ausgelassen ϑειότητος :  D. ϑεότητος ϑειότης :  D. ϑεότης νοῦ μετέχουσαι :  D. ergänzt νοῦ μετέχουσαι 〈ϑείου〉 αἱ μεταβολῆς :  D. μεταβολῆς



Von der Seele

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den Ordnung teilzunehmen, womit allerdings nicht die von der ursprünglichen Monade abstehenden Soundsovielten verknüpft sein können. Es gibt also sowohl ein göttliches Denkvermögen als auch ein nur gedankliches, wobei letzteres gemäß der gedanklichen Ei­gen­ art zustande kommt, die es von seiner Monade, das heißt vom Unteilnehmbaren hat, während ersteres gemäß der Vereinung zustande kommt, die es von der Henade empfangen hat, an der teilgenommen wird. 182.  An jedem göttlichen Denkvermögen, an dem teilgenom­ men wird, wird von göttlichen Seelen teilgenommen.1 Denn macht Teilhabe das Teilhabende dem Teilgenommenen ähnlich und bringt sie Naturähnlichkeit zustande, dann ist offenbar, daß die Seele, die am göttlichen Denkvermögen teilhat und vom göttlichen Denkvermögen abhängt, notwendig göttlich sein und vermittelst des Denkvermögens an der Göttlichkeit im Denkvermögen teilhaben muß. Die Göttlichkeit verknüpft nämlich die am Denkvermögen teilhabende Seele mit diesem Denkvermögen und verbindet Göttliches mit Göttlichem.2 183.  An jedem zwar teilgenommenen, jedoch nur gedank­li­ chen Denkvermögen wird von Seelen teilgenommen, die weder göttlich sind noch in dem wechselseitigen Übergang zwischen Denkvermögen und Nichtdenken dem Werden unterstehen.1 Denn solche Seelen sind erstens, auch wenn sie am Denkvermögen teilhaben, noch nicht göttlich, denn Seelen haben vermittelst des Denkvermögens an Göttern teil, wie schon gezeigt wurde.2 Zweitens geht es hier auch nicht um die Seelen, die einen wechselseitigen Übergang zulassen, denn an jedem Denkvermögen wird von solchen Gedanklichen teilgenommen, die ihrem Wesen und ihrer Tätigkeit nach immer sind. Auch dieses ist näm­ lich aus dem früher Gesagten ersichtlich.3

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II.  Die metaphysischen Bereiche

184.  Πᾶσα ψυχὴ ἢ ϑεία ἐστίν ἢ μεταβάλλουσα ἀπὸ νοῦ

εἰς ἄνοιαν ἢ μεταξὺ τούτων ἀεὶ μὲν νοοῦσα, καταδεεστέρα δὲ τῶν ϑείων ψυχῶν. εἰ γὰρ ὁ μὲν ϑεῖος νοῦς ὑπὸ ϑείων μετέχεται ψυχῶν, ὁ δὲ νοερὸς μόνον ὑπὸ τῶν μήτε ϑείων μήτε μεταβολῆς δεκτικῶν ἀπὸ νοήσεως εἰς ἄνοιαν, εἰσὶ δὲ καὶ αἱ τοῦτο πάσχουσαι καὶ ποτὲ μὲν νοοῦσαι, ποτὲ δὲ μή, ϕανερὸν ὅτι τρία γένη τῶν ψυχῶν εἰσιν· καὶ πρῶται μὲν αἱ ϑεῖαι, δεύτεραι δὲ τῶν μὴ ϑείων αἱ ἀεὶ νοῦ μετέχουσαι, τρίται δὲ αἱ ποτὲ μὲν εἰς νοῦν, ποτὲ δὲ εἰς ἄνοιαν μεταβάλλουσαι.

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185.  Πᾶσαι μὲν αἱ ϑεῖαι ψυχαὶ ϑεοί εἰσι ψυχικῶς, πᾶσαι

δὲ αἱ τοῦ νοεροῦ μετέχουσαι νοῦ ϑεῶν ὁπαδοὶ ἀεί, πᾶσαι δὲ αἱ μεταβολῆς δεκτικαὶ ϑεῶν ὁπαδοὶ ποτέ. εἰ γὰρ αἱ μὲν ἔχουσι τὸ ϑεῖον ϕῶς ἄνωϑεν ἐπιλάμπον, αἱ δὲ ἀεὶ νοοῦσιν, αἱ δὲ ποτὲ ταύτης μεταλαγχάνουσι τῆς τελ­ ειότητος, αἱ μὲν ἐν τῷ πλήϑει τῶν ψυχῶν ἀνάλογον ἵστανται ϑεοῖς, αἱ δὲ ἀεὶ συνέπονται ϑεοῖς, κατὰ νοῦν ἐνεργοῦσαι ἀεί, καὶ τῶν ϑείων ἐξήρτηνται ψυχῶν, τοῦτον ἔχουσαι πρὸς αὐτὰς λόγον, ὃν τὸ νοερὸν πρὸς τὸ ϑεῖον· αἱ δὲ ποτὲ νοοῦσαι καὶ ἕπονται ποτὲ ϑεοῖς, οὔτε νοῦ μετέχειν ἀεὶ ὡσαύτως οὔτε ταῖς ϑείαις συνεπιστρέϕεσϑαι ψυχαῖς ἀεὶ δυνάμεναι· τὸ γὰρ ποτὲ νοῦ μεταλαγχάνον οὐδεμία μηχανὴ τοῖς ϑεοῖς ἀεὶ συν­ άπτεσϑαι.

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186.  Πᾶσα ψυχὴ ἀσώματός ἐστιν οὐσία καὶ χωριστὴ σώ­

ματος. εἰ γὰρ γινώσκει ἑαυτήν, πᾶν δὲ τὸ ἑαυτὸ γινῶσκον πρὸς ἑαυτὸ ἐπιστρέϕεται, τὸ δὲ πρὸς ἑαυτὸ ἐπιστρέϕον οὔτε σῶμά 30



Von der Seele

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184.  Jede Seele ist entweder göttlich oder geht vom Denkver­ mögen ins Nichtdenken über oder befindet sich zwischen bei­ den und denkt zwar immer, ist aber schwächer als die göttlichen Seelen.1 Denn wird am göttlichen Denkvermögen von göttlichen See­ len teilgenommen,2 am nur gedanklichen jedoch von Seelen, die weder göttlich sind noch einen Übergang von Denkung ins Nichtdenken zulassen,3 und gibt es außerdem Seelen, die diesen Übergang zulassen und bald wohl, bald nicht denken, dann leuchtet ein, daß es drei Klassen von Seelen gibt. Die ersten sind die göttlichen Seelen, die zweiten solche nichtgöttlichen ­Seelen, die immer am Denkvermögen teilhaben, und die dritten die nichtgöttlichen Seelen, die bald ins Denkvermögen, bald ins Nichtdenken übergehen. 185.  Alle göttlichen Seelen sind auf seelische Weise Götter, alle an dem gedanklichen Denkvermögen teilhabenden Seelen folgen den Göttern immer und alle den Übergang zulassenden Seelen folgen den Göttern manchmal.1 Denn gibt es Seelen, die das von oben her ­leuchtende göttliche Licht besitzen, Seelen, die immer denken, und Seelen, die manchmal dieser Vollkommenheit teilhaftig sind, dann bestehen die ersten in der Vielheit der Seelen an einer den Göttern entsprechenden Stelle,2 folgen ferner die zweiten immer den Göttern – da sie hinsichtlich des Denkvermögens immer tätig sind – und sind sie von den göttlichen Seelen abhängig – da sie zu diesen das gleiche Verhältnis haben wie das Gedankliche zum Göttlichen – und folgen schließlich die Seelen, die manchmal denken, manchmal auch den Göttern – da sie nicht immer auf die gleiche Weise am Denkvermögen teilzuhaben und sich nicht immer zusammen mit den göttlichen Seelen hinzuwenden vermögen,3 denn das, was manchmal am Denkvermögen teilnimmt, verbindet sich auf keinerlei Weise immer mit den Göttern. 186.  Jede Seele ist ein unkörperliches Wesen und ist vom Kör­ per abgetrennt.1 Denn erkennt eine Seele sich selbst, wendet sich ferner alles, was sich selbst erkennt,2 auf sich hin, und ist schließlich das, was sich auf sich hinwendet, weder Körper – denn kein Körper wen-

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II.  Die metaphysischen Bereiche

ἐστι, πᾶν γὰρ σῶμα πρὸς ἑαυτὸ ἀνεπίστροϕον, οὔτε σώμα­ τος ἀχώριστον, καὶ γὰρ τὸ σώματος ἀχώριστον οὐ πέϕυκε πρὸς ἑαυτὸ ἐπιστρέϕειν, χωρίζοιτο γὰρ ἂν ταύτῃ σώματος· π᾵σα181 ἄρα ψυχὴ οὔτε σωματική ἐστιν οὐσία οὔτε σώματος ἀχώριστος. ἀλλὰ μὴν ὅτι γινώσκει ἑαυτήν, ϕανερόν· εἰ γὰρ καὶ τὰ ὑπὲρ αὐτὴν γινώσκει, καὶ ἑαυτὴν πέϕυκε γινώσκειν πολλῷ μειζόνως, 〈ὡς 〉182 ἀπ' αἰτίων τῶν πρὸ αὐτῆς γινώσκουσα ἑαυ­ τήν. 187.  Πᾶσα ψυχὴ ἀνώλεϑρός ἐστι καὶ ἄϕϑαρτος.

πᾶν γὰρ τὸ ὁπωσοῦν διαλύεσϑαι καὶ ἀπόλλυσϑαι δυνάμενον ἢ σωματικόν ἐστι καὶ σύνϑετον ἢ ἐν ὑποκειμένῳ τὴν ὑπό­ στασιν ἔλαχε· καὶ τὸ μὲν διαλυόμενον, ὡς ἐκ πολλῶν ὑπάρχον, ϕϑείρεται, τὸ δὲ ἐν ἑτέρῳ εἶναι πεϕυκὸς τοῦ ὑποκειμένου χω­ρι­ζόμενον ἀϕανίζεται εἰς τὸ μὴ ὄν. ἀλλὰ μὴν ἡ ψυχὴ καὶ ἀσώματός ἐστι καὶ ἔξω παντὸς ὑποκειμένου, ἐν ἑαυτῇ οὖσα καὶ πρὸς ἑαυτὴν ἐπιστρέϕουσα. ἀνώλεϑρος ἄρα ἐστὶ καὶ ἄϕϑαρτος. 188.  Πᾶσα ψυχὴ καὶ ζωή ἐστι καὶ ζῶν.

ᾧ γὰρ ἂν παραγένηται ψυχή, τοῦτο ζῇ ἐξ ἀνάγκης, καὶ τὸ ψυχῆς ἐστερημένον ζωῆς εὐϑὺς ἄμοιρον ἀπολείπεται. ἢ οὖν διὰ ψυχὴν ζῇ ἢ δι' ἄλλο τι καὶ οὐ διὰ ψυχήν. ἀλλὰ δι' ἄλλο τι μόνον, ἀδύνατον· πᾶν γὰρ τὸ μετεχόμενον ἢ ἑαυτὸ ἢ ἑαυ­ τοῦ τι τῷ μετέχοντι δίδωσι, μηδέτερον δὲ πάσχον,183 οὐδ' ἂν μετ­έχοιτο· ψυχὴ δὲ μετέχεται ὑπ' ἐκείνου, ᾧ ἂν παρῇ, καὶ ἔμψυχον ἐκεῖνο λέγεται τὸ τῆς184 ψυχῆς μετέχον. εἰ οὖν ζωὴν ἐπιϕέρει τοῖς ἐμψύχοις, ἢ ζωή ἐστιν ἢ ζῶν μόνον ἢ τὸ συνάμϕω, ζωὴ ἅμα καὶ ζῶν. ἀλλ' εἰ μὲν ζῶν μόνον, οὐκέτι δὲ ζωή, ἔσται ἐκ ζωῆς καὶ μὴ ζωῆς· οὐκ ἄρα γινώσκει ἑαυτὴν οὐδὲ ἐπιστρέϕεται πρὸς ἑαυτήν· ζωὴ γὰρ ἡ γνῶσις, καὶ τὸ γνωστικὸν ᾗ τοιοῦτον ζῇ· εἰ οὖν τι ἐν αὐτῇ

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πᾶσα :  D. ἡ μειζόνως, 〈ὡς〉 (mit von Moerbeke :  magis, tanquam) :  D. μειζόνως 183 πάσχον :  D. παρέχον 184 τῆς :  von D. ausgelassen 182

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Von der Seele

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det sich auf sich selbst hin – noch vom Körper ungetrennt – denn es liegt nicht in der Natur von dem, was vom Körper ungetrennt ist, sich auf sich hinzuwenden, es würde sich so nämlich vom Körper trennen –,3 dann ist folglich jede Seele weder ein körperliches Wesen noch vom Körper ungetrennt. Aber daß die Seele sich selbst erkennt, leuchtet ein, denn erkennt sie, was über ihr liegt, dann ist es ihr erst recht natürlich, sich selbst zu erkennen, indem sie sich selbst als aus den vorhergehenden Ursachen stammend erkennt.4 187.  Jede Seele ist unzerstörbar und unvergänglich.1 Denn alles, das sich wie auch immer auflösen und zerstören läßt, ist entweder körperlich und zusammengesetzt oder hat das Bestehen in einem Unterliegenden.2 Das eine vergeht, da es aus vielem besteht, wenn es sich auflöst, das andere, das seiner Natur nach in anderem ist, verschwindet ins Nichtsein, wenn es von diesem Unterliegenden getrennt wird.3 Aber die Seele ist in der Tat unkörperlich und außerhalb jedes Unterliegenden, indem sie in sich selbst ist und sich auf sich selbst hinwendet. Sie ist folg­ lich unzerstörbar und unvergänglich. 188.  Jede Seele ist Leben und Lebendes.1 Denn das, wo Seele hinzukommt, ist notwendig lebend, und das, was der Seele beraubt wird, bleibt sofort des Lebens unteilhaft zurück. Es lebt also entweder durch Seele oder durch etwas anderes und nicht durch Seele. Daß es jedoch nur durch etwas anderes lebt, ist unmöglich. Alles, an dem teilgenommen wird, spendet dem Teilhabenden nämlich entweder sich selbst oder etwas von sich, und erfährt es keines dieser beiden, dann kann an ihm auch nicht teilgenommen werden. Es wird aber an Seele von demjenigen teilgenommen, dem sie gegenwärtig ist, und beseelt heißt das, was an der Seele teilhat.2 Wenn Seele also Leben an die Beseelten heranführt, dann ist sie entweder Leben oder nur Lebendes oder beides zusammen, das heißt Leben und zugleich auch Lebendes. Ist sie erstens jedoch nur Lebendes und nicht mehr Leben, muß sie aus Leben und Nichtleben bestehen. Dann erkennt sie also nicht sich selbst und wendet sich auch nicht auf sich selbst hin. Erkenntnis ist nämlich Leben, und das Erkennende als solches ist lebend. Ist

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II.  Die metaphysischen Bereiche

ἄζων ἐστί, τοῦτο οὐκ ἔχει καϑ' αὑτὸ τὴν τοῦ γινώσκειν δύναμιν. εἰ δὲ ζωὴ μόνον ἐστίν, οὐκέτι μεϑέξει τῆς νοερᾶς ζωῆς· τὸ γὰρ ζωῆς μετέχον ζῶν ἐστι καὶ οὐ ζωὴ μόνον· ζωὴ γὰρ μόνον ἡ πρώτη καὶ ἀμέϑεκτος, ἡ δὲ μετ' ἐκείνην ζῶν ἅμα καὶ ζωή· ψυχὴ δὲ οὐκ ἔστιν ἡ ἀμέϑεκτος ζωή. ἅμα ἄρα ζωή ἐστι καὶ ζῶν ἡ ψυχή.

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189.  Πᾶσα ψυχὴ αὐτόζως ἐστίν.

εἰ γὰρ ἐπιστρεπτικὴ πρὸς ἑαυτήν, τὸ δὲ πρὸς ἑαυτὸ ἐπι­ στρεπτικὸν πᾶν αὐϑυπόστατον, καὶ ἡ ψυχὴ ἄρα αὐϑυπόστατος καὶ ἑαυτὴν ὑϕίστησιν. ἀλλὰ μὴν καὶ ζωή ἐστι καὶ ζῶν, καὶ ἡ ὕπαρξις αὐτῆς κατὰ τὸ ζωτικόν· καὶ γὰρ οἷς ἂν παρῇ ζωῆς μεταδίδωσιν αὐτῷ τῷ εἶναι, κἂν ᾖ τὸ μετέχον ἐπιτήδειον, εὐϑὺς ἔμψυχον γίνεται καὶ ζῶν, οὐ λογισαμένης τῆς ψυχῆς καὶ προελομένης, οὐδὲ λογισμῷ καὶ κρίσει ζωοποιούσης, ἀλλ' αὐτῷ τῷ εἶναι ὅ ἐστι τὴν ζωὴν τῷ μεϑεκτικῷ χορηγούσης. τὸ ἄρα εἶναι αὐτῆς ταὐτὸν τῷ ζῆν. εἰ οὖν τὸ εἶναι παρ' ἑαυτῆς ἔχει, τοῦτο δὲ τῷ ζῆν ταὐτὸν καὶ ἔχει κατ' οὐσίαν τὸ ζῆν, καὶ τὴν ζωὴν ἂν ἑαυτῇ παρέχοι καὶ παρ' ἑαυτῆς ἔχοι· εἰ δὲ τοῦτο, αὐτόζως ἂν εἴη ἡ ψυχή.

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190.  Πᾶσα ψυχὴ μέση τῶν ἀμερίστων ἐστὶ καὶ τῶν περὶ

τοῖς σώμασι μεριστῶν. εἰ γὰρ αὐτόζως ἐστὶ καὶ αὐϑυπόστατος καὶ χωριστὴν ἔχει σωμάτων τὴν ὕπαρξιν, ἐξῄρηται, κρείττων οὖσα, τῶν με­ρι­ στῶν πάντων περὶ τοῖς σώμασιν· ἐκεῖνα γὰρ ἀχώριστα πάντῃ τῶν ὑποκειμένων ἐστί, συμμερισϑέντα τοῖς μεριστοῖς ὄγκοις, καὶ ἑαυτῶν μὲν ἐκστάντα καὶ τῆς ἑαυτῶν ἀμερείας, συν­δια­ στάντα δὲ τοῖς σώμασι· κἂν ἐν ζωαῖς ὑϕεστήκῃ, οὐχ ἑαυτῶν

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Von der Seele

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also in der Seele etwas Lebloses, dann besitzt dieses an sich selbst nicht das Vermögen der Erkenntnis. Und ist sie zweitens nur Leben, dann kann sie nicht mehr am gedanklichen Leben teilhaben, denn das, was am Leben teilhat, ist Lebendes und nicht nur Leben. Nur Leben ist nämlich das erste und unteilnehmbare Leben, jedes folgende Leben ist Lebendes und Leben zugleich. Das unteilnehmbare Leben ist nicht Seele.3 Folglich ist Seele Leben und zugleich auch Lebendes. 189.  Jede Seele ist selbstlebend.1 Denn wendet sich eine Seele auf sich selbst hin und ist alles, das sich auf sich selbst hinwendet, selbstbestehend, dann ist folglich auch die Seele selbstbestehend und verleiht ihr selbst Bestehen. Ferner aber ist die Seele sowohl Leben als auch Lebendes2 und besteht ihr Dasein in ihrer Lebendigkeit. Denjenigen, denen die Seele gegenwärtig ist, teilt sie nämlich durch ihr Sein selbst das Leben mit, und ist das Teilhabende dazu veranlagt, wird dies ­sogleich beseelt und lebend, ohne daß die Seele rechnet oder wählt oder mit Überlegung und Entscheidung lebend macht, vielmehr spendet sie durch ihr Sein selbst demjenigen, das teilhaben kann, das Leben.3 Ihr Sein ist folglich mit ihrem Leben identisch. Hat sie ihr Sein nun aus sich selbst, und ist dies Sein mit dem Leben identisch und besitzt sie dieses Leben ihrem Wesen nach, dann schenkt sie auch ihr selbst das Leben und besitzt dieses aus sich. Das heißt, daß die Seele selbstlebend sein muß.4 190.  Jede Seele befindet sich in der Mitte zwischen den Un­ geteilten und den im körperlichen Umkreis Geteilten.1 Denn ist eine Seele selbstlebend und selbstbestehend und ist ihr Dasein vom Körperlichen abgetrennt,2 geht sie, da sie stärker ist, über alle im körperlichen Umkreis Geteilten hinaus. Diese Geteilten sind nämlich in jeder Hinsicht vom Unterliegenden ungetrennt, sofern sie sich zusammen mit der teilbaren Masse teilen lassen und sofern sie außerhalb ihrer selbst und der eigenen Unteilbarkeit stehen, während sie zusammen mit den Körpern ausgedehnt sind. Auch wenn sie im Leben bestehen, sind sie nicht ihr eigenes Leben, sondern das der Teilhabenden; und

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II.  Die metaphysischen Bereiche

ζωαὶ ὄντα, ἀλλὰ τῶν μετασχόντων, κἂν ἐν οὐσίᾳ καὶ ἐν εἴδεσιν ὑπάρχῃ, οὐχ ἑαυτῶν ὄντα εἴδη, ἀλλὰ τῶν εἰδοπεποιημένων. εἰ δὲ μὴ ταῦτα μόνον ἐστὶν ἡ ψυχή, οὐσία αὐϑυπόστατος καὶ ζωὴ αὐτόζως καὶ γνῶσις ἑαυτῆς γνωστικὴ καὶ χωριστὴ κατὰ πάντα ταῦτα σωμάτων, ἀλλὰ καὶ μετέχον ζωῆς, εἰ δὲ τοῦτο, καὶ οὐσίας μετέχον, μετέχει δὲ καὶ γνώσεως ἀπ' ἄλλων αἰτίων, δῆλον δὴ ὅτι καταδεεστέρα τῶν ἀμερίστων ἐστίν. ὅτι μὲν οὖν ζωῆς ἀλλαχόϑεν πληροῦται, ἀλλὰ καὶ οὐσίας, εἴπερ ζωῆς,185 δῆλον· πρὸ γὰρ ψυχῆς καὶ ἡ ἀμέϑεκτος ζωὴ καὶ ἡ ἀμέϑεκτος οὐσία. ὅτι δὲ καὶ τὸ πρώτως γνωστικὸν οὐκ ἔστι, ϕανερόν, εἴπερ καϑὸ μὲν ψυχὴ πᾶσα ζῇ, οὐ καϑὸ δὲ ψυχὴ πᾶσα γνῶσιν ἔχει· καὶ γὰρ ἀγνοεῖ τὰ ὄντα ψυχή τις, μένουσα ψυχή. οὐκ ἄρα πρώτως ἐστὶ γνωστικὸν οὐδὲ αὐτῷ τῷ εἶναι γνῶσίς ἐστι. δευτέραν ἄρα τὴν οὐσίαν ἔχει τῶν πρώτως καὶ αὐτῷ τῷ εἶναι γνωστικῶν. ἐπεὶ δὲ ταύτης τὸ εἶναι διῄρηται τῆς γνώσεως, οὐκ ἄρα τῶν ἀμερίστων ἐστὶν ἡ ψυχή. δέδεικται δὲ ὅτι οὐδὲ τῶν περὶ τοῖς σώμασι μεριστῶν. μέση ἄρα ἀμϕοτέρων ἐστίν. 191.  Πᾶσα ψυχὴ μεϑεκτὴ τὴν μὲν οὐσίαν αἰώνιον ἔχει, τὴν

δὲ ἐνέργειαν κατὰ χρόνον. ἢ γὰρ ἄμϕω αἰωνίως ἕξει ἢ ἄμϕω κατὰ χρόνον ἢ τὸ μὲν αἰωνίως, τὸ δὲ κατὰ χρόνον. ἀλλ' οὔτε ἄμϕω αἰωνίως· ἔσται γὰρ ἀμέριστος οὐσία καὶ οὐδὲν διοίσει τῆς νοερᾶς ὑποστά­ σεως ἡ ψυχῆς ϕύσις, τῆς ἀκινήτου ἡ αὐτοκίνητος· οὔτε ἄμϕω κατὰ χρόνον, εἴη γὰρ ἂν γενητὴ μόνον καὶ οὔτε αὐτόζως οὔτε αὐ­ϑυ­πό­στα­τος· οὐδὲν γὰρ τῶν ὑπὸ χρόνου κατ' οὐσίαν μετρου­μένων αὐϑυπόστατον· ἡ δὲ ψυχὴ αὐϑυπόστατος, τὸ γὰρ

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εἴπερ ζωῆς :  D. εἴπερ καὶ ζωῆς



Von der Seele

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auch wenn sie im Wesen und in den Formen bestehen, sind dies nicht ihre eigenen Formen, sondern die der Form gebildeten.3 Ist die Seele nicht nur dies, das heißt selbstbestehendes Wesen, selbstlebendes Leben, selbsterkennende Erkenntnis4 und in all diesen Hinsichten vom Körperlichen abgetrennt, sondern hat sie auch am Leben, das heißt auch am Wesen, teil und hat sie außer­ dem an der von anderen Ursachen stammenden Erkenntnis teil, dann ist klar, daß sie schwächer als die Ungeteilten ist. Daß sie tatsächlich von anderswoher mit Leben erfüllt wird – wenn aller­ dings mit Leben, dann auch mit Wesen –, ist klar, denn vor der Seele besteht das unteilnehmbare Leben und das un­teil­nehm­ bare Wesen.5 Und daß die Seele nicht das zuerst Erkennende ist, ist daraus ersichtlich, daß jede Seele als Seele zwar lebt, aber nicht als Seele auch Erkenntnis hat. Manche Seelen haben näm­ lich keine Erkenntnis der Seienden und bleiben dennoch Seele. Die Seele ist folglich nicht das zuerst Erkennende, und ihre Erkenntnis ist nicht durch ihr Sein selbst. Sie hat folglich ein Wesen, das hinsichtlich derjenigen, die zuerst und durch ihr Sein selbst erkennen, später ist. Weil das Sein der Seele von ihrem Erkennen unterschieden ist, gehört folglich die Seele nicht den Ungeteilten an.6 Daß sie auch nicht den im körperlichen Umkreis Geteilten angehört, ist schon gezeigt. Folglich ist die Seele in der Mitte zwischen beiden. 191.  Jede teilnehmbare Seele hat zwar ein ewiges Wesen, aber eine Tätigkeit in der Zeit.1 Denn eine solche Seele wird entweder beides in ewiger Weise haben oder beides in der Zeit oder das eine in ewiger Weise, das andere in der Zeit. Sie hat allerdings nicht beides in e­ wiger Weise, denn sonst müßte sie ein ungeteiltes Wesen sein und könnte sich die Natur der Seele vom gedanklichen Bestehen – das heißt die selbstbewegende Natur vom bewegungslosen Bestehen  – in nichts unterscheiden.2 Auch hat sie nicht beides in der Zeit, denn dann wäre sie nur geworden und weder selbstlebend noch selbstbestehend; nichts, das hinsichtlich seines Wesens von der Zeit gemessen wird, ist nämlich selbstbestehend. Aber die Seele ist selbstbestehend, denn das, was sich in seiner Tätigkeit auf

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II.  Die metaphysischen Bereiche

κατ' ἐνέργειαν πρὸς ἑαυτὸ ἐπιστρέϕον καὶ κατ' οὐσίαν ἐπι­ στρεπτικόν ἐστι πρὸς ἑαυτὸ καὶ ἀϕ' ἑαυτοῦ προιόν. λείπεται ἄρα τῇ μὲν αἰώνιον εἶναι ψυχὴν πᾶσαν, τῇ δὲ χρόνου μετέχουσαν· ἢ οὖν κατ' οὐσίαν αἰώνιός ἐστι, κατ' ἐν­ έρ­γειαν δὲ χρόνου μέτοχος, ἢ ἔμπαλιν· ἀλλὰ τοῦτο ἀδύνατον. πᾶσα ἄρα ψυχὴ μεϑεκτὴ τὴν μὲν οὐσίαν αἰώνιον ἔλαχε, τὴν δὲ ἐνέργειαν κατὰ χρόνον.

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192.  Πᾶσα ψυχὴ μεϑεκτὴ τῶν ἀεὶ186 ὄντων ἐστὶ καὶ πρώτη

τῶν γενητῶν. εἰ γὰρ αἰώνιός ἐστι κατ' οὐσίαν, ὄντως ὄν ἐστι κατὰ τὴν ὕπαρξιν καὶ ἀεὶ ὄν· τὸ γὰρ αἰῶνος μετέχον τοῦ ἀεὶ εἶναι μετ­εί­ ληϕεν. εἰ δὲ κατὰ τὴν ἐνέργειάν ἐστιν ἐν χρόνῳ, γενητή ἐστι· πᾶν γὰρ τὸ χρόνου μετέχον, γινόμενον ἀεὶ κατὰ τὸ πρότερον καὶ ὕστερον τοῦ χρόνου, καὶ οὐχὶ ἅμα ὅ ἐστιν ὂν ὅλον, γενητόν ἐστιν. εἰ δέ πῃ γενητή ἐστι πᾶσα ψυχὴ κατ' ἐν­έργειαν, πρώτη ἂν εἴη τῶν γενητῶν· τὸ γὰρ πάντῃ γενητὸν πορ­ρω­τέρω τῶν αἰωνίων. 193.  Πᾶσα ψυχὴ προσεχῶς ἀπὸ νοῦ ὑϕέστηκεν.

εἰ γὰρ ἀμετάβλητον ἔχει τὴν οὐσίαν καὶ αἰώνιον, ἀπὸ ἀκι­ νή­του πρόεισιν οὐσίας·187 τὸ γὰρ ἀπὸ κινουμένης προιὸν οὐ­ σίας,188 πάντα189 μεταβάλλει κατὰ τὴν οὐσίαν. ἀκίνητον ἄρα τὸ τῆς ψυχῆς πάσης αἴτιον. εἰ δὲ προσεχῶς ὑπὸ νοῦ τελειοῦται, καὶ ἐπιστρέϕεται πρὸς νοῦν, καὶ εἰ μετέχει τῆς γνώσεως, ἣν ὁ νοῦς δίδωσι τοῖς μετέχειν δυναμένοις, πᾶσα γὰρ γνῶσις ἀπὸ νοῦ πᾶσίν ἐστιν οἷς ἐστι νοῦς,190 εἰς ὃ δὲ πάντα ἐπιστρέϕεται κατὰ ϕύσιν, ἀπὸ τούτου καὶ τὴν πρόοδον ἔχει κατ' οὐσίαν, πᾶσα ἄρα ψυχὴ ἀπὸ νοῦ πρόεισιν.

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τῶν ἀεὶ :  D. τῶν τε ἀεὶ οὐσίας :  D. αἰτίας 188 οὐσίας :  D. αἰτίας 189 πάντα :  D. schreibt πᾶν 190 ἐστι νοῦς :  D. ἐστιν 187



Von der Seele

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sich selbst hinwendet, wendet sich auch in seinem Wesen auf sich selbst hin und tritt aus sich selbst hervor.3 Es bleibt folglich nur übrig, daß jede Seele in der einen Hinsicht ewig ist, in der anderen jedoch an der Zeit teilhat. Sie ist also entweder in ihrem Wesen ewig, während sie in ihrer Tätig­ keit an der Zeit teilhat, oder umgekehrt. Letzteres jedoch ist unmöglich.4 Jede teilnehmbare Seele besitzt folglich ein ewiges Wesen, aber eine Tätigkeit in der Zeit. 192.  Jede teilnehmbare Seele gehört den Immerseienden an und ist erstes der Werdenkönnenden.1 Denn ist eine solche Seele ihrem Wesen nach ewig, dann ist sie ihrem Dasein nach wirklich Seiendes und immerseiend.2 Was an Ewigkeit teilhat, ist nämlich des Immerseins teilhaft. Ist ferner eine Seele ihrer Tätigkeit nach in der Zeit, ist sie werdenkönnend. Alles, was an der Zeit teilhat, ist nämlich in der Abfolge der Zeit immerwerdend, und indem es nicht das, was es ist, als Ganzes zugleich ist, ist es werdenkönnend.3 Ist jede Seele in einer Hinsicht werdenkönnend, das heißt in der ihrer Tätigkeit, dann muß sie erstes der Werdenkönnenden sein. Das in allen Hinsichten Werdenkönnende steht den Ewigen nämlich ferner. 193.  Jede Seele besteht direkt vom Denkvermögen her.1 Denn hat sie ein unveränderliches und ewiges Wesen, dann tritt sie aus einem bewegungslosen Wesen hervor. Was nämlich aus einem beweglichen Wesen hervortritt, ist in seinem Wesen in allen Hinsichten veränderlich.2 Folglich ist jeder Seele Ursache bewegungslos. Und wird die Seele direkt vom Denkvermögen vervollkommnet, dann wendet sie sich auch auf dieses hin; hat sie ferner an der Erkenntnis teil, die das Denkvermögen all dem­ jenigen gibt, das teilzuhaben vermag – denn für dasjenige, dem Denkvermögen gegenwärtig ist, gilt, daß alle Erkenntnis vom Denkvermögen stammt –, und hat zudem ein jedes von dem, worauf es sich seiner Natur nach hinwendet, auch das wesent­ liche Hervortreten, dann tritt folglich jede Seele aus dem Denkvermögen hervor.3

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II.  Die metaphysischen Bereiche

194.  Πᾶσα ψυχὴ πάντα ἔχει τὰ εἴδη, ἃ ὁ νοῦς πρώτως ἔχει.

εἰ γὰρ ἀπὸ νοῦ πρόεισι καὶ νοῦς ὑποστάτης ψυχῆς καὶ αὐτῷ τῷ εἶναι, ἀκίνητος ὤν, πάντα ὁ νοῦς παράγει, δώσει τῇ191 ψυχῇ τῇ ὑϕισταμένῃ τῶν ἐν αὐτῷ πάντων οὐσιώδεις λόγους· πᾶν γὰρ τὸ τῷ εἶναι ποιοῦν ὅ ἐστι πρώτως, τοῦτο τῷ γινομένῳ δευτέρως μεταδίδωσι.192 τῶν νοερῶν ἄρα εἰδῶν ψυχὴ δευτέρως ἔχει τὰς ἐμϕάσεις.

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195.  Πᾶσα ψυχὴ πάντα ἐστὶ τὰ πράγματα, παραδειγματι­

κῶς μὲν τὰ αἰσϑητά, εἰκονικῶς δὲ τὰ νοητά. μέση γὰρ οὖσα τῶν ἀμερίστων καὶ τῶν περὶ τὸ σῶμα με­ρι­ στῶν, τὰ μὲν παράγει καὶ ὑϕίστησι, τὰ δὲ αἴτια προεστήσατο ἑαυτῆς ἀϕ' ὧν προελήλυϑεν. ὧν μὲν οὖν αἰτία προυπάρχει, ταῦτα προείληϕε παραδειγματικῶς, ἀϕ' ὧν δὲ ὑπέστη, ταῦτα κατὰ μέϑεξιν ἔχει καὶ ὡς γεννήματα τῶν πρώτων. τὰ μὲν ἄρα αἰσϑητὰ πάντα κατ' αἰτίαν προείληϕε, καὶ τοὺς λόγους τῶν ἐνύλων ἀύλως καὶ τῶν σωματικῶν ἀσωμάτως καὶ τῶν διαστατῶν ἀδιαστάτως ἔχει· τὰ δὲ νοητὰ εἰκονικῶς, καὶ τὰ εἴδη τὰ ἐκείνων μεριστῶς μὲν τῶν ἀμερίστων, πεπληϑυσμένως δὲ τῶν ἑνιαίων, αὐτοκινήτως δὲ τῶν ἀκινήτων, ὑπεδέξατο. πάντα ἄρα ἐστὶ τὰ ὄντα, τὰ μὲν κατὰ μέϑεξιν, τὰ πρῶτα, τὰ δὲ παραδειγματικῶς, τὰ μετ' αὐτήν.

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196.  Πᾶσα ψυχὴ μεϑεκτὴ σώματι χρῆται πρώτῳ ἀιδίῳ καὶ

ἀγένητον ἔχοντι τὴν ὑπόστασιν καὶ ἄϕϑαρτον. εἰ γὰρ πᾶσα ψυχὴ κατ' οὐσίαν ἐστὶν ἀίδιος καὶ αὐτῷ τῷ εἶναι πρώτως ψυχοῖ τι τῶν σωμάτων, ἀεὶ αὐτὸ ψυχοῖ· τὸ γὰρ εἶναι πάσης ψυχῆς ἀμετάβλητον. εἰ δὲ τοῦτο, καὶ τὸ ψυχού­

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δώσει τῇ :  D. δώσει καὶ τῇ μεταδίδωσι :  D. ἐνδίδωσι



Von der Seele

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194.  Jede Seele besitzt alle Formen, die das Denkvermögen zuerst besitzt.1 Denn tritt die Seele aus dem Denkvermögen hervor, verleiht Denkvermögen der Seele das Bestehen, und bringt das Denkvermögen, das selbst bewegungslos ist, alles durch das Sein selbst hervor,2 dann muß es der Seele, der es das Bestehen verleiht, die in ihm enthaltenen wesentlichen Strukturen von allem geben. Alles, was durch das Sein selbst schafft, übergibt dasjenige, das es selbst zuerst ist, auf die Weise des Späteren dem Entstehenden.3 Die Seele besitzt folglich auf die Weise des Späteren die Abspiegelungen der gedanklichen Formen. 195.  Jede Seele ist alle Dinge, die wahrnehmbaren als Vorbild, die denkbaren als Abbild.1 Denn indem die Seele in der Mitte zwischen den Ungeteilten und den in Beziehung auf den Körper Geteilten ist, bringt sie einerseits letztere hervor und verleiht ihnen das Bestehen und zeigt sie anderseits die Ursachen von sich selbst auf, aus denen sie hervorgetreten ist. Dasjenige, dem die Seele als Ur­sache vorhergeht, umfaßt die Seele bereits als Vorbild vorher, aber das­ jenige, von dem aus sie besteht, hat sie der Teilhabe gemäß, das heißt als Erzeugnis der Ersten. Folglich umfaßt die Seele alles Wahrnehmbare schon als Ursache vorher und besitzt sie die Strukturen des Materiellen immateriell, die des Körperlichen unkörperlich und die des Ausgedehnten unausgedehnt.2 Sie hat das Denkbare jedoch als Abbild angenommen, und sie hat die Formen jenes Denkbaren, und zwar die des ungeteilten, geteilt, die des einigen vervielfältigt und die des bewegungslosen selbstbewegend angenommen. Die Seele ist folglich alle Seienden, die einen, das heißt die ersten, als Teilhabe und die anderen, das heißt die auf die Seele folgenden, als Vorbild.3 196.  Jede teilnehmbare Seele bedient sich eines ersten, immer­ währenden Körpers, der ein ungewordenes und unvergängliches Bestehen hat.1 Denn ist jede Seele ihrem Wesen nach immerwährend und beseelt sie durch ihr Sein selbst irgendeinen Körper, dann beseelt sie ihn immer. Jeder Seele Sein ist nämlich unveränderlich.2 Das heißt auch, daß das, was beseelt wird, immer beseelt wird

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II.  Die metaphysischen Bereiche

μενον ἀεὶ ψυχοῦται καὶ ἀεὶ μετέχει ζωῆς· τὸ δὲ ἀεὶ ζῶν πολλῷ πρότερον ἀεὶ ἔστι, τὸ δὲ ἀεὶ ὂν ἀίδιον. τὸ ἄρα πρώτως ἔμ­ψυχον σῶμα καὶ πρώτως ἐξημμένον ἑκάστης193 ψυχῆς ἀί­ διόν ἐστιν. ἀλλὰ μὴν πᾶσα μεϑεκτὴ ψυχὴ ὑπὸ σώματός τινος μετέχεται πρώτως, εἴπερ καὶ μεϑεκτή ἐστιν, ἀλλ' οὐκ ἀμέ­ ϑεκτος, καὶ αὐτῷ τῷ εἶναι ψυχοῖ τὸ μετέχον. πᾶσα ἄρα ψυχὴ μετ­εχομένη σώματι χρῆται πρώτῳ ἀιδίῳ καὶ ἀγενήτῳ καὶ ἀϕϑάρτῳ κατὰ τὴν οὐσίαν. 197.  Πᾶσα ψυχὴ οὐσία ἐστὶ ζωτικὴ καὶ γνωστική, καὶ ζωὴ

οὐσιώδης καὶ γνωστική, καὶ γνῶσις ὡς οὐσία καὶ ζωή· καὶ ἅμα ἐν αὐτῇ πάντα, τὸ οὐσιῶδες, τὸ ζωτικόν, τὸ γνωστικόν· καὶ πάντα ἐν πᾶσι καὶ χωρὶς ἕκαστον. εἰ γὰρ μέση τῶν ἀμερίστων ἐστὶ καὶ τῶν περὶ σῶμα με­ ρι­ζομένων εἰδῶν, οὔτε οὕτως ἀμέριστός ἐστιν, ὡς τὰ νοερὰ πάντα, οὔτε οὕτω μεριστή, ὡς τὰ σωματοειδῆ. διῃρημένων οὖν ἐν τοῖς σωματικοῖς τῶν οὐσιῶν καὶ ζωῶν καὶ γνώσεων, ἀμερίστως ἐστὶν ἐν ψυχαῖς ταῦτα καὶ ἡνωμένως καὶ ἀσω­μά­ τως· καὶ ὁμοῦ πάντα διὰ τὴν ἀυλίαν καὶ τὴν ἀμέρειαν· καὶ ἐν τοῖς νοεροῖς πάντων καϑ' ἕνωσιν ὄντων, διακέκριται ἐν ψυχαῖς καὶ μεμέρισται. πάντα ἄρα καὶ ὁμοῦ καὶ χωρίς, εἰ δὲ ὁμοῦ καὶ ἐν ἑνὶ πάντα ἀμερεῖ, δι' ἀλλήλων πεϕοίτηκε, καὶ εἰ χωρίς, διῄρηται πάλιν ἀσυγχύτως· ὥστε καὶ ἐϕ' ἑαυτοῦ ἕκαστον καὶ πάντα ἐν πᾶσι. καὶ γὰρ ἐν τῇ οὐσίᾳ ἡ ζωὴ καὶ ἡ γνῶσις, εἰ γὰρ μή, οὐ γνώσεται πᾶσα ἑαυτήν, εἴπερ ἡ οὐσία ἡ ἄζως καὶ γνώσεως ἐστέρηται καϑ' αὑτήν· καὶ ἐν τῇ ζωῇ ἥ τε οὐσία καὶ ἡ γνῶ­ σις, ἡ γὰρ ἀνούσιος ζωὴ καὶ ἡ ἄνευ γνώσεως, ταῖς ἐνύλοις προσήκει ζωαῖς, αἳ μήτε γινώσκειν ἑαυτὰς δύνανται, μήτε οὐσίαι εἰσὶν εἰλικρινεῖς· καὶ ἡ γνῶσις ἡ ἀνούσιος καὶ ἄζως ἀνυπόστατος· πᾶσα γὰρ γνῶσις καὶ ζῶντός ἐστι καὶ οὐσίαν καϑ' αὑτὸ λαχόντος.

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ἑκάστης :  von D. ausgelassen

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Von der Seele

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und immer am Leben teilhat. Und das, was immer lebt, ist erst recht immer, und das, was immer ist, ist immerwährend. Der zuerst beseelte und je zuerst von einer Seele abhängige Körper ist folglich immerwährend. Ferner wird an jeder teilnehmbaren Seele zuerst von irgendeinem Körper teilgenommen, indem sie teilnehmbar und eben nicht unteilnehmbar ist; zudem beseelt die Seele den teilhabenden Körper durch ihr Sein selbst. Folglich bedient sich jede Seele, an der teilgenommen wird, eines ersten, seinem Wesen nach immerwährenden, ungewordenen und unvergänglichen Körpers. 197.  Jede Seele ist lebendiges und erkennendes Wesen, we­ sentliches und erkennendes Leben und als Wesen und Leben Erkenntnis; in der Seele ist alles zugleich, das Wesentliche, das Lebendige, das Erkennende, und in ihr sind alle in allen und ist jedes getrennt.1 Denn befindet sich die Seele in der Mitte zwischen den Ungeteilten und den in bezug auf den Körper geteilt werdenden Formen, dann ist sie weder so ungeteilt wie alles Gedankliche noch so geteilt wie das Körperhafte.2 Während nun Wesen, Leben und Erkenntnis im Körperlichen abgesondert sind, sind sie in der Seele auf ungeteilte, vereinte und unkörperliche Weise; sie sind durch die Immaterialität und Teillosigkeit der Seele alle beisammen. Und während sie im Gedanklichen alle als Vereinung sind, sind sie in den Seelen unterschieden und geteilt. Sie sind folglich sowohl alle zusammen als auch getrennt. Und sind sie alle in einem zusammen, das eins und teillos ist, dann durchdringen sie einander; und sind sie getrennt, dann sind sie wiederum unvermischt abgesondert. So ergibt sich, daß sowohl jedes für sich selbst als auch alle in allen sind. Ferner sind im Wesen der Seele das Leben und die Erkenntnis, sonst nämlich könnte nicht jede Seele sich selbst erkennen, da ja ein lebloses Wesen an sich auch der Erkenntnis beraubt ist. Im Leben der Seele sind ferner das Wesen und die Erkenntnis, denn Leben, das unwesentlich und ohne Erkenntnis ist, kommt solchem Leben zu, das materiell ist und weder sich selbst erkennen kann noch reines Wesen ist. Unwesentliche und leblose Erkenntnis ist schließlich ohne Bestehen, denn alle Erkenntnis gehört einem, das lebt und an sich ein Wesen besitzt.

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II.  Die metaphysischen Bereiche

198.  Πᾶν τὸ χρόνου μετέχον, ἀεὶ δὲ κινούμενον, περιόδοις

μετρεῖται. διότι μὲν γὰρ χρόνου μετέχει, μέτρου καὶ ὅρου μετείληϕεν ἡ κίνησις καὶ κατ' ἀριϑμὸν πορεύεται. διότι δὲ ἀεὶ κινεῖται, καὶ τὸ ἀεὶ τοῦτο οὐκ αἰώνιόν ἐστιν, ἀλλὰ χρονικόν, ἀνάγκη χρῆσϑαι περιόδοις· ἡ μὲν γὰρ κίνησις μεταβολή τίς ἐστιν ἀϕ' ἑτέρων εἰς ἕτερα, τὰ δὲ ὄντα ὥρισται καὶ τοῖς πλήϑεσι καὶ τοῖς μεγέϑεσι· τούτων δὲ ὡρισμένων, οὔτε κατ' εὐϑεῖαν ἄπειρ­ ον ἡ μετάβασίς ἐστιν, οὔτε τὸ ἀεὶ κινούμενον πεπερασμένως μεταβαίνειν δυνατόν. ἀπὸ τῶν αὐτῶν ἄρα ἐπὶ τὰ αὐτὰ πάλιν ἥξει τὸ ἀεὶ κινούμενον, ὥστε ποιῆσαι περίοδον.

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199.  Πᾶσα ψυχὴ ἐγκόσμιος περιόδοις χρῆται τῆς οἰκείας

ζωῆς καὶ ἀποκαταστάσεσιν. εἰ γὰρ ὑπὸ χρόνου μετρεῖται καὶ μεταβατικῶς ἐνεργεῖ καὶ ἔστιν αὕτη194 ἰδία κίνησις, πᾶν δὲ τὸ κινούμενον καὶ χρόνου μετέχον, ἀίδιον ὄν, χρῆται περιόδοις καὶ περιοδικῶς ἀνακυ­ κλεῖται καὶ ἀπο­καϑίσταται ἀπὸ τῶν αὐτῶν ἐπὶ τὰ αὐτά, δῆλον ὅτι καὶ πᾶσα ψυχὴ ἐγ­κόσμιος, κίνησιν ἔχουσα καὶ ἐν­εργοῦσα κατὰ χρόνον, περι­όδους τε τῶν κινήσεων ἕξει καὶ ἀπο­κατα­ στάσεις· πᾶσα γὰρ περίοδος τῶν ἀιδίων ἀποκαταστατική ἐστιν.

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200.  Πᾶσα ψυχῆς περίοδος χρόνῳ μετρεῖται, ἀλλ' ἡ μὲν

τῶν ἄλλων ψυχῶν περίοδος τινὶ χρόνῳ μετρεῖται, ἡ δὲ τῆς πρώτης ὑπὸ χρόνου μετρουμένης τῷ σύμπαντι χρόνῳ. εἰ γὰρ πᾶσαι195 αἱ κινήσεις τὸ πρότερον ἔχουσι καὶ ὕστερον, καὶ αἱ περίοδοι ἄρα· καὶ διὰ τοῦτο χρόνου μετέχουσι. καὶ τὸ μετροῦν ἁπάσας τὰς περιόδους τῶν ψυχῶν χρόνος ἐστίν· ἀλλ' εἰ μὲν αἱ αὐταὶ πασῶν ἦσαν περίοδοι καὶ περὶ τὰ αὐτά, καὶ χρόνος ἂν ἦν πασῶν ὁ αὐτός· εἰ δὲ ἄλλαι ἄλλων ἀπο­κατα­

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αὕτη :  D. schreibt αὐτῆς πᾶσαι :  D. καὶ πᾶσαι

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Von der Seele

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198.  Alles, das an der Zeit teilhat und immer in Bewegung ist, wird durch periodische Umläufe gemessen.1 Denn da es an der Zeit teilhat, ist seine Bewegung des ­Maßes und der Grenze teilhaftig und verläuft der Zahl nach; 2 da es freilich immer in Bewegung ist und dies »immer« nicht ewig, sondern zeitlich ist,3 bedient es sich notwendig der periodischen Umläufe. Seine Bewegung ist nämlich ein bestimmter Wechsel vom einen ins andere, während die Seienden in Vielheit und Größe begrenzt sind; und sind sie begrenzt, verläuft dieser Übergang weder nach einer unendlichen geraden Linie, noch ist es möglich, daß die vom Immerbewegenden erfahrenen Übergänge endlich sind.4 Folglich kehrt das, was immer in Bewegung ist, von denselben zu denselben wieder, woraus sich ergibt, daß es einen periodischen Umlauf beschreibt. 199.  Jede innerweltliche Seele bedient sich der periodischen Umläufe des eigenen Lebens und der Wiederherstellungen.1 Denn hat die Seele die Zeit zum Maß,2 ist ihre Tätigkeit die eines Übergangs und ist diese ihre charakteristische Bewegung; bedient sich ferner alles, was sich bewegt und an der Zeit teil­hat, indem es immerwährend ist, der periodischen Umläufe,3 und durchläuft es periodische Kreisläufe und Wiederherstellungen von denselben zu denselben, dann gilt offenbar auch für jede innerweltliche Seele, daß, indem sie Bewegung hat und in der Zeit tätig ist, die Bewegungen periodische Umläufe und Wiederherstellungen sind. Jeder Umlauf eines Immerwährenden ist nämlich eine Wiederherstellung. 200.  Jeder periodische Umlauf einer Seele hat die Zeit zum Maß. Allerdings hat der Umlauf aller übrigen Seelen eine be­ stimmte Zeit, der der ersten von der Zeit gemessenen Seele jedoch die ganze Zeit zum Maß.1 Denn haben alle Bewegungen eine Abfolge im Sinne von ­früher und später, dann gilt dies folglich auch für die periodischen Umläufe. Diese haben hierdurch an der Zeit teil, und das, was alle Umläufe der Seelen mißt, ist die Zeit.2 Wären dagegen die Umläufe aller Seelen dieselben und umkreisten sie dieselben Pole,3 müßte auch die Zeit aller Seelen dieselbe sein. Ist dagegen die Wiederherstellung aller Seelen stets eine andere, ist auch die

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II.  Die metaphysischen Bereiche

στάσεις, καὶ χρόνος περιοδικὸς ἄλλος ἄλλων καὶ ἀπο­καταστα­ τικός. ὅτι μὲν οὖν ἡ πρώτως ὑπὸ χρόνου μετρουμένη ψυχὴ τῷ σύμπαντι χρόνῳ μετρεῖται, δῆλον· εἰ γὰρ μέτρον ὁ χρόνος κι­νήσεως ἁπάσης, τὸ πρώτως κινούμενον ἔσται παντὸς τοῦ χρόνου μετέχον καὶ ὑπὸ παντὸς μεμετρημένον· μὴ γὰρ τὸ πρώτως μετέχον μετρήσας ὁ σύμπας χρόνος οὐδὲ ἄλλο με­ τρήσει καϑ' ὅλον ἑαυτὸν οὐδέν. ὅτι δὲ καὶ πᾶσαι αἱ ἄλλαι ψυχαὶ μερικωτέροις τοῦ σύμ­­ παντος χρόνου μετροῦνταί μέτροις,196 ϕανερὸν ἐκ τούτων· εἰ γὰρ μερικώτεραι τῆς ψυχῆς εἰσι τῆς πρώτως χρόνου μετεχού­ σης, οὐδὲ χρόνῳ τῷ σύμπαντι τὰς ἑαυτῶν ἐϕαρμόσουσι περι­ όδους, ἀλλ' αἱ πολλαὶ αὐτῶν ἀποκαταστάσεις μέρη ἔσονται μιᾶς περιόδου καὶ ἀποκαταστάσεως, ἣν ἡ χρόνου μετέχουσα πρώτως ἀποκαϑίσταται· τῆς γὰρ ἐλάττονος δυνάμεως ἡ μερ­ ι­κωτέρα μέϑεξις, τῆς δὲ μείζονος ἡ ὁλικωτέρα. ὅλον οὖν τὸ χρονικὸν μέτρον κατὰ μίαν ζωὴν αἱ ἄλλαι ψυχαὶ δέχεσϑαι οὐ πεϕύκασι, τῆς πρώτως τῷ χρόνῳ μετρουμένης197 ὑϕειμένην λαχοῦσαι τάξιν.

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201.  Πᾶσαι αἱ ϑεῖαι ψυχαὶ τριπλᾶς ἔχουσιν ἐνεργείας, τὰς

μὲν ὡς ψυχαί, τὰς δὲ ὡς νοῦν ὑποδεξάμεναι ϑεῖον, τὰς δὲ ὡς ϑεῶν ἐξηρτημέναι· καὶ προνοοῦσι μὲν τῶν ὅλων ὡς ϑεοί, γινώσκουσι δὲ τὰ πάντα κατὰ τὴν νοερὰν ζωήν, κινοῦσι δὲ τὰ σώματα κατὰ τὴν αὐτοκίνητον ὕπαρξιν. διότι γὰρ συμϕυω῀ς μετέχουσι τῶν ὑπερκειμένων καί εἰσιν οὐ ψυχαὶ ἁπλῶς, ἀλλὰ ϑεῖαι ψυχαί, τὴν ἀνάλογον τοῖς ϑεοῖς ἐν τῷ ψυχικῷ πλάτει προστησάμεναι τάξιν, ἐνεργοῦσιν οὐ ψυχικῶς μόνον, ἀλλὰ καὶ ϑείως, τὴν ἀκρότητα τῆς ἑαυτῶν οὐσίας ἔνϑεον λαχοῦσαι. καὶ διότι νοερὰν ὑπόστασιν ἔχουσι, δι' ἣν καὶ ὑπεστρωμέναι ταῖς νοεραῖς οὐσίαις τυγχάνουσιν, ἐνεργοῦσιν οὐ198 ϑείως μόνον, ἀλλὰ καὶ νοερῶς, τὴν μὲν κατὰ τὸ ἓν τὸ ἐν αὐταῖς, τὴν δὲ κατὰ τὸν νοῦν ἱδρύσασαι ἐνέργειαν. τρίτη δὲ αὐταῖς πάρεστιν ἡ κατὰ τὴν ἰδίαν ὕπαρξιν ἐνέργεια,

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μέτροις :  D. τισι μέτροις τῷ χρόνῳ :  D. schreibt 〈ὑπὸ 〉 χρόνου 198 ἐνεργούσιν οὐ :  D. ἐνεργοῦσιν οὖν οὐ 197

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Von der Seele

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Umlaufzeit und die Wiederherstellungszeit jeder Seele je eine andere. Daß nun erstens die zuerst durch Zeit gemessene Seele durch die ganze Zeit gemessen wird, ist klar. Ist die Zeit nämlich das Maß aller Bewegung, dann muß, was zuerst in Bewegung ist, an der ganzen Zeit teilhaben und die ganze Zeit zum Maß haben. Würde nämlich nicht die ganze Zeit das zuerst an ihr Teilhabende gemessen haben, könnte sie auch nichts anderes mit sich selbst als Ganzem messen. Daß zweitens alle übrigen Seelen durch ein Maß gemessen werden, das besonderer als die ganze Zeit ist, erhellt aus folgendem. Sind diese Seelen nämlich besonderer als die zuerst an der Zeit teilhabende Seele, dann kon­gruieren ihre Umläufe auch nicht mit der ganzen Zeit, sondern sind ihre mannigfachen Wiederherstellungen Teile des einen Umlaufs und Wiederherstellens, worin sich die zuerst an der Zeit teilhabende Seele wiederherstellt.4 Einem geringeren Vermögen geziemt nämlich eine besonderere Teilhabe, einem größeren eine allgemeinere. Es liegt also nicht in der Natur der übrigen Seelen, das ganze zeitliche Maß in einem einzigen Leben anzunehmen, da sie hinsichtlich der zuerst durch Zeit gemessenen Seele eine niedrigere Stelle besitzen. 201.  Alle göttlichen Seelen haben eine dreifache Tätigkeit, eine erste nämlich, sofern sie Seelen sind, eine zweite als Seelen, die das göttliche Denkvermögen annehmen, und eine dritte, so­ fern sie von Göttern abhängen; als Götter denken sie das Ganze vorher, ihrem gedanklichen Leben nach erkennen sie alles und als selbstbewegtes Dasein bewegen sie schließlich die Körper.1 Denn weil sie naturgemäß an den Überliegenden teilhaben und nicht Seelen schlechthin, sondern göttliche Seelen sind, da sie auf der seelischen Ebene an einer den Göttern entsprechenden Stelle vorangestellt sind,2 sind sie nicht nur seelisch tätig, sondern auch göttlich tätig, da der Gipfel ihres Wesens vergöttlicht ist. Weil sie ferner ein gedankliches Bestehen haben, durch das sie gerade den gedanklichen Wesen unterbreitet sind,3 sind sie nicht nur göttlich tätig, sondern auch gedanklich tätig, wobei sie die eine Tätigkeit gemäß dem Einen in den Seelen, die andere gemäß ihrem Denkvermögen aufstellen. Die dritte Tätigkeit für die Seelen ist schließlich ihrem eigenen Dasein gemäß und be-

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II.  Die metaphysischen Bereiche

κινητικὴ μὲν ὑπάρχουσα τῶν ϕύσει ἑτεροκινήτων, ζωοποιὸς δὲ τῶν ἐπείσακτον ἐχόντων τὴν ζωήν· πάσης γὰρ ψυχῆς τοῦτό ἐστι τὸ ἴδιον ἐνέργημα, τὰ δὲ ἄλλα κατὰ μέϑεξιν, ὡς τὸ νοεῖν καὶ προνοεῖν. 5

202.  Πᾶσαι ψυχαὶ ϑεῶν ὁπαδοὶ καὶ ἀεὶ ἑπόμεναι ϑεοῖς

κατα­δεέστεραι μέν εἰσι τῶν ϑείων, ὑπερήπλωνται δὲ τῶν με­ρι­κῶν ψυχῶν. αἱ μὲν γὰρ ϑεῖαι καὶ νοῦ μετέχουσι καὶ ϑεότητος, διὸ καὶ νοεραί199 τέ εἰσιν ἅμα καὶ ϑεῖαι· καὶ τῶν ἄλλων ψυχῶν ἡγε­μονοῦσι, καϑόσον καὶ οἱ ϑεοὶ τῶν ὄντων ἁπάντων· αἱ δὲ μερικαὶ ψυχαὶ καὶ τῆς εἰς νοῦν ἀναρτήσεως παρῄρηνται, μὴ δυνάμεναι προσεχῶς τῆς νοερᾶς οὐσίας μετέχειν· οὐδὲ γὰρ ἂν τῆς νοερᾶς ἐνεργείας ἀπέπιπτον κατ' οὐσίαν μετέχουσαι τοῦ νοῦ, καϑάπερ δέδεικται πρότερον. μέσαι ἄρα εἰσὶν αἱ ἀεὶ ϑεοῖς ἑπόμεναι ψυχαί, νοῦν μὲν ὑποδεξάμεναι τέλειον καὶ ταύτῃ τῶν μερικῶν ὑπερϕέρουσαι, οὐκέτι δὲ καὶ ϑείων ἑνάδων ἐξημμέναι· οὐ γὰρ ϑεῖος ἦν ὁ μετεχόμενος ὑπ' αὐτῶν νοῦς.

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203.  Παντὸς τοῦ ψυχικοῦ πλήϑους αἱ μὲν ϑεῖαι ψυχαί, τῇ

δυνάμει μείζους οὖσαι τῶν ἄλλων, συνῄρηνται κατὰ τὸν ἀρι­ ϑμόν, αἱ δὲ ἀεὶ αὐταῖς επόμεναι καὶ τῇ δυνάμει καὶ τῷ ποσῷ μέσην ἔχουσιν ἐν πάσαις τάξιν, αἱ δὲ μερικαὶ τῇ μὲν δυνάμει καταδεέστεραι τῶν ἄλλων εἰσίν, εἰς ἀριϑμὸν δὲ πλείονα προ­ ελη­λύϑασιν. αἱ μὲν γάρ εἰσι τῷ ἑνὶ συγγενέστεραι διὰ τὴν ὕπαρξιν ϑείαν οὖσαν, αἱ δὲ μέσαι διὰ τὴν νοῦ μετουσίαν, αἱ δὲ ἔσχαται κατὰ τὴν τάξιν ἀνομοιώδεις κατὰ τὴν οὐσίαν ταῖς τε μέσαις καὶ ταῖς πρώταις. τὰ δὲ ἐγγυτέρω τοῦ ἑνὸς ἐν τοῖς ἀιδίοις τῶν πορρωτέρων ἀριϑμῷ ἑνικώτερά ἐστι καὶ συνῄρηται κατὰ τὸ

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διὸ καὶ νοεραί :  D. διὸ νοεραί

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wegt einerseits die, die ihrer Natur nach fremdbewegt sind, und macht anderseits die lebend, die ein von außen herangeführtes Leben haben; 4 dies ist nämlich die charakteristische Tätigkeit jeder Seele, während die anderen Tätigkeiten, wie Denken und Vorherdenken, durch Teilhabe sind. 202.  Alle Seelen, die im Gefolge der Götter sind und immer den Göttern folgen, sind zwar schwächer als die göttlichen Seelen, ragen aber an Einfachheit über die besonderen Seelen hinaus.1 Denn die göttlichen Seelen haben sowohl am Denkvermögen als auch an der Gottheit teil – weshalb sie auch zugleich gedanklich und göttlich sind – und gehen den anderen Seelen vorher,2 gleichwie auch die Götter allen Seienden vorhergehen. Hingegen sind die besonderen Seelen sogar der Abhängigkeit vom Denkvermögen entrissen, weil sie nicht unmittelbar am gedanklichen Wesen teilhaben können; sie wären nämlich, wie früher gezeigt wurde, nicht von der gedanklichen Tätigkeit abgefallen, hätten sie ihrem Wesen nach am Denkvermögen teil.3 Folglich sind die Seelen, die den Göttern immer folgen, in der Mitte zwischen beiden und sind sie einerseits für das vollkommene Denkvermögen empfänglich und gehen in dieser Hinsicht über die besonderen Seelen hinaus, während sie anderseits nicht mehr auch mit den göttlichen Henaden verbunden sind.4 Das Denkvermögen, an dem von diesen Seelen teilgenommen wird, war nämlich kein göttliches. 203.  In der ganzen seelischen Vielheit sind die göttlichen See­ len, die an Vermögen größer als die übrigen sind, zahlenmäßig eingeschränkt, nehmen ferner die Seelen, die den göttlichen im­ mer folgen, sowohl an Vermögen als auch der Quantität nach unter allen Seelen die Mittelstelle ein, während schließlich die besonderen Seelen an Vermögen zwar schwächer als die übrigen sind, jedoch zu einer größeren Anzahl hervorgetreten sind.1 Denn die ersten sind durch ihr göttliches Dasein dem Einen verwandter, die zweiten befinden sich durch die Teilnahme des Denkvermögens in der Mitte, während die letzten durch ihre Stelle dem Wesen nach den mittleren und auch den ersten Seelen artunähnlich sind.2 Aber das, was unter den Immerwährenden dem Einen näher steht, ist zahlenmäßig einheitlicher als das

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II.  Die metaphysischen Bereiche

πλῆϑος, τὰ δὲ πορρωτέρω μᾶλλον πληϑύνεται. αἵ τε οὖν δυ­νά­ μεις τῶν ἀνωτέρω μείζους καὶ τοῦτον ἔχουσι τὸν λόγον πρὸς τὰς δευτέρας, ὃν τὸ ϑεῖον πρὸς τὸ νοερο´ν, καὶ τοῦτο πρὸς τὸ ψυχικόν, καὶ αἱ ποσότητες τῶν κατωτέρω πλείους· τὸ γὰρ πορρώτερον τοῦ ἑνὸς πλῆϑος μᾶλλόν ἐστι καὶ τὸ ἐγγύτερον ἧττον.

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204.  Πᾶσα ϑεία ψυχὴ πολλῶν μὲν ἡγεῖται ψυχῶν ἀεὶ ϑεοῖς

ἑπομένων, πλειόνων δὲ ἔτι τῶν ποτὲ ταύτην τὴν τάξιν δε­χο­ μένων. ϑείαν μὲν γὰρ οὖσαν πάντων ἡγεμονικὴν τάξιν εἰληχέναι δεῖ καὶ πρωτουργὸν ἐν ταῖς ψυχαῖς, καὶ γὰρ τὸ ϑεῖον ἐν πᾶσι τοῖς οὖσιν ἡγεῖται τῶν ὅλων· οὔτε δὲ τῶν ἀεὶ ἑπομένων μόνον ἑκάστην ἄρχειν οὔτε τῶν ποτὲ μόνον. εἰ μὲν γὰρ τῶν ποτὲ ἑπομένων ἡγοῖτό τις μόνων, πῶς ἡ συναϕὴ ταύταις ἔσται πρὸς τὴν ϑείαν ψυχήν, πάντῃ διαϕερούσαις καὶ μήτε νοῦ προσεχῶς μετεχούσαις, μήτε πολλῷ πλέον ϑεῶν· εἰ δὲ τῶν ἀεὶ ἑπο­μέ­ νων, πῶς μέχρις ἐκείνων ἡ σειρὰ προῆλϑεν· ἔσται γὰρ οὕτως ἔσχατα τὰ νοερὰ καὶ ἄγονα καὶ τελειοῦν ἄλλα καὶ ἀνάγειν οὐ πεϕυκότα. ἀνάγκη ἄρα πάσης ψυχῆς ϑείας πρώτως μὲν ἐξηρτῆσϑαι τὰς ἑπομένας200 ψυχὰς καὶ κατὰ νοῦν ἐνεργούσας καὶ εἰς νόας ἀνηγμένας μερικωτέρους τῶν ϑείων νόων, δευ­ τέρας δὲ τὰς μερικὰς καὶ διὰ τούτων μέσων νοῦ μετέχειν καὶ τῆς ϑείας ζωῆς δυναμένας· διὰ γὰρ τῶν ἀεὶ μετεχόντων τῆς κρείττονος μοίρας τὰ ποτὲ μετέχοντα τελειοῦται. καὶ αὖ πάλιν πλείους εἶναι περὶ ἑκάστην ψυχὴν ϑείαν τὰς ποτὲ ἑπομένας ψυχὰς τῶν ἀεὶ ἑπομένων· ἡ γὰρ τῆς μο­νά­ δος δύναμις κατὰ τὴν ὕϕεσιν εἰς πλῆϑος ἀεὶ πρόεισι, τῇ

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ἑπομένας :  D. ἀεὶ ἑπομένας



Von der Seele

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dem Einen Fernere und der Vielheit nach eingeschränkt, während das dem Einen Fernere vervielfältigter ist. Die Vermögen der h ­ öheren Seelen sind also größer und besitzen das nämliche Verhältnis zu den späteren Vermögen wie das Göttliche zum Gedanklichen und dieses wieder zum Seelischen; die Quantitäten der unteren Seelen sind jedoch größer. Das dem Einen Fernere ist nämlich eine größere und das dem Einen Nähere eine geringere Vielheit. 204.  Jede göttliche Seele geht vielen Seelen vorher, die den Göttern immer folgen, jedoch noch mehr Seelen, die diese Stelle nur manchmal einnehmen.1 Denn eine solche Seele muß, indem sie göttlich ist, die Stelle besitzen, die unter den Seelen allen anderen vorhergeht und zuerst tätig ist, denn auch unter den Seienden geht das Göttliche dem Ganzen vorher. Auch kann eine jede göttliche Seele ­weder nur über die immer den Göttern folgenden Seelen noch nur über die manchmal ihnen folgenden herrschen. Ginge nämlich irgend­eine göttliche Seele nur den manchmal den Göttern folgenden Seelen vorher, wie könnten sich diese Seelen dann mit der göttlichen Seele verbinden, da sie in jeder Hinsicht von dieser unter­schieden sind und nicht unmittelbar am Denkvermögen und noch viel weniger an den Göttern teilhaben?2 Ginge sie anderseits nur den immer den Göttern folgenden Seelen vorher, wie könnte dann ihre Reihe bis zu jenen Seelen hervortreten, die den Göttern manchmal folgen? So müßte nämlich das Gedankliche das letzte, unfruchtbar und seiner Natur nach unfähig sein, anderes zu vervollkommnen und heraufzuführen.3 Folglich hängen notwendig von jeder göttlichen Seele zuerst jene Seelen ab, die den Göttern folgen, dem Denkvermögen nach tätig sind und zu den Denkvermögen, die besonderer als die göttlichen Denkvermögen sind, heraufgeführt werden; und zweitens die besonderen Seelen, die vermittelst jener anderen Seelen am Denkvermögen und am göttlichen Leben teilnehmen können. Denn vermittelst dessen, was immer an einem besseren Los teilhat, wird das manchmal Teilhabende vervollkommnet. Ferner müssen um eine jede göttliche Seele wieder mehr Seelen sein, die den Göttern manchmal folgen, als die ihnen immer folgen. Das Vermögen der Monade tritt nämlich unter Abstu-

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II.  Die metaphysischen Bereiche

μὲν δυνάμει λειπόμενον, τῷ δὲ ἀριϑμῷ πλεονάζον. ἐπεὶ καὶ ἑκάστη ψυχὴ τῶν ἀεὶ ϑεοῖς ἑπομένων πλειόνων ἡγεῖται με­ρι­ κῶν ψυχῶν, μιμουμένη τὴν ϑείαν ψυχήν, καὶ πλείους ἀνέλκει ψυχὰς εἰς τὴν πρωτουργὸν μονάδα τῆς ὅλης σειρᾶς. πᾶσα ἄρα ϑεία ψυχὴ πολλῶν μὲν ἡγεῖται ψυχῶν τῶν ἀεὶ ϑεοῖς ἑπομένων, πλειόνων δὲ ἔτι τῶν ποτὲ τὴν τάξιν ταύτην δεχομένων.

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205.  Πᾶσα ψυχὴ μερικὴ τοῦτον ἔχει τὸν λόγον πρὸς τὴν

ϑείαν ψυχὴν ὑϕ' ἣν τέτακται κατ' οὐσίαν, ὃν τὸ ὄχημα αὐτῆς πρὸς τὸ ἐκείνης ὄχημα. εἰ γὰρ κατὰ ϕύσιν ἡ διανομὴ τῶν ὀχημάτων ἑκάσταις, ἀνάγκη πάσης μερικῆς ψυχῆς ὀχήματι τοῦτον εἶναι τὸν λόγον πρὸς τὸ ὄχημα τῆς ὅλης, ὅς ἐστιν αὐτῆς πρὸς ἐκείνην. ἀλλὰ μὴν ἡ διανομὴ κατὰ ϕύσιν· τὰ γὰρ πρώτως μετέχοντα αὐτο­ ϕυῶς συνῆπται τοῖς μετεχομένοις. εἰ οὖν ὡς ἡ ϑεία πρὸς τὸ ϑεῖον σῶμα, οὕτως ἡ μερικὴ πρὸς τὸ μερικόν, αὐτῷ τῷ εἶναι μετεχομένης ἑκατέρας, καὶ τὸ ἐξ ἀρχῆς ἀληϑές, ὅτι καὶ τὰ ὀχήματα ταῖς ψυχαῖς τὸν αὐτὸν ἔχει πρὸς ἄλληλα λόγον.

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206.  Πᾶσα ψυχὴ μερικὴ κατιέναι τε εἰς γένεσιν ἐπ' ἄπειρον

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καὶ ἀνιέναι δύναται ἀπὸ γενέσεως εἰς τὸ ὄν. εἰ γὰρ ποτὲ μὲν ἕπεται ϑεοῖς, ποτὲ δὲ ἀποπίπτει τῆς πρὸς τὸ ϑεῖον ἀνατάσεως, νοῦ τε καὶ ἀνοίας μετέχει, δῆλον δὴ ὅτι παρὰ μέρος ἔν τε τῇ γενέσει γίνεται καὶ ἐν τοῖς ϑεοῖς ἔστιν. οὐδὲ γὰρ201 τὸν ἄπειρον οὖσα χρόνον ἐν τοῖς ϑεοῖς, αὖϑις ὅλον τὸν ἐϕεξῆς χρόνον ἔσται ἐν τοῖς σώμασι· τὸ γὰρ ἀρχὴν χρον­ ικὴν μὴ ἔχον οὐδὲ τελευτήν ποτε ἕξει· καὶ τὸ μηδεμίαν ἔχον τελευτὴν ἀνάγκη μηδὲ ἀρχὴν ἔχειν. λείπεται ἄρα περιόδους ἑκάστην ποιεῖσϑαι ἀνόδων τε ἐκ τῆς γενέσεως καὶ τῶν εἰς

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D. vermutet hier eine Lücke, die er folgendermaßen ergänzt οὐδὲ γὰρ

〈τὸν

ἄπειρον οὖσα χρόνον ἐν σώμασιν ἐνύλοις ἔπειτα ἕτερον τοιοῦτον χρόνον ἔσται ἐν τοῖς ϑεοῖς οὐδὲ〉 τὸν ἄπειρον …



Von der Seele

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fung immer zu einer Vielheit hervor, die dabei zwar an Vermögen nachläßt, doch der Zahl nach größer wird. Deshalb, weil jede der immer den Göttern folgenden Seelen mehreren besonderen Seelen vorhergeht, da sie nämlich die göttliche Seele nachahmt, zieht sie auch mehr Seelen zu der zuerst tätigen Monade der ganzen Reihe hinauf. Folglich geht jede göttliche Seele vielen den Göttern immer folgenden Seelen vorher, jedoch noch mehr Seelen, die diese Stelle manchmal einnehmen. 205.  Jede besondere Seele hat zu der göttlichen Seele, unter die sie ihrem Wesen nach geordnet ist, das nämliche Verhältnis wie ihr Fahrzeug zum Fahrzeug jener Seele.1 Denn ist die Zuteilung der Fahrzeuge an die einzelnen Seelen naturgemäß, dann hat notwendig das Fahrzeug jeder besonderen Seele das nämliche Verhältnis zu dem Fahrzeug der allgemeinen Seele, wie es die besondere Seele zu dieser allgemeinen Seele hat. Die Zuteilung ist aber in der Tat naturgemäß, denn das, was zuerst teilhat, ist von seiner Natur her mit dem, woran teilgenommen wird, verbunden.2 Verhält sich daher so, wie sich die göttliche Seele zum göttlichen Körper verhält, die besondere Seele zum besonderen Körper – indem an beiden Seelen je aufgrund ihres Seins selbst teilgenommen wird –, dann ist auch unser anfänglicher Satz bewahrheitet, daß die Fahrzeuge untereinander das nämliche Verhältnis haben wie die Seelen. 206.  Jede besondere Seele vermag unendlich oft ins Werden hinabzusteigen und aus dem Werden zum Seienden hinaufzu­ steigen.1 Denn folgt sie das eine Mal den Göttern und fällt sie das andere Mal von ihrer Aufwärtswendung zum Göttlichen ab, hat sie also an Denken und Nichtdenken teil, dann ist klar, daß sie abwechselnd ins Werden tritt und sich unter den Göttern befindet.2 Wenn sie nämlich in der unendlichen Zeit unter den Göttern ist, kann sie nicht auch im Ganzen der nachfolgenden Zeit wiederum im Bereich der Körper sein. Was keinen zeitlichen Anfang hat, kann nämlich auch nicht irgendeinmal ein Ende nehmen, und was kein Ende nimmt, hat notwendig auch keinen Anfang.3 Es bleibt folglich nur übrig, daß jede Seele periodische Umläufe beschreibt, die aus dem Aufstieg aus dem Werden

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II.  Die metaphysischen Bereiche

γένεσιν καϑόδων καὶ τοῦτο ἄπαυστον εἶναι διὰ τὸν ἄπειρον χρόνον. ἑκάστη ἄρα ψυχὴ μερικὴ κατιέναι τε ἐπ' ἄπειρον δύν­ αται καὶ ἀνιέναι, καὶ τοῦτο οὐ μὴ παύσεται περὶ ἁπάσας τὸ πάϑημα γινόμενον. 5

207.  Πάσης μερικῆς ψυχῆς τὸ ὄχημα ἀπὸ αἰτίας ἀκινήτου

δεδημιούργηται. εἰ γὰρ ἀιδίως ἐξήρτηται τῆς χρωμένης αὐτῷ ψυχῆς καὶ συμϕυῶς ἀμετάβλητον ὂν κατ' οὐσίαν, ἀπ' αἰτίας ἀκινήτου τὴν ὑπόστασιν ἔλαχε· τὸ γὰρ ἐκ κινουμένων αἰτίων γεγονὸς μεταβάλλει πᾶν κατὰ τὴν οὐσίαν. ἀλλὰ μὴν πᾶσα ψυχὴ ἀίδιον ἔχει σῶμα τὸ πρώτως αὐτῆς μετέχον· ὥστε καὶ ἡ μερικὴ ψυχή. καὶ τὸ αἴτιον ἄρα τοῦ ὀχήματος αὐτῆς ἀκίνητόν ἐστι καὶ διὰ τοῦτο ὑπερκόσμιον.

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208.  Πάσης μερικῆς ψυχῆς τὸ ὄχημα ἄυλόν ἐστι καὶ ἀδι­αί­

ρετον κατ' οὐσίαν καὶ ἀπαϑές. εἰ γὰρ ἐξ ἀκινήτου προῆλϑε δημιουργίας καὶ ἔστιν ἀίδιον, ἄυλον ὑπόστασιν ἔχει καὶ ἀπαϑῆ· τὰ γὰρ πάσχειν κατὰ τὴν οὐσίαν πεϕυκότα καὶ μεταβάλλει καὶ ἔνυλα πάντα ἐστί· καὶ ἄλλοτε ἄλλως ἔχοντα τῶν κινουμένων αἰτίων ἐξήρτηται· διὸ καὶ μεταβολὴν ἐπιδέχεται παντοίαν συγκινούμενα ταῖς ἑαυτῶν ἀρχικαῖς αἰτίαις. ἀλλὰ μὴν ὅτι καὶ ἀδιαίρετον, δῆλον· τὸ γὰρ διαιρούμενον πᾶν ταύτῃ ϕϑείρεται ᾗ διαιρεῖται, τοῦ τε ὅλου καὶ τῆς συν­ εχείας ἀϕιστάμενον· εἰ οὖν ἀμετάβλητον κατὰ τὴν οὐσίαν καὶ ἀπαϑές, ἀδιαίρετον ἂν εἴη.

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209.  Πάσης μερικῆς ψυχῆς τὸ ὄχημα κάτεισι μὲν προσϑέσει

χιτώνων ἐνυλοτέρων, συνάγεται202 δὲ τῇ ψυχῇ δι' ἀϕαιρέσεως παντὸς τοῦ ἐνύλου καὶ τῆς εἰς τὸ οἰκεῖον εἶδος ἀναδρομῆς, ἀνάλογον τῇ χρωμένῃ ψυχῇ· καὶ γὰρ ἐκείνη κάτεισι μὲν ἀλόγους προσλαβοῦσα ζωάς, ἄνεισι δὲ ἀποσκευασαμένη πάσας τὰς γενεσιουργοὺς δυνάμεις, ἃς ἐν τῇ καϑόδῳ περιεβάλλετο,

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συνάγεται :  D. συνανάγεται

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Von der Seele

225

und dem Ab­stieg ins Werden bestehen, und daß dies wegen der Unendlich­keit der Zeit unaufhörlich geschieht. Folglich vermag jede beson­dere Seele unendlich hinabzusteigen und hinaufzusteigen, und dieses Ereignis wird für keine Seele jemals aufhören. 207.  Jeder besonderen Seele Fahrzeug ist von einer bewegungs­ losen Ursache hergestellt.1 Denn hängt dieses Fahrzeug immerwährend und naturgemäß von der sich seiner bedienenden Seele ab, dann hat es, da es selbst in seinem Wesen unveränderlich ist, sein Bestehen von einer bewegungslosen Ursache her. Denn alles, was aus bewegenden Ur­ sachen entstanden ist, ist in seinem Wesen veränderlich.2 Für jede Seele aber ist der zuerst an ihr teilhabende Körper immerwährend; 3 dies gilt deshalb auch für eine besondere Seele. Folglich ist auch die Ursache des Fahrzeugs dieser Seele bewegungslos und dadurch überweltlich. 208.  Jeder besonderen Seele Fahrzeug ist immateriell, in sei­ nem Wesen ungeteilt und leidensfrei.1 Denn ist es aus einer bewegungslosen Herstellung hervorgetreten2 und ist es immerwährend,3 dann hat es ein immaterielles und leidensfreies Bestehen. Denn alles, in dessen Natur es liegt, in seinem Wesen zu leiden, ist veränderlich und materiell,4 und indem es immer anders ist, hängt es von bewegenden Ursachen ab; deshalb auch läßt es mannigfache Wechsel zu, da es ja zu­ sammen mit seinen ursprünglichen Ursachen bewegt wird. Daß es allerdings auch ungeteilt ist, ist klar. Alles, was geteilt wird, vergeht nämlich, genau insofern es geteilt wird, da es von seiner Ganzheit und Kontinuität entfernt wird. Ist es somit in seinem Wesen unveränderlich und leidensfrei, muß es unteilbar sein. 209.  Jeder besonderen Seele Fahrzeug steigt durchs Anlegen materiellerer Gewänder hinab, wird jedoch mit der Seele zu­ sammengebracht durchs Ablegen alles Materiellen und durchs Zurückkehren zu seiner eigenen Form, wobei es analog mit der sich seiner bedienenden Seele verfährt; diese Seele steigt näm­ lich hinab, indem sie vernunftloses Leben annimmt, steigt jedoch hinauf, indem sie all diejenigen im Werden tätigen Vermögen

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II.  Die metaphysischen Bereiche

καὶ γενομένη καϑαρὰ καὶ γυμνὴ τῶν τοιούτων πασῶν δυ­νά­ μεων, ὅσαι πρὸς τὴν τῆς γενέσεως χρείαν ὑπηρετοῦσι. τὰ γὰρ συμϕυῆ ὀχήματα μιμεῖται τὰς ζωὰς τῶν χρωμένων ψυχῶν καὶ συγκινεῖται κινουμέναις αὐταῖς πανταχοῦ, καὶ τῶν μὲν τὰς νοήσεις ἀπεικονίζεται ταῖς ἑαυτῶν περιϕοραῖς, τῶν δὲ τὰς ἀποπτώσεις ταῖς εἰς τὴν γένεσιν ῥοπαῖς, τῶν δὲ τὰς καϑάρσεις ταῖς εἰς τὸ ἄυλον περιαγωγαῖς. διότι γὰρ αὐτῷ τῷ εἶναι τὰς ψυχὰς ζωοποιεῖται παρ' αὐτῶν καὶ ἔστι συμϕυῆ ἐκείναις, παντοίως συμμεταβάλλει ταῖς ἐκείνων ἐνεργείαις καὶ συνέπεται πάντῃ, παϑαινομέναις τε συμπάσχει καὶ κε­κα­ϑαρ­ μέναις συναποκαϑίσταται, καὶ ἀναγομέναις συνεπαίρεται, τῆς ἑαυτῶν ἐϕιέμενα τελειότητος· πᾶν γὰρ τελειοῦται τῆς οἰκείας ὁλότητος τυχόν.

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210.  Πᾶν ψυχῆς ὄχημα συμϕυὲς καὶ σχῆμα τὸ αὐτὸ ἀεὶ καὶ

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μέγεϑος ἔχει, μεῖζον δὲ καὶ ἔλαττον ὁρᾶται καὶ ἀνομοιόσχη­ μον δι' ἄλλων σωμάτων προσϑέσεις καὶ ἀϕαιρέσεις. εἰ γὰρ ἐξ αἰτίας ἀκινήτου τὴν οὐσίαν ἔχει, δῆλον δὴ ὅτι καὶ τὸ σχῆμα καὶ τὸ μέγεϑος αὐτῷ παρὰ τῆς αἰτίας ἀϕώρισται καὶ ἔστιν ἀμετάβλητον καὶ ἀνεξάλλακτον ἑκάτερον. ἀλλὰ μὴν ἄλλοτε ἀλλοῖον ϕαντάζεται καὶ μεῖζον καὶ ἔλαττον· δι' ἄλλα ἄρα σώματα, ἀπὸ τῶν ὑλικῶν στοιχείων προστιϑέμενα καὶ αὖϑις ἀϕαιρούμενα, τοιόνδε ἢ τοιόνδε καὶ τοσόνδε ἢ τοσόνδε ϕαίνεται.

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211.  Πᾶσα μερικὴ ψυχὴ κατιοῦσα εἰς γένεσιν, ὅλη κάτεισι

καὶ οὐ τὸ μὲν αὐτῆς ἄνω μένει, τὸ δὲ κάτεισιν. εἰ γάρ τι μένοι τῆς ψυχῆς ἐν τῷ νοητῷ, ἢ ἀμεταβάτως νοήσει ἀεὶ ἢ μεταβατικῶς. ἀλλ' εἰ μὲν ἀμεταβάτως, νοῦς 30



Von der Seele

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wegräumt, die sie in ihrem Abstieg umgelegt hat, und indem sie rein wird und sich aller Vermögen entblößt, die den Bedürfnissen des Werdens dienen.1 Denn die diesen naturähnlichen Fahrzeuge ahmen das L ­ eben der sich ihrer bedienenden Seelen nach und bewegen sich überall zugleich mit den Bewegungen dieser Seelen und bilden so mit den eigenen Kreisläufen die Denkungen der einen Seele, mit ­ihren Neigungen zum Werden das Abfallen einer anderen Seele und mit ihren Umkehrungen zum Immateriellen die Reinigungen wieder einer anderen Seele ab. Denn weil die Fahrzeuge durch das Sein selbst dieser Seelen lebend gemacht werden und diesen Seelen naturverwandt sind, verändern sie sich auf alle Art und Weise zusammen mit der Tätigkeit dieser Seelen und folgen ihnen in jeder Hinsicht, leiden sie zusammen mit den leidenden Seelen und stellen sich zusammen mit den gereinigten Seelen wieder her und erheben sich schließlich auch zugleich mit den hinaufgehenden Seelen, da sie ja ihre eigene Vollkommenheit begehren. Alles wird nämlich dadurch vervollkommnet, daß es die eigene Ganzheit erreicht. 210.  Jedes naturverwandte Fahrzeug einer Seele hat immer dieselbe Gestalt und Größe, es sieht jedoch durch Hinzufügung und Wegnahme anderer Körper größer oder kleiner und unähn­ lichgestaltet aus.1 Denn hat es sein Wesen von einer bewegungslosen Ursache, dann ist klar, daß auch seine Gestalt und seine Größe von dieser Ursache bestimmt sind und daß jede von beiden unveränderlich und unwandelbar ist. Es wird jedoch in Wirklichkeit bald so, bald anders und bald größer, bald kleiner vorgestellt. Es ist folglich durch andere Körper, die aus materiellen Elementen hin­ zu­gefügt und weggenommen werden, daß das Fahrzeug so oder so und so groß oder so groß erscheint. 211.  Jede besondere Seele, die ins Werden hinabsteigt, steigt als ganze Seele hinab, und es bleibt nicht ein Teil der Seele oben, während ein anderer hinabsteigt.1 Denn bliebe etwas dieser Seele im Denkbaren, müßte es ent­ weder unveränderlich und immer oder veränderlich denken. Würde es allerdings unveränderlich denken, wäre es Denkvermö­

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II.  Die metaphysischen Bereiche

ἔσται καὶ οὐ μέρος ψυχῆς, καὶ ἔσται ἡ ψυχὴ προσεχῶς νοῦ μετ­έχουσα· τοῦτο δὲ ἀδύνατον. εἰ δὲ μεταβατικῶς, ἐκ τοῦ ἀεὶ νοοῦντος καὶ 〈τοῦ 〉203 ποτὲ νοοῦντος μία οὐσία ἔσται· ἀλλ' ἀδύνατον· ταῦτα γὰρ εἴδει δια­ ϕέρει, ὡς δέδεικται· πρὸς τῷ καὶ ἄτοπον εἶναι τὸ τῆς ψυχῆς ἀκρότατον ἀεὶ τέλειον ὄν, μὴ κρατεῖν τῶν ἄλλων δυνάμεων κἀκε῕να τέλεια204 ποιεῖν. πᾶσα ἄρα ψυχὴ κάτεισιν.205

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〈τοῦ〉 zuerst von Taylor ergänzt

κἀκεῖνα τέλεια :  D. κἀκείνας τελείας ψυχὴ κάτεισιν :  D. konjiziert ψυχὴ 〈μερικὴ ὅλη〉 κάτεισιν



Von der Seele

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gen und nicht ein Teil der Seele und müßte diese Seele unmittelbar am Denkvermögen teilhaben.2 Das jedoch ist unmöglich.3 Würde es hingegen veränderlich denken, würde ein W ­ esen aus dem Immerdenkenden und dem Manchmaldenkenden bestehen. Das aber ist unmöglich. Diese sind nämlich, wie gezeigt wurde, der Art nach verschieden. Zudem ist es ungereimt, daß der Gipfel der Seele immer vollkommen wäre, ohne über alle andere Vermögen zu herrschen und auch jene Denkenden zu vervollkommnen.4 Folglich steigt die ganze Seele hinab.

ANMERKUNGEN

Erster Hauptteil Metaphysische Kausalität Von den metaphysischen Ursachen. 1.  Das Eine als Ursache der Vielheit: 1–6 1.  Für den Neuplatonismus ist Vielheit keine absolute, disparate 1 Vielheit, sondern ein aus Teilen zusammengesetztes Ganzes, das einen Zusammenhang und daher auch eine Einheit hat. Daß dieses Ganze seine Einheit nicht durch sich selbst hat, sondern durch Teilhabe an einem höheren Prinzip erwirbt, begründet die Annahme, daß es ein Eins im Sinne eines transzendenten Prinzips geben muß. Vgl. Platon, Parmenides 157B–158C, Plotin VI.9.1 und Pr., PTh II.1–3, bes. II.1 14.8 f. 2.  Sonst gäbe es einen nicht unendlichen bzw. begrenzten Teil, der aus zählbaren Teilen bestünde, die je in einer bestimmten Weise eins sein müssen. Das jedoch widerspricht der Annahme, daß der Teil absolut nicht-eins ist. 1.  »Teilhaben« im platonischen Sinne ist ein Prozeß, durch den etwas 2 seine substantielle Eigenschaft oder Seinsweise von einem höheren Prinzip erwirbt, das dieselbe Eigenschaft oder Seinsweise in höherem und reinerem Grade besitzt. Am Einen teilhaben heißt demnach, dieses Eine gewissermaßen zu erwerben und dadurch eins zu werden. Dies »Eins-werden« ist allerdings nicht zeitlich aufzufassen. Denn wie das Teilhaben ständig die metaphysische Struktur irgendeiner Sache vermittelt und herstellt, ist das Ergebnis der Teilhabe die zeitlose, von höheren Prinzipien bestimmte konstitutive Struktur einer Sache. 2.  »Das, was gerade eins ist«, d. h., »das, was als Einsein besteht und nichts als eins ist«, ist das transzendente Eine. Die zur begrifflichen Transzendenz herausfordernde Formel »das, was gerade x ist« geht auf Platon zurück, vgl. Phaidon 103C ff., und ist mit der Formel »das x selbst« oder »das Selbst-x« äquivalent. 1.  »Ein bestimmtes Eine« als eine einem zusammenhängenden Gan- 3 zen innewohnende Seinsbedingung ist nicht identisch mit dem transzendenten Einen, weil sich dieses sonst so, wie es selbst ist, in den Sachen vorfinden würde. Es ist auch nicht sein begrenzter Teil, son-

232 Anmerkungen

dern vielmehr ein Abbild oder eine Spiegelung des Einen, manchmal selbst die Spiegelung einer Spiegelung, vgl. »Einleitung« § 17. 4 1. Vgl. 3. 2. Vgl. 2. 3.  Die Konsequenz einer hypothetischen unendlichen Reihe, in der das Eine kein Glied ist, ist aus zwei Gründen ungereimt. Erstens wider­spricht eine solche Reihe, die nicht aus einem Prinzip hervorgeht, dem in 11 bewiesenen Lehrsatz, daß es ein Prinzip geben muß. Zweitens gäbe es dann nicht das Eine, was ja gerade das geforderte Prinzip (vgl. 13) und die Seinsbedingung aller Vielheit, d. h. aller Seienden ist. 4.  Der Satz »Denn wäre … Vereinte besteht« ist stilistisch ungewöhn­ lich, inhaltlich redundant und folgt überdies der Schlußfolgerung, die in der ThG in der Regel den Lehrsatz wiederholt und das Kap. abschließt. Es handelt sich hier allem Anschein nach um eine später eingerückte Marginalglosse. 5 1.  »Nach« ist nicht in zeitlichem, sondern in ontologisch-hierarchischem Sinne zu verstehen, d. h., alle Vielheit ist hinsichtlich des Einen minderwertig und ihm untergeordnet. Als Seinsbedingung benötigt jede Vielheit das Eine. Der Beweis beginnt mit einer Untersuchung der umgekehrten These. Hieraus ergibt sich ein Ungereimtes, daß nämlich das Eine hinsichtlich der Vielheit später wäre. Anschließend wird der Möglichkeit nachgegangen, ob das Eine und die Vielheit einander gleichrangig sind. Das erste Ergebnis ist, daß Vielheit auf jeden Fall am Einen teilhaben muß. Hieraus ergeben sich zwei Möglichkeiten, beide mit der Konsequenz, daß das Eine und die Vielheit einander nicht gleichrangig sein können. Gesetzt nämlich, die Vielheit hat am Einen, jedoch nicht auch das Eine an der Vielheit teil, dann sind das Eine und die Vielheit verschieden, womit die ursprüngliche These bewiesen wäre. Oder aber haben das Eine und die Vielheit aneinander teil. Das heißt, die Einheit hat am Einen, aber das Eine auch an der Vielheit teil. In diesem Falle setzen das Eine und die Vielheit ein Drittes voraus, an dem sie beide teilhaben und wodurch sie verknüpft werden. Dies wäre das eigentliche Eine. Gegenseitige Teilhabe ist somit ein Ungereimtes. Das Eine und die Vielheit sind folglich nicht gleichrangig, und das Eine, an dem die Vielheit teilhat, geht dieser vorher, was es zu beweisen galt. 2. Vgl. 2. 3. Vgl. 1. 4.  »Früher« und »später« sind nicht zeitlich, sondern ontologisch aufzufassen. Zeitliche Gleichrangigkeit des Einen und Vielen ist kei-



Anmerkungen233

neswegs problematisch, denn alles, was irgendwie ist, ist Vielheit, die kraft einer Einheit zu einem Ganzen verknüpft wird; und diese Einheit stammt vom Einen. Das heißt, jede Vielheit, ob sie nun materiell, intellektuell oder seelisch sei, ist gleichzeitig mit dem Einen und ihm gleichrangig. Es geht hier jedoch um die Frage, ob das Eine und die Vielheit auf derselben metaphysischen Ebene bestehen und denselben Rang in der metaphysischen Hierarchie einnehmen. 5. Vgl. 1. 6. Vgl. 1. 7.  Was, wie der erste Absatz zeigte, unmöglich ist. 8.  Ein unendlicher metaphysischer Regreß ist eine Ungereimtheit, denn es gibt notwendigerweise ein Prinzip, das für die in der Vielheit waltende Einheit verantwortlich ist, da es sonst überhaupt keine Seienden gäbe und folglich Kausalität und Erkenntnis unmöglich wären, vgl. 11. 1.  »Vereint« (ἡνώμενον) sind jene Seiende, die dadurch, daß sie 6 am Einen teilhaben, »eins« geworden sind. Eine »Henade« (ἑνάς) ist ­allgemein eine Einheit (oder ein »Eins«), d. h. was als unteilbare Einheit da ist. Im Proklischen System sind Henaden vor allem die Elemente auf der Ebene des Einen, die die unmittelbar vom Einen bestimmte und ihm zugeordnete Vielheit bilden, vgl. 62 und 113–159, wo die Henaden als jene Götter thematisiert werden, die dem Einen am nächsten sind. Über die Lehre von den Henaden vgl. »Einleitung« § 8 und § 21. Für den Beweisgang dieses Kaps. vgl. auch in Parm. 1219.30–1220.13. 2. Vgl. 1. 3.  »Das Selbsteine« – allgemein »das Selbst–x« – ist eine geläufige Formel zur Bezeichnung jenes Prinzips, das für die wesentlichen Eigenschaften eines Seienden verantwortlich ist. Der Ausdruck »Selbsteine« (αὐτοέν) geht auf Platon zurück, vgl. z. B. Parmenides 139E, 143A u. ö. Andere Beispiele sind das »Selbstschöne« (PTh II.7 45.28 und in Remp. I 258.14 u. ö.) oder »Selbstgleiche« (PTh II.3 30.17, in Parm. 870.18, in Tim. I 385.5 u. ö.). Für eine alternative Formel vgl. 2 Anm. 2. 4.  Die Formel »das zuerst am Einen Teilhabende« ist nicht unproblematisch, da es sich hier nicht um die Vielheit der Henaden handeln kann, die auf der Ebene des Einen die göttliche Zahl bilden (vgl. 113); sofern nämlich nichts am Einen teilhat, haben daran auch keine Henaden teil. Das Eine ist frei von aller Teilhabe, vgl. z. B. 116 und 63–64, sowie PTh III.2–3. Die Henaden sind vielmehr Vermittler zwischen einerseits dem Einen, das keine unmittelbare Teilhabe haben kann, und anderseits allem, von dem es zwar heißt, daß es am

234 Anmerkungen

Einen teilhat, allerdings vermittelst der Henaden; letzteres betrifft auch das in der Hierarchie ranghöchste wirklich Seiende. Das wirklich Seiende als »das zuerst am Einen Teilhabende« besteht somit nicht in dem Sinne aus den Henaden, daß es aus diesen zusammengesetzt ist, sondern in dem Sinne, daß es deren erster unmittelbarer Ausdruck ist, vgl. 162. Sofern also einer Vielheit Teilhabe am Einen zugebilligt wird, nimmt sie das Eine irgendwie an bzw. spiegelt es in sich ab, berührt es jedoch nicht und nimmt auch nichts von ihm an. Alle Teilhabe am Einen, ausgenommen die des wirklich Seienden, ist mehrfach vermittelt und ist daher auch vielmehr als ein Analogon der Teilhabe zu verstehen. Das Teilhabende wendet sich dem Einen zu und leitet seine Einheit vermittelterweise vom Einen ab, vgl. PTh III.4 15.15 ff. 5.  Unendliche kausale Reihen sind Pr. stets ungeheuer. Hier ist das Argument allerdings anders. Besteht nämlich das zuerst Vereinte selbst aus Vereinten, hebt es sich nicht wesentlich von seinen selbst vereinten Teilen ab. Folglich gibt es keinen Grund, weshalb das zuerst Vereinte wohl, seine Teile aber nicht zuerst am Selbsteinen teilhaben können. Besteht das zuerst Vereinte aus Vereinten, hat es folglich nicht am Selbsteinen teil, was sowohl der formellen Voraussetzung als auch der Logik der Proklischen Metaphysik widerspricht. Von den metaphysischen Ursachen. 2.  Das Gute als Ursache: 7–13 7 1.  »Hervorbringen« ist hier metaphysisch und nicht physisch aufzufassen. Es wird die Grundidee der neuplatonischen Auffassung ­metaphysischer Kausalität formuliert, daß nämlich die Ursache aus dem Grunde einen höheren Rang als das Verursachte besitzt, weil sie über ein größeres ursächliches Vermögen verfügt, vgl. 62 und »Ein­leitung« § 14. Daß das Hervorbringende bezüglich des Hervorgebrachten mächtiger ist und mithin alles Teilhabende an einem Höheren und Mächtigeren teilhat, findet sich auch schon bei Platon, Politeia 501C. 2.  Woraus sich ergibt, daß sich Ursache und Verursachtes nicht wesentlich unterscheiden. Dann aber ist nicht ersichtlich, wie das eine das andere hervorbringen könne und ein Verursachtes schließlich seine eigene Ursache verursachen müßte, zumal dann ja die aus einem Prinzip hervorgehende hierarchische kausale Reihe nicht mehr bestünde, was der hierarchischen Metaphysik der Ursachen widerspricht.



Anmerkungen235

3.  Sind Verursachtes und Ursache gleichstark, gilt das auch für die kausale Kraft des Verursachten und der Ursache. Mithin verursacht das Verursachte nichts hinsichtlich seiner Kraft Geringeres, da sonst die vorhergehende Ursache und das von ihr Verursachte, d. h. das verursachende Verursachte ungleich wären, was der Voraussetzung widerspricht. Es folgt eine Ungereimtheit. 4.  Der Gedanke, daß alle Seienden kraft ihrer Natur dem Guten zustreben, findet sich bereits bei Platon und Aristoteles, bekommt im Neuplatonismus jedoch eine ontologisch-konstitutive Bedeutung, vgl. Platon, Gastmahl 206A, Aristoteles, Nikomachische Ethik I 1094a1–3, X 1172b14–15, Plotin I.6.7.1, V.5.5.12 und VI.5.1.12, Pr., in Remp. I 269.12, 276.13, 287.1 und 287.9, PTh I 101.27, in Alkib. 329.12 und in Tim. I 380.30 und 415.23. Pr. setzt hier die natürliche und notwendige Orientierung auf das Gute voraus. Es ist dennoch nicht zwangsläufig so, daß sich das Gute als solches verwirklichen oder gar erfahren läßt, was nämlich nur für etwas gilt, das neben der Orientierung auf das Gute über ein es verwirklichendes Vermögen verfügt. Es verfügt über solches Vermögen, wenn es Stärkeres verursacht und diesem Stärkeren sein Gut spendete. Es muß dann aufgrund seines natürlichen Strebens auch sich selbst das Gut spenden. Dann wäre es jedoch genauso stark wie das Verursachte, was der Annahme widerspricht, daß es Stärkeres verursacht. Die Folge ist eine Ungereimtheit. 5.  Folglich sind beide Annahmen ungereimt, daß nämlich erstens die Ursache hinsichtlich des Verursachten schwächer ist und daß, zweitens, die Ursache Gleichstarkes verursacht. Mithin muß die Ursache hinsichtlich des Verursachten stärker sein, was es zu beweisen galt. 1.  Daß metaphysische Kausalität auch eine metaphysische Hierar- 8 chie nach sich zieht, ist in 7 aus der Perspektive der Ursache dargetan. Hier wird nun die kausale Bewegung vom Verursachten aus geprüft und die Gutheit als höchstes hierarchisches Prinzip ausgewiesen. Eine Ursache, die stärker als das Verursachte ist, ist auch besser und besitzt das Gute in höherem Grade. Ein schwächeres Verursachtes hat am Besseren teil und strebt diesem nach, d. h. strebt einer Ursache nach, die gut und schließlich das Gute selbst ist. Dieses Gute ist das wesentlich Gute, das dem Einen analog ist (in 13 wird dargetan, daß das Gute und das Eine einander sachlich identisch sind). Das Gute selbst ist nicht nur gut für etwas, d. h. relativ gut, sondern an sich und unabhängig von jeder Beziehung gut. Pr. nimmt hier Platon gegen Aristoteles in Schutz, der Platon vorwirft, daß das Gute immer nur in einer bestimmten Kategorie das Beste ist und also nicht an sich selbst gut ist, vgl. Nikomachische Ethik I 1094a19 ff.

236 Anmerkungen

2.  Der Lehrsatz verknüpft die grundsätzlichen Elemente der Platonischen Metaphysik miteinander, nämlich das natürliche, das Gute bezweckende Streben aller Seienden (vgl. 7) und die Transzendenz des Guten hinsichtlich des Seins (vgl. Politeia 509A–B, wo die Formel, daß das Gute »jenseits des Seienden« ist, auftritt). Ergebnis dieser Verknüpfung ist die für den gesamten Platonismus grund­ legende Lehre, daß sich alle Seienden kraft ihrer Natur an dem höchsten und transzendenten Prinzip des Guten orientieren und diesem nachstreben. Dieses Kap. begründet die radikale Transzendenz des Guten. 3.  Der Beweisgrund für die Transzendenz des Guten besteht darin, daß sie zu verneinen eine Ungereimtheit zur Folge hätte. Die zu widerlegende Alternative besteht in der Immanenz des Guten, wovon zwei mögliche Formen untersucht werden. Das Gute ist entweder immanent, weshalb Seiendes und Gutes einander identisch sind, oder es ist sowohl immanent als auch transzendent, sofern es den Seienden zwar Gutes spendet, dieses aber nicht aus seinem transzendenten Sein stammt. 4.  Das immanente und von anderswo herrührende Gute gehört dem Seienden an, das für besonderes Gutes empfänglich ist. Es handelt sich mithin nicht um das von allen Seienden begehrte schlechthin Gute, sondern um ein Gutes, das dem besonderen Seienden Voll­ endung und Wohlsein verleiht. 5.  Ist ein Gutes »wegen irgendeines«, »in einer bestimmten Hinsicht«, »für irgendeines«, »in einem bestimmten Sinne« usw. gut und soll diese Bestimmung dem Guten zukommen, dann bezieht es sich auf ein anderes und ist mithin nur relative Gutheit und nicht das schlechthin Gute. Auch Plotin beansprucht, das Gute als schlechthin Gutes zu denken, vgl. VI.7.38. Nach Aristoteles ist das Gute immer relativ gut, vgl. 7 Anm. 1. 9 1. Für den Unterschied zwischen Sein »dem Wesen nach« (κατ᾽ οὐσίαν) und »der Tätigkeit nach« (κατ᾽ ἐνέργειαν) vgl. u. a. 16, 40, 50, 52, 76, 183 und 191. Diese Unterscheidung geht auf Aristoteles zurück, der das immer schon verwirklichte Wesen und die dazugehörigen, jedoch nicht zwangsläufig tätigen Vermögen (oder Möglichkeiten) voneinander abhebt. Weil Tätigkeit nach Pr. Ausdruck des Wesens ist und dieses Wesen die Natur und Eigenschaften der Tätigkeit sowohl bestimmt als auch in höherem Grade besitzt, ist das Wesen der Tätigkeit überlegen. Was z. B. ein ewiges Wesen hat, kann hinsichtlich seiner Tätigkeit auch zeitlich sein, dagegen kann ewige Tätigkeit von keinem zeitlichen Wesen abhängig sein; dasselbe gilt von demjenigen, das zwar seinem Wesen, nicht aber seiner Tätigkeit



Anmerkungen237

nach autark ist, wie z. B. die Seele, deren Tätigkeiten von ihrer körperlichen Umwelt mitbestimmt werden. 2.  In der neuplatonischen Metaphysik ist Autarkie (αὐτάρκεια) kein unproblematischer Begriff. Ist nämlich autark, was das Gute von und in sich selbst hat (vgl. 9 und 10), und ist das Autarke nicht mit dem Guten als Prinzip identisch, scheint die Natur des Autarken dem Grundgedanken der neuplatonischen Metaphysik zu widersprechen, demnach das Gute Ursprung und Ursache aller Seienden ist. Das Gute bedingt nämlich alle Seienden, weshalb es nichts geben kann, was vollkommen autark ist. Pr. ist einer der ersten, der den Begriff der Autarkie einer genaueren Untersuchung unterzieht (vgl. allerdings auch Plotin VI.7.38). Er deutet ihn so, daß es einen vom Guten unterschiedenen metaphysischen Bereich gibt, der autark ist. Autark oder auch »selbstbestehend«, vgl. 41, ist, was im Kräftefeld des Guten imstande ist, sich selbst zu konstituieren und zu vervollkommnen. Es nimmt das Gute vom Prinzip an. Autark sind deshalb zunächst die Götter, dann die Intellekte und schließlich die Seelen, vgl. PTh I.19 91.16 ff. Vgl. für den Platonischen Begriff der Autarkie auch PTh I.19 90.14 ff. 3. Vgl. 7 und Anm. 2. 1.  Das schlechthin Gute und das Autarke stimmen darin überein, daß 10 sie kraft ihrer eigenen Natur das Gute bereits besitzen; sie unterscheiden sich allerdings, insofern erstens das schlechthin Gute das Gute ist, während das Autarke das Gute erwirbt und sich damit erfüllt (vgl. 10 mit Anm. 3); zweitens, insofern das Gute einfach gut ist, während das Autarke es durch Teilhabe besitzt. In beiden Hinsichten ist das Autarke hinsichtlich des schlechthin Guten weniger vollkommen und selbständig und mithin schwächer. 2.  Das Verhältnis zwischen dem Lehrsatz, demzufolge das Autarke das Gute von und in sich selbst besitzt, und der Beschreibung des Autarken als am Guten teilhabend wird von Pr. nicht überzeugend gelöst. Ein Ansatz dazu findet sich vielleicht in PTh I.19, wo die Teilhabe des Autarken am Guten als eine aktive und auf die Initiative des Autarken selbst zurückgehende Selbsterfüllung beschrieben wird. Das heißt, das Autarke erhält das Gute nicht und hängt daher auch von keiner fremden Initiative ab, sondern nimmt das Gute von sich aus an. 3. Vgl. 8. 4.  In beiderlei Hinsicht unterscheidet sich das schlechthin Gute vom Autarken, das Gutes annimmt und folglich nicht schon besitzt. Das Autarke ist folglich schwächer als das Gute. 1.  Hinsichtlich des hierarchischen Verhältnisses der metaphysischen 11 Ursache und ihres Verursachten unterscheidet Pr. vier Möglichkeiten:

238 Anmerkungen

Entweder 1.) gibt es kein kausales Verhältnis und mithin auch keine Hierarchie oder 2.) bilden Ursache und Verursachtes einen Zirkel gegenseitiger Einbeziehung und stehen somit nicht in einem hierarchischen Verhältnis oder 3.) sind Ursache und Verursachtes zwar hierarchisch geordnet, bilden jedoch eine unendliche und keine von einem Prinzip begrenzte Reihe oder 4.)  sind Ursache und Verursachtes hierarchisch geordnet und bilden eine endliche, von einem Prinzip begrenzte Reihe. Die ersten drei Möglichkeiten werden kraft eines Widerspruchsbeweises entkräftet. Gibt es also nach 4.) ein Prinzip, dann muß es einzig und eins sein, denn auch einer noch mög­ lichen endlichen Vielheit von Prinzipien geht nach 5 immer das Eine vorher. 2.  Ordnung, Struktur und Einheit werden immer von einem höheren Prinzip verursacht. Die Leugnung dieser Kausalität liefe auf die Leugnung einer wohlgeordneten Wirklichkeit, also auf eine Ungereimtheit hinaus. 3.  Vgl. auch PTh II.2 16.11 ff., wo Pr. den Urheber dieses Gedankens, Aristoteles, zitiert, vgl. Physik I 184a12 ff. Es gibt allerdings Erkenntnis und folglich muß es auch Ursachen geben. 4. Vgl. 7. Gibt es keine Hierarchie und gilt für die Ursache und das Verursachte, daß sie auf derselben Ebene bestehen, gegenseitig aufeinander wirken und einen Zirkel bilden, dann ist die Ursache A stärker als das Verursachte B und die Ursache B stärker als das Verursachte A, was ungereimt ist. 5.  Diese Präzisierung nimmt vorweg, daß sich der Kräfteunterschied zwischen Ursache A und Verursachtem B in einer Reihe vermittelnder und hinsichtlich ihrer Kraft nur wenig ungleicher Ursachen aufheben ließe. Das heißt, auch ein geringer Unterschied ist ein Unterschied; verursacht A also mehr, ist es auch stärker (vgl. 60). Mithin muß in diesem Falle A stärker als B und B umgekehrt stärker als A sein. Folglich wird die Ungereimtheit nicht aufgelöst. 6. Vgl. 11 Anm. 3. Erkenntnis des Besonderen – z. B. eines M ­ enschen – ergibt sich aus der Erkenntnis des Allgemeinen – z. B. des Menschen – und ist sonst unmöglich. 7. Vgl. 5. Gibt es eine hierarchische Ordnung von Ursache und Verursachtem und bilden sie eine endliche, jedoch von mehreren Prinzipien begrenzte Reihe, muß (nach 5) das Eine dieser Prinzipienvielheit vorhergehen und ist mithin das eigentliche Prinzip. Die metaphorische Beschreibung der Ursache als Wurzel des Verursachten geht zurück auf Plotin, vgl. III.3.7.8 ff. 12 1.  Die erste, nach 11 notwendig bestehende Ursache erweist sich als identisch mit dem Guten, das zwar in 8 als eine von allen Seienden



Anmerkungen239

begehrte Ursache, nicht jedoch in seiner Ursächlichkeit erläutert wurde. Aufgrund einer formellen Argumentation gelangt Pr. hier zu der für den Neuplatonismus charakteristischen Voraussetzung, daß das Gute erste Ursache und erstes Prinzip aller Seienden ist. Er bezieht sich auf Politeia 509AB. 2. Vgl. 11. 3.  Für die Auffassung der mit Distanz und Verringerung einhergehenden Immanenz, nach der die Ursachen dem Verursachten in abgeleiteter Hinsicht dasjenige spenden, was sie selbst primär und ursprünglich sind, vgl. 18. 4.  Mit »dasjenige, das nach dieser Ursache ist«, ist das Gute gemeint. Eine eventuell höhere Ursache muß auch Ursache dieses Guten und mithin mächtiger und besser sein, vgl. 7. 5.  Es handelt sich nicht um moralische Gutheit, sondern um Gutheit als Seinsweise. Ist nämlich etwas gut, bedeutet das hinsichtlich der Erörterung von »gut« als göttlichem Namen (vgl. PTh I.22), daß es in sich selbst vollkommen (τέλειον), zur Erzeugung und Erhaltung des hierarchisch Späteren ausreichend (ἱκανόν) und Gegenstand des metaphysischen Begehrens (ἐϕετόν) ist. Das zuerst Gute besitzt diese Eigenschaften schlechthin, alles von diesem Guten Verursachte jedoch in abgeleiteter und daher verringerter Gestalt. 6. Vgl. 7 mit Anm. 4 und 8 mit Anm. 2. 7.  Verlangen (ἔϕεσις) und Zuwendung (ἐπιστροϕή) bezeichnen nach der neuplatonischen Metaphysik die konstitutive Verknüpfung des Verursachten mit der Ursache. Die Ursache spendet dem Verursachten Identität und erhält es. Erhalten impliziert allerdings auch Hinwendung auf dasjenige, wovon es erhalten wird. Von einer Ursache erhalten zu werden, heißt folglich auch, ihr hingewendet zu sein und sie zu begehren, vgl. 31 und »Einleitung« § 7. 1.  Nachdem in 1 bis 6 die Teilhabe der Vielheit am Einen, in 7 bis 12 13 das Gute als Ursache und schließlich als die eine Ursache aller Seienden erörtert wurde, werden nun das Eine und das Gute einander gleichgesetzt. Es handelt sich hier um zwei alternative Bezeichnungen desselben Prinzips. Der Neuplatonismus nimmt die Identität von Einem und Gutem zwar an, selbstverständlich war diese Identität jedoch nie, auch nicht für Plotin. Die von Pr. betrachtete Behutsamkeit hinsichtlich dieser Identität hängt zweifelsohne mit der Schwierigkeit zusammen, daß die Charakterisierung des Einen als eines Guten im Einen in diesem eine Zweiheit hervorruft, die seine behauptete radikale Einheit bedroht. Nicht unwichtig dürfte in diesem Zusammenhang auch der Umstand sein, daß zwar auch Politeia 509AB behauptet, daß das Gute trans­

240 Anmerkungen

zendente Ursache aller Seienden sei, unklar bleibt jedoch, ob das Eine mit dieser Ursache identisch, ja, ob es überhaupt ein Prinzip ist. Diese Frage beantwortet Platon nirgends. Der Parmenides deutet zwar die prinzipielle Natur des Einen an, allerdings nicht als metaphysisches Prinzip. Aristoteles behauptet in Metaphysik XIV 1091b12 ff. (vgl. auch Eu­ demische Ethik I 1218a19 ff.) zwar, daß verschiedene seiner Vorgänger das Eine und Gute miteinander identifiziert haben, nicht jedoch, daß Platon zu diesen Vorgängern gehört. Nach einer antiken Überlieferung soll Platon vor einem größeren Publikum eine Vorlesung über das Gute abgehalten haben, die jedoch wegen einer lediglich mathematischen Erörterung des Verhältnisses von Einem und Gutem vor allem für Enttäuschung sorgte, vgl. Aristoxenos, Elementa har­ monica 39.8 ff. (da Rios). 2.  Für das Vermögen des Guten, alle Seienden zu erhalten, vgl. PTh I.12 58.8 ff. und I.22 101.5 ff.; für das Gute als Gegenstand des Verlangens vgl. 12 mit Anm. 6. 3.  Der Gedanke läuft darauf hinaus, daß das Gute die Seienden erhält, insofern es sie vereint. »Vereinung« ist die Methode, nach der das Gute seine erhaltende Tätigkeit ausübt. Die Einheit, die hierdurch entsteht, ist die der Identität und Struktur in der Vielheit des Seienden. Der Gedanke, daß das Gute »verbindet« und »zusammenhält«, geht auf den Phaidon 99C zurück, vgl. in Parm. 1097.14 ff. 4.  Ist etwas ohne Einheit – sofern hier schon von »etwas« die Rede sein kann –, dann ist es bloß viel; denn Vielheit ist auch selbst immer in irgendeiner Weise eins (vgl. 1). Vervollkommnung eines Seienden kraft der verbindenden Einheit ist mithin keine moralische Erhebung oder Sublimierung, sondern vielmehr die Herstellung von etwas als Seiendem, das es seiner Möglichkeit nach ist, vgl. 77–79. Was vollkommen ist, ist auch gut, d. h. vereinen ist gutmachen. 5.  Das höchste Prinzip besitzt in seiner gutmachenden Gutheit und seiner vereinenden Einheit nicht, wie Dodds meint, zwei verschiedene Eigenschaften, sondern ist ein Prinzip mit einer Tätigkeit, welche für sich eins ist und nur aus einer philosophischen, d. h. aus einer menschlichen Perspektive die beiden Aspekte besitzt, vereinend und gut zu sein.



Anmerkungen241

Von den metaphysischen Ursachen. 3.  Bewegungsbeziehungen der metaphysischen Ursachen: 14–20 1.  Die hier als Kriterium für die Bestimmung der drei Klassen von 14 Seienden erörterte Bewegung ist nicht primär die der Ortsveränderung, sondern die der Tätigkeit und der Beschaffenheit des Seienden, wie aus dem Schluß des in 14 eingesetzten und in 20 abgeschlossenen Gedankengangs erhellt. In 20 werden aufgrund der verschiedenen Bewegungsbezüge vier metaphysische Bereiche definiert. Ähnlich bestimmt Pr. auch hier unter Berücksichtigung des in PTh I.14 ausführlicher dargelegten Schemas zuerst 1.) die materiellen Körper als »fremdbewegte« (ἑτεροκίνητος) Seiende, dann 2.) die aus Seele und Körper zusammengesetzten Seienden sowie die Lebewesen als uneigentlich »selbstbewegte« (αὐτοκίνητος) Seiende, dann 3.) die Seelen als eigentlich »selbstbewegte« Seiende und endlich 4.) die Intellekte als »bewegungslose« (ἀκίνητος) Seiende, vgl. dazu auch PTh II.2 19.25 ff. und 20.11 ff. Das Eine oder Gute ist über alle Bewegungsbezüge erhoben. Die dreifache Aufgliederung der Bewegungsbedingungen geht auf Aristoteles zurück (vgl. De motu animalium I 698a7 ff., De anima III 433b13 ff., Metaphysik IV 1012b28 ff. usw.), und führt schließlich zum ersten unbewegten Beweger. Mitbestimmt ist sie durch Platons Konzept des Selbstbewegten, das in Bewegung setzt und dabei selbst in Bewegung ist. Selbstbewegung wird von Platon mit der Seele verknüpft, vgl. Phaidros 245CD, Gesetze 895AB und Definitionen 411C. 2.  Die Annahme unendlicher oder zirkulärer kausaler Reihen impliziert eine Ungereimtheit, weshalb sie falsch ist, vgl. 11. 3.  Weil alle Seiende von dem Prinzip begrenzt werden (11), bilden sie keine unendliche Reihe, und weil das, was in Bewegung setzt, stärker ist als das, was in Bewegung gesetzt wird, bilden die Seienden keinen Zirkel, andernfalls wäre die in Bewegung setzende Ursache sowohl stärker als auch schwächer als das Verursachte und mithin das Verursachte selbst Ursache seiner ursprünglichen Ursache, vgl. 7 und 11. 4.  Diese Begründung eines transzendenten ersten Prinzips geht auf Aristoteles zurück, vgl. Metaphysik XII.7 und Physik VIII.5. Auch nach dem Parmenides ist das Eine bewegungslos, obwohl unklar bleibt, ob das Eine dort als ein metaphysisches Prinzip verstanden wird, vgl. Parmenides 139A und 162E, und in Parm. 1162.4 ff. 5.  Der Gedanke, daß, wäre die Welt in Ruhe, sich das Selbstbewegte zuerst bewegen müßte, um die Welt in Bewegung zu setzen (vgl. auch PTh I.14 61.9–15), geht zurück auf Platons Gesetze 895AB. Aller-

242 Anmerkungen

dings setzt Platon über das Selbstbewegte kein höheres Prinzip, von dem es in Bewegung gesetzt wird, weshalb das Selbstbewegte Quelle und Prinzip aller Bewegung ist (vgl. Phaidros 245C). Nach Pr. hingegen vermittelt das Selbstbewegte zwischen den Fremdbewegten einerseits und dem bewegungslosen Prinzip anderseits. 15 1.  In der Kausalitätsmetaphysik bezeichnet »Hinwendung« (ἐπι­ στροϕή) eine Abstimmung des Verursachten mit der Ursache, wobei das Verursachte die Ursache begehrt und sich mit ihr verknüpft. Die Hinwendung bildet zusammen mit dem »Hervortreten« (πρόοδος) und dem »Bleiben« (μονή) die hierarchische Struktur der Kausalität, vgl. 35. Die Selbstbestehenden besitzen diese Struktur in sich selbst (vgl. 42 mit Anm. 1) und fallen deshalb auch mit jenen Seienden zusammen, die zur Selbsthinwendung imstande sind (vgl. 43). Mithin ist die Selbsthinwendung eine begehrende und auch konstitutive Abstimmung des Selbstbestehenden mit sich selbst als Ursprung. Seelen wenden sich auf sich selbst hin, aber auch der ewige Intellekt wendet sich auf sich selbst hin. 2.  Pr. weist mit dem Präteritum »trat« in der Regel auf einen früheren Gedanken hin, dieser findet sich jedoch weder in der ThG noch in einer anderen Schrift, was die Vermutung nahe legt, daß er in einer Vorlesung ausgeführt worden ist. 16 1.  Strenggenommen wird in 15 die Unkörperlichkeit der Selbsthinwendung im allgemeinen dargelegt, ohne zwischen Wesen und Tätigkeit des sich auf sich selbst Hinwendenden zu unterscheiden. Eingewendet werden könnte, daß, weil sich das auf sich selbst Hinwendende nur seiner Tätigkeit nach auf sich selbst hinwendet, die Tätigkeit der Seele unkörperlich ist, allerdings nicht ihr Wesen, d. h. daß die Seele selbst unkörperlich sein muß. Die Unkörperlichkeit der seelischen Tätigkeit ist evident, wohingegen die Unkörperlichkeit der Seele auf einer Hypothese beruht, die etwa die Stoa nicht vertritt. Pr. erwägt, ob es diese Selbsthinwendung der Tätigkeit nach auch unabhängig von der dem Wesen nach geben könne. Wendet sich nämlich die Seele ihrer Tätigkeit nach auf sich selbst hin, dann wendet sie sich auch ihrem Wesen nach auf sich selbst hin und ist sie folglich nach 15 auch ihrem Wesen nach unkörperlich. 2.  Welches unmöglich ist, weil die Tätigkeit durch das Wesen bestimmt und mithin verursacht wird, eine Ursache allerdings immer stärker ist als das Verursachte, vgl. 7. 3. Vgl. 15. 4.  Selbsthinwendung der Tätigkeit nach ist Mindestannahme. Ist jedoch das Wesen nicht von der Körperlichkeit getrennt, muß das auch für die im Vergleich zum Wesen niederere Tätigkeit gelten, mit der



Anmerkungen243

Konsequenz, daß sich auch die Tätigkeit nicht auf sich selbst hinwenden kann. Das aus Wesen und Tätigkeit bestehende Ganze wendet sich somit in keinerlei Hinsicht auf sich selbst hin, was der Evidenz widerspricht. Hieraus ergibt sich, daß, wenn die Tätigkeit von aller Körperlichkeit getrennt ist, dies auch für das Wesen gilt. 5.  »In jeder Hinsicht« bedeutet hier sowohl dem Wesen als auch der Tätigkeit nach. 1.  Nach Ausschluß der ersten zwei Alternativen bleibt nur die dritte 17 übrig, d. h. eigentliche Selbstbewegung kommt nur demjenigen zu, das als Ganzes sich selbst als Ganzes in Bewegung setzt. Richtet sich nämlich das Ganze als Ursprung der Bewegung auf sich selbst als beweglichen Gegenstand hin, wendet es sich als Ganzes auch hin auf sich selbst, vgl. in Parm. 1147.35 ff. 2.  Das sich selbst zuerst Bewegende besitzt folglich auch die Eigenschaften des sich auf sich selbst Hinwendenden, d. h. es ist von aller Körperlichkeit getrennt (15), nämlich sowohl seinem Wesen als auch seiner Tätigkeit nach (16). Es stellt sich heraus, daß es sich hierbei um die von aller Körperlichkeit unabhängige Seele (vgl. 186) handelt; vgl. für die Identifikation des Selbstbewegten mit der Seele 20, 191, 201 und PTh I.14 63.9 ff., in Parm. 642.26 ff. usw. Der Zusatz, der ausführt, daß es sich hier in der Tat um das sich selbst zuerst in Bewegung Setzende handelt, ist nicht überflüssig, weil es Seiende gibt (z. B. Lebewesen), die nur in abgeleitetem Sinne selbstbewegt und somit lediglich Abbilder der ursprünglichen Selbstbewegung sind, vgl. PTh I.14 63.3 ff., in Alkib. 225.12 ff. und in Parm. 642.17 f. 1.  Dies ist vielleicht der systematisch bedeutendste Lehrsatz der 18 ThG. Er faßt die gesamte Proklische Metaphysik der Kausalität und Teilhabe zusammen. Das heißt, die wesentlichen, der Ursache innewohnenden Eigenschaften oder Seinsweisen werden dem Verursachten in einem zeitlosen Prozeß vermittelt, wobei sich die Intensität der jeweiligen Eigenschaften stets verringert. Der Vermittlungsprozeß bringt somit eine Abstufung der Eigenschaften zustande, wobei die Identität von Ursache und Verursachtem nicht reell ist, sondern (dem Inhalt nach) analogisch. Dieses theoretische Prinzip der metaphysischen Kausalität formuliert Pr. öfter, vgl. 64 und 97, PTh I.15 76.8 f., I.18 82.17 f., in Parm. 668.12 f., 787.24 ff., 1109.19 f. usw. Die sich auf die drei Bewegungskategorien gründende Skizze der metaphysischen Bereiche wird in 20–21 vorbereitet (14 mit Anm. 1). Sie ebnet den Weg für die Darlegung der vertikalen Hierarchie der drei metaphysischen Bereiche in Beziehung auf ihr Verhältnis zur Bewegung (20), sowie für die in den verschiedenen Bereichen selbst vorwaltende und von ihrer charakteristischen Monade herrührende Hierarchie (21).

244 Anmerkungen

2. Vgl. 7. 3.  Dann kann es allerdings auch kein kausales Verhältnis geben, obwohl dieses wegen der Ausstattung mit Sein vorausgesetzt ist. Mithin ergibt sich ein Widerspruch. Für die Unmöglichkeit von Verursachung, wenn Ursache und Verursachtes identisch sind, vgl. 11 mit Anm. 4. 4. Daß Ursache und Verursachtes unmöglich nichts gemeinsam haben können, ergibt sich bereits aus der seit Platon vorherrschenden intuitiven Auffassung metaphysischer Kausalität, dernach Ur­sache und Verursachtes kontinuierlich miteinander verknüpft sind; d. h. sie sind in irgendeiner Hinsicht identisch miteinander. Die Deutung von Kausalität als Teilhabe und Hervortreten vermittelst Ähnlichkeit setzt diese Identität voraus, vgl. 29, 35 usw. 19 1.  Was in einer bestimmten Natur und Ordnung, d. h. in einem bestimmten metaphysischen Bereich zuerst besteht, ist die Monade, die den einzelnen geordneten Elementen vorhergeht und jedes Element dadurch definiert, daß sie es mit entsprechenden Eigenschaften ausstattet, vgl. 21 und »Einleitung« § 20. Die kausale Kraft der Monade ist allen Elementen der Ordnung »demselben Verhältnis nach« gegenwärtig, weil die Monade alle Elemente definiert; »auf dieselbe Weise« ist sie ihnen gegenwärtig, weil kein Element der Reihe des Einflusses der Monade entbehrt. Diese kausale Kraft waltet allerdings nicht in allen Elementen gleich intensiv vor, denn entsprechend der Ausdehnung der Reihe verringert sie sich allmählich, vgl. 62–63. 2.  »Tritt es ein« und »anderswoher«, d. h. die eine höhere Reihe definierenden Eigenschaften und Seinsweisen spiegeln sich unter Umständen auch in den Elementen einer niederen und von einer anderen Monade definierten Reihe; dort sind sie folglich nicht ursprünglich, sondern »treten ein« und sind von »anderswoher«. 20 1.  Das Sein der drei für den Neuplatonismus charakteristischen meta­ physischen Bereiche wird aus ihren jeweils verschieden­artigen Verhältnissen zur Bewegung abgeleitet. Das heißt, die Fremdbewegten werden von dem Selbstbewegten, bzw. von der Seele, in Bewegung gesetzt. Diesem Selbstbewegten muß allerdings das Bewegungs­lose vorhergehen, d. h. zunächst der Intellekt und schließlich das von allem Bewegungsbezug freie Eine. Weil es offenbar fremdbewegte Seiende gibt, muß es Seele, Intellekt und das Eine geben. Für eine Zusammenfassung der hier mit Rücksicht auf das Verhältnis zur Bewegung aufgestellten metaphysischen Hierarchie vgl. in Tim. II 161.26 ff. Für eine alternative Ableitung der metaphysischen Ebenen vgl. PTh III.6.



Anmerkungen245

2.  Bezüglich der Seele, die kraft der eigenen Selbstbewegung die fremdbewegten Körper in Bewegung setzt und ihnen so ein Bild oder einen Schein von Selbstbewegung vermittelt, so daß sie als beseelte Körper selbst in Bewegung sind, vgl. PTh I.14 61.5 ff., 61.13 ff., 63.9 ff., in Tim. II 114.18 ff., 243.30 ff. und in Krat. § 102.1 ff. 3. Vgl. 18. 4. Vgl. 14. 5.  Ein alternatives Argument für den Ursprung der Seele im bewegungslosen Intellekt gibt 193. 6.  Der Intellekt ist bewegungslos und kommt deshalb als Ursache für die Selbstbewegung der Seele in Betracht. Diese Schlußfolgerung wird allerdings nicht sofort gezogen. Zuerst wird erörtert, daß Seele und Intellekt überhaupt ursächlich verknüpft sind, und zwar kraft des bewegungslosen Bewegens des Intellekts, vgl. 169, 170–172, 175, 194, PTh I.14 65.16 ff., 66.10 ff., II.14 62.15 ff. usw. Übrigens betont Pr., daß die Bewegungslosigkeit des Intellekts weder Tätigkeitsdefizienz noch Leblosigkeit beinhaltet. Im Gegenteil. Denn die bewegungslose Bewegung gestattet es dem Intellekt, Ursache aller weltlichen Bewegung und sogar Ursprung alles Lebens zu sein, vgl. PTh I.14 65.17 ff. Die Bewegungslosigkeit des Intellekts wird von Platon abgelehnt und von Aristoteles verteidigt (vgl. De anima III.4–5 und Metaphysik XII.7), von ihm übernimmt sie Plotin, vgl. z. B. IV.4.16.23 ff. 7.  Immer gilt, daß die Monade allen Elementen der von ihr definier­ ten Reihe die charakteristischen Eigenschaften vermittelt, vgl. 19. Wäre die Seele immerdenkend, müßte das kraft der seelischen Monade für alle Seelen der Fall sein, was jedoch nicht so ist, vgl. z. B. 175, 183–185, in Tim. II 143.23 ff. usw. Nur die höchsten, unmittelbar mit dem Intellekt verknüpften Seelen sind zum Immerdenken imstande. Hieraus ergibt sich einerseits, daß die Seele nicht dasselbe ist wie der Intellekt, sondern einen geringeren Rang besitzt, anderseits, daß sie dennoch eng mit dem Intellekt verbunden ist, woraus dann wiederum folgt, daß der bewegungslose Beweger Intellekt und Urheber der Selbstbewegung der Seele sein muß. 8.  Der Intellekt ist nicht schlechthin eins, er denkt sich nämlich selbst und verfügt somit sowohl über einen denkenden als auch über einen gedachten Aspekt, weshalb er irgendwie zwei ist. Außerdem denkt der Intellekt alle Formen zugleich und daher in bestimmter Einheit, jedoch auch alle Formen, weshalb er viel ist. Schon Plotin war sich der inneren Zweiheit und Vielheit des Intellekts bewußt, vgl. VI.9.2.25 ff. Pr. charakterisiert den Intellekt daher auch nicht schlechthin als eins, sondern vielmehr als »einheitlich«, vgl.

246 Anmerkungen

auch 160, 176 und PTh I.14 66.14 f., 67.5 ff., I.20 13 ff., in Tim. I 402.15 f. 9. Vgl. 1. 10.  Das heißt, alles irgendwie Erkennende hat am Intellekt teil, während umgekehrt auch alles am Intellekt teilhabende bewußt oder unbewußt erkennend ist, vgl. 102, 193 und PTh III.6 21.22 ff. Gibt es also keine erkennenden Seienden, können sie auch nicht vom Intellekt verursacht sein, sondern müssen von einer dem Intellekt vorhergehenden Ursache herrühren; weil sie jedoch auf jeden Fall eins sind, haben sie am Einen teil. Derselbe Gedankengang spielt eine Rolle in der Aufgliederung des »gedanklichen«, d. h. intellektuellen Bereichs, der vielschichtig ist und neben dem Intellekt als denktätigem Intellekt (νοῦς) auch das Leben (ζωή) und das wirklich Seiende (ὄντως ὄν) enthält; es gibt nämlich Seiende, die leben, aber trotzdem keine Erkenntnis besitzen, und Seiende, die nicht leben, jedoch sind und keine Erkenntnis besitzen, vgl. PTh III.6 22.12 ff. 11. Vgl. 13 und 12. Von den metaphysischen Ursachen. 4.  Horizontale metaphysische Kausalität: 21–24 21 1.  In diesem metaphysischen Sinne ist die Monade vermutlich von Pr. in den Neuplatonismus eingeführt. Sie ist das erste definitorische Prinzip eines metaphysischen Bereichs – z. B. des Bereiches des Einen, des Intellekts oder der Seele –, das allen Elementen die wesentlichen und diesem Bereich innewohnenden Eigenschaften überträgt. D ­ eshalb ist die Monade allen Elementen »demselben Verhältnis nach«, nämlich als Ursprung und Prinzip gegenwärtig, und »auf dieselbe Weise«, nämlich mit denselben definitorischen Eigenschaften (19). Die Elemente eines Bereichs bilden eine »Ordnung« (τάξις) oder eine »Reihe« (σειρά) und stehen in einer Abfolge, weshalb jedes Element eine fixe Stelle in der Reihe hat. Jedem Element werden die Eigenschaften der Monade vermittelt; je nach der Nähe zur Monade besitzt es diese Eigenschaften intensiver oder weniger intensiv, vgl. 63– 64. Die Monade besitzt in eingeschachtelter und einheitlicher Weise die Vermögen, die sich in den einzelnen Elementen der Reihe jeweils unterschiedlich, vereinzelt und auch verringert hervortun. In diesem Sinne transzendiert die Monade die Elemente, vgl. PTh III.2 8.9 ff. 2.  Elemente einer metaphysischen Reihe besitzen ebenfalls Eigenschaften, die nicht von der eigenen Monade, sondern von den in



Anmerkungen247

einer überliegenden Reihe liegenden und sich mit ihnen verbindenden Elementen herrühren. Diese Eigenschaften sind den Elementen zwar eigentümlich, definieren jedoch nicht die Reihe selbst. Es gibt z. B. Seelen, die dadurch, daß sie mit einem Intellekt verbunden sind, immer denken; die Eigenschaft des Immerdenkens beschränkt sich allerdings auf diejenigen Elemente der seelischen Reihe, die der Monade am nächsten sind, sie verdunkelt sich dagegen in den späteren Elementen der Reihe, vgl. 108–110 und 182–185. 3.  Das heißt, die wechselseitige Ordnung der Elemente und die ­Distanz eines jeden Elements zur Monade wird von der Monade eindeutig bestimmt. 4.  Die individuelle Gestalt jedes Elements einer metaphysischen Reihe wird nicht nur von der Monade dieser Reihe bestimmt, sondern unterliegt außerdem dem Einfluß der Elemente höherer und niederer Reihen. 5.  Diese Beschreibung der Natur nach dem Modell der Monade (»das Eine«) und der Reihe (»die Vielheit«) ist enigmatisch, allerdings auch Pr. eigentümlich. Zunächst ist der Status der Natur als Monade unklar. Anscheinend umfaßt die Monade die »Verhältnisse«, d. h. die in der Materie bestehenden »Strukturen« (λόγοι), die der Materie einen geordneten Zusammenhang verleihen. In der Monade sind die λόγοι noch einheitlich, erst in der Reihe, deren Elemente sie sind, artikulieren sich die λόγοι; sie kommen in einem beschränkten Teil der körperlichen Natur zum Ausdruck, vgl. in Tim. I 10.4–12.30 und 194 mit Anm. 1. 6.  Wohl aus pädagogischen Gründen stellt Pr. den Bereich des Intellekts hier wesentlich einfacher vor als er in Wirklichkeit ist. Erst in 101 erörtert er seine gegen den Hintergrund des Neuplatonismus innovative Lösung, die den Intellekt in drei Bereiche aufgliedert, wobei jeder Bereich selbst eine Reihe bildet, die aus einer eigenen Monade hervorgeht. An der höchsten Stelle dieser Bereiche steht die Monade des wirklich Seienden und die durch sie definierte Reihe, an zweiter Stelle die Monade und die Reihe des Lebens und an dritter Stelle die Monade und die Reihe des denktätigen Intellekts. Diese drei Monaden sind in der einen Monade des Intellekts miteinander verbunden, vgl. auch PTh IV.1 6.16 ff. 7. Dieser Lehrsatz ist eine auffällige (und vielleicht risikovolle) Neuerung der neuplatonischen Metaphysik. Pr. stellt nämlich auch das Eine, das absolut eins sein muß, als eine Monade dar, d. h. als eine Monade, die einen metaphysischen Bereich bestimmt, dessen Elemente Henaden sind. Die enigmatischen Henaden werden in 113–159 erörtert, wo sich u. a. ergibt, daß jede Henade ein Gott ist.

248 Anmerkungen

Der Bereich des Einen gliedert sich in eine Vielheit von Henaden. Vgl. auch »Einleitung« § 21. 8.  Für eine ähnliche, aber ausführlicher entwickelte Darstellung der metaphysischen Bereiche und ihrer jeweiligen Monaden vgl. in Parm. 703.18 ff. 22 1.  Das erste Prinzip der Reihe ist entweder eine Monade, die einen metaphysischen Bereich (das Eine, das wirklich Seiende, das Leben, den Intellekt, die Seele) definiert, oder aber ein der Monade untergeordnetes Element, dem eine Reihe entspringt, die allerdings keinen metaphysischen Bereich mit eigenem Wesen, sondern vielmehr eine Eigenschaft oder Seinsweise einer Reihe definiert. Die Formen sind z. B. solche Prinzipien. Um beide Prinzipien einer Reihe unter eine Formel zu fassen, verwendet Pr. hier die Periphrase »das zuerst und ursprünglich Seiende«. 2.  Wären sie beide nur das, was man sagt, das sie sind, unterschieden sie sich in keiner Hinsicht und wären also identisch. Handelt es sich aber wirklich um zwei Elemente, muß das eine eine Eigenschaft besitzen, die dem anderen fehlt; folglich besitzt es im Vergleich zu dem, was man sagt, das es ist, mehr und unterscheidet es sich von der Natur seiner Definition. 3.  Das heißt, zu Unrecht. Aus diesem Grunde muß es sich hier um höherrangige und der Monade nähere Elemente handeln, z. B. um die höchsten Intellekte, nicht aber um die Monaden des Intellekts. Pr. übt hier Kritik an einer Metaphysik, die von einer metaphysischen Vielheit ausgeht, die jedoch keine ihr vorhergehende Monade annimmt. 4.  Das wirklich Seiende bildet die höchste Ebene des Intellekts, vgl. 101. 5.  Die Formen, sowohl die abstrakten (z. B. das Schöne, Gleiche, Ähnliche oder Leben) als auch die konkreten (z. B. Lebewesen, Mensch oder Pferd), bestehen ursprünglich im Intellekt und zwar im Denkbaren, d. h. im wirklich Seienden, vgl. PTh III.12 46.11 ff., III.19 und in Parm. 818.36 ff. Vom Denkbaren aus dehnen sich die Formen, Gattungen ausbildend, abwärts aus. 23 1.  Dieser für Pr. grundlegende Lehrsatz drückt die Struktur der »Teilhabe« (μέθεξις) und der metaphysischen Kausalität aus. Sind in dem kausalen Prozeß Ursache und Verursachtes aufeinander bezogen und vermittelt die Ursache dem Verursachten das, was sie selbst zuerst und ursprünglich ist, dann gibt es im Prozeß der Teilhabe drei mögliche Beziehungen. In der ersten Beziehung bleibt die Ursache »ohne Teilhabe« (ἀμέϑεκτος), d. h. sie hat selbst nicht teil, ist nicht tätig und verändert sich nicht, vor allem aber ist sie »unteilnehmbar«, bleibt für sich und wird von nichts erreicht. In der dritten Beziehung



Anmerkungen249

ist »das Teilhabende« (τὸ μετέχον) das, was einem Einfluß der Ursache unterliegt und so bestimmte Eigenschaften oder einen bestimmten Zustand annimmt. In der Mitte zwischen dem Unteilnehmbaren und dem Teilhabenden befindet sich »das Teilgenommene« (τὸ μετεχόμενον), also das, was durch das Teilhabende von der Ursache angenommen wird und in dem Teilhabeverhältnis für sich besteht. Hieraus ergibt sich, daß die Ursache hinsichtlich des Verursachten transzendent ist, während ihre Gegenwart am Verursachten, d. h. ihre Immanenz, vermittelt ist. Das vermittelnde Teilgenommene verknüpft also Ursache und Teilhabendes, allerdings nicht so, daß sie ineinander aufgingen. Sie bleiben voneinander getrennt. Für eine ähnliche Analyse der Teilhabestruktur vgl. PTh II.2 22.20 ff., III.2 10.15 ff., III.6 27.17 ff. und in Parm. 1069.23 ff. 2.  Je höher etwas in der metaphysischen Hierarchie steht und je vollkommener es somit ist, desto ursächlicher, erzeugender und fruchtbarer ist es auch, vgl. 60 und 25. Der metaphysischen Logik der ursächlichen Gutheit entspricht eine religiöse und ethische Logik der Respektabilität. Denn daß die unteilnehmbare Monade, mithin das primäre Element der Reihe nicht würdevoll ist, wäre eine Ungereimtheit. 3.  Die Natur der Immanenz ist im vorangegangen bereits genauer bestimmt. Das Immanente ist den besonderen Seienden eigentümlich und als solches ragt es nicht über sie hinaus. Nachzuweisen ist allerdings noch, daß, wenn jedes Element der Ordnung ein gleiches immanentes Wesen besitzt, es trotzdem auch ein Transzendentes geben muß, das nicht immanent ist, jedoch für die Immanenz zuständig ist. Der folgende Beweis führt aus, daß es sich bei diesem Immanenten um ein Unteilnehmbares handeln muß. 4.  Was allerdings der Fall ist, vgl. 19. Immanenz ist somit keine Aufteilung der Ursache, sondern vielmehr das Bild der Ursache in jedem von ihr erzeugten Seienden, vgl. in Parm. 720.27 f. Die Ursache selbst bleibt außerhalb dieser Seienden und geht deshalb ihrer Immanenz in den Seienden vorher. 1.  Je allgemeiner die Ursache, desto hochrangiger (vgl. 60) und näher 24 sie der Ursache von allem ist, d. h. dem Einen und Guten. 2.  Kurzdarstellung des Teilhabeverhältnisses nach drei Gesichtspunkten: 1.) An der ersten, transzendenten Stelle steht das Unteilnehmbare, das eins ist, weil es allen Seienden, die es verursacht, vorhergeht, dabei jedoch für sich bleibt und nicht aufgeteilt wird. 2.) An der zweiten Stelle steht das Teilgenommene, das immanent ist, weil es von den verursachten Seienden angenommen wird und folglich in ihnen besteht. Eins ist das Teilgenommene, weil es in allen Teil-

250 Anmerkungen

habenden als die wesentlichen Eigenschaften der unteilnehmbaren Ursache da ist. Es ist allerdings auch viel, weil jene Eigenschaften in jedem Teilgenommenen auf eine entsprechende und hinsichtlich des Unteilnehmbaren in verringertem Maße da sind. 3.) An dritter und letzter Stelle steht das für die unteilnehmbare Ursache Aufnahme­ fähige und an ihr Teilhabende. Es ist gleichsam die Grundlage, auf die sich die Immanenz niederschlägt und über die sich die Transzendenz ebenfalls erhebt. Es ist zuerst viel, da es sich um mehrere Seiende handelt, die eins werden, weil sie an derselben unteilnehmbaren Ursache teilnehmen und dadurch den Einfluß dieser Ursache in je eigentümlicher Weise erwerben, vgl. PTh II.3 30.21 ff., in Parm. 709.37 ff., in Euklid. 8.12 ff., 51.6 ff. usw. In in Parm. 711.6 ff. beschreibt Pr. die Platonische Hypothese der transzendenten Formen aufgrund der Gegenwart eines Teilgenommenen in den vielen Seienden. Das Teilgenommene ist als immanente Form auf die vorhergehende Ursache so bezogen, daß die transzendenten Formen unteilnehmbar sind. Von der triadischen Struktur der metaphysischen Kausalität. 1.  Hervortreten: 25–29 25 1.  Hier geht es um das Prinzip der Kontinuität der metaphysischen Kausalität, derzufolge alles durch eine metaphysische Ursache Verursachte selbst wieder eine Bestehen verleihende Ursache ist. Unfruchtbar in kausalem Sinne ist das, was in der Hierarchie die letzte Stelle besetzt, d. h. die Materie. Vollkommenes ist dagegen vollkommen, weil es von einer guten Ursache Vollkommenheit erworben hat (mit der Konsequenz, daß das Gute und die Henaden selbst nicht vollkommen sind, denn das Gute ist ja jenseits aller Vollkommenheit, während die Henaden selbstvollkommen sind, vgl. 114 und 153). Weil das Vollkommene von seiner Ursache Gutes erwirbt, ist dieses Gute hinsichtlich seiner Ursache immer weniger gut. In dem Vollkommenen ist das Gute sowohl erzeugungsfähig als auch erzeugungsbereit. »Hervortreten« (πρόοδος) als metaphysischer Bewegungsbegriff bringt zum Ausdruck, daß und wie sich die Ursache zum Verursachten entäußert. 2.  Für die Identität des Guten und des Einen vgl. 13. »Einig« (ἑνι­ αίως) heißt, daß sich das verursachende Eine auf der eigenen Ebene nicht differenziert, sondern eine für alle Seienden identische Tätigkeit ausübt, vgl. 118 und PTh IV.11 37.19 ff.



Anmerkungen251

3. Vgl. 7. 4. Vgl. 12. 5. Die genannten Funktionen sind Formen der metaphysischen Kausalität. Metaphysisches Verursachen heißt nämlich, dem Verursachten Ordnung und Struktur zu spenden, das Verursachte zu vervollkommnen, zusammenzuhalten usw. Diese Funktionen gehen in allgemeiner Gestalt aus den Henaden hervor (vgl. 153–158), erlangen ihre eigentümliche Gestalt allerdings erst auf den niederen metaphysischen Ebenen. Die Henaden halten die verursachten Seienden vermittelst des wirklich Seienden in allgemeiner und vermittelst der Seele auch in besonderer Weise zusammen usw. 6.  Das durch das Gute verursachte absolut Unfruchtbare verfügt nicht über das gute Vermögen, selbst als metaphysische Ursache tätig zu sein; es ist die Materie. Sie bildet den letzten und niedersten Bereich der Wirklichkeit. 1.  Hier geht es um eine Kurzdarstellung der triadischen Struktur der 26 neuplatonischen Kausalität, d. h. die metaphysische Ursache »bleibt« (μένει, μονή) indem sie auch »hervortritt« (πρόεισι, πρόοδος). Das Verursachte wird verursacht, insofern es sich der Ursache »hinwendet« (ἐπιστρέϕει, ἐπιστροϕή), vgl. 35, PTh IV.1 7.9 ff. Kein anderer neuplatonischer Text erörtert die Triade Bleiben – Hervortre­ ten – Hinwendung mit so großer systematischer Klarheit wie zuerst im allgemeinen 26–39 und anschließend 40–47, wo die Ergebnisse auf die innere Struktur der »Selbstbestehenden« angewandt werden. Daß die Ursachen, insofern sie Ursachen sind, »für sich bleiben«, heißt zum einen, daß sie sich nicht entäußern, sondern durch ihr Sein oder durch das, was sie selbst sind, ursächlich tätig sind (für das Fürsichbleiben der Ursache vgl. Timaios 42E und Aristoteles, Me­ taphysik XII 1073a23 ff). Die kausale Bewegung der Ursache haben Platon und Aristoteles mit dem Streben oder mit der Hinwendung des Verursachten auf die Ursache verbunden. Zum anderen heißt dieses Bleiben, daß sich die Ursachen nicht verringern; es handelt sich somit um ein bewegungsloses Verursachen durch das Sein, vgl. 76, PTh III.6 26.2 ff., in Parm. 762.21 ff., 787.32 ff., 955.34 ff., in Tim. I 390.10 ff. usw. 2.  Das, was sich entweder als Ortsveränderung oder als Zustandswechsel in sich selbst bewegt, muß in sich geteilt sein, weshalb das in sich selbst Bewegende mindestens zwei Teile oder Zustände enthält. Das Eine ist allerdings nicht geteilt, sondern eins und nur eins, weshalb es auch keine Bewegung des Einen in sich selbst gibt. Für ein ähnliches, auf den Intellekt bezogenes Argument vgl. in Parm. 771.9 ff.

252 Anmerkungen

3.  Dieses konzentrierte Argument ist vermutlich folgendermaßen aufzufassen. Entspringt die dem Anderen Bestehen verleihende Bewegung im Einen, und hat sie, wie hier hypothetisch gesetzt wird, außerhalb dieses Einen statt, dann muß sie dem ersten Bewegten, d. h. dem Intellekt vermittelt werden. Diese Vermittlung bedarf allerdings etwas, das entweder in sich selbst bewegt oder außer sich eine Bewegung verursacht. In sich selbst bewegend kann es nicht sein, weil es dem Intellekt vorhergeht und folglich ungeteilt sein muß, vgl. 176. Mithin muß es eine Bewegung außer sich zur Folge haben, die ihm entspringt usw. Es entsteht ein unendlicher Regreß, der das Eine niemals erreicht. Diese Art von Unendlichkeit erklärt nichts; folglich muß das Eine die Ursache sein, indem es weder in sich selbst noch sich selbst bewegt. 4. Vgl. 13 und 25. 5. Vgl. 18. Die Intensitätsabstufung der ursprünglichen Ursache besteht in der Verringerung des kausalen Potentials des Verursachten und mithin in der Abnahme der Menge der von diesem Verursachten wiederum Verursachten. 27 1.  Erläuterung der metaphysischen Kausalität der Ursachen, die ihre Tätigkeit dadurch ausüben, daß sie »in sich selbst bleiben« und »sich nicht verringern«. Pr. übernimmt einen grundlegenden, jedoch auch dunklen Lehrsatz seiner Vorgänger, der den Ursachen einen Vermögensüberfluß zuschreibt, der dem Vermögensbedarf der Ursache fürs eigene Dasein übertrifft und als Kraft aus der Ursache hervortritt, sich von ihr entfernt und ins Verursachte verwandelt. Vgl. für den Vermögensüberfluß der metaphysischen Ursachen 71, 121, 126, in Remp. I 88.16 ff., 184.7 ff., PTh I.15 73.19 ff., I.22 101.16 ff., V.17 61.27 ff. usw., in Tim. I 25.14 ff. und III 7.8 ff.; für die früheren Neuplatoniker vgl. Porphyrios, Sententiae 11, Epistula ad Anebo I  3b, Iamblichos, De mysteriis I.15 46.16 ff., III.17 139.13 ff. und V.23 232.12 ff. Das Argument des kausalen Überflusses besteht in der Aberkennung alternativer Formen von Ursächlichkeit, d. h. in der ­Leugnung der Teilung sowie der Identität von Ursache und Ver­ ursachtem. 2.  »Bewegungslos« heißt hier nicht schlechthin bewegungslos, sondern bewegungslos, insofern das Hervorbringende eine wesentliche Ursache ist. Intellekte sind schlechthin bewegungslose Ursachen, Seelen hingegen sind selbstbewegt, mithin in irgendeiner Hinsicht in Bewegung. Sie üben sowohl als bewegungslose Ursache als auch dadurch, daß sie in Bewegung sind (z. B. Entscheidungen treffen), eine kausale Tätigkeit aus, vgl. PTh I.15 75.24 ff. 3. Vgl. 26 mit Anm. 1.



Anmerkungen253

4.  »Ohne Verringerung«, d. h. das kausale Vermögen ist unendlich (vgl. 86). Die metaphysische Figur der ohne Verringerung tätigen Ursache ist zuerst von Plotin entwickelt, vgl. III.4.3.21 ff., VI.9.5.35 ff. und VI.9.9.3 ff. Von ihm hat sie Pr. übernommen, vgl. in Remp. I 167.17 ff. und in Tim. I 390.14 ff., II 135.15 ff. »Indem es bleibt, was es ist« ist eine Standardformel dafür, wie die Ursache bewegungs- und initiativlos ihre kausale Tätigkeit ausübt, vgl. in Tim. I 390.14 ff. Den entsprechenden Ausdruck »durch das Sein selbst« verwendet Pr. häufiger, vgl. u. a. 18, 76, 122, 178, 190 usw., in Parm. 791.10 ff., 962.40 ff., in Krat. § 104.4 ff. und in Tim. I 321.10 ff., III 244.14 ff., vgl. auch Anm. 2. 5.  Metaphysische Kausalität findet weder als quasimaterielle Aufteilung noch als Emanation statt (vgl. in Crat. § 104.1 ff. und in Tim. I 390.12 ff., bzw. Plotin, VI.9.9.3), da beides die Ursache erschöpfte. Kraft der Teilhabestruktur bleibt die Ursache transzendent, während im Verursachten ein immanentes Bild von ihr entsteht, weshalb zwischen Ursache und Verursachtem immer eine metaphysische Distanz bleibt, vgl. 23–24. 6.  Als ob die Ursache selbst das Verursachte würde, wie etwa eine elementare Materie, die sich zum Verursachten modifiziert. Dies liefe auf eine Identität hinaus, in der Ursache und Verursachtes zusammenfallen. 1.  Diesen Lehrsatz betrachtet Pr. ausdrücklich als Axiom ­seiner Meta­ 28 physik, vgl. PTh III.2 11.23. Anders als häufig angenommen wird, besagt er nicht, daß das kausale Hervortreten aus den Prinzipien in dem Sinne eine vollkommene Kontinuität bildet, daß zwischen jedem Paar Seienden stets ein drittes Seiendes angetroffen würde, das der Intensität nach dem einen unterlegen, dem anderen jedoch überlegen ist. Diese Auffassung hätte nämlich eine kontinuierliche Metaphysik zur Folge, in der es keinen Platz für diskrete Seiende gibt. Pr. entwickelt die Ähnlichkeit und Unähnlichkeit der metaphysischen Seienden jedoch vielmehr unter Rücksicht auf die wesentlichen Eigenschaften der Seienden. Zwischen unähnlichen S­ eienden muß es ein drittes, nach seinen wesentlichen Eigenschaften sowohl dem einen als auch dem anderen ähnlicheres Seiendes geben. Pr. setzt das Axiom auch oft als ein heuristisches Mittel ein, z. B. wenn es darum geht, daß zwischen zwei bestimmten, jedoch unähn­lichen Arten von Seienden eine dritte, vermittelnde Art bestehen muß, vgl. etwa 55 und 108. Pr. bringt das Axiom auch an vielen anderen Stellen zur Sprache, vgl. 40, 112, 115, 125, 147, in Remp. II 70.4 ff., 80.9 ff., PTh III.2 6.14–7.27, III.3 12.2 ff., IV.2 12.22 ff., 13.16 ff., in Parm. 738.35 ff., 812.6 ff. und in Tim. II 78.31 ff. 28–29 können als eine Erläuterung von PTh III.2 6.14–7.27 verstanden werden.

254 Anmerkungen

2. Vgl. 7. 3.  Von dieser Wesensabhängigkeit war bislang noch nicht die Rede (doch vgl. 21). Sie scheint eine evidente Folge der Analyse der Teilhabe (nach der das Verursachte dadurch mit der Ursache verbunden ist, daß es von ihr in irgendeiner Weise einen Teil annimmt) und scheint der Proklischen Kausalitätsauffassung geschuldet, sofern nämlich eine Ursache dem Verursachten das, was die Ursache selbst zuerst ist, in abgeleiteter und damit auch verringerter Gestalt vermittelt. Ursache und Verursachtes sind somit gleichgestimmt und in dieser Gleichgestimmtheit miteinander vereint. 4.  Solches wäre unmöglich, weil nach 21 das Hervorgebrachte seinem Wesen nach durch das Prinzip definiert wird. 5.  Welches der Idee der wesentlichen Verursachung widerspricht. Folglich ist das Hervorgebrachte in höherem Maße mit der hervorbringenden Ursache vereint als davon unterscheiden. 29 1.  Für ähnliche Formulierungen vgl. 28 Anm. 1. 2. Vgl. 28. 3. Vgl. 21. 4. Vgl. 18. Von der triadischen Struktur der metaphysischen Kausalität. 2.  Bleiben und Hinwendung: 30–35 30 1.  Das Paradox löst sich im Lichte der Einsicht auf, daß etwas nur »in gewissem Sinne« (πῃ) in der Ursache bleibt. Das Hervortretende läßt seine Ursache hinter sich, während die wesentlichen Eigenschaften, die das Hervortretende von der Ursache her er­reichen, in ihrer ursprünglichen Gestalt in der bewegungslosen, vorsehenden, allerdings auch in sich selbst bleibenden Ursache bleiben. Zwischen Ursache und Verursachtem gibt es folglich keine numerische Identität, sondern eine Identität der Natur nach, daß nämlich das Verursachte auf seine Ursache sowohl hinstrebt als auch sich ihr hinwendet (ἐπιστροϕή) (31). Wesen und Dasein des Verursachten sind folglich in kausaler Weise in der Ursache. Möglicherweise liegt hier ein Bezug auf Plotin vor: »Alle Seienden sind jener Gott und nicht jener Gott: sie sind jener Gott, weil sie von ihm stammen, sie sind nicht jener Gott, weil er sie, während er in sich selbst bleibt, gespendet hat« (Πάντα δὲ ταῦτα ἐκεῖνος καὶ οὐκ ἐκεῖνος∙ ἐκεῖνος μέν, ὅτι ἐξ ἐκείνου∙ οὐκ ἐκεῖνος δέ, ὅτι ἐκεῖνος ἐϕ' ἑαυτοῦ μένων ἔδωκεν, V.2.2.24 ff.). 2. Vgl. 26.



Anmerkungen255

3. Vgl. 29. 4. Vgl. 28. 5. Vgl. 26. Für das Bleibende gilt nicht nur, daß es in sich unveränderlich ist, es bleibt auch an seiner Stelle und folgt dem Hervortretenden beim Hervortreten nicht. Bleibendes und Hervortretendes sind folglich ontologisch getrennt, weshalb sie durch eine inhaltliche Identität verknüpft sein müssen, nämlich durch die Identität des ursprünglichen, im Bleibenden vorherbestehenden und sich im Hervorgetretenen abbildenden Wesens. 1.  Neben dem »Bleiben« der Ursache und des Verursachten in der 31 Ursache und dem »Hervortreten« des Verursachten ist der dritte konstitutive Aspekt der metaphysischen Verursachung die »Hinwendung« (ἐπιστροϕή) des Verursachten auf die Ursache. Der technische Ausdruck beschreibt das Gerichtetsein auf das Gute oder Prinzip von Allem, das von Platon und Aristoteles mit dem aus der Erfahrung genommenen Begriff der »Liebe« (ἔρως) zum Ausdruck gebracht wurde. Der Ausdruck »Hinwendung« dagegen abstrahiert von einer solchen Erfahrung und spielt auf eine wesentliche Orientierung des Verursachten auf die Ursache an. Hinwendung ist folglich keine Möglichkeit, die an einem schon bestehenden Seienden stattfinden kann, sondern ein konstitutives Element der metaphysischen Verursachung und auch des Verursachten selbst. Es gäbe überhaupt kein Verursachtes, wenn sich dieses nicht an seiner Ursache orientieren und so ihr Wesen in sich selbst abbilden und so zum eigenen Wesen machen würde. Die technische Bedeutung von »Hinwendung« ist erst von Pr. als Orientierung des Verursachten auf die höheren Ursachen fixiert worden, Ansätze gibt es bereits bei Plotin IV.8.4.2 f., V.I.7.5 f., V.3.6.40 f. und Iamblichos, De mysteriis I.19. 59.1 ff. 2. Vgl. 8–9. 3.  Vgl. auch 43 und in Remp. I 206.25 ff., in Alkib. 317.1 ff., in Parm. 1210.9 ff. usw. 1.  Logische Umkehrung des Lehrsatzes von 29. Die Ähnlichkeit des 32 Hervortretenden mit dem Ursprung bedingt nicht nur das Hervor­ treten und die Verbindung des Hervortretenden mit der Ursache, sondern auch das auf die Ursache Gerichtetsein des Verursachten und somit seine Hinwendung auf diese. Angeregt ist der hier streng meta­ physisch formulierte Lehrsatz vermutlich von Platons anthropologisch-metaphysischer Auffassung, daß die Flucht aus der Welt eine Anähnlichung an Gott ist, vgl. Theaitetos 176AB; dieser Gedanke klingt auch bei Plotin an, vgl. VI.9.4.25 ff., VI.9.8.28 ff., VI.9.11.30 ff. usw. 2. Vgl. PTh III.4 16.7 ff.

256 Anmerkungen

33 1.  Der Lehrsatz faßt die neuplatonische (und überhaupt die Platonische) Metaphysik zusammen. Das heißt, alles entspringt einer Ursache, begehrt die Rückkehr zu ihr und stellt so einen ontologischen Kreis her. Nach der neuplatonischen Anthropologie folgt das rückwärts gewendete Verlangen auf das Hervortreten, was dann als Nostalgie bezüglich des Ursprungs erfahren wird. Im vorliegenden metaphysischen Zusammenhang finden allerdings Hervortreten und Hinwendung immer zugleich statt; der Prozeß ist nicht zeitlich, sondern definiert die zeitfreie metaphysische Struktur des Verursachten. Auffällig ist, daß Pr. die kreisbildende Tätigkeit nicht der Ursache, sondern dem Verursachten zuschreibt. Das Verursachte wird als Selbständiges (was es lediglich für sich ist, denn es ist ja verursacht) in das dynamische Verursachungsverhältnis aufgenommen und zeigt sich hierin als das, was aus der Ursache hervorgetreten ist, sich aber auch an ihr orientiert; es wird somit nicht auf einen Aspekt der Tätigkeit der Ursache reduziert. Für die Hinwendung des Hervortretenden vgl. in Tim. I 209.13 ff., in 210.10 taucht auch die Kreisstruktur auf. Für die Kreisform der metaphysischen Kausalität vgl. auch Porphyrios, Sententiae 30. 2.  Die Figur des sich mit dem Anfang wieder verknüpfenden Endes ist überhaupt ein Topos der antiken Philosophie. Vielleicht stammt diese Figur von Heraklit, Fr. 103 DK (zitiert von Porphyrios, Quaes­ tiones Homericae 200.33 ff.) oder von Parmenides, Fr. 5 DK (zitiert in in Parm. 708.15 ff., vgl. auch PTh III.9 35.19 ff., in Parm. 1167.1 f., 1238.14 ff., in Euklid. 103.6 f., 210.10 ff., Plotin, III.8.7.15 ff., V.8.7.44 ff. und Iamblichos, De mysteriis III.31 177.10 ff.). 3. Vgl. 31. 4.  Nämlich das Gute, das als das Gute sowohl Ursache des Verlangens als auch dessen Gegenstand ist, vgl. 12. Die Ursache, aus der etwas hervortritt, ist immer auch selbst wieder von einer höheren Ursache verursacht usw., bis hin zur ersten Ursache oder hin zum ersten Prinzip von allem. Unmittelbar ist das zuletzt Verursachte aus seiner vorhergehenden Ursache hervorgetreten, doch mittelbar auch aus der dieser wieder vorhergehenden Ursache usw. Bei seiner Hinwendung richtet sich das Verursachte nicht nur auf seine unmittelbare Ursache, sondern auf alle seine Ursachen und damit schließlich auch auf das Gute selbst. In 38 wird dargelegt, daß die Hinwendung auf die nicht unmittelbar vorhergehenden Ursachen vermittelt vollzogen wird. Die kleineren, intensiveren Kreise werden mithin von größeren usw. umschlossen. 34 1.  Logische Umkehrung des Lehrsatzes von 31. Es gibt kein sich seinem Wesen nach Hinwendendes, das nicht auch von einem höheren



Anmerkungen257

Ursprung herrührt. »Naturgemäß« heißt die Gleichgestimmtheit des Hinwendenden mit dem, auf das es sich hinwendet, deshalb, weil Pr. die wesentliche Hinwendung von einer widernatürlichen Hinwendung abhebt. Die naturgemäße oder wesentliche Hinwendung ist ein konstitutives Element eines Seienden und kann deshalb nur auf den Ursprung dieses Seienden gerichtet sein; eine widernatürliche Hinwendung findet dagegen statt, wenn es das konstituierte Seiende schon gibt, mithin wird von ihr Seiendes mit anderen, seiner Natur nach fremden Seienden verknüpft. Diese Verknüpfung fügt dem Sein oder Wohlsein des Seienden nichts hinzu, sondern bildet vielmehr eine Bedrohung für die Seienden. Für das Widernatürliche als schlecht, verfremdend und unwesentlich vgl. z. B. PTh I.14 84.20 ff., in Parm. 784.34 ff., in Tim. I 105.17 ff., 352.26 ff., III 293.1 ff. usw., und für das Naturgemäße als mühelos vgl. PTh I.15 75.19 ff. 2. Vgl. 32. Diese Abhängigkeit ist noch kein Hervortreten oder eine kausale Verknüpfung, sie bezieht sich vielmehr auf das Verlangende, das auf seinen Gegenstand geht und von seinem Sein bestimmt wird. 3.  Und daher nicht aufeinander, vgl. auch 31. 4.  Genau betrachtet folgt die These, »daß sowohl das Denkvermögen für alles Gegenstand des Erstrebens ist«, nicht aus der vorhergehenden Betrachtung. Vielmehr geht sie auf die Überzeugung zurück, daß alles, was Form besitzt und folglich Teil der Weltordnung (κόσμος) ausmacht, den Intellekt erstrebt (vgl. in Remp. I 236.18 ff., in Parm. 964.21 ff. und in Tim. I 267.6 ff.). Begründet wird diese Überzeugung hier nicht. Der hypothetische Einwand, daß die Weltordnung immerwährend ist, geht darauf zurück, daß sich die Zeitbezogenheit des Intellekts und der Weltordnung, bzw. die Außerzeitlichkeit des Intellekts und die sich als ein zeitliches Immersein gestaltende Immer­ währendheit der Weltordnung wesentlich voneinander abheben. 5.  Das Hervortreten und die Hinwendung der Weltordnung sind in nichtzeitlichem Sinne »immer«. »Früher« und »später« haben hier keine chronologische Bedeutung, sondern sind Ausdruck einer meta­ physischen Hierarchie (vgl. auch »Einleitung« § 14), d. h. sie bezeichnen das kausale Verhältnis zwischen dem der Zeit vorhergehenden, mithin außerzeitlichen Intellekt einerseits und der in der Zeit immerwährenden und unauflöslichen Weltordnung anderseits. Für Zeit, Immerwährendheit und Ewigkeit vgl. 49–55. 1.  Abschließendes Resümee der in 29 eingesetzten Betrachtung über 35 Hervortreten, Hinwendung und Bleiben als konstitutive Elemente des Verursachten. Mit Rücksicht auf 33 wird die kreisförmige, bis jetzt von Hervortreten und Hinwendung bestimmte Struktur des Verursachten dadurch ergänzt, daß darin auch das Bleiben (μονή)

258 Anmerkungen

aufgenommen wird. Das dynamische Verhältnis des Hervortretens und der Hinwendung, das (wie gezeigt) im Verursachten konvergiert, hat die bleibende transzendente Ursache zum anderen Schnittpunkt. Die rätselhafte Weise (vgl. auch 30), wie das Verursachte in der Ursache bleibt, ist ein zentrales Motiv einer der Triade Hervortreten – Hinwendung – Bleiben gewidmeten Überlegung im Hauptwerk des Damaskios. Dieser behält die reine Immanenz des Transzendenten im Verursachten und lehnt mithin Proklos’ Darstellung des Bleibens des Verursachten in der Ursache ab, vgl. De principiis I 162.8 ff. Nach Pr. bleibt das Verursachte allerdings nur »in irgendeiner Weise« (πῃ) in der Ursache, nämlich »in der Weise der Ursache«, d. h. insofern es von der Ursache vorhergesehen wird und als ein Allgemeines in der Ursache ist. Das Verursachte selbst ist und bleibt jedoch außerhalb der Ursache. Vgl. 30 mit Anm. 1, und auch 65, in Parm. 1142.26 ff. und in Tim. III 55.5 ff. 2.  Hervortreten beinhaltet eine Ähnlichkeit, vgl. 29. 3.  Hinwendung setzt Ähnlichkeit voraus, vgl. 32 und 34. 4.  Daß alles das Gute erstrebt, vgl. 7 mit Anm. 4 und 8 mit Anm. 1; daß sich alles hinauf seinem Erzeugenden zuwendet, ergibt sich daraus, daß alles das Gute erstrebt, vgl. 8 und 31. 5.  Hinwendung, d. h. der Versuch des Verursachten, sich mit dem Ursprung zu verknüpfen, impliziert Ähnlichkeit (32) und diese wiederum das Bleiben (30). Folglich gibt es keine Hinwendung, ohne daß das Verursachte in der Ursache bleibt. Von der triadischen Struktur der metaphysischen Kausalität. 3.  Vermittelte triadische Kausalität 36 1. In 36 und 37 wird dieselbe metaphysische Struktur aus zwei verschiedenen Perspektiven beschrieben. Weil das aus seinem Prinzip Hervortretende zugleich und naturgemäß auch auf dieses Prinzip hingewendet ist, ist es hinsichtlich seines Prinzips sowohl als hervortretend als auch als sich hinwendend zu verstehen (für die Begründung dieser beiden Perspektiven vgl. ferner in Tim. II 102.32 ff., 103.21 ff.). Für das Element, das aus der absteigenden Perspektive des Hervortretens einem anderen vorhergeht, gilt, daß es aus der umgekehrten, d. h. aufsteigenden Perspektive auf dieses andere Element folgt, und folglich, daß das zuerst aus der Ursache hervortretende Element aus der Perspektive der Hinwendung das letzte ist und daß das zuletzt aus der Ursache hervortretende und von ihr entfernteste Element aus der Perspektive der Hinwendung wiederum das erste ist.



Anmerkungen259

Für »vollkommen« als »vom Guten (oder einem Guten) hergestellt« vgl. 12 mit Anm. 5 und 25 mit Anm. 1. 2. Vgl. 28 und auch in Parm. 1130.27 ff. 3. Vgl. 18 und auch 28 und 71. 4. Vgl. 7 und 27. 5. Vgl. 25 und 28. 1. Vgl. 36 mit Anm. 1. Das Erste aus der Perspektive der Hinwen- 37 dung ist das Letzte aus der Perspektive des Hervortretens, das Letzte aus der Perspektive der Hinwendung ist das Erste aus der Perspektive des Hervortretens. In der Gesamtarchitektonik der meta­phy­ sischen Wirklichkeit steht das, was aus der Perspektive der Hinwendung das Erste ist, am weitesten vom Prinzip von Allem ab und ist mithin das Letzte und Unvollkommenste aus der Perspektive des Hervortretens (es geht um die Materie, vgl. PTh I.12 57.18 ff., III.10 40.20 ff.), während das, was aus der Perspektive der Hinwendung das Letzte und aus der des Hervortretens das Erste ist, dem Prinzip am nächsten und das Vollkommenste ist (es geht um das wirklich Seiende). Das Eine ist im vorliegenden Zusammenhang deshalb nicht vollkommen, weil es jenseits aller Vollkommenheit ist). 2. Vgl. 33. 3. Vgl. 34. 4. Vgl. 21 und 36. 5.  Konsequenz von 36. 1.  Hat ein Verursachtes mehrere metaphysische Ursachen, die ihre 38 Tätigkeit nicht unabhängig voneinander und unmittelbar auf das Verursachte ausüben, dann bilden sie eine hierarchische Ordnung, in der die höchste Ursache ein Folgendes, und dieses, indem es auch selbst wieder Ursache ist, ein weiteres Folgendes verursacht usw., bis das letzte Verursachte erreicht ist. Auf diese Weise wird die erste Ursache und die von ihr ausgehende ursprüngliche Kausalität rezipiert, allerdings nachdem sie von den folgenden Ursachen vermittelt und verwandelt worden ist, vgl. »Einleitung« vor allem § 17. 2. Vgl. 29 und 32. 3.  »Dasselbe«, nämlich die soeben erwähnte Vermittlung, die selbst zugleich Verursachtes und Ursache ist und mithin sowohl der hervortretenden Ursache als auch dem Verursachten ähnlich ist und sowohl von dem in der Ursache anfangenden Hervortreten als auch von der Hinwendung des Verursachten erreicht wird. 4.  Das »Wohlsein« ist keine Folge der Hinwendung (ἐπιστροϕή), sondern des diese Hinwendung gründenden Strebens (ὄρεξις). Die Hinwendung ist nämlich ein konstitutives Element des Verursachten, das sich vermittelst dieser an der Ursache orientiert, während das

260 Anmerkungen

Streben eine reflexive, sich auf die Hinwendung gründende Haltung ist. Dieses Streben gestaltet sich z. B. als die sich auf die höheren Ursachen hinbewegende Energie oder als ein Bewußtsein der Ursachen, vgl. 39. Für den Unterschied zwischen Hinwendung und Streben vgl. 31. 39 1.  Es geht hier um die die körperliche Wirklichkeit mitausmachenden Seienden und um die Hinwendung, die ein konstitutives Moment und gleichsam die ontologische Antwort dieser Seienden auf die kausale Tätigkeit des ersten Prinzips und der späteren metaphysischen Ur­sachen ist. Die Antwort hat die Form einer nicht-bewußten, nicht-gewollten Fähigkeit, die kausale Tätigkeit der Ursachen zu empfangen. Für die konstitutive Hinwendung vgl. auch 31 mit Anm. 1., für das Paradox eines Verursachten, das selbst die kausale Tätigkeit rezipieren soll, vgl. »Einleitung« § 7. Das Sein, das Leben und die Erkenntnis, die die Gestalten der Hinwendung bestimmen, entsprechen den Ebenen des Intellekts (d. h. wirklich Seiendem, Leben und denktätigem Intellekt, vgl. 101 mit Anm. 1), diese Gestalten kennzeichnen beziehungsweise 1.) das Körperliche, das nicht lebt und das nur Sein, d. h. Form und Struktur, erwirbt; 2.) das Lebende, das selbst keine Seele, sondern nur ein Abbild einer Seele besitzt (wie die Pflanzen und Tiere), und neben seinem Sein auch Leben empfängt; und 3.) die Menschen und die Himmelskörper, die Seele sind und deshalb zeitweilig oder fortwährend vermögen zu denken, mithin sowohl am Seienden als auch am Leben als auch am Intellekt teilhaben. 2.  Dieser schwierige Satz ist von Dodds reflexiv aufgefaßt, als ob sich das Streben der bereits hergestellten konstitutiven Hinwendung bedienen könnte, später entstünde und gleichsam etwas wäre, das dem Sein ergänzend zukäme. Dementsprechend deutet Dodds die Veranlagung, an den Ursachen teilzuhaben, als eine magische Fähigkeit der Seienden, die Ursachen zu erfahren. Abgesehen davon, daß der Ausdruck »Veranlagung« (ἐπιτηδειότης) bei Pr. nicht die ausnahmslos magische Bedeutung hat, die Dodds ihm zuschreibt (vgl. in Parm. 787.5–6, 839.24–25, 843.2 ff., 845.28–29, 1053.3 ff. usw.), sondern vor allem in ontologischen Zusammenhängen auftaucht, verkennt Dodds den phänomenologischen Horizont der Proklischen Metaphysik. Denn das Streben, von dem hier die Rede ist, ist zuerst die in der Wirklichkeit wahrnehmbare Gestalt der metaphysisch konstitutiven Hinwendung. Demnach ist die Veranlagung, an den Ursachen teilzunehmen, die besondere Fähigkeit, überhaupt eine Form und somit ein Sein zu empfangen.



Anmerkungen261

Von der triadischen Struktur der metaphysischen Kausalität. 4.  Triadische Kausalität und das Selbstbestehende: 40–47 1.  Für die dunklen Selbstbestehenden (αὐϑυπόστατα) vgl. »Einlei- 40 tung« § 18. Sie bilden keine besondere Klasse der metaphysischen Seienden, sondern sind die metaphysischen Seienden selbst – d. h. wirklich Seiendes, Leben, Intellekt, Seele –, insofern sie sich selbst (αὐτῷ) Dasein (ὑπόστασις) verleihen, vgl. 189, in Tim. I 232.2 f. und in Parm. 1004.17 ff., 1135.29 ff. Die Selbstbestehenden werden hier vermutlich deshalb folgend auf die Beschreibung der hervortretenden kausalen Bewegung eingeführt, weil diese Beschreibung unvollständig ist. Das Eine tritt zwar aus sich selbst hervor und erzeugt kraft dieser Bewegung die Bereiche des Intellekts und der Seele, es hat jedoch kein konkretes Wissen um diese Bereiche, bewegt sich nicht wirklich und kümmert sich auch nicht um das Verursachte. Aus diesem Grunde kann die konkrete Bestimmung dieser Bereiche nicht vom Einen herrühren, sondern nur von ihnen selbst, was dann ihr Selbstbestehen ausmacht. Wirklich Seiendes, Intellekt und Seele sind also, insofern sie selbstbestehend sind, imstande, sich selbst zu bestimmen; sie sind jedoch auch subsidiäre kausale Prinzipien, die, nichtsdestotrotz sie sich selbst verursachen und sich selbst Bestehen verleihen, auch vom Einen als dem Prinzip von Allem verursacht werden. Sie bringen folglich eine zweifache Kausalität zum Ausdruck, die darin besteht, daß sie in einem vom Einen heraus­ gehenden Kräftefeld diese Kraft irgendwie bestimmen und dabei sich selbst herausbilden. Wie die Selbstbestehenden letzteres können und wo ihr Prinzip der Selbstbestimmung herrührt, beantwortet Pr. nicht. Offenbar haben die Selbstbestehenden Pr. zu schaffen gemacht, was sich auch daran zeigt, daß er sie in 40–49 ausführlich erörtert, sich im Verfolg jedoch nicht mehr auf sie beruft (86 und 189–191 ausgenommen). Für die Selbstbestehenden vgl. auch in Parm. 1149.33–1151.34. 2.  Der Beweis wird so geführt, daß zuerst darlegt wird, wie Autarkes den von einer anderen Ursache Hervorgebrachten vorhergeht und anschließend, daß es mit dem Selbstbestehenden gleichgesetzt wird. Die Zwischenstelle des Autarken (es besteht einerseits nach dem Einen, anderseits geht es demjenigen, das von Anderem abhängt, vorher) ergab sich bereits in 9–10. 3.  In der Hierarchie der neuplatonischen Verlangensmetaphysik muß es Autarkes als solches geben, das sich selbst mit dem Guten erfüllt, vgl. PTh I.19 90.25 ff. und in Tim. II 89.31 ff. 4. Vgl. 10. 5.  Was ungereimt wäre.

262 Anmerkungen

41 1.  Die Selbständigkeit des Selbstbestehenden besteht nicht nur darin, daß es sich selbst bestimmt, sondern auch darin, daß es wesentlich unabhängig ist, obzwar es in dem vom Einen ausgehenden Kräftefeld steht und Haltepunkt der Bewegung der metaphysischen Kausalität ist. Das Seiende, das Leben, der Intellekt und die Seele sind ihrem Wesen nach nicht auf ein Anderes, d. h. auf ein Bestimmendes zurückzuführen. In genau dieser Hinsicht unterscheidet sich Pr. von seinen Vorgängern, die die metaphysischen Seienden in den jeweils vorhergehenden Seienden gründen, d. h. der Intellekt ist in irgendeiner Weise »in« dem Einen und die Seele »in« dem Intellekt. Das Selbstbestehende aber besteht in sich selbst. Bei demjenigen, wovon es heißt, daß »es in anderem ist«, handelt es sich u. a. um die in der Materie bestehenden Formen, um die Beseelung der Körper und allgemein um die in der körperlichen oder metaphysischen Wirklichkeit vorhandenen Abbilder der metaphysischen Ursachen. Weil das Einbeziehen des Unterliegenden (ὑποκείμενον) zu einem immerwährenden Streit der verschiedenen Formen führt, kann das, was in Anderem ist, nicht bleiben (vgl. dazu auch ein Fragment des Proklischen Kommentars zum Timaios überliefert in Philo­ ponos, de aeternitate mundi 364.21 ff.). 2.  Der Ausdruck ist deshalb nicht glücklich, weil allgemein gilt, daß in der Ursache das Verursachte eigentlich nicht selbst und so da ist, wie es ist, sondern nur auf eine höhere und ursprüngliche Weise. Ursache und Verursachtes sind bei Pr. ontologisch getrennt (vgl. 65), was freilich nicht auf das Selbstbestehende zutreffen kann, denn »im Selbstbestehenden sind Ursache und Verursachtes in einer Einheit zusammengenommen« (vgl. PTh III.6 20.13 ff.). Es handelt sich hier also um ein für das Selbstbestehende spezifisches Verhältnis von Ursache und Verursachtem, die im Selbstbestehenden nur hinsichtlich ihrer Funktion, nicht jedoch ontologisch unterschieden sind. 42 1.  Die triadische Struktur des hierarchischen kausalen Prozesses – metaphysische Verursachung setzt Bleiben, Hervortreten und Hinwendung voraus – wird hier auf das Selbstbestehende angewendet und als ihre innere Struktur erörtert. Selbstbestehendes ist zwar als Hervortreten, Hinwendung und Bleiben aufzufassen, allerdings mit dem Unterschied, daß es im Selbstbestehenden anders als in der kausalen Hierarchie keine ontologische Trennung gibt. Vermutlich wird die Struktur des Selbstbestehenden aus dem Grunde als eine triadische Struktur bestimmt, weil diese das Selbstbestehende als einen Prozeß faßlich macht, in dem die Identität des Selbstbestehenden nicht unmittelbar gegeben ist, sondern sich das Selbstbestehende in dem vom Einen ausgehenden kausalen Kräftefeld vielmehr selbst



Anmerkungen263

Dasein verleiht, dadurch gestaltet und dynamisch konstituiert; das Selbstbestehende übt mithin eine ursprüngliche und sich metaphysisch gestaltende Tätigkeit auf die Kraft und Tätigkeit des Einen aus. Ferner ist anzumerken, daß die mit der Hinwendung implizierte Reflexivität nicht, wie Dodds meint, als das Selbstbewußtsein des Selbstbestehenden aufzufassen ist, und zwar deshalb nicht, weil auch das wirklich Seiende und das Immerseiende selbstbestehend sind, während sie dem Intellekt und somit auch dem Erkennen und dem Selbstbewußtsein vorhergehen. Daß sich das Selbstbestehende auf sich selbst hinwendet, bedeutet vielmehr, daß sich das Verursachte mit der Ursache so identifiziert, daß Ursache und Verursachtes übereinstimmen und daß sich das Selbstbestehende kraft dieser intrinsischen Dynamik vollkommen macht und Wohlsein verschafft. Dieses Wohlsein charakterisiert sowohl in der Tradition als auch bei Pr. die Natur der in sich ruhenden glücklichen Götter. Neben dieser wesentlichen Hinwendung unterscheidet Pr. eine Hinwendung der Tätigkeit nach (vgl. 44), die unter Umständen auch die Gestalt des Selbstbewußtseins annimmt, doch auch in diesem Falle mit dem Selbstbestehenden als Objekt nur selten ganz zusammenfällt; so ist sich z. B. der Intellekt immer nur aus einer bestimmten Perspektive des Denkbaren bewußt (vgl. 170 mit Anm. 1); ebenfalls ist sich auch die Seele nur kurzzeitig und dann auch nur partiell ihrer selbst bewußt (vgl. 191). 2.  Die Voraussetzung, daß das Selbstbestehende hervortritt, wird nicht begründet, ist allerdings in der Beschreibung des Selbstbestehenden als »sich selbst erzeugend« (41) mitgedacht. 3. Vgl. 31. 1.  Es handelt sich hier nicht um Selbsthinwendung überhaupt, son- 43 dern um die naturgemäße Selbsthinwendung, die deshalb, weil natürliche Hinwendung natürliches Verlangen voraussetzt und dieses wiederum Wohlsein intendiert, das natürliche Wohlsein des Hinwendenden nach sich zieht. Das Wohlsein gestattet den Selbstbestehenden eine Erfahrung der Vollkommenheit, was sie einerseits mit den Göttern verbindet (vgl. 42 Anm. 1) und ihnen anderseits – insbesondere als Intellekt und Seele des Menschen – den Zweck der Selbsthinwendung zu erkennen gibt. 2. Vgl. 34. 1.  Deshalb ist das sich seiner Tätigkeit nach auf sich selbst Hinwen- 44 dende auch selbstbestehend, vgl. 43. Hier deutet Pr. die menschliche Erfahrung von Seele und Intellekt. Das heißt, die erfahrenen zeit­ lichen Zustände der seelischen Tätigkeit und des Zusammenfallens der Seele mit sich selbst, bzw. des Denkenden mit dem Denkbaren,

264 Anmerkungen

setzen eine wesentliche Selbsthinwendung voraus, weshalb jene Zustände auch als ein erfahrener Nachvollzug dieser Selbsthinwendung zu verstehen sind. Mit dem zeitlichen Zusammenfallen der Seele (oder des Intellekts) mit sich selbst wird die Identität der Tätig­keit mit der dauernden Struktur und dem bleibenden Wesen der Seele (bzw. des Intellekts) verwirklicht. Der Grundgedanke geht auf Aristoteles zurück, demzufolge der Mensch das Wohlsein nur kurzzeitig, Gott jedoch für immer genießt, vgl. Metaphysik XII 1072b24 f. 2.  Es handelt sich um eine dem Wesen entspringende Tätigkeit, die sein Ausdruck ist, demselben daher folgt und von ihm bestimmt wird. 3.  Das Autarke ist nämlich stärker als das Nichtautarke, vgl. 9. 45 1.  »Ungeworden« (ἀγένητος) ist ein zweideutiger Ausdruck, der sowohl zeitlich konnotiert ist (wenn er etwas bezeichnet, das nicht irgendeinmal geworden ist) als auch ontologisch (es ist keine meta­ phy­sische Konstellation denkbar, in der das Selbstbestehende nicht da ist, mithin noch verursacht werden muß). Obwohl Terminologie und Argumentation von 45–46 offenbar dem Unsterblichkeitsbeweis der Seele im Phaidros entlehnt sind (245C–246A), handelt es sich beim Ungewordenen nicht ausschließlich und zuerst um die Seele, wie Dodds meint. Die Seele ist nämlich nur in bestimmter Hinsicht ungeworden. Sie ist zwar niemals nicht, ist auch als Wesen unwandelbar, ist jedoch ihrer Tätigkeit nach werdend, selbst so, daß sie »das zuerst Werdenkönnende« heißt (192). Außerdem hat die Seele eine metaphysische Genese, vgl. in Tim. II 117.13 ff. Vgl. für das Ungewordensein der Seele auch PTh VI.1 7.4 ff. In vollkommenerem Sinne ungeworden sind das wirklich Seiende, die Formen und der Intellekt, vgl. in Tim. I 257.26 ff. und II 127.14 f. Das Argument für das Ungewordensein beruht immer darauf, daß im autarken Selbstbestehenden Ursache und Verursachtes untrennbar sind, vgl. in Tim. I 235.12 ff. 2.  Für den Weg als Metapher fürs Werden vgl. Aristoteles, Physik II 193b12 ff., De generatione et corruptione I 318b9 und Metaphysik IV 1003b6 ff. 46 1.  Die Eigenschaften »ungeworden« (ἀγένητος) und »unvergänglich« (ἄϕϑαρτος) hat bereits Platon miteinander verbunden, vgl. Phaidros 254D; hier bedingen sie sich außerdem wechselseitig, vgl. auch in Remp. II 9.26 ff. und in Tim. I 295.27 ff. Genau so, wie die Seele nicht in jeder Hinsicht ungeworden ist, ist sie auch nicht in jeder Hinsicht unvergänglich. Sie hört zwar nie auf zu bestehen, ihr Wesen ist selbst unwandelbar und unvergänglich, ihre Tätigkeiten folgen allerdings aufeinander, verdrängen einander und sind demnach vergänglich. Das Argument für das Ungewordensein und die Unvergänglichkeit beruht darauf, daß das, was sich selbst verursacht



Anmerkungen265

(worin also Ursache und Verursachtes zusammenfallen), sich niemals von sich selbst distanziert. Es geht nicht nur zurück auf den Phaidros 245C, sondern vor allem auch auf Aristoteles, De anima I 406b13 f., wo von einer Seele die Rede ist, die, bewegte sie sich selbst, sich auch von ihrem Wesen distanzieren muß, vgl. dazu auch PTh III.6 20.16 ff. Ein alternatives Argument ist, daß Vergehen ein Entgegengesetztes voraussetzt, vgl. in Remp. II 10.28 ff. 1.  Wieder gilt, daß die Eigenschaften des Selbstbestehenden nicht auf 47 alle Selbstbestehende in gleicher Weise zutreffen. So sind wirklich Seiendes und der Intellekt schlechthin teillos und einfach, während die Seele einerseits teillos und einfach, anderseits aber auch geteilt und zusammengesetzt ist, vgl. in Tim. I 402.17 ff. und II 242.30 ff. Ihrem Wesen und ihrer Ganzheit nach ist die Seele in der Tat teillos und einfach, ihrer Tätigkeit nach allerdings ist sie geteilt und zusammengesetzt und hat sie zur Aufgabe, in der Zeitabfolge das Ganze ihres Wesens wiederherzustellen, vgl. in Tim. II 290.33 ff. »Teillos« (ἀμερής) und »einfach« (ἁπλοῦς) sind keine sinngleichen Prädikate, wie das auch »geteilt« (μεριστός) und »zusammengesetzt« (σύνϑετος) nicht sind. »Geteilt« bezeichnet eine aus mehreren Elementen bestehende Struktur, während die Elemente in einem »Zusammengesetzten« jeweils von anderswoher stammen; »zusammengesetztes« geht nämlich auf unähnliche Ursachen zurück und bedarf deshalb eines verknüpfenden Prinzips, vgl. in Tim. I 280.2 ff. Daß Selbstbestehendes teillos ist, heißt also, daß es ungegliedert ist, daß es einfach ist, heißt dagegen, daß es nicht von anderen Ursachen abhängt und sich selbst das Prinzip seiner Einheit ist. 2.  Wesentlich dasselbe Argument findet sich in 15. 3.  Die Hierarchie der hypothetischen Elemente erklärt sich daraus, daß die primäre Zusammensetzung aus Ursache und Verursachtem bestehen muß, die einander hierarchisch untergeordnet sind. Weil es sich hier um Selbstbestehendes handelt, müßte es als Ganzes sich selbst als Ganzes, d. h. als Ursache dem Verursachten, zugleich aber auch als Verursachtes der Ursache Dasein verleihen, was unmöglich ist. Von Ewigkeit, Zeit und der kausalen Hierarchie: 48–55 1.  In diesem Kap. wird die Gliederung der metaphysischen kausa- 48 len Hierarchie auf die Zeitbezogenheit vorbereitet. Zuerst wird die Wirklichkeit in die höhere Sphäre des Immerwährenden und in die niedere des Nichtimmerwährenden aufgeteilt. Genau betrachtet trifft

266 Anmerkungen

diese Einteilung allerdings nicht ganz, sofern ja das Eine jenseits aller Zeit- und Ewigkeitsbezogenheit ist; es ist ohne Zeit, weshalb es strenggenommen nicht immerwährend sein kann. Überdies stammt alle Immerwährendheit von der Ewigkeit, die sich in der metaphysischen Hierarchie genau dort befindet, wo das wirklich Seiende ins Leben übergeht. Also kann auch das wirklich Seiende nicht eigentlich immerwährend sein. »Immerwährend« (ἀίδιος) ist das, was niemals nicht sein kann (bzw. was sich in keinerlei Hinsicht von sich selbst abwendet oder seine Natur ändert, was sein ganzes Leben bereits besitzt und nichts dazugenommen hat, nimmt oder nehmen wird, vgl. Plotin III.7.5.12 ff.). Aus der Betrachtung von Ewigkeit und Zeit ergibt sich endlich auch die Mehrdeutigkeit des Begriffes »immerwährend«, d. h. es gibt eine »ewige« Immerwährendheit und eine »zeitliche«, vgl. 55. 2.  »Zusammengesetzt« (σύνϑετος) ist, was entweder aus metaphysischen Bestandteilen (d. h. aus Seele und Körper) oder aus Elementen (στοιχεῖα) besteht. Eines Unterliegenden (ὑποκείμενον)) bedürfen die in der Materie zum Ausdruck kommenden Formen, bzw. bedarf das Abbild der Seele im Körper. 49 1.  Diese These ist nicht schlechtweg wahr, denn das wirklich Seiende ist zwar als selbstbestehend, nicht jedoch als immerwährend oder ewig aufzufassen. Es ist vielmehr zeitfrei und geht der Ewigkeit und Immerwährendheit vorher, es ist »vorewig« (προαιώνιος). Für die Immerwährendheit des Selbstbestehenden vgl. PTh III.6 21.6 ff. 2. Vgl. 47, bzw. 41. 50 1.  Daß die Zeit (χρόνος) ein Maß (μέτρον) ist, heißt nicht, daß sie bereits Bestimmtes und Zählbares gleichsam im Nachhinein mißt und zählt – dies ist Aufgabe des mentalen Begriffes (ἔννοια) der Zeit, nicht aber der Zeit selbst, vgl. in Tim. III 20.1 ff. –, sondern vielmehr, daß die Zeit das Sein der Dinge in der Zeit zustandebringt, sie voneinander abgrenzt, sie in Übereinstimmung mit den Paradigmata mißt und denselben ähnlich macht, vgl. in Tim. III 20.3 ff. Die Zeit ist also keine Dimension oder Seinsweise der Wirklichkeit noch der Seele, sondern eine metaphysisch selbständige Ursache. Sie enthält das Abbild der Ewigkeit und entfaltet es als Urbild der zeitlichen Wirklichkeit dadurch, daß sie die Wirklichkeit bestimmt und mißt. Hintergrund für diese Deutung von Ewigkeit und Zeit als meta­ physischen Prinzipien ist die für die antike Zeitmetaphysik zentrale Stelle im Timaios 37C–38B, sowie Plotins Abhandlung III.7 Über Ewigkeit und Zeit. Platon wird von Pr. ausführlich und wesentlich zustimmend kommentiert (vgl. in Tim. III 1.4–52.33), Plotin da­gegen kritisch und zuweilen auch polemisch. Während die Zeit nach ­Plotin



Anmerkungen267

die gleichursprüngliche und gleichrangige Seinsweise der Seele ausmacht, ist sie nach Pr. ein inhaltsreiches kausales Prinzip, das der Seele vorhergeht, vgl. in Tim. III 32.29 f. Zeit ist die erste zählbare Konkretisierung der Ewigkeit und das Bild der Ewigkeit, das sich am Übergang vom Intellekt zur Seele bildet. Sie entfaltet sich in der Wirklichkeit. Ferner wird dem Wesen nach – und deshalb auch der Tätigkeit nach – alles Körperliche von der Zeit gemessen; der Tätig­ keit nach, nicht jedoch dem Wesen nach von der Zeit gemessen wird z. B. die Seele, die als Ganze unveränderlich, ungeworden und unvergänglich ist und sich in Verbindung mit dem Körper immer nur teilweise und sukzessive ihrer selbst bewußt ist, doch ihrer Tätigkeit nach veränderlich bleibt (vgl. 192). 2.  Die auffallenden Ausdrücke »Gewesensein« (τὸ ἦν), und »Seinwerden« (τὸ ἔσται) gehen zurück auf Timaios 37E–38A, finden sich allerdings auch bei Plotin, III.7.3.34 f. und 13.48 ff. 1.  Der Zusatz »ihrem Wesen nach« ist bedeutend, weil auch die Seele, 51 die zwar selbstbestehend heißt, von der Zeit gemessen wird, obwohl nur ihrer Tätigkeit nach, vgl. 199 und 200. 1.  Auch die Ewigkeit (αἰών) ist keine Dimension oder Seinsweise, 52 sondern ein bestimmendes Maß, das Wesen, Vermögen und Tätigkeit aller Seienden mißt und definiert und ihnen auf eingefaltete Weise je das Ganze ihres Seins, ihres Könnens und ihrer Verwirklichung spendet, vgl. PTh III.16 57.1–3. Pr. folgt hier nicht nur Platon, sondern auch Aristoteles, der die Ewigkeit als das alles Leben in der Wirklichkeit umfassende Ganze versteht, vgl. De caelo I 279a23 ff. Ewigkeit, aber auch die Zeit sind somit Ursachen in der metaphysischen Hierarchie. Die Ewigkeit besteht nach Pr. auf (oder vor) der mittleren Ebene des Intellekts, d. h. auf (oder vor) der des Lebens und des (Platonischen) Selbstlebewesens; sie ist die erste Konkretisierung des wirklich Seienden und geht dem denktätigen Intellekt vorher, vgl. PTh III.16 55.12 ff., 56.6 f. und 56.25 ff. Ewig (αἰώνιος) heißt, was an der Ewigkeit teilhat, vgl. PTh III.16 54.25 ff. und 56.23 f. Alles Ewige folgt der Ewigkeit. Das gilt für das Selbstlebewesen, für den denktätigen Intellekt und für die Seele, die ebenfalls ewig ist, obwohl nur in bestimmter Hinsicht »und nicht ganz, im Gegensatz zu dem wirklich Seienden«, vgl. in Tim. I 235.17 ff. und II 148.29 f. Genaugenommen trifft der Zusatz »im Gegensatz zu dem wirklich Seienden« nicht ganz zu, weil die Ewigkeit nach dem wirklich Seienden besteht, das folglich nicht an der Ewigkeit teilhat und auch nicht ewig sein kann. Pr. hat diesen Gegensatz offenbar erkannt und aus diesem Grunde das wirklich Seiende auch als »vorewig« (προαιώνιος, vgl. 107, PTh III.14 51.10 f. und III.21

268 Anmerkungen

77.19 ff.) bezeichnet. »Alles Ewige« ist hier das wirklich Seiende, das Leben, der Intellekt und (in bestimmter Hinsicht) auch die Seele, die ihrem Wesen nach, nicht jedoch ihrer Tätigkeit nach ewig ist. Es gibt somit aus der Perspektive der Ewigkeit drei Bereiche: 1.) den des Intellekts, der sowohl dem Wesen als auch der Tätigkeit nach ewig ist, 2.) den der Seele, der dem Wesen, aber nicht der Tätigkeit nach ewig ist und schließlich 3.) den der körperlichen Wirklichkeit, der weder dem Wesen noch der Tätigkeit der Wirklichkeit nach ewig ist, vgl. De prov. 9. 2.  Die falsche Etymologie, die »Ewigkeit« (αἰών) von »immer seiend« (ἀεὶ ὄν) ableitet, findet sich bereits bei Aristoteles, De caelo I 279a27; vgl. auch Plotin III.7.5.12, 6.32 ff. Vgl. ferner PTh III.16 56.27 f., III.27 95.4 usw. 53 1.  Weil Ewigkeit und Zeit keine formalen Dimensionen der Seienden, sondern metaphysische Ursachen sind – wobei die Ewigkeit als die erste konkretisierende, aber immer noch allgemeine Vermittlung das wirklich Seiende dem Leben und die Zeit die zur zählbaren Ausdehnung gegliederte Vermittlung des ewigen Lebens der ewig-zeitlichen Seele spendet –, treffen auf Ewigkeit und Zeit dieselben allgemeinen kausalen Gesetze zu. Ewigkeit und Zeit gehen z. B. als Unteilnehmbares den Teilgenommenen vorher, wobei diese wiederum den Teilnehmenden vorhergehen (vgl. 23 und 24). Aus diesem Grunde ist das Ursprüngliche einer Reihe auch hinsichtlich der Ewigkeit und der Zeit auf abgeleitete Weise in allem Spä­ teren gegenwärtig (18 und 19). »Teilnehmend« sind hier das Ewige – d. h. Leben, Intellekt, Seele – und das, was in der Zeit ist – d. h. die Seele und die körperliche Wirklichkeit des Werdens –, »teilgenommen« ist die Ewigkeit im Ewigen – d. h. die Ewigkeit aus einer bestimmten Perspektive – und die Zeit im Zeitlichen – d. h. jener Teil der Zeit, der sich als ein zeitliches Seiendes entfaltet. »Die eine Zeit« ist hier das noch eingefaltete, jedoch schon artikulierte und zählbare Urbild alles Werdens; »die ganze Zeit« hingegen ist die vollkommene Entfaltung dieses Urbildes; und »irgendeine Zeit« ist die Entfaltung eines Teils der Zeit, d. h. eines Teils des Urbildes, vgl. 200. 54 1.  Für die beiden Maße vgl. in Tim. III 17.22 ff. Ewigkeit mißt die Seienden als Einheit, bestimmt die vereinten Seienden und ihr Bleiben (διαμονή). Die Zeit als Zahl hingegen bestimmt, mißt und definiert für die zählbaren Werdenden die Ausdehnung (παράτασις). 55 1.  Das Fazit der Untersuchung der kausalen Hierarchie aus der Perspektive von Ewigkeit und Zeit ist somit folgendes: Absolut zeitfrei ist das Eine; vorewig (προαιώνιος) ist das wirklich Seiende; Ewigkeit



Anmerkungen269

(αἰών) ist die erste Vermittlung des wirklich Seienden dem Leben; ewig (αἰώνιος) sind das Leben, der Intellekt und auch (obwohl nur in einer Hinsicht) die Zeit (χρόνος), die zuerst die Ewigkeit der Seele vermittelt und teilweise auch die Seele selbst vermittelt; für immer in der Zeit (κατὰ τὸν ἀεὶ χρόνον) sind die Seele (ebenfalls nur teilweise), die Himmelskörper und die Elemente; kurzfristig in der Zeit (ποτὲ ἐν μέρει χρόνου) und werdend (γινόμενον) sind schließlich die körperlichen Zusammensetzungen. Aus der Schlußfolgerung dieses Kaps. ergibt sich, daß sowohl das Ewige als auch das, was immer in der Zeit ist, als immerwährend (ἀίδιος) aufzufassen ist. 2. Vgl. 28 und 29. 3.  »Die Rede war«, es geht um 48, wo das Selbstbestehende als »immerwährend« thematisiert wurde: Ewigkeit, Leben, Intellekt und (in bestimmter Hinsicht) die Zeit selbst sind immerwährend im Sinne eines eingefalteten Ganzen, das »Immerwerdende« aber ist immerwährend im Sinne einer zeitlich unendlichen Ausdehnung, was für die Himmelskörper der Fall ist. Die Seele ist eine Mischung aus beiden Formen von Immerwährendheit, vgl. in Tim. II 147.29 ff. Vgl. für die zwei Formen von Immerwährendheit auch in Tim. I 278.9 ff., 291.23 f., 367.17 ff. usw. Von der kausalen Komplexität. 1.  Zusammengesetzte metaphysische Kausalität: 56–62 1.  56–57 stellen den zentralen Gedanken der Proklischen metaphysi- 56 schen Hierarchie auf, der zwar sein ganzes System beherrscht, jedoch nur selten allgemein ausgeführt wird. Es geht einerseits darum, daß jede Ursache eine verwandte stärkere Ursache voraussetzt, und anderseits, daß sich die kausale Tätigkeit der höheren Ursache weiter (tiefer) ausdehnt als die der niederen Ursache. Hiermit wird das erste Motiv jenes zentralen Gedankens entwickelt. Das heißt, alles Spätere, das anderes verursacht, wird von der unmittelbar vorhergehenden Ursache mit einem Wesen und einem Vermögen für diese Verursachung ausgestattet. Diese – nicht zeitlich, sondern ontologisch – vorhergehende Ursache ist, wenn sie nicht das Eine ist, selbst verursacht und daher ein Späteres, das wiederum eine vorhergehende Ursache hat usw., bis hin zum Einen. Diese Ursachen bedingen einander aller­ dings in einer festen hierarchischen Reihenfolge. Das heißt, das Eine geht dem Sein, dieses dem Leben, dieses dem Intellekt, dieser der Seele und diese wiederum der Natur vorher. Weil die Reihenfolge feststeht, verläuft die Verursachung streng vermittelt. Das heißt, das

270 Anmerkungen

vom Späteren Verursachte wird nur vermittelst dieses Späteren und nicht direkt von der ersten Ursache verursacht. »Der erste Gott« verursacht das Spätere bis hin zu den letzten Dingen zwar durch anderes, allerdings nur als ob es dieses andere ist, das selbst tätig ist, vgl. PTh V.18 69.14–21. 2. Vgl. 18. 57 1.  Es folgt das zweite Motiv des Zentralgedankens (für das erste Motiv vgl. 56 Anm. 1). Größer ist die kausale Kraft der metaphysischen Ursache, weil sie mehr verursacht. Weil die kausale Kraft dieses »mehr« vermittelst des Verursachten verursacht, muß sich ihre kausale Tätigkeit weiter ausdehnen als bis zu diesem Verursachten. Die Verursachung findet deshalb in einem wohlgeordneten Abstieg statt. Das Eine verursacht zuerst das wirklich Seiende, dann, vermittelst desselben das Leben; das Eine und das Seiende und das Leben zusammen verursachen dann wieder den Intellekt usw. Alle Ursachen sind in der Seele und in der beseelten körperlichen Natur tätig. Die kausale Kraft der Seele versiegt allerdings dort, wo die Natur nicht mehr beseelt, allerdings eins oder auch seiend und formiert oder auch lebend, oder auch strukturiert ist, denn Struktur stammt vom Intellekt, Leben vom Leben, Form vom Seienden und die unbestimmte Einheit der Materie vom Einen. Den geordneten Aufbau der natürlichen Wirklichkeit vom Einen bis hin zu den beseelten Lebewesen verwendet Pr. zur Erklärung für den sich in der Natur spiegelnden Aufbau der metaphysischen Wirklichkeit (vgl. PTh III.6). Für die weitere Ausdehnung der höheren Ursachen vgl. auch PTh III.6 24.25 ff. und in Tim. I 186.19 ff., 387.19 f. Für einen alternativen Beweis der weiteren Ausdehnung der höheren metaphysischen Ursachen, allerdings unter Bezug auf die Nähe zum Einen als Prinzip von Allem entwickelt, vgl. PTh III.2 9.12–10.14. 2. Vgl. 7. 3. Vgl. 56. 4.  Das, was aller Form beraubt ist und demnach weder am Seienden noch am Intellekt teilhat, ist die Materie, die stets als formlos, unbestimmt, nicht seiend und zugleich als Grenze der kausalen Tätigkeit des Einen oder Guten beschrieben wird. Die Materie ist somit in irgendeiner Weise eins und kann folglich auch nicht an sich böse sein, vgl. 72, PTh I.21 98.25 ff., II.5 39.4 f., III.10 40.25 ff., III.21 78.9 ff., IV.10 33.22 f., IV.39 111.22 ff., in Parm. 1076.3 ff. usw. Über die Frage, ob es in der Wirklichkeit diese formlose Materie tatsächlich gibt oder ob sie eine Abstraktion ist, hat sich Pr. nicht klar geäußert (genausowenig Platon und Aristoteles).



Anmerkungen271

1.  Das »etwas«, das die Ursachen dem Verursachten spenden, und 58 durch die das Verursachte zusammengesetzt (σύνϑετος) oder vielförmig (πολυειδής) wird, ist ein Abbild der Ursache; falls daran mehrere hierarchisch geordnete Ursachen beteiligt sind, ist es Abbild eines Abbildes usw. der Ursache. Mitunter ist auch das Eine der Seele nicht unvermittelt gegenwärtig und spendet ihr folglich auch kein reines Einssein, es erreicht die Seele vielmehr als das vom triadischen Intellekt (Sein, Leben, Intellekt) angenommene und davon selbst wieder vermittelte Abbild. Das Verursachte ist somit eine Anhäufung von Abbildern und Abbildern von Abbildern usw. der metaphysischen Ursachen. Mithin gibt es in der metaphysischen Ordnungsstruktur keinen Platz für unvermittelte Gaben. Die Komplexität der Verursachten ist dort am größten, wo die meisten Ursachen tätig sind, nämlich in der beseelten Natur des Menschen, wo alle metaphysischen Ursachen – d. h. das Eine, das wirklich Seiende, das Leben, der Intellekt und die Seele – ihre kausale Tätigkeit entfalten. Geringer ist diese Komplexität dort, wo weniger Ursachen tätig sind. Das Seiende, das nur Abbild des Einen ist, ist einfacher als das Leben usw., während in der körperlichen Natur die leblose Natur einfacher ist als die vegetative, und diese wiederum einfacher als die animalische Natur usw. Das Maß der Einfachheit entspricht der Abstufung und damit der verringerten Intensität der kausalen Tätigkeit. Absolute Einfachheit besitzt sowohl das Eine als auch das Seiende (oder vielmehr das Nichtseiende), das das schwächste Abbild des Einen ist, nämlich die Materie. 1.  Das ergibt sich aus 58. 59 2. Vgl. 57. 3.  Absolute Einfachheit charakterisiert sowohl das Eine als Prinzip (nämlich in der metaphysischen Hierarchie) als auch die Materie (in der körperlichen Natur). Dem Einen folgt allerdings das wirklich Seiende, das deshalb eine kausale Zweiheit ausmacht, weil an ihm sowohl das Eine als auch – als selbstbestehendes Prinzip – das wirklich Seiende selbst kausal beteiligt ist. In der körperlichen Wirklichkeit entspricht dieser Zweiheit ein Bereich, auf den zwar das Eine und das wirklich Seiende, nicht aber das Leben, der Intellekt usw. ihre Tätigkeit ausüben. Auf das wirklich Seiende folgt das Leben, das vom Einen, von den Seienden und schließlich auch vom Leben selbst bestimmt wird. In der körperlichen Wirklichkeit entspricht der Ursache Leben ein Bereich, auf den das Eine, das wirklich Seiende und das Leben ihre Tätigkeit ausüben. Usw. Weil jede metaphysische Ursache eine charakteristische Tätigkeit hat und durch diese am Aufbau der Wirklichkeit beteiligt ist, ist die Grenze ihres Einflußbereichs stets

272 Anmerkungen

klar umrissen. Dort nämlich, wo diese Tätigkeit nicht mehr wirkt, ist auch die Ursache nicht mehr tätig. Die metaphysischen Ursachen haben folgende Leistungen: das Eine oder das Gute (τὸ ἕν, τἀγαϑόν)

Einssein, Gutsein

das wirklich Seiende (τὸ ὄντως ὄν)

Form (εἶδος)

das Leben (ζωή)

spontane Bewegung (αὐτοκινησία)

der Intellekt (νοῦς)

Erkenntnis (γνῶσις)

die Seele (ψυχή)

Rechenschaft, d. h. ­Bewußtsein der ­ewigen und der zeit­ lichen ­Wirklichkeit (λόγος)

Hieraus ergibt sich – vgl. dazu bes. PTh III.6 – die Struktur der vielschichtigen Wirklichkeit (in einer Reihung abnehmender Komplexität). In dieser Wirklichkeit ist allerdings immer die Rede von Seienden, deren Dasein von den metaphysischen Ursachen abhängt. bewußte, erkennende, spontan ­bewegende, geformte, vereinte und gute Natur (hieran beteiligen sich ψυχή, νοῦς, ζωή, ὄντως ὄν, ἕν / τἀγαϑόν)

bewußte Lebewesen (ζῷα λογικά)

erkennende, spontan bewegende, ­geformte, vereinte und gute Natur ­(verursacht durch: νοῦς, ζωή, ὄντως ὄν, ἕν / τἀγαϑόν)

Lebewesen (ζῷα)

spontan bewegende, geformte, v ­ ereinte und gute Natur (ζωή, ὄντως ὄν, ἕν / τἀγαϑόν)

Pflanzen (ϕυτά)

geformte, vereinte und gute Natur (ὄντως ὄν, ἕν / τἀγαϑόν)

leblose materielle Natur

nur vereinte und gute Natur (ἕν / τἀγαϑόν)

Materie (ὕλη)



Anmerkungen273

1.  Ein neues Element der metaphysischen Kausalitätslehre, das zu- 60 gleich die Natur der kausalen Hierarchie und ihre Entfaltung erhellt, ist die Verbindung der höheren Ursachen mit Allgemeinheit und die der niederen Ursachen mit Teilen dieser Allgemeinheit. Bei letzteren handelt es sich allerdings nicht um Teile, die so, wie sie selbst sind, zu einem integrierenden Ganzen gehören, sondern um Teile, die implizite und in transzendenter Weise von einem höheren Ganzen umfaßt werden. Die Teile bringen zum Ausdruck, was das Ganze implizite bereits umfaßt; sie entfalten und verwirklichen auf einer niederen Ebene sein kausales Potential. Sofern sie zu Besonderungen des allgemeinen Ganzen werden, verlieren die Teile an Allgemeinheit und kausalem Potential. Allgemeines und Teil verhalten sich analog zu Vorsehung und konkretem Wissen, das in der Vorsehung implizite vorwaltet. Metaphysische Kausalität ist folglich als eine hierarchisch absteigende Konkretisierung des allgemeinen Potentials der höheren Ursachen zu verstehen. Vgl. für die größere Allgemeinheit der Ursachen PTh V.28 103.1 ff., in Parm. 1048.26 ff., 1087.1 ff., in Tim. I 161.19 ff., II 115.20 ff., 211.26 ff. usw. 2. Vgl. 25. 1.  Bei diesem Vermögen handelt es sich um das Potential der hervor­ 61 tretenden kausalen Tätigkeit. Je näher dieses Potential dem Einen als Prinzip von Allem ist, desto allgemeiner und einheitlicher ist es; und je tiefer es abgestiegen ist, desto stärker ist es verringert und zerstreut. Aus diesem Grunde beschreibt Pr. das Vermögen des Intellekts als ungeteilt, während die Seele in der Mitte zwischen ungeteiltem und geteiltem Sein besteht, vgl. für den ungeteilten Intellekt 171, in Parm. 744.13 f., 745.7 ff., 762.38 f., 771.14 ff., 826.10 ff. usw., und für die Seele zwischen Ungeteiltem und Geteiltem 190, PTh III.9 37.12 ff., V.28 98.13 ff., VI.7 31.17 ff. usw. Ein Vermögen, das sich teilen läßt, ist weniger einheitlich und allgemein; es wird zur Vielheit, wenn es sich in der Zeit, verbunden mit einem Körper, in mehrere Vermögen und Tätigkeiten entfaltet. Solches ist der Fall für die Seele. 2.  Für die Identität von Gutheit und Vereinung vgl. 13. 1.  Die zur Rede stehende Vielheit ist die Entfaltung der Monade 62 einer metaphysischen Ebene auf dieser Ebene selbst, d. h. die Entfaltung des wirklich Seienden zu allgemeinen Formen, die des Intellekts zu besonderen Intellekten und die der Seele zu besonderen Seelen, vgl. 20–21. Größerer Einheitlichkeit entspricht größere Allgemeinheit, die sich u. a. darin äußert, daß die Entfaltung der Monade auf der eigenen Ebene numerisch relativ limitiert bleibt. Voraussetzung einer größeren Zahl ist eine feinere Differenzierung und damit auch

274 Anmerkungen

Konkretisierung des kausalen Potentials, das die tieferen Ebenen bestimmt. 2. Vgl. 12–13, 20 und 25. Von der kausalen Komplexität. 2.  Kausale Reihen und Ordnungen: 63–65 63 1.  Das Unteilnehmbare ist seiner Natur nach das transzendente Prinzip in einem Teilhabeverhältnis; folglich ist es auch das führende Element der von diesem Prinzip ausgehenden Ordnung. Das Teilgenommene dagegen ist als Gabe das von diesem Prinzip dem teilhabenden Element der Ordnung vermittelte Wesen, vgl. 23. Die »zwei Ordnungen«, von denen die Rede ist, sind nicht, wie Dodds vermutet, grundsätzlich voneinander unterschieden, sondern bilden vielmehr zwei Abteilungen derselben, sich durch mehrere metaphysische Bereiche kontinuierlich ausdehnenden Ordnung. Das folgt aus der Logik des Beweises – d. h. das dem Prinzip Ähnlichere geht dem ihm weniger Ähnlichen vorher –, aber auch aus der Beschreibung des einen »wohlgeordneten« (εὔτακτος) Hervortretens. Entscheidend ist hier, daß eine kausale Ordnung nicht auf einen metaphysischen Bereich beschränkt ist, sondern die ganze – sowohl metaphysische als auch körperliche – Wirklichkeit durchdringt, vgl. 64 (wo die den metaphysischen Monaden entstammenden Ordnungen der Selbstbestehenden, nicht aber, wie hier, die Ordnungen metaphysischer Eigenschaften beschrieben werden). Daß einige Seiende die vom Einen herrührende Vereinung immer genießen, andere jedoch nur gelegentlich, heißt, daß es in der Wirklichkeit Seiende gibt, die immer vereint sind, z. B. die Intellekte, aber auch Seiende, die nur gelegentlich vereint sind, z. B. die Seelen. Für andere Eigenschaften gilt ähnliches, so sind einige Seiende immer schön, andere nur unter Umständen, oder einige Seiende immer in sich identisch, andere nur unter Umständen usw. 2.  Für die Ähnlichkeitslogik des Hervortretens vgl. 28. 3.  Schönheit, Ähnlichkeit, Identität usw. sind hier als Strukturmomente des wechselseitigen Verhältnisses der monadischen Prinzipien eines metaphysischen Bereichs zu verstehen (und nicht als selbständige Formen im Platonischen Sinne). Schönheit gehört der Triade des wirklich Seienden an, Ähnlichkeit und Ruhe der des Lebens, Identität (und Unterschied) der des Intellekts. Es handelt sich hier um Formen, die sich als Strukturformen des Seins in den Seienden ausdrücken (und also nicht um paradigmatische Formen).



Anmerkungen275

1.  Anwendung von 63 auf solches Unteilnehmbares, das Monade, 64 d. h. bestimmendes Prinzip eines metaphysischen Bereichs ist; also auf das Eine und seine Henaden, auf wirklich Seiendes, auf Leben, Intellekt und Seele. »Selbstvollkommenes Bestehen« (αὐτοτελὴς ὑπόστασις) hat naturgemäß immer an der Monade teil, während eine »Erleuchtung« (ἔλλαμψις) entweder für immer oder nur kurzfristig im Teilhabenden vorwaltet. Ergebnis dieser Zweiteilung ist, daß eine metaphysische Ordnung zwar in dem von ihrer Monade definierten metaphysischen Bereich anfängt, von dort aus sich aber auch weiter abwärts ausdehnt. Auf der Ebene des Einen, d. h. in ihrem ursprünglichen Bereich, sind die Henaden selbstvollkommen und selbständig, aber auf den späteren Ebenen des Intellekts, der Seele und der körperlichen Natur bestehen sie als bleibende oder als zeitliche, zu anderen Seienden gehörenden Erleuchtungen, weil die Henaden den Seienden dort ihre Eigenschaften spenden. Ähnliches gilt für den Intellekt, aber auch für die Seele, die in dem von ihr beseelten Körper nur als Abbild da ist und in den Pflanzen Abbild eines Abbildes ist. Die metaphysischen Ordnungen durchdringen als henadische, intellektuelle und seelische Ketten die Ebenen der Wirklichkeit bis in die körperliche Natur. 2.  Für die Ähnlichkeitslogik vgl. 28. Vollkommenheit ist hier eine sekundäre Eigenschaft, die den Grad der primären Eigenschaft bezeichnet, die die Henade oder den Intellekt (usw.) definiert. Das heißt, die Monade des denktätigen Intellekts ist »ganzvollkommen« (παντελής) denktätig, hieran schließt sich das vollkommen (τέλειος) Denktätige an, diesem wiederum das unvollkommen (ἀτελής) Denktätige. 3.  Während Selbstvollkommenes eines solchen Unterliegenden nicht bedarf, vgl. in Parm. 641.22 ff. 4.  Weil es sich hier um die Henaden auf der Ebene des Einen, um die Intellekte auf der Ebene des Intellekts, um die Seelen auf der Ebene der Seele usw. handelt, d. h. um Seiende, die als Henade, Intellekt, Seele usw. zu definieren sind, bestehen die »Teilhabenden«, die erfüllt werden, nur dann und sofern sie an der Monade teilhaben; bevor Teilhabe statthat, sind sie strenggenommen nicht da. 1.  Aus diesen drei Seinsmodi (oder auch Betrachtungsweisen) eines 65 metaphysischen Seienden, das immer auch Ursache ist, ergibt sich das wesentliche Merkmal der Proklischen Metaphysik, daß nämlich das Prinzip so, wie es selbst ist, dem Verursachten nicht innewohnt. Aus diesem Grunde gibt es bei Pr. auch keine reine Immanenz. Eine Ursache ist nämlich immer nur als ein Abbild im Verursachten da, und nicht so, wie sie selbst ist, wie auch die Ursache dieser Ursache

276 Anmerkungen

dieselbe Ursache nur auf ursprüngliche Weise ist. Für die drei Seinsmodi vgl. in Parm. 900.18 ff., in Tim. I 234.23 ff. usw.; für Beispiele des Abbildverhältnisses vgl. PTh VI.3 17.15 (die ganze Wirklichkeit als ein Abbild des metaphysischen Lebewesens des Timaios), in Crat. § 135.6 ff. (das Denkbare in der Seele) und in Tim. I 13.9 f. (das Denkbare im Wahrnehmbaren) usw. Von den kausalen Verhältnissen. 1.  Ganze und Teile: 66–74 66 1.  Hier wird ein Perspektivenwechsel auf das kausale Verhältnis vorbereitet, das jetzt nicht mehr hinsichtlich der Kraft, sondern hinsichtlich der Allgemeinheit der Ursachen beschrieben wird. Das Allgemeine ist gedanklich eng mit dem Ganzen verknüpft, »allgemein« und »ganzheitlich« übersetzen nämlich dasselbe Wort ὁλικός, wie auch »besonders« und »teilweise« beide μερικός übersetzen. Die hier vorgelegte Liste möglicher Wechselbeziehungen unter den Seien­den folgt dem Beispiel des Parmenides 146AB. Die Seienden, die vermittels dieser Verhältnisse zu kennzeichnen sind, sind sowohl die physischen Seienden der wahrnehmbaren Wirklichkeit als auch die hierarchisch geordneten metaphysischen Seienden. 2.  Gleich wird sich noch zeigen, daß dieses »Umfassen« entweder tatsächlich der Fall ist, indem umfaßte Seiende das Ganze, dessen Teile sie sind, (mit-)konstituieren, oder analogisch aufzufassen ist, indem die Teile in einer höheren und ursprünglichen Weise in dem vorhergehenden Ganzen da sind. 3.  Sogenannt identische Seiende sind eigentlich nicht ganz identisch, sondern nur sofern sie den Einfluß derselben Ursache erlitten haben; in ähnlicher Weise sind unterschiedliche Seiende ungleich, denn sie erhalten ihr Bestehen von verschiedenen Ursachen; identisch sind sie dagegen, weil sie von demselben Einen verursacht sind, derselben Gattung angehören usw. 67 1. Für die Dreiteilung der Arten der Ganzheit vgl. PTh III.25 87.26 ff., III.27 94.21 ff., in Parm. 1102.8 ff., in Tim. II 195.25 ff. usw. Pr. führt die Arten der Ganzheit auf Platon zurück, der einerseits Gattung und Form unterscheidet und miteinander verknüpft, anderseits aber auch die ganze Welt als ein Ganzes aus Ganzen beschreibt, vgl. PTh III.25 88.1 ff., dazu Politikos 262A–263B und Timaios 33A. Das Verhältnis von Gattung und Form steht Modell für die Ganzheit, die vor den Teilen ist, der Kosmos, der ein Ganzes ist, steht Modell für die Ganzheit aus den Teilen, die Ganzen, die den Kosmos als



Anmerkungen277

Ganzes ausmachen, stehen Modell für die Teile, die Ganzes in dem Teil sind. Diese Modelle entspringen einer ersten Ganzheit auf der Ebene des denkbaren Intellekts (vgl. PTh III.25 88.7 ff.). Die Dynamik dieser Modelle bedingt die drei Arten von Ganzheit, bestimmt ferner die ersten metaphysischen Erscheinungen dieser Arten und spiegelt sich schließlich auf den niederen Ebenen in den formellen Verhältnissen von Ganzheit und Teil. Die erste Erscheinung der Ganzheit-vor-denTeilen ist die Ewigkeit; die erste Erscheinung der Ganzheit-aus-denTeilen ist der Kosmos, die ersten Erscheinungen der Ganzheit-indem-Teil sind die Himmelskörper und die Elemente, vgl. PTh III.27 94.14 ff. 2.  Für die drei Betrachtungsweisen vgl. 65. »Form« ist hier als ein mehr oder weniger konkretes einheitstiftendes Prinzip zu verstehen, das im Seienden waltet und dieses zum Ganzen macht, vgl. 74 mit den Anm. Form ist die bestimmte Erscheinungsweise einer allgemeineren Gattung. 1.  Der Gedanke ist hier, daß sich in dem Ganzen-in-dem-Teil das 68 höhere, d. h. das aus den Teilen bestehende Ganze, und das nochmals höhere Ganze, das vor den Teilen ist, ausdrückt, obwohl das je in einer Weise geschieht, die dem Ganzen-in-dem-Teil eigentümlich ist. Weil sich die erste Ganzheit kausal im Ganzen der Wirklichkeit ausdehnt, spiegelt jedes Ganze-in-dem-Teil das Ganze dieser Wirklichkeit. Es handelt sich bei diesen Ganzen-in-dem-Teil zuerst um die größeren Ganzen, die je Teil des ganzen Kosmos sind (vgl. 67 Anm. 1), wie der Himmel und die Luft, die alles in der Weise des Himmels bzw. der Luft darstellen (vgl. in Tim. III 97.31 ff. und PTh III.25 88.3 ff.). Schließlich aber handelt es sich auch um alle Seiende, die Konkretisierungen einer Form sind, von der Ewigkeit bestimmt werden und dadurch Seiende sind (PTh III.27 95.1 ff.). Fazit ist, daß jedes Seiende als Ganzes-in-dem-Teil das Ganze seiner Form, aber auch das Ganze des Kosmos in sich trägt und spiegelt. 1.  Bei diesem »Ganzen-aus-den-Teilen« geht es zuerst um den Kos- 69 mos, der ebenfalls als ein Ganzes aus Ganzen charakterisiert wird (vgl. in Tim. I 358.25 ff., 429.23 ff. usw.), ferner geht es um die ganzheitlichen Teile dieses Kosmos und die Prinzipien, die diese Teile des Kosmos als ein Ganzes ordnen und ihnen Struktur und Identität verleihen, d. h., es geht nicht um die nur denkbaren dem Intellekt innewohnenden Formen, sondern um ihre dem Kosmos immanenten Abbilder; vgl. für die Form als ein Ganzes-aus-den-Teilen 74 mit Anm. 1. 2.  »Das Teilgenommene« ist hier das Ganze, das die nicht Ganzes seienden Teile in ein Ganzes aufnimmt; in diesem Sinne haben die

278 Anmerkungen

Teile an dem Teilgenommenen teil. Nach dem allgemeinen Prinzip (vgl. 23) geht dem Teilnehmbaren das Unteilnehmbare, d. h. hier die unteilnehmbare Ganzheit oder die Selbstganzheit (αὐτοολότης, ein Hapaxlegomenon) vorher. Diese Selbstganzheit ist mit der Ewigkeit, d. h. der ersten Differenzierung des wirklich Seienden auf der Ebene des Intellekts gleichzusetzen, vgl. PTh III.27 94.21 ff.; für die Proklische Auffassung von Ewigkeit vgl. 52 mit Anm. 1. 70 1.  Aus dem Begriff des »Ganzen-vor-den-Teilen« wird hier der Begriff der »allgemeineren Ursache« entwickelt, sie besteht in der Tat vor den Teilen, die sie eingefaltet in sich hält. Die Teile sind alles Besondere, das von der Ursache verursacht wird, d. h. sowohl die besonderen metaphysischen Ursachen als auch die besonderen Seienden in der körperlichen Welt. Wirklich Seiendes umfaßt das Leben, den Intellekt und die Seele auf allgemeine Weise; in dem Leben und dem Intellekt ist die Seele usw., in dem wirklich Seiendem findet sich dann alles konkrete Seiende, im Leben alles konkrete Lebende usw. Bei der Gleichsetzung von dem Ganzen-vor-den-Teilen mit der allgemeinen Ursache spielt das unübersetzbare sprachliche Argument eine Rolle, daß das Ganze (ὅλος) immer allgemein (ὁλικός) ist. »Allgemeiner« heißt eine Ursache also, wenn sie »ganzheitlicher« ist, d. h., wenn sie mehr als eine spätere Ursache umfaßt, obwohl noch unentfaltet und undifferenziert, d. h. allgemein. Die Entfaltung verläuft nach einer gestuften metaphysischen Logik mit notwendiger Abfolge, vgl. 59 mit Anm. 3. Eine allgemeinere Ursache ist auch vollkommener, dem Einen näher, einfacher, fruchtbarer, kräftiger, ursächlicher, tätiger, vgl. in Parm. 950.15 ff. 2.  Es handelt sich um eine schwierige und auch oft mißverstandene Nuance. Sie ist vermutlich als ein Hinweis darauf zu verstehen, daß der gestufte Aufbau nicht nur diejenigen Seienden betrifft, die ihrer Struktur nach von den metaphysischen Ursachen bestimmt und Schicht für Schicht aufgebaut sind, sondern auch diejenigen Seienden, die nur kurzfristig und unter bestimmten Umständen für kausale Einflüsse empfänglich sind. Mitunter ist auch nicht jedes beliebiges Seiende kurzfristig logisch denkend, sondern nur ein solches, in dem alle höheren und der denkenden Seele vorhergehenden Ursachen bereits tätig sind, also Sein, Leben und Intellekt (logisch denkende Steine gibt es nicht). 3. Vgl. 56 und 57. 71 1.  71–72 tangieren den Kern der Proklischen Kausalitätsauffassung, nach der die Wirklichkeit eine gestufte und vom Einen herrührende Struktur ist. Allgemeinere metaphysische Ursachen, auch die allgemeinste, das Eine selbst, dehnen ihre Tätigkeit nämlich weiter aus als



Anmerkungen279

besonderere Ursachen, obwohl diese in den allgemeineren Ursachen beschlossen liegen. Dasselbe erklärt sich auch aus dem Umstand, daß die allgemeineren Ursachen die Annahme der jeweils besonderen Kausalität vorbereiten, indem sie die entsprechende Veranlagung für diese Kausalität herrichten. Daraus folgt nun auch, daß die Materie (vgl. 72) weder eine selbständige Gegenkraft des Einen noch eine in jeder Hinsicht formlose letzte Spur des Einen ist. Sie verfügt über die Anlage, vom wirklich Seienden Formen entgegenzunehmen, weil die allgemeineren Ursachen nicht nur die besondere Wirklichkeit bereits enthalten, sondern auch die späteren besonderen Ursachen, die Teile der allgemeineren Ursache sind. Die in der Hierarchie höher stehenden allgemeineren Ursachen mit dem Einen als höchste Ursache entfalten sich vermittelst der besonderen Ursachen in eine gestuft gegliederte Wirklichkeit, wobei sich das Eine als das erste Unterliegende selbst die Materie spendet und die besonderen, endlich von ihm selbst herrührenden kausalen Kräfte empfängt. Vgl. für diese sich verwandelnde Kausalität »Einleitung« § 13–17. 2. Vgl. 57 und 70. 1.  Wo nach 71 alle allgemeineren Ursachen ein Unterliegendes für 72 die kausale Tätigkeit der besonderen Ursachen bestimmen, heißt es hier umgekehrt, daß jedes einer Teilhabe Unterliegende zugleich auch von einer Ursache hergestellt wird, die allgemeiner als jene Ursache ist, an der teilgenommen wird. Es gibt demnach kein der besonderen Teilnahme Unterliegendes, das von der entsprechenden besonderen Ursache selbst hergestellt wird. Daraus ergibt sich zuerst, daß das aller Teilhabe Unterliegende von der allgemeinsten Ursache, d. h. von dem Einen, stammt, und ferner, daß dieses Unterliegende frei von allem späteren kausalen Einfluß ist. Das heißt, die Materie als Materie hat keine Form (und kein Leben usw.), obwohl sie die Anlage besitzt, eine bestimmte Form (das Lebens usw.) zu empfangen (vgl. 71 Anm. 1). Ebensowenig ist auch der Körper als bloßer Körper beseelt, obgleich er eine Form besitzt, die seiner möglichen Beseelung entspricht. 2. Vgl. 60 und 62. 1.  Anhand einer formellen, sowohl für die körperliche als auch für 73 die metaphysische Wirklichkeit gültigen Analyse des Verhältnisses des Ganzen zum Seienden, bzw. der Formen zum Ganzen entwickeln 73–74 eine nuanciertere Unterscheidung im Bereich des Denkbaren, d. h. im höchsten Bereich des Intellekts. Dort nämlich sind wirklich Seiendes, Ganzheit und die Formen voneinander abzuheben und geht das Seiende der Ganzheit und diese wiederum den Formen vorher. Das besagt dann auch, daß das Seiende eine allgemeinere Ur-

280 Anmerkungen

sache als die Ganzheit und diese wiederum eine allgemeinere Ursache als die Formen ist. An anderer Stelle beschreibt Pr. Seiendes, Ganzheit und Formen als beziehungsweise das Eine Seiende (ἓν ὄν), die Ewigkeit und das Ewige (vgl. in Tim. III 15.28 ff.), die mit der ersten, zweiten und dritten denkbaren Triade gleichgesetzt werden (vgl. PTh III.27). Ewigkeit ist hier die erste Differenzierung des Seienden, wohingegen das Ewige als die erste denkbare Vielheit zu verstehen ist. 2.  Denn der Teil als Teil ist kein Ganzes, und, gesetzt, daß Ganzes und Seiendes äquivalent wären, ist er folglich auch kein Seiendes, was eine Ungereimtheit zur Folge hat. Hat ferner etwas am Seienden teil und ist es Seiendes, heißt das nicht nur, daß es ist, sondern auch, daß es eine bestimmte Einheit erworben hat. 74 1.  Nachdem in 73 untersucht wurde, wie sich wirklich Seiendes und Ganzheit zueinander verhalten, wird nunmehr die Beziehung von Ganzheit und Formen thematisiert. Immanente Formen sind ein Ganzes aus Teilen, das insofern auch aus vielen Formen besteht, (vgl. in Tim. II 222.2 ff.), die zusammen die organische Form konstituieren. Die metaphysischen Formen dagegen sind Ganze, die vor den Teilen sind und als Gattung die besonderen Formen in sich tragen. 2.  Es handelt sich hierbei etwa um Größen, die zwar eine bestimmte Identität besitzen, aber kein organisches Ganzes bilden, dessen Teile konstitutive und strukturierende Bedeutung hätten. Luft oder Stein sind zwar etwas, tragen aber in sich keine Teile, die als Entfaltungen mit eigener Identität zu verstehen wären. »Unzerteilbar« (ἄτομον) ist der Ausdruck, womit Platon und Aristoteles die endliche Zergliederung einer Gattung in die Formen oder einer Form in niedere Formen bezeichnen. Ferner ist zu beachten, daß 73–74 die drei unterschiedlichen Arten des Zusammenhangs andeuten, die auch als »Gänzliches« (πᾶν), »Ganzes« (ὅλον) und »Form« (εἶδος) bestimmt sind (vgl. etwa in Parm. 620.32 ff.). 1.) Der Zusammenhang, der der Teilhabe am wirklich Seienden verdankt wird und das Sein und die Einheit irgendwie abspiegelt, ist der der Beraubung (στέρησις) und zwar, wie sie sich in einem identitätslosen und unstrukturierten Segment der körperlichen Wirklichkeit zeigt. Dieser Zusammenhang heißt »gänzlich«. 2.) Der Zusammenhang, der von der Teilhabe am wirklich Seienden und von der Teilhabe an der Ganzheit, nicht aber von der an den Formen stammt, macht Seiendes zu einem unteilbaren Ganzen. 3.) Der Zusammenhang, der von der Teilhabe an den Formen (sowie an dem Seienden und an der Ganzheit) herrührt, ist der der immanenten Form, die ein Seiendes zu einem strukturierten organischen Ganzen mit einer Identität macht. Diese drei Formen des Zusammenhangs



Anmerkungen281

sind von den unterschiedlichen Aspekten des Denkbaren, d. h. des höchsten Bereiches des Intellekts abhängig. 3.  In dem Sinne, daß sie sich auch selbst in (andere) Formen (etwa Finger, Zahn) teilen läßt. Von den kausalen Verhältnissen. 2.  Transzendenz dem Vermögen nach: 75–85 1.  Die eigentlichen Ursachen der Natur sind die schaffende Ursache, 75 die paradigmatische Ursache und die Zweckursache; in der metaphysischen Wirklichkeit fallen diese Ursachen in der Regel zusammen. Weil es sich hier um metaphysische Ursachen handelt, stehen sie in der Hierarchie höher und sind stärker als die von ihr erzeugten Ursachen (vgl. 7). Diese Transzendenz zeigt sich darin, daß die eigentliche Ursache in und für sich selbst, mithin getrennt vom Erzeugten besteht, vgl. in Parm. 881.9 ff.; fernerhin darin, daß sie sich selbst bestimmt und das Maß gibt. Vgl. für die Transzendenz der eigentlichen Ursache in Parm. 794.17 ff.; für eine knappe Erörterung der eigentlichen und uneigentlichen Ursachen, d. h. der Mitursachen vgl. in Tim. I 2.1 ff., 2.29 ff. 2.  Eine »miterfüllende« Ursache ist die Materie, die Teil des Verursachten wird. Eine Ursache dagegen, die das Verursachte für das eigene Sein benötigt, ist entweder die Form-in-Materie (ἔνυλον εἶδος) oder die Natur; diese Ursache ist gleichsam das Werkzeug der formstiftenden Prinzipien, d. h. des wirklich Seienden oder des Demiurgs (δημιουργός), vgl. in Tim. I 12.20 ff. und III 226.3 ff. Wie Platon (vgl. Phaidon 98E ff.) versteht auch Pr. Materie und Form mithin nicht als eigentliche Ursachen, sondern vielmehr als »Mitursachen«, die zwar zu jeder Naturerklärung gehören, sie jedoch nicht bestimmen, vgl. in Parm. 794.17 ff. und in Tim. I 2.30 ff. 1.  »Bewegungslos« ist insbesondere der Intellekt, während auf der 76 folgenden Stufe der Hierarchie die Seele selbstbewegt, mithin nicht bewegungslos ist, vgl. 20. Hier wird der kausale Übergang vom Intellekt zur Seele thematisiert, vgl. 172 und 193. Zu betonen ist, daß der Begriff »bewegungslos« nicht schlechthin identisch mit dem Begriff »unveränderlich« ist. Wäre das nämlich der Fall, müßte die ganze kausale Kette bewegungslos sein, was offenbar nicht zutrifft, weil es die in der Zeit veränderliche Wirklichkeit gibt. Die Seele ist kraft ihres unwandelbaren und ewigen Wesens »unveränderlich«; veränderlich hingegen ist ihre Tätigkeit, weshalb sie sich auch von ihrem Wesen entfernt und dieses versucht wiederherzustellen (vgl.

282 Anmerkungen

199 mit Anm. 1). Sie ist also selbstbewegt. Gelegentlich bezeichnet Pr. auch das Wesen der Seele als bewegungslos, vgl. z. B. in Parm. 796.5 ff. 2.  »Durch das Sein selbst« (αὐτῷ τῷ εἶναι) ist eine Formel, die darauf hindeutet, daß metaphysische Ursachen wahllos, erkenntnislos, ohne sich auf das Verursachte zu richten und darum zu kümmern, ohne ihre Allgemeinheit und Transzendenz zu riskieren und auch ohne Unterbrechung dasjenige verursachen, was sie zu verursachen imstande sind. Vgl. auch etwa 18, 20 und 189. 3.  Das »Immer hinsichtlich seines Hervortretens« bezieht sich auf das Entstehen des Wesens des Verursachten; dieses Wesen tritt immer hervor, im Gegensatz zur Tätigkeit des Verursachten, die von dem Verursachten (mit-)bestimmt wird und deshalb unter Umständen auch anders sein kann. 77 1.  Terminologie und Inhalt der Aussage deuten auf einen Aristoteli­ schen Ursprung hin, vgl. De anima II 417b3–5 und III 431a4–8. Eine Ursache übt nicht willkürlich auf irgendetwas eine Tätigkeit aus, vielmehr wird von der kausalen Tätigkeit einerseits die bestimmte Möglichkeit oder Veranlagung von demjenigen, was die kausale Tätig­ keit erleidet, anderseits aber auch ein spezifisches und für diese Veranlagung geeignetes Vermögen bei der Ursache vorausgesetzt. Wo Aristo­teles diesen Gedanken sowohl im Bereich der Natur als auch in dem der Metaphysik ansetzt, im letzteren Falle insbesondere hinsichtlich des Verhältnisses von Form (εἶδος) und Materie (ὕλη), deutet ihn Pr. vor allem in metaphysischem Sinne. Bei Pr. bestimmt dieser Gedanke erstens die von den Formen auf die Materie gehende Kausalität (vgl. PTh III.10 41.8 ff.), zweitens die konstitutive und anregende Tätigkeit der Formen des Intellekts auf die möglichen Gedanken in der menschlichen Seele (vgl. in Parm. 892.24 ff. und 979.1 ff.) und drittens die kausale Wirkung der Prinzipien auf die niederen und noch unbestimmten Prinzipien, die sich für die höheren ausgebreitet haben und für sie empfänglich sind. Die Identität dessen, was als Möglichkeit ist, und dessen, was tätig ist, wird an einer parallelen Stelle betont, nämlich in Tim. I 296.29–297.13. 2.  »Als Möglichkeit«, d. h. δυνάμει ; δύναμις wird in der Regel »als Vermögen« übersetzt, wenn es um eine aktive Kraft geht; als »Möglichkeit« ist δύναμις allerdings zu übersetzen, wenn es um eine passive Leidensfähigkeit geht, vgl. 78. 3.  Nicht jede Materie eignet sich, die metaphysische Tätigkeit eines Prinzips zu erleiden. Es wird kein freies Spiel von Ursache und Materie beschrieben, sondern eine Wirklichkeit analysiert, die sich aus einer für eine spezifische Tätigkeit empfänglichen Materie und einem



Anmerkungen283

die Wirklichkeit vorherdenkenden Prinzip konstituiert. Vgl. für das Vorherdenken 120 mit Anm. 1. 1.  Die Doppeldeutigkeit von δύναμις als einerseits aktives Vermögen und anderseits passive Möglichkeit findet sich bereits bei Aristoteles, vgl. etwa Metaphysik V.12. Vgl. auch 77 Anm. 2. 1.  Für das beim Werden genau abgestimmte Zusammenspiel der passiven δύναμις als Möglichkeit oder Anlage und der aktiven δύ­να­ μις als tätiges Vermögen vgl. in Parm. 668.2–14, wo sich außerdem zeigt, daß die Anlage das Unvollkommene irgendwie transzendiert, nämlich als Hinwendung oder Begehren (vgl. auch 39), und sich die tätige Kraft vom Vollkommenen entfernt. Folglich finden die beiden Gestalten der δύναμις (Veranlagung und Kraft) einander gleichsam in der Mitte und berühren das Vollkommene und das Unvollkommene einander nicht. 1.  Anwendung des Lehrsatzes der doppelten δυνάμις (vgl. 78 und 79 mit Anm.). Die Tatsache, daß nicht alles mit dem Körper zusammenhängende Unkörperliche geteilt wird und es auch Unkör­per­liches gibt (z.B den Intellekt), das diese Teilung transzendiert (vgl. PTh I.14 61.23 ff.), deutet daraufhin, daß hier vor allem von der Seele und ihrer auf den Körper gehende Tätigkeit und Teilung die Rede ist. Auch die verwendete Terminologie weist hieraufhin, denn es geht nicht um die Beziehung des Unkörperlichen auf eine leidende Materie (ὕλη) schlechthin, sondern um die auf den Körper (σῶμα), d. h. auf die von einer intellektuellen Form bereits geprägten Materie; vom Körper heißt es, er sei »das Haus der Seele«, vgl. in Parm. 661.3. Es geht hier um die Erörterung des traditionellen neuplatonischen Problems, inwiefern die Seele unempfänglich und unveränderlich ist, vgl. Plotin III.6 und Porphyrios, Sententiae 18. Vgl. auch Anm. 3. 2.  Für die Einfachheit des Selbstbestehenden und Unkörperlichen vgl. 47 und 48, für die der Seele in Tim. II 154.12 ff. 3. Vgl. in Tim. III 330.7 ff., wo die Selbstbetrachtung der Seele im Körper mit der Selbstbetrachtung eines Menschen im fließenden Wasser verglichen wird: Weil das bewegende Wasser ihm stets ein anderes Bild darbietet, meint er, daß er selbst verändert, während er in Wirklichkeit bleibt, wie er ist. Auf gleiche Weise ist bei der Selbstbetrachtung der Seele der veränderliche Körper ein veränderliches Bild der bleibenden, nicht empfänglichen und nur scheinbar geteilten Seele. Die Selbsterfahrung der Seele als geteilt entspricht mithin nicht dem Wesen der Seele. 1.  Diese allgemein formulierte Aussage trifft z. B. auf die Anwesen­ heit des Einen in den Vereinten, auf die intellektuellen Formen in der Materie (vgl. in Parm. 890.1 ff.) oder auf die Verbindung der Seele

78 79

80

81

284 Anmerkungen

mit dem Körper zu. Sie wird in 82–83 auf die Seele als das sich selbst erkennende Unkörperliche angewendet, an dem getrennterweise teilgenommen wird, welches sowohl für die All-Seele (vgl. in Tim. II 285.12 ff.) als auch für die besondere, d. h. menschliche Seele gilt. Der Lehrsatz besagt nochmals, daß die »wirklichen Ursachen« von ihrem Verursachten getrennt (vgl. in Parm. 881.9 ff.) und nur vermittelt, nämlich als Vermögen oder Erleuchtung, d. h. als Abbilder im Verursachten da sind (vgl. in Parm. 668.2–14). Stammen das Vermögen oder die Erleuchtung von der Form, schnüren sie den Körper zusammen, stammen sie von der Seele, beleben sie ihn. 2.  Hinsichtlich der Analyse des Teilhabeverhältnisses in 23–24 ändert sich hier die Terminologie. Dort ist die Strukturtriade »Unteil­ nehm­bares – Teilgenommenes – Teilhabendes« (ἀμέθεκτον – μετ­εχό­ μενον – μετέχον), hier »das, woran teilgenommen wird – Vermögen – Teilhabendes« (μετεχόμενον – δύναμις – μετέχον). Die Übersetzung der einen Triade in die andere ist deshalb einleuchtend, weil 1.) das, woran nur getrennterweise teilgenommen werden kann, unteilnehmbar ist, und weil 2.) das vermittelnde Vermögen ist, was als ein Teil von dem getrennt Teilgenommenen angenommen wird. 82 1.  Das sich auf sich selbst hinwendende Unkörperliche ist somit etwas, das vermittelst eines Vermögens oder einer Erleuchtung dem Teilhabenden gegenwärtig ist, vgl. 81. 2.  »Beide«, d. h. das sich auf sich selbst hinwendende Unkörperliche und das an ihm Teilhabende. Vgl. auch 16 und 44. 3.  Das Eine ist ein Unkörperliches, das sich nicht auf sich selbst hinwendet und an dem überhaupt keine Teilhabe statthat. 83 1.  Das heißt, das sich selbst Erkennende ist ein Unkörperliches, an dem getrennterweise teilgenommen wird (vgl. 82), und das nur vermittelt, d. h. als ein Vermögen dem Teilhabenden gegenwärtig ist (vgl. 81). Es handelt sich hier um den Intellekt, aber vor allem um die Seele, der im Kommentar zum ersten Alkibiades die Aufgabe der Selbsterkenntnis zukommt, was das höchste Ziel der Philosophie und des Lebens ist. Für Selbsterkenntnis als Strukturprinzip und Aufgabe der Seele vgl. auch in Tim. II 244.17 ff. und 286.23 ff. 2.  Für die Einheit des Erkennenden und des Erkannten vgl. auch Porphyrios, Sententiae 40.46 ff. Plotin verknüpft diese Einheit mit dem Intellekt, vgl. V.3.1, wie schon Aristoteles, De anima III 430a3 ff. und Metaphysik XII 1072b18 ff. 84 1.  Was das Immerseiende ist, kann aus den Erläuterungen zur im Ti­ maios 27D gestellten Frage abgeleitet werden, »was denn ist das Immerseiende, das kein Werden hat, und was das Immerwerdende, das nie seiend ist?«. »Immerseiend« ist die ganze der Seele vorhergehende



Anmerkungen285

Natur, d. h. das wirklich Seiende, das Leben, der Intellekt und die besonderen Intellekte. Dieses Immerseiende ist nicht-zusammengesetzt und niemals nicht-seiendes, es vermischt sich nicht mit Entgegengesetztem und ist einfach und ewig (vgl. in Tim. I 232.4 ff.). An einer Stelle nennt Pr. die höchste Seele, bzw. die All-Seele »in bestimmter Hinsicht immerseiend« (in Tim. I 233.14). Daß ein unerschöpfliches metaphysisches Sein von einem un­ end­lichen Vermögen genährt wird, geht auf Plotin zurück (vgl. IV.3.8.36 ff.). Die Unendlichkeit des Vermögens besteht allerdings nicht nur darin, daß es ein unendliches Maß hat und nicht abnimmt, sondern auch darin, daß es einen Erzeugungstrieb und eine intrinsische Undifferenziertheit besitzt. 1.  Das Immerwerdende umfaßt zuerst die Seele, die ihrer Ganzheit 85 nach nicht werdend, sondern unsterblich ist, aber ihren Teilen nach werdend ist (in Tim. I 233.24 ff. und II 131.4 ff.), dann den Himmel und schließlich die körperliche Wirklichkeit, die in jeder Hinsicht werdend ist. In diesem Kap. klinkt Porphyrios’ Feststellung nach, daß die Seele »unendlich vermögend« (ἀπειρο­δύνα­μος) ist (Sententiae 37.13 ff.). Das unendliche Vermögen des Immerwerdenden besteht folglich nicht, wie Dodds meint, in einer passiven oder empfänglichen Möglichkeit, sondern in einem sich immer erneuernden, durch einen Zufluß neuer Kräfte nährenden Vermögen, das entweder, wie bei der Seele, ein ihr innerliches Vermögen ist, oder, wie in der körperlichen Welt, von außen genährt wird. Von den kausalen Verhältnissen. 3.  Grenze und Unendlichkeit: 86–96 1.  Daß das wirklich Seiende unendlich vermögend ist, wurde bereits 86 in 84 dargetan; das wirklich Seiende ist nämlich als höchste Schicht des Intellekts ein Immerseiendes. Hier wird dargelegt, daß es dabei um die einzige Hinsicht geht, nach der das wirklich Seiende unendlich ist. Damit bereitet Pr. die Definition des wirklich Seienden als die erste Mischung der zwei Prinzipien Grenze und Unendlichkeit vor, vgl. 89. Die drei Arten von Unendlichkeit werden im Kommentar zum Timaios (I 453.15 ff.) wie folgt erörtert: 1.) Unendlichkeit dem Vermögen nach findet sich im Göttlichen und in der Wirklichkeit als einem Ganzen, charakteristisch für diese Unendlichkeit ist die Unerschöpflichkeit; 2.) Unendlichkeit der Vielheit nach gibt es und gibt es nicht, unendliche Vielheit besteht nämlich nicht zugleich, sondern

286 Anmerkungen

nur in einer sukzessiven Entfaltung der Teile des Ganzen; 3.) Unendlichkeit der Größe nach gibt es schlechthin nicht. 2.  Dasein, Tätigkeit und Leben des wirklich Seienden stellen die triadische Struktur der kausalen Entfaltung des Seienden zum Intellekt dar. Seinem Dasein nach ist dies Seiende wirklich Seiendes, seiner Tätigkeit nach wird es zum denktätigen Intellekt und als Leben wendet sich der Intellekt dem wirklich Seienden zu. Dasselbe triadische Verhältnis ist auf dreierlei Weise zu beschreiben, das erste Strukturmoment ist τὸ ὄντως ὄν / ὕπαρξις / μονή, das zweite νοῦς / ἐνέργεια / πρόοδος und das dritte ζωή / δύναμις / ἐπιστροϕή. 3. Vgl. 47. 4. Vgl. 62. 5.  Die Identität der Teillosigkeit einerseits und der Unendlichkeit des wirklich Seienden anderseits erhellt die Natur dieser Unendlichkeit. Denn unendlich ist das wirklich Seiende nicht nur, weil es ein unerschöpfliches Vermögen besitzt, sondern auch deshalb, weil dieses Vermögen in sich selbst undifferenziert – teillos – ist und im allgemeinen alles Spätere umfaßt. Die Teilung dieses Vermögens besteht in Differenzierung und Konkretisierung auf den niederen metaphysischen Ebenen. 87 1.  »Ewig« heißt, was an der Ewigkeit, »seiend« was am wirklich Seienden teilhat. Geprüft wird hier das Verhältnis von Ewigem und Seiendem, um anschließend das metaphysische Verhältnis von Ewigkeit und wirklich Seiendem darzulegen. Im Gegensatz zu Plotin und Porphyrios sind hier Ewigkeit und wirklich Seiendes streng voneinander unterschieden, vgl. Plotin III.7.3 und Porphyrios, Sententiae 44.30 ff. Bei Pr. folgt nämlich die Ewigkeit – im Bereich des Intellekts – dem wirklich Seienden und geht dem Leben vorher (d. h. dem »Selbstlebewesen« (αὐτοζῷον), vgl. 104 mit Anm. 1, 107 mit Anm. 4 und 188 mit Anm. 3). Sein Gedanke ist, daß das schlechthin allgemeine wirklich Seiende sich zuerst als die zeitfreie Ewigkeit konkretisiert und als diese zum Maß der Wirklichkeit wird, dann aber dieses Maß als Leben auch tätig macht. Mithin bestimmt die Ewigkeit Wesen, Vermögen sowie die Tätigkeiten der Wirklichkeit, vgl. PTh III.15–16 und auch 52–54. 2.  Der Himmel und die Himmelskörper sind werdend, aber auch immerwährend, weil sie im Ganzen der Zeit bestehen. 88 1.  Es handelt sich um die drei sukzessiven Verwandlungsstufen des wirklich Seienden. Das heißt, 1.)  so, wie es selbst ist, geht es der Ewigkeit vorher, in der sich 2.) das wirklich Seiende zum zeitfreien Ganzen und zum Maß der Wirklichkeit entfaltet; 3.) die Ewigkeit selbst wiederum entfaltet sich zum Selbstlebewesen (αὐτοζῷον), das



Anmerkungen287

zwar ewig ist, allerdings auch eine Tätigkeit auf die werdende Wirklichkeit ausübt und deshalb die Ewigkeit hinter sich läßt. Vgl. auch PTh III.16 56.25 ff. und III.21 77.18 ff. 2. Vgl. 87. 3. Vgl. 52 mit Anm. 2 1.  Es geht hier um eine nähere Bestimmung der Natur des wirklich 89 Seienden. Sie geht zurück auf den Philebos, wo es heißt, daß »der Gott einerseits die Grenze, anderseits das Unendliche der Seienden gezeigt hat« und es ferner noch ein Drittes gibt, das aus beiden gemischt ist (Philebos 23CD). Die Stelle wird in PTh III.8–9 erläutert, wo Grenze und Unendliches nicht etwa als formelle Prinzipien oder inhärierende Eigenschaften des Späteren, sondern als kausal tätige Prinzipien verstanden werden. Sie bilden die ersten Stufen der Tätigkeit des Einen, die sie etablieren. Die erste Unendlichkeit ist die undifferenzierte, zugleich aber zeugungskräftige Differenz des Einen (oder »das Eine als diese Differenz«), die Grenze dagegen ist die zusammenhaltende und bleibende Einheit dieser Differenz (»das Eine als die Einheit der Differenz«). Vereinigt stiften sie nicht primär die Struktur der späteren Seienden, sondern vielmehr die Seienden selbst. Schon im wirklich Seienden – sowie in allem späteren Seienden – sind sie in einer abgestuften Gestalt da. Vgl. auch 90 Anm. 1, 151 Anm. 1, 152 Anm. 1, 153 Anm. 1, 154 Anm. 1 und 159 mit Anm. 1. 2.  Es ist teillos, weil das wirklich Seiende selbstbestehend ist (vgl. 86) und alles Selbstbestehende teillos ist (vgl. 47); es hat ein unendliches Vermögen, weil es ein Immerseiendes ist (vgl. 84 Anm. 1) und alles Immerseiende ein unendliches Vermögen hat (vgl. 84). 1.  Alle Seienden der metaphysischen oder körperlichen Wirklichkeit 90 sind eine Mischung aus Grenze und Unendlichkeit. 1.) Die Ewigkeit ist Grenze, weil sie das Maß aller Wirklichkeit ist; unendlich ist sie, insofern sie unerschöpflich ist. 2.) Die Seele ist Grenze, insofern sie sich periodisch bewegt, sich wiederherstellt und ihren Bewegungen ein Maß gibt; unendlich ist sie, weil ihre Bewegung nie anhält und jedes Ende einer Periode Anfang einer neuen ist. 3.) Der Kosmos des Werdens ist vermittelst der Formen und der Himmelsbewegung begrenzt, wird aber dort, wo er individuell, veränderlich und mannigfaltig ist, von der Unendlichkeit beherrscht. Im allgemeinen ist die Form eine Gestalt der Grenze und die Materie eine der Unendlichkeit, vgl. PTh III.8 33.3–34.11. Die Grenze zeigt sich in der Vereinung, der Ganzheit, der Einigkeit und in dem Maß der Seienden; die Unendlichkeit hingegen in der Teilung, der erzeugenden Tätigkeit und in dem Hervortreten zur Vielheit. Die erste Grenze

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und die erste Unendlichkeit gehen dem wirklich Seienden vorher. Sie sind die erste zweifache Offenbarung des Einen und seine erste Strukturierung (sie gehen auch dem Erscheinen der Henaden vorher). 2. Vgl. 18–19 und PTh III.8 33.23 ff. 1.  Der Gedanke ist hier, daß ein Vermögen auf jeder Ebene der Wirklichkeit als eine Stufe des sich entfaltenden ursprünglichen Vermögens aufzufassen ist. Die Unendlichkeit dieses Vermögens beschränkt sich stufenweise, indem sie ihr allgemeines Potential in ein mehr besonderes überführt und so an tätiger Kraft einbüßt. Ein begrenztes und endliches Vermögen, als die letzte Stufe dieser Entfaltung, ist in keinerlei Weise allgemein, sondern strukturiert nur einen beschränkten Teil der vergänglichen Wirklichkeit, vgl. PTh II.2 18.9 f. 2.  Daß diese unendlichen Vermögen von einer ersten Unendlichkeit abhängig sind, wird in 92 gezeigt. 1.  Für die verschiedenen Gestalten des Unendlichen, d. h. des sich entfaltenden kausalen Vermögens, vgl. der Kommentar zum Par­ menides, 1119.4–1121.22. Die Materie ist unendlich, weil sie nicht gestaltet, unbestimmt und ohne Form ist. Anschließend werden die Unendlichkeit des Werdens, des Himmels, der Seele, des Intellekts, des Lebens, der Ewigkeit und schließlich der ersten Unendlichkeit als Quelle aller Unendlichkeit erörtert. 2.  Als die erste Mischung, vgl. 89. 3.  Das Argument beruht darauf, daß die Materie zwar unendlich ist, aber kein Vermögen besitzt, und deshalb vom Einen als Prinzip von Allem, aber nicht von der ersten Unendlichkeit als erstem Vermögen verursacht wird. 1.  Etymologisch ist »unendlich« (ἄπειρον), »was ohne Ende oder Grenze« (πέρας) ist. Die hier eingeführte relative Unendlichkeit besteht darin, daß ein niederes unendliches kausales Vermögen nicht imstande ist, ein höheres einzugrenzen, da das niedere Vermögen ein Aspekt der Entfaltung der höheren Unendlichkeit ist. Mit der relativen Unendlichkeit wird die sowohl in ontologischer als auch in epistemologischer Hinsicht relative Transzendenz der Stufen der kausalen Hierarchie beschrieben. Das niedere Unendliche mag sich erkennend oder seiend dem höheren Unendlichen hinwenden, dieses jedoch wird weder eingegrenzt noch erkannt und behält »ein Ungreifbares und Verborgenes«. Umgekehrt ist die relative Unendlichkeit selbst immer kräftiger, allgemeiner und unendlicher als die eigene Entfaltung, zu der das niedere Unendliche gehört. 1.  Für die verschiedenen Gestalten der Unendlichkeit, d. h. unzählbare, unbegrenzte, unendlich vermögende Unendlichkeit und Unendlichkeit als Transzendenz schlechthin vgl. in Parm. 1118.10 ff.



Anmerkungen289

2.  Für die zwei Formen von Immerwährendheit, d. h. einerseits die Entfaltung im Ganzen der Zeit und anderseits das vorzeitliche eingefaltete Ganze vgl. 55. Immerwährendheit ist eine besondere Gestalt der allgemeineren und höheren Unendlichkeit. 1.  In der Entfaltung verringern sich die Allgemeinheit und das Ver- 95 mögen der kausalen Tätigkeit, d. h. der ursprünglichen Unendlichkeit. Auch in den niederen Gestalten der Unendlichkeit gibt es Unendlichkeit, im Sinne eines für alles Gleichgeordnete und Spätere unfaßbares Bild der ersten Unendlichkeit. 1.  Woraus sich ergibt, daß, weil ein unkörperliches Vermögen meta­ 96 physischen Ursprungs ist, ein beschränkter Körper, dessen Tätigkeit unendlich ist (z. B. in einem stetigen zeitlichen Wechsel steht), von einer metaphysischen Kraft (Intellekt oder Seele) gelenkt und beseelt wird, vgl. PTh II.2 18.17 ff., in Tim. I 267.21 ff., 293.31 ff. und in Parm. 1119.26 ff. Von den kausalen Verhältnissen. 4.  Horizontale Transzendenz: 97–100 1. Vgl. 18, 19 und 21. Im Unterschied zu diesen Kap. geht es hier 97 um die Natur und den Ort der ursprünglichen Ursache (d. h. der Monade oder des Unteilnehmbaren). Monade ist nicht nur das allgemeine selbstbestehende Prinzip eines metaphysischen Bereichs (wirklich Seiendes, Leben, Intellekt oder Seele), sondern auch die ihr verwandte besondere Monade, die neben dem Einssein, Lebensein, Seelesein usw. eine besondere, ihr ursprüngliche Eigenschaft besitzt und vermittelt (z. B. Unendlichkeit). Die Monade ist der Reihe trans­ zendent und jedem Element derselben gegenwärtig, obwohl nicht so, wie sie selbst ist, sondern vermittelst einer vermittelnden Gabe, wodurch sie (dem Guten analog) der Reihe Zusammenhang, Vollkommenheit und Schutz spendet. Gegen Dodds ist einzuwenden, daß Reihen (σειραί) nicht als horizontale oder transversale Ausdehnungen metaphysischer Elemente, sondern als vertikale und absteigende, d. h. longitudinale Ketten aufzufassen sind, die, bestimmt von der Eigenschaft ihrer Monade, die metaphysischen Bereiche durchqueren. Vgl. 64 mit Anm. 1 und auch PTh V.28 103.1–23 sowie »Einleitung« § 20. 1.  Dieses Paradox hat eine neuplatonische Vorgeschichte, vgl. P ­ lotin 98 III.9.4 und V.2.2.21–23 sowie Porphyrios, Sententiae 31. Pr. wiederholt die Formel oftmals (vgl. u. a. PTh V.40 148.20 ff., in Alkib. 55.7 f. und in Parm. 861.12 ff., 1138.7 ff.), wobei er sie wörtlich zitiert, doch

290 Anmerkungen

unorthodox deutet. Transzendente, d. h. getrennte Ursachen – wie das Eine, das wirklich Seiende, das Leben, der Intellekt und die Seele – sind den Elementen ihrer Reihe nicht gegenwärtig, wie sie als Ursachen selbst sind, sondern kraft einer Gabe, die in der Mitte von Spendendem und Empfangendem besteht. Spendendes und Empfangendes bleiben mithin voneinander getrennt. Die hier behauptete Allgegenwart, d. h. die metaphysische Immanenz des Einen (und der übrigen Ursachen) übt demnach stille Kritik an der von den Vorgängern vertretenen These einer reinen Immanenz (das Prinzip ist überall so gegenwärtig, wie es selbst ist). Deshalb auch legt Pr. Platons »Nirgendwosein« des Einen (Parmenides 138A) so aus, daß die Darstellung des Einen als »nirgends« sachgemäßer ist als die, daß das Eine »überall« ist, vgl. in Parm. 1137.22 ff. 99 1.  Ein Unteilnehmbares gehört zu einem Teilhabeverhältnis, nämlich als der vom Teilhabenden intendierte, jedoch unerreichbare ­Ursprung, vgl. 23. Es spendet seine Eigenart dank des Teilgenomme­ nen allen Elementen der ihm entstammenden Reihe, weshalb es auch mit der Monade, d. h. der ursprünglichen Ursache der Reihe identisch ist. Wichtig ist die Präzisierung »sofern es unteilnehmbar ist«, weil hier die Lehre der doppelten metaphysischen Kausalität zum Ausdruck gebracht wird. Unteilnehmbares ist selbst Ursache, hat aber auch eine ihm äußere Ursache, denn eine Monade wird von Monaden auf derselben Ebene, von Monaden auf einer höheren Ebene und vom Einen selbst (d. h. dem Prinzip von allem) verursacht. Äußere Ursache, z. B. einer seelischen Monade, sind die Monade der Seele, die Monaden des Intellekts und das Eine selbst, vgl. PTh III.2 10.25–11.15. Wo hingegen das Unteilnehmbare unteilnehmbar ist, ist es relativ unabhängig, bestimmt es sich selbst und fügt es der in ihm gegenwärtigen Tätigkeit der äußeren Ursachen seine Eigenart hinzu. 100 1.  Eine Reihe (σειρά) ist das Ganze der sich abstufenden und seine Elemente bestimmenden Mitteilung einer ursprünglichen Eigenschaft, vgl. 97 mit Anm. Das Unteilnehmbare oder die Monade der Reihe entspricht dem Einen und Guten. Dem Einen entspricht sie, insofern die Monade einzig, ursprünglich, transzendent und vereinend ist und am Anfang einer Ordnung steht; dem Guten entspricht sie, insofern die Monade zeugungsfähig, vervollkommnend und schützend ist und der ganzen Reihe Harmonie und Ordnung verleiht, vgl. vgl. PTh V.28 103.6 ff. Folglich ist das Monadische der Monade als eine Mitteilung der Eigenart des Einen und Guten aufzufassen, und bilden sämtli-



Anmerkungen291

che Monaden selbst eine dem Einen entstammende Reihe, so daß sich die Monaden als abhängig von dem einen Prinzip von Allem herausstellen. Von den Verhältnissen in den metaphysischen Bereichen. 1.  Hierarchie von Sein, Leben und Intellekt 1.  Unteilnehmbarer Intellekt, unteilnehmbares Leben und unteil- 101 nehmbar (wirklich) Seiendes sind stets eine Monade einer Reihe der an dieser Monade teilhabenden Elemente. Die Monaden des Intellekts (d. h. hier des denktätigen Intellekts), des Lebens und des Seienden bestehen zusammen in der einen Monade des Intellekts (d. h. des gesamten zweiten metaphysischen Bereichs) und bilden seine triadische Struktur. Sein, Leben und Intellekt verhalten sich als Sein – Tätigkeit – Vermögen (οὐσία – ἐνέργεια – νοῦς) oder als Denkbares-Denkbares und Denktätiges-Denktätiges (νοητόν  – νοητὸν καὶ νοερόν – νοερόν); sie durchdringen einander im Intellekt in zeitloser Ewigkeit. Das Sein des Intellekts (das wirklich Seiende (ὄντως ὄν)) wird immer gedacht, das Denkende (der Intellekt (νοῦς)) denkt immer und die Tätigkeit des Denkens (das Leben (ζωή)) ist die vermittelnde Denkung, vgl. 169. Diese strukturelle Analyse des Denkens geht auf Aristoteles zurück, vgl. bes. Metaphysik XII.9, worauf Plotin rekurriert, vgl. etwa V.4.2 und V.6.6.18 ff. 2.  Für die relative, durch kausale Ausdehnung bestimmte Hierarchie von Sein, Leben und Intellekt vgl. PTh III.6 21.22–23.10 und 25.11–26.11. 1.  Die drei Strukturmomente oder metaphysischen Bereiche des In- 102 tellekts – d. h. das wirklich Seiende, das Leben und der denktätige Intellekt –, liefern einen jeweils eigenen Beitrag an der Konstruktion der Wirklichkeit. Aus dem Seienden geht die Mischung von Grenze und Unendlichkeit hervor (vgl. 90 Anm. 1); aus dem Leben geht die Selbstbewegung hervor und aus dem Intellekt das Erkenntnisvermögen. Allerdings ist nicht alles Wirkliche, das Seiendes und deshalb Mischung von Grenze und Unendlichkeit ist, selbstbewegt und lebend; was aber lebt und selbstbewegt ist, ist stets auch Mischung von Grenze und Unendlichkeit (z. B. als Form). Ferner hat nicht alles, was lebt, auch Erkenntnis (Pflanzen z. B. fehlt sie), was aber erkennt, ist stets auch lebendig, selbstbewegt und Mischung von Grenze und Endlichkeit. In der körperlichen Wirklichkeit sind die kausalen Ordnungen der drei Momente des Intellekts häufig ineinander verflochten, doch nicht immer, denn die Ordnung des Seienden

292 Anmerkungen

dehnt sich ja weiter aus als die des Lebens, und diese wiederum als die des Intellekts. 2. Vgl. 97 und 89. 3.  Vgl. auch PTh III.6 23.11–24.6 und 25.18 ff. 103 1.  Die Paulinische Formel »Alles ist in Allem« war auch im Neuplatonismus sehr beliebt. Auf sie beziehen sich Iamblichos, Salloustios, Syrianos, Porphyrios, Sententiae 10, Damaskios, De principiis I 243.11 ff., Pseudo-Dionysios, De divinis nominibus VII.3 872A und Pr. selbst, in Parm. 929.6 f., in Tim. I 8.10 ff., 18.1 ff., II 88.3 ff., 166.17 ff. usw. Pr. schränkt die Formel jedoch auf die Strukturmomente des Intellekts ein und betont, daß die metaphysische Immanenz des Höheren im Niederen und umgekehrt, die des Niederen im Höheren nicht rein, d. h. keine eigentliche Immanenz ist, sondern vielmehr eine Immanenz im Sinne eines Abbildes bzw. eines kausalen Urbildes. Auch wenn sie einander bedingen, entsprechen die drei Strukturmomente des Intellekts verschiedenen metaphysischen Bereichen, dennoch dehnt sich die kausale Tätigkeit jedes Moments nicht überall gleich weit aus, vgl. 102. Für die drei Seinsweisen Ursache, selbständiges Dasein und Teilhabe vgl. 65. Von den Verhältnissen in den metaphysischen Bereichen. 2.  Ewigkeitsbeziehung der metaphysischen Bereiche: 104–107 104 1. In 104–107 wird die triadische Struktur des Intellekts hinsichtlich der Beziehungen auf Ewigkeit und Leben weiter differenziert; ferner wird der metaphysische Bereich des Intellekts auf den der Seele hinübergeleitet. Das wirklich Seiende geht der Ewigkeit vorher, die seine erste Konkretisierung ist. Nach Aristoteles ist sie »unsterblich« und deshalb mit Leben verbunden, vgl. De caelo I 279a25–28, dazu PTh III.16 55.20 ff. Die Ewigkeit besteht also auf der Ebene des Lebens, geht jedoch dem Lebewesen oder Selbstlebewesen (ζῷον, αὐτοζῷον) vorher, das auf der Ebene des denktätigen Intellekts als sein Gipfel besteht. Das Selbstlebewesen umfaßt die denkbaren Paradigmata der lebenden Wirklichkeit für die Orientierung des Platonischen Demiurgs, vgl. Timaios 37D und in Tim. III 8.12 ff. Das Selbstlebewesen ist das erste – vollkommene und schönste – Bild der Ewigkeit, hat zuerst an ihr Teil und ist daher das zuerst Ewige, vgl. PTh III.6 56.22–57.4 und in Tim. III 12.30 ff. Den Hintergrund für die Darlegungen in diesem Kap. bildet PTh III.15–16.



Anmerkungen293

2.  Wäre die Tätigkeit nicht ewig, ist sie in der Zeit und hat somit das zuerst Ewige an der Zeit teil; weil aber alles Spätere sowohl in dieser Hinsicht als auch seinem Wesen nach an der Zeit teilhat, wäre dann das dem Wesen nach Ewige das zuerst an der Zeit Teilhabende. Woraus sich der im Anschluß genannte Widerspruch ergäbe. 1. Die ursprüngliche Unsterblichkeit ist die Ewigkeit, vgl. 104 105 Anm. 1., weshalb alles Unsterbliche in der körperlichen oder der rein metaphysischen Wirklichkeit an jener Unsterblichkeit teilhat. Der Ewigkeit jedoch geht das wirklich Seiende vorher, das daher jenseits von Unsterblichkeit und Leben ist. Es ist daher auch nicht ewig, sondern immerwährend und dehnt seine kausale Tätigkeit in der körperlichen Wirklichkeit weiter aus als das Leben seine Tätigkeit ausdehnt. Es gibt folglich Immerwährendes, das weder lebt noch unsterblich ist, wie z. B. die Elemente. 1.  Trotz der allgemeinen Formulierung denkt Pr. hier, wie auch in 106 107, ausschließlich an die Seele, die allein die Stelle zwischen einerseits dem in jeder Hinsicht Ewigen und Seienden und anderseits dem sowohl in der Hinsicht des Wesens als auch in der der Tätigkeit Zeitlichen und Werdenden einnimmt, vgl. auch 191 und Ti­maios 37A, sowie in Tim. II 293.3 ff. Anhand des Begriffs der Ewigkeit wird somit die Natur des nächsten metaphysischen Bereichs abgeleitet. 2. Vgl. 28–29. 3.  Die Tätigkeit wird von dem Wesen (mit-)bestimmt, weshalb sie unmöglich stärker und besser als dieses Wesen sein kann, vgl. auch 16. 1.  Die Seele hat ein ewiges, sich allerdings in der Zeit entfaltendes 107 Wesen, weshalb ihr Wesen als zeitlich erfahren wird. Der Sphäre des Werdens fehlt deshalb ewiges Bleiben und ist folglich überall veränderlich. Für die Seele, die ein »doppeltes Antlitz« (ἀμϕιπρόσωπος) hat und »doppelmündig« (ἀμϕίστομος) ist, d. h. sowohl das Ewige als auch das Werdende berücksichtigt, vgl. 194 mit Anm. 1; für die Seele als seiend und zugleich werdend vgl. 191–192 und in Tim. I 257.2 ff. 2. Vgl. 87. 3. Vgl. 50 und 55. 4.  Das Werden (γένεσις) hängt somit von der Seele (ψυχή) ab, diese wiederum von dem ewigen (αἰώνιος) Selbstlebewesen (αὐτοζῷον), dieses von der Ewigkeit (αἰών) und diese schließlich von dem vorewigen (προαιώνιος) wirklich Seienden, vgl. auch PTh I.11 51.1–11. Das Selbstlebewesen besteht auf der Ebene des Intellekts (νοῦς) und die Ewigkeit auf der des Lebens (ζωή). Auf diese Weise wird der hierarchische Aufbau der metaphysischen Wirklichkeit nach dem Einen vermittelst des Ewigkeitsbegriffs skizziert.

294 Anmerkungen

Von den Verhältnissen in den metaphysischen Bereichen. 3.  Verflechtung der kausalen Reihen: 108–112 108 1.  Es handelt sich hier, wie in 109–112, um die Frage, wie und in welchem Sinne Elemente einer bestimmten metaphysischen Reihe von den charakteristischen Eigenschaften einer höheren Reihe bestimmt werden können; d. h. wie etwa Seelen der Eigenschaften des Intellekts teilhaftig sein können. Metaphysische Eigenschaften einer höheren Reihe fließen den Elementen einer niederen Reihe dadurch zu, indem diese vermittelst der Monade, d. h. des bestimmenden Prinzips der eigenen Reihe, an der höheren Monade teilhaben – Monaden sind einander verwandt und bilden gleichsam eine monadische Reihe (vgl. 100) –, oder dadurch, daß sie unmittelbar von einem besonderen Element der höheren Reihe geprägt werden. So ist die menschliche Seele z. B. zwar nicht selbst Intellekt, dennoch intellektuell tätig, weil in ihr ein Intellekt ist, mit dem sich die Seele assoziiert. Das von Dodds in diesem Zusammenhang entwickelte Schema, demnach sich ein Element an der Reihe A genau mit einem Element bn der Reihe B assoziiert, ist allein schon deshalb irreführend, weil die höheren Reihen numerisch weniger sind, allerdings auch allgemeinere Elemente enthalten. Vielmehr soll ein Element einer höheren Reihe mit mehreren Elementen einer niederen Reihe verbunden sein. 2. Vgl. 32. 109 1.  Korollarium zu 108, d. h. es gibt besondere Intellekte, die vermittelst der Henade göttlich sind, es gibt besondere Seelen, wie die menschlichen, die intellektuell sind, und es gibt Körper, die beseelt sind. In allen Fällen bleiben Intellekt, Seele und Körper allerdings das, was sie selbst sind, und sind die Göttlichkeit, Intellektualität usw. je sekundäre, d. h. erworbene Seinsweisen. 110 1.  Eine Reihe besteht aus ersten und mit der Monade eng verknüpften Elementen, die für eine strukturelle Teilhabe an der höheren Reihe qualifiziert sind; sie besteht auch aus unvollkommeneren, jedoch immer noch selbständigen und selbstvollkommenen Elementen; ferner besteht sie aus Elementen, die Erleuchtungen in anderem sind und deshalb auch auf einer anderen metaphysischen Ebene bestehen, vgl. 108–109 und 64–65. Es gibt aus diesem Grunde göttliche Intellekte, besondere Intellekte und Intellekte, die nur als Erleuchtung in einer Seele und schließlich in der körperlichen Natur bestehen. 2.  »Dasselbe Verhältnis« zur Monade der Reihe. Einige Elemente der Reihe sind ihrer Monade nah und deshalb göttlich, andere haben sich



Anmerkungen295

von der Monade entfernt und sind deshalb besondere Elemente der Reihe, die mit der allgemeinen Monade weniger gemeinsam haben. 1. Vgl. PTh III.21 75.14–21. Nicht intellektuell sind die Seelen der 111 nichtmenschlichen Lebewesen, nicht beseelt ist die Natur der Pflanzen und der nichtlebendigen, obwohl geformten und strukturierten Natur. 2. Vgl. 110. 1.  Der Ausdruck »Gestalt« (μορϕή) tritt in der ThG nur an dieser 112 Stelle auf und bezeichnet eine äußere Erscheinungsweise, die das Wesen voraussetzt, jedoch nicht bestimmt, sondern mit zusätzlichen Eigenschaften ausstattet. Insofern verfügt etwa die Seele über die Gestalt des Intellekts, weil sie eine intellektuelle Tätigkeit besitzt, vgl. dazu in Alkib. 71.5 ff. Zweiter Hauptteil Die metaphysischen Bereiche Von den Henaden. 1.  Struktur der henadischen Zahl: 113–117 1.  Hier beginnt die Erörterung des ersten metaphysischen Bereichs 113 (bis 159) des Einen und der Henaden. Die »göttliche Zahl« (ϑεῖος ἀριϑμός) ist hier nicht nur das Eine mit den Henaden auf der Ebene des Einen, sondern die ganze Ordnung der Elemente, die in den Henaden anfängt und von ihnen geprägt wird. Sie besteht zuerst auf der Ebene des Einen, durchquert dann aber auch die niederen Bereiche, vgl. 64. Daß diese Zahl »einig« ist, heißt zuerst, daß jedes Element dieser Zahl einheitlich ist, aber auch, daß es eine vereinende Kraft besitzt. Vgl. PTh III.3 11.23 ff. 2.  Weil der Gott gut ist und das Gute mit dem Einen identisch ist, ist der Gott auch das Eine und eins. Für die Identität des Einen und des Guten vgl. 13. 3. Vgl. 21, 97 und PTh I.3 14.5 ff. 1.  »Selbstvollkommen« heißen jene metaphysischen Elemente, die 114 für ihr Dasein weder von einem Zugrundeliegenden abhängig sind noch in Anderem bestehen, sondern sich selbst gehören und in sich selbst sind. Sie sind wesentlich das, was sie sind, vgl. PTh III.3 12.11– 14 und in Parm. 641.22 ff., 946.3 ff. und 1062.31 ff. 2.  Nämlich in 64; vgl. in Parm. 1062.20 ff. Daß die Zahl der Henaden »zweifach« ist, heißt, daß die eine Zahl oder Menge aus zwei Segmen-

296 Anmerkungen

ten besteht, nicht aber, daß es zwei verschiedenartige Einzelmengen von Henaden gäbe, vgl. 113 Anm. 1. 3.  Alle Götter gehören der göttlichen Zahl an, die dem Einen verwandt (113) und »einig« ist. Die Elemente der göttlichen Zahl sind somit »Einsen« oder Henaden (ἑνάδες), die höchsten, d. h. die gött­ lichen Elemente sind demnach in der Ordnung der Henaden die höchsten, d. h. die selbstvollkommenen Henaden. 4.  Nichtselbstvollkommene Henaden bestehen als Erleuchtung in niederen Elementen, die sie als Teilhabe erworben haben, weshalb diese Elemente nicht wesentlich Henade sind und einer anderen Ordnung angehören. Selbstvollkommene Elemente, die nicht Henade sind, sind z. B. die selbstvollkommenen Intellekte und die selbstvollkommenen Seelen, vgl. 64 und »Einleitung« § 20. 115 1.  Daß das Eine als der erste Gott höher als Sein, Leben und Denken steht, ist in 20 gezeigt, daß dasselbe auch für die übrigen Götter gilt, wird jetzt begründet, vgl. dazu auch PTh III.4 17.10 ff. Alle Götter – d. h. alle Götter, die in einem eigentlichen Sinne Götter heißen, denn auf den niederen metaphysischen Ebenen gibt es auch abgeleitete Götter – bestehen auf der Ebene des Einen; hiermit setzt sich Pr. von Plotin ab, der auf der Ebene des Seins oder des Intellekts auch Götter ansiedelt. 2.  Wesen (οὐσία), Leben und Denken konstituieren zusammen das dreischichtige Denkvermögen, vgl. 103, 160 mit Anm. 1 und PTh III.6 und IV.1. »Vereintes« hat am Einen teil (4), ist somit auch nichteins und hat in der metaphysischen Hierarchie einen den »Einsen« oder Henaden untergeordneten Rang. 3.  Sie sind deshalb vereint; vgl. für das »Alles in Allem« 103 und 173 mit Anm. 1. 4.  Hier wird ein alternativer Beweis für die Überwesentlichkeit der Götter eingeleitet. Er geht aus von der Überwesentlichkeit des Guten oder Einen in der Tradition des Platonismus, vgl. Politeia 509B, wo es vom Guten heißt, es sei »jenseits des Wesens«. Ist das Prinzip, d. h. das Eine, überwesentlich, dann kommt diese Eigenschaft auch den höchsten Elementen seiner Ordnung zu. 5.  Das heißt allerdings nicht, daß sich die ganze göttliche Zahl auf der überwesentlichen Ebene des Einen befindet. Auch nicht-selbstvollkommene Henaden, die sich als Erleuchtungen in anderem niederlassen, behalten auf dieser niederen Ebene eine für die Seienden dieser Ebene inkommensurable Überwesentlichkeit. 6.  Polemische Auseinandersetzung mit Plotin, demnach die Götter vor allem Kräfte im Wesen, d. h. im Intellekt sind. 116 1.  Vgl. auch PTh III.4. Die Teilnehmbarkeit der Henaden bestimmt ihre metaphysische Funktion. Wo das Eine transzendent ist, vermit-



Anmerkungen297

teln die Henaden kraft ihrer engen Verwandtschaft mit dem Einen dieses Eine der metaphysischen Wirklichkeit, wobei jede Henade aus der Einheit des Einen eine bestimmte Eigenschaft oder Kraft entfaltet und insofern das Prinzip der von dieser Eigenschaft bestimmten Ordnung ist. 2. Vgl. 24. Das Teilgenommene wird dem Teilnehmenden eigen und gibt so seine Transzendenz und Allgemeinheit auf. Die »Vorseienden« (προόντα) sind hier die Henaden. Die Ebene des Einen geht der des Seins vorher, so daß die Ausdrücke »Sein« und »Seiende« auf der Ebene des Einen gar nicht zutreffen. 3.  Es wäre in der Henade die Rede von Teilhabe, was jedoch der angenommenen Unteilnehmbarkeit widerspricht. 4. Ein zusätzliches Argument gegen die Unteilnehmbarkeit der Henade. Ist das Nichteine der Henade ein Bestehendes, dann muß es einerseits in der Henade ein selbstvollkommenes Eines geben, d. h. einen Gott, der dem Selbsteinen, d. h. der unteilnehmbaren Henade ähnlicher ist, anderseits hat dieses Nichteine am Einen teil. Aus beidem folgt ein Widerspruch. 1.  Wie Ewigkeit und Zeit (vgl. 50 und 54) sind auch die Henaden in 117 dem Sinne Maß, daß sie die Seienden definieren und ihnen jene Identität spenden, kraft der sie erst Seiende sind. Henaden sind ein bestimmendes Maß und nicht Maß eines bereits Bestimmten. Die maßgebliche Tätigkeit der Henaden besteht zuerst in dem allgemeinen Vermögen, den Seienden beständige Einheit zu verleihen, wie sich aus ihrem Charakter als »vervollkommnend«, »väterlich«, »reinigend« »hinaufführend«, »zusammenhaltend«, »erzeugend«, »herstellend« usw. zeigt, vgl. 145, 151–158 und in Parm. 1048.23 ff. 2.  Für »einig«, nämlich als in sich selbst eins und im Besitz eines ver­einenden Vermögens vgl. 113. Die »Vielheiten« sind hier nicht als Mengen individueller Seiender aufzufassen, sondern als unbestimmte Vielheiten (bestehend aus Vermögen, Eigenschaften und Stoff), die den Seienden vorhergehen und wodurch die Seienden kraft Teilhabe eins und etwas, d. h. Seiendes werden, vgl. 1 und 3. Als vermittelnd treten hierbei zuerst die »göttlichen Formen« oder Paradigmen auf mit ihren vervollkommnenden, reinigenden, erzeugenden, zusammenhaltenden usw. henadischen Tätigkeiten, vgl. in Parm. 908.23 ff.

298 Anmerkungen

Von den Henaden. 2.  Transzendenz der Götter: 118–124 118 1.  Hier wird die metaphysische und epistemologische Transzendenz des Einen und der Henaden untersucht. Bei »Allem, was nur immer in den Göttern ist«, geht es nicht, wie Dodds meint, um Attribute der Götter, sondern um den Ursprung von allem, das nach dem Einen und den Henaden besteht. Formen, Intellekt, Seele, Naturen usw. sind auf die Ursache in den Göttern zurückzuführen, wo sie allerdings in der Weise der Götter bestehen und nicht so, wie sie selbst sind. »Überwesentlich« (ὑπερουσίως) ist eine nur relative Bezeichnung der Transzendenz des Einen, wohingegen »einig« (ἑνιαίως) eine Bedeutung für sich hat, die eine intrinsische, dem Einen angemessene (intensive) Einheit bezeichnet, vgl. auch 113 Anm. 1. 119 1.  Gut »im Sinne eines Verhaltens« ist dasjenige, was gut für etwas anderes ist, wohingegen gut »im Sinne eines Wesens« das ist, wovon man sagt, daß sein Dasein für sich gut ist (und deshalb Streben und Nachahmung hervorruft). Beide Weisen des Gutseins kommen lediglich jenen Sphären zu, die nach dem Guten als Prinzip von allem bestehen. Hinsichtlich der Gutheit der Götter vgl. PTh I.18 und II.6. Hintergrund bildet auch PTh I.19 91.8 ff., wo Pr. die über­wesent­ liche Gutheit der einzelnen Götter mit den einigenden Vermögen der Henaden gleichsetzt (117 mit Anm. 1); es gibt somit vervollkommnende Gutheit, zusammenhaltende Gutheit usw. 2.  Der Gedankengang ist wie folgt zusammenzufassen: Weil das Gute und das Eine identisch sind, sind die mit diesem Prinzip verknüpften Götter nicht nur »Einsen«, d. h. Henaden, sondern auch »Gutheiten«. Was über die Götter als Henaden gesagt werden kann, trifft demnach auch auf die Götter als Gutheiten zu, z. B. daß sie, wie das Eine und die Henaden (vgl. 115), ein überwesentliches Bestehen haben. Für die sachliche Identität des Einen mit dem Guten vgl. 13. Begrifflich heben sich das Gute und Eine darin voneinander ab, daß das Gute den hinwendenden Aspekt des Prinzips und das Eine den Bestehen verleihenden Aspekt dieses Prinzips ausdrückt. 120 1.  Die Frage, ob sich die Götter um die Menschen und im allgemeinen um den Kosmos kümmern, hat Platon in den Gesetzen (899D ff.) erörtert; diese Passage bildet den Hintergrund für das in diesem Kap. erörterte Vorherdenken. »Vorherdenken« wird mit »Spenden des Guten« gleichgesetzt, vgl. den Beweis und PTh I.15 74.2 ff. oder De prov. 8. Obwohl es heißt, daß die Götter »nicht bloß das Bestehen, das Leben, das Sein und die Vereinung spenden, sondern außerdem



Anmerkungen299

erste Ursache des Guten sind« (PTh I.15 71.14 ff.), ist die kraft des Vorherdenkens gespendete Gutheit nicht als eine zusätzliche Gabe, wodurch die Seienden irgendwie »gut« würden, sondern als eine Bestimmung des Seins und der Individualität des Seienden aufzufassen. Im Vorherdenken üben die Götter die Tätigkeit ihrer Gutheit aus, z. B. die des Reinigens, Zusammenhaltens, Hinaufführens usw. (vgl. 117 Anm. 1), konstituieren sie die individuelle Natur des Seienden und nehmen dieses in die Dynamik von Hinwendung und Nachahmung hinein. Anders gesagt, das Vorherdenken übt die Entfaltung der undifferenzierten Differenz der Einheit des Einen aus, wobei diese Differenz das einheitliche transzendente Wissen um die zu verursachende Wirklichkeit ist. Vgl. auch PTh I.15 und die beiden dem Vorherdenken gewidmeten Abhandlungen De prov. 6, 8, 13 und De decem dub. I.4. 2.  »Vorherdenken« (πρόνοια) ist eine Zusammensetzung von »vorher« (πρό) und »denken« (νοεῖν) oder »Denkvermögen/Intellekt« (νοῦς). Hiermit wird auch die Inkommensurabilität und Überwesentlichkeit des Wissens der vorherdenkenden Götter herausgestellt, vgl. auch De prov. 13 und De decem dub. I.4. 1.  Für die Gutheit als Seinsweise der Götter vgl. 119. 121 »Selbständiges Dasein« (ὕπαρξις), »Vermögen« (δύναμις) und »Erkenntnis« (γνῶσις) spiegeln die dynamische Grundstruktur, die sich vor allem in der Triade Bleiben – Hervortreten – Hinwendung zeigt und die hier vom Göttlichen verinnerlicht wird. Die Deutung der Triade als ὕπαρξις – δύναμις – γνῶσις geht vermutlich auf die Chal­ däischen Orakel und auf das Corpus Hermeticum zurück (vgl. Nag Hammadi Corpus XI.1.46). Die Triade findet sich in allem Göttlichen, d. h. nicht nur im Einen, dessen innere Struktur sie erhellt, oder in den Henaden, sondern auch im Göttlichen auf den niederen Ebenen, d. h. in den göttlichen Seelen und Intellekten. Weil deren Göttlichkeit von dort herrührt, daß sie das Eine abspiegeln, und weil das Eine selbst in transzendenter Weise Dasein, Vermögen und Erkenntnis ist, besitzen die göttlichen Intellekte und Seelen auch in und für sich selbst eine entsprechende Transzendenz. 2.  In ontologischem, nicht in chronologischem Sinne breiten das Eine und die Henaden zuerst Sein, Leben, Dasein, Vereinung in noch unbestimmter Weise aus, danach gestalten sie diese kraft ihrer Gutheit in ein konkretes Individuum, vgl. 120 Anm. 1 3.  Das »Ende einer jeden Erkenntnis« bezieht sich auf den metaphysischen Ursprung aller Erkenntnis in dem Einen und in den Henaden. Die Erkenntnis des Einen drückt sich nacheinander im Seienden, im Intellekt und dann in der Seele und dem Logos aus, so daß alle Er-

300 Anmerkungen

kenntnis dem Einen und den Henaden entspringt. Umgekehrt ist aus der Perspektive der endlichen Erkenntnis das Wissen des Einen ein unerreichbares Ziel. Für eine treffliche Erörterung des endlichen Ursprungs der Erkenntnis vgl. in Parm. 1046.13 ff. 122 1. In 122–124 wird die Proklische Auffassung des göttlichen Vorherdenkens gegen zeitgenössische theologische und philosophische Kritik verteidigt. Zuerst wird die Transzendenz des göttlichen Vorherdenkens gesichert, sofern diese durch den bloßen Umstand nicht bedroht wird, daß sich das Vorherdenken um die Ordnung der ganzen Wirklichkeit kümmert. Anschließend geht es in 123–124 um das Vorherdenken der Götter, das aus der beschränkten Perspektive des endlichen Denkens für unmöglich, ja sogar lächerlich gehalten wird. (Der Hintergrund für 123–124 ist die Beschreibung des göttlichen Vorherdenkens im Vergleich zum menschlichen Erkennen in in Parm. 951.26–961.18.) Die Kritik an der Transzendenz des Vorherdenkens begegnet Pr. mit dem Argument, daß das Göttliche sein Vorherdenken zwar im ganzen Kosmos ausdehnt, womit jedoch noch nicht gesagt ist, daß es deshalb auch in die Wirklichkeit eingeht. Nach dem traditionellen neuplatonischen Schema bleibt das Göttliche in sich und übt seine Tätigkeit ohne irgendeine Rücksichtnahme auf äußerliches Seiendes aus, obwohl dieses Seiende die göttliche Tätigkeit dem eigenen Maße entsprechend entgegennimmt (diese Lösung ist nicht unproblematisch, vgl. »Einleitung« § 15). Die Seienden erhalten kraft dieser Tätigkeit des Einen und der Henaden das Gute, durch das sie als individuelle Seiende bestehen und erhalten werden. Ferner ist es so, daß »alles Göttliche, das vorherdenkt« nicht nur die Götter auf der Ebene des Einen und der Henaden, sondern auch die göttlichen Intellekte (vgl. 181) oder die göttlichen Seelen (vgl. 184) umfaßt, die, insofern sie Gott sind auch vorherdenken (vgl. 201). 123 1.  Hier geht es um die epistemologische Transzendenz des vorherdenkenden Göttlichen, das der menschlichen Erkenntnis unzugänglich ist. Die Unerkennbarkeit und Unaussagbarkeit des Göttlichen oder ersten Prinzips ist wesentlich für Pr., aber auch für den Neuplatonismus überhaupt. Sie wird ausdrücklich auf Platon zurückgeführt, etwa auf Parmenides 142A und 7. Brief 341CD. Das Hauptproblem dieser Auffassung ist die Erfahrung der Differenz zwischen dem menschlichen, von Vielheit abhängigen Erkenntnisvermögen und der für die menschliche Erkenntnis unzugänglichen göttlichen Einheit. Der Mensch trägt nämlich die göttliche Einheit lediglich als ein Abbild in sich. Für die Auflösung dieses Problems führt Pr. eine zweifache negative Theologie ein, die hier in



Anmerkungen301

stark geraffter Gestalt vorgestellt wird (ausführlicher vgl. in Parm. 1064.21–1097.20). Ihr Grundgedanke ist einerseits die absolute Unerkennbarkeit der göttlichen Vereinung, anderseits die theoretische Einsicht, daß die Henaden und einige Intellekte und Seelen in der Wirklichkeit tätige Götter sind, welcher Wirklichkeit sie die göttlichen und vom Einen herrührende Eigenschaften vermitteln. Aufgrund dieser Theologie ist die Natur der Henaden wenigstens partiell zu erkennen, obwohl die göttliche Vereinung selbst unerkennbar bleibt. Es ist nämlich nicht das Eine selbst, das sich gestaltend in die Wirklichkeit einmischt, sondern es sind die Henaden, die die Vereinung aller Eigenschaften im Einen der Wirklichkeit spenden. Die erste Form der negativen Theologie vermittelt der Erkenntnis kraft der Henaden die Eigenschaften des vereinten Göttlichen. Sie erlaubt zwar keine eigentliche Erkenntnis der göttlichen Vereinung selbst, allerdings schon eine gewisse Ahnung davon. Bei der zweiten Form negativer Theologie gibt es für den nur endlichen Menschen keinen direkten Erkenntnisweg zum Einen (in Parm. 1176.13 ff. und PTh I.21 98.13 ff., III.1 5.9 ff. usw.), sie eröffnet jedoch der Theurgie den Weg zur Erfahrung der göttlichen Tätigkeit, vgl. »Einleitung« § 8.4–5. 1.  Hier widerlegt Pr. den Angriff auf seine Auffassung des göttlichen 124 Vorherdenkens, denn die Götter, die die ganze Wirklichkeit konkret erkennen, können aus diesem Grunde nicht unbekümmert um die Verhältnisse in dieser Wirklichkeit sein, weshalb sie sich auch um sie sorgen. Götter, die das nicht täten, wären unglaubwürdig und letztendlich gar lächerlich. Dieser Angriff findet sich bereits in der ersten der Zehn Aporien über die Vorsehung, wo er mit dem Argument abgewehrt wird, daß sich das göttliche Denken dem menschlichen nicht ähnelt und ihm sowie der gesamten Wirklichkeit überhoben ist. Trotzdem bleibt das göttliche Vorherdenken mit der veränderlichen zeitlichen Wirklichkeit als ihrer transzendenten Ursache verknüpft; diese Ursache ist ewig, unveränderlich, ungeteilt und notwendig. Hier bedient sich Pr. vor allem von negativen und sich gegen die Wirklichkeit absetzenden Charakterisierungen der Art dieses vorherdenkenden Erkennens; anderswo beschreibt er dieses Erkennen als »allgemein« (vgl. 70–72). Sein Gedanke ist jedoch klar. Das Vorherdenken der Götter, das einheitlich, ewig, unveränderlich usw. ist, entfaltet sich in der Gestaltung der Wirklichkeit auf den niederen Ebenen als vielheitlich, zeitlich, veränderlich usw., und die Fürsorge um die Welt besteht nicht darin, daß die Götter auf die Gegebenheiten in der Wirklichkeit antworten, sie zeigt sich vielmehr darin, daß sie aus ihrer vorhergehenden Gutheit die Wirklichkeit gestalten. Vgl.

302 Anmerkungen

für die transzendente Erkenntnisweise der Götter in Parm. 807.29 ff., 957.18 ff., 964.4 ff., 965.6 ff., in Tim. I 352.5 ff., De prov. 32. usw. 2. Vgl. 118. 3.  »Unbestimmt« heißt die körperliche Wirklichkeit deshalb, weil sie bloß unvollkommene Abbilder der Formen, des Denkens, des Lebens und des Strebens darstellt, wohingegen die Götter das Urbild selbst denken und es gar selbst sind. Von den Henaden. 3.  Manifestation des Göttlichen: 125–130 125 1. In 125–129 wird die absteigende Bahn der Götter dargestellt, d. h. wie sich die Götter zuerst auf der eigenen Ebene und dann auf den niederen Ebenen kundgeben. Dieser Abstieg erzeugt eine die metaphysischen Bereiche durchquerende Kette, die die höchste Gestalt des Göttlichen mit der niedersten verknüpft, vgl. »Einleitung« § 21. Das Göttliche erscheint als eine bestimmte Eigenschaft des Einen, die sich in den Henaden, d. h. in den Göttern auf eine je bestimmte Weise als vereinend und zusammenhaltend dartut. Die Götter sind eine bestimmte zusammenhaltende Kraft, die vom Einen ausgeht, sich in dem Gott zuerst zeigt und sich von dort aus in die späteren metaphysischen Bereiche ausdehnt. Beispiele solcher göttlichen Eigenschaften (oder Identitäten) sind die reinigende, die vervollkommnende, die heraufführende oder die väterliche Kraft, vgl. 117 mit Anm. 1, 145 und 151–158. Auf jeder der Ebenen zeigt sich die göttliche Eigenschaft zuerst in den führenden Elementen, die kraft dieser Eigenschaft selbst göttlich werden. Deshalb gibt es von dieser Eigenschaft gekennzeichnete göttliche Intellekte, göttliche Seelen und göttliche Körper; letztere sind zuerst bestimmte Himmelskörper, dann auch Lebewesen und Pflanzen und schließlich bestimmte Steine, die für eine bestimmte Eigenschaft besonders empfänglich sind. Kraft ihrer verbindenden Eigenschaft besitzt die Kette einen Zusammenhang und eine Gleichgestimmtheit (συμπάϑεια), die auch der Theurgie zugrunde liegen, vgl. dazu das Fragment Über die hieratische Technik bei den Grie­ chen, wo diese göttlichen Ketten ausdrücklich erörtert werden, vgl. 149.28 ff. 126 1. In 126–129 geht es um die Struktur einer von der henadischen Eigenschaft bestimmten absteigenden Kette. Die Struktur der kausalen Reihen wird auf den Sonderfall der göttlichen Ketten angewendet. Es zeigt sich, daß die in der Kette höheren Götter hinsichtlich



Anmerkungen303

der für die Göttlichkeit definitorischen Eigenschaft allgemeiner und kräftiger sind, wohingegen die späteren Götter, also die göttlichen Intellekte, die göttlichen Seelen und die göttlichen Körper besondere Erscheinungsformen dieser göttlichen Eigenschaft verkörpern und mithin nur mit geringerer Intensität besitzen. Der Verlust an Intensität erklärt sich allein schon aus der Tatsache, daß sich die göttliche Eigenschaft über mehreres verteilt; es gibt ja mehr göttliche Körper als göttliche Seelen und wiederum mehr göttliche Seelen als göttliche Intellekte usw. 2. Vgl. 60. 3.  Auch die Götter auf den niederen metaphysischen Ebenen (Sein, Intellekt, Seele, körperliche Welt) werden als Henaden betrachtet, allerdings nicht als selbstvollkommene Henaden, sondern als Henaden im Sinne einer Erleuchtung, vgl. 162–164 und 64. 1.  Das Göttliche, das einfach und autark ist, ist hier nicht nur als das 127 Göttliche auf der Ebene der selbstvollkommenen Henaden, sondern auch als das Göttliche auf den Ebenen des Seienden, des Intellekts, der Seele und des Körperlichen aufzufassen. Göttliche Intellekte, göttliche Seelen und göttliche Körper sind zwar autark, allerdings nicht im höchsten Grade (vgl. PTh. I.19 90.4–91.21); nur das Göttliche in ihnen ist, insofern es göttlich und Glied der henadischen Kette ist, im höchsten Grade autark. Für die Autarkie vgl. 9 mit Anm. 1 und 10 mit Anm. 1, 2 und 4. 2. Vgl. 113. 3.  »Identität im Guten« zeigt an, daß das Charakteristische eines bestimmten Göttlichen auf allen Ebenen das Gute ist, allerdings nicht das Gute schlechthin, sondern lediglich eine bestimmte henadische Eigenschaft, die die Seienden erfüllt und dadurch zusammenhält, daß sie die Seienden vervollkommnet, hinaufführt, reinigt usw. Die ganze Kette hängt in dieser henadischen Eigenschaft zusammen und ist in dieser Hinsicht identisch. Diese Interpretation geht aus der Lesart τὸ ἐν τῷ ἀγαϑῷ ταὐτὸν προστησάμενον hervor, die der von Dodds verteidigten Lesart τὸ ἓν τῷ ἀγαϑῷ ταὐτὸν προστησάμενον vorzuziehen ist. 1.  Die henadische Kette entspricht mithin der des kausalen Hervor- 128 tretens, vgl. 60 und 62. Das in sich selbst autarke Göttliche der Götter (vgl. 127) erreicht die späteren Ebenen und die späteren Götter durch vermittelte und wohlstrukturierte Teilhabe. Deshalb auch bleibt die göttliche Eigenschaft dem Wesen nach identisch, ist jedoch ihrer Intensität nach abgestuft, weshalb für den Menschen Teilhabe an und Erfahrung von dieser Eigenschaft nur auf eine vermittelte Weise statthaben kann. In der theurgischen Erfahrung des Göttlichen zeigt sich

304 Anmerkungen

dieses daher auch nicht unmittelbar, vielmehr setzt man sich in der theurgischen Tätigkeit immer nur mit einer schwächeren Gestalt dieses Göttlichen gleich. 129 1.  Es folgt das Ergebnis der henadischen Kette. Außerdem wird eine terminologische Verwirrung aufgeklärt. Die göttlichen Intellekte und die göttlichen Seelen werden nämlich meistens als »Götter« bezeichnet, obwohl eigentlich nur die selbstvollkommenen Henaden, d. h. die Henaden auf der Ebene des Einen als Götter zu verstehen sind (vgl. 114). Strenggenommen sind die göttlichen Intellekte allerdings keine Götter, sondern vielmehr »ein Göttlichstes«, wie auch die zu einer göttlichen Kette gehörenden Seelen keine Götter, sondern lediglich »göttlich« sind usw. Diese Präzisierung berücksichtigt Pr. nicht immer konsequent. In dem Paralleltext PTh I.14 67.9 ff. hat Pr. das richtige Wort für die Beschreibung der Göttlichkeit der Körper offenbar noch nicht gefunden, Körper heißen dort nämlich »göttlich« und daraufhin »nicht schlechthin göttlich«. Hier werden sie angemessener »gottförmig« (ϑεοειδές) genannt. 2.  »Ungeteiltes Wesen« ist hier eine Periphrase für den Intellekt (vgl. 171, in Parm. 731.6 f., 1051.14 ff. usw.) und »das sich mit Werden berührende Wesen« Periphrase für die Seele (vgl. 192); »das Werden« deutet auf die körperliche, gänzlich der Zeit unterworfene Wirklichkeit hin. 3.  Dieselbe absteigende Bewegung der göttlichen Eigenschaft thematisiert ebenfalls 145, wo auch klar wird, daß diese Bewegung den Grund für die Theurgie legt. Intellekte, Seelen, aber auch Pflanzen und Steine sind imstande, eine bestimmte göttliche Eigenschaft zu erwerben und dadurch Glied einer göttlichen Kette, mithin z. B. reinigend oder vervollkommnend zu werden; der Mensch ist in der Lage, diese Kraft theurgisch zu erfahren. Endlich heißt es, das »Alles von Göttern« erfüllt ist, vgl. dazu auch 145 mit Anm., sowie »Einleitung« § 21. 4.  Jede besondere Henade zeichnet sich in der einigen Vielheit, d. h. in der Vielheit der Henaden, dadurch aus, daß in der Henade eine bestimmte der göttlichen Eigenschaften vorwaltet, die die Henade auch definiert. 130 1.  Das heißt, je transzendenter, desto stärker ist die Hinwendung. Mithin gestaltet die Stärke der Transzendenz das Transzendente zu einem nachstrebenswerteren Gegenstand der Hinwendung. Das Höhere ist das Begehrlichere. Hieraus folgt, daß sich die einzelnen Elemente in den höheren göttlichen Ordnungen gegeneinander schärfer und deutlicher abgrenzen als in den niederen Ordnungen. Intellekt



Anmerkungen305

und Seele, aber auch die den Henaden entstammenden vereinenden Eigenschaften, die Intellekt oder Seele kraft der Teilhabe erwerben, sind stärker voneinander unterschieden als die verschiedenen Gattungen der körperlichen Seienden (z. B. Lebewesen und Pflanzen) oder die von ihnen getragenen henadischen Eigenschaften. Von den Henaden. 4.  Götter: 131–136 1.  Diese Tätigkeit besteht in der charakteristischen Eigenschaft eines 131 Gottes, der zusammenhält, vervollkommnet, schützt usw. und diese vereinende Wirkung in seiner Reihe ausdehnt. 2. Vgl. 18. 3.  Die Übervollheit (ὑπερπληρές) besteht darin, daß ein Gott nicht nur sich selbst mit Sein oder einer Seinseigenschaft erfüllt, sondern überdies auch »zureichend« (ἱκανός) ist, späteres mit diesem Sein zu erfüllen, vgl. PTh I.22 103.3 ff. (für den Unterschied zwischen Vollheit und Übervollheit vgl. Damaskios, in Parmenidem II 149.12 ff.). In dieser Hinsicht besitzen alle Götter eine väterliche Eigenschaft, vgl. 151 und in Parm. 936.18 ff. Übervollheit als Metapher für das kausale Übermaß und für die spontane Zeugungsfähigkeit der metaphysischen Seienden ist ein allgemeines Motiv im Neuplatonismus, das Plotin vermutlich zuerst auf die Beschreibung der Geburt des Intellekts aus der Übervollheit des Einen angewendet hat, vgl. V.2.1.7 ff. 1.  Es handelt sich hier um von den Henaden stammende Ordnungen, 132 die sich durch die folgenden metaphysischen Bereiche ausdehnen und endlich die körperliche Natur erreichen. Ihren Zusammenhang verdanken diese Ordnungen dem allgemeinen Gesetz der jeder Ordnung Einheit gewährenden Ähnlichkeit, aber auch der Natur der henadischen Eigenschaften, die sowohl die Einheit der Seienden herstellen als auch diese vereinheitlichende Tätigkeit auf die Ordnung selbst ausüben. Eine henadische und göttliche Ordnung durchdringt somit die ganze Wirklichkeit. Für die Einheitlichkeit der göttlichen Ordnungen vgl. auch PTh I.28 120.16 ff., II.12 70.15 ff. usw. 2.  Göttliche Klassen werden von solchen Elementen der metaphysischen Bereiche gebildet, die für die Teilhabe an den Göttern empfänglich sind, also von den göttlichen Intellekten, den göttlichen Seelen, den göttlichen Körpern usw. 3.  »Sich ausbreiten für« heißt hier, »selbstbestehend und dazu aufnahmefähig für die Teilhabe an den Göttern« zu sein.

306 Anmerkungen

133 1.  Hier wird das wesentliche Problem berührt, wie sich die Henaden gegen das Gute, bzw. Eine verhalten. Es wäre irreführend, sich die individuellen Henaden als selbständige Entitäten neben dem Einen vorzustellen. Das Gute und Eine ist das erzeugende, bildende und Einheit stiftende Prinzip der Wirklichkeit, wobei sich die Kausalität des Einen in Tätigkeiten gliedert, die auf eine je eigene Weise für einen Aspekt der Einheit zuständig sind und je eine Henade bestimmen oder diese auch sind. So gibt es eine vervollkommnende Henade, eine zusammenhaltende Henade, eine reinigende Henade usw. Die Henaden sind die besonderen Tätigkeiten des Guten oder Einen, oder auch die Weisen, wie sich das Gute und Eine zeigt, weshalb die Henaden auch »Erscheinungsweisen der ersten Vereinung« heißen, vgl. PTh III.9 36.13 ff. Sie sind als bestimmte Einheitsfunktionen des Einen oder auch als bestimmte Gutheiten des Guten aufzufassen. Für das Verhältnis einer bestimmten Gutheit zu dem schlechthin Guten oder zu dem Selbstguten vgl. PTh II.7 50.7 ff. und in Tim. I 359.25 ff. 2.  Wie das Licht nicht als Summe seiner Spektralfarben aufzufassen ist, sondern die ursprüngliche Einheit seiner Farben ist, ist auch das Eine, d. h. das Gute, nicht die Summe seiner Einheit stiftenden Tätigkeiten, d. h. seiner Gutheiten. Vielmehr ist das Eine oder Gute der Ursprung dieser Tätigkeiten, der in jeder Hinsicht stärker als diese Einheitstätigkeiten und Gutheiten ist, weil er diese mit einschließt und zusammenhält und deshalb eine grundsätzlichere »einigende Kausalität« besitzt als die Summe aller Einheitstätigkeiten und Gutheiten. 134 1.  Genaugenommen ist ein göttlicher Intellekt – womit in diesem Kap. zuerst der gesamte zweite metaphysische Bereich, d. h. das Ganze von wirklich Seiendem, Leben und Intellekt im engeren denktätigen Sinne gemeint wird, der aber anschließend auf diesen denktätigen Intellekt beschränkt wird – nicht tatsächlich ein Gott, sondern enthält er ein von einem Gott durch Teilhabe erworbenes Abbild. Weil dieses Abbild im Intellekt erstes Abbild ist, das daher dem Gott am nächsten und ähnlichsten ist, dürfte Pr. so weit gehen, es als Gott zu bezeichnen. Pr. greift dabei auch auf das Motiv der immanenten Transzendenz des Intellekts zurück, in dem Göttliches irgendwie da ist, vgl. vor allem Aristoteles, De anima III 430a22 ff., Metaphysik XII 1072b22 ff. und Ethica Nicomachea X 1177a13 ff. Daß hier auch auf Plotin angespielt wird, ergibt sich aus der parallelen Stelle in den Enneaden VI.7.35. Vgl. auch in Parm. 1047.9 ff., wo dargelegt wird, daß, insofern der göttliche Intellekt nicht Intellekt ist, er Gott ist, insofern er aber nicht Gott ist, er Intellekt ist.



Anmerkungen307

Der Unterschied zwischen Vorherdenken (προνοεῖν) und Denken (νοεῖν) im Intellekt (νοῦς) erklärt sich daraus, daß der zweite metaphysische Bereich in der körperlichen Wirklichkeit nicht nur dasjenige strukturiert und herstellt, was irgendwie an der Erkenntnis teilhat, sondern auch dasjenige, was ohne Erkenntnis ist. Hierbei fällt das Göttliche mit der ersten Stufe des Intellekts, d. h. mit dem wirklich Seienden zusammen, das allem die Form spendet, während der denktätige Intellekt, d. h. die dritte Stufe des Intellekts, die eigene Kausalität auf alles das ausdehnt, was Form besitzt und an der Erkenntnis teilhat, vgl. PTh III.6 21.22 ff. und 25.21 ff. Für das Vorherdenken der Götter vgl. 120, 122. 2. Statt die von Dodds vertretene Lesart »Erfülltwerdenden« (πληρουμένων) wird gelesen »erfüllenden« (πληρούντων). Es geht hier nämlich um die vereinende Aufwärtsbeziehung des alles Spätere erfüllenden Intellekts auf die wirklichen Götter zu; dieser Bewegungsbezug wird von dem sich mit dem Denkbaren (d. h. mit dem wirklich Seienden) oder sich mit dem Gott des Intellekts verknüpfenden Intellekt nachgeahmt. 1.  Die je an einer Henade teilhabenden Seienden bilden das wirklich 135 Seiende (τὸ ὄντως ὄν), bzw. den höchsten Aspekt des Intellekts. Wo die Henaden für alles Spätere »verborgen« (κρύϕιος) sind, sind die entsprechenden Seienden »denkbar«, vgl. 162. Hieraus ergibt sich, daß die teilhabenden Seienden sowie die Henaden selbst als »vervollkommnend«, »reinigend«, »hinwendend«, »schützend«, »zusammenhaltend« usw. aufzufassen sind. Diese Eigenschaften bestimmen die dem wirklich Seienden entspringenden und sich in der ganzen Wirklichkeit bis zur materiellen Natur ausdehnenden Klassen von Seienden. Es besteht z. B. eine reinigende Klasse, der reinigende Intellekte, Seelen, Pflanzen und sogar reinigende Steine angehören, vgl. 145. 1.  Die durch eine vereinende Eigenschaft als »väterlich«, »reinigend« 136 oder »schützend« usw. charakterisierten Götter oder Henaden stehen in einer Hierarchie, die durch den Grad an Allgemeinheit einer jeden dieser Eigenschaften bestimmt wird. Die väterliche Henade ist somit allgemeiner als die reinigende usw., folglich dehnt sich die Kausalität der ersteren Henade in der Wirklichkeit auch weiter aus als die spätere. Dasselbe gilt für die unmittelbar an den Henaden teilhabenden und ihre Eigenschaften annehmenden wirklich Seienden. Für den Gedanken, daß die Hierarchie der Verhältnisse der höheren metaphysischen Ebenen vermittelst einer »würdigen Zuteilung« von den niederen Ebenen gespiegelt wird, vgl. bes. in Tim. I 50.13 ff. und auch PTh III.28 101.21 ff.

308 Anmerkungen

Von den Henaden. 5.  Kausalität der Henaden: 137–140 137 1.  Das wirklich Seiende ist mithin ein unmittelbarer Ausdruck der Henade, doch nicht nur der Henade. Das Eine selbst, das zuweilen als Henade oder als Henade der Henaden dargestellt wird, vgl. in Parm. 1044.31 ff., übt nämlich kausale Tätigkeit aus, die sich zuerst als Seiendes für die Henade ausbreitet und diese dann als Seiendes kraft der Teilhabe aufnimmt. Auffällig und nicht leicht zu deuten ist der hier formulierte Gedanke, daß das Hervorbringen des Seins schlechthin dem Einen zuzumuten ist, denn strenggenommen müßte das Sein der Seienden vom Sein selbst herrühren. Jenes Sein muß somit als die vom Einen herrührende Tätigkeit verstanden werden, die erst auf der Ebene des wirklich Seienden Sein wird, vgl. 138 mit Anm. 4. Das heißt, das Sein auf der Ebene des Seins besteht zuerst nur als Möglichkeit und wird dann zu einem Sein als Tätigkeit. 2. Vgl. 18. 138 1.  Die göttlichen Eigenschaften fallen mit den Henaden zusammen, an denen zuerst und unmittelbar das wirklich Seiende teilhat, vgl. 135. 2. Vgl. 101. 3.  Eigentlich ist alles Seiende eine Mischung aus Grenze und Unendlichkeit. Das wirklich Seiende ist allerdings die erste Mischung, in der die Grenze mithin auch zuerst, stark und einigend da ist, vgl. 89. 4.  In dieser dunklen Formel hallt Aristotelische Terminologie nach; allerdings führt Aristoteles das Sein als Möglichkeit vor allem in einem zeitlichen Prozeß zur Tätigkeit, während Pr. diesen Übergang metaphysisch-konstitutiv deutet und zur Analyse des geschichteten Aufbaus des wirklich Seienden verwendet. Wirklich Seiendes ist für Pr. somit eine Zusammensetzung der Tätigkeit des Einen, d. h. des Seins als Möglichkeit, mit der selbstbestehenden Tätigkeit des Seienden selbst. Letztere Tätigkeit gestaltet das Sein als Möglichkeit, verwirklicht es und führt es ins tätige Sein. 139 1.  Eine göttliche Ordnung rührt von je einer Henade her, wird von ihrer göttlichen Eigenschaft bestimmt und besteht als die Vermittlung dieser Eigenschaft an die niederen metaphysischen Bereiche oder »Klassen« (γένη). Die ersten Elemente dieser Klassen haben unvermittelt – wie das wirklich Seiende – oder vermittelt – wie alles Spätere – an jener göttlichen Eigenschaft teil und werden hierdurch auch selbst göttlich. Hieraus ergeben sich göttliche Intellekte, göttliche Seelen und göttliche Körper.



Anmerkungen309

2.  Göttliche Körper stellen die ordentlichen Bewegungen und Verhältnisse im materiellen Ganzen her, lenken das Werden der Natur und stimmen das Besondere am Allgemeinen ab. Es handelt sich hierbei vor allem um die Himmelskörper, vgl. in Tim. I 11.13 ff. (wo die körperlichen Götter »Bilder der Götter« heißen), II 213.18 ff. usw. 3.  Für den Begriff des Ganzen-in-dem-Teil (τὸ ἐν τῷ μέρει ὅλον) vgl. 67, 68, in Parm. 1102.8 ff. und in Tim. III 97.31 ff. Es handelt sich um die schwächste Form eines Ganzen, die in einem durch Teilhabe erworbenen Abbild (ἔμϕασις) des vorhergehenden Ganzen besteht. Daß die besonderen göttlichen Ordnungen immer ein Ganzes-in-dem-Teil bilden, heißt, daß diese als Ordnungen Teil eines Ganzen, nämlich des Ganzen der göttlichen Eigenschaft sind. Demnach entfaltet sich das transzendent in der Henade seiende Ganze und Urbild alles Einigenden, Schützenden usw. in den reinigenden, schützenden usw. Ordnungen. 1.  Diese Vermögen sind die henadischen Eigenschaften, d. h. die Tä- 140 tigkeiten der Götter, insofern diese Eigenschaften imstande sind, auf das an ihnen Teilhabende zu wirken und es zusammenzuhalten, zu reinigen, hinzuwenden usw. Hier wird, wie in 98, das neuplatonische Motiv der Allgegenwart und Allmacht des Transzendenten aufgenommen und auf das ebenfalls neuplatonische Motiv der »Gleichgestimmtheit« (συμπάϑεια) des Alls bezogen. Letzteres Motiv wird so gedeutet, daß die Elemente der von der Henade ausgehenden göttlichen Kette durch eine gemeinsame Eigenschaft vielfach verknüpft sind und deshalb ein Ganzes bilden. Was auf einer niederen Ebene geschieht, entspricht mithin auch dem Sein auf einer höheren Ebene und umgekehrt. Allerdings verringert sich die Kraft und Allgemeinheit der henadischen Eigenschaft mit dem Abstieg in der göttlichen Kette. Mithin hat die Immanenz des allgegenwärtigen Transzendenten die Gestalt eines Abbilds und nicht die einer reinen Gegenwart. 2.  Ebenfalls ein neuplatonisches Motiv ist der Gedanke, daß nichts – insbesondere nichts in der Hierarchie geringeres – die transzendente göttliche Kraft und Tätigkeit aufzuhalten vermag, vgl. etwa Plotin, VI.9.8.29 ff. und Iamblichos, De mysteriis I.8, V.23. Von den Henaden. 6.  Alles ist von Göttern erfüllt: 141–145 1.  Inhaltlich handelt es sich um eine Glosse zu 139. Die Elemente 141 einer von einer göttlichen Henade herrührenden, mithin von einer göttlichen Eigenschaft bestimmten Reihe sind einerseits göttlich (als

310 Anmerkungen

Intellekt, Seele, Körper usw.), anderseits Abstufungen der ursprünglichen Eigenschaft. Zugleich führt jedes dieser göttlichen Elemente eine Ordnung von Intellekten, Seelen oder Körpern an. Das Vorher­ denken eines Gottes, d. h. seine strukturierende und vereinende Tätigkeit ist, wenn dieser Gott die Henade selbst ist, absolut transzendent, wenn er hingegen ein Element der henadischen Ordnung ist, ist er sowohl abgestuft, wie auch die übrigen Elementen der henadischen Ordnung, als auch transzendent hinsichtlich der Elemente der von ihm angeführten Ordnung. Mithin ist das Vorherdenken des göttlichen Elements ebenfalls sowohl transzendent als auch den anderen Elementen derselben göttlichen Ordnung ordnungsgleich. Für die zweifache vorherdenkende Tätigkeit der Götter vgl. auch PTh V.16 76.24 ff. 142 1.  Präzisierung und logisch notwendige Erläuterung von 140 vor dem Hintergrund der Frage, weshalb die identische Gegenwart der Götter bei allen Seienden, d. h. die identische Transzendenz nicht auch eine identische Immanenz in allen Seienden ausmacht. Im Einklang mit dem Grundgedanken, daß die metaphysischen Ursachen durch ihr Sein selbst bewegungslos und unveränderlich kausal tätig sind, wird die Ursache der Verschiedenheit der Immanenz nicht in der Ursache, sondern in den teilhabenden Seienden gefunden. Seiende haben ihrer je eigenen Veranlagung und Lage nach an denselben Ursachen teil, wobei allerdings zweierlei zu bemerken ist. Erstens ist diese Aufarbeitung nicht unproblematisch. Die Ursachen sind den Seienden nämlich immer nur als vermittelt und niemals unmittelbar gegenwärtig, weshalb die Ursachen auch nicht wirklich »in derselben Weise« allen Seienden gegenwärtig sind. Überdies ist die erwähnte Veranlagung der Seienden auch im Vorherdenken der Götter enthalten und geht somit nicht einfach auf die Seienden selbst zurück. Zweitens handelt es sich bei der Veranlagung, an den Ursachen teilzuhaben, um eine immer schon verwirklichte Möglichkeit, also nicht, wie etwa bei Plotin, um eine Möglichkeit, die einem freien Willen überlassen wäre und deshalb auch ignoriert werden könnte. Bei Plotin ist das Eine zwar allem gegenwärtig, wird jedoch nur von denen erfaßt, die dazu bereit sind, vgl. VI.9.3.7 ff. 143 1.  Glosse zu 142, die die Natur und die Defizienz der Veranlagung erörtert, an den göttlichen Eigenschaften und dem Vorherdenken teilzuhaben. Ähnlich wie in 142 bildet auch hier die 4. und 5. Aporie über das Vorherdenken den Hintergrund für die zwei Fragen, nämlich, erstens, wie es möglich ist, daß die Teilhabenden in je eigener Weise an dem göttlichen Vorherdenken teilhaben, obwohl dieses



Anmerkungen311

immer dasselbe ist (4. Aporie: De decem dub. 21 ff.), und zweitens, woher das Böse kommt, wenn alles von dem göttlichen, d. h. dem guten Vorherdenken stammt (5. Aporie: De decem dub. 26 ff.). Weil die göttlichen Eigenschaften die Seienden mit Struktur, Zusammenhalt, Einheit und somit auch mit Sein ausstatten, wird das, was infolge seiner Veranlagung nicht (weder absolut noch kurzfristig) imstande ist, diese göttlichen Eigenschaften aufzunehmen, durch Mangel an Einheit und Struktur charakterisiert. Dieser Mangel ist das Böse. Die Veranlagung ist keine Angelegenheit des Willens, sondern ein unvermeidbarer Teil des göttlichen, die Wirklichkeit vorherdenkenden Plans. Das Böse ist somit weder eine Folge eines fehlgeratenen Willens noch eine Kraft gegen das Gute, sondern vielmehr ein ontologisches Unvermögen der Wirklichkeit, das Göttliche anzunehmen. 1.  Das heißt, die Gegenwart der Götter ist Seinsbedingung für die 144 Seienden. Seiende gibt es nur dort, wo die Götter ihren vereinenden Einfluß geltend machen, wo sie die Seienden messen, ihnen Struktur und Form spenden, sie schützen, vollkommen machen usw. Die Götter, die selbst auf der Ebene der Henaden da sind, dehnen kraft der Ordnungen ihre Tätigkeit auf alle Ebenen der Wirklichkeit aus und sind deshalb auch auf den niederen Ebenen als Göttliches da, das von den Seienden durch vermittelte Teilhabe erworben wird, und sie erst zu Seienden macht. 2.  Die Metapher der Wurzel als metaphysischer Ursprung der Seienden stammt von Plotin, vgl. u. a. III.3.7.11 ff. und VI.9.9.2 f. Vgl. ferner 11, in Parm. 1050.10 ff und in Crat. § 78. 1.  Diese zentrale Stelle legt dar, daß die abstrakte systematische 145 Meta­physik der ThG der menschlichen Erfahrung entspricht und sich durch dieselbe nährt. Daß diese metaphysisch gedeutete Erfahrungswirklichkeit überdies für die Theurgie den Weg bereitet, dokumentiert eine parallele Stelle in dem Fragment Über die hieratische Technik bei den Griechen. Auf allen Ebenen der Wirklichkeit »säen« die kontinuierlichen und von den Göttern stammenden Ordnungen in den Seienden »gleichsam als Samen« die göttlichen Eigenschaften, die die Intellekte, Seelen, Himmelskörper, Lebewesen, Pflanzen und Körper mit Gleichgestimmtheit (συμπάϑεια) untereinander verketten. Folglich gibt es Intellekte, Seelen usw., die durch ein reinigendes oder schützendes usw. Vermögen charakterisiert und miteinander verknüpft werden. »Bewahrend« in der körperlichen Welt sind u. a. Lorbeer, Kreuzdorn, Koralle, Diamant und Jaspis, »reinigend« Schwefel, Asphalt und Meerwasser, vgl. De hier. techn. 151.5 ff. Der Erfahrung zugänglich sind diese bewahrenden und reinigenden Vermögen zuerst durch

312 Anmerkungen

ihre medizinische Anwendung. Die Theurgie hat dann zur Aufgabe, die von den Henaden in den Seienden gesäten göttlichen Eigenschaften zu aktivieren, indem der Theurg alles, was diese Eigenschaften trübt, wegschafft und so das göttliche Vermögen als solches der Erfahrung zugänglich und durch sie anwendbar macht. Für die sich bis zur körperlichen Wirklichkeit ausdehnenden Ketten göttlicher Eigenschaften vgl. u. a. in Parm. 859.34 ff., 874.33 ff., in Tim. II 201.27 ff. und bes. in Tim. I 207.21–212.28, wo auch die Rolle des theurgischen Gebets erörtert wird. Für die theurgische Bedeutung der göttlichen Ketten vgl. das Fragment De hier. techn. und in Crat. § 176. 2.  Die reinigende göttliche Eigenschaft ist zwar ein Beispiel, doch kein beliebiges. Reinigung ist Bedingung für alle Theurgie, vgl. die hierfür zentrale Stelle in Crat. § 176, bes. 22 ff. Für reinigende Pflanzen und Steine vgl. 145 Anm. 1. Reinigende Gebete, bzw. seelische Dispositionen sind imstande, Krankheiten und Verunreinigungen abzuwenden, vgl. in Tim. I 213.24 ff. Die reinigende Eigenschaft stammt schließlich von dem herstellenden Gott Apollon, vgl. in Crat. § 176.1 ff. und PTh VI.13 61.3 ff. 3.  Nämlich die von der schützenden, hinwendenden, vollkommen oder lebendig machenden usw. Henade bestimmten Ketten. Pr. spricht auch von mondhaften und sonnenhaften Ketten, die von den Göttern herrühren und sich bis in die vegetative und schließlich physische Welt (Gestein) ausdehnen, vgl. in Parm. 903.16 ff., in Tim. II 201.27 ff. und De hier. techn. 150.19 ff.; er deutet ferner an, daß die mondhafte Kette mit der lebenerzeugenden Kette, die sonnenhafte mit der Apollinischen, d. h. der reinigenden und herstellenden Kette gleichzusetzen sei. 4.  Dies heißt allerdings nicht, daß die Götter selbst überall und in allem sind, sondern daß sie ihre Eigenschaften, Vermögen und Tätigkeiten auf alle Seiende der metaphysischen und körperlichen Wirklichkeit ausdehnen; hierdurch spenden sie ihnen ihre charakteristische Form, Struktur und ihr charakteristisches Sein. Die mondhafte Seele hat eine andere Natur als die sonnenhafte. Der Spruch, daß alles von Göttern erfüllt ist, stammt von Thales, vgl. Aristoteles, De anima I 411a8, vgl. auch Platon, Gesetze 899AB. Pr. führt diesen Spruch öfter an, vgl. in Tim. III 36.24 ff. und De decem dub. 16. Er findet sich auch in De hier. techn. 149.28 ff., welche Stelle den Hintergrund für 145 bildet. Für eine ähnliche Deutung wie hier vgl. Iamblichos, De mysteriis I.9 4 ff.



Anmerkungen313

Von den Henaden. 7.  Kohärenz der göttlichen Ordnung: 146–149 1.  Paradox scheint hier der Zusatz, daß der durch die Hinwendung 146 auf den Anfang (ἀρχή) gebildete Kreis trotzdem anfangslos (ἄναρχος) und endlos (ἀτελεύτητος) ist. Vermutlich deutet Pr. damit an, daß trotz des kausalen Anfangs in der Henade in ihrem göttlichen Hervortreten auch eine stete und unauflösliche Dynamik waltet. Alles, was eine göttliche Eigenschaft besitzt, strebt dem ihm ähnlichen Höheren zu und breitet dessen Eigenschaft abwärts aus. Diese Ähnliches miteinander verknüpfende Dynamik von Streben und Tätigkeit ist der seelischen Erfahrung zugänglich und kommt in der Theurgie zur Anwendung. 2. Vgl. 31 und hinsichtlich des Kreises 33. Die den Zusammenhang der metaphysischen Ebenen herstellende Kreisstruktur geht auf die Vollkommenheit alles Göttlichen zurück, vgl. PTh I.22 104.3 ff.; für die Kreisstruktur vgl. u. a. PTh V.1 6.8 ff., in Parm. 712.37 ff., in Tim. II 103.2 ff. und in Crat. § 152. 1.  Eine göttliche Anordnung (διάκοσμος) ist nicht ohne weiteres 147 einer göttlichen Ordnung (τάξις) gleichzusetzen; die Ordnung ist nämlich eine die metaphysischen Bereiche durchdringende Ausdehnung einer von den Henaden ausgehenden göttlichen Eigenschaft, die Anordnung dagegen stammt nicht von einer Henade, sondern von einer göttlichen Monade, d. h. von einem auf einer metaphysischen Ebene leitenden Prinzip. Es gibt z. B. auf der Ebene des Intellekts göttliche Monaden, aus denen je eine Anordnung hervorgeht. Diese Monaden übernehmen ihrerseits nach dem Prinzip der Ähnlichkeit Form und Gestalt der unmittelbar überliegenden Anordnung, vgl. PTh II.7 44.1 ff. und auch 112. 1.  Hieraus zeigt sich, weshalb nicht alle Ordnungen in demselben 148 Maße die in 146 erörterte zirkuläre Dynamik besitzen. Nur die göttlichen Ordnungen vermitteln eine für Vereinung und Einheit zuständige Eigenschaft, die dann sowohl jedem Element der Ordnung Einheit spendet als auch die Einheit der Ordnung selbst herstellt. Deshalb zeigt sich vor allem in den göttlichen Ordnungen der ­sympathische Zusammenhang, der den Grund der Theurgie ausmacht. 2.  Wegen des von Pr. nur selten verwendeten Ausdrucks »übermittelt« (διαπορϑμεύουσα) in bezug auf die bindende Mitte der Ordnung dürfte hier auf Platons Gastmahl 202E rekurriert werden, wo der Dämon Eros zwischen Himmel und Erde, zwischen Göttern und Menschen auf und ab geht. Diese Eros-Stelle bildet offenbar

314 Anmerkungen

auch den Hintergrund für die Erfahrbarkeit des dynamischen Zusammenhangs von Gott und Wirklichkeit, vgl. auch in Tim. III 165.22 ff. 149 1.  149–150 bilden die Einleitung zu dem in 151–158 entfalteten Katalog der Henaden mit ihren entsprechenden göttlichen Eigenschaften. Hier wie dort wird die Schwierigkeit für die menschliche Seele erörtert, die Henaden sowohl ihrer Natur als auch ihrer Zahl nach zu erkennen. Ein unmittelbar erkennender Zugriff auf die Henaden ist dem Menschen nicht gestattet, allerdings vermag er aufgrund des Späteren und vermittels der Teilhabe des mit den Henaden Verknüpften auf ihre Natur zu schließen. Ausgehend vom Ähnlichkeitsprinzip wird zuerst dargelegt, daß die Zahl der Henaden begrenzt ist. Wie viele Henaden es gibt, weiß Pr. nicht, denn nur die Götter kennen ihre Zahl, allerdings »auf göttliche Weise«; nach Pr. geht aus dem »mystisch inspirierten Parmenides« von ihrer Zahl »menschlich und philosophisch« lediglich ein ungenauer Eindruck hervor, vgl. in Tim. III 12.27 ff. und für die Unsicherheit hinsichtlich der Zahl der Henaden auch in Parm. 1048.34 ff. 2.  Das heißt nicht numerisch unbegrenzt. Unbegrenzt sind die Hena­ den allerdings hinsichtlich ihres Vermögens, vgl. 150. Von den Henaden. 8.  Die henadischen Eigenschaften: 155–159 150 1.  Die Behauptung ist allgemein formuliert, aus dem Beweis erhellt, daß sie sich vor allem auf die Hierarchie der Henaden bezieht. Die höheren Götter, d. h. die Henaden, die dem Einen näher und ihm ähnlicher sind, umfassen die Vermögen und Eigenschaften der späteren Götter, d. h. jener Henaden, die dem Einen ferner und unähnlicher sind. Die Eigenschaften aller Henaden sind zwar auf die Vereinung und die Einheit der Seienden bezogen, die Eigenschaften der höheren Henaden sind jedoch für mehr Aspekte dieser Einheit zuständig und enthalten implizite die Einheitsaspekte der niederen Henaden. Die väterliche Henade ist wohl die höchste (vgl. 151). Das Väterliche umfaßt in seiner Einheit das Erzeugen, Zusammenhalten, Hinwenden usw., also jene Eigenschaften, von denen die späteren Henaden bestimmt werden. Mithin entfaltet die väterliche Henade ihre Vermögen in der erzeugenden, zusammenhaltenden usw. Henade. 2. Vgl. 126. 3. Vgl. 93 und 123.



Anmerkungen315

4.  Das heißt, die zusammenhaltende Henade besitzt nicht nur nicht alle vereinenden Vermögen der höheren väterlichen Henade, sie besitzt ihre Eigenschaft auch auf eine weniger allgemeine, d. h. konkretere Weise. 1.  In diesem und folgendem Kap. wird ein knapper Katalog der pri- 151 mären Henaden und damit auch der ersten Kategorien der henadischen Eigenschaften definiert. Es gibt nämlich einerseits eine »väterliche« Henade (151) und anderseits eine erzeugende, die überall, d. h. nur nicht in der ThG »mütterliche« Henade heißt. Väterliche und mütterliche Henade (vgl. dazu PTh I.28 122.3 ff.) heben sich darin von einander ab, daß erstere als Alleinheit (μονοειδές) für die Einheit der Seienden, ihre Struktur, feste Stelle und für ihr Sein Sorge trägt, wohingegen letztere als Zweisamkeit (δυοειδές) für die Vervielfältigung, das Erzeugen, die Fruchtbarkeit und für die Empfänglichkeit der Seienden Sorge trägt. Aus diesem Grunde wird die väterliche Henade mit der Grenze und die erzeugende mit der Unendlichkeit verbunden, wobei allerdings nicht klar ist, ob Grenze und Unendlichkeit als ursprünglichste Henaden oder vielmehr als Prinzipien zu verstehen sind, die den Henaden als deren Seinsbedingung vorhergehen. Die Verknüpfung der Henaden mit Grenze und Unendlichkeit bestimmt auch die Einteilung der niederen Henaden. Obwohl jede Henade und jede Ordnung aus jenen beiden Prinzipien zusammengesetzt ist, herrscht in einer Henade und ihrer Ordnung stets entweder ein »grenzhaftes« (περατοειδές) oder ein »unendlichhaftes« (ἀπειροειδές) Prinzip, vgl. 159. Die niederen Henaden und ihre Eigenschaften sind als Beschränkungen der höheren und allgemeineren Henaden und den entsprechenden Ordnungen aufzufassen. »Grenzartig« und väterlich sind u. a. die schützende (ϕρουρητική) (vgl. 154), reinigende (καϑαρτική) (vgl. 156), zusammenhaltende (συνεκτική) und herstellende (δημιουργική) Ordnung (vgl. 157), »unendlichartig« und mütterlich dagegen sind u. a. die erzeugende (γεννητική) (vgl. 152), bewegungspendende (κινήσεως χορηγός), lebenerzeugende (ζωογόνος oder ζωοποιός) (vgl. 155), hinaufführende (ἀναγωγός) (vgl. 158) und hinwendende (ἐπιστρεπτική) Ordnung usw.; gemischt hingegen ist die vollkommene (τέλειον) Ordnung (vgl. 153), obwohl die vervollkommnende (τελεσιουργός) Eigenschaft selbst mütterlich ist, vgl. 153, Anm. 1. Über das Verhältnis der väterlichen zur mütterlichen Henade macht Pr. keine genaueren Angaben. Deshalb fragt sich auch, ob sie einander als hierarchisch simultane Erscheinungsweisen des Einen gleichrangig sind, oder ob die väterliche Henade die mütterliche enthält und entfaltet. Denn auch das Eine ist zuerst Grenze und erst

316 Anmerkungen

dann unendlich; die Grenze tritt auch zuerst aus dem Einen hervor. Die zweite Erklärung scheint der Tendenz des Proklischen Denkens am meisten zu entsprechen. Vgl. für die väterliche Ordnung auch in Crat. § 98. In der antiken Mythologie und Philosophie ist es nicht unüblich, das für sich bleibende Prinzip als Vater vorzustellen, obwohl es in der Regel nicht das erste Prinzip ist, sondern einem höheren untergeordnet ist; besonders in den älteren mythologischen und philosophischen Quellen wird dem Vater oft ein mütterliches oder weibliches Prinzip entgegengesetzt (z. B. bei Anaximander, Pythagoras und Pherekydes). Diese Tradition ist Pr. durchaus geläufig, er hat sie auch systematisch gedeutet und mit der metaphysischen Vaterfigur Platons verknüpft, vgl. Tim. 28C, 37C, 41A und 6. Brief 323D. Im Timaios ist nicht der Vater das erste Prinzip der Wirklichkeit, sondern der diesem Prinzip untergeordnete Demiurg; möglicherweise definiert Pr. aus diesem Grunde eine väterliche Ordnung, in der der herstellende Vater wirksam ist, vgl. 157. Auch nach Plotin ist der Vater nicht ohne weiteres dem Guten gleichgesetzt, sondern vielmehr eine erste Manifestation oder auch Tendenz des Guten, die im Begriff ist, Intellekt zu werden, vgl. V.1.8.7 ff. 152 1.  Für das Erzeugende, bzw. das Mütterliche vgl. 151, Anm. 1. Für die Verknüpfung des Erzeugenden mit der Unendlichkeit als Prinzip vgl. u. a. PTh I.28 122.10, III.8 32.5, III.27 93.15–17, V.13 44.15–17, in Tim. I 441.6 ff.; für die Identifikation des unendlichen erzeugenden Vermögens mit dem Mütterlichen vgl. u. a. PTh I.28 122.9–10, 122.20–23, 123.12–14. Vgl. hinsichtlich der Unendlichkeit als Prinzips auch 89–94 mit Anm., bes. 90 mit Anm. 1 und 92 mit Anm. 1. Die in der Erzeugung implizierte Unendlichkeit (ἀπειρία) zeigt sich zuerst darin, daß das Eine nicht in sich selbst bleibt, sondern aus seinen Grenzen (πέρας) bricht und als kausale Tätigkeit sich entäußert; die Mütterlichkeit der Erzeugung zeigt sich darin, daß sich die Erzeugung als wesentlich zweisam für sich selbst ausbreitet, sich selbst empfängt und in sich selbst das Erzeugte gestaltet, vgl. PTh I.28 123.1 ff. und IV.10 34.1 ff. Zweitens kommt der unendliche Charakter des Erzeugens darin zum Ausdruck, daß die erzeugende Bewegung als wesentliche Eigenschaft des Mütterlichen ebenfalls vermittelt ist und den Erzeugten gespendet wird, und zwar so gespendet, daß die Erzeugten auch selbst erzeugend und mithin mütterlich sind und eine von der Unendlichkeit angeregte, sich abstufende Kette von Erzeugungen bilden. 153 1.  »Vollkommen« (τέλειον) ist allgemein dasjenige, was mit dem eigenen Ursprung zusammenfällt; »selbstvollkommen« (αὐτοτελής) ist,



Anmerkungen317

was in sich auf keinerlei Weise unterschieden oder getrennt ist und daher immer mit sich selbst zusammenfällt, wie die Henaden auf der Ebene des Einen, während dasjenige, was in seinen Ursprung zurückgerufen wird, nur durch Teilhabe vollkommen ist, wie das bei allem der Fall ist, das irgendwie getrennt ist und nach dem Einen besteht. Intellekt, Seele und auch Körper sind getrenntes, die das Zusammenfallen mit dem eigenen Ursprung und somit die Vollkommenheit zur Aufgabe und zum Zweck (τέλος) haben. Dieses Zusammenfallen findet sich nur bei den göttlichen Prinzipien der Klasse vor. Die göttlichen Intellekte, Seelen usw. sind immer vollkommen, obwohl nur kraft der Teilhabe, unterdessen sind sie jedoch auch ein Modell für die ganze Klasse. Auch die von der göttlichen Monade entfernten Intellekte usw. sollen sich vervollkommnen, weshalb alle Vollkommenheit von der henadischen Vollkommenheit herrührt. Letztere Vollkommenheit enthält sowohl Bleiben als Hervortreten, sowohl Begehrlichkeit als Fruchtbarkeit und steht gleichermaßen unter dem Aspekt von Grenze und Unendlichkeit, bzw. von Väterlichem und Mütterlichem, vgl. PTh I.22 104.1 ff. und 151 mit Anm. 1. Weil die Rückkehr in den Ursprung Teil der mütterlichen Zweisamkeit ist, heißt das vervollkommnende Vermögen (τελεσιουργὸς δύναμις) auch »Mutter«, vgl. PTh I.28 122.20–23. 2.  Für die selbstvollkommenen Henaden vgl. 64, 114 und 115. 1.  Die henadische Eigenschaft des Schützens (ϕρουρά) steht im Zei- 154 chen der Grenze und ist eine besondere Form des Väterlichen, vgl. PTh I.16 78.19 ff. und I.28 123.8 ff. Wo die väterliche Eigenschaft ein jedes in Einheit zusammenhält, verleiht das göttliche Schützen jedem wohlbestimmte Individualität, eine feste Stelle in der metaphysischen Hierarchie, die ungetrübte Transzendenz hinsichtlich des Späteren und Abhängigkeit von den schützenden Ersten, von denen es kraft der Teilhabe sein Wesen und seine Eigenschaften nimmt. Folglich hat alles Geschützte (d. h. alles in der Hierarchie Seiende) eine feste Stelle und stellt die schützende Henade den unauflöslichen Charakter einer jeden Ordnung her, vgl. in Parm. 909.11 ff., 34 ff. »Schützend« (ϕρουρητικός) wird von Pr. allem Anschein nach synonym mit »bewahrend« (σωστικός) verwendet, vgl. in Remp. I 270.22 ff. und in Tim. III 208.8 ff. Für die durch das Schützen gesicherte Transzendenz hinsichtlich des Niederen vgl. in Crat. § 185. 1.  Das Lebenerzeugende (ζωογόνος) ist als henadische Eigenschaft 155 eine besondere Form der allgemeineren Eigenschaft des Erzeugenden überhaupt (γεννητικόν) und gehört deshalb der mütterlichen, von der Unendlichkeit bestimmten Ordnung an, vgl. PTh I.28 123.12 f. und V.16 54.10 ff. Das Leben oder Selbstleben, das in der lebener-

318 Anmerkungen

zeugenden Henade immer schon besteht und vorhergedacht wird, zeigt sich als Leben allerdings erst auf der Ebene des Lebens selbst. Wie es aber in der Henade besteht und wie sich auf der Ebene des Einen und des wirklich Seienden die erzeugende Eigenschaft und die lebenerzeugende Eigenschaft zueinander verhalten, bleibt bei Pr. im Dunklen (vgl. jedoch Damaskios, in Parmenidem 154.22 ff.). Daß manche Seiende unlebendig sind, d. h. von dem Einen und dem wirklich Seienden, nicht aber vom Leben bestimmt werden, und daß dementsprechend Sein in der metaphysischen Hierarchie höherrangig ist als das Leben und die erzeugende Henade unter den Göttern höherrangig ist als die lebenerzeugende Henade, wird von Pr. öfter dargelegt, vgl. 101 und PTh III.6, vor allem aber PTh V.1 8.4 ff., wo es heißt, daß die erzeugende Henade nicht nur Lebendes umfaßt, sondern »auch den Formlosen Form, den Unbestimmten Bestimmtheit, den U ­ nvollkommenen Vollkommenheit spendet« (τὸ

δὲ γεννητικὸν οὐ πάντως ζωογονικόν ἐστι, καὶ γὰρ σχημάτων τοῖς ἀσχηματίστοις καὶ ὅρων τοῖς ἀορίστοις καὶ τελειότητος τοῖς ἀτελέσιν ἐστὶ παρεκτικόν). In dieser Rücksicht hat der Stein zwar

Form, doch kein Leben. 156 1.  Als eine besondere Form der schützenden henadischen Eigenschaft (vgl. 154 mit Anm.) wird auch die reinigende von der Grenze bestimmt; sie ist mithin als väterlich aufzufassen, vgl. PTh I.28 123.8 ff. Reinigen und Schützen sind zuerst im Vorherdenken, wo die geschützten Seienden selbstständig, die gereinigten Seienden überdies auch ungetrübt von aller Mischung mit Niederem, insbesondere mit dem Materiellen, da sind, vgl. PTh IV.21 62.25 ff. und in Crat. § 144. Das heißt z. B., daß reine Intellekte frei selbstdenken, während spätere Intellekte zwar Intellekt, jedoch nicht völlig frei von seelischen Einflüssen sind. Gleichfalls ist auch ein reiner Stein Stein und materiell, widersetzt er sich jedoch bestimmten körperlichen Einflüssen. Aus diesem Grunde verfügt er auch über eine reinigende Tätigkeit, wie auch reine Intellekte als Tätigkeit und Modell reinigend sind. 157 1.  Mit der herstellenden (δημιουργική) henadischen Eigenschaft wird der Hersteller (δημιουργός), der im Timaios für die Form und Struktur und somit für das Sein der zeitlichen Wirklichkeit zuständig ist, in die Ordnung des Grenzartigen und somit Väterlichen eingereiht. Auch im Timaios heißt der Hersteller »Vater« (28C und 41A). Die herstellende Tätigkeit, obwohl henadisch und im Vorherdenken der Götter begriffen, enthüllt sich allerdings erst später in der metaphysischen Hierarchie, und zwar auf jener Ebene, wo der Intellekt beginnt, sich in der Seele auszudrücken. Jene Tätigkeit spendet dem



Anmerkungen319

Seienden Form, Struktur, Individualität, Zeitlichkeit und führt es schließlich in die körperliche Existenz. In diesem Sinne schafft die Seele die Seienden aus dem Nichtsein, vgl. PTh V.16 53.27 ff. Das Verhältnis von Väterlichem und Herstellendem ist dem von Erzeugendem und Lebenerzeugendem analog, vgl. 155 mit Anm. Tatsächlich sind so, wie das Väterliche und das Erzeugende miteinander verbunden sind, auch das Herstellende und das Lebenerzeugende miteinander verbunden, vgl. PTh V.16 54.8 ff. Ergebnis des Herstellens ist eine gebildete Wirklichkeit, die zugleich lebendig ist. Die herstellende Tätigkeit erlischt, wo das Leben verschwindet, vgl. besonders PTh V.16. 2.  Die Variante »eine gewisse Einheit« (τι ἕν) ist der von Dodds verteidigten Variante »ein gewisses Seiendes« (τι ὄν) deshalb zu bevorzugen, weil sie erstens von dem logischen Zusammenhang erfordert wird. Pr. hatte ja den Unterschied zwischen Väterlichem und Herstellendem dem zwischen Formerschaffen und Seinerschaffen gleichgesetzt und bestimmt nunmehr ihr hierarchisches Verhältnis, demnach das Herstellende seine Tätigkeit auf eine vom Väterlichen herrührende und zur Einheit gebrachte Form ausübt, weshalb das Väterliche dem Herstellenden vorhergehen muß. Zweitens attestiert die parallele Textstelle PTh V.16 54.4–5 die bevorzugte Variante, weil dort das Väterliche als Ursache einer Vereinung und das Herstellende als die Ursache eines Formens ausgelegt wird. 1.  Die hinaufführende (ἀναγωγός) Henade gehört weder zur väter- 158 lichen grenzhaften Kategorie, noch zur erzeugenden oder unendlichartigen Kategorie, sondern, wie die vervollkommnende und hinwendende (ἐπιστρεπτική) Henade, zur gemischten Kategorie, in der sich das einheitsbestimmende Väterliche und das zweisame Mütterliche verbinden, das Erzeugte aufwärts lenken und sein Wesen als metaphysischen Kreis bestimmen, vgl. PTh I.22 104.3 ff., 104.15 ff. und VI.5 26.24 ff. In dieser gemischten Kategorie differenziert sich die hinaufführende Henade als eine besondere Form der höheren und allgemeineren hinwendenden Henade. Die Hinwendung ist wesentlich metaphysisch und aufwärts gerichtet, bleibt allerdings oft im Erzeugten und sucht nicht in allen Fällen die (Erfahrung der) Transzendenz, was der definitorische Charakter der hinaufführenden Tätigkeit ist. Bereits bei Iamblichos ist das Hinaufführen (ἀναγωγή) eine trans­ zendente Bewegung auf das Gute oder die Götter zu, vgl. u. a. De mysteriis I.5.47 ff., I.17.13 ff., III.7.7 ff., X.6.8–10. Diese religiöse Bedeutung hat der Ausdruck (ἀναγωγή) auch bei Pr., wenn er etwa zum »hinaufführenden Licht« betet, vgl. Hymn. 3.1 und Hymn. 4.2; vgl. dazu auch in Tim. I 153.32 ff.

320 Anmerkungen

159 1.  Dafür, daß die henadischen Eigenschaften von Grenze und Unendlichkeit bestimmt werden, denen sie auch ihre Väterlichkeit und Mütterlichkeit verdanken, vgl. 151 Anm. 1 und PTh I.28 122.3– 123.15. Es gibt auch Henaden, die als dynamische Mischung beider aufzufassen sind, wie die vollkommene, die hinwendende und die hinaufführende Henade, vgl. 153 und 158 mit Anm. Auf der Ebene des Einen waltet in den Henaden allerdings die ursprüngliche Einheit des Einen sowie die der ersten Vereinung dermaßen stark vor, daß die Gegenwart von Grenze und Unendlichkeit in ihnen sie noch nicht als Mischung und Vielheit charakterisiert. Auf der Ebene des Intellekts, zuerst auf der des wirklich Seienden, beginnt sich diese Einheit aufzulösen, weshalb das wirklich Seiende »die erste Mischung« aus Grenze und Unendlichkeit ist, vgl. PTh III.9 38.8 ff. Offenbar trennen sich hier die bleibende Einheit der Grenze und die fruchtbare Bewegung der Unendlichkeit und ­definieren sie im Intellekt verschiedene Aspekte oder sogar ganze Bereiche. Vgl. für Grenze und Unendlichkeit als konstitutive Elemente der Seienden vor allem PTh III.9, welche Stelle auch den Hintergrund für die Erörterungen von Grenze und Unendlichkeit in 87–92 bildet. Von dem Intellekt. 1.  Der Ursprung des Intellekts: 160–166 160 1.  Der göttliche Intellekt, d. h. das göttliche Denkvermögen, ist hier das noch nicht als differenziert gedachte Ganze von denkbarem Seienden, Leben und denktätigem Intellekt. Göttliche Ordnungen beginnen in einer Henade, sind von der henadischen Eigenschaft bestimmt, dehnen sich allerdings auch aus, durchdringen die späteren metaphysischen Bereiche und vergöttlichen diejenigen Elemente, die für Teilhabe an der henadischen Ordnung und für ihren Einfluß empfänglich sind. Insbesondere gilt dies für die leitenden Elemente, d. h. ein göttlicher Intellekt nimmt die väterliche, erzeugende, vervollkommnende usw. Eigenschaft der Henade an. Es gibt folglich genau so viele göttliche Intellekte, wie es Henaden gibt; die Henaden sind überdies kraft der Intellekte erkennbar. Ein göttlicher Intellekt umfaßt in der Weise des Vorherdenkens alles dasjenige, was sein wird, vgl. 134, in Parm. 883.16 ff. und 959.8 ff. Die späteren besonderen Intellekte lassen den göttlichen Intellekt, der ihrer Ordnung bestimmend vorhergeht, nicht hinter sich, sondern sind vielmehr irgendwie in ihnen, vgl. in Tim. III 205.26.



Anmerkungen321

Für eine Analyse der Göttlichkeit des göttlichen Intellekts vgl. in Parm. 1047.10 ff. Hier schließt sich Pr. Plotin an, deutet jedoch die Göttlichkeit als verringerte und nicht wie Plotin als reine Immanenz. 2.  Einheit und Gutheit bedingen einander wechselseitig, vgl. 13. 3. Vgl. 18. 1.  Jetzt differenziert Pr. den in 160 als Einheit eingeführten meta­ 161 physischen Intellekt und unterscheidet einerseits das denkbare Objekt (νοητόν), das dem wirklich Seienden (τὸ ὄντως ὄν) gleichgesetzt wird, und anderseits den denktätigen Intellekt. An anderen Stellen nennt er den vermittelnden, bzw. denkenden Akt oder die Denkung (νόησις) »Leben« (ζωή), vgl. 101, 103 und PTh III.6, von dem allerdings in der folgenden Beschreibung des Intellekts keine Rede ist, vgl. jedoch 169 und 174. Innerhalb des Intellekts sucht der denktätige Intellekt das denkbare Objekt des wirklich Seienden und verinnerlicht es, wenn er es tatsächlich denkt. Für die verschiedenen Bedeutungen von »denkbar« (νοητόν) vgl. PTh I.26 117.15–118.9. Als das höchste Denkbare erweist sich das wirklich Seiende, das der Intellekt deshalb auch begehrt. Es hält den Intellekt zusammen, macht ihn vollkommen und ist auch seine Seinsfülle. Von den Henaden unterscheidet sich das wirklich Seiende vor allem darin, daß jene transzendent sind, während dieses Seiende immer auch irgendwie ein Objekt des Denkens ist. 2. Vgl. 138. 1. Vgl. 123. Die göttlichen Eigenschaften der in sich unerkenn­baren 162 Vereinung des Einen sind durch die Teilnehmenden erkennbar. Die erste Erkennbarkeit obliegt dem Intellekt. Auch später in der Hierarchie manifestieren sich die verschiedenen Eigenschaften der Vereinung, weil sich ja die göttlichen Ordnungen durch alle Bereiche hindurch ausdehnen, vgl. PTh III.21 74.3–11. Weil die Henaden vermittelst des wirklich Seienden irgendwie denkbar sind, heißen sie auch die »denkbaren Götter« (οἱ νοητοὶ ϑεοί); auf der Ebene des Intellekts selbst dagegen befinden sich die »denkbaren und denktätigen Götter« (οἱ νοητοὶ καὶ νοεροὶ ϑεοί). Für die epistemische Entfaltung der verborgenen Vereinung des Einen in den denkbaren Göttern vgl. auch PTh III.28 101.16 ff. Daß das Prinzip als Vereinung verborgen und unerkennbar ist, sich allerdings kraft der durch es bedingten intellektuellen Manifestationen erkennen läßt, antizipiert die Theorie der göttlichen Namen, vgl. etwa PTh III.21 74.9 ff., die zuerst von Dionysios Areopagita herausgearbeitet worden ist. 1.  Wie der Begriff »Intellekt« (νοῦς) zweideutig ist – er bezeichnet 163 sowohl den ganzen Sein, Leben und Intellekt umfassenden Intellekt,

322 Anmerkungen

als auch den nur denktätigen Intellekt –, ist auch der Begriff »νοερός« zweideutig. Er bezeichnet entweder eine dem ganzen oder eine dem bewußt denkenden Intellekt entsprechende Seinsweise; im ersten Falle wird er als »gedanklich«, im zweiten als »denktätig« übersetzt. Hier ist ausdrücklich vom ganzen Intellekt die Rede. Es handelt sich bei der gedanklichen Vielheit der Henaden in diesem Kap. deshalb auch nicht um die selbstvollkommenen Henaden auf der Ebene des Einen, sondern um die vom wirklich Seienden angenommenen Erleuchtungen dieser Henaden, vgl. 64 und 114. Für den unteilnehmbaren Intellekt vgl. 166 mit Anm. 1. 164 1.  Es handelt sich auch hier, wie in 163 (vgl. 163 mit Anm.), nicht um die selbstvollkommenen Henaden, sondern um von den Henaden herrührende Erleuchtungen, die »überweltlich« (ὑπερκόσμιον) sind und von der Seele angenommen werden. »Überweltlich« ist nämlich jener Aspekt der Seele, der zwar von der Zeit bestimmt und gemessen wird, sich jedoch nicht im Veränderlichen entfaltet und daher zeitfrei ist, vgl. PTh VI.12 62.21 ff. Das bleibende Wesen der Seele ist also »überweltlich«, wie die Monade des seelischen Bereichs, die den besonderen »innerweltlichen« Seelen erzeugend vorhergeht, vgl. PTh II.7 44.24 f. 165 1.  Es geht auch hier nicht um die selbstvollkommenen Henaden, sondern um deren Erleuchtungen, die letztlich von der k ­ örperlichen Welt mit dem Ergebnis aufgenommen werden, daß die henadischen und göttlichen Eigenschaften auch innerweltlich (ἐγκόσμιον) da sind, weshalb hier auch von »göttlichen Körpern« die Rede sein kann. Gelegentlich können Körper deshalb auch als »Götter« bezeichnet werden, vgl. in Tim. I 11.14 f. In 162–165 ist, wie bereits in 139, die vermittelte Ausdehnung der henadischen Eigenschaften vom Einen bis zur körperlichen Wirklichkeit dargelegt. Jeder Henade entspringt eine alle metaphysischen Bereiche durchquerende Kette, die in jedem Bereich geeignete Elemente besetzt und so überall ihre göttliche Eigenschaft anbringt. 2.  »Sichtbar« (ἐμϕανής) ist hier nicht nur als »wahrnehmbar« aufzufassen, sondern auch – wie in etwa PTh II.7 45.8 – als »sichtbar machend«, »zeigend«, nämlich die göttliche Eigenschaft. 3.  Die behutsame Formulierung erklärt sich wohl daher, daß göttliche Körper nicht nur die göttlichen Himmelskörper sind, die in der Tat vorherdenken, sondern auch jene Körper der gemeinen Wirklichkeit, die sich für die Annahme einer göttlichen Eigenschaft eignen, wie z. B. der reinigende Stein oder die reinigende Pflanze, vgl. 145 mit Anm. 2. Daß auch diese vorherdenken, ist unwahrschein­ lich.



Anmerkungen323

1.  Rückkehr zum unteilnehmbaren denktätigen (νοερός) Intellekt 166 (νοῦς) vgl. 163. In 161–163 ist bereits kurz das wirklich Seiende erörtert, das der älteren neuplatonischen Auffassung des Intellekts zufolge vor allem ein intrinsischer Aspekt der Dynamik des Intellekts ist; über das Leben, d. h. den zweiten Aspekt des Intellekts schweigt Pr. allerdings hier wie dort. In diesem Kap. 166 geht es dann um die Analyse des denktätigen Intellekts, der im Neuplatonismus traditionell den dritten und letzten Aspekt des Intellekts ausmacht (vgl. 166–182). Dodds hat sicherlich zurecht bemerkt, daß die Proklische Lehre des Intellekts schwierig ist, daß sie jedoch deshalb inkonsistent sei, ist damit nicht ausgemacht. Hauptgrund für die von Dodds attestierten Schwierigkeiten ist, daß Pr. mit »Intellekt« bald den ganzen, aus Sein, Leben und denktätigem Intellekt zusammengesetzten Intellekt bezeichnet (orthodox neuplatonisch, wie in 63), bald die gesamte denktätige Ordnung (wie in 166; vgl. PTh V.1 und in Parm. 1070.3 ff.), oder bald einen besonderen Aspekt dieser Ordnung im Auge hat, d. h. denjenigen denktätigen Intellekt, den Pr. mit dem Platonischen Demiurg gleichsetzt. Welchen dieser Intellekte Pr. meint, geht jedoch in der Regel eindeutig aus dem Zusammenhang hervor. Der unteilnehmbare Intellekt, von dem hier die Rede ist, ist die ganze denktätige Ordnung. Daraus ergibt sich die folgende Struktur der vermittelst Teilhabe stattfindenden Entfaltung des denktätigen Intellekts. 1.)  Zuerst gibt es den einen unteilnehmbaren denktätigen Intellekt, der die göttlichen Intellekte enthält und eine nach triadischen und hebdomadischen Prinzipien geordnete, höchst komplexe Innen­ struktur besitzt (skizziert in PTh IV-VI). Die einzelnen in dieser Ordnung vereinten Götter bekommen von Platon stammende mythologische Namen. Diese sagen etwas über die Art ihrer Tätig­keit im Kosmos aus, wie Sonne, Mond, Merkur, Kronos – der dem höchsten Teil der denktätigen Ordnung gilt – oder Zeus – der niederste Gott der ganzen Ordnung, der mit dem Demiurgen des Timaios identisch ist. 2.)  Der unteilnehmbare Intellekt ist allerdings nicht in der Lage, sich selbst in die Seele und in den Kosmos zu setzen. Er erzeugt deshalb als erstes Abbild den überweltlichen Intellekt (ὑπερκόσμιος νοῦς) oder den Intellekt des Alls (νοῦς τοῦ παντός). Diesen setzt dann der Demiurg in die Seele, vgl. Timaios 30B, ferner in Tim. II 251.28 ff. Dieser Intellekt spiegelt in sich die komplexe Struktur der denktätigen Ordnung, enthält göttliche Intellekte und ist »überweltlich«, weil er bleibend, wie er ist, dem der Zeit unterworfenen Kosmos vorher-

324 Anmerkungen

geht, ihn jedoch auch intendiert, d. h. seinen Plan und seine Formen bereits enthält und deshalb eine erste Artikulation des Intellekts ist. An diesem Intellekt haben die überweltlichen Seelen, d. h. die göttlichen Seelen teil, vgl. 182 Anm. 1. 3.)  Der innerweltliche Intellekt (ἐγκόσμιος νοῦς) oder der ganzheitliche Intellekt (ὅλος νοῦς) ist Abbild des überweltlichen Intellekts. Problematisch ist hier, daß dieser innerweltliche Intellekt, der selbst ewig und unwandelbar tätig ist, seine Tätigkeit in dem der Zeit unterworfenen Kosmos ausübt. Aus diesem Grunde stellt Pr. hinsichtlich des Verhältnisses zwischen Intellekt und Seele fest, daß der Intellekt für seine Tätigkeit im Kosmos ein Fahrzeug (ὄχημα, vgl. auch in Remp. II 257.6 ff.) benötigt, durch das er sich auf die Seele niederläßt, vgl. in Tim. I. 406.14 ff. Der Gedanke ist hier offenbar, daß sich der Intellekt kraft dieses Fahrzeugs mit der Seele (des Ti­ maios) verbindet und sich so über alle Teile des Kosmos zerlegt und jedem dieser Teile Struktur und Form verleiht. Der innerweltliche Intellekt besteht daher auch nicht, ohne daß innerweltliche Seelen an ihm teilhaben. Pr. führt diesen Intellekt vermutlich deshalb in seine Metaphysik ein, um damit Platons Auffassung zu retten, daß der Kosmos als ein »mit Seele und Intellekt ausgestattetes Lebewesen« (ζῷον ἔμψυχον ἔννουν τε, Timaios 30B) ist. 2. Vgl. 23 und 24. 3.  Weil es innerweltliche Götter (vgl. 165) und innerweltliche Seelen (vgl. 182 mit Anm. 1) gibt, die Seelen allerdings nicht unmittelbar an den Göttern teilhaben, muß es, dem allgemeinen Ähnlichkeitsprinzip zufolge (vgl. 28), zwischen Göttern und Seelen vermittelnde und ebenfalls innerweltliche Intellekte geben. 4. Vgl. Timaios 30B. Vor diesem Hintergrund wird klar, daß in diesem und folgendem Kap. nicht von einem abstrakten Intellekt die Rede ist, sondern zunächst die Struktur der schaffenden Tätigkeit des Platonischen Demiurgs erörtert wird. Vom Intellekt. 2.  Struktur des denkenden Intellekts: 167–171 167 1. In 167–171 wird die Struktur des tätigen metaphysischen Intellekts dargelegt. Die Darstellung baut auf einer phänomenologischen Analyse des menschlichen Intellekts auf, stützt sich allerdings auch auf Aristoteles’ Beschreibung des göttlichen Intellekts im Menschen, vgl. De anima III.4–5 und Metaphysik XII.7 und 9. Ausgangspunkt der Darlegung ist die Einsicht, daß das Denkbare über das Denk­



Anmerkungen325

tätige hinausragt, wie auch das wirkliche Sein über den denktätigen Intellekt und seiner Ordnung. Anders gesagt, das Objekt geht dem Subjekt vorher. Aus diesem Grunde kann der »erste Intellekt«, von dem hier die Rede ist und der ganz Objekt ist, nicht ohne weiteres dem unteilnehmbaren denktätigen Intellekt aus 166 gleichgesetzt werden. Der »erste Intellekt« ist vielmehr höchster Aspekt des mit ihm verflochtenen unteilnehmbaren Intellekts, während der Demiurg sein geringster Aspekt ist. Dieser höchste Aspekt ist mit den Worten des Kratylos »das Reine und Unvermischte des Intellekts« (τὸ καϑαρὸν αὐτοῦ καὶ ἀκήρατον τοῦ νοῦ, 396B, vgl. ferner PTh V.3 17.4 ff., V.5 21.1 ff., 23.21 ff., V.34 124.20 ff. und V.35 129.10 ff.). Pr. bezeichnet diesen Intellekt als den Göttervater Kronos, vgl. bes. PTh V.5–6. Für den »ersten Intellekt«, der nur sich selbst denkt und kein ihm vorhergehendes Denkbares besitzt, vgl. in Parm. 900.25 ff.; für den »ersten Intellekt«, der denkt, jedoch nicht demiurgisch tätig ist, sondern rein bleibt, vgl. in Tim. I 415.27 ff. 2.  Das Argument geht auf Aristoteles zurück, vgl. Metaphysik XII 1074b29 ff. und beruht auf der Unmöglichkeit des Intellekts, schwächeres zu denken. Strenggenommen denkt der Intellekt schwächeres, allerdings nicht so, wie es selbst ist, sondern so, wie er es als Ursache in sich selbst trägt, vgl. z. B. in Parm. 900.15 ff. 3.  Auf den ersten Blick verletzt Pr. hier den Grundsatz, daß meta­ physische Bereiche voneinander getrennt sind und niemals, auch nicht in der der Erkenntnis, ineinander aufgehen. Ein Intellekt, der vorhergehendes Denkbares denkt, könnte im Verdacht stehen, die ihm gesetzten metaphysischen Grenzen zu überschreiten. Das ist hier nicht der Fall. Denn der Vorhergehendes denkende Intellekt denkt dieses nicht so, wie es selbst ist, sondern denkt den eigenen Denkinhalt und erkennt dabei, daß jenes Vorhergehende davon die Ursache ist. Das Vorhergehende wird somit vielmehr mitgedacht (vgl. für das Denken des höheren Denkbaren kraft Teilhabe etwa in Parm. 900.18 ff.), wobei das Denkbare nicht nur als Ursache des Denk­ inhalts, sondern auch als Gegenstand des denktätigen Begehrens erfahren wird. Der denkende Intellekt sucht und intendiert mithin das Denkbare, vgl. in Parm. 790.35 ff. 4.  Der Wortlaut deutet auf eine Auseinandersetzung mit Aristoteles hin, der den ontologischen Ort des Denkbaren im Intellekt angesiedelt hat. Denken, auch ein Denken der Außenwelt, impliziert nämlich immer Selbstdenken und mithin ein Vorfinden des stets schon im Intellekt vorherbestehenden Denkbaren, vgl. De anima III 429b22 ff. und Metaphysik XII 1074b21 ff.

326 Anmerkungen

Übrigens deutet die Formel, daß sich »der Intellekt im Denkbaren« vorfindet, nicht nur auf den Umstand hin, daß es überall, wo es Denkbares gibt, auch den dieses Denkbare denkenden denktätigen Intellekt gibt, denn sie berührt ebenfalls eine Schwierigkeit, die mit der Gliederung der denktätigen Natur zusammenhängt (vgl. Anm. 1). Es geht darum, inwiefern das Denkbare Intellekt sein kann. Denn der »erste Intellekt« heißt zwar Intellekt, ist jedoch vor allem Denkbares, mithin Objekt, und in dieser Hinsicht ist er von den späteren Intellekten der denktätigen Natur unterschieden. Deshalb ist nur der Demiurg oder Zeus »im eigentlichen Sinne Intellekt« und als Intellekt tätig, wohingegen Kronos das Denkbare und vor allem in kausalem Sinne Intellekt ist, denn er enthält den denktätigen Intellekt, der er nicht selbst ist. Denkt das Denkbare, ist sein Denken vielmehr Urbild des eigentlichen Denkens. Im Denkbaren (Kronos) ist der Intellekt so, wie er ist, bevor er sich entfaltet, vgl. PTh V.15 50.8 ff. 168 1.  Denken ist nicht nur strukturell reflexiv, d. h. der Intellekt denkt den eigenen Inhalt, sondern auch seinem Inhalte nach, d. h. der Intellekt ist sich seines Objekts und seiner Reflexivität im Denken dieses Objekts bewußt. Dieser Gedanke findet sich sonst nirgends bei Pr.; im Rahmen der ThG ist er auch nicht notwendig. Pr. greift ihn hier offenbar nur deshalb auf, um, eventuelle Kritik antizipierend, die Einheit des Intellekts zu verteidigen (obwohl das Denken, dessen Objekt das Denkbare ist, und das Denken, das in der Selbsterkenntnis des Intellekts als denkend besteht, einen jeweils anderen Inhalt haben, gehören sie derselben Tätigkeit des einen Intellekts an). Übrigens bezieht sich Pr. hier auf Aristoteles, der sehr ähnlich die Reflexivität dem Wissensinhalt nach für die Wahrnehmung darlegt, vgl. De anima III 425b12 ff. 169 1.  1.) Das Vermögen (δύναμις) des Denkvermögens (νοῦς) zu denken besitzt somit 2.) eine ewige Tätigkeit (ἐνέργεια) in der Gestalt einer Denkung (νόησις), wenn sich diese Tätigkeit 3.) auf das Wesen (οὐσία) als Objekt, d. h. auf das Denkbare (νοητόν) richtet. Die Ewigkeit des tätigen Denkens gilt nur dem metaphysischen und nicht dem menschlichen, selbst nicht dem philosophischen Intellekt, der nicht »wesentlich und nur ein Bild des Intellekts ist«, und mithin »nur kurzzeitig« denkt, vgl. in Crat. § 64. Der Gedanke, daß menschliches Denken eine kurzzeitige Nachahmung des göttlichen Denkens ist, geht auf Aristoteles zurück, vgl. Metaphysik XII 1072b19 ff.; diese Stelle hat für die Darstellung des Intellekts in der ThG einen zentralen Stellenwert und ist überhaupt grundlegend für die metaphysische Anthropologie des Neuplatonismus. Für die triadische Aufgliederung der Innenstruktur des Intellekts in Denkbares, Denkung und



Anmerkungen327

Intellekt vgl. u. a. PTh IV.5 21.21 ff. Die Innenstruktur des denktätigen Intellekts spiegelt den Aufbau des zweiten metaphysischen Bereiches, den Pr. in wirklich Seiendes, Leben und denktätigen Intellekt gliedert; die Götterabfolge Kronos – Ouranos – Zeus läuft hiermit parallel (für Kronos und Zeus vgl. 167 Anm. 4) 2. Vgl. 52. 3. Vgl. 20. 4. Vgl. 50. 1.  Diese bedeutsame Feststellung gilt sowohl für den in der ThG the- 170 matisierten metaphysischen Intellekt als auch für den menschlichen Intellekt. Sie entspringt der phänomenologischen Reflexion auf das menschliche Denken. Entscheidend ist hier der Ausdruck »aus einer Perspektive« (καϑ᾽ ἕν), womit die Perspektive einer Form gemeint ist, d. h. einer der Formen, die als das Denkbare im Intellekt da sind und »alles« zusammenstellen. Wie nämlich der Mensch ein Bestimmtes (konkret oder abstrakt) intensiv denkt und dabei alles Denken in der Regel unter den Aspekt dieses Bestimmten setzt, denkt auch jeder selbstvollkommene Intellekt alles aus der Perspektive einer Form (vgl. auch 180). Bei den überweltlichen Intellekten, die Pr. mit den Göttern und Himmelskörpern assoziiert, also die Intellekte der Sonne, des Mondes, der Aphrodite, des Hermes usw. (oder schlechthin Sonne, Mond usw.), wird je eine Form von den für diesen Intellekt charakteristischen Eigenschaften so bestimmt, daß die Sonne alles, was sie als Intellekt in sich hat, sonnenhaft (d. h. u. a. »reinigend«) denkt, der Mond alles mondhaft usw. Die überweltlichen Intellekte werden so zu einem »bestimmten Intellekt mit bestimmten Eigenschaften« (in Tim. I 422.24). Der Mensch jedoch denkt als Intellekt (was er allerdings nur als Abbild ist) alles aus der Perspektive der durch Sonne, Mond oder Hermes usw. gefärbten individuellen Form seiner menschlichen Natur. Für die eigentümliche Perspektive der überweltlichen Intellekte vgl. in Remp. I 34.4 ff., in Tim. I 422.21 ff. und in Crat. § 182; für die Perspektive, aus der der Mensch alles denkt vgl. in Parm. 812.28 ff. 2.  169. 3.  Der unteilnehmbare Intellekt unterscheidet sich in diesem Sinne von den überweltlichen und innerweltlichen Intellekten. Allerdings sind die Aspekte des unteilnehmbaren Intellekts (vgl. 166 Anm. 1) nicht hinsichtlich der Denkperspektive voneinander unterschieden, sondern dem Grade nach, in dem sie entweder zuerst »denkbar« (Objekt) oder zuerst »denktätig« (Subjekt) sind (vgl. 167 Anm. 1).

328 Anmerkungen

4.  Das heißt, über die Möglichkeit der Seele, etwas nicht jetzt, sondern später zu denken, verfügt der unwandelbare Intellekt nicht. Daß dieser Intellekt alles denken muß und für kein Denkbares blind sein kann, geht auf Aristoteles zurück, vgl. etwa De anima III 429a18 ff. und III.8. 171 1.  Ist nämlich das Wesen des Intellekts ungeteilt, gilt dasselbe auch für die Tätigkeit und für die Erkenntnis des Intellekts, der alles zugleich in ungeteilter Einheit denkt. Auch die Henaden erkennen in ungeteilter Weise (vgl. 124), während die Erkenntnis der Seele geteilt ist, weshalb sie hinsichtlich ihrer Tätigkeit geteilt, doch als selbstbestehend und unkörperlich auch ungeteilt ist, vgl. 190 und in Tim. I 402.25 ff. Für die weniger stark ausgeprägte Ungeteiltheit in u. a. den immanenten Formen und den Körpern vgl. 190 Anm. 1 und in Tim. II 208.27 ff. Für den unteilbaren Intellekt vgl. auch u. a. PTh I.20 95.12 ff., IV.20 60.1 ff., V.23 85.19 ff., in Parm. 771.12, 826.10 f., 864.27 ff., in Tim. II 142.29 f., 143.6 ff. 2.  Die strukturelle Selbsterkenntnis des Intellekts (vgl. 167) hat nämlich zur Folge, daß der Intellekt sich auf sich selbst hingewendet hat, was für das Körperliche nicht möglich ist, wie 15 darlegte. 3. Vgl. 169. 4.  Der Intellekt ist Vielheit, insofern er alles, d. h. alle Formen sowie den Plan und das Beispiel der ganzen Wirklichkeit eingefaltet und allgemein in sich trägt. Die Kontinuität des denktätigen Intellekts mit den Henaden vermittelt das wirklich Seiende, das einerseits eng mit den Henaden verknüpft ist und sie sogar erkennbar macht (vgl. 161–162), anderseits aber auch selbst gedacht und im denktätigen Intellekt gespiegelt wird. Von dem Intellekt. 3.  Die Kausalität des Intellekts: 172–175 172 1.  In diesem und nächsten Kap. wird knapp erörtert, wie der Intellekt kausal tätig ist, Intellekte erzeugt und sich in die körperliche Welt einmischt. Für letzteres bilden der demiurgische Intellekt des Timaios und seine Proklische Darstellung im Kommentar zum Ti­ maios den Hintergrund. Der Demiurg erzeugt nämlich zuerst den überweltlichen Intellekt, durch diesen den Intellekt des Kosmos (vgl. 166 mit Anm. 1), der in allen körperlichen Seienden ist, die durch die Seele Form und Identität erhalten. Auch die kraft der Seele den Seienden innewohnende Form ist als Intellekt aufzufassen, allerdings als



Anmerkungen329

ein Intellekt, der alles aus einer eigenen Perspektive denkt. Folglich sind auch die Form des Menschen und die des Pferdes usw. immerwährend, vgl. in Parm. 795.9 ff. 2. Vgl. 76. 3. Vgl. 20 und 169. 4. Vgl. 76. 1.  Noch einmal wird klargestellt, daß zwar »Alles in Allem« ist (vgl. 173 103), diese Formel jedoch einer näheren Bestimmung bedarf. Diese besteht darin, daß die hierarchischen Grenzen, die Seiendes, Intellekt und Kosmos voneinander trennen, nicht überschritten werden, wenn das Denkbare im Intellekt und das vom Intellekt Verursachte im Intellekt liegt. Sie sind dort nämlich nur »als Teilhabe« und »als Ursache« da, mithin in der Weise des Intellekts (vgl. für die drei ontologischen Seinsweisen 65). Wie der Intellekt das hierarchisch höhere und vereinte Denkbare so ist, wie er selbst ist, d. h. artikuliert und irgendwie vereinzelt, so ist er auch der von ihm verursachte und mit Struktur und Identität versehene wahrnehmbare Kosmos in einer ihm angemessenen denktätigen Weise, d. h. allgemein, unkörperlich und nicht wahrnehmbar. Erinnert wird noch einmal an die Auslegung im Timaios, wo es heißt, daß das Paradigma des Demiurgs Alles in denkbarer Weise, der Demiurg jedoch selbst Alles in denktätiger Weise und der Kosmos alles in wahrnehmbarer Weise ist, vgl. in Tim. I 325.6 ff., II 77.10 ff. und in Tim. II 26.22 ff. 1.  Das heißt, die kausale, schaffende Tätigkeit des Intellekts besteht 174 in seinem Denken und nur dort. Dieses Kap. hat eine zweifache Absicht. Zuerst wird die Art der kausalen Tätigkeit des Intellekts beschrieben, der den Kosmos dadurch schafft, daß er denkt, d. h. dadurch, daß er das von ihm der Seele und dem Körperlichen vermittelte kausale Hervortreten strukturiert und so zum Kosmos gestaltet. Daß der Intellekt den Kosmos denkend schafft, heißt also nicht, daß dieser schon als Gedanke da war. Weil allerdings der Intellekt und sein Denken unveränderlich und immerwährend sind, hat die Identität des Denkens mit dem Intellekt und mit der schaffenden Tätigkeit zweitens zur Folge, daß der Intellekt stets auf dieselbe Weise schafft, er also nicht kraft einer wie auch immer verstandenen momentanen Impulsivität (kraft eines Willens oder einer Entscheidung) in den Kosmos eingrifft und etwas Besonderes hervorbringt. Obgleich der Intellekt den ganzen Weltplan in sich trägt, ist seine kausale Tätigkeit unveränderlich und nicht imstande, in die Logik der Entfaltung gleichsam nach Belieben einzugreifen und sie umzubiegen. Der Wille des

330 Anmerkungen

Intellekts besteht ausschließlich in seiner ewigen natürlichen Denkbereitschaft. Vgl. für die Identität von Denkung und schaffender Tätigkeit beim Demiurg (und das menschliche Unvermögen, die Identität von Denkung und schaffender Tätigkeit zu denken) vor allem in Tim. III 244.20 ff. und ferner in Tim. I 420.24 ff., II 255.22 ff. 2.  Vgl. bzw. 167 und 169. 3. Vgl. 76. 175 1.  Es handelt sich hier nicht um die kausale Tätigkeit, die die Form des Intellekts oder die der intellektuellen Formen annimmt, sondern um die Tätigkeit, die sich kraft der Teilhabe äußert und vom Niederen als Erleuchtung angenommen wird. Es handelt sich hierbei um die Seelen, besonders um jene überweltlichen Seelen, die göttlich sind, und um solche innerweltliche Seelen, die diesen Göttern immer folgen und deshalb auch selbst göttlich heißen (vgl. 182 mit Anm. 1). Hintergrund ist wiederum der Timaios, daß nämlich der Demiurg die Weltseele und ihre Struktur ewig schafft und herstellt (vgl. in Tim. I 256.18 ff., 366.20 ff., II 249.1 ff.). Der Unterschied zwischen Intellekt und Seele ist (u. a.), daß die Seele sukzessive, der Intellekt jedoch immer alles zugleich denkt. Trotzdem sind die über­welt­lichen Seelen im Gegensatz zu den innerweltlichen göttlichen Seelen auch imstande, mehreres zugleich zu denken. Für beide Seelen gilt, daß sie immer denken, niemals nicht denktätig sind und folglich auch immer die eigentliche Natur der Seele transzendieren, vgl. in Tim. II 289.31 ff. Von dem Intellekt. 4.  Der Intellekt als Ort der Formen: 176–178 176 1.  In diesem und im nächsten Kap. ergibt sich zuerst, daß das »Alles«, das jeder Intellekt denkt, in den Formen besteht, anschließend, daß die Formen den Inhalt des Denkens bilden, und schließlich, daß die kausale Tätigkeit des Intellekts in der Vermittlung der Formen besteht. Die gedanklichen oder denktätigen (νοερά) Formen sind zuerst im Intellekt des Demiurgen (vgl. 167 mit Anm. 1 und 4). Sie artikulieren die allgemeineren Formen, die im reinen Intellekt des Kronos oder allgemeiner in dem wirklich Seienden da sind (vgl. 166 mit Anm. 1 sowie 167 mit Anm. 1 und 4.). Tatsächlich ist die intrinsische Differenz des Metaphysischen ein klassisches Problem des Neuplatonismus. Der Mensch erkennt nämlich das Metaphysische des Intellekts, das ihm als Ganzes vorhergeht, sukzessive; um es aber



Anmerkungen331

als unterschieden denken zu können, muß es auf der vorhergehenden Ebene auch selbst in sich unterschieden, d. h. ein irgendwie geteiltes Ganzes sein. Für die Lösung dieses Problems beruft sich Plotin auf die Formel der »Andersheit in der Identität«, vgl. IV.3.4, 3.5, V.1.4 usw. Pr. durchdenkt diese Formel hier von neuem, vgl. auch in Parm. 754.4 ff. 2. Vgl. 171. 3.  Der Ausdruck »unvermischt« (ἀσύγχυτος) stammt (vgl. auch in Parm. 754.9 ff., 768.37 ff. usw.) aus der frühchristlichen Theologie, wo damit das Unvermischtsein der drei Personen in der trinitarischen Einheit oder die Einheit des menschgewordenen Gottes mit seiner göttlichen Natur ausgedrückt wird, vgl. etwa Eusebios, De spiritu sancto V.7.11 oder Epistula 38.3.42, später Dionysios Areopagita, De ecclesiastica hierarchia III.13 444C, De divinis nominibus I.4 592B usw. 4.  Für die Analogie der in sich selbst differenzierten Einheit des Intellekts mit der der Seele, wobei ihre Einheit »alle Lehrsätze« implizite enthält, vgl. in Parm. 930.16 ff. 1.  Daß der Intellekt eine »Fülle« (πλήρωμα) ist (anders als Dodds 177 meint, hat nicht erst Iamblichos, sondern bereits Porphyrios den Intellekt mit diesem Ausdruck bezeichnet), heißt u. a., daß der ganze Denkinhalt des Intellekts aus Formen besteht. Die kausale Tätigkeit des Intellektes vermittelt diese Formen durch den unteilnehmbaren Intellekt dem ersten teilnehmbaren Intellekt, dann den späteren Intellekten und anschließend der Seele. Es geht also um eine gestufte Vermittlung jener Prinzipien, denen die Seienden ihre Struktur und Identität verdanken. In diesem Zusammenhang heißt die Tatsache, daß die Formen »allgemeiner« (ὁλικώτερος) sind nicht, daß sie abstrakt oder leer sind, sondern vielmehr daß sie übervoll sind und in eingefalteter und einheitlicher Weise die besonderen Formen immer schon enthalten. Die Vermittlung ist deshalb auch als eine Entfaltung der allgemeineren Formen auf den niederen Ebenen aufzufassen (vgl. etwa in Parm. 959.11 ff.). Wo sich auf der Ebene des Denkbaren Gleichheit und Ungleichheit, Ähnlichkeit und Unähnlichkeit usw. als die höchsten Formen befinden, sind die Formen auf der Ebene des demiurgischen Intellekts bereits zum allgemeinen Paradigma des Kosmos ausdifferenziert. Und hier ist dann die Form des Lebewesens im Intellekt, an dem die Weltseele teilhat, zu Mensch, Pferd usw. ausdifferenziert. Die Vermittlung der Formen auf den niederen Ebenen ist demnach eine fortschreitende Entfaltung der höheren, umfassenderen und kräftigeren Formen.

332 Anmerkungen

Vgl. für den Intellekt als Fülle der Formen auch in Parm. 763.18 ff., 901.2 ff., PTh III.19 65.25 ff.; die Seele (in Parm. 896.3 ff. und in Tim. II 286.15 ff.) und der Kosmos (in Parm. 788.2 ff. und in Tim. I 440.14 f.) erfahren die Fülle der Formen des Intellekts. 2. Vgl. 62. 178 1.  Beschrieben wird die kausale Tätigkeit der im demiurgischen Intellekt oder in den überweltlichen Intellekten bestehenden Formen, die auf den der Zeit unterworfenen Kosmos tätig sind. Das Innerweltliche wird entweder von der demiurgischen Kausalität verursacht oder sowohl von dieser als auch von anderen beweglichen Prinzipien (vgl. in Tim. III 207.31 ff.). Im ersten Falle handelt es sich um dasjenige, das im Kosmos sowohl dem Wesen als auch der Tätigkeit nach immerwährend ist (die Himmelskörper), im zweiten Falle handelt es sich um diejenigen Seienden, die ihrem Wesen nach, nicht aber auch ihrer Tätigkeit nach immerwährend sind, d. h. um Seiende, die über eine unveränderliche immanente generische Form verfügen (z. B. Mensch, Hund oder Pferd), die als Nachgeahmtes das Wahrnehmbare strukturiert (vgl. in Parm. 908.28 ff.). 2. Vgl. 76. 3.  Der Zusatz »als Vergängliches« öffnet die Möglichkeit, daß das Vergängliche über eine unwandelbare wesentliche Form verfügt. Der Mensch ist seinem Wesen nach unwandelbar, jedoch seiner Materie nach vergänglich, d. h. diese Materie ist (auch) dem Einfluß der beweglichen Ursachen unterworfen. Von dem Intellekt. 5.  Gliederung des Bereichs des Intellekts: 179–181 179 1.  Erstes der drei Kap., in denen das Verhältnis zwischen dem unteilnehmbaren Intellekt und den teilnehmbaren Intellekten untersucht wird. Die »gedankliche« Zahl besteht aus denjenigen Intellekten, die dem unteilnehmbaren Intellekt folgen und entweder in eigentlichem Sinne Intellekt, d. h. selbstvollkommen, oder aber Erleuchtungen in der Seele sind, vgl. 64 und PTh I.14 68.21 ff.; für die numerische Begrenztheit der gedanklichen Zahl vgl. etwa auch in Tim. II 289.16 ff. 2.  Die dem Intellekt folgende Vielheit ist freilich (zuerst) die der Seele; sie ist numerisch größer als die des Intellekts, vgl. 62. Dafür, daß das dem Einen Nähere der Zahl nach geringer ist, vgl. 62 und in Parm. 825.7 ff. 180 1.  Problematisch scheint diese Textstelle deshalb, weil sie auf den ersten Blick im Gegensatz zu 171 steht, wo die Teilbarkeit des Intel-



Anmerkungen333

lekts bestritten wird. Gegen Dodds’ Amendierung (ein eingefügtes »nicht« in »… das jedes einzelne Denkvermögen nicht aus Teilen besteht …«) ist einzuwenden, daß mit den Formen, die ineinander und trotzdem für sich sind (vgl. 176), im Intellekt eine Vielheit eingeführt wird, die als ein Ganzes-aus-Teilen aufzufassen ist, obwohl sich diese Teile nur in einer philo­sophischen Einsicht trennen lassen. Im unteilnehmbaren Intellekt sind die Formen nämlich gleichstark und zusammen als Ganzes da. In den späteren Intellekten (sowohl in den überweltlichen als auch in den innerweltlichen) waltet dagegen immer eine einzige Form, die sich alle übrigen Formen unterordnet und die Perspektive des Intellekts bestimmt. Für die einzige Form und die entsprechende einzige Perspektive vgl. 170 mit Anm. 1. 1.  Die selbstvollkommene Unterabteilung der gedanklichen Zahl 181 (vgl. 179 mit Anm. 1) gliedert sich in die göttlichen Intellekte und in die lediglich gedanklichen oder denktätigen Intellekte. Diese Gliederung ist der in überweltliche und innerweltliche Intellekte deshalb nicht parallel (vgl. 166), weil es auch innerweltliche und trotzdem göttliche Intellekte gibt. Ein Intellekt ist göttlich, weil er nicht nur einen höhen hierarchischen Rang, sondern auch eine bestimmte, von den Henaden stammende Eigenschaft besitzt, die sich in der Natur und der Kraft seiner Vereinung zeigt und ihn »väterlich«, »erzeugend«, »hinaufführend« usw. macht (vgl. 117 Anm. 1, 160 Anm. 1). Die besonderen göttlichen Intellekte stehen somit nicht nur unter dem Aspekt ihrer Form, sondern auch unter dem ihrer spezifischen göttlichen Eigenschaften. Von der Seele. 1.  Gliederung des seelischen Bereichs: 182–185 1.  Für den göttlichen Intellekt vgl. 160 mit Anm. 1 und 181 mit 182 Anm. 1. Bis 184 wird die Gliederung des seelischen Bereichs in Angriff genommen, die dann in 185 knapp zusammengefaßt wird. Den Hintergrund bilden zwei Platon-Stellen. Erstens die vorwiegend an der Natur der menschlichen Seele orientierte mythische Beschreibung der Seelen, die dem Phaidros zufolge danach streben, die überhimmlische Ebene der Wahrheit zu überschauen; entsprechend ihrer Vermögen werden sie als höhere oder niedere Seelen charakterisiert (Phaidros 247C–248B). Zweitens die Psychogonie des Timaios, die der Gestaltung der Weltseele gewidmet ist, wobei der Demiurg aus einer Urmischung aus Identischem mit Anderem eine Seele mit einer genau definierten mathematischen Struktur bildet, sie mit den Him-

334 Anmerkungen

melskörpern verknüpft und schließlich zum Lebens- und Formprinzip der körperlichen Welt macht (Timaios, bes. 34A–37C). Das Ergebnis der Seelengliederung ist folgendes: 1.) Das göttliche Beispiel (παράδειγμα) einer göttlichen Seele, das auf der Ebene des Intellekts besteht. 2.) Die göttlichen Seelen, wozu die mit den Himmelskörpern verbunden Seelen des Timaios zählen, d. h. die Seelen der Sonne, des Monds, der Erde usw.; sie gehen der Welt vorher und sind deshalb »überweltlich« (ὐπερκόσμιοι), vgl. 182. 3.) Die Seelen, die den göttlichen Seelen immer folgen und mit ihnen fortwährend die intellektuelle Ebene der Wahrheit anschauen; es handelt sich hierbei, a.) um die All-Seele, die, anders als Dodds meint, nicht selbst göttlich, sondern die erste der innerweltlichen (ἐγκόσμιοι) Seelen ist, obwohl sie auch ein (τι) Transzendentes, bzw. Überweltliches besitzt, und ferner b.) um die mit den Göttern assoziierten Dämonen, Engel und Heroen, vgl. 183. 4). Die besonderen Seelen, die die Götter nur zeitweise folgen können; diesen Seelen ordnet Pr. vor allem die menschlichen Seelen zu, vgl. 184–185. 5.) Die unvernünftigen (ἄλογοι) Seelen, d. h. die Seelen der nicht-menschlichen Lebewesen sowie die in der Materie bestehenden Bilder der Seelen; diese Seelen werden in der ThG nur einmal angesprochen, offenbar weil sie nur Abzüge der eigentlichen Seelen sind und deshalb nicht zur metaphysischen Exposition der ThG gehören, vgl. 64. Vgl. auch in Parm. 818.3 ff. Dieselbe Hierarchie der Seelen kommt auch zur Sprache mit Rücksicht auf die »Unbeflecktheit« (ἄχραντος) der Seelen hinsichtlich des Körperlichen. Erstens sind die göttlichen Seelen unbefleckt; zweitens gibt es Seelen, die unbefleckt bleiben, weil sie mit den Göttern verknüpft sind und mit ihnen das All verwalten; drittens gibt es Seelen, die ins Werden hinabsteigen und dort große Taten tun, ohne vom Übel betroffen zu sein; schließlich, viertens, gibt es Seelen, die ins Werden hinabsteigen und von den dorther stammenden Übeln erfaßt werden, vgl. in Tim. I 111.14 ff. 2.  Göttlichkeit ist keine abstrakte Eigenschaft des Intellekts oder der Seele, sondern Zeichen eines überlegenen Grades an Einheit ihrer Vermögen, die die ursprüngliche Einheit des Einen widerspiegelt und damit eng verknüpft ist. Der göttliche Intellekt denkt alles Denkbare zugleich und mit gleicher Intensität, d. h. in einer Einheit, wohingegen die anderen Intellekte alles Denkbare aus einer Perspektive denken, weshalb die Einheit des Gedachten geringer ist. Ähnlich denken nur die göttlichen Seelen mehreres zugleich, während die All-Seele und die anderen innerweltlichen Seelen alles nacheinander denken, vgl. in Tim. II 289.29 ff.



Anmerkungen335

1.  »Nur gedanklich«, d. h. nicht auch göttlich. Es handelt sich bei den 183 zwischen Denkvermögen und Nichtdenken wechselnden Seelen um die menschliche Seele. Sie ist noch wird je eigentliches Denkvermögen; ihr Denkvermögen ist vielmehr Bild des ursprünglichen Denkvermögens und ein Zustand (ἕξις) der Seele, vgl. in Tim. II 313.17 ff. 2. Vgl. 179. 3. Vgl. 175. Es handelt sich bei diesen zwischen göttlichen und besonderen Seelen vermittelnden Seelen zuerst um die All-Seele und dann um die in der ThG nicht ausdrücklich erwähnten Dämonen, Engel und Heroen, vgl. hierfür in Tim. II 138.30 ff., III 165.13 ff. und 262.13 ff. 1.  Für die Gliederung des seelischen Bereichs vgl. 182 Anm. 1. Sie 184 wird in 182–184 aus der Perspektive des Denkens dargestellt, denn die göttlichen Seelen denken immer und unterscheiden sich vor allem darin von der zweiten, ebenso immer denkenden Klasse von Seelen, sofern sie in größerer Einheit und nicht sukzessive denken; schließlich gibt es Seelen, die zwischen Denken und Nichtdenken wechseln und deshalb dem Werden unterworfen sind; es sind dies die menschlichen Seelen. Nicht erörtert wird das im Intellekt bestehende Beispiel der göttlichen Seele, ebensowenig die – nicht als metaphysisches Prinzip tätigen – unvernünftigen Seelen sowie die Seelen, die der Materie als Abbild angehören. 2. Vgl. 182. 3. Vgl. 183. 1.  Hier wird die Gliederung der Seelen in die mythische Sprache 185 des Phaidros übersetzt, wo die Seelen mit einem gelenkten Gespann verglichen werden. Die göttlichen Seelen schauen dort immer die »Ebene der Wahrheit«, ihnen folgen solche Seelen, die das nur mit Mühe vermögen, diesen wiederum Seelen, die auch in die Tiefe schauen und nur gelegentlich den göttlichen Seelen folgen, weshalb sie die Ebene der Wahrheit nur manchmal erreichen und schauen. Der Phaidros führt aus, wie jede Seele im Gefolge eines Gottes steht und sich um jede göttliche Seele ein Gefolge von Seelen bildet, vgl. 246A–248B, bes. 247C–248B. Dieses Bild wird von Pr. weiterentwickelt, indem er die Platonische Ebene der Wahrheit mit dem Bereich des Intellekts gleichsetzt, die göttlichen Seelen mit den intellektuellen Göttern verbindet und sie dann als göttliche Seele der Sonne, der Erde, des Monds, der Sterne usw. charakterisiert, der dann wieder eine von ihr geprägte Schar von Seelen zugeteilt wird. Es gibt daher einen Schwarm von sonnenhaften Seelen, der sich von der Ebene der Wahrheit bis zum Werden der Welt ausdehnt, vgl. etwa in Parm. 818.3 ff. und in Tim. I 110.2 ff.

336 Anmerkungen

2.  Mit diesem Argument rechtfertigt Pr. seine systematische Deutung des Phaidros-Mythos, demnach die höchsten und die Wahrheit niemals aus dem Auge verlierenden Wesen schlechthin Götter sind, vgl. Phaidros 248A. Nach Pr. handelt es sich hier allerdings nicht wirklich um Götter, sondern um göttliche Seelen, die wegen ihrer Lage und ihrem Vermögen mit Göttern verglichen werden können. 3.  »Hinzuwenden«, nämlich auf die Ebene der Wahrheit, d. h. auf den Bereich des Intellekts. Von der Seele. 2.  Metaphysische Eigenschaften der Seele: 186–189 186 1.  186–189 führen die wichtigsten ontologischen und metaphysischen Eigenschaften der Seele aus, mit Ausnahme der an anderen Stellen emphatisch hervorgehobenen Eigenschaft, daß sie selbstbewegt ist. Die Seele zeigt sich als ein selbstständiges, von der Körperlichkeit getrenntes und auf diese unreduzierbares immer seiendes lebendes Wesen. Hier wird die traditionelle Debatte, ob die Seele auf Materielles zurückzuführen ist, oder ob sie etwas ursprüngliches sei, kurz angeschnitten; Pr. entscheidet sich für letzteren (Platonischen) Standpunkt, verteidigt ihn allerdings mit eigenen Argumenten, die vor allem die metaphysische Natur der Seele angehen. Die Eigenschaft, unkörperlich zu sein, fällt nicht damit zusammen, daß die Seele vom Körper getrennt ist, denn ein Unkörperliches kann auf einen Körper als Grundlage angewiesen sein. Es geht hier um den im Phaidon 88A widerlegten Gedanken einer (unkörperlichen) Seele als einer im Körper waltenden Harmonie, vgl. dazu in Tim. II 126.13 ff. Aristoteles hat ihn zur Seele als einer Entelechie umgebildet. Sowohl Plotin als auch Pr. streiten den Gedanken der Seele als Entelechie ab, vgl. etwa Plotin IV.7.8[5] und Pr., in Tim. III 300.2 ff. 2. Vgl. 15. 3. Vgl. 16. 4.  Wenn die Seele das Frühere und Höhere erkennt und ebenso, wenn sie das Spätere erkennt, erkennt sie sowohl das Frühere als auch das Spätere nicht so, wie es an sich ist, sondern in einer ihr selbst angemessenen Weise, d. h. sie ist das Frühere, d. h. das Denkbare als Bild (εἰκών) und das Spätere als Urbild oder Beispiel (παράδειγμα), vgl. bes. in Tim. II 296.12 und auch 279.28 ff., 286.32 ff. In diesem Sinne ist ihre Erkenntnis – nach dem Proklischen Gesetz, daß alles



Anmerkungen337

so in Allem ist, wie es diesem eigen ist – des Früheren Erkenntnis der Anwesenheit des Früheren in der Seele und mithin Selbsterkenntnis. 1.  Die Prädikate treffen allgemein auf alles Selbstbestehende zu, d. h. 187 nicht nur auf die Seele, sondern auch auf den Intellekt, vgl. 46 mit Anm. 1. Pr. erklärt zwar öfters, daß jede Seele unzerstörbar (ἀνώ­ λεϑρος) und unvergänglich (ἄϕϑαρτος) ist, sie ist deshalb jedoch noch nicht ewig (αἰώνιος), und zwar aus dem Grunde nicht, weil die innere Tätigkeit der Seele nicht unveränderlich ist, vgl. Gesetze X 904A, in Tim. I 235.17 ff. und III 59.12 ff. In dieser Hinsicht unterscheidet sich die Seele von dem Einen, den Henaden und allen Bereichen des Intellekts. Unzerstörbarkeit ist nämlich ein schwächeres Prädikat als Ewigkeit, weil alles Ewige zwar unzerstörbar, nicht alles Unzerstörbare jedoch ewig ist. In den Formulierungen von 187 klingen die Ausführungen zur unzerstörbaren Seele im Phaidros (246D) und Phaidon (88B, 95C und 106–107A) nach. 2.  Ein vergängliches Bestehen in einem Unterliegenden ist der Seele beizulegen, die eine Harmonie oder eine Entelechie sein sollte, vgl. 186 mit Anm. 1. 3.  Es geht hier um eine reductio ad absurdum. Gesetzt nämlich, die Seele sei nicht unzerstörbar und unvergänglich, dann muß sie vergehen, was voraussetzt, daß sie entweder zusammengesetzt und ein Körper ist oder in einem Unterliegenden besteht. Beides ist nicht der Fall, wie in 186 gezeigt wurde. 1.  Das Leben der Seele legt Pr. gelegentlich als ein dreifaches aus: 188 1.) Es umfaßt das Ordnen und Verwalten des Späteren, 2.) die Hinwendung der Seele auf sich selbst und 3.) ihre Hinwendung auf ihre Ursachen, vgl. etwa in Tim. I 29.15 ff. In der Regel wird das Leben zu einer einheitlichen bipolaren Bewegung zusammengefaßt, die einerseits aus einer vom Vorwissen (πρόνοια) zum Späteren hintreibenden Tendenz und anderseits aus einer Bewegung der Seele zurück zu sich und ihrer sie transzendierenden Ursache besteht, vgl. in Tim. I 11.4 ff. und II 242.18 ff. Das Leben der Seele ist daher, entsprechend der geometrischen Struktur der Psychogonie des Timaios, sowohl als Linie als auch als Kreis zu verstehen. 2.  Das Verhältnis von Leben und Seele, demzufolge die Seele durch ihr Sein jenem, bei dem oder worin sie ist, Leben spendet, war schon lange vor Pr. bekannt; es liegt ebenfalls im Griechischen, sofern Lebendes auch »beseeltes« (ἔμψυχον) heißt. Bereits Aristoteles entwickelt die konkrete Bestimmung der Seele aus der Tatsache, daß sich das Beseelte vom Nichtbeseelten dadurch unterscheidet, daß es lebt. Die Lebensfunktionen haben ihren Ursprung in der Seele, vgl. De anima II 413a20 ff.

338 Anmerkungen

Aristoteles versteht die Seele jedoch ausschließlich als Lebensprinzip der Tiere (Menschen einbegriffen) und Pflanzen, wohingegen Pr. den Lebensbegriff sowohl erweitert als auch einengt. Einerseits besitzen nichtmenschliche Tiere und Pflanzen nach Pr. strenggenommen keine Seele, sondern lediglich ein Bild einer Seele, weshalb sie auch nicht wirklich leben. Anderseits löst Pr. die Aristotelische Einschränkung des Lebens der Seele auf den Bereich der physischen Individuen auf, weil auch die göttlichen Seelen und die All-Seele sowohl selbst leben als auch anderes beleben. So beleben die göttlichen Seelen die späteren Seelen und die All-Seele den Körper der Welt, der deshalb auch »Lebewesen« heißt, vgl. Timaios 30 BC und in Tim. I 404.4 ff. 3.  Die Seele heißt zwar »selbstlebend«, sie empfängt ihr Leben trotzdem vom Selbstleben (αὐτοζωή) (oder von dem mit diesem vermutlich identischen Selbstlebewesen (αὐτοζῷον)), das auf der Ebene des Intellekts zwischen dem wirklich Seienden und dem denktätigen Intellekt steht. Pr. nennt es auch »unteilnehmbares Leben« (vgl. PTh IV.1 7.20 ff. und 8.10 ff.), an dem jede Seele vermittelt teilhat, denn der Demiurg spendet der Seele das Leben, indem er auf das gedankliche Selbstleben schaut, vgl. in Crat. § 102. Vgl. für die paradoxe Lage einer selbstlebenden Seele, die das Leben zugleich auch von anderem hat 189 mit Anm. 4. 189 1. Vgl. 188 und 43; die Selbsthinwendung der Seele und deshalb auch ihr Selbstleben hat die Form der Selbsterkenntnis und betrifft sowohl die Wesensstruktur der Seele als auch ihre zeitliche Tätigkeit. 2. Vgl. 188. 3. Vgl. 188 mit Anm. 2. 4.  Das Selbstlebende ist eine Gestalt des paradoxen Selbstbestehenden, vgl. 40–49 sowie »Einleitung« § 18. Das Selbstbestehende ist nämlich nicht absolut selbstbestehend, sondern hängt auch von einer metaphysischen Ursache ab, d. h. vom Einen oder vom wirklich Seienden usw., jedoch so, daß es sich in einem von dieser Ursache ausgehenden Kräftefeld selbst konstituiert. Deswegen kann vom Selbstlebenden, d. h. von der selbstlebenden Seele sowohl gesagt werden, daß sie selbstlebend ist als auch, daß sie das Leben von Anderem hat. Sie ist mithin göttlicher als dasjenige, was lediglich durch Teilhabe lebt, jedoch schwächer als dasjenige, was zuerst das Leben besitzt, vgl. in Tim. II 128.28 ff. Der Demiurg spendet das geschaute ursprüngliche Leben dem denktätigen Intellekt, der Seele und den Körpern, in denen sich das Leben teilt, vgl. in Crat. § 102. Vom (verschiedenartigen) Selbstbestehenden wird das gespendete Leben je auf eigene Weise aufgenommen und weitergegeben, vgl. in Tim. II 291.28 ff. So entsteht ebenfalls eine



Anmerkungen339

Hierarchie der metaphysischen Formen des Lebens, die beim Selbstleben, das zwischen dem wirklich Seienden und dem denktätigen Intellekt steht, beginnt und über das Leben des denktätigen Intellekts, in dem das Leben die Gestalt des Denkens annimmt, das Leben der Seele erreicht, vgl. PTh III.6 22.13 ff. Von der Seele. 3.  Die Zwischenstelle der Seele: 190–197 1. In 190–197 wird die Zwischenstelle der Seele erörtert, d. h. sowohl 190 ihre metaphysische und ontologische Stelle inmitten ihrer höheren Ursachen einerseits und dem in der körperlichen Welt Geteilten anderseits als auch ihre epistemologische Zwischenstelle. Wie vor ihm schon Plotin und Porphyrios rekurriert Pr. hierfür auf die wichtige Timaios-Stelle: »Mitten zwischen dem ungeteilten und sich immer gleichen Sein und dem in dem Bereich des Körperlichen werdenden geteilten Sein mischte der Demiurg eine aus diesen beiden bestehende dritte Form des Seins.« (τῆς ἀμερίστου καὶ ἀεὶ κατὰ ταὐτὰ

ἐχούσης οὐσίας καὶ τῆς αὖ περὶ τὰ σώματα γιγνομένης μεριστῆς τρίτον ἐξ ἀμϕοῖν ἐν μέσῳ συνεκεράσατο οὐσίας εἶδος, Tim. 35A)

Klar ist, daß sich die Seele zwischen dem mit dem wirklichen Sein zusammenhängenden Ungeteilten und dem mit dem Körperlichen verknüpften Geteilten befindet; unklar jedoch, was hier mit dem im Körperlichen Geteilten gemeint wird. Geht es bei dieser Stelle um eine Paraphrase der körperlichen Welt oder um einen metaphysischen Aspekt derselben? Plotin (vgl. IV.1 und IV.2) hat die Stelle mit Platon im ersten Sinne, Porphyrios (Sententiae 5) und Pr. haben sie im zweiten aufgefaßt. Letzteren zufolge handelt es sich nicht um die in jeder Hinsicht geteil­ten Körper, sondern um dasjenige, was mit diesen verbunden geteilt, an sich jedoch ungeteilt ist. Nach Pr. gibt es sogar drei Arten des Geteilten im Bereich des Körperlichen: 1.) Was in einem soundso beschaffenen Körper und in einem Unterliegenden da ist, wobei vor allem an die Formen (εἴδη) und Qualitäten (ποιότητες) zu denken ist; 2.) was wesen­haft besteht und eine Form des Lebens ist, jedoch nicht vom Körperlichen getrennt da ist, wie etwa die Natur (ϕύσις) und (vermutlich) die sich aus ihr im Körperlichen entfaltenden Strukturen (λόγοι); 3.) dasjenige Geteilte, das sich selbst in die Ungeteiltheit zurückführt, wie insbesondere die Wahrnehmung, so fern diese in der Seele auch ein Ungeteiltes ist, das dort, wo sich die Seele und ihr besonderer Körper einerseits und die körperliche Welt ander-

340 Anmerkungen

seits berühren, in Teilwahrnehmungen aufgeht, die in eine ungeteilte Wahrnehmung zusammengefügt werden können, vgl. in Tim. II 139.11 ff. Demnach handelt es sich beim Geteilten im Bereich des Körperlichen allgemein um eine Annäherung des Metaphysischen (Sein/Formen, Seele/Leben, Seele/Wahrnehmung) an das Körperliche. Hieraus folgt allerdings noch nicht, wie die dem Körperlichen eigenen Formen und das Leben im Körperlichen da sind. Es stellt sich das Problem der Formen-in-Materie (ἔνυλα εἴδη), die sich Pr. offenbar als Abbilder einer Form vorstellt. 2. Vgl. 189 bzw. 186. 3.  Die Seele transzendiert somit die von ihr dem Späteren vermittelten Abbilder (ἰνδάλματα) des Lebens und der Formen, die dem Körper oder der gestalteten Materie eigen sind. In der Materie sind ja nicht selbst die Formen oder das Leben da, denn Formen und Leben bestehen selbstständig auf metaphysischer Ebene, sondern vielmehr nur ihr Einfluß und das Ergebnis ihrer Tätigkeit. 4. Vgl. 83 mit Anm. 1. 5. Vgl. 101 und auch 188: Das heißt, eine Seele ist nicht nur Leben; ferner hat Lebendes sowohl am Selbstleben als am Sein teil, das sie dazu befähigt, Leben zu erwerben. 6.  Die Seele ist aus zwei Gründen geringer als das Ungeteilte. Erstens ist sie davon ursächlich abhängig; zweitens gehört zu ihrem Wesen Leben, Sein und Selbsterkenntnis, die jeweils einen eigenen Ursprung haben und daher auch verschiedenartige Bestandteile der Seele sind; die Seele ist mithin geteilt. Wie sich in der Seele Wesen, Leben und Erkenntnis auch wechselseitig bedingen, vgl. 197. 191 1.  Die metaphysische Zwischenstelle der Seele zeigt sich auch darin, daß sie die zwei zeitbezogenen Seinsweisen des Metaphysischen, d. h. die Ewigkeit außer der Zeit und die Zeit selbst integriert und sich als deren Brücke versteht. Die Formulierung gliedert das Wesen der Seele in ein ewiges Wesen und in die zeitlichen Tätigkeiten, wobei jedoch dunkel bleibt, ob das Wesen hier der ewige Kern der Seele oder die doppelte Struktur von Kern und Tätigkeit der Seele ist. Klar ist allerdings, daß dieses ewige, unwandelbare und denkbare Wesen der Seele in der Zeit entfaltet wird, so daß sie ihr Wesen in ihrer zeitlichen Tätigkeit Aspekt um Aspekt zum Ausdruck bringt. Diese Selbstentfaltung und Selbstgestaltung der Seele ist auch Selbsthinwendung, weil die Seele hervortritt und sich auf ihr bleibendes Wesen hinwendet, und Selbsterkenntnis, weil sie sich selbst sieht und dadurch auch alle Seiende erkennt, vgl. in Tim. II 296.14 ff.; für die Entfaltung ihres ungeteilten Wesens vgl. in Tim. II 141.1 ff.,



Anmerkungen341

288.20 ff. Wie jede Seele letztendlich von der zwar zeitlichen, doch allgemeineren Tätigkeit der göttlichen Seele angeregt und in Bewegung und Tätigkeit gebracht wird, bringt sie auch das Spätere, d. h. den Körper, kraft der selbstbezogenen Tätigkeit in Bewegung, vgl. in Tim. II 287.32 ff. 2.  »Ungeteilt«, nämlich in dem Sinne ungeteilt, daß Wesen und Tätigkeit der Seele zusammenfallen, wie das beim Intellekt der Fall ist, vgl. 169. Für den Intellekt als unbewegt und die Seele als selbstbewegt vgl. 20. 3.  Vgl. bzw. 51, 44 und 43. Was nicht von sich selbst, sondern von anderem konstituiert wird, heißt »geworden«. Ist die Seele selbstbestehend, dann ist sie auch selbstlebend, weil das Sein der Seele im Leben besteht, vgl. 189. 4.  Sonst nämlich wäre die Tätigkeit stärker als das Wesen, von dem sie in Wahrheit abhängt. Auf diese Unmöglichkeit beruft sich Pr. häufig, vgl. 16, 104, 106 und De prov. 15. 1.  Hier wird auf Timaios 37A angespielt, wo die Seele als »das ver- 192 mittelst des Besten der denkbaren und immer seienden Seienden zum Besten der durch Werden entstandenen Seienden Gewordene« (τῶν νοητῶν ἀεί τε ὄντων ὑπὸ τοῦ ἀρίστου ἀρίστη γενομένη τῶν γεννηϑέντων) beschrieben wird. Aus dem Kommentar zum Timaios geht hervor, daß Pr. diese Stelle offenbar falsch versteht, denn er teilt der Seele die Stelle zwischen dem denkbaren und immer seienden Seienden einerseits und dem Entstandenen anderseits zu. Es handelt sich bei Platon aber vermutlich nicht gerade um eine Zwischenstelle, sondern um eine Stelle, die mit den beiden Bereichen des Immerseienden und Werdenden einen Aspekt und eine Seinsweise gemein hat und somit teilweise beiden Bereichen angehört, d. h. die Seele hat ein immerseiendes Wesen und ist zugleich die erste Entfaltung dieses Wesens und sein Übergang in die Zeitlichkeit. In diesem Sinne ist die Seele das erste des Werdenden (oder »Werdenkönnenden«), auch in dem Sinne, daß sie dem Werdenden vorhergeht und es bestimmt, vgl. in Tim. II 293.15 ff. 2. Vgl. 191 und 87. 3. Vgl. 50. 1.  Obwohl Pr. hier ausgeht von Timaios 36D und die Stelle in gängi- 193 ger neuplatonischer Weise deutet (vgl. PTh III.6 25.1 ff. und in Tim. II 280.15 ff.), ergibt sich auch ein Problem, vielleicht sogar eine Inkonsistenz. Dodds meint, daß der Lehrsatz nicht mit der These in Einklang zu bringen sei, weil die niederen Seelen der Teilhabe am Intellekt unfähig sind und somit nicht unmittelbar vom Intellekt her bestehen können (vgl. 175 und 111).

342 Anmerkungen

Das Problem läßt sich allerdings lösen, wenn davon ausgegangen wird, daß es sich hier erstens nicht lediglich um den Intellekt auf der Ebene des Intellekts handelt, sondern auch um den auf der Ebene der Seele; und zweitens, wenn der Lehrsatz nicht notwendig die Seele als ganze meint und deshalb auch nicht das vollständige Bestehen der Seele erklärt, sondern lediglich auf das ewige und unveränderliche Wesen der Seele abzielt. Kraft der longitudinalen, sich auch in den späteren Bereichen ausdehnenden Ordnung des Intellekts findet sich auch auf der Ebene der Seele ein Intellekt, der zwar »Intellekt« heißt, aber eigentlich Bild des Intellekts ist (vgl. 64). Jede sich selbst erkennende, in Bewegung setzende und ihre eigene Tätigkeiten hervorrufende Seele bezieht sich auf ihren unveränderlichen, gedanklichen oder denktätigen (νοερός) Kern, den sie kraft ihrer Tätigkeiten entfaltet. In diesem Sinne geht jede tätige Seele unmittelbar aus dem Intellekt hervor. 2. Vgl. 191 bzw. 76. 3. Vgl. 34. 194 1.  Daß der Intellekt Formen (εἴδη) enthält, die auch in der Seele sind und diese, wenn sie von ihr erkannt werden, vollenden, ist die für die metaphysische Epistemologie des Neuplatonismus grundlegende Einsicht. Sie ist auf Platon und Aristoteles zurückzuführen. Der Umstand, daß Pr. die in der Seele bestehenden Formen »wesenhafte Strukturen« (οὐσιώδεις λόγοι) nennt, erinnert an den Ti­ maios 37A–C, wo »Struktur« (λόγος) die Zwischenstelle der Seele charakterisiert. Diese Struktur ist entsprechend der Definition im Timaios eine dynamische Orientierung, die auf das Ungeteilte oder Identische und auch auf das Geteilte oder Andere geht und ihre Vermittlungen in einem Gedanken zusammenbringt; sie ist »die veränderliche, sich mit den Seienden berührende (bestimmte) Denkung unserer Seele« (τῆς ψυχῆς ἡμῶν νόησις μεταβατικῶς ἐϕαπτομένης τῶν ὄντων, in Tim. I 249.1 ff.); für das Vermögen der Struktur, das Geteilte zusammenzuhalten, vgl. in Tim. II 146.18 ff. Wegen dieser Definition kann Platon auch behaupten, daß jene Struktur »doppelmündig« (ἀμϕίστομος) ist »mit zwei Antlitzen« (ἀμϕιπρόσωπος), weshalb auch die Seele »zweifach« ist (vgl. in Tim. II 246.18 ff.), obwohl die Strukturen auch eins sind und der Seele in der Mitte zwischen Identischem und Anderem Einheit verleihen, vgl. in Tim. II 299.19 ff. In diesem Kap. geht es jedoch ausschließlich um die eine Orientierung jener Strukturen, d. h. um ihre Herkunft aus den Formen des Intellekts. Sie sind nämlich eine Entfaltung des unwandelbaren gedanklichen Kernes der Seele, d. h. ihres Intellekts, der zugleich auch der Ordnung des Intellekts angehört und somit auf den Intellekt auf



Anmerkungen343

der Ebene des Intellekts und auf die ursprünglichen Formen zurückzuführen ist, vgl. in Parm. 1080.19 ff. 2. Vgl. 193, bzw. 76. 3. Vgl. 18. 1.  Hintergrund dieses Lehrsatzes ist Aristoteles’ Behauptung, daß 195 die Seele in irgendeiner Weise alle Seiende ist (vgl. De anima III 431b20 ff.), wie aus in Parm. 892.24 ff. klar hervorgeht. Pr. beansprucht in diesem Kap. allerdings das von Aristoteles aufgestellte Problem zu lösen, wie die in sich beschlossene Seele die Fähigkeit haben kann, die ihr äußere Wirklichkeit zu erkennen. Die Lösung besteht darin, daß der Lehrsatz nicht nur epistemologisch, sondern auch metaphysisch-kausal aufgefaßt werden soll. Das heißt, die Seele ist, wenn sie von der wahrnehmbaren Wirklichkeit angeregt wird, dazu imstande, diese zu erkennen, weil sie die Wirklichkeit bereits als Beispiel (παράδειγμα) in sich trägt und auch verursacht, sofern sie nämlich den Körper auch strukturiert. Die denkbaren Formen hingegen erkennt sie, weil sie von ihnen verursacht wird und somit deren Abbild (εἰκών) ist. Die Seele ist die Entfaltung des in ihr seienden Intellekts der Seele. Die Seele ist demnach alle Seiende, allerdings nicht in eigentlichem Sinne, sondern nur als deren verursachtes Abbild, bzw. deren kausal tätiges Urbild. Mithin hat die Seele die Formen (das Ungeteilte) durch Teilhabe (κατὰ μέϑεξιν) und ist sie das Wahrnehmbare (Geteilte) als Ursache (κατ᾽ αἰτίαν). Die epistemologische Zwischenstelle der Seele entspricht somit ihrer metaphysischen Zwischenstelle. Für die Seele als Abbild und Urbild vgl. PTh I.12 57.25 ff., in Parm. 745.15 ff. und in Tim. II 150.25 ff.; für die Seele, die alles ist und die Strukturen in sich trägt, vgl. in Alkib. 187.14 ff. und in Tim. I 448.22 ff., II 231.29 ff. 2. Vgl. 190 mit Anm. 1. Das heißt, die Strukturen der Seele bilden sich in der körperlichen Wirklichkeit ab, insofern gehören sie dieser auch an. 3. Vgl. 65 mit Anm. 1. 1.  Es handelt sich bei diesem ersten immerwährenden Körper um 196 das »Fahrzeug« (ὄχημα) der Seele, das in 205–210 erneut zur Sprache kommt. Das Fahrzeug wird deshalb im Zusammenhang der Zwischenstelle der Seele erwähnt, weil es die Wechselbeziehung von Seele und körperlicher Welt verständlich macht. Hintergrund bilden wiederum einige Stellen des Timaios, insbesondere die, wo der Demiurg die geschaffene Seele in ein Fahrzeug setzt (41E und 69C). In Kap. 205–210 spielt Pr. allerdings insbesondere an auf Aristoteles, der sich als erster mit der Frage beschäftigt hat, wie die Wechselbeziehung von Seele und Körper überhaupt möglich ist und verstanden werden kann, mithin wie das Unkörper-

344 Anmerkungen

liche den Körper bewegen und wie das Körperliche seelisch werden kann (z. B. in der Wahrnehmung und im Denken). Aristoteles nimmt an, daß es zwischen Seele und Körper ein Drittes instrumentelles gibt, das »zwar bereits irgendwie körperlich« ist, jedoch nicht aus den weltlichen Elementen besteht, sondern aus einer ungewöhnlichen feinen Materie, dem Pneuma, das der Seele ähnlich ist, vgl. De anima III 433b13 ff. Nach Pr. vermittelt das Fahrzeug als Instrument der Seele zwischen Seele und Körper. Es ist zwar körperlich, besteht jedoch nicht aus den weltlichen Elementen, sondern ist, wie bei Aristoteles, pneumatischer Natur. Angeregt von Phaidros 247B und Phaidon 113D geht Pr. allerdings noch einen Schritt über Aristoteles hinaus, indem er Fahrzeug und Seele so miteinander verknüpft, daß sie eine untrennbare Einheit bilden, die im Fall einer menschlichen Seele das Ganze des Menschen bildet und sich auch im Tode, d. h. in der Unterwelt nicht auflöst. Das Fahrzeug ist zwar immerwährend, ungeworden und unvergänglich, deshalb aber nicht auch ewig und unwandelbar. Es ist nämlich, wie auch die Tätigkeiten der Seele, in der Zeit, wo seine Bewegungen das erste räumliche Abbild des seelischen Begehrens und Entscheidens sind. Für das Fahrzeug als Instrument der Seele vgl. in Tim. II 85.4 ff. und 281.9 ff.; für die pneumatische Natur des Fahrzeugs vgl. in Tim. II 60.2 ff., III 243.13 ff. und III 238.19 ff. (wo auch Aristoteles erwähnt wird); für den Menschen als das Ganze von Seele und Fahrzeug vgl. in Tim. III 235.22 ff. und 309.22 ff. 2. Vgl. 191. 197 1.  Hier geht es auf den ersten Blick um die wechselseitige Bedingung von Wesen, Leben und Erkenntnis in der Seele; das eigentliche Thema ist allerdings das Problem, wie auf der Ebene der Seele Trennung und Einheit aufzufassen sind. Steht nämlich die Seele zwischen dem im körperlichen Bereich Getrennten und dem im Intellekt als Vereinung Bestehenden, dann muß sie einheitlicher als das mit dem Körperlichen Verknüpften sein, aber auch getrennter als die Einheit des Intellekts. Pr. löst dieses Problem lediglich mit der Behauptung, daß die Seele geteilt und in sich unterschieden, also eins-und-vieles ist, während der Intellekt als eins-viel aufzufassen ist. Übrigens thematisiert Pr. das Problem nicht anhand des ursächlich tätigen (lebenden und erkennenden) Inhalts der Seele, sondern anhand ihrer allgemeinen Strukturmomente Wesen, Leben und Erkenntnis, die denen des Denkbaren (Wesen, Vermögen und Tätigkeit) und denen des Intellekts (Sein, Leben und Gedankliches) analog sind. In der Seele nehmen sie die Form des Erkannten (Wesen), der



Anmerkungen345

Erkenntnis (Leben) und des Erkennenden (hier Erkenntnis) an, vgl. in Tim. I 371.20 ff. Die Dynamik der selbstbestehenden Seele stellt folglich ein Wesen dar, das aus einem Leben mit der Form der Erkenntnis besteht; vgl. für die nicht nur teillose, sondern auch geteilte Seele und für die Dynamik von Ungeteiltem und Geteiltem in der Seele in Tim. II 290.34 ff. Noch zu bemerken ist, erstens, daß Pr. hier, wie auch sonst, die Formel »Alles ist in Allem« mit einem fast provozierenden Mangel an Genauigkeit verwendet, denn es handelt sich hier nicht um Alles schlechthin, sondern bloß um die drei Strukturmomente der Seele, die einander zwar irgendwie bedingen, vielleicht auch auseinander hervorgehen, wie die Tätigkeit aus dem Wesen und das Hervortreten aus dem Bleiben, doch nicht eigentlich ineinander bestehen (vgl. 103). Zweitens ist der Unterschied von der Art der Einheit und Trennung der Seele zur Art der in 176 erörterten getrennten Einheit des Intellekts dunkel, denn sowohl die Seele als auch der Intellekt ist ja unvermischt getrennt und zugleich ungeteilt. Im allgemeinen scheint die Art und Weise der intrinsischen Trennung des Metaphysischen ein Problem, das Pr. nie überzeugend gelöst hat, vgl. in Parm. 749.37 ff., 757.4 ff, 769.2 ff. 2. Vgl. 190. Von der Seele. 4.  Die Regelmäßigkeit der Seele: 198–200 1.  Dieses Kap. führt den Begriff des zyklischen Umlaufs (περί­οδος) 198 alles Zeitlichen ein. In 199–200 wird dieser Begriff auf die Seele angewendet und stellt sich als eine angemessene Beschreibung ihrer Struktur heraus, nach der sich alle Seelen von ihrem ewigen Kern aus in eine zeitliche und kreisförmige Tätigkeit entfalten. Ein Seelen­ um­lauf ist dann die ganze Bewegung, in der sich die Seele kraft ihrer sukzessiven Tätigkeit vollkommen entfaltet, ihre Ausgangslage wieder erreicht und sich für eine neue identische Entfaltung herrichtet. Den Gedanken von dieser periodischen Bewegung der Seele als auch der Natur schöpft Pr. aus dem Timaios, wo die komplexe Kreisstruktur der Seele und die entsprechende Struktur der Bewegung der Himmelskörper und der Jahreszeiten beschrieben wird, vgl. Tim. 39C, 43 A–B, 44A–B, 47A–B, 47C usw. Übrigens bedeutet bei Pr. das »Teilhaben an der Zeit« nicht, »die Zeit als eine formelle Dimension zu besitzen«, denn in der Metaphysik des Pr. ist die Zeit selbst ein Seiendes auf der Ebene des Intellekts. Sie enthält somit bereits jenes, das sich später – d. h. in einem

346 Anmerkungen

metaphysisch-ontologischem Sinne später – als zeitliche Wirklichkeit entfaltet und mithin das bestimmende und ursächlich tätige Maß des Zeitlichen sein kann. 2.  Hier klingt die Aristotelische Zahl und Zeit verknüpfende Definition der Zeit an. Nach Physik IV.11–12 ist die Zeit die Zahl der Bewegung, vgl. Physik IV 221b2 u. ö. Ferner ist die Zeit Maß der Bewegung, obwohl nicht ihr bestimmendes und kausal tätiges Maß, sondern das Maß, das selbst von der Bewegung bestimmt wird; Anfang und Ende der Bewegung markieren die Zeiterfahrung. 3.  Für die beiden Bedeutungen von »immer« vgl. 55 mit Anm. 3; die Seele verbindet beide Bedeutungen in sich. 4.  Daß die Übergänge »nicht endlich« sind, bedeutet offenbar, daß das, was immer in Bewegung ist, niemals aufhört, vom einen Zustand in den anderen hinüberzugehen. 199 1.  Der Unterschied der innerweltlichen Seelen hinsichtlich der überweltlichen Seelen besteht darin, daß erstere ihren Inhalt nur sukzessive, letztere jedoch auch zugleich denken können, vgl. in Tim. II 289.29 ff. Die überweltlichen Seelen, von deren Existenz Pr. nicht immer überzeugt scheint, sind die göttlichen Seelen. Die schwierig zu deutende »Wiederherstellung« (ἀποκατάστασις) hat Pr. von Porphyrios und Iamblichos übernommen und auch selbst nicht genauer erörtert. Der Begriff fällt teilweise mit dem Begriff des Umlaufs zusammen, insofern auch er eine Rückkehr des in der Zeit Bewegenden (insbesondere der Seele) in seine Ausgangslage beschreibt; unterschieden ist er davon jedoch, insofern der Umlauf nur diese zeitliche Bewegung zum Ausdruck bringt, während die Wiederherstellung außerdem die metaphysische Bedeutung der vollständigen Entfaltung der Seele und des transzendierenden Sammelns von allem in der Zeit Entfalteten in einer der Seele bewußten Einheit hat. Die Wiederherstellung ist folglich nicht nur die Entfaltung des einen Kerns der Seele zur vollständigen sukzessiven Tätigkeit, sondern auch das gesammelte, einheitliche und gedankliche Wissen um diese Entfaltung. Bei den erwähnten Perioden und Wiederherstellungen der Seelen ist nicht nur an die von Seelen gelenkten Bewegungen der Himmelskörper, sondern auch an die Lebensumläufe der besonderen Seelen zu denken, die sich nämlich nach Pr. (wie augenscheinlich auch nach Platon) in der vollständigen Entfaltung ihrer Tätigkeit in einem Leben für ein folgendes Leben und einen neuen Umlauf herrichten. 2.  Nämlich in der Hinsicht ihrer Tätigkeit, vgl. 191 und in Tim. II 289.29 ff. 3. Vgl. 198.



Anmerkungen347

1.  Die erste, von der Zeit gemessene Seele ist nicht, wie man leicht 200 meinen konnte, die unteilnehmbare Seele, denn diese ist überweltlich, sondern jene Seele, die der Timaios als All-Seele (ἡ τοῦ παντὸς ψυχή) einführt. Diese ist innerweltlich und denkt daher auch sukzessive (während überweltliche Seelen vieles zugleich denken können). Die All-Seele unterscheidet sich darin von den anderen innerweltlichen Seelen, daß sie das Ganze des möglichen Lebens der Wirklichkeit entfaltet, es dem Körperlichen vermittelt und so für alle Bewegung und Struktur des Weltalls zuständig ist, während sich die besonderen innerweltlichen Seelen lediglich mit einem besonderen Teil des Kosmos assoziieren (etwa mit einem bestimmten Himmelskörper oder einem Menschen), ihn beseelen und in Bewegung setzen. Diese niederen Seelen folgen zwar der Entfaltung der All-Seele, stimmen jedoch oft nicht vollkommen mit dieser Entfaltung überein, weshalb sie auch keine Teile der All-Seele sind, sondern vielmehr als selbstständige, an der All-Seele teilhabende und sie nachahmende Seelen bestehen. Hieraus ergibt sich, daß die All-Seele die vollständige Entfaltung der als das ewige Beispiel alles Zeitlichen aufzufassenden Zeit ist, während die übrigen innerweltlichen Seelen lediglich einen Teil dieses Beispiels entfalten und mit dem Körperlichem verbinden. Aus diesem Grunde werden sie nur von einem Teil der Zeit bestimmt und mithin auch gemessen. Vgl. für das Verhältnis zwischen All-Seele und den anderen innerweltlichen Seelen, auch bezüglich der Zeit, bes. in Tim. II 290.2 ff. 2.  Die Zeit ist bestimmendes Maß aller Bewegung und aller Perioden der Wirklichkeit und der Seele. Sie geht deshalb auch der Seele vorher. Sie ist, anders als bei Aristoteles, weder das von der Bewegung bestimmte Maß noch, wie bei Plotin, eine wesentliche Dimension der Seele, insofern die gefallene Seele, die bewegt und sich deshalb zeitigt, vergeblich versucht, das Ganze der verlorenen intellektuellen Ewigkeit wiederzugewinnen, vgl. Plotin, III.7.11–12. 3.  Daß dies nicht der Fall sein kann, wird nicht näher erörtert. Es ist vor allem eine Überzeugung, die auf die im Timaios beschriebene periodisch bewegende Natur zurückgeht; d. h., die Himmelskörper bewegen sich in verschiedenen Rhythmen und legen ihre Bewegungen in verschiedenen Zeitstrecken ab. Ist die entfaltete Zeit eine jeweils verschiedene Zeit, gilt dasselbe für die vorhergehende, mithin bestimmende Zeit. 4.  Die besonderen Wiederherstellungen sind in dem Sinne Teil der einen Wiederherstellung der ganzen Seele, weil die eine Wiederherstellung die – oftmals wiederholte – Periode (z. B. die der Sonne oder

348 Anmerkungen

des Mondes) in sich trägt und impliziert, nicht aber in dem Sinne, daß die entfaltete Zeit der besonderen Wiederherstellung ein konstitutiver Teil der entfalteten Zeit der einen Wiederherstellung wäre. Weil die Wiederherstellung der Seele der einen Periode der Wirklichkeit entspricht, folgt aus dem Gedanken der einen Zeit und ihrer einen Wiederherstellung die Kreisform der sich entfaltenden Zeit und die unendliche Wiederholung der Periode, in der sich das Ganze der beseelten und körperlichen Wirklichkeit gestaltet. Das heißt, dieselbe Welt kehrt ewig wieder. Von der Seele. 5.  Die göttlichen und die niederen Seelen: 201–204 201 1.  Die göttlichen Seelen sind hier zuerst die den intellektuellen Göttern folgenden und zugleich auch mit den Himmelskörpern assoziierten überweltlichen Seelen, d. h. die Seelen des Ares (Mars), Zeus (Jupiter), Hermes (Merkur), Mondes, Himmels, Kronos (Saturn), der Sonne, Aphrodite (Venus), Erde, Nacht usw. Diese Seelen werden mit den leitenden Göttern des Phaidros (247A) verbunden, wobei jede dieser Seelen eine von ihr bestimmte Vielheit von Seelen anführt. Unveränderlich sind die Seelen, die dem Ares folgen, demiurgisch tätig die, die dem Zeus folgen, lebenserzeugend die, die vom Mond bestimmt werden usw., vgl. in Tim. I 110.22 ff. Die dreifache Tätigkeit, die sich nicht periodisch gestaltet (es handelt sich ja um die vieles zugleich denkenden überweltlichen Seelen), entspricht einer metaphysischen Entfaltungslogik, nach der sich das einheitliche göttliche Vorherwissen der göttlichen Seelen (das ein bestimmtes Vorherwissen ist, insofern es dieses aus einer Perspektive besitzt) teilt und ausdifferenziert bis die Ebene des Intellekts der Seele erreicht ist (d. h. das ewige und unbewegte Denken der Formen), wo es sich dann als zeitlich-veränderliche Tätigkeit entfaltet, die sich mit den Körpern verbindet und sie in Bewegung setzt. Übrigens bildet diese dreifache Tätigkeit auch ein Modell für den Aufbau und für die tätige Struktur aller Seelen. Dazu gehören auch die menschlichen Seelen, obwohl ihre Tätigkeit nicht unwandelbar und ungetrübt ist, sondern periodisch, allerdings nicht ganz fehlerfrei verläuft. Trotzdem enthält auch die menschliche Seele eine göttliche Spur von Einheit, die am tätigen und zum Denken auffordernden Intellekt zum Ausdruck kommt, und außerdem einen Bewegungsimpuls, der sowohl in der Selbsterkenntnis (und in dem Antrieb auf das Eine zu) als auch in der Bewegung des Körpers zum Ausdruck



Anmerkungen349

kommt. Der Rückweg der einzelnen Seele mit ihrer Hoffnung auf Transzendenz wendet sich zuerst hin auf den Intellekt der Seele und anschließend auf das Eine der Seele. 2. Vgl. 185 mit Anm. 1 und 2. 3.  Das heißt, sie sind offen für den Einfluß der höheren Intellekte. 4. Vgl. 20 bzw. 188 mit Anm. 2 und 3. 1.  »Der Götter« bedeutet hier »der den Göttern ähnlichen Seelen«, 202 also »der göttlichen Seelen«. Den Hintergrund bildet der Zweispänner-Mythos des Phaidros, den Pr. für seine Auffassung von den Seelen neben dem Timaios stets im Gedanken hat, vgl. 182 Anm. 1. Nach diesem Mythos, mit dem Pr. seine Seelenlehre in Einklang bringt, folgen die Seelen dem von den Göttern gelenkten Zweispänner. Die transzendente Einfachheit der mittleren Seelen in bezug auf die der niederen (ὑπερήπλωνται) Seelen ist keine lockere Metapher, wie Dodds sie aufgrund seiner Übersetzung »exalted« deutet, vielmehr bezeichnet sie, daß die hierarchisch mittleren Seelen Vorherwissen, Denken und Bewegung in einer weniger artikulierten, zugleich aber allgemeineren und kräftigeren und somit einfacheren Weise besitzen (dem Gesetz der Proklischen Metaphysik gemäß ist die höhere kausale Kraft und Tätigkeit allgemeiner und weniger differenziert). 2.  Erneut verteidigt Pr. seine Interpretation des Zweispänner-Mythos (Phaidros 248A, vgl. auch 201 mit Anm. 1), der den vollkommenen Zweispänner mit dem Leben der Götter verbindet; in Übereinstimmung mit Platon deutet Pr. diese Götter als göttliche Seelen, vgl. 201 mit Anm. 2 und 185 mit Anm. 2. 3.  Diese besonderen, sich von der unmittelbaren gedanklichen Tätigkeit entfernenden Seelen sind vor allem die menschlichen Seelen, die somit nicht ständig denken. Sie finden in sich nur kurzfristig eine Spur des Intellekts, den sie auch nur ebenso kurzfristig in den Mittelpunkt ihres bewußten Seins zu erheben fähig sind. 4.  Zu dieser Zwischenklasse der Seelen gehören jene Seelen, die Pr. (mit Blick auf Iamblichos) als Engel, Dämonen und Heroen bezeichnet. Um jeden Gott, bzw. um jede göttliche Seele befinden sich Engel, Dämonen und Heroen, die die besondere, ihrer göttlichen Seele (der Sonne, des Mondes, der Erde usw.) zukommende Eigenschaft auf je eigene Weise vermitteln. Engel lassen z. B. das göttliche Licht erkennen, Dämonen schließen sich den niederen Seelen an und lenken und ermutigen sie, Heroen dagegen bezwingen mutig die Materie, mit der sich die Seelen verbinden, vgl. in Tim. III 262.14 ff. und auch 183 mit Anm. 3. 1.  Der Lehrsatz ist dem des nächsten Kap. ähnlich, der ebenfalls die 203 Vermehrung der Seelen und die Verringerung ihres Vermögens in

350 Anmerkungen

Übereinstimmung mit ihrer Entfernung von den göttlichen Seelen thematisiert; allerdings mit dem Unterschied, daß es sich hier allgemein um den seelischen Bereich handelt, während es in 204 um die einzelnen göttlichen Seelen und den sie begleitenden Schwarm niederer Seelen geht. Wie aus dem Wortlaut und den metaphysischen Charakterisierungen erhellt, geht es auch hier um einen Kommentar zum Zweispänner-Mythos des Phaidros, wo die Seelen mit einem den Göttern folgenden Zweispänner verglichen werden. Vgl. für die Vermehrung der absteigenden Seelen in Tim. III 261.29 ff. 2.  Die letzten Seelen sind erstens »artunähnlich« hinsichtlich der mittleren Seelen, weil diese am Intellekt teilhaben und ihn umkreisen, während die letzten Seelen nur ein Bild des Intellekts und in der Regel auch nur ein ungenaues Wissen um dieses Bild haben. Die letzten Seelen sind zweitens »artunähnlich« in bezug auf die göttlichen Seelen, weil diese außerdem auch über ein allgemeines Vorherwissen verfügen, womit sie die Seelen und die Wirklichkeit lenken, während die letzten Seelen nur einen Schimmer dieses Vorherwissens besitzen und deshalb kaum in der Lage sind, das eigene körperliche Leben im voraus zu überblicken, zumal sie ja wesentlich von außen bestimmt sind. Es handelt sich hier um die menschlichen Seelen, die zur Rede stehende Artunähnlichkeit deutet somit auf den Kern der Proklischen Anthropologie hin. 204 1. Vgl. 203 mit Anm. 1. Hier wird nicht die Struktur des gesamten metaphysischen Seelenbereiches beschrieben, wie in 203, sondern die Hierarchie des Schwarms solcher Seelen, die einer bestimmten göttlichen Seele zugehören und ihr folgen. Von ihr empfangen sie neben ihrem Seelesein, auch ihre charakteristische Eigenschaft (ἰδιότης), durch die sie eine bestimmte Seele sind, d. h. eine marshafte, sonnenhafte, mondhafte usw. Seele, vgl. in Tim. I 111.3 ff. und in Tim. III 355.7 ff. Der ganze Schwarm steht somit unter der lenkenden gött­ lichen Seele. Das hat auch zur Folge, daß eine bestimmte Eigenschaft (z. B. der marshafte Mut) in einer Seele überwiegt oder Himmelskonstellationen das Wohlbefinden und sogar das Glück der Seelen beeinflussen, vgl. in Tim. II 112.25 ff. 2. Vgl. 28 hinsichtlich des metaphysischen Gesetzes, daß jede Ursache stets zuerst ähnliches hervorbringt. 3.  Was ungereimt wäre. Es handelt sich hier nämlich nicht um das eigentlich Denktätige auf der Ebene des Intellekts, sondern um das Gedankliche oder Denktätige der Seele. Dehnt sich, wie hier beteuert wird, die seelische Reihe bis zu den manchmal folgenden Seelen aus, während die göttliche Seele ihre lenkende Tätigkeit auf die den Göttern immer folgenden Seelen beschränkt, dann bliebe das Denktätige



Anmerkungen351

dieser Seelen, das sie charakterisiert, untätig und vermittelte es diese Eigenschaft nicht den manchmal folgenden Seelen, weshalb diese auch nicht der Reihe angehörten. Oder, anders formuliert, folgten die niederen Seelen den mittleren, sind sie auch für deren gedanklichen Kern empfänglich, sonst würden sie ja nicht folgen. Von der Seele. 6.  Der Abstieg der besonderen Seelen: 205–211 1.  In diesem und den nächsten Kap. geht es darum, wie sich die 205 menschliche Seele zwangsläufig in die Sphäre des Werdens begibt und sich dort wiederherstellt. Im Grunde genommen geht es hier um eine metaphysische Grundlegung einer Anthropologie. Für diese Grundlegung spielt auch das »Fahrzeug« (ὄχημα) eine Rolle, das einerseits für die Einflüsse der materiellen Wirklichkeit offen ist und anderseits die Selbstentfaltung und Tätigkeit der Seele ermöglicht. Für das Fahrzeug, das der erste Körper der Seele ist, vgl. 196 mit Anm. 1. Im Rahmen der Timaios-Exegese befremdet die Bezugnahme auf die Fahrzeuge als Vermittler zwischen Seele und körperlicher Wirklichkeit nicht, dennoch handelt es sich hier keineswegs um eine orthodoxe neuplatonische Doktrin. Das Fahrzeug einer göttlichen Seele ist ihr Himmelskörper, während das Fahrzeug der von ihr gelenkten besonderen Seelen und diese Seelen selbst unter dem Einfluß der göttlichen Seele stehen, weshalb sie die charakteristische Eigenschaft der göttlichen Seele übernehmen, vgl. in Tim. I 114.12 ff. 2. Vgl. 196. 1.  Die Abwechslung von Abstieg und Aufstieg ist nicht etwa ein 206 moralischer Fehler, sondern vielmehr das Leben der besonderen menschlichen Seele in ihrem periodischen Rhythmus selbst. Freilich waltet der individuelle Lenker der Seele (den Pr. nicht genauer bestimmt) über ihr Schicksal, nicht jedoch so, daß er der Seele den Aufstieg und die Wiederherstellung überhaupt ermöglicht, sondern daß er ihr ihre Wiederherstellung erleichtert und sie auf ihren nächsten Abstieg vorbereitet. Eigenwille, übertriebene Anpassung an den Leib, Liebe fürs Abbild der Seele im Körper, Verwirrung durchs Weltliche usw. sind Faktoren, die von der Seele bei ihrem Abstieg mitgenommen werden und sie ans Werden fesseln, vgl. in Tim. III 324.25 ff. Es fragt sich allerdings, wie der Abstieg der Seele ins Werden überhaupt aufzufassen ist; anders gewendet, was heißt es, daß die Seele »absteigt«? Die Rede kann hier nicht von einer räumlichen Entfer-

352 Anmerkungen

nung sein, denn die Seele hat keinen Ort, sondern nur von einer meta­ phy­sischen Distanz, der ein Ausdruck dafür ist, daß die besondere Seele ihre Orientierung am Denktätigen (sofern es sich auf der Ebene der Seele gestaltet) verliert und die erste, denktätige Periode ihres Lebens zugunsten der zweiten mit dem Werden verbundenen Periode hinter sich läßt. Die Flutung der Seele mit der Materie bringt in ihr ein Vergessen des Denkbaren hervor, wie auch die der Anschauung entlehnten Bilder des Denkbaren im Laufe der Zeit verloren gehen, vgl. in Tim. I 126.15 ff. Pr. betont, daß die Seele in ihrem Abstieg alles Bewußtsein des Denktätigen verliert und daß auch nicht etwa ein Teil der Seele »oben«, d. h. im Denktätigen zurückbleibt, vgl. 211. Beim Abstieg läßt sie das Denktätige zurück, ausgenommen die (Möglichkeit der) Erinnerung. Entsprechend deutet Pr. den Zweispänner-Mythos des Phaidros, indem der Grund für den Flügelverlust der Seelenzweispänner in der mangelhaften Führung der Seele sowie im Übergewicht des Irdischen liegt, vgl. Phaidros 246A–D, 248A–249B und in Tim. I 52.24 ff. 2.  Zusammenfassung von Phaidros, 246A–D, 247A–C und 248A–C. Vgl. auch 185 und 202. 3.  Das Argument ist kompakt, allerdings stimmig, und erfordert daher, anders als Dodds meint, keine wesentliche Textänderung. Das Argument beweist nämlich nicht, daß die Seele teilweise bei den Göttern und teilweise im Körper sei, sondern nur, daß, die Seele nicht zugleich sowohl bei den Göttern als auch im Körper sein kann, weshalb es ein alternierendes Verhältnis zwischen beiden Seelenzuständen geben muß. Ein zeitlich ununterbrochenes und unendliches Sein bei den Göttern oder im Körper schließt ein zeitliches Eintreten des anderen Zustandes aus. Aus diesem Grunde befindet sich die Seele in der ununterbrochenen Zeitunendlichkeit nicht endgültig in dem einen oder anderen Zustand, sondern müssen diese Zustände in der Unendlichkeit der Zeit unendlich wechseln. 207 1.  Diese bewegungslose Ursache, die das Fahrzeug der Seele herstellt (δεδημιούργηται), ist nicht die Seele selbst – wenn auch diese ihr Fahrzeug (auf jeden Fall zum Teil) bestimmt und lenkt –, sondern der Demiurg (δημιουργός) des Timaios. In der von Pr. ausführlich kommentierten Passage 41E–42A heißt es nämlich knapp, daß der Demiurg die Seelen gleichsam in die Fahrzeuge, d. h. in »die Werkzeuge der Zeit« setzt und ihnen dann die Natur des Ganzen vorführt. Während Platon die Fahrzeuge mit den Himmelskörpern und deren Seelen scheint zu verknüpfen, teilt Pr. jeder Seele ein Fahrzeug zu, das der Demiurg, d. h. der Intellekt auf der Ebene der denkbaren und denktätigen Intellekte selbst geschaffen hat. Pr. ist sich offenbar im



Anmerkungen353

klaren darüber, daß dies nicht auch so von Platon ausgeführt wurde, weshalb er das Argument zur Hilfe nimmt, daß in der Platonischen Kosmogonie der Demiurg als Erschaffer aller Lebewesen, die ja aus Seele und Körper zusammengesetzt sind, auch die ersten Körper, nämlich die Fahrzeuge geschaffen haben muß, vgl. in Tim. III 267.8 und ferner II 281.12 ff., III 233.24 ff., 235.21. ff., 238.2 ff., 266.24 ff., 267.4 ff. Wie das Wesen der Seele ist auch das Wesen des Fahrzeugs unveränderlich, trotz seiner sowohl von der Seele als auch von der materiellen Wirklichkeit bestimmten Tätigkeit. 2. Vgl. 76. 3. Vgl. 196. 1.  Etwas unerwartet tut sich hier erneut jene Schwierigkeit auf, die 208 mit der Einführung des Fahrzeuges gelöst werden sollte, nämlich die Wechselbeziehung zwischen dem rein Metaphysischen und dem Kör­ perlichen (vgl. 196 Anm. 1). Das »Fahrzeug« (ὄχημα), das ausdrücklich und konsequent als »Körper« (σῶμα) gedeutet wird (vgl. auch 196 und 207), wird nun ebenfalls »immateriell« genannt. Wie man sich einen solchen immateriellen Körper vorstellen soll, wird nicht erklärt. Klar ist auf jeden Fall, daß seine Materialität nicht von den weltlichen Elementen abhängt. Manchmal bestimmt Pr. sie als »rein« und »himmlisch«, weshalb sie vielleicht pneumatisch ist (vgl. 196 Anm. 1), manchmal wird ihre Natur negativ mit der der weltlichen Elemente verglichen, insofern sie »nicht auch aus diesen, sondern aus anderen« zusammengesetzt ist, vgl. in Tim. II 60.2 ff. Näher bestimmt werden diese Elemente allerdings nicht. Ferner ist das Fahrzeug zwar nicht seinem Wesen nach, sondern seiner Gestalt oder Tätigkeit nach dem Einfluß der weltlichen Elemente unterworfen. Denn durch diese Elemente nimmt es die Wirklichkeit nicht nur wahr, sondern verknüpft sich auch hinsichtlich der Bedürfnisse des körperlichen Lebens mit ihr. Dieser materielle Zuwachs des Fahrzeuges wird im nächsten Kap. anhand der »Gewänder« beschrieben. Das Fazit ist paradox, denn das Fahrzeug besteht seinem Wesen nach einerseits aus einer unbestimmt bleibenden Quasimaterie, anderseits besteht es hinsichtlich seiner Tätigkeit und weltlichen Präsenz aus den weltlichen Elementen. In der einen Hinsicht ist es unveränderlich und wird von der Seele gelenkt, in der anderen ist es für den Einfluß der materiellen Wirklichkeit offen und wird durch diesen Einfluß gelenkt. Vgl. für eine ähnliche Deutung des Fahrzeugs auch PTh III.5 18.24 ff. 2. Vgl. 207. 3. Vgl. 196. 4. Vgl. 80.

354 Anmerkungen

209 1.  Die hier eingeführte und bereits von Porphyrios formulierte Lehre der Seelengewänder (vgl. z. B. De abstinentia I 31.12 ff. und De antro nympharum 14) muß vor allem als ein Versuch verstanden werden, eine Detailschwierigkeit der Seelenzweispänner des Phaidros zu erklären. Denn diejenigen Seelen, die nicht länger imstande sind, die denkbare Wahrheit zu schauen, werden daran von einer zur Erde gerichteten »Schwere« gehindert (247B). Das Gewand (χιτών) der Seele soll nun die von Platon metaphorisch gedachte Schwere der Seele erklären. Pr. entwickelt das Gewand als die eigentlich materielle, mit der werdenden Wirklichkeit verbundene und von ihr mitbestimmte Gestalt des Fahrzeugs. So gesehen ist es das irdische Gewicht von Fahrzeug und Seele. Weil das Gewand des Fahrzeugs aus den wirklichen Elementen (oder aus einer Neigung des Fahrzeugs zu diesen Elementen und zu dem in der Welt tätigen Organismus) besteht, unterscheidet es sich von der pneumatischen Quasimaterie des Fahrzeugs (vgl. 208 mit Anm. 1) und ist gewissermaßen »materieller« als das Fahrzeug selbst. Entscheidend für die Proklische Lehre der Seelengewänder ist, daß das Fahrzeug von der Seele so gelenkt wird, daß es sie nachahmt, in die eigene Dimension übersetzt und so einen ersten Seelenausdruck bildet. Auf diese Weise begibt sich das Fahrzeug in die Welt des Werdens und zieht gewissermaßen die Materie und die materiellen Einflüsse an; das ursprünglich von der Seele gelenkte Fahrzeug bekommt so das Gewand der Wirklichkeit mit einem eigenen Leben angezogen, vgl. in Tim. III 233.32 ff. und 268.27. Dieses materielle Gewand mit ihren eigenen Kräften und Bewegungen verwirrt und bindet die Seele, verfremdet sie von ihrem Ursprung und nötigt ihr eine eigene Bewegungslogik auf. Obwohl die Seele in den metaphysischen Rhythmus von Abstieg und Aufstieg und aus beiden zusammengesetzten Wiederherstellungen eingebunden ist, hängt es von ihr selbst ab, in welche Gewänder gehüllt, sie wieder aufsteigt, d. h. wie schwer sie bei ihrem Aufstieg ist. Die »eigene Form« des Fahrzeuges, von der Pr. spricht, ist übrigens die sphärische, die das Ergebnis einer metaphysischen Reihe von Nachahmungen und Verwandlungen ist. Denn das Sichselbstdenken des Intellekts wird von der zeitlich verlaufenden kreisförmigen Denkung der Seele, die im Denken den eigenen Ursprung sucht und findet, nachgeahmt, wohingegen das Fahrzeug diese Denkung der Seele in einem räumlichen Ausgang und einer Rückkehr in das Zentrum, nämlich als Sphäre, zum Ausdruck bringt, vgl. in Tim. II 72.13 ff. 210 1.  Dies ist eine schwierige, von Pr. nirgends näher erläuterte und oft auch mißverstandene Behauptung. Sie bezieht sich offenbar weder



Anmerkungen355

auf eine scheinbare Verwandlung des Fahrzeugs der Seele in einen sichtbar materiellen Körper, noch auf die Erscheinung der Seelenfahrzeuge der Toten, wie Dodds meint. Viel wahrscheinlicher handelt es sich um das metaphysische Schicksal eines natürlichen Seelenfahrzeugs, wenn es sich im Abstieg der Seele, mithin im Leben als Lebewesen oder Mensch, mit der materiellen Wirklichkeit verbindet. Das Fahrzeug als der erste natürliche Ausdruck der Seele, d. h. als ihre erste körperliche Erscheinung hat eine natürliche sphärische Form und eine natürliche Bewegung (vgl. 209 mit Anm. 1), worin sich auch die Besonderheit der Seele widerspiegelt; diese Ganzheit von Seele und Fahrzeug ist der wesentliche Mensch (vgl. 196 Anm. 1), die den Menschen auch in der Unterwelt überlebt. Pr. erörtert folglich das Problem, wie sich die theoretische Einsicht eines ersten und bleibenden natürlichen Ausdrucks der Seele, bzw. des ewigen Menschen, mit der Erfahrung eines scheinbar wandelnden und schließlich sogar verschwindenden Fahrzeugs in Einklang bringen läßt. Kraft der seelegelenkten Tätigkeit des Fahrzeuges kleidet dieses sich in materielle Gewänder, welche zwar einen hemmenden Einfluß auf die Möglichkeit haben, das Fahrzeug zu erfahren, dieses jedoch auch unverändert lassen. Das heißt, der Mensch bleibt wie und was er ist, entfremdet sich zwar von sich, sein Ziel jedoch, das er im laufe wiederholter periodischer Wiederherstellungen erlangen soll, bleibt gleich. 1.  Mit dieser unmißverständlich auf Plotin anspielenden metaphy- 211 sischen Polemik wird der neuplatonischen Anthropologie eine Perspektive abgeschnitten und eine neue eröffnet. Bleibt nämlich, wie bei Plotin, die Seele beim Abstieg ins Werden zugleich oben, wird die metaphysische Vollendung eine Möglichkeit, ja sogar eine Aufgabe für die kurzfristig im Körper lebende Seele; sie soll ihren Ursprung im Intellekt wiederfinden und zum Leitfaden fürs Leben machen; vgl. für die teilweise absteigende, teilweise oben im Intellekt bleibende Seele Plotin, IV.8.8, V.2.1, V.3.4 und VI.9.9. Ein grundsätzliches Gesetz der Proklischen Metaphysik ist aller­ dings die Trennung der hierarchisch geordneten metaphysischen Wesen, die vermittelst Teilhabe und Spiegelung miteinander verbunden, jedoch wesentlich voneinander getrennt sind. Das heißt, Seelen, auch göttliche Seelen, haben am Intellekt teil, doch sind nichtsdestotrotz von ihm getrennt. Aus diesem Grunde verliert die absteigende besondere Seele – wie im Phaidros beschreiben – tatsächlich das Wissen um das Denktätige (vgl. 206 mit Anm. 1). In der Seele bleibt somit auch kein unbewußtes Wissen um das Denktätige zurück; auch die Erinnerung daran ist bloß eine Spur.

356 Anmerkungen

Nach Pr. kann die Seele somit nicht, wie bei Plotin, die Erfahrung der metaphysischen Vollendung zur Aufgabe haben, da diese im Leben unmöglich ist (trotz der Möglichkeiten, die die Theurgie bietet). Aufgabe kann nur Vorbereitung auf den Rückgewinn der ursprünglichen Ganzheit von Seele und gewandlosem Fahrzeug sein (vgl. 210 mit Anm. 1). Ein solcher Rückgewinn kann allerdings nur der Periodizität von Abstieg und Aufstieg entsprechend statthaben, die von den Seelen niemals durchbrochen wird. 2.  Der wesentliche Unterschied zwischen dem denkenden Intellekt und der denkenden Seele besteht darin, daß ersterer ohne Bewegung oder Veränderung denkt, während die denkende Seele der Zeit und folglich der Veränderung unterworfen ist, vgl. z. B. in Tim. II 289.29 ff. 3.  Besondere Seelen haben nicht unmittelbar am Intellekt teil, vgl. 185. 4.  Der Unterschied zwischen den immer denkenden und den kurzfristig denkenden Seelen entspricht ihren unterschiedlichen metaphysischen Stellen, vgl. 185. Für das zweite Argument vgl. Aristoteles, Analytica posteriora II 99b26 ff.

TERMINOLOGISCHES REGISTER UND ÜBERSETZUNGSSCHLÜSSEL1

ἀγαϑός (gut) 8, 10, 12–13,



119–120, 122, 131, 133–134, 141, 152, 156, 158 τὸ ἀγαϑόν, τἀγαϑόν (das Gute) 7–10, 12–13, 20, 25, 28, 31, 35, 40, 42, 57, 60–61, 92, 113–115, 119, 127, 133–134, 144, 151, 153 ἀγαϑότης (Gutheit) 12–13, 25, 39, 119–122, 131, 133, 160 αὐτοαγοϑότης (Gutheit selbst) 127 (τὸ) αὐτοαγαϑόν (das Gute selbst) 40 ἀγαϑοειδής (gutheitlich) 25, 119, 122, 151 ἀγαϑύνειν (gut machen) 13, 122, 133 ἀγαϑουργός (gutesbewirkend) 122, 133

ἀγένητος → γένεσις ἄγνωστος, ἀγνοεῖν → γινώσκειν ἄγονος → γόνιμος ἀδιαίρετος → διαιρεῖν ἀδιάκριτος → κρίσις ἀδιάλυτος → διαλύειν ἀδιάστατος → διιστάναι ἀδρανής → δρᾶν ἀδυναμία, ἀδύναμος → δύνασϑαι ἀδύνατος → δύνασϑαι ἄζως → ζῆν

ἀϑάνατος → ϑάνατος ἀίδιος (immerwährend) 34, 48,

49, 105, 142, 172, 178, 196, 199, 203, 207 ἀιδιότης (Immerwährendheit) 55, 87, 94 αἰσϑάνεσϑαι (wahrnehmen) 70 αἰσϑητός (wahrnehmbar, Gegenstand der Wahrnehmung) 123, 165, 173, 195 συναίσϑησις (Bewußtsein) 39 αἰτία (Ursache) 9, 11–12, 20–21, 25–26, 28, 30–31, 35, 39–41, 45–46, 56, 60, 65, 67, 76, 92, 99–100, 103, 113, 118, 133, 143–145, 151–152, 155–156, 159, 165, 172–173, 178, 195, 207–208, 210 κατ’ αἰτίαν (als Ursache, der Ursache entsprechend) 65, 67, 118, 140, 164, 173 (τὸ) αἴτιον (Ursache) 11, 18, 21, 24–28, 31, 33, 35–36, 38, 39, 41–42, 46, 56–58, 60, 62, 64–65, 67, 69–73, 75–77, 90, 97, 98–101, 103, 113, 115–116, 121, 125, 132, 137–138, 153– 159, 167, 173, 178, 186, 190, 193, 195, 207, 208 αἴτιος (ursächlich) 52, 56, 57, 70, 71, 94, 118, 126, 130, 157, 172, 173

Die Ziffern beziehen sich auf die Kapitelnummern der Theologischen Grundlegung. 1

358

Terminologisches Register und Übersetzungsschlüssel

αἰτιατός (verursacht) 11, 12, 28, 35, 36, 41, 46, 56, 57, 65, 75, 98 ἀναίτιος (unverursacht) 97 συναίτιον (Mitursache) 75 αἰών (Ewigkeit) 52–54, 87–88, 94, 104, 107, 169–170, 172, 192 αἰώνιος (ewig) 52–55, 87–88, 104, 106–107, 169, 171–172, 175, 178, 191–193, 198 προαιώνιος (vorewig) 107

ἀκατάληπτος → καταληπτός ἀκίνητος → κινεῖν ἀκράτητος → κρατεῖν ἀληϑής (wahr) 205 ἀλήϑεια (Wahrheit) 40, 123 ἄληπτος (unfaßbar) 121 ἀλληλουχία (Kontinuität) 97 ἀλλοιοῦν (ändern) 80, 126 ἀλλοίωσις (Veränderung) 27 ἀναλλοίωτος (ohne Veränderung) 27 ἄλυτος (unauflöslich) 34, 129

ἀμεγέϑης → μέγεϑος ἀμέϑεκτος → μετέχειν ἀμερής, ἀμέρεια, ἀμέριστος → μέρος ἀμέσως → μέσος ἀμετάβατος → μεταβαίνειν ἀμετάβλητος → μεταβάλλειν ἀμέτοχος → μετέχειν ἄμετρος → μετρεῖν ἀμιγής → μικτός ἄμικτος → μικτός ἄμοιρος → μοῖρα ἀμυδροῦν (verdunkeln) 95, 143 ἀμυδρός (dunkel) 74 ἀνάγειν (hinaufführen, zurückführen) 21, 100, 204, 209 ἀναγωγή (Hinaufführung) 100

ἀναγωγός (hinaufführend) 158 ἐπανάγειν (hinaufführen) 148

ἀναίτιος → αἰτία ἀναγκή (notwendig, es ist

notwen­dig, daß) 14, 18, 20, 28, 35, 40, 49, 57, 101, 142, 147, 175, 182, 188, 198, 204, 205, 206 ἀναγκαῖος (notwendig) 123, 124

ἀναδέχεσϑαι → δέχεσϑαι ἀνακυκλεῖσϑαι → κύκλος ἀνάλογος, ἀναλογία, ἀναλογεῖν → λέγειν ἀναλύειν (auflösen in) 35 ἄναρχος → ἀρχή ἀνατείνειν (aufwärtswenden)

23, 93, 100, 135, 148 ἀνάτασις (Aufwärtswendung) 21, 35, 206

ἀναϕαίρετος → ἀϕαιρεῖν ἀνέκλειπτος → λείπειν ἀνεξάλλακτος → ἐξαλλάσσειν ἀνεπιτηδειότης → ἐπιτήδειος ἀνιέναι (aufsteigen) 206, 209 ἄνοδος (Aufstieg) 11, 206 ἄνοια → νοεῖν ἀνόμοιος, ἀνομοιότης, ἀνομοιοῦν → ὅμοιος ἀνομοιόσχημος → σχῆμα ἀνούσιος → οὐσία ἀντιδιαιρεῖν → διαιρεῖν ἀνυπέρβλητος (unbesiegbar) 93 ἀνυπόστατος → ὑϕιστάναι ἀνώλεϑρος → ἀπολλύναι ἀξία (Wert, Würde) 110, 122, 136 ἀοριστία, ἀόριστος, ἀορισταίνειν → ὁριζειν ἀπαϑής → πάσχειν ἀπεικονίζειν → εἰκωνικός



Terminologisches Register und Übersetzungsschlüssel

ἀπειροδύναμος → δύνασϑαι ἄπειρος (unendlich) 1, 4–6, 11,

14, 26, 69, 80, 84–86, 90–96, 102, 138, 149, 150, 152, 159, 179, 198, 206 ἀπειρία (Unendlichkeit) 86, 90–95, 102, 117, 150, 152, 159 ἀπειροειδής (unendlichartig) 90, 159 αὐτοαπειρία (Unendlichkeit selbst) 92, 94 ἀπειράκις (unendlich oft) 1 ἀπεργάζεσϑαι (zustande bringen, machen) 7, 13, 137, 146, 152, 156 ἀπερίγραϕος (unumschreibbar) 93, 121, 150

ἀπερίληπτος → περιλαμβάνειν ἀπήχημα (Nachklang) 129 ἀπλήϑυντος → πλῆϑος ἁπλοῦς (einfach) 47–49, 58–59,

80, 86, 127 ἁπλῶς (schlechthin) 8, 10, 13, 28, 69, 75, 90, 100, 133, 137, 156, 167, 170, 180, 201 ἁπλότης (Einfachheit) 59 ὑπεραπλοῦν (in Einfachheit überragen) 93, 141, 154, 202 ἐξαπλοῦν (entfalten) 55 ἀπογεννᾶν, ἀπογέννησις → γεννᾶν ἀπόδειξις → δεικνύναι

ἄποιος (ohne Beschaffenheit) 80 ἀποκαϑίστασϑαι (wiederherstellen) 199–200 ἀποκατάστασις (Wiederherstellung) 199–200 ἀποκαταστατικός (wiederherstellend) 199–200 συναποκαϑίστασϑαι (zusammen wiederherstellen) 209

359

ἀπολείπειν → λείπειν ἀπολλύναι (zerstören) 95, 187 ἀνώλεϑρος (unzerstörbar) 105, 187 ἀπολύειν (loslösen) 158

ἀπομερισμός → μέρος ἀποξενοῦν (entfremden) 8 ἀποπεράτωσις → πέρας ἀποπίπτειν (abfallen) 13, 202, 91, 206

ἀπόπτωσις (Abfall, Wegfall) 86, 209 ἀποτελεῖν, ἀποτέλεσμα → τέλος ἀριϑμός (Zahl) 50, 64, 113–115, 118, 129, 139, 149, 157, 167, 179, 198, 203–204 ἄρρητος (unaussprechlich) 123, 151, 162 ἀρτᾶν (Perfekt Medium : ab­ hängen von) 9, 34, 40, 107, 111, 137, 145, 164, 182 ἄρχειν (anfangen, herrschen) 21, 59, 70, 99, 100, 121, 131, 139, 140, 204 ἀρχή (Ursprung, Anfang) 6, 11–12, 14, 20–21, 25, 33, 110, 138, 146–149, 153, 155, 159, 205, 206 ἀρχικός (ursprünglich) 22, 64, 97–98, 113, 115, 121, 181, 208 ἀρχηγικός (ursprünglich) 70–71, 90, 132 ἀρχέγονος (ursprünglich) 152 ἀρχοειδής (in der Weise des Ursprungs) 65 ἄναρχος (anfangslos) 146 ἄσβεστος (unerschöpflich, unerlöschlich) 63, 86

ἀσκέδαστος → σκιδνάναι ἄσχετος (ohne Verhältnis) 122, 140, 142

360

Terminologisches Register und Übersetzungsschlüssel

ἀσύγχυτος → συγχεῖν ἀσυμπαϑής → συμπαϑής ἀσύναπτος → συνάπτειν ἀσώματος → σῶμα ἀτελεύτητος → τελευτᾶν ἀτελής → τέλος αὐϑυπόστατος → ὑϕιστάναι ἀυλία, ἄυλος → ὕλη αὐτάρκης (autarkisch) 9–10, 16, 40, 42, 45, 47, 127 ,131 αὐτάρκεια (Autarkie) 10, 40 αὐτοαγαϑότης, αὐτοαγαϑός → ἀγαϑός

αὐτοαπειρία → ἄπειρος (τὸ) αὐτοέν → (τὸ) ἕν αὐτοδύναμις → δύναμις αὐτοενάς → (τὸ) ἕν αὐτοαπειρία → ἄπειρος αὐτόζως → ζῆν αὐτοκινησία, αὐτοκίνητος → κινεῖν αὐτόματον (spontan) 97 αὐτοολότης → ὅλος αὐτοτελής → τέλος ἀϕαιρεῖν (wegnehmen) 210 ἀϕαίρεσις (Wegnahme, Ab­

legen) 209–210 ἀναϕαίρετος (unvernichtbar) 105

ἁϕομοιοῦν → ὅμοιος ἄϕϑαρτος → ϕϑείρεσϑαι ἀϕορίζειν → ὁρίζειν ἄχραντος (unbefleckt) 154, 156 ἄχρονος → χρόνος ἀχώριστος → χωρίζειν ἄψυχος → ψυχή γένεσις, γενητός, γενεσιουργός → γίνεσϑαι γεννᾶν (erzeugen) 11, 21, 25, 27–29, 35, 41, 56, 126, 152

γέννημα (Erzeugnis) 195 γέννησις (Erzeugung) 155 γεννητικός (erzeugend) 27, 41, 56, 77, 125, 152 ἀπογεννᾶν (erzeugen) 21, 23, 126, 163, 177 ἀπογέννησις (Erzeugung) 25, 132, 152 συναπογεννᾶν (miterzeugen) 70 γένος (Klasse) 111–112, 132, 135–136, 139, 144–145, 151, 155, 157–159, 184 γίνεσϑαι (werden) 2, 3, 5, 15, 18, 20, 27, 30, 33, 37, 38, 50, 52, 55, 61, 64, 70, 71, 75, 76, 77–79, 85, 87, 100, 108, 117, 125, 129, 132, 134, 135, 140, 142, 143, 148, 175, 176, 178, 183, 189, 192, 194, 206 γένεσις (Werden) 38, 45, 50–52, 75, 85, 107, 129, 206, 209, 211 γενητός (geworden, werdenkönnend) 45, 87, 123, 178, 191, 192 ἀγένητος (ungeworden) 45, 51, 99, 178, 196 γενεσιουργός (im Werden tätig) 209 παραγίνεσϑαι (hinzukommen, anwesend werden) 20, 177, 188 γινώσκειν (erkennen) 20, 39, 83, 124, 134, 162, 167–168, 186, 188, 197, 201 γνῶσις (Erkenntnis) 11, 20, 83, 101–103, 121, 123–124, 167, 188, 190, 193, 197 γνωστός (erkannt, erkennbar) 83, 123–124



Terminologisches Register und Übersetzungsschlüssel

ἄγνωστος (unkennbar) 123, 162 γνωστικός (erkennend) 39, 83, 101–103, 188, 197 ἀγνοεῖν (nichterkennen) 11, 167, 170, 190 γνωρίζειν (erkennen) 11, 123, 162 γόνιμος (zeugungsfähig, erzeugend) 7, 27, 78, 98, 152 ἄγονος (zeugungsunfähig, un­fruchtbar) 7, 21, 23, 25, 204 ζωογόνος (lebenerzeugend) 155 ζωογονικός (lebenerzeugend) 155 ζωογονία (Lebenerzeugen) 155

δεικνύναι (zeigen) 5, 10, 11, 20,

40, 65, 73, 83, 88, 114, 116, 137, 150, 161, 171, 183, 190, 202, 211 ἐπιδεικνύναι (aufzeigen, sichtbar machen) 131, 146, 152 ἀπόδειξις (Beweis) 22, 111, 176 δεύτερος (zweiter, später, nach) 5, 11–12, 18–20, 23–24, 27, 29, 56, 63, 65, 70, 76, 97, 101, 110, 116, 119, 126, 129, 137, 150, 153, 160, 177, 184, 190, 194, 203–204 (τὰ) δεύτερα (als Kollekti­ vum : das Spätere) 12, 26–27, 29, 36–37, 56–57, 70–71, 93, 97–98, 118, 120–123, 125, 130–132, 138–141, 145, 147, 150–152, 154, 156, 159, 177

361

δέχεσϑαι (annehmen, empfan-

gen) 50, 97, 122, 200, 204 δεκτικός (zulassend) 183–185 ἀναδέχεσϑαι (annehmen) 122 εἰσδέχεσϑαι (einnehmen) 124 ἐνδέχεσϑαι (möglich sein) 124 ἐπιδέχεσϑαι (zulassen) 208 ὑποδέχεσϑαι (aufnehmen, erhalten) 9, 71, 99, 110, 124, 125, 150 δημιουργεῖν (herstellen) 25, 207 δημιουργικός (herstellend) 157 δημιουργία (Herstellung) 208 διαιρεῖν (teilen, trennen, unterscheiden) 35, 53, 80, 128, 135, 166, 171, 177, 190, 197, 208 διαιρετός (teilbar, geteilt) 80 ἀδιαίρετος (unteilbar, ungeteilt) 53, 208 διαίρεσις (Teilung) 157 συνδιαιρεῖν (zusammen trennen, unterscheiden) 80, 123 ἀντιδιαιρεῖν (als Gegensätze unterscheiden) 5 διακόσμησις, διάκοσμος → κόσμος

διακρίνειν, διάκρισις → κρίσις διαλύειν (auflösen) 48, 187 διαλυτός (auflösbar) 48 ἀδιάλυτος (unauflöslich) 48, 125, 132

διαμονή → μένειν διάνοια, διανοητός → νοεῖν διανομή (Zuteilung, Erteilung) 122, 136, 205 διάστασις, διαστατός → διιστάναι διασώζειν → σώζειν

διατάττειν, διάταξις → τάττειν

362

Terminologisches Register und Übersetzungsschlüssel

διαϕέρειν (sich unterscheiden) 11, 22, 50, 68, 132, 150–151, 158, 181, 204, 211 διαϕερόντως (unterschiedlich) 12, 114, 127, 152 διάϕορος (unterschieden, verschieden) 70, 142, 162 διαϕορότης (Unterschied) 123, 151

διαϕύλαττειν → ϕυλάττειν διιστάναι (entfernen, ent-

zweien) 32, 55, 115, 133, 157 διάστασις (Trennung, ­Distanz) 13, 140 διαστατός (ausgedehnt) 176, 195 ἀδιάστατος (unausgedehnt, ohne Entfernung) 176, 195 συνδιιστάναι (zusammen ausdehnen) 190 δόξα (Meinung) 123 δοξαστός (Gegenstand der Meinung) 123 δρᾶν (Tätigkeit ausüben) 25, 70, 71 δραστικός (tatkräftig) 70 ἀδρανής (ohne Wirkung, unfähig) 7, 80, 149 δύνασϑαι (vermögen, können) 7, 9, 23, 25, 27, 41–44, 52, 57, 60–61, 67, 69, 75, 79–80, 82, 84, 92, 98, 108, 110, 122, 128, 141–142, 181, 185, 187, 193, 197, 202, 204, 206 δύναμις (Vermögen, Kraft, Möglichkeit) 7, 23, 27–28, 39, 56–57, 59–63, 70–71, 77–81, 84–86, 91–93, 95–96, 98, 110, 117, 121–122, 125–126, 129–130, 136, 138, 140, 142–145, 148, 150–152,







162, 165, 169, 173, 175, 177, 188, 200, 203–204, 209, 211 αὐτοδύναμις (Vermögen selbst) 92 δυνατός (vermögend, möglich) 4, 7, 11–12, 22, 35, 57, 60, 62, 70, 72–73, 124, 134, 143, 162, 198 δυναμοῦν (verstärken) 70 ἀδύνατος (unmöglich) 5, 15–16, 22, 26, 46–47, 55, 73, 76, 97, 104, 106, 115, 136, 175, 188, 191, 211 ἀδύναμος (unvermögend) 80, 149 ἀδυναμία (Unvermögen) 143 ἀπειροδύναμος (unendlich vermögend) 84, 86, 89, 92

ἐγκόσμιος → κόσμος ἔγχρονος → χρόνος ἑδράζειν (gründen) 64,71 ἕδρα (Sitz) 41 εἰδέναι (sich bewußt sein) 167,

168 εἶδος (Form) 22, 57, 63–64, 67–69, 72, 74, 143, 145, 157, 176–178, 190, 194–195, 197, 209, 211 εἰδητικός (formal) 178 εἰδοποιοῦν (formbilden) 190 εἰδόποιος (formerschaffend) 157 εἰδοποιία (formende Tätigkeit) 144, 157, 177 εἴδωλον (Bild) 64 εἰκονικός (als [Ab-]Bild) 65, 195 ἀπεικονίζειν (abbilden) 209 ἐνεικονίζειν (abbilden) 152 εἰλικρινής (rein, klar) 69, 176, 197

εἰσδέχεσϑαι → δέχεσϑαι



Terminologisches Register und Übersetzungsschlüssel

ἐκϑεοῦν, ἐκϑεωτικός → ϑεός ἐκλύειν (auflösen) 86 ἐκϕαίνειν (erscheinen lassen) 29, 125

ἔκϕανσις (Erscheinung) 125 ἐκχεῖν (zerstreuen) 55 ἔλλαμψις (Erleuchtung) 64, 70–71, 81, 98, 114, 138, 143 ἐλλάμπειν (erleuchten) 23, 57, 63, 70–71, 137, 141, 145, 165–166 ἐπιλάμπειν ([von oben her] erleuchten) 122, 136, 185 καταλάμπειν (von ober her erleuchten) 143, 162–163 προλάμπειν) (von oben her erleuchten) 145 ἐλλείπειν, ἔλλειψις, ἐλιπής → λείπειν

ἐμϕαίνειν (abspiegeln, zeigen)

52, 120, 140, 151 ἔμϕασις (Abspiegelung) 71, 74, 128, 140, 194 ἐμϕανής (sichtbar) 165

ἔμψυχος → ψυχή (τὸ) ἕν (das Eine) 1–6, 11, 13,



20–21, 23, 25, 26, 40, 61–63, 72, 86, 89, 92, 95, 97, 100, 113–117, 119, 125–127, 132– 133, 135–139, 149, 150–151, 162, 165, 170–171, 176–177, 179, 181, 201, 203 (τὸ) αὐτοέν (Selbsteine) 2, 4, 5, 6, 115, 116 ἑνοῦν (vereinen) 28, 115, 130, 132, 148, 171, 176, 180 ἡνωμένος (vereint) 4, 5, 6, 13, 28, 30, 115, 128, 130,132, 135, 151, 160, 171, 176, 197 ἕνωσις (Vereinung) 13, 61, 63, 64, 69, 93, 118, 122, 123,







363

127, 128, 129, 132, 134, 148, 151, 161, 165, 181, 197 ἑνιαῖος (einig) 25, 74, 113, 117, 118, 121, 122, 127, 129, 133, 138, 145, 195 ἑνικός (einheitlich) 95, 111, 127, 128, 130, 132, 138, 142, 148, 203 ἑνοειδής (einsartig) 62, 86, 89, 95, 117, 119, 121, 124, 146, 149, 154, 156, 157, 160, 176, 177 ἑνάς (Henade) 6, 21, 62, 64, 109, 111, 114–117, 119, 126, 128–129, 133, 135–137, 139, 149, 160, 162–165, 171, 181, 202 αὐτοενάς (Selbsthenade) 128 ἑνίζειν (vereinen) 13, 23, 130 ἑνοποιός (einsmachend) 13, 133, 148 συνενοῦν (vereinen mit) 148

ἐνδέχεσϑαι → δέχεσϑαι ἐνδυναστεύειν (herrschen) 159 ἐνεικωνίζειν → εἰκωνικός ἐνέργεῖν (tätig sein) 17, 20, 44,

50, 52, 57, 70, 71, 79, 83, 185, 199, 201, 204 ἐνέργεια (Tätigkeit) 9, 16, 17, 20, 33, 40, 44, 50, 52, 70, 71, 76–79, 82–82, 86, 104, 106, 120, 131, 134, 138, 141, 168–171, 174–176, 183, 191, 201–202, 209 ἐνέργημα (Tätigkeit) 158, 201 προενεργεῖν (vorher tätig sein) 71

ἔννους → νοῦς ἐνριζοῦν → ῥίζα ἔνυλος → ὕλη ἐνυπάρχειν → ὑπάρχειν

364

Terminologisches Register und Übersetzungsschlüssel

ἐξαιρεῖν (Perfekt Medium :

übersteigen, hinausgehen über, sich entziehen) 23, 51, 75, 93, 98, 121, 122, 124, 130, 132, 141, 150, 152, 154, 161, 190 ἐξαίρειν (hinaufnehmen) 156 ἐξαίρετος (charakteristisch, auszeichnend) 21, 97, 120, 129, 134, 152 ἐξαλλάσσειν (Perfekt Medium : verschieden sein) 135 ἐξαλλαγή (Verschiedenheit) 114, 142, 162, 175 ἀνεξάλλακτος (unwandelbar) 210

ἐξαπλοῦν → ἁπλοῦς ἐξαρτᾶν (Perfekt Medium :

abhängen von) 12, 28, 123, 185, 201, 204, 207, 208 ἐξέχειν (Medium : sich ver­ binden mit, abhängen von) 46, 100, 164

ἐξομοιοῦν → ὅμοιος ἐπείσακτος (von außen heran-

geführt) 201 ἐπεισιώδης (hinzukommend) 19 ἐπέκεινα (jenseits, hinaus über) 8, 20, 73, 87, 94, 113, 115, 123, 138, 157, 171 ἕπεσϑαι (folgen) 185, 202–204 συνέπεσϑαι (zusammen folgen) 185

ἐπιδεικνύναι → δεικνύναι ἐπιδέχεσϑαι → δέχεσϑαι ἐπικρατεῖν → κρατεῖν ἐπιλάμπειν → ἔλλαμψις ἐπιλείπειν → λείπειν ἐπίστασϑαι (wissen) 11 ἐπιστήμη (Wissen) 11, 123

ἐπιστρέϕειν (hinwenden) 15–17,



21, 31–35, 38–39, 42–44, 82–83, 144, 146, 153, 158, 164, 167, 171, 186–188, 191, 193 ἐπιστροϕή (Hinwendung) 31–35, 37–39, 42–43, 108, 146, 148, 153, 158, 171 ἐπιστρεπτικός (hinwendend) 15–17, 42–44, 82–83, 145, 158, 189, 191 στρέϕειν (hinwenden) 47 συνεπίστρεϕειν (zusammen hinwenden) 185 ἀνεπίστροϕος (nicht hin­ wendend) 42, 44, 188

ἐπιτελεῖν → τέλος ἐπιτήδειος (veranlagt) 79, 140, 143, 189

ἐπιτηδειότης (Veranlagung) 39, 71, 72, 79 ἀνεπιτηδειότης (Ungeeignetheit) 143

ἐπορέγειν → ὀρέγεσϑαι ἐρῆμος (leer, vereinzelt) 144, 149

ἑτεροκίνητος → κινεῖν ἑτεροταγής → τάττειν ἐϕεξῆς (folgend) 7, 26, 36, 56,

129, 130, 167, 170, 206 (τὸ) εὖ (Wohlsein) 9, 31, 35, 38, 42, 43

εὔτακτος → τάττειν ἐϕίεσϑαι (begehren) 8, 10, 12, 31, 113, 134, 141, 209

ζῆν (leben) 20, 39, 70, 101–103,

105, 188–190, 196–197 ζωή (Leben) 39, 54, 86, 101–103, 105, 115, 129, 138, 144–145, 155, 188–190, 196, 197, 199, 200, 204, 209



Terminologisches Register und Übersetzungsschlüssel

ζῶον (Lebewesen) 22, 70, 145, 197 ζωτικός (lebendig, lebenskräftig, lebenderweise [Adv.]) 39, 103, 189, 197 ἄζως (leblos) 188, 197 αὐτόζωος (selbstlebend) 189–191 ὑπέρζωος (über Leben) 115 ζωοποιεῖν (lebendmachen) 25, 189, 209 ζωοποιός (lebendmachend) 145, 201 ζωογόνος, ζωογονία,

ζωογονικός → γόνιμος

ἡγεῖσϑαι (vorhergehen) 8, 20, 24, 40, 97, 101, 113, 151, 166, 204 ἡγεμονικός (vorhergehend) 110, 204 ἡγεμονεῖν (vorhergehen) 100, 118, 125, 202 προηγεῖσϑαι (vorhergehen) 71, 101, 113, 156

ϑάνατος (Tod) 105 ἀϑάνατος (unsterblich) 105 ϑέμις (erlaubt) 122, 124 ϑεός (Gott) 64, 111, 113–126,

128–129, 131, 133–134, 136, 139, 141–145, 149–154, 158–161, 164–166, 181, 183, 185, 201–202, 204, 206 ϑεότης (Gottheit) 137, 145, 152, 155, 165, 202 ϑεῖος (göttlich) 110–111, 113–115, 118, 121–124, 127, 129–136, 138–139, 142–143, 145, 147–148, 150–153, 155, 160–163, 165, 171, 181–185, 201–206

365

ϑειότης (Göttlichkeit) 182 ϑεοειδής (gottförmig) 129 ἐκϑεοῦν (vergöttlichen) 129, 135, 138, 153, 160, 161 ἐκϑεωτικός (vergöttlichend) 165 ἔνϑεος (vergöttlicht) 201 ϑεολογικός (theologisch) Titel ϑεώρημα (Lehrsatz) 177

ἰδέα (Form, Beschaffenheit)

97, 177 ἴδιος (eigen) 152, 156, 168, 177, 199, 201 ἰδιότης (Eigenschaft, Eigenart) 21, 64, 77, 97, 99, 102, 104, 108, 112, 114–115, 118–125, 129, 131, 133, 135, 137–139, 141, 145, 150, 152, 162, 173, 181 ἰδίωμα (Eigenart, Eigenschaft) 97, 133, 134 ἰδιάζειν (charakterisieren) 176 ἱδρύειν (errichten, gründen, legen) 27, 41, 110, 121, 131, 170, 201 ἐνιδρύειν (gründen in) 154 ὑπεριδρύειν (sich befinden über) 98, 147 ἴνδαλμα (Abbild) 64

καϑαίρειν (reinigen) 209 καϑαρός (rein) 209 καϑαρότης (Reinheit) 98, 154, 156, 176

κάϑαρσις (Reinigung) 145, 209 καϑαρτικός (reinigend) 145, 156, 158

366

Terminologisches Register und Übersetzungsschlüssel

(τὸ) καλόν (das Schöne) 22 κοσμεῖν (ordnen) 11, 25, 144, 151 κάλλος (Schönheit) 63 κόσμος ([Welt-]Ordnung)) καταλάμπειν → ἔλλαμψις 34, 164, 165, 166 καταληπτός (faßbar) 123 ἐγκόσμιος (innerweltlich) ἀκατάληπτος (ungreifbar) 93 165, 166, 199 κατατάττειν → τάττειν ὑπερκόσμιος (überweltlich) 164, 166, 199 κατιέναι (absteigen) 206, 209, 211 κάϑοδος (Abstieg) 206, 209 διακόσμησις (Anordnung) κινεῖν (bewegen trans., in Bewe145, 147, 148 gung setzen) 14, 17, 20, 76, 201 διάκοσμος (Anordnung) 108, κινεῖσϑαι (bewegen intrans., 110, 132, 141, 144, 151 κρατεῖν (herrschen, überwiegen) in Bewegung sein) 14, 17, 20, 76, 165, 170, 193, 198, 199, 200, 207–209 κίνησις (Bewegung) 14, 26, 33, 39, 54, 76, 102, 129, 198, 199, 200 κινητός (bewegt) 20 κινητικός (bewegend trans.) 17, 102, 201 ἑτεροκίνητος (fremdbewegt) 14, 20, 201 αὐτοκίνητος (selbstbewegt) 14, 17, 20, 191, 195, 201 αὐτοκινησία (Selbstbewegung) 20 ἀκίνητος (bewegungslos, unbeweglich) 14, 20, 26, 27, 52, 76, 126, 169, 170–172, 174, 175, 178, 191, 193–195, 207–208, 210 συγκινεῖσϑαι (zusammen bewegt werden) 208, 209 κοινωνοῦν (gemeinsam haben, sich miteinander verbinden) 3, 5, 18, 35, 107 κοινός (gemeinsam) 8, 18, 21, 23, 30, 90, 132, 177 κοινωνία (Gemeinsamkeit, Gemeinschaft) 21, 28, 32, 80, 108, 125, 148

121, 159, 170, 211 κρατικός (herrschend) 121 ἀκράτητος (unbeherrschbar) 121 ἐπικρατεῖν (vorherrschen) 180 ἐπικράτεια (Übermacht, Verwaltung) 143, 152 κρίσις (Unterschied) 89 διακρίνειν (unterscheiden) 28, 30, 32, 35, 36, 66, 176, 177, 180, 197 διάκρισις (Unterschied) 35, 64, 176, 177 ἀδιάκριτος (ununterschiedlich) 35, 176 κρύϕιος (verborgen) 93, 121, 152, 162 κύκλος (Kreis) 11, 14, 33, 37, 146 κυκλικός (kreisförmig) 33 ἀνακυκλεῖσϑαι (Kreisläufe durchlaufen) 199

λαγχάνειν ([durch Los] erwer-

ben, besitzen, Aorist/Perfekt) 20, 24, 34, 44, 60, 97, 99, 106, 110, 112, 119, 130, 133, 145, 173, 181, 187, 191, 197, 200, 201, 204, 207



Terminologisches Register und Übersetzungsschlüssel

μεταλαγχάνειν (teilnehmen, teilhaftig sein) 98, 104, 122, 134, 142, 185 λέγειν (sagen, meinen usw.) 4, 11, 12, 21, 22, 67, 68, 75, 88, 145, 170, 188 λόγος (Argument, Aussage, Verhältnis, Struktur) 18, 19, 21, 23, 59, 62, 72, 110, 111, 123, 145, 151, 164, 185, 194, 195, 203, 205 λογικός (vernünftig) 70, 145 λογοειδής (strukturgemäß) 111 λογίζεσϑαι (rechnen) 189 λογισμός (Berechnung, Überlegung) 122, 189 ἄλογος (vernunftlos) 209 ἀνάλογος (analog, entsprechend) 100, 108, 113, 151, 181, 185, 201, 209 ἀναλογία (Analogie) 100, 108, 110 ἀναλογεῖν (analog sein) 139 λείπειν (zurücklassen) 204 λείπεται (unpersönlich : es bleibt also) 14, 18, 34, 35, 55, 73, 77, 93, 106, 142, 170, 191, 206 ἐλλείπειν (ermangeln) 27, 131 ἐλλιπής (ermangelnd) 10, 98 ἔλλειψις (Mangel) 27, 143, 177 ἐπιλείπειν (nachlassen) 94 ἀπολείπειν (zurücklassen) 46, 48, 70, 84, 91, 101, 188 ἀνέκλειπτος (unerschöpflich) 84–86, 94, 152 μέγεϑος (Größe) 86, 171, 198, 210 ἀμεγέϑης (ohne Größe) 86, 171, 176

367

μέϑεξις, κατὰ μέϑεξιν → μετέχειν μεϑεκτός → μετέχειν μένειν (bleiben) 21, 26, 27, 30,

33, 35, 41, 70, 76, 95, 122, 125, 148, 154, 170, 176, 190, 211 μόνιμος (bleibend) 102, 154 διαμονή (Beharren) 129 ὑπομένειν (erleiden) 2, 3 μέρος (Teil) 15, 17, 54–55, 60, 66–69, 73–75, 98, 139, 165, 170, 175, 180, 200, 206, 211 μερίζειν (teilen) 23, 61, 86, 95, 125–126, 176–177, 197 μεριστός (teilbar, geteilt) 15, 47, 80, 86, 95, 124, 171, 190, 195, 197 ἀμέριστος (ungeteilt) 61–62, 124, 129, 171, 176, 190, 195, 197 μερισμός (Teilung) 86 μερικός (besonderer) 67, 70–71, 108–109, 126, 136, 150–151, 157–158, 177, 180, 200, 202–209, 211 ἀμερής (teillos, ohne Teile) 15, 47, 80, 86, 89, 176, 197 ἀμέρεια (Unteilbarkeit, Ungeteiltheit, Teillosigkeit) 86, 95, 176, 190, 197 ἀπομερισμός (Absonderung) 27 συμμερίζειν (zusammen teilen) 190 μέσος (zwischen, in der Mitte, mittlere) 14, 155, 74, 103, 106, 140, 144, 145 (τὸ) μέσον, (τὰ) μέσα (als Kollektivum : Vermittlung, das Vermittlende) 11, 55, 59, 64, 108, 128–129, 165, 166, 181

368

Terminologisches Register und Übersetzungsschlüssel

μεσότης (Vermittlung, Mitte) 38, 81, 132, 140, 147, 148 ἀμέσως (unmittelbar) 30, 38, 128, 132, 135, 145, 165, 175 μεταβάλλειν (verändern, umschlagen, übergehen) 26–27, 76–77, 124, 184, 193, 207–208 μεταβολή (Veränderung) 183–185, 198, 208 μεταβλητός (veränderlich) 76, 124, 172, 178 ἀμετάβλητος (unverän­ derlich) 76, 124, 193, 196, 207–208, 210 συμμεταβάλλειν (zusammen verändern) 209 μεταβαίνειν (übergehen, ­wechseln) 170, 198 μετάβασις (Übergang) 27, 198 μεταβατικός (übergehend, wechselnd) 199, 211 ἀμετάβατος (ohne Veränderung) 52, 211 μεταδιδόναι (mitteilen) 18, 20, 56, 97–98, 102, 120, 129, 31, 134, 152, 161, 189, 194 μετάδοσις (Mitteilung) 18, 56, 70–71, 98, 122, 125, 131, 134, 159

μεταλαγχάνειν → λαγχάνειν μετεῖναι (Anteil nehmen) 87, 101

μετουσία (Teilnahme) 12, 20, 80, 92, 120, 203 μετέχειν (teilhaben) 1–6, 8–10, 13, 18–20, 23–25, 28, 53, 57, 58, 63–67, 69–73, 78, 80–82, 87–89, 92, 98, 99, 101, 102, 104–105, 107–111, 114, 115, 122, 123, 128, 129, 134–135, 137–140, 142, 142, 145, 150,











161, 162, 165, 173, 175–177, 181–185, 188–193, 196 μετέχεσϑαι (teilgenommen werden) 5, 8, 23–24, 28, 63, 69, 81–82, 87, 92, 99, 101, 111, 116, 123, 128–129, 135–137, 142, 161–166, 173, 175, 176, 181–184, 188, 196, 202, 205 μέϑεξις (Teilhabe) 2, 3, 5, 8, 13, 20, 24, 28, 39, 53, 63, 67, 71, 80, 81, 87, 88, 98, 110, 111, 116, 117, 129, 135, 136, 140, 142, 165, 166, 173, 176, 182, 188, 200 κατὰ μέϑεξιν (der Teilhabe nach, als Teilhabe) 56, 65, 67, 88, 103, 118, 120, 122, 129, 139, 140, 142, 153, 173, 195, 201 ἀμέϑεκτος (unteilnehmbar) 23–24, 53, 63, 69, 100–102, 116, 123, 161, 162, 163, 164, 166, 170, 180, 181, 188, 190, 196 μεϑεκτός (teilnehmbar) 63, 111, 116, 129, 166, 191–192, 196 μεϑεκτικός (teilhaben­ könnend) 189 μετοχή (Teilhabe) 3 μέτοχος (teilhabend) 191 ἀμέτοχος (nicht teilhabend) 72

μετουσία → μετεῖναι μετοχή, μέτοχος → μετέχειν μετρεῖν (messen) 50–52, 54, 56, 104, 106, 107, 117, 144, 169, 191, 198–200 μέτρον (Maß) 39, 54, 75, 92, 117, 122, 136, 142, 144, 154, 156, 198, 200 ἄμετρος (ohne Maß) 117



Terminologisches Register und Übersetzungsschlüssel

μικτός (gemischt) 90, 102 μῖξις (Mischung) 159 ἀμιγής (unvermischt) 126, 156 ἄμικτος (ungemischt) 98, 122, 140, 142, 154 μοῖρα (Los, Teil) 25, 93, 204 ἄμοιρος (nicht teilhaftig) 13, 72, 101, 105, 11, 188 μονάς (Monade) 21, 23, 64, 69, 100, 108, 109, 110, 115, 181, 204 μοναδικός (monadisch) 108

μόνιμος → μένειν μονογενής (einzigartig) 22 μορϕή (Gestalt)112

νοεῖν (denken) 20, 101, 103,





134, 167–170, 175–176, 181, 184–185, 201, 211 νοῦς (Denkvermögen) 21–22, 34, 57, 62, 64, 101–103, 109, 111, 113, 121, 129, 134, 139, 145, 160, 161, 163–177, 179, 180–185, 193, 194, 201, 202, 204, 211 νόημα (Gedanke) 123 νόησις (Denkung) 101, 123, 134, 169–170, 174–175, 185, 209 νοητός (denkbar, gedacht) 123, 134, 161–165, 167–168, 173–174, 195, 211 νοητικός (denkend) 20 νοερός (gedanklich, denk­ tätig) 20–21, 63–64, 101, 103, 111, 113, 121, 129, 134, 145, 163, 164, 171, 173, 175–179, 181, 183–185, 188, 191, 194, 197, 201–204 ἔννους (mit Denkvermögen begabt) 166

369

ὑπέρνους (über Denken) 115 ἄνοια (Nichtdenken) 183, 184, 206 διάνοια (Verstandeseinsicht) 123 διανοητός (Gegenstand der Verstandeseinsicht) 123 ἐννοεῖν (innewerden) 127 προνοεῖν (vorherdenken) 120–122, 134, 141, 201 πρόνοια (Vorherdenken) 120, 122, 134, 141, 156 προνοητικός (vorherdenkend) 120–121, 141, 165

προηγεῖσϑαι → ἡγεῖσϑαι πρόνοια, προνοητικός → νοεῖν ὅλος (ganz, allgemein) 1, 15,



17, 21, 47, 50, 52, 54–56, 60, 66–69, 73–75, 87, 97, 98, 100, 108–109, 11, 125, 139, 146, 148, 151, 158, 165, 169, 176–177, 180, 192, 200, ­204–206, 208, 211 ὅλον πρὸ τῶν μερῶν (Ganzesvor-den-Teilen) 67, 69, 73 ὅλον ἐκ τῶν μερῶν (Ganzesaus-den-Teilen) 67–69 ὅλον ἐν τῷ μέρει (Ganzes-indem-Teil) 67–69, 139, 180 (τὰ) ὅλα (als Kollektivum : das Ganze) 26, 52, 112, ­120–121, 152, 201, 204 ὅλως (überhaupt) 15, 124, 138, 150, 156, 157, 167 ὁλότης (Ganzheit) 67, 69, 73, 108–109, 209

ὁλότης πρὸ τῶν μερῶν (Ganzheit-vor-den-Teilen) 67, 69

370

Terminologisches Register und Übersetzungsschlüssel

ὁλότης ἐκ τῶν μερῶν (Ganzheit-aus-den-Teilen) 67 ὁλότης ἐν τῷ μέρει (Ganzheit-in-dem-Teil) 67 ἀυτοολότης (Selbstganzheit) 69 ὁλικός (allgemein) 60, 70–72, 93–94, 126, 130, 136, 150–151, 155–157, 177, 180 ὅμοιος (ähnlich) 9, 28–30, 34, 40, 55, 57, 62–64, 81, 97, 106, 108, 113, 115, 129, 132, 135, 136, 149, 165, 166, 175, 181 ὁμοίως (in derselben Weise) 16, 22, 23, 36, 63, 116, 145, 170 ὁμοιότης (Ähnlichkeit) ­29–30, 32, 38, 55, 63, 97, 108, 112, 125, 132, 147–148 ὁμοιοῦν (ähnlich machen) 64, 136, 146, 147 ἐξομοιοῦν (ähnlich machen) 182 ἀϕομοιοῦν (anähneln) 67 ἀνομοιοῦν (unähnlich machen) 36, 110 ἀνόμοιος (unähnlich) 28–30, 40, 55, 64, 97, 106, 108, 115, 123, 135–136, 181 ἀνομοιότης (Unähnlichkeit) 29, 32

ὁμοταγής → τάττειν (τὸ) ὄν (das Seiende) 1, 3, 7, 8,

9, 11–14, 19, 22, 25, 39, 50, 52, 59, 66, 70, 72–74, 84, 86–87, 90, 92, 100–103, 105, 107, 116–117, 120–123, 132, 134–139, 141, 144–145, 150, 153, 155–157, 160–162, 170, 192, 195, 198, 202

(τὸ) ὄντως ὄν (das wirklich Seiende) 55, 86, 88–89, 103; Plural : 123, 161, 162–164, 192 ὄντως (wirklich (seiend)) 103, 150, 161 ὄνομα (Name, Wort) 52, 120 ἐπονομάζειν (nennen) 151 ὁπαδός (Gefolge) 185, 202 ὄργανον (Werkzeug) 75 ὀρέγεσϑαι ([nach-]streben) 7, 8, 9, 28, 31, 32, 42 ὄρεξις (Streben) 31, 34, 35, 39 ὀρεκτός (Gegenstand des Strebens) 8, 9, 31, 34 ἐπορέγειν (darreichen) 131 ὁρίζειν (bestimmen) 93, 117, 170 ὅρος (Bestimmung, Grenze) 52, 117, 198 ἀϕορίζειν (bestimmen) 75, 117, 121, 137, 173, 180 ἀόριστος (unbestimmt) 94, 117, 124 ἀοριστία (Unbestimmtheit) 117 ἀορισταίνειν (unbestimmt sein) 124 οὐσία (Sein, Wesen) 7–9, 13, 16–18, 20–21, 25, 28, 31, 34–35, 40, 42–45, 50–52, 56, 59–60, 64, 76, 80, 82–84, 94, 98, 103–104, 106–107, 115, 119, 129, 138, 151, 169–173, 175–176, 178–179, 183, 186, 189–193, 196–197, 201–203, 205, 207–208, 210–211 ὑπερούσιος (überwesentlich, über Wesen) 115, 118–121, 123, 129, 135, 13–138, 145, 153 οὐσιώδης (wesentlich) 34, 39, 64, 103, 121, 37, 194, 197



Terminologisches Register und Übersetzungsschlüssel

ἀνούσιος (unwesentlich) 121, 197 οὐσιοποιός (seinserschaffend) 157 ὄχημα (Fahrzeug) 205, 207–210

παϑαίνεσϑαι → πάσχειν παντελής → τέλος παράγειν (hervorbringen) 7,

11, 25, 27–30, 36, 40, 41, 45, 56–60, 65, 76, 115, 125, 137, 140, 150–152, 160, 167, 172, 174, 177, 178, 188, 194, 195 παρακτικός (hervorbringend) 7, 25–28, 41, 56, 57, 60, 62 συμπαράγειν (zusammen hervorbringen) 144

παραγίνεσϑαι → γίνεσϑαι παράδειγμα (Beispiel) 176 παραδειγματικός (als Vor-

bild) 195 παρεῖναι (gegenwärtig sein) 7, 9, 12, 13, 19, 20, 21, 51, 70, 73, 81, 101, 111, 117, 129, 134, 140, 142, 165, 188, 189, 201 παρουσία (Gegenwart) 3, 13, 70, 72, 111, 131, 140, 142, 143 παρέχειν (verleihen, verschaffen, gewähren, schenken) 21, 27, 42, 43, 45, 75, 148, 157, 189 παρεκτικός (verschaffend) 9, 40

παρουσία → παρεῖναι πάσχειν ([er-]leiden) 2, 3, 11,

22, 28, 50, 66, 69, 70, 79, 80, 100, 135, 167, 184, 188, 208 πάϑος (Leiden) 80 παϑητικός (leidend) 124 παϑητός (leidensfähig) 80 πάϑημα (Ereignis) 206

371

ἀπαϑής (ohne Leiden, leidens­frei) 80, 124, 208 παϑαίνεσϑαι (leiden) 209 πατήρ (Vater) 151 πατρικός (väterlich) 151, 157 πέρας (Grenze) 89–90, 92, 102, 121, 138, 147, 157, 159 περαίνειν (begrenzen, endlich machen) 11, 84–86, 89, 91, 96, 149, 179, 198 περατοειδής (grenzartig) 90, 157, 159 περατοῦν (begrenzen) 117 ἀποπέρατωσις (Begrenzung) 147–148 περιάγειν (zurückführen) 117 περιαγωγή (Umkehrung) 209 περιέχειν (umfassen, umgeben) 66, 106, 156, 176 περιεκτικός (umfassend) 177 περιοχή (Umfassung) 152 περιιέναι (herumlaufen) 11 περιλαμβάνειν (umfassen) 150 περιληπτός (faßbar) 150 περιληπτικός (umfassend) 60, 105, 121, 143, 150 ἀπερίληπτος (unfaßbar) 93, 150 περίοδος ([periodischer] Umlauf) 198–200, 206 περιοδικός (periodisch) 199, 200 περιουσία (Überfluß) 27, 71, 121, 126 περιϕορά (Kreislauf) 209

πεϕυκέναι → ϕύσις πλεονάζειν (vermehren, größer

sein) 2, 204 πλῆϑος (Vielheit) 1, 4, 5, 6, 11, 21, 61, 62, 64, 86, 92, 97, 113, 117, 125, 128, 129, 133, 138,

372

Terminologisches Register und Übersetzungsschlüssel

146, 149, 155, 157, 162, 163, 164, 165, 166, 171, 176, 177, 179, 181, 185, 198, 203, 204 πληϑύνειν (vervielfältigen) 5, 36, 62, 95, 124, 125, 126, 142, 152, 177, 195, 203 ἀπλήϑυντος (ohne Verviel­ fältigung) 62 πληροῦν (erfüllen) 10, 23, 64, 98, 120, 121, 122, 131, 134, 140, 141, 148, 152, 160, 161, 190 πλήρης (erfüllt, voll) 10, 27, 130, 152, 160 ὑπερπλήρης (übervoll) 131, 152 πλήρωσις (Erfüllen) 134 πλήρωμα (Fülle) 177 πληρωτικός (erfüllend) 98, 131, 161 συμπληροῦν (miterfüllen) 56, 74, 165 συμπληρωτικός (miterfüllend) 75 ποιεῖν (machen, [be-]wirken, schaffen, herstellen, pro­ duzieren usw.) 7–8, 11, 18, 24, 34–35, 39, 42, 58, 60, 64, 67, 70, 75–80, 122, 125, 131, 137, 150, 170, 174–175, 194, 198, 206, 211 ποιητικός (tätig, wirkend) 7, 80 ποίησις (schaffende Tätigkeit) 57, 75, 157, 174 πολλαπλασιάζειν (vervielfältigen) 27, 95, 152, 155 πολλοστός (so[undso]vielt, entfernt) 110, 119, 181 πόσον (Quantität) 62, 86, 94, 177, 179, 203 ποσότης (Quantität) 203

πρᾶγμα (Ding) 195 προαιώνιος → αἰών προέρχεσϑαι → πρόοδος προιέναι → πρόοδος προλαμβάνειν (vorher begreifen, vorher umfassen, vorher haben) 65, 79, 103, 118, 121, 150, 156, 195

προλάμπειν → ἔλλαμψις προνοεῖν, πρόνοια, προνοητικός → νοεῖν πρόοδος (Hervortreten) 21,

29–31, 34–38, 42–43, 55, 58, 63–64, 71, 76, 98, 102, 106, 110, 112, 125, 126, 132, ­146–148, 151–152, 155, 157, 166, 175, 193 προιέναι (hervortreten) ­11–12, 21, 25, 27, 30–31, ­33–35, 38, 40, 42, 47, 56, ­58–59, 61, 64, 72, 77, 79, 99, 110, 123, 125, 132, 134, 136, 140, 145, 150–152, 159, 191, 193–194, 204 προέρχεσϑαι (hervortreten) 12, 21, 31, 35, 36, 38, 40, 60, 81, 110, 119, 143–146, 148, 195, 203 προστιϑέναι (hinzufügen) 8, 210 πρόσϑεσις (Hinzufügung, Zutat, Zusatz, Hinzusetzung, Anlegen) 8, 11, 122, 209, 210

προυπάρχειν → ὑπάρχειν προυϕιστάναι → ὑπιστάναι πρωτουργός (zuerst tätig) 110, 125, 151, 153, 162

ῥίζα (Wurzel) 11 ἐνριζοῦν (wurzeln in) 144 ῥοπή (Neigung) 209



Terminologisches Register und Übersetzungsschlüssel

σειρά (Reihe) 21, 97, 99, 100,

102, 108, 110, 111, 115, 119, 125, 45, 155, 181, 204 σεμνός (erhaben) 138 σκιδνάναι (zerstreuen) 50 σκεδασμός (Zerstreuung) 13 ἀσκέδαστος (unzerteilbar) 48 στερεῖν (berauben) 13, 188, 197 στέρησις (Beraubung) 57, 74, 86 στοιχεῖον (Element) 47, 75, 210 στοιχείωσις (Grundlegung) Titel συγγενής (verwandt) 9, 24, 25, 28, 34, 36, 40, 62, 63, 86, 95, 110, 111, 112, 113, 114, 123, 129, 149, 175, 177, 181, 203 συγγένεια (Verwandtschaft) 128

συγκινεῖσϑαι → κινεῖν συγχεῖν (vermischen) 176 σύγχυσις (Vermischung) 176 ἀσύγχυτος (unvermischt) 176, 177

συζεύγνυσϑαι (verbinden) 110 σύζυγος (verbunden) 161 συζυγής (verbunden) 42 συμμεταβάλλειν (zusammen verändern) 209

συμμερίζειν → μέρος συμπαϑής (gleichgestimmt) 28, 34, 140

συμπάσχειν (gleichgestimmt sein) 130, 209 ἀσυμπαϑής (ungleich­ gestimmt) 28, 35 συμπληροῦν, συμπληρωτικός → πληροῦν

συμϕύεσϑαι (sich natürlich

verbinden) 111, 128, 135, 136

373

συμϕυής (naturähnlich, natur­verwandt, naturgleich, gleichnatürlich) 120, 121, 130, 137, 149, 162, 182, 209, 210 συμϕυῶς (naturgemäß, natur­ähnlich) 63, 132, 201, 207

συναίσϑησις → αἰσϑάνεσϑαι συναίτιον → αἰτία συναπογεννᾶν → γεννᾶν συναποκαϑίστασϑαι → ἀποκαϑίστασϑαι συνάπτειν (verbinden, ver­

knüpfen) 11, 14, 15, 32, 33, 35, 36, 55, 76, 81, 110, 112, 116, 123, 136, 147, 158, 162, 165, 181, 185, 205 συναϕή (Verbindung, Verknüpfung) 28, 32, 135, 147, 204 συναϕής (verbunden) 149 ἀσύναπτος (unverbunden) 35, 110, 135, 175, 181 συναρτᾶν (verknüpfen) 21 συνδεῖν (verbinden) 32, 35, 63, 132, 147, 148 σύνδεσις (Verbindung) 32, 148

συνδιαιρεῖν → διαιρεῖν συνδιιστάναι → διιστάναι σύνδρομος (einhergehend mit) 76

συνενοῦν → (τὸ) ἕν συνέπεσϑαι → ἕπεσϑαι συνέχειν (zusammenhalten)

13, 25, 41, 44, 46, 61, 81, 84, 86, 93, 95, 104, 133, 144, 154, 156 συνεχής (kontinuierlich) 33, 55

374

Terminologisches Register und Übersetzungsschlüssel

συνέχεια (Kontinuität) 21, 112, 125, 132, 147, 171, 208 συνοχή (Zusammenhaltung) 148 συνεκτικός (zusammen­ haltend) 13, 41, 139 σύνϑεσις, σύνϑετος → συντίϑεσϑαι

συντάττειν, σύνταξις → τάττειν συντίϑεσϑαι (zusammensetzen) 1, 127

σύνϑεσις (Zusammensetzung) 59 σύνϑετος (zusammengesetzt) 47–49, 58–59, 80, 127, 157, 187

συμπαράγειν → παράγειν σύστοιχος (gleichrangig, gleichgeordnet, derselben Reihe angehörend, auf derselben Ebene bestehend) 5, 21, 42, 97, 108, 157 συστοιχία (Zusammenreihung) 141, 157 σχῆμα (Gestalt) 210 ἀνομοιόσχημος (unähnlichgestaltet) 210 σώζειν (erhalten, bewahren) 13, 29, 41, 44, 46, 144, 146 σωστικός (erhaltend) 13, 44, 139 διασώζειν (bewahren) 154 σῶμα (Körper) 15–16, 20–21, 72, 80, 96, 109, 129, 139, 165, 171, 186, 190, 195, 196, 201, 205–207, 210 σωματικός (körperlich) 62, 96, 111, 139, 142, 145, 186, 187, 195, 197 σωματοειδής (körperhaft) 197

ἀσώματος (unkörperlich) 15, 80, 82, 96, 142, 171, 176, 186–187, 195, 197

τάττειν (ordnen) 19, 21, 34, 86,

93, 97, 114, 130, 136, 144, 151, 205 τάξις (Ordung, Ordnungsstelle) 11–12, 20–22, 27, 34, 63, 65, 71, 74, 97, 100–101, 108–110, 112, 114, 119, ­124–125, 130, 132, 136, ­139–142, 144–148, 150–151, 154–159, 165, 176, 181, ­200–201, 203–204 διάταξις (Ordnung, Ordnungsstelle) 125, 144, 148 συντάττειν (zusammen­ ordnen) 97, 141, 161 σύνταξις (Zusammenordnung) 123 διατάττειν (ordnen) 110 κατατάττειν (einstellen) 98 εὔτακτος (wohlgeordnet) 63–64, 132 ἑτεροταγής (unterschiedlich geordnet) 21 ὁμοταγής (gleichgeordnet) 21, 108–109 ταυτότης (Identität) 21, 63, 100, 125, 171 τελευτᾶν (enden) 139 τελευταῖος (unterste) 140, 148 τελευτή (Ende) 206 ἀτελεύτητος (endlos) 146 τέλος (Ende) 33, 146–148 τελειοῦν (vervollkommnen) 11, 13, 25, 44–45, 64, 144, 161, 176, 193, 204



Terminologisches Register und Übersetzungsschlüssel

τέλειος (vollkommen) 7, 18, 24–25, 27, 36–37, 42–45, 57, 64, 72, 75, 77–79, 111, 131, 134, 153–154, 160, 175, 202, 211 τελειότης (Vollkommenheit) 9, 25, 27, 52, 64, 144, 153–154, 175, 185, 209 τελείωσις (Vervollkommnung) 45 τελειωτικός (vervollkommnend) 45, 78, 162 τελεσιουργός (vervollkommnend) 145, 153 τελεσιουργεῖν (vervollkommnen) 133 ἀτελής (unvollkommen) 24–25, 36–37, 42, 45, 61, 64, 71, 75, 77–79, 110, 131 αὐτοτελής (selbstvollkommen) 64, 114–116, 153 ἀποτελεῖν (zustande bringen) 29–30, 32, 56, 129, 132, 159, 182 ἀποτέλεσμα (Erzeugtes) 18, 64, 71, 74–75, 98, 173 ἐπιτελεῖν (zustande bringen) 129 παντελής (ganzvollkommen) 7, 64, 123, 141, 144, 149 τόπος (Raum, Ort) 41, 89, 140 τοπικός (räumlich) 176 τύπος (Eindruck) 167

ὕλη (Materie) 27, 72, 94 ὑλικός (materiell) 210 ἔνυλος (materiell) 195, 197,

208, 209 ἄυλος (immateriell) 176, 195, 208, 209 ἀυλία (Immaterialität) 197

375

ὑπάρχειν ([da-]sein, bestehen)









2, 7, 8, 13, 19, 20, 21, 27, 40, 41, 44, 60–62, 65, 70, 73, 74, 75, 79, 81, 84, 87, 92, 93, 94, 97, 98, 102, 121, 122, 127, 131, 136, 137, 139, 149, 154, 160, 161, 162, 187, 190, 201, 203 ὕπαρξις ([selbständiges] Dasein, Bestehen) 9, 23, 24, 64, 76, 86, 91, 103, 120, 121, 122, 129, 132, 133, 151, 157, 160, 162, 166, 176, 189, 190 καϑ’ ὕπαρξιν (als [selbstän­ diges] Dasein) 5, 64, 65, 67, 103, 118, 140, 141, 153, 173, 192, 201 προυπάρχειν (vorher be­ stehen, vorher [da-]sein) 18, 53, 65, 69, 78, 90, 97, 140, 144, 150, 158, 163, 178, 195 ἐνυπάρχειν (bestehen in) 19, 45

ὑπεραπλοῦν → ἁπλοῦς ὑπέρζωος → ζωή ὑπερκεῖσϑαι (überliegen) 33, 56, 93, 108–112, 129, 130, 147, 181, 201

ὑπερκόσμιος → κόσμος ὑπέρνους → νοῦς ὑπερούσιος → οὐσία ὑπεροχή (Übermaß) 95, 122, 124, 130, 140, 151

ὑπερπλήρης → πληροῦν ὑποδέχεσϑαι → δέχεσϑαι ὑποκεῖσϑαι (unterliegen) 85 (τὸ) ὑποκείμενον ([das]

Unter­liegende) 41, 48, 64, 70, 71, 72, 187, 190

ὑπομένειν → μένειν

376

Terminologisches Register und Übersetzungsschlüssel

ὑποστρωννύναι (sich unterbrei-

ten, sich ausbreiten) 121, 132, 201 ὑϕιέναι (abstufen, Perfekt : niederer, niedriger sein) 18, 24, 71, 126, 130, 141, 147, 150, 179 ὕϕεσις (Abstufung) 29, 36, 59, 63–64, 67, 97, 125, 128, 132, 204 ὑϕιστάναι (Bestehen verleihen, bestehen) 5, 7, 11, 17–18, 20, 23, 25–30, 37, 40, 47–48, 51–52, 55, 57, 63–65, 72, 74, 76, 89– 92, 99, 116, 118–119, 123, 125, 127, 132, 139, 142, 144, 152, 155, 157, 161, 163, 167, 174, 178, 180, 189–190, 194–195 ὑπόστασις (Bestehen) 20, 23, 27, 29, 34, 43, 55, 64, 81, 84, 94, 97, 102, 108, 112, 114, 116, 121–122, 125, 145, 153, 155, 160, 162, 175–176, 178, 187, 191, 196, 201, 207–208 ὑποστατικός (Bestehen verleihend) 18, 25, 56, 57, 60, 62, 64, 72, 94, 133, 137, 151, 178 ὑποστάτης (was Bestehen verleiht) 53, 57, 172, 194 ἀνυπόστατος (ohne Bestehen) 197 αὐϑυπόστατος (selbstbe­ stehend) 40–47, 49, 51, 86, 189–191 προυϕιστάναι (vorher be­ stehen, vorher Bestehen ver­leihen) 53, 67, 69, 90, 118, 121, 156, 158, 162 προυπόστασις (Vorausbe­ stehen) 1 συνυϕιστάναι (Bestehen mitverleihen) 57, 137

ϕϑείρεσϑαι (vergehen) 46, 178, 187, 208

ϕϑαρτός (vergänglich) 178 ἄϕϑαρτος (unvergänglich) 46, 187, 196 ϕρουρεῖν (Schutz) 133, 154 ϕρουρά (schützen) 154, 156 ϕρουρητικός (schützend) 145, 154, 156 ϕυλάττειν (bewahren, bei­ behalten) 12, 27, 125, 176 διαϕυλάττειν (bewahren, erhalten) 15, 132, 154 ϕύσις (Natur, Art) , 7, 9, 11, 12, 18, 19–21, 25, 28, 34, 35, 43, 51, 55, 62, 80, 109– 112, 117, 121, 122, 124, 138, 145, 191, 193, 201, 205 πεϕυκέναι (in der Natur von etwas liegen, der Natur nach fähig sein) 14, 15, 20, 41, 57, 77, 79, 80, 98, 108, 110, 111, 118, 150, 173, 186, 187, 200, 204, 208 ϕυτόν (Pflanze) 145

χαρακτηρίζειν (charakterisieren)

103, 121, 158, 170 χιτών (Gewand) 209 χορηγεῖν (spenden, schenken, ausstatten, gewähren) 7, 9, 18, 71, 122, 189 χορηγία (Freigebigkeit) 131 χορηγός (spendend, verleihend) 155, 157 χρόνος (Zeit) 5, 50–51, 53–55, 85, 87, 104, 106, 142, 169–171, 175, 178, 191–192, 198–200, 206 χρονικός (zeitlich, in der Zeit) 50, 55, 198, 200, 206



Terminologisches Register und Übersetzungsschlüssel

ἄχρονος (zeitlos) 124 ἔγχρονος (in der Zeit, zeitlich) 53, 106, 107, 124 χωρίζειν (abtrennen) 9, 16, 186, 187 χωριστός (abgetrennt) 16, 81, 82, 98, 122, 161, 166, 186, 190 χωριστῶς (abgetrennterweise) 81, 82, 98 χωρίς (abgetrennt, abgesondert, unabhängig) 9, 30, 41, 46, 55, 82, 98, 176, 197

377

χωρισμός (Trennung) 15 ἀχώριστος (ungetrennt) 16, 81, 82, 186, 190

ψυχή (Seele) ψυχικός (seelisch) 111, 113,

139, 185, 201, 203 ψυχοῦν (beseelen) 64, 196 ψύχωσις (Beseelung) 63, 72 ἔμψυχος (beseelt) 129, 165, 166, 188, 189, 196 ἄψυχος (unbeseelt) 57