Ein Brief über die Insel St. Helene [Reprint 2022 ed.]
 9783112693964, 9783112693957

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Einleitung
Zur Erklärung des Kupfers

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Abbildung und Beschreibung

der Insel St. Helene.

E i n

Brief über

die Insel St. Helene von

E.

E.

B c st,

Hauptmann in englischen Diensten.

Leipzig bei Georg Joachim Göschen 1815.

Um 14. May liefen wir hier auf der Rhede von

St. Helene vor Anker, um von hier aus die Schiffe

mit frischem Wasser j» verseh«.

Eine Anficht dieser

Insel, die wenig mehr, als eine bloße Felsenmasse ist, giebt Ihnen der beyliegende Prvspect.

Sie ist

durch das schöne Wasser, welches hier entspringt, den nach und von Ostindien fahrenden Schiffen nützt

lich, und liegt im sechzehnten Grade vier Minuten südlicher Breite, und im fünften. Grade vier und

fünfzig Minuten westlicher Länge.

Sie soll zuerst

von den Portugiesen entdeckt und in Besitz, genommen, nachher aber an die Engländer abgetreten worden

seyn.

Außer dem frischen Wasser liefert ße auch

wohl zur Noth einige Lebensrnittel.

Dieses ist die

Ursache, warum England so viele Kosten dieser Be»

fitzung «egen verwendet, welche beträchtlich, und dagegen die Producte des Handels und des Lebens, Unterhaltes nur sehr unbeträchtlich find.

Sie sehen, diese Insel besteht aus einer Masse ungeheurer Felsen, die aus dem Meere empor ragen,

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die jetzt aber zum Theil, vorzüglich in den Ebenen, durch die unermüdeten Bewohner mit vieler Kunst uröar gemacht worden sind. Die Stadt, welche nach der Seeseite zu befestigt

ist, liegt an einer Ducht, in welcher für die Schiffe ein sicherer Ankerplatz ist.

Auf der einen Felsen,

spitze rechter Hand befindet sich eine mit mehreren Kanonen versehene Batterie, dergleichen an mehreren

Stellen dieser Insel angebracht sind, und von wel,

chen die ankommenden Schiffe signalisirt werden. Kein Fahrzeug darf cinlaufcn und sich vor Anker

legen, ehe es ein Boot abgesandt hat/ das seinen Namm, den Ork, woher es kommt, und die Nation,

von der es ist, angezeigt hat.

auf welchem

Ein schwarzes Brett,

mit großen weißen Buchstaben diese

Nachricht in englischer, französischer und Portugiesin

scher Sprache geschrieben steht, ist zu dem Ende

aufgestellt, und kann in ziemlich weiter Entfernung

durch Hülfe eines Fernglases gelesen werben. Die Wege an den steile» Felsen sind mit vieler

Mühe ausgehauen und gearbeitet, und an der abhann genden Seite mit einer kleinen

Mauer

umgeben.

Der Gouverneur und einige Bewohner haben in den

Thalern und Ebenen der Insel kleine Landsitze ut»t

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urbar gemachte Ländereyen, wohin man auf Maul­ eseln oder kleinen Pferden reitet. Die mehxsten Hauser sind von Erde und Lehm

gebaut, haben Dächer von Stroh und gewöhnlich nur ein

Stockwerk.

Die Wohnung des Gouver­

neurs, so wie die Kirche, sind von Stein erbaut,

und mit Dachziegeln gedeckt. Die Garnison besteht aus einem Bataillon Infan­

terie und, zwey Compagnien Artillerie der englisch­ ostindischen Compagnie. *) Die Bewohner der Insel leben größtentheils von

Seefischen, an welchen sie einen großen Uederfluß aller Gattungen haben. Jährlich werden zwey besonders dazu bestimmte

Schiffe hierher gesandt, um die Insulaner und die

hiesigen Magazine mit Mehl, Pöckelfleisch und anderm Verrathe zu versehen.

Die Magazine müssen jeder­

zeit mit Lebensmitteln angefüllt seyn, um im Nothfalle

die hier einkehrenden Schiffe damit versehen zu können. Oft soll eö hier an Regen fehlen, da denn die

Früchte mißrathen,

oder die Weiden

vertrocknen

wodurch unter dem Vieh manche Krankheiten und *) 9Lid? neuern Nachrichten wird diese Insel mit könig­ lichen Truppen besetzt.

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Seuchen entstehen.

Uebrigens wird das Klima für

sehr gesund gehalten, und von ansteckenden Krank­

heiten hat man keine Beyspiele.

Wirthshäuser giebt

es hier so wenig, wie auf dem Vorgebirge der guten Hoffnung; indessen logiren und speisen einige Ein­

wohner die hier vorsprechenden Passagiere und Schisser.

Ich sah bey einem Officier der hiesigen Garnison ein von ihm gesammeltes Naturalien-Kabinet, wel­ ches,

außer verschiedenen merkwürdigen Vögeln,

Fischen und andern Thieren, eine artige Anzahl sonderbarer Muscheln enthielt, welche das Meer hier häufig auswirft.

Unter den Fischen ist der Schwimmkopf sehr merkwürdig, welchen wir hier mehrere Male selbst

gefangen haben.

Er hat eine harte Schaale, wie

die Schildkröte, die oben einen spitzen Rücken, unten aber einen platten Boden hat; er kann, wenn man ihn lebendig auf den Tisch setzt, weiter nichts

als die Augen, die Floßfebern und den Schwanz bewegen.

Oben auf den Felsen habe» die Einwohner hin

und wieder Erdreich angctroffcn, und dasselbe urbar

gemacht.

Der dermalige Gouverneur, ein liebens­

würdiger Mann, der viele Kenntnisse besitzt, und

7 uns mit Güte und Gastfreundschaft empfing, hat hier ein Landhaus mit einem recht artigen Garten.

Obgleich die Insel ihre Bewohner nur kärglich ernähren kann, so bemerkt man bemungeachtet eine

eigene

Heiterkeit und Zufriedenheit unser ihnen;

auch leben fie in der besten Eintracht mit einander. Sie geben einen Beweis, daß man auch ohne Ueber-

fluß glücklich leben kann. Zur Ehre der hiesigen Einwohner muß ich noch bemerken daß sie ihre Bedienten und Arbeiter, welches

Mohrensclaven

Diese

sind,

menschenfreundlich

armen Geschöpfe kommen

behandeln.

aus Afrika und

werden hier verkauft, wo sie ein besseres Schicksal finden, als ihre Mitbrüder bey den Holländern auf

dem Vorgebirge

der guten Hoffnung ju erwarte«

haben. In einigen Tagen werden

Segel gehen.

wir wieder

unter

Bald, meine Lieben, werde ich Euch

im Vaterlande umarmen.

(Abgedruckt aus Bests dien,

Priesen über Ostin«

das Vorgebirge der

guten Hoffnung

und die Insel St. Helene. 4. Mit illum. Kupfern

is rthlr., mit schwarten Kupfern s rthlr.)

Zur Erklärung des Kupfers

Zm Vordergründe steht eine Mauer mit Schiessschar­ ten, welche- die Stadt von der Seescite umaiebt. Remter Hand lieht die Kirche mit einem stumpfen Thurm. Das vordere Gebäude mit Fronteau und langen Fenstern ist die Wohnung des Gouverneurs. Man steht im Hintergründe die ungeheuern nackten Felsen, welche auch rechts und links die Stadt, die in einem Thalx liegt, umgeben. Wege sind an selbigen eingehauen, und an der Aussenseite mit einer Mauer eingefaßt. Auf dem Felsen oben rechter Hand steht

man eine Dätterie.