El pleito matrimonial del cuerpo y el alma [Reprint 2018 ed.]
 9783111354040, 9783110998641

Table of contents :
INHALT
VORWORT
EINFÜHRUNG
TEXT
KOMMENTAR
BIBLIOGRAPHIE
REGISTER
ANHANG

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HAMBURGER R O M A N I S T I S C H E STUDIEN Herausgegeben vom Romanischen Seminar der Universität Hamburg

B. IBERO-AMERIKANISCHE REIHE (Fortsetzung der „Ibero-amerikanischen Studien") Herausgegeben von Rudolf Grossmann und Hans Flasche Band 31 = CALDERONIANA — Herausgegeben von Hans Flasche Band 2

PEDRO CALDERON DE LA BARCA

EL PLEITO MATRIMONIAL DEL CUERPO Y EL ALMA

Kritische Ausgabe und Kommentar von Manfred Engelbert

KOMMISSIONSVERLAG: CRAM, DE GRUYTER & CO. HAMBURG 1969

Gedruckt mit Unterstützung der Deutschen

Forschungsgemeinschaft

Alle Rechte vorbehalten Printed in Germany Hergestellt bei Ludwig Appel & Sohn

Meinem Vater

Para desagravio de mi vanidad y presunción, iba y o a imitar el método común de los que, hallándose en el mismo caso de publicar obras ajenas a falta de suyas propias, las cargan de notas, comentarios, corolarios, escolios, variantes y apéndices; y a agraviando el texto, ya desfigurándolo, ya truncando el sentido, ya abrumando al pacífico y humilde lector con noticias impertinentes, o ya distrayéndole con llamadas importunas, de modo que, desfalcando al autor del mérito genuino, tal cual lo tenga, y aumentando el volumen de la obra, adquieren para sí mismos, a costa de mucho trabajo, el no esperado, pero sí merecido nombre de fastidiosos. Cadalso, Cartas marruecas

6

INHALT VORWORT

9

EINFÜHRUNG

13

I. Zu Uberlieferang und Datum von El pleito matrimonial

13

1. Zur Uberlieferung des Textes A. Die Familien „O" und „Z" B. Die Tradition der Originalfassung: „O" C. Die Tradition der Zamora-Fassung: „Z" D. Textvergleich: Versuch einer Klärung der Abhängigkeitsverhältnisse a) Die Beziehungen innerhalb der Familie „O" b) Die Beziehungen innerhalb der Familie „Z"

13 14 17 22 29 29 42

2. Zum Datum

49

II. Zu Inhalt und Aufbau von El pleito

matrimonial

57

1. Das Thema: Der Gegensatz von Körper und Seele

57

2. Die Form: El pleito und die Tradition der „débats"

61

3. Der „Stoff" A. Die Allegorie der Ehe ungleicher Partner als Stoff von El matrimonial B. Das Motiv des Eheprozesses

66 pleito

4. Das Motiv des Eheprozesses als den Aufbau bestimmendes Element . . . .

66 68 70

III. Zu dieser Ausgabe

75

TEXT

81

KOMMENTAR

163

BIBLIOGRAPHIE

289

REGISTER

305

ANHANG

7

ABKURZUNGSVERZEICHNIS1

(Zahlen verweisen auf die Bibliographie)

Akademie-Grammatik: Gramática de la lengua española, Nr. 148. AR: Ardtivum Romanicum Auf.: Diccionario de Autoridades (auch Dicc. de Aut.), Nr. 270. BAC: Biblioteca de Autores Cristianos BAE: Biblioteca de Autores Españoles Baustein I, II, III: H. Flasche, Nrn. 205—207. BHisp: Bulletin Hispanique BHS: Bulletin oí Hispanic Studies Biaise: A. Biaise, Dictionnaire Latin — Français . . . , Nr. 272. B Me: Biblioteca Municipal B Ne: Biblioteca Nacional BRAE: Boletín de la Real Academia Española C a L: Cornélius a Lapide, Commentaria . . . , Nr. 86. Casares: J . Casares, Diccionario ideológico de la lengua española, Nr. 273. CC: Clásicos Castellanos Covarrubias: S. de Covarrubias, Tesoro de la lengua castellana, Nr. 276. C.S.E.L.: Corpus Scriptorum Ecclesiasticorum Latinorum Cuervo: R. J . Cuervo, Diccionario de construcción y régimen, I + II, Nr. 150. DCELC: J . Corominas, Diccionario crítico etimológico de la lengua castellana, Nr. 274. DTC: Dictionnaire de Théologie Catholique, Nr. 278. DTA: Deutsche Thomas-Ausgabe, Nr. 119 b. DVjs: Deutsche Vierteljahrsschrift für Literaturwissenschaft und Geistesgeschichte Georges: K. E. Georges, Ausführliches Lateinisch — Deutsches Handwörterbuch, Nr. 277. Lapesa: R. Lapesa, Historia de la lengua española, Nr. 154. LTK: Lexikon für Theologie und Kirche, Nr. 283. Martínez Amador: E. M. Martínez Amador, Diccionario gramatical, Nr. 157. Ms.: Manuskript NBAE: Nueva Biblioteca de Autores Españoles OC: Obras Completas (I = Bandzahl) OC I, I B, II, III (ohne weiteren Hinweis): Calderón, Obras completas, Nrn. 37a—c. PG: Patrologiae cursus completus, Accurante J. P. Migne, Series Graeca PL: Patrologiae cursus completus,..., Series Latina PMLA: Publications of the Modern Language Association Q: Bonaventura-Ausgabe, erschienen zu Quaracchi, Nr. 36. RABM: Revista de Archivos, Bibliotecas y Museos RAC: Reallexikon für Antike und Christentum, Nr. 287. RF: Romanische Forschungen RFE: Revista de Filología Española RHisp: Revue Hispanique RJb: Romanistisches Jahrbuch Schütz: L. Schütz, Thomas-Lexikon, Nr. 254 Sent. Lib.: Bonaventura, Sententiarum Libri, s. Nr. 36. S. th.: Thomas, Summa Theologica [zit. nach Nr. 119a, gelegentlich nach Nr. 119b] VC: C. Fernández Gómez, Vocabulario de Cervantes, Nr. 167 VKR: Volkstum und Kultur der Romanen ZrPh: Zeitschrift für romanische Philologie 1 Verzeichnis der im Textteil verwendeten kritischen Zeichen auf S. 75 f. und 78 f.¡ Kurztitel der Werke Calderóns s. Register II.

8

VORWORT Dem Philologen, der sich — unter welchem Aspekt auch immer — mit einem Autor des goldenen Zeitalters der spanischen Literatur beschäftigt, wird sich in vielen Fällen bald das „Textproblem" stellen1. Eine Vielzahl klassischer Texte harrt in der Tat noch immer der kritischen Herausgabe. Dies gilt für Prosawerke — es fehlt z. B. eine kritische Ausgabe der Sueños Quevedos — ebenso wie für poetische Werke. Es trifft in besonderem Maße für die weitläufige Sdiauspielliteratur des siglo de oro zu, von der uns nur ein kleiner Teil in verläßlicher Form zur Verfügung steht. Was Calderón betrifft, so hat vor allem Hans Flasche wieder und wieder auf den genannten Mißstand hingewiesen2, der insbesondere das Studium der autos sacramentales des spanischen Dramatikers behindert. In den inhaltlich und sprachlich meist äußerst schwer zugänglichen „geistlichen Festspielen" genügen oft kleine Veränderungen, um einen Text unverständlich oder mißverständlich zu machen. Eine über jede Lesart Rechenschaft ablegende Ausgabe, die die verdienstvolle, philologischen Ansprüchen aber nicht genügende Valbuena Prats ersetzen könnte3, ist daher ein dringliches Erfordernis. Die hier vorgelegte Edition ist ein Baustein zu einer geplanten kritischen und kommentierten Ausgabe aller 75 heute bekannten autos Calderón de la Barcas4. Sie bietet zusammen mit einem gesicherten Text erstmals die gesamten Lesarten der bekannten Zeugen und damit die Möglichkeit philologischer Uberprüfung der vorgeschlagenen Textform. Einen endgültigen Text stellt sie jedoch nicht dar. Die folgenden Editionen anderer autos werden unsere Kenntnis der Quellen, der Sprachgewohnheiten und der Arbeits1 „Das Textproblem" lautet die Uberschrift des 2. Abschnittes der Einleitung der Dissertation von Helga Hoock über Lope de Vegas .Fuente Ovejuna" als Kunstwerk (Würzburg 1963, S.3). 1 Vgl. H. Flasche, „Stand und Aufgaben der Calderón-Forschung (Ergebnisse der Jahre 1940—58)", in: DVjs XXXII, 1958, S. 621 ¡ ders., „Beitrag zu einer kritischen und kommentierten Ausgabe des Auto Sacramental ,La Vida es Sueño' von Calderón", in Homenaje a J. Vincke, Madrid 1962/63, Vol. II, S. 579; ders., „Probleme der Syntax Calderóns im Lichte der Textkritik (La Vida es Sueño/Auto Sacramental)", in: Xe Congrès International de Linguistique et Philologie Romane, Actes publiés par Georges Straka, Paris 1965, tome II, S. 725. 3 Don Pedro Calderón de la Barca, Obras completas, tomo III,Au/os Sacramentales, recopilación, prólogo y notas por Angel Valbuena Prat, Madrid 1952. 4 Valbuena Prat druckt 74 (es fehlt El segundo blasón del Austria).

9

methoden des Dichters erweitern und vertiefen. Es ist daher zu erwarten, daß spätestens bei Vorlage aller 75 autos in ähnlicher Ausstattung das eine oder andere unserer Ergebnisse revidiert werden muß und daß sich Antworten auf Fragen finden werden, die hier nur gestellt werden konnten. Das gleiche wie für den Text gilt für den Kommentar, der jede bewußt gewordene Schwierigkeit zu lösen oder zu erläutern sucht. Einer Rechtfertigung bedarf ein solcher Kommentar nicht, wenn man bedenkt, daß Calderón selbst sich dafür entschuldigt, „citas" nicht nachgewiesen zu haben5. Es mag richtig sein, daß für einen „docto" seiner Zeit dies nicht erforderlich war. Beim heutigen Stand unseres Wissens um eben diese Zeit ist es eine Notwendigkeit, wenigstens den Versuch einer Erläuterung zu unternehmen. Von einem Quellennachweis kann dabei noch kaum die Rede sein. Vor allem diejenigen Teile des Kommentars, in denen der Calderón-Text in Beziehung zu patristischen, scholastischen6 und zeitgenössischen Texten gesetzt wird, tragen Approximationscharakter. Daß Calderón den einen oder anderen Text kannte, ist immerhin nicht auszuschließen7. Eine direkte Quelle des Dichters glauben wir nur in einem Fall mit einiger Sicherheit ausmachen zu können (vv. 1223 ff.). Vielleicht ist es bezeichnend, daß es sich dabei um einen Bibelkommentar handelt. Konkrete Hinweise werden des öfteren eher den heute wenig bekannten, damals aber viel benutzten Kommentaren und Kompendien zu entnehmen sein als den großen Autoren und Autoritäten. Auch auf diesem Gebiet hat die Forschung noch kaum begonnen. El pleito matrimonial del cuerpo y el alma gehört zu den bekanntesten autos Calderóns. Gerade sein Text ist aber im Vergleich zu dem anderer Fronleichnamsspiele des Dichters fragwürdiger, da die wichtige Ausgabe Pedro Pando y Miers (1717) nur den Text einer Umarbeitung bietet und Valbuena Prat einem Manuskript folgt, über dessen Beschaffenheit er wenig mitteilt8. Aus diesem Grunde erschien eine genaue textkritische Bearbeitung als besonders nützlich. Das Entstehen dieser Arbeit wäre ohne die großzügige Hilfe zahlreicher Spanier nicht möglich gewesen. In Madrid machten mir Don Agustín Gómez Iglesias, Director del Archivo de Villa, und Don Enrique Pastor Mateos, Director de la Biblioteca Municipal, unentbehrliche Quellen zugänglich. Dank schulde ich in besonderem Maße Don Ramón Paz y Remolar, Director de la Sección de Manuscritos de la Biblioteca Nacional. Den Zugang zur 5 Vgl. Prólogo que Don Pedro Calderón hizo cuando imprimió el primer tomo de sus autos (1677): „Habrá quien diga que ha sido flojedad no sacar las citas a margen. A que se responde que para el docto no hacen falta y para el no docto hicieran sobra" [nach: Calderón de la Barca, Autos sacramentales II, edición . . . de Angel Valbuena Prat, Madrid 1958 (CC 74, cuarta edición), S. 3]. 8 Wir zitieren einen großen Teil dieser Texte nadi der Patrología Mignes, deren Vollständigkeit eine gewisse Vereinheitlichung der Zitate gestattet. Die Passagen aus Augustin wurden anhand der zur Verfügung stehenden Ausgaben des C. S. E. L. und des Corpus Christianorum kontrolliert. Wichtige Unterschiede wurden nicilt festgestellt. 7 Zum hier Erörterten vgl. H. Flasche, „Baustein III zu einer kritischen und kommentierten Ausgabe Calderóns" in: Gesammelte Aufsätze zur Kulturgeschichte Spaniens, Bd. 22, Münster 1965, S. 225/226. 8

10

Näheres s. S. 19 ff.

Biblioteca de la Real Academia Española eröffnete mir Professor Rafael Lapesa. In Salamanca bin ich Padre Florencio Marcos Rodríguez für die Erleichterung der Arbeit in der Biblioteca Universitaria und den Professoren Padre Dr. Antonio García (Historia del Derecho Canónico), Don Fernando Lázaro Carreter (Filología Románica) und Don Francisco Tomás Valiente (Historia del Derecho) zu Dank verpflichtet. Einblick in die Calderón-Manuskripte der Biblioteca de Menéndez Pelayo, Santander, konnte ich unter der freundlichen Führung von Don Francisco Santiago Gutiérrez nehmen. Nicht unerwähnt dürfen schließlich die zahlreichen Hinweise bleiben, die ich den Lektoren des Ibero-amerikanischen Forschungsinstituts, Don Julio Aramayo und Dr. José M. Navarro-Adriaensens, verdanke. Vor allem stehe idi jedoch in der Schuld des „spiritus rector" dieser Arbeit, Professor Dr. Hans Flasches.

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EINFUHRUNG

I. Zu Überlieferung und Datum von El pleito

matrimonial

1. Zur Uberlieferung des Textes Für die Herstellung des Textes (constitutio textus)1 stehen uns 19 Zeugen zur Verfügung. Die Existenz von mindestens zwei weiteren ist belegt: José Sánchez Arjona erwähnt in Noticias reterentes a los anales del teatro en Sevilla desde Lope de Rueda hasta tines del siglo XV// 2 eine in seinem Besitz befindliche Handschriftensammlung, die unter anderem eine Form unseres Stückes enthalten soll®; einen zweiten Codex führt Bartolomé José Gallardo im zweiten Band seines Ensayo de una biblioteca española de libros raros y curiosos unter der Nummer 1534 an®3. Unserem Bemühen, diese Zeugen zu lokalisieren, war bisher kein Erfolg beschieden4. 1 s. Paul Maas, Textkritik, Leipzig 41960, S. 5. Die Maas'sdie Schrift ist Grundlage des hier Vorgetragenen. Sie gibt auf knappem Raum die unserer Meinung nach beste Darstellung von Methoden und Prinzipien der Textkritik (man vgl. zur Beurteilung etwa Helmut Praschek, »Die Technifizierung der Edition — Möglichkeiten und Grenzen", in: Mathematik und Dichtung, Versuche zur Frage einer exakten Literaturwissenschalt, zusammen mit Rul Gunzenhäuser herausgegeben von Helmut Kreuzer, Sammlung dialog, 3, München 1965, S. 123—142, hier S. 132 und S. 134). Zur Terminologie vergleiche man — wenn nicht anders angegeben — dort. Einen guten historischen Überblick bietet — u. a. — Robert Marichal, .Critique des textes", in: Encyclopédie de la Pléiade, L'Histoire et ses méthodes, Paris 1961, S. 1247 ff. Eine in vielem auch für spanische Verhältnisse zutreffende Diskussion der Probleme, die die Herausgabe eines älteren dramatischen Werkes aufwirft, findet sich in: Fredson Bowers, Textual and Literary Criticism, Cambridge 1959, Chapter IV, .Principie and Practice in the Editing of Early Dramatic Texts", S. 117—150 (Ausgangspunkt ist das Werk Shakespeares). Einige Anregungen gehen auf einen von Hans Zeller am 11.1. 1966 in Hamburg gehaltenen Vortrag über »Interpretation und Edition" zurück.

« Sevilla 1898. ' op. cit., S. 394: »Francisco de Castro representó los autos El pleito matrimonial y Las pruebas del hombre. El primero es sin duda el de Calderón publicado en Madrid en 1655 en el libro de Autos sacramentales con cuatro comedias y que figura en una colección manuscrita que obra en mi poder." Madrid 1866, S. 187 a (edición facsímil, Madrid 1968 [Biblioteca Románica Hispánica, IX. Facsímiles]). El pleito matrimonial erscheint als 10. Titel des 12 autos enthaltenden Bandes, von dem es heißt: .Existe en la prendería de la calle de Capellanes, casa donde vivió el arquitecto Cuervo. Madrid, 28 Setiembre 1841." 4 Schriftliche Anfragen — den von Sánchez Arjona erwähnten Zeugen betreffend — bei der .Academia de Buenas Letras" Sevillas und dem Bürgermeister der Stadt blieben unbeantwortet. F. López Estrada, an den uns auch E. Otte verwies, meinte in

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Außer vier Drucken — Erstdruck, 1655 (I)¡ Pando, 1717 (II) ; Apontes, 1759/1760 (III); Cormellas, angeblich 1701 (IV) — wurden 15 Handschriften kollationiert, von denen sich jeweils sechs in der Biblioteca Nacional (AB C D E F) und in der Biblioteca Municipal (G H J KLM), beide zu Madrid, befinden. Je eine Handschrift findet man in der Biblioteca de la Real Academia Española de Letras in Madrid (N), in der Biblioteca de Menéndez Pelayo de Santander (P) und in der Bibliothèque Nationale in Paris (Q)5. Angel Valbuena Prat berücksichtigte bei seiner Ausgabe" — die sich nicht als kritische versteht — I, II und die Zeugen der Biblioteca Nacional. Seine Zeugenbeschreibung 7 beschränkt sich auf wenige Angaben und enthält einige Unrichtigkeiten. Darüber hinaus bieten auch die in Frage kommenden Kataloge nur Andeutungen 8 . Auf eine genaue „recensio" kann deshalb nicht verzichtet werden. A. Die Familien „O" und „Z" Nach äußeren Kriterien9 unterscheiden wir zunächst zwei Familien: „O" (I A B G H Q) umfaßt die Abkömmlinge des Originals, „Z" (II III IV C D E F einem Brief vom 25. 7. 1966, er bezweifle sehr, etwas über das Ms. in Erfahrung bringen zu können. Eine weitere Antwort erhielten wir bisher nicht. Ähnlich wie López Estrada antwortete M. Morreale auf unsere Anfrage. K. Wagner, Lektor für Deutsch an der Universität Sevilla, konnte uns ebenfalls keine weiterführenden Hinweise geben. Auch eine dem Ministro de la Vivienda, Martínez y Sánchez Arjona, durch dessen Privatsekretär vorgetragene Frage fand nur negative Beantwortung. Die Angabe Gallardos wird von José Simón Díaz in seiner Bibliografía de la literatura hispánica, tomo VII, Madrid 1967, unter der Nummer 555 reproduziert. Wie mir der Verfasser freundlicherweise brieflich mitteilte, ist es ihm nicht gelungen, weitere Angaben über den Verbleib dieses Bandes zu erhalten. — Die großen Bibliotheken Sevillas besitzen kein Ms. unseres auto. Das gleiche gilt von der Bibliothek der Hispanic Society oí America, an die wir uns einem Rate A. Rodríguez Moñinos folgend wendeten, und — nach einer Auskunft, die wir dem Direktor der Bibliothek, Dr. Guillermo Lohmann Villena, verdanken — von der Biblioteca Nacional in Lima. Ei pleito wurde dort bereits 1672 aufgeführt (s. Guillermo Lohmann Villena, El arte dramático en Lima durante el Virreinato, Madrid 1945 /Publicaciones de la Escuela de Estudios HispanoAmericanos de la Universidad de Sevilla XII], S. 278). 5 Nähere Angaben s. u. S. 17 ff. • CC 74, S. 7—64 (Einleitung, S. LII—LVIII). Benutzt wurde die 4. Auflage (1958). Bekanntlich differieren die einzelnen Auflagen der CC mitunter beträchtlich (vgl. Erika Lorenz, .Tu prójimo como a ti, Bemerkungen zu einer Calderón-Edition in den Clásicos castellanos", in: RJb XVI, 1965, S. 318—332). Die 4. Auflage enthält im Vergleich zur ersten (1927) an drei Stellen wohl Druckfehler ( w . 653, 1178, 1462) und weicht des öfteren in der Zeichensetzung von ihr ab. Größere Unterschiede bestehen jedoch nicht. Man vgl. auch: Don Pedro Calderón de la Barca, Obras completas, Tomo III, Autos Sacramentales, recopilación, prólogo y notas por Angel Valbuena Prat, Madrid 1952, S. 73—93. 7

CC 74, S. LVI/LVII. Jenaro Alenda, .Catálogo d e Autos Sacramentales, Historiales y Alegóricos", in: BRAE VII, S. 663¡ Cayetano A. de la Barrera y Leirado, Catálogo bibliográfico y biográñco del teatro antiguo español, Madrid 1860, S. 503a, 505b, 599, 709b; Catálogo de la Biblioteca Municipal, Sección Segunda, Madrid 1902; Antonio Paz y Mélia, Catálogo de las piezas de teatro que se conservan en el departamento de manuscritos de la Biblioteca Nacional, Tomo I, Madrid M934. 8

8 vgl. Marichal, art. eil., S. 1247 ff.¡ S. 1278 ist von „éléments extérieurs au texte" im Gegensatz zur „faute commune" die Rede. Praschek, art. cit., S. 132/133, spricht von „extratextuellen Informationen". Diese liefern in unserem Fall die unten angeführten Dokumente.

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J K L M N P) dagegen diejenigen einer Umarbeitung des Calderön-Originals durch Antonio de Zamora. Für die Herstellung des Textes kommen die unter „Z" gruppierten Zeugen nur bedingt in Betracht. Valbuena datiert die reiundiciön des Stückes auf das Jahr 170110. In dem Manuskript, auf das er seine Datierung stützt, heißt es — am Schluß der Loa del Non Plus Ultra von Zamora — jedoch nidit 1701, sondern 170411. Dieses Datum erscheint bereits bei Paz y Melia 12 . Es wird bestätigt durch Dokumente des Archivo de Villa, Madrid, die sich auf die Fronleichnamsfeierlichkeiten des betreffenden Jahres beziehen 13 . Die Junta diputada para las fiestas del ssm°. Sacramento hatte den König in einem Schreiben vom 24. April 1704 um Zustimmung zur Aufführung der beiden autos Las ördenes militares und El pleito matrimonial gebeten 14 . Die Ausgabenliste, in der diese Titel erneut erscheinen 15 , beweist, daß der gemachte Vorschlag Gnade fand. Der Posten, in dem auf unser auto Bezug genommen wird, lautet: „Mas pago a la Persona q hizo una loa nueba p a vn autto y Compuso El auto del pleito Mattrimonial ocho cientos y ochenta rs"16. Er enthält bereits einen Hinweis darauf, daß El pleito matrimonial umgearbeitet wurde 17 . Die „Persona que hizo una loa nueba para vn autto" ist, wie aus einem Brief vom 10. Mai 1704 hervorgeht, Zamora18. Die loa, über die wir hier nichts Näheres erfahren, 10

CC 74, S. LVII; s. a. OC III, S. 73a. Biblioteca Nacional — Ms. 14 765: der Sammelband enthält als erstes Stüde: LOA / Del Non Plus Vitra / De D Antonio Zamora para el Auto / Del Pleyto Matrimonial / De Don Pedro Calderón /. Das von Valbuena wiedergegebene Zitat findet sich auf fol. 9v: „Con esta loa se represento en esta / corte el año de 1704 el Auto del / Pleyto matrimonial de D Po Cal / deron hauiendole añadido / D Antonio de Zamora / para ponerle en la pro / porcion q se estila / por aberle escrip / to pequeño Don / Pedro Calderón /. Zum Inhalt der Loa s. u. A. 19. " op. cit., S. 392, Nr. 2608. 15 Archivo de Secretaria 3, 2a — 201 — 4. 14 doc. cit., fol. 113r (die unter der angegebenen Signatur zusammengefaßten Dokumente sind unnumeriert; in der hier verwendeten Numerierung ist das Deckblatt nicht berücksichtigt worden): .Señor La Junta diputada para las fiestas del ssmo Sacramento: Dize que deseando el mayor hacierto en la elección délos Autos que se han de representar a VM: sus consejos y demás tribunales, ha reconocido los que dejó escriptos Dn Pedro Calderón déla Barca, que con ser suyos acredita su desempeño, entre ellos propone a VM el délas Pruebas de Chrispto, por otro titulo las hordenes militares = el pleyto Matrimonial = Andrómeda y Perseo = el gran Mercado del Mundo* [der Stern verweist auf eine Ergänzung am linken Rand: q a muchos años q no se hazen]: Y hauiendo asi mismo reconocido los indiuiduos y personages de que se Componen las dos Compañías de representantes que ha formado Madrid a este fin, le parece, que siendo del Rl agrado de VM. el que se representen los dos primeros, s e lograra el fin del mayor azierto = V Mg „rabia inmortal" (v. 501); 2.) Ergänzung von v. 507 („como vine tras la vida"), der ursprünglich fehlte. Einer der beiden verbessernden Schreiber bezieht sich auf eine ihm zum Vergleich vorliegende Textform, indem er sie als „auto antiguo" bezeichnet. Dies ist einer — im Original gerade noch zu entziffernden — Notiz auf fol. 12r (am linken, äußeren Rand, beginnend bei v. 374) zu entnehmen: „y en [aquesta] natural / [miseria] en q el [ser me a] puesto / no [se conoce] tan presto / el que es bien como el que / es mal esto es del auto antiguo y se quito q do / se añadió [ . . ? . . ] y no puede / estar en esto porq se / mudo esta copla en la / forma [q] esta en los / [4] bersos últimos deesto / añadido y sise pone / sobra en las decimas / q ban ablando /"62. Mit v. 374 schließt in der Tat eine décima. Zamora fügte 24 Verse hinzu, zwei décimas und vier Verse, die zusammen mit vv. 379—384 eine dritte ergeben, da vv. 375—378 ausgelassen wurden 63 . Wahrscheinlich stammt die Marginalie von dem Schreiber, der v. 507 ergänzte. Von seiner Hand wurden außerdem vv. 151i, 493i, 690 und 1026 ergänzt, auf fol. 12r z. B. auch Z 63. Der zweite Schreiber scheint eher auf „falsche" Lesarten als auf Auslassungen geachtet zu haben. Allerdings sind die „Schriftproben" jeweils so kurz, daß sich absolut sichere Aussagen nicht machen lassen 54 . 61

vgl. CC 74, S. LXXI. Der Inhalt der eckigen Klammern wurde in den vier Versen mittels des Erstdrucks bestimmt. Nur v. 378 ist hier einwandfrei zu erkennen. Bei [no se conoce] ist das Blatt schadhaft. Man vgl. Abb. 7 des Anhangs. «» s. a. A. 25. 64 Immerhin bestätigte Paz y Remolar auch hier unsere Auffassung. Beide Hände werden im kritischen Apparat nach Möglichkeit unterschieden (E* = 1. Hand, vgl. Beispiel 2-, E** = 2. Hand, vgl. Beispiel 1; über die chronologische Folge der Korrekturen wird mit dieser Bezeichnung nichts ausgesagt!). 82

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F: Ms., suelto, 15 107 — Biblioteca Nacional 1 + 36 Blätter (unnumeriert); 4°; Schrift des XVIII. Jahrhunderts. U lr (in herzförmiger Umrahmung): Auto sacra- / mental Alego«». / El / Pleito Matriml. / de / d° Pedro Calde- / ron / Darunter: Representóse el año de 1704 = / Acau[ä]dole d n Antonio Zamora / De c[omo] L[e] dexo Calderón / fol. Ir: Auto / Sacramental, Alegorico. / el Pleito Matrimonial de / Cuerpo y Alma / DE Dn Pedro Calderón / Das Deckblatt (II 1) ist stark verblichen und daher stellenweise nur schwer oder nicht mehr zu lesen (die entsprechenden Stellen erscheinen oben in [ ]). Die Lesart Valbuenas läßt sich allerdings nicht rechtfertigen®5. Die ersten Buchstaben des kritischen Wortes („Acau") sind einwandfrei zu identifizieren. Da der Raum zwischen „u" und „d" (das wiederum deutlich ist) nicht für zwei Buchstaben ausreicht, wurde „ä" (als Abkürzung für „an" geläufig) angenommen 66 . Das Titelblatt trägt links und rechts vom Titel jeweils eine Zeichnung in Tinte (links: Baum mit Vogel; rechts: ein Baum, darüber ein Vogel — vielleicht ein Pfau). Ob es sich bei diesem Schmuck um mehr als ein „capricho del copista" handelt, konnte nicht festgestellt werden 67 . Das Ms. ist an anderen Stellen verschmutzt und durch Wasser angegriffen (fols. 6, 19). Es zeigt verschiedentlich Verbesserungen und Hinzufügungen in anderer Tinte und Handschrift. Eventuell könnten auch die Markierungen der Zamora-Verse später hinzugefügt worden sein. Es werden jeweils der erste und letzte Vers einer Passage mit einem Kreuz am Rand versehen. Diese Kennzeichnungen fehlen aber häufiger. J: Ms., Folletos 75[cl — Biblioteca Municipal 1 + 38 numerierte Blätter; 4°. fí lr: Auto Sacramental AleGorico / yntitulado / el Pleito Matrimonial De / Don Pedro Calderón De / La Barca / fol. lr: Jesus Maria y Joseph / Auto Sacramental y Alegorico yntitulado / el Pleito Matrimonial / Sorgfältig angelegtes Ms. K: Ms., suelto — Biblioteca Municipal 2 + 45 (nachträglich von anderer Hand?) vom Schluß beginnend numerierte Blätter; 4°. 11 l r : Auto Sacramental: / Alegorico: / el Pleito Matrimonial: / Para este año: / De 1738 / es de Ant° ynestrosa / Vor und hinter „Alegorico" wurde hinzugefügt: Leg0 . . . N° 23 Weiter unten auf dem Blatt in kleiner Schrift drei Zahlengruppen: 270 Z / 279 Z / 541 / 65

CC 74, S. LVII, A. 3: , .Representóse el año de 1704¡ a[umentan]dole d. Antonio de Zamora de como lo dejó Calderón'; . . . " . w Eine Lesart, die wiederum die Billigung Paz y Remolars fand. 47 Paz y Remolar am 21. 5. 1966.

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U lv: Zensur vom 28. Mai 1738 fl 2t: Zensur vom 30. Mai 1738 Zensur vom 31. Mai 1738 („Ill mo Sr / Me confirmo con los Parezeres a los / censores por ser este Auto Sumam te / doctrinal y de los mas sutiles e yn / geniosos q escribió d n Pedro Calderón / asi lo Siento saibó ect.: Md y Mayo 31 de 1738 / D n Joseph de Cañizares / Darunter: M d de Jun° de 1738. / executese en la conform 4 / [fl 2v:] que se defiere. / fol. 45(= l)r: Auto Sacramental: / el Pleito Matrimonial: / Das Ms. enthält Streichungen, Verbesserungen und Hinzufügungen. Auf fol. 13v wurden vier Verse von einem zweiten Schreiber in freigelassenem Raum nachgetragen. Die Kennzeichnung „Leg0 29 N° 23" findet sich in ähnlicher Form auch auf L und M' 8 . Näheres war nicht zu erfahren. Audi der Name „Ant° ynestrosa" konnte nicht eingeordnet werden*'. L: Ms., suelto — Biblioteca Municipal 1 + 48 + III Blätter (alle unnumeriert) ¡ 4°. ff Ir: Autto Sacramental Alegorico / yntitulado / el Pleito Matrimonial /' De / Dn. Pedro Calderón déla Barca. / Weiter unten: Gerrera Dahinter gestrichen: 115 2. Darunter: 1—58—14. Diese Bezeichnung auch nach „De". Vor und nach „Autto . . . Alegorico": L. 29 n. 23. fol. Ir: Auto Sacramental alegorico yntitula / do: el Pleito Matrimonial de / D n Pedro Calderón: / Auf fol. 48v zwei Namen: Don Gimenez del Campo / Don Gabriel del Tasco / Es folgen zwei Blätter mit Zensuren: Ir: vom 18. Mai 1728, vom 20. Mai 1728 (gez. Joseph de Cañizares) 70 Iv: vom 4. Juni 1756, Ilr: vom 12. Juni 1756, Ilr/v: vom 14. Juni 1756, IIv: executase. / Lujan /: Vermerk vom 15. Juni 1756. Die Schrift dieses Ms. ist derjenigen in K sehr ähnlich. Es ist vielfach verbessert worden. Insbesondere ist an mehreren Stellen der ursprüngliche Text 68 L: L. 29. n. 23; M: Leg 29 n 23 (gestrichen: 12). Lego, L., Leg. sind als Abkürzungen von .Legajo" zu deuten. In den entsprechenden Dokumenten des Archivo de Villa (Archivo de Secretaría 3, 2a — 204 — 7) ist der Name nicht belegt. 70 .He visto este Auto Sacramental y es co / mo de su Grande Autor sin q en qto a nra / política y bonos mores tenga cosa digna de / Reparo Md y Mayo 20 de 1728 / D.ü Joseph de Cañizares /." Vgl. K. Es ist nicht unmöglich, daß es sich bei dem Unterzeichner um den Theaterschriftsteller (1676—1750) handelt.

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mit Zetteln überklebt worden, die eine neue Fassung der entsprechenden Passage bieten (fols. 9r, lOr/v, 17v/18r, 33r, 37r). An zwei Stellen ist der Text eingerahmt und am Rand mit „no" markiert worden (fols. 33v/34r, 45r). Beide Erscheinungen deuten auf Präparierung des Textes für eine Aufführung, wahrscheinlich für die Neuaufführung im Jahre 1756. Der Name „Gerrera" („Guerrera" auf M) konnte nicht geklärt werden. Er ist in den entsprechenden Akten des Madrider Archives wiederum nicht nachzuweisen 71 . Eine Verbindung könnte bestehen zu der „ Compañía de Manuel Guerrero", die auf dem Titelblatt eines Ms. des auto La vida es sueño erwähnt wird 72 . M: Ms., suelto — Biblioteca Municipal 1 + 5 8 Blätter; 4°. Die Numerierung beginnt auf fol. l l r mit 6; fol. 13r trägt die Nummer 7, fol. 15r 8 usw. TI Ir: Auto Sacramental Ale / gorico yntitulado / el / Pleyto Matrimonial / De / D n Pedro Calderón / De / La Barca / 2° / Guerrera / ü b e r dem Titel: 115—2—57 (einmal am linken Rand, ein weiteres Mal in größeren Ziffern in der Blattmitte). Vor „el": Leg; über und nach „el": 29. In gleicher Höhe am rechten Rand: n° 23. Zwischen „Leg" und „el" wurde ein Wort (eine Zahl) gestrichen. Die Bezeichnung „Leg 29 n° 23" ist in anderer Tinte und Handschrift hinzugefügt. Unterer Rand, Mitte: 1756 fol. Ir: Auto Sacramental, álegorico yntitulado: el Pleito / to Matrimonial, de D n Pedro Calderón: / Auch dieses Ms. zeigt vielfache Verbesserungen. Wenn die Vermutung, daß „Guerrera" auf eine Theatergruppe hinweist, richtig ist, könnte die Bezeichnung „2°" wohl als Markierung eines zweiten der Schauspieltruppe vorliegenden Textes gedeutet werden. N: Ms. 1923 — Biblioteca de la Real Academia Española de Letras Auto Sacramental / El Pleyto Matrimonial / del Cuerpo y el Alma / de / Dn Pedro Calderón / 30 Blätter; 4 o . Die Lektüre des Textes, der sich auf fols. 62r—91v des Sammelbandes findet, bietet keinerlei Schwierigkeiten. Die Schrift weist eine gewisse Ähnlichkeit mit der der Kopisten von B und F auf. Der Kopist unseres Stückes kopierte zumindest auch Teile von La divina Filotea, das den vierten Text unseres Bandes darstellt 723 . So stammen etwa fol. 92—99 sicher aus seiner Feder. In der 2. Hälfte von fol. 100 wechselt die Handschrift allerdings (in der Tinte ist kein Wechsel festzustellen). Auf fol. lOOv findet man wiederum die erste Handschrift. Ähnliche Wechsel sind häufiger zu erkennen 71 Archivo de Secretaria 3, 2a — 203 — 4 (für 1728) und 2a — 205 — 2 (für 1756). Wahrscheinlich wurde der Name in L 1756 hinzugefügt. 71 vgl. Hans Flasche, „Baustein zu einer kritischen und kommentierten Ausgabe Calderons", in: Gesammelte Aufsätze zur Kulturgeschichte Spaniens, Bd. 21, 1963, S. 309. 72 a Eine Beschreibung des Bandes findet man bei J. C. de Torres Martinez (ed. cit., S. 205).

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(z. B. auf fol. 105v). Ob der Kopist an den entsprechenden Stellen eine Sdiönsdiriftübung absolvierte (wie Torres Martínez zu vermuten scheint, vgl. ed. cit., S. 210) oder ob ein zweiter Kopist in die Arbeit eingriff, ist schwer zu entscheiden. Jedenfalls dürfte das Ms. der Divina Filotea nicht wesentlich früher als das des Pleito entstanden sein; die Annahme, es handele sich um ein Ms. des XVII. Jahrhunderts (ed. cit., S. 204 und 205) ist — im Hinblick auf die Textfassung des Pleito — kaum zu halten. P: Ms., M 184 — Biblioteca de Menéndez Pelayo, Santander Auto / Sacramental / El Pleyto Matrimonial / De Calderón. / 26 Blätter; 4°; erste und dritte Zeile des Titels in roter Tinte. Eine genaue Beschreibung des Manuskriptbandes, der an vierter Stelle [fol. 553(81)—578(106)] unser auto enthält, bietet der Catálogo de los mss. de la Biblioteca Menéndez Pelayo (Por su bibliotecario Miguel Artigas, Santander, s. a., S. 306/307), in dem er unter der Nummer 212 aufgeführt ist. Es handelt sich um den dritten Band einer Serie, von der die Bibliothek außerdem nur noch den vierten Band besitzt. Die Blattzahlen laufen von 475 (nicht 575 wie im Katalog angegeben) bis 707 im dritten, von 708 bis 931 im vierten Band. Nach Artigas handelt es sich um ein Ms. in „Letra de final del siglo XVIII" (loe. cit.). Es bietet keinerlei Schwierigkeiten.

D. Textvergleich:

Versuch einer Klärung der

Abhängigkeitsverhältnisse

a. Die Beziehungen innerhalb der Familie „O" Jeder der sechs Zeugen der Familie „O" zeigt eine Reihe von nur ihm eigenen Lesarten (Sonderfehlern). Die acotaciones sind in der folgenden Aufstellung wegen ihrer großen Verschiedenheit nicht berücksichtigt worden. Ihre Uneinheitlichkeit ist — sowohl in der Häufigkeit als auch in der Formulierung — so groß, daß sie sich kaum systematisieren lassen. Von zwei zu besprechenden Ausnahmen abgesehen 73 , sind sie alle ohne Einfluß auf die Bedeutung des Textes (was nicht mit Bedeutungslosigkeit für die Inszenierung gleichzusetzen ist). Die erfaßten Abweichungen werden hier für I, A und H sämtlich, für B, G und Q in Auswahl angeführt. I: 270 este (esta) 474 causa (casa) 685 Sprecher: Cuerpo (Entendimiento) 864 bolué a tañer, y a cantar. 878/879 Tu no eres la muerte? / Muert. Si Entend. No / eres del hombre . . . (Si / No eres del hombre ...) 1057/1058 de ti mis acciones / Muert. Si, pero ignoras que neutral ( . . . acciones. — Muert. Si, / pero . . . ) " Mail vgl. den Kommentar zu v v . 424 und 1081.

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A: Personalkatalog: Vn Niño q haze a / Christo = Músicos (Christo) 241 que (porque) 385 Sprecher: Alma (Memoria) 525 como se acuerde de (acordandola de) 663 la (lo) 917 Sprecher: Entendimiento (Muerte) 950/951 . . . buelue / a verle . . . ( . . . a velle / buelue . . . ) 1021 quieta a la Voluntad (quieta la Voluntad) 1078, 1106, 1116 Sprecher: Dentro Coro I o (Cantan¡ G: Muss) 1092, 1112, 1117 Sprecher: Dentro Coro 2 o (Muerte) 1132 Sprecher: ella y Cor I o (Alma) 1287 le (la) 1372 Sprecher: Voluntad, Entendimiento y Memoria (Entendimiento) 1441 Sprecher: Niño (Christo) 1462, 1472 Sprecher: Todos y Música (Alma; H in 1462: Alma y mussica) B: 101 124 127 210 368 432 962 994 1016 1249

esa, otra (es otra) acción alguna (acción ninguna) el Dote (en dote) y (o) da al olfato su sentido (da el olfato a su sentido) — indignado (inclinado) — hablar (obrar) —

G: 5 ya haze (yaze) 36 muerto (mustio) 64 de este engaño (de esta rabia) 133 a mi yntento (tu mi intento) 216 y mis astuzias (y mis injurias) 337 expirar a espirar (inspirar a espirar) 366 rumor (ruido) 631/632 que tan notables Misterios / nunca los llegue á alcanzar (Notables misterios tiene, / mas no los puede alcanzar) 1117 — 1293 meterme (dejarme) H: 54 me priuo (me puso) 143 le (la) 30

H: 231 pues no ser, peor sera, (pues peor no ser sera) 240 se esfuerza (el se esfuerza) 305 tener (temer) 326 de las dos (de los dos) 350 busco (boca) 440 puedo (pudo) 477 soi vos (soys vos) 519 Al verla (El verla) 552 a este (a esse) 657 vino de (vino en) 674 qiendo yo la culpa actual (siendo ya culpa actual) 684 esto (esso) 734/735 me das / en darme quanto pidiere (me harás / a darle quanto el pidiere) 744 estas mesas (tus mesas) 783 esse Su fruto (esse vsufruto) 815 pues si (Si) 879 enemiga (enemigo) 906 tanto en (tanto el) 907 cojáis (cojas) 909 y quien (Quien) 930 pesada (pasada) 946 — 962 inclinada (inclinado) 965 ygnorada (ignorado) 979 mi afecto (mi efecto) 992 delirio (deliro) 1108 es solo (solo es) 1290 creo (veo) 1329 que aun (que vn) 1440 eternidad (eterna vida) Q: 18 sus señas (tus señas) 35 rasgue el seno (rasgué el tronco) 172 su tronco escupa (su centro escupa) 344 me hace gozar (me haze cegar) 444 államarme pobre (hallarme pobre) 4592/460 Dandola áella asiento / y con tanta authoridad 466/467 el lo gouierne, y lo rija / y sea Ayo de esta hija 656/657 El sacrificio inmortal / del Pan de Melchisedech. 889 + acht w . : y aunq es verdad, q el pecado, / y io de vn parto nacimos / y hermanos, y amigos fuimos / y nos hemos conjurado / contra el hombre es conocida / la distancia deesta calma / q el pecado es contra el alma / la muerte contra la Vida; 1423 si llorando no merezco (si llorando bien merezco) 31

Auffällig ist, daß I nur in verhältnismäßig wenigen Fällen gegen die Überlieferung aller anderen Zeugen steht. Abweichungen sind in Q am häufigsten (94). In A wurden 20, in B 26, in G 77 und in H 32 Sonderfehler festgestellt74. Die Klärung der Abhängigkeitsverhältnisse auf dem Weg über gemeinsame Fehler ist schwierig, da wir einer Vielzahl von Kombinationen gegenüberstehen, die häufig zunächst als unvereinbar erscheinen75. Eine Reihe I, B und H gemeinsamer Lesarten läßt darauf schließen, daß diese Zeugen von einer Vorlage (xi) abhängen, auf die A, G und Q nicht — oder zumindest nicht ausschließlich — zurückgehen: — v. 535: Suelta esta antorcha ( . . . y advierte A G Q) — v. 612: Detente (Tente A G Q) — v. 840: pues quiere alli al alma mas ( . . . al alma mal A Q aqui aborreziendo esta G) — v. 1020: al entendimiento, y ciego (al entendimiento ciego A G Q) — v. 1198: el alma (al alma A G Q).

Nur in v. 1198 könnte die Übereinstimmung zufällig sein, da der Gebrauch des Akkusativs im siglo de OTO keiner Regel unterworfen zu sein scheint und ei für al (oder umgekehrt) in unbewußter Abweichung von der Vorlage gesetzt werden konnte76, v. 535 zeigt eine Lücke, die A G Q füllen; in v. 612 korrigiert die Lesart dieser Zeugen einen offensichtlichen metrischen Fehler der ersten Gruppe. Vor allem die I B H gemeinsame Lücke in v. 535 darf als Beweis für die geforderte Vorlage gelten77. Eine Schwierigkeit bietet die Überlieferungslage in v. 65. Während man in A G Q „sombras" liest, zeigen I und H „hombres". In B könnte „Sombras" oder „hombres" gelesen werden, da an dem Wort verbessert wurde. Obwohl nun die Richtung, in der die Verbesserung vorgenommen wurde, nicht eindeutig zu erkennen ist („h" > „S", „e" > „a" oder umgekehrt ist möglich; in der Tinte kein Unterschied), wird man ersterer („h" > „S" usw.) den Vorzug geben können, da B an einer zweiten Stelle ohne Zweifel den Einfluß der Zamora-Fassung erkennen läßt, aus der dieser Zeuge auch die Lesart „sombras" übernommen haben könnte. In der acotación nach v. 278 (fol. 6r) wurden nämlich zwei Wörter gestrichen, ein Umstand, auf den bereits Valbuena Prat aufmerksam macht (CC 74, S. 21, A.). Die Bühnenanweisung lautet: „Vaja el Alma, ál tablado, con memoria entendimiento / y Voluntad; y el Cuerpo, Sale xxx xxxxx". Bereits die Verbform „Sale", deren Stellung überrascht, ist jedoch eine Verbesserung. Im Original sind die mit „Sale" überschriebenen Wörter „con los" zu erkennen. Die 7 1 Dieser Hinweis mag unter Umständen für die Qualität der einzelnen Zeugen sprechen. Einen Anhaltspunkt für die Datierung („je mehr Fehler, desto jünger der Zeuge") wird man in diesen Zahlen nicht sehen dürfen (zur Unbraudibarkeit statistischer Urteile vgl. man die Bemerkung Prasdieks, art. cit., S. 132). 7 5 Die jeweils zwei (drei) Zeugen gemeinsamen Lesarten sind am Schluß dieses Abschnitts in einer Liste zusammengestellt. " vgl. Kommentar zu vv. 1010—1022. 77 Zur Unwahrscheinlidikeit der Übertragung von Lücken durch Kontamination vgl. P. Maas, op. cit., S. 9.

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gestridienen Wörter lauten „cinco sentidos"77®. Los cinco Sentidos treten nur in der Zamora-Fassung auf. Man darf also annehmen, daß B auch in v. 65 ursprünglich mit I und H zusammenging. Freilich käme auch eine andere Quelle als „Z" in Frage. An einer zweiten Stelle muß B nämlich nach einem A G Q nahestehenden Zeugen verbessert worden sein: in v. 983 (der in „Z" fehlt) wurde die Sprecherangabe „ent(endimiento)" ergänzt. Man beachte vor allem die andere Art der Absetzung der Angabe vom zugehörigen Vers durch zwei kurze Striche (sonst stets durch einen längeren). Die geringfügigen Abweichungen im Schriftbild und in der Farbe der Tinte könnten sich aus der Tatsache erklären, daß — auf falsch berechnetem Raum — ergänzt wurde. Ein zweiter Schreiber braucht nicht unbedingt eingegriffen zu haben. Es ist sogar wahrscheinlicher, daß es sich in beiden Fällen um „Sofortkorrekturen" desselben Schreibers (nach anderer Vorlage) und nicht um „Nachtragskorrekturen" eines zweiten handelt78. Denn da das Ms. wie erwähnt niemals vollständig war, dürfte es kaum als Vorlage für weitere Kopien oder für Aufführungen gedient haben. Eine spätere „Verbesserung" des Textes wird daher nicht als notwendig oder wünschenswert angesehen worden sein. B muß jedenfalls in zweifacher Hinsicht als kontaminiert gelten. Es ist daher schwierig, seine Vorlage zu bestimmen [ B selbst scheidet als Vorlage von I und H aus, da er nicht nur unvollständig, sondern auch jünger als I und (wahrscheinlich) H ist.]. Einige Lesarten deuten auf H : — v. 582: quité, quite (quito I A G Q) — v. 852: combidando (combidado I A G Q) — v. 864: volved a tañer y cantar (Bolué a tañer, y a cantar I bolué a tañer y Cantar A bolued bolued a cantar G buelue á tañer, y cantar. Q).

Ob H direkte Vorlage von B war oder ob man eine B und H gemeinsame Vorlage anzunehmen hat, ist schwer zu klären. Man mag versucht sein, B als Produkt der Kontamination von H mit einem der Gruppe A G Q nahestehenden Zeugen und mit einem Repräsentanten von „Z" anzusehen. In diesem Falle wäre die Annahme einer B und H gemeinsamen Vorlage unnötig. Aufgrund von v. 303 muß aber wohl an einer solchen festgehalten werden. Nur so wird man die Übereinstimmung von I und B in diesem Vers („Ven que yo te guio") erklären können. Die angenommene Vorlage (X2) hätte dieselbe Lesart wie die ihr und I gemeinsame Vorlage (xi) geboten, die Lesart von H wäre zufällig oder durch absichtliche Verbesserung entstanden. Kontamination von B mit I ist wegen dieses Fehlers wohl nicht zu fordern, ist aber andererseits nicht sicher auszuschließen. Für sie würde auch die Übereinstimmung von I und B in v. 305 sprechen können, wenn nicht wiederum A G Q ebenfalls als Quelle in Frage kämen ( I A G Q: temer; H: tener; B: tener > temer — n > m). Auch die Frage, ob einer der Zeugen der Gruppe A G Q dem Kopisten von B direkt vorlag, ist nicht mit Sicherheit zu beantworten. Die bestehen" a Vgl. Anhang, Abb. 5. Die Begriffe wurden von Hans Zeller in einem am 11.1. 1966 in Hamburg gehaltenen Vortrag („Interpretation und Edition") verwendet. 78

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den Gemeinsamkeiten reichen nicht aus, um die eine oder andere Beziehung zu beweisen (vgl. Aufstellung auf S. 40 f.). Am ehesten könnte Q in Betracht gezogen werden, da die Übereinstimmung in vv. 209/210 zu groß zu sein scheint, um auf Zufall zu beruhen. Andererseits erstaunt es jedoch, daß bei der relativ großen Zahl von Sonderfehlern in Q nur in einem Fall eine Übernahme aus diesem Zeugen nachweisbar ist. In v. 742, der in „Z" fehlt, kann Q im übrigen nicht Vorlage gewesen sein. Allerdings wäre in B hier Verbesserung durch divinatio möglich. Das Verhältnis von I zu H ist leichter zu klären. I ist von H aufgrund des Fehlens von v. 946 im Ms. unabhängig, H von I aufgrund von v. 685 (die Sprecherangabe fehlt im Druck). Es ist daher ein Hyparchetyp (xi) anzunehmen. Neben der soeben erörterten Gruppe existiert, wie wir sahen, eine zweite Gruppe A G Q. Für das Folgende ist die Variante in v. 1198 ohne Belang, da die Übereinstimmung zufällig sein könnte. In den übrigen fünf Fällen verbessern die Zeugen der zweiten Gruppe mehr oder weniger auffällige Fehler der ersten. Deutlich als Fehler erkennbar sind vor allem die Lesarten von I B H in v. 535 und v. 612. Der erste Vers ist lückenhaft, da ihm drei Silben und der Reim fehlen, v. 612 ist zu lang. Als Bindefehler für A G Q kommt zumindest v. 612 weniger in Betracht, da die drei Zeugen durchaus unabhängig voneinander die gleiche Verbesserung (durch divinatio) vornehmen konnten. Ähnliches gilt für v. 535, in dem der Reimkontext die vorgenommene Verbesserung nahelegen mochte". In vv. 65, 983 und 1020 liegen die Verhältnisse anders. Der — wahrscheinliche —• Fehler in I B H ist weniger leicht zu erkennen 80 . Vor allem in v. 983 könnte Vida vom Sinn der Verse her durchaus Sprecherin sein. Erst die folgenden Verse legen Entendimiento als Sprecher nahe — dementsprechend setzt B die Sprecherangabe erst nachträglich ein. Auch die Tatsache, daß II (Pando) in v. 65 „hombres" und nicht „sombras" übernimmt, spricht für die Unauffälligkeit des Fehlers. Die Übereinstimmung von A G Q ist daher kaum zufällig, und man möchte annehmen, die drei Zeugen hätten eine gemeinsame, von xi unabhängige Vorlage. Allerdings bedürfen die angeführten Gemeinsamkeiten von A G Q einer weiteren Erläuterung, da vv. 65, 535 und 1020 auch in „Z" den gleichen Wortlaut haben. Die erste Hälfte von v. 612 ist in „Z" umgearbeitet worden, für die zweite wird ein anderer Sprecher angegeben (Mem. Que te aflige? Los 5. Donde vas?). v. 983 fehlt in „Z". Die Kongruenz mit „Z" kann nun auf zwei Wegen entstanden sein. Entweder sind A G Q — oder zumindest eine ihnen gemeinsame Vorlage — älter als „Z", und Zamora benutzte sie bei seiner Umarbeitung; oder A G Q sind jünger als „Z" und übernahmen ihrerseits eine Reihe von Lesarten aus einem Repräsentanten der Zamora-Fassung. Uber die Entstehungsdaten von A G Q sind absolut sichere Aussagen nicht möglich. A ist jedoch mit größter Wahrscheinlichkeit nach 1704 ent™ vgl. Kommentar zu v. 535. vgl. Kommentar zu den entsprechenden Versen.

80

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standen 81 . Audi G und Q sind, der Sdirift nadi zu urteilen, wohl im 18. Jahrhundert geschrieben worden. Jeder der drei Zeugen stimmt unabhängig von den beiden anderen noch an mindestens einer weiteren Stelle mit „Z" überein (A in v. 525; G in v. 964¡ Q in vv. 73 und 952). Die drei Zeugen könnten also sehr wohl einen Repräsentanten von „Z" konsultiert haben. Dafür, daß A G Q die Zamora-Fassung vorlag, spricht der Umstand, daß die Übereinstimmungen mit „Z" vor allem in Versen bestehen, die in xi defekt sind. Zamora hätte sie mittels divinatio verbessert. Diese konnte ihm aufgrund seiner Calderón-Kenntnis desto eher gelingen 81 . Immerhin sind vv. 612 und 983 nicht durch Kontamination mit „Z" zu erklären. Wie erwähnt könnte die Übereinstimmung in v. 612 zufällig sein. Da G (z. B. in v. 840) und Q (z. B. in v. 1423) den Text zu „verbessern" suchen, wären sie in v. 612 auf denselben Weg der Heilung verfallen, während Zamora den Vers in seiner ersten Hälfte in andererWeise „verbesserte". Die Kongruenz in v. 983 ist andererseits schwerlich auf Zufall zurückzuführen. Es muß daher versucht werden, die Abhängigkeitsverhältnisse von A G Q zu erhellen. Auffällig sind zunächst einige Verse, in denen A und Q m e n

'

übereinstim-

— v. 778: casas que suelen llamar (cosas que suelen llamar I B H¡ que bienes suelen llamar G) — v. 836: que la da (que le da I B G H) — v. 840: pues quiere alli al alma mal ( . . . al alma mas I B H¡ aqui aborreziendo esta G) — v. 988: de quien el sueño / se entrega ( . . . al sueño . . . I B G H) — v. 1029: sin aduitrio (sin arbitrio I B G H) — v. 1186: el error (al error I B G H).

Unklar ist v. 619. I, B und G zeigen eindeutig „con sabor y sin s u b s t a n cia", A und Q dagegen „sin sabor y sin substancia". In H ist am ersten Wort des Verses verbessert worden. Es ist anzunehmen, daß dort zuerst „con" stand, das zu „ein" verbessert wurde. Daß die Verbesserung in dieser Richtung geschah — und nicht umgekehrt von „ein" nach „con" —, geht aus der orthographischen Eigenart von H hervor, „sin" stand nicht dort, da der erste Buchstabe als „-G annehmen. Aber auch Q kann nicht Vorlage von G gewesen sein, da Q eine Reihe von Sonderfehlern zeigt, die bei direkter Vorlage von Q in G zu erwarten wären (z. B. v. 1423). Man muß daher von einer G und Q gemeinsamen Vorlage (X3) ausgehen oder Kontamination mit einem xi nahestehenden Zeugen fordern, über den die Sonderfehler von Q zum größten Teil eliminiert worden wären. Als Repräsentant von xi bietet sich in der Tat H an, mit dem G an drei Stellen übereinstimmt: — v. 115: ynfame (informe I A B Q) — v. 917: afecto (efecto I A B ; ausencia Q) — v. 1103: orror (error I A B Q).

Vor allem in v. 115 dürfte die Kongruenz zwischen G und H kaum zufällig sein. Die Annahme, G sei mit H kontaminiert, schließt jedoch Q als direkte Vorlage von G mit großer Sicherheit aus. H und Q stimmen nämlich in v. 86 und v. 685 überein. In v. 86 wurde ein „y" hinzugefügt, in v. 685 dieselbe Konjunktion ausgelassen. Nun können zwar H und Q unabhängig voneinander den gleichen Fehler begangen haben, es ist aber unwahrscheinlich, daß G bei Vorlage von H und Q an eben diesen Stellen zufällig die Lesart der übrigen Zeugen wiederherstellt. In umgekehrter Weise könnten auch die abweichenden Lesarten von H und Q in v. 742 direkte Vorlage von Q ausschließen. Allerdings wäre hier die Möglichkeit gegeben, daß G angesichts zweier verschiedener Lesarten eine eigene wählte (vgl. auch v. 840!). Immerhin könnten die verschiedenen Lesarten von G und Q andererseits als Verbesserungen des in v. 742 enthaltenen Fehlers gedeutet werden, den nicht nur H, sondern auch die anzunehmende Vorlage (X3) enthalten hätte (vgl. wiederum v. 840). A wäre, X3 vorausgesetzt, als mit G zusammengehörig zu erklären. Beide Zeugen stimmen in vv. 963 („a la penitenzia"; cett. „a su penitencia") und 1154 („cielos"; cett. „cielo") überein. In letzterem Fall besteht Kongruenz mit „Z". Da A, wie oben erwähnt, wahrscheinlich I kannte, wären die Sonderfehler von G über den Erstdruck eliminiert worden. A übernahm aber aus G neben der Lesart in v. 963 auch die in v. 612 und v. 983. Die Übereinstimmungen mit Q wären über „Z" entstanden. Es bleibt zu klären, wie „Z" mit den überlieferten Zeugen von „O" zusammenhängt. Wie wir sahen bestehen prinzipiell die beiden Möglichkeiten entweder Einflüsse von „Z" in A, G und Q anzunehmen oder 84

vgl. S. 32 f.

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aber Einflüsse von G und Q in „Z". A fällt als Vorlage für Zamora aus, da er jünger ist. Zamora könnte ausschließlich weder G noch Q verwendet haben, da Lesarten aus b e i d e n Zeugen in „Z" auftauchen (G: v. 964; Q: w . 73, 952). Allerdings könnte man annehmen, Zamora habe unabhängig von G und Q deren Vorlage X3 benutzt. Die Kongruenz G„Z" bzw. Q„Z" schlösse dann die Lesart von Q(G) in X3 aus. Ein aus dieser Annahme folgender Schluß wäre, daß Q wie G mit xi kontaminiert sein muß, da seine Lesart in v. 964 anders nicht zu erklären ist. In jedem Fall muß Zamora auch einen xi nahestehenden Zeugen konsultiert haben, da keine der Lesarten, die zur Annahme von X3 führten, in „Z" nachzuweisen ist86®, v. 603 und v. 1140 fehlen in „Z". In vv. 336 und 740 ist die Ubereinstimmung mit xi jedoch deutlich. Da abgesehen von den Lesarten, die auch durch Kontamination von A G Q mit „Z" zu erklären wären, keine Gemeinsamkeiten zwischen X3 und „Z" bestehen, zwischen Q und „Z" zwei, zwischen G und „Z" eine, scheint die Annahme, „Z" gehe auf G, Q und einen Zeugen von xi zurück, verhältnismäßig unwahrscheinlich zu sein. „Z" und xi stimmen dagegen in vier Fällen (vv. 336, 740, 1076, 1162) überein. Im übrigen mag z. B. das Fehlen von vv. 1138—1141 eher für xi als Vorlage von „Z" sprechen als für X3, deren Verse ohne weiteres verständlich sind und so keinen Anlaß für die Auslassung zu geben scheinen. Die plausibelste Lösung scheint demnach diejenige zu sein, G und Q wie A als von „Z" kontaminiert anzusehen. Zamora dürfte bei seiner Umarbeitung von einem xi näherstehenden Zeugen ausgegangen sein. Da „Z" in v. 21 I, in v. 305 H zu folgen scheint, könnte Zamora mit mehreren Zeugen von „O" gearbeitet haben. Spuren von G und Q lassen sich nicht nachweisen. Diese Zeugen müssen aufgrund einer Reihe gemeinsamer Lesarten eine gemeinsame Vorlage gehabt haben, die von xi unabhängig ist. Die anzunehmende Vorlage X3 scheint in v. 612 und v. 983 einen besseren Text als xi gezeigt zu haben. Nur für den nicht allzu wahrscheinlichen Fall, daß „Z" auf G und Q zurückginge, könnte auch in den Versen, in denen G und Q mit „Z" übereinstimmen, eine bessere Lesart von X3 vorausgesetzt werden (in vv. 65, 535, 1020). In den übrigen Versen (619 und 840) muß schon der Archetyp defekt gewesen sein. Von den Zeugen der Originalfassung bietet I trotz seiner — relativ kleinen — Mängel eine recht sichere Basis für die Textherstellung. In seiner Unabhängigkeit könnte ihm nur Q gleichkommen, wenn man trotz fehlender Beweise annähme, „Z" gehe auf G, Q und einen Zeugen von xi zurück. Selbst in diesem Fall kann Q nicht als zuverlässigere Vorlage angesehen werden, da er eine weitaus größere Anzahl isolierter Lesarten enthält. Des öfteren stellen diese eine Abänderung im Sinne der lectio Sacilior dar (z. B. vv. 804, 917, 1423). Bei der Herstellung' des Textes empfiehlt es sich, die von X3, Q oder A G Q „Z" gebotenen Lesarten nur mit größter Vorsicht zu Rate zu ziehen. " a Die Kongruenz von IV mit G und Q ist hier unerheblich; IV könnte G oder Q vorgelegen haben. Vgl. die Bemerkungen im folgenden Abschnitt.

38

Die von uns dargestellten Möglichkeiten lassen sich in zwei Figuren schematisch darstellen. Anspruch auf stemmatisdie Genauigkeit erheben diese nicht. Allein aus ihnen läßt sich die Wahl einer bestimmten Variante kaum rechtfertigen. Sie veranschaulichen jedoch die Unabhängigkeit von I und — bis zu einem gewissen Grade — von H. In letzterem Zeugen ist bereits ein — nachträglicher — Einfluß von „Z" oder Q nicht auszuschließen (v. 6191). Figur 1 beruht auf der Voraussetzung, A, G und Q seien von „Z" kontaminiert worden, Figur 2 auf derjenigen, „Z" gehe zu einem großen Teil auf X3 (G Q) zurück. Die gestrichelten Linien in Figur 2 deuten die Möglichkeit an, daß „Z" unabhängig von G und Q auf X3 zurückgeht. In diesem Fall sind Beziehungen zwischen G (Q) und „Z" nicht nachweisbar. Figur 1:

O x

Figur 2:

O x

B

A 39

Liste gemeinsamer Lesarten (in Klammern „Z") I I I I I I

A A A B B H

B B A A A A

G H G H B B

H Q H Q H G

Q G Q G Q Q

=

V.

=

V.

=

0

=

V.

=

0

=

V. V.

I I A A

H Q B G

A A I I

B B G B

G G H H

Q H Q Q

=

V.

=

V.

=

V.

=

V. V.

A H

I

A Q

I

B G Q B G H

=

V.

=

V. V. V. V. V. V.

A Q

I

B H G

=

V. V.

B G

I

A H Q

=

V. V. V.

B H

I

B H

I : A :G • Q I A G H

A G Q

=

V.

=

V.

=

V.

V.

B Q

V. V.

G H

I

A B Q

G H

I

G Q

I

A B:Q A B H

=

V.

=

V.

: =

V.

V.

V. V. V. V. V.

H Q

I

A B G



V. V.

40

21 (-Z- = I) 1288 (IV N P = H; cett. = I) 303 UZ" = A) 983 1074 742 978 908 963 1154 270

(»Z" —) (E F N P = I; cett. = A) („Z" —) („Z" = A) („Z" = A) (-Z" = I) (II K L M = I; cett. = A) („Z" uneinheitlich)

619 788 836 988 1029 1186 778 840 393 416 892 582 852 864

(„Z" = A) („Z" = A) („Z" = A) UZ" —) (II K L = I, cett. = A) („Z" = A) ( C D F J M N = A; cett. = („Z" = A) („Z" uneinheitlich) („Z" = I)

209 210 675 115 1103 917

UZ" - ) (IV E = B; cett. = I) UZ" = I) (J = G; cett. = I) (IV J = G ; cett. = I) UZ" —) UZ" = I) UZ" = I) UZ" = I) (IV G ; cett. = I) (IV = G ; cett. = I) (fort. A = G; cett. = I) UZ" = I) UZ" —)

336 390 603 740 1140 1162 86 685

(.z- = I)

UZ" = i) UZ" = i) UZ" - )

I I I

A B A G A H

G H Q B H Q B G Q

=

V.

=

V.

=

V. V. V. V.

I I I

A Q B G B H

B G H A H Q A G Q

=

0 0

=

V.

=

V. V. V. V.

I I I I

B G G H

Q H Q Q

A G H A B Q A B H A B G

=

0

=

V.

=

0 0

141 792 472 600 960 1076

(„Z" = G) („Z" uneinheitlich) (IV L M P = I, cett. (.z* = I) („Z" = B) (»Z" = I)

65 535 612 1020 1198

(II C („Z" (..Z" („Z" („Z"

=

K = I; cett. = A) = A) —) = A) uneinheitlich)

837 (»Z" = A)

b. Die Beziehungen innerhalb der Familie „Z" Die Überarbeitung Zamoras bestand vor allem in der Hinzufügung einiger Passagen87, die als zusätzliche Personen El Sueño und Los Cinco Sentidos einführen. Verse Calderóns ließ der Überarbeiter dafür an einigen der Stellen, an denen er eigene interpolierte, fallen. Gelegentlich wurden auch nur einzelne Verse oder Wörter von ihm verändert. Einige dieser Lesarten, zu denen unter Umständen die von „Z" mit A, G und Q geteilten gerechnet werden müssen, seien hier aufgeführt. „O"

„Z"

Personalkatalog (vgl. I) v. 381 y vuestros sentidos vos v. 382 me dais v. 456 viuir tengo v. 499 No te quedes v. 504 pecado me haré v. 544 salue v. 615 banquete v. 716 ociosidad v. 825 llores v. 1023 andando vv. 1114—1117

Personalkatalog (vgl. II) los Sentidos, que con vos vienen vivir quiero Pues no quedes me haré pecado salua combite vanidad riñas corriendo —

Die gesamte Familie läßt sich wiederum in zwei Gruppen C D E F N P ( = Z2) und II III K L M ( = II) unterteilen; J und IV nehmen eine Sonderstellung ein. Die erste Gruppe ist durch die folgenden Lesarten zu charakterisieren (in Klammern: „O" und II): — — — —

v. v. v. v.

943: 955: 1015: 1019:

alegraua (halagaua) necedad (absteridad) en viendose (viendose) memoria veo (memoria, luego)

In den von Zamora hinzugefügten Versen bieten die Zeugen dieser Gruppe ebenfalls einige Sonderfehler (in Klammern: II): — — — —

Z 11: preuienes (pereibes) Z 63: — (gusano fui, y ä soy hombre) Z 97: aduertir (advertid) Z 314: sombra le (sombra se)

In E ist ein Teil dieser Lesarten später von zweiter oder dritter Hand nach „O" oder II verbessert worden (vv. 943, 1019, Z 11, Z 63, Z 314). " Nach v. 364 (Z 1—48), v. 374 (Z 49—72), v. 472 (Z 73—123), v. 544 (Z 124—179), v. 598 (Z 180—194), v. 610 (Z 195—200), v. 628 (Z 201—211), v. 690 (Z 212—218), V. 713 (Z 219—221), v. 716 (Z 222—225), v. 738 (Z 226—233), v. 742 (Z 234—263), v. 786 (Z 264—277), v. 843 (Z 278— 378), v. 862 (Z 379—383), v. 913 (Z 384—391), v. 978 (Z 392—418), v. 1029 (Z 419—422), v. 1074 (Z 423—433), v. 1091 (Z 434—437), V. 1105 (Z 438—441), v. 1121 (Z 442—449), v. 1137 (Z 450— 457), v. 1181 (Z 458—481), v. 1279 (Z 482—483), v. 1301 (Z 484—487), v. 1330 (Z 488—495), v. 1348 (Z 496—498), v. 1357 (Z 499—518), v. 1361 (Z 519—522), v. 1373 (Z 523—524), v. 1461 (Z 525—528), v. 1470 (Z 529—534).

42

Audi in allen Zeugen von diese Weise verbessert:

„Z"

übereinstimmende Lesarten wurden auf

— v. 168: para ello acciones > para esto ocasiones — v. 203: al cielo buelue los ojos > al cielo los ojos buelue — v. 711: haga en ellos > hagan bellos (J = I!) u. a.

Da der Personalkatalog und die erste acotación in E auf „O" zurückzugehen scheinen, muß bereits dem Schreiber dieses Zeugen ein Mitglied der genannten Familie zum Vergleich vorgelegen haben. Audi v. 778 („cosas" gegenüber „casas" in C D F N) könnte auf ein solches Mitglied zurückgehen. Es läge im Bereich des Möglichen, daß wenigstens ein Teil der genannten Verbesserungen nach „O" durch den Schreiber von E vorgenommen wurde. Dieser hätte zunächst den Anfang verglichen, wäre aber dann dazu übergegangen, einen Text zu kopieren, den er dann nachträglich mit dem zweiten, dem „auto antiguo", verglichen hätte. Die Handschrift einiger Verbesserungen durch Wortänderung (also nicht durch Ergänzung, vgl. oben 1, C., unter E) ähnelt der des Schreibers von E (man vgl. etwa fol. 5v — v. 168 — das verbesserte „esto" mit fol. 6r „estar" — v. 199 —, vor allem die charakteristische Verbindung von „s" und „t"). Ähnlich wie E muß auch P auf mehr als eine Vorlage zurückgehen. Verbessert wurden in P wie in E vv. 1019, Z l l und Z 314. Die Korrekturen scheinen allerdings vom Schreiber des Ms. selbst vorgenommen worden zu sein, dem also ein zweiter, II ähnlicher Zeuge vorgelegen haben muß. Auf II deutet z. B. auch die Form von v. 1017. Es ist daher nicht erstaunlich, daß P z. B. Z 63 enthält. In den übrigen angeführten Versen besteht jedoch Kongruenz mit C D E F. Die Gruppe Z2 läßt sich wiederum in zwei Untergruppen C D und E F N P aufgliedern. Die folgenden Gemeinsamkeiten wurden festgestellt: — — — —

v. 6633: v. 1235 v.1309 Z 308

CD (Sprecher): Todos (Entendimiento) padezco (carezco) le (la; E F IV: lo) aqui a alla (aqui alla)

— — — — — —

V. 367: v. 1450: v. 1451: Z 418: Z 427: Z 481:

EFNP fragancia (fragrancia) porque la accidental gozes (y porque la accidental) también mira al tiempo (gozes también, mira al tiempo) toda la vida sueño ( . . . un sueño) conuertid (conuenzed) en derecho (de derecho)

Für die Zusammengehörigkeit von C und D sprechen auch die Tatsachen der äußeren Überlieferung, die bereits zur Sprache kamen. D war jedoch nicht Vorlage von C, da in ersterem zwei Verse der Zamora-Fassung (Z 151 und Z 161) fehlen. C->- D ist aufgrund von v. 65 (C: „hombres"; D: „sombras"), v. 506 (C: „estáis"; D: „entráis") und v. 520 (Sprecher in C: Pecado; in D: Cuerpo) unwahrscheinlich. Zumindest könnte C nicht alleinige Vorlage gewesen sein. Ein zu Kontamination führender Vergleich bei43

der Manuskripte hätte in einer Schreibstube stattfinden können (s. oben S. 20). Innerhalb der Gruppe E F N P sind F und N durch einige Lesarten miteinander verbunden: — v. 1174: Autor de (amor de) — Z 95: infiera (infieras) — Z 187: al ser su esposo (a ese su esposo).

In v. 867 scheint N außerdem nach dem Muster von F verbessert worden zu sein (puede a esta > puede esta) Da in F jedoch vv. 950—953 fehlen, kann dieser Zeuge nicht — ausschließlich — Vorlage von N gewesen sein. In der Tat muß dem Schreiber von N ein weiterer Zeuge zugänglich gewesen sein. Er verbessert nämlich in v. 520 die Sprecherangabe „Pecado" (so in II und C) nach dem Muster von E F („Muerte"; E ist allerdings nach I — „Cuerpo" — verbessert worden). Wie E und P beruht also auch N nicht auf eindeutiger Uberlieferung. Direkte Abhängigkeitsverhältnisse sind unter diesen Umständen kaum zu beweisen. Es kann nur festgestellt werden, daß zwischen einzelnen Zeugen Ähnlichkeiten bestehen. So stimmen etwa E und P i n v . 1218 überein („conformidades"; cett. „enfermedades"! E wurde jedoch später nach dem Muster der übrigen Zeugen verbessert). Zwischen IV E P bestehen in Z 378 und Z 469 Gemeinsamkeiten. In vv. 867 und 1315 geht P mit F N zusammen. Insgesamt steht E wohl F und N näher als P, der sich gelegentlich an IV zu orientieren scheint (vv. 412, 501, 950/951). Dies mag man vor allem dem Umstand entnehmen, daß in E des öfteren ursprünglich Übereinstimmungen mit F und N bestanden, die später nach anderer Vorlage verbessert wurden (außer den oben S. 42 f. genannten Beispielen vgl. auch vv. 1102 und Z 356). Die Gruppe II III K L M unterscheidet sich nicht nur in den Sonderfehlern von Z2 von dieser, sondern wird auch durch eine Anzahl eigener Sonderfehler charakterisiert: — — — — — —

v. v. v. v. v. v.

47: 122: 222: 410: 573: 1017:

nuevo capuz (negro capuz) tan barbara y tan ruda (tan barbara, tan ruda) serä (sere) ahora si, que (ahora si; y) quien mis intentos anima (quien anima mis intentos) el no dormir (el no dormirse)

Der älteste Zeuge der Gruppe ist Ii. Auf ihn gehen die übrigen Zeugen ganz oder zum Teil zurück. Eindeutig als codex descriptus ist III zu klassifizieren. Die Kollation der Texte ergab kaum Unterschiede. Verändert wurde vor allem die Zeichensetzung. So ersetzt III z. B. die Fragezeichen, die II in den ersten Versen des Stückes zeigt, durch Punkte. Gelegentlich wurde die Lesart von II korrigiert: — v. 222: sere (serä) — v. 333: de los dos (de los)

Andererseits wurde v. 215 nicht verbessert („que de intentar" an Stelle von „que han de intentar"). In v. 300 entsteht ein Fehler durch Auslassung des 44

Personalpronomens („siento en mi, que parece" an Stelle von „ . . . que me parece"). K L M sind schwerer zu klassifizieren. Sie teilen einerseits die aufgeführten Sonderfehler von II. Selbst die Zeichensetzung des Druckes findet sich in ihnen wieder (Fragezeichen der ersten Verse), was um so bedeutungsvoller ist, als die Manuskripte im allgemeinen nur wenige Zeichen enthalten und in den wenigsten Fällen übereinstimmen. Auf der anderen Seite bestehen jedoch wichtige Unterschiede. In allen drei Zeugen fehlen so die Verse 323—338. Diese Verse waren in L zunächst enthalten, wurden aber mit dem Text, den M als Ersatz zeigt, überklebt (fol. 9r). Der Ersatztext der genannten Verse ist in K verschieden von dem in M. In gleicher Weise wurden die Verse 1106—1117 in L mit einer Passage aus M überklebt (fol. 37v in L). Das Verfahren wiederholt sich bei einem Einschub nach Z 39888. Diesem Faktum (Verbesserung von L nach dem Vorbild von M) begegnet man auch an anderen Stellen: M_ v. 33 v. 347 v. 728 v. 1232

arbol pues quando te serbirä por quien

v. 1233 me querello

L_ tronco > M y quando > M prebendra eingerahmt, es folgt M de quien > M rello

me quexx

(ce/i.: quexo)

L und M stimmen ferner in einer Passage überein, die nach v. 1365 eingeschoben wurde. Die entsprechenden Verse sind in beiden Zeugen eingerahmt, wobei in L am Rande mehrmals „no" vermerkt ist. Die Übereinstimmung beruht an dieser Stelle also nicht auf Verbesserung. Da M später entstanden ist als L (wahrscheinlich 1756, L spätestens 1728), muß jenes auf letzteres zurückgehen. Auf direkte Vorlage von L darf man schließen, da beide Manuskripte wohl für dieselbe Aufführung — die des Jahres 1756 — präpariert wurden. Andererseits besteht eine gewisse Beziehung zwischen K und L. Nach v. 364 erscheint in allen anderen Zeugen der Familie „Z" eine Passage von 48 Versen (in J fehlen ersatzlos die Verse Z 24—36) In K fehlen Z 11—16 und Z 23—35, die durch ein Rezitativ („Canta [sc. la Vida] rezit do ") und drei coplas ersetzt wurden. In L sind die Verse Z 11—48 auf zwei eingeklebten Zetteln ergänzt worden. Dabei wurden die wiederholenden Verse Z 31—36 ausgelassen. Auf fol. lOv läßt sich erkennen, daß unter den Zetteln eine Aiie gestanden haben muß: der Rand des eingeklebten Zettels läßt ein „A" am linken Blattrand unbedeckt, im Gegenlicht läßt sich „Area" erkennen. Der Text, der in K erhalten ist, konnte allerdings nicht in L stehen, da er zu lang ist. Immerhin ergibt sich eine gewisse Ähnlichkeit der Anlage. Allein in K ist schließlich nach v. 1033 eine weitere Passage von 16 Versen eingeschoben. Damit ist K bis zu einem gewissen Grade von L unabhängig. Dieser Zeuge zeigt sich zwar mit K verwandt, muß aber unabhängig von ihm sein, da K jünger ist und L Passagen enthält, die K nicht zeigt, die aber in M geboten werden. 88

Vgl. Kommentar zu v. 978!

45

K und L kann man also als Kopien eines Typs Iii ansehen. M ist mit L verwandt, es übernahm aber aus einer anderen Vorlage nicht nur die fehlenden Zamora-Verse, sondern auch II korrigierende Lesarten (z. B. v. 215). Diese Vorlage wirkte über den Schreiber von M auf L zurück. Eine weitere Frage, die sich in Bezug auf die beiden Gruppen Z2 und II (III) K L M stellt, ist die nadi der Herkunft der mit „O" übereinstimmenden Lesarten in II (und abhängigen Zeugen) — z. B. in vv. 943 und 955. Es könnte sich um durch den Vergleich mit einem Mitglied von „O" in II zurückverbesserte Abänderungen Zamoras handeln. Eine zweite Möglichkeit wäre, daß Zamora den Text an diesen Stellen nicht veränderte, dafür aber der Schreiber der für C D E F N P gemeinsamen Vorlage. Auf diese Möglichkeit einer „besseren" Vorlage von II deutet die Tatsache, daß der Druck den in den genannten Manuskripten fehlenden Vers Z 63 enthält. Darauf, daß mit einem Zeugen aus „O" verglichen wurde, könnte das Wiederauftauchen von „hombres" in v. 65 und „cosas" in v. 778 deuten, zumal beide Lesarten in M wieder mit der gemeinsamen Vorlage von C D E F N P übereinstimmen und in L nach diesem Muster verbessert wurde 8 '. M hatte aber einen Zeugen der Zamora-Fassung vorliegen. Eine endgültige Entscheidung ist schwer zu treffen, für die Herstellung des Textes auch nicht erforderlich. Schwierig ist schließlich die Einordnung der Zeugen IV und stimmen zunächst in einer Reihe von Lesarten überein: — — — — — —

v. v. v. v. v. Z

151: 252: 421: 492: 1361: 331:

J.

Beide

nulidad del Matrimonio ( . . . de matrimonio) lo que (la que) que a solo mi ser atento (a solo mi ser atento) oy a tus bodas preuengo (por ti a tus bodas preuengo) a tus alientos (a sus alientos) á dezir mi acento vä (ha de dezir mi acento)

Beide zeigen, abweichend von „Z", Einflüsse von „O". Dabei hat jedoch J nicht immer an denselben Stellen wie IV dieser Fassung den Vorzug gegeben. So lauten in J vv. 168, 185, 203, 300, 354, 711, 932, 1379, 1391 und 1436 wie in „O", in IV dagegen wie in „Z"; umgekehrt stimmen in IV vv. 375—378 (fehlen in den übrigen Zeugen von „Z"), 379, 501, 537/538, 629/630 (wie 375 ff.), 690, 1341—1346 (wie 375 ff.) mit „O" überein, in J aber mit „Z". Einfluß von „O" (I B G H Q) liegt im Drude auch in v. 525 vor („Acordándosela ella": „Como se acuerde de avella"; vgl. „Acordándola de auella" in I ). Welche Form von

„O"

IV zum Vergleich vorlag, ist nicht mit Sicher-

v. 65: D E F N P = „sombras", C = .hombres"; die Vorlage muß „sombras" gezeigt haben. v.778: C D F N = „casas", E P = ,cosas"¡ die Vorlage muß „casas" gezeigt haben. — I n h e i d e n Fällen könnte die Übereinstimmung von C (E) mit „O" (ohne A, G und Q) zufällig sein. In beiden Fällen ist aber auch Kontamination möglich. In E spricht der mehrfach erwähnte Personalkatalog zusammen mit der ersten acotación für sie. In C wäre sie aufgrund der äußeren Uberlieferungsumstände — Identität des Schreibers von C und A — nicht unmöglich; v. 65 könnte in C aus dem Zeugen von „O" übernommen worden sein, während in A die Lesart von „Z" vorgezogen wurde. P könnte auf IV zurückgehen.

46

heit zu sagen. Aufgrund von v. 1140 (G Q IV = „por la muerte y al pecado") wird man eine Beziehung zwischen G, Q und IV vermuten können. Die mit „O" verwandte Vorlage von J war mit größter Wahrscheinlichkeit H, da J eine Reihe von Sonderfehlern dieses Zeugen teilt — u. a. diejenigen, die G mit H verbinden —: — — — — — —

v. v. v. v. v. v.

231: 350: 735: 879: 930: 1290:

pues no ser, peor sera (pues peor no ser será) busco (boca) en darme quanto pidiere (a darle quanto el pidiere) enemiga (enemigo) pesada (pasada) creo (veo)

Einfluß von G ist an zwei Stellen nicht auszuschließen (vv. 670, 1236). Beide Zeugen verglichen endlich wohl mehr als eine Fassung von „Z". Sowohl J als auch IV schließen sich in vv. 943, 955, Z 28, Z 97, Z 150 und Z 184 Z2 an, IV darüber hinaus auch in vv. 1015 und 1019; sie folgen jedoch in Z l l und Z 63 der Gruppe II K L M. Dabei fällt auf, daß in den „Z"-Varianten die besseren Lesarten übernommen werden. In vv. 943 und 955 könnten II und Abhängige auf „O" zurückgehen, C — F N P jedoch die Zamora-Fassung repräsentieren. Die Lesarten von IV und J in Z l l und Z 63 brauchen dementsprechend nicht auf II zurückzuführen zu sein, sondern es kann engerer Anschluß an den Archetyp der Zamora-Fassung vorliegen. Allerdings ist IV, da er in vv. 1309, 1315, Z 378 und Z 471 nur mit E und P übereinstimmt, einem diesem Zeugen ähnlichen Typ zuzuordnen. E selbst könnte höchstens vor der „Überprüfung" mittels eines Zeugen von „O" Vorlage gewesen sein (v. 168 „ello acciones" [„Z" > „O" in E¡ IV P = „Z"]; s. a. v. 943 u. a.). Seine Sonderfehler hätten durch Vergleich mit einer anderen Vorlage vermieden werden können (so z. B. durch Ergänzung von v. 151; dieser Vers wurde in E nachgetragen!). Unter den geschilderten Umständen ist es nicht möglich, eindeutig festzustellen, wie die Beziehungen zwischen IV und J geartet sind. Ausgangspunkt einer Lösung könnte v. 483 sein: in ihm stimmen E, J und IV überein („No que" : „No pues" in allen anderen Zeugen). Da Sonderfehler von E in J sonst nicht nachzuweisen sind, wird man annehmen können — sofern man zufällige Ubereinstimmung ausschließt —, daß J in dem genannten Vers auf IV zurückgeht, der die Variante seinerseits aus einem E ähnlichen Zeugen übernahm, v. 1103, i n d e m J und IV gegen E übereinstimmen („orror" ; „herror") kann in beiden Zeugen durch Einfluß von „O" (H in J, G in IV) erklärt werden. Damit sind jedoch nicht alle möglichen Beziehungen umschrieben. So ist darauf hinzuweisen, daß M in v. 33 eine Lesart mit IV gemeinsam hat („arbol" : „tronco"). Derselbe Zeuge kann außerdem in v. 501 nach dem Muster von J verbessert worden sein. Die Überlieferung des Textes wird im 18. Jahrhundert recht undurchsichtig. Sie ist damit typisch für die Verhältnisse,, die Fernando Lázaro Carreter in der einführenden Untersuchung seiner kritischen Ausgabe des Buscón Que47

vedos bereits für das 17. Jahrhundert beschreibt 90 . Für die folgende Figur gilt daher in noch stärkerem Maße das, was in Bezug auf die stemmatisdien Darstellungen der Beziehungen innerhalb von „O" gesagt wurde. Die wahrscheinliche Verwandtschaft der Zeugen E IV J wird nur durch äußere Nachbarschaft gekennzeichnet. Das gleiche gilt für die mögliche Beziehung zwischen IV J und M. Für C D wird die Forderung nach einer gemeinsamen Vorlage nicht in der Figur wiedergegeben, da Abhängigkeit C -»- D nicht auszuschließen ist. Ähnliches gilt für E F N P. Aufgrund der ihnen gemeinsamen Lesarten ist nur die Aussage möglich, daß F und N wahrscheinlich enger miteinander verwandt sind als mit E und P. Umgekehrt gilt dasselbe für die beiden letzteren Zeugen, obwohl Kontamination das Überlieferungsbild sowohl in E als auch in P stärker zu verfälschen scheint. Auf eine weitergehende Differenzierung wird daher im folgenden Schema verzichtet. Die geschilderten Ähnlichkeiten sind wiederum durch einfache Nachbarschaft in der Figur gekennzeichnet.

,0 Francisco de Quevedo, La vida del Buscón llamado Don Pablos, Edición crítica y estudio preliminar de Fernando Lázaro Carreter, Salamanca 1965 (Acta Salmanticensia, Filosolía y Letras, tomo XVIII, núm. 4), S. LXXI.

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I. 2. Zum Datum El pleito matrimonial gehört zu den autos, deren Entstehungsdatum bis heute nicht eindeutig festgelegt werden konnte 1 . Als terminus ante quem ist — nach heutigem Wissen — das Jahr 1651 anzusehen, in dem unser Stück einer Angabe Sánchez Arjonas zufolge in Sevilla aufgeführt wurde 2 . Cotarelo greift dieses Datum auf und meint, auch im Hinblick auf den 1655 erschienenen Erstdruck, es sei „no aventurado creerlo [sc. El pleito] escrito poco antes de su representación en Sevilla, quizá en este mismo año, pues teniendo que dar Calderón dos autos en cada año, no es de suponer que tuviese muchos detenidos en sus cartapacios" 3 . Hilborn datiert El pleito aufgrund metrischer Merkmale auf „c. 1648—50"4. Allerdings legt er seiner Untersuchung der autos die Pando-Ausgabe zugrunde. Da diese nicht den ursprünglichen Text, sondern nur die ZamoraFassung bietet, weichen die von Hilborn gebotenen Prozentzahlen von denen ab, die sich aus der Analyse des Erstdrucks ergeben*. Die Unterschiede sind jedoch derart, daß die Argumentation Hilborns durch sie nicht in Frage gestellt wird 7 . Im Gegensatz zur Datierung Cotarelos und Hilborns steht diejenige Valbuenas. Er bezeichnet El pleito wiederholt als Frühwerk Calderóns 8 und schlägt als Entstehungsjahr etwa 1631 vor 9 . In der Tabla cronológica de los autos des spanischen Forschers erscheint allerdings eine Rubrik, aus der hervorgeht, daß er eine Umarbeitung durch den Dichter selbst für die Aufführung von 1651 nicht für unmöglich hält10. Eine nähere Erläuterung seiner 1 Man vgl. die Tabellen in OC III, 36 und Harry W. Hilborn, A Chronology oí the Plays ol D. Pedio Calderón de la Barca, Toronto, 1938, S. 114. 2 Vgl. Einleitung I. 1, A. 4; s. a. ders., El teatro en Sevilla en los siglos XVI y XVII (Estudios históricos), Madrid 1887, S. 309/310. 3 Emilio Cotarelo y Mori, .Ensayo sobre la vida y obra de D. Pedro Calderón de la Barca*, in: BRAE VIII — X (1921—1923), hier IX, 1922, S. 628. — Eine ähnliche Ansicht vertritt Courtney Bruerton, wenn sie schreibt: „For autos the year of performance is probably practically always the year of composition" (Rezension von Hilborn, op. cit., in: HR VII, 1939, S. 267—272, hier S.271). 4 op. cit., S. 83, 86/87, 114. 5 ib., S. V, A. 5. ' 1478 vv. = 100 °/o; in Klammern jeweils die Zahlen Hilborns (nach S. 83 op. cit.): octavas — 48 vv. = 3,25 °/o (3 °/o)¡romance — 808 vv. = 54,66 °/o (59 '/•)¡ décimas — 340 + 6 vv. = 23,41 °/o (18 °/o) — zu . + 6" vgl. Kommentar zu vv. 337/338! — ¡ redondillas — 268 w . = 18,14 »/o (19 »/«); Verschiedene — 8 ( + 3 ungezählte) w . = 0,54 °/o (.6 lines"; nähere Angaben im Kommentar zu vv. 845 und 1475). 7 Seine Einordnung beruht auf folgenden Kriterien: a) mehr als 14 °/o redondillas; b) vérhältnismäßig kleiner Prozentsatz an romance; c) verhältnismäßig großer Prozentsatz an décimas,- d) Fehlen von „unusual metres". Vgl. op. cit., S. 86/87. 8 Angel Valbuena Prat, Calderón, su personalidad, su arte dramático, su estilo y sus obras, Barcelona 1941, S. 186; OC III, 74b, 1822a (A. 1). » OC III, 73a¡ CC 74, S. LV, heißt es: „hacia 1630'. 10 OC III, 36: .Pleyto Matrimonial (¿Modificado? ¿Nueva representación?) Sevilla 1651". An zweiter Stelle dieser Liste: .El Pleito Matrimonial del alma y el cuerpo [sicl]: ¿Antes de 1640?". Man vgl. schließlich die Angaben in: .Los autos sacramentales, clasificación y análisis", RHisp LXI, 1924, S. 55.

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Vermutung gibt Valbuena nicht. Da er den Erstdruck (1655) als „texto primitivo" bezeichnet11, scheint er ihr keine größere Bedeutung beizumessen. Eine 1651 erfolgte Umarbeitung vorausgesetzt, dürfte nämlich nicht ohne weiteres angenommen werden, der Erstdruck entspreche einer früher entstandenen „Urfassung". Dieser Annahme steht vor allem die Existenz des Zeugen H entgegen, der wahrscheinlich von einem andalusischen Kopisten geschrieben wurde und dessen Text — der sich mit dem des Erstdrucks deckt — daher dem der Sevillaner Aufführung eher als dem einer „Urfassung" nahekommen könnte". Dafür, daß es sich bei unserem auio um ein Frühwerk des Dichters handelt, sprechen nach Valbuena die extensión material — „es el único que los continuadores de Calderón alargaron por considerarle pequeño"1* — und der primitivismo des Themas14. Beide Kriterien sind jedoch nur von bedingtem Wert für die Datierung von Ei pleito. So ist unser auto mit 1478 Versen keineswegs das kürzeste von Calderón verfaßte. Die weniger umfangreichen Schöpfungen dieser Gattung sind zudem nicht an eine bestimmte Schaffensperiode des Dramatikers gebunden. Von den nach Valbuena und Hilborn sicher zu datierenden autos umfassen z. B. El nuevo palacio del Retiro (1634) 1506 Verse, Los misterios de la misa (1640) 1333, La vacante general (1649; Hilborn 1648) 1397, El divino Orieo (2. Fassung 1663) 1376. Im letztgenannten Fall ist die spätere Fassung sogar kürzer als die erste, wohl vor 1640 entstandene Version 15 . Der angebliche primitivismo des Themas deutet ebenfalls nicht unbedingt auf ein frühes Datum. Valbuena zielt mit seiner Formulierung auf die mittelalterliche Tradition des Leib-Seele-Problems. Nun knüpft Calderón jedoch nicht nur in El pleito, sondern auch in späteren autos an dem Mittelalter geläufige Gedanken an — Valbuena selbst führt z. B. La devoción de la misa auf mittelalterliche Quellen zurück1'. Unser auto stellt also keinen Einzelfall dar, der deshalb zu früher Datierung berechtigte, weil das Thema traditionell ist. Ähnlich fragwürdig ist die in demselben Zusammenhang vorgetragene Meinung des Spaniers, Calderón sei vom „arcaísmo del asunto" überzeugt o c III, 73a. " Vgl. zu H I. 1. B, sub H. 1S CC 74, S. LV/LVIj vgl. 1.1. A, A. 11. 1 1 CC 74, S. LH. 1 5 Parker meint, sie müsse vor 1638 entstanden sein (Alexander A. Parker, The Theology oi the Devil in the Drama oí Calderón, London 1958, Aquinas Paper No. 32, S. 7). Nadi Valbuena (OC III, 1819b) gehört sie zu den »Autos de la primera época de Calderón". — Zu weiterem Vergleich: El socorro general (1644) 1554 vv.¡ La humildad coronada de las plantas (1644) 1407 w . ¡ La segunda esposa (1648 Hilborn¡ ¿1648—1649? Valbuena) 1718 vv.¡ Los encantos de la culpa (1649) 1354 w . ¡ La piel de Gedeón (1650) 1736 vv.¡ El cubo de la almudena (1651) 1789 vv.,- Las espigas de Ruth (1663) 1783 w . 11

1 $ OC III, 243b, 245/'246¡ auch diesem auto wird von Valbuena ein frühes Datum zugewiesen (,¿1637?*). In seine .Tabla cronológica" nimmt er es nicht auf. Hilborn, op. et loc. cit., schlägt „c. 1674—75" vor. (Länge des Stüdes = 1906 w . ) Zu .éléments traditionnels" in den autos vgl. man Lucien-Paul Thomas, „Les jeux de scène et l'architecture des idées dans le théâtre allégorique de Calderón", in: Homenaje ofrecido a Menéndez Pidal, tomo segundo, Madrid 1925, S. 504—506.

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gewesen 17 . Das Leib-Seele-Problem ist im 17. Jahrhundert keineswegs ohne philosophische und literarische Aktualität18. Schon die Beweisführung Valbuenas ist im übrigen nicht schlüssig. Er schreibt: „En su [sc. Calderóns] interesante Mojiganga de la Muerte — la mejor de sus obras menores — aparece la carreta que lleva a los personajes de un auto del día del Corpus; entre ellos están el Cuerpo y el Alma y se alude a un tema de esponsales, e inmediatamente se habla de auto antiguo"1*. Von „auto viejo" — wie es bei Calderón heißt — ist aber nicht in der oder in direktem Anschluß an die Szene die Rede, in der el Autor auf Alma und Cuerpo Bezug nimmt, sondern in einer späteren Szene („Campo y Camino")20. In ihr begegnet ei Caminante dem auf der Fahrt von einem Dorf zum anderen umgeschlagenen carro der Komödianten. Diese konnten sich aus Gründen der Eile nicht umziehen, und als nun nacheinander die als Teufel und Engel verkleideten Schauspieler um Hilfe bitten, wird der Wanderer ob der ihn überirdisch anmutenden Erscheinung von der Angst gepackt und will fliehen. Daraufhin wird er von Demonio und Angel angerufen41: Demon. Angel. Camin. (Aparte)

Tente, hombre. No te vayas. ¿Si soy hombre de auto viejo, Pues que me hallo contrastado Del ángel malo y el bueno?

Nicht die Konstellation Alma — Cuerpo (mit der Anspielung auf deren Ehe), sondern die Gruppierung Demonio — Hombre — Angel wird also als typisch für ein „auto viejo" bezeichnet22. 17

c c 74, s. LUI. s. II. 1—3. '» CC 74, S. LUI f. 20 La mojiganga de la muerte, in: Comedías de D. Pedro Calderón de la Barca, colección . . . hedía . . . por D. J u a n Eugenio Hartzenbusdi, tomo quarto, BAE XIV, S. 645b und S. 646b. 21 op cit., S. 646b. 18

22 Auf das sich ergebende Problem der Behandlung d i e s e r Konstellation soll hier nicht eingegangen werden. Calderón sdieint sie jedoch vermieden zu haben. Man beachte, daß in unserem auto der „Kampf" nicht zwischen Pecado und Christo stattfindet, sondern zwischen Voluntad und Entendimiento (vgl. II. 1), die Auseinandersetzung zwischen .Gut" und «Böse" also nicht um den Menschen, sondern in diesem ausgetragen wird. Man vgl. zu diesem Punkt auch die Ausführungen Parkers (The Theology oi the Devil, op cit., passim), der auf die Doppelung der .das Böse" und „das Gute" verkörpernden Figuren aufmerksam macht, mittels derer Calderón in einer späteren Periode der Gefahr manichäistischer Gegenüberstellung von Gott und Teufel begegnet. — ü b e r das Datum der Mojiganga ist nichts bekannt. Hartzenbusch und Valbuena geben als Quelle eine Sammlung an, die nach letzterem 1708 in Zaragoza erschien (s. CC 74, S. LUI). El Caminante spielt an einer Stelle (S. 646a) auf.el Diablo cojuelo" an [ — Carretero (Dentro.) „Quebróse una pierna el Diablo." / — Caminante. „Pues será el Diablo cojuelo./"]. Nun ist „diablo cojuelo" zwar im siglo de oro als Bezeichnung eines besonders schlauen Teufels schon vor dem 1641 erschienenen Werk Vêlez de Guevaras gebräuchlich (vgl. Ausgabe des Diablo cojuelo von Francisco Rodríguez Marin, CC 38, S. XXXI ff.), da aber el Caminante auch die Wendung „la vida es sueño" in seine Äußerungen einflicht (S. 647a) und sich dadurch als literarisch gebildet ausweist, daß er zur Definition der mojiganga beiträgt (S. 648a/b . . . . todas las mojigangas / Tienen un fin, advirtiendo/ Que es disparatar a d r e d e / T a l vez gala del ingenio/"), könnte sehr wohl eine literarische Anspielung vorliegen. 1641 böte sich in diesem Fall als terminus post quem an.

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Auf die Jugend des Autors deutet für Valbuena endlich die „Zurschaustellung" „patristischer und thomistischer" Gelehrsamkeit 23 . Als Beispiel verweist er auf „el documentado pasaje sobre el comentario de un salmo, en que el autor recurre a la vez a San Agustín y a San Jerónimo, a Genebrardo y a San Gregorio Nacianceno" 24 . Valbuena übersieht jedoch — oder erwähnt zumindest nicht —, daß dieser Passage, der im übrigen nicht nur ein Psalm zugrunde liegt, eine bestimmte von der Allegorie abhängige dramatische Funktion zukommt: Alma führt die kirchlichen Autoritäten als Z e u g e n an, die ihre Klage gegen Cuerpo stützen sollen25. Darüber hinaus spielt „sabiduría patrística y tomista" auch in späteren autos — man denke an El sacro Parnaso (1659) — eine wichtige Rolle. Selbst wenn man „alardes un poco de escolar" annimmt, ist damit ein frühes Datum nicht eindeutig bewiesen. Eine derartige Annahme kann im Gegenteil Ausgangspunkt für eine Argumentation zugunsten des späteren Datums 20 werden. In das Jahr 1649 fällt nämlich die Entscheidung Calderóns, in den geistlichen Stand einzutreten 27 . Ob dieser Entschluß den dramatischen Hintergrund hat, den Cotarelo y Mori in seiner Biographie des Dichters schildert28, mag dahingestellt bleiben. Nicht ausgeschlossen ist immerhin, daß Calderón seine „antiguos estudios" wieder aufnahm, um sich auf die Ordination vorzubereiten 29 . Die neuerlichen Studien des Dramatikers könnten ihre Auswirkungen in der Gestaltung nicht nur von El pleito matrimonial, sondern auch in der von La vacante general, das auf 1649 datiert wird 30 , gehabt haben. Letzteres auto, dessen Allegorie auf Analogie mit der Prozedur der oposiciones a canonjías?1 beruht, bietet u. a. eine Anspielung auf „cánones sagrados" 32 . Calderón könnte zur Vorbereitung seines Eintritts in den geistlichen Stand in besonderem Maße nicht nur kirchliche Autoritäten, sondern auch kanonisches Recht gelesen haben, wobei er vielleicht an frühere Studien in Salamanca anknüpfte. Auf diese Weise wäre eine Er23 OC III, 74b: „Calderón compone el auto en su juventud, lleno de sabiduría patrística y tomista, con alardes un poco de escolar." « OC III, 74b. 25 vv. 1190—1193: „Con estas dos causas, que vna / bastara, ante vos parezco, / y Profetas, y Doctores / por testigos os presento. /" w „c. 1648—50" (Hilborn), 1651 (Cotarelo)¡ s . o . 27 Cotarelo y Mori, op. cit., BRAE IX, S. 612—619. 29 loe. cit. ist von .amores tardíos" und der Geburt des Sohnes Calderóns die Rede. Der Versuchung, einen autobiographischen Schluß auf den Ursprung der Allegorie unseres aulo zu ziehen, ist nur schwer zu widerstehen. 2 » ib., S. 615. 30 Den Forschungen Shergolds und Vareys zufolge ist dieses Datum nur als terminus ante quem anzusehen (vgl. N. D. Shergold — J. E. Varey, „A Problem in the Staging of Autos Sacramentales in Madrid, 1647—1648", in: HR XXXII, 1964, S. 28 und S. 32. 31 OC III, 469a, „Nota preliminar" zu La vacante general; Text auf den folgenden Seiten. Valbuena ordnet das Stück unter autos de circunstancias ein und meint, die oposiciones a canonjías seien in jenem Jahr (1649) „seguramente famosas" gewesen. Zumindest ebenso einleuchtend könnte es sein, die Wahl des Themas in Bezug zu setzen mit dem persönlichen Vorhaben des Dichters, wenn dieses auch nicht in einer derartigen oposición bestand. 32 OC III, 482b — Iglesia: „Abre, Inocencia, / ese libro de la Ciencia, / y para leer y argüir / da los puntos a los dos / de los cánones sagrados / que están en Leyes fundados./"

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klärung für die teilweise recht genauen juristischen Kenntnisse gegeben, die aus einigen Versen unseres auto zu sprechen scheinen 33 . Eine weitere Tatsache, die auf die Entstehung um 1650 deuten könnte, ist in einer Passage des 1650 entstandenen auto El año santo de Roma zu sehen, in der auf den Gegensatz von Körper und Seele Bezug genommen wird 34 . Zwar brauchte diesem Umstand bei der Häufigkeit einiger Motive der autos35 keine größere Bedeutung beigemessen zu werden. Jedoch wird, wenn wir richtig sehen, in keinem anderen Sakramentsspiel Calderóns in ebenso deutlicher Weise auf den Widerstreit von Körper und Seele angespielt. Schließlich enthält das um 1650 entstandene auto La segunda esposa y triunfar muriendo eine Szene zwischen Pecado, Hombre und Muerte, auf deren Ähnlichkeit mit El pleito bereits Valbuena hingewiesen hat 36 . Nachdem Shergold und Varey in ihren Forschungen gezeigt haben, daß sich aus der Art der Inszenierung der autos unter Umständen Rückschlüsse auf die Datierung ziehen lassen, muß auch auf diese Problematik eingegangen werden. Wie die englischen Wissenschaftler nachweisen, wurden seit dem Jahre 1647 die autos in Madrid nicht mehr mit zwei, sondern mit vier carros gespielt. Gleichzeitig wurde die Zahl der aufgeführten Spiele von vier auf zwei reduziert. In dem bereits zitierten Artikel heißt es weiter: „It is possible, by analysing the stage-directions of most of Calderón's autos, to see whether they were written for four carts or for two, so that the year of the ¿hange provides a kind of watershed in Calderón's production: those written for four carts are later works, and those written for two belong to the earlier period" 37 . Für die Aufführung von El pleito sind mindestens drei Bühnenbilder — apariencias38 — erforderlich: 1.) Muerte tritt aus einem, offensichtlich erhöht stehenden, B a u m hervor, wie man der ersten Bühnenanweisung und vv. 25—28 entnehmen kann 39 (vv. 1468/1469 nehmen wiederum auf ihn Bezug); 2.) Pecado weist auf „el coraron de essa g r u t a " (vv. 169/170) — 33

S. vv. 485, 1304, 1358 u. a.; zu Studien in Salamanca vgl. II. 3. A. OC III, 494a/'b: . . . . como / el Hombre vive compuesto / d e cuerpo y alma, en quien siempre / batallan los dos extremos / de su materia y su forma, / con lo caduco y lo eterno, / siempre en su mística l i d / viven los dos, porque siendo / él el rústico villano, / hijo del polvo y el viento, / y ella el espíritu noble, / criada en mejor imperio, / mal avenidos y mal / hallados y descompuestos, / porfían a desatarse / él del yugo en que le han puesto / y ella de las ataduras / de las cárceles del cuerpo, /". 34

35 Etwa des Motivs, das man als das der „unbelebten Statue" bezeichnen könnte (vv. 187—198)¡ vgl. Kommentar! Zum Problem der Wiederholungen jetzt auch Horst Ochse, Studien zur Metaphorik Calderóns, München 1967, S. 10 ff. 36 OC III, 424a; die in Rede stehende Szene, die mit vv. 279 ff. von El pleito zu vergleichen ist, findet man ib., 435/436 (vgl. auch w . 535 ff.). Zum Datum s. ib., 423a. Es fällt auf, daß Pecado nur in Segunda Esposa (1648), Año santo de Roma (1650) und El pleito (1651 aufgeführt) auftritt (Vida - auto stellt einen Sonderfall dar¡ vgl. Kommentar S. 166). 37 Shergold-Varey, art. cit., S. 13. 38 Vgl. zu diesem Terminus jetzt N. D. Shergold, A History ol the Spanish Stage, Oxford 1967, passim (s. Index, S. 591a/b). 3 ® Vgl. Skizzen und weitere Erläuterungen im Kommentar zu v. 271! Zu den öfters vorkommenden .Verschwörungsszenen" — hier zwischen Pecado und Muerte — s. L.-P. Thomas, art. cit., S. 506, A. 1 und Parker, The Theolog y oi the Devil, op. cit., S. 7.

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auch ohne Bühnenanweisung ergibt sich die Notwendigkeit eines neuen Bildes aus der konkreten Aufforderung Pecados an Muerte („los ojos buelue a mirar"¡ man vgl. die Aufforderung von Christo in vv. 1451—1453, die sich auf dieselbe Höhle beziehen) ¡ 3.) Pecado weist auf „purpureas / e s f e r a s " , aus denen Alma herabsteigt ( w . 203—205) — diese Sphären werden in der Schlußszene zum Sitz von Christo, der Alma auffordert, auf dem Thron, auf dem sie hinabstieg, zu ihm zurückzukehren (vv. 1445/1446). Da jeder carro zwei apariencias — j e eine in seinem unteren und oberen Stockwerk tragen konnte, wäre es durchaus möglich gewesen, das Stüde mit zwei carros zu spielen. Cuerpo und Muerte wären aus dem einen, Alma aus dem anderen carro aufgetreten. Für das nicht näher bezeichnete Erscheinen von Pecado wie überhaupt für die „normal stage entrances" 40 hätte die untere Etage (primer cuerpo) des Wagens von Alma dienen können. Um dem Auftritt von Pecado Nachdruck zu verleihen, hätte man den ihn darstellenden Schauspieler — analog seinem Abtreten am Schluß (vv. 1466/ 1467) — auch durch eine Falltür auf die Bühne heben können41. Andererseits wäre aber denkbar, daß die „cárceles profundas" (v. 156) — das „centro" (v. 1403), die „abismos" (v. 1467) —, in denen Pecado zu Hause ist, ebenfalls in einem Bühnenbild dargestellt wurden42. In diesem Fall wären vier carros notwendig gewesen, da sonst eine Tür für das gewöhnliche Spielgeschehen gefehlt hätte. Vier carros wurden mit Sicherheit im 18. Jahrhundert bei der Aufführung verwendet, wie man aus den Bühnenanweisungen der Zamora-Fassung entnehmen kann 43 . Unser Stüde eignet sich demnach für beide Arten der Inszenierung44. Es läßt sich also von der Bühnentechnik her nicht entscheiden, ob El pleito vor oder nach 1647 geschrieben wurde. Zudem schließt ein mögliches Entstehungsdatum nach 1647 gerade für unser auto nicht aus, daß es für zwei carros konzipiert wurde. Die Umstellung vor vier auf zwei autos und von zwei auf vier carros wurde zwar in Madrid in dem genannten Jahr (1647) vollzogen. Ob sie in Sevilla 1651 schon stattgefunden hatte, ist nicht erwiesen. Dagegen spricht, daß in diesem Jahr noch vier autos aufgeführt wurden45. Calderón hätte daher auch nach 1647 noch autos für zwei carros schreiShergold-Varey, „A Problem . ..", art.cit., S. 32. Vgl. Kommentar zu v. 1467 und Beispiele bei Shergold, Hislory, op. cit., S. 450. 41 Bei Shergold, History, op. eil., S. 449/450, finden sich Beschreibungen solcher .Höllentore". Man vgl. die Angaben Sánchez Arjonas, Noticias, op. cit., S. 138 (für ein 1609 aufgeführtes auto wurde ein .castillo infernal" mit einer .boca de infierno espantable" benötigt). 4S vgl. Pando VI, S. 45 und S. 74 (Bühnenanweisungen vor v. 1 und v. 1441). 44 Das Hinzukommen von Sentidos und Sueño in ,Z" hätte auf die Art der Inszenierung keinen EinfluB zu haben brauchen. Sentidos treten in der Höhle des Körpers mit diesem auf (Pando VI, S. 48, Bühnenanweisung nach v. 169). Für Sueño fordert keiner der Zeugen eine eigene apariencia; als .ministro" von Muerte (v. 910) könnte er aus dessen Stamm (.tronco", .árbol") auftreten. Zahl der auftretenden Personen und Zahl der carros scheinen überhaupt unabhängig voneinander zu sein. In El nuevo palacio del Retiro (1634) treten z. B. schon 12 Personen auf (vgl. die Angaben im Kommentar zum Personalkatalog). 40

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44 La triaca y el veneno. Las pruebas de Cristo (durch Adrián López) ¡ El pleito matrimonial. Las pruebas del hombre (durch Francisco de Castro) — vgl. Sánchez Arjona, Noticias, op. cit., S. 393/394. Sánchez Arjona vermerkt noch für das Jahr 1659: .Este año no se representaban más que dos autos" (op. cit., S. 421).

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ben können. Parker meint allerdings, die letzten für eine Provinzstadt geschriebenen, nicht vorher in Madrid aufgeführten autos seien La humildad coronada de las plantas und El socorro general (beide Toledo, 1644)". Die Aufführung von El pleito ist in der Zeit um 1650 für Madrid nicht belegt, andererseits aber auch nicht mit absoluter Sicherheit auszuschließen47. Die Möglichkeit, das auto mit zwei u n d vier carros zu inszenieren, könnte darauf deuten, daß Calderón sowohl hauptstädtische wie provinzielle Anforderungen erfüllen mußte. Aus dem Gesagten läßt sich der Schluß ziehen, daß es zumindest kein sicheres Zeichen dafür gibt, daß El pleito wesentlich früher als 1651 entstanden ist. Die Entstehung um 1650 erscheint dagegen aufgrund der genannten motivischen und autobiographischen Indizien als möglich. Allerdings ist die Vermutung, es handele sich um ein älteres, neuerlich aufgeführtes auto nicht endgültig zu widerlegen.

4 6 A. A. Parker, The Allegorical Drama Ol Calderón, Oxford - London 1943 (Reprint 1961), S. 11 und S. 53, Note 4. 4 7 Für 1650 sind zwei autos gesichert, für 1651 nur El cubo de la almudena (s. Valbuena, OC III, 559a). Valbuena meint, das zweite auto dieses Jahres sei La semilla y la cizaña (ib., 587). Hilborn datiert La semilla auf 1678. Die Argumente Valbuenas sind jedoch plausibel.

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II. Zu Inhalt und Aufbau von El pleito matrimonial 1. Das Thema: Der Gegensatz von Körper und Seele Zu den Grundproblemen christlicher Philosophie gehört seit frühester Zeit die Frage nach dem Verhältnis von Körper und Seele. Vor allem zwei Lösungen wurden durch die Jahrhunderte hindurch diskutiert. Beide können letztlich auf antike Denker zurückgeführt werden. Die erste, die sich auf Plato beruft1 und die wir kontrastierend nennen können, betont die Unvereinbarkeit des materiellen und des geistigen Prinzips. Als Hauptvertreter dieser Auffassung darf Orígenes angesehen werden. Der griechische Kirchenvater war der Ansicht, die Bindung der Seele an den Körper stelle eine jener auferlegte Strafe dar, die sie durch Sünden gegen Gott verdient habe; der Körper sei als Kerker der Seele zu begreifen 2 . Schon Augustin greift die origeneischen Gedanken scharf an. Zwar hält er an der absoluten Überlegenheit der Seele fest, aber da alles, was Gott geschaffen hat, gut ist, kann der Körper für ihn nicht als Kerker der Seele geschaffen worden sein. Die Seele braucht den Körper und ist daher mit einem natürlichen Verlangen nach Vereinigung mit diesem ausgestattet3. Damit ist bereits die zweite, harmonisierende Lösung angedeutet, die in der Folgezeit zur „traditional attitude of the great theologians" wird4 und durch Thomas von Aquin ihre als der Lehrmeinung der (katholischen) Kirche entsprechend akzeptierte Formulierung erhält. Ausgehend von Aristoteles erkennt der Aquinate eine wesenhafte (substantielle, nicht akzidentelle) Einheit von Körper und Seele. 1 Vgl. Endre v. Ivánka, Plato Christianus, Einsiedeln 1964. Nicht zu unterschätzen ist das Zusammenwirken von platonischen und paulinischen Gedanken. Zu Paulus als Vertreter der kontrastierenden Auffassung (etwa im Philipperbrief) s. unten. Gegen ihn nimmt z. B. das Liber de Querimonia et conllictu carnis et spiritus seu animae des Hildebert v. Tours (XI.—XII. Jhdt.j Text PL 171, Sp. 989—1004) Stellung, ein Umstand auf den Th. Batiouchkof aufmerksam madit („Le débat de l'âme et du corps", in: Romanía X X , 1891, S. 1—55 und S. 513—578, hier S. 565 f.). 2 Orígenes, Peri Ardion, 225, 327).

Lib. II, cap. 1 + 9; insbesondere Lib. III, cap. 5 (PG 11, Sp. 186,

s Angriffe auf Orígenes findet man z.B. in De civitate Dei, Lib. XI, cap. 23, PL 41, Sp. 336/337. Man vgl. die Darstellung Etienne Gilsons (Introduction à l'étude de St. Augustin, Paris 21943, S. 67). 4 Otis H. Green, Spain and the Western Tradition, The Castilian Mind in Literature From El Cid to Calderón, Bd. II, Madison — Milwaukee — London 1964, S. 120. — Eine Reihe von Gedanken des Origenes wurde schon auf dem 5. ökumenischen Konzil (um 552) und den folgenden drei Konzilen verurteilt (vgl. LTK 7, s . v . „Origenes", IV, Sp. 1234/1235). V g l . auch A . 5.

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„Der Leib i s t . . . nichts anderes als die welthafte Selbstgegebenheit der Seele, Seele in einem bestimmten .Aggregatzustand' (K. Rahner)"5. Die Diskussion um die gestellte Frage ist jedoch mit der Antwort Thomas von Aquins nicht abgeschlossen. Für Spanien hat Margherita Morreale gezeigt, daß das Problem in der Literatur des 15. Jahrhunderts behandelt wird*. Im 16. Jahrhundert führt dann Alfonso de Valdés, der sich auf den Apostel Paulus beruft, den Gegensatz von „cuerpo" und „espíritu" zu seinen „últimas consecuencias prácticas"7. Die Gedanken platonisdi-origeneisdier Herkunft sind in dieser Zeit so lebendig, daß man glaubt, sie bekämpfen zu müssen8. Selbst Francisco Suárez, der wohl bedeutendste spanische Theologe des beginnenden 17. Jahrhunderts, neigt eher zu der von uns als kontrastierend bezeichneten Auffassung. Er erkennt zwar an, daß die Seele in vielem durch den Körper vervollkommnet wird, es ist ihm aber unmöglich, zu übersehen, daß Gott die menschliche Natur „cum multa intra se pugna constituerit"*. Otis H. Green stellt daher nicht zu Unrecht fest, Suárez betone den Gegensatz von Körper und Seele1®. Von den unmittelbareren Zeitgenossen Calderóns ist vor allem Quevedo als Vertreter eines mehr oder weniger radikalen Spiritualismus zu nennen. Dieser könnte sogar mitverantwortlich für die Indizierung einiger seiner Schriften gewesen sein11. Das von Calderón gewählte Thema besaß also eine gewisse Aktualität, die sich auch daran ablesen läßt, daß es in zahlreichen literarischen Werken » J. B. Metz in UTK 6, s. v. .Leib", III, 3, Sp. 903. Thomas setzt sich u. a. mit der .positio erronea" des Orígenes auseinander (vgl. S. th. I., 65,2 Resp.: .Orígenes ponit quod creatura corporalis non est facta ex prima Dei intentione, sed ad poenam creaturae spiritualis peccantis."). Man vgl. in diesem Zusammenhang die Argumentation Bonaventuras (Sententiarum Libez II, Distinctio XVIII, II, 2). • In: Versiones españolas de .animus' y .anima'. Universidad de Granada, MCMLVII, Abschnitt „El siglo XV: Los ánimos virtuosos", S. 32 ff. 7 Morreale, op. cit., S. 474 (Abschnitt .Alfonso de Valdés: Oposición de alma y cuerpo"). • Man lese hierzu die Ausführungen Otis H. Greens, op. cit., Bd. II, S. 120/121. Green erwähnt eine 1591 zu Antwerpen erschienene Ausgabe der 1534 zu Paris erstmals veröffentlichten Schrift Adversus Haeieses des Alfonso de Castro (gestorben 1558). Zum »Wiederaufleben platonischer Ideen" vgl. den Abschnitt „Piatonismus" in Ludwig Pfandl, Geschichte dei spanischen Nationailiteiatur in ihrer Blütezeit, Hildesheim 81967 (Nachdruck G. Olms), S. 29—38. • R. P. Francisci Suarez e Societate Iesu Opera omnia, tomus tertius, Paris 1856, De anima, Lib. VI, cap. IX, S. 799a¡ s. a. S. 797/798. Zurückgewiesen wird die Piaton zugeschriebenen Auffassung, daß „nostras [animas] . . . quasi invitas teneri in corpore, indeque egredi optare" (ib.). Von Piatons Schriften werden loc. cit. Timaeus, Phaedrus und Phaidon genannt. 10 op. cit., Bd. II, S. 142/143, A. 89. 11 Vgl. Arnold Rothe, Quevedo und Seneca — Untersuchungen zu den Frühschrilten Quevedos, Kölner Romanist. Arbeiten, NF, Heft 31, Genève — Paris 1965, S. 75 f. (zu La cuna y la sepultura). Der von Rothe zitierte Index spricht zwar nur von Quevedo zugeschriebenen Werken, die „Entschärfung" des zit. Textes durch den Autor deutet jedoch darauf, daß es sich tatsächlich um von ihm verfaßte Schriften handeln kann. Das von Rothe als Zeugnis für Quevedos Leibfeindlichkeit angeführte .tu no eres sino el alma" (loc. cit.) dürfte auf Plato, Alkibiades 130c, zurückgehen (Zweifel an der Echtheit dieses Dialogs bestehen seit Schleiermadier).

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der Zeit anklingt". Seine Eignung zum Thema eines auto sacramental kann den Ausführungen Parkers entnommen werden. Der englische Hispanist rechnet unser Stück zu einer Gruppe von autos, denen weniger dogmatische als vielmehr ethische Probleme zugrunde liegen 18 . In der Tat läßt sich von der Frage nach einem Körper und Seele gerecht werdenden Leben leicht eine Brücke zur Eucharistie als viaticum schlagen und so das spezielle Thema unseres auto mit dem Zentralthema aller autos verbinden 14 . Der Standpunkt, den Calderón dem durch das Thema gestellten Problem gegenüber einnimmt, scheint zunächst eindeutig kontrastierend zu sein15. Der vom Himmel abstammenden edlen und schönen Seele steht der Körper als „tosco villano" entgegen, der von der ersteren überhaupt erst die „Form" erhält (vv. 110 ff.). Die Seele sehnt sich in ihr Vaterland zurück (vv. 249 ff.). Aus diesem wurde sie gewaltsam vertrieben (v. 250, v. 255), der Körper ist ihr Gefängnis (v. 259). Als kirchliche Autoritäten für die Richtigkeit dieser Auffassung werden (vv. 1196 ff.) bezeichnenderweise Paulus und der nicht unwesentlich von Orígenes beeinflußte Gregor von Nazianz genannt — daneben allerdings auch Augustin und Hieronymus 16 . Sollten Calderóns Ansichten also den häretisch bezeichneten Vorstellungen origenistischer Herkunft verwandt sein? Schon der Umstand, daß die Zensur weder im 17. noch im 18. Jahrhundert Bedenken gegen das Stüde geltend machte, spricht gegen eine solche Vermutung 17 . Tatsächlich ist die Äußerung Almas kaum als Ansicht Calderóns zu verstehen und vor allem aus der Allegorie des Stückes zu erklären. In ihm wird die der Seele angeblich angetane Gewalt zur „causa", auf die die Ehefrau Alma ihre Klage auf Ungültigkeit der Ehe stützt (vv. 1170 ff.). Dieser Klage aber wird nicht stattgegeben, da Entendimiento als Verteidiger von Cuerpo darauf hinweist, daß die Seele vor ihrer Vereinigung mit dem Körper keiner Handlung fähig sei, also ihren Willen nicht ausüben und folglich auch nicht zur Vereinigung mit dem Leib gezwungen werden konnte ( w . 1304 ff.). Calderón gibt in diesen Versen eindeutig zu verstehen, daß die Seele ohne den Körper unvollkommen ist. Weil die Widerlegung Almas 18 vgl. II. 2. Unter Thema verstehen wir mit Elisabeth Frenzel (Sfoif- und Motivgeschichte, Berlin 1966, S. 16) einen Begriff, der „geistige Tendenzen eines literarischen Werks" formuliert und .nichts mit Handlung und Situationen Zusammenhängendes" bezeichnet. " A. A. Parker (Herausg.), Calderón, No hay más Fortuna, ed. cit., S. XIV; s. a. The Allegorical Drama, op. cit., S. 62. u vgl. Catediismus Romanus, II, IV, 5. Zu den beiden Arten von Thema vgl. Parker, The Allegorical Drama, op. cit., S. 59/60. ís E. Frutos, La tilosolía de Calderón en sus autos sacramentales, Zaragoza 1952, S. 135, spricht von dem akzentuierten .dualismo humano" Calderóns; .texto más típico" für diesen .dualismo" sei El pleito. " Vgl. zu Gregor von Nazianz und seinem Verhältnis zu Orígenes LTK 7, s. v. .Orígenes", loe. cit. — Die Berufung auf Augustin ist interessanterweise anfechtbar, da der Kirchenvater in der entsprechenden enarratio (In psalmum CXLI) die Deutung von „carcer" als .mundus" vorzieht (s. a. Kommentar zu vv. 1198/1199). — Zu den Worten Almas (,en la prisión / del c u e r p o . . . / siempre desearé salir/", vv. 259—261) vgl. A. 9 dieses Abschnitts. 17 Die in den Zeugen I K L befindlichen Zensuren geben jedenfalls keinen entsprechenden Hinweis. In K (1 v) heißt es z. he visto este Auto cuio titulo es El Pleyto Matrimonial, y no encuentro en el cosa, que se oponga a nuestra Santa Fée, ó buenas costumbres."

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gegen Ende des auto erfolgt, nachdem sie sich mehrmals auf die ihr angetane „fuerza" berufen hat (vv. 793, 1184), ist sie besonders eindrucksvoll. Daß Alma auf Cuerpo angewiesen ist, wird allerdings bereits an anderer Stelle deutlich. Als nämlich der Schlaf den Körper überfällt, ist die Seele zwar anwesend, jede Ausdrucks- und Erkenntnismöglichkeit ist ihr jedoch genommen (vv. 1002 ff., 1014 ff., 1029/1030). Es ist demnach nicht nur der Körper von der Seele abhängig (vv. 355 ff.); auch das Gegenteil besitzt gleiche Gültigkeit. Körper und Seele müßte daher bei aller Ungleichheit an einer guten Gemeinschaft gelegen sein. Dieser steht nun freilich außer der Bequemlichkeit und Genußsucht Cuerpos (vv. 445 ff., u. ä.) —-die sicher ein „impedimento de las virtudes" (vv. 1231/1232) darstellt — die ablehnende Haltung Almas entgegen (vv. 379 ff., 829 ff.), die zuweilen an Hochmut zu grenzen scheint18. Deshalb ist die Kritik, die Vida an Alma übt (vv. 956 ff.), wohl mehr als Ausdruck einer verwerflichen Lebenslust. Sie ist daneben sicher als Hinweis darauf zu verstehen, daß für einen gewöhnlichen Sterblichen übertriebene Askese unpassend sein kann und er sich dem Vorwurf der Heuchelei (v. 955) aussetzt, wenn er zu schwach ist, um zu seinen Prinzipien stehen zu können. Gerade dies trifft für Alma zu. Sie ist nicht frei von „amor de la vida" (vv. 859 ff.; s. a. v. 1174), und da sie um des Lebens willen schließlich sogar bereit dazu ist, dem Körper in seinen schlimmen Neigungen nachzugeben, wird sie schuldig. Sie ist nicht „toda pureza" 19 — anders wäre ihr Strafaufenthalt im „purgatorio" (vv. 1405—1432) nicht zu verstehen. Alma schwankt also zwischen Sehnsucht nach ihrem Vaterland (Lebensverachtung) und Körperergebenheit (übergroßer Liebe zum Leben). Das bedeutet aber, daß der Konflikt zwischen Materie und Geist bereits in ihr selbst angelegt ist. In der Tat sind die wirklichen Kontrahenten eher Entendimiento und Voluntad als Alma und Cuerpo. Es ist der Wille, der sich als erster dem Verstand widersetzt (vv. 466 + 544 ff.) und dadurch den Widerstand des Körpers auslöst, was den natürlichen Gegebenheiten entspricht, da der Verstand nur mittelbar auf den letzteren zu wirken vermag, der Wille jedoch unmittelbar. Erst durch die Schwäche des Willens, die auf eine Schwäche der Seele deutet, ist auch Pecado der Ansatzpunkt für sein erklärtes Ziel, Zwietracht zwischen Alma und Cuerpo zu säen (vv. 143 ff. und 567/568), gegeben. Diese Zwietracht ist nicht notwendig. Die Möglichkeit eines harmonischen Zusammenlebens von Körper und Seele besteht durchaus, da dem Körper ebenso wie der Seele göttliche Mittel zu Hilfe stehen. Durch die Taufe wird die Seele von der Sünde (in Gestalt der Erbsünde) befreit, durch die Eucharistie der Körper zwar nicht vom Tod, aber doch von der Todesangst 20 (vgl. vv. 479—504 und 508—544). Die Gründe für ein Leben mit verschiedener 1 8 Man vgl. die nicht zu übersehende Ähnlichkeit der Worte des gefallenen Engels mit denen der „gefallenen" Seele (vv. 49/50: vv. 249/250). 1 9 Valbuena Prat, CC 74, S. LIV; s. a. A. 18 und den Kommentar zu den bereits erwähnten vv. 379 ff., 829 ff. und 1186—1189! 2 0 Für die Seele ist die Eucharistie auch Mittel gegen den Tod (der Verdammnis): s. vv. 1425 ff.

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Zielsetzung von Cuerpo (Lebensgenuß aus Furcht vor dem Tode, vv. 1078 —1081) und Alma (Lebensangst aus Furcht vor der Sünde und vor ewigem Tod, vv. 1092—1095) wären damit ohne Belang, der Mensch (Cuerpo + Alma) wäre in der Lage, in innerem Frieden Gott zu leben. Da er jedoch der Sünde wiederum Einfluß gewährt, versäumt er die ihm geboteneMöglichkeit. Als tiefste Ursache des Widerstreits von Cuerpo (+ Voluntad) und Alma (+ Entendimiento) muß, so darf man schließen, das Wirken von Pecado betrachtet werden. Erst nachdem Pecado den — ihr zuneigenden — Willen gewonnen hat (vv. 567—603), verläßt Cuerpo das Mahl des Verstandes und der (Geist-) Seele, um dadurch die Kette von Reaktion und Gegenreaktion auszulösen, die zur Krise der „Ehe" führt. Das Verdienst des Verstandes, des vornehmsten Teiles der menschlichen Seele, ist es, dieser inmitten der Zweifel und Versuchungen (vv. 614—665 und passim) den Glauben an die Vergebung in Christus (in der Eucharistie) zu erhalten. Dieser Glaube wiederum bewahrt die Seele schließlich vor der Verdammnis und verheißt dem Körper neues Leben, obwohl beide zusammen schuldig geworden sind (vv. 1424 — Schluß). In ihm ist auch die wirkliche Überlegenheit der Seele über den Körper zu sehen. Vor allem für ihn kann der Leib ein Hindernis sein (vgl. vv. 631—690). Insgesamt ist die Position Calderöns derjenigen, die Suärez einnimmt, nicht unähnlich. Er sieht wie dieser, daß Körper und Seele aufeinander angewiesen sind, verkennt jedoch nicht, daß die Vereinigung beider für den geistigen Teil zu einem Hindernis werden kann 21 . Dabei schreibt Calderön diesen Umstand keineswegs ausschließlich dem Körper zu, da jede Handlung ein Ergebnis des Zusammenwirkens von Körper und Seelenkräften ist. Menschlicher Körper u n d menschliche Seele sind schwach. Sie bedürfen der göttlichen Hilfe, um ein gutes Leben führen zu können. Daß ihnen diese Hilfe zuteil wird, zeigt unser auto.

II. 2. Die Form: El pleito und die Tradition der „débats" Mit der Wahl des Themas knüpft Calderón nicht nur an eine traditionelle — und seine Zeitgenossen in nicht geringem Maße beschäftigende — philosophische Fragestellung, sondern audi an eine traditionelle literarische Form an: diejenige der débats. Man wird Erik v. Kraemer, dem jüngsten Herausgeber der Disputa del cuerpo e del anima darin zustimmen können, daß der Erforschung der Form des Streitgedichtes einige Aufmerksamkeit zugewen2 1 Das oben angeführte Suärez-Zitat (s. A. 9) sei hier in erweiterter Form nodi einmal wiedergegeben dictito animam ex unione ad corpus in multis perfici: quod vero in aliquo impediatur, singulare illi est, nec mirum, quia singularis est inter omnes, neque debet imputari Deo, quod hanc naturam nostram cum multa intra se pugna constituent, cum non fuerit modo alia naturaliter factibilis." (De anima, Lib. VI, cap. IX, ed. et loc. cit. Zum Leib-Seele-Problem s. a. S. Castellote Cubells. Die Anthropologie des Suarez, Beiträge zur spanischen Anthropologie des XVI. und XVII. Jahrhunderts, Freiburg—München 1962 (Symposion 8), S. 76—80.

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det worden ist1, obwohl eine abschließende Studie immer nodi aussteht. So fehlen in allen Arbeiten — abgesehen von der Anthologie Wrights, einigen Hinweisen Kleinerts und dem Artikel Octavio de Toledos® — Angaben über Streitgespräche des 15. Jahrhunderts und der folgenden. Gerade für die spanische Literatur, deren Kontinuität immer wieder hervorgehoben wird3, könnte eine genauere Untersuchung lohnend seinSa. Neben den débats sind bei der Betrachtung der formalen Behandlung des Themas dessen dramatische Gestaltungen zu beachten, da zwischen dialogisiertem Gedicht und Drama enge Verwandtschaft besteht. Es sei hier nur darauf hingewiesen, daß Juan del Encina, der „patriarca del teatro español"4, einige seiner dramatischen Werke mit égloga bezeichnet und daß andererseits z. B. die religiöse Poesie die Form des coloquio pastoril kennt5. Ziel der folgenden Bemerkungen ist nur, den literarhistorischen Kontext unseres auto zu erläutern. Die erschöpfende Behandlung der angedeuteten Fragen muß einer Sonderstudie vorbehalten bleiben. Wenn es uns auch nicht möglich ist, für das 15. Jahrhundert spanische Beispiele eines Streitgesprächs zwischen Körper und Seele beizubringen, so beweist ein coloquio wie das zwischen Cuerpo und Piernas, das man in den Briefen des Bachiller Fernán Gómez de Cibdareal findet6, immerhin, daß sich die Form des Streitgedichtes noch einiger Beliebtheit erfreute. Nähere Verwandtschaft mit der Thematik unseres auto zeigen die Coplas que fizo el lamoso Juan de Mena contra ¡os pecados mortales, in denen „la mas que civil batalla, / que entre voluntad se falla / y razón ..." dargestellt wird7. 1 Dos versiones castellanas de la disputa del alma y el cuerpo del siglo XIV, Edición y Estudio por Erik v. Kraemer, Helsinki 1956 (Mémoires de la Société Néophilologique XVIII, 3), S. 6; den Anmerkungen zu S. 5—7 ist die wichtigste Literatur zu entnehmen. Für den iberischen Raum hinzuzufügen ist: Ramón Aramón i Serra, .Un débat de l'ànima i el cos en versos catalans", in: Recueil de travaux offert à M. Clovis Brunei, tome I, Paris 1955, S. 38—52; dort auf S. 38 weitere Literatur. 2 Thomas Wright (ed.) : The Latin Poems Commonly Attributed to Walter Mapes, Collected and Edited by London 1841; Gustav Kleinert: Ober den Streit zwischen Leib und Seele, Diss., Halle 1880; José Maria Octavio de Toledo, .Vision de Filiberto", in: ZrPh II, 1878, S. 40—69. » z. B. von Valbuena Prat, CC 74, S. LH. ' a Die Dissertation von Miriam de Costa Sugarmon (The Debate Between the Body and the Soul in Spanish Medieval Literature, Johns Hopkins. E. L. Rivers, 1967) war uns zum Zeitpunkt der Drucklegung nicht zugänglich (Angabe nach Hispania LI, 2, May 1968, S. 273a). 4 J. García López, Historia de la literatura española, Barcelona 71962, S. 129. s S. unten zu Alonso de Ledesma. Uber das Verhältnis von Streitgedicht und Drama äußert sich z. B. Hans Walther, Das Streitgedicht in der lateinisdien Literatur des Mittelalters, München 1920, S. 27 ff.

• in: Centón Epistolario del Bachiller Fernán Gómez de Cibdareal, abgedruckt in: Epistolario Español, Colección de Cartas de Españoles ilustres antiguos y modernos, recogida y ordenada . . . por D. Eugenio de Ochoa, Madrid 1850, BAE XIII, S. IIb; es handelt s i t i um den XXXVI. Brief, .Al doto varón Juan de Mena", geschrieben 1429 (der Autor wurde 1388 geboren). — Zu früheren oder gleichzeitigen Streitgedichten zwischen Körperteilen einerseits und Körper andererseits — oder zwischen einzelnen Körperteilen — vgl. Angaben bei Wright, op. cit., S. 93 ff. und 310 ff. und Batioudikof, art. cit., S. 540—542. Weitere Angaben zu Themen von Streitgediditen in A. 8 und 16. 7 in: Cancionero castellano del siglo XV, ordenado por R. Fouldié-Delbosc, Madrid 1912, NBAE XIX, S. 120 ff.; Zitat von S. 120a. Die Coplas tragen in einer Reihe von Manuskripten

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Im 16. Jahrhundert spielte die Deklamation von debates an den Kollegien der Jesuiten eine wichtige Rolle. García Soriano, der wiederholt auf derartige Vorträge zu sprechen kommt, erwähnt eine Reihe von in ihnen behandelten Themen. Das von uns untersuchte befindet sich allerdings nicht darunter8. Da jedoch Belege für die Aufführung von Streitgedichten zwischen Körper und Seele an Jesuitenkollegien anderer Länder existieren 9 , schließen die Angaben des spanischen Forschers die Behandlung des Leib-Seele-Problems in Form von debates auch in Spanien — dem Ursprungsland der Societas Iesu — nicht aus. Es gehörte jedenfalls zu den großen Themen der poésie dévote, deren Beziehungen zum Genus des auto Flecniakoska in seiner Studie untersucht hat10. So gehört zu den Werken Damián de Vegas' beispielsweise ein Coloquio entre un alma y sus tres potencias, donde se introduce irse délias, amotinada por el mal servicio que le hacen11 — „el mal servicio" äußert sich darin, daß Memoria, Voluntad und Entendimiento dem Sklaven Cuerpo und nicht der Herrin Alma gehorchen12. Nachdrücklich hinzuweisen ist vor allem auf die Werke Alonso de Ledesmas, die zu Beginn des 17. Jahrhunderts13 veröffentlicht werden und in denen unser Thema mehrfach und in verschiedener Form erscheint. Im dritten, 1612 zuerst gedruckten Teil seiner Conceptos espirituales findet man etwa ein coloquio pastoril zwischen Alma und Cuerpo über das Santísimo Sacramento1*. Wie beliebt das Streitgedicht noch in diesem Jahrhundert ist, beden Titel Debate (vgl. Angaben bei Alberto Várvaro, Premesse ad un' edizione critica deile poésie minori di Juan de Mena, Liguori — Napoli 1964, S. 26). 8 Justo García Soriano, „El teatro d e colegio en España, Noticia y examen de algunas de sus obras", BRAE XIV — XVI, XIX¡ hier XIV, 1927, S. 252/253, 262, 264/265, 268/269; unserem Thema am nächsten steht ein Gedicht, in dem „el hombre, los cinco sentidos y las virtudes teologales" auftreten (s. op. cit., S. 268/269). • Vgl. Julius Feifalik, »Studien zur Geschichte der altböhmischen Literatur III", in: Sitzungsberichte der Kaiserl. Akademie d. Wissenschalten, Phii.-Hist. Classe, XXXII, Wien 1859, S.712, A. 58: „Im Prager Jesuitencollegio führte man 1559 zu Fassnacht den Streit zwischen Fleisch und Geist auf 10 J. L. Flecniakoska, La iormation de l'.auto" religieux en Espagne avant Calderón (1550—1635), thèse, Montpellier 1961, S. 159—223. 11 Erstdruck Toledo 1590; zit. nach Romancero y Cancionero Sagrados, colección de poesías cristianas, morales y divinas, sacadas d e las obras de los mejores ingenios españoles por Don Justo de Sancha, Madrid 1855, BAE XXXV, S. 530—534. 18 ib., S. 530b. 13 Eine Bemerkung zum 16. Jahrhundert sei hier angefügt: Arturo Farinelli, „Mistici, teologi, poeti e sognatori della Spagna all' alba del dramma di Calderón" (RFE I, 1914, S. 296), macht darauf aufmerksam, daß die Laudi Jacopone da Todis (um 1300), unter denen sich auch ein Contrasto ira l'anima e il corpo befindet (Nr. III, Incipit: „Audite una 'ntenzone ch'è 'nfra I'anema e '1 corpo"; Text in: Iacopone da Todi, Laudi, Trattato e Detti, a cura di Franca Ageno, Firenze 1953, S. 9—12), im 16. Jahrhundert ins Spanische übersetzt wurden. Er zitiert eine 1576 in Lissabon erschienene Edition (Cantos morales, espirituales y contemplativos). 14 Text nach BAE XXXV, No. 615, S. 227: „¿Qué me decis, Alma, vos? / ¿Que si tengo à mi amo ley,/ Podré comer como un rey?/ — Sí, por este pan de Dios./ — Paréceme que es morir,/ Servir, según lo que pasa./ — Si, mas vivir en tal casa/ Es propiamente v i v i r . / . . . /" In einem der Juegos de Noches Buenas (Erstdruck 1611) wird der Konflikt zwischen alma und cuerpo mit demjenigen zwischen razón und voluntad parallelisiert (El juego de tira y ailoja, BAE XXXV, No. 381, S. 153: „AI juego de tira, afloja,/ El alma y el cuerpo juegan;/ Que razón y voluntad/ Una y mil veces se encuentran."). In einem weiteren concepto espiritual begegnet man der allegorischen Einkleidung dieses Konflikts, die auch Calderón anwendet,

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weisen schließlich die Häufigkeit der Drucke eines anonymen Diálogo entre el Cuerpo y el Alma15 — einer der Drucke ist auf das Jahr 1639 datiert — und die Tatsache, daß Don Quijote als Richter eines Pleyto del Agua con el Vino auftreten kann, in dem im übrigen von einer erzwungenen Hochzeit des Weines mit dem Wasser die Rede ist18. Daß der Schritt vom Streitgespräch zum Drama nicht weit ist, zeigen die Aufführungen von debates mit verteilten Rollen, von denen bereits die Rede war17 und die gegen Ende des 16. Jahrhunderts an den Jesuitenkollegien durchaus üblich waren 18 . Es ist daher nicht verwunderlich, daß schon in der ersten Hälfte des genannten Jahrhunderts dramatische Fassungen des LeibSeele-Konflikts entstanden. Das wohl bekannteste, auch von Valbuena Prat angeführte Beispiel dürfte die Farsa del libro aluedrio en que se trata la cruda batalla que ay entre el espíritu y la carne des Bachiller Diego Sánchez de Badajoz sein, in deren erstem Teil „el cuerpo como pastor: el anima como Angel atada con el" auftreten 19 . Beide Figuren treten gegenüber Libre Alvedrio, der eine Frau sucht, und Razon, die zu dieser von Entendimiento, dem Bruder von Libre Alvedrio, bestimmt ist, in den Hintergrund. Das Werk ist möglicherweise mit einer 1564 in Sevilla aufgeführten Batalla espiritual identisch 20 . Cuerpo und Alma setzt auch die von Pedroso unter die frühesten Beispiele von autos sacramentales eingeordnete anonyme Farsa del Sacramento, llamada la Esposa de los Cantares in Szene 21 . In der loa heißt es: „Aqui derjenigen der Ehe von Körper und Seele (Al apartamiento del Cuerpo y el Alma, BAE XXXV, No. 361, S. 137a: „En casa de cuerpo y alma/ Lutos y cera previenen,/ Porque destos dos casados/ El uno queda ä la muerte./" Vgl. den Hinweis Valbuenas, CC 74, S. LVIII, A. 2. 15 Drei Drucke sind b e k a n n t : 1.) Pliego suelto, En Madrid, por Luis Siges, ohne J a h r , abgedruckt in: BAE XXXV, S. 392—394; Incipit (Introducción): „Cristianos y redimidos" — Incipit (Diálogo): „Recuerda, alma dormida". J . M. Octavio de Toledo f ü h r t art, cit. zwei weitere Drucke an: 2.) Pliego suelto, Em Lisboa. . . ./ Por Antonio Aiuarez Artno de 1639. Incipit (Introito): „Christianos y redemidos" — Incipit (Debate) : „Recuerda alma adormicida". 3.)E1 Apartamiento/ del Cuerpo, y del Alma. En Mexico. Por la Viuda de Bernardo Calderón, ohne J a h r (nach Octavio de Toledo u m 1643). Incipit (Introito): „Chistianos[sic] y redimidos". Angaben zu (2) und (3) nach art. cit., S. 49/50. 18 Nuevo y curioso Romance, en que se refiere el pleylo y püb/ico desafío que tuvo el Agua con el Vino, para saber qual de los dos era de mayor utilidad y provecho, in: Wright, op. cit., S. 306—310. Wright legt einen Druck im Besitz d e s British Museum zugrunde, „without date, but apparently printed early in the eighteenth Century" (ib., S. 306). Die Anfangszeilen lauten: „En tiempo del Rey Perico,/ año d e Maricastaña,/ quando andaba por el mundo/ Don Quixote d e la Mancha/ . . . / pareció en su tribunal/ una querella e x t r e m a d a , / . . ./" (S. 306a). Zehn Verse später heißt es (ib.): „Siendo el Rey de los Licores,/ quieren casarme por fuerza,/ y mezclarme con el Agua?/" A n g a b e n zur mittelalterlichen Behandlung s. op. cit., S. 87 ff. und 299 ff. « S. 63; s. a. A. 8 + 9. 18 Sánchez A r j o n a , Noticias, op. cit., S. 81, berichtet v o n der „representación de u n coloquio en el colegio de la Compañía de J e s ú s " am 22. J a n u a r 1591. 19 in: Recopilación en metro del Bachiller Diego sanchez de badajoz . . . , Sevilla 1554, reproducida en facsímile por la Academia Española, Madrid 1929, fols. Ixxx(verso) ff. 20 s. Sánchez A r j o n a , op. cit., S. 29/30; 1571 w u r d e eine esgrima espiritual, 1572 eine fusta espiritual gezeigt (op. cit., S. 44/45). 21 in: Autos sacramentales desde su origen hasta fines del siglo XVII, colección escogida . . . p o r D . E d u a r d o González Pedroso, Madrid 1865, BAE XLVIII, S. 66—71.

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saldrá el Alma Esposa, / Y Necedad, un pastor / Qu' es el Cuerpo pecador" 82 . Das von Cuerpo eingeführte Streitgespräch ist hier allerdings nur kurz. Cuerpo und Alma erkennen, daß sie zusammen gesündigt haben, beide werden am Schluß geläutert 23 . Ein weiteres Zeugnis für die Häufigkeit des Auftretens von Körper und Seele auf der Bühne stellt eine Bemerkung Cesare Ripas zu den beiden allegorischen Figuren dar24. Im 17. Jahrhundert begegnet man ihnen u. a. in El colmenero divino von Tirso de Molina, auf das noch zurückzukommen sein wird. Vor allem ist an dieser Stelle wiederum das Theater der Jesuiten zu erwähnen. Die Bedeutung, die ihm im Hinblick auf die Quellengeschichte der Stücke Calderóns zukommt, ist bereits in einer Reihe von Veröffentlichungen betont worden. Insbesondere wurde auf die thematischen Entsprechungen hingewiesen, die La vida es sueño und El gran teatro del mundo mit Jesuitendramen der damaligen Zeit verbinden 25 . Ähnliches gilt für El pleito, da der Körper-SeeleKonflikt nicht nur als Thema eines Streitgedichtes, sondern auch als dasjenige eines Dramas von Jakob Masen belegt ist, von dem man heute nur eine Inhaltsangabe kennt. Dieses Drama stellte die Freveltaten zweier Brüder, Philosarcus ( = Corpus) und Euthymius ( = Anima), dar, die sie zusammen mit ihren Dienern (den fünf Sinnen) begehen und für die sie zuletzt von einem Richter verurteilt werden 26 . Wie im Folgenden zu erläutern sein wird, ähnelt das Masensche Drama dem auto Calderóns in besonderer Weise. Wir stellen also fest, daß El pleito auch formal in einer gewissen Tradition steht — oder zumindest an sie anknüpft —, die im 17. Jahrhundert durchaus noch lebendig ist und keiner „vivificación" 27 bedarf. Selbst wenn Calderón kein unmittelbares dramatisches Vorbild besaß, so konnte er doch vielfältige Anregungen aus der Aufführung der Streitgespräche empfangen, denen er mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit in seiner Schulzeit am Colegio Imperial in Madrid beiwohnte.

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ib., S. 66b. Der Verfasser ist also als Vertreter einer eher harmonisierenden Auffassung anzusehen. 24 ICONOLOGIA/ DI/ CESARE RIPA PERVGINO/. . ./ IN VENETIA . . . MDCXLV, s. v. „Corpo Hvmano", S. 120a/b; Ripa spricht von „spesse volte", die man Körper und Seele .in alto sti le scene" zeige. Die Iconología erschien erstmals 1593 in Rom. 25 Man vgl. die Angaben Parkers, The Allegorical Drama, op. cit., S. 110/111. 28 Nach J. Rütsch, Das dramatische Ich im deutschen Barock-Theater (Wege zur Dichtung — Zürcher Schriften zur Literaturwissenschaft, Bd. XII), 1932, S. 47/48. Masen schrieb um die Mitte des 17. Jahrhunderts. Parker verweist auf eines seiner Dramen im Hinblick auf La vida es sueño und El gran teatro del mundo (s. A. 25). 27 Valbuena Prat in: Calderón, Autos Sacramentales I, ed. cit. (Biblioteca Clásica Ebro, 15), S. 12; in El pleito liegt nach ihm „la vivificación de un tema medieval — el de los debates' vor. 23

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II. 3. Der „Stoff" A.

Die Allegorie monial

der Ehe ungleicher Partner als Stoff von El pleito

matri-

Im vorangehenden Abschnitt wiesen wir auf die „allegorische Einkleidung" des von Calderón behandelten Themas hin. Die Rolle der Allegorie in den autos des spanischen Dramatikers hat vor allem Parker erläutert 1 . Wegen der ihr zukommenden Bedeutung soll sie im Folgenden näher betrachtet werden. Die Mehrzahl der von uns angeführten Streitgedichte über den Gegensatz von Leib und Seele und der entsprechenden dramatischen Fassungen begnügt sich damit, die beiden Kontrahenten als personifizierte Abstrakta auftreten zu lassen — als allegorische Figuren im allgemein gebräuchlichen Sinn —, ohne deren Beziehungen zueinander anders als durch die philosophischen oder theologischen Gedanken, die sich mit dem Leib-Seele-Problem verbinden, zu rechtfertigen. Für Calderón ist Allegorie jedoch mehr. Sie stellt das Mittel dar, durch das dem Publikum eine konkrete Entsprechung des abstrakten Vorganges gegeben wird. Dem Zuschauer wird Realität geboten, er erkennt hinter ihr aber zugleich einen von dieser verschiedenen Sinn 8 . Man könnte daher die Allegorie als Stoff des auto sacramental begreifen 8 . So handelt das Drama Masens das Thema des Leib-Seele-Konflikts anhand der Geschichte zweier auf Gedeih und Verderb miteinander verbundener Brüder ab, Calderóns auto dagegen anhand derjenigen zweier zerstrittener — weil ungleicher (vgl. vv. 821—824) — Eheleute, die ebenso gut Don Lope de Urrea und Doña Blanca Soldevila heißen könnten wie Cuerpo und Alma*. Umgekehrt besteht natürlich die Möglichkeit, mit Hilfe derselben Allegorie verschiedene Themen abzuhandeln, also etwa das Verhältnis des Menschen (der menschlichen Seele) zu Christus oder den Gegensatz von Wasser und Wein 5 . Auch die Anwendung der Ehe-Allegorie auf die Darstellung der widerstreitenden Partner Körper und Seele ist nicht neu. Bereits Valbuena Prat macht auf die nicht unbekannte Schlußzeile des zitierten Liber de querimonia et conilictu carnis et spiritus seu animae Hildeberts von Tours aufmerksam: „ . . . caro fit vir, spiritus uxor" 6 . Allerdings denkt Hildebert an eine glück1

Im 2. Kapitel von The Allegorical Drama, op. eil., S. 58—109. * .Allegory is the medium . . . by which the conceptual order is given a concrete expression that makes it more directly accessible to human experience, this concrete expression (or visible, living .reality') being the dramatic action* (Parker, op. cit., S. 79). 3 Zur Abgrenzung der Begriffe Gehalt — Form — Stoff vgl. E. Frenzel, op. cit., S. 16 ff. und S. 28 ff. * Vgl. unseren Kommentar zu w . 822—824. — Rütsch spricht op. cit. von der .stilistischen Gleichheit* des Masenschen Dramas mit El pleito (S. 48) ¡ was er meint, ist die Ähnlichkeit der allegorischen Technik. 5 S. unten, S. 67 und II. 2, S. 64. Das zweite Beispiel ist insofern weniger zutreffend, als der Gegensatz von Wasser und Wein ein realer, sinnlich erfaßbarer ist. * Vgl. II. 1, A. 1¡ den zitierten Vers findet man PL 171, Sp. 1004. — Auf die Ehe in der spanischen Dramenliteratur braucht in diesem Zusammenhang nicht näher eingegangen zu werden. Immerhin ist es nicht uninteressant, daB in der Recopilación des Bachiller Sánchez

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lidie Ehe, in der die Gegensätze nicht zu einer Krise führen, sondern harmonisiert werden. Die erwähnte Farsa del libro alvedrio spielt nicht direkt auf eine Ehe von Cuerpo und Alma an, man kann sie jedoch aus den Versen, die den Freiersabsichten von Libre Alvedrio Ausdrude verleihen, erschließen7. Eine wichtige Rolle spielt die in Rede stehende Allegorie hier nicht — sie stellt eher ein Motiv als einen Stoff dar. Ähnliches gilt für das concepto Ledesmas8 und Tirso de Molinas auto El colmenero divino. In diesem tritt Alma als Abeja, Cuerpo als Zángano auf (im Text heißt es Abeja und Cuerpo, letzterer wird nur als zángano beschrieben). Die Allegorie des Bienenstocks — Pecado tritt als Oso auf — ist dominierend. Eine Szene, in der von Abeja als „mal casada" (mit Cuerpo) die Rede ist und die einige Züge mit El pleito teilt9, ist von sekundärer Bedeutung. Da Abeja-Alma in demselben Stück an anderer Stelle von Colmenero (Christus) als seine „esposa" bezeichnet wird, kann sie sogar als störend empfunden werden10. Was El pleito matrimonial gegenüber den besprochenen Werken auszeichnet, ist die Konsequenz, mit der Calderón die gewählte Allegorie anwendet, um aus einem Widerstreit abstrakter Gegensätze ein „drama íntimo de hogar"11 zu schaffen. Pecado wird als eifersüchtiger, von Almas Vater abgewiesener Bewerber um deren Hand dargestellt (vv. 85 ff.), der sich immer wieder in das Haus der Eheleute einschleicht, um Unfrieden zu stiften (vv. 145/146, 479 ff., 593 ff., 667 ff.). Vida ist Kind von Cuerpo und Alma, und als der drohende Bruch der Ehe das Leben des Kindes gefährdet, lenken die de Badajoz auf die Farsa del Ubre aluedrio eine Farsa del matrimonio folgt [fols. l x x r v . (verso) ff.]. Zur Aktualität der mit der Ehe zusammenhängenden Probleme vgl. man die Angaben bei Marcel Bataillon, Erasme et l'Espagne, Paris 1937, S. 310—312. 7 Vgl. op. cit., fol. lxxxii: „Cumple me buscar muger/ pues ya el hombre se subjeta/ la mas hermosa y perfeta/ que en el mundo pueda aver/". 8 Vgl. II, 2, A. 14. • Vgl. Tirso d e Molina, Obras dramáticas completas, edición critica por Blanca de los Ríos, tomo I, Madrid 1946, S. 154/155a: . P l a c e r : . . . / Vos estáis bien mal casada./ — Abeja: A un villano me dió Dios,/ que cuanto estimo le enfada./ — Placer: Luego diremos por vos/ La bella mal maridada./ Mas quien con villano casa,/ si es noble, busca contienda;/ que es lo que en el mundo pasa./ ¿Trajo el Cuerpo mucha hacienda?/ — Abeja: Sólo el casco de la casa./ —• Placer: ¿Y vos? —• Abeja: En dote le di/ todo su ser, y riqueza./" Vgl. El pleito, vv. 119, 764/765, 822—824, 770 ff. 10 op. cit., S. 147/148a. Das Motiv der Ehe zwischen Christus und der Seele geht auf das Hohelied zurück (vgl. die zit. Farsa .. . llamada la Esposa de ios Cantares, S. 64). Angesichts seiner Geläufigkeit — man denke z. B. an Juan de la Cruz — wird auf nähere Angaben verzichtet. — Es sei erwähnt, daß Fray Basilio Ponce de León, einer der möglichen Lehrer Calderóns (s. unten, II. 3. B), in einer seiner Predigten eine Ehe zwischen Körper und Seele schilderte (De la primera parte de discursos para diüerentes Euangelios del año Tomo Segvdo, Salamanca 1606, S. 1036): .El cuerpo es casa donde viue el alma, el cuerpo esta casada con el alma y dura el casamiento, en quanto dura la vida, y como es Dios el que los casa haze el vno para el otro, los mas iguales que puede ser, tal cuerpo para tal alma, y tal alma para tal cuerpo." Die Auffassung des Augustiners ist entschieden harmonisierend. Ob in ihr ein charakteristischer Unterschied etwa zur Auffassung der Jesuiten gegeben ist, vermögen wir nicht zu sagen. Die Haltung der Jesuiten Suárez und J u a n Eusebio Nieremberg — man vgl. zu letzterem unseren Kommentar zu w . 1236 ff. und Exemplos de la Doctrina Christiana, in: Obras en romance, tomo I, Madrid 1651, fol. 397r, wo von der .batalla" zwischen .cuerpo" und .alma" die Rede ist — sowie die des Jesuitenschülers Quevedo könnten es vermuten lassen. 11

Valbuena Prat, CC 74, S. U V .

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Eltern — oder besser die Mutter — ein (vv. 467, 797 ff.). Der greise Erzieher des Sprößlings Vida ist Entendimiento (v. 467), Voluntad eine schöne, um ihren Einfluß auf den Hausherrn Cuerpo besorgte Dienerin, die sich an ihrer Herrin rächen will, als diese ihrem Mann von allzu großer Gunstbezeugung abrät (vv. 400 ff., 545 ff.). Calderón versteht es, die entgegengesetzten Bestrebungen von Cuerpo und Alma so in häusliche Streitereien umzusetzen, daß „die Schaulust des Volkes die gleiche Befriedigung wie der Tiefsinn des Weltbetrachters" 12 finden dürfte. B. Das Motiv des

Eheprozesses

Mit der Allegorie der Ehe verknüpft ist ein Motiv", das mit der mittelalterlichen Tradition der Streitgedichte besonders eng verbunden ist: das Motiv des Prozesses, hier des Eheprozesses. Auf die Beziehung zwischen den fingierten Prozessen, die an römischen Schulen im rhetorischen und juristischen Unterricht üblich waren, und den débats weist Hans Walther hin14. Die altfranzösische Literatur kennt seit dem 13. Jahrhundert den piait genannten „débat qui tourne au procès" 15 , und wir sahen, daß diese Form — z. B. als Pleyto del Agua con el Vino — in Spanien noch im 17. Jahrhundert Anklang findet16. Von einem Prozeß des Körpers gegen die Seele spricht schon Demokrit 1 '. Calderón könnte von diesem Umstand über Plutardi Kenntnis besessen haben, der in den Moralia auf die Äußerung des Philosophen aus Abdera Bezug nimmt18. Die Vorliebe der Theaterschriftsteller des siglo de oro für die Darstellung von Gerichtsszenen und für die Verwendung juristischer Termini hat bereits mehrfach zu Untersuchungen Anlaß gegeben 19 . Zum Werke Calderóns liegen Spezialstudien vor 20 . Allerdings wird unser Stüde in ihnen nicht berücksichtigt, obwohl der Dichter unverkennbar die großen Etappen eines Ehepro" Ernst Robert Curtius, „George, Hofmannsthal und Calderón", in: Kritische Essays zur europäisdien Literatur, Bern — Mündien '1963, S. 144. 13 Zum Motiv als stofflichem Element vgl. E. Frenzel, op. cit., S. 12 und S. 16. 14 op. cit., S. 21. 15 Batioudikof, art. cit., S. 517. » Vgl. oben II. 2, A. 16. 17 Fragment 159, in: Hermann Diels, Die Fragmente der Vorsokratiker, nach der von Walther Kranz herausgegebenen 8. Auflage — Mit Einführungen und Biographien von Gert Plambödc, Hamburg 1957 (Rowohlts Klassiker 10), S. 107. 18 Moralia, 135 E (in: Plutarch's Moralia, with an English Translation by Frank Cole Babitt, II, London 1956, S. 283). Zu Calderón und Plutardi vgl. Hans Flasche, .Stand und Aufgaben", art. cit., S. 614. Vgl. M. Torres Campos, Ideas jurídicas de ios dramáticos clásicos españoles del siglo XVI y XVII, Granada 1878¡ José Maria Izquierdo, El derecho en el teatro español, Sevilla 1924 (Obras de J. M. Izquierdo, tomo IV; behandelt Tirso de Molina, Ruiz de Alarcón, Rojas Zorilla und Moreto). Auf die „predilezione di Vélez [de Guevara] per il vocabolario tecnico legale" weist Profeti hin [M. G. Profeti (Herausg.), Luis Vélez de Guevara, Virtudes vencen señales. Introduzione, testo critico e note a cura di Pisa 1965 (Istituto di Letteratura Spagnola e Ispano-Americana, Collana di Studi diretta da Guido Mancini, 9), S. 223 und passim], 20 Heliodoro Rojas de la Vega, Juicio critico de las obras de Calderón de la Barca, bajo el punto de vista jurídico, Valladolid 1883¡ Manuel Gallego Morell, Aspectos jurídico •procesales en la obra de Calderón, Madrid 1959.

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zesses nachzeichnet 21 , wenn er auch nicht „die bei Rechtsstreitigkeiten übliche Methode . . . bis ins Kleinste" durchführt22. Wie man den Belegen Izquierdos entnehmen kann, sind Anspielungen auf das Eherecht bei anderen Autoren des siglo de OTO nicht selten 23 . Die Ursache hierfür wird man nicht so sehr in einem allgemeinen, dem „Geist der Zeit"24 eigenen Gefallen an der Verwendung juristischer Termini zu sehen haben, sondern eher in der Aktualität der Fragen des Eherechts nach dessen Neuordnung durch das Tridentinum 25 . Diese Aktualität läßt sich an den zahlreichen Veröffentlichungen ablesen, die zu Beginn des 17. Jahrhunderts zu Ehe und Eherecht erschienen 26 . Calderón könnte zudem während seiner beiden Studienjahre in Salamanca 2 ' von seinen Lehrern gerade auf eherechtliche Fragen aufmerksam gemacht worden sein. Basilio Ponce de León, der Verfasser der zitierten Traktate über die Ehe, zählte zu den damals wohl bekanntesten Salmantiner Professoren 28 . Andere Gelehrte, die Cal21

w . 1166 ff., s. Ii, 4. So Nicolaus Margraff, Der Mensch und sein Seelenleben in den Autos Sacramentales des Don Pedro Calderón de la Barca, Diss., Bonn 1912, S. 19, über La inmunidad del sagrado; Margraff meint trotzdem, die autos böten — wie das Gesamtwerk — nur wenig Material, an dem sich juristische Kenntnisse Calderóns ablesen ließen (ib.). 23 op. cit., S. 202—207, Abschnitt „Ius privatum, De Matrimoniis et Parentibus". Bei seinen Angaben — die nicht immer verläßlich sind — setzt Izquierdo die Texte der untersuchten Dramatiker in Beziehung zu den Partidas Alfons des Weisen. Diese gehörten zu Beginn des 17. Jahrhunderts noch immer zu den Grundbüchern der Studenten beider (des römischen und des kanonischen) Rechte. Man vgl. die Angaben in: INSTRUCTION Y REGLAS/ para passar en la facultad de Cánones, y Leyes, ansí/ para los que de proposito pretenden passar el Curso de los quatro años,/ como para los que no tienen tanto caudal, y pretenden con breue tiempo de passantes, tratar del abogar. .. ./ Por el Doctor Diegoi Espino de Caceres, Cathedratico de la Cathedra de Sexto,/ de la Vniversidad de Salamanca!, Salamanca 1591, passim. Espino de Caceres starb 1602 als Inhaber der „Cathedra de Prima de Cánones". Auskunft über den Lebenslauf der Salmantiner Professoren gibt: Enrique Esperabé Arteaga, Historia pragmática é interna de la Universidad de Salamanca, tomo II, Salamanca 1917. — Als Beispiele für die Behandlung von Eherechtsfragen in Schauspielen seien genannt: Lope de Vega, La mal casada, in: BAE XXXIV, S. 304c/305a; Cervantes, El juez de los divorcios, in: Obras completas, ed. Valbuena Prat, Madrid 131964, S. 540—544; Moreto, No puede ser 22

in BAE XXXIX, S. 204b. 24 Man vgl. den .Discurso preliminar" von Luis Fernández-Guerra zu Comedias escogidas de Don Augustin Moreto y Cabana, Madrid 1856 (BAE XXXIX), S. IX: „El erudito alarde que hace [Moreto] en muchas de sus comedias d e fórmulas y conocimientos jurídicos, no es reflejo de la profesión del autor, sino del espíritu de su época." 25 Vgl. die Einleitung des Manual del Matrimonio Civil y del Divorcio, Madrid 1932; s. a. II. 3. A, A. 6. * Das „klassische" Werk des Thomas Sánchez De Sancto Matrimonii Sacramento erscheint 1602—1605 in Madrid. Basilio Ponce de León veröffentlicht 1613 in Salamanca seinen Tractatus de Impedimentis Matrimonii; 1624 folgt sein wesentlich umfassenderes Werk De Sacramento Matrimonii, ebenfalls zu Salamanca veröffentlicht. 27 1617/1618 und 1618/1619; vgl. die Untersuchung von Florencio Marcos Rodríguez, „Un pleito de don Pedro Calderón de la Barca, estudiante en Salamanca", RABM LXVII, 1959, S. 717—731. 28 1612—1618 war er Inhaber der „Catedra de Santo Tomás", 1618—1623 der „Catedra de Durando*, 1623—1626 der „Catedra de Substitución de Prima de Theologia", 1626—1629 (seinem Todesjahr) der „Catedra de Prima de Theologia". Angaben nach: Probisiones de las Cathedrasf de todas las lacultades, desde el año de 1589, en adelante. Biblioteca Universitaria de Salamanca, handschriftlich, Sign.: A. U. S. 955 ( = Archivo Universitario d e Salamanca). Vgl. auch II. 3. A, A. 10.

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derón ebenfalls gehört haben könnte, beschäftigten sich mit Problemen des gleichen Rechtsgebietes 29 . Der für unser Stück nicht unwichtige Begriff des „depositum" ist sogar als Vorlesungsgegenstand des Schuljahres 1618/1619 zu belegen" 0 . Calderón geht also, wenn er die Allegorie der Ehe mit dem Prozeßmotiv verknüpft, wiederum nicht nur traditionelle Wege. Er fügt im Gegenteil in den an sich schon „interessanten" Stoff ein weiteres aktuelles Moment ein. Dem vielleicht ein wenig trocken erscheinenden Thema wird dadurch eine Realitätsbezogenheit verliehen, auf der ein Teil der Wirkung von El pleito beruht.

II. 4. Das Motiv des Eheprozesses als den Aufbau bestimmendes Element Wir sprachen von der Einfügung des Prozeßmotivs in die Allegorie der Ehe. Dies ist vom stofflichen Ganzen her gesehen sicher richtig, da die Prozeßsituation nur eine von vielen ist, die sich in einer (unglücklichen) Ehe ergeben können. Das Prozeßmotiv ist außerdem vielleicht weniger typisch als beispielsweise dasjenige des die Dienerin bewundernden Hausherrn (v. 401), des die Mitgift verschwendenden Ehemannes ( w . 768 ff.) oder des durch den Streit der Eltern gefährdeten Kindes (v. 797 ff.). Dennoch ist es mehr als eine bloße Hinzufügung. Man kann es in der Tat als „Kern des Stoffes" 1 ansehen. Der Gegensatz von Cuerpo und Alma findet in der Prozeßsituation konzentrierten Ausdruck. Calderón nutzt die Dichte des Motivs, indem er es im Titel erscheinen läßt, und so wie der Prozeß Höhepunkt der Auseinandersetzungen der Eheleute ist, ist er auch Höhepunkt des Stücks. Das Prozeßmotiv wird jedoch nicht nur in der Peripetie 2 verwendet; es bestimmt den gesamten Aufbau des auto. » Folgende Beispiele seien genannt: OPERVM/ R. P. M. F. PETRI CORNEJO/ CARMELITAE/ THEOLOGI PRAEST ANTISSIMI/ . . . / TOMVS ALTER/, Valladolid 1629; enthält auf S. 841 bis 1026: TRACTATVS SEXTVS./ DE MATRIMONIO/. Cornejo, dessen Werke posthum veröffentlicht wurden (vgl. Esperabé Arteaga, op. cit., S. 473), war Vorgänger Ponce de Leons als Inhaber der „Catedra de Durando". — DISSERTATIONES/ IVRIS CONTROVERSI/ IN HISPALENSI/ SENATV/. . . / AVTHORE D. D. IOSEPHO VELA I. C. NATV/ BEZERRILENSI,/.. . / GRANATAE. / . . . ' Anno Düi 1628/. Uber Ehefragen handeln die .Dissertationen" 1, 2, 7 und 9. In der 9. Dissertation nimmt Vela Bezug auf eine 1616/1617 in Salamanca gehaltene Vorlesung zum Titel .de divortiis" (fol. 76v). Man vgl. zu dieser Angabe das Protokollbudi der Vorlesungskontrollen (Visitas de catedras 1610—1641, Biblioteca Universitaria Salamanca, A. U. S. 954: „Quarta visita de Cathe/dras hecha por el Sor. Ror./ y Visitadores a 7¡ de/ iulio de 1617/" „Dr Vela Lo Vela Catra de Decretales . . . va leyend el c. 2 o de dibortiis . . .". >• A. U. S. 954, Segunda visita . . . juebes a 2i de Hebrero, ¡6i9" „Dr V a l e n c i a . . . va leyendo el § preterea depositi". Vgl. unseren Kommentar zu v. 1358, zu Valencia auch denjenigen zu v. 485! 1

E. Frenzel, op.cit., S. 28.

Die in diesem Abschnitt verwendeten Termini der Drameninterpretation werden als allgemein üblich angesehen und daher nicht im einzelnen nachgewiesen. Sie sind mit einer Ausnahme in Gero von Wilperts Sadiwörterbudi der Literatur (Stuttgart s 1961) s. v. .Drama" (und passim) belegt. Allein der Terminus „Vorhöhepunkt" wurde von uns im Hinblick auf die Struktur des besprochenen auto gewählt. 1

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a) Pecado umschreibt den Prozeß schon in ihrer Expositionsrede (vv. 49— 218) als Ziel ihres Handelns. Alma soll von der Ehe mit Cuerpo so enttäuscht werden, daß sie „por causas que alegue justas" (v. 152) um „nulidad de matrimonio" (v. 151) einkommen soll. b) Mit v. 219 setzt die eigentliche Handlung ein, die bis zur Katastrophe — der Errettung der Seele (vv. 1433 ff.) — nach dem Plan Pecados verläuft. Ganz im Sinne der angeführten Verse Pecados macht Alma in ihren ersten Worten deutlich, daß sie sich der ihr „aufgezwungenen" Ehebande zu entledigen gedenkt (vv. 249 ff.)8. Ihr „protestar" ist juristisch motiviert und vor allem im Hinblick auf einen zukünftigen Prozeß zu verstehen, in dem „fuerza" (lat. „vis"; vv. 258, 793, 1172, 1184, 1305) ihr als Argument dienen soll. Die Handlung entwickelt sich trotz des Protests und der Gegenüberstellung von Cuerpo und Alma, die zu Beginn der Handlung deren Gegensatz verdeutlicht (vv. 219—278), zunächst ohne daß sie in allzu gespanntem Verhältnis zueinander stehen. Alma macht zwar keinen Hehl aus ihrer Überlegenheit (vv. 355 ff und 379 ff.), gibt jedoch andererseits indirekt zu verstehen, daß sie ebenso auf Cuerpo wie dieser auf sie angewiesen ist (w. 379 ff.; s. Kommentar). Als mit der unterschiedlichen Beurteilung von Voluntad und Entendimiento ein ernstes Spannungsmoment entsteht (vv. 456— 464), lenkt Cuerpo ein. Entendimiento hilft Alma und Cuerpo in der sidi anschließenden Auseinandersetzung mit den Eindringlingen Pecado und Muerte (bis v. 544). Der in Bezug auf das Verhältnis der beiden Eheleute zueinander relativ ruhige Handlungsablauf — durch die Entfernung von Pecado (vv. 477 ff.) und die Bedrohung von Muerte (vv. 505 ff.) enthält diese Phase des Stücks dennoch Spannungsmomente — entspricht der Intention Calderöns, die Möglichkeit eines geregelten Miteinander von Körper und Seele zu zeigen4. c) Die Spannung zwischen Voluntad und Entendimiento besteht auch nach dem Einlenken Cuerpos fort. Sie wird akut — und damit zum erregenden Moment der weiteren Handlung —, als Voluntad sich gegen Entendimiento und Alma stellt, die Mitarbeit beim Kampf gegen den Tod versagt (vv. 545 ff.) und sich mit dem gerade erst entfernten Diener Pecado erneut verbündet (vv. 598 ff.). Ihre Haltung löst die zu einem Vorhöhepunkt führenden Reaktionen aus. Cuerpo verläßt Entendimiento und Alma, leiht den Ermahnungen beider nur ein halbes Ohr (vv. 611—685) und beauftragt schließlich Voluntad — die den Auftrag an Pecado weitergibt (vv. 726—728) —, ihm bessere Mittel zum Leben zur Verfügung zu stellen als seine Frau und der Erzieher seines Kindes. Die Warnung vor diesen Mitteln schlägt Cuerpo in den Wind (v. 756). Die Klage der Gattin über seine Verschwendungssucht beantwortet er, indem er als Hausherr auftrumpft (vv. 783 ff.). In diesem Moment ist die Geduld Almas erschöpft, und sie droht mit einem auf die zu Anfang der Ehe festgestellte Gewalt gegründeten Prozeß. Die entsprechenden Verse (790—797) stehen fast genau in der Mitte des (1478 + 3 Verse umfassenden) auto. Ihr Effekt wird noch dadurch unterstrichen, daß nicht ' Auf die Ähnlichkeit der Worte Almas mit gewissen Formulierungen Pecado wurde II. 1., A. 18 hingewiesen. 4 s. II. 1., S. 60 f.

/ Luzifers

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Alma, sondern Cueipo die einen ganzen Vers beanspruchende Wendung „(el) pleito matrimonial" zuerst — in Form einer Frage — ausspricht ( w . 795/796: „Pues habrä mas de ponerme / el pleito matrimonial?"). Zum Höhepunkt führt Almas Drohung nur deshalb nicht, weil s-ie sogleich ein retardierendes Moment auslöst: das Kind von Cueipo und Alma — Vida — wird von der drohenden Trennung seiner Eltern so erschreckt, daß es dem Tode nahe ist (v. 797: „—Alma: Si hare. — Vida: Ay infeliz de mi." Man beachte die wirkungsvolle Hemistichomythie). Die besorgte Mutter lenkt daraufhin ein (vv. 857 ff.), obwohl Cueipo nicht daran denkt, seinen Lebensstil zu ändern 5 . d) Die in vv. 866—1153 im Anschluß an das Nachgeben Almas sich abspielende Folge von Handlungen, die zur Peripetie führt, beginnt als U m k e h r u n g derjenigen Folge, die zum Vorhöhepunkt führte. Jetzt ist es Entendimiento, der sich gegen Cueipo und Voluntad stellt. Wie vorher Voluntad Unterstützung beim Feinde Almas, Pecado, fand, so gewährt nun Mueite, der Feind Cueipos, dem Verstand, seine Hilfe. Allerdings mißachtet Cueipo die von Entendimiento inspirierten Vorhaltungen Almas, die sich erneut von seinem Handeln distanziert, ebenso wie die ihm im Traum erscheinende Vision des Todes (vv. 975 ff.). Deren einzige Wirkung sind schnell verfliegende Zweifel (vv. 1126/1127)'. e) Die starre Haltung Cueipos führt zur Peripetie der Klage Almas vor dem Richtstuhl Gottes (vv. 1154 ff.). Der metrische Wechsel zwischen v. 1153 und v. 1154 markiert den Höhepunkt höchst effektvoll. Der letzte Vers im Metrum der ledondilla ist der erste, den Alma spricht, um zu ihrer Anklagerede überzuleiten, die mit v. 1154 in lomance einsetzt. Dadurch wird der Bruch zwischen Alma und Cueipo wesentlich stärker hervorgehoben als durch einen gleichzeitigen (normalen) Wechsel von Sprecher und Metrum: der besonderen Situation entspricht der besondere „phasenverschiebende" Wechsel. Die Formulierung, die auf dem Vorhöhepunkt erschien, wird in den folgenden Versen (1169/1170) ebenso aufgenommen wie das die Prozeßsituation umreißende Vokabular (v. 1184 „fuerza", „protestar"). An die Klage schließen sich Beweisaufnahme (vv. 1185—1244), ein Vergleichsvorschlag Cueipos (1256 ff.), Verteidigung (vv. 1304—1320) und Urteil an ( w . 1358—1361). Dieses wird jedoch zunächst nicht vollständig verkündet, da zwar die Trennung der Ehe ausgesprochen, nicht aber der Ort bestimmt wird, an dem Alma laut Gerichtsspruch „deponiert" werden soll7. Daraus ergibt sich das der Katastrophe vorausgehende Moment der letzten Spannung. Pecado kann einen Augenblick lang meinen, sein Plan gelänge vollkommen und Alma falle in seine Hände (vv. 1390 ff.). Das Erscheinen Christi (vv. 1433 ff.), das den — vorläufigen — Urteilsspruch ergänzt 8 und das Vorhaben Pecados zunichte macht, bedeutet die Wendung zum Guten 9 . Dies gilt auch 5 Das Unverständnis, mit dem ihm Alma begegnet, erleichtert Cuerpo allerdings die eigene Unnachgiebigkeit; vgl. Kommentar zu w . 841/842. * Die Verse, die die Handlung ihrem Höhepunkt zutreiben, werden musikalisch untermalt (vv. 1092—1105; s. Kommentar). 7 Näheres hierzu im Kommentar zu vv. 1358—1361. 8 Vgl. A. 7. • Vgl. Gero v. Wilpert, op. cit., s. v. „Katastrophe".

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für Cuerpo, da er nach der Aufnahme von Alma im Himmel auf eine Revision des „matrimonial pleito" zu seinen Gunsten — in der Wiedervereinigung von Körper und Seele am Tage der Auferstehung — hoffen kann (w. 1458/1459). Das erneute Anklingen des Prozeßmotivs in vv. 1472/1473, in denen Prozeß und Altarssakrament miteinander verknüpft werden, schließt das Stück ab10. Aus unserer an der Verwendung des Prozeßmotivs orientierten Analyse ergeben sich also fünf Abschnitte. Man könnte der Ansicht sein, das Moment der letzten Spannung und die Katastrophe seien in einem sechsten Teil zusammenzufassen und vom fünften, mit der Peripetie beginnenden, zu trennen. Wir sahen jedoch, daß die Katastrophe nur den Abschluß der durch die Peripetie eingeleiteten Handlungsfolge, nur das Schlußwort des Prozesses darstellt. Die Verzahnung von Peripetie und Katastrophe wird durch das mehrfach anklingende Prozeßmotiv unterstrichen. Die von uns vorgeschlagene Gliederung wird zudem dadurch gestützt, daß die jeweiligen Einschnitte mit einem Wechsel im Metrum zusammenfallen11. Der letzte metrische Wechsel — abgesehen von den drei Schlußzeilen — ist aber der auffallend stark betonte Übergang von der redondilla zum romance zwischen vv. 1153 und 1154. Der Verzicht auf einen weiteren Wechsel, der nach v. 1387 oder v. 1433 möglich wäre, deutet darauf, daß die drei verschiedenen „Szenen" des fünften Abschnittes (Prozeß, Purgatorium, Himmelfahrt der Seele) als Einheit zu sehen sind.

10 Mit Parker kann man von der Verknüpfung von asunto (allgemeinem Thema aller autos) und argumento (speziellem Thema eines auto) sprechen, da das Prozeßmotiv nicht nur eine Verdichtung der Handlung, sondern auch eine solche des Themas darstellt. — Zu asunto und argumento vgl. Kommentar zu v. 209. 1 1 a/b. vv. 218/219: romance — decima; b/c: vv. 544/545: decima — romance; c/d: vv. 865/866: gaita gallega — redondilla (die versos de gaita gallega beenden eine Passage in romance); d/e: vv. 1153/1154: redondilla — romance.

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In den vorhergehenden Kapiteln stellten wir fest, daß Calderón es verstand, durch Wahl und Ausführung der Allegorie und deren Verknüpfung mit dem juristischen Motiv des Eheprozesses dem an sich wenig anschaulichen Thema eine realitätsbezogene und für die damalige Zeit aktuelle Einbettung zu geben. Damit bot er seinem durchaus gemischten Publikum 12 nicht nur Gelegenheit zur Erbauung, sondern auch zur Unterhaltung. Wir dürfen hinzufügen, daß zur Wirkung des auto außerdem der einfache und zielstrebige, dennoch für Spannung und Abwechslung sorgende Aufbau beiträgt, der durch das in allen von uns unterschiedenen Abschnitten anklingende, diese miteinander verkoppelnde Prozeßmotiv bestimmt wird. Es ist verständlich, daß die um „el mayor azierto" der Fiesta del Corpus besorgten Stadtväter noch 1704 El pleyto matrimonial als zu diesem Zweck geeignet ansahen 13 . Daß das kunstvolle Stück selbst nach drei Jahrhunderten auf das Publikum zu wirken vermag, beweisen die Aufführungen der letzten Jahre 14 .

11 Vgl. hierzu Ludwig Pfandl, Spanische Kultur und Sitte des 16. und 17. Jahrhunderts, Kempten 1924, S. 151—154 und S. 161—163. « Vgl. I. 1., A. 14. 14 El pleito gehört seit der Gründung der „Compafiia Lope de Vega" (Madrid) im Jahre 1946 zu deren Repertoire. Hinweise auf moderne Aufführungen findet man auch in der Einleitung zu Bd. I der Piezas maestras del teatro teológico español, ed. N. González Ruiz, BAC 17, S. XII und bei Valbuena Prat, OC III, 73a. Ein Szenenphoto von einer solchen Aufführung findet man in Valbuenas Historia del teatro español (op. cit., S. 352).

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III. Zu dieser Ausgabe Basistext unserer Ausgabe ist der Erstdruck von 1655 (I). Im Gegensatz zu Valbuena Prat und anderen, auf dessen Text beruhenden, modernen Ausgaben 1 geben wir diesem Druck gegenüber A aus den oben (I. 1) erläuterten Gründen den Vorzug. Wir bemühen uns um seine möglichst genaue Wiedergabe. Aus technischen Gründen konnte langes „s" nicht von rundem unterschieden werden. Die Blattzahlen erscheinen jeweils am linken Rand des Textes (ra = recto, Spalte a; rb = recto, Spalte b usf.). In einem ersten Apparat werden alle vorgeschlagenen Verbesserungen aufgeführt. In ihm finden sich neben den Hinweisen auf graphische Unklarheiten des Druckes [die, wenn nicht näher angegeben, durch ein eingeklammertes kursives Fragezeichen — (?) — nach der im Apparat aufgeführten zweifelhaften Lesart bezeichnet werden] und den Korrekturen offensichtlicher Druckfehler vor allem die von uns bevorzugten Lesarten einiger Verse. Auf die unserer Meinung nach vorzunehmende Änderung des im Drude gegebenen Textes wird mit einem kritischen Zeichen hingewiesen. Dabei bedeutet: "hombres" : das Wort (die Wendung) ist durch das im Apparat Angegebene zu ersetzen; z : (vor der Verszahl) die Zeichensetzung ist zu verändern; za : (vor der Verszahl) die Zeilenanordnung ist zu verändern; ( ) : konjekturaler Zusatz entsprechend dem im Apparat angegebenen (zu Bühnenanweisungen s. unten). Ziel des Verfahrens ist die möglichst klare Trennung von Befund und Interpretation2. Der kritische Text ergibt sich jeweils aus der Anwendung des ersten Apparates auf den Text des Erstdrucks. Falls die vorgeschlagene Veränderung einer längeren Erläuterung bedarf, findet sich diese im Kommentar. In einem zweiten Apparat erscheinen alle — akzeptierte und verworfene — Varianten (außer Orthographie- und Zeichenvarianten; s. unten). Es werden sämtliche Lesarten von A, B, G, H, Q und „Z" geboten. Im 1 El pleito matrimonial, in: Piezas maestras del teatro teologico español, op. cií., S. 301 bis 330; Abhängigkeit von Valbuena ergibt sich z. B. in v. 824 .que obra la desigualdad" (in allen Zeugen: »que haze la desigualdad"). Ferner: Pedro Calderón de la Barca, El pleito matrimonial del Cuerpo y el Alma, in -.Autos Sacramentales, Barcelona 1961, S. 9—81. 1 Audi diese Begriffe nach H. Zeller, vgl. A. 78, S. 33.

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Apparat wird „Z" dann verwendet, wenn die Mehrzahl der entsprechenden Zeugen übereinstimmt. Abweichungen einzelner Zeugen werden in () angeführt, Unterschiede in der Orthographie jedoch nicht berücksichtigt (Muster ist der jeweils zuerst aufgeführte Zeuge; bei Übereinstimmung in „Z" : II). Ist die Überlieferung innerhalb von „Z" uneinheitlich, werden die Zeugen getrennt aufgeführt. + Z nach einer Verszahl weist auf die interpolierten Verse Zamoras, die im Kommentar an der entsprechenden Stelle nach II aufgeführt werden (Abweichungen von II in Klammern). Nicht berücksichtigt werden bei allen Zeugen unterschiedliche Abkürzungen der Sprecherangaben. Ein Sonderproblem stellen die Bühnenanweisungen. I ist im Vergleich mit den anderen Zeugen arm an acotaciones (insgesamt 23; in H 35; in G 52, in II 68), und es ist wahrscheinlich, daß das Original eine größere Anzahl enthielt. Darauf weist ihr weitaus häufigeres Vorkommen in den Autographa Calderóns [La hidalga del valle 43, La segunda esposa 78, La cura y la enfermedad über 100], Die Überlieferung ist jedoch so uneinheitlich, daß in diesem Punkt ebensowenig wie in der Zeichensetzung (s. unten) an eine Herstellung des Originals gedacht werden kann. Wenn die Mehrzahl der Zeugen an etwa der gleichen Textstelle eine ähnliche Formulierung bietet, wird man annehmen können, im Archetyp habe dort eine Bühnenanweisung gestanden. Eine gewisse Wahrscheinlichkeit für die Originalität einer acotación mag man in ihrer eventuellen Übereinstimmung mit ähnlichen Anweisungen anderer autos sehen. Andererseits könnte gerade bei sich wiederholenden Situationen eine Anleitung unnötig sein, zumal der Text in vielen Fällen genügend Anhaltspunkte für die Inszenierung bietet (Shergold, History, op. cit., S. 459 und 478, spricht von „perfunctory stage -directions"!). Ein typisches Beispiel bieten vv. 168 ff. Die dort geschilderte Bühnensituation („Mensch in der Höhle") ist geläufig (vgl. OC III, 1394a, 1446a und Max Kommereil, Beiträge zu einem deutschen Calderón I, Frankfurt/M. 1946, S. 49—52); die vorzunehmende discovery (Shergold, op. cit., S. 467 f.), die die Bühnenanweisung in A, H und „Z" beschreibt, läßt sich aus vv. 169—177 ohne Schwierigkeiten herauslesen. Selbst wenn man aber aufgrund der weitgehenden Übereinstimmung der wichtigen Zeugen A und H eine Anweisung im Original annimmt, so ist deren F o r m damit noch nicht geklärt, „honbre" in H braucht kein Fehler zu sein, da Cuerpo in einigen Versen des Stückes mit „Hombre" identifiziert zu werden scheint (vgl. unseren Kommentar zu vv. 1092—1095) und Calderón auch in den Autographa in der Bezeichnung der Personen nicht immer einheitlich verfährt (vgl. Kommentar zur Bühnenanweisung vor v. 1). Angesichts derartiger Schwierigkeiten verzichtet diese Ausgabe auf weitergehende Emendationen der acotaciones. Diejenigen des Erstdrucks werden grundsätzlich übernommen, da sie meist für das Verständnis unbedingt notwendig sind. Falls dieses eine Anweisung erfordert oder eine solche den Text erhellt und mindestens zwei Zeugen von „O" gegen I übereinstimmen, wird auf eine wahrscheinliche Bühnenanweisung des Originals durch < ) vor der Verszahl des in Frage kommenden Verses hingewiesen. In den emendierenden Apparat wird nur ein Hinweis auf die entsprechenden Zeu76

gen aufgenommen, der ungefähre Wortlaut der acotación ist dem zweiten Apparat zu entnehmen, in den sämtliche Bühnenanweisungen aufgenommen wurden. Orthographie- und Zeichenvarianten werden nach folgenden Grundsätzen in einem dritten Apparat aufgeführt. Orthographische Varianten: Die Orthographie der Manuskripte entspricht — von der Eigenart des Zeugen H abgesehen — dem allgemeinen Gebrauch der Zeit, in der sie entstanden 3 . Da uns kein Autograph vorliegt, da die Unterschiede von Zeuge zu Zeuge sehr groß sind und da sich auch innerhalb eines Zeugen kein System — etwa bei der Unterscheidung von „b" und „v" („u"), Verwendung von Majuskeln usw. — feststellen läßt, wird auf die Wiedergabe orthographischer Varianten weitgehend verzichtet. Berücksichtigt werden nur die in II und IV enthaltenen Varianten in der Majuskulierung, da diese unter Umständen Rückschlüsse auf das Verständnis der Allegorien erlauben könnten. Für die Herstellung des Originals sind sie allerdings ohne Belang, da Calderón — wie man im Hinblick auf die als Autograph angesehenen Manuskripte der Biblioteca Municipal zu Madrid feststellen darf — in der Verwendung der Majuskel nicht nach offensichtlichen Regeln verfuhr 4 . Dasselbe gilt für alle Manuskripte, die von uns eingesehen wurden. Vielfach ist nicht erkennbar, ob Majuskel oder Minuskel vorliegt, da die Vokale „a" und „e" und die Konsonanten „c", „m" und „v" sich meist nur in der Größe unterscheiden — also nicht zwischen „A" und „a" differenziert wird —, größere Buchstaben aber in kleinzuschreibenden Wörtern ebenso häufig sind wie in Substantiven 5 . Falls bei der Wiedergabe entsprechender Varianten Unklarheiten bestehen, wird der Anfangsbuchstabe des betreffenden Wortes kursiv gesetzt: „memoria", „entendimiento". Kursives „y" bezeichnet den Buchstaben, der in den Manuskripten häufig sowohl für „i" („I") als auch für „y" („Y") erscheint. 3 Man vgl. Angaben in: R. J. Cuervo, Disquisiciones sobre antigua ortograíia y pronunciación castellanas, in: Obras, tomo II, Bogotá 1954, S. 240 ff.¡ A. V. Ebersole (Herausg.), Calderón, La desdicha de la voz (1639), edición basada en el manuscrito autógrafo conservado en la Biblioteca Nacional de Madrid, Valencia 1963¡ E. W. Hesse (Herausg.), Calderón, El mayor monstro los celos, A Critical and Annotated Edition from the Partly Holographie Manuscript, Madison 1955; H. Ziomek (Herausg.), Lope de Vega, La nueua victoria de D. Gonzalo de Cordoua, A Paleographic Edition oí Lope de Vega's Autograph Play, New York 1962; M. G. Profeti (Herausg.), Luis Vélez d e Guevara, Virtudes vencen señales, ed. cit. 4 Genauer durdigesehen wurden die uns in Photokopien von Hans Flasche freundlicherweise zur Verfügung gestellten Autographa von La hidalga del valle und La segunda esposa. In ihnen zeigen Eigennamen häufig Minuskel: s. La segunda esposa, fol. 2v david, salomon; fol. 3r ysavel, fol. 3v. ana; fol. 9r gregorio, pablo; fol. lOr Maria, maria, ana, Ana, Dios, dios. Kennzeichnung allegorischer Figuren durch Majuskulierung ließ sich nicht erkennen: z. B. „el planer" in den Personalkatalogen beider autos. Die Auswahl der Stücke erfolgte nach dem Datum: Hidalga ursprünglich vor 1640, Esposa 1648. Das Autograph der Hidalga ist allerdings mit Sicherheit nach 1647 entstanden, da der Text deutlich für vier carros eingerichtet ist. Man vgl. die — nicht immer zuverlässige — Ausgabe Giacomo Vaifro Sabatellis (Pedro Calderón de la Barca, Autos sacramentales II, Zaragoza 1962. Biblioteca Clásica Ebro 97/98). 5 Nur diese Buchstaben sind im Hinblick auf den Personalkatalog unseres Stückes von Belang. „P" und „p" werden unterschieden, aber unterschiedslos verwendet.

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Berücksichtigt werden in jedem Falle orthographische Varianten von metrischer Relevanz (vor allem „ahora" — „agora"). Zeichenvarianten: Für die Zeichensetzung ist ähnliches wie für die Orthographie festzustellen. Während die Drucke verhältnismäßig viele Zeichen enthalten, sind sie in den meisten Manuskripten nur selten verwendet worden. Dies entspricht wiederum dem üblichen, insbesondere auch den Gewohnheiten Calderöns. Im einzelnen enthalten A, C, D, E, F, G, N und P entschieden weniger Zeichen als B, H, Q, K, L, M. In J ist oft nicht zu erkennen, ob es sich um Zeichen, Tintenspritzer oder eine Art von „Orientierungspunkt" des Schreibers handelt. Da A und G nur wenige Zeichen enthalten, werden a l l e in diesen Zeugen zu findenden im dritten Apparat aufgeführt, selbst wenn gegenüber I keine Abweichung besteht. Umgekehrt wird ein im Vergleich mit I fehlendes Zeichen nicht vermerkt, da Fehlen des Zeichens als Regel angesehen wird. Angegeben werden außerdem alle A b w e i c h u n g e n von I in B, H, Q und II (jardin_: das in I stehende Zeichen fehlt). Die übrigen Zeugen der Familie „Z" werden nur berücksichtigt, wenn Abweichungen gegenüber II bestehen, die eine verschiedene Auslegung des Textes gestatten könnten. Für die weitgehende Aufnahme sowohl der Varianten aus „Z" (also relativ sicher eliminierbarer Lesarten) als auch der Zeichen- und Orthographievarianten in einen der Apparate lassen sich gute Gründe anführen. Sie bietet vor allem die Möglichkeit, das Leben eines Textes über ein Jahrhundert zu verfolgen und aus den vorgenommenen Veränderungen Rückschlüsse auf sein Verständnis zu ziehen. Darüber hinaus begrenzt das Streben nach Vollständigkeit die Willkür des Herausgebers bei der Auswahl von Varianten auf ein Minimum. Gerade bei den Zeichenvarianten scheint uns so eine Wiedergabe wichtig zu sein, da auch heute noch die meisten Editionen die Zeichensetzung „modernisieren", ohne dabei eine Kontrolle der Notwendigkeit oder Richtigkeit dieser Modernisierung zu ermöglichen. Die in den Apparaten verwendeten Abkürzungen und Zeichen entsprechen, so weit wie möglich, den in den Ausgaben griechischer und lateinischer Texte verwendeten 6 , die im allgemeinen die kürzeste und klarste Darstellung erlauben. Vor allem im ersten Apparat werden daneben eigene (lateinische) Kürzel verwendet. Das Streben nach Deutlichkeit und Kürze der Darstellung rechtfertigt unserer Meinung nach die Verwendung lateinischer Bezeichnungen. Die Bemerkungen des Herausgebers erscheinen in Kursivdruck. Es wurden nur kleine Buchstaben verwendet, um einer möglichen Verwechslung mit den Siglen der Zeugen vorzubeugen. Die Präpositionen ante und post vor einer Verszahl weisen darauf hin, daß die folgende Bühnenanweisung zwischen den Versen steht, der Text also durch sie unterbrochen wird; • Vgl. A. Delatte et A. Severyns (Herausg.), Emploi des signes critiques — Disposition de l'apparat dans les éditions savantes de textes grecs et latins, Conseils et recommandations par J. Bidez et A. B. Drachmann, édition nouvelle par ^ , Bruxelles—Paris 1938. 78

die Präposition ad bezeichnet eine hinter dem entsprechenden Vers am Rand des Blattes stehende Bühnenanweisung. Neben den auf S. 75 und 77 angeführten Zeichen werden folgende Zeichen und Abkürzungen verwendet (geläufige Abkürzungen wie „cf." u. ä. werden nicht aufgeführt): [ ] *"* > < L*

me ! add. canc. cett. det. dex. e corr. fort. i. loq. mg. n. n. i. om. sin. superscr. v. c.

Interpolation; Lücke (innerhalb eines Verses; Zahl der Sternchen = Zahl der fehlenden Silben); Lücke (mindestens ein Vers fehlt); verbessert zu; verbessert aus; der „Exponent" bezeichnet die verbessernde Hand (L1 = Verbesserung von Hand des Schreibers des Ms.; L* = Verb, von Hand eines weiteren Schreibers; L? = Verb, von nicht unterscheidbarer Hand; Beispiel: I < L M * = der Zeuge M, der ursprünglich mit L übereinstimmte, wurde von anderer Hand entsprechend der Lesart des Zeugen I verbessert; der „Exponent" kennzeichnet ein mehrfach in einem Vers auftretendes Wort; addidit cancellavit ceteri deterioratus (nur auf Beschreibung schadhaften oder verblichenen Druckbildes angewendet) dexter ex correctione fortasse interpunctio (Satzzeichen) loquutor (Sprecherangabe) in margine nota (bezeichnet nur Bühnenanweisungen) nulla interpunctio omisit sinister superscripsit videtur commentarius

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SIGLEN DER ZEUGEN (Die Seitenzahlen verweisen auf §§ I. 1. B + C)

I II III IV A B C D E F G H J K L M N P Q

80

Erstdrude 1655 (S. 17 ff.) Pando 1717, Zamora-Fassung (S. 22 ff.) Apontes 1759, Zamora-Fassung (S. 23) Cornelias, angeblich 1701, Zamora-Fassung (S. 23 f.) Ms., B Nc 16 281', wohl nach 1704 (S. 19 ff.) , 17 198, nach 1704 (S. 21) „ 16 073, Zamora-Fassung (S. 24) „ 16 2765, Zamora-Fassung (S. 24 f.) „ 17 385, Zamora-Fassung S. 25) „ 1 5 107, Zamora-Fassung (S. 26) Ms., B Me Folletos 75, XVIII. Jhdt.? (S. 21) „ 76tb], XVII. Jhdt.? (S. 21 f.) „ 75(c], Zamora-Fassung (S. 26) Ms., B Mc ohne Signatur, Zamora-Fassung (S. 26 f.) „ Zamora-Fassung (S. 27 f.) „ Zamora-Fassung (S. 28) Ms., Biblioteca de la Real Academia M. 192*, Zamora-Fassung (S. 28 f.) Ms., Biblioteca de Menéndez Pelayo M. 184, Zamora-Fassung (S. 29) Ms., Bibliothèque Nationale (Paris) ESP. 428s, XVIII. Jhdt.? (S. 22)

TEXT 95 r

A V T O SACRAMENTAL / DEL PLEITO MATRI- / M O N I A L DEL CVERPO, / Y EL ALMA. / DE DON PEDRO CALDERON / de la Barca. / PERSONAS QVE HABLAN EN EL.1 El pecado. El Alma. El Cuerpo.

Memoria. Voluntad. Entendimiento.

La muerte. La vida. Christo.2

1 Personas A B G H Q „Z" (ynterlocutores J) 2 A: el Pecado / el alma / . . . / la memoria / La Voluntad / el entendimiento / . . . I Vn niño q haze a / Christo = músicos G: La Memoria / el entendim t0 / La Voluntad / Q: El Alma. Entendimiento. Memoria. El Cuerpo. Voluntad. La Vida. Mussica. La muerte. El Pecado. II: El Cuerpo. Los Cinco Sentidos. El Alma. El Sueño. La Vida. El Pecado. La Muerte. El Entendimiento. Vn Niño, que haze á Christo. La Memoria. Música. La Voluntad. IV: El Cuerpo. El Alma. El Entendimiento. El Pecado. La Voluntad. Los cinco Sentidos. La Muerte. La Vida. La Memoria. El Sueño. Christo. Músicos. C F N: ci. II (om. Musica) D: ci. II (La memoria / el entendim t0 . / La Voluntad: / . . . / La muerte / La Vida / Vn niño /) E: ci. I (Christo: el sueño. / Los cinco sentidos: /) el Alma J: el Cuerpo el pecado La Vida La Voluntad La Muerte La Memoria el en Tendimiento La Vista el oydo el Tacto el Sueño vn nino q aze a Xpto el Gusto La Muerte Los cinco P: El Pecado Memoria El Alma La Vida Sentidos Entendimt" El Cuerpo El Sueño Christo Voluntad 81

Tocan caxas roncas, y sale el pecado, y sale la muerte con guadaña. / 1 2 3 4 5 z6 z7 8 9 10 11 12

Pecad. Muerte. Pecado. Muert. Pecad. Muert.

z6 vejetable, v. c.

y ábrese

vn tronco,

/

Parasismo del mundo, a c u y o horror la fabrica caduca vniuersal. Ojeriza del Cielo, c u y o error hizo al hombre saber del bien, y el mal. Ira común, p u e s y a z e a tu furor v e j e t a b l e sensible, y racional. Saña común, p u e s y a z e a tu poder, lo que nació primero de nacer. Basilisco del tiempo, tan cruel, que das mirando a quanto v i u e fin. A s p i d del siglo, tan traidor, y infiel, que muerdes entre flores de v n jardin.

z7 p o d e r _

9 tiempo, ¿. det.

11 siglo, i. det.

n. Sale de vn carro el Pecado al Tiempo que en el otro se / abre vn Tronco, y Sale de el la Muerte. Q Suenan Caxas, y Sordinas, y abrense los dos Car- / ros (y abriéndose los dos carros C D F N y abranse M), y (om. C D F N L M ) del de (la ibid.) mano derecha, que será vna Gruta, / sale el Pecado, con alusión de demonio, manto de / Estrellas negro, plumas, Vanda, y Bastones (vanda y bastón negro C D F N bastone M M < II L*): y / del izquierdo Carro se abrirá vn Tronco, / de quien sale la Muerte con / guadaña. / „Z" (Tocan caxas roncas, y truenos, y salen el Pecado, y la Muerte, el uno en u[n] / Dragón, y el otro en otro genero de tramoya con guadaña. IV E = I Suenan cajas roncas y Sordinas y abriéndose los dos / Carros délos estreñios del de mano derecha que sera / vna Gruta orrorossa Saldra el pecado en Abito de / demonio con plumas y Vaston; en el de Mano yzqui / erda Se ahrira vn tronco Corpulento de quien saldra / La nuerte Vestida de Corto, / J Tocan Cajas Roncas, sale el Pecado; Y de vn monte la Muerte sale / con su Guadaña, en la mano. / P) 4 saber add. E* deel mal H el mal < del mal E? 5 + 7 pues ya haze G sensible irracional. Q 8 la que IV 10 a quantos G l i e infiel B E 1 m u n d o _ Q Mundo II orror, H horror, II 2 vniversal? II 3 error, H 4 mal_B mal, H mal? II 5 común: A furor, H 6 vejetable, sensible; y ragional. H sensible_ Q vegetable, sensible, y racional? II racional_B vejetable, IV 7 común: A poder_B Q II IV 8 nació, H nació, II nazer. A nazer_B nacer? II 9 t p o _ cruel_ B tiempo_Q 10 das, II mirando, H fin? II 11 siglo_ Q Siglo II infiel_B Q 12 muerdes, flores, jardin_ H Jardin? II 82

95 v

13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30

Pecad. Muert. Pecad. Muert. Pecad. Muert. Pecad. Pecad

23 .i" in deuiste del.

Introduzido escandalo de Abel. Heredada malicia de Cain. Ministro del gran Dios de Sabaot. Caudillo de los vandos de Astarot. Palida muerte, porque solo assi todas tus señas pronunciar podré. Principe del abismo, que de ti noticia de otra suerte dar no sé. A vn mundo yo no te introduxe? Muert. Si, de la muerte el pecado origen fue. Pues si el ser me deuiste, y ser atroz, deciende a los conjuros de mi voz, deciende de esse negro monte, que es funesta patria de la noche vil: el seno dexa de sus troncos, pues el valle nos combida con su Abril: viuoras somos, ajen nuestros pies sus flores ciento a ciento, y mil a mil,

25 esse mit langen Doppel-„s", im Text .st" ähnlich

17 Muerte, pues que IV todas sus Q 21 Al Mundo B G H Q J no add. E* 22 la muerte del pecado origen fue L ( 686 Pecad. 687 Cuerp. 688 689 Pecad. 690 691 Cuerp. Volunt 692 Cuerp. 693 z694 695 696 697

Basta memoria, no mas, que y o creo que la Fè esso, y mucho mas podrá: y a no duda, y y a confiessa. Por esso doy passo atras. Pero no podrá, que y o viua con esso no mas contento. Essa es Fè sin obras, con esso bueluo a llegar. "Ya si", voluntad. Que quieres? Tu otro banquete me dà, que si alli el alma comió, y o no comi al punto haz que en mi mesa se registre quanta aue, pez y animal veloz buela, veloz corre,

685 (Entend.y Ya v. c. 686 687 podrá „d" det. 688 G) 691 "Y assi- v. c. 693 comió Akzent cf. v. 34 z694 comi;

690