Einmaleins des guten Tons

Gertrud Oheim: "Die Hebung des allgemeinen Lebensstandards in den letzten Jahren und die Besinnung auf Tradition in

124 50 189MB

German Pages [528] Year 1956

Report DMCA / Copyright

DOWNLOAD FILE

Polecaj historie

Einmaleins des guten Tons

Citation preview

EINMALEINS 1) E S

GUTEN TONS

Illustrationen und erklärende Zeichnungen im Text von Gerhart Kraaz, Bad Homburg Farbfotos und SchwarzwelOfotos: Neuaufnahmen von,.Schule der Dame/* Marlies Scholz. Köln; Dorothea von der Osten, Wiesbaden; Karl Heinz Klubescheldt, Gütersloh; Dr. R. Tautcnhahn, Stuttgart SchutzumschlAg von H. Lange, Bothel, und H. Grobö, Bielefeld Einbandentwurf von S. Kortemcler

1. Auflage März 1955 2. Auflage Mal 1056 3. Auflage Mal 1056

4. Auflage Juni 1955 5. Auflage Juni 1055 6. Auflage Juli 1955 7. Auflage Oktober 1956 8. Auflage Januar 1060

9. Auflage Februar 1960

9. Auflage 251.-290. Tausend 1966 Copyright 1056 by C. Bertelsmann In Gütersloh Klischees Meisenbach, Riffarth & Co., Berlin, und Glesow, Bielefeld Gesamtherstellung Mohn e h a n er ('holeriker ist ein äußerst leicht erregbarer, aufbrausender. al er ebenso rasch wieder

104

Mensch unter Menschen

beruhigter Mensch, der stets Neues plant und meistens sehr ehrgeizig ist, von einem heute gefaßten Plan aber vielleicht morgen schon nichts mehr wissen will. Der Sanguiniker ist das, was man einen Lebenskünstler nennt, heiter, unbeschwert, ein fröhlicher Gesellschafter, der Honig aus allen Blüten saugt, aber ein Mensch ohne echte Kraft und Festigkeit, der alles verspricht und wenig hält und auf den man keinem Menschen Häuser zu bauen raten möchte. Der Melancholiker sieht die Welt durch eine schwarze Brille, wittert überall Unheil, fühlt sieh stets vom Schicksal benachteiligt und ist immer geneigt zu glauben, daß morgen die Welt untergeht. Er ist also nicht gerade der ideale Gesellschafter, hat aber viel mehr Empfinden für Zuverlässig­ keit als z, B. der Sanguiniker und wird deshalb bei aller Neigung zum Trübsinn meistens ein treuer Freund sein. Dem Phlegmatiker schließlich geht die Ruhe, das Verschontbleihen von Störungen jeder Art über alles. Was er tut, geschieht langsam und bedächtig, und er haßt nichts so sehr wie Eile oder Unrast. Er kann flinke Menschen zur Verzweiflung bringen. Aber er hat auch viele gute Seiten. Denn sein Motto „Immer ruhig Blut I“ hat schon manche gefährliche Situation geklärt. Außerdem pflegt er meistens treu und zuverlässig zu sein. Die moderne Psychologie hat bei der Deutung der menschlichen Tempera­ mente wesentlich mehr Spielarten als die vier des Hippokrates aufgezeigt. Wie es nämlich selten Menschen gibt, die ganz gut oder ganz schlecht sind, so gibt es auch kaum Menschen, die ausschließlich einem der vier Tempe­ ramente angehören. Die meisten Tem­ peramente sind gemischt, wobei immer eins der Temperamente überwiegt. Nach diesem überwiegenden Tempe­ rament die Menschen zu beurteilen, sich ihnen gegenüber einzustellen und ihr Verhalten verstehen zu können, ist eine der Grundlagen in der Kunst der Menschenbehandlung. Mit einem vorwiegend cholerischen Menschen z. B. wird man also nach Möglichkeit Der Sanguiniker

I )ie Kunst der Menschenbehandlung

105

keinen Streit anfangen, auf das Wort eines vorwiegend sanguinischen wird man, wenn man klug ist, nicht unbe­ dingt vertrauen. Bei einem vorwiegend phlegmatischen weiß man, daß man Zeit braucht, um ihn zu etwas zu bewegen oder ihn für eine Idee zu gewinnen. Ein vorwiegend melan­ cholischer schließlich nimmt besonders stark unsere Geduld, unsere Fähigkeit zum Mutmachen und zum Aufrichten in Anspruch, ist dagegen für Humor und Späße wenig empfänglich und als Gefährte heiterer Stunden nicht gerade geeignet. Die Wesensart eines Menschen auf den ersten Blick wirklich erkennen zu können ist eine Gabe, über die nicht viele verfügen. Es gibt wohl Men­ Der Phlegmatiker schen. die einen untrüglichen In­ stinkt dafür besitzen, oh jemand auf­ richtig oder nicht ist. zuverlässig oder ein „Sprüehmacher“, wie der Süd­ deutsche sagt. Aber im allgemeinen muß erst die Erfahrung lehren, wes Geistes Kind ein Mensch ist. Schnelle Urteile sind sehr oft falsch. Man tut daher immer gut, fremden Menschen gegenüber nicht allzu vertrauensselig oder offenherzig zu sein, auch wenn man sofort Sympathie fühlt - sie hat schon allzuoft getrogen, und die Enttäuschung war dann um so größer. Es gibt auch kaum eine sichere Methode, nach der man einem Menschen sozusagen ins Herz schauen kann. Gewiß, manche äußeren Merkmale, wie der ganze Körperbau (die moderne Psychologie untersucht ja besonders den Zusammenhang zwischen Körperbau und Charakter), die Gesichtsbildung, die Stirn, die Augen, die Mundpartie oder die Hände, auch die Handschrift und viele andere Dinge mehr lassen gewisse Schlüsse auf die inneren Eigenschaften des Men­ schen zu. AberuntrüglicheFolgerungcn sind auch daraus nicht zu ziehen, man müßte denn mit einem magischen Sinn begabt sein, der hinter der Fassade das Wesentliche sieht. Dazu kommt, daß sehr viele Men­ schen bei ihren Urteilen über die Mit­ menschen von rein äußerlichen Ge­ sichtspunkten ausgehen. Sie lassen sich blenden von einer selbstbewuß­ ten Haltung, von einem großspurigen

106

Mensch unter Menschen

Auftreten, von einem gefüllten Portemonnaie — wäre sonst die Kriminal­ chronik so reich an Fällen eines geradezu grotesken Sichirrens in der richtigen Menschenbeurteilung? Viele Menschen sehen auf der anderen Seite Bescheidenheit als Dummheit, Zurückhaltung als Unfähigkeit an, unterschätzen den Wert und die Fähigkeiten eines Mitmenschen und können deshalb ebenfalls nie zu einem richtigen Urteil kommen. Vielleicht lernt man einen Menschen am besten in außergewöhnlichen Situationen kennen: wenn Gefahr droht und er nun zeigt, ob er nur an sich denkt oder auch an andere, wenn ihm ein Unglück zustößt und er sieh nun würdig oder unwürdig benimmt, wenn sein Freund in Not gerät und sich nun erweisen muß, ob man sieh auf ihn verlassen kann, wenn er sehr zornig ist oder auch sehr glücklich. Sehr oft fällt dann die Maske, die der Mensch bisher trug, und zum Vorschein kommt sein wahres Ge­ sicht, um dessen Enträtselung man sich vorher vergeblich bemühte. Hat man nun also instinktiv oder mich schmerzlicher Erfahrung oder auch, weil er sie offen zur Schau trägt, die Natur eines Menschen erkannt, dann wird man versuchen, ihn richtig, also seiner Eigenart entsprechend, zu behandeln. Einem schüchternen Menschen z. B. wird man anders entgegentreten als einem unverschämten, einer Plaudertasche anders als einem unbedingt Zuverlässigen, einem Hochmütigen anders als einem Bescheidenen, Zurückhaltenden. Dieses Eingehen auf die Eigenart eines Menschen ist nicht nur ein Gebot der Klugheit und des Taktes. Sie ent­ springt oft auch der Rücksicht auf die eigene Würde. Dann nämlich, wenn es sich um Eigenarten oder Eigenschaften wenig schöner Natur handelt, gegen die man sich zur Wehr setzen muß. Manchmal wird in solchen Fällen sogar nötig sein, die allgemeinen Höflichkeitsregeln etwas außer acht zu lassen, um z. B. einen Heuchler oder eine Klatschbase zur Rechenschaft zu ziehen oder einem Verleumder das Handwerk zu legen oder mit einem Grobian abzurechnen u. a. m. Aus der großen Zahl menschlicher Charaktereigenschaften liehen sieh immer wieder einige ganz besonders heraus. Auf der Klaviatur dieser Eigenschaften richtig spielen zu können, gehört auch zum guten Ton sehen wir uns einmal an, was es hier zu beachten gibt.

Der schüchterne Mensch ist im Umgang mit seinen Mitmenschen von vornherein im Nachteil. Er weiß sich nicht in Szene zu setzen, er wagt nicht, Kenntnisse oder Fähigkeiten zu zeigen aus Furcht, ins helle Lieht der Öffentlichkeit ge­ zogen zu werden. Er wird infolgedessen oft unterschätzt und, wie man heute sagt, „überfahren“. Manchmal geschieht das unbeabsischtigt, manchmal aber auch mit vollem Bewußtsein. Das ist dann gerade kein Zeichen von vornehmer Gesinnung, denn wer Schwächere ausnützt oder übervorteilt, handelt unritterlich. Sehr häßlich ist es auch, schüchterne Menschen zu verspotten oder vor anderen Leuten lächerlich zu machen. Ein schüchterner Mensch ist meistens auch ein feinbesaiteter Mensch, der alle Robustheiten des Lebens weit schmerzlicher empfindet als der Draufgänger oder der Durchschnittsmensch. Es ist auch falsch, schüch­ terne Menschen in Gesellschaft in guter Absicht betont forsch aus ihrem

I )ie. ('haraktere

107

Sehnockenhäuschen herausziehen zu wollen. Man tut ihneü keinen Ge­ fallen damit und macht sie nur noch unfreier. Das richtige ist. sieh mög­ lichst unauffällig, aber herzlich um sie zu kümmern. \ ersieht ig ihre Inter­ essen oder Neigungen zu erkunden und sie ganz unbemerkt mit Men­ schen zusammenzubringen, die sie verstehen und vor denen sie ihre Schüchternheit ablegen. 1 »en Schüch­ ternen selbst aber möge ein Wort aus Goethes „Maximen und Re­ flexionen“ ein wenig Trost geben, das lautet: ..Wer sieh nicht zuviel dünkt , ist viel mehr, als er glaubt.“ Daß die schüchternen Menschen schließlich ihr Selbstgefühl nicht in der Einsamkeit, sondern mir im Umgang mit den Menschen ent­ wickeln und steigern können, ist eine alte Wahrheit.

Der Protz ist derAntipode des Schüchternen. So­ sehr dieser sieh zurückhält, so sehr drängt der Protz sich vor. Er protzt mit seiner goldenen Krawattennadel wie mit seiner Bildung und seinen guten Beziehungen, mit seinem Bank­ konto wie mit seinen Damenbekanntsehaften. Er ist. immer der Erste, der Erfolgreichste, der Schlaueste. Er liebt außer sieh selbst prunkende Möbel ebenso wie auffällige Kleidung und eine schmuckübersäte Gattin. Er glaubt seine Gäste am besten zu unterhalten, wenn er ihnen seinen Haushalt vom Silberkasten bis zum Wein­ keller stolzgebläht vorführt. Leider findet er oft Leute, denen er imponiert und die vor ihm in die Knie gehen. Wer Ge­ schmack hat, tut das nicht, läßt ihn lächelnd links liegen und geht zur Tages­ ordnung über - in aller Höflichkeit.

Der Streitsüchtige Herr von Knigge sagt von ihm, und zwar von den Zanksüchtigen, die alles besser Wissen wollen, um! den sogenannten ..Stänkern“, die vorsätzlich Gelegenheit zu persönlichem Zank suchen: ..In dem Umgänge mit allen diesen Leuten rate ich

108

Mensch unter Menschen

die unüberwindliche Kaltblütigkeit an, und daß man sich durchaus nicht in Hitze bringen lasse. Mit denen von der ersten Gattung lasse man sich in gar keinen Streit ein. Die letzteren aber müssen viel ernsthafter be­ handelt werden. Kanu man ihre Gesellschaft nicht vermeiden, kann man sie sieh nicht vom Leibe halten, so rate ich ein für allemal, ihnen so kräftig zu begegnen, daß ihnen die Lust vergehe, sich ein zweites .Mal an uns zu reinen."

Der Eigensinnige Er tritt meistens in zwei Spielarten auf: als verständiger und als unver­ ständiger Eigensinniger. Hat er Verstand, dann kann man entweder mit ihm reden und ihn durch Vernunftgründe überzeugen oder darauf hoffen, daß der Verstand ihm nach kurzer Zeit die Unsinnigkeit oder Starr­ köpfigkeit seiner Haltung selbst vor Augen führt. Er ist also dann kein hoff­ nungsloser Fall und mit. Geduld, mit etwas Diplo­ matie oder vorgespielter Nachgiebigkeit wird man ganz gut mit ihm auskom­ men. Ganz anders der Eigen­ sinnige, dessen Starrsinn mit Dummheit gekoppelt ist. Gegen Dummheit kämp­ fen bekanntlich selbst Göt­ ter vergeblich - man kommt also derartigen uneinsich­ tigen und verbohrten Men­ schen weder mit Über­ redungskunst und Geduld noch mit Grobheit oder „aus der Haut fahren“ bei. Es fehlt ihnen ja jede Ein­ sicht dafür, daß sie eigen­ sinnig und rechthaberisch sind. Man muß sie also, da Gegen Dummheit kämpfen Götter selbst vergebens sie meistens auch über tat­ sächliche (legenbeweise und Richtigstellungen ohne Logik hinweg zu reden pflegen, ihrer Meinung überlassen, wenn man es nicht versteht (und die, die es verstehen, sind die einzigen, in denen eigensinnige Dummheit ihren Herrn und Meister findet), sie überlegen ironisch zu nehmen und ihnen damit das Lächerliche ihrer Haltung vor Augen zu führen. Manchmal tut das auch das Leben selbst und die Auswirkung ihres Eigensinns ...

Die Charaktere

109

Heuchler und Intriganten Ihnen geht man am besten aus dem Weg. Muß man mit ihnen umgehen, sei man vorsichtig mit Wort und Tat, denn sie machen sich kein Gewissen daraus, einem das Wort im Munde umzudrehen und alles, was wir sagen und tun. für ihre selbstsüchtigen Zwecke gegen uns auszumünzen. Sie verdienen weder Vertrauen noch Freundschaft, man begegnet ihnen am besten mit Zurückhaltung und Sachlichkeit. Man soll ihnen auch ruhig zu verstehen geben, daß man für Verstellung, Heuchelei und Winkelzüge nichts übrig hat und daß man ihr wahres Wesen durchschaut. Im übrigen aber ziehe man sich so weit wie möglich von ihnen zurück, denn sie gehören zu den Menschen, die nicht zu ändern sind.

I 'n zuverlässige Menschen brauchen beileibe keine schlechten Menschen zu sein. Es fehlt ihnen oft nur der Sinn für Ordnung und Gewissenhaftigkeit. Sie können durchaus liebenswürdig, auch amüsant und anregend sein, man muß sich aber hüten, auf sie zu bauen, Verabredungen mit ihnen einzugehen, bei denen es auf Pünktlichkeit ankommt, ein Geschäft oder ein Vorhaben aus­ schließlich auf ihre Mitwirkung abzustellen. Denn dabei kann man kläg­ lich Schiffbruch erleiden. Viele Menschen sind auch unzuverlässig aus Zerstreutheit. Das sind noch die harmlosen Fälle in diesem Bereich, denn hier handelt es sich nicht um Rücksichtslosigkeit, sondern um Vergeßlich­ keit oder den Mangel an Konzentrationsfähigkeit. Leute, die aus bösem Willen unzuverlässig oder unpünktlich sind, soll man in aller Höflichkeit auf ihren Fehler aufmerksam machen und sich von ihnen zurückziehen, wenn ihr rücksichtsloses Verhalten zur Regel wird. Denn wirklich schöne menschliche Beziehungen können ja nur dann entstehen und Dauer haben, wenn man sich aufeinander verlassen kann.

Neidische Menschen sind nicht beneidenswert, denn sie vergällen sich selbst ihr Leben. Neid ist eine sehr häßliche Eigenschaft. Sonderbarerweise tritt sie aber auch bei Menschen auf, die an sieh gutartig und gut zu leiden sind - es muß wohl eine Art Urinstinkt sein, die dem Selbsterhaltungstrieb entspringt und dem Bestreben, im Kampf ums Dasein besonders gut abzuschneiden! Trotzdem - man kann auch Neid und neidische Anwandlungen in sich zu bekämpfen suchen, wie jede andere menschliche Schwäche. Beim Umgang mit Menschen, die man als neidisch oder mißgünstig kennt, tut man gut, möglichst wenig Grund zu geben, diese Untugend zu zeigen. Man vermeidet also alles, was ihren Neid herausfordern könnte, und begeht vor allem nicht die Taktlosigkeit, ihnen absichtlich Dinge zu erzählen, die sie „vor Neid erblassen“ oder „vor Neid platzen“ lassen. Ganz verhindern wird man es allerdings nicht können, daß sie ihrer Schwäche verfallen. Denn wer von Natur aus neidisch ist, wird, wenn er diesen Neid nicht zu bekämpfen versteht, seinen Mitmenschen auch die geringsten und selbstverständlichsten Dinge nicht gönnen, falls nicht auch er sie besitzt.

110

Mensch unter Menschen

Schmeichler sollte man sich nach Kräften vom Leihe halten. Henn „sie verderben uns von Grund aus", wie Knigge sagt, „wenn wir unser Ohr an ihren Sirenen­ gesang gewöhnen. Man fliehe vor den Schmeichlern wie vor dem bösen Feind." Auch Knigge wußte, daß der Sirenengesang eines Schmeich­ lers oft gar nicht so leicht zu er­ kennen ist. Der raffinierte Schmeichler sagt ja nicht immer nur angenehme Dinge. Er tadelt sogar oft oder stellt Mängel fest, um sich das Ansehen eines unpar­ teiischen Menschen zu geben und dann um so erfolgreicher im Trü­ ben fischen zu können. Es gehört also etwas Menschenkenntnis dazu, einen raffinierten Schmeichler zu erkennen, und vor allem viel Selbsterkenntnis, die zu unter­ scheiden vermag, ob ein Lob ver­ dient, ein Tadel berechtigt oder ob beides nur Mittel zum Zweck ist. Wer uns offensichtlich schmei­ chelt, meint es nicht ehrlich mit uns- was verlieren wir, wenn wir einen solchen Menschen verlieren 1 Der Schmeichler

Empfindliche .Mensch en sind oft nur sehr eitle Menschen, die sich sofort gekränkt zeigen, wenn sie nach ihrer Meinung nicht genug beachtet werden, die an jedem Wort Anstoß nehmen und immer auf der Lauer liegen, ob man ihnen nicht zu nahe tritt. Sie sind gerade keine besonders angenehmen Gesellschafter, denn sie erwecken ein Gefühl der Unsicherheit, das dem ungezwungenen Zusammensein der Menschen untereinander nicht dienlich ist. Man wird sich als wohlerzogener Mensch natürlich hüten, ihre Empfindlichkeit zu reizen, man braucht sich von ihnen aber nicht tyrannisieren zu lassen oder für jedes Wort, für irgendeine Unterlassungssünde um Entschuldi­ gung zu bitten, die ihr mimosenhaftes Wesen kränkte. Es gibt auch Menschen, die durch ein besonders schweres Erlebnis oder durch eine Enttäuschung sehr empfindlich und verwundbar wurden. Bei ihnen muß man andere Maßstäbe anlegen. Taktvolle Güte, Geduld und immer freundliche Offenheit sind die besten Mittel, ihr Vertrauen wieder auf­ leben zu lassen und ihre Empfindsamkeit zu überwinden.

Afißtra u isch e Menach e n sind meistens ungesellige Naturen, die sich und anderen das Leben schwermachen. Ob sie von Natur aus so sind oder erst durch unliebsame Erfahrungen so wurden — man wird sehr schwer warn) mit ihnen und

Die Charaktere

111

kann sie nur bedauern, weil sie in jedem Menschen einen Bösewicht sehen. Kann mau sie nicht durch gutes Zureden, durch immer gleiche Ehrlichkeit und Zuverlässigkeit bekehren und ihnen nicht Vertrauen einflößen, dann soll man sie in Geduld ertragen, wenn man schon mit ihnen umgehen muß, und sich so wenig wie möglich um ihren ewigen Argwohn kümmern.

Der Rechthaberische ist ein höchst unangenehmer Zeitgenosse. Er weiß alles besser, er will keine andere als seine eigene Meinung gelten lassen und untergräbt damit von vornherein die Gleichberechtigung, ohne die eine gedeihliche mensch­ liche Beziehung nicht denkbar ist. Man kommt ihm am besten bei, wenn man ruhig und sachlich seine eigene Meinung zur Geltung bringt, soweit das im Verkehr mit ihm überhaupt möglich ist. Denn ein rechthaberischer Mensch pflegt, wie der Hochmütige und der Stolze, meistens zugleich auch ein dummer, für logische Gründe unzugänglicher Mensch zu sein, mit dem einfach nicht zu reden ist. Mit aufgeregtem oder unsachlichem Protestieren erreicht man bei ihm gar nichts, eher noch weist ihn über­ legene Ironie, die aber auf wirklichem Besserwissen aufgebaut sein muß, in die Schranken.

Der Ehrgeizige ist meistens auch empfindlich und verträgt es nicht, wenn man ihn in seinem Streben, sich irgendwie hervorzutun, kränkt. Ist cs ein gesunder Ehrgeiz, dann wird der taktvolle Mensch es auch vermeiden, anzügliche oder herabsetzende Bemerkungen zu machen, denn gesundes Streben ehrt den .Menschen. Von dem Streber aber, dem Ehrgeizling, der ohne Rück­ sicht auf seine Mitmenschen alles nur darauf abstellt, selbst vorwärts­ zukommen. wird ein vornehm denkender Mensch immer nur abrücken. Der Umgang mit ihm bringt keinen Gewinn, und wenn man es, z. B. im Beruf, nicht umgehen kann, mit ihm zusammen zu sein, dann wird man es bei zurückhaltender Höflichkeit bewenden lassen. Vertrauen oder gar Vert raulichkeit ist in solchen Fällen gefährlich. Denn der Streber ist nicht wählerisch in seinen Mitteln, voranzukommen, und nützt dabei nicht selten das Vertrauen seiner Mitmenschen skrupellos aus.

Der Geizige wird jedes kleine finanzielle oder sonstige Opfer, zu dem er aufgefordert wird, als Zumutung empfinden. Es ist daher sinnlos, von einem geizigen Menschen etwas zu verlangen, was ihm selbst nichts einbringt, sei es auch nur ein wenig Gefühl, ein wenig Mitleid oder Liebe. Man muß allerdings auch nicht jeden, der sein Geld zusammenhält, einen Geizhals nennen. Haushalten und Geiz, so wurde einmal gesagt, sind nicht einmal weitläufig miteinander verwandt. Denn Haushalten heißt, das zurück­ legen. was auszugeben kein Anlaß vorliegt, was vielmehr aus guten Gründen zu verwahren sich lohnt. Geiz aber heißt, das festhalten, was eigentlich ausgegeben werden müßte und das zurüekzubehalten kein aus-

112

Mensch unter Menschen

reichender Grund vorhanden ist. Einern Menschen, der mit seinem Besitz haushalt, darf man also unbedingt Achtung entgegen brin­ gen. Den Geizhals freilich läßt man am besten links liegen oder fordert zum mindesten nichts von ihm, wenn man das gegenseitige Ver­ hältnis nicht belasten will. Ein Wort noch über den Um­ gang mit Leuten, die im Gegen­ satz zum Geizhals ihr Geld ver­ schwenden. Es ist sehr häßlich, diese Eigenschaft auszunützen und Vorteil daraus zu ziehen, aber auch sehr töricht, sieh durch einen solchen Verschwender aus Eitelkeit oder Schwäche selbst zu Ausgaben verleiten zu lassen, die Der Geizige eigentlich nicht zu verantworten sind. Man vergibt sich nichts, wenn man einem Verschwender gegenüber, der zu irgendwelchen Ausgaben vt •docken will, ruhig zugibt, daß man sparsamer als er wirtschaften muß. Das ist keine Blamage, sondern nur Ausdruck der Vernunft und besser, iils „den dicken Willem“ zu markieren und dann vor einer leeren Brieftas ehe zu stehen.

Der eitle Mensch - welcher Mensch ist nicht wenigstens ein bißchen eitel ? Wer freut sich nicht, wenn er etwas Nettes über sich und seine Arbeit hört, wen spornt ein Lob nicht an, wem gibt ein anerkennendes Wort nicht Auftrieb und Stärkung seines Selbstgefühls ? In dieser Form ist Eitelkeit auch kein Laster, sondern eine kleine Schwäche, die niemand übelnimmt und der man als höflicher Mensch gern seinen Zoll entrichten wird. Etwas anderes ist cs, wenn die Eitelkeit so unangenehme Formen annimmt, daß sie den, der von ihr beherrscht wird, lächerlich macht und andere Menschen abstößt. Diese Art von Eitelkeit unterstützen nur die Schmeichler, die um ihres Vorteils willen be­ denkenlos Weihrauch streuen und mit plumpen Komplimenten die Grenzen des guten Ge­ schmacks überschreiten. Mit ausgesprochen eit­ len Menschen ist nicht besonders gut umzu­ gehen. Denn sie sehen nur sich, sind einer Kritik gegenüber äußerst empfindlich und schätzen eine gerade, offene Meinung gar nicht. Man wird sie auch schwer bekehren können und tut am besten, wenn man sie, ohne ihre Schwäche zu unterstützen, hinnimmt, wie sie nun einmal sind.

Die Charaktere

113

Der Jähzornige kann, wenn er bewußt an sich arbeitet, seine Schwäche wohl in ihren äußeren Erscheinungsformen mildem, aber kaum ganz aus der Welt schaffen. Oft leidet er selbst darunter, daß er bei jeder Gelegenheit auf­ braust, verletzend wird, sogar seine besten Freunde und die liebsten An­ gehörigen kränkt trotz bester Vorsätze aber wird seine Natur schon bei der nächsten Gelegen­ heit wieder mit ihm durchzugehen versuchen. Wieweit er sich dann an der Kandare hat und seine Schwäche beherrschen lernt, ist kennzeichnend für die Stärke seines Willens. Jähzornigen Menschen begegnet man mit möglichster Ruhe. Fis ist sinnlos, hier Trumpf gegen Trumpf zu setzen und noch falscher, sie mit Spott oder schnei­ dender Ironie zu behandeln. So schnell sie aufbrausen, so schnell beruhigen sic sich, und es lohnt sich daher, ein klein wenig Nach­ giebigkeit und Diplomatie einzu­ setzen. Übrigens entspringt nicht jedes Aufbrausen einer angebore­ nen Veranlagung zum Jähzorn. Der Jähzornige Oft ist es nur Ausdruck von Un­ beherrschtheit und ungezogenem Sichgehenlassen. In solchen Fällen schadet es nichts, wenn man sich wehrt und deutlich zu verstehen gibt, daß man mit dieser Methode nicht einverstanden ist.

Der launische Mensch ..Nicht heute warm, morgen kalt, heute grob, morgen höflich und zucker­ süß, heute der lustige Gesellschafter, morgen trocken und stumm wie eine Bildsäule, mit solchen Leuten ist übel umzugehen“, sagt Herr von Knigge. Es gibt nicht nur launische Frauen, wie mancher meint, sondern auch sehr viele launische Männer. Bei beiden aber sind Launen wenig schön. Man kann schon einmal „Stimmungen" haben, über irgend etwas heute froh, morgen traurig sein, man darf aber unter diesen Stimmungen andere nie leiden lassen. Vor allem nicht solche Menschen, die von uns abhängen und diese Launen, wenn sie sieb nicht schaden wollen, wider­ spruchslos über sich ergehen lassen müssen. Das ist ungezogen und rück­ sichtslos und keiner Entschuldigung wert. Wie behandelt man launische Menschen ? Wie alle unausgeglichenen Menschen: ruhig und sachlich. Ohne gekränkt zu tun, wenn man das Pech hat. eii1(.n launischen Vorgesetzten zu haben, ohne dauernde Fragen wie ...Ja. was hast, du denn. Liebling?" oder „Ist dir eine Laus über die Ixjber gelaufen wenn man eine launische Ehefrau bzw. einen dems

Guter T
«" anbieten? Bei der Beantwor­ tung dieser Frage wird uns wieder die alte Höflichkeits­ regel begegnen, daß der Ältere Nie darf der Jüngere dein Älteren das vor dem Jüngeren den Vorzug ..Hu" anbieten 9*

132

Mensch unter Menschen

hat. Das bedeutet in diesem Fall also, daß ein Jüngerer nie dem Alteren das „Du“ anbieten darf, sondern daß es immer umgekehrt der Fall sein muß: die ältere Dame wird es der jüngeren, der ältere Herr dem jünge­ ren anbieten. Auch in feuchtfröhlicher Laune also darf ein junger Mann etwa dem älteren Freund seines Vaters, ein junger Angestellter niemals seinem älteren Kollegen das „Du“ anbieten, und auch das junge Mäd­ chen, das vielleicht aus Schwärmerei für eine ältere Bekannte sieh dazu entschließt, handelt im Sinn des „guten 'Fons“ falsch. Zwischen Mann und Frau. Noch schwieriger ist die Sache, wenn es sieh um einen Mann und eine Frau handelt. Bei Liebespaaren drückt man allerdings ein Auge zu - die Entwicklung pflegt da über den seligen Herrn Knigge sowieso mehr oder weniger stürmisch hinwegzugehen. Handelt es sich aber um wirklich nur freundschaftliche oder kollegiale Beziehun­ gen, so soll auch in dieser Frage dem Mann das Recht der taktvollen Werbung um das freundschaftliche „Du“ überlassen bleiben, er soll dem Mädchen oder der Frau also das „Du“ nicht antragen, sondern darum bitten. Es wirkt nie schön, wenn eine Frau hierbei der aktive Teil ist. Selbstverständlich wird es auch solche Situationen geben, in denen die Frau - so vertüftelt und knifflig ist das Gebiet des „guten Tons“ nun einmal - etwas nachhilft, wenn etwa in einer fröhlichen Gesellschaft eine allgemeine „Verbrüderung“ eintritt und nur irgendein Über­ schüchterner nicht wagt, von sich aus die Initiative zu ergreifen. Aber immer ist für die Frau Zurückhaltung besser als Übereilung. Vorsicht mit dem „Du“! Wenn ma i nun einmal mit einem Menschen, vielleicht etwas gezwungenermaßen Brüderschaft geschlossen hat, dann ist cs unhöflich und für den ander. ■n sehr peinlich, beim nächsten Zu­ sammentreffen darüber hinwegzu­ gehen und so zu tun, als wäre nichts gewesen. Man kennt ja solche Situ­ ationen, in denen dann der Betref­ fende oder gar beide Beteiligten angstvoll vermeiden, sich anzure­ den - hier heißt es Farbe bekennen! Oder aber vorsichtig sein mit Ent­ schlüssen, die man später bereut! Natüi “eh gibtes auch hier Ausnah­ men, in denen das Übersehen takt­ voll ist: wenn nämlich z. B. jemand in fröhlicher Alkoholstimmung je­ mandem das „Du“ angeboten hat, dem er in nüchternem Zustand nur mit höchstem Respekt begegnet. Der also Ausgezeichnete wird dann vielleicht zunächst gute Miene zum bösen Spiel machen, am nächsten Tag aber alles vergessen haben und cs dem Übeltäter durch harmloses Verhalten möglichst leicht machen, Nachher steht man und wagt sich nicht über seinen Fauxpas hinwegzu­ anzureden kommen.

Ehemann und Ehefrau

133

Ja, und mm noch eine wichtige Frage: Warum machen denn die meisten Menschen Brüderschaft? Weil ihnen der andere Mensch so sympathisch ist, weil ihnen das „Sie“ zu steif vorkommt, weil ihnen das Herz über­ läuft oiler weil sie mil einem vornehmen Duzbruder protzen wollen (auch das kommt vor!) - lauter Gründe, die zu einem Verschleiß der Würde des „Du“ führen und cs im Wert herabsetzen. Es geht nämlich auch sehr gut ohne das „Du“. Manche Freundschaft ist sogar durch die Ver­ traulichkeit, die es mit sich brachte, in die Brüche gegangen, und es gibt auf der anderen Seite lebenslange Freundschaften, die nur das „Sie“ kannten. Vertrauen, nicht Vertraulichkeit sollte die Grundlage eitler Freundschaft sein, die das „Du“ als Ausdruck einer besonderen Bindung benutzt. Wer aber das „Du“ leichtfertig verschenkt, vergißt ganz, daß er mit dem „Du“ auch eine Verpflichtung übernimmt: ein wirklicher Freund zu sein, der sich auch in schlechten Tagen bewährt. Das verjährte „Du“. Die Antwort auf die Frage, ob man Schulkamera­ den oder Jugendfreunde, die man als Erwachsene zum ersten Male wieder trifft, mit „Du“ oder mit- „Sic“ anredet, muß sich ganz aus der Sit.nation ergeben. Hat num sie als „Halbflügge“ zum letztenmal gesehen und sind seitdem viele Jahre vergangen, dann ist es besser, sie mit Sie anzureden. Personen dagegen, mit denen zusammen man vielleicht das Abitur oder die Gesellenprüfung gemacht hat und denen man nach zwei, drei Jahren wieder begegnet, win! man weiter mit dem kameradschaftlichen „Du“ anreden. Allerdings sollte man sich bald für die eine oder die andere Möglichkeit entscheiden. Denn es ist für beide Teile peinlich, wenn man eine direkte Anrede offensichtlich vermeidet oder mit Verlegenheits­ wendungen operiert.

Ehemann und Ehefrau Ehen werden nicht im Himmel, sondern auf Erden geschlossen. Sie bringen daher nicht nur Freuden, sondern auch recht reale Verpflich­ tungen mit sie!i,-zu denen nicht zuletzt die Wahrung der äußeren Formen zwischen den Eheleuten gehört. Der bekannte französische Schriftsteller Maurios hat einmal gesagt, Eheleute dürften nicht der Einbildung ver­ fallen, daß „die Schlacht gewonnen“ sei. Wie viele Ehen zerbrechen daran, daß der eine oder der andere Partner in der irrigen Meinung, nun sei es ja nicht mehr nötig, sich Zwang anzutun, in einen allzu soliden Alltagstrott verfällt! Sicher, „er“ ist ein scharmanter Vertreter seines Geschlechts: ritterlich, höflich, hilfsbereit und zuvorkommend - nur nicht, gegen die eigene Frau. Und „sie“, die Ehepartnerin, sieht reizend und gepflegt aus, wenn man ihr begegnet, ist heiter und unterhaltsam - ja, warum läuft sie denn zu Hause wie eine kleine Vogelscheuche und mit einem ewig brummigen Gesicht herum '! Nun, sie ist verheiratet mit dem scharmanten Ritter und er mit ihr, der netten, vergnügten Frau. Und nun haben sie es beide nicht mehr nötig, gegeneinander aufmerksam und höflich zu sein! Viel zu anstrengend und strapaziös! Man gibt also unter­ einander nicht mehr viel auf sein Äußeres, man wird nachlässig. Mit den herunterhängenden Hosenträgern des Ehemanns und dem beim Früh­

134

Mensch unter Menschen

stück noch unfrisierten Kopf der Hausfrau ziehen Gleichgültigkeit oder sogar Abneigung ins Haus, und eines Tages ist so oder so das Ende da (Tafel S. 81). Warum soll man es sich daheim nicht bequem machen ? Aber es gibt ja, wie schon erwähnt, auch eine mit wenig Mitteln erreichbare kultivierte Art der Bequemlich­ keit, und kluge Ehepartner be­ wahren selbst im engen Zusam­ menleben jenes Zartgefühl, das das leicht verwundbare Gefäß der Liebe wie eine schützende Hülle umgibt. Dazu gehört eben, daß man auf gute Manieren achtet, daß man auch nach vielen Ehejahren hier und da. gegenseitig ein aner­ kennendes oder gutes Wort findet, sogar ein schmeichelhaftes, wofür übrigens auch die Herren der Schöpfung empfänglich sind. Dazu gehören die kleinen Höflichkeiten, die das Getriebe des ehelichen Glücks in Gang halten: das Denken an den Hochzeitstag, das Veilchensträußchen oder die Tafel Schokolade am W’ocheneudc. End wenn der Ehemann seiner getreuen Ehefrau ebenso liebenswürdig wie seiner hübschen Sekretärin ein heruutergefallenes Buch aufhebt oder sie zuerst aus der Tür gehen läßt, so ist das beileibe kein Zeichen von l’antoffelheldentum, sondern immer nur Ritterlichkeit, die ja durch den Ehering nicht unbe­ dingt abgewürgt zu werden braucht. Liebe erstickt oft an kleinen Dingen. Ein Beispiel mir für

80 können Gleichgültigkeit und Abneigung gezüchtet werden

viele: .Jener reizende Ehe­ mann nämlich, der sieh ein Vergnügen daraus macht, seine Erau vor Eremden systematisch zu blamieren. Daß sie am Vortag das Ge­ müse anbrennen und sieh heute beim Kaufmann übers Ohr hauen ließ, sind noch verhältnismäßig harmlose Bekenntnisse dieser schönen

Ehemann und Ehefrau

135

Seelen. Wenn’s aber losgeht mit dem „Nee, meine Liebe, für das Kleid, das Erau K. trägt, hist du schon zu alt !“ oder „Was hast du bloß für einen Pickel am Kinn ?“ oder „Na ja, deine Mutter konnte ja auch nicht kochen!“, dann ist das, in Gegenwart von Fremden geäußert, taktlos, unritterlich und obendrein maßlos dumm. Dennalle diese Giftpfeile fallen auf den bösen Schützen zurück. Nicht vergessen zu vergessen. Ja, auch das steht, im Knigge für Eheleute. Es wird wohl nur wenige Ehen geben, die durch Jahrzehnte frei von Konflikten geblieben sind, deren Bogen sieh ja von kleinen Meinungsverschiedenheiten bis zu ernsthaften Katastrophen spannen Es ist. taktlos und dumm, sich immer kann. Wie töricht und falsch ist wieder kleine Fehler vorzuwerfen es, sieh solche Dinge, immer wieder vorzuwerfen! Wie sehr sind diese ewigen, taktlosen Nadelstiche geeignet, das Eheglück zu durchlöchern! Ist cs nicht auch eine ganz jämmer­ liche, kleinliche Genugtuung, den Partner stets aufs neue daran zu erinnern, daß seine Weste nicht blendend weiß ist? Man soll nicht ver­ gessen zu vergessen, auch wenn cs einen hundertmal treibt, dem ande­ ren eins auszuwischen. Man soll auch nicht alles tragischer nehmen, als es ist. sondern die große Kunst des Lächelns lernen, die manche ver­ meintliche Katastrophe auf einmal in versöhnlicheres Licht rückt. Sich gegenseitig in Frieden lassen,

Man soll sich seine Steckenpferde lassen

das soll eins der größten Geheim­ nisse harmonischer Gemeinschaft sein. Also läßt man „ihm" seinen Skat, seine Kanarienzucht, seine Vorliebe für Leitfossilien oder fürs Totospiel. „Sie" wird dafür leidenschaftlich zum Stricken, zum Schmökern oder zum Kaffee­ trinken neigen, vielleicht auch zum Miniaturensammeln! Je mehr man sich gegenseitig in Frieden läßt und doch Zeit und Interesse für die beiderseitigen Passionen aufbringt, desto größer ist die Chance, eine glückliche Ehe zu führen, ünd wenn das Interesse für irgendein Hobby des Part­ ners fehlt, dann lerne man doch. zuzuhören, ohne zu gähnen, aus-

136

Mensch unter Menschen

zugehen, ohne Lust dazu zu haben, sogar zu essen, ohne zu kritteln — dann ist schon viel gewonnen. Eine Ehe führen heißt nun einmal Opfer bringen, sich beherrschen, ein gutes Beispiel geben und auch wieder verzichten. Denn nur Backfische glauben, daß die Ehe ein Para­ dies sei. Wieweit sie sich diesem Parädies nähert, liegt allerdings in unserer Hand und an unserem Benehmen. Denn eine Ehe wird immer das, was Mann und Frau aus ihr machen.

Die Eifersucht Eifersucht ist nach einem alten Wort eine „Leidenschaft, die mit Eifer sucht, was Leiden schafft“. W ieviel Kummer und Verzweiflung, wieviel Ehekrisen belangloser und ernsthafter Natur hat die Eifersucht nicht schon heraufbeschworen, wieviel häßliche Szenen, Streitereien und sinn­ loses Schmollen auf den Plan gerufen! Niemand kann die Eifersucht aus der Welt schaffen. Sie ist eine Tatsache und wird bestehen, solange es Liebende gibt. Denn zur Liebe gehört nun einmal das Bestreben, das, was man liebt, nur für sich zu haben. Wer will es also einer Frau Übel­ nehmen, wenn sie leidet, weil der geliebte Mann ihr eine andere vorzieht ? Wer kann einen Mann nicht verstehen, wenn er in Zorn gerät, weil seine Braut oder seine Frau ihn hintergeht ? So schön es ist, wenn man sich von dem Gefühl der Eifersucht ganz frei machen und restlos vertrauen kann - es wird nur selten und nur ganz großzügigen Naturen möglich sein. Es geht hier auch weniger darum, wie man die Eifersucht aus der Welt schaffen könnte; es geht vielmehr darum, daß zur Schau getragene Eifersucht eine der vielen Formen schlechten Benehmens ist, ein Zeichen von Unbeherrschtheit und Egoismus, das um so negativer zu beurteilen ist, je mehr es über den häuslichen Rahmen hinaus an die Öffentlichkeit tritt. Da ist der Mann, der in Gesellschaft mit Argusaugen darüber wacht, ob seine Frau auch ja nicht einen an­ deren Mann vergnügt anlacht oder gar ein wenig mit ihm kokettiert. Die Frau, die schon „Zustände“ bekommt, wenn sie ihren Mann auf der Straße mit einer anderen Frau nur sprechen sieht. Beiden schaut die pure Eifersucht aus den Augen, und jeder Außenstehende merkt, daß dicke Luft herrscht, und muß vielleicht obendrein Zeuge peinlicher Auseinandersetzungen zwischen den Eheleuten werden. Wie oft wird von Eifersüchtigen die Mücke zum Elefanten gemacht und ein harmloser Anlaß zur Kata­ strophe aufgebauscht! Um einmal ein Beispiel etwas näher zu betrach­ ten: die Maifeier! Diese Maifeier Wie oft machen Eifersüchtige ...

Die Eifersucht

137

wird meistens nur unter Betriebs­ angehörigen veranstaltet und, um bei den eifersüchtigen Ehefrauen zu bleiben, zu ihrem Ärger oÄne sie. .Aber selbstverständlich mit allen Kolleginnen mailichen und herbst­ lichen Alters, wobei die letzteren allenfalls zugestanden, die ersteren aber meistens als in den Giftschrank gehörig betrachtet werden. Die Stimmung der nicht zugelassenen Ehefrauen sinkt in den letzten Apriltagen auf den Nullpunkt. Das Ehebarometer steht auf Sturm oder Dauerregen. Man wälzt finstere Rache- oder Revanchepläne, und wenn dann der sonnige Maientag anbricht, an dem der eheherrliche Betrieb ins Grüne wandert oder des Abends munter das Tanzbein schwingt, dann bleibt zu Hause eine Ehefrau zurück, deren Gemütsverfassung alles andere als rosig ist. Der Empfang des früher oder später heimkehrenden Ehegatten ist dem­ entsprechend. Man weiß ja, daß da allerhand reizvolle Vergeltungs­ methoden zur Verfügung stehen - vom tränenden Auge überdas keifende Mündchen bis zum tagelangen trotzigen Schweigen, den feinen, aber wohlgcziclten Nadelstichen und noch robusteren „Repressalien“ hat man vielerlei Möglichkeiten! Ist es nun wirklich nötig, um diese Angelegenheit so viel Aufhebens zu machen ? Was ist denn geschehen ? 1 )er Herr Gemahl hat so gehandelt, wie er in diesem Fall handeln mußte. Betriebliche Maifeiern sind nun einmal so etwas wie Dienst, und es ist fast, immer Sitte, daß dazu die Ehefrauen nicht mitge­ bracht werden. Das wird von klu­ gen Frauen auch als durchaus rich­ tig anerkannt. Sie-diese vernünf­ tigen Frauen - würden es nämlich auch nicht ernstlich übelnehmen, wenn sie sähen, daß ihre Männer an solchen Tagen oder Abenden mit den Damen des Betriebes tanzen, auch mal ein wenig flirten oder Späßchen machen. Die anderen aber würden schon beim ersten Tanz Rückzug in den Schmollwinkel - eine vor Eifersucht platzen, und was nicht sehr kluge Eifersuchtsreaktion

138

Mensch unter Menschen

dann bei solchen Betriebsfeiern an,sagen wir, Ungemütlichkeiten heraus­ käme, kann man sieh an den fünf Fingern abzählen. Nun werden viele Frauen sagen: ..Ja, das ist gut und schön, aber ¡c/i kann meinen Mann nicht allein ausgehen lassen - Gelegenheit macht Diebe - ich muß einfach auf ihn aufpassen!“ Ja, glauben denn diese Frauen wirklich, daß besagte Gelegenheit nur an den Ersten Mai ge­ bunden ist und daß nicht jeder Mann, wenn er will, seine Frau irgend­ wann auch bei strengstem Aufpassen einmal betrügen könnte? Wir wollen außerdem hier zunächst nicht von Fällen sprechen, wo derartige Ängste tatsächlich begründet sind. Bei solchen ernsthaft gefährdeten Ehen sind natürlich andere Maßstäbe anzulegen, und diese kleine, war­ nende Betrachtung erschiene sinnlos. Aber wie oft steckt, hinter dem Trara um die Maifeier oder ähnliche Gelegenheiten nichts als unbegrün­ dete Eifersucht, gekränkte Eitelkeit, das bohrende Gefühl, zurückgesetzt zu werden, und nicht selten die egoistische Sucht, überall dabei sein zu müssen und dem Mann jedes Eigenleben abzusprechen? Immer aber steckt eine gehörige Portion von dem dahinter, was wir höflich umschrieben „Mangel an Takt und an Taktik“ nennen wollen. Die kluge Frau weiß, daß verbotene Früchte doppelt reizen, daß sie ihren Mann niemals anbinden darf, wenn sie ihn nicht lächerlich machen will, und daß sie ihn gerade dann in ilie Freiheit hetzt, wenn sie ihm das Gefühl der Freiheit nimmt. Sie wird ihn also ruhig allein ausgehen lassen, auch wenn der gesamte Damenflor seines Betriebes mit von der Partie ist. Sie wird indessen friedlich zu schlafen versuchen, ohne in Angstträu­ men ihren Odysseus von irgendeiner Circe umgarnt zu sehen. Sie wird ihn bei der Heimkehr nicht gekränkt oder feindselig, sondern mit heiterer Ruhe begrüßen, ihn nicht mißtrauisch ausfragen, aber für seine Erzählungen freundliches In­ teresse zeigen. Und sollte er einen Kater nach Hause tragen, so wird sie auch dafür Humor aufbringen und ihn, je nach Tempera­ ment, bemitleiden oder sich innig freuen, daß ihm jetzt greulich mies ist. während sie frisch ausgeschlafen in den Maienmorgen schauen kann! Eifersucht ist nun beileibe kein weibliches Reservat. Genauso wie die Frau kann der Mann von ihr gepackt werden und genauso ver­ steht er es dann, unmanier­ lich zu werden und beim „Wilder-Mann-Spielen“ seine gute Erziehung zu vergessen, zu muckschen, zu brüllen, zu toben oder Verbotene Früchte reizen doppelt

Eltern und Kinder

139

durch eisige Ablehnung zu „strafen“. Alle diese Mittel sind eines wohl­ erzogenen Menschen unwürdig, ebenso die kleinen taktischen Manöver, mit denen man als Rache beim anderen Teil vorsätzlich Eifersucht er­ regen will. „Bei einem Bande, das auf gegenseitiger Hochachtung be­ ruhen muß“, sagt Herr von Knigge, „darf man sich durchaus keiner schiefen Mittel bedienen.“ Um auch einmal auf jene traurigen Fälle zu kommen, in denen begründete Eifersucht vorliegt: auch hier verlangen Anstand und guter Geschmack, daß man das, was im Herzen wühlt, zum mindesten nicht vor die Leute trägt, wenn man es schon nicht fertigbringt, dem Partner gegenüber die Form zu wahren. Wer in diesen tragischen Fällen jedem, der es hören will oilcr nicht, seine Ehekatastrophe erzählt, in Gegenwart fremder Leute den Partner mit Sticheleien oder tränenreichen Anklagen zu blamieren sucht, handelt nicht nur taktlos, sondern auch sehr unklug. Taktlos gegenüber dem Blamierten und gegenüber denen, die zuhören müssen und dadurch in eine peinliche Lage kommen, unklug in der eigenen Angelegenheit. Denn er wird den so Bloßgestellten durch diese Methode sicher noch weiter von sieh entfernen, als es schon der Fall ist. Oft hat es sich erwiesen, daß Haltung und Würde beim „Gegner“ mehr erreicht haben als Szenen, daß in Ehekrisen, gegen die ja keine Ehe ge­ feit ist, der Partner viel eher durch Beherrschtheit und ruhige Aussprache aus der Zone der Versuchung herausgeführt werden konnte als durch alle jene fragwürdigen Manöver, die ein vor Eifersucht zitterndes Herz sich auszudenken vermag. Und wenn es auch nicht gelingt, den Partner zu. rückzugewinnen, dann sollte bei allem Schmerz das Gefühl für die Würde der eigenen Haltung doch immer höher stehen als das Bestreben, Rache zu nehmen. Denn auch hier, wie überall, erweist sich wirklich gutes Be­ nehmen erst im Feuer der Bewährung. Ein Wort, das Maria 'Theresia, die auch als Frau und Mutter vorbild­ liche Regentin, an ihre Töchter richtete, soll diesen Abschnitt beschlie­ ßen — cs kennzeichnet den Idealfall und braucht wohl kaum näher kom­ mentiert zu werden: „Euer Herz soll nie von eifersüchtigem Argwohn erfüllt sein. Je mehr Freiheit ihr eurem Gatten laßt und ihm damit eure Gefühle und euer Vertrauen zeigt, desto begehrenswerter werdet ihr für ihn sein. Denn nur im gegenseitigen Vertrauen und Entgegenkommen besteht alles Glück einer Ehe." Als praktisches Mittel aber gab Maria Theresia ihren Töchtern folgende unbestreitbar weise Lehre an die Hand: „Schaut darauf, es ihm (dem Mann) zu Hause recht zu machen, damit er sich nicht woanders wohler fühlt.“

Eltern u n k r l 'i' I X I X S E l{ E II Z E I T Vor etwa 40 Jahren begann mit, dein Ersten Weltkrieg die „Geselligkeit von früher“ zu verschwinden. Lange liegt das Zeitalter der großen „Ab­ fütterungen“, der feierlichen Gesellschaften hinter uns, und wenn auch heute Schusseln und Teller wieder voller geworden sind und sieh hier und da ein gewisser Rückfall in die protzige (Geselligkeit vergangener Jahr­ zehnte bemerkbar macht, so hat doch die moderne Geselligkeit einen wesentlich anderen Anstrich bekommen. Abgesehen davon, daß die immer noch knappen Wohnverhältnisse Gastereien im Maßstab der früheren ausschließen, denkt man vernünftiger: Man will nicht mehr um jeden Preis einen Reichtum Vortäuschen, der nicht vorhanden ist. man hat den Etat für Besuche zugunsten anderer Dinge, wie Ansehaffungen. Reisen usw., stark beschnitten und gibt daher dem intimen Zusammensein mit Bekannten und Freunden den Vorzug. Wir 1 a d e n e i n

Heute wie früher gibt es aber eine ganze Reihe von Regeln, die beachtet werden wollen, wenn man nicht unrein wohlerzogener, sondern auch ein höflicher und scharmanter Gastgeber sein will. Ob es sich nun um große feierliche Feste, beispielsweise eine Hochzeit oder ein Geschäftsjubiläum, oder um die heute so gern gepflegten kleinen und intimen Zusammenkünfte handelt, jede gesellige Veranstaltung muß ihrer besonderen Art ent­ sprechend vorbereitet werden. Sebou mit, der Einladung fängt es an.

Hie lädt man ein? Nur zu ganz besonders feierlichen Gelegenheiten, etwa zu großen Fami­ lienfeiern, werden gedruckte Einladungskarten verschickt. Der einfache Brief, die Karte, das Telefongespräch sind die Vermittler geworden, wobei es allerdings auch einige Taktfragen zu beachten gilt:

206

Geselligkeit in unserer Zeit

Man sprictit formelle Einladungen nicht telefonisch aus

Telefonisch bittet man nur gute Bekannte oder Freunde zum Be­ such. Auch die Einladung durch eine Post- oder Ansichtskarte ist eine zwanglose Form, die man Respektspersonen gegenüber nicht anwendet. Hier ist immer nur der Brief oder die Briefkarte ange­ bracht. Zh

Die Höflichkeit erfordert es auch, daß man Einladungen nicht zu kurzfristig ausspricht, damit sieh die Eingeladenen darauf einrichten oder eventuell absagen können. Die Einladung zu einer sehr feier­ lichen Veranstaltung, zu einer Hochzeit etwa, soll mindestens 14 I 'age vorher ausgesprochen werden. Es ist auch ungehörig, Gäste so etwa fünf Minuten vor Beginn ein­ zuladen, weil vielleicht ein anderer Gast abgesagt hat und nun ein Tischherr oder eine Tischdame fehlt. Man zeigt nämlich damit, daß man den so spät Herbei­ gerufenen ursprünglich nicht ein­ laden wollte - wer etwas Selbst­ gefühl hat, wird solchen Ein­ ladungen nur Folge leisten, wenn er damit guten Freunden aus einer Verlegenheit helfen kann. Sehr höflich ist es, eine Einladung ]M?rsönlich auszusprechen. Man macht in solchen Fällen am besten nach­ mittags zwischen 5 und 6 l'hr einen kurzen Besuch und bringt dabei seine Einladung vor. Schriftliche Einladungen siebe Seite 413 f und Tafel S. 304.

welchen Gelegenheiten lädt man ein ?

Vom Frühstück bis zum „Nach dem Abendbrot“ sind hier alle Möglich­

keiten offen. Ist es nicht ganz reizvoll, einmal gute Freunde oder Be­ kannte am Sonntagvormittag zum Frühstück auf den Balkon, in den Garten oder im Winter ins behaglich durchwärmte Wohnzimmer einzu­ laden ? Keine Bange: der Gast bleibt nicht zum Mittagessen, wenn man ihn auf dem Einladungskärtchen ausdrücklich zum Frühstück bittet und der Hoffnung Ausdruck gibt, daß man einen gemütlichen Vormittag zusammen verlebt! Was setzt man zum Frühstück vor? Nicht etwa ein „Mittagessen im Kleinformat“, sondern je nach Geschmack der Gäste, den man höflicherweise erkundet. Kaffee oder Tee oder Kakao. Röstbrot oder Brötchen oder Brotscheiben, Butter, Marmelade oder Honig, etwas Aufschnitt und weichgekochte Eier oder nach englischem Muster liier und Schinken. Ein kleiner Obstkorb und ein Teller mit etwas süßem Gebäck werden manchem Gast willkommen sein. Bei einer Einladung zum Mittagessen wird jede gute Hausfrau ihre Ehre darein setzen, die Gäste gut und schmackhaft zu bewirten. Dazu braucht

Einladungen — wann ?

207

man keine „Lampreten“ oder Deli­ katessen aufzutischen - das ist sogar taktlos, wenn man weiß, daß der Eingeladene in bescheidenen Verhältnissen lebt, und nun das bedrückende Gefühl haben muß, überspielt worden zu sein. Man darf einen Gast wohl spüren las­ sen, daß man sich aufmerksam um ihn bemüht, muß ihm aber die Verlegenheit ersparen, die Auf­ wand und Protzerei immer her­ vorrufen. Hier drei Vorschläge für das Essen: 1. Tomatensuppe, Kalbsfrikassee im Reisrand, Zitronencreme. 2. Brühsuppe mit Eierstich, Rinds­ rouladen mit Rotkohl, Apfel­ mus. 3. Pastetchen, Schnitzel mit Blu­ menkohl, Schokoladenpudding mit Vanilletunke. Arrangieren eines Essens siehe Seite 213 ff. Dennoch ist eine Einladung zum Mittagessen für den Eingelade­ Einladung zum Balkonfrühstück nen schon eine ziemlich große Ver­ pflichtung, wird aber z. B. von einem Junggesellen oder einem Strohwitwer immer gern angenommen werden. Es ist nun nicht so - das sei hier gleich getont daß man als zum Mittag­ essen Eingeladener sich unbedingt auch mit einer Mittagessen-Einladung revanchieren muß. Man kann, wenn man seinerseits einladen will, ruhig eine Einladung zum Nachmittagskaffee oder zum Abendbrot oder Fünf-Uhr-Tee starten. Denn es soll ja mit den schönen menschlichen Beziehungen kein genau aufs Gramm ab­ gestimmter Handel getrie­ ben werden. Man wird aller­ dings immer zusehen, daß man mit seiner Einladung nicht sehr zurücksteht und damit in den peinlichen Ruf eines „Nassauers“ gerät. Man soll auch im allgemei­ nen sehr verpflichtende Einladungen nicht anneh­ men, wenn man von vorn­ herein weiß, daß man mit ihnen niemals Schritt halDer Takt verbietet jede Protzerei

208

Geselligkeit in unserer Zeit

ten kann. Denn es ist immer peinlich, der Nehmende zu bleiben. Selbstverständlich gibt es auch hier Ausnahmen: ein Angestellter, der in die Villa oder in die komfortable Wohnung seines Chefs eingeladen wird, kann sich, abgesehen davon, daß in diesen Fällen eine Gegen­ einladung meistens überhaupt entfällt, gar nicht irn gleichen Maße revanchieren. Er wird sich also mit einem schönen Blumenstrauß für die Chefin bewaffnen und im übrigen die ganze Einladung mehr als „Dienst" auffassen. Geschenke hei Besuchen siehe Seite 268, 427 ff. Die Kaffee-Einladung (zwischen 16 und 17 Uhr) und die Teo-Einladung

(zwischen 17 und 18 Uhr) gehören nach wie vor zu den beliebtesten Formen der Einladung. Die Kaffee-Einladung ist im allgemeinen mehr Sache der Damenwelt, nicht zuletzt der älteren, der Fünf-Uhr-Tee wird, vor allem, wenn man ihn als „Tanztee“ ausgestaltet, bei jungen Leuten den Vorzug vor dem „Kaffeeklatsch“ haben. Bei beiden hängt das Wohlbefinden der Gäste, das gilt überhaupt für jede Form der Einladung, nicht so sehr von der Fülle der gebotenen materiellen Genüsse als von der Atmosphäre ab, die die Gastgeber zu schaffen verstehen. Man denke nur an die Geselligkeit der Biedermeierzeit: bei bescheidensten Genüssen, bei dünnem Tee und anspruchslosem Gebäck hat damals das gesellige Beisammensein der Menschen ein Niveau gehabt wie kaum jemals. Ob wir nun also unseren Gästen zwei oder vier Gebäcksorten vorsetzen. Schlagsahne oder nicht, eine oder drei Sorten Likör usw., alles das ist nicht so entscheidend wie die Stimmung, die über Gastgebern und < lüsten liegt und die nicht zuletzt von der Hausfrau abhängt. Daß eine geschmackvolle äußere Kulisse, auch wenn der Raum, in dem man Gäste empfängt, bescheiden ist, das Klima eines geselligen Beisam­ menseins stark beeinflußt, dürfte selbstverständlich sein. Wir werden z. B. bei einer Frühstücks- oder Kaffee-Einladung kein feierliches weißes Damasttischtuch auflegen und kein ebenso feierliches Blumenarrangement auf den Tisch stellen, sondern ein buntes oder zart,gemustertes Gedeck und einen frohstimmenden Blumenschmuck (Seite 451ff) wählen. Wir be­ achten das Gesetz, daß zu einer sehr bunten Decke kein ebenso buntes Geschirr, sondern besser ein dezent gemustertes oder einfarbiges paßt. Wir tragen der alten Regel Rech­ nung, daß Teo nun einmal aus hauchdünnen Tassen besser schmeckt als aus kräftigen Kaffee­ tassen. Wir überprüfen, bevor die Gäste kommen, den gedeckten Tisch noch einmal mit Feldherrnblick: ob auch Zuckerlöffel. Gebäekgabel und Papierservietten da sind, ob Milch und Zucker so stehen, daß jeder Gast sich bequem bedienen kann, ob für die Raucher Rauchwaren und Aschenbecher be­ reitstehen. ob beim Tee das Rum­ Bevor die Gäste kommen, prüft die Bans­ fläschchen oder die Zit ronenscheil >e frau nochmals das Gedeck

Bratenplatten sollen hübsch angerichtet auf den Eßtisch kommen

Geflügel wird in der Küche oder vom Hausherrn am Tisch tranchiert

Richtiges Servieren So werden Teller und Bestecke vorschriftsmäßig von rechts abgenommen

Einladungen — wann ?

209

nicht fehlen, und vieles andere mehr. Zum Kaffee gehören Torte und Kuchen, zum Tee kleines Gebäck, an dem man „knabbern“, sich aber, so will’s der gute Ton, nicht satt essen soll. Bei einem sehr for­ mellen Tee behält die Dame den Hut auf und die Handschuhe in der Hand (siehe auch Seite 77). Die Cocktail-Party, nach amerika­ nischem Vorbild seit dem Zweiten Weltkrieg auch bei uns immer mehr in Mode gekommen, bringt Die Köchin aus Leidenschaft Menschen, vor allem junge Men­ schen in besonders zwangloser Form etwa zwischen 18 und 20 Uhr zusammen. Man sitzt oder steht, wie es gerade gefällt, man plaudert, flirtet, tanzt auch einmal und stärkt sich mit den bekannten Mix­ getränken, die an einer Hausbar (im Notfall tut’s auch eine Anrichte) nach den verschiedensten Rezepten oder eigener Phantasie gebraut werden und durch winzig kleine Sandwiches, Salzstangen und Salz­ mandeln, Käsestangen und -waffeln eine solide Unterlage erhalten. Gäste kommen, Gäste gehen - es wird hier nicht genau genommen. Man kann zu einer Cocktail-Party auch ohne vorherige Anmeldung Freunde mit­ bringen, die man selbstverständlich den Gastgebern vorstellen muß. Eine gut vorbereitete Cocktail-Party ist etwas sehr Nettes, Spritziges allerdings nicht ganz Billiges. Arrangieren einer Cocktail-Party siehe Seite 229 ff. Als Abendbrot setzt man heute nur bei feierlichen Gelegenheiten seinen Gästen ein anspruchsvolles, warmem Essen vor. Das „belegte Brot“, Kartoffelsalat mit Würstchen, Rührei mit Bratkartoffeln sind beliebte Abendbrotgerichte. Es gibt aber auch Hausfrauen, und gerade viele berufstätige Hausfrauen betätigen sich hier gern als Köchinnen aus Leidenschaft, die auf diesem Gebiet einmal ein wenig aus dem Rahmen fallen wollen. Käsepastetchen und Sülze in Förmchen, Eier auf Toast und kalter Braten mit Remoulade und grünem Salat oder Brühe in Tassen und Würstchen im Teig seien als Anregungen für kleine abendliche Einladungen genannt. Das „Nach dem Abendbrot“, eine beliebte Einladungsform, könnte eigentlich richtunggebend sein für das. was man unter Geselligkeit verstehen sollte: nicht sich das Bäuchlein mehr oder weniger vollschlagen (jeder kennt wohl Zeitgenossen, die kein Mittagessen zu sich nehmen, wenn sie nachmittags oder abends eingeladen sind!), sondern menschliche Beziehungen pflegen, sich unterhalten, plaudern, anregen, im Gespräch, bei Musik, auch beim Schweigen näherkommen. Dieses „Nach dem Abendbrot“ ist also die äußere Mittel am wenigsten strapazierende Form der Einladung. Man sollte, wenn man Gäste unter dieser Devise zu sich bittet, dann aber auch wirklich keine großen Schüsseln auffahren, sondern im Verlauf der 14

Outer Ton

210

Geselligkeit in unserer Zeit

Stunden etwas Gebäck anbieten oder eine kleine Platte mit ein paar Sand­ wiches, ein Glas Bier oder Wein oder einen Kognak und Zigaretten. Denn der Akzent dieses Zusammenseins liegt ja auf dem Beieinandersein. Boi der sogenannten Bottle-Party tragen neben den Gastgebern die Gäste zur Ausgestaltung eines geselligen Abends bei. Dann ist es Sache der Hausfrau, alles Mitgebrachte in der Küche appetitlich anzurichten.

ff'en lädt man ein ? Zunächst fragen wir einmal: wie viele Leute laden wir ein ? Es kommt dabei auf den Platz an, der uns zur Verfügung steht. Wenn unsere Gäste wie die Sardinen in der Büchse zu sitzen gezwungen sind, ist unserer Einladung nämlich schon das Urteil gesprochen. Nichts ist ungemüt­ licher als eine zusammengepferchte Gesellschaft. Deshalb sollten wir auf die Gefahr hin, nicht alle Einladungsschulden „in einem Abwaschen1 erledigen zu können, nur so viele Leute zu uns bitten, wie wir am Eßtisch oder in der Sitzecke gemütlich und mit voller Bewegungsfreiheit unter­ bringen können. Vier bis sechs, höchstens acht Personen, zu denen ja im Durchschnitt immer zwei Gastgeber kommen, das dürfte gerade das Richtige sein, um eine abwechslungsreiche Unterhaltung zu gewähr­ leisten, den Gästen auch einmal die Möglichkeit zu einem Spezial plausch en deux und der Hausfrau ab und zu Gelegenheit zu geben, auf ein paar Minuten „innerlich wegzutreten“ und die Gäste sich selbst unterhalten zu lassen. Noch eine Kleinigkeit: Es gibt sehr viele abergläubische Men­ schen - nehmen wir Rücksicht auf sie und laden wir nicht gerade 13 Per­ sonen ein — die gesellige Behaglichkeit könnte darunter leiden! Ja, und wen lädt man ein ? Oder, was noch wichtiger ist, wen lädt man nicht zusammen ein? Ein paar Beispiele: das Ehepaar Meier und das Ehepaar Schulze, wenn man weiß, daß sie einander spinnefeind sind - es hat keinen Zweck, den Friedensengel spielen zu wollen, es gäbe nur einen peinlichen Reinfall; ein sehr altmodisches, steifes Ehepaar und zwei junge, etwas bohemienhafte Leute - über das Thema „Abstrakte Kunst“ könnten sie sich, falls das alte Ehepaar davon überhaupt etwas kennt, bestimmt nicht einigen; den Arzt Dr. X und Frau Lehmann, von der man weiß, daß sie besagten Arzt den ganzen Abend über wegen ihrer diversen Wehwehchen kon­ sultieren würde; das Ehe­ paar Y und Fräulein Wag­ ner, deren Schwester Herrn Y’s erste, geschiedene Frau war. Alle diese Leute also bringt man nicht zusam­ men, denn das Taktgefühl verbietet es, Menschen mit­ einander einzuladen, die aus den verschiedensten Grün­ den nicht harmonieren kön­ nen. Also nur Gleichgesinnte oder Gleichgestellte oder Gleich­ Nie darf man zu viele Gäste einladen

Der gute Gastgeber

211

artige? Auch das ist falsch, denn wenn vier Journa­ listen oder vier Ärzte oder vier Steuerberater fachsim­ peln, dann ist das für die übrigen < laste kein Vergnü­ gen, sondern eine Tortur. Es gehört also schon ein bißchen Fingerspitzenge­ fühl dazu, für die richtige Gästemischung zu sorgen. Es schadet gar nichts, wenn dabei, bildlich gesprochen, in soliden Bowlenwein ein Spritzer Sekt oder in den braven Eintopf eine Prise Paprika gemixt wird. Das belebt die Unterhaltung und regt die Diskussion an. Man muß nur allzu Gegensätz­ liches und damit die Gefahr der Disharmonie vorbeu­ gend vermeiden.

Der gute Gastgeber

„Und auch hier habe ich ständig Schmerzen, Herr Doktor!“

Woran erkennt man die guten Gastgeber? Ein paar Kegeln seien hier stichwortartig zusammengefaßt. Die guten Gastgeber • ... kleiden sieh, wie auch an anderer Stelle (Seite 87) erwähnt wurde, geschmackvoll und dezent und suchen vor allem ihre < ¡äste durch ihre Kleidung nicht zu übertrumpfen (Tafel S. 96); s ... lassen ihre Gäste nach der Begrüßung nicht lange allein, um noch allerlei Vorbereitungen zu erledigen, sondern haben alles rechtzeitig fertig, um sich dann ungestört ihren Gästen widmen zu können; • ...zeigen ihren Gästen niemals, wieviel Arbeit sic mit den Vor­ bereitungen hatten, und sprechen vor allem nie davon, wie teuer dieses oder jenes war; ® ...sehen über alle Pannen, die den Gästen passieren, taktvoll hinweg und versuchen, ihnen jedes peinliche Gefühl über ein Miß­ geschick zu nehmen; • ... sorgen dafür, ilaß ihre Kinder sich bei Besuch nicht in den Vorder­ grund drängen. Bei allem Stolz auf die kleine Gesellschaft ist es unhöflich, Kinder in Gegenwart von Gästen das große Wort führen zu lassen oder die Unterhaltung mit den Gästen immer wieder zu unterbrechen, um Wünsche der Kinder zu befriedigen. Erziehungs­ versuche an ruppigen Sprößlingen in Gegenwart von fremden Leuten vorzunehmen, ist ebenso unhöflich wie aussichtslos. Wenn Klein­ kinder im Haus sind, sollte die Hausfrau wenigstens versuchen, sieh für die Zeit des Besuches von der Kinderwartung frei zu machen 11*

212

Geselligkeit in unserer Zeit

Hund und Katze im Besuchszimmer sind auch nicht nach jeder­ manns Geschmack! • ... lassen nie merken, wenn es, bevor der Besuch kam. Auseinander­ setzungen gegeben hat. Jeder wohlerzogene .Mensch sollte so viel Selbstbeherrschung besitzen, in diesen Fällen „das Gesicht zu wahren“; • ...kommandieren in Gegenwart von Gästen nicht an ihm Haus­ angestellten oder sonstigem Hilfspersonal herum, um ihre Autorität zu beweisen - es steht nicht gut um diese Autorität, wenn man sie auf solche Art zu dokumentieren sucht.

Draußen klingelt es! Der Augenblick ist also gekommen, der Besuch stellt vor der Tür wie verhält man sieh nun'! Ist eine Hausangestellte im Haus, dann öffnet sie mit einem „Bitte, treten Sie näher“, hilft den Gästen aus dem Mantel, nimmt ihnen eventuell das Blumenpapier ab und öffnet ihnen dann, falls nicht schon Hausherr oder Hausfrau

„Bitte, treten Sie näher!“

dazugekommen sind, mit einem höflichen „Bitte“ auch die Zimmertür. Wenn keine Hausange­ stellte da ist, öffnet im allgemeinen der Hausherr, vielleicht auch ein größeres Kind, die Wohnungstür, begrüßt die (lüste und läßt sie nach dem Ablegen der Garderobe beim Eintreten ins Zimmer voran­ gehen. Natürlich kann das auch die Hausfrau machen - niemand nimmt das mehr genau. Betreten die < laste das Zimmer, erheben sieh die darin et wa an­ wesenden Gastgeber, begrüßen die Gäste und machen sie mit viel­ leicht schon anwesenden fremden Güsten bekannt (Seite 56ff). Bis noch weitere eingeladene Gäste kommen, sitzt oder steht man in zwangloser Unterhaltung. Die Hausfrau kann inzwischen auch einmal in der Küche oder am Eß­ tisch nach dem Hechten sehen, falls noch ein Familienmitglied zur Verfügung der (läste steht. Der höfliche Gast wird sich immer bemühen, pünktlich zu sein. Auf unpünktliche oder durch einen Zwischenfall am pünktlichen Er­ scheinen verhinderte Gäste länger als 2(1 bis 30 Minuten zu warten, ist nicht angebracht, denn es wäre eine Unhöflichkeit gegenüber den pünktlich gekommenen.

Am häuslichen Eßtisch

213

A in h « ii 81 i c h e n E ß t i s c !i Nicht nur für Gäste, auch für die eigene Familie soll der Eßtisch immer appetitlich und hübsch gedeckt sein. Er ist ja eine Art Aushängeschild für die Hausfrau, für ihren Schönheitssinn und für ihren Geschmack. Immer wieder soll darauf hingewiesen werden, daß ein Tisch auch bei bescheidenen Mitteln erfreulich aussehen kann. Es gibt keine Ausrede dafür, daß man aus Sparsamkeitsgründen von einer unansehnlichen Tischplatte, von einem schmuddligen Tischtuch essen müßte. Die moder­ nen, abwaschbaren Kunststoffdecken sind für jeden Geldbeutel er­ schwinglich. Es gibt weiter billiges Geschirr im Überfluß, so daß die henkellose Tasse, der angeschlagene Teller, die schnäuzchenlose Kaffee­ kanne ruhig in den Mülleimer wan­ dern können - man muß nur prak­ tisch, also ein schlichtes, immer zu ergänzendes Geschirr kaufen, nicht die protzenden Sammeltassen oder die mit Dekoren überladenen Schüsseln, die dann auch ange­ schlagen „zu schade“ zum Weg­ werfen erscheinen. Es gibt überdies noch einen, und zwar entscheidenden Grund dafür, daß man so oft lieblos und un­ ordentlich gedeckten, alles andere als verlockenden Tischen begegnet: die seelische und körperliche Be­ Angeschlagenes Geschirr gehört in den quemlichkeit nämlich derer, die Mülleimer hier ihr täglich Brot essen. Man braucht sich nicht mit guten Manieren an solchen Tischen zu plagen, man kann sich auflümmeln und „kleckern“, und was dergleichen Sünden mehr sind, man macht eben nicht viel Umstände mit dem Tischdecken wie mit dem eigenen Benehmen bei Tisch - bringt man sich aber mit dieser Träg­ heit nicht um manche Freude, um das echte Behagen, das ja nicht im Sichgehenlassen besteht, sondern im Genuß einer schönen, wohlgefügten Ordnung ? (Tafel S. 128 f).

Tischdecken und Tischschtnuck Wmii (¡äste erwartet werden, gibt inan sieh mit dem Herrichten d”s Eßtisches natürlich besondere Mühe. Die gute Wirkung des gedeckten Tisches beruht aber nicht, wie viele meinen, auf der hülle der Dekoration, sondern auf der geschmackvollen Verteilung eines geschickt ausgewählten .Schmuckes, ob das nun Blumen, K erzen oder andere Dinge sind. Sie bcruht auch auf einigen technischen ' .'oraussctz.ungen (Tafel S. 17(5): Tisch und Stühle sollen so stehen, daß jeder leicht seinen Platz ein­ nehmen und verlassen kann, daß die (¡äste sich gegenseitig nicht

beengen oder drücken (60 bis 70 em Entfernung von Gedeck zu Ge­ deck ist das richtige) oder sieh an den Tischbeinen stoßen.

214

Geselligkeit in unserer Zeit

mit dem Tischrand ab. Die Suppenteller stehen entweder auf dem Eßteller oder, was meistens der Fall sein wird, übereinanderge­ stellt neben dem Gedeck der Hausfrau oder auf einer Anrichte, einem Teewagen usw. in der Nähe der Haus­ frau. Bei den Tellern liegt Die Beleuchtung soll den Tisch erhellen, die Suppenkelle. aber nicht blenden Die Messer liegen mit der Schneide nach innen rechts Die Beleuchtung soll die Tisch­ vom Teller, die Gabeln mit dem fläche genügend erhellen, die Au­ Hohlraum nach oben links vom Tel­ gen der am Tisch Sitzenden aber ler, die Suppenlöffel, ebenfalls nicht blenden. Steht in Tischnähe mit dem Hohlraum nach oben, ent­ weder quer hinter dem Eßteller oder ern Ofen, so muß er im Winter abgeschirmt werden, damit die in neben dem Messer, der Kompott­ seiner Nähe Sitzenden nicht bralöffel neben oder über dem Suppenlöffel. Das Fischmesser teil. liegt rechts neben dem großen Das Tischtuch, das etwa 20 cm über die Tischkante herunter­ Messer, die Fischgabel links hängen soll, legt man über eine neben der großen Gabel. Werden Wolldecke oder eine Moltonunter­ als Fischbesteck zwei Gabeln ge­ lage. Sie mindert die durch das geben, so liegt eine Gabel rechts, eine links vom Teller. Geschirr verursachten Geräusche und schützt die Tischplatte vor Der Kompotteller (oder Nach­ tischteller) stellt schräg links vom Beschädigungen. Die Höflichkeit Eßteller. gebietet, daß man Gäste nur an einem makellos sauberen Tisch­ Die Gläser stehen schräg rechts tuch bewirtet, ob es nun ein weißes Leinen- oder Damastgedeck für Mit­ tag- und Abendessen ist, eine fröhlich bunte Kaf­ feedecke oderein pastell­ farbenes Teegedeck. Flecke auf der Decke sind auch Flecke auf der Hausfrauenehre und zei­ gen, daß man dem Gast nicht die nötige Höflich­ keit entgegenbringt. Beim Aufstellen des Ge­ schirrs sind folgende Re­

geln zu beachten: Die Eßteller stehen in der Mitte des Gedecks, ihr unterer Rand schließt

Tisclischniuck darf nie störend wirken

Tischdecken und Tischschmuck

215

vom Teller, und zwar steht das gienischen Gründen zumeist in Glas, d is zuerst benutzt wird, Papier- oder Stofftäschchen gelegt. außen, also am weitesten rechts. Der Tischschinuek soll dezent, ge­ Biergläser stellt man auf Unter­ schmackvoll und so beschaffen sätze. sein, daß er die Gäste nicht behin­ dert und den Blick auf das Gegen­ Kaffeetassen und -Unter­ tassen stellt man rechts oben über nicht stört. Über Blumen­ vom Kuchenteller, dessen Hand schmuck auf der Tafel ist an anderer mit dem Tischrand abschließt. Stelle (Seite 451 ff) ausführlich die Der Kaffeelöffel liegt rechts neben Hede. Kerzen sind eine sehr an­ der Tasse, die Kuchengabel zwi­ mutige Tischdekoration, denn ihr schen Tasse und Kuchenteller. warmes, sanftes Licht bringt jene Vorlegegabeln und -löffel festliche, gelöste Stimmung hervor, werden zu Beginn einer Mahlzeit die für das Zusammensein von auf Schüsseln oder Platten gelegt. Menschen so ersprießlich ist . Aber Niemand darf z. B. Braten mit auch hier ist es wichtig, daß man seiner eigenen Gabel oder Butter sich vor jeder Überfülle und vor geschmacklos bunten oder bom­ und Käse mit seinem eigenen Messer nehmen. bastischen Leuchtern hütet.daß die Leuchter nicht zu hoch, daß sic Salzgefäße, die immer ge­ brauchsbereit, also nicht verstopft standfest und daß die Kerzen mög­ oder mit feuchtem Salz gefüllt lichst t ropfsicher sind. Man zündet sie an, bevor die Gäste sieh zur sein dürfen, müssen in ausreichen­ Mahlzeit.setzen. Es ist. Übrigenseins der Anzahl vorhanden sein. Man kann auch an jedes Gedeck ein der seltsam anmutenden Gesetze des guten Tons, daß Kerzen nie kleines (das- oder Kristallsalz­ näpfchen stellen. Dabei darf der ..neu", sondern immer schon an­ gebrannt sein sollen. Aber auch kleine Salzlöffel nicht vergessen dieses Gesetz hat seinen Grund: werden, denn es verstößt gegen neue Kerzen brennen bekanntlich die guten Sitten, Salz mit dem manchmal schlecht an, und diese eigenen Messer aus dem Salzfaß zu nehmen. I>ie Serviette liegt mög­ lichst glatt entweder auf dem Eß- oder Suppenteller oder links neben dem Be­ steck. Kunstvolle Drapie­ rungen, wie man sie früher liebte, sind unmodern. Die praktische Papierserviette ergänzt die Stoffserviette schon seit langem. Sie soll nicht zu bunt sein und im Farbton mit der Tisch­ decke harmonieren. Förden Familientisch ist die „Ser­ viette im Hing" das rich­ tige. In Pensionen und im -rr* Lokal werden Servietten der Stammgäste aus hy­ Kerzen sind eine anmutige Tischdekoration...

216

Geselligkeit in unserer Zeit

störende Möglichkeit einer klei­ nen Panne will der höfliche Gast­ geber seinen Gästen ersparen. Blumen und Kerzen sind und bleiben die vornehmste Form der Tischdekoration. Was es sonst noch gibt, Aufsätze, Kleinplastiken usw., sollte sehr, sehr vor­ sichtig angewandt werden. Denn ein Eßtisch ist ja keine Porzellan­ oder Keramikausstellung, und es gehört schon viel Geschmack dazu, etwa bei einer großen festlichen Tafel diese Dinge wirklich voll-

Solche Scherze aber sind geschmacklos

. . . wenn sie nicht in bombastischen Haltern stecken

einzubeziehen, Und die bunten Japanschirmchen auf den Kuchen­ bergen und ähnliche Absurditäten - sie mögen im Schoße der Ver­ gangenheit versinken wie viele andere Dingi', der salzstreuende Mops oder etwa die milchgebende Porzellankuh oder der brezel­ tragende Daekel - möglichst tief versinken!

Tisrhordnun" und Tischkarten Auch bei einem kleinen Gästekreis ist es gut. wenn die Gastgeber sich vor dem Zutischgehen überlegen, wie sie ihre Gäste setzen sollen. Tisehordnung. Ehepaare setzt man

meistens nicht zusammen - sic sollen sich ruhig einmal vonein­ ander erholen! Der Platz neben der Hausfrau und dem Hausherrn ge­ bührt dem geeintesten Gast, und dann geht es mit der notwendigen Abstufung weiter. Bei Zusammen­ künften guter Freunde braucht man es allerdings damit nicht so genau zu nehmen. Brautpaare trennt man nach Möglichkeit nicht.

Tischkarten legt

man nur auf. wenn man einem Zusammensein eine besonders fest liche Note geben will. Sie sollten dezent und ge­ schmackvoll sein und werden ent­ weder an ein Glas gelehnt oder oben quer vor den Teiler gesteht. Bei einem sehr großen Kreis kann man einen Tischplan auflegen. an Hand dessen jeder seinen Platz finden kann, ohne lange danach suchen zu müssen (Tafel S. 320).

Die Hausfrau bittet zu "fisch

217

Dre Hausfrau bittet zu Tisch Hat man ein besonderes Speisezimmer oder eine Eßecke, so betritt man Zimmer oder Ecke erst, wenn die Hausfrau zu Tisch gebeten hat. Sie tut das mit einem freundlichen „Darf ich zu Tisch bitten?“ oder „Darf ich zum Kaffee (oder Tee) bitten ?“ Bei zwanglosen Besuchen wird nun jeder ohne Förmlichkeit seinen Platz einnehmen. Der wohlerzogene Gast läßt aber dabei allen älteren Personen und Damen immer den Vortritt. Im kleinen Kreis nennt der Hausherr einen männlichen Gast mit den Worten ..Herr Sowieso, darf ich Sie bitten, Frau X zu Tisch zu führen“ den Namen der Tischdame (Tafel S. 224). Werden keine Tischkarten benutzt, dann weist die Hausfrau den Gästen mit einer verbindlichen Handbewegung ihre Plätze an. Sie sagt etwa: „Frau Vossius, würden Sie, bitte, bei meinem Mann Platz nehmen ?“ oder „Herr Vossius, darf ich Sie bitten, sich neben mich zu setzen ?“ oder „Fräulein Weisert, bitte, dort“ u. a. m. Wenn alle Gäste an dem ihnen zugewiesenen Platz stehen, setzt sie sich als erste, die anderen fol­ gen. Mit einem „Ich wünsche recht guten Appetit“ oder „Gesegnete Mahlzeit“ beginnt das Essen. Denen, die es nie erwarten können, sei hier noch gesagt, daß es höchst unpassend ist, mit dem Suppelöffeln schon anzufangen, bevor die Hausfrau das Zeichen zum Essen gegeben hat. Das können sich übrigens auch die Herren Ehemänner merken, die, die Zeitung in der Linken, mit der Rechten schon eifrig suppen, wenn die ge­ plagte Hausfrau noch die letzten Vorbereitungen zum Essen erledigt. Wenn Gäste paarweise zu Tisch gehen, betritt als erster der Hausherr mit

„Wo ßind denn die Zigarren ?“

218

(leselligkeit in unserer Zeit

seiner Dame den Speiseraum, als letztes Paar die Hausfrau mit ihrem Tischherm. Bereit sein ist alles. In diesem Wort liegt ein gut Teil Erfolg oder Miß­ erfolg einer geselligen Mahlzeit beschlossen. Der gute Gastgeber weiß das und wird deshalb alles daran setzen, bei Tisch jede Störung zu vermeiden. Voraussetzung dafür ist eine genaue Planung, die folgendes bedenkt :

Alles zum Essen und Trinken not­ wendige Geschirr, alle notwendi­ gen Kleinigkeiten, wie z. B. Salz, Brotscheiben u. a. m., müssen be­ reitstehen, und zwar so, daß man sic bequem erreicht. Wenn die Hausfrau wie ein Stehaufmänn­ chen dauernd von ihrem Stuhl auf­ springt, um dieses oder jenes zu holen - wie soll da Behaglichkeit aufkommen! Daß sie einmal zum Schüsselnachfüllen in die Küche geht, ist dagegen selbstverständ­ lich. Was auf dem Tisch nicht unter­ zubringen ist, wird auf einem kleinen Tischchen, einem Tee­ wagen oder Servierboy neben die Hausfrau gestellt. Hier können auch auf einem kleinen Wärmer Kaffee oder Tee, Soße, Kartoffeln oder Gemüse warm gehalten wer­ den, hier wird das Geschirr für den Nachtisch oder der Nachtisch selbst untergebracht und. falls man kein Personal hat, das ge­ brauchte Geschirr zunächst ein­ mal abgestellt.

Tranchieren Daß Schüsseln und Platten peinlich sauber zu Tisch ge­ bracht werden, ist zu selbst­ verständlich, als daß man cs noch betonen müßte. Ein vollgekleckerter Platten­ rand, eine überschwappende Schüssel können nämlich empfindlichen Gästen den Appetit verderben.

Auch der Hausherr kann sich be­ mühen, das, was unter seine Regie fallt, bereitzustellen. Es ist nicht ermunternd für die Gaste, wenn er z. B. jede Flasche Bier einzeln ins Zimmer holt, nach Tisch erst auf die Zigarettensuche geht oder ärgerlich feststellt, daß die ver­ meintlich volle Kognakflasche schon drei Viertel leer ist. Daß die gute Hausfrau auch allo not­ wendigen Gläser sauber geputzt an einer dafür geeigreten Stelle bereitstellt und nicht erst während des Besuchs mit dem Glasertuch zu hantieren beginnt, dürfte selbst verständlich sein. Die Gastgeber setzen sich nach Möglichkeit immer so, ilaß sie, ohne ihre Gäste aufzustören oder Klettereien über ausgestreckte Beine veranstalten zu müssen, ihren Platz verlassen können. Das bedeutet manchmal Verzicht auf einen gewohnten Stammplatz, oder auf den verlockendsten Sessel im Ilans aber der Gast geht nun einmal vor.

unri Servieren

Unsaubere Schüsseln verderben den Appetit

Tranchieren und Servieren

219

Es ist auch ein Gesetz der Höflichkeit, daß man Speisen nicht zu knapp anrichtet. Die Hausfrau, die dann notgedrungen „nachfüllen“ geht, zeigt, daß Freigebigkeit nicht ihre starke Seite ist. Das Tranchieren eines Fisches, deskreis darf man als Gast selbst eines Bratens, einer Gans usw. ist etwas nach verlangen. Im allge­ Kunst, die man verstehen muß. meinen wird der Hauptgang, also Es wird entweder schon in der der Fleischgang, zweimal herum­ Küche oder erst am Tisch von der gereicht. Hausfrau vorgenommen - es gibt Sind alle Gäste mit einem Gang auch Hausherren, die das gern fertig, werden die benutzten Teller zusammengestellt. Im kleinen und sehr schön machen! In der Küche tranchierte Speisen müssen Kreis reicht man sie der Hausfrau auf alle Fälle heiß gehalten werden. zu, die sie auf einem Tischchen Beim Braten legt man die quer oder auf der Anrichte abstellt. zur Fleisch faser geschnittenen Stücke möglichst wieder in der ursprünglichen Form auf die Platte. Kleines Geflügel, wie z. B. eine Taube, wird nur der Länge nach einmal durchgeschnitten, kleines Wildgeflügel kommt ungeteilt auf den Tisch (Tafel S. 209). Besonders schwierig ist das Tran­ chieren von Fisch. Wenn man es umgehen will, teilt man das sehr empfindliche Fischfleisch schon vor dem Zubereiten in Portions­ stücke und dünstet oder dämpft sie vielleicht im eigenen Saft in einer feuerfesten, später auf den Tisch zu bringenden Platte. Was zum Tranchieren neben der geschickten Hand vor allem nötig ist: ein scharfes Tranchiermesser oder eine scharfe Geflügelschere. Servieren. Wenn bei zwanglosen des Geschirrs über­ Mahlzeiten nicht durch eine Haus­ Das Zusammenstellen läßt man dem Kellner angestellte serviert wird, reicht die Bei festlichen Essen werden die Hausfrau nach der Suppe (siehe Teller vom Personal abgenommen. weiter unten) zunächst Braten, dann Gemüse, Kartoffeln und Es ist nicht Sitte, dabei die Teller den Hausangestellten entgegenzuSoße herum, und zwar links von ihr beginnend, falls nicht die An­ reichen. Ergibt sich einmal eine schwierige Situation, kann man wesenheit eines besonders geehrten oder alten Gastes erfordert, daß er ihnen beim Ab nehmen wohl eine Hilfsstellung geben, im allgemei­ als erster bedient wird. Sie selbst bedient sich zuletzt und achtet nun nen aber beteiligt man sich daran darauf, daß die Gäste mit allem nicht, wie man auch im Lokal das versehen sind. Denn nur im Freun­ Fort räumen des Geschirrs dem

220

Gesolligkeit in unserer Zeit

Kellner überläßt und nicht etwa selbst Tellerberge aufstapelt. Daß auch hier eine kleine Hilfe manch­ mal angebracht ist, verstößt nicht gegen diese Regel - wie schon

oft betont, können geltende Vor­ schriften immerdann durchbrochen werden, wenn das Taktgefühl oder vernünftige Hilfsbereitschaft es erfordern (Tafel S. 20S).

So serviert man ... Suppenteller: Der an der Anrichte oder am Platz der Hausfrau gefüllte

Suppenteller wird, wenn er nicht, wie es im kleinen Kreis geschieht, von Hand zu Hand gereicht wird, von rechts vor den Gast gestellt. Alle Speisen (Fisch, Braten, Gemüse, Kartoffeln, Pudding usw.) werden von links angeboten. Die servierende Person bemüht sich dabei. Platte oder Schüssel mit der linken Hand so zu halten, daß der Gast leicht und ohne Verrenkungen zugreifen kann. Der Rücken der Hand, die Schüssel oder Platte trägt, liegt dahei auf dem Tisch, die Schüssel oder die Platte werden bis an den Tellerrand heran­ geschoben. Die rechte Hand kann leicht auf den Rücken gelegt werden. Ist es nötig, einem Gast ein Messer oder einen Löffel zu reichen, so wird beides immer auf einem Teller angeboten. Kuchen, Torten und Gebäck werden von links angeboten. Getränke, z. B. Bier oder Wein, werden stets von rechts ein- und nach­ gegossen. Dabei soll man natürlich möglichst vermeiden, Flecke zu machen. Auch Kaffee oder 'Fee werden stets von rechts einund nachgegossen. Werden die Tassen an einer Anrichte gefüllt, so bietet man sie auf einem Tablett von links an. Nach einem grö­ ßeren Essen wird der Mokka nicht am Eßtisch, sondern zwanglos auf einem Tablett herumgereicht (Seite 22S). ... und so räumt man ab Geschirr wird stets von der rechten Seite des < lastes aus abgeräumt. Man

nimmt den ersten Teller fest in die linke Hand, stellt den zweiten auf einer zusammengclogteu Serviette in die Armbeuge und schich­ tet darauf die übrigen Teller, während Löffel und Bestecke auf den ersten Teller gelegt werden. Das ist im Anfang nicht leicht auszuführen. Anfänger tragen deshalb besser jeden 'Feller mit Be­ steck einzeln auf ein Tablett (Tafel S. 209).

Anbieten, Nötigen, Danken Jede gute Hausfrau will, daß ihre

Gäste gesättigt vom Tisch auf­ stehen, und freut sich, wenn cs ihnen schmeckt. Sio wird den Schüchternen mehr als den Robu­ sten zureden, doch noch etwas zu essen, sie wird aber nie hartnäckig dabei verharren oder den wider­ strebenden Gästen gar frische Portionen auf ihren Teller geben. Wer satt ist und nicht mehr essen

will, darf nicht etwa die Hände über den Teller halten < der sein Glas zudeeken. Er wird höflich und liebenswürdig danken das „Räumlich unmöglich!" oder ähn­ liche Scherzworte sind nur im Familien- oder intimen Freundes­ kreis zulässig. Der wohlerzogene Gast ißt, ohne sich zu zieren oder endlos zureden zu lassen. Er ißt alles, was auf

Trinken und Zutrinken

den Tisch kommt, auch wenn es nicht gerade sein Lieblingsgericht ist. Leute, die auf Besuch dauernd mit ihrer empfindlichen (¡alle, ihren Nierenbeschwerden oder

¿21

ihrem schwachen Magen operieren, zählen nicht gerade zu den ge­ schätzten Gästen. Sicher wird die Hausfrau, wenn sie weiß, ein Gast verträgt nun einmal dieses oder jenes nicht, ihm sehr gern etwas ihm Zusagendes vorsetzen, aber man soll diese Bereitwilligkeit nicht unnötig ausnützen, um sieh interessant zu machen. Wenn man streng diät leben muß. ißt man eben zu Hause und nimmt Einladungen zum Essen gar nicht erst an. Nur bei großen Essen mit mehreren Gängen, die vom Per­ sonal angeboten werden, kann man ruhig einmal einen Gang aus­ lassen. Speiseschüsseln, die man gereicht bekommt, gibt man, nach­ dem man sich bedient hat, sofort weiter und läßt sic nicht etwa bei sieh stellen.

Trinken mul Zulrinken „Prösterchen“ und „Hoch die 'rassen!“, das sind Bursehikositätyn, die nur zu vorgerückter Stunde im Freundeskreis zulässig sind. Wird bei Tisch Bier getrunken, so macht man keine große Zeremonie daraus. Man beachtet nur. daß der Hausherr (nicht die Hausfrau) mit einer kleinen Verbeugung zu der neben ihm sitzenden Dame und zur ganzen Tafelrunde und mit einem „Zum Wohle!“ die, wie man nicht gerade

Halt! Man macht doch aus dem Zutrinken keine Kundgebung!

222

Geselligkeit in unserer Zeit

schön sagt, ..Auflassung“ zum Trinken gibt, und kann dann nach Lust, und Laune trinken. Beim Wein geht es schon etwas feierlicher zu: der Hausherr gießt sich selbst zunächst einen Schluck in sein Glas (cs könnten ja beim ersten Eingießen Korkstückchen ins Glas fallen) und füllt dann erst die Glaser der Gäste, zum Schluß sein eigenes. Er wird dann wie beim Bier, vielleicht mit einem kleinen Begrüßungswort, auf das Wohl seiner Gäste trinken. Nun steht es jedem frei, diesem oder jenem Gast durch ..Zulrinkrn" besondere Beachtung zu schenken. Aber, bitte, nicht zu ausgiebig da­ von Gebrauch machen! Man trinkt der Tischdame zu. der Hausfrau und vielleicht noch diesem oder jenem (last - nur der arme Hausherr ist verpflichtet, allen Damen im Laufe des Abends zuzutrinken, wenn er erst einmal damit den Anfang gemacht hat.. Zutrinken soll ja eine be­ sondere Ehrung sein. Aus diesem Grunde ist es auch ein Formfehler, wenn ein junger Mann einem alten Herrn oder seinem Vorgesetzten, wenn eine Dame einem Herrn zutrinkt (Tafel S. 144). Und die Technik des Zutrinkensf Der Herr wartet einen Augenblick ab, in dem die Dame oder der Herr, dem er zutrinken will, gerade nicht in einer fesselnden Unterhaltung begriffen ist. erhebt sein Glas und sagt - nicht etwa ..Auf Ihr Spezi­ elles!“ oder ..Ihr ganz Spezielles!“ (findige Köpfe pflegen da nämlich einen Unterschied zu machen). Falls die Dame ganz in der Nähe sitzt, sagt er vielleicht: ..Gnädige Frau“ oder „Frau Doktor, darf ich mir erlauben, auf Ihr Wohl zu trinken?“ oder auch nur: „Darf ich mir erlauben . . .“ Sitzt die betreffende Person aber entfernt., dann wäre es wiederum falsch, ihren Namen über den gan­ zen Tisch zu posaunen, um ihre Aufmerksamkeit zu erregen. Man paßt einen Augenblick ab, in dem sie gerade herschaut, hebt sein Glas etwas hoch, verneigt sich lächelnd und trinkt sein Schlück­ chen - nochmaliges Glasheben mit einer kleinen Verneigung und die ganze Zeremonie ist beendet. Dio Dame hat dabei noch weniger zu tun: sie braucht nur „hold“ zu lächeln und zu trinken und ein wenig den Kopf zu neigen. Das Glasheben kann sie sich sparen.

Wie man ein Weinglas anfaßt, dar­ über sind sich die Gelehrten an­ scheinend noch nicht einig. Liest man in Anstandsbüchern nach, so schreibt das eine: am Stiel, das andere: am Glaskörper! Entschei­ dend ist wohl, daß man die ganze Angelegenheit mit einiger Grazie bewältigt, und das Glas nicht plump mit der ganzen Hand um­ spannt. Beim Anstoßen freilich faßt man es am Stiel an, damit es einen guten Klang gibt. Apropos: Anstößen. Es ist. im allgemeinen nur bei besonders feierlichen An­ lässen üblich, also bei Geburts­ tagen, Hochzeiten oder anderen familiären Festlichkeiten. Man stößt nur mit gefüllten (tläsern an, nie mit einem Best, und trinkt das Glas, wenn man es auf das Wold besonders zu ehrender Personen, z. B. auf das Wohl eines Braut­ paares, leert, vollkommen aus. Wer ein ganzes (! las nicht, vertrügt. läßt es sich nur zur Hallte füllen. Siche auch „Likör. Kognak” Seite 228. Betränke einschenken siehe Seite 223 ff. Richtig essen und trinken sich" Seite 89.

Aufheben der Tafel

223

Tafel atifhehen Der Hausfrau allein stellt es zu, nach Beendigung einer Mahlzeit die Tafel „aufzuheben“. Dieser Ausdruck erinnert noch daran, daß man früher von Tischen aß, deren Platten auf Holzböcken aufgelegt waren, nach dem Essen „aufgehoben" und mit den Böcken beiseite gestellt wurden. Die Hausfrau wird es immer so hat, soll auch die Küche möglichst einrichten, daß sic als letzte mit immer apjietitlich aussehen - und dem Essen fertig ist. Denn schüch­ widmet sich dann wieder ihren terne Gäste getrauen sich vielleicht (¡ästen. nicht, noch einmal zuzulangen, Vielfach ist es üblich, sich beim wenn die Hausfrau ihr Besteck Tafelaufheben „Gesegnete Mahl­ schon fortgelegt hat. In einer klei­ zeit“ zu wünschen. Auf alle Fälle nen Gesprächspause - rücksichts­ ist der Herr seiner Dame beim volle Gäste trinken auch inzwi­ Zurückschieben ihres Stuhles be­ schen ihr Glas aus - steht sie auf, hilflich und macht ihr, auch der bittet die Gäste ins Nebenzimmer Nachbarin oder dem Nachbarn oder in eine Sitzecke und räumt zur Linken, nach dem Aufstehen dann, falls kein Personal da ist, eine kleine Verbeugung. Wurden geschickt und möglichst geräusch­ die Damen zu Tisch geführt, so los das Geschirr in die Küche. Sie reichen ihnen die 'Tisehherren auch hält sich dort nicht länger als nach der Mahlzeit den Arm. Wo es nötig auf (Bestecke mit Knüll­ angebracht ist (Seite 78). erweist papier abwischen, Geschirr über­ sich die Sitte, der Hausfrau nach einander, eventuell ins Wasser der Mahlzeit die Hand zu küssen, stellen usw.) - wenn man Besuch als eine schöne, ritterliche Geste.

Mit der Flasche in der Hand Die Zeiten sind, gottlob, wieder so, daß man sich hier und da auch wieder eine kleine Gesellschaft ins Haus einladen kann. Willkommene Gelegen­ heit für den Hausherrn, das I-Tüpfelchen auf die gastronomischen Glanzleistungen der Hausfrau zu setzen und nach der Zunge auch dem Gaumen zu seinem Recht zu verhelfen. Ein guter Happen - ein guter Schluck, welch edle Harmonie «las gibt! Freilich, bevor das erreicht ist, gilt es immerhin eine Reihe von Faustregeln zu beachten, Dinge, um die man sich sonst in einem guten Lokal nicht zu kümmern braucht, vor die plötzlich gestellt zu werden so manchem aber höchst peinlich ist, weil er aller Augen auf sich gerichtet sieht und im Kreuzfeuer der Blicke auf einmal alle sonstige Sicherheit und Ruhe verliert. Wer kennt nicht den Mann, der sieh mit hochrot angelaufenem Kopf vergeblich bemüht, den Pfropfen aus der Flasche zu ziehen, dem mit dem an die Decke knallenden Sektkorken der Flascheninhalt davonläuft, dem das Bier zu warm, der Likör zu kalt geraten ist, und was dergleichen kleine Pannen mehr sind, die meistens mehr der augenblicklichen Verwirrung als der Unwissenheit zuzuschreiben sind. Wie die Hausfrau ihre Gesellschaft nach einem genauen Schlachten plan ab wickelt, so sollte sich auch der Hausherr strategisch vorbereiten. Ein paar kleine Winke seien ihm Helfer.

224

Geselligkeit in unserer Zeit

Wohltemperierte Getränke Auch das beste Getränk verliert, wenn es nicht die richtige Temperatur hat. Man sollte darum die Stufen­ leiter ein wenig im Kopf haben: Helle Biere und Weißweine 8 bis 10 Grad Rhein­ lind Moselweine 7 Grad französischer ('hampagner und deutscher Sekt 3 bis 6 Grad ('. Wärmere Temperatur ver­ langen die Rotweine: Leich­ te Rotweine 10 bis 14 Grad schwere, insbesondere Burgunder, Zimmertempe­ ratur, und zwar 14 bis 18 Grad C. Schnäpse schmecken mit der Kellcrtemperatur von 8 bis 10 Grad am besten, Kognak und Wein­ brand liebt man in Deutschland zumeist eisgekühlt. Der Franzose dagegen will sic handwarm haben, weil erst so das Aroma voll zur Geltung kommt. Für .Edelliköre ist eine Temperatur von 18 Grad ('. vorgesehen. Weniger gute Liköre werden nur leicht ge­ kühlt. Ein kleiner Tip. wenn der Likör nicht die richtige Temperatur hat:

ein bis zwei Eisstückehen in der Likörschale schwenken und in das abgekühlte Glas d-n Likör ein­ gießen. lind noch eins: alte Wein­ jahrgänge werden nicht so kühl serviert wie junge. Das Beste, die Blume, leidet darunter, l ud Rot­ weine darf man keinem plötzlichen Temperatur«eehsel aussetzen. Sie werden t rübe und verlieren an Ge­ schmack.

Der Kampf mit den Korken Wer viel im Lokal verkehrt, hat dem gewandten Kellner sicherlich schon einige Kniffe abgesehen, mit denen er zu Hause brillieren kann. Er lasse sieh nur nicht zu einem Brauch verführen, der im Lokal üblich, zu Hause aber nicht angebracht ist: vor dem Öffnen der Flasche seinen Gästen das Etikett zu zeigen. Was dort richtig ist. kann hier protzig oder, je nachdem, auch peinlich sein. Hat die Flasche eine Kapsel, so rille so ab. daß der Kapseldeekel nur noch an einem Streifen hängt schneidet man sie unterhalb des und rückwärts abgebogen werden Flaschenrandes auf der Tropfen­

Erstwenn sich dieDame desHauseszuTisch setzt, nehmen die Gäste Platz

Gepflegte Gastlichkeit Nach dem Essen wird im Wohnzimmer Mokka oder Likör gereicht

w B

I

r * 1 U W; / Illi J

Wein gießt man beim Einsehenken zunächst ins eigene Glas ab

BeimSekteinschenkendaserhobene Glas schräg zur Flasche halten

Richtiges Einschenken Auch beim Einschenken von Bier nimmt man das Glas in die Hand

Kognakgläser stehen beim Ein­ schenken stets auf einem Tablett

II

J

f.

Schenkt ein, schenkt ein! kann. Ist die Flasche versiegelt, so muß man den Siegellack vor­ sichtig abklopfen, um zu verhüten, daß kleine Teile ins Glas fallen. Am besten geht man dem Korken mit einem Hebelkorkenzieher zu Leibe. Achtung! Den Korkenzieher

225

nicht zu stark in den Korken ein­ bohren! Wie oft zerbröselt man ihn dadurch oder er rutscht in die Flasche hinein und man muß lange Tauchversuche mit einem Draht unternehmen.

Schenkt ein, schenkt ein! Weißwein. Die entkorkte Flasche in der Rechten dicht unterhalb der Flaschenmitte - beileibe nicht ganz vorn atn Flaschenhals! aus be­ rechtigten Vorsichtsgründen mit einer Serviette umwickelt, tritt man auf die rechte Seite vom Gast, wo auch immer die Gläser zu stehen haben. Und nun hat der Gastgeber Gelegenheit, seine Ge­

wie das Eingießen mit nach unten gekehrter Hand oder das Zuhoch­ halten der Flasche. Man merke sich: etwa zwei bis drei Fingerbreit über den Glasrand halten! Rotwein. Einen edlen Tropfen Rotwein kredenzen gleicht einer sakralen Handlung. Kenner offe­ rieren ihn nur besten Freunden, und auch das bedauern sie noch, wenn sie diese gute Gabe Gottes nicht genug gewürdigt sehen. Schon der Gang vom Keller zur Tafel gleicht einem Opfergang. Man trägt den kostbaren Rotspon nicht etwa achtlos in der Hand, um Gottes willen, nein! In einem besonderen Körbchen wird er zum Tisch gebracht und dabei größte Sorgfalt darauf verwandt, daß Staub und Spinnweben (die soge­ nannte Kellerpatina) ja auf der Flasche bleiben. In diesem Körb-

tto schenkt man den Wein ein!

Schicklichkeit zu beweisen. Es ist nämlich gar nicht so einfach, ele­ gant einzuschenken. Das Ein­ gießen mit dem gestreckten rech­ ten Unterarm erfordert schon einige Übung. Oft sieht man, daß dabei eine kleine Hilfsstellung ge­ nommen wird, indem der Ein­ schenkende die Flasche auf den Glasrand auflegt und von diesem sicheren Grunde aus eingießt. Aber das ist falsch, ebenso falsch Guter Ton

Per kostbare Rotspon gehört ins Körbchen

226

Geselligkeit in unserer Zeit

dien liegt die Flasche auch wäh­ rend des Einschenkens. Man han­ tiert sehr vorsichtig mit ihm, da­ mit der heim Rotwein mögliche Bodensatz nicht aufgerührt wird. Sekt (nur die Franzosen dürfen ihr perlendes Getränk Champagner nennen) bringt man in einem mit Eis oder Wasser gefüllten Kühler an den Tisch. Man muß schon allerhand Übung haben, will man die Flasche vorschriftsmäßig im Kühler und nicht „in freier Natur“ öffnen. Man lege ein Servietten­ ende über den Flaschenkorken und drücke ihn nut dein linken Daumen fest herunter. Mit der Rechten ent­ fernt man den Draht und dreht mit der serviettenbewehrten Lin­ ken den Korken langsam heraus.

So öffnet man vorschriftsmäßig eine Sektfiasche

wobei man die Flasche immer schräg hält. Es gehört nicht unbe­ dingt zum guten Ton, den Korken knallend gegen die Decke springen zu lassen. Man kann es auch leise und unauffällig abmachen, indem man kurz vor dem letzten Drehen am Korken den Pfropfen etwas auf die Seite drückt und durch den dabei entstehenden kleinen Spalt die oberste Kohlensäure langsam entweichen läßt. Macht man das so. dann braucht man auch nicht ängstlich mit den Gläsern hinzu­ stürzen, um nicht einen der edlen Tropfen verlorengchen zu lassen. Übrigens: Sektschalen bleiben während des Eingießens auf dem Tisch stehen, Kelche und „Sekt­ flöten“ dagegen nimmt man in die Hand (Tafel S. 177. 225). Der I’robeschliick. Was im Lokal üblich ist, ist auch bei einer häus­ lichen Festlichkeit nützlich: der l’robeschluck, ein kleiner Schluck Wein, den sich der Gastgeber als erster eingießt, um zu prüfen, ob der Wein gut und richtig tem­ periert ist. Es ist schließlich besser, der Gastgeber merkt etwaige Mängel allein und kann Abhilfe schaffen, bevor alle Gäste den Mund verziehen. Noch ein Wort über das Ein­ schenken: es widerspricht dem guten Ton und allen Gesetzen der Gastronomie, die Gläser zu voll einzuschenken. Niemals mehr als dreiviertelvoll! Und zu jeder neuen Weinsorte ein neues Glas.

Und welchen ll eini* Andere Länder, andere Sitten, aber auch andere Weine. Deutschland, d is ja vornehmlich hervorragende Weißweine produziert, aber auch gute Rotweine hervorbringt, kann sich leichten Herzens die Regel erlauben: zum „weißen“ Fleisch Weißwein, zum „schwarzen“ (Wildbret) Rotwein. Franzosen und Italiener unterscheiden da zumeist nur zwischen leichtem und schwerem Rotwein.

Welchen Wein ? Vor dem Essen. Wenn es bei uns auch nicht die ausgesprochen fran­ zösische Sitte der Aperitif-Stunde gibt, in der man genußvoll einen eis­ gekühlten Wermut - Martini, Dubonnet, Byrrh, Pemod - schlürft, so hat es sich doch auch bei uns immer mehr eingebürgert, die Wartezeit bis zum Beginn des Essens mit einem appetitanregen­ den Gläschen Sherry oder Wermut zu verkürzen, das inan übrigens auch zur kalten Vorspeise trinken kann. Daß man zum Kaviar am besten Sekt und zu Austern einen weißen Chablis oder einen säuer­ lichen Weißwein trinkt, ist wissens­ wert, aber nur für ausgesprochene Schlemmer wichtig. Zum Fisch oder zum Eiergericht gibt man weißen Wein. Der Ken­ ner und der, der es sich leisten kann, wird zum gekochten Fisch einen leichteren Weißwein geben als zinn gebratenen. Boi Eier­ gerichten und Pilzspeisen kann man auch einen leichten Rotwein nehmen. Und dann scheiden sich die Geister. Zum Braten aus weißem Fleisch sieht der Kenner bei uns schwerere Weißweine vor. indes Engländer, Amerikaner und Franzosen leichte Rotweine vorziehen. Beim Braten uns „schwarzem“ Fleisch, also beim Wildbret, sind sich die Ge­

227

nießer aber wieder einig: schwere Rotweine, vom heimischen Bade­ ner Rotwein bis zu den Burgun­ dern Chambertin. Pommard, Be­ aune, Chäteauneuf du Pape, den italienischen und den schwei­ zerischen Rotweinen - Namen, die allein schon Appetit machen. Zum Nachtisch. Der gute Wille und der Geldbeutel des normalen Gast­ gebers werden hier schon erschöpft sein, aber das Reglement der Gastronomie gibt sieh damit noch nicht zufrieden. Wer es bis zum guten Ende durchexerzieren will und - kann, der gebe zum fett­ armen Käse Bier oder einen trokkenen Weißwein und zum voll­ fetten Käse Bier oder einen mitt­ leren Rotwein. Zu den Süßspeisen des guten Zusammenklangs wegen einen milden, säurearmen Weiß­ wein, einen ■weißen Bordeaux, italienischen oder schweizerischen Wein, oder, wenn er hat, einen halbsüßen oder süßen Sekt. End zum Mokkaschluß für die Herren einen scharfen Schnaps und für die Damen einen Likör. Vom Kirsch- und Zwetschgen­ wasser bis zum Kognak und vom Cherry Brandy über Curasao, Cointreau, Cordial Medoc bis zum Benediktiner sind Wahl und Qual gleich groß. Weingiitchezeichnung siehe S. 290 f.

Die Stunde nach dem Essen

Sie soll dem behaglichen Nachgießen gewidmet und will daher von den Gastgebern mit besonderer Liebe gestaltet sein. Auch auf engem Raum kann die notwendige Behaglichkeit herbeigezaubert werden: alle Spuren des Essens sind rasch und unauffällig entfernt, ohne daß der Gast das Gefühl hat, der Hausfrau Mühe gemacht zu haben. In der Sitzecke oder bei sehr beschränkten Verhältnissen am Eßtisch wird bei gedämpfter Beleuchtung der Mokka, ein Likör oder ein Kognak gereicht und nicht zuletzt die Zigarette oder die Zigarre angezündet (Tafel S. 224).

15'

228

Geselligkeit in unserer Zeit

Der Mokka Man serviert ihn nur nach warmem Essen, nicht nach belegten Broten oder anderen kalten Speisen. In

Mokka kann bei Gesellschaft auch im Stellen getrunken werden

solchen Fällen bietet man ihn besser am Schluß des Abends an sein Duft ist dann zugleich leise Mahnung, daß nun der Abschied vor der Tür steht. Wer eine Mokka­ maschine besitzt, wird den Mokka gern in Gegenwart der (¡äste auf einem kleinen Tisehehen oder einem Teewagen brauen. Auf alle Fälle, ob er nun im Zimmer oder in der Küche zurechtgemacht wurde, muß er heiß in kleinen Täßchen auf einem Tablett herum­ gereicht werden, auf dem auch Sahne und kleine Zuckerstückehen bereitstehen. Man trinkt als (last Mokka nicht „in rauhen Mengen", sondern ein, höchstens zwei Täß­ chen. Mokka kann auch, was bei größeren Gesellschaften der Fall ist, im Stehen getrunken werden.

Likör, Kognak usw. Likör- oder Schnapsgläser werden auf kleine Untersätze gestellt, bei den sogenannten Kognakschalen, die ja einen Fuß haben, ist das nicht nötig. Das erste (¡las bietet man im allgemeinen auf einem Tablett an, dann gießt man, es ist Sache des Hausherrn, von rechts nach. Mit Schnapsglä­ sern stößt man nicht an. Übri­ gens auch nicht mit Biergläsern. Die Sitte, beim Schnapstrinken mit dein kleinen Finger anzu­ stoßen, ist mehr burschikos als schön und ein Zeichen schon vorgerückter Stimmung. Liköre sollen Zimmertemperatur haben. Der Kognak wird in Mit Kognak oder Likör stößt man auch auf diese Weise nicht an Deutschland, wie gesagt, viel­ fach gekühlt getrunken, in Frankreich dagegen, seinem Heimatland, trinkt man ihn „handwarm“. Schnäpse, wie Kirschwasser, Korn, Stein­ häger, schmecken kühl am besten (siehe auch Seite 224).

Die (!ocktail-Party

229

Die Cocktail -Party Die Cocktail-Party ist eine in Amerika und England übliche Form der Einladung, die seit dem Zweiten Weltkrieg auch in Deutschland viele Freunde gefunden hat. Sie ist so rocht ein Kind unserer hastigen Zeit, in der viele Menschen nicht mehr die Muße und die Lust haben, ihren gesellschaftlichen Verpflichtungen in dem früher üblichen Stil nachzu­ kommen. und dafür lieber eine ungezwungenere Form wählen, wie die der Cocktail-Party. Sie erlaubt es ihnen, in ein bis zwei Stunden eine wesent­ lich größere Zahl von Gästen zu empfangen, als cs etwa im Rahmen einer Kaffee- oder Abendbroteinladung möglich wäre und, was auch ein Merkmal der Cocktail-Party ist, Gäste verschiedenster Wesensart bei sich zu sehen, die man sonst nicht zusammen eingeladen hätte. Denn bei einer Cocktail-Party, das ist ihre besondere Eigenart, sitzt man nicht feierlich in einer bestimmten Rangordnung bei Tisch. Man ist auch nicht ge­ zwungen, pünktlich zu er­ scheinen oder einen Nachmit­ tag oder Abend über auszu­ harren. Innerhalb einer festge­ setzten Zeit, also meistens zwischen 18 und 20 Uhr. kommt man. wann man will, sitzt oder steht, wie es einem gerade gefällt, plaudert, mit wem man Lust hat, trinkt einen Schluck und knabbert einige Bissen und empfiehlt sich, wenn man noch etwas ' dazu zwingen. Selbstverständlich begrüßt man beim Kommen die Gastgeber und stellt ihnen Bekannte vor, die man zu einer Cocktail-Party, auch wenn sie nicht eingeladen waren, ohne weiteres mitbringen darf. Beim Gehen verabschiedet man sich mit einem freundlichen Dankeswort wieder bei den (lastgebem und vielleicht auch bei Bekannten, die gerade in der Nähe sind - allen Gästen Lebewohl zu sagen, wäre bei der großen Zahl der An­ wesenden gar nicht möglich und zählt auch gar nicht zu den Verpflich­ tungen, die man als Gast einer Cocktail-Party hat. Das Improvisierte, Leichte. Ungezwungene ist ja gerade ihr Haupt reiz, cs schließt aber natür­ lich nicht aus, daß man alle auch sonst gültigen Höflichkeitsregeln be­ achtet und lernt, beim zwanglosen Stehen mit dem Cocktailglas oder einem „Canape" in der Hand eine gute Figur zu machen.

Cocktailglas und Canape Damit wären wir bei den leiblichen Genüssen einer Cocktail-Party. Wie setzt man sie seinen Gästen vor? Nehmen wir einmal an. daß für unsere Cocktail-Party zwei Räume zur Verfügung stünden. Wir räumen diese

Geselligkeit in unserer Zeit

Zimmer so weit wie möglich aus, damit die vielen, sich immer wieder ablösenden Gäste genügend Bewegungsfreiheit haben. Wir halten also vor allem die Zimmermitte frei, steilen an die Zimmerwände einige kleine Tische, Stühle und Sessel, und zwar möglichst in gefälliger, zu kurzer Rast einladender Form. Wir bauen an einer Zimmerwand das „Büfett“ auf, einen etwas größeren Tisch, der mit einer weißen, fast bis zum Boden reichenden Tischdecke bedeckt wird. Auf dem Tisch steht alles, was zum Mixen der Cocktailgetränke nötig ist: Shaker oder Mixbecher, Bar­ löffel, Sieb, Spritzflasche, Zitro­ nenflasche, Meßglas, ein Hebel­ korkenzieher - je raffinierter wir beim Mixen sein wollen, desto größer wird die Zahl der dazu nötigen Gegenstände sein. Auf dem Tisch steht auch dor Kübel mit reinem Kunsteis, mit dem dio Cocktailgläser vor dem Einfüllen der Flüssigkeit ausgeschwenkt werden, das aber, wie zum Beispiel für die sogenannten Cobblers, auch

klein zerschlagen und mit der Flüssigkeit gemischt wird. Schließ­ lich stehen auf dem Tisch die Spirituosen für dio .Mischgetränke und die notwendigen Gläser in möglichst großer Zahl. Alles muß sehr ordentlich und appetitlich aufgebaut sein. Denn jeder Mixer, ob das nun ein berufs­ mäßiger oder ein Amateur ist, hat beim Mixen Zuschauer und wird seinen Stolz darein setzen, vor allen prüfenden Blicken in Ehren zu bestehen.

Getränke Es würde viel zu weit führen, liier dio Fülle der Getränke zu behandeln, die dem leidenschaftlichen Mixer für seine Gäste zur Verfügung stehen. Es ist ja nicht nur der Cocktail, dieses angeblich einst als Siegesgetränk für den Besitzer eines im Bahnenwettkampf als Sieger hervorgegangenen Hahns erfundene Gemisch, es kommen dazu dio Cobblers, Flips, die Fizzes und Frappes und Sours und schließlich alles andere, was noch zur Verfügung stehen kann: Limonaden und Sodawasser, Milchmischge­ tränke, Aperitifs und für den ausgesprochenen Weinfreund ein gut gekühlter Wein. Im allgemeinen soll man sich bei dem Ausrichten einer Cocktail-Party vor einer allzu großen Fülle von Drinks hüten. Nicht nur, weil das sehr teuer zu stehen kommt, sondern auch, um eine Überspitzung des ganzen Cocktailbegriffs zu verhüten. So soll wohl der Zahl der vorgesetzten Getränke, aber nicht der Phantasie des Mixenden eine Grenze gesetzt sein - außer dor, die überall da, wo es sich um das Zusammensein von Menschen handelt, gültig ist und dio lautet: Erlaubt ist, was gefällt. Man kann nämlich auch beim Mixen „entgleisen“, wenn man den guten Geschmack vermissen läßt und ncr originell sein will! Einige wenige Beispiele für Mixgetränke folgen: Mit Alkohol

Martini-Coektail: Halb Wermut,

halb Gin oder Whisky und 2 bis 3 bitter oder

Tropfen Angostura

Kräuterlikör mit kleinen Eis­ stückehen gut schütteln und nach Geschmack mit jo einer Olive reichen.

Getränke Manhattan-Cocktail: ’/3 italieni­ schen Wermut und 2/3 Whisky mit 2 Tropfen Angostura bitter gut durchschütteln und eiskalt ser­ vieren. Champagner-Cocktail: Ein Stück Würfelzucker wird in eine Sekt­ schale gelegt und mit 2 bis 3 Trop­ fen Angostura bitter getränkt. Auf ein Stückchen Eis, das man in die Schale gibt, eiskalten Champagner füllen und mit eüier Organgenschale abspritzen. I.B.U.-Cocktail: (Rezept der inter­ nationalen Barkeeper Union). In den Mixbecher mit einigen Stücken Eis Saft einer halben Orange, ein Likörglas Weinbrand und ein Likörglas Apricot Brandy füllen und Mixbccher kräftig schütteln. Getränk in eine Sektschale seihen und mit eiskaltem Champagner auffüllen. Chi cago-Cocktail: Eine Sektschalc mit einem Stück Zitrone auswi­ schen, den Rand des Sektkelches in feinsten Zucker tauchen, so daß sieh ein Kranz wie von Eiskristallen bildet. In das Mixglas mit Eis­ stückchen einen Tropfen Ango­ stura bitter, ein halbes Likörglas Curayao-orange, ein halbes Likör­ glas Kognak oder Weinbrand ge­ ben und mit dem Barlöffel das Getränk einige Male umrühren. Alles in den vorbereiteten Sekt­ kelch seihen und mit eiskaltem Sekt auffüllen. Gin-Fizz: In den Mixbecher Saft einer halben Zitrone, einen Tee­ löffel Zuckersirup und zwei Likör­ gläser dry Gin geben und mit einigen Eisstücken kräftig schüt­ teln. Das Getränk in ein Fizzglas (200 ccm) seihen und mit Soda­ wasser auffüllen. Mit Strohhalm servieren. Schüttelt man das Getränk mit

231

einem Weißei, heißt es SilverFizz, mit einem Gelbei GoldenFizz. Mokka-Flip: Zwei Teile starken durchgesiebten Kaffee, einen Teil Curasao oder Kognak, ein ver­ quirltes Eigelb und feinen Zucker nach Geschmack über Eiswürfeln tüchtig schütteln. Portwein-Flip: Zwei Teile Port­ wein, einen Teil Kognak, ein ver­ quirltes Eigelb, etwas Zitronensaft und feinen Zucker über Eiswürfeln tüchtig schütteln.

Virginia-Flip: Drei Eigelb mit drei gestrichenen Teelöffeln Zucker schaumig schlagen, je ein Likör­ glas Whisky, Kognak und Rum nach und nach beifügen, schließlich das nicht zu steif geschlagene Ei­ weiß und 2 bis 3 Eßlöffel steifen Schlagrahm unterziehen. Nicht viel schütteln, sondern vorsichtig mischen.

Prärie-Auster: Zwei Eßlöffel Wor­ cestershire-Soße und darüber ein unversehrtes ganzes Eigelb in ein Glas geben, mit 4 Teelöffel Tomaten-Catchup umlegen, mit 1 bis 2 Tropfen Zitronensaft, 3 Tropfen öl und einigen Tropfen Kognak überträufeln. Sekt-Cobbler: In ein hohes Sekt­ glas bis zur knappen Hälfte Eis­ stückchen füllen, dann ein paar Ananasstückchen und einen halben Teelöffel feinen Zucker, schließlich Sekt. Umrühren und mit Ananas­ stückchen und Kirschen garnieren. Sherry-Cobbler: Ein Kelchglas bis zur knappen Hälfte mit Eiswürfeln füllen, darüber etwas feinen, mit wenig abgericbener Zitronenschale gemischten Zucker und einen Schuß Selterwasser. Wenn der Zucker aufgelöst ist, das Glas mit

232

Geselligkeit in unserer Zeit

Sherry auffüllen, dem ein paar Tropfen Curagao beigefügt sind. Unirühren und mit einigen kan­ dierten Kirschen garnieren. Ohne Alkohol Eiertrank: Zwei Eigelb und zwei

gestrichene Teelöffel Zucker schau­ mig schlagen. Zwei Tassen Milch dazurühren, ferner einen halben Teelöffel Vanillezucker und den nicht zu steif geschlagenen Eier­ schnee. Im Glas mit geriebenen Nüssen bestreuen.

Abwandlung: Zwei Teelöffel ge­ riebene Schokolade oder zwei Tee­ löffel Fruchtsaft beifügen. Kakao-Flip: Gute süße Trink­ schokolade kalt mit einem Eigelb verquirlen und mit Milch oder Sahne auffüllen. Apfelsinen-Cocktail: Drei Teelöffel Himbeersaft und drei Eßlöffel Apfelsinensaft in einem Glas Milch quirlen, etwas süßen und sehr kalt servieren.

Appetithappen Zum Trinken gehört auch bei der Cocktail-Party das Essen. Nicht das ,,Sattessen“ wohlgemerkt. Denn eine Cocktail-Party soll ja keine Ab­ fütterung sein, sondern ein durch kleine, aber feine leibliche Genüsse ge­ würztes flüchtiges geselliges Beisammensein. Die Platte mit den leckeren Kleinigkeiten ist also Trumpf, die Platte mit den sogenannten Canapés, jenen winzig kleinen ¡Sandwiches, die eben gerade nur einen Bissen groß sind, mit den Pommes Chips, den feingehobelten rohen Kartoflelscheibcn also, die in heißem Fett goldgelb gebacken, auf Papier ab­ getropft und mit Salz überstreut angerichtet werden, den auf kleine Holz­ stäbchen gespießten Oliven, den gerösteten Salzmandeln und dem delikaten kleinen Käsegebäck. Man richtet alle diese Dinge möglichst appetitlich auf Platten an. die entweder auf dem großen Büfett stehen oder auf den kleinen, an die Wand gestellten Tischen oder auch vom Personal herumgereicht werden. Immer soll cs etwas nicht Alltägliches, Besonderes sein, was hier ange­ boten wird. Und gerade so viol, daß man dazu weder Messer noch Gabel braucht, sondern die sehr oft auf kleine Holzstäbchen gespießten Leckereien zwischen einem Schluck aus dem Cocktailglas und ein paar Plauderworten schnell in den Mund schieben und sieh zu einem neuen Schluck anregen lassen kann. Einige Vorschläge folgen: Canapés: Röstbrotscheiben in drei zu fünf oder vier zu vier Zentimeter große Stückchen schneiden, mit Butter oder Mayonnaise be­ streichen und phantasievoll mit folgendem belegen: Sardellen, Lachs, Thunfisch, Sardinen, Eierseheiben, Tomaten, Sellerie­ butter, gehackten Champignons, Schinken, Kalbsbraten, Roast­ beef, Zunge, Käse. Cocktail-Spießchen: An Holzspießchen nacheinander aufgespießt immer eine kleine runde oder eckige Scheibe von Röstbrot mit Johannisbeergelee bestriehen, Leberwurst, saure Gurke; Röstbrot, Bratwurst, Tomate; Schinken, Gervais, eine Olive;

Kleidung bei festlichen Anlässen

Dem Cocktailkleid der Dame entspricht am besten der elegante Straßenanzug

Die Unterhaltung Gesprächsstoffe, die alle Anwesenden in ihren Bann ziehen, sind besser

Eine weitverbreitete Ungezo­ genheit ist es, die Untertasse Tür die Asche zu benutzen Eine ungesäubert wegge­ legte Pfeile löst bei der Haus­ frau keine Begeisterung aus

zu re,

Das ist die passende Kleidung für die Dame und den Herrn beim Stadtbummel am Nachmittag

In der Stadt und im Urlaub

In gesunder und sportlicher Klei­ dung unternimmt das Paar seine Ausflüge in den Urlaubstagen

Das Rauchen

233

Röstbrot-, Räucherlachs, Ei, Radieschen; Tomate, Sardelle, Apfel. Bei einer Cocktail-Party müssen genügend Rauchwaren und die dazu­ gehörenden Aschenbecher bereitgestellt werden.

Die Kleidung Eine Cocktail-Party ist keine ausgesprochen feierliche Angelegenheit. Selbstverständlich sieht es sehr nett aus, wenn die Damen bei dieser Gelegenheit ihr neues Cocktailkleid ausführen und die Herren nicht ge­ rade den ältesten Anzug anhaben, aber ein Kostüm oder ein Sonntags­ kleid und ein der .Jahreszeit angepaßter Straßenanzug tun es auch. Die Damen behalten den Hut auf (Täfel S. 232).

Das Rauchen

Wie sich die Zeiten geändert haben, möge ein drolliges kleines Zitat aus einem Büchlein über den ,,(luten Ton in allen Lebenslagen“ zeigen, das 1SS5 erschienen. „Der gute Ton erfordert“, hieß es da, „daß in Gegen­ wart von Erauen nicht geraucht wird. Herren, welche rauchen, müssen die Toilette von Kopf bis zu Kuß wechseln, ehe sie Damen nahetreten.“ Inzwischen haben sich besagte Damen selbst zu passionierten Rau­ cherinnen entwickelt, und die „Kettenraucher“ weiblichen Geschlechts sind keine Seltenheit mehr. Ob diese Entwicklung aus gesundheitlichen, kosmetischen oder ästhe­ tischen Gründen gut ist, steht hier nicht zur 1 iebatte. Es sei nur, ehe einige allge­ meingültige Anstandsregcln für das Rauchen gegeben werden, kurz darauf hinge­ wiesen, daß Rauchen als Sucht, wie alle Übertreibun­ gen und Maßlosigkeiten, bei einer Frau noch viel häß­ licher wirkt als bei einem Mann. Das Rauchen auf der Straße gilt in Deutschland für Frauen auch heute noch als unschicklich und gegen die Gesetze des guten Ge­ schmacks verstoßend. End nun die Regeln: • Wenn man auf Besuch ist, raucht man erst, wenn der Gastgeber Zigarren oder Zigaret­ ten anbietet. Tut er das nicht, dann kann Frauen sollen auf der Straße nicht rauchen

234











Geselligkeit in unserer Zeit

man, wenn man schon das Verlangen nach einem Glimmstengel nicht unterdrücken kann, um die Erlaubnis bitten, rauchen zu dürfen. Wälirend des Essens, und wenn auch nur noch eine. Person ißt, darf nicht geraucht werden. Der Ausweg, den Betreffenden zu fragen, ob ihn das Rauchen störe, geht immer auf dessen Kosten - wenn er nicht unhöflich ist, wird er stets beteuern, es mache ihm nichts aus! Bei großen Diners mit längeren Pausen zwischen den einzelnen Gängen hat sich hier und da eingebürgert, zur Überbrückung der Wartezeit eine Zigarette einzuschalten Man raucht nicht, wenn man eine Damo am Arme führt (es sei denn eine nahe­ stehende wie die Ehefrau usw.), wenn man tanzt, wenn man Kranke besucht oder stark erkältete und hustende Personen im Zim­ mer sind. Damen bittet man in einem Zimmer als wohl­ erzogener Mensch um die Erlaubnis, rauchen zu dür­ fen. Vor allem dann, wenn man Tabakspfeife raucht, die ja - ihre Anhänger mö­ gen das verzeihen - im strengen Sinne des Wortes nicht salonfähig ist. Man spricht nicht mit der Man spricht nicht mit der Zigarre oder Zigarette hn Munde Zigarre oder Zigarette im Munde, man nimmt sie beim Grüßen und Begrüßen, beim Emp­ fang und Verabschieden von Gästen aus dem Mund. Wenn nicht, wie es heute oft der Fall ist, ein stillschweigendes Über­ einkommen herrscht, daß jeder seine eigenen Zigaretten raucht, bietet man seinen Bekannten erst Zigaretten an, bevor man selbst raucht. Wer eine Zigarette nimmt, muß sie möglichst sofort rauchen. Es ist nicht wohlerzogen, von besonderen Fällen abgesehen, sie mit der Bemerkung: „Ich rauche sie später“ beiseite zu legen oder in die Tasche zu stecken. Man soll auch eine Zigarette nicht deshalb ab­ lehnen, weil sie der gewohnten Sorto nicht entspricht, sondern nur. weil man vielleicht eben gerade geraucht hat, erkältet ist u. a. m. Beim Feuergeben bedient der Herr die Dame, nicht umgekehrt, und der Jüngere den Alteren. Gibt ein Älterer einem Jüngeren auf dessen Bitte Feuerzeug oder Streichholz, so zündet sich der Jüngere damit selbst seine Zigarette an. Für einen Zigarrenraucher ist es Ehrensache, seine Zigarre immer selbst anzuzünden. Ein kultivierter Zigarrenraucher wird auch das Zigarrenendc nie abbeißen, sondern immer sachgemäß abschneiden. Er gibt übrigens mit seiner Zigarre sehr selten gern „Feuer“, weil er dann den Aschenkopf abstreifen müßte - eine Schwäche, die man achten sollte! Gibt man einem Zigarettenraucher Feuer, so ist darauf zu sehen, daß nur die Flammen spitze an die Zigarette kommt (Tafel S. 233 innen).

Sprache und Gespräche

235

• Nun noch ein paar kleine Sünden, die der wohlerzogene Raucher ver­ meidet: anderen beabsichtigt oder unbeabsichtigt den Rauch ins Gesicht blasen, Asche verstreuen oder mit einer brennenden Zigarette Löcher in Decke oder Holzplatte brennen, Stummel weiterglimmen lassen oder gar achtlos fortwerfen, zum Leidwesen der Mitwelt gräß­ liche „Stinkadores“ rauchen oder mit schlecht gereinigten Zigaretten­ spitzen und Pfeifen pestilenzartigo Düfte verbreiten. Der kultivierte Raucher wird es auch nie zu den unappetitlichen „braunen Fingern“ kommen lassen - Zitronensaft, regelmäßig benutzt, tut hier Wunder.

Sprache und Gespräche Jedes Gespräch, jede Unterhaltung zwischen den Menschen beruht auf dem gesprochenen Wort. Die Sprache stellt also eines der wichtigsten Rindeglieder zwischen den Menschen dar. Dio Art und Weise, wie ein Mensch spricht, ist sehr aufschlußreich für die Beurteilung seiner ge­ samten Persönlichkeit. Das wußte schon Sokrates, als er einmal zu einem ihm eben vorgestellten jungen Mann sagte: „Sprich, damit ich dich sehe!“ Weil die Sprache eine an die Persönlichkeit des einzelnen ge­ bundene Erscheinung ist, gehört sie in einem gewissen Sinn auch zu seinem Benehmen und damit zürn Gebiet des guten Tons.

Soll man sprechen, wie einem der Schnabel gewachsen ist? Jeder Mensch spricht zunächst aus der Umwelt heraus, in die or hinein­ geboren und hineingewachsen ist. Der Norddeutsche spricht anders als der Süddeutsche, ein Bauer anders als ein Studienrat. Auch der Dialekt hat große Reize, wenn er nicht gerade in seiner derbsten und gewöhn­ lichsten Prägung angewendet wird. Soll nun also jeder so sprechen, wie ihm der Schnabel gewachsen ist? Mit bestimmten Einschränkungon, ja. Denn wenn ein Metzgerlehrbub wie ein Privatdozent oder eine Marktfrau wie eine Hochdramatische vom Stadttheater spräche, dann wäre das lächerlich und ebenso abgeschmackt wie der umgekehrte Fall. Es kann und muß sich aber - und nun kommen die Einschränkungen der „Sprechfreiheit“ - jeder Mensch bemühen, auf seine Sprache zu achten, und zu den sogenannten gebildeten Menschen zählt überhaupt nur, wer seine Muttersprache, wenn auch vielleicht mit einer leichten Dialektfärbung, so doch fehlerlos spricht. Das ist allerdings ein weites Feld. Auch unter gebildeten Menschen sind nämlich Sprachsünden sehr häufig und Verstöße gegen die Sprachregeln nicht ungewöhnlich. Man muß einmal Mochtilde Liehnowskys aus heißer Liebe zur deutschen Sprache und aus schmerzlicher Empörung über ihre Mißhandlung geschriebenes Buch „Worte über Wörter“ lesen, um zu sehen, wieviel hier noch im argen liogt und auch von sonst gebildeten Menschen beim Sprechen noch zu lernen oder zu beachten ist. Wie oft wird, um nur einige Beispiele zu nennen, „scheinbar“ und „anscheinend“ verwechselt, „wöchentlich“ und „wöchig“, wie viele Menschen gehen darüber hinweg, daß es zwar heißt „schöner als“, aber „so schön wie" usw.

236

Geselligkeit in unserer Zeit

Oft ist es gar nicht Unkenntnis, die zu solchen Fehlem führt, sondern ausgesprochene Nachlässigkeit. Jene Nachlässigkeit, die auch zum „Nuscheln“ verlockt, zum Verschlucken ganzer Silben, zum häßlichen Telegrammstil beim Sprechen wie zu dem immer wieder gehörten „Nee“ oder „Nich“ und zu dem Rettungsring der Denkfaulen, dem „Dingsda“. Diese Nachlässigkeit steht auf der gleichen Stufe wie die groteske Über­ treibung, die alles immer gleich „furchtbar einfach“, „phantastisch schön“, „wahnsinnig interessant“ oder „entsetzlich höflich“ findet „. . . wehrlos ist euch die Sprache preisgegeben, wie nie ein Volk seinem Despoten, eine Sklavin ihrem Herrn überliefert war“, rief schon vor etwa hundert Jahren der österreichische Dichter Kümberger aus, als er in beweglichen Worten übor die Verwilderung im Garten der Sprache klagte.

lernt man seine Muttersprache beherrschen .* Man lernt es am besten, wenn man die Sprache als etwas Lebendiges auffaßt, das Ehrfurcht und Pflege verdient wie jedes Leben überhaupt. Der bekannte Sprachwissenschaftler Ernst Wasserzieher zitiert einmal die Bemerkung, daß Wörter „Weltbausteine eines Volkes“ seien, an denen die Volksseelo Jahrtausende gemeißelt habe. Er meint in diesem Zusammenhang weiter, die Lebensgeschichte eines Wortes sei oft so anziehend wie die eines Menschen und eröffne Blicke in längst ver­ gangene Zeiten, über die die Geschichte sonst schweigt. Wenn nun auch nicht jeder Mensch willens und in der Lage ist, die Sprache von diesem sehr interessanten forschermäßigen Standpunkt aus zu betrachten, so kann doch jeder seine Muttersprache als einen Schatz erkennen, den zu pflegen er verpflichtet ist. Wie viele Mittel dazu sind doch dem modernen Menschen an die Hand gegeben, wenn er nicht gerade gleichgültig durch die Welt geht: eine Fülle von Büchereien, aus denen er sich die sein Sprachgefühl bildenden Werke guter Schriftsteller entleihen und sich weitgehend dabei beraten lassen kann, Sendungen des Rundfunks, die der Sprachpflege dienen, auch für den schmalen Geldbeutel erschwingliche Sprachführer, Rechtschreibebücher, wie die in der gleichen Reihe des Bertelsmann Verlages erschienene „Deutsche Rechtschreibung“, oder Stilkunden, ferner Vorträge, Theateraufführun­ gen u. a. m. Es fehlt also auf diesem Gebiet wahrlich nicht an Möglich­ keiten, dafür meistens aber an der Selbstkritik und Selbstbeobachtung, die Mängel im Sprachgebrauch aufdeckt, an der Selbstdisziplin, die Nachlässigkeiten oder Saloppheiten in der Umgangssprache bewußt aus­ schaltet und so mit der Zeit hellhörig und feinfühlig werden läßt für die Schönheit der klaren, einfachen Sprache.

JFns ist Allgemeinbildung? Über die Beherrschung der Muttersprache hinaus wird der gebildete Mensch immer danach streben, sich das anzueignen, was man nicht ganz glücklich als „Allgemeinbildung“ bezeichnet, ein bestimmt umrissenes Wissen also auf dem Gebiet der Literatur, der bildenden Kunst und der Musik, der Geschichte, der Erdgeschichte und der Naturgeschichte mit

Und dann die Fremdwörter

237

allen ihren vielen Zweigen. Wie weit und wie tief diese Allgemeinbildung reicht, hängt von vielen Faktoren ab: von der allgemeinen Intelligenz z. B„ von der Ausbildung in der Schule, vom eigenen Streben und Ehr­ geiz. Wie umfangreich oder bescheiden sie aber auch sei, es ist ebenso falsch, mit ihr zu protzen, wie ihre Mängel vertuschen und nicht vor­ handene Bildung vortäuschen zu wollen. Was heißt denn überhaupt Bildung? Bildung besteht nicht darin, daß man überall mitreden zu können glaubt, als geistiger Hans Dampf in allen ( lassen in sämtliche Wissensgebiete hineingerochen hat und nun in der Meinung, in allen Sätteln gerecht zu sein, selbstbewußt Urteile fällt, sich sachverständig gibt und meint, keiner könne einem nun ein X für ein U vormachen. Gerade das ist nicht Bildung, sondern jene entsetz­ liche und arrogant auftretende Halbbildung, die ein Kennzeichen unserer Zeit ist und jeden nach wirklich vertiefter Bildung strebenden Menschen abstößt. Die Zeit der universal Gebildeten, wie Leonardo da Vinci oder Goethe es waren und auch viele nicht auf so einsamer geistiger Höhe stehende Durchschnittsmenschen noch des 19. Jahrhunderts, ist vorbei. Das unendlich geweitete Wissen unserer Zeit kann ein Mensch einfach nicht mehr völlig beherrschen. Er kann aber danach streben, wenigstens ein winziges Teilchen davon nahe, ganz nahe kennenzulernen. Wenn er das wirklich und ehrlich tut und nicht nur überall auf der Oberfläche schwimmt, dann wird er nämlich erst recht sehr bescheiden werden und in Ehrfurcht vor dem Kiesengebiet des Wissens anerkennen, daß er nur den ersten kleinen Schritt getan bat zu dem Zustand, den man „gebildet“ nennt.

Und dann die Fremdwörter Es soll hier nicht der Standpunkt der Radikalisten vertreten werden, die jedes Fremdwort aus der deutschen Sprache ausmerzen wollen und dabei zu so seltsam anmutenden Verdeutschungen greifen wie „Zeitunger“ für Journalist. Das hieße das Kind mit dem Bade ausschütten, denn viele Fremdwörter haben sieh schon längst in der deutschen Sprache Heimat­ recht erworben. Eins aber kann und sollte man machen: den Gebrauch von Fremdwörtern so weit wie mögli ch einschränken und sie durch Ver­ deutschungen ersetzen, soweit diese Verdeutschungen gut und vernünf­ tig sind. Das kann in weitaus mehr Fällen geschehen, als es tatsächlich geschieht. Denn es gehört bestimmt nicht zu den für gebildete Men­ schen geltenden Vorschriften, die Sprache ständig mit Fremdwörtern zu würzen und. wie es z. B. in einem sonst sehr nett geschriebenen klei­ nen Büchlein der Fall ist, etwa folgenden Satz zu bauen: „Grace à Dieu ist das ein Pleonasmus, der sich eo ipso ad absurdum führt.“ Wer aber Fremdwörter gebraucht, sollte auch um ihre Bedeutung und lier Box-, .Champignon"

238

Geselligkeit in unserer Zeit

um ihre Aussprache genau Bescheid wissen und im Zweifelsfall doch lieber zu dem fast immer vorhandenen entsprechenden deutschen Wort greifen. Muß man sich unbedingt mit dem „Individuum“ die Zunge zerbrechen, wenn man dafür schlicht Einzelmensch sagen kann ? Ist es nicht peinlich, einen Preiskämpfer als „Champignon“ statt Champion zu bezeichnen und von der Hausfrau zu erzählen, die so scharmant die „odeurs“ ge­ macht habe? Ja, Fremdwörter sind Glückssache und eine ständige Ge­ fahr, sich lächerlich zu machen, wenn man in ihrem Gebrauch nicht ganz sattelfest ist. (Über Fremdwörter, ihre Bedeutung und Aussprache siehe Seite 242.)

Das Zitat Neben den Fremdwörtern ist es das Zitat, das im Gespräch leicht zur Plage wird. Ein Zitat zündet, wenn es originell und treffsicher ist. Es kann aber auch lächerlich machen, wenn es nicht den Kern einer Gesprächssituation trifft, und es kann langweilen oder auf die Nerven gehen, wenn es auf ein bestimmtes Stichwort hin todsicher und voraus­ schaubar immer wieder in die Unterhaltung geworfen wird. Also Vor­ sicht auch hier - nicht zuletzt Leuten gegenüber, von denen man an­ nehmen kann, daß sie in der Literatur nicht gerade beschlagen sind. Man bringt sie nur in Verlegenheit, wenn sie eingestehen müssen, daß sic den tieferen Sinn eines vielleicht blendenden Wortspiels nicht be­ greifen. Auch Bildungsprotzen sind, wie alle Protzen, taktlos und deshalb unbeliebt.

Kultur des sprachlichen Ausdrucks Zum Schluß noch eins: Es gibt Menschen, und zwar wohlerzogene, ge­ bildete Menschen, denen man eine sprachliche Saloppheit, eine bur­ schikose Redewendung oder auch eine Derbheit durchaus nachsieht, während man sie anderen sehr verübelt - wie reimt sich das zusammen Es entspringt ganz einfach der auf dem Gebiet des guten Tons oft anzu­ treffenden Tatsache, daß sich eben eines nicht für alle schickt, daß man also Unterschiede machen muß, ebenso wie das etwa in bezug auf die Kleidung geschieht, die ja auch der Eigenart jedes Menschen angepaßt werden muß. Nun soll man sich aber, genau wie bei der Wahl der Kleidung oder im sonstigen Benehmen, so auch auf dem Gebiet der Sprache vor dem Trug­ schluß hüten, auf Grund irgendwelcher vermeintlicher Vorzüge oder Besonderheiten zu einer „persönlichen Note" und damit zu den oben­ erwähnten Nachlässigkeiten oder Burschikositäten im Sprachgebrauch berechtigt zu sein. Auch hier sind es nur die wirklich originellen oder überlegenen oder geistvollen Leute, die. eine Art Generalpardon für solche Freiheiten genießen. Bei gewöhnlichen Sterblichen wirken sie meistens fehl am Platze und geschmacklos, und wer möchte sieh gern nachsagen lassen, daß ihm der Sinn für die Kultur des sprachlichen Ausdrucks abgeht und daß er auch als Erwachsener im Sprachschatz der Back­ fische oder der eben den Rüpeljahren entwachsenen jungen Burschen

Die Kunst der Unterhaltung

steckengeblieben ist? Gerade der ältere Mensch muß sich vor solchen Beurteilungen hüten, vor den Schlag- und Modewörtern der Jugend, vor sprachlichen Übertreibungen oder Banalitäten, denn für ihn ist das Maß­ halten auch auf diesem Gebiet wichtig und der beherrschte sprachliche Ausdruck ein Zeichen seiner Reife.

Die Kunst der Unterhaltung Die Kunst, Gespräche zu führen, ist in der Hast unserer Zeit ebenso selten geworden wie die Kunst, Briefe zu schreiben. Wenn Menschen Zusammenkommen, sind ihre Gespräche sehr oft beeinflußt von der Un­ ruhe, der Nervosität und Oberflächlichkeit unserer Tage, und aus diesen Eigenschaften ergeben sich nicht selten Rechthaberei, Besserwisserei und Rauheit, die den Scharm eines Gesprächs von vornherein zerstören. Es soll hier nicht um das sogenannte „Niveau“ eines Gesprächs oder um den Versuch gehen, dieses Niveau um jeden Breis hinaufzuschrauben. Es kann und soll nicht jeder über Philosophie oder Picasso oder Einstein reden, und wir wissen auf der anderen Seite, daß geistreiche Männer und Krauen oft bezaubernd über ganz triviale Dinge geplaudert haben - cs kommt eben auf den Ton eines Gesprächs an, und von diesem Ton, der ja nach einem weisen französischen Wort erst die Musik ausmacht, soll hier die Rede sein (Tafel S. 232 innen). „Bei einem guten Gespräch“, hat einmal die lettische Dichterin Zenta Maurina gesagt, „ist einer der Partner das Instrument, der andere ein virtuoser Spieler, beim schönsten Gespräch aber weiß man nicht, wer der Spieler und wer das Instrument ist,“ In diesem Wort liegt eigentlich das Wesentliche eines Gesprächs beschlossen: die völlige Gleichberechti­ gung der Partner, die es nicht ausschließt, daß einer der Führende ist, die aber Unduldsamkeit, Bevormundung oder rechthaberische Grobheit immöglich macht. Es gibt Menschen, die unbedingt recht behalten oder dem Partner ihre Meinung aufdrängen müssen. Natürlich wird auch der gute Gesprächspartner seine Meinung vertreten und zu überzeugen ver­ suchen. Aber immer wird er die Meinung des Part­ ners achten und auch im Gespräch mit Anstand zu verlieren verstehen. Wer schreit, hat unrecht - wie oft hat sich die Wahrheit dieses Wortes erwiesen, im kleinsten häuslichen Kreis wie in der großen Politik. Unsachliche Heftigkeit tötet jedes Gespräch, Grob­ heit in der Diskussion hat nur Berechtigung, wenn sie sehr witzig ist, und Ironie ist nur so lange gestattet, wie sie nicht verletzt. Wer schreit hat von vornherein unrecht.

240

Geselligkeit in unserer Zeit

Zu einem Gespräch gehört nicht nur das Sprechen, sondern mindestens zur Hälfte auch das Zuhören. Wie wenig Menschen aber können richtig zuhören! Aufmerksam und verständnisvoll, duldsam und liebenswürdig und nicht mit jener kränkenden Gleichgültigkeit, die gespannt auf der Lauer liegt, ob sie dem Partner den Redefaden nicht end­ lich abschneiden könne! Gewiß darf man im Gespräch einmal eine Einwen­ dung machen, man darf auch tempe­ ramentvoll seinen Widerspruch kund­ tun. Wer aber sein Gegenüber gewohnheitsmäßiguntcrbricht,ihm rücksichts­ los ins Wort fällt oder sichtlich gelang­ weilt mit einem taktlosen „Mal was anderes: haben Sie schon gehört . . .“ das Thema wechselt, ist nicht nur ein Dilettant des Gesprächs, sondern auch unerzogen und unhöflich. Genau so unhöflich - andererseits - sind jene gefürchteten Zeitgenossen, die beim Reden kein Ende finden und sich an ihren eigenen Worten berauschen. Ein Gespräch soll ja Gedankenbälle hin und her werfen, damit jeder zu seinem Recht kommt. Es soll nicht wie eine abgespielte Grammophonplatte sein, bei der unzählige Male Gehörtes noch einmal abrollt. Es soll, auch wenn es belehrend ist, beim jeweiligen Zuhörer immer das Gefühl erwecken, daß er eigentlich der Wichtigere dabei ist, ohne den die im Gespräch geäußerten Gedanken tot bleiben. Ein Ge­ spräch braucht nicht nur mit Worten geführt zu werden. Es kann auch eine kleine Geste, ein verständnisvoller Blick oder ein Lächeln sein, das Gedanken mitteilt und damit Kräfte. Ob diese Kräfte gut sind und heilsam, liegt bei uns selbst. Wir sind heute oft so abgehetzt, daß wir einem gehaltvollen Gespräch fast ausweichen, weil es uns -- so meinen wir - zu sehr anstrenge. Das ist falsch. Denn im Gespräch - nicht im Geschwätz - kann eine der seelischen Kraftquellen liegen, die noch unverschüttet und jedem von uns zugänglich sind. Nun noch ein paar „Faustregeln“ für Gespräche: • Stelle dich selbst und deine Sorgen nicht in den Vordergrund, wenn du mit anderen sprichst. Es stört die gesellige Harmonie, und - echtes Mitgefühl ist ja so selten! • Plaudere nicht allzu offenherzig Dinge aus, die du eigentlich bei dir behalten solltest. Goethe sagte einmal: „Sobald man in Gesellschaft, nimmt man vom Herzen den Schlüssel ab und steckt ihn in die Tasche. Die, welche ihn steckenlassen, sind Dummköpfe.“ • Hüte dich vor Klatsch, Tratsch und übler Nachrede wie vor der Sünde! Erzähle Unbewnesenes, gerüchtweise Gehörtes, das anderen Leuten die Ehre abschneidet, nie weiter und sei sparsam im Ver­ urteilen, dafür aber um so großzügiger im Verstehen. • Bewahre Mitteilungen, die man dir im Vertrauen sagt, unter allen Umständen als Geheimnis und ergehe dich nicht in Andeutungen, um die Neugier deiner Partner zu wecken. Menschen, die im Gespräch

Die Kunst der Unterhaltung

241

ariderer Leute „dunkle Pu nkte“oder Schwächen hervorziehen, um diese Leute zu diffamieren oder lächerlich zu machen, sind nicht nur unerzogen, sondern auch schlecht. Suche auch bei einem weniger mi tteilsamen I ’artner zu ergründen, ob er nicht doch irgendein Interesse hat — Schweig­ samkeit ist keineswegs immer ein Zeichen von Dummheit. Drehe deinem Partner beim Gespräch nicht die Rockknöpfcab und lasse seinen Rockaufschlag ungeschoren. Die wirk­ liche Dame hebt es auch nicht, wenn man ihr im Gespräch den Arm tät­ schelt. Übe die große Kunst des Nichts langweilt eine Gesellschaft mehr als das Vor­ tragen eigener schlechter Gedichte Ablenkens, wenn jemand im Gespräch so oder so „ausrutscht“ oder die leidige politische Lei­ denschaft allzusehr zu entfesseln droht. Der ritterliche Mann wird vor allem in Gegenwart von Damen immer versuchen, durch schnellen Wechsel des Themas einen über die Stränge geschlagenen „Witzbold“ in die Schranke zu weisen. Sei barmherzig, wenn du die Absicht hast, in Gesellschaft zur Be­ lebung der Unterhaltung etwas vorzutragen! Streiche von deinem Programm und von deinem künstlerischen Selbstgefühl auf alle Fälle zunächst mindestens die Hälfte ab - vielleicht wird’s dann erträglich ! Was zählte doch schon vor etwa 1000 Jahren das japanische Edel­ fräulein Sei Shonagon in ihrem berühmten „Kopfkissenbuch“ unter der Rubrik „Unerfreuliches“ auf? „Einen Mann, der eigene Gedichte vorträgt, die alles andere als gut sind, und noch damit prunkt, daß andere sie gelobt haben. Unausstehlich!“ Ein Wort noch an die Gastgeber: Nicht jeder Gast liebt Beethoven oder Gershwin, nicht jeder interessiert sich für Paul Klee oder für Bienenzucht. Also Vorsicht mit Klavier, Radio, Schallplatten wie mit dem Vorführen der eigenen Steckenpferde. Wir wollen ja den Gast nicht langweilen, sondern unterhalten, und nehmen daher mehr auf seinen als auf unseren Geschmack Rücksicht. Tischreden siehe Seite 193.

16 Guter Ton

242

Geselligkeit in unserer Zeit

K enn schon Fremdwörter, dann richtig Es kann jedem geschehen, daß er in eine Unterhaltung gerät, in der die Gesprächspartner Fremdwörter gebrauchen, deren Bedeutung inan ohne fremdsprachliche Kenntnisse nicht kennen kann. Die folgende Auf­ zählung der gängigsten Fremdwörter soll für solche Fälle eine kleine Hilfsstellung gehen: Abonnement (abonnemä) - Vorausbestellung, Vorausbezahlung abrupt - abgebrochen, zusammenhanglos absent - abwesend in absentia - in Abwesenheit absorbieren - auf-, einsaugen, gänzlich in Anspruch nehmen abstinent - enthaltsam abstrakt - unwirklich, nur gedacht absurd - ungereimt, widersinnig accelerando (atschelergndo) - beschleunigt, Musiktempo ad absurdum führen - schlagend widerlegen ad acta - zu den Akten adagio (adgdseko) - sanft, langsam, Musiktempo adäquat - angemessen, entsprechend ad infinitum - bis ins Grenzenlose, ohne Ende Adlatus - Helfer, Beistand ad libitum - nach Belieben ad notam - zur Kenntnis nehmen ad oculos demonstrare - vor Augen führen, klar darlegen Affekt - starke Gemütsbewegung. Leidenschaft affektiert -- geziert Affront (affrö) - Schimpf, Beleidigung •l fonds perdu (afü perdu) - auf Verlustkonto aggressiv - angreifend, angriffslustig Agonie - Todeskampf Agrément (agremg) erteilen -Zustimmung zur Entsendung von Diplomaten Akklamation - Zuruf akklimatisieren - eingewöhnen akkreditieren - beglaubigen akkurat - genau, pünktlich Akribie - höchste Genauigkeit, Sorgfalt akut - brennend ä la carte (ala kart) - nach der Karte (beim Essen) Ale fehl) - helles englisches Bier Alibi - Beweis, Nachweis, daß man zu einer bestimmten Zeit „anderswo“ war allons (allö) - laßt uns gehen, vorwärts all right (olrgjt) - richtig, in Ordnung allround (olrgynd) - allumfassend Allüren - Auftreten, Benehmen Alma Mater - nährende Mutter, Bezeichnung für Universität Almanach - Jahrbuch Alpha und Omega - griechische Buchstaben, im Sprachgebrauch das A und O, Anfang und Ende

Wenn schon Fremdwörter, dann richtig Alteration - Erregung Alter ego - das andere, zweite Ich Altruismus - Gegensatz zu Egoismus, also Menschenfreundlichkeit, Uneigennützigkeit Amateur (amatör) — Liebhaber (Kunst oder Sport usw.) Ambassadeur (ambassadör) — Gesandter Amokläufer - blindwütig Mordender Amortisation - allmähliche Abtragung, Tilgung Anachronismus - Zeitwidrigkeit analog - ähnlich, entsprechend Analyse - Zerlegung, Zergliederung Anämie - Blutarmut andante - ziemlich langsam (Musiktempo) animalisch — tierisch animieren - anregen Annalen - Jahrbücher annektieren - aneignen (gewaltsam) Annex - Anhängsel Anno — im Jahre annullieren - für ungültig, nichtig erklären anonym — namenlos, ungenannt anomal (jetzt auch anormal) - fälschlich, normwidrig Antagonismus - Widerstreit, Gegensatz antik - altertümlich, ins Altertum gehörend Antipathie - Abneigung Antipode - Gegenfüßler, auch Gegner apathisch - teilnahmslos Aphorismen - Gedankensplitter Appartement (apartmg) - Wohnzimmer Appendix - Anhängsel a priori - von vornherein, aus Vernunftgründen ä propos (apropp) - nebenbei bemerkt Äquivalent - Gegenwert Archäologie - Altertumskunde Argument - Beweismittel arrogant - anmaßend asozial - außerhalb der Gesellschaft stehend Asymmetrie - Ungleichmäßigkeit a tempo - zur rechten Zeit, sofort Atheist - Gottesleugner at hörne - zu Hause atonal - an keine Tonart gebunden ä tout prix (a tu pri) - um jeden Preis Attraktion - Zugstück, Schlager Attrappe - Nachbildung Augur - Wahrsager Aula - Vorhof, Festsaal au pair (o pär) - Leistung gegen Leistung, ohne Bezahlung autark - sich selbst genügend, wirtschaftlich unabhängig authentisch - echt, glaubwürdig, zuverlässig 16*

244

Geselligkeit in unserer Zeit

Autobiographie - Beschreibung des eigenen Lebens Autodidakt - Selbstlerner, ein sich ohne schulmäßigen Unterricht richtig Bildender autogen - selbsttätig Autokrat - Selbstherrscher autonom - selbständig autorisieren - ermächtigen avanti - vorwärts Bagatelle - unbedeutende Kleinigkeit Baisse (bäß) — Sinken der Börsenwerte banal - fade, alltäglich Banause - kleinlich Denkender Beau (bo) - schöner Mann, Stutzer Beefsteak (bifstehk) - Rindslendenstück beige (bäseh) - sandfarben, gelbgrau Beignet (bänje) - gefülltes Blätterteigstück Belkanto - schöner Gesang, Kunstgesang Belletristik - schöne Literatur Bellevue, Belvedere — schöne Aussicht (Aussichtspunkt) Benefiz - Wohltat, Vorstellung zugunsten eines Künstlers Berceuse (berßös) - Wiegenlied Bibliographie - Bücherbeschreibung Biennale - zweijährliche Veranstaltung Bigamie - Doppelehe bigott - frömmelnd, scheinheilig Bijou (bisehu) - Schmuckstück bikonkav - beiderseits hohlgeschliffen bikonvex - beiderseits gewölbt geschliffen Billetdoux (bijedu) - Liebesbrief Biograph - Verfasser einer Lebensgeschichte Biologie - Lehre vom Leben Blamage (blamqsehe) - Bloßstellung Blasphemie - Gotteslästerung Bluff (blaf) - Täuschung Bodega - spanische Weinschenke Bonmot (bömq) - Witzwort, witziger Einfall Bonvivant (böwiwS) - Lebemann Breakfast (brekfest) — engl. Frühstück Bredouille (breduj) - Verlegenheit, Bedrängnis Budget (büdsehe) - Voranschlag Bulletin (bülleta) - amtliche Bekanntmachung, Tagesbericht Bungalow - einzelstehendes leichtes Haus burlesk - possenhaft Business (bisniß) - Geschäft, Beschäftigung, Angelegenheit Cachenez (kaschene) — Halstuch, eigentlich Nasenschützer Cancan (käkä) - wilder Tanz easus belli - Kriegsfall, Grund zum Kriege Causerie (koseri) - Plauderei

Wenn schon Fremdwörter, dann richtig

245

Chalet (schale) - Landhaus, Schweizerhäuschen Chambre séparée (schâbrßepare) - abgesonderter Raum Chance (schäß) - Glücksfall, Aussicht Chanson (schäßö) - leichtes Liedehen Chapeau claque (schapoklgk) - Klapphut, Zylinder Charge (scharsche) — Dienstgrad Chaudeau (schodo) — warme Weinsoße [begeisteruug Chauvinismus (schowinismus) - einseitig übertriebene Vaterlandscherchez la femme (schersche la fam) - suche die Frau! chevaleresk (schewalresk) - ritterlich Chianti (kignti) — italienischer Rotwein Chimäre - Trugbild, Hirngespinst Chippendale (tschippendel) - englischer Möbclstil Chiromantie - Wahrsagen nach Handlinien Chose (schose) - Ding, Angelegenheit Chronique scandaleuse (kronik ßkädalös) - Lästerei, Skandalgeschichten Cidre - Apfelwein Cliquenwirtschaft (kliken-) - Kastenwesen Claqueur (klakör) — bezahlter Beifallsklatscher Clearing (kliring) - Verrechnungsverfahren Clou (klu) — Glanzpunkt Clown (klaun) — Spaßmacher Cocktail (kgktel) - Mischgetränk, eigentlich Hahnenschwanz Coiffeur (koaför) - Haarkünstler, Friseur comme il faut (komilfo) — musterhaft, wie’s sein muß common Sense (kgmmenßenß) - gesunder Menschenverstand Commonwealth (kommenuelth) - englisches Weltreich Communiqué - Mitteilung einer Regierung con brio - lebhaft, feurig (Musiktempo) concerto grosso (kontscherto) - Orchesterstück mit Soloeinlagen Contenance (kötenäß) — Fassung, Haltung Copyright (kgpirait) - ainerik. Verlags- oder Urheberrecht coram publico - vor aller Welt, öffentlich Corrida - spanischer Stierkampf Corpus delicti - Beweisstück corriger la fortune (korisehe lafortün) -das Glück korrigieren, falsch spielen Couleur (kulör) - Farbe, bes. einer Student. Verbindung Coup (ku) — Schlag, Hieb, Überraschungserfolg couragiert (kurasehirt) - beherzt Courtoisie (kurtoasi) - Artigkeit, Höflichkeit Cowboy (kgyhoi) - amerik. Rinderhirt Crack (kräk) - Sportgröße crescendo (kreschendo) - anschwellend (Musiktempo) Crew (kru) - Jahrgang einer Schiffsbesatzung Cul de Paris (kiil dö pari) - Gesäßpolster (frühere Damenmode) c. t., cum tempore - Bezeichnung für akademisches Viertel = eine Viertel­ stunde später cum grano salis - mit einem Körnchen Salz, richtig verstanden cum laude - mit Lob (Note der Doktorprüfung) cura posterior - spätere Sorge

240

Geselligkeit in unserer Zeit

Da capo - von vorn, noch einmal Dandy (dändi) - Stutzer, Geck Debakel - Zusammenbruch Debüt (debü) - erstes Auftreten dedizieren - widmen de facto - tatsächlich Defaitismus (defätismus) - Flaumacherei Defekt - Schaden, Felder definieren - begrifflich bestimmen, klarmachen, festlegen definitiv - endgültig Deflation - Verminderung des Geldumlaufs Defraudant - Betrüger degeneriert - entartet degradieren - im Rang herabsotzon Dejeuner (deseköne) — Frühstück do jure - von Rechts wegen dekadent - verfallen Dekorum - Wohlanständigkeit Dekret - Beschluß, Verordnung delektieren - sich ergötzen, gütlich tun Delikt - Vergehen, Straftat Delinquent - Verbrecher, Angeklagter Delirium - Rauschzustand Demimondo (demimöd) - Halbwelt deplaciert - nicht am Platz, dernier cri (derniekri) - letzter Schrei (der Mode) desavouieren - ableugnen Detail (detgj) - Einzelheit Deus ex machina - Gott aus der (Theater ) Maschine, Bezeichnung für eine plötzliche Lösung Dilemma - Klemme, Zwangslage distinguiert - ausgezeichnet, vornehm dolce far idente (doltsche-) - süßes Nichtstun dos ä dos (dosadg) - Rücken an Rücken, leichter Wagen Doyen (doajg) - Rangältester (im Diplomatischen Korps) Duplizität - Doppelheit, doppeltes Vorkommen Echauffieren (eschofiren) - erhitzen, heiß werden effektiv - tatsächlich, wirklich eh bien (ehbiä) - nun gut Eklat (eklg) - Glanz, Ansehen, auch Krach Eldorado - das (el) Goldland (dorado), also entweder Eldorado oder das I Jorado Eloge (elgsch) - Lob eminent - hervorragend, außerordentlich en avant (äawg) - vorwärts en bloc (äblok) - im Ganzen, in Bausch und Bogen en deux (ädö) - zu zweit en face (äfahß) - von vorn, in Vorderansicht en famille (äfamij) - in der Familie, unter uns

Wenn schon Fremdwörter, dann richtig

247

enfant terrible (äfäterribl) - schreckliches Kind, Kind, das in Verlegen­ heit bringt en gros (ä gro) - im großen en miniature (äminjatür) - im kleinen en passant (äpaßg) - im Vorbeigehen, beiläufig en profil (ä profil) - im Profil, von der Seite gesehen en tout cas (iîtiikq) - auf jeden Fall entre nous (ät'r nuh) - unter uns entrieren - beginnen, einleiten en vogue (ä wog) - beliebt, z. B. in der Modo eo ipso - von selbst Epigone - Nachkomme, Nachahmer epochal - Aufsehen erregend, für einen Zeitabschnitt geltend Eskapade - Seitensprung Essai (-ay) (essei) - Versuch, Abhandlung eventuell - möglichenfalls, womöglich, vielleicht exaltiert - überspannt exklusiv - abgeschlossen, unnahbar Exkursion - Streifzug, wissenschaftlicher Ausflug Exlibris - Buchzeichen exponiert - freiliegend, gefährdet exquisit - ausgesucht, erlesen ex tempore - aus dem Stegreif Exterieur (eksteriör) - äußere Erscheinung extravagant - ausschweifend, überspannt extrem -- äußerst exzellent - ausgezeichnet, hervorragend

Fading (fehding) - Störung beim Rundfunkempfang, Schwund Faible (fäbl) - Schwäche fair, fair play (färpleh) - ehrlich, ehrliches, anständiges Spiel fait accompli (fätakrjpli) - vollendete Tatsache Faksimile - „machähnlich“, also getreue Nachahmung faktisch - tatsächlich Fama - Gerücht Fan (fän) - Narr, z. B. Jazzfan fasziniert - entzückt Fauxpas (fopqh) - gesellschaftlicher Verstoß, Fehltritt Fiktion - Erdichtung. Annahme Filou (filu) - Spitzbube. Schelm Finale - Schlußstück, Schlußsatz Fin de siècle (fadösiäkl) Jahrhundertende finish (lat. finis) (finisch) - Ende florieren - blühen, gedeihen Floskel - Redensart Fluidum - ..Flüssigkeit“, Ausströmen, auch geistiger Wirkung forcieren (forßiren) - erzwingen forte, fortissimo - stark, sehr stark oder laut foul (faul) - beim Sport regelwidrig, Verstoß Fragment - Bruchstück

248

Geselligkeit in unserer Zeit

frappant - auffallend, treffend, befremdend frenetisch - rasend, unsinnig Fresko - auf frische Kalkfläche gemaltes Bild frugal - mäßig, einfach full dress - große Toilette fulminant - blitzend, flammend fundamental - grundsätzlich Furore machen - Aufsehen erregen

Genant (sekenqnt) - peinlich, belästigend, unangenehm generös (sehnerös) - edelmütig, freigebig, großzügig Gentleman (dschentimen) - Edelmann, Mann von vornehmer Gesinnung gerieren - sich aufführen global - auf die gesamte Erdoberfläche bezüglich Glosse - erklärende Randbemerkung Gourmand (gurmtf) - Leckermaul, Vielfraß Gourmet (gurme) - Feinschmecker, Weinkenner Goüt, auch Gusto - Geschmack grassieren - ausbreiten (Seuchen usw.) Gremium - Gemeinschaft, Körperschaft grotesk - verzerrt, überspannt, wunderlich Guerilla (gerilja) - Kleinkrieg gut situiert - wohlhabend Handicap (händikäp) - Wettrennen mit Vorgabe Halluzination - Sinnestäuschung Harakiri - Freitod in Japan durch Bauchaufschneiden Hasard - Glücksspiel Hausse (hoße) - Steigen der Preise Haute couture (pt kotür) - die große Mode Hautevolee (otwole) - die vornehme Gesellschaft Hautgout (ogu) - Wildgeschmack (Edelfäule) hektisch - schwindsüchtig hermetisch - lüft- und wasserdicht (abgeschlossen) homogen - gleichartig honett, honorig - ehrenhaft, anständig Honneurs machen (onnörs-) - Gäste willkommen heißen honoris causa (h. c.) - ehrenhalber (Doktortitel) horrend - sehr, schrecklich horribel - grausig horror - Schauder Hors d’oeuvre (ordöwr) — Vorspeise Humbug - Aufschneiden Hybris - Überheblichkeit

Identifizieren - gleichsetzen, Persönlichkeit feststcllen identisch - völlig gleich ignorieren - nicht wissen wollen Ignorant - Nichtwisser, Dummkopf illegal - ungesetzlich, unrechtmäßig illoyal (iloajal) - gesetzwidrig

Wenn schon Fremdwörter, dann richtig Illusion - Einbildung illuster — vornehm, glänzend, berühmt imaginär - durch die Einbildungskraft vorhanden imitieren - nachahmen immens(urabel) - unermeßlich immun - unempfänglich impertinent - ungehörig, flegelhaft, frech Imponderabilien - Unwägbares imponieren - Eindruck machen, Achtung einflößen impossibel - unmöglich Impression - Eindruck Improvisation - Stegreifdichtung oder -rede indiskret - nicht verschwiegen indiskutabel - nicht zu erörtern indisponiert - unpäßlich individuell - dem Einzelmenschen eigentümlich Indiz - Verdachtsgrund indolent - gleichgültig, träge in dubio - im Zweifelsfall in dulci jubilo - herrlich und in Freuden infizieren - anstecken in flagranti - auf frischer Tat inkonsequent - nicht bei einem Entschluß bleibend inkommodieren - belästigen in medias res - mitten in die Dinge hinein in memoriam - zum Gedächtnis in natura - leibhaftig, nackt inopportun — ungelegen in persona - persönlich, selbst in petto - in Bereitschaft insolvent - zahlungsunfähig in spe - in der Hoffnung, zukünftig inspirieren - eingeben, begeistern in statu quo - im gegenwärtigen Zustand intervenieren - dazwischentreten, vermitteln Interview (interwju) — Unterredung, Befragung intrigieren - Ränke schmieden irreal — unwirklich Jargon - Gaunersprache, Kauderwelsch Jeunesse doree (seköneß dore) — goldene Jugend jovial — heiter, fröhlich

Kajolieren - liebkosen, schmeicheln Kalamität - Verlegenheit, Unglück Kampanile - Glockenturm Kapazität - Aufnahmefähigkeit, hervorragender Fachmann Kapriole - Luftsprung kaprizieren - eigensinnig auf etwas bestehen Karambolage - Treffer beim Billard. Zusammenstoß, Streit Karenz - Wartezeit

249

250

Geselligkeit in unserer Zeit

kategorisch - unbedingt gültig Kleptomanie - krankhafter Trieb zum Stehlen knock out (nokaut) - Niederschlag beim Boxen Kollaps - plötzlicher Kräfteverfall Kombination - Berechnung, vergleichende Zusammenstellung Kommentar - Erläuterung kompensieren - ausgleichen, aufrechnen kompetent - befugt Kompromiß - Übereinkunft kompromittieren - bloßstellen konfrontieren - gegenüberstellen Konglomerat - Gemenge, Geballtes konkret - faßbar Konnex - Zusammenhang konsequent - folgerichtig, beharrlich konspirieren - sich verschwören konvertieren - passend, annehmbar Konversation - Unterhaltung konzedieren - zugestehen konziliant - versöhnlich korpulent - beleibt korrumpiert - verdorben kosmisch - auf das Weltall bezüglich Kretin (kreta) - Blödsinniger Kriterium - Prüfstein kulant - gewandt, gefällig kulinarisch - auf die feine Küche bezüglich, z. B. kulinarische Genüsse Kulminationspunkt - Höhepunkt Kuratel - Vormundschaft, Pflegschaft

Labil - schwankend, unsicher laborieren - sich abmühen, leiden an lapidar - „in Stein gehauen“, kurz, bündig Lapsus - Fehler, Versehen last not least (last not lihst) - als Letztes, aber nicht als Geringstes lasziv - schlüpfrig latent - verborgen lavieren - geschickt steuern legal - gesetzlich leger (lesekär) - ungezwungen legitim - gesetzlich, gesetzmäßig legitimieren - ausweisen lento - langsam Lethargie - Teilnahme-, Interesselosigkeit Liaison (liäsd) - Liebschaft Lunch (lansch) - Gabelfrühstück, Imbiß

Madame (Mme) (madam) - franz. Frau Mademoiselle (Mlle) (mad'moasel) - franz. Fräulein Made in Germany (mehd in dwkömeni) - in Deutschland gefertigt

Wenn schon Fremdwörter, dann richtig

Maestro (maästro) - Meister Malice (maliß) - Bosheit maliziös - boshaft, hämisch Mandant - Auftraggeber Mandat - Auftrag Manie - Sucht Manier - Art und Weise manieriert - gekünstelt manipulieren - handhaben manisch - irrsinnig, besessen manuell - mit der Hand Manuskript - Urschrift, Handschrift Maquis (maki) - franz. Widerstandsbewegung Maquisard (makisgr) - franz. Widerstandskämpfer Mariage (marigseh) - Heirat, Ehe markant - bezeichnend, auffallend Marotte - Schrulle, Laune Maskotte - glücksbringender Talisman massiv - schwer, voll, nicht hohl Matador - Hauptkämpfer im Stierkampf Match (matsch) - Wettkampf Maturum - Reifeprüfung Maximum - Höchststand Mäzen - Förderer der Kunst mea culpa - (durch) meine Schuld Medisance (medißgß) - Verleumdung meditieren - nachdenken Medium - Mittler im Verkehr mit der Geisterwolt Meeting (miting) - Treffen, Versammlung Megaphon - Sprachrohr Megäre - böses Weib melancholisch - schwermütig Melange (meläseh) - Mischung, Wiener Milchkaffee memento mori - gedenke des Todes! Memoiren (memogren) - Denkwürdigkeiten Memorandum - Denkschrift Mensa - studentischer Mittagstisch merci (merßi) - franz.: danke! Meriten - Verdienste Mesalliance (mesaligß) - Mißheirat Mestize - Mischling aus Weißen und Indianern Messieurs (MM) (mäßjöh) - franz. Meine Herren Metamorphose - Verwandlung Metier (metif) - Handwerk, Beruf Milieu (miliö) - Umgebung, Umwelt minimal - sehr klein minuziös - kleinlich, peinlich genau Mirakel - Wunder Misanthrop - Menschenfeind

261

252

Geselligkeit in unserer Zeit

Miss - engl. Fräulein Anredeform nur in Verbindung mit Mister (Mr.) - engl. Herr dem Namen Mistress (Mrs). - engl. Frau Mixed Pickles (mixtpikls) - Essiggemüse mokieren - sich aufhalten über molestieren - belästigen monieren - rügen Monolog - Selbstgespräch monoton - eintönig, langweilig Monsieur (M) (mößiö) - franz. Mein Herr! monströs - unförmig, mißgestaltet Monsignore (Msgr.) (monßinjore) - Prälatentitel Moratorium - Fristgewährung morbid - krankhaft, zart, weich morganatisch - zur linken Hand getraut moussieren - schäumen, aufbrausen Mulatte - Mischling aus Weißen und Schwarzen Mylady (miledi) - Anrede an eine zur Führung des Titels Lady berechtigte Mylord - Anrede an einen Lord. Bischof usw. [Engländerin mysteriös - geheimnisvoll, rätselhaft mystisch - geheimnisvoll, dunkel Naiv - natürlich, unbefangen negieren - verneinen Neglige (neglisuhe) - Hauskleid, Morgenrock Nekrolog - Nachruf Nimbus - Ruhmesglanz Niveau (niwo) - waagerechter Stand, Rangstufe nivellieren - gleichmachen, ebnen Noblesse oblige (nohleß obliseh) - Adel verpflichtet nolens volens - wohl oder übel nomen est omen — der Name ist Vorbedeutung nonchalant (ndschalä) - nachlässig, formlos Nuance (nüqße) - Abstufung, Abtönung

Obduktion - Leichenöffnung objektiv - sachlich obligat - unerläßlich, erforderlich Obolus - Scherflein, kleiner Beitrag obskur - dunkel, unbekannt obstinat - widerspenstig Odeur (odör) - Duft okkult - verborgen, geheim okkupieren - besetzen Okzident - Westen, Gegensatz zu Orient ominös - von schlimmer Vorbedeutung on dit (Odi) - man sagt opponieren - sich widersetzen opportun - passend, nützlich opulent - reich, üppig Outsider (ajttßaider) - Außenseiter

Wenn schon Fremdwörter, dann richtig

Palaver - endloses Gerede Pamphlet - Schmähschrift paradox - widersinnig, sonderbar Parasit - Schmarotzer Pardon (pardfi) - Verzeihung par excellence (parekßelgs) - vor allem par exemple (parekßgpl) - zum Beispiel par force (parfgrß) - mit Gewalt partout (partu) - überall Parvenü (parwenü) - Emporkömmling Passepartout (paßpartu) - Freipaß, Dauerkarte, Papprahmen pasteurisieren - keimfrei machen pastoral - feierlich, würdig, auch ländlich-friedlich pathetisch - ausdrucksvoll Patience (paßigß) - Geduldspiel mit Karten Patina - Edelrost Pedant - Kleinigkeitskrämer Pediküre - Fußpflege Peer (pir) - Mitglied des höchsten englischen Adels pekuniär - die Geldlage betreffend Penaten - römische Hausgötter, auch häuslicher Herd penetrant - durchdringend penibel - peinlich, genau Pendant (pädg) - Gegenstück perdu (perdi' - verloren perfide - treulos, hinterlistig permanent - dauernd, ständig per pedes - zu Fuß perplex - verblüfft, bestürzt per saldo - zum Ausgleich persona grata - in Gunst stehender Mensch pervers - widernatürlich Phalanx - bildlich: Mauer Phänomen - Erscheinung, seltenes Ereignis Phantom - Trugbild Phase - Abschnitt einer Entwicklung Phon - Einheit der Lautstärke Phrase - leere Redensart pittoresk - malerisch plausibel - einleuchtend Pointe (pogte) - Höhepunkt einer Erzählung, eines Witzes Polemik - wissenschaftlicher oder literarischer Streit pompös - prunkhaft populär - volkstümlich Pose - Haltung Poseur (posör) - Wichtigtuer prägnant - bedeutungsvoll Präzedenzfall - Beispielsfall präzise - genau, pünktlich prekär - mißlich, unsicher

253

254

Geselligkeit in unserer Zeit

primitiv - einfach, dürftig, ursprünglich prinzipiell - grundsätzlich Privileg - Vorrecht, Sonderrecht pro domo - in eigener Sache profan - weltlich, alltäglich pro forma - zum Schein Prognose - Vorhersage prominent - hervorragend, bedeutend prononciert (pronößirt) - scharf betont

Quasi - gewissermaßen, gleichsam Querulant - Nörgler qui vive (ki wiw) auf dem . .. sein - auf der Hut sein Quodlibet - Durcheinander Rackett (räkit) - Tennisschläger Rage frgaehe) - Wut, Eile Raison (räsfl) - Vernunft Ranküne - heimliche Feindschaft, Rachsucht rational - vernunftgemäß rationalisieren - vereinheitlichen rationieren - einteilen, zumessen reagieren - auf etwas eingehen real - wirklich reduzieren - einschränken, herabsetzen referieren - berichten, vortragen rehabilitieren - seinen Ruf wiedorherstellen Renegat - Abtrünniger •renitent - widerspenstig renommieren - prahlen, aufschneiden Repressalie - Druckmittel, Vergeltungsmaßnahme Reputation - Ansehen, guter Ruf Ressentiment (reßätimß) - heimlicher Groll, Gegenstimmung Resumé (resümf) - Zusammenfassung Rhetorik - Redekunst rigoros - unerbittlich, streng Run (ran) - panikartiger Ansturm (Börse, Banken)

Safe (ßäf) - Geldschrank, Bankschließfach salopp - unsauber, nachlässig Salär - Gehalt sanieren - gesund machen, aufbessem sarkastisch - spöttisch, höhnisch Satellit - Abhängiger, Helfershelfer Satire - Spottschrift, Spottgedioht Satisfaktion- Genugtuung saturieren - sättigen, zufriedenstellen Séance (ßeßß) - spiritistische Geheimsitzung Selfmademan (ßflfmehdmtn) - aus eigener Kraft etwas Gewordener senil - greisenhaft

Wenn schon Fremdwörter, dann richtig

Senor (ßenjor) - spanisch Herr Sermon - Rede, auch Strafpredigt servil - unterwürfig, kriechend seriös - ernsthaft Sex-Appeal (ßekßepihl) - starke unbewußte Anziehungskraft auf das andere ( leschlocht shake band (schehk händ) - Händedruck shoking (schgking) - anstößig, peinlich Siesta - Mittagsruhe Signor, Signorina - ital. Herr. Frau, Fräulein Silentium - Ruhe, Schweigen Simili - nachgemachte Edelsteine Simulant - (Krankheits-)Heuchler simultan - gemeinsam, z. B. Religionsunterricht in Schulen Sinekure - gut bezahltes Amt ohne Arbeit s. t. (sine tempore) - ohne akademisches Viertel, also pünktlich Sir (ßär) - allgemeine englische Anrede ohne Namen, gleich Herr, Sir vor Vornamen englischer Adelstitel Sire (ßir) - in der Anrede: Majestät situiert - gestellt (gut oder schlecht) skeptisch - mißtrauisch Skrupel - Zweifel, Bedenken Slang (ßläng) - Volkssprache smart - gewandt, gerieben, schneidig Snob - vornehm tuender Mensch, (leck soigniert (ßoanjirt) - gepflegt Soiree (ßoareh) — Abendgesellschaft solenn - festlich Souper (ßupe) - Abendessen Souvenir (ßuwenjr) - Andenken Spleen (ßplihn) - Schrulle spontan - von selbst, aus eignem Trieb stagnieren - stocken, Stillstehen staute pede - sofort, stehenden Fußes Steward (ßtjuerd), Stewardeß - Bedienungspersonal auf Schiffen und im Flugzeug Strapazen - große Anstrengungen Struktur - Gefüge, Aufbau sukzessiv - allmählich, nach und mich Surrogat - Ersatz Symbol - Sinnbild Symptom - Anzeichen, Kennzeichen Synthese - Zusammenfügung, Aufbau synchron - gleichzeitig

Table d’hote (tabldpt) - gemeinsame Gasthaustafel tabu - verboten, unantastbar tabula rasa machen - rücksichtlos reinen Tisch machen Team (tihm) — Mannschaft tête-à-tête (tähtatät) - vertrauliches Beisammensein

256

Geselligkeit in unserer Zeit

Thé dansant (tedäßd) - Tanztee Tirade - Worterguß tolerant - duldsam traktieren - behandeln Trance (träß) - Entrückung, Dämmerschlaf transparent - durchscheinend, durchsichtig transpirieren - schwitzen transzendent - übersinnlich Triptyk - Grenzübertrittsschein für Kraftfahrzeuge trist - traurig

Up to date (aptudeht) - zeitgemäß, auf der Hölle Usance (üsgß) - Brauch Utopie - Hirngespinst, Wunschbild Utopia oder Utopien - Nirgendland, Wunschland

Va banque (wabank) - Ausdruck beim Roulettespiel vage - unbestimmt vakant - unbesetzt, leer van (fan) - holländische Herkunftsbezeichnung, nicht Adelsprädikat variieren - verändern Vaudeville (wodew/l) - französisches Volkslied vehement - heftig Vicomte, Vicomtesse (wiköt) - französischer Adelstitel vis-à-vis (wisawi) - gegenüber Visage (wisasehe) - Gesicht Viscount (wqjkaunt) - engl. Adelstitel vital - kräftig, lebendig vif - lebhaft voilà (woala) - siehe da! vulgär - gewöhnlich Zelebrieren - feierlich begehen Zelot - Glaubensciferer Zeremonie (zeremoni oder Zeremonie) - feierliche Handlung Zitat - bekannter Ausspruch, wörtlich angefühlte Belegstelle

Aufbruch der G fiste Der höfliche Gastgeber wird bei seinen Gästen nie das Gefühl auf­ kommen lassen, daß er ihrer müde ist. Das erfordert manchmal sehr viel Selbstdisziplin und Geduld, gehört aber unbedingt zu der Höflichkeit, die man dem Gast schuldet. aufgestanden ist. Wenn nur einige Der höfliche Gastgeber wird auch Gäste aufbrechen, die übrigen aber dann, wenn der Gast vom Ver­ abschieden spricht, nicht eher auf­ bleiben, werden sie nach der Ver­ abschiedung von Hausfrau oder stehen, als bis der Gast sieh erhebt. Er wird aber auch nicht sitzen­ Hausherr zur Garderobe geleitet. Alleinstehende Gastgeber entbleiben, nachdem der Gast schon

Aufbruch der Gäste schuldigen sich bei den noch blei­ benden Gästen und bringen die scheidenden zur Garderobe. Wer sich unbemerkt verabschieden will - man nennt das auch „pol­

nisch“ oder „französisch“ gibt den Gastgebern davon schon bei der Begrüßung oder später zu einer passenden Gelegenheit Kenntnis und entschuldigt sich höflich dafür. 1 )er gewandte < »astgeber wird zu dem bestimmten Zeitpunkt seinen Gast unauffällig zur Tür begleiten und, falls die Gäste später nach dem vorzeitig Gegangenen fragen, etwa sagen: „Herr Z. mußte leider schon fort, wollte Sie aber nicht stören“ oder ähnliches. Beim Anziehen hilft der Hausherr den weiblichen und männlichen Gästen in den Mantel, die Haus­ frau darf nur den Damen, nicht aber den Herren helfen. Die Gäste werden sich nun für die Ein­ ladung bedanken, worauf auch die Gastgeber mit einigen freundlichen Worten ihrer Freude über den Be­ such Ausdruck geben. Das Trinkgeld. Ist eine Angestellte im Haus, die beim Abschied der Gäste schon zu Bett gegangen ist, so nimmt die Hausfrau das dem Mädchen zugedachte Trinkgeld nicht etwa selbst in Empfang, son­ dern die Gäste logen es auf das Garderobentischchen oder auf den Küchentisch. Die Höhe des Trinkgeldes richtet sich nach der Art der Einladung. Bei einer .Mittagessen- oder Abendbrotein-

Trinkßdder gibt man dem Mädchen nicht selbst, sondern legt sie auf das Garderobe­ tischchen

ladiing kann man nicht unter 1 D-Mark geben, bei Hochzeiten oder größeren Veranstaltungen muß man natürlich noch tiefer in die 'rasche greifen. Bei normalem geselligem Verkehr unter guten Be­ kannten wird vom Trinkgeldgeben meistens abgesehen. Im Treppenhaus benimmt man

sich bei nächtlichem Abschied möglichst leise und vermeidet auch an der Haustür laute Abschieds­ gespräche oder fröhliche Zurufe zum Fenster hinauf.

Der unerwartete Besuch Er kommt manchmal wie ein Aprilschauer: überraschend, zur selt­ samsten Zeit, störend, alle Dispositionen über den Haufen werfend und mit nicht abzusehender Dauer . . . Ja, hier ist ein Punkt, an dem jeder seine gute Erziehung beweisen kann, denn nun heißt es Haltung be­ wahren und so tun, als ob die Sonne eben durch finstere Wolken ge­ brochen wäre. Nicht allen Menschen gelingt das gleich gut, und man kann es auch keinem verdenken, daß er nicht entzückt ist, jetzt von der 17

GuU-r Tun

258

Geselligkeit in unserer Zeit

bequemen Couch aufstehen, die Schubert-Sinfonie abstellen und vielleicht noch hin- und herlaufen zu müssen, um irgendwo etwas Eß- und Trink­ bares für die unerwarteten Gäste zu besorgen. Es ist aber unhöflich, den Gast diesen Ärger spüren zu lassen, und deshalb muß man sich in die Lage finden und - übrigens ohne viele Entschuldigungen für ..Improvi­ siertes“ oder nicht ganz Vollkommenes - das Beste aus ihr zu machen suchen. In solchen Fällen ist es sogar erlaubt, einmal bei den Nachbarn oder bei nahe wohnenden Bekannten etwas auszuborgen, um den Gästen eine Mahlzeit vorsetzen zu können. Noch besser ist es, als Hausfrau immer eine kleine „eiserne Ration“ vorrätig zu haben: eine Dose mit haltbarem Gebäck, eine Flasche Wein oder Likör, kondensierte Milch und NesKaffee, ein paar Dosen Fisch- oder Gemüsekonserven, etwas Dauer­ wurst usw. Mit allen diesen Dingen kann man schnell einen kleinen Imbiß oder eine Erfrischung hervorzaubern. Es gibt Haushaltungen, in die 'lag und Nacht Gäste hineinschneien können - sie werden immer ein offenes Haus und einen einladenden Tisch vorfinden. Es gibt auch solche, in denen ein unverhofft Kommender die ganze Haushaltsmaschinerie ins Stocken und die Hausfrau zur ratlosen Verzweiflung bringt. Das erstere ist sehr schön, wenn auch bei knappen Raum- und Geldverhältnissen nicht immer erreichbar. Das zweite dürfte eigentlich gar nicht vorkommen. Denn Gast freundschaft sollte eine der nächstliegenden menschlichen Tugenden sein und eüie selbstverständ­ liche Pflicht der guten Erziehung. Auch am Ultimo! Denn für einen rück­ sichtsvollen Gast, und nur er verdient Gastfreundschaft, wird immer ein bescheidenes Butterbrot, ein Teller Suppe übrig sein. Dinge, die keinen Haushalt umwerfen und freundlich dargeboten willkommener sind als lieblos vorgesetzte Delikatessen.

Besuche, die man nicht annehmen will Einen Besucher ohne zwingenden Grund nicht zu empfangen, bedeutet immer, ihn zu brüskieren. Man muß mit dieser Maßnahme also sehr vorsichtig sein und auch in Fällen, in denen zwingende Gründe, wie z. B. Krankheit usw.. vorliegen, eine Form der Ablehnung finden, die den Betreffenden nicht verletzt. Es ist unpassend, einem Besucher auf sein Klingeln zwar nicht zu öffnen, aber ungeniert hinter der verschlossenen Tür herumzulaufen, so daß er merkt-, man will nicht öffnen. Es ist, auch unpassend, wenn eine Hausangestellte oder die Tochter des Hauses einem Besucher sagt, sie wolle ..mal nachsehen gehen“, ob die Eltern daheim seien, und dann mit- dem Bemerken wiederkommt, sie seien nicht da. Jeder Mensch merkt den Braten und wird verstimmt. Man soll es auch nicht wie jene Dame machen, die immer ihren Hut aufsetzte, bevor sie einem etwa zur Kaffeezeit läutenden Besucher öffnete, und ihm dann mit einem bedauernden „Ach, wie schade, ich muß gerade fort­ gehen“ den Mut zum Eintreten nahm. Will oder muß man wirklich fort­ gehen - oft läßt sich das auch verschieben -, sagt man es dem Besucher offen, bittet ihn aber ins Zimmer und spricht ein paar Minuten mit ihm. Die Hartnäckigen, die trotzdem nicht wanken und weichen, verdienen es nicht besser, als daß man ihnen mit einem höflichen ..Ja. es tut mir

Besuche, die man nicht annehmen will

259

wirklich sehr leid, aber ich J muß jetzt fort“ den Stuhl vor die Tür setzt. In Krankheitsfällen darf man einen Besucher mit einer höflichen Entschuldi­ gung schon an der Tür abfertigen. Man muß es sogar tun, wenn eine ansteckende Krankheit im Hause herrscht. Bei nicht anstekkenden Krankheiten kann man den Besucher, falls kein anderer Raum zur Verfügung steht, auch für kurze Zeit ins Entree bit­ ten und ihm dort erklären, warum man auf die Freude eines längeren Besuches verzichten muß (Kranken­ besuche siehe Seite 197 ff). Vertreter. Hier soll auch gleich ein Wort über eine bestimmte Sorte von „Be­ suchen, die man nicht annehmen will“, gesagt sein: über die Vertreter, die von Haus zu Haus ihre Waren anbieten. Vorweg gesagt: sie treten vor allem in Großstädten oft so zahlreich auf, daß man schon eine gute Portion Geduld aufbringen muß, wenn man ihnen höflich begegnen will. Sie sind auch oft, weil sie ja verkaufen müssen, um leben zu können, von einer, sagen wir einmal, Hartnäckigkeit, die es ebenfalls schwer macht, die Formen des guten Tons zu wahren. Aber, wie gesagt, sie müssen verkaufen, um leben zu können, und es ist kein leichtes Brot, viele Stunden am Tag treppauf-treppab zu laufen und immer wieder die Vorzüge einer Staubsaugermarke, einer Zeitschrift, eines Waschmittels an preisen zu müssen. Wenn man nun als Hausfrau von vornherein nicht die Absicht hat, ihnen etwas abzukaufen oder eine Bestellung aufzugeben, sagt man ihnen am besten sofort etwa: „Bitte, bemühen Sie sich nicht, ich kaufe nichts“ oder: „Es tut mir leid, ich brauche nichts“ und schließt dann die Tür. Es ist nicht richtig und nicht ungefährlich, weil ja neben den vielen, ehrlich um ihre Existenz Kämpfenden auch viele zweifelhafte Elemente von Tür zu Tür gehen, sie ohne Kaufabsicht in die Wohnung zu nehmen, sich vielleicht mit dem Staubsauger (hm großen Teppich reinigen und sie dann erfolglos abziehen zu lassen. Nur in seltenen Fällen wird es nötig sein, daß man einen unerwünschten Besucher kategorisch schon an der Tür abfertigt. Man darf aber auch dann nicht die Haltung verlieren. Wenige, klare Worte sind hier immer wirksamer als eine Flut von unbeherrschten oder gar Beschimpfungen.

Geselligkeit in unserer Zeit Ein kleines Beispiel: Ein junger Mann, der uns ganz und gar unsympathisch ist, will unsere Tochter spre­ chen. Wir fertigen ihn nun nicht so ab, daß das ganze Haus daran teilnimmt. Wir lassen ihn mit einem ,,Bitte, kommen Sie einen Moment herein“ in den Vorraum oder auch in ein Zimmer eintreten und sagen dann z. B.: „Herr X. ich wollte das nicht draußen auf der Treppe erledigen, aber ich möchte Sie hiermit ernst­ Nicht immer ist einer das, wofür er sich ausgibt. lich bitten, unser Haus Also: Vorsicht! nicht mehr zu betreten. Wir wünschen nicht, daß unsere Tochter noch mit Ihnen zusammentrifft. Bitte, nehmen Sie das zur Kenntnis.“ Auf diese oder ähnliche Art kann man jeden unerwünschten Besucher in höflicher Form ablehnen.

Logi erbesu che Als es noch Fremdenzimmer gab, war es einfacher als heute, Logiergäste zu beherbergen. Der Gast hatte sein eigenes Keich, die Familie behielt ihre Schlafgelegenheiten, ihre Schränke und Kommoden - wie aber ist es heute ? Die Wohnungen sind kleiner geworden und oft stark überbelegt. In vielen Fällen reichen Bettwäsche, Betten und andere Dinge gerade für die engsten Familienmitglieder, das Geld liegt weniger denn je auf der Straße, und so ist für die Hausfrau ein längerer Logierbesuch oft eine größere Belastung, als der Gast vielleicht ahnt. Auf diese Tatsachen Rücksicht zu nehmen gehört zu den einfachsten Gesetzen des „Auf-Besuch-Fahrens“. Wenn diese Gesetze immer Be­ achtung fänden, bliebe manche Freundschaft heil, manches verwandt­ schaftliche Band intakt. Leider aber ist das nicht immer der Fall, und die Instinktlosigkeit, mit der oft Gastfreundschaft gefordert und genossen wird, macht Gäste manchmal zu einer offensichtlichen Plage für die Gast­ geber. Da sind z. B. die „unverhofft" Kommenden, die ahnungslos den Haushalt auf den Kopf stellen, da sind die ach so Bescheidenen, die „aber auch gar keine Umstände“ machen wollen und doch die Haushalts­ maschinerie ins Stocken bringen, da sind schließlich die bekannten „Nassauer“, an deren ehernem Entschluß, ihr Fahrgeld auf Biegen oder Brechen mit Zinsen wieder einzubringen, die ganze Gastgeberfamilie sich die Zähne ausbeißt. Es gibt auch Fälle, in denen nicht Rücksichtslosigkeit, sondern nur ein Irrtum an Mißhelligkeiten in der Gastfreundschaft schuld ist: der Irrtum nämlich, zu glauben, daß der Gastgeber sich über den Besuch genauso freue, wie der Besucher es tut. Fs ist vielleicht auch ein Irrtum anzu-

nehmen, daß der Hausherr oder die Hausfrau sich die Kosten eines längeren Lo­ gierbesuchs durchaus leisten könnten, daß sie gar nichts dabei finden, wenn tagelang in dem einzigen Wohnraum aufgebettet wird oder Fami­ lienmitglieder primitiv um­ quartiert werden müssen. Wir wollen einmal unter­ stellen, daß auch der Be­ sucher im umgekehrten Fall alles das wirklich gern tun würde. Aber die Menschen sind nun einmal nicht gleich, die Verhältnisse liegen über­ all verschieden, und des­ halb sollte man, wenn man auf Besuch fährt, vor allem Ansichten und Gewohnheiten der Gastgeber in Rechnung stellen und nicht nur die eigenen.

Die Besuchsdauer Die größten Fehler aber werden gemacht, wenn es sich um die Bestim­ mung der Besuchsdauer handelt. Es ist schon unendlich viel darüber ge­ schrieben und geredet worden, ob man im geselligen Verkehr lieber ehr­ lich oder höflich sein solle. Es finden sich immer wieder Ehrlichkeits­ fanatiker, die die unbedingte Ehrlichkeit auch in diesen Dingen propa­ gieren. Aber welcher gute Gastgeber brächte es fertig, einem Gast nach drei oder acht 'Pagen zu sagen : „Jetzt haben wir genug von dir, nun fahre ab!“ Kommt die Rede aufs Abfahren, wird er im Gegenteil ein höfliches Wort sagen, doch noch länger zu bleiben - hier und auch in Fällen, in denen nicht darüber gesprochen wird, ist es Sache des taktvollen Gastes, zu fühlen, wann es Zeit für ihn ist. Oder noch besser, es gar nicht so weit kommen zu lassen, daß man seine Abfahrt herbeiwünscht. Überhaupt: wenn doch die Menschen einsähen, daß es eine große Chance gibt, menschliche Beziehungen dauerhaft zu gestalten! Diese Chanoe heißt: „sich rar machen“, damit nicht Langeweile oder gar Überdruß am Ende stehen. Auch bei Besuchen, und vor allem bei Logierbesuchen. Das gilt für alte Schulkameraden und frühere Berufskollegen, für Reise­ bekanntschaften und Schulfreundinnen ebenso wie für Erbtanten oder Schwägerinnen und Schwiegermütter. Es gibt, das wird jeder bestätigen, immer nur ganz wenige Menschen außerhalb der engsten Familie, mit denen man lange Zeit zusammen sein möchte, auf engem Raum jedenfalls und ohne die Möglichkeit, sich auch einmal aus dem Wege zu gehen und sich voneinander zu erholen. Meistens hat man sich nach kurzer Zeit alles zu Sagende gesagt und kehrt nur zu gern in seine alte Ordnung und in sein Eigenleben zurück.

Geselligkeit in unserer Zeit

Goethe schrieb, als er eimal Schiller zu sich einlud: „Sie sollen so leben, wie es Ihnen behagt “ - Jean Paul war weniger großzügig und setzte in einer Hausordnung für seine Gäste fest: „Es wird pünktlich gegessen’", und jeder solle sich seine Post selbst nachbestellen! Zwischen dem Leben nach eigenem Wunsch und dem kategorischen Sicheinfügen in die Tages­ ordnung der Gastgeber läßt sich bei gutem Willen von beiden Seiten wohl ein goldener Mittelweg finden. Selbstverständlich soll die Hausfrau alles tun, es ihren Gästen be­ haglich zu machen. Es ist aber ein Zeichen wenig schö­ ner Sitten, wenn diese Gäste als Dank dafür auf die Es­ senszeiten im gastlichen Haus keine Rücksicht neh­ men, das Bad bei der Mor­ gentoilette unnötig lange mit Beschlag belegen, ihr Zimmer unordentlich oder unsauber zurücklassen, den (}astf:reundschaft gewäh ren den Haushaltnurals„Standquartier“ benutzen und im übrigen ihrer Wege gehen, übertriebene Ansprüche an Essen und Trinken, Unter­ haltung usw. stellen odersich den Fand lienm itgliederr i gegenüber taktlos beneh­ men. Ob der Geist, insbe­ Logierbesuche, die zu später Stunde so nach sondere der weibliche, im Hause kommen, sind schwerlich beliebt Haushalt hilft, wird sieh immer nach den Wünschen der Hausfrau richten müssen - manche Haus­ frau ist gar nicht entzückt, wenn man in ihre Arbeit eingreift. Dagegen wird sich jede Gastgeberin über ein Blumengeschenk oder Süßigkeiten für sie selbst oder die Kinder freuen. Es ist auch angebracht, wenn man seine Gastgeber je nach den Verhältnissen einmal ins Kino, ins Theater oder in ein nettes Lokal einlädt und bewirtet. Ist Personal im Haus, so wird man sich für die während des Besuchs erfahrene Hilfeleistung durch ein entsprechendes Trinkgeld, bei schon lange im Hause befindlichem Personal eventuell auch durch ein kleines Geschenk dankbar zeigen. Am Ende eines Besuchs sollte neben der Befriedigung über zusammen verlebte Tage immer etwas stehen, was zu jedem Schönen in der Welt gehört: eine leise Wehmut, daß alles vorüber ist. Verlasse ein Fest, so­ lange dir das Weggehen Schmerz bereitet - dieses Wort könnte auch über dem Kapitel „Logierbesuch“ stehen. Denn bekanntlich ist der Mensch auf dem Wege zum Glück immer glücklicher als im Glück selbst und in der vollen Erfüllung.

Das Gästebuch

263

Das Gästebuch Es kann etwas sehr Nettes sein und - ein Alpdruck. Dann nämlich, wenn der Zwang, sich darin einzutragen, wie ein Damoklesschwert über den Gästen hängt und ihnen die unbefangene Freude am geselligen Bei­ sammensein nimmt. Nett dagegen kann es sein, wenn es irgendwo bereit liegt und der, den gerade die Lust dazu anwandelt, ein paar herzliche Zeilen hineinschreibt, einen kleinen, launigen Vers „verbricht“ oder, wenn er die schöne Gabe besitzt, mit Bleistift oder Pinsel oder Kugel­ schreiber seinen Dank an die Gastgeber in einer der Stimmung des Zu­ sammenseins entströmten kleinen Zeichnung zum Aus­ druck bringt. Wie hübsch ist es, Erinnerung an Stunden, die man mit guten Freunden verbrachte, auf diese Art festgehalten zu sehen und später, wenn alles weit, weit zurückliegt, wieder aufleben zu lassen! Nun gibt es aber Menschen, denen die Gabe, sich impul­ siv mit einer Eintragung zu äußern, nicht gegeben ist. Sie sind vielleicht sehr gute, auch witzige Plauderer, sie können eine Gesellschaft amüsant unterhalten oder fesseln - wenn man sie aber auffordert, ihr Teil zur Fül­ lung dos Gästebuches beizu­ tragen, dann wissen sie nichts zu sagen. 1 )as liegt oft an einem gev issen seelischen Zwang: der Vorstellung nämlich, in einem Gästebuch unbedingt etwas Witziges, Sprühendes sagen zu müssen. Wie wenige Menschen aber können so etwas aus dem Handgelenk schütteln! Wenn man also einmal aufgefordert wird, eine Eintragung in ein Gäste­ buch zu machen, dann mache man sich um Himmels willen von dieser fixen Idee frei. Zwingt man sieh nämlich dazu, seinen Geist zu strapa­ zieren, dann geht das meistens beträchtlich schief, und heraus kommen jene vielen gequälten Reime, die danebengeratenen Witze oder Geistreicheleien, die so manches Gästebuch „zieren“. Es gibt auch raffinierte Leutchen, die sieh für solche Zwecke einen Standardvers bereit halten, vielleicht von Goethe, vielleicht eine eigene „Schöpfung“. Auch das ist eine Lösung, wenn der Vers gut ist. In allen anderen Fällen aber ist es besser, mit. ein paar einfachen, herzlichen Worten seinem Dank für das schöne Zusammensein Ausdruck zu geben, als endlos am Federhalter zu kauen oder sich gar mit einem „Ach, ich weiß nicht, was ich schreiben soll“ ein Armutszeugnis auszustellen. Die Gastgeber aber mögen daran denken, daß man ans Eintragungen im

261

Geselligkeit in unserer Zeit

Gästebuch auf keinen Fall eine Zwangsaktion machen darf. Oberste Pflicht gegen den Gast ist es ja. ihm den Aufenthalt im Hause so an­ genehm wie möglich zu machen. Wie kann das aber sein, wenn der arme Gast sich plötzlich vor eine ihm peinliche Aufgabe gestellt sieht oder beim Brüten über den einzuschreibenden Text vielleicht die ganze Einladung verwünscht ?

Wir machen Besuch Wie war das doch früher, so etwa bis zum ersten Weltkrieg? Wenn ein Beamter oder ein Offizier in eine andere Stadt versetzt wurde, ein Rechts­ anwalt oder Arzt, Studienrat oder Fabrikant umzog, dann begann für ihn und seine Frau, kaum daß die letzte Kiste ausgepackt und die neue Wohnung einigermaßen eingerichtet war, das Schauspiel der ..Antritts­ besuche“. Nach einer genauen Rangaufstellung mußten beide die Vor­ gesetzten und engeren Kollegen, die Honoratioren der Stadt und was sonst noch als „gesellschaftsfähig“ galt, des Sonntags zwischen 11 und 13 Uhr aufsuchen, in feierlichem Dreß natürlich, er in Uniform oder Cut oder Bratenrock mit Zylinder, sie im guten Straßenkleid, Hut und Glace­ handschuhen, bei der öffnenden Hausangestellten unter Überreichung von Visitenkarten fragen, ob die Herrschaften zu spre­ chen seien, und dann, falls ja, nach offizieller Begrü­ ßung und gegenseitiger Vor­ stellung zehn bis höchstens fünfzehn .Minuten Konver­ sation machen. Hatte man Glück, waren die zu Be­ suchenden nicht zu Hause, und man brauchte nur seine Karten abzugeben. Auf alle Fälle aber mußten die nicht Angetroffenen nach etw a 14 Tagen einen Gegenbesuch machen, und dann hatte Der offizielle Besuch man sich soweit kennengelemt, daß man, wenn man sieh sympathisch war, in etwas engere konventionelle Beziehungen treten konnte. So war das - und wer nicht gerade Gefallen an derartigen Dingen fand, für den war es eine Pein. Nicht zuletzt für die jungen Leute, die in Familien mit heiratsfähigen Töchtern ihre Besuche machen mußten wie schnell waren die Netze geworfen! Denn „er“ hatte ja Besuch gemacht, und nun stand korrekterweise nichts mehr im Wege! Es ist natürlich billig, über abgelebte Gesellschaftsformen Witze zu machen. Das soll auch hier gar nicht geschehen; denn diese Formen waren ja einmal Lebenselement von Generationen und haben nicht nur Lächerliches an sich gehabt, sondern auch Gutes: den Zwang zur Selbst­ disziplin und zur Selbstbeherrschung, den Grundlagen also zu dem, was man unter „gutem Ton“ versteht. Daß sie versteinerten und verknöcher­

Der Antrittsbesuch

265

ten, ist der Lauf der Welt. Denn jede Zeit entwickelt mit den anderen Lebensbedingungen auch andere Lebensformen, und es ist nicht immer gesagt, daß die neuen besser und wertvoller sind als die alten.

Der A ntrittsbesuch Heute ist der offizielle Antrittsbesuch fast ganz aus der Mode gekommen, zum mindesten in großen und mittelgroßen Städten. Auf alle Fälle aber ist es gut, wenn man z. B. als Beamter in eine Kleinstadt zieht, sich zu erkundigen, ob er dort etwa noch gepflegt wird. Auch in diplomatischen Kreisen sind Antrittsbesuche nicht abgeschafft. Es sollen deshalb die wichtigsten Regeln für derartige Besuche ganz kurz zusammengefaßt werden: in den nächsten 14 Tagen ab­ Besuchszeit. Antrittsbesuche kön­ nen sonntags zwischen 11 und gestattet. Einen Gegenbesuch ohne besondere Gründe und ohne Ent­ 13 Uhr. eventuell auch an einem Nachmittag zwischen 17 und schuldigung zu unterlassen, ist 18 Uhr. abgestattet werden. Sie kränkend und unhöflich. sollen nicht länger als 10 bis Den Besuch eines Herrn bei einem 15 Minuten dauern. Ehepaar erwidert nur der Ehe­ Kleidung: für Herren dunkler An­ mann, eine Dame darf bei einem zug, für Damen am besten Kostüm Herrn - von beruflichen oder oder dezentes Straßenkleid. Der anderen wichtigen Gründen ab­ Herr legt Hut, Handschuhe und gesehen - keinen Besuch machen. eventuell Stock oder Schirin ab, Auch wird ein älterer Herr bei die Dame behält Mantel oder .lacke einem jungen Mann keinen Gegen­ besuch machen, sondern den jun­ an und den Hut auf und trägt die Handschuhe in der Hand. gen Mann nach angemessener Wenn eine Hausangestellte öffnet, Frist in sein Haus einladen. Wenn fragt man: „Sind die Herrschaf­ ein Herr einer Witwe und ihrem ten" oder „Sind Herr und Frau erwachsenen Sohn einen Antritts­ Müller zu sprechen?“ Wenn die besuch abstattet, so wird der Be­ Hausangestellte sagt: „Bitte, wen such nur vom Sohn erwidert. Bei Antrittsbesuchen wird den Be­ darf ich melden?“, gibt man die Visitenkarte ab, und zwar nach suchern nichts vorgesetzt. Man folgenden Grundsätzen: der Herr nimmt zu einem Antrittsbesuch gibt je eine Karte für den Haus­ auch keine Blumen oder gar andere herrn und die erwachsenen Damen Geschenke mit. im Hause ab. also zwei Karten für Wann sind offizielle Besuche üb­ ein Ehepaar, drei für ein Ehepaar lich, wenn auch nicht in den stren­ mit einer erwachsenen Tochter. gen Formen wie früher? Ein jun­ Die Dame gibt nur für die Damen ges Braut- oder Ehepaar z. B. Karton ab, nie für die Herren, also wird bei Bekannten der Eltern eine Karte für ein Ehepaar, zwei einen kurzen Besuch machen, um Karten für ein Ehepaar mit einer sieh für Geschenke zu bedanken. Wenn man in ein Zweifamilienhaus erwachsenen Tochter, öffnet ein Familienmitglied die Tür, so dür­ zieht, kann man, wenn man sehr fen selbstverständlich keine Kar­ höflich ist. bei den Mitbewohnern, ten abgegeben werden. auch wenn man sich schon per­ Gegenbesuche werden möglichst sönlich kennt, zu einer geeigneten

266

Geselligkeit in unserer Zeit

Zeit einmal kurz vorspreehen. Im übrigen aber erfolgt die Anknüp­ fung geselliger Beziehungen im allgemeinen ohne vorherige offi­ zielle Besuche. Ist man sieh sym­ pathisch, dann wird eben, viel­ leicht zunächst an drittem Ort, ein Zusammensein verabredet oder

zu einem kleinen Imbiß, einer Tasse Kaffee oder Tee eingeladen. Der Takt gebietet es allerdings, daß dabei der wesentlich .Jüngere nicht die Initiative ergreift, son­ dern wartet, ob der Ältere Wert darauf legt, in näheren geselligen Verkehr zu treten.

Ein Wort zurrt Thema Visitenkarte Wer viel im öffentlichen Leben zu tun hat und viel mit fremden Leuten zusammenkommt, hat in der Visitenkarte ein gutes Mittel, schnell ein­ mal seine Adresse oder Telefonnummer anzugeben, eine kleine Mit­ teilung (nur über dem Namen!) zu schreiben, eine Einladung oder einen Glückwunsch anzubringen. In dieser Form verwendet, hat die Visitenkarte auch heute noch große praktische Bedeutung. hie Besuchskarten, wie sie früher üblich waren. enthalten nur Namen und Berufsbezeichnung, bei Frauen den Namen, evtl, auch in Verbindung mit ..Frau", und den Mädchennamen, bei jungen Mäd­ chen nur den Namen. J)ie moderne Visiten- oder Geschäftskarte da­ gegen enthält auch Adresse und Telefonnummer und dem Be­ sitzer sonst noch wichtig er-, scheinende Angaben. Eins aber ist heute wie früher wichtig: wer Geschmack besitzt, wird eine schlichte, gediegene und sachlich klare Visitenkarte immer der pompösen, auffallenden vor­ ziehen; denn die Visitenkarte, ob es nun eine noch im gesellschaft­ lichen Leben benutzte Besuchs­ karte oder eine nüchterne (leschäftskarte ist, bleibt Wesens­ ausdruck ihres Besitzers und da­ mit ein nicht uninteressanter Bei­ trag zu seiner Charakterisierung.

Gebrauch der Visitenkarte siehe

Seite 265.

Mitteilungen auf Besuchskarten werden stets über den Namen geschrieben

Private Besuche Auch der private Besuch hat, so zwanglos er gedacht sein mag, seine eigenen Gesetze. Man muß sic befolgen, wenn man nicht zu den Gästen gezählt werden will, die jeder lieber gehen als kommen sieht. .Jeder Be­ such, auch der freundschaftliche, ist ein Einfall in die. ganz private

Besuch auf Einladung

267

Sphäre des Besuchten, die zu achten im Verkehr der Menschen unter­ einander oberstes Gesetz sein sollte. In dieser Sphäre sich möglichst rücksichtsvoll, unaufdringlich und taktvoll zu benehmen, gehört also zu den Voraussetzungen, die gesellige Beziehungen ersprießlich und für alle Teile erfreulich machen. W eniger wäre mehr - vielleicht könnte schon die Beachtung dieses Grundsatzes manche trübe Erfahrung auf diesem Gebiet ersparen! Es gibt Menschen, die jede neue Bekanntschaft sofort zum Anlaß nehmen, geselligen „Verkehr von Haus zu Haus“ anzufangen, zu jeder möglichen und unmöglichen Tageszeit bei den neuen Bekannten aufzutauchen und sieh dadurch allmählich zu einem ausgesprochenen Schrecken ent­ wickeln. Nicht immer wird es möglich sein, daß man sich bei einem ge­ planten Besuch vorher anmeldet. Wenn es aber zu machen geht, sollte man es tun, vielleicht telefonisch oder mit einer kurzen Karte. Vor allem aber sollte man sieh an die für Besuche üblichen Zeiten halten, also etwa zwischen j/,11 und jZ.1 Uhr vormittags oder 17 und 19 Uhr nachmittags. Sicher wird es Fälle geben, in denen ein Besuch zu ungewohnter Stunde notwendig ist, wenn man z. B. eine dringende Nachricht überbringen oder für einen Bekannten etwas abgeben will u. a. m. Dann entschuldigt man sich natürlich, daß man zu dieser Zeit erscheint, und verabschiedet sich so bald wie möglich. Bestich« guter Freunde untereinander stehen natürlich unter zwangloseren Gesetzen. Aber - es ist nicht das schlech­ teste Mittel, einer Freundschaft Dauer zu geben, wenn man auch bei engen Beziehungen die Form wahrt und Rücksicht übt.

Besuch auf Einladung Man wird cingeladen - wie hat man sich zu verhalten ? Kurz gesagt so, daß der Einladende das Gefühl hat, dem Eingeladenen mit seiner Ein­ ladung eine Freude gemacht, ihn damit zum mindesten nicht gestört oder in Verlegenheit gebracht zu haben. Der gut erzogene Mensch wird sieh auch dann nach diesen Grundsätzen richten, wenn ihm eigentlich an der Einladung nichts liegt oder wenn er triftige Gründe hat, sie nicht anzunehmen. Denn auch hier geht es darum, das Gesicht zu wahren und alle Möglichkeiten auszuschalten, andere Menschen zu verletzen oder vor den Kopf zu stoßen.

SAisage und Absage Eine Einladung zu einem Besuch muß man auf jeden Fall beantworten, und zwar möglichst bald, damit der Einladende weiß, woran er ist. Also die Antwort nicht auf die lange Bank schieben - morgen kommt etwas dazwischen, und auf einmal hat man das Antworten vergessen! möglichst auch nicht telefonisch. Offizielle Einladungen und Ein­ ladungen entfernter Bekannter Bei guten Bekannten und Freun­ oder sehr zu resjiektierender Per­ den aber genügt auch ein kurzer sonen beantwortet man immer Telefonanruf oder eine kurze nur durch Briefe oder Briefkarten, Kartennachricht (Tafel S. 304). niemals mit einer Postkarte und Zu jeder Antwort, ob es nun eins

268

Geselligkeit in unserer Zeit

Zusage oder Absage ist, gehört ein freundliches Dankeswort. Nur in ganz besonderen Fällen darf man es „offenlassen“, ob man einer Einladung Folge, leistet oder nicht, z. B. wenn man nicht ganz gesund ist oder wenn man selbst Logier­ besuch erwartet. Es ist aber sehr unhöflich, nur deshalb nicht bin­ dend zu- oder abzusagen, weil man sich eine Tür offenhalten will. Wenn alle Eingeladenen das mach­ ten, hätten die einladenden Gast­ geber überhaupt keine Möglich­ keit zu disponieren. Hat man einmal zugesagt, muß man, falls nicht zwingende Gründe dagegen sprechen, der Einladung auch wirklich Folge leisten. Jin letzten Moment abzusagen oder gar unentschuldigt fortzubleiben, nur weil man „etwas Besseres“ vorhat, etwa Migräne spürt oder sieh über die Schwiegermutter ge­ ärgert hat, ist rücksichtslos gegen die Gastgeber. Eino Einladung, der man trotz Zusage nicht Folge leistete, gilt übrigens als an­

genommene. Man hat also, falls man den gesellschaftlichen Ver­ kehr nicht überhaupt ausschließen will, die Pflicht, nun seinerseits einzuladen. Die Absage. Wenn man nicht Ver­ anlassung hat, eine Einladung ganz kühl abzulehnen, sollte eine Absage immer in höflicher, die. Gastgeber nicht vor den Kopf stoßender Form gehalten sein. Als Gründe kann man nennen: Krank­ heit, Verhinderung durch eine andere gesellige Verpflichtung, be­ rufliche Abhaltungen, die TatBache, daß man selbst Gäste er­ wartet u. a. m. Mit einer derartigen Begründung wird man auch Ein­ ladungen ablehnen, wenn man nicht die Absieht hat, mit flüch­ tigen Bekannten in nähere Be­ ziehungen zu treten. Gründe, die der Einladende auf den ersten Blick als Schwindel durchschallt, sind verletzend und kein besonders gutes Zeichen für die gesellschaft­ liche Gewandtheit des Schreiben­ den.

Has zieht man an? Has bringt man mit? Kleidung. Tst man sich bei einer Einladung über die Art der zu ihr passenden Kleidung nicht ganz im klaren, dann ist cs gut, sich bei ebenfalls Eingeladenen, Freunden oder Bekannten oder auch bei den Gastgebern selbst danach zu er­ kundigen. Das ist besser, als aus dem Rahmen zu fallen. Sehr oft wird die Art der Kleidung schon aus der Einladung hervorgehen (Grundsätzliches siehe Seite 81). Von der Pünktlichkeit bei Be­ suchen war schon an anderer Stolle (Seite 212) die Rede. Sie ist für den Eingeladenen eine selbstver­ ständliche Pflicht. Das bedeutet nun nicht, daß man zur Sekunde pünktlich oder gar noch zehn

Minuten früher vor der Tür des gastlichen Hauses stehen müßte. Jede Hausfrau wird eine gewisse Wartezeit einkalkulieren, aber län­ ger als 10 Minuten sollte man sie nicht warten lassen. Vor allem dann nicht, wenn man zu einer Mahlzeit gebeten wurde. Blumen sind das unverbindlichste und doch freundlichste Geschenk für die gastgebende Hausfrau. Nur sehr nahestehenden Freunden bringt man Topfpflanzen mit. sonst ist der Blumenstrauß, die Schnittblume das Zeichen der Dankbarkeit für eine ergangene Einladung. Wenn ein Ehepaar auf Besuch geht, überreicht im allge­ meinen der Herr der Dame de-

Besuch auf Einladung

Hauses die Blumen, und zwar per­ sönlich, also nicht etwa über die Hausangestellte, oder indem er den Strauß aus lauter Verlegenheit irgendwohin ins Entree oder Zim­ mer legt. I'berreiehen. Blumensträuße wer­ den ohne Papier überreicht. Das ist für schüchterne Leute manch­ mal eine Geschicklichkeitsprobe: Wie wickelt man die im Blumen­ geschäft so sorgsam eingehüllten Kinder Floras am schnellsten aus und wohin mit dem Papier ? Am besten sieht inan sich seinen Strauß schon auf der Treppe oder vor dein Haus daraufhin an, ob er etwa sehr knifflig verpackt ist, und entfernt etwaige Stecknadeln (nicht auf die Treppe werfen, son­ dern hübsch ordentlich und so, daß sich beim Aufhängen des Mantels niemand daran stechen kann, unter den Aufschlag stekken!) oder andere hinderliche Hinge (Tafel S. 192). Dann geht das Auswiekeln mühe­ los vonstatten und man kann, den

269

Strauß in der Linken, die Haus­ frau begrüßen, nimmt dann den Strauß in die Rechte und über­ reicht ihn ihr mit einer ritterlichen Verbeugung und einem „Gnädige Frau“ oder „Frau Müller, darf ich Ihnen eine kleine Freude machen“ oder „Darf ich mir erlauben . . .“ Blumige Redensarten wie „Die Rose der Rose!“ sind dabei nicht angebracht! Das Papier steckt man zusaminengeknüllt in diu Manteltasche oder in einen bereit­ stehenden Papierkorb oder - die Damen - in die Handtasche. Eine gewandte Gastgeberin wird uns sicher mit einem freundlichen „Darf ich Sie davon befreien ?“ dabei behilflich sein. Die gastgebende Hausfrau bedankt sich liebenswürdig für das Blumen­ geschenk, stellt die Blumen gleich in eine (möglichst schon vorher zurechtgestollte und nicht erst jetzt aus dem Schränkchen hervor­ gekramte) Vase und gibt ihnen, um den Gast zu ehren, einen net­ ten Platz. Wenn die Gastgeber er­ wachsene Töchter haben, so kann ein Gast auch ihnen Blumen mit­ bringen. Das Taktgefühl gebietet aber, daß die Mutter den schönsten Strauß erhält — auch dann, wenn man in das hübschere Töchterchen verliebt ist! Zu großen Festessen bringt man Blumen nicht mit, sondern läßt sie vorher den Gastgebern durch ein Blumengeschäft mit einem Kärtchen zusenden. Eine kleine Probe für den Text: „Liebe gnä­ dige Frau! Große Ereignisse wer­ fen ihre Schatten voraus - darf ich Ihnen in der Vorfreude auf das Zusammensein mit Ihnen und Ihrem Gatten ein paar Blumen senden? Ihr sehr ergebener XY.“ JJei näheren Beziehungen kann man der Gastgeberin auch Konfekt odei ein Buch mitbringen. Die Beschenk­

270

Geselligkeit in unserer Zeit

te wird dann ihr Geschenk so bald wie möglich aus der Umhüllung nehmen, um ihr Interesse zu be­ weisen. Das wird oft unterlassen in der falschen Annahme, daß es neu­ gierig aussähe und deshalb verpönt sei. Viele Fragen, die beim Besuch­ machen wichtig sind, wurden schon behandelt, so „Immer richtig an­

gezogen“ Seite 81, „Richtig essen und trinken" Seite 89, „Trinken und Zutrinken" Seite 221, „Vor­ stellen" Seite 56ff, „Anreden, An­ sprechen“ Seite 62 ff, „ Handschlag, Handkuß“ Seite 75ff, „Das Rau­ ehen" Seite 233, „Die Kunst der Unterhaltung" Seite 239f, „Blu­ men als Geschenke" Seite 429 f.

Der Dank für eine Einladung den auszusprechen der höfliche Gast beim Abschied nie vergißt, wurde früher nach großen geselligen Veranstaltungen durch einen persönlichen Besuch beim Gastgeber nochmals abgestattet. Heute ist das im all­ gemeinen nicht mehr üblich, dagegen erfreut es die Gastgeber, wenn man ihnen mit ein paar liebenswürdigen Zeilen, bei näheren Bekannten auch telefonisch, zum Ausdruck bringt, wie schön es war. Ein paar Worte sollen auch zum Thema Revanchie­ ren gesagt werden. Diesem Begriff, mit dem man im gesellschaftlichen Leben so­ zusagen das „Wiedergut­ machen“ einer Einladung meint, haftet immer ein wenig das Odium seiner Herkunft vom Wort Re­ vanche. also „Rache" an: wie du mir. so ich dir! Ich lasse mir nichts schenken, und wenn du mir zwei Kuchensorten vorgesetzt hast oder zwei Weinsorten, dann setze ¿CÄ dir drei oder vier vor; wenn ich nicht die Möglichkeit habe, dich zu mir einzuladen, dann re­ vanchiere ich mich eben mit einem kostbaren Geschenk! So wenig schön es nun ist. als permanenter „Nassauer" Gastlichkeit in Anspruch zu nehmen, ohne selbst das geringste Opfer zu bringen - auch das Revanchieren muß vom Taktgefühl diktiert werden. Man soll nicht übertrumpfen, sondern eine Gegenfreude machen. Trinkgeld siehe Seite 257. Krankenbesuche siehe Seite 197ff. Kondolenzbesuche siehe Seite 202.

V F R er das Zimmer weitervermieten kann oder nicht. Schlüssel. Der Zimmerschlüssel wird, wenn man ausgeht, gewöhn­ lich hont Portier oder in kleinen Hotels beim Wirt abgegeben. Bleibt man abends lange aus, bit­ tet man sieh, falls kein Nacht­ portier da ist, am besten einen Hausschlüssel aus. Es zeugt näm­ lich von wenig Einfühlung in das Ruhebedürfnis der Mitmenschen, wenn man zu später Stunde mit ungeduldigem Klingeln nicht nur das müde Hotelpersonal oder den W irt, sondern auch die (eiste aus dem Schlaf weckt. Im Zimmer selbst bleibt es jedem überlassen, beim Weggehen einen Schrank orb r eine Kommode, in der man sein Eigentum untergebracht hat, abzuschließen. Grüßen. Ein kurzes Wort noch zu der Frage: Muß man im Hotel oder in der Pension l 'nbekannto, die man etwa auf dem Flur oder im Treppenhaus trifit, grüßen Im Hotel höchstens dann, wenn

es sich um Zimmer- oder Flur­ nachbarn handelt null man sehr höflich sein will, in kleineren Pensionen dagegen wird es die Regel sein.

Man nfmmtden Zimmerschlüssel mit, wenn man ansgeht, und weckt nicht den Wut und die ander n Gäste rücksichtslos aus dem Schlaf

Im Speisesaal eines kleinen Hotels oder einer Pension grüßt man beim Eintritt durch ein ,,(luten Morgen" oder ..Mahlzeit" nsw., einen großen Hotelspeisesaal betritt man ohne < Iruß. Nimmt man an einem Tisch Platz, an dem schon (laste sitzen, gehört es sich, diese, (¡äste zu be­ grüßen. In Pensionen, z. B. in Sommerfrischen, in denen man längere Zeit weilt, stellt man sich als Herr den übrigen am Tisch

sitzenden (¡ästen vor. Dabei gelten im einzelnen die schon auf Seite 5(>ff. näher erläuterten Regeln. Ge­ spräche sollen auch hier zwanglos in Gang kommen, nicht um jeden Preis, denn die Höflichkeit ge­ bietet. daß man das Ruhebedürfnis seiner Mitmenschen achtet. Sie verlangt allerdings ebenso drin­ gend, daß man dem ' ersuch, ein Gespräch anzuknüpfen, nicht mit eisiger Ablehnung oder albernem

344

Auf Reisen

Hochmut begegnet. Man kann auch durch liebenswürdige Reser­ viertheit bekunden, daß man eine lebhafte Unterhaltung nicht wünscht. Im modernen Speisesaal wird meist an kleinen Tischen gegessen. Ißt man aber an der sogenannten Table d’höte, einer langen Gast­ tafel, die alle Gäste des Hauses vereint, so braucht man sich im allgemeinen nicht vorzustellen, es sei denn, daß man viele Tage zu­ sammen ist. Man hat der Höflich­ keit Genüge getan, wenn man beim Platznehmen und beim Aufbrechen seine unmittelbaren Nachbarn rechts und links und die gegenüber Sitzenden mit einer leichten Ver­

beugung bzw. einer liebenswürdi­ gen Kopfbewegung begrüßt. Daß man seinen Nachbarn liier wie am Einzeltisch beim Zureichen der Speisen, der Salz- oder Essig­ gefäße usw. behilflich ist, gehört zu den allgemeinen guten Tisch­ sitten. Übrigens betritt man auch im heiße­ sten Sommer den Speisesaal seiner Pension nicht leicht geschürzt und so, wie man sich eben am Strande geaalt hat. Es ist nur eine kleine Mühe, sieh vor dem Essen den Seesand abzuspülen und sich ein leichtes Sommerkleid überzustrei­ fen (Tafel S. 96). Richtig Essen und Trinken siehe Seite 293.

Am Strand und auf der Promenade Wenn man am Strand, auf der Kurpromenade usw. auch in erster Linie ausspannen will und soll, darf das „Sichgehenlassen“ doch nicht so weit führen, daß man durch Formlosigkeit oder Rücksichtslosigkeit Anstoß erregt. Auch im Strandkorb, in der Sandburg kann guter Geschmack im äußeren Erscheinungsbild sich bewähren, auch dort gilt es, auf die Mit­ menschen, ihr Ruhebedürfnis und ihren ,,Willen zur Einsamkeit“ Rück­ sicht zu nehmen. Damit sei nichts gesagt gegen vergnügtes Spiel, fröhliches Lachen und heitere Unterhaltung. Aber auch hierbei soll man Grenzen einhalten, vor allem in der Mit­ tagszeit, wenn vielleicht je­ mand im schattigen Strandkorb ein Schläfchen halten oder ein Buch lesen will. Vernünftige Eltern werden auch ihre Kinder dazu anhalten, in dieser Zeit die Lautstärke ihrer Spiele et­ was zu dämpfen. Noch ein paar kleine Strand­ sünden: Obstschalen, Wurst­ pellen oder Knüllpapier herum­ liegen lassen, unvorsichtig mit Nadeln umgehen, so daß nackte Füße sich daran stochen kön­ Nadeln am Strand liegenzulassen ist. nen, die Strandkörbe durch gefährlich

Auf Campingfahrt

345

Fettereme oder Sonnenöl beschmutzen, wovon jeder Strandkorbver­ mieter ein traurig Lied singen kann, mit dem Fernglas nicht die auafahrenden Fischkutter, sondern alle Schönen am Strand zwischen 17 und 70 taktlos beobachten und bekritteln usw. Alle diese Dinge stehen einem Wohlerzogenen nicht gut an. Trifft man auf der Kurpromenade ältere Mitbewohner der Pension oder des Hotels, in dem man wohnt, so grüßt man sie höflich, wenn man mit ihnen bekannt wurde. Die Antwort auf die Frage, ob man Pensionsgäste, die man nur vom Sehen, nicht aber persönlich kennt, außerhalb des Hauses grüßt, muß individuell beantwortet werden. Wenn man merkt, daß der andere Interesse zeigt, wird man als Jüngerer oder als Herr immer höflich grüßen. Im allgemeinen aber wird em Sommergast wohl mehr dazu neigen, für sich zu bleiben. Man muß diesen Willen achten und ihn nicht etwa durch plumpe Annäherungsversuche durchkreuzen wollen. Bei der in Brunnenkurorten üblichen Brunnenpromenade braucht man Be­ kannte beim Hin und Her nur einmal zu grüßen und kann dann ohne (¡ruß an ihnen vorbeigehen. Ein kleiner Hinweis noch für die, die in Seebädern oder Kurorten gern abendliche Mondscheinpromenaden machen und dann mehr oder weniger beschwingt heimkommen: viele (¡äste haben sich das Geld für eine Heise mühsam zusammengespart, die meisten brauchen dringend Erholung ist cs nicht sehr häßlich und unwürdig, ihnen die kurze Zeit des Aus­ spannenkönnens durch Lärmen oder fröhlichen Tumult zu vergällen und vor allem ihre Nachtruhe zu stören?

Auf C a m p i ti g f a li r t Was ist aus den Wanderfahrten früherer Zeiten, die meistens auf Schu­ sters Kappen und mit dem zerbeulten Kochgeschirr am vollgestopften Bucksack vor sich gingen, heute geworden ? Dio moderne CampingBewegung machte sich vom Auto bis zum regendichten, komfortablen Zelt und dem einen häuslichen Herd fast ersetzenden Campingkocher alle Errungenschaft der Technik zunutze. Wenn die Campingleute heute an ihrem Tagesziel anlangen, dann brauchen sie nicht erst mit wanken­ den, müden Knien auf die Suche nach einem passenden Zeltplatz zu gehen wie weiland ihre Vorläufer, sondern finden einen tadellosen Zelt­ platz vor mit fließendem Wasser, elektrischem Licht und allen nur mög­ lichen Bequemlichkeiten. Was nun schöner und romantischer war, die Wanderungen von früher oder dio modernen Campingfahrten, bleibe dahingestellt. Wie man sieh aber zu dieser Frage stellen mag, eins ist geblieben: dio Verpflichtung, auch auf Erholungsfahrten Rücksicht auf die Mitmenschen zu nehmen und sich so zu betragen, daß niemand ge­ stört oder geärgert wird. Das heißt, in wenigen Sätzen zusammengefaßt: • Wenn man dir schon so schöne „Hotels im Grünen“ zur Verfügung stellt, dann benutze sie auch oder parke und zelte zum mindesten nur da, wo es erlaubt ist und du weder dir, noch dem darüber wachen­ den Auge des Gesetzes Ärger machst. • Wir möchten zu deiner Ehre annehmen, daß du zu Hause bei dir auf Ordnung hältst. Du brauchst dich also im Campinglager oder

Biß

Auf Reisen

auf deinem privatenZeltplatz nur so zu beneh­ men, wie du haben möch­ test, daß andere es bei dir zu Hause tun - dann ist alles in Ordnung. • Was dazu gohört? Daß du den Zeltplatz peinlich sauber hältst und die auf ­ gestellten Abfallbeh älter für Obst- und Eierscha­ len, Kotelettknochen, Kondensmilchbüchsen und leere Zahnpastatu­ ben nicht als bloße De­ koration ansiehst, daß du die bestehenden Vor­ schriften z. B. über Was­ serentnahme, vor allem die Vorsichtsmaßnah­ men,die Lieht und Feuer­ machen angehen, genau beachtest und nicht glaubst, sie seien nur für die anderen da. Daß du die Ruhezeiten rücksichtsvoll einhältst und daran denkst, wie weit zu stiller Nachtstunde auch das leisest eingestellte Koffergrammophon oder Kofferradio seine Schallwellen aussendet. Auch dein fröhlicher Gesang nach 10 Uhr abends weckt in anderen Zelten vielleicht nicht gerade freundliche Gefühle. • Wenn irgendwo ein „Naekedunien“ oder ein „Abessinien“ eingerich­ tet ist, dann freue dich der Möglichkeit, dort hundertprozentig Freiluftkultur treiben zu können. Halte aber die, die diese hundert Prozent, wenn auch nur um Bikinibreite, wn/erschreiten wollen, nicht gleich für Spießer, sondern nimm Rücksicht auf ihren eben anderen Geschmack. Überhaupt: das völlig Enthüllte ist nicht immer das Reizvollste. Warum hätten sonst schon Adam und Eva ein Feigen­ blatt getragen ? „Gemeinsame Reise oder nichtJ“ siehe Seite 186.

B e s i e h t i g u n g v o n S