Duale Reihe Anatomie [5 ed.] 3132435023, 9783132435025

Die Mischung macht's - dual genial Anatomie lernen Anatomie in der beliebten Dualen Reihe, das heißt: Lehrbuch und

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German Pages 1336 [1350] Year 2020

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Duale Reihe Anatomie [5 ed.]
 3132435023, 9783132435025

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Duale Reihe

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Duale Reihe

Anatomie Gerhard Aumüller, Gabriela Aust, Jürgen Engele, Joachim Kirsch, Giovanni Maio, Artur Mayerhofer, Siegfried Mense, Dieter Reißig, Jürgen Salvetter, Wolfgang Schmidt, Frank Schmitz, Erik Schulte, Katharina Spanel­Borowski, Gunther Wennemuth, Werner Wolff, Laurenz J. Wurzinger, Hans-Gerhard Zilch

5., korrigierte Auflage

1500 Abbildungen

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Begründer der Dualen Reihe und Gründungsherausgeber: Dr. med. Alexander Bob und Dr. med. Konstantin Bob

Anatomische Aquarelle aus: Schünke M, Schulte E, Schumacher U. Prometheus. LernAtlas der Anatomie. Illustrationen von Markus Voll, München und Karl Wesker, Berlin. Weitere Zeichnungen: Karin Baum, Paphos, Zypern; Christine Lackner, Ittlingen; Holger Vanselow, Stuttgart Zeichnungen z. T. nach Originalzeichnungen von Gerhard Kohnle, Bad Liebenzell Layout: Ulrike Holzwarth, Büro für Gestaltung, Stuttgart Umschlaggestaltung: Thieme Verlagsgruppe Umschlaggrafik: aus Prometheus, LernAtlas der Anatomie, Kopf, Hals und Neuroanatomie; Karl Wesker, Berlin

Wichtiger Hinweis: Wie jede Wissenschaft ist die Medizin ständigen Entwicklungen unterworfen. Forschung und klinische Erfahrung erweitern unsere Erkenntnisse, insbesondere was Behandlung und medikamentöse Therapie anbelangt. Soweit in diesem Werk eine Dosierung oder eine Applikation erwähnt wird, darf der Leser zwar darauf vertrauen, dass Autoren, Herausgeber und Verlag große Sorgfalt darauf verwandt haben, dass diese Angabe dem Wissensstand bei Fertigstellung des Werkes entspricht. Für Angaben über Dosierungsanweisungen und Applikationsformen kann vom Verlag jedoch keine Gewähr übernommen werden. Jeder Benutzer ist angehalten, durch sorgfältige Prüfung der Beipackzettel der verwendeten Präparate und gegebenenfalls nach Konsultation eines Spezialisten festzustellen, ob die dort gegebene Empfehlung für Dosierungen oder die Beachtung von Kontraindikationen gegenüber der Angabe in diesem Buch abweicht. Eine solche Prüfung ist besonders wichtig bei selten verwendeten Präparaten oder solchen, die neu auf den Markt gebracht worden sind. Jede Dosierung oder Applikation erfolgt auf eigene Gefahr des Benutzers. Autoren und Verlag appellieren an jeden Benutzer, ihm etwa auffallende Ungenauigkeiten dem Verlag mitzuteilen. Geschützte Warennamen (Warenzeichen ®) werden nicht immer besonders kenntlich gemacht. Aus dem Fehlen eines solchen Hinweises kann also nicht geschlossen werden, dass es sich um einen freien Warennamen handelt Das Werk, einschließlich aller seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwendung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen oder die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Wo datenschutzrechtlich erforderlich, wurden die Namen und weitere Daten von Personen redaktionell verändert (Tarnnamen). Dies ist grundsätzlich der Fall bei Patienten, ihren Angehörigen und Freunden, z. T. auch bei weiteren Personen, die z. B. in die Behandlung von Patienten eingebunden sind. 1. Auflage 2006 2. Auflage 2010 3. Auflage 2014 4. Auflage 2017 © 2006, 2020 Georg Thieme Verlag KG Rüdigerstraße 14, D­70469 Stuttgart Unsere Homepage: www.thieme.de Printed in Germany Layout: Ulrike Holzwarth, Büro für Gestaltung, Stuttgart Satz: L42 AG, Berlin, gesetzt mit PTC APP Druck: Aprinta Druck GmbH, Wemding DOI 10.1055/b­007­170976 ISBN 978­3­13­243502­5 Auch erhältlich als E­Book: eISBN (PDF) 978­3­13­241753­3 eISBN (ePub) 978­3­13­241754­0

1 2 3 4 5 6

Vorwort

3

Vorwort Anatomie ist die Grundlage des Arztberufes. Das erklärt ihren besonderen Stellenwert im Medizinstudium. Ohne fundierte Kenntnisse im Fach Anatomie ist kompetentes ärztliches Handeln nicht möglich. So wichtig und interessant das Fach ist, so detailreich präsentiert es sich. Anatomie zählt damit auch zu den Fächern, die mit Stress und Zeitaufwand in Verbindung gebracht werden: Scheinbar unendlich viele Knochen, Muskeln und Leitungsbahnen sollen irgendwie im Gedächtnis haften bleiben und in der Prüfung abrufbar sein. Genau dieses Problem löst die Duale Reihe Anatomie in ganz besonderer Weise, indem sie, wo immer es nötig und möglich ist, Funktionszusammenhänge darstellt und nicht stur nach der Topografie gliedert. Dadurch schlägt sie gleichzeitig die Brücke zur klinisch-ärztlichen Tätigkeit. „Klinik“-Kästen verbinden anatomisches Wissen direkt mit möglichen pathologischen Veränderungen. Ein „Klinik“-Kasten zum Thema Ösophagus zeigt z.B., wie sich das Epithel des Ösophagus durch anhaltenden Reflux von Magensäure pathologisch verändern kann, ein Kasten zum Thema Schädelbruch erläutert, wie Frakturlinien mit dem Bau des knöchernen Schädels zusammenhängen, und bei der Darstellung der Milz erklärt der „Klinik“-Kasten, warum dieses Organ heutzutage nicht mehr unbedingt entfernt wird, wenn es gerissen ist. Eine weitere Verbindung zur Klinik stellen die „Streckenpläne“ her. Anhand dieser besonderen Form von Fallbeispielen lässt sich Schritt für Schritt nachvollziehen, wie man von den Symptomen zur Diagnose und von dort zu einer erfolgreichen Therapie kommt. Die makroskopische Anatomie bedeutet für viele Studierende auch eine Auseinandersetzung mit dem Tod und ethischen Fragen, die sich im Rahmen des Präparierkurses zwangsläufig stellen. Diese sehr wichtige Dimension ärztlichen Handelns wird in einem Essay des Medizinethikers Giovanni Maio zu Beginn des Buches aufgegriffen. Auch für die 5. Auflage wurde der bewährte, einheitliche Kapitelaufbau mit einer kurzen Übersicht über die Funktionen anatomischer Strukturen am Anfang des Kapitels beibehalten. Die übrigen Lernhilfen wie „Merke“-Kästen sowie das Charakteristikum der Duale-Reihe-Lehrbücher, das integrierte Kurzlehrbuch am Seitenrand, haben sich für die rasche Orientierung und vor allem bei der effektiven Wiederholung zur Prüfungsvorbereitung sehr bewährt.

Auch die 5. Auflage enthält einen virtuellen Präparierkurs. Dieses Lernprogramm steht online zur Verfügung und beinhaltet zahlreiche Fotos von Original-Präparaten. Sie ermöglichen interaktives Lernen und dienen zudem der Vor- und Nachbereitung der praktischen Arbeit im Präparierkurs. Ein Anatomie-Lehrbuch lebt von Illustrationen. Die reichhaltige Bebilderung des Buches setzt diese Überzeugung mit plastischen Grafiken anatomischer Strukturen um. Zusätzlich werden anatomische Sachverhalte, wo es sinnvoll ist, durch eindrucksvolle Darstellungen moderner bildgebender Verfahren ergänzt. Abbildungen aus dem klinischen Alltag machen den Leser darüber hinaus mit dem vertraut, was ihn im Laufe seines Studiums und später bei der ärztlichen Tätigkeit erwartet. Die Nomenklatur des Buches orientiert sich vorwiegend an der aktuellen Terminologia anatomica von 1998, wobei je nach Kontext die dort zu entnehmende lateinische oder die in der Klinik häufig verwendete eingedeutschte Schreibweise gewählt ist. In die Terminologia anatomica nicht (mehr) aufgenommene, jedoch weiterhin gebräuchliche Begriffe sind ebenfalls genannt. Gedankt sei zuerst Herrn Karl Wesker und Herrn Markus Voll, deren qualitativ hochwertige Grafiken aus dem PROMETHEUS LernAtlas (Schünke, Schulte, Schumacher) einen Großteil dazu beitragen, dass die in der Dualen Reihe Anatomie beschriebenen Inhalte so plastisch veranschaulicht werden können. Zusammen mit ihren Kollegen haben sie Anpassungen und Erweiterungen, die durch die Einbindung der Grafiken in ein Lehrbuch notwendig wurden, perfekt umgesetzt. Gedankt sei auch den Studierenden und den Fachkollegen für Anregungen zur Verbesserung des Lehrtextes und Korrekturen. Allen beteiligten Mitarbeitern des Georg Thieme Verlags danken wir für ihren Beitrag zur Verwirklichung des Buches, insbesondere Frau Dorothea Thilo, Frau Dr. Bettina Horn-Zölch, Frau Amelie Knauß, Frau Sabine Bartl und Frau Dr. Hanna Manßen für ihre engagierte und kompetente redaktionelle Arbeit. Dem Buch wünschen wir weiterhin eine positive Aufnahme durch Studierende und Kollegen, deren kritische Rückmeldungen und Verbesserungsvorschläge uns herzlich willkommen sind. Im Frühjahr 2020

Die Autoren

4

Anschriften Prof. Dr. med. Gerhard Aumüller Emil-von-Behring-Bibliothek für Geschichte und Ethik der Medizin Bahnhofstr. 7 35037 Marburg

Dr. rer. nat. Jürgen Salvetter Institut für Anatomie Universität Leipzig Shakespearestr. 31 04107 Leipzig

Prof. Dr. rer. nat. Gabriela Aust Department für Operative Medizin Forschungslaboratorien der Chirurgischen Kliniken Universität Leipzig Liebigstr. 19 04103 Leipzig

Prof. Dr. med. Wolfgang Schmidt † Universität Leipzig

Dr. med. Arne Conrad Kontaktadresse: Georg Thieme Verlag KG Rüdigerstraße 14 70469 Stuttgart Prof. Dr. rer. biol. hum. Jürgen Engele Institut für Anatomie Universität Leipzig Liebigstr. 13 04103 Leipzig Prof. Dr. med. Joachim Kirsch Institut für Anatomie und Zellbiologie Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg Im Neuenheimer Feld 307 69120 Heidelberg Prof. Dr. med. Giovanni Maio Institut für Ethik und Geschichte der Medizin Albert-Ludwigs-Universität Freiburg Stefan-Meier-Str. 26 79104 Freiburg Prof. Dr. med. Artur Mayerhofer Biomedizinisches Centrum München (BMC) Ludwig-Maximilians-Universität München Zellbiologie, Anatomie III Großhaderner Straße 9 82152 Planegg-Martinsried Prof. Dr. med. Siegfried Mense Institut für Neurophysiologie Universität Heidelberg, Medizinische Fakultät Mannheim Ludolf-Krehl-Str. 13–17 (CBTM) 68167 Mannheim Prof. Dr. med. Dieter Reißig Institut für Anatomie Universität Leipzig Albersdorfer Str. 31 04249 Leipzig

Prof. Dr. med. Frank Schmitz Institut für Anatomie und Zellbiologie Universität des Saarlandes Kirrberger Straße 66421 Homburg Prof. Dr. med. Erik Schulte Institut für Funktionelle und Klinische Anatomie Universitätsmedizin der Johannes-Gutenberg-Universität Mainz Joh.-Joachim-Becher-Weg 13 55128 Mainz Prof. Dr. Katharina Spanel-Borowski Institut für Anatomie Universität Leipzig Prinz-Eugen-Str. 35 04277 Leipzig Prof. Dr. med. Gunther Wennemuth Institut für Anatomie Universitätsklinikum Essen Hufelandstr. 55 45147 Essen Dr. Werner Wolff Institut für Anatomie Universität Leipzig Schreberstr. 14 04109 Leipzig Prof. Dr. med. Laurenz J. Wurzinger Anatomische Anstalt Ludwig-Maximilians-Universität München Pettenkoferstr. 11 80336 München Prof. Dr. med. Hans-Gerhard Zilch Lehrbeauftragter für Radiologie Klinikum rechts der Isar der Technischen Universität München (TUM) Institut für Radiologie und Nuklearmedizin Schwandorf Abteilung für CT und MRT im Krankenhaus St. Barbara Marktplatz 28 92421 Schwandorf

Inhaltsverzeichnis

5

Inhaltsverzeichnis Der Mensch ist mehr als die Summe seiner Teile Eine medizinethische Annäherung an die Anatomie. . . . . .

19

Giovanni Maio

Allgemeine Anatomie Teil A Grundlagen anatomischer Strukturen und ihrer Darstellung 1

Allgemeine Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . 31

2.2.2

W. Schmidt 1.1

Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

31

1.2 1.2.1 1.2.2 1.2.3

Teilgebiete der Anatomie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Makroskopische Anatomie. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Mikroskopische und molekulare Anatomie . . . . . . . Embryologie. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

31 31 32 33

1.3

Anatomische Fachsprache . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

33

1.4

Gliederung des Körpers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

33

1.5

Oberflächenanatomie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

35

1.6

Achsen, Ebenen, Richtungs- und Lagebezeichnungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

38

1.7 1.7.1 1.7.2 1.7.3 1.7.4 1.7.5 1.7.6

Äußere Gestalt des Körpers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Körpermaße . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Proportionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Akzeleration. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Konstitutionstypen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Norm und Variabilität. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Einfluss von Alter und Geschlecht . . . . . . . . . . . . . .

43 43 45 45 45 47 47

1.8 1.8.1 1.8.2 1.8.3

Körperspende und Präparierkurs . . . . . . . . . . . . . . . Körperspende . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Leichenkonservierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Präparierkurs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

48 48 48 48

2

Zytologie und Histologie – Grundlagen 49 K. Spanel-Borowski, A. Mayerhofer

2.1 2.1.1 2.1.2

2.1.3 2.1.4

2.2 2.2.1

Die Zelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zellkern (Nucleus) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zytoplasma. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zellorganellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zytoskelett . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zellmembran . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Oberflächendifferenzierungen . . . . . . . . . . . . . . . . . Zellkontakte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kommunikationskontakt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Barrierekontakt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Adhäsionskontakte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

49 50 50 51 51 53 54 56 56 56 57

Das Gewebe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Epithelgewebe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Oberflächenepithel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Drüsenepithel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Sekrettransport in exokrinen Drüsen. . . . . . . . . . . .

58 59 60 62 65

2.2.3

2.2.4

2.2.5

2.2.6

Binde- und Fettgewebe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Bindegewebe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Fettgewebe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Knorpelgewebe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Hyaliner Knorpel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Elastischer Knorpel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Faserknorpel. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Knochengewebe. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Bestandteile des Knochengewebes . . . . . . . . . . . . . . Arten von Knochengewebe. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Lamellenknochen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Vaskularisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Knochenumbau . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Entwicklung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Längen- und Breitenwachstum . . . . . . . . . . . . . . . . . Muskelgewebe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Skelettmuskulatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Herzmuskulatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Glatte Muskulatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nervengewebe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Neurone . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Myelinisierte Nervenfasern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Periphere Nerven. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Synapsen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ganglien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

66 66 71 72 73 74 74 75 75 76 77 78 78 78 81 81 82 87 89 91 91 94 95 97 98

2.3 2.3.1 2.3.2

Histologische Techniken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 99 Routinetechniken. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 99 Färbetechniken. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 100

3

Embryologie – Grundlagen . . . . . . . . . . . . . 102 J. Kirsch

3.1

Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102

3.2 3.2.1 3.2.2 3.2.3 3.2.4

Konzeption bis Implantation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Konzeption (Befruchtung) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Entwicklung zur Morula . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Blastozysten-Stadium . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Implantation. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

3.3 3.3.1 3.3.2

Bildung der Keimscheiben und extraembryonaler Hohlräume . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 106 Zweite Entwicklungswoche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 106 Dritte Entwicklungswoche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109

3.4 3.4.1

Differenzierung der Keimblätter . . . . . . . . . . . . . . . . 111 Neurulation und Somitenbildung (18. Tag) . . . . . . . 111

103 103 104 105 105

6 3.5 3.5.1 3.5.2 3.5.3 3.6 3.6.1 3.6.2

3.6.3 3.6.4

Inhaltsverzeichnis

Entstehung der Körperhöhlen . . . . . . . . . . . . . . . . . . Trennung von Thorax- und Abdominalraum durch Entwicklung des Zwerchfells . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Entstehung von Perikard- und Pleurahöhle . . . . . . . Entstehung der Abdominalhöhle . . . . . . . . . . . . . . . . Plazenta, Nabelschnur und Eihäute . . . . . . . . . . . . . . Dezidua und Chorion. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Plazenta . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Funktion der Plazenta . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Entwicklung der Plazenta . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Aufbau der reifen Plazenta . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Plazentaschranke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nabelschnur (Funiculus umbilicalis) . . . . . . . . . . . . . Eihäute. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Fallgeschichte: Geben und nehmen . . . . . . . . . . . . . .

114 115 116 117 119 119 119 119 120 121 121 122 124 128

4

Bildgebung – Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . 129 H.-G. Zilch, L.J. Wurzinger

4.1

Einleitung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

129

4.2 4.2.1 4.2.2

Standardverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Röntgendiagnostik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Schnittbildverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Computertomografie (CT) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Magnetresonanztomografie (MRT) . . . . . . . . . . . . . Ultraschalldiagnostik (Sonografie) . . . . . . . . . . . . . .

129 129 134 134 136 138

4.2.3 4.3

Kontrastmittel. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

139

4.4 4.4.1 4.4.2 4.4.3

Darstellung der Blutgefäße . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Angiografie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . CT- und MRT-Angiografie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Doppler- und Duplexsonografie . . . . . . . . . . . . . . . .

139 139 140 141

2

Blut und lymphatische Organe – Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 165

Teil B Einführung in funktionelle Systeme 1

Herz-Kreislauf-System – Grundlagen . . .145 J. Engele

G. Aust 1.1

Einführung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 145

1.2 1.2.1 1.2.2

Funktion und Bauprinzip . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 145 Funktion des Herz-Kreislauf-Systems . . . . . . . . . . . . 145 Bauprinzip des Herz-Kreislauf-Systems . . . . . . . . . . 145

1.3 1.3.1 1.3.2 1.3.3 1.3.4

Funktionelle Gliederung des Blutkreislaufs. . . . . . . . Kleiner und großer Kreislauf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Hoch- und Niederdrucksystem . . . . . . . . . . . . . . . . . Vasa privata und Vasa publica . . . . . . . . . . . . . . . . . . Endstrombahn . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

1.4

Unterschiede zwischen prä- und postnatalem Kreislauf. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 150 Vorgeburtlicher Kreislauf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 150 Kreislaufumstellung bei der Geburt. . . . . . . . . . . . . . 151

1.4.1 1.4.2 1.5 1.5.1 1.5.2

1.5.3 1.6 1.6.1 1.6.2

148 148 149 149 150

Feinbau und Funktion der Blutgefäße . . . . . . . . . . . . Allgemeiner Wandbau. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Bau unterschiedlicher Abschnitte des Gefäßsystems . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Arterien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Arteriolen und Metarteriolen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kapillaren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Venolen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Venen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Vasomotorik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

153 153 154 155 158 158 160

Lymphgefäßsystem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Funktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Organisation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Lymphgefäße . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Lymphknoten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Klinischer Fall: Akute Atemnot . . . . . . . . . . . . . . . . . .

161 161 161 162 163 164

152 152

2.1

Einleitung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

165

2.2 2.2.1 2.2.2 2.2.3 2.2.4 2.2.5

Blut . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Bestandteile des Blutes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Blutbildung (Hämatopoese) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Erythrozyten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Thrombozyten. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Leukozyten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Granulozyten. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Mononukleäres Phagozytensystem (MPS) . . . . . . . Dendritische Zellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Lymphozyten. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Fallgeschichte: Ein „echter“ Fall . . . . . . . . . . . . . . . .

165 165 166 168 169 170 171 174 175 176 178

2.3 2.3.1

2.3.2

Lymphatische Organe. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Primäre lymphatische Organe . . . . . . . . . . . . . . . . . Knochenmark . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Thymus (Bries) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Sekundäre lymphatische Organe . . . . . . . . . . . . . . . Lymphknoten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Milz (Splen, Lien) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Mukosa-assoziiertes lymphatisches Gewebe . . . . . Fallgeschichte: Blackout mit Folgen . . . . . . . . . . . . .

179 179 179 180 182 183 184 188 193

3

Nervensystem – Grundlagen . . . . . . . . . . . 194 S. Mense

3.1

Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

194

3.2

Funktion und Gliederung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

194

3.3 3.3.1

Funktionelle und physiologische Grundlagen . . . . . Umformung des Reizes in neuronale Signale . . . . . Aufnahme des Reizes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Aktionspotenzial und Erregungsweiterleitung. . . . Afferenzen/Efferenzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Reflexe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Axonaler Transport. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

195 195 195 195 197 198 200

3.3.2

Inhaltsverzeichnis

3.4 3.4.1

Morphologische Einteilung des Nervensystems . . . Zentrales Nervensystem (ZNS) . . . . . . . . . . . . . . . . . Gehirn . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Rückenmark . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Peripheres Nervensystem (PNS) . . . . . . . . . . . . . . . . Spinalnerven (Nervi spinales) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Hirnnerven (Nervi craniales). . . . . . . . . . . . . . . . . . .

201 201 202 204 206 206 211

3.5 3.5.1 3.5.2

Funktionelle Einteilung des Nervensystems . . . . . . Somatisches Nervensystem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Autonomes Nervensystem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Sympathikus und Parasympathikus . . . . . . . . . . . . . Enterisches Nervensystem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Neurotransmitter im autonomen Nervensystem . . Reflexe im autonomen Nervensystem . . . . . . . . . . .

212 212 214 214 219 219 220

4

Bewegungssystem – Grundlagen . . . . . . 221

3.4.2

W. Schmidt

4.2.3 4.2.4

Blutversorgung des Knochens . . . . . . . . . . . . . . . . . . 225 Funktionelle Prinzipien des Knochenbaus . . . . . . . . 225

4.3 4.3.1 4.3.2

Knochenverbindungen (Juncturae) . . . . . . . . . . . . . . Synarthrosen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Diarthrosen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Allgemeiner Aufbau von Gelenken . . . . . . . . . . . . . . Hilfsstrukturen an Gelenken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Einteilung der Gelenke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Bewegungsmöglichkeiten in Gelenken. . . . . . . . . . .

226 227 228 228 229 231 232

4.4 4.4.1 4.4.2 4.4.3

Skelettmuskulatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Aufbau von Muskeln und Sehnen . . . . . . . . . . . . . . . Muskeltypen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zusatzeinrichtungen von Muskeln und Sehnen. . . . Faszie (Muskelbinde). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Vagina tendinis (Sehnenscheide). . . . . . . . . . . . . . . . Bursa synovialis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Retinaculum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ossa sesamoidea (Sesambeine) . . . . . . . . . . . . . . . . . Mechanische Eigenschaften eines Muskels . . . . . . . Mechanische Selbststeuerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . Hubhöhe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Richtung des Muskelzuges . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kraftentfaltung eines Muskels . . . . . . . . . . . . . . . . . . Muskelquerschnitt. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Natürliche Bewegungsabläufe . . . . . . . . . . . . . . . . . .

234 234 234 236 236 237 238 238 238 238 238 238 239 239 240 240

4.4.4

4.1

Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 221

4.2 4.2.1 4.2.2

Knochen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Funktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Aufbau . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Unterschiede nach Art der Knochen . . . . . . . . . . . . . Unterschiede nach Typ der Knochen . . . . . . . . . . . . Knochenmark (Medulla ossium) . . . . . . . . . . . . . . . .

7

221 221 221 222 223 224

Bewegungssystem Teil C Rumpfwand 1

Rücken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 247 L.J. Wurzinger

1.1 1.1.1 1.1.2

1.1.3 1.1.4 1.1.5

1.1.6

1.2 1.2.1 1.2.2

1.3

Wirbelsäule (WS) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Funktionelle Aspekte und Bauprinzip . . . . . . . . . . . Wirbel (Vertebrae) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Grundform der Wirbel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Feinbau und Spongiosaarchitektur . . . . . . . . . . . . . . Hals-, Brust- und Lendenwirbel . . . . . . . . . . . . . . . . Kreuzbein (Os sacrum) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Steißbein (Os coccygis) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zwischenwirbelscheiben (Disci intervertebrales). . Bänder der Wirbelsäule . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kopfgelenke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Knochen – Os occipitale, Atlas und Axis. . . . . . . . . . Bau der Kopfgelenke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Bänder der Kopfgelenke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Mechanik der Wirbelsäule . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Bewegungssegmente und Bewegungsachsen . . . . . Beweglichkeit der einzelnen Wirbelsäulenabschnitte

247 248 250 250 252 253 257 258 258 260 264 264 265 266 268 268 268

Rückenmuskulatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Funktionelle Bedeutung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Einteilung und Aufbau der Rückenmuskulatur . . . . Autochthone Rückenmuskeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nicht autochthone Rückenmuskeln . . . . . . . . . . . . .

270 270 271 271 276

Gefäßversorgung und Innervation des Rückens . . . 277

1.4

Topografische Anatomie des Rückens. . . . . . . . . . . . 280

1.5 1.5.1 1.5.2

Entwicklung von Wirbelsäule und Rückenmuskeln 281 Normale Entwicklung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 281 Varianten und Fehlbildungen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 283

2

Brustwand und Brustkorb (Thorax) . . . . 286 L.J. Wurzinger

2.1

Funktionelle Aspekte und Bauprinzip . . . . . . . . . . . . 286

2.2 2.2.1 2.2.2

Knöcherner Thorax . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 288 Costae (Rippen) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 288 Sternum (Brustbein) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 289

2.3 2.3.1 2.3.2 2.3.3

Gelenke und Bandapparat des Thorax. . . . . . . . . . . . Kostovertebralgelenke (Articulationes costovertebrales). . . . . . . . . . . . . . . . Sternokostalgelenke (Articulationes sternocostales) Mechanik der Thoraxgelenke (Atemmechanik). . . .

2.4 2.4.1 2.4.2

Muskulatur des Thorax . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 294 Brustwandmuskulatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 294 Diaphragma (Zwerchfell) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 295

2.5

Gefäßversorgung und Innervation der Thoraxwand 299

290 290 291 292

2.6

Topografische Anatomie der Thoraxwand . . . . . . . . 303

2.7 2.7.1 2.7.2

Entwicklung der Thoraxwand . . . . . . . . . . . . . . . . . . 304 Normale Entwicklung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 304 Varianten und Fehlbildungen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 305

8 3

Inhaltsverzeichnis

Bauchwand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .306

4

L.J. Wurzinger

Beckenwände, Beckenboden und Dammregion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 326 L.J. Wurzinger

3.1

Funktionelle Aspekte und Bauprinzip . . . . . . . . . . . . 306

3.2

Muskeln und Bindegewebsstrukturen der Bauchwand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Bauchmuskulatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Bindegewebsstrukturen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Aponeurosen und Rektusscheide. . . . . . . . . . . . . . . . Faszien und Ligamentum inguinale . . . . . . . . . . . . . .

3.2.1 3.2.2

308 308 313 313 314

3.3 3.3.1 3.3.2

Leistenkanal (Canalis inguinalis) . . . . . . . . . . . . . . . . 315 Verlauf und Begrenzungen des Leistenkanals . . . . . 316 Öffnungen des Leistenkanals und Innenrelief der Bauchwand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 317

3.4

Gefäßversorgung und Innervation der Bauchwand. 320

3.5

Topografische Anatomie der Bauchwand . . . . . . . . . 323

3.6

Entwicklung von Bauchwand und Leistenkanal . . . . 324

4.1 4.1.1 4.1.2 4.1.3 4.1.4 4.1.5

Becken (Pelvis) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Funktionelle Aspekte und Bauprinzip . . . . . . . . . . . Beckenknochen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Form des Beckens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Gelenke und Bandapparat des Beckens . . . . . . . . . . Mechanik des Beckens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

326 326 327 328 331 332

4.2 4.2.1 4.2.2 4.2.3 4.2.4

Beckenboden. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Funktionelle Aspekte und Bauprinzip . . . . . . . . . . . Diaphragma pelvis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . „Diaphragma urogenitale“. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Sphinkter- und Schwellkörpermuskulatur . . . . . . .

334 334 335 336 337

4.3 4.3.1

4.3.2

Dammregion (Regio perinealis) . . . . . . . . . . . . . . . . Gliederung der Dammregion . . . . . . . . . . . . . . . . . . Regio urogenitalis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Regio analis mit Fossa ischioanalis . . . . . . . . . . . . . . Damm (Perineum) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

338 338 338 340 340

4.4

Gefäßversorgung und Innervation . . . . . . . . . . . . . .

341

1.5

Topografische Anatomie von Hüfte, Oberschenkel und Knie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Regionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Orientierungspunkte und -linien . . . . . . . . . . . . . . . Kniekehle (Fossa poplitea). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Achsen der unteren Extremität . . . . . . . . . . . . . . . . Klinischer Fall: Junge mit Muskelschwäche . . . . . . .

389 389 390 393 394 395

Teil D Untere Extremität 1

Hüfte, Oberschenkel und Knie . . . . . . . . . .345 L.J. Wurzinger

1.1

Funktionelle Aspekte und Bauprinzip . . . . . . . . . . . . 345

1.2 1.2.1

Hüftgelenk (Articulatio coxae) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Gelenktyp und Gelenkkörper . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Oberschenkelknochen (Os femoris). . . . . . . . . . . . . . Gelenkkapsel und Bandapparat . . . . . . . . . . . . . . . . . Mechanik des Hüftgelenks . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Hüftmuskulatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Entwicklung von Hüfte und Oberschenkel . . . . . . . .

345 345 346 348 350 351 360

Kniegelenk (Articulatio genus) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Gelenktyp und Gelenkkörper . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Bandapparat und Gelenkkapsel des Kniegelenks. . . Menisci . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ventrale Bänder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kollateralbänder. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dorsale Bänder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zentrale Bänder (Kreuzbänder; Ligamenta cruciata) Gelenkkapsel und Gelenkhöhle . . . . . . . . . . . . . . . . . Mechanik des Kniegelenks . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Muskulatur des Kniegelenks. . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

363 363 366 366 370 371 373 373 375 376 377

1.2.2 1.2.3 1.2.4 1.2.5 1.3 1.3.1 1.3.2

1.3.3 1.3.4 1.3.5 1.4 1.4.1 1.4.2

Gefäßversorgung und Innervation von Hüfte, Oberschenkel und Knie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Gefäßversorgung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Innervation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Plexus lumbosacralis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Verlauf und Innervationsgebiete der peripheren Nerven . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

1.5.1 1.5.2 1.5.3 1.5.4

2

Unterschenkel und Fuß . . . . . . . . . . . . . . . . . 396 L.J. Wurzinger

2.1

Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

396

2.2

Funktionelle Aspekte und Bauprinzip . . . . . . . . . . .

396

2.3 2.3.1

Knochen von Unterschenkel und Fuß. . . . . . . . . . . . Unterschenkelknochen (Ossa cruris) und ihre Verbindungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tibia (Schienbein) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Fibula (Wadenbein) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Verbindungen von Tibia und Fibula . . . . . . . . . . . . . Fußknochen (Ossa pedis). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tarsus (Fußwurzel). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Metatarsus (Mittelfuß). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Antetarsus (Vorfuß) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

397 397 397 398 399 399 399 402 403

Gelenke von Unterschenkel und Fuß . . . . . . . . . . . . Sprunggelenke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Oberes Sprunggelenk (OSG, Articulatio talocruralis) Unteres Sprunggelenk (USG, Articulatio talotarsalis) Weitere Gelenke des Fußes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

403 403 404 407 409

2.3.2

380 380 385 385

2.4 2.4.1

386

2.4.2

Inhaltsverzeichnis

2.5 2.5.1

2.5.2

Muskulatur von Unterschenkel und Fuß . . . . . . . . . Muskulatur des Unterschenkels . . . . . . . . . . . . . . . . Flexoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Extensoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Fibularisgruppe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Sprunggelenkmuskeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kurze Fußmuskeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

2.6 2.6.1

Funktionelle Anatomie des Fußes . . . . . . . . . . . . . . . 421 Lastübertragung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 421

411 411 412 414 416 416 417

9

2.6.2

Aufbau und Sicherung der Fußgewölbe . . . . . . . . . . 423

2.7

Gefäßversorgung und Innervation von Unterschenkel und Fuß . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 426 Gefäßversorgung von Unterschenkel und Fuß . . . . 427 Innervation von Unterschenkel und Fuß . . . . . . . . . 431

2.7.1 2.7.2 2.8

Topografische Anatomie von Unterschenkel und Fuß. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 433

2

Unterarm und Hand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 477

Teil E Obere Extremität 1

Schulter, Oberarm und Ellenbogen . . . . 437 L.J. Wurzinger

L.J. Wurzinger

1.1

Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 437

2.1

Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 477

1.2 1.2.1 1.2.2

Schulter. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Funktionelle Aspekte und Bauprinzip der Schulter Schultergürtel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Knochen (Gelenkkörper) des Schultergürtels . . . . . Gelenke und Bänder des Schultergürtels . . . . . . . . . Mechanik des Schultergürtels . . . . . . . . . . . . . . . . . . Muskeln des Schultergürtels . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Schultergelenk (Articulatio glenohumeralis/humeri) Gelenktyp und Gelenkkörper . . . . . . . . . . . . . . . . . . Gelenkkapsel und Bandapparat. . . . . . . . . . . . . . . . . Mechanik des Schultergelenks . . . . . . . . . . . . . . . . . Muskulatur des Schultergelenks . . . . . . . . . . . . . . . .

437 437 439 439 440 441 443 445 445 447 450 451

2.2

Funktionelle Aspekte und Bauprinzip . . . . . . . . . . . . 477

2.3 2.3.1

Knochen von Unterarm und Hand . . . . . . . . . . . . . . . Knochen des Unterarms und ihre Verbindungen . . Ulna (Elle) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Radius (Speiche) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Verbindungen von Radius und Ulna . . . . . . . . . . . . . Handskelett. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Carpus (Handwurzel) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Metacarpus (Mittelhand) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Digiti manus (Finger) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Fallgeschichte: „Gibt’s das zu kaufen?“ . . . . . . . . . .

478 478 479 479 479 480 480 482 482 483

1.3 1.3.1 1.3.2 1.3.3 1.3.4

Ellenbogengelenk (Articulatio cubiti) . . . . . . . . . . . . Gelenktyp und Gelenkkörper . . . . . . . . . . . . . . . . . . Gelenkkapsel und Bandapparat. . . . . . . . . . . . . . . . . Gelenkmechanik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Muskulatur des Ellenbogengelenks . . . . . . . . . . . . .

455 455 458 459 460

1.4

Gefäßversorgung und Innervation von Schulter, Oberarm und Ellenbogen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Gefäßversorgung von Schulter, Oberarm und Ellenbogen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Innervation von Schulter, Oberarm und Ellenbogen Plexus brachialis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

Gelenke der Hand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Proximales und distales Handgelenk . . . . . . . . . . . . Gelenktyp und Gelenkkörper. . . . . . . . . . . . . . . . . . . Gelenkkapsel und Bandapparat . . . . . . . . . . . . . . . . . Mechanik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Weitere Gelenke der Hand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Interkarpalgelenke. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Karpometakarpal- und Intermetakarpalgelenke . . . Fingergrundgelenke (Articulationes metacarpophalangeae, MCP) . . . . . . Interphalangealgelenke (Articulationes interphalangeae) . . . . . . . . . . . . . . . .

484 485 485 485 487 489 489 489

2.5 2.5.1 2.5.2 2.5.3

Muskulatur von Unterarm und Hand . . . . . . . . . . . . Muskulatur des Unterarms. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kurze Handmuskeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Bindegewebige Hilfsstrukturen der Muskulatur . . . Sehnen und Sehnenscheiden der Flexoren . . . . . . . Sehnen und Sehnenscheiden der Extensoren . . . . . Palmaraponeurose (Aponeurosis palmaris) . . . . . . .

492 492 498 500 500 502 503

2.6 2.6.1 2.6.2

Gefäßversorgung und Innervation von Unterarm und Hand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 505 Gefäßversorgung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 505 Innervation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 508

2.7 2.7.1 2.7.2

Topografische Anatomie von Unterarm und Hand . 513 Regionen und Konturen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 513 Orientierungspunkte und -linien . . . . . . . . . . . . . . . 514

2.8

Entwicklung von Unterarm und Hand. . . . . . . . . . . . 515

1.2.3

1.4.1 1.4.2 1.5 1.5.1

1.5.2 1.5.3

Topografische Anatomie von Schulter, Oberarm und Ellenbogen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Regionen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Achselhöhle (Fossa axillaris) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ellenbeuge (Fossa cubitalis) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Orientierungspunkte und -linien . . . . . . . . . . . . . . . Achsen der oberen Extremität. . . . . . . . . . . . . . . . . .

2.3.2

2.4 2.4.1

2.4.2

463 463 468 468 473 473 474 475 475 476

491 492

10

Inhaltsverzeichnis

Brust-, Bauch-, Beckensitus Teil F Grundlagen zur Anatomie der Körperhöhlen und ihrer Organe 1

Grundlagen zur Anatomie der Körperhöhlen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .521

2

F. Schmitz

Grundlagen zur Anatomie innerer Organe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 528 F. Schmitz

1.1

Definition Körperhöhle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 521

2.1

Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

1.2

Einteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 521

2.2

Allgemeiner Aufbau innerer Organe . . . . . . . . . . . .

528

1.3 1.3.1 1.3.2 1.3.3 1.3.4

Seröse Höhlen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Funktion seröser Höhlen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Aufbau seröser Höhlen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Gefäßversorgung und Innervation seröser Häute . . Entwicklung seröser Höhlen . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

523 523 523 527 527

2.3 2.3.1 2.3.2

Charakteristika von Hohlorganen. . . . . . . . . . . . . . . Schleimhaut (Tunica mucosa) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Muskulatur der Hohlorgane . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

529 530 530

Gliederung der Brusthöhle . . . . . . . . . . . . . .533

2.4.3 2.4.4

Aufbau der Pleura . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Gefäßversorgung und Innervation . . . . . . . . . . . . . .

564 565

2.5 2.5.1 2.5.2

Atmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Bedeutung von äußerer und innerer Atmung . . . . Respiration . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ventilation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Perfusion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Diffusion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

565 565 566 566 568 569

2.6

Topografische Anatomie von Atmungsorganen und Pleura . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ausdehnung von Pleura und Lunge . . . . . . . . . . . . . Pleuragrenzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Lungengrenzen und ihre Atemverschieblichkeit . . Lungenlappengrenzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

570 570 570 570 572

528

Teil G Brusthöhle 1

F. Schmitz 1.1

Einführung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 533

1.2

Funktionelle Aspekte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 533

1.3 1.3.1

1.3.2

Einteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Mediastinum. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Funktionelle Bedeutung des Mediastinums . . . . . . . Lage und Einteilung des Mediastinums. . . . . . . . . . . Durchtrittsstellen für mediastinale Strukturen im Zwerchfell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Pleurahöhlen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

2

Atmungsorgane und Pleura . . . . . . . . . . . . .541

534 534 534 534 537 540

F. Schmitz 2.1

Einführung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 541

2.2 2.2.1 2.2.2

Luftröhre und Hauptbronchien . . . . . . . . . . . . . . . . . Funktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Aufbau, Gefäßversorgung und Innervation . . . . . . . Luftröhre (Trachea) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Hauptbronchus (Bronchus principalis) . . . . . . . . . . . Fallgeschichte: Von Spatzen und Kanonen . . . . . . . .

541 541 541 543 544 546

Lunge (Pulmo) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Funktion der Lunge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Form, Abschnitte und Lage der Lunge . . . . . . . . . . . . Aufbau der Lunge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Lungengewebe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Bronchialbaum (Arbor bronchialis) . . . . . . . . . . . . . . Gefäße und Innervation der Lunge . . . . . . . . . . . . . .

547 547 547 550 550 554 558

Pleura. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Funktion von Pleura und Pleurahöhle . . . . . . . . . . . . Abschnitte und Lage der Pleura . . . . . . . . . . . . . . . . . Umschlagfalten der Pleura parietalis. . . . . . . . . . . . .

561 561 562 563

2.3 2.3.1 2.3.2 2.3.3

2.3.4 2.4 2.4.1 2.4.2

2.6.1

2.7

Darstellung von Lunge und Pleura mit bildgebenden Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

2.8

Entwicklung der Atmungsorgane. . . . . . . . . . . . . . . Klinischer Fall: Luftnot bei bekannter Lungenerkrankung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

3

574 575 577

Herz und Herzbeutel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 578 F. Schmitz

3.1

Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

578

3.2 3.2.1 3.2.2 3.2.3

Herz (Cor) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Funktion des Herzens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Form, Abschnitte und Lage des Herzens . . . . . . . . . Organisation des Herzens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Herzvorhöfe (Atria cordis) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Herzkammern (Ventriculi cordis). . . . . . . . . . . . . . . Herzsepten (Septa cordis) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Herzskelett – Ventilebene des Herzens . . . . . . . . . . Herzklappen (Valvae cordis) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Blutstrom durch die Binnenräume des Herzens. . .

578 578 578 581 582 584 586 587 587 593

Inhaltsverzeichnis

594 594 594 595

3.2.7 3.2.8

Wandbau des Herzens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Endokard (Endocardium) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Myokard (Myocardium) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Epikard (Epicardium) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Erregungsbildungs- und -leitungssystem des Herzens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Sinusknoten (Nodus sinuatrialis) . . . . . . . . . . . . . . . AV-Knoten (Nodus atrioventricularis) . . . . . . . . . . . His-Bündel (Fasciculus atrioventricularis) . . . . . . . . Kammerschenkel (Crus dextrum und Crus sinistrum) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Purkinje-Fasern (Rami subendocardiales) . . . . . . . . Gefäßversorgung und Innervation des Herzens . . . Gefäßversorgung durch die Herzkranzgefäße (Vasa coronaria). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Innervation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Mechanische Herzaktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Elektrische Herzaktion: EKG . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

3.3 3.3.1 3.3.2 3.3.3

Herzbeutel (Pericardium) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Funktion von Perikard und Perikardhöhle. . . . . . . . Lage und Aufbau des Perikards . . . . . . . . . . . . . . . . . Gefäßversorgung und Innervation . . . . . . . . . . . . . .

3.2.4

3.2.5

596 597 597 598

4

4.1

Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 627

4.2 4.2.1

Gefäße im Mediastinum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Arterien im Mediastinum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Aorta und ihre Abgänge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Lungenarterien (Arteriae pulmonales) . . . . . . . . . . . Venen im Mediastinum. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Hohlvenen (Venae cavae) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Azygos-System . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Lungenvenen (Venae pulmonales) . . . . . . . . . . . . . . Lymphgefäße im Mediastinum . . . . . . . . . . . . . . . . . Ductus thoracicus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ductus lymphaticus dexter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Trunci bronchomediastinales. . . . . . . . . . . . . . . . . . .

627 627 627 631 631 632 633 634 634 634 635 635

Nerven und Nervengeflechte im Mediastinum . . . . Anteile des vegetativen Nervensystems . . . . . . . . . . Grenzstrang (Truncus sympathicus) . . . . . . . . . . . . . Nervus vagus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anteile des somatischen Nervensystems . . . . . . . . . Nervus phrenicus. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

636 636 636 638 638 638

4.2.2

599 607 609 611

4.2.3

613 613 614 615

4.3 4.3.1

3.4 3.4.1

Topografie von Herz und Herzbeutel . . . . . . . . . . . . 615 Projektion auf die Thoraxwand . . . . . . . . . . . . . . . . . 615

4.3.2

3.5

Darstellung des Herzens mit bildgebenden Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 617 Herzdarstellung im Röntgenthorax . . . . . . . . . . . . . 618 Weitere bildgebende Verfahren zur Darstellung des Herzens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 620

4.4

3.5.1 3.5.2 3.6 3.6.1 3.6.2

Entwicklung des Herzens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Bildung der Herzschleife . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Entstehung der Herzbinnenräume . . . . . . . . . . . . . . Trennung des einheitlichen Atrioventrikularkanals Trennung und Bildung der Ventrikel mit ihren Ausstrombahnen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Trennung und Bildung der Vorhöfe. . . . . . . . . . . . . . Klinischer Fall: Plötzliche Schmerzen „auf der Brust“

622 622 623 623 624 625 626

Leitungsbahnen und topografische Beziehungen im Mediastinum . . . . . . . . . . 627 F. Schmitz

599 599 599

3.2.6

11

4.4.2

Beziehungen von Leitungsbahnen zu Organen im Mediastinum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 640 Topografische Beziehungen zu Trachea und Hauptbronchien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 640 Topografische Beziehungen zum Ösophagus . . . . . . 640

4.5

Topografische Orientierungspunkte zur Projektion 641

4.6 4.6.1

Entwicklung der großen Gefäße . . . . . . . . . . . . . . . . 641 Arterielle Gefäße – Differenzierung der Aortenbögen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 642 Venöse Gefäße – Differenzierung des Kardinalvenensystems . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 643

4.4.1

4.6.2

Teil H Gliederung des Bauch- und Beckenraums 1

Peritoneal- und Lageverhältnisse der Organe im Bauch- und Beckenraum . . . 647

1.4.4

J. Kirsch

Peritonealverhältnisse in der Cavitas peritonealis pelvis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 658 Fallgeschichte: Blut im Bauch. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 660

1.5 1.5.1 1.5.2

Kleines Becken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 661 Etagengliederung des kleinen Beckens . . . . . . . . . . . 661 Spatium extraperitoneale pelvis . . . . . . . . . . . . . . . . 661

2

Entwicklung der Peritonealverhältnisse 664

1.1

Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 647

1.2

Gliederung des Bauch-Becken-Raums. . . . . . . . . . . . 648

1.3 1.3.1 1.3.2

Peritoneum und seine Beziehung zu Organen. . . . . 651 Peritoneum (Bauchfell). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 651 Lagebeziehung der Organe zum Peritoneum. . . . . . 652

1.4 1.4.1 1.4.2 1.4.3

Peritonealverhältnisse in der Cavitas peritonealis . Mesos intraperitonealer Organe . . . . . . . . . . . . . . . . Recessus der Peritonealhöhle . . . . . . . . . . . . . . . . . . Peritonealverhältnisse in der Cavitas peritonealis abdominis. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Bursa omentalis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Omentum minus (kleines Netz) . . . . . . . . . . . . . . . . Omentum majus (großes Netz) . . . . . . . . . . . . . . . . .

652 652 653 655 655 657 657

J. Kirsch 2.1

Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 664

2.2

Entwicklung der Peritonealhöhle, des Darmrohrs und zugehöriger „Mesos“. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 664

2.3 2.3.1 2.3.2

Entwicklung des Oberbauchsitus. . . . . . . . . . . . . . . . Magendrehung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Entwicklungen im Mesogastrium ventrale . . . . . . . Entwicklung der Peritonealverhältnisse der Leber . Entwicklung des Omentum minus . . . . . . . . . . . . . .

666 666 667 667 668

12 2.3.3

2.3.4

Inhaltsverzeichnis

Entwicklungen im Mesogastrium dorsale . . . . . . . . Entwicklung der Peritonealverhältnisse von Pankreas, Milz und Duodenum. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Entwicklung des Omentum majus. . . . . . . . . . . . . . . Entwicklung der Bursa omentalis . . . . . . . . . . . . . . .

668 668 668 669

2.4 2.4.1 2.4.2

Entwicklung des Unterbauchsitus . . . . . . . . . . . . . . 670 Bildung, Wachstum und Drehung der Nabelschleife 670 Retroperitonealisierung einzelner Kolonabschnitte 671

1.6 1.6.1

Dickdarm (Intestinum crassum) . . . . . . . . . . . . . . . . Zäkum und Kolon . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . J. Kirsch Funktion von Zäkum und Kolon . . . . . . . . . . . . . . . . Abschnitte, Form und Lage von Zäkum und Kolon Besonderheiten des Wandbaus von Zäkum und Kolon . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Gefäßversorgung und Innervation . . . . . . . . . . . . . . Rektum und Analkanal . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . E. Schulte Funktion von Rektum und Analkanal . . . . . . . . . . . Abschnitte und Form von Rektum und Analkanal . Lage von Rektum und Analkanal . . . . . . . . . . . . . . . Wandbau und Sphinktersystem von Rektum und Analkanal . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Gefäßversorgung und Innervation . . . . . . . . . . . . . . Kontinenz und Defäkation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Entwicklung von Rektum und Analkanal . . . . . . . .

Teil I Verdauungssystem 1

Rumpfdarm – Ösophagus und Gastrointestinaltrakt. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .675 J. Kirsch, F. Schmitz, E. Schulte

1.1

Funktion und Einteilung des Verdauungssystems . . 675

1.2

Allgemeiner Aufbau des Rumpfdarms . . . . . . . . . . . . 676

J. Kirsch

1.2.2

J. Kirsch Wandschichten. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tunica mucosa . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tela submucosa . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tunica muscularis. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tunica adventitia, Tela subserosa und Tunica serosa Enterisches Nervensystem (Plexus entericus) . . . . .

1.3

Speiseröhre (Ösophagus) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 679

1.2.1

1.3.1 1.3.2 1.3.3 1.3.4 1.3.5 1.3.6 1.4

F. Schmitz Funktion des Ösophagus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Abschnitte, Lage und Form des Ösophagus . . . . . . . Wandbau des Ösophagus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Gefäßversorgung und Innervation. . . . . . . . . . . . . . . Bedeutung der Ösophagusperistaltik für den Schluckakt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Entwicklung des Ösophagus. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Fallgeschichte: Wolkig mit Aussicht auf . . . . . . . . . .

676 677 678 678 678 679

679 680 683 686 690 691 692

Magen (Gaster) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 693

1.4.4 1.4.5

J. Kirsch Funktion des Magens. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Abschnitte, Form und Lage des Magens . . . . . . . . . . Wandbau des Magens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Magenschleimhaut . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Magenmuskulatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Gefäßversorgung und Innervation. . . . . . . . . . . . . . . Chymusbildung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

1.5

Dünndarm (Intestinum tenue) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 703

1.4.1 1.4.2 1.4.3

1.5.1

1.5.2

1.5.3

J. Kirsch Charakteristika des gesamten Dünndarms. . . . . . . . Funktion des Dünndarms . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Wandbau des Dünndarms . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Duodenum (Zwölffingerdarm) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Funktion des Duodenums . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Form, Abschnitte und Lage des Duodenums . . . . . . Besonderheiten der Duodenalwand . . . . . . . . . . . . . Gefäßversorgung und Innervation. . . . . . . . . . . . . . . Jejunum und Ileum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Funktion von Jejunum und Ileum . . . . . . . . . . . . . . . Abschnitte, Form und Lage von Jejunum und Ileum Besonderheiten des Wandbaus von Jejunum und Ileum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Gefäßversorgung und Innervation von Jejunum und Ileum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

1.6.2

693 693 695 695 699 699 702

703 703 703 705 705 705 707 707 708 708 708

1.7

1.7.1

1.7.2 1.7.3

2

712 713 715 716 719 719 719 722 722 724 727 728

Darstellung des Verdauungskanals mit bildgebenden Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

729

J. Kirsch Konventionell radiologische Verfahren ohne und mit Kontrastmittel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Abdomenübersichtsaufnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . Kontrastmitteluntersuchungen . . . . . . . . . . . . . . . . Schnittbildverfahren und Sonografie. . . . . . . . . . . . Endoskopie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Klinischer Fall: Bluthochdruck und „flush“ . . . . . . .

729 729 730 731 732 733

Hepatobiliäres System und Pankreas . . 734 J. Kirsch

2.1

Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

734

2.2 2.2.1

Hepatobiliäres System . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Leber (Hepar) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Funktion der Leber . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Form, Abschnitte und Lage der Leber. . . . . . . . . . . . Aufbau und funktionelle Gliederung der Leber . . . Gefäße und Innervation der Leber . . . . . . . . . . . . . . Gallenwege . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Intrahepatische Gallenwege . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Extrahepatische Gallenwege . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Abfluss der Galle. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Gefäßversorgung und Innervation der Gallenwege Gallenblase (Vesica biliaris). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Funktion der Gallenblase. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Form, Abschnitte und Lage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Wandbau der Gallenblase . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Gefäßversorgung und Innervation der Gallenblase Entwicklung des hepatobiliären Systems . . . . . . . .

734 734 734 735 737 741 742 742 743 743 744 744 744 745 746 746 747

2.2.2

2.2.3

709 710

711 712

2.2.4

Inhaltsverzeichnis

2.3 2.3.1 2.3.2 2.3.3

2.3.4 2.3.5

Bauchspeicheldrüse (Pankreas) . . . . . . . . . . . . . . . . . Funktion des Pankreas . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Abschnitte, Form und Lage des Pankreas . . . . . . . . . Aufbau des Pankreas . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Feinbau des exokrinen Teils. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Feinbau des endokrinen Teils . . . . . . . . . . . . . . . . . . Gefäßversorgung und Innervation des Pankreas . . Entwicklung des Pankreas . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

748 748 749 750 750 751 753 755

2.4 2.4.1 2.4.2 2.4.3

Darstellung von hepatobiliärem System und Pankreas mit bildgebenden Verfahren . . . . . . . . . . . Sonografie. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Schnittbildverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Spezifische Verfahren zur Darstellung von Gallen- und Pankreasgängen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Klinischer Fall: Leistungsabfall und Polyurie . . . . . .

13 756 756 758 759 760

Teil J Urogenitalsystem und Nebenniere 1

Niere und ableitende Harnwege. . . . . . . . 763

3

E. Schulte

Weibliches Genitale. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 794 E. Schulte

1.1

Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 763

3.1

Übersicht. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 794

1.2 1.2.1 1.2.2 1.2.3

Niere (Ren) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Funktion der Niere . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Form, Abschnitte und Lage der Niere . . . . . . . . . . . . Aufbau und morphologische Gliederung der Niere Nierenmark und -rinde . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nierenlappen und -läppchen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . Feinbau und funktionelle Gliederung der Niere . . . Nephron . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Juxtaglomerulärer Apparat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Interstitium . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Gefäße und Innervation der Niere . . . . . . . . . . . . . .

763 763 763 767 768 768 768 768 772 773 773

3.2 3.2.1 3.2.2 3.2.3 3.2.4

Innere weibliche Genitalorgane . . . . . . . . . . . . . . . . . Eierstock (Ovarium) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Eileiter (Tuba uterina), Salpix . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Gebärmutter (Uterus) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Scheide (Vagina), Kolpos. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

3.3 3.3.1 3.3.2

Äußere weibliche Genitalorgane . . . . . . . . . . . . . . . . 807 Aufbau des äußeren weiblichen Genitales . . . . . . . . 807 Gefäßversorgung und Innervation des äußeren weiblichen Genitales . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 808

Ableitende Harnwege . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nierenbecken (Pelvis renalis) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Harnleiter (Ureter) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Funktion, Abschnitte, Lage und Verlauf des Ureters Wandbau des Ureters . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Gefäßversorgung und Innervation des Ureters . . . . Harnblase (Vesica urinaria) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Funktion der Harnblase . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Abschnitte, Form und Lage der Harnblase . . . . . . . . Wandbau der Harnblase. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Gefäßversorgung und Innervation der Harnblase . Harnblasenaktivität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

776 776 777 777 778 779 779 779 780 782 783 784

1.2.4

1.2.5 1.3 1.3.1 1.3.2

1.3.3

1.4 1.4.1 1.4.2

2

Darstellung der Harnwege mit bildgebenden Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Konventionelle radiologische Verfahren ohne und mit Kontrastmittel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Schnittbildverfahren und Sonografie . . . . . . . . . . . . Klinischer Fall: Akute Verwirrtheit . . . . . . . . . . . . . .

786 786 787 789

Nebenniere (Glandula suprarenalis). . . . 790

3.4

Urethra feminina (weibliche Harnröhre) . . . . . . . . . 809

3.5

Zyklusbedingte Veränderungen – hormonelle Steuerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 809 Zyklische Reifung der Follikel. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 809 Zyklische Veränderungen an den Organen . . . . . . . 813

3.5.1 3.5.2 3.6 3.6.1 3.6.2 3.6.3 3.6.4 3.6.5

Konzeption, Schwangerschaft und Geburt. . . . . . . . Sexuelle Reaktion der Frau . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Spermienwanderung im weiblichen Genitaltrakt . . Schwangerschaft (Graviditas) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Geburt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Wochenbett (Puerperium) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Fallgeschichte: Alles fließt? Schön wär’s! . . . . . . . . .

816 816 816 817 818 820 822

3.7 3.7.1 3.7.2 3.7.3 3.7.4 3.7.5

Das weibliche Genitale in verschiedenen Lebensphasen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Postnatale Entwicklung und Kindheit . . . . . . . . . . . Pubertät . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Phase der körperlichen Reife . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Klimakterium . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Senium . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

823 823 823 824 824 825

4

Männliches Genitale . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 826 E. Schulte

E. Schulte 2.1

Funktion der Nebenniere . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 790

2.2

Größe, Form und Lage der Nebenniere . . . . . . . . . . 790

2.3 2.3.1 2.3.2

Aufbau der Nebenniere. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 791 Nebennierenrinde . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 791 Nebennierenmark . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 792

2.4

Gefäßversorgung und Innervation der Nebenniere

2.5

Entwicklung der Nebenniere . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 793

793

794 795 797 799 805

4.1

Übersicht. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 826

4.2 4.2.1 4.2.2 4.2.3 4.2.4

Innere männliche Genitalorgane . . . . . . . . . . . . . . . . Hoden (Testis/Orchis/Didymis) . . . . . . . . . . . . . . . . . Nebenhoden (Epididymis) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Samenleiter (Ductus deferens). . . . . . . . . . . . . . . . . . Akzessorische Geschlechtsdrüsen . . . . . . . . . . . . . . . Glandula vesiculosa (Bläschendrüse) . . . . . . . . . . . . Ductus ejaculatorius . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Prostata (Vorsteherdrüse). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Glandulae bulbourethrales (Cowper-Drüsen) . . . . .

826 827 829 831 832 832 833 833 835

14 4.3 4.3.1 4.3.2 4.3.3 4.4 4.4.1 4.4.2 4.4.3

Inhaltsverzeichnis

Äußere männliche Genitalorgane . . . . . . . . . . . . . . . Penis (Glied) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Urethra masculina (männliche Harnröhre) . . . . . . . Skrotum (Hodensack) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Fallgeschichte: Nichts geht mehr . . . . . . . . . . . . . . . . Fertilität und sexuelle Reaktion des Mannes . . . . . . Spermatogenese (Samenzellbildung) . . . . . . . . . . . . Sexuelle Reaktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Befruchtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zusammensetzung des Ejakulats . . . . . . . . . . . . . . . . Akrosomenreaktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

835 835 838 841 842 843 843 847 848 848 848

5

Entwicklung des Urogenitalsystems . . . 849 E. Schulte

5.1

Übersicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

849

5.2 5.2.1

Entwicklung des Harnapparats . . . . . . . . . . . . . . . . . Entwicklung der harnbereitenden Anteile – Nierenentwicklung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Entwicklung der harnableitenden Wege. . . . . . . . .

849

5.2.2 5.3 5.3.1

5.3.2

Entwicklung des Genitales. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Entwicklung des inneren Genitales . . . . . . . . . . . . . Entwicklung der Keimdrüsen . . . . . . . . . . . . . . . . . . Entwicklung der Genitalwege. . . . . . . . . . . . . . . . . . Entwicklung der akzessorischen Geschlechtsdrüsen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Entwicklung des äußeren Genitales. . . . . . . . . . . . .

849 851 852 852 852 854 857 858

Teil K Leitungsbahnen im Bauch- und Beckenraum 1

Leitungsbahnen im Bauchraum. . . . . . . . .863

1.4

E. Schulte 1.1

Einführung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 863

1.2 1.2.1

Gefäße im Bauchraum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Arterien des Bauchraums – Aorta abdominalis und ihre Äste . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Paarige Aortenäste . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Unpaare Aortenäste . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Venen des Bauchraums . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Vena cava inferior und ihre Zuflüsse . . . . . . . . . . . . . Portalkreislauf – Vena portae hepatis und ihre Zuflüsse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Venöse Anastomosen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Lymphgefäße und -knoten des Bauchraums . . . . . .

1.2.2

1.2.3 1.3 1.3.1

1.3.2

863 863 865 865 867 867

2

Entwicklung der großen Blutgefäße im Bauchund Beckenraum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Klinischer Fall: Kaffeesatzerbrechen. . . . . . . . . . . . .

877 878

Leitungsbahnen im Beckenraum . . . . . . . 879 E. Schulte

2.1

Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

879

2.2 2.2.1

2.2.2 2.2.3

Gefäße im Beckenraum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Beckenarterien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Arteria iliaca externa . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Arteria iliaca interna. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Beckenvenen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Lymphgefäße und -knoten im Beckenraum . . . . . .

879 879 879 879 881 881

873 873 874 875 876

2.3 2.3.1 2.3.2

Nerven und Nervengeflechte im Beckenraum . . . . Anteile des vegetativen Nervensystems . . . . . . . . . Anteile des somatischen Nervensystems . . . . . . . .

883 883 884

2.4

Durchtrittsstellen der Leitungsbahnen aus dem Beckenraum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

885

Hals – Gliederung, Muskulatur und Leitungsbahnen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .891

1.3 1.3.1

Leitungsbahnen im Halsbereich . . . . . . . . . . . . . . . . Gefäße . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Arterien im Halsbereich. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Venen im Halsbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Lymphabflusswege im Halsbereich . . . . . . . . . . . . . Nerven . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zervikale Spinalnerven . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Halsäste von Hirnnerven . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Truncus sympathicus im Halsbereich . . . . . . . . . . .

896 896 896 898 899 901 901 903 904

Topografische Anatomie des Halses. . . . . . . . . . . . . Konturen und tastbare Knochenpunkte . . . . . . . . .

906 906

Nerven und Nervengeflechte im Bauchraum . . . . . . Anteile des vegetativen Nervensystems . . . . . . . . . . Sympathikus im Bauchraum. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Parasympathikus im Bauchraum . . . . . . . . . . . . . . . . Anteile des somatischen Nervensystems . . . . . . . . .

869 870 872

Hals, Kopf, ZNS und Sinnesorgane Teil L Hals 1

G. Aumüller, G. Wennemuth 1.1 1.1.1 1.1.2

Funktionelle Bedeutung und Bauprinzip . . . . . . . . . . 891 Funktionelle Bedeutung des Halses . . . . . . . . . . . . . . 891 Begrenzung und Gliederung des Halses . . . . . . . . . . 891

1.2 1.2.1

Muskulatur des Halses mit Zungenbein . . . . . . . . . . 893 Zungenbein (Os hyoideum) und Zungenbeinmuskulatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 893 Oberflächliche und tiefe Halsmuskulatur . . . . . . . . . 895

1.2.2

1.3.2

1.4 1.4.1

Inhaltsverzeichnis

1.4.2 1.4.3

Regionen des Halses mit Halsdreiecken und Skalenuslücken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 906 Faszienräume im Halsbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . 911

2

Halsorgane . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 914 G. Aumüller, G. Wennemuth

2.1

Übersicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 914

2.2 2.2.1 2.2.2 2.2.3 2.2.4

Pharynx (Rachen, Schlund) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Funktion des Pharynx. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Abschnitte, Lage und Aufbau des Pharynx. . . . . . . . Gefäßversorgung und Innervation des Pharynx . . . Schluckakt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

914 914 914 919 920

2.3 2.3.1 2.3.2

15

2.3.3 2.3.4

Larynx (Kehlkopf). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Funktion und Lage des Larynx . . . . . . . . . . . . . . . . . . Aufbau des Larynx . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kehlkopfskelett, Gelenke und Bänder . . . . . . . . . . . . Etagengliederung und Innenrelief . . . . . . . . . . . . . . . Kehlkopfmuskulatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Gefäßversorgung und Innervation des Larynx . . . . Entwicklung des Larynx . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

920 920 921 921 923 926 927 929

2.4 2.4.1 2.4.2 2.4.3

Trachea (Luftröhre) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Funktion der Trachea . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Abschnitte, Form und Lage der Trachea . . . . . . . . . . Aufbau der Trachealwand. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

930 930 930 930

2.5 2.5.1 2.5.2 2.5.3

Schilddrüse und Nebenschilddrüsen . . . . . . . . . . . . . Schilddrüse (Glandula thyroidea) . . . . . . . . . . . . . . . Nebenschilddrüsen (Glandulae parathyroideae). . . Gefäßversorgung und Innervation von Schilddrüse und Nebenschilddrüsen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Entwicklung von Schilddrüse und Nebenschilddrüsen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Klinischer Fall: Gewichtsabnahme und Nervosität .

931 931 933

2.5.4

934 935 937

Teil M Kopf 1

Kopf – Schädel und mimische Muskulatur. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 941

2

Leitungsbahnen im Kopfbereich . . . . . . . . 973 G. Aumüller, G. Wennemuth

G. Aumüller, G. Wennemuth 1.1 1.1.1 1.1.2

1.1.5

Schädel (Cranium) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Funktion und Gliederung des Schädels . . . . . . . . . . Hirnschädel (Neurocranium). . . . . . . . . . . . . . . . . . . Schädeldach (Calvaria) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Schädelbasis (Basis cranii) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Gesichtsschädel (Viscerocranium) . . . . . . . . . . . . . . Funktionelle Anatomie des Schädels . . . . . . . . . . . . Verstärkungspfeiler und Schwachstellen der Schädelbasis. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Verstärkungspfeiler des Gesichtsschädels . . . . . . . . Topografische Anatomie des Schädels . . . . . . . . . . .

1.2 1.2.1 1.2.2

Mimische Muskulatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 959 Funktion, Lage und Anordnung. . . . . . . . . . . . . . . . . 959 Gefäßversorgung und Innervation . . . . . . . . . . . . . . 962

1.3

Topografische Anatomie des oberflächlichen Kopfbereichs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 964 Regionen und Proportionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 964 Tastbare Knochenpunkte im Kopfbereich . . . . . . . . 965

1.1.3 1.1.4

1.3.1 1.3.2 1.4 1.4.1

1.4.2 1.4.3

Entwicklung des Kopfbereichs. . . . . . . . . . . . . . . . . . Entwicklung des Schädels . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlagematerial für die Schädelentwicklung . . . . . . Chondro- und Desmokranium . . . . . . . . . . . . . . . . . Entwicklung und Differenzierung der Schlundbögen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Entwicklung des kraniofazialen Systems . . . . . . . . .

941 941 946 946 947 954 957 957 958 959

965 965 965 966 968 970

2.1

Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 973

2.2 2.2.1

Gefäße im Kopfbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Arterien des Kopfes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Arteria carotis externa und ihre Äste . . . . . . . . . . . . Arteria carotis interna – Abschnitte und extrazerebrale Äste . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Arterielle Anastomosen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Venen des Kopfes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Abfluss über die Jugularvenen . . . . . . . . . . . . . . . . . . Venöse Verbindungen im Kopfbereich . . . . . . . . . . . Lymphabfluss aus dem Kopfbereich . . . . . . . . . . . . .

2.2.2

2.2.3 2.3 2.3.1 2.3.2 2.3.3 2.3.4 2.3.5 2.3.6 2.3.7 2.3.8

973 973 973 975 975 976 976 976 978

Nerven im Kopfbereich – Hirnnerven (Nervi craniales) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 979 Nervus olfactorius (I) und Nervus opticus (II) . . . . . 982 Hirnnerven zu Augenmuskeln (III, IV und VI) . . . . . 982 Nervus trigeminus (V). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 985 Nervus facialis (VII) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 990 Nervus vestibulocochlearis (VIII). . . . . . . . . . . . . . . . 995 Nervus glossopharyngeus (IX) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 995 Nervus vagus (X) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 998 Nervus accessorius (XI) und Nervus hypoglossus (XII) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1000

16 3

Inhaltsverzeichnis

Mundhöhle und Kauapparat . . . . . . . . . .1003 G. Aumüller, G. Wennemuth (A. Doll* 3.1.7)

3.1 3.1.1 3.1.2 3.1.3

3.1.4

3.1.5

3.1.6

3.1.7

3.2 3.2.1

3.2.2 3.2.3 3.2.4

Mundhöhle (Cavitas oris) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1003 Funktionelle Bedeutung der Mundhöhle . . . . . . . . . 1003 Gliederung der Mundhöhle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1003 Gaumen (Palatum) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1005 Abschnitte, Lage und Aufbau . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1005 Gefäßversorgung und Innervation des Gaumens . . 1007 Entwicklung des Gaumens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1008 Zunge (Lingua) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1009 Funktion der Zunge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1009 Abschnitte und Form . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1009 Aufbau der Zunge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1010 Gefäßversorgung und Innervation der Zunge . . . . . 1013 Entwicklung der Zunge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1014 Mundboden mit Unterzungenregion. . . . . . . . . . . . . 1015 Muskulatur des Mundbodens. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1015 Gefäßversorgung und Innervation des Mundbodens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1016 Topografische Beziehungen in der Unterzungenregion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1016 Speicheldrüsen (Glandulae salivariae) . . . . . . . . . . . 1017 Funktion Bauprinzip und Einteilung der Speicheldrüsen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1017 Große Kopfspeicheldrüsen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1018 Zähne (Dentes) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1021 Einteilung, Abschnitte, Form und Lage der Zähne . . 1021 Aufbau der Zähne und des Zahnhalteapparats. . . . . 1024 Gefäßversorgung und Innervation von Zähnen und Zahnfleisch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1026 Zahnentwicklung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1028 Kiefergelenk und Kaumuskulatur . . . . . . . . . . . . . . . 1030 Kiefergelenk (Articulatio temporomandibularis). . . 1030 Gelenktyp und Gelenkkörper . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1030 Gelenkkapsel und Bänder im Bereich des Kiefergelenks . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1030 Mechanik des Kiefergelenks . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1031 Kaumuskulatur (Musculi masticatorii) . . . . . . . . . . . 1032 Gefäßversorgung und Innervation von Kiefergelenk und Kaumuskulatur. . . . . . . . . . . . 1033 Topografische Anatomie des Bereichs um Kiefergelenk und Kaumuskulatur . . . . . . . . . . . . 1034 Schläfen- und Unterschläfengrube (Fossae temporalis und infratemporalis) . . . . . . . . . 1034 Flügelgaumengrube (Fossa pterygopalatina) . . . . . . 1035 Faszienverhältnisse in der seitlichen Gesichtsregion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1038

4.3

Gefäßversorgung und Innervation von Nase und Nasennebenhöhlen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1046

4.4

Entwicklung von Nase und Nasennebenhöhlen . . . 1048

5

Auge – Sehorgan . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .1049 J. Kirsch

5.1

Funktion und Einteilung des Auges . . . . . . . . . . . . . 1049

5.2 5.2.1 5.2.2

Orbita (Augenhöhle). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1049 Form und Aufbau der Orbita . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1049 Inhalt der Orbita mit Leitungsbahnen . . . . . . . . . . . 1051

5.3 5.3.1

Hilfsapparat des Auges . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Bewegungen des Augapfels durch äußere Augenmuskeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Augenlider und Bindehaut . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tränenapparat. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

5.3.2 5.3.3 5.4 5.4.1 5.4.2 5.4.3

5.4.4 5.5 5.5.1 5.5.2

Nase und Nasennebenhöhlen . . . . . . . . .1039 G. Aumüller, G.Wennemuth

4.1

Funktion der Nase und der Nasennebenhöhlen . . . . 1039

4.2 4.2.1 4.2.2

Aufbau von Nase und Nasennebenhöhlen . . . . . . . . 1039 Äußere Nase (Nasus externus) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1039 Nasen- und Nasennebenhöhlen . . . . . . . . . . . . . . . . . 1040 Nasenhöhle (Cavitas nasi) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1040 Nasennebenhöhlen (Sinus paranasales) . . . . . . . . . . 1042 Feinbau der Nasen- und Nasennebenhöhlen . . . . . . 1043

* Mitarbeiter früherer Auflagen

Augapfel (Bulbus oculi) – Linse und Augenkammern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Linse (Lens) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Augenkammern – Begrenzungen und Inhalt . . . . . Kammerwasser mit Abfluss über den Kammerwinkel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Glaskörper (Corpus vitreum) . . . . . . . . . . . . . . . . . .

1052 1054 1056 1058 1061 1062 1064 1065 1065 1067 1068 1068 1070 1070 1071

5.6

Entwicklung des Auges . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1072

6

Ohr – Hör- und Gleichgewichtsorgan 1074 J. Kirsch

6.1

Funktion und Einteilung des Ohres . . . . . . . . . . . . . 1074

6.2 6.2.1 6.2.2

Äußeres Ohr (Auris externa) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1075 Ohrmuschel (Auricula) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1075 Äußerer Gehörgang und Trommelfell . . . . . . . . . . . 1076

6.3 6.3.1

Mittelohr (Auris media) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Paukenhöhle (Cavitas tympani) . . . . . . . . . . . . . . . . Gehörknöchelchen (Ossicula auditoria). . . . . . . . . . Mittelohrmuskeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nerven mit Bezug zur Paukenhöhle. . . . . . . . . . . . . Antrum mastoideum, Cellulae mastoideae und Tuba auditiva . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

6.3.2

4

Augapfel (Bulbus oculi) – Orientierungslinien und Schichtenfolge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tunica fibrosa bulbi (äußere Augenhaut) . . . . . . . . Tunica vasculosa bulbi (Uvea, Gefäßhaut) . . . . . . . . Tunica interna bulbi (Retina, Netzhaut). . . . . . . . . . Stratum pigmentosum retinae . . . . . . . . . . . . . . . . . Stratum nervosum retinae . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Fundus oculi (Augenhintergrund) . . . . . . . . . . . . . .

1052

1078 1078 1080 1080 1081 1082

6.4 6.4.1 6.4.2

Innenohr (Labyrinth) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1083 Labyrinthus cochlearis mit Hörorgan . . . . . . . . . . . 1086 Labyrinthus vestibularis mit Gleichgewichtsorgan 1087

6.5 6.5.1

Hörvorgang und Gleichgewicht . . . . . . . . . . . . . . . . 1089 Umwandlung akustischer Reize in elektrische Signale . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1089 Umwandlung von Beschleunigungen in elektrische Signale . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1091

6.5.2 6.6

Entwicklung des Ohres . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1092

Inhaltsverzeichnis

17

Teil N ZNS 1

ZNS – Aufbau und Organisation . . . . . . 1097 S. Mense

1.1

Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1097

1.2 1.2.1 1.2.2

Rückenmark (Medulla spinalis) . . . . . . . . . . . . . . . . . 1097 Lage, Form und Abschnitte des Rückenmarks . . . . . 1097 Aufbau des Rückenmarks – graue und weiße Substanz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1099

1.3 1.3.1

Gehirn (Encephalon) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Hirnstamm (Truncus encephali) . . . . . . . . . . . . . . . . Hirnnervenkerne des Hirnstamms . . . . . . . . . . . . . . Formatio reticularis und Fasciculus longitudinalis medialis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Verlängertes Mark (Medulla oblongata). . . . . . . . . . Brücke (Pons). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Mittelhirn (Mesencephalon) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kleinhirn (Cerebellum). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Funktionelle Bedeutung des Kleinhirns . . . . . . . . . . Lage, Abschnitte und Oberflächenstrukturen des Kleinhirns . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Innerer Aufbau des Kleinhirns. . . . . . . . . . . . . . . . . . Verbindungen des Kleinhirns . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zwischenhirn (Diencephalon) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Thalamus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Meta- und Epithalamus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Hypothalamus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Subthalamus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Großhirn (Cerebrum) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Funktionelle Bedeutung des Großhirns . . . . . . . . . . Abschnitte und Form des Großhirns. . . . . . . . . . . . . Aufbau des Großhirns. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Großhirnrinde (Cortex cerebri) . . . . . . . . . . . . . . . . . Basalganglien – basale Kerne des Großhirns (Nuclei basales) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Großhirnmark mit Fasersystemen . . . . . . . . . . . . . . Fallgeschichte: Verrückte Welt . . . . . . . . . . . . . . . . .

1.3.2

1.3.3

1.3.4

1.4 1.4.1

1.4.2

1.5 1.5.1

1.5.2

1.5.3

1103 1104 1105 1109 1111 1112 1114 1116 1116 1116 1117 1119 1124 1125 1127 1128 1132 1132 1132 1132 1134 1135 1142 1144 1148

Hüllen des ZNS (Meningen) und Liquorsystem . . . . Meningen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Allgemeiner Aufbau und Innervation der Meningen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Häute des Rückenmarks . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Häute des Gehirns . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Liquorsystem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Liquor cerebrospinalis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Liquorräume . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Liquorzirkulation. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

1149 1150 1151 1152 1152 1152 1156

Gefäßversorgung von Gehirn, Rückenmark und Meningen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Arterielle Versorgung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Arterielle Versorgung des Gehirns . . . . . . . . . . . . . . Arterielle Versorgung des Rückenmarks . . . . . . . . . Arterielle Versorgung der Meningen . . . . . . . . . . . . Venöser Abfluss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Hirnvenen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Venöse Blutleiter – Sinus durae matris. . . . . . . . . . . Venen des Rückenmarks. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Venen der Meningen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Blut-Hirn-Schranke (BHS) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

1157 1157 1157 1163 1164 1165 1165 1167 1168 1169 1169

1.6 1.6.1 1.6.2

Entwicklung des ZNS. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1170 Entwicklung des Rückenmarks . . . . . . . . . . . . . . . . . 1171 Entwicklung des Gehirns und der Ventrikel . . . . . . 1172

1.7 1.7.1 1.7.2

Darstellung des ZNS mit bildgebenden Verfahren . 1175 Konventionelle Röntgendiagnostik . . . . . . . . . . . . . . 1175 Schnittbildverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1176 Computertomografie (CT) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1176 Magnetresonanztomografie (MRT) . . . . . . . . . . . . . . 1177 Angiografie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1177 Neurosonografie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1177 Nuklearmedizinische Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . 1178 Klinischer Fall: Akut aufgetretene Lähmung und Sprachstörung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1180

1.7.3 1.7.4 1.7.5

2

ZNS – funktionelle Systeme . . . . . . . . . . 1181 . S. Mense

2.1

Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1181

2.2 2.2.1 2.2.2

Motorisches System . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1182 Motorische Kortexareale . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1182 Motorische Bahnen und Kerngebiete . . . . . . . . . . . . 1183 Pyramidenbahn (Tractus pyramidalis) . . . . . . . . . . . 1183 Tractus corticopontini . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1185 Einbindung der Basalganglien in das motorische System . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1186 Deszendierende Bahnen mit Ursprung in motorischen Kernen des Hirnstamms . . . . . . . . . . . 1189 Motorische Endstrecke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1190 Entstehung von Willkürbewegungen . . . . . . . . . . . . 1192 Klinischer Fall: Älterer Mann mit Bewegungsstörung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1193

2.2.3 2.2.4

2.3 2.3.1

1149 1149 2.3.2

2.3.3

2.3.4

2.3.5

Sensorische Systeme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1194 Somatosensorik und Viszerosensorik . . . . . . . . . . . . 1194 Einteilung und Aufbau somatosensorischer Bahnen . 1194 Mechanorezeption und Propriozeption . . . . . . . . . . 1196 Viszerosensorik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1205 Nozizeption und Schmerz. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1205 Temperatursinn . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1215 Visuelles System. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1215 Gesichtsfeld . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1215 Photorezeptorzellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1216 Signaltransfer in der Retina . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1218 Weitere Stationen der Sehbahn . . . . . . . . . . . . . . . . . 1220 Willkürliche und reflektorische Augenbewegungen (Okulomotorik) . . . . . . . . . . . . . 1224 Retino-hypothalamo-pineales System und zirkadiane Rhythmik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1228 Auditorisches System . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1228 Reizaufnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1229 Stationen der Hörbahn . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1230 Vestibuläres System. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1232 Funktion des vestibulären Systems . . . . . . . . . . . . . . 1232 Reizaufnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1233 Stationen der Gleichgewichtsbahn . . . . . . . . . . . . . . 1235 Olfaktorisches System . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1238 Riechschleimhaut mit olfaktorischen Sinneszellen. 1238 Stationen der Riechbahn. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1239

18

Inhaltsverzeichnis

2.3.6

Gustatorisches System. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1241 Geschmacksrezeptoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1241 Entstehung des Rezeptorpotenzials . . . . . . . . . . . . . . 1242 Stationen der Geschmacksbahn . . . . . . . . . . . . . . . . . 1242

2.4 2.4.1 2.4.2

Limbisches System . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1243 Funktion des limbischen Systems . . . . . . . . . . . . . . . 1243 Strukturen des limbischen Systems. . . . . . . . . . . . . . 1244 Papez-Kreis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1244 Hippocampus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1246

2.5 2.5.1

Neuroendokrines System . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1249 Hypophyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1249 Neurohypophyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1250 Adenohypophyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1251 Klinischer Fall: Gewichtszunahme und Erschöpfung . 1253

2.6

Funktionskreise der Formatio reticularis . . . . . . . . . 1254

2.6.1 2.6.2 2.6.3

Beeinflussung der Bewusstseinslage . . . . . . . . . . . . 1254 Beeinflussung motorischer Funktionen. . . . . . . . . . 1254 Beeinflussung von Kreislauf und Atmung . . . . . . . . 1255

2.7 2.7.1 2.7.2

Cholinerges und monaminerges System . . . . . . . . . Cholinerge Gruppen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Monaminerge Gruppen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Noradrenerge Gruppen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dopaminerge Gruppen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Serotonerge Gruppen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Adrenerge Gruppe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

1255 1255 1257 1257 1257 1257 1258

2.8 2.8.1

2.8.2

Höhere integrative Funktionen. . . . . . . . . . . . . . . . . Lernen und Gedächtnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Formen des Gedächtnisses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Lernmechanismen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Sprache . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

1258 1258 1258 1260 1261

2

Hautanhangsgebilde . . . . . . . . . . . . . . . . . 1274

Teil O Haut und Hautanhangsgebilde 1

Haut (Integumentum commune) . . . . .1265 D. Reißig, J. Salvetter

1.1

D. Reißig, J. Salvetter

Definition . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1265

2.1

Definition . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1274

1.2

Funktion, Größe und Gewicht der Haut . . . . . . . . . . 1265

1.3 1.3.1 1.3.2

2.2 2.2.1 2.2.2

Haare und Nägel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1274 Haare (Pili) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1274 Finger- und Zehennägel (Ungues) . . . . . . . . . . . . . . 1275

2.3 2.3.1 2.3.2

1.3.3

Aufbau der Haut . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1266 Felder- und Leistenhaut . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1266 Hautschichten. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1266 Epidermis (Oberhaut) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1267 Dermis (Lederhaut) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1271 Tela subcutanea (Unterhaut) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1272 Hautrezeptoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1272

2.3.3

Drüsen der Haut (Glandulae cutis) . . . . . . . . . . . . . . Talgdrüsen (Glandulae sebaceae holocrinae) . . . . . Kleine und große Schweißdrüsen (Glandulae sudoriferae eccrinae und apocrinae) . . Brustdrüse (Glandulae mammariae) . . . . . . . . . . . .

1.4

Gefäßversorgung und Innervation der Haut. . . . . . . 1273

1.7

Akutes prärenales Nierenversagen. . . . . . . . . . . . . . 1286

1.8

Ösophagusvarizenblutung bei Leberzirrhose . . . . . 1287

1.9

Hyperthyreose bei Struma. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1288

1.10

Schlaganfall . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1289

1.11

Morbus Parkinson. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1289

1.12

Morbus Cushing . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1291

1276 1276 1277 1277

Anhang Teil P Antwortkommentare klinische Fälle 1

Antwortkommentare . . . . . . . . . . . . . . . . 1281

1.1

Lungenembolie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1281

1.2

Muskeldystrophie Typ Duchenne . . . . . . . . . . . . . . . . 1282

1.3

Infektexazerbierte COPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1283

1.4

Myokardinfarkt. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1284

1.5

Metastasiertes Karzinoid. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1285

1.6

Diabetes mellitus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1286

Sachverzeichnis. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .1293 0

Der Mensch ist mehr als die Summe seiner Teile Eine medizinethische Annährung an die Anatomie Giovanni Maio

„Um ein guter Arzt zu sein, braucht man nicht nur Faktenwissen, sondern man braucht eine innere Richtschnur, ein Sensorium dafür, worauf es ankommt im Umgang mit Menschen.“ Giovanni Maio

Die Anatomie – ein Fach, auf das man sich freut, weil man weiß, wie wichtig anatomische Kenntnisse für das gesamte Berufsleben sind. Aber es ist auch ein Fach, das viele mit einem mulmigen Gefühl erwarten. Zum einen wegen der Fülle an Fakten, die auf einen zukommt. Und zum anderen, weil der „Präp-Kurs“ für die meisten der erste Kontakt mit einem toten Körper ist. Das führt zu ambivalenten Gefühlen und mitunter auch zu Angst und Abwehr. Diese Reak tionen sind aber ganz natürlich, denn der tote Körper ist zwar einerseits der Körper eines anderen Menschen wie Du und ich – aber dass ein Mensch wie ein Objekt vor einem liegt und nicht auf uns reagiert, ist uns komplett fremd und wir würden uns am liebsten davon fernhalten. Gefühle sind wichtig, und sie ordnen neu. Sie sozialisieren,

Die gesunde Scheu vor dem Einschnitt in einen menschlichen Körper

bereiten vielleicht auch vor, für manche bedeuten sie aber auch das Ende des Studiums. Das zeigt, wie tief diese Gefühle gehen können.

Die Leiche ist zunächst schwer einzuordnen. Ein Mensch ist sie zwar nicht mehr, und doch ist sie auch nicht nur eine Sache. Im Präparierkurs dürfen wir sie „behandeln“, sie steht

Der tote Körper zwischen verstorbenem Menschen und Präparat

Eine medizinethische Annäherung an die Anatomie

uns in gewisser Weise zur Verfügung, wir dürfen entscheiden, auf welche Weise wir sie für Studienzwecke verwenden, und doch dürfen wir nicht beliebig mit ihr umgehen. Schon

Zunächst ist es wichtig, sich vor Augen zu führen, dass wir

beim ersten Schnitt in die Haut des toten Körpers spüren

mit dem Schnitt in die Haut etwas tun, wozu uns der Ver-

wir dieses Ambivalente. Es kommt uns zunächst geradezu

storbene selbst ermächtigt hat. Er hat darüber verfügt, dass

wie eine Grenzverletzung vor, fast schon wie ein Tabubruch,

sein Körper für einen guten Zweck verwendet werden soll,

denn wir machen damit etwas, was wir uns davor nie getraut

und wir spüren auf der einen Seite Dankbarkeit dafür, aber

hätten. Es braucht Zeit, bis man sich an die Überschreitung

zunächst bleibt der Skrupel. Wir spüren, dass dieser tote

der sonst natürlichen Grenze gewöhnt hat – fast ist es so,

Körper eben doch mehr ist als ein Anschauungsobjekt. Der

als wäre der Präparierkurs eine Art Mutprobe. Unser Ver-

tote Körper ist zwar Objekt, weil mit dem Tod die Subjekt-

stand sagt uns, dass diese Überschreitung der Hautgrenze

haftigkeit verloren gegangen ist, aber er ist doch nicht nur

sein muss, damit wir später unseren Patienten besser helfen

Objekt, sondern irgendwie steht er zwischen dem unver-

können. Aber zunächst muss man durch die vielen Gefühle,

fügbaren Subjekt und der Sache, die er zu sein scheint. Er

die in den ersten Stunden im „Präp-Saal“ aufkommen. Diese

gehört niemandem, dieser tote Körper, weder uns noch den Angehörigen. Und doch ist er in gewisser Weise zu schützen. Er ist zu schützen vor willkürlicher Verwendung, zu schützen

Fast ist es so, als wäre der Präparierkurs eine Art Mutprobe.

vor despektierlicher Behandlung, zu schützen vor jeder Behandlung, durch die ein Mangel an Achtung, an Respekt, an Pietät zum Ausdruck gebracht werden würde. Warum aber

20

sollten wir Achtung empfinden vor einer „Sache“, die gar nicht

mehr

lebt?

Wie

können

wir

einer

Die Identität eines Menschen ragt also in gewisser Weise über den Tod hinaus.

Leiche

Bedeutung beimessen, wenn die Person, die die Leiche einmal war, jetzt gar nicht mehr existiert?

Wenn wir pietätvoll mit der toten Materie umgehen, dann

Der tote Körper als Identität eines Menschen

deswegen, weil uns diese tote Materie an den Menschen erinnert, der gelebt hat. Diese tote Materie – so könnte man

Achtung, Respekt oder auch Pietät stellen keine Normen

auch sagen – spricht noch mit uns, ohne selbst lebendig sein

dar, sondern eine Haltung. Aus der Pflicht zur Pietät

zu müssen. Wir interagieren mit diesem Körper, auch wenn

gegenüber der Leiche resultiert nicht eine bestimmte

der Körper selbst nicht mehr agieren kann.

Norm, konkret dies oder jenes zu tun, sondern es geht vielmehr darum, wie man sich gegenüber der Leiche

Vom Präparat zurück zum ganzen Menschen

verhält, mit welcher Einstellung man ihr gegenübertritt und welche Grundhaltung damit zum Ausdruck gebracht wird. Dann ist es auch kein Widerspruch, einen Körper zu

Im Präparationssaal lernen wir, die Leiche nicht als toten

präparieren und ihm dennoch Pietät entgegenzubringen.

Menschen zu sehen, sondern als Präparat. Diese Verobjek-

Es geht darum, in welcher inneren und auch äußeren

tivierung und Distanzierung ist sehr wichtig und auch not-

Atmosphäre präpariert wird. Es geht zentral um den Modus

wendig, um überhaupt etwas lernen zu können für das ei-

des Machens, nicht allein um das Machen an sich.

gene zukünftige Leben als Arzt. Aber man darf hier nicht stehen bleiben. Man muss irgendwann und in einer geeigneten Form wieder zurückfinden von der Leiche als

Es geht vielmehr darum, wie man sich gegenüber der Leiche verhält, mit welcher Einstellung man ihr gegenübertritt und welche Grundhaltung damit zum Ausdruck gebracht wird.

verobjektiviertes

Präparat

hin

zum

Menschen,

der

gestorben ist. Hin zu den lebenden Menschen, die etwas ganz anderes sind als dieser präparierte Körper in der Anatomie.

Dieses

Zurückfinden

kann

nicht

im

weil

die

Leichen

aufgrund

der

Konservierung

eher

unwirklich aussehen, eher wie „Schaufensterpuppen“ oder Warum aber Achtung und Respekt vor der Leiche? Zu-

Wachsfiguren. Aber für das Arztleben ist dieser Weg zurück

nächst einmal ist die Leiche zwar nicht mehr die Person,

vom versachlichten toten Präparat zum Menschen, der ge-

die der lebende Mensch einmal war, aber in ihr ist am

storben ist, sehr wichtig – vielleicht genauso wichtig wie

Anfang zumindest immer noch etwas vorhanden, was

das Erlernen der anatomischen Strukturen. Möglicherweise

sozusagen als Kennzeichen der Identität des Verstorbenen

kann das Erlernen der anatomischen Strukturen sogar ein

weiterexistiert. Deshalb fällt es den Studierenden auch

Für das Arztleben ist dieser Weg zurück vom versachlichten toten Präparat zum Menschen sehr wichtig.

besonders schwer, so identitätsstiftende Körperbereiche wie das Gesicht oder die Hände zu präparieren. Denn diese

Bereiche

haben

in

gewisser

Weise

einen

symbolischen Wert – sie repräsentieren das, was der Tote einmal war, ein individuelles Wesen, das sich über Mimik und Hände ausgedrückt hat und selbst nach dem

Wegbereiter sein, um zum Menschen zurückzufinden, zur

Tod verweist der Körper auf den Menschen, der gelebt

Achtung vor dem Menschen, zum Staunen ob der Perfektion

hat: Die Identität eines Menschen ragt also in gewisser

des Menschen, die sich auch in der Perfektion seines Körpers

Weise über den Tod hinaus und in das Bewusstsein der

manifestiert. Vielleicht kann über die Vergegenwärtigung

die Leiche umgebenden Menschen hinein.

der wunderbaren anatomischen Wohlgeordnetheit des

21

Eine medizinethische Annäherung an die Anatomie

Präparationssaal geschehen. Schon allein deshalb nicht,

hinzukommt – das könnte eine Vorstellung sein, die man

menschlichen Körpers realisiert werden, wie faszinierend vielfältig der lebende Mensch ist. Der lebende Mensch, der

verinnerlichen könnte, wenn man sich nicht von Anfang an

seine anatomische Beschaffenheit als seine Identität mit sich

klarmacht, was der anatomische Blick leisten kann und was nicht.

führt und durch sie hindurch seine ganz eigene Lebendigkeit durchfließen lässt. Eine Lebendigkeit, die nur er in dieser Form

Der Mensch ist mehr als wir von ihm verobjektivieren können

hat: Jeder Mensch bewegt sich anders, jeder Mensch hat eine andere Stimme, jeder Mensch eine andere Mimik, jeder Mensch

einen

anderen

Blick,

eine

Ausstrahlung.

Wie

Der anatomische Blick kann sehr Vieles und Wesentliches

faszinierend diese Vielfalt menschlichen Lebens und wie

über den Menschen sagen, aber was der Mensch wirklich ist,

faszinierend jeder Mensch für sich doch ist! Gerade im Kurssaal

das können wir nach dem sezierenden Blick der Anatomie

der Anatomie besteht die Chance, das Staunen neu zu lernen.

nicht sagen. Der Mensch als Mensch ist eben nicht dadurch adäquat beschrieben, dass wir all seine körperlichen Bestandteile zusammennehmen und versuchen, das Ganze in diesen

Vom Gesetzmäßigen zur Einzigartigkeit eines jeden Menschen

Teilen zu finden. Vielmehr ist das Eigentliche des Menschen, der uns später als kranker Mensch gegenübertritt, gerade

Bei aller Vielfalt des Lebens, ohne die Verinnerlichung des Allgemeinen, ohne das Erlernen einer Abstraktion vom Kon-

Der anatomische Blick kann sehr Vieles und Wesentliches über den Menschen sagen, aber was der Mensch wirklich ist, das können wir nach dem sezierenden Blick der Anatomie nicht sagen.

kreten hin zu allgemeinen Gesetzen, wäre man als Arzt nicht handlungsfähig. Denn wenn wir den Menschen nur als Individuum betrachteten und in ihm nur das Einzigartige sähen ohne ein Wissen von der Allgemeinheit, von der Gesetzmäßigkeit seiner Anatomie und Physiologie, dann wären wir im Angesicht eines leidenden Menschen ratlos. Ohne das Be-

Eine medizinethische Annäherung an die Anatomie

wusstsein von Gesetzmäßigkeiten würden wir bei jedem Patienten immer wieder aufs Neue im Dunkeln tappen, würden

seine Lebendigkeit. Und diese Lebendigkeit ist nicht einfach

wir jedes Mal ganz von vorne anfangen. Wir brauchen also

festzuhalten unter dem Mikroskop oder beispielsweise in

das Wissen um allgemeine Naturgesetze. Aber wenn wir bei

Laborwerten, sondern sie übersteigt das Strukturelle und

diesem allgemeinen Wissen stehen bleiben, dann verlieren

Messbare. Denn naturwissenschaftliche Erhebung ist immer

wir die Lebendigkeit des Menschen aus dem Blick. Je mehr

ein Ausschnitt, eine Anordnung von Leben, eine Abstraktion

wir den Menschen in seine einzelnen physischen Bestand-

von Leben, nie aber das Leben an sich. Lebendig kann der

teile zergliedern, desto mehr könnte sich ein Denken ein-

Mensch nur als Ganzes sein. Und genau das wurde früher

schleichen, wonach der Mensch die Gesamtheit der darstell-

als Seele beschrieben. Die Seele, so können wir schon bei

baren Strukturen sei. Es soll tatsächlich Chirurgen gegeben

Aristoteles nachlesen, ist das, was dem Menschen seine Le-

haben, die meinten, sie hätten die Seele des Menschen, so

bendigkeit verleiht. Der Mensch ist durchwaltet durch eine

sehr sie auch in die entlegensten Körperhöhlen eindrangen,

Kraft, die ihn am Leben erhält. Diese Kraft mag sich niederschlagen in biochemischen Prozessen, aber sie ist nicht abbildbar und sezierbar, sondern nur zu erfassen, wenn wir den

Wenn wir bei diesem allgemeinen Wissen stehen bleiben, dann verlieren wir die Lebendigkeit des Menschen aus dem Blick.

Menschen als Ganzen in den Blick nehmen.

Naturwissenschaftliche Erhebung ist immer ein Ausschnitt, eine Anordnung von Leben, eine Abstraktion von Leben, nie aber das Leben an sich.

nirgendwo gefunden. Der Mensch als eine Körpermaschine, die durch physikalische Gesetze am Leben erhalten wird und irgendwo im Nebulösen dann noch so etwas wie das Geistige

22

In der Vergegenwärtigung dessen, wie ein lebendiger

fach als eine Fortsetzung des bisher beschrittenen, präpa-

Mensch auf uns wirkt, können wir im Anblick der leblosen

rierenden Weges gesehen werden, sondern man muss einen

Körper im Präpariersaal erahnen, dass der Mensch mehr ist

Sprung wagen, einen Sprung über die Kluft, die sich ergibt

als die Summe seiner Teile. Er ist eben mehr als eine funkti-

zwischen toter Materie und lebendem Menschen. Diese

onierende Maschine. Nicht nur weil er auch Gefühle hat,

Kluft lässt sich nicht durch Theorien füllen, sondern sie wird

die noch dazukommen. Der Mensch als lebendiges Wesen

immer als Kluft übrig bleiben, weil keine Theorie, keine ma-

ist nicht einfach nur mehr, sondern er ist vor allen Dingen

thematische Formel, kein Instrument dieser Welt berechnen

etwas anderes als die Präparate im Anatomiesaal. Das

kann, was der Mensch tun wird, was er hoffen wird, was er

Lebendige kommt zum Körper nicht nur hinzu, sondern es

fühlen wird. Und genau damit hat es der Arzt zentral zu tun,

verleiht dem Körper ein anderes Sein. Der Mensch ist

mit den Handlungen seiner Patienten eben genauso wie mit

nicht nur eine Ansammlung von Organen, sondern er ist

seinen Hoffnungen und all seinen Gefühlen.

die lebendige Einheit, die alles, was wir im Anatomiekurs sehen, auf eine wundersame Weise zusammenhält und

Jeder junge Arzt wird diese Erfahrung immer wieder ma-

miteinander in Kommunikation bringt. Der Mensch ist

chen: Dass er ausgerüstet mit allen auswendig gelernten

ein staunenswerter Kosmos, in dem nahezu alles mit allem

Fakten und nach bestandenem Examen in der Konfrontation

kommuniziert, ohne dass der Mensch irgendetwas dazu tun

mit seinen ersten Patienten so frustrierend hilflos sein wird.

müsste. Er ist eben keine Maschine mit einer noch

So frustrierend orientierungslos, weil dieser Mensch, der da

hinzukommenden Seele von außen, wie Descartes es

vor ihm ist, so in seinen Lehrbüchern nie aufgetaucht war.

noch gesehen hat, sondern er ist ein lebendiger Integrator

Die Lehrbücher beleuchten zwar das Regelhafte und die Gesetzmäßigkeiten, aber in der Konfrontation mit einem kon-

seiner physischen Vielfalt. Wie kaum ein anderer hat dies

kreten Patienten wird einem klar, dass es hier keine Gesetzmäßigkeiten gibt: Jeder Mensch ist anders und die

Der Mensch ist nicht nur eine Ansammlung von Organen, sondern er ist die lebendige Einheit, die alles, was wir im Anatomiekurs sehen, auf eine wundersame Weise zusammenhält und miteinander in Kommunikation bringt.

Situation, in der sich der Patient befindet, ist immer eine einmalige, individuelle und eben keine gesetzmäßige „Standard-Lehrbuchsituation“.

Die

ärztliche

Kompetenz

besteht gerade darin, das Gesetzmäßige im Kopf zu haben können, muss man die Abstraktion des Wissens verlassen und in die Konkretheit der Lebenswelt des Patienten eintauchen.

Karl Jaspers auf den Punkt gebracht: „Was der Mensch im

Die ärztliche Kompetenz besteht gerade darin, das Gesetzmäßige im Kopf zu haben und den Einzelfall als Einzelfall zu behandeln.

Ganzen sei, kann nicht festgestellt werden in Experimenten und Laboratorien, nicht in Unterhaltungen und Ausfragen, nicht in einem objektiv vorweisbaren Material an Ausdruck, Leistungen, Hervorbringungen des Menschen, denn immer ist der Mensch mehr und anders, als von ihm gewusst und erkennbar wird.“ (Jaspers, Karl: Philosophie. Band II: Existen-

Diese Situation hat kein Geringerer als Viktor von Weizsä-

zerhellung).

cker, der Begründer der Psychosomatik wunderbar auf den Punkt gebracht, also er schrieb: „Wir, die Ärzte, erlernten die Zusammensetzung des menschlichen Körpers aus Gewe-

Ärztliche Kunst als Verbindung von Sachlichkeit und Zwischenmenschlichkeit

ben... Wir lernten nur von Dingen, die ‚etwas‘ sind, wir lernten nichts von Dingen, die ‚jemand‘ sind. Aber die Sprech-

All dies macht deutlich, dass der notwendige Weg zurück

stunde beginnt damit, dass jemand sagt: ‚Ich‘ bin krank, und

zum lebenden Menschen einen Sprung erfordert. Der Weg

wir wundern uns, dass wir nicht sogleich ratlos werden, da

vom Präpariersaal zum lebenden Menschen kann nicht ein-

wir davon nichts gelernt haben.“ – Sicher, das Studium hat

23

Eine medizinethische Annäherung an die Anatomie

und den Einzelfall als Einzelfall zu behandeln. Um helfen zu

sich seitdem zum Guten verändert, aber immer noch tut sich da

fektion des menschlichen Körpers zu erlernen. Er kann aber

eine Kluft auf zwischen den Dingen, die etwas sind und den

auch eine Distanz schaffen zur Lebenswelt des Menschen,

Dingen, die jemand sind. Und die Notwendigkeit, diese Kluft zu

eine emotionale Distanz zum Menschen an sich. So kann im

schließen, muss schon ganz am Anfang im Bewusstsein

anatomischen Präpariersaal eine Metamorphose erfolgen,

bleiben, damit man nicht zu ratlos bleibt. Wer aber leistet

und zwar nicht nur die Metamorphose der Leiche, die am

diese Synthese? Wer leistet dieses Zusammenführen der

Anfang noch einen ganzen Körper darstellte und am Ende

einzelnen Teile zu einem Ganzen? Eigentlich muss der

geradezu zu einer amorphen Masse geworden ist. Vor allem

Studierende dies schon im ersten Semester, spätestens im

aber kann eine Metamorphose in den Köpfen der Studieren-

zweiten, wenn der Anatomiekurs meist startet, gelernt ha-

den stattfinden. Angefangen hat es mit Gefühlen wie Scheu,

ben: Ich erkenne hier nur Materie, und ich kann noch so viel

mit Zurückhaltung, mit Skrupel im Angesicht der Aufgabe,

auswendig lernen – wenn mir ein Mensch begegnet, reicht

in einen wenngleich toten so doch menschlichen Körper

die Kenntnis dieser Materie nicht aus. Ich muss einen Sprung

einzudringen. Diese Scheu verflüchtet sich, aus Skrupel wird

wagen von der Allgemeinheit des Wissens zur Konkretheit der

Routine. Und das zeigt ein wichtiges Element der Medizin

Lebenswelt des Menschen. Und für diesen Sprung brauche ich

auf. Die Medizin ist sozusagen die Disziplin, der es bei

viel Wissen, aber ich brauche zu gleichen Teilen auch Ge-

gegebener Einwilligung des Kranken gestattet ist, in Räume

spür, Intuition, Fakten, Einfühlungsvermögen, Situationswissen,

vorzudringen, in die sonst niemand dringen kann und darf, sie ist die Disziplin, die jeden Tag Grenzen überschreiten muss und Dinge tun muss, die sonst keiner tun darf. Die Me-

Ich muss einen Sprung wagen von der Allgemeinheit des Wissens zur Konkretheit der Lebenswelt des Menschen.

dizin ist als Medizin grundsätzlich in der Zone des sonst Tabuisierten. Sie muss mit Phänomenen des Lebens umgehen, die zu den privatesten und persönlichsten gehören. Sie hat oft mit Scham zu tun und mit Kontexten, über die wir sonst

Eine medizinethische Annäherung an die Anatomie

nicht sprechen. Daher ist es für einen jungen Arzt wichtig, Erfahrungswissen, Beziehungswissen – all das ist kostbares

dass er lernt, wie er die sonst tabuisierten Bereiche professi-

Wissen, das sich aber nicht formalisieren lässt, sondern eben

onell betreten kann. Er muss sich eine Versiertheit aneignen,

nur einüben, vor allem aber durch Vorbilder einprägen lässt.

die es ihm erlaubt, nicht nur mehr zu sehen, sondern auch

So muss ich erst verstanden haben, was im Menschen vor-

weiter zu sehen als der Kranke in seiner Not sehen kann.

geht, bevor ich etwas an seinem Körper verändere, und

Weiter sehen zu können, das erfordert innere Ruhe und

wenn ich den Körper verändere, dann muss ich ihn kennen,

auch innere Distanz. Karl Jaspers hat einmal gesagt, dass

aber ob ich ihn verändern soll oder nicht, sagt mir eben nicht

man nur dann operieren kann, wenn die Klarheit des Blicks

die Naturwissenschaft, sondern das kann mir nur der Patient

nicht durch Tränen getrübt wird. Und so ist es in jedem

und seine Lebensgeschichte sagen. Das ist die grundlegende

Alltag der Medizin. Es ist wichtig, sich nicht übermannen zu

Kunst der ärztlichen Therapie.

lassen von der Not des Kranken, denn nur so kann man wirklich helfen. Selbst erfahrene Ärzte kennen das, dass sie dann, wenn Familienangehörige krank sind, nicht

Abschließend

mehr richtig gut entscheiden, weil sie zu sehr von ihren Die toten Menschen im Präpariersaal haben alle eine eige-

eigenen Emotionen, Sorgen und Ängsten bestimmt sind in

ne Geschichte, die durch das Formalin und die Vorbereitung

dieser Situation. Helfen, ohne selbst überwältigt zu sein von

der Leiche im Prozess der Konservierung nicht mehr so er-

der Not des Kranken, das ist für eine professionelle

kennbar ist. Das mag von Vorteil sein. Aber wir müssen auch

Herangehensweise sehr wichtig.

anerkennen, dass es auf dem Weg zum Arztsein notwendig ist, all das, was die Konservierungstechnik an Menschlichem

Helfen, ohne selbst überwältigt zu sein von der Not des Kranken, das ist für eine professionelle Herangehensweise sehr wichtig.

weggenommen hat, Zug um Zug dem naturwissenschaftlichen Denken wieder neu hinzuzufügen. Der Präparierkurs kann, wie wir gesehen haben, helfen, ein Staunen ob der Per-

24

Diese distanzierende Haltung lernt man in gewisser Weise

Um ein guter Arzt zu sein, braucht man nicht nur Fakten-

schon im Präpariersaal. Man lernt mit seinen Gefühlen um-

wissen, sondern man braucht eine innere Richtschnur, ein

zugehen, die einen unweigerlich ereilen. Und doch liegt in

Sensorium dafür, worauf es ankommt im Umgang mit

dieser Sozialisation zur Distanzierung von den eigenen Ge-

Menschen. Diese Richtschnur ist in naturwissenschaftli-

fühlen auch eine Gefahr. Nämlich die Gefahr, dass man im Be-

chen Büchern nicht zu finden. Sie ist nicht in Zahlen abbild-

streben, professionell zu sein, am Ende gar nicht mehr merkt,

bar, kennt keine Naturgesetze, sondern sie kennt nur das

dass man den Menschen nur noch als Objekt betrachtet, das

Gesetz der Zwischenmenschlichkeit und damit die Kunst der

wir von uns und unseren Gefühlen fernzuhalten haben. Die

Hermeneutik, die Kunst des Verstehens, die Kunst des

eigentliche Kunst der Medizin liegt aber gerade in der Kunst,

Zuhörens,

souverän mit den eigenen Gefühlen umzugehen, ohne diese

verwirklicht.

Gefühle gänzlich von einem selbst abzuschneiden. Der Prä-

Mutprobe, mit der man mit dem Präparat zugleich seine

die

sich

Daher

in ist

einer der

Kurs

geglückten der

Interaktion

Anatomie

keine

parierkurs könnte ein erster Wegbereiter sein, einen guten

Gefühle wegpräpariert, sondern er ist eine Chance, früh ge-

Umgang mit den gesunden Gefühlen von Scheu, Scham und

nug zu lernen, dass man nur in der geglückten Ver-

auch Ehrfurcht zu erlernen. Einen gesunden Mittelweg zu

bindung kognitiver und emotionaler Intelligenz ein guter

finden zwischen notwendiger Souveränität und abzulehnen-

Arzt werden kann.

der Abgebrühtheit, darauf kommt es an. Daher sollte der

Die eigentliche Kunst der Medizin liegt aber gerade in der Kunst, souverän mit den eigenen Gefühlen umzugehen, ohne diese Gefühle gänzlich von einem selbst abzuschneiden.

Präparierkurs keine Mutprobe sein, mit dem Ziel, sich von einen konstruktiven Umgang mit den natürlichsten Gefühlen der Welt zu erlernen. Mit Gefühlen, die nicht wegpräpariert werden dürfen, sondern die umgemünzt werden müssen in kreative Empfindungen der Zwischenmenschlichkeit, in Gefühle des Eintretenwollens, des Sich-Engagieren-Wollens gegen das Leid der einem anvertrauten kranken Menschen.

Prof. Dr. Giovanni Maio ist Arzt und Philosoph und hat den Lehrstuhl für Medizinethik an der Albert-Ludwigs-Universität in Freiburg inne, wo er das Institut für Ethik und Geschichte der Medizin leitet. In seinen zahlreichen Veröffentlichungen versucht er, medizinisches und philosophisches Denken wieder zu einer neuen Einheit zu verbinden. Sein Lehrbuch „Mittelpunkt Mensch – Lehrbuch der Ethik in der Medizin“ ist mittlerweile zu einem Standardwerk geworden.

25

Eine medizinethische Annäherung an die Anatomie

den eigenen Gefühlen zu distanzieren, sondern eine Chance,

Allgemeine Anatomie

1

Allgemeine Grundlagen

1.1 1.2 1.3 1.4 1.5 1.6 1.7 1.8

Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Teilgebiete der Anatomie . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anatomische Fachsprache. . . . . . . . . . . . . . . . . . Gliederung des Körpers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Oberflächenanatomie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Achsen, Ebenen, Richtungs- und Lagebezeichnungen Äußere Gestalt des Körpers. . . . . . . . . . . . . . . . . Körperspende und Präparierkurs . . . . . . . . . . . . .

A . . . . . . . .

. . . . . . . .

. . . . . . . .

. . . . . . . .

. . . . . . . .

. . . . . . . .

. . . . . . . .

. . . . . . . .

. . . . . . . .

. . . . . . . .

. . . . . . . .

31 31 33 33 35 38 43 48

W. Schmidt

1.1

Einleitung

Der Name Anatomie leitet sich von dem griechischen Wort „anatemnein“ ab, was „zerschneiden, zergliedern“ bedeutet. Humananatomie ist die Anatomie des Menschen. Sie vermittelt Grundlagen über die Gestalt und Struktur des gesunden menschlichen Körpers und seiner Organe und bildet die Basis jedes ärztlichen Handelns. Daher kann sie nicht einfach als „trockene“ theoretische Wissenschaft angesehen werden, sondern ist der Wissensgrundstock, auf den jeder Arzt – unabhängig von seiner gewählten Fachrichtung – ständig zurückgreifen muss. ▶ Merke. Ohne genaue Kenntnis des normalen Körpers ist es nicht möglich, patho-

1.1

Einleitung

Die Anatomie ist die Lehre von der Gestalt und Struktur des gesunden menschlichen Körpers.

▶ Merke.

logische (krankhafte) Veränderungen festzustellen. Die Gestalt beschreibt die äußere Form eines Individuums, seiner Glieder und Organe. Die Struktur entspricht dem inneren Aufbau von Organen und ihrer Bestandteile im makroskopischen, mikroskopischen, submikroskopischen und molekularen Bereich; der Strukturbegriff bezieht die Funktion mit ein. ▶ Merke. Zusammen mit der Physiologie und der Biochemie bildet die Anatomie

Die Gestalt beschreibt die äußere Form, die Struktur entspricht dem inneren Aufbau von anatomische Strukturen und bezieht die Funktion mit ein. ▶ Merke.

die Grundlage für Prophylaxe, Diagnostik, Therapie und Rehabilitation von Erkrankungen.

1.2

Teilgebiete der Anatomie

1.2

Teilgebiete der Anatomie

Das Fach Anatomie gliedert sich in die Teilgebiete makroskopische Anatomie, mikroskopische Anatomie und Embryologie. Die deskriptive Anatomie widmet sich der Beschreibung von Befunden in diesen Teilgebieten der Anatomie. Die funktionelle Anatomie fügt die aus dem makroskopischen, mikroskopischen und molekularen Bereich ableitbaren strukturellen Informationen über den Aufbau des menschlichen Körpers zu einem funktionellen Gesamtbild zusammen.

Die Anatomie umfasst die makroskopische und mikroskopische Anatomie sowie die Embryologie. Während sich die deskriptive Anatomie der Beschreibung widmet, fügt die funktionelle Anatomie strukturelle Befunde zum funktionellen Gesamtbild zusammen.

1.2.1 Makroskopische Anatomie

1.2.1

▶ Definition. Die makroskopische Anatomie beschreibt Strukturen > 1 mm, d. h. die mit dem bloßen Auge oder mit einer Lupe beurteilt werden können.

Makroskopische Anatomie

▶ Definition.

Sie gliedert sich in die vergleichende Anatomie, systematische Anatomie und topografische Anatomie.

Sie gliedert sich in folgende Bereiche:

Vergleichende Anatomie: Sie setzt die Baupläne verschiedener Typen der Tierwelt in Beziehung und sucht nach Gesetzmäßigkeiten der Form. Aufgabe der vergleichenden Anatomie ist es auch, Tiere und Menschen miteinander zu vergleichen, um homologe (artgleiche) bzw. heterologe (artfremde) Formen aufzuzeigen. Der Mensch gehört aufgrund der Ausbildung seines Skelettes zu den Wirbeltieren (Vertebraten).

Vergleichende Anatomie: Der Vergleich von Tieren und Menschen ermöglicht die Beschreibung homologer bzw. heterologer Formen.

32

A

Systematische Anatomie: Gliederung des Stoffes nach Organen oder Funktionssystemen:

Systematische Anatomie: Sie vermittelt die Gliederung des Stoffes nach Organen oder Funktionssystemen und liefert gewissermaßen ein vollständiges Verzeichnis über die einzelnen Bestandteile des Organismus. Unterschieden werden einzelne Systeme anhand ihrer Funktion, die jedoch unter verschiedenen Gesichtspunkten (entwicklungsgeschichtlich, topografisch) auch zusammengefasst werden können. Da manche Organe oder Organstrukturen mehrere Funktionen erfüllen, sind auch verschiedene Einteilungen und Zuordnungen zu Systemen möglich – daher ist die folgende Einteilung nur eine unter vielen: ■ Bewegungssystem (S. 221): Knochen, Gelenke, Bänder, Muskeln. ■ Herz-Kreislauf-System (S. 145) mit Herz und Blutgefäßen, Blut (S. 165) und lymphatisches System: Zum lymphatischen System werden im Allgemeinen neben den lymphatischen Organen (S. 179), deren Hauptaufgabe die Abwehr von Krankheitserregern ist, auch die Lymphgefäße gezählt. Sie sind als eine Art Nebenstrecke an das venöse System angeschlossen und dienen hauptsächlich der Drainage von Flüssigkeit aus dem Gewebe. Aufgrund dieser den Venen vergleichbaren Transportfunktion und der Darstellung seines Aufbaus im Vergleich mit den arteriellen und venösen Gefäßen, mit denen es im Bereich des Kapillarbetts in Beziehung steht, wird das Lymphgefäßsystem (S. 161) in diesem Buch zusammen mit den Grundzügen des Herz-Kreislauf-Systems besprochen. ■ Nervensystem (S. 194). ■ Atmungssystem: Nase (S. 1039), Luftwege (S. 914), Lungen (S. 547). ■ Verdauungssystem: Mundhöhle (S. 1003), Rachen (S. 914), Speiseröhre, MagenDarm-Kanal (S. 675) mit entsprechenden Drüsen. ■ Urogenitalsystem (S. 763): Nieren, Harnleiter, Harnblase, Harnröhre sowie männliche und weibliche Genitalorgane. ■ System der Drüsen mit innerer Sekretion, d. h. endokrine Drüsen (S. 63): Hypophyse (S. 1249), Epiphyse (S. 1127), Schilddrüse (S. 931), Nebenschilddrüsen (S. 933), Nebennieren (S. 790), Inselorgan des Pankreas (S. 751), Keimdrüsen. ■ Haut und (klassische) Sinnesorgane: Rezeptoren der Haut, s. Mechanorezeption und Propriozeption (S. 1196) und Tab. O-1.2, Auge (S. 1049), Hör- und Gleichgewichtsorgan (S. 1074), Geruchsorgan (S. 1045), Geschmacksorgan (S. 1012).

■ ■

■ ■

■ ■ ■ ■

Bewegungssystem (S. 221). Herz-Kreislauf-System (S. 145), Blut (S. 165) und lymphatisches System: lymphatische Organe (S. 179), Lymphgefäßsystem (S. 161). Nervensystem (S. 194). Atmungssystem: Pharynx (S. 914), Nase und Nasennebenhöhlen (S. 1039), Lunge (S. 547). Verdauungssystem (S. 675). Urogenitalsystem (S. 763). System der endokrinen Drüsen (S. 63). Haut und Sinnesorgane.

Topografische Anatomie: Berücksichtigung der Lage und Stellung der anatomischen Strukturen zueinander.

▶ Klinik.

1 Allgemeine Grundlagen

Topografische Anatomie: Die topografische Anatomie setzt die Systematik voraus und befasst sich mit der Lage und Stellung aller anatomischen Strukturen zueinander. Mit der systematischen Anatomie allein, ohne Topografie, kommt man in der Praxis nicht aus. ▶ Klinik. Systematische Anatomie und topografische Anatomie sind die Grundlage

für die klinische Anatomie. Die Beurteilung von Röntgenbildern oder Befunden, die mit modernen bildgebenden Verfahren (S. 129) wie Ultraschall (Sonografie), Computertomografie (CT), Magnetresonanztomografie (MRT) oder Positronen-Emissionstomografie (PET) gewonnen werden, wäre ohne Anatomiekenntnisse nicht möglich. In der computerunterstützten Chirurgie werden Anatomen in die präoperative Planung mit einbezogen. In der Absicht, sowohl den funktionellen als auch den topografischen Aspekten gerecht zu werden, wurde im vorliegenden Buch versucht, beide zu vereinen. Dabei sind insbesondere klinisch relevante Gesichtspunkte und Bauprinzipien von Organsystemen berücksichtigt worden. 1.2.2

Mikroskopische und molekulare Anatomie Mikroskopische Anatomie: Sie betrachtet Strukturen < 1 mm und gliedert sich in ■ Zytologie (Zellenlehre), ■ Histologie (Gewebelehre) und ■ mikroskopische Anatomie der Organe.

1.2.2 Mikroskopische und molekulare Anatomie Mikroskopische Anatomie: Sie geht über die mit dem bloßen Auge sichtbaren Strukturen hinaus und ermöglicht eine feinere Aufgliederung des Körpers. Sie betrachtet Strukturen < 1 mm. Die mikroskopische Anatomie gliedert sich in ■ Zytologie (Lehre von Aufbau und Funktion der Zelle), ■ Histologie (Gewebelehre) und ■ mikroskopische Anatomie der Organe. Mit Hilfe des hohen Auflösungsvermögens des Elektronenmikroskops kann der Feinbau von zellulären und subzellulären Strukturen, die Ultrastruktur, erfasst werden.

1.4 Gliederung des Körpers

33

Molekulare Anatomie: Sie beschreibt den molekularen Aufbau von Zellen und Organen. Dabei ist die Zusammenarbeit mit Zellbiologen und Biochemikern Voraussetzung.

Molekulare Anatomie: Sie setzt die Zusammenarbeit mit Zellbiologen und Biochemikern voraus.

1.2.3 Embryologie

1.2.3

Die Embryologie ist die Lehre von der ungeborenen Leibesfrucht. Sie schildert die Form- und Funktionsveränderungen von der Befruchtung bis zur Geburt.

Sie beschreibt Form- und Funktionsveränderungen von der Befruchtung bis zur Geburt.

A

1.3

Anatomische Fachsprache

1.3

Die Terminologia anatomica ist die anatomische Fachsprache, die nicht nur in der menschlichen Anatomie Anwendung findet, sondern auch in der praktischen Medizin und in der vergleichenden Anatomie Umgangssprache ist. Die heute gültige Terminologia anatomica stammt aus dem Jahr 1998. Die Nomina histologica und die Nomina embryologica sind älter (1985). In unregelmäßigen Abständen werden die Fachtermini von einer eigens dafür eingerichteten Kommission aktualisiert. Dadurch ist auch zu erklären, dass früher gebräuchliche Bezeichnungen, die sich im klinischen Alltag etabliert haben, trotz inzwischen geänderter anatomischer Nomenklatur weiterhin gebräuchlich sind.

1.4

Gliederung des Körpers

▶ Exkurs: Bilaterale Symmetrie. Bilaterale Symmetrie sagt aus, dass die rechte und die linke Körperhälfte spiegelbildlich gebaut sind. Die Symmetrie lässt sich im Kopf, in den Extremitäten und in der Leibeswand nachweisen. Bei den inneren Organen ist nur bei der Lunge und bei den Nieren noch eine bilaterale Symmetrie erkennbar, jedoch nicht mehr bei Herz, Magen-DarmKanal, Leber, Milz und Pankreas.

⊙ A-1.1

Anatomische Fachsprache

Die Terminologia anatomica (aktuell von 1998) ist die anatomische Fachsprache.

1.4

Der Körper gliedert sich in Kopf, Hals, Rumpf, obere und untere Extremität (Abb. A-1.1) und zeigt einen größtenteils bilateral symmetrischen Aufbau.

Embryologie

Gliederung des Körpers

S. Abb. A-1.1.

▶ Exkurs: Bilaterale Symmetrie.

⊙ A-1.1

Regionale Gliederung in Körperabschnitte Menschlicher Körper in der Ansicht von rechts mit schematischer Darstellung der von dieser Seite sichtbaren Brust-, Bauch- und Beckenorgane sowie des Gehirns. Zugunsten der Übersichtichkeit ist die obere Extremität nicht abgebildet.

34

A

Kopf (Caput): Hirnschädel (Neurocranium) und Eingeweideschädel (Viscerocranium).

Kopf (Caput): Der Schädel, das Skelett des Kopfes, besteht aus dem Hirnschädel (Neurocranium), in dem, wie der Name schon sagt, das Gehirn liegt und dem Eingeweideschädel (Viscerocranium) mit Mund- und Nasenraum.

Hals (Collum): Muskeln, HWS, Gefäße, Nerven, Rachen (Pharynx), Kehlkopf (Larynx), Speiseröhre (Ösophagus), Luftröhre (Trachea), Schilddrüse (Gl. thyroidea), Nebenschilddrüsen (Gll. parathyroideae).

Hals (Collum): Der Hals enthält die Halsmuskulatur und die Halswirbelsäule. Er wird von Leitungsbahnen (Gefäß-Nervenstrang) durchzogen. Zu den Halseingeweiden zählen der Rachen (Pharynx), Kehlkopf (Larynx), die Anfangsteile der Speiseröhre (Ösophagus) und der Luftröhre (Trachea) sowie Schilddrüse (Glandula thyroidea) und die Nebenschilddrüsen (Glandulae parathyroideae).

Rumpf (Truncus): Brust- und Lendenwirbelsäule, Kreuzbein, Steißbein, Brustkorb (Thorax) und Becken (Pelvis) bilden den knöchernen Rahmen. Brusthöhle (Cavitas thoracis), Bauchhöhle (Cavitas abdominalis) und Beckenhöhle (Cavitas pelvis) sind wichtige Hohlräume für Organe (S. 114).

Rumpf (Truncus): Abschnitte der Wirbelsäule (Brust- und Lendenwirbelsäule sowie Kreuz- und Steißbein), Brustkorb (Thorax) und Becken (Pelvis) bilden den knöchernen Rahmen des Rumpfes. Der Bauchraum (Abdomen) wird durch die Bauchmuskulatur nach ventral geschlossen. Die aus Knochen und Muskeln gebildete Rumpfwand umgibt die Körperhöhlen, in denen sich folgende Organe befinden, vgl. zum Begriff der Körperhöhlen (S. 114): ■ Cavitas thoracis (Brusthöhle): Herz (Cor), Lungen (Pulmones), Luftröhre (Trachea), Speiseröhre (Ösophagus) und Bries (Thymus). ■ Cavitas abdominalis (Bauchhöhle): Komplett oder teilweise umhüllt vom Bauchfell, sog. Peritoneum (S. 651), Leber (Hepar), Gallenblase (Vesica biliaris), Milz (Splen), Magen (Gaster), Dünndarm (Intestinum tenue mit Duodenum, Jejunum und Ileum) und Dickdarm (Intestinum crassum mit Caecum, Appendix vermiformis, Colon ascendens, Colon transversum, Colon descendens und Colon sigmoideum). Dorsal des Bauchfells (retroperitoneal) Bauchspeicheldrüse (Pankreas), Nieren (Ren dexter et sinister) und Nebennieren (Glandulae suprarenales). ■ Cavitas pelvis (Beckenhöhle): Mastdarm (Rectum), Analkanal (Canalis analis), Harnblase (Vesica urinaria) und innere Geschlechtsorgane. Nach kranial reicht die Bauchhöhle in den Thorax hinein. Brusthöhle und Bauchhöhle werden durch eine muskulös-bindegewebige Platte, das Zwerchfell, sog. Diaphragma (S. 295), getrennt, vgl. auch Durchtrittsstellen im Zwerchfell (S. 537). Dagegen geht die Bauchhöhle direkt in die Beckenhöhle über.

▶ Exkurs: Metamerie.

1 Allgemeine Grundlagen

▶ Exkurs: Metamerie. Der Rumpf besteht aus gleichartigen Abschnitten (Segmenten). Diese Segmente bezeichnet man als Metamere. Die Metamerie, deren Grundlage die Somiten, sog. Ursegmente (S. 113), bilden, ist nur in der Embryonalperiode deutlich ausgebildet. Im Bereich des Brustkorbes lässt sich der segmentale Bau noch ablesen. Jedes Segment besteht aus einem Wirbel mit der Zwischenwirbel-Scheibe, rechts und links befindet sich eine Rippe und den Zwischenrippenraum füllen Muskeln, Venen, Arterien und Nerven aus. Keine Metamerie weisen Kopf, Hals und die Leibeshöhlen mit den Eingeweiden auf.

Obere Extremität: Schulterblatt (Scapula), Schlüsselbein (Clavicula), Oberarm (Brachium), Ellenbeuge (Cubitus), Unterarm (Antebrachium) und Hand (Manus).

Obere Extremität (Membrum superius): Die obere Extremität ist über den Schultergürtel (Cingulum membri superioris), der aus Schlüsselbein (Clavicula) und Schulterblatt (Scapula) besteht, am Rumpf befestigt. Die freie obere Extremität (Pars libera membri superioris) gliedert sich in Oberarm (Brachium), Ellenbeuge (Cubitus), Unterarm (Antebrachium) und Hand (Manus).

Untere Extremität: Hüftbein (Os coxae), Oberschenkel (Femur), Knie (Genu), Unterschenkel (Crus) und Fuß (Pes).

Untere Extremität (Membrum inferius): Die untere Extremität wird über das Hüftbein (Os coxae) mit dem Rumpf verbunden. Beide Hüftbeine bilden die Wand des Beckens und sind Bestandteile des Rumpfes. Die freie untere Extremität (Pars libera membri inferioris) unterteilt sich in Oberschenkel (Femur), Knie (Genu), Unterschenkel (Crus) und Fuß (Pes).

A

1.5

35

1.5 Oberflächenanatomie

Oberflächenanatomie

Oberflächenanatomie ist Anatomie am Lebenden. Sie befasst sich mit der Körperoberfläche. Die bei der Präparation gewonnenen Erkenntnisse werden bei den klassischen klinischen Untersuchungsmethoden (Inspektion, Palpation, Perkussion, Auskultation und Funktionsprüfungen, s. u.) angewendet. Die Oberflächenanatomie hat bei klinischen Untersuchungskursen eine große Bedeutung. ▶ Klinik. Klassische klinische Untersuchungsmethoden sind Inspektion = Besichtigung/Betrachtung (lat. inspicium): Ihre Bedeutung liegt in der Erfassung von äußerlich sichtbaren krankhaften Veränderungen, die auf die Erkrankung des Patienten hinweisen oder sogar eine sog. „Blickdiagnose“ erlauben. Palpation = Ab-/Betasten (lat. palpatio): Durch Sie können Größen- oder Strukturveränderungen v. a. innerer Organe erfasst und die (Schmerz-)Empfindlichkeit einer Region als Hinweis auf pathologische (= krankhafte) Prozesse geprüft werden. Perkussion = Beklopfen (lat. percussio): Durch Beklopfen der Körperoberfläche des Patienten mit der Hand werden die Gewebe in Schwingung versetzt. Der dadurch hervorgerufene Klopfschall unterscheidet sich in Abhängigkeit von der Beschaffenheit (Luft-, Wassergehalt) der unter der Haut gelegenen Gewebe und gibt dadurch Anhaltspunkte zur Abschätzung der Organlage und -ausdehnung. Auskultation = (Ab-)Horchen (lat. auscultatio): Sie erfolgt i. d. R. mit Hilfe eines Stethoskops und erfasst Geräusche, die durch die Atmung, Herz- und Darmtätigkeit erzeugt werden. Insbesondere bei der Untersuchung des Bewegungs- und Nervensystems führt man zusätzlich Funktionsprüfungen durch.

Die gesamte Körperoberfläche wird weiterhin in Regionen unterteilt. Regionen sind abgegrenzte Bezirke der Körperoberfläche, die auch für die Klinik von Wichtigkeit sind, indem sie z. B. die topografische Zuordnung von pathologischen Veränderungen erleichtern. So wird beispielsweise der Oberschenkel (S. 389) in eine vordere (Regio femoris anterior) und eine hintere Region (Regio femoris posterior) gegliedert. Da teilweise die Kenntnis der darunter gelegenen Strukturen die Benennung der jeweiligen Regionen erklärt oder für ihre Abgrenzung gegeneinander wichtig ist, werden sie im Rahmen der entsprechenden Kapitel (Bewegungssystem, Hals, Kopf) behandelt. Für die Orientierung am Skelett sind tastbare Knochenpunkte (Abb. A-1.4) von wichtiger Bedeutung. Nicht an jedem Gelenk ist die Palpation der artikulierenden Skelettteile möglich (z. B. Hüftgelenk). Bei einer klinischen Untersuchung kann die Lage indirekt über tastbare Knochenpunkte der Umgebung bestimmt werden.

1.5

Oberflächenanatomie

Oberflächenanatomie ist Anatomie am Lebenden. Sie ist Voraussetzung für klinische Untersuchungsmethoden.

▶ Klinik.

Regionen sind abgegrenzte Bezirke der Körperoberfläche (s. jeweiliges Kapitel des Bewegungssystems, Hals und Kopf).

Der Orientierung am Skelett dienen an der Körperoberfläche tastbare Knochenpunkte (Abb. A-1.4).

36 ⊙ A-1.2

A

1 Allgemeine Grundlagen

Oberflächenanatomie der Frau (Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

a Ansicht von ventral b und dorsal

⊙ A-1.3

Oberflächenanatomie des Mannes (Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

a Ansicht von ventral b und dorsal

A

⊙ A-1.4

1.5 Oberflächenanatomie

Oberflächenrelief und tastbare Knochenpunkte

(Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

a Rumpf und Extremitäten in der Ansicht von ventral (I, weiblicher Körper) und von dorsal (II, männlicher Körper). b Kopf und Hals in der Ansicht von ventral (I) und von dorsal (II).

37

38 1.6

A

1 Allgemeine Grundlagen

1.6

Achsen, Ebenen, Richtungs- und Lagebezeichnungen

Achsen, Ebenen, Richtungs- und Lagebezeichnungen

Entsprechend den drei Raumrichtungen unterscheidet man drei Achsen und die korrespondierenden Ebenen.

Um sich an der Körperoberfläche orientieren zu können, benötigt man die Körperachsen und die Körperebenen. Achsen und Ebenen stehen senkrecht aufeinander. Entsprechend den drei Raumrichtungen unterscheidet man drei Achsen und die korrespondierenden Ebenen.

1.6.1

1.6.1 Achsen

Achsen

Die Achsen sind besonders bei der Beschreibung von Hauptbewegungsrichtungen in Gelenken von Bedeutung. Man unterscheidet drei Hauptachsen (Tab. A-1.1 und Abb. A-1.5).

Man unterscheidet 3 Hauptachsen (Tab. A-1.1 und Abb. A-1.5).

≡ A-1.1

Hauptachsen am menschlichen Körper

Achse

Ausrichtung

Sagittalachse (Pfeilachse)

ventral ↔ dorsal

zwischen vorderer und hinterer Körperwand

Transversalachse (Querachse)

lateral ↔ medial (horizontal)

zwischen einander entsprechenden Punkten der rechten und linken Körperseite

Longitudinalachse (Längsachse)

kranial ↔ kaudal (vertikal)

zwischen Scheitel und Sohle mit senkrechtem Auftreffen auf der Standfläche

1.6.2

1.6.2 Ebenen

Ebenen

Ebenso werden die Körperebenen definiert (Tab. A-1.2 und Abb. A-1.5).

Siehe Tab. A-1.2 und Abb. A-1.5.

≡ A-1.2

Verbindung

Hauptebenen am menschlichen Körper

Anatomische Ebene

Schnittebene bei bildgebenden Verfahren*

Verlauf

Gliederung des Körpers

Sagittalebene

sagittal

vertikal, ventro-dorsal (parallel zur Pfeilnaht des Schädels)

beliebig viele Scheiben von medial nach lateral bzw. umgekehrt

genau in der Körpermitte

zwei seitengleiche Körperhälften

Median(sagittal)ebene (besondere Sagittalebene) Transversalebene

axial

horizontale Querschnittsebene

beliebig viele quere Scheiben

Frontalebene

koronar

vertikal medio-lateral (parallel zur Stirn bzw. Kranznaht des Schädels)

beliebig viele Scheiben von vorn nach hinten

*CT = Computertomografie, MRT = Magnetresonanztomografie = Kernspintomografie (S. 136)

⊙ A-1.5

Hauptachsen und Hauptebenen (Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

Sagittalebene

Sagittalebene

Frontalebene

Sutura sagittalis Sutura coronalis Transversalebene

a

Transversalachse

Longitudinalachse

Sagittalachse

b

Frontalebene (koronare Ebene)

a Hauptachsen und -ebenen am menschlichen Körper. b Sagittal- und Frontalebene (= koronare Ebene) am Schädel.

A

⊙ A-1.6

39

1.6 Achsen, Ebenen, Richtungs- und Lagebezeichnungen

Unterschiedliche Schnittebenen durch den menschlichen Körper

Cavitas cranii (SchŠdelhšhle)

I

Cavitas pericardialis

Cavitas pleuralis

Cavitas thoracis II

Cavitas peritonealis

III

Spatium retroperitoneale

Cavitas pelvis

IV

a

b

(Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

a Mediansagittalschnitt. b Transversalschnitte: auf Höhe des Kopfes (I), durch den Thorax (II), durch das Abdomen (III), durch das kleine Becken (IV).

Spatium subperitoneale

40

A

⊙ A-1.7 1 2 3 4 5 6 7 8

1 Allgemeine Grundlagen

Axiale und koronare Bildgebung des Thorax

Lunge (Pulmo dexter) M. pectoralis major A. pulmonalis dextra V. cava superior A. und V. thoracica interna Aorta ascendens Sternum (Corpus) Truncus pulmonalis

9 10 11 12 13 14 15 16

Rippe (Costa): knorpeliger sternaler Anteil V. pulmonalis sinistra linker Vorhof (atrium sinistrum) Mm. intercostales Rippe (Costa) Skapula rechter Unterlappenbronchus Brustwirbelkörper 1

aI

a II

14

17 18 19 20 21 22 23

2 3 4 5

15

thorakales Rückenmark (Myelon) V. azygos Ductus thoracicus Speiseröhre (Oesophagus) Aorta descendens linker Unterlappenbronchus Lunge (Pulmo sinister) 6 7 8

9 10 11 12 13

16 17 18 19 20 21 22 23

1 9 2

10 11

3 4

12 13

5

14

6

15 16 17

7

18 19 20

8 bI 1 A. pulmonalis dextra 2 rechter Hauptbronchus (Bronchus pulmonalis principalis dexter) 3 Vv. pulmonales dextrae 4 Unterlappenbronchus (Bronchus lobaris inferior dexter) 5 rechte Lunge (Pulmo dexter) 6 Zwerchfell (Diaphragma)

b II 7 8 9 10 11

Leber (Hepar) 10. Rippe Aortenbogen (Arcus aortae) A. pulmonalis sinistra linker Hauptbronchus (Bronchus principalis sinister) 12 V. pulmonalis sinistra 13 linke Lunge (Pulmo sinsister)

(nach Möller T.B., Reif E.: Taschenatlas der Schnittbildanatomie. Thieme, 2010)

a Thorax-CT, axial (I) mit entsprechender schematischer Darstellung (II). b Thorax-MRT, koronar (I) mit entsprechender schematischer Darstellung (II).

14 Speiseröhre (Oesophagus) 15 Aorta descendens 16 Bandscheibe im Zwischenwirbelraum ThIX/ThX 17 Brustwirbelkörper (ThX) 18 Recessus costodiaphragmaticus 19 Milz 20 Zwerchfell (Diaphragma)

A

41

1.6 Achsen, Ebenen, Richtungs- und Lagebezeichnungen

1.6.3 Richtungs- und Lagebezeichnungen

1.6.3

Zur Kennzeichnung der Richtung oder der Lage von Körperteilen werden im anatomischen Sprachgebrauch bestimmte Termini verwendet (Tab. A-1.3). Die meisten dieser Angaben sind von einem Bezugspunkt aus zu betrachten. Beispiel: Das Herz liegt dorsal des Brustbeins, ventral der Wirbelsäule und medial der Lungen.

Siehe Tab. A-1.3.

Richtungs- und Lagebezeichnungen

Viele Angaben gehen von einem Bezugspunkt aus.

▶ Merke.

▶ Merke. Bei den Seitenangaben (dexter und sinister) geht man immer vom Patien-

ten aus und nicht von der Sicht des Gegenübers.

≡ A-1.3

Richtungs- und Lagebezeichnungen

anatomische Bezeichnung

Herkunft (lateinisch)

Bedeutung

lateral

ad latus (lat). = zur Seite stehen

seitlich, von der Medianebene weg

medial

medium (lat.) = Mitte, Zentrum

allgemein

median

zur Medianebene hin in der Medianebene

dorsal; posterior, -us

dorsum (lat.) = Rücken

rückenwärts, hinten

ventral; anterior, -us

venter (lat.) = Bauch

bauchwärts, vorn

kranial; superior, -us

cranium (lat.) = Schädel

auf das Kopfende zu, oberhalb

kaudal; inferior, -us

cauda (lat.) = Schwanz

auf das Steißende zu, unterhalb

internus

innen gelegen

externus

außen gelegen

sinister

links

dexter

rechts

superficialis, -e

oberflächlich

profundus, -a, -um

tief, tiefliegend

Kopf rostral (Anwendung beim Gehirn)

rostrum (lat.) = der Schnabel

vorn

frontal

frons (lat.) = die Stirn

zur Stirn hin

nasal

nasus (lat.) = die Nase

zur Nase hin

okzipital

occipitum (lat.) = das Hinterhaupt

in Richtung Hinterhaupt

basal

in Richtung Schädelbasis

median

in der Medianebene

Extremitäten proximal

proximus (lat.) = der Nächste

zum Rumpf hin

distal

distare (lat.) = entfernt sein

vom Rumpf weg

obere Extremität radial

radius (lat.) = die Speiche

zur Speichenseite (Daumenseite) hin

ulnar

ulna (lat.) = die Elle

zur Ellenseite (Kleinfingerseite) hin

palmar

palma (lat.) = die Handfläche

zur Handinnenfläche (Hohlhand) hin

dorsal

s. o.

zum Handrücken hin

untere Extremität tibial

tibia (lat.) = Schienbein

zur Schienbeinseite (Großzehenseite) hin

fibular

fibula (lat.) = Wadenbein

zur Wadenseite (Kleinzehenseite) hin

plantar

planta (lat.) = Fußsohle

zur Fußsohle hin

dorsal

s. o.

zum Fußrücken hin

42

A

⊙ A-1.8

1 Allgemeine Grundlagen

⊙ A-1.8

Lage- und Richtungsbezeichnungen am menschlichen Körper in anatomischer Normalposition lateralis medialis

cranialis caudalis dorsalis

ventralis ulnaris radialis

dorsalis

palmaris proximalis distalis

dexter

sinister

tibialis fibularis

dorsalis plantaris (Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

1.6.4

Bewegungsrichtungen

Siehe Tab. A-1.4.

≡ A-1.4

1.6.4 Bewegungsrichtungen Auch für die Bezeichnung der Bewegungsrichtungen werden verschiedene Termini verwendet (Tab. A-1.4).

≡ A-1.4

Bewegungsrichtungen

Flexion

Beugung des Rumpfes oder der Extremitäten

Extension

Streckung des Rumpfes oder der Extremitäten

Anteversion

Wegführen der Extremitäten vom Körper nach ventral

Retroversion

Wegführen der Extremitäten vom Körper nach dorsal

Adduktion

Heranführen der Extremitäten an den Körper in der Frontalebene

Abduktion

Wegführen der Extremitäten vom Körper in der Frontalebene

Elevation

Anheben (i. d. R. des Armes) über die Horizontale

Innenrotation

Einwärtsdrehung der Extremitäten um ihre Längsachse

Außenrotation

Auswärtsdrehung der Extremitäten um ihre Längsachse

Zirkumduktion

Umführbewegungen der Extremitäten

A

1.7

43

1.7 Äußere Gestalt des Körpers

Äußere Gestalt des Körpers

1.7

Äußere Gestalt des Körpers

1.7.1 Körpermaße

1.7.1

Körpermaße

Die Bestimmung der Körpermaße spielt insbesondere im Bereich der Kinderheilkunde eine große Rolle. Anhand der erhaltenen Werte und ihres Eintrags in eine Perzentilenkurve (Abb. A-1.9) kann der Arzt sowohl den Stand der Entwicklung eines Kindes im Normvergleich als auch den Entwicklungsverlauf beurteilen.

Die Bestimmung der Körpermaße spielt insbesondere im Bereich der Kinderheilkunde eine große Rolle (Perzentilenkurven, s. Abb. A-1.9).

⊙ A-1.9

Körpermaße von Mädchen und Jungen anhand einer Perzentilenkurve (nach Sitzmann C.F.: Duale Reihe Pädiatrie. Thieme, 2012)

a Wachstums- und Gewichtskurven in Perzentilen für Mädchen b und Jungen im Alter von 0–18 Jahren.

0

2 4 6

8 10 12 14 16 18 20

0

2 4 6

8 10 12 14 16 18 20

Körpergröße: Die mittlere Körpergröße wird für neugeborene Mädchen mit 50,0 cm ± 3,6 cm, für neugeborene Jungen mit 51,5 cm ± 3,5 cm angegeben. Die Körpergröße hat sich normalerweise bis zum 5. Lebensjahr verdoppelt und beträgt mit dem 15. Lebensjahr das Dreifache, s. auch Akzeleration (S. 45). ▶ Klinik. Eine angeborene Unterfunktion der Schilddrüse oder eine fehlende Schild-

Körpergröße: bei Geburt ♀ 50,0 cm ± 3,6 cm ♂ 51,5 cm ± 3,5 cm Verdoppelung bis zum 5. Lj., Verdreifachung bis zum 15. Lj. ▶ Klinik.

drüse führt zu einer Beeinträchtigung der körperlichen und geistigen Entwicklung. Das Wachstum ist stark verzögert (Zwergwuchs = Kretinismus). Eine rechtzeitige Zufuhr von Schilddrüsenhormon verhindert den Kretinismus. ▶ Klinik. Ein Ausfall der Keimdrüsenhormone bedingt ein verlängertes Längen-

▶ Klinik.

wachstum (Riesenwuchs). Die Zufuhr von Geschlechtshormonen hemmt das Längenwachstum. Körpergewicht: Das Körpergewicht ist abhängig von Körpergröße, Ernährungszustand und der Funktion der endokrinen Drüsen. Zur Bestimmung des Körpergewichts wendet man den Body-Mass-Index (BMI, Abb. A-1.10), auch als Quetelet-Index bezeichnet, an: BMI = Körpergewicht (in kg) ÷ Körpergröße (in m)2; Beispiel: bei Körpergewicht 90 kg und Körpergröße 1,80 m: BMI = 90 ÷ (1,80)2 = 27,8. Eine einfache Beurteilungsmöglichkeit des Körpergewichts stellt die Formel nach Broca dar: Normalgewicht (kg) = Körperlänge (cm) minus 100 ▶ Klinik. Eine übermäßig vermehrte Bildung von Fettgewebe bezeichnet man als Adipositas. Sie wird vorwiegend durch Umwelteinflüsse wie Bewegungsmangel und/oder übermäßige Nahrungszufuhr hervorgerufen. Die Fettsucht ist ein Risikofaktor für eine Reihe von Erkrankungen wie Diabetes mellitus (Zuckerkrankheit), Hypertonie (Blutdruckerhöhung), Hyperlipidämie (Erhöhung des Gesamtlipidgehalts im Blutserum), Gicht sowie Gefäßerkrankungen des Gehirns, des Herzens und der Niere.

Körpergewicht: Man kann Normal-, Überund Untergewicht mit Hilfe des BMI (BodyMass-Index) bestimmen: BMI = Körpergewicht (in kg) ÷ Körpergröße (in m)2

Mit Hilfe der Broca-Formel ist eine einfache Beurteilung des Körpergewichts möglich. ▶ Klinik.

44

A

⊙ A-1.10

1 Allgemeine Grundlagen

⊙ A-1.10

Body-Mass-Index (BMI) Grš§e in Meter 1,52

Gewicht in Kilogramm

1,48 12 0 118 116 114 112 110 108 106 104 102 100 98 96 94 92 90 88 86 84 82 80 78 76 74 72 70 68 66 64 62 60 58 56 54 52 50 48

55 54 53 52 51 50 49 48 47 47 46 45 44 43 42 41 40 39 38 37 37 36 35 34 33 32 31 30 29 28 27 26 26 25 24 23 22

53 52 52 51 50 49 48 47 46 45 44 44 43 42 41 40 39 38 37 36 36 35 34 33 32 31 30 29 28 28 27 26 25 24 23 22 21

52 51 50 49 48 48 47 46 45 44 43 42 42 41 40 39 38 37 36 35 35 34 33 32 31 30 29 29 28 27 26 25 24 23 23 22 21

1,56 51 50 49 48 47 46 46 45 44 43 42 41 40 40 39 38 37 36 35 35 34 33 32 31 30 30 29 28 27 26 25 24 24 23 22 21 20

49 48 48 47 46 45 44 44 43 42 41 40 39 39 38 37 36 35 35 34 33 32 31 30 30 29 28 27 26 25 25 24 23 22 21 21 20

1,60 48 47 46 46 45 44 43 42 42 41 40 39 38 38 37 36 35 34 34 33 32 31 30 30 29 28 27 26 26 25 24 23 22 22 21 20 19

47 46 45 45 44 43 42 41 41 40 39 38 38 37 36 35 34 34 33 32 31 30 30 29 28 27 27 26 25 24 23 23 22 21 20 20 19

starke Adipositas

1,64 46 45 44 43 43 42 41 40 40 39 38 37 37 36 35 34 34 33 32 31 30 30 29 28 27 27 26 25 24 24 23 22 21 21 20 19 18

45 44 43 42 42 41 40 39 39 38 37 36 36 35 34 33 33 32 31 30 30 29 28 28 27 26 25 25 24 23 22 22 21 20 19 19 18

1,68 44 43 42 41 41 40 39 38 38 37 36 36 35 34 33 33 32 31 30 30 29 28 28 27 26 25 25 24 23 22 22 21 20 20 19 18 17

43 42 41 40 40 39 38 38 37 36 35 35 34 33 33 32 31 30 30 29 28 28 27 26 26 25 24 23 23 22 21 21 20 19 18 18 17

1,72 42 41 40 39 39 38 37 37 36 35 35 34 33 33 32 31 30 30 29 28 28 27 26 26 25 24 24 23 22 21 21 20 19 19 18 17 17

41 40 39 39 38 37 37 36 35 34 34 33 32 32 31 30 30 29 28 28 27 26 26 25 24 24 23 22 22 21 20 20 19 18 18 17 16

Adipositas

1,76 40 39 38 38 37 36 36 35 34 34 33 32 32 31 30 30 29 28 28 27 26 26 25 24 24 23 22 22 21 20 20 19 18 18 17 17 16

39 38 37 37 36 36 35 34 34 33 32 32 31 30 30 29 28 28 27 26 26 25 25 24 23 23 22 21 21 20 19 19 18 17 17 16 15

†bergewicht

1,80 38 37 37 36 35 35 34 33 33 32 32 31 30 30 29 28 28 27 27 26 25 25 24 23 23 22 21 21 20 20 19 18 18 17 16 16 15

37 36 36 35 35 34 33 33 32 31 31 30 30 29 28 28 27 27 26 25 25 24 23 23 22 22 21 20 20 19 19 18 17 17 16 15 15

1,84 36 36 35 34 34 33 33 32 31 31 30 30 29 28 28 27 27 26 25 25 24 24 23 22 22 21 21 20 19 19 18 18 17 16 16 15 14

35 35 34 34 33 32 32 31 31 30 30 29 28 28 27 27 26 25 25 24 24 23 22 22 21 21 20 19 19 18 18 17 17 16 15 15 14

1,88 35 34 34 33 32 32 31 31 30 29 29 28 28 27 27 26 25 25 24 24 23 23 22 21 21 20 20 19 18 18 17 17 16 16 15 14 14

34 33 33 32 32 31 31 30 29 29 28 28 27 27 26 25 25 24 24 23 23 22 22 21 20 20 19 19 18 18 17 16 16 15 15 14 14

Normalgewicht

1,92 33 33 32 32 31 30 30 29 29 28 28 27 27 26 25 25 24 24 23 23 22 22 21 20 20 19 19 18 18 17 17 16 16 15 14 14 13

33 32 31 31 30 30 29 29 28 28 27 27 26 25 25 24 24 23 23 22 22 21 21 20 20 19 18 18 17 17 16 16 15 15 14 14 13

1,96 32 31 31 30 30 29 29 28 28 27 27 26 26 25 24 24 23 23 22 22 21 21 20 20 19 19 18 18 17 16 16 15 15 14 14 13 13

31 31 30 30 29 29 28 28 27 27 26 26 25 24 24 23 23 22 22 21 21 20 20 19 19 18 18 17 17 16 16 15 15 14 14 13 12

2,00 31 30 30 29 29 28 28 27 27 26 26 25 24 24 23 23 22 22 21 21 20 20 19 19 18 18 17 17 16 16 15 15 14 14 13 13 12

30 30 29 29 28 28 27 27 26 26 25 25 24 24 23 23 22 22 21 21 20 20 19 19 18 18 17 17 16 16 15 15 14 14 13 13 12

Untergewicht

(Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

Körperoberfläche: Sie ist bedeutend für die Wärmeabgabe.

Körperoberfläche: Die Körperoberfläche stellt als wichtigste Abgabefläche für Wärme eine bedeutende Größe für den Energiehaushalt dar.

▶ Klinik. Von praktisch-medizinischer Bedeutung sind Kenntnisse

über die Körperoberfläche bei der Beurteilung des Schweregrades von Verbrennungen. Hier gelangt die „Neunerregel“ (Abb. A-1.11) zur Anwendung. Auf die verschiedenen Regionen des Körpers verteilt sich die Körperoberfläche: Kopf 9 %, vorderer Rumpfbereich 18 %, hin-

⊙ A-1.11

Neunerregel. (Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

terer Rumpfbereich 18 %, Arm 9 %, Bein 18 %. Bei Kindern und Kleinkindern ist die Neunerregel altersabhängig zu korrigieren, z. B. mit der „Handflächenregel“ (Abb. A-1.12). Hierbei beträgt die Handfläche des Patienten ca. 1 % seiner eigenen Körperoberfläche.

⊙ A-1.12

Handflächenregel. 4. Aufl.)

(Prometheus LernAtlas. Thieme,

A

45

1.7 Äußere Gestalt des Körpers

1.7.2 Proportionen

1.7.2

Anders als interindividuell bedingte Proportionsunterschiede zwischen ausgewachsenen Menschen verändern sich die Proportionen vom Kindes- zum Erwachsenenalter immer nach dem gleichen Schema: Während der vor- und nachgeburtlichen Individualentwicklung (prä- und postnatale Ontogenese) entwickeln sich Organe, Organsysteme und Körperabschnitte in einem unterschiedlichen Tempo. So entstehen Proportionsveränderungen und Proportionsverschiebungen. Der Kopf ist im Wachstum den anderen Körperabschnitten voraus. Daran ist die Entwicklung des Gehirns beteiligt. Der Kopf dringt in der Regel als Erster durch den Geburtskanal. Schultergürtel und nachfolgender Körperstamm sind so schmal wie der Kopf breit ist. Daraus wird ersichtlich, dass das Wachstum der Extremitäten nach zögerlichem Beginn auch nach der Geburt lange anhält. Die Kopfhöhe beträgt beim Neugeborenen ein Viertel, beim 6-jährigen Kind ein Sechstel und beim Erwachsenen ein Achtel der Körperlänge. Während sich beim Neugeborenen die Körpermitte in Höhe des Nabels befindet, ist sie beim 6-jährigen Kind auf halber Strecke zwischen Nabel und Schambeinfuge und beim Erwachsenen am Oberrand (♀) bzw. Unterrand (♂) der Symphyse zu finden (Abb. A-1.13).

Die Höhe des Kopfes eines Neugeborenen beträgt ¼, die des Erwachsenen ⅛ der Körperlänge (Abb. A-1.13).

⊙ A-1.13

Proportionen und Proportionsveränderungen während der Entwicklung

2. Schwangerschaftsmonat

5. Schwangerschaftsmonat

2 Jahre

⊙ A-1.13

25 Jahre

6 Jahre

Neugeborenes

Proportionen

12 Jahre

(Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

1.7.3 Akzeleration ▶ Definition. Akzeleration ist die allgemeine Bezeichnung für eine Entwicklungs-

1.7.3

Akzeleration

▶ Definition.

beschleunigung im Vergleich zu früheren Generationen (Beispiel: Wachstum und der körperliche Reifungsprozess). Seit Mitte des 19. Jahrhunderts lässt sich eine Entwicklungsbeschleunigung in den Industrienationen nachweisen: Zuwachs von Körpergröße mit gesteigerter Endgröße, Zunahme des Körpergewichts und Vorverlegung der Geschlechtsreife. Allgemein wird angenommen, dass die Verbesserung der Lebens- und Ernährungsbedingungen sowie des sozialen Umfeldes eine entscheidende Rolle spielen. In einzelnen Fällen kann es zu extremen Frühleistungen auf geistigem Gebiet kommen.

In den Industrienationen lässt sich eine Entwicklungsbeschleunigung nachweisen.

1.7.4 Konstitutionstypen

1.7.4

▶ Definition. Unter Konstitution versteht man das Erscheinungsbild des Menschen.

Prägende Faktoren: Das Erscheinungsbild wird durch verschiedene Faktoren geprägt. Anatomische Faktoren: Beschaffenheit sämtlicher Organsysteme, Zustand des Stütz- und Bewegungsapparats und des Fettgewebes, Mengenverhältnis von Muskulatur und Fettgewebe, Größenverhältnis von Rumpf und Gliedmaßen. ■ Psychische Faktoren: Funktion des Nervensystems und sein Zusammenspiel mit endokrinen Drüsen.



Konstitutionstypen

▶ Definition.

Prägende Faktoren sind zum einen anatomische, zum anderen psychische Faktoren.

46

A

1 Allgemeine Grundlagen

Die Konstitution wird in ihrem Bauplan vererbt. Jedoch können äußere Faktoren (Nahrungsaufnahme, harte körperliche Arbeit, Sport) bedeutende Veränderungen hervorrufen. Konstitutionstypen: Die bekannteste Einteilung ist die von Kretschmer.

▶ Merke.

Konstitutionstypen: Jeder Mensch besitzt seine eigene Konstitution. Man hat sich bemüht, Merkmale der Konstitution herauszuarbeiten und diese mit dem Einzelmenschen zu vergleichen. Das Ergebnis dieser Untersuchungen sind die Körperbauoder Konstitutionstypen. Man unterscheidet nach Kretschmer (1888–1964, Psychiater in Marburg und Tübingen) Konstitutionstypen, die bei beiden Geschlechtern vorhanden, jedoch beim Mann deutlicher ausgeprägt sind. Die Beschreibung der Konstitutionstypen richtet ihr Augenmerk vor allem auf den Zustand der Muskulatur, auf die Körperlänge, die Körperbreite, die Form des Kopfs, des Brustkorbs, des Bauchs und der Gliedmaßen. Außer Kretschmer haben Sheldon, Conrad und Strömgren versucht, die Körperbautypen mit anderen Parametern zu charakterisieren. ▶ Merke. Die Behauptung des Psychiaters Kretschmer, es bestünde eine Beziehung

zwischen „Körperbau und Charakter“ (1921) ist heute wissenschaftlich überholt. Die rein deskriptive Einteilung der Konstitutionstypen wird aber noch verwendet. Nach Kretschmer unterscheidet man folgende Typen (Abb. A-1.14): ■ Leptosomer Typ, ■ Pyknischer Typ, ■ Athletischer Typ.

Häufig zeigen sich auch Mischtypen.

⊙ A-1.14

Einteilung nach Kretschmer: Er beschrieb drei Konstitutionstypen (Abb. A-1.14): Leptosomer Typ: Bei normalem Längenwachstum fällt ein geringes Dickenwachstum auf. Die Muskulatur ist spärlicher ausgeprägt und zeichnet sich daher an der Oberfläche kaum ab. Das Fettgewebe ist reduziert, der Kopf erscheint schmal mit etwas eingefallenen Wangen und tiefer liegenden Augen. Der Hals wirkt lang. Der Thorax zeigt eine Schmalbrust, wodurch die Schultern hängen. Die Extremitäten sind grazil mit hervortretenden Knochenpunkten und flachen Muskelbäuchen. Es sind hagere, aufgeschossene Menschen. Die Extremform des Leptosomen ist der Astheniker: Das Fettgewebe ist geschwunden und die Muskulatur weitgehend reduziert. ■ Pyknischer Typ: Ihn kennzeichnet eine bedeutende Breitenentwicklung des Stammes. Der hohe Anteil an Unterhautfettgewebe verhindert die Abzeichnung der darunter gelegenen Muskulatur an der Körperoberfläche. Der Kopf ist breit und kurz, das Gesicht weich, der Hals gedrungen und kurz. Die Schultern sind verglichen mit dem Brustkorb schmal. Der Thorax entspricht einer Weitbrust. Das Fettgewebe ist vermehrt und wölbt den Bauch vor. Die Extremitäten sind kurz. ■ Athletischer Typ: Skelett und Muskulatur sind kräftig entwickelt. Die Muskulatur zeichnet sich deutlich an der Oberfläche ab. Der Schädel ist hoch und derb. Der Brustkorb wölbt sich kräftig nach seitlich und nach vorn (= Normalbrust). Eine gut entwickelte Schultermuskulatur erzeugt das Bild der breiten Schulter. Die Extremitäten sind mittellang mit wohlgebildeter Muskulatur. Die beschriebenen Konstitutionstypen treten nicht immer in reiner Form auf, häufig gibt es auch Übergangs- oder Mischtypen.



Konstitutionstypen

a leptosomer (asthenischer) Typ

b pyknischer Typ

(Füeßl F.S., Middeke M.: Duale Reihe Anamnese und Klinische Untersuchung. Thieme, 2014)

c athletischer Typ

A

47

1.7 Äußere Gestalt des Körpers

1.7.5 Norm und Variabilität

1.7.5

Der in einem Anatomielehrbuch beschriebene und abgebildete Bau des gesunden Körpers stellt die häufigste Ausbildung der Strukturen dar. Diese Norm ist die jeweils typische Gestalt, also die am häufigsten beobachtete Baueigentümlichkeit (statistische Norm). Variation oder Variabilität ist die Abweichung von der Norm, die keine auffällige funktionelle Störung mit sich bringt. Der menschliche Organismus weist eine erhebliche Variabilität auf. Diese kann sich auf einem begrenzten Bereich zeigen wie z. B. als Halsrippe (S. 285), Änderung der Astfolge einer Arterie oder aber größere Körperabschnitte betreffen, z. B. Situs inversus (S. 110) = spiegelbildliche Lage der inneren Organe.

Die Norm ist die jeweils typische Gestalt, Abweichungen davon, die jedoch ohne auffällige funktionelle Störung auftritt, bezeichnet man als Variation oder Variabilität.

1.7.6 Einfluss von Alter und Geschlecht

1.7.6

Alter

Alter

Die Darstellung anatomischer Strukturen in Lehrbüchern erfolgt immer anhand der verbreiteten Norm eines erwachsenen Menschen mittleren Lebensalters. Im Vergleich dazu weist jedoch die Anatomie des Kindes und des alten Menschen erhebliche Unterschiede zur Anatomie des Erwachsenenalters auf. Für Behandlung von Krankheiten des Kindes- oder Erwachsenenalters gibt es eigene Facharztweiterbildungen (Kinder- und Jugendmedizin bzw. Geriatrie), die den Eigenarten der spezifischen Probleme in den jeweiligen Altersabschnitten gerecht werden. Anatomische Unterschiede zeigt Tab. A-1.5.

Im Vergleich zur Norm des Erwachsenen im mittleren Lebensalter zeigt die Anatomie des Kindes und Greises z. T. erhebliche Differenzen (Tab. A-1.5).

≡ A-1.5

Norm und Variabilität

In Lehrbüchern werden anatomische Strukturen immer der verbreiteten Norm entsprechend dargestellt.

Einfluss von Alter und Geschlecht

Beispiele anatomischer Unterschiede zwischen Kind und altem Menschen

anatomische Struktur Kind

Greis

Skelettsystem

z. T. noch nicht verknöchert, sondern knorpelig

Abbau von Spongiosatrabekeln der Knochen mit erhöhter Bruchgefahr

Wirbelsäule relativ steil

Wirbelsäulenkrümmungen stark ausgeprägt; Abflachung der Bandscheiben; Abnutzungserscheinungen, z. B. an Gelenkflächen mit schmerzhafter Arthrose

Zähne

zahnlos oder Milchgebiss (20 Zähne)

bleibendes Gebiss (32 Zähne) oder Abbau der zahnwurzeltragenden Kieferanteile nach Zahnausfall mit typischer Veränderung der Mund- und Wangenform

Kehlkopf, Syn. Larynx (S. 920)

Lage in Höhe des 2.–4. Halswirbels mit Möglichkeit zum gleichzeitigen Trinken und Atmen

Lage in Höhe des 6.–7. Halswirbels

Geschlecht

Geschlecht

Die Unterschiede im Bau des weiblichen und männlichen Körpers nennt man Geschlechtsdimorphismus. Er zeigt sich nicht nur in Bezug auf die Geschlechtsorgane (primäre Geschlechtsmerkmale), sondern auch in nicht unmittelbar mit den Geschlechtsorganen in Zusammenhang stehenden Ausprägungen (sekundäre Geschlechtsmerkmale, Tab. A-1.6).

Unterschiede zwischen männlichem und weiblichem Körperbau nennt man Geschlechtsdimorphismus. Er zeigt sich in primären und sekundären Geschlechtsmerkmalen (Tab. A-1.6).

≡ A-1.6

Beispiele für Geschlechtsdimorphismus





Primäre Geschlechtsmerkmale: direkt der Fortpflanzung dienende und bei Geburt vorhandene Merkmale Eierstock, Uterus

Hoden

Vagina, weibliche Harnröhre

Penis, männliche Harnröhre

Sekundäre Geschlechtsmerkmale: sich in der Pubertät entwickelnde Merkmale Brustdrüse (Mamma)

Bartwuchs

ausgeprägtes subkutanes Fettgewebe

ausgeprägte Muskulatur

Körperbehaarung spärlicher

ausgeprägtere Körperbehaarung

Haaransatz gleichmäßig oval

Haaransatz „Geheimratsecken“

Körpergröße geringer

Körpergröße höher

Schulter- und Beckenbreite entsprechen sich Schultern breiter als Becken Beckenform queroval (S. 329)

Beckenform kartenherzförmig (S. 329)

≡ A-1.6

48

A

1 Allgemeine Grundlagen

Körperspende und Präparierkurs

1.8

Körperspende und Präparierkurs

1.8

1.8.1

Körperspende

1.8.1 Körperspende

▶ Definition.

▶ Definition. Körperspender sind Menschen, die verfügen, dass ihr Körper nach dem Tod der Ausbildung von Medizin- und Zahnmedizinstudenten, der Weiterbildung von klinisch tätigen Ärzten oder der Wissenschaft dient.

Die Körperspende ist unentgeltlich und kann unter bestimmten Voraussetzungen unmöglich sein.

Der Körperspender nimmt zu Lebzeiten Kontakt mit einem Institut für Anatomie auf, um durch eine schriftliche Vereinbarung mit diesem Institut seinen Körper zur Verfügung zu stellen. Er erhält dafür keine Bezahlung. Die Körperspender haben in der Regel ein höheres Lebensalter und versterben eines natürlichen Todes, d. h. an einer Krankheit, die zum Tode führt. Vom Eintritt des Todes wird das Institut durch die Angehörigen, den behandelnden Arzt oder vom Krankenhaus informiert, um die Überführung des Leichnams zu veranlassen. Vor der Konservierung erfolgt die amtliche Leichenschau. Ungeklärte Todesursache und bestimmte ansteckende Krankheiten (AIDS, Tuberkulose) sind Gründe, einen Körperspender nicht anzunehmen. Körperspender, die während oder nach einer Operation versterben, können ebenfalls keinen Eingang in ein Institut für Anatomie finden, da die vollständige Konservierung nicht möglich ist.

1.8.2

1.8.2 Leichenkonservierung

Leichenkonservierung

Die Konservierung läuft über zwei Schritte: 1. Fixierung 2. Aufbewahrung Bei der Fixierung unterscheidet man eine innere und eine äußere Fixierung.

Alkohol, Formaldehyd bzw. Mischungen von beiden sind Fixierungsflüssigkeiten.

1.8.3

Präparierkurs

Präparieranleitungen regeln den Ablauf der einzelnen Arbeitsschritte während der Präparierübungen.

Die Konservierung des Leichnams läuft in zwei Schritten ab: 1. Fixierung: Die postmortal einsetzende Autolyse (enzymgesteuerter chemischer Abbau von Körpereiweißen) soll durch Eiweißdenaturierung und -vernetzung vermieden werden. Die Fixierung ist eine Methode zur Konservierung und Strukturerhaltung von Geweben und Organen in einem möglichst natürlichen Zustand. Bei der Fixierung ist eine innere und äußere Fixierung zu unterscheiden: – Innere Fixierung: Die Flüssigkeit wird über die A. femoralis (S. 381), die A. axillaris (S. 463) oder die A. carotis communis (S. 896) mittels Injektionsgerät (pressluftbetrieben) in den Körper eingebracht. – Äußere Fixierung: Anschließende Lagerung des Leichnams in Bottichen oder in einem geschlossenen Fixierungssystem. 2. Aufbewahrung: Zur Aufbewahrung von Leichen, Leichenteilen oder Organen dienen spezielle Vorrichtungen (Bottiche, Präparateküvetten oder Thalheimer Wand). Sammlungsmaterial wird in speziellen Behältern verwahrt. Als Fixierungs- bzw. Konservierungsflüssigkeit werden Alkohol, Formaldehyd (Formalin) oder Mischungen zwischen beiden Fixierungsflüssigkeiten verwendet. Ein Zusatz von einer geringen Menge Glycerol ist bei jeder Fixierungsform angezeigt.

1.8.3 Präparierkurs Der Präparierkurs ist fester Bestandteil des Medizinstudiums und dient dem Zweck, eine Übersicht über den menschlichen Körper zu vermitteln, die jeder Arzt für seine spätere Arbeit und sein ärztliches Handeln benötigt. Arbeitsschritte: Präparieranleitungen regeln den Ablauf der Präparierübungen. Am Anfang steht die Inspektion des Präparates. Anschließend erfolgt die Präparation der Haut. Im subkutanen Fettgewebe werden die Hautgefäße und -nerven dargestellt. Schichtweise wird in die Tiefe vorgedrungen, um darunter befindliche Strukturen freizulegen. Danach erfolgt die Eröffnung der Körperhöhlen sowie die Präparation von Hals, Kopf und den Extremitäten. Umgang mit dem Körperspender: Der Körperspender im Präpariersaal ist nichts Unheimliches. Es handelt sich um einen toten Menschen, dem Achtung und Dankbarkeit für seine Körperspende entgegenzubringen sind. Nach Abschluss des Präparierkurses besteht meist die Möglichkeit, an einer den Körperspendern gewidmeten Gedenkfeier teilzunehmen und diese ggf. mitzugestalten. Die Mehrzahl der Universitätsstädte mit Medizinischen Fakultäten hat auf ihren Friedhöfen ein eigenes Gräberfeld für das Anatomische Institut. Dort finden die Körperspender ihre letzte Ruhe, sofern die Angehörigen nicht eine andere Grabstelle wünschen.

A

2

Zytologie und Histologie – Grundlagen

2.1 2.2 2.3

Die Zelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Das Gewebe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Histologische Techniken. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

49 58 99

K. Spanel-Borowski, A. Mayerhofer

2.1

Die Zelle

2.1

▶ Definition. Zytologie und Zellbiologie sind die Lehre und die Wissenschaft von der Zelle als dem kleinsten, selbstständigen Bau- und Funktionselement des Körpers. Histologie ist die Lehre von den Geweben als Verband ähnlich differenzierter Zellen.

Jede Zelle des menschlichen Körpers besteht aus einem Zellkern = Nucleus (s.u; ausgenommen sind die kernlosen Erythrozyten) und dem ■ Zytoplasma (S. 50) mit Zellmembran (S. 53), Zytoskelett (S. 51) und Zellorganellen (S. 51). ■

⊙ A-2.1

Die Zelle

▶ Definition.

Zellkern (Nucleus, s. u.), Zytoplasma (S. 50), Zellmembran (S. 53) und Zytoskelett (S. 51) sind Bauelemente der Zelle.

Aufbau einer Zelle des menschlichen Körpers Golgi-Apparat

Lysosom

Nucleus

Filamente

Mikrovilli

Zentriol

glattes endoplasmatisches Retikulum

Nucleolus

raues endoplasmatisches Retikulum

Mitochondrium

50 2.1.1

A Zellkern (Nucleus)

Im Zellkern liegt das Genom mit der gesamten Erbinformation in Form der DNA.

Im Kern werden zwei wichtige Prozesse geregelt (Abb. A-2.2): ■ Transkription als Voraussetzung für die zytosolische Proteinsynthese (Translation). ■ Replikation als Voraussetzung der Zellteilung (Mitose).

Im Nucleolus entsteht ribosomale RNA (rRNA).

⊙ A-2.2

2 Zytologie und Histologie – Grundlagen

2.1.1 Zellkern (Nucleus) Größe und Struktur des Zellkerns sind variabel und Ausdruck unterschiedlicher Aktivität, sei es der Mitose oder der vorbereitenden Schritte für die Proteinsynthese. Das Karyoplasma (Nukleoplasma) wird durch eine porenhaltige Kernmembran vom Zytoplasma getrennt. Die Kernporen sind Öffnungen für den molekularen Austausch zwischen Kern und Zytoplasma. Im Kern liegt das Genom, also die gesamte Erbinformation in Form der Desoxyribonukleinsäuren (DNS; engl. desoxyribonucleic acid = DNA). Sie sind zusammen mit Kernproteinen, den Histonen, wesentlicher Bestandteil der Chromosomen. Heterochromatin ist verdichtete, spiralisierte DNA, die den Zellkern gut färbbar macht. Euchromatin steht für entspiralisierte DNA mit einer blassen Kernfärbung. Sie ist ein Hinweis für erhöhte Transkriptionsaktivität der DNA. Im Kern werden zwei wichtige Prozesse geregelt (Abb. A-2.2): ■ Transkription: Die Synthese eines Proteins wird von einem Gen angewiesen, das einer bestimmten Basensequenz im DNA-Molekül gleichkommt und durch Transkriptionsfaktoren aktiviert wird. Zur Anweisung bedarf es der Transkription, d. h. der Synthese von Ribonukleinsäuren (RNS, engl. ribonucleic acid = RNA), die als Boten-RNA (mRNA, engl. messengerRNA) durch die Kernporen in das Zytosol gelangt und als Matritze für die Proteinsynthese (Translation) benutzt wird. ■ Replikation: Die DNA verdoppelt sich zu Beginn der Mitose (Zellteilung). Im basophilen Nucleolus (Kernkörperchen) entsteht die ribosomale RNA (rRNA). Sie verbindet sich mit ribosomalen Proteinen des Zytoplasmas zu Vorstufen der Ribosomen.

⊙ A-2.2

Genetische Information im Zellkern und ihre Umsetzung im Zytoplasma

Replikation

DNA-Polymerase

DNA

fertige mRNA

Spleißen

Transkription mRNA

RNA-Polymerase

Translation

mRNA-Vorläufer Ribosom-Protein Kernmembran Kernpore

2.1.2

Zytoplasma

Die Zellmembran (S. 53) begrenzt das Zytoplasma, in dem die Organellen (S. 51) als membrangebundene Strukturen liegen. Polyribosomen, Glykogen und Lipidtropfen sind nicht membrangebundene Strukturen. Die Zelle wird durch das Zytoskelett (S. 51) stabilisiert.

2.1.2 Zytoplasma Die Grundmasse der Zelle ist das Zytoplasma, das in der Biochemie als Zytosol bezeichnet wird. Das Zytoplasma wird begrenzt von der Zell- oder Plasmamembran (S. 53), deren Aufbau der Membran gleicht, die auch den Zellkern und die im Zytoplasma befindlichen Zellorganellen (S. 51) umgibt. Neben den Zellorganellen liegen im Zytoplasma nicht membrangebundene Strukturen wie Polyribosomen für den Aufbau zelleigener Proteine. Es gibt zudem eine Vielzahl von „nicht-kodierenden“ RNA-Klassen. Beispiele sind ribosomale RNA, Transfer-RNA, „long noncoding“ RNA, „small interfering“ RNA; „microRNA“ u. a. Sie sind Gegenstand intensiver aktueller Forschung. Auch finden sich Depotstoffe wie Glykogenaggregate und Lipidtropfen. Für die Stabilisierung der Zelle sorgt ein dreidimensionales Netzwerk, das Zytoskelett (S. 51).

A

51

2.1 Die Zelle

Zellorganellen

Zellorganellen

Aufbau: Jede Organelle wird von einer biologischen Einheitsmembran (S. 53) umschlossen, das Mitochondrium von zwei Membranen. Weitere Einzelheiten sind Tab. A-2.1 und einem Lehrbuch für Zellbiologie zu entnehmen.

Aufbau: Siehe Tab. A-2.1.

≡ A-2.1

Zellorganellen

Organellen

Charakteristika

Hauptfunktion

Mitochondrien

Doppelmembran mit Enzymen der Atmungskette

ATP-Synthese → Bereitstellung von Energie durch oxidative Phosphorylierung

Lysosomen

Enzyme bei pH 4,5

Auto- und Heterophagie (Abbau zelleigener und fremder Stoffe)

Peroxysomen

Peroxidase und Katalase

Abbau von H2O2, Beta-Oxidation, Rolle bei Gallensäuresynthese

Endoplasmatisches Retikulum (ER) glattes ER = gER oder sER

röhrenförmiges Membransystem

Synthese von Lipiden und Steroidhormonen, Entgiftung körpereigener und körperfremder Stoffe, Ca + + -Speicherung bei quergestreifter Muskulatur. Proteinsynthese für Endosomen als Vorläufer von Lysosomen oder sekretorischen Granula





raues ER = rER

Golgi-Apparat

mit Ribosomen besetzt Membranstapel als Diktyosome Cis- und Trans-Region als konvexe und konkave Seite des Stapels

Lipid- und Proteinmodifikation Abschnürung von Vesikeln mit Exportproteinen

Zytoskelett ▶ Definition. Das dreidimensionale Netzwerk des Zytoplasmas nennt man Zytoske-

Zytoskelett ▶ Definition.

lett. Funktion: Das Zytoskelett stabilisiert die Zelle, ermöglicht deren amöboide Migration und den Transport von Organellen und Proteinen innerhalb der Zelle. Aufbau: Man unterscheidet verschiedene Systeme des Zytoskeletts, die aus jeweils spezifischen Proteinen, den Bauelementen, bestehen. Sie werden im Wechsel zu Filamenten auf- und wieder abgebaut. Diese sog. Polymerisierung und Depolymerisierung verläuft dynamisch und wird von Begleitproteinen reguliert. Folgende Systeme werden unterschieden: ■ Aktin- oder Mikrofilamente (Durchmesser 7 nm), ■ Intermediärfilamente (Durchmesser 10 nm) und ■ Mikrotubuli (Durchmesser 25 nm).

Aktinfilamente ▶ Synonym. Mikrofilamente

Globuläre Aktin-Monomere (G-Aktin) polymerisieren zum Aktinfilament (F-Aktin, Abb. A-2.3a). Für die Bündelung und Vernetzung von F-Aktin sind Proteine notwendig: Fimbrin und Villin sorgen für das Binnengerüst von Mikrovilli (S. 54) und Stereozilien. Filamin vernetzt das kortikale Aktinnetz, das auch apikales Netz heißt und damit besagt, dass es im oberen Anteil des Zytoplasmas gelegen ist. Dieses ist durch Spektrine und Dystrophine an der Plasmamembran verankert. An dem kortikalen Aktinnetz sind Transmembranproteine verankert, wodurch deren Diffusion nach lateral verhindert ist. Das stabilisierende Begleitprotein Tropomyosin verhindert die rasche Depolymerisation der Aktinfilamente in Muskelzellen (S. 81). Myosin (Abb. A-2.3b ist das Motorprotein des Aktinsystems und kommt in über 15 verschiedenen Klassen vor. Myosine finden sich in den meisten Zellen und bestehen aus einem Kopf- und Schwanzteil. Myosine der Klasse II und V bilden Dimere. Der Kopfteil bindet an Aktin und hat ATPase-Aktivität. Bei ATPase-Spaltung bindet das Köpfchen an F-Aktin und gleitet entlang des Aktinfilaments (S. 51), vgl. auch Muskelgewebe (S. 81).

Funktion: Es ermöglicht die Stabilisierung und Migration der Zelle sowie den intrazellulären Transport. Aufbau: Das Zytoskelett durchläuft einen ständigen Auf- und Abbau. Man unterscheidet: ■ Aktin- oder Mikrofilamente (7 nm), ■ Intermediärfilamente (10 nm) und ■ Mikrotubuli (25 nm).

Aktinfilamente ▶ Synonym.

Globuläre Aktin-Monomere (G-Aktin) polymerisieren zum Aktinfilament (F-Aktin, Abb. A-2.3a). Die Aktinnetze bilden das Gerüst der Mikrovilli. Das kortikale Aktinnetz ist an der Plasmamembran verankert.

Myosin (Abb. A-2.3b) ist das Motorprotein des Aktinsystems. Der Myosinkopf bindet an Aktin und hat ATPase-Aktivität.

52

A

⊙ A-2.3

2 Zytologie und Histologie – Grundlagen

Elemente des Zytoskeletts a Dünnes Aktinfilament aus 2 helikal angeordneten Ketten. b Dickes Myosinfilament aus 2 schweren stabförmigen Ketten (grün) und 2 Paaren leichter Ketten (gelb, violett). Durch enzymatische Spaltung mit Trypsin und Papain bilden sich leichtes und schweres Meromyosin sowie aus Letzterem die Fragmente S 1 und S 2. Das globuläre S 1-Fragment bindet Adenosintriphosphat (ATP) als Brücken zum dünnen Aktinfilament. c Jeder Mikrotubulus besteht aus 13 parallel angeordneten Protofilamenten, deren Untereinheiten Tubulin-Heterodimere sind. Am Minusende depolymerisiert der Mikrotubulus, am Plusende polymerisiert er.

Aktinmonomer

6 nm

F-Aktinpolymer

a

Papain

Trypsin

schweres Meromyosin S1

leichtes Meromyosin

S2

leichte Kette b

Tubulin-Dimere mit α- und β-Tubulin

+

25 nm

c

Intermediärfilamente

Intermediärfilamente

Sie bilden das passive Stützgerüst der Zelle und zeigen ein großes biochemisches Spektrum (Tab. A-2.2).

Intermediärfilamente bilden das passive Stützgerüst der Zelle, das beständiger gegenüber Depolymerisation ist als Aktinfilamente oder Mikrotubuli. Intermediärfilamente bilden ein Dimer, zwei antiparallel gelagerte Dimere lagern sich zum Tetramer, das wiederum zu Filamenten polymerisiert. Sie zeigen ein beachtliches biochemisches Spektrum: Je nach Art des Gewebes exprimiert jede Zelle charakteristische Intermediärfilamente (Tab. A-2.2).

≡ A-2.2

Intermediärfilamente verschiedener Gewebearten

Intermediärfilament

Gewebeart

Zytokeratinfilament mit > 30 verschiedenen Proteinen

Epithel: je nach Epithelart unterschiedliche Dimer-Bildung aus einem sauren und einem basischen Zytokeratin

Vimentinfilament

Gewebe mesenchymaler Herkunft: z. B. Knorpel-/Knochengewebe, Bindegewebe, Fettgewebe, Gefäßendothel

Neurofilament

Neurone

Gliafilament (aufgebaut aus GFAP = engl.: Glial fibrillary acidic protein) Astrozyten (S. 93) des ZNS Desminfilament ▶ Klinik.

Muskelgewebe ▶ Klinik. Die Herkunft eines malignen Tumors kann anhand der Art der Intermediär-

filamente abgeleitet werden, z. B. exprimieren Karzinome, die von entdifferenzierten Epithelzellen ausgehen, Zytokeratinfilamente. Die Identifizierung der Filamentgruppe wird in der immunhistologischen Tumordiagnostik vom Pathologen eingesetzt. Sie dient der Tumorklassifikation und erlaubt Aussagen zur Prognostik.

A

53

2.1 Die Zelle

Mikrotubuli

Mikrotubuli

Mikrotubuli bestehen aus globulärem α- und β-Tubulin, polymerisiert zum Dimer (Abb. A-2.3c). Dieses Dimer ist in der Wand eines Hohlzylinders ausgerichtet. Mikrotubuli-assoziierte Proteine (MAPs) verhindern den Zerfall. Das Mikrotubulus-System ist wie ein Straßensystem für den gerichteten Transport von Sekretvesikeln (z. B. beim axonalen Transport) verantwortlich sowie für die typische Lage von Organellen. Mikrotubuli bilden außerdem die Mitosespindel und das Binnengerüst der Kinozilien. Ein Mikrotubulus beginnt sich vom Zentrosom zu entwickeln, das deswegen als Mikrotubulus-Organisations-Zentrum (MTOC) gilt. Ein Zentrosom besteht aus zwei kurzen, rechtwinklig orientierten Hohlzylindern, dem Zentriolenpaar. Die Wand eines Zentriols trägt 9 Tripletts, jedes aus einem kompletten Mikrotubulus und zwei inkompletten Mikrotubuli aufgebaut (9 × 3 Mikrotubuli). Bei der Mitose verdoppeln sich die Zentrosomen und beschicken je einen Zellpol.

Mikrotubuli-assoziierte Proteine (MAPs) verhindern den Zerfall der Mikrotubuli. Sie regeln den gerichteten Transport von Vesikeln, bilden die Mitosespindel und das Gerüst der Kinozilien.

▶ Klinik. Bösartige Tumoren werden mit Mitose-Hemmstoffen wie Vincristin (aus Immergrün) und Taxol (aus der Eibe) und Colchizin (aus der Herbstzeitlosen) behandelt. Vincristin und Colchizin hemmen die Polymerisation der Mitosespindel, Taxol hemmt die Depolymerisation.

Ein Kinozilium (S. 54) und ein Flagellum besitzen eine Wurzel, deren Binnengerüst einem Zentriol entspricht und Basalkörperchen oder Kinetosom genannt wird. Aus ihm geht der Schaft mit einem modifizierten Tubulusgerüst hervor. Seine Wand wird von 9 Dubletten gebildet, einem kompletten A-Tubulus und einem inkompletten B-Tubulus. Im Zentrum liegen zwei komplette Mikrotubuli (9 × 2-plus-2-Mikrotubuli). Das Gerüst von Wurzel und Schaft entspricht dem Axonema, welches durch Dynein zusammengehalten wird. „Dyneinarme“ des A-Tubulus gleiten unter ATPSpaltung entlang des benachbarten B-Tubulus. Wegen der Verankerung am Kinetosom verbiegt sich der Schaft des Kinoziliums zum gerichteten Schlag, gefolgt von seiner Rückstellung. ▶ Klinik. Beim seltenen Kartagener-Syndrom (S. 110) liegt ein genetischer Fehler im axonemalen Dynein vor. Chronische Infektionen der Atemwege treten bei beiden Geschlechtern auf. Beim Mann ist Infertilität eine weitere Folge. Das KartagenerSyndrom gehört zu den Syndromen der immobilen Zilien.

Zellmembran ▶ Synonym. Plasmamembran, Plasmalemm

Die Entwicklung eines Mikrotubulus beginnt vom Zentrosom aus. Ein Zentrosom besteht aus zwei kurzen, rechtwinklig orientierten Hohlzylindern, dem Zentriolenpaar. 9 × 3 Mikrotubuli bilden die Wand eines Zentriols.

▶ Klinik.

9 × 2-plus-2-Mikrotubuli bilden den Schaft eines Kinoziliums.

▶ Klinik.

Zellmembran ▶ Synonym.

Funktion: Die Plasmamembran begrenzt das Zytoplasma (S. 50). Dort finden sich Kanäle für den Ionen- und Molekültransport. Rezeptoren nehmen Signale auf und setzen sie um. Die Plasmamembran bildet spezifische Kontakte zwischen den benachbarten Zellen und mit der extrazellulären Matrix, wodurch Zellverbände und Gewebe entstehen.

Funktion: Die Begrenzung des Zytoplasmas (S. 50) enthält Transportkanäle und Rezeptoren zur Signalaufnahme. Spezifische Kontakte mit der Umgebung ermöglichen die Bildung von Zellverbänden und Gewebe.

Aufbau: Das molekulare Grundgerüst sind polare Lipide, die sich mit je einer äußeren hydrophilen Seite zum Extra- bzw. Intrazellulärraum ordnen und die innere hydrophobe Zone umschließen. Die polaren Lipide sind in einer Doppelschicht angeordnet. Im ultrastrukurellen Bild bilden beide hydrophilen Seiten je eine elektronendichte Linie, die die elektronenhelle Linie beider hydrophoben Seiten umfasst. Man spricht von einer trilamellären biologischen Einheitsmembran, weil sie auch Organellen (S. 51) umschließt. Dieser trilamellären biologischen Einheitsmembran sind an der Außenseite weitere Moleküle an- und eingelagert (z. B. Glykolipide, Glykoproteine). Sie bilden nach außen weisende Zuckerketten und Zuckerderivate (Oligosaccharide, Sialinsäuren, Glykosaminoglykane), deren Gesamtheit die Glykokalyx darstellt. Oligosaccharide vermitteln über Zucker-bindende Proteine (Lektine) die Zell-Zell-Interaktion wie z. B. bei der Adhäsion von Leukozyten am Endothel. Die Glykokalyx ist reich an anionischen Resten und somit negativ geladen, was u. a. die Ladungsselektivität des Harnfilters (S. 770) bestimmt. Transmembranproteine sind als Moleküle der Kanäle, Transporter, Pumpen und Rezeptoren ein wesentliches Funktionselement der Zellmembran (Abb. A-2.4).

Aufbau: Molekulares Grundgerüst sind polare Lipide, die als Doppelschicht angeordnet sind und im ultrastrukturellen Bild als trilamelläre Membran erscheinen. Von biologischer Einheitsmembran spricht man wegen des gleichen Aufbaus der Membranen von Organellen (S. 51). Die Plasmamembran entspricht einer trilamellären Einheitsmembran mit einer äußeren und inneren hydrophilen Seite. Die Glykokalyx ist die Gesamtheit der Zuckeranteile der äußeren Seite. Transmembranproteine sind wichtige Funktionselemente der Zellmembran (Abb. A-2.4).

54

A

⊙ A-2.4

2 Zytologie und Histologie – Grundlagen

⊙ A-2.4

Zellmembran

Dreidimensionale Darstellung: e-face = exoplasmatische Seite, p-face = protoplasmatische (zytoplasmatische) Seite.

2.1.3

Oberflächendifferenzierungen

In der Regel sind Epithelzellen polar organisiert: Man unterscheidet apikale, basale und laterale Membranen. An der apikalen Zellmembran finden sich folgende Oberflächendifferenzierungen: Mikrovilli: zottenartige, bis 2 μm lange Fortsätze (Aufbau s. Abb. A-2.5). Stehen sie dicht gedrängt, spricht man vom Bürstensaum. Stereozilien: bis zu 10 μm lange Fortsätze.

▶ Merke.

2.1.3 Oberflächendifferenzierungen In der Regel sind Epithelzellen polar organisiert: Der apikalen Zellmembran liegt die basale gegenüber, getrennt durch die lateralen Membranen. Die basolaterale Zellmembran ist zur Oberflächenvergrößerung eingefaltet (basolaterale Einfaltung). An der apikalen Zellmembran finden sich folgende Oberflächendifferenzierungen: ■ Mikrovilli (Aufbau s. Abb. A-2.5) enthalten Aktinfilamente. Mikrovilli sind zottenartige, bis 2 μm lange Fortsätze und ein Charakteristikum resorbierender Epithelzellen. Wenn Mikrovilli gedrängt wie die Haare einer Bürste stehen, spricht man – z. B. beim Darmepithel – vom Bürstensaum. ■ Stereozilien sind bis zu 10 μm lange Fortsätze. Sie können sehr langen Mikrovilli entsprechen. Im Falle der Samenweg-Stereozilien (S. 831) sind die Fortsätze büschelartig gebündelt und für Resorption sowie Sekretion von Flüssigkeit zuständig. Die Innenohr-Stereozilien dienen dagegen als Rezeptoren für die Bewegung. ▶ Merke. Mikrovilli und Stereozilien sind mit Aktinfilamenten (S. 51) ausgestattet

und ohne schlagende Bewegung. Kinozilien (Abb. A-2.6) besitzen ein charakteristisches Gerüst aus Mikrotubuli (S. 53) und zugehörigen Motorproteinen. Beide Bausteine ermöglichen eine schlagende Bewegung.



Kinozilien (Abb. A-2.6) besitzen ein charakteristisches Gerüst aus Mikrotubuli (S. 53) und zugehörigen Motorproteinen. Beide Bausteine ermöglichen eine schlagende Bewegung. Viele Zellen besitzen ein singuläres Kinozilium noch unklarer biologischer Funktion. Das Oberflächenepithel der Atemwege und des Eileiters entwickelt einen Rasen von Kinozilien für den Transport von Sekret. Das Spermium bewegt sich mit seiner Geißel oder seinem Flagellum, einem 55 μm langen Kinozilium.

A

55

2.1 Die Zelle

⊙ A-2.5

Struktur eines Mikrovillus

⊙ A-2.5

⊙ A-2.6

Binnenstruktur eines Kinoziliums

⊙ A-2.6

zwei zentral gelegene Einzeltubuli Speicherproteine Schaft mit 9 MikrotubulusDoubletten, die zwei komplette Einzeltubuli umgeben

Nexin

Dynein als Verbindungsprotein

MikrotubulusDoublette innere Proteinscheide

Mikrotubulus-Triplett Wurzel mit dem Bau eines Basalkörperchens (Kinetosom), das aus 9 Mikrotubulus-Tripletts besteht

56 2.1.4

A Zellkontakte

2 Zytologie und Histologie – Grundlagen

2.1.4 Zellkontakte Hinsichtlich ihrer Funktion in einem Zellverband unterscheidet man zwischen drei Arten von Zellkontakten: ■ Kommunikationskontakt (Nexus, Gap Junction), ■ Barriere-/Verschlusskontakt (Zonula occludens, Tight Junction) und ■ Adhäsions-/Haftkontakte (Adhärenskontakt und Desmosom als Zell-Zell-Kontakte sowie Fokalkontakt und Hemidesmosom als Zell-Matrix-Kontakt).

Kommunikationskontakt ▶ Synonym.

Kommunikationskontakt ▶ Synonym. Nexus, Gap Junction

Funktion: Der Nexus ermöglicht den interzellulären Austausch von Molekülen.

Funktion: Kommunikationskontakte verbinden Zellen und ermöglichen den Stoffaustausch zwischen ihnen: Sowohl eine elektrische Interaktion (über Ionenströme) als auch ein metabolischer Austausch ist gewährleistet. Über Kommunikationskontakte kann eine Funktionseinheit als funktionelles Synzytium geschaffen werden, wie beim Herzmuskelgewebe (S. 87) und der glatten Muskulatur (S. 89).

Aufbau: Der Kommunikationskontakt zeigt einen engen Interzellularspalt. Der molekulare Baustein des Nexus (Gap Junction) ist das Connexin. Jeweils sechs Connexine bilden ein Connexon. Zwei Connexone bilden einen Nexus (Abb. A-2.7).

Aufbau: Nexus (Gap Junctions) sind in fast allen Geweben zu finden. Im ultrastrukurellen Bild wird an diesen Verbindungsstellen der Interzellularspalt sehr eng (engl. gap). In der den Spalt begrenzenden Membran liegen Verbindungsröhren, deren molekulare Bausteine die Connexine sind. Connexine sind Transmembranproteine, von denen sechs Moleküle die eine Hälfte des Verbindungskanals bilden (Connexon). Liegen sich zwei Connexone gegenüber, entsteht nach End-zu-End-Fusion ein Verbindungskanal (Abb. A-2.7). Heute unterscheidet man bis zu 20 Connexin-Isoformen, die nach dem Molekulargewicht benannt werden. Connexin 43 hat das Molekulargewicht 43 kDa und findet sich in den Glanzstreifen (S. 87) der Herzmuskulatur.

⊙ A-2.7

⊙ A-2.7

Nexus (Gap Junction) Interzellularspalt Doppellipidschicht der Zellmembran

Dargestellt sind 4 Nexus. Die Pfeile verdeutlichen den Ionenfluss.

4 Connexone, aus je 6 identischen Untereinheiten bestehend

Zelle A

Barrierekontakt ▶ Synonym.

Zelle B

Barrierekontakt ▶ Synonym. Verschlusskontakt, Zonula occludens, Tight Junction

Funktion: Barrierekontakte behindern den parazellulären Fluss von Molekülen.

Funktion: Barrierekontakte verschließen die Interzellularspalten in Epithelgeweben. Sie beeinträchtigen und verhindern einen parazellulären Austausch zwischen zwei extrazellulären Kompartimenten.

Aufbau: Benachbarte Zellen liegen so nah beieinander, dass der parazelluläre Weg gürtelförmig abgedichtet wird (Abb. A-2.8).

Aufbau: Im Bereich des Verschlusskontakts liegt die laterale Plasmamembran benachbarter Zellen so eng aneinander, dass der parazelluläre Weg gürtelförmig abgedichtet wird (Abb. A-2.8). Wenn diese Barriere den Interzellularraum vollständig verschließt, erfolgt der Stoffaustausch auf transzellulärem Weg.

A

⊙ A-2.8

57

2.1 Die Zelle

⊙ A-2.8

Zonula occludens (Tight Junction) Interzellularspalt Zelle A

Zelle B

Verschlussleisten mit Membranprotein

inneres Blatt (p-face) der Zellmembran

äußeres Blatt (e-face) der Zellmembran

Wichtige Bausteine des Verschlusskontaktes sind die Transmembranproteine Occludin und Claudin, deren externe Domaine mit demselben Protein der Nachbarzelle verbunden ist. An der Innenseite des Verschlusskontaktes liegen Plaque-Proteine, genannt Zonula-occludens-Proteine (ZO-1, ZO-2), an die Aktinfilamente anknüpfen. Tight Junctions sind mechanisch gesichert durch einen in enger Nachbarschaft befindlichen Adhärenskontakt, meist die Zonula adhaerens.

Occludin und Claudin sind Transmembranproteine der Zonula occludens, ZO-1- und ZO-2-Proteine liegen an der Innenseite.

Adhäsionskontakte

Adhäsionskontakte ▶ Synonym.

▶ Synonym. Haftkontakte

Funktion: Adhäsionskontakte dienen der mechanischen Haftung zischen benachbarten Zellen (Zell-Zell-Kontakt) oder zwischen Zellen und der extrazellulären Matrix (Zell-Matrix-Kontakt). Adhäsionskontakte bilden und erhalten Zellverbände, verbinden das Zytoskelett mit dem Extrazellulärraum und können intrazelluläre Signalketten auslösen.

Funktion: Adhäsionskontakte sind mechanische Kontakte entweder als Zell-Zell- oder als Zell-Matrix-Kontakt anzutreffen.

Aufbau: Unterschiede bei Haftkontakten beziehen sich auf die Geometrie und die Art der drei Bausteine: ■ Transmembranproteine, deren externe Domaine die Bindung an ihre Umgebung herstellt. Bei Zell-Zell-Kontakten handelt es sich häufig um ein Protein aus der Großfamilie der Cadherine, bei Zell-Matrix-Kontakten oft um Integrine. ■ Plaque-Proteine an der Innenseite der Plasmamembran zur Verankerung des Zytoskeletts. ■ Aktin- oder Intermediärfilamente bestimmen den Typ des Adhäsionskontakts (Tab. A-2.3).

Aufbau: Drei Bausteine bilden den Kontakt: ■ Transmembranproteine, ■ Plaque-Proteine und ■ Filamente, die den Typ des Adhäsionskontakts bestimmen (Tab. A-2.3).

≡ A-2.3

Typen von Adhäsionskontakten nach Art des Filaments Zell-Zell-Kontakt

Zell-Matrix-Kontakt

Aktinfilamente

Adhärenskontakt*

Fokalkontakt

Intermediärfilamente

Desmosom (Abb. A-2.9)

Hemidesmosom

* Adhärenskontakte kennt man als Zonula adhaerens in Epithelzellen (S. 59) und Fascia adhaerens in Glanzstreifen (S. 87).

≡ A-2.3

58

A

⊙ A-2.9

2 Zytologie und Histologie – Grundlagen

⊙ A-2.9

Desmosom als Adhäsionskontakt innere Seite (p-face) äußere Seite (e-face)

Zellmembran

Interzellularspalt

Anheftungsplaque

Intermediärfilamente Zelle A

2.2

2.2

Das Gewebe

▶ Definition.

Cadherine Zelle B

Das Gewebe

▶ Definition. Gewebe sind Zellverbände mit meist gleichartig differenzierten Zellen,

die gleiche Funktion ausüben. Der zwischen den Zellen liegende Interzellularraum ist durch unterschiedliche Ausformung der extrazellulären Matrix variabel gestaltet. Man unterscheidet vier Hauptgewebe (Tab. A-2.4).

≡ A-2.4

Entspechend einer traditionellen Übereinkunft unterscheidet man vier unterschiedliche Hauptgewebe (Tab. A-2.4).

Charakteristika der vier Hauptgewebe

Gewebeart

Aufbau

Epithelgewebe



Hauptanteil: dicht stehende Zellen

Vorkommen



Extrazellulärraum: kleiner Anteil

– Endothel*: Auskleidung von Gefäßen



viele Zellkontakte

– Mesothel*: Auskleidung von Brust- (Pleura) und Bauchhöhle (Peritoneum) sowie des Herzbeutels (Perikard)





Binde- und Stützgewebe (Supportgewebe)



Hauptanteil: extrazelluläre Matrix → Zusammensetzung bestimmt Gewebeart



Zellen auf Distanz

Oberflächenepithel: Haut/Schleimhaut

Drüsenepithel: exokrine und endokrine Drüsen

Bindegewebe: ■ kollagenes Bindegewebe – locker (interstitiell, i. e. im Zwischenraum) – straff (z. B. Sehnen, Bänder, Organkapsel) ■ ■

■ ■

elastisches Bindegewebe (Ligg. flava) retikuläres Bindegewebe (Knochenmark und sekundär lymphatische Organe) Fettgewebe Sonderformen (gallertiges Bg. der Nabelschnur, spinozelluläres Bg. im Ovar, embryonales Bg. = Mesenchym)

Stützgewebe: ■ Knorpel – hyaliner Knorpel (Bsp.: Trachea, Gelenkflächen) – elastischer Knorpel (Bsp.: Ohrmuschel) – Faserknorpel (Bsp.: Bandscheiben) ■

Knochen – Geflechtknochen (unreifer primärer Knochen) – Lamellenknochen (reifer sekundärer, biomechanisch stabiler Knochen)

Muskelgewebe



Merkmal: kontraktile Myofilamente im Sarkoplasma



quergestreifte Muskulatur – Skelettmuskulatur – Herzmuskulatur

Nervengewebe





glatte Muskulatur

Neuron mit Nervenfaser



peripheres Nervensystem (PNS)

– myelinisiert



zentrales Nervensystem (ZNS)

– nicht myelinisiert ■

Gliazelle

* Endo- und Mesothel sind Sonderformen des Oberflächenepithels

A

59

2.2 Das Gewebe

2.2.1 Epithelgewebe

2.2.1

▶ Definition. Epithelgewebe bedeckt die äußere Oberfläche des Körpers als Ober-

Epithelgewebe

▶ Definition.

haut und die natürlichen Hohlräume als Schleimhaut. Funktion: Die polar orientierten Epithelzellen ermöglichen die polar gerichtete Sekretion z. B. von Hormonen, Enzymen und Elektrolyten nach apikal oder basal sowie die Ausscheidung von Endprodukten des Stoffwechsels und von Fremdstoffen (Exkretion) wie z. B. Harn und Arzneimittel. Epithelzellen übernehmen außerdem die Resorption von Ionen und Biomolekülen aus dem Nahrungsbrei z. B. im Dünndarm. Sie dienen weiterhin als Diffusionsbarriere und schützen vor physikalischen, chemischen und bakteriellen Einflüssen (Protektion). Modifizierte Epithelzellen sind Rezeptorzellen für äußere Reize (Rezeption).

Funktion: Die Funktionen des polar orientierten Epithelgewebes sind sehr unterschiedlich: ■ Sekretion ■ Exkretion ■ Resorption ■ Diffusionsbarriere ■ Protektion ■ Rezeption.

Aufbau: Epithelgewebe besteht aus geschlossenen Zellverbänden ohne lichtmikroskopisch gut erkennbaren Interzellularraum. Während die apikale Seite zur freien Oberfläche hin ausgerichtet ist, sind die Epithelzellen mit ihrer basalen Seite über Fokalkontakte und Hemidesmosomen (S. 57) an der Basalmembran (S. 69), einer mattenartigen Faserschicht, verankert. An der lateralen Plasmamembran sind Interzellularkontakte von apikal nach basal gestaffelt angeordnet, sodass der Epithelkontakt nachhaltig gesichert ist: ■ Tight Junction (S. 56), ■ Zonula adhaerens (S. 57) mit Aktinfilamenten und ■ Desmosom (S. 57) mit Intermediärfilamenten. Diese Trias bildet den Schlussleistenkomplex (junktionaler Komplex, Haftkomplex, Abb. A-2.10. Er ist im Flachschnitt deutlich zu sehen, weil die gebündelten Aktinfilamente der Zonula adhaerens als hexogonales Muster anfärbbar sind. Das Schlussleistennetz ist bei einschichtigen und mehrreihigen Epithelien entwickelt.

Aufbau: Epithelgewebe besteht aus geschlossenen Verbänden von Zellen, deren basale Seite an der Basalmembran (S. 69) verankert ist.

▶ Merke. Epithelgewebe besitzt keine Blutgefäße. Der Stofftransport verläuft inter-

Lateral sind die Epithelzellen untereinander über den Schlussleistenkomplex (Abb. A-2.10) fest verbunden: ■ Tight Junction (S. 56), ■ Zonula adhaerens (S. 57) und ■ Desmosom (S. 57).

▶ Merke.

oder transzellulär.

⊙ A-2.10

Intraepithelialer Haftkomplex (Schlussleistenkomplex)

Zelle A

Zelle B Zonula occludens

Desmosom mit Intermediärfilamenten

Zonula adhaerens mit Aktinfilamenten

Cadherine

Nexus Hemidesmosom

Lamina lucida Ankerfilamente

Lamina densa

⊙ A-2.10

60

A

Entwicklung: Es kann von allen drei Keimblättern (S. 109) abstammen.

Entwicklung: Epithelgewebe kann von allen drei Keimblättern (S. 109) abstammen. Vom Mesoderm entwickelt sich das Mesothel, das Pleura-, Perikard- und Peritonealhöhle auskleidet, und das Endothel als „Tapete“ der Herzhöhle sowie der Blut- und Lymphgefäße.

Gliederung: ■ Oberflächenepithel ■ Drüsenepithel

Gliederung: Man unterscheidet zwischen Oberflächen- und Drüsenepithel mit dem kontraktilen Myoepithel als Sonderform des Ektoderms, das in ektodermalen Drüsen (Schweißdrüsen, Milchdrüse, Kopfspeicheldrüsen, Tränendrüse) zu finden ist. Das Neuroepithel als Sinnesepithel gehört zu den Sinnesorganen.

Oberflächenepithel

Oberflächenepithel

Zur Beschreibung und Unterscheidung nutzt man folgende Kriterien (Tab. A-2.5 und Abb. A-2.11): ■ Reihen und Schichten. ■ Zellform: platt, kubisch, zylindrisch bzw. prismatisch. ■ Oberflächendifferenzierung.

Zur Beschreibung von Oberflächenepithelien nutzt man folgende Kriterien: ■ Anordnung der Zellen in Schichten oder Reihen: ein- oder mehrschichtig, einoder mehrreihig. ■ Form der Zellen in der oberen Lage: platt, kubisch oder zylindrisch bzw. prismatisch. ■ Oberflächendifferenzierung durch Strukturen der apikalen Zellmembran: Mikrovilli, Stereozilien und Kinozilien bei kubischem oder zylindrischem Epithel (S. 61); Crusta oder Plasmahaube der Deckzellen beim Übergangsepithel (S. 62).

▶ Merke.

2 Zytologie und Histologie – Grundlagen

▶ Merke. Bezüglich der Anordnung der Zellen unterscheidet man

Schichtigkeit: Die Zellen bilden eine oder mehrere Schichten, von denen nur die unterste Kontakt zur Basalmembran hat. Einschichtige Epithelien sind zugleich einoder mehrreihig. Reihigkeit: Alle Zellen sitzen der Basalmembran auf. Weil nicht alle Zellen die Epitheloberfläche erreichen, liegen die Kerne in verschiedenen Reihen. Anhand der o. g. Kriterien unterscheidet man einschichtige (einfach oder mehrreihig) und mehrschichtige Oberflächenepithelien (Tab. A-2.5 und Abb. A-2.11). ▶ Klinik.

▶ Klinik. Bei der Metaplasie wandelt sich ein Gewebetyp in einen anderen um. Die

Metaplasie betrifft bevorzugt Epithelgewebe, also die Transformation eines einreihigen Zylinderepithels in ein mehrschichtiges Plattenepithel (z. B. bei einer chronisch entzündeten Darmschleimhaut). Beim metaplastischen Epithel ist die Gefahr einer Karzinombildung erhöht (Karzinome entstehen aus Epithel).

⊙ A-2.11

Schema verschiedener Oberflächenepithelien Stratum corneum Stratum lucidum Stratum granulosum Stratum spinosum

a einschichtiges Plattenepithel

Stratum basale

b einschichtiges isoprismatisches Epithel Becherzelle

e mehrschichtiges verhorntes Plattenepithel

Becherzelle c einschichtiges hochprismatisches Epithel mit Mikrovilli Stratum superficiale f mehrreihiges Flimmerepithel Stratum intermedium

Stratum basale d mehrschichtiges unverhorntes Plattenepithel (nach Ulfig, N.: Kurzlehrbuch Histologie. Thieme 2009)

A

≡ A-2.5

61

2.2 Das Gewebe

Oberflächenepithelien

Schichten

Epithelzellen

Epithelart

Vorkommen

einschichtig



flach

einfaches Plattenepithel

Mesothel, Endokard, Gefäßendothel, Pleura, Alveolenepithel, Bowman-Kapsel



kubisch

einfaches kubisches Epithel

Schilddrüsenfollikel, Nierentubuli



hochprismatisch ohne und mit Bürstensaum

einfaches Zylinderepithel

Magen, Darm, Gallenblase

zwei- und mehrreihig



hochprismatisch mit und ohne Stereozilien

zwei- und mehrreihiges Zylinderepithel

Nebenhodengang, Samenleiter, interlobulärer Ausführungsgang von Speicheldrüsen

mehrreihig



hochprismatisch mit Kinozilien

mehrreihiges Flimmerepithel

Trachea, Tuba uterina

mehrschichtig



unverhornt

mehrschichtig unverhorntes Plattenepithel

Mundhöhle, Ösophagus, Analkanal, Plica vocalis, Portio vaginalis cervicis, Horn- und Bindehaut



verhornt

mehrschichtig verhorntes Plattenepithel

Epidermis



kubisch

mehrschichtig kubisches Epithel

Granulosazellepithel



prismatisch, zylindrisch

mehrschichtig prismatisches Epithel

großer Ausführungsgang von Schweiß- und Speicheldrüsen, männliche Urethra (Pars navicularis)



Deckzellen mit Crusta

Urothel, Übergangsepithel

Ureter, Vesica urinaria

Einfaches und mehrreihiges Oberflächenepithel Einfaches Oberflächenepithel: Je nach Form der Zellen differenziert man (Tab. A-2.5): ■ einfaches Plattenepithel mit einer platten Zellschicht, ■ einfaches kubisches Epithel und ■ einfaches Zylinderepithel. Mehrreihiges Epithel: Dies ist stets prismatisch bzw. zylindrisch.

Einfaches und mehrreihiges Oberflächenepithel Einfaches Oberflächenepithel: Je nach Form der Zellen unterscheidet man die in Tab. A-2.5 genannten einfachen Epithelien.

Mehrreihiges Epithel ist immer prismatisch.

Mehrschichtige Epithelien

Mehrschichtige Epithelien

Gemeinsam ist ihnen, dass die Regeneration der Zellen im Stratum basale nahe der Basalmembran stattfindet. Die Zelldifferenzierung erfolgt im Stratum intermedium und an der Epitheloberfläche (Stratum superficiale). Nach der Zellform der oberen Superfizialschicht wird die weitere Differenzierung vorgenommen in ■ mehrschichtiges prismatisches Epithel und ■ mehrschichtiges Plattenepithel. Weil Intermediär- und Superfizialschicht Stellen großer mechanischer Belastung sind, wird die Zellhaftung durch gut entwickelte Desmosomen (S. 57) verstärkt, an denen Zytokeratinfilamente verankert sind. Wird das mehrschichtige Plattenepithel (Abb. A-2.12) durch Sekret befeuchtet, bleiben die oberen Zellen der Superfizialschicht vital. Dieses unverhornte mehrschichtige Plattenepithel findet sich am Anfang und Ende des Verdauungstraktes, bei der Plica vocalis, der Portio vaginalis der Cervix uteri, der Vagina, am Ausgang der Harnröhre sowie an der Horn- und Bindehaut des Augapfels. Bleibt die Befeuchtung des Stratum superficiale aus, sterben die oberen Zelllagen unter Bildung von Hornzellen ab. Verhorntes mehrschichtiges Plattenepithel (Abb. A-2.12): Es findet sich vor allem in der Epidermis der Haut. Es zählt bis zu 20 Schichten, deren Epithelzellen Keratinozyten genannt werden.

Die Zellregeneration ist im Stratum basale, die Differenzierung entwickelt sich vom Stratum intermedium zum Stratum superficiale. Nach der Zellform der Superfizialschicht definiert man prismatisches versus Plattenepithel.

Unverhorntes mehrschichtiges Plattenepithel: In der Intermediär-und Superfizialschicht lagert sich als Zeichen der Zelldifferenzierung Glykogen ein, das sich mit der PAS-Färbung (S. 101) im histologischen Schnitt violett darstellt und durch Betupfen mit Jodlösung makroskopisch braun wird.

Unverhorntes mehrschichtiges Plattenepithel: Die glykogenhaltigen oberen Schichten werden mit der PAS-Färbung (S. 101) sichtbar.

Aufgrund starker mechanischer Belastung wird die Zellhaftung durch Desmosomen (S. 57) verstärkt. Beim mehrschichtigen Plattenepithel (Abb. A-2.12) unterscheidet man abhängig von der Sekretbefeuchtung eine unverhornte Form mit vitalen Zellen der Superfizialschicht von einer verhornten, bei der die oberen Zelllagen absterben.

Verhorntes mehrschichtiges Plattenepithel (Abb. A-2.12) findet sich v. a. in der Haut (Epithelzellen = Keratinozyten).

62 ⊙ A-2.12

A

2 Zytologie und Histologie – Grundlagen

Mehrschichtiges Plattenepithel

b

a

c

a Verhornt, b unverhornt, c Übergangsepithel.

≡ A-2.6

Aufbau von mehrschichtigem verhorntem Plattenepithel

Schicht (basal beginnend)

Charakteristika

Stratum basale

Mitosen

Stratum spinosum

Nachbarzellen sind über Desmosomen verbunden → durch Fixierung entstehen Zellen mit stachelähnlichen Fortsätzen

Stratum granulosum

bis zu fünf Schichten basophile Keratohyalingranula, membranlos, Zeichen beginnender Verhornung Sekretion von polaren Lipiden, Lamellengranula, membranumschlossen, zur Versiegelung des Interzellularraums (Barrierefunktion)

Stratum lucidum

eosinophil aufgrund dicht gepackter Keratinfilamente homogener Aspekt, im Bereich Leistenhaut ausgeprägt (z. B. Fingerbeere)

Stratum corneum

Keratinozyten ohne Zellkerne Zytokeratinfilamente sind durch Begleitprotein zum eosinophilen Keratin verbacken Bei Verlust der Desmosomen bilden sich Hornschuppen.

Mehrschichtiges Übergangsepithel (Abb. A-2.12): Das Urothel ist eine Übergangsform des mehrschichtigen Epithels. Es ist extrem dehnungsflexibel, bedingt durch die Deckzellen mit der Crusta als typischer Oberflächendifferenzierung.

Crustazellen schützen das Gewebe vor dem hypertonen Harn.

Drüsenepithel ▶ Definition.

Mehrschichtiges Übergangsepithel (Abb. A-2.12): Es ist als Übergangsform zum verhornten mehrschichtigen Plattenepithel zu verstehen und wird wegen seines Vorkommens in den ableitenden Harnwegen Urothel genannt. Seine Höhe zwischen drei bis sieben Schichten wechselt mit dem Füllungszustand der Harnblase. In der obersten Lage des Stratum superficiale siedeln Deckzellen mit oft zwei Zellkernen, die wegen doppelter bis dreifacher Größe mehrere Zellen der nächst tieferen Schicht bedecken. Deckzellen passen sich unterschiedlichen Dehnungsverhältnissen bestens an. In der apikalen Zellmembran wechseln flexible mit steifen Platten. Letztere besitzen eine dicke, negativ geladenen Glykokalix. Die steifen Platten werden an den scharnierartigen, flexiblen Platten bei erhöhtem Füllungsdruck invaginiert und bei Entspannung in die Zellmembran zurückverlagert. Die steifen Platten sind an einem verdichteten Netz von Aktin- (S. 51) und Intermediärfilamenten (S. 52) verankert. Zusammen werden sie als Crusta bezeichnet, die das Gewebe vor dem hypertonen Harn schützt. Deckzellen sind Crustazellen und haben gut entwickelte Zonulae occludentes (S. 56) zur Abdichtung des parazellulären Weges.

Drüsenepithel ▶ Definition. Drüsenepithel entspricht Epithelzellen, die biologisch wirksame Stoffe bilden und als Sekret ausscheiden.

Einen Verband solcher Epithelzellen nennt man Drüse (in verstreuter Lage: disseminierte Drüse).

Sie bilden, eingebettet in Bindegewebe und versorgt durch Blutgefäße, organisierte Zellkomplexe, die Drüse. Einzeln liegende Drüsenzellen, die aber funktionell zusammenarbeiten, werden als disseminierte Drüse bezeichnet.

Lage: Drüsenepithelzellen können intraepithelial sowohl als Einzelzellen als auch in größeren Zellverbänden vorkommen. Bei extraepithelialer Lage sind sie durch Ausführungsgänge mit dem Oberflächenepithel verbunden.

Lage: Drüsenepithelzellen liegen im Oberflächenepithel (intraepithelial) sowohl als Einzelzellen zwischen anderen Epithelzellen vorkommend (z. B. Becherzellen im Darm oder Respirationstrakt) als auch in Form größerer Zellverbände. Liegen die Zellverbände in der Tiefe und sind durch Ausführungsgänge mit dem Oberflächenepithel verbunden, bezeichnet man sie als extraepitheliale Drüse (z. B. Speicheldrüsen).

A

⊙ A-2.13

63

2.2 Das Gewebe

Sekretionsmechanismus exokriner und endokriner Drüsen a Exokrin/äußere Sekretion: Abgabe des Sekrets über die apikale Zellmembran in die Lichtung des Drüsenendstücks. b Endokrin/innere Sekretion: Abgabe des Sekrets über die basale Zellmembran in eine Kapillare.

Einteilung: Aus funktionellen Gesichtspunkten werden endokrine von exokrinen Drüsen unterschieden (Abb. A-2.13): ■ Endokrine Drüsen, bei denen meist in der Fetalzeit die Verbindung zum Oberflächenepithel verloren geht, sezernieren Hormone (Botenstoffe) nach „innen“ über den Extrazellularraum in das Blutgefäßsystem. Darüber gelangen sie an den meist fern ihrer Produktion gelegenen Wirkort bzw. ihr Zielorgan. Bei der Autokrinie handelt es sich um eine Sonderform. Das Hormon wird von endokrinen Drüsenzellen basal sezerniert und beeinflusst die gleiche Drüsenzelle, bei der Parakrinie die Nachbarzelle. Endokrine Drüsen bilden ein Organ, z. B. Schilddrüse (S. 931), den Anteil eines Organs, z. B. Hypophyse (S. 1249) oder Pankreas (S. 751), oder sind in der Darmschleimhaut (S. 704) als diffuses endokrines System verstreut (enteroendokrine Zellen mit lokaler Wirkung). ■ Exokrine Drüsen geben ihr Sekret direkt oder über Ausführungsgänge nach „außen“ (Haut) bzw. in Körperhöhlen (Schleimhaut) ab.

Einteilung: Funktionell unterscheidet man folgende Drüsen (Abb. A-2.13): ■ Endokrine Drüsen sezernieren Botenstoffe in die Blutbahn. Sie bilden ein Organ, z. B. die Schilddrüse (S. 931), den Anteil eines Organs, z. B. Hypophyse (S. 1249) oder Pankreas (S. 751), oder sind als diffuses endokrines System verstreut, z. B. Darmschleimhaut (S. 704). ■ Exokrine Drüsen geben das Sekret direkt oder über Ausführungsgänge ab.

Charakteristika exokriner Drüsen

Charakteristika exokriner Drüsen

Neben der o. g. extra- oder intraepithelialen Lage können exokrine Drüsen nach weiteren Kriterien unterschieden werden: ■ nach ihrem anatomischen Bauprinzip, für das die Gestalt der sezernierenden Endstücke sowie das Ausführungsgangsystem maßgebend sind (Abb. A-2.14), ■ nach dem Sekretionsmechanismus (S. 64), s. Abb. A-2.13 und ■ nach Beschaffenheit des Sekrets.

Kriterien zur Unterscheidung exokriner Drüsen sind: ■ Bauprinzip (Endstücke und Ausführungsgangsystem, Abb. A-2.14) ■ Sekretionsmechanismus (S. 64) s. Abb. A-2.13 und ■ Beschaffenheit des Sekrets.

⊙ A-2.14 a

Aufbau exokriner Drüsen c

b I

III

I

III

IV

V

I

II

II II

IV

Intraepithelial (a) liegen exokrine Drüsen entweder als Einzelzellen (I) oder in Zellverbänden (II). Extraepithelial gelegene Drüsen werden nach verschiedenen Kriterien eingeteilt: – nach Gestalt des Endstücks (b): tubulös (I), azinös (II), alveolär (III) und tubuloazinös (IV). – nach Organisation des Endstück- und Ausführungsgangsystems (c): einfach tubulös (I), verzweigt tubulös (II), einfach (d. h. mit nur einem Ausführungsgang) mit unverzweigtem, teilweise aufgeknäueltem Endstück (III), einfach mit verzweigten tubulösen Endstücken (IV) und zusammengesetzt (d. h. verästeltes Ausführungsgangsystem mit azinösen, tubulösen und tubuloazinösen Endstücken, V). Das Ausführungsgangsystem wird unterteilt in intra- (blass grau-blau) und interlobuläre (hellblau) Segmente. Die Lobuli sind in Abb. c V gestrichelt dargestellt. (nach Lüllmann-Rauch R.: Histologie. Thieme, 2012)

64

A

Bauprinzip: ■ Gestalt der Endstücke: tubulär, azinös, alveolär, tubuloazinös, tubuloalveolär ■ Einfache exokrine Drüsen haben einen Ausführungsgang, zusammengesetzte Drüsen ein Gangsystem.

Bauprinzip: Die Endstücke sind Orte der Sekretion. Ihre Struktur entspricht einer einzelnen Lage von Epithelzellen um ein Lumen und ist bei einfachen Drüsen ■ tubulös (schlauchförmig, Lumen erkennbar) mit gestrecktem, geknäueltem oder verzweigtem Verlauf, ■ azinös (beerenförmig, enges Lumen) oder ■ alveolär (bläschenförmig, weites Lumen), bei gemischten Drüsen, die stets zusammengesetzt sind (s. u.) ■ tubuloazinös oder ■ tubuloalveolär Je nach Aufbau des Ausführungsgangs wird weiterhin unterschieden zwischen einfacher und zusammengesetzter Drüse: ■ Einfache Drüsen haben höchstens einen Ausführungsgang. Münden in diesen mehrere Endstücke, bezeichnet man die Drüse als verzweigt. ■ Zusammengestetzte Drüsen haben ein baumartiges Ausführungsgangsystem.

Sekretionsmechanismus: Eine Drüsenzelle ermöglicht den gerichteten Stofftransport. Die Sekretion kann konstitutiv (kontinuierlich) oder reguliert, d. h. durch spezifische Rezeptoren gesteuert sein.

Sekretionsmechanismus: Die Bildung und Sekretion biologisch wirksamer Substanzen beruht auf einem gerichteten Stofftransport der Drüsenepithelzelle: Am basalen Pol werden Biomoleküle aufgenommen. Die Proteinbiosynthese findet im rauen ER oder an freien Ribosomen statt. Es entsteht das Prosekret (Zymogen) oder Sekret, das am apikalen oder basalen Pol sezerniert wird. Bei der konstitutiven Sekretion werden Substanzen kontinuierlich in die Umgebung abgegeben wie etwa Anteile der Extrazellulärmatrix durch Bindegewebszellen. Bei der regulierten Sekretion wird das Sekret als Folge eines spezifischen rezeptorvermittelten Reizes ausgeschieden wie beispielweise das Insulin von β-Zellen des Pankreas. Das Produkt ist zuvor in Vesikeln abgepackt (Sekretgranula). Der Sekretionsmodus exokriner Drüsen kann unterschiedlich sein, wobei die Exozytose am häufigsten ist und merokrine Drüsen kennzeichnet (Abb. A-2.13 und Tab. A-2.7). ■ Ekkrine/merokrine Sekretion: Die sezernierende Zelle schleust das wasserlösliche Sekret durch Exozytose aus, d. h. durch Fusion der Membran des Sekretgranulums mit der apikalen Plasmamembran. Beispiele sind die Abgabe von Insulin oder von Neurotransmittern. Bei dem avesikulären Sekretionsmodus wird das Produkt ohne membranöse Umhüllung ausgeschleust, so bei Gallensäuren, Protonen oder Steroiden. Hierfür wird oft der Begriff der ekkrinen Sekretion verwendet. Bei beiden Sekretionsmodi bleibt die Zellmembran im Wesentlichen intakt. Exozytose und avesikulärer Sekretionsmodus sind im Lichtmikroskop weder sichtbar, noch zu unterscheiden. ■ Apokrine Sekretion: Die sezernierende Zelle stößt das Sekret mit einem Teil der Zellmembran und des Zytoplasmas ab. Der Apozytose genannte Prozess lässt sich histologisch bei Brust-und Duftdrüse beobachten. ■ Holokrine Sekretion: Das Sekret wird durch Zelltod frei, indem die gesamte Zelle nach Umwandlung in das Sekret abgestoßen wird (nur bei Talgdrüsen).

Am häufigsten ist die Exozytose (ekkrine Drüsen, Abb. A-2.13 und Tab. A-2.7). ■ Ekkrine/merokrine Sekretion: Die Zelle bleibt intakt. ■ Apokrine Sekretion: Zellmembran und Zytoplasma werden anteilig abgeschnürt. ■ Holokrine Sekretion: Das Sekret wird durch Zelltod frei.

Sekretbeschaffenheit: Je nach Viskosität des Sekrets unterscheidet man folgende Drüsen: ■ seröse Drüsen (meist azinös) mit Produktion von dünflüssigem, proteinreichem Sekret, ■ muköse Drüsen (i. d. R. tubulös) mit Sekretion einer zähflüssigen Substanz und ■ seromuköse Drüsen mit gemischten Epithelzellen.

2 Zytologie und Histologie – Grundlagen

Sekretbeschaffenheit: Je nach Viskosität des Sekrets unterscheidet man seröse von mukösen Drüsen, wenn die Sekretion an die Oberflächen innerer Hohlorgane erfolgt und nicht an die Hautoberfläche. ■ Seröse Drüsen: Das Sekret ist von dünnflüssiger, proteinreicher Konsistenz, die Lichtung der Acini und die Ausführungsgänge sind eng gestaltet. Seröse Endstücke sind meist azinös; die Zellen sind wegen gut entwickeltem rauen endoplasmatischen Retikulums basophil; der Zellkern ist mittelständig und rund. ■ Muköse Drüsen: Das Sekret ist von zähflüssiger Kosistenz, die Lichtung der Acini und die Ausführungsgänge sind weit angelegt. Muköse Endstücke sind in der Regel tubulös; die Zellen wirken lichtmikroskopisch blass und „schaumig“; der abgeplattete Zellkern liegt im basalen Zytoplasma. ■ Seromuköse Drüsen: Dies sind gemischte Drüsen, bei denen seröse und muköse Epithelzellen getrennt oder miteinander die jeweiligen Endstücke aufbauen. Das zähflüssige Sekret wird durch einen dünnflüssigen Anteil aus Acini und Ausführungsgängen ausgespült.

A

≡ A-2.7

Gliederung der exokrinen Drüsen nach Art der Sekretabgabe

Art der Sekretabgabe Drüse Ekkrine/merokrine Drüsen

65

2.2 Das Gewebe

≡ A-2.7

Bauchspeicheldrüse, Pankreas (S. 750) Speicheldrüsen Gll. linguales (S. 1012)

■ ■

Gl. parotis (S. 1018)



Gll. palatinae (S. 1017)



Gll. sublinguales (S. 1021)



Gll. submandibulares (S. 1020)

Brunner-Drüsen (S. 707) „kleine“ Schweißdrüsen (S. 1277), z. B. Gll. sudoriferae eccrinae Tränendrüse = Gl. lacrimalis (S. 1056) Prostata (S. 833) Bläschendrüse = Gl. vesiculosa (S. 832) Apokrine Drüsen

Brustdrüse = Gl. mammaria (S. 1277) „große“ Schweißdrüsen (S. 1277), z. B. Duftdrüse; Gll. sudoriferae apocrinae Moll-Drüsen = Gll. ciliares (S. 1055)

Holokrine Drüsen

Talgdrüse = Gll. sebaceae (S. 1276) Meibohm-Drüsen = Gll. tarsales (S. 1055) Zeis-Drüsen (S. 1055)

▶ Klinik. Die zystische Fibrose (Mukoviszidose) gehört mit ca. 1 : 3 000 Fällen aller

▶ Klinik.

Neugeborenen zu den häufigsten Erbkrankheiten der weißen Bevölkerung. Grund ist eine Genmutation mit einem Defekt des Transmembranproteins CFTR (cystic fibrosis transmembrane conductance regulator). Es ist in der apikalen Zellmembran für den Transport von Chlorid-Ionen zuständig. Bei den Betroffenen kommt es dadurch zu einer Störung der Elektrolyt- und Flüssigkeitsströme über die Zellwand, die sich insbesondere in der Bauchspeicheldrüse und der Lunge bemerkbar macht: Das Sekret ist durch fehlende Verdünnung dickflüssig (mukös). Folge des dadurch entstehenden Sekretstaus sind chronische Entzündungen mit fortschreitender zystisch-fibrotischer Umwandlung und damit einhergehendem Funktionsverlust von Lunge und Pankreas. Die Symptome sind Ausdruck der mangelnden Organfunktion: u. a. kommt es zu eingeschränkter Verdauung durch fehlende Enzyme des exokrinen Pankreas (S. 750) mit nachfolgender Gedeihstörung, zu Atemwegsinfekten durch bakterielle Besiedelung der verschleimten Bronchien (chronische Bronchitis) und hoher Salzausscheidung über die Schweißdrüsen. Dies wird diagnostisch genutzt (Schweißtest).

Sekrettransport in exokrinen Drüsen

Sekrettransport in exokrinen Drüsen

Für den Sekrettransport besitzen exokrine Drüsen z. T. sog. Myoepithelzellen und unterschiedlich ausdifferenzierte Gangsysteme. Myoepithelzellen: Dies sind modifizierte Epithelzellen mit kontraktiler Eigenschaft, die für die Beförderung des Sekretes aus dem Endstück verantwortlich sind. Sie sind gut entwickelt in den Schweiß- und Duftdrüsen, der Brustdrüse und der Tränendrüse. Myoepithelien liegen zwischen basaler Seite der Epithelzelle und der Basalmembran.

Myoepithelzellen: sind kontraktile Epithelzellen auf der Innenseite der Basalmembran und gut ausgeprägt in Schweiß- und Duftdrüsen sowie Brust- und Tränendrüse.

Gangsystem: Bei einfachen Drüsen bilden die einfachen oder verzweigten Endstücke auch den Ausführungsgang. Bei zusammengesetzten Drüsen handelt es sich um ein baumartiges Gangsystem, dessen Abschnitte sich im Durchmesser und Wandaufbau unterscheiden. Nahe den Endstücken, die das Läppchen einer exokrinen Drüse aufbauen, sind die Gänge eng und die Wand zeigt keine glatten Muskelzellen. Diese intralobulären Ausführungsgänge können mit einem Schaltstück beginnen, das sich in ein Streifenstück fortsetzt, z. B. Glandula parotis (S. 1018). In den intralobulären Gängen wird das Primärsekret z. B. durch Na+-Rückresorption im Streifenstück der großen Speicheldrüsen des Mundraums zum Sekundärsekret.

Gangsystem: Bei einfachen Drüsen sind die Endstücke der Ausführungsgang. Bei zusammengesetzten Drüsen zeigt das komplexe Gangsystem einen intra- und extralobulären Ausführungsgang.

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A

⊙ A-2.15

2 Zytologie und Histologie – Grundlagen

Klassifizierung exokriner Drüsen

Kriterium Lage der Epithelien

Gestalt der Endstücke und des Ausführungsgangsystems

Unterteilung

Beispiel

intraepithelial

Becherzellen, Paneth-Körnerzellen

extraepithelial

Speicheldrüsen

tubulös

→ gerade

Darmkrypten

→ geknäult

Schweißdrüsen

→ verzweigt

Magendrüsen, Drüsen von Corpus und Cervix uteri

alveolär* azinös* tubuloalveolär

Art der Sekretion

Qualität des Sekrets



zusammengesetzt

Ohrspeicheldrüse, exokrines Pankreas Brustdrüse, Duftdrüse, Vorsteherdrüse

tubuloazinös

Glandula submandibularis, Glandula sublingualis

merokrin bzw. ekkrin

Speicheldrüsen

apokrin

laktierende Brustdrüse

holokrin

Talgdrüse

serös

Ohrspeicheldrüse, exokriner Pankreas

mukös

Becherzellen (Darmschleimhaut, respiratorisches Epithel)

gemischt

Glandula sublingualis, Glandula submandibularis

* einfache alveoläre und einfache azinöse Drüsen sind im menschlichen Körper nicht bekannt.

Unterscheidungskriterien exokriner Drüsen sind in Abb. A-2.15 zu sehen.

Zwischen den Drüsenläppchen befinden sich die interlobulären Ausführungsgänge, die ausschließlich dem Transport des Sekrets dienen. Unterscheidungskriterien exokriner Drüsen sind in Abb. A-2.15 zu sehen.

Sekrettransport: Er ist durch verschiedene Mechanismen gesichert.

Sekrettransport: Dieser ist mehrfach gesichert. Die Eigenkompression der Acinuszellen wird durch die Kontraktion der Myoepithelzellen unterstützt. Neugebildetes Sekret erzeugt einen Druck auf vorhandenes Sekret. Flüssiges Sekret transportiert zähflüssige Anteile, wobei die Peristaltik der großen Gangwände mitarbeitet.

2.2.2

2.2.2 Binde- und Fettgewebe

Binde- und Fettgewebe

Bindegewebe

Bindegewebe

Funktion: Es dient als Füll- und Verschiebegewebe, bildet das Stroma von Organen und ermöglicht passiven Stofftransport.

Funktion: Bindegewebe ist Füll- und Verschiebegewebe zwischen Organen. Es bildet Stroma als Baugerüst innerhalb eines Organs sowie Anteile der Basalmembran. Bindegewebe dient dem passiven Stofftransport und somit der Ernährung von Organen. Es ist regenerationsfreudig.

Allgemeiner Aufbau: Jede Bindegewebsart besteht aus fixen und freien Zellen sowie geformter und ungeformter extrazellulärer Matrix.

Allgemeiner Aufbau: Jede Bindegewebsart zeigt einen vergleichbaren Aufbau in fixe und freie, d. h. mobile Zellen. Beide stammen entwicklungsgeschichtlich vom Mesenchym ab. Zwischen den Zellen ist die Interzellularsubstanz als ungeformte extrazelluläre Matrix (Grundsubstanz) und als geformte Matrix (kollagene und elastische Fasern) entwickelt. Während beim Epithelgewebe (s. o.) die Zellen dicht an dicht liegen, sind beim Bindegewebe die Zellen durch die extrazelluläre Matrix deutlich getrennt.

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67

2.2 Das Gewebe

Bindegewebszellen

Bindegewebszellen

Ortsständige Bindegewebszellen: Dies ist zum einen der Fibroblast als aktive Zelle mit hoher Syntheseleistung für den Auf- und Abbau der extrazellulären Matrix (s. u.). Zum anderen ist der Fibrozyt zu nennen, der einer ruhenden Bindegewebszelle entspricht. Fibroblasten und Fibrozyten stellen sich lichtmikroskopisch als spindelige, fortsatzreiche Zellen dar.

Ortsständige Bindegewebszellen: sind Fibroblasten (aktive Form) und Fibrozyten (ruhende Zelle). Beide sind spindelförmig und fortsatzreich.

Freie Bindegewebszellen: Sie beteiligen sich an der unspezifischen und spezifischen Körperabwehr: ■ Histiozyten sind ortsständige Makrophagen, die als Monozyten (S. 174) aus dem Knochenmark über den Blutweg einwandern und sesshaft werden. ■ Freie Makrophagen bleiben mobil und sind stärker phagozytotisch tätig als Histiozyten. ■ Mastzellen enthalten basophile bzw. metachromatische Granula mit u. a. Heparin, Histamin, Serotonin sowie proteolytischen Enzymen wie Lysozym und Tryptase. An der Oberfläche exprimieren sie Rezeptoren, die IgE-Antikörper binden. Bei allergischen Reaktionen bindet das IgE-Antigen an den Antikörper. Dies löst die Degranulation von Mastzellen aus. Die Lebensdauer von Mastzellen beträgt Wochen bis Monate. ■ Leukozyten (S. 170), z. B. neutrophile, eosinophile und basophile Granulozyten sowie Lymphozyten und Plasmazellen, sind häufig als freie Bindegewebszellen anzutreffen.

Freie Bindegewebszellen: Dazu gehören Histiozyten, ■ Makrophagen, ■ Mastzellen und ■ Leukozyten (S. 170).

Extrazelluläre Matrix

Extrazelluläre Matrix

Geformte extrazelluläre Matrix: Die geformte extrazelluläre Matrix bildet ein dichtes Geflecht, in dem sich freie und fixe Bindegewebszellen befinden. Man unterscheidet nach alter Tradition drei Hauptfaserarten: ■ Kollagenfasern (s. u.), ■ retikuläre Fasern (s. u.) und ■ elastischen Fasern (S. 69). Kollagenfasern gehören zur häufigsten Faserart der geformten Matrix. Sie sind im Polarisationsmikroskop doppelbrechend (anisotrop), unverzweigt und haarlockenartig gewellt. Kollagenfasern sind zugfest, d. h. sie strecken sich unter Zugbelastung nur geringfügig. Die geringfügige Dehnungsreserve ergibt sich aus der Streckung und Parallelausrichtung gewellter und gekreuzter Fasern. Sind Kollagenfasern über längere Zeit entspannt, verkürzen sie sich. Kollagenfasern bestehen aus Kollagenfibrillen (Abb. A-2.16), die sich ihrerseits aus Mikrofibrillen zusammensetzen.

Geformte extrazelluläre Matrix: Sie bildet ein dichtes Geflecht aus ■ Kollagenfasern (s. u.), ■ retikulären Fasern (s. u.) und ■ elastischen Fasern (S. 69).

▶ Exkurs: Fibrillogenese. Das Bauelement ist das Kollagenmolekül, das als Superhelix auftritt und von drei helikalen α-Peptidketten gebildet wird. Die Fibrillenbildung beginnt mit der intrazellulären Synthese löslicher Prokollagenmoleküle in Sekretvesikeln und Exozytose des Prokollagens. Extrazelluläre Enzyme überführen Prokollagen durch kovalente Quervernetzungen in das unlösliche Tropokollagen (Superhelix mit hohem Gehalt der Aminosäuren Glycin, Prolin und Lysin). Dies zeigt auf ultrastruktureller Ebene eine charakteristische Querstreifung von hellen und dunklen Banden, jeweils 50–70 nm breit. Die Querstreifung ist durch parallel und gegenüber der Nachbarreihe versetzte α1- und α2-Tropokollagene gegeben. Die Anzahl der Tropokollagene bedingt die Dicke einer Mikrofibrille.



Kollagenfasern (Abb. A-2.16) als häufigste Faserart der geformten Matrix sind zugfest.

▶ Exkurs: Fibrillogenese.

68 ⊙ A-2.16

A

2 Zytologie und Histologie – Grundlagen

Extrazelluläre Matrix Hyaluronan

Glykosaminoglykane Proteinzentrum als „Core Protein“

Verankerungsproteine Proteoglykanmonomer

Proteoglykan-Hyaluronan-Aggregat

Kollagenfibrille

Hyaluronan als Zentralfilament

Geformte (Kollagenfibrillen) und ungeformte (Proteoglykankomplexe) extrazelluläre Matrix.

≡ A-2.8

Häufige Kollagentypen

Kollagen-Typ

mikroskopischer Aspekt

Vorkommen

I (häufigste Form)

Lichtmikroskop: dicke, gewellte Fasern

Dermis, Faszien, Sehnen, Sklera, Knochen, Dentin

II

Polarisationsmikroskop: feines Netzwerk aus Fibrillen (keine Fasern)

hyaliner Knorpel, elastischer Knorpel

III

Lichtmikroskop: feines Gitterfasernetz, argyrophil* durch Anlagerung von Silbersalzen an assoziierte Glykoproteine

Lamina fibroreticularis der Basalmembran, in Lunge, Leber, Lymphknoten, Milz, s. retikuläres Gewebe (S. 70)

IV

Mikrofibrillen (keine sichtbaren Fibrillen oder Fasern)

Basallamina

* gr.: argyros = Silber

Die 4 bekanntesten der 28 Kollagentypen sind in Tab. A-2.8 dargestellt. Retikuläre Fasern (≙ Kollagentyp III) sind nach Versilberung sichtbar. ▶ Klinik.

Abhängig von der Zusammensetzung der Polypeptidkette der Tropokollagene werden 28 Kollagentypen unterschieden, von denen die Typen I bis IV die bekanntesten sind (Tab. A-2.8). Retikuläre Fasern entsprechen weitgehend dem Kollagentyp III. Retikuläre Fasern werden durch Versilberung als Gitterfasernetz sichtbar. ▶ Klinik. Die Synthese des Kollagens kann an verschiedenen Stellen gestört sein, wobei je nach Defekt auch einzelne Kollagentypen betroffen sein können. Häufig liegt eine Erbkrankheit vor. Bei der Osteogenesis imperfecta (Glasknochenkrankheit) handelt es sich um verschiedene Mutationen der Aminosäure Glyzin mit fehlerhafter Synthese des Kollagentyps I. Bei diesem erblich bedingten genetischen Defekt drohen schon bei geringer Belastung Knochenbrüche. Beim Ehlers-Danlos-Syndrom sind verschiedene Schritte der Kollagensynthese gestört. Diese Erbkrankheit führt u. a. zu einer verminderten Bildung des Kollagentyps III. Auffällig ist die abnorme Beweglichkeit von Gelenken mit häufigen Luxationen sowie Rupturen von Arterien und überdehnbarer Haut. Eine nicht erblich, sondern durch Vitaminmangel bedingte Störung der Kollagensynthese ist Skorbut. Da die intrazelluläre Synthese des Prokollagens die Hydroxylierung von Teilen des Prolins und Lysins unter Gegenwart von Ascorbinsäure (Vitamin C) verlangt, führt chronischer Mangel an Vitamin C u. a. zu Zahnausfall, da der Zahnhalteapparat eine hohe Umsatzrate der Kollagenfasern hat und funktionell minderwertiges Kollagen gebildet wird.

A

69

2.2 Das Gewebe

Elastische Fasern als geformte Komponente der extrazellulären Matrix sind verzweigt, bilden Netze sowie gefensterte oder ungefensterte Membranen. Elastische Fasern sind zugelastisch und bis über 200 % reversibel dehnbar. Sie kommen überall zusammen mit Kollagenfasern vor. Herrschen elastische Fasern vor, ist das Gewebe gelblich, z. B. in der Aorta (S. 153). Elektronenmikroskopisch bestehen elastische Fasern aus Mikrofibrillen, u. a. aus Fibrillin, und aus Elastin, einer amorphen Matrix. ▶ Merke. Im Gegensatz zu kollagenen und retikulären Fasern zeigen elastische Fa-

▶ Merke.

sern keine Querstreifung. ▶ Klinik. Auch das Marfan-Syndrom ist eine Erbkrankheit und durch die abnorme

▶ Klinik.

Beweglichkeit der Gelenke ausgewiesen. Eine Wandschwäche der Aorta ascendens führt zur Bildung eines Aneurysmas (umschriebene Wandausbuchtung), und eine starke Kyphose (S. 248) der Wirbelsäule ist auffällig. Ursache ist eine Mutation des Proteins Fibrillin und damit die fehlerhafte Bildung elastischer Fasern. Ungeformte extrazelluläre Matrix: Diese entspricht lichtmikroskopisch einer amorphen Grundsubstanz mit drei biochemischen Bausteinen: ■ Glykosaminoglykane (GAGs) bestehen aus langen Disaccharidketten. Sie sind negativ geladen und binden viele Natriumionen, die ihrerseits Wassermoleküle anziehen. Somit sind die GAGs für den Wassergehalt des Bindegewebes verantwortlich. Die meisten GAGs sind sulfatiert und beziehen den Namen vom Gewebe der Erstentdeckung: Chondroitin-, Dermatan-, Heparan-, Keratansulfat von Knorpel, Dermis, Leber und Cornea. Hyaluronan, früher Hyaluronsäure, ist das einzige, nicht sulfatierte GAG und besteht aus bis zu 50 000 Disaccharid-Bausteinen. Hyaluronan (Hyaluronsäure) funktioniert wegen seiner hohen Wasserbindungskapazität wie ein nicht komprimierbares Gel. ■ Proteoglykane sind die quantitativ bedeutendste, strukturell und funktionell vielseitigste Gruppe der Grundsubstanz. Proteoglykane bestehen aus vielen Proteoglykan-Monomeren. Jedes Monomer besitzt ein Kernprotein, an dem GAGs verankert sind. Das nicht sulfatierte Hyaluronan verknüpft im Binde- und Knorpelgewebe Proteoglykanmoleküle zu Proteoglykan-Aggregaten (Abb. A-2.16). Der lokale Wasserspeicher füllt sich und die Widerstandsfähigkeit gegen Druckbelastung steigt. Weitere typische Vertreter der Proteoglykane mit sulfatierten GAGs sind Aggrecan mit Vorkommen im Knorpelgewebe, Dekorin („dekoriert“ Typ I und II Kollagenfibrillen), Perlecan in der Basalmembran und Versecan in der Gefäßwand. ■ Adhäsive Glykoproteine (Strukturproteine) vernetzen die geformten und ungeformten Komponenten der extrazellulären Matrix und verankern diese über Adhäsionsrezeptoren (Integrine) an der Zellmembran (Zell-Matrix-Beziehung). Wichtige adhäsive Glykoproteine der amorphen extrazellulären Matrix sind Fibronektin und Laminin.

Ungeformte extrazelluläre Matrix: Die 3 biochemischen Bausteine sind ■ Glykosaminoglykane (GAGs) aus langen Disaccharidketten sind sulfatiert (Dermatan-, Heparan-, Keratansulfat) oder nicht sulfatiert (Hyaluronan) und haben hohe Wasserbindungskapazität. ■ Proteoglykane aus Monomeren lagern sich mit GAGs zu Aggregaten zusammen (Abb. A-2.16).Vertreter der Proteoglykane mit sulfatierten GAGs sind Aggrecan (im Knorpelgewebe), Dekorin, Perlecan und Versecan. ■ Adhäsive Glykoproteine (Strukturproteine) der Matrix und deren Adhäsionsrezeptoren der Zelle ermöglichen die Zell-Matrix-Beziehung. Wichtige Vertreter sind Fibronektin und Laminin.

Basalmembran

Basalmembran

Die Basalmembran (Abb. A-2.17) ist eine teppichartige Schicht der extrazellulären Matrix, die Epithelien, Endothelien, Fettzellen, Muskelzellen und Gliazellen am Übergang zum Bindegewebe verankert. Man unterscheidet: ■ eine ultrastrukturell sichtbare Basallamina mit – Lamina rara (auch Lamina lucida, homogen und hell, direkt an der basalen Zellseite) und – Lamina densa (mäßig dunkel, Kollagen Typ IV, Laminin und Proteoglykan) sowie ■ die lichtmikroskopisch färbbare Lamina fibroreticularis mit retikulären Fasern (S. 68) und Fibronektin.

Basalmembran (Abb. A-2.17): ■ Basallamina und ■ Lamina fibroreticularis Basallamina: ■ Lamina rara und ■ Lamina densa

▶ Klinik. Die extrazelluläre Matrix wird durch Matrix-Metalloproteinasen, die ihren Namen aufgrund ihrer Aktivierung durch Metallionen tragen, ständig abgebaut (z. B. Kollagenase). Invasive Tumoren produzieren diese Matrix-abbauenden Proteasen und infiltrieren die Extrazellulärmatrix. In der ersten Phase des invasiven Wachstums zerstört das Karzinom (maligner epithelialer Tumor) die Basalmembran, während diese Phase beim Sarkom als nicht epithelialem Tumor entfällt.

▶ Klinik.

70 ⊙ A-2.17

A

2 Zytologie und Histologie – Grundlagen

⊙ A-2.17

Basalmembran Epithelzelle Lamina lucida mit Laminin

Basallamina

Lamina densa mit Kollagentyp 4 Ankerfibrillen

Lamina fibroreticularis

retikuläre Fasern mit Kollagentyp 3 Ankerfibrillen Proteoglykanaggregat

Ankerplatten mit Verankerungsproteinen

Arten des Bindegewebes

Arten des Bindegewebes

S. Abb. A-2.18. ■ Embryonales Bindegewebe besteht aus Mesenchymzellen (pluripotente Stammzellen) und einem hohen Anteil ungeformter extrazellulärer Matrix. ■ Gallertiges Bindegewebe, dessen Grundsubstanz (Wharton-Sulze) die hohe Wasserbindung von Hyaluronan widerspiegelt, kommt in der Nabelschnur (S. 122) vor. ■ Retikuläres Bindegewebe besteht aus Retikulumzellen, die retikuläre Fasern bilden. ■ Kollagenes Bindegewebe ist locker und straff. Das straffe kollagene Bindegewebe ist je nach Richtung des einwirkenden Zugs parallelfaserig oder verzweigt. ■ Elastisches Bindegewebe findet sich in der Wand der Aorta und dem Lig. flavum der Wirbelsäule.

Siehe Abb. A-2.18. ■ Embryonales Bindegewebe wird auch mesenchymales Bindegewebe oder Mesenchym genannt. Mesenchymzellen bilden über dünne Fortsätze ein dreidimensionales Netz, dessen Maschen reich an ungeformter extrazellulärer Matrix (s. o.) sind. Mesenchymzellen entsprechen pluripotenten Stammzellen, aus denen die Hauptzellen des Binde- und Stützgewebes sowie Muskel-, Endothel- und Mesothelzellen hervorgehen. ■ Gallertiges Bindegewebe ähnelt dem embryonalen Bindegewebe, ist jedoch unfähig, sich in Chondro- oder Osteoblasten zu differenzieren. Die gallertartige Grundsubstanz (Wharton-Sulze) mit hoher Wasserbindungskapazität ist angefüllt mit Hyaluronan, kollagene Fasern werden sichtbar. Das gallertige Bindegewebe kommt in der Nabelschnur (S. 122) vor. ■ Retikuläres Bindegewebe besteht aus Retikulumzellen in netzförmiger Anordnung, die retikuläre Fasern (Kollagentyp III) bilden und von ihnen umhüllt werden. In dem Fasergerüst von Knochenmark und sekundären lymphatischen Organen liegen Blutzellen. Retikuläre Fasernetze trifft man in Lunge und Leber. Bei lymphatischen Organen wie Milz, Thymus und Lymphknoten spricht man von retikulärem Gewebe. ■ Kollagenes Bindegewebe gliedert sich in ein – lockeres Bindegewebe, das dem interstitiellen Stroma aller epithelialen Organe entspricht, und in ein – straffes Bindegewebe. Letzteres ist parallelfasrig bei Zug in einer Richtung (Sehnen, Aponeurosen, Bändern) und geflechtartig bei Zug in verschiedenen Richtungen wie im Corium und der Sklera. ■ Elastisches Bindegewebe besteht aus dicken, sich verzweigenden elastischen Fasern, die parallel angeordnet und von einem zarten Netz kollagener Fasern mit Fibroblasten umsponnen sind. Elastisches Bindegewebe findet sich in der Aorta und dem Lig. flavum der Wirbelsäule.

▶ Klinik.

▶ Klinik. Entzündungen sind Abwehrvorgänge des Körpers auf Mikroorganismen,

Toxine und Noxen. Der Prozess spielt sich im Bindegewebe des betroffenen Organs (Stroma) ab. Entzündungsmediatoren wie Prostaglandine bewirken die Tonusminderung glatter Muskelzellen und damit eine Erweiterung der Blutgefäße (Vasodilatation) mit vermehrter Durchblutung. Infolge geöffneter Interzellularkontakte mit Durchtritt von Blutplasma zwischen Endothelzellen entwickelt sich ein Ödem (Wasseransammlung) im Gewebe. Neutrophile Granulozyten (S. 171) emigrieren aus der Blutbahn zum Ort der Entzündung (Chemotaxis) und phagozytieren Bakterien in der neutrophilen Phase. Monozyten folgen in der mononukleären Phase, um tote Zellen abzuräumen. Der Gewebedefekt wird durch Bildung eines kapillar- und fibroblastenreichen Bindegewebes gedeckt. Dieses Granulationsgewebe ist makroskopisch rötlich. Die Narbe steht am Ende der Reparatur. Sie ist arm an Kapillaren und weißlich.

A

⊙ A-2.18

Verschiedene Bindegewebsarten

a

b

d

e

a b c d e

71

2.2 Das Gewebe

c

Mesenchymales Bindegewebe. Gallertiges Bindegewebe. Lockeres kollagenes und elastisches Bindegewebe. Straffes parallelfaseriges kollagenes Bindegewebe (Längsschnitt). Elastisches Bindegewebe (Querschnitt).

Fettgewebe

Fettgewebe

Fettgewebe entwickelt sich aus dem Mesenchym. Präadipozyten differenzieren sich zu Adipozyten, die Lipide (Fette) in Form verschieden großer Lipidtropfen speichern. Jeder Adipozyt ist von einer Basallamina (S. 69) und einem retikulären Fasernetz umgeben. Fettgewebe ist gut kapillarisiert und wird durch lockeres kollagenes Bindegewebe septiert.

Fettgewebe ist mesenchymalen Ursprungs und gut kapillarisiert. Jeden Adipozyten umgibt eine Basallamina (S. 69) und retikuläre Fasern.

▶ Klinik. Bei der Adipositas sind der Lipidgehalt und die Anzahl der Adipozyten er-

▶ Klinik.

höht. Diese soll bereits im Säuglingsalter durch hochkalorische Ernährung festgelegt und eine Ursache für übergewichtige Kinder sein. Man unterscheidet zwei Formen des Fettgewebes:

Formen des Fettgewebes sind:

Weißes Fettgewebe: besteht aus Adipozyten mit je einem, bis zu 100 μm großen Fetttropfen. Jeder Lipidtropfen wird anstelle der Einheitsmembran von einer Phospholipidschicht umgeben. Da er mit fettlöslichen Medien herausgelöst wird, sieht der univakuoläre Adipozyt im Paraffinschnitt optisch leer aus und erinnert an eine Siegelringzelle (Siegelringstruktur). Weißes Fettgewebe funktioniert als Gewebepolster (Baufett), ist Energiespeicher (Speicherfett), Wärmeisolator (Isolierfett), bildet und speichert Leptin (Leptin, welches das Hungergefühl steuert, sowie weitere kürzlich entdeckte Fettgewebshormone (Adiponectin, Resistin, Visfatin und Hepcidin). Weißes Fettgewebe kann aus Vorläufermolekülen, den Androgenen, Östrogene synthesitiseren.

Weißes Fettgewebe: mit je einem großen Fetttropfen in Adipozyten (univakuolär im Paraffinschnitt mit Siegelringstruktur) dient als Bau-, Speicher- und Isolierfett und bildet Hormone (u. a. Leptin).

▶ Klinik. Zum Verbrauch von Baufett kommt es bei extremer Abmagerung (Kach-

▶ Klinik.

exie), wie sie z. B. bei fortgeschrittenem Tumorleiden infolge des malignombedingten erhöhten Energieverbrauchs auftritt. Dies wird u. a. sichtbar im Gesicht durch einen fehlenden Bichat-Fettpfropf (S. 1038). Zusammen mit dem gleichzeitigen Abbau von Muskelgewebe an den Extremitäten ergibt sich ein klinisch sehr charakteristisches Bild. Lipogenese und Lipolyse (Auf- und Abbau von Fettgewebe) sind bevorzugt hormonell gesteuert (durch Wirkung von Insulin, Adrenalin, Glukagon).

Sein Auf- und Abbau wird hormonell gesteuert (Insulin, Adrenalin, Glukagon).

72

A

▶ Klinik.

2 Zytologie und Histologie – Grundlagen

▶ Klinik. Lipome sind gutartige Tumoren univakuolärer Adipozyten. Sie treten häufig auf. Liposarkome als maligne Tumoren der Präadipozyten werden seltener diagnostiziert.

Braunes Fettgewebe: mit mehreren kleinen Lipidtropfen (plurivakuolär) und vielen Mitochondrien produziert Körperwärme.

Braunes Fettgewebe: hat seine makroskopisch erkennbare Farbe aufgrund seines hohen Gehalts an Mitochondrien. Die Adipozyten enthalten zahlreiche kleine Lipidtropfen (plurivakuolär). Mobilisiertes Fett wird nicht an den Organismus abgegeben, sondern bei unzureichender Aktivität der Skelettmuskulatur in Wärme verwandelt (wie bei Winterschläfern oder bei Säuglingen). Der Verbrennungsprozess ist sympathisch gesteuert.

2.2.3

2.2.3 Knorpelgewebe

Knorpelgewebe

Funktion: Es ist ein Stützgewebe und bildet die Anlage des Skeletts.

Funktion: Knorpel und Knochen bilden Stützgewebe des Körpers. Das knöcherne Skelett ist knorpelig angelegt. Knorpelgewebe ist frei von Nervenfasern. Knorpelgewebe ist druckelastisch und kann dadurch zum einen zwar Druck oder Zug nachgeben, nach Ende der Krafteinwirkung aber auch wieder in die vorherige Form zurückkehren und dient so dem Formerhalt.

Allgemeiner Aufbau: Knorpelgewebe besteht aus Knorpelzellen (Chondroblasten und -zyten) sowie geformter und ungeformter Matrix.

Allgemeiner Aufbau: Knorpelgewebe besteht aus Knorpelzellen (Chondroblasten, Chondrozyten als verschiedene Entwicklungsstadien) und Interzellularsubstanz mit geformter und ungeformter Matrix, deren unterschiedliche Zusammensetzung namengebend für die Arten von Knorpelgewebe ist. Begrenzt wird Knorpelgewebe mit Ausnahme des Gelenk- und Faserknorpels von Perichondrium (Knorpelhaut), das Knorpelgewebe bildet und unterhält. Perichondrium besteht aus einer inneren zellulären Schicht (Stratum cellulare) mit Vorläuferzellen (chondrogenen Zellen) und der äußeren bindegewebigen Schicht (Stratum fibrosum) mit Blut- und Lymphgefäßen sowie Nerven. Die Blutgefäße sind indirekt für die Ernährung des Knorpels zuständig, da er selbst avaskulär (gefäßlos) ist und über Diffusion mit Ionen, Bio- und Wassermolekülen versorgt wird. Gelenkknorpel ohne Perichondrium wird über die Gelenkflüssigkeit und ein subchondrales Gefäßnetz ernährt.

Die Knorpelhaut (Perichondrium) begrenzt, bildet und unterhält das Knorpelgewebe. Im Stratum cellulare liegen die chondrogenen Vorläuferzellen, das Stratum fibrosum enthält Blutgefäße, die über Diffusion der Ernährung des avaskulären Knorpels dienen.

Knorpelregeneration: Knorpelgewebe ist avaskulär und regeneriert sich schlecht. Formen des Knorpelwachstums sind ■ appositionell durch Mitosen im Stratum cellulare und ■ interstitiell durch Bildung von Interzellularsubstanz.

Klassifikation: 3 Arten (Abb. A-2.19): ■ hyaliner Knorpel, ■ elastischer Knorpel und ■ Faserknorpel.

⊙ A-2.19

Knorpelregeneration: Aufgrund der fehlenden Blutgefäße regeneriert sich Knorpelgewebe schlecht und unvollständig vom Perichondrium aus. Der Stoffwechsel ist herabgesetzt. Bezüglich des Knorpelwachstums unterscheidet man zwei Arten: ■ Um appositionelles Wachstum handelt es sich, wenn sich chondrogene Zellen des Stratum cellulare teilen und zu Chondroblasten differenzieren. ■ Von interstitiellem Wachstum spricht man, wenn Chondroblasten Interzellularsubstanz bilden und sich dadurch der interzellulare Abstand vergrößert. Klassifikation: Man unterscheidet drei Arten von Knorpelgewebe (Abb. A-2.19): hyaliner Knorpel, ■ elastischer Knorpel und ■ Faserknorpel. ■

Knorpelgewebe

a

b a Hyaliner Knorpel, b Elastischer Knorpel, c Faserknorpel.

c

A

73

2.2 Das Gewebe

Hyaliner Knorpel

Hyaliner Knorpel

Typisch sind kleine Gruppen basophiler Knorpelzellen, eingebettet in eine homogene Interzellularsubstanz.

Knorpelzellen

Knorpelzellen

Chondroblasten besitzen bläschenförmige Zellkerne mit Nukleoli, das Zytoplasma ist reich an gut entwickeltem, rauem endoplasmatischen Retikulum, großen GolgiFeldern, zahlreichen Mitochondrien und sekretorischen Vesikeln. Chondrozyten sind kleiner als Chondroblasten, haben weniger Zytoplasma und chromatindichte, dunkle Kerne. Zwei bis zehn Knorpelzellen treten als Zellkomplex auf. Da dieser durch Zellteilung aus einer Knorpelzelle entstanden ist, bezeichnet man den Zellkomplex als isogene Gruppe. Sie liegt in der Knorpelhöhle, umgeben von der Wand, der Knorpelkapsel. An sie schließt sich der Knorpelhof an, der wegen des hohen Gehaltes an Chondroitinsulfat, einem sulfatierten Glykosaminoglykan, und der Armut an kollagenen Fibrillen stark basophil ist. Die Knorpelhöhle mit den Chondrozyten, die Knorpelkapsel und den Knorpelhof fasst man unter dem Begriff Chondron (Territorium) zusammen. Territorien werden durch Interterritorien getrennt.

Chondroblasten und Chondrozyten sind wegen hoher Proteinsynthese basophil.

Interzellularsubstanz

Interzellularsubstanz

Die geformte extrazelluläre Matrix der Interterritorien entspricht kollagenen Fibrillen vorwiegend des Typs II. Sie legen sich nicht zu Fasern zusammen. Seltene Kollagentypen bilden das feine Netz der Knorpelkapsel, das die Chondrozyten vor mechanischem Stress schützt. Die geformte Matrix ist weniger entwickelt als die ungeformte. Die ungeformte extrazelluläre Matrix des hyalinen Knorpels besteht aus hochmolekularen GAGs (Chondroitin-4-Sulfat, Chondroitin-6-Sulfat, Keratansulfat), die Proteoglykan-Monomere wie das Aggrecan bilden. Viele Aggrecanmoleküle sind über das Bindungsprotein Hyaluronektin an das lange Hyaluronanmolekül gebunden. Es entsteht ein Proteoglykan-Hyaluronan-Aggregat als Riesenmolekül von 2–3 μm Länge. Dieses hat wegen seiner negativen Ladung und hoher Natriumbindung ein sehr hohes Wasserbindungsvermögen. Dadurch ist die Druck- und Biegeelastizität des hyalinen Knorpels gesichert. Da Proteoglykane mit kollagenen Fibrillen vernetzt sind und beide den gleichen Brechungsindex aufweisen, werden kollagene Fasern „maskiert“, das heißt, sie stellen sich mit einfachen histologischen Färbemethoden nicht dar. Man kann die Fibrillen durch polarisiertes Licht sichtbar machen, da sie sich optisch anisotrop verhalten und bei geeigneter Stellung der Fibrillen zwischen gekreuztem Polarisator und Analysator auf dunklem Grund hell aufleuchten. Eine weitere Komponente der ungeformten Matrix sind adhäsive Glykoproteine, zu denen Chondronektin gehört. Sie binden das o. g. Aggregat z. B. an Kollagenfibrillen.

Geformte Matrix des hyalinen Knorpels besteht aus Fibrillen des Kollagentyps II.

Anordnung der Fibrillen

Anordnung der Fibrillen

Sowohl hyaliner Knorpel mit Perichondrium als auch hyaliner Knorpel ohne Perichondrium zeigen einen arkadenförmigen Aufbau ihrer Fibrillen, unterscheiden sich jedoch in ihrem Vorkommen.

Hyaliner Knorpel mit Perichondrium: kommt in Nase, Kehlkopf, Trachea und Bronchien vor.

Territorien sind Chondrone mit isogenen Gruppen in Knorpelhöhlen, umgeben von Kapsel und Hof.

Ungeformte Matrix ist reich an sulfatierten GAGs. Sie bildet Proteoglykan-HyaluronanAggregate mit hoher Wasserbindungskapazität. Aufgrund des gleichen Brechungsindex der Proteoglykane und kollagenen Fibrillen sind letztere lichtmikroskopisch unauffällig (Maskierung).

Hyaliner Knorpel mit Perichondrium: bildet das Knorpelskelett von Nase, Kehlkopf, Trachea und Bronchien und kommt im Rippenknorpel vor. Hyaliner Knorpel ohne Perichondrium: überzieht als Gelenkknorpel artikulierende Flächen. Dieses Prinzip sichert die Gleitfähigkeit. Die kollagenen Fibrillen des Gelenkknorpels zeigen eine charakteristische arkadenförmige Anordnung: Sie verlaufen oberflächenparallel, biegen nach innen ab, durchziehen einander überkreuzend den Knorpel und gliedern sich wieder in die Kalkzone (s. u.) ein. Chondrone werden von den Fibrillen umschlossen und sind im Zentrum des Knorpelorgans mit der Längsachse senkrecht zur Oberfläche angeordnet. Die charakteristische Architektur der kollagenen Fibrillen mit den Chondrozyten ist als System für die Umwandlung von Druck in Zug verantwortlich, da die kollagenen Fibrillen in erster Linie zugfest sind und somit bei Druckbelastung die Formerhaltung des hyali-

Hyaliner Knorpel ohne Perichondrium: bildet den Gelenkknorpel. Zwischen arkadenförmig angeordneten Kollagenfibrillen liegen parallel ausgerichtete Knorpelzellen. Das System ist druckelastisch.

74 ⊙ A-2.20

A

2 Zytologie und Histologie – Grundlagen

⊙ A-2.20

Aufbau des hyalinen Gelenkknorpels

Verlaufsrichtung der Kollagenfasern ExtrazellulŠrmatrix Chondron

Tangentialfaserzone †bergangszone

RadiŠrzone

Grenzlinie (tide mark) Chondrozyten mineralisierte Knorpelmatrix BlutgefŠ§e, Knochenmark Osteozyten

Der Gelenkknorpel hat vier Zonen (Abb. A-2.20): ■ Tangentialzone, ■ Übergangszone, ■ Radiärzone, ■ Kalkzone.

▶ Klinik.

Mineralisationszone

subchondraler Knochen

nen Knorpels begrenzt zulassen. Nach Entlastung nimmt der Knorpel seine ursprüngliche Form an (Druckelastizität). Der Gelenkknorpel mit arkadenförmig verlaufenden kollagenen Fibrillen besteht aus vier Zonen (Abb. A-2.20): ■ Tangentialzone (vom Scheitel der Arkardenfasern gebildet), ■ Übergangszone, ■ Radiärzone (senkrecht verlaufende Arkardenfibrillen), ■ Kalkzone (der dem Knochen nahe verkalkte Knorpelbezirk). ▶ Klinik. Im Gelenkknorpel liegt an der Grenze zwischen Radiär- und Kalkzone die

Grenzlinie (engl.tide mark). Wird sie von der Kalkzone aus durchbrochen, entstehen degenerative Veränderungen des Gelenkknorpels (Arthrose). Die Grundsubstanz wird vermindert gebildet, die Wasserbindung nimmt ab und die kollagenen Fibrillen werden „demaskiert“, da der Brechungsindex zwischen geformter und ungeformter Matrix unterschiedlich wird. Sichtbare Fibrillen werden als „Asbestfasern“ bezeichnet, abgeleitet von dem stabilen Fasermineral aus Asbest, dem sie im Mikroskop ähneln.

Elastischer Knorpel

Elastischer Knorpel

Aufbau: Elastischer Knorpel ist zellreich und enthält elastische Fasernetze.

Aufbau: Der elastische Knorpel ist das zellreichste Knorpelgewebe mit den meisten Chondronen und einem wenig sichtbaren Knorpelhof. In der Interzellularsubstanz treten als geformte Elemente dichte Netze elastischer Fasern auf, die für die makroskopisch gelbe Farbe und auch für die hohe Druck- und Biegeelastizität verantwortlich sind.

Vorkommen: Ohrmuschel und -trompete, äußerer Gehörgang, Epiglottis.

Vorkommen: Elastischer Knorpel kommt in der Ohrmuschel, im äußeren Gehörgang, in der Ohrtrompete und in der Epiglottis vor.

Faserknorpel

Faserknorpel

▶ Synonym.

Aufbau: Den Hauptanteil bilden unmaskierte kollagene Fasern. Daneben gibt es wenig Chondrone mit schmalem azidophilen Knorpelhof und kein Perichondrium.

▶ Synonym. Bindegewebsknorpel

Aufbau: Faserknorpel erinnert entfernt an straffes kollagenes Bindegewebe. Er besitzt wenig Chondrone mit einem schmalen azidophilen Knorpelhof. Der Hauptanteil der Interzellularsubstanz besteht aus kollagenen,unmaskierten Faserbündeln, weil die amorphe Grundsubstanz spärlich entwickelt ist. Die kollagenen Fasern werden von Fibrozyten gebildet, die sich zu Chondrozyten umwandeln können. Ein Perichondrium fehlt.

2.2 Das Gewebe

75

Vorkommen: Faserknorpel findet man in den Menisci, den Gelenklippen, der Symphyse und im Anulus fibrosus der Zwischenwirbelscheiben mit bis zu 15 konzentrisch geschichteten Lamellen.

Vorkommen: Anulus fibrosus der Disci intervertebrales, Menisci, Symphyse, Gelenklippen.

2.2.4 Knochengewebe

2.2.4

Funktion: Knochengewebe und Dentin sind nach dem Zahnschmelz die härtesten Gewebe des menschlichen Organismus. Durch seinen spezifischen Aufbau hat Knochengewebe eine große Druck-, Zug-, Biege- und Verdrehungsfestigkeit. Gleichzeitig mit seinen mechanischen Aufgaben dient das Knochengewebe als Hauptkalziumspeicher: 99 % des Kalziums, das eine wichtige Schlüsselrolle bei zahlreichen biologischen Prozessen spielt, sind im Knochengewebe gebunden.

Funktion: Neben mechanischen Eigenschaften wie Druck-, Zug-, Biege- und Verdrehungsfestigkeit dient das Knochengewebe als Hauptkalziumspeicher des Körpers.

Allgemeiner Aufbau: Das Periost mit einem inneren Stratum osteogenicum (Kambiumschicht) und einem äußeren Stratum fibrosum liegt dem Knochen außen auf. Das Periost ist reich vaskularisiert und innerviert und damit schmerzempfindlich. Das Endost begrenzt Knochenkanäle und Spongiosabälkchen der Markhöhle. Makroskopisch ist an jedem Knochen die dicht strukturierte periphere Kortikalis bzw. Kompakta (im Bereich der Diaphyse) und die Spongiosa als Netzwerk aus Platten und Trabekeln (Bälkchen) zu unterscheiden. Die Spongiosa liegt im Inneren und enthält das Knochenmark in den Maschen des Trabekelnetzes. Zum Aufbau des Knochens (S. 221). Knochengewebe besteht als Stützgewebe aus Zellen und Knochengrundsubstanz (extrazellulärer Matrix bzw. Interzellularsubstanz).

Allgemeiner Aufbau: Das Periost als äußere Begrenzung besteht aus 2 Schichten (Stratum osteogenicum und -fibrosum). Das Endost grenzt die Markhöhle ab.

Bestandteile des Knochengewebes

Bestandteile des Knochengewebes

Knochenzellen

Knochenzellen

A

Man unterscheidet verschiedene Zelltypen: ■ Vorläufer-, Stamm- oder Progenitorzellen sind wenig differenzierte Mesenchymzellen mit hoher Proliferationsaktivität. Sie sind zeitlebens im Periost und Endost anzutreffen. ■ Osteoblasten (Abb. A-2.25b) sind meist epithelartig als kubische Zellen auf Knochenoberflächen angeordnet und apiko-basal für die getrennte Aufnahme und Sekretion von Substanzen der organischen Knochengrundsubstanz organisiert. Die Basophilie (S. 100) der Osteoblasten ist durch die hohe Proteinsynthese bedingt, wie im ultrastrukturellen Bild an großen Golgi-Feldern sowie viel rauem endoplasmatischen Retikulum zu beobachten ist. In der Ruhephase werden Osteoblasten zu langgestreckten, flachen so genannten „bone-lining-cells“. Osteoblasten sind Zellen des Auf- und Umbaus von Knochengewebe. Wenn sie sich durch das Ausscheiden unreifer, nicht mineralisierter Knochengrundsubstanz (Osteoid) einmauern, werden Osteoblasten zu Osteozyten. ■ Osteozyten sind vollständig von Knochensubstanz umschlossen und liegen in Knochenhöhlen (Lacunae osseae). Von den Osteozyten gehen zahlreiche Fortsätze aus, die in Knochenkanälchen (Canaliculi osseae) liegen und über „gap junctions“ bzw. Nexus (S. 56) verbunden sind. Osteozyten haben weniger Zellorganellen als Osteoblasten, sind jedoch prinzipiell zu der gleichen Syntheseleistung für den Erhalt der Knochengrundsubstanz fähig. Deswegen bilden Osteozyten die trophischen Zentren der Knochengrundsubstanz. ■ Bei Osteoklasten (Abb. A-2.25a) handelt es sich um vielkernige Riesenzellen (Durchmesser bis zu 100 μm und bis zu 100 Kerne), die durch Fusion eingewanderter Monozyten entstehen. Osteoklasten sind wegen ihres hohen Gehaltes an Mitochondrien und Lysosomen azidophil. Wie Osteoblasten liegen Osteoklasten der Knochengrundsubstanz an. Man findet sie als isolierte Zellen in randständigen Lakunen (Howship-Lakunen). Osteoklasten sind Zellen des Knochenab- und -umbaus. Das Zytoplasma aktiver Osteoklasten gliedert sich in eine apikale Zone mit starken Einfaltungen der Zellmembran und liegt der Knochensubstanz dicht an. Dieses Mikromilieu ist sauer durch die Exozytose lysosomaler Enzyme wie Cathepsin. Sie bewirken den Abbau der Matrix. Matrixfragmente werden über eine rezeptorgesteuerte Endozytose internalisiert und gelangen zur basalen Zone des Osteoklasten mit Nuclei, Vesikeln, Golgi-Feldern und Polyribosomen. Dieses sog. Kern- und Organellenfeld baut die Komponenten weiter ab und sezerniert sie in die Kapillaren.

Knochengewebe

Makroskopisch unterscheidet man Spongiosa und Kortikalis bzw. Kompakta, vgl. Aufbau des Knochens (S. 221).

Knochengewebe besteht als Stützgewebe aus Zellen und Knochengrundsubstanz.

Man unterscheidet verschiedene Zelltypen: Stammzellen siedeln im Periost und Endost.









Osteoblasten (Abb. A-2.25b) sind epithelartig, kubisch, apiko-basal orientiert, basophil wegen hoher Proteinsynthese. Sie bilden Osteoid und sind Zellen des Auf- und Umbaus.

Osteozyten liegen in Knochenhöhlen, die langen Fortsätze in Kanälchen. Als trophisches Zentrum erhalten die Osteozyten das Knochengewebe.

Osteoklasten (Abb. A-2.25a) entstehen durch Fusion von Monozyten und liegen in Howship-Lakunen. Der Osteoklast ist eine vielkernige Riesenzelle und baut Matrix an der apikalen Zone ab. Das Organellen- und Kernfeld liegt basal, baut phagozyierte Matrixfragmente ab und sezerniert sie basal.

76 ▶ Merke.

A

2 Zytologie und Histologie – Grundlagen

▶ Merke. Ein Osteoklast baut 10fach mehr Knochensubstanz ab als von einem Os-

teoblasten gebildet wird. Bei einer ausgeglichenen Bilanz zwischen Auf- und Abbau muss daher die Anzahl der Osteoblasten überwiegen.

Knochengrundsubstanz

Knochengrundsubstanz

Bezogen auf ihr Trockengewicht besteht sie aus:

Reife Knochengrundsubstanz besteht – bezogen auf ihr Trockengewicht – zu folgenden Anteilen aus:

anorganischer Matrix: (65 %) mit Hydroxylapathit und

anorganischer Matrix: (65 %), die neben anderen Mineralien hauptsächlich Hydroxylapatit enthält. Dies ist ein Komplexsalz, bestehend aus 50 % Phosphaten, 35 % Kalzium, 7 % Karbonaten und weiteren Mineralien. Weiterer Bestandteil ist die organische Matrix (35 %): Sie hat wie beim Knorpelgewebe eine ■ ungeformte Komponente mit Proteoglykanen und adhäsiven Glykoproteinen (hier Osteokalzin, Osteonektin, Osteopontin) sowie eine ■ geformte Komponente, zu der Fasern des Kollagentyps I gehören. Bezogen auf das Feuchtgewicht, wird bis zu 25 % Hydratationswasser von Proteoglykanen gebunden. Durch „Entkalken“ mit schwachen Säuren oder Komplexbildnern wird die anorganische Matrix entfernt und das Gewebe nach üblicher Einbettung schneidbar. Wird Knochengewebe durch höhere Temperaturen in Lösung mazeriert, d. h. die organische Matrix entfernt, verbleibt das anorganische Gerüst, welches in lichtdurchlässige dünne Scheiben geschliffen wird (Dünnschliffpräparate).

organischer Matrix: (35 %) mit ■ ungeformter – und ■ geformter Komponente (Kollagentyp I) Nach Entkalken der anorganischen Matrix ist Knochen schneidbar. Nach Mazeration der organischen Matrix werden Dünnschliffpräparate angefertigt.

Arten von Knochengewebe

Arten von Knochengewebe

Man unterscheidet (Abb. A-2.21): ■ Geflechtknochen und ■ Lamellenknochen

Man unterscheidet zwei Arten von Knochengewebe (Abb. A-2.21): ■ Geflechtknochen (unreifer primärer Knochen) und ■ Lamellenknochen (reifer sekundärer, biomechanisch stabiler Knochen).

⊙ A-2.21

⊙ A-2.21

Knochengewebe

a

b

a Geflechtknochen, b Lamellenknochen. mit Osteozyten und deren filigranen Fortsätzen.

Geflechtknochen ▶ Synonym.

Er bildet ein geflechtartiges, unregelmäßiges Grundgerüst mit relativ vielen Knochenzellen und „ungeordneten“ Kollagenfasern.

Geflechtknochen entsteht direkt aus Mesenchym (primärer Knochen) und ist im ausgereiften menschlichen Skelett nur vereinzelt zu finden.

Geflechtknochen ▶ Synonym. Primärer Knochen

Er bildet ein geflechtartig angeordnetes Knochengrundgerüst unregelmäßigen Baus mit relativ vielen Knochenzellen. Die Grundsubstanz ist weniger mineralisiert und weist einen höheren Wassergehalt als der Lamellenknochen (s. u.) auf. Deswegen ist Geflechtknochen biege- und zugfest. Die kollagenen Fasern der geformten Matrix haben keine bevorzugte Verlaufsrichtung wie beim Lamellenknochen. Geflechtknochen wird auch als primärer Knochen bezeichnet, weil er in der Fetalperiode aus mesenchymalem Bindegewebe und während des Knochenwachstums aus dem Periost durch desmale Ossifikation (S. 79) entsteht. Im ausgereiften menschlichen Skelett findet sich Geflechtknochen in den Schädelnähten, im Labyrinth der Pars petrosa des Os temporale sowie in der Alveolarwand von Oberund Unterkiefer.

A

▶ Klinik. Beim Knochenbruch (Fraktur) wird der Defekt zunächst durch ein fibrokartilaginäres Gewebe gedeckt. Innerhalb von Wochen entsteht eine „wulstige Narbe“ aus Geflechtknochen. Dieser Kallus wird im Verlauf von Monaten zur ursprünglichen Form mit Lamellenknochen zurückgebaut. Bei Defektheilung entsteht eine Pseudoarthrose, d. h. Bildung eines „falschen“ Gelenks. Symptome sind abnorme Beweglichkeit und Schmerzen unter Belastung.

Lamellenknochen

▶ Klinik.

Lamellenknochen ▶ Synonym.

▶ Synonym. Sekundärer Knochen

Dieser sekundäre Knochen entsteht nach Abbau von Geflechtknochen und ist den jeweiligen Funktionsanforderungen optimal angepasst. Er besteht aus sich regelmäßig wiederholenden Bauelementen (Abb. A-2.22). Grundbaustein des Lamellenknochens ist das zylindrisch gebaute Osteon (Havers-System), in dessen Zentrum ein Havers-Kanal mit dem Havers-Blutgefäß und begleitenden Nervenfasern liegt. Den Havers-Kanal umgeben 4 bis 20 konzentrisch angeordnete Lamellen (Speziallamellen), in denen Spiralen parallel gelagerter kollagener Fasern des Typs I mit einem schrägen Steigungswinkel verlaufen. In benachbarten Lamellen verläuft der Steigungswinkel kollagener Fasern meist im rechten Winkel und gegenläufig zueinander. Wenige Fasern treten in benachbarte Lamellen über. Zwischen den Lamellen und auch in den Lamellen liegen Osteozyten (s. o.) in Knochenhöhlen und kontaktieren sich über lange Fortsätze in Knochenkanälchen unter Ausbildung von Gap Junctions. Zwischen der Wand eines Knochenkanälchens und dem Fortsatz der Osteozyten befindet sich ein perizellulärer Spalt für die Diffusion gelöster Substanzen und somit die Ernährung der Knochengrundsubstanz. Jedes Osteon wird durch die faserarme Kittlinie (Linea cementalis) nach außen abgeschlossen. In der Diaphyse von Röhrenknochen werden die Osteone der Kompakta von stets mehr äußeren als inneren Generallamellen umfasst. Innere Grundlamellen bilden häufig keine vollständigen Lamellen, sondern gehen in Spongiosabälkchen über. Spongiosa und Kompakta des voll entwickelten Knochens sind lamellär organisiert.

⊙ A-2.22

77

2.2 Das Gewebe

Dieser sekundäre Knochen besteht aus sich regelmäßig wiederholenden Elementen (Abb. A-2.22). Grundbaustein ist das Osteon (Havers-System) mit Havers-Kanal und Havers-Blutgefäß. Das System wird gebildet durch Speziallamellen aus kollagenen Fasern des Typs I und Osteozyten mit langen Fortsätzen in Knochenkanälchen. Sie sind umgeben von einem perizellulären Spalt. Nach außen abgeschlossen wird jedes Osteon durch eine Kittlinie.

Äußere und innere Generallamellen begrenzen die Kompakta der Röhrenknochen.

Organisation des Lamellenknochens Schematische Darstellung am Beispiel der Kompakta eines Röhrenknochens.

Osteon Kitt-Linie (äußere OsteonBegrenzung)

Schaltlamelle

Osteon (konzentrisch angelegtes Lamellensystem) innere Generallamelle

äußere Generallamelle Havers-Gefäß im Havers-Kanal schraubenförmig verlaufende Kollagenfasern Foramen nutricium VolkmannKanal A. u. V. nutricia Periost

Lamellen

Havers-Kanal Osteozyten mit Gefäß mit Fortsätzen Spongiosa

Kompakta

Osteon

Stratum fibrosum

Sharpey-Fasern

Osteoblasten der Kambiumschicht

Osteozyten Periost

Kompakta

(Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

78

A

Vaskularisierung

Vaskularisierung

Lamellenknochen: ist stark vaskularisiert. Havers- und Volkmann-Gefäße sind geordnet ausgerichtet.

Lamellenknochen: ist stark vaskularisiert und wird von einem geordneten System von Blutgefäßen durchzogen: Havers-Gefäße verlaufen vertikal im Zentrum der Osteone, während die Volkmann-Gefäße im rechten Winkel auf die Havers-Gefäße zulaufen und vom Periost ausgehen. Volkmann-Gefäße liegen in den Volkmann-Kanälen (Canales perforantes). Osteozytenfortsätze erreichen die Blutgefäße eines Osteons. Bei der Spongiosa sind avaskuläre Lamellen flächig und parallel zur Oberfläche der Trabekel angeordnet. In der Kompakta sind typische Osteone mit Havers-Kanal zu finden.

Geflechtknochen: fehlt die geordnete Vaskularisierung.

Geflechtknochen: fehlt die regelmäßige Anordnung der versorgenden Blutgefäße.

Knochenumbau

Knochenumbau

Der ständige Umbau des Knochens ist Ausdruck der biologischen Plastizität.

Periost und Endost ermöglichen jederzeit Umbau- und Reparaturprozesse, weil sie Vorläuferzellen enthalten, die Osteoblasten bilden. Der Umbau der Osteone erfolgt ständig wegen wechselnder Belastung des Knochenskeletts (biologische Plastizität) und insbesondere bei der Reparatur von Frakturen. Reste von Speziallamellen abgebauter Osteone nennt man Schaltlamellen. Beim „Neubau“ entstehen zunächst von Osteoklasten gebohrte Knochenkanäle, in die Blutgefäße einwachsen. Die Wand der jungen Kanäle wird schichtweise durch abgelagerte Lamellen aufgebaut. Der Wechsel von Osteonen mit Speziallamellen und Kittlinien sowie Schaltlamellen ergibt einen charakteristischen Bau (Breccienbau; Brecciengestein besteht aus kantigen Trümmern).

Schaltlamellen sind Reste abgebauter Osteone.

▶ Klinik.

2 Zytologie und Histologie – Grundlagen

▶ Klinik. Jährlich wird 10 % des Knochengewebes umgebaut, deutlich mehr von der

Spongiosa im Vergleich zur Kompakta. Mechanische Belastung aktiviert Osteoblasten und bilanziert dadurch das Gleichgewicht zwischen Auf- und Abbau, weswegen lange Bettlägerigkeit zum Knochenabbau führt. Die Bewegungsarmut bei älteren Menschen hat einen verstärkten Knochenabbau zur Folge (Osteoporose). Da dies mehr die Spongiosa als die Kompakta betrifft, treten bevorzugt Frakturen in spongiösem Knochen wie Wirbelkörper und Femurhals auf. Hormone der Nebenschilddrüse, Schilddrüse, der Nebennierenrinde und der Gonaden beeinflussen gleichfalls den Knochenumbau. Da Östrogene die Bildung von Osteoklasten hemmen sollen, kann Östrogenmangel bei Frauen nach der Menopause eine Ursache der Osteoporose sein.

Entwicklung ▶ Merke.

Entwicklung ▶ Merke. Nach neuer Terminologie entspricht die Bildung von Knochengewebe der

Ossifikation, die Bildung eines Knochens der Osteogenese. Osteoblasten bilden Osteoid, das mineralisiert. Die desmale Osteogenese verläuft direkt, die chondrale Osteogenese über ein Knorpelmodell.

▶ Klinik.

Jede Ossifikation zeigt denselben Verlauf: Osteoblasten bilden Osteoid, das mineralisiert. Bei Neubildung von Knochengewebe bildet sich über Geflechtknochen zunächst Lamellenknochen, bei Umbau wird Lamellenknochen direkt entwickelt. Ein Knochen entsteht auf zweierlei Weise, entweder „desmal“ oder „chondral“: ■ Bei der desmalen Osteogenese wandelt sich Mesenchym in Geflechtknochen ohne Umwege um. ■ Bei der chondralen Osteogenese bilden Knorpelmodelle das knorpelige Primordialskelett, das sekundär verknöchert. ▶ Klinik. Vitamin D fördert die Kalzium-Resorption im Darm und die ausreichende Mineralisation der Knorpelmatrix. Vitamin-D-Mangel bedingt die Erweichung der Knochengrundsubstanz und Deformierungen des Knochenskeletts (Rachitis). Rachitis ist eine Form der Knochenerweichung mit generalisierter Skelettdeformierung (Osteomalazie).

A

79

2.2 Das Gewebe

Desmale Osteogenese

Desmale Osteogenese

Vorkommen: Die entwicklungsgeschichtlich jungen Knochen wie einige Knochen der Schädelkalotte, Teile der Mandibula und der Klavikula entstehen durch desmale Osteogenese und werden – abgesehen von den o. g. Stellen – bis zum 10. Lebensjahr vollständig durch Lamellenknochen ersetzt.

Vorkommen: Schädelkalotte, Mandibula und Klavikula entstehen durch desmale Osteogenese und werden durch Lamellenknochen ersetzt.

Mechanismus: Während der Embryonalzeit verdichten sich in Knochenanlagen Mesenchymzellen inselartig zu Vorläuferzellen. Sie entwickeln sich zu Osteoblasten und beginnen mit der Synthese von Osteoid, der organischen Extrazellulärmatrix (S. 67). Dabei mauern sich Osteoblasten ein und werden zu Osteozyten. Die entstehenden Osteoidspangen verkalken zu Knochenspangen und bilden schließlich ein aus Bälkchen bestehendes Knochengerüst. Diesem sitzen außen Osteoblasten und auch Osteoklasten in Howship-Lakunen auf. In die Bindegewebsräume des Knochengebälks wachsen Blutgefäße mit Stammzellen unterschiedlicher Differenzierungspotenz. Osteoblasten bilden neues Knochengewebe angelagert an bereits bestehende Knochensubstanz (appositionelles Wachstum). Schließlich verlaufen die Blutgefäße des Geflechtknochens in Knochenkanälen.

Mechanismus: Bei der desmalen Osteogenese ist die Knochenanlage mesenchymal. Osteoidspangen verknöchern zum Knochengerüst.

Chondrale Osteogenese

Chondrale Osteogenese

Neues Knochengewebe lagert sich an alte Substanz an.

(Abb. A-2.23) Vorkommen: Die meisten Knochen entstehen chondral. Platte Knorpelmodelle nehmen nur den Weg der enchondralen Verknöcherung (s. u.). In zukünftigen Röhrenknochen findet chondrale Ossifikation an zwei Orten statt: ■ in der Diaphyse zweiphasig, ■ in der Epiphyse einphasig.

⊙ A-2.23

⊙ A-2.23

Chondrale Osteogenese eines Röhrenknochens

Hyalines Modell eines Röhrenknochens

Ossifikation perichondral: perichondrale Knochenmanschette und Einsprossen der Blutgefäße im Bereich der Diaphyse

Ossifikation enchondral

Ruhezone Proliferationszone mit Säulenknorpel

Resorptionszone mit Blasenknorpel Eröffnungszone

Vaskularisierung der Epiphyse mit enchondraler Ossifikation, den späteren Gelenkknorpel ausgenommen

Vorkommen: Die meisten Knochen entstehen chondral. Bei zukünftigen Röhrenknochen läuft die Ossifikation an der Diaphyse zweiphasig, an der Epiphyse einphasig ab.

enchondrale Ossifikation im Bereich der Epiphysenfuge

80 ⊙ A-2.24

A

2 Zytologie und Histologie – Grundlagen

Ossifikation a Perichondral (Pfeil). b Enchondral (Pfeil).

a

⊙ A-2.25

b

Enchondrale Ossifikation an der Epiphysenfuge a Osteoklast (→) in der Eröffnungszone, b Osteoblasten (→) in der Verknöcherungszone.

a

b

Diaphyse: Der Ablauf ist hier zweiphasig (Abb. A-2.24): 1. Die perichondrale Ossifikation führt zur Bildung einer Knochenmanschette (primärer Knochenkern). Dadurch verschlechtert sich die Stoffwechsellage, es kommt zum Blasenknorpel. 2. Die enchondrale Ossifikation setzt mit der durch Hypoxie beginnenden Vaskularisierung des Knorpels ein und schreitet distal- und proximalwärts fort. Hierbei handelt es sich um ein interstitielles Wachstum.

Diaphyse: Hier verläuft die Ossifikation in zwei Phasen (Abb. A-2.24): ■ Die perichondrale Ossifikation verläuft wie die desmale Osteogenese. Sie geht von der Wand der Knochenanlage (Knorpelmodell) aus: Das Perichondrium wird zum Periost, indem sich über die desmale bzw. perichondrale Ossifikation eine perichondrale Knochenmanschette als primäres Ossifikationszentrum bildet (primärer Knochenkern). Die Knochenmanschette verschlechtert die Stoffwechselverhältnisse im Knorpelinneren, sodass Knorpelzellen hypertrophieren und blasig degenerieren (Blasenknorpel) und in der Extrazellulärmatrix Kalksalze eingelagert werden. Die Hypoxie leitet die zweite Phase ein. ■ Bei der enchondralen Ossifikation wird Knorpelgewebe über das spätere Foramen nutricium vaskularisiert, wobei Vorläuferzellen in das Innere des Knorpels einwandern und sich in Chondroblasten und andere spezifische Zellen transformieren. Chondroklasten beginnen mit der Eröffnung der Knorpelhöhlen und dem Abbau der Extrazellulärmatrix, die den Osteoblasten als Matrize für den proximalund distalwärts fortschreitenden Knochenanbau dienen. Als Ergebnis des Wechselspiels von Auf- und Abbau der Knochenbälkchen bildet sich die primäre Markhöhle mit Mesenchymzellen und Blutgefäßen. Wenn ab dem 5. Fetalmonat die Blutbildung einsetzt, spricht man von der sekundären Markhöhle. Im Gegensatz zur desmalen Ossifikation mit appositionellem Wachstum handelt es sich bei der enchondralen Ossifikation um interstitielles Wachstum, bei dem die Osteoblasten sich mit Knochengrundsubstanz umgeben.

Epiphysenanlage: Die enchondrale Ossifikation der fetal vaskularisierten Epiphysenanlage (einphasig) verläuft zentrifugal vom sog. sekundären Ossifikationszentrum (sekundären Knochenkern) aus.

Epiphysenanlage: Zeitlich versetzt zu den beschriebenen Vorgängen in der Diaphyse ist im Bereich der Epiphysen eine ausschließlich enchondrale Ossifikation zu beobachten, die damit einphasig ist. In der fetal vaskularisierten Epiphysenanlage entstehen sekundäre Ossifikationszentren (sekundäre Knochenkerne), von denen aus die Ossifikation zentrifugal fortschreitet. Der spätere Gelenkknorpel und die Epiphysenfuge (Wachstumplatte), die zwischen Epi- und Diaphyse gelegen ist, bleiben ausgenommen.

▶ Klinik.

▶ Klinik. Bei der Chondrodystrophie handelt es sich um eine Erbkrankeit mit gestörter enchondraler Ossifikation. Während das Dickenwachstum der Röhrenknochen geordnet abläuft, ist das Längenwachstum gestört. Die Betroffenen leiden unter einem disproportionierten Zwergwuchs.

A

81

2.2 Das Gewebe

Längen- und Breitenwachstum

Längen- und Breitenwachstum

Das pränatale Längenwachstum der Diaphyse korreliert mit dem Fortschreiten der enchondralen Ossifikation von der Mitte der Diaphyse jeweils proximal- und distalwärts. Das postnatale Längenwachstum ist möglich, solange die Epiphysenfuge „offen“ ist. Proliferierende Knorpelzellen vermehren sich mit gleicher Geschwindigkeit in Richtung Epiphyse, wie Knochengewebe von der Diaphyse aus nachschiebt. Daraus ergeben sich typische Zonen der Epiphysenfuge (Tab. A-2.9). Das Längenwachstum ist beendet, wenn Knorpelzellen der Epiphysenfuge ihre Proliferation einstellen (geschlossene Epiphysenfuge). Dies ist normalerweise durch steigenden Spiegel der Sexualhormone mit Einsetzen der Pubertät bedingt.

Pränatal erfolgt das Längenwachstum von der Diaphyse Richtung Ephiphyse, postnatal und bis zur Pubertät über eine offene Epiphysenfuge.

▶ Klinik. Gelenknahe Frakturen im Kindesalter können die Epiphysenfuge verletzen und dadurch das Wachstum des betreffenden Knochens vorzeitig zum Stillstand bringen.

Das Dickenwachstum ist über das Periost lebenslang möglich.

≡ A-2.9

Zonen der enchondralen Ossifikation in der Epiphysenfuge

Zone

Merkmale

Proliferationszone als Zone des Säulen- und Reihenknorpels Resorptionszone als hypertrophe Zone des Blasenknorpels Eröffnungszone als Einbruchzone Ossifikationszone als Umbau- und Verknöcherungszone unmittelbar an Diaphyse



längs gerichtete Säulen aus Chondrozyten und Chondroblasten mit extrazellulärer Matrix



zahlreiche Mitosen



blasig veränderte Chondrozyten von unregelmäßiger Anordnung



Eröffnung der Knorpelhöhlen und Abbau der Matrix



Abbau von Knorpelgewebe



Neu- und Umbau von Knochenbälkchen



primäre Markhöhle mit Stammzellen



sekundäre Markhöhle mit Blutbildung

▶ Klinik.

Dickenwachstum erfolgt über das Periost.

≡ A-2.9

2.2.5 Muskelgewebe

2.2.5

Die spezielle Eigenschaft des Muskelgewebes ist seine Kontraktilität, d. h. die Fähigkeit zur Verkürzung, die besondere Voraussetzungen im Aufbau der einzelnen Muskelzelle (= Muskelfaser) erfordert.

Die spezielle Eigenschaft des Muskelgewebes ist seine Kontraktilität durch besonderen Aufbau der Muskelzelle.

Allgemeiner Aufbau: Charakteristisch für Muskelzellen ist die Bildung von Myofibrillen aus elektronenmikroskopisch sichtbaren, parallel angeordneten Myofilamenten. Letztere bestehen hauptsächlich aus kontraktilen Proteinen, dem Aktin und Myosin. Man bezeichnet aufgrund ihres Umfangs die ■ Aktinfilamente (S. 51) als dünne Filamente (6 nm), die ■ Myosinfilamente (S. 51) als dicke Filamente (15 nm). Ihre Interaktion ermöglicht in Anwesenheit von ausreichend intrazellulärem Kalzium die Kontraktion der Muskelzelle. Außen wird jede Muskelzelle von einer Basallamina mit anliegender Gitterfaserhülle umgeben. Beide zusammen bilden das Endomysium. Da sich die in Bezug auf Muskelzellen verwendeten Begriffe von den allgemeinen Bezeichnungen zytologischer Strukturen unterscheidet, gibt Tab. A-2.10 einen Überblick über die gängige Nomenklatur.

Allgemeiner Aufbau: Myofibrillen bestehen aus Myofilamenten: Man unterscheidet ■ dünne Aktinfilamente und ■ dicke Myosinfilamente.

≡ A-2.10

Nomenklatur für Strukturen der Muskelzelle

zytologische Sruktur

Bedeutung

Sarkoplasma

Zytoplasma ohne Myofilamente

Sarkolemm

Plasmalemm der Muskelzelle (ohne Basallamina und ihr anliegende retikuläre Fasern)

Sarkosomen

Mitochondrien

sarkoplasmatisches Retikulum

glattes endoplasmatisches Retikulum

Muskelgewebe

Muskelzellen sind umgeben vom Endomysium aus Basallamina und Gitterfaserhülle. Zur speziellen zytologischen Nomenklatur s. Tab. A-2.10.

≡ A-2.10

82

A

Entwicklung: Außer den inneren Augenmuskeln stammt Muskulatur aus dem Mesoderm (S. 109). Einteilung (s. a. Tab. A-2.12): ■ quergestreifte Skelettmuskulatur (s. u.), ■ quergestreifte Herzmuskulatur (S. 87) und ■ glatte Muskulatur (S. 89). Nur unter morphologischen Gesichtspunkten (Querstreifung im LM und EM) fasst man Skelett- und Herzmuskulatur zusammen.

Entwicklung: Muskelgewebe bzw. Muskulatur entwickelt sich aus dem Mesoderm (S. 109), mit Ausnahme der inneren Augenmuskeln, die ektodermaler Herkunft sind. Einteilung: Drei Arten von Muskelgewebe werden unterschieden (s. a. Tab. A-2.12): ■ quergestreifte Skelettmuskulatur (s. u.), ■ quergestreifte Herzmuskulatur (S. 87) und ■ glatte Muskulatur (S. 89). Die Zusammenfassung der Skelett- und Herzmuskulatur als quergestreifte Muskulatur beruht auf ihrer licht- und elektronenmikroskopisch als typische Querstreifung erkennbaren strengen Anordnung der Aktin- und Myosinfilamente. Diese ist bei Zellen der glatten Muskulatur nicht gegeben. Daraus wird ersichtlich, dass der Unterscheidung in glatte und quergestreifte Muskulatur lediglich morphologische Eigenschaften zugrunde liegen. Unter funktionellen Gesichtspunkten unterscheidet sich die meist willkürlich steuerbare Skelettmuskulatur in vielen Eigenschaften von der nicht willentlich beeinflussbaren Herzmuskulatur. Die Kontraktion glatter Muskulatur, die außer im Herzen die Wand von Hohlorganen bildet, wird ebenfalls unwillkürlich gesteuert.

Funktionell unterscheiden sie sich in vielen Eigenschaften: Skelettmuskulatur ist meist willkürlich steuerbar, Herzmuskulatur wie auch glatte Muskulatur dagegen nicht. ▶ Klinik.

2 Zytologie und Histologie – Grundlagen

▶ Klinik. Bei Tumoren, die vom Muskelgewebe ausgehen, unterscheidet man gutartige Myome und bösartige Myosarkome danach, ob sie in quergestreifter oder glatter Muskulatur entstehen: Die Vorsilbe Rhabdo- (gr.: Stab) steht vor Weichteiltumoren der quergestreiften Muskulatur wie z. B. dem seltenen Rhabdomyosarkom. Leio- (gr.: glatt, sanft) bezeichnet Geschwulste, die sich in der glatten Muskulatur bilden wie z. B. das relativ häufige Uterus(leio)myom.

Skelettmuskulatur

Skelettmuskulatur

Die quergestreifte Muskulatur des Bewegungssystems heißt Skelettmuskulatur.

Die quergestreifte Muskulatur des Bewegungssystems heißt Skelettmuskulatur, weil die meisten Muskeln am Skelett entspringen und ansetzen. Ausnahmen sind Skelettmuskeln der Zunge, des Kehlkopfes, des Rachens und der oberen Speiseröhre.

Aufbau der Skelettmuskelfaser

Aufbau der Skelettmuskelfaser

Skelettmuskulatur ist aus vielkernigen Muskelfasern (bis zu 20 cm lang) aufgebaut. Jede dieser Muskelfasern ist ein Synzytium mit unter dem Sarkolemm liegenden Kernen (Abb. A-2.26).

Skelettmuskulatur besteht aus lang gestreckten, vielkernigen Riesenzellen, den Skelettmuskelfasern. Sie haben einen Durchmesser von 10–100 μm und können bis zu 20 cm lang werden. Die Vielkernigkeit kommt in der Embryonalentwicklung durch die Verschmelzung einkerniger Myoblasten zustande. Es entsteht ein Synzytium mit bis ca. 60 Zellkernen pro mm Sarkolemm, welche durch die Myofilamente an den Rand gedrängt sind und dicht unter dem Sarkolemm liegen (Abb. A-2.26). An der ausgereiften Skelettmuskelfaser persistieren zwischen Sarkolemm und Basallamina Zellen mit Myoblastenpotenz (Satellitenzellen). Satellitenzellen sind Vorläuferzellen in der Ontogenese, bleiben lebenslang teilungsfähig und sind für die Regeneration atrophischer und verletzter Fasern verantwortlich. Wenn proliferierende Satellitenzellen (Myoblasten) unvollständig fusionieren, entstehen verzweigte Fasern als scheinbar hyperplastische Fasern. Die Proliferationskapazität nimmt mit dem Alter ab. „Vergreiste“ Satellitenzellen treten bei Muskelerkrankungen wie dem Duchenne-Aran-Syndrom im jungen Lebensalter auf. Eine Muskelfaser enthält mehr als 1000 Sarkomere (s. u.).

Neue Muskelfasern werden von Satellitenzellen gebildet.

⊙ A-2.26

⊙ A-2.26

a

Skelettmuskulatur

b

a Skelettmuskelfasern im Querschnitt mit Querstreifung b und im Querschnitt.

A

83

2.2 Das Gewebe

Anordnung der Filamente: Die oben erwähnte typische Querstreifung erscheint im Polarisationsmikroskop durch Periodizität unterschiedlich aufleuchtender Banden, deren Bezeichnung als isotroper I-Streifen und anisotroper A-Streifen auf die im Lichtmikroskop sichtbaren Streifen des gefärbten Längsschnitt-Präparats übertragbar ist (Abb. A-2.27a). Bei guter Schnittqualität kann man im ultrastrukurellen Bild niedriger Auflösung auf lichtmikroskopischer Ebene einen regelmäßigen Wechsel sehen zwischen ■ dunklem A-Streifen mit mittig gelegenem H-Streifen und ■ hellem I-Streifen, der symmetrisch durch den Z-Streifen geteilt wird. ▶ Merke. Der Abschnitt zwischen zwei Z-Streifen entspricht einem 2,5–3 μm langen

Anordnung der Filamente: Die Querstreifung erscheint im Polarisationsmikroskop durch Periodizität von I- und A-Streifen (Abb. A-2.27a). Im Lichtmikroskop sieht man dunkle A-Streifen mit H-Streifen und ■ helle I-Streifen, unterteilt durch den ZStreifen. ■

▶ Merke.

Sarkomer. Im ultrastrukturellen Bild hoher Auflösung kann man den Streifen eine charakteristische Anordnung der Filamente zuordnen (Abb. A-2.27b, Abb. A-2.27c): ■ A-Streifen: Hier finden sich parallel ausgerichtete Myosinfilamente, die an beiden äußeren Dritteln eines A-Streifens „Myosin-Köpfchen“ besitzen. Dort ragen je nach Kontraktionszustand Aktinfilamente unterschiedlich weit zwischen die Myosinfilamente hinein, sodass sich an beiden Seiten des A-Streifens dicke Myosin- und dünne Aktinfilamente überlappen. Der dazwischenliegende Bereich ohne Überlappung bildet den helleren H-Streifen, der somit nur aus Myosinfilamenten

⊙ A-2.27

Sarkomer auf verschiedenen Ebenen I-Streifen

A-Streifen

a Lichtmikroskopische Struktur, b Ultrastruktur, c Molekülstruktur.

I-Streifen

a Z-Streifen

Z-Streifen H-Streifen

I-Streifen

A-Streifen

I-Streifen

b Aktin

Myosin, Kopf

c

Im ultrastrukturellen Bild lassen sich den Streifen Filamente zuordnen (Abb. A-2.27b, Abb. A-2.27c): ■ A-Streifen: Myosinfilamente, an den beiden Seiten überlappend mit Aktinfilamenten. Der H-Streifen ist der mittlere Bereich des A-Streifens, wo sich nur Myosinfilamente finden. Durch deren Querverbindung entsteht der M-Streifen.

Tropomyosin

Troponin

Myosin, Schaft

84



I-Streifen: Hier liegen nur Aktinfilamente mit Verknüpfung am Z-Streifen.

Im Querschnitt besteht eine hexagonale Anordnung der Filamente. Das Zytoskelett schützt die quergestreifte Muskelfaser vor Schädigungen.

▶ Klinik.

L- und T-System: Die Skelettmuskelfaser enthält zwei tubulär organisierte Systeme.

▶ Merke.

A

2 Zytologie und Histologie – Grundlagen

ohne Köpfchen und ohne Aktinfilamente besteht. Ihn wiederum teilt ein dünner dunklerer M-Streifen, der durch Querverbindung dem Erhalt der parallelen Ausrichtung der Myosinfilamente dient. ■ I-Streifen: Ebenfalls in paralleler Anordnung liegen in diesem Bereich die Aktinfilamente. Sie sind über Verknüpfungsproteine (α-Aktinin, Z-Protein, Vinculin) am Z-Streifen verhaftet. Sechs Aktinfilamente ordnen sich hexagonal um ein Myosinfilament. Das Myosinfilament ist seinerseits das Zentrum von sechs hexagonal angeordneten weiteren Myosinfilamenten, wie im Querschnitt sichtbar. Intermediärfilamente aus Desmin verbinden Myofibrillen mit der Zellmembran und stabilisieren so deren Lage. Dadurch schützt das Zytoskelett die quergestreifte Muskelfaser vor Schädigungen, die durch Scherkräfte bei Kontraktion und Dehnung auftreten. ▶ Klinik. Üben Intermediärfilamente aus Desmin ihre Funktion nicht aus, die Architektur der Myofibrillen zu erhalten, liegt eine genetisch bedingte Myopathie mit langsam fortschreitender Schwäche der Skelettmuskulatur vor. Der Dystrophin-Komplex, der das Membranskelett stabilisiert, verläuft als ringförmige Verdichtung (Costamer) in der Höhe des Z-Streifens. Für jedes der Proteine des Dystrophin-Komplexes sind genetisch bedingte Defekte bekannt. Zu diesen Muskeldystrophien gehört die Duchenne-Erkrankung mit einem Funktionsverlust des Moleküls Dystrophin, geprägt durch die chronisch progredient verlaufende Zerstörung der quergestreiften Muskulatur.

L- und T-System: Das sarkoplasmatische Retikulum der Skelettmuskelfaser dient als Kalziumspeicher und wird aufgrund der Längsorientierung seiner Tubuli auch L(longitudinal)-System genannt. Am Übergang vom A- zum I-Streifen (s. o.) bilden diese Tubuli so genannte terminale Zisternen. Jeweils zwei von ihnen liegen dicht an einem zum sog. T-System gehörenden transversalen Tubulus, der einer Einfaltung des Sarkolemms entspricht. Das TSystem dient der Fortleitung einer Erregung in das Innere der Muskelfaser. ▶ Merke. L-System = longitudinal angeordnete Tubuli des sarkoplasmatischen Reti-

kulums → Kalziumspeicher T-System = Gesamtheit der transversalen Tubuli, die einer Einfaltung des Sarkolemms entsprechen und immer quer zum L-System orientiert sind → Erregungsleitung Triade (Abb. A-2.28) = T-Tubulus mit zwei angrenzenden terminalen Zysternen des L-Systems → elektromechanische Kopplung (s. u.)

Innervation und Kontraktion

Innervation und Kontraktion

Innervation: Die Skelettmuskulatur ist über das somatische Nervensystem (S. 212) willkürlich aktivierbar. Jede Skelettmuskelfaser wird über eine motorische Endplatte innerviert (Abb. A-2.29). Eine motorische Einheit entspricht einem motorischen Neuron und allen davon innervierten Muskelfasern.

Innervation: Skelettmuskulatur ist über das somatische Nervensystem (S. 212) willkürlich aktivierbar. Jede Muskelfaser wird über eine motorische Endplatte (Abb. A-2.29) von einem efferenten Nerven (Axon einer motorischen Nervenzelle) durch den Neurotransmitter Acetylcholin stimuliert. Das Axon verzweigt sich terminal baumartig und endet an mehreren motorischen Endplatten. Bei Grobmotorik versorgt eine Nervenfaser bis zu tausend Muskelfasern (z. B. Muskeln der Bauchwand), bei Feinmotorik erreicht eine Nervenfaser etwa fünf Muskelfasern (z. B. Augenmuskeln). Die motorische Nervenzelle mit dem Axon und alle davon innervierten Muskelfasern bilden eine motorische Einheit.

▶ Klinik.

▶ Klinik. An der motorischen Endplatte kann die synaptische Übertragung durch zahlreiche, exogene Wirkstoffe gestört werden, wie z. B. durch Muskel-relaxierende Narkotika, Bakteriengifte (Botulinustoxin), Schlangengifte (Bungaratoxine), Insektizide oder Kampfgifte. Aber auch vom Körper selber gebildete Antikörper (Autoantikörper) gegen Acetylcholin-Rezeptoren der postsynaptischen Membran (S. 97) können die Erregung der Muskulatur an der motorischen Endplatte einschränken. Bei dieser Erkrankung (Myasthenia gravis) gehört die rasche Ermüdbarkeit der äußeren Augenmuskeln zu einem der ersten Symptome, das zum hängenden oberen Augenlid (Ptosis) führt. Weitere Symptomatik und Therapie s. Myasthenia gravis (S. 180).

A

⊙ A-2.28

85

2.2 Das Gewebe

⊙ A-2.28

Triade und kontraktile Filamente einer Skelettmuskelfaser

Basalmembran Zellmembran (Sarkolemm) Z-Streifen T-Tubulus als transversales System

A-Streifen H-Streifen

Triade

I-Streifen sarkoplasmatisches Retikulum mit Terminalzisterne als longitudinales (L-) System

⊙ A-2.29

⊙ A-2.29

Motorische Endplatte

Schwann-Zelle

Axonende Basallamina Basallamina der Schwann-Zelle Basallamina der Muskelfaser

synaptischer Spalt myoneurale Falten als postsynaptische Membran

Sarkolemm

Skelettmuskelfaser

Die Tiefensensibilität und die Spannung jedes Muskels werden durch zu- und abführende Nervenfasern vermittelt, die an Muskelspindeln (durchschnittlich 5 mm lang und 0,2 mm breit) enden. Sie liegen zwischen den Muskelfaserbündeln und bestehen aus zwei bis zehn intrafusalen Muskelfasern. Bei Kernkettenfasern sind die Kerne hintereinander aufgereiht, in Kernsackfasern liegen sie als Anhäufung beieinander. Muskelspindeln sind von einer bindegewebigen Kapsel umgeben.

Muskelspindeln registrieren die Spannung eines Skelettmuskels. Man unterscheidet Kernsack- von Kernkettenfasern.

Kontraktion: Kommt eine Erregung über die motorische Endplatte an der Muskelfaser an, müssen für die Kontraktion der Myofilamente Kalziumionen aus dem sarkoplasmatischen Retikulum freigesetzt werden. Diese Möglichkeit ist über Interaktion des Sarkolemms mit dem sarkoplasmatischen Retikulum im Bereich der Triaden (S. 84) gegeben, indem die ankommende Erregung durch Membrandepolarisation übertragen wird. Die Freisetzung des Kalziums führt zur Aktivierung einer ATPase.

Kontraktion: Die ankommende Erregung führt über das System der Triaden (S. 84) zur Freisetzung von Kalziumionen, die über ATPSpaltung zum Ineinandergleiten der Filamente und damit Kontraktion der Muskelfasern führen.

86

A

2 Zytologie und Histologie – Grundlagen

Die folgende enzymatische ATP-Spaltung erlaubt die Bildung von Aktin-Myosinbrücken und damit das Gleiten von Aktinfilamenten zwischen Myosinfilamenten, was durch Verkürzung der Skelettmuskelfaser zur Kontraktion führt (Filament-GleitTheorie). Durch das T- und L-System ist gewährleistet, dass eine Skelettmuskelfaser in ganzer Länge zur gleichzeitigen Stimulation aller Myofilamente gebracht wird (elektromechanische Kopplung). Hüllsysteme und Fasertypen der Skelettmuskulatur Bindegewebshüllen: Ein Skelettmuskel (Abb. A-2.30) besteht aus Primär-, Sekundär- und Tertiärbündel, jeweils umhüllt vom Endo-, Peri-, und Epimysium.

Fasertypen (Abb. A-2.12): Ein Skelettmuskel besteht i. d. R. aus verschiedenen Fasertypen: ■ Slow-Fasern mit hohem oxidativen Stoffwechsel u. a. in Ausdauermuskeln, ■ Fast-Fasern mit hohem glykolytischen Stoffwechsel u a. in Schnellkraftmuskeln.

⊙ A-2.30

Hüllsysteme und Fasertypen der Skelettmuskulatur Bindegewebshüllen: Mehrere Muskelfasern (Abb. A-2.30), jeweils als Einzelfaser umgeben vom Endomysium, bilden ein Primärbündel, das von Perimysium internum umfasst wird. Mehrere Gruppen von Primärbündeln werden durch das Perimysium externum zum Sekundärbündel. Mehrere Sekundärbündel sind vom Epimysium eingehüllt, das das Tertiärbündel bildet und Teil der äußeren Hülle (Faszie) des Muskels darstellt. Die genannten Bindegewebshüllen sind Verteilungswege für Blutgefäße und Nerven, die bis zum Endomysium ziehen. Fasertypen (Abb. A-2.12): Ein Skelettmuskel besteht i. d. R. aus verschiedenen Fasertypen: ■ Slow-Fasern mit hohem oxidativen Stoffwechsel u. a. in Ausdauermuskeln, ■ Fast-Fasern mit hohem glykolytischen Stoffwechsel u a. in Schnellkraftmuskeln. Fasertypen (Abb. A-2.12): Ein Skelettmuskel besteht in der Regel aus verschiedenen Fasertypen: ■ Typ I als langsame Fasern (Slow-Fasern) mit den Eigenschaften langsam zuckend, langsam ermüdbar, mit vielen Mitochondrien, viel Myoglobin, dunkler Farbe. ■ Typ II als schnelle (Fast-Fasern) mit den Eigenschaften schnell zuckend, schnell ermüdbar und unterschiedlich vielen Mitochondrien.

Aufbau eines Skelettmuskels (Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

a b c d

Skelettmuskel, quer angeschnitten mit Ausschnittsvergrößerungen im Querschnitt und Längsschnitt sowie zur Darstellung einer einzelnen Muskelfaser (= Muskelzelle, e und einer Myofibrille.

A

≡ A-2.11

87

2.2 Das Gewebe

Einteilung der Skelettmuskulatur nach funktionellen und physiologischen Gesichtspunkten

Eigenschaften

rote Haltemuskulatur

weiße Bewegungsmuskulatur

Hauptfunktion

Dauerleistung

schnelle, kurze und kraftvolle Kontraktion

Phylogenetisches Alter

älter

jünger

Muskelfasern: Mitochondrien ■ Myoglobin ■ Glykogen ■ Stoffwechsel

überwiegend Typ I (Slow-Fasern) ↑ ↑ ↓ aerob

überwiegend Typ II (Fast-Fasern) ↓ ↓ ↑ anaerob

Gefäßversorgung





motorische Einheiten

groß

klein

bei Nichtgebrauch

Neigung zur Verkürzung durch erhöhten Grundtonus → regelmäßige Dehnung

Neigung zur Atrophie → regelmäßige Kräftigung

Beispiele





■ ■ ■ ■ ■

autochthone Rückenmuskulatur (S. 271), v. a. HWS- u. LWS-Anteil Mm intercostales (S. 294) ischiokrurale Muskulatur (S. 377) M. iliopsoas (S. 351) Mm. adductores (S. 358) M. rectus femoris (S. 377)

■ ■ ■ ■ ■ ■

M. serratus anterior (S. 443) M. biceps brachii (S. 460) M. gluteus maximus (S. 354) Mm. vastus medialis und lateralis (Abb. D-1.41) M. gastrocnemius (S. 412) M. tibialis anterior (S. 414)

Die Leistung eines Muskels wird durch die Faserzusammensetzung determiniert. So bestehen Ausdauermuskeln wie das Zwerchfell und die langen Rückenmuskeln hauptsächlich aus Slow-Fasern mit hohem oxidativen Stoffwechsel und Schnellkraftmuskeln wie der lange Zehenstrecker (Musculus extensor digitorum longus) hauptsächlich aus Fast-Fasern mit hohem glykolytischen Stoffwechsel.

Die Leistung eines Muskels wird durch die Faserzusammensetzung determiniert.

Herzmuskulatur

Herzmuskulatur

Die Herzmuskulatur bildet mit dem Blutgefäß- und Nerven-führenden Bindegewebe das Myokard (S. 594) und gehört zur quergestreiften Muskulatur. Auch wenn der Aufbau der Sarkomere der in Skelettmuskelfasern entspricht, zeigt das Herzmuskelgewebe gegenüber der Skelettmuskulatur deutliche Unterschiede.

Die quergestreifte Herzmuskulatur ist der Hauptteil des Myokards (S. 594).

Aufbau der Kardiomyozyten

Aufbau der Kardiomyozyten

Die quergestreiften Herzmuskelzellen (Kardiomyozyten) von 50–100 μm Länge und bis zu 15 μm Dicke sind gabelartig verzweigt und besitzen meist einen zentral gelegenen Kern. An beiden Kernpolen trifft man auf myofibrillenfreie Höfe, in denen sich braunes Pigment (Lipofuscin), Mitochondrien und Glykogen anreichern. Herzmuskelzellen sind von einer Basallamina umhüllt, zwischen ihnen liegt wegen des hohen oxidativen Stoffwechsels ein dichtes Netzwerk von Kapillaren. Im Vergleich zu den Skelettmuskelfasern ist das sarkoplasmatische Retikulum weniger gut entwickelt. Schwach ausgebildete terminale Zisternen bilden zusammen mit einem breiten T-Tubulus eine Dyade. Sie befindet sich in Höhe des Z-Streifens.

Herzmuskulatur besteht aus gabelartig verzweigten Kardiomyozyten. Typisch sind zentral gelegene Kerne, myofibrillenfreie Höfe an den Kernpolen, Lipofuszin, sarkoplasmatisches Retikulum als Komponente der Dyade.

▶ Klinik. Bei chronischer Mehrbelastung nehmen Kardiomyozyten und damit der Herzmuskel an Masse zu (Hypertrophie). Die Zellzahl vermehrt sich im Rahmen einer Hyperplasie nur in der Fetalzeit. Postnatal regeneriert die Herzmuskulatur nicht, da Satellitenzellen fehlen. Gehen bei einem Herzinfarkt Kardiomyozyten zugrunde, wird das Gewebe durch eine Bindegewebsnarbe substituiert.

Glanzstreifen: Durch End-zu-End-Verknüpfungen der einzelnen Herzmuskelzellen über Glanzstreifen (Disci intercalares) entsteht ein funktionelles Synzytium als dreidimensionales Netzwerk. Lichtmikroskopisch fallen Glanzstreifen als stark gefärbte Linie auf, die quer in einer Kette von Zellen verläuft. Es handelt sich um einen komplex gebauten Haft- und Kommunikationskontakt: Transversal zur Längsachse der Zelle liegen Adhärenskontakte, sog. Fasciae adhaerentes (S. 57), und verankern Aktinfilamente, zum kleineren Teil finden sich Desmosomen, an denen Intermediärfilamente aus Desmin ansetzen. In Längsrichtung sind Gap Junctions (S. 56) ausgerichtet (Abb. A-2.31).

▶ Klinik.

Glanzstreifen: Herzmuskelzellen bilden ein funktionelles Synzytium durch Disci intercalares (Abb. A-2.31), die Haft- und Kommunikationskontakten (S. 56) entsprechen.

88 ⊙ A-2.31

A

2 Zytologie und Histologie – Grundlagen

Glanzstreifen Gap junction

a

Fascia adhaerens

Sarkomer

b

a Darstellung des Glanzstreifens zwischen zwei Herzmuskelzellen im schematischen b und histologischen Längsschnitt (Pfeil).

Modifizierte Herzmuskelzellen und Innervation Die Kontraktion ist Hauptaufgabe von Herzmuskelzellen, wobei sie durch modifizierte Zellen autonom gesteuert wird.

Modifizierte Herzmuskelzellen und Innervation Der Hauptanteil der Herzmuskulatur steht als Arbeitsmuskulatur im Dienst der Kontraktion. Sie ist im Gegensatz zur Skelettmuskulatur unwillkürlich und autonom geregelt, wobei neben der Beeinflussung durch das vegetative Nervensystem (S. 214) Schrittmacherzellen des Erregungsleitungssystems eine führende Rolle zukommt. Diese zählen zusammen mit den myoendokrinen Zellen zu sog. modifizierten Herzmuskelzellen.

Schrittmacherzellen: Modifizierte Herzmuskelzellen bilden und leiten die Erregung (S. 596) im Sinn von Schrittmacherzellen (Abb. A-2.32).

Schrittmacherzellen: Die führenden Zellen des Erregungsbildungs- und -leitungssystems (S. 596) sind größer als die übliche Herzmuskelzellen, haben mehrere Kerne, weniger Myofibrillen und einen hohen Gehalt an Glykogen (Abb. A-2.32). Das System verläuft vom rechten Vorhof im Kammerseptum zur Herzspitze.

Myoendokrine Zellen: Sie sezernieren ANP und liegen in der rechten Vorhofwand.

Myoendokrine Zellen: Sie liegen in der Wand des rechten Vorhofs und sezernieren bei Bluthochdruck und starker Wanddehnung ein Peptidhormon, das atriale natriuretische Peptid (ANP). Es erhöht die Ausscheidung von Natrium- und Wassermolekülen in der Niere und vermindert somit die Rückresorption von Primärharn.

⊙ A-2.32

⊙ A-2.32

Reizleitungssystem des Herzens Das diagonale Zellband aus glykogenreichen Zellen entspricht dem Reizleitungssystem.

A

89

2.2 Das Gewebe

Glatte Muskulatur

Glatte Muskulatur

Glatte Muskulatur bildet den kontraktilen Anteil der Wand von Hohlorganen mit Ausnahme des Herzens. Sie bewirkt damit durch ihre Kontraktion stets eine Lumeneinengung des betreffenden Organs.

Sie bildet den Hauptanteil der Wand von Hohlorganen mit Ausnahme des Herzens.

Aufbau der glatten Muskelzelle

Aufbau der glatten Muskelzelle

Glatte Muskelzellen sind vom Endomysium umhüllt. Sie sind spindelförmig, mit zentral liegendem, chromatin-lockerem Kern (Abb. A-2.33). Der Durchmesser der Muskelzelle betragt 5–6 μm, die Länge variiert von 20 μm bei kleinen Blutgefäßen bis 500 μm beim Uterus während einer Schwangerschaft. Die Zellen produzieren Elastin, Kollagen sowie Proteoglykane und verankern sich an der Matrix. Wenn die kontraktile Aktivität gleich stark ist wie die synthetische Aktivität, handelt es sich um Myofibroblasten. Glattes Muskelgewebe ist mitotisch aktiv, wie beim graviden Uterus zu beobachten ist, und regeneriert nach Schädigung gut.

Glatte Muskelzellen haben zentral gelegene Kerne und regenerieren gut (Abb. A-2.33).

⊙ A-2.33

Glatte Muskulatur entspannt (I)

Aktin-MyosinFilamente

a

Anheftungsplatten

a Im histologischen Präparat ist glatte Muskulatur sowohl längs als auch quer angeschnitten. b Schematische Darstellung einer glatten Muskelzelle im entspannten (I) und kontrahierten (II) Zustand: Aktin-Myosin-Filamente sind als schräg verlaufende Bündel über Anheftungsplatten organisiert.

b kontrahiert (II)

Kontraktiler Apparat: Die glatten Muskelzellen zeigen keine Querstreifung, sondern sind lichtmikroskopisch homogen. Myofibrillen sind nicht zu Sarkomeren angeordnet. Ultrastrukturell besteht das Zytoskelett aus einem Netz aus Intermediärfilamenten wie Desmin und Vimentin sowie aus Myofilamenten für den kontraktilen Apparat. Ihre Organisation ist im Detail unklar. Myofilamente setzen sich aus glattmuskulären Aktin- und Myosin-Isotypen zusammen. Myosinfilamente verlaufen vermutlich schräg ebenso wie dazu parallel orientierte Aktinfilamente. Sie inserieren an zytoplasmatischen Verdichtungen und sarkolemmalen Anheftungs- bzw. Verdichtungsplatten (dense bodies) als Äquivalente zum Z-Streifen. Anders als in der quergestreiften Muskelfaser mit bipolar angeordneten Mysosinköpfchen in einem Bündel von Myofibrillen, bei der maximale Kontraktion durch gegensinniges Arbeiten beider Pole limitiert wird, sind in der glatten Muskulatur die Myosinköpfchen gereiht orientiert. Die gegenüberliegenden Reihen arbeiten gegensinnig. Damit wird eine stärkere Verkürzung durch Gleiten der Myofilamente erreicht als bei der quergestreiften Muskulatur.

Kontraktiler Apparat: Mikroskopisch ist keine Querstreifung sichtbar, sondern homogene Zellen. Ultrastrukturell zeigen sich schräg verlaufende Aktin- und Myosinfilamente, die an Anheftungsplatten verankert sind.

Caveolae: Als Äquivalent zum T-System der Skelettmuskulatur (S. 84) werden bei der glatten Muskelzelle Invaginationen des Sarkolemms (Caveolae) gewertet. Sie liegen in enger Nachbarschaft zu Tubuli mit der Funktion des sarkoplasmatischen Retikulums.

Caveolae: Caveolae werden als Kalziumspeicher gewertet.

Durch die andersartige Anordnung der Myosinköpfchen gegenüber der quergestreiften Muskulatur wird eine stärkere Verkürzung erreicht.

90

≡ A-2.12

A

Charakteristika unterschiedlicher Muskelgewebe

Lichtmikroskopie (Abb. schematisch dargestellt: a: Längsschnitt b: Querschnitt)***

2 Zytologie und Histologie – Grundlagen

Skelettmuskulatur

Herzmuskulatur

a

homogen

c

b

Muskelzelle(n) Skelettmuskelfaser, morphologisches Synzytium Zellkern(e):

glatte Muskulatur

quergestreift

d

verzweigte Zellen, funktionelles Synzytium durch Gap Junctions in Glanzstreifen

viele Kerne in randständiger Lage

e

f

spindelförmige Zellen, funktionelles Synzytium durch Gap Junctions meist ein Kern, zentral gelegen

Filamente

Sarkomerstruktur

schräg verlaufende Aktin- und Myosinfilamente mit sarkolemmalen Anheftungsplatten

sarkolemmale schmaler T-Tubulus → bildet mit je 2 Invagination Zisternen des L-Systems (SR**) eine Triade

breiter T-Tubulus bildet mit schwach ausgebildeter Zisterne des SR** eine Dyade

Caveolae

Innervation

unwillkürlich (vegetatives Nervensystem), z. T. autonome Steuerung durch Schrittmacherzellen

willkürlich (somatisches Nervensystem)

* (in Abbildung) Cohnheim-Felderung: Gruppierung der Fibrillen durch Fixierung (Artefakt) ** SR = sarkoplasmatisches Retikulum *** Quelle: nach Ulfig, N.: Kurzlehrbuch Histologie. 2. Aufl., Thieme, 2011

Regulation der Kontraktion

Regulation der Kontraktion

Neurogene und hormonelle Regulation: Bei der glatten Muskulatur ist die unwillkürliche Kontraktion über eine neuro-muskuläre Verbindung geregelt, die einer „Synapse en passant à distance“ entspricht.

Neurogene und hormonelle Regulation: Glatte Muskulatur kontrahiert sich unwillkürlich und wird durch das autonome Nervensystem innerviert, wobei – wie z. B. bei der Wehentätigkeit – Hormone regulierend eingreifen können. Die neuro-muskuläre Verbindung entspricht einer„Synapse en passant à distance“: Axone als zuführende Nervenfasern des autonomen Nervensystems zeigen variköse Erweiterungen mit Botenstoffen (Azetylcholin oder Noradrenalin). Die Varikositäten liegen 10– 100 μm von der glatten Muskelzelle entfernt, deren Rezeptoren für die Botenstoffe über die gesamte Zelloberfläche verteilt sind. Die Kontraktionsstärke hängt ab von der Anzahl der aktivierten Rezeptoren. Es kann sich, anders als bei der quergestreiften Muskulatur, die ganze Zelle oder ein Teil von ihr kontrahieren.

Myogene Regulation: Durch sog. Schrittmacherzellen induzierte Erregung wird zwischen glatten Muskelzellen durch Gap Junctions im Sinne eines funktionellen Synzytiums übertragen.

Myogene Regulation: Glatte Muskelzellen sind nicht generell zur autonomen Kontraktion befähigt. Sie können sich unter dem Einfluss von „Schrittmacherzellen“ (glatte Muskelzellen hoher spontaner Erregbarkeit) spontan kontrahieren. Die Erregung wird durch gap Junctions im Sinne eines funktionellen Synzytiums übertragen. Glatte Muskelzellen verkürzen sich langsamer und stärker als quergestreifte Muskulatur. Sie verbleiben ohne großen Energieverbrauch lange in Kontraktion. Glatte Muskelzellen sind nie ganz entspannt, sondern halten stets einen gewissen Kontraktionszustand (Tonus) aufrecht. Ein wechselnder Tonus bedingt die langsame peristaltische Kontraktion im Magen-Darmtrakt und im Urogenitalsystem.

▶ Klinik.

▶ Klinik. Bei einer Atonie fällt die Peristaltik aus. Dies führt im Darm zum paralyti-

schen Ileus (Darmverschluss) oder im Fall eines gesteigerten Tonus zur Spastik und spastischem Ileus. Beim Asthma bronchiale ist der Tonus der glatten Muskulatur der Atemwege so gesteigert, dass die Luftwege stark eingeengt sind (S. 556).

A

91

2.2 Das Gewebe

2.2.6 Nervengewebe

2.2.6

Das Nervengewebe bildet sich aus dem Neuroektoderm (S. 111) und besteht aus ■ Neuronen (Nervenzellen) und ■ Gliazellen (Supportzellen), kurz Glia genannt. Neurone proliferieren in der Regel nicht, während Gliazellen dazu befähigt sind. Das zentrale Nervensystem (ZNS) mit Gehirn und Rückenmark sowie das periphere Nervensystem (PNS) mit Nerven und Nervenzellgruppen (Ganglien) zeigen histologische und funktionelle Unterschiede der Bauelemente.

Neurone und Gliazellen sind Bauelemente von PNS und ZNS. Neurone proliferieren in der Regel nicht.

Neurone

Neurone

▶ Definition. Ein Neuron ist das Funktionselement des peripheren Nervensystems

Nervengewebe

▶ Definition.

(PNS) sowie des Zentralnervensystems, ZNS (S. 201) und dient der Aufnahme, Weiterleitung und Verarbeitung von Reizen. Nur im ZNS (S. 201) unterscheidet man die graue Substanz (Sustantia grisea) mit Neuronen von der weißen Substanz (Substantia alba) mit Nervenfasern.

Aufbau des Neurons

Aufbau des Neurons

(Abb. A-2.34) Ein Neuron besteht aus ■ Zell-Leib (Perikaryon, Soma) und seinen ■ Fortsätzen: In der Regel besitzt ein Neuron mehrere Dendriten, doch stets nur ein Axon. Die zytologische und funktionelle Organisation eines Neurons ist polar: In der Regel wird der exzitatorische Reiz (Stimulus) vom Dendriten aufgenommen und auf dem Weg vom Dendriten zum Zellkörper und im Zellkörper verarbeitet. Ein neuer Reiz wird am Abgang des Axons (Axonhügel) ausgelöst. Die Reizübertragung von einem Neuron zum nächsten erfolgt über Synapsen (S. 97).

Mehrere Dendriten münden in das Perikaryon, von dem über den Axonhügel das Axon abgeht.

Perikaryon: Das Perikaryon ist das trophische Zentrum des Neurons und wegen seiner hohen Stoffwechselaktivität reich an Organellen wie Golgi-Apparat, rauem endoplasmatischem Retikulum, Lysosomen und Mitochondrien. Bedingt durch die hohe Proteinsynthese ist das raue endoplasmatische Retikulum kräftig entwickelt und tritt histologisch als fein- bis grobkörnige Substanz (Nissl-Schollen) bei Färbung (S. 101) mit basischen Stoffen wie Kresylviolett, Toluidinblau oder Methylenblau in Erscheinung. Nur der Axonhügel (Ursprungskegel) am Abgang des Axons ist frei von Nissl-Schollen. Auch der Kern gibt Hinweise auf die hohe Syntheseleistung der Neuronen (blasse Färbung als Hinweis auf Entspiralisierung der DNA (Euchromatin), Nucleolus stark anfärbbar durch Anwesenheit von rRNA und RNA-Polymerase I). Das Zytoskelett des Perikaryons besteht aus Neurofilamenten (in der Dicke von Intermediärfilamenten), die sich zu Neurofibrillen zusammenlagern. Neurotubuli entsprechen den Mikrotubuli. Sie werden durch Mikrotubuli-assoziierte Proteine (MAPs) versteift und bilden mit den Neurofilamenten sowie mit Aktinfilamenten ein dichtes Netz.

Perikaryon: Das Perikaryon ist das trophische Zentrum eines Neurons. Histologische Merkmale sind ein blass gefärbter Kern und ein kräftig entwickeltes raues ER, das durch Färbung mit basischen Stoffen als Nissl-Schollen sichtbar wird. Nur der Axonhügel ist frei von Nissl-Schollen.

Dendriten: Sie sind zur Oberflächenvergrößerung baumartig verzweigt und tragen „Spines“ (Dornen) als Kontaktstellen für Synapsen.

Dendriten: Sie tragen „Spines“ als Orte synaptischer Kontakte.

⊙ A-2.34

⊙ A-2.34

Aufbau eines Neurons Rezeptorsegment

Überleitungssegment

Soma Dendrit Axonhügel Axon

(Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

Neurofibrillen und Neurotubuli gehören zum Zytoskelett des Neurons.

Richtung der Übertragung

Übertragungssegment

92

A

Axon: Die Abschnitte des Axons sind: Initialsegment, Hauptstrecke mit Axonsegmenten und Axonterminalen mit „Boutons“. Axone haben eine Gliascheide.

Axon: Nach dem Axonhügel unterscheidet man das Anfangssegment (Initialsegment), die Hauptstrecke mit den Axonsegmenten und die Axonterminalen, deren Verdickungen „Boutons“ genannt werden. Die Axonterminalen dienen synaptischen Kontakten. Beim Axon unterscheidet man das Axolemm (Zellmembran) und das Axoplasma (Zytoplasma) mit Neurofilamenten und Neurotubuli. Jedes Axon wird von der Gliascheide umhüllt.

Axonaler Transport: Beim anterograden Transport werden Vesikel mit Hilfe des Motorproteins Kinesin zentrifugal befördert, beim retrograden Transport kommen leere Vesikel unter Mitarbeit des Motorproteins Dyneins auf zentripetalem Weg zurück zum Perikaryon.

Axonaler Transport: Über den anterograden axonalen Transport werden Mitochondrien und Vesikel schnell (40 cm/Tag), nicht Membran-verpackte Proteine langsam (0,4 cm /Tag) vom Perikaryon zum Axonende entlang der Mikrotubuli mit Hilfe der Motorproteine Kinesin transportiert. Abgenutzte Organellen gelangen über den retrograden axonalen Transport (20 cm/Tag) und dem Motorprotein Dynein zurück zum Perikaryon.

Klassifikation der Neurone

Klassifikation der Neurone

Eine Klassifikation ist möglich anhand der Form (Abb. A-2.35) und der Funktion.

Neurone kann man zum einen nach ihrer Form (Abb. A-2.35), zum anderen nach ihrer Funktion klassifizieren. Nach der Anzahl der Neuriten unterscheidet man: ■ Multipolare Neurone: Viele Dendriten gehen vom gesamten Perikaryon ab. Multipolare Neurone finden sich u. a. im Vorderhorn des Rückenmarks, als Purkinje-Zelle in der Rinde des Kleinhirns und als Pyramidenzelle in der Rinde des Großhirns. ■ Bipolare Neurone: Sie besitzen einen Dendriten und ein Axon und kommen in der Retina, im Riechepithel sowie bei Hirnnervenganglien im Innenohr vor. ■ Pseudounipolare Neurone mit einem dendritischen Axon entwickeln sich in der Embryonalzeit aus einem bipolaren Neuron. Pseudounipolare Neurone finden sich im Spinalganglion und in sensiblen Ganglien der Hirnnerven V, VII, IX und X. ■ Unipolare Neurone sind bei Vertebraten selten und vor allem während der Embryogenese zu finden. Funktionell werden Neurone gegliedert in: ■ sensorische Neurone, die afferente Impulse zum und innerhalb des ZNS führen und ■ Motoneurone, die efferente Impulse vom ZNS zum peripheren Zielorgan führen. ■ Projektionsneurone übermitteln Reize über lange und mittlere Strecken. Es handelt sich um multipolare Neurone, die als Golgi-I-Zellen bezeichnet werden und ein langes Axon besitzen. Ein Motoneuron ist ein Projektionsneuron. ■ Interneurone dienen der lokalen Verschaltung. Diese multipolaren Golgi-II-Neurone bilden kurze Axone. ■ Neuroendokrine Nervenzellen sind gleichzeitig zur Synthese und Abgabe von Hormonen befähigt.

Nach Anzahl der Neuriten klassifiziert man Neurone als: ■ multipolar, ■ bipolar, ■ pseudounipolar (Spinalganglien sensible Ganglien der Hirnnerven V, VII, IX und X), ■ unipolar.

Neurone werden nach ihrer Funktion unterteilt in: ■ sensorische Neurone, ■ Motoneurone, ■ Projektionsneurone, ■ Interneurone, ■ Neuroendokrine Neurone.

⊙ A-2.35

2 Zytologie und Histologie – Grundlagen

⊙ A-2.35

Verschiedene Typen von Neuronen (Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

a Multipolare Neurone: mit langem Axon (I, Vorkommen z. B. als α-Motoneurone im Vorderhorn des Rückenmarks), mit kurzem Axon (II, Vorkommen z. B. in der grauen Substanz von Rückenmark und Gehirn als Interneurone) sowie die Pyramidenzelle (III) der Großhirnrinde. b Bipolares Neuron (Vorkommen z. B. in der Retina). c Pseudounipolares Neuron (Vorkommen z. B. in Spinalganglien).

aI

a II

a III

b

c

A

93

2.2 Das Gewebe

Gliazellen (Supportzellen) im ZNS und PNS

Gliazellen (Supportzellen) im ZNS und PNS

Gliazellen sind 10-mal häufiger vertreten als Nervenzellen. Im PNS findet man: ■ Schwann-Zellen, die Axone begrenzen, und ■ Mantelzellen um Neurone in Ganglien (S. 98).

Im PNS findet man zwei Hauptgruppen von Gliazellen: ■ Schwann-Zellen und ■ Mantelzellen.

▶ Klinik. Schwann-Zellen im PNS bilden gutartige Neurinome (= Schwannome). Eine häufige Lokalisation ist der achte Hirnnerv (Akustikusneurinom) oder auch aus dem Rückenmark austretende Nervenwurzeln. Multiple Neurinome treten bei der erblichen Neurofibromatose (Morbus Recklinghausen) auf.

Im ZNS unterscheidet man nach Form und Funktion vier Gliazelltypen (Tab. A-2.13). ▶ Klinik. Die meisten sog. „Hirntumoren“ gehen von Gliazellen des ZNS aus (Astrozytom, Oligodendrogliom), deren Malignitätsgrad abhängig von der Differenzierung der Tumorzellen ist. Das hochmaligne Glioblastom hat eine sehr schlechte Prognose: Die Zellen sind vollkommen entdifferenziert, wachsen schnell und bilden selbst nach operativer Entfernung und Strahlentherapie fast immer ein Rezidiv.

≡ A-2.13

ZNS: vier Gliazelltypen (Tab. A-2.13). ▶ Klinik.

Gliazellen des ZNS (s. auch Abb. A-2.36)

Gliazelle

Morphologie

Astrozyten ■ protoplasmatischer Astrozyt (v. a. in grauer Substanz) ■

▶ Klinik.

fibrillär (v. a. in weißer Substanz)





größte Gliazelle (~40 μm) mit sich verzweigenden, sternförmigen Fortsätzen und viel oder wenig Zytoplasma

Funktion ■ ■

immunhistologischer Nachweis von GFAP* ■

Stützfunktion Beteiligung an der Blut-Hirn-Schranke (Induktion der Zonulae occludentes in Kapillaren vom kontinuierlichen Typ, Bildung der perivaskulären Gliamembran) Konstanthaltung des Mikromilieus durch Aufnahme neuronaler Metaboliten



Aufnahme von Neurotransmittern



Narbenbildung (Gliose, Astrozytennarbe)

Oligodendrozyten

~30 μm

Bildner der Gliascheide im ZNS

Mikrogliazellen = HortegaZellen

~15–20 μm (wie ein Monozyt)



Antigen-Präsentation



Phagozytose



amöboid beweglich

Ependymzellen

prismatische Epithelzellen, einschichtig

Auskleidung der Hirnventrikel und des Rückenmarkskanals

*glial fibrillary acidic protein

⊙ A-2.36

Zelltypen der zentralen Glia

(Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

⊙ A-2.36

94

A

Myelinisierte Nervenfasern

Myelinisierte Nervenfasern

Die Gliascheide wird im ZNS von Oligodendrozyten gebildet (Abb. A-2.37).

Myelinisierte Axone werden von einer Gliascheide umhüllt. Diese wird im ZNS von den Oligodendrozyten gebildet, wobei die Fortsätze eines Oligodendrozyten mehrere Axone erreichen (Abb. A-2.37).

▶ Klinik.

Im PNS umhüllt eine Schwann-Zelle ein Axonsegment. Eine Gliascheide aus Membranlammellen wird Myelinscheide genannt. Sie ist für eine myelinisierte (markhaltige) Nervenfaser typisch.

▶ Merke.

2 Zytologie und Histologie – Grundlagen

▶ Klinik. Die Myelinisierung des ZNS beginnt in der Fetalzeit und ihr Höhepunkt ist am Ende des 2. Lebensjahres überschritten. Bei der Multiplen Sklerose (MS) handelt es sich um eine demyelinisierende Erkrankung des ZNS. Entmarkungsherde sind unsystematisch verteilt und erklären das wechselnde und breite Spektrum neurologischer Symptome. Autoimmunprozesse gegen Myelin-spezifische Proteine werden als Krankheitsursache vermutet.

Im PNS werden Axone von Schwann-Zellen umhüllt. Da ein Axonsegment von einer Schwann-Zelle umhüllt wird, bilden mehrere Schwann-Zellen die Gliascheide der Segmente eines Axons. Glia-Zellen entwickeln über Membranlamellen die Myelinscheide. Sie zeigt im ultrastrukturellen Bild eine Periodik von dicken Haupt- und dünnen Intermediärlinien. Bildet sich um ein Axon eine Myelinscheide, spricht man von einer myelinisierten (markhaltigen) Nervenfaser. Fehlt die Myelinscheide, handelt es sich um eine nicht myelinisierte (marklose) Nervenfaser (Axone). Mehrere marklose Axone des PNS liegen in Invaginationen einer Schwann-Zelle. ▶ Merke. Im ZNS umhüllt ein Oligodendrozyt mit seinen Fortsätzen mehrere Axone.

Im PNS umgibt das Zytoplasma einer Schwann-Zelle mehrere Axone nur im Fall markloser Fasern. Bei markhaltigen Nervenfasern umhüllen mehrere Schwann-Zellen ein Axon. Zwischen zwei Axonsegmenten liegt der Ranvier-Schnürring (Abb. A-2.38). Dort ist die Myelinscheide unterbrochen, weil die Schwann-Zelle fehlt. Zwei Ranvier-Knoten begrenzen ein Internodium. Über die Ranvier-Knoten myelinisierter Fasern wird die saltatorische Erregungsleitung vermittelt. Diese Art der Leitung ist viel schneller als die kontinuierliche unmyelinisierter Fasern. Auch die Dicke der Myelinscheide ist entscheidend (Tab. A-2.14).

⊙ A-2.37

Dort, wo eine Schwann-Zelle mit ihren Membranlamellen endet, wird die Myelinscheide unterbrochen. Diese Stelle, an der ein Axonsegment in das nächste übergeht, wird Ranvier-Schnürring (Abb. A-2.38) genannt und entspricht dem aufgrund der knotenartigen Anschwellung des Axons so bezeichneten Ranvier-Knoten. Der Abschnitt zwischen zwei Ranvier-Schnürringen gilt als Internodium. In einer markhaltigen Nervenfaser wird die elektrische Erregungsleitung in Sprüngen von Schnürring zu Schnürring weitergeleitet. Diese saltatorische Erregungsleitung ist wesentlich schneller als die kontinuierliche Leitung bei einer marklosen Nervenfaser. Die Leitungsgeschwindigkeit ist ebenso von der Dicke der Myelinscheide bestimmt, über die stark-, schwach- und nicht myelinisierte Fasern in A-, B- und C-Fasern klassifiziert werden. Einzelheiten in Tab. A-2.14 und im Kap. Nervensystem (S. 194).

⊙ A-2.37

Unterschiede der Myelinisierung von PNS und ZNS Axon

PNS

ZNS Oligodendrozyt

Zellkern einer Schwann-Zelle

SchwannZelle mit einem myelinisierten Axon

Axon (Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

Schwann-Zelle mit mehreren unmyelinisierten Axonen

A

⊙ A-2.38

⊙ A-2.38

Aufbau eines Ranvier-Schnürrings im PNS

Kollagenfasern des Endoneuriums

Basallamina

Markscheide

RanvierSchnŸrring

95

2.2 Das Gewebe

Axon

Kern einer Schwann-Zelle

(Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

≡ A-2.14

Typ

Klassifikation von Nervenfasern nach Myelinisierung und Dicke Vorkommen

mittlerer Durchmesser (µm)

mittlere Leitungsgeschwindigkeit (m/s)

≡ A-2.14

markhaltig Aα

Afferenzen zu Muskelspindeln Effe- 15 renzen aus α-Motoneuron

100



Afferenzen aus Mechanorezeptoren 8 der Haut

50



Efferenzen der Muskelspindeln

5

20



Afferenzen von Thermo- und Nozi- 3 zeptoren der Haut

15

B

Efferenzen: sympathisch präganglionär

2 l) auftreten oder Beckeneingeweide mitverletzt werden. Bei ungenügender Versorgung können Instabilitäten oder Falschgelenke (Pseudarthrosen) zwischen den Bruchenden entstehen, die sehr schmerzhaft sind und ein normales Gehen oder Stehen unmöglich machen.

4.2

Beckenboden

4.2.1

Funktionelle Aspekte und Bauprinzip Funktionelle Aspekte: Die Beckenorgane (Rektum, Harnröhre und ggf. Vagina) erfordern einen variablen Verschlussmechanismus von Körperöffnungen.

Bauprinzip: Kaudaler Verschluss der Beckenhöhle ist eine kraniokaudal geschichtete Muskel- und Bindegewebsplatte (Abb. C-4.12): ■ Diaphragma pelvis, ■ „Diaphragma urogenitale“ (S. 336) sowie ■ Sphinkter- und Schwellkörpermuskulatur (S. 337).

⊙ C-4.12

Beckenboden

4.2.1 Funktionelle Aspekte und Bauprinzip Funktionelle Aspekte: Entsprechend der Funktion der im kleinen Becken gelegenen Organe, d. h. Teile des Urogenitalsystems und Endabschnitts des Verdauungssystems (S. 722), muss die kaudale Begrenzung der Rumpfwand neben einer gewissen Haltefunktion den Durchtritt von Harnröhre, Rektum und (bei der Frau) der Vagina mit variablem Verschlussmechanismus dieser Körperöffnungen ermöglichen. Bauprinzip: Die Abdominalhöhle ist nach kranial durch das Zwerchfell, sog. Diaphragma (S. 295), – also eine einzige Muskelplatte – verschlossen. Der kaudale Verschluss des Beckens dagegen besteht aus mehreren aufeinander liegenden Schichten von Bindegewebe und Muskulatur (Abb. C-4.12), von denen jede für sich den Beckenausgang unvollständig verschließt.

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Der Beckenboden ist in sog. Steinschnittlage dargestellt: Rückenlage; Symphyse weist nach oben. Dargestellt sind der M. levator ani mit seinen Anteilen, das „Diaphragma urogenitale“ mit dem Centrum (tendineum) perinei sowie die Sphinkter- und Schwellkörpermuskulatur. (Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

C

335

4.2 Beckenboden

Man unterscheidet von oben nach unten (von innen nach außen): ■ Diaphragma pelvis (s. u.), ■ „Diaphragma urogenitale“ (kein Begriff der gegenwärtigen Terminologia Anatomica) mit Centrum (tendineum) perinei (S. 336) sowie ■ Sphinkter- und Schwellkörpermuskulatur (S. 337).

4.2.2 Diaphragma pelvis

4.2.2

Die innerste (oberste) Schicht ist das Diaphragma pelvis, das sich aus den folgenden beiden Muskeln zusammensetzt (Abb. C-4.14): ■ Musculus levator ani: Er besteht selbst aus drei Teilen (Abb. C-4.13), die eine gemeinsame, ihrerseits geschichtete Muskelplatte bilden: – Musculus puborectalis, – Musculus pubococcygeus und – Musculus iliococcygeus. Die von der Rückseite des Os pubis entspringenden Muskelanteile (sog. Levatorschenkel) weichen nach ventral V-förmig auseinander; zwischen ihnen liegt das Levatortor, der Hiatus levatorius, der bei beiden Geschlechtern dorsal vom Rektum, ventral von der Urethra durchzogen wird. Bei der Frau zieht zusätzlich die zwischen Urethra und Rektum liegende Vagina durch den Hiatus levatorius. Die Levatorschenkel sind durch die Vagina zu tasten. Von den Levatorschenkeln strahlen Muskelfasern in den M. sphincter ani externus und prärektal in das Centrum perinei ein (Abb. C-4.13b). ■ Musculus ischiococcygeus (M. coccygeus): Dieser zwischen Os ischii und dem Os coccygis ausgespannte Muskel ist oft nur rudimentär ausgebildet und liegt dorsal des M. iliococcygeus – eines Teils des M. levator ani – innen dem Lig. sacrospinale an. Das Diaphragma pelvis wird an seiner Oberseite – also beckenhöhlenwärts – von einer Faszie überzogen, der Fascia superior diaphragmatis pelvis. Diese ist ein Teil der Fascia pelvis parietalis, welche innen am Leistenband (S. 314) in die Fascia transversalis (S. 314) übergeht. Auch die Unterseite des Diaphragma pelvis trägt eine Faszie: Fascia inferior diaphragmatis pelvis. An einer Leiche hat das Diaphragma pelvis fast immer die Form eines Trichters, da der Tonus des M. levator ani fehlt und die Muskelplatte unter dem Druck der Organe absinkt. Am Lebenden bildet der Muskel eine stärker transversal eingestellte Platte, die zur Defäkation erschlafft: Das Rektum sinkt dann gleichsam in den Trichter ein. Eine besondere Rolle spielt dabei der M. puborectalis: sein Tonus zieht das Rektum unter Ausbildung eines Knicks – der Flexura anorectalis – nach oben und ventral. Dies sichert die Stuhlkontinenz. Bei der Defäkation (S. 728) erschlafft der M. puborectalis, sodass der Knick zwischen Rektum und Analkanal verschwindet.

Es besteht aus (Abb. C-4.14): ■ M. levator ani mit 3 Teilen (Abb. C-4.13): – M. puborectalis, – M. pubococcygeus und – M. iliococcygeus. Vom Os pubis entspringende Muskelanteile (Levatorschenkel) umfassen das Levatortor = Hiatus levatorius (Durchtritt von Urethra und Rektum bzw. bei der Frau zusätzlich der Vagina).

⊙ C-4.13

Diaphragma pelvis

(Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

a M. levator ani mit seinen drei Anteilen in schematischer Darstellung b und am weiblichen Becken von kranial.

Diaphragma pelvis

M. ischiococcygeus: inkonstanter Muskel auf dem Lig. sacrospinale dorsal des M. levator ani. Das Diaphragma pelvis trägt an Ober- und Unterseite je eine kräftige Faszie, die Fasciae superior und inferior diaphragmatis pelvis.

Am Lebenden ist das Diaphragma pelvis eine fast transversale Platte, am Toten durch fehlenden Muskeltonus ein Trichter. Die Platte (insbesondere der M. puborectalis) hebt und knickt das Rektum (Flexura anorectalis), dies garantiert Kontinenz. Verringert sich der Tonus, sinkt das Rektum in den Trichter, s. Defäkation (S. 728).

336 ⊙ C-4.14

C

4 Beckenwände, Beckenboden und Dammregion

Muskulatur des Beckenbodens

Muskel

Ursprung

Ansatz

Os pubis

schlingenförmig hinten um das Rektum; prärektale Fasern zum Centrum perinei

Innervation

Funktion

Diaphragma pelvis M. levator ani (3 Teile): M. puborectalis

M. pubococcygeus

M. iliococcygeus M. ischiococcygeus (M. coccygeus)**

direkte Äste des Plexus sacralis (S2–4)

zieht Rektum nach ventral und kranial (Sicherung der Stuhlkontinenz)

Os pubis, Arcus tendineus m. levatoris ani*

Lig. ancoccygeum, Os coccygis

Arcus tendineus m. levatoris ani*

Os coccygis, Lig. anococcygeum

Spina ischiadica

Os coccygis und Os sacrum

Ergänzung des M. levator ani

Wand von Vagina bzw. Prostata, Centrum tendineum perinei

Bedeckung des Levatortors; Anteile bilden M. sphincter urethrae externus

Verspannung des Beckenbodens

Diaphragma urogenitale M. transversus perinei profundus

M. transversus perinei superficialis

Ramus inf. ossis pubis Ramus ossis ischii

Tuber ischiadicum Ramus ossis ischii

N. pudendus (S2–4)

Centrum tendineum perinei

Stabilisierung des Centrum tendineum

Sphinkter- und Schwellkörpermuskulatur M. sphincter ani externus

Centrum tendineum perinei

Lig. anococcygeum

Verschluss des Canalis analis

M. bulbospongiosus

Centrum tendineum Raphe mediana

Fascia diaphragmatis urogenitalis inf.

Stabilisierung des Centrum tendineum, ♀: verengt den Scheideneingang ♂: umhüllt das Corpus spongiosum des Penis

N. pudendus (S2–4)

M. ischiocavernosus

Ramus ossis ischii

Tunica albuguinea des Corpus cavernosum penis bzw. clitoridis

Kompression der Crura (penis oder clitoridis)

* bogenförmige Verstärkung der Fascia obturatoria ** häufig rudimentär und überwiegend bindegewebig

4.2.3

„Diaphragma urogenitale“

Kaudal vom Diaphragma pelvis verschließt eine Muskel- und Bindegewebsplatte den ventralen Bereich des Hiatus levatorius (Abb. C-4.14, Abb. C-4.15): Der M. transversus perinei prof. bedeckt kaudal den ventralen Teil des Levatorspalts. Am Durchtritt der Urethra spalten sich einige Fasern als M. sphincter urethrae externus ab.





Der M. transversus perinei superf. liegt dorsal dem M.transversus perinei prof. an. Das Centrum perinei (S. 340) ist ein Areal aus dichtem Bindegewebe hinten am M. transversus perinei prof., in das Beckenbodenmuskeln (S.724) einstrahlen (Abb. C-4.15).

4.2.3 „Diaphragma urogenitale“ Kaudal vom Diaphragma pelvis ist der größte Teil des Hiatus levatorius im ventralen Bereich durch eine teils aus Muskulatur (Mm. transversus perinei profundus und superficialis, Abb. C-4.14, Abb. C-4.15), teils aus Bindegewebe (Centrum perinei) bestehende Platte verschlossen. Dieses „Diaphragma urogenitale“ ist zwischen den unteren Schambeinästen und den Rami der Ossa ischii ausgespannt. ■ Der Musculus transversus perinei profundus verschließt kaudal mit quer verlaufenden Muskelfasern den vorderen Teil des Levatorspalts. Er wird von der Urethra – bei der Frau auch von der Vagina – durchbohrt. Zirkuläre Fasern des M. transversus perinei profundus bilden einen Musculus sphincter urethrae externus. ■ Der schmale Musculus transversus perinei superficialis ist dem M. transversus perinei profundus dorsal angelagert. ■ Das Centrum (tendineum) perinei (Corpus perineale)ist ein kleines Areal aus dichtem Bindegewebe (S. 340) am Hinterrand des M. transversus perinei profundus (Abb. C-4.15), in das von lateral die Mm. transversus perinei superficiales und von

C

⊙ C-4.15

337

4.2 Beckenboden

Diaphragma urogenitale

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a

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b

(Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

a Schematische Darstellung des M. transversus perinei profundus und M. transversus perinei superficialis. b Muskulatur des Beckenbodens nach Entfernung der Schließmuskeln: Ansicht eines weiblichen Beckens von kaudal. Die Ligg. sacrotuberale und sacrospinale sind größtenteils entfernt.

vorne prärektale Fasern des M. puborectalis einstrahlen. Zusammen mit prärektalen Fasern des M. puborectalis trennt es den Hiatus urogenitalis vom Hiatus analis (s. u., Abb. C-4.15). Als bindegewebige Schwachstelle des Beckenbodens ist es durch die Mm. sphincter ani externus und bulbospongiosus (S. 724) verstärkt. Durch die Öffnung zwischen dem Hinterrand des „Diaphragma urogenitale“ und den medialen Rändern der „Levatorschenkel“ tritt der Analkanal, weswegen dieser auch als Hiatus analis bezeichnet wird. Unter Hiatus urogenitalis versteht man den vorderen, vom M. transversus perinei profundus abgedeckten Teil des Levatortors in dem Urethra und bei der Frau auch die Vagina liegen. Wie der M. levator ani wird auch das Diaphragma urogenitale kranial und kaudal von jeweils einer Faszie bedeckt: Fascia diaphragmatis urogenitalis superior und inferior. Letztere wird auch als Membrana perinei bezeichnet. ▶ Klinik. Der muskuläre und bindegewebige Beckenboden trägt einen großen Teil der Last der Bauch- und Beckenorgane. Eine strukturelle Schwächung des Beckenbodens – etwa durch zahlreiche Geburten – kann zu einer Senkung (Deszensus) der Beckenorgane führen. Betroffen von einer solchen Senkung sind vor allem Harnblase und Uterus. Eine Senkung der Harnblase ist oft verbunden mit einer Harninkontinenz. Die Senkung des Uterus kann bis zu einem Vorfall des Uterus (Prolaps) aus der Scheide führen. Bringt eine physiotherapeutische Stärkung der Beckenbodenmuskulatur (Beckenbodengymnastik) keine Besserung, bleibt die Option einer fixierenden Operation.

⊙ C-4.16

Durch den vorderen, vom „Diaphragma urogenitale“ abgedeckten Hiatus urogenitalis des Levatortors treten Urethra (und Vagina); durch den hinteren Hiatus analis der Analkanal. Die Fasciae diaphragmatis urogenitalis sup. und inf. (Letztere = Membrana perinei) umhüllen das Diaphragma urogenitale.

Uterusprolaps bei einer 77-jährigen Patientin

(Breckwoldt, M., Kaufmann, M., Pfleiderer, A.: Gynäkologie und Geburtshilfe. Thieme, 2007)

4.2.4 Sphinkter- und Schwellkörpermuskulatur Die Sphinkter- und Schwellkörpermuskeln (Abb. C-4.14 u. Abb. C-4.17) bilden die am weitesten kaudal gelegene und damit oberflächlichste Schicht des Beckenbodens. Folgende Muskeln sind daran beteiligt: ■ Der Musculus sphincter ani externus und der Musculus bulbospongiosus bilden am weiblichen Beckenboden „Achtertouren“ um Anus und Introitus vaginae. Im Knotenpunkt dieser Achtertour strahlen beide Muskeln in das Centrum perinei ein und verstärken es. Beim Mann hat der M. bulbospongiosus keine Sphinkterfunktion, stabilisiert aber das Centrum perinei. ■ Der Musculus ischiocavernosus ist lateral am Beckenboden auf der Unterseite von Scham- und Sitzbein befestigt und verstärkt dadurch das Diaphragma urogenitale lateral. Er umgibt die Schwellkörper von Penis (S. 836) bzw. Klitoris (S. 808).

4.2.4

Sphinkter- und Schwellkörpermuskulatur Dazu gehören folgende Muskeln (Abb. C-4.14 und Abb. C-4.17):





Bei der Frau bilden der M. sphincter ani ext. und der M. bulbospongiosus eine Achtertour um Anus und Introitus vaginae mit dem stabilisierenden Knotenpunkt am Centrum perinei. Der lateral gelegene M. ischiocavernosus umgibt die Schwellkörper von Penis (S. 836) bzw. Klitoris (S. 808).

338 ⊙ C-4.17

C

4 Beckenwände, Beckenboden und Dammregion

Sphinkter- und Schwellkörpermuskulatur Schematische Darstellung am weiblichen Becken von kaudal; s. a. Abb. C-4.12.

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(Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

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4.3

Dammregion (Regio perinealis)

4.3

Dammregion (Regio perinealis)

▶ Definition.

▶ Definition. Die annähernd rautenförmige Regio perinealis ist ein Teil der Rumpfwand unterhalb des Beckenbodens und umfasst den Bereich zwischen Symphyse, Os coccygis und den Sitzbeinhöckern.

▶ Merke.

▶ Merke. Zu beachten ist der Unterschied zwischen dem Damm im engeren Sinn

und der Dammregion als Teil der Rumpfwand unterhalb des Beckenbodens! 4.3.1

Gliederung der Dammregion

Die Regio perinealis (Abb. C-4.18) wird wie folgt unterteilt: ■ Regio urogenitalis (vorn) ■ Regio analis (hinten).

⊙ C-4.18

4.3.1 Gliederung der Dammregion Die Regio perinealis (Abb. C-4.18) wird durch eine gedachte Verbindungslinie zwischen den Sitzbeinhöckern unterteilt in eine ■ Regio urogenitalis als Dreieck im vorderen Bereich und eine ■ Regio analis, die dahinter liegt.

⊙ C-4.18

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Ansicht der weiblichen Dammregion von kaudal in Steinschnittlage. (Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

Regio urogenitalis

Regio urogenitalis

In der Tiefe der Regio urogenitalis lassen sich zwei Räume unterscheiden (Abb. C-4.19b): ■ Spatium profundum perinei (kranial), das fast vollständig vom M. transversus perinei prof. ausgefüllt wird (Tab. C-4.2). ■ Spatium superficiale perinei (kaudal), das nach unten und dorsal durch die Fascia perinei (superficialis) abgegrenzt ist (Tab. C-4.2).

In der Tiefe der Regio urogenitalis lassen sich von kranial nach kaudal zwei durch Faszien abgegrenzte, relativ niedrige Räume unterscheiden (Abb. C-4.19b): ■ Das Spatium profundum perinei wird fast vollständig vom M. transversus perinei profundus ausgefüllt, dessen Faszien auch die kraniale und kaudale Begrenzung dieses tiefen Dammraums bilden. Weitere darin enthaltene Strukturen finden sich in Tab. C-4.2. ■ Das Spatium superficiale perinei liegt als oberflächlicher Dammraum weiter kaudal. Nach unten ist es vom subkutanen Fettgewebe und nach dorsal von der Fossa ischioanalis (s. u.) durch die Fascia perinei (superficialis) getrennt. Letztere umhüllt auch den M. transversus perinei superficialis und geht nach ventral in die Fascia abdominis superficialis (S. 314) über. Dieser Dammraum enthält die in Tab. C-4.2 genannten Strukturen.

C

≡ C-4.2

339

4.3 Dammregion (Regio perinealis)

Räume im Bereich der Dammregion

Dammraum

Begrenzung

Inhalt

ventral: Regio urogenitalis tiefer Dammraum = Spatium profundum perinei oberflächlicher Dammraum = Spatium superficiale perinei



kranial: Fascia diaphragmatis urogenitalis superior





kaudal: Fascia diaphragmatis urogenitalis inferior (häufig verstärkte Faszie des M. transversus perinei profundus, die auch als Membrana perinei bezeichnet wird)

M. transversus perinei prof. und M. sphincter urethrae externus



Pars membranacea urethrae (S. 838)



Gll. bulbourethrales (♂) bzw. Gll. vestibulares majores (♀)



dorsal: M. transversus perinei superficialis



Endäste der Vasa pudenda interna und des N. pudendus



kranial: Membrana perinei



Mm. bulbospongiosi und M. ischiocavernosi



kaudal: Fascia perinei (superficialis)



Bulbus penis (♂)/vestibuli (♀)



dorsal: Fascia perinei (superficialis), die den M. transversus perinei superficialis umhüllt



Crura corporis cavernosi penis (♂)/Crura, Corpus und Glans clitoridis (♀)



Endäste der Vasa pudenda interna und des N. pudendus

dorsal: Regio analis Fossa ischioanalis

⊙ C-4.19



medial und kranial: M. levator ani, M. sphincter ani ext.



hauptsächlich Fett- und Bindegewebe



lateral: Os ischii und M. obturatorius int.





dorsal: Unterrand des M. gluteus maximus und Lig. sacrotuberale



ventral: Membrana perinei (umhüllt den M. transversus perinei superficialis); darüber frei nach ventral auslaufend



kaudal/ventral (Regio urogenitalis): Spatia profundum und superficiale perinei mit ihren Faszien (kaudal/ventral [Regio analis]: kaum ausgebildete Fascia investiens)

Vasa pudenda interna und N. pudendus im Canalis pudendalis (S. 885) = Alcock-Kanal (Duplikatur der Faszie des M. obturatorius int.) und damit in der seitlichen Wand der Fossa ischioanalis (Abb. C-4.19 und Abb. C-4.20); Äste von Vasa pudenda interna und N. pudendus zu Anus, Damm und äußerem Genitale

Dammräume und Faszien des weiblichen Beckens M. bulbospongiosus M. ischiocavernosus

Fascia perinei superficialis (= Fascia perinei)

Fascia diaphragmatica urogentialis inferior (= Membrana perinei)

Centrum perinei M. transversus perinei superficialis Tuber ischiadicum M. obturatorius internus Fascia obturatoria M. gluteus maximus Fascia diaphragmatis pelvis inferior

M. levator ani

Lig. anococcygeum a

Os coccygis Crena ani

Diaphragma pelvis:

Peritoneum

Alcock-Kanal

M. sphincter ani externus

Uterus

Vagina

Etagen des Beckenraumes:

–F ascia diaphragmatis pelvis superior

Peritonealhöhle

– M.l evator ani

subperitonealer Raum

– Fascia diaphragmatis pelvis inferior

subfaszialer Raum (Fossa ischioanalis)

– M. obturatorius internus Diaphragma urogenitale:

Spatium profundum perinei (tiefer Dammraum)

– Fascia diaphragmatis urogenitalis superior

Spatium superficiale perinei (oberflächlicher Dammraum)

– M.t ransversus perinei profundus Vulva – Fascia diaphragmatis urogenitalis inferior b

M. ischiocavernosus

M. bulbospongiosus

subkutanes Fettgewebe

Fascia perinei (superf.)

Schwellkörpermuskeln

(Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

a Oberflächliche Faszien des weiblichen Beckenbodens, Ansicht von kaudal. b Schematische Darstellung der Damm- und Beckenräume, Faszien und Anordnung der Beckenbodenmuskulatur im Frontalschnitt auf Höhe der Vagina, Ansicht von frontal.

340

C

Regio analis mit Fossa ischioanalis

Regio analis mit Fossa ischioanalis

Die der hinteren Dammregion unterliegende Fossa ischioanalis ist von Fettgewebe ausgefüllt (Abb. C-4.20), das nach kaudal in das subkutane Fett übergeht. Auch ventral ist die Fossa ischioanalis vom Fettgewebe ober- und unterhalb der Spatia prof. und superf. perinei nicht scharf abgegrenzt. Die Abgrenzungen gegen andere umliegende Strukturen sind klarer (Tab. C-4.2).

Im Gegensatz zu den Räumen der vorderen Dammregion (s. o.), die allseitig von Faszien umschlossene schmale Fächer darstellen und überwiegend von Muskeln ausgefüllt sind, ist die der hinteren Dammregion unterliegende Fossa ischioanalis ein weiter, mit Fettgewebe ausgefüllter Raum (Abb. C-4.20). Dieses Fettgewebe geht nach kaudal ohne klare bindegewebige Trennung in das subkutane Fett über. Gleichfalls ohne scharfe Begrenzung erstreckt sich der Raum der Fossa ischioanalis noch nach ventral auf den M. transversus perinei profundus bis unter das Levatortor, wo durch den Levatorspalt hindurch eine Kommunikation mit dem Fett- und Bindegewebe oberhalb des Diaphragma pelvis (S. 335) stattfindet (subperitonealer Beckenraum). Diese Verhältnisse machen deutlich, dass eine klare ventrale Begrenzung der Fossa ischioanalis schwer definierbar ist, da sich dort (im Bereich der Regio urogenitalis) die Spatia profundum und superficiale perinei zwischen den ventralen „Ausläufer“ der Fossa ischioanalis und das subkutane Fettgewebe schieben (Abb. C-4.19). Die klaren Abgrenzungen gegen andere umliegende Strukturen sind Tab. C-4.2 zu entnehmen.

⊙ C-4.20

4 Beckenwände, Beckenboden und Dammregion

⊙ C-4.20

Fossa ischioanalis

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Schematischer Frontalschnitt durch das Becken im Bereich des Analkanals (vgl. weiter ventral gelegenen Schnitt in Abb. C-4.19): Die Fossa ischioanalis ist nach kranial vom subperitonealen Beckenraum durch das Diaphragma pelvis (hier M. levator ani) getrennt. Nach kaudal stellt die in diesem Bereich nur schwach ausgebildete allgemeine Körperfaszie (Fascia investiens; hier als gestrichelte weiße Linie dargestellt) keine klinisch relevante Trennung zwischen dem Fett der Fossa ischioanalis und dem subkutanen Fettgewebe dar.

4.3.2

Damm (Perineum)

▶ Definition.

In das dem Damm unterliegende Centrum (tendineum)perinei strahlen Muskelfasern aller 3 Schichten des Beckenbodens ein (M. levator ani, Diaphragma urogenitale, Sphinkterund Schwellkörpermuskulatur). Es liegt im Zentrum des Beckenbodens.

4.3.2 Damm (Perineum) ▶ Definition. Der Damm bzw. das Perineum im eigentlichen Sinn des Wortes ist nur der Bereich zwischen Anus und äußerem Genitale.

In das dem Damm unterliegende bindegewebige Centrum (tendineum)perinei strahlen nicht nur Muskelfasern des Diaphragma urogenitale (S. 336) ein, sondern auch von der darunterliegenden Schicht der Sphinkter- und Schwellkörpermuskulatur (S. 337) sowie dem darüber liegenden M. levator ani (S. 335). Das Centrum perinei liegt somit nicht nur an der Schnittstelle von Regio urogenitalis und analis, sondern es verknüpft die unterschiedlichen Schichten der Beckenbodenmuskulatur. Es ist nicht nur topografisch, sondern auch funktionell ein zentraler Punkt des Beckenbodens.

C

▶ Klinik. Wird unter der Geburt die perineale Haut durch zu starke Anspannung akut weiß, ist dies ein Zeichen für eine herabgesetzte Durchblutung. In diesem Fall kann zur Verhinderung eines unkontrollierten Dammrisses eine sog. Episiotomie = Dammschnitt durchgeführt werden. Ebenso kann eine drohende Hypoxie (Sauerstoffmangel) des Kindes diese Maßnahme erfordern. Es gibt drei Möglichkeiten für die Schnittführung: Je weiter lateral die Schnittführung, desto mehr Muskeln werden durchtrennt. Dies führt zwar zu größerem Raumgewinn, aber gleichzeitig kommt es auch zu stärkeren Blutungen und schlechterer Heilung.

4.4

341

4.4 Gefäßversorgung und Innervation

⊙ C-4.21

Möglichkeiten der Schnittführung bei der Episiotomie (Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

Gefäßversorgung und Innervation

4.4

Gefäßversorgung und Innervation

Eine Übersicht über die Gefäßversorgung des Beckens ist dem Kap. Leitungsbahnen im Beckenraum (S. 879) zu entnehmen. Hier sind lediglich diejenigen aufgeführt, die für die Versorgung der oben beschriebenen Strukturen zuständig sind.

Übersicht s. Kap. Leitungsbahnen im Beckenraum (S. 879).

4.4.1 Gefäßversorgung

4.4.1

Arterielle Versorgung: Die Arterien, die Beckenwand und -boden versorgen, sind Äste der A. iliaca interna (S. 879). ■ Arteria iliolumbalis: Sie zieht hinter dem M. psoas major (Abb. D-1.8) nach lateral in die Fossa iliaca. ■ Arteriae sacrales laterales versorgen das Os sacrum, den Inhalt des Sakralkanals und den M. piriformis (Abb. D-1.8, Abb. C-4.20). ■ Die Arteria pudenda interna verlässt medial von A. glutea inf. und N. ischiadicus das Becken durch das Foramen infrapiriforme. Sie biegt mit dem N. pudendus um die Spina ischiadica, bzw. das Lig. sacrospinale in die Fossa ischioanalis, wo sie im Canalis pudendalis (Alcock-Kanal, Tab. C-4.2) einer Duplikatur der Faszie des M. obturatorius int. (Abb. D-1.8), neben dem Ramus ossis ischii nach vorne auf den M. transversus perinei prof. (S. 336) zieht. Sie versorgt neben Becken- und äußeren Geschlechtsorganen die Muskeln des Beckenbodens, die Mm. transversi perinei prof. und sup. sowie levator ani. Ihr Endast ist die A. profunda penis bzw. clitoridis (S. 880).

Arterien: Die A. iliaca interna gibt folgende Äste zu Beckenwand und -boden ab: ■ A. iliolumbalis (lateral) ■ Aa. sacrales laterales (nach dorsal/kaudal) ■ A. pudenda interna in die Fossa ischioanalis (Alcock-Kanal, Tab. C-4.2, Abb. C-4.20) zum Beckenboden und äußeren Genitale, s. Äste (S. 880).

Venöser Abfluss: Die o. g. Arterien werden von gleichnamigen Venen begleitet, wobei die Äste der A. iliaca int. (S. 879), genau wie die der A. iliaca ext., jeweils zwischen 2 Venen liegen.

Venen: Diese Arterien werden von zwei gleichnamigen Venen begleitet.

Lymphabfluss: Kaudal des muskulären Beckenbodens verlaufen Lymphgefäße u. a. vom Analkanal und Perineum zum horizontalen Trakt der Nodi lymphoidei inguinales superficiales. Kranial des Beckenbodens erfolgt der Lymphabfluss im Allgemeinen entlang der Blutgefäße, also der parietalen Äste der A. iliaca interna und auch der Äste der A. ilaca externa (S. 879). Die Nodi lymphoidei iliaci interni liegen um die A. iliaca interna und an den proximalen Abschnitten ihrer Äste. Neben den Beckenorganen drainieren sie Beckenboden, Beckenwand und Fossa ischioanalis (soweit diese nicht in die Leistenlymphknoten drainiert wird; s. o.). Die Lymphe der weiter kranial gelegenen Bereiche der Beckenwand fließt in die Nodi lymphoidei iliaci externi. Über die Nodi lymphoidei iliaci communes gelangt die Lymphe des gesamten Beckenbodens zu den Nodi lymphoidei lumbales, von denen sie über die Trunci lumbales zur Cisterna chyli und Ductus thoracicus (S. 634) strömt.

Lymphabfluss: Kaudal des Beckenbodens erfolgt er in die Nll. inguinales superficiales, darüber entlang der Blutgefäße (S. 879) in die Nll. iliaci interni und externi. Über die iliakalen Lymphknoten gelangt die Lymphe zu den Nll. lumbales, von wo sie über die Trunci lumbales zur Cisterna chyli und Ductus thoracicus (S. 634) gelangt.

Gefäßversorgung

342

C

4.4.2

4.4.2 Innervation

Innervation

4 Beckenwände, Beckenboden und Dammregion

Motorisch: Plexus sacralis (S 2–S 4) bzw. N. pudendus aus diesem Plexus (s. a. Abb. C-4.14).

Motorische Innervation: Die Innervation der Beckenbodenmuskulatur erfolgt über kurze Äste direkt aus dem Plexus sacralis (S 2–S 4) oder durch den Nervus pudendus aus diesem Plexus (Abb. C-4.14).

Sensibel: median von dorsal nach ventral: ■ Nn. anococcygei (S 5, Co 1) ■ N. pudendus (S 2–S 4) lateral von dorsal nach ventral: ■ Nn. clunium inferiores ■ N. cutaneus femoris post. (S 1–S 3). ■ N. ilioinguinalis (L 1) und R. genitalis (L 1, L 2) des N. genitofemoralis.

Sensible Innervation: Für die sensible Innervation der Haut der Dammregion sind folgende Nerven zuständig: ■ Nervi anococcygei (S 5, Co 1) aus dem Plexus coccygeus in einem kleinen median gelegenen Feld zwischen Anus und Steißbein ■ Nervus pudendus (S 2–S 4) aus dem Plexus sacralis: Sein Innervationsgebiet schließt sich dem oben genannten in der Medianen nach ventral an Die lateralen Bereiche der rautenförmigen Dammregion werden ■ dorsal von den Nervi clunium inferiores, ■ ventral vom Nervus cutaneus femoris posterior aus dem Plexus sacralis (beide S 1–S 3) innerviert; noch weiter ventral innervieren ■ Nervus ilioinguinalis (L 1), bzw. der Ramus genitalis (L 1, L 2) des Nervus genitofemoralis (Plexus lumbalis) den ventralen Bereich von Scrotum bzw. Labia majora. Bezüglich der segmentalen Innervation ist der im Bereich des äußeren Genitale liegende „untere Segmentsprung“ (Übergang von L 2 nach S 3) zu erwähnen; vgl. oberer Segmentsprung (S. 302).

⊙ C-4.22

⊙ C-4.22

Hautinnervation beim Mann N. pudendus

N. ilioinguinalis und N. genitofemoralis, R. genitalis

L2

N. cutaneus femoris posterior

S3 S4 S5 Co1 S2

Nn. clunium inferiores Nn. clunium medii

Nn. anococcygei

Steinschnittlage: Die segmentale Innervation (Dermatome) ist auf der linken Körperseite dargestellt, die Innervationsgebiete peripherer Hautnerven auf der rechten Körperseite. (nach Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl., nach Mumenthaler)

Untere Extremität

1

Hüfte, Oberschenkel und Knie

2

Unterschenkel und Fuß

396

345

D

1

Hüfte, Oberschenkel und Knie

1.1 1.2 1.3 1.4 1.5

Funktionelle Aspekte und Bauprinzip . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Hüftgelenk (Articulatio coxae) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kniegelenk (Articulatio genus). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Gefäßversorgung und Innervation von Hüfte, Oberschenkel und Knie . Topografische Anatomie von Hüfte, Oberschenkel und Knie . . . . . . .

D 345 345 363 380 389

L.J. Wurzinger

1.1

Funktionelle Aspekte und Bauprinzip

Der aufrechte Gang des Menschen bedingt nicht nur am Becken, sondern auch an der freien unteren Extremität ausgeprägte morphologische Anpassungen, die die untere von der oberen Extremität unterscheiden: ■ Entsprechend der hohen statischen Belastung ist das Femur (S. 346), d. h. der Oberschenkelknochen, deutlich massiver als der Humerus (Oberarmknochen (S. 446)). ■ Die Pfanne des Hüftgelenks ist wesentlich tiefer als die des Schultergelenks (S. 445), wodurch eine größere Sicherheit gegen Luxationen erreicht wird, wenn auch um den Preis einer etwas geringeren Beweglichkeit, vgl. Abb. D-1.7 und Abb. E-1.17. ■ Demselben Ziel dienen die äußerst kräftigen Bänder, deren Anordnung bei gestrecktem Hüftgelenk den aufrechten Stand mit minimalem Energieaufwand ermöglicht. Auch die starken Bänder des Kniegelenks sind nicht nur Sicherung gegen Luxationen. Sie sind in Streck-(Neutral-Null-)stellung dermaßen angespannt, dass die Beine stabilen „Säulen“ gleichen, die das Körpergewicht ohne großen Muskelaufwand tragen. Gleichzeitig erlaubt die asymmetrische Anordnung der Bänder (S. 348) von Hüft- und Kniegelenk (S. 366) die zum schnellen Laufen erforderliche maximale Beugung dieser Gelenke.

1.2

Hüftgelenk (Articulatio coxae)

1.1

Funktionelle Aspekte und Bauprinzip Die hohe Belastung beim aufrechten Gang bedingt an der unteren Extremität morphologische Anpassungen: ■ Das Femur (S. 346) ist ein sehr massiver Knochen. ■ Die tiefe Pfanne des Hüftgelenks ist relativ luxationssicher. ■ Starke Bänder (S. 348) sichern Hüft- und Kniegelenk (S. 366). Sie ermöglichen kräftesparendes Stehen, ohne schnelles Laufen zu behindern.

1.2

Hüftgelenk (Articulatio coxae)

Die Häufigkeit orthopädischer Erkrankungen, die das Hüftgelenk betreffen, macht die klinische Relevanz dieser Region deutlich: ▶ Klinik. Ca. 3 % aller Säuglinge weisen eine Reifungsstörung des Hüftgelenks im Sinne einer Dysplasie (S. 361) auf. Von dieser Störung der Verknöcherung am Pfannenerker sind 7-mal mehr Mädchen als Jungen betroffen. Ein Übersehen dieser in den meisten Fällen einfach zu behandelnden Deformität führt bei ca. 10 % zur kongenitalen Hüftluxation (Dezentrierung des Hüftkopfes aus der Hüftgelenkspfanne), welche nicht mit der seltenen traumatischen Luxation (S. 350) eines a priori gesunden Hüftgelenks verwechselt werden darf. Auch wenn die kongenitale Hüftluxation auf Grund der inzwischen konsequenteren Behandlung seltener vorkommt als früher, ist die nicht luxierte Dysplasie auch heute noch eine der häufigsten Ursachen einer Coxarthrose. Als lasttragendes Gelenk ist es im höheren Alter von arthrotischen Veränderungen bedroht; ca. 7 % aller degenerativen Gelenkleiden manifestieren sich am Hüftgelenk (vgl. Abb. C-1.1). Sein Ersatz durch Totalendoprothesen (= TEP) ist ein seit vielen Jahren erprobtes Behandlungskonzept.

▶ Klinik.

1.2.1 Gelenktyp und Gelenkkörper

1.2.1

Gelenktyp: Das Hüftgelenk ist ein Kugelgelenk mit 3 Freiheitsgraden. Da der Kopf bis über den größten Durchmesser von der Pfanne umfasst wird, liegt der Subtyp einer Enarthrosis (S. 232), sog. „Nussgelenk“, vor.

Gelenktyp: Das Hüftgelenk ist ein Kugelgelenk vom Typ einer Enarthrosis (S. 232).

Gelenkpfanne: Die Pfanne des Hüftgelenks ist das Acetabulum des Os coxae, an dessen Aufbau alle drei Anteile des Os coxae (S. 327) beteiligt sind. Allerdings ist nicht die gesamte Vertiefung des Acetabulums überknorpelt, sondern lediglich die Facies lunata, die etwa einen ¾-Kreis um die Fossa acetabuli einnimmt (Abb. D-1.1).

Gelenkpfanne: Diese ist das Acetabulum des Os coxae (S. 327), dessen Facies lunata (Abb. D-1.1), genau wie das kaudal gelegene überknorpelte Lig. transversum acetabuli, mit dem Caput femoris artikuliert.

Gelenktyp und Gelenkkörper

346 ⊙ D-1.1

D

1 Hüfte, Oberschenkel und Knie

⊙ D-1.1

Gelenkpfanne (Acetabulum) des rechten Hüftgelenks

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Ansicht von lateral nach Entfernung des rechten Femurkopfes. (Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

Die Pfanne wird durch das an ihrem Rand befestigte Labrum acetabuli vertieft.

In Standposition des Beckens besitzt der knöcherne Pfannenrand kaudal, wo keine Druckbelastung einwirkt, eine Lücke, die Incisura acetabuli. Diese ist durch das von Knorpel überzogene Ligamentum transversum acetabuli bindegewebig ergänzt. Lateral/kranial befindet sich der „Pfannenerker“ als Teil des knöchernen und knorpeligen Pfannendachs. Seine Ausprägung bestimmt die Stellung der „Pfanneneingangsebene“: Je steiler diese steht, desto größer ist das Risiko, dass infolge des Körpergewichts der Gelenkkopf nach kranial aus der Pfanne rutscht. Die an sich schon tiefe Pfanne des Hüftgelenks wird durch das faserknorpelige Labrum acetabuli noch mehr vertieft. Dieses ist zirkulär am knöchernen Pfannenrand (Limbus acetabuli) und am Lig. transversum acetabuli befestigt; es liegt frei in der Gelenkhöhle und ist nicht von Synovialmembran überzogen.

Gelenkkopf: Caput femoris (s. u.).

Gelenkkopf: Er wird durch das kugelförmige Caput femoris (s. u.) gebildet.

Oberschenkelknochen (Os femoris)

Oberschenkelknochen (Os femoris)

▶ Synonym.

▶ Synonym. Femur

Das Femur ist der längste Knochen des menschlichen Skeletts.

Das Femur ist der längste Knochen des menschlichen Skeletts. Es bestimmt wesentlich die Körpergröße, sodass Letztere bei isoliert aufgefundenen Oberschenkelknochen (z. B. in der Archäologie) aus der Femurlänge abgeschätzt wird.

Abschnitte und Form: Das Femur (Abb. D-1.2) gliedert sich in: ■ Kopf (Caput femoris), der medial auf dem Schenkelhals (s. u.) sitzt.

Abschnitte und Form: Der Oberschenkelknochen (Abb. D-1.2) gliedert sich von proximal nach distal in folgende Abschnitte: ■ Caput femoris (Femurkopf/Hüftkopf): Er sitzt medial auf dem Collum femoris, ist bis auf die medial gelegene Fovea capitis femoris großflächig überknorpelt und bildet den kugeligen Gelenkkopf (s. u.). ■ Collum femoris (Schenkelhals): Er trägt das Caput femoris und geht über in das ■ Corpus femoris (Femurschaft/-diaphyse), der nach ventral etwas durchgebogen ist; s. a. Diaphyse (S. 223). Die an der Dorsalseite auftretenden Druckkräfte werden durch die Linea aspera aufgefangen. Diese Knochenleiste hat ein Labium mediale und laterale, die auch als Muskelursprung dienen. ■ Condyli femoris (Femurkondylen) der distalen Femurepiphyse bilden die beiden proximalen Gelenkkörper des Kniegelenks (S. 364) und besitzen mit dem Epicondylus lateralis und medialis Knochenvorsprünge zum Ansatz von Muskeln und Bändern. Oberhalb des Epicondylus medialis springt der Ansatz der Sehne des M. adductor magnus als Tuberculum adductorium vor. Am Übergang vom Collum zum Corpus femoris imponieren zwei kräftige Muskelansatzhöcker (Apophysen): ■ lateral der Trochanter major und ■ medial/dorsal der Trochanter minor.

■ ■



Schenkelhals (Collum femoris), Schaft (Corpus femoris), der nach ventral durchgebogen und dorsal durch die Linea aspera verstärkt ist, und Kondylen (S. 364), mit denen der Knochen distal endet.

Trochanter major (lateral) und minor (medial/ dorsal) sind Apophysen (Muskelansatzhöcker) am Übergang vom Collum zum Corpus femoris. Sie sind dorsal durch die Crista-, ventral durch die Linea intertrochanterica verbunden.

D

⊙ D-1.2

347

1.2 Hüftgelenk (Articulatio coxae)

Oberschenkelknochen (Os femoris) Die Gerade, welche die Zentren von Hüftkopf und distaler Femurepiphyse verbindet, stellt die „Traglinie“ dar (rote Linie in b). Ihre exzentrische Lage erklärt die Ausbiegungstendenz des Femurs nach lateral unter Einwirkung des Körpergewichts (S. 43). (Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

a Femur der rechten Seite in der Ansicht von ventral b und von dorsal.

Diese sind dorsal durch die massive Crista intertrochanterica und ventral durch die schwächer augeprägte Linea intertrochanterica verbunden. An der Basis des Trochanter major befindet sich medial/kranial die Fossa trochanterica. Der Schenkelhals ist im Mittel gegenüber dem Schaft um 126° nach medial abgewinkelt. Dieser Winkel wird als CCD-Winkel (CCD = Caput-Collum-Diaphyse-) oder Kollodiaphysenwinkel bezeichnet (aus klinisch-praktischen Erfordernissen wird das zur Diaphyse gehörende Collum als eigenständiger Femurabschnitt gesehen). ▶ Klinik. Liegt der CCD-Winkel beim Erwachsenen unter 120°, so spricht man von einer Coxa vara; bei einer Coxa valga überschreitet er 135° (Abb. D-1.3).

Die Begriffe Varus- und Valgusstellung charakterisieren, v. a. an den Gelenken der Extremitäten, die Achsenstellung aufeinanderfolgender Skelettelemente zueinander, genauer gesagt den medial gelegenen Winkel zwischen den Achsen des proximalen und distalen Skelettelements. ▶ Merke. Valgusstellung: Der mediale Winkel ist zu groß → das distale Skelettele-

ment ist über die Norm nach außen abgewinkelt. Varusstellung: Der mediale Winkel ist zu klein → das distale Skelettelement ist über die Norm nach innen abgewinkelt.

Der Schenkelhals ist gegenüber dem Schaft um den CCD-Winkel von ca. 126° nach medial abgewinkelt.

▶ Klinik.

Die Begriffe Varus- und Valgusstellung charakterisieren die Achsenstellung aufeinanderfolgender Skelettelemente.

▶ Merke.

348 ⊙ D-1.3

D

1 Hüfte, Oberschenkel und Knie

CCD-Winkel und seine Auswirkung auf die Spongiosastruktur * Ward-Dreieck (S. 225). Röntgenaufnahmen im sagittalen Strahlengang: (Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

a

b

c

a Normaler Schenkelhalswinkel (Coxa norma) bei physiologischer Biegebeanspruchung (zum physiologischen Verlauf der Druck- und Zugtrabekel s. a. Abb. B-4.3). b Ein vergrößerter Schenkelhalswinkel (Coxa valga) führt zu einer erhöhten Druckbeanspruchung mit vermehrten Druckspannungen und dementsprechend zur verstärkten Ausbildung von Drucktrabekeln. c Ein verkleinerter Schenkelhalswinkel (Coxa vara) führt zu einer erhöhten Biegebeanspruchung mit vermehrten Zugspannungen und damit zu einer stärkeren Ausbildung von Zugtrabekeln.

Der Schenkelhals ist gegenüber dem distalen Femur um 12° antetorquiert.

Bringt man die transversale Achse durch die Femurkondylen, die in etwa der Flexions/Extensionsachse des Kniegelenks (S. 376) entspricht, in die Frontalebene, so springt der Schenkelhals um 12° nach ventral vor. Diese Antetorsion (S. 398) des Collum femoris ist im Zusammenhang mit der Tibiatorsion für den Gang von Bedeutung.

Aufbau: Die auch radiologisch erkennbare Spongiosaarchitektur von Femurkopf und -hals spiegelt die Zug- und Druckspannungen wider (Abb. D-1.3), die durch die Übertragung des Körpergewichts vom Pfannendach auf das Caput femoris entstehen.

Aufbau: Die auf den Femurkopf wirkende Druckbelastung spiegelt sich in kräftigen Spongiosatrabekeln wider, die von seiner kranialen Fläche durch den Schenkelhals bis in die Kompakta des medialen Femurschafts ziehen. Sie setzen die Trabekel des lastübertragenden Corpus ossis ilii fort, die in die Kortikalis des Pfannendachs einstrahlen. Der Winkel zwischen Schenkelhals und -schaft bedingt, dass das Körpergewicht den Schenkelhals auf Biegung beansprucht. Dadurch treten an der Oberseite des Schenkelhalses erhebliche Zugkräfte auf, die durch entsprechende Trabekel in die laterale Kompakta des Femurschafts eingeleitet werden. Je kleiner der CCD-Winkel, d. h. je ausgeprägter die Varisierung ist, desto größer werden diese Zugkräfte. Die Spongiosaarchitektur kommt auch auf Röntgenaufnahmen gut zur Darstellung (Abb. D-1.3). Der Schaft des Femurs besitzt eine außerordentlich massive Kompakta, die stark durchblutet ist.

Die massive Kompakta des Schafts ist stark durchblutet. ▶ Klinik.

1.2.2

Gelenkkapsel und Bandapparat

Gelenkkapsel: Der größte Teil des Schenkelhalses liegt innerhalb der Gelenkhöhle. Die den Femurkopf ernährenden Blutgefäße verlaufen innerhalb der Gelenkhöhle auf dem Collum femoris (Abb. D-1.4).

▶ Klinik.

▶ Klinik. Bei einer Fraktur des Femurs muss mit Blutverlusten von 1–2 Litern gerechnet werden, d. h. es droht ein Volumenmangelschock.

1.2.2 Gelenkkapsel und Bandapparat Gelenkkapsel: Die Gelenkkapsel des Hüftgelenks ist proximal unmittelbar außerhalb des Labrum acetabuli an der Pfanne befestigt. Distal reicht sie so weit nach lateral, dass der größte Teil des Schenkelhalses in der Gelenkhöhle liegt. Ventral heftet sich die Kapsel (mit dem Lig. iliofemorale, s. u.) an der Linea intertrochanterica an, sodass das ganze Collum intrakapsulär liegt; dorsal werden ⅔ in die Gelenkhöhle einbezogen. Die Trochanteren und die Fossa trochanterica bleiben extrakapsulär. Der in der Gelenkhöhle befindliche Teil des Schenkelhalses ist fast zur Gänze von Synovialmembran überzogen. Unter der Synovialmembran verlaufen auf dem Knochen die Blutgefäße, die den Femurkopf ernähren. Diese durchbohren einige mm distal der Knorpel-Knochen-Grenze des Femurkopfes die Kortikalis (Abb. D-1.4). ▶ Klinik. Bei einer Schenkelhalsfraktur besteht die Gefahr, dass die das Caput femoris versorgenden Blutgefäße durchtrennt werden. Dies führt zu einer Nekrose, da beim älteren Menschen die im Lig. capitis femoris verlaufenden Gefäße (s. u.) keine ausreichende Versorgung gewährleisten. Die Folge ist eine Deformierung des Caput mit daraus resultierender Coxarthrose. Da sich die den Hüftkopf versorgenden Gefäße innerhalb der Kapsel dem Collum anlegen, ist diese Gefahr umso größer, je näher die Fraktur am Gelenkkopf liegt. Eine hüftkopferhaltende Therapie (z. B. Verschraubung) ist daher eine absolute Notfallindikation und muss innerhalb von 6 Stunden nach dem Trauma erfolgen.

D

⊙ D-1.4

349

1.2 Hüftgelenk (Articulatio coxae)

⊙ D-1.4

Blutgefäßversorgung des Femurkopfes #    

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Femur der rechten Seite in der Ansicht von ventral: Verlauf der Kollumgefäße auf dem Schenkelhals in Beziehung zur Gelenkkapsel. (Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

Bänder: Am Hüftgelenk unterscheidet man den kräftigen, mechanisch bedeutsamen Bandapparat, der von außen in die Gelenkkapsel einstrahlt und sie verstärkt, von einem intraartikulär verlaufenden Band ohne nennenswerte mechanische Funktion: Letzteres ist das Ligamentum capitis femoris, das, von Synovialmembran überzogen, von der Fovea capitis femoris zur Fossa acetabuli (kranial von der Incisura acetabuli) zieht. Es hat keine bewegungshemmende Funktion, sondern dient den Rami acetabulares der Arteria circumflexa femoris medialis und der Arteria obturatoria, die den Femurkopf mitversorgen, als Leitstruktur. Die stabile Verbindung des Schenkelhalses mit den drei Teilen des Os coxae (S. 327) gewährleistet jeweils ein in die dicke, straffe Kapsel integriertes kräftiges Band (Verlauf und Funktion s. Tab. D-1.1, Abb. D-1.5). In der Tiefe der Gelenkkapsel strahlen Fasern aus allen drei Bändern in die Zona orbicularis ein, welche mit zirkulären Fasern das Collum femoris an seiner dünnsten Stelle umfasst. Das Hüftgelenk ist wegen seiner tiefen Pfanne, dem dicken Kapsel-Band-Apparat und dem massiven Muskelmantel (S. 351) nur wenig luxationsanfällig. Dennoch befinden sich zwischen den drei kapsulären Bändern Schwachstellen mit dünner Kapsel, die zu Luxationspforten werden können; allerdings sind hierzu erhebliche Kräfte nötig.

≡ D-1.1

Bänder: Man unterscheidet ein intraartikuläres Band vom übrigen kapsulären Bandapparat mit verschiedener Funktion: Das intraartikuläre Lig. capitis femoris verläuft als Leitstruktur für Blutgefäße von der Fossa acetabuli zum Femurkopf und hat keine mechanische Funktion.

Über mechanisch wirksame kapsuläre Bänder (Tab. D-1.1, Abb. D-1.5) ist die dicke, straffe Kapsel mit den 3 Teilen des Os coxae (S. 327) verbunden. Wegen seiner tiefen Pfanne, dem dicken Kapsel-Band-Apparat und dem massiven Muskelmantel (S. 351) ist das Hüftgelenk nur wenig luxationsanfällig.

Kapsuläre Bänder des Hüftgelenks

Band

Verlauf

Funktion

Lig. iliofemorale

strahlt von der Spina iliaca anterior inferior des Os ilium deltaförmig aus zur Linea intertrochanterica

Hemmung von Extension und Adduktion kräftigstes Band des menschlichen Körpers (max. Dicke 5–10 mm)



Pars descendens

von der Spina iliaca ant. inf. medial zur Linea intertrochanterica

v. a. Extensionshemmung



Pars transversa

von der Spina iliaca ant. inf. lateral zur Linea intertrochanterica

Hemmung von Extension und Adduktion

Lig. pubofemorale

zieht vom Ramus superior des Os pubis zum distalen Abschnitt der Linea intertrochanterica ventral vom Trochanter minor

Hemmung der Abduktion, Extension und Außenrotation

Lig. ischiofemorale

verläuft auf der Rückseite vom Corpus ossis ischii quer zur Fossa trochanterica

Hemmung der Innenrotation und Extension

Zona orbicularis

zirkulär distal des Caput femoris

Sicherung des Femurkopfes gegen Austritt aus der Gelenkpfanne

350 ⊙ D-1.5

D

1 Hüfte, Oberschenkel und Knie

Bandapparat des Hüftgelenks (Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

a Ausschnitt eines rechten Hüftgelenks in der Ansicht von ventral b und von dorsal

▶ Klinik.

▶ Klinik. Eine traumatische Hüftluxation ist selten, da erhebliche Kräfte hierzu einwirken müssen. Bei mehr als der Hälfte der traumatischen Luxationen tritt der Hüftkopf zwischen den Ligg. ischiofemorale und iliofemorale (Abb. D-1.6a) nach dorsal/ kranial durch die Kapsel (Luxatio iliaca). Am zweithäufigsten ist die Luxatio suprapubica nach ventral/kranial zwischen den Ligg. iliofemorale und pubofemorale (Abb. D-1.6b). Die Reposition erfordert meist eine Allgemeinnarkose.

⊙ D-1.6

1.2.3

Mechanik des Hüftgelenks

Der Bewegungsumfang im Hüftgelenk ist der Abb. D-1.7 zu entnehmen. Der Bandapparat erlaubt praktisch unbegrenzte Beugung bei stark eingeschränkter Streckung.

Die Extensionshemmung durch das Lig. iliofemorale erlaubt kräftesparendes aufrechtes Stehen.

Ligg. ilio-, ischio- und pubofemorale. (Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

1.2.3 Mechanik des Hüftgelenks Die Beweglichkeit des Hüftgelenks um drei durch das Zentrum des Caput femoris laufende Hauptachsen sowie die Dokumentation nach der Neutral-Null-Methode (S. 232) ist in Abb. D-1.7 dargestellt. Die Beugung ist im Hüftgelenk durch Bänder nicht gehemmt; bei gestrecktem Knie begrenzt die passive Insuffizienz der ischiokruralen Muskeln (S. 377), bei gebeugtem Knie die aktive Insuffizienz der Beugemuskeln. Passiv lässt sich die Hüfte noch bis zum Kontakt des Oberschenkels mit dem Bauch („Massenhemmung“) beugen. Dies ist eine Folge der Orientierung des dorsal gelegenen Lig. ischiofemorale parallel zur Extensions-Flexions-Achse. Ventral dagegen kreuzt das dicke Lig. iliofemorale die Extensions-Flexions-Achse und behindert so die Streckung. Dies erlaubt einen kräftesparenden aufrechten Stand auf zwei Beinen, bei dem das aus der Neutral-Null-Stellung leicht nach dorsal gekippte Becken in den Ligg. iliofemoralia „hängt“. Beim lässigen Stehen auf einem Bein mit aufgesetztem, aber entlastetem und leicht gebeugtem Spielbein, sinkt das Becken zur Spielbeinseite in einer Adduktionsbewegung so weit ab, bis die laterale Pars transversa des Lig. iliofemorale angespannt wird.

D

⊙ D-1.7

351

1.2 Hüftgelenk (Articulatio coxae)

Bewegungsumfang im Hüftgelenk nach der Neutral-Null-Methode * Beachte: Rotationsmessungen werden stets bei 90°-Beugung im Knie- und Hüftgelenk durchgeführt, wobei der angewinkelte Unterschenkel als „Zeiger“ für das Bewegungsausmaß dient. Auch wenn die durch den Oberschenkel verlaufende Bewegungsachse in dieser Stellung in die Sagittalebene verlagert ist, erfolgen (bezogen auf die Neutral-Null-Position) Rotationsbewegungen im Hüftgelenk um eine Longitudinalachse. (nach Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl., nach Debrunner)

a Flexion/Extension: 140/0/15° b Adduktion/Abduktion: 25/0/40° c Innen-/Außenrotation: 35/0/45°

1.2.4 Hüftmuskulatur

1.2.4

Funktionelle Aspekte

Funktionelle Aspekte

Die Besonderheiten des Bandapparats des Hüftgelenks (s. o.) und die Erfordernisse der aufrechten Haltung bedingen eine ausgeprägte Asymmetrie der Hüftmuskulatur: Das durch Bänder nicht gebremste Vornüberkippen (Flexion) des Rumpfes wird durch mächtige Streckmuskeln verhindert. Auch beim Aufstehen aus dem Sitzen oder Treppensteigen muss das Hüftgelenk gegen das Körpergewicht gestreckt werden, sodass dazu ebenfalls kräftige Extensoren erforderlich sind. Ihre ausgeprägte Entwicklung hat beim Menschen als einzigem Säugetier die Ausbildung der typischen Gesäßform zur Folge. Es dürfte daher kein Zufall sein, dass das Gesäß beim Menschen ein wichtiges Sexualsignal darstellt. Da das Überkippen nach hinten durch das Lig. iliofemorale (Tab. D-1.1) verhindert wird, reichen zur Sicherung der aufrechten Haltung und der Beugung der Hüfte beim Anheben des Spielbeins beim Gehen schwächere Beugemuskeln aus. Im Vergleich erreichen die Drehmomente der Extensoren etwa das 3fache der Flexoren.

Die mangelnde Beugehemmung durch Bänder bedingt mächtige Streckmuskeln, die ein Vornüberkippen des Rumpfes in den Hüftgelenken bei der aufrechten Haltung verhindern. Ein ausgeprägtes Gesäß ist daher ein typisch menschliches Merkmal. Zum Anheben des Spielbeins beim Gehen reichen schwächere Beugemuskeln aus.

Einteilung

Einteilung

Die Verschiedenheit der in der Literatur üblichen Einteilungen der Hüftmuskeln ist ein Hinweis auf die Problematik solcher Gliederungen. Die nachstehende, überwiegend auf der Topografie basierende Gliederung wird auch klinischen Belangen gerecht (Abb. D-1.8): ■ Flexoren, ■ Glutealmuskeln, ■ pelvitrochantere Muskeln, ■ Adduktoren und ■ ischiokrurale Muskeln

Die Gliederung erfolgt in (Abb. D-1.8): ■ Flexoren, ■ Glutealmuskeln, ■ pelvitrochantere Muskeln, ■ Adduktoren, ■ ischiokrurale Muskeln

Flexoren

Flexoren

Der auch als innerer Hüftmuskel bezeichnete M. iliopsoas (Abb. D-1.10), zieht durch die Lacuna musculorum (S. 314) unter dem Lig. inguinale über Os ilium und Eminentia iliopubica zum Trochanter minor. Er ist neben dem M. rectus femoris der kräftigste Flexor des Hüftgelenks. Beide Muskeln werden in dieser Funktion unterstützt durch den M. tensor fasciae latae (S. 357), ventralen Teilen der Mm. gluteus medius und minimus (S. 355) sowie dem M. sartorius. Letzterer und der M. rectus femoris werden als zweigelenkige Muskeln detailliert beim Kniegelenk behandelt (Abb. D-1.41). Die Bursa iliopectinea vermindert die Reibung zwischen M. iliopsoas und Gelenkkapsel bzw. Knochen und kommuniziert in ca. 15 % über eine Öffnung in der Kapsel mit dem Gelenk.

Der M. rectus femoris und der durch die Lacuna musculorum ziehende M. iliopsoas (Abb. D-1.10) sind die kräftigsten Flexoren. Zwischen M. iliopsoas und Kapsel des Hüftgelenks, bzw. Eminentia iliopubica liegt die Bursa iliopectinea, die mit dem Gelenk kommunizieren kann.

Hüftmuskulatur

352 ⊙ D-1.8

D

1 Hüfte, Oberschenkel und Knie

Muskeln des Hüftgelenks (Teil I)

Muskel

Ursprung

Ansatz

Innervation*

Funktion

N. femoralis, Äste des Plexus lumbalis (Th12–L4)

Flexion, Innenrotation**

Flexoren M. iliopsoas

M. psoas major M. iliacus

M. rectus femoris

M. sartorius

Wirbelkörper Th XII–L IV (lateral); Processus costales (L I–V)

Trochanter minor

Fossa iliaca, Spina iliaca ant. inf. Spina iliaca anterior inferior Spina iliaca anterior superior

Tuberositas tibiae

Facies med. der proximalen Tibia

N. femoralis (L2–L4)

Hüfte: Flexion Kniegelenk: Extension Hüfte: Flexion Kniegelenk: v.a. Flexion

Glutealmuskeln Os ilium dors. Linea glutea. post., Os sacrum, Lig. sacrotuberale

M. gluteus medius

Os ilium zwischen Crista iliaca und Linea glutea ant.

M. gluteus minimus

Os ilium zwischen Linea glutea ant. und inf.

M. tensor fasciae latae

Spina iliaca ant. sup.

Fascia lata, Tuberositas glutea (dorsolateral am Femur)

Trochanter major („kleine Gluteen“)

N. gluteus inferior (L4–S2)

N. gluteus superior (L4–S1)

Tractus iliotibialis (lat. Tibiakondylus)

Extension, Außenrotation, Abduktion/ Adduktion

Abduktion

M. gluteus maximus

zusätzlich Flexion/ Extension, Innen-/ Außenrotation zusätzlich Flexion, Innenrotation Kniegelenk: Außenrotation

Pelvitrochantere Muskeln (von kranial nach kaudal) Os sacrum, Facies pelvina S II–S IV

M. gemellus superior

Spina ischiadica

M. gemellus inferior

Tuber ischiadicum

M. obturatorius internus***

Membrana obturatoria (innen)

M. obturatorius externus***

Membrana obturatoria (außen)

M. quadratus femoris

Tuber ischiadicum

zusätzlich Abduktion

Trochanter major

Äste des Plexus sacralis (L5 –S2) Fossa trochanterica N. obturatorius (L3–L4) Crista intertrochanterica

N. gluteus inf. (L5–S2)

Außenrotation

M. piriformis

zusätzlich Adduktion

* Die Segmente beziehen sich auf die Innervation der Muskeln; häufig führt der Nerv Fasern aus mehr als den angegebenen Segmenten. ** Der Muskel wird nur zum Außenrotator, wenn durch Mitwirkung (z.B. durch Fixierung des Trochanter major durch die Gluteen) die Rotationsachse (in das Collum) verlagert wird. *** Die Mm. obturatorii wirken auch als schwache Adduktoren.

Zu M. sartorius am Kniegelenk siehe auch Abb. D-1.41.

D

⊙ D-1.9

353

1.2 Hüftgelenk (Articulatio coxae)

Muskeln des Hüftgelenks (Teil II)

Muskel

Ursprung

Ansatz

Innervation*

M. pectineus

Pecten ossis pubis

Linea pectinea femoris N. femoralis, N. obturatorius

M. adductor longus

Os pubis (Ramus sup.), Symphyse

Funktion

Adduktoren**

M. adductor brevis

Os pubis (Ramus inf.)

M. adductor magnus

Os pubis (Ramus inf.), Os ischii

M. gracilis

Os pubis (Ramus inf.)

Labium mediale der Linea aspera und medialer Femurepikondylus

N. obturatorius (L2–L4) N. tibialis (medialer Teil)

Adduktion

Tibia („Pes anserinus“)

Ischiocrurale Muskeln M. semitendinosus M. semimembranosus

medialer Tibiakondylus (dorsal) Tuber ischiadicum

M. biceps femoris, Caput longum

lateral Tibiakondylus, Caput fibulae

N. ischiadicus Tibialisanteil (L5–S2)

Hüfte: Extension; Kniegelenk: v.a. Flexion

* Die Segmente beziehen sich auf die Innervation der Muskeln; häufig führt der Nerv Fasern aus mehr als den angegebenen Segmenten. ** Mit Ausnahme der dorsalen Anteile des M. adductor magnus, welche minimal strecken, sind die Adduktoren schwache Beuger; bezüglich ihrer rotierenden Funktion finden sich in der Literatur widersprüchliche Angaben.

Zu M. gracilis, semimembranosus und biceps femoris am Kniegelenk siehe auch Abb. D-1.41.

⊙ D-1.10

⊙ D-1.10

Musculus iliopsoas Darstellung des rechten M. iliopsoas von ventral. (Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

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354

D

Glutealmuskeln

Glutealmuskeln

1 Hüfte, Oberschenkel und Knie

Die Glutealmuskeln repräsentieren die oberflächliche Schicht der sog. äußeren Hüftmuskulatur. M. gluteus maximus (Abb. D-1.11): Wegen seiner Masse und langen Hebelarme ist er der bedeutendste Strecker und Außenrotator. Er sichert die aufrechte Haltung und ist für das Strecken der Hüfte gegen das Körpergewicht, z. B. beim Treppensteigen oder Aufstehen aus dem Sitzen unerlässlich.

▶ Klinik.

⊙ D-1.11

Musculus gluteus maximus: Er ist der kräftigste Muskel des menschlichen Körpers (Abb. D-1.11). Bei einem erwachsenen Mann kann die maximale Kraftentfaltung des komplex gefiederten Muskels 1 to überschreiten. Seine Muskelplatte bildet ein Parallelogramm, wobei die Fasern vom Ursprung am dorsalen Beckenring schräg nach kaudal/lateral zum Ansatz dorsolateral am proximalen Oberschenkel ziehen. Sein großer Abstand von der Flexions-Extensions- und der Rotationsachse bedeutet lange Hebelarme, woraus im Verein mit seiner großen Kraft sehr große Drehmomente resultieren, die ihn zum bedeutendsten Strecker und Außenrotator machen. Seine gewaltige Ausprägung ist wesentlich für die typisch menschliche Form des Gesäßes verantwortlich und hat ihre Ursache in der aufrechten Haltung, die ohne die Streckwirkung des M. gluteus maximus zwar noch möglich ist, aber kein schnelles Laufen oder Bergaufgehen erlaubt. ▶ Klinik. Eine Lähmung des M. gluteus maximus ist glücklicherweise selten; am ehesten wird sie bei einem Ausfall des Nervus gluteus inferior (S. 884) nach einer fehlerhaften intramuskulären Injektion beobachtet. Dabei ist das Durchstrecken der Hüfte gegen das Körpergewicht und damit Treppensteigen und Aufstehen aus dem Sitzen kaum möglich. Auch beim Stehen muss der Patient in diesem Fall sehr darauf achten, dass er bei Bewegungen des Oberkörpers nicht das Gleichgewicht nach vorne verliert.

⊙ D-1.11

Musculus gluteus maximus Darstellung des rechten oberflächlichsten Glutealmuskels in der Ansicht von dorsal. (Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

D

355

1.2 Hüftgelenk (Articulatio coxae)

Die Abduktions-Adduktions-Achse verläuft mitten durch den großflächigen Muskel, sodass seine kranialen Anteile abduzieren, seine kaudalen adduzieren (Abb. D-1.11). ▶ Klinik. Bei einer Schenkelhalsfraktur dreht das Übergewicht der Außenrotatoren

Die kranialen Anteile des M. gluteus maximus abduzieren, die kaudalen adduzieren (Abb. D-1.11). ▶ Klinik.

das Bein als distales „Frakturstück“ nach außen, was an der Stellung der Fußspitze leicht erkennbar ist (s. Abb. D-1.12).

⊙ D-1.12

Schenkelhalsfraktur. Auf der betroffenen rechten Seite fallen bei der Inspektion auf: Verkürzung des Oberschenkels, leichte Flexion im Kniegelenk und Außenrotation sowie leichte Abduktion des Beines.

Bei gestrecktem Hüftgelenk (aufrechte Haltung) bedeckt der Muskel das Tuber ischiadicum. Beim Beugen gleitet der Unterrand des Muskels nach kranial, sodass er im Sitzen nicht zwischen dem Tuber und der Unterlage gequetscht wird. Musculi glutei medius und minimus (Abb. D-1.13): Sie werden trotz ihrer kräftigen Ausprägung auch als die „kleinen Gluteen“ bezeichnet. Beide Muskeln strahlen fächerförmig von der Spitze des Trochanter major zur Außenfläche der Darmbeinschaufel. Dabei wird der M. gluteus minimus vom M. gluteus medius vollkommen überdeckt. Die Fasern beider Muskeln verlaufen weitgehend parallel, sodass sie funktionell als ein Muskel gesehen werden können. Ihre Lage lateral der Abduktions-Adduktions-Achse qualifiziert sie primär als Abduktoren. ▶ Merke. Die Abduktionsfunktion der kleinen Gluteen ist essenziell für den Gang,

Mm. glutei medius und minimus (Abb. D-1.13): Diese „kleinen Gluteen“ konvergieren von der Ala ossis ilii zum Trochanter major und sind die wichtigsten Abduktoren.

▶ Merke.

indem sie durch Kontraktion auf der Standbeinseite ein Abkippen des Beckens zur Spielbeinseite verhindern. Beim Gehen wird das Körpergewicht auf das Standbein verlagert, um das Spielbein vom Boden abzuheben und nach vorne zu führen. So kommt es zum Einbeinstand auf dem Standbein. ▶ Merke. Man steht beim Gehen abwechselnd auf einem Bein, dem sog. Standbein.

Da der Schwerpunkt der Körpermasse medial vom Hüftgelenk liegt, hat sie die Tendenz, das Becken auf der nicht abgestützten Spielbeinseite herunterzudrücken. Dem wirken die Abduktoren der Standbeinseite entgegen und erleichtern das Vorführen des Spielbeins zusätzlich durch Anheben der Spielbeinseite des Beckens (Abb. D-1.14).

Beim Gehen wird das Körpergewicht auf das Standbein verlagert.

▶ Merke.

Der Körperschwerpunkt medial vom Hüftgelenk tendiert beim Gehen das Becken zur Spielbeinseite zu kippen, was durch Kontraktion der Standbeinabduktoren verhindert wird. (Abb. D-1.14).

356

D

⊙ D-1.13

1 Hüfte, Oberschenkel und Knie

Musculi gluteus medius und minimus sowie pelvitrochantere Muskeln

(Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

a Ansicht von dorsal nach Entfernung des M. gluteus maximus b und nach zusätzlicher Entfernung des M. gluteus medius. Kaudal der Mm. glutei medius und minimus sind die pelvitrochanteren Muskeln sichtbar

⊙ D-1.14

Funktion der Musculi glutei medius und minimus beim Stehen und Gehen (Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

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a Beim Gesunden stabilisieren die „kleinen Gluteen“ des Standbeins das Becken. b Durch Ausfall der „kleinen Gluteen“ des Standbeins kippt das Becken beim Versuch, auf einem Bein zu stehen, zur Spielbeinseite ab (Trendelenburg-Zeichen). c Um beim Gehen dieses Abkippen zu verhindern, wird der Rumpfschwerpunkt abnorm weit auf die Standbeinseite (mit den ausgefallenen „kleinen Gluteen“) verlagert (Duchenne-Hinken).

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a

▶ Klinik.

b

c

▶ Klinik. Ein Ausfall der kleinen Gluteen, z. B. infolge einer Schädigung des Nervus

gluteus superior durch eine fehlerhafte intramuskuläre Injektion (S. 392), führt beim Einbeinstand zum sog. Trendelenburg-Zeichen (Abb. D-1.14b). Beim Gehen resultiert aus dem Bemühen des Patienten, das Absinken des Beckens zur Spielbeinseite durch z. T. übertriebene Verlagerung des Rumpfes auf die Standbeinseite zu kompensieren, das Duchenne-Hinken (Abb. D-1.14c). Da die beiden „kleinen Gluteen“ relativ großflächig sind, verläuft ein Teil ihrer Fasern vor, der andere hinter der Flexions-Extensions-Achse; dementsprechend wirken sie sowohl als Beuger als auch als Strecker. Ihre ventralen Anteile rotieren nach innen, ihre dorsalen nach außen.

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⊙ D-1.15

⊙ D-1.15

Tractus iliotibialis

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357

1.2 Hüftgelenk (Articulatio coxae)

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Oberschenkel und Gesäß eines rechten Beines in der Ansicht von lateral: Man beachte, wie die Mm. gluteus maximus und tensor fasciae latae von dorsal bzw. ventral in den Tractus iliotibialis einstrahlen. (Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

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Musculus tensor fasciae latae: Der M. tensor fasciae latae, der die Muskelmasse des Gluteus medius nach ventral fortsetzt, zählt ebenfalls zu den vom N. gluteus superior innervierten Abduktoren. Da er weit vor der Flexions-Extensions-Achse verläuft, ist er trotz seines geringen Querschnitts auch ein guter Beuger, was erklären dürfte, wieso er bei Sprintern ausgeprägt ist. Er setzt schräg von ventral/kranial am Tractus iliotibialis an (Abb. D-1.15). Wegen seinem Ansatz am lateralen Tibiakondylus ist er ein Außenrotator im Knieglenk. Der Tractus iliotibialis ist eine Verstärkung der Fascia lata an der Außenseite des Oberschenkels. Die Fascia lata repräsentiert die Fascia superficialis am Oberschenkel. Von dorsal/kranial strahlt der kraniale Abschnitt des M. gluteus maximus ein. Der Tractus iliotibialis erstreckt sich von der Crista iliaca bis zum Condylus lateralis tibiae. Er wirkt als Zuggurtung gegen die laterale Ausbiegungstendenz des Femurs. Diese ist eine Folge der medial des Femurschafts und damit exzentrisch vom Hüftzum Kniegelenk verlaufenden Traglinie (Abb. D-1.2b).

Musculus tensor fasciae latae: Er zählt gleichfalls zu den Abduktoren; daneben ist er ein Flexor (Abb. D-1.15).

Pelvitrochantere Muskeln

Pelvitrochantere Muskeln

Die pelvitrochanteren Muskeln bilden die tiefe Lage der äußeren Hüftmuskulatur: ■ Musculus piriformis, ■ Musculi gemellus superior und inferior, ■ Musculi obturatorius internus und externus sowie ■ Musculus quadratus femoris. Die Bezeichnung dieser Muskelgruppe als pelvitrochantere Muskulatur (sichtbar in Abb. D-1.13) nimmt auf Ursprung und Ansatz Bezug: Die Muskeln entspringen vom

Nach ihrem Ursprung und Ansatz werden M. piriformis, ■ Mm. gemellus superior und inferior, ■ Mm. obturatorius internus und externus sowie ■ M. quadratus femoris als pelvitrochantere Muskeln bezeichnet (Abb. D-1.13). Sie sind alle Außenrotatoren.

Gemeinsam mit dem kranialen Abschnitt des M. gluteus maximus spannt der M. tensor fasciae latae den Tractus iliotibialis (Abb. D-1.15). Diese Verstärkung der Fascia lata wirkt als Zuggurtung gegen die laterale Ausbiegungstendenz des Femurs.



358 ⊙ D-1.16

D

1 Hüfte, Oberschenkel und Knie

⊙ D-1.16

Musculus piriformis mit Bildung der Foramina supra- und infrapiriforme

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(Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

Der M. piriformis unterteilt das Foramen ischiadicum majus (S. 885) in ein Foramen supra- bzw. infrapiriforme (Abb. D-1.16), durch die Nerven und Gefäße das Becken verlassen. ▶ Klinik.

Os sacrum und den kaudalen Abschnitten des Os coxae (v. a. der Membrana obturatoria) bis zum Tuber ischiadicum, um zur Fossa trochanterica und Crista intertrochanterica zu konvergieren. Sie wirken alle als Außenrotatoren. Statisch gesehen dichtet der M. piriformis das zwischen Spina ischiadica, Os ischii, Os ilium, Kreuzbein und Lig. sacrospinale gelegene Foramen ischiadicum majus (S. 885) nach dorsal ab. An seinem Ober- bzw. Unterrand lässt er die Foramina supraund infrapiriforme frei (Abb. D-1.16), durch die Nerven und Gefäße vom kleinen Becken in die Glutealregion austreten. ▶ Klinik. Sehr selten können die Foramina supra- und (eher noch) infrapiriforme

zu Bruchpforten von Hernien (S. 315) werden. Bei hartnäckigen ischialgiformen Beschwerden, für die sich keine andere Erklärung finden lässt, sollte eine Einklemmung des N. ischiadicus durch eine Hernie im Foramen infrapiriforme in Betracht gezogen werden. Adduktoren

Adduktoren

Die Muskeln der Adduktorengruppe entspringen von der medialen Umrahmung des Foramen obturatum und setzen an der medialen Seite der Femurdiaphyse an (Abb. D-1.17). Als Antagonisten der Abduktoren stabilisieren sie Becken und Standbein, was beim Gehen auf rutschigem Untergrund besonders wichtig ist.

Die fünf zur Adduktorengruppe gehörenden Muskeln entspringen alle von der medialen Umrahmung des Foramen obturatum, also im Wesentlichen vom Os pubis und einem kleinen angrenzenden Bereich des Os ischii. Von hier strahlen sie fächerförmig zu ihrem Ansatz aus, der die gesamte mediale Seite der Femurdiaphyse distal vom Trochanter minor inklusive dem Epicondylus medialis umfasst. Dadurch bilden sie eine dreieckige Muskelplatte, die den Raum zwischen Schenkelhals und Diaphyse ausfüllt und liegen alle medial/kaudal von der Abduktions-Adduktions-Achse, d. h. gegenüber den abduzierenden kleinen Gluteen (Abb. D-1.17). Als deren Antagonisten ist ihre adduzierende Wirkung wichtig bei der Stabilisierung des Beckens beim Gehen und Stehen. Beim Gehen auf glattem Untergrund (v. a. auf Schnee und Eis) verhindern sie ein Abrutschen des Standbeins nach außen. Ihre ventralen Anteile haben leicht innenrotierende und beugende Wirkung, die dorsalen rotieren etwas nach außen und strecken.

▶ Klinik.

▶ Klinik. Unter einer „Leistenzerrung“ versteht man eine Zerrung der Ursprungsseh-

nen der Adduktoren, wie sie bei einer plötzlichen, unkontrollierten Abduktion, z. B. bei einer missglückten Grätsche im Fußball oder einem Spagat beim Ballett auftreten kann. Ischiokrurale Muskeln

Ischiokrurale Muskeln

M. semimembranosus M. semitendinosus ■ M. biceps femoris strecken im Hüftgelenk und beugen im Kniegelenk.

Die auf der Rückseite des Oberschenkels gelegenen Mm. semimembranosus, semitendinosus und biceps femoris werden wegen ihres Ursprungs am Tuber ischiadicum und ihres Ansatzes am Unterschenkel (Crus) als ischiokrurale Muskeln bezeichnet. Sie strecken im Hüftgelenk und beugen im Kniegelenk. Sie werden detaillierter bei den Muskeln des Kniegelenks (S. 377) besprochen.

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⊙ D-1.17

359

1.2 Hüftgelenk (Articulatio coxae)

Adduktoren

⊙ D-1.17

(Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

Hüftgelenkmuskeln nach Bewegungen

≡ D-1.2

Hüftgelenkmuskeln nach Bewegungen

Hüftgelenkmuskeln geordnet nach Bewegungen und Wichtigkeit

Bewegung

Muskeln (Anteil am Gesamtdrehmoment aller an der Bewegung beteiligten Muskeln in %)*

Flexion

M. rectus femoris (25–35 %), M. iliopsoas (20–35 %), M. tensor fasciae latae (≤ 15 %), Mm. gluteus medius & minimus (ventrale Abschnitte, ≤ 10 %), M. sartorius (≤ 10 %)

Extension

M. gluteus maximus (45 %), Mm. gluteus medius & minimus, (dorsale Teile 5–30 %), M. semimembranosus (10–15 %), M. adductor magnus (≤ 20 %)

Adduktion

M. adductor magnus (20–30 %), M. gluteus max. (kaudaler Teil) (10–30 %), M. adductor longus (≤ 10), M. adductor brevis (≤ 10 %)

Abduktion

Mm. glutei medius & minimus (35–50 %), M. tensor fasciae latae (15–25 %), M. gluteus max. (kranialer Teil, 15–20 %), M. rectus femoris (10–20 %)

Außenrotation

M. gluteus maximus (30–40 %), pelvitrochantere Muskeln (20–30 %), Mm. gluteus medius & minimus (dorsale Teile, ≤ 20 %)

Innenrotation

Mm. gluteus medius & minimus (ventrale Abschnitte, ≤ 35 %), M. tensor fasciae latae ( ≤ 30 %), M. adductor magnus ( ≤ 30 %), M. rectus femoris (≤ 15 %)

* Es wurden nur wichtige Muskeln mit einem Anteil > 10 % berücksichtigt. Bei den Prozentangaben handelt es sich um gerundete Ca.-Werte. Auf Grund der großen Beweglichkeit des Hüftgelenks variieren bei manchen Muskeln sowohl der Anteil des Muskels, der an einer Bewegung mitwirkt, als auch sein Drehmoment ganz erheblich in Abhängigkeit von der Ausgangstellung des Gelenks. Daher ist bei manchen Muskeln die Spanne angegeben, in der ihr Anteil am Gesamtdrehmoment aller Synergisten einer bestimmten Bewegung liegt.

360

D

1.2.5

Entwicklung von Hüfte und Oberschenkel Die Entwicklung der unteren Extremität ist gegenüber der oberen Extremität verzögert.

1.2.5 Entwicklung von Hüfte und Oberschenkel

Pränatale Entwicklung

Pränatale Entwicklung

Sie beginnt in der 5. Embryonalwoche mit der Bildung der Extremitätenknospe. Zwischen 6. Woche und 7. Monat verknöchern die Diaphysen von Femur, Tibia und Fibula sowie Os ilium, Os ischii und Os pubis. Letztere sind im Bereich des Azetabulums durch die Y-Fuge (S. 328) verbunden.

Zu Beginn der 5. Woche beginnt sich die Extremitätenknospe auszubilden. Die Ausbildung der mesenchymalen Blasteme der einzelnen Skelettelemente erfolgt von proximal nach distal. Analoges gilt für das Auftreten der diaphysären Knochenmanschetten (S. 80) im Bereich der freien unteren Extremität: ■ Femur: 6. Woche, ■ Tibia: 7. Woche, ■ Fibula: 8. Woche. Die Verknöcherung der 3 Knochen des Os coxae beginnt später: ■ Os ilium: 3. Monat, ■ Os ischii: 4.–5. Monat, ■ Os pubis: 6.–7. Monat. Sie sind im Bereich des Azetabulums durch eine knorpelige Wachstumsfuge, die sog. Y-Fuge (S. 328), verbunden.

Postnatale Entwicklung

Postnatale Entwicklung

Der Femurkopfkern erscheint zwischen dem 4. und 8. Lebensmonat.

Obwohl der Zeitpunkt des Auftretens der Knochenkerne in Epiphysen und Apophysen sowie der knöcherne Schluss der Epiphysenfugen dazu dient, das (u. a. forensisch bedeutsame) „Knochenalter“ zu bestimmen, soll hier nur auf die klinisch sehr bedeutsame Entwicklung von Caput und Collum femoris sowie des Azetabulums eingegangen werden. Der Knochenkern des Femurkopfes erscheint zwischen dem 4. und 8. (postpartalen) Lebensmonat.

▶ Klinik.

Die Y-Fuge schließt sich zwischen dem 13. und 16. Lebensjahr; die Epiphysenfuge zwischen Femurkopf und -hals am Ende der Pubertät.

▶ Klinik.

1 Hüfte, Oberschenkel und Knie

Die Entwicklung der unteren Extremität ist gegenüber der oberen Extremität in der Embryonal- und Fetalperiode, aber auch noch danach bis zur Ausbildung der definitiven Körperproportionen verzögert.

▶ Klinik. Zwischen dem 5. und 7. Lebensjahr kann es zu einer aseptischen Nekrose (Absterben von Gewebe ohne Vorliegen einer Infektion) des Femurkopfkerns kommen (Morbus Perthes). Unter der Belastung wird der Femurkopf deformiert, woraus schon im relativ frühen Erwachsenenalter eine Coxarthrose resultiert. Therapeutisch versucht man durch Entlastung der befallenen Hüfte mittels einer Orthese (Schiene) eine Regeneration ohne Deformität zu ermöglichen.

Die Y-Fuge zwischen den Ossa ilium, ischii und pubis schließt sich zwischen dem 13. und 16. Lebensjahr. Femurkopf und -hals vereinigen sich gegen Ende der pubertären Wachstumsphase knöchern durch den Schluss der proximalen Epiphysenfuge des Femurs (16.–18. Lebensjahr). Diese knorpelige Wachstumsfuge ist gegenüber der Transversalebene nach medial und dorsal gekippt. Dadurch wird der Knorpel nicht nur auf Druck, sondern auch auf Schub beansprucht. ▶ Klinik. Während der durch den pubertären Wachstumsschub bedingten Auf-

lockerung des Epiphysenknorpels kann der Femurkopf unter der Belastung nach medial und dorsal „abrutschen“. Diese Epiphyseolysis capitis femoris tritt zwischen dem 9. und 18. Lebensjahr v. a. bei männlichen Jugendlichen auf. Dass Übergewichtige bevorzugt betroffen sind, unterstreicht den oben skizzierten Pathomechanismus. Folgen davon sind eine Wachstumsstörung mit Beinverkürzung, Beeinträchtigung der Gefäßversorgung des Femurkopfes mit Deformierung und Arthrose sowie Ausheilen in „abgerutschter“ Position, was eine Coxa vara, evtl. mit Duchenne-Hinken (s. o.) auf Grund einer aktiven Insuffizienz der kleinen Gluteen nach sich zieht. Der Kollodiaphysen-(CCD-)Winkel (S. 348) nimmt vom Neugeborenen bis zum Erwachsenen progredient ab (150°–126°) (Tab. D-1.3).

Der Kollodiaphysen-(CCD-)Winkel (S. 348) zwischen Femurschaft und -hals von 126° beim Erwachsenen ist das Ergebnis einer Entwicklung, die sich bis zum Ende der Pubertät erstreckt (Tab. D-1.3). Der Prozess der fortlaufenden Varisierung läuft, wenn auch mit minimaler Geschwindigkeit, noch bis zum Greisenalter weiter, in dem CCD-Winkel um 120° die Norm darstellen.

D

≡ D-1.3

Abhängigkeit des CCD-Winkels vom Alter

Alter

NN

1 Jahr

3 Jahre

5 Jahre

9 Jahre

15 Jahre

Erwach- Greis sener

CCDWinkel

150°

148°

145°

142°

138°

133°

126°

≡ D-1.3

120°

Parallel dazu kommt es an der Pfanne des Hüftgelenks zu einer progredienten Entwicklung des Erkers und einer Vertiefung. Dadurch verringert sich die Steilheit der Pfanneneingangsebene. Dieser „Reifungsprozess“ an den Gelenkkörpern führt dazu, dass der Hüftkopf bis zum Erwachsenenalter immer besser in der Pfanne zentriert und durch den Pfannenerker „überdacht“ wird. Dies bedeutet ein wachsendes Maß an Sicherheit gegen ein Herausgleiten des Caput femoris über den Pfannenerker nach kranial unter der Einwirkung des Körpergewichts, welches das Becken nach unten drückt. Andererseits bedeutet dies, dass das kindliche Hüftgelenk deutlich luxationsanfälliger als das des Erwachsenen ist; und zwar umso mehr je jünger das Kind ist (Abb. D-1.18).

⊙ D-1.18

361

1.2 Hüftgelenk (Articulatio coxae)

Vergleich zwischen kindlichem und erwachsenem Hüftgelenk im Röntgenbild (a.-p. Strahlengang)

Die Pfanne des Hüftgelenks wird tiefer und weniger steil gestellt. Diese „Gelenkreifung“ bewirkt, dass der Hüftkopf immer besser in der Pfanne zentriert und durch den Pfannenerker überdacht und somit luxationssicherer wird (Abb. D-1.18).

⊙ D-1.18

a 2-jähriges Kind: Unter dem Femurkopfkern ist die Epiphysenfuge zu erkennen, die wegen des in diesem Alter steilen Schenkelhalses noch fast horizontal verläuft. (Müller-Hülsbeck, S.: Originalabbildung der Klinik für Diagnostische Radiologie, Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, Campus Kiel)

b Erwachsener: Man beachte, wie der ausgeprägte knöcherne Pfannenerker (*) den Femurkopf „überdacht“. (Möller, T.B., Reif, E.: Taschenatlas der Röntgenanatomie. Thieme, 2010)

▶ Exkurs: kongenitale Hüftreifungsstörung – Pathophysiologie. Die Bedeutung der als kongenitale Hüftdysplasie bereits eingangs erwähnten Hüftreifungsstörung kann nicht hoch genug eingeschätzt werden, wenn man bedenkt, dass ⅓ aller in Deutschland bei Coxarthrose implantierten Totalendoprothesen nachweislich eine Spätfolge hiervon sind (s. o). Pathophysiologisch resultiert aus einer Instabilität eine Ossifikationsstörung im Bereich der Pfanne mit mangelnder Ausbildung des Erkers und zu geringer Tiefe. Meist liegt auch noch ein zu steiler Schenkelhalswinkel (Coxa valga) vor. Beides hat letztlich zur Konsequenz, dass der Kopf bei Belastung nach kranial/dorsal aus der Pfanne auf die Beckenschaufel tritt, wo sich eine Ersatzpfanne bildet (kongenitale Hüftluxation). Dieser mit massiver Beeinträchtigung von Stehen und Gehen (Trendelenburg; s. o.) einhergehende Verlauf ist heute auf Grund standardisierter Screeninguntersuchungen selten geworden. Das Problem sind die nicht erkannten, nicht luxierenden Dysplasien. Die flache Pfanne mit hypoplastischem Erker hat eine Überlastung des Gelenkknorpels am Pfannendach und des Labrum acetabuli zur Folge, die einem vorzeitigen Verschleiß im Sinne einer Coxarthrose (s. o.) unterliegen.

▶ Exkurs: kongenitale Hüftreifungsstörung – Pathophysiologie.

362

D

1 Hüfte, Oberschenkel und Knie

▶ Klinik. Die Diagnostik der Säuglingshüfte ist von eminenter Be-

deutung (s. vorangehenden Exkurs). Neben einer Asymmetrie der Hautfalten an den Oberschenkeln ist eine Abduktionshemmung wegweisend.

⊙ D-1.19

Klinische Diagnostik der Säuglingshüfte. (Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

Zur weiteren Diagnostik finden bildgebende Verfahren wie Ultraschall und Röntgen Verwendung. Auch wenn in den ersten Lebensmonaten Ultraschall der Röntgendiagnostik überlegen ist, so hat Letztere in der Verlaufskontrolle ihren Platz. Außerdem lässt sich der Reifungsprozess des Gelenks im Röntgenbild sehr gut veranschaulichen. Verschiedene Hilfslinien und Winkel finden dabei Verwendung (Abb. D-1.20).

⊙ D-1.20

Röntgendiagnostik des kindlichen Hüftgelenks mit Hilfslinien. (Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.) a Schematische Beckenübersichtsaufnahme im sagittalen Strahlengang (a.-p.) bei einem 2 Jahre alten Kind mit einer kongenitalen Luxation des linken Hüftgelenks. Die unten angeführten Hilfslinien und -winkel zeigen zwischen gesunder (rechte Bildhälfte) und kranker Seite (linke Bildhälfte) teilweise dramatische Unterschiede. b Schematische Darstellung einer a.-p. Röntgenaufnahme der rechten Hüfte eines 5-jährigen Kindes zur Darstellung des CE-(CentrumErker-)Winkels (s. u.).

Hilgenreiner-Linie: Sie wird horizontal durch die Y-Fugen gelegt; Ombrédanne-Linie: Sie geht senkrecht durch den Pfannenerker. Diese Linien bilden ein Achsenkreuz, wobei der (erst um den 6. Monat nachweisbare) Kopfkern im inneren unteren Quadranten liegen soll. Ménard-Shenton-Linie: Sie beschreibt beim gesunden Hüftgelenk einen glatten Bogen von der Medialseite des Collum femoris bis zur Unterseite des Ramus sup. ossis pubis. AC(Acetabulum)-Winkel: Er wird von einer Tangente vom Pfannenerker zur Y-Fuge mit der Horizontalen gebildet und ist ein Maß für die Steilheit der Pfanneneingangsebene. Er wird im Laufe der Kindheit fortlaufend kleiner: von 30° beim Neugeborenen bis zu weniger als 10° beim 15-Jährigen. CE(Centrum-Erker)-Winkel: Er wird vom Lot durch das Zentrum des Kopfkerns und der Tangente vom Kernzentrum zum Pfannenerker eingeschlossen. Er ist neben der Ausbildung des Pfannenerkers auch von der Lage des Hüftkopfes abhängig, spiegelt die Zentrierung des Kopfes in der Pfanne wider und wird mit der Gelenkreifung größer (Säugling: > 10°; 15-Jähriger: > 25°). Bei der Therapie kommt es darauf an, möglichst früh zu beginnen. Falls die Dysplasiediagnose schon in den ersten Wochen gestellt wird, reicht in vielen Fällen eine Spreizwindel. Daneben kommt Physiotherapie zum Einsatz. Bei verschleppten Fällen werden plastische Operationen erforderlich.

D

1.3

363

1.3 Kniegelenk (Articulatio genus)

Kniegelenk (Articulatio genus)

Die Anatomie des Kniegelenks weist mehrere Merkmale auf, die als Erklärung für die Häufigkeit von Knieverletzungen und degenerativen Veränderungen angesehen werden können: ■ Es verbindet die längsten Hebelarme des Skeletts, ■ die Weichteilbedeckung ist äußerst gering (z. B. im Vergleich zum Hüftgelenk) ■ die miteinander artikulierenden Gelenkkörper sind wenig kongruent, d. h. ihre Passform ist nicht optimal. ▶ Klinik. Im Alltag des traumatologisch tätigen Chirurgen und Orthopäden sind Erkrankungen des Kniegelenks von überragender Bedeutung: Verletzungen des Kniegelenks als Folge eines indirekten Traumas mit Dreh- und Knickmechanismen sind häufig durch Sportunfälle verursacht. Als unfallträchtigste Sportarten sind Fußball, Volleyball und der alpine Skilauf zu nennen. Aber auch für eine direkte Traumatisierung ist das Kniegelenk anfällig. Insbesondere die Inkongruenz der artikulierenden Gelenkkörper erklärt auch die große Anfälligkeit des Kniegelenks für chronisch degenerative Erkrankungen (sog. Gonarthrose = Arthrose des Kniegelenks), bei denen es nach der Wirbelsäule auf Platz zwei der Statistik noch vor dem Hüftgelenk rangiert (Abb. C-1.1).

1.3

Kniegelenk (Articulatio genus)

Ausschlaggebend für die Anfälligkeit des Kniegelenks bezüglich Verletzungen und degenerativer Erkrankungen sind folgende anatomische Gegebenheiten: ■ große Länge der Hebelarme ■ geringer Weichteilschutz ■ Inkongruenz der Gelenkkörper.

▶ Klinik.

1.3.1 Gelenktyp und Gelenkkörper

1.3.1

Das Kniegelenk ist ein aus mehreren Teilgelenken zusammengesetztes Gelenk, an dem distales Femur, proximale Tibia = Schienbein (S. 397) bzw. Tibiakopf und Patella (S. 364) beteiligt sind (Abb. D-1.21).

Femur, Tibia (Schienbein) und Patella (Kniescheibe) bilden ein aus Teilgelenken zusammengesetztes Gelenk (Abb. D-1.21).

⊙ D-1.21

Kniegelenk (Articulatio genus)

(Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

a Rechtes Kniegelenk in der Ansicht von ventral, b dorsal c lateral.

Gelenktyp und Gelenkkörper

364

D

Teilgelenke

Teilgelenke

Man unterscheidet: ■ Femoropatellargelenk: zwischen Patella und Facies patellaris des Femurs. ■ Femorotibialgelenk: zwischen jeweils medialem und lateralem Femur- und Tibiakondylus.

Man unterscheidet folgende Teilgelenke: ■ Femoropatellargelenk: In diesem Gelenk werden die Gelenkflächen von der Patella (Kniescheibe) und der Facies patellaris des Femurs gebildet. ■ Femorotibialgelenk: Die Gelenkflächen bestehen hier aus dem medialen und lateralen Femurkondylus (Condylus medialis und lateralis femoris) sowie aus dem medialen und lateralen Tibiakondylus (Condylus medialis und lateralis tibiae), die das „Tibiaplateau“ bilden. Aus klinisch-praktischen Erfordernissen wird das Femorotibialgelenk in ein laterales und mediales Kompartiment unterteilt. Funktionell gesehen, stellt es ein Drehscharniergelenk (sog. Trochoginglymus) dar, wobei die Achse der Scharnierbewegung (Flexion/Extension) annähernd frontal durch die Femurkondylen verläuft. Bei Beugung im Kniegelenk kommt es parallel zum Drehen der Femurkondylen auf dem Tibiaplateau zu ihrem Abrollen nach dorsal. Dies führt dazu, dass die Kontaktfläche der Femurkondylen mit der Tibia bei maximaler Beugung an den dorsalen Rand des Tibiaplateaus gerät. Parallel dazu gleitet die Patella bei der Beugung in ihrem Gleitlager bis zu 6 cm nach kaudal. Daneben kann (bei gebeugtem Knie) der Unterschenkel um seine Längsachse rotieren.

Es werden ein mediales und laterales Kompartiment unterschieden. Als Drehscharniergelenk erlaubt es Flexion und Extension (mit Abrollkomponente) sowie Rotation um die Längsachse des Unterschenkels. Bei Flexion gleitet die Patella im Femoropatellargelenk nach kaudal, bei Extension nach kranial.

1 Hüfte, Oberschenkel und Knie

Gelenkkörper

Gelenkkörper

Distales Ende des Femurs: Die Femurkondylen sind spiralig gekrümmt – hinten stärker als vorne (Abb. D-1.21c). Dorsal liegt zwischen ihnen die Fossa intercondylaris. Ventral sind die Femurkondylen durch die überknorpelte Gleitrinne für die Patella, die Facies patellaris, verbunden. Oberhalb der überknorpelten Gelenkflächen springen Epicondylus femoris medialis und lateralis als Ansatzstellen für Muskeln und Bänder vor.

Distales Ende des Femurs: Die walzenförmigen Femurkondylen sind nicht kreisförmig, sondern spiralig gekrümmt, wobei die Krümmung von vorne nach hinten zunimmt. Dies bedeutet, dass bei gebeugtem Kniegelenk die Kontaktfläche zwischen Femur- und Tibiakondylen geringer ist als bei gestrecktem, also die Kongruenz („Passform“) zwischen den Gelenkkörpern bei der Beugung abnimmt (Abb. D-1.21c). Dorsal sind die Femurkondylen durch die ausgeprägte Fossa intercondylaris, in der sich die Kreuzbänder (S. 373) befinden, getrennt. Kranial der Fossa intercondylaris liegt die Fläche der Facies poplitea. Ventral liegt die flache Gleitrinne für die Patella (Facies patellaris) zwischen den Femurkondylen. Dabei springt der laterale Femurkondylus in den meisten Fällen weiter vor als der mediale, und der laterale Teil des Gleitlagers ist etwas großflächiger als der mediale. Der Knorpelbelag der Femurkondylen beschränkt sich dorsal und kaudal auf die Kontaktflächen mit den Tibiakondylen, ventral sind die Gelenkknorpel der Kondylen über den Knorpel der Patellagleitrinne miteinander verbunden. Seitlich, etwa in der Mitte der Kondylen springen als Epicondylus medialis und lateralis bezeichnete Knochenhöcker vor, welche als Ansatzpunkte für Muskeln und Bänder dienen.

Patella: Sie ist als Sesambein (S. 238) in die Sehne des M. quadriceps femoris (S. 377) eingelagert. Auf ihrer Rückseite bilden zwei Gelenkfacetten den Patellaöffnungswinkel von ca. 130° (Abb. D-1.23).

Patella: Die Patella (Kniescheibe, Abb. D-1.23) ist als größtes Sesambein (S. 238) des Körpers in die Sehne des Kniestreckers M. quadriceps femoris (S. 377) eingebaut. Ihr proximales abgerundetes Ende wird als Basis bezeichnet, das distale Ende bildet den zugespitzten Apex. Ihre Rückseite besteht aus zwei überknorpelten Facetten, welche mit der zwischen den Femurkondylen gelegenen Facies patellaris artikulieren und miteinander den Patellaöffnungswinkel von durchschnittlich 130° bilden.

Proximales Ende der Tibia: Die überknorpelten Gelenkflächen des Tibiakopfes (Abb. D-1.24) sind durch die Eminentia intercondylaris sowie durch die Areae intercondylaris ant. und post. vollständig getrennt. Die mediale Gelenkfläche ist schwach konkav, die laterale leicht konvex geformt; somit sind sie mit den Femurkondylen nicht kongruent.

Proximales Ende der Tibia: Von den Gelenkflächen des Tibiakopfes (Abb. D-1.24) ist die mediale schwach konkav als Pfanne für den entsprechenden Femurkondylus ausgebildet, die laterale dagegen ist im mittleren Bereich plan und fällt vorne und hinten ab, sodass sie insgesamt nach kranial leicht konvex ist. Somit ist die Kongruenz mit den Femurkondylen sehr schlecht. Die überknorpelten Gelenkflächen sind vollständig getrennt; dazwischen liegen die Eminentia intercondylaris mit den Tubercula intercondylaria mediale und laterale sowie ventral bzw. dorsal davon die Areae intercondylares anterior und posterior. Sie dienen als Ansatzstellen für die Kreuzbänder und Menisci.

Gelenkknorpel: Die Inkongruenz der Gelenkflächen wird etwas durch die dicken Gelenkknorpel gemildert. Diese betragen im Mittel 2–3 mm.

Gelenkknorpel: Das Kniegelenk weist von allen Gelenken die höchsten Dicken der Gelenkknorpel auf: Im Mittel sind es auf der Rückseite der Patella 3 mm, auf den Femurkondylen und den Tibiakondylen 2–3 mm, wobei an manchen Stellen Extremwerte bis 7 mm gemessen wurden; hieraus resultiert ein sehr weiter „radiologischer Gelenkspalt“ (s. Abb. D-1.22). Durch die Verformung dieser extrem dicken Gelenkknorpel wird die oben beschriebene Inkongruenz der Gelenkflächen etwas abgemildert.

D

⊙ D-1.22

1.3 Kniegelenk (Articulatio genus)

Kniegelenk im Röntgenbild

Röntgenaufnahme des Kniegelenks a.-p. (aI) und seitlich (bI) mit erklärender Schemazeichnung (aII, bII). (Möller, T. B., Reif, E.: Taschenatlas der Röntgenanatomie. Thieme, 2010)

⊙ D-1.23

Patella

Ansicht der rechten Kniescheibe von ventral (a), dorsal (b) und distal (c). (Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

365

366

D

⊙ D-1.24

1 Hüfte, Oberschenkel und Knie

⊙ D-1.24 /  

Tibiaplateau des rechten Unterschenkels 5  !    %      %     

/ %      4

  

!     %     

Ansicht von proximal. (Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

/ %   

Bandapparat und Gelenkkapsel des Kniegelenks Der Bandapparat, zu dem man auch die Menisci zählt, ist komplex.

1.3.2 Bandapparat und Gelenkkapsel des Kniegelenks

Menisci

Menisci

Funktion und Form: Die kleinen Kontaktflächen zwischen Femur- und Tibiakondylen bedingen enorme Druckbelastungen. Die zwischen Femur- und Tibiakondylen liegenden C-förmigen Menisci (Abb. D-1.25) haben einen keilförmigen Querschnitt. Sie vergrößern die belasteten Gelenkflächen von Femur und Tibia, wodurch die Druckkräfte verringert werden.

Funktion und Form: Trotz seiner Dicke ist der hyaline Gelenkknorpel durch die relativ kleinen Kontaktflächen zwischen Femur- und Tibiakondylen (s. o.) einer unverhältnismäßig hohen Druckbelastung ausgesetzt. Dem wirken die Menisci entgegen: Die C-förmigen Menisci sind vorne, seitlich und hinten zwischen Femur- und Tibiakondylen interponiert (Abb. D-1.25). Sie haben einen keilförmigen Querschnitt mit der größten Dicke an der Peripherie (sog. Meniskusbasis) und schieben sich nach innen spitz zulaufend zwischen die Gelenkkörper des medialen und lateralen Femorotibialgelenks. Dadurch bilden sie passende „Gelenkpfannen“ auf den Tibiakondylen

1.3.2

⊙ D-1.25

Der Bandapparat des Kniegelenks ist äußerst komplex. Unter funktionellen und klinischen Aspekten rechnet man auch die Menisci dazu.

Lage der Menisci im Femorotibialgelenk

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b

(Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

a Rechtes Tibiaplateau in der Ansicht von proximal nach Durchtrennung der Kreuz- und Kollateralbänder (s. u.) sowie Entfernung des Oberschenkelknochens: Sichtbar sind die dem Tibiaplateau aufliegenden Menisci mit ihren Anheftungsstellen. b Frontaler Sägeschnitt durch das rechte Femorotibialgelenk in der Ansicht von ventral.

D

367

1.3 Kniegelenk (Articulatio genus)

und verteilen so den Druck der Femurkondylen gleichmäßiger auf die tibialen Gelenkflächen. ▶ Klinik. Bei der früher nach Meniskusverletzungen durchgeführten Totalexstirpati-

▶ Klinik.

on eines Meniskus trat als Spätfolge der dann unphysiologisch hohen Belastung der Gelenkknorpel häufig eine Arthrose des Kniegelenks (Gonarthrose) auf. Heute ist man bei Meniskusrissen (s. u.) bemüht, möglichst wenig Material des Meniskus zu entfernen, bzw. bei Rissen an seiner dicken, durchbluteten Basis (Abb. D-1.29) eine Reparatur mittels Naht durchzuführen. Bei der im Rahmen der Kniebeugung stattfindenden Abrollbewegung der Femurkondylen auf den tibialen Gelenkflächen müssen die Menisci bis zu 1 cm nach dorsal ausweichen und bei der anschließenden Streckung wieder nach vorne gleiten (Abb. D-1.26). Diese Bewegung geschieht teils passiv durch Verdrängung vonseiten der Femurkondylen und teils aktiv durch Muskelzug: ■ Zug nach hinten durch Fasern der Sehnen der Beugemuskeln M. semimembranosus (medial) und M. popliteus (lateral). Dabei treten v. a. im weniger beweglichen Innenmeniskus Spannungen auf (s. u.). ■ Zug nach vorne durch Retinacula patellae, dem Sehnenansatz des Kniestreckers M. quadriceps femoris (S. 377), von denen Faserzüge über die Gelenkkapsel in die ventralen Meniskusanteile einstrahlen. Bei Außenrotation des Unterschenkels im gebeugten Knie muss der mediale Meniskus noch weiter nach hinten ausweichen, da der mediale Femurkondylus bei Außenrotation des Unterschenkels auf der tibialen Gelenkfläche noch weiter nach dorsal verlagert wird (der laterale Femurkondylus dagegen nach ventral (Abb. D-1.27). Bei der nur geringgradig möglichen Innenrotation verhält es sich umgekehrt.

⊙ D-1.26

Beim Abrollen der Femurkondylen auf dem Tibiaplateau bei Kniebeugung werden die Menisci passiv und aktiv (medial: M. semimembranosus; lateral: M. popliteus) nach dorsal verlagert (Abb. D-1.29). Dabei treten v. a. im Innenmeniskus Spannungen auf.

Bei Außenrotation des Unterschenkels wird der Innenmeniskus noch weiter nach dorsal verlagert (Abb. D-1.27).

Lageveränderung der Menisci bei Knieflexion

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#    #        

aI

bI #        

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a II

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b II

Darstellung eines rechten Kniegelenks in der Ansicht von lateral (I) sowie das beteiligte Tibiaplateau von proximal (II) in Streck- (a) und Beugestellung (b): Man beachte die deutlich geringere Beweglichkeit des stärker fixierten Innenmeniskus (Meniscus medialis) während der Knieflexion. (Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

a Streckstellung. b Beugestellung.

368

D

⊙ D-1.27

1 Hüfte, Oberschenkel und Knie

Lageveränderung der Menisci bei Rotationsbewegungen des Unterschenkels gegenüber dem Oberschenkel JK

JK

JK

JL ?JK

bI

aI

cI JK

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JK

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Darstellung eines rechten Kniegelenks in 90°-Beugestellung: Ansicht von proximal auf das gebeugte Knie (I) und das entsprechende Tibiaplateau (II). (Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

a Nullstellung, b Außenrotation, c Innenrotation.

Aufbau: Die Menisci sind aus Faserknorpel und frei von Synovialmembran.

Aufbau: Die Menisci sind aus Faserknorpel (S. 74) aufgebaut und nicht von der zarten, gut durchbluteten Synovialmembran der Gelenkkapsel überzogen (dies würde bei der hohen Druckbelastung auch wenig Sinn machen).

Lage: Mit ihrem jeweiligen Vorder- bzw. Hinterhorn sind sie an der Area intercondylaris anterior bzw. posterior im Knochen verankert. Die Vorderhörner der Menisci sind durch das Lig. transversum genus verbunden. Die Menisci sind an der Basis mit der Gelenkkapsel verwachsen.

Lage: Die auf den Tibiakondylen beweglichen Menisci sind an ihren Enden (Vorderbzw. Hinterhorn) im Knochen der Area intercondylaris verankert. Die Vorderhörner sind durch das Ligamentum transversum genus verbunden. Beide Menisci sind an ihrer außen gelegenen Basis mit der Gelenkkapsel verwachsen. Dorsal fehlt beim lateralen Meniskus die Verbindung im Bereich des Recessus subpopliteus (S. 378) die Verbindung zur Gelenkkapsel. Medial ist die Gelenkkapsel durch das Lig. collaterale tibiale (s. u.) verstärkt, dessen hinterer Teil breitflächig mit der Basis des Innenmeniskus verwachsen ist. ■ Meniscus medialis (Innenmeniskus): Der weniger gekrümmte, C-förmige Meniscus medialis umfasst vorne und hinten mit seinen Enden die Anheftungsstellen des Meniscus lateralis (Außenmeniskus). Durch seine breitflächige Fixierung an das mediale Kollateralband ist er in seiner Beweglichkeit auf dem Tibiaplateau eingeschränkt. Bei Beugung und Außenrotation gerät er daher unter erhebliche Spannung.



Meniscus medialis (Innenmeniskus): Er ist mit dem straffen tibialen Kollateralband verwachsen und deshalb auf dem Tibiaplateau schlechter verschieblich als der nur mit dünnen Kapselanteilen verwachsene Außenmeniskus.

D

369

1.3 Kniegelenk (Articulatio genus)

▶ Klinik. Sehr häufig wird der Innenmeniskus verletzt, wenn bei gebeugtem Knie der Unterschenkel plötzlich passiv nach außen rotiert wird. Dies ist z. B. der Fall, wenn beim Fußball oder Rugby der Körper mitsamt dem Oberschenkel bei fixiertem Fuß zur Gegenseite gedreht wird. Eine andere typische Verletzungssituation ist im Wintersport das Wegdrehen der Skispitze nach außen, wobei durch die Hebelwirkung des vorderen Skiteils Kräfte wirken, die von den das Kniegelenk stabilisierenden Muskeln nicht mehr aufgefangen werden können. Als Folge kann es zu radiären Einrissen des Meniskus oder zu Längsrissen (parallel zur Basis) kommen (s. Abb. D-1.28). Geraten durch Risse dislozierte Meniskusanteile zwischen die Gelenkkörper, so kann das Gelenk (typischerweise beim Strecken) blockieren.

▶ Klinik.

⊙ D-1.28

Häufige Meniskusläsionen (Darstellung am rechten Knie, Ansicht von kranial). (Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.) a Der Innenmeniskus weist einen Riss auf, der den freien Rand nicht erreicht („Korbhenkelriss“); da er im durchbluteten Bereich nahe der Basis liegt, würde man ihn durch Naht versorgen. b Im Bereich des Hinterhorns hat der Innenmeniskus vom freien Rand her einen radiären Einriss erlitten. Hier wird man allenfalls den ausgefransten Rand glätten.



Meniscus lateralis (Außenmeniskus): Der fast O-förmige laterale Meniskus ist stärker gekrümmt als der mediale. Vom hinteren Abschnitt des lateralen Meniskus zieht das Ligamentum meniscofemorale posterius (Wrisberg-Ligament) zur Innenseite des medialen Femurkondylus; es liegt dabei dem hinteren Kreuzband eng an. Auf Grund der geringeren Fixierung durch die (lateral dünne) Gelenkkapsel ist der Außenmeniskus deutlich besser beweglich als der Innenmeniskus und deshalb weniger verletzungsgefährdet.

Versorgung: Die insgesamt spärliche Versorgung der Menisci mit Blutgefäßen (Abb. D-1.29) erfolgt zum einen von ihren knöchernen Ansätzen her, zum anderen über die Gelenkkapsel von der Basis. Über Letztere erreichen auch Nerven die Menisci (Meniskusverletzungen können sehr schmerzhaft sein). ▶ Klinik. Das durchblutete basisnahe Drittel des Meniskus wird als „rote Zone“ bezeichnet – hier haben Meniskusnähte gute Heilungschancen.

⊙ D-1.29

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Meniscus lateralis (Außenmeniskus): Er ist besser beweglich als der Innenmeniskus und deshalb weniger gefährdet.

Versorgung: Die Versorgung der Menisci mit Blutgefäßen (Abb. D-1.29) und Nerven erfolgt überwiegend von der Basis über die Gelenkkapsel. ▶ Klinik.

⊙ D-1.29

Blutversorgung der Menisci

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Schematisierter Frontalschnitt durch das Femorotibialgelenk. Zu beachten ist, dass die zentralen inneren Anteile der Menisci gefäßfrei sind und ausschließlich von der Gelenkhöhle her durch die Synovialflüssigkeit ernährt werden (kleine Pfeile). (Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

370

≡ D-1.4

D

1 Hüfte, Oberschenkel und Knie

Bänder des Kniegelenks

Band

Verlauf

Funktion

ventrale Bänder ■ ■

Lig. patellae

vom Apex der Patella zur Tuberositas tibiae

Retinaculum patellae mediale und laterale

beidseits der Patella vom M. quadriceps femoris zum Condylus med. und lat. tibiae

Kontrollieren als Sehnen des Extensors M. quadriceps femoris die Flexion

Kollateralbänder ■



Lig. collaterale tibiale (mediale)

vom Epicondylus med. femoris ventral/kaudal zur proximalen Facies med. tibiae und dorsal/kaudal zum Condylus med. tibiae

verhindert Valgisierung (Abduktion) und Überstreckung, begrenzt (am gebeugten Knie) Außen- und Innenrotation

Lig. collaterale fibulare (laterale)

vom Epicondylus lat. femoris dorsal/kaudal zum Caput fibulae

verhindert Varisierung (Adduktion) und Überstreckung, begrenzt Außenrotation

dorsale Bänder ■

Lig. popliteum obliquum

vom Condylus med. tibiae (dorsal) zum Epicondylus lat. femoris

verhindert Überstreckung, begrenzt Außenrotation



Lig. popliteum arcuatum

vom Caput fibulae nach kranial/medial in die Gelenkkapsel

verhindert Überstreckung und Varisierung (Adduktion)

zentrale Bänder ■

Lig. cruciatum anterius

von der Innenseite des Condylus lat. femoris zur Area intercondylaris anterior tibiae (medial)

verhindert Ventralverschiebung der Tibia, verhindert Überstreckung und begrenzt Innenrotation



Lig. cruciatum posterius

von der Innenseite des Condylus med. femoris zur Area intercondylaris posterior tibiae (lat.)

verhindert Dorsalverschiebung der Tibia, verhindert Überstreckung und begrenzt Innenrotation

Ventrale Bänder

Ventrale Bänder

Die Sehne des M. quadriceps femoris ist mit der als Sesambein (S. 238) eingelagerten Patella in die Gelenkkapsel integriert. Der Abschnitt zwischen Patella und tibialem Ansatz ist das Ligamentum patellae (Abb. D-1.30).

Als Besonderheit des ausgeprägten Kapsel-Band-Apparats des Kniegelenks sind folgende Strukturen als Verstärkung in die Gelenkkapsel (s. u.) integriert: ■ die Sehne des M. quadriceps femoris (S. 377) proximal der Patella, ■ die als Sesambein (S. 238) eingelagerte Patella selbst sowie ■ die als Ligamentum patellae bezeichnete Endstrecke der Quadrizepssehne zwischen Patella und Tuberositas tibiae (Abb. D-1.30).

⊙ D-1.30

⊙ D-1.30

Ventrale Bänder des Kniegelenks ;   !  G   "#     

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4

Kapsel-Band-Apparat des rechten Kniegelenks in der Ansicht von ventral. (Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

1.3 Kniegelenk (Articulatio genus)

371

Ein Teil der Sehnenfasern des M. quadriceps femoris zieht als Retinaculum patellae mediale und laterale an beiden Seiten an der Patella vorbei, um am medialen bzw. lateralen Tibiakondylus anzusetzen. Sie werden auch als „Reservestreckapparat“ bezeichnet, da sie bei einer nicht knöchern verheilten Patellaquerfraktur mit Ausfall des Lig. patellae den Zug des M. quadriceps femoris noch auf die Tibia übertragen und damit eine Kniestreckung ermöglichen sollen (allerdings wird durch den Ausfall des Sesambeins (Patella) die Streckung deutlich weniger kraftvoll ausfallen).

Beidseits der Patella ziehen die ebenfalls kapsulären Retinacula patellae vom Quadrizeps zum Tibiakopf (sie sind Teil der Gelenkkapsel).

Kollateralbänder

Kollateralbänder

D

Die beiden Kollateralbänder sichern das Kniegelenk seitlich: ■ Ligamentum collaterale tibiale: Dieses mediale oder Innenband (Abb. D-1.32a) stellt eine großflächige Verstärkung der medialen Gelenkkapsel dar. Es besteht aus zwei Anteilen: Der vordere zieht vom Epicondylus medialis femoris mit langen Faserzügen (über 10 cm) schräg nach vorne zur Facies medialis der Tibia unterhalb der Tuberositas tibiae; der hintere, tiefere Teil verläuft vom Epikondylus schräg nach hinten zum Condylus medialis tibiae. Das Band hat folglich die Form eines (asymmetrischen) Deltas. Das Innenband verhindert das mediale Aufklappen des Kniegelenks (Valgisierung, Abduktion). Der vordere Teil begrenzt die Außenrotation, der hintere die Innenrotation. Die proximale Anheftung des Lig. collaterale tibiale am Epicondylus medialis femoris etwas oberhalb und hinter der Flexions-/Extensionsachse bedingt, dass der femorale Ansatz bei Beugung tiefer tritt und das Band somit entspannt wird. Dadurch wird im gebeugten Kniegelenk eine Rotation und geringgradige Valgisierung (–5°) möglich (Abb. D-1.31). ■ Ligamentum collaterale fibulare: Das laterale oder Außenband (Abb. D-1.32b) ist von der Gelenkkapsel durch lockeres Bindegewebe getrennt, liegt also extrakapsulär. Es hat einen runden bis ovalen Querschnitt und ähnelt damit einem Kabel. Von seiner proximalen Anheftung am lateralen Femurepikondylus zieht es schräg nach dorsal-kaudal zum Caput fibulae. Analog dem tibialen Kollateralband ist es in Streckstellung angespannt, bei gebeugtem Knie entspannt. Es verhindert das laterale Aufklappen des Knies (Varisierung, Adduktion) und begrenzt die Außenrotation. Bei Anspannung des Bandes durch Applikation von Varusstress (s. u.) ist es meistens durch die Haut zu sehen, bzw. zu tasten.

⊙ D-1.31

Entspannung des Ligamentum collaterale tibiale bei Flexion im Kniegelenk

Befestigungsstellen der Gelenkkapsel Flexions-Extensions-Achse

Lig. collaterale tibiale

a

b

Die hinter der Flexions-Extensions-Achse gelegene proximale Anheftung des tibialen Kollateralbandes tritt bei Flexion tiefer, was zur Entspannung des Bandes führt. Die Flexions-Extensions-Achse ist nur in der Neutral-Null-Position eingezeichnet, da sie bei Beugung ihre Lage verändert. a Ansicht des rechten Kniegelenks von medial in Streckstellung (Neutral-Null-Position, b und in Beugestellung:

Lig. collaterale tibiale: Der vordere Schenkel des deltaförmigen, kaspulären Innenbandes (Abb. D-1.32a) zieht vom medialen Femurepikondylus zur Tibia kaudal der Tuberositas tibiae; der hintere Schenkel zieht nach dorsal zum medialen Tibiakondylus. Es verhindert die Valgisierung (Abduktion) und begrenzt Außen- und Innenrotation. Bei gebeugtem Knie ist es entspannt, wodurch eine Rotation und geringe Valgisierung möglich wird.





Lig. collaterale fibulare: Das extrakapsuläre Außenband (Abb. D-1.32b) zieht vom lateralen Femurepikondylus zum Caput fibulae. Es verhindert die Varisierung (Adduktion). Wie das Innenband ist es bei gestrecktem Knie gespannt, bei gebeugtem entspannt.

⊙ D-1.31

372 ⊙ D-1.32

D

1 Hüfte, Oberschenkel und Knie

Kollateralbänder des Kniegelenks

(Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

a Rechtes Kniegelenk in der Ansicht von medial b und lateral. ▶ Klinik.

▶ Klinik. Bei Verdacht auf eine Ruptur des Lig. collaterale tibiale oder fibulare versucht der Untersucher, das Kniegelenk in gestreckter und leicht gebeugter (ca. 30°) Stellung zu valgisieren (Abb. D-1.33) oder zu varisieren. Dabei kann der Untersucher das Aufklappen des Gelenkspalts medial (Valgisierung) oder lateral (Varisierung) tasten. Ist dies deutlich möglich, so ist ein Bänderriss sehr wahrscheinlich.

⊙ D-1.33

Untersuchungsbefund bei Ruptur des Lig. collaterale tibiale

Daneben tastet man die Insertionsstellen der Bänder an Femur und Tibia bzw. Fibula ab, diese können schon bei einer Zerrung schmerzhaft sein. Eine weitergehende diagnostische Abklärung erfolgt in der Regel durch Bildgebung, vgl. MRT (S. 136). Therapeutisch wird bei Ruptur eines Kollateralbandes das Kniegelenk mit einer Gelenkschiene über 6 Wochen stabilisiert.

D

Dorsale Bänder ■



Dorsale Bänder

Ligamentum popliteum obliquum: Als Verstärkung der Gelenkkapsel zieht es von der Rückseite des medialen Tibiakondylus schräg nach kranial zum lateralen Femurepikondylus (Abb. D-1.34). Es begrenzt die Außenrotation des Unterschenkels und verhindert gemeinsam mit den Kreuzbändern die Überstreckung des Knies. Demzufolge kann es bei einem Überstreckungstrauma reißen. Ligamentum popliteum arcuatum: Dieses Band strahlt quer zum Lig. popliteum obliquum vom Fibulaköpfchen bogenförmig über den M. popliteus nach oben medial in die Kapsel ein (Abb. D-1.34). Es wird bei Streckung angespannt. Gemeinsam mit dem fibularen Kollateralband verhindert es die Varisierung des Unterschenkels.

⊙ D-1.34

373

1.3 Kniegelenk (Articulatio genus)





Das Lig. popliteum obliquum verläuft vom medialen Tibiakondylus zum lateralen Femurepikondylus (Abb. D-1.34). Es verhindert eine Überstreckung des Knies und begrenzt die Außenrotation. Das Lig. popliteum arcuatum zieht vom Caput fibulae nach kranial-medial (Abb. D-1.34).

⊙ D-1.34

Dorsaler Bandapparat

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)  4 (Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

Zentrale Bänder (Kreuzbänder; Ligamenta cruciata) Die beiden Kreuzbänder (Abb. D-1.35) befinden sich – sowohl in topografischer (Fossa intercondylaris) als auch in funktioneller (Drehachsen) Hinsicht – im Zentrum des Kniegelenks. Sie liegen intrakapsulär zwischen Membrana fibrosa und Membrana synovialis der Gelenkkapsel und daher nicht frei in der Gelenkhöhle. Sie sind vorne und seitlich von Synovialmembran überzogen. ■ Das Ligamentum cruciatum anterius (vorderes Kreuzband) ist hinten an der Innenfläche des lateralen Femurkondylus befestigt und zieht schräg nach ventral, kaudal und medial zur Area intercondylaris anterior der Tibia. ■ Das dickere Ligamentum cruciatum posterius (hinteres Kreuzband) verläuft vorne von der Innenfläche des medialen Femurkondylus nach dorsal, kaudal und lateral zur Area intercondylaris posterior. Am gestreckten Knie sind die Kreuzbänder maximal angespannt. Am gebeugten Knie wickeln sie sich bei Innenrotation umeinander, bei Außenrotation geraten sie in Parallelstellung (Abb. D-1.36). Dementsprechend lässt sich der Unterschenkel ausgedehnter nach außen als nach innen rotieren (s. u.). Die Faserarchitektur der Kreuzbänder bedingt, dass Teile von ihnen in jeder Stellung des Kniegelenks angespannt sind. Bei gebeugtem Knie, wenn die übrigen passiv sichernden Bänder entspannt sind, stellen sie (insbesondere das hintere Kreuzband) die einzige ligamentäre Sicherung dar. Die Hauptfunktion der Kreuzbänder besteht darin, dass sie Verschiebungen von Tibia und Femur in der Sagittalebene verhindern.

Zentrale Bänder (Kreuzbänder; Ligamenta cruciata) Die Kreuzbänder (Abb. D-1.35) liegen im Schnittpunkt der Drehachsen intrakapsulär in der Fossa intercondylaris.

Sie verlaufen wie folgt: ■ Lig. cruciatum anterius: von der Innenseite des lateralen Femurkondylus zur Area intercondylaris anterior tibiae. ■ Lig. cruciatum posterius: innen vom medialen Femurkondylus zur Area intercondylaris posterior. Bei gebeugtem Knie sind sie die wesentliche Bandsicherung; sie begünstigen Außenrotation, bremsen Innenrotation (Abb. D-1.36) und verhindern dorsal/ventrale Schiebebewegungen.

374 ⊙ D-1.35

D

1 Hüfte, Oberschenkel und Knie

Kreuzbänder des Kniegelenks

(Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

a Rechtes Kniegelenk in der Ansicht von ventral mit heruntergeklapptem Lig. patellae und Patella b sowie in der Ansicht von dorsal.

⊙ D-1.36

Verlauf der Kreuzbänder bei Innen- und Außenrotation Bei der (übertrieben dargestellten) Innenrotation wickeln sich die Kreuzbänder umeinander, bei der Außenrotation nähern sie sich einer Parallelstellung an. a Neutral-Null-Position der Kreuzbänder des rechten Knies. b Außenrotationsstellung und c Innenrotationsstellung

Femur

hinteres Kreuzband vorderes Kreuzband

Tibia

Fibula a

b

c

D

▶ Klinik. Bei einer Ruptur des vorderen Kreuzbandes lässt sich am 90° gebeugten Knie der Unterschenkel gegen den Oberschenkel nach ventral ziehen („vordere Schublade“, s. Abb. D-1.37); eine Läsion des hinteren Kreuzbandes erlaubt es, den Unterschenkel nach hinten zu schieben („hintere Schublade“). Die Kreuzbänder können bei massiven Traumen des übrigen Kapsel-Band-Apparats mitbetroffen sein, wie z. B. bei der „unhappy Triad“ (Ruptur von vorderem Kreuzband und Innenband mit Läsion des Innenmeniskus) nach Außenrotationsvalgustrauma.

⊙ D-1.37

375

1.3 Kniegelenk (Articulatio genus)

Da die Gefäßversorgung der Kreuzbänder überwiegend von dorsal durch die A. media genus (S. 383) erfolgt, ist das vordere relativ schlecht durchblutet, weswegen eine Spontanheilung kaum stattfindet und meist eine plastische Rekonstruktion unter Verwendung der Patella- oder Semitendinosus-Sehne erforderlich wird. Rupturen des hinteren Kreuzbandes entstehen meist durch einen Aufprall des Unterschenkels bei gebeugtem Knie („dashboard injury“). Wegen der besseren Durchblutung ist die Chance einer Heilung ohne Operation höher als beim vorderen Kreuzband.

Schubladenphänomen bei Kreuzbandverletzungen

a Vordere Schublade bei Ruptur des vorderen Kreuzbandes. b Hintere Schublade bei Ruptur des hinteren Kreuzbandes.

a

b

1.3.3 Gelenkkapsel und Gelenkhöhle

1.3.3

Das Knie hat von allen Gelenken des Körpers die geräumigste und komplizierteste Gelenkhöhle. Im Bereich der Tibiakondylen ist die Gelenkkapsel nur wenige mm distal der Knorpel-Knochen-Grenze der Gelenkflächen angeheftet. Ähnlich verhält es sich im Bereich der Femurkondylen. Proximal der Facies patellaris befindet sich unter der Sehne und dem Muskelbauch des M. quadriceps femoris (S. 377) die Bursa suprapatellaris, welche ein Schleimbeutel (S. 230) vom subtendinösen bzw. subfaszialen Typ ist. Diese kommuniziert immer mit der Gelenkhöhle und bildet dadurch den sog. Recessus suprapatellaris, der sich über das distale Viertel des Oberschenkels erstreckt (Abb. D-1.39).

Die Kniegelenkhöhle ist sehr geräumig und kompliziert. Im Wesentlichen erfolgt die Anheftung der Gelenkkapsel an der Knorpel-Knochen-Grenze. Unter der Quadrizepssehne erstreckt sich der Recessus suprapatellaris weit nach proximal (Abb. D-1.39).

▶ Klinik. Bei der Differenzialdiagnose von Knieschwellungen ist das Phänomen der „tanzenden Patella“ beweisend für die Ansammlung von Flüssigkeit im Gelenk (Kniegelenkerguss). Durch den Erguss wird die Patella abgehoben und lässt sich durch Druck von ventral bis zum Anschlag in ihrem Gleitlager nach unten drücken. Da der große suprapatelläre Recessus beträchtliche Ergussvolumina aufnehmen kann, ist es bei kleineren Ergüssen (unter 100 ml) erforderlich, diese mit einer Hand durch Kompression nach distal unter die Patella zu drücken, um diese zum „Tanzen“ zu bringen (Abb. D-1.38).

⊙ D-1.38

„Tanzende Patella“

Gelenkkapsel und Gelenkhöhle

376 ⊙ D-1.39

D

1 Hüfte, Oberschenkel und Knie

Ausdehnung der Gelenkhöhle eines rechten Kniegelenks

(Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

a Kunststoffausguss der Gelenkhöhle mit anschließender Entfernung der Kapsel in der Ansicht von lateral. b Mediansagittalschnitt: Man beachte die Ausdehnung des Recessus suprapatellaris (= Bursa suprapatellaris) und die Lokalisation des Corpus adiposum infrapatellare (Hoffa-Fettkörper) zwischen der Area intercondylaris anterior und der Innenseite des Lig. patellae.

Zwischen Membrana synovialis und Membrana fibrosa der Gelenkkapsel sind dorsal die Kreuzbänder und ventral das Corpus adiposum infrapatellare (Hoffa-Fettkörper, Abb. D-1.39b) eingelagert.

▶ Klinik.

Membrana synovialis und Membrana fibrosa der Gelenkkapsel liegen nicht überall einander an. Dorsal sind die Kreuzbänder zwischen die beiden Schichten der Gelenkkapsel eingelagert, sodass sie vorne und seitlich von Synovialmembran bedeckt sind (s. o.). Ventral liegt unterhalb und seitlich von der Patella das Corpus adiposum infrapatellare (Hoffa-Fettkörper, Abb. D-1.39b) zwischen Membrana synovialis und Membrana fibrosa. Der infrapatelläre Fettkörper unterfüttert somit Ligamentum und Retinacula patellae. Zu beiden Seiten des unteren Patellapols und des Lig. patellae schieben sich die innen mit Synovialmembran überzogenen Plicae alares des Fettkörpers zwischen Femur- und Tibiakondylen. Bei der Beugung des Kniegelenks wird der infrapatelläre Fettkörper in den vorne aufklaffenden Gelenkspalt hineingezogen, sodass die Konturen von Ligamentum patellae sowie Femur- und Tibiakondylen sichtbar werden. ▶ Klinik. Beim schnellen Strecken des Knies können die individuell unterschiedlich ausgebildeten Synovialzotten des Corpus adiposum infrapatellare zwischen Femurund Tibiakondylen gequetscht werden. Dies kann nicht nur zu geräuschvollem Knacken führen, sondern auch Meniskussymptome vortäuschen.

Im Bereich der Patella ist die Synovialmembran unterbrochen.

Von der Vorderfläche des vorderen Kreuzbandes zieht ein von Membrana synovialis überzogener Bindegewebsstrang zum infrapatellären Fettkörper frei durch die Gelenkhöhle, die Plica synovialis infrapatellaris. Diese ist ein Rest des Septums, das in der Embryonalzeit mediales und laterales Gelenkkompartiment trennt. Im Bereich der Patella ist die Synovialmembran unterbrochen, während die Membrana fibrosa fest mit der Patellavorderfläche verwachsen ist.

1.3.4

1.3.4 Mechanik des Kniegelenks

Die Plica synovialis infrapatellaris zieht vom Fettkörper zum vorderen Kreuzband.

Mechanik des Kniegelenks

Der Bandapparat erlaubt exzessive Beugung und praktisch keine Streckung. Die Rotation ist nur in Beugestellung möglich (Abb. D-1.40).

Da die Bänder auf der Ventralseite des Kniegelenks (Lig. und Retinacula patellae) Sehnen des passiv dehnbaren Streckmuskels (M. quadriceps femoris) sind, ist die Beugung/Flexion praktisch unbeschränkt. Wegen aktiver Insuffizienz der ischiokruralen Beuger (s. u.) lässt sich der volle Umfang der Beugung nicht aktiv nutzen. Der übrige Bandapparat (dorsal, seitlich und zentral) erlaubt dagegen keine Streckung/ Extension über die Neutral-Null-Position hinaus. Nach der Neutral-Null-Methode stellen sich die Bewegungsumfänge im Kniegelenk wie in Abb. D-1.40 ersichtlich dar.

D

⊙ D-1.40

377

1.3 Kniegelenk (Articulatio genus)

Bewegungsumfang im Kniegelenk nach der Neutral-Null-Methode 0°



a Flexion/Extension: 150/0/0° b Innen-/Außenrotation: 10/0/30° (am 90° gebeugten Knie)

Transversalachse

Extension 0° bzw. 5–10°

Außenrotation 30°

Flexion 150°

a



Innenrotation 10°

Longitudinalachse

b

Die in a gezeigte „Überstreckung“ von 5–10° ist im Allgemeinen nur Frauen und Kindern möglich; höhergradige Extensionen sind pathologisch und werden als Genu recurvatum bezeichnet. (Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

▶ Merke. Wegen der Anspannung sowohl der Kollateralbänder als auch der Kreuz-

▶ Merke.

bänder ist am gestreckten Knie keine Rotation möglich. Bereits etwa 10° vor dem Ende der maximalen Streckung werden die Kreuzbänder so angespannt, dass die volle Streckung des Knies erst nach einer Außenrotation des Unterschenkels um 5–10°, (sog. Schlussrotation) erreicht wird und das Knie stabil „einrastet“.

Bei maximaler Streckung erzwingt die Anspannung der Kreuzbänder die passive „Schlussrotation“ nach außen.

1.3.5 Muskulatur des Kniegelenks

1.3.5

Neben dem ausgeprägten Bandapparat bedarf das Kniegelenk der aktiven Sicherung durch Muskeln (Abb. D-1.41). Dabei wird die (exzessiv mögliche) Beugung durch die Streckmuskeln (M. quadriceps femoris, Abb. D-1.42a) kontrolliert, deren Drehmomente die der gesamten Beuger um das 3-fache übersteigen (vgl. die Situation am Hüftgelenk). Beim Gehen und Laufen müssen die Beuger lediglich den Unterschenkel anheben, der Quadrizeps gegen das Gewicht des restlichen Körpers anarbeiten.

Die Drehmomente der Strecker (Abb. D-1.42a) überwiegen die der Beuger (Abb. D-1.41) und kontrollieren so die ligamentär nicht begrenzte Flexion. Beim Gehen (v. a. bergauf) erfolgt die Extension gegen das Körpergewicht.

Muskulatur des Kniegelenks

▶ Klinik. Bei einer (glücklicherweise selten kompletten) Lähmung des M. quadriceps femoris ist Gehen zu ebener Erde nur mühsam möglich. Bergaufgehen, Treppensteigen und Aufstehen aus dem Sitzen, welche ein Durchstrecken des Knies gegen das Körpergewicht bedeuten, sind ohne Hilfsmittel nicht mehr möglich.

▶ Klinik.

▶ Klinik. Obwohl der Quadrizeps von mehreren Segmenten versorgt wird, gilt er als

▶ Klinik.

Kennmuskel des Segments L 4, welches mit dem Patellarsehnenreflex (S. 198) überprüft wird. Die Musculi sartorius, gracilis und semitendinosus haben medial der Tuberositas tibiae im sog. Pes anserinus superficialis eine gemeinsame Ansatzsehne (Pes anserinus = „Gänsefuß“ wegen distalem Auffächern des platten Sehnenendes). ▶ Klinik. Die Sehnen von den Mm. semitendinosus und gracilis finden, neben Teilen

▶ Klinik.

der Patellasehne, als Kreuzbandersatz in plastischen Operationen Verwendung (s. o.). Ca. 90 % der Beugeleistung entfällt auf die Musculi semitendinosus, semimembranosus und biceps femoris, welche die ischiokrurale Muskelgruppe bilden (Abb. D-1.42b). Sie wirken auch auf das Hüftgelenk (s. o.). Ihre begrenzte Dehnbarkeit ist dafür verantwortlich, dass bei gestrecktem Knie in der Hüfte keine volle Beugung möglich ist. Dies ist ein klassisches Beispiel für passive Muskelinsuffizienz: Die begrenzte Dehnbarkeit mehrgelenkiger Muskeln lässt es nicht zu, dass alle Gelenke, auf die sie wirken, in Endstellung gebracht werden. Erst die Beugung im Knie entspannt die ischiokruralen Muskeln so weit, dass die Hüfte maximal gebeugt werden kann. Die begrenzte (aktive) Verkürzungsmöglichkeit dieser Muskeln bewirkt andererseits, dass bei gestrecktem Hüftgelenk das Knie aktiv nicht maximal gebeugt werden kann, vgl. aktive Insuffizienz (S. 242). Die Sehne des M. semimembranosus (Abb. D-1.42b), die für die Stabilisierung des Kniegelenks große Bedeutung hat, teilt sich am Ansatz in 3 Züge auf („Pes anserinus profundus“).

Der größte Teil der Beugeleistung wird von den ischiokruralen Muskeln (Mm. semitendinosus, semimembranosus und biceps femoris) erbracht (Abb. D-1.42b). Ihre begrenzte Dehnbarkeit ist dafür verantwortlich, dass bei gestrecktem Knie keine volle Beugung möglich ist (passive Muskelinsuffizienz).

Die 3-teilige Semimembranosussehne (Abb. D-1.42b) ist für die Stabilisierung des Kniegelenks bedeutsam.

378 ⊙ D-1.41

D

1 Hüfte, Oberschenkel und Knie

Muskeln des Kniegelenks

Muskel

Ursprung

Ansatz

M. rectus femoris

Spina iliaca anterior inferior

Tuberositas tibiae

M. vastus medialis

Linea aspera, Labium mediale

M. vastus lateralis

Lin. asp., Lab. lat., Femur lat., proximal

M. vastus intermedius

Femurschaft (Vorderfläche)

Innervation*

Funktion

Extensoren M. quadriceps femoris

Tuberositas tibiae, mit Retinacula patellae, medialer und lateraler Tibiakondylus; Gelenkkapsel ventral

Knie: Extension Hüfte: Flexion

N. femoralis (L2–L4)

Knie: Extension

Flexoren M. sartorius

Spina iliaca anterior superior

M. gracilis

Ramus inferior des Os pubis

Facies medialis der Tibia neben der Tuberositas („Pes anserinus superficialis“)

N. femoralis (L2–L4) N. obturatorius (L2–L4)

M. semitendinosus Tuber ischiadicum medialer Tibiakondylus und Gelenkkapsel (ischiokrurale (dorsal) Muskeln)

M. semimembranosus M. biceps femoris

N. ischiadicus Tibialisanteil (L5–S2)

Caput longum Linea aspera, Labium laterale

lateraler Tibiakondylus (dorsal), Fibulaköpfchen

M. tensor fasciae latae

Spina iliaca anterior superior

lateraler Tibiakondylus

M. popliteus

lateraler Femurepikondylus, Gelenkkapsel (dorsolat.)

Facies posterior der Tibia (medial)

M. gastrocnemius

dorsal und kranial der Femurkondylen

Tuber calcanei

Caput breve

N. ischiadicus, Fibularisanteil (L5–S1) N. gluteus superior (L4–L5)

Knie: Flexion, Innenrotation Hüfte: Flexion

Knie: Flexion, Innenrotation Hüfte: Extension

Knie: Flexion, Außenrotation Hüfte: v. a. Extension (auch Außenrotation und Adduktion) Knie: v.a. Außenrotation Hüfte: Flexion, Abduktion, Innenrotation Knie: Innenrotation, Flexion

N. tibialis (L5–S2)

Knie: Flexion Sprunggelenke: Flexion, Supination

* Die Segmente beziehen sich auf die Innervation der Muskeln; häufig führt der Nerv Fasern aus mehr als den angegebenen Segmenten.

Details zu M. gastrocnemius siehe auch Abb. D-2.22.

Die kommunizierende Bursa des M. popliteus bildet dorsolateral den Recessus subpopliteus. ▶ Klinik.

Einer setzt dorsal am medialen Tibiakondylus an, einer strahlt von hinten in das mediale Kollateralband (und damit auch den Innenmeniskus) ein, der dritte biegt nach kranial-lateral um und geht ins Lig. popliteum obliquum (S. 373) über. Unter der Ursprungssehne des Musculus popliteus befindet sich eine Bursa, welche mit der Gelenkhöhle kommuniziert und als Recessus subpopliteus eine dorsolaterale Aussackung der Kapsel darstellt. ▶ Klinik. In ca. 10 % enthält die Ursprungssehne des Caput laterale des M. gastrocne-

mius (Abb. D-2.22) eine Fabella als Sesambein, welche im Röntgenbild mit einer „Gelenkmaus„ (abgestoßenes, nekrotisches Knorpelknochenstück aus der Gelenkfläche) verwechselt werden kann. Letzteres muss operativ entfernt werden, da es zwischen die Gelenkkörper geraten und kurzfristig zu Blockierung, langfristig zu Arthrose führen kann.

D

⊙ D-1.42

379

1.3 Kniegelenk (Articulatio genus)

Extensoren und Flexoren des Kniegelenks

(Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

a Musculi quadriceps femoris und sartorius des rechten Beines in der Ansicht von ventral. b Ischiokrurale Muskulatur und Musculus popliteus des rechten Beines in der Ansicht von dorsal.

≡ D-1.5

Kniegelenkmuskeln geordnet nach Bewegungen und Wichtigkeit

Bewegung

Muskeln (Anteil am Gesamtdrehmoment aller an der Bewegung beteilgten Muskeln in %)

Flexion

M. semimembranosus (35 %), M. semitendinosus (30 %), M. biceps femoris (25 %)

Extension

M. quadriceps femoris (100 %), (davon M. rectus femoris 15 %, Mm. vasti 85 %)

Außenrotation

M. biceps femoris (85 %), M. tensor fasciae latae (10 %)

Innenrotation

M. semimembranosus (55 %), M. semitendinosus (20 %), M.politeus (10 %), M. sartorius (10 %)

Es wurden nur wichtige Muskeln mit einem Anteil > 10 % berücksichtigt. Bei den Prozentangaben handelt es sich um gerundete Ca.-Werte. Die Drehmomentabschätzung gilt für die NN-Position.

≡ D-1.5

380

D

1.4

1.4

Gefäßversorgung und Innervation von Hüfte, Oberschenkel und Knie

1 Hüfte, Oberschenkel und Knie

Gefäßversorgung und Innervation von Hüfte, Oberschenkel und Knie

Die Leitungsbahnen zur Versorgung der unteren Extremität kommen aus dem Becken (Durchtrittsstellen Tab. K-2.1).

Die Leitungsbahnen, welche die untere Extremität versorgen, entspringen alle aus den Vasa iliaca communes bzw. dem Plexus lumbosacralis. Sie treten durch verschiedene Öffnungen aus dem Beckenraum auf die untere Extremität über (Tab. K-2.1).

1.4.1

1.4.1 Gefäßversorgung

Gefäßversorgung

Arterielle Versorgung

Arterielle Versorgung

Die Arterien für Hüfte, Oberschenkel und Knie (Abb. D-1.43) stammen aus den Aa. iliacae interna und v. a. externa (s. u.).

Die Arterien zur Versorgung des Hüftgelenks, Oberschenkels und Kniegelenks (Abb. D-1.43) entstammen v. a. der Arteria iliaca externa bzw. der aus Letzterer hervorgehenden Arteria femoralis (s. u.) und der Arteria iliaca interna.

Äste der A. iliaca interna: Neben viszeralen (S. 879) u. a. parietalen Ästen zum Beckenboden (S. 341): ■ A. sacralis lateralis (nach dorsal/kaudal), ■ A. glutea superior (mit dem N. gluteus superior) zur Gesäßmuskulatur, ■ A. glutea inferior (mit den Nn. gluteus inferior und ischiadicus) zur kaudalen Gesäßmuskulatur, ■ A. obturatoria (mit dem N. obturatorius im Canalis obturatorius) zu den Adduktoren.

Äste der A. iliaca interna: Neben viszeralen Ästen (S. 879) zu den Beckenorganen und parietalen Ästen zum Beckenboden (S. 341) gibt dieses große Gefäß auch Äste zur Hüfte ab: ■ Die Arteria sacralis lateralis verläuft beidseits am Sakrum nach kaudal und versorgt das Sakrum inkl. Inhalt des Sakralkanals und den M. piriformis. ■ Die Arteria glutea superior verläuft zwischen den oberen Wurzeln des Plexus sacralis nach dorsolateral und verlässt gemeinsam mit dem N. gluteus superior (S. 387) das Becken durch das Foramen suprapiriforme. Sie versorgt den kranialen Teil der Gesäßmuskulatur. ■ Die Arteria glutea inferior zieht zwischen den unteren Wurzeln des Plexus sacralis nach dorsal/kaudal. Sie verlässt mit dem N. gluteus inferior und dem N. ischiadicus durch das Foramen infrapiriforme das Becken zum kaudalen Teil der Gesäßmuskulatur. ■ Die Arteria obturatoria zieht an der Seitenwand des kleinen Beckens zum lateralen Oberrand des Foramen obturatum; dort tritt sie mit dem N. obturatorius (S. 387), durch den Canalis obturatorius zu den Adduktoren an der Innenseite des Oberschenkels. Die Aa. gluteae superior, inferior und die A. obturatoria bilden im Bereich der Glutealmuskeln und der proximalen Adduktoren untereinander und mit den Aa. circumflexae femores lateralis und medialis zahlreiche Anastomosen.

▶ Klinik.

Aufzweigung der A. iliaca externa: Sie gibt die A. circumflexa ilium profunda ab und setzt sich als A. femoralis fort. Diese liegt im Trigonum femorale (Tab. D-1.7) lateral der V. femoralis.

▶ Klinik.

▶ Klinik. Auf dem Ramus superior ossis pubis (S. 328) verläuft eine (normalerweise dünne) Anastomose zwischen der A. epigastrica inferior (S. 321) und der A. obturatoria (Abb. K-2.1). Bei etwa 20 % der Menschen entspringt die A. obturatoria ausschließlich aus der A. epigastrica inferior und zieht wie diese Anastomose, aber als vergleichsweise großkalibriges Gefäß zum Canalis obturatorius. Falls bei operativen Eingriffen in dieser Region, z. B. Leisten- (S. 318), Schenkelhernien (S. 315), diese variante A. obturatoria verletzt wird, sind massive Blutungen die Folge. Bei den „Bruchschneidern“ früherer Jahrhunderte endete diese Komplikation meist tödlich, daher die Bezeichnung „Corona mortis“ für diese Variante.

Aufzweigung der A. iliaca externa: Vor Eintritt in die Lacuna vasorum unter dem Leistenband (S. 314) verläuft die Arteria iliaca externa lateral der Vena iliaca externa entlang der Linea arcuata und gibt die Arteria circumflexa ilium profunda zur Versorgung der Mm. iliacus und psoas major nach lateral ab. Die Arteria femoralis geht in der Lacuna vasorum aus der A. iliaca externa hervor. Sie liegt distal vom Leistenband lateral der Vena femoralis im Trigonum femorale des Oberschenkels (Tab. D-1.7) zwischen M. pectineus (medial) und M. iliopsoas (lateral) unter der Fascia lata. ▶ Klinik. Wegen der relativ oberflächennahen Lage ist die A. femoralis unter der Mitte des Leistenbandes über der Eminentia iliopubica gut zu tasten. Neben der Kontrolle des Femoralispulses gelingt hier durch Punktion der A. femoralis sowohl die Entnahme von arteriellem Blut (z. B. für eine Blutgasanalyse) als auch die Einführung eines Katheters in das arterielle System (z. B. für Herzkatheteruntersuchungen Abb. G-3.40 oder zur Arteriografie) vergleichsweise einfach. Allerdings muss v. a. bei größeren Einstichen eine Nachblutung durch Druck auf das Gefäß verhindert werden.

D

⊙ D-1.43

381

1.4 Gefäßversorgung und Innervation von Hüfte, Oberschenkel und Knie

Arterielle Versorgung des Oberschenkels

⊙ D-1.43

(Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

Äste der A. femoralis: Über dem proximalen Trigonum femorale öffnet sich in der Fascia lata der Hiatus saphenus, in dem die A. femoralis drei epifasziale und einen tiefen Ast abgibt: ■ Arteriae pudendae externae (meist zwei) nach medial zum Mons pubis und äußeren Genitale, ■ Arteria epigastrica superficialis (S. 321) nach kranial, ■ Arteria circumflexa ilium superficialis nach lateral-kranial sowie ■ Arteria profunda femoris als kräftigen Hauptast nach lateral/dorsal in die Tiefe des Oberschenkels (s. u.), die den größten Teil der Hüfte und des Oberschenkels versorgt. Danach zieht die A. femoralis hinter dem M. sartorius in der Rinne zwischen M. vastus medialis und M. adductor magnus (Abb. D-1.8) zum Adduktorenkanal (Canalis adductorius, Tab. D-1.6). Dieser ensteht dadurch, dass die Rinne zwischen M. vastus medialis (lateral) und M. adductor magnus (medial) durch das Septum intermusculare vastoadductorium abgedeckt wird. Der Adduktorenkanal endet am Hiatus adductorius, einem Schlitz in der Ansatzsehne des Adductor magnus am Femur oberhalb des Epicondylus medialis, der sich nach dorsal in die Kniekehle, sog. Fossa poplitea (S. 393), öffnet. Im Adduktorenkanal gibt die A. femoralis die ■ Arteria genus descendens ab, die nach ventral zum Rete articulare genus zieht, und verläuft anschließend als Arteria poplitea (S. 383) in der Kniekehle.

Äste der A. femoralis: Folgende 3 epifasziale Äste ■ Aa. pudendae externae zum äußeren Genitale, ■ A. epigastrica superficialis zur kaudalen Bauchwand und ■ A. circumflexa ilium superficialis (nach lateral) sowie ein tiefer Hauptast: ■ A. profunda femoris. Durch den Canalis adductorius (Tab. D-1.6) tritt die A. femoralis nach Abgabe der ■ A. genus descendens als A. poplitea (S. 383) in die Kniekehle.

382

≡ D-1.6

D

Adduktorenkanal (Canalis adductorius)

Begrenzung ■

1 Hüfte, Oberschenkel und Knie

Inhalt

ventral: Septum intermusculare vastoadductorium

Ansicht von ventral



A. femoralis



V. femoralis



dorsal: M. adductor longus



N. saphenus



medial: M. adductor magnus



A. genus descendens



lateral: M. vastus medialis

(Abbildung aus: Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

Äste der A. profunda femoris: ■ A. circumflexa femoris medialis und ■ A. circumflexa lateralis, die einen Arterienkranz an der Basis des Collum femoris zur Versorgung der Glutealmuskeln und des proximalen Oberschenkels bilden. ■ 3 Aa. perforantes zur ischiokruralen Muskulatur.

≡ D-1.7

Trigonum femorale

Begrenzung ■ ■





Äste der A. profunda femoris: Die Arteria profunda femoris gibt im Trigonum femorale (Tab. D-1.7) die ■ Arteria circumflexa femoris medialis ab, die zunächst nach dorsal hinter das Collum femoris zieht und dann nach lateral zum Trochanter major. ■ Die Arteria circumflexa femoris lateralis verläuft ventral vom Collum femoris nach lateral. Ihr Ramus ascendens anastomosiert im Bereich des Trochanter major mit der A. circumflexa femoris medialis. Beide Gefäße bilden einen Arterienkranz an der Basis des Schenkelhalses, der diesen sowie den Femurkopf (S. 348) versorgt. Der Arterienkranz verfügt über ausgedehnte Anastomosen mit den Aa. gluteae superior, inferior und obturatoria zur Versorgung der Glutealmuskeln und des proximalen Oberschenkels. ■ Die Vorderseite des Oberschenkels (im Wesentlichen M. quadriceps fem., Abb. D-1.41) wird vom Ramus descendens der A. circumflexa femoris lateralis sowie Ästen der A. femoralis und A. profunda femoris versorgt. In ihrem weiteren Verlauf liegt die Arteria profunda femoris hinter der A. femoralis und gibt medial am Femur vorbei nach dorsal die ■ Arteriae perforantes I–III zur ischiokruralen Muskulatur auf der Rückseite des Oberschenkels ab.

kranial: Lig. inguinale lateral: M. sartorius (medialer Rand) medial: M. adductor longus (Oberrand)

Inhalt ■

Nervus femoralis



Arteria femoralis



Vena femoralis mit ihren jeweiligen Ästen bzw. Zuflüssen

Ansicht von ventral

dorsal (Boden): M. iliopsoas (lateral) und M. pectineus (medial)

(Abbildung aus: Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

D

⊙ D-1.44

383

1.4 Gefäßversorgung und Innervation von Hüfte, Oberschenkel und Knie

⊙ D-1.44

Äste der Arteria poplitea M. adductor magnus

Hiatus adductorius

A. poplitea

A. superior lateralis genus Aa. surales A. media genus A. inferior lateralis genus A. recurrens tibialis posterior Caput fibulae

A. superior medialis genus

A. inferior medialis genus M. popliteus

A. recurrens tibialis anterior A. tibialis A. tibialis posterior anterior

(Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

Äste der A. poplitea: Die Arteria poplitea (Abb. D-1.44) geht im Hiatus adductorius aus der A. femoralis hervor und tritt in die Fossa poplitea (S. 393) ein. Dort gibt sie nach beiden Seiten ■ Äste zur ischiokruralen Muskulatur sowie die ■ Arteriae superiores medialis und lateralis genus ab. Letzere schlingen sich unter den ischiokruralen Muskeln um die Femurepikondylen und anastomosieren mit den um die Tibiakondylen biegenden Arteriae inferiores medialis und lateralis genus im Rete articulare genus auf der Vorderseite des Kniegelenks. ■ Die Arteria media genus ist unpaar und versorgt von hinten die Kreuzbänder. Ehe die A. poplitea die Kniekehle unter dem Sehnenbogen des M. soleus (Abb. D-1.8) verlässt, gibt sie noch ■ 2 kräftige Arteriae surales ab, die von kranial in die Köpfe des M. gastrocnemius (Abb. D-1.8) eintreten.

Äste der A. poplitea: Die aus der A. femoralis hervorgehende A. poplitea (Abb. D-1.44) gibt in der Kniekehle Äste ■ zur ischiokruralen Muskulatur, ■ dem Rete articulare genus und den ■ Kreuzbändern ■ sowie zu den Gastroknemiusköpfen ab.

Venöser Abfluss

Venöser Abfluss

Tiefes Venensystem: Die oben genannten Arterien werden von gleichnamigen Venen begleitet, die mit Ausnahme der Vena femoralis und Vena poplitea doppelt angelegt sind (Letztere kann bereits doppelt vorliegen).

Tiefe Venen: verlaufen mit o. g. Arterien und heißen wie sie. Die V. poplitea nimmt tiefe Venen und die V. saphena parva auf (Abb. D-1.45a). Oberflächliche Venen: (Abb. D-1.45) sind keiner Arterie zugeordnet. ■ Die V. saphena magna mündet im Trigonum femorale (Tab. D-1.7) in die V. femoralis. Sie hat am Oberschenkel folgende Zuflüsse: – V. epigastrica superficialis – V. circumflexa ilium superficialis – Vv. pudendae externae – V. saphena accessoria.

Oberflächliches Venensystem: Die oberflächlichen Venen (Abb. D-1.45) liegen epifaszial in der Subkutis und sind im Allgemeinen keiner Arterie zugeordnet. ■ Die Vena saphena magna bildet sich medial aus den Hautvenen des Fußrückens (S. 429) und verläuft vor dem Innenknöchel, medial an Unterschenkel und Knie, wo sie mit dem N. saphenus unmittelbar hinter dem Epicondylus medialis femoris liegt, zur Ventralseite des Oberschenkels. Dort mündet sie im Trigonum femorale (Tab. D-1.7) in die Vena femoralis. Im Bereich des Hiatus saphenus (s. o.) nimmt sie eine Reihe von Hautvenen auf, sodass ein „Venenstern“ (klinische Bezeichnung „Crosse“) entsteht: – Vena epigastrica superficialis (S. 322) von kranial/medial, – Vena circumflexa ilium superficialis von kranial/lateral, – Venae pudendae externae von medial. – Die Vena saphena accessoria mündet von dorsal/medial kommend bereits weiter kaudal ein. ▶ Klinik. Da die Hautvenen nicht unbedingt für den Blutabfluss des Beins nötig sind, werden Teile der Vena saphena magna zur Überbrückung verengter Arteriensegmente bei Bypass-Operationen (S. 605) verwendet.

▶ Klinik.

384 ⊙ D-1.45

D

1 Hüfte, Oberschenkel und Knie

Venen der unteren Extremität

Darstellung der oberflächlichen (a und b) und der tiefen Venen (a) der rechten unteren Extremität. (Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)



Die V. saphena parva mündet in der Kniekehle in die V. poplitea.



Die Vena saphena parva zieht vom lateralen Fußrand hinter dem Außenknöchel auf die Rückseite des Unterschenkels. Neben den Nn. suralis, bzw. cutaneus surae medialis verläuft sie auf der Mitte der Wade zur Kniekehle, wo sie die Fascia poplitea durchbohrt, um in die V. poplitea einzumünden.

Lymphabfluss

Lymphabfluss

Die Nll. inguinales superficiales bilden 3 Gruppen: ■ Nll. inguinales superolaterales und superomediales (Hüfte, Gesäß, äußeres Genitale, kaudale Bauchwand, Anus, Vagina, Uterus) entlang des Lig. inguinale, ■ Nll. inguinales inferiores (Bein) entlang der V. saphena magna. Die Nll. inguinales profundi medial der V. femoralis erhalten Lymphe von den Nll. ing. superff. und tiefen Lymphgefäßen des Beins. Lymphknoten der Knieregion (S. 430).

Die Nodi lymphoidei inguinales setzen sich aus oberflächlichen und tiefen Lymphknoten zusammen: ■ Nodi lymphoidei inguinales superficiales liegen epifaszial: Von ihnen erhalten die beiden folgenden parallel zum Lig. inguinale („horizontaler Trakt“) gelegenen Gruppen Lymphe von Hüfte und Gesäß (Nll. inguinales superolaterales), daneben von äußerem Genitale, der kaudalen Bauchwand sowie von Anus, Damm, unterer Vagina und – entlang des Lig. teres uteri (S. 324) – vom „Tubenwinkel“ des Uterus (Nll. inguinales superomediales). Die Nll. inguinales inferiores bilden den „vertikalen Trakt“ entlang der V. saphena magna und drainieren die oberflächlichen Schichten des Beins mit Ausnahme der Wade und des lateralen Fußrandes. ■ Nodi lymphoidei inguinales profundi liegen medial der V. femoralis im Trigonum femorale und erhalten Lymphe von den oberflächlichen Lymphknoten und tiefen Lymphgefäßen des Beins. Ihr Abfluss erfolgt zu den Nodi lymphoidei iliaci externi entlang der Vasa iliaca externa. Zu den Lymphknoten der Knieregion (S. 430).

D

⊙ D-1.46

385

1.4 Gefäßversorgung und Innervation von Hüfte, Oberschenkel und Knie

Lymphabfluss (Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

a Lymphknotenstationen und Lymphabflusswege der unteren Extremität (schematisch, b und Darstellung der inguinalen Lymphknoten rechts.

1.4.2 Innervation

1.4.2

Plexus lumbosacralis

Plexus lumbosacralis

Analog zur oberen Extremität (S. 468) bilden die Rami anteriores der Spinalnerven der Segmente Th 12–S 4 einen Plexus zur Versorgung von unterer Extremität, Beckenboden und kaudaler Bauchwand: den Plexus lumbosacralis (Abb. D-1.47). Dieser zerfällt in zwei systematisch und topografisch teilweise getrennte Teile:

Die Spinalnerven der Segmente Th 12–S 4 bilden zur Versorgung von unterer Extremität, Beckenboden und kaudaler Bauchwand den Plexus lumbosacralis (Abb. D-1.47).

Innervation

386

D

⊙ D-1.47

1 Hüfte, Oberschenkel und Knie

Schematische Darstellung des Plexus lumbosacralis und seiner wichtigsten Nerven

a

b Plexus

periphere Nerven (N. subcostalis)

Th12

L1

L2

Plexus lumbalis

Rückenmarkssegmente

Spinalnerven (Rr. anteriores)

L3

L4

Truncus lumbosacralis

N. gluteus inferior

S2

Plexus sacralis

L5

S1

N. gluteus superior

N. ischiadicus

N. cutaneus femoris posterior

S4

S5

Co1

Plexus coccygeus

S3

Nn. anococcygei

a Plexusbildung aus den Rami anteriores der Spinalnerven und die aus ihm hervorgehenden Nerven; der N. subcostalis wird von den meisten Autoren nicht zum Plexus lumbalis gerechnet. b Topografische Darstellung der aus dem Plexus lumbosacralis hervorgehenden Nerven. (Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

Dabei unterscheidet man Plexus lumbalis (Th 12–L 4) und Plexus sacralis (L 4–S 4).

Die Rami anteriores von Th 12–L 4 bilden lateral der Lendenwirbelsäule hinter dem M. psoas major den Plexus lumbalis. Dieser ist über eine Abspaltung von L 4, welche mit L5 den Truncus lumbosacralis bildet, mit dem sich aus L 4–S 4 rekrutierenden Plexus sacralis verbunden. Der Plexus sacralis liegt lateral der Foramina sacralia pelvina auf dem M. piriformis. Die Haut über dem Steißbein wird vom wenig bedeutenden Plexus coccygeus versorgt, der aus der Zusammenlagerung der letzten beiden Sakralnerven (S 4, S 5) mit dem Kokzygealnerven (Co1) entsteht.

Verlauf und Innervationsgebiete der peripheren Nerven Verlauf und Äste

Verlauf und Innervationsgebiete der peripheren Nerven Verlauf und Äste Die Nervi iliohypogastricus und ilioinguinalis verlaufen in der seitlichen Bauchwand zwischen den Mm. obliquus internus und transversus abdominis nach ventral zum M. rectus abdominis und innervieren im unteren Bereich der Bauchwand neben den Bauchmuskeln die Haut sensibel (Abb. C-3.5).

D

387

1.4 Gefäßversorgung und Innervation von Hüfte, Oberschenkel und Knie

Der Nervus obturatorius sowie die Nervi glutei superior und inferior verlaufen mit den gleichnamigen Gefäßen (s. o.). Der Nervus femoralis (L 1–4), der stärkste Ast des Plexus lumbalis verläuft in der Rinne zwischen M. iliacus und M. psoas major durch die Lacuna musculorum ins Trigonum femorale. Von dort ziehen zahlreiche Äste zu Muskeln und Hautarealen der Ventralseite des Oberschenkels (Abb. D-1.48a). Sein sensibler Endast, der Nervus saphenus verläuft mit der A. femoralis, durchbricht noch im Adduktorenkanal (Tab. D-1.6) das Septum intermusculare vastoadductorium und läuft mit der V. saphena magna hinter dem medialen Femurepikondylus zum Unterschenkel. Sein nach ventral/medial ziehender Ramus infrapatellaris versorgt die Haut um die Tuberositas tibiae. ▶ Klinik. Der N. femoralis wird v. a. bei operativen Eingriffen an der Leiste und im

Der N. femoralis (L 1–4) aus dem Plexus lumbalis verläuft mit dem M. iliopsoas durch die Lacuna musculorum ins Trigonum femorale, wo er sich in Haut- und Muskeläste zur Ventralseite des Oberschenkels aufspaltet (Abb. D-1.48a).

▶ Klinik.

kleinen Becken geschädigt. Die Symptome reichen von Sensibilitätsstörungen an der Vorderseite des Oberschenkels (s. u.) bis zum Ausfall der Kniestrecker (S. 376) mit großen Problemen beim Aufstehen vom Sitzen und Treppensteigen. Komplette Ausfälle sind glücklicherweise selten. Der Nervus ischiadicus (L 4–S 3) aus dem Plexus lumbosacralis ist der dickste Nerv des Körpers (Querschnitt: 1 × 1,5 cm) und tritt durch das Foramen infrapiriforme in die Bindegewebsloge zwischen M. gluteus maximus und pelvitrochanteren Muskeln (Abb. D-1.48b). Am Oberschenkel liegt er dorsal zwischen den ischiokruralen Muskeln und teilt sich in den medialen Nervus tibialis (S. 431) und den lateralen Nervus fibularis (S. 431) , welche in die Fossa poplitea (S. 393) ziehen.

⊙ D-1.48

Nervus femoralis und Nervus ischiadicus

a (Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

a Darstellung des N. femoralis am rechten ventralen Oberschenkel. b Darstellung des N. ischiadicus am rechten dorsalen Oberschenkel.

b

Der N. ischiadicus (L 4–S 3) aus dem Plexus lumbosacralis tritt durch das Foramen infrapiriforme aus dem Becken unter den M. gluteus maximus (Abb. D-1.48b). Dorsal am Oberschenkel teilt er sich in N. tibialis (S. 431) und N. fibularis (S. 431), die in die Fossa poplitea (S. 393) ziehen.

388 ▶ Klinik.

D

1 Hüfte, Oberschenkel und Knie

▶ Klinik. Der N. ischiadicus wird ebenso selten wie der N. femoralis komplett geschädigt, ist aber bei Operationen am Hüftgelenk und bei intramuskulären Injektionen (S. 392) gefährdet. Bei Letzteren treten v. a. intensive Schmerzen auf, die in Außen- und Rückseite des Unterschenkels ausstrahlen. Paresen sind v. a. durch die Unfähigkeit zum Zehenstand gekennzeichnet (S. 431).

Motorische Innervation

Motorische Innervation

Versorgung von Hüft- und Kniegelenksmuskulatur s. Abb. D-1.8, Abb. D-1.9 und Abb. D-1.41. Sensible Innervation

Zur Nervenversorgung der Hüftmuskeln siehe Abb. D-1.8 und Abb. D-1.9, zur Versorgung der auf das Kniegelenk wirkenden Muskulatur siehe Abb. D-1.41.

Dorsal: erfolgt die sensible Innervation von kranial nach kaudal (Gesäß bis Kniekehle) durch ■ Nn. clunium superiores (L 1–3) ■ Nn. clunium medii (S 1–3) ■ Nn. clunium inferiores (S 1–3) ■ N. cutaneus femoris posterior (S 1–3).

Dorsal (Abb. D-1.49b–f): ■ Die Rami laterales der Spinalnerven L 1–3 ziehen als Nervi clunium superiores über die Crista iliaca und versorgen den kranialen Teil der Gesäßbacke. ■ Die lateralen Äste der Rami posteriores der Spinalnerven S 1–3 innervieren als Nervi clunium medii sensibel die Haut über dem Sakrum. ■ Die Nervi clunium inferiores (S 1–3) aus dem Plexus sacralis zweigen nach dem Austritt durch das Foramen infrapiriforme vom N. cutaneus femoris posterior ab und biegen um den Unterrand des M. gluteus maximus zur kaudalen Gesäßbacke. ■ Die kaudal anschließende Rückseite des Oberschenkels und die Haut der Fossa poplitea wird vom Nervus cutaneus femoris posterior (S 1–3) des Plexus sacralis innerviert.

Lateral: durch ■ N. iliohypogastricus (Th 12–L 1) ■ N. cutaneus femoris lateralis (L 2–3).

Lateral (Abb. D-1.49b–f) ist im kranialen Bereich der Hüfte der: ■ Ramus cutaneus lateralis des N. iliohypogastricus (Th 12, L 1) zuständig, der ■ Nervus cutaneus femoris lateralis (L 2–3) etwa vom Trochanter major an abwärts zum Knie, bis zum Versorgungsgebiet des N. cutaneus surae lateralis am Unterschenkel.

▶ Klinik.

Medial: durch ■ N. ilioinguinalis (L 1), ■ N. femoralis (L 1–4), ■ N. obturatorius (L 2–4), ■ N. saphenus (L 3–4).

▶ Klinik.

Ventral: durch ■ R. femoralis (L 1–2) des N. genitofemoralis, ■ N. femoralis (L 1–4), ■ R. infrapatellaris des N. saphenus (L 3–4).

≡ D-1.8

Sensible Innervation

▶ Klinik. Gelegentlich wird der N. cutaneus femoris lateralis im Leistenbereich durch zu enge Gürtel oder Hosen („Jeans-Krankheit“) gereizt, was als Meralgia paraesthetica bezeichnet wird; auch Verletzungen bei Hüftoperationen (z. B. TEP) kommen als Ursache infrage. Missempfindungen bzw. Taubheitsgefühl am lateralen Oberschenkel sind die Folge.

Medial (Abb. D-1.49a–f) wird der Oberschenkel: im kranialen Drittel von den Nervi scrotales anteriores (L 1) des N. ilioinguinalis versorgt, ■ im mittleren Drittel von Rami cutanei anteriores (L 2–3) des N. femoralis und ■ distal vom Ramus cutaneus (L 2–3) des N. obturatorius; ■ die Innenseite des Knies wird vom N. saphenus (L 3–4) versorgt. ■

▶ Klinik. Da der N. obturatorius im kleinen Becken sehr nahe am Ovar verläuft, können bei entzündlichen Prozessen am Ovar bzw. an der Tuba uterina Schmerzen zur Innenseite des Oberschenkels ausstrahlen.

Ventral (Abb. D-1.49a, c, e) wird die Region unmittelbar unter dem Leistenband vom: ■ Ramus femoralis (L 1–2) des N. genitofemoralis, der Rest bis zum Knie von ■ Rami cutanei anteriores (L 2–4) des N. femoralis innerviert; ■ die distale Regio genus anterior wird vom Ramus infrapatellaris des N. saphenus (L 3–4) versorgt.

≡ D-1.8

Beziehung von Dermatomen zu anatomischen Landmarken

Landmarke

Dermatom

Leistenbeuge

L1

Patella

L4

Fußrücken/-sohle medial Fußrücken/-sohle lateral

L5 S1

Ferse

S1

Kniekehle lateral Kniekehle medial

S1 S2

siehe auch Abb. D-1.49e, f

D

⊙ D-1.49

389

1.5 Topografische Anatomie von Hüfte, Oberschenkel und Knie

Sensible Innervation von Leisten- und Gesäßregion sowie unterer Extremität

a

b

N. genitofemoralis

N. ilioinguinalis

Nn. clunium superiores N. iliohypogastricus

R. cutaneus lateralis R. cutaneus anterior

äußerer Leistenring

Nn. clunium medii

N. ilioinguinalis R. genitalis* R. femoralis

N. cutaneus femoris lateralis

R. cutaneus lateralis (N. iliohypogastricus)

N. genitofemoralis

Nn. scrotales anteriores N. femoralis, Rr. cutanei femoris anteriores

Nn. clunium inferiores (N. cutaneus femoris posterior)

e

c N. cutaneus femoris lateralis N. femoralis, Rr. cutanei femoris anteriores

d

N. cutaneus femoris lateralis

N. obturatorius, R. cutaneus N. obturatorius, R. cutaneus

N. fibularis communis, N. cutaneus surae lateralis

N. saphenus, R. infrapatellaris N. saphenus

N. cutaneus femoris posterior

Th11

f

Th12

L4

L1

L5

S2

S5

L2

S4

L3

S3

L4

S2 S1

N. fibularis (peroneus) communis, N. cutaneus surae lateralis

N. saphenus N. fibularis superficialis

N. suralis

N. tibialis, N. cutaneus surae medialis L5 S1

N. suralis N. fibularis profundus

N. plantaris medialis, R. cutaneus

L4

N. plantaris lateralis, R. cutaneus

L5

Periphere Innervation der Leistengegend (a), der Gesäßregion (b) sowie der ventralen (c) und dorsalen (d) unteren Extremität. Sie unterscheidet sich durch die Plexusbildung erheblich von der segmentalen Innervation (e und f). Hautinnervation des Skrotums durch R. genitalis von untergeordneter Bedeutung. (Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl., c–f nach Mumenthaler)

1.5

Topografische Anatomie von Hüfte, Oberschenkel und Knie

1.5

Topografische Anatomie von Hüfte, Oberschenkel und Knie

1.5.1 Regionen

1.5.1

Regionen

Die Regio glutealis (Abb. D-1.50) erstreckt sich auf der Dorsalseite des Hüftgelenks zwischen Crista iliaca und dem horizontalen Sulcus gluteus. Daran anschließend bis zur Regio poplitea liegt die Regio femoris posterior, der die ischiokruralen Muskeln unterliegen. Die Kontur der Ventralseite des (trainierten) Oberschenkels wird vom M. quadriceps femoris (v. a. distal) und dem M. sartorius (S. 377), der schräg von der Spina iliaca anterior superior nach kaudal/medial zum Knie zieht, bestimmt. Der M. sartorius grenzt die Regio femoris anterior, der sich distal die Regio genus anterior anschließt, vom medial gelegenen Trigonum femoris ab. Die kraniale Basis des Trigonum femoris bildet das Leistenband, nach medial wird es vom M. gracilis begrenzt. Es darf nicht mit dem subkutan gelegenen Trigonum femorale verwechselt werden, das eine Vertiefung darstellt, dessen Begrenzungen und Inhalt der Tab. D-1.7 zu entnehmen sind.

Dorsal von kranial (Abb. D-1.50): Regio glutealis, ■ Regio femoris post. ■ Regio poplitea Ventral von kranial: ■ Regio femoris ant. (lateral) ■ Trigonum femoris (medial) ■ Regio genus ant. Begrenzungen und Inhalt des subkutan gelegenen Trigonum femorale sind Tab. D-1.7 zu entnehmen. ■

390 ⊙ D-1.50

D

1 Hüfte, Oberschenkel und Knie

⊙ D-1.50

Regionen der unteren Extremität

Regio glutealis

Trigonum femoris

Regio femoris anterior

Regio femoris posterior

Regio genus anterior

Regio genus posterior

Regio cruris posterior

Regio cruris posterior

Regio cruris anterior Regio retromalleolaris lateralis Dorsum pedis

Regio calcanea

a

b

Planta pedis

(Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

a Ansicht von ventral b und dorsal.

Am Knie unterscheidet man eine vordere Regio genus anterior von einer hinteren Regio genus posterior. Zur Regio analis und perinealis mit der darunter liegenden Fossa ischioanalis (S. 340). 1.5.2

Orientierungspunkte und -linien

Tastbare Knochenpunkte: Die Gelenkkörper des Hüftgelenks sind nicht direkt tastbar. Zu tasten sind: ■ Crista iliaca zwischen – Spina iliaca ant. sup. und – Spina iliaca post. sup. ■ Tuber ischiadicum, ■ Symphysis pubica, ■ Trochanter major.

1.5.2 Orientierungspunkte und -linien Tastbare Knochenpunkte: Infolge der massiven Muskelummantelung des Hüftgelenks sind die Gelenkkörper nicht direkt tastbar (auch der Femurkopf ist von ventral durch den M. iliopsoas nur schlecht abgrenzbar). Dementsprechend verwendet man zur Orientierung Hilfslinien (s. u.), die von wenigen tastbaren Knochenpunkten ausgehen. Zweifelsfrei zu tasten sind: ■ Crista iliaca mit ihren ventralen und dorsalen Endpunkten, – Spina iliaca anterior superior und – Spina iliaca posterior superior, ■ Tuber ischiadicum, ■ Symphysis pubica (deren kranialer Abschnitt), ■ Trochanter major (relativ breitflächig).

▶ Klinik. Die vaginale Palpation der Spina ischiadica spielt bei der

Anästhesie des unmittelbar dahinter verlaufenden N. pudendus in der Geburtshilfe („Pudendusblock“) eine Rolle.

⊙ D-1.51

„Pudendusblock“. (Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

D

391

1.5 Topografische Anatomie von Hüfte, Oberschenkel und Knie

Anders als das Hüftgelenk, ist das Kniegelenk durch die geringe Weichteilbedeckung für den Untersucher gut zugänglich. Vorne ist die Patella im ganzen Umfang unmittelbar unter der Haut gelegen. An ihrer proximalen Basis sinkt die Haut über der Quadrizepssehne etwas ein. Beidseits davon wölben sich die Mm. vastus lateralis und v. a. vastus medialis vor. Distal von der Patella lässt sich das Lig. patellae bis zum Ansatz an der Tuberositas tibiae verfolgen. Zu beiden Seiten des Lig. patellae sind die Femur- bzw. Tibiakondylen mit dem dazwischen gelegenen Gelenkspalt am besten am gebeugten Knie zu tasten. Im Gelenkspalt tastet man die Basis der Menisci. Die gleichfalls subkutan gelegenen Femurepikondylen, mit den proximalen Insertionsstellen der Kollateralbänder, liegen 2– 4 cm über dem Gelenkspalt. Der distale Ansatz des Lig. collaterale tibiale an der medialen Tibiafläche unterhalb der Tuberositas ist nur von dünner fettfreier Haut bedeckt. ▶ Merke. Das Fibulaköpfchen liegt relativ weit dorsal und darf nicht mit dem latera-

Das Kniegelenk ist infolge der geringen Weichteilbedeckung für den Untersucher gut zugänglich. Ventral und an den Seiten sind Gelenkkörper und -spalt, Mensici und Bänder zu tasten.

▶ Merke.

len Tibiakondylus verwechselt werden. Zwischen Caput fibulae und Condylus lateralis femoris lässt sich, v. a. unter Varusstress das Lig. collaterale fibulare tasten. Unmittelbar distal vom Fibulaköpfchen liegt der N. fibularis unter der Haut dem Knochen der Fibula an. Dort teilt er sich in die Nn. fibulares profundus und superficialis. ▶ Klinik. Falsch angelegte Unterschenkelgipsverbände können hier auf den N. fibula-

Der N. fibularis liegt distal des Caput fibulae unter der Haut direkt auf der Fibula und teilt sich dort in die Nn. fibulares profundus und superficialis.

▶ Klinik.

ris drücken. Man muss daher nach dem Anlegen eines solchen die Sensibilität im Versorgungsgebiet des N. fibularis (Zehen und Fußrücken, Abb. D-1.49c) prüfen. Die seltenere, proximale Läsion des N. tibialis verursacht Sensibilitätsstörungen der Fußsohle (Abb. D-1.49d). Zu motorischen Ausfällen bei Läsion dieser Nerven s. Hackenfußstellung (S. 431) und Spitzfußstellung (S. 431). Orientierungslinien und Projektionen: Durch die darüberliegende Leistenfurche ist das Lig. inguinale auf ganzer Länge sichtbar. Seine Mitte markiert die Lage der A. femoralis. Dorsal bilden Spina iliaca posterior superior, Tuber ischiadicum und Trochanter major ein Dreieck (Tab. D-1.9 und Abb. D-1.52).

⊙ D-1.52

Orientierungslinien und Projektionen: In der Mitte der Leistenfurche liegt die A. femoralis. Dorsal lassen sich 3 Knochenpunkte mit Linien verbinden (Tab. D-1.9 und Abb. D-1.52).

Hilfslinien zum Aufsuchen der Leitungsbahnen in der Regio glutealis (Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

392

≡ D-1.9

D

1 Hüfte, Oberschenkel und Knie

Orientierungslinien zur Lokalisation von Leitungsbahnen

Orientierungslinie

Lokalisation der Projektion

anatomische Struktur

Spina-Trochanter-Linie

zwischen medialem und mittlerem Drittel

Foramen suprapiriforme mit A., V. und N. glutea(us) superior

Spina-Tuber-Linie

Mitte

Foramen infrapiriforme mit N. ischiadicus und A., V. und N glutea(us) inf.

Tuber-Trochanter-Linie

Grenze von medialem und mittleren Drittel

N. ischiadicus

▶ Klinik.

▶ Klinik. Um bei intramuskulären Injektionen sicher die Foramina supra- und infrapiriforme zu vermeiden, legt man die Spitze des Zeigefingers der linken Hand auf die rechte Spina iliaca anterior superior des Patienten, spreizt den Mittelfinger nach dorsal ab und sticht mit der Nadel in das von den Fingern und der Crista iliaca begrenzte Feld. So erfolgt die Injektion in den M. gluteus medius.

⊙ D-1.53

▶ Klinik.

Intramuskuläre Injektion. (Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

▶ Klinik. Bei Frakturen, Luxationen und massiver Coxa vara oder valga ist die Lage des Trochanter major verändert. Beim Gesunden bildet das Lot von der Spina iliaca ant. sup. mit der Femurlängsachse (in Neutral-Null-Position) die Spitze eines gleichschenkligen Dreiecks, dessen Basis von der Trochanterspitze zur Spina verläuft (Bryant-Dreieck, Abb. D-1.54a). Die verlängerten Verbindungslinien vom Trochanter major zur Spina iliaca ant. sup. müssen sich in der Medianen und kranial des Nabels schneiden (Shoemaker-Linien, Abb. D-1.54b)*.

⊙ D-1.54

a

Bryant-Dreieck und Shoemaker-Linien

b

* Bei zu hoher Lage des Trochanter major (rote Punkte) ist das Bryant-Dreieck nicht mehr gleichschenklig und die Shoemaker-Linien treffen sich kaudal des Nabels.

D

393

1.5 Topografische Anatomie von Hüfte, Oberschenkel und Knie

1.5.3 Kniekehle (Fossa poplitea)

1.5.3

Dorsal des Kniegelenks liegt die rautenförmige Kniekehle (Fossa poplitea). Sie wird von folgenden Muskeln eingerahmt (Abb. D-1.56): ■ kranial/medial: Mm. semitendinosus und semimembranosus, ■ kranial/lateral: M. biceps femoris und ■ kaudal/medial und lateral: Köpfe des M. gastrocnemius. In ihr liegen in Baufett eingebettet die Leitungsbahnen des Beins. Die Fascia poplitea, als Teil der allgemeinen Körperfaszie (S. 236) trennt dieses vom subkutanen Fettgewebe. Am oberflächlichsten verlaufen die Nerven, lateral, dem M. biceps femoris medial anliegend, der N. fibularis communis, in der Mitte der N. tibialis, etwas tiefer die V. poplitea und am tiefsten, gelenknah die A. poplitea (Merkwort: „Nivea“).

Die Kniekehle wird von folgenden Muskeln umrahmt (Abb. D-1.56): ■ Mm. semitendinosus und semimembranosus (kranial/medial) ■ M. biceps femoris (kranial/lateral) ■ Gastroknemiusköpfe (kaudal/medial und lateral).

▶ Merke. In der Kniekehle (Fossa poplitea) liegen von der Oberfläche zum Gelenk

Kniekehle (Fossa poplitea)

▶ Merke.

hin der Reihe nach (Nivea): N. fibularis communis, N. tibialis; V. poplitea; A. poplitea. ▶ Klinik. Zur Erhebung eines „Gefäßstatus“ gehört auch die

Palpation des Popliteapulses: dabei drückt man mit den Fingern beider Hände die A. poplitea gegen die Facies poplitea des distalen Femurs, während die Daumenballen beidseits der Patella liegen.

⊙ D-1.55

Palpation des Poplietalpulses. (Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

▶ Klinik. Bei einer distalen (suprakondylären) Fraktur des Femurs wird das distale

Femurstück durch den Zug der Gastrocnemiusköpfe nach dorsal gehebelt, sodass seine Kanten die tiefe, dem Knochen am nächsten gelegene A. poplitea verletzen oder komprimieren können. Daher ist bei einer solchen Fraktur die arterielle Versorgung des Unterschenkels durch Tasten der Fußpulse (S. 428) zu kontrollieren, um ggf. in einer gefäßchirurgischen Notoperation einzugreifen.

⊙ D-1.56

Kniekehle (Fossa poplitea)

(Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

▶ Klinik.

394

D

1.5.4

1.5.4 Achsen der unteren Extremität

Achsen der unteren Extremität

1 Hüfte, Oberschenkel und Knie

Die Zentren der großen Gelenke des Beines, Caput femoris (Hüfte), Eminentia intercondylaris (Knie) und Talusrolle, vgl. oberes Sprunggelenk (S. 404), liegen auf einer Geraden. Da diese Gelenke das Gewicht des Rumpfes, bzw. fast des ganzen Körpers aufnehmen, spricht man von der Traglinie. ▶ Merke.

▶ Merke. Die Traglinie (Abb. D-1.57) verbindet die Zentren von Hüft-, Knie- und

oberem Sprunggelenk. Infolge der Abwinkelung des Schenkelhalses (S. 347) liegt der Femurkopf nicht in gerader Verlängerung des Femurschafts, sondern medial davon: Die Traglinie stimmt also nicht mit der Femurschaftachse überein, was die Ausbiegungstendenz des Femurs nach lateral bedingt. Da im Bereich des Unterschenkels Traglinie und Tibiaschaftachse zusammenfallen, resultiert ein nach außen offener Winkel zwischen Femur- und Tibiaschaftachse von 174°, der Femorotibialwinkel (Abb. D-1.57a). Bei normalen Verhältnissen berühren sich bei geschlossenen Beinen sowohl die Innenknöchel als auch die Innenseiten der Knie (mediale Tibiakondylen bzw. Femurepikondylen).

Am Femur verläuft die Traglinie medial vom Schaft; an der Tibia fällt sie mit der Schaftachse zusammen. Daher bilden Femur- und Tibiaschaft den nach außen offenen Femorotibialwinkel von 174° (Abb. D-1.57a).

▶ Merke.

▶ Merke. Bei zu großem Femorotibialwinkel (Abb. D-1.57b) liegt ein Genu varum

(O-Bein) vor, bei zu kleinem Femorotibialwinkel (Abb. D-1.57c) ein Genu valgum (X-Bein). ▶ Klinik.

▶ Klinik. Der exzentrische Verlauf der Traglinie am Kniegelenk führt bei O-Beinen

zu einer vermehrten Belastung des medialen Kompartiments mit dem Risiko einer Arthrose. Beim X-Bein ist das laterale Kompartiment betroffen.

⊙ D-1.57

Traglinie des Beines Zentrendergroßen Gelenke:

M. gluteus maximus (kranialerTeil)

– Hüftgelenk

Traglinie (Mikulicz-Linie) Tractus M. sartorius iliotibialis

Traglinie (MikuliczLinie)

M. semitendinosus

Femurschaftachse

M. biceps femoris

M. gracilis Traglinie (MikuliczLinie)

– Kniegelenk

174°

Tibiaschaftachse

– oberes Sprunggelenk a

b

c

(Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

a Physiologischer Verlauf der Traglinie in der Ansicht von ventral. b Verlauf der Traglinie beim Genu varum (O-Bein) in der Ansicht von dorsal. c Verlauf der Traglinie beim Genu valgum (X-Bein) in der Ansicht von dorsal: Mit Verkleinerung des lateralen Femorotibialwinkels geht eine Vergrößerung des medialen Winkels einher → Abweichung des distalen Skelettelements nach außen entspricht einer Valgusfehlstellung (S. 347).

Klinischer Fall: Junge mit Muskelschwäche * * Fallbeispiel fiktiv, Namen und Daten frei erfunden

13:30 Sebastian Neugebauer, 7 Jahre, kommt mit seiner Mutter in die Kinderarztpraxis.

13:40

14:00

Mutter: Sebastians Sportlehrerin schickt mich. Sie meint, mit dem Sebi stimmt was nicht. Er hat große Probleme, beim Sport mitzuhalten, und es wird immer schlimmer. Mir kommt es auch langsam komisch vor: inzwischen kommt er fast nicht mehr in unsere Wohnung in den zweiten Stock hoch.

Die letzte Vorsorgeuntersuchung hatte kurz vor Sebastians zweitem Geburtstag stattgefunden. Damals war eine leichte motorische Entwicklungsverzögerung aufgefallen. Weitere Vorsorgeuntersuchungen wurden in der Zwischenzeit nicht wahrgenommen. Der Kinderarzt vermutet eine neuromuskuläre Erkran­ kung und überweist die Familie in eine neuropädiatri­ sche Ambulanz zur weiteren Diagnostik.

1 Woche später

09:36

Körperliche Untersuchung 09:33 Als erstes fällt mir auf, dass die Waden des Jungen Familienanamnese vergrößert wirken (Pseudo­Hypertrophie der Mutter: Es gibt einen entfernten Wadenmuskulatur beidseits). Die Muskulatur des Cousin, der im Rollstuhl sitzt, aber Schulter­ und Beckengürtels ist schmächtig. Der mehr weiß ich darüber nicht. Junge steht im Hohlkreuz. Als ich Sebastian bitte, aus der Rückenlage auf­ zustehen, dreht er sich zunächst auf den Bauch. Dann geht er auf alle viere und stützt sich während Muskelbiopsie des Aufrichtens mit den Händen an den Beinen ab Das Kaliber der einzelnen (Gowers-Zeichen). Auf einen Hocker in Höhe einer Muskelfasern schwankt Treppenstufe kann er nur mit Abstützen steigen. deutlich. Zwischen den Das Gehen wirkt mühevoll, er watschelt leicht. wenigen Muskelfasern deutlich verbreiterter Interzellularraum, teils mit Fettgewebseinspreng­ seln. In der immunhistochemi­ schen Untersuchung ist kein Dystrophin nachweisbar.

Anamnese neuropädiatrische Ambulanz Kinderklinik Ich lasse mir Sebastians Beschwerden erneut schildern. Auf Nachfrage berichtet mir die Mutter von einem unauffälligen Verlauf von Schwanger­ schaft und Geburt. Allerdings hat Sebastian – im Gegensatz zu seiner gesunden 6­jährigen Schwester erst mit 2 Jahren laufen gelernt. Auch heute noch fällt er häufiger mal hin. Die Beschwerden haben eher schleichend begonnen und wurden bisher noch nicht abgeklärt.

Elektromyografie Es zeigen sich verkürzte, erniedrigte Potenziale und eine verminderte Amplitude bei maximaler Innervation. Der Befund passt zu einer Dystrophie.

Eine Woche später

Gowers-Zeichen (aus Sitzmann, C. F.: Duale Reihe Pädiatrie. 4. Aufl., Thieme, Stuttgart 2012)

Die Blutwerte sind da (Normwerte in Klammern) • Creatinkinase (CK) 12180 U/l (31–152) • Lactatdehydrogenase (LDH) 780 U/l (141– 237) Diese Laborwerte deuten auf einen Zerfall von Muskelzellen hin.

10:00 Blutabnahme Ich nehme Sebastian Blut ab. Dann erkläre ich dem Jungen und seiner Mutter, dass weitere Untersuchun­ gen notwendig sind: eine Elektromyografie und eine Probeentnahme aus der Muskulatur (Muskelbiopsie).

Nach 5 Tagen Befundbesprechung und medikamentöse Behandlung Alle Befunde zusammen sprechen für das Vorliegen einer Muskeldys­ trophie vom Typ Duchenne. Diese Diagnose erkläre ich gemeinsam mit meiner Oberärztin Sebastian und seiner Familie. Die Erkrankung ist nicht heilbar. Eine intensive Krankengymnastik und Glukokortikoide können die Symptome lindern. Die Patienten versterben aber meist im 20. – 30. Lebensjahr an einer Beteiligung der Atemmuskulatur.

Der Schock der infausten Diagnose sitzt tief. Eine intensive Krankengymnastik tut Sebastian momentan gut. In Selbsthilfegruppen (z.B. über die Deutsche Gesell­ schaft für Muskelkranke e.V.) finden Sebastians Angehörige die nötige Information und Unterstützung.

Fragen mit anatomischem Schwerpunkt 1 2 3 4

Welche Muskeln sind dafür verantwortlich, dass Sebastian schlecht Treppen steigen kann und sich beim Aufstehen aus dem Stuhl mit den Armen an den Oberschenkeln abstützt? Was würde passieren, wenn der Kinderarzt Sebastian auf einem Bein stehen ließe? Wodurch ist das bei Sebastian zu beobachtende Gangbild bedingt? Sebastians Erkrankung, die Muskeldystrophie Duchenne, zeigt eine Betonung der proximalen Muskulatur und breitet sich nach distal aus. Was kann bei Sebastian außer der beschriebenen Symptomatik durch Befall der Beckengürtel­ muskulatur erwartet werden? ! Antwortkommentare im Anhang

D

2

Unterschenkel und Fuß

2.1 2.2 2.3 2.4 2.5 2.6 2.7 2.8

Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Funktionelle Aspekte und Bauprinzip . . . . . . . . . . . . . . . . . Knochen von Unterschenkel und Fuß . . . . . . . . . . . . . . . . . Gelenke von Unterschenkel und Fuß . . . . . . . . . . . . . . . . . Muskulatur von Unterschenkel und Fuß . . . . . . . . . . . . . . . Funktionelle Anatomie des Fußes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Gefäßversorgung und Innervation von Unterschenkel und Fuß. Topografische Anatomie von Unterschenkel und Fuß . . . . . . .

. . . . . . . .

. . . . . . . .

. . . . . . . .

. . . . . . . .

396 396 397 403 411 421 426 433

L.J. Wurzinger 2.1

Überblick

Die Anatomie des menschlichen Fußes ist dem aufrechten Gang angepasst und bildet die Grundlage für viele Erkrankungen.

▶ Klinik.

2.2

Funktionelle Aspekte und Bauprinzip Der zweibeinige Mensch benötigt für einen sicheren Stand einen Fuß, der an mindestens zwei Punkten dem Boden aufliegt.

▶ Klinik.

2.1

Überblick

Die Anatomie des menschlichen Fußes und seiner Verbindungen zur übrigen unteren Extremität weist Besonderheiten auf, die den Anforderungen des aufrechten Gangs gerecht werden, jedoch auch eine Anfälligkeit für zahlreiche Erkrankungen bedingen. ▶ Klinik. In der orthopädischen Ambulanz nehmen Beschwerden der Füße den zweiten Platz hinter Rückenbeschwerden ein. Die Ursachen hierfür sind mehrere: Die auf den aufrechten Gang ausgerichtete Anatomie des Fußes als „evolutionäre Neuheit“, ähnlich der Wirbelsäule (S. 250), ist eine mögliche Ursache für die große Variationsbreite mit teilweise suboptimaler Anpassung an die funktionellen Erfordernisse. Zudem stellt das in den Industrienationen zunehmende Übergewicht eine besondere Herausforderung der Konstruktion des Fußes dar und der Zuschnitt vieler Schuhe wird der Biomechanik des Fußes nicht gerecht. Die Sprunggelenke sind in der Verletzungsstatistik neben Knie- und Schultergelenk bei allen Lauf-, Sprung- und Kampfsportarten häufig vertreten. Die Belastung mit dem gesamten Körpergewicht macht sie anfällig für degenerative Veränderungen (Arthrose). Der Unterschenkel ist das Körperteil, an dem der durch die aufrechte Körperhaltung bedingte hohe hydrostatische Druck in den Blutgefäßen augenscheinlich wird: Veränderungen des kollagenen Bindegewebes in der Wand der Venen manifestieren sich v. a. am Unterschenkel als Varizen (Krampfadern). Verengungen der Arterien (Arteriosklerose) manifestieren sich mit den Folgen einer verminderten Durchblutung, neben Herz und Gehirn bevorzugt am Unterschenkel und Fuß („Raucherbein“, Zehengangrän).

2.2

Funktionelle Aspekte und Bauprinzip

Von allen Abschnitten der unteren Extremität sind am Fuß die Unterschiede zwischen Mensch und Vierbeinern, bzw. den übrigen Primaten, am stärksten ausgeprägt. Anders als bei vielen Vierbeinern, bei denen ein eher „punktueller“ Kontakt zum Boden durch einen kleinen Teil des Fußskeletts ausreichend ist, benötigt der Mensch für einen sicheren Stand auf zwei oder einem Bein(en) einen Fuß, der mit zwei oder drei relativ weit auseinander liegenden Punkten dem Boden aufliegt. Die permanente Belastung der menschlichen Füße mit dem ganzen Körpergewicht beim Stehen und Laufen auf dem Erdboden hat zur Entwicklung des „Standfußes“ beigetragen, der sich stark vom „Greiffuß“ der übrigen, teils auf Bäumen lebenden Primaten unterscheidet. ▶ Klinik. Im Falle eines Verlusts der Hände oder bei angeborenen Fehlbildungen (z. B. Thalidomid-Embryopathie), kann durch Training und/oder plastische Operationen eine Greiffunktion der Füße reaktiviert werden.

D

Die Verbindung des „Bodenkontaktorgans“ Fuß mit der übrigen unteren Extremität erfolgt über die Sprunggelenke. Vor allem das obere Sprunggelenk ermöglicht beim Gehen das Abrollen des Fußes. Eine bessere Anpassung des Fußes an geneigtes und unebenes Gelände wird durch eine zweite Bewegungsachse (unteres Sprunggelenk) erreicht. Diesem Zweck dienen auch die Zehen, mit denen darüber hinaus noch ein „Einkrallen“ in weichem Untergrund möglich ist. Der Aufbau des Fußes aus mehreren kleinen Knochen, die durch Bänder und Muskeln zu einem Bogen verklammert sind, bewirkt eine Federung der beim Gehen und v. a. Springen auftretenden Stöße. Das Prinzip dieser „Knochenkette“ und ihre Funktion erinnert an die Wirbelsäule (S. 248).

2.3

397

2.3 Knochen von Unterschenkel und Fuß

Knochen von Unterschenkel und Fuß

Die Verbindung des Fußes mit der übrigen unteren Extremität erfolgt über die Sprunggelenke, die das Gehen auch auf unebenem Gelände ermöglichen.

Die aus mehreren Knochen bestehende Bogenkonstruktion des Fußes federt Stöße ab.

2.3

2.3.1 Unterschenkelknochen (Ossa cruris) und ihre Verbindungen

Knochen von Unterschenkel und Fuß

2.3.1

Unterschenkelknochen (Ossa cruris) und ihre Verbindungen

Analog zum Unterarm (S. 478) bilden zwei durch eine Membrana interossea verbundene Knochen das Unterschenkelskelett: ■ Tibia (Schienbein) und ■ Fibula (Wadenbein). Allerdings sind diese Knochen des Unterschenkels (Abb. D-2.1) sowohl in Größe als auch Funktion sehr ungleichwertig. Die Lastübertragung vom Femur auf das Fußskelett erfolgt zu mehr als 80 % über die Tibia.

Das Unterschenkelskelett besteht aus 2 Knochen (Abb. D-2.1): ■ Tibia (Schienbein) und ■ Fibula (Wadenbein), wovon die Tibia den größten Teil der Last überträgt.

Tibia (Schienbein)

Tibia (Schienbein)

Tibiakopf: Die proximale Epiphyse der Tibia ist zum Tibiakopf verbreitert. Dieser besteht aus dem medialen und lateralen Kondylus, welche im Kniegelenk mit den Femurkondylen (S. 346) artikulieren. Am Übergang vom Tibiakopf zum -schaft, dem Corpus tibiae, springt die Tuberositas tibiae nach ventral vor. Sie dient dem Lig. patellae (S. 370) als apophysärer Ansatz.

Tibiakopf: Die proximalen Tibiakondylen artikulieren im Kniegelenk mit den Femurkondylen. An der Tuberositas tibiae setzt das Lig. patellae (S. 370) an.

⊙ D-2.1

Tibia, Fibula und Membrana interossea

(Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

a Knochen eines rechten Unterschenkels in der Ansicht von ventral b und dorsal.

⊙ D-2.1

398

D

▶ Klinik.

2 Unterschenkel und Fuß

▶ Klinik. Die Tuberositas tibiae zählt neben den Wirbelkörperepiphysen, dem Hüftkopfkern (S. 360) und dem Os naviculare (S. 401) zu den häufigsten Manifestationsorten der juvenilen Osteochondrose. Dabei kommt es häufig an Wachstumszonen (Epiphysenfugen) zu aseptischen Knochennekrosen (S. 360). Beim Morbus OsgoodSchlatter ist der Knochenkern der Tuberositas in der Frühpubertät betroffen.

Tibiaschaft: Die Facies medialis des Corpus tibiae liegt unmittelbar subkutan.

▶ Klinik.

Tibiaschaft: Das Corpus tibiae hat einen dreikantigen Querschnitt, wobei die Margo anterior an der Tuberositas tibiae beginnt und distal verstreicht. Die Margo medialis zieht vom medialen Kondylus bis zum Innenknöchel. Die zwischen diesen Kanten gelegene Facies medialis liegt auf ganzer Länge unmittelbar unter der Haut. Kein anderer Knochen hat eine so große Anlagerungsfläche an die Haut. ▶ Klinik. Die Bedeckung der medialen Tibiafläche mit Haut, die nur minimal von subkutanem Fettgewebe unterfüttert ist, hat zur Folge, dass die Tibia bei direkten Traumen sehr gefährdet ist und offene Frakturen mit Durchspießung der Haut relativ häufig vorkommen. Diese bergen ein hohes Risiko für Infektionen des Knochens (Osteomyelitis) in sich.

Distale Tibia: Hier bildet die Tibia den Malleolus medialis (Innenknöchel).

Distale Tibia: Distal verbreitert sich die Tibia und endet im Innenknöchel, dem Malleolus medialis. Näheres zum distalen Tibiaende (S. 404).

Tibiatorsion: Das distale Tibiaende ist gegenüber dem Kopf um 23° nach außen torquiert. Die Tibiatorsion kompensiert die Femurtorsion und sorgt dafür, dass die Füße im Stand leicht nach außen zeigen (Abb. D-2.2).

Tibiatorsion: Der größte Querdurchmesser der distalen Tibiaepiphyse ist gegenüber der Querachse des Tibiakopfes um ca. 23° nach außen rotiert. Diese Tibiatorsion ist funktionell im Zusammenhang mit der Torsion der distalen Femurepiphyse um ca. 12° nach innen zu sehen, vgl. Antetorsion des Collum femoris (S. 348). Die Torsion des distalen Tibiaendes nach außen bedingt eine Überkompensation dieser Drehung, sodass die Füße beim Stand leicht nach außen zeigen (Abb. D-2.2). Beim Kleinkind ist die Femurtorsion noch größer als 20° und die Tibiatorsion noch kleiner als 20°, sodass die Fußspitzen physiologischerweise nach innen zeigen. Die aufeinander folgenden gegenläufigen Torsionen von Femur und Tibia drehen die Flexions-Extensions-Achse des Kniegelenks (S. 376) aus der Frontalebene nach innen (Abb. D-2.2). Dadurch wird der Unterschenkel mit dem Fuß bei Beugung im Knie etwas nach außen geführt. Beim Laufen kann so der Fuß des (gebeugten) Spielbeins nach vorn geführt werden, ohne mit dem Standbein zu kollidieren.

Die gegenläufigen Torsionen von Femur und Tibia drehen die Beugeachse des Kniegelenks nach innen (Abb. D-2.2) und verhindern so, dass beim Laufen der Fuß des Spielbeins mit dem Standbein kollidiert.

⊙ D-2.2

Torsion von Femur und Tibia a Durch die Antetorsion des Collum femoris werden die Kondylenachse und die proximale quere Tibiaachse (beide blau gezeichnet), die sich auf die Flexions-Extensions-Achse des Kniegelenks projizieren, etwas nach innen gedreht. (nach Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.) b Die doppelt so große gegenläufige Drehung der Tibia sorgt dafür, dass die quere distale Tibiaachse nach außen gedreht wird und die Fußspitze etwas nach außen zeigt. (Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

Fibula (Wadenbein)

Fibula (Wadenbein)

Die Fibula ist ein schlanker Knochen, an dessen Caput Bänder (S. 371) und Muskeln des Kniegelenks ansetzen (Abb. D-1.41). Vom Corpus entspringen die Muskeln der Fibularisgruppe (S. 416). Der Malleolus lateralis (S. 404) ist v. a. für die Führung im oberen Sprunggelenk von Bedeutung.

Die Fibula ist (wegen der geringen Belastung) ein schlanker Knochen. Bis auf ihr proximales (Caput fibulae) und distales Ende (Malleolus lateralis) wird sie allseitig von Muskeln umhüllt. Das Fibulaköpfchen dient Bändern (S. 371) und Muskeln des Kniegelenks als Ansatz (Abb. D-1.41), hat aber am Kniegelenk keinen direkten Anteil. Vom Corpus fibulae entspringen die Muskeln der Fibularisgruppe (S. 416). Der Malleolus lateralis (S. 404) ist einer der Gelenkkörper des oberen Sprunggelenks und ist somit für dessen Gelenkführung unerlässlich.

D

399

2.3 Knochen von Unterschenkel und Fuß

Verbindungen von Tibia und Fibula

Verbindungen von Tibia und Fibula

Tibia und Fibula sind gegeneinander kaum beweglich. Im Bereich ihrer Diaphysen sind sie durch die Membrana interossea cruris verbunden (Abb. D-2.1). Diese Platte aus straffem kollagenen Bindegewebe trennt die Loge der Beugemuskeln von der der Strecker und wird von beiden Muskelgruppen als Ursprung genutzt. Proximal artikuliert das Caput fibulae mit dem lateralen Tibiakondylus in der fast unbeweglichen Articulatio tibiofibularis. In ca. 20 % kommuniziert die Gelenkhöhle mit dem Recessus subpopliteus (S. 378) des Kniegelenks. Über den distalen Abschnitt der Facies articularis des lateralen Malleolus wird bis zu 20 % des Gewichts auf den Processus lateralis des Talus übertragen. Distal verbindet die Syndesmosis tibiofibularis (Abb. D-2.1) die beiden Unterschenkelknochen zur Malleolengabel (S. 404), s. auch Abb. D-2.3.

Tibia und Fibula sind gegeneinander kaum beweglich. Ihre Diaphysen werden durch die Membrana interossea cruris verbunden.

⊙ D-2.3

⊙ D-2.3

Malleolengabel eines rechten Unterschenkels

        

      

        

Caput fibulae und lateraler Tibiakondylus sind durch ein echtes Gelenk verbunden; distal verbindet die Syndesmosis tibiofibularis (Abb. D-2.1) die beiden Knochen zur Malleolengabel (S. 404), s. auch Abb. D-2.3.

Ansicht von distal. (Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

 

         

  

    

2.3.2 Fußknochen (Ossa pedis)

2.3.2

Der Fuß (Pes) besteht aus 26 Knochen, die gegliedert sind in (Abb. D-2.4): ■ Tarsus (Fußwurzel), ■ Metatarsus (Mittelfuß) und ■ Digiti pedis (Zehen).

Der Fuß gliedert sich in (Abb. D-2.4): ■ Tarsus (Fußwurzel), ■ Metatarsus (Mittelfuß) und ■ Digiti pedis (Zehen).

▶ Klinik. In der Klinik ist häufig eine andere Einteilung gebräuchlich. Als Rückfuß werden Talus und Calcaneus bezeichnet, die übrigen Fußwurzelknochen bilden den „Mittelfuß“, Metatarsus und Zehen den Vorfuß der Kliniker (Abb. D-2.4b).

Fußknochen (Ossa pedis)

▶ Klinik.

Eine systematisch-anatomische Gliederung des Fußes unterscheidet zwei vom Talus ausgehende „Strahlen“, wobei der mediale das Os naviculare, die drei Ossa cuneiformia sowie die Ossa metatarsi I–III umfasst; der laterale Calcaneus, Os cuboideum und die Ossa metatarsi IV und V. Unter funktionellen Gesichtspunkten ist es sinnvoll, am Fuß drei Stützstrahlen (S. 421) zu unterscheiden, die der Lastübertragung zu den drei Hauptauflagepunkten dienen. Letztere sind durch die Gewölbekonstruktion des Fußes bedingt.

Anatomisch wird am Fuß ein medialer von einem lateralen Strahl unterschieden. Funktionell wird die Differenzierung von 3 Stützstrahlen (S. 421) zur Lastübertragung auf die Hauptauflagepunkte der Konstruktion des Fußes eher gerecht.

Tarsus (Fußwurzel)

Tarsus (Fußwurzel)

Zu Ihm gehören folgende Knochen: ■ Talus (Sprungbein), ■ Calcaneus (Fersenbein), ■ Os naviculare (Kahnbein), ■ Ossa cuneiformia mediale, intermedium und laterale (Keilbeine) und ■ Os cuboideum (Würfelbein). ▶ Merke. Fußwurzelknochen (proximal von kranial → kaudal und distal von medial

→ lateral): Das Sprungbein und das Fersenbein, die wollten in den Kahn hinein. Doch Keile gibt es eins, zwei, drei, stattdessen von der Würfelei.

■ ■ ■ ■ ■

Talus (Sprungbein), Calcaneus (Fersenbein), Os naviculare (Kahnbein), 3 Ossa cuneiformia (Keilbeine) Os cuboideum (Würfelbein).

▶ Merke.

400

D

⊙ D-2.4

2 Unterschenkel und Fuß

Fußknochen (Ossa pedis)

Trochlea tali

Proc. lateralis tali

(nach Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

a b c d

Gliederung des Fußskeletts: anatomisch und klinisch. Rechter Fuß in der Ansicht von medial und lateral.

Talus: Er besteht aus Corpus mit Trochlea, Collum und Caput. Die Trochlea tali artikuliert im oberen Sprunggelenk mit der Malleolengabel (S. 404). Im unteren Sprunggelenk artikulieren das Caput tali mit dem Os naviculare, das Corpus tali mit dem Calcaneus.

▶ Klinik.

Calcaneus: Das Fersenbein liegt dorsal/kaudal mit dem Tuber calcanei dem Boden auf (Abb. D-2.6). Ventral ragt das Sustentaculum tali nach medial vor; auf diesem sitzt (teilweise) der Talus.

Talus: Das Sprungbein trägt auf seinem Corpus die Trochlea (Gelenkrolle), die im oberen Sprunggelenk mit der Malleolengabel (S. 404) artikuliert (s. o.). Die Trochlea tali ist hinten etwas schmäler als vorne. Unmittelbar dorsal der Trochlea befindet sich der Processus posterior tali. Der laterale mit der distalen Fibula artikulierende Teil der Trochlea endet unten im Processus lateralis. Der nach ventral/kaudal gerichtete Taluskopf (Caput tali) ist mit dem Corpus über das Collum tali verbunden. Das Caput trägt eine Gelenkfläche, über die es im unteren Sprunggelenk mit dem Os naviculare artikuliert. Auf der Unterseite hat der Taluskörper drei Gelenkfacetten für den Calcaneus; zwischen der hinteren und den beiden vorderen befindet sich der Sulcus tali, der mit einer entsprechenden Rinne an der Oberseite des Calcaneus den Sinus tarsi begrenzt. ▶ Klinik. Ein traumatischer Abriß des Processus lateralis wird als „Snowboarder’s ankle“ bezeichnet.

Calcaneus: Das Fersenbein hat neben drei kranial gelegenen Gelenkflächen für den Talus an seinem ventralen Ende eine Facette für die Artikulation mit dem Os cuboideum. Seine Längsachse zeigt nach dorsal/kaudal, wo es mit dem Tuber calcanei den Boden berührt. In der Sagittalansicht zeigt sich ventral ein nach medial ausladender „Balkon“, das Sustentaculum tali, auf dem die mittlere Gelenkfläche für den Talus liegt; der Talus liegt also nach medial versetzt dem Calcaneus auf (Abb. D-2.6). Unter dem Sustentaculum tali verläuft in einer Rinne die Sehne des M. flexor hallucis longus (Abb. D-2.20a).

D

⊙ D-2.5

401

2.3 Knochen von Unterschenkel und Fuß

Röntgenbild eines rechten Fußes

Basis ossis metatarsi V

Röntgenaufnahme a.-p. (aI) und seitlich (bI) mit jeweils erklärendem Schema (aII und bII). In Abb. bII sind die durch Lastübertragung von der Tibia auf die Tarsalknochen ausgeprägten Drucktrabekel in Rot dargestellt. (Möller, T.B., Reif, E.: Taschenatlas der Röntgenanatomie. Thieme, 2010)

▶ Klinik. Frakturen des Calcaneus treten bei axialen Stauchungstraumen (Sprung

▶ Klinik.

aus großer Höhe) auf. Sie müssen fast immer operativ eingerichtet und stabilisiert werden. Os naviculare: Das Kahnbein ist eine Knochenscheibe, die mit entsprechenden Gelenkflächen zwischen Taluskopf (konkave proximale Facies articularis) und die drei Keilbeine (konvexe distale Gelenkfläche) geschaltet ist (Abb. D-2.4).

Os naviculare: Es liegt zwischen Taluskopf und den drei Keilbeinen (Abb. D-2.4).

402 ⊙ D-2.6

D

2 Unterschenkel und Fuß

⊙ D-2.6

Malleolengabel, Talus und Calcaneus Ansicht eines rechten Fußes in Neutral-Null-Stellung von dorsal (hinten): Man beachte die zu Tibia und Talus nach lateral versetzte Position des Calcaneus. (Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

⊙ D-2.7

⊙ D-2.7

Querwölbung des Tarsus

 

  

 

 

  

Nach Entfernung von Os naviculare, Talus und Calcaneus blickt man auf die proximalen Gelenkflächen der Ossa cuneifomia mediale, intermedium und laterale sowie des Os cuboideum. (Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

 

 

     

Ossa cuneiformia mediale, intermedium und laterale: Ihre Keilform ist für die Querwölbung (S. 423) des Fußes verantwortlich (Abb. D-2.7). Sie artikulieren distal mit den Ossa metatarsi I, II und III (S. 402).

Ossa cuneiformia mediale, intermedium und laterale: Sie artikulieren distal mit den Ossa metatarsi I, II und III (S. 402). Das laterale Keilbein verfügt lateral über eine Gelenkfläche für das Os cuboideum. Im Frontalschnitt sind die Ossa cuneiformia intermedium und laterale keilförmig mit der Spitze nach unten und bilden so die Basis für die Querwölbung (S. 423) des Fußes (Abb. D-2.7).

Os cuboideum: Es artikuliert mit dem lateralen vorderen Ende des Calcaneus und den Ossa metatarsi IV und V (Abb. D-2.4b).

Os cuboideum: Das Würfelbein artikuliert proximal mit dem Calcaneus, medial mit dem Os cuneiforme laterale und dem Os naviculare sowie distal mit den Ossa metatarsi IV und V (Abb. D-2.4b). An seiner Unterseite befindet sich eine Rinne, in der die Sehne des M. peroneus longus das Quergewölbe unterquert.

Metatarsus (Mittelfuß)

Metatarsus (Mittelfuß)

Er besteht aus den Ossa metatarsi I–V.

Der Metatarsus (Mittelfuß) besteht aus den Ossa metatarsi (Mittelfußknochen, Metatarsalia) I–V. An den fünf Ossa metatarsi unterscheidet man proximal eine breite Basis, ein Corpus (Schaft) sowie distal ein kugeliges Caput (Köpfchen), das mit der proximalen Phalanx der jeweiligen Zehe artikuliert (Abb. D-2.4).

Die Ossa metatarsi gliedern sich in Basis, Corpus und Caput, das mit der proximalen Phalanx einer Zehe artikuliert (Abb. D-2.4). Ossa metatarsi I–V: Das Os metatarsi I ist der dickste und kürzeste Mittelfußknochen, das Os metatarsi V, entsprechend seiner Belastung, das zweitdickste.

Ossa metatarsi I–V: Das Os metatarsi I ist deutlich massiver ausgebildet als die übrigen; es ist auch der kürzeste Mittelfußknochen. Auf der Unterseite des Köpfchens des Metatarsale I befinden sich zwei Rinnen für konstant vorhandene Sesambeine; diese sind in die Sehnen des M. abductor hallucis (medial) und des M. flexor hallucis brevis (lateral) eingelagert.

D

403

2.4 Gelenke von Unterschenkel und Fuß

Die Basen und Schäfte der Ossa metatarsi II, III und IV haben einen keilförmigen Querschnitt, dessen Schneide analog zu den Ossa cuneiformia intermedium und laterale nach plantar (unten) zeigt. Die Schneide des gleichfalls keilförmigen Corpus ossis metatarsi I zeigt dagegen nach oben. Das Os metatarsi V (S. 422) hat einen rundlichen Querschnitt und ist – gemäß seiner Belastung – das zweitdickste Metatarsale. Es hat lateral an seiner Basis die Tuberositas ossis metatarsalis V, die einen gut tastbaren Orientierungspunkt bietet. ▶ Klinik. Bei chronischer Reizung der Tuberositas ossis metatarsalis V kann die dort befindliche Bursa subcutanea verdickt sein, bzw. einen Erguss enthalten, was als „Überbein“ imponiert.

Gemäß ihrem „Ursprung“ von der distalen Reihe der Fußwurzelknochen liegen auch die Ossa metatarsi nicht in einer Ebene: Die Fortsetzung des Fußquergewölbes vom Tarsus in den Metatarsus zeigt sich darin, dass das Os metatarsi II am weitesten kranial am Fußrücken liegt. Es ist auch das längste Metatarsale, das mit seiner Basis zwischen das mediale und laterale Keilbein eingeschoben ist. Das erste und fünfte Metatarsale liegen an den Fußrändern am weitesten kaudal. ▶ Klinik. Bei Versagen der muskulären Verspannung des Fußlängsgewölbes (S. 423) infolge von Ermüdung, z. B. bei exzessiven Märschen, werden die Metatarsalia vermehrt auf Biegung beansprucht, sodass eine lokale Knochennekrose im Sinne eines schleichenden Ermüdungsbruchs auftreten kann. Diese „Marschfrakturen“ werden bevorzugt subkapital am Os metatarsi II beobachtet.

Digiti pedis (Zehen) Von den fünf Zehen bestehen die Digiti II–V aus je 3 Phalangen, der Hallux (Großzehe) aus 2 Phalangen. Infolge ihrer geringen Beweglichkeit ist das Skelett der Zehen (Digiti) im Vergleich zu den Fingern der oberen Extremität rückgebildet. An den Zehen II bis V unterscheidet man jeweils eine Phalanx proximalis, media und distalis (Grund-, Mittelund Endphalanx), die von proximal nach distal kürzer und zierlicher werden. Die Großzehe (Hallux) besteht nur aus Phalanx proximalis und distalis. Die proximalen Gelenkflächen der Grundphalangen sind mit ihrer konkaven Form an die kugelförmigen Köpfchen der Metatarsalia angepasst. Die distalen Gelenkflächen der Grund- und Mittelphalangen haben Rollenform mit einer Führungsrinne für eine Leiste auf der jeweiligen Gelenkfläche der Basis von Mittel- und Endphalangen.

2.4

Gelenke von Unterschenkel und Fuß

▶ Klinik.

Das Fußquergewölbe setzt sich vom Tarsus in den Metatarsus fort: das Os metatarsi II liegt am weitesten kranial, I und V an den Rändern am weitesten kaudal.

▶ Klinik.

Digiti pedis (Zehen)

Die Zehen (Digiti) II bis V besitzen eine Phalanx proximalis, media und distalis; die Großzehe (Hallux) besteht aus nur 2 Phalangen.

2.4

Gelenke von Unterschenkel und Fuß

2.4.1 Sprunggelenke

2.4.1

Sprunggelenke

Funktionelle Bedeutung: Die gelenkige Verbindung des Fußes gegen den Unterschenkel muss einerseits stabil sein, da beim Gehen und Laufen das ganze Körpergewicht einwirkt. Andererseits muss sie in hohem Maße beweglich sein, um beim Gehen und Laufen funktionsgerechte Bewegungen (z. B. Abrollen) von Unterschenkel und Fuß zu gewährleisten. Außerdem erfordern Geländeneigung und Bodenunebenheiten ausgedehnte Stellungsanpassungen des Fußes. Diesen Anforderungen wird durch eine Konstruktion entsprochen, die dem Kardangelenk der Technik mit zwei aufeinander senkrecht stehenden Achsen sehr nahe kommt.

Funktionelle Bedeutung: Die Belastung der Sprunggelenke durch das ganze Körpergewicht erfordert Stabilität. Die Funktion beim Gehen und Laufen, v. a. auf unebenem Boden, erfordert Beweglichkeit.

Einteilung: Die Bewegungen des Fußes gegen den Unterschenkel erfolgen in zwei getrennten einachsigen Gelenken: ■ oberes Sprunggelenk = OSG (Articulatio talocruralis) und ■ unteres Sprunggelenk = USG („Articulatio talotarsalis“). Ihre Achsen stehen allerdings nicht ganz senkrecht aufeinander. Um eine frontale Achse wird die Fußspitze, bzw. die Ferse gehoben und abgesenkt; um eine schräge, annähernd sagittale Achse werden medialer und lateraler Fußrand gehoben oder gesenkt (Abb. D-2.8).

Einteilung: Die Bewegungen des Fußes gegen den Unterschenkel erfolgen in zwei getrennten einachsigen Gelenken: ■ oberes Sprunggelenk und ■ unteres Sprunggelenk, deren Achsen annähernd senkrecht zueinander stehen (Abb. D-2.8).

404 ⊙ D-2.8

D

2 Unterschenkel und Fuß

⊙ D-2.8

Bewegungsachsen der Sprunggelenke

(nach Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

a Ansicht eines rechten Fußes von kranial (Aufsicht auf den Fußrücken). b Ansicht eines rechten Fußes von dorsal (hinten).

Oberes Sprunggelenk (OSG, Articulatio talocruralis) Gelenktyp und Gelenkkörper

Oberes Sprunggelenk (OSG, Articulatio talocruralis)

Gelenktyp: Das obere Sprunggelenk ist ein Scharniergelenk mit transversaler Achse.

Gelenktyp: Im oberen Sprunggelenk artikulieren der Unterschenkel (Crus), bestehend aus Tibia und Fibula, mit dem Talus des Fußes. Es ist ein Scharniergelenk mit einer (fast) transversal verlaufenden Achse.

Proximaler Gelenkkörper: ist die von Tibia und Fibula gebildete Malleolengabel (Abb. D-2.6).

Proximaler Gelenkkörper: ist die durch die distalen Epiphysen von Tibia und Fibula gebildete Malleolengabel. Sie umfasst die Trochlea tali kranial und an den Seiten (Abb. D-2.6). Infolge der ausgeprägten Verbreiterung der distalen Tibiaepiphyse überdeckt das Rollendach (Facies articularis inferior tibiae) die Trochlea tali in ihrer gesamten Breite. Dadurch wird das Körpergewicht überwiegend vom Rollendach auf die Trochlea übertragen. Analog zu anderen Scharniergelenken (z. B. Gelenke zwischen Phalangen von Zehen und Fingern) besitzt das Rollendach der Tibia in der Mitte eine schwach ausgeprägte Leiste, die in einer entsprechenden Führungsrinne der Trochlea gleitet. Medial läuft die Tibia in einem massiven distal stumpf endenden Knochenzapfen aus, dem Innenknöchel (Malleolus medialis). Dieser liegt mit seiner überknorpelten Innenfläche der Trochlea tali seitlich medial an. Die Knorpelflächen von Rollendach und Innenknöchel stehen fast im rechten Winkel zueinander. Die distale Fibulaepiphyse bildet den eher spitz endenden Außenknöchel (Malleolus lateralis), der innen die Gelenkfläche für die laterale Seite der Trochlea tali trägt. Diese Gelenkfläche fällt kranial neben der Trochlea zunächst senkrecht ab; ihr kaudales Ende verläuft schräg nach außen und überträgt einen geringen Anteil des Gewichts auf den Proc. lateralis tali. Der Malleolus lateralis reicht 1–1,5 cm weiter nach kaudal als der mediale (Abb. D-2.1 und Abb. D-2.8b).

Die Tibia bildet das Rollendach, welches den größten Teil der Last auf die Trochlea tali überträgt. Das Rollendach wird seitlich von den Knöcheln, dem Malleolus medialis der Tibia und dem Malleolus lateralis der Fibula flankiert.

Der Malleolus lateralis reicht tiefer als der mediale (Abb. D-2.1 und Abb. D-2.8b).

Distaler Gelenkkörper: ist die Trochlea tali (Abb. D-2.4). Sie ist vorn breiter als hinten und hat in der Mitte eine Führungsrinne für eine entsprechende Leiste im Rollendach.

Gelenktyp und Gelenkkörper

Distaler Gelenkkörper: Er wird von der Trochlea tali (Gelenkrolle) gebildet (Abb. D-2.4). Sie ist vorne 4–5 mm breiter als hinten. Die Facies superior, die mit dem Rollendach der Tibia artikuliert, beschreibt annähernd einen Kreisbogen (bei genauer Betrachtung nimmt die Krümmung nach ventral zu) und besitzt in der Mitte die bereits erwähnte Führungsrinne. An den Seiten reicht der Gelenkknorpel der Facies malleolaris lateralis weiter nach kaudal als der der Facies malleolaris medialis.

D

405

2.4 Gelenke von Unterschenkel und Fuß

Gelenkkapsel und Bandapparat

Gelenkkapsel und Bandapparat

Gelenkkapsel: Die Gelenkkapsel des oberen Sprunggelenks ist mit Ausnahme des teilweise intraartikulär liegenden Collum tali an der Knorpel-Knochen-Grenze angeheftet. Ventral ist sie zwischen den Kollateralbändern dünn und schlaff, sodass sich Gelenkergüsse ventral neben den Extensorensehnen (S. 414) vorwölben. Die Sehnenscheiden der Extensoren sind mit Bereichen der ventralen Kapsel verwachsen.

Gelenkkapsel: Sie ist ventral, dort wo sie nicht mit den Sehnenscheiden der Extensoren verwachsen ist, dünn und schlaff.

Bandapparat: In der Klinik werden die Bänder, welche in der Syndesmosis tibiofibularis (S. 399) die Malleolengabel verklammern, zum Bandapparat des oberen Sprunggelenks gerechnet: ■ Ligamentum tibiofibulare anterius und ■ Ligamentum tibiofibulare posterius verbinden das laterale Ende des Rollendachs der Tibia mit Vorder- bzw. Hinterkante des Malleolus lateralis der Fibula. Ihre Fasern verlaufen von kranial an der Tibia schräg abwärts zur Fibula und setzen damit die vorzugsweise Richtung der Fasern der Membrana interossea cruris nach kaudal fort. Als typisches Scharniergelenk verfügt das obere Sprunggelenk über ausgeprägte Kollateralbänder (Abb. D-2.9). Diese strahlen von den Malleolen zu den nächstliegenden Fußwurzelknochen aus. Die vom Innenknöchel ausgehenden Bänder bilden eine kollagenfaserige Platte, die wegen ihrer Form Ligamentum deltoideum genannt wird und aus vier Anteilen besteht (Abb. D-2.10). Sie verhindern die Valgisierung des Fußes und – da Teile auch über das untere Sprunggelenk ziehen – hemmen diese auch die Eversion bzw. Pronation (S. 409), d. h. das Heben des lateralen Fußrandes. Die drei vom Außenknöchel ausstrahlenden lateralen Kollateralbänder (Abb. D-2.10) verhindern die Varisierung des Fußes. Das Lig. calcaneofibulare hemmt zusätzlich die Inversion bzw. Supination (S. 409) im unteren Sprunggelenk, d. h. das Heben des medialen Fußrandes.

Bandapparat: Die Ligg. tibiofibulare anterius und posterius verklammern das distale Ende von Tibia und Fibula zur Malleolengabel.

⊙ D-2.9

Von den Malleolen ziehen Kollateralbänder zu den proximalen Fußwurzelknochen (Abb. D-2.9 und Abb. D-2.10).

Bandapparat des Fußes (Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

Pars tibiotalaris anterior

Tibia Lig. tibiofibulare posterius

Pars tibionavicularis

Malleolus medialis Lig. talonaviculare dorsale

Pars tibiocalcanea

Talus

Lig. deltoideum

Pars tibiotalaris posterior

Os naviculare Phalanx Phalanx proximalis I distalis I

a Rechter Fuß in der Ansicht von medial b und lateral.

Os metatarsi I

Sustentaculum tali Calcaneus Os cuneiforme mediale

a

Ligg. tarsi dorsalia

Lig. plantare longum

Pfannenband

Tibia

Fibula

Lig. tibiofibulare posterius Lig. tibiofibulare anterius

Malleolus lateralis Lig. talofibulare posterius

Syndesmosis tibiofibularis (Syndesmosenbänder)

Lig. talonaviculare dorsale

Talus

Os naviculare Ligg. tarsi dorsalia

Lig. talofibulare anterius

Gelenkkapseln der Grundgelenke

Lig. calcaneofibulare Calcaneus Lig. plantare longum

b

Lig. bifurcatum Lig. talocalcaneum interosseum

Os cuboideum

Ligg. calcaneocuboidea dorsalia

Os metatarsi V

406 ⊙ D-2.10

D

2 Unterschenkel und Fuß

Kollateralbänder des oberen Sprunggelenks

Band

Ursprung

Ansatz

Funktion

Mediales Kollateralband Ligamentum deltoideum Pars tibiotalaris posterior Pars tibiocalcanea* Pars tibiotalaris anterior

Talus (Processus posterior) Malleolus medialis

Pars tibionavicularis*

Calcaneus (Sustentaculum tali) Talus (Corpus und Collum) Os naviculare (mediale und dorsale Fläche)

Verhinderung einer Valgisierung des Fußes (Hemmung von Eversion/Pronation im USG); P. tibiotalaris ant. und P. tibionavicularis hemmen die Plantarflexion

Laterale Kollateralbänder Ligamentum talofibulare posterius Ligamentum calcaneofibulare*

Talus (Processus posterior) Malleolus lateralis

Ligamentum talofibulare anterius

Calcaneus (Außenfläche) Talus (Collum)

Verhinderung einer Varisierung des Fußes (Hemmung der Supination/Inversion im USG); Lig. talofibulare ant. hemmt Plantarflexion

* zusätzliche Wirkung auf das untere Sprunggelenk

▶ Klinik.

▶ Klinik. Die häufigste Verletzung der Sprunggelenke ist das sog. Supinations-Inver-

sions-Trauma als Folge eines Umknickens des Fußes nach innen. Dabei werden v. a. die Außenbänder verletzt. Je nach Art und Größe des Traumas variiert die Ausdehnung der Rupturen des Bandapparats. Bei einer kompletten Ruptur von ein oder zwei Bändern reicht in der Regel eine mehrwöchige Ruhigstellung. Bänderrisse können mit Frakturen der Malleolen vergesellschaftet sein, v. a. des Malleolus lateralis. Mechanik

Mechanik

Die Achse des typischen Scharniergelenks liegt in der Frontalebene (Abb. D-2.8b).

Im oberen Sprunggelenk wird das Körpergewicht zum größten Teil vom Rollendach der Tibia auf die Trochlea tali übertragen. Die Achse des typischen Scharniergelenks liegt in der Frontalebene und geht durch die Spitzen beider Malleolen, sodass sie aus der Horizontalen um ca. 10° nach außen geneigt ist (Abb. D-2.8b). Am Talus selbst setzen keine Muskeln an, was zur Folge hat, dass jede Muskelaktion auf beide Sprunggelenke wirkt.

▶ Merke.

▶ Merke. Da am Talus keine Muskeln ansetzen, bilden oberes und unteres Sprung-

gelenk eine funktionelle Einheit. Beweglichkeit: s. Abb. D-2.11. Die Dorsalextension wird durch Einkeilen des vorderen breiteren Teils der Trochlea tali in der Malleolengabel begrenzt. Bei Dorsalextension ist der Fuß stabil fixiert.

Bei Plantarflexion ist die Knochenführung für den schmalen hinteren Teil der Talusrolle in der Malleolengabel ungenügend (Abb. D-2.12), sodass nur die Kollateralbänder das Gelenk sichern. Ein Umknicken des Fußes passiert am ehesten in Plantarflexion.

Die Beweglichkeit nach der Neutral-Null-Methode ist Abb. D-2.11 zu entnehmen. Da die Trochlea tali vorn breiter ist als hinten, wird sie bei der Dorsalextension in der Malleolengabel eingekeilt. In der Tat wird die Dorsalextension durch die Anspannung der Ligg. tibiofibulare anterius und posterius (S. 405) der Syndesmose begrenzt. Man kann daher von einer knöchern-ligamentären Gelenkhemmung sprechen. Daneben werden die dorsalen Kollateralbänder (Pars tibiotalaris posterior und tibiocalcanea des Lig. deltoideum, Ligg. talofibulare post. und calcaneofibulare) angespannt. Bei dorsal extendiertem Fuß ist daher die Stabilität im oberen Sprunggelenk maximal. Dies macht man sich durch Vorneigen des Unterschenkels bei fest aufgesetztem Fuß zunutze (Bsp: Hockstellung beim Skifahren). Andererseits ist bei plantar flektiertem Fuß die Malleolengabel zu weit für den schmalen hinteren Teil der Talusrolle, sodass die Knochenführung ungenügend wird (Abb. D-2.12). Es ist daher kein Zufall, dass gerade beim Bergabgehen Bänderverletzungen durch Umknicken des Fußes entstehen. Die Bandsicherung beruht darauf, dass durch die von den Malleolen ausstrahlende Anordnung der Kollateralbänder stets ein Teil angespannt ist. Bei Plantarflexion sichern die Partes tibiotalaris anterius und tibionavicularis des Lig. deltoideum sowie das Lig. talofibulare anterius das obere Sprunggelenk. Da am Talus selbst keine Muskeln ansetzen, erfolgt die Muskelsicherung unter Einbeziehung des unteren Sprunggelenks.

D

⊙ D-2.11

407

2.4 Gelenke von Unterschenkel und Fuß

Bewegungsumfang im oberen Sprunggelenk (OSG)

(Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

a Ansicht von lateral: aufgesetzter rechter Fuß (Standbein) b und hängender rechter Fuß (Spielbein).

⊙ D-2.12

Verlust der Knochenführung im oberen Sprunggelenk bei Plantarflexion Tibia Fibula Malleolengabel Trochlea tali Kollateralbänder Talus Sustentaculum tali Calcaneus

a

b

⊙ D-2.12

a Ansicht eines rechten Fußes von dorsal (hinten): In Neutral-Null-Position ist der vordere breite Teil der Trochlea tali perfekt in die Malleolengabel eingepasst. b Bei Plantarflexion des Fußes befindet sich der hintere schmale Teil der Trochlea tali in der nun zu weiten Malleolengabel, sodass nur die Kollateralbänder den Zusammenhalt der Gelenkkörper sichern.

Unteres Sprunggelenk (USG, „Articulatio talotarsalis“) Gelenktyp und Gelenkkörper

Unteres Sprunggelenk (USG, „Articulatio talotarsalis“) Gelenktyp und Gelenkkörper

Gelenktyp: Im unteren Sprunggelenk drehen sich Calcaneus und Os naviculare (mit dem übrigen Fuß) gegen den Talus um eine Achse, die annähernd sagittal schräg von ventral, medial und kranial nach dorsal, lateral und kaudal verläuft (Abb. D-2.8). Funktionell ist es ein Scharniergelenk mit zwei Gelenkhöhlen, die durch den Sinus tarsi getrennt sind: ■ dorsal die Articulatio subtalaris und ■ ventral die Articulatio talocalcaneonavicularis.

Gelenktyp: Im unteren Sprunggelenk dreht sich der übrige Fuß gegen den Talus um eine annähernd sagittale Achse (Abb. D-2.8). Es besteht aus 2 separaten Gelenken: ■ Art. subtalaris und ■ Art. talocalcaneonavicularis.

Proximaler Gelenkkörper: ist der Talus, an dessen Unterseite sich eine größere, nach kaudal konkave Gelenkfacette für die Artikulation mit dem Calcaneus in der Articulatio subtalaris befindet. Ventral davon artikulieren in der Articulatio talocalcaneonavicularis zwei kleinere Gelenkflächen sowie der Taluskopf mit dem Calcaneus, dem Os naviculare und dem überknorpelten „Pfannenband“ (Ligamentum calcaneonaviculare plantare; Abb. D-2.13 und Abb. D-2.30).

Proximaler Gelenkkörper: Der Talus artikuliert in der Articulatio subtalaris mit dem Calcaneus. In der Articulatio talocalcaneonavicularis artikuliert v. a. der Taluskopf mit Calcaneus, Os naviculare und dem „Pfannenband“ (Abb. D-2.13 und Abb. D-2.30).

Distaler Gelenkkörper: Er besteht aus dem Calcaneus mit seinen drei kranialen Gelenkfacetten und dem Os naviculare. Zwischen dem ventralen Ende des Sustentaculum tali des Calcaneus und dem Os naviculare befindet sich unter dem Taluskopf eine Lücke. Diese wird durch das Ligamentum calcaneonaviculare plantare, dem an seiner Oberseite überknorpelten „Pfannenband“ geschlossen. Das Lig. calcaneonavi-

Distaler Gelenkkörper: Er besteht aus Calcaneus und Os naviculare sowie dem Lig. calcaneonaviculare plantare, das die beiden Knochen unter dem Taluskopf als überknorpeltes „Pfannenband“ verklammert.

408

D

⊙ D-2.13

2 Unterschenkel und Fuß

Gelenkflächen eines eröffneten unteren Sprunggelenks Ansicht eines rechten Fußes von kranial: Der Talus als proximaler Gelenkkörper ist nach medial herausgeklappt, sodass die Gelenkflächen seiner Unterfläche sichtbar sind. Das durchtrennte Lig. talocalcaneum interosseum trennt die beiden Gelenkkammern des unteren Sprunggelenks. (Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

Os cuneiforme mediale Os naviculare Pfannenband

Os cuboideum Lig. bifurcatum

Talus

Lig. calcaneocuboideum dorsale Lig.talocalcaneum lat. vordere Kammer des unteren Sprunghintere gelenks Kammer

Calcaneus durchtrenntes Lig. talocalcaneum interosseum

Das Lig. calcaneonaviculare des Lig. bifurcatum verbindet Calcaneus und Os naviculare auf der Außenseite.

culare plantare verklammert auf der Innenseite Os naviculare und Calcaneus, die selbst keinen direkten Kontakt haben, zum distalen Gelenkkörper des unteren Sprunggelenks. Dem gleichen Zweck dient das Ligamentum calcaneonaviculare des Ligamentum bifurcatum auf der Außenseite. Es zieht vom lateralen vorderen Ende des Calcaneus zur kranialen Fläche des Os naviculare. Der andere Schenkel des Lig. bifurcatum, das Ligamentum calcaneocuboideum, bindet das Os cuboideum (und damit indirekt die Ossa metatarsi IV und V) an den Calcaneus.

Bandapparat

Bandapparat

Ligg. calcaneonaviculare plantare und calcaneonaviculare des Bifurcatum (Abb. D-2.13) haben keine Hemmungsfunktion, sondern sind Teil des distalen Gelenkkörpers. Einige Bänder des oberen Sprunggelenks (Abb. D-2.10) ziehen auch über das untere (Abb. D-2.9): ■ Pars tibiocalcanea und ■ Pars tibionavicularis des Lig. deltoideum bremsen die Pronation. ■ Das Lig. calcaneofibulare begrenzt die Supination. Allein auf das untere Sprunggelenk wirken: ■ Lig. talocalcaneum interosseum, das zwischen beiden Teilgelenken liegt. Der mediale Teil bremst die Pronation, der laterale die Supination. ■ Lig. talocalcaneum laterale, das die Supination bremst.

Ligg. calcaneonaviculare plantare und calcaneonaviculare des Bifurcatum (Abb. D-2.13) sind keine Hemmungs- oder Stabilisierungsbänder des unteren Sprunggelenks, da sie nicht über die Bewegungsachse hinweg die beiden Gelenkkörper verbinden, sondern selbst Teil des distalen Gelenkkörpers sind. Von den Bändern des oberen Sprunggelenks (Abb. D-2.10) ziehen einige auch über das untere Sprunggelenk (Abb. D-2.9): ■ die Pars tibiocalcanea und ■ die Pars tibionavicularis des Lig. deltoideum bremsen die Pronation, d. h. das Heben des lateralen Fußrandes. ■ Das Ligamentum calcaneofibulare begrenzt die Supination, d. h. das Heben des medialen Fußrandes. Ausschließlich auf das untere Sprunggelenk wirken folgende Bänder: ■ Ligamentum talocalcaneum interosseum: Das im Sinus tarsi gelegene Band trennt die beiden Gelenkhöhlen des unteren Sprunggelenks und verbindet mit kurzen, massiven Zügen Calcaneus und Talus. Seine medialen Fasern bremsen die Pronation, die lateralen die Supination. ■ Ligamentum talocalcaneum laterale: Das sich nach lateral anschließende Band hemmt ebenfalls die Supination.

D

⊙ D-2.14

409

2.4 Gelenke von Unterschenkel und Fuß

Bewegungsumfang von Pro- und Supination

Pronation/Supination: 25/0/50°

Supination

Pronation 50° 25° a

b

Die dargestellte Bewegung beinhaltet die gesamte Beweglichkeit des Vorfußes gegenüber Talus und Unterschenkel (USG, Chopart-Gelenk und übrige Tarsal- und Metatarsalgelenke, s. u.). (nach Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

Mechanik

Mechanik

Statisch gesehen wird im unteren Sprunggelenk die Last vom Talus auf die drei Stützstrahlen (S. 421) des Fußes verteilt: In der Articulatio subtalaris vom Corpus tali auf den Calcaneus, der zum Tuber calcanei den dorsalen Strahl und über Os cuboideum und Os metatarsi V den lateralen Stützstrahl bildet. In der Articulatio talocalcaneonavicularis leitet das Caput tali Last v. a. über das Os naviculare in den medialen Stützstrahl, der im Caput des Os metatarsi I auf dem Boden endet. Morphologisch ist das untere Sprunggelenk ein kombiniertes Zapfen-Kugel-Gelenk. Das Zapfengelenk ist das subtalare Gelenk mit der nach kranial gewölbten hinteren Gelenkfläche des Calcaneus. Das Caput tali ist der Gelenkkopf des Kugelgelenks, dessen Pfanne von Os naviculare, dem vorderen Teil des Calcaneus und dem „Pfannenband“ gebildet wird. Funktionell resultiert ein einachsiges Gelenk, dessen Achse um 40° nach dorsal aus der Horizontalen abfällt und 20° schräg zur Sagittalebene steht. Die Achse tritt vorne kranial am Collum tali in den Tarsus ein und hinten lateral vom Tuber calcanei aus (Abb. D-2.8). Bei der Betrachtung der Beweglichkeit muss man berücksichtigen, dass Pronation und Supination, d. h. das Heben des lateralen oder medialen Fußrandes nicht nur im unteren Sprunggelenk stattfinden, sondern auch in den übrigen Gelenken von Tarsus und Metatarsus. Die Bewegungen im unteren Sprunggelenk allein werden als Inversion und Eversion bezeichnet und geben im Wesentlichen die Beweglichkeit des Calcaneus (Ein- bzw. Auswärtskanten) gegenüber dem Unterschenkel bzw. Talus wieder: Eversion/Inversion: 10/0/20°. Supination und Pronation beschreiben die Beweglichkeit des gesamten Vorfußes gegen Talus und Unterschenkel. Neben der (hauptsächlichen) Bewegung im unteren Sprunggelenk spielt hier das sog. Chopart-Gelenk (Articulatio tarsi transversa, s. u.) eine bedeutende Rolle. Daneben erfolgen geringgradige Verschiebungen zwischen Keilbeinen, Kuboid und Mittelfußknochen.

Im unteren Sprunggelenk wird die Last vom Talus auf die Stützstrahlen (S. 421) des Fußes verteilt.

▶ Merke. Bei der Supination wird der mediale Fußrand angehoben, bei der Pronati-

Morphologisch ist das untere Sprunggelenk ein kombiniertes Zapfen-Kugel-Gelenk, funktionell ein einachsiges Gelenk. Seine Achse verläuft schräg vom Os naviculare nach dorsal/kaudal/lateral zum Tuber calcanei (Abb. D-2.8).

Inversion und Eversion (Ein- bzw. Auswärtskanten des Calcaneus) bezeichnen isolierte Bewegungen im unteren Sprunggelenk. Supination und Pronation sind Bewegungen des gesamten Vorfußes gegen Talus und Unterschenkel. Neben dem unteren Sprunggelenk spielt das sog. Chopart-Gelenk (s. u.) eine wichtige Rolle. ▶ Merke.

on der laterale.

2.4.2 Weitere Gelenke des Fußes

2.4.2

Chopart-Gelenk (Articulatio tarsi transversa): Es beinhaltet zwei separate Gelenke, die Articulationes talonavicularis (die auch ein Teil des unteren Sprunggelenks ist) und calcaneocuboidea. Im Chopart-Gelenk bewegen sich die Ossa naviculare und cuboideum gegen Calcaneus und Talus, dem „Rückfuß“ (S. 399) der Kliniker, um eine sagittale Achse, die, vom Calcaneus kommend, im Os metatarsi II verläuft (Abb. D-2.15). Die ausgiebige Beweglichkeit des Os cuboideum nach plantar addiert sich zur Inversion im unteren Sprunggelenk und ist einer der Gründe für das Ausmaß der Supination, die eine Absenkung des lateralen Fußrandes beinhaltet (mit dem Os cuboideum ist das Os metatarsi V verbunden, das im Mittelfußbereich den lateralen Fußrand bildet).

Chopart-Gelenk (Articulatio tarsi transversa): Es beinhaltet die Articulationes talonavicularis und calcaneocuboidea. In ihm bewegen sich die Ossa naviculare und cuboideum gegen Calcaneus und Talus um eine sagittale Achse (Abb. D-2.15). Die Beweglichkeit des Os cuboideum nach plantar addiert sich zur Inversion im unteren Sprunggelenk und bedingt das Ausmaß der Supination.

Weitere Gelenke des Fußes

410 ⊙ D-2.15

D

2 Unterschenkel und Fuß

⊙ D-2.15

Achse für Bewegungen des Vorfußes im Chopart-Gelenk

Bewegungsachse des ChopartGelenks a

b

Diese Bewegungsachse verläuft annähernd sagittal vom Calcaneus über das Os naviculare entlang des 2. Strahles. (Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

Kleinere Fußwurzelgelenke: Die Gelenke zwischen den Tarsalknochen distal der Chopart-Gelenklinie sind, ebenso wie die Tarsometatarsalgelenke, Amphiarthrosen (Abb. D-2.9).

Kleinere Fußwurzelgelenke: Die Tarsalknochen distal der Chopart-Gelenklinie (Abb. D-2.15) sind durch dorsale, plantare Bänder sowie durch zwischen den Knochen liegende Bänder (Ligamenta tarsi dorsalia, plantaria und interossea) in Amphiarthrosen mit geringer Beweglichkeit verbunden (Abb. D-2.9). Ihr Beitrag zu Supination und Pronation ist gleichfalls gering. Zu ihrer Bedeutung bei der Verformung der Fußgewölbe (S. 423).

Tarsometatarsal- und Intermetatarsalgelenke: In diesen Gelenken wird der Vorfuß bei Supination und Pronation verformt.

Tarsometatarsal- und Intermetatarsalgelenke: Gleichfalls Amphiarthrosen sind die Articulationes tarsometatarsales, die Gelenke zwischen der distalen Reihe der Fußwurzelknochen (Ossa cuneiformia und Os cuboideum) und den Basen der Mittelfußknochen. Hierbei sind die Gelenke des Metatarsale I und V etwas beweglicher als die übrigen. Sie erlauben etwas Flexion und Extension, außerdem tragen sie durch Schiebe- und Rotationsbewegungen (um ihre Längsachse) zu Supination und Pronation bei.

▶ Klinik.

▶ Klinik. Die Tarsometatarsalgelenke bilden die Lisfranc-Absetzungslinie, die – wie

die Chopart-Linie (s. o.) – eine Rolle bei Amputationen spielt. Letztere können wegen Traumata oder arteriosklerotisch bedingten Durchblutungsstörungen (häufig als Diabeteskomplikation) erforderlich werden.

⊙ D-2.16

Chopart- (rot) und Lisfranc-Linie (blau). Darstellung in schematischem Schnitt durch die Fußwurzel.

D

411

2.5 Muskulatur von Unterschenkel und Fuß

Diese Bewegungen beziehen immer die unmittelbar benachbarten Articulationes intermetatarsales zwischen den Basen der Ossa metatarsi II–IV ein (das Metatarsale I ist nur durch Bänder mit dem Metatarsale II verbunden). Trotzdem es sich um Amphiarthrosen handelt, ergeben sich wegen der Länge der Metatarsalia an ihrem distalen Ende doch nennenswerte Bewegungsausschläge bei der „Verwringung“ des Vorfußes während Supination und Pronation. Metatarsophalangeal- und Interphalangealgelenke: Die Articulationes metatarsophalangeae oder Zehengrundgelenke sind anatomisch Kugelgelenke, in denen aber nur zwei Achsen genutzt werden, nämlich ■ Flexion/Extension: 40/0/60° (aktive Beweglichkeit) sowie ■ Abspreizen der Zehen in geringem Maße. Die Köpfe der Grund- und Mittelphalangen besitzen eine Führungsrinne, passend zu einer Leiste der Gelenkfläche an der Basis der Mittel- und Endphalangen. Die Interphalangealgelenke (Articulationes interphalangeae) sind damit klassische Scharniergelenke. Die proximalen Interphalangealgelenke erlauben im Wesentlichen eine Flexion um ca. 50°. Die Endgelenke können bis 60° gebeugt und bis 30° gestreckt werden. Auch wenn die Zehen keine Bedeutung für die Lastenübertragung besitzen, so sind sie für Stehen und Gehen wichtig. Beim Vorneigen verlängern sie die Unterstützungsfläche; beim Abstoßen mit dem Standbein verlängern sie den Hebel.

2.5

Metatarsophalangeal- und Interphalangealgelenke: Die Gelenke zwischen Metatarsalia und Grundphalangen sind (funktionell zweiachsige) Kugelgelenke, die Interphalangealgelenke Scharniergelenke.

Die Zehen übertragen keine Last, sind aber beim Stehen und Gehen wichtig.

Muskulatur von Unterschenkel und Fuß

2.5

2.5.1 Muskulatur des Unterschenkels

Muskulatur von Unterschenkel und Fuß

2.5.1

Muskulatur des Unterschenkels

Die am Unterschenkel liegenden Muskeln wirken auf die Sprunggelenke und gliedern sich in 3 Gruppen (Abb. D-2.22): ■ Flexoren (Beuger; Abb. D-2.18) ■ Extensoren (Strecker; Abb. D-2.21a) ■ Fibularis- (oder) Peroneusgruppe (Abb. D-2.21b). Diese liegen in osteofibrösen Logen (S. 414), die durch die Membrana interossea cruris, die Septa intermuscularia cruris anterior und posterior sowie die Fascia cruris und die Unterschenkelknochen gebildet werden (Abb. D-2.17), vgl. Gruppenfaszie (S. 236).

Die am Unterschenkel entspringenden Muskeln gliedern sich in (Abb. D-2.22): ■ Flexoren (Beuger, Abb. D-2.18) ■ Extensoren (Strecker, Abb. D-2.21a) ■ Fibularisgruppe (Abb. D-2.21b). Diese Muskelgruppen liegen in osteofibrösen Logen (S. 414) (Abb. D-2.17), vgl. Gruppenfaszie (S. 236).

⊙ D-2.17

Muskellogen (Kompartimente) und Gefäß-Nerven-Straßen am Unterschenkel

Caput fibulae Compartimentum anterius, Extensorenloge

Tibia

Septum • M. tibialis anterior intermusculare • M. extensor hallucis longus • M. extensor digitorum longus cruris anterius N. fibularis superficialis Compartimentum laterale, Fibularisloge • M. fibularis longus • M. fibularis brevis

N. fibularis profundus, A. u. V. tibialis anterior N. saphenus, V. saphena magna

Fibula

Membrana interossea cruris • M. flexor digitorum longus • M. tibialis posterior N. tibialis, • M. flexor hallucis longus A. u. V. tibialis posterior

Septum intermusculare cruris posterius A. u.V. fibularis Fascia cruris, tiefes Blatt

N. suralis, V. saphena parva

Querschnitt durch einen proximalen rechten Unterschenkel in der Ansicht von distal. (Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

Compartimentum posterius, Pars profunda, tiefe Flexorenloge

Fascia cruris, oberflächliches Blatt

• M. triceps surae • M. plantaris

412 ⊙ D-2.18

D

2 Unterschenkel und Fuß

Oberflächliche und tiefe Flexoren

M. fibularis longus

M. fibularis longus

M. fibularis brevis

M. fibularis brevis

Muskulatur am rechten Unterschenkel in der Ansicht von dorsal: Zum besseren Verständnis der Sehenenverläufe im Bereich der Fußsohle ist der Fuß plantarflektiert. Ursprungs- (rot) und Ansatzflächen (blau) der Muskeln sind farblich hervorgehoben. Die Vorwölbung der Wade (Sura) wird v. a. durch den M. triceps surae bedingt. Der M. triceps surae besteht (Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

a aus den beiden Köpfen des M. gastrocnemius und b dem M. soleus (nach Entfernung der Köpfe des M. gastrocnemius). c Nach Entfernung der oberflächlichen werden die tiefen Flexoren sichtbar.

Flexoren

Flexoren

Oberflächliche Beugemuskulatur: Der M. triceps surae besteht aus den beiden Köpfen des M. gastrocnemius und dem M. soleus. Der mächtigste Muskel des Unterschenkels erbringt 90 % der Beugeleistung und ist auch der wichtigste Supinator.

Oberflächliche Beugemuskulatur: Die Gruppe der Beuger wird vom Musculus triceps surae dominiert, dessen Musculus gastrocnemius mit seinen beiden Köpfen auch im Kniegelenk beugt (Abb. D-1.41). Der dritte Kopf, der Musculus soleus, wirkt ausschließlich auf die Sprunggelenke. Der M. triceps surae erbringt etwa 90 % der gesamten Beugeleistung im oberen Sprunggelenk. Dies hat zwei Ursachen: 1. Auf Grund seines großen Querschnitts kann er eine maximale Zugkraft um 300 kg entfalten. 2. Der Abstand (Hebelarm) seiner Ansatzsehne zur Achse des oberen Sprunggelenks ist deutlich größer als der aller anderen Flexoren (und auch der Extensoren). Trotz des kurzen Hebelarms im unteren Sprunggelenk ist der Muskel wegen seiner Masse auch der stärkste Supinator (ca. 50–60 %).

▶ Merke.

▶ Merke. Der M. triceps surae ist sowohl stärkster Beuger (im oberen Sprung-

gelenk) als auch stärkster Supinator (im unteren Sprunggelenk).

D

413

2.5 Muskulatur von Unterschenkel und Fuß

Beim Gehen und Laufen hebt der M. triceps surae den Rückfuß des Standbeins gegen das Körpergewicht vom Boden ab. Beim Stehen verhindert er das Vornüberkippen im oberen Sprunggelenk und sichert damit synergistisch zu den Mm. gluteus maximus (S. 354) und quadriceps femoris (S. 377) den aufrechten Stand. Der Muskel überträgt seine Kraft auf das hintere Ende des Calcaneus über die Achillessehne, die mit einer Querschnittsfläche von bis zu 1 cm2 Belastungen über 500 kg standhält.

Beim Gehen und Laufen hebt er den Rückfuß des Standbeins gegen das Körpergewicht vom Boden ab. Im Stehen verhindert er das Vornüberkippen im oberen Sprunggelenk. Der M. triceps surae inseriert mit der Achillessehne am Calcaneus.

▶ Klinik. V. a. eine durch Entzündungen vorgeschädigte Achillessehne kann beim Abschnellen oder Aufsetzen beim Sprung mit einem Knall, der in der Umgebung hörbar sein kann, reißen. Bei einer Ruptur der Achillessehne ist Gehen in der Ebene erschwert, Bergaufgehen und Treppensteigen kaum, Stehen auf Zehenspitzen nicht mehr möglich. Eine rupturierte Achillessehne wird operativ genäht und während der ersten 4–6 Wochen danach durch Fixation des Fußes in Plantarflexion entlastet. Anschließend geht man schrittweise zur Neutral-Null-Stellung des Fußes über.

▶ Klinik.

▶ Klinik. Der vom N. tibialis (S 1, S 2) innervierte M. triceps surae gilt als Kennmus-

▶ Klinik.

kel des Segments S 1, das mit dem Achillessehnenreflex (Abb. D-2.19) überprüft wird. Bei Lähmung des N. tibialis ist der Achillessehnenreflex der betroffenen Seite abgeschwächt oder fehlt ganz.

⊙ D-2.19

Prüfung des Achillessehnenreflexes

(Füeßl, F.S., Middeke, M.: Duale Reihe Anamnese und Klinische Untersuchung. Thieme, 2014)

a

b

Da keine der anderen Gruppen einen dem Triceps surae vergleichbaren Muskel enthält, verhalten sich die Drehmomente der Flexoren zu den Extensoren wie 4 : 1, die Supinatoren zu den Pronatoren wie 2 : 1. Dementsprechend ist der unbelastete Fuß (z. B. im Liegen) plantarflektiert und supiniert. Der bei ca. 6 % der Menschen fehlende Musculus plantaris ist wegen seines geringen Querschnitts für die Mechanik von Knie- und Sprunggelenken unerheblich. Seine (lange) Sehne wird für Transplantate verwendet.

Die Drehmomente der Beuger übertreffen die der Strecker; die Momente der Supinatoren, die der Pronatoren. Daher ist der unbelastete Fuß plantarflektiert und supiniert.

Tiefe Beugemuskulatur: Unter dem Triceps surae liegen die drei tiefen Beugemuskeln: ■ Musculus flexor digitorum longus, ■ Musculus tibialis posterior und ■ Musculus flexor hallucis longus. Sie entspringen in dieser Reihenfolge von medial nach lateral an der Rückseite von Tibia, Fibula und Membrana interossea (Abb. D-2.18c). Auf dem Weg zu ihren Ansätzen kommt es zwangsläufig zu Überkreuzungen dieser Muskeln bzw. ihrer Sehnen: Im Chiasma crurale unterkreuzt der M. tibialis posterior den Flexor digitorum longus noch am distalen Unterschenkel; im Chiasma plantare unterkreuzt die Sehne des M. flexor hallucis longus die des langen Zehenbeugers unter dem Os naviculare. Die Sehnen der tiefen Flexoren biegen unmittelbar hinter dem Malleolus medialis von vertikal nach annähernd horizontal um. Sie verlaufen dort in Sehnenscheiden und werden zusätzlich durch das Retinaculum musculorum flexorum der Fascia cruris fixiert (Abb. D-2.20a). Dieses zieht vom Innenknöchel zur medialen Fläche des Calcaneus. Bevor die Sehnen des M. flexor digitorum longus an den Basen der Endphalangen inserieren, durchbohren sie die des kurzen Zehenbeugers („M. perforans“ und „M. perforatus“).

Tiefe Beugemuskulatur: Unter dem Triceps surae liegen: ■ M. flexor digitorum longus, ■ M. tibialis posterior und ■ M. flexor hallucis longus. Sie verlaufen hinter dem Malleolus medialis in Sehnenscheiden. Dort befindet sich als Verstärkung der Fascia cruris das Retinaculum musculorum flexorum (Abb. D-2.20a).

414 ⊙ D-2.20

D

2 Unterschenkel und Fuß

Sehnenscheiden und Retinacula des rechten Fußes (Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

a Ansicht von medial b und von lateral.

Extensoren

Extensoren

Die Sehnen der Extensoren (Abb. D-2.21a) ■ M. tibialis anterior, ■ M. extensor hallucis longus und ■ M. extensor digitorum longus verlaufen zwischen den Malleolen in Sehnenscheiden zum Fußrücken.

Die bindegewebige Loge der drei Extensoren (Abb. D-2.21a) ■ Musculus tibialis anterior, ■ Musculus extensor hallucis longus und ■ Musculus extensor digitorum longus liegt unmittelbar lateral der vorderen Tibiakante. Bei den meisten Menschen besitzt der M. extensor digitorum longus einen 5. Sehnenzipfel, der an der Basis des Os metatarsi V inseriert: den Musculus fibularis (peroneus) tertius. Ab der Höhe des Malleolus medialis bis zu den Ossa cuneiformia verlaufen die Sehnen der Extensoren in Sehnenscheiden zum Fußrücken, wobei die des M. tibialis anterior weiter proximal als die beiden anderen beginnt und endet.

▶ Klinik.

▶ Klinik. Die an Tibia und Fibula befestigten Septa intermuscularia des Unterschenkels bilden osteofibröse Kanäle (S. 411), in denen die Muskeln relativ wenig Spielraum besitzen (Abb. D-2.17). Bei Schwellung infolge von Unterschenkelfrakturen, gelegentlich auch nach Überbeanspruchung, können Blutgefäße und Nerven komprimiert werden. Ein solches Kompartmentsyndrom (S. 237) betrifft v. a. die Extensorenloge mit der Ausbildung eines Tibialis-anterior-Syndroms, das durch die Unfähigkeit, die Zehen zu heben, gekennzeichnet ist. Um eine persistierende Läsion des in der Loge verlaufenden Nerven (N. fibularis profundus) und der Muskeln zu verhindern, muss in einer Notoperation die Fascia cruris gespalten werden.

D

⊙ D-2.21

415

2.5 Muskulatur von Unterschenkel und Fuß

Extensoren sowie Fibularis-/Peroneusgruppe

Muskeln am rechten Unterschenkel. (Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

a Ansicht von ventral (Extensoren) und b Ansicht von lateral (Fibularisgruppe).

Gemeinsam mit den Retinacula musculorum extensorum superius (an Tibia und Fibula unmittelbar supramalleolär angeheftet) und inferius (Abb. D-2.20b) verhindern sie ein Abheben der Sehnen von der Unterlage bei Dorsalextension. Das X-förmige Retinaculum extensorum inf. ist medial am Innenknöchel und Os naviculare, lateral am Außenknöchel befestigt. Der untere laterale Schenkel geht in das Retinaculum musculorum fibularium inferius über, das außen zum Tuber calcanei zieht. ▶ Klinik. Der M. extensor hallucis longus wird als Kennmuskel von L 5 überprüft, indem man vom Fußende des Patienten aus beide Großzehen fasst, diese gegen Widerstand strecken lässt und dabei die Kraft beider Seiten vergleicht. Die Segmente L 5 und S 1 (s. o.) sind besonders bei degenerativen Erkrankungen der Disci intervertebrales, z. B. Diskusprolaps (S. 262), betroffen.

Die Retinacula musculorum extensorum superius und inferius (Abb. D-2.20b), Verstärkungen der Fascia cruris, fixieren die Sehnen zusätzlich an die Unterlage.

▶ Klinik.

416

D

Fibularisgruppe

Fibularisgruppe

▶ Synonym.

2 Unterschenkel und Fuß

▶ Synonym. Peroneusgruppe (Abb. D-2.21b)

Die Sehnen der Mm. fibularis (peroneus) longus und brevis ziehen in Sehnenscheiden hinter dem Außenknöchel. Sie beugen und pronieren.

Die Sehnen der die Fibula größtenteils einhüllenden Musculi fibularis (peroneus) longus und brevis ziehen in Sehnenscheiden hinter dem Außenknöchel. Sie sind schwache Beuger und pronieren, wobei der Fibularis longus der kräftigste Pronator ist. Die Retinacula musculorum fibularium superius (vom Malleolus lat. zur Außenfläche des Calcaneus) und inferius (s. o., Abb. D-2.20b) sichern auch hier zusätzlich die Lage der Sehnen.

Sprunggelenkmuskeln

Sprunggelenkmuskeln

⊙ D-2.22

Muskeln der Sprunggelenke

Muskel

Ursprung

Ansatz

Innervation*

Funktion

Flexoren M. triceps surae

M. gastrocnemius** Caput mediale

dorsal und kranial vom medialen Femurkondylus

Caput laterale

dorsal-kranial vom lateralen Femurkondylus

M. soleus

Tuber calcanei („Achillessehne“)

Fibula und Tibia dorsalproximal, Arcus tendineus N. tibialis (S1–S2)

Plantarflexion und Supination

(L4–S1)

zusätzlich: Flexion der Großzehe

M. plantaris

kranial vom lateralen Femurkondylus

Tuber calcanei

M. tibialis posterior

Membrana interossea, Tibia & Fibula (dorsal)

Ossa naviculare, cuneiforme intermed. und lat., cuboideum

M. flexor hallucis longus

Fibula (dorsal), Membrana interossea

Endphalanx der Großzehe

Tibia (dorsal), Faszie des M. tibialis post.

Endphalangen der 2.–5. Zehen

Facies lat. der Tibia, Membrana interossea, Fascia cruris

Os cuneiforme med. (plantar), Os metatarsi I

M. extensor hallucis longus

Membrana inteross., Fibula (medial, distal)

Dorsalaponeurose der Großzehe

N. fibularis (peroneus) profundus

Dorsalextension, Extension der Großzehe

M. extensor digitorum longus

Tibiakondylus (lateral), Membrana interossea, Fibula (ventral)

Dorsalaponeurosen der 2.–5. Zehen

(L5–S1)

Dorsalextension, Pronation, Extension der 2.–5. Zehe

Fibula (proximal), lat. Tibiakondylus, Septa intermusc.

Os cuneiforme med. (plantar), Os metatarsi I (Basis)

Fibula (dist. ⅔), Septa intermusc.

Tuberositas des Os metatarsale V

Nervus fibularis (peroneus) superficialis (L5–S1)

M. flexor digitorum longus

zusätzlich: Flexion der 2.–5. Zehe

Extensoren M. tibialis anterior

Dorsalextension, Supination (L4–L5)

Fibularisgruppe M. fibularis (peroneus) longus

M. fibularis (peroneus) brevis

Pronation und Plantarflexion

* Die Segmente beziehen sich auf die Innervation der Muskeln; häufig führt der Nerv Fasern aus mehr als den angegebenen Segmenten.

** Zur Wirkung des M. gastrocnemius auf das Kniegelenk siehe Abb. D-1.41.

D

≡ D-2.1

417

2.5 Muskulatur von Unterschenkel und Fuß

Sprunggelenkmuskeln geordnet nach Bewegungen und Wichtigkeit

Bewegung

Muskeln (Anteil am Gesamtdrehmoment aller an der Bewegung beteilgten Muskeln in %)

Plantarflexion

M. triceps surae (90 %, M. gastrocnemius 50 %, M. soleus 40 %)

Dorsalextension

M. tibialis ant. (60 %), M. extensor digitorum longus (20 %), M. extensor hallucis longus (10 %), M. fibularis tertius (10 %)

Supination M. triceps surae (50 %), M. tibialis post. (20 %), M. tibialis ant. (10 %), M. flexor hallucis longus (10 %), M. flexor (USG & Chopart-Gelenk) digitorum longus (10 %) Pronation M. fibularis longus (35 %), M. fibularis brevis (30 %), M. extensor digitorum longus (15 %), M. fibularis tertius (10 %) (USG & Chopart-Gelenk) Es wurden nur wichtige Muskeln mit einem Anteil > 10 % berücksichtigt. Bei den Prozentangaben handelt es sich um gerundete Ca.-Werte. Die Drehmomentabschätzung gilt für die NN-Position.

2.5.2 Kurze Fußmuskeln

2.5.2

Funktion: Die wesentliche Bedeutung der kurzen plantaren Fußmuskeln liegt in der aktiven Verspannung der Fußgewölbe. Ihre dynamische Rolle ist eher bescheiden (Flexion sowie etwas Spreizen und Adduzieren der Zehen). Mit Ausnahme der Musculi extensores hallucis und digitorum breves (Abb. D-2.23) befinden sich alle kurzen Fußmuskeln auf der Plantarseite (Abb. D-2.25,Abb. D-2.26, Abb. D-2.24). Sie sind ähnlich wie die Muskeln der Hand (S. 498) in drei Gruppen gegliedert, die jeweils in separaten Logen liegen: ■ Muskeln der Großzehenloge, ■ Muskeln der Kleinzehenloge und ■ die der mittleren Muskelloge. Auch ihre Innervation ist derjenigen der Handmuskeln sehr ähnlich: die Nn. plantares medialis und lateralis entsprechen den Nn. medianus und ulnaris.

Funktion: Die Bedeutung der kurzen plantaren Fußmuskeln liegt in der aktiven Verspannung der Fußgewölbe.

⊙ D-2.23

Kurze Fußmuskeln

Die kurzen Fußmuskeln der Planta pedis (Abb. D-2.23, Abb. D-2.24) gliedern sich in die der ■ Großzehenloge, ■ Kleinzehenloge und die der ■ mittleren Muskelloge. Nicht nur die Anordnung, sondern auch die Innervation ist ähnlich wie die an der Hand (S. 498).

Dorsale kurze Fußmuskeln (Fußrücken)

Muskel

Ursprung

M. extensor hallucis brevis ①

Grundphalanx I (dorsal/proximal), Dorsolaterale Dorsalaponeurose Fläche des Calcaneus vor Dorsalaponeurosen dem Sinus tarsi der 2.–4. Zehe

M. extensor digitorum brevis ②

Abbildung aus Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.

Ansatz

Innervation

Funktion Dorsalextension der Großzehe

N. fibularis profundus Dorsalextension (L5–S1) der 2.–4. Zehe

Schema

418

D

⊙ D-2.24

2 Unterschenkel und Fuß

Plantare kurze Fußmuskeln

Ligg. anularia M. flexor digitorum brevis

M. flexor digitorum brevis

Ligg. cruciata

M. flexor hallucis longus

M. flexor digitorum longus

M. flexor hallucis longus M. adductor hallucis, Caput transversum

M. interosseus plantaris III

Mm. lumbricales

M. interosseus plantaris III

Mm. lumbricales

M. interosseus dorsalis IV

M. flexor hallucis brevis

M. interosseus dorsalis IV

M. flexor hallucis brevis

M. flexor digiti minimi brevis

M. flexor digitorum brevis

M. flexor digiti minimi brevis

M. flexor digitorum longus

M. abductor digiti minimi

M. abductor digiti minimi M. abductor hallucis M. quadratus plantae

M. fibularis (peroneus) longus Schnittrand, Aponeurosis plantaris

M. tibialis posterior

M. fibularis longus M. flexor digitorum brevis

M. flexor digitorum longus M. flexor hallucis longus

Schnittrand, Aponeurosis plantaris

Tuber calcanei

a

b

Ansatzsehne des M. fibularis longus M. abductor hallucis

M. tibialis posterior M. flexor digitorum longus M. flexor hallucis longus Tuber calcanei

(Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

a Ansicht eines rechten Fußes von plantar nach Entfernung der Plantaraponeurose einschließlich des Lig. metatarsale transversum superficiale b und zusätzlicher Entfernung des M. flexor digitorum brevis.

D

⊙ D-2.25

419

2.5 Muskulatur von Unterschenkel und Fuß

Plantare kurze Fußmuskeln (Fußsohle) (Teil I)

Muskel

Ursprung

Ansatz

Innervation

Funktion*

Schema

Muskeln der Großzehenloge M. abductor hallucis ①

M. flexor hallucis brevis ②

M. adductor hallucis ③

Caput mediale Caput laterale

Tuber calcanei, Os naviculare, Plantaraponeurose Os cuneiforme mediale, Lig. calcaneocuboideum

Caput obliquum

Ossa cuboideum und cuneiforme lat.

Caput transversum

Lig. metatarsale transversum prof.

Phalanx prox. I, med. Sesambein

N. plantaris medialis (S1, S2)

Flexion (und Abduktion) der Großzehe

Phalanx prox. I, med. Sesambein

Flexion der Großzehe

Phalanx prox. I, lat. Sesambein über lat. Sesambein an der Basis Phalanx prox. I (lateral)

3 2

N. plantaris lateralis (S1, S2)

Adduktion und Flexion der Großzehe

1

Muskeln der Kleinzehenloge M. abductor digiti minimi (V) ① M. flexor digiti minimi (V) brevis ② M. opponens digiti minimi (V)** ③

Tuber calc. (lat), Plantaraponeurose

Phalanx prox. V (lateral)

Os metatarsi V (basal), Lig. plantare longum

Phalanx prox. V (basal)

N. plantaris lateralis (S1, S2)

Abspreizen und Plantarflexion der kleinen Zehe

Os metatarsi V (distal)

3 2

1

* Nur die dynamische Funktion ist berücksichtigt. ** Der M. opponens digiti V ist meist kein eigenständiger Muskel und mit dem Flexor brevis verwachsen.

Zur Verspannung der Fußgewölbe siehe Kap. Aufbau und Sicherung der Fußgewölbe (S. 423). Abbildungen aus Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.

420 ⊙ D-2.26

D

2 Unterschenkel und Fuß

Plantare kurze Fußmuskeln (Fußsohle) (Teil II)

Muskel

Ursprung

Ansatz

Innervation

Funktion*

M. flexor digitorum Tuber calcanei, brevis ① Plantaraponeurose

Mittelphalanx II–V

N. plantaris medialis (S1, S2)

Zehenbeugung im Grund- und Mittelgelenk

M. quadratus plantae ②

Calcaneus (plantar)

Sehnen des M. flexor digitorum longus

N. plantaris lateralis (S1, S2)

Flexion der Zehen; verstärkt die Wirkung des M. flexor digitorum longus

Mm. lumbricales (I–IV) ③

Sehnen des M. flexor digitorum longus

Phalanx prox. II–V (medial, proximal)

Nn. plantares med. (Mm. I, II) und lat. (Mm. III, IV)

Unterstützen Flexion der Zehe im Grundgelenk

Schema

Muskeln der Mittelloge

3

1 2

Mm. interossei dorsales (I–IV) ④

Mm. interossei plantares (I–III) ⑤

Ossa metatarsi I–V; zweiköpfig von Seitenflächen

M. I: Phal. prox. II (med.); M. II–IV: Phal. prox. (lat.)

Ossa metatarsi III–V

Phalanx prox. III–V

N. plantaris lateralis (S1, S2)

Abspreizen der Zehen II–IV; (Flexion)

Adduktion der Zehen III–V zur Zehe II; (Flexion)

* Nur die dynamische Funktion ist berücksichtigt.

Zur Verspannung der Fußgewölbe siehe Kap. Aufbau und Sicherung der Fußgewölbe (S. 423). Abbildungen aus Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.

5

4

D

2.6

421

2.6 Funktionelle Anatomie des Fußes

Funktionelle Anatomie des Fußes

2.6

Funktionelle Anatomie des Fußes

2.6.1 Lastübertragung

2.6.1

Lastübertragung

Der Fuß des Menschen steht als Folge der aufrechten Haltung in einem rechten Winkel zum Unterschenkel. Die Last des Körpergewichts wird ausschließlich vom Talus im oberen Sprunggelenk aufgenommen. Der größte Teil des Gewichts wird vom distalen Ende der Tibia auf die Trochlea tali (S. 404) übertragen; ein kleiner Teil vom Ende der Fibula auf den Processus lateralis tali. Vom Talus wird die Last über hintereinander geschaltete Tarsal- und Metatarsalknochen zu den Auflagepunkten des Fußes am Boden geleitet. Auf Röntgenaufnahmen zeigt die Spongiosaarchitektur sehr anschaulich die Wege der Druckübertragung von der Talusrolle auf die folgenden Knochen von Tarsus und Metatarsus (Abb. D-2.5b). Für den stabilen Stand einer Konstruktion – sei sie technisch oder biologisch – sind drei Auflagepunkte erforderlich. Diese sind beim menschlichen Fuß ■ das Tuber calcanei, ■ das Caput des Os metatarsi I und ■ das Caput des Os metatarsi V (Abb. D-2.27). Beim Stand auf zwei Beinen erscheinen zwei Auflagepunkte pro Fuß ausreichend, da der Gesamtorganismus dann an vier Stellen Kontakt mit dem Boden hat. In der Tat wird das Körpergewicht hauptsächlich über das Tuber calcanei und das 1. Metatarsalköpfchen auf den Untergrund übertragen. Die Zehen spielen bei der Betrachtung der Statik des Fußes eine untergeordnete Rolle. Vom Talus, dem am weitesten kranial gelegenen Fußwurzelknochen, wird die Last über 3 „Stützstrahlen“ zu den Auflagepunkten geleitet. Dadurch, dass die „Stützstrahlen“ vom Talus nach kaudal vorne und hinten abgehen, ergibt sich eine Gewölbekonstruktion in der Längsachse des Fußes (Abb. D-2.27 und Abb. D-2.6). Die Stützstrahlen werden durch verschiedene Knochen gebildet: ■ Der relativ steil stehende, kurze dorsale „Stützstrahl“ vom Talus zum Tuber calcanei besteht nur aus dem Calcaneus. Dabei sitzt der Talus, bezogen auf den Körper und das Tuber des Calcaneus, exzentrisch (d. h. etwas nach medial versetzt) auf dem Sustentaculum tali des Calcaneus. ■ Im medialen „Stützstrahl“ wird die Last vom Taluskopf über das Os naviculare zum Os cuneiforme mediale geleitet, von diesem auf das Os metatarsi I und von dessen Caput auf den Untergrund.

Die Körperlast wird größtenteils vom distalen Ende der Tibia auf den Talus übertragen (sichtbar an der Spongiosaarchitektur im Röntgenbild; Abb. D-2.5b).

⊙ D-2.27

Stützstrahlen (a) und Auflagepunkte (b) des rechten Fußes

Os cuneiforme intermedium Os cuneiforme laterale

(nach Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

Der Fuß besitzt drei (belastetete) Auflagepunkte am Boden: ■ das Tuber calcanei, ■ die Köpfe des Os metatarsi I und des ■ Os metatarsi V (Abb. D-2.27). Hiervon sind beim normalen Stand auf zwei Beinen v. a. Tuber calcanei und 1. Metatarsalköpfchen belastet.

Vom Talus ausgehend bilden 3 „Stützstrahlen“ zu den tiefer liegenden Auflagepunkten das Fußlängsgewölbe (Abb. D-2.27 und Abb. D-2.6). Die Stützstrahlen bestehen aus folgenden Knochen: ■ Der Calcaneus bildet den kurzen dorsalen „Stützstrahl“ zum Tuber calcanei. ■ Der mediale „Stützstrahl“ geht vom Taluskopf aus und beinhaltet die Ossa naviculare, cuneiforme mediale und metatarsale I.

422 ■

D

Zum lateralen „Stützstrahl“ gehört der vom Talus belastete Calcaneus, der sich nach ventral in Os cuboideum und Os metatarsi V fortsetzt.

Die Übertragung des Körpergewichts über drei Auflagepunkte auf den Boden findet sich in Fußabdrücken (Abb. D-2.28) und der Beschwielung der Fußsohle (Planta pedis) wieder.

▶ Klinik.

2 Unterschenkel und Fuß

Zum lateralen „Stützstrahl“ gehört auch der Calcaneus, der, vom Talus belastet, aus seiner aufgerichteten Stellung etwas nach vorne kippt. Dabei übt sein vorderes Ende Druck auf das Os cuboideum aus, das diesen an das Os metatarsi V weitergibt, dessen Caput dem Boden aufliegt. Das vorgestellte Fußmodell mit drei hauptsächlich belasteten „Strahlen“ wird Fußabdrücken (Abb. D-2.28) und der gleichfalls die Druckbelastung widerspiegelnden Beschwielung (Hornhautbildung) der Fußsohle (Planta pedis) besser gerecht als die systematisch-anatomische Gliederung (S. 399). Dabei zeigen sich eindeutige Druckmaxima unter dem Tuber calcanei, dem Caput des ersten Metatarsale und ein etwas geringer ausgeprägtes unter dem fünften Metatarsalköpfchen. Die lokale Verdickung des Stratum corneum der Haut der Fußsohle stellt eine Anpassung an vermehrte mechanische Beanspruchung dar. ■

▶ Klinik. Die veränderte Beschwielung der Fußsohle ist ein wichtiges diagnostisches Kriterium bei Veränderungen der Fußgewölbe („Gesicht des Fußes“).

⊙ D-2.28

Podogramme (Fußabdrücke) rechter Füße

(Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl., nach Rauber und Kopsch)

a Physiologische Fußwölbung (Pes rectus). b Verlust des Quergewölbes (Pes transversoplanus = Spreizfuß). c Verlust des Längsgewölbes (Pes planus = Platt-/Senkfuß).

Das subkutane Fettgewebe ist unter den belasteten Stellen durch massive Kollagenfaserzüge zu „Druckkammern“ gestaltet.

⊙ D-2.29

Ebenfalls der elastischen Aufnahme des Körpergewichts dient der Aufbau des subkutanen Fettgewebes, das unter den belasteten Stellen durch massive Kollagenfaserzüge zu regelrechten „Druckkammern“ gestaltet ist (Abb. D-2.29).

Druckkammern des Subkutanfetts der Fußsohle

Darstellung des stark belasteten Abschnitts der Ferse: Die Ausschnittvergrößerung zeigt, dass Fettgewebsläppchen (rechte Bildhälfte) von massiven kollagenfaserigen Septen umgeben sind, wodurch druckstabile „Kissen“ entstehen. (Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

D

423

2.6 Funktionelle Anatomie des Fußes

2.6.2 Aufbau und Sicherung der Fußgewölbe Die beim Gehen und Springen auftretenden Stöße werden durch geringe Verschiebungen der Knochen mit Abflachung der Fußgewölbe abgefedert. Die Gewölbekonstruktion des Fußes ist dabei von besonderer Bedeutung, da die Fußwurzelknochen untereinander und mit den Mittelfußknochen – mit Ausnahme von unterem Sprunggelenk und Kalkaneokuboidgelenk – durch Amphiarthrosen (S. 232) verbunden sind und die Verklammerung durch straffe kollagene Bänder nur geringgradige Bewegungen dieser Skelettelemente gegeneinander erlaubt. Die Aufrechterhaltung der Fußgewölbe erfolgt durch Bänder und Muskeln (s. u.).

2.6.2

Aufbau und Sicherung der Fußgewölbe Die Gewölbekonstruktion des Fußes mit der straffen Verbindung der Knochen von Tarsus und Metatarsus, sog. Amphiarthrosen (S. 232), bedeutet: Stöße werden durch geringe Verschiebungen der Knochen mit Abflachung der Fußgewölbe abgefedert. Für die Sicherung der Gewölbe sind Bänder und Muskeln wichtig (s. u.).

Aufbau der Fußgewölbe

Aufbau der Fußgewölbe

Längsgewölbe: In der Seitansicht des Fußes erkennt man das Längsgewölbe, welches medial höher ist als lateral (Abb. D-2.4c, Abb. D-2.4d). Während die Weichteile unter dem medialen „Stützstrahl“ bis zur Basis des Os metatarsi I keinen Bodenkontakt haben, liegt der laterale Fußrand auf ganzer Länge auf (Abb. D-2.27b). Allerdings ist die Druckbelastung zwischen Mittelfußköpfchen V und Tuber calcanei minimal. Bedingt durch den kurzen dorsalen „Stützstrahl“ des Calcaneus ist das Längsgewölbe stark asymmetrisch.

Längsgewölbe: Das Fußlängsgewölbe ist medial höher als lateral (Abb. D-2.4c, Abb. D-2.4d); sein ventraler Schenkel deutlich länger als der dorsale.

Quergewölbe: Die Tatsache, dass vorne lediglich die Köpfe des ersten und fünften Os metatarsi druckbelastet aufliegen, ist eine Folge des Quergewölbes. Dieses hat seinen Ursprung in der Form der Ossa cuneiformia intermedium und laterale, welche im Schnitt quer zur Fußlängsachse Keile mit der Spitze nach unten darstellen (Abb. D-2.7). Dadurch geraten das medial anschließende Os cuneiforme mediale und lateral das Os cuboideum in eine tiefere Position. Diese Querwölbung setzt sich in den Metatarsus fort: der erste und fünfte Mittelfußknochen liegen am weitesten unten (plantarwärts), sodass ihre Köpfe druckbelastet dem Untergrund aufliegen. Die Ossa metatarsi II, III und IV „schweben“ gewissermaßen und berühren lediglich wenig belastet mit ihren Köpfen den Boden.

Quergewölbe: Das Fußquergewölbe basiert auf der Form der Ossa cuneiformia intermedium und laterale, deren Keilspitzen nach unten zeigen (Abb. D-2.7). Als Folge davon liegen der erste und fünfte Mittelfußknochen am weitesten plantar, sodass ihre Köpfe druckbelastet aufliegen.

Bandsicherung der Fußgewölbe

Bandsicherung der Fußgewölbe

Das Gewicht des Körpers tendiert dazu, die Tarsal- und Metatarsalknochen zu Boden zu drücken und so die Längs- und Querwölbung des Fußes abzuflachen. Von den zahlreichen kurzen Bändern des Tarsus und Metatarsus (S. 410) sind nur die plantaren bei der Verspannung der Fußgewölbe wirksam.

Der drohenden Abflachung der Längsund Querwölbung wirken plantare Bänder entgegen.

Längsgewölbe: Die hauptsächliche Bandsicherung des Längsgewölbes ist auf drei Etagen angeordnet (Abb. D-2.30). ■ Das Ligamentum calcaneonaviculare plantare („Pfannenband“) zieht vom Vorderrand des Sustentaculum tali des Calcaneus zur Plantarseite des Os naviculare. Beim Senkfuß (S. 425) wird es durch den tiefer tretenden Taluskopf, der das Os naviculare nach vorne und unten schiebt, gedehnt; ■ das Ligamentum plantare longum entspringt von der Unterfläche des Calcaneus, sein tiefer Schenkel (Lig. calcaneocuboideum plantare) setzt am Os cuboideum an, die oberflächlichen langen Züge strahlen zu den Basen der Ossa metatarsi II–V aus. Zwischen den beiden Schenkeln verläuft die Sehne des M. fibularis longus; ■ die Aponeurosis plantaris liegt unmittelbar unter dem Subkutanfett der Fußsohle; sie ist zwischen Tuber calcanei und den Köpfen der Metatarsalia ausgespannt.

Längsgewölbe: Neben kurzen plantaren Bändern sind für die Sicherung v. a. zuständig (Abb. D-2.30): ■ das Lig. calcaneonaviculare plantare („Pfannenband“) ■ das Lig. plantare longum; es zieht von der Unterfläche des Calcaneus zum Os cuboideum und den Basen der Ossa metatarsi II–V; ■ die Aponeurosis plantaris; liegt unter der Fußsohle zwischen Tuber calcanei und den Köpfen der Metatarsalia.

⊙ D-2.30

⊙ D-2.30

3-Etagen-Bandsicherung des Längsgewölbes

Pfannenband

Plantaraponeurose

Lig. plantare longum

Rechter Fuß schematisch von medial. (Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

424 ⊙ D-2.31

D

2 Unterschenkel und Fuß

⊙ D-2.31

Verspannung des Quergewölbes eines rechten Fußes

Ansicht von plantar. (Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

Quergewölbe: Seine Verspannung erfolgt v. a. durch: ■ das Lig. cuboideonaviculare plantare und ■ das Lig. metatarsale transversum profundum.

Quergewölbe: Die Verspannung der Querwölbung erfolgt speziell durch das Ligamentum cuboideonaviculare plantare und das ■ Ligamentum metatarsale transversum profundum (zwischen den Kapseln der Zehengrundgelenke; Abb. D-2.31).

Muskelsicherung der Fußgewölbe

Muskelsicherung der Fußgewölbe

Da die meisten Muskeln schräg unter der Fußsohle verlaufen, verspannen sie sowohl Quer- als auch Längsgewölbe.

Wie alle permanent belasteten Strukturen bedarf auch die passive ligamentäre Verspannung der Fußgewölbe der Ergänzung durch aktiv kontrahierbare Muskeln. Auch hier gilt, dass nur Muskeln, die auf der Unterseite der Fußwölbung verlaufen, diese verspannen. Bei den meist schräg zur Längsachse des Fußes verlaufenden Muskeln lässt sich die Zugkraft in eine Quer- und eine Längskomponente zerlegen, die jeweils die entsprechenden Gewölbe verspannen. Allerdings lassen sich einige Muskeln hervorheben, welche besonders eine der beiden Fußwölbungen verspannen.

Längsgewölbe: Es wird insbesondere verspannt durch (Abb. D-2.20 und Abb. D-2.24a): ■ die Mm. flexores digitorum und hallucis breves, ■ den M. flexor digitorum longus sowie ■ den M. flexor hallucis longus, der der Valgisierung des Calcaneus, sog. Knickfußstellung (S. 425), entgegenwirkt

Längsgewölbe: Vornehmlich für das Längsgewölbe wichtig sind (Abb. D-2.20 und Abb. D-2.24a): ■ die Mm. flexores digitorum und hallucis breves, ■ der M. flexor digitorum longus sowie ■ der M. flexor hallucis longus: seine Sehne verläuft nicht nur unter dem medialen Längsgewölbe nach vorne, sondern zieht das Sustentaculum tali als Widerlager nach oben und wirkt so der Valgisierung, sog. Knickfußstellung (S. 425), des Calcaneus entgegen.

Quergewölbe: Das Quergewölbe wird durch folgende Muskeln gesichert (Abb. D-2.31): ■ M. fibularis longus, dessen Sehne den Tarus unterquert, ■ M. tibialis posterior, ■ M. adductor hallucis: Sein Caput transversum quert den distalen Metatarsus.



Quergewölbe: Das Quergewölbe wird u. a. aktiv gesichert durch (Abb. D-2.31): M. fibularis (peroneus) longus, dessen Sehne quer unter dem Tarsus vom Os cuboideum zum Os cuneiforme mediale zieht. ■ Die Sehne des M. tibialis posterior fächert zu den Tarsalknochen vom Naviculare bis zum Cuboid aus und verklammert diese quer. ■ Das Caput transversum des M. adductor hallucis verspannt das Quergewölbe im Bereich des distalen Metatarsus. ■

D

▶ Klinik. Bei einem Versagen der passiven und/oder aktiven Sicherungen kommt es unter dem Einfluss des Körpergewichts zum Zusammenbruch der Fußgewölbe. Ein Nachgeben des Quergewölbes führt zu einem Tiefertreten der Metatarsalia II–IV mit der Folge einer Verlagerung der hauptsächlichen Druckübertragung vom Caput des Os metatarsi I auf die Köpfchen der Ossa metatarsi II und III. Dies führt zu einem veränderten Fußabdruck (Abb. D-2.28) bzw. einer entsprechend veränderten Beschwielung. Unter Belastung, also beim Auftreten, weichen die Metatarsalköpfe unter Verbreiterung des Vorfußes auseinander, was man an einer Erweiterung der Zwischenzehenräume sieht und mit der Bezeichnung Spreizfuß (Pes transversoplanus) treffend charakterisiert hat (Abb. D-2.32).

⊙ D-2.32

425

2.6 Funktionelle Anatomie des Fußes

Spreizfuß

(Niethard, F.U., Pfeil, J., Biberthaler, P.: Duale Reihe Orthopädie und Unfallchirurgie. Thieme, 2017)

Beim Zusammenbruch des Längsgewölbes überlagern sich häufig zwei Mechanismen. Der Calcaneus kippt unter Belastung nach vorne, d. h. der Winkel seiner Längsachse mit dem Boden wird kleiner; gleichzeitig kippt die Längsachse des Talus in eine steilere Position und der Taluskopf (mit dem Os naviculare) tritt tiefer. Dementsprechend kann das Caput tali in der abgeflachten Längswölbung getastet werden. Die Folge ist ein Platt- oder Senkfuß) (Pes planus, Abb. D-2.34a). Häufig führt der Druck des Talus, dessen Schwerpunkt medial von der Auflagefläche des Tuber calcanei liegt, zu einem Kippen des Calcaneus in der Frontalebene, sodass das Tuber nach lateral zeigt. Diese überwiegend vom unteren Sprunggelenk ausgehende Valgusposition des Calcaneus führt zu einem Knick zwischen Achillessehne und Ferse: Pes valgus bzw. Knickfuß (Abb. D-2.34b). Ein Pes valgus bzw. planus ist bei Kleinkindern physiologisch und bildet sich normalerweise bis zum Adoleszentenalter zurück.

⊙ D-2.34

Knick-Senk-Fuß

(Niethard, F.U., Pfeil, J., Biberthaler, P.: Duale Reihe Orthopädie und Unfallchirurgie. Thieme, 2017)

Norm

Spreizfuß

a

Sekundär zu einem Spreizfuß kann ein Hallux valgus, d. h. eine Valgusstellung der Großzehe (S. 347), auftreten: Durch das Abweichen des Metatarsale I (mit der Großzehe) nach medial gerät die Sehne des M. extensor hallucis longus aus der Zehenlängsachse nach lateral. Der Muskel zieht dann den Hallux nach lateral an oder über die zweite Zehe (Abb. D-2.33).

⊙ D-2.33

Hallux valgus (Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

b

Therapeutisch kommen bei Platt- und Spreizfüßen neben physiotherapeutischen Übungen zur Kräftigung der die Gewölbe verspannenden Muskeln v. a. die Stützung der Gewölbe durch Schuheinlagen zum Einsatz. Übergewichtigen ist eine Gewichtsreduktion anzuraten. Der Klumpfuß (Pes equinovarus) ist eine mit einer Häufigkeit von etwa 1 : 3 000 v. a. bei Knaben auftretende komplexe angeborene Fußdeformität. Dabei steht der Calcaneus in Varusstellung, d. h. das Tuber zeigt nach medial. Der unbelastete Fuß ist plantarflektiert, d. h. in Spitzfuß-(„equinus“)Stellung, was mit einer verkürzten Achillessehne einhergeht („equinus“ = Adjektiv von „equus“, lat. für Pferd, das auf den Zehenspitzen läuft). Der Vorfuß ist adduziert („Sichelfuß“). Die Belastung erfolgt auf der Außenkante. Die Therapie des Klumpfußes umfasst neben operativen Maßnahmen (bei ausgeprägten Fällen) auch Physiotherapie, redressierende Verbände und Einlagen.

426

D

2.7

2.7

Gefäßversorgung und Innervation von Unterschenkel und Fuß

Gefäßversorgung und Innervation von Unterschenkel und Fuß

Da am Unterschenkel und Fuß meist die Hauptblutgefäße und größeren Nerven zusammen verlaufen, ist es zweckmäßig, ihren Verlauf synoptisch als „Gefäß-NervenStraßen“ zu betrachten (Tab. D-2.2, Abb. D-2.17 und Abb. D-2.35). Hierbei versorgen insbesondere die Nerven die Muskeln der Loge (S. 411), in der sie verlaufen.

In den 3 Muskellogen des Unterschenkels verläuft jeweils eine „Gefäß-Nerven-Straße“ (Tab. D-2.2, Abb. D-2.17 u. Abb. D-2.35).

⊙ D-2.35

2 Unterschenkel und Fuß

Gefäß-Nerven-Straßen der Muskellogen am rechten Unterschenkel

(Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

a Leitungsbahnen der Flexorenloge in der Ansicht von dorsal. b Leitungsbahnen der Extensorenloge in der Ansicht von ventral. c Aufteilung des N. fibularis communis und Verlauf des N. fibularis superficialis der Fibularisloge in der Ansicht von lateral.

≡ D-2.2

Gefäß-Nerven-Straßen innerhalb der Muskellogen des Unterschenkels

Muskelloge Flexorenloge (Compartimentum cruris posterius) Extensorenloge (Compartimentum cruris anterius) Fibularis-/Peroneusloge (Compartimentum cruris laterale)

Leitungsbahnen ■

A. und Vv. tibiales posteriores



N. tibialis



A. und Vv. tibiales anteriores



N. fibularis profundus

N. fibularis superficialis

Lage der Leitungsbahnen im Bindegewebe zwischen M. triceps surae (oberflächlich) und tiefen Flexoren (S. 412), dorsal des Malleolus medialis (zusammen mit Sehnen der tiefen Flexoren) An der Ventralseite der Membrana interossea zum Fußrücken (Dorsum pedis) ohne Begleitung größerer Gefäße zum lateralen Fußrücken

D

427

2.7 Gefäßversorgung und Innervation von Unterschenkel und Fuß

2.7.1 Gefäßversorgung von Unterschenkel und Fuß Arterielle Versorgung

2.7.1

Gefäßversorgung von Unterschenkel und Fuß Arterielle Versorgung

Die A. poplitea (S. 383) gibt noch in der Kniekehle die beiden Arteriae surales ab, die in den Köpfen des M. gastrocnemius verlaufen und diese versorgen. Danach teilt sich die A. poplitea hinter dem Tibiakopf in die Arteriae tibiales anterior und posterior (Abb. D-2.36a).

Arterielle Versorgung: Die A. poplitea (S. 383) teilt sich in die Aa. tibiales ant. und post. (Abb. D-2.36a).

Verlauf und Äste der A. tibialis anterior (Abb. D-2.36a): Kurz vor und nach ihrem Eintritt über die Membrana interossea in die ventral gelegene Extensorenloge gibt sie neben dem Collum fibulae die ■ Arteriae recurrentes tibiales posterior und anterior zum Rete articulare genus (S. 383) nach ventral ab. In der Streckerloge zieht sie mit dem N. fibularis profundus (S. 431) zwischen den Mm. tibialis ant. und extensor hallucis longus nach distal. Sie versorgt die Extensoren und anastomosiert im ■ Rete malleolare mediale mit Ästen der A. tibialis post. und im ■ Rete malleolare laterale mit der A. fibularis. Nach Unterquerung des Retinaculum extensorum inf. und der Sehne des M. extensor hallucis longus wird sie am Fußrücken als Arteria dorsalis pedis bezeichnet und liegt lateral der Sehne des M. extensor hallucis longus. Nach Abgabe von Ästen zur Fußwurzel, u. a. der A. tarsalis lateralis, zweigt über den Basen der Metatarsalknochen die ■ Arteria arcuata nach lateral ab. Von ihr entspringen die 4 dorsalen Arteriae metatarsales dorsales, die sich in jeweils 2 Arteriae digitales dorsales für die Dorsalseite der Zehen aufteilen. Die A. metatarsalis dorsalis I gibt die Arteria plantaris profunda ab, die zwischen den Ossa metatarsi I und II in die Fußsohle tritt, wo sie mit der A. plantaris lat. im ■ Arcus plantaris (profundus) anastomosiert.

Verlauf und Äste der A. tibialis anterior (Abb. D-2.36a): Nach Abgabe der ■ Aa. recurrentes tibiales ant. und post. zum Rete art. genus, verläuft sie in der Streckerloge mit dem N. fibularis prof. und gibt distal ■ Äste zu den Retia malleolares ab. Am Fußrücken Übergang in die A. dorsalis pedis, die die ■ A. arcuata bildet, von der ■ 4 Aa. metatarsales dorsales abgehen, die sich in jeweils 2 Aa. digitales dorsales aufteilen. ■ Anastomose mit dem Arcus plantaris profundus.

Verlauf und Äste der Arteria tibialis posterior: Die A. tibialis posterior (Abb. D-2.36b) verlässt die Fossa poplitea unter dem Sehnenbogen des M. soleus in die Bindegewebsschicht zwischen dem M. triceps surae und den tiefen Flexoren und gibt gleich darauf die ■ Arteria fibularis ab: Diese zieht in der Flexorenloge hinter der Fibula zum Außenknöchel, wo sie ausläuft. Aus ihr gehen die – Arteria nutricia fibulae sowie – Äste zum Rete malleolare laterale, den Flexoren und (durch das Septum intermusculare post.) zur Fibularisgruppe hervor. Nach Abgabe der A. fibularis verläuft die A. tibialis post. in der Gefäß-Nerven-Straße der Flexorenloge (S. 412) mit dem N. tibialis und den gleichnamigen Venen. Dort gibt sie ■ Muskeläste zu den Flexoren, eine ■ Arteria nutricia tibiae sowie ■ Äste zum Rete malleolare mediale und Rete calcaneum ab. Nach dorsaler Passage des Innenknöchels zwischen den Sehnen der Mm. flexor digitorum longus und hallucis longus zieht die A. tibialis posterior unter dem M. abductor hallucis hindurch in die Planta pedis; dabei teilt sie sich in die Aa. plantares medialis und lateralis (Abb. D-2.41). ■ Die Arteria plantaris medialis läuft auf der medialen Seite der Planta pedis zwischen M. abductor hallucis und M. flexor digitorum brevis nach vorn. – Ihr Ramus profundus anastomosiert mit dem Arcus plantaris der A. plantaris lateralis. – Der Ramus superficialis versorgt plantar die mediale Seite des Hallux. ■ Die Arteria plantaris lateralis läuft zwischen den Mm. flexor digitorum brevis und abductor digiti V. Sie bildet unter dem kurzen Zehenbeuger den – Arcus plantaris (Abb. D-2.36c), von dem 4 Arteriae metatarsales plantares abund in 4 Arteriae digitales plantares communes übergehen. Letztere versorgen über je 2 Arteriae digitales plantares propriae die einander zugekehrten Seiten der Zehen. – Der Ast für die laterale Seite der Kleinzehe geht unmittelbar aus dem Arcus plantaris hervor; die mediale Seite des Hallux wird von der A. plantaris medialis (s. o.) versorgt.

Verlauf und Äste der Arteria tibialis posterior (Abb. D-2.36b): Sie liegt mit dem N. tibialis in der Flexorenloge (S. 412) und gibt die ■ A. fibularis ab, die Fibula, Flexoren und Mm. fibulares versorgt. ■ Äste zu Tibia, Flexoren sowie Rete malleolare med. und calcaneum. Nach dorsaler Passage des Malleolus med., teilt sie sich in der Planta in Aa. plantares med. und lat. (Abb. D-2.41). ■ Die A. plantaris med. bildet den – R. profundus, der mit dem Arcus plantaris anastomosiert, und den – R. superficialis zum Hallux. ■ Die A. plantaris lat. setzt sich im Arcus plantaris (Abb. D-2.36c) fort, der – 4 Aa. metatarsales plantares abgibt, die über Aa. digitales plantares communes in Aa. digitales plantares propriae die Zehen versorgen. – Der Ast für die laterale Kleinzehe geht direkt aus dem Arcus hervor.

428 ⊙ D-2.36

D

2 Unterschenkel und Fuß

Unterschenkel- und Fußarterien M. adductor magnus A. poplitea Hiatus adductorius

A. poplitea A. superior lateralis genus

A. superior medialis genus

Aa. surales

A. superior lateralis genus

A. media genus A. inferior lateralis genus

A. superior medialis genus A. inferior lateralis genus

A. recurrens tibialis posterior

A. inferior medialis genus

A. inferior medialis genus

A. recurrens tibialis anterior Membrana interossea cruris

A. tibialis anterior

A. recurrens tibialis anterior

A. tibialis posterior

Membrana interossea cruris

A. fibularis

A. tibialis anterior

Aa. digitales plantares communes

A. fibularis, R. perforans

distale Rr. perforantes Aa. metatarsales plantares

A. malleolaris anterior lateralis

proximale Rr. perforantes

Rr. musculares

A. malleolaris anterior medialis R. communicans

A. tarsalis lateralis A. dorsalis pedis

a

Aa. digitales plantares propriae

A. arcuata A. plantaris profunda Aa. metatarsales dorsales Rr. perforantes Aa. digitales dorsales

R. perforans

Rr. malleolares mediales

Rr. malleolares laterales R. calcaneus lateralis

R. calcaneus medialis

A. digitalis plantaris IV A. plantaris lateralis

A. plantaris profunda (aus der A. dorsalis pedis) R. superficialis R. profundus

Arcus plantaris medialis

Arcus plantaris profundus A. plantaris medialis

A. plantaris lateralis

Rete calcaneum

b

A. hallucis plantaris medialis

A. tibialis posterior c

(Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

a Rechter Unterschenkel in der Ansicht von ventral: Darstellung der A. tibialis anterior, aus der die Arterien zum Fußrücken hervorgehen. b Rechter Unterschenkel in der Ansicht von dorsal: Darstellung der A. tibialis posterior, aus der die A. fibularis entspringt. c Ansicht der rechten Fußsohle mit Darstellung des Arcus plantaris profundus.

▶ Klinik.

▶ Klinik. Zu einem Gefäßstatus gehört auch die Palpation der Fußpulse:

Man drückt mit den Fingern der untersuchenden Hand von dorsal gegen den Innenknöchel und tastet so die A. tibialis posterior. Die A. dorsalis pedis, welche die A. tibialis anterior fortsetzt, ist am Fußrücken distal des Retinaculum extensorum inf. (S. 415) unmittelbar lateral der Sehne des M. extensor hallucis longus zu tasten.

⊙ D-2.37

Palpation der Fußpulse

(Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

a A. tibialis posterior b und A. dorsalis pedis.

D

429

2.7 Gefäßversorgung und Innervation von Unterschenkel und Fuß

Venöser Abfluss

Venöser Abfluss

Neben den meist doppelt angelegten Begleitvenen der Arterien existieren am Unterschenkel zwei große Hautvenen (Abb. D-2.38 und Abb. D-1.45): ■ Die Vena saphena magna bildet sich am Fußrücken aus dem Arcus venosus dorsalis pedis, der über Venae intercapitulares mit dem Arcus venosus plantaris der Sohle in Verbindung steht. Der dorsale Venenbogen setzt sich in die Vena marginalis medialis fort, die vor dem Malleolus medialis in die V. saphena magna übergeht. Die Vena saphena magna (S. 383) zieht an der Medialseite von Unterschenkel und Knie nach kranial auf die Ventralseite des Oberschenkels. ■ Die Vena saphena parva bildet sich am lateralen Fußrücken aus der Vena marginalis lateralis, die in Verbindung zum Arcus venosus dorsalis pedis steht. Sie zieht epifaszial hinter dem Malleolus lateralis auf die Wade, wo sie teilweise neben dem N. suralis (s. u.) liegt, und mündet in der Kniekehle in die in der Tiefe liegende V. poplitea. Die untereinander ausgiebig vernetzten Hautvenen stehen über Venae perforantes (die sog. Cockett-Venen) mit den tiefen (arterienbegleitenden) Venen in Verbindung. Am distalen Oberschenkel und unmittelbar unter dem Knie sind dies die Dodd- und Boyd-Venen. Die Venen der Extremitäten enthalten zweiflügelige Klappen (S. 159). Sie sind so eingebaut, dass sie den Blutfluss nur von peripher nach zentral zulassen bzw. von den Hautvenen zu den tiefen Venen. Die tiefen Venen werden in den Muskellogen bei der Muskelkontraktion zusammengedrückt, wodurch der Rückstrom des Blutes nach zentral wesentlich gefördert wird.

Neben den tiefen Begleitvenen der Arterien, gibt es 2 große Hautvenen (Abb. D-2.38 und Abb. D-1.45): ■ Die V. saphena magna aus dem Arcus venosus dorsalis pedis zieht vor dem Malleolus med. am Unterschenkel medial zum Oberschenkel. ■ Die V. saphena parva zieht vom lateralen Fußrücken hinter dem Malleolus lat. zur Vena poplitea in der Kniekehle. Die Hautvenen stehen über Vv. perforantes mit den tiefen Venen in Verbindung.

⊙ D-2.38

Oberflächliche (epifasziale) und tiefe Venen des rechten Unterschenkels in der Ansicht von dorsal

(Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

a Oberflächliche Venen, b oberflächliche und tiefe Venen

Die zweiflügeligen Klappen (S. 159) der Extremitätenvenen sorgen dafür, dass das Blut nur von peripher nach zentral strömen kann.

⊙ D-2.38

430

D

2 Unterschenkel und Fuß

▶ Klinik. Varizen („Krampfadern“ = sackförmige Erweiterungen der

Hautvenen mit zunehmender Insuffizienz der Venenklappen) an der unteren Extremität sind nicht nur von kosmetischer Bedeutung, sondern können v. a. nach langem Stehen oder Sitzen zu Schwere- und Spannungsgefühl in den Beinen sowie zu nächtlichen Krämpfen und Ödemen führen. Mögliche Komplikationen (Thrombophlebitis, tiefe Beinvenenthrombose mit Gefahr der Lungenembolie) sind in der Klinikbox Varizen (S. 160) erläutert. Erste therapeutische Maßnahme bei Varizen ist immer das Tragen von Kompressionsstrümpfen. Führt dies nicht zur Besserung der oben beschriebenen Symptome, können die Hautvenen operativ entfernt werden, was jedoch die Durchgängigkeit des tiefen Venensystems erfordert.

⊙ D-2.39

Stammvarizen

(Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

a Vena-saphena-magna-Typ b und Vena-saphena-parva-Typ.

Lymphabfluss

Lymphabfluss

Die Lymphe der Wade und des lateralen Fußrandes (Abb. D-2.40) fließt in die epifaszialen Nll. poplitei superff. und von dort in die Nll. poplitei proff. in der Tiefe der Fossa poplitea. In die Nll. poplitei proff. drainieren auch Flexorenloge und Fußsohle. Der ventromediale Unterschenkel und Fußrücken drainieren entlang der V. saphena magna zu den Nll. inguinales superficiales inff.

Die Lymphe von der Haut der Wade und des lateralen Fußrandes (Abb. D-2.40) fließt in die epifaszial um die V. saphena parva gelegenen Nodi lymphoidei poplitei superficiales. Diese drainieren in die Nodi lymphoidei poplitei profundi, die an der A. poplitea liegen und auch Lymphe aus der Flexorenloge und der Fußsohle erhalten. Von der Kniekehle führen Lymphgefäße entlang der A. femoralis zu den tiefen Leistenlymphknoten (S. 384). Die Lymphe des ventromedialen Unterschenkels und vom größten Teil des Fußrückens fließt entlang der V. saphena magna zu den Nodi lymphoidei inguinales superficiales inferiores (S. 384). In die Drainage der Extensoren- und Fibularisloge, die überwiegend entlang der Blutgefäße in die Nodi poplitei profundi erfolgt, können (inkonstante) Nodi lymphoidei tibiales anteriores bzw. fibulares eingeschaltet sein.

⊙ D-2.40

⊙ D-2.40

Oberflächliches Lymphsystem

Anus

Nll. inguinales superficiales

Scrotum Penis

Nll. poplitei V. saphena superficiales magna

V. saphena parva

a (Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

a Ansicht eines rechten Beines von ventral b und dorsal.

b

D

2.7.2 Innervation von Unterschenkel und Fuß Äste und Innervationsgebiete der peripheren Nerven Nervus tibialis (L 4–S 3): Der mediale Ast des N. ischiadicus verlässt die Fossa poplitea unter dem Arcus tendineus musculi solei und gibt Rami musculares zur Flexorengruppe des Unterschenkels ab. Das motorische (s. Abb. D-2.25 und sensible (s. u.) Innervationsmuster der Nervi plantares medialis und lateralis, welche sämtliche Muskeln der Fußsohle innervieren, entspricht weitgehend dem von N. medianus und N. ulnaris an der Hand. ▶ Klinik. Eine proximale Läsion des N. tibialis führt nicht nur zu Sensibilitätsstörungen der Planta pedis (S. 388), sondern hat wegen des Überwiegens der Extensoren eine „Hackenfußstellung“ zur Folge.

Nervus fibularis communis (L 4–S 2): Proximal in der Fibularisloge teilt sich der laterale Hauptast des N. ischiadicus auf: ■ Der Nervus fibularis profundus (L 4–S 2) durchbricht das Septum intermusculare ant., um in die Extensorenloge zu gelangen (Abb. D-2.35b). Er innerviert motorisch die Extensoren von Unterschenkel und Fußrücken. Sein sensibler Endast endet im Spatium interdigitale I (s. u.). ■ Der Nervus fibularis superficialis (L 4–S 2) innerviert die Mm. fibulares (Abb. D-2.35c) und sensibel die Haut des Fußrückens (Abb. D-2.42). ▶ Klinik. Bei einer Lähmung des N. fibularis kommt es infolge des Ausfalls der Extensoren am Unterschenkel zu einer Spitzfußstellung mit „Steppergang“ und zum Sensibilitätsausfall am Fußrücken (S. 388).

⊙ D-2.41

431

2.7 Gefäßversorgung und Innervation von Unterschenkel und Fuß

Leitungsbahnen der Planta pedis

Ansicht des rechten Fußes von plantar. (Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

2.7.2

Innervation von Unterschenkel und Fuß Äste und Innervationsgebiete der peripheren Nerven N. tibialis (L 4–S 3): Er innerviert die Flexorengruppe des Unterschenkels und mit den Nn. plantaris medialis und lateralis, die Muskeln der Fußsohle (Abb. D-2.25) sowie Teile der plantaren Haut (s. u.).

▶ Klinik.

N. fibularis communis (L 4–S 2): Er teilt sich in der Fibularisloge: ■



Der N. fibularis prof. (L 4–S 2) innerviert v. a. die Extensoren (Abb. D-2.35b) von Unterschenkel und Fußrücken. Der N. fibularis superf. (L 4–S 2) innerviert die Mm. fibulares (Abb. D-2.35c), sensibel den Fußrücken (Abb. D-2.42).

▶ Klinik.

⊙ D-2.41

432

D

⊙ D-2.42

2 Unterschenkel und Fuß

Sensible Innervation von Unterschenkel und Fuß

a

b

N. cutaneus surae lateralis (N. fibularis communis)

N. cutaneus dorsalis intermedius (N. fibularis superficialis) N. cutaneus dorsalis lateralis (N. suralis)

N. cutaneus surae medialis (N. tibialis) N. saphenus (N. femoralis)

N. saphenus (N. femoralis)

N. cutaneus surae lateralis (N. fibularis communis)

N. suralis mit N. cutaneus dorsalis medialis (N. fibularis superficialis) N. cutaneus hallucis lateralis N. cutaneus digiti secundi medialis

N. fibularis profundus

Rr. calcanei mediales (N. tibialis) N. plantaris medialis, (N. tibialis)

- N. cutaneus dorsalis lateralis - Rr. calcanei laterales N. plantaris lateralis, Ast des R. superficialis

(Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

a Rechter Unterschenkel in der Ansicht von ventral b und dorsal.

Motorische Innervation

Motorische Innervation

Siehe Abb. D-2.22, Abb. D-2.23, Abb. D-2.25 und Abb. D-2.26.

Zur Innervation der Muskulatur von Unterschenkel und Fuß s. Abb. D-2.22, Abb. D-2.23, Abb. D-2.25 und Abb. D-2.26.

Sensible Innervation

Sensible Innervation

Sie erfolgt am Unterschenkel (Abb. D-2.42): medial: N. saphenus (L 3–4) aus dem N. femoralis (S. 387), ■ lateral: N. cutaneus surae lat. (L 5–S 2) aus dem N. fibularis communis, ■ dorsal/proximal: N. cutaneus surae medialis (L 5–S 2) aus dem N. tibialis. ■ Ferse und lat. Fußrand: N. suralis (L 4–S 2) (aus N. cutaneus surae lat. und N. tibialis) sowie N. cutaneus dorsalis lateralis (aus dem N. suralis). ■ Außenknöchel, Fußrücken, Dorsum der meisten Zehen: Nn. cutanei dorsales intermedius und medialis (aus N. fib. superf.). ■ Spatium interdigitale I (dorsal) N. fibularis prof. ■ Planta pedis – Ferse: Nn. tibialis und suralis, – lateraler Bereich mit 1½ Zehen: N. plantaris lateralis, – medialer Bereich mit 3½ Zehen: N. plantaris medialis. Zur segmentalen Innervation (Dermatome) s. Abb. D-1.49f und Tab. D-1.8.

Die sensible Innervation des Unterschenkels (Abb. D-2.42) erfolgt medial durch den Nervus saphenus (L 3–4), dem Endast des N. femoralis (S. 387), ■ lateral durch den Nervus cutaneus surae lateralis (L 5–S 2), der in der Fossa poplitea aus dem N. fibularis communis abzweigt. ■ Auf der Rückseite schiebt sich in der proximalen Hälfte des Unterschenkels das Gebiet des N. cutaneus surae medialis (L 5–S 2) dazwischen. Distal über Achillessehne und Ferse liegt das Innervationsgebiet des Nervus suralis (L 4–S 2), der mit seinem Endast dem Nervus cutaneus dorsalis lateralis die laterale Kante des Fußes versorgt. Der N. suralis entsteht in der Rinne zwischen den Gastroknemiusköpfen durch Vereinigung des N. cutaneus surae medialis aus dem N. tibialis und einem Ast des N. cutanaeus surae lateralis. ■ Die Haut über dem Außenknöchel, Fußrücken und Dorsalseite der meisten Zehen wird von den Endästen des N. fibularis superficialis, den Nervi cutanei dorsales intermedius und medialis innerviert. ■ Der Raum zwischen 1. und 2. Zehe sowie ihre einander zugekehrten Dorsalhälften werden vom N. fibularis profundus versorgt. ■ An der Planta pedis wird die Haut je nach Region versorgt: – über der Ferse von Rami calcanei mediales des N. tibialis und Rami calcanei laterales des N. suralis (s. o.), – der laterale Bereich mit 1½ Zehen vom N. plantaris lateralis, – der mediale Bereich mit 3½ Zehen vom N. plantaris medialis. Zur segmentalen Innervation (Dermatome) s. Abb. D-1.49f und Tab. D-1.8.





D

2.8

433

2.8 Topografische Anatomie von Unterschenkel und Fuß

Topografische Anatomie von Unterschenkel und Fuß

Unterhalb des Knies wird der größte Teil des Unterschenkels von der Regio cruralis anterior und der auch als Regio surae bezeichneten Regio cruralis posterior eingenommen. Über den Knöcheln liegen die Regiones malleolares medialis und lateralis, zwischen die dorsal die Regio calcanea eingeschoben ist. Ventral geht die Regio cruralis anterior in das Dorsum pedis über. Die Fußsohle wird von der Regio plantaris pedis (Planta pedis) eingenommen. Die Kontur des dorsalen Unterschenkels (Wade) wird im Wesentlichen von den beiden Gastroknemiusköpfen des M. triceps surae und der Achillessehne bestimmt (Abb. D-2.18). Ventromedial liegt die Tibia auf ganzer Länge vom Condylus medialis bis zum Malleolus medialis subkutan (Abb. D-2.21a). Ventrolateral liegen Fibularisgruppe und Extensoren unmittelbar nebeneinander. Beide Malleolen (S. 404), von denen der laterale tiefer steht, sind wegen ihrer Lage unmittelbar unter dünner, fast fettfreier Haut gut tastbar. Dem Malleolus medialis liegen dorsal unmittelbar an: ■ die Sehnen der tiefen Flexoren (S. 413), ■ der N. tibialis und die ■ Vasa tibialia posteriora, s. Klinik (S. 428). ▶ Klinik. Eine distale Schädigung des N. tibialis bei Frakturen des Malleolus medialis

2.8

Topografische Anatomie von Unterschenkel und Fuß

Der Unterschenkel wird in Regio cruralis anterior und posterior gegliedert; kaudal liegen Regiones malleolares med. und lat. sowie calcanea. Am Fuß haben wir Dorsum und Planta pedis. Die Kontur der Wade wird vom M. triceps surae und der Achillessehne bestimmt (Abb. D-2.18). Ventromedial liegt die Tibia unmittelbar subkutan (Abb. D-2.21a). Beide Malleolen sind unter dünner Haut gut tastbar. Direkt hinter dem Mall. med. liegen ■ die Sehnen der tiefen Beuger, ■ N. tibialis und ■ Vasa tibialia post.

▶ Klinik.

(„Tarsaltunnelsyndrom“) macht sich in erster Linie durch Sensibilitätsausfälle an der Fußsohle bemerkbar. Motorische Ausfälle der Muskeln der Fußsohle sind wegen der Kompensation durch die langen Beuger nur schwer zu verifizieren. Auf dem Fußrücken zeichnen sich, v. a. bei Streckung der Zehen, die Sehnen der langen Extensoren sowie der Muskelbauch der kurzen Extensoren ab. Sämtliche Fußwurzel- und Mittelfußknochen sind vom Fußrücken her tastbar. Vom Talus sind v. a. das Caput und der Vorderrand der Trochlea zu tasten; der Calcaneus von dorsal und den Seiten. Sein Sustentaculum tali ist distal des Malleolus medialis tastbar. Die Polsterung der Planta pedis mit Baufett (S. 71) und Muskeln erschwert die Palpation von unten, lediglich das Os naviculare und die Köpfe der Ossa metatarsi sind gut tastbar.

Am Fußrücken sieht man die langen (Sehnen) und kurzen Extensoren (Muskelbauch). Die Fußwurzel- und Mittelfußknochen sind vom Fußrücken her tastbar; von der Sohle her sind dies nur Os naviculare und die Köpfe der Ossa metatarsi.

Obere Extremität

1

Schulter, Oberarm und Ellenbogen

2

Unterarm und Hand

477

437

E

1

Schulter, Oberarm und Ellenbogen

1.1 1.2 1.3 1.4

Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Schulter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ellenbogengelenk (Articulatio cubiti) . . . . . . . . . . . . . . . . . Gefäßversorgung und Innervation von Schulter, Oberarm und Ellenbogen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Topografische Anatomie von Schulter, Oberarm und Ellenbogen

1.5

E . . . . 437 . . . . 437 . . . . 455 . . . . 463 . . . . 473

L.J. Wurzinger

1.1

Einführung

1.1

Einführung

1.2

Schulter

Die Entwicklung der menschlichen Hand zum „Kulturorgan“, die mit Freistellung der „vorderen Extremität“ von der Fortbewegungsfunktion durch den aufrechten Gang ermöglicht wurde, stellt auch entsprechende Anforderungen an den Bau der oberen Extremität und ihre Befestigung am Rumpf.

1.2

Schulter

Die Tatsache, dass die menschliche obere Extremität frei von der Last des Körpergewichts ist, zeigt sich auch in einem zur unteren Extremität verschiedenen Erkrankungsmuster im Schulterbereich. ▶ Klinik. Im Vergleich zu Knie- und Hüftgelenk ist das Schultergelenk (Glenohumeralgelenk, wohl wegen der geringeren Belastung, relativ selten von Arthrose betroffen (s. Abb. C-1.1). Dennoch nimmt der Schulterbereich neben Rücken und Füßen eine wichtige Rolle im Berufsalltag des Orthopäden ein. Bei Unfällen ist die Schulter insbesondere beim Sturz auf den ausgestreckten Arm oder direkt auf die Schulter gefährdet. Dabei werden v. a. Klavikulafrakturen, Sprengungen des Schultereckgelenks, Rupturen der Rotatorenmanschette und Luxationen des Glenohumeralgelenks sowie Frakturen des proximalen Humerus beobachtet. Eine weitere häufige Gruppe sind Schulterschmerzen, die nicht direkt von einem Trauma herrühren, sondern durch Veränderungen der Weichteile, z. B. Risse oder Kalkeinlagerungen in den Muskeln und Sehnen der Rotatorenmanschette (S. 454). Schulterschmerzen können aber eine Vielzahl anderer Ursachen haben, darunter auch solche, die nicht primär in der Schulter lokalisiert sind, z. B. degenerative Veränderungen der Halswirbelsäule (S. 253) oder (seltener) sogar Erkrankungen von Thorax- und Bauchorganen.

1.2.1 Funktionelle Aspekte und Bauprinzip der Schulter Funktionelle Aspekte: Mit Entwicklung der Hand zum Greiforgan wurde der Bewegungsspielraum oder „Verkehrsraum“ der Hände stark erweitert, u. a. um manuelle Tätigkeiten unter Kontrolle der Augen durchführen zu können. Diese Erweiterung des Verkehrsraums ist im Wesentlichen eine Funktion der Schulter, wobei der Vergrößerung des Bewegungsumfangs zwei anatomische Besonderheiten dienen: ■ Zum einen genießt der Oberarm (bzw. der Gelenkkopf des Schultergelenks in seiner Pfanne) eine große Bewegungsfreiheit und ist dadurch gegenüber dem Schultergürtel in alle Richtungen beweglich, ■ zum anderen ist auch die Pfanne des Schultergelenks gegenüber dem Rumpf beweglich. Dies stellt einen gravierenden Unterschied zur unteren Extremität dar, bei der das Becken mit der Pfanne des Hüftgelenks fest mit dem Rumpfskelett verbunden ist. Andererseits resultiert daraus eine geringere statische Belastbarkeit. ▶ Merke. Die enorme Beweglichkeit des Arms ist nicht nur eine Funktion des Schul-

tergelenks, sondern auch Folge der Beweglichkeit der Gelenkpfanne selbst, d. h. der Bewegung der Scapula auf dem Thorax.

Die obere Extremität zeigt ein anderes Verteilungsmuster von Erkrankungen als die untere.

▶ Klinik.

1.2.1

Funktionelle Aspekte und Bauprinzip der Schulter Funktionelle Aspekte: Die Entwicklung der Hand zum Greiforgan ging mit einer Erweiterung des „Verkehrsraums“ der Hände einher. Dies wird erreicht durch: ■ die große Beweglichkeit des Oberarms im Schultergelenk und durch ■ die bewegliche Verbindung des Schultergelenks mit dem Rumpf.

▶ Merke.

438

E

Bauprinzip: Die „Schulter“ im weiteren Sinne umfasst folgende Gelenke (Abb. E-1.1): ■ die Art. glenohumeralis, das eigentliche Schultergelenk (S. 445), ■ die Art. sternoclavicularis (S. 440), ■ die Art. acromioclavicularis (S. 440) und das ■ „Schulterblatt-Thorax-Gelenk“, unter dem man die Beweglichkeit der Scapula gegen die Thoraxwand (durch lockeres Bindegewebe) versteht.

Bauprinzip: Die Bewegungen der freien oberen Extremität im Schultergelenk (Articulatio glenohumeralis) werden durch die Bewegungen des Schultergürtels (d. h. von Clavicula und Scapula) gegen den Rumpf ergänzt. Die Bewegungen der „Schulter“ im weiteren Sinne spielen sich zwischen mehreren Skelettelementen in folgenden Gelenken ab (Abb. E-1.1): ■ in der Articulatio glenohumeralis (humeri), dem eigentlichen Schultergelenk (S. 445), ■ der Art. sternoclavicularis (S. 440), d. h. mediales Schlüsselbeingelenk, ■ der Art. acromioclavicularis (S. 440), d. h. laterales Schlüsselbeingelenk und dem ■ „Schulterblatt-Thorax-Gelenk“. Dies ist kein Gelenk im eigentlichen Sinne: Die Bewegungen des Schulterblatts gegen die Thoraxwand werden durch das dazwischengelegene lockere Bindegewebe ermöglicht.

⊙ E-1.1

1 Schulter, Oberarm und Ellenbogen

⊙ E-1.1

Gelenke der Schulter im Überblick

(Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

⊙ E-1.2

Schulter im Röntgenbild

Röntgenaufnahme der linken Schulter a.-p. (I) mit jeweils erklärender Schemazeichnung (II). (Möller, T.B., Reif, E.: Taschenatlas der Röntgenanatomie. Thieme, 2010)

E

439

1.2 Schulter

1.2.2 Schultergürtel

1.2.2

Knochen (Gelenkkörper) des Schultergürtels

Knochen (Gelenkkörper) des Schultergürtels Clavicula (Schlüsselbein): Ihr sternales (mediales) Ende artikuliert mit dem Manubrium sterni, ihr akromiales (laterales) Ende mit dem Acromion der Scapula (Abb. E-1.3).

Clavicula (Schlüsselbein): Sie ist ein S-förmig gekrümmter Röhrenknochen (Abb. E-1.3) mit einem verdickten sternalen (medialen) und einem abgeplatteten akromialen (lateralen) Ende (Extremitas sternalis und acromialis). Die Gelenkfläche des sternalen Endes ist sattelförmig und nicht ganz kongruent zur gleichfalls sattelförmigen Incisura clavicularis des Manubrium sterni (S. 290). Das akromiale Ende trägt eine plane Gelenkfläche von ovaler Form. Die auf der Unterseite gelegenen Tuberculum conoideum und Impressio ligamenti costoclavicularis sind Anheftungstellen von Bändern, welche die Clavicula mit der Scapula, bzw. dem Thorax verbinden (s. u.).

⊙ E-1.3

Schultergürtel

⊙ E-1.3

Clavicula    

a

.      /$    

  

/$   

.       

/$      

/$    

b

%        

   

(Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

a Rechtes Schlüsselbein in der Ansicht von kranial b und kaudal.

Die Clavicula gehört zu den in der Embryonalentwicklung am frühesten verknöchernden Skelettelementen (6. Woche). Als einziger Knochen des postkraniellen Skeletts verknöchert der Mittelteil der Clavicula desmal, lediglich die gelenkbildenden Enden ossifizieren chondral (S. 79). Scapula (Schulterblatt): Sie ist ein platter Knochen (Abb. E-1.4) mit dreieckigem Umriss. Dementsprechend benennt man drei Ränder (Margo medialis, superior und die wulstig verdickte Margo lateralis) sowie drei Ecken (Angulus superior, inferior und lateralis).

⊙ E-1.4

Scapula

(Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

a Rechtes Schulterblatt in der Ansicht von lateral, b ventral c und dorsal.

Scapula (Schulterblatt): Sie ist ein platter dreieckiger Knochen (Abb. E-1.4), an dem sich in der lateralen oberen Ecke (Angulus lateralis) die Pfanne des Schultergelenks (Cavitas glenoidalis) befindet.

440

Facies costalis und Facies posterior dienen als Muskelursprungsflächen. Die Facies post. wird durch die Spina scapulae in die Fossae supraspinata und infraspinata unterteilt. Die Spina scapulae endet lateral im Acromion dorsal/kranial der Cavitas glenoidalis; ventral/kranial von dieser springt der Processus coracoideus vor.

E

1 Schulter, Oberarm und Ellenbogen

Der verdickte Angulus lateralis trägt die Cavitas glenoidalis, die Pfanne des Schultergelenks (S. 445). Sie ist durch das Collum scapulae mit dem übrigen Knochen verbunden. Unmittelbar kranial und kaudal der Cavitas glenoidalis befinden sich zwei Muskelursprungshöcker, die Tubercula supra- und infraglenoidale. Die dem Thorax zugewandte Facies costalis und die nach außen gewandte Facies posterior dienen als Muskelursprungsflächen. Die Facies posterior wird durch die Spina scapulae in eine kleinere Fossa supraspinata und eine größere Fossa infraspinata unterteilt. Die Spina scapulae verläuft als knöcherner Kamm (an Höhe zunehmend) von der Margo medialis zum Angulus lateralis, wo sie im massiven Acromion endet. Letzteres überragt auf der Dorsalseite die Cavitas glenoidalis lateral und kranial. Vorne wird die Pfanne des Schultergelenks kranial und lateral vom Processus coracoideus überragt, der am Collum scapulae entspringt. Medial von der Basis des Processus coracoideus weist die Margo superior eine Kerbe, die Incisura scapulae auf.

Gelenke und Bänder des Schultergürtels

Gelenke und Bänder des Schultergürtels

Sternoklavikulargelenk (Articulatio sternoclavicularis)

Sternoklavikulargelenk (Articulatio sternoclavicularis)

▶ Merke.

▶ Merke. Das Sternoklavikulargelenk stellt die einzige echte gelenkige Verbindung

des Schultergürtels zum Rumpf dar. Hier ist der Schultergürtel über die Clavicula am Rumpf abgestützt. Ein Discus articularis unterteilt die Gelenkhöhle (Abb. E-1.5a). ■ Die Ligg. sternoclavicularia ant. und post. verstärken ventral, bzw. dorsal die Kapsel. ■ Das Lig. interclaviculare verbindet kranial die sternalen Enden beider Schlüsselbeine. ■ Kaudal verbindet das Lig. costoclaviculare die Clavicula mit der ersten Rippe.

Es beeinflusst wesentlich die Beweglichkeit der Scapula (und damit der Pfanne des Schultergelenks) zum Rumpf. Die Gelenkhöhle wird vollständig durch einen faserknorpeligen, mehrere Millimeter dicken Discus articularis geteilt (Abb. E-1.5a), der an seiner äußeren Zirkumferenz mit der Membrana fibrosa der Gelenkkapsel verwachsen und frei von Synovialmembran ist. Zusätzlich zum Diskus puffern ebenfalls relativ dicke Gelenkknorpel die Kräfte ab, die vom Arm über den Schultergürtel in das Sternoklavikulargelenk eingeleitet werden. Ventral und dorsal ist die Kapsel durch ■ Ligamenta sternoclavicularia anterius und posterius verstärkt. ■ Das Ligamentum interclaviculare verbindet die sternalen Enden beider Schlüsselbeine und verstärkt die Gelenkkapsel kranial. ■ Das extrakapsuläre Ligamentum costoclaviculare zieht von der Impressio ligamenti costoclavicularis an der Unterseite der Clavicula zur ersten Rippe.

Akromioklavikulargelenk (Articulatio acromioclavicularis)

Akromioklavikulargelenk (Articulatio acromioclavicularis)

▶ Synonym. ■





Kranial verstärkt das Lig. acromioclaviculare die Kapsel. Extrakapsulär bindet das zweiteilige Lig. coracoclaviculare die Clavicula an den Proc. coracoideus der Scapula. Es besteht aus dem – Lig. trapezoideum und medial davon dem – Lig. conoideum. Das Lig. coracoacromiale überdacht den Humeruskopf.

▶ Merke.

▶ Synonym. Schultereckgelenk, AC-Gelenk

Die beiden annähernd planen Gelenkflächen sind durch einen meist unvollständigen Discus articularis getrennt. Folgende Bänder sichern den Zusammenhalt von Clavicula und Scapula: ■ Das Ligamentum acromioclaviculare verstärkt kranial die Gelenkkapsel (kapsuläres Band). ■ Das zweiteilige Ligamentum coracoclaviculare zieht vom Processus coracoideus der Scapula zur Unterseite der Clavicula und liegt somit extrakapsulär. Es besteht aus zwei Anteilen, zwischen denen eine kleine Bursa liegt: – Ligamentum trapezoideum (lateral) und – Ligamentum conoideum (medial; am Tuberculum conoideum der Clavicula angeheftet). Diese Bänder sichern den Zusammenhalt von Clavicula und Scapula, während das ■ Ligamentum coracoacromiale („AC-Band“), das vom Processus coracoideus zur Unterseite des Acromion zieht, den Humeruskopf kranial überdacht („Fornix humeri“). Es hat keine funktionelle Beziehung zum AC-Gelenk, ist aber von großer Bedeutung für die Luxationssicherheit des Glenohumeralgelenks (s. Abb. E-1.5c). ■ Das mechanisch wenig bedeutsame Lig. transversum scapulae superius überbrückt die Incisura scapulae. ▶ Merke. Das dorsal gelegene Acromion, der ventrale Processus coracoideus und

das dazwischen ausgespannte Lig. coracoacromiale bilden ein Dach (Fornix humeri) über dem Glenohumeralgelenk (Abb. E-1.5c).

E

⊙ E-1.5

441

1.2 Schulter

Gelenke und Bandapparat des Schultergürtels

(Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

a Articulationes sternoclaviculares, Ansicht von ventral. b Articulatio acromioclavicularis der rechten Seite, Ansicht von ventral. c Ansicht von kranial.

▶ Klinik. Das Akromioklavikulargelenk ist relativ häufig von Verschleiß betroffen

▶ Klinik.

und Ursache für chronische Schulterschmerzen.

Mechanik des Schultergürtels

Mechanik des Schultergürtels

Bei allen Bewegungen des Schultergürtels sind Sternoklavikular- und Akromioklavikulargelenk miteinander und mit dem „Schulterblatt-Thorax-Gelenk“ mechanisch gekoppelt. Im Sternoklavikulargelenk sind Bewegungen der Clavicula (mit anhängender Scapula) um eine annähernd sagittale und eine vertikale Achse möglich. Bewegungen um die sagittale Achse führen zu einem Anheben, bzw. Senken des akromialen Endes, um die vertikale Achse wird die Clavicula nach vorne oder hinten geführt. Nach der Neutral-Null-Methode ergibt sich der in Abb. E-1.6 dargestellte Bewegungsumfang. Daneben rotiert bei Elevation des Armes (s. u.) die Clavicula zwangsläufig bis zu 30° um ihre Längsachse. Die Mechanik des Sternoklavikulargelenks ist für die Bewegungen der Scapula am Thorax entscheidend. Über das Akromioklavikulargelenk gekoppelt, folgt die Scapula der Clavicula und wird am Rumpf kranial/kaudal bzw. dorsal/ventral verschoben. Die Ventralbewegung der Schulter wird durch die Ligg. sternoclaviculare posterius und costoclaviculare, die Dorsalbewegung durch die Ligg. sternoclaviculare anterius und costoclaviculare gehemmt.

Sternoklavikular- und Akromioklavikulargelenk sind miteinander und dem „Schulterblatt-Thorax-Gelenk“ mechanisch gekoppelt. Im Sternoklavikulargelenk wird die Clavicula (mit anhängender Scapula) um 2 Achsen bewegt (Abb. E-1.6).

Der Clavicula folgend, wird die Scapula am Rumpf kranial/kaudal bzw. dorsal/ventral verschoben. Die Anspannung der Bänder des Sternoklavikulargelenks sowie der Kontakt der Clavicula mit der 1. Rippe begrenzen die Verschiebung der Scapula am Thorax.

442

E

⊙ E-1.6

1 Schulter, Oberarm und Ellenbogen

Bewegungen und Bewegungsausmaß im Sternoklavikulargelenk nach der Neutral-Null-Methode 0 1  2    345252657 0 &2899   3:5252;57

B57

457 :57

57

a 8   

b

57

:57 457 (

 

c

   

d

Die Bewegungen um die drei Hauptachsen sind von der Neutral-Null-Position des Schultergelenks ausgehend dargestellt. Die blauen Linien zeigen die isolierte Beweglichkeit des Glenohumeralgelenks, die roten die Beweglichkeit unter Einbeziehung des Schultergürtels. Je nach klinischer Fragestellung werden einzelne Bewegungen auch von anderen Gelenkstellungen aus geprüft. Bei der Prüfung dieser Bewegungen muss der Untersucher mit einer Hand am Angulus inferior die Mitbewegungen der Scapula erfassen, um den Anteil des Schultergürtels an diesen Bewegungen dokumentieren zu können. (nach Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

a b c d

Anteversion und Retroversion (bzw. Flexion/Extension). Abduktion (ab 90°-Elevation) und Adduktion. Außen- und Innenrotation mit rechtwinklig gebeugtem Unterarm als „Zeiger“. Durch Bewegungen im Schultergürtel kann soweit innenrotiert werden, dass der Unterarm auf den Rücken gelangt („Schürzenbindegriff“).

1.2 Schulter

451

Zum an sich schon großen Bewegungsspielraum des Arms im Glenohumeralgelenk addiert sich die Beweglichkeit der Gelenkpfanne gegenüber dem Thorax, sodass der für den menschlichen „Greifarm“ typische ausgedehnte Verkehrsraum resultiert. In Tab. E-1.2 sind daher die Bewegungsumfänge für das Schultergelenk allein und mit Einbeziehung der Bewegungen des Schultergürtels angegeben (s. auch Tab. E-1.3). Dabei wird die Scapula mit der Gelenkpfanne nicht etwa erst bewegt, wenn der Bewegungsspielraum des Glenohumeralgelenks ausgereizt ist, sondern bereits deutlich eher. Es wird stets versucht, die flache Pfanne in eine optimale Position zum Humeruskopf zu bringen. Ohne direkt an den Bewegungen im Schultergelenk beteiligt zu sein, beeinträchtigt das Lig. coracoacromiale (s. o.) die Bewegungsmöglichkeiten. Da die proximale Humerusepiphyse relativ viel Raum einnimmt, ist der Raum („Subakromialraum“) unter dem als „Dach“ fungierenden Band beengt. Es ist daher nicht möglich, aus der Neutral-Null-Stellung heraus den Arm über 120° zu abduzieren, da das Tuberculum majus nicht unter dieses Band passt. Durch Außenrotation des Humerus gelangt das kleinere Tuberculum minus nach lateral und die weitere Abduktion (Elevation) wird möglich.

Der an sich große Bewegungsspielraum des Arms im Glenohumeralgelenk wird durch die Beweglichkeit der Gelenkpfanne gegenüber dem Thorax wesentlich erweitert (Tab. E-1.2).

E

≡ E-1.2

Beweglichkeit der Schulter nach der Neutral-Null-Methode Schultergelenk allein

Schultergelenk und Schultergürtel

Ante-/Retroversion

90/0/30°

170/0/40°

Adduktion/Abduktion

30/0/90°

40/0/160°

Innen-/Außenrotation

70/0/60°

100/0/80°

≡ E-1.2

Muskulatur des Schultergelenks

Muskulatur des Schultergelenks

Infolge der relativ kleinen und flachen Pfanne weist die Articulatio glenohumeralis nur eine ungenügende Knochenführung auf. Da auch die Bandsicherung wenig ausgeprägt ist, handelt es sich um ein überwiegend muskelgesichertes Gelenk (zusammenfassende Übersicht der Muskeln s. Abb. E-1.18).

Infolge ungenügender Knochenführung und Bandsicherung ist das Schultergelenk überwiegend muskelgesichert (Abb. E-1.18).

Musculi pectoralis major und latissimus dorsi: Sie ziehen beide von Ursprüngen am Rumpfskelett zum proximalen Corpus humeri (Abb. E-1.19) und erbringen zusammen mit dem M. teres major und dem Caput longum des Trizeps ca. 80% der Adduktionsleistung. Da die meisten ihrer Fasern schräg von kaudal kommen, senken sie wirksam den elevierten Arm und ziehen ihn zum Rumpf. Dementsprechend hypertrophieren sie bei Schwimmern. Bei aufgestütztem Arm wirkt v. a. der kaudale Teil des M. pectoralis major, welcher von oben an die Rippenknorpel zieht, als Atemhilfsmuskel (S. 294). Der M. latissimus dorsi nutzt die Lamina superficialis der Fascia thoracolumbalis als Ursprungssehne von den Dornfortsätzen ThVII bis LV und der Crista iliaca (S. 328).

Mm. pectoralis major und latissimus dorsi: Sie ziehen als kräftige Adduktoren dorsal bzw. ventral vom Rumpf zum proximalen Humerus (Abb. E-1.19).

▶ Merke. Der M. pectoralis major bildet die vordere Achselfalte, der M. latissimus

▶ Merke.

dorsi die hintere (S. 474). Musculus deltoideus: Von den ausschließlich auf das Schultergelenk wirkenden Muskeln ist der M. deltoideus der mächtigste (Abb. E-1.20). Der komplex gefiederte Muskel umhüllt kranial, ventral und dorsal das Gelenk und bildet über den Muskeln der Rotatorenmanschette (s. u.) eine zweite, „äußere Manschette“. Seine Ausprägung bestimmt wesentlich die Schulterkontur. Sowohl aufgrund seiner Masse als auch des Hebelarms wegen ist der Deltoideus der wirksamste Abduktor (v.a die Pars acromialis, Abb. E-1.20), ohne den eine kraftvolle Abduktion nicht mehr möglich ist. Wie bei anderen großen Muskeln auch, z. B. M. gluteus maximus (S. 354), können verschiedene Anteile einander antagonisieren. So rotiert die dorsale Pars spinalis nach außen und zieht den Humerus nach hinten, die ventrale Pars clavicularis rotiert nach innen und antevertiert. Ab ca. 60° Abduktion geraten die in Neutral-Null-Position adduzierenden Teile der Partes spinalis und clavicularis zunehmend über die Abduktions-Adduktions-Achse und werden so auch abduktorisch wirksam (Abb. E-1.20b).

M. deltoideus: Er umhüllt kranial, ventral und dorsal das Gelenk. Er ist der wirksamste Abduktor (Abb. E-1.20). Die Pars acromialis abduziert in jeder Stellung des Schultergelenks. Die Partes spinalis und clavicularis adduzieren in der NN-Position; ab 60° Abduktionsstellung abduzieren auch sie. Bezüglich Rotation und Ante-, bzw. Retroversion wirkt die dorsale Pars spinalis antagonistisch zur ventralen Pars clavicularis (Abb. E-1.20b).

452 ⊙ E-1.18

E

1 Schulter, Oberarm und Ellenbogen

Muskeln des Schultergelenks

Muskel

Ursprung

Ansatz

Innervation*

Funktion

Muskeln der Rotatorenmanschette M. teres minor

Scapula (Margo lateralis)

M. infraspinatus

Fossa infraspinata

M. supraspinatus

Fossa supraspinata

M. subscapularis

Facies costalis (scapulae)

Tuberculum majus (humeri)

Tuberculum minus (humeri)

N. axillaris (C5, C6) N. suprascapularis (C4–C6) Nn. subscapulares (C5, C6)

Adduktion, Außenrotation Abduktion, Flexion Innenrotation, Adduktion, (Abduktion durch kranialen Anteil)

Weitere Muskeln vom Schultergürtel bzw. Rumpf zum Oberarm M. deltoideus

Pars clavicularis Pars acromialis

Acromion

Pars spinalis

Spina scapulae

M. coracobrachialis

M. pectoralis major

Clavicula (laterales Drittel)

Proc. coracoideus

Pars clavicularis

Clavicula (mediale Hälfte)

Pars sternocostalis

Sternum, 1.–6. Rippe (Knorpel)

Tuberositas deltoidea (Corpus humeri, lateral/proximal)

M. teres major

Ang. inf. scap.**; 10.–12. Rippe; Proc. spinosi ThVII–LV u. Crista iliaca (über Fascia thoracolumbalis)

N. axillaris (C5, C6)

Abduktion, Flexion Retroversion, Außenrotation, Adduktion

N. musculocutaneus (C6, C7)

Adduktion, Innenrotation, Anteversion

Crista tuberculi majoris (humeri)

Nn. pectorales medialis und lateralis (C5–Th1)

Adduktion, Innenrotation, Anteversion, Inspiration (kaudale Anteile)

Crista tuberculi minoris (humeri)

N. thoracodorsalis (C6–C8)

Adduktion, Innenrotation, Retroversion

Tuberositas radii

N. musculocutaneus (C6–C7)

Abduktion, Anteversion Adduktion (C. breve) Ellenbogengelenk: Flexion

N. radialis (C6–C8)

Adduktion, Retroversion Ellenbogengelenk: Extension

Corpus humeri (medial, mittl. Drittel)

Pars abdominalis Rektusscheide (vorderes Blatt) M. latissimus dorsi

Anteversion, Innenrotation, Adduktion

Angulus inf. scapulae

Muskeln vom Schultergürtel zum Unterarm M. biceps brachii***

M. triceps brachii***

Caput longum

Tuberculum supraglenoidale

Caput breve

Proc. coracoideus

Caput longum

Tuberculum infraglenoidale

Olecranon (Ulna)

* Die Segmente beziehen sich auf die Innervation der Muskeln; häufig führt der Nerv Fasern aus mehr als den angegebenen Segmenten; ** nicht bei allen Individuen vorhanden; *** zweigelenkige Muskeln, die hauptsächlich auf das Ellenbogengelenk wirken.

Für M. latissimus dorsi vergleiche auch Fascia thoracolumbalis (S. 273), für Ellenbogengelenk siehe Abb. E-1.28.

E

⊙ E-1.19

453

1.2 Schulter

Musculus latissimus dorsi und Musculus pectoralis major

Linker Arm jeweils in Neutral-Null-Stellung, rechter Arm jeweils in Elevation. (Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

a M. latissimus dorsi (Ansicht von dorsal) b M. pectoralis major (Ansicht von ventral)

⊙ E-1.20

Musculus deltoideus  

( 

#  '    

  #  '   

(  2 (

 

   

       

#  '   

(  2 (

 



a

 

    

bI

b II

(Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

a Ansicht von lateral, b schematisiert von ventral. In b ist die Änderung seiner Funktion bei der Abduktion dargestellt: Während in Neutral-Null-Position große Teile der Partes clavicularis und spinalis adduzierend wirken (bI), geraten mit fortschreitender Abduktion zunehmend größere Anteile des Muskels über die Adduktions-/Abduktionsachse, sodass sie folglich abduzieren (bII).

▶ Klinik. Der M. deltoideus wird vom N. axillaris (C 5, C 6) innerviert und gilt als Kennmuskel für das Segment C 5. Der N. axillaris liegt dorsal dem Collum chirurgicum des Humerus eng an und kann bei subkapitalen Frakturen und kaudalen Luxationen geschädigt werden. Um eine iatrogene (d. h. vom Arzt verursachte) Nervenläsion auszuschließen, ist daher vor einer Reposition bzw. Operation die sensible Funktion des Nervs in seinem Versorgungsgebiet (S. 469) zu überprüfen.

▶ Klinik.

454

E

M. supraspinatus: Dieser v. a. für die Einleitung der Abduktionsbewegung zuständige Muskel zieht durch die „Schulterenge“ unter dem Acromion, bzw. Lig. coracoacromiale.

Musculus supraspinatus: Obwohl der M. supraspinatus zur Rotatorenmanschette zählt, ist seine Rotationsfunktion unbedeutend. Er wird als zweiter Abduktor stets mit den abduzierenden Teilen des Deltoideus aktiviert, kann diesen jedoch wegen seines kurzen Hebelarms nicht vollwertig ersetzen. Seine Bedeutung liegt v. a. in der Initialisierung der Abduktionsbewegung, wogegen der größte Teil der Abduktion und das Halten des Arms in Abduktionsstellung vorrangig vom M. deltoideus abhängt.

▶ Klinik.

1 Schulter, Oberarm und Ellenbogen

▶ Klinik. Typisch für eine Ruptur der Supraspinatussehne sind Probleme beim „Starten“ der Abduktionsbewegung, bei gleichzeitig erhaltener Fähigkeit, den Arm in Abduktionsstellung gegen Druck von oben zu halten.

Die Sehne des M. supraspinatus muss auf ihrem Weg zum Ansatz am Tuberculum majus die „Schulterenge“ unter dem Acromion bzw. Lig. coracoacromiale passieren (Abb. E-1.12 und Abb. E-1.14). Besonders eng wird dieser Raum bei Abduktionswinkeln zwischen 60° und 120° durch Annäherung des Tuberculum majus an das „Gelenkdach“ (s. o.). ▶ Klinik.

▶ Klinik. Verletzungs- oder überlastungsbedingte Schwellungen der Supraspinatus-

sehne können in der „Schulterenge“ zu Durchblutungsstörungen mit weiterer Schädigung führen. Typisch sind Schmerzen, welche bei Abduktionsstellungen zwischen 60° und 120° auftreten (sog. schmerzhafter Bogen = „painful arc“ bei ImpingementSyndrom). Im Endstadium kann die geschädigte Supraspinatussehne rupturieren und der Muskel bindegewebig degenerieren. Solche Veränderungen finden sich bei bis zu 30 % aller Sektionen. Therapeutisch kommt eine operative Erweiterung des subakromialen Raums infrage. Rotatorenmanschette: Folgende Muskeln werden als Rotatorenmanschette (Abb. E-1.21) zusammengefasst, die an allen Bewegungen im Schultergelenk beteiligt ist: ■ M. supraspinatus, ■ M. teres minor, ■ M. infraspinatus und ■ M. subscapularis. Die Mm. infraspinatus und teres minor dominieren die Außen-, der M. subscapularis die Innenrotation. Daneben gleichen sie mit ihren von kaudal kommenden Fasern den Zug des Deltoideus aus, der bei der Abduktion den Humeruskopf nach kranial zu verlagern droht. Die Rotatorenmanschette ist bei allen Bewegungen wesentlich an der Zentrierung des Caput humeri in der Gelenkpfanne beteiligt und somit ein wichtiger Luxationsschutz .

Rotatorenmanschette: Sie wird gebildet durch (Abb. E-1.21): ■ M. supraspinatus, ■ M. teres minor, ■ M. infraspinatus und ■ M. subscapularis. In ihrer Gesamtheit ist sie an allen Bewegungen im Schultergelenk beteiligt und bildet einen wichtigen Luxationsschutz.

⊙ E-1.21

Muskeln der Rotatorenmanschette  

(    =   

%  

#   

#  

  

  

( 

(      =

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         = 

#  

     #   

#    #    

 

a

(   

#  

b

(Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

a Mm. supraspinatus, infraspinatus, teres minor und subscapularis in der Ansicht von ventral b und dorsal; s. auch Abb. E-1.12.

(   

  

E

≡ E-1.3

455

1.3 Ellenbogengelenk (Articulatio cubiti)

Schultergelenkmuskeln geordnet nach Bewegungen und Wichtigkeit

Bewegung

Muskeln (Anteil am Gesamtdrehmoment aller an der Bewegung beteiligten Muskeln in %)

Anteversion

M. deltoideus (P. clavicularis, P. acromialis, 15–55 %), M pectoralis major, (5–30 %), M. biceps brachii (10– 15 %), M. coracobrachialis (5–15 %), M. supraspinatus (≤ 10 %)

Retroversion

M. teres major (25 %), M. deltoideus (Pars spinalis,15–30 %), M. latissimus dorsi (10–20 %), M. triceps brachii (≤ 30 %), M. subscapularis (≤ 25 %)

Adduktion

M. pectoralis major (20–30 %), M. teres major (10–20 %), M. latissimus dorsi (5–20 %), M. triceps brachii (5–15 %), M. deltoideus (P. clavicularis, Pars spinalis, 0–20 %)

Abduktion

M. deltoideus (20–60 %), M. supraspinatus (15–30 %), M. infraspinatus (5–15 %)

Außenrotation

M. infraspinatus (60–75 %), M. teres minor (10–15 %), M. deltoideus (P. spinalis 5–15 %)

Innenrotation

M. subscapularis (50–65 %), M. pectoralis major (15 %), M. biceps brachii (Caput longum 5–15 %), M. teres major (5–10 %)

Auf Grund der großen Beweglichkeit des Schultergelenks variieren bei manchen Muskeln sowohl der Anteil des Muskels, der an einer Bewegung mitwirkt als auch sein Drehmoment ganz erheblich in Abhängigkeit von der Ausgangsstellung des Gelenks. Daher ist für den Anteil mancher Muskeln der Bereich angegeben, den sie am Gesamtdrehmoment aller Synergisten einer bestimmten Bewegung haben. Es wurden nur wichtige Muskeln mit einem Anteil > 10 % berücksichtigt. Bei den Prozentangaben handelt es sich um gerundete Ca.-Werte.

Ein Teil ihrer Muskelfasern setzt an der weiten Gelenkkapsel an und verhindert als „Kapselspanner“, dass diese zwischen den Gelenkkörpern eingeklemmt wird.

An der Gelenkkapsel ansetzende Fasern wirken als „Kapselspanner“.

M. biceps brachii (Caput breve), M. triceps brachii (Caput longum) und M. coracobrachialis: Sie sorgen mit ihrem fast parallelen Verlauf zum Humerus (S. 462) dafür, dass sie gemeinsam mit dem Deltoideus das Caput humeri gegen Zug am Arm (z. B. beim Koffertragen) in der Pfanne halten.

M. biceps brachii (Caput breve), M. triceps brachii (Caput longum) und M. coracobrachialis: halten den Humeruskopf gegen Zug in der Pfanne (S. 462).

1.3

Ellenbogengelenk (Articulatio cubiti)

▶ Klinik. Am Ellenbogengelenk, insbesondere an den Epikondylen des Humerus, manifestieren sich sehr häufig Insertionstendopathien wie der „Tennisellenbogen“ (S. 493). Diese entsprechen schmerzhaften Überlastungssyndromen der Sehnenansätze. Daneben sind wegen der Bündelung von Leitungsbahnen in der Nähe der Oberfläche bzw. von Knochen besonders Nervenläsionen eine häufige Komplikation von Frakturen und Luxationen.

1.3

Ellenbogengelenk (Articulatio cubiti)

▶ Klinik.

1.3.1 Gelenktyp und Gelenkkörper

1.3.1

Beim Ellenbogengelenk handelt es sich um ein zusammengesetztes Gelenk (Articulatio composita), da mehr als zwei Skelettelemente miteinander artikulieren. Es sind dies die distale Epiphyse des Humerus (Oberarmknochen) und die proximalen Epiphysen von Radius (Speiche) und Ulna (Elle).

Das Ellenbogengelenk ist ein zusammengesetztes Gelenk, in dem der Humerus mit dem Radius und der Ulna in 3 Teilgelenken artikuliert.

Teilgelenke

Teilgelenke

Es liegen 3 Teilgelenke mit einer gemeinsamen Gelenkhöhle und einer Gelenkkapsel vor: ■ Articulatio humeroulnaris, in der die proximale Ulna die Trochlea humeri zangenartig (ventral und dorsal) umfasst, ■ Articulatio humeroradialis, in der das halbkugelige Capitulum humeri mit der Fovea articularis des Caput radii artikuliert, und die ■ Articulatio radioulnaris proximalis, in der die Circumferentia articularis des Radiuskopfs in der Incisura radialis der Ulna rotiert. Der Unterarm ist gegen den Oberarm im Humeroulnar- und Humeroradialgelenk um eine transversale Achse wie in einem Scharniergelenk beweglich, was durch die Form der Gelenkkörper des humeroulnaren Teilgelenks bedingt ist. Das Humeroradialgelenk und das proximale Radioulnargelenk sind an der Pronation bzw. Supination von Unterarm und Hand beteiligt. Hierbei dreht sich der Radius um die Ulna in einem Radgelenk (mit einem Freiheitsgrad) dessen Achse etwas schräg zur Längsachse des Unterarms verläuft (S. 459).

■ ■ ■

Gelenktyp und Gelenkkörper

Art. humeroulnaris, Art. humeroradialis und Art. radioulnaris proximalis.

Humeroulnar- und Humeroradialgelenk verbinden Unter- und Oberarm in einem funktionellen Scharniergelenk. Im Humeroradial- und proximalen Radioulnargelenk dreht sich der Radius um die Ulna bei Pronation und Supination in einem Radgelenk.

456

E

Gelenkkörper

Gelenkkörper

Distaler Humerus: Über den Gelenkkörpern der distalen Humerusepiphyse sitzen Epicondylus lateralis (radialis) und medialis (ulnaris) als Muskelursprungshöcker. Hinter dem medialen Epikondylus liegt der Sulcus nervi ulnaris (Abb. E-1.22).

Distaler Humerus: Die verbreiterte distale Humerusepiphyse weist über den Gelenkkörpern den Epicondylus lateralis (radialis) humeri und den Epicondylus medialis (ulnaris) als Apophysen auf. An der Dorsalseite des medialen Epikondylus, der weiter vorspringt als der laterale, befindet sich an der Grenze zur Trochlea humeri der Sulcus nervi ulnaris (Abb. E-1.22). Die Achse durch die Humerusepikondylen ist gegenüber der Achse von Caput und Collum humeri um 14–20° nach außen rotiert (Humerustorsion, Abb. E-1.13d). Daher befindet sich die Flexions-Extensions-Achse des Ellenbogengelenks trotz der schrägen Stellung der Scapula am Thorax (und damit des Caput humeri) annähernd in der Frontalebene. Bei gebeugtem Arm liegen die Hände kooperativ im Blickfeld der Augen vor dem Rumpf. Beim Neugeborenen stehen Scapula und Caput humeri noch schräger, was durch einen Humerustorsionswinkel von ca. 60° ausgeglichen wird. Der Humerus besitzt für die Artikulation mit dem Radius und der Ulna zwei Gelenkkörper, die von einer durchgehenden Knorpelfläche überzogen sind: ■ medial (ulnar) die einer Nähgarnrolle ähnliche Trochlea humeri mit einer Führungsnut in der Mitte für die Incisura trochlearis ulnae und ■ lateral (radial) das halbkugelige Capitulum humeri. Unmittelbar über den Gelenkflächen sind im distalen Humerus Vertiefungen für die Aufnahme der proximalen Fortsätze von Radius und Ulna bei extremer Beuge- bzw. Streckstellung: ventral/lateral die Fossa radialis, ventral/medial die Fossa coronoidea und dorsal die Fossa olecrani.

Das distale Humerusende ist gegenüber dem proximalen um 14–20° nach außen torquiert (Abb. E-1.13d), sodass die FlexionsExtensions-Achse des Ellenbogengelenks in der Frontalebene liegt.

Die distale Hymerusepiphyse zeigt ■ medial die Trochlea humeri mit einer Führungsnut für die Incisura trochlearis ulnae; ■ lateral das halbkugelige Capitulum humeri.

⊙ E-1.22

1 Schulter, Oberarm und Ellenbogen

Ellenbogengelenk (Articulatio cubiti)

1     D    

   D   

.  

.  

/  D   

1  #      D   

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   D   

. 

   

/  D    '        

     

   

8 

C

8  1 

1  C

a

b    D   

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   8  

8 

 

   D       

/  D   

/  D  

    (   

 

 

c

(    $  

 

C

C

d

(Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

a b c d

Artikulierende Skelettelemente eines rechten Ellenbogengelenks in der Ansicht von ventral, dorsal, lateral und medial.

  

   

1.3 Ellenbogengelenk (Articulatio cubiti)

457

Proximale Ulna: Das proximale Ende der Ulna umfasst mit der Incisura trochlearis wie eine Zange die Trochlea humeri (Abb. E-1.22). Die halbmondförmige Incisura trochlearis ist in die Nut der Trochlea eingepasst. Dorsal endet diese Zange in einem kräftigen Knochenfortsatz, dem Olecranon, ventral im kleineren Processus coronoideus. Lateral setzt sich die Gelenkfläche in die Incisura radialis fort, in der die Circumferentia articularis des Radius rotiert. Proximal am Corpus ulnae befindet sich ventral die Tuberositas ulnae, als Ansatz des M. brachialis.

Proximale Ulna: Sie umfasst die Trochlea humeri zangenartig (Abb. E-1.22): ■ dorsal mit dem Olecranon und ventral mit dem Proc. coronoideus ■ Die dazwischen liegende Incisura trochlearis passt genau in die Führungsnut der Trochlea. ■ Lateral liegt die Incisura radialis. ■ Distal vom Proc. coronoideus liegt am Corpus ulnae die Tuberositas ulnae (Brachialisansatz). Proximaler Radius: Er trägt ■ die Fovea articularis als Pfanne für das Capitulum humeri sowie ■ die Circumferentia articularis rund um den Radiuskopf. ■ Auf das Caput folgt das dünne Collum radii und distal davon am Corpus die Tuberositas radii (Bizepsansatz).

E

Proximaler Radius: Das proximale Radiusende (Caput radii, Abb. E-1.22) besitzt eine tellerförmige Gelenkpfanne (Fovea articularis) für das Capitulum humeri. Ihr Knorpelüberzug erstreckt sich auf die Circumferentia articularis, welche rund um den Radiuskopf verläuft. Unmittelbar distal davon befindet sich mit dem Collum radii der dünnste Abschnitt des Knochens. Am distal anschließenden Corpus radii befindet sich die Tuberositas radii, an der der M. biceps brachii ansetzt. ▶ Klinik. Besonders bei Kindern treten beim Sturz auf den ausgestreckten Arm sog. „Grünholzfrakturen“ des Collum radii auf. Hierbei bleibt der Periostschlauch intakt, sodass es nicht zu einer Trennung der Frakturenden kommt.

⊙ E-1.23

▶ Klinik.

Ellenbogengelenk im Röntgenbild

1 

.  /  D   

/  D   

  8          (        

   8        (        (    $  

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C

a II

.  1 

   (      

. 

  

/  D   /  D  '     

8 

(       bI

b II

Aufnahme des rechten Ellenbogengelenks. (Möller, T.B., Reif, E.: Taschenatlas der Röntgenanatomie. Thieme, 2010)

a Röntgenbild a.-p. (aI) mit erklärender Schemazeichnung (aII), b Röntgenbild seitlich (bI) mit Schemazeichnung (bII).

C

458

E

1.3.2

1.3.2 Gelenkkapsel und Bandapparat

Gelenkkapsel und Bandapparat

Gelenkkapsel: Sie umschließt am Humerus die Fossae radialis und coronoidea sowie dorsal die distale Hälfte der Fossa olecrani. Die Epikondylen bleiben extrakapsulär (Abb. E-1.24). An der Ulna ist die Kapsel nahe der Gelenkflächen angeheftet. Am Radius ist das proximale Collum noch innerhalb der Kapsel, die hier zum Recessus sacciformis ausgeweitet ist.

▶ Klinik.

1 Schulter, Oberarm und Ellenbogen

Gelenkkapsel: Die gemeinsame Kapsel der drei Teilgelenke lässt am Humerus die beiden Epikondylen frei (Abb. E-1.24). Sie umschließt ventral die Fossae radialis und coronoidea sowie dorsal die distale Hälfte der Fossa olecrani, sodass eine geräumige und verzweigte Gelenkhöhle vorliegt. An der Ulna ist sie mit Ausnahme des Processus coronoideus nahe der Knorpel-Knochen-Grenze der Incisura trochlearis angeheftet. Vom Radius liegt das Collum noch bis ca. 1 cm distal des Ligamentum anulare (s. u.) innerhalb der Gelenkhöhle. Die Kapsel ist in diesem Bereich zum schlaffen, dünnwandigen Recessus sacciformis ausgeweitet, der die Rotationsbewegungen des Radius bei Pro- und Supination ermöglicht. ▶ Klinik. Bei Entzündungen wölben Gelenkergüsse die Kapsel sichtbar dorsal der

Kollateralbänder zu beiden Seiten des Olecranon vor. Die Punktion des Ergusses erfolgt am günstigsten von dorsolateral oder direkt von dorsal in Richtung der Fossa olecrani, wo man am weitesten von den Leitungsbahnen entfernt ist. Das subkutan gelegene Olecranon wird durch die Bursa olecrani geschützt.

⊙ E-1.24

Das Olecranon mit seinem schmerzempfindlichen Periostüberzug liegt unmittelbar unter der Haut, die hier kaum subkutanes Fett besitzt. Wie andere subkutan gelegene Knochenvorsprünge ist es durch eine Bursa, die Bursa olecrani geschützt.

Kapsel-Band-Apparat des Ellenbogengelenks

(Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

a Rechtes Ellenbogengelenk in Extensionstellung von ventral b sowie in 90°-Flexionsstellung von lateral c und medial.

▶ Klinik.

▶ Klinik. Eine (meist abakterielle) Entzündung der Bursa olecrani mit Erguss ist eine häufige Folge mechanischer Reizung („Students elbow“). Eine chronische Bursitis olecrani kann die chirurgische Entfernung der Bursa erforderlich machen.

⊙ E-1.25

Bursitis olecrani

(Henne-Bruns, D., Düring, M., Kremer, B.: Duale Reihe Chirurgie. Thieme, 2012)

1.3 Ellenbogengelenk (Articulatio cubiti)

459

Bänder: Als Scharniergelenk verfügt das Ellenbogengelenk über kapsuläre Kollateralbänder (Abb. E-1.24b, Abb. E-1.24c): ■ Das Ligamentum collaterale ulnare zieht fächerförmig vom Epicondylus medialis humeri zur Medialseite der Ulna zwischen Olecranon und der Basis des Proc. coronoideus. Es verhindert die Valgisierung des Unterarms. ■ Das Ligamentum collaterale radiale strahlt vom Epicondylus lateralis humeri mit einem ventralen und dorsalen Schenkel ins Ligamentum anulare radii (s. u.) ein, über das es die Ulna lateral der Incisura trochlearis erreicht. Dadurch, dass es nicht am Radius verankert ist, behindert es die Rotation des Radius bei Pro- und Supination nicht; es verhindert die Varisierung des Unterarms. Das gleichfalls kapsuläre Ligamentum anulare radii ist am ventralen und dorsalen Rand der Incisura radialis der Ulna angeheftet. Es umfasst den Radiuskopf im Bereich der Circumferentia articularis, bzw. den obersten Abschnitt des Collum und bildet einen Ring in dem sich der Radius dreht (Abb. E-1.26). Es fesselt zum einen den proximalen Radius an die Ulna, zum anderen sichert es den Radiuskopf gegen Luxation nach distal bei Zug am Unterarm.

Bänder: Das Ellenbogengelenk besitzt kapsuläre Kollateralbänder (Abb. E-1.24b, Abb. E-1.24c): ■ Das Lig. collaterale ulnare zieht vom Epicondylus medialis humeri zur proximalen Ulna und verhindert die Valgisierung des Unterarms. ■ Das Lig. collaterale radiale strahlt vom Epicondylus lateralis humeri ins Lig. anulare radii ein und ist über dieses an der Ulna befestigt; es verhindert die Varisierung des Unterarms. Das ringförmige Lig. anulare radii (Abb. E-1.26) umschlingt den Radiuskopf und ist am ventralen und dorsalen Rand der Incisura radialis der Ulna angeheftet. So fesselt es den proximalen Radius an die Ulna.

E

▶ Klinik. Wenn Kleinkinder am Arm in die Höhe gerissen werden, kann durch den plötzlichen Zug gegen das Körpergewicht das Caput radii aus der Schlinge des Lig. anulare gleiten (perianuläre oder Chassaignac-Luxation). Als Symptom entspricht dem die „Pronatio dolorosa“ (d. h. schmerzhafte Pronation).

⊙ E-1.26

▶ Klinik.

⊙ E-1.26

Verlauf des Ligamentum anulare radii Ansicht von proximal auf die Region des rechten proximalen Radioulnargelenks nach Entfernung von Humerus und Radius. (Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

1.3.3 Gelenkmechanik

1.3.3

Bedingt durch die Form von Trochlea humeri und Incisura trochlearis ulnae ist das Humeroulnargelenk ein klassisches Scharniergelenk. Durch seine „Fesselung“ an die Ulna mittels des Ligamentum anulare radii und der Membrana interossea nimmt der Radius im Humeroradialgelenk an dieser Bewegung teil. Die Achse der Scharnierbewegung verläuft transversal durch Capitulum und Trochlea humeri. Das Ausmaß der Flexion wird durch den Kontakt der Weichteile (meist Muskulatur) von Ober- und Unterarm gebremst, vgl. Massen- oder Weichteilhemmung (S. 233). Die Extension wird durch Knochenhemmung (S. 233) bei Anschlag des Olecranon in der Fossa olecrani begrenzt. Die Bewegungsumfänge nach der Neutral-Null-Methode sind Abb. E-1.27a zu entnehmen. Für die Funktion der Hand eminent wichtig ist die „Umwendebewegung“: Die Drehung der Hand (Abb. E-1.27b, Abb. E-1.27c) um ihre Längsachse wird durch eine Rotation des Radius (mit der Hand) um die Ulna erreicht (Abb. E-1.27c), die sowohl im proximalen als auch im distalen Radioulnargelenk (S. 479) stattfindet. Die Achse dieser beiden Radgelenke verläuft vom Radiuskopf zum distalen Ulnaende, also fast in Längsachse des Unterarms. Der pronierte Radius überkreuzt die Ulna; in Supination stehen beide Unterarmknochen parallel (Abb. E-1.27c). Das Humeroradialgelenk, in dem das Caput radii bei dieser Bewegung rotiert, ist ein „anatomisches Kugelgelenk“, jedoch erlaubt die ligamentäre Bindung des Radius an die Ulna nur zwei Freiheitsgrade. In Neutral-Null-Position zeigt der Handrücken nach außen, die Handfläche liegt auf dem Oberschenkel. Bei rechtwinklig gebeugtem Ellenbogengelenk (um Mitbewegungen in der Schulter auszuschließen) zeigt die Radial-/Daumenseite nach oben.

Das Humeroulnargelenk ist ein klassisches Scharniergelenk. Der an die Ulna gefesselte Radius nimmt im Humeroradialgelenk an dieser Bewegung teil. Die Bewegungsachse verläuft transversal durch Capitulum und Trochlea humeri.

Gelenkmechanik

Zu den Bewegungsumfängen s. Abb. E-1.27a. Im proximalen und distalen Radioulnargelenk wird der Radius mit der Hand in Radgelenken um die Ulna geführt. Die Achse dieser „Umwendebewegung“ verläuft fast in Längsachse des Unterarms. Der pronierte Radius überkreuzt die Ulna; in Supination stehen Radius und Ulna parallel (Abb. E-1.27b, Abb. E-1.27c).

460 ⊙ E-1.27

E

1 Schulter, Oberarm und Ellenbogen

Bewegungsumfang im Ellenbogengelenk

a Bewegungsumfang im Humeroradial- und Humeroulnargelenk des Ellenbogengelenks bei supinierter Hand. b, c Umwendebewegung einer rechten Hand (Pro-/Supination) in der Ansicht von ventral. In b sind Bewegungsumfang und Bewegungsachse bei rechtwinklig gebeugtem Ellenbogen dargestellt, in c die Stellung der Unterarmknochen am gestreckten Ellenbogen. Pronationsstellung: Die Palmarfläche der Hand zeigt nach unten (bI) und die Ulna wird durch den Radius überkreuzt (cI). Supinationsstellung: Die Palmarfläche der Hand zeigt nach oben (bII) und die Unterarmknochen stehen parallel zueinander (cII). Diese Umwendebewegung der Hand findet unter Beteiligung des distalen Radioulnargelenks (S. 479) statt. (Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

▶ Merke.

▶ Merke. Pronation bringt den Handrücken wie beim Brotschneiden nach oben.

In Supinationsstellung zeigt die Handfläche nach oben, wie beim Tragen eines Suppentellers.

1.3.4

Muskulatur des Ellenbogengelenks

1.3.4 Muskulatur des Ellenbogengelenks

Einteilung: Die Septa intermuscularia brachii lateralis und medialis trennen die Extensorenloge von der Flexorenloge (Abb. E-1.28). Zusätzlich wirken Muskeln der Handgelenke auch auf das Ellenbogengelenk (Abb. E-2.13 u. Abb. E-2.14).

Einteilung: Die vom Humerus zur Fascia brachii (Teil der allgemeinen Körperfaszie) ziehenden Septa intermuscularia brachii laterale und mediale bilden getrennte osteofibröse „Logen“ für die dorsalen Extensoren und die ventral gelegenen Flexoren des Ellenbogengelenks (Abb. E-1.28). Viele der am Unterarm liegenden Flexoren (Abb. E-2.13) und Extensoren (Abb. E-2.14) der Handgelenke sind mehrgelenkige Muskeln, die auch auf das Ellenbogengelenk wirken.

Flexoren

Flexoren

Von den beiden Flexoren (Abb. E-1.30a) hat die Sehne des M. biceps brachii einen größeren Abstand von der Achse als die des M. brachialis und somit das größere Drehmoment. Der M. brachialis dagegen kann schnell große Bewegungsausschläge bewirken und fungiert als „Kapselspanner“.

Der von der Scapula entspringende Musculus biceps brachii liegt dem vom Humerus kommenden Musculus brachialis auf (Abb. E-1.30a). Zwischen beiden Flexoren sind Sulcus bicipitalis medialis (S. 470) und lateralis (S. 466) als Rinnen, in denen Leitungsbahnen verlaufen, ausgeprägt. Vor dem Ansatz der Bizepssehne an der Tuberositas radii strahlt eine mediale (ulnare) Abspaltung als Aponeurosis musculi bicipitis brachii (Lacertus fibrosus, Aponeurosis bicipitalis) in die Unterarmfaszie ein. Durch die ventrale Lage hat die Sehne (insbesondere die Aponeurosis musculi bicipitalis) des M. biceps einen größeren Abstand von der Flexions-/Extensionsachse als die des M. brachialis. Dies hat zur Folge, dass der Bizeps das größere Drehmoment bei der Beugung entfaltet. Andererseits führen schon geringe Verkürzungen des nahe an der Achse verlaufenden M. brachialis zu großen Bewegungsausschlägen des Unterarms, sodass der M. brachialis v. a. für schnelle Beugebewegungen geeignet ist. Daneben strahlen vom M. brachialis Fasern in die unmittelbar darunter liegende Gelenkkapsel und verhindern als „Kapselspanner“ deren Einklemmung bei exzessiver Flexion.

E

461

1.3 Ellenbogengelenk (Articulatio cubiti)

⊙ E-1.28

Muskeln des Ellenbogengelenks am Oberarm

Muskel

Ursprung

Ansatz

Innervation

Funktion

Schema

Flexoren M. biceps brachii ①

Caput longum

Tuberculum supraglenoidale

Caput breve

Processus coracoideus

M. brachialis ②

Tuberositas radii, Fascia antebrachii (Aponeurosis bicipitalis)

Corpus humeri Tuberositas ulnae (distal/ventral), Septum intermusculare brachii med. und lat.

N. musculocutaneus (C5–C7)

Flexion, Supination Schultergelenk: Abduktion, Anteversion Flexion, Kapselspanner

1

2

Extensoren M. triceps brachii ①

Caput longum

Tuberculum infraglenoidale

Caput laterale

Corpus humeri lat. prox. Sulcus n. rad.

Caput mediale

Corpus humeri dist. Sulcus n. rad.

M. anconeus ②

Epicondylus lat.

Olecranon N. radialis (C6–Th1) Ulna (dorsal, proximales Viertel)

Extension Schultergelenk: Adduktion

Extension, Kapselspanner

1 2 Abbildungen aus Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.

⊙ E-1.29

Supinationswirkung des M. biceps brachii bei gebeugtem Ellenbogen

(* 

#    

⊙ E-1.29

    8 

   

C

a

b 8 

C

Querschnitt auf Höhe der Tuberositas radii in der Ansicht von proximal: Pronationsstellung (a) und Supinationsstellung (b). (Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

Neben dem größeren Drehmoment bei der Flexion, ist der M. biceps brachii ein Supinator. Bei der Pronation gerät die Tuberositas radii mit der inserierenden Bizepssehne von medial nach dorsal/lateral (Abb. E-1.29). Dabei wickelt sich die Sehne um den Radius, bei Kontraktion wird sie durch Drehen des Radius in die Supinationsstellung abgewickelt. Bei rechtwinklig gebeugtem Ellenbogen ist der Bizeps der effizienteste Supinator, da in dieser Stellung seine Sehne rechtwinklig zur Supinationsachse verläuft und somit die gesamte Muskelkraft wirkt. Deshalb wird beim kraftvollen Eindrehen von Schrauben der Arm im Ellenbogengelenk gebeugt.

Bei rechtwinklig gebeugtem Ellenbogen ist der M. biceps brachii der effizienteste Supinator (Abb. E-1.29).

462

E

Extensoren

Extensoren

Die Ansatzsehne des M. triceps brachii (Abb. E-1.30b) am Olecranon entfernt sich bei der Extension von der Achse, was zu einer Zunahme des Drehmoments führt.

Der Ansatz der Sehne des streckenden Musculus triceps brachii (Abb. E-1.30b) am Olecranon liegt bei gebeugtem Ellenbogen näher an der Achse als bei gestrecktem. Beim „Liegestütz“ werden die Ellenbogen gegen das Rumpfgewicht durchgestreckt; je weiter die Streckung fortschreitet, desto leichter wird mit zunehmendem Hebelarm und Drehmoment des Trizeps die Übung. Zwischen den Ursprüngen des Caput mediale und laterale verläuft der N. radialis im Sulcus nervi radialis des Humerus (s. u.). Der M. anconeus kann als vierter Kopf des Trizeps aufgefasst werden, da er sich kaum von dessen Caput mediale trennen lässt. Er ist der dorsale „Kapselspanner“ des Gelenks.

Der M. anconeus ist der dorsale „Kapselspanner“.

⊙ E-1.30

1 Schulter, Oberarm und Ellenbogen

Schulter- und Oberarmmuskulatur

(Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

a Proximaler Abschnitt einer rechten oberen Extremität in der Ansicht von ventral nach vollständiger Entfernung der Mm. latissimus dorsi serratus anterior und deltoideus b und von dorsal nach Entfernung der Mm. trapezius und deltoideus sowie der Unterarmmuskeln.

≡ E-1.4

Ellenbogengelenkmuskeln geordnet nach Bewegungen und Wichtigkeit

Bewegung

Muskeln (Anteil am Gesamtdrehmoment aller an der Bewegung beteiligten Muskeln in %)

Flexion

M. biceps brachii (35 %), M. brachialis (30 %), M. brachioradialis (10 %), M. extensor carpi radialis longus (≤ 10 %), M. pronator teres (≤ 10 %)

Extension

M. triceps brachii (90 %), (davon Caput longum 25 %), M. anconeus (10 %)

Es sind nur die Bewegungen im Humeroradial- und Ulnargelenk berücksichtigt, die Bewegungen in den Radioulnargelenken finden sich in Abb. E-2.13 und Abb. E-2.14 sowie Tab. E-2.1 Es wurden nur wichtige Muskeln mit einem Anteil > 10 % berücksichtigt; Bei den Prozentangaben handelt es sich um gerundete Ca.-Werte Die Drehmomentabschätzung gilt für die die NN-Position.

463

E 1.4 Gefäßversorgung und Innervation von Schulter, Oberarm und Ellenbogen

1.4

Gefäßversorgung und Innervation von Schulter, Oberarm und Ellenbogen

1.4

Gefäßversorgung und Innervation von Schulter, Oberarm und Ellenbogen

1.4.1 Gefäßversorgung von Schulter, Oberarm und Ellenbogen

1.4.1

Gefäßversorgung von Schulter, Oberarm und Ellenbogen

Arterielle Versorgung

Arterielle Versorgung

Der Schulterbereich wird durch Äste folgender Arterien versorgt: der Arteria subclavia bzw. dem von ihr noch medial der hinteren Skalenuslücke abgehenden Truncus thyrocervicalis (S. 898). Die A. subclavia lagert sich in der Skalenuslücke (S. 910) zwischen den Mm. scaleni ant. und med. kaudal und ventral den Trunci des Plexus brachialis (S. 901) an und zieht mit ihnen in einem Bogen über die Pleurakuppel; zwischen erster Rippe und Clavicula tritt sie nach kaudal/ lateral als A. axillaris in die Axilla. ■ Der Arteria axillaris, die als Fortsetzung der A. subclavia distal der Clavicula in der Axilla zwischen die Faszikel des Plexus brachialis zieht. Sie liegt dort medial des Schultergelenks vor dem M. subscapularis bzw. seiner Ansatzsehne. Die Äste der A. axillaris anastomosieren im Schulterbereich mit denen der A. subclavia (Abb. E-1.32).

Die Versorgung der Schulter erfolgt durch Äste von ■ A. subclavia bzw. Truncus thyrocervicalis (S. 898) und ■ A. axillaris. ■ Die A. subclavia kommt aus der hinteren Skalenuslücke (S. 910) und geht zwischen 1. Rippe und Clavicula in die A. axillaris über. Beide anastomosieren ausgiebig über ihre Äste (Abb. E-1.32).



▶ Klinik. Bei blutenden Verletzungen oder Operationen in dieser Region müssen

▶ Klinik.

wegen der ausgeprägten Anastomosen beide Enden von Arterien unterbunden werden. Äste der A. subclavia (über den Truncus thyrocervicalis): Die Arteria suprascapularis verläuft quer vor dem M. scalenus anterior über die Trunci des plexus brachialis nach lateral/dorsal und zieht über das Lig. transversum scapulae in die Fossa supraspinata unter den M. supraspinatus und anastomosiert auf dem Collum der Scapula mit der A. circumflexa scapulae (s. u.). ■ Die Arteria transversa colli, die auch direkt aus der A. subclavia hervorgehen kann, wendet sich kaudal der Arteria suprascapularis über die Mm. scaleni hinweg nach dorsal. Ihr Ramus profundus, auch als Arteria dorsalis scapulae bezeichnet, zieht neben der Margo medialis scapulae nach kaudal und anastomosiert mit den Aa. circumflexa scapulae und thoracodorsalis (s. u.).

Äste der A. subclavia (über den Truncus thyrocervicalis): ■ A. suprascapularis zieht in die Fossa supraspinata, ■ A. dorsalis scapulae (aus der A. transversa colli) zur Margo medialis scapulae. Beide anastomosieren mit den Aa. circumflexa scapulae und thoracodorsalis (s. u.).

Äste der A. axillaris: Kurze Rami subscapulares treten nach dorsal in den M. subscapularis ein. ■ Die Arteria thoracica superior verläuft zwischen den Brustmuskeln nach kaudal. Sie kann völlig durch Rami pectorales der Arteria thoracoacromialis (s. u.) ersetzt sein. ■ Arteria thoracoacromialis mit – Rami pectorales zwischen den Mm. pectorales minor und major und dem – Ramus acromialis, der vor dem Schultergelenk nach lateral verläuft und im Rete acromiale mit der A. suprascapularis aus der A. subclavia anastomosiert. ■ Die Arteria thoracica lateralis (S. 299) verläuft am Hinterrand des M. pectoralis minor auf dem M. serratus anterior und gibt Äste zur Brustdrüse ab. ■ Die kräftige Arteria subscapularis gibt Äste zum M. subscapularis ab und teilt sich nach kurzem Verlauf auf in die: – Arteria thoracodorsalis, die mit dem gleichnamigen Nerv unter dem M. latissimus dorsi nach dorsal/kaudal zieht, und die – Arteria circumflexa scapulae: Sie tritt nach hinten durch die mediale Achsellücke (S. 474), wendet sich um die Margo lateralis scapulae auf die Rückseite der Scapula in die Fossa infraspinata, wo sie mit der A. suprascapularis aus der A. subclavia die großkalibrige „Schulterblattanastomose“ eingeht. Daneben gibt es noch zahlreiche kleinere Anastomosen mit der A. dorsalis scapulae (s. o.). Die beiden letzten Zweige der A. axillaris bilden einen Gefäßkranz um das Collum chirurgicum: ■ die Arteria circumflexa humeri anterior und die ■ kräftigere Arteria circumflexa humeri posterior, die mit dem N. axillaris durch die laterale Achsellücke zieht und sich dorsal eng um das Collum chirurgicum humeri schlingt.

Äste der A. axillaris: ■ Rr. subscapulares zum M. subscapularis, ■ A. thoracoacromialis mit – Rr. pectorales zwischen den Mm. pectorales; – R. acromialis zum Rete acromiale (Anastomose mit der A. suprascapularis), ■ A. thoracica lateralis auf dem M. serratus anterior, ■ A. subscapularis mit – Ästen zum M. subscapularis, – A. thoracodorsalis, die unter den M. latissimus dorsi zieht, – A. circumflexa scapulae in die Fossa infraspinata; ■ A. circumflexa humeri ant. und ■ A. circumflexa humeri post. als Gefäßkranz um das Collum chirurgicum.





464 ⊙ E-1.31

E

1 Schulter, Oberarm und Ellenbogen

Leitungsbahnen der Achselhöhle Ansicht von ventral nach Entfernung des M. pectoralis major und der Fascia clavipectoralis. (Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

⊙ E-1.32

Arterien im Bereich der Achselhöhle und der Schulter (Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

a Verlauf und Astfolge der A. axillaris. b Arterielle Versorgung der Schulterblattregion.

465

E 1.4 Gefäßversorgung und Innervation von Schulter, Oberarm und Ellenbogen

⊙ E-1.33

Verlauf der Arteria brachialis und ihrer Äste am Oberarm

⊙ E-1.33

8    8  

(    

( $  

8   

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(Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

Die arterielle Versorgung von Oberarm und Ellenbogen erfolgt über die Fortsetzung der A. axillaris, die nach Verlassen der Axilla als Arteria brachialis bezeichnet wird, sowie ihre Äste (s. u.). Die A. brachialis zieht mit dem N. medianus im Sulcus bicipitalis medialis an der Innenseite des Oberarms nach distal, wo sie in der Mitte der Ellenbeuge unter die Aponeurosis bicipitalis tritt. Distal vom Ansatz des M. coracobrachialis in der Mitte des Oberarms liegt zwischen dem Gefäß-Nerven-Bündel und dem Humerus nur lockeres Bindegewebe (Abb. E-1.33 und Abb. E-1.39). In der Fossa cubitalis liegt die A. brachialis mit dem N. medianus oberflächennah zwischen Bizepssehne und Aponeurosis bicipitalis (Abb. E-1.44). ▶ Klinik. Bei der Erhebung eines Gefäßstatus wird die Mitte des Oberarms mit beiden Händen von lateral umfasst und die A. brachialis mit den Fingerspitzen gegen den Humerus gedrückt, um den Puls zu fühlen.

Äste der A. brachialis: Gleich nach Austritt aus der Axilla zweigt die Arteria profunda brachii ab, die sich mit dem N. radialis zwischen den Ursprüngen des Caput laterale und Caput breve des Trizeps dorsal um den Humerus (S. 446) nach lateral wendet. Diese gibt – Äste zu den Muskeln (u. a. einen R. deltoideus) und – Arteriae nutriciae humeri zum Knochen ab. Sie teilt sich in ihre Endäste, die ■ Arteriae collateralis media und collateralis radialis, wovon Letztere mit dem N. radialis durch das Septum intermusculare laterale auf die Beugerseite gelangt und dort mit der A. recurrens radialis (S. 505) anastomosiert. Beide Endäste speisen das Rete articulare cubiti. In der Mitte des Oberarms gibt die A. brachialis die ■ Arteria collateralis ulnaris superior ab, die mit dem N. ulnaris hinter dem Epicondylus medialis zum Rete articulare cubiti zieht. ■ Die dünne Arteria collateralis ulnaris inferior entspringt knapp über dem Gelenk und geht gleichfalls im Rete articulare auf. ■

Oberarm und Ellenbogen werden versorgt durch die Arteria brachialis (Fortsetzung der A. axillaris) und ihre Äste. Sie zieht mit dem N. medianus von medial in die Mitte der Ellenbeuge unter die Aponeurosis bicipitalis (Abb. E-1.33, Abb. E-1.39 und Abb. E-1.44).

▶ Klinik.

Äste der A. brachialis: ■ A. profunda brachii, die mit dem N. radialis verläuft und sich nach Abgabe von Ästen zu Muskeln und Knochen in die – A. collateralis media und – A. collateralis radialis teilt, ■ A. collateralis ulnaris sup. und ■ A. collateralis ulnaris inf. Die Arteriae collaterales speisen das Rete articulare cubiti.

466 ▶ Klinik.

E

1 Schulter, Oberarm und Ellenbogen

▶ Klinik. Das Rete articulare cubiti stellt einen suffizienten Kollateralkreislauf dar, sodass die A. brachialis distal des Abgangs der A. profunda brachii unterbunden werden kann. Zwischen dem Abgang der Aa. circumflexa humeri posterior und profunda brachii darf mangels Kollateralen die A. brachialis keinesfalls unterbunden werden.

Endäste der A. brachialis sind die Aa. radialis (S. 506) und ulnaris (S. 506).

Die A. brachialis verzweigt sich distal in der Fossa cubitalis in ihre Endäste: die Arteriae radialis (S. 506) und ulnaris (S. 506).

Venöser Abfluss

Venöser Abfluss

Die Venen der Schulterregion (Abb. E-1.36) sind meistens Begleitvenen der Arterien und münden in die V. subclavia oder die V. axillaris.

Der venöse Abfluss (Abb. E-1.36) aus der Schulterregion erfolgt ■ dorsal über die mit den gleichnamigen Arterien ziehenden Venae suprascapularis und dorsalis scapulae, ■ ventral über die Venae pectorales in die Vena subclavia. Letztere zieht vor dem M. scalenus ant., etwas unglücklich als „vordere Skalenuslücke“ (S. 910) bezeichnet, unter der Clavicula über die 1. Rippe in die Axilla.

▶ Klinik. Durch die Fixation an die Fascia clavipectoralis ist das Lu-

men der Vena subclavia trotz zeitweise negativen Innendrucks stets offen, sodass sie zwischen 1. Rippe und Clavicula leicht mit großkalibrigen Kanülen zur Anlage eines zentralen Venenkatheters (ZVK) punktiert werden kann („Subklaviakatheter“). Wegen ihrer Nähe zur Pleurakuppel (S. 570) ist allerdings die Gefahr eines Pneumothorax (S. 567) gegeben.

Das Venensystem umfasst oberflächliche Hautvenen und tiefe arterienbegleitende Venen, welche doppelt angelegt zu beiden Seiten einer Arterie verlaufen.

Die großen Hautvenen sind (Abb. E-1.35): Die V. cephalica verläuft auf der Radialseite von Unter- und Oberarm und mündet unter der Clavicula in die V. axillaris. ■ Die V. basilica ist die Hautvene der Ulnarseite der oberen Extremität. Sie mündet in der Mitte des Oberarms in die V. brachialis. ■

Beide Venen sind im Bereich der Ellenbeuge durch die V. mediana cubiti verbunden.

⊙ E-1.34

Vena subclavia und Umgebung (Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

Die Vena axillaris liegt medial der A. axillaris und erhält Blut von den (arterienbegleitenden) Venae thoracoacromialis, thoracica lateralis und subscapularis. Von der lateralen Throraxwand kommend, mündet eine Hautvene, die Vena thoracoepigastrica (S. 300), in die V. axillaris. Die Venae circumflexae humeri anterior und posterior münden in die Vena axillaris. Wie an der unteren Extremität auch, gibt es oberflächliche Hautvenen und tiefe Venen, welche die genannten Arterien begleiten. Wie dort, besitzen die Venen zahlreiche Klappen (S. 159). Die tiefen Venen verlaufen (distal von den Venae brachiales) gewöhnlich doppelt angelegt zu beiden Seiten einer Arterie und sind durch zahlreiche Querverbindungen zu einer Art „Strickleitersystem“ verbunden. Ihre Benennung richtet sich nach der begleiteten Arterie. Am Oberarm liegen zwei große Hautvenen (Abb. E-1.35): ■ Die Vena cephalica entsteht auf der Radialseite aus dem Venennetz des Handrückens, dem Rete venosum dorsale manus. Sie kann am Unterarm mehrfach angelegt sein; am Oberarm verläuft sie im Sulcus bicipitalis lateralis, um dann im Schulterbereich zwischen den Mm. deltoideus und pectoralis major unter der Clavicula im Trigonum clavipectorale in die V. axillaris zu münden. ■ Die Vena basilica ist die Hautvene der Ulnarseite der oberen Extremität. Gleichfalls vom Rete venosum des Handrückens kommend, verläuft sie ab der Ellenbeuge im Sulcus bicipitalis medialis. In der Mitte des Oberarms durchbohrt sie die Fascia brachii, um kurz vor der Axilla in die V. brachialis zu münden. Beide Venen sind im Bereich der Ellenbeuge durch eine variabel verlaufende Vena mediana cubiti verbunden. Meist liegt die Vene auf der Aponeurosis bicipitalis, unter der die A. brachialis verläuft.

467

E 1.4 Gefäßversorgung und Innervation von Schulter, Oberarm und Ellenbogen

⊙ E-1.35

Venen der oberen Extremität (Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

a Darstellung der tiefen Venen am rechten Arm. b Darstellung der oberflächlichen Venen am rechten Arm.

▶ Klinik. Die unmittelbar subkutan liegende Vena mediana cubiti bietet einen ein-

▶ Klinik.

fachen Zugang, um venöses Blut für Laboruntersuchungen zu gewinnen, bzw. um intravenöse Injektionen zu verabreichen. Dabei ist zu beachten, dass die Nadel in einem flachen Winkel angesetzt wird, damit man nicht durch Vene und Aponeurosis bicipitalis hindurch die A. brachialis punktiert.

Lymphabfluss

Lymphabfluss

Die Lymphe (Abb. E-1.36) der medialen Bereiche der Schulter fließt über die Nodi profundi inferiores, eine Gruppe der Nodi lymphoidei cervicales laterales, sowie über die Nodi lymphoidei supraclaviculares und (inkonstanten) Nodi lymphoidei deltoideopectorales in den Truncus subclavius. Der größte Teil der Schulterregion wird in die erste Station der Achsellymphknoten drainiert: die Nodi lymphoidei axillares laterales (humerales) und subscapulares, von denen die Lymphe über die Nodi lymphoidei axillares centrales und apicales in den Truncus subclavius abfließt. Der Lymphabfluss der Radialseite der oberen Extremität (Hand bis Oberarm) hat als erste Filterstation die um die Vasa axillaria liegenden Nodi lymphoidei axillares laterales. Die Lymphgefäße der Ulnarseite passieren im Bereich der Ellenbeuge die um die Venae mediana cubiti und basilica epifaszial gelegenen Nodi lymphoidei cubitales. Von dort fließt die Lymphe entlang der V. basilica über die in der Mitte des Oberarms gelegenen Nodi lymphoidei brachiales zu den Nodi lymphoidei axillares laterales. Von dort gelangt die Lymphe in den Truncus subclavius, der rechts über den Ductus lymphaticus dexter, bzw. links über den Ductus thoracicus (S. 634) in die Venenwinkel mündet.

Der Lymphabfluss der Schulter (Abb. E-1.36) erfolgt größtenteils über die hintereinander geschalteten Stationen der Nll. axillares in den Truncus subclavius.

Die Lymphe der Radialseite der oberen Extremität fließt in die Nll. axillares laterales. Die der Ulnarseite passiert die Nodi cubitales der Ellenbeuge und die Nodi brachiales, ehe sie die axillären Lymphknoten erreicht. Der Truncus subclavius leitet die Lymphe in den Ductus lymphaticus dexter bzw. Ductus thoracicus.

468 ⊙ E-1.36

E

1 Schulter, Oberarm und Ellenbogen

Lymphknotenstationen der Schulterregion Rechte Schulterregion in der Ansicht von ventral. (Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

Nll. axillares laterales

Nll. axillares pectorales

▶ Klinik.

▶ Klinik. Bei eitrigen Infektionen im Bereich der Hände, (z. B. vom Nagelbett ausgehenden Panaritien), ist eine straßenartige Rötung der Haut mit z. T. druckschmerzhafter Schwellung der Achsellymphknoten ein Warnsignal für eine drohende Ausbreitung der Infektion (volkstümlich „Blutvergiftung“). Die Rötung entspricht entzündeten Lymphgefäßen (Lymphangitis), die als rote Streifen durch die Haut hindurch wahrnehmbar sind.

Innervation von Schulter, Oberarm und Ellenbogen Plexus brachialis

1.4.2 Innervation von Schulter, Oberarm und Ellenbogen

Der Plexus brachialis (Rr. antt. der Spinalnerven v. a. C 5–Th 1) versorgt den Arm (Abb. E-1.37).

Zur Versorgung der oberen Extremität bilden die Rami anteriores der Spinalnerven der Segmente C 5–Th 1 (teilweise C 4 und Th 2) den Plexus brachialis (Abb. E-1.37).

Bildung der Trunci und Fasciculi

Bildung der Trunci und Fasciculi

Trunci: Dabei bilden die Spinalnerven C 5, C 6 den Truncus superior, ■ C 7 den Truncus medius und ■ C 8, Th 1 den Truncus inferior.

Trunci: Zunächst lagern sich Fasern aus verschiedenen Rückenmarkssegmenten zu drei Trunci zusammen: ■ C 5 und C 6 zum Truncus superior, ■ C 7 bildet den Truncus medius und ■ C 8 und Th 1 den Truncus inferior. Dabei zieht der Truncus inferior in einem Bogen über die erste Rippe und die Pleurakuppel, zu denen insbesondere der Spinalnerv Th 1 Kontakt hat.

Fasciculi: Beim Übertritt in die Axilla lagern sich die Trunci zu Faszikeln um: ■ Fasciculus lateralis (C 5–C 7), ■ Fasciculus posterior (C 5–Th 1) und ■ Fasciculus medialis (C 8–Th 1).

Fasciculi: Beim Übertritt in die Axilla (unter der Clavicula und über der 1. Rippe) lagern sich die Trunci zu Faszikeln um: ■ der Fasciculus lateralis (C 5–C 7) bildet sich aus Fasern der Trunci superior und medius, ■ der Fasciculus posterior (C 5–Th 1) erhält Zuschüsse aus allen drei Trunci und ■ der Fasciculus medialis (C 8–Th 1) geht aus dem Truncus inferior hervor.

Bildung, Verlauf und motorische Funktion der peripheren Nerven Pars supraclavicularis: Sie umfasst die nachfolgend jeweils mit den von ihnen innervierten Muskeln genannten Äste: ■ N. dorsalis scapulae (C 4, C 5) → Mm. levator scapulae, rhomboidei;

Bildung, Verlauf und motorische Funktion der peripheren Nerven

1.4.2



Plexus brachialis

Pars supraclavicularis: Die supraklavikulären Äste des Plexus brachialis zweigen entweder von den Trunci ab, oder bilden sich direkt aus den Spinalnerven parallel zu den Trunci (Abb. E-1.37): ■ Der Nervus dorsalis scapulae (C 4, C 5) durchbohrt den M. scalenus medius und läuft dann entlang des von ihm innervierten M. levator scapulae zum Angulus superior und Margo medialis scapulae, um die Mm. rhomboidei zu versorgen.

469

E 1.4 Gefäßversorgung und Innervation von Schulter, Oberarm und Ellenbogen

⊙ E-1.37

Plexus brachialis

Spinalnerven (Rr. anteriores)

Trunci

N. dorsalis scapulae

Fasciculi

N. suprascapularis

periphere Nerven

N. pectoralis lateralis

C4

Fasciculus lateralis

C5

Truncus superior

N. medianus

C6 C7

N. musculocutaneus

Truncus medius

Fasciculus posterior

N. axillaris N. radialis

C8

N. ulnaris Truncus inferior

Fasciculus medialis

N. cutaneus antebrachii med.

Th1

N. intercostobrachialis

Th2

N. thoracicus longus

Nn. subscapulares

N. pectoralis medialis

N. cutaneus brachii med.

N. thoracodorsalis

Schematische Darstellung des Plexus brachialis: Die Gliederung zeigt den Weg der Nervenfasern vom Rückenmarkssegment über Spinalnerv, Truncus und Fasciculus zum peripheren Nerv. Dabei ist zu berücksichtigen, dass sich Nerven auch in Zonen zwischen Spinalnerv und Truncus, bzw. Truncus und Fasciculus bilden können.





■ ■

Der Nervus suprascapularis (C 4–C 6) zieht unter dem Lig. transversum scapulae durch die Incisura scapulae zum M. supraspinatus und von dort aus unter dem Acromion auf dem Collum scapulae in die Fossa infraspinata zum M. infraspinatus. Der Nervus thoracicus longus (C 5–C 7) steigt hinter dem Plexus brachialis zur seitlichen Thoraxwand zum M. serratus anterior ab, an dessen Oberfläche er nach kaudal zieht. Der Nervus subclavius (C 5, C 6) zieht nach ventral zum gleichnamigen Muskel. Daneben gibt es kurze Rami musculares zu den Mm. scaleni und longus colli (Abb. L-1.4).

Pars infraclavicularis: Von den Faszikeln (oder knapp vorher) gehen die kurzen infraklavikulären Äste zu den Muskeln der Schulter ab: ■ Der Nervus axillaris (C 5, C 6) verlässt den Fasciculus posterior nach dorsal, tritt mit A. und V. circumflexa humeri posterior durch die laterale Achsellücke an die Dorsalseite des Collum chirurgicum humeri, um von innen den M. deltoideus sowie den M. teres minor zu innervieren. ■ Der Nervus thoracodorsalis (C 6–C 8) aus dem Fasciculus posterior verläuft mit den gleichnamigen Gefäßen auf der Innenseite des M. latissimus dorsi, den er innerviert. ■ Die relativ kurzen Nervi subscapulares (C 5, C 6) treten kurz vor der Bildung des Fasciculus posterior zum M. subscapularis. ■ Die Nervi pectorales medialis (C 8, Th 1) und lateralis (C 5–C 7) strahlen vom Fasciculus medialis (oder Truncus inferior), bzw. dem Fasciculus lateralis (oder den beiden oberen Trunci) in die Mm. pectorales major und minor ein. Ebenfalls zur Pars infraclavicularis zählen die übrigen („langen“) Nerven, die überwiegend in Längsrichtung der oberen Extremität verlaufen (s. u.). U. a. bilden sich aus den Faszikeln die drei großen Armnerven, die Nervi radialis, ulnaris und medianus, die – analog zur unteren Extremität – mit den Hauptblutgefäßen in Gefäß-Nerven-Straßen verlaufen: ■ Der Nervus radialis (C 5–Th 1) geht aus dem Fasciculus posterior hervor, dessen Stamm er auf der Rückseite der A. axillaris fortsetzt. Von dort gelangt er mit der A. und V. profunda brachii auf die Dorsalseite des Humerus, wo er im Sulcus nervi radialis des Knochens liegt (Abb. E-1.38). Im Sulcus ziehen Nerv und Gefäße in einer steilen Schraubentour nach distal/lateral, um durch das Septum intermusculare laterale nach vorn auf die Radial(Außen)-Seite der Flexorenloge vor den Epicondylus lateralis zu gelangen. Vor dem Ellenbogengelenk liegt der Nerv zwischen den Mm. brachialis und brachioradialis im „Radialistunnel“ und teilt sich in die Rami superficialis (S. 508) und profundus (Abb. E-1.38). Am Oberarm gibt er Muskeläste zu den Extensoren (Trizeps und Anconeus) sowie Hautnerven (s. u.) ab.





■ ■

N. suprascapularis (C 4–C 6) → Mm. supra- und infraspinatus; N. thoracicus longus (C 5–C 7) → M. serratus anterior; N. subclavius (C 5, C 6) → M. subclavius. Rr. musculares (C 5–C 8) → Mm. scaleni, longus colli (Abb. L-1.4).

Pars infraclavicularis: Dazu gehören: ■ N. axillaris (C 5, C 6) → Mm. deltoideus, teres minor; ■ N. thoracodorsalis (C 6–C 8) → M. latissimus dorsi; ■ Nn. subscapulares (C 5, C 6) → M. subscapularis; ■ Nn. pectorales med. (C 8, Th 1) und lat. (C 5–C 7) → Mm. pectorales major und minor; ■ alle übrigen Nerven der oberen Extremität (s. u.).

Aus den Faszikeln gehen auch die drei großen Armnerven (Nn. radialis, ulnaris und medianus) hervor. Diese verlaufen mit den Hauptblutgefäßen in Gefäß-Nerven-Straßen.



Der N. radialis (C 5–Th 1) kommt aus dem Fasciculus post. und zieht mit der A. und V. profunda brachii im Sulcus n. radialis dorsal um den Humerus auf die Radialseite vor den Epicondylus lat. (Abb. E-1.38). Er innerviert die Extensoren von Ober- und Unterarm. Vor dem Gelenk liegt er zwischen den Mm. brachialis und brachioradialis und teilt sich in die Rami superf. (S. 508) und prof. (Abb. E-1.38b).

470 ⊙ E-1.38

E

1 Schulter, Oberarm und Ellenbogen

Nervus radialis und andere Nerven mit unmittelbarem Kontakt zum Humerus

M. supraspinatus Spina scapulae Margo medialis

M. deltoideus

M. infraspinatus

Sulcus intertubercularis

A. circumflexa humeri posterior u. N. axillaris

M. teres minor

N. axillaris Collum chirurgicum

Caput laterale des M. triceps brachii

A. circumflexa scapulae

Rr. musculares n. radialis

M. teres major

A. profunda brachii u. N. radialis im Sulcus n. radialis Septum intermusculare brachii laterale

Caput mediale M. triceps brachii

N. radialis (im Sulcus nervi radialis)

Caput longum

N. ulnaris (im Sulcus nervi ulnaris)

Caput laterale

a

Humerus

b

Epicondylus medialis

(Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

a Verlauf des N. radialis im Sulcus nervi radialis} an einem rechten Oberarm in der Ansicht von dorsal. b Rechter Humerus in der Ansicht von ventral mit den ihm an verschiedenen Stellen direkt anliegenden Nerven.

▶ Klinik.

▶ Klinik. Im Falle einer Oberarmschaftfraktur ist der N. radialis durch die Lage am

Knochen sehr gefährdet. Eine Schädigung seiner motorischen Anteile führt durch Ausfall der Extensoren der Handgelenke und Finger zur „Fallhand“ (S. 508) sowie zu sensiblen Ausfällen am Handrücken zwischen Os metacarpi I und II (S. 512). ■

Der N. ulnaris (C 8–Th 1) bildet sich aus dem Fasciculus med., verläuft hinter der A. brachialis und begibt sich distal hinter den Epicondylus med. humeri (Abb. E-1.38), wo er relativ ungeschützt im Sulcus nervi ulnaris dem Knochen („Musikantenknochen“) aufliegt.

▶ Klinik.

Der Nervus ulnaris (C 8–Th 1) bildet sich aus dem Fasciculus medialis und verläuft zunächst hinter der A. brachialis im Sulcus bicipitalis medialis während ventral von der Arterie der N. medianus (Abb. E-1.39) liegt. In der Mitte des Oberarms trennt sich der N. ulnaris von A. brachialis und N. medianus, sodass ab da drei Gefäß-Nerven-Straßen etabliert sind. Der N. ulnaris durchbohrt das Septum intermusculare mediale und biegt im Sulcus nervi ulnaris hinter dem Epicondylus medialis humeri um das Gelenk (Abb. E-1.38). Er liegt dem Knochen unmittelbar auf und ist nur von relativ dünner Haut bedeckt, sodass der Nerv leicht durch Anstoßen an harte Kanten gereizt wird („Musikantenknochen“).



▶ Klinik. Dort ist der N. ulnaris (S. 499) bei distalen Humerusfrakturen äußerst ge-

fährdet. Man überprüft in diesem Fall die Sensibilität an der ulnaren Handkante, bzw. man lässt den Patienten die Finger spreizen und adduzieren. ■



Der N. medianus (C 6–Th 1) bildet sich über die Medianusgabel aus den Fasciculi lat. und med. und verläuft mit der A. brachialis vor das Ellenbogengelenk (Abb. E-1.39 und Abb. E-1.44). Der N. musculocutaneus (C 5–7): Er entsteht aus dem lateralen Faszikel und innerviert den M. coracobrachialis sowie die Mm. brachialis und biceps brachii zwischen denen er verläuft (Abb. E-1.44).







Der Nervus medianus (C 6–Th 1) bildet sich aus den Fasciculi lateralis und medialis, die sich mit je einer Radix lateralis (C 6, C 7) und medialis (C 8, Th 1) als Medianusgabel vor der A. axillaris vereinigen. Im Sulcus bicipitalis med. liegt der Nerv vor der A. brachialis, mit der er sich vor dem Ellenbogengelenk unter die Aponeurosis bicipitalis begibt (Abb. E-1.39 und Abb. E-1.44). Der Nervus musculocutaneus (C 5–C 7) durchbohrt nach seiner Bildung aus dem Fasciculus lateralis den von ihm innervierten Musculus coracobrachialis (Abb. E-1.18). Er verläuft zwischen den Mm. brachialis und biceps brachii, die er mit Rami musculares innerviert, schräg nach distal/lateral und endet als N. cutaneus antebrachii lateralis (s. u.; Abb. E-1.44). Der N. musculocutaneus, die Radices lateralis und medialis der Medianusgabel sowie der N. ulnaris bilden zusammen eine „M“-Figur (s. Abb. E-1.39). Die übrigen „langen Nerven“ aus dem Plexus brachialis, die Nn. cutanei brachii und antebrachii mediales sind als sensible Nerven im Folgenden besprochen.

471

E 1.4 Gefäßversorgung und Innervation von Schulter, Oberarm und Ellenbogen

⊙ E-1.39

Haupt-Gefäß-Nerven-Straße des Oberarms: Sulcus bicipitalis medialis

(Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

Sensible Innervation

Sensible Innervation

Die sensible Versorgung der Schulter (Abb. E-1.40) erfolgt durch folgende Hautnerven: ■ Nervus cutaneus brachii lateralis superior (C 5, C 6), dem Endast des N. axillaris (S. 469). Er tritt am Hinterrand des M. deltoideus durch die Faszie und versorgt im Wesentlichen die Haut über dem Muskel mit einem Autonomgebiet lateral vom Akromion. Sein Versorgungsgebiet wird überlappt durch ■ die Nervi supraclaviculares (C 3,C 4) aus dem Plexus cervicalis (S. 901) von kranial her und ■ die Rami cutanei laterales der oberen Interkostalnerven (S. 302) von medial her. Die Haut der Axilla wird innerviert vom ■ Nervus cutaneus brachii medialis (Th 1, Th 2) aus dem Fasciculus medialis (Abb. E-1.37). Die sensible Innervation des Oberarms (Abb. E-1.41) erfolgt nach folgendem Muster: Lateral: in der proximalen Hälfte noch durch den ■ Nervus cutaneus brachii lateralis superior (C 5–C 6), dem Endast des N. axillaris (s. o.). Daran schließen die Areale des ■ Nervus cutaneus brachii lateralis inferior (C 6–C 7) aus dem N. radialis und des ■ Nervus cutaneus antebrachii lateralis (C 6–C 7) aus dem N. musculocutaneus an. Medial wird die Haut vom ■ Nervus cutaneus brachii medialis (Th 1, Th 2) aus dem Fasciculus medialis innerviert. ■ Distal über dem Epicondylus medialis übernimmt der gleichfalls aus dem medialen Faszikel kommende Nervus cutaneus antebrachii medialis (C 8, Th 1) diese Funktion. Dorsal sind die Nervi cutanei brachii posterior (C 5, C 6) und antebrachii posterior (C 6, C 7), Äste des N. radialis aus dem Fasciculus posterior, zuständig.

Sie erfolgt im Bereich der Schulter durch folgende Nerven (Abb. E-1.40): ■ N. cutaneus brachii lat. sup. (C 5–6, Endast des N. axillaris): über dem Deltoideus, ■ Nn. supraclaviculares (C 3–4): kranial, ■ Rr. cutanei latt. der oberen Interkostalnerven von medial. Die Haut der Axilla wird innerviert vom: ■ N. cutaneus brachii medialis (Th 1–2, Abb. E-1.37).

Der Oberarm wird wie folgt sensibel innerviert (Abb. E-1.41): Lateral: ■ N. cutaneus brachii lat. sup. (C 5–C 6) ■ N. cutaneus brachii lat. inf. (C 6–C 7) ■ N. cutaneus antebrachii lat. (C 6–C 7)

Medial: ■ N. cutaneus brachii med. (Th 1–Th 2), ■ N. cutaneus antebrachii med. (C 8–Th 1) und

Dorsal: ■ N. cutaneus brachii post. (C 5, C 6) ■ N. cutaneus antebrachii post. (C 6, C 7)

472

E

▶ Merke.

1 Schulter, Oberarm und Ellenbogen

▶ Merke. Von proximal nach distal erfolgt die sensible Innervation des lateralen

Schulter-Oberarm-Bereichs nach dem AxillarisRadialisMusculocutaneus-Muster, medial aus dem Fasciculus medialis des Plexus brachialis, dorsal (= posterior) aus dem Fasciculus posterior (über den N. radialis).

⊙ E-1.40

Hautnerven der Schulterregion

Ansicht einer rechten Schulter von dorsal. (Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

⊙ E-1.41

Sensible Innervation der oberen Extremität

N. cutaneus brachii lateralis superior (N.axillaris) N. cutaneus brachii lateralis inferior (N.radialis) N. cutaneus antebrachii lateralis (N. musculocutaneus)

Nn. supraclaviculares

N. cutaneus brachii Rr. cutanei anteriores posterior (Nn. intercostales) (N. radialis) Rr. cutanei N. cutaneus laterales brachii (Nn. intercostales) medialis und N. interN. cutaneus brachii medialis costobrachialis und N. intercostobrachialis

N. cutaneus antebrachii medialis

N. cutaneus antebrachii medialis

Nn. supraclaviculares

C4

Th2

N. cutaneus brachii lateralis superior (N.axillaris) C5

Th3

C4

Th4 Th5

N. cutaneus brachii lateralis inferior (N. radialis) N. cutaneus antebrachii posterior (N. radialis)

C5

C6

C6 N. cutaneus antebrachii lateralis (N. musculocutaneus)

Th1

R. superficialis n. radialis R. palmaris n. medianus Nn. digitales palmares communes u. proprii (N. medianus) a

R. palmaris n. ulnaris

Nn. digitales palmares communes u. proprii (N. ulnaris)

R. dorsalis n.ulnaris

Nn. digitales dorsales (N. ulnaris) b

R. superficialis n. radialis

C7 C8

Nn. digitales palmares proprii (N. medianus) c

d

Innervation durch periphere Nerven (a von ventral, b von dorsal) im Vergleich zur segmentalen (radikulären) Innervation (c von ventral, d von dorsal) am rechten Arm. (Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

E

1.5

473

1.5 Topografische Anatomie von Schulter, Oberarm und Ellenbogen

Topografische Anatomie von Schulter, Oberarm und Ellenbogen

1.5

Topografische Anatomie von Schulter, Oberarm und Ellenbogen

1.5.1 Regionen

1.5.1

Regionen

An der Oberfläche entsprechen der Schulter im Wesentlichen die lateral/kranial gelegene Regio deltoidea sowie medial/kaudal die Regio axillaris. Nach kranial schließen sich Regio suprascapularis und cervicalis lateralis an, nach medial/ventral die Regio pectoralis und dorsal die Regio scapularis (Abb. E-1.42). Distal der Regiones axillaris und deltoidea erstrecken sich am Oberarm die Regiones brachiales anterior und posterior bis zu den Epikondylen. Daran schließen sich die Regiones cubitales anterior und posterior an, wovon die vordere Kubitalregion im Wesentlichen der Ellenbeuge (Fossa cubitalis) entspricht. Die Kontur der Regio deltoidea wird vom M. deltoideus und indirekt von den darunterliegenden Gelenkkörpern des Schultergelenks, v. a. dem Caput humeri bestimmt. Je nach Ausprägung des Deltoideus können die Tubercula majus und minus, insbesondere beim Rotieren des Humerus, mehr oder weniger gut durch den Muskel lokalisiert werden. Die Konturen des Oberarms werden wesentlich von den Muskeln bestimmt. Der M. biceps brachii ist sowohl medial als auch lateral durch die Sulci bicipitales medialis und lateralis, in denen Leitungsbahnen verlaufen, abgegrenzt. Vor allem die V. cephalica tritt bei muskelstarken Individuen beim Anspannen der Beuger deutlich hervor. Dorsal zeichnen sich v. a. der laterale und lange Trizepskopf ab sowie über dem Olecranon die Trizepssehne als Einziehung distal des Muskelwulstes.

Dies sind im Schulterbereich die Regio deltoidea, axillaris, scapularis, suprascapularis, cervicalis lateralis und pectoralis (Abb. E-1.42). Die Regiones brachiales anterior und posterior reichen bis zu den Epikondylen; distal folgen die Regiones cubitales anterior und posterior. Die Kontur der Regio deltoidea wird v. a. vom M. deltoideus und dem Caput humeri bestimmt. Die Konturen des Oberarms werden von den Mm. biceps und triceps brachii bestimmt. Die Sehnen beider Muskeln sind gut tastbar bzw. sichtbar.

▶ Klinik.

▶ Klinik. Die oberflächliche Lage der Sehne des M. triceps brachii wird bei der Prüfung

des Trizepssehnenreflexes genutzt. Der Trizeps gilt als Kennmuskel für das Segment C 7. In der Ellenbeuge zeichnen sich die Venen und beim Anspannen die Bizepssehne ab.

In der Ellenbeuge sind Venen und Bizepssehne sichtbar. ▶ Klinik.

▶ Klinik. Das Auslösen des Bizepssehnenreflexes zur Prüfung des Segments C 5 in

der Ellenbeuge ist etwas schwieriger, da die Sehne von Weichteilen unterlagert ist. Legt man jedoch den eigenen Finger auf die Bizepssehne und schlägt mit dem Reflexhammer locker darauf, kann man das Zucken der Sehne bei Kontraktion des Bizeps gut spüren.

⊙ E-1.42

Regionen der oberen Extremität Trigonum clavipectorale Regio deltoidea

Regio scapularis

Regio brachialis posterior

Regio cubitalis posterior

Regio deltoidea Fossa infraclavicularis

Regio pectoralis

Regio axillaris Regio brachialis anterior Regio cubitalis anterior

Regio carpalis posterior

Regio carpalis anterior

Dorsum manus

Palma manus

a (Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

a Ansicht von dorsal, b Ansicht von ventral, c Ansicht von ventrolateral.

Trigonum clavipectorale

Regio antebrachii anterior

Regio antebrachii posterior

b

Fossa infraclavicularis Regio axillaris (Fossa axillaris)

c

474

E

⊙ E-1.43

1 Schulter, Oberarm und Ellenbogen

Trigonum clavipectorale M. deltoideus

Clavicula Trigonum clavipectorale (MohrenheimGrube)

A. thoracoacromialis

M. pectoralis major, Pars clavicularis

V. cephalica im Sulcus deltoideopectoralis

Fascia clavipectoralis

Rechte Schulterregion in der Ansicht von ventral nach Entfernung großer Teile der Pars clavicularis musculi pectoralis major. (Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

Nn. pectorales medialis u. lateralis

M. biceps brachii

M. pectoralis major, Pars sternocostalis

Fascia brachii M. latissimus dorsi

Das Trigonum clavipectorale liegt zwischen den klavikulären Ursprüngen der Mm. deltoideus und pectoralis major (Abb. E-1.43).

Zwischen den klavikulären Ursprüngen der Mm. deltoideus und pectoralis major liegt das Trigonum clavipectorale (Trigonum deltoideopectorale) in dem sich die V. cephalica in die Tiefe zur V. axillaris absenkt (Abb. E-1.43).

Achselhöhle (Fossa axillaris)

Achselhöhle (Fossa axillaris)

▶ Synonym.

▶ Synonym. Axilla

Sie wird nach ventral von der vorderen Achselfalte (M. pectoralis major), nach dorsal von der hinteren Achselfalte (M. latissimus dorsi) begrenzt. Im Apex der Axilla treten zahlreiche Leitungsbahnen durch die Fascia axillaris (Körperfaszie). Zwischen den Mm. teres major und minor liegen, durch den langen Trizepskopf getrennt, die mediale und laterale Achsellücke (Tab. E-1.5). Distal der lateralen Achsellücke liegt der Trizepsschlitz.

≡ E-1.5

Die Fossa axillaris ist eine Vertiefung zwischen dem Rumpf und dem Ansatz des Arms (Abb. E-1.43). Sie wird nach ventral von der vorderen Achselfalte begrenzt, der der M. pectoralis major zugrunde liegt; die hintere Achselfalte wird vom M. latissimus dorsi gebildet. Unter der behaarten Haut der Axilla liegt die Fascia axillaris als Teil der allgemeinen Körperfaszie. Im Apex der Axilla ist sie als Lamina cribrosa ausgebildet, die von zahlreichen Leitungsbahnen des Arms durchbrochen wird. Aus der Axilla ziehen Leitungsbahnen durch die Achsellücken nach dorsal. Zwischen den vom Angulus inferior scapulae kommenden Mm. teres major (kaudal) und minor (kranial) öffnet sich ein zum Humerusschaft hin weiter werdender Schlitz. Der vom Tuberculum infraglenoidale entspringende lange Trizepskopf teilt diesen in die mediale und laterale Achsellücke (Tab. E-1.5). Distal an die laterale Achsellücke und von dieser durch den M. teres major getrennt, schließt der Trizepsschlitz an.

Begrenzungen und Leitungsbahnen der Achsellücken

Achsellücke

medial: Hiatus axillaris medialis

lateral: Hiatus axillaris lateralis

Kaudal: Trizepsschlitz

Form

dreieckig

viereckig

dreieckig

M. teres minor

M. teres major

Begren- kranial M. teres minor zung kaudal M. teres major

M. teres major

medial –

Caput longum des M. triceps brachii

Caput longum des M. triceps brachii

lateral

Humerus

Humerus

Caput longum des M. triceps brachii

A. profunda A. und Vv. circumLeitungsbahnen A. und Vv. circumflexae humeri poste- brachii und flexae scapulae N. radialis → Fossa infraspinata riores, N. axillaris → Collum chirurgicum

Trizepsschlitz

* In der Abb. sind neben den Leitungsbahnen der grün hinterlegten Achsellücken auch andere Gefäß-Nerven-Staßen im Schulterbereich dargestellt. Abbildung aus Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.

E

475

1.5 Topografische Anatomie von Schulter, Oberarm und Ellenbogen

Ellenbeuge (Fossa cubitalis)

Ellenbeuge (Fossa cubitalis)

Im Gegensatz zur Fossa poplitea (S. 393) sind die proximalen und distalen Grenzen der ventral vom Ellenbogengelenk gelegenen Fossa cubitalis (Abb. E-1.44) nicht scharf definiert. Am Unterarm wird sie radial vom M. brachioradialis begrenzt, ulnar vom M. pronator teres. Vom Oberarm her kommend, zieht der M. biceps brachii ins Zentrum der Fossa cubitalis, sodass eine Y-Figur resultiert, deren proximale „Arme“ in die Sulci bicipitales medialis und lateralis auslaufen. Ihr Boden wird vom M. brachialis und der Bizepssehne gebildet, wobei die Aponeurosis m. bicipitis ein oberflächliches von einem tieferen Kompartiment trennt: ■ Oberflächlich liegen die Vv. basilica, cephalica und die sie verbindende V. mediana cubiti (Abb. E-1.35) sowie Äste der Nn. cutanei antebrachii medialis und lateralis. ■ In der Tiefe verlaufen von radial nach ulnar der R. superficialis n. radialis, die A. brachialis bzw. ihre Äste (Aa. radialis und ulnaris), sowie der N. medianus.

Ihre Grenzen am Unterarm sind (Abb. E-1.44) radial der M. brachioradialis, ■ ulnar der M. pronator teres; ■ proximal wird sie vom M. biceps brachii geteilt. ■ Der Boden wird von den Mm. brachialis und biceps brachii gebildet. Oberflächlich enthält sie die Vv. basilica, cephalica und mediana cubiti sowie Hautnerven. In der Tiefe verlaufen von radial nach ulnar der R. superficialis n. radialis, die A. brachialis (bzw. Aa. radialis und ulnaris) sowie der N. medianus.

⊙ E-1.44



Ellenbeuge (Fossa cubitalis)

Cutis, Subcutis und oberflŠchliche Faszie V. cephalica M. biceps brachii A. u. V. brachialis, N. medianus M. brachialis M. brachioradialis N. cutaneus antebrachii lateralis (N. musculocutaneus) Sehne des M. biceps brachii V. perforans A. radialis M. extensor carpi radialis longus V. cephalica V. antebrachii medialis

N. cutaneus antebrachii medialis V. basilica

M. brachialis

M. triceps brachii

Radialistunnel

A. collateralis ulnaris inferior

A. brachialis M. triceps brachii N. medianus A. collateralis ulnaris superior, N. ulnaris

M. brachioradialis N. radialis, Rr. musculares

Epicondylus medialis N. medianus

N. R. profundus radialis R. superficialis

M. pronator teres, Caput humerale

Sehne des M. biceps brachii

M. flexor carpi radialis

M. pronator teres, Caput ulnare

A. recurrens radialis

M. palmaris longus

M. flexor carpi radialis

A. ulnaris

Aponeurosis bicipitalis (Lacertus fibrosus)

A. radialis

M. flexor carpi ulnaris

a

M. biceps brachii

N. musculocutaneus

A. collateralis ulnaris superior, N. ulnaris

M. pronator teres

V. basilica

V. cephalica

Faszie des M. biceps brachii

Epicondylus medialis

N. cutaneus antebrachii medialis

Cutis, Subcutis und oberflŠchliche Faszie

M. supinator

M. palmaris longus

M. pronator teres

M. flexor carpi ulnaris

b

(Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

a Ansicht von ventral nach Entfernung der Faszien sowie epifaszialer Leitungsbahnen am rechten Arm b und tiefe Präparation der gleichen Region.

1.5.2 Orientierungspunkte und -linien

1.5.2

Sicht- und tastbare Knochenpunkte: Die Clavicula ist auf ihrer ganzen Länge subkutan und selbst bei adipösen Individuen als Landmarke, die den Thorax vom lateralen Halsdreieck abgrenzt, sichtbar, bzw. einfach zu tasten. Gleichfalls sichtbar ist die Spina scapulae mit dem Acromion. Je nach Dicke der umgebenden Muskeln (Mm. deltoideus, trapezius, supra- und infrascapularis) imponiert sie als Erhabenheit oder Impression des Hautniveaus. Ähnliches gilt für die Margo medialis und angulus inferior scapulae. Der Gelenkspalt der Articulatio acromioclavicularis (S. 440) ist tastbar. Etwas schwieriger ist es, von ventral den Processus coracoideus durch den M. deltoideus hindurch zu tasten. Die Ellenbogenregion wird vom Olecranon sowie von den Epikondylen des Humerus mit den Ursprüngen der Unterarmmuskeln (S. 492) dominiert. Sie sind sowohl tastals auch sichtbar. Das Caput radii und der Gelenkspalt der Articulatio humeroradialis sind ca. 2 cm distal des Epicodylus lateralis zu tasten. Beim Pronieren und Supinieren lässt sich die Rotation des Radiuskopfs verfolgen.

Knochenpunkte: Als Landmarken sichtbar sind: ■ Clavicula (auf ganzer Länge) ■ Spina scapulae mit dem Acromion sowie ■ Margo medialis und angulus inferior scapulae. ■ Die Articulatio acromioclavicularis und der Proc. coracoideus sind tastbar.

Orientierungspunkte und -linien

Die Epikondylen des Humerus und das Olecranon sind tast- und sichtbare Landmarken der Ellenbogenregion. Distal des Epicondylus lat. tastet man Caput radii und Articulatio humeroradialis.

476 ⊙ E-1.45

E

1 Schulter, Oberarm und Ellenbogen

⊙ E-1.45

Hueter-Linie und Hueter-Dreieck (Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

a Ansicht eines rechten Ellenbogengelenks von dorsal in Streckb und Beugestellung.

a

b

Orientierungslinien: Humerusepikondylen und Olecranon liegen in Streckstellung auf einer Linie; bei gebeugtem Ellenbogen bilden sie ein gleichschenkliges Dreieck (Abb. E-1.45).

Orientierungslinien: Die beiden Humerusepikondylen und das Olecranon liegen in Neutral-Null-Stellung auf einer Linie, bei rechtwinklig gebeugtem Ellenbogen bilden sie ein gleichschenkliges Dreieck (Hueter-Dreieck, Abb. E-1.45). Frakturen und Luxationen im Kubitalbereich stören diese topografischen Verhältnisse.

1.5.3

1.5.3 Achsen der oberen Extremität

Achsen der oberen Extremität

Ober- und Unterarm schließen in einen nach lateral offenen Winkel von 160–170° ein. Stärkere Achsenabweichungen werden als Cubitus valgus bezeichnet; vgl. Valgusstellung (S. 347).

Die Längsachsen von Ober- und Unterarm weichen in Streckstellung bei Männern um ca. 10° voneinander ab; sie bilden einen nach lateral offenen Winkel von 170°. Bei Frauen und Kindern ist die Achsenabweichung größer und dieser Winkel kann 160° betragen. Werte darunter werden als Cubitus valgus bezeichnet; Definition der Valgusstellung (S. 347).

2

Unterarm und Hand

2.1 2.2 2.3 2.4 2.5 2.6 2.7 2.8

Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Funktionelle Aspekte und Bauprinzip . . . . . . . . . . . . . . Knochen von Unterarm und Hand. . . . . . . . . . . . . . . . . Gelenke der Hand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Muskulatur von Unterarm und Hand . . . . . . . . . . . . . . . Gefäßversorgung und Innervation von Unterarm und Hand Topografische Anatomie von Unterarm und Hand . . . . . . Entwicklung von Unterarm und Hand . . . . . . . . . . . . . .

E . . . . . . . .

. . . . . . . .

. . . . . . . .

. . . . . . . .

. . . . . . . .

. . . . . . . .

. . . . . . . .

477 477 478 484 492 505 513 515

L.J. Wurzinger

2.1

Einführung

2.1

Einführung

Die herausragende Stellung der Hand und die Wertigkeit ihrer Funktion als „Kulturorgan“ (s. u.) des Menschen spiegelt sich in verschiedenen medizinischen Tätigkeitsfeldern wider. ▶ Klinik. In der operativen Medizin findet sich der „organisatorische“ Niederschlag dieser hohen Bedeutung darin, dass der Hand ein Fachgebiet mit eigener Weiterbildungsordnung gewidmet ist: Die Handchirurgie stellt eine Subspezialität der Chirurgie dar. Die in der Versicherungsmedizin übliche „Gliedertaxe“ berücksichtigt die essenzielle Bedeutung der Hand (50 % Erwerbsunfähigkeit bei Verlust einer Hand) und ihrer Finger für das Alltags- und Erwerbsleben des Menschen. Dementsprechend werden schwere Verletzungen der Hand aufwändig operativ versorgt, wobei z. B. versucht wird, abgetrennte Finger zu replantieren. Durch die engen topografischen Beziehungen sowie die geringe Größe von wichtigen Nerven und Gefäßen ist die Hand zu einer Domäne der Mikrochirurgie, d. h. von Eingriffen unter dem Operationsmikroskop geworden. Wegen der intensiven Versorgung mit sensiblen Nervenendigungen, die für die Funktion der Hand unabdingbar ist, sind Verletzungen oder infektiöse Prozesse (Eiterungen) hier besonders schmerzhaft. Ihre Beweglichkeit bringt es mit sich, dass Unterarm und Hand bei Sturztraumata aber auch bei der Abwehr oder Durchführung von Angriffen überdurchschnittlich häufig verletzt werden. Der Untersuchung der Hände kommt daher in der Rechtsmedizin eine entsprechende Bedeutung zu. Daneben manifestieren sich durch autoimmune Prozesse bedingte rheumatische Erkrankungen überdurchschnittlich häufig an den Händen.

2.2

Funktionelle Aspekte und Bauprinzip

In Verbindung mit dem Gehirn ist die Greifhand neben dem zur Sprachbildung befähigten Kehlkopf das evolutionsrelevante „Kulturorgan“ des Menschen. Dabei wird allgemein davon ausgegangen, dass sich die Entwicklung der Hand bis hin zur Fähigkeit, Werkzeuge herzustellen, noch vor der Sprachentwicklung vollzogen hat. Ohnehin spielt die Hand in der nonverbalen Kommunikation entweder in Begleitung des gesprochenen Wortes oder als Teil der stummen Körpersprache eine dominierende Rolle. Die für die Hand essenzielle Greif- und Tastfunktion ist eine Funktion der Fingergelenke, wobei der Daumen besonders beweglich ist und in der Oppositionsbewegung den übrigen vier Fingern gegenübergestellt wird. Vorbedingung für den zielgerichteten Einsatz der Finger ist die optimale Stellung der Hand zum Unterarm, welche eine Funktion der Handgelenke ist. Damit die Finger der Hand für präzises Arbeiten auch mit kleinen Objekten im Millimeterbereich tauglich sind, müssen sie so schlank wie möglich sein: Sie selbst sind frei von Muskeln und werden von Sehnen der Muskeln des Unterarms und kurzen Handmuskeln bewegt.

▶ Klinik.

2.2

Funktionelle Aspekte und Bauprinzip Die Greifhand ist ein „Kulturorgan“, ohne das die Evolution zum Menschen nicht vorstellbar ist.

Die Greif- und Tastfunktion der Hand ist eine Funktion der Fingergelenke, wobei der Opposition des Daumens eine besondere Bedeutung zukommt. Das Fehlen von Muskelbäuchen an den Fingern macht diese schlank für präzises Arbeiten mit kleinen Objekten. Sie werden von den Sehnen der Unterarm- und Handmuskeln bewegt.

478

E

Der Tastsinn der Hand kooperiert bei der Erkundung der dreidimensionalen Umwelt mit dem Gesichtssinn und ist dabei diesem mindestens gleichwertig.

Gemeinsam mit dem Gesichtssinn kann der Mensch sich mit dem Tastsinn der Hand die dreidimensionale Umwelt und ihre Objekte erschließen. Die herausragende Bedeutung der Hand hierbei hat dazu geführt, dass das Wort „begreifen“ auch für das Erfassen abstrakter Prozesse verwendet wird. Aus Untersuchungen mit dreidimensionalen Objekten, die sowohl am Bildschirm von allen Seiten betrachtet als auch als reale Objekte betastet werden konnten, weiß man, dass Form und Lage der Objekte nach taktiler und visueller Erkundung am besten erfasst werden. Im direkten Vergleich beider Sinne schneidet interessanterweise die taktile Erkundung allein besser ab als die alleinige visuelle. Es überrascht daher nicht, dass die Hand und insbesondere die Fingerbeeren neben den Lippen und der Mundschleimhaut am dichtesten mit sensiblen Nervenendigungen versorgt sind. Dem entspricht eine ausgedehnte, überproportionale Repräsentation von Hand und Fingern am sensorischen Kortex (S. 1137) des Gyrus postcentralis („sensorischer Homunculus“). Die vergleichbare Ausdehnung des Feldes der Hand am motorischen Kortex des Gyrus precentralis („motorischer Homunculus“) ist Ausdruck der Tatsache, dass die Muskeln, welche Hand und Finger bewegen, relativ kleine motorische Einheiten (S. 84) besitzen, bei denen ein Motoneuron im Vorderhorn des Rückenmarks ca. 100 Muskelfasern innerviert. Sie dienen wie die Augenmuskeln der Feinmotorik, im Gegensatz z. B. zu den Muskeln der Grobmotorik, wie dem M. gluteus maximus oder den Rückenmuskeln, bei denen die motorischen Einheiten bis zu 1000 Muskelfasern umfassen.

Der dichten Versorgung von Hand und Fingerbeeren mit sensiblen Nervenendigungen entspricht eine überproportionale Repräsentation von Hand und Fingern am sensorischen Kortex (S. 1137). Bedingt durch die geringe Größe der motorischen Einheiten (S. 84) der Handmuskeln ist die Hand auch am motorischen Kortex überproportional vertreten.

2.3

Knochen von Unterarm und Hand

2.3.1

Knochen des Unterarms und ihre Verbindungen

▶ Merke.

2 Unterarm und Hand

2.3

Knochen von Unterarm und Hand

2.3.1 Knochen des Unterarms und ihre Verbindungen ▶ Merke. Am distalen Unterarm (Abb. E-2.1) befindet sich der Radius auf der Seite

des Daumens, die Ulna auf der Kleinfingerseite.

⊙ E-2.1

⊙ E-2.1

Unteramknochen Radius und Ulna eines rechten Unterarms in der Ansicht von ventral-kranial. (Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

E

479

2.3 Knochen von Unterarm und Hand

Ulna (Elle)

Ulna (Elle)

Proximales Ende: Das proximale Ende der Ulna mit Olecranon und Processus coronoideus und der dazwischen gelegenen Incisura trochlearis ist im Kap. E-1.3.1 (S. 457) beschrieben. Unmittelbar distal vom Proc. coronoideus befindet sich die Tuberositas ulnae, an der der M. brachialis (Abb. E-1.28) ansetzt.

Proximales Ende: mit Olecranon, Proc. coronoideus und dazwischen gelegener Incisura trochlearis (S. 457). An der Tuberositas ulnae setzt der M. brachialis (Abb. E-1.28) an.

Corpus ulnae: Es ist dreikantig mit einer dem Radius zugewandten Margo interossea und einer Margo posterior und anterior. Die Margo posterior liegt vom Olecranon bis zum distalen Processus styloideus (s. u.) auf seiner ganzen Länge ohne wesentliche Weichteildeckung unmittelbar subkutan.

Corpus ulnae: Es ist dreikantig; die Margo posterior liegt auf ganzer Länge subkutan.

▶ Klinik. Bei der Abwehr von tätlichen Angriffen werden häufig die Unterarme und Hände zum Schutz des Kopfes nach oben gerissen. Die ungeschützte Lage der Margo posterior ulnae ist dafür verantwortlich, dass hierbei gehäuft „Abwehr- oder Parierfrakturen“ der Ulna die Folge sind. Diese gelten in der forensischen Medizin und in der Archäologie als Anzeichen eines Kampfes.

Caput ulnae: Der Ulnakopf endet distal im Processus styloideus ulnae, der sich auf der Dorsalseite befindet. Die überknorpelte Gelenkfläche des Caput ulnae für das proximale Handgelenk (genauer: den Discus articularis, s. u.) setzt sich auf die Circumferentia articularis der Radialseite fort, welche mit dem distalen Radius in der Articulatio radioulnaris distalis artikuliert (Abb. E-2.2).

▶ Klinik.

Caput ulnae: Es endet distal mit dem Proc. styloideus. Das Caput besitzt Gelenkflächen für das proximale Handgelenk und die Articulatio radioulnaris distalis (Abb. E-2.2).

Radius (Speiche)

Radius (Speiche)

Caput und Collum radii sind im Kap. E-1.3.1 (S. 457) detailliert beschrieben.

Caput und Collum radii: s. proximaler Radius (S. 457). Corpus radii: An der Tuberositas radii setzt der M. biceps brachii an.

Corpus radii: Unmittelbar distal des Collum liegt die Tuberositas radii, an der der M. biceps brachii ansetzt (Abb. E-1.28). Proximales und distales Radiusende haben Kontakt mit der Ulna (s. o.), der Radiusschaft dagegen krümmt sich im mittleren Bereich von der Ulna weg. Distales Radiusende: Es ist verbreitert und endet lateral (radial) im Processus styloideus radii. Auf der Dorsalseite befinden sich Rinnen, in denen die Sehnen der Extensoren (S. 496) verlaufen. Wie die Ulna besitzt auch der Radius distal eine Gelenkfläche für die Artikulation mit der Handwurzel im proximalen Handgelenk (S. 485). Diese Facies articularis carpalis steht mit der Incisura ulnaris radii, die mit der distalen Ulna Kontakt hat, in Verbindung (Abb. E-2.2). ▶ Klinik. Beim Sturz auf den ausgestreckten Arm mit dorsal extendiertem Hand-

Distales Radiusende: Es endet im Proc. styloideus radii. Die Facies articularis carpalis dient der Artikulation mit der Handwurzel, die Incisura ulnaris radii der mit der distalen Ulna.

▶ Klinik.

gelenk bricht häufig das verbreiterte distale Radiusende, man spricht dann von einer Radiusfraktur in loco typico (Colles-Fraktur). Dabei staucht sich die dünne Kortikalis dorsal am distalen Radius ein und das Fragment verkippt in Extensionsstellung.

Verbindungen von Radius und Ulna

Verbindungen von Radius und Ulna

Obwohl räumlich getrennt, bilden Articulatio radioulnaris proximalis und distalis eine funktionelle Einheit, in der die Umwendebewegung (S. 459) der Hand (Pronation und Supination) stattfindet. Wie das proximale (S. 455) ist auch das distale Radioulnargelenk ein Radgelenk. In ihm dreht sich das distale Radiusende mit der konkaven Incisura ulnaris um die konvexe Circumferentia articularis der Ulna. Die Gelenkhöhle wird nach distal von dem Discus articularis (S. 485) abgeschlossen, der zwischen Ulna und Handwurzel liegt. Somit trennt der Discus die Gelenkhöhlen von distalem Radioulnar- und proximalem Handgelenk. Lediglich Diskusperforationen, die im Alter häufig sind, bedingen eine Verbindung dieser Gelenke. Die Gelenkkapsel ist ähnlich weit und schlaff wie die des proximalen Radioulnargelenks und besitzt proximal einen Recessus sacciformis, dessen Falten den großen Umfang von Pro- und Supination von jeweils 80–90° erlauben.

Die beiden Radgelenke der Articulatio radioulnaris proximalis und distalis bilden eine funktionelle Einheit, in der Pronation und Supination der Hand stattfinden.

Die weite Gelenkkapsel erlaubt Pro- und Supination von jeweils 80–90°.

480

E

Die Diaphysen von Ulna und Radius sind über die Membrana interossea antebrachii großflächig miteinander verbunden (Abb. E-2.1).

Die Membrana interossea antebrachii (Abb. E-2.1) reicht von der Tuberositas radii bis zur Articulatio radioulnaris distalis. Der proximale Teil des Raums zwischen Radius und Ulna sowie ein Spalt am distalen Ulnaende bleiben als Durchtrittsstelle für Nerven und Gefäße frei. Die Membrana interossea sichert das proximale und distale Radioulnargelenk ohne Supination und Pronation zu behindern und dient einigen Unterarmmuskeln als Ursprungsfläche.

2.3.2

2.3.2 Handskelett

Handskelett

2 Unterarm und Hand

Die Hand (Abb. E-2.2) gliedert sich in Carpus (Handwurzel), ■ Metacarpus (Mittelhand) und ■ Digiti (Finger).

Analog zum Fuß gliedert sich die Hand (Abb. E-2.2) in Carpus (Handwurzel), ■ Metacarpus (Mittelhand) und ■ Digiti (Finger).

Carpus (Handwurzel)

Carpus (Handwurzel)

Die Handwurzelnochen sind zweireihig angeordnet: ■ Proximale Reihe: – Os scaphoideum (Kahnbein), – Os lunatum (Mondbein), – Os triquetrum (Dreiecksbein) mit – Os pisiforme (Erbsenbein). ■ Distale Reihe: – Os trapezium (großes Vielecksbein), – Os trapezoideum (kleines Vielecksbein), – Os capitatum (Kopfbein), – Os hamatum (Hakenbein).

Die Knochen der Handwurzel sind in zwei Reihen angeordnet und tragen – jeweils von radial nach ulnar betrachtet – folgende Namen: ■ Proximale Reihe: – Os scaphoideum (Kahnbein), – Os lunatum (Mondbein), – Os triquetrum (Dreiecksbein). – Auf dem Triquetrum liegt das Os pisiforme (Erbsenbein) als Sesambein (S. 238) der Sehne des M. flexor carpi ulnaris. ■ Distale Reihe: – Os trapezium (großes Vielecksbein) – Os trapezoideum (kleines Vielecksbein) – Os capitatum (Kopfbein) – Os hamatum (Hakenbein).



▶ Merke.



▶ Merke. Handwurzelknochen (proximal → distal und radial → ulnar): „Ein Kahn der

fuhr im Mondenschein im Dreieck um das Erbsenbein. Vieleck groß, Vieleck klein, der Kopf der muss am Haken sein.“ ▶ Klinik.

▶ Klinik. Beim Sturz auf die ausgestreckte Hand bricht von den Handwurzelknochen das Os scaphoideum am häufigsten. In Folge seiner prekären Gefäßversorgung ist bei Querfrakturen mit einem langwierigen Heilungsverlauf und Tendenz zur Pseudarthrose zu rechnen („Navikularefraktur“ der Kliniker). Diese Fraktur erfordert eine mindestens 6-wöchige Ruhigstellung des Handgelenks und des Daumens. Andernfalls müssen die Fragmente osteosynthetisch verschraubt werden.

▶ Klinik.

▶ Klinik. Bei Pressluftarbeitern kann die Verbindung von chronischer Belastung mit der bei dorsalextendiertem Handgelenk stark reduzierten Durchblutung des Mondbeins zur „Lunatummalazie“, einer aseptischen Knochennekrose (S. 360) führen.

Die Handwurzel bildet palmar den von den Eminentiae carpales radialis und ulnaris begrenzten Sulcus carpi (Abb. E-2.4). Dieser wird durch das Retinaculum flexorum zum Canalis carpi, dem „Karpaltunnel“ (S. 509), ergänzt, in dem die Sehnen der langen Fingerbeuger und der N. medianus verlaufen.

Beide Reihen der Handwurzelknochen bilden einen (zur Längsachse der Hand) queren, nach palmar offenen Bogen (Abb. E-2.4). Die dadurch entstehende palmare Rinne (Sulcus carpi) wird an den Rändern durch die Eminentiae carpales radialis und ulnaris noch vertieft: ■ Die Eminentia carpalis radialis wird von Knochenvorsprüngen (Tubercula) der Ossa scaphoideum und trapezium gebildet, ■ die Eminentia carpalis ulnaris vom Os pisiforme und dem Hamulus des Os hamatum. Das zwischen den Eminentiae carpi ausgespannte Retinaculum (musculorum) flexorum (S. 487) schließt den Sulcus carpi nach palmar ab, sodass ein osteofibröser Kanal, der Canalis carpi, sog. „Karpaltunnel“ (S. 509) entsteht, in dem die Sehnen der langen Fingerbeuger und der N. medianus verlaufen. Generell besitzen alle Karpalknochen 6 Flächen: eine palmare und eine dorsale; die übrigen 4 Flächen sind größtenteils überknorpelte Gelenkflächen, die radiale und ulnare sowie die proximale und distale.

E

⊙ E-2.2

2.3 Knochen von Unterarm und Hand

Handskelett

(Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

a Knochen der rechten Hand in der Ansicht von palmar b und dorsal.

⊙ E-2.3

Hand im Röntgenbild

(Möller, T.B., Reif, E.: Taschenatlas der Röntgenanatomie. Thieme, 2010)

a Röntgenaufnahme einer rechten Hand a.-p. b mit erklärender Schemazeichnung.

481

482 ⊙ E-2.4

E

2 Unterarm und Hand

⊙ E-2.4

Transversalschnitt durch den Karpaltunnel

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2  

  

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%    5       6 -    -. !

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(Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

Funktionell unterscheidet man ■ die radiale Säule mit den Ossa scaphoideum, trapezium und trapezoideum; ■ die zentrale Säule mit den Ossa lunatum und capitatum; ■ die ulnare Säule mit Ossa triquetrum und hamatum.

Unter funktionellen (kinematischen) Gesichtspunkten hat sich die Gliederung der Handwurzel in drei Säulen in der Längsachse der Extremität bewährt: ■ die radiale Säule, basierend auf dem Os scaphoideum mit den Ossa trapezium und trapezoideum; ■ die zentrale Säule mit Os lunatum und Os capitatum sowie ■ die ulnare Säule mit Os triquetrum und Os hamatum.

Metacarpus (Mittelhand)

Metacarpus (Mittelhand)

Sie besteht aus den Ossa metacarpi (Mittelhandknochen, Metakarpalia) I–V.

An den Ossa metacarpi unterscheidet man die Basis, das dreikantige Corpus und das kugelige Caput. Die Basis des Os metacarpi I hat eine sattelförmige Gelenkfläche, die mit dem Trapezium artikuliert.

Die Mittelhand besteht aus den ■ Ossa metacarpi (Mittelhandknochen, Metakarpalia) I–V und den beiden ■ Ossa sesamoidea (Sesambeinen), von denen jeweils eins in die Sehnen der Mm. adductor pollicis und flexor pollicis brevis (Abb. E-2.17) auf der Palmarseite des Caput ossis metacarpale I eingelagert ist. Bei den Ossa metacarpi handelt es sich um Röhrenknochen (S. 223), an denen von proximal nach distal Basis, Corpus und Caput unterschieden werden. Das Metakarpale II ist der längste der Metakarpalknochen, das Metakarpale I der kürzeste und kräftigste. Die Basen der Metakarpalia sind unterschiedlich geformt, je nach den Karpalknochen mit denen sie in Verbindung stehen. Das Os metacarpi I nimmt mit der sattelförmigen Gelenkfläche seiner Basis, die mit dem Os trapezium artikuliert, eine Sonderstellung ein. Die Diaphysen der Metakarpalia sind leicht nach palmar konkav gekrümmt und besitzen einen dreieckigen Querschnitt. Ihre Köpfe sind kugelförmig.

Digiti manus (Finger)

Digiti manus (Finger)

Die Digiti (Finger) II–V bestehen aus je 3 Phalangen, der Pollex (Daumen) aus 2 Phalangen.

Die Digiti (Finger) II–V bestehen aus je drei Phalangen (Fingergliedern): Phalanges proximalis (Grundphalanx), media (Mittelphalanx) und distalis (Endphalanx). Der Pollex (Daumen) besitzt 2 Phalangen (Grund- und Endphalanx). Auch an den Phalangen unterscheidet man Basis, Corpus und Caput phalangis. Die Grundphalanx (Phalanx proximalis) besitzt an der Basis eine querovale Gelenkpfanne für das Caput ossis metacarpi. In eine Rinne in der Gelenkfläche des jeweiligen Kopfes (Caput) von Grund- bzw. Mittelphalanx (Phalanx medialis) passt eine Führungsleiste an der Basis der Mittel- bzw. der Endphalanx (Phalanx distalis). Die Köpfe der Endphalangen bilden seitlich und palmar eine Rauigkeit aus, die Tuberositas phalangis distalis. Von dieser strahlen Bindegewebszüge in die Fingerbeeren ein. Sie fixieren die Haut, was für die Greiffunktion bedeutsam ist.

Die Phalangen gliedern sich in Basis, Corpus und Caput. Die Basis der Grundphalanx hat eine Gelenkpfanne für den Kopf des Metakarpale. Eine Führungsleiste an der Basis von Mittel- bzw. Endphalanx passt in eine Rinne des Kopfes von Grund- bzw. Mittelphalanx.

„Gibt‘s das zu kaufen?“

Es ist 23 Uhr während meines ersten Nachtdienstes.

auch fahler. Geistes-

Ich will die Station gerade in Richtung Bereitschafts-

gegenwärtig infor-

raum verlassen, als mich die zentrale Notaufnahme

miere ich nicht nur den OP, sondern auch den zuständigen

„dringend“ anfordert. Mein Oberarzt ist gerade

Anästhesisten. Vielleicht besänftigt das den Oberarzt wieder

erst vor einer halben Stunde mit den Worten

ein wenig.

„Halten Sie die Füße still!“ nach Hause gefahren, und nun erwartet mich ein „Kind mit gebrochenem Arm“.

Eben der erscheint wenig später und zitiert mich vor den digitalen Röntgenschirm: „Na, waswas sehen Sie?“ – „Äh … distale digitalen Röntgenschirm: „Na, sehen Sie?“ – „Äh … distale

Das „Kind“ entpuppt sich als 16-jähriger Jugendlicher, der

Radius- und Ulnafraktur … mit …“, stammele ich los. „Na,

lauthals schreiend auf der Untersuchungsliege liegt und mit

womit? Genauer!“, kommt es forsch. Ich weiß nicht, was ich

der linken Hand seinen unnatürlich abstehenden rechten

sagen soll, und möchte in Grund und Boden versinken. „Ich sagen soll, und möchte in Grund und Boden versinken. „Ich

Unterarm hält. „Der ist grad von ‘nem Kollegen gebracht worden

fasse fasse malmal Ihre Ihre Gedanken Gedanken zusammen: zusammen: dislozierte, dislozierte, gestauchte gestauchte

– er sei in der Stadt beim Freerunning gestürzt!“ gibt mir die

Unterarmfraktur! Weiß die Anästhesie wenigstens Bescheid?!?“

Schwester knapp zu verstehen.

– „Ja, klar!“ … Wenigstens einen Punkt kann ich einfahren.

Zusammen bekommen wir ihn soweit beruhigt, dass ich ihm

Nach einer halben Stunde werden wir in den OP gerufen,

einen Zugang legen kann. Als das Piritramid (ein stark wirk-

wo der Patient mit ausgestrecktem Arm unter einem sterilen

sames Opioid­Schmerzmittel) anflutet, ist es endlich möglich Tuch Tuch liegt und fröhlich dem Anästhesisten plaudert: liegt und fröhlich mitmit dem Anästhesisten plaudert: „Ey,„Ey, zu erfahren, dass er einen „geilen Jump“ von der 1. Etage des

was habt ihr denn da für ein geiles Zeug? Gibt’s das auch zu

Parkhauses über den darunter stehenden Müllcontainer zum

kaufen?“ Als ich den Oberarzt irritiert angucke, blickt dieser

„Boardwalk „Boardwalk versiebt versiebt hat“ hat“ – und – und plötzlich plötzlich warwar sein sein Arm Arm so. so.

zum zum Anästhesisten Anästhesisten undund sagt: sagt: „Erklären „Erklären SieSie malmal meinem meinem jungen jungen

Unter der dünnen Haut am Handgelenk kann ich außen die

Kollegen, warum der Patient wach ist!“ – „Plexusnarkose!“

Knochenkante der Ulna und auf der Innenseite eine Stufe am

kommt prompt zurück. „Er hat erst vor ‘ner Stunde gegessen,

Radius tasten. ZurZur Sicherheit lasse ichich einein Röntgenbild machen. Radius tasten. Sicherheit lasse Röntgenbild machen. und da haben wir das Aspirationsproblem elegant umgangen Dann Dann wähle wähle ichich zögerlich zögerlich diedie Nummer Nummer desdes Oberarztes. Oberarztes. DerDer hört hört – Antibiotikum ist auch schon reingelaufen.“ Mein Oberarzt nickt. sich die Misere an und fragt, wie es mit PDMS sei … PDMwas?!? „Mann!!! Puls, Durchblutung, Motorik, Sensibilität!?!“,

Insgeheim hoffe ich, dass mein Oberarzt mir nicht auch noch auf den „Plexus-brachialis“-Zahn fühlt. Irgendwie war da doch

kommt kommt es aus es aus dem dem Hörer. Hörer. IchIch werde werde tomatenrot tomatenrot und und fasele fasele waswas mitmit dreidrei Trunci Trunci undund dreidrei Faszikeln, Faszikeln, diedie dann dann noch noch zu Endäszu Endäs irgendwas von rosiger Hautfarbe, was der Oberarzt mit den

tenten werden. Aber da da habhab ichich schon damals im im Testat gepatzt werden. Aber schon damals Testat gepatzt

Worten „Auch egal, ich komme“, quittiert. „Sagen Sie wenigstens

… „Na dann, junger Kollege!“, reißt mich mein Oberarzt aus

noch im OP Bescheid!“

meinen meinen Gedanken. Gedanken. „Während „Während ichich mich mich vorpräpariere, vorpräpariere, können können

IchIch flitze schnell rüber in die Röntgenabteilung. Tatsächlich Sie ja schon mal laut darüber nachdenken, wie die anatkann der Patient in den Fingerspitzen der äußeren drei Finger

omischen Verhältnisse des Plexus brachialis sind!“ Nein, heu-

ein „Kribbeln“ spüren, und die Haut erscheint mir auf einmal

te ist einfach nicht mein Tag! te ist einfach nicht mein Tag!

* Fallbeispiel fiktiv, Namen und Daten frei erfunden

484

E

2.4

2.4

Gelenke der Hand

Die Hand (Abb. E-2.5) bewegt sich gegenüber dem Unterarm im: ■ proximalen (Articulatio radiocarpalis) und ■ distalen Handgelenk (Articulatio mediocarpalis). ▶ Merke.

2 Unterarm und Hand

Gelenke der Hand

Im Handwurzelbereich liegen zwei Hauptgelenke vor (Abb. E-2.5), in denen sich die Hand gegenüber dem Unterarm bewegt: ■ das proximale Handgelenk (Articulatio radiocarpalis) zwischen Unterarm und der proximalen Reihe der Karpalknochen und ■ das distale Handgelenk (Articulatio mediocarpalis) zwischen der proximalen und distalen Reihe der Karpalknochen. ▶ Merke. Proximales und distales Handgelenk bilden als Handgelenke im engeren

Sinne eine funktionelle Einheit. Die Verformbarkeit der Hand wird ermöglicht durch ■ Nebengelenke zwischen den Handwurzelknochen, ■ Karpometakarpalgelenke und ■ Gelenke zwischen den Metakarpalia. Wichtig für die präzise Greiffunktion sind v. a. die ■ Metakarpophalangealgelenke (MCP) und die ■ Interphalangealgelenke (PIP, DIP).

⊙ E-2.5

Nebengelenke zwischen den Handwurzelknochen (Articulationes intercarpales) ermöglichen eine geringgradige Verschiebung dieser gegeneinander und dadurch eine Verformung der Gelenkkörper der Handgelenke. Die Handwurzel verhält sich ähnlich wie ein mit Kugeln prall gefüllter straffer Sack. Gemeinsam mit der geringen Beweglichkeit der Karpometakarpalgelenke und der Metakarpalknochen gegeneinander resultiert die für die Greiffunktion der Hand wichtige Verformbarkeit. Die Metakarpophalangeal(MCP)- und die proximalen und distalen Interphalangealgelenke (PIP- und DIP-Gelenke) haben relativ große Bewegungsumfänge. Sie sind wesentlich an der Greiffunktion, v. a. am „Präzisionsgriff“ beteiligt. Darüber hinaus spielen sie eine tragende Rolle bei der taktilen Erfassung der Umwelt.

⊙ E-2.5

Gelenke der Hand

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Schnitt durch eine rechte Hand parallel zur Handfläche in der Ansicht von dorsal. Die Gelenkspalten des proximalen und distalen Handgelenks sind farbig hervorgehoben. (Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

E

485

2.4 Gelenke der Hand

2.4.1 Proximales und distales Handgelenk

2.4.1

Gelenktyp und Gelenkkörper

Gelenktyp und Gelenkkörper

Proximales Handgelenk (Articulatio radiocarpalis)

Proximales Handgelenk (Articulatio radiocarpalis) Gelenktyp: Dies ist ein Eigelenk (S. 231) mit 2 Freiheitsgraden.

Gelenktyp: Das proximale Handgelenk ist ein Eigelenk (Articulatio ellipsoidea) mit 2 Freiheitsgraden bzw. Hauptachsen (S. 231).

Proximales und distales Handgelenk

Gelenkpfanne: Sie wird von der Facies articularis carpalis des distalen Radius und dem Discus articularis distal der Ulna („Discus ulnocarpalis“) gebildet (Abb. E-2.5). Dieser Discus gleicht den zu großen Abstand zwischen dem Caput ulnae und den proximalen Karpalknochen aus und vermittelt den Kontakt der Knochen (Abb. E-2.2). Der dreieckige faserknorpelige Discus ist am Radius sowie am Processus styloideus der Ulna befestigt. Die Pfanne hat elliptische Form, wobei der größere Durchmesser in radioulnarer Richtung liegt. Die Pfanne ist gegenüber der Längsachse des Unterarms um 10°–15° nach palmar sowie um 20°–25° nach ulnar geneigt.

Gelenkpfanne: Die Facies articularis carpalis des Radius und der Discus articularis distal der Ulna bilden die elliptische Pfanne (Abb. E-2.5), welche nach palmar und ulnar geneigt ist.

Gelenkkopf: Teilweise überknorpelte Bänder verbinden die drei proximalen Handwurzelknochen, das Os scaphoideum, das Os lunatum und das Os triquetrum zu einem gleichfalls elliptischen Gelenkkopf. Das Skaphoid hat Verbindung mit dem Radius, das Lunatum mit dem Radius und dem Discus, das Triquetrum mit dem Discus.

Gelenkkopf: Bänder verbinden die Ossa scaphoideum, lunatum und triquetrum zu einem elliptischen Gelenkkopf.

Distales Handgelenk (Articulatio mediocarpalis)

Distales Handgelenk (Articulatio mediocarpalis) Gelenktyp: Man spricht von einem „verzahnten Scharniergelenk“.

Gelenktyp: Morphologisch bildet das distale Handgelenk ein „verzahntes Scharniergelenk“, in dem vornehmlich Palmarflexion und Dorsalextension stattfinden. Die, wenn auch geringfügige, Beweglichkeit der Handwurzelknochen gegeneinander lässt aber mehr als eine reine Scharnierbewegung zu: Bei Radial- und Ulnarabduktion finden im distalen Handgelenk Ausgleichsbewegungen statt, wobei sich die Gelenkkörper nicht wie homogene Blöcke verhalten (s. u.). Gelenkkörper: Die Gelenkkörper des distalen Handgelenks (Abb. E-2.5) sind die durch Bänder (Ligamenta intercarpalia dorsalia, palmaria und interossea, s. u. miteinander verklammerten Reihen der proximalen und distalen Ossa carpi. Die Knochen der distalen Reihe sind fester miteinander verbunden und damit weniger gegeneinander beweglich als die der proximalen. Der Gelenkspalt verläuft wellenförmig: Er ist im radialen Abschnitt nach distal konvex, im Mittelteil folgt eine tiefe Einziehung nach proximal, die in einem nach distal konkaven Bogen vom ulnaren Teil des Scaphoids über das Lunatum bis zum Triquetrum läuft.

Gelenkkörper: Ligg. intercarpalia dorsalia, palmaria und interossea verklammern die Reihen proximalen und distalen Ossa carpi zu Gelenkkörpern (Abb. E-2.5), zwischen denen ein wellenförmiger Gelenkspalt verläuft.

Gelenkkapsel und Bandapparat

Gelenkkapsel und Bandapparat

Gelenkkapsel und -höhle: Die relativ weite und dünne Gelenkkapsel des proximalen Handgelenks entspringt dicht an der Knorpel-Knochen-Grenze der Gelenkkörper und am Discus articularis. Die Gelenkkapsel des distalen Handgelenks ist an den Handwurzelknochen befestigt und vom karpalen Bandapparat (s. u.) nicht zu trennen. Der Kapsel-Band-Apparat der Handgelenke ist palmar straffer als dorsal. Die Gelenkhöhlen von proximalem und distalem Handgelenk sind in der Regel durch Bänder zwischen den proximalen Ossa carpi getrennt. Das distale Handgelenk kommuniziert regelmäßig mit den Interkarpal- (S. 489), Karpometakarpal- und Intermetakarpalgelenken II–V (S. 489).

Der Kapsel-Band-Apparat der Handgelenke ist palmar straffer als dorsal.

Bandapparat: Der Bandapparat im Handwurzelbereich wirkt auf beide Handgelenke, die ohnehin eine funktionelle Einheit darstellen, da an den proximalen Handwurzelknochen keine Muskeln ansetzen. Die Komplexität des Bandapparats lässt sich nach systematischen Gesichtspunkten in vier Gruppen gliedern (Abb. E-2.6): 1. Bänder zwischen Unterarm- und Karpalknochen: – Die Ligamenta radiocarpalia dorsale und palmare verlaufen von der KnorpelKnochen-Grenze des Radius schräg zu den ulnar gelegenen Handwurzelknochen: dorsal ziehen die meisten Fasern zum Os triquetrum, palmar zu den Ossa capitatum, lunatum und triquetrum. Durch ihren schrägen Verlauf von proximal/radial nach distal/ulnar verhindern sie v. a. das ulnare Abgleiten des Car-

Bandapparat: Beide Handgelenke, bilden eine funktionelle Einheit, deren Bandapparat sich in 4 Gruppen gliedert (Abb. E-2.6):

Die Gelenkhöhlen der Handgelenke sind meist getrennt.

1. Bänder zwischen Unterarm- und Karpalknochen: – Ligg. radiocarpalia dorsale und palmare ziehen vom distalen Radius schräg zu den ulnaren Handwurzelknochen. Sie verhindern das Abgleiten des Carpus nach ulnar und bremsen die Radialabduktion.

486 ⊙ E-2.6

E

2 Unterarm und Hand

Bandapparat der Hand

(Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

a Rechte Hand in der Ansicht von dorsal b und palmar.

– Kollateralbänder zwischen Radius und Os scaphoideum sowie zwischen Ulna und den Ossa triquetrum und pisiforme begrenzen die Ulnarabduktion, bzw. die Radialabduktion. 2. Bänder zwischen den Handwurzelknochen: – Ligg. intercarpalia interossea begrenzen Bewegungen benachbarter Karpalknochen gegeneinander. – Ligg. intercarpalia dorsalia und palmaria begrenzen als kapsuläre Bänder Palmarflexion, bzw. Dorsalextension sowie Bewegungen der Karpalknochen gegeneinander.

▶ Merke.

pus in der nach ulnar geneigten Gelenkpfanne (s. o.). Ihre überwiegend proximal der Abduktionsachse gelegenen Fasern bremsen die Radialabduktion. – Das proximale Handgelenk verfügt auch über Kollateralbänder: Das Ligamentum collaterale carpi radiale, das sich zwischen Processus styloideus radii und Os scaphoideum ausspannt, begrenzt die Ulnarabduktion. Die Radialabduktion wird vom Ligamentum collaterale carpi ulnare gehemmt, das vom Processus styloideus ulnae in zwei Zügen zum Os triquetrum und Os pisiforme verläuft. 2. Bänder zwischen den Handwurzelknochen: – Ligamenta intercarpalia interossea, die als „Binnenbänder“ benachbarte Karpalknochen miteinander verbinden, begrenzen deren Kipp- und Schiebebewegungen gegeneinander. – Ligamenta intercarpalia dorsalia und palmaria stellen Bandzüge dar, die an der Oberfläche des Carpus liegen und durch Integration in die Gelenkkapsel diese verstärken. Auf der Palmarseite verklammert das vom zentral gelegenen Os capitatum nach allen Richtungen ausstrahlende Ligamentum carpi radiatum die Handwurzelknochen; mit den anderen palmaren Interkarpalbändern begrenzt es die Dorsalextension. Dorsal spannt sich das Ligamentum carpi arcuatum („Bogenband“) vom Os scaphoideum zum Os triquetrum aus. Es entsendet Seitenzweige zu den distalen Karpalia und begrenzt die Palmarflexion. ▶ Merke. Die dorsalen Bänder der Handgelenke sind schwächer als die palmaren,

was mit der palmaren Kippung der Gelenkpfanne den größeren Bewegungsumfang der Palmarflexion erklärt.

E

487

2.4 Gelenke der Hand

– Obwohl das Retinaculum flexorum (Lig. carpi transversum) und das Retinaculum extensorum überwiegend im Zusammenhang mit den Sehnen der langen Fingerbeuger und -strecker (S. 492) gesehen werden, qualifiziert sie ihre Anheftung an den Karpalia als karpale Bänder. Das Retinaculum flexorum ist zwischen den Eminentiae carpales radialis und ulnaris ausgespannt. Das Retinaculum extensorum zieht vom Radius zum Proc. styloideus ulnae und Os triquetrum. Beide Retinacula, v. a. aber das Retinaculum flexorum, tragen wesentlich zum Zusammenhalt des Carpus bei. 3. Bänder zwischen Handwurzel und Mittelhand: Ligamenta carpometacarpalia dorsalia (S. 490) und palmaria sowie 4. Bänder zwischen den Basen der Ossa metacarpi II–V: Ligamenta metacarpalia dorsalia (S. 491), palmaria und interossea. Diese Bänder verbinden die Basen der Ossa metacarpi miteinander (4.) und der distalen Reihe der Carpalia (3.). Sie erlauben nur geringgradige Bewegungen der verbundenen Knochen.



Das Retinaculum flexorum spannt sich zwischen den Eminentiae carpales radialis und ulnaris aus; das Retinaculum extensorum zieht vom Radius zum Proc. styloideus ulnae und Os triquetrum. Beide sichern den Zusammenhalt des Carpus.

3. Bänder zwischen Carpus und Metacarpus (S. 490). 4. Bänder zwischen den Basen der Ossa metacarpi II–V (S. 491).

Mechanik

Mechanik

In den Handgelenken kann die Hand gegenüber dem Unterarm um zwei Achsen bewegt werden: ■ um eine (eigentlich zwei) Achse parallel zur Handfläche senkrecht zur Längsachse des Unterarms wird die Hand nach palmar flektiert bzw. nach dorsal extendiert (Abb. E-2.7a); ■ um eine Achse, die von dorsal nach palmar verläuft wird nach radial bzw. nach ulnar abduziert (Abb. E-2.7b). Durch die Pronation und Supination der Unterarmknochen (S. 460), deren Achse annähernd der Längsachse der Hand folgt, erreicht die Hand de facto einen dritten Freiheitsgrad und somit eine Beweglichkeit wie in einem Kugelgelenk. Die Bewegungsumfänge nach der Neutral-Null-Methode sind Abb. E-2.7 zu entnehmen. Das Überwiegen von Palmarflexion gegenüber Dorsalextension und Ulnarabduktion gegenüber Radialabduktion erklärt sich größtenteils aus der palmar/ulnar gekippten Stellung der von Radius und Discus articularis gebildeten Gelenkpfanne des proximalen Handgelenks (S. 485). Die geringere Dorsalextension resultiert zusätzlich auch aus dem palmar strafferen Kapsel-Band-Apparat.

In den Handgelenken (Abb. E-2.7) wird die Hand gegenüber dem Unterarm ■ nach palmar flektiert bzw. nach dorsal extendiert sowie ■ nach radial bzw. nach ulnar abduziert.

⊙ E-2.7

Pronation und Supination verschaffen der Hand de facto einen dritten Freiheitsgrad wie in einem Kugelgelenk. Zum Bewegungsumfang s. Abb. E-2.7. Die Gelenkpfanne des proximalen Handgelenks erlaubt mehr Palmarflexion und Ulnarabduktion als Dorsalextension und Radialabduktion.

Bewegungsmöglichkeiten im proximalen und distalen Handgelenk =

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a Die schemenhafte Projektion des Herzens auf die Thoraxwand, wie sie auch im Röntgenbild zur Darstellung (S. 618) kommt, ist entsprechend seiner physiologischen Lage im Thorax asymmetrisch. Durch virtuelle Linien in dieser zweidimensionalen Projektion lassen sich Rückschlüsse auf Lage und Form des Herzens ziehen. (nach Rauber und Kopsch) b Absolute und relative Herzdämpfung, die rechts in das Feld der Leberdämpfung übergeht. (Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

Herzdämpfung: Bei der nur noch selten durchgeführten Herzperkussion unterscheidet die absolute Herzdämpfung (wo das Herz der Thoraxwand anliegt) von der relativen (wo sich „zwischengeschobenes“ Lungengewebe addiert). Letztere lässt grobe Rückschlüsse auf die Herzgröße zu (Abb. G-3.34b).

Herzdämpfung: Zur Orientierung der Herzgröße diente insbesondere vor der Einführung bildgebender Verfahren die Perkussion des Herzens, bei der man eine absolute von einer relativen Herzdämpfung unterschied (Abb. G-3.34b): Erstere lässt sich durch Perkussion über dem Bereich perkutieren, in dem das Herz der Thoraxwand anliegt (dumpfer Klopfschall), während dort, wo sich Lungengewebe zwischen Herz und Thoraxwand schiebt (kleiner Bereich der Recessus costomediastinales), der sonore Klopfschall hinzukommt. Somit erlaubt die relative Herzdämpfung grobe Rückschlüsse auf die Größe des Herzens, jedoch hat die Herzperkussion stark an praktischer Bedeutung verloren und ist weitgehend durch die sehr viel genaueren Methoden der Bildgebung (s. u.) ersetzt worden.

Herzklappen: Es müssen die Projektionsvon den Auskultationsstellen unterschieden werden (Tab. G-3.3 u. Abb. G-3.35).

Herzklappen: Hier muss die Projektion der Herzklappen auf die Thoraxwand unterschieden werden von ihren Auskultationsstellen, d. h. der Lokalisation, an der Herztöne und -geräusche am besten auskultiert werden können (Tab. G-3.3 u. Abb. G-3.35).

⊙ G-3.35

Projektion der Herzklappen und ihrer Auskultationsstellen auf die Thoraxwand

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(nach Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

a Lokalisation der Herzklappen in Projektion auf die Thoraxwand und Markierung der Stellen, an denen sie im Rahmen der klinischen Untersuchung optimal auskultiert, d. h. mit dem Stethoskop abgehört werden können (Auskultationsstellen). b Bereiche der Ausstrahlung pathologischer Strömungsgeräusche sind insbesondere im Rahmen der Diagnostik von Herzklappenfehlern (S. 588) von Bedeutung: Je nach vorliegendem Klappenfehler kann das entstehende Geräusch bei erschwerter Klappenpassage (Stenose) nach „vorwärts“ fortgeleitet werden oder bei vermehrtem Rückstrom (Insuffizienz) entstehen.

G

≡ G-3.3

617

3.5 Darstellung des Herzens mit bildgebenden Verfahren

Projektions- und Auskultationsstellen der Herzklappen

Herzklappe

Projektionsstelle

Auskultationsstelle*

Pulmonalklappe (Valva trunci pulmonalis)

Sternalansatz 3. Rippe, 2 cm parasternal links

2. Interkostalraum (ICR), parasternal links

Aortenklappe (Valva aortae)

Sternalansatz 4. Rippe (bis angrenzende Rückfläche Sternum), parasternal links

2. ICR, parasternal rechts

Sternalansatz 6. Rippe, parasternal rechts

5. ICR, parasternal rechts

Taschenklappen (Gefäßklappen)

Segelklappen (AV-Klappen) Trikuspidalklappe (Valva atrioventricularis dextra)

Mitralklappe (Valva atrioventricularis sinistra) Sternalansatz 4. Rippe, 1 cm parasternal links

5. ICR, 2 cm medial der linken Medioklavikularlinie

* Über dem Erb-Punkt, der sich im 3. ICR parasternal links befindet (Abb. G-3.35), können alle Herzklappen auskultiert werden.

▶ Klinik. Neben den Herztönen (S. 611), die als kurzzeitige Schallphänomene phy-

▶ Klinik.

siologischerweise während der Herzaktion generiert werden, gibt es sog. Extratöne, die auf bestimmte Erkrankungen hinweisen können. Von den Herztönen zu unterscheiden sind die Herzgeräusche als länger anhaltende Schallphänomene, die nur unter bestimmten Umständen infolge von ausgeprägteren Turbulenzen des Blutstroms auftreten. Ihre genaue Interpretation in Kombination mit den klinischen Symptomen des Patienten erlaubt Rückschlüsse auf mögliche Entstehungsmechanismen der Herzgeräusche. Dabei ist v. a. die Differenzierung zwischen funktionellen Herzgeräuschen (aufgrund erhöhter Flussgeschwindigkeit des Blutes entstehend) und strukturellen (durch organische Veränderungen des Herzens bzw. seiner Klappen bedingt) bedeutend. Neben der Phase, in der die Geräusche während der Herzaktion auftreten, Lautstärke, Klangcharakter, Dauer, Ort der bestmöglichen Auskultation (Punctum maximum) und Veränderungen in Abhängigkeit von der Lage des Patienten kann ihre Fortleitung (Abb. G-3.35b) entscheidende Hinweise auf die Ursache bzw. den Ort ihrer Entstehung geben. ▶ Merke. Die Projektions- und Auskultationsstellen des Herzens sind nicht iden-

▶ Merke.

tisch, weil die Klappenschlusstöne mit dem Blutstrom fortgeleitet werden und am besten dort zu hören sind, wo sich die Gefäße am stärksten der Brustwand annähern. ▶ Merke. Die Klappen projizieren sich etwa auf einer Verbindungslinie vom Sternal-

▶ Merke.

ansatz der 3. Rippe links zum Sternalansatz der 6. Rippe rechts.

3.5

Darstellung des Herzens mit bildgebenden Verfahren

Zur Darstellung des Herzens werden verschiedene bildgebende Verfahren genutzt, die – in Kombination mit der körperlichen Untersuchung und der Elektrokardiografie (EKG) – ein breites Spektrum an Möglichkeiten zur Abklärung von Herzerkrankungen bieten. Neben der konventionellen Röntgendiagnostik, die Hinweise auf kardiopulmonale Erkrankungen liefern kann, aber selten für eine spezifische Diagnosestellung ausreicht, kommen Verfahren wie die Echokardiografie, CT und MRT zum Einsatz. Die invasive Diagnostik des Herzens, z. B. durch Angiokardiografie (S. 621), wird häufig gleichzeitig für therapeutische Maßnahmen (S. 605) genutzt. Der gezielte Einsatz von nuklearmedizinischen Methoden ermöglicht eine zunehmend differenzierte Aussage über Strukturveränderungen und auch Funktionseinschränkungen des Herzens. Insgesamt unterliegt die bildgebende Darstellung des Herzens einer rasch fortschreitenden Entwicklung.

3.5

Darstellung des Herzens mit bildgebenden Verfahren

Verschiedene Verfahren kommen zusammen mit der klinischen Untersuchung und Elektrokardiografie in der kardiologischen Diagnostik zum Einsatz.

618

G

3.5.1

3.5.1 Herzdarstellung im Röntgenthorax

Herzdarstellung im Röntgenthorax

Das konventionelle Röntgenbild als eine einfache und weit verbreitete Standardmethode kommt sehr häufig zum Einsatz (z. B. präoperativ oder bei stationärer Aufnahme), da es einen Anhalt für kardiopulmonale Störungen geben kann. Hier lassen sich Formanomalien des blutgefüllten Herzens erkennen, die z.B durch Hypertrophie einzelner Wandabschnitte bei Klappenvitien (S. 588) zustande kommen. Die Basisdiagnostik erfolgt mit der Thoraxübersichtsaufnahme in 2 Ebenen (S. 130): ■ Ein im posterior-anterioren (p.-a.) Strahlengang aufgenommenes Röntgenbild zeigt, wie sich das Herz auf den knöchernen Thorax projiziert. Das Herz bildet sich mit verschiedenen Randbögen ab, auf der linken Seite mit 4 Randbögen, auf der rechten Seite im Normalfall mit 2 Randbögen (Tab. G-3.4 und Abb. G-3.36). ■ In der Seitaufnahme ist die Bestimmung des Herztiefendurchmessers möglich, der 2 cm oberhalb der Kreuzungsstelle zwischen V. cava inferior und linkem Ventrikel

Das häufig angeforderte konventionelle Röntgenthoraxbild wird standardmäßig in 2 Ebenen angefertigt.

Randbildende Konturen des Herzens im Röntgenbild (p.-a. und seitlicher Strahlengang) sind Tab. G-3.4 und Abb. G-3.36 zu entnehmen.

⊙ G-3.36

3 Herz und Herzbeutel

Herz im Röntgenbild

Aorta

V. cava superior

A. pulmonalis

linker Vorhof

rechter Vorhof

linker Ventrikel V. cava inferior

bI

Aorta

aortopulmonales Fenster

Retrosternalraum

linker Vorhof

A. pulmonalis

Retrokardialraum

rechter Ventrikel

linker Ventrikel

b II

V. cava inferior

A. pulmonalis V. cava superior

Aorta

Aorta

A. pulmonalis rechter Vorhof

linker Vorhof

rechter Ventrikel

linker Ventrikel rechter Ventrikel cI

linker Vorhof linker Ventrikel V. cava inferior

c II

Darstellung des Herzens jeweils in p.-a.-Aufnahme (I) und seitlich (II). RSR = Retrosternalraum; RCR = Retrokardialraum; APF = aortopulmonales Fenster. a Im Röntgenbild, b Herzkonturen und (Lissner, J., Fink, U.: Radiologie I. Enke, 1986) c die zugrunde liegenden entsprechenden Strukturen. (nach Bücheler, E., Lackner, K.J., Thelen M.: Einführung in die Radiologie. Thieme, 2005)

G

619

3.5 Darstellung des Herzens mit bildgebenden Verfahren

gemessen wird. Seine Vergrößerung kann sowohl durch eine Größenzunahme des rechten Ventrikels und damit einhergehender Einengung des Retrosternalraums bedingt sein, als auch durch Vergrößerung des linken Vorhofs und/oder des linken Ventrikels. Hierdurch wird nicht nur der Retrokardialraum (Holzknecht-Raum) insgesamt verkleinert, sondern auch die dort verlaufende Speiseröhre (S. 679) verlagert. Aus diesem Grund kann bei kardiologischen Fragestellungen die Seitaufnahme mit einem Ösophagogramm (Darstellung des Ösophagus durch bariumhaltiges Kontrastmittel = Bariumbreischluck) kombiniert werden. Daneben gibt es für besondere Fragestellungen ergänzende Schrägaufnahmen, bei denen die Lage der Herzlängsachse berücksichtigt und dadurch eine „echte“ Seit- bzw. Frontalansicht des Herzens ermöglicht wird (Fechter- bzw. Boxerstellung, abgeleitet von der Position des Patienten bei der Aufnahme). Durch die Einführung der Echokardiografie (s. u.) ist die Häufigkeit dieser Spezialaufnahmen deutlich zurückgegangen.

≡ G-3.4

Randbildende Strukturen des Herzens im Röntgenbild

p.-a.-Bild links*

rechts*

Aortenbogen



V. cava superior

Truncus pulmonalis, A. pulmonalis



Atrium dextrum



Auricula sinistra





Ventriculus sinister

(Bei tiefer Exspiration erscheint noch der Schatten der V. cava inferior)

■ ■

≡ G-3.4

Seitbild ventral*

dorsal*



Aorta ascendens



Atrium sinistrum



Truncus pulmonalis



Ventriculus sinister



Ventriculus dexter



V. cava inf.

* Auflistung jeweils in kraniokaudaler Reihenfolge

▶ Klinik. Bei pathologischen Veränderungen innerhalb des Herzens kann es zu Veränderungen der äußeren Herzgestalt kommen, die im Röntgenbild sichtbar werden. Liegt z. B. eine Stenose der Aortenklappe (S. 592) vor, muss der linke Ventrikel mehr Arbeit leisten, um die notwendige Menge Blut in die Körperperipherie zu pumpen. Das linke Ventrikelmyokard hypertrophiert und der linke Ventrikel vergrößert sich. Eine solche Hypertrophie des linken Ventrikels führt im Röntgenbild zu einer Linksverbreiterung des Herzens. Eine Hypertrophie des rechten Ventrikels (z. B. bei einer Pulmonal[klappen]stenose oder einem erhöhten Widerstand im Lungenkreislauf) führt zu einer Rechtsverbreiterung des Herzens. Das Gleiche gilt für Vitien der Segelklappen.

⊙ G-3.37

▶ Klinik.

Veränderungen der Herzsilhouette im Röntgenbild. Beim rechtsventrikulär hypertrophierten Herzen kann es – wie in b dargestellt – zu einem vergrößerten Bifurkationswinkel der Trachea kommen. (Reiser, M., Kuhn, F.P., Debus, J.: Duale Reihe Radiologie. Thieme, 2011)

a b c d

Vergrößerung des linken Ventrikels, des rechten Ventrikels, des linken Vorhofs und des rechten Vorhofs.

a

b

c

d

▶ Exkurs: Herzmaße im Röntgenbild. Änderungen der Herzmaße können im Röntgenbild quantifiziert werden. Einige wichtige Maße sind (Abb. G-3.34a): ■ Transversaler Herzdurchmesser: 12–15 cm. ■ Longitudinaler Herzdurchmesser: 14–16 cm. ■ Kardiothorakaler Quotient (Herz-Thorax-Index = Verhältnis des Herzdurchmessers zum Lungendurchmesser, gemessen an der breitesten Stelle): < 0,5. Eine globale Herzvergrößerung zeigt sich in einer Vergrößerung des kardiothorakalen Quotienten.

▶ Exkurs: Herzmaße im Röntgenbild.

620

G

3.5.2

3.5.2 Weitere bildgebende Verfahren zur Darstellung des Herzens

Weitere bildgebende Verfahren zur Darstellung des Herzens

Schnittbildverfahren (S. 134): CT und MRT (Abb. G-3.38) werden im Rahmen der kardiologischen Diagnostik seltener als die Echokardiografie eingesetzt.

⊙ G-3.38

3 Herz und Herzbeutel

Schnittbildverfahren: Im Vergleich zur Ultraschalluntersuchung des Herzens (Echokardiografie, s. u.) kommen die gängigen Schnittbildverfahren (S. 134) CT und MRT in der Abklärung von kardiologischen Erkrankungen seltener zum Einsatz, spielen jedoch eine Rolle bei lebensgefährlich mehrfachverletzten Patienten in der Unfallchirurgie. Relativ gut kann die Dicke des Myokards im Schnittbild und damit das Ausmaß der Hypertrophie (z. B. infolge von Herzklappenfehlern oder Bluthochdruck) bestimmt werden. ■ Die ebenfalls auf Röntgenstrahlen basierende Computertomografie dient v. a. der Erfassung von Verkalkungen der Koronararterien, Herzklappen, des Peri- und Myokards nach Entzündungen sowie der Beurteilung einzelner Herzbinnenräume und der großen Gefäße. ■ Durch die gute bildliche Darstellung von Weichteilstrukturen ermöglicht die Magnetresonanztomografie (Abb. G-3.38) eine aussagekräftige Form- und Größenbestimmung der Herzbinnenräume, ihrer Lage zueinander und Beurteilung der Herzwand. Neben dieser Morphologiediagnostik erlaubt sie weiterhin auch eine Funktionsdiagnostik, durch die eine Aussage über Perfusion und Vitalität des Myokards sowie seine Pumpfunktion getroffen werden können.

⊙ G-3.38

Axiales MRT des Herzens (SSFP-Sequenz)

Herzspitze RV LV

RA LA

Septum interventriculare Septum interatriale

a

rechter Ventrikel (RV) Trikuspidalklappe

Septum interventriculare

rechter Vorhof (RA)

linker Ventrikel (LV)

Lungenvenen

linker Vorhof (LA)

Mitralsegel

Oesophagus

Aorta ascendens

b a Darstellung der atrioventrikulären Einheit des rechten und linken Herzens in der Diastole (sog. Vierkammerblick). RV/LV= rechter/linker Ventrikel, RA/LA= rechter/linker Vorhof (Atrium). (Krombach, Mahnken, Radiologische Diagnostik Abdomen und Thorax, Thieme; 2015)

b Entsprechendes transversales anatomisches Schnittbild des Herzens in der Ansicht von kaudal. (Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

G

3.5 Darstellung des Herzens mit bildgebenden Verfahren

Echokardiografie: Die Echokardiografie als sonografische Untersuchung des Herzens (Abb. G-3.39) zählt zu den Standardverfahren in der bildgebenden Diagnostik kardiologischer Erkrankungen. Je nach klinischer Fragestellung bietet sie den Einsatz unterschiedlicher Methoden, die stets die Darstellung dynamischer Prozesse ermöglichen. So können nicht nur Strukturveränderungen, sondern auch Wandbewegungsstörungen oder mit Hilfe der Dopplersonografie Abweichungen des physiologischen Blutflusses im Herzen erfasst werden. Bei der normalerweise durchgeführten transthorakalen Echokardiografie (TTE), bei der man den Schallkopf direkt auf den Brustkorb aufsetzt, müssen die Ultraschallwellen verschiedene Gewebe durchdringen. Dadurch kann es zu verschiedenen Störeffekten kommen, die die Beurteilung der Herzmorphologie erschweren. Zur genaueren Diagnostik ist auch die sonografische Darstellung des Herzens über eine in die Speiseröhre eingeführte Ultraschallsonde möglich (transösophageal, TEE). Dies nutzt man insbesondere zur Beurteilung der dorsal gelegenen Herzabschnitte, wie z. B. zum Nachweis von Thromben im linken Vorhof bei Vorhofflimmern (zu schneller, unregelmäßiger Herzschlag).

⊙ G-3.39

621 Echokardiografie: Die sonografische Darstellung des Herzens (Abb. G-3.39) bietet viele Möglichkeiten zur Funktionsdiagnostik des Herzens. Sie kann transthorakal (TTE) oder – aufgrund der topografischen Nähe zum Herzen – transösophageal (TEE) durchgeführt werden.

Echokardiografie: „Vierkammerblick“

Zu beachten ist, dass die linken Herzhöhlen im Bild rechts erscheinen. (Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

a Durch Ausrichtung des der Thoraxwand aufliegenden Schallkopfes von der Herzspitze auf den rechten Ventrikel, verläuft die zentrale Schallkeule etwa in der Richtung der anatomischen Herzachse. b Dadurch ist das Herz so im Schallfeld positioniert, dass alle Binnenräume dargestellt sind, wobei die Ventrikel näher zur Thoraxwand und damit auch näher dem Schallkopf liegen (schematisch). c b als Echobild. (Flachskampf, F., Kursbuch Echokardiografie, Thieme, 2008)

Angiokardiografie: Dieses invasive Verfahren umfasst die Darstellung der Herzbinnenräume, der großen Gefäße und der Koronararterien mittels Kontrastmittelinjektion, dessen Verteilung dynamisch auf einem Spezialfilm aufgezeichnet wird. Dabei unterscheidet man die Linksherzkatheter- von der Rechtsherzkatheteruntersuchung (Abb. G-3.40). Häufigste Indikation für einen Linksherzkatheter ist die Abklärung einer koronaren Herzerkrankung (S. 600) = KHK (Verkalkung der Herzkranzarterien als Manifestation der Arteriosklerose). Dabei wird neben den Arteriae coronariae (Koronarangiografie) im Sinne einer Myokardfunktionsanalyse auch der linke Ventrikel dargestellt (Ventrikulografie).

Angiokardiografie: Bei diesem invasiven Verfahren unterscheidet man die Linksherzkatheter- von der Rechtsherzkatheteruntersuchung (Abb. G-3.40). Das häufigste Einsatzgebiet ist die Koronarangiografie zur Abklärung einer koronaren Herzerkrankung, KHK (S. 600).

Nuklearmedizinische Verfahren: Die Szintigrafie des Herzens erlaubt eine relativ subtile Aussage über Funktion und Durchblutung des Herzmuskelgewebes. Die Myokardperfusionsszintigrafie gewinnt zunehmend an Bedeutung im Rahmen der Diagnostik bei koronarer Herzerkrankung.

Nuklearmedizinische Verfahren: Szintigrafien sind Spezialuntersuchungen mit der Möglichkeit einer Aussage über Herzfunktion und -durchblutung.

622 ⊙ G-3.40

G

3 Herz und Herzbeutel

⊙ G-3.40

Links- und Rechtsherzkatheter

arterieller Herzkatheter (Linksherzkatheter) Ÿber A. femoralis oder A. brachialis

venšser Herzkatheter (Rechtsherzkatheter) Ÿber V. femoralis oder V. brachialis

a

b

(Reiser, M., Kuhn, F.P., Debus, J.: Duale Reihe Radiologie. Thieme, 2011)

a Beim Linksherzkatheter wird der Katheter nach Punktion der A. femoralis oder der A. brachialis bis in den linken Ventrikel (Ventrikulografie) bzw. die Abgänge der Koronararterien (Koronarangiografie) vorgeschoben. b Durch Punktion der V. femoralis oder V. brachialis und Einführen des Katheters über das venöse System gelingt die Darstellung des rechten Herzens sowie die Pulmonalisangiografie.

3.6

Entwicklung des Herzens

Das Herz-Kreislauf-System arbeitet bereits in der 3. Entwicklungswoche. ▶ Klinik.

3.6

Entwicklung des Herzens

Das Herz-Kreislauf-System ist das erste funktionsfähige System des Embryos und arbeitet bereits in der 3. Entwicklungswoche. ▶ Klinik. Im Ultraschall kann man bei einer Schwangeren etwa ab der 6. Schwangerschaftswoche post menstruationem = p. m. (S. 102) embryonale Herztätigkeit nachweisen.

Die Herzentwicklung beginnt in der kardiogenen Zone, wo sich durch Verschmelzung von zunächst zwei Anlagen ein unpaarer primitiver Herzschlauch bildet.

Die Herzentwicklung beginnt in der Halsregion vor der Prächordalplatte in der so genannten kardiogenen Zone, am Boden der intraembryonalen Leibeshöhle (S. 114), der Zölomhöhle, hufeisenförmig vor dem Neuralrohr. In der kardiogenen Zone entstehen die zunächst paarigen Herzschläuche, die während der lateralen Abfaltung des Embryos miteinander verschmelzen und dadurch den unpaaren primitiven Herzschlauch bilden. Die Binnenräume des Herzens gehen während der Organentwicklung durch Schleifen- und Septumbildung aus dem unpaaren Herzschlauch hervor und entwickeln sich in die umliegende Zölomhöhle, die spätere Perikardhöhle, hinein. Das den Herzschlauch umgebende Mesoderm bildet das Myokard.

3.6.1

3.6.1 Bildung der Herzschleife

Bildung der Herzschleife

Während der 4. Entwicklungswoche krümmt sich der Herzschlauch zur Herzschleife (Abb. G-3.41) mit lokalen Erweiterungen: ■ Sinus venosus, ■ Atrium primitivum, ■ Ventriculus primitivus, ■ Bulbus cordis und ■ Truncus arteriosus.

Während der 4. Entwicklungswoche verlängert und krümmt sich der Herzschlauch zur Herzschleife (Abb. G-3.41). Durch lokale Erweiterungen bilden sich von kaudal nach kranial folgende Abschnitte: ■ Sinus venosus, ■ Atrium primitivum oder commune (primitiver Vorhof), ■ Ventriculus primitivus oder communis (primitive Kammer), ■ Bulbus cordis (syn. Conus arteriosus) und ■ Truncus arteriosus.

G

⊙ G-3.41

623

3.6 Entwicklung des Herzens

⊙ G-3.41

Entwicklung der Herzschleife Ausstromseite

Truncus arteriosus

Bulbus cordis Bulbus cordis

Ventriculus communis

Perikardhöhle linker Vorhof

Atrium commune Sinus venosus

linker Ventrikel Einstromseite

a 21. Tag

b 22. Tag

c 25. Tag

(nach Ulfig, N.: Kurzlehrbuch Embryologie. Thieme, 2009)

▶ Merke. Während der Herzentwicklung existiert zunächst nur jeweils ein Vorhof

▶ Merke.

und eine Kammer, bevor durch komplizierte Septierungsvorgänge eine Trennung stattfindet. Aufgrund der Drehungen der Herzschleife liegen der Vorhof und Sinus venosus mit den einströmenden Venen, die man in ihrer Gesamtheit als Porta venosa bezeichnet, dorsal. Der Sinus venosus wird im Lauf der Herzentwicklung primär in den rechten Vorhof eingebaut und bildet dort dessen glattwandigen Anteil („rechtes Sinushorn“). Weitere Teile des Sinus venosus („linkes Sinushorn“) führen zur Ausbildung des Sinus coronarius. Ventrikel, Bulbus cordis und Truncus arteriosus, von dem später Aorta und Truncus pulmonalis entstammen (Porta arteriosa) liegen ventral. Zusätzlich zu der U-förmigen Verlagerung in der sagittalen Ebene erfolgt auch eine seitliche Verlagerung der verschiedenen Herzabschnitte, sodass die Herzschleife einen S-förmigen Verlauf erhält. Auf der ventralen Seite kommt die Anlage des linken Ventrikels zur linken Seite; Bulbus cordis und Truncus arteriosus gelangen nach rechts. Der proximale Abschnitt des Bulbus cordis bildet später den rauwandigen Anteil des rechten Ventrikels (S. 584). Aus dem distalen Abschnitt des Bulbus cordis, den man auch als Conus cordis bezeichnet, wird die gemeinsame, glattwandige Ausstrombahn (S. 585) von linkem und rechtem Vetrikel. Der Truncus arteriosus bildet schließlich die Pars ascendens des Arcus aortae und den Truncus pulmonalis. Die verschiedenen Abschnitte des Herzens werden durch Septen untergliedert.

Die Einstrombahn der Herzschleife (Porta venosa) liegt dorsal, die Ausstrombahn der Herzschleife (Porta arteriosa) liegt ventral.

3.6.2 Entstehung der Herzbinnenräume

3.6.2

Trennung des einheitlichen Atrioventrikularkanals

Trennung des einheitlichen Atrioventrikularkanals Miteinander verschmelzende Endokardkissen unterteilen den Atrioventrikularkanal in einen linken und rechten Abschnitt.

Zwischen dorsaler und ventraler Wand des Atrioventrikularkanals, dem verengten Übergang zwischen Vorhof- und Kammerbereich, bilden sich Verdickungen („Endokardkissen“), die miteinander verschmelzen und den AV-Kanal in einen linken und einen rechten Abschnitt (Canalis atrioventricularis dexter und sinister) untergliedern. Das Septum primum der sich entwickelnden Vorhofscheidewand gewinnt später Anschluss an das fusionierte Endokardkissen und wird dadurch verankert. Aus den fusionierten Endokardkissen entwickeln sich später die AV-Klappen, die die Vorhöfe von den Kammern trennen.

Die ursprüngliche Ventrikelanlage bildet den Hauptteil des späteren linken Ventrikels, der proximale Abschnitt des Bulbus cordis bildet den rauwandigen Abschnitt des rechten Ventrikels. Aus dem distalen Abschnitt des Bulbus cordis, den man auch als Conus cordis bezeichnet, wird die gemeinsame, glattwandige Ausstrombahn von linkem und rechtem Vetrikel.

Entstehung der Herzbinnenräume

624

G

Trennung und Bildung der Ventrikel mit ihren Ausstrombahnen Vom Truncus arteriosus entsteht die Pars ascendens des Arcus aortae und der Truncus pulmonalis. Der sich entwickelnde linke und rechte Ventrikel werden durch die Ausbildung eines Muskelseptums (Septum interventriculare, Pars muscularis) zunächst unvollständig voneinander getrennt. Kranial bleibt zunächst eine Lücke bestehen (Foramen interventriculare), die jedoch später durch Material aus den Konuswülsten und dem Endokardkissen des AV-Kanals aufgefüllt wird (Septum interventriculare, Pars membranacea).

Trennung und Bildung der Ventrikel mit ihren Ausstrombahnen

▶ Klinik.

⊙ G-3.42

3 Herz und Herzbeutel

Die Teilung der Ventrikel beginnt am Ende der 4. Entwicklungswoche mit der Ausbildung einer Muskelleiste, die von kaudal nach kranial wächst und so die Pars muscularis des Septum interventriculare bildet. Kranial bleibt zunächst eine Lücke zwischen linkem und rechtem Ventrikel bestehen (Foramen interventriculare). Das Foramen interventriculare wird später primär durch die so genannten Konuswülste (Teile des Septum aorticopulmonale, und Material aus dem Endokardkissen des Atrioventrikularkanals (s. o.) bindegewebig verschlossen (Septum interventriculare, Pars membranacea). Conus cordis und Truncus arteriosus werden in einem komplizierten Prozess durch ein spiralig verlaufendes Septum aorticopulmonale (Konus-Trunkus-Septum) unterteilt, das die zunächst gemeinsam verlaufende Ausflussbahn der Ventrikel in den Truncus pulmonalis (aus dem rechten Ventrikel) und die Pars ascendens aortae (aus dem linken Ventrikel) unterteilt (Abb. G-3.42). Dabei verwachsen proximal die so gennanten Konuswülste (Endokardkissen im Bereich des Conus cordis, „Konusseptum“) und distal die Trunkuswülste (Endokardkissen im Bereich des Truncus arteriosus, „Trunkusseptum“) – wahrscheinlich bedingt durch den Blutfluss – spiralig gedreht miteinander. Die Spiralform des Septum aorticopulmonale bedingt den später gewundenen Verlauf des Truncus pulmonalis um die Aorta. ▶ Klinik. Aufgrund der komplizierten Entwicklung des Herzens kann es im Laufe dieser Prozesse zu zahlreichen Fehlbildungen kommen. Neben isolierten Ventrikelseptumdefekten (S. 586) können auch kombinierte Defekte auftreten, wie z. B. das Krankheitsbild der Fallot-Tetralogie: Hierbei liegt ein hoher Ventrikelseptumdefekt, eine über dem Ventrikelseptum „reitende“ Aorta, eine Pulmonalstenose und eine Rechtsherzhypertrophie vor. Diese Kinder sind zyanotisch (blaue Lippen, Finger und Schleimhäute), weil desoxygeniertes Blut in den Körperkreislauf und zu wenig Blut zur Oxygenierung in den Lungenkreislauf gelangt. Erfolgt die Unterteilung durch das Septum aorticopulmonale nicht spiralig, kommt es zur Transposition der großen Gefäße, bei der die Aorta aus dem rechten, der Truncus pulmonalis aus dem linken Ventrikel entspringt. Diese Konstellation ist nur mit dem Leben vereinbar, wenn weitere Fehlbildungen des Herzens vorliegen, über die ein Blutaustausch zwischen großem und kleinem Kreislauf möglich ist.

⊙ G-3.42

Ventrikelseptierung mit Bildung der Ausstrombahnen

Schlundbogenarterien

Truncus pulmonalis Septum aorticopulmonale

Aorta

Trunkuswülste Foramen interventriculare

Konuswülste oberes und unteres Endokardkissen a 5. Woche (nach Ulfig, N.: Kurzlehrbuch Embryologie. Thieme, 2009)

b 6. Woche

Septum interventriculare (pars muscularis)

G

625

3.6 Entwicklung des Herzens

Trennung und Bildung der Vorhöfe

Trennung und Bildung der Vorhöfe

Vom Dach des noch ungeteilten Vorhofs wächst gegen Ende der 4. Entwicklungswoche das Septum primum herab (Abb. G-3.43). Die Separierung des Vorhofs durch das Septum primum ist unvollständig: Am Boden des Vorhofs, oberhalb der Grenze zur Kammer, bleibt zunächst eine offene Verbindung, das Foramen primum, bestehen. Kurz vor dem Verschluss des Foramen primum reißt das Septum primum kranial ein, wodurch das Foramen secundum entsteht. Gegen Ende der 5. Entwicklungswoche wächst rechts des Septum primum vom Boden und Dach des Vorhofes zum Zentrum hin das Septum secundum aus und bedeckt das Foramen secundum. Zentral im Septum secundum verbleibt das Foramen ovale, das durch das Septum primum abgedeckt wird (Abb. G-3.43). Nach der Geburt verwachsen in der Regel Septum primum und secundum fest miteinander, sodass das Foramen ovale physikalisch verschlossen wird (S. 151). Ist die Verwachsung unvollständig, kann ein Spalt im Septum interatriale auffindbar sein. Funktionell hat dies jedoch meist keine Bedeutung, da er normalerweise durch den im Vergleich zum rechten Vorhof leicht höheren Druck im linken Vorhof verschlossen wird.

Gegen Ende der 4. Entwicklungswoche wird die unpaare Vorhofanlage unvollständig durch das Septum primum getrennt (Abb. G-3.43). Kaudal verbleibt eine Öffnung (Foramen primum). Am Ende der 5. Entwicklungswoche wird es durch das vom Vorhofdach und -boden auswachsende Septum secundum von rechts verschlossen. Zentral verbleibt das Foramen ovale, das durch das Septum primum abgedeckt wird.

▶ Klinik. Persistiert die Öffnung des Foramen ovale nach der Geburt, kann dies dazu führen, dass z. B. kleine Blutgerinnsel (Thromben) aus der Körperperipherie über das Foramen ovale (S. 1281) direkt in den linken Vorhof und damit in den Körperkreislauf gelangen. Wenn der Thrombus in die A. carotis geschwemmt wird, kann es zu einem Hirninfarkt kommen. Ein offenes Foramen ovale, das sich meist echokardiografisch diagnostizieren lässt, ist eine häufige Ursache von Schlaganfällen bei jungen Menschen.

⊙ G-3.43

⊙ G-3.43

Vorhofseptierung mit Bildung des Foramen ovale Septum primum Septum secundum

Foramen primum

linker Vorhof

Foramen secundum rechter Vorhof

a 30. Tag

dorsales Endokardkissen

b 33. Tag

Lungenvenen

Foramen ovale

Foramen interventriculare

Septum interventriculare, Pars muscularis

c 37. Tag (nach Ulfig, N.: Kurzlehrbuch Embryologie. Thieme, 2009)

d 7. Woche

▶ Klinik.

Septum interventriculare, Pars membranacea

Klinischer Fall: Plötzliche Schmerzen „auf der Brust“ * * Fallbeispiel fiktiv, Namen und Daten frei erfunden

13:20

13:30

Nach dem Mittagessen in der Kantine bekommt Peter Oberhuber, 54 Jahre, auf dem Weg zum Zigarettenautomaten plötzlich sehr starke Schmerzen „auf der Brust“. Seine Kollegen alarmieren sofort den Notarzt.

P.O.: Beim Treppensteigen bekomme ich oft schlecht Luft und es wird auch ab und an mal eng in der Brust. Aber so wie vorhin, dieser starke Schmerz ist neu, das hatt‘ ich noch nie! Ich hab gedacht, es geht zu Ende... Der Notarzt verabreicht Herrn O. Sauerstoff und ein Schmerzmittel. Außerdem verabreicht er bei der Verdachtsdiagnose „Myokardinfarkt“ 500 mg ASS i.v., einen Thrombozytenaggregationshemmer (Ticagrelor) und einen Betablocker.

14:30

Transthorakale Echokardiografie (TTE) Hypo- bis Akinesie (eingeschränkte/aufgehobene Beweglichkeit) des Herzmuskels inferior, mittelgradig eingeschränkte linksventrikuläre Funktion, keine Vitien (Herzklappenfehler) nachweisbar.

14:35

14:05

14:15 Blutabnahme und Benachrichtigung des Oberarztes Ich nehme sofort Blut ab zur Bestimmung der „Herzenzyme“. Ich benachrichtige den Oberarzt der Kardiologie, dass ich einen Patienten mit dringendem Verdacht auf „Myokardinfarkt“ habe.

12-Kanal-EKG Ich veranlasse sofort ein EKG, auf dem ich eine absolute Arrhythmie (VorhofÒimmern) erkenne. Außerdem sind ST-Hebungen in den Hinterwandableitungen II, III und aVF vorhanden. Dieser Befund passt zu einem Hinterwandinfarkt.

15:15

Koronarangiografie Über die Leiste wird unter Röntgenkontrolle ein Katheter bis in die Herzkranzgefäße vorgeschoben. Als Ursache für den Infarkt finden wir einen Verschluss der A. coronaria dextra. Dieser wird aufgedehnt (Ballondilatation) und mit einem Stent versorgt. Im Anschluss zeigt sich ein vollständig aufgeweitetes Gefäß. Der Patient wird nach der Koronarangiografie auf die Überwachungsstation verlegt.

K 112 A

Laborbefund trifft ein (Normwerte in Klammern) • Kardiales Troponin T 0,02 µg/l (< 0,03 µg/l) • CK­MB­Aktivität 21 U/l (< 24 U/l) Die „Herzenzyme“ Troponin T und CK-MB sind erwartungsgemäß noch negativ: sie steigen frühestens 3 Stunden nach Beginn der Beschwerden an. Die Diagnose Herzinfarkt ist aber durch Symptomatik, EKG-Befund und Echokardiografie gesichert.

13:50 Anamnese in der Notaufnahme Herr O. schildert mir erneut seine Beschwerden. Auf mein Nachfragen beteuert der Patient, Blutdruck und Cholesterin seien immer OK gewesen, ein Diabetes liege nicht vor. Jedoch rauche er seit seinem 18. Lebensjahr etwa eine Schachtel am Tag. Sein Vater sei mit 49 Jahren an einem Herzinfarkt plötzlich gestorben.

EKG-Befund bei Hinterwandinfarkt (aus Hamm, C.W., Willems, S.: Checkliste EKG. 2. Aufl., Thieme, 2001)

14:40

Oberarzt trifft ein Ich berichte dem Oberarzt der Kardiologie alle Befunde und wir entscheiden uns für eine notfallmäßige Koronarangiografie. Herr O. ist mit der Untersuchung einverstanden. a

b

a) Die A. coronaria dextra ist proximal verschlossen (Kontrastmittelabbruch). b) Nach Ballondilatation ist das Gefäß wieder durchflossen. (aus Arastéh, K., Baenkler, H., Bieber, C. et al., Duale Reihe Innere Medizin. Thieme, 2018)

16:15 Nach 8 Tagen wird Herr O. in eine Rehabilitationsklinik zur Anschlussheilbehandlung verlegt. Dort bekommt er Anregungen für eine gesündere Lebensweise. Er ist nun fest entschlossen, das Rauchen aufzugeben.

Fragen mit anatomischem Schwerpunkt 1 2 3

Nach 3 Tagen Aufenthalt auf der Normalstation Die Kollegen erklären Herrn O., dass er zwei wichtige Risikofaktoren für Arteriosklerose hat: das Rauchen und erhöhte Blutfettwerte. Wegen des Stents benötigt er zukünftig Thrombozytenaggregationshemmer: ASS lebenslang und einen weiteren (Ticagrelor oder Clopidogrel) für 12 Monate. Das VorhofÒimmern wird mit einem Betablocker behandelt.

Aufenthalt auf der IMC (intermediate care) Die Kollegen auf der IMC überwachen Herrn O., da in den ersten 48 Stunden nach Infarkt die meisten Komplikationen (wie Rhythmusstörungen, LinksherzinsufÏzienz) auftreten. Nach 3 Tagen ohne Komplikationen kann Herr O. auf die Normalstation verlegt werden.

In welchem Wandabschnitt erwartet man eine Schädigung des Myokards, wenn – wie bei Herrn Oberhuber – die A. coronaria dextra verschlossen ist? Warum sind Herzrhythmusstörungen bei dem hier vorliegenden Infarkttyp besonders häufig? Welche Bedeutung kann der Bestimmung des Gefäßversorgungstyps in der Herzkatheteruntersuchung beigemessen werden? ! Antwortkommentare im Anhang

4

Leitungsbahnen und topografische Beziehungen im Mediastinum

4.1 4.2 4.3 4.4 4.5 4.6

Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Gefäße im Mediastinum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nerven und Nervengeflechte im Mediastinum . . . . . . . . . . . . Beziehungen von Leitungsbahnen zu Organen im Mediastinum. Topografische Orientierungspunkte zur Projektion. . . . . . . . . Entwicklung der großen Gefäße. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

. . . . . .

. . . . . .

. . . . . .

G . . . . . .

627 627 636 640 641 641

F. Schmitz

4.1

Einführung

Aufgrund der zahlreichen und dicht beieinander liegenden mediastinalen Strukturen ist der Verlauf der Leitungsbahnen und ihre topografische Beziehung zueinander sowie zu den umliegenden Organen relativ komplex. Die in kraniokaudaler Richtung durch das Mediastinum ziehenden Organe Trachea (S. 543) und Ösophagus (S. 679) stehen wegen ihres längeren mediastinalen Verlaufs in vielfachem Kontakt zu Gefäßen und Nerven, sodass ihre Topografie an dieser Stelle abgehandelt wird.

4.2

Gefäße im Mediastinum

4.1

Einführung

Die topografischen Verhältnisse im Mediastinum sind komplex.

4.2

Gefäße im Mediastinum

4.2.1 Arterien im Mediastinum

4.2.1

Arterien im Mediastinum

Von den großen Gefäßstämmen liegt der Truncus pulmonalis am weitesten ventral. In Höhe des Sternalansatzes der 2. linken Rippe teilt er sich in die linke und rechte Pulmonalarterie. Dort befindet sich, ebenfalls auf Höhe der transthorakalen Ebene (S. 641), das Ligamentum arteriosum Botalli, das entwicklungsgeschichtliche Rudiment des Ductus arteriosus Botalli (S. 150) als bindegewebige Verbindung zwischen Truncus pulmonalis und Aorta. Dorsal der Aorta folgt die Trachea mit ihrer Aufteilung in die Hauptbronchien.

Der Truncus pulmonalis liegt von den großen Gefäßstämmen in der transthorakalen Ebene (S. 641) am weitesten ventral. Die Aorta liegt zwischen ihm und der Trachea mit ihrer Aufteilung in die Hauptbronchien.

Aorta und ihre Abgänge

Aorta und ihre Abgänge

Die Körperschlagader, Aorta, ist der zentrale Arterienstamm des gesamten Körpers und gliedert sich im Brustbereich in folgende Abschnitte (Abb. G-4.2): ■ Aorta ascendens = Pars ascendens aortae: Dieser aufsteigende Teil erstreckt sich von der Aortenklappe (S. 592) bis zum Abgang des Truncus brachiocephalicus (s. u.). ■ Arcus aortae (Aortenbogen) zwischen den Abgängen des Truncus brachiocephalicus und der linken A. subclavia. ■ Aorta descendens = Pars descendens aortae: Sie verläuft als Pars thoracica aortae in der Brusthöhle (Brustaorta, Aorta thoracica) bis zum Durchtritt des Zwerchfells. Ihre kaudale Fortsetzung wird als Pars abdominalis aortae (Bauchaorta, Aorta abdominalis) bezeichnet (S. 863).

Sie ist der zentrale Arterienstamm des Körpers und gliedert sich im Brustbereich in (Abb. G-4.2): ■ Aorta ascendens = Pars ascendens aortae, ■ Arcus aortae und ■ Aorta descendens = Pars descendens aortae.

628

G

▶ Klinik.

4 Leitungsbahnen und topografische Beziehungen im Mediastinum

▶ Klinik. Kommt es auf dem Boden einer angeborenen oder erworbenen Schwäche der Gefäßwand zu einer lokal begrenzten Erweiterung der Aorta, spricht man von einem Aortenaneurysma. Eine insbesondere während ihres thorakalen Verlaufs auftretende Form ist das Aneurysma dissecans, bei dem nicht alle Wandschichten erweitert sind, sondern es infolge eines Einrisses der Intima (S. 152) zur Einblutung in die Gefäßwand mit Trennung der Wandschichten (lat. dissecare = zerschneiden, zertrennen) kommt. Dadurch entsteht ein zweites „falsches“ Lumen, das sich ausweiten kann. Unter diesen Umständen ist durch die lediglich dünne verbleibende Gefäßwandschicht eine hohe Gefahr zur Ruptur (Riss) mit lebensbedrohlicher Einblutung in das Mediastinum oder den Herzbeutel gegeben. Eine akute Aortendissektion äußert sich typischerweise durch einen reißenden Thoraxschmerz, der in den Rücken ausstrahlen und „wandern“ kann. Wichtig ist eine schnelle Diagnostik (CT) und neben Senkung des Blutdrucks der operative Ersatz des betroffenen Wandabschnitts durch eine Gefäßprothese.

⊙ G-4.1

Aortenaneurysma. Querschnitt eines Aneurysma dissecans mit falschem Lumen (FL) und echtem Restlumen (RL). (U. N. Riede, Freiburg)

RL

FL

⊙ G-4.2

Abschnitte und Lage der Aorta in der Brusthöhle M. scalenus anterior M. scalenus medius

A. carotis communis sinistra Trachea A. vertebralis sinistra Truncus thyrocervicalis

Costa I A. intercostalis suprema Truncus brachiocephalicus Bronchus principalis dexter Aa. intercostales posteriores

A. subclavia sinistra A. thoracica interna Oesophagus Arcus aortae Aorta ascendens R. bronchialis Bronchus principalis sinister

Aorta descendens Ð Aorta thoracica Diaphragma

Trachea

Oesophagus

A. carotis communis sinistra

A. subclavia sinistra

Truncus brachiocephalicus

Arcus aortae

Aorta ascendens

Lig. arteriosum

Bronchus principalis sinister

A. pulmonalis sinistra

Hiatus aorticus A. phrenica inferior Truncus coeliacus A. lumbalis

a (Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

a Intrathorakaler Verlauf der Aorta in der Ansicht von ventral. b Obere Abschnitte der Aorta in der Ansicht von links-lateral.

Ð Aorta abdominalis

Truncus pulmonalis

b

Aorta descendens

G

629

4.2 Gefäße im Mediastinum

Die genannten Aortenabschnitte sind Arterien vom elastischen Typ (S. 153), die durch ihre Nähe zum Herzen großen pulsatorischen Volumenbeanspruchungen ausgesetzt sind. Durch ihren elastischen Aufbau können sie starke Blutdruckschwankungen ausgleichen und dämpfen, sog. „Windkesselfunktion“ (S. 153); s. auch Lehrbücher der Physiologie.

Aorta ascendens

Aorta ascendens ▶ Synonym.

▶ Synonym. Pars ascendens aortae

Dieser erste, etwa 5–6 cm lange Abschnitt beginnt unmittelbar nach der Aortenklappe (S. 592) und erstreckt sich bis zum Abgang des Truncus brachiocephalicus. Er verläuft größtenteils intraperikardial (innerhalb des Herzbeutels) nahezu senkrecht (in der anteroposterioren Projektion leicht nach rechts verschoben). Noch im jeweiligen Sinus aortae unmittelbar nach dem Ostium aortae (S. 585) verlassen die ■ Arteria coronaria dextra (im rechten Sinus aortae) und die ■ Arteria coronaria sinistra (im linken Sinus aortae) die Pars ascendens der Aorta. Diese Sinus aortae führen insgesamt zu einer Auftreibung des Aortenursprungs, dem sog. Bulbus aortae.

Dieser erste Aortenabschnitt verläuft größtenteils intraperikardial.

Noch im Sinus aortae unmittelbar nach dem Ostium aortae verlassen die linke und rechte Herzkranzarterie (Aa. coronariae sinistra und dextra) die Pars ascendens der Aorta.

Arcus aortae

Arcus aortae

Verlauf und Äste: Der nach der Pars ascendens folgende Arcus aortae trägt seinen Namen aufgrund seines nach links und dorsal gerichteten bogenförmigen Verlaufs. Von der Konvexseite des Aortenbogens entspringen die großen Arterien für Kopf und Arm (in der Reihenfolge des Abgangs): ■ Truncus brachiocephalicus, der sich nachfolgend in die – Arteria subclavia dextra und – Arteria carotis communis dextra aufteilt. Nach dem Truncus brachiocephalicus folgt die Abzweigung der ■ Arteria carotis communis sinistra und danach die ■ Arteria subclavia sinistra. Aus der A. subclavia jeder Seite geht als einer der ersten Äste die Arteria thoracica interna hervor. Sie verläuft mit der gleichnamigen Vene (S. 300) etwa 2 cm vom Seitenrand des Sternums entfernt an der Rückfläche der vorderen Thoraxwand und damit erst im oberen, dann im unteren vorderen Mediastinum (Tab. G-1.1). Einer ihrer Äste ist die Arteria pericardiacophrenica, die in einer Verschiebeschicht aus lockerem faserigem Bindegewebe („Septum pleuropericardiale„) zwischen Pleura mediastinalis und Perikard verläuft. Nach kaudal setzt sich die A. thoracica interna im Trigonum sternocostale des Zwerchfells (S. 538) als A. epigastrica superior (S. 321) fort. Vor dem Übergang in die Pars descendens aortae ist das Ende des Aortenbogens häufig leicht verjüngt. Dieser Aortenisthmus (Isthmus aortae) zwischen dem Abgang der A. subclavia sinistra und dem Ansatz des Lig. arteriosum (S. 627) entspricht entwicklungsgeschichtlich dem Übergang der 4. Kiemenbogenarterie (S. 642) in die dorsale Aorta.

Verlauf und Äste: Der Aortenbogen verläuft von ventral nach links-dorsal. Von seiner Konvexität aus gehen in folgender Reihenfolge ab: ■ Truncus brachiocephalicus der sich rasch in die – A. subclavia dextra und – A. carotis communis dextra aufteilt. ■ A. carotis communis sinistra und die ■ A. subclavia sinistra.

▶ Klinik. Eine angeborene Verengung im Bereich des Isthmus aortae (Aortenisthmusstenose) führt je nach Schweregrad zur charakteristischen Kombination einer Blutdruckdifferenz zwischen den vor der Stenose abgehenden Gefäßen für die obere Körperhälfte und den poststenotischen Gefäßen. Diagnostisch fällt daher oft ein schwacher Puls der Femoralarterien (S. 380), palpabel in der Leiste, auf. Misst man den Blutdruck an allen vier Extremitäten, besteht ein meist auffälliger Unterschied zwischen oberer (hoher Blutdruck = Hypertonie) und unterer Extremität (Hypotonie). Ist der messbare Druck auch am linken Arm gegenüber dem rechten erniedrigt, ist dies ein Hinweis auf den selteneren Fall, dass die Stenose vor dem Abgang der A. subclavia sinistra liegt.

Die A. thoracica interna ist ein Ast der jeweiligen A. subclavia und verläuft parasternal an der Rückseite der vorderen Thoraxwand bis zur Fortsetzung als A. epigastrica superior (S. 321) im Trig. sternocostale. Aus ihr entspringt auch die A. pericardiacophrenica, die zwischen Pleura mediastinalis und Perikard verläuft. Am Übergang zur Pars descendens verjüngt sich der Aortenbogen zum Isthmus aortae.

Auch die mehr oder weniger ausgeprägte Symptomatik ist durch die unterschiedlichen Druckverhältnisse in der oberen gegenüber der unteren Körperhälfte geprägt: Aufgrund der Minderversorgung der unteren Körperhälfte klagen die Patienten des Öfteren über kalte Füße oder Wadenschmerzen, die insbesondere unter körperlicher Belastung auftreten. Auch wichtige Organe wie z. B. die Nieren sind von der Minderperfusion betroffen. In den Gefäßen der Kopfregion und der oberen Extremität kann dagegen ein zu hoher Blutdruck zu Kopfschmerzen oder Nasenbluten, im Ernstfall auch zu Hirnblutungen und damit dem frühen Auftreten von Schlaganfällen führen.

630

G

4 Leitungsbahnen und topografische Beziehungen im Mediastinum

Entscheidend für den Verlauf und die Therapie ist die Lage der Verengung in Bezug auf den im fetalen Kreislauf offenen Ductus arteriosus Botalli: Bei der vor seiner Mündung in die Aorta liegenden (präduktalen) Form kann durch medikamentöses Offenhalten des Ductus arteriosus nach der Geburt die pränatale Situation (S. 150) vorübergehend erhalten werden. Ist dies nicht der Fall, droht mit dem Verschluss des Ductus arteriosus eine akute Dekompensation des linken Ventrikels mit lebensbedrohlichen Symptomen der Herzinsuffizienz. Die kaudal des Ductus arteriosus gelegene (postduktale) Form wird oft erst zu einem späteren Zeitpunkt diagnostiziert, da die Kinder meist nicht, wie bei der zuvor beschriebenen Form,

⊙ G-4.3

im Säuglingsalter Symptome zeigen. Je nach Schweregrad bildet sich ein mehr oder weniger ausgeprägter Kollateralkreislauf (A. thoracica interna → A. intercostalis anterior/posterior → Aorta descendens), der aufgrund des Verlaufs der Aa. intercostales im Sulcus costae zu im Röntgenbild sichtbaren Rippenusuren führen kann. Typisch für postduktale Aortenisthmusstenose ist eine Blutdruck- und Pulsdifferenz zwischen oberer und unterer Körperhälfte. Zur Vermeidung der langfristigen Folgen (Komplikationen der Hypertonie, Linksherzinsuffizienz durch die Mehrbelastung des linken Ventrikels infolge seiner Auswurfbehinderung) sollte eine Beseitigung der Stenose angestrebt werden.

Aortenisthmusstenose

(Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

a Präduktale Aortenisthmusstenose: die Stenose liegt proximal eines in der Regel offen gebliebenen Ductus arteriosus Botalli. b Postduktale Aortenisthmusstenose: die Stenose liegt distal eines in der Regel obliterierten Ductus arteriosus Botalli (= Lig. arteriosum). c Postduktale Aortenisthmusstenose: ein ausgeprägter Kollateralkreislauf von der A. subclavia über A. thoracica int./Aa. intercostales in die Aorta descendens.

A. carotis communis sinistra Arcus aortae Truncus brachiocephalicus

A. subclavia sinistra

A. subclavia A. thoracica (mammaria) interna

Arcus aortae präduktale Stenose

postduktale Stenose

Ductus arteriosus Botalli mit RechtsLinks-Shunt Truncus pulmonalis Aorta descendens

Aa. intercostales

a Aorta descendens

postduktale Stenose Lig. arteriosum (obliterierter Ductus arteriosus Botalli) c

b

4.2 Gefäße im Mediastinum

631

Lagebeziehung und Projektion: Er krümmt sich um die linke Lungenwurzel, hinterlässt auf der linken mediastinalen Lungenfläche einen „Abdruck“ (S. 549) und steht außerdem in enger topografischer Beziehung zur Speiseröhre (S. 640), zur Trachea (Abb. G-4.2a) mit ihrer Bifurkation und zu den Hauptbronchien (S. 640). Auf Höhe des 4. Brustwirbels gelangt er an die linke Seite der Wirbelsäule. Weil der Aortenbogen durch seinen Verlauf nahezu in der Sagittalebene eingestellt ist, erscheint er mit den abzweigenden großen Arterienästen (s. u.) im p.-a.-Röntgenbild verkürzt. Der Aortenbogen projiziert sich zwischen einer horizontalen Linie durch die beiden Sternoklavikulargelenke und der transthorakalen Ebene (Abb. G-1.2). Sein oberer Rand zwischen den Abgängen des Truncus brachiocephalicus (rechts) und der A. carotis communis (links) liegt in Höhe einer Verbindungslinie des Sternalansatzes beider ersten Rippen (etwa 1–2 Finger breit unterhalb der Incisura jugularis des Manubrium sterni).

Lagebeziehung und Projektion: Der Aortenbogen steht in engem Kontakt zur linken Lungenwurzel, Ösophagus (S. 640), Trachea (Abb. G-4.2a) und Wirbelsäule. Er projiziert sich zwischen einer horizontalen Linie durch die beiden Artt. sternoclaviculares und der transthorakalen Ebene.

G

▶ Exkurs: Presso- und Chemorezeptoren. Im Arcus aortae sind Rezeptoren eingelagert, die sensorische Informationen über den Blutdruck (Pressorezeptoren) oder Veränderungen des Sauerstoffpartialdrucks und des pH-Wertes im Blut (Chemorezeptoren als Glomera aortica) wahrnehmen können.

Aorta descendens ▶ Synonym. Pars descendens aortae

▶ Exkurs: Presso- und Chemorezeptoren.

Aorta descendens ▶ Synonym.

Der innerhalb der Brusthöhle verlaufende Anteil der Pars descendens aortae wird auch als Brustaorta (Aorta thoracica) bezeichnet. Von ihr entspringen folgende viszerale Äste: ■ Rami bronchiales (S. 559), die als Vasa privata dem Bronchialbaum der Lunge folgen, ■ Rami oesophagei (3–6 Äste zur Speiseröhre), ■ Rami mediastinales (zu Lymphknoten des hinteren Mediastinums), ■ Rami pericardiaci (Äste zum Perikard), ■ Arteriae phrenicae superiores (in der Anzahl variable Äste zu den hinteren Zwerchfellabschnitten). Parietale Äste (S. 277) der Brustaorta sind die ■ Arteriae intercostales posteriores, die im Sulcus costae nach ventral verlaufen und sich dort mit den Rami intercostales anteriores (S. 299) aus der A. thoracica interna (Ast aus der A. subclavia, Verlauf Tab. L-1.2) vereinigen.

Von diesem Aortenabschnitt, der innerhalb der Brusthöhle als Aorta thoracica bezeichnet wird, entspringen folgende viszerale Äste: ■ Rr. bronchiales, ■ Rr. oesophagei, ■ Rr. mediastinales, ■ Rr. pericardiaci und ■ Aa. phrenicae supp. Parietale Äste sind die Aa. intercostales posteriores (S. 277).

Lungenarterien (Arteriae pulmonales)

Lungenarterien (Arteriae pulmonales)

▶ Synonym. Pulmonalarterien

▶ Synonym.

Der Truncus pulmonalis liegt von den großen Gefäßstämmen des Herzens zunächst am weitesten ventral und projiziert sich links parasternal etwa auf den 2. Interkostalraum. Er beginnt auf Höhe des Ansatzes der linken 3. Rippe, umgreift die aufsteigende Aorta und teilt sich unterhalb des Arcus aortae auf Höhe des Ansatzes der 2. Rippe in die Arteriae pulmonales dextra und sinistra auf, vgl. Vasa publica der Lunge (S. 558). Die rechte Pulmonalarterie ist länger als die linke, unterkreuzt den Aortenbogen und verläuft auf dem Weg zur rechten Lunge zwischen Aorta und Bronchus principalis dexter. Die Verzweigungen der Pulmonalarterien folgen denen des Bronchialbaums.

Die Aa. pulmonales dextra und sinistra entstehen aus der Aufteilung des ventral gelegenen Truncus pulmonalis unter dem Aortenbogen. Die rechte Pulmonalarterie ist länger als die linke und läuft zwischen Aorta und Bronchus principalis dexter zur rechten Lunge.

4.2.2 Venen im Mediastinum

4.2.2

Aus dem Körperkreislauf gelangt nahezu das gesamte venöse Blut aus den Organen über die untere und obere Hohlvene (Vena cava superior und Vena cava inferior) zum Herzen. Das Hohlvenensystem steht dabei in enger Verbindung mit dem Azygossystem der Körperwand (Abb. G-4.4a). Die Hauptverlaufsrichtung der Venae cavae steht in etwa senkrecht zur Verlaufsrichtung der Venae pulmonales. Die beschriebenen Venen bilden deshalb in ihrer Gesamtheit das so genannte „Venenkreuz“ (Abb. G-4.4b). Die herznahen venösen Gefäße haben aufgrund ihres großen Durchmessers und der großen Saugwirkung des Herzens keine Venenklappen.

Fast das gesamte venöse Blut aus dem Körperkreislauf strömt über die Vv. cavae sup. und inf. zurück in das Herz (Abb. G-4.4a).

Venen im Mediastinum

Die Hauptverlaufsrichtung der Hohlvenen steht senkrecht zu der der Pulmonalvenen (Venenkreuz, Abb. G-4.4b).

632

G

⊙ G-4.4

4 Leitungsbahnen und topografische Beziehungen im Mediastinum

Venenstämme im Mediastinum

V. jugularis interna dextra

V. thyroidea inferior V.thoracica interna sinistra V. brachiocephalica sinistra V. cava superior V. hemiazygos accessoria

V. subclavia dextra V. brachiocephalica dextra V. azygos Vv. intercostales posteriores

V. hemiazygos

Vv. hepaticae

Gl. suprarenalis sinistra

V. cava inferior

V. suprarenalis sinistra

V. lumbalis ascendens dextra

Ren sinister

Vv. lumbales

V. renalis sinistra V. lumbalis ascendens sinistra

V. testicularis/ ovarica dextra

V. testicularis/ ovarica sinistra

V. iliaca communis dextra

V. jugularis interna dextra

V. brachiocephalica sinistra

V. subclavia dextra

V. cava superior

V. brachiocephalica dextra

Vv. pulmonales sinistrae

Vv. pulmonales dextrae

V. cava inferior

a

b

(Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

a Schematische Darstellung der großen Venen des Körperkreislaufs. b Venenkreuz, gebildet durch die in das Herz einmündenden Venen: Vv. cavae superior und inferior als Venen des Körperkreislaufs mit sauerstoffarmem Blut (blau) und Vv. pulmonales aus dem Lungenkreislauf, die als einzige Venen des menschlichen Körpers sauerstoffreiches Blut führen (rot).

Hohlvenen (Venae cavae)

Hohlvenen (Venae cavae)

Vena cava superior und ihre Zuflüsse

Vena cava superior und ihre Zuflüsse

Sie ist 5–6 cm lang und entsteht aus dem Zusammenfluss der beiden Vv. brachiocephalicae unterhalb des Sternalansatzes der 1. rechten Rippe. Die V. cava superior liegt hinter dem Sternum rechts neben der Pars ascendens aortae. Die V. cava sup. hat enge topografische Beziehungen mit dem Aortenbogen, der rechten Lunge und ihrer Wurzel.

Die 5–6 cm lange obere Hohlvene sammelt Blut aus Kopf, Hals, Arm und Brustwand. Sie entsteht im oberen Mediastinum aus dem Zusammenfluss der linken und rechten Vena brachiocephalica (s. u.) in der Projektion auf den Brustkorb etwas unterhalb des Sternalansatzes der 1. Rippe rechts. Hinter dem Sternum liegt die V. cava superior rechts neben der Pars ascendens aortae und bildet im Röntgenbild den oberen rechten Randschatten des Mediastinums (S. 618). Etwa am Sternalansatz der 3. Rippe rechts mündet sie in den rechten Vorhof des Herzens. Die V. cava superior steht in enger topografischer Beziehung mit dem Aortenbogen, der rechten Lunge mit der sie überziehenden Pleura sowie der rechten Lungenwurzel. Die beiden Venae brachiocephalicae entstehen jeweils durch Zusammenfluss aus Vena subclavia (S. 899) und Vena jugularis interna (S. 899) im sog. Venenwinkel (Angulus venosus). Der Venenwinkel projiziert sich beiderseits auf das Sternoklavikulargelenk (Articulatio sternoclavicularis). ■ Die relativ kurze Vena brachiocephalica dextra verläuft fast senkrecht nach kaudal, ■ die Vena brachiocephalica sinistra ist beinahe doppelt so lang und verläuft fast horizontal zum Vereinigungspunkt mit der V. brachiocephalica dextra. Die Venae brachiocephalicae nehmen einerseits Venen aus dem Mediastinum und den dort liegenden Organen auf (Vv. thymicae, mediastinales, tracheales, bronchiales, pericardiacae, pericardiacophrenicae), andererseits auch Venen der Rumpfwand (Vv. vertebrales, intercostalis suprema und superior sinistra). Die mit der gleichnamigen Arterie (S. 629) parasternal an der Thoraxrückwand verlaufende Vena thoracica interna, die mit der V. epigastrica superior (S. 321) anastomosiert, mündet ebenfalls jeweils in die gleichseitige V. brachiocephalica. In die V. thoracica interna fließt Blut aus den Venae intercostales anteriores (Drainage der vorderen Zwischenrippenräume) und der Vena musculophrenica (Drainage von Herzbeutel und Thoraxseite des Zwerchfells) ab.

Der Venenwinkel, d. h. Zusammenfluss d. V. subclavia (S. 899) und V. jugularis int. (S. 899), projiziert sich ventral auf die Sternoklavikulargelenke. Die relativ kurze V. brachiocephalica dextra verläuft fast senkrecht nach kaudal und vereinigt sich mit der relativ langen V. brachiocephalica sinistra. In die Vv. brachiocephalicae münden Venen aus den im Mediastinum liegenden Organen sowie von der Rumpfwand (u. a. Vv. pericardiacophrenicae). Die in die Vv. brachiocephalicae einmündende V. thoracica interna führt Blut aus den vorderen Interkostalräumen (Vv. intercostales antt.), von der thorakalen Zwerchfellseite und dem Herzbeutel (V. musculophrenica).

G

633

4.2 Gefäße im Mediastinum

Vena cava inferior

Vena cava inferior

Die untere Hohlvene sammelt venöses Blut aus den unteren Extremitäten, dem Becken und dem Bauchraum. Sie tritt durch das Foramen venae cavae (S. 538) des Zwerchfells hindurch in die Thoraxhöhle ein und mündet nach wenigen Zentimetern in den rechten Vorhof des Herzens.

Sie tritt durch das Foramen venae cavae (S. 538) des Zwerchfells hindurch und mündet nach wenigen Zentimetern in den rechten Vorhof des Herzens.

Kavokavale Anastomosen

Kavokavale Anastomosen

▶ Definition. Kurzschlussverbindungen zwischen dem System der V. cava inferior

▶ Definition.

und der V. cava superior, die beim Verschluss einer der beiden Hohlvenen zum alternativen venösen Rückfluss genutzt werden können. Kavokavale Anastomosen können sich über die in Tab. G-4.1 genannten Venen ausbilden.

≡ G-4.1

Es gibt mehrere mögliche Wege (Tab. G-4.1).

Kavokavale Anastomosen

Kollaterales Venensystem

Blutfluss zwischen beiden Hohlvenen

dorsale Abflussstraßen Azygos-System

V. cava inf. – Vv. lumbales oder V. iliaca communis – V. lumbalis ascendens – V. azygos/hemiazygos – V. cava sup. Bei Verbindungen zwischen V. hemiazygos accessoria und V. brachiocephalica sinistra, ergibt sich neben o. g. Hauptweg folgende zusätzliche Umgehungsstraße: V. cava inf. – V. iliaca comm. – V. lumbalis asc. – V. hemiazygos – V. hemiazygos accessoria – V. brachiocephalica sinistra – V. cava sup.

vertebrale Venenplexus

V. cava inf. – Vv. lumbales – Plexus venosus vertebralis ext./int. – V. azyogos/hemiazygos – V. cava sup.

ventrale Abflussstraßen tief: subfasziale Venen

V. cava inf. – V. iliaca externa – V. epigastrica inf./sup. – V. thoracica int. – V. brachiocephalica – V. cava sup.

oberflächlich: epifasziale Venen

V. cava inf. – V. iliaca communis – V. femoralis – V. epigastrica superficialis – V. thoracoepigastrica – V. axillaris – V. subclavia – V. cava sup.

Azygos-System

Azygos-System

Vena azygos und ihre Zuflüsse

Vena azygos und ihre Zuflüsse

Die Vena azygos (gr.: unpaar) gibt es nur auf der rechten Seite. Sie ist eine Fortsetzung der rechten V. lumbalis ascendens (S. 868) aus dem Bauchsitus. Die V. azygos verläuft, bedeckt von Pleura parietalis und Fascia endothoracica, an der dorsalen Thoraxwand rechts paravertebral oder häufig auch direkt an der Seitenfläche der Brustwirbel. Sie gelangt meist durch Lücken in den medialen Anteilen der Pars lumbalis (S. 538) des Zwerchfells aus dem Bauchraum in den Brustsitus. Im Brustkorb drainiert sie rechts die Vv. intercostales posteriores (S. 300), die venöses Blut aus den dorsalen Zwischenrippenräumen sammeln. Die V. azygos mündet nach bogenförmigem Verlauf über das rechte Lungenhilum nach ventral (etwa in Höhe der Brustwirbelkörper IV/V) in die V. cava superior (s. o.). In die V. azygos mündet kranial die V. intercostalis superior dextra (Drainage der oberen Interkostalräume). Die V. intercostalis suprema dextra (Drainage des 1. Interkostalraumes) mündet i. d. R. direkt in die V. brachiocephalica dextra; es können auch Verbindungen zur V. vertebralis bestehen.

Die V. azygos des Brustsitus ist eine Fortsetzung der V. lumbalis ascendens (S. 868) aus dem Bauchsitus. Sie gelangt aus dem Bauchraum zwischen den Zwerchfellschenkeln der Pars lumbalis (S. 538) in die Brusthöhle.

Vena hemiazygos und Vena hemiazygos accessoria mit Zuflüssen

Vena hemiazygos und Vena hemiazygos accessoria mit Zuflüssen

▶ Merke. Die V. hemiazygos und V. hemiazygos accessoria entsprechen der V. azy-

Sie drainiert rechts die Vv. intercostales posteriores (S. 300) und mündet nach bogenförmigem Verlauf über das rechte Lungenhilum in die V. cava sup.

▶ Merke.

gos der rechten Seite. Vena hemiazygos: Sie ist eine Fortsetzung der linken V. lumbalis ascendens (S. 868) und endet meist auf Höhe des achten Brustwirbelkörpers (BWK VIII). Hier anastomosiert sie mit der V. azygos der rechten Seite. Zufluss erhält sie aus den ■ Venae intercostales posteriores: Drainage der unteren, hinteren Interkostalräume (9–11), aus der ■ Vena subcostalis sinistra als Vene des 12. Thorakalsegmentes, die das entsprechende Gebiet drainiert sowie ggf. aus der ■ Vena hemiazygos accessoria (s. u.).

Die V. hemiazygos ist eine Fortsetzung der linken V. lumbalis ascendens. Die V. hemiazygos accessoria entsteht aus der Vereinigung der 4.–8. Vv. intercostales postt. und drainiert die entsprechenden Interkostalräume.

634

G

4 Leitungsbahnen und topografische Beziehungen im Mediastinum

Vena hemiazygos accessoria: Sie entsteht aus der Vereinigung der 4.–8. Vena intercostalis posterior. In die V. hemiazygos accessoria mündet die V. intercostalis superior sinistra, welche die obersten Interkostalräume drainiert (2.–3. Interkostalraum). Die V. intercostalis suprema sinistra besitzt häufig eine direkte Verbindung mit der V. brachiocephalica sinistra. Die V. hemiazygos accessoria mündet entweder selbstständig in die V. azygos (auf der Höhe des siebten Brustwirbels) oder anastomosiert mit der V. hemiazygos (s. o.), um mit ihr in die V. azygos einzumünden. Häufig bestehen Verbindungen der V. hemiazygos accessoria mit der V. brachiocephalica sinistra. Lungenvenen (Venae pulmonales) ▶ Synonym.

Lungenvenen (Venae pulmonales) ▶ Synonym. Pulmonalvenen

Die Vv. pulmonales (Vasa publica der Lunge) projizieren sich fast horizontal auf den 3. Interkostalraum parasternal.

Die Pulmonalvenen sind Vasa publica der Lunge und führen oxygeniertes Blut von den Lungen in den linken Vorhof. In der Lunge trennen sich die Aufzweigungen der Venae pulmonales von denen des Bronchialbaumes und denen der Pulmonalarterien: Die Vv. pulmonales verlaufen intersegmental und können Blut aus benachbarten Segmenten sammeln. Normalerweise finden sich links und rechts jeweils 2 Vv. pulmonales. Sie projizieren sich mit ihrem Verlauf parasternal fast horizontal etwa auf den 3. Interkostalraum.

4.2.3

4.2.3 Lymphgefäße im Mediastinum

Lymphgefäße im Mediastinum

Zusammenfassend sind in Abb. G-4.5 die großen mediastinalen Lymphgefäße dargestellt.

Die Lymphdrainage der verschiedenen Thoraxorgane ist von großer klinischer Bedeutung. Die großen Lymphabflusswege sind in Abb. G-4.5 zusammenfassend dargestellt.

Ductus thoracicus

Ductus thoracicus

▶ Synonym.

▶ Synonym. „Milchbrustgang“, Bezug nehmend auf die milchige Konsistenz der

Lymphe nach Nahrungsaufnahme (Transport von Lipoproteinen) Funktion: Er sammelt Lymphe aus der unteren Körperhälfte, Brustorganen und linkem Arm (Abb. G-4.5 u. Abb. C-3.23).

Funktion: Der Ductus thoracicus ist das größte lymphatische Gefäß des Körpers und sammelt die Lymphe der gesamten unteren Körperhälfte (einschließlich der Bauchorgane), der linksseitigen Brustorgane, des linken Armes und der linken Kopfhälfte (Abb. G-4.5 und Abb. C-3.23).

Lage und Verlauf: Er beginnt an der sog. Cisterna chyli, liegt unmittelbar vor der Wirbelsäule, dorsal des Ösophagus und mündet am linken Venenwinkel (s. o.) in den Blutkreislauf. Vorher nimmt er noch den Truncus jugularis vom Kopf, den Truncus subclavius sinister vom linken Arm und den Truncus bronchomediastinalis sinister von den linksseitigen Brustorganen auf.

Lage und Verlauf: Der Ductus thoracicus liegt in der Brusthöhle unmittelbar vor der Wirbelsäule im Mediastinum superius bzw. Mediastinum posterius. Er beginnt im Bauchraum an der so genannten Cisterna chyli, die kaudal vom Hiatus aorticus des Zwerchfells direkt auf der Wirbelsäule in Höhe des ersten Lendenwirbelkörpers liegt. In die Cisterna chyli münden der Truncus lumbalis dexter und sinister mit Lymphflüssigkeit von Becken und Bein, sowie der Truncus intestinalis (S. 872) mit Lymphflüssigkeit von Baucheingeweiden. Der Ductus thoracicus tritt durch den Hiatus aorticus des Zwerchfells etwas rechts von der Aorta unmittelbar vor der Wirbelsäule in den Brustraum ein. Auf Höhe von ThV wendet er sich allmählich nach links. Er verläuft dorsal vom Ösophagus zwischen Aorta thoracica und Wirbelsäule. Dicht vor der Arteria vertebralis mündet er dann in den linken Venenwinkel (Angulus venosus), dem Zusammenschluss von V. jugularis und V. subclavia (s. o.). Hier nimmt er folgende Lymphstämme auf: ■ Truncus jugularis sinister (Lymphe der linken Kopfhälfte), ■ Truncus subclavius sinister (Lymphe des linken Armes) und ■ Truncus bronchomediastinalis sinister (Lymphe der linksseitigen Brustorgane).

▶ Klinik.

▶ Klinik. Kurz vor der Einmündung des Ductus thoracicus in den linken Venenwin-

kel befindet sich der Virchow-Lymphknoten, der bei über das Lymphsystem metastasierenden Tumoren des Magen-Darm-Traktes (insbesondere bei Magenkarzinomen) supraklavikulär sicht- und v. a. tastbar sein kann.

G

⊙ G-4.5

635

4.2 Gefäße im Mediastinum

Lymphabflusswege im Thorax Kopf und Hals V. jugularis interna sinistra

Truncus jugularis dexter V. jugularis interna dextra

Ductus thoracicus

Ductus lymphaticus dexter

Truncus jugularis sinister Truncus subclavius sinister

Truncus subclavius dexter V. subclavia dextra

V. subclavia sinistra

Truncus bronchomediastinalis

BrustdrŸse

Truncus bronchomediastinalis

Nll. paramammarii

Nll. brachiocephalici

Mediastinum superius

Nll. prepericardiaci Mediastinum anterius

Nll. parasternales

Nll. pericardiaci laterales Nll. juxtaoesophageales

InterkostalrŠume ventral

Nll. paratracheales Thoraxwand ventral

Nll. tracheobronchiales Nll. bronchopulmonales

Thoraxwand dorsal

InterkostalrŠume dorsal

Nll. prevertebrales Nll. phrenici superiores

Nll. intrapulmonales Nll. phrenici superiores

Perikard

Herz

…sophagus Trachea Bronchien Lunge Pleura

Diaphragma Hepar Cisterna chyli

Abdomen, Becken, untere ExtremitŠt

(Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

Ductus lymphaticus dexter

Ductus lymphaticus dexter

Der etwa 1 cm lange Ductus lymphaticus dexter mündet in den rechten Venenwinkel. Er sammelt Lymphe aus den Gebieten des „rechten oberen Quadranten“ des Körpers (Abb. C-3.23) über folgende Lymphstämme: ■ Truncus jugularis dexter (Lymphe der rechten Kopf- und Halshälfte), ■ Truncus subclavius dexter (Lymphe der rechten oberen Extremität), ■ Truncus bronchomediastinalis dexter (Lymphe der rechten Brusthöhle und -wand).

In den Ductus lymphaticus dexter münden: ■ Truncus jugularis dexter, ■ Truncus subclavius dexter und ■ Truncus bronchomediastinalis dexter.

Trunci bronchomediastinales

Trunci bronchomediastinales

Truncus bronchomediastinalis sinister und Truncus bronchomediastinalis dexter sammeln Lymphe aus dem Brustraum und führen ihn in der Regel dem Ductus thoracicus (links) bzw. Ductus lymphaticus dexter zu. Dabei sammelt der Truncus bronchomediastinalis Lymphe sowohl aus den vorderen mediastinalen Lymphknoten („Nodi lymphoidei mediastinales anteriores“: Sammelbezeichnung für Nll. phrenici superiores, Nll. prepericardiaci, Nll. pericardiaci laterales) als auch aus den hinteren mediastinalen Lymphknoten („Nodi lymphoidei mediastinales posteriores“: Sammelbezeichnung für Nll. tracheobronchiales superiores und inferiores, Nll. paratracheales, bronchopulmonales).

Truncus bronchomediastinalis dexter und sinister drainieren Lymphe im Bereich der vorderen und hinteren mediastinalen Lymphknoten.

636

G

4 Leitungsbahnen und topografische Beziehungen im Mediastinum

Über den Truncus bronchomediastinalis sinister fließt Lymphe aus der linken Brustwand, der linken Lunge und dem Herzen ab, über den Truncus bronchomediastinalis dexter werden die entsprechenden Gebiete der rechten Körperhälfte drainiert. Zwischen beiden Systemen bestehen in der Brusthöhle Anastomosen. Der Truncus bronchomediastinalis kann entweder eigenständig in die V. brachiocephalica oder gemeinsam mit dem Ductus thoracicus (links) bzw. mit dem Ductus lymphaticus dexter (rechts) in den Venenwinkel (s. o.) einmünden. 4.3

Nerven und Nervengeflechte im Mediastinum

Hauptsächlich finden sich im Mediastinum vegetative Fasern mit Plexusbildung. Daneben verläuft der N. phrenicus als somatischer Nerv (Abb. G-4.6).

⊙ G-4.6

4.3

Nerven und Nervengeflechte im Mediastinum

Zur Innervation der Organe in der Brusthöhle finden sich im Mediastinum überwiegend vegetative Fasern, die hier Plexus bilden. Der Hauptnerv des somatischen Nervensystems ist der Nervus phrenicus mit Ästen zum Perikard und zum Diaphragma (Abb. G-4.6).

⊙ G-4.6

Übersicht der Nerven und Plexus im Mediastinum N. vagus dexter

Truncus sympathicus, Ganglion cervicale medium

Cartilago thyroidea N. vagus sinister Gl. thyroidea

Plexus brachialis

M. scalenus anterior

A. subclavia

A. carotis communis

Trachea

N. laryngeus recurrens sinister

N. laryngeus recurrens dexter

Truncus brachiocephalicus

Truncus sympathicus, Ganglion thoracicum

Plexus aorticus thoracicus

N. vagus dexter

N. phrenicus sinister

N. phrenicus dexter

Plexus pulmonalis Truncus pulmonalis

V. cava superior Aorta ascendens A. intercostalis posterior N. intercostalis

Plexus cardiacus

N. phrenicus auf dem Diaphragma

Cor Diaphragma

Pericardium, Plexus eršffnet gastricus

Gaster

Mediastinale Nerven und Nervengeflechte am eröffneten Thorax in der Ansicht von ventral. (Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

4.3.1

4.3.1 Anteile des vegetativen Nervensystems

Anteile des vegetativen Nervensystems Die thorakalen vegetativen Nerven (Abb. G-4.7) entstammen dem Grenzstrang (Sympathikus) oder dem N. vagus (Parasympathikus).

In der Brusthöhle entstammen ■ die sympathischen Nerven dem Grenzstrang (Truncus sympathicus), ■ die parasympathischen Fasern dem Nervus vagus, der ebenfalls im Mediastinum verläuft (Abb. G-4.7).

Grenzstrang (Truncus sympathicus)

Grenzstrang (Truncus sympathicus)

Funktion: Anpassung der „Thoraxfunktionen“ an erhöhte Leistungsanforderungen.

Funktion: Die Wirkung der Sympathikusaktivität auf die Organe der Brusthöhle ist bei ihrer jeweiligen Innervation beschrieben. Insgesamt erfolgt durch die sympathische Aktivierung eine Anpassung der „Thoraxfunktionen“ an erhöhte Leistungsanforderungern.

Lage und Verlauf: Der Grenzstrang (s. a. Tab. B-3.7) zieht im Brustbereich vor den Rippenköpfchen beiderseits der Wirbelsäule nach unten und bildet in jedem

Lage und Verlauf: Der Grenzstrang (s. a. Tab. B-3.7) zieht im Brustbereich, bedeckt von der Pleura parietalis und eingebettet in der Fascia endothoracica, vor den Rippenköpfchen beiderseits der Wirbelsäule senkrecht abwärts und bildet in jedem Segment ein vegetatives Grenzstrangganglion.

G

⊙ G-4.7

4.3 Nerven und Nervengeflechte im Mediastinum

637

Organisation von Sympathikus und Parasympathikus in der Brusthöhle

(Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

Die Grenzstrangganglien sind durch Rami interganglionares miteinander verbunden. Verbindungen zu den Interkostalnerven erfolgen über die Rami communicantes der Spinalnerven, den Rr. communicantes albus (S. 214) und R. communicans griseus, welche die entsprechenden prä- und postganglionären Fasern enthalten.

Segment ein vegetatives Grenzstrangganglion. Mit den Spinalnerven ist jedes Grenzstrangganglion durch die Rr. communicantes albus (S. 214) und griseus verbunden.

Äste: Es gehen folgende Äste aus ihm hervor: Vom 2.–4. Brustgrenzstrangganglion spalten sich die Nervi cardiaci thoracici zum Plexus cardiacus (S. 608) sowie Fasern zum Plexus aorticus ab, die um die Aorta einen vegetativen Plexus bilden, der mit der Aorta in den Bauchraum eintritt. ■ Rami pulmonales thoracici aus dem 2.–4. Brustgrenzstrangganglion verlaufen zum Plexus pulmonalis (S. 561) am Lungenstiel und beinhalten sympathische Fasern, die für die Lumenweite der glatten Muskulatur der Bronchioli zusammen mit entsprechenden Fasern aus dem N. vagus (s. u.) wichtig sind. Nach medial zweigen sich vom Truncus sympathicus die Nervi splanchnici ab: ■ Der Nervus splanchnicus major kommt aus den Grenzstrangganglien Th 5–Th 9, ■ der Nervus splanchnicus minor aus Th 9–Th 11. Beide durchsetzen die Pars lumbalis des Zwerchfells und enden größtenteils im Plexus coeliacus (früher Plexus solaris genannt), der verschiedene Einzelganglien enthält, z. B. Ggl. coeliacum dextrum, Ggl. coeliacum sinistrum und Ggl. mesentericum superius (S. 875). Die Nn. splanchnici führen größtenteils präganglionäre efferente Fasern für den Bauchraum.

Äste: Der Grenzstrang speist vorwiegend präganglionäre Fasern in vegetative Plexus des Brustsitus ein (Plexus cardiacus, Plexus aorticus, Plexus pulmonalis). Der N. splanchnicus major führt präganglionäre Äste aus den Segmenten Th 6–Th 9 und strahlt in den Plexus coeliacus des Bauchraums mit dem Ggl. coeliacum dextrum, Ggl. coeliacum sinistrum und dem Ggl. mesentericum superius (S. 875) ein. Der N. splanchnicus minor bezieht seine Zuflüsse aus den Segmenten Th 9–Th 11.



638

G

Nervus vagus

Nervus vagus

Funktion: Parasympathikusaktivierung führt zur Adaptation der Thoraxfunktionen an reduzierte Leistungsanforderungen.

Funktion: Insgesamt erfolgt durch die parasympathische Aktivierung eine Adaptation der „Thoraxfunktionen“ an reduzierte Leistungsanforderungen (Erholung, Regeneration). Organspezifische Effekte einer Aktivierung des N. vagus sind bei den jeweiligen Organen beschrieben.

Lage und Verlauf: Der X. Hirnnerv (S. 998) tritt in die Apertura thoracis superior (S. 288) ■ rechts zwischen V. brachiocephalica und Truncus brachiocephalicus, ■ links zwischen V. brachiocephalica und A. subclavia ein. Er wendet sich hinter dem Lungenstiel nach dorsal zur Speiseröhre ins hintere Mediastinum und bildet dort den Plexus oesophageus (S. 689).

Lage und Verlauf: Der Nervus vagus ist der X. Hirnnerv (S. 998). Er tritt in die Apertura thoracis superior (S. 288) ■ rechts zwischen V. brachiocephalica und Truncus brachiocephalicus, ■ links zwischen V. brachiocephalica und A. subclavia ein. Hinter dem Lungenstiel wendet sich der N. vagus nach dorsal ins hintere Mediastinum und bildet an der Speiseröhre den Plexus oesophageus (S. 689). Beim Durchtritt durch den Hiatus oesophageus des Zwerchfells bilden sich aus dem Plexus oesophageus auf der Vorder- bzw. Rückseite der Speiseröhre der Truncus vagalis anterior und posterior. Der N. vagus verläuft dorsal von der V. brachiocephalica sinistra.

Äste: ■ Der N. laryngeus recurrens schlingt sich – links um den Aortenbogen, – rechts um die A. subclavia. ■ Efferente Fasern laufen zum Plexus pulmonalis und zum Plexus cardiacus.

Äste: Der N. vagus gibt im Mediastinum folgende Äste ab: ■ Nervus laryngeus recurrens: – Rechts gibt der N. vagus bereits in der Apertura thoracis superior den N. laryngeus recurrens dexter ab, der sich dann um die A. subclavia schlingt und retrograd, in einer Furche zwischen Ösophagus und Trachea (Sulcus oesophageotrachealis), zum Larynx verläuft. – Links wird der N. laryngeus recurrens sinister erst im oberen Mediastinum abgegeben. Der N. laryngeus recurrens sinister umschlingt den Arcus aortae medial vom Lig. arteriosum Botalli (S. 627), bevor er ebenfalls in der Furche zwischen Trachea und Ösophagus retrograd zum Larynx verläuft. ■ Efferente parasympathische Äste schließen sich den Bronchien an und verlaufen mit entsprechenden sympathischen Ästen aus dem Grenzstrang (s. o.) zum Plexus pulmonalis. ■ Zum Plexus cardiacus auf dem Arcus aortae und um den Truncus pulmonalis entsendet der N. vagus die – Rami cardiaci cervicales superiores, – Rami cardiaci cervicales inferiores und die – Rami cardiaci thoracici.

4.3.2

Anteile des somatischen Nervensystems Nervus phrenicus

4.3.2 Anteile des somatischen Nervensystems

Funktion: Seine Hauptaufgabe ist die motorische Innervation des Zwerchfells. Sensorisch versorgt er Perikard, Pleura parietalis und Abschnitte des Peritoneum parietale (Abb. G-4.8).

Funktion: Der Nervus phrenicus ist ein gemischter Nerv und enthält motorische und sensorische Fasern (Abb. G-4.8). ■ Motorisch innerviert der N. phrenicus das Zwerchfell (S. 295), ■ sensorisch versorgt er Perikard, Pleura parietalis und durch die beiden Rami phrenicoabdominales verschiedene Abschnitte des Peritoneum parietale und Anteile des Peritoneum viscerale von Leber und Gallenblase.

Lage und Verlauf: Entwicklungsgeschichtlich ist er ein Halsnerv und erhält Fasern aus den zervikalen Rückenmarkssegmenten C 3–C 5, v. a. aus C 4 (S. 902). Auf dem M. scalenus ant. (Abb. L-1.4) zieht er ventral vom N. vagus in die Apertura thoracis superior und verläuft ventral vom Lungenstiel nach kaudal.

Lage und Verlauf: Der Nervus phrenicus ist entwicklungsgeschichtlich ein Halsnerv und erhält Fasern aus den Halssegmenten C 3–C 5, hauptsächlich aus dem Segment C 4 (S. 902). Auf seinem Kennmuskel, dem M. scalenus anterior (Abb. L-1.4), tritt er ventral vom N. vagus in die Apertura thoracis superior ein und verläuft in der Brusthöhle ventral vom Lungenstiel nach kaudal. Im Mediastinum verläuft er zusammen mit den Vasa pericardiacophrenica im so genannten „Septum pleuropericardiale“, einer dünnen Schicht aus lockerem fasrigem Bindegewebe zwischen Perikard und Pleura parietalis.

4 Leitungsbahnen und topografische Beziehungen im Mediastinum

Nervus phrenicus

G

⊙ G-4.8

639

4.3 Nerven und Nervengeflechte im Mediastinum

Innervationsgebiete des Nervus phrenicus C3 C4 C5 N. phrenicus dexter

Perikardhšhle mit Herz

N. phrenicus sinister

M. scalenus anterior

Pleurahšhle

Interkostalmuskulatur

V. subclavia

Innervation des Perikards (Rr. pericardiaci)

Rippe Pleura parietalis, Pars mediastinalis Pericardium Diaphragma

a

Nn. intercostales Innervation des Diaphragmas

Pleura parietalis, Pars diaphragmatica Peritoneum parietale

b

efferente Fasern

Diaphragma

afferente Fasern

(Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

a Schematische Darstellung des N. phrenicus mit Ästen zu den durch ihn innervierten Strukturen. b Innervation des Perikards und des Diaphragmas durch den N. phrenicus.

Äste: Im Mediastinum gibt der N. phrenicus ■ Rr. pericardiaci zum Herzbeutel ab. ■ Weitere unbenannte Äste versorgen sensorisch die Pleura parietalis. Auf dem Zwerchfell verteilt sich der N. phrenicus in seine ■ motorischen Endäste, welche die verschiedenen Abschnitte des Zwerchfells innervieren. ■ Die beiden rein sensiblen Rami phrenicoabdominales treten durch das Zwerchfell, rechts durch das Foramen venae cavae, links weiter ventral am linken Herzrand vorbei durch eine unbenannte Durchtrittsstelle in der Nähe des Hiatus oesophageus (S. 538), in den Bauchraum über. Dort innervieren sie das Peritoneum des Oberbauchs. ▶ Klinik. Eine Reizung des N. phrenicus führt zum „Schluckauf“ (Singultus). Bei einer Läsion des N. phrenicus kommt es zu einem Zwerchfellhochstand auf der betroffenen Seite (vgl. Abb. G-2.11b) und damit zur Behinderung der Atmung. Fasern, die den N. phrenicus bilden, können nicht nur während ihres peripheren Verlaufs, sondern auch im Bereich der Nervenwurzel(n) (radikuläre Schädigung) und im Rückenmark (segmentale Schädigung) verletzt werden. Ursachen können Unfälle (HWS-Schleudertrauma), Tumoren bzw. deren Metastasen und krankhafte Prozesse an Organen im Mediastinum sein. Bei beidseitigem Ausfall mit kompletter Parese (Lähmung) des Zwerchfells kommt es zu lebensbedrohlichen Atemstörungen.

Äste: ■ Rr. pericardiaci zum Herzbeutel, ■ unbenannte zur Pleura parietalis, ■ auf dem Zwerchfell motorische Endäste für verschiedene Abschnitte des Zwerchfels. ■ Die sensiblen Rr. phrenicoabdominales innervieren nach Durchtritt des Zwerchfells (S. 538) das Peritoneum im Oberbauch.

▶ Klinik.

640

G

4.4

Beziehungen von Leitungsbahnen zu Organen im Mediastinum

4.4

4.4.1

Topografische Beziehungen zu Trachea und Hauptbronchien

4 Leitungsbahnen und topografische Beziehungen im Mediastinum

Beziehungen von Leitungsbahnen zu Organen im Mediastinum

4.4.1 Topografische Beziehungen zu Trachea und Hauptbronchien

Trachea: Die Pars thoracalis der Trachea besitzt folgende topografische Beziehungen: ■ Ventral zur V. thyroidea inf., Vv. brachiocephalicae, Arcus aortae, A. carotis comm. sin., Plexus pulmonalis und Plexus cardiacus. ■ Rechts zum jeweils rechten N. vagus, N. laryngeus recurrens, Hauptbronchus und zur V. azygos. ■ Links zum Aortenbogen, linker A. carotis comm., A. subclavia. und N. laryngeus sin. ■ Dorsal von der Trachea verläuft der Ösophagus.

Trachea: Die im Mediastinum superius verlaufende Pars thoracalis der Trachea steht ventral in topografischer Beziehung zur V. thyroidea inferior, der V. brachiocephalica dextra und sinistra, dem Aortenbogen, Truncus brachiocephalicus, A. carotis communis, dem Plexus pulmonalis, dem tiefen Anteil des Plexus cardiacus sowie verschiedenen Lymphknoten. Auf der rechten Seite hat die Trachea topografische Beziehung zum N. laryngeus recurrens dexter (s. u.), in ihrem distalen Abschnitt zum rechten N. vagus sowie der V. azygos, die den rechten Hauptbronchus überkreuzt. Auf der linken Seite bestehen topografische Beziehungen der Trachea mit dem Aortenbogen, der A. carotis communis sinistra, der A. subclavia sinistra und dem linken N. laryngeus recurrens. Durch seinen Verlauf um den Aortenbogen liegt der N. vagus hier – anders als auf der rechten Seite – weiter von der Trachea entfernt. Der Aortenbogen schwingt sich auf Höhe der Bifurcatio tracheae, etwas oberhalb der transthorakalen Ebene (S. 641), über den linken Hauptbronchus und überkreuzt ihn. Die aus dem Aortenbogen austretenden Arterien (Truncus brachiocephalicus, A. carotis communis sinistra) begleiten die Trachea ventrolateral. Dorsal wird die Trachea vom Ösophagus begleitet. Topografische Nachbarschaftsbeziehungen der Pars cervicalis tracheae sind im Kap. Trachea (S. 930) erläutert.

Hauptbronchien: Ventral bestehen Beziehungen zu den Pulmonalarterien (links auch -venen).

Hauptbronchien: Die Aa. pulmonales treten ventral an die Hauptbronchien heran und begleiten sie zur Lunge. Kaudal der A. pulmonalis haben die Vv. pulmonales sinistrae links häufig noch Kontakt mit der Ventralfläche des linken Hauptbronchus.

4.4.2

4.4.2 Topografische Beziehungen zum Ösophagus

Topografische Beziehungen zum Ösophagus Funktionelle Aspekte und Wandbau des Ösophagus sind aufgrund der Einheit mit dem Magen-Darm-Trakt im Kap. Speiseröhre (S. 679) beschrieben, der intrathorakale Verlauf und Beziehungen zu anderen Organen der Brusthöhle jedoch an dieser Stelle. Der Ösophagus zeigt im hinteren Mediastinum einen geschwungenen Verlauf zunächst links und dann rechts von der Medianabene (Abb. I-1.4c). Er kreuzt den Aortenbogen (S. 627) und zieht dorsal des linken Hauptbronchus, ventralrechts der Aorta nach kaudal. In Höhe der transthorakalen Ebene hat er folgende Lagebeziehungen: ■ ventral: Trachealbifurkation, ■ links: Aortenbogen, ■ rechts: V. azygos, ■ dorsal: Ductus thoracicus und Truncus sympathicus. ■ Weiter kaudal besteht Kontakt zum linken Vorhof (S. 582) und die Aorta schiebt sich zwischen Ösophagus und Wirbelsäule.

Der Ösophagus (Speiseröhre) als Teil des Rumpfdarms ähnelt in seinem Wandbau den anderen Abschnitten des muskulären Verdauungstrakts. Daher wird er zusammen mit dem Magen-Darm-Trakt als funktionelle Einheit besprochen (S. 679), obwohl er topografisch größtenteils in der Brusthöhle liegt. Aufgrund seiner Lagebeziehungen zu anderen intrathorakalen Organen wird sein Verlauf jedoch an dieser Stelle beschrieben. Der Ösophagus verläuft zunächst im oberen, dann im unteren hinteren Mediastinum in einem leicht geschwungenen Bogen zunächst links und dann etwas rechts der Medianebene nach unten und entfernt sich dabei zunehmend von der Wirbelsäule (vgl. Abb. I-1.4c). Unmittelbar über dem Zwerchfell liegt der Ösophagus 1–1,5 cm von der Wirbelsäule entfernt. Er kreuzt den Aortenbogen, der links am Ösophagus zusammen mit dem linken Hauptbronchus eine „Delle“, die mittlere Ösophagusenge (S. 681), auf Höhe der transthorakalen Ebene (Projektion BWK IV/V) hervorruft, und zieht dorsal des linken Hauptbronchus, ventral-rechts der Aorta thoracica nach kaudal. Auf Höhe der transthorakalen Ebene wird der Ösophagus von folgenden Strukturen begleitet: ■ ventral von der Bifurcatio tracheae, ■ links vom Arcus aortae, ■ rechts von dem Bogen der V. azygos auf ihrem Weg zur V. cava superior und ■ dorsal von Ductus thoracicus und Truncus sympathicus. Weiter kaudal verläuft der Ösophagus an der Hinterwand des linken Vorhofs (S. 582) vorbei. Dorsal schiebt sich die Aorta zwischen Ösophagus und Wirbelsäule, bevor die Speiseröhre durch den Hiatus oesophageus (S. 538) des Zwerchfells in die Bauchhöhle eintritt.

G

4.5

Topografische Orientierungspunkte zur Projektion

Zur Beschreibung der Projektion von inneren Organen auf die Körperoberfläche nutzt man knöcherne „Landmarken“, die von außen sicht- oder tastbar sind und anhand derer sich Orientierungslinien ableiten lassen. Dies ermöglicht eine Höhenlokalisation, die beispielsweise bei operativen Eingriffen eine Rolle spielt. Für die Lage von Strukturen im Thorax spielen neben den in Tab. C-2.1 genannten Orientierungslinien folgende eine Rolle: ■ Die Interspinallinie verbindet die beiden Spinae scapulae miteinander und schneidet die Wirbelsäule beim Dornfortsatz Th III (vgl. Abb. C-1.11). Da die Dornfortsätze im Bereich der oberen Brustwirbelsäule schräg abwärts verlaufen (S. 255), liegt ventral des Dornfortsatzes von Th III der Wirbelkörper von Th IV. Beim Patienten projiziert sich die Grenze zwischen oberem und unterem Mediastinum dorsal leicht unterhalb der Interspinallinie. ■ Die insbesondere im angloamerikanischen Raum als „transthorakale“ Ebene (Abb. G-1.2b) bezeichnete Orientierungsebene, verläuft horizontal durch den Angulus sterni. Sie trifft dorsal etwa die Bandscheibe zwischen viertem und fünftem Brustwirbelkörper (BWK IV und BWK V). Etwas oberhalb dieser Ebene projiziert sich beispielsweise die Aufteilungsstelle der Trachea (Bifurcatio tracheae). Das Centrum tendineum (S. 296) des Zwerchfells liegt in Atemruhelage auf Höhe der Synchondrose zwischen Corpus sterni und Proc. xiphoideus sterni (Synchondrosis xiphosternalis) und projiziert sich dorsal auf die Bandscheibe zwischen BWK VIII und IX.

4.6

Entwicklung der großen Gefäße

V. cardinalis anterior (vordere Kardinalvene)

Schlundbogenarterien (Aortenbögen) Herz dorsale Aorta V. cardinalis posterior (hintere Kardinalvene) V. vitellina/omphalomesenterica (Dottervene)

A. carotis interna

A. vitellina/omphalomesenterica (Dotterarterie)

ventrale Aortenwurzel Gefäßgeflecht im Dottersack

Chorionplatte der Plazenta V. umbilicalis (Nabelvene) A. umbilicalis (Nabelarterie)

In der 4. Entwicklungswoche ist im menschlichen Embryo ein System aus einem zweikammerigen Herzen sowie drei miteinander kommunizierenden und zum größten Teil symmetrisch angelegten Gefäßsystemen ausgebildet: Neben dem intraembryonalen Kreislauf gibt es einen Dottersack- und Plazentakreislauf (S. 877). (Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl., nach Drews)

Topografische Orientierungspunkte zur Projektion

Zur Projektion von inneren Organen auf die Körperoberfläche nutzt man knöcherne „Landmarken“ und Orientierungslinien. Für die Lage von Strukturen im Thorax sind neben den in Tab. C-2.1 genannten folgende wichtig: ■ Interspinallinie: Verbindung beider Spinae scapulae, schneidet BWK IV und den Dornfortsatz von Th III. Leicht kaudal dieser Linie projiziert sich die Grenze zwischen oberem und unterem Mediastinum. ■ Transthorakale Ebene: horizontale Ebene durch Angulus sterni in Höhe von BWK IV/V (Abb. G-1.2b). Etwas oberhalb dieser Ebene liegt z. B. die Bifurcatio tracheae. ■ Das Centrum tendineum (S. 296) liegt auf gleicher Höhe mit der Synchondrosis xiphosternalis und der Bandscheibe zwischen BWK VIII und IX (Atemruhelage).

Entwicklung der großen Gefäße

Abb. G-4.9 soll zum Verständnis der Anlage großer embryonaler Gefäße beitragen.

⊙ G-4.9

Frühembryonales Herz-Kreislauf-System Schlundtaschen

4.5

4.6

Zum Verständnis nachfolgend beschriebener Vorgänge der sich im Embryonalkreislauf entwickelnden großen Gefäße dient die Darstellung des Herz-Kreislauf-Systems eines ca. 4 Wochen alten Embryos in Abb. G-4.9.

⊙ G-4.9

641

4.6 Entwicklung der großen Gefäße

642

G

4.6.1

4.6.1 Arterielle Gefäße – Differenzierung der Aortenbögen

Arterielle Gefäße – Differenzierung der Aortenbögen

▶ Synonym.

4 Leitungsbahnen und topografische Beziehungen im Mediastinum

▶ Synonym. Aortenbögen = Schlundbogenarterien = Kiemenbogenarterien = Bronchialarterien

Die großen herznahen Gefäße entwickeln sich aus den Aortenbögen (Tab. G-4.2 u. Abb. G-4.10).

▶ Merke.

Der Herzschlauch pumpt das Blut über den Truncus arteriosus in einen nachfolgenden erweiterten Abschnitt, den Saccus aorticus. Vom Saccus aorticus entspringen die paarigen Aortenbögen (Tab. G-4.2 u. Abb. G-4.10). Sie bilden die großen herznahen Gefäße. Während der Entwicklung werden 6 Aortenbögen angelegt, die vom Truncus arteriosus und dem nachfolgenden Saccus aorticus abgehen und in die beiden zunächst paarigen dorsalen Aorten münden. In der 5. Entwicklungswoche vereinigen sich die beiden dorsalen Aorten zur unpaaren Aorta descendens (communis). Die 1., 2. und 5. Schlundbogenarterien werden überwiegend zurückgebildet. Die 3., 4. und 6. Schlundbogenarterien bleiben erhalten und bilden die großen herznahen Arterien. Die 3. Schlundbogenarterie liefert Teile der A. carotis communis und distal zusammen mit der Aorta dorsalis die A. carotis interna. Die 4. Schlundbogenarterie stellt links einen Teil des Aortenbogens, rechts den proximalen Abschnitt der A. subclavia dextra. Die 6. Schlundbogenarterie bildet schließlich proximal die A. pulmonalis. Der distale Abschnitt bildet sich rechts zurück, links bildet er den Ductus arteriosus Botalli (S. 150) und verbindet die A. pulmonalis mit dem Aortenbogen. ▶ Merke. Die Aortenbögen bestehen nie alle gleichzeitig: Die ersten beiden haben

sich bei Entstehung des sechsten Aortenbogens bereits zurückgebildet.

≡ G-4.2

≡ G-4.2

Embryonale Aortenbögen und ihre Abkömmlinge

embryonaler Aortenbogen I

(Rückbildung)

II III

IV

⊙ G-4.10

Adultes Gefäß



proximal:

Teile der A. carotis communis (Rest durch ventrale Aorta)



distal:

A. carotis interna



links:

Teil des definitiven Aortenbogens (Arcus aortae)



rechts:

proximale A. subclavia

V

(wenn angelegt: Rückbildung)

VI



proximal bds.: proximaler Teil der A. pulmonalis



distal links:

Ductus arteriosus Botalli (S. 150)



(distal rechts:

Rückbildung)

Differenzierung der Aortenbögen dorsale Aorta

A. carotis interna

ventrale Aorta

A. carotis externa

A. carotis externa

Schlundbogenarterie (Aortenbögen) 1. A. carotis communis dextra

2. 3. 4.

Aortenbogen

A. subclavia dextra

5. 6. 7. Intersegmentalarterie

a

segmentale Rumpfarterien

Ductus arteriosus

Truncus brachiocephalicus

A. carotis interna

A. subclavia dextra

A. carotis communis

Truncus brachiocephalicus

A. subclavia sinistra Lig. arteriosum

A. pulmonalis

b

7. Segmentarterie (A. subclavia sinistra)

Aorta ascendens

Aorta descendens

A. pulmonalis

c

G

643

4.6 Entwicklung der großen Gefäße

4.6.2 Venöse Gefäße – Differenzierung des Kardinalvenensystems

4.6.2

Die großen mediastinalen Venen gehen aus den Kardinalvenen (Venae cardinales) hervor, die in der 3. bis 4. Entwicklungswoche neben Dotter- und Nabelvenen (Venae vittelinae und Venae umbilicales) als eines der drei großen Venenpaare angelegt sind. Das System der Kardinalvenen besteht aus den jeweils paarigen vorderen und hinteren Kardinalvenen (Venae cardinales anteriores und posteriores), die venöses Blut aus den kranialen bzw. kaudalen Teilen des Embryos in den Sinus venosus zurückleiten (Abb. G-4.11). Die vordere und hintere Kardinalvene einer Seite vereinigen sich vor ihrem Eintritt in den Sinus venosus und bilden ein gemeinsames Endstück, die Vena cardinalis communis sinistra bzw. dextra (Ductus Cuvieri sin./dext.). Zwischen den Kardinalvenen bilden sich verschiedene Queranastomosen aus. So entsteht die V. brachiocephalica sinistra aus einer Queranastomose zwischen linker und rechter V. cardinalis anterior (Abb. G-4.11a und Abb. G-4.11b). In der 5. bis 7. Woche der Embryonalentwicklung bilden sich zusätzlich drei weitere Venensysteme aus: Supra-, Sub- und Sakrokardinalvenen. Die Suprakardinalvenen (Venae supracardinales) ersetzen die vorderen Kardinalvenen und entwickeln sich zum Azygos-System.

Die großen mediastinalen Venen gehen aus den Kardinalvenen (Vv. cardinales) hervor (Abb. G-4.11).

⊙ G-4.11

Venöse Gefäße – Differenzierung des Kardinalvenensystems

Entwicklung der großen Körpervenen aus den Kardinalvenen Herz

V. cardinalis anterior V. cardinalis communis dextra

Anastomose der kranialen Kardinalvenen (V. brachiocephalica sinistra) Lebersegment der spŠteren V. cava inferior

V. cardinalis Niere communis V. cardinalis V. supraV. cardinalis anterior cardinalis posterior

V. azygos V. hemiazygos

V. subcardinalis

V. supracardinalis

Lebersegment der V. cava inferior

renales Segment der spŠteren V. cava inferior

Vv. renales V. cardinalis posterior

V. testicularis/ ovarica sinistra

Herz

V. sacrocardinalis

renales Segment der V. cava inferior

Nabelvene Dottervene

a

V. cava superior Sinus coronarius

b

V. testicularis/ ovarica sinistra V. subcardinalis

V. sacrocardinalis

c

V. iliaca communis sinistra Sakrokardinalsegment der V. cava inferior

a Kardinalvenensystem während der Embryonalentwicklung zwischen der 5. und 7. Entwicklungswoche in der Ansicht von ventral b und von lateral c sowie zum Zeitpunkt der Geburt in der Ansicht von ventral.

Bauch- und Beckenraum – Gliederung

1

Peritoneal- und Lageverhältnisse der Organe im Bauch- und Beckenraum 647

2

Entwicklung der Peritonealverhältnisse

664

H

1

Peritoneal- und Lageverhältnisse der Organe im Bauch- und Beckenraum

1.1 1.2 1.3 1.4 1.5

Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Gliederung des Bauch-Becken-Raums . . . . . . . . Peritoneum und seine Beziehung zu Organen . . . Peritonealverhältnisse in der Cavitas peritonealis. Kleines Becken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

. . . . .

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. . . . .

. . . . .

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. . . . .

H

647 648 651 652 661

J. Kirsch

1.1

Einführung

▶ Definition. Anders als bei der Brusthöhle (S. 533) haben sich für die Bauch- und Beckenhöhle auch die Bezeichnungen Bauch- und Beckenraum eingebürgert, sodass im Folgenden für diese topografischen Körperhöhlen (S. 521) die Begriffe synonym verwendet werden. Im Unterschied hierzu bezeichnet der Begriff Peritonealhöhle den von Peritoneum begrenzten kapillaren Spalt (s. u.).

Während die Bauchhöhle (Cavitas abdominalis) gegen die Brusthöhle (Cavitas thoracis) durch das Zwerchfell (Diaphragma) klar abgegrenzt ist, geht sie ohne Trennung durch anatomische Strukturen in die Beckenhöhle (Cavitas pelvis) über. Eine Unterteilung erfolgt lediglich nach topografischen Gesichtspunkten, nach denen die Linea terminalis (S. 328) die Grenze zwischen der kranialen Bauch- und der kaudal gelegenen Beckenhöhle darstellt. ▶ Klinik. Das klinische Bild des „akuten Abdomens“ verdeutlicht, dass der Bauch als Körperabschnitt zwischen Thorax und Becken nicht streng von Letzterem zu trennen ist. Man versteht unter dem akuten Abdomen einen typischen Symptomkomplex, der durch unterschiedliche akute Prozesse innerhalb der als Einheit anzusehenden Bauch-Becken-Höhle verursacht wird: Starke abdominelle Schmerzen sind gepaart mit „Abwehrspannung“, d. h. bereits bei vorsichtiger Palpation der Bauchdecke ist diese durch Verkrampfung der Bauchmuskulatur „bretthart“. Die Störung der Darmfunktion/-entleerung kann bis zur vollständigen Lähmung der Peristaltik reichen und ist als Veränderung gegenüber physiologischen Darmgeräuschen mit dem Stethoskop auskultierbar. Der betroffene Patient zeigt sich stets in schlechtem Allgemeinzustand, evtl. mit Fieber. Zugrunde liegen können Entzündungen, z. B. Appendizitis (S. 714), akute Cholezystitis (S. 745), Divertikulitis (S. 715), akute Pankreatitis (S. 750), Perforation, z. B. Wanddurchbruch, häufig auf dem Boden eines Magen(S. 698) oder Zwölffingerdarmgeschwürs sowie Verschluss eines Hohlorgans, z. B. Darmverschluss = Ileus, Verlegung der Gallenwege (S. 743) oder des Harnleiters (S. 778). Häufig gibt bereits die Schmerzcharakteristik einen Hinweis auf mögliche Ursachen, bei denen neben o. g. auch Störungen der viszeralen Durchblutung und gynäkologische Erkrankungen in Betracht gezogen werden sollten. Aufgrund der drohenden Gefahr von Kreislaufstörungen und Schock erfordert das akute Abdomen immer eine zügige Abklärung.

1.1

Einführung

▶ Definition.

Bauch- (Cavitas abdominalis) und Beckenhöhle (Cavitas pelvis) bilden eine funktionelle Einheit: Die Linea terminalis (S. 328) bildet die topografische Grenze zwischen beiden Höhlen.

▶ Klinik.

648

H 1 Peritoneal- und Lageverhältnisse der Organe im Bauch- und Beckenraum

1.2

1.2

Gliederung des Bauch-BeckenRaums Der als Einheit anzusehende Raum kann untergliedert werden: ■ anhand des Peritoneums ■ in transversale Stockwerke ■ in frontale Schichten Eine weitere Zuordnung wird durch die Einteilung der Bauchwand in Quadranten erreicht.

Einteilung durch das Peritoneum: in folgende Anteile (Abb. H-1.1): ■ Die Peritonealhöhle ist ein kapillarer Verschiebespalt zwischen den intraperitonealen Organen (Tab. H-1.3) und der von parietalem Peritoneum ausgekleideten Wand. ■ Das Spatium extraperitoneale wird unterteilt in das dorsal gelegene Spatium retroperitoneale und die kaudal gelegenen Spatia retropubicum und retroinguinale (früher zusammengefasst als Spatium subperitoneale). Hier liegen die extraperitonealen Organe (Tab. H-1.3).

⊙ H-1.1

Gliederung des Bauch-Becken-Raums

Eine Untergliederung dieser als Einheit anzusehenden Räume erfolgt nach verschiedenen Gesichtspunkten: ■ Durch den Verlauf des Bauchfells (Peritoneum) kann anatomisch ein intraperitonealer von einem extraperitonealen Anteil unterschieden werden. ■ Die Unterteilung in transversale Stockwerke oder ■ frontale Schichten ist hinsichtlich der Lagebeschreibung einzelner Organe innerhalb des Bauch-Becken-Raumes und ihrer Beziehung zueinander hilfreich. Eine weitere Zuordnung ist mit Hilfe der Organprojektion auf Regionen der Bauchwand (S. 323) bzw. deren Einteilung in Quadranten möglich. Einteilung durch das Peritoneum: Durch den Verlauf des Bauchfells unterscheidet man folgende Anteile (Abb. H-1.1): ■ Cavitas peritonealis (abdominis bzw. pelvis je nach Lage kranial oder kaudal der Linea terminalis), die Peritonealhöhle. Sie ist wie die Perikard- und Pleurahöhle keine Höhle im eigentlichen Wortsinn, sondern vielmehr ein Komplex aus sich dauernd verändernden, kapillaren Verschiebespalten zwischen den intraperitoneal gelegenen Organen (Tab. H-1.3) und den von Peritoneum parietale ausgekleideten Wänden der Peritonealhöhle. ■ Spatium extraperitoneale (abdominis bzw. pelvis), ein Bindegewebsraum der sich als Spatium retroperitoneale (S. 765) zwischen der dorsalen Leibeswand und dem ventral angrenzenden parietalen Peritoneum (s. u.) befindet und kaudal in das Spatium retroinguinale (S. 662) und das Spatium retropubicum übergeht. Früher wurden beide Spatia zum Spatium subperitoneale zusammengefasst. Im Spatium extraperitoneale liegen die primär und sekundär retroperitonealen sowie die subperitonealen Organe (Tab. H-1.3).

⊙ H-1.1

Peritonealhöhle im Bauch- und Beckenraum

Diaphragma

Oesophagus

Hepar Gaster

Bursa omentalis Pancreas

Mesocolon transversum Colon transversum

Aorta abdominalis Duodenum Mesenterium

Omentum majus

Peritoneum parietale

Jejunum und Ileum

Peritoneum viscerale

Excavatio rectovesicalis

Promontorium

Vesica urinaria Rectum

Mediansagittalschnitt: Die Cavitas peritonealis ist lediglich topografisch in einen Bauch- und einen Beckenanteil untergliedert (farblich unterschiedlich markiert). Dorsal und kaudal der Peritonealhöhle erstreckt sich das Spatium extraperitoneale. (Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

H 1.2 Gliederung des Bauch-Becken-Raums

649

Einteilung in transversale Stockwerke: Abhängig von ihrer Lage zu einer horizontal durch den Nabel gezogenen Linie können die Organe in der Bauchhöhle dem Oberbzw. dem Unterbauch zugeordnet werden. Hierbei ist allerdings zu beachten, dass das Colon transversum trotz seiner Lokalisation im Oberbauch funktionell dem Unterbauch zuzurechnen ist. Oft wird auch das Querkolon als Grenze zwischen Oberund Unterbauch angesehen. Da es sich jedoch in unterschiedlicher Höhe befinden kann und darüber hinaus von außen nicht sichtbar ist, eignet sich die Orientierung anhand der Nabellinie in der Praxis besser. Zusammen mit der Beckenhöhle (Beginn: Linea terminalis) ergibt sich so eine Einteilung in drei transversale „Stockwerke“ (Tab. H-1.1). Letztere stehen in keinem Zusammenhang mit den gelegentlich auch als „Beckenstockwerke“ bezeichneten Etagen des kleinen Beckens (S. 661).

Einteilung in transversale Stockwerke: Die Bauchorgane werden durch ihre Lage zu einer horizontal durch den Nabel gezogenen Linie dem Ober- oder Unterbauch zugeordnet. Trotz seiner Lage im Oberbauch ist das Querkolon funktionell dem Unterbauch zuzurechnen.

≡ H-1.1

Einteilung der Bauch- und Beckenhöhle in transversale Stockwerke

Stockwerk

Organe

Oberbauch



Magen (S. 693)



Duodenum (S. 705)



Leber (S. 734), Gallenwege (S. 742) und Gallenblase (S. 744)



Pankreas (S. 748)



Milz (S. 184)



Jejunum und Ileum (S. 708)



Zäkum und Teile des Kolons (S. 712)



Rektum (S. 719)



Harnblase (S. 779)



Endabschnitte der Ureteren



♀ Uterus (S. 799), Tuben (S. 797), Ovarien (S. 795), Vagina (S. 805)



♂ Ductus deferens (S. 831), Prostata (S. 833), Glandula vesiculosa (S. 832)

Unterbauch kleines Becken

▶ Merke. Die Einteilung in Ober- und Unterbauch wird im klinischen Alltag häufig

Mit den Beckenorganen ergeben sich 3 Stockwerke (Tab. H-1.1).

≡ H-1.1

▶ Merke.

benutzt. Sie bezieht sich lediglich auf die Lage eines Organs oder das Auftreten von Schmerzen in Bezug zur horizontalen Linie durch den Nabel und nicht auf die Zugehörigkeit eines Organs zum oberen oder unteren Gastrointestinaltrakt. Einteilung in frontale Schichten: Man unterscheidet drei von ventral nach dorsal aufeinander folgende Schichten (Tab. H-1.2), die z. B. bei der Planung und Durchführung chirurgischer Eingriffe von Bedeutung sein können.

Einteilung in frontale Schichten: Von ventral nach dorsal unterscheidet man 3 Schichten (Tab. H-1.2).

650

≡ H-1.2

H 1 Peritoneal- und Lageverhältnisse der Organe im Bauch- und Beckenraum

Einteilung der Bauchhöhle in frontale Schichten

Schicht

Organsystem

ventrale Schicht

Verdauungssystem

Organe hepatobiliäres System: Leber

■ ■

Gallenwege



Gallenblase

Ansicht in Projektion auf die ventrale Bauchwand* Gaster

Hepar

Gastrointestinaltrakt: ■ Magen

Urogenitalsystem



Jejunum



Ileum



Colon transversum



Harnblase

Colon transversum

Intestinum tenue (Jejunum, Ileum)

mittlere Schicht



Pankreas



Duodenum



Colon ascendens und descendens

Lymphatisches System



Milz

Urogenitalsystem



Uterus



Tuben



Ovarien

Verdauungssystem

Vesica biliaris (fellea)

Pancreas Splen

Duodenum Colon descendens

Colon ascendens mit Caecum und Appendix vermiformis

dorsale Schicht

Herz-Kreislauf-System



große Gefäße

Urogenitalsystem



Nieren



Ureteren



Nebennieren

Endokrines System

Gl. suprarenalis sinistra

Gl. suprarenalis dextra

Ren sinister Ren dexter Aorta abdominalis

Ureter dexter

Harnblase

Ureter sinister

* Zur Einteilung der ventralen Bauchwand in Quadranten und andere klinisch gebräuchliche Regionen (S. 323). Die Harnblase gehört zur ventralen Schicht, ist hier aber im Zusammenhang mit den Harnorganen dargestellt und fehlt in a. Abbildungen aus Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.

H

1.3

651

1.3 Peritoneum und seine Beziehung zu Organen

Peritoneum und seine Beziehung zu Organen

1.3.1 Peritoneum (Bauchfell) ▶ Definition. Das Peritoneum (gr.: das Herum- oder Ausgespannte) ist die seröse Haut der innerhalb von Bauch- und Beckenraum gelegenen Peritonealhöhle.

Funktion und Aufbau: Es entspricht in Funktion und Feinbau anderen serösen Häuten (S. 523). Man unterscheidet auch hier zwischen einem die intraperitonealen Organe (s. u.) überziehenden Blatt (Peritoneum viscerale), und dem Wand auskleidenden Peritoneum parietale. Die als Transsudat entstehende Peritonealflüssigkeit (50– 70 ml) dient der besseren Verschieblichkeit der intraperitoneal gelegenen Organe untereinander und gegenüber den Wänden der Peritonealhöhle. Dies ist hier besonders wichtig, da, anders als bei Herz und Lunge, nicht nur ein Organ von der Serosa umhüllt wird. Die von Peritoneum überzogenen Organe unterliegen zwar nicht so schnellen Volumenänderungen wie die beiden Organe der Brusthöhle mit Serosaüberzug, jedoch liegen viele Organe mit wechselnden Füllungszuständen dicht beieinander. Auch in der Peritonealhöhle genügen wenige Milliliter Peritonealflüssigkeit, um ein Gleiten der Organe gegeneinander zu ermöglichen; gesteigerte Flüssigkeitsansammlungen = Aszites (S. 526). Die Oberfläche des Peritoneums beträgt beim Erwachsenen ca. 2 m2 und entspricht damit in etwa der Körperoberfläche. Lymphkapillaren im Peritoneum stehen über spezielle Öffnungen (Stomata) direkt mit der Peritonealhöhle in Verbindung ▶ Klinik. Die große Oberfläche in Verbindung mit den außerordentlich guten resorptiven Eigenschaften des Peritoneums hat zur Folge, dass jede bakterielle Infektion der Bauchhöhle (Peritonitis) sehr gefährlich ist: Bakterielle Toxine (z. B. Lipopolysaccharide in der Wand bestimmter Bakterien = Endotoxine) können rasch in den Kreislauf gelangen und dort zu einem Kreislaufversagen (Endotoxinschock) führen. Als Folge einer Peritonitis oder nach chirurgischen Eingriffen in die Bauchhöhle kann es zu Verwachsungen und zu Verklebungen der Peritonealblätter kommen, die zu Schmerzen und sogar zu einem Darmverschluss (Ileus) führen können.

1.3

Peritoneum und seine Beziehung zu Organen

1.3.1

Peritoneum (Bauchfell)

▶ Definition.

Funktion und Aufbau: des Bauchfells, bei dem man Peritoneum viscerale und parietale unterscheidet, entsprechen denen anderer seröser Häute (S. 523). Durch die besondere Anordnung vieler Organe mit wechselndem Füllungszustand in der Bauchhöhle ist deren Verschieblichkeit gegeneinander besonders wichtig. Sie wird durch die Peritonealflüssigkeit gewährleistet, vgl. Aszites (S. 526).

Die Oberfläche des Peritoneums entspricht etwa der des Körpers.

▶ Klinik.

Die als Maculae lacteae (S. 526) bezeichneten Ansammlungen von Makrophagen und anderen Abwehrzellen sind im Omentum majus (S. 657) besonders zahlreich, wodurch es besonders effektiv auf lokale entzündliche Prozesse reagieren kann. Innervation: Das Peritoneum parietale ist im Gegensatz zum viszeralen Peritoneum sensibel innerviert. Mit Ausnahme der Unterseite des Zwerchfells, wo das Peritoneum parietale über den N. phrenicus (S. 638) sensibel innerviert wird, verlaufen die sensiblen Fasern in den segmentalen Nerven, den Nervi spinales (S. 206). Im viszeralen Peritoneum finden sich neben efferenten autonomen Nervenfasern, relativ viele freie Nervenendigungen, Mechanorezeptoren sowie viszeroafferente Nervenfasern. Dennoch ist unklar, warum das viszerale Peritoneum nahezu schmerzunempfindlich ist. ▶ Klinik. Lokal entzündliche Prozesse, z. B. Magen- (S. 698) oder Zwölffingerdarm-

geschwür, Appendizitis (S. 714) oder Cholezystitis (S. 745), greifen, sobald sie das Peritoneum viscerale erreichen, leicht auf das Peritoneum parietale über. Wegen der guten sensiblen Innervation des parietalen Peritoneums ist eine Peritonitis daher immer äußerst schmerzhaft und geht mit einer Erhöhung der Abwehrspannung der Bauchdecken einher.

Innervation: Das Peritoneum parietale ist im Gegensatz zum viszeralen Peritoneum sensibel innerviert: Nn. spinales (S. 206) und N. phrenicus (S. 638).

▶ Klinik.

652

H 1 Peritoneal- und Lageverhältnisse der Organe im Bauch- und Beckenraum

1.3.2

1.3.2 Lagebeziehung der Organe zum Peritoneum

Lagebeziehung der Organe zum Peritoneum Die Lage wird hinsichtlich der Peritonealbeziehung charakterisiert (Tab. H-1.3)

≡ H-1.3

Die Lage der Organe im Bauch- und Beckenraum wird in Bezug zum Peritoneum unterschieden (Tab. H-1.3).

Lagebeziehung der Bauch- und Beckenorgane zum Peritoneum

Lage

Peritonealbezug

Organe

intraperitoneal = innerhalb der Peritonealhöhle gelegen (①)

Das jeweilige Organ ■ ist allseits vom Peritoneum viscerale überzogen





mit dem Spatium extraperitoneale über ein „Meso“ verbunden



Cavitas peritonealis abdominis: Magen, Jejunum, Ileum, Colon transversum, Colon sigmoideum, Leber, Milz Cavitas peritonealis pelvis:Uterus, Tuben, Ovarien

extraperitoneal* = außerhalb Das jeweilige Organ der Peritonealhöhle gelegen ■



retroperitoneal = im Retroperitonealraum (Spatium retroperitoneale) → „hinter“ dem Peritoneum parietale

subperitoneal = im Subperitonealraum (Spatia retroinguinale und retropubicum)→ „unter“ dem Peritoneum parietale



ist ventral (meist nur teilweise) von Peritoneum parietale überzogen







ist auf seiner Oberseite von Peritoneum parietale überzogen

primär retroperitoneal (②): Niere, Nebenniere, Ureter sekundär retroperitoneal (③)**: Pankreas, Duodenum, Colon ascendens und descendens



Harnblase, Rektum



♂: Prostata, Glandula vesiculosa



♀: Cervix uteri

schematische Darstellung Peritoneum parietale

Cavitas peritonealis

1

Peritoneum viscerale Meso 3

2

Aorta abdominalis

Spatium LWS retroperitoneale

Horizontalschnitt auf der Höhe der LWS in der Ansicht von kranial. Die Peritonealhöhle ist hier lediglich zur Verdeutlichung als weiter Hohlraum dargestellt, entspricht jedoch in situ vielmehr einem kapillaren Spalt.

*Manchmal wird der Begriff „extraperitoneal“ auch im Sinne von „ohne Kontakt zum Peritoneum“ verwendet. **Da manche Organe durch Umlagerungen während der Embryonalentwicklung von einer ursprünglich intraperitonealen in eine retroperitoneale Lage kommen, spricht man in diesem Fall von einer sekundär retroperitonealen Lage. Meist ist die ventrale Seite dieser Organe von Peritoneum viscerale überzogen.

1.4

Peritonealverhältnisse in der Cavitas peritonealis

1.4.1

Mesos intraperitonealer Organe

Von Peritoneum überzogene bindegewebige Platten verbinden die intraperitonealen Organe mit der dorsalen Abdominalwand. Sie werden nach dem jeweiligen Organ benannt, dem die Vorsilbe „Mes“ oder „Meso“ vorangestellt wird oder als Ligament bezeichnet. Am Übergang vom viszeralen zum parietalen Peritoneum liegt die Mesenterialwurzel (Radix), über die Leitungsbahnen an die jeweiligen Organe herantreten.

1.4

Peritonealverhältnisse in der Cavitas peritonealis

1.4.1 Mesos intraperitonealer Organe Die besondere Anordnung der intraperitonealen Organe, die gemeinsam in einer serösen Höhle liegen und über bindegewebige, von Peritoneum überzogenen Platten mit der rückseitigen Wand der Abdominalhöhle verbunden sind, ermöglicht ihnen zum einen Halt, zum anderen aber auch eine gewisse Beweglichkeit gegeneinander. Die von Peritoneum überzogenen Bindegewebsplatten werden nach dem jeweiligen Organ bzw. Organabschnitt benannt, dem die Silbe „Mes“ oder „Meso“ vorangestellt ist, oder (nach Abschluss der Umlagerungen während der Embryonalperiode) als Ligamentum (Band) bezeichnet. Mesenterium bezeichnet also z. B. die Befestigung des Dünndarms, Mesocolon transversum die des Querkolons in der Abdominalhöhle. Da beide Seiten der Bindegewebsplatten von Peritoneum überzogen sind, werden sie auch als Duplikaturen bezeichnet. Der Übergang vom viszeralen zum parietalen Peritoneum erfolgt an der Stelle, wo das Meso auf die rückwärtige Wand der Abdominalhöhle trifft. Diese Stelle wird bei Jejunum und Ileum als Radix mesenterii (Mesenterialwurzel) bezeichnet. Durch die Radix treten die Leitungsbahnen zur Versorgung des Mesos und des entsprechenden Organs bzw. Organabschnitts ein. In der Beckenhöhle entstehen die Mesos durch das Einwachsen ursprünglich extraperitoneal angelegter Organe (Uterus und Adnexe), die sich beim Einwachsen in die Beckenhöhle vorwölben und das sie umgebende Bindegewebe zu Mesos ausziehen.

653

H 1.4 Peritonealverhältnisse in der Cavitas peritonealis

⊙ H-1.2

Mesos des Darms

(Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

a Ansicht von ventral nach Entfernung von Omentum majus und intraperitoneal gelegenen Darmabschnitten. b Projektion der Mesenterialwurzeln auf das Skelett.

1.4.2 Recessus der Peritonealhöhle ▶ Definition. Unter einem Recessus versteht man im Allgemeinen die Ausbuchtung

1.4.2

Recessus der Peritonealhöhle

▶ Definition.

eines Hohlraums, wobei diese im Falle der Peritonealhöhle recht vielgestaltig sind. Man unterscheidet hier folgende Recessus: ■ Ausbuchtungen an der Hinterwand der Peritonealhöhle, die durch den Übergang eines Darmabschnitts von retro- nach intraperitoneal (oder umgekehrt) entstehen (z. B. Recessus duodenojejunalis superior und inferior, Abb. H-1.3). ▶ Klinik. Wenn die relativ frei beweglichen Darmschlingen in diesen Recessus ein-

Man unterscheidet folgende Recessus: ■ Ausbuchtungen des Peritoneums am Übergang eines Darmabschnitts von retro- zu intraperitonealer Lage (Abb. H-1.3). ▶ Klinik.

geklemmt werden (sog. „innere Hernie“, bei Einklemmung in einen der Recessus duodenalis als Treitz-Hernie bezeichnet), kommt es zu einer beeinträchtigten Passage des Darminhalts. In schweren Fällen kann es zu einem lebensbedrohlichen Darmverschluss (mechanischer Ileus) kommen. Werden dabei auch die Leitungsbahnen des eingeklemmten Darmsegments abgeklemmt, spricht man von einem Strangulationsileus. Bei einer Abklemmung der Blutzufuhr kommt es durch Sauerstoffmangel im Versorgungsbereich des entsprechenden Blutgefäßes zu einer Nekrose des betroffenen Darmabschnitts: Durch diesen pathologischen Untergang des Gewebes werden zahlreiche Mediatoren für Entzündungsprozesse und ggf. auch Toxine und Bakterien freigesetzt, die zu einer Peritonitis (S. 651) führen können. ■

Drainageräume, die als unvollständig gegeneinander abgegrenzte Räume zwischen den Anheftungsstellen der Organe und Organen bzw. Organabschnitten anzusehen sind (z. B. Recessus hepatorenalis, Recessus intersigmoideus) werden ebenfalls als Recessus oder Sulci bezeichnet. Sie sind mit Peritonealflüssigkeit gefüllt, die in diesen kapillaren Spalten frei zirkulieren kann.



Drainageräume zwischen Anheftungsstellen der Organe und den Mesenterialwurzeln werden als Recessus oder Sulci bezeichnet. Sie sind mit Peritonealflüssigkeit gefüllt.

654

H 1 Peritoneal- und Lageverhältnisse der Organe im Bauch- und Beckenraum ■

⊙ H-1.3

Weiterhin können auch weitgehend abgegrenzte Nebenräume der Peritonealhöhle (wie z. B. die Bursa omentalis, s. u.) sowie die Excavatio rectouterina = DouglasRaum (S. 658) und die Excavatio rectovesicalis als Recessus angesehen werden.

Recessus der Peritonealhöhle

Bezeichnung

Lage

Recessus der Hinterwand der Peritonealhöhle Recessus duodenalis

Recessus ileocaecalis

superior

kranial

inferior

kaudal

superior

kranial

inferior

kaudal

Recessus retrocaecalis

der Flexura duodenojejunalis

am ileozäkalen Übergang

von kaudal hinter dem Zäkum

Recessus als „Drainageräume“ parietokolischer Spalt

mesenterokolischer Spalt

links

links des Colon descendens

rechts

rechts von Caecum und Colon ascendens

links

zwischen Radix mesenterii und Colon descendens und sigmoideum

rechts

zwischen Radix mesenterii und Colon ascendens

Recessus intersigmoideus

von kaudal hinter dem Mittelteil des Sigmoids

Recessus hepatorenalis

zwischen Leber und rechter Niere/Nebenniere

Recessus subhepaticus

zwischen Leber und Colon transversum

Recessus subphrenici

paarig unter dem Zwerchfell

Recessus der Peritonealhöhle siehe Abb. H-1.5a, Recessus als „Drainageräume“ siehe Abb. H-1.5b.

▶ Klinik.

▶ Klinik. Bei vermehrter Produktion von Peritonealflüssigkeit, sog. Aszites (S. 526),

oder intraabdominellen Blutungen (z. B. nach stumpfem Bauchtrauma) sammeln sich diese Flüssigkeiten beim liegenden (!) Patienten bevorzugt im Recessus hepatorenalis (dem beim auf dem Rücken liegenden Patienten tiefsten Punkt der Bauchhöhle), wo sie sonografisch nachgewiesen werden können (s. Abb. H-1.4). Der Recessus hepatorenalis wird in der Klinik als „Morrison Pouch“ bezeichnet.

⊙ H-1.4

Flüssigkeit im Morrison Pouch (Delorme, S., Debus, J.: Duale Reihe Sonografie. Thieme, 2005)

655

H 1.4 Peritonealverhältnisse in der Cavitas peritonealis

⊙ H-1.5

Recessus der Peritonealhöhle Lebernische

Mesocolon V. cava inferior transversum (Radix)

Lig. hepatoduodenale Splen

Ren dexter

Recessus subhepaticus

Recessus subphrenici

Ren sinister

Duodenum

Recessus duodenalis superior

Anheftungsstelle des Colon ascendens

Recessus duodenalis inferior

Mesenterium (Radix)

Anheftungsstelle des Colon descendens

Recessus ileocaecalis superior

Sulci paracolici Mesocolon sigmoideum (Radix)

Recessus ileocaecalis inferior

a

Recessus hepatorenalis

linker parietokolischer Spalt

rechter parietokolischer Spalt

linker mesenteriokolischer Spalt

rechter mesenteriokolischer Spalt

b Recessus Excavatio Recessus interretrocaecalis rectovesicalis sigmoideus

(Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

a Recessus an der dorsalen Wand der Peritonealhöhle. b Drainageräume innerhalb der Peritonealhöhle.

1.4.3 Peritonealverhältnisse in der Cavitas peritonealis abdominis

1.4.3

Da sich die Peritonealverhältnisse beim Erwachsenen aus den zahlreichen entwicklungsbedingten Drehungen und Umlagerungen herleiten, ist die Kenntnis dieser Vorgänge für das Verständnis sehr hilfreich, s. Kap. Entwicklung des Oberbauchsitus (S. 666). Im Folgenden werden die topografischen Bezüge, die sich aus diesen Prozessen ergeben, beschrieben. Details zu den Peritonealbezügen der einzelnen Organe der Bauchhöhle sind in den entsprechenden Kapiteln zu finden.

Im Folgenden sind die topografischen Bezüge beschrieben, die sich aus den entwicklungsbedingten Umlagerungen ergeben (S. 666).

Bursa omentalis

Bursa omentalis

Die Bursa omentalis (Tab. H-1.4 und Abb. H-1.6) kann als der größte intraperitoneale Recessus aufgefasst werden. Sie stellt einen kapillaren Nebenraum der Cavitas peritonealis dar, der durch die Umlagerung ursprünglich intraperitonealer Bauchorgane entstanden ist. Einziger natürlicher Zugang (2–3 cm Ø) zur Bursa omentalis ist das Foramen omentale zwischen dem rechten Rand des Lig. hepatoduodenale und der Pars superior duodeni. Von hier aus gelangt man in das Vestibulum bursae omentalis und weiter in den Hauptraum, der zwischen dem Lig. hepatogastricum bzw. der Magenhinterwand und dem Peritoneum parietale über der linken Nebenniere und dem Pankreas liegt. Der Hauptraum vergrößert sich zu drei Recessus, nach links zu dem Recessus splenicus, nach kranial zum Recessus superior und nach kaudal zum Recessus inferior bursae omentalis zwischen Magen und Colon transversum. Bis ins Kindesalter hinein kann dieser Recessus noch weit zwischen die beiden Blätter des Omentum majus (s. u.) nach kaudal reichen. Da das Pankreas unmittelbar dorsal des Hauptraumes der Bursa omentalis liegt, spielen die operativen Zugangswege zur Bursa (Tab. H-1.5) eine Rolle bei der Pankreaschirurgie.

Die Bursa omentalis (Tab. H-1.4 und Abb. H-1.6) ist ein Nebenraum der Peritonealhöhle. Ihre Vorderwand bildet das Omentum minus (s. u.) zusammen mit der Magenrückwand. Einziger natürlicher Zugang ist das Foramen omentale. Dieses liegt zwischen dem Unterrand des Lig. hepatogastricum und der Pars superior duodeni. Die Bursa omentalis gliedert sich in Vestibulum und einen Hauptraum mit drei Recessus.

Peritonealverhältnisse in der Cavitas peritonealis abdominis

Operative Zugangswege zur Bursa omentalis (Tab. H-1.5) spielen eine Rolle für die Pankreaschirurgie.

656

H 1 Peritoneal- und Lageverhältnisse der Organe im Bauch- und Beckenraum

≡ H-1.4

Seite

ventral dorsal

Begrenzungen der Bursa omentalis den Hauptraum der Bursa begrenzende Strukturen Fortsetzung

Organ







Bindegewebsstrukturen und Gefäße

Magen (Hinterwand)



Omentum minus



Lig. gastrocolicum



Pankreas



Aorta abdominalis



linke Niere (oberer Pol)



Truncus coeliacus:



linke Nebenniere

– A. splenica – A. hepatica propria im Lig. hepatoduodenale – A. gastrica sinistra in der Plica gastropancreatica

kranial

Recessus superior bursae omentalis



Leber (Lobus caudatus)



kaudal

Recessus inferior bursae omentalis



Colon transversum



Mesocolon transversum

links

Recessus splenicus bursae omentalis



Milz



Lig. gastrosplenicum

rechts

Vestibulum bursae omentalis



Leber





Duodenum (Bulbus duodeni)

⊙ H-1.6

Bursa omentalis im Oberbauchsitus

Vesica biliaris (fellea) Lobus hepatis dexter

Lig. hepatoduodenale

Lobus caudatus hepatis

Lobus hepatis sinister Cardia

Truncus coeliacus

Diaphragma Lebernische

Vestibulum bursae omentalis V. cava inferior

Recessus splenicus bursae omentalis

Recessus superior bursae omentalis

Splen

Splen

Duodenum

a

Omentum majus

Corpus pancreatis

Vasa colica media Mesocolon transversum

Schnittrand des Lig. gastrocolicum

Colon Duodenum Pancreas transversum Recessus inferior Lig. hepatobursae omentalis duodenale b

(Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

a Begrenzungen der Bursa omentalis in der Ansicht von ventral nach Durchtrennung des Lig. gastrocolicum und Entfernung des Magens mit den Gefäßen an der großen Kurvatur (nicht dargestellt) Schnittrand rot. b Recessus der Bursa omentalis nach zusätzlicher Entfernung von Leber, Jejunum und Teilen des Kolons.

657

H 1.4 Peritonealverhältnisse in der Cavitas peritonealis

≡ H-1.5

Zugangswege zur Bursa omentalis

Zugangsweg

Lage

Ansicht

von rechts lateral durch das Foramen zwischen rechtem Rand des Lig. hepatoduodenale und der Pars superior duodeni omentale (einziger natürlicher Zugang, (①) von ventral nach Durchtrennung des Omentum minus (②)

zwischen kleiner Kurvatur des Magens und Leber

von ventral nach Durchtrennung des Lig. gastrocolicum (③)

zwischen großer Kurvatur des Magens und Colon transversum

von kaudal nach Durchtrennung des Mesocolon transversum (④)

zwischen Colon transversum und hinterer Bauchwand

2

3

1 Foramen omentale 4

Bursa omentalis Mediansagittalschnitt von links lateral.* * zur Kennzeichnung einzelner Strukturen vgl. Abb. H-1.1 Abbildung aus Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.

Omentum minus (kleines Netz) ▶ Definition. Das Omentum minus (Abb. H-1.7) ist eine Peritonealduplikatur zwi-

Omentum minus (kleines Netz) ▶ Definition.

schen Leber und kleiner Magenkurvatur sowie dem Anfangsteil des Duodenums, das sich in unterschiedliche Anteile gliedert (Ligamenta hepatoduodenale und hepatogastricum). Das entwicklungsgeschichtlich aus dem Mesogastrium ventrale (S. 667) hervorgehende Omentum minus spannt sich zwischen der den Bauchorganen zugewandten Leberfläche, der Facies visceralis (S. 735), und der kleinen Kurvatur, sog. Curvatura minor des Magens (S. 693), sowie dem Anfangsteil des Duodenums (S. 705) aus. Der kraniale Teil des Omentum minus wird Ligamentum hepatogastricum genannt. Er setzt sich aus einer Pars densa (kranial) und einer Pars flaccida (kaudal) zusammen. Im magennahen Teil verlaufen die Aa. gastrica dextra und sinistra. Der untere Teil des Omentum minus wird Ligamentum hepatoduodenale genannt. In diesem verlaufen der Ductus choledochus, die V. portae und die A. hepatica propria (s. a. Tab. H-2.1).

Das Omentum minus reicht von der Facies visceralis der Leber (S. 735) bis zur kleinen Kurvatur des Magens (S. 693). Es gliedert sich in das kraniale Lig. hepatogastricum und das kaudale Lig. hepatoduodenale, in dem der Ductus choledochus, die V. portae und die A. hepatica propria verlaufen (s. a. Tab. H-2.1).

Omentum majus (großes Netz)

Omentum majus (großes Netz)

▶ Definition. Das Omentum majus (Abb. H-1.7) ist eine mit Fettgewebe durchsetzte

▶ Definition.

Serosaduplikatur, die ausgehend von der großen Magenkurvatur wie eine Schürze zwischen der Hinterseite der vorderen Bauchwand und den Dünndarmschlingen liegt. In Abhängigkeit von ihren topografischen Beziehungen haben die kranialen Anteile unterschiedliche Eigennamen. Der Abschnitt des Omentum majus zwischen der großen Kurvatur des Magens und dem Colon transversum wird Ligamentum gastrocolicum genannt. Bei einer Durchtrennung des Lig. gastrocolicum links der Wirbelsäule gelangt man in den Recessus inferior der Bursa omentalis (s. o.). Im Bereich der Taenia omentalis (S. 715) ist das Omentum majus mit dem Colon transversum verwachsen. Der Anteil des Omentum majus zwischen Magenfundus und Zwerchfell wird Ligamentum gastrophrenicum genannt, der Teil zwischen großer Kurvatur und Milzhilum heißt Ligamentum gastrosplenicum. Die Fortsetzung dieser peritonealen Ligamenta bis zur Rückwand der Peritonealhöhle wird Ligamentum splenorenale genannt (obwohl dieses Ligament nur zur Bauchhöhlenwand ventral der Niere zieht). ▶ Merke. Das Omentum majus ist aktiv an der Begrenzung und Isolierung entzünd-

licher Prozesse in der Bauchhöhle beteiligt. Meist kommt es dabei zu flächenhaften Verklebungen des Omentum majus mit dem Peritoneum viscerale oder parietale.

Der Abschnitt des Omentum majus zwischen Magen und Querkolon wird Ligamentum gastrocolicum genannt. Im Bereich der Taenia omentalis ist das Omentum majus mit dem Colon transversum verwachsen. Die Teile des Omentum majus zwischen Magenfundus und Zwerchfell bzw. großer Kurvatur und Milzhilum werden Ligamentum gastrophrenicum bzw. gastrosplenicum genannt.

▶ Merke.

658

H 1 Peritoneal- und Lageverhältnisse der Organe im Bauch- und Beckenraum

⊙ H-1.7

Kleines und großes Netz Lig.teres Lig. falciforme hepatis hepatis

Hepar Vesica biliaris (fellea) Omentum minus mit – Lig. hepatoduodenale und – Lig. hepatogastricum Duodenum Ren dexter Flexura coli dextra

Oesophagus

Peritoneum parietale Diaphragma Lig. hepatooesophageale

Gaster mit – Curvatura minor und – Curvatura major

Gaster

Lig. gastrocolicum Colon Colon descendens transversum

Colon ascendens Omentum majus a

Hepar

Splen

Omentum majus

Omentum minus Bursa omentalis Pancreas Mesocolon transversum Duodenum Mesenterium

b

(Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

a Oberbauchsitus in der Ansicht von ventral mit Darstellung von Omentum minus, Magen und Omentum majus bei angehobener Leber. Pfeil im Foramen omentale (S. 655). b Schematische Darstellung der Peritonealverhältnisse im Sagittalschnitt von links: Omentum minus und das Lig. gastrocolicum als oberer Anteil des Omentum majus sind an der Bildung der ventralen Wand der Bursa omentalis beteiligt. Die gestrichelte Linie deutet den Verlauf der A. mesenterica superior (S. 867) an.

1.4.4

Peritonealverhältnisse in der Cavitas peritonealis pelvis

Sie stellt eine Fortsetzung der abdominalen Peritonealhöhle dar. Das Peritoneum parietale überzieht Beckenwände und teilweise Beckenorgane (Harnblase und Uterus mit Adnexen), wo es als Peritoneum urogenitale bezeichnet wird. Die Peritonealverhältnisse im kleinen Becken unterscheiden sich zwischen männlichem und weiblichem Organismus (Abb. H-1.8).

▶ Merke.

1.4.4 Peritonealverhältnisse in der Cavitas peritonealis pelvis Die von Peritoneum ausgekleidete Cavitas peritonealis der Bauchhöhle geht kontinuierlich von kranial in die Peritonealhöhle des Beckens über und schafft somit eine Grenze zum kaudal gelegenen Spatium extraperitoneale pelvis (S. 648). Das Peritoneum parietale der Bauchhöhle überzieht zu einem geringen Teil auch die Wände des kleinen Beckens und setzt sich als Peritonealüberzug auf die Beckenorgane fort, welche sich in die Cavitas peritonealis pelvis vorwölben. Das organständige Beckenbauchfell bezeichnet man als Peritoneum urogenitale. Allerdings unterscheiden sich die Peritonealverhältnisse von männlichem und weiblichem Organismus im kleinen Becken durch die hier liegenden Genitalorgane (Abb. H-1.8). ▶ Merke. Die geschlechtsspezifischen Unterschiede sowohl in der Peritonealhöhle

des Beckens als auch im pelvinen Extraperitonealraum (S. 648) sind durch den Uterus und seine Adnexe, z. B. Tuba uterina (S. 797) und Ovar (S. 795), bedingt, die sich in einer gemeinsamen, frontal eingestellten Bindegewebsplatte zwischen Harnblase und Rektum befinden. Männliches Becken: Durch den Peritonealumschlag von der Harnblase auf das Rektum entsteht die Excavatio rectovesicalis (= tiefster Punkt der männlichen Peritonealhöhle).

Männliches Becken: Beim Mann geht das Peritoneum zunächst von der Rückseite der vorderen Bauchwand auf den Scheitel (Apex) der Harnblase über. Von dort zieht das Peritoneum unter Bildung einer Bauchfelltasche von der Hinterwand der Harnblase auf die Vorderseite des Rektums. Dadurch entsteht die Excavatio rectovesicalis, der tiefste Punkt der Peritonealhöhle beim Mann.

Weibliches Becken: Bei der Frau entstehen durch den Uterus und seine Adnexe (Ovar und Tuben) mit Peritonealüberzug: ■ Excavatio vesicouterina zwischen Harnblase und Uterus und ■ Excavatio rectouterina (= tiefster Punkt der weiblichen Peritonealhöhle) zwischen Uterus und Rektum.

Weibliches Becken: Durch die zwischen Harnblase und Rektum liegende frontal eingestellte Peritonealplatte mit Uterus und seinen Adnexen entstehen zwei mit Peritoneum ausgeschlagene Taschen: ■ die Excavatio vesicouterina zwischen Harnblasenrück- und Uterusvorderwand sowie ■ die Excavatio rectouterina zwischen Uterusrück- und Rektumvorderwand. Tube und Ovar sind ebenfalls von Peritoneum überzogen. Einzelheiten zu den Peritonealbezügen der Beckenorgane sind im Abschnitt zur Harnblase (S. 779), zum Rektum (S. 719) und zum männlichen (S. 826) bzw. weiblichen Genitale (S. 794) beschrieben.

659

H 1.4 Peritonealverhältnisse in der Cavitas peritonealis

⊙ H-1.8

Peritonealverhältnisse im männlichen und weiblichem Becken

A. u. V. iliaca communis dextra

Mesocolon sigmoideum

Vertebra lumbalis V

A. u. V. iliaca communis dextra

Ductus deferens dexter

Peritoneum parietale M. rectus abdominis Peritonealbezug und Fascia pelvis visceralis auf Vesica urinaria

Excavatio rectovesicalis Peritonealbezug und Fascia pelvis parietalis auf Rectum

a

Centrum perinei

Septum rectovesicale

Tuba uterina Lig. teres uteri Excavatio vesicouterina

Excavatio rectouterina Peritonealbezug und Fascia pelvis visceralis auf Rectum

Peritonealbezug und Fascia pelvis visceralis auf Vesica urinaria

Ureter dexter

Os pubis, – R. superior – R. inferior

M. levator ani

Prostata M. sphincter ani externus

Colon sigmoideum

Uterus

Ureter dexter Gl. vesiculosa dextra

Taenia libera

Lig. ovarii proprium

Os pubis, – R. superior – R. inferior

M. levator ani

b

M. sphincter ani externus

Centrum perinei

(Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

a Peritonealverhältnisse im männlichen b und weiblichen Becken von rechts-lateral nach Entfernung des Bindegewebes im Extraperitonealraum.

▶ Klinik. Bei Erkrankungen innerhalb der Cavitas peritonealis können sich Flüssigkeiten (Aszites, Blut, Eiter) in der Excavatio rectouterina (klinisch als Douglas-Raum bezeichnet) absetzen. Bei malignen Erkrankungen kann die „Douglas-Flüssigkeit“ Zellen enthalten, die zu diagnostischen Zwecken durch Punktion des hinteren Scheidengewölbes gewonnen werden können (Abb. H-1.9). Der Inhalt des Douglas-Raums kann durch transvaginalen Ultraschall dargestellt werden.

⊙ H-1.9

Flüssigkeit in der Excavatio rectouterina (Douglas-Raum) Excavatio vesicouterina Fornix vaginae, Pars posterior Excavatio rectouterina (klinisch: Douglas-Raum)

Mesocolon sigmoideum

Vertebra lumbalis V

Taenia libera Colon sigmoideum

▶ Klinik.

Vagina

Blut im Bauch „Bitte Schockraum besetzen!“, kräht es während

Wirbelsäule, Thorax, Abdomen, Becken und Extremitäten). Sie

meiner kurzen Frühstückspause blechern aus

blickt noch nicht einmal auf, als sie den Unfallhergang hört: Der

dem kleinen abgegriffenen Kästchen in meiner

junge Mann hat wohl beim Teeren eines Industriedachs den

Brusttasche. Für mein chirurgisches PJ-Tertial

Deckel des Teertopfs angehoben und dabei ist ihm heißer Teer

hatte ich ganz bewusst die Unfallchirurgie und

entgegengespritzt. Rückwärts taumelnd ist er vom Dach ca. 4

Orthopädie des regionalen Lehrkrankenhauses gewählt, weil

Meter in die Tiefe auf einen relativ weichen Sandhaufen gefallen.

sie unter den Studenten unserer Uni einen guten Ruf wegen

Anfangs habe er wohl noch adäquat geantwortet, sei auf der

guter Dienstzeiten und ebenso guter Ausbildung genießt.

Fahrt aber zunehmend eingetrübt, als er „ein bisschen was gegen

Zu meiner Ausbildung gehört neben der OP-Assistenz seit

die Schmerzen“ bekommen habe.

einer Woche auch die Tätigkeit in der Ambulanz, was mir nicht

Der Anästhesist beschwert sich noch kurz, warum dann nicht

so gut von der Hand geht. Viele ungeduldige Patienten, wenig

gleich intubiert wurde – aber der Notarzt dreht sich einfach um

Spannendes und viel Zuschauen – nicht gerade mein Lieblings-

und verlässt den Raum.

arbeitsplatz. Aber man wird eben auch „mit“ in den Schockraum alarmiert …, wenn denn ein Alarm kommt – so wie jetzt.

Schnell wird der Patient in Narkose gelegt, während meine Oberärztin den Schallkopf auf Oberbauch, rechte und linke

Ich lasse meinen Kaffee stehen und laufe aufgeregten Schritts

Flanke und den Bereich oberhalb der Symphyse hält – die

in Richtung des besagten Raums, der gerade vom Anästhesisten

Stellen am Rumpf also, die ihr erlauben, die entscheidenden

aufgeschlossen wird. Die Oberärztin unserer Abteilung kommt

Strukturen zu beurteilen. „Sandmann, wir müssen sofort in

um die Ecke, als mir siedend heiß einfällt, dass ich noch unser

den OP!“, adressiert die Oberärztin ihren anästhesiologischen

Sono-Gerät für die FAST-Sonografie (FAST = focused Assessment

Kollegen. „Da steht ’ne Menge Blut im Bauch!“ – „Geht klar“,

with Sonography for Trauma) aus der Ambulanz hätte mitbringen

anwortet dieser. „Wir sind in 3 Minuten soweit. Ich geb OP 2

sollen! Aber sie hat es bereits selbst im Schlepptau und lächelt

Bescheid, während Ihr Euch wascht!“

mich an: „Gestresst? Das geht gleich vorbei, wenn’s ans Arbeiten

Auf dem Weg in die Umkleide fragt mich meine Oberärztin,

geht, junger Kollege.“ Sie begrüßt die Anästhesie und fragt: „Wisst

was ich denn erkannt hätte beim FAST: „Naja …, Oberbauch

Ihr was Genaueres?“

gehört ja laut Lehrbuch nicht so dazu, aber linke und rechte

„Naja …, der Meldung nach ist es ein junger Bauarbeiter, der

Flanke mit Leber, Nieren, Milzloge und den parakolischen

irgendwie gefallen und mit kochendem Teer in Kontakt gekom-

Rinnen hab ich erkannt …“, lege ich los. „Und eine volle Blase.

men sein muss“, erklärt der Anästhesist. „Anscheinend aber nicht

Aber wo war eigentlich das viele Blut?“ Die Oberärztin schaut

intubiert und beatmet … Mal sehen, wer den wieder bringt!“

kurz irritiert. „Na, zwischen Blase und Rektum natürlich“, gibt

Kurz erklärt man mir noch, was ich tun kann und wo ich

sie mir zur Antwort. Natürlich! Ich nicke eifrig und versuche

nicht im Weg bin, und dann geht auch schon die Tür auf und

rasch das Thema zu wechseln: „Hatte der Patient eigentlich

der Rettungsdienst bringt den Patienten herein.

so wenig Schmerzen, weil die Haut so tief verbrannt war?“

Er liegt mit halb geschlossenen Augen flach atmend auf der

– „Na, wie tief muss sie denn verbrannt sein, bis Analgesie

Trage und ist im Brustbereich auffällig dick mit feuchten sterilen

eintritt?“, kommt prompt die Gegenfrage. Klassisches Eigen-

Kompressen bedeckt. Die Oberärztin beginnt gleich mit dem

tor! Hätte ich doch jetzt nur den Aufbau der Haut parat …

Body-Check (orientierende klinische Untersuchung von Kopf,

Aber da rettet mich die Tür zur Herrenumkleide …

* Fallbeispiel fiktiv, Namen und Daten frei erfunden

H

1.5

661

1.5 Kleines Becken

Kleines Becken

1.5

Kleines Becken

▶ Definition.

▶ Definition. Als kleines Becken bezeichnet man nicht nur den Teil des knöchernen

Beckenrings, der kaudal der Linea terminalis liegt und somit vom Os pubis, Os ischii sowie einem Teil des Os sacrum und dem Os coccygis begrenzt wird (S. 326), sondern auch den davon umschlossenen Raum.

1.5.1 Etagengliederung des kleinen Beckens

1.5.1

Etagengliederung des kleinen Beckens Durch das Peritoneum und den M. levator ani wird das kleine Becken in drei Etagen geteilt (Tab. H-1.6).

Durch den besonderen Verlauf des Peritoneums und den Beckenboden (S. 334) bzw. den dazugehörigen M. levator ani lässt sich das gesamte kleine Becken in drei Etagen unterteilen (Tab. H-1.6): ■ Die oberste entspricht der Cavitas peritonealis pelvis (s. o.), ■ die mittlere liegt subperitoneal im Spatium extraperitoneale pelvis oberhalb des M. levator ani und ■ die unterste Etage befindet sich zwischen M. levator ani und M. transversus perinei profundus womit sie der Fossa ischioanalis (S. 340) entspricht.

≡ H-1.6

Etagen des kleinen Beckens

Beckenetage Peritoneale Etage (①, obere Etage)

Subperitoneale Etage (②, mittlere Etage)

Subfasziale Etage (③, untere Etage, Teil des Beckenbodens)

Begrenzungen

Inhalt*



Linea terminalis



Ileumschlingen



Peritoneum



Caecum mit Appendix vermiformis



Colon sigmoideum



A. und V. iliaca interna mit Ästen



A. und V. obturatoria



Plexus sacralis



N. obturatorius



Plexus hypogastricus inferior



A. und V. pudenda interna



Peritoneum



Fascia diaphragmatis pelvis superior (kranial des M. levator ani)



Fascia diaphragmatis pelvis inferior (kaudal des M. levator ani)



Fascia obturatoria



Fascia diaphragmatis urogenitalis superior (nur im ventralen Bereich)



N. pudendus

Ansicht von ventral Peritoneum Alcock-Kanal

Uterus

Vagina Fascia diaphragmatis pelvis superior 1

Fascia diaphragmatis pelvis inferior

2

Fascia obturatoria interna Fascia diaphragmatis urogenitalis superior Spatium profundum perinei (tiefer Dammraum)

3

Spatium superficiale perinei (oberflächlicher Dammraum) Vulva

subkutanes Fettgewebe

Frontalschnitt durch den ventralen Bereich des kleinen Beckens**

* Mit Ausnahme der peritonealen Etage sind nur die innerhalb der Bindegewebsräume (d. h. zwischen den Organen) verlaufenden Strukturen genannt, da sich die einzelnen Organe meist über mehrere Etagen erstrecken. ** vgl. Abb. C-4.19b. Abbildung aus Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.

Im ventralen Anteil schließen sich nach kaudal dann das Spatium profundum perinei zwischen Fascia urogenitalis superior und inferior und das Spatium superficiale perinei (S. 338) zwischen Fascia urogenitalis inferior und Fascia perinei superficialis an.

Im ventralen Teil schließen sich nach kaudal sich das Spatium profundum perinei und das Spatium superficiale perinei (S. 338) an.

1.5.2 Spatium extraperitoneale pelvis

1.5.2

Der extraperitoneale Raum der Beckenhöhle zwischen Peritonealhöhle (kranial) und dem M. levator ani (kaudal) wird Spatium extraperitoneale pelvis oder Subperitonealraum genannt. Er ist von lockerem Bindegewebe ausgefüllt, das an einigen Stellen zu sog. Faszien (eher flächige Verdichtungen des Bindegewebes) oder Ligamenta (im Allgemeinen bindegewebige Stränge) verstärkt ist.

Das Spatium extraperitoneale pelvis wird auch als Subperitonealraum bezeichnet und liegt zwischen Peritonealhöhle und M. levator ani. Er ist mit Bindegewebe gefüllt, das zu Faszien und Ligamenta verstärkt ist, die eine Untergliederung des Raumes in Spatien ermöglichen.

Spatium extraperitoneale pelvis

662

H 1 Peritoneal- und Lageverhältnisse der Organe im Bauch- und Beckenraum

Man unterscheidet die ■ Fascia pelvis parietalis (kontinuierlicher Wandüberzug) und ■ Fascia pelvis visceralis (diskontinuierlicher Organüberzug). Letztere ist mit der Adventitia der Beckenorgane verbunden und führt die Leitungsbahnen an die Organe heran. Das Bindegewebe wird insbesondere im klinischen Sprachgebrauch unterteilt.

Durch diese bindegewebigen Strukturen ist eine Unterteilung des Subperitonealraums in weitere „Räume“ (Spatien) möglich. Man unterscheidet die ■ Fascia pelvis parietalis, die kontinuierlich die Wand des kleinen Beckens überzieht und damit über den Subperitonealraum hinausreicht von der ■ Fascia pelvis visceralis (organständig), die nicht kontinuierlich ausgebildet ist. Die Adventitia der muskulären Hohlorgane und die bindegewebigen Organkapseln sind in unterschiedlichem Ausmaß mit dem um die Organe liegenden Bindegewebe verbunden. Dieses Bindegewebe, das die Organe und Leitungsbahnen umgibt, wird anatomisch nur teilweise weiter unterteilt. Im klinischen Sprachgebrauch haben sich aber mehrere Begriffe durchgesetzt, die aufgrund ihrer Unterschiede zwischen männlichem und weiblichem Becken im Folgenden gesondert beschrieben werden.

Männliches Becken (Abb. H-1.10): Perirektales Bindegewebe, das vor allem seitlich des Rektums verstärkt ist, wird „Paraproktium“ (wegen der Leitungsbahnen auch „Mesorektum“) genannt. Der um die Harnblase liegende Bindegewebskörper wird „Parazystium“ genannt. Bei Blasenfüllung steigt er hoch bis zum Anulus inguinalis profundus (Tab. C-3.3) in das paarige Spatium retroinguinale. Die Prostata wird von der nahegelegenen Vorderwand des Rektums durch die Fascia rectoprostatica getrennt.

⊙ H-1.10

Männliches Becken: (Abb. H-1.10): In dem kleinen Raum („Spatium presacrale„) zwischen der Ventralfläche von Kreuz- und Steißbein und der Fascia presacralis befindet sich der Plexus venosus sacralis. Um das Rektum herum – und vor allem an dessen Seiten – verdichtet sich das Bindegewebe zu kräftig ausgebildeten Pfeilern, in denen die Gefäße und Nerven des Rektums verlaufen. Dieses perirektale Bindegewebe wird in der Klinik als „Paraproktium“ und wegen der darin enthaltenen Leitungsbahnen auch als „Mesorektum“ bezeichnet, obwohl es sich im anatomischen Sinne dabei nicht um ein echtes Meso handelt. Auch die Harnblase wird ventral und vor allem seitlich von einem Bindegewebskörper umfasst, dem „Parazystium“, welches die Leitungsbahnen der Harnblase führt. Bei Füllung der Harnblase wird dieses paravesikale Binde- und Fettgewebe mit angehoben und gelangt dabei auf die Höhe des Anulus inguinalis profundus (Tab. C-3.3), wo es das paarige Spatium retroinguinale ausfüllt. Kaudal der Harnblase gelangt die Prostata (S. 833), die unterhalb des Blasengrundes die Urethra masculina, d. h. die männliche Harnröhre (S. 838), umgibt, nahe an die Vorderwand des Rektums. Dazwischen liegt jedoch als Trennung die Fascia rectoprostatica, eine Verstärkung der Fascia pelvis.

Faszien und Räume im männlichen Becken

Mesocolon sigmoideum Vesica urinaria

Colon sigmoideum

Septum rectovesicale

Excavatio rectovesicalis

Spatium retropubicum

Spatium retroperitoneale

Fascia rectoprostatica

Rectum

a Spatium retropubicum

Os pubis Vesica urinaria Bindegewebspfeiler im Paracystium

M. levator ani Fossa ischioanalis

Ureter sinister Gl. vesiculosa

M. obturatorius internus

Ductus deferens

Septum rectovesicale

Lig. sacrospinale M. coccygeus

Bindegewebspfeiler im Paraproktium

Rectum b

Os sacrum

Spatium retroperitoneale

Die unterschiedlichen Anteile des extraperitonealen Bindegewebes sind farblich abgehoben. a Männliches Becken im Mediansagittalschnitt von links (Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.) b und im Transversalschnitt von kranial.

H

663

1.5 Kleines Becken

▶ Klinik. Aufgrund der topografischen Nachbarschaft von Rektum und Prostata kann die Oberfläche der Prostatarückseite bei einer rektalen Untersuchung ertastet werden. Der Tastbefund gibt Aufschluss über die Größe und Konsistenz der Prostata (S. 833), was im Rahmen einer Vorsorgeuntersuchung Rückschlüsse auf eine Hypertrophie oder maligne Entartung des Organs erlaubt.

▶ Klinik.

Das Spatium retropubicum zwischen Symphyse und Harnblase wird von einem bindegewebigen Verstärkungszug (Ligamentum puboprostaticum), der auch glatte Muskulatur (M. puboprostaticus) enthält, unvollständig in zwei Etagen unterteilt: Die obere Etage („Spatium prevesicale„), wird vom Bindegewebe des Parazystiums erreicht. Die untere Etage enthält die V. dorsalis penis.

Der Raum zwischen Symphyse und Harnblase (Spatium retropubicum), wird vom Lig. puboprostaticum in 2 Etagen geteilt wird: Obere Etage = „Spatium prevesicale“; in der unteren Etage liegt die V. dorsalis penis.

Weibliches Becken: (Abb. H-1.11): Während die Räume und Faszienverhältnisse im weiblichen Extraperitonealraum prä- und paravesikal sowie para- und retrorektal denen beim Mann ähneln, finden sich zwischen Harnblase und Rektum (um den Uterus mit seinen Adnexen herum) wesentliche Unterschiede. Der größte Teil des Corpus uteri ist von Peritoneum bedeckt, das hier Perimetrium (S. 804) genannt wird. Während Cervix uteri und Vagina (S. 805) keine eigene begrenzende Bindegewebsstruktur haben, wird das dichtere Beckenbindegewebe, das seitlich von Uterus, Zervix und Vagina liegt und die Leitungsbahnen enthält, im klinischen Sprachgebrauch als „Parametrium“, „Parazervix“ bzw. „Parakolpium“ bezeichnet. Diese Bindegewebsplatten verbinden die Organe mit der seitlichen Beckenwand. Eine vom Gebärmutterhals im Bogen nach dorsal zum Rektum ziehende Verstärkung des Bindegewebes ist das Ligamentum rectouterinum.

Weibliches Becken (Abb. H-1.11): Gegenüber dem männlichen Extraperitonealraum finden sich wesentliche Unterschiede v. a. zwischen Blase und Rektum.

▶ Klinik. Bei einer Operation wegen eines bösartigen Tumors des Uterus ist auch die

Das Corpus uteri hat einen Peritonealbezug (Perimetrium). Das Bindegewebe neben Uterus, Zervix und Vagina wird „Parametrium“, „Parazervix“ und „Parakolpium“ genannt. Das Lig. rectouterinum ist ein Verstärkungszug dieses Bindegewebes zwischen Zervix und Rektum.

▶ Klinik.

chirurgische Entfernung der Parametrien erforderlich, da sich in Parametrium und Parazervix Lymphknoten und Lymphgefäße befinden, über die sich Tochtertumoren (Metastasen) absiedeln können. Wie beim Mann wird auch bei der Frau das Spatium retropubicum in zwei Etagen unterteilt, von der die untere die V. dorsalis clitoridis enthält. Diese Unterteilung erfolgt durch das von der Symphysenhinterwand zur Harnblasenvorderwand ziehende Ligamentum pubovesicale (mit M. pubovesicalis).

⊙ H-1.11

Faszien und Räume im weiblichen Becken

Colon sigmoideum

Excavatio vesicouterina

Uterus Excavatio rectouterina

Vesica urinaria Septum rectovaginale

Spatium retroperitoneale

Spatium retropubicum

Rectum

a Os pubis

Spatium retropubicum

Vesica urinaria

M. levator ani

Cervix uteri Ureter dexter

Bindegewebspfeiler im Parametium

M. obturatorius internus

Lig. rectouterinieum (bildet Grundlage der Plica rectouterina) Lig. sacrospinale

Septum rectovaginale Bindegewebspfeiler im Paraproktium

M. coccygeus b

Das Lig. pubovesicale (mit M. pubovesicalis) unterteilt das Spatium retropubicum in zwei Etagen. Die untere Etage enthält die V. dorsalis clitoridis.

Os sacrum

Spatium retroperitoneale

Weibliches Becken im Mediansagittalschnitt von links (a) und im Transversalschnitt von kranial (b). Die unterschiedlichen Anteile der extraperitonealen Bindegewebsräume sind farblich abgehoben. (a: Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

H

2

Entwicklung der Peritonealverhältnisse

2.1 2.2

Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Entwicklung der Peritonealhöhle, des Darmrohrs und zugehöriger „Mesos“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Entwicklung des Oberbauchsitus. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Entwicklung des Unterbauchsitus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

2.3 2.4

.

664

. . .

664 666 670

J. Kirsch 2.1

Einführung

Die Peritonealverhältnisse entstehen durch Wachstumsprozesse, Verlagerungen und Drehungen des Endodermrohres und seiner dorsalen bzw. ventralen Mesos.

2.2

Entwicklung der Peritonealhöhle, des Darmrohrs und zugehöriger „Mesos“

Entwicklung der Peritonealhöhle: Durch Spaltenbildung entsteht im Mesoderm die Zölomhöhle (S. 114). Aus den sie auskleidenden Schichten (lateral Somatopleura, medial über dem Endodermrohr Splanchnopleura) entstehen parietales und viszerales Peritoneum. Durch Einwachsen mesodermaler Strukturen (S. 115) wird die Zölomhöhle in Pleura- und Peritonealhöhle unterteilt. Entwicklung des Darmrohrs: Die ursprünglich weite Verbindung zwischen Endodermrohr und Dottersack verengt sich zum Ductus omphaloentericus (Ductus vitellinus). Das Darmrohr (Abb. H-2.1) ist von beiden Seiten vom Seitenplattenmesoderm (S. 113) umgeben.

⊙ H-2.1

2.1

Einführung

Die relativ komplizierten Peritonealverhältnisse lassen sich leichter verstehen, wenn man ihre Veränderungen während der vorgeburtlichen Entwicklung betrachtet. Ausgehend von einer relativ einfachen Anordnung, bei der das Endodermrohr an der dorsalen und z. T. auch ventralen Leibeswand befestigt ist, kommt es durch Wachstumsprozesse mit Verlagerungen und Drehungen zur Ausbildung von Mesos, Ligamenten und Netzen, die den menschlichen Bauchraum untergliedern. In diesem Kapitel wird nur die Entwicklung der Peritonealverhältnisse ursprünglich intraperitoneal angelegter Organe besprochen.

2.2

Entwicklung der Peritonealhöhle, des Darmrohrs und zugehöriger „Mesos“

Entwicklung der Peritonealhöhle: Durch Spaltenbildung im Seitenplattenmesoderm entsteht etwa am 28. Entwicklungstag die Zölomhöhle bzw. die Körperhöhle (S. 114). Sie ist lateral von einer parietalen Mesodermschicht (Somatopleura) ausgekleidet. Medial wird das Endodermrohr von einer viszeralen Mesodermschicht (Splanchnopleura) überzogen. Aus diesen die Zölomhöhle auskleidenden Schichten entstehen das viszerale und das primär parietale Peritoneum. Bereits innerhalb der 4. Entwicklungswoche beginnen mesodermale Strukturen (S. 115) die zunächst einheitliche Zölomhöhle in eine kranial gelegene Pleura- und ein kaudal gelegene Peritonealhöhle zu unterteilen. Entwicklung des Darmrohrs: Im Alter von etwa 4 Wochen p. c. = post conceptionem (S. 102) entwickelt sich aus dem Dach des Dottersacks zwischen der kranialen und kaudalen Darmpforte der Mitteldarm (Abb. H-2.1). Dieser steht über eine zunächst noch weite Verbindung mit dem Dottersack in Kontakt. Durch zunehmende Verengung bleibt schließlich nur noch ein Gang, der Ductus omphaloentericus (Ductus vitellinus) zurück, der den Dottersack mit dem Endodermrohr verbindet. Dieses Rohr wird zu beiden Seiten vom Seitenplattenmesoderm (S. 113) umgeben. Das Darmrohr entwickelt sich jedoch nicht in allen Abschnitten gleich. Vielmehr differenzieren sich die einzelnen Abschnitte des Gastrointestinaltrakts innerhalb der Peritonealhöhle mit unterschiedlichen Wachstumsgeschwindigkeiten.

Anlage des Darmrohrs (nach Ulfig, N.: Kurzlehrbuch Embryologie. Thieme, 2009)

a Mediansagittalschnitt durch einen Embryo am Beginn der 4. Entwicklungswoche: Ansicht von links mit schematischer Darstellung der Darmrohrabschnitte. b Mediansagittalschnitt durch einen Embryo am Beginn der 6. Entwicklungswoche: Ansicht von links mit schematischer Darstellung des Darmrohrs und des hepatopankreatischen Rings.

H

665

2.2 Entwicklung der Peritonealhöhle, des Darmrohrs und zugehöriger „Mesos“

Entwicklung der „Mesos“: Das mittig in der Körperhöhle liegende Endodermrohr ist kranial durch zwei sagittal ausgerichtete Mesodermplatten mit Vorder- und Hinterwand der Zölomhöhle verbunden, sodass letztere im kranialen Bereich zweigeteilt ist. Aus diesen Mesodermplatten entwickeln sich die Mesos der Peritonealhöhle, die von Peritoneum viscerale überzogen sind und in denen die Leitungsbahnen verlaufen. Bis zur weiteren Untergliederung des Darmrohrs können diese Mesos auch als Mesenterium primitivum dorsale bzw. ventrale bezeichnet werden. Um jedoch eine Verwechslung mit dem Mesenterium (= Meso des Dünndarms) zu vermeiden, wird bei der Darstellung der Entwicklung durchgängig der Begriff „Meso“ verwendet. ▶ Merke. Während im kaudalen Bereich durchgängig nur ein dorsales Meso vor-

Entwicklung der „Mesos“: Durch Verbindung des mittig liegenden Endodermrohrs durch zwei sagittal ausgerichtete Mesodermplatten ist die Zölomhöhle im kranialen Bereich zweigeteilt. Aus den Bindegewebsplatten entwickeln sich die Mesos der Peritonealhöhle.

▶ Merke.

handen ist, erfolgt die Teilung der Zölomhöhle kranial durch ein dorsales und ventrales „Meso“, die nach den jeweiligen Abschnitten des Verdauungstrakts benannt sind. Im ventralen Mesogastrium (S. 668) entwickelt sich die Leber, im dorsalen Milz und Pankreas. Durch die Wachstums- und Umlagerungsvorgänge (Magendrehung) während der Embryonalentwicklung gelangen diese Mesos von einer sagittalen in eine frontale Stellung und werden dann z. T. als Ligamente bezeichnet (Abb. H-2.2). Tab. H-2.1 gibt einen Überblick über die Entwicklung der embryonalen zu den definitiven Peritonealduplikaturen mit den darin verlaufenden Leitungsbahnen. Die einzelnen Schritte werden anschließend getrennt für Ober- und Unterbauchsitus anhand der für ihre Lageveränderung entscheidenden Drehungen der Darmrohranteile dargestellt.

≡ H-2.1

Durch Wachstums- und Umlagerungsvorgänge gelangen die Mesos von einer sagittalen in eine frontale Stellung (Abb. H-2.2). Einen Überblick über die Entwicklung der Peritonealduplikaturen gibt Tab. H-2.1. Die einzelnen Schritte werden anschließend für Ober- und Unterbauchsitus getrennt dargestellt.

Peritonealduplikaturen des Verdauungssystems mit darin verlaufenden Leitungsbahnen

Embryonales „Meso“

Meso/Ligament

Inhalt

Mesogastrium ventrale ■

ventral der Leber: Mesohepaticum ventrale

Lig. falciforme hepatis**

am Unterrand: Lig. teres hepatis, obliterierte V. umbilicalis (S. 150)



dorsal der Leber: Mesohepaticum dorsale

Omentum minus, bestehend aus : Lig. hepatogastricum

Aa. gastricae dextra und sinistra (Tab. I-1.5)

Lig. hepatoduodenale

Ductus choledochus (S. 743) A. hepatica propria (Abb. K-1.4) V. portae hepatis (S. 741), s. auch Abb. K-1.8

Mesogastrium dorsale Lig. splenorenale Omentum majus mit:

A. splenica (S. 865) Lig. gastrophrenicum



Lig. gastrosplenicum

Aa. gastricae breves (Tab. I-1.5) A. gastroomentalis sinistra (Tab. I-1.5)

Lig. gastrocolicum

Aa. gastroomentales dextra und sinistra (Tab. I-1.5)

„Mesojejunum“*, „Mesoileum“* Mesenterium

A. mesenterica superior (S. 867) und Äste

Mesoappendix

A. appendicularis (Abb. K-1.4)

Mesocolon Mesocolon transversum

A. colica media (Abb. K-1.4)

Mesosigmoideum

Aa. sigmoideae (Abb. K-1.4)

* Diese Bezeichnungen sind hier aus rein systematischen Gründen gewählt. Der Begriff „Mesenterium“ wird i. d. R. sprachlich nicht weiter differenziert. ** Lediglich das Lig. falciforme hepatis verbleibt in einer sagittalen Orientierung.

666

H 2 Entwicklung der Peritonealverhältnisse

⊙ H-2.2

Ausbildung der embryonalen und adulten Mesos bzw. Ligamente

Ren dexter

Wirbelsäule

Pancreas

Anlage der Bauchspeicheldrüse

Ren sinister

Lig. splenorenale Splen

Aorta abdominalis

Anlage der Milz Anlage des Magens

a

Omentum minus (Lig. hepatogastricum)

Peritoneum parietale

Anlage der Leber

b

c

Omentum majus (Lig. gastrosplenicum) Lig. falciforme hepatis

Horizontalschnitt durch das Abdomen in der Ansicht von kranial. (Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

a Ende der 5. Entwicklungswoche: Leber, Magen Milz und Pankreas sind durch Mesos verbunden und liegen auf einer Achse. b Ende der 8. Entwicklungswoche: Durch die Magendrehung werden die Leber nach rechts, Milz und Pankreas nach links verlagert. c Ende der 11. Entwicklungswoche: Durch Fortsetzung der in b dargestellten Entwicklungsprozesse gelangt das Pankreas in eine retroperitoneale Lage.

2.3

Entwicklung des Oberbauchsitus

2.3

Entwicklung des Oberbauchsitus

Sie wird maßgeblich durch die Magendrehung sowie Aussprossung der Oberbauchorgananlagen aus dem hepatopankreatischen Ring in das ventrale und dorsale Mesogastrium bestimmt.

Die Entwicklungen der Peritonealverhältnisse im Oberbauch werden maßgeblich durch die Magendrehung geprägt. Die Anlagen der weiteren Oberbauchorgane (Duodenum, Leber, Pankreas und Milz) entstehen aus dem endodermalen hepatopankreatischen Ring und tragen ihrerseits durch Auswachsen in das ventrale sowie dorsale Mesogastrium zu weiteren Veränderungen der Peritonealverhältnisse bei.

2.3.1

2.3.1 Magendrehung

Magendrehung

Im Bereich des Magens weitet sich das Endodermrohr spindelförmig aus. Die Magendrehung ist eine Kombination zweier Drehbewegungen um jeweils 90° im Uhrzeigersinn: 1. um die Längsachse (mit Verlagerung der ursprünglich dorsalen Magenwand nach links, der ursprünglich ventralen nach rechts). 2. um eine Sagittalachse (mit Verlagerung der Kardia nach links und des Pylorus nach rechts).

⊙ H-2.3

Das Endodermrohr steht ursprünglich in der Mediansagittalebene. Im Bereich des Magens kommt es zunächst zu einer spindelförmigen Aussackung des Rohres und über mehrere Phasen ungleichmäßigen Wachstums schließlich zu einer Verlagerung des Magens auf die linke Körperseite. Die Magendrehung kann als eine Kombination von zwei Drehbewegungen aufgefasst werden: 1. Die erste Drehung erfolgt um die Längsachse des spindelförmig erweiterten Darmrohres um 90° im Uhrzeigersinn (von oben betrachtet): Die ursprünglich dorsale Magenwand gelangt nach links, die ursprünglich ventrale Magenwand nach rechts. 2. Die zweite Drehung erfolgt ebenfalls um 90° im Uhrzeigersinn (von vorne betrachtet), diesmal jedoch um eine Sagittalachse. Hierdurch wird die Kardia auf die linke Körperseite, der Pylorus jedoch auf die rechte verlagert.

⊙ H-2.3

Entwicklung und Drehung des Magens

Längsachse

anteroposteriore Achse

Pylorus

Curvatura minor

Pylorus

Oesophagus

Curvatura major

Ansicht von ventral (zur Sicht im Horizontalschnitt vgl. Abb. H-2.2). Der Magen dreht sich (jeweils etwa 90° im Uhrzeigersinn) sowohl um seine Längsachse als auch um eine sagittale Achse. Die Kurvaturen entstehen durch ungleichmäßige Wachstumsvorgänge. (Lageänderung des Magens im Zuge seiner Drehung und damit einhergehende Verlagerung des ventralen und dorsalen Mesogastriums in der Ansicht von kranial s. Abb. H-2.2.) (Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

H

667

2.3 Entwicklung des Oberbauchsitus

2.3.2 Entwicklungen im Mesogastrium ventrale

2.3.2

▶ Definition. Das Mesogastrium ventrale bezeichnet den im Bereich des sich entwickelnden Magens befindlichen Abschnitt des ventralen embryonalen Mesos (Mesenterium ventrale).

Entwicklungen im Mesogastrium ventrale

▶ Definition.

Aus dem als hepatopankreatischer Ring bezeichneten Darmabschnitt, aus dem später das Duodenum hervorgehen wird, bildet sich zwischen dem 22. und 24. Entwicklungstag nach ventral zwei Endodermaussprossungen: das Leberdivertikel, aus dem Leber und Gallenblase hervorgehen, sowie die ventrale Pankreasanlage aus der der Processus uncinatus des Pankreas (S. 749) wird. Das Leberdivertikel wächst nach ventral in das Mesogastrium ventrale und nach kranial in das Septum transversum hinein, während die ventrale Pankreasknospe durch die Drehung des Duodenums nach dorsal gelangt.

Aus dem hepatopankreatischen Ring (späteres Duodenum) bilden sich zwischen dem 22. und 24. Tag ventrale Endodermaussprossungen (für Leber und einen Pankreasanteil). Die Leberanlage wächst in das Septum transversum (kranial) und in das Mesogastrium ventrale ein.

Entwicklung der Peritonealverhältnisse der Leber

Entwicklung der Peritonealverhältnisse der Leber Die Leberanlage entwickelt sich im Mesogastrium ventrale. Teile der Anlage wachsen jedoch in das Septum transversum und in das dorsale Mesogastrium ein. Hieraus entsteht die Area nuda. Durch das enorme Wachstum der Leber wird die Verbindung zur vorderen Bauchwand (Mesohepaticum ventrale) auf die Ligg. triangularia eingeschränkt, die sich ventral zum Lig. falciforme zusammenschließen. Das Mesohepaticum dorsale wird zum Omentum minus (s. u.).

Die Leberanlage entwickelt sich im Mesogastrium ventrale, doch schon bald wachsen Teile der Anlage in das Septum transversum ein. Aus diesen geht im weiteren Verlauf der Entwicklung die Area nuda der Leber (S. 736) hervor. Durch das enorme Wachstum der Leber wird die Verbindung mit der vorderen Bauchwand (Mesohepaticum ventrale) immer weiter reduziert, bis schließlich nur noch die Ligamenta triangularia übrig bleiben, die sich nach ventral zum Ligamentum falciforme hepatis zusammenschließen. Im Mesohepaticum ventrale verläuft der Ductus venosus Arantii (S. 150), der nach seiner Obliteration (nach der Geburt) zum Ligamentum venosum wird. Der als Mesohepaticum dorsale bezeichnete Anteil des Mesogastrium ventrale (zwischen Leber und Magen) wird zum Omentum minus (s. u.).

⊙ H-2.4

Entwicklung der Leber und ihrer Peritonealverhältnisse im Oberbauchsitus

Mesohepaticum dorsale (= Abschnitt des Mesogastrium ventrale)

Peritoneum parietale

Anlage des Magens Anlage der Milz

Anlage der Leber

Spatium retroperitoneale

Mesohepaticum ventrale (Lig. falciforme hepatis)

Mesogastrium dorsale

ventrale Leibeswand Mesohepaticum ventrale (Lig. teres hepatis)

a

dorsale Pankreasanlage Anlage der Gallenblase

ventrale Pankreasanlage

Hepar

Anlage des Duodenum

Peritoneum parietale Lig. splenorenale

Lig. hepatogastricum u. hepatoduodenale (Omentum minus)

Splen Lig. falciforme hepatis

Lig. gastrosplenicum

Lig. teres hepatis

b

Gaster Duodenum

Omentum majus

Horizontalschnitt durch das Abdomen in der 5. (a) und 11. Entwicklungswoche (b). Ansicht von kranial und links. a Im ventralen Mesogastrium entwickeln sich Leber, Gallenblase und ventrale Pankreasanlage. Im dorsalen Mesogastrium bilden sich die Milz- und die dorsale Pankreasanlage. (Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

b Durch die Magendrehung wird der dorsale Anteil des ventralen Mesogastriums (Mesohepaticum dorsale) zum Omentum minus. Das Mesohepaticum ventrale entwickelt sich zu den Ligg. falciforme und teres hepatis. Aus dem dorsalen Mesogastrium entstehen das Omentum majus sowie die Ligg. gastrosplenicum und splenorenale.

668

H 2 Entwicklung der Peritonealverhältnisse

Entwicklung des Omentum minus

Entwicklung des Omentum minus

Durch die Drehbewegungen des Magens wird das Mesohepaticum dorsale (Tab. H-2.1) nach rechts ausgezogen und in die Frontalebene verlagert. Aus ihm geht das Omentum minus (s. o.) hervor.

Durch die Drehbewegungen des Magens (S. 666) wird der dorsale Anteil des Mesogastrium ventrale (Mesohepaticum dorsale; hier entwickelt sich die Leber, Tab. H-2.1) nach rechts ausgezogen und in die Frontalebene verlagert. Aus diesem Teil geht das Omentum minus hervor, das mit seinem unteren (Ligamentum hepatoduodenale) und oberen (Ligamentum hepatogastricum) Anteil die Vorderwand der Bursa omentalis (S. 655) bildet.

2.3.3

2.3.3 Entwicklungen im Mesogastrium dorsale

Entwicklungen im Mesogastrium dorsale

▶ Definition.

▶ Definition. Das Mesogastrium dorsale bezeichnet den im Bereich des Magens befindlichen Abschnitt des dorsalen embryonalen Mesos (Mesenterium dorsale).

Die nicht verwachsenden Teile des nach links ausgezogenen Mesogastrium dorsale bestehen als Lig. gastrosplenicum bzw. Lig. splenorenale weiter. Der größte Teil wird zum Omentum majus.

In dem breitbasigen Mesogastrium dorsale entstehen die Anlage für die Milz sowie die dorsale Pankreasknospe, die zu Caput und Cauda des Pankreas (S. 755) wird. Das Mesogastrium dorsale wird durch die Magendrehungen auf die linke Körperseite ausgezogen, wo ein Teil mit der dorsalen Bauchwand verwächst. Die nicht verwachsenden Teile bestehen als Ligamentum gastrosplenicum, dessen kranialem Anteil (Lig. gastrophrenicum) und dem Ligamentum splenorenale weiter. Der größte Teil des Mesogastrium dorsale dehnt sich zum Omentum majus (s. u.) aus, wobei der kurze Anteil zwischen großer Kurvatur und Taenia omentalis des Colon transversum als Ligamentum gastrocolicum bezeichnet wird.

Entwicklung der Peritonealverhältnisse von Pankreas, Milz und Duodenum

Entwicklung der Peritonealverhältnisse von Pankreas, Milz und Duodenum

Durch Aussprossung nach dorsal hat sich im Mesogastrium dorsale die dorsale Pankreasanlage gebildet, aus der Caput und Cauda hervorgehen werden. Hier entsteht auch die Milzanlage.

Im Mesogastrium dorsale hat sich durch Aussprossung aus dem hepatopankreatischen Ring des Duodenums nach dorsal die dorsale Pankreasanlage gebildet, aus der schließlich der Kopf und Schwanz (Caput und Cauda pancreatis) des Pankreas (S. 755) hervorgehen werden. Sie dehnt sich im weiteren Verlauf der Entwicklung nach kranial und dorsal aus. Aus dem Mesenchym und der Serosa des Mesogastrium dorsale entsteht auch die Milzanlage. Durch die Auslenkung des Mesogastrium dorsale nach links gelangt auch die ursprünglich median und sagittal gestellte Pankreasanlage in eine Frontalstellung auf der linken Körperseite. Sie liegt dort parallel zur Hinterwand der Peritonealhöhle. Dort, wo sich die Milzanlage befindet, wendet sich das Mesogastrium dorsale in spitzem Winkel nach ventral. Dadurch werden das viszerale Peritoneum des Pankreas und das parietale Peritoneum der Hinterwand der Bauchhöhle aneinander gelagert, sodass sie schließlich miteinander verschmelzen. Das Pankreas gelangt damit in eine sekundär retroperitoneale Lage, während die Milz, die sich im ventralen Teil des Mesogastrium dorsale, dem späteren Lig. gastrosplenicum, entwickelt, intraperitoneal bleibt. Während der Magen nach links verlagert wird, gelangt das Duodenum durch verstärktes Längenwachstum auf die rechte Körperseite. Als „Drehachse“ dieser Verlagerung können die Arteria vitellina superior und die Vena vitellina betrachtet werden, aus denen später die Arteria (S. 867) und Vena mesenterica superior (Abb. K-1.7) werden. Wie beim Pankreas verschmilzt auch hier schließlich das Mesogastrium dorsale mit der hinteren Bauchwand, sodass auch das Duodenum nun sekundär retroperitoneal zu liegen kommt (Abb. H-2.5 und Abb. H-2.2c).

Im dorsalen Mesogastrium entstehen die Anlage der Milz und die dorsale Pankreasanlage.

Die Frontalstellung des Magens und seine Linksverlagerung führen zu einer Verlängerung des Mesogastrium dorsale und zu seiner Auslenkung nach links. Dadurch entsteht eine Ausbuchtung, die spätere Bursa omentalis.

Auch die Pankreasanlage gelangt dadurch in eine Frontalstellung auf der linken Körperseite. Das viszerale Peritoneum der Pankreasanlage verschmilzt mit dem parietalen Peritoneum der hinteren Bauchhöhle. Analog hierzu gelangt das Duodenum auf der rechten Körperseite in eine sekundär retroperitoneale Lage (Abb. H-2.5).

Entwicklung des Omentum majus

Entwicklung des Omentum majus

Das Mesogastrium dorsale an der großen Kurvatur wächst wie eine Tasche vor die Dünndarmschlingen. Das „absteigende“ Blatt legt sich an das Colon transversum an und bildet so das Lig. gastrocolicum, das „aufsteigende“ Blatt verbindet sich mit dem Mesocolon transversum (Abb. H-2.6).

Der Anteil des Mesogastrium dorsale, der von der großen Kurvatur ausgeht, verlängert sich und schiebt sich als großes Netz, sog. Omentum majus (S. 657), zunächst in Form einer Tasche über das Colon transversum und die Dünndarmschlingen. Im weiteren Verlauf der Entwicklung heftet sich das ventrale („absteigende“) Blatt im Bereich der Taenia omentalis (S. 715) an das Colon transversum und bildet so das Ligamentum gastrocolicum. Die Rückseite des dorsalen („aufsteigenden“) Blatts verbindet sich mit dem Oberrand von Colon und Mesocolon transversum (Abb. H-2.6).

H

⊙ H-2.5

669

2.3 Entwicklung des Oberbauchsitus

Retroperitonealisierung von Pankreas und Duodenum

Ren dexter

Ren sinister

Peritoneum parietale

Pankreasanlage (noch intraperitoneal)

a

Duodenum (noch intraperitoneal)

Horizontalschnitte durch das Abdomen in der 5. (a) und 11. (b) Entwicklungswoche. In der stark vereinfachten Ansicht von kranial sind Leber, Magen und Milz nicht dargestellt. a Duodenum und Pankreas liegen noch intraperitoneal. b Als Folge der Magendrehung gelangen Duodenum und Pankreas nach rechts bzw. mittig dorsal.

Wirbelsäule Aorta abdominalis Duodenum und Pancreas nach Retroperitonealisierung b

⊙ H-2.6

Entwicklung des Omentum majus (Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl., nach Moore und Persaud)

Lig. gastrocolicum

Bursa omentalis

a Sagittalschnitt in der Ansicht von links. Das Mesogastrium dorsale wächst über das Colon transversum. Beachte dass der Raum zwischen den beiden Blättern mit der Bursa omentalis kommuniziert. Die Pfeile markieren die verschmelzenden Anteile. b Die beiden Blätter des Mesogastrium dorsale sind miteinander verschmolzen und das „aufsteigende“ Blatt hat sich dem Mesocolon transversum angelegt.

Spatium retroperitoneale

Gaster

Pancreas Duodenum Omentum majus

Colon transversum

a

Jejunum und Ileum

Mesenterium

b

Mesocolon transversum

Der Spaltraum zwischen dem ventralen absteigenden und dorsalen aufsteigenden Blatt kommuniziert während der Entwicklung oder manchmal bis ins Jugendalter mit der Bursa omentalis (s. u.), bis er sich schließlich durch Verschmelzung der beiden Blätter unter Einlagerung von Fett und Bindegewebe verschließt.

Die beiden Blätter verschmelzen unter Einlagerung von Fett und Bindegewebe miteinander.

2.3.4 Entwicklung der Bursa omentalis

2.3.4

▶ Merke. Die Bursa omentalis entsteht aus dem Zusammenwirken verschiedener

Entwicklung der Bursa omentalis

▶ Merke.

im Oberbauch ablaufender Wachstumsprozesse und den daraus resultierenden Verlagerungen. Die Entstehung der Bursa ist nur mit Kenntnis der oben beschriebenen Entwicklungen im Mesogastrium ventrale und dorsale sowie der Magendrehung als zentrales Geschehen zu verstehen. Im dorsalen Mesogastrium entstehen Spalten, die sich zu einem Hohlraum zusammenschließen. Gleichzeitig verlängert sich das Mesogastrium dorsale und wird infolge der Magendrehung mit seinen magennahen Anteilen auf die linke Körperseite verlagert. Als weitere Folge der Magendrehung (S. 666) gelangen die Mesos des Magens in Frontalstellung.

Die Bursa omentalis entsteht durch folgende Vorgänge: ■ Spaltbildung im wachsenden Mesogastrium dorsale, ■ Verlagerung des Magens und seinem dorsalen sowie ventralen Mesogastrium in eine frontale Lage.

670

H 2 Entwicklung der Peritonealverhältnisse

Durch diese Vorgänge entsteht dorsal des Mesogastrium ventrale (Omentum minus) und somit „hinter“ dem Magen ein Hohlraum mit einer nach links gerichteten Ausbuchtung, die spätere Bursa omentalis. Ihr Recessus inferior, der mit dem Spaltraum zwischen beiden Blättern des Omentum majus kommuniziert, verkleinert sich mit deren Verwachsung.

⊙ H-2.7

Entwicklung der Bursa omentalis

Spatium retroperitoneale Mesogastrium dorsale

Interzellularspalten

Foramen omentale

Omentum Foramen minus omentale

Spatium retroperitoneale

a–c Horizontalschnitte durch das Abdomen in der Ansicht von kranial: Durch Spaltenbildung im Mesogastrium dorsale und die gleichzeitige Magendrehung kommt es zur Auslenkung des Mesogastrium dorsale nach links. Hinter dem Magen entsteht eine Höhle, die Bursa omentalis. d–e Sagittalschnitte in der Ansicht von links: Als Ausstülpung des Bodens der Bursa omentalis entsteht das Omentum majus (s. o.). (Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl., nach Sadler)

a Anlage des Magens

2.4

b

c Mesogastrium ventrale

Entwicklung des Unterbauchsitus

2.4.1

Bildung, Wachstum und Drehung der Nabelschleife Bildung der Nabelschleife: Dort, wo die A. vitellina sup. aus der Aorta abzweigt, kommt es zu einem verstärkten Längenwachstum des Darmrohrs und seines Mesenteriums, sodass die Nabelschleife entsteht (Abb. H-2.8a).

Sie ist mit dem Dottersack über den Ductus vitellinus verbunden. Bildet sich dieser unvollständig zurück, entsteht oral des Ostium ileale eine Aussackung der Darmwand, sog. Meckel-Divertikel (S. 118).

Gaster

d

Omentum majus

2.4

e Bursa omentalis

Entwicklung des Unterbauchsitus

2.4.1 Bildung, Wachstum und Drehung der Nabelschleife Bildung der Nabelschleife: Unterhalb des Duodenums wird das Darmrohr von einem dorsalen Mesenterium in einer medianen Sagittalstellung gehalten. Dort, wo die A. vitellina superior (spätere A. mesenterica superior) von der Aorta abzweigt und zum Dottersack zieht, kommt es zu einem verstärkten Längenwachstum des Darmrohrs mit dem zugehörigen Mesenterium. Die dadurch entstehende Darmschlinge wird Nabelschleife genannt (Abb. H-2.8a). An ihrem Scheitelpunkt ist die Nabelschleife über den dünnen Ductus omphaloentericus (vitellinus) mit dem Dottersack verbunden, der normalerweise obliteriert. Bei unvollständiger Rückbildung entsteht jedoch (50–100 cm oral des Ostium ileale) eine Aussackung der Dünndarmwand, sog. Meckel-Divertikel (S. 118), die über einen bindegewebigen Strang mit dem Nabel verbunden bleiben kann.

Physiologischer Nabelbruch: Durch das starke Wachstum des Darmrohrs wird die Nabelschleife mit den sich aus ihr entwickelnden Darmschlingen vorübergehend in das extraembryonale Zölom verlagert (physiologischer Nabelbruch). Unterbleibt die Rückverlagerung, kommt es zur Omphalozele (S. 118).

Physiologischer Nabelbruch: Bereits die Nabelschleife reicht aus der Peritonealhöhle hinaus in das extraembryonale Zölom (S. 108). Durch starkes Längenwachstum ihres oralen Schenkels und des Bereichs um die Einmündung des Ductus omphaloentericus herum entstehen zahlreiche weitere Darmschlingen, die ebenfalls im extraembryonalen Zölom liegen. Diese Verlagerung von Darmschlingen in das extraembryonale Zölom wird als physiologischer Nabelbruch bezeichnet und bleibt bis zu einer Scheitel-Steiß-Länge von 40 mm bestehen. Bei unvollständiger Rückverlagerung entsteht eine Omphalozele (S. 118).

Darmdrehung: (Abb. H-2.8): Die Verlagerung von Magen und Duodenum führt dazu, dass der orale Schenkel der Nabelschleife rechts der A. vitellina zu liegen kommt, der aborale Schenkel dagegen links.

Darmdrehung: (Abb. H-2.8): Die Verlagerung des Magens nach links und des Duodenums nach rechts führen dazu, dass der orale Schenkel der Nabelschleife (zwischen Duodenum und Ductus omphaloentericus) rechts der A. vitellina zu liegen kommt, während der aborale Schenkel auf der linken Seite steht und bis zur Hinterwand der Peritonealhöhle reicht. In einer als primäre Kolonflexur bezeichneten Biegung geht die Nabelschleife in den unteren, median gelegenen Kolonabschnitt über. Mit der Rückverlagerung der Darmschlingen in die Peritonealhöhle kommt es zu einer Anhebung und Drehung gegen den Uhrzeigersinn (von vorne betrachtet) des aboralen Schenkels der Nabelschleife, während der Kolonabschnitt aboral der primären Kolonflexur unter zunehmendem Längenwachstum nach links verlagert wird. Der größte Teil der vormals abführenden Nabelschleife, der zu den unterschiedlichen Kolonabschnitten wird, „umrahmt“ nun die Dünndarmschlingen.

In einer als primäre Kolonflexur bezeichneten Biegung geht die Nabelschleife in den unteren Kolonabschnitt über. Mit der Rückverlagerung von Darmschlingen in die Peritonealhöhle kommt es zur Anhebung und Rechtsverlagerung des aboralen Schenkels, aus dem sich unter zunehmendem Längenwachstum die unterschiedlichen Kolonabschnitte entwickeln.

H

⊙ H-2.8

671

2.4 Entwicklung des Unterbauchsitus

Darmdrehung Anlage des Magens

oraler Teil der Nabelschleife

Anlage des Caecum

Anlage des Duodenum A. mesenterica superior

a Ductus omphaloentericus

b

aboraler Teil der Nabelschleife

primäre Kolonflexur

Duodenum

Die in der Ansicht von links ventral (a und b) und ventral (c und d) dargestellte Entwicklung umfasst den Zeitraum zwischen 5. und 11. Entwicklungswoche: Drehung der Nabelschleife (a und b) bis zunächst das Zäkum im rechten Oberbauch liegt. Während das Zäkum im rechten Oberbauch liegt, bilden sich zahlreiche weitere Darmschlingen (c) und die Drehung setzt sich fort, bis schließlich die einzelnen Abschnitte des Darmrohres ihre typischen Positionen eingenommen haben (d). (Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl., nach Sadler)

Gaster

primäre Kolonflexur Pancreas Anlage des Caecum

Hepar Colon transversum Colon descendens Jejunum und Ileum

Colon ascendens Caecum c

d

Ductus omphaloentericus

Jejunum und Ileum

Ductus omphalo- Appendix entericus (verödet) vermiformis

2.4.2 Retroperitonealisierung einzelner Kolonabschnitte Caecum, Colon ascendens und Colon descendens lagern sich der dorsalen Bauchwand an, wo sie schließlich durch Verschmelzung des dorsalen viszeralen und parietalen Peritoneums in eine sekundär retroperitoneale Lage kommen (Abb. H-2.9). Ebenso verschmelzen die dorsalen Mesenterien breitbasig mit der dorsalen Wand der Peritonealhöhle. Das Mesenterium des Colon transversum heftet sich kaudal der großen Kurvatur des Magens und dem Boden der Bursa omentalis an, sodass das Colon transversum vor dem sekundär retroperitonealen Duodenum und Pankreas liegt.

⊙ H-2.9

Retroperitonealisierung von Colon ascendens und descendens

Spatium retroperitoneale

„Mesocolon ascendens“

„Mesocolon descendens“

Peritoneum parietale

Peritoneum parietale

Colon ascendens

Colon descendens

a

Mesenterium

Jejunum und Ileum

b

Horizontalschnitt, Ansicht von kranial. (Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl., nach Moore und Persaud)

a Nach Erreichen der endgültigen Position innerhalb der Peritonealhöhle werden Mesocolon ascendes und descendens gegen die Hinterwand der Peritonealhöhle gedrückt (Pfeile). b Durch Verkleben der Mesos mit dem Peritoneum parietale werden Colon ascendens und descendens sekundär nach retroperitoneal verlagert.

2.4.2

Retroperitonealisierung einzelner Kolonabschnitte Caecum, Colon ascendens und descendens lagern sich der dorsalen Bauchwand an, und gelangen so in eine sekundär retroperitoneale Lage (Abb. H-2.9). Das intraperitoneale Colon transversum kommt somit vor dem sekundär retroperitonealen Duodenum zu liegen.

⊙ H-2.9

Verdauungssystem

1

Rumpfdarm – Ösophagus und Gastrointestinaltrakt

2

Hepatobiliäres System und Pankreas

734

675

I

1

Rumpfdarm – Ösophagus und Gastrointestinaltrakt

1.1 1.2 1.3 1.4 1.5 1.6 1.7

Funktion und Einteilung des Verdauungssystems . . . . . . . . . . Allgemeiner Aufbau des Rumpfdarms . . . . . . . . . . . . . . . . . Speiseröhre (Ösophagus) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Magen (Gaster) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dünndarm (Intestinum tenue) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dickdarm (Intestinum crassum) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Darstellung des Verdauungskanals mit bildgebenden Verfahren

. . . . . . .

. . . . . . .

I . . . . . . .

. . . . . . .

675 676 679 693 703 711 729

J. Kirsch, F. Schmitz, E. Schulte

1.1

Funktion und Einteilung des Verdauungssystems

J. Kirsch Um Nährstoffe aus der Umgebung aufzunehmen und nach Bedarf zu assimilieren, benötigen mehrzellige Organismen ein Verdauungssystem, das beim Menschen folgende Einheiten umfasst: ■ Der vorwiegend muskuläre Verdauungskanal, den die Nahrung passiert, lässt sich topografisch untergliedern in – Kopfdarm und – Rumpfdarm (Abb. I-1.1). ■ Als Drüsen, deren Sekret in den Verdauungskanal abgegeben wird und dort dem Aufschluss der Nahrung dient, fasst man folgende zusammen: – Speicheldrüsen, z. B. Kopf- bzw. Mundspeicheldrüsen (S. 1017) und Pankreas = Bauchspeicheldrüse (S. 748), deren Sekrete enzymhaltig sind, und die – Leber (S. 734), die neben der Produktion von Gallenflüssigkeit vielfältige weitere Aufgaben im Organismus übernimmt und damit nicht nur im Dienste der Verdauung steht. Nach Aufnahme der Nahrung durch den Mund, wird sie dort zerkleinert und eingespeichelt. Letzteres dient einerseits der Verbesserung der Gleitfähigkeit, andererseits enthält der Mundspeichel bereits ein Enzym zur Spaltung von Kohlehydraten (Amylase). Der Speisebrei gelangt über die Zunge in den Oropharynx, der mittleren Etage des Rachens, und wird von dort durch den Schluckvorgang Richtung Hypopharynx (untere Etage des Rachens) und Ösophagus befördert. Der Ösophagus, eine reine Transportstrecke, zählt bereits zum Rumpfdarm. In den darauf folgenden Abschnitten des Rumpfdarms findet die enzymatische Aufspaltung der Nahrung in Nährstoffe (Aminosäuren, Zucker, Lipide) statt, die dann zusammen mit Ionen und Wasser resorbiert werden. Die Endstrecke des Rumpfdarmes, Rektum und Analkanal, dienen der Zwischenlagerung unverdaulicher Nahrungsbestandteile (Ballaststoffe) und deren kontrollierter Ausscheidung (Defäkation).

1.1

Funktion und Einteilung des Verdauungssystems

Das Verdauungssystem dient der Versorgung des Organismus mit Nährstoffen. Man unterscheidet den ■ Verdauungskanal mit – Kopf- und – Rumpfdarm (Abb. I-1.1) sowie



die mit ihm assoziierten Drüsen: Kopf-/ Mundspeicheldrüsen (S. 1017), Pankreas (S. 748) und Leber (S. 734).

Die unterschiedlichen Teile des Kopfdarms dienen der Aufnahme und Zerkleinerung der Nahrung und deren Weiterbeförderung in den Rumpfdarm. Im Rumpfdarm erfolgen der wesentliche Anteil des enzymatischen Nahrungsaufschlusses sowie die Resorption von Nährstoffen, Ionen und Wasser. Ösophagus, Rektum und Analkanal sind reine Transportstrecken bzw. dienen der Zwischenlagerung unverdaulicher Nahrungsbestandteile und der Defäkation.

676 ⊙ I-1.1

I 1 Rumpfdarm – Ösophagus und Gastrointestinaltrakt

Einteilung des Verdauungskanals

Abschnitte

Anteile

Funktion

Kopfdarm Mundhöhle (Cavitas oris)

Vestibulum oris (Mundvorhof)

Durchmischung mit Speichel durch Mündung der kleinen Speicheldrüsen der Wangen- und Lippenschleimhaut sowie des Ductus parotideus

Cavitas oris proprii (Mundhaupthöhle)

Nahrungsaufnahme, Zerkleinerung der Nahrung, Durchmischung mit Speichel durch Mündung der Gll. sublingualis und submandibularis

Fauces (Gaumenbögen und -segel)

Abschluss der Mundhöhle gegen den Nasopharynx

Pars nasalis pharyngis (Epipharynx )

Luftleitung

Pars oralis pharyngis (Oropharynx)

Schluckvorgang (zusammen mit der Zunge)

Pars laryngea pharyngis (Hypopharynx)

Transportstrecke

Speiseröhre (Oesophagus)

Pars cervicalis Pars thoracalis Pars abdominalis

Transportstrecke, geringfügige Schleimproduktion

Magen (Gaster, Ventriculus)

Pars cardiaca Fundus gastricus Corpus gastricum Pars pylorica mit Antrum gastricum und Canalis pyloricus

Rachen (Pharynx)

Rumpfdarm

Dünndarm (Intestinum tenue)

Duodenum (Zwölffingerdarm) mit Pars descendens Pars horizontalis Pars ascendens

Beginn des enzymatischen Nahrungsaufschlusses Reservoir Portionierung des Chymus Neutralisierung des sauren Chymus enzymatischer Nahrungsaufschluss

Resorption von Nährstoffen

Jejunum (Leerdarm) Ileum (Krummdarm) Dickdarm (Intestinum crassum)

Caecum (Blinddarm) mit Appendix vermiformis (Wurmfortsatz) Colon (Grimmdarm) mit Colon ascendens Colon transversum Colon descendens Colon sigmoideum

Rückresorption von Wasser Produktion von Schleim

Rectum (Mastdarm)

Reservoir Rückresorption von Wasser

Canalis analis (Analkanal)

Transportstrecke Kontinenzorgan

Details zum Ductus parotideus siehe Kapitel Ohrspeicheldrüse (S. 1018).

1.2

Allgemeiner Aufbau des Rumpfdarms

1.2

Allgemeiner Aufbau des Rumpfdarms

J. Kirsch 1.2.1

Wandschichten

Die unterschiedlichen Anteile des Rumpfdarms haben den gleichen Wandbau (Tab. I-1.1).

1.2.1 Wandschichten Der Wandbau der unterschiedlichen Abschnitte des Rumpfdarms (Abb. I-1.2) folgt einem gemeinsamen Bauplan: In allen Abschnitten findet man (von „innen“ = luminal nach „außen“) die in Tab. I-1.1 genannten Schichten.

I

⊙ I-1.2

677

1.2 Allgemeiner Aufbau des Rumpfdarms

Wandschichten des Rumpfdarms

Ösophagus

Magen

Tela submucosa

Tunica mucosa:

Plexus submucosus (Meissner) Plexus myentericus (Auerbach)

• Lamina epithelialis mucosae • Lamina propria mucosae

Schematische Querschnitte durch Ösophagus, Magen sowie Teilen des Dünn- und Dickdarms. Zu beachten ist, dass einzelne Abschnitte von Dünn- und Dickdarm sowohl von Serosa als auch von Adventitia umgeben sein können. Dr = Drüse, Kr = Krypte, Z = Zotte. (Lüllmann-Rauch, R.: Histologie. Thieme, 2012)

Fibrae obliquae

• Lamina muscularis mucosae Dr

Drüse

Meso

Z

Peritoneum parietale

Kr

Tunica serosa

Kr

Tela subserosa Taenia

Peritoneum viscerale Tunica muscularis: • Stratum circulare • Stratum longitudinale

Tunica adventitia Jejunum Ileum

Kolon

≡ I-1.1

Wandbau des Rumpfdarms*

Schicht

Untergliederung

Tunica mucosa (Mukosa)

Lamina epithelialis mucosae (Epithelium mucosae; Schleimhautepithel)

≡ I-1.1

Lamina propria mucosae (Schleimhautbindegewebe) Lamina muscularis mucosae (Schleimhautmuskelschicht) Tela submucosa (Submukosa) Tunica muscularis (Muskularis) Stratum circulare (Ringmuskelschicht) Stratum longitudinale (Längsmuskelschicht) Tela subserosa (Subserosa) Tunica serosa (Serosa)

Lamina propria serosae (Serosabindegewebe) Lamina mesothelialis (Mesothel; Serosaepithel)

* Die Schichten sind von luminal (innen) nach außen genannt. Da die drei luminalen Schichten in allen Darmabschnitten vorkommen, wird oft von Dreischichtigkeit gesprochen, obwohl es mindestens vier Schichten sind.

▶ Merke. Bei den Abschnitten des Rumpfdarms ohne Peritonealüberzug ist anstelle

▶ Merke.

von Tela subserosa und Tunica serosa eine bindegewebige Tunica adventitia ausgebildet. Sie entspricht dem submesothelialen Bindegewebe.

Tunica mucosa

Tunica mucosa

Lamina epithelialis mucosae: In Abhängigkeit von der vorherrschenden Funktion (Transport, Sekretion, Resorption) des betreffenden Rumpfdarmabschnitts variiert der Feinbau des Epithels: Während Abschnitte, die vorwiegend dem Transport dienen (Ösophagus und Analkanal), mit mehrschichtigem, unverhorntem Plattenepithel ausgekleidet sind, findet sich in den übrigen Darmabschnitten ein einschichtiges, hochprismatisches Oberflächenepithel. Sekrete werden aus tubulösen Drüsen abgegeben, die im Bereich des Dünn- und Dickdarms als Krypten (Glandulae intestinales), im Magen als Glandulae gastricae bezeichnet werden. In Ösophagus und Duodenum reichen diese Drüsen bis in die Tela submucosa und werden Glandulae oesophageae bzw. Glandulae duodenales (Brunner-Drüsen) genannt. Wie alle Epithelien ist die Lamina epithelialis mucosae durch eine elektronenmikroskopisch sichtbare Basalmembran (S. 69) von der folgenden Schicht getrennt.

Lamina epithelialis mucosae: Mit Ausnahme der Transportstrecken handelt es sich um hochprismatisches Oberflächenepithel. Die Sekretion erfolgt aus tubulösen Drüsen (im Darm als Krypten bezeichnet), die teilweise bis in die Tela submucosa hinab reichen. Wie für Epithelien typisch, erfolgt die Abgrenzung gegenüber der nächsten Schicht durch eine Basalmembran (S. 69).

678

I 1 Rumpfdarm – Ösophagus und Gastrointestinaltrakt

Lamina propria mucosae: Im lockeren Bindegewebe befindet sich ein dichtes Netz aus Blut- und Lymphkapillaren sowie Nerven.

Lamina propria mucosae: Sie besteht aus lockerem Bindegewebe mit den für dieses Gewebe typischen fixen und freien Zellen (S. 67) sowie einzelne glatte Muskelzellen. In dieser Schicht befinden sich die Endaufzweigungen von Blutgefäßen (Kapillarnetz) und Nerven. Die für die Fettverdauung wichtigen Lymphbahnen des Abdominalbereiches nehmen als Lymphkapillaren hier ihren Ursprung.

Lamina muscularis mucosae: Die glatte Muskulatur verleiht der Schleimhaut eine gewisse Eigenbeweglichkeit („Zottenpumpe“).

Lamina muscularis mucosae: Die dünne Schicht spiralig angeordneter glatter Muskelzellen verleiht der Schleimhaut eine gewisse Eigenbeweglichkeit und verbessert dadurch den Abtransport der Lymphe („Zottenpumpe“).

▶ Merke.

▶ Merke. Die Lamina muscularis mucosae ist ein charakteristisches Merkmal des

Rumpfdarms. Tela submucosa ▶ Synonym.

Tela submucosa ▶ Synonym. Submukosa

In dieser lockeren Bindegewebsschicht verzweigen sich Arterien und Venen. Die Lymphgefäße sind mit Klappen ausgestattet. Auch ein Teil des enterischen Nervensystems liegt hier: der Plexus submucosus bzw. Meissner-Plexus (S. 679), der aus unregelmäßig angeordneten Ganglien und Nervenfasern besteht.

Wie die Lamina propria mucosae besteht die Tela submucosa aus lockerem Bindegewebe mit zum Teil zahlreichen elastischen Fasern. In dieser Schicht verzweigen sich die Arterien bzw. Venen, die durch die Darmwand eingedrungen sind. Die Äste dieser Blutgefäße (kleine Arterien oder Arteriolen, bzw. kleine Venen und Venulen) sind mit den Kapillaren in der Lamina propria mucosae verbunden. Die Lymphgefäße der Tela submucosa sind bereits mit Klappen ausgestattet und führen die Lymphe aus der Lamina propria mucosae größeren Lymphgefäßen zu. Letztere durchbrechen die Tunica muscularis (s. u.) und vereinigen sich zu den mesenteriellen Lymphbahnen. Schließlich befinden sich in der Tela submucosa die unregelmäßig angeordneten Ganglien und Nervenfasern des Plexus submucosus bzw. Meissner-Plexus (S. 679), einem Teil des enterischen Nervensystems. Dieser Plexus reguliert die Bewegung der Schleimhaut und die Abgabe der Sekrete aus den Darmdrüsen. Nervenfasern, die von hier in die Mukosa ziehen, sind chemorezeptiv.

Tunica muscularis

Tunica muscularis

▶ Synonym.

▶ Merke.

▶ Synonym. Muskularis

▶ Merke. Die glatte Muskulatur des Verdauungskanals ist in einer inneren Ring-

und einer äußeren Längsmuskelschicht angeordnet (Stratum circulare und Stratum longitudinale). Letztere ist über große Teile des Dickdarms in 3 Tänien (S. 715) angeordnet. In Ösophagus und Magen gibt es noch schräg verlaufende Fasern, wobei die Fibrae obliquae des Magens die innerste Muskelschicht bilden. Zwischen den beiden Schichten liegen die Ganglien der zweiten Komponente des enterischen Nervensystems, des Plexus myentericus (Auerbach-Plexus, s. u.).

Im Zäkum und Kolon ist diese Längsmuskelschicht zu drei Strängen, den Tänien (S. 715), zusammengefasst. Zwischen zirkulärer und Längsmuskelschicht sind im Ösophagus noch schräg verlaufende Fasern zu finden, die an der Bildung des Verschlussmechanismus beteiligt sind. In der Magenwand bilden die schräg verlaufenden Fibrae obliquae die innerste Muskelschicht. Zwischen Stratum circulare und Stratum longitudinale befindet sich eine dünne Bindegewebsschicht, in der die Ganglien des Plexus myentericus (Auerbach-Plexus, s. u.;) eingelagert sind. Diese Komponente des enterischen Nervensystems reguliert die Darmmotilität.

Tunica adventitia, Tela subserosa und Tunica serosa

Tunica adventitia, Tela subserosa und Tunica serosa

▶ Synonym.

Außen wird die Muskelschicht von Bindegewebe umgeben. Ist der entsprechende Rumpfdarmabschnitt von Peritoneum bedeckt, wird die Bindegewebsschicht Tela subserosa genannt und von Serosa überzogen. Bei Organen ohne Peritonealüberzug spricht man von Tunica adventitia.

▶ Synonym. Adventitia, Subserosa und Serosa

Die Tunica muscularis wird nach außen von einer Schicht aus lockerem Bindegewebe mit elastischen Fasern umgeben. Ist der entsprechende Abschnitt des Rumpfdarms nicht von Peritoneum überzogen, also bei Ösophagus, Rektum und Anteilen der sekundär retroperitonealen Organe (S. 652), wird diese Schicht Tunica adventitia genannt. Bei den übrigen Abschnitten, d. h. den außen von Tunica serosa (bestehend aus einschichtigem Plattenepithel = Mesothel und Bindegewebe = Lamina propria) bedeckten Anteilen spricht man von der Tela subserosa.

679

I 1.3 Speiseröhre (Ösophagus)

Im Bindegewebe befinden sich arterielle und venöse Gefäßnetze (Plexus subserosus) sowie Lymphgefäße.

1.2.2 Enterisches Nervensystem (Plexus entericus) In der Darmwand befindet sich ein intramurales (intrinsisches)Nervensystem, das in seiner Gesamtheit als Plexus entericus bezeichnet wird. Durch unterschiedliche Lage gliedert er sich in zwei einzelne Plexus (Tab. I-1.2), die untereinander in Verbindung stehen.

≡ I-1.2

Plexus des enterischen Nervensystems

Plexus

Lage

innervierte Strukturen

Effekt

Plexus submucosus (Meissner)

in Tela submucosa

Lamina muscularis mucosae

Schleimhautfältelung

Drüsen

Sekretion

Plexus myentericus (Auerbach)

zwischen Stratum circulare und Stratum longitudinale der Tunica muscularis

Tunica muscularis

Darmmotilität

Es lassen sich mehr als zehn unterschiedliche Nervenzelltypen nachweisen, darunter auch solche, die Stickoxid (NO) bilden können. NO wirkt relaxierend auf die glatte Muskulatur der Darmwand. Andere Nervenzellen wirken als Dehnungs- oder Chemorezeptoren oder sind in unterschiedlich lange Reflexbögen integriert, welche die lokale Motilität kleinerer bzw. größerer Darmabschnitte koordinieren. Zwischen Tunica muscularis und Tela submucosa liegen die spindel- bis sternförmigen interstitiellen Zellen von Cajal (Interstitial Cells of Cajal; Abk. ICC). Hierbei handelt es sich um spezialisierte Fibroblasten, die ähnlich wie die Schrittmacherzellen des Herzens spontane rhythmische Depolarisationen aufweisen. Sie stehen im engen, wahrscheinlich synaptischen Kontakt mit den Nervenzellen des Plexus myentericus und bilden Nexus mit den glatten Muskelzellen der Tunica muscularis. Man nimmt daher an, dass es sich bei den ICC um die Schrittmacherzellen der Darmmotilität handelt. ▶ Klinik. Beim Morbus Hirschsprung fehlen aufgrund eines genetischen Defekts die Ganglienzellen des enterischen Nervensystems und die ICC im Dickdarm (meist Kolon oder Rektum). Die glatte Muskulatur kann daher in dem betroffenen Darmabschnitt nicht mehr relaxieren. Als Folge hiervon wird der Kot nicht mehr weitertransportiert und es kommt sekundär zu einer starken Erweiterung des oral davon gelegenen Darmabschnitts (Megakolon). Die Betroffenen leiden unter Erbrechen und Verstopfung. Die Therapie besteht in einer Entfernung des aganglionären Darmabschnitts.

Obwohl das enterische Nervensystem weitgehend autonom funktioniert, ist es über parasympathische Fasern des Nervus vagus und der Nn. splanchnici pelvici mit dem parasympathischen (S. 216) sowie über die Nervi splanchnici major und minor mit dem sympathischen Anteil (S. 214) des vegetativen Nervensystems verbunden. Dadurch wird ein modulierender Einfluss auf das intramurale Nervensystem ermöglicht, wobei die sympathischen Zuflüsse hemmend, die parasympathischen fördernd auf Sekretion der Drüsen und die Motilität der Darmmuskulatur wirken.

1.3

Speiseröhre (Ösophagus)

1.2.2

Enterisches Nervensystem (Plexus entericus) Das intramurale Nervensystem in der Darmwand wird in seiner Gesamtheit als Plexus entericus bezeichnet und in 2 untereinander verbundene Plexus unterteilt (Tab. I-1.2).

≡ I-1.2

Es besteht aus mindestens zehn funktionell unterschiedlichen Nervenzelltypen, welche die Motilität des Darmes regeln bzw. als Dehnungs- und Chemorezeptoren dienen. Die interstitiellen Zellen von Cajal (ICC) sind wahrscheinlich die Schrittmacher der Darmmotilität.

▶ Klinik.

Das enterische Nervensystem funktioniert weitgehend autonom, wird jedoch über Äste des N. vagus und die Nn. splanchnici major und minor parasympathisch und sympathisch beeinflusst.

1.3

Speiseröhre (Ösophagus)

1.3.1 Funktion des Ösophagus

1.3.1

Funktion des Ösophagus

Als elastisch-verformbares muskuläres Hohlorgan dient der Ösophagus dem Transport der Nahrung vom Rachen, dem Pharynx (S. 914), in den Magen. Damit erfolgt hier quasi die Fortsetzung des Schluckprozesses, nach den durch die Mundboden-, Zungengrund-, Gaumensegel- und Pharynxmuskulatur bewirkten Vorgängen.

Die Speiseröhre dient dem Transport der Nahrung vom Rachen in den Magen.

F. Schmitz

680

I 1 Rumpfdarm – Ösophagus und Gastrointestinaltrakt

▶ Klinik. Typisches Leitsymptom von Ösophaguskrankheiten ist

die Schluckstörung (Dysphagie). Geht sie mit Schmerzen einher, spricht man von Odynophagie („schmerzhaftes Schlucken“). Diese Schmerzen sind retrosternal im Verlauf der Speiseröhre lokalisiert oder werden in ein Hautareal im Bereich des distalen Sternums projiziert (Head-Zone des Ösophagus in Höhe Th 4/5).

1.3.2

Abschnitte, Lage und Form des Ösophagus Beim Erwachsenen ist der leicht gekümmt verlaufende Ösophagus ca. 25 cm lang, in 3 Abschnitte eingeteilt (Abb. I-1.4) und durch 3 physiologische Engstellen geprägt (Abb. I-1.4b und Abb. I-1.5). Lage und Abschnitte: Der Beginn am unteren Rand des Ringknorpels (S. 922) liegt in Höhe von HWK VI–VII, das Ende in Höhe von BWK XI mit Einmündung in die Kardia des Magens. Man unterscheidet: ■ Pars cervicalis, ■ Pars thoracica als längsten Abschnitt und ■ Pars abdominalis.

▶ Klinik.

Krümmungen: Während seines Verlaufs krümmt sich der Ösophagus in der Frontalsowie in der Sagittalebene.

Engstellen: Man unterscheidet folgende Engstellen (Abb. I-1.5): ■ Obere Enge (Constrictio pharyngooesophagealis, „Constrictio cricoidea“): auf der Höhe des Ringknorpels. ■ Mittlere Enge (Constrictio partis thoracicae, Constrictio bronchoaortica): auf Höhe des Aortenbogens und des linken Hauptbronchus.

⊙ I-1.3

Head-Zone des Ösophagus (Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

1.3.2 Abschnitte, Lage und Form des Ösophagus Der schlauchförmige Ösophagus hat beim Erwachsenen eine Länge von ca. 25 cm. Er wird innerhalb seines relativ langen, leicht gekrümmten Verlaufs in drei lagebedingte Abschnitte eingeteilt (Abb. I-1.4). Durch seine Beziehungen zu benachbarten Strukturen erhält er drei physiologische Engstellen (Abb. I-1.4b und Abb. I-1.5), die seine Form prägen. Lage und Abschnitte: Der Ösophagus beginnt am unteren Rand des Ringknorpels des Larynx (S. 922) auf Höhe von HWK VI–VII und endet auf Höhe von BWK XI mit seiner Einmündung in die Kardia (S. 693) des Magens. ■ Pars cervicalis (Halsteil): Dieser direkt der ventralen Halswirbelsäule anliegende Anfangsabschnitt, ist kurz (beim Erwachsenen ca. 8 cm lang), da der Ösophagus kurz nach seinem Beginn als ■ Pars thoracica (Brustteil) in die Brusthöhle übertritt. Hier verläuft er zunächst im oberen und dann im hinteren unteren Mediastinum (Tab. G-1.1). Er bildet den längsten Teil der Speiseröhre (ca. 16 cm beim Erwachsenen) und verlässt mit dem Zwerchfelldurchtritt (S. 539) die Brusthöhle. ■ Pars abdominalis (Bauchteil): Dieser sehr kurze Abschnitt (durchschnittlich 1– 3 cm) läuft im Vergleich zum epiphrenischen Teil schräg bis zu seiner Mündung in die Kardia des Magens. Die Pars abdominalis ist in Ruhe geschlossen und öffnet sich lediglich beim Schluckakt (S. 920). ▶ Klinik. Für die endoskopische Untersuchung der Speiseröhre, die meist zusammen mit der von Magen und Duodenum erfolgt (Ösophagogastroduodenoskopie = ÖGD) ist wichtig, dass der Ösophagus etwa 15 cm nach der vorderen Zahnreihe beginnt und die Entfernung von der Zahnreihe bis in die Magenmündung beim Erwachsenen etwa 40 cm beträgt. Ein Endoskop, das über die Speiseröhre in den Magen eingeführt werden soll, befindet sich somit im Normalfall nach 40 cm Vorschub im Magen (Abb. I-1.4a).

Krümmungen: Während seines Verlaufs weist der Ösophagus charakteristische Krümmungen auf: ■ In der Frontalebene (Abb. I-1.4c) liegt die Pars cervicalis häufig leicht links von der Medianebene, wohingegen die Pars thoracalis durch die links von ihr verlaufende Aorta rechts von der Medianebene liegt. Die Pars abdominalis verläuft schräg nach links. ■ In der Sagittalebene beschreibt der Ösophagus einen nach ventral konkaven Bogen (Abb. I-1.4b). Engstellen: Man unterscheidet folgende physiologische Engstellen (Abb. I-1.5): ■ Obere Enge, d. h. Constrictio pharyngooesophagealis (S. 917) bzw. „Constrictio cricoidea“ da sie auf der Höhe des Ringknorpels liegt; klinisch: Ösophagusmund: Dies ist die engste Stelle des Ösophagus (Innendurchmesser 14–15 mm) und wird durch einen zirkulären Sphinktermuskel verschlossen (Oberer Ösophagussphinkter = OÖS; im engl. Sprachraum als UES = upper esophageal sphincter bezeichnet). Die zirkulären Muskelfasern des OÖS entstammen primär der Pars cricopharyngea des M. constrictor pharyngis inferior (Stratum circulare). Der muskuläre Verschluss wird durch einen submukösen Venenplexus (S. 682) ergänzt, der diesen

681

I 1.3 Speiseröhre (Ösophagus)





Verschluss „gasdicht“ macht. Beim „Aufstoßen“ wird dieser gasdichte Verschluss hörbar geöffnet. Die obere Ösophagusenge ist in Ruhe zu einem quergestellten Spalt geschlossen. Die obere Ösophagusenge liegt auf Höhe von HWK VI/VII und wird, gemessen von der vorderen Zahnreihe, nach etwa 15 cm erreicht. Mittlere Enge (Constrictio partis thoracicae): Sie entspricht der Stelle, an welcher der Ösophagus durch den Arcus aortae und den linken Hauptbronchus eingedellt wird (daher auch Constrictio bronchoaortica oder Aortenenge bezeichnet) und liegt auf Höhe von BWK IV, d. h. ungefähr 10 cm kaudal der oberen Enge. Untere Enge (Constrictio diaphragmatica = Zwerchfellenge, syn. Constrictio phrenica): Sie liegt auf Höhe von BWK X/XI im Bereich des Hiatus oesophageus des Diaphragmas kurz vor dem ösophagogastralen Übergang. In der Constrictio diaphragmatica wird der Ösophagus durch das Ligamentum phrenicooesophageale (s. u.) elastisch fixiert. Die untere Ösophagusenge wird etwa 40 cm nach der vorderen Zahnreihe erreicht. Zum Einbau des Ösophagus bei seinem Durchtritt durch das Zwerchfell (S. 539).

⊙ I-1.4



Untere Enge (Constrictio diaphragmatica, Constrictio phrenica): im Bereich des Hiatus oesophageus.

Abschnitte, Lage und Krümmungen des Ösophagus

Cartilago cricoidea Cavitas oris

15 cm

Oesophagus:

2 5 cm

• Pars abdominalis

mittlere Ösophagusenge (Constrictio partis thoracicae)

Cavitas thoracis, Mediastinum Pars thoracica

a

untere Ösophagusenge (Constrictio phrenica)

Pars abdominalis

b

Pars thoracalis Pars abdominalis

Diaphragma

BWK 10

Gaster

Pars cervicalis

Sternum

BWK 4/5

Diaphragma

Medianebene

obere Ösophagusenge (Constrictio pharyngooesophagealis)

Ösophagusmund Trachea, Pars thoracica

Pharynx

• Pars cervicalis

• Pars thoracica

HWK 6

Aorta

c

(Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

a Schematische Darstellung der Speiseröhre und ihrer Abschnitte mit Kennzeichnung der für die Endoskopie wichtigen Entfernungen von der vorderen Zahnreihe in der Ansicht von ventral bei nach rechts gedrehtem Kopf. b Schematische Seitansicht des Ösophagus von rechts. c Krümmungen des Ösophagus in der Frontalebene.

⊙ I-1.5

Ösophagusengen

Cartilago cricoidea

obere …sophagusenge, …sophaguseingang

Pars cervicalis obere …sophagusenge (Constrictio pharyngooesophagealis)

Trachea Arcus aortae Aorta ascendens Bronchus principalis dexter

mittlere …sophagusenge Bronchus principalis sinister

mittlere …sophagusenge (Constrictio partis thoracicae)

Diaphragma

Aorta thoracica Pars thoracica

Pars abdominalis

a (Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

untere …sophagusenge

untere …sophagusenge (Constrictio phrenica)

Diaphragma Gaster

b

a Darstellung der Strukturen, die den einzelnen Engstellen des Ösophagus zugrunde liegen. b Darstellung der 3 Ösophagusengen in Projektion auf den Thorax in der Ansicht von ventral.

682 ▶ Klinik.

I 1 Rumpfdarm – Ösophagus und Gastrointestinaltrakt

▶ Klinik. Verschluckte Gegenstände bleiben präferenziell an den genannten Engstellen im Ösophagus hängen.

▶ Klinik. Insbesondere bei den bildgebenden klinischen Diszipli-

nen hat sich für den kaudalen Abschnitt der Ausdruck „terminaler Ösophagus“ eingebürgert, der von kranial nach kaudal folgende Abschnitte umfasst: ■ Der supradiaphragmale Abschnitt zwischen mittlerer und unterer Ösophagusenge ist relativ dehnbar. Da er den intrathorakalen Druckänderungen ausgesetzt ist, weist er besonders bei kräftiger Inspiration eine röntgenologisch beobachtbare ampullenartige Erweiterung auf, die als epiphrenische Ampulle (Ampulla epiphrenica) bezeichnet wird. ■ Der transdiaphragmale Abschnitt entspricht der unteren Ösophagusenge. ■ Der infradiaphragmale Abschnitt, also die Pars abdominalis des Ösophagus wird in den bildgebenden Disziplinen auch als Vestibulum cardiacum oder Antrum cardiacum bezeichnet. Dieser Bereich entspricht dem „unteren Ösophagussphinkter“ (UÖS, s. u.) und ist in Ruhe geschlossen. Eine röntgenologisch beobachtbare Füllung des Vestibulum cardiacum mit Röntgenkontrastmittel erfolgt lediglich in der Schluckphase, wenn sich der untere Ösophagussphinkter öffnet. Dieses Areal wird auch als „ösophagokardiofundale Übergangszone“ oder als „Kardiasphinkter“ bezeichnet.

Verschlussmechanismus: Der Verschluss der unteren Ösophagusmündung wird durch mehrere Mechanismen gewährleistet, die zusammen als Unterer Ösophagussphinkter (UÖS) bezeichnet werden:







■ ■



Spiralförmiger Verlauf der glatten Muskulatur („Wringmechanismus“ ohne Vorliegen eines echten Sphinktermuskels, Abb. I-1.7a), Druckgradient zwischen Brust- und Bauchraum, schräge Einmündung in die Incisura cardialis (His-Winkel, Abb. I-1.7b), Venenpolster (Abb. I-1.7c) „Zwingeneffekt“ des Zwerchfellschenkels und die elastische Fixierung durch das Lig. phrenicooesophageale (s. o.).

▶ Merke.

⊙ I-1.6

Regelrechte Kontrastmitteldarstellung des Ösophagus (Möller, T.B.: Röntgennormalbefunde. Thieme, 2003)

epiphrenische Ampulle

transdiaphragmaler Abschnitt infradiaphragmaler Abschnitt His-Winkel

Verschlussmechanismus des kaudalen Ösophagus: Einen eigentlichen Sphinktermuskel wie z. B. am Magenausgang (S. 693) gibt es am kaudalen Ende der Speiseröhre nicht. Der Verschluss der Ösophagusmündung in die Kardia des Magens wird durch mehrere Mechanismen gewährleistet, die man in ihrer Gesamtheit als Unteren Ösophagus sphinkter (UÖS; im angloamerikanischen Sprachgebrauch „LES“ für lower esophageal sphincter) bezeichnet: ■ Hauptsächlich wird er durch einen muskulären „Wringmechanismus“ nach dem Prinzip einer „chinesischen Fingerfalle“ gewährleistet. Anatomische Grundlage dafür sind die am UÖS spiralig angeordneten Muskelzüge in der Tunica muscularis, die schraubenförmig am kaudalen Ende des Ösophagus nach innen einstrahlen (Abb. I-1.7a). Wenn der Ösophagus – wie in der normalen physiologischen Situation – unter einer elastischen Längsverspannung steht, ist das Lumen des UÖS verschlossen, weil die Dehnung der dort schraubig verlaufenden Muskelfasern zu einer Lumeneinengung führt. Erst wenn die Längsspannung durch eine einlaufende Peristaltikwelle lokal reduziert wird, erfolgt die Öffnung des Lumens im Bereich des UÖS. ■ Der Druckgradient zwischen Brust- und Bauchraum (in der Bauchhöhle herrscht ein größerer Druck als in der Brusthöhle) führt zu einem Zusammendrücken des UÖS und verstärkt bei intaktem UÖS dessen Verschluss. Der beschriebene Druckgradient ist dabei besonders groß während der Inspiration. ■ Die spitzwinklige Einmündung des Ösophagus in die Kardia des Magens (Incisura cardialis = His-Winkel, beim Erwachsenen 65–60o, Abb. I-1.7b) dient insbesondere der Verhinderung eines Refluxes von Magenflüssigkeit in den Ösophagus (s. u.). Weitere Komponenten des UÖS sind: ■ der Venenplexus in der Lamina propria und Tela submucosa des Ösophagus (Abb. I-1.7c), ■ der „Zwingeneffekt“ des Zwerchfellschenkels um den Hiatus oesophageus sowie die ■ elastische Fixierung des kaudalen Ösophagus durch das Lig. phrenicooesophageale. Der UÖS baut einen Ruhedruck von 10–30 mmHg auf. Der Plexus myentericus (S. 679) steuert über lokale Reflexmechanismen die Öffnung des UÖS. ▶ Merke. Der sog. untere Ösophagussphinkter (UÖS) ist kein echter Sphinktermus-

kel, sondern bildet durch verschiedene Mechanismen ein funktionelles Sphinktersystem aus.

683

I 1.3 Speiseröhre (Ösophagus)

⊙ I-1.7

Verschlussmechanismen am ösophagokardialen Übergang als Teilmechanismen des unteren Ösophagussphinkters (UÖS) Oesophagus

Oesophagus

Lig. phrenicooesophageale

Venen in der Ösophaguswand

Cavitas peritonealis

Peritoneum parietale Diaphragma

aI

a II

b

Gaster

Cavitas peritonealis

HisWinkel

Gaster

c

Venen in der Magenwand

(Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

a Anordnung von Muskelzügen als Hauptmechanismus des kaudalen Ösophagusverschlusses: Während die Speiseröhre im Ruhezustand unter Längsspannung steht und der UÖS durch den Wringmechanismus verschlossen ist (I), erfolgt durch eine einlaufende Peristaltikwelle im Rahmen des Schluckvorgangs eine lokale Relaxation mit Öffnung des UÖS (II). b His-Winkel am ösophagokardialen Übergang. c Venenplexus in der Ösophaguswand. (nach Stelzner)

▶ Klinik. Im Rahmen einer Insuffizienz des UÖS kommt es zu einem Rückfluss (Reflux) von Magensaft (S. 693) in den Ösophagus. Dies kann durch die aggressive Salzsäure des Magensafts zu einer Entzündung des Ösophagus (Ösophagitis) führen. Eine solche Refluxösophagitis kann zu retrosternalen, postprandialen Schmerzen (Sodbrennen) führen, die häufig lageabhängig sind und besonders im Liegen auftreten (u. U. klagen die Patienten über v. a. nächtliche Beschwerden). Alle Situationen, die einen negativen Einfluss auf die am Verschluss des kaudalen Ösophagus beteiligten Mechanismen haben, können einen gastroösophagealen Reflux erleichtern: Dazu zählt insbesondere die Erhöhung des intraabdominellen Drucks (durch Bücken, Pressen, Fettleibigkeit oder Schwangerschaft) oder auch die Einnahme muskelrelaxierender Medikamente oder Vorliegen einer Hiatushernie. Bestimmte Nahrungsmittel wie Kaffee, Alkohol, säurehaltige Getränke oder fettige Speisen können ebenfalls begünstigend wirken. Therapeutisch sind bei leichten Refluxbeschwerden zunächst Allgemeinmaßnahmen wie Verzicht auf Auslöser und Gewichtsreduktion zu ergreifen. Bei Refluxösophagitis sind säurehemmende Medikamente erforderlich.

▶ Klinik.

1.3.3 Wandbau des Ösophagus

1.3.3

Die Wand des Ösophagus zeigt einen für den Magen-Darm-Trakt typischen Aufbau. Besonderheiten der einzelnen Schichten sind nachfolgend genannt (vgl. Abb. I-1.2).

Die Wand des Ösophagus zeigt die o. g. typische Schichtung (vgl. Abb. I-1.2).

Tunica mucosa: Aufgrund der starken mechanischen Beanspruchung ist die Speiseröhre von innen mit ■ mehrschichtigem unverhornten Plattenepithel ausgekleidet, das gegenüber größeren Speisestücken einen mechanischen Schutz vor Verletzungen bildet. Zur weiteren Erhöhung der mechanischen Stabilität ist das Epithel intensiv mit Bindegewebspapillen der darunterliegenden Lamina propria verzahnt.

Tunica mucosa: Sie besteht aus folgenden Schichten: ■ Die luminale Auskleidung erfolgt durch mehrschichtig unverhorntes Plattenepithel (Schutzepithel).

▶ Merke. Das Epithel der Ösophagusschleimhaut bietet einen guten Schutz vor me-

Wandbau des Ösophagus

▶ Merke.

chanischen Beanspruchungen, die z. B. beim Schlucken von festen Nahrungsbestandteilen auftreten, nicht jedoch vor chemischen Einwirkungen wie z. B. der Salzsäure des Magens bei gastroösophagealem Reflux (S. 684) und ösophagealer Refluxkrankheit (S. 683). Der Übergang des Epithels an der Grenze vom Ösophagus in den Magen erfolgt nicht allmählich, sondern ist scharf abgrenzbar (Abb. I-1.8). Allerdings finden sich manchmal einzelne „Inseln“ von Magenepithel im distalen Ösophagus.

Die Grenze zwischen ösophagealer und Magenschleimhaut ist scharf (Abb. I-1.8).

684 ■



In der dünnen Lamina propria aus lockerem faserigem Bindegewebe liegt ein ausgedehnter Venenplexus (besonders im unteren Abschnitt des Ösophagus, Abb. I-1.7c).

Die Lamina muscularis mucosae besteht aus vorwiegend längsgerichteten glatten Muskelzellen.

⊙ I-1.8

I 1 Rumpfdarm – Ösophagus und Gastrointestinaltrakt ■



In der subepithelialen dünnen Lamina propria liegen im unteren Ösophagusabschnitt ausgedehnte Venenplexus (Abb. I-1.7c), sowie vereinzelte Schleimdrüsen, die den Kardiadrüsen des Magens (Abb. I-1.24) entsprechen („kardiale Ösophagusdrüsen“). Der Venenplexus in der Lamina propria, der mit demjenigen der Tela submucosa in Verbindung steht, bildet einen Teil des Verschlussmechanismus am UÖS (S. 682). Die zellreiche Lamina propria enthält die terminalen Verzweigungen von Blutgefäßen und Nervenfasern sowie vereinzelt Lymphfollikel. Die Lamina muscularis mucosae mit vorwiegend längsgerichteten glatten Muskelzellen zeigt keine besonderen Unterschiede gegenüber den anderen Hohlorganen des Verdauungstrakts.

⊙ I-1.8

Schleimhaut am ösophagokardialen Übergang

Zur Darstellung der Schleimhaut sind unterer Ösophagus und oberer Magen aufgeschnitten. (Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

▶ Klinik. Bei lang anhaltender Refluxkrankheit kann es zu einer

Umwandlung (Metaplasie) des normalen mehrschichtigen, unverhornten Ösophagus-Epithels durch Zylinderepithel kommen. Bei einer solchen Epithelmetaplasie des Ösophagus spricht man von einem Barrett-Ösophagus, auf dessen Boden sich Epitheldysplasien als Vorstufe eines Karzinoms entwickeln können.

⊙ I-1.9

Barrett-Ösophagus. Im unteren Abschnitt der Speiseröhre ist endoskopisch das metaplastische, lachsfarbene Epithel deutlich von dem „normalen“, weißlich erscheinenden mehrschichtig unverhornten Plattenepithel zu unterscheiden. (Battegay, Differenzialdiagnosen Innerer Krankheiten, Thieme, 2017)

Die Tela submucosa enthält muköse Glandulae oesophageales, den Plexus submucosus (S. 679) und ausgedehnte Venenplexus, wichtig im Rahmen portokavaler Anastomosen (S. 870).

Tela submucosa: In der relativ dicken Tela submucosa des Ösophagus findet man rein muköse Glandulae oesophageae, deren schleimiges Sekret der Verbesserung des Nahrungstransports dient. Weiterhin liegt in dieser Bindegewebsschicht der Plexus submucosus, sog. Meissner-Plexus (S. 679), des enterischen Nervensystems. In der Tela submucosa liegen entlang des gesamten Ösophagus ausgedehnte Venenplexus, die eine Rolle im Rahmen der portokavalen Anastomosen (S. 870) spielen.

Die Tunica muscularis enthält ■ im oberen Viertel quergestreifte, ■ im 2. Viertel quergestreifte und glatte, ■ in der unteren Hälfte ausschließlich glatte Muskulatur.

Tunica muscularis: Im Ösophagus findet sich in der Tunica muscularis nicht nur glatte, sondern auch quergestreifte Muskulatur. Die Verteilung ändert sich je nach Abschnitt: ■ oberes Viertel: nur quergestreifte Muskulatur, ■ zweites Viertel: quergestreifte und glatte Muskulatur, ■ untere Hälfte: ausschließlich glatte Muskulatur.

685

I 1.3 Speiseröhre (Ösophagus)

⊙ I-1.10

Ösophagusmuskulatur

Raphe pharyngis

Cartilago thyroidea

M. constrictor pharyngis inferior, Pars thyropharyngea

KillianDreieck Cartilago cricoidea

M. constrictor pharyngis inferior, Pars cricopharyngea

Trachea

Laimer-Dreieck mit sichtbarem Stratum circulare der Tunica muscularis

Tuberculum corniculatum M. arytenoideus obliquus

Cartilago trachealis

Fibrae descendentes, Teil der Tunica muscularis, Stratum longitudinale

Oesophagus

Cartilago thyroidea

Tunica muscularis, Stratum longitudinale

Tela submucosa Tunica mucosa

M. cricoarytenoideus posterior Cartilago cricoidea N. laryngeus recurrens dexter

M. constrictor pharyngis inferior N. laryngeus recurrens sinister Laimer-Dreieck

Tunica muscularis, Stratum circulare

a

M. arytenoideus transversus

b

(Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

a Muskelschichten des Ösophagus in der Ansicht von schräg links-dorsal mit Anteilen von Pharynx (S. 914), Larynx (S. 920) und Trachea (S. 543). Im unteren Bildabschnitt sind zur Verdeutlichung der Wandschichten die jeweils außen liegenden abgetrennt, sodass ein teleskopartiger Aspekt entsteht. b Von dorsal dargestellter Anschnitt des oberen Ösophagus in kontrahiertem Zustand während des Schluckaktes (S. 920), was durch das sternförmige Lumen erkennbar ist; vgl. Bedeutung der Ösophagusperistaltik für den Schluckakt (S. 690). Die muskuläre Hinterwand des Pharynx ist durchtrennt und seitlich aufgeklappt.

⊙ I-1.11

⊙ I-1.11

Histologischer Bau der Ösophaguswand Gll. oesophageae

Ösophaguslumen

Tunica adventitia Plexus venosus in der Submukosa Tunica muscularis, Stratum longitudinale

Querschnitt durch einen Ösophagus im kontrahierten (links) und erschlafften (rechts) Zustand. Die Wandschichten des Ösophagus sind typisch für ein Hohlorgan des Verdauungstraktes. (Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

Tunica muscularis, Stratum circulare Tela submucosa Tunica mucosa, Lamina muscularis Tunica mucosa, Lamina propria

Tunica mucosa, Lamina epithelialis

Die Muskulatur zeigt, ähnlich wie auch im Rest des Darmrohres, zwei Vorzugsrichtungen (Abb. I-1.10): eine innere Schicht mit zumeist ringförmig verlaufenden Muskelzellen (Stratum circulare) und eine äußere längs verlaufende Muskelschicht (Stratum longitudinale). Die äußere Längsmuskelschicht ist nicht überall gleich dick. Dorsal fehlt sie häufig in einem Feld im kranialen Abschnitt des Ösophagus. Dieses muskelschwache Dreieck zwischen quer verlaufenden Muskelfasern der Pars cricopharyngea musculi constrictor pharyngeus inferior (syn. Pars fundiformis, KillianSchleudermuskel oder Fibrae transversae des unteren Schlundschnürers) und den Fibrae descendentes (Muskelfasern des Stratum longitudinale der Ösophagusmuskulatur) bezeichnet man auch als Laimer-Dreieck (Abb. I-1.10).

Auch in der Speiseröhre findet sich eine innere zirkuläre und eine äußere längsverlaufende Muskelschicht (Abb. I-1.10). Die Längsmuskelschicht ist nicht überall gleich dick und fehlt häufig in einem dorsokranialen Bereich des Ösophagus (LaimerDreieck).

686

I 1 Rumpfdarm – Ösophagus und Gastrointestinaltrakt

▶ Klinik. An dieser muskelschwachen Stelle können sich bei erhöh-

tem intraluminalen Druck Schleimhautausstülpungen (sog. Pulsionsdivertikel) bilden, bei denen die Mukosa und Submukosa durch die Muskelschicht nach außen gedrückt werden (sog. „unechte“ oder Pseudodivertikel). Auch finden sich solche Divertikel gelegentlich dicht oberhalb des Zwerchfells (epiphrenisch), die häufig als asymptomatischer Zusatzbefund beim Röntgen auffallen. Die „unechten“ Pulsionsdivertikel im Bereich des Killian-Dreiecks, z. B. Zenker-Divertikel (S. 918), werden zwar häufig als Ösophagusdivertikel bezeichnet, jedoch ist dies nicht korrekt, da sie ihrer Lokalisation nach Hypopharynxdivertikel sind. Bei „echten“ Divertikeln umfasst die Ausstülpung alle Wandschichten. Solche sog. Traktionsdivertikel entstehen unabhängig von muskulären Schwachstellen des Ösophagus meist durch Prozesse, die sich in der Nachbarschaft des Organs abspielen (z. B. als Folge von Entzündungen). Die präferenzielle Lokalisation an der Bifurcatio tracheae oder in deren Nachbarschaft, daher auch als Bifurkations- (S. 560) oder parabronchiale Divertikel bezeichnet, lässt sich durch die dortige enge Beziehung zu den großen Lymphknotenpaketen begründen.

⊙ I-1.12

Ösophagusdivertikel

(Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

M. constrictor pharyngis inferior Zenker-Divertikel

Trachea parabronchiales Divertikel Bronchus principalis sinister

Bronchus principalis dexter Oesophagus, Pars thoracica

Diaphragma

epiphrenisches Divertikel

Oesophagus, Pars abdominalis

Zwischen Stratum circulare und Stratum longitudinale befinden sich Nervenzellen des Plexus myentericus (S. 679).

Zwischen Stratum circulare und Stratum longitudinale befinden sich Nervenzellen des Plexus myentericus (S. 679), d. h. dem Auerbach-Plexus als Teil des enterischen Nervensystems. Die Tunica muscularis ist wichtig für die Ösophagusperistaltik (s. u.). Der besondere schraubenförmige Verlauf der Muskelfasern in der Pars abdominalis des Ösophagus bildet einen wichtigen Teil des Verschlussmechanismus des UÖS (S. 682).

Tunica adventitia: mit Leitungsbahnen des Ösophagus.

Tunica adventitia: In dieser äußeren Bindegewebsschicht verlaufen Leitungsbahnen: die größeren den Ösophagus versorgenden Gefäße (s. u.), Nervenfaserbündel, z. B. Trunci vagales (S. 689), Plexus oesophagealis (S. 689) sowie Lymphgefäße. Der lockere durch die Adventitia vermittelte Einbau des Ösophagus in seine Umgebung ermöglicht die starke Beweglichkeit des Ösophagus während des Schluckaktes (S. 920). In die Adventitia strahlen auch verschiedene, kleinere Bündel aus glatten Muskelfasern ein, die ebenfalls der Organverankerung dienen sollen (M. tracheooesophageus, M. bronchooesophageus, M. pleurooesophageus). Im Bereich des OÖS erfolgt eine bindegewebige Anheftung der äußeren Längsmuskulatur mit dem Ringknorpel des Larynx durch das in der Adventitia befindliche verstärkte Bindegewebe („Tendo cricopharyngeus“). Im Bereich der Pars abdominalis, wo der Ösophagus von Serosa bedeckt ist, bezeichnet man die darunterliegende Bindegewebsschicht als Tela subserosa (statt Adventitia). Das Lumen des Ösophagus ist in weiten Abschnitten aufgrund der Längsspannung des Ösophagus und der Spannung der Ringmuskulatur sternförmig eingeengt.

1.3.4

1.3.4 Gefäßversorgung und Innervation

Gefäßversorgung und Innervation

Gefäßversorgung des Ösophagus

Gefäßversorgung des Ösophagus

Arterien (Abb. I-1.13a): ■ Pars cervicalis: A. thyroidea inf. (Tab. L-1.2), ■ Pars thoracalis: Aorta und rechte Aa. intercostales, ■ Pars abdominalis: A. gastrica sinistra.

Arterielle Versorgung: Jeder der drei Ösophagusabschnitte wird durch unterschiedliche Ursprungsgefäße versorgt (Abb. I-1.13a): ■ Pars cervicalis: Arteria thyroidea inferior (aus dem Truncus thyrocervicalis, Tab. L-1.2). ■ Pars thoracalis: Aorta und rechte Arteriae intercostales. ■ Pars abdominalis: Rami oesophageales der Arteria gastrica sinistra aus dem Truncus coeliacus (S. 865).

Venen: Die Vv. oesophageales (Abb. I-1.13b) fließen in die V. azygos und V. hemiazygos ab. Sie gehören zu den portokavalen Anastomosen.

Venöser Abfluss: Die Venae oesophageales (Abb. I-1.13b) fließen in die Vena azygos und Vena hemiazygos ab und von dort in die Vena cava superior. Über die Vena gastrica dextra bestehen Verbindungen zur V. portae hepatis (portokavale Anastomosen = Verbindungen zwischen dem Pfortader- und Vena-cava-System).

687

I 1.3 Speiseröhre (Ösophagus)

⊙ I-1.13

Blutversorgung des Ösophagus

A. thyroidea inferior

V. thyroidea inferior

Oesophagus, A. carotis Pars cervicalis communis sinistra

Oesophagus, Pars cervicalis

Mm. scaleni

Truncus thyrocervicalis

Mm. scaleni

Rr. oesophageales A. subclavia sinistra

Truncus brachiocephalicus Trachea

Arcus aortae

Aorta ascendens

Aa. intercostales posteriores

Rr. oesophageales

Aorta thoracica Diaphragma

Oesophagus, Pars thoracica

Costa I

V. subclavia

V. brachiocephalica dextra V. cava superior

V. brachiocephalica sinistra V. hemiazygos accessoria

Oesophagus, Pars thoracica

Vv. intercostales posteriores

Vv. oesophageales

V. hemiazygos

V. azygos

Diaphragma

Fundus gastricus

Oesophagus, Pars abdominalis

R. oesophagealis

Truncus coeliacus

A. gastrica sinistra Aorta abdominalis

a

Fundus gastricus

Oesophagus, Pars abdominalis

Vv. oesophageales

V. gastrica sinistra

b

(Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

a Arterien des Ösophagus in der Ansicht von ventral. b Venen des Ösophagus in der Ansicht von ventral.

▶ Klinik. Bei einer Störung des Blutflusses durch die Leber hindurch (z. B. bei Leberzirrhose) sucht sich das Blut in der Vena portae hepatis Ausweichmöglichkeiten, um an der „Engstelle Leber“ vorbeifließen zu können. Diese portokavalen Anastomosen (S. 870) können zu einer Anschwellung der Vv. oesophageales in der Lamina propria und der Tela submucosa des Ösophagus führen (sog. Ösophagusvarizen = „Krampfadern“ des Ösophagus). Die Varizen können plötzlich platzen und zu u. U. tödlich verlaufenden Blutungen führen, weil sie nur schwierig zu stillen sind, s. a. Leberzirrhose (S. 878).

⊙ I-1.14

Ösophagusvarizen

(Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl., nach Stelzner)

Ösophagus

erweiterte Venen in der Ösophaguswand („Ösophagusvarizen“)

Magen erweiterte Venen in der Magenwand

V. jugularis interna Vv. oesophageales V. jugularis externa

▶ Klinik.

688

I 1 Rumpfdarm – Ösophagus und Gastrointestinaltrakt

⊙ I-1.15

Lymphabfluss des Ösophagus

Trachea

Oesophagus

V. brachiocephalica dextra Nll. brachiocephalici V. cava superior Nll. tracheobronchiales Ductus thoracicus Pericardium fibrosum

Truncus jugularis sinister Ductus thoracicus am linken Venenwinkel V. brachiocephalica sinistra Nll. paratracheales

Oesophagus, Pars cervicalis

V. subclavia dextra

lymphatische Interkostalgefäße

V. brachiocephalica dextra

Nll. prevertebrales Nll. phrenici superiores

V. cava superior

Abfluss über die Trunci bronchomediastinales Oesophagus, Pars thoracica

Lymphdrainage nach kaudal Nll. coeliaci

Aorta abdominalis Gaster

a

V. jugularis interna

Nll. juxtaoesophageales

Diaphragma Truncus coeliacus

Abfluss über die Trunci jugulares

Abfluss über Magenlymphknoten in die Trunci intestinales

Oesophagus, Pars abdominalis

b

a Thorakale Lymphknoten in der Ansicht von links-lateral. b Je nach Abschnitt des Ösophagus erfolgt die Lymphdrainage des Ösophagus in unterschiedliche Lymphgefäße: Die Pars cervicalis leitet die Lymphe über die tiefen Halslymphknoten in den Truncus jugularis. Der obere Abschnitt der Pars thoracica drainiert nach kranial in den Truncus bronchomediastinalis, der untere thorakale Abschnitt genau wie die Pars abdominalis über die Lymphknoten des Magens im Bereich der A. gastrica sinistra und des Truncus coeliacus in den Truncus intestinalis. (Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

Lymphabfluss (Abb. I-1.15): ■ Pars cervicalis: Nll. cervicales prof., ■ Pars thoracica: Nll. paratracheales und tracheobronchiales sowie über Anastomosen im Hiatus oesophageus zu den u. g. gastralen Lymphknoten, ■ Pars abdominalis: Nll. gastrici sinistri und coeliaci.

▶ Klinik.

Lymphabfluss: Auch der Lymphabfluss (Abb. I-1.15) erfolgt je nach Abschnitt der Speiseröhre über unterschiedliche Lymphknoten: ■ Pars cervicalis: tiefe zervikale Lymphknoten (Nodi lymphoidei cervicales profundi). ■ Pars thoracica: superiore und posteriore mediastinale Lymphknoten (Nodi lymphoidei paratracheales, Nodi lymphoidei tracheobronchiales superiores und inferiores) sowie Nodi lymphoidei juxtaoesophageales. Über Anastomosen im Hiatus oesophageus fließt ein Teil der Lymphe auch in die nachfolgend genannten Lymphknoten im Bereich des Magens ab. ■ Pars abdominalis: Lymphknoten entlang der A. gastrica sinistra (Nodi lymphoidei gastrici sinistri und coeliaci). ▶ Klinik. Tumoren des kaudalen Ösophagus können über Anastomosen der Lymph-

bahnen im Hiatus oesophageus in Lymphknoten der Brust- und Bauchhöhle metastasieren.

Innervation des Ösophagus

Innervation des Ösophagus

Das enterische Nervensystem (S. 679) wird wie in anderen Abschnitten des Verdauungskanals durch Sympathikus und Parasympathikus beeinflusst (Abb. I-1.16).

Wie auch andere Teile des Darmrohrs besitzt der Ösophagus ein autonom funktionierendes Nervensystem, das enterische Nervensystem (S. 679). Dies ist beim Ösophagus funktionell für die Koordination des Schluckaktes (S. 920) von Bedeutung. Die Tätigkeit des autonomen Darmnervensystems wird durch Sympathikus und Parasympathikus modifiziert (Abb. I-1.16).

689

I 1.3 Speiseröhre (Ösophagus)

⊙ I-1.16

⊙ I-1.16

Innervation des Ösophagus N. vagus

Nucleus dorsalis nervi vagi

Oesophagus, Pars cervicalis Truncus sympathicus

Ggl. cervicothoracicum Rückenmarkssegment Th 2 Rücken markssegment Th 6

N. laryngeus recurrens

Rr. oesophageales

Oesophagus, Pars thoracica Plexus oesophageus Oesophagus, Pars abdominalis

Truncus vagalis

a N. laryngeus recurrens dexter

Oesophagus

Oesophagus N. laryngeus recurrens sinister N. vagus sinister

N. vagus dexter Ganglia thoracica III–VI

Rr. oesophageales

Plexus oesophageus

N. vagus sinister N. vagus dexter Plexus oesophageus

Truncus sympathicus sinister

Truncus sympathicus dexter

Truncus vagalis posterior Gaster

Truncus vagalis anterior

bI

Plexus gastricus anterior

b II

Plexus gastricus posterior

(Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

a Sympathische und parasympathische Innervation der Speiseröhre. b Vegetative Plexusbildung auf dem Ösophagus in der Ansicht von ventral (I) und von dorsal (II).

Sympathische Innervation: Sie erfolgt über postganglionäre sympathische Fasern aus dem Ganglion cervicothoracicum (= Ggl. stellatum) des Brustgrenzstrangs und kranialen thorakalen Grenzstrangganglien (Ganglia thoracica II-V, Tab. B-3.7), deren postganglionäre Fasern in den Plexus oesophageus einstrahlen. Eine Aktivierung des Sympathikus führt zu einer Hemmung der Ösophagusperistaltik und zu einer Hemmung der Sekretionstätigkeit der Ösophagusdrüsen.

Sympathische Innervation: Postganglionäre Fasern aus dem Ggl. cervicothoracicum sowie kranialen thorakalen Grenzstrangganglien über den Plexus oesophageus. Über sie werden sowohl Peristaltik als auch die Drüsensekretion gehemmt.

Parasympathische Innervation: ■ oberer Teil des Ösophagus: Nervus laryngeus recurrens (S. 638), ■ unterer Teil des Ösophagus: Nervus vagus (S. 638). Unterhalb der Bifurcatio tracheae (S. 544) legt sich der Stamm des linken und rechten N. vagus dem Ösophagus an und bildet in der Adventitia den Plexus oesophageus. Aus diesem gehen im distalen Abschnitt die Trunci vagales hervor und ziehen mit dem Ösophagus durch den Hiatus oesophageus des Zwerchfells (S. 539) hindurch. Bedingt durch die Magendrehung (S. 666) liegt der linke N. vagus auf der Vorderseite des Ösophagus und bildet den Truncus vagalis anterior, wohingegen der rechte N. vagus auf der Dorsalseite des Ösophagus den Truncus vagalis posterior bildet. Eine Aktivierung des Parasympathikus führt zu einer Verstärkung der Ösophagusperistaltik und zu einer gesteigerten Drüsensekretion.

Parasympathische Innervation: ■ N. laryngeus recurrens (S. 638) oberer Teil ■ N. vagus (unterer Teil), der um die Speiseröhre den Plexus oesophageus bildet. Kaudal bildet sich aus dem linken N. vagus der Truncus vagalis anterior, aus dem rechten N. vagus der Truncus vagalis posterior, die beide durch den Hiatus oesophageus in die Bauchhöhle ziehen.

Sensible Innervation: Der N. vagus (bzw. N. laryngeus recurrens) enthält auch aus dem Ösophagus kommende afferente Fasern, die viszerosensible Informationen (Dehnung, Schmerz) aus dem Ösophagus nach zentral weiterleiten.

Sensible Innervation: Afferente Fasern des Ösophagus verlaufen ebenfalls im N. vagus.

690

I 1 Rumpfdarm – Ösophagus und Gastrointestinaltrakt

1.3.5

1.3.5 Bedeutung der Ösophagusperistaltik für den Schluckakt

Bedeutung der Ösophagusperistaltik für den Schluckakt

Die den oropharyngealen Vorgängen des Schluckakts (S. 920) folgende ösophageale Phase wird durch das enterische Nervensystem des Ösophagus sowie durch den N. vagus gesteuert. ■ Der Transport von Flüssigkeiten erfolgt im „Spritzschluck“. ■ Beim Transport von fester Nahrung kommt es im Rahmen des Schluckreflexes zunächst zu einer kurzfristigen Öffnung des OÖS und einer Initiierung von Kontraktionswellen, die feste Nahrung vom OÖS zum UÖS treiben (primäre Ösophagusperistaltik). Zusätzlich zu dieser reflexhaft ablaufenden primären Peristaltik induziert der Speisebolus selber durch lokale Wanddehnungen so genannte sekundäre Peristaltikwellen, die den Nahrungstransport zum UÖS weiter unterstützen. Der Plexus myentericus steuert über lokale Reflexmechanismen die Öffnung des UÖS.

Nach den oropharyngealen Abläufen im Rahmen des Schluckakts (S. 920) wird Letzterer im Ösophagus mit dem Transport zum Magen fortgesetzt. Daher wird dieser Prozess unter funktionellen Aspekten häufig als ösophageale Phase des Schluckakts bezeichnet. Beim Transport in der Speiseröhre muss zwischen flüssigen und festen Nahrungsbestandteilen unterschieden werden: ■ Flüssigkeiten passieren den Ösophagus im so genannten „Spritzschluck“, bei dem es zu keiner ausgeprägten Ösophagusperistaltik im Abschnitt zwischen den beiden Ösophagusspinktern kommt. Beim Spritzschluck werden Flüssigkeiten durch die Stempelwirkung von Zunge und Mundboden bei sekundenlang geöffnetem oberen und unteren Ösphagussphinkter (OÖS und UÖS) in den Magen gedrückt. ■ Für eine reguläre Passage fester Nahrungsbestandteile ist dagegen eine ausgeprägt aktive und koordinierte Ösophagusmotilität Voraussetzung. Dabei müssen sowohl die Funktion des OÖS und UÖS als auch die Motilität zwischen beiden Sphinkteren koordiniert aktiviert werden. Wichtig für die Steuerung der Ösophagusmotorik ist das intramurale autonome Nervensystem des Ösophagus, insbesondere der Plexus myentericus (S. 679), sowie der N. vagus: Der Transport fester Nahrungsbestandteile erfordert zunächst die Öffnung des OÖS, die durch den N. vagus eingeleitet wird. Der kurzzeitigen, durch den Schluckakt initiierten Öffnung und Dehnung des oberen Ösophagussphinkters folgen Kontraktionswellen (Peristaltikwellen), die sich nach kaudal zum UÖS ausbreiten. Die durch den Schluckakt ausgelösten Kontraktionswellen bezeichnet man als primäre Ösophagusperistaltik. Sie läuft reflexartig zentral programmiert ab. Die übergeordnete Steuerung des Schluckens (Schluckreflex) erfolgt im kaudalen Hirnstamm, dem Schluckzentrum (S. 1254); s. auch Lehrbücher der Physiologie. Eine Aktivierung des N. vagus sorgt für die Initiierung der primären Ösophagusperistaltik im oberen Ösophagus. Die Kontraktionswellen verlaufen dort mit einer wesentlich höheren Geschwindigkeit (quergestreifte Skelettmuskulatur) als im verbleibenden unteren Ösophagus (glatte Muskulatur). Aufgesetzt auf diese primäre Ösophagusperistaltik werden sekundäre Peristaltikwellen durch lokale mechanische Dehnung der Ösophaguswand (durch den Nahrungsbolus) generiert. Dabei spielt das enterische Nervensystem (Plexus myentericus) eine entscheidende Rolle. Die sekundäre Ösophagusperistaltik hält so lange an, bis der Nahrungsbissen mit Eintritt in den Magen den Ösophagus verlassen hat. Die Passage eines festen Bissens durch die Speiseröhre dauert i. d. R. zwischen 5 und 25 Sekunden.

▶ Klinik. Eine unzureichende Erschlaffung des UÖS, häufig kom-

biniert mit einer gestörten Ösophagusperistaltik, bezeichnet man als Achalasie. Verantwortlich dafür sind meist geschädigte Neurone des Plexus myentericus. Die Patienten klagen über Schluckbeschwerden ohne Schmerzen (Dysphagie), die sie zum häufigen „Nachtrinken“ zwingen sowie über Regurgitation von Speisen und retrosternales Völlegefühl. Das Röntgenbild zeigt beim Ösophagus-Breischluck typischerweise einen verengten UÖS und eine vor der Stenose liegende (prästenotische) Dilatation (Megaösophagus) mit dem Aspekt einer typischen „Sektglasform“ (Abb. I-1.17). Eine Aussage über die Motilität des Ösophagus kann mittels Ösophagus-Manometrie unter Verwendung von flexiblen Kathetern, die an mehreren Punkten mit Mikrotransduktoren ausgestattet sind, gemacht werden. Therapeutisch schafft meist nur eine Aufweitung (Ballondilatation) oder die operative Durchtrennung des UÖS (Myotomie) dauerhafte Abhilfe. Beide Methoden können jedoch zur unerwünschten Insuffizienz mit Reflux (S. 683) und seinen möglichen Folgeerkrankungen (S. 684) führen.

⊙ I-1.17

Megaösophagus bei Achalasie

(Krombach G, Mahnken A, Radiologische Diagnostik Abdomen und Thorax, Thieme; 2015)

691

I 1.3 Speiseröhre (Ösophagus)

1.3.6 Entwicklung des Ösophagus

1.3.6

Der Ösophagus entwickelt sich aus dem mittleren Abschnitt des Vorderdarms zwischen Abgang des Tracheobronchialdivertikels und Magenanlage. Das Tracheobronchialdivertikel kennzeichnet die Stelle, an der sich auch der spätere Larynx (S. 929) entwickelt und Atem- und Speisewege voneinander separiert werden. Die zunächst breite Verbindung zwischen Luft- und Speisewegen wird bis auf den proximalen Abschnitt (Kehlkopfanlage) durch das Septum oesophagotracheale voneinander getrennt. Der Ösophagus ist zunächst verhältnismäßig kurz und verlängert sich mit den Abfaltungsvorgängen während der frühen Embryonalentwicklung. Im 2. Entwicklungsmonat proliferiert typischerweise das den Ösophagus auskleidende Endoderm so stark, dass das Ösophaguslumen temporär verschlossen wird. Normalerweise kommt es kurz danach zu einer Wiedereröffnung des Lumens.

Der Ösophagus entwickelt sich aus dem Vorderdarm zwischen Abgang des Tracheobronchialdivertikels und Magenanlage. Die Verbindung zwischen Luft- und Speisewegen wird bis auf den proximalen Abschnitt durch das Septum oesophagotracheale voneinander getrennt.

▶ Klinik. Störungen bei der „Aufteilung“ von Luft- und Speisewegen durch das Sep-

tum oesophagotracheale können zu einer Ösophagusatresie führen, bei der häufig der proximale Ösophagusabschnitt blind endet und der distale Abschnitt über eine Fistel mit dem Bronchialbaum verbunden ist (Ösophagotrachealfistel). Die Kinder fallen häufig durch Hustenattacken („Überlaufen“ von Ösophagusinhalt in die Trachea), ungewöhnlich viel Sekret in Mund- und Nasenhöhle sowie Schaumbläschen nach dem Trinken, rasselnde Atmung und verschiedene Atemstörungen mit deren Konsequenzen (Zyanose) auf. Eine intrauterine Komplikation bei Ösophagusatresie ist eine vermehrte Ansammlung von Amnionflüssigkeit (Polyhydramnion), die zwar noch geschluckt aber anschließend nicht mehr durch den Magen-Darm-Trakt resorbiert werden kann. Ein Polyhydramnion kann Ursache für vorzeitige Wehentätigkeit und eine Frühgeburt sein.

⊙ I-1.18

Ösophagusatresie mit unterer ösophagotrachealer Fistel (Typ IIIb) Der Typ IIIb ist mit ca. 87 % der häufigste Typ.

Entwicklung des Ösophagus

▶ Klinik.

Wolkig mit Aussicht auf ... Das Blaulicht taucht die nächtliche Straße in ein

sie auf ihren Hals und dann in einem großen Kreisbogen auf

„Notfallgewitter“. Nur den „Martinsdonner“ haben

die gesamte Küche. „Hals – Küche“ – mein Hirn rotiert, aber

wir ausgelassen – in Anbetracht der Uhrzeit (der

zu dieser Kombination fällt mir nichts ein. Auf einmal hält mir

Alarm kam um 23:34 Uhr) und der infolgedessen

die Rettungsassistentin ein taubeneigroßes Fleischbällchen vor

leeren Straßen unserer Kleinstadt.

die Nase, von denen einige in der Küche verteilt liegen. Der

Die Meldung lautet: „87-jährige Patientin mit akuter Atem-

Finger der Patientin weist erst auf das Bällchen dann auf ihren

not“. Mit akuter Atemnot verhält es sich wie mit einer Schachtel

Hals. Jetzt geht mir ein Licht auf! Ich erkläre ihr, dass wir eine

Pralinen: Man weiß nie, was man bekommt! Das Ursachen-

Kurznarkose machen müssen, um das Ding aus ihrem Hals zu

spektrum reicht von LinksherzinsufÏzienz (Blutstau im klei-

bekommen. Da flattern schon ihre Lider und alles weitere

nen Kreislauf) über Lungenembolie (Verschluss einer Lungen-

Reden hat sich aufgrund der Bewusstlosigkeit erledigt.

arterie) bis zur ausgebrannten COPD (obstruktive Bronchitis).

Das Team funktioniert nun wie geschmiert. Wir legen die

Meine Rettungsassistentin sieht auch nicht gerade glücklich

Patientin schnell auf den Boden, ich knie mich neben ihren Kopf

aus, bringt unser Notarzt-Einsatzfahrzeug aber mit sicherer

und versuche sie so gut wie möglich zu beatmen. Die Rettungs-

Hand zum Einsatzort. Die Rettungswagen-Besatzung, die uns

assistentin bereitet die Medikamente vor, die beiden anderen

alarmiert hat, ist schon in dem kleinen Einfamilienhaus. Als

versorgen die Patientin mit EKG-Elektroden, Blutdruck-

wir uns bemerkbar machen, rufen sie uns in die Küche.

manschette und i.v.-Zugang und bereiten die Intubation vor.

Dort sitzt eine zierliche Patientin im Nachthemd, mit tief-

Innerhalb von 2 Minuten ist alles bereit und die Sauerstoff­

blauem Gesicht nach Luft ringend, die Arme auf den Tisch

sättigung auf 22 % gefallen, was meine Hände beim Einführen

gestützt. Sie würgt immer wieder, ohne aber etwas zu erbrechen.

des Laryngoskops nicht ruhiger werden lässt. Doch glücklicher-

Sie kann kein Wort sagen, so sehr japst sie. Die Sauerstoffmaske,

weise habe ich ein Videolaryngoskop. So kann ich das Corpus

die ihr der Rettungssanitäter immer wieder vorhält, schlägt sie

delicti in der Speiseröhre prima erkennen. Es ist so groß, dass es

blitzartig weg – er probiert es daher mit einer Art „Sauerstoff-

die weiche Hinterwand der Trachea, die ja zugleich die Vorder-

dusche“ mit hohem Flow. Die Kollegin meint, sie hätten die

wand des Ösophagus ist, stark nach ventral verlagert. Ich

Patientin so gefunden und es gäbe keine Hinweise auf eine

platziere den Tubus in der Luftröhre und ziehe das unzerkaute

Grunderkrankung. Das am Ohrläppchen platzierte Pulsoxymeter

Fleischbällchen mit der Magill-Zange aus der Speiseröhre.

zeigt eine Sauerstoffsättigung im Blut von knapp 60 % an. So

Nach 15 Minuten ist die Narkose so weit abgeklungen, dass

stelle ich mich fix vor und frage eilig: „Nehmen Sie irgendwelche

die Patientin erwacht. Sie atmet spontan und kann extubiert

Medikamente?“ – Kopfschütteln. „Brauchen Sie regelmäßig

werden. Wir nehmen sie zur Überwachung mit in die Innere.

Sauerstoff?“ – wieder energisches Kopfschütteln, das von einem

Und zum Abschied verspricht sie uns, nie wieder ohne ihre

massiven Würgereiz unterbrochen wird. Anschließend zeigt

dritten Zähne Fleischbällchen zu essen …

* Fallbeispiel fiktiv, Namen und Daten frei erfunden

I

1.4

693

1.4 Magen (Gaster)

Magen (Gaster)

1.4

Magen (Gaster)

J. Kirsch ▶ Synonym. Ventriculus

▶ Synonym.

1.4.1 Funktion des Magens

1.4.1

Im Magen wird die zerkleinerte und mit Speichel vermischte Nahrung, homogenisiert, in kleinere Partikel zerlegt und bis zum Weitertransport gespeichert (Reservoirfunktion). Durch den Zusatz von Magensaft entsteht der Speisebrei (Chymus), der portionsweise in das Duodenum entleert wird. Die Magendrüsen sezernieren etwa 1–3 l/Tag Magensaft. Er besteht aus Salzsäure, die für den sauren pH von 1–1.5 verantwortlich ist, Wasser, Elektrolyten (v. a. HCO3–, K+, Na+, Ca2 + , Mg2 + ), gelösten oder in Suspension befindlichen Schleimsubstanzen (Glykosaminoglykane, sialinsäurereiche Sialomucine), Serumproteinen (Albumin, Globuline, darunter auch Immunglobuline, Blutgruppensubstanzen), Intrinsic factor und anderen Vitamin B12 bindenden Substanzen sowie Enzymen (Pepsinogen, Magenlipase, Abb. I-1.24).

Im Magen werden die Speisen gespeichert (Reservoirfunktion) und der Speisebrei (Chymus) gebildet. Täglich werden etwa 1–3 Liter Magensaft produziert (Abb. I-1.24).

1.4.2 Abschnitte, Form und Lage des Magens

1.4.2

Abschnitte: Unabhängig von einer hohen Variationsbreite der äußeren Form (S. 694) werden am Magen folgende Abschnitte unterschieden (Abb. I-1.19): ■ Pars cardiaca (Kardia, Mageneingang): Bereich der Einmündung (Ostium cardiacum) des Ösophagus in den Magen. Am Mageneingang gibt es keinen eigenen Schließmuskel, jedoch eine funktionell als Sphinkter wirksame Einrichtung der unteren Ösophagusmuskulatur (S. 682). Durch diesen rein funktionellen Sphinkter wird gewährleistet, dass saurer Mageninhalt nicht mit der säureempfindlichen Ösophagusschleimhaut in Kontakt kommt. ■ Fundus gastricus (Magenfundus, Magenkuppel): Links von der Kardia lokalisierte kuppelförmige Vorwölbung und von dieser durch die Incisura cardialis getrennt (von innen Plica cardiaca, z. B. bei Magenspiegelungen = Gastroskopien zu sehen). Im Stehen ist der Fundus die höchste Stelle des Magens, er liegt direkt unter der linken Zwerchfellkuppel. Im Fundus sammelt sich verschluckte Luft, die als sog. Magenblase im Röntgenbild sichtbar wird (Abb. I-1.58). ■ Das Corpus gastricum (Magenkörper) liegt zwischen Fundus gastricus und dem Antrum pyloricum (s. u.) und bildet den Hauptabschnitt des Magens. ■ Die trichterförmige Pars pylorica gliedert sich in das (weite) Antrum pyloricum sowie in den (engen) etwa 3 cm langen Canalis pyloricus. Die Wand des aboralen Endes des Canalis pyloricus wird von verdickter Ringmuskulatur, dem Pylorus („Magenpförtner“), gebildet, die in Form eines Schließmuskels (Musculus sphincter pylori) den Magen am Ostium pyloricum zum Duodenum (S. 705) hin abschließt. Krümmungen und Wände: Man unterscheidet am Magen zwei Krümmungen und zwei Flächen bzw. Wände: ■ Die Curvatura gastrica major (große Kurvatur) beschreibt den größeren, konvex geformten Rand des Magenkörpers zwischen Fundus und Antrum pyloricum. ■ Die Curvatura gastrica minor (kleine Kurvatur) beschreibt den kleineren, konkav geformten Rand des Magenkörpers; der Knick (Incisura angularis) im unteren Drittel ist am Übergang des Corpus gastricum in die Pars pylorica lokalisiert. ■ Paries anterior und Paries posterior (Vorder- und Hinterwand des Magens): Die Außenwand des Magens ist glatt. Die Grenze zwischen Vorder- und Hinterwand wird an der kleinen Kurvatur durch den Ansatz des Omentum minus (S. 657), an der großen Kurvatur durch den Ansatz des Ligamentum gastrosplenicum (S. 657) und Ligamentum gastrocolicum (S. 657) dargestellt. Bei leerem Magen liegen Vorder- und Hinterwand aneinander.

Funktion des Magens

Abschnitte, Form und Lage des Magens Abschnitte: Man unterteilt den Magen in (Abb. I-1.19): ■ Pars cardiaca (Kardia, Mageneingang): Bereich der Einmündung (Ostium cardiacum) des Ösophagus in den Magen ohne eigenen Schließmuskel, sondern lediglich mit funktionellem Sphinkter (S. 682) zur Verhinderung des Rückflusses von saurem Mageninhalt. ■ Fundus gastricus (Magenfundus, Magenkuppel), von der Kardia durch die Incisura cardialis getrennt. Verschluckte Luft im Fundus ist im Röntgenbild als Magenblase sichtbar (Abb. I-1.58). ■ Corpus gastricum (Magenkörper) ist der Hauptabschnitt des Magens. ■ Pars pylorica: Bestehend aus Antrum pyloricum, Canalis pyloricus, Pylorus („Magenpförtner“). Letzterer bildet den kräftigen Schließmuskel (M. sphincter pylori) am Magenausgang.

Krümmungen und Wände: Man unterscheidet: ■





Curvatura gastrica major (große Kurvatur) ist der größere, konvex geformte Rand des Magenkörpers Curvatura gastrica minor (kleine Kurvatur); am Übergang zur Pars pylorica befindet sich die Incisura angularis Paries anterior und Paries posterior (Vorder- und Hinterwand) liegen bei leerem Magen aneinander.

694

I 1 Rumpfdarm – Ösophagus und Gastrointestinaltrakt

⊙ I-1.19

⊙ I-1.19

Abschnitte des Magens Fundus gastricus Oesophagus

Pars cardiaca

Curvatura minor Canalis pyloricus

Curvatura major

Incisura angularis

Corpus gastricum

Duodenum Antrum pyloricum

Ansicht von ventral auf die Vorderwand des Magens. (Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

Form: Die äußere Form des Magens ist sehr variabel. Durchschnittlich ist er 25–30 cm lang und hat beim Erwachsenen ein Volumen von 1200–1600 ml (bei Neugeborenen ca. 30–35 ml). Typische Formen sind ■ Hakenmagen, ■ Langmagen und ■ Stierhornmagen.

Form: Die äußere Form des Magens variiert in Abhängigkeit von Körperlage, Magenfüllung, Konstitutionstyp, Muskeltonus, Lebensalter, Atemphase und dem Einfluss der benachbarten Organe. Durchschnittlich ist er 25–30 cm lang und hat beim Erwachsenen eine Füllungskapazität von 1200–1600 ml (bei Neugeborenen ca. 30–35 ml). Trotz dieser hohen Variabilität werden bei Röntgenuntersuchungen mit Kontrastmittel 3 Haupttypen unterschieden: ■ Hakenmagen: Häufigste Form ähnlich einem „J“. ■ Langmagen: Weit nach kaudal reichender Magen mit spitz-winkeliger Incisura angularis, häufig bei großen, schlanken Personen = „Asthenikern“ (S. 46). ■ Stierhornmagen: Hoch, nahezu horizontal liegender Magen ohne eine „echte“ Incisura angularis, häufig bei kleinen, untersetzten Personen = „Pyknikern“ (S. 46).

Lage und Lagebeziehungen (Abb. I-1.20): Der Magen liegt intraperitoneal und ist an zwei Stellen fixiert: ■ oral am Ösophagus (ca. in Höhe von BWK XI–XII), ■ aboral am Duodenum (ca. auf der Höhe von LWK I–III im Stehen bzw. von BWK XII–LWK I im Liegen). Zu Lagebeziehungen s. Tab. I-1.3 u. Abb. I-1.21.

Lage und Lagebeziehungen (Abb. I-1.20): Der Magen liegt intraperitoneal im oberen Bereich des Abdomens (im Bereich der Regio epigastrica und der Regio hypochondriaca sinistra, Abb. C-3.24) und ist darin an zwei Stellen aufgehängt und damit fixiert: ■ oral mit der Kardia am Ösophagus (etwa in Höhe von BWK XI–XII), ■ aboral mit dem Pylorus am Duodenum (im Stehen etwa in Höhe von LWK I–III, im Liegen etwa in Höhe von BWK XII–LWK I). Die Lagebeziehungen des Magens zu umliegenden Organen sind Tab. I-1.3 und Abb. I-1.21 zu entnehmen.

⊙ I-1.20

Lage des Magens (Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

V. cava inferior

Splen

Hepar

Recessus splenicus bursae omentalis

Pancreas Vertebra lumbalis IV

a

a Projektion des Magens auf die vordere Rumpfwand. b Horizontalschnitt durch den Körper auf der Höhe von Th XII/LI in der Ansicht von kranial (dorsal ist oben).

Ren Aorta abdominalis sinister

Omentum minus (Lig. hepatogastricum)

Gaster

b

I

⊙ I-1.21

695

1.4 Magen (Gaster)

Berührungsfelder des Magens mit Nachbarorganen Die Berührungsfelder sind farblich hervorgehoben. (Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

a Ansicht des Magens von ventral b und dorsal.

≡ I-1.3

Beziehungen des Magens zu Nachbarorganen

Richtung

Magenabschnitt

Nachbarorgan

kranial

Fundus

Zwerchfell (Diaphragma); dadurch Trennung von Mediastinum und der Pleurahöhle

ventral

Vorderwand (kann auch der Bauchwand direkt anliegen) Teile des Fundus Kardia

linker Leberlappen linker Rippenbogen

links

Fundus

Milz

rechts

Korpus Kardia Teile des Fundus

linker Leberlappen

dorsal

Korpus, z. T. Antrum

teilweise Bildung der Vorderwand der Bursa omentalis (S. 655) → dadurch enge topografische Beziehung zum Pankreasschwanz. linke Nebenniere oberer Pol der linken Niere

kaudal

Antrum pyloricum: Pars pylorica Curvatura major

Colon transversum bzw. Mesocolon transversum

≡ I-1.4

Peritonealbezüge des Magens

Lig. gastrosplenicum

peritoneale Verbindung zwischen der großen Kurvatur des Magens und dem Milzhilum

Lig. gastrophrenicum

obere Fortsetzung des Lig. gastrosplenicum zwischen Magen und Zwerchfell

Lig. gastrocolicum

untere Fortsetzung des Lig. gastrosplenicum zwischen der großen Kurvatur des Magens und der Taenia omentalis des Colon transversum

Lig. hepatogastricum

Teil des Omentum minus zwischen der kleinen Kurvatur des Magens und der Leberpforte

Omentum majus

Peritonealschürze an der großen Kurvatur

Die Peritonealbezüge des Magens sind in Tab. I-1.4 zusammengefasst.

Peritonealbezüge des Magens s. Tab. I-1.4.

1.4.3 Wandbau des Magens

1.4.3

Die Magenwand ist nach dem für muskuläre Hohlorgane des Rumpfdarms typischen Muster aufgebaut (S. 676). Im Folgenden werden wiederum lediglich die magenspezifischen Besonderheiten der einzelnen Schichten dargestellt.

Die einzelnen Schichten entsprechen dem für den gesamten Rumpfdarm geltenden Aufbau (S. 676).

Magenschleimhaut

Magenschleimhaut

Am eröffneten Magen sind Charakteristika der Magenschleimhaut bereits makroskopisch zu erkennen: Man sieht den Übergang des ösophagealen mehrschichtigen Plattenepithels in das einschichtige hochprismatische Epithel des Magens (klinisch: Ora serrata oder Z-Linie). Im Bereich des Corpus gastricum finden sich zahlreiche vorwiegend längs, aber auch quer und schräg verlaufende grobe Schleimhautfalten (Plicae gastricae, Abb. I-1.22, Abb. I-1.8 und Abb. I-1.28). Sie bilden das Hochrelief der inneren Magenoberfläche. Im Bereich der kleinen Kurvatur sind die Falten so gut wie nur longitudinal ausgerichtet. Diese Strecke zwischen Kardia und Pylorus an der kleinen Kurvatur wird Magenstraße genannt. Bei zunehmender Magenfüllung

Der Übergang von ösophagealem Plattenepithel in das Zylinderepithel des Magens ist am eröffneten Magen gut erkennbar. Im Corpus gastricum sieht man zahlreiche grobe Falten (Plicae gastricae, Abb. I-1.22, Abb. I-1.8 und Abb. I-1.28), deren longitudinale Ausrichtung besonders an der kleinen Kurvatur überwiegt (sog. Magenstraße). Bei Magenfüllung verstreichen die Falten. Im Antrum sind die Falten flacher (Abb. I-1.22).

Wandbau des Magens

696

I 1 Rumpfdarm – Ösophagus und Gastrointestinaltrakt

⊙ I-1.22

⊙ I-1.22

Magenschleimhaut Endoskopische Ansicht der Magenschleimhaut. (P. Sauer, IEZ Heidelberg)

⊙ I-1.23

Wandbau des Magens und Zelltypen der Magendrüsen

(Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

a Der Aufbau der Magenwand entspricht im Wesentlichen dem Schichtaufbau der Hohlorgane des Gastrointestinaltrakts. Beachte die drei Lagen glatter Muskulatur der Tunica muscularis! b Magendrüse aus dem Korpusbereich stark vergrößert (vgl. Abb. I-1.24). (nach Lüllmann-Rauch)

Die Schleimhautoberfläche (Abb. I-1.23a) ist in Felder (Areae gastricae) strukturiert. In diese münden Foveolae gastricae als Mündungsstelle von Magendrüsen (Glandulae gastricae). Feinbau: Die Tunica mucosa setzt sich wie folgt zusammen: ■ Die Zellen des Zylinderepithels sezernieren einen zähen, neutralen Schleim sowie Bicarbonat. Zusammen mit den Phospholipiden des Magensurfactant entsteht so eine säureresistente, hydrophobe Schutzschicht. ■ Lamina propria mucosae: Hier liegen die Magendrüsen (Abb. I-1.23 u. Abb. I-1.24). ■ Lamina muscularis mucosae: Sie kann das Faltenrelief der Schleimhaut verändern.

und konsekutiver Dehnung der Magenwand verstreichen die Falten der Schleimhaut. Die Falten der Antrumschleimhaut sind weniger stark ausgeprägt und flacher (Abb. I-1.22). Die Schleimhautoberfläche (Abb. I-1.23a) ist weiter strukturiert in 1–5 mm große, pflastersteinartige Felder (Areae gastricae), die das Flachrelief der Magenschleimhaut bilden. In diese Felder münden Magengrübchen (Foveolae gastricae), die wiederum die Mündungsstelle jeweils mehrerer Magendrüsen (Glandulae gastricae) darstellen. Die Gesamtdicke der Schleimhaut beträgt ca. 1–2 mm. Feinbau: Die Tunica mucosa des Magens besteht wie in anderen Abschnitten des Verdauungskanals aus drei Anteilen: ■ Das einschichtige Oberflächenepithel der Lamina epithelialis mucosae besteht aus hochprismatischen Epithelzellen (Zylinderepithel). Diese Zellen sezernieren einen zähen, neutralen bzw. leicht sauren Schleim, dessen Hauptbestandteil das Muzin MUC 5AC ist. Er überzieht die gesamte Innenwand des Magens. Außerdem sezernieren die Oberflächenepithelzellen Bicarbonat, das mit den Protonen der Salzsäure unter Bildung von Kohlendioxid für einen neutralen pH an der Schleimhautoberfläche sorgt. Phospholipide („Magensurfactant“) sorgen für eine hydrophobe Barriere.

I ■



697

1.4 Magen (Gaster)

In der Lamina propria mucosae liegen die Magendrüsen (Abb. I-1.23). Abhängig von ihrer Lokalisation haben diese unterschiedliche Charakteristika und Aufgaben, die in Abb. I-1.24 als Übersicht dargestellt sind. Durch Kontraktionen der Muskelzellen in der Lamina muscularis mucosae kann das Schleimhautrelief verändert werden.

⊙ I-1.24

Magendrüsen

Lokalisation

Drüsenart

Kardia

Kardiadrüsen Tubuli sind stark verzweigt, Schleim (Gll. cardiacae), mukös weitlumig, haben größere Lysozym (bakteriostatisch) aus Nebenzellen Abstände Bikarbonat

Fundus und Korpus

Hauptdrüsen (Gll. gastricae)

Pars pylorica

histologische Charakteristika

Produktion (Funktion)

Stimulation durch

Tubuli sind lang gestreckt, wenig verzweigt und dicht gedrängt, englumig

Hauptzellen

lokalisiert an der Drüsenbasis basophil reich an RER (raues retikuloendoplasmatisches Retikulum) zur Proteinsynthese apikale Sekretgranula (enthalten Pepsinogen)

Pepsinogen (zur Eiweißverdauung) Magenlipase (Spaltung von Triglyzeriden)

Acetylcholin (Vagusreiz) Gastrin H+

Beleg-/Parietalzellen

lokalisiert im Bereich der Drüsenmitte eosinophil zahlreiche Mitochondrien intrazelluläre Sekretkanälchen

H+-Ionen (→ Salzsäure; zur Bekämpfung von Mikroorganismen, Aktivierung von Pepsinogen sowie Denaturierung von Nahrungsproteinen) Intrinsic factor (zur Vitamin-B12-Resorption)

Acetylcholin (Vagusreiz) Gastrin Histamin

Nebenzellen

lokalisiert im Bereich des Drüsenhalses PAS-positiv

Bikarbonat Schleim (Hauptmuzin MUC6)

ECL-Zellen

basale Hälfte der Hauptdrüsen

Histamin (stimuliert die Säureproduktion)

Pylorusdrüsen (Gll. pyloricae) Nebenzellen

Tubuli stärker gewunden, dichter gepackt Schleim (schwach sauer) Bikarbonat

Enteroendokrine Zellen: – G-Zellen

Gastrin

– D-Zellen

Somatostatin

– EC-Zellen

Serotonin

(regeln die Sekretionsrate)

Antrumdehnung Vagusreiz chemische Reize (v. a. Aminosäuren, Alkohol, Acetylcholin, Gallensäuren)

698

I 1 Rumpfdarm – Ösophagus und Gastrointestinaltrakt

▶ Exkurs: Säurebildung im Magen und ihre Neutralisation. Die von Belegzellen gebildete Magensäure wird durch einen Schutzmechanismus der Oberflächenepithelzellen in Zusammenwirkung mit dem von den Nebenzellen gebildeten Schleim neutralisiert. Säurebildung (Parietal-/Belegzellen): In den Parietalzellen des Magens werden die H+-Ionen (Protonen aus dem Wasser = H+ OH–) durch eine apikale Protonenpume (H+-K+ATPase) unter ATP-Verbrauch in den Magensaft sezerniert. Die Kaliumionen gelangen durch einen apikal gelegenen Kanal (nicht dargestellt) ebenfalls in den Magensaft. Gleichzeitig wird unter Beteiligung des Enzyms Carboanhydrase (CA) aus Kohlendioxid und den verbleibenden OH–-Ionen Bikarbonat gebildet, das an der basolateralen Seite der Zellmembran (S. 53) von einem Antiporter im Austausch gegen Chlorid ins Blut abgegeben wird. Die Chloridionen gelangen durch einen Chloridkanal auf der apikalen Seite der Parietalzellmembran (passiv) in den Magensaft (Abb. I-1.25a).

⊙ I-1.25

Die Salzsäureproduktion in den Parietalzellen kann durch das Hormon Gastrin (endokrine Zellen der Duodenalschleimhaut), sowie durch Acetylcholin (N. vagus) und Histamin (ECL-Zellen der Magenschleimhaut) gesteigert werden. Neutralisation (Oberflächenepithelzellen): Die von den Parietalzellen abgegebenen Bikarbonationen gelangen auf dem Blutweg zu den Zellen des Oberflächenepithels, werden von diesen aufgenommen und im Austausch gegen Chlorid sezerniert. Die Bikarbonatsekretion der Oberflächenepithelzellen neutralisiert den pHWert auf der Epitheloberfläche (Abb. I-1.25b). pH-Gradient: Zusammen mit dem Schleim der Nebenzellen entsteht so ein pH-Gradient von etwa 2 im Magensaft (Flüssigkeit im Magen) nach etwa 7 an der Oberfläche der Magenepithelzellen (Mukosabarriere).

Säurebildung und Neutralisation

a Darstellung einer HCl-produzierenden Belegzelle b und einer Oberflächenepithelzelle mit Sekretion von Bikarbonat. H+

Cl– Cl–

HCO3–

K+ apikal/ luminal H+K+-ATPase

Bikarbonatbzw. – Cl -Kanal

ChloridKanal

K+ Cl–/HCO3–-

H+ H2O + CO2

CA

HCO3–/ Cl–-Antiporter

Antiporter HCO3–

Cl– basal

a

b Cl– HCO3–

Blutstrom

▶ Klinik. Die beiden häufigsten Erkrankungen des Magens gehen

mit einer Erhöhung der Säureproduktion einher. Daher steht deren pharmakologische Beeinflussung im Zentrum der therapeutischen Bemühungen, die bei Nachweis einer bakteriellen Beteiligung mit einer antibiotischen Behandlung (Eradikationstherapie) kombiniert wird. Unter Gastritis versteht man eine Entzündung der Magenschleimhaut mit unterschiedlichen Ursachen (Autoimmunerkrankungen, Infektion mit dem Bakterium Helicobacter pylori oder chemisch, d. h. durch Medikamente oder Alkohol induziert). Kommt es durch konzentrierten Alkohol (z. B. Wodka) oder durch die chronische Einnahme von Cyclooxigenasehemmern (z. B. Aspirin) zu einer Beeinträchtigung der schützenden Schleimhautbarriere, kann es zu einer Andauung des Epithels durch den Magensaft und zu einem Verlust des Oberflächen-

⊙ I-1.26

Gastritis. Gastroskopischer Befund. (Messmann H, Klinische Gastroenterologie, Thieme, 2011)

Cl– HCO3–

epithels (Erosion) kommen. Die daraus resultierende Entzündung wird erosive Gastritis genannt. Eine akute Gastritis macht sich durch Appetitlosigkeit, Übelkeit, Erbrechen, sowie Druckschmerz im Epigastrium und unangenehmen Geschmack im Mund bemerkbar. Aus einer Gastritis kann sich ein Magengeschwür (Ulcus ventriculi) oder Zwölffingerdarmgeschwür (Ulcus duodeni) entwickeln. In diesen Fällen treten oft bohrende, schneidende oder stechende Schmerzen zwischen Nabel und Mitte des Rippenbogens auf, die beim Magengeschwür häufig sofort nach Nahrungsaufnahme einsetzen, beim Ulcus duodeni eher im nüchternen Zustand auftreten. Es kann sogar zu einer Blutung kommen, die man daran erkennt, dass Erbrochenes dunkelbraun bis schwarz („kaffeesatzartig“) oder der Stuhl schwarz („Teerstuhl“) gefärbt ist.

⊙ I-1.27

Ulcus ventriculi. Gastroskopischer Befund. (Arastéh K, Baenkler H, Bieber C et al., Duale Reihe Innere Medizin, Thieme, 2018)

I

699

1.4 Magen (Gaster)

Magenmuskulatur

Magenmuskulatur

Im Gegensatz zur Tunica muscularis anderer Abschnitte des Rumpfdarms liegt zwischen Stratum circulare und Tela submucosa im Bereich von Fundus und Korpus des Magens eine dritte (innerste) Muskelschicht, die Fibrae obliquae. ■ Stratum longitudinale (äußere Schicht): Die Längsfasern sind vor allem entlang der Kurvaturen ausgeprägt. ■ Stratum circulare (mittlere Schicht): Die Ringfasern im Bereich des Magenkörpers und vor allem aber in der Pars pylorica (S. 693) bilden dort den Schließmuskel (M. sphincter pylori) des Magens aus. ■ Fibrae obliquae (schräge Fasern) finden sich im Bereich des Fundus, der Vorderund Hinterwand und parallel zur kleinen Kurvatur. Hier bilden sie zwischen Stratum circulare und Tela submucosa eine dritte (innerste) Schicht der Tunica muscularis. Die Dicke der Muskelschicht schwankt zwischen 2 mm (Kardia) und 6 mm (Pylorus).

Die Tunica muscularis des Magens weist im Bereich von Fundus und Korpus zwischen Stratum circulare und Tela submucosa als innerste Schicht die Fibrae obliquae auf. Die Fasern der mittleren Ringschicht bilden im Bereich der Pars pylorica den M. sphincter pylori aus. Insgesamt erreicht die Magenmuskulatur eine Dicke von 2–6 mm.

⊙ I-1.28

⊙ I-1.28

Muskelschichten des Magens Fundus gastricus

Oesophagus, Tunica adventitia

Tunica muscularis, Fibrae obliquae

Tunica muscularis des Oesophagus, Stratum longitudinale

Tunica muscularis, Stratum circulare

Pars cardiaca

Curvatura minor M. sphincter pylori

Incisura angularis

Curvatura major Corpus gastricum Tunica muscularis, Stratum longitudinale

Duodenum, Pars superior

Plicae gastricae

Ansicht von ventral auf die an mehreren Stellen gefensterten Muskelschichten des Magens nach Entfernung von Tunica serosa und Tela subserosa. (Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

1.4.4 Gefäßversorgung und Innervation

1.4.4

Gefäßversorgung des Magens

Gefäßversorgung des Magens

Arterielle Versorgung: Der Magen wird arteriell meist komplett aus dem Truncus coeliacus (S. 865) versorgt. Der Truncus coeliacus bildet zur arteriellen Versorgung des Magens mit mehreren Ästen an der großen und kleinen Kurvatur jeweils einen Gefäßbogen (sog. Magenarkade) aus insgesamt vier Arterien. Die Gefäße innerhalb der jeweiligen Arkade bilden dabei eine Anastomose. Eine Übersicht über die arterielle Blutversorgung des Magens liefern Tab. I-1.5 und Abb. I-1.29b.

Arterielle Versorgung: Eine Übersicht über die arterielle Blutversorgung des Magens, die meist komplett über den Truncus coeliacus (S. 865) erfolgt, liefern Tab. I-1.5 und Abb. I-1.29a.

Gefäßversorgung und Innervation

700

I 1 Rumpfdarm – Ösophagus und Gastrointestinaltrakt

⊙ I-1.29

Gefäßversorgung des Magens           

    

,    

,    

        

 

    

  

   

    

,     ,     , 

,    

, 

    ,    ) 

 

   

a

b

,    

, 

   

Variationen der hier dargestellten Normalsituation sind möglich. (Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

a Arterien des Magens. b Venen des Magens.

≡ I-1.5

Arterielle Blutversorgung des Magens

versorgtes Gebiet kleine Kurvatur

große Kurvatur

Arterie

Ursprung

Arterienbogen der kleinen Kurvatur aus ■

A. gastrica sinistra (in der Plica gastropancreatica)



Truncus coeliacus



A. gastrica dextra



A. hepatica propria

Arterienbogen der großen Kurvatur aus ■

A. gastroomentalis sinistra



A. splenica (← Truncus coeliacus)



A. gastroomentalis dextra



A. gastroduodenalis (← A. hepatica communis ← Truncus coeliacus)

Fundus



Aa. gastricae breves



A. splenica (← Truncus coeliacus)

Hinterwand



A. gastrica posterior



A. splenica (← Truncus coeliacus)

← bedeutet „Ast von“

Venöser Abfluss: Das venöse Blut fließt ab in die V. portae hepatis (S. 869), d. h. in das Pfortadersystem ab, wobei die Venen parallel zu den Arterien verlaufen (Abb. I-1.29b): ■ Vv. gastrica dextra und sinistra, ■ Vv. gastricae breves und ■ Vv. gastroomentalis dextra und sinistra. Venen im Bereich der Kardia stehen über die V. azygos und V. hemiazygos in Verbindung mit der V. cava superior (portokavale Anastomose).

Venöser Abfluss: Das venöse Blut fließt in die Vena portae hepatis (S. 869), d. h. in das Pfortadersystem ab, wobei die Venen parallel zu den gleichnamigen Arterien verlaufen und auch entsprechend bezeichnet werden (Abb. I-1.29b). Dabei münden ■ die Vena gastrica dextra und Vena gastrica sinistra direkt in die Vena portae hepatis, ■ die Venae gastricae breves und Vena gastroomentalis sinistra in die Vena splenica und ■ die Vena gastroomentalis dextra in die Vena mesenterica superior. Venen im Bereich der Kardia können sowohl Anschluss an die V. portae hepatis als auch an Vv. oesophageae gewinnen, die ihrerseits über die V. azygos und hemiazygos in die V. cava superior abfließen. Hier besteht somit ein venöser Kurzschluss (veno-venöse Anastomose) zwischen dem Pfortadersystem und dem Kavasystem, vgl. portokavale Anastomose (S. 870).

I

⊙ I-1.30

701

1.4 Magen (Gaster)

Lymphabfluss des Magens V. cava inferior

Nll. hepatici V. portae hepatis Nl. pancreaticus

Nll. coeliaci

Anulus lymphaticus cardiae

Nll. gastrici sinistri

Zur besseren Darstellung der chirurgisch wichtigen Lymphabflusswege in der Ansicht von ventral wurde das Omentum minus entfernt und das Omentum majus an der großen Kurvatur teilweise eröffnet, sodass die Nll. gastroomentales dextri sichtbar sind. (Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

Nll. splenici Nll. gastroomentales sinistri

Nll. suprapylorici Nll. subpylorici

Nll. gastroomentales dextri

Lymphabfluss: Auch die Lymphgefäße und Lymphknoten orientieren sich in ihrem Verlauf an der arteriellen Gefäßversorgung des Magens (Abb. I-1.30): ■ Die Pars cardiaca, große Bereiche der Vorder- und Hinterwand des Magens und der kleinen Kurvatur drainieren in die Nodi lymphoidei gastrici dextri und sinistri. ■ Fundusanteile und milznahe Bereiche der großen Kurvatur drainieren in die Nodi lymphoidei splenici. ■ Die Lymphe der weiter aboralen Anteile der großen Kurvatur fließt ab zu den Nodi lymphoidei gastroomentales dextri und sinistri und dann rechts weiter zu den Nodi lymphoidei hepatici, links zu den Nodi lymphoidei pancreatici. ■ Die Lymphe aus der Pars pylorica und dem Pylorus fließt ab in die Nodi lymphoidei pylorici. Die Lymphe dieser Lymphknotenstationen fließt ab zu den Nodi coeliaci als weitere Filterstation, um dann in die Trunci intestinales und schließlich in den Ductus thoracicus (S. 634) zu gelangen. Darüber hinaus bestehen enge Verbindungen zu paraaortalen, mesenterialen und mediastinalen Lymphknotenstationen.

Lymphabfluss: Auch die Lymphgefäße und Lymphknoten orientieren sich an der arteriellen Gefäßversorgung des Magens (Abb. I-1.30): ■ Nll. gastrici dextri und sinistri, ■ Nll. splenici, ■ Nll. gastroomentales dextri und sinistri sowie ■ Nll. pylorici. Die Lymphe fließt ab zu den Nll. coeliaci, um dann in die Trunci intestinales und schließlich in den Ductus thoracicus (S. 634) zu gelangen. Darüber hinaus bestehen Verbindungen zu paraaortalen, mesenterialen und mediastinalen Lymphknotenstationen.

Innervation des Magens

Innervation des Magens

Die autonome Tätigkeit des enterischen Nervensystems (S. 679) wird im Magen durch folgende Efferenzen moduliert: Parasympathische Fasern entstammen den beiden Nervi vagi: Aus den beiden auf dem Ösophagus gebildeten Trunci vagales (S. 689) gehen am Magen der Plexus gastricus anterior und posterior hervor, welche die Vorder- und Hinterwand des Magens versorgen. Äste zum Pylorus (Rami pylorici) verlassen die beiden Trunci vagales häufig schon direkt nach dem Durchtritt durch das Zwerchfell und ziehen zunächst mit den Rami hepatici in Richtung der Leberpforte, um dann im Omentum minus nach kaudal verlaufend den Pylorus zu erreichen. Die Aktivierung des Parasympathikus führt zu einer Steigerung der Magenmotorik und -sekretion sowie zu einer Erweiterung der Gefäße. Die sympathische Innervation erfolgt durch postganglionäre Nervenfasern aus dem Ganglion coeliacum (S. 216), die mit den Arterien zum Magen ziehen. Die präganglionären Fasern kommen vor allem vom Nervus splanchnicus major (Abb. I-1.30). Die Aktivierung des Sympathikus führt zu einer Hemmung der Magenmotorik und -sekretion sowie zu einer Verengung der Gefäße. Die Schmerzleitung erfolgt wahrscheinlich durch afferente Fasern (Th 5–9), die zusammen mit den efferenten sympathischen Fasern ziehen. Die Head-Zone des Magens ist im Wesentlichen die Regio epigastrica.

Das enterische Nervensystem (S. 679) wird wie folgt moduliert: Die parasympathische Versorgung des Magens erfolgt über die aus den Nn. vagi gebildeten Plexus gastrici ant. und post. Rami pylorici verlassen die beiden Trunci vagales (S. 689) häufig schon direkt nach dem Zwerchfelldurchtritt. Parasympathikus-Aktivierung führt zur Steigerung der Magenmotorik und -sekretion sowie zur Gefäßerweiterung. Sympathische Fasern, die v. a. dem N. splanchnicus major entstammen, im Ggl. coeliacum umgeschaltet werden und periarteriell zum Magen ziehen, vermitteln die Hemmung von Magenmotorik und -sekretion sowie die Gefäßverengung (Abb. I-1.30). Afferente Fasern ziehen mit den sympathischen. Die Head-Zone des Magens entspricht weitgehend der Regio epigastrica.

702 ⊙ I-1.31

I 1 Rumpfdarm – Ösophagus und Gastrointestinaltrakt

⊙ I-1.31

Innervation des Magens

Truncus vagalis posterior

Truncus sympathicus

Truncus vagalis anterior N. splanchnicus major dexter

Ggl. coeliacum

N. splanchnicus major sinister Ganglia coeliaca R. coeliacus des Truncus vagalis anterior Plexus gastricus anterior

R. pyloricus des Truncus vagalis posterior

Plexus gastricus posterior R. pyloricus des Truncus vagalis anterior

Schematische Darstellung der sympathischen (rot) und parasympathischen (blau) Fasern zum Magen. (Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

1.4.5

Chymusbildung

Magenmotorik: Proximal wird die aufgenommene Nahrung gespeichert. Ein Schrittmacherzentrum an der großen Kurvatur löst peristaltische Wellen aus zur Durchmischung und Homogenisierung des Nahrungsbreis.

Der tonisch kontrahierte und damit verschlossene Pylorus-Schließmuskel erschlafft, wenn ihn die peristaltische Welle erreicht. Kleine Mengen des Speisebreis gelangen so in das Duodenum.

Magensaft-Sekretion: Sie kann in verschiedene Phasen unterteilt werden (Tab. I-1.6).

1.4.5 Chymusbildung Magenmotorik: Für die Bildung des Nahrungsbreis (Chymus) ist die Magenmotorik von besonderer Bedeutung. Im proximalen Bereich des Magens findet die Speicherung der aufgenommenen Nahrung bei konstanter Wandspannung statt. Durch ein Schrittmacherzentrum im Bereich der großen Kurvatur an der Grenze zwischen Fundus und Korpus werden – ausgelöst durch die Aufnahme von Speisen – periodische peristaltische Wellen ausgelöst, die zur Bildung eines homogenen Nahrungsbreis (Chymus) aus Speisen und Magensaft beitragen. Feste Nahrung wird dabei durch Schaukelbewegungen auf eine Partikelgröße von ca. 1–2 mm zerkleinert. Erreicht eine peristaltische Welle den üblicherweise tonisch kontrahierten und damit verschlossenen Pylorus-Schließmuskel, wird der Pyloruskanal wenige Millimeter geöffnet. Kleine Mengen des aufbereiteten Speisebreis können so in das Duodenum gelangen. Noch nicht ausreichend aufbereitete Nahrungsbestandteile werden erneut dem Durchmischungsprozess zugeführt. Größere Partikel, die in dieser digestiven Phase nicht den Pylorus passieren können, werden durch besondere frontartig verlaufende Kontraktionen bei entspanntem Pylorus in der interdigestiven Pause aus dem Magen in das Duodenum getrieben. Die durchschnittliche Verweildauer fester Speisen im Magen liegt bei ca. 1–3 Stunden. Flüssigkeiten verlassen den Magen wesentlich schneller. Magensaft-Sekretion: Die Sekretion des Magensafts unterliegt komplexen endokrinen und nervösen Regulationsmechanismen und kann in unterschiedliche Phasen unterteilt werden (Tab. I-1.6).

703

I 1.5 Dünndarm (Intestinum tenue)

≡ I-1.6

Sekretionsphasen der Magensaftproduktion

Phase

Auslöser

interdigestive Phase kephale Phase

gastrale Phase

intestinale Phase

Mechanismus

Wirkung

Anzahl der Belegzellen

kontinuierliche basale Sekretion

Erwartung einer Mahlzeit Acetylcholin aus dem N. vagus stimuliert: Vorstellung Geruch ■ Parietalzellen

Wanddehnung stimuliert Mechanorezeptoren



Hauptzellen

→ Sekretion von Pepsinogen und Magenlipase



G-Zellen (indirekt über Plexus submucosus)

→ Gastrinsekretion

Acetylcholin aus dem Plexus submucosus stimuliert: ■

G-Zellen

→ Sekretion von Gastrin → Stimulation der Pepsinogensekretion und Sekretion von Intrinsic Factor



ECL-Zellen

→ Sekretion von Histamin → Stimulation der Säureproduktion

saurer Mageninhalt im komplexe Signale stimulieren Duodenum löst neuronale folgende Zellen des Duodenums: Reflexbögen aus ■ S-Zellen



1.5

→ Sekretion von H+-Ionen und Intrinsic Factor

I-Zellen

→ Sekretion von Sekretin → Stimulation der Bikarbonatproduktion im Pankreas und Reduktion der Magenperistaltik → Sekretion von Cholezystokinin → Hemmung der Säureproduktion

Dünndarm (Intestinum tenue)

1.5

Dünndarm (Intestinum tenue)

J. Kirsch ▶ Definition. Der insgesamt 3–5 m lange Dünndarm, der vom Pylorus (S. 693) bis zum Ostium ileale (S. 708) in der Fossa iliaca dextra reicht, umfasst folgende Anteile: ■ Duodenum (Zwölffingerdarm), ■ Jejunum (Leerdarm) und ■ Ileum (Krummdarm).

1.5.1 Charakteristika des gesamten Dünndarms Funktion des Dünndarms

▶ Definition.

1.5.1

Charakteristika des gesamten Dünndarms Funktion des Dünndarms

Im Dünndarm findet der größte Anteil des enzymatischen Nahrungsaufschlusses und der Resorption von Nährstoffen statt. Weiterhin ist der Dünndarm das größte „Wasserreservoir“ des menschlichen Körpers, weshalb Durchfallerkrankungen rasch zu einer Austrocknung führen können.

Wichtige Aufgaben des Dünndarms sind Nahrungsaufschluss, Nährstoffresorption und Bildung eines „Wasserreservoirs“.

Wandbau des Dünndarms

Wandbau des Dünndarms

Der Wandbau des Dünndarms folgt den generellen Bauprinzipien der Rumpfdarmwand mit den in Tab. I-1.1 erwähnten Schichten. Von ihnen zeigt insbesondere die Dünndarmschleimhaut (Tunica mucosa) mit verschiedenen Epithelzellen (s. u.) eine charakteristische Verteilung bestimmter Dünndarmmerkmale in den einzelnen Abschnitten. Die Schichten der Tunica muscularis sind stärker ausgeprägt als in anderen Darmanteilen. Neben dem Transport ist die Tunica muscularis auch für die Durchmengung des noch relativ flüssigen Chymus über die gesamte Länge des Dünndarms zuständig.

Das Bauprinzip entspricht dem in Tab. I-1.1 beschriebenen.

Dünndarmschleimhaut

Dünndarmschleimhaut

Der Aufbau der Tunica mucosa von Duodenum, Jejunum und Ileum folgt dem gleichen Grundbauplan, weshalb er an dieser Stelle ausführlich besprochen wird. Lediglich Besonderheiten der einzelnen Dünndarmabschnitte werden in den entsprechenden Unterkapiteln erwähnt.

Der Aufbau aller Dünndarmabschnitte folgt dem gleichen Grundbauplan. Abweichungen hiervon werden in den entsprechenden Unterkapiteln erwähnt.

704

I 1 Rumpfdarm – Ösophagus und Gastrointestinaltrakt

Den Aspekt bestimmen zahlreiche quergestellte Plicae circulares (Kerckring-Falten).

Mit bloßem Auge sind zahlreiche quergestellte Schleimhautfalten, Plicae circulares (Kerckring-Falten) sichtbar, die etwa zwei Drittel des Umfangs der Duodenalwand ausmachen und zum Ileum hin flacher werden. Feinbau: Den Plicae circulares, die von der Tela submucosa aufgeworfen werden, sitzen pro mm2 etwa 10–40, blatt- bzw. zungenförmige Zotten (Villi intestinales) auf. Die Zotten dienen der Resorption von Nährstoffen aus dem Darmlumen. Sie sind 0,2–1 mm hoch und 0,15 mm dick. Das Gerüst einer Zotte besteht aus dem Bindegewebe der Lamina propria mucosae, in der sich einzelne glatte Muskelzellen (Zottenpumpe ), eine oder mehrere Arteriolen, eine zentrale Venule sowie Lymphkapillaren befinden. In diesen Lymphkapillaren werden vorwiegend die während der Fettverdauung gebildeten Chylomikronen transportiert (s. Lehrbücher der Biochemie). An der Basis der Zotten münden kurze, schlauchförmige Darmdrüsen, die Glandulae intestinales (synonym: Cryptae, Krypten, im Dünndarm als Lieberkühn-Krypten bezeichnet), deren Durchmesser etwas geringer ist, als der der Zotten. Auf eine Zotte kommen daher mehrere Krypten. Krypten dienen vorwiegend der Sekretion und der Regeneration des Darmepithels.

Feinbau: Die Plicae circulares werden von der Tela submucosa aufgeworfen. Von den Plicae gehen zahlreiche Darmzotten, Villi intestinales, aus. Deren Gerüst besteht aus dem Bindegewebe der Lamina propria mucosae, in der regelmäßig Arteriolen, Venulen und Lymphkapillaren (zum Transport für Chylomikronen) zu finden sind. An der Zottenbasis münden schlauchförmige Darmdrüsen, Glandulae intestinales (im Dünndarm als Lieberkühn-Krypten bezeichnet).

▶ Merke.

▶ Merke. Die Oberfläche des Dünndarms wird durch Zotten und Krypten 7–14fach

vergrößert und ist mit 4 m2 etwa doppelt so groß wie die Körperoberfläche (unter Einbeziehung des Bürstensaums erreicht sie eine Fläche von ca. 60 m2, s. u.). Zelltypen: Das Dünndarmepithel wird innerhalb von 24–72 h vollständig erneuert. Es handelt sich um ein einschichtig hochprismatisches Epithel, in dem folgende Zelltypen vorkommen: ■











Enterozyten tragen an ihrer apikalen Oberfläche membranständige Enzyme für die Spaltung von Kohlehydraten und Peptiden sowie einen Mikrovillisaum (Bürstensaum) zur Vergrößerung der resorbierenden Oberfläche. Ein ausgeprägtes Schlussleistennetz (S. 59) bildet die Barriere zum Darmlumen.

Becherzellen liegen vereinzelt zwischen den Enterozyten. Sie sezernieren Muzine mit Gleitfunktion für den Speisebrei und Schutzfunktion für die Schleimhaut. Bürstenzellen tragen einzelne apikale Mikrovillibüschel mit Dehnungs- und Chemorezeptoren. Die Funktion der Napfzellen (apikal eingedellt) ist unbekannt. Am Grund der Glandulae intestinales finden sich Paneth-Zellen. Die eosinophilen Granula enthalten Lysozym sowie Enzyme für den Abbau von Fetten und Proteinen.

Enteroendokrine Zellen regeln hormonell (Gastrin, Sekretin und Cholezystokinin) die Sekretion von Magen und Pankreas sowie die Kontraktion der Gallenblase und setzen u. a. Serotonin frei, das auf glatte Muskulatur einen relaxierenden Effekt hat. Die enteroendokrinen Zellen werden auch als diffuses neuroendokrines System, disseminierte endokrine Zellen oder APUD-Zellen bezeichnet.

Zelltypen: Die Zellen des Dünndarmepithels sind sehr teilungsaktiv. So wird das Epithel in 24–72 Stunden vollständig erneuert. Die Lamina epithelialis mucosae wird von einem hochprismatischen Epithel gebildet, in dem verschiedene Zelltypen vorkommen, deren prozentuale Verteilung in den unterschiedlichen Darmabschnitten variiert: ■ Enterozyten sind hochprismatische Epithelzellen (15–30 µm hoch, 5–10 µm dick), deren apikale (lumenwärts gerichtete) Zelloberfläche mit einem Mikrovillisaum versehen ist. An diesem Bürstensaum befinden sich zahlreiche membranständige Enzyme für den Abbau von Kohlenhydraten (Disacchariden) und Peptiden, sowie eine membranständige Enterokinase für die Aktivierung von Trypsin (Abb. I-2.11). Der Bürstensaum führt zu einer weiteren 15fachen Vergrößerung der Oberfläche, die unter Einbeziehung des Bürstensaums ca. 60 m2 beträgt. Die Barrierefunktion wird durch einen ausgeprägten Schlussleistenkomplex (S. 59) aufrechterhalten. ■ Becherzellen kommen verstreut in Zotten und Krypten vor. Sie sind im Duodenum nur spärlich, in Jejunum und Ileum kommen auf eine Becherzelle 3–5 Enterozyten. Becherzellen sezernieren Muzine, die als Gleitfilm für den Speisebrei wirken. Überdies schützen sie das Darmepithel vor der Wirkung der Verdauungsenzyme aus dem Pankreas (Abb. I-2.11). ■ Bürstenzellen liegen verstreut im gesamten Darmepithel. An ihrer apikalen Oberfläche tragen sie einzelne Mikrovillibüschel (aber keinen Bürstensaum!), die Dehnungs- und Chemorezeptoren enthalten. ■ Napfzellen sind apikal eingedellt und machen nur etwa 6 % der Zottenepithelzellen aus. Ihre Funktion ist unbekannt. ■ Paneth-Zellen, die im Fundus der Krypten liegen (20–40 pro Krypte), können durch die zahlreichen, apikal gelegenen eosinophilen Granula leicht identifiziert werden. Das Vorkommen von Paneth-Zellen nimmt zum Ileum hin kontinuierlich zu. Die eosinophilen Granula enthalten sowohl Lysozym (ein Enzym das die Wand von Bakterien angreift und dadurch deren Wachstum hemmt) als auch Enzyme für den Fett- und Proteinabbau. ■ Enteroendokrine Zellen regeln durch Sekretion der Peptidhormone Gastrin, Sekretin und Cholezystokinin die Sekretionsraten von Magen und Pankreas sowie die Kontraktion der Gallenblase. Außerdem setzen sie biogene Amine frei, v. a. Serotonin, das relaxierend auf glatte Muskulatur und damit vasodilatatorisch wirkt. In ihrer Gesamtheit bezeichnet man diese, auch in anderen Rumpfdarmabschnitten sowie extraintestinal vorkommende disseminierten endokrinen Zellen (S. 556) als diffuses neuroendokrines System (DNES). Aufgrund einer funktionellen Gemeinsamkeit (Aufnahme und Dekarboxylierung von Aminen bzw. deren Vorläufern; s. Lehrbücher der Biochemie) wurden sie auch APUD (amine precursor uptake and decarboxylation)-Zellen genannt. Aus ihnen kann sich ein endokrin aktiver Tumor (S. 733) entwickeln (Karzinoid).

705

I 1.5 Dünndarm (Intestinum tenue)

Dünndarmmuskulatur und -motorik

Dünndarmmuskulatur und -motorik

In der Tunica muscularis des Dünndarms ist die innere Ringmuskelschicht (Stratum circulare) stärker ausgeprägt als die äußere Längsmuskelschicht (Stratum longitudinale). Zwischen diesen Schichten liegen die oft zu Paketen zusammengefassten Ganglienzellen des Plexus myentericus (S. 679), der an der Steuerung der Darmmotorik beteiligt ist. Beide Muskelschichten zusammen bedingen die peristaltische Bewegung des Darmes, bei der Kontraktionswellen mit einer mittleren Geschwindigkeit von 2–15 cm/sec den Darminhalt nach aboral transportieren. Überlagert werden diese Wellen von rhythmischen Pendel- und Segmentationsbewegungen (Einschnürungen) zur Durchmischung des Darminhalts.

Die Tunica muscularis besteht aus einem innen liegenden Stratum circulare und einem äußeren Stratum longitudinale. Dazwischen liegen die Ganglienzellen des Plexus myentericus (S. 679). Die Peristaltik setzt sich aus Kontraktionen (Transport) und Segmentationsbewegungen (Durchmischung) zusammen.

1.5.2 Duodenum (Zwölffingerdarm)

1.5.2

Funktion des Duodenums

Funktion des Duodenums

Der Speisebrei gelangt nach dem Durchtritt durch den Pylorus in das Duodenum. Dort wird der saure Chymus durch das alkalische Sekret von Pankreas (S. 748) und Leber (S. 734), deren Ausführungsgänge gemeinsam in der Duodenalwand münden, mit dem beigemengten Sekret aus den duodenalen Brunner-Drüsen (s. u.) neutralisiert. Im neutralen Milieu beginnen die aktivierten Verdauungsenzyme mit dem Aufschluss der Nahrung. Bereits im Duodenum werden Hexosen (Glukose und Galaktose), Aminosäuren, wasserlösliche Vitamine, Lipide und Fettsäuren sowie Elektrolyte (Kalzium, Eisen, Sulfat, Phosphat) resorbiert.

Im Duodenum wird der Speisebrei neutralisiert und die Verdauungsenzyme des Pankreas aktiviert. Zahlreiche Stoffe (Kohlehydrate, Aminosäuren, Fettsäuren) werden bereits hier resorbiert.

Form, Abschnitte und Lage des Duodenums

Form, Abschnitte und Lage des Duodenums Form und Abschnitte: Das C-förmige Duodenum ist ca. 25–30 cm lang und wird in 4 Abschnitte unterteilt (Abb. I-1.32a und Abb. I-1.33b): ■ Pars superior: Dieser Anfangsteil ist zur Ampulla duodeni (klinisch: Bulbus duodeni) erweitert. An der Flexura duodeni sup. geht aus ihr ■ die Pars descendens hervor. In ihrem Verlauf mündet auf der Plica longitudinalis der gemeinsame Ausführungsgang von Ductus choledochus und Ductus pancreaticus major in der Papilla duodeni major (Vateri). ■ Die Pars horizontalis ist ein kurzer quer verlaufender Abschnitt mit Übergang in die ■ Pars ascendens. Diese steigt langsam nach kranial und geht an der Flexura duodenojejunalis in das intraperitoneal gelegene Jejunum über. Hier endet der obere Verdauungstrakt.

Form und Abschnitte: Die Form des 25–30 cm langen Duodenums entspricht in etwa der eines C. Man unterscheidet vier Abschnitte (Abb. I-1.32a und Abb. I-1.33b), in deren Verlauf sich das Lumen von etwa 4,7 cm auf etwa 2,7 cm verjüngt: ■ Die Pars superior ist ca. 5 cm lang. Ihr erweiterter Anfangsteil, die Ampulla duodeni, wird im klinischen Sprachgebrauch als Bulbus duodeni bezeichnet. An der Flexura duodeni superior erfolgt der Übergang in die ■ Pars descendens. In diesen Abschnitt mündet der gemeinsame Ausführungsgang von Leber (Ductus choledochus) und Pankreas (Ductus pancreaticus). Der von kranial nach kaudal verlaufende Ductus choledochus wirft dabei die Plica longitudinalis duodeni auf, an deren unterem Ende er gemeinsam mit dem Ductus pancreaticus in der Papilla duodeni major (Vateri) mündet. Gelegentlich befindet sich etwas oberhalb davon eine kleinere Papilla duodeni minor (Santorini), auf der ein akzessorischer Pankreasgang münden kann. An der Flexura duodeni inferior erfolgt der Übergang in die ■ Pars horizontalis (= Pars inferior) , aus der nach kurzem queren bzw. horizontalen Verlauf die ■ Pars ascendens hervorgeht. Diese steigt bis zum Beginn des intraperitoneal gelegenen Jejunums an der Flexura duodenojejunalis wieder an. Am Übergang in das Jejunum entstehen die Recessus duodenalis superior und inferior, in denen sich Dünndarmschlingen verfangen können (Treitz-Hernie, s. u.). An dieser Stelle endet der obere Gastrointestinaltrakt. ▶ Klinik. Werden Teile des Darmes (meist Teile des Dünndarms) in einem der Recessus duodenales eingeschlossen, sog. Treitz-Hernie (S. 653), kommt es zu einem (hohen) Darmverschluss (Ileus). Es besteht eine mechanische Abflussbehinderung des Darminhalts und der eingeschlossene (inkarzerierte) Darmabschnitt wird nicht mehr ausreichend durchblutet. Die Symptome sind schwere akute abdominelle Schmerzen, sog. akutes Abdomen (S. 647), und Erbrechen. Bei der notwendigen chirurgischen Versorgung einer Treitz-Hernie ist besonders auf die A. mesenterica superior (S. 867) zu achten, die hier von dorsal kommend zum Meso von Jejunum und Ileum (Mesenterium) zieht.

Duodenum (Zwölffingerdarm)

▶ Klinik.

706 ⊙ I-1.32

I 1 Rumpfdarm – Ösophagus und Gastrointestinaltrakt

Form, Abschnitte und Wandbau des Duodenums mit einmündenden Gangsystemen

a Ansicht von ventral, bei der die Pars ascendens vom Anfangsteil des Jejunums verdeckt wird. Gut sichtbar sind die Mündung der aus Leber und Pankreas kommenden Gangsysteme in die Pars descendens duodeni, über die Gallenflüssigkeit und Bauchspeichel in den obersten Darmabschnitt gelangen. Im unteren Bildanteil ist der Wandbau dargestellt, der grundsätzlich dem Bauprinzip des Rumpfdarms (Tab. I-1.1) entspricht. Besonderheiten (S. 707). (Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.) b Endoskopische Sicht von oral in die Pars descendens duodeni. Erkennbar sind die typischen Kerckring-Falten (Plicae circulares), die Plica longitudinalis duodeni und die Papilla duodeni major. (P. Sauer, IEZ Heidelberg)

⊙ I-1.33

Lage des Duodenums in Situ  

   

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(Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

a Ansicht von ventral in Projektion auf die Wirbelsäule b und in Beziehung zu Nachbarorganen sowie zum Peritoneum.

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I 1.5 Dünndarm (Intestinum tenue)

707

Lage und Lagebeziehungen: Mit Ausnahme des Anfangsteils (Pars superior mit Ampulla duodeni) liegt das Duodenum sekundär retroperitoneal. Die Pars superior liegt auf der Höhe von LWK I intraperitoneal und ist ventral über das Lig. hepatoduodenale (Teil des Omentum minus) mit der Leber und dorsal über eine kurze Peritonealduplikatur mit dem Lig. gastrocolicum verbunden. Sie wird vom Lobus dexter der Leber überlagert und berührt deren Lobus quadratus sowie den Hals der Gallenblase. Unmittelbar dorsal der Ampulla duodeni (Bulbus duodeni) liegt die A. pancreaticoduodenalis (S. 753).

Lage und Lagebeziehungen: Mit Ausnahme des Anfangsteils liegt das Duodenum sekundär retroperitoneal zwischen LWK I und LWK III. Die als einziger Teil des Duodenums intraperitoneal gelegene Pars superior steht in topografischer Nachbarschaft zu Lobus dexter und Lobus quadratus der Leber sowie der Gallenblase. Dorsal der Ampulle liegt die A. pancreaticoduodenalis.

▶ Klinik. Durchbricht ein in diesem Teil häufig vorkommendes Ulcus duodeni die Darmwand, kann auch die A. pancreaticoduodenalis arrodiert werden, was zu einer schweren intraabdominellen Blutung u. U. mit hämorrhagischem Schock führen kann.

Nach Verlassen des Lig. hepatoduodenale zieht der Ductus choledochus (S. 743) auf der Hinterseite der Pars superior abwärts und wirft im Bereich der Pars descendens die Plica longitudinalis auf. Die Pars descendens liegt wie alle folgenden Abschnitte sekundär retroperitoneal. Sie zieht rechts der Wirbelsäule bis auf die Höhe von LWK III hinab und liegt damit vor der rechten Nebenniere sowie den medialen Teilen der rechten Niere mit Nierenbecken und Ureter. Auf der linken Seite ragt das Pankreas (S. 748) in die konkave Rundung der Pars descendens. Die Pars horizontalis lagert sich von kaudal dem Pankreaskopf an, zieht über die Wirbelsäule nach links und wird dabei von der Mesenterialwurzel und den dort verlaufenden A. und V. mesenterica superior überkreuzt. Die Pars ascendens steigt bis zur Flexura duodenojejunalis auf die Höhe von LWK II an. Sie ist durch den Musculus suspensorius duodeni (Treitz-Muskel) am Abgang der A. mesenterica aus der dorsal gelegenen Aorta abdominalis befestigt. Nach kranial legt sich die Pars ascendens dem Pankreasschwanz an.

Besonderheiten der Duodenalwand ▶ Merke. Eine histologische Besonderheit des Duodenums sind die Glandulae duo-

▶ Klinik.

Die rechte Nebenniere und Niere liegen hinter der rechts der Wirbelsäule absteigenden Pars descendens, an deren Hinterwand der Ductus choledochus verläuft. Das Pankreas ragt in die Konkavität des Duodenums. Die Pars horizontalis zieht quer über die Wirbelsäule und unterkreuzt dabei die Mesenterialgefäße. Die Pars ascendens liegt vor der Aorta abdominalis und legt sich dem Pankreasschwanz an.

Besonderheiten der Duodenalwand ▶ Merke.

denales (Brunner-Drüsen). Es handelt sich dabei um vielfach verzweigte tubulo-alveoläre Drüsenpakete in der Tela submucosa der Duodenalwand. Die kubischen Drüsenzellen sezernieren Bicarbonat, Muzine sowie Epidermal Growth Factor, der proliferativ auf Darmepithelzellen wirkt und damit die Regeneration der Darmschleimhaut fördert. Außerdem enthält das Sekret die Enzyme Amylase und Maltase zur Spaltung von Polysacchariden.

Die zahlreichen verzweigten tubulo-alveoläre Drüsenpakete in der Tela submucosa sezernieren Bikarbonat, Muzine, einen Trypsin-Aktivator, Epidermal Growth Factor und polysaccharidspaltende Enzyme.

Gefäßversorgung und Innervation

Gefäßversorgung und Innervation

Gefäßversorgung des Duodenums

Gefäßversorgung des Duodenums

Arterielle Versorgung: Im Bereich des Duodenums anastomosieren die Stromgebiete des Truncus coeliacus (S. 865) und der Arteria mesenterica superior (S. 867). Die aus der A. hepatica communis des Truncus coeliacus stammende A. gastroduodenalis steuert hierzu die beiden ■ Arteria pancreaticoduodenalis superior posterior und anterior bei, deren Rami duodenales die Partes superior und descendens versorgen. ■ Die Arteriae retroduodenales der A. gastroduodenalis ziehen zu den dorsalen Anteilen des Duodenums. Die aus der A. mesenterica superior stammende ■ Arteria pancreaticoduodenalis inferior verzweigt sich in einen – Ramus anterior und einen – Ramus posterior, deren Rami duodenales die unteren Abschnitte des Duodenums versorgen. Beide Aa. pancreaticoduodenales superiores anastomosieren im Bereich des Pankreaskopfes mit dem R. anterior bzw. posterior der A. pancreaticoduodenalis inferior und bilden so eine doppelte Gefäßschlinge aus (s. Abb. I-2.16).

Arterien: Das Duodenum wird über eine ventrale und eine dorsale Gefäßschleife versorgt (s. Abb. I-2.16), deren Ursprungsgefäße aus dem Truncus coeliacus und der A. mesenterica superior stammen: ■ Aa. pancreaticoduodenalis superior posterior und anterior sowie ■ Aa. retroduodenales (über A. hepatica communis und A. gastroduodenalis aus dem Stromgebiet des Truncus coeliacus). ■ A. pancreaticoduodenalis inferior.

Venöser Abfluss: Die Venen des Duodenums folgen den Arterien und werden wie diese benannt.

Venen: Verlauf und Benennung wie Arterien.

708

I 1 Rumpfdarm – Ösophagus und Gastrointestinaltrakt

Lymphabfluss: Über die Nll. pancreaticoduodenales superiores und inferiores in den Truncus intestinalis.

Lymphabfluss: Der Lymphabfluss erfolgt im oberen Abschnitt ausgehend von den Nll. pylorici über die Nll. pankreaticoduodenales superiores zu den Nll. hepatici oder Nll. preaortici in den Truncus intestinalis. Im unteren Abschnitt drainiert die Lymphe in die Nll. pankreaticoduodenales inferiores über die Trunci intestinales zur Cisterna chyli.

Innervation des Duodenums

Innervation des Duodenums

Sympathisch: Ganglion coeliacum. Parasympathisch: Truncus vagalis posterior.

Die präganglionären sympathischen Nervenfasern erreichen das Ganglion coeliacum (S. 216) über den Nervus splanchnicus major und gelangen nach Umschaltung über periarterielle Geflechte zum Duodenum. Die präganglionären parasympathischen Nervenfasern verlaufen im Truncus vagalis posterior. Die Umschaltung auf das 2. Neuron erfolgt in der Darmwand.

1.5.3

1.5.3 Jejunum und Ileum

Jejunum und Ileum

▶ Synonym.

▶ Synonym. Im klinischen Sprachgebrauch werden die Schlingen von Jejunum und

Ileum häufig unter dem Begriff Dünndarmkonvolut zusammengefasst.

Funktion von Jejunum und Ileum

Funktion von Jejunum und Ileum

Hier wird die enzymatische Aufspaltung und Durchmischung der Nahrungsbestandteile fortgesetzt und vermehrt Muzine sezerniert. Wasser und wasserlösliche Substanzen (Aminosäuren, Kohlehydrate, wasserlösliche Vitamine), Fettsäuren und Lipide werden resorbiert.

In diesen Darmabschnitten werden die enzymatische Aufspaltung der Nahrungsbestandteile und deren Durchmischung fortgesetzt. Die Sekretion von Muzinen ist im Vergleich zum Duodenum erhöht. Im Jejunum werden Wasser, Aminosäuren, Hexosen, wasserlösliche Vitamine, Fettsäuren, Lipide (Micellen) und Elektrolyte resorbiert. Die Resorptionskapazität für Hexosen und Aminosäuren ist im Ileum etwas geringer als im Jejunum. Dagegen werden im Ileum an den Intrinsic Factor gebundenes Vitamin B12, Vitamin C und Gallensäuren (enterohepatischer Kreislauf) verstärkt resorbiert. Im Ileum findet zusätzlich die immunologische Abwehr von Schadstoffen und Keimen statt.

Abschnitte, Form und Lage von Jejunum und Ileum Jejunum und Ileum sind zusammen 3–5 m lang, wovon etwa ⅖ auf das Jejunum entfallen. Letzteres beginnt an der Flexura duodenojejunalis und geht fließend in das Ileum über, das am Ostium ileale (Bauhin-Klappe) endet.

Abschnitte, Form und Lage von Jejunum und Ileum Diese beiden Dünndarmabschnitte haben zusammen eine Länge von 3–5 m, von denen ⅖ dem Jejunum zugerechnet werden. Das Jejunum geht an der Flexura duodenojejunalis in Höhe des zweiten Lendenwirbelkörpers aus dem Duodenum hervor. Hier beginnt der untere Gastrointestinaltrakt. Der Übergang in das Ileum erfolgt ohne klare Begrenzung. Das Ileum, und damit auch der Dünndarm, endet am Ostium ileale (Bauhin-Klappe) mit der Einmündung in das Colon caecum (Blinddarm, Zaekum).

▶ Klinik. Der Morbus Crohn ist eine häufige chronisch entzündliche

Darmerkrankung, die sämtliche Schichten der Darmwand befällt und grundsätzlich in jedem Abschnitt des Darmes auftreten kann. Bei 30 % der Betroffenen ist die Endstrecke des Ileum (das „terminale Ileum“) befallen, weshalb die Erkrankung auch unter der Bezeichnung Ileitis terminalis bekannt ist. Die Beschwerden ähneln mit akuten Schmerzen im rechten Unterbauch, Übelkeit und Erbrechen sowie leichtem Fieber einer akuten Appendizitis (S. 714). Auch kommt es zu Durchfällen (3–6/Tag), die aber in der Regel nicht blutig sind. Als Komplikationen treten Fistelbildungen im Analbereich auf (S. 720), die z. T. erst dann zur richtigen Diagnose führen. Die Ursache der Erkrankung ist unbekannt, die Therapie konzentriert sich auf eine Hemmung der Entzündung. Nur bei Komplikationen wie z. B. Verwachsung wird der entsprechende Darmabschnitt entfernt, jedoch kann durch chirurgische Maßnahmen keine Heilung der Erkrankung erreicht werden.

⊙ I-1.34

Morbus Crohn. In der Kontrastmitteluntersuchung des Dünndarms (S. 730) kann der Fistelgang dargestellt werden (→). (Reiser, M., Kuhn, F.P., Debus, J.: Duale Reihe Radiologie. Thieme, 2011)

I 1.5 Dünndarm (Intestinum tenue)

709

Der gesamte Darmabschnitt liegt intraperitoneal und ist in zahlreiche Schlingen gelegt. Diese Schlingen sind am Mesenterium befestigt, dessen darmseitiger Rand wesentlich länger ist als seine Wurzel an der dorsalen Leibeswand (Radix mesenterii, in Höhe von LWK III–IV). Durch diese Verhältnisse sind die einzelnen Dünndarmschlingen gegeneinander verschiebbar. Dünndarmschlingen mit langem Meso reichen nach ventral bis zur Bauchwand.

Die intraperitoneal liegenden Darmschlingen sind über die Radix mesenterii in Höhe von LWK III–IV an der dorsalen Bauchwand befestigt.

Besonderheiten des Wandbaus von Jejunum und Ileum

Besonderheiten des Wandbaus von Jejunum und Ileum Zum allgemeinen Aufbau (S. 676) siehe auch Wandbau des Dünndarms (S. 703). Charakteristisch in diesem Bereich sind folgende Merkmale: Die Plicae circulares werden nach aboral flacher und stehen weiter auseinander (Abb. I-1.35). Im Ileum liegen auf der dem Mesenterium abgewandten Seite Ansammlungen lymphatischen Gewebes, Noduli lymphoidei aggregati bzw. Folliculi lymphatici aggregati = Peyer-Plaques (S. 191), die sich in das Darmlumen vorwölben.

Der allgemeine Aufbau der Dünndarmwand (S. 676) ist im Kap. Wandbau des Dünndarms (S. 703) beschrieben, sodass im Folgenden lediglich auf die für Jejunum und Ileum typischen Charakteristika eingegangen wird. Im Verlauf des Jejunums werden die Plicae circulares flacher und stehen nach aboral weiter auseinander bis sie im Ileum schließlich nur noch vereinzelt zu finden sind (Abb. I-1.35). Mit Abnahme der Plicae circulares kann man eine Zunahme lymphatischer Solitärfollikel beobachten. Während sie im Jejunum vereinzelt liegen, finden sich im Ileum an der dem Mesenterium gegenüberliegenden Seite dicht gepackte Ansammlungen lymphatischen Gewebes, die Peyer-Plaques (S. 191), (Noduli lymphoidei aggregati bzw. Folliculi lymphatici aggregati). Makroskopisch sind sie als 2 cm große und 0,8 cm breite Vorwölbungen der Darmwand sichtbar und beginnen meist dort, wo die Plicae circulares enden. Feinbau: Die den Plicae circulares aufsitzenden Zotten des Jejunums sind fingerförmig und 0,2–1 mm hoch, Richtung Ileum werden sie kürzer, wohingegen sich die Krypten im Ileum vertiefen. In beiden Dünndarmabschnitten fehlen Brunner-Drüsen, wodurch sie sich vom Duodenum unterscheiden. Bereits in der Tela submucosa des Jejunums treten vereinzelt lymphatische Solitärfollikel auf, die bis in die Lamina epithelialis reichen. In der Lamina propria und Tela submucosa des Ileums liegen die Peyer-Plaques (s. o.), in deren Bereich die Schleimhaut einige Besonderheiten aufweist: Dort fehlen die Zotten. Es befinden sich nur wenige Becherzellen im Epithel, dafür findet man hier M-Zellen, die Antigene endozytotisch aufnehmen und durch Transzytose an die darunterliegenden immunkompetenten Zellen abgeben können.

⊙ I-1.35

⊙ I-1.35

Dünndarmschleimhaut 3.

-

  4 

    a

Feinbau: Die den Plicae circulares aufsitzenden Zotten werden Richtung IIeum kürzer, dagegen vertiefen sich die Krypten. Sowohl im Jejunum als auch im Ileum fehlen BrunnerDrüsen. In der Lamina propria und Tela submucosa des Ileums treten Peyer-Plaques (s. o.) auf. In diesem Bereich fehlen Zotten und Becherzellen im Epithel. Stattdessen kommen M-Zellen vor, die Antigene durch Transzytose an immunkompetente Zellen abgeben können.

b

Das Darmrohr wurde längs eröffnet, um die Sicht auf die Schleimhaut zu ermöglichen. Beachte die unterschiedliche Dichte und Höhe der Plicae circulares. Im Ileum sind zusätzlich Folliculi lymphatici sichtbar. (Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

a Makroskopische Ansicht der Schleimhaut von Jejunum b und Ileum.

710

I 1 Rumpfdarm – Ösophagus und Gastrointestinaltrakt

Gefäßversorgung und Innervation von Jejunum und Ileum Arterien: Aus der A. mesenterica superior stammen die Aa. jejunales und ileales (Abb. I-1.36). Diese bilden im Mesenterium drei Gefäßarkaden aus. Von den tertiären Arkaden treten die Aa. rectae als Endarterien zur Darmwand.

Gefäßversorgung und Innervation von Jejunum und Ileum

Venen: Die V. mesenterica superior vereinigt sich mit der V. splenica zur V. portae hepatis (Abb. K-1.7, Abb. K-1.8).

Venöser Abfluss: Er erfolgt über die Vena mesenterica superior, die zunächst dem Verlauf der Arterie folgt und sich hinter dem Pankreas mit der V. splenica zur V. portae hepatis (Abb. K-1.7, Abb. K-1.8) vereinigt.

Lymphabfluss: Im Mesenterium sammeln die Nll. juxtaintestinales die Lymphe, die von dort über die Nll. mesenterici superiores und den Truncus intestinalis in die Cisterna chyli gelangt.

Lymphabfluss: Die aus den Zotten kommenden Lymphkapillaren vereinigen sich zu zahlreichen Lymphgefäßen, die mit den Blutgefäßen durch das Mesenterium ziehen und in Höhe der primären Arkaden 100–200 Lymphknoten (Nodi lymphoidei juxtaintestinales) speisen. Diese stellen die größte Lymphknotengruppe des menschlichen Körpers dar. Von dort gelangt die Lymphe über die Nodi lymphoidei mesenterici superiores und den Truncus intestinalis in die Cisterna chyli.

Innervation: Sympathisch über das Ggl. mesentericum sup., parasympathisch durch Vagusfasern.

Innervation: Die sympathischen Fasern des Nervus splanchnicus minor werden im Ganglion mesentericum superius umgeschaltet. Die parasympathischen Fasern ziehen im Truncus vagalis posterior.

⊙ I-1.36

Arterielle Versorgung: Die Arteriae jejunales und ileales stammen aus der Arteria mesenterica superior, welche in der Radix mesenterii verläuft (Abb. I-1.36). Im Bereich des Mesenteriums bilden sie drei übereinanderliegende Gefäßarkaden aus, welche die kontinuierliche Durchblutung des beweglichen Dünndarms in jeder Lage gewährleisten. Von den tertiären Arkaden entspringen die Arteriae rectae, die in geradem Verlauf zur Darmwand ziehen, vgl. Endarterien (S. 148).

⊙ I-1.36

Arterielle Versorgung des Dünndarms durch Äste der A. mesenterica superior ,   

                           ,    

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Ansicht von ventral, in der zur besseren Übersicht Magen und Peritoneum teilweise entfernt bzw. gefenstert sind. (Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

I

1.6

711

1.6 Dickdarm (Intestinum crassum)

Dickdarm (Intestinum crassum)

1.6

Dickdarm (Intestinum crassum)

J. Kirsch, E. Schulte ▶ Definition.

▶ Definition. Zum Dickdarm gehören (Abb. I-1.37): ■ ■ ■ ■

Caecum (Blinddarm) mit der Appendix vermiformis (Wurmfortsatz), Colon (Grimmdarm) mit seinen vier Abschnitten (s. u.), Rectum (Mastdarm) und Canalis analis (Analkanal).

⊙ I-1.37

⊙ I-1.37

Abschnitte, Form und Lage des Dickdarms Flexura coli sinistra Duodenum

Colon transversum

Colon ascendens

Colon descendens

Vertebra lumbalis IV

Rectum

Colon ascendens

Appendix vermib formis

Ansatzstelle und Schnittrand des Omentum majus

Colon transversum Omentum majus (abgetrennt)

Colon transversum

Jejunum

Colon descendens

Caecum

Colon sigmoideum

Caecum

a

Flexura coli dextra

Flexura coli sinistra

Flexura coli dextra

Flexura coli dextra

Rectum

Ileum

Colon sigmoideum

Flexura coli sinistra Mesocolon transversum

Colon descendens Taenia libera

Haustra Taenia coli omentalis

Colon ascendens

Mesenterium

Ileum, Pars terminalis Caecum Mesoappendix vermiformis

Mesocolon sigmoideum Appendices epiploicae

Rectum

Appendix vermiformis

c

Taenia mesocolica

Umschlagrand des Peritoneums

Colon sigmoideum

a Projektion des Dickdarms auf die vordere Rumpfwand. Zur besseren Orientierung ist das Achsenskelett ebenfalls eingezeichnet. (nach Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.) b Das Kolon als längster Abschnitt des Dickdarms bildet eine Art Rahmen um das Dünndarmkonvolut. (nach Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.) c Ansicht von ventral auf die Abschnitte des Dickdarms mit zäkumnahem Teil des Ileums. (Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

712

I 1 Rumpfdarm – Ösophagus und Gastrointestinaltrakt

▶ Klinik. Neoplasien im Bereich von Kolon und Rektum (kolorekta-

les Karzinom) gehören in Deutschland zu den zweithäufigsten soliden Tumoren. Aus zunächst gutartigen Neubildungen (Adenomen) entwickeln sich schließlich Karzinome, die häufig lange Zeit asymptomatisch bleiben. Hinweisend können unspezifische Anzeichen wie Leistungsminderung, Müdigkeit oder Gewichtsverlust sein. Änderungen der Stuhlgewohnheit sollten den Arzt aufmerken lassen: Neben „Bleistiftstühlen“ können sowohl Verstopfung als auch Durchfälle oder beides im Wechsel auftreten. Auch ungewollter Stuhlabgang oder übel riechende aus dem Darm entweichende Luft sind verdächtig. Beimengungen von frischem Blut sollten keineswegs nur an Hämorrhoiden (S. 725) denken lassen, sondern können auch von einem nahe dem Darmausgang sitzenden Tumor herrühren. Nicht sichtbares (okkultes) Blut ist mit dem sog. HaemoccultTest nachweisbar. Dieser sollte zusammen mit der Austastung des Enddarms ab dem 50. Lebensjahr (< 90 % der kolorektalen Karzinome treten bei über 50jährigen auf) im Rahmen der jährlichen Vorsorgeuntersuchung durchgeführt werden. Zum Nachweis höher liegender Veränderungen (Kolonkarzinom) wird ab dem 55. Lebensjahr auch die Möglichkeit einer Darmspiegelung zur Krebsvorsorge angeboten. Bei Tumorverdacht wird die Diagnose durch eine Rekto- bzw. Koloskopie (endoskopische Untersuchung von Mast- bzw. Grimmdarm) sowie Röntgen- und Ultraschalluntersuchung mit Nachweis möglicher infiltrierter Lymphknoten gesichert.

1.6.1

Zäkum und Kolon

Zur Behandlung wird der erkrankte Darmabschnitt mit den angrenzenden Lymphknoten operativ entfernt und nachfolgend meist eine Chemo- und/oder Strahlentherapie eingeleitet. Neben genetischen Risikofaktoren wird einer einseitigen, ballaststoffarmen und schadstoffreichen (insbesondere Nitrosamine) Ernährung eine Bedeutung bei der Entstehung von Darmkrebs zugemessen.

⊙ I-1.38

Kolonkarzinom. Im koloskopischen Befund ist die beginnende Verengung des Darmlumens sichtbar. (Krams, M., et al.: Kurzlehrbuch Pathologie. Thieme, 2019)

1.6.1 Zäkum und Kolon J. Kirsch

Funktion von Zäkum und Kolon

Funktion von Zäkum und Kolon

Durch den Austausch von Natrium gegen Kalium erfolgt die Rückresorption von Wasser und damit die Eindickung des Chymus. Zur Verbesserung der Gleitfähigkeit werden zunehmend Muzine sezerniert. Die im Kolon ansässigen Bakterien schließen die Nahrung weiter auf und produzieren u. a. Vitamin K. Immunologische Funktion übernimmt die Appendix vermiformis (S. 192), eine Ausstülpung des Zäkums.

Im Dickdarm wird der aus dem Ileum übertretende dünnflüssige Chymus durch Resorption von Wasser eingedickt. Mit der nachfolgenden Besiedelung durch Bakterien spricht man von Faeces. Die Wasserresorption wird durch die Rückresorption von Natrium über einen Na+K+-Austausch, bei dem gleichzeitig Kalium in das Lumen abgegeben wird, betrieben. Während der Speisebrei im rechten Kolon noch dünnflüssig ist, wird er durch zunehmende Wasserresorption im weiteren Verlauf eingedickt und sein Transport verlangsamt. Die Sekretion von Muzinen durch die Schleimhaut sorgt für bessere Gleitfähigkeit. Der Dickdarm ist vorwiegend von anaeroben, d. h. keinen freien Sauerstoff benötigenden Bakterien (Bacteroides, Lactobacillus, Clostridium) besiedelt. Aerobe (freien Sauerstoff benötigende) Kolibakterien machen nur 1/100–1/1000 der Besiedelung aus. Diese Darmbakterien können die Nahrungsbestandteile weiter aufschließen, wobei Gase (Kohlendioxid, Methan und Wasserstoff aus dem Kohlenhydratabbau sowie Schwefelwasserstoff und Ammoniak aus dem Eiweißabbau) und erneut kurzkettige freie Fettsäuren entstehen. Dabei anfallende toxische Substanzen müssen in der Leber entgiftet werden. Die Darmbakterien produzieren außerdem das Vitamin K, das für die Blutgerinnung von Bedeutung ist. Die Appendix vermiformis (S. 192) als Ausstülpung des Zäkums übernimmt wichtige lokale immunologische Funktionen.

I

Abschnitte, Form und Lage von Zäkum und Kolon Die Länge des Dickdarms beträgt etwa 1,5 m. Das Kolon bildet durch seinen Verlauf eine Art Rahmen (für das Dünndarmkonvolut) an der hinteren Wand der Peritonealhöhle, mit der es teilweise verwachsen ist. Dadurch liegen einige seiner Abschnitte intra-, andere sekundär retroperitoneal.

Blinddarm (Caecum) mit Wurmfortsatz (Appendix vermiformis) Das Zäkum schließt sich aboral an das Ileum an. Am Übergang von Ileum und Zäkum entsteht aus zwei Schleimhautfalten, dem Labrum ileocolicum bzw. superius und dem Labrum ileocaecale bzw. inferius, ein Ventil (Abb. I-1.39). Die Lippen des Ventils entstehen durch die lokale Verstärkung der Ringmuskulatur, die das schlitzförmige Ostium ileale umschließt. Durch die Falten wird der Rückfluss von Darminhalt aus dem Zäkum in das Ileum verhindert. Früher ging man davon aus, dass dieses Ventil analog einer Rückschlagklappe („Katzenklappe“) funktioniert, weshalb man in der Klinik von der Bauhin-Klappe spricht. Unterhalb des Ostium ileale beginnt das etwa 7 cm lange Zäkum, der Blinddarm. Sein weites Lumen verengt sich nach kaudal zum kleinen Lumen der Appendix vermiformis (Wurmfortsatz). Dort vereinigt sich die zu drei Tänien (s. u.) gebündelte Längsmuskulatur von Kolon und Zäkum zu einer einheitlichen Muskelschicht. Zäkum und Appendix liegen normalerweise intraperitoneal in der rechten Fossa iliaca. Die Appendix kann bis in das kleine Becken hinabreichen.

⊙ I-1.39

Zäkum mit Appendix vermiformis und Bau des Ostium ileale

 

  

       

   



 

 

      

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713

1.6 Dickdarm (Intestinum crassum)

  

   

a Ansicht von ventral auf den ileozäkalen Übergang. Das Zäkum ist ventral gefenstert, um die Binnenstrukturen sichtbar zu machen. (Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.) b Zäkum und Ileum sind frontal in Längsrichtung eröffnet, um die Strukturen des Ostium ileale sichtbar zu machen.

Abschnitte, Form und Lage von Zäkum und Kolon Die Länge des Dickdarms beträgt ca. 1,5 m. Der Kolonrahmen liegt an der hinteren Wand der Peritonealhöhle, z. T. intra-, z. T. sekundär retroperitoneal. Blinddarm (Caecum) mit Wurmfortsatz (Appendix vermiformis) Am Ostium ileale (klin. Bauhin-Klappe) mündet das Ileum in das Zäkum (Abb. I-1.39). Durch die Anordnung der Labrum ileocolicum und Labrum ileocaecalis genannten Schleimhautfalten wird ein Reflux des Koloninhalts in das Ileum verhindert.

Zäkum und Appendix vermiformis liegen intraperitoneal in der rechten Fossa iliaca. Auf der Appendix vereinigen sich die drei Tänien (s. u.) zu einer einheitlichen Muskelschicht.

⊙ I-1.39

714

I 1 Rumpfdarm – Ösophagus und Gastrointestinaltrakt

▶ Klinik. Eine akute Entzündung der Appendix (Appendizitis – um-

gangssprachlich, jedoch streng gesehen anatomisch nicht korrekt – als Blinddarmentzündung bezeichnet) kann sich entwickeln, wenn ihre Entleerung behindert wird. Dies geschieht meistens durch Kotsteine, in selteneren Fällen auch durch Fremdkörper (z. B. Obstkerne), Parasiten (Band- oder Spulwürmer) oder durch eine akute Lageveränderung, welche die Blutversorgung der Appendix beeinträchtigt. Appendizitiden treten meistens zwischen Kindheit und früher Adoleszenz (vor Beginn des Erwachsenenalters) auf und weisen in diesen Fällen eine typische Symptomatik auf, die sich meist innerhalb von 12 bis 24 Stunden entwickelt: Zunächst werden Schmerzen im Nabelbereich oder Epigastrium angegeben, die sich innerhalb weniger Stunden in den rechten Unterbauch verlagern (wandernder Schmerz) und oft durch Anheben des rechten Beines gelindert werden können. Begleitend kommt es häufig zu Übelkeit und Erbrechen. Es gibt zahlreiche diagnostische Schmerzpunkte und -zeichen einer Appendizitis (Abb. I-1.40b). Die Schmerzangaben der Patienten variieren in Abhängigkeit von der Lage der Appendix. Diese kann sowohl parazäkal liegen als auch retrozäkal nach oben geschlagen sein (Abb. I-1.40a).

⊙ I-1.40

Lagemöglichkeiten der Appendix und Schmerzpunkte bei ihrer Entzündung

a Durch hohe Variabilität der Appendixlage kann das lokale Schmerzmaximum von Patient zu Patient variieren. (Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

Dazu kommt Fieber mit einer Temperaturdifferenz von mehr als 0,8 °C zwischen Achselbeuge und After. Das Blutbild zeigt häufig Entzündungszeichen (beschleunigte Blutsenkung, Vermehrung von Leukozyten). Kann eine Appendizitis nicht sicher ausgeschlossen werden und dauert die Symptomatik bei mehrstündiger Beobachtung an, muss zur Vermeidung eines Durchbruchs (Entleerung eitrigen Sekrets in den Peritonealraum) eine operative Entfernung der Appendix (Appendektomie) durchgeführt werden.

⊙ I-1.41

OP-Präparat nach Appendektomie. Die entzündlich veränderte Appendix ist bereits makroskopisch an ihrer hochroten Farbe erkennbar (→). Links im Bild sieht man das Zäkum mit Taenia libera. (Hirner, A., Weise, K.: Chirurgie. Thieme, 2008)

Eine Abkapselung des entzündlichen Prozesses durch das Omentum majus und Dünndarmschlingen ist auch nach einem Durchbruch möglich. In diesem Fall bildet sich ein perityphlitischer Abszess (von griechisch: peri = um, herum und typhlos = blind; wörtlich: Abszess um den Blinddarm herum). Bei Kleinkindern und alten Menschen ist die Symptomatik oft nicht so klar, weshalb das Risiko eines Durchbruchs größer ist.

b Typische Schmerzpunkte sowie sog. Appendizitis-Zeichen: Der Schmerz wird verstärkt durch Druck auf den Lanz-Punkt (Übergang von rechts-lateralem zu mittlerem Drittel auf einer Linie zwischen beiden Spinae iliacae anteriores superiores) oder Mc-Burney-Punkt (Übergang von lateralem zu medialem Drittel einer Linie zwischen rechter Spina iliaca anterior superior und Bauchnabel). Drückt man auf einen ungefähr entsprechenden Bereich auf der linken Seite führt dies oft zu rechtsseitigen Schmerzen beim Loslassen (kontralateraler Loslass-Schmerz = Blumberg-Zeichen). Auch das retrograde Ausstreichen des Kolons (gegen den Uhrzeigersinn) kann den Schmerz im Zäkalbereich provozieren (= Rovsing-Zeichen). Bittet man den auf dem Rücken liegenden Patienten, das rechte Bein gegen Widerstand von der Unterlage zu heben, verursacht dies insbesondere bei retrozäkaler Lage der Appendix Schmerzen im Bereich des M. psoas. (Hirner, A., Weise, K.: Chirurgie. Thieme, 2008)

Rovsing Bauchnabel Mc Burney Spina iliaca anterior superior Lanz a

b

Blumberg

I

715

1.6 Dickdarm (Intestinum crassum)

Grimmdarm (Colon)

Grimmdarm (Colon)

Das Kolon wird in vier Abschnitte unterteilt (Abb. I-1.37), die in unterschiedlicher Beziehung zur Peritonealhöhle stehen: ■ Das Colon ascendens beginnt aboral der Valva ileocaecalis und zieht sekundär retroperitoneal auf der rechten Seite der Abdominalhöhle von kaudal ventral nach kranial dorsal. An der Flexura coli dextra unterhalb des rechten Leberlappens, an dem sie die Impressio colica hervorruft (Tab. I-2.2), erfolgt der Übergang in ■ das Colon transversum. Dieser Abschnitt des Dickdarms liegt intraperitoneal und zieht zunächst nach ventral und dann im Oberbauch von rechts, wo er die Gallenblase berührt, nach links-kranial. Die Lage des mittleren Teiles des Colon transversum hängt von der Länge seines Mesos und vom Füllungszustand des Magens ab und kann von Nabelhöhe bis zur Symphyse reichen. Die Flexura coli sinistra steht stets höher als die rechte Flexur. Sie ist über das Lig. phrenicocolicum, das den Boden der Milznische bildet, mit dem Zwerchfell verbunden. Hier erfolgt der Übergang in ■ das Colon descendens, das wiederum sekundär retroperitoneal liegt und lateral der linken Niere nach kaudal zieht. In der linken Fossa iliaca geht es in ■ das Colon sigmoideum über. Dieser S-förmige Abschnitt des Dickdarms liegt intraperitoneal und ist am Mesocolon sigmoideum in der Fossa iliaca sinistra befestigt. Die Ansatzlinie des Mesocolon sigmoideum überkreuzt den Ureter und die Vasa iliaca und endet am 2.–3. Sakralwirbel. Hier geht das Colon sigmoideum in das außerhalb der Peritonealhöhle liegende Rektum (S. 719) über.

Man unterscheidet folgende Abschnitte (Abb. I-1.37): ■ Das Colon ascendens zieht sekundär retroperitoneal auf der rechten Seite der Bauchhöhle nach kranial. Unterhalb des rechten Leberlappens liegt die Flexura coli dextra, wo der Übergang zum ■ Colon transversum erfolgt. Dieser Abschnitt zieht intraperitoneal von rechts, dann schräg nach links kranial zur Flexura coli sinistra. Sie wird durch das Ligamentum phrenicocolicum am Zwerchfell angeheftet ■ Das Colon descendens zieht sekundär retroperitoneal nach kaudal und geht in der linken Fossa iliaca in das ■ intraperitoneale Colon sigmoideum über. Dieses überkreuzt die Vasa iliaca und den linken Ureter. ■ Das anschließende Rektum (S. 719) liegt außerhalb der Peritonealhöhle.

▶ Klinik. Im Colon sigmoideum finden sich besonders häufig

kleine Ausstülpungen der Darmschleimhaut durch die angrenzenden Wandschichten des Dickdarms hindurch. Bestehen mehrere solcher Divertikel nebeneinander, spricht man von einer Divertikulose. Da die Divertikel bei normaler Darmperistaltik nicht effektiv entleert werden, kann sich in diesen Ausstülpungen Stuhl anstauen. Durch die über Tage festgehaltenen Stuhlreste kommt es zu einer massiven Vermehrung von Darmbakterien und schließlich zu einer Entzündung der Darmwand im Bereich des Divertikels. Es entwickelt sich eine Divertikulitis . Während die Divertikulose eine schmerzlose Erkrankung gerade des höheren Alters ist, handelt es sich bei einer Divertikulitis um eine teilweise rasch progrediente, sehr schmerzhafte Erkrankung. Es können sich Eiteransammlungen bilden, die Patienten entwickeln subfebrile Temperaturen. Als schwerwiegendste Komplikation kann es unter dem Bild eines akuten Abdomens (S. 647) zur Darmperforation und damit zu einer lebensbedrohlichen Situation kommen. Bei dem besonders häufigen Befall des Sigmoids ähnelt die Symptomatik einer Appendizitis mit dem Unterschied, dass die Schmerzen nicht rechts, sondern links lokalisiert sind („linksseitige Appendizitis“).

⊙ I-1.42

Sigmadivertikulitis. Die Röntgenaufnahme nach Kolonkontrasteinlauf zeigt die kontrastmittelgefüllten Divertikel (Pfeile) sowie eine entzündungsbedingte langstreckige Einengung (Stenose, gekennzeichnet durch die Klammer). (Greten, H.: Innere Medizin. Thieme, 2010)

Besonderheiten des Wandbaus von Zäkum und Kolon Zäkum und Kolon weisen folgende gemeinsame Charakteristika auf: ■ Tänien stellen die zu etwa 1 cm breiten Bündeln zusammengefasste Längsmuskelschicht der Dickdarmwand dar, deren Kontraktion zu einer Verkürzung des Kolons führt. Nach ihrer Lage unterscheidet man drei Tänien: – Taenia libera als frei liegende und dadurch unmittelbar sichtbare Tänie, – Taenia mesocolica, die dem Mesocolon (S. 665) zugewandt ist, sowie die – Taenia omentalis am Ansatz des Omentum majus. ■ Haustren (Haustrae coli), bei denen es sich um scheinbare Aussackungen der Kolonwand handelt, entstehen durch lokale Einschnürungen der Ringmuskulatur, denen auf der Schleimhautseite des Dickdarms die sichelförmigen Plicae semilunares (s. u.) entsprechen. Plicae semilunares sind im Gegensatz zu den beständigen Plicae circulares des Dünndarms beweglich. ■ Appendices epiploicae (= Appendices omentales) sind kleine Aussackungen des subserösen Bindegewebes (bevorzugt an der Taenia libera), in das reichlich (univakuoläre) Fettzellen eingelagert sind.

Besonderheiten des Wandbaus von Zäkum und Kolon Allen Abschnitten von Zäkum und Kolon gemeinsam sind ■ Tänien = zu drei Bündeln zusammengefasste Längsmuskelschicht, ■ Haustren = durch lokale Einschnürungen entstandene, scheinbare Aussackungen der Kolonwand und ■ Appendices epiploicae = mit Fettgewebe gefüllte Aussackungen des subserösen Bindegewebes. Die durch Einschnürungen der Schleimhautoberfläche entstehenden Plicae semilunares sind – im Unterschied zu den Plicae circulares des Dünndarms – beweglich.

716 ⊙ I-1.43

I 1 Rumpfdarm – Ösophagus und Gastrointestinaltrakt

Charakteristika von Zäkum und Kolon (Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

a Anordnung der drei Tänien des Kolons als schematischer Sagittalschnitt in der Ansicht von links. b Innenrelief des von ventral eröffneten Kolons.

▶ Merke.

▶ Merke. Charakteristisch für Zäkum und Kolon sind die von außen sichtbaren Tä-

nien, Haustren und Appendices epiploicae (Abb. I-1.43 und Abb. I-1.37c). Feinbau: Die Dickdarmschleimhaut ist in allen Abschnitten gleichartig gebaut (Ausnahme: Appendix vermiformis). Die Krypten sind regelmäßig angeordnet („Reagenzglasdrüsen“), Zotten fehlen. Im Epithel kommen Enterozyten (S. 704), PAS-positive Becherzellen, enteroendokrine Zellen sowie vereinzelte Paneth-Zellen vor.

Feinbau: Mit Ausnahme der Appendix ist die Schleimhaut in allen Dickdarmabschnitten gleichartig gebaut. Plicae circulares und Zotten fehlen, die Krypten haben eine Länge von 0,4–0,5 mm und sind regelmäßig angeordnet („Reagenzglasdrüsen“). In der Lamina epithelialis mucosae finden sich Enterozyten (S. 704), zahlreiche, Schleim produzierende und daher mit der Perjodsäure-Schiff-Reaktion darzustellende (PAS-positive) Becherzellen, enteroendokrine Zellen und vereinzelte PanethZellen. Der Aufbau der übrigen Schichten der Schleimhaut entspricht dem oben beschriebenen allgemeinen Muster.

▶ Klinik. Die Colitis ulcerosa ist neben dem Morbus Crohn (S. 708)

die zweite wichtige chronisch entzündliche Darmerkrankung. Es handelt sich um eine in Schüben verlaufende Entzündung, die oft vom Rektum ausgeht und sich auf den gesamten Dickdarm ausbreiten kann. Betroffen sind vor allem die oberflächlichen Schleimhautschichten, in denen Ulzerationen („Kragenknopf“-Ulzera) entstehen, die leicht bluten. Typische Symptome sind Durchfälle mit Schleim- und Blutbeimengungen sowie Bauchschmerzen. Daneben kann es zu Gewichtsverlust und Entzündungen in anderen Organen kommen. Die Ätiologie der Erkrankung ist unbekannt, der Krankheitsbeginn liegt meist zwischen dem 20. und 40. Lebensjahr. Nach langjährigem Verlauf ist das Risiko der Entwicklung eines kolorektalen Karzinoms (S. 712) erhöht, was regelmäßige endoskopische Kontrollen erfordert.

⊙ I-1.44

Colitis ulcerosa. In der Koloskopie sind bei dieser schweren Form multiple tiefe Ulzera sichtbar. (Battegay, Differenzialdiagnosen Innerer Krankheiten, Thieme, 2017)

In der Schleimhaut der Appendix vermiformis finden sich kurze unregelmäßige Krypten und massive Ansammlungen von Lymphozyten.

Lokale Kontraktionen des Stratum circulare der Tunica muscularis sind für das Aufwerfen der beweglichen Plicae semilunares verantwortlich. Das Stratum longitudinale ist zu drei Tänien zusammengefasst, deren Kontraktion zu einer Verkürzung des Dickdarms führt. Die Schleimhaut der Appendix vermiformis (S. 192) ist charakterisiert durch kurze unregelmäßige Krypten und massive Ansammlungen von Lymphozyten, die die Lamina muscularis mucosae durchbrechen und die gesamte Tela submucosa durchdringen können.

Gefäßversorgung und Innervation

Gefäßversorgung und Innervation

Gefäßversorgung von Zäkum und Kolon

Gefäßversorgung von Zäkum und Kolon

Arterien: (Abb. I-1.45): Die A. iliocolica, A. colica dextra und media stammen aus der A. mesenterica superior und versorgen Appendix, Zäkum, Colon ascendens und das Colon transversum bis zur Flexura coli sinistra. Ein Ast der A. colica media anastomosiert mit einem Ast der A. colica sinistra aus der A. mesenterica inferior (Riolan-Anastomose).

Arterielle Versorgung: (Abb. I-1.45): Der „ileokolische Winkel“ wird von der Arteria ileocolica, einem Ast der A. mesenterica superior mit Blut versorgt. Sie hat folgende Äste: ■ Arteria appendicularis, die im Mesoappendix zur Appendix zieht. Die Zweige der A. appendicularis bilden keine Arkaden aus. Daher handelt es sich um eine Endarterie. ■ Arteriae caecales anterior und posterior zur Vorder- bzw. Rückseite des Zäkums. ■ Arteriae ileales zum terminalen Ileum.

Plicae semilunares entstehen durch lokale Kontraktionen der Tunica muscularis.

I

⊙ I-1.45

717

1.6 Dickdarm (Intestinum crassum)

Arterielle Versorgung von Zäkum und Kolon A. mesenterica superior

A. pancreaticoduodenalis inferior

A. mesenterica A. colica sinistra inferior

Flexura coli sinistra

RiolanAnastomose A. mesenterica inferior

A. mesenterica superior

A. colica media

A. ileocolica

DrummondAnastomose

A. colica media

Flexura coli sinistra A. colica dextra

linke Kolonflexur

Aa. jejunales u. ileales

A. appendicularis

a

A. rectalis superior

A. colica sinistra

b

Aa. sigmoideae

c

(Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

a Versorgungsgebiet und Äste der Aa. mesenterica superior b Versorgungsgebiet und Äste der Aa. mesenterica inferior c Die Verbindung der beiden Stromgebiete erfolgt über Anastomosen zwischen den Aa. colica media und sinistra; vgl. Riolan- und DrummondAnastomose (S. 867).

Die Versorgung des Colon ascendens und Colon transversum erfolgt aus der ■ Arteria colica dextra, die in der Regel ein Ast der A. mesenterica superior ist, aber auch als Ast der A. colica media vorkommen kann und der ■ Arteria colica media. Auch dieses Gefäß kommt aus der A. mesenterica superior und verläuft im Mesocolon transversum. Sie bildet nach rechts eine Anastomose mit der A. colica dextra und nach links mit der A. ascendens der A. colica sinistra aus. Diese Anastomose verbindet die Stromgebiete von Aa. mesenterica superior und inferior, der die A. colica sinistra entspingt, und wird in der Klinik Riolan-Anastomose genannt. Colon descendens und Colon sigmoideum werden aus der A. mesenterica inferior versorgt. Diese entlässt folgende Äste zu den beiden Darmabschnitten: ■ Arteria colica sinistra, die sowohl mit der A. colica media (s. o.) als auch mit einer A. sigmoidea (s. u.) anastomosiert, ■ zwei oder mehrere Arteriae sigmoideae, ■ Arteria rectalis superior, der Endast der A. mesenterica inferior für den unteren Abschnitt des Sigmoids. Die A. rectalis superior anastomosiert hinter dem Rektum mit der A. rectalis media: Stromgebiet der A. iliaca interna (S. 380).

Weitere Äste der A. mesenterica inferior zur Versorgung des Kolons sind die Aa. sigmoideae sowie die A. rectalis superior (Endast der A. mesenterica inf.).

Venöser Abfluss: Die Venen verlaufen in der Peripherie wie die Arterien und tragen die gleichen Namen. Die Venae mesenterica superior und inferior vereinigen sich mit der Vena splenica zur Vena portae hepatis (S. 869), s. auch Abb. I-1.46. Es kann aber auch vorkommen, dass sich zunächst die beiden Mesenterialvenen zu einem gemeinsamen Mesenterialvenenstamm zusammenschließen, der sich dann mit der V. splenica vereinigt.

Venöser Abfluss: Die Venen verlaufen wie die Arterien und tragen die gleichen Namen (Abb. I-1.46).

Lymphabfluss: Die Lymphe aus Zäkum und Appendix fließt über lokale Lymphknoten zu den Nll. ileocolici. Aus dem Colon ascendens und transversum erfolgt er über die Nodi lymphoidei colici dextri und medii sowie den Nll. mesocolici in die Nodi lymphoidei mesenterici superiores. Von dort gelangt die Lymphe in den Truncus intestinalis. Die Lymphbahnen der linken Seite sind schwächer ausgebildet: Von den regionären Nodi lymphoidei colici sinistri und sigmoidei gelangt die Lymphe über die Nodi lymphoidei mesenterici inferiores in den Truncus lumbalis sinister.

Lymphabfluss: Er erfolgt über regionäre Lymphknoten in den Truncus intestinalis; (aus Colon ascendens und transversum) bzw. in den Truncus lumbalis sinister (aus Colon descendens und sigmoideum).

Innervation von Zäkum und Kolon

Innervation von Zäkum und Kolon

Die präganglionären Fasern zur sympathischen Innervation von Zäkum und Kolon verlaufen in den Nervi splanchnici major und minor bzw. in den Nervi splanchnici lumbales. Für Zäkum, Colon ascendens und den oralen Großteil des Colon transversum werden sie im Ganglion mesentericum superius, für das aborale Kolondrittel im Ganglion mesentericum inferius umgeschaltet und ziehen dann gefäßbegleitend im Plexus mesentericus superior bzw. inferior zur Darmwand.

Die sympathische Innervation von Zäkum und Kolon erfolgt aus postganglionären Fasern des Ggl. mesentericum superius (orale ⅔) bzw. inferius, die im Plexus mesentericus superior bzw. inferior zum Darm ziehen.

718

I 1 Rumpfdarm – Ösophagus und Gastrointestinaltrakt

⊙ I-1.46

Venöser Abfluss von Zäkum und Kolon Zuflüsse (teilweise abgetrennt) zu den Vv. mesenterica inferior und superior in der Ansicht von ventral. Magen, Pankreas, Dünndarmkonvolut und Peritoneum sind zur besseren Übersicht größtenteils entfernt. (Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

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⊙ I-1.47

Vegetative Innervation von Zäkum und Kolon Die sympathischen Fasern (rot) kommen aus den Ganglia mesentericum superius, von dem auch Fasern zum Dünndarm ziehen (abgeblasst), und mesentericum inferius. Die parasympathischen Fasern (blau) entstammen dem N. vagus (kranialer Parasympathikus) und aboral des Cannon-Böhm-Punktes den Nn. splanchnici pelvici. Die vorwiegend organnahen Umschaltstellen des Parasympathikus sind nicht dargestellt.

Sympathikus Parasympathikus

Truncus sympathicus

(Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

N. splanchnicus major (Th 5 – 9)

N. splanchnicus minor (Th 10 – 11/12) Nn. splanchnici lumbales (L1 – 2) Nn. splanchnici lumbales (aus Ganglia lumbalia 3 – 5)

Truncus vagalis posterior

Ganglia coeliaca

Ganglion mesentericum superius

Ganglion mesentericum inferius Plexus hypogastricus superior

Plexus mesentericus superior

Plexus mesentericus inferior

Nn. splanchnici sacrales (aus Ganglia sacralia 1 – 3)

Plexus rectalis superior Nn. splanchnici pelvici (S 2 – 4)

Die parasympathische Innvervation bis zum Cannon-Böhm-Punkt) (kurz vor der Flexura coli sinistra) übernimmt der N. vagus, danach die Nn. splanchnici pelvici (S 2–S 4).

Plexus hypogastricus inferior und Ganglia pelvica

Plexus rectalis inferior

Plexus rectalis medius

Für die parasympathische Innervation bis kurz vor der Flexura coli sinistra ist der Truncus vagalis posterior zuständig. Ab diesem sog. Cannon-Böhm-Punkt übernehmen die Nervi splanchnici pelvici (aus S 2–S 4) die parasympathische Versorgung von Colon descendens und sigmoideum (Abb. I-1.47).

I

719

1.6 Dickdarm (Intestinum crassum)

1.6.2 Rektum und Analkanal

1.6.2

Rektum und Analkanal

E. Schulte

Funktion von Rektum und Analkanal

Funktion von Rektum und Analkanal

Die beiden letzten Abschnitte des Dickdarms, Mastdarm (Rectum) und Analkanal (Canalis analis), dienen funktionell gemeinsam der Stuhlausscheidung (Defäkation). Aufgrund dieser funktionellen Einheit kann der Analkanal auch als der unterste Abschnitt des Rektums aufgefasst werden. Sie unterscheiden sich jedoch in ihrem Aufbau und ihrer embryonalen Herkunft und werden daher anatomisch als morphologisch getrennte Einheiten gesehen. Beiden Aspekten wird nachfolgend Rechnung getragen.

Mastdarm (Rectum) und Analkanal (Canalis analis) als letzte Dickdarmabschnitte dienen gemeinsam der Stuhlausscheidung (Defäkation).

Abschnitte und Form von Rektum und Analkanal

Abschnitte und Form von Rektum und Analkanal Mastdarm (Rectum)

Mastdarm (Rectum) Das ca. 12–18 cm lange Rektum folgt unmittelbar auf das Colon sigmoideum und geht kurz vor Durchtritt durch das Perineum (S. 340) in den Analkanal über. Entgegen seinem Namen ist das Rektum keineswegs gerade, sondern in der Sagittalund der Frontalebene gekrümmt: In der Sagittalebene zeigt das Rektum durch engen Kontakt zur Vorderfläche des Os sacrum zunächst eine nach ventral konkave Flexura sacralis. Im weiteren Verlauf biegt das Rektum direkt oberhalb des Perineums nach kaudodorsal um und weist die nach ventral konvexe Flexura perinealis auf, an deren Ende es in den Analkanal (s. u.) übergeht (Abb. I-1.48). In der Frontalebene (Abb. I-1.49) verläuft das Rektum meist in drei Biegungen (Flexurae laterales) und besitzt korrespondierend dazu an der Schleimhautseite drei konstante halbmondförmige Querfalten (Plicae transversae recti). Die Plica transversa media (Kohlrausch-Falte) ist am stärksten ausgebildet und ragt ca. 6–7 cm oberhalb der Analöffnung von rechts und dorsal in das Rektumlumen, während die kleinere obere und untere Falte von links einstrahlen. Aboral der Kohlrausch-Falte, die an der Außenseite durch eine deutliche Einziehung gekennzeichnet ist, liegt die aufgrund ihrer Dehnbarkeit als Reservoir dienende Ampulle (Ampulla recti).

⊙ I-1.48

Krümmungen des Rektums und Lagebeziehung zum Os sacrum

Das auf das Sigmoid folgende Rektum ist ca. 15 cm lang und ist nach ventral konkav gekrümmt (Flexura sacralis). Eine konvexe Biegung oberhalb des Dammes (Flexura perinealis) markiert den Beginn des Analkanals (Abb. I-1.48). In der Frontalebene (Abb. I-1.49) hat das Rektum 3 seitliche Biegungen (Flexurae laterales), innen 3 Querfalten (Plicae transversae). Am größten ist die mittlere Falte (Kohlrausch-Falte), die ca. 6 cm oberhalb der Analöffnung liegt. Auf ihrer Höhe hat das Rektum außen eine Einziehung. Unterhalb der Falte liegt die Ampulla recti, die Speicherfunktion hat.

⊙ I-1.48

        

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  ) !   

Ansicht von links und ventral. Das linke Os coxae ist zur besseren Übersicht entfernt. (Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

▶ Klinik. Tumoren (meist Karzinome), die unterhalb der Kohlrausch-Falte wachsen, sind bei der klinischen Untersuchung mit dem Finger zu tasten (oft als Wandverhärtung).

▶ Klinik.

Analkanal (Canalis analis)

Analkanal (Canalis analis)

Der 3–4 cm lange Canalis analis durchzieht den muskulären Beckenboden (S. 334) und geht am Ende der Flexura perinealis aus dem Rektum hervor. Am Übergang befindet sich auf der Innenseite eine zarte leicht gewellte Grenzlinie, die Junctio anorectalis (früher: Linea anorectalis). Die Innenseite des Analkanals ist in den oberen zwei Dritteln durch ca. 8–10 in Längsrichtung ausgerichtete säulenförmige Schleim-

Der 3–4 cm lange Canalis analis beginnt an der Flexura perinealis, an der Innenseite gekennzeichnet durch die Junctio anorectalis. Diese liegt oberhalb von ca. 10 säulenförmigen Schleimhautfalten (Columnae anales).

720

I 1 Rumpfdarm – Ösophagus und Gastrointestinaltrakt

⊙ I-1.49

Form und Aufbau von Rektum und Analkanal Rectum

Plica transversa recti (superior)

Colon sigmoideum

A. iliaca externa

Stratum circulare

Plica transversa recti (media) (klinisch: Kohlrausch-Falte)

V. iliaca externa

Stratum longitudinale Ampulla recti

Peritoneum parietale

Ureter Peritoneum parietale

Plica rectouterina

Plica transversa recti (inferior) Columnae anales

Fascia superior diaphragmatis pelvis

M. obturatorius internus

Corpus cavernosum recti

M. levator ani

M. sphincter ani internus

Canalis analis Pars profunda M. sphincter Pars ani externus superficialis Pars subcutanea

M. levator ani M. sphincter ani externus

M. sphincter ani internus

a

Canalis analis

Plica transversa recti inferior

Fossa ischioanalis

b

Pecten analis (Zona alba)

Tunica muscularis

Sinus anales Proktodealdrüse

Anus Linea anocutanea

Cutis (perianale Haut)

Valvulae anales „M. corrugator ani“ (klinisch) Plexus venosus subcutaneus

Der Kohlrausch-Falte im Rektuminneren entspricht an der Außenwand eine Einziehung. (Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

a Ansicht von ventral b und Darstellung des Innenreliefs nach Entfernung der Rektum-Vorderwand.

Querfalten (Valvulae anales) verbinden die Säulenbasen. So entstehen Krypten (Sinus anales), die Glandulae anales (Proktodealdrüsen) enthalten können.

▶ Klinik.

hautfalten (Columnae anales) gekennzeichnet. Diese konstanten Falten werden durch Züge glatter Muskulatur in der Wand des Analkanals gebildet und sind an ihrem unteren Ende durch kleine Querfalten (Valvulae anales) miteinander verbunden. Dadurch entstehen wandwärts hinter den Querfalten unterschiedlich tiefe Krypten (Morgagni-Taschen, Sinus anales). An deren Boden können individuell unterschiedlich Schleimdrüsen (Glandulae anales, Proktodealdrüsen) ausgebildet sein. ▶ Klinik. Entzündungen der Proktodealdrüsen (Analabszesse) können sich entlang der Ausführungsgänge dammwärts ausbreiten und zu sog. Analfisteln entwickeln. Diese stellen eine Verbindung zwischen Perianalhaut und Analkanal bzw. Rektum dar und äußern sich durch perianalen Juckreiz und der Entleerung von Sekret bzw. Eiter. Weitverzweigte Fisteln („Fuchsbaufisteln“) können die Fähigkeit, den Stuhl zu halten (Kontinenz) beeinträchtigen. Die Therapie erfolgt operativ.

⊙ I-1.50

Subkutane Analfistel und ihre Darstellung in der Steinschnittlage

a In die Fistel ist zur Darstellung ihres Verlaufs (von 8 Uhr nach 6 Uhr in Steinschnittlage) eine Sonde eingelegt. (Hirner, A., Weise, K.: Chirurgie. Thieme, 2008) b Zur Inspektion von Befunden im Analbereich eignet sich die Steinschnittlage (Rückenlagerung des Patienten mit gespreizten Beinen) besonders gut. Die in dieser Position gewählte Orientierung am fiktiven Zifferblatt einer Uhr nutzt man auch zur Lokalisationsbeschreibung anderer erhobener Befunde in diesem Bereich (z. B. bei Austastung des Enddarms). anterior

12 Uhr 9 Uhr

3 Uhr

6 Uhr

a

b

posterior

I

721

1.6 Dickdarm (Intestinum crassum)

Im Bereich der Columnae anales findet man in der Wand des Analkanals einen ausgeprägten, arteriell versorgten Schwellkörper, das Corpus cavernosum recti. Aboral der Columnae anales folgt der Pecten analis (auch Zona alba genannt), welcher ca. 1 cm breit ist und verglichen mit der übrigen Schleimhaut durch die feste Verwachsung mit der Unterlage weißlich erscheint. Er grenzt sich durch die gezackte Linea pectinata (im klinischen Sprachgebrauch häufig auch Linea dentata genannt) gegen die Columnae anales nach oben ab und durch die Linea anocutanea gegen die äußere Haut des Anus (Abfolge der einzelnen Analabschnitte mit Epithelarten der Schleimhaut s. Tab. I-1.7). Der Pecten analis ist stark dehnbar und gestattet somit den Durchtritt der Kotsäule. Durch seine dichte Innervation ist er äußerst berührungs- und schmerzempfindlich.

≡ I-1.7

In der Wand des Analkanals liegt in Höhe der Columnae ein arteriell versorgter Schwellkörper (Corpus cavernosum recti). Aboral der Columnae folgt der Pecten analis (auch Zona alba genannt). Er grenzt sich durch die Linea pectinata nach oben, durch die Linea anocutanea (syn. Linea dentata) gegen die Haut ab. Der dehnbare Pecten analis ist sehr schmerzempfindlich.

Epithelarten der Rektum- und Analschleimhaut mit angrenzender perianaler Haut

Region

Grenze

(1) Rektum

Epithelart

schematische Darstellung*

Zylinderepithel (dickdarmtypisch mit Becherzellen und Krypten) (A) Junctio anorectalis (gewellt)

Die Zone aboral der Junctio anorectalis bis zur Linea supratransitionalis wird histologisch als Zona colorectalis bezeichnet.

(2) Analkanal mit 3 „Stockwerken“: I.Zona columnalis (Columnae anales + Sinus anales)

unregelmäßig abwechselnd Zylinderepithel und mehrschichtiges unverhorntes Plattenepithel histologisch: Zona transitionalis; nach oral abgegrenzt durch die Linea supratransitionalis

1 A

I

B

II

C

III 3

(B) Linea pectinata (= Linea dentata; gezackt) II.Zona alba (Pecten analis)

mehrschichtiges unverhorntes Plattenepithel (trocken), unverschieblich verbunden mit dem M. sphincter ani int. histologisch: Zona squamosa

(C) Linea anocutanea III.Zona cutanea

Mehrschichtiges, verhorntes Plattenepithel mit Talgdrüsen

(3) Perianale Haut

verhorntes Plattenepithel der Haut mit stärkerer Pigmentierung und apokrinen Drüsen

* Quelle: nach Lüllmann-Rauch

▶ Merke. Der Pecten analis stellt eine Zone histologischen Übergangs dar. Das Epi-

▶ Merke.

thel in diesem Bereich wird deshalb auch als Zona transitionalis analis bezeichnet. ▶ Klinik. Selbst kleine Einrisse im dicht innervierten Pecten analis (sog. Analfissuren) sind äußerst schmerzhaft. Die Analfissur ist eine häufige proktologische Erkrankung und kommt meist durch eine Überdehnung des Analkanals beim Stuhlgang in Verbindung mit chronischer Verstopfung (Obstipation) zustande.

⊙ I-1.51

Analfissur. Die akute Läsion bei 6 Uhr in Steinschnittlage (vgl. Abb. I-1.50b) reicht nach oral bis zur Linea dentata. (Winkler R, Otto P, Schiedeck T, Proktologie, Thieme; 2011)

▶ Klinik.

2

722

I 1 Rumpfdarm – Ösophagus und Gastrointestinaltrakt

Lage von Rektum und Analkanal

Lage von Rektum und Analkanal

Lage und Lagebeziehungen: Der Übergang vom Kolon zum Rektum liegt auf Höhe des 2. Sakralwirbels. Ventral grenzt es an Uterus (♀) bzw. akzessorische Geschlechtsdrüsen, Ductus deferens und Harnblase (♂). Dorsal liegen Leitungsbahnen. Der Analkanal liegt kaudal der Ampulle umschlossen vom M. sphincter ani externus (S. 724) im Diaphragma pelvis (S. 335).

Lage und Lagebeziehungen: Das Rektum liegt im kleinen Becken dicht vor dem Os sacrum (Abb. I-1.48). Der Übergang vom Colon sigmoideum zum Rektum liegt in Höhe des 2. oder 3. Sakralwirbels. Im weiblichen Becken grenzt das Rektum nach ventral an Uterus und Vagina, beim Mann an die akzessorischen Geschlechtsdrüsen (Prostata und Gll. vesiculosae), den Ductus deferens und die Harnblase. Dorsal des Rektums liegen Leitungsbahnen des Beckens. Der Analkanal schließt sich der Ampulla recti nach kaudal direkt an und liegt umschlossen vom M. sphincter ani externus (S. 724) im Gefüge des Diaphragma pelvis (S. 335). Er erreicht am Anus die äußere Haut.

Faszien- und Peritonealbeziehungen: Das Rektum liegt mit seinem oberen Abschnitt retro-, selten sogar intraperitoneal (Rectum mobile), der größere Anteil jedoch hat genau wie der Analkanal eine extraperitoneale Lage und wird klinisch als Rectum fixum bezeichnet. An der Flexura perinealis schlägt das Peritoneum vom Rektum auf Uterus bzw. Harnblase um. Dadurch entstehen die Excavatio rectouterina (♀) bzw. rectovesicalis (♂).

Faszien- und Bauchfellbeziehungen: Die Peritonealbezüge des Rektums sind sehr variabel. Nur der obere Teil wird vorne und seitlich vom Bauchfell bedeckt und liegt damit retroperitoneal. Gelegentlich kann dieser Abschnitt sogar zu einem kleinen Teil intraperitoneal liegen, wodurch dann ein kleines „Mesorektum„ als Fortsetzung des Mesosigmoids existiert. Die Ampulla recti und der Analkanal liegen hingegen extraperitoneal. Klinisch wird somit ein „Rectum mobile“ (retro- oder noch intraperitoneal) von einem Rectum fixum (extraperitoneal) unterschieden. Der „Wechsel“ von retro-/intraperitonealer Lage zum extraperitoneal gelegenen Abschnitt ergibt sich dadurch, dass das Peritoneum in Höhe der Flexura perinealis von der Rektumvorderwand auf die Hinterwand des vor dem Rektum liegenden Organs umschlägt: bei der Frau auf den Uterus, beim Mann auf die Harnblase. So entsteht bei beiden Geschlechtern eine Bauchfellgrube, die Excavatio rectouterina bzw. rectovesicalis (S. 658), die jeweils den tiefsten Punkt der Peritonealhöhle darstellt. Bauchfellfreie Rektumanteile sind von der Fascia pelvis visceralis bedeckt, die beim Durchtritt durch das Diaphragma pelvis in die Fascia pelvis parietalis bzw. die Fascia superior diaphragmatis pelvis übergeht. Die viszerale Faszie des Canalis analis steht mit dem Bindegewebe des infradiaphragmalen Raumes in Verbindung. Verschiebliches Beckenbindegewebe, das „Paraproktium“ (S. 662), umgibt das Rektum in den peritonealfreien Bezirken vollständig und gewährleistet den Einbau und die Fixation des Rektums im Becken mit der Möglichkeit der Ausdehnung bei stuhlgefüllter Ampulle. Dieses Bindegewebe ist seitlich des Rektums besonders stark ausgeprägt, verbindet aber auch die peritonealfreien Rektumabschnitte mit den vor dem Rektum gelegenen Organen. Zwischen Rektum und Vagina bzw. Rektum und Harnblase (Prostata) ist das den Organen aufliegende Beckenbindegewebe häufig etwas dichter: Fascia rectovaginalis bzw. Septum rectovesicale.

Bauchfellfreie Rektumanteile sind von der Fascia pelvis visceralis bedeckt.

Verschiebliches Bindegewebe, das „Paraproktium“ (S. 662), verankert das Rektum im Becken.

Wandbau und Sphinktersystem von Rektum und Analkanal Wandbau ▶ Merke.

Wandbau und Sphinktersystem von Rektum und Analkanal Wandbau ▶ Merke. Rektum und Analkanal unterscheiden sich von den vorangehenden Darm-

abschnitten durch das Fehlen ansonsten typischer Dickdarmmerkmale (Tänien, Haustren und Appendices epiploicae), wodurch sich makroskopisch auch der Übergang vom Sigmoid zum Rektum erkennen lässt: am Übergang Sigmoid-Rektum enden die drei Tänien des Sigmoids „schlagartig“. Bei chirurgischen Eingriffen ist so der Beginn des Rektums klar erkennbar. Der übrige Aufbau gleicht dem anderer Verdauungsorgane:

Ansonsten entspricht ihr Wandaufbau grundsätzlich dem der Hohlorgane des Magen-Darm-Trakts:

Tunica serosa/adventitia: Sie ist variabel ausgeprägt (s. o.).

Tunica serosa bzw. adventitia: Der Überzug von Rektum und Analkanal durch Peritoneum bzw. Faszien als äußerste Wandschicht ist variabel (s. o.).

Tunica muscularis: Äußeres Stratum longitudinale (umfasst Rektum rundum, daher keine Tänien) und inneres Stratum circulare (im Bereich der Plicae transversae besonders kräftig). An den oberen ⅔ des Analkanals wird die Ringmuskulatur zum glattmuskeligen M. sphincter ani int. verstärkt. Fasern des Stratum longitudinale durchziehen den

Tunica muscularis: Anstelle der Tänien findet man am Rektum eine die ganze Zirkumferenz umfassende äußere Längsmuskulatur (Stratum longitudinale), die an Vorder- und Hinterwand verstärkt sein kann. Die innere Ringmuskulatur (Stratum circulare) ist im Bereich der Plicae transversae besonders ausgeprägt. Im Bereich der oberen zwei Drittel des Canalis analis ist die Ringmuskelschicht des Rektums zum glattmuskeligen Musculus sphincter ani internus verstärkt (s. u.), der außen von der Verlängerung der rektalen Längsmuskelschicht bedeckt wird. Fasern dieser Längsmuskelschicht ziehen – teilweise unter Durchbrechung des M. sphincter

I

723

1.6 Dickdarm (Intestinum crassum)

ani externus – bis in die Kutis der perianalen Haut, welche sie runzeln („Musculus corrugator ani“). Fasern des Stratum longitudinale können als Musculi rectourethralis, rectovesicalis und rectococcygeus zu Urethra, Harnblase und Os coccygis ausstrahlen.

M. sphincter ani ext. bis zur Kutis („M. corrugator ani“) und ziehen als M. rectourethralis, rectovesicalis und rectococcygeus zu Urethra, Harnblase und Os coccygis.

Tunica mucosa: Während das Epithel der Rektumschleimhaut dem des Kolons entspricht (S. 715), ändert sich der Aufbau mit Übergang zum Canalis analis (an der sog. Junctio anorectalis). Die Lamina muscularis mucosae bedeckt lumenwärts das Corpus cavernosum recti und wird im Analkanal als Musculus canalis ani bezeichnet.

Tunica mucosa: Der dickdarmtypische Aufbau im Rektum ändert sich an der Junctio anorectalis.

▶ Klinik. Rektum und Analkanal können sich teilweise aus der Analöffnung vorstülpen, eine Erkrankung, die als Prolaps (Vorfall) bezeichnet wird. Man unterscheidet den Rektumprolaps vom Analprolaps.

⊙ I-1.52

Die Lamina muscularis mucosae heißt im Analkanal M. canalis ani. ▶ Klinik.

Rektumprolaps. Alle Wandschichten des Rektums fallen unter die Sphinkterebene. Meist liegt beim Erwachsenen eine Sphinkter- und Beckenbodenschwäche zugrunde. Typisch ist, dass der vorgefallene Darmabschnitt die zirkuläre Fältelung des Rektums aufweist. (Henne-Bruns, D., Düring, M., Kremer, B.: Duale Reihe Chirurgie. Thieme, 2012)

⊙ I-1.53

Analprolaps. Hier stülpt sich nur das Anoderm (klinisch oft verwendet als „Einheit“ von Pecten analis und Zona cutanea) vor die Linea anocutanea. Ursächlich sind meist ausgeprägte Hämorrhoiden (S. 725). Typisch ist, dass der vorgefallene Abschnitt ein radiäres Faltenmuster (wie der Canalis analis) aufweist. (Winkler R, Otto P, Schiedeck T, Proktologie, Thieme; 2011)

Sphinktersystem

Sphinktersystem

Rektum und Analkanal sind von einem komplexen Sphinktersystem umgeben, welches gemeinsam mit anderen Mechanismen den Verschluss des Rektums garantiert, vgl. Kontinenz (S. 728). Drei Systeme sowohl glatter als auch quergestreifter Muskulatur bilden gemeinsam das Sphinktersystem:

Drei Muskelsysteme bilden das Sphinktersystem:

724

I 1 Rumpfdarm – Ösophagus und Gastrointestinaltrakt

M. sphincter ani internus: Er entsteht als Verstärkung der glatten Ringmuskulatur in den oberen ⅔ des Analkanals, verwächst unterhalb der Linea pectinata mit der Haut und ist – außer bei Defäkation – in Dauerkontraktion.

Musculus sphincter ani internus: Der glatte M. sphincter ani internus geht unmittelbar aus einer Verstärkung der Ringmuskulatur des Rektums hervor. Er umgibt die oberen ⅔ des Analkanals. Unterhalb der Linea pectinata ist er fest mit der Haut verwachsen. Der M. sphincter ani internus befindet sich in Dauerkontraktion und erschlafft nur während der Defäkation.

M. sphincter ani externus: Er ist quergestreift, umgibt den Analkanal von beiden Seiten und klemmt ihn dadurch zu einem längseingestellten Schlitz ein. Man unterscheidet drei Abschnitte (Abb. I-1.49b): ■ Pars profunda, ■ Pars superficialis und ■ Pars subcutanea. Wie der innere, zeigt auch der äußere Analsphinkter eine Dauerkontraktion, ist jedoch zusätzlich willkürlich kontrollierbar, vgl. Innervation (S. 727).

Musculus sphincter ani externus: Der M. sphincter ani externus ist quergestreift und umgibt den Analkanal nicht einfach kreisförmig, sondern durch seinen z. T. vom Lig. anococcygeum nach ventral zum Centrum perinei ziehenden Verlauf klemmenartig von beiden Seiten. Dadurch wird der Analkanal in diesem Bereich zu einem längseingestellten Schlitz geformt. Der Muskel lässt drei Abschnitte erkennen (Abb. I-1.49b), die sich von kranial in der Tiefe liegend nach kaudal oberflächlich wie folgt unterscheiden lassen: ■ Pars profunda, ■ Pars superficialis, ■ Pars subcutanea, vergleichbar mit einem Hautmuskel. Wie der innere, steht auch der äußere Sphinkter unter Dauerkontraktion, jedoch unterliegt er zusätzlich der willkürlichen Kontrolle, vgl. Innervation (S. 727).

M. puborectalis: Als Schenkel des M. levator ani (S. 335) entspringt er am Os pubis, liegt dem Rektum unten direkt an und zieht es nach ventral. Eine Kontraktion führt durch Verstärkung der Flexura perinealis zum Verschluss des Rektums (Abb. I-1.54).

Musculus puborectalis: Der quergestreifte M. puborectalis ist der direkt unten dem Rektum anliegende Teil des zum Beckenboden gehörigen Musculus levator ani (S. 335) und liegt damit kranial des M. sphincter ani externus. Vom Os pubis entspringend umgibt er das Rektum von ventral wie eine nach vorne offene Schlinge und zieht das Rektum nach ventral. Dadurch wird die Biegung im Bereich der Flexura perinealis noch verstärkt und die Bildung eines hier quer eingestellten Schlitzes trägt zum Verschluss des Rektums bei („Puborectalis-Schleife“) (Abb. I-1.54).

⊙ I-1.54

⊙ I-1.54

Umschlingung des Rektums durch den M. puborectalis („puborektale Schleife“)

 -

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!   

Gefäßversorgung und Innervation

Gefäßversorgung und Innervation

Gefäßversorgung von Rektum und Analkanal Arterien: Drei Arterien versorgen das Rektum (Abb. I-1.55): ■ Die A. rectalis sup. (aus A. mesenterica inf) teilt sich in 2 Äste und versorgt den größten Teil des Rektums und das Corpus cavernosum. ■ Die A. rectalis med. (bds. als viszeraler Ast der A. iliaca int.) versorgt die Ampulle. ■ A. rectalis inf. (bds. aus A. pudenda int.) versorgt Analkanal und Sphinkteren. Bei Verschluss der A. rectalis sup. können die beiden anderen Arterien die Blutversorgung des Rektums gewährleisten.

Gefäßversorgung von Rektum und Analkanal Arterielle Versorgung: Die Versorgung von Rektum und Analkanal wird in unterschiedlichem Ausmaß durch drei Arterien gewährleistet (Abb. I-1.55): ■ Arteria rectalis superior: Sie ist der tiefste Ast der A. mesenterica inferior (Abb. K-1.4) und zieht von dorsal an das Rektum, wo sie sich in zwei Äste teilt. Diese verlaufen unter Abgabe weiterer Äste dorsal und seitlich am Rektum nach kaudal. Die A. rectalis superior versorgt den größten Teil des Rektums, v. a. auch das Corpus cavernosum (S. 721), s. auch Tab. I-1.8. ■ Arteria rectalis media: Dieses Gefäß entspringt beidseits als viszeraler Ast aus der A. iliaca interna (S. 380) und versorgt den unteren Teil der Ampulle. Es kann fehlen. ■ Arteria rectalis inferior: Sie entspringt beidseits aus der A. pudenda interna – also mittelbar auch dem Stromgebiet der A. iliaca interna – und versorgt Analkanal und Sphinktermuskulatur. Bei Verschluss der A. rectalis superior können die beiden restlichen Gefäßpaare die Blutversorgung des Rektums sichern. Sie nehmen aber nicht an der Versorgung des Corpus cavernosum recti teil.

I

⊙ I-1.55

725

1.6 Dickdarm (Intestinum crassum)

Arterielle Gefäßversorgung des Rektums Aorta abdominalis A. mesenterica V. cava inferior inferior

A. iliaca communis sinistra Aa. sigmoideae A. rectalis superior (aus A. mesenterica inferior) A. iliaca interna sinistra

Ansicht von dorsal; 3 Wege werden unterschieden: ■ 1. peritonealer Zufluss: A. rectalis superior (aus der A. mesenterica inferior) ■ 2. supradiaphragmaler Weg: Aa. rectales mediae (viszerale Äste der A. iliaca interna oberhalb des M. levator ani) ■ 3. infradiaphragmaler Weg: Aa. rectales inferiores (aus den Aa. pudendae internae) über den Canalis pudendalis kaudal des M. levator ani. (Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

A. obturatoria sinistra

A. rectalis media sinistra (aus A. iliaca interna sinistra) A. pudenda interna sinistra

M. levator A. rectalis inferior ani sinistra (aus A. pudenda interna sinistra)

▶ Klinik. Knotige Erweiterungen des Corpus cavernosum recti bezeichnet man als

Hämorrhoiden. Nur wenn es zu Symptomen wie Juckreiz, Schmerzen oder Blutung kommt, spricht man von einem therapiebedürftigen Hämorrhoidalleiden. Die häufigste Ursache ist zu starkes Pressen während der Defäkation, insbesondere bei chronischer Verstopfung (Obstipation), aber auch andere Umstände, die eine venöse Abflussstörung begünstigen (z. B. Schwangerschaft, Fettleibigkeit, überwiegend sitzende Tätigkeit) können zugrunde liegen. Im fortgeschrittenen Stadium kann es zu einem vorübergehenden oder auch permanenten Vorfall, sog. Prolaps (S. 723), der Knoten vor den Anus kommen. In diesem Fall ist eine Operation anzuraten, bei geringerer Ausprägung reicht eine Verödung (Sklerosierung) oder Gummibandligatur. Da das Corpus cavernosum recti arteriell gespeist wird, ist die Hämorrhoidalblutung nicht nur durch die hellrote Farbe gekennzeichnet, sondern in manchen Fällen recht stark ausgeprägt.

⊙ I-1.56

Hämorrhoiden

a Schematische Darstellung von Hämorrhoiden unterschiedlicher Ausprägung. In der Klinik erfolgt die Gradeinteilung in Abhängigkeit von der Prolapsneigung und der Möglichkeit, sie zu reponieren: Während Hämorrhoiden 1. Grades (I) nur im Proktoskop sichtbar sind, fallen zweitund drittgradige (II, rechts im Bild) beim Pressen nach außen vor, aber nur erstere sind spontan reponibel. Anders als die drittgradigen, die sich noch mit dem Finger reponieren lassen, ist dies bei viertgradigen Hämorrhoiden nicht mehr möglich (II, links im Bild). (Henne-Bruns, D., Düring, M., Kremer, B.: Duale Reihe Chirurgie. Thieme, 2012)

b Typisches Bild eines drittgradigen Hämorrhoidalprolapses, der nur mit dem Finger reponiert werden kann (Patientin liegt in Steinschnittlage). (Winkler R, Otto P, Schiedeck T, Proktologie, Thieme; 2011)

aI

II

b

▶ Klinik.

726 ▶ Merke.

I 1 Rumpfdarm – Ösophagus und Gastrointestinaltrakt ▶ Merke. Wichtig ist, dass man eine Blutbeimengung im Stuhl nicht voreilig auf Hä-

morrhoiden schiebt, sondern immer eine andere mögliche Ursache der Blutung, wie z. B. häufige Darmtumoren durch eine endoskopische Untersuchung ausschließt! Venen: Sie entsprechen den Arterien. Die Vv. rectales mediae (direkter Abfluss) und inf. (über die V. pudenda int.) leiten Blut zur V. iliaca int. (→ V. cava inf.), die Vv. rectales sup. zur V. mesenterica inf. (→ V. portae hepatis).

Venöser Abfluss: Die Venen entsprechen den Arterien. Besonders zu beachten ist, dass die Venae rectales mediae und inferiores über die Vv. iliacae Anschluss an das Stromgebiet der V. cava inferior finden. Die Vena rectalis superior dagegen leitet ihr Blut über die V. mesenterica inferior zur V. portae hepatis und somit zur Leber. Die Venen sind untereinander sowohl innerhalb der Rektumwand als auch durch den außen um das Rektum liegenden Plexus venosus rectalis in unterschiedlichem Ausmaß anastomotisch miteinander verbunden.

▶ Klinik.

▶ Klinik. In das Rektum applizierte Medikamente (Zäpfchen) werden über das Stromgebiet der mittleren und unteren Rektalvene resorbiert und gelangen so ohne Leberpassage in den großen Kreislauf.

▶ Klinik.

▶ Klinik. Bösartige Tumoren des Rektums, z. B. Rektumkarzinome (S. 712), können auf dem Blutweg Tochterzellen abgeben (Metastasen). Die Ausbreitung dieser Tochterzellen erfolgt dabei aus dem oberen Rektum über das Stromgebiet der V. rectalis superior letztlich in die Leber, aus dem unteren Rektum über das Iliakalvenensystem in die Lunge. In den Kapillargebieten dieser beiden Organe können die Tochterzellen dann neue Geschwülste bilden.

Lymphabfluss (Abb. I-1.57): ■ Rektum und oberer Analkanal: Über Nll. pararectales und Nll. rectales supp. zu den Nll. mesenterici inff. ■ Unterer Abschnitt des Analkanals: über Nll. inguinales superficiales zu Nll. iliaci externi.

▶ Klinik.

Lymphabfluss: Die Lymphe von Rektum und Analkanal fließt auf mehreren Wegen ab (Abb. I-1.57): ■ Nodi lymphoidei iliaci interni und rectales superiores: Der Lymphabfluss von Rektum und oberem Abschnitt des Canalis analis erfolgt zunächst meist über organnah gelegene Nodi lymphoidei pararectales. Von hier führt der Abfluss in Nodi lymphoidei rectales superiores (weiter zu Nodi lymphoidei mesenterici inferiores) oder in Nodi lymphoidei iliaci interni. Vor allem dorsale Wandabschnitte des Rektums können ihre Lymphe auch über die Nodi lymphoidei sacrales in iliakale Lymphknoten leiten. ■ Nodi lymphoidei inguinales superficiales: Die Lymphe des unteren Abschnitts des Canalis analis fließt über die Nodi lymphoidei inguinales superficiales zu den Nodi lymphoidei iliaci externi. ▶ Klinik. Ein bösartiger Tumor, der auf dem Lymphweg Metastasen ausstreut, hat

durch die zahlreichen Lymphknotenstationen einen langen Metastasierungsweg, bevor letztlich der Blutkreislauf erreicht wird. Dies begünstigt die Heilungschancen des Patienten.

⊙ I-1.57

⊙ I-1.57

Lymphdrainage des Rektums

Aorta abdominalis Nll. mesenterici inferiores

A. mesenterica inferior A. rectalis superior

A. iliaca communis Nll. iliaci interni A. iliaca interna Nll. inguinales superficiales

Ansicht von ventral. Die Lymphdrainage erfolgt vorzugsweise in „Etagen“: Anus: Nll. inguinales superficiales über die Fossa ischioanalis (S. 340), ■ Canalis analis und untere Ampulle: Nll. iliaci interni mit Anschluss an die Trunci lumbales, ■ obere Ampulle und restliches Rektum: Über die Nll. sacrales und Nll. rectales superiores zu den Nll. mesenterici inferiores. ■

(Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

I

727

1.6 Dickdarm (Intestinum crassum)

Innervation von Rektum und Analkanal

Innervation von Rektum und Analkanal

Rektum und Analkanal werden vegetativ über Sympathikus und Parasympathikus innerviert. Die somatische Innervation für die quergestreifte Muskulatur des M. sphincter ani externus sowie die Somatosensibilität erfolgt über den N. pudendus, die des M. puborectalis typischerweise über direkte Äste des Plexus sacralis. Viszeromotorik: Sympathische und parasympathische Fasern haben unterschiedlichen Einfluss auf die Funktion von Rektum und Analkanal: ■ Sympathikus: Die sympathische Innervation erfolgt durch Fasern, die den Plexus hypogastricus superior und inferior durchziehen sowie durch die Nervi splanchnici lumbales und sacrales über die Plexus rectales. Der Sympathikus ist verantwortlich für die Erhaltung des Dauertonus des M. sphincter ani internus während der Kontinenz (s. u.). ■ Parasympathikus: Die Nervi splanchnici pelvici aus den Rückenmarksegmenten S 2–S 4 werden im Plexus hypogastricus inferior auf das postganglionäre Neuron umgeschaltet. Der Parasympathikus steuert die Defäkation (s. u.).

Viszeromotorik: Zu unterscheiden sind sympathische und parasympathische Effekte: ■



Sympathische Fasern aus dem Pl. hypogastricus inf. sowie über Nn. splanchnici lumbales und sacrales. Der Sympathikus bewirkt die Dauerkontraktion des inneren Analsphinkters während der Kontinenz (s. u.). Parasympathische Nn. splanchnici pelvici aus den Segmenten S 2–S 4 steuern die Defäkation (s. u.).

▶ Merke.

▶ Merke. In der Wand des Analkanals im Bereich des M. sphincter ani internus fin-

det man – anders als im gesamten übrigen Magen-Darm-Trakt – keine Ganglienzellen in den intramuralen Plexus (enterisches NS). Parasympathische und sympathische Fasern erreichen den inneren Sphinkter auf direktem Weg nur durch die Darmwand von außen (sog. „aganglionäre Zone“). Viszerosensibilität: Informationen von Dehnungsrezeptoren der Ampulle und auch Schmerz werden über Afferenzen geleitet, die peripher zusammen mit den sympathischen und parasympathischen Geflechten verlaufen.

Viszerosensibilität: Viszeroafferente Fasern verlaufen mit o. g. vegetativen Geflechten.

Somatomotorik: Die willkürliche Innervation des M. sphincter ani externus erfolgt durch den N. pudendus aus dem Plexus sacralis (S. 884); der M. puborectalis wird über direkte Äste des Plexus sacralis innerviert.

Somatomotorik: M. sphincter ani externus: N. pudendus; M. puborectalis: direkte Äste des Plexus sacralis.

Somatosensibilität: Somatoafferenzen für Berührung und Schmerz der Analhaut verlaufen ebenfalls im N. pudendus.

Somatosensibilität (Analhaut): N. pudendus. ▶ Merke.

▶ Merke. Die höchste Berührungs- und Schmerzempfindlichkeit liegt im Bereich

des Pecten analis (S. 721).

Kontinenz und Defäkation

Kontinenz und Defäkation

Der physiologische Mechanismus von Kontinenz und Defäkation wird über anatomisch unterschiedliche Strukturen gewährleistet, die in ihrer Gesamtheit als „Kontinenzorgan“ bezeichnet werden und einen gasdichten Abschluss des Rektums bewirken. Dazu zählen die in Tab. I-1.8 aufgeführten Strukturen, die bei der Regulation von Kontinenz und Defäkation in jeweils besonderer Art beteiligt sind.

Kontinenz, Defäkation und gasdichter Verschluss werden durch Strukturen garantiert, die man zusammen als Kontinenzorgan bezeichnet (Tab. I-1.8).

≡ I-1.8

Das Kontinenzorgan: beteiligte Strukturen mit ihrer Funktion

Struktur

Funktion Kontinenz/Füllungsphase

Defäkation/Entleerungsphase

Rektum (vor allem Ampulle) und Analkanal (insbesondere Analhaut)

Dehnungs- und Berührungsrezeptoren

Dehnungs- und Berührungsrezeptoren

M. sphincter ani internus (glatte Ringmuskulatur als Fortsetzung der Tunica muscularis)

Dauertonus (Sympathikuseffekt)

Nachlassen des Dauertonus (Parasympathikuseffekt)

M. sphincter ani externus (quergestreifte Muskulatur mit 3 Anteilen)

Verschluss des Analkanals von beiden Seiten Erschlaffung mit folgender Öffnung des → Längsspalt als einzig bleibende Öffnung Analkanals

M. puborectalis (als Teil des M. levator ani quergestreifte Beckenbodenmuskulatur)

Zug von ventral mit Verstärkung der Flexura Erschlaffung mit folgender „Begradigung“ der Flexura perinealis perinealis → Querspalt als einzig bleibende Öffnung

Corpus cavernosum recti arteriell gespeister Schwellkörper im Bereich der Columnae anales mit arteriovenösen Anastomosen

Bei Füllung durch venösen Rückstau infolge Dauerkontraktion der o. g. Sphinkteren → gasdichte Abdichtung

Entleerung des Gefäßnetzes über venösen Abfluss durch Druckabnahme in o. g. Sphinkteren

rekto-sigmoidale (Längs-)Muskulatur



Entleerung der Ampulle und Austreiben der Kotsäule

Spezialisierte Zentren im ZNS, v. a. im Rückenmark Vegetative und somatomotorische/-sensible Nerven im Sakralmark

728

I 1 Rumpfdarm – Ösophagus und Gastrointestinaltrakt

Kontinenz

Kontinenz

Der Rektumverschluss erfolgt durch den Dauertonus der Sphinkteren, den Zug des Rektums nach ventral (M. puborectalis) und das gefüllte Corpus cavernosum recti.

Der „gekreuzte“ Verschluss von Rektum und Analkanal durch die beiden somatomotorisch innervierten Muskeln wird durch den autonomen Dauertonus des M. sphincter ani internus mit der infolgedessen konstant aufrecht erhaltenen Schwellkörperfüllung unterstützt.

▶ Klinik.

▶ Klinik. Bei Operationen am Rektum oder im Bereich des Beckenbodens ist es wichtig, die Strukturen des Kontinenzorgans – vor allem die Muskeln und die zu ihnen ziehenden Nerven – zu schonen, um die Kontinenz zu erhalten. Gelingt dies z. B. bei der Operation eines weit unten im Rektum wachsenden bösartigen Tumors nicht, muss ein künstlicher Darmausgang (Anus praeternaturalis) geschaffen werden.

Defäkation

Defäkation

Ampullendehnung führt zu Stuhldrang: die Sphinkteren erschlaffen; das Corpus cavernosum leert sich; durch Erschlaffung des M. puborectalis wird das Rektum „begradigt“.

Eine Dehnung der Ampulle durch die einwandernde Kotsäule führt zu Stuhldrang. Ab etwa dem dritten Lebensjahr unterliegt der über das Sakralmark ablaufende Defäkationsreflex einer zerebralen Kontrolle. Die Füllung der Ampulle wird über in der Rektumwand vorhandene Dehnungsrezeptoren an das Sakralmark gemeldet, und nach „Freigabe“ der Defäkation durch übergeordnete kortikale Zentren erfolgt eine Aktivierung des Parasympathikus. Diese bewirkt über ein hemmendes intramurales Motoneuron die Relaxation des vom Sympathikus innervierten M. sphincter ani internus. Gleichzeitig kommt es über den spinalen Reflex zu einer Relaxation des willkürlich innervierten M. sphincter ani externus sowie des M. puborectalis. Durch die Erschlaffung der Sphinkteren erweitert sich der Analkanal, das Corpus cavernosum kann sich durch die nun lockere Schicht des M. sphincter ani internus entleeren. Die Erschlaffung des M. puborectalis führt zu einer Dorsalbewegung des Analkanals und somit zu einer „Begradigung“ der Flexura perinealis. Durch den Parasympathikus ausgelöste peristaltische Kontraktionen der Rektum- und Sigmoidmuskulatur bewirken die Austreibung der Kotsäule, welche durch den Einsatz der Bauchpresse unterstützt wird.

Entwicklung von Rektum und Analkanal

Entwicklung von Rektum und Analkanal

Rektum und proximaler Analkanal entstammen dem Enddarm (Endoderm), der distale Analkanal dem Ektoderm (Proctodeum).

Das Rektum und der obere (proximale) Anteil des Analkanals entstehen aus dem terminalen Abschnitt des (endodermalen) Enddarms; der untere (distale) Anteil des Analkanals entsteht aus einer „Einstülpung“ des Ektoderms (sog. Proctodeum, s. u.). Der primitive Darm zeigt während seiner Entwicklung eine deutliche Erweiterung seines Endabschnitts, die Kloake. Diese ist von Endoderm ausgekleidet, welches im kaudalen Teil der Kloake direkt dem Ektoderm der äußeren Körperoberfläche anliegt. Diese Berührungszone, die als Kloakenmembran bezeichnet wird, bildet die Grenze zwischen Amnionhöhle und Darm. Zwischen der 4. und 7. Embryonalwoche bildet sich in der Kloake eine transversale, mit embryonalem Bindegewebe gefüllte Falte, das Septum urorectale, die von kranial auf die Kloakenmembran zuwächst und die Kloake in einen ventral gelegenen Sinus urogenitalis und einen dorsal gelegenen Anorektalkanal unterteilt. Aus der Verwachsungsstelle von Kloakenmembran und Septum urorectale entsteht der primitive Damm (Perineum). Die Kloakenmembran selbst wird nun unterteilt in eine ventrale Urogenitalmembran und eine dorsale Analmembran. Mesenchymal unterfütterte Auffaltungen der Analmembran, die sog. Analfalten, bilden zwischen sich eine (ektodermale) Grube, das Proctodeum. Reißt im weiteren Verlauf der Entwicklung die in der Tiefe des Proctodeums gelegene Analmembran schließlich ein, erhält das Rektum eine offene Verbindung in die Fruchtwasserhöhle.

Der Endabschnitt des primitiven Darms ist zur Kloake erweitert, deren Endoderm kaudal zum Oberflächenektoderm direkten Kontakt hat (Kloakenmembran als Grenze zwischen Darm und Amnionhöhle). Das transversale Septum urorectale teilt die Kloake in einen ventralen Sinus urogenitalis und einen dorsalen Canalis analis. Die Kloakenmembran wird in die ventrale Urogenital- und die dorsale Analmembran unterteilt.

Zwei Aufwerfungen (Analfalten) bilden zwischen sich eine ektodermale Grube (Proctodeum). Reißt die Analmembran im Proctodeum auf, ist der Anus eröffnet. ▶ Klinik.

▶ Klinik. Bei ca. 0,02 % der Neugeborenen reißt die Analmembran nicht ein (Atresia ani). Dann ist eine operative Eröffnung erforderlich, um die Kontinuität des Lumens herzustellen. Jungs sind häufiger betroffen als Mädchen.

I

1.7

729

1.7 Darstellung des Verdauungskanals mit bildgebenden Verfahren

Darstellung des Verdauungskanals mit bildgebenden Verfahren

1.7

Darstellung des Verdauungskanals mit bildgebenden Verfahren

J. Kirsch Für die Darstellung des Verdauungskanals kommen je nach Fragestellung unterschiedliche Methoden zur Anwendung: Neben konventionellen Röntgenaufnahmen ohne oder mit Kontrastmittelgabe werden computergestützte Schnittbildverfahren (CT und MRT) und die Sonografie eingesetzt. Darüber hinaus kommt im Rahmen der Diagnostik von Erkrankungen des Verdauungskanals der Endoskopie besondere Bedeutung zu.

Abhängig von der jeweiligen Fragestellung kann der Verdauungskanal mit konventionellen Röntgenaufnahmen, CT, MRT und Sonografie dargestellt werden. Darüber hinaus ist in diesem Bereich die Endoskopie von hoher Bedeutung.

1.7.1 Konventionell radiologische Verfahren ohne und mit Kontrastmittel

1.7.1

Abdomenübersichtsaufnahme Eine sog. Abdomenübersichtsaufnahme wird beispielsweise zur Abklärung freier Luft innerhalb der Peritonealhöhle angefertigt, die als Hinweis auf die Perforation eines Hohlorgans dienen kann. Um die stets nach oben steigende freie Luft optimal sichtbar zu machen, sollte die Aufnahme im Stehen oder in Linksseitenlage (→ guter Kontrast gegen Zwerchfellkuppen bzw. Leber) erfolgen. Bildung von Flüssigkeitsspiegeln im Darmlumen, die sich ebenfalls in der Abdomenübersichtsaufnahme zeigen (Abb. I-1.58), deuten auf einen Darmverschluss (Ileus) hin und geben je nach deren Anzahl und Lokalisation einen Anhalt für den Ort des Verschlusses (Dünndarm- oder Dickdarmileus). Außerdem sind in einer solchen Aufnahme röntgendichte Fremdkörper (z B. verschluckte Gegenstände) und Konkremente, z. B. Gallensteine (S. 745), erkennbar.

⊙ I-1.58

Konventionell radiologische Verfahren ohne und mit Kontrastmittel Abdomenübersichtsaufnahme

Bei der Perforation eines Hohlorgans gelangt Luft in die Bauchhöhle, die ebenso wie Flüssigkeitsspiegel bei einem Darmverschluss (Ileus) durch eine Abdomenübersichtsaufnahme (Abb. I-1.58) dargestellt werden können. Sie gibt auch Auskunft über den Verbleib röntgendichter Fremdkörper und kann Hinweise auf Gallensteine (S. 745) geben.

Abdomenübersichtsaufnahme im Stehen a Normalbefund: Scharf abgegrenztes Diaphragma (Pfeile) ohne Nachweis freier Luft unter den Zwerchfellkuppen. Einige Teile des Gastrointestinaltraktes sind mit Gasen gefüllt (physiologisch). Kein Hinweis auf geblähte Darmanteile oder Spiegelbildung. (Möller, Röntgennormalbefunde, Thieme; 2019)

b Bildung von Flüssigkeitsspiegeln in stark erweiterter Ileumschlinge sowie im Kolon bei Ileus nach operativer Entfernung eines großen Dickdarmanteils (rechtsseitige Hemikolektomie). (Thurn, P., Bücheler, E., Lackner, K. J., Thelen, M.: Einführung in die Radiologie. 11. Aufl., Thieme, Stuttgart 2005)

a

c

b Duodenalileus „double bubble“

hochsitzender Dünndarmileus

tiefsitzender Dünndarmileus

Dickdarmileus Dünndarmileus

I

II

III

IV

c Schematische Darstellung charakteristischer radiologischer Befunde bei mechanischem Ileus. Je nach Lokalisation des Darmverschlusses sind die sich oral davon bildenden Flüssigkeitsspiegel, die gegen die darüberliegenden gasgefüllten Blasen im Röntgenbild gut sichtbar sind, unterschiedlich angeordnet: Beim Duodenalileus (I) ist neben der (physiologischen) Magenblase lediglich eine kleinere im Duodenum zu sehen („double bubble“) während sich bei einem Verschluss im Verlauf des Dünndarmkonvoluts (II = hoch-, III = tiefsitzend) zahlreiche Blasen im mittleren Abdomen finden. Die Spiegelbildung bei einem Dickdarmileus (IV) lässt eine rahmenartige Anordnung der insgesamt größeren Gasblasen erkennen und spiegelt damit die Kolonform (S. 713) wider. (Reiser, Kuhn, Debus, Duale Reihe, Radiologie, Thieme, 2017)

730

I 1 Rumpfdarm – Ösophagus und Gastrointestinaltrakt

Kontrastmitteluntersuchungen

Kontrastmitteluntersuchungen

Durch die orale Gabe eines röntgendichten Kontrastmittels können Konturen und Schleimhautrelief der einzelnen Abschnitte des Verdauungskanals konsekutiv dargestellt werden (Abb. I-1.59). Kontrastmittelverfahren haben bei der Diagnostik chronisch entzündlicher Darmerkrankungen wie Morbus Crohn (S. 708) und Colitis ulcerosa (S. 716) v. a. bei Darmabschnitten, die endoskopisch nicht einsehbar sind (s. u.), eine besondere Bedeutung. Doppelkontrastaufnahmen verbessern die Darstellung des Faltenreliefs und damit die Identifikation von Füllungsdefekten (Ulzera, Tumoren) und Divertikeln (S. 715). Bei einer Durchleuchtung kann die Motilität des Darmes beurteilt werden.

Durch die orale Gabe eines röntgendichten Kontrastmittels (Bariumsulfat), das im Darm nicht resorbiert wird, können konsekutiv die einzelnen Abschnitte des Verdauungskanals, insbesondere dessen Konturen und das Schleimhautrelief, radiologisch dargestellt werden (Abb. I-1.59). Diese Kontrastmittelverfahren haben bei der Diagnostik chronisch entzündlicher Darmerkrankungen wie Colitis ulcerosa (S. 716) und M. Crohn (S. 708) einen besonderen Stellenwert. In den Darmabschnitten, die mit Hilfe endoskopischer Verfahren (s. u.) nicht einsehbar sind, z. B. dem Dünndarmkonvolut, bleibt eine Kontrastmittelaufnahme die einzige Möglichkeit zur Beurteilung der Schleimhaut. Durch den kombinierten Einsatz eines röntgendichten Kontrastmittels und einem Gasbildner (Kohlendioxid) als negatives Kontrastmittel wird das Verfahren zu einer Doppelkontrastaufnahme erweitert. Diese verbessert die Beurteilung des Faltenreliefs und damit verbunden die Darstellung von Füllungsdefekten und Konturunterbrechungen (Hinweis auf Ulzerationen, Tumoren) oder Divertikeln (S. 715). Bei einer Durchleuchtung kann zusätzlich die Wandmotilität des Verdauungskanals beurteilt werden.

⊙ I-1.59

Kontrastmitteldarstellung von Dünndarm und Kolon

bI

b II

a

a In der Kontrastmittelaufnahme des Dünndarms sind die für Jejunum und Ileum typischen Kerckring-Falten deutlich sichtbar.

(Möller, T.B.:

Röntgennormalbefunde. Thieme, 2003)

b Im Kolonkontrasteinlauf kommt normalerweise die Haustrierung gut zur Darstellung (I), die jedoch bei den entzündlichen Darmerkrankungen (S. 708), hier Colitis ulcerosa (S. 716) (II) aufgehoben sein kann. (I Möller, T.B.: Röntgennormalbefunde. Thieme, 2003, II Reiser, M., Kuhn, F.P., Debus, J.: Duale Reihe Radiologie. Thieme, 2011)

1.7 Darstellung des Verdauungskanals mit bildgebenden Verfahren

731

Bei einer Magen-Darm-Passage (MDP, „Breischluck“) wird zu unterschiedlichen Zeitpunkten der Weg des Kontrastmittels durch den Verdauungskanal verfolgt. Als MDP bezeichnet man die Darstellung des Kontrastmittelweges durch den Ösophagus (Abb. I-1.6) und den Magen. Nach einigen Stunden können dann im weiteren Verlauf auch Dünndarm und Kolon sichtbar gemacht werden, was Informationen zur Passagezeit bringt und unter Umständen zur Diagnose eines teilweisen Darmverschlusses (Subileus) beitragen kann.

Bei einer Magen-Darm-Passage (MDP, “Breischluck“) wird der Weg des Kontrastmittels durch den Verdauungskanal verfolgt (Ösophagus-Breischluck s. Abb. I-1.6).

1.7.2 Schnittbildverfahren und Sonografie

1.7.2

I

Schnittbildverfahren: Bei den Schnittbildverfahren CT und MRT steht im Bereich des Verdauungskanals die Tumordiagnostik im Vordergrund. Beide Verfahren sind insbesondere zur Beurteilung der Ausdehnung tumoröser oder entzündlicher Prozesse von Bedeutung. Auch vergrößerte Lymphknotenpakete können hiermit lokalisiert werden. Sonografie: Bei der sonografischen Untersuchung der Bauchhöhle und ihrer Eingeweide achtet man insbesondere auf Ansammlungen freier Flüssigkeiten (Blut, Aszites, oder durch einen Abszess hervorgerufene Eiteransammlung in der Peritonealhöhle). Diese sammeln sich beim stehenden Patienten in der Excavatio rectovesicalis bzw. rectouterina und beim liegenden Patienten (je nach Seitenlage) im Recessus hepatorenalis oder perilienalen Raum (vgl. Abb. H-1.10 und Abb. H-1.5). Bei der Darstellung der intraperitonealen Organe beurteilt man Peristaltik und Wanddicke und achtet auf Adhäsionen. Die Sonografie spielt eine große Rolle bei der Beurteilung von Tumoren. Die Methode erlaubt eine Einschätzung der Ausdehnung von Tumoren und Metastasen und ihrer topografischen Beziehungen zu den Nachbarorganen. Vergrößerte Lymphknoten entlang der intra- und vor allem retroperitonealen Gefäße können ebenfalls identifiziert werden. Weiterhin kann die sonografische Darstellung einer Wandverdickung der Appendix (Abb. I-1.60) die klinische Diagnose einer Appendizitis stützen.

⊙ I-1.60

Schnittbildverfahren und Sonografie Schnittbildverfahren: CT und MRT werden v. a. für die Tumordiagnostik eingesetzt, wobei die Ausdehnung der Prozesse und die Infiltration von Lymphknoten im Vordergrund stehen.

Sonografie: Mit dieser Methode können besonders gut Flüssigkeitsansammlungen in der Bauchhöhle aufgespürt werden, die sich beim stehenden Patienten in der Excavatio rectovesicalis bzw. rectouterina und beim liegenden Patienten im Recessus hepatorenalis oder perilienalen Raum nachweisen lassen (Abb. H-1.10 und Abb. H-1.5). Für die Tumordiagnostik erlaubt die Methode Aussagen über die Ausdehnung der Tumore und deren topografischer Beziehungen zu Nachbarorganen sowie den Befall von Lymphknoten. Auch Hinweise auf eine Appendizitis lassen sich sonografisch erfassen (Abb. I-1.60).

Sonografische Darstellung der Appendix FF Appendix (axial)

Appendix (longitudinal)

FF

aI

a II

bI

b II

a Normalbefund in Längs- (I) und Querschnitt (II). (Deeg K, Hofmann V, Hoyer P: Ultraschalldiagnostik in Pädiatrie und Kinderchirurgie, Thieme, 2018) b Bei einer Appendizitis ist sowohl im Längs- (I) als auch im Querschnitt (II) eine verdickte Appendixwand mit eitrigem Inhalt sichtbar. Die Doppelkontur der Appendix in II wird auch „Kokardenzeichen“ genannt. (Deeg K, Hofmann V, Hoyer P: Ultraschalldiagnostik in Pädiatrie und Kinderchirurgie, Thieme, 2018)

732

I 1 Rumpfdarm – Ösophagus und Gastrointestinaltrakt

1.7.3

1.7.3 Endoskopie

Endoskopie

Sie erlaubt eine direkte Inspektion der inneren Oberflächen des Verdauungskanals: von oral: Ösophagogastroduodenoskopie (S. 680) = ÖGD, von anal: Rekto- (S. 712)/Koloskopie (S. 712).

▶ Merke.

Flexible Faseroptiken (Endoskope), die durch den Mund, sog. Ösophagogastroduodenoskopie (S. 680) (ÖGD) bzw. Anus, z. B. Rektoskopie (S. 712), Koloskopie (S. 712), in den Körper eingeführt werden, erlauben eine direkte Inspektion der inneren Oberflächen des Verdauungskanals. Von oral aus ist das Duodenum bis zum Beginn der Pars ascendens erreichbar. Von anal aus ist das Ostium ileale zwar ein manchmal nicht überwindbares Hindernis, jedoch gelingt dem geübten Gastroenterologen i. d. R. noch die Darstellung des terminalen Ileums. ▶ Merke. Große Teile des Dünndarms (Pars ascendens duodeni und Dünndarmkon-

volut bis auf das terminale Ileum) sind mit konventionellen Endoskopen nicht darstellbar. Mit Hilfe mikrochirurgischer Instrumente können gleichzeitig Biopsien entnommen und kleinere Eingriffe durchgeführt werden. Letzteres spielt insbesondere bei der Verödung von Ösophagusvarizen und bei der Entfernung von Gallensteinen aus den papillennahen Anteilen des gemeinsamen Ausführungsgangs von Ductus choledochus und Ductus pancreaticus eine Rolle. Bei der Koloskopie können kleine Polypen (Abb. I-1.61) direkt abgetragen werden.

▶ Merke.

Die Geräte sind zusätzlich mit einem Instrumentierungskanal ausgestattet, durch den mikrochirurgische Instrumente in das Lumen des Verdauungskanals eingebracht werden können, um Biopsien zu entnehmen oder kleinere Eingriffe durchzuführen. So sind z. B. Ösophagusvarizen endoskopisch besser identifizierbar als durch den „Breischluck“ und können zugleich durch Umspritzen verödet werden. Ebenso können Gallensteine, die nahe der Papilla duodeni major im gemeinsamen Mündungsteil von Ductus choledochus und Ductus pancreaticus stecken, durch die mechanische Erweiterung der Papilla duodeni bzw. Schlitzung des Sphinkters (Papillotomie) mobilisiert und entfernt werden. Bei der Koloskopie können kleine Polypen (Abb. I-1.61) direkt abgetragen werden. Eine besondere endoskopische Methode stellt die endoskopisch retrograde Cholangio-Pankreatikografie = ERCP (S. 759) dar. ▶ Merke. Generell bietet die Endoskopie folgende Vorteile: Zusätzlich zur makro-

skopischen Inspektion erlaubt sie die gleichzeitige Entnahme von Gewebeproben (Biopsien) aus verdächtigen Arealen für die histopathologische Diagnostik. Daneben ist – abhängig vom Krankheitsbild – u. U. eine therapeutische Intervention ohne erneuten Eingriff möglich.

⊙ I-1.61

⊙ I-1.61

Kolonpolyp in der endoskopischen Darstellung Endoskopische Entfernung eines kleinen Kolonpolypen. (Messmann, H.: Lehratlas der Koloskopie. Thieme, 2014)

Klinischer Fall: Bluthochdruck und „flush“ * * Fallbeispiel fiktiv, Namen und Daten frei erfunden

4 Tage später 12:40

09:45

12:30

Herr Rudolf Olschewski, 49 Jahre, kommt zu seinem Hausarzt. Dieser stellt fest, dass sich sein bisher gut eingestellter Bluthochdruck trotz erhöhter Medikamente nicht normalisiert. Er weist den Patienten zur Blutdruckeinstellung ins Krankenhaus ein.

Anamnese R.O.: Mein Blutdruck geht einfach nicht runter, egal wie viele Tabletten ich nehme. In letzter Zeit ist es auch öfters passiert, dass mir das ganze Blut in den Kopf schießt, dann werde ich im Gesicht knallerot. Seit etwa vier Monaten habe ich außerdem irgendwie Durchfall. Insgesamt hab ich nun schon 7 Kilo abgenommen. Ab und zu rumort mein Bauch ganz komisch und manchmal hab ich ganz schöne Bauchschmerzen.

Am nächsten Morgen, 08:00

12:44 Körperliche Untersuchung Der schlanke Patient ist in einem guten Allgemeinzustand. Der Blutdruck ist mit 160/95 mmHg deutlich erhöht. Die Darmgeräusche sind lebhaft. Beim Abtasten des Abdomens klagt Herr O. über einen leichten Druckschmerz im rechten Unterbauch. Die Leber ist vergrößert tastbar (in der Medioklavikularlinie 4 cm unter dem Rippenbogen). Ansonsten finde ich keine pathologischen Befunde.

13:00

Die Laborwerte sind da (Normwerte in Klammern) • Hämoglobin 11,8 g/dl (13 –18 g/dl) • Gesamtprotein 56 g/l (60 – 80 g/l), Albumin 32 g/l (normal 35 – 55 g/l)

Blutabnahme und Sammelurin Ich nehme Herrn O. Blut ab. Außerdem erkläre ich ihm, dass er für 24 Stunden seinen Urin sammeln soll. Für den nächsten Morgen ordne ich aufgrund der vergrößerten Leber und des Druckschmerzes eine Sonografie des Abdomens an.

09:45

Sonografie Abdomen Verteilt über die ganze Leber erkennt der Kollege viele echoreiche und echoarme Raumforderungen. Der Befund passt zu Lebermetastasen.

Medikamentenanamnese R.O.: Gegen den Bluthochdruck nehme ich 25 mg Hydrochlorothiazid und 2x100 mg Metoprolol am Tag. Sonst nehme ich keine Tabletten.

14:00 Röntgenaufnahme des Thorax in zwei Ebenen Unauffälliger Befund. Kein Hinweis auf Lungenmetastasen.

Am nächsten Morgen Ergebnis Sammelurin Die Menge an 5-Hydroxyindolessigsäure im 24-Stunden-Urin beträgt 127 mg. Normal sind unter 10 mg.

14:00

Am nächsten Tag, 10:00 Lebermetastasen Seitz, G.: K., Checkliste Lebermetastasen (aus(aus Schmidt, Braun, B.3.Sonografie kompetent. Sonografie. Aufl., Thieme, 2005) Thieme; 2016)

3 Tage später

Am nächsten Tag

Das Ergebnis der Histologie ist da Die feingewebliche Untersuchung ergibt ein bösartiges Karzinoid – ein Tumor, der aus den Zellen des disseminierten endokrinen Systems hervorgeht.

Planung der Tumortherapie Die Kollegen der Onkologie, Chirurgie und Strahlentherapie beschließen gemeinsam das weitere Vorgehen. Da der Tumor bereits in die Leber metastasiert hat, kommt eine Operation nicht in Frage. Herr O. wird stattdessen mit dem DepotSomatostatin-Analogon Octreotid s. c. behandelt. Das lindert den „Flush“ (plötzliches Erröten), den Durchfall und normalisiert auch seinen Blutdruck. Die Grunderkrankung ist durch das Medikament aber nicht heilbar.

Koloskopie Im terminalen Ileum, etwa 7 cm von der Ileozäkalklappe entfernt, finden die Kollegen multiple tumoröse Schleimhautveränderungen. Diese sind 1–1,5 cm groß. Sie entnehmen mehrere Gewebeproben, die feingeweblich untersucht werden sollen.

Besprechung mit dem Oberarzt Aufgrund des Ergebnisses der Urinuntersuchung und der Symptome des Patienten besteht der dringende Verdacht auf ein serotoninproduzierendes Karzinoid. Da diese meist im Darm liegen, soll Herr O. morgen eine Koloskopie erhalten. Der Patient wird darüber aufgeklärt und erklärt sich einverstanden.

Eineinhalb Jahre später Herr O. lebt noch einige Zeit beschwerdefrei zu Hause. Schließlich verschlechtert sich sein Zustand zusehends und er stirbt eineinhalb Jahre nach Diagnose an einem Leberversagen und einer Tumorkachexie im Hospiz.

Fragen mit anatomischem Schwerpunkt 1 2

Wo können Karzinoide im Körper entstehen? Welche Folgen hätte eine chirurgische Teilresektion des Ileums mit Entfernung der Ileozäkalklappe? ! Antwortkommentare im Anhang

I

2

Hepatobiliäres System und Pankreas

2.1 2.2 2.3 2.4

Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Hepatobiliäres System . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Bauchspeicheldrüse (Pankreas) . . . . . . . . . . . . . . . Darstellung von hepatobiliärem System und Pankreas mit bildgebenden Verfahren. . . . . . . . . . . . . . . . .

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

734 734 748

. . . . . . . . . .

756

J. Kirsch 2.1

Einführung

2.1

Einführung

Die Sekrete von Leber und Pankreas ermöglichen den enzymatischen Nahrungsaufschluss. Die gemeinsame Endstrecke der Ausführungsgänge beider Drüsen endet im Duodenum.

Leber und Pankreas sind die beiden wichtigsten Drüsen des Gastrointestinaltraktes. In ihnen werden Sekrete (in der Leber Gallenflüssigkeit, im Pankreas Bauchspeichel) für den enzymatischen Aufschluss der Nahrungsbestandteile gebildet. Beide Drüsen verfügen über ein ausgefeiltes System von Ausführungsgängen, deren gemeinsame Endstrecke im Duodenum (S. 705) endet.

2.2

2.2

Hepatobiliäres System

Hepatobiliäres System

Leber, Gallenblase und -wege werden als hepatobiliäres System bezeichnet.

In der Klinik werden Leber, die ableitenden Gallenwege und die Gallenflüssigkeit speichernde Gallenblase als hepatobiliäres System bezeichnet. Diese Zusammenfassung leitet sich neben den topografischen insbesondere auch von den funktionellen Beziehungen der entsprechenden Organe her.

2.2.1

2.2.1 Leber (Hepar)

Leber (Hepar)

Funktion der Leber

Funktion der Leber

Die Leber ist das zentrale Stoffwechselorgan (Kohlenhydrat-, Protein- und Lipidstoffwechsel). Sie nimmt Stoffe auf, die ihr aus dem Portalkreislauf zugeführt werden und synthetisiert wichtige Verbindungen (z. B. Speicherformen, Plasmaproteine). Weiterhin spielt sie durch ihre metabolische Funktion eine entscheidende Rolle bei der Entgiftung körpereigener und -fremder Stoffe.

Als zentrales Stoffwechselorgan nimmt die Leber die Nährstoffe auf, die ihr über die Vena portae hepatis aus dem Verdauungstrakt zur „Weiterverarbeitung“ zugeführt werden. Durch ihre Synthese- und Metabolisierungsfunktion spielt die Leber zum einen eine große Rolle im Kohlenhydrat-, Protein und Lipidstoffwechsel: Sie bildet z. B. die Speicherform der Glukose, das Glykogen als Energiereserve, Plasmaproteine (Albumin, Gerinnungsfaktoren) sowie Fettsäuren und Cholesterol (s. Lehrbücher der Biochemie). Zum anderen ist die Leber das wesentliche Organ für die Entgiftung körpereigener (z. B. Ammoniak) und körperfremder Substanzen (z. B. Medikamente). Manche Medikamente werden auch erst durch die Metabolisierung in der Leber zu therapeutisch wirksamen Substanzen. Die in der Leber entstehenden Produkte können auf zwei Wegen abgegeben werden: ■ Neben der (direkten) Abgabe in die Blutbahn (z. B. Albumin, Gerinnungsfaktoren und der anschließend über die Niere auszuscheidende Harnstoff) steht die ■ Gallenflüssigkeit, kurz: Galle (S. 744), zur Verfügung. Davon produziert die Leber als exokrine Drüse (S. 63) etwa 600–800 ml pro Tag und gibt so z. B. Cholesterin, Gallenfarbstoffe und -säuren über die Gallenwege (S. 742) in den Darm ab. Während der Fetalperiode steht die Leber auch im Dienste der Blutbildung (S. 167).

Die Abgabe der in der Leber entstehenden Produkte ist über zwei Wege möglich: ■ Direkt in die Blutbahn oder über die ■ Gallenflüssigkeit (Galle) in den Darm. Die Galle (S. 744) wird ebenfalls von der Leber produziert; vgl. exokrine Drüse (S. 63). Pränatal findet in der Leber auch Blutbildung (S. 167) statt. ▶ Klinik.

▶ Klinik. Kommt es durch eine akute oder chronische Schädigung der Leberzellen zu einem Leberversagen, macht sich dies durch eine generell verminderte Syntheseleistung der Leber (Erniedrigung von Albumin und Gerinnungsfaktoren im Blut), durch eine Gallesekretionsstörung und v. a. durch den Wegfall der Entgiftungsfunktion der Leber bemerkbar. Der im Proteinstoffwechsel anfallende Ammoniak kann nicht mehr zu Harnstoff metabolisiert werden und schädigt das Zentralnervensystem (hepatische Enzephalopathie). Die Patienten haben einen charakteristischen Geruch (Foetor hepaticus) und gelblich verfärbte Haut (Ikterus, s. a. prähepatischer Ikterus (S. 744).

735

I 2.2 Hepatobiliäres System

Form, Abschnitte und Lage der Leber

Form, Abschnitte und Lage der Leber

Form und Abschnitte

Form und Abschnitte

Mit einem Gewicht von 1,4–1,8 kg ist die Leber die größte Drüse des menschlichen Körpers. Sie hat eine dunkel-rotbraune Farbe und ist von weicher Konsistenz, so dass sie sich den Formen der Nachbarorgane anpassen kann. ▶ Klinik.

▶ Klinik. Aufgrund ihrer weichen Konsistenz kann es bei Unfällen (stumpfes Bauch-

trauma) zur Ruptur der Leber und damit zu starken intraabdominellen Blutungen kommen. Man unterscheidet an der Leber zwei Flächen: Die Facies diaphragmatica (Abb. I-2.1a) ist mit ihrer konvexen Wölbung dem Zwerchfell zugewandt und geht ventral in einem spitzen Winkel in ■ die Facies visceralis über (Abb. I-2.1b und Abb. I-2.1c). Diese komplex strukturierte Leberseite ist den Baucheingeweiden zugewandt. Der Übergang zwischen beiden Leberflächen bildet die Margo inferior, die im Bereich der rechten Medioklavikularlinie unter dem Rippenbogen bei Inspiration gerade eben tastbar ist, während man die Leber medial davon im Epigastrium (S. 323) gut durch die Bauchdecke palpieren kann.

Man unterscheidet 2 Flächen (Abb. I-2.1): Die Facies diaphragmatica ist dem Zwerchfell zugewandt, ■ die Facies visceralis dagegen den Baucheingeweiden. Auf der ventralen Seite geht die Facies diaphragmatica im spitzen Winkel an der Margo inferior in die Facies visceralis über. ■



⊙ I-2.1

Form und Flächen der Leber

Lig. coronarium hepatis

Area nuda (faciei diaphragmaticae hepatis)

Lig. triangulare sinistrum

Lig. triangulare sinistrum Appendix fibrosa hepatis

Lig. triangulare dextrum

V.hepatica dextra Lobus caudatus Lig. coronarium hepatis Area nuda

Lobus hepatis sinister, Facies diaphragmatica

Lobus hepatis dexter, Facies diaphragmatica

Lig. falciforme hepatis

Lobus hepatis dexter, Facies visceralis

Lig. venosum Lobus hepatis sinister, Facies visceralis

Lig. teres hepatis (enthält die verödete V.umbilicalis)

Proc.c audatus Ductus hepaticus dexter Lig. triangulare dextrum

V.portae hepatis A. hepatica propria, R. sinister A. hepatica propria

Vesica biliaris, Fundus Lobus caudatus

V.cava inferior

Lig. venae cavae

Ductus cysticus

Ductus choledochus

b

Appendix fibrosa hepatis

Ast der A. cystica

Lig. teres hepatis

Margo inferior hepatis

a

V.hepatica sinistra Sulcus venae cavae u. intermedia

Area nuda

Lobus quadratus A. hepatica propria, R. dexter Vesica biliaris

Proc. caudatus Lig. coronarium hepatis Lobus hepatis dexter, Facies visceralis

Impressio gastrica Lobus hepatis sinister, Facies visceralis Ductus hepaticus sinister

Impressio renalis V.portae hepatis A. hepatica propria, R. dexter Ductus hepaticus dexter

A. hepatica propria, R. sinister A. hepatica propria

A. cystica

Lig. teres hepatis Lobus quadratus

c (Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

a Ansicht von ventral auf die Facies diaphragmatica b sowie von dorsal c und kaudal auf die Facies visceralis.

Impressio colica Ductus choledochus

Ductus cysticus

Vesica biliaris (fellea)

736

I 2 Hepatobiliäres System und Pankreas

Von der umgebenden Tunica fibrosa ausgehende Bindegewebssepten gliedern die Leber in vier Lappen: ■ Lobus dexter (größter Leberlappen), ■ Lobus sinister, ■ Lobus quadratus (ventral) und ■ Lobus caudatus (dorsal). ■ Die beiden Letzteren sind nur von der viszeralen Leberfläche aus zu unterscheiden.

Weiterhin wird die Leber durch Bindegewebssepten, die von der umgebenden Tunica fibrosa ausgehen, in vier sichtbare Lappen gegliedert, welche die von außen erkennbare Form des Organs mitbedingen, aber keine funktionelle Bedeutung haben. ■ Der Lobus hepatis dexter (rechter Leberlappen) als größter der vier Lappen und der ■ Lobus hepatis sinister (linker Leberlappen) sind sowohl von der Facies diaphragmatica als auch von der viszeralen Leberseite aus zu unterscheiden, während die beiden kleineren Leberlappen ■ Lobus quadratus (ventral) und ■ Lobus caudatus (dorsal des Lobus quadratus) nur von der viszeralen Leberfläche aus sichtbar sind.

Facies diaphragmatica: Die mit dem Zwerchfell verwachsene Area nuda wird von den Ligg. triangularia dextra und sinistra begrenzt, die zusammen auch als Lig. coronarium hepatis bezeichnet werden. Das linke Lig. triangularium läuft in einer Appendix fibrosa aus. Das Lig. falciforme hepatis trennt auf der Facies diaphragmatica den rechten und linken Leberlappen und setzt sich in das Lig. coronarium (s. o.) fort.

Facies diaphragmatica: In einem dorsokranial gelegenen dreieckigen Bereich um die V. cava inferior ist die nicht vom Peritoneum überzogene sog. Area nuda („nackte Fläche“) mit dem Zwerchfell verwachsen. Sie wird von den Ligamenta triangularia dextra und sinistra begrenzt, deren Umschlagfalten an der Area nuda in ihrer Gesamtheit als Ligamentum coronarium hepatis bezeichnet werden. Das Lig. triangulare sinister läuft in einer Appendix fibrosa hepatis aus. Im vorderen Anteil der Pars diaphragmatica werden rechter und linker Leberlappen durch das Ligamentum falciforme hepatis als Teil des ehemaligen Mesogastricum ventrale (S. 667) getrennt. Das Ligamentum falciforme hepatis setzt sich nach rechts und links in das Ligamentum coronarium (s. o.) fort.

Facies visceralis: Zwischen Lobus dexter und sinister liegen die beiden kleineren Leberlappen, die von zwei sagittalen Einschnitten „eingerahmt“ werden (Abb. I-2.1c): ■ rechts: unten (ventral) Fossa vesicae biliaris und oben (dorsal) Sulcus venae cavae inferioris. ■ links: unten (ventral) die Fissura ligamenti teretis und oben (dorsal) die Fissura ligamenti venosi. Die beiden sagittalen Furchen können durch einen Querbalken zu einem H ergänzt werden. Hier, wo auch das Omentum minus an der Leber befestigt ist, befindet sich die Porta hepatis (S. 738).

Facies visceralis: Blickt man von hinten-unten auf die Facies visceralis, liegen zwischen Lobus dexter und sinister die beiden kleineren Leberlappen: ventral der Lobus quadratus und dorsal von ihm der Lobus caudatus. Sie werden von zwei sagittal verlaufenden Einschnitten „eingerahmt“, die zusammen mit der einem Querbalken gleichenden Leberpforte, sog. Porta hepatis (S. 738), ein „H“ ergeben (Abb. I-2.1c): ■ Der rechte H-Schenkel wird unten (in situ ventral) von Einbuchtungen der Gallenblase (Fossa vesicae biliaris), der obere (in situ dorsal) von der V. cava (Sulcus venae cavae inferioris) gebildet und trennt den rechten Leberlappen vom Lobus quadratus bzw. caudatus. ■ Der linke H-Schenkel wird durch zwei tiefere Einschnitte gebildet, die den linken Leberlappen von Lobus quadratus bzw. caudatus trennen und nach den in ihnen verlaufenden Bändern benannt sind: In der unteren Fissur (in situ ventral) verläuft das Ligamentum teres hepatis (Fissura ligamenti teretis), oben (in situ dorsal) das Ligamentum venosum (Fissura ligamenti venosi). Im Bereich der senkrecht zu den beschriebenen sagittalen Einschnitten verlaufenden Porta hepatis (Querbalken des H) sind die beiden Anteile des Omentum minus (Ligg. hepatoduodenale und hepatogastricum) an der Leber befestigt.

Lage und Lagebeziehungen

Lage und Lagebeziehungen

Aufgrund ihrer Verwachsung mit dem Zwerchfell im Bereich der Area nuda ist die Leber atemverschieblich.

Die Leber liegt im rechten Oberbauch und ist aufgrund ihrer Verwachsung mit dem Zwerchfell im Bereich der Area nuda atemverschieblich. Indem sie den Zwerchfellbewegungen folgt, tritt sie bei Inspiration weiter nach kaudal.

▶ Klinik.

▶ Klinik. Die Atemverschieblichkeit der Leber macht man sich für die Palpation des unteren Leberrandes zunutze. Die linke Hand tastet unter dem rechten Rippenbogen, während die rechte im epigastrischen Winkel liegt. Nun bittet man den Patienten tief einzuatmen. Dabei gleitet der untere Leberrand nach kaudal und die Leberoberfläche kann auf ihre Konsistenz und Struktur hin abgetastet werden.

⊙ I-2.2

Palpation der Leber

(a: Füeßl, F.S., Middeke, M.: Duale Reihe Anamnese und Klinische Untersuchung. Thieme, 2014)

Leber Rippenbogen a

b

737

I 2.2 Hepatobiliäres System

≡ I-2.1

Ligamenta der Leber

Ligament

topografische Bedeutung

Verbindung mit

Lig. falciforme hepatis

trennt rechten und linken Leberlappen und geht am oberen Ende in das Lig coronarium über

ventraler Bauchwand (ehemaliges Mesogastrium ventrale)

Lig teres hepatis (obliterierte V. umbilicalis*)

trennt linken Leberlappen und Lobus quadratus

Nabel

Lig. venosum trennt linken Leberlappen und Lobus caudatus (obliterierter Ductus venosus)

V. umbilicalis und V. cava

Lig. triangulare dextrum

begrenzt die Area nuda des Lobus dexter

Diaphragma

Lig. triangulare sinistrum

begrenzt die Area nuda des Lobus sinister

Diaphragma

Lig. coronarium hepatis

Umschlagfalten der Ligg. triangularia an der Area nuda

Diaphragma

Lig. hepatoduodenale

Teil des Omentum minus; enthält V. portae hepatis, A. hepatica propria und Ductus choledochus

Duodenum

Lig. hepatogastricum

Teil des Omentum minus; begrenzt die Bursa omentalis nach ventral

Magen

* führt während der Entwicklung sauerstoff- und nährstoffreiches Blut aus der Plazenta

≡ I-2.2

Nachbarschaftsbeziehungen der Leber

Leberlappen

Impression auf der Leberoberfläche

benachbartes Organ bzw. Organabschnitt

Lobus hepatis dexter

Impressio colica

Kolon (Flexura coli dextra)

Lobus hepatis sinister

Impressio duodenalis

Duodenum (Pars superior)

Impressio renalis Impressio suprarenalis

rechte Niere (oberer Pol) rechte Nebenniere

Impressio gastrica

Magen (Antrum)

Impressio oesophagea (nicht dargestellt)

Ösophagus (Vestibulum cardiacum)

Ansicht der Facies visceralis

Impressio suprarenalis Impressio renalis

Impressio gastrica

Impressio Impressio duodenalis colica

(Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

Die nicht verwachsene Oberfläche ist von Peritoneum viscerale überzogen und liegt daher intraperitoneal. Ihre vielfältigen ligamentären Verbindungen sind in Tab. I-2.1 dargestellt. Aufgrund ihrer weichen Konsistenz zeichnen sich die umgebenden Organe, mit denen die Leber in Kontakt tritt, durch charakteristische Eindellungen (Impressionen) an der Leberoberfläche ab (Tab. I-2.2).

Aufbau und funktionelle Gliederung der Leber

Der nichtverwachsene Anteil liegt intraperitoneal. Ligamente der Leber s. Tab. I-2.1. Die umgebenden Organe hinterlassen auf der Leber charakteristische Eindrücke (Impressionen, Tab. I-2.2).

Die Leber ist von einer Organkapsel aus Bindegewebe umgeben (Tunica fibrosa oder Glisson-Kapsel), die über eine Tela subserosa mit dem ihr aufliegenden Peritoneum verbunden ist. Durch die von ihr ausgehenden Bindegewebssepten wird die Leber in die oben beschriebenen rein morphologisch definierten Lappen eingeteilt.

Aufbau und funktionelle Gliederung der Leber Die Leber ist von einer Tunica fibrosa (Glisson-Kapsel) umgeben, von der bindegewebige Septen ausgehen und die Leber in o. g. morphologische Lappen unterteilen.

Lebersegmente und portale Trias

Lebersegmente und portale Trias

Für das Verständnis des Organaufbaus und auch im Hinblick auf die klinische Relevanz sinnvoller ist die Gliederung der Leber in acht Segmente. Diese segmentale Gliederung ist zwar nicht an der Organoberfläche sichtbar, jedoch leitet sie sich von der gemeinsamen Anordnung der Blutgefäße (Äste der V. portae hepatis und A. hepatica propria) und der Gallengänge her (Abb. I-2.3), was die Resektion einzelner Lebersegmente durch einen erfahrenen Chirurgen erlaubt.

Die Gliederung der Leber in 8 makroskopisch nicht unterscheidbare Segmente erfolgt anhand der Blutgefäße und Gallengänge (Abb. I-2.3). Diese Einteilung ist von klinischer Bedeutung, da die Segmente einzeln reseziert werden können.

738

I 2 Hepatobiliäres System und Pankreas

Folgende Strukturen verlaufen innerhalb der Leber gemeinsam (Trias): ■ Gallengänge (S. 742): (Ductus hepatici dexter und sinister mit ihren Ästen) ■ portalvenöse Gefäße (V. portae hepatis mit ihren Ästen, nährstoffreich, Abb. K-1.7) und ■ arterielle Gefäße (A. hepatica propria mit ihren Ästen, sauerstoffreich, Abb. K-1.4). Von dieser Trias unabhängig verlaufen die Äste der Venae hepaticae als abführende Blutgefäße (Abb. K-1.4).

Nicht nur für die Unterscheidung der acht Segmente, sondern für den gesamten Organaufbau von der makroskopisch dominanten Leberpforte (Porta hepatis) bis hin zum mikroskopisch sichtbaren Feinbau der Leber spielt der gemeinsame Verlauf von folgenden Strukturen eine bedeutende Rolle: ■ Gallengänge (S. 742), die in den Leberzellen produzierte Gallenflüssigkeit ableiten, als Ductus hepatici dexter und sinister an der Leberpforte das Organ verlassen, um sich noch hier zum Ductus hepaticus communis zu vereinigen, ■ portalvenöse Gefäße, d. h. die V. portae hepatis und ihre Äste (Abb. K-1.7), die als Vasa publica nährstoffreiches Blut aus den Verdauungsorganen sowie Blut der Milz führen, und ■ arterielle Gefäße, d. h. die A. hepatica propria und ihre Äste (Abb. K-1.4), die aus dem Stromgebiet des Truncus coeliacus kommend als Vasa privata die Versorgung der Leberzellen mit Sauerstoff sichern. Von dieser Trias unabhängig verlaufen die Äste der Vv. hepaticae (S. 869) als abführende Blutgefäße.

▶ Merke.

▶ Merke. An der Leberpforte (Porta hepatis) treten die beiden Gallengänge (Ductus

hepaticus dexter und sinister) aus der Leber und vereinigen sich hier zum Ductus hepaticus communis. Medial davon liegen die in die Leber ziehenden Gefäße (A. hepatica propria und V. portae hepatis). In ihrer Gesamtheit bezeichnet man diese drei Strukturen als „portale Trias“. Die Aufteilung der „portalen Trias“ in zunächst 2 Hauptäste liegt den Partes dextra und sinistra zugrunde (Abb. I-2.3).

⊙ I-2.3

Die Aufteilung der „portalen Trias“ (Ductus hepaticus, V. portae hepatis und A. hepatica propria) in zunächst jeweils zwei große Äste bestimmt die Unterscheidung von Pars dextra und Pars sinistra der Leber (Abb. I-2.3).

Lebersegmente

II VII

VIII

III

IV

V

VI

bI

VII

Äste der Vv. hepaticae Äste der V. portae hepatis Äste der A. hepatica propria Äste des Ductus hepaticus

II

I VI

III

a

V IV bII (Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

a Unterteilung der Leber in Segmente in der Ansicht von ventral. Die Unterscheidung von Pars dextra (hell violett) und Pars sinistra (gelb) erfolgt nach der Aufteilung der „portalen Trias“ (Ductus hepaticus, V. portae hepatis und A. hepatica propria) in zunächst jeweils zwei große Äste. b Projektion der Segmentgrenzen auf die Leberoberfläche in der Ansicht von ventral (I) und von kaudal (II). Zu beachten ist, dass zwischen Pars dextra und sinistra auf der ventralen Seite (b I) keine äußerlich sichtbaren Begrenzungen liegen, d. h. sie entsprechen nicht dem rechten und linken Leberlappen. Auf der dorsalen Seite (b II) hingegen, werden die Pars dextra und sinistra durch das Bett der V. cava inf. und die Gallenblase äußerlich sichtbar getrennt. Segment I ist identisch mit dem Lobus caudatus.

739

I 2.2 Hepatobiliäres System

Feinbau der Leber

Feinbau der Leber

Baueinheiten: Das Leberparenchym wird durch beim Menschen nur spärlich vorhandenes kollagenes Bindegewebe in einzelne polyedrische Lobuli hepatis (Leberläppchen; Höhe 2 mm, Durchmesser 1–1,3 mm) unterteilt, die sich in der Längsachse um das abführende Gefäß, eine zentrale Vene (V. centralis) gruppieren. Die Leber besteht aus 1–1,5 Millionen solcher, etwa 2 mm3 großen Baueinheiten. Wo mehrere Läppchen aneinander stoßen, bilden sich bindegewebige Zwickel aus, die periportalen Felder. In diesen Feldern liegen die zuführenden Blutgefäße, d. h. die Vv. interlobulares aus der V. portae hepatis und die Aa. interlobulares aus der A. hepatica propria sowie die ableitenden Gallenwege, Ductuli interlobulares. Zusammen bilden diese drei Gefäßtypen die Glisson-Trias. Je nach der im Mittelpunkt der Betrachtung stehenden Funktion des Lebergewebes kann man drei verschiedene funktionelle Einheiten unterscheiden (Abb. I-2.4a): ■ Beim Zentralvenenläppchen (Lobulus hepatis, „klassisches“ Leberläppchen) steht die Vena centralis (S. 741) im Mittelpunkt. Radiär um die Zentralvene sind Bälkchen von Hepatozyten und Lebersinusoide angeordnet (Abb. I-2.4b). Letztere sind erweiterte Kapillaren zwischen den Leberzellbälkchen, in denen Mischblut aus der Pfortader und der A. hepatica propria fließt, das über die entsprechenden Gefäße der GlissonTrias zugeführt wird. Die Sauerstoffkonzentration ist in der Umgebung der Aa. interlobulares (S. 741) am höchsten und nimmt in Richtung Zentralvene kontinuierlich ab. Neuere Untersuchungen bestätigen, dass es sich bei dem klassischen Leberläppchen um die eigentliche funktionelle Parenchymgliederung der Leber handelt. ■ Beim Portalvenenläppchen (= Periportal- oder Portalläppchen) rückt die Galleproduktion ins Zentrum der Betrachtung. Hier steht das periportale Feld im Mittelpunkt, während die Zentralvenen die Ecken bilden. Die Galle fließt in den zentral gelegenen Ausführungsgang. An einem Portalvenenläppchen sind drei oder mehr Zentralvenenläppchen beteiligt.

Baueinheiten: Bindegwebsfasern unterteilen das Leberparenchym in Lobuli hepatis, die sich um ein zentrales, abführendes Gefäß, V. centralis, gruppieren.

⊙ I-2.4

In diesen befindet sich die Glisson-Trias: die Blutgefäße aus der V. portae hepatis und der A. hepatica propria sowie die Gallenwege. Man unterscheidet je nach Betrachtungsweise drei funktionelle Einheiten (Abb. I-2.4a): ■



Zentralvenenläppchen (Lobulus hepatis, „klassisches“ Leberläppchen). Hier steht die V. centralis (S. 741) im Mittelpunkt der Betrachtung (Abb. I-2.4b).

Beim Portalvenenläppchen steht das periportale Feld im Mittelpunkt.

⊙ I-2.4

Baueinheiten der Leber Canaliculus biliferus

Zentralvene

apikaler Leberzellpol Tight junctions (Zonulae occludentes) basaler Leberzellpol

DisseRaum c a

Wo mehrere Lobuli zusammentreffen, bilden sich bindegewebige Zwickel aus (periportale Felder).

Sinusendothel-Zelle Sinusoid Hepatozyt

periportale Trias

Canaliculus biliferus

Leberzellbälkchen

Sinusoid periportale Trias (Glisson-Trias)

V. centralis b

Ductuli interlobulares aus dem Ductus hepaticus (Gallengang)

Vv. interlobulares aus der V. portae hepatis

Aa. interlobulares aus der A. hepatica propria a Zentralvenenläppchen (blau), Portalvenenläppchen (grün) und Leberazinus (rot). b Strukturmodell eines Zentralvenenläppchens (Lobulus hepatis). (Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

c Strukturmodell eines Leberzellbälkchens.

740 ■

I 2 Hepatobiliäres System und Pankreas

Beim Leberazinus bilden jeweils zwei periportale Felder und zwei Vv. centrales die Ecken einer Raute. Diese Betrachtung gründet sich auf die innerhalb eines Leberläppchens unterschiedlichen Stoffwechselzonen.

Lebersinusoide: Dies sind mit gefenstertem Endothel ausgekleidete erweiterte Kapillaren zwischen den Leberzellbälkchen. Sie führen nährstoffreiches Blut aus der V. portae hepatis und sauerstoffreiches Blut aus der A. hepatica propria und verbinden die periportalen Felder mit den Vv. centrales. Das Endothel der Sinusoide ist vom Leberparenchym durch das Spatium perisinusoideum (Disse-Raum) getrennt.

Zelltypen: Man unterscheidet: ■ Hepatozyten: Sie besitzen oft mehrere Kerne. Ihr Zytoplasma ist reich an Organellen (Tab. I-2.3). Sie bilden ein- bis mehrschichtige Epithelzellplatten aus, die radiär auf eine Zentralvene zulaufen. Die dem DisseRaum zugewandte basolaterale Oberfläche ist unregelmäßig mit Mikrovilli besetzt. Ihr gegenüber liegt der apikale oder biliäre Zellpol. Die apikale Membran zweier gegenüberliegender Hepatozyten begrenzt das Lumen der Canaliculi biliferi und ist durch einen ausgeprägten Schlussleistenkomplex (S. 59) von der übrigen Membran abgetrennt.

≡ I-2.3







Der Leberazinus berücksichtigt die Tatsache, dass innerhalb eines Leberläppchens unterschiedliche Stoffwechselzonen (mit unterschiedlicher Anfälligkeit für Schädigungen) vorkommen. Ein Azinus ist rhombisch mit jeweils zwei gegenüber liegenden Vv. centrales und zwei periportalen Feldern (mit A. und V. interlobularis) an den Ecken. Damit kann ein Azinus als das Versorgungsgebiet zweier Aa. und Vv. interlobulares aufgefasst werden.

Lebersinusoide: Hierbei handelt es sich um zwischen den Leberzellbälkchen liegende erweiterte Kapillaren (9–12 µm Durchmesser), die mit einem gefensterten Endothel ausgekleidet sind. In ihnen fließt nährstoffreiches Blut aus den Endästen der V. portae hepatis und sauerstoffreiches Blut aus den Aa. interlobulares der Arteria hepatica propria. Sie sind 0,5 mm lang und ziehen radiär Richtung V. centralis. Auf dieser (erstaunlich kurzen) Strecke erfolgt der gesamte Stoffaustausch zwischen Blut und Hepatozyten. Das diskontinuierliche Endothel ruht nicht auf einer Basalmembran und ist von dem angrenzenden Leberparenchym durch einen 0,3 µm breiten, mit Blutplasma gefüllten Raum, dem Spatium perisinusoideum oder Disse-Raum, getrennt, in den die unregelmäßigen Mikrovilli der Hepatozyten ragen. Zelltypen: In der Leber finden sich verschiedene Typen von Zellen mit unterschiedlichen Funktionen: ■ Hepatozyten: Die eigentlichen Parenchymzellen sind polyedrische Zellen von 20– 30 µm Durchmesser, von denen etwa 20–25 % zwei große, euchromatische Zellkerne mit deutlichem Nukleolus besitzen. Die Hälfte der Zellkerne ist tetraploid. Das hepatozytäre Zytoplasma ist außerordentlich reich an Organellen (Tab. I-2.3). Die Hepatozyten bilden ein-, gelegentlich auch mehrschichtige Zellplatten aus, die radiär auf die Zentralvene zulaufen. Die Hepatozyten sind polarisiert: Man unterscheidet einen apikalen oder peribiliären Zellpol, der die Wand der Gallenkapillaren (Canaliculi biliferi) bildet, und eine große basolaterale Oberfläche. Bei dieser unterscheidet man wiederum die den anderen Hepatozyten zugewandte Zelloberfläche und eine dem Disse-Raum zugewandte perisinusoidale Oberfläche, die mit unregelmäßigen Mikrovilli besetzt ist. Anders als bei den meisten Epithelzellen befinden sich die Mikrovilli der Hepatozyten nicht nur am apikalen Zellpol, sondern auch auf der basolateralen Seite bzw. der perisinusoidalen Oberfläche. Die apikale Membran zweier gegenüberliegender Hepatozyten begrenzt das Lumen der Canaliculi biliferi (Gallenkanälchen, Abb. I-2.4c) und ist mit einem ausgeprägten Schlussleistenkomplex (S. 59) gegen die basolaterale Seite abgegrenzt.

Organellen der Hepatozyten und Stoffwechselleistungen

Organelle

Stoffwechselleistung

Mitochondrien (200/Hepatozyt)

Synthese von Harnstoff, ATP

Peroxisomen (500/Hepatozyt)

Synthese von Cholesterin, Gallensäuren

raues endoplasmatisches Retikulum

Synthese von Serumproteinen, Gerinnungsfaktoren, Apo-Lipoproteinen

glattes endoplasmatisches Retikulum

Cholesterinsynthese Oxidation von Xenobiotika (Medikamente, Pestizide) Konjugation von Bilirubin (Abbauprodukt des Häms) mit Glukuronsäure Konjugation anderer Substanzen/Metabolite mit Taurin, Glyzin, Glukuronsäure oder Sulfat

Golgi-Apparate (zahlreiche)

Synthese der peribiliären Plasmamembranen Glykosilierung der Proteine der Galle

Lysosomen

Abbau von Lipoproteinen und Serumproteinen

Kupffer-Zellen: Sie sind zur Phagozytose befähigt und stehen im Verband mit den Sinusoidendothelzellen (s. o.).

Pit-Zellen: Sie haften als leberspezifische Lymphozyten an den Endothelzellen.





Kupffer-Zellen: Sie stehen im Verband mit den Sinusendothelzellen (s. o.) und sind antigenpräsentierende Makrophagen, deren Zellkörper sich in das Sinusoidlumen vorwölben. Kupffer-Zellen sind zur Phagozytose befähigt und können Zelltrümmer, Bakterien sowie andere Fremdkörper aufnehmen und speichern. Wie auch die Makrophagen der Milz (S. 185) sind die Kupffer-Zellen an der Phagozytose überalterter Erythrozyten beteiligt. Sie werden dem mononukleären Phagozytensystem = MPS (S. 174) zugeordnet. Pit-Zellen: Diese leberspezifischen Lymphozyten, sog. natural killer cells = NK-Zellen (S. 176), haften an den Endothelzellen.

741

I 2.2 Hepatobiliäres System ■



Stern(Ito)-Zellen: Hierbei handelt es sich um fettspeichernde Sternzellen im DisseRaum, in deren Zytoplasma sich Vitamin A anreichert. Sie sind oft von Kollagenfasern umgeben, die sich als retikuläre Fasern (S. 70) darstellen lassen. Nach erhöhter Vitamin-A-Zufuhr proliferieren diese Zellen. Sie werden für die erhöhte Kollagenproduktion bei Leberzirrhose verantwortlich gemacht. Ovalzellen (S. 742) kommen im Epithelverband der Hering-Kanälchen (Anfangsteil der intrahepatischen Gallenwege) vor und werden dort besprochen.





Ito-Zellen: Die Vitamin A speichernden Sternzellen befinden sich im Disse-Raum und spielen bei der Pathogenese der Leberzirrhose eine Rolle. Ovalzellen (S. 742).

Gefäße und Innervation der Leber

Gefäße und Innervation der Leber

Lebergefäße

Lebergefäße

▶ Merke. Für das Blut stellt die Leber nach einem ersten Kapillarbett in Darm und

▶ Merke.

Milz ein zweites Kapillarbett dar, in dem nährstoffreiches Blut aus der V. portae hepatis und sauerstoffreiches Blut aus der A. hepatica propria fließt, sog. Pfortaderkreislauf (S. 869)! Sie unterscheidet sich damit von anderen Organen mit einem „gewöhnlichen“ arteriovenösen Kapillarbett. Die Leber erhält Blut aus der Vena portae hepatis (Vas publicum, Abb. K-1.7) und der Arteria hepatica propria (Vas privatum, Abb. K-1.4), die aus der A. hepatica communis, einem der drei Hauptäste des Truncus coeliacus stammt; vgl. auch Vasa publica und Vasa privata (S. 149). Zusammen mit dem Ductus hepaticus communis bilden sie die portale Trias. Jede Struktur dieser Trias verzweigt sich in der Leber zunächst in jeweils zwei Hauptäste, wodurch die Leber in eine Pars dextra und sinistra unterteilt wird (Abb. I-2.3). Die weitere Verzweigung liegt den funktionell voneinander weitgehend unabhängigen acht Lebersegmenten (S. 737) zugrunde. Diese segmentalen Gefäße/Gallengänge teilen sich in die Arteriae bzw. Venae und Ductuli interlobulares. Das arteriovenöse Mischblut, das durch die Sinusoide der Leber fließt, stammt aus den Vasa interlobularia und wird in den Venae centrales der Leberläppchen (S. 739) gesammelt. Diese führen das venöse Blut über die Venae sublobulares den ableitenden Venae hepaticae dextra, sinistra und intermedia zu, die in die Vena cava inferior münden. Die Lymphsysteme (subperitoneales und intraparenchymatöses Lymphsystem) der Leber haben nach kaudal Anschluss an die Nodi lymphoidei hepatici und Nodi lymphoidei coeliaci. Nach kranial drainiert die Lymphe über die Nodi lymphoidei phrenici inferiores und z. T. auch superiores an mediastinale Lymphknoten (Abb. I-2.5).

⊙ I-2.5

Nll. phrenici inferiores

Nll. phrenici superiores

Leber (Hepar)

Nll. hepatici

V. cava inferior

Magen (Gaster)

Nl. cysticus

Truncus coeliacus mit Nll. coeliaci

Gallenblase (Vesica biliaris)

Zwölffingerdarm (Duodenum)

Bauchspeicheldrüse (Pancreas)

Nll. pylorici

Ansicht von ventral. (Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

Die Lymphe wird sowohl über Nll. hepatici und coeliaci als auch über die Nodi lymphoidei phrenici inferiores abgeleitet (Abb. I-2.5).

⊙ I-2.5

Lymphabflusswege von Leber und Gallenwegen

Zwerchfell (Diaphragma)

Die Leber erhält nährstoffreiches Blut aus der V. portae hepatis (Vas publicum) und sauerstoffreiches Blut aus der A. hepatica propria (Vas privatum); vgl. Vasa privata (S. 149). Beide zweigen sich in Aa. bzw. Vv. interlobulares auf (Abb. I-2.3). Das Blut aus den Vv. centrales wird über die Vv. sublobulares den Vv. hepaticae zugeführt, die es in die V. cava inferior ableiten.

Gallengang (Ductus choledochus)

742

I 2 Hepatobiliäres System und Pankreas

Innervation der Leber

Innervation der Leber

Sympathische Innervation: Die postganglionären sympathischen Fasern aus dem Ganglion coeliacum (S. 875) hemmen die Gallesekretion und fördern den Glykogenabbau (→ Anstieg des Blutzuckerspiegels).

Sympathische Innervation: Die präganglionären Fasern verlaufen mit dem N. splanchnicus major und werden im Ganglion coeliacum (S. 875) umgeschaltet. Die postganglionären, die Gallesekretion hemmenden Fasern gelangen als Plexus hepaticus, der die A. hepatica propria umgibt, zur Leberpforte. Eine Steigerung der sympathischen Innervation führt zum Abbau von Glykogen und nachfolgendem Anstieg des Blutzuckerspiegels.

Parasympathische Innervation: Die parasympathischen Fasern, die eine Steigerung des Galleflusses vermitteln, kommen aus dem N. vagus.

Parasympathische Innervation: Die parasympathischen Fasern stammen aus dem Nervus vagus, der einen Ramus hepaticus entlang der A. hepatica propria zur Leber entsendet. Eine parasympathische Innervation führt zu gesteigertem Gallefluss.

Sensible Innervation: Sensible Fasern erreichen die Leber über den N. phrenicus.

Sensible Innervation: Anders als bei anderen intraperitonealen Organen, wo eine sensible Innervation des Peritoneum viscerale fehlt, innervieren sensible Fasern des rechten Nervus phrenicus den Peritonealüberzug und die Glisson-Kapsel der Leber.

2.2.2

2.2.2 Gallenwege

Gallenwege

Über zunächst intra-, dann extrahepatische Gallenwege (Abb. I-2.6) wird die in der Leber gebildete Galle in das Duodenum geleitet.

Die in der Leber gebildete Primär- bzw. Kanalikulärgalle (ca. 600 ml/Tag) wird über die Gallenwege abgeleitet, die ein System bilden, das nach seinem Verlauf in der Leber (intrahepatisch), bis zur Mündung in das Duodenum eine extrahepatische Strecke zurücklegt (Abb. I-2.6).

Intrahepatische Gallenwege

Intrahepatische Gallenwege

Die Canaliculi biliferi entspringen am apikalen Zellpol gegenüberliegender Hepatozyten und ziehen zur Läppchenperipherie, an deren Rand sie in kurze Schalt- oder Zwischenstücke (Hering-Kanäle) übergehen.

Die intrahepatischen Gallenwege beginnen als epithellose Canaliculi biliferi an den apikalen (biliären) Zellpolen gegenüberliegender Hepatozyten. Sie ziehen durch das Läppchen und gehen an deren Rand in kurze Schalt- oder Zwischenstücke (HeringKanälchen) von 10–15 µm Durchmesser über, die von einem einschichtigen flachen Epithel gesäumt werden. Im Epithelverband kommen außerdem Ovalzellen genannte Stammzellen vor, durch deren Proliferation sich das Leberparenchym und die in-

⊙ I-2.6

Lage der intra- und extrahepatischen Gallenwege mit Gallenblase Ductus lobi caudati dexter

(Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

Ductus lobi caudati sinister

a Projektion der intra- und extrahepatischen Gallenwege sowie der Gallenblase auf die Leberoberfläche in der Ansicht von ventral. b Projektion der extrahepatischen Gallenwege mit der Gallenblase auf das Skelett.

Ductus hepaticus dexter Ductus hepaticus communis

Lobus hepatis sinister

Ductus cysticus Lobus hepatis dexter

Ductus hepaticus sinister Ductus choledochus Vesica biliaris

a

Ductus hepaticus dexter

Ductus hepaticus sinister

Ductus cysticus

Ductus hepaticus communis

Vesica biliaris Vertebra lumbalis IV b

Ductus choledochus

I 2.2 Hepatobiliäres System

743

trahepatischen Gallenwege nach starken, toxischen Schädigungen oder Hemihepatektomien (Entfernung einer Leberhälfte) regenerieren können. In den Periportalfeldern gehen die Hering-Kanälchen in die Ductuli biliferi interlobulares über, deren Durchmesser 30–40 µm beträgt. Diese Gefäße gehören zur Glisson-Trias (S. 739) und sind mit einem einschichtigen isoprismatischen Epithel ausgestattet (Abb. I-2.4b). Dieses Epithel sezerniert im Austausch mit Chlorid Bikarbonat in die Galle. Der daraus resultierende (parazelluläre) Nachstrom von Wasser und Na+ erhöht das Volumen der Primärgalle um 30 %, die dadurch zur Lebergalle wird. Die interlobulären Gallenkanäle folgen in ihrem Verlauf den beiden anderen Gefäßen der Glisson-Trias und vereinigen sich schließlich zu den Ductus hepatici dexter und sinister.

Diese sind von einem einschichtigen, flachen Epithel gesäumt und gehen an den Periportalfeldern in die Ductuli biliferi interlobulares über, die ein isoprismatisches Epithel tragen und zur Glisson-Trias (S. 739) gehören. Sie vereinigen sich zu den Ductus hepatici dexter und sinister.

Extrahepatische Gallenwege

Extrahepatische Gallenwege

Im Bereich der Leberpforte vereinigen sich Ductus hepaticus dexter und sinister zum Ductus hepaticus communis, der bereits den extrahepatischen Gallenwegen zugerechnet wird. Vom etwa 4 cm langen Ductus hepaticus communis fließt die Lebergalle durch den Ductus cysticus zur Gallenblase (S. 744) ab, wo die Gallenflüssigkeit gespeichert und eingedickt wird. Während der Ductus hepaticus und der unten beschriebene Ductus choledochus ein glatt begrenztes Lumen aufweisen, ist die aus Schleimhaut bestehende Innenwand des Ductus cysticus schraubenförmig angeordnet, so dass eine spiralige Verschlussfalte entsteht. Diese Heister-Klappe verhindert wahrscheinlich eine Entleerung der Gallenblase bei Anstieg des intrabdominellen Drucks, z. B. bei Defäkation (S. 728). Der Ductus hepaticus setzt danach seinen Weg als Ductus choledochus (etwa 6 cm lang, 0,4–0,9 cm dick) unter dem freien Rand des Lig. hepatoduodenale (Tab. I-2.1) auf die Rückseite des Duodenums fort. Dort wirft er die Plica longitudinalis duodeni auf. Er tritt danach in den Pankreaskopf ein, wo er sich mit dem Ductus pancreaticus (S. 749) vereinigt. Noch vor dem Vereinigungspunkt befindet sich ein eigener Verschlussapparat aus verstärkter Ringmuskulatur (Musculus sphincter ductus choledochi). Der gemeinsame Ausführungsgang ist zu einer Ampulle erweitert und kann durch den Musculus sphincter ampullae hepatopancreaticae (Oddi) verschlossen werden. Er mündet auf der Papilla duodeni major, sog. PapillaVateri (S. 705).

Mit dem Zusammenschluss der Ductus hepatici dexter und sinister zum Ductus hepaticus communis beginnen die extrahepatischen Gallenwege. Von Letzterem zweigt der Ductus cysticus zur Gallenblase (S. 744) ab. Dessen Innenwand ist schraubenförmig mit spiraliger Verschlussfalte (Heister-Klappe zur Verhinderung einer Gallenblasenentleerung bei intraabdominellem Druckanstieg).

Abfluss der Galle

Abfluss der Galle

▶ Merke. Etwa die Hälfte der in der Leber gebildeten Galle fließt zunächst über den

Als Ductus choledochus zieht der Gallengang im Lig. hepatoduodenale (Tab. I-2.1) und tritt in den Pankreaskopf ein. Hier erfolgt die Vereinigung mit dem Ductus pancreaticus (S. 749). Beide Gänge münden zusammen auf der Papilla duodeni major, sog. Papilla Vateri (S. 705), in das Duodenum. Der Verschluss des gemeinsamen Ausführungsganges erfolgt durch einen Sphinktermuskel (Oddi).

▶ Merke.

Ductus hepaticus communis und den Ductus cysticus in die Gallenblase (S. 744). Dort wird die Gallenflüssigkeit durch Entzug von NaCl, NaHCO3 und Wasser eingedickt. Setzt nun der Verdauungsvorgang ein (oft reicht auch der Anblick oder Geruch von Speisen), kommt es neben einer Sekretionssteigerung der Leber (durch das Hormon Sekretin) zur Kontraktion der glatten Gallenblasenmuskulatur sowie zu einer Erschlaffung des M. sphincter ductus choledochi (durch das gleichzeitig im Dünndarm freigesetzte Hormon Cholezystokinin). Die Kontraktion der Gallenblase drückt die Gallenflüssigkeit zurück in den Ductus cysticus. Da der Abflusswiderstand im Ductus choledochus wesentlich geringer ist als im Ductus hepaticus communis, kann die Galle in das Duodenum abfließen. ▶ Klinik. Ist dieser Weg jedoch durch einen Gallengangstein (Cholangiolithiasis)

oder einen die Gallenwege einengenden Tumor versperrt, kommt es zu einem Rückstau der Gallenflüssigkeit (Cholestase) in die intrahepatischen Gallenwege und damit zu deren Erweiterung. Klinisch unterscheidet sich das Beschwerdebild des Patienten dadurch, dass eine plötzliche Verlegung der Gallenwege durch einen Stein aus der Gallenblase (S. 745) meist sehr schmerzhaft ist (Gallenkolik), während ein kontinuierlich wachsender Tumor (vom Epithel der Gallengänge ausgehend oder Pankreaskopfkarzinom) oft zunächst keine Schmerzen verursacht. Insbesondere hierbei kann man häufig die vergrößerte, prall elastische Gallenblase unter dem rechten Rippenbogen tasten, ohne dass der Patient Schmerzen empfindet (Courvoisier-Zeichen). In beiden Fällen der Gallengangsobstruktion kann es zu einem (posthepatischen) Verschlussikterus (s. u.) kommen.

Bei Einsetzen des Verdauungsvorgangs kommt es neben einer Sekretionssteigerung der Leber zur Kontraktion der Gallenblasenmuskulatur und Erschlaffung des M. sphincter ductus choledochi. Die Galle fließt über den Ductus cysticus und den Ductus choledochus in das Duodenum ab.

▶ Klinik.

744

I 2 Hepatobiliäres System und Pankreas

▶ Exkurs: Zusammensetzung der Galle.

▶ Exkurs: Zusammensetzung der Galle. Die von der Leber produzierte Galle wird auf ihrem Weg über die Gallenwege zum Darm lediglich in ihrer Konzentration verändert, Eindickung in der Gallenblase (S. 744). Prinzipiell enthält sie die fettemulgierenden Gallensäuren, Gallenfarbstoffe, die aus dem Abbau des Häms (Bestandteil des Blutfarbstoffs Hämoglobin, s. u.) entstehen, sowie Cholesterin und Phospholipide (vgl. Lehrbücher der Biochemie). Weitere Bestandteile sind Bicarbonationen, die in den Gallengängen einen passiven Einstrom von Wasser und Natriumionen bewirken, sowie geringe Mengen von Immunglobulin A („Schleimhautimmunität“). Letzteres wird nicht in der Leber synthetisiert, sondern gelangt durch Transzytose in die Gallenflüssigkeit. Eine große klinische Bedeutung spielt das beim Hämabbau entstehende Bilirubin, das (zunächst in unkonjugierter Form) an Albumin gebunden zur Leber transportiert und dort zur besseren Ausscheidung über die Galle mit Glukuronsäure konjugiert wird (konjugiertes Bilirubin).

▶ Klinik.

▶ Klinik. Als Ikterus bezeichnet man eine erhöhte Konzentration von Bilirubin im Blut. Die erhöhte Bilirubinkonzentration im Serum ist zunächst am besten gegen den weißen Hintergrund der Skleren des Auges (Abb. I-2.7) und später auch an der Haut sichtbar. Zu einem Ikterus kommt es, wenn mehr Bilirubin entsteht als durch die Leber konjugiert und/oder mit der Gallenflüssigkeit ausgeschieden werden kann. Je nach Ursache unterscheidet man einen prä-, intra- und posthepatischen Ikterus. Ein prähepatischer Ikterus entsteht z. B. durch vermehrten Abbau von Erythrozyten bei einer hämolytischen Anämie (S. 169). Ursache eines intrahepatischen Ikterus können schwere Leberfunktionsstörungen und eine damit verbundene eingeschränkte Konjugationsleistung sein. Ein posthepatischer Ikterus entsteht meist durch eine Abflussbehinderung in den Gallenwegen (z. B. bei Gallensteinen oder Tumor, s. o.).

⊙ I-2.7

Ikterus bei einem Patienten mit alkoholtoxischer Hepatitis. Die Gelbfärbung der Konjunktiven (Bindehaut) über den weißen Skleren ist durch ein erhöhtes Bilirubin im Serum bedingt. (Füeßl, F.S., Middeke, M.: Duale Reihe Anamnese und Klinische Untersuchung. Thieme, 2014)

Gefäßversorgung und Innervation der Gallenwege Sie entsprechen denen der Leber (S. 741) bzw. der Gallenblase.

2.2.3

Gallenblase (Vesica biliaris)

▶ Synonym.

Gefäßversorgung und Innervation der Gallenwege Während die intrahepatischen Gallenwege als Strukturen der Leber durch die Lebergefäße (S. 741) versorgt werden, entsprechen die Leitungsbahnen der extrahepatischen Gallenwege denen der Gallenblase.

2.2.3 Gallenblase (Vesica biliaris) ▶ Synonym. Vesica fellea

Funktion der Gallenblase

Funktion der Gallenblase

Sie hat Reservoirfunktion für die Galle, die hier durch Resorption von Wasser und Na+ konzentriert wird.

Die Gallenblase dient zunächst als Reservoir für Gallenflüssigkeit. Durch die Resorption von Na+ und Wasser wird die Lebergalle hier zur Blasengalle konzentriert. Die Blasengalle kann 5–10-mal konzentrierter sein als die Lebergalle: In der Regel entsprechen 50 ml Blasengalle 1–1,5 l Lebergalle.

745

I 2.2 Hepatobiliäres System

▶ Klinik. Bei der Konzentration (Wasserentzug) der Gallenflüssigkeit kann es passieren, dass manche gelösten Substanzen auskristallisieren. Da Cholesterin in der Gallenflüssigkeit als Mizellen mit Gallensäuren und Phospholipiden vorliegt und allein nur wenig wasserlöslich ist, können bereits geringe Veränderungen der Gallenzusammensetzung zu einer Übersättigung von Cholesterin und zum Ausfallen führen. Das präzipitierte Cholesterin wirkt oft als Kristallisationskern und es entstehen Gallengries oder -steine (Cholezystolithiasis).

⊙ I-2.8

Diese Gallensteine sind meist asymptomatisch, können aber ab einer bestimmten Größe den Ductus cysticus oder den Ductus choledochus verschließen, sog. Cholangiolithiasis (S. 743). Wird die Gallenblasenwand über längere Zeit durch Gallensteine gereizt, entsteht eine Entzündung (Cholezystitis), die in weiterem Verlauf von Bakterien besiedelt werden kann, was durch den speziellen Bau der Gallenblasenschleimhaut (S. 746) unterstützt wird.

Cholezystolitihiasis.

Sonografisch lassen sich hier innerhalb der flüssigkeitsgefüllten Gallenblase (kurze schwarze Pfeile) zwei ca. 1 cm große Gallensteine (weiße Pfeile) nachweisen. Aufgrund ihrer Echodichte führen sie zu dorsalen Schallschatten (lange schwarze Pfeile). (Reiser, M., Kuhn, F.P., Debus, J.: Duale Reihe Radiologie. Thieme, 2011)

Form, Abschnitte und Lage

Form, Abschnitte und Lage

Form: Die Gallenblase ist ein 8–12 cm langes und 4–5 cm breites etwa birnenförmiges Hohlorgan, das unter physiologischen Bedingungen 40–50 ml Flüssigkeit fasst. Aufgrund der außerordentlich dehnbaren Wand der Gallenblase, die im Normalzustand nur 0,3–0,4 mm dick ist, kann das Organ bei steigendem Füllungsdruck bis zu 200 ml aufnehmen.

Form: Das birnenförmige Hohlorgan fasst ca. 40–50 ml Flüssigkeit.

Abschnitte: Man unterscheidet den Hals (Collum), in den der Ductus cysticus mündet, den Körper (Corpus) und den Grund (Fundus) der Gallenblase (Abb. I-2.9a). Über den Ductus cysticus ist die Gallenblase mit dem Ductus choledochus (S. 743) verbunden.

Abschnitte: Die Gallenblase gliedert sich in Collum, Corpus und Fundus (Abb. I-2.9a) und ist über den Ductus cysticus mit dem Ductus choledochus (S. 743) verbunden.

Lage und Lagebeziehungen: Die Gallenblase liegt in der Fossa vesicae biliaris der Facies visceralis der Leber (Abb. I-2.9b) und ist mit dieser durch feste Bindegewebszüge, d. h. durch Teile der Glisson-Kapsel (S. 737), verbunden. Auf der dem Darm zugewandten Seite ist die Gallenblase mit Peritoneum überzogen.

Sie liegt in der Fossa vesicae biliaris der Facies visceralis der Leber (Abb. I-2.9b) und ist auf der dem Bauchraum zugewandten Seite mit Peritoneum überzogen.

⊙ I-2.9

Gallenblase mit extrahepatischen Gallenwegen

Ductus hepaticus dexter

Ductus hepaticus sinister

Ductus cysticus Ductus hepaticus communis

Vesica biliaris, Collum

Area nuda Duodenum, Pars superior

Vesica biliaris, Corpus

Ductus choledochus

Vesica biliaris, Fundus

Ductus pancreaticus accessorius

Papilla duodeni minor Papilla duodeni major Duodenum, Pars descendens

Ductus pancreaticus Duodenum, Pars inferior

a

V. hepatica sinistra

Lig. venae cavae sinistrae

Lobus caudatus

V. cava inferior V. portae hepatis

Lobus sinister

Ductus hepaticus dexter

Ductus hepaticus sinister

Ductus hepaticus communis

Ductus choledochus Lobus quadratus

Ductus cysticus

Lig. teres hepatis

Vesica biliaris

b

(Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

a Form, Abschnitte und Lage der Gallenblase in Bezug zum Duodenum in der Ansicht von ventral: Gallenblase und Duodenum sind ventral eröffnet und gefenstert. b Lage der Gallenblase mit extrahepatischen Gallenwegen an der Leberpforte.

746

I 2 Hepatobiliäres System und Pankreas

Der Hals liegt ventral der Pars superior duodeni. Das Corpus steht in Kontakt zur Flexura coli dextra, ihr Fundus reicht knapp unter die Margo inferior der Leber.

Der Fundus reicht rechts des Lig. falciforme hepatis in Höhe der 9. Rippe wenige Zentimeter unter die Margo inferior der Leber. Das Corpus steht damit in Kontakt zur Flexura coli dextra. Der Gallenblasenhals liegt unmittelbar ventral der Pars superior duodeni.

Wandbau der Gallenblase

Wandbau der Gallenblase

Er entspricht dem Grundbauplan muskulärer Hohlorgane (S. 530) mit folgenden Schichten: ■ Die Tunica mucosa besteht aus einem einschichtigen hochprismatischen Epithel mit apikalem Mikrovillisaum und gut ausgebildetem Schlussleistennetz. An manchen Stellen kommen tiefe Krypten vor (Rokitanski-Aschoff-Krypten).

Die Wand der Gallenblase entspricht dem Grundbauplan muskulärer Hohlorgane (S. 530) und besteht somit aus folgenden Schichten: ■ Die Tunica mucosa ist durch netzartige Bindegewebsleisten der Lamina propria zu hohen, unregelmäßigen Schleimhautfalten aufgeworfen. Ihre Höhe hängt vom Füllungszustand der Gallenblase ab. An manchen Stellen kommen tiefe Krypten (Rokitanski-Aschoff-Krypten) vor, in die sich Bakterien festsetzen und Entzündungen hervorrufen können. Das einschichtige Epithel besteht wie in den anderen extrahepatischen Gallewegen aus hochprismatischen Zellen mit einem apikalen Mikrovillisaum und gut ausgebildeten Schlussleistenkomplex (S. 59). Die Epithelzellen sezernieren Muzine, die wahrscheinlich dem Schutz des Epithels vor der Galle dienen. Im Kollum kommen auch Becherzellen und muköse Drüsen vor.

▶ Klinik. Bei längerfristiger Reizung der Gallenblasenschleimhaut

durch Gallensteine (S. 745) kann es zu einer entzündlichen Reaktion mit möglicher Folge einer bakteriellen Besiedlung kommen. Letztere wird durch den zerklüfteten Bau der Schleimhaut (Aschoff-Rokitanski-Krypten!) zusätzlich begünstigt. Einen klinischen Hinweis auf eine solche Entzündung der Gallenblase (Cholezystitis) kann folgende Untersuchung geben: Bei einem sitzenden Patienten drückt man etwas medial von der Medioklavikularlinie knapp unterhalb des Rippenbogens die Bauchdecke mit mehreren Fingern etwas ein und bittet den Patienten tief einzuatmen. Gibt dieser bei der Inspiration einen plötzlichen, umschriebenen Druckschmerz an, spricht man vom Murphy-Zeichen, das charakteristisch für eine Cholezystitis ist. Der Verdacht kann in der Oberbauchsonografie gesichert werden, die charakteristischerweise eine Wandverdickung der Gallenblase zeigt. ■







Die Lamina propria besteht aus kollagenem und elastischem Bindegewebe. Die scherengitterartige Tunica muscularis kontrahiert sich durch das Hormon Cholezystokinin (aus dem Dünndarm). Die Lamina subserosa geht in die Capsula fibrosa über. Tunica serosa aus Peritonealepithel überzieht die Wand der Gallenblase außen.









Gefäßversorgung und Innervation der Gallenblase Gefäßversorgung: Die A. cystica stammt aus der A. hepatica propria. Die Vv. cysticae münden in die Pfortader. Die Lymphgefäße haben Anschluss an die Nll. coeliaci.

Innervation: Die vegetative Innervation erfolgt aus dem Plexus hepaticus. Zusätzliche sensible Afferenzen verlaufen mit dem rechten N. phrenicus.

⊙ I-2.10

Akute Cholezystitis. Der typische sonografische Befund zeigt eine Verdickung der Gallenblasenwand mit einer Dreischichtung: Die echoarme Zone (kurzer Pfeil) wird gesäumt von je einem inneren und äußeren echoreichen Saum (lange Pfeile). (Reiser, M., Kuhn, F.P., Debus, J.: Duale Reihe Radiologie. Thieme, 2011)

Das Bindegewebe der Lamina propria besteht aus fein verteilten kollagenen und elastischen Fasern und enthält neben Fibrozyten zahlreiche freie Zellen (Lymphozyten, Histiozyten, Mastzellen). Die glatte Muskulatur der Tunica muscularis ist scherengitterartig angeordnet. Durch Cholezystokinin (S. 743), einem Hormon der Dünndarmschleimhaut, wird die Kontraktion der glatten Muskulatur ausgelöst und Galle in die extrahepatischen Gallenwege gedrückt. Eine bindegewebige Lamina subserosa bildet den Übergang zur Capsula fibrosa (Glisson-Kapsel) der Leber. Auf der dem Darm zugewandten Seite ist die Gallenblase von einer Tunica serosa aus Peritonealepithel überzogen.

Gefäßversorgung und Innervation der Gallenblase Gefäßversorgung: Die Arteria cystica stammt aus dem Ramus dexter der Arteria hepatica propria. Die Venae cysticae münden im Lig. hepatoduodenale in die Pfortader. Die Lymphgefäße der Gallenblase ziehen zu den Nodi lymphoidei hepatici an der Leberpforte und den Lymphknoten um den Truncus coeliacus (Nodi lymphoidei coeliaci). Innervation: Die vegetative Innervation der Gallengänge und der Gallenblase erfolgt aus dem Plexus hepaticus, der aus dem Plexus coeliacus gespeist wird. Die autonome Stimulation der Gallenblase bzw. Gallenwege verstärkt die hormonell induzierte Kontraktion der Gallenblasenmuskulatur und die Erschlaffung des Verschlussapparats.

747

I 2.2 Hepatobiliäres System

Im Plexus hepaticus verlaufen auch afferente Schmerzfasern. Zusätzliche Schmerzafferenzen aus dem Peritoneum über der Gallenblase verlaufen im rechten Nervus phrenicus aus dem Plexus cervicalis. ▶ Klinik. Dadurch projizieren Schmerzen im Bereich der Gallenblase in die rechte

▶ Klinik.

Schulter = Dermatom C 4, vgl. Abb. B-3.13.

2.2.4 Entwicklung des hepatobiliären Systems Entwicklung des Parenchyms von Leber, Gallenwegen und Gallenblase Die Leberanlage entsteht ab einem Embryonalstadium mit 7 Somiten durch Aussprossung von zwei endodermalen Leberdivertikeln aus dem Darmrohr im Bereich des späteren Duodenums. Dieser Bereich wird als hepatopankreatischer Ring bezeichnet. Die Leberanlage teilt sich in zwei Abschnitte: ■ Aus dem unteren Abschnitt gehen (durch Abschnürung) Gallenblase und Ductus cysticus und die übrigen extrahepatischen Gallenwege hervor, ■ aus dem oberen Abschnitt entwickeln sich das Leberparenchym und die intrahepatischen Gallenwege. Die Zellen aus denen sich das Leberparenchym entwickelt, wachsen in das Mesogastrium ventrale (S. 667) und das Septum transversum (eine der Zwerchfellanlagen) hinein und ordnen sich zu Bälkchen und Platten an, die von weitläufigen blutgefüllten Sinus gesäumt werden; vgl. auch Entwicklung des Zwerchfells (S. 115). Die Zellen, deren Wände die Sinus bilden (Sinusendothelzellen), stammen aus dem Bindegewebe des Septum transversum. Aus diesem gehen auch Zellinseln von hämatopoetisch aktivem Gewebe und die Kupffer-Zellen hervor. Die Blutbildung in der Leber (S. 167) erreicht im 6.–7. Monat p. c. ihren Höhepunkt und wird danach bis zur Geburt fast vollständig zurückgebildet.

Entwicklung des intrahepatischen Gefäßsystems Für die Entwicklung des intrahepatischen Gefäßsystems spielen vor allem die Vv. vitellinae eine große Rolle. Die beiden Venae vitellinae (Dottervenen) verlaufen in unmittelbarer Nachbarschaft des Darmrohres und bilden dabei Anastomosen vor und hinter dem Darmrohr aus. Aus den Vv. vitellinae und ihren Anastomosen entwickeln sich durch Umbauvorschläge die zu- und abführenden Venen der Leber sowie die intrahepatischen Blutsinus. Das aussprossende Leberparenchym umwächst die Dottervenen mit ihren Anastomosen, so dass Sinusoide mit Anschluss an das venöse System entstehen. Aus dem kranialen Anteil des Gefäßnetzes entwickelt sich das intrahepatische Stück der Vena cava inferior und die Venae efferentes. Letztere werden im Laufe der Entwicklung zu den Venae hepaticae. Nach Obliteration der linken V. vitellina entsteht schließlich ein einheitlicher zuführender Venenstamm links vom Duodenum: die spätere Vena portae hepatis bzw. eines der Quellgefäße, die Vena mesenterica superior. Das mesenchymale Bindegewebe entlang der sich entwickelnden V. portae hepatis proliferiert (ab der 7. Woche) und breitet sich entlang der intrahepatischen Verzweigungen aus. Von außen kommend dringen die Äste der A. hepatica in dieses Bindegewebslager ein und verzweigen sich entsprechend dem Verlauf der bindegewebigen Septen. Ausgehend von der Leberpforte schreitet dieser Prozess ins Innere der Leber fort. So entsteht bereits zu einem frühen Entwicklungszeitpunkt die charakteristische Trias von Arterien, Venen und intrahepatischen Gallenwegen. In den beiden Venae umbilicales, die rechts und links der Leberanlage verlaufen, fließt Blut, das in der Plazenta arterialisiert wurde. Im weiteren Verlauf erlangt die linke V. umbilicalis Anschluss an das Sinussystem der Leber, während die rechte zurückgebildet wird. Dies führt dazu, dass das gesamte arterialisierte Blut aus der Plazenta in die Leber geführt wird. Durch Umbau des intrahepatischen Gefäßsystems gelangt dieses Blut unmittelbar in die rechten Vv. efferentes hepatis und von dort über die V. cava in das Herz. Dieser „Kurzschluss“ wird Ductus venosus genannt. V. umbilicalis und Ductus venosus obliterieren nach der Geburt zum Lig. teres hepatis bzw. zum Lig. venosum (Tab. I-2.4).

2.2.4

Entwicklung des hepatobiliären Systems Entwicklung des Parenchyms von Leber, Gallenwegen und Gallenblase Die Leberanlage entwickelt sich als Aussprossung von Endodermzellen des Darmrohrs in das Mesogastrium ventrale. ■ Aus ihrem unteren Abschnitt gehen Gallenblase und die extrahepatischen Gallenwege hervor, ■ aus dem oberen Abschnitt entwickeln sich das Leberparenchym und die intrahepatischen Gallenwege. ■ Die Zellen ordnen sich zu Platten und Bälkchen, die von blutgefüllten Sinus gesäumt werden. Sowohl die Sinusendothelzellen als auch die hämatopoetisch aktiven Zellen der embryonalen Leber stammen von Zellen des Septum transversum ab.

Entwicklung des intrahepatischen Gefäßsystems Aus den Vv. vitellinae, und ihren Anastomosen entwickeln sich die Blutsinus, das intrahepatische Stück der V. cava inferior und die Vv. efferentes (spätere Vv. hepaticae). Durch Obliteration der linken V. vitellina entsteht links vom Duodenum ein einheitlicher zuführender Venenstamm, die spätere V. portae hepatis bzw. V. mesenterica superior. Die linke V. umbilicalis, die arterialisiertes Blut aus der Plazenta führt, erlangt ebenfalls Anschluss an das Sinussystem der Leber. Durch Umbau des intrahepatischen Gefäßsystems gelangt dieses Blut unmittelbar in die rechten Vv. efferentes hepatis und von dort zur V. cava inferior. Der Kurzschluss zwischen V. umbilicalis und Vv. efferentes wird Ductus venosus (Arantii) genannt. Er obliteriert nach der Geburt zum Ligamentum teres hepatis bzw. venosum (Tab. I-2.4).

748

≡ I-2.4

I 2 Hepatobiliäres System und Pankreas

≡ I-2.4

Entwicklung des intrahepatischen Gefäßsystems

embryonale Gefäße

adulte Strukturen (Gefäß, Band)

Vv. vitellinae ■ kranialer Anteil



V. cava inferior (intrahepatischer Anteil)



Mitte



Lebersinusoide



kaudaler Anteil



V. mesenterica superior, V. portae hepatis

Vv. efferentes hepatis*

Vv. hepaticae

V. umbilicalis

Lig. teres hepatis

Ductus venosus (Arantii)

Lig. venosum (Arantii)

*gehen aus den Vv. vitellinae hervor

Bauchspeicheldrüse (Pankreas)

2.3

Bauchspeicheldrüse (Pankreas)

2.3

2.3.1

Funktion des Pankreas

2.3.1 Funktion des Pankreas

Das Pankreas hat einen exokrinen und einen endokrinen Anteil. ■ Der exokrine Teil produziert Bikarbonat und Verdauungsenzyme für die Spaltung von Lipiden, Kohlenhydraten und Proteinen. Nach Sekretion inaktiver Vorläuferproteine werden sie durch Enteropeptidase im Darm aktiviert. ■ Der endokrine Teil, die Langerhans-Inseln (Inselorgan), reguliert den Glukosestoffwechsel.

⊙ I-2.11

Das Pankreas ist sowohl eine exokrine als auch eine endokrine Drüse: ■ Der exokrine Teil des Pankreas produziert pro Tag 1,5–2 l eines Verdauungssekrets, das Bikarbonat (pH etwa 8) und Enzyme für die Aufspaltung von Proteinen, Lipiden, Kohlehydraten und Nukleinsäuren enthält. Die meisten der Enzyme werden als inaktive Vorläuferproteine sezerniert. Die Enteropeptidase der Bürstensaummembran und der Brunner-Drüsen im Duodenum (S. 707) spaltet Trypsinogen und erst das entstandene Trypsin aktiviert daraufhin die anderen Vorläuferenzyme durch limitierte Proteolyse (Abb. I-2.11). ■ Der endokrine Anteil des Pankreas besteht aus den Langerhans-Inseln, die in ihrer Gesamtheit als Inselorgan bezeichnet werden. Die Hauptfunktion des Inselorgans besteht in der endokrinen Regulation des Glukosestoffwechsels.

⊙ I-2.11

Enzyme des exokrinen Pankreas

aktiviertes Enzym

Funktion und Spezifität

Proteasen

Spaltung von Proteinen

Trypsin Chymotrypsin



nach basischen, aromatischen bzw. hydrophoben Aminosäuren (Endopeptidasen)

Elastase Carboxypeptidase A Carboxypeptidase B Aminopeptidasen Glykosidasen α-Amylase Nukleasen

nach carboxy- bzw. amino→ terminalen Aminosäuren (Exopeptidasen) Spaltung von Kohlenhydraten → 1,4-α-Glykosidbindungen (Endoglykosidase) Spaltung von Nukleinsäuren

Ribonuklease

→ Phosphodiesterbindungen von RNA

Desoxyribonuklease

→ Phosphodiesterbindungen von DNA

Lipasen

Spaltung von Lipiden

Cholesterolesterase

→ Cholesterolester

Phospholipase A

→ Fettsäureester in Position 2

Lipase

→ Fettsäureester in Position 1, 3

I

749

2.3 Bauchspeicheldrüse (Pankreas)

2.3.2 Abschnitte, Form und Lage des Pankreas Die Bauchspeicheldrüse ist 13–18 cm lang und wiegt 70–80 g. Das leicht S-förmige Organ verjüngt sich während seines sekundär retroperitonealen Verlaufs an der hinteren Bauchwand (vgl. Abb. I-1.33b). Es zieht von der konkaven Seite des Duodenums nach links aufsteigend bis zur Milz, wobei man folgende Abschnitte unterscheidet (Abb. I-2.12): ■ Das Caput pancreatis (Pankreaskopf) liegt im Duodenalbogen. Sein hakenförmiger Fortsatz (Processus uncinatus) umgreift dabei die Vasa mesenterica superiora, die an dieser Stelle (Incisura pancreatis) von dorsal auf die Vorderseite des Pankreas treten. ■ Das Corpus pancreatis (Pankreaskörper) liegt auf Höhe von LWK I–II. Während seine hintere Seite mit der dorsalen Bauchwand verwachsen ist, wird die ventrale Seite von Peritoneum überzogen und bildet die dorsale Wand der Bursa omentalis (S. 655). Der vor der Aorta abdominalis liegende Teil des Corpus wölbt sich in die Bursa omentalis vor und wird Tuber omentale genannt. ■ Die Cauda pancreatis (Pankreasschwanz) verjüngt sich, während sie leicht nach kranial-links bis zum Lig. splenorenale zieht. Der Hauptausführungsgang des Pankreas, Ductus pancreaticus (Wirsung-Gang) hat einen Durchmesser von 2 mm und durchzieht das gesamte Organ (Abb. I-2.12), wobei er etwas näher an der dorsalen Oberfläche bleibt. Er mündet zusammen mit dem von dorsal eintretenden Ductus choledochus (S. 743) auf der Papilla duodeni major (Vater-Papille) in der Pars descendens duodeni. In etwa 40 % existiert noch ein zusätzlicher Pankreasgang (Ductus pancreaticus accessorius), der auf der Papilla duodeni minor (Santorini-Papille) in das Duodenum mündet. ▶ Klinik. Durch die gemeinsame Mündung des Pankreashauptgangs mit dem

2.3.2

Abschnitte, Form und Lage des Pankreas Das Pankreas (Länge: 13–18 cm, Gewicht: 70–80 g) liegt sekundär retroperitoneal an der hinteren Bauchwand. Die Vorderseite ist von Peritoneum überzogen. Folgende Abschnitte werden unterschieden (Abb. I-2.12): ■ Der Pankreaskopf liegt mit dem die Vasa mesenterica superiora umfassenden Processus uncinatus in der konkaven Seite des Duodenums. ■ Der Pankreaskörper, dessen Vorderseite die Hinterwand der Bursa omentalis bildet, zieht von hier aus aufsteigend in Höhe LWK I–II nach links lateral und geht über in ■ den Pankreasschwanz, der bis zur Milz reicht.

Der Hauptausführungsgang, Ductus pancreaticus (Wirsung), durchzieht das Pankreas der Länge nach (Abb. I-2.12) und mündet zusammen mit dem Ductus choledochus (S. 743) auf der Papilla duodeni major (Vater). Der Ductus pancreaticus minor mündet oberhalb davon auf der Papilla duodeni minor (Santorini). ▶ Klinik.

Ductus choledochus kann ein aus der Gallenblase stammender Stein, der das Gangsystem verlegt, nicht nur zu einem Rückstau von Gallenflüssigkeit in die Leber mit Ikterus (S. 744) führen: Liegt er im gemeinsamen Gangendstück kurz vor der Mündung in das Duodenum, kommt es auch zum Stau des Pankreassekrets bzw. zu einer Druckerhöhung im Pankreasgang, was eine häufig lebensbedrohliche Entzündung der Bauchspeicheldrüse, sog. Pankreatitis (S. 750) nach sich ziehen kann .

⊙ I-2.12

Form und Abschnitte des Pankreas mit Lage und Verlauf seines Gangsystems

Ductus pancreaticus accessorius (Gangabschnitt der dorsalen Anlage)

Duodenum, Pars superior

Ductus pancreaticus (vereinigter Gang Corpus beider Anlagen) pancreatis

Duodenum, Pars descendens Ductus pancreaticus (Gangabschnitt der ventralen Anlage)

Cauda pancreatis A. mesenterica superior V. mesenterica superior Jejunum

Proc. uncinatus Duodenum, Caput Duodenum, Pars ascendens Pars inferior pancreatis pancreatis

Zur Darstellung des Gangsystems ist die Vorderseite des Pankreas in der Ansicht von ventral teilweise aufgeschnitten. Zu Lagebeziehungen des Pankreas in situ vgl. Abb. I-1.33b. (Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

⊙ I-2.12

750

I 2 Hepatobiliäres System und Pankreas

2.3.3

2.3.3 Aufbau des Pankreas

Aufbau des Pankreas

Schon makroskopisch erkennt man die Läppchengliederung durch Bindegewebssepten der Capsula fibrosa.

Das Organ ist von einer dünnen Bindegewebskapsel (Capsula fibrosa) umgeben, von der Septen ausgehen, die das Parenchym bereits makroskopisch sichtbar in zahlreiche rundliche Läppchen von 1–3 mm Durchmesser untergliedern.

Feinbau des exokrinen Teils

Feinbau des exokrinen Teils

Die Septen führen Gefäße und Nerven mit sich. Endstücke: Jedes Drüsenläppchen besteht aus zahlreichen runden Azini, deren keilförmige Zellen im apikalen Zytoplasma sekretorische Granula enthalten. Diese enthalten inaktive Vorstufen zahlreicher Enzyme (Abb. I-2.11), die außerhalb des Pankreas aktiviert werden.

In den Septen verlaufen Blut- und Lymphgefäße sowie Nerven.

▶ Klinik.

Endstücke: Jedes Drüsenläppchen besteht aus mehreren hundert Drüsenendstücken (Azini) die aus etwa 70 prismatischen bzw. pyramidenförmigen Zellen aufgebaut sind. Die Azinuszellen sitzen breitbasig einer Basallamina auf und sind 10–20 µm hoch. Der apikale Zellpol ragt in das Lumen und trägt einzelne Mikrovilli. Ihr großer runder Zellkern liegt basal. Im apikalen Zytoplasma finden sich zahlreiche sekretorische Granula, welche die inaktiven Vorstufen von Enzymen (Abb. I-2.11) enthalten. Die Aktivierung der Enzyme erfolgt unter physiologischen Bedingungen außerhalb des Pankreas. Die Reaktionskaskade beginnt mit der Aktivierung von Trypsin durch die Wirkung der Enteropeptidase (aus den Brunner-Drüsen des Duodenums und in der Bürstensaummembran), das dann weitere Enzyme durch limitierte Proteolyse aktiviert. ▶ Klinik. Werden die Pankreasenzyme bereits im Organ selbst aktiviert, was bei

Schädigung der Azinuszellen durch verschiedene Mechanismen möglich ist (am häufigsten durch Verengung der Papille, s. o., oder durch chronischen Alkoholabusus), kann es zum Bild einer akuten Pankreatitis kommen. Es handelt sich um eine lebensbedrohliche Erkrankung, bei der die im Pankreas aktivierten Enzyme das Parenchym angreifen und bei Übertritt in das Blut auch andere Organe (z. B. Lungen und Nieren) schädigen können. Durch die Freisetzung von Entzündungsmediatoren kommt es zu einem erhöhten Austritt von Flüssigkeit aus dem Gefäßsystem mit der Gefahr eines hypovolämischen Schocks. Charakteristisch für dieses Krankheitsbild sind starke („bohrende“) Schmerzen, die sich wie ein Gürtel um den Leib legen (Projektion auf die Körperoberfläche). Außerdem treten Übelkeit, Erbrechen und Meteorismus (Blähbauch) auf. Im Serum sind eine Erhöhung der α-Amylase und Lipase (Abb. I-2.11) nachweisbar. Die Behandlung erfolgt symptomatisch durch Gabe von Schmerzmitteln. Eine leichte, ödematöse Pankreatitis behandelt man mit Nahrungskarenz und (abhängig von den Schmerzen) mit langsamem Kostaufbau. Bei einer schweren exsudativen oder nekrotisierenden Pankreatitis dagegen erfolgt von Beginn an eine enterale Nahrungszufuhr. Ausführungsgangsystem: Die Azini sind über Schaltstücke an Ausführungsgänge angeschlossen. Da sich die Schaltstücke in die Azini vorwölben, entsteht der Eindruck zentroazinärer Zellen (Abb. I-2.13).

⊙ I-2.13

Ausführungsgangsystem: Jeweils 2–4 Azini sind über Schaltstücke an ein gemeinsames Ausführungssystem angeschlossen. Die Schaltstücke sind von einem einschichtigen, platten bis isoprismatischen Epithel ausgekleidet und wölben sich in das Lumen eines Azinus vor, so dass im histologischen Präparat der Eindruck zentroazinärer Schaltstückzellen entsteht (Abb. I-2.13).

Azinus und Schaltstück des exokrinen Pankreas Azinus im Querschnitt, Drüsenzelle

zentroazinäre Zelle

Lumen des Schaltstücks Schaltstück, Epithelzelle

a

b

zentroazinäre Zelle Azinus im Längsschnitt, Drüsenzelle

Schematische Darstellung des histologischen Aufbaus im exokrinen Pankreas-Anteil. Beachte in der Ausschnittsvergrößerung die Einstülpung des Schaltstücks in den Azinus. (Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

I

751

2.3 Bauchspeicheldrüse (Pankreas)

Innerhalb eines Läppchens vereinigen sich mehrere Schaltstücke zu intralobulären Ausführungsgängen. Die Epithelzellen der Schaltstücke und intralobulären Ausführungsgänge geben über einen gekoppelten Austausch- und Transportmechanismus Bikarbonat in das Drüsensekret ab. In den bindegewebigen Septen werden die intralobulären Ausführungsgänge zu interlobulären Ausführungsgängen, die von einem hochprismatischen Epithel mit vereinzelten Becherzellen und enterochromaffinen Zellen ausgekleidet sind, zusammengeführt. Diese vereinigen sich zu größeren Gängen, die rechtwinklig in den Ductus pancreaticus major oder minor eintreten. ▶ Exkurs: Transportprozesse im exokrinen Pankreas. Bikarbonat ist ein wesentlicher Bestandteil des Verdauungssekrets: Ohne die Neutralisierung des sauren Chymus könnten die Pankreasenzyme die Nahrungsbestandteile nicht effizient aufspalten. Bikarbonat wird von den Epithelzellen der intralobulären Ausführungsgänge im Austausch gegen Chlorid sezerniert. Damit dieser Austauschprozess funktioniert, müssen die Azinuszellen in ausreichendem Maße Chlorid abgeben. Das Chlorid gelangt zusammen mit Kalium- und Natriumionen unter ATPVerbrauch (Na+-K+-2Cl–-Cotransporter) von der basolateralen Seite in die Azinuszellen und durch einen apikalen Chloridkanal (CaCC) in das Drüsenlumen. Wasser und Natriumionen folgen dem Chlorid auf parazellulärem Weg. Ein weiterer Kanal, der Cl- sezerniert, sitzt in der apikalen Membran der Gangzellen. Bei diesem Kanal, dessen Leitfähigkeit u. a. von ATP abhängig ist und durch cAMP reguliert wird, handelt es sich um den sog. „Cystic fibrosis transmembrane conductance regulator“ (CFTR, benannt nach der Erkrankung, die durch seine Fehlfunktion bedingt ist), s. auch nachfolgende Klinik-Box und zystische Fibrose (S. 65).

⊙ I-2.14

Mehrere Schaltstücke vereinigen sich innerhalb eines Läppchens zu intralobulären Ausführungsgängen, in denen Bikarbonat sezerniert wird. Diese schließen sich in den Bindegewebssepten zu interlobulären Ausführungsergänzungen und schließlich zu den Ductus pancreaticus major und minor zusammen.

Transportprozesse im exokrinen Pankreas

Na+ Cl–

CaCC

Na+, H2O Cl–

HCO3–

K+

HCO3–-Cl–-Austauscher

Na+-K+-2 Cl– Cotransporter Azinuszelle

▶ Klinik. Mutationen in dem CFTR-(Cystic Fibrosis Transmembrane Conductance Regulator-)kodierenden Gen, wie sie bei Patienten mit zystischer Fibrose (= Mukoviszidose, engl. Cystic Fibrosis) vorkommen, verringern die Leitfähigkeit von CFTR, einem ATP-abhängigen Chloridkanal, so dass wesentlich weniger Chlorid und damit auch weniger Wasser in das Drüsenlumen gelangt. Folglich kann in den anschließenden Ausführungsgängen Chlorid nicht in ausreichendem Maße gegen Bikarbonat ausgetauscht werden, das für eine Neutralisierung des Duodenalinhalts notwendig wäre. Da insbesondere die Pankreaslipase bei einem pH < 5 inaktiv ist, können Neutralfette nicht mehr gespalten werden und bei den betroffenen Patienten tritt eine Steatorrhö (übelriechende Fettstühle) auf. Da dem Pankreassekret auch Wasser fehlt, kommt es zu einer fortschreitenden Verstopfung der Ausführungsgänge mit zystischer Erweiterung und dadurch zu chronischen Entzündungen und Vernarbungen. Infolge dieser Prozesse kann sich eine Pankreasinsuffizienz entwickeln, die bei den betroffenen Kindern durch die nicht ausreichenden Verdauungsenzyme zu einer Malnutrition (Fehl- bzw. Mangelernährung) und letztlich zu einer „Gedeihstörung“ führt. Analoge Veränderungen finden sich auch in anderen Organen (insbesondere im Bronchialbaum), in dem der apikale Chloridtransport durch den CFTR gestört ist. Mukoviszidose/zystische Fibrose (S. 65) ist eine der häufigsten autosomal rezessiv vererbten Erkrankungen.

Epithel der Ausführungsgänge

▶ Klinik.

Feinbau des endokrinen Teils

Feinbau des endokrinen Teils

Aus dem Epithel des Gangsystems des exokrinen Pankreas wachsen ab der 7. Woche der Entwicklung endokrine Zellen aus, die sich zu inselförmigen Zellaggregaten von 0,1–0,4 mm Durchmesser vereinigen. Diese Aggregate werden Langerhans-Inseln (Insulae pancreaticae, Abb. I-2.15) genannt. Im Pankreas eines Erwachsenen gibt es etwa 1 Million Langerhans-Inseln, die in ihrer Gesamtheit als Inselorgan bezeichnet werden. In der Cauda pancreatis finden sich die meisten Inseln. Sie fallen im histologischen Präparat als schwach eosinophile, ellipsoide Bezirke auf, die sich sehr deutlich von der Färbung der Azini abheben.

Endokriner Teil: Aus den Epithelzellen der Ausführungsgänge wachsen ab der 7. Entwicklungswoche Epithelzellen aus und schließen sich zu Aggregaten, den Langerhans-Inseln, zusammen (Abb. I-2.15). Beim Erwachsenen gibt es etwa 1 Million Inseln.

752

I 2 Hepatobiliäres System und Pankreas

⊙ I-2.15

⊙ I-2.15

Langerhans-Insel des Pankreas Azini des exokrinen Pankreas

B-Zelle (Insulinproduktion) A-Zelle (Glukagonproduktion)

Fettgewebe im Pankreas

LangerhansInsel (Insula pancreatica)

Kapillaren in der Insula pancreatica

Histologische Darstellung: Die Langerhans-Insel ist von Azini des exokrinen Pankreasgewebes umgeben. (Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

Zelltypen: Mithilfe immunhistochemischer Methoden kann man in den Inseln vier verschiedene endokrine Zelltypen unterscheiden, die unterschiedliche Hormone in die Blutbahn abgeben (Tab. I-2.5). Die hormonproduzierenden Inselzellen weisen ein leicht granuliertes Zytoplasma und einen rundlichen euchromatischen Zellkern auf.

Zelltypen: 4 Typen lassen sich immunhistochemisch unterschieden (Tab. I-2.5).

≡ I-2.5

Zelltypen des endokrinen Pankreas und ihre Sekretionsprodukte

Zelltyp

Lage

Hormon

Effekt

B-Zellen (70 %)

gleichmäßige Verteilung über eine Insel

Insulin

Durch Bindung an spezifischen Rezeptor (u. a. in Muskulatur und Fettgewebe) Auslösung des Einbaus von Glukosetransportproteinen in die Plasmamembran → Steigerung der Glukoseaufnahme in die Zellen mit einhergehender Senkung des BZ*-Spiegels

A-Zellen (20 %)

v. a. in der Inselperipherie

Glukagon

Freisetzung von Glukose aus dem in der Leber gespeicherten Glykogen und Neusynthese von Glukose aus Aminosäuren → Erhöhung des BZ*-Spiegels

D-Zellen (5 %)

Inselperipherie

Somatostatin

Hemmung der Ausschüttung von Glukagon (in hoher Konzentration auch von Insulin)

pankreatisches Peptid**

Steigerung der Dünndarmmotilität

PP-Zellen gleichmäßige Verteilung (bis 5 %)

* BZ = Blutzucker ** wird auch von enteroendokrinen Zellen des Darmes produziert

▶ Klinik. Bei Patienten mit Diabetes mellitus (Zuckerkrankheit) ist

der Blutzucker erhöht, da im Verhältnis zur benötigten Menge zu wenig Insulin von den B-Zellen des endokrinen Pankreas ausgeschüttet wird. Dies liegt meist an einer herabgesetzten Insulinempfindlichkeit peripherer Zellen und damit einhergehender relativer Insuffizienz der B-Zellen (sog. Typ-2-Diabetes, der häufig in fortgeschrittenerem Alter auftritt und daher auch als „Altersdiabetes“ bekannt ist). Bei jüngeren Patienten handelt es sich i. d. R. um einen absoluten Insulinmangel (Typ-1-Diabetes), für den eine Zerstörung der pankreatischen B-Zellen durch Autoantikörper verantwortlich gemacht wird. Weitere Ursachen sind alle Erkrankungen, durch die das Pankreas und damit auch die Inselzellen zerstört werden (sog. sekundäre Formen des Diabetes mellitus). Jedoch ist erst bei einer Schädigung von > 80 % der Inselzellen eine Manifestation der Erkrankung zu erwarten, da vorher die rest-

lichen Zellen den Ausfall kompensieren können. Typische, durch den erhöhten Blutzuckerspiegel (Hyperglykämie) hervorgerufene Symptome sind ein gesteigertes Durstgefühl (Polydipsie), häufiger Harndrang (Polyurie), der durch die pathologische Ausscheidung von Glukose über den Urin (Glukosurie) mit einhergehender osmotisch bedingter Diurese hervorgerufen wird, und Gewichtsabnahme. Weiterhin berichten die Patienten häufig über Müdigkeit und Leistungsminderung. Während beim Typ-1-Diabetes immer eine Substitution von Insulin erforderlich ist, ergeben sich für Patienten mit Typ-2Diabetes, bei denen die Erkrankung häufig im Rahmen des sog. metabolischen Syndroms gemeinsam mit Erhöhung des Blutdrucks, der Blutfettwerte und arteriosklerotischen Veränderungen auftritt, zunächst meist andere Therapieoptionen (diätetische Maßnahmen, orale Antidiabetika).

I

2.3.4 Gefäßversorgung und Innervation des Pankreas

2.3.4

Gefäßversorgung und Innervation des Pankreas Gefäßversorgung

Gefäßversorgung Arterielle Versorgung: Die Bauchspeicheldrüse wird aus folgenden Arterien versorgt, welche die so genannte „Pankreasarkade“ bilden (Abb. I-2.16): ■ Arteriae pancreaticoduodenales superiores anterior und posterior aus der Arteria gastroduodenalis (Abb. K-1.4). ■ Arteria pancreaticoduodenalis inferior aus der A. mesenterica superior (S. 867). Diese teilt sich in einen – Ramus anterior und einen – Ramus posterior. Beide Aa. pancreaticoduodenales superiores anastomosieren im Bereich des Pankreaskopfes mit dem R. anterior bzw. posterior der A. pancreaticoduodenalis inferior und bilden so eine doppelte Gefäßschlinge aus. ■ Die Arteria splenica gibt in ihrem Verlauf mehrere Rami pancreatici ab. Sie entsendet zwei stärkere Äste, die – Arteria pancreatica dorsalis zur Incisura pancreatis, wo ihr Endast eine Anastomose mit der A. pancreaticoduodenalis superior anterior ausbilden kann und die – Arteria pancreatica magna im Bereich der Cauda, die sich am Unterrand des Pankreas zur Arteria pancreatica inferior vereinigen.

⊙ I-2.16

753

2.3 Bauchspeicheldrüse (Pankreas)

Arterien: Folgende Arterien bilden die sog. „Pankreasarkade“ (Abb. I-2.16): ■ Die Aa. pancreaticoduodenales superior ant. und post. aus der A. gastroduodenalis (Abb. K-1.4) und die ■ A. pancreaticoduodenalis inf. aus der A. mesenterica sup. (S. 867) bilden durch Anastomosen im Bereich des Pankreaskopfes eine anteriore und eine posteriore Gefäßschlinge aus. Aus der ■ A. splenica stammen – Rr. pancreatici, – A. pancreatica dorsalis sowie die – A. pancreatica magna. ■ Letztere vereinigen sich am Unterrand des Pankreas zur A. pancreatica inferior.

Arterielle Versorgung des Pankreas Aorta abdominalis Truncus coeliacus

A. splenica mit Rr. pancreatici

A. splenica A. pancreatica magna

A. gastrica sinistra

Truncus coeliacus

A. gastrica sinistra

A. hepatica communis A. hepatica propria

A. hepatica communis

A. pancreaticoduodenalis superior posterior A. pancreaticoduodenalis superior anterior A. pancreaticoA. mesenterica duodenalis inferior superior

a

A. gastroduodenalis

A.caudae pancreatis

A. gastroduodenalis

A. pancreatica magna A. pancreatica inferior A. pancreatica dorsalis

Gallengang (Ductus choledochus)

A. pancreatica inferior A. pancreatica dorsalis A. mesenterica superior

b

A. pancreaticoduodenalis superior posterior A. pancreaticoduodenalis superior anterior A. pancreaticoA. pancreaticoduodenalis inferior, duodenalis inferior, R. anterior R. posterior

(Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

a Ansicht von ventral b und dorsal.

Wie jedes endokrin aktive Gewebe sind auch die Inseln von dichten Kapillarnetzen umgeben. Innerhalb der Inseln erweitern sich diese Kapillaren zu Sinusoiden, die nahe an die endokrinen Zellen herantreten. Über die Pfortader gelangen die Hormone zunächst in die Leber und von dort in den Kreislauf.

Innerhalb der Inseln erweitern sich die pankreatischen Kapillarnetze zu Sinusoiden. Die Hormone gelangen über die Pfortader zunächst in die Leber.

Venöser Abfluss: Das Blut aus dem Corpus und der Cauda pancreatis wird über kleine Venen, Venae pancreaticae, in die Vena splenica (Abb. K-1.7) und von dort in die Pfortader geleitet. Das venöse Blut des Caput pancreatis gelangt über die Venae pancreaticoduodenales in die Vena mesenterica superior (Abb. K-1.7) und anschließend ebenfalls in die Pfortader (Abb. I-2.17).

Venen: Der venöse Abfluss erfolgt über Vv. pancreaticae → V. splenica sowie über Vv. pancreaticoduodenales → V. mesenterica sup. in die Pfortader (Abb. K-1.7, Abb. I-2.17).

▶ Merke. Während die A. splenica geschlängelt am Oberrand von Corpus und Cauda

pancreatis verläuft, liegt die V. splenica in einer Rinne an der Dorsalseite des Pankreas und vereinigt sich hinter dem Pankreaskopf mit der V. mesenterica superior zur V. portae hepatis.

▶ Merke.

754 ⊙ I-2.17

I 2 Hepatobiliäres System und Pankreas

⊙ I-2.17

Venöser Abfluss des Pankreas Vv. hepaticae Vv. oesophageales

V. cava inferior

Vv. gastricae breves

V. gastrica sinistra Truncus coeliacus V. portae hepatis

V. splenica

V. pancreaticoduodenalis superior posterior

Vv. pancreaticae V. gastroomentalis sinistra

V. gastrica dextra A. mesenterica superior

V. suprarenalis sinistra

Vv. pancreaticoduodenales

V. renalis sinistra

V. colica media V. mesenterica superior

V. gastroomentalis V. mesenterica dextra inferior

V. testicularis/ ovarica sinistra

In der Ansicht von ventral ist der Magen teilweise, das Peritoneum größtenteils entfernt. (Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

⊙ I-2.18

⊙ I-2.18

Lymphabfluss des Pankreas

Nll. gastrici sinistri

Nl. cysticus Nll. hepatici

Nll. splenici

Nll. coeliaci Nll. suprapylorici Nll. retropylorici

Nll. pancreatici superiores

Nll. subpylorici Nll. pancreatici inferiores

Nll. mesenterici superiores

Nl. pancreaticoduodenalis

In der Ansicht von ventral ist der Magen größtenteils entfernt, das Kolon abgetrennt und die Leber angehoben. (Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

Lymphabfluss: Aus dem Kopf erfolgt er über die Nll. hepatici und Nll. mesenterici supp. Aus dem Korpus- und Kaudabereich fließt die Lymphe in die Nll. coeliaci (Abb. I-2.18).

Lymphabfluss: Aus dem Korpus- und Kaudabereich gelangt die Lymphe über Nodi lymphoidei pancreatici superiores (entlang der A. splenica) und inferiores (entlang der A. pancreatica inferior) in die Nodi lymphoidei coeliaci. Die Lymphe aus dem Bereich des Pankreaskopfes wird über die Nodi lymphoidei pancreaticoduodenales superiores und inferiores den Nodi lymphoidei hepatici und den Nodi lymphoidei mesenterici superiores bzw. den Nodi lymphoidei coeliaci zugeleitet (Abb. I-2.18).

I

755

2.3 Bauchspeicheldrüse (Pankreas)

Innervation des Pankreas

Innervation des Pankreas

Sympathische Innervation: Die sympathischen Fasern stammen aus dem Ganglion coeliacum und treten über die Gefäßwände an das Pankreas heran. Noradrenalin bewirkt dabei an den endokrinen Zellen eine Hemmung der Insulinsekretion.

Sympathikus: Fasern aus dem Ggl. coeliacum hemmen die Insulinsekretion.

Parasympathische Innervation: Die parasympathischen Fasern stammen aus den Rami coeliaci des Truncus vagalis posterior. Sie verlaufen gefäßbegleitend und stimulieren über den Transmitter Azetylcholin die Insulinsekretion. Die autonome Innervation beeinflusst auch die sekretorische Leistung des exokrinen Pankreas. Zwischen den Mahlzeiten (interdigestive Periode) wird die Enzymund Bikarbonatsekretion des Pankreas weitgehend gedrosselt. In der postprandialen Periode sorgt der N. vagus für eine Steigerung der Sekretionsrate.

Parasympathikus: Fasern aus den Rami coeliaci des N. vagus stimulieren die Insulinsekretion.

2.3.5 Entwicklung des Pankreas

2.3.5

Wie auch die Leber entsteht das Pankreas aus Zellen, die im Bereich des hepatopankreatischen Rings (S. 667) aus dem Endodermrohr aussprießen. Die Pankreasanlage gliedert sich in einen kleineren ventralen und einen größeren dorsalen Abschnitt (Tab. I-2.6). Während Letzterer in das Mesogastrium dorsale hineinwächst, entsteht die ventrale Anlage in der Nähe des aus der Leberanlage hervorgehenden Ductus choledochus und besteht aus einer rechten und einer linken Knospe. Im weiteren Verlauf der Entwicklung bildet sich die linke Knospe zurück, während die rechte Knospe das Duodenum von dorsal umschlingt. Die Wanderung der ventralen Anlage endet etwas kaudal der dorsalen Anlage, so dass beide Organanlagen teilweise miteinander verschmelzen (Abb. I-2.19).

Die ventrale Pankreasanlage entsteht in der Nähe des Ductus choledochus, während die dorsale Pankreasanlage in das Mesogastrium dorsale einwächst (Tab. I-2.6). Im weiteren Verlauf wandert die ventrale Anlage hinter dem Duodenum nach dorsal, bis sie etwas kaudal der ursprünglich dorsalen liegt und teilweise mit ihr verschmilzt (Abb. I-2.19).

≡ I-2.6

Entwicklungsgeschichtliche Herkunft des Pankreasgewebes

embryonale Pankreasanlage

adulte Pankreasstruktur

Die autonome Innervation durch den N. vagus steigert auch die Sekretion des exokrinen Pankreas.

Entwicklung des Pankreas

≡ I-2.6

ventrale Anlage ■

Parenchym

Pankreaskopf (unterer Teil)



Ausführungsgang

Processus uncinatus Ductus pancreaticus major

dorsale Anlage ■

Parenchym

Pankreaskopf (oberer Teil)



Ausführungsgang lateraler Anteil

Ductus pancreaticus major



Ausführungsgang medialer Anteil

Ductus pancreaticus minor

Cauda pancreatis

⊙ I-2.19

⊙ I-2.19

Embryonalentwicklung des Pankreas

Gaster

Anlage des Ductus choledochus

a

ventrale Pankreasanlage

dorsale Pankreasanlage Duodenum

b

Wanderung der ventralen Pankreasanlage

a Die zweiknospige ventrale Pankreasanlage entwickelt sich aus der Anlage des Ductus choledochus, die dorsale geht aus dem Duodenum hervor. b Die rechte Knospe der ventralen Pankreasanlage umwandert das Duodenum von dorsal und gewinnt etwas kaudal Anschluss an die dorsale Anlage.

756 ▶ Klinik.

I 2 Hepatobiliäres System und Pankreas

▶ Klinik. Unterbleibt die Rückbildung der linken ventralen Knospe, umwandert die linke Knospe das Duodenum von ventral. Linke und rechte Knospe bilden dann einen Ring um das Duodenum (Pancreas anulare) der zu einem Passagehindernis (Duodenalstenose) werden kann.

⊙ I-2.20

Pancreas anulare Gaster

Ductus choledochus Duodenum Pancreas anulare

Mit dem Verwachsen der beiden Anlagen wird ein einheitlicher Ausführungsgang (Ductus pancreaticus) ausgebildet, der sich aus Teilen der zunächst getrennt mündenden Ausführungsgänge beider Anlagen zusammensetzt. Das Drüsenepithel des Pankreas leitet sich direkt aus dem Epithel des Darmrohrs ab. Die späteren Inselzellen der Langerhans-Inseln stammen von den Epithelien der Ausführungsgänge ab.

2.4

Darstellung von hepatobiliärem System und Pankreas mit bildgebenden Verfahren

Beide Anlagen münden zunächst unabhängig voneinander in das Duodenum. Mit ihrer Verwachsung bildet sich ein einheitlicher Ausführungsgang, der spätere Ductus pancreaticus. Dieser besteht aus dem Ausführungsgang der ventralen Anlage und dem lateralen Teil des Ausführungsgangs der dorsalen Anlage. Der kleinere Ductus pancreaticus accessorius stellt den medialen Überrest des Ausführungsgangs der dorsalen Anlage dar. Die Zellen des Pankreas leiten sich unmittelbar von den Epithelzellen des Darmes ab. Ab der 12. Woche lässt sich das Epithel der Ausführungsgänge differenzieren. Die späteren Inselzellen der Langerhans-Inseln stammen von den Epithelien der Gänge bzw. der Drüsenendstücke ab. Sie bilden zunächst Gewebezapfen, die zu Inseln konfluieren, in denen die unterschiedlichen endokrinen Zelltypen (A-, B-, DZellen) früh unterschieden werden können. Im embryonalen Pankreas sind endound exokrine Anteile in etwa gleich vertreten.

2.4

Darstellung von hepatobiliärem System und Pankreas mit bildgebenden Verfahren

In diesem Bereich spielen Sonografie, konventionelle Röntgendiagnostik, CT und MRT sowie kombinierte Methoden zur Darstellung der Gallenwege eine Rolle. In der Regel wird zuerst die Sonografie eingesetzt.

Die konventionelle Röntgenaufnahme spielt bei der Darstellung des hepatobiliären Systems und Pankreas nur eine untergeordnete Rolle. Allenfalls können bei Abdomenübersichtsaufnahmen röntgendichte Konkremente in den Gallenwegen als Zufallsbefund diagnostiziert werden. Dagegen werden die großen Verdauungsdrüsen und das biliäre System bevorzugt sonografisch, mit Schnittbildverfahren (CT und MRT) und kombinierten Methoden wie der perkutanen transhepatischen Cholangiografie (PTC) und der endoskopisch retrograden Cholangio-Pankreatografie (ERCP) dargestellt. Als erstes bildgebendes Verfahren wird in der Regel die Sonografie eingesetzt.

2.4.1

2.4.1 Sonografie

Sonografie

Leber: Die intrahepatischen Gefäße heben sich deutlich vom Leberparenchym ab. Herdbefunde sind darin ab etwa 1 cm Durchmesser sichtbar, sofern sich die Reflexionseigenschaften vom umgebenden Leberparenchym unterscheiden (Abb. I-2.21).

Leber: Das Leberparenchym ist arm an reflektierenden Grenzflächen, so dass die intrahepatischen Gefäße gut dargestellt werden können. Die Echostruktur des Leberparenchyms wirkt homogen (Abb. I-2.21a). Herdbefunde wie Lebertumoren oder Metastasen können ab einer Größe von etwa 1 cm Durchmesser dargestellt werden, sofern sich ihre Reflexionseigenschaften von der des umgebenden Parenchyms unterscheiden (Abb. I-2.21b).

I

⊙ I-2.21

⊙ I-2.21

Lebersonografie

Lobus quadratus

757

2.4 Darstellung mit bildgebenden Verfahren

V. portae hepatis

Ligamentum falciforme

V. hepatica

a Aorta Zwerchfellschenkel V. cava inferior

bI

b II

a Sonografischer Querschnitt durch den linken Leberlappen. Da die Pfortaderäste von Bindegewebe (S. 747) umgeben sind, haben sie eine helle Begrenzung, während die im Querschnitt getroffenen Lebervenen „wie ausgestanzt“ erscheinen. (Delorme, S., Debus, J.: Duale Reihe Sonografie. Thieme, 2012)

b Sonografische Darstellung von Lebermetastasen, die sich echoarm (I) oder echoreich (II) darstellen, ohne dass man hieraus auf den Primärtumor schließen kann. (Reiser, M., Kuhn, F.P., Debus, J.: Duale Reihe Radiologie. Thieme, 2011)

Extrahepatisches biliäres System: Die extrahepatischen Gallengänge ohne den Ductus cysticus, der sonografisch nicht sicher darstellbar ist, werden – abweichend von der anatomischen Nomenklatur – in ihrer Gesamtheit des Öfteren als Ductus hepatocholedochus bezeichnet. Er ist in der Regel leer, sonografisch können jedoch auch Choledochussteine als helle Reflexe bzw. anhand des Schallschattens nachgewiesen werden. Bei der Untersuchung der Gallenblase stellt die Sonografie neben CT und MRT oft die einzige Methode dar. Die Diagnostik konzentriert sich dabei auf die Darstellung echoreicher Gallensteine bzw. echoreichem sludge (engl. Schlamm) und Gallenblasenkarzinomen. Bei Gallensteinen ist oft ein ausgeprägter Schallschatten sichtbar.

Extrahepatisches biliäres System: In den extrahepatischen Gallengängen kann z. B. ein Choledochusstein (u. U. mit Schallschatten) nachweisbar sein.

Pankreas: Parenchymveränderungen im Bereich des Pankreas wie Zystenbildung, Entzündungen oder Tumoren können ebenfalls sonografisch dargestellt werden. Auch hier ist jedoch zu beachten, dass sich Pankreasparenchym und Tumor durch ihre Reflexionseigenschaften unterscheiden müssen, wenn die sonografische Darstellung erfolgreich sein soll. Daher gilt auch hier, dass durch einen unauffälligen Ultraschallbefund (Abb. I-2.22) weder eine Pankreatitis noch ein Karzinom ausgeschlossen werden kann. Dies gilt insbesondere bei adipösen Patienten, bei denen das Pankreas sonografisch oft schwer darstellbar ist.

Pankreas: Auch im Pankreas sind Parenchymveränderungen (Zysten, Entzündungen, Tumoren) sichtbar, sofern unterschiedliche Reflexionseigenschaften vorliegen. Durch einen unauffälligen Befund (Abb. I-2.22) kann daher weder eine Entzündung noch ein Karzinom ausgeschlossen werden.

Bei der Untersuchung der Gallenblase spielt die Sonografie eine besondere Rolle. Zur Darstellung kommen Gallensteine und Gallenblasenkarzinome.

758 ⊙ I-2.22

I 2 Hepatobiliäres System und Pankreas

⊙ I-2.22

Sonografie des Pankreas

Regelrechte Darstellung des Pankreaskopfes mit Vermehrung des Fettgewebes (Pseudotumor, Pfeile) hinter dem Pankreas. (Delorme, S., Debus, J.: Duale Reihe Sonografie. Thieme, 2012)

2.4.2

Schnittbildverfahren

2.4.2 Schnittbildverfahren

Computergestützte Verfahren haben die klassische Diagnostik in diesem Bereich abgelöst.

Die computergestützten Schichtbildverfahren (CT und MRT) haben die klassische radiologische Diagnostik in diesem Bereich abgelöst.

Computertomografie: Nativ (Abb. I-2.23) und insbesondere nach Kontrastmittelgabe können physiologische von pathologischen Organstrukturen unterschieden werden.

Computertomografie: Mit Hilfe der CT gelingt die Differenzierung normaler Organstrukturen von pathologischen Veränderungen, wobei die Abgrenzung der unterschiedlichen Gewebekomponenten durch Kontrastmittelgabe noch verstärkt werden kann. Sie wird häufig in der Diagnostik akuter Pankreatitiden eingesetzt (Abb. I-2.23).

Magnetresonanztomografie: Sie dient oft zur Abklärung unklarer Befunde. Durch organspezifische Kontrastmittel mit hoher Affinität zu Kupffer-Zellen kann der Gewebekontrast noch gesteigert werden.

Magnetresonanztomografie: MRT-Untersuchungen werden vorwiegend zur Abklärung unklarer Befunde herangezogen. Der Gewebekontrast lässt sich durch die Verwendung von intravaskulären Kontrastmitteln (Gadolinium-Chelaten) und organspezifischer Kontrastmittel (z. B. Mangan-Chelate oder Eisenoxidpartikel mit hoher Affinität zu Kupffer-Zellen) steigern.

⊙ I-2.23

⊙ I-2.23

CT-Aufnahme einer akuten Pankreatitis

G

P

P

L

M

A N

N

Das Pankreas (P) ist ödematös aufgetrieben (Pfeile). Peripankreatisch sind Exsudate nachweisbar (Pfeilspitzen) (G = Magen, L = Leber, N = Niere, M = Milz, A = Aorta abdominalis). (Krombach G, Mahnken A: Radiologische Diagnostik Abdomen und Thorax, Thieme, 2015)

I

2.4.3 Spezifische Verfahren zur Darstellung von Gallenund Pankreasgängen Perkutane transhepatische Cholangiografie (PTC): Diese Untersuchung dient der Abklärung einer intra- oder extrahepatischen Cholestase, d. h. einer Gallenstauung (S. 743), die in der Regel mit einem Ikterus, d. h. einer Gelbsucht (S. 744), einhergeht. Dabei wird in Lokalanästhesie die Leber von rechts lateral punktiert. Unter Aspiration bzw. vorsichtiger Kontrastmittelinjektion wird die Kanüle daraufhin zurückgezogen, bis in der Durchleuchtung ein (erweiterter) Gallengang dargestellt werden kann (Abb. I-2.24). Der stenosierte Bereich der Gallenwege kann somit genau identifiziert und ggf. mit Hilfe eines Führungsdrahtes wieder durchgängig gemacht werden. In diesem Fall kann die Galle ins Duodenum abfließen. Gelingt die interne Gallengangsdrainage nicht, kann der Abfluss perkutan (perkutane transhepatische Cholangiodrainage, PTCD) erfolgen. Endoskopisch retrograde Cholangio-Pankreatografie (ERCP): Diese Untersuchung wird durchgeführt, wenn die Vermutung besteht, dass die primär diagnostische Maßnahme einer radiologischen Darstellung der Gallenwege und des Pankreasganges mit einer therapeutischen Intervention wie Schlitzung der Papille (Papillotomie) und Steinextraktion verbunden werden kann. Bei der ERCP wird mit Hilfe eines Endoskops die Papilla duodeni major sondiert und unter Durchleuchtung Kontrastmittel injiziert (Abb. I-2.25). Da bei etwa 75 % der Patienten eine gemeinsame Mündung von Ductus choledochus und Ductus pancreaticus anzutreffen ist, lassen sich häufig beide Gänge in der Durchleuchtung darstellen. Bei der Darstellung achtet man auf Stenosen, Erweiterungen sowie auf Obstruktionen und Füllungsdefekte. Bei einer Obstruktion im Bereich der Papille kann mit Hilfe der mikrochirurgischen Instrumente eine endoskopische Papillotomie mit gleichzeitiger Extraktion des Steines versucht werden.

⊙ I-2.24

759

2.4 Darstellung mit bildgebenden Verfahren 2.4.3

Spezifische Verfahren zur Darstellung von Gallenund Pankreasgängen Perkutane transhepatische Cholangiografie (PTC): Diese Untersuchung dient der Abklärung einer Cholestase (S. 743). Dabei wird die Leber von lateral punktiert und vorsichtig Kontrastmittel injiziert, bis in der Durchleuchtung ein erweiterter Gallengang dargestellt werden kann (Abb. I-2.24). Der stenosierte Bereich kann u. U. durch den Führungsdraht durchgängig gemacht werden. Ansonsten kann die Galle perkutan abfließen.

Endoskopisch retrograde Cholangio-Pankreatografie (ERCP): Diese Untersuchung wird durchgeführt, wenn eine Darstellung der Gallenwege mit einer Papillotomie oder Steinextraktion verbunden werden soll. Hierbei wird Kontrastmittel in die Papilla duodeni major injiziert und so der Ductus choledochus (Abb. I-2.25, bei ca. 75 % der Patienten auch der Ductus pancreaticus) dargestellt. Man achtet dabei auf Stenosen, Erweiterungen, Obstruktionen und Füllungsdefekte. Mikrochirurgische Instrumente ermöglichen eine endoskopische Papillotomie mit Steinextraktion.

⊙ I-2.24

Perkutane transhepatische Cholangiografie (PTC) Die stark erweiterten Gallenwege sind mit Kontrastmittel gefüllt. Der Ductus „hepatocholedochus“ ist durch einen Tumor verschlossen (Pfeil). (Reiser, M., Kuhn, F.P., Debus, J.: Duale Reihe Radiologie. Thieme, 2011)

⊙ I-2.25

Kontrastmitteldarstellung der extrahepatischen Gallengänge Darstellung des Ductus „hepatocholedochus“ und der Gallenblase durch ERC(P). Da hier der Ductus pancreaticus nicht mit Kontrastmittel gefüllt ist, mündet er möglicherweise separat ins Duodenum. Man würde daher richtiger Weise von einer „ERC“ sprechen. (Reiser, M., Kuhn, F.P., Debus, J.: Duale Reihe Radiologie. Thieme, 2011. Aufnahmen von I. Holl)

a

b

a Normalbefund. b Choledocho- (S. 743) und Cholezystolithiasis (S. 745): In der Gallenblase findet sich neben dem großen Stein, der mit seiner randständigen Verkalkung dem im Ductus choledochus gleicht (schwarze Pfeile) eine Ansammlung mehrerer kleiner Konkremente (weißer Pfeil).

Klinischer Fall: Leistungsabfall und Polyurie * * Fallbeispiel fiktiv, Namen und Daten frei erfunden

17:45 Herr Andreas Kerkhoff, ein 29­jähriger Sportreporter, sucht seine Hausärztin auf. A.K.: Seit mehreren Wochen bin ich nur noch schlapp und müde. So kenn ich mich gar nicht! Ich kann mich auch nur noch schlecht konzentrieren, besonders bei der Arbeit fällt mir das auf.

18:00 Anamnese Auf mein Nachfragen berichtet Herr K. außerdem über einen Gewichtsverlust von 4 kg im letzten halben Jahr. Fieber und Nachtschweiß werden verneint. Jedoch müsse er öfter als früher Wasser lassen und leide unter nahezu unstillbarem Durst.

18:10

08:00

Körperliche Untersuchung Auffällig ist ein etwas fruchtiger Geruch der Ausatemluft, ansonsten kann ich bei Herrn K. keine pathologischen Befunde feststellen. Für den nächsten Morgen bestelle ich Herrn K. zur Blutabnahme ein.

Blutabnahme und Urinuntersuchung Außer dem normalen Blutbild lasse ich den Nüchtern­Blutzucker und den HbA1c bestimmen. Auch Urin muss Herr K. abgeben.

2 Tage später

Einweisung in die Klinik Ich diagnostiziere anhand der Symptome und Laborergebnisse einen Diabetes melli­ tus. Zur Einleitung einer Insulintherapie weise ich Herrn K. ins Krankenhaus ein.

Die Laborergebnisse sind da (Normwerte in Klammern) • HbA1c (glykosyliertes Hämoglobin): 7,9% (4,0 – 6.0%) • Blutzucker 354 mg/dl (46 – 99 mg/dl) • Glukose und Ketonkörper im Urin +++ (negativ)

3 Tage später Beginn der Insulintherapie Bei Herrn K. wird eine Insulintherapie nach dem Basis­Bolus­Konzept begonnen. Dabei spritzt sich Herr K. zusätzlich zum 24 h wirkenden Basalinsulin individuell zu jeder Mahlzeit ein kurz wirksames Insulin. Begleitend nimmt er an einer Diabetesberatung und ­schulung teil. So lernt er anhand der Höhe des Blutzuckers und der aufgenommenen Nahrungsmenge, die notwendige Dosis des kurz wirksamen Insulins selbst zu bestimmen. Die Internisten erklären Herrn K. genau, welche Langzeit­ risiken der Diabetes mellitus birgt und welche Kontroll­ untersuchungen notwendig sind.

Solch Blutzuckermessgeräte werden vom Fachpersonal und vom Patienten selbst genutzt. (aus Hengesbach, S. et al.: Checkliste Medical Skills. Thieme, 2019; Foto: Paavo Blåfield)

Fragen mit anatomischem Schwerpunkt 1 2

Mit solchen Harnteststreifen werden unter anderem Glukose und Ketonkörper im Urin nachgewiesen. (©T. Stephan – Thieme Gruppe)

Die Pens zur Insulininjektion sind relativ leicht zu handhaben. So können auch ältere Patienten die Insulingaben selbst durchführen.

Nach 10 Tagen kann Herr K. gut infor­ miert und in einem guten Allgemein­ zustand nach Hause entlassen werden. Er ist motiviert, seinen Diabetes gut unter Kontrolle zu behalten.

Warum kommt es bei den meisten Pankreaserkrankungen erst im Spätstadium zur Entwicklung eines Diabetes mellitus? Welche Funktionen hat das Pankreas neben der Produktion von Insulin, und was ist entsprechend nach Pankreas­ resektionen zu beachten? ! Antwortkommentare im Anhang

Urogenitalsystem und Nebenniere

1

Niere und ableitende Harnwege

2

Nebenniere (Glandula suprarenalis)

3

Weibliches Genitale

794

4

Männliches Genitale

826

5

Entwicklung des Urogenitalsystems

763 790

849

J

1

Niere und ableitende Harnwege

1.1 1.2 1.3 1.4

Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Niere (Ren) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ableitende Harnwege . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Darstellung der Harnwege mit bildgebenden Verfahren

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J

763 763 776 786

E. Schulte

1.1

Einführung

In den beiden Nieren, die neben vielfältigen anderen Aufgaben (s.u) als Ausscheidungsorgane dienen, erfolgt die Produktion des Harns. Dieser wird über „Transportwege“ abgeleitet, die im Gegensatz zum Nierenparenchym keinen Einfluss mehr auf seine Zusammensetzung haben, und daher als ableitende Harnwege (S. 776) zusammengefasst werden.

1.2

Niere (Ren)

▶ Synonym. Nephros

1.1

Einführung

Die Niere ist Produktionsort des Harns. Die sich anschließenden ableitenden Harnwege (S. 776) haben keinen Einfluss mehr auf seine Zusammensetzung.

1.2

Niere (Ren)

▶ Synonym.

1.2.1 Funktion der Niere

1.2.1

Die Nieren dienen der Regulation des Wasser-, Säure-Basen- und Salzhaushalts des menschlichen Körpers und der Ausscheidung harnpflichtiger Stoffwechselprodukte. Die Harnbereitung und -ableitung ist ein komplexer Vorgang, der auf der exakt abgestimmten Funktion verschiedener struktureller Bestandteile der Niere beruht (S. 768). Grundsätzlich wird zunächst durch Filtration des Blutes in einem Kapillarknäuel pro Tag eine Menge von fast 200 Litern an sog. Primärharn hergestellt. Dieser Primärharn wird anschließend in einem System aus hintereinander geschalteten Kanälchen (Tubulussystem der Niere) durch Wasserentzug konzentriert und in seiner Zusammensetzung durch Sekretions- und Resorptionsvorgänge so verändert, dass schließlich über ein System von sog. Sammelrohren pro Tag insgesamt 1,5–2,0 Liter Endharn von der Niere produziert werden. Darüber hinaus produzieren die Nieren ein Hormon (Erythropoetin mit Wirkung auf die Bildung von Erythrozyten) und sind am Stoffwechsel von Vitamin D und somit an der Regulation des Kalziumhaushalts beteiligt. Im Rahmen der renalen Autoregulation beeinflussen die Nieren auch den systemischen Blutdruck.

Die Nieren regulieren den Wasser-, SäureBasen- und Salzhaushalt und scheiden harnpflichtige Stoffe aus. In einem Kapillarknäuel werden durch Filtration des Blutes pro Tag 200 l Primärharn erzeugt. Der Primärharn wird in hintereinander geschalteten Kanälchen der Niere durch Wasserentzug konzentriert und durch Resorptions- sowie Sekretionsvorgänge modifiziert, sodass 1,5–2,0 l Endharn entstehen. Daneben produzieren die Nieren das Hormon Erythropoetin, sind über Vitamin D am Kalziumstoffwechsel beteiligt und beeinflussen den Blutdruck.

1.2.2 Form, Abschnitte und Lage der Niere

1.2.2

Form und Abschnitte Form, Größe und Gewicht: Die paarig angelegten Nieren haben eine Bohnenform bzw. die typische „Nierenform“. Bei einer Masse von 120–180 g sind sie durchschnittlich ca. 12 cm lang, 6 cm breit und 3 cm dick, wobei die rechte Niere meist kleiner und leichter ist als die linke. Abschnitte: Die Niere hat eine Vorder- und eine Rückfläche (Facies anterior und posterior), die sich in einem lateralen und einem medialen Rand (Margo lateralis und medialis) vereinen. Der konvexe laterale Rand geht nach oben und nach unten in einen oberen und unteren Pol (Extremitas superior und inferior) über. Der konkave mediale Rand zeigt eine von den Polen kommende Einziehung, das Hilum renale, welches in den Sinus renalis führt. Am Hilum treten alle Leitungsbahnen der Niere ein oder aus (Abb. J-1.1). Im Sinus renalis liegt das von Baufett umgebene Nierenbecken, sog. Pelvis renalis (S. 776).

Funktion der Niere

Form, Abschnitte und Lage der Niere Form und Abschnitte

Form, Größe und Gewicht: Die paarigen Nieren haben Bohnenform. Sie sind 120–180 g schwer und ca. 12 cm lang, 6 cm breit und 3 cm dick. Die rechte Niere ist kleiner als die linke. Abschnitte: Man unterscheidet Vorder-und Rückfläche (Facies anterior und posterior), lateralen und medialen Rand (Margo lateralis und medialis) sowie oberen und unteren Pol (Extremitas superior und inferior). Das Hilum renale setzt sich in den Sinus renalis mit dem Nierenbecken (Pelvis renalis) fort. Am Hilum treten alle Leitungsbahnen der Niere ein oder aus (Abb. J-1.1).

764 ⊙ J-1.1

J 1 Niere und ableitende Harnwege

⊙ J-1.1

Form und Abschnitte der Niere   

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Rechte Niere in der Ansicht von dorsal mit eröffneter Capsula fibrosa. Die ihr aufsitzende Nebenniere samt zahlreicher sie versorgender Gefäße (unbeschriftet) ist mit dargestellt. (Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

Lage und Lagebeziehungen der Niere

Lage und Lagebeziehungen der Niere

Die Nieren liegen im Spatium retroperitoneale abdominis (S. 652) zwischen M. psoas und M. quadratus lumborum, vgl. Nierenlager (S. 311). Die Position der Nieren ist abhängig von Atmung und Körperlage (Atemschwankung bis 3 cm).

Beide Nieren liegen innerhalb des Spatium retroperitoneale abdominis (S. 652) in den Fossae lumbales zwischen M. psoas und M. quadratus lumborum, vgl. Nierenlager (S. 311). Ihre Längsachsen konvergieren nach hinten und oben. Die Position der Nieren hängt ab von der Atmung und Körperlage: Bei Einatmung und im Stehen senken sich die Nieren; bei sehr tiefer Atmung können sie um insgesamt bis zu 3 cm in Richtung ihrer Längsachse bewegt werden.

Lage zur Wirbelsäule: In Atemmittellage reicht die linke Niere bis zum Oberrand des BWK XII.

Lage zur Wirbelsäule: In Atemmittellage reicht der obere Nierenpol links bis zum Oberrand des Brustwirbelkörpers XII. Das Hilum renale links steht in Höhe des Lendenwirbelkörpers II.

▶ Merke.

▶ Merke. Wegen der Größe der Leber liegt die rechte Niere im Mittel eine halbe

Wirbelkörperhöhe tiefer (Höhendifferenz bis 2 cm). Lage zu den Rippen: Die linke Niere wird von der 11. und 12. Rippe gekreuzt, die rechte Niere nur von der 12. Rippe.

Die unteren Pole liegen in Höhe LWK II–III. Dorsal von den Nieren verlaufen die Nn. subcostalis, iliohypogastricus und ilioinguinalis.

Lage zu den Rippen: Die 12. Rippe links zieht über die Niere an der Grenze vom oberen zum mittleren Nierendrittel; die 11. Rippe links läuft in Höhe des oberen Nierenpols. Die rechte Niere wird nur in ihrem oberen Drittel von der 12. Rippe überzogen und hat keinen Bezug mehr zur 11. Rippe. Die unteren Pole der Nieren liegen in Höhe des Lendenwirbelkörpers II–III. Zwischen der hinteren Fläche der Nieren und der dorsalen Leibeswand verlaufen drei Nerven schräg nach lateral und kaudal: die Nn. subcostalis, iliohypogastricus und ilioinguinalis.

J

▶ Klinik. Drückt eine krankhaft vergrößerte Niere auf diese Nerven, insbesondere auf die Nn. iliohypogastricus und ilioinguinalis, strahlen die dadurch verursachten Schmerzen nach ventral (!) in die Leistenregion aus (Innervationsgebiete dieser Nerven).

⊙ J-1.2

765

1.2 Niere (Ren)

▶ Klinik.

Topografische Nähe der Niere zu Rumpfwandnerven

(Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

a Sicht auf die Nieren in der Ansicht von dorsal, auf der rechten Seite nach Durchtrennung aller Rumpfwandschichten und Entfernung der Capsula adiposa. b Schmerzhafte Region in der Leistengegend bei Affektion der Nn. iliohypogastricus und ilioinguinalis durch Vergrößerung der rechten Niere.

Costa XII N. subcostalis Ren dexter N. iliohypogastricus N. ilioinguinalis

a

N. iliohypogastricus N. ilioinguinalis

innerviertes Hautareal

b

Topografische Beziehungen zu Organen und Leitungsbahnen: Die Beziehungen zu Nachbarorganen sind Abb. J-1.3 zu entnehmen: ■ Rechte Niere: Leber, Duodenum, rechte Kolonflexur. ■ Linke Niere: Magen, Milz, Pankreasschwanz, Colon descendens. A. und V. splenica kreuzen das linke Nierenhilum. Den beiden oberen Nierenpolen sitzt jeweils eine Nebenniere, Glandula suprarenalis dextra und sinistra, auf. In sagittaler Projektion werden beide Nieren vom Recessus costodiaphragmaticus (S. 563) überlagert.

Topografische Beziehungen zu Nachbarorganen und Leitungsbahnen: Auf den beiden oberen Nierenpolen sitzen die Glandulae suprarenales. Das linke Nierenhilum wird von den Vasa splenica gekreuzt. Beide Nieren werden vom Recessus costodiaphragmaticus (S. 563) überlagert. Weitere Beziehungen s. Abb. J-1.3.

Einbau in das Spatium retroperitoneale

Einbau in das Spatium retroperitoneale

Jede Niere wird zusammen mit der ihr aufsitzenden Nebenniere von einer Fettkapsel (Capsula adiposa) sowie der Nierenfaszie (Fascia renalis) umschlossen (Abb. J-1.4). Fettkapsel und Faszie gewährleisten zusammen mit den Blutgefäßen die Lage von Niere und Nebenniere im Retroperitonealraum.

Nieren und Nebennieren werden durch die Capsula adiposa und die Fascia renalis stabilisiert (Abb. J-1.4).

Capsula adiposa

Capsula adiposa

Das retroperitoneale Fettgewebe ist hinter den Nieren und entlang ihrer Seitenränder stark entwickelt und stabilisiert die Nieren in ihrer Position. An der Facies anterior ist es nur sehr spärlich vorhanden. An der Margo medialis füllt das Fettgewebe im Hilum renale die Lücken zwischen dem Ureter und den Blutgefäßen aus. Bei dem Fettgewebe handelt es sich nicht um Speicherfett, sondern um Baufett (S. 71), welches jedoch bei starker Unterernährung ebenfalls abgebaut werden kann.

Retroperitoneales Baufett (S. 71) ist an der Rückfläche und an den Seitenrändern der Niere stark entwickelt. Ventral ist es nur spärlich angelegt.

▶ Klinik. Wird die Nierenfettkapsel abgebaut, sind die Gefäße alleine nicht mehr in der Lage, die Niere zu stabilisieren. Wenn die Niere dann nach kaudal sinkt (sog. Senkniere), wird der Abfluss des Harns durch Abknickung des Harnleiters als Verbindung zwischen Niere und Harnblase behindert. Es besteht das Risiko eines Harnstaus und einer im Harnleiter aufsteigenden Infektion.

▶ Klinik.

766

J 1 Niere und ableitende Harnwege

⊙ J-1.3

Lage und Lagebeziehungen der Nieren

(Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

a Projektion der Nieren mit ableitenden Harnwegen auf das Skelett in der Ansicht von ventral. b Lagebeziehungen der Nieren und ableitenden Harnwege zu Organen des Bauch- und Beckenraums in der Ansicht von ventral. c Berührungsflächen der Nieren mit Nachbarorganen von ventral.

⊙ J-1.4

Einbau der Nieren in das Spatium retroperitoneale    

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b

(Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

a Rechtes Nierenlager im Sagittalschnitt durch das Hilum renale (Ansicht von rechts) b und im Horizontalschnitt etwa auf Höhe von LWK I/II (Ansicht von kranial).

  

   1

767

J 1.2 Niere (Ren)

Fascia renalis

Fascia renalis

Vor und hinter der Niere findet man ein prärenales bzw. retrorenales Blatt der sog. Nierenfaszie (Fascia renalis), welche aus einer Verdichtung des retroperitoneal gelegenen Bindegewebes entsteht. Das prärenale Blatt ist sehr zart, das retrorenale Blatt dagegen kräftig ausgeprägt. Beide Faszienblätter erreichen kranial das Zwerchfell, kaudal ziehen sie bis an den Darmbeinkamm, medial bis zur Wirbelsäule. Lateral sind die beiden Blätter miteinander verwachsen; das dorsale Blatt verwächst teilweise mit der Psoasfaszie. Der so entstehende Fasziensack ist kaudal und medial offen für den Zutritt von Ureter, Gefäßen und Nerven am Hilum renale, kranial und lateral aber geschlossen. Der ganze Fasziensack ist atemverschieblich, zusätzlich ist die Niere innerhalb der Capsula adiposa ihrerseits verschieblich. Diese Verhältnisse bedingen, dass die Nierenposition abhängig von Atmung und Körperlage ist. Die architektonische Einheit aus Niere, Capsula adiposa und Fascia renalis wird häufig unter dem Begriff „Nierenlager“ zusammengefasst. Definitionsgemäß wird nur der innerhalb des Fasziensacks liegende Fettkörper als Capsula adiposa bezeichnet. Ein zweiter, deutlich kleinerer Fettkörper, der zwischen dem retrorenalen Blatt der Fascia renalis und der Fascia transversalis (somit außerhalb des Fasziensacks) liegt, wird als Corpus adiposum pararenale bezeichnet. Er zählt nicht zum eigentlichen Nierenlager.

Vor und hinter der Niere liegen ein zartes präund ein derbes retrorenales Blatt der bindegewebigen Fascia renalis. Die Faszienblätter ziehen kranial bis zum Zwerchfell, medial zur Wirbelsäule, kaudal bis zum Beckenkamm. Der Fasziensack ist lateral und kranial geschlossen, medial und kaudal aber geöffnet. Der Fasziensack ist atemverschieblich; innerhalb der Capsula adiposa ist die Niere selbst gering beweglich. Die architektonische Einheit aus Niere, Capsula adiposa und Fascia renalis wird häufig unter dem Begriff „Nierenlager“ zusammengefasst.

1.2.3 Aufbau und morphologische Gliederung der Niere Die Niere wird vollständig von einer festen bindegewebigen Kapsel, der Capsula fibrosa (renis), überzogen. Diese Kapsel lässt sich von der Niere leicht abziehen. Unter der Capsula fibrosa liegt eine zarte Capsula subfibrosa, die sich in das Fasergerüst des Nierenparenchyms fortsetzt und nicht von der gesunden Niere abgezogen werden kann. ▶ Klinik. Die Capsula fibrosa ist schmerzempfindlich. Krankheitsbedingte Nierenschwellungen (z. B. bei Entzündung = Nephritis) führen in der kaum dehnbaren Kapsel zu starken Schmerzen.

Die Niere besteht aus Nierenmark (Medulla renalis) und Nierenrinde (Cortex renalis, Abb. J-1.5). Diesen makroskopisch deutlich unterscheidbaren Zonen liegt die Anordnung der funktionellen Baueinheiten der Niere, sog. Nephron (S. 768), zugrunde. Als morphologische Einheiten finden sich Nierenlappen (Lobus renalis) und Nierenläppchen (Lobulus renalis), die jeweils aus Mark und Rinde bestehen.

⊙ J-1.5

Calyx renalis

(Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

1.2.3

Aufbau und morphologische Gliederung der Niere Eine derbe Capsula fibrosa umgibt die Niere.

▶ Klinik.

Die Niere besteht aus Nierenmark und Nierenrinde (Abb. J-1.5). Darin integrierte morphologische Einheiten sind Nierenlappen und -läppchen.

⊙ J-1.5

Innenstruktur der Niere

Frontal halbierte rechte Niere in der Ansicht von dorsal.

Die Capsula adiposa liegt definitionsgemäß innerhalb des Fasziensacks. Zwischen dem retrorenalen Nierenfaszienblatt und der Fascia transversalis liegt das Corpus adiposum pararenale.

768

J 1 Niere und ableitende Harnwege

Nierenmark und -rinde

Nierenmark und -rinde

Nierenmark (Medulla renalis)

Nierenmark (Medulla renalis)

Es besteht aus ca. 14 Pyramides renales, welche parallele Kanälchen (S. 770) enthalten. Man unterscheidet Innen- und Außenzone sowie bei letzterer Außen- und Innenstreifen.

Das Nierenmark besteht aus ca. 14 kegelförmigen Pyramiden, Pyramides renales. Da Pyramiden parallel verlaufende Kanälchen (S. 770) enthalten, weisen sie eine feine Längsstreifung auf. Auch die im Längsschnitt erkennbaren Zonen und Streifen jeder Pyramide sind durch die Anordnung verschiedener Abschnitte der Nierenkanälchen bedingt: Man unterscheidet eine hellere Innen- von einer dunkleren Außenzone, wobei Letztere nochmals in Außen- und Innenstreifen unterteilt wird. Die Pyramiden weisen mit ihrer konvexen Basis zur Nierenkapsel, während ihre Spitzen (Papillae renales) in das Nierenbecken hineinragen. Die Papille ist kegelförmig und trägt zahlreiche Öffnungen, die sog. Foramina papillaria. Diese stellen die Mündungen kleiner Gänge, der Ductus papillares, dar, durch die der Harn in das Nierenbecken abfließt. Aufgrund der zahlreichen Foramina ist die Papilla renalis wie ein Sieb gelocht, weshalb sie auch Area cribrosa genannt wird.

Die Pyramidenbasis weist kapselwärts. Die Pyramidenspitzen (Papillae renales) ragen in das Nierenbecken und tragen Öffnungen. Durch diese Foramina papillaria leiten die Ductus papillares den Harn in das Nierenbecken.

Nierenrinde (Cortex renalis)

Nierenrinde (Cortex renalis)

Sie umgibt die Pyramiden mit Ausnahme der Papille. Die zwischen den Pyramiden liegenden Rindenabschnitte ähneln im Nierenlängsschnitt Säulen (Columnae renales).

Die Rindensubstanz umgibt die Pyramiden bis auf die Papille nahezu vollständig: Sie liegt sowohl zwischen der Pyramidenbasis und der Capsula fibrosa als auch zwischen den Seitenflächen der Markpyramiden, wo sie bis an das Hilum renale reicht. Daher hat die zwischen den Pyramiden liegende Rindensubstanz auf einem Längsschnitt durch eine Niere die Form von Säulen, Columnae renales. Von der Basis der Pyramiden ziehen Ausläufer des Nierenmarks, die sog. Markstrahlen (Radii medullares), kapselwärts in die Rinde hinein. Rindenbereiche zwischen den Markstrahlen bilden das sog. Rindenlabyrinth (Labyrinthus corticis).

Markstrahlen (Radii medullares) ziehen als Ausläufer der Pyramiden kapselwärts in die Rinde. Rinde zwischen den Markstrahlen wird als Rindenlabyrinth (Labyrinthus corticis) bezeichnet. Nierenlappen und -läppchen

Nierenlappen und -läppchen

Der Nierenlappen (Lobus renalis) besteht aus Markpyramide und Rindenmantel und stellt eine größere morphologische Einheit dar. Das Nierenläppchen (Lobulus corticalis) ist die morphologische Einheit aus Markstrahl und umgebendem Rindenlabyrinth.

Unter morphologischen Gesichtspunkten betrachtet man die Markpyramide und ihren Rindenmantel als eine Einheit, den sog. Nierenlappen (Lobus renalis oder Renculus). Alle Lobi renales umgeben als keilförmige Bausteine den Sinus renalis. Als Nierenläppchen (Lobulus corticalis) bezeichnet man die morphologische Einheit aus Markstrahl und umgebendem Rindenlabyrinth. Das Läppchen ist morphologisch schwer abgrenzbar. Die Grenze liegt an gedachten Linien zwischen den Aa. interlobares.

▶ Merke .

▶ Merke . ■ ■

1.2.4

Feinbau und funktionelle Gliederung der Niere Drei Strukturkomplexe gewährleisten die Nierenfunktion (S. 763): ■ Nephron (s. u.) zusammen mit den ■ intrarenalen Blutgefäßen (S. 775) sichern Harnproduktion und -konzentration, ■ der juxtaglomeruläre Apparat (S. 772) die Autoregulation.

Lobus renalis (Nierenlappen; syn. Renculus) = Markpyramide + Rindenmantel Lobulus corticalis (Nierenläppchen) = Markstrahl + Rindenlabyrinth

1.2.4 Feinbau und funktionelle Gliederung der Niere Die Hauptfunktionen der Niere (S. 763) werden durch drei Strukturkomplexe gewährleistet: ■ Das Nephron (s. u.) ist die kleinste Funktionseinheit der Niere – hier finden Produktion und Konzentrierung des Harns statt. An diesen Prozessen sind die ■ intrarenalen Blutgefäße (S. 775) durch ihre spezielle Anordnung maßgeblich beteiligt. ■ Der juxtaglomeruläre Apparat (S. 772) steht im Dienste der Autoregulation der Niere.

Nephron

Nephron

Funktionelle Baueinheit der Niere ist das Nephron (pro Niere 1–1,4 Millionen Nephrone). Es besteht aus: ■ Nierenkörperchen (Corpusculum renale) und ■ Nierenkanälchen (Tubulus renalis) mit mehreren Abschnitten.

Das Nephron ist die grundlegende funktionelle Baueinheit der Niere. Jede Niere enthält ca. 1–1,4 Millionen Nephrone. Ein Nephron hat folgende Bestandteile: ■ Nierenkörperchen (Corpusculum renale) und ■ Nierenkanälchen (Tubulus renalis). Dieser Tubulus („Schlauch“) wird in mehrere sich funktionell und morphologisch voneinander unterscheidende Abschnitte unterteilt, von denen jeder wiederum als Tubulus bezeichnet wird (S. 770).

769

J 1.2 Niere (Ren)

Je nach Lage des Anfangs- und Endabschnitts eines Nephrons unterscheidet man zwei Populationen: Als juxtamedulläre Nephrone bezeichnet man die in den Columnae renales zwischen den Markpyramiden liegenden Nephrone, während die anderen näher der Organoberfläche (kapselwärts) liegen. Diese Unterscheidung ist für die Anordnung einzelner Tubulusabschnitte von Bedeutung, s. Exkurs Henle-Schleife (S. 772).

Nach Lage der Anfangs- und Endabschnitte unterscheidet man juxtamedulläre (in den Columnae renales) von oberflächennah gelegenen Nephronen (S. 772).

Nierenkörperchen (Corpusculum renale)

Nierenkörperchen (Corpusculum renale)

Das Nierenkörperchen (Abb. J-1.6) besteht aus einem Kapillarknäuel (Glomerulus) und einer zarten Kapsel (Capsula glomerularis = Bowman-Kapsel). Glomerulus: Der Glomerulus ist ein komplexes Knäuel aus 30–40 parallel geschalteten kapillären Schlingen. Die Blutzufuhr in den Glomerulus erfolgt über eine Arteriola glomerularis afferens. Das Blut verlässt das Kapillarknäuel mit fast unverändertem Sauerstoffgehalt über eine Arteriola glomerularis efferens. Die beiden Arteriolen liegen am Glomerulus dicht zusammen und bilden den Gefäßpol des Nierenkörperchens. Capsula glomerularis (Bowman-Kapsel): Diese zarte Kapsel umhüllt den Glomerulus mit je einem viszeralen und parietalen Blatt. Das viszerale Blatt liegt den glomerulären Kapillarschlingen auf, das parietale Blatt grenzt das Nierenkörperchen gegen das umgebende Gewebe ab. Zwischen den beiden Blättern der Kapsel liegt ein Spalt, in welchen der Primärharn als Ultrafiltrat des Blutplasmas abgegeben wird. Die Kapsel ist am Harnpol, der dem Gefäßpol gegenüber liegt, in das System der Nierenkanälchen geöffnet. Die Wand der glomerulären Kapillarschlingen besteht aus einem fenestrierten Endothel (ohne Diaphragmen!) und einer dicken Basalmembran, welche den Durchtritt von Plasmabestandteilen mit einem Molekulargewicht über 70 000 Da verhindert („größenselektiver Filter“). Die Basalmembran (S. 69) lässt ultrastrukturell drei Schichten erkennen und enthält neben Kollagen Typ IV vor allem Laminin, Fibronektin und Heparansulfat.

Es besteht aus Kapillarknäuel (Glomerulus) und Bowman-Kapsel (Capsula glomerularis, Abb. J-1.6). Glomerulus: Er besteht aus parallelen Kapillarschlingen. Eine Arteriola glomerularis afferens (Blutzufuhr) und eine Arteriola glomerularis efferens (Abfluss) liegen dicht zusammen und bilden den Gefäßpol. Capsula glomerularis (Bowman-Kapsel): Sie umhüllt den Glomerulus. Ein viszerales Blatt liegt auf den Kapillaren, ein parietales Blatt grenzt zur Umgebung ab. Zwischen den Blättern liegt ein Spalt. Die Kapsel ist am Harnpol in das System der Nierenkanälchen geöffnet. Die glomerulären Kapillarschlingen zeigen ein fenestriertes Endothel (ohne Diaphragmen!) und eine dicke Basalmembran (S. 69) mit Kollagen Typ IV.

▶ Klinik.

▶ Klinik. Bei einer bestimmten Art von entzündlichen Nierenerkrankungen, den

Glomerulonephritiden, bildet der Organismus Antikörper gegen Bestandteile der glomerulären Basalmembran. Dies kann zu einem Versagen der Filtrationsfunktion führen, das u. a. mit Blut- und Eiweißverlusten über die Niere einhergeht und bei starker Ausprägung klinisch durch Ödembildung gekennzeichnet ist. Ein seltenes, aber interessantes Beispiel ist das Goodpasture-Syndrom, bei dem neben der renalen auch die alveoläre Basalmembran betroffen ist und es daher neben den genannten Symptomen auch zu pulmonalen Problemen (Hämoptysen = „Bluthusten„) kommt.

⊙ J-1.6

Nierenkörperchen (Corpusculum renale) distaler Tubulus, Pars recta

Macula densa

Arteriola glomerularis afferens Polkissen (Myoepithelzellen in der Arteriola glomerularis afferens) Gefäßpol des Glomerulus

Arteriola glomerularis efferens Richtung des Blutflusses

extraglomeruläre Mesangiumzellen Capsula glomerularis: – parietales Blatt – viszerales Blatt (Podozyten auf Kapillarschlingen)

intraglomeruläre Mesangiumzellen

Kapselraum

a

Harnpol des Glomerulus

(Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

a Darstellung nach Auftrennung der Bowman-Kapsel b und Schnitt durch das Kapillarknäuel.

Anfang des proximalen Tubulus, Pars convoluta

b

770

J 1 Niere und ableitende Harnwege

Die Basalmembran wird von Podozyten (= viszerales Blatt der Kapsel) bedeckt. Zwischen den Fortsätzen der Podozyten sind membranbedeckte Schlitze (Filterfunktion). Podozyten bilden Basalmembranmaterial nach und tragen harnraumwärts eine Glykokalyx.

Die Basalmembran ist kapselwärts von verzweigten Deckzellen überzogen, die das viszerale Blatt der Capsula glomerularis bilden. Diese als Podozyten (= Füßchenzellen) bezeichneten Zellen tragen zahlreiche Fortsätze, welche einen lückenhaften Überzug der Basalmembran bilden. Zwischen den Fortsätzen liegen unterschiedlich weite Schlitze, die durch eine dünne Schlitzmembran verschlossen sind. Diesen Schlitzen und ihren Membranen wird Filterfunktion zugeschrieben. Podozyten bilden laufend neues Basalmembranmaterial nach. Zum Harnraum hin trägt die Podozytenmembran eine Glykokalyx.

▶ Merke.

▶ Merke. Das Harnfiltersystem der Niere wird gebildet durch ■ ■ ■

fenestriertes Endothel der Kapillarschlingen, Basalmembran der Kapillarschlingen und Podozyten als Deckzellen der Basalmembran.

Das parietale Kapselblatt hat ein einschichtiges Plattenepithel.

Zwischen benachbarten Kapillarschlingen eines Glomerulus liegen – von der Basalmembran mit eingeschlossen – sog. Mesangiumzellen. Diese ebenfalls fortsatzreichen Zellen sind phagozytosefähig und können Basalmembranmaterial abbauen. Die innerhalb des Glomerulus liegenden Mesangiumzellen werden als intraglomeruläres Mesangium dem extraglomerulären Mesangium gegenübergestellt. Das parietale Blatt der Capsula glomerulosa besteht aus einem einschichtigen Plattenepithel, welches am Harnpol in das anschließende Tubulusepithel übergeht.

Nierenkanälchen (Tubulus renalis)

Nierenkanälchen (Tubulus renalis)

Es übernimmt am Harnpol den Primärharn, konzentriert und modifiziert ihn.

Das Nierenkanälchen übernimmt am Harnpol des Glomerulus den Primärharn, konzentriert ihn auf ca. 1 % seines Volumens und ändert seine chemische Zusammensetzung. Das Nierenkanälchen ist von einem einschichtigen Epithel ausgekleidet, welches zu umfangreichen Transportleistungen in der Lage ist. Aufgrund morphologischer Kriterien lässt sich jedes Nierenkanälchen in mehrere Abschnitte unterteilen (Abb. J-1.7): proximaler Tubulus – Intermediärtubulus – distaler Tubulus – Verbindungstubulus. Deren Länge und Anordnung differiert zwischen juxtamedullären (s. o.) und weiter kapselwärts gelegenen Nephronen, s. Exkurs Henle-Schleife (S. 772).

Zwischen den Kapillarschlingen liegen intraglomeruläre Mesangiumzellen, die durch Phagozytose Basalmembran abbauen.

Das Nierenkanälchen trägt ein einschichtiges Epithel. Man unterscheidet morphologisch (Abb. J-1.7): proximaler Tubulus – intermediärer Tubulus – distaler Tubulus – Verbindungstubulus. Die jeweilige Länge hängt von der Lage des einzelnen Nephrons ab (S. 772).

⊙ J-1.7

Bau des Nephrons & 

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Dargestellt ist jeweils ein juxtamedulläres Nephron (rechts im Bild) sowie ein weiter kapselwärts gelegenes Nephron (links). Sie unterscheiden sich in der Länge ihrer Henle-Schleife (S. 772). (Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

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771

J 1.2 Niere (Ren)

Am Harnpol beginnt der proximale Tubulus (Hauptstück), der einen gewundenen Teil (Pars convoluta proximalis) und einen gestreckten Teil (Pars recta proximalis) aufweist. Der folgende intermediäre Tubulus (Überleitungsstück) zeigt – außer bei den kapselwärts gelegenen Nephronen – eine Pars descendens und eine Pars ascendens und geht dann in den distalen Tubulus über. Letzterer besitzt wiederum einen gestreckten (Pars recta distalis) und einen gewundenen Teil (Pars convoluta distalis). Der distale Tubulus mündet in den Tubulus reuniens (Verbindungstubulus). Mehrere Verbindungstubuli münden schließlich in ein Sammelrohr. In der Physiologie werden die gewundenen Abschnitte häufig als proximales und distales Konvolut bezeichnet. ▶ Merke. Alle gewundenen Tubulusabschnitte und die Nierenkörperchen liegen im

Proximaler Tubulus mit Pars convoluta (beginnt am Harnpol) und Pars recta. Intermediärtubulus (mit Pars ascendens und Pars descendens außer bei den kapselwärts gelegenen Nephronen. Distaler Tubulus mit Pars recta und Pars convoluta mündet in den Verbindungstubulus. Mehrere Verbindungstubuli münden in ein Sammelrohr.

▶ Merke.

Rindenlabyrinth, die geraden Abschnitte (inkl. Sammelrohre) dagegen im Nierenmark und in den Markstrahlen. Die Markstrahlen gehören zwar „topografisch“ innerhalb der Niere zur Rinde; der histologische Aufbau entspricht aber dem des Marks. Die einzelnen Tubulusabschnitte haben neben morphologischen auch funktionelle Charakteristika: ■ Proximaler Tubulus: Ausgekleidet ist der proximale Tubulus mit einem azidophilen isoprismatischen Epithel mit Tight Junctions (S. 56), welches lumenwärts einen hohen Bürstensaum (S. 54) und an der Basis ein sog. basales Labyrinth erkennen lässt. Beim basalen Labyrinth handelt es sich um Einfaltungen der Zellmembran mit säulenartig angeordneten Mitochondrien. Der Bürstensaum trägt eine PAS-positive Glykokalix. Im proximalen Tubulus werden zahlreiche Substanzen des Primärharns rückresorbiert (Glukose, Aminosäuren, Natrium-/Kalium-/Phosphat- und Chlorid-Ionen, Harnsäure, Wasser). Ebenso ist eine aktive Sekretion harnpflichtiger Stoffe möglich. Bei hoher Wasserpermeabilität werden hier ⅔ des Primärharns rückresorbiert. ■ Der intermediäre Tubulus – das Überleitungsstück – weist ein sehr flaches Epithel ohne Bürstensaum auf. Das Überleitungsstück bildet den dünnen Teil der sog. Henle-Schleife (s. u.). ■ Distaler Tubulus: Morphologisch ist das Epithel (mit Tight Junctions) dem des proximalen Tubulus ähnlich, trägt zwar keinen Bürstensaum, aber ebenfalls ein basales Labyrinth. Die Pars convoluta des distalen Tubulus ist zur Resorption von Natrium- und Chlorid-Ionen befähigt. Die Wasserpermeabilität ist geringer als im proximalen Tubulus. In der Pars recta befindet sich in der apikalen Membran ein Na+-K+-2Cl–Kotransporter (hemmbar durch das Diuretikum Furosemid). ■ Verbindungstubulus: Der Verbindungstubulus ist der Endabschnitt eines Nephrons. Sein Epithel ähnelt dem Epithel des Sammelrohres, in das er übergeht. ■ Sammelrohr: Sammelrohre entstehen aus der Ureterknospe und liegen hauptsächlich in den Markpyramiden (S. 768). Ihr einschichtiges Epithel besteht aus hellen Hauptzellen und dunkleren Schaltzellen (aktiver Transport von H+-Ionen). Sammelrohre münden in die Ductus papillares, wo das Epithel in das der Nierenpapille übergeht. In den Sammelrohren erfolgt nochmals eine Wasserresorption und somit Harnkonzentrierung. Die Wasserrückresorption wird durch das hypothalamische Hormon ADH (antidiuretisches Hormon = Vasopressin) gefördert (ADH-sensible Wasserpermeabilität der Hauptzellen). Ein Sammelrohr erfasst ca. 10 Nephrone. ▶ Klinik. Beim Diabetes insipidus (= „unstillbarer Wasserdurchfluss“) kommt es zu einer erhöhten Urinausscheidung (Polyurie) mangels Wasserrückresorption im Sammelrohr. Die Patienten leiden u. a. unter dem nächtlichen Harndrang (Nykturie). Von der zentralen Form, sog. Diabetes insipidus centralis (S. 1251), bei der nicht genügend funktionell wirksames ADH im Hypothalamus gebildet wird, unterscheidet man die renale Form (Diabetes insipidus renalis), die angeboren oder sekundär durch eine Nierenerkrankung hervorgerufen ist. Bei diesen Patienten trägt das Sammelrohrepithel keinen oder einen funktionell unwirksamen ADH-Rezeptor bei hypothalamisch normaler ADH-Produktion. Ein Therapieversuch kann mit bestimmten diuresefördernden Medikamenten (Thiazid-Diuretika) unternommen werden, wobei der Mechanismus dieser scheinbar paradoxen Wirkung bisher ungeklärt ist.

Funktionelle Charakteristika der Tubulusabschnitte: ■









Proximaler Tubulus: azidophiles isoprismatisches Epithel mit Tight Junctions (S. 56), Bürstensaum (S. 54) und basalem Labyrinth (Einfaltungen der Zellmembran mit säulenartig angeordneten Mitochondrien). Hier findet Resorption von Wasser (⅔ des Primärharns), Glukose, Aminosäuren und Salzen sowie die Sekretion harnpflichtiger Stoffe statt.

Intermediärtubulus: Dieser dünne Teil der Henle-Schleife (s. u.) weist ein flaches Epithel ohne Bürstensaum auf. Distaler Tubulus: Das Epithel (mit Tight Junctions) zeigt keinen Bürstensaum, aber ein basales Labyrinth. Bei geringerer Wasserpermeabilität findet hier die Resorption von Na+- und Cl–-Ionen statt. Verbindungstubulus: Endabschnitt des Nephrons. Sammelrohre: Sie liegen vor allem in den Markpyramiden (S. 768), haben ein einschichtiges Epithel (Haupt- und Schaltzellen) und münden in die Ductus papillares. Sammelrohre leisten eine ADH-gesteuerte Wasserrückresorption (über Hauptzellen).

▶ Klinik.

772 ▶ Exkurs: Henle-Schleife (Ansa nephroni).

J 1 Niere und ableitende Harnwege

▶ Exkurs: Henle-Schleife (Ansa nephroni). Die Henle-Schleife ist ein gestreckter, haarnadelförmiger Tubulusabschnitt, der grundsätzlich einen zum Mark absteigenden und dann wieder zur Rinde aufsteigenden Schenkel hat. Sie besteht aus einem dicken und einem dünnen Teil. Der dünne Teil wird durch den intermediären Tubulus dargestellt, der dicke Teil besteht aus den geraden Abschnitten des proximalen und distalen Tubulus. Durch die parallele Lagerung von abund aufsteigendem Schenkel kann die Henle-Schleife einen osmotischen Gradienten aufbauen (Gegenstromprinzip; s. Lehrbücher der Physiologie). Sie ist deshalb von zentraler Bedeutung für die Rückresorption von Wasser und somit für die Harnkonzentrierung. Morphologisch unterscheidet man zwei Typen von Henle-Schleifen: ■ Lange Schleifen gehören zu juxtamedullären Nephronen; der Schleifenpol wird vom Intermediärtubulus gebildet. ■ Kurze Schleifen gehören zu weiter kapselwärts gelegenen Nephronen; die Pars recta des Tubulus distalis bildet den Schleifenpol. Bei einer kleineren Nephronpopulation biegen die kurzen Schleifen schon in den Markstrahlen um.

Juxtaglomerulärer Apparat

Juxtaglomerulärer Apparat

Er dient der Autoregulation der Niere und besteht aus (Abb. J-1.6): ■ Polkissen, ■ Macula densa und ■ extraglomeruläre Mesangiumzellen.

Unter dem Begriff „juxtaglomerulärer Apparat“ werden mehrere Strukturen zusammengefasst, deren einheitliches Funktionsmerkmal die Autoregulation der Niere ist. Die Niere kann selbst auf systemische Schwankungen des Blutdrucks kompensatorisch reagieren und so innerhalb gewisser Grenzen eine „niereninterne“ Blutdruckkonstanz garantieren. Der juxtaglomeruläre Apparat (Abb. J-1.6) umfasst: ■ Polkissen, ■ Macula densa und ■ extraglomeruläre Mesangiumzellen.

Polkissen

Polkissen

Epitheloide Myoepithelzellen in der Media der Arteriola glomerularis afferens (S. 775) bilden das Polkissen.

In der Arteriola glomerularis afferens (S. 775), dicht vor der Aufzweigung in die glomerulären Schlingen, ersetzen große basophile Zellen – die epitheloiden glatten Muskelzellen – die eigentlichen Muskelzellen der Tunica media. Diese Myoepithelzellen enthalten Sekretgranula mit dem Enzym (Protease) Renin. Renin beeinflusst über das sog. Renin-Angiotensin-Aldosteron-System den systemischen Blutdruck und den Natriumhaushalt der Niere.

Das Myoepithel enthält das Enzym Renin, das über das Angiotensin-Aldosteron-System auf Blutdruck und Natriumhaushalt wirkt. ▶ Exkurs: Renin-Angiotensin-AldosteronSystem (RAAS).

▶ Exkurs: Renin-Angiotensin-Aldosteron-System (RAAS). Als Protease kann Renin nach Sekretion aus den Myoepithelzellen das in der Leber produzierte und im Blut zirkulierende Angiotensinogen zu Angiotensin I spalten. Angiotensin I seinerseits wird durch das Angiotensin-Converting-Enzyme (ACE, lokalisiert auf der luminalen Oberfläche von Gefäßendothelzellen) zu Angiotensin II gespalten. Angiotensin II wirkt vasokonstriktorisch (gefäßverengend) und steigert die Aldosteron-Sekretion der Nebennierenrinde (S. 791), was zu verstärkter Na+-(und in der Konsequenz Wasser-)Rückresorption führt. Beide Mechanismen erhöhen den systemischen Blutdruck. Klinisch kann das Enzym durch ACE-Hemmer wie Captopril in seiner Wirkung blockiert werden, was man therapeutisch zur Behandlung des erhöhten Blutdrucks nutzt.

Macula densa

Macula densa

Die besonders dicht gelagerten Epithelzellen in der Pars recta des Tubulus distalis grenzen direkt an das extraglomeruläre Mesangium und dienen der Bestimmung der intratubulären Natriumkonzentration.

Die Pars recta des Tubulus distalis legt sich zwischen Arteriola glomerularis afferens und efferens unmittelbar dem Nierenkörperchen an. An der „Macula densa“ genannten Berührungsstelle sind die Epithelzellen schlanker, die Kerne liegen dichter beieinander. Die Macula densa, die direkt an das extraglomeruläre Mesangium grenzt, dient der Bestimmung der Natriumkonzentration im tubulären Harn.

Extraglomeruläre Mesangiumzellen

Extraglomeruläre Mesangiumzellen

▶ Synonym.

Zwischen Macula densa und Arteriolengabel liegen modifizierte glatte Muskelzellen in direkter Verbindung mit der Arteriola glomerularis aff. zur Regulation der Nierendurchblutung.

▶ Synonym. Goormaghtigh-Zellen

Zwischen der Macula densa und der Arteriolengabel liegen modifizierte glatte Muskelzellen, die mit der Arteriola glomerularis afferens in direkter Verbindung stehen. Sie dienen der Regulation der Nierendurchblutung. Diese modifizierten Muskelzellen werden auch als Goormaghtigh-Zellen bezeichnet.

773

J 1.2 Niere (Ren)

Interstitium

Interstitium

Das interstitielle Bindegewebe der Niere ist sehr spärlich ausgebildet, da zwischen den Tubuli und den Kapillaren nur wenig Raum bleibt. Fibroblasten und Makrophagen bilden die größte interstitielle Zellpopulation, in den interstitiellen Räumen findet man zarte präkollagene und retikuläre Fasern.

Im spärlichen Interstitium findet man Fibroblasten, Makrophagen und präkollagene und retikuläre Fasern.

1.2.5 Gefäße und Innervation der Niere

1.2.5

Nierengefäße

Nierengefäße

▶ Merke. Mit einem mittleren Blutfluss von insgesamt 1200 ml pro Minute gehören

Gefäße und Innervation der Niere

▶ Merke.

die Nieren zu den am stärksten durchbluteten Organen des Körpers. Dem zugrunde liegt die spezielle „Doppelfunktion“ der Nierenarterien als Vasa privata und Vasa publica (S. 149), s. auch Nierenarterien (S. 773). Obwohl sie mit einem Gesamtgewicht von 300 g nur ca. 0,4 % des durchschnittlichen Körpergewichts eines Erwachsenen von 70 kg erreichen, haben sie einen Anteil von fast 25 % am Herzminutenvolumen in Ruhe (5 l/min). Das arterielle Blut fließt jeder der beiden Nieren über eine Arteria renalis zu und über eine gleichnamige Vene wieder ab (Abb. J-1.8). Die intrarenale Anordnung der Gefäße spielt für die Organfunktion eine wesentliche Rolle.

⊙ J-1.8

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Zu- und abführende Gefäße sind die Vasa renalia (Abb. J-1.8). Die intrarenale Gefäßanordnung bestimmt maßgeblich die Organfunktion.

⊙ J-1.8

Blutgefäße der Nieren

  

Die mittlere Durchblutung beider Nieren zusammen beträgt ca. 1200 ml pro Minute (ca. 25 % des Herzminutenvolumens).

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In der schematischen Ansicht von ventral ist der Abstand der rechten Niere mit Nebenniere zur V. cava inferior gegenüber der physiologischen Situation etwas vergrößert, um die Gefäßsituation übersichtlicher darzustellen. (Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

Nierenarterien

Nierenarterien

Die Nierenarterien sichern einerseits als Vasa privata die für den Nierenstoffwechsel erforderliche Substrat- und Sauerstoffzufuhr. Sie stellen aber andererseits als Vasa publica auch das Blut für die Klär- und Regulationsfunktion der Nieren zur Verfügung. Während bei Lunge und Leber auf der Zuflussseite Vas privatum und Vas publicum als getrennte Gefäße verlaufen, sind die Nierenarterien gleichzeitig Vasa publica und Vasa privata (Ähnliches trifft auf Hypophysenarterien zu). Jede Niere erhält ihren Blutzufluss durch eine Arteria renalis sinistra bzw. dextra. Beide Nierenarterien entspringen in Höhe LWK II aus der Aorta abdominalis (die rechte oft etwas tiefer). Die Arteria renalis dextra ist ca. 3–5 cm lang und zieht dorsal der V. cava inferior zur rechten Niere. Die Arteria renalis sinistra ist mit 1–3 cm deutlich kürzer.

Nierenarterien sind gleichzeitig Vasa privata (Nierenstoffwechsel) und Vasa publica (Klärund Regulationsfunktion). Je eine A. renalis sinistra und dextra entspringen in Höhe LWK II aus der Aorta abdominalis.

Äste der Nierenarterien: Die beiden Nierenarterien geben während ihres Verlaufs zur Niere die folgenden Gefäße ab: ■ zur Nebenniere: Arteria suprarenalis inferior, ■ zur Nierenkapsel: Rami capsulares und ■ zum kranialen Ureter: Rami ureterici. ■ Auch in die Capsula adiposa werden kleine Äste abgegeben.

Die A. renalis dextra kreuzt die V. cava inferior an der Rückseite und ist mit 3–5 cm länger als die A. renalis sinistra. Äste der Nierenarterien: ■ A. suprarenalis inferior (zur Nebenniere), ■ Rr. capsulares (zur Nierenkapsel) und ■ Rr. ureterici (zum Ureter). Am Hilum teilt sich die A. renalis in ■ 5 Segmentarterien (Abb. J-1.9).

774

J 1 Niere und ableitende Harnwege

Vor oder bei dem Eintritt in das Hilum renale teilt sich die Nierenarterie im Allgemeinen in ■ fünf Segmentarterien (Abb. J-1.9), was zu einer Unterteilung der Niere in fünf Segmente führt.

⊙ J-1.9

⊙ J-1.9

Aufzweigung der A. renalis am Hilum und in der Niere

A. interlobaris renis (zwischen den Markpyramiden)

Pyramide A. arcuata (an der Basis der Markpyramiden)

Rr. capsulares A. suprarenalis inferior

A. corticalis radiata Capsula fibrosa

A. renalis sinistra (Hauptstamm) Pelvis renalis Rr. ureterici (hier aus A. renalis sinistra)

Segmentarterien Ureter sinister (Abgang aus Pelvis renalis)

Sicht auf eine linke, teilweise aufgeschnittene Niere von ventral. (Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

▶ Klinik.

▶ Klinik. Die Niere wirkt als Sensor für den Blutdruck und hat großen Einfluss auf seine Regulation. Bei einer Verengung einer Nierenarterie (Nierenarterienstenose) ist die Durchblutung der Niere reduziert, was einen lediglich lokal erniedrigten Druck zur Folge hat. Die Niere reagiert auf den vermeintlich insgesamt zu niedrigen Blutdruck mit der Ausschüttung von Renin (S. 772), was zu einer Blutdruckerhöhung führt. Diese renovaskuläre Hypertonie ist zwar selten (1–2 % der Fälle) die Ursache für einen erhöhten Blutdruck (arterielle Hypertonie), muss jedoch bei der Diagnosestellung bedacht und ggf. abgeklärt werden. Therapeutisch kommt neben der operativen Korrektur eine Aufweitung des verengten Gefäßes mit einem Ballonkatheter in Frage (Ballondilatation).

⊙ J-1.10

Rechtsseitige Nierenarterienstenose. In der Arteriografie ist die Verengung der rechten Nierenarterie deutlich sichtbar (→). (Reiser, M., Kuhn, F.P., Debus, J.: Duale Reihe Radiologie. Thieme, 2011)

Varianten der Nierenarterien: ■ Ursprung einer oder beider Arterien aus dem Truncus coeliacus, ■ akzessorische (= zusätzliche) Arterien oder ■ aberrante (= nicht am Hilum eintretende) Arterien.

Varianten der Nierenarterien: (recht häufig): ■ Ursprung einer oder beider Arterien aus dem Truncus coeliacus (S. 865). ■ Akzessorische Nierenarterien: ein oder mehrere zusätzliche Gefäße. ■ Aberrante Nierenarterien: die Arterie zieht nicht am Hilum in die Niere, sondern an einem Pol.

J

775

1.2 Niere (Ren)

Intrarenale Nierengefäße ▶ Merke. Die Architektur der intrarenalen Nierengefäße ist die Grundlage für das

Intrarenale Nierengefäße ▶ Merke.

Funktionsprinzip der Harnkonzentrierung. Die in die Niere eintretenden Segmentarterien (s. o.) geben Arteriae interlobares ab. Eine A. interlobaris verläuft in den Rindensäulen etwa in der Mitte zwischen zwei Markpyramiden kapselwärts. Auf Höhe der Pyramidenbasis, d. h. an der RindenMark-Grenze, teilt sich die A. interlobaris in zwei Arteriae arcuatae (Abb. J-1.9 und Abb. J-1.11), welche jeweils etwa bis zur Mitte der Pyramidenbasis verlaufen, wo sie mit der A. arcuata der benachbarten A. interlobaris anastomosieren. Aus den Aa. arcuatae gehen radiär kapselwärts Arteriae corticales radiatae hervor, aus denen die Arteriolae afferentes des Nierenkörperchens entspringen. Die aus dem Glomerulus austretende Arteriola glomerularis efferens enthält immer noch arterielles Blut. Dieses wird im Falle der oberflächennahen Glomeruli zur Versorgung der Rinde genutzt: Das Blut fließt zunächst über ein Kapillarsystem, dann in eine Vena corticalis radiata und darin zurück in die Vena arcuata. Gelegentlich werden A./V. corticalis radiata und A./V. interlobularis synonym verwendet. Die aus den marknah gelegenen Glomeruli entspringenden Arteriolae glomerulares efferentes ziehen lang gestreckt als Arteriolae rectae in das Mark, wo sie über ein Kapillarsystem ihr Blut in die Venulae rectae abgeben. Von den Venulae rectae fließt das Blut in eine V. arcuata zurück, die ihr Blut über eine Vena interlobaris dann in die V. renalis abgibt. Das System der Vasa recta im Nierenmark dient nicht nur über ein Kapillarsystem der Ernährung des Marks: Durch parallele Lagerung jeweils eines arteriellen und eines venösen Gefäßes gemeinsam mit der Pars recta im Tubulussystem (Abb. J-1.11) wird über einen Gegenstrom des Blutes ein Gradient für zahlreiche diffusible Stoffe aufgebaut, durch den die Harnkonzentrierung in der Niere gewährleistet wird (siehe Lehrbücher der Physiologie).

⊙ J-1.11

Architektur der intrarenalen Nierengefäße und ihre Anordnung in Bezug zum Tubulussystem

peritubuläres Kapilarnetz

Durch den Gegenstrom der intravasalen Flüssigkeiten wird ein permanenter osmotischer Gradient aufrechterhalten, der der Harnkonzentrierung im Tubulus durch Wasserresorption dient. (Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

Die am Hilum eintretenden Segmentarterien (s. o.) geben Aa. interlobares ab, die zwischen zwei Pyramiden kapselwärts laufen. Die A. interlobaris gibt zwei Aa. arcuatae ab, die jeweils an der Pyramidenbasis laufen (Abb. J-1.9 u. Abb. J-1.11). Aus der A. arcuata gehen radiär kapselwärts Aa. corticales radiatae ab; diese speisen die Arteriolae afferentes des Glomerulus. In der den Glomerulus verlassenden Arteriola glomerularis efferens fließt arterielles Blut. In der Rinde wird es über Kapillaren in die V. corticalis radiata und V. arcuata geleitet. Marknahe Glomeruli speisen über Arteriolae rectae das Mark, über Venulae rectae wird die V. arcuata erreicht. Vasa recta dienen über das Gegenstromprinzip durch Parallellagerung von arteriellem und venösem Schenkel mit der Pars recta des Tubulussystems (Abb. J-1.11) über Gradienten für diffusible Stoffe auch der Konzentrierungsarbeit der Niere.

⊙ J-1.11

776

J 1 Niere und ableitende Harnwege

Nierenvenen

Nierenvenen

Blutabfluss über V. renalis sinistra (6–7 cm lang) und dextra. Sie treten am Hilum aus und münden in die V. cava inferior. Die V. renalis sinistra liegt vor der Aorta abdominalis (Abb. J-1.8). Zuflüsse zur V. renalis sinistra: ■ V. suprarenalis sinistra. ■ V. testicularis/ovarica sinistra. ■ Diese Venen münden rechts direkt in die V. cava inferior. Die V. renalis dextra ist nur 1–2 cm lang. Auch bei den Venen gibt es zahlreiche Varianten.

Die venöse Entsorgung der Nieren erfolgt über die Venae renales sinistra und dextra, die jeweils am Hilum renale austreten und in die V. cava inferior münden. Die 6–7 cm lange Vena renalis sinistra zieht vor der Aorta abdominalis (Abb. J-1.8) – direkt unterhalb des Ursprungs der A. mesenterica superior – zur V. cava inferior. Dabei liegt die Vene zwischen Aorta und der A. mesenterica superior „eingeklemmt“, eine Situation, die als „Nussknacker“ bezeichnet wird. Die V. renalis sinistra erhält außerhalb der Niere zwei weitere venöse Zuflüsse: ■ Vena suprarenalis sinistra von der linken Nebenniere. ■ Vena testicularis/ovarica sinistra vom linken Hoden/Ovar. Diese Venen münden rechts direkt in die V. cava inferior. Die Vena renalis dextra ist nur ca. 1–2 cm lang; sie liegt meist vor und unterhalb der rechten Nierenarterie. Auch bei den Nierenvenen kommen zahlreiche Varianten vor.

Lymphabfluss

Lymphabfluss

Er erfolgt über die Nll. lumbales um Aorta und V. cava inferior in die Trunci lumbales (S. 872).

Die Lymphe der Nieren fließt in die Nodi lymphoidei lumbales, die sich links um die Aorta abdominalis, rechts um die V. cava inferior gruppieren (Nll. aortici/cavales laterales). So gewinnen die Nieren Anschluss an die Trunci lumbales (S. 872). Auffällig ist, dass intrarenale Lymphkapillaren in der Nähe der Tubuli selten sind, um nicht durch einen Lymphtransport das Gegenstromprinzip zwischen Blutgefäßen und Tubuli zu stören. In der Rinde dagegen sind sie deutlich zahlreicher.

Innervation der Niere

Innervation der Niere

Sympathisch: über die Ggll. aorticorenalia (S. 875), vasokonstriktorisch. Parasympathisch: umstritten. Das Nierenbecken wird durch Fasern, die mit dem Ureter aufsteigen innerviert.

Der Sympathikus erreicht die Niere über die Ggll. aorticorenalia (S. 875). Er wirkt überwiegend vasokonstriktorisch. Eine Innervation der Niere selbst durch den Parasympathikus ist umstritten. Das Nierenbecken, das wie der Ureter aus dem Wolffschen Gang entsteht, wird über Fasern innerviert, die mit dem Ureter zur Niere aufsteigen, vgl. Kap. Ableitende Harnwege (S. 776).

1.3

Ableitende Harnwege

Hierzu zählen: ■ Nierenbecken (Pelvis renalis, s. u.), ■ Harnleiter = Ureter (S. 777), ■ Harnblase = Vesica urinaria (S. 779) und ■ Harnröhre (Urethra), die bei den männlichen (S. 838) bzw. weiblichen (S. 809) äußeren Geschlechtsorganen beschrieben wird. Funktion ist der Transport bzw. Sammlung und temporäre Speicherung des Harns ohne ihn weiter zu verändern. Typisch für die ableitenden Harnwege ist die Auskleidung mit Urothel (S. 62).

1.3.1

Nierenbecken (Pelvis renalis)

▶ Merke.

1.3

Ableitende Harnwege

Als ableitende Harnwege werden folgende Anteile des Urogenitalsystems zusammengefasst: ■ Nierenbecken (Pelvis renalis, s. u.), ■ Harnleiter = Ureter (S. 777), ■ Harnblase = Vesica urinaria (S. 779) und ■ Harnröhre (Urethra), die aufgrund ihrer topografischen Bezüge zum äußeren Genitale und geschlechtsspezifischen Besonderheiten zusammen mit den weiblichen (S. 809) und männlichen (S. 838) Genitalorganen besprochen wird. Gemeinsame Funktion ist der Transport, bei der Harnblase v. a. auch die Sammlung und temporäre Speicherung des Harns, der auf diesem Weg in seiner Zusammensetzung nicht mehr verändert wird. Charakteristisch für die ableitenden Harnwege ist die Auskleidung mit Urothel (= Übergangsepithel), einem spezialisierten Epithel, das eine Barriere gegenüber dem Harn darstellt (S. 62).

1.3.1 Nierenbecken (Pelvis renalis) ▶ Merke. Das funktionell zu den ableitenden Harnwegen zählende Nierenbecken

ist entwicklungsgeschichtlich ein Teil der Ureterknospe (S. 851) aus dem Wolffschen Gang. Topografisch wird es der Niere zugerechnet. Lage, Aufbau und Funktion: Es liegt im Sinus renalis und besteht aus 7–12 Kelchen (Calices renales), die die Papillae renales umfassen und den Endharn auffangen (Abb. J-1.5).

Lage, Aufbau und Funktion: Das Nierenbecken liegt im Sinus renalis und besitzt 7– 12 Nierenkelche (Calices renales). Die trichterförmigen Nierenkelche umfassen dicht abschließend einzeln die Papillae renales und fangen den Endharn auf (vgl. Abb. J-1.5).

777

J 1.3 Ableitende Harnwege

⊙ J-1.12

⊙ J-1.12

Formen des Nierenbeckens -!   -!  

-!  % -!   

 



 



. 

. 

a

b

(Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

a Dendritischer b und ampullärer Typ.

Form: Sie hängt ab von der Anordnung der Kelche (Abb. J-1.12): ■ Ein dendritischer Beckentyp ist eng, die Kelche lang, evtl. verzweigt. ■ Beim ampullären Beckentyp findet man ein weites Becken mit kurzen Kelchen. Kelche und Nierenbecken sind von Bindegewebe umgeben. Glatte Muskulatur, die in das Bindegewebe eingefügt ist, kann die Weite des Hohlraumsystems aktiv beeinflussen.

Form: Man unterscheidet nach Anordnung der Kelche (Abb. J-1.12): ■ Dendritischer Typ: eng, lange Kelche. ■ Ampullärer Typ: weit, kurze Kelche. Die Nierenbeckenweite wird durch glatte Muskulatur aktiv verändert.

1.3.2 Harnleiter (Ureter)

1.3.2

Funktion, Abschnitte, Lage und Verlauf des Ureters

Funktion, Abschnitte, Lage und Verlauf des Ureters Er übernimmt die Harnleitung vom Nierenbecken zur Harnblase (S. 779), verläuft hinter (Abdomen) und unter (Becken) der Peritonealhöhle und wird bei einer Länge von 24– 31 cm in zwei Abschnitte eingeteilt: ■ Kraniale Pars abdominalis. ■ Kaudale Pars pelvica. Die Pars abdominalis beginnt am Nierenbecken, liegt auf dem M. psoas und läuft dorsal der Vasa testicularia/ovarica. Sie liegt im Spatium retroperitoneale abdominis. Die Pars pelvica beginnt an der Grenze zum kleinen Becken und läuft ventral der Aa. iliacae.

Der Ureter leitet den Harn in die Harnblase = Vesica urinaria (S. 779) und liegt im ganzen Verlauf außerhalb der Peritonealhöhle. Bei einer Gesamtlänge von 24–31 cm unterscheidet man topografisch zwei Ureterabschnitte: ■ Pars abdominalis (kranial) und ■ Pars pelvica (kaudal). Die Pars abdominalis beginnt am Nierenbecken. Sie liegt auf der Faszie des M. psoas und wird von parietalem Peritoneum bedeckt (retroperitonealer Verlauf des Ureters). Beidseits liegt der Ureter dorsal der Vasa testicularia/ovarica. Die Pars pelvica beginnt an der Grenze zum kleinen Becken. Hier folgt der Ureterverlauf der Wand des kleinen Beckens. Die Ureteren liegen ventral der Vasa iliaca, und zwar rechts i. A. vor der A. iliaca externa (die Vene liegt weiter dorsal), links vor der A. iliaca communis in Höhe ihrer Teilung. Bei der Frau unterkreuzen die Ureteren im Ligamentum latum uteri die A. uterina und laufen in geringem Abstand (1–2 cm) zur Cervix uteri; beim Mann wird hinter der Harnblase der Ductus deferens an der Ampulla ductus deferentis unterkreuzt. ▶ Merke. Der Ureter ■

■ ■

Harnleiter (Ureter)

Unterkreuzung der A. uterina (im Ligamentum latum) bzw. des Ductus deferens.

▶ Merke.

unterkreuzt: Vasa testicularia/ovarica + A. uterina (Frauen) bzw. Ductus deferens (Männer). überkreuzt: rechts A. iliaca externa, links A. iliaca communis. Überkreuzung und Unterkreuzung sind aus der Sicht des Beobachters von ventral gesehen.

Die Ureteren ziehen von dorsal oben an die Harnblase heran und durchtreten schräg deren Wand. Dieser intramurale Teil ist innig mit der Blasenwand verbunden, besonders eng und an seiner Mündung aktiv durch Muskulatur verschlossen, was den Rückfluss von Harn aus der Blase in die Ureteren verhindert.

Die Ureteren nähern sich von dorsal oben der Harnblasenwand, die sie schräg durchtreten. Zur Verhinderung von Harnreflux ist ihre Mündung muskulär verschlossen.

778

J 1 Niere und ableitende Harnwege

▶ Klinik.

▶ Klinik. Versagt der funktionelle Verschluss der Uretermündung in die Harnblase, kann es zu einem Rückfluss von Harn mit einer aufsteigenden bakteriellen Infektion des Nierenbeckens kommen (sog. Pyelitis), die mit Schmerzen und oft hohem Fieber einhergeht. Ist auch das Nierenparenchym beteiligt, spricht man von Pyelonephritis.

Die drei Ureterengen sind Tab. J-1.1 zu entnehmen.

≡ J-1.1

Während seines Verlaufs zeigt der Ureter drei physiologische Engstellen (Ureterengen, Tab. J-1.1).

Physiologische Engstellen des Ureters (Ureterengen)

Ureterenge

Lokalisation

① obere Enge

Übergang Nierenbecken – Ureter

Ansicht von ventral

② mittlere Enge

Überkreuzung der A. iliaca externa bzw. communis Ureter liegt ventral der Vasa iliaca

③ untere Enge

Durchtritt durch die Wand der Harnblase

④ Enge bei der Unterkreuzung der Vasa testicularia/ovarica

Ureter liegt dorsal der Vasa ovarica/testicularia

1

4

2

3

(Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

▶ Klinik. In den Nierenkelchen oder im Nierenbecken entstandene

Steine können im Ureter stecken bleiben, bevorzugt an einer der Engstellen: Aus dem Kelch- oder Nierenbeckenstein wird ein Ureterstein. Der Versuch des Ureters, durch aktive Kontraktion seiner Wand den Stein in Richtung der Harnblase zu treiben, kann von sehr heftigen Schmerzen (Nierenkolik) begleitet sein. Der Nachweis gelingt meist durch bildgebende Verfahren (Röntgen, CT). die Therapie besteht neben der Linderung der Beschwerden in dem Versuch, den Stein „auszuspülen“ oder mechanisch (Schlinge, Stoßwellenzertrümmerung) zu entfernen. Verlegt der Stein das ganze Ureterlumen, kann es zu einem Harnstau kommen, der ein rasches therapeutisches Eingreifen erforderlich macht.

⊙ J-1.13

Ureterstein (→) mit dadurch bedingter Harnstauung

(Sökeland, J., Schulze, H., Rübben, H.: Urologie. Thieme, 2004)

a Schematische b und Kontrastmitteldarstellung.

a

b

Wandbau des Ureters

Wandbau des Ureters

Das sternförmige Lumen (Abb. J-1.14) wird umschlossen von Tunica mucosa, Tunica muscularis und Tunica adventitia.

Ein Querschnitt durch den Ureter zeigt ein sternförmiges Lumen (Abb. J-1.14) und den für muskuläre Hohlorgane (S. 530) charakteristischen Wandbau (von innen nach außen) mit Tunica mucosa, Tunica muscularis und Tunica adventitia.

Tunica mucosa: Sie umfasst Urothel und Lamina propria.

Tunica mucosa: Die Mukosa besteht aus einem besonderen Epithel, dem Urothel, und einer Lamina propria. ■ Das Urothel wird durch ca. 6 Zellreihen gebildet. Bei Dehnung des Ureters nehmen Höhe und Zahl der Schichten ab (Übergangsepithel). Eine ausgeprägte Glykokalix schützt das Epithel vor den Einflüssen des Harns. Die Zellen der obersten Schicht haben unter der lumenwärts gelegenen Plasmamembran dichte Filamentbündel, die zusammen mit der Membran die lichtmikroskopisch sichtbare Crusta ergeben, die man nur im Urothel findet. Die Deckzellen sind untereinander durch zahlreiche Tight Junctions (S. 56) verbunden, um einen dichten Abschluss des Interzellularraums zu gewährleisten. ■ Die breite Lamina propria ist als subepitheliales Bindegewebe der Ureterwand lamellär aufgebaut und zeigt Längsfalten, welche zur Sternform des Ureterlumens führen. Direkt subepithelial liegt ein dichtes Kapillarnetz; in einer äußeren Lamelle liegen größere Gefäße.





Das Urothel (Übergangsepithel) besteht aus ca. 6 Zellschichten wechselnder Höhe mit Glykokalix und Crusta. Zum dichten Abschluss enthält es Tight Junctions (S. 56). Die Lamina propria ist eine breite, längs gefaltete Bindegewebsschicht (bedingt Sternform des Ureterlumens).

779

J 1.3 Ableitende Harnwege

⊙ J-1.14

⊙ J-1.14

Wandbau des Ureters Querschnitt durch den Harnleiter mit charakteristischem sternförmigem Lumen. Tunica mucosa

(Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

Tela submucosa Tunica muscularis, LŠngsmuskelschicht Tunica muscularis, Ringmuskelschicht Tunica adventitia

Tunica muscularis: Die kräftige glatte Muskulatur des Ureters erzeugt die peristaltischen Wellen für den aktiven Transport des Harns in die Blase. Sie zeigt ein innen gelegenes Stratum longitudinale internum und ein äußeres Stratum circulare. Die Pars pelvica zeigt noch weiter außen eine dritte Schicht, das Stratum longitudinale externum.

Tunica muscularis: Durch sie erfolgt der peristaltische Harntransport. In beiden Ureterabschnitten finden sich Stratum longitudinale internum und Stratum circulare, in der Pars pelvica zusätzlich ein Stratum longitudinale externum.

Tunica adventitia: Sie baut den Ureter in das umgebende Bindegewebe des Spatium retroperitoneale ein.

Tunica adventitia: zum Einbau des Ureters in das Spatium retroperitoneale.

Gefäßversorgung und Innervation des Ureters

Gefäßversorgung und Innervation des Ureters Gefäßversorgung

Gefäßversorgung Arterielle Versorgung: Der Ureter wird aus Rami ureterici versorgt, die den Arterien seiner Nachbarschaft entspringen: ■ Pars abdominalis: Arteria renalis (S. 773), Arteria testicularis (S. 828)/ovarica (S. 796). ■ Pars pelvica: Arteria iliaca communis (S. 879) und Arteria iliaca interna mit ihren viszeralen Ästen, v. a. Arteria uterina bzw. ductus deferentis sowie Arteria vesicalis inferior (S. 783).

Arterielle Versorgung: Rr. ureterici aus den Nachbararterien: ■ Pars abdominalis: A. renalis (S. 773), A. testicularis (S. 828)/ovarica (S. 796) ■ Pars pelvica: A. iliaca communis (S. 879) und viszerale Äste der A. iliaca int.

Venöser Abfluss: Er erfolgt über Venen, die mit den Arterien verlaufen und wie sie benannt sind.

Venöser Abfluss: Über gleichnamige, arterienbegleitende Venen.

Lymphabfluss: Die Lymphdrainage erfolgt in Lymphknoten, die den benachbarten Gefäßen zugeordnet sind und die Lymphe in die Trunci lumbales ableiten. ■ Pars abdominalis: Nodi lymphoidei lumbales (Nodi lymphoidei cavales laterales und aortici laterales). ■ Pars pelvica: Nodi lymphoidei iliaci communes und iliaci interni.

Lymphabfluss: Über folgende Lymphknoten in die Trunci lumbales: ■ Pars abdominalis: Nll lumbales. ■ Pars pelvica: Nll. iliaci (communes und interni).

Innervation

Innervation

Der Sympathikus erreicht den Ureter über Ganglia aorticorenalia und über den Plexus hypogastricus inferior. Die parasympathische Versorgung erfolgt über die Nervi splanchnici pelvici aus den Segmenten S 2–S 4, teilweise auch über den Nervus vagus. Der Sympathikus hemmt, der Parasympathikus fördert die Ureterperistaltik.

Sympathikus: Ganglia aorticorenalia und Plexus hypogastricus inferior. Parasympathikus: Nn. splanchnici pelvici (S 2–S 4), teilweise N. vagus.

1.3.3 Harnblase (Vesica urinaria)

1.3.3

Funktion der Harnblase

Funktion der Harnblase

Die Harnblase ist ein muskuläres Hohlorgan mit Reservoirfunktion für den kontinuierlich in der Niere produzierten Harn. Die Angaben zur physiologischen Maximalfüllung der Harnblase schwanken stark (von 500 ml bis zu 2000 ml), Harndrang (S. 784) tritt jedoch schon bei einer Füllung von ca. 150–300 ml auf.

Die Harnblase ist ein Hohlorgan mit Reservoirfunktion. Die Blase fasst max. 500– 2000 ml. Harndrang entsteht bei 150–300 ml.

Harnblase (Vesica urinaria)

780

J 1 Niere und ableitende Harnwege

Abschnitte, Form und Lage der Harnblase

Abschnitte, Form und Lage der Harnblase

▶ Merke.

▶ Merke. Form, Größe und Lagebeziehungen der Harnblase im Becken ändern sich

mit ihrem Füllungszustand.

Abschnitte und Form

Abschnitte und Form

Die Blase hat Birnenform. Man unterscheidet: ■ Apex vesicae (Blasenspitze): kranial gelegen, Fortsetzung in das Ligamentum umbilicale medianum ■ Corpus vesicae (Blasenkörper) ■ Cervix vesicae (Blasenhals): Fortsetzung in die Urethra. ■ Fundus vesicae (Blasengrund): hinterer unterer Anteil mit Blasendreieck (Trigonum vesicae). Das Trigonum vesicae verbindet das Ostium urethrae internum mit den Ostia ureterum und ist durch eine weißliche Schleimhaut gekennzeichnet. Die Plica interureterica verbindet die Ureterostien. Die Uvula vesicae liegt als Wulst im Trigonum an der Urethramündung.

Die Harnblase hat im leicht gefüllten Zustand Birnenform, wobei der Stiel der Birne nach ventral und kranial gerichtet ist. Man unterscheidet die folgenden Abschnitte: ■ Apex vesicae (Blasenspitze): Der Apex vesicae sitzt der Blase vorne-oben auf und setzt sich als Ligamentum umbilicale medianum nach kranial in den obliterierten Urachus fort. ■ Corpus vesicae (Blasenkörper): Das Corpus vesicae ist der größte Abschnitt der Blase. ■ Cervix vesicae (Collum vesicae, Blasenhals): Die Cervix vesicae geht in die Harnröhre (Urethra) über. ■ Fundus vesicae (Blasengrund): Als Fundus vesicae wird der hintere untere Blasenteil bezeichnet. Hier liegt das Blasendreieck (Trigonum vesicae), welches das Gebiet zwischen den beiden Mündungen der Ureteren (Ostia ureterum) und der inneren Harnröhrenmündung (Ostium urethrae internum) umfasst. Es erscheint im Gegensatz zur sonst rötlichen Innenwand der Blase weißlich, da in diesem Bereich die Schleimhaut unverschieblich mit der Blasenmuskulatur verbunden ist (S. 782). Begrenzt wird das Trigonum vesicae durch die Plica interureterica, eine Schleimhautfalte, welche die beiden Uretermündungen verbindet. Hinter dem Ostium urethrae internum liegt im Trigonum ein kleiner, Venengeflechte enthaltender Wulst (Uvula vesicae), der beim Mann durch die darunter liegende Prostata betont wird.

▶ Klinik.

▶ Klinik. Bei der endoskopischen Untersuchung der Harnblase (Zystoskopie) dienen das Trigonum vesicae mit seiner charakteristischen Färbung und die Plica interureterica als Orientierungshilfe beim Aufsuchen der Uretermündungen.

Lage

Lage

Die Blase liegt retropubisch im Subperitonealraum des kleinen Beckens auf den Levatorschenkeln, von der Symphyse durch das Spatium retropubicum (S. 663) getrennt.

Lage und Lagebeziehungen: Die Harnblase liegt im subperitonealen Bindegewebe des kleinen Beckens hinter der Symphyse und ruht teilweise auf den Schenkeln (S. 335) des M. levator ani (Levatorschenkel), wobei der Blasenhals in den Hiatus urogenitalis (Levatorspalt) hineinragt. Zwischen Symphyse und Harnblase liegt das bindegewebige Spatium retropubicum (S. 663), sog. „Retzius-Raum“. Beim Mann grenzt der Fundus vesicae an die Prostata, an der Blasenrückwand liegen die Ampulle des Ductus deferens und die Glandula vesiculosa. Ein Abschnitt der Blasenrückwand tritt nahe an die Rektumvorderwand (Abb. J-1.15). Bei der Frau legt sich die Vorderwand des Uterus von hinten und oben auf die Harnblase, bei Blasenfüllung wird der Uterus angehoben.

Beim Mann bestehen Lagebeziehungen zu Prostata, Ampulle des Ductus deferens, Gl. vesiculosa und Rektum (Abb. J-1.15). Bei der Frau legt sich der Uterus von hinten und oben auf die Blase. An ihrer Vorderwand ist die Blase von der Fascia pelvis visceralis (Fascia vesicalis) überzogen, an der Oberseite vom Peritoneum. Dieses schlägt auf Uterus oder Rektum um, wodurch die Excavatio vesicouterina (S. 658) bzw. rectovesicalis (S. 658) entstehen. Auf der Blase bildet das Peritoneum die Plica transversa vesicae. Seitlich der Blase liegt die seichte Fossa paravesicalis. Vorderwand und Blasenfundus tragen keinen Bauchfellüberzug.

Faszien- und Bauchfellbeziehungen: Die Vorderwand der Harnblase ist von der Fascia pelvis visceralis (S. 722) überzogen, die hier Fascia vesicalis heißt. Von oben legt sich das Peritoneum parietale von der ventralen Bauchwand auf die Blase, zieht zu ihrer Rückwand bis oberhalb der Uretereneinmündung und schlägt dann auf die Vorderwand des dorsal der Blase liegenden Organs unter Bildung einer Peritonealhöhle um. So entsteht bei der Frau die Excavatio vesicouterina (S. 658), beim Mann die Excavatio rectovesicalis (S. 658). Auf der Oberseite der leeren Blase bildet das Peritoneum eine Querfalte (Plica transversa vesicae), die seitlich in die Plica rectovesicalis übergeht und bei Blasenfüllung verstreicht. Beidseits der Harnblase senkt sich das Peritoneum in der seichten Fossa paravesicalis ein. Blasenvorderwand und Fundus tragen keinen Bauchfellüberzug.

781

J 1.3 Ableitende Harnwege

⊙ J-1.15

Form, Abschnitte und Lage der Harnblase beim Mann Zu Lagebeziehungen der Harnblase im männlichen und weiblichen Becken s. Abb. H-1.10 und Abb. H-1.11. (Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

a Ansicht von kranial auf die leicht nach dorsal gezogene Harnblase, von der hier das Peritoneum urogenitale entfernt ist. b Frontalschnitt (leicht nach dorsal geneigt) durch Harnblase, Urethra und Prostata. Die Harnblase ist eröffnet, um das Schleimhautrelief und die Lage der Mündungen der beiden Ureteren und der Urethra im Trigonum vesicae darzustellen.

Ductus deferens sinister

▶ Klinik. Bei starker Blasenfüllung wird das Peritoneum parietale von der vorderen

Bauchwand abgehoben, und oberhalb der Symphyse erscheint ein peritonealfreier Blasenabschnitt, der hier ohne Verletzung des Bauchfells punktiert werden kann.

⊙ J-1.16

Suprapubische Blasenpunktion. (Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

Peritoneum parietale

Peritoneum urogenitale

Ort der Blasenpunktion

Excavatio rectovesicalis

Dieses Vorgehen (suprapubische Punktion) nutzt man, um bei Blasenentleerungsstörungen die Harnableitung zu sichern. Bei akutem Harnverhalt ist dies notwendig, wenn aufgrund von Hindernissen (Harnröhrenverengung) eine transurethrale Ableitung des Urins mittels Harnröhrenkatheter nicht möglich ist. Leidet der Patient unter einer dauerhaften Blasenstörung (z. B. Querschnittlähmung), legt man häufig einen suprapubischen Katheter, da hier die Gefahr einer Harnwegsinfektion viel geringer ist als bei einem Harnröhrenkatheter (transurethraler Blasenkatheter) . Suprapubisch gewonnener Urin sollte immer keimfrei sein (physiologisch) – daher muss bei der Interpretation einer angelegten Urinkultur zur Diagnostik eines Harnwegsinfekts immer die Methode der Uringewinnung berücksichtigt werden!

▶ Klinik.

782

J 1 Niere und ableitende Harnwege

Um eine Anpassung an die Füllung zu gewährleisten, ist die ansonsten gut bewegliche Blase über Bindegewebszüge des Spatium subperitoneale an Fundus und Cervix vesicae fixiert: ■ Lig. pubovesicale und puboprostaticum mit eingelagerten, gleichnamigen Muskeln ■ M. rectourethralis und rectovesicalis (Längsmuskel des Rektums zur Urethra und Blase) ■ M. vesicoprostaticus (Fixation über die Prostata beim Mann) ■ M. vesicovaginalis (glatter Muskelzug zwischen Blase und Vagina)

Befestigung der Harnblase: Die füllungsbedingten Größen- und Lageveränderungen der Harnblase erfordern eine flexible Befestigung. Diese erfolgt über teilweise bandartig verstärkte, bindegewebige Züge des Spatium subperitoneale (Parazystium) sowie durch Muskelzüge, die von benachbarten Organen an die Blase herantreten. Sie setzen an Fundus und Cervix vesicae an, sodass das Corpus vesicae beweglich bleibt. Im Einzelnen sind es (Abb. J-1.17): ■ Ligamentum pubovesicale (Frau) bzw. Ligamentum puboprostaticum (Mann): Diese durch eingelagerte Muskelfasern (Musculus pubovesicalis/puboprostaticus) ergänzten Bänder ziehen von der Symphyse zum Blasenhals. ■ Musculus rectourethralis: Längszüge der Rektummuskulatur ziehen zu Blasenhals und blasennaher Urethra. ■ Musculus vesicoprostaticus: Beim Mann erfolgt die Befestigung der Blase zusätzlich über die Prostata. ■ Bei der Frau zieht zwischen Harnblase und Vagina der glatte Musculus vesicovaginalis.

Wandbau der Harnblase

Wandbau der Harnblase

Die Blasenwand hat 3 Schichten: ■ Tunica mucosa, ■ Tunica muscularis und ■ Tunica adventitia ■ Eine Serosa findet sich auf der Harnblase nur abschnittsweise.

Die Wand der Harnblase ist entsprechend dem Grundbauplan muskulärer Hohlorgane (S. 530) dreischichtig aufgebaut aus: ■ Tunica mucosa (Schleimhaut), ■ Tunica muscularis (Muskelwand) und ■ Tunica adventitia (Einbau der Harnblase in die Umgebung) ■ Eine Serosa (äußerste Schicht) findet sich nur an der Blasenober- und -rückseite vom Apex bis zum Fundus (als Peritoneum urogenitale). Die Dicke der gesamten Blasenwand ist vom Füllungszustand abhängig, überschreitet aber selten 3 mm.

Tunica mucosa

Tunica mucosa

Die Höhe des Urothels (S. 62), ein Übergangsepithel, wechselt mit der Blasenfüllung. Die unter der Tunica mucosa liegende Tela submucosa gestattet – außer im Trigonum vesicae – die Verschieblichkeit und Faltenbildung der Schleimhaut und damit die Dehnbarkeit der Blase. Im Bereich der Urethramündung finden sich Schleimdrüsen.

Die Höhe des Urothels (S. 62), ein Übergangsepithel, nimmt aufgrund der Wanddehnung bei vermehrter Füllung der Harnblase ab. Mit Ausnahme des Trigonum vesicae, wo die Schleimhaut unverschieblich mit der darunter gelegenen Tunica muscularis (s. u.) verwachsen und somit immer glatt ist, ermöglicht die der Tunica mucosa untergelagerte lockere Bindegewebsschicht (Tela submucosa) eine gute Verschieblichkeit der Schleimhaut. Letztere bildet daher bei entleerter Blase starke Falten. Im Bereich des Ostium internum urethrae kommen vereinzelt Schleimdrüsen vor.

▶ Klinik.

▶ Klinik. Der bösartige Tumor der Harnblase, das Harnblasenkarzinom, tritt überwiegend bei Männern in einem Altersbereich zwischen 60 und 80 Jahren auf. Als Risikofaktoren gelten v. a. Exposition gegenüber Anilinderivaten (Industriefarben) und Tabakrauchen. Symptome sind evtl. starke Blutbeimengungen im Harn (Hämaturie), aber auch Schmerzen bei der Miktion und ggf. Harnstau (durch Verlegung der Ureterostien). Die Therapie besteht je nach Ausdehnung des Tumors in Operation, Strahlen- und Chemotherapie.

Tunica muscularis

Tunica muscularis

Die Tunica muscularis ist – außer im Trigonum vesicae – dreischichtig (2 Längsschichten umgeben die zirkuläre mittlere Schicht): ■ Stratum longitudinale ext., ■ Stratum circulare und ■ Stratum longitudinale int., aus dem Fasern in umliegende Muskelzüge einstrahlen (Abb. J-1.17). ■ Alle Schichten zusammen bilden den M. detrusor vesicae.

Die Tunica muscularis besteht aus glattmuskulären Faserzügen, welche – außer im Trigonum vesicae – dreischichtig angeordnet sind: ■ Stratum longitudinale externum (äußere Längsschicht), ■ Stratum circulare (mittlere, zirkuläre Schicht) und ■ Stratum longitudinale internum (innere Längsschicht). Diese Schichten sind durch den Austausch von Muskelfasern miteinander vernetzt und bilden in ihrer Gesamtheit den Musculus detrusor vesicae. Muskelfasern, die die Uvula nach dorsal ziehen, werden oft als „Musculus retractor uvulae“ bezeichnet. Die Aktivierung des M. detrusor vesicae bewirkt eine Kontraktion und somit die Entleerung der Harnblase (S. 785).

783

J 1.3 Ableitende Harnwege

Die äußere Längsschicht gibt außerdem Muskelzüge ab, die dorsal in den Musculus vesicoprostaticus bzw. den Musculus vesicovaginalis übergehen und ventral in den Musculus pubovesicalis (bzw. puboprostaticus). Diese sind an der Bildung des funktionellen Sphinktersystems der Harnblase beteiligt (Abb. J-1.17). Im Bereich des ganzen Trigonum vesicae verliert die Muskulatur ihre typische Dreischichtung. Elliptische Faserbündel aus der inneren Längsmuskelschicht umschließen Ureterostien und Urethramündung. Durch Unterlagerung von zirkulären Fasern, die sich im Bereich der blasennahen Urethra von der äußeren Längsmuskelschicht abspalten, bildet sich ein anatomisch nicht streng abgrenzbarer funktioneller Sphinkter aus, der Musculus sphincter urethrae internus. An der Mündung der Ureteren strahlen Fasern der Uretermuskulatur in die Blasenmuskulatur ein.

Im Trigonum vesicae verliert die Muskulatur ihre typische Dreischichtigkeit. Elliptische Züge umfassen die Mündungen von Ureteren und Urethra. Zirkuläre Züge um die blasennahe Urethra bilden einen funktionellen Sphinkter. An der Uretermündung verflechten sich Blasen- und Uretermuskulatur.

Tunica serosa, Tunica adventitia

Tunica serosa, Tunica adventitia

Das Peritoneum parietale legt sich als Tunica serosa (Peritoneum urogenitale) oben und hinten auf die Harnblase und gewährleistet hier die gute Verschieblichkeit gegen die Nachbarorgane. Die nicht von Peritoneum bedeckten Anteile der Harnblase zeigen eine Tunica adventitia und sind von der Fascia pelvis visceralis überzogen.

Parietales Bauchfell legt sich (als Peritoneum urogenitale) von oben auf die Blase; ansonsten bildet die Tunica adventitia in Verbindung mit der Fascia pelvis visceralis die äußerste Wand.

▶ Klinik. Eine der häufigsten Erkrankungen der Harnblase ist die bakterielle Ent-

▶ Klinik.

zündung (Zystitis). Sie betrifft meist Mukosa und Muskularis, selten sind alle drei Wandschichten betroffen. Ursache sind meist aufsteigende Infektionen, d. h. Keime, die durch die Urethra zur Blase gelangen. Die wesentlich kürzere weibliche Harnröhre ist schneller überwindbar als die Urethra masculina und erklärt, warum Frauen sehr viel häufiger unter Harnwegsinfekten leiden. Symptome sind Schmerzen bzw. „Brennen“ bei der Miktion (Dysurie) und häufiger Harndrang (Pollakisurie). Mit Hilfe eines Urin-Stix kann man neben anderen Informationen einen Anhalt für Bakterien im Urin bekommen. In einer Urinkultur ist ein Nachweis des Keims und seiner Empfindlichkeit gegenüber verschiedenen zur Therapie verwendbaren Antibiotika (Antibiogramm) nachweisbar.

Gefäßversorgung und Innervation der Harnblase Gefäßversorgung

Gefäßversorgung und Innervation der Harnblase Gefäßversorgung

Arterielle Versorgung: Die paarige Arteria vesicalis superior (Versorgungsgebiet: ca. ⅔ der Blasenwand mit Ausnahme von Blasenhals und unterer Rückwand) entspringt aus dem noch durchgängigen Teil (Pars patens) der A. umbilicalis und zieht von oben an die Blase. Die Arteria vesicalis inferior (Versorgungsgebiet: vorwiegend Blasenhals und untere Rückwand; beim Mann auch akzessorische Genitaldrüsen) entspringt ebenfalls paarig als viszeraler Ast direkt aus der A. iliaca interna, bei der Frau auch häufig aus der A. vaginalis (S. 806). Zusätzliche kleinere Arterien kommen aus der A. rectalis media (S. 880) und der A. pudenda interna (S. 880).

Arterien: Die paarige A. vesicalis sup. entstammt der Pars patens der A. umbilicalis. Die paarige A. vesicalis inf. ist ein viszeraler Ast der A. iliaca int. oder ein Ast der A. vaginalis.

Venöser Abfluss: Das venöse Blut sammelt sich in einem ausgedehnten Geflecht (Plexus venosus vesicalis) und fließt über Venae vesicales meist direkt in die Vv. iliacae internae. Der Plexus venosus vesicalis nimmt beim Mann noch zusätzlich Blut aus dem Abflussgebiet von Penis und Prostata auf, wodurch ein Plexus venosus vesicoprostaticus entsteht.

Venen: Der Plexus venosus vesicalis fließt über Vv. vesicales in die Vv. iliacae int. Beim Mann findet sich ein gemeinsamer Plexus venosus vesicoprostaticus.

Lymphabfluss: Die Lymphknoten der Harnblase (Nodi lymphoidei pre- und retrovesicales und Nodi lymphoidei vesicales laterales) gewinnen Anschluss an die iliakalen Lymphknoten (Nodi lymphoidei iliaci interni und externi) und somit an die Trunci lumbales.

Lymphabfluss: Er erfolgt von Nll. pre- und retrovesicales und Nll. vesicales laterales über die Nll. iliaci intt. und extt. in die Trunci lumbales.

784

J 1 Niere und ableitende Harnwege

Innervation

Innervation

Viszeroefferenzen: Ein intrinsischer Nervenplexus in der Blasenwand passt den Tonus des M. detrusor vesicae an die Blasenfüllung an. Extrinsisch findet man den Parasympathikus (aus S 2–S 4, Umschaltung auf das 2. Neuron in organnahen Ganglien) und den Sympathikus (Th 11–L 2, Umschaltung im Plexus hypogastricus inf.). Nach einem von mehreren möglichen „Arbeitsmodellen“ führt der Parasympathikus zur Kontraktion des M. detrusor vesicae (mit Ausnahme der Muskelzüge des Trigonum vesicae), wohingegen die Muskulatur von Trigonum und Collum vesicae durch den Sympathikus erregt wird.

Viszeroafferenzen: Sie vermitteln sowohl Blasenwandspannung als auch Organschmerz und laufen mit den Nn. splanchnici pelvici.

Viszeroefferenzen: Man unterscheidet ein innerhalb (intrinsisch) und ein außerhalb (extrinsisch) der Blasenwand gelegenes System: ■ Das intrinsische System besteht aus verschiedenen Nervenplexus, die den Tonus des M. detrusor vesicae an den Füllungszustand der Blase anpassen. Die vernetzten autonomen Ganglienzellen liegen überwiegend in der Adventitia und können durch das vegetative Nervensystem moduliert werden. ■ Das extrinsische System steuert die Harnblasenmuskulatur über parasympathische und sympathische Nervenfasern: – Parasympathikus: Die aus den Rückenmarksegmenten S 2–S 4 stammenden Fasern (Nervi splanchnici pelvici) schalten in organnahen Ganglien auf das 2. Neuron um. Ihre Aktivierung bewirkt eine Kontraktion des M. detrusor vesicae – mit Ausnahme der Muskelzüge im Bereich des Trigonum vesicae – und somit die Entleerung der Blase, sog. Miktion (S. 785). – Sympathikus: Die Fasern aus Th 11–L 2 erreichen die Harnblase nach Umschaltung im Plexus hypogastricus inferior. Sie erregen die Muskulatur des Blasendreiecks und -halses und sind daher mitbeteiligt am Blasenverschluss (Kontinenz). Das Zusammenspiel dieser Systeme regelt den physiologischen Ablauf von Kontinenz und Miktion. Dabei ist das hier dargestellte Innervations- und Funktionsmuster der Harnblase lediglich eines von mehreren „Arbeitsmodellen“. Keines der existierenden Modelle kann bisher alle Fragen der Blasenfunktion abschließend erklären. Viszeroafferenzen: Viszeroafferente Fasern, die sowohl die Druckverhältnisse (über die Blasenwandspannung) im Rahmen des Wechsels von Kontinenz und Miktion an das ZNS melden als auch Organschmerz leiten, laufen mit den Nervi splanchnici pelvici.

Harnblasenaktivität

Harnblasenaktivität

Einer Füllungsphase (Kontinenzphase) folgt eine Entleerungsphase (Miktionsphase).

Die Harnblasenaktivität zeigt zwei gegenläufige Phasen: die lange Füllungsphase (Kontinenzphase) und die kurze Entleerungsphase (Miktionsphase).

Blasenfüllung und Kontinenz

Blasenfüllung und Kontinenz

Ureterlängsmuskulatur öffnet bei einer peristaltischen Welle die Uretermündungen für den Harnabfluss in die Blase. Die stetige Harnblasenfüllung dehnt die Wand und führt so zu Harndrang, der die zentralnervös (Hirnstamm) kontrollierte Miktion (S. 784) auslöst.

Die Ureteren = Harnleiter (S. 777) transportieren den Harn durch peristaltische Kontraktionen in Richtung Blase. Längsmuskulatur im blasennahen Ureterabschnitt hebt bei Kontraktion die Uretermündungen und öffnet sie somit, um den herangeführten Harn in die Blase zu leiten. Durch die kontinuierliche Harnproduktion wird die Harnblase stetig gefüllt, wobei sie sich zunächst in Quer-, später in Längsrichtung ausdehnt. Die Wanddehnung führt zu Harndrang, der über das Sakralmark unter zentralnervöser Kontrolle (Hirnstamm) die Miktion (S. 785) auslöst. Die Kontinenz wird durch mehrere zusammenwirkende Mechanismen, die dem Verschluss der Harnröhre dienen, gewährleistet (Abb. J-1.17): ■ M. sphincter urethrae internus (S. 783): innerer Sphinkter der Harnröhre aus glatter Muskulatur. ■ Uvula vesicae (S. 780): längsgestellter Wulst an der Spitze des Trigonum vesicae, der sich durch gefüllte Venenplexus vorwölbt. ■ M. sphincter urethrae externus: Der vom N. pudendus willkürlich innervierte quergestreifte Muskel wird durch zirkuläre Fasern gebildet, welche dem sonst hauptsächlich transversal verlaufenden M. transversus perinei profundus (S. 336) entstammen und die Urethra bei ihrem Durchtritt durch den Beckenboden umfassen.

Folgende Strukturen gewährleisten zusammen die Kontinenz (Abb. J-1.17): ■ M. sphincter urethrae int. (S. 783), glatte Muskulatur. ■ Uvula vesicae (S. 780) durch Schwellung aufgrund gefüllter Venenplexus. ■ M. sphincter urethrae ext., quergestreifte Muskulatur mit willkürlicher Innervation durch N. pudendus, s. a. M. transversus perinei profundus (S. 336). ▶ Klinik.

Die Uretermündungen werden verschlossen durch ihren schrägen Wanddurchtritt und die Blasenwandmuskulatur in der Plica interureterica (S. 780).

▶ Klinik. Bei Senkungen des Beckenbodens (oft bei Frauen nach vaginalen Geburten) kann die damit einhergehende Senkung der Harnblase deren Verschlussmechanismen stören. Die Folge ist eine Harninkontinenz. Zunächst besteht meist eine sog. „Stressinkontinenz“, d. h. mechanische Auslöser wie Husten, Pressen und Lachen führen zu einem Urinabgang. Im weiteren Verlauf kann die Inkontinenz unabhängig von Auslösern werden. Die Therapie besteht in Training der Beckenbodenmuskulatur, ggf. auch in einer operativen Straffung des Beckenbodens.

Ein unphysiologischer Rückstrom (Reflux) des Harns in die Ureteren wird sowohl durch deren schrägen Wanddurchtritt (S. 777) als auch durch interuretere Muskelzüge in der Plica interureterica (S. 780) verhindert. Diese bewirken einen Zug nach unten und dadurch den Verschluss der Uretermündungen.

785

J 1.3 Ableitende Harnwege

⊙ J-1.17

Muskuläre Strukturen an der Harnblase für Blasenverschluss und -entleerung Vesica urinaria, Corpus

Fundus vesicae mit Blasenwandmuskulatur zur Uvula vesicae

Os pubis M. pubovesicalis

Ein anatomisch abgrenzbarer Blasensphinkter existiert nicht. Glatte Muskulatur der Harnblasenwand, Muskelzüge zu Os pubis und Rektum und der M. sphincter urethrae externus als Abzweigung aus dem quergestreiften M. transversus perinei profundus bilden ein gemeinsames funktionelles Sphinktersystem, welches durch nichtmuskuläre Strukturen (z. B. Uvula vesicae, hier nicht dargestellt) unterstützt wird.

Rectum

M. transversus perinei profundus

M. levator ani, M. puborectalis M. sphincter urethrae externus M. rectovesicalis

Miktion

Miktion ▶ Definition.

▶ Definition. Miktion = Entleerung der Harnblase

Die Miktion erfolgt zunächst reflektorisch über das Sakralmark als spinaler Reflex (Miktionsreflex), wird aber mit Eintritt ins Kleinkindalter zunehmend supraspinal kontrolliert. Diese supraspinale Kontrolle wird durch im Hirnstamm gelegene Miktionszentren gewährleistet, die ihrerseits unter Kontrolle der Großhirnrinde stehen. Dies erklärt, warum die Miktion willkürlich eingeleitet oder unterbrochen werden kann. Ein Druckanstieg in der sich füllenden Harnblase wird über die in den Nervi splanchnici pelvici verlaufenden Viszeroafferenzen erfasst und führt zu einer Aktivitätssteigerung der parasympathischen Innervation des M. detrusor vesicae, der sich dadurch kontrahiert und somit den Blaseninnendruck erhöht. Gleichzeitig erschlafft der sympathisch kontrollierte M. sphincter urethrae internus. Durch den Zug des Trigonum vesicae nach dorsal und oben werden nicht nur die Uretermündungen verschlossen und damit ein Reflux verhindert (s. o.), sondern auch durch Wirkung des „M. retractor uvulae“ die Öffnung der Urethra erweitert: Er zieht die Uvula aus dem Ostium urethrae internum, das Venengeflecht wird entleert und damit der Blasenhals geöffnet. Die vordere Harnröhrenwand wird durch den M. pubovesicalis nach vorne, die hintere Wand durch den M. rectovesicalis nach hinten gezogen, wodurch das Ostium urethrae internum zusätzlich erweitert wird. Kommt es zu einem willkürlich eingeleiteten Erschlaffen des M. sphincter urethrae externus, ist eine physiologische vollständige Entleerung der Harnblase möglich. ▶ Klinik. Vergrößerungen der Prostata (S. 833) können über

eine Einengung der Urethra masculina (S. 838) zu einem mechanischen Abflusshindernis führen. Das kompensatorisch überschießende Wachstum der Harnblasenmuskulatur führt zur sog. Balkenblase: Muskelbalken legen die Blasenschleimhaut in sichtbare Falten. Trotz der „muskelstarken“ Wand ist die physiologische Kontraktionsfähigkeit der vergrößerten Blase herabgesetzt. Das Abflusshindernis kann immer weniger überwunden werden, häufig bleiben daher sonografisch nachweisbare „Restharnmengen“ in der Harnblase, was zu rezidivierenden Entzündungen führen kann. Die Therapie besteht in der (operativen) Entfernung des Abflusshindernisses (operative Verkleinerung der Prostata).

⊙ J-1.18

Balkenblase

(U. N. Riede, Freiburg)

Der Miktionsreflex wird spinal ausgelöst. Kortikale Kontrolle kann die Miktion einleiten oder stoppen.

Ein Druckanstieg wird in den Nn. splanchnici pelvici erfasst. Die dadurch ausgelöste erhöhte Parasympathikusaktivierung führt zur Kontraktion des Detrusors, hebt das Trigonum und zieht die Uvula aus dem Ostium internum urethrae. Dies führt zu einem Schließen der Ureter- und Öffnen der Urethramündung. Die Harnröhrenwände werden nach ventral und dorsal gezogen. Der M. sphincter urethrae ext. und der sympathisch innervierte innere Sphinkter erschlaffen. Die Blase entleert sich nun vollständig.

786

J 1 Niere und ableitende Harnwege

1.4

1.4

Darstellung der Harnwege mit bildgebenden Verfahren

Darstellung der Harnwege mit bildgebenden Verfahren

Wie bei anderen Organen auch werden die Harnwege mit unterschiedlichen bildgebenden Verfahren untersucht, die jeweils spezifische Vorteile bieten und sich so in der Anwendung gegenseitig ergänzen. Im Wesentlichen sind dies das konventionelle Röntgenbild (ohne Kontrastmittel), Röntgenverfahren mit Kontrastmittel, Schnittbildtechniken (CT und MRT) und die Sonografie. Konventionelle radiologische Verfahren ohne und mit Kontrastmittel Konventionelles Röntgenbild ohne Kontrastmittel Aufgrund ihrer Kontrastarmut können die Harnwege selbst in Abdomenübersichtsaufnahmen (S. 729) schlecht beurteilt werden. Hier stellen sich nur strahlendichte Konkremente oder Fremdkörper dar.

1.4.1 Konventionelle radiologische Verfahren ohne und mit Kontrastmittel

Kontrastmitteluntersuchungen

Kontrastmitteluntersuchungen

Die Kontrastmittelverteilung innerhalb des Hohlraumsystems der Harnwege kann über verschiedene Wege erreicht werden.

Hierbei wird ein flüssiges strahlendichtes Kontrastmittel in das Hohlraumsystem der Harnwege gebracht. Auch hier wird nicht in erster Linie das Organsystem selbst sichtbar, sondern die Verteilung des Kontrastmittels innerhalb der Hohlräume. Die Applikation des Kontrastmittels kann auf verschiedenen Wegen erfolgen. Daher unterscheidet man folgende Verfahren:

Ausscheidungsurografie (Abb. J-1.19): Das intravenös verabreichte Kontrastmittel wird wie harnpflichtige Substanzen über die Nieren und ableitenden Harnwege ausgeschieden.

Ausscheidungsurografie: (Abb. J-1.19): Bei dieser auch als i. v.-Pyelografie oder i. v.Urografie bezeichneten Untersuchung wird ein (jodhaltiges) Kontrastmittel intravenös verabreicht. Über das Blut gelangt es in die Nieren, wo es wie eine harnpflichtige Substanz abfiltriert wird und über Nierenbecken und Ureter zur Harnblase abgeleitet wird. Dabei werden die Hohlräume nacheinander kontrastreich dargestellt und in mehreren nach standardisierten Zeiten angefertigten Röntgenbildern bezüglich Form, Größe und Lage und somit ggf. krankhafte Veränderung (z. B. durch Tumoren, Steine, angeborene Fehlbildungen) beurteilt.

1.4.1

⊙ J-1.19

Konventionelles Röntgenbild ohne Kontrastmittel Die Harnwege kann man in einem konventionellen Röntgenbild, z. B. Abdomenübersichtsaufnahme (S. 729), aufgrund der Kontrastarmut der Gewebe nur sehr schlecht beurteilen. Übersichtsaufnahmen dienen daher nicht in erster Linie der Beschreibung der Harnwege selbst, sondern vor allem dem Nachweis strahlendichter Konkremente (Nierenstein, Ureterstein, Blasenstein, Fremdkörper) in den Harnwegen.

⊙ J-1.19

Ausscheidungsurogramm In der a.-p.-Aufnahme ist die gute Füllung des Nierenbeckenkelchsystems deutlich erkennbar. Die Pfeile 1–3 verweisen auf die 3 physiologischen Ureterengen mit einem (normalen) vorübergehenden Kontrastmittelstau. (Reiser, M., Kuhn, F.P., Debus, J.: Duale Reihe Radiologie. Thieme, 2011)

J

⊙ J-1.20

⊙ J-1.20

Darstellung der ableitenden Harnwege durch retrograde Kontrastmittelgabe

a

787

1.4 Darstellung der Harnwege mit bildgebenden Verfahren

b

a Retrograde Pyelografie mit Grad-II-Stauung des oberen Harntraktes rechts.

(Jocham, D., Miller, K.:

Praxis der Urologie II. Thieme, 2007)

b Miktionszystourethrogramm bei unauffälligen Harnröhrenverhältnissen. (Jocham, D., Miller, K.: Praxis der Urologie I. Thieme, 2007)

Retrograde Ureteropyelografie: Mittels eines Katheters, der retrograd in einen Ureter eingeführt und ggf. bis zum Nierenbecken vorgeschoben wird, appliziert man das Kontrastmittel direkt in das Hohlraumsystem (Abb. J-1.20a). Dieses wird dann wie bei der Ausscheidungsurografie (s. o.) morphologisch beurteilt. Retrograde Ureterpyelografien werden hauptsächlich dann verwendet, wenn eine Ausscheidungsurografie nicht durchgeführt werden kann.

Retrograde Ureteropyelografie: Hierbei erfolgt die Kontrastmittelgabe retrograd über einen transurethralen Katheter in den Ureter und stellt die ableitenden Harnwege dar (Abb. J-1.20a).

Miktionszystourethrografie: Bei dieser speziellen Technik wird die vollständig entleerte Harnblase retrograd mit einem Kontrastmittel gefüllt. Die Anfertigung von Röntgenaufnahmen vor und während der Miktion gestattet eine Beurteilung von Harnblase und Urethra (Abb. J-1.20b). Mit diesem Verfahren kann auch ein pathologischer Kontrastmittelrückfluss in die Ureteren (vesikoureteraler Reflux) während der Miktion erkannt werden.

Miktionszystourethrografie: Die ebenfalls retrograde Kontrastmittelapplikation in die vollständig entleerte Harnblase erlaubt ihre Darstellung und – während der Miktion – die der Urethra (Abb. J-1.20b) sowie ggf. einen pathologischen vesikoureteralen Reflux.

Angiografie: Die Applikation von Kontrastmittel in die Nierengefäße gestattet die Beurteilung von Form, Größe, Durchgängigkeit und Verlauf der Gefäße (z. B. bei Verdacht auf eine Einengung der Nierenarterien als Ursache erhöhten Blutdrucks), s. Nierenarterienstenose (S. 774).

Angiografie: Durch Kontrastmittelinjektion kann z. B. eine Nierenarterienstenose (S. 774) diagnostiziert werden.

1.4.2 Schnittbildverfahren und Sonografie

1.4.2

Schnittbildverfahren

Schnittbildverfahren und Sonografie Schnittbildverfahren

Tomografische Verfahren (Computertomografie mit und ohne Kontrastmittel und Magnetresonanztomografie) geben eine hochauflösende Darstellung der Harnwege und ihrer Umgebung (Abb. J-1.21). Selbst kleinere strukturelle Veränderungen der Organe sind damit gut darstellbar. Zur Anwendung kommen diese Verfahren z. B. bei Verdacht auf das Vorliegen von Tumoren oder von Nierenzysten.

CT und MRT (Abb. J-1.21) werden z. B. bei Verdacht auf Tumoren oder Nierenzysten eingesetzt.

Sonografie: Die sonografische Darstellung und Beurteilung ist insbesondere bei den Nieren (große Organe, oberflächennah gelegen, Abb. J-1.22) und der Harnblase (oberflächennah, ggf. flüssigkeitsgefüllt) gut möglich. Sie gibt Aufschluss über Größe, Form und Lage des jeweiligen Organs und erlaubt das Erkennen von Tumoren, Zysten und ggf. Steinen bei entsprechender Größe.

Sonografie: Sie bietet sich v. a. zur Darstellung von Nieren (Abb. J-1.22) und Harnblase an.

788 ⊙ J-1.21

J 1 Niere und ableitende Harnwege

⊙ J-1.21

a

Darstellung der Nieren mit Schnittbildverfahren

b

Abdomen in Höhe des Hilum renale (Normalbefund): In der Ansicht der Transversalschnitte von kaudal (S. 134) stellt sich die jeweils rechte Patientenniere linksseitig dar. Die Vasa renalia (→ = Arterie, ▶ = Vene) sind aufgrund der unterschiedlichen Höhenlage beider Nieren nicht immer beidseitig vollständig sichtbar. L = Leber, P = Nierenparenchym, das sich deutlich vom Nierenbecken abhebt. (Reiser, M., Kuhn, F.P., Debus, J.: Duale Reihe Radiologie. Thieme, 2011)

a CT nach Kontrastmittelgabe. Hier ist die Höhe der Mündung der beiden unterschiedlich langen Vv. renalia in die V. cava inferior (V) getroffen. Beachte den langstreckigen Verlauf der V. renalis sinistra ventral der Aorta = A. b MRT.

⊙ J-1.22

⊙ J-1.22

Sonogramm der rechten Niere

Die Niere (Normalbefund) ist längs dargestellt, die unterschiedliche Schallreflexion gestattet die Abgrenzung von Parenchym und Nierenbeckenregion. (Delorme, S., Debus, J.: Duale Reihe Sonografie. Thieme, 2012)

Klinischer Fall: Akute Verwirrtheit* * Fallbeispiel fiktiv, Namen und Daten frei erfunden

11:15 Anamnese und körperliche Unter­ suchung Ich merke, dass die Patientin tatsächlich verwirrt ist: sie weiß nicht, welcher Tag heute ist und warum sie in der Klinik ist. Ihr Mann soll sie abholen kommen. Bei der körperlichen Untersuchung fallen mir eine trockene Zunge und stehende Hautfalten als Zeichen einer Exsikkose (Austrocknung) auf. Wahrscheinlich hat Frau W. schon länger nichts mehr getrunken und das, wo es heute so heiß ist... Der übrige körperliche Untersuchungsbefund ist unauffällig. Der Blutdruck ist leicht erniedrigt (90/60 mmHg).

11:00 Frau Theresa Walter, 88 Jahre, wird an einem heißen Vormittag von ihren Verwandten ins Krankenhaus gebracht. Tochter: Frau Doktor, so kenn ich meine Mutter gar nicht. Bisher war sie immer ganz klar im Kopf und nun sitzt sie vorhin auf der Terrasse und ruft immer nach dem Vati. Dabei ist der doch schon seit 15 Jahren tot. Sie ließ sich gar nicht beruhigen, deshalb sind wir hier hergekommen.

11:05 Was hat Ihre Mutter denn für Erkrankungen und welche Medikamente nimmt sie ein? Tochter: Früher hatte sie mal eine Hepatitis A und eine schwere Lungenentzündung, aber das ist alles ausgestanden. Im Moment nimmt sie bloß das Diclofenac 75 mg gegen ihre Gelenkschmerzen – in den letzten 2 Wochen fast täglich...

12:10

Laborbefund trifft ein (Normwerte in Klammern) • Kalium 5,8 mmol/l (3,5 – 5 mmol/l) • Harnstoff 128 mg/dl (10 – 55 mg/dl) • Kreatinin 3,4 mg/dl (0,5 –1,4 mg/dl) Die anderen Laborparameter liegen im Normbereich.

12:00

11:25

Röntgen­Thorax Im Wesentlichen zeigt sich auch hier ein unauffälliger Befund.

Blutabnahme und EKG Ich nehme der Patientin Blut ab und schreibe ein EKG, welches einen unauffälligen Befund zeigt.

12:30 Verlegung auf die Normal­ station Innere Aufgrund der Symptome (akute Verwirrtheit) und des körperlichen Untersuchungsbefundes (Zeichen einer Deydratation/ Exsikkose) stelle ich die Diagnose eines beginnenden prärenalen Nierenversagens. Dazu passt auch der Laborbefund mit erhöhtem Harnstoff und Kreatinin.

21:30 Behandlung mit Furosemid i.v. Nachdem Frau W. 500 mg Furosemid (Diuretikum) erhalten hat, kommt endlich die Ausscheidung in Gang: In den nächsten 24 Stunden produzieren die Nieren 2,5 l Urin.

Infusionstherapie Frau W. erhält Infusionen mit 0,9%NaCl. Trotzdem scheidet sie zunächst nur 125 ml Urin aus. Die Patientin ist sehr müde und schläft viel.

Nach 4 Tagen Besserung der Symptome und der Laborwerte, Rück­ bildung des Lungenödems Die Elektrolyte und die Ein- und Ausfuhr werden gut überwacht. Am 4. Tag ist Frau W. wieder vollständig orientiert, die Laborwerte liegen fast im Normbereich. Das Lungenödem hat sich zurückgebildet (Kontrollröntgen des Thorax).

1 Woche nach Aufnahme

21:00 Atemnot tritt auf, erneutes Röntgen Thorax Am Abend atmet Frau W. schwer. Der diensthabende Kollege ordnet ein Röntgenbild des Thorax an. Dies zeigt ein Lungenödem, also eine Überwässerung der Lunge.

Stehende Hautfalte bei Exsikkose (aus Füeßl, F.S., Middeke, M.: Duale Reihe Anamnese und Klinische Untersuchung. 3. Aufl., Thieme, 2005)

Zeichen eines Lungenödems mit diffuser Verschattung beider Lungen und gestauten Gefäßen. (aus Galanski M. et al: Pareto-Reihe Radiologie, Thorax: Thieme, 2010)

Nach 1 Woche kann Frau W. nach Hause entlassen werden. Statt des nierenschädigenden Diclofenac erhält sie nun Paracetamol als Schmerzmittel, mit dem sie meist gut zurechtkommt. Bei Bedarf nimmt sie zusätzlich Tramadol, ein Opiat.

Fragen mit anatomischem Schwerpunkt 1 2 3

4

Wie lässt sich der Zusammenhang zwischen Volumenmangel (z. B. infolge fehlender Flüssigkeitszufuhr) und dem Ausfall der Nierenfunktion erklären? Wie kommt es bei Frau Walter zur Entwicklung der im Röntgenbild sichtbaren pulmonalen Stauung mit Lungenödem? Im Gegensatz zum reversiblen prärenalen akuten Nierenversagen können strukturelle Schädigungen des Organs zu einem fortschreitenden Funktionsverlust bis hin zur terminalen NiereninsufÏzienz führen. Welche Therapieoptionen gibt es in dieser Situation, um dem Organismus die lebenswichtige Ausscheidung der harnpflichtigen Substanzen zu ermöglichen? Können Sie sich vorstellen, warum die Niere bei einer Nierentransplantation nicht in ihre anatomisch korrekte Position verpflanzt wird? ! Antwortkommentare im Anhang

J

2

Nebenniere (Glandula suprarenalis)

2.1 2.2 2.3 2.4 2.5

Funktion der Nebenniere . . . . . . . . . . . . . . . . . Größe, Form und Lage der Nebenniere . . . . . . . . Aufbau der Nebenniere . . . . . . . . . . . . . . . . . . Gefäßversorgung und Innervation der Nebenniere Entwicklung der Nebenniere . . . . . . . . . . . . . .

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790 790 791 793 793

E. Schulte 2.1

Funktion der Nebenniere

Die beiden Anteile der Nebennieren erfüllen unterschiedliche Funktionen: ■



Die Rinde (Cortex) sezerniert Steroidhormone: – Glukokortikoide (Glukose-, Protein- und Fettstoffwechsel), – Mineralokortikoide (Wasser- und Salzhaushalt) – Androgene (Sexualfunktion). Das Mark (Medulla) gibt als funktioneller Teil des Sympathikus Katecholamine (die Hormone Adrenalin und Noradrenalin) in das Blut ab, deren Wirkung einer Sympathikusaktivierung entspricht.

2.2

Größe, Form und Lage der Nebenniere Größe und Form: Länge:Dicke:Breite ≈ 4 : 4:2 cm. Die rechte Nebenniere ist dreieckig (Abb. J-2.1), die linke halbmondförmig. Man unterscheidet drei Flächen (Facies anterior, posterior und renalis). Lage und Lagebeziehungen: Im Retroperitoneum auf dem oberen Nierenpol (Abb. J-2.1a) innerhalb der Capsula adiposa gelegen, berühren beide Nebennieren das Diaphragma, die rechte zusätzlich die Leber. Die linke Nebenniere liegt dorsal der Bursa omentalis nahe der Magenhinterwand.

⊙ J-2.1

2.1

Funktion der Nebenniere

Jede der paarig angelegten Nebennieren stellt ein aus zwei verschiedenen Anteilen zusammengesetztes Organ dar, die unterschiedliche Funktionen erfüllen: ■ Die Rinde (Cortex) sezerniert als inkretorische Drüse die sog. Nebennierenrindenhormone in die Blutbahn. Die Nebennierenrindenhormone, die chemisch zu den Steroidhormonen gehören, kann man anhand ihrer Funktion weiter unterteilen: – Glukokortikoide (u. a. Kortison, Kortisol) wirken auf den Glukose-, Protein- und Fettstoffwechsel. – Mineralokortikoide (v. a. Aldosteron) regulieren den Wasser- und Salzhaushalt (Natrium und Kalium). – Androgene (männliche Geschlechtshormone) beeinflussen Sexualfunktionen. ■ Das Mark (Medulla) lässt sich dem sympathischen Nervensystem zurechnen: es sezerniert die Hormone Adrenalin und Noradrenalin in das Blut, zwei Katecholamine, die in ihrer Wirkung einer Aktivierung des Sympathikus entsprechen.

2.2

Größe, Form und Lage der Nebenniere

Größe und Form: Beide Nebennieren sind recht kleine Organe: Ihre Länge und Dicke beträgt ca. 4–6 cm, die Breite 1–2 cm. Während die rechte Nebenniere dreieckig ist (Abb. J-2.1), hat die linke Nebenniere die Form eines Halbmondes. Man unterscheidet eine Facies posterior, die der Pars lumbalis des Zwerchfells anliegt, von einer Facies anterior. Die Unterseite bezeichnet man durch ihre Lage zur Niere als Facies renalis. Lage und Lagebeziehungen: Die Nebennieren liegen im Retroperitonealraum jeweils auf dem oberen Nierenpol (Abb. J-2.1b) innerhalb der Capsula adiposa der Niere. Sie sind von einer zarten Bindegewebskapsel umgeben, die mit dem retikulären Bindegewebe im Organ verbunden ist. Neben ihrer Nachbarschaft zum Zwerchfell (s. o.), berührt die rechte Nebenniere die Leber und die V. cava inferior. Die linke Nebenniere liegt – getrennt durch die Bursa omentalis – nahe der Magenhinterwand. Sie berührt i. A. nicht die Aorta.

⊙ J-2.1

Lage, Form und Aufbau der Nebenniere

Gl. suprarenalis dextra Capsula adiposa (perirenalis)

Ren dexter

Margo superior

V. suprarenalis dextra A. suprarenalis media dextra

Facies anterior

A. renalis dextra

Margo medialis Cortex

V. renalis dextra

V. centralis

Capsula fibrosa

Facies renalis

a

V. suprarenalis dextra

Ureter dexter

Medulla

b

(Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

a Rechte Nebenniere in ihrer natürlichen Lage, in der sie i. d. R. durch eine Fettschicht von der Capsula fibrosa der Nieren getrennt ist b und im Anschnitt zur Darstellung von Mark und Rinde.

J

2.3

791

2.3 Aufbau der Nebenniere

Aufbau der Nebenniere

2.3

Aufbau der Nebenniere

Jede der beiden Nebennieren besteht aus der äußeren Rinde (Cortex) und dem innen gelegenen Mark (Medulla, Abb. J-2.1b). Die beiden Anteile unterscheiden sich in Herkunft, Aufbau und Funktion sehr stark.

Die äußere Rinde (Cortex) und das innere Mark (Medulla, Abb. J-2.1b) zeigen Unterschiede in Aufbau und Funktion.

2.3.1 Nebennierenrinde

2.3.1

Die aufgrund eines hohen Lipidgehalts gelbliche Rinde entwickelt sich aus dem mesodermalen Zölomepithel. Dabei entsteht ein dreischichtiger Aufbau (Tab. J-2.1). Zona fasciculata und reticularis stehen über das adrenokortikotrope Hormon (ACTH) unter der Kontrolle des Hypophysenvorderlappens und bilden mit diesem eine funktionelle Einheit. ACTH fördert die Sekretion von Nebennierenrindenhormonen, die ihrerseits über eine negative Rückkopplung über den Hypothalamus die ACTH-Ausschüttung hemmen.

Die gelbliche Rinde hat einen dreischichtigen Aufbau (Tab. J-2.1).

≡ J-2.1

Nebennierenrinde

Zona fasciculata und reticularis bilden eine funktionelle Einheit mit dem Hypophysenvorderlappen. ACTH fördert die Hormonsekretion. Die Nebennierenrindenhormone hemmen die Sekretion von ACTH (negative Rückkopplung).

Aufbau der Nebennierenrinde mit den von ihr gebildeten Hormonen

Schicht

Zona glomerulosa (Außenschicht, ①)

Zona fasciculata (Mittelschicht, ②)

azidophile Zellen



Anordnung ballenartig



keine Sekretstapelung in Sekretgranula



große, lipidhaltige Zellen



Anordnung in parallelen Säulen (senkrecht zur Organoberfläche)



breiteste Schicht



pigmenthaltige Zellstränge



Anordnung netzartig

gebildete Hormone Capsula fibrosa

Glukokortikoide (Kortison, Kortisol)

2

Medulla

3

Abbildung aus Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.

Mineralokortikoide (v. a. Aldosteron)

Hauptfunktion ■

Regulation von Natrium-, Kaliumund Wasserhaushalt



Beeinflussung des Kohlenhydratstoffwechsels (Erhöhung des Blutzuckerspiegels), Protein- und Fettstoffwechsels



Immunsuppression



anabole Wirkung durch Steigerung der Proteinsynthese



Ausbildung männlicher Geschlechtsmerkmale

1

Cortex

Zona reticularis (Innenschicht, ③)

histologischer Aspekt ■

Androgene (v. a. DHEAS = Dehydroepiandrosteron; hauptsächliche Produktion in der Zona reticularis)

792

J 2 Nebenniere (Glandula suprarenalis)

▶ Klinik. Aufgrund der Vielzahl von Stoffwechselvorgängen, die

durch die unterschiedlichen Nebennierenrindenhormone reguliert werden, kann es bei einer Nebennierenrindenunterfunktion bzw. -insuffizienz (Morbus Addison) zu lebensbedrohlichen Krisen mit Blutdruckabfall, Unterzuckerung und Elektrolytstörungen kommen. Die Patienten müssen die fehlenden Steroide lebenslang medikamentös ersetzen (Substitutionstherapie). Eine Überfunktion (Cushing-Syndrom) führt u. a. zu Umverteilung des Körperfetts (Stammfettsucht, Vollmondgesicht, Stiernacken), erhöhtem Blutzucker (Diabetes mellitus), Osteoporose und Bluthochdruck. Diese Veränderungen können auch infolge langjähriger Therapie mit Kortikosteroiden auftreten (iatrogen).

2.3.2

Nebennierenmark

Im Mark, einem Derivat der Neuralleiste (Sympathikusanlage) findet man verschiedene Zellen: Spezifische Markzellen: Sie sind chromaffin und funktionell modifizierte sympathische Neurone, bei denen man zwei Typen unterscheidet: ■ A-Zellen (80 %) produzieren Adrenalin, ■ N-Zellen (20 %) Noradrenalin.

▶ Klinik.

Multipolare Ganglienzellen gehören zum Sympathikus und werden, wie die Markzellen, von präganglionären Ästen der Nn. splanchnici erreicht.

⊙ J-2.2

Patientin mit Cushing-Syndrom

(Arastéh, K. et al.: Duale Reihe Innere Medizin. Thieme, 2012)

2.3.2 Nebennierenmark Im Nebennierenmark, das sich als Derivat der Neuralleisten aus der ektodermalen Sympathikusanlage entwickelt, unterscheidet man spezifische Markzellen von multipolaren Ganglienzellen. Spezifische Markzellen zeigen eine Affinität gegenüber bestimmten Farbstoffen und werden deshalb auch als „chromaffin“ oder „phäochrom“ bezeichnet. Funktionell sind die Markzellen modifizierte sympathische Neurone. Es lassen sich zwei Typen von Markzellen unterscheiden: ■ A-Zellen machen fast 80 % der Markzellen aus und enthalten Adrenalin in kleinen Sekretgranula. ■ N-Zellen bilden mit ca. 20 % die kleinere Zellpopulation und enthalten intragranulär Noradrenalin. ▶ Klinik. Eine sehr seltene Ursache für einen zu hohen Blutdruck (arterielle Hypertonie) ist ein Tumor des Nebennierenmarks (Phäochromozytom). Hierbei kann es über die überhöhte Freisetzung von Adrenalin und Noradrenalin zu bedrohlichen Blutdruckkrisen kommen.

Multipolare Ganglienzellen gehören ebenfalls zum sympathischen Nervensystem. An ihnen enden, wie auch an den Markzellen, präganglionäre Axone der Nn. splanchnici major und minor. In diesem Sinne kann das Nebennierenmark als ein sympathisches Ganglion aufgefasst werden.

793

J 2.5 Entwicklung der Nebenniere

Gefäßversorgung und Innervation der Nebenniere

2.4

2.4

Gefäßversorgung und Innervation der Nebenniere

2.4.1 Gefäßversorgung

2.4.1

Gefäßversorgung

Arterielle Versorgung: Drei Arterien versorgen die Nebennieren mit Blut: ■ Arteria suprarenalis superior (aus der A. phrenica inferior), ■ Arteria suprarenalis media (direkt aus der Aorta abdominalis) und ■ Arteria suprarenalis inferior (aus der A. renalis). Insbesondere die A. suprarenalis superior teilt sich vor dem Eintritt in das Organ in viele Äste auf. Die Arterien treten an der Kapsel in die Nebenniere ein und verlaufen dann radiär von der äußeren Rinde zum innen gelegenen Mark. Von den Arterien strömt Blut in sinusoide Kapillaren, die von der Rinde zum Mark verlaufen. Das gesamte Blut wird dann in Markvenen gesammelt. Mark wird somit von Rindenblut (mit hoher Hormonkonzentration) durchströmt. Alle Kapillaren der Nebenniere haben ein fenestriertes Epithel.

Arterien: ■ A. suprarenalis superior (aus A. phrenica inf.), ■ A. suprarenalis media (aus Aorta abdominalis) und ■ A. suprarenalis inferior (aus A. renalis). Nach Durchtritt durch die Organkapsel gehen die Arterien in sinusoide Kapillaren über, die radiär bis in das Mark ziehen.

▶ Merke. Die A. suprarenalis media läuft rechts dorsal der V. cava inferior.

Venöser Abfluss: Aus sinusoiden Kapillaren des Nebennierenmarks sammeln Venen das Blut von Mark und Rinde und vereinigen sich zu jeweils einer Vena suprarenalis, die am Hilum der Nebenniere durch die Kapsel wieder austritt. ▶ Merke. Die V. suprarenalis dextra mündet direkt in die V. cava inferior, die V. su-

▶ Merke.

Venen: Beidseits tritt eine V. suprarenalis am Hilum der Nebenniere durch die Kapsel aus.

▶ Merke.

prarenalis sinistra dagegen mündet in die V. renalis sinistra (S. 868). Lymphabfluss: Die Lymphe der Nebennieren fließt in die Nodi lymphoidei lumbales (links v. a. Nodi lymphoidei aortici laterales, rechts Nodi lymphoidei cavales laterales) ab.

⊙ J-2.3

Lymphabfluss: Regionäre Lymphknoten sind die Nll. aortici und cavales laterales.

Blutgefäße der Nebenniere

Diaphragma

V. cava inferior

A. u. V. phrenica inferior

V. suprarenalis

Gl. suprarenalis dextra

Aa. suprarenales superiores

Rechte Nebenniere in der Ansicht von ventral nach Entfernung der Capsula adiposa zwischen Nebenniere und Niere. Zur besseren Darstellung der sie versorgenden Blutgefäße ist die V. cava inferior etwas nach links gezogen. (Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

A. suprarenalis media Aorta abdominalis A. suprarenalis inferior V. renalis sinistra

Ren dexter

A. renalis dextra

Ureter dexter

V. renalis dextra

2.4.2 Innervation

2.4.2

Die vegetative Innervation der Nebennieren erfolgt über die Ganglia coeliaca mittels Plexus renalis und suprarenalis. Das Nebennierenmark wird nur von präganglionären sympathischen Ästen (cholinerg!) erreicht, die eine Freisetzung von Adrenalin und Noradrenalin ins Blut bewirken. An der Nebennierenrinde wirkt der Sympathikus vasokonstriktorisch auf die Gefäße. Die sehr spärliche parasympathische Innervation entstammt dem Truncus vagalis posterior (S. 875), jedoch ist ihr Effekt noch nicht geklärt.

Sie erfolgt vegetativ über die Ggl. coeliaca (Plexus renalis und suprarenalis). Zum Mark ziehen nur präganglionäre sympathische Fasern (cholinerg), die eine Freisetzung von Adrenalin und Noradrenalin ins Blut bewirken.

2.5

Entwicklung der Nebenniere

Die beiden Anteile des makroskopisch einheitlichen Organs Nebenniere haben eine unterschiedliche embryonale Herkunft: ■ Die Nebennierenrinde entsteht aus dem mesodermalen Zölomepithel. ■ Das Nebennierenmark entsteht aus der ektodermalen Neuralleiste (aus Sympathikoblasten).

2.5

Innervation

Entwicklung der Nebenniere

J

3

Weibliches Genitale

3.1 3.2 3.3 3.4 3.5 3.6 3.7

Übersicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Innere weibliche Genitalorgane. . . . . . . . . . . . . . . . . Äußere weibliche Genitalorgane . . . . . . . . . . . . . . . . Urethra feminina (weibliche Harnröhre) . . . . . . . . . . . Zyklusbedingte Veränderungen – hormonelle Steuerung Konzeption, Schwangerschaft und Geburt . . . . . . . . . . Das weibliche Genitale in verschiedenen Lebensphasen .

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794 794 807 809 809 816 823

E. Schulte 3.1

Übersicht

Man unterscheidet ein inneres und ein äußeres Genitale (Abb. J-3.1). Das äußere Genitale, sog. Vulva oder Pudendum (S. 807), reicht von außen bis zum Jungfernhäutchen (Hymen). Die Genitalorgane haben Fortpflanzungs- und Sexualfunktion.

⊙ J-3.1

Übersicht

3.1

Die weiblichen Genitalorgane lassen sich in die inneren und äußeren Genitalorgane (Organa genitalia feminina interna bzw. externa) unterteilen (Abb. J-3.1). Das äußere Genitale (S. 807) wird auch als Scham (Vulva, Pudendum) bezeichnet; es reicht von außen bis zum Jungfernhäutchen (Hymen), wo die inneren Genitalien mit der Scheide beginnen. Innere und äußere Genitalorgane haben Fortpflanzungs- und Sexualfunktion.

⊙ J-3.1

Übersicht über die inneren und äußeren weiblichen Geschlechtsorgane

Lig. suspensorium ovarii Tuba uterina

Ureter

Ovarium Lig. teres uteri Lig. umbilicale medianum

Vagina

Clitoris

Ostium ureteris

Labium majus pudendi

Innere weibliche Genitalorgane

▶ Definition.

Portio vaginalis cervicis

Vesica urinaria

Urethra

3.2

Uterus

3.2

Weibliches Genitale im schematischen Mediansagittalschnitt. Anders als beim männlichen Organismus (vgl. Abb. J-4.1) sind die Genitalorgane funktionell von den ableitenden Harnwegen (hier grau dargestellt) getrennt, jedoch bestehen enge topografische Beziehungen. (Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

Gl. vestibularis major Labium minus pudendi

Innere weibliche Genitalorgane

▶ Definition. Zum inneren weiblichen Genitale gehören:

Eierstock (Ovarium), paarig Eileiter (Tuba uterina), paarig ■ Gebärmutter (Uterus) und ■ Scheide (Vagina). Eileiter und Eierstock werden zusammen auch als die Adnexe (Anhangsgebilde) des Uterus bezeichnet. ■



Die Reihenfolge der Darstellung entspricht dem Weg der befruchteten Eizelle.

Die Organe werden hier in der Reihenfolge dargestellt, wie sie von der befruchteten Eizelle auf ihrem physiologischen Weg passiert werden.

J

795

3.2 Innere weibliche Genitalorgane

3.2.1 Eierstock (Ovarium)

3.2.1

Funktion des Ovars

Funktion des Ovars

Der Eierstock dient der Bereitstellung der weiblichen Keimzellen (Eizelle, Ovum) und der Produktion von Sexualhormonen (Östrogene und Gestagene). Die Blutkonzentration der Sexualhormone unterliegt periodischen Schwankungen, welche die wesentliche Grundlage für den weiblichen Zyklus bilden.

Das Ovar stellt die Eizelle (Ovum) bereit und produziert Östrogene und Gestagene, die den Zyklus bestimmen.

Abschnitte, Form und Lage des Ovars

Abschnitte, Form und Lage des Ovars

Abschnitte und Form: Das paarig angelegte Ovar hat bei der geschlechtsreifen Frau eine Größe von etwa 3,5 × 1,5 × 1 cm und ein Gewicht von ca. 10 g. Die mediale und die laterale Fläche des Ovars (Facies medialis bzw. lateralis) treffen am vorderen (Margo mesovarica) und am hinteren Rand (Margo libera) aufeinander. Ein unterer Pol (Extremitas uterina) weist nach medial und unten, ein oberer Pol (Extremitas tubaria) nach lateral und oben (Abb. J-3.2).

Abschnitte und Form: An den paarigen Ovarien (Größe 3,5 × 1,5 × 1 cm, Masse 10 g) unterscheidet man: Facies medialis und lateralis, Margo mesovarica und libera sowie Extremitas uterina und tubaria (Abb. J-3.2).

Lage und Lagebeziehungen: Das Ovar liegt intraperitoneal im kleinen Becken in der linken und rechten Fossa ovarica, etwas unterhalb der Aufteilung der Vasa iliaca. Die Position des Ovars und die Richtung seiner Längsachse sind abhängig von der Körperlage. Dorsal vom Ovar verlaufen der Ureter und der N. obturatorius.

Lage und Lagebeziehungen: Das Ovar liegt intraperitoneal in der Fossa ovarica unterhalb der Aufteilung der Vasa iliaca. Dorsal verlaufen der Ureter und der N. obturatorius. Befestigung des Ovars: Muskelhaltige Peritonealstränge befestigen das Ovar beweglich an benachbarten Strukturen (Abb. J-3.2): ■ Lig. ovarii proprium zum Uterus, ■ Lig. suspensorium ovarii zur seitlichen Beckenwand ■ Mesovarium zum Lig. latum uteri (S. 801). ■ Der hintere Rand des Ovars ist frei (Margo libera).

Befestigung des Ovars: Das Ovar ist mit mehreren bindegewebigen Zügen an benachbarten Strukturen befestigt. Diese Bänder enthalten neben Gefäßen und Nerven auch glatte Muskulatur, welche eine gewisse Beweglichkeit des Ovars gewährleistet (Abb. J-3.2). Das Ligamentum ovarii proprium (Gebärmutter-Eierstock-Band) zieht von der Extremitas uterina zum Uteruskörper. ■ Das Ligamentum suspensorium ovarii (Aufhängeband) zieht von der Extremitas tubaria zur seitlichen Beckenwand. ■ Das Mesovarium (Eierstockgekröse) zieht von der Margo mesovarica nach vorne zum Ligamentum latum uteri (S. 801). Die Margo libera bleibt frei.

Eierstock (Ovarium)

▶ Klinik.

▶ Klinik. Um die „Achse“ des Lig. suspensorium ovarii ist eine gewisse Drehbewe-

gung möglich. Exzentrische Verformungen des Ovars z. B. durch einen großen Graaf-Follikel (S. 810) oder eine Zyste können eine solche Drehung begünstigen. Diese sog. Stieldrehung führt zur Abklemmung der im Ligament befindlichen Blutgefäße, was die Versorgung des Ovars gefährdet. Die Stieldrehung äußert sich in akut auftretenden massiven Unterbauchschmerzen und macht ein sofortiges operatives Vorgehen notwendig.

⊙ J-3.2

Übersicht über die inneren weiblichen Geschlechtsorgane Lig. ovarii proprium

Tuba uterina dextra

Ovarium sinistrum – Extremitas tubaria – Extremitas uterina Vasa ovarica im Lig. suspensorium ovarii Uterus

Lig. latum uteri Ureter dexter Vagina

Lig. sacrouterinum in der Plica rectouterina

Ansicht von dorsal auf Uterus mit Ligamentum latum uteri (S. 801), Tuben, Ovarien und den oberen Anteil der Vagina. Der Uterus ist zur besseren Übersicht etwas aufgerichtet. (Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

796

J 3 Weibliches Genitale

Aufbau des Ovars

Aufbau des Ovars

Am Ovar unterscheidet man zwei Anteile: ■ Die Rinde (Cortex ovarii) enthält Follikel (S. 809). ■ Das vaskularisierte Mark (Medulla ovarii) enthält keine Follikel und setzt sich in das Hilum ovarii fort. Das Ovar ist von einer Organkapsel (Tunica albuginea) überzogen und außen von Peritoneum (Oberflächenepithel; früher unzutreffend als Keimepithel bezeichnet) bedeckt.

Am bindegewebigen Grundgerüst des Ovars (Stroma ovarii) unterscheidet man zwei Anteile, die unscharf ineinander übergehen: ■ Cortex ovarii: Die Rinde ist ca. 1–3 mm dick und enthält zahlreiche Follikel (S. 809) in unterschiedlichen Entwicklungsstadien (Folliculi ovarii). ■ Medulla ovarii: Das Mark ist sehr gefäßreich, Follikel finden sich hier nicht. Es erstreckt sich bis zum Eintrittsort der versorgenden Gefäße und Leitungsbahnen (Hilum ovarii) an der lateralen Ovarseite. Das Ovar ist von einer bindegewebigen Organkapsel (Tunica albuginea) überzogen. Dieser liegt außen das Peritoneum auf, welches hier als sog. Oberflächenepithel (früher unzutreffend als Keimepithel bezeichnet) einschichtig kubisch ist.

Gefäßversorgung und Innervation des Ovars Arterien (Abb. J-3.3a): ■ Die A. ovarica zieht durch das Lig. suspensorium ovarii zum Hilum ovarii. ■ Der R. ovaricus der A. uterina (im Lig. latum) bildet Anastomosen mit der A. ovarica.

Gefäßversorgung und Innervation des Ovars Arterielle Versorgung: Die arterielle Versorgung des Ovars erfolgt durch zwei Gefäße (Abb. J-3.3a): ■ Die Arteria ovarica entspringt beidseits aus der Aorta abdominalis unterhalb des Abgangs der Nierenarterien und verläuft durch das Lig. suspensorium ovarii zum Hilum. ■ Der Ramus ovaricus der A. uterina verläuft im Lig. ovarii proprium nach lateral zum Ovar und bildet mit der A. ovarica Anastomosen (Rete arteriosum ovarii). ■ Bei operativen Eingriffen mit Entfernung des Ovars müssen beide arteriellen Zuflüsse („Eierstocksarkade“) unterbunden werden.

Venen: Die V. ovarica mündet rechts in die V. cava inf., links in die V. renalis sin. Weiterhin besteht ein möglicher Abfluss über die V. uterina (Abb. J-3.3b).

Venöser Abfluss: Der venöse Abfluss erfolgt hauptsächlich in die Vena ovarica, die links in die V. renalis, rechts direkt in die V. cava inferior münden. Beim Vorliegen eines ausgedehnten Plexus venosus ovaricus kann ein zusätzlicher Abfluss zur Vena uterina existieren (Abb. J-3.3b).

Lympabfluss: Er erfolgt über die Nll. lumbales.

Lymphabfluss: Er erfolgt über die Nodi lymphoidei lumbales links um die Aorta abdominalis, rechts um die V. cava inferior.

Innervation: Die vegetativen Fasern stammen aus den Plexus mesentericus sup. und renalis, teilweise auch dem Plexus hypogastricus inf. und werden z. T. organnah (im Plexus ovaricus und Plexus uterovaginalis) umgeschaltet.

Innervation: Die vegetative Innervation erfolgt aufgrund des Deszensus des Ovars (S. 854) teilweise über den Plexus mesentericus superior und den Plexus renalis, teilweise über den Plexus hypogastricus inferior. Ein großer Teil der Fasern zieht aber durch die zuvor genannten Plexus lediglich hindurch und schaltet in organnah gelegenen Plexus auf das 2. efferente Neuron um: Fasern aus dem Plexus renalis im Plexus ovaricus, solche aus dem Plexus hypogastricus inferior im Plexus uterovaginalis, einem seiner weiter peripher gelegenen Anteile. Der meist kräftig ausgebildete Plexus uterovaginalis enthält neben Fasern sehr zahlreiche Ganglienzellen und wird deshalb auch oft als „Frankenhäuser-Ganglion“ bezeichnet. Die mehrheitlich sympathischen Fasern innervieren hauptsächlich die Gefäße am Ovar, regulieren also – wie bei anderen Organen auch – die Durchblutung. Eine spezifische Wirkung des vegetativen Nervensystems auf das Ovar ist nicht bekannt.

Eine spezifische Wirkung des vegetativen Nervensystems auf das Ovar ist nicht bekannt; die o. g. Fasern ziehen zu Gefäßen.

⊙ J-3.3

Blutgefäße des inneren weiblichen Genitales V. cava inferior V. renalis dextra R. ovaricus der A. uterina

A. ovarica sinistra (aus Aorta abdominalis) Lig. suspensorium ovarii

R. tubarius der A. uterina

V. ovarica dextra

Ureter a

R. vaginalis der A. uterina

A. ligamenti teretis uteri Lig. teres uteri A. uterina (aus A. iliaca interna)

V. iliaca communis V. ovarica sinistra Plexus venosus ovaricus

R. tubarius der A. ovarica Rr. helicini der A. uterina

V. renalis sinistra

V. iliaca interna Plexus venosus uterinus

b

V. iliaca externa V. uterina Plexus venosus vaginalis

(Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

a Die arterielle Versorgung b und venöse Drainage sind gemeinsam für Ovar, Tuba uterina und Uterus (S. 804) in der Ansicht von ventral dargestellt. Die Pfeile in b kennzeichnen den in jeweils zwei Richtungen möglichen Blutabfluss des Ovars und des Uterus.

J

797

3.2 Innere weibliche Genitalorgane

3.2.2 Eileiter (Tuba uterina), Salpinx ▶ Synonym. Salpinx

3.2.2

Eileiter (Tuba uterina), Salpinx

▶ Synonym.

Funktion des Eileiters

Funktion des Eileiters

Der Eileiter dient dem Auffangen der Eizelle nach erfolgtem Eisprung = Ovulation (S. 810) und deren Transport zum Uterus. In der Tuba uterina findet auch die Befruchtung der Eizelle (Konzeption) statt.

Der Eileiter fängt nach dem Eisprung die Eizelle auf, transportiert sie zum Uterus und ist Ort der Befruchtung (Konzeption).

▶ Klinik. Sind die Eileiter nicht durchgängig, wie es z. B. bei Verklebungen infolge von Entzündungen (sog. Salpingitis oder – bei mitbetroffenem Ovar – Adnexitis) vorkommt, oder liegen sonstige Transportstörungen der Tube vor, kann dies verschiedene Folgen haben: Zum einen kann es zum pathologischen Ablauf einer Schwangerschaft (S. 818) führen (Extrauteringravidität), zum anderen kann dadurch eine Unfruchtbarkeit bedingt sein. Ob eine fehlende Durchgängigkeit der Tuben die Ursache für unerfüllten Kinderwunsch ist, kann durch verschiedene diagnostische Methoden dargestellt werden, indem man die Ausbreitung von Kontrastmittel, einer Farblösung oder eines Gases von der Gebärmutter bis in die freie Bauchhöhle beobachtet (meist pelviskopisch, d. h. im Rahmen einer Beckenspiegelung). Gezielt macht man sich die Unterbrechung der Tubendurchgängigkeit bei der Sterilisation zunutze, indem man die Eileiter entweder durchtrennt oder sie verschließt (durch Ligatur = Abbinden oder thermische Koagulation).

▶ Klinik.

Abschnitte, Form und Lage des Eileiters

Abschnitte, Form und Lage des Eileiters

Abschnitte und Form: Die paarig angelegte Tuba uterina ist ein mit Schleimhaut ausgekleideter Muskelschlauch. Bei einer Länge von 10–16 cm reicht sie vom Ovar bis zum Uterus am Übergang vom Corpus zum Fundus uteri (S. 800). Es lassen sich vier Abschnitte unterscheiden, die in Abb. J-3.4 zusammen mit dem Uterus, in den der Eileiter einmündet, dargestellt sind: ■ Infundibulum tubae uterinae (Tubentrichter): Der dem Ovar oben-hinten benachbarte Abschnitt des Eileiters ist ca. 1,5 cm lang und öffnet sich mit dem Ostium abdominale tubae uterinae frei in die Peritonealhöhle. Der Rand des Infundibulums trägt Fransen (Fimbriae tubae) mit bis zu 1,5 cm Länge. Die längste Fimbrie (bis zu 3 cm) heißt Fimbria ovarica und berührt das Ovar. Sie hat beim „Einfangen“ der gesprungenen Eizelle eine zentrale Bedeutung. ■ Ampulla tubae uterinae: Der mit 7–8 cm Länge und einem Durchmesser von 4– 10 mm größte Abschnitt der Tube verläuft bogenförmig um das Ovar. ■ Isthmus tubae uterinae: Der Isthmus besitzt bei einer Länge von ca. 4 cm und einem Kaliber von 2–3 mm eine ausgeprägte Wandmuskulatur. ■ Pars uterina tubae uterinae: Dieser in der Wand des Uterusfundus (s. u.) gelegene Teil hat mit weniger als 1 mm den geringsten Durchmesser. Er mündet über das Ostium uterinum tubae uterinae in den Uterus.

Abschnitte und Form: Der Eileiter ist 10– 16 cm lang und erstreckt sich vom Ovar zum Uterus. Er hat 4 Abschnitte (Abb. J-3.4): ■ Das Infundibulum tubae uterinae (Tubentrichter) endet ovarwärts mit dem Ostium abdominale. Dieses besitzt an seinem Rand Fimbriae tubae uterinae, die längste Fimbrie (Fimbria ovarica) berührt das Ovar. ■ Die Ampulla tubae uterinae ist der größte Abschnitt. ■ Der Isthmus tubae uterinae besitzt ausgeprägte Wandmuskulatur. ■ Die Pars uterina tubae uterinae liegt intramural im Fundus uteri und endet dort mit dem Ostium uterinum tubae uterinae.

▶ Merke. Das Ostium abdominale tubae uterinae ist die einzige Stelle, an der das

▶ Merke.

Peritoneum „unterbrochen“ ist und somit eine Verbindung der Bauchhöhle zu dem Innenraum eines Hohlorgans besteht! Lage und Befestigung: Die Tube liegt wie das Ovar intraperitoneal im kleinen Becken. Sie ist an Ampulle und Isthmus mittels einer Duplikatur des Peritoneums (Mesosalpinx) am oberen Rand des Ligamentum latum uteri befestigt. Muskelzüge erlauben auch hier eine gewisse Beweglichkeit. Die unmittelbar benachbarten Organe sind medial der Uterus, gemeinsame Embryonalentwicklung aus den Müller-Gängen (S. 855), und lateral das Ovar. Kranial liegen oft Dünndarmschlingen (v. a. Ileum) eng benachbart.

Lage und Befestigung: Die Eileiter liegen intraperitoneal. Eine Duplikatur des Peritoneums (Mesosalpinx) befestigt Ampulle und Isthmus am Lig. latum uteri.

798

J 3 Weibliches Genitale

Aufbau des Eileiters

Aufbau des Eileiters

Er ist für Hohlorgane typisch dreischichtig:

Die Wand der Tuba uterina zeigt den für Hohlorgane typischen dreischichtigen Aufbau:

Tunica mucosa: Das einschichtige Zylinderepithel bildet Längsfalten (Plicae tubariae) mit Sekundär- und Tertiärfalten. Es besteht aus Drüsenzellen, Flimmerzellen (mit Kinozilien) und Stiftchenzellen (entleerte Drüsenzellen). Drüsensekret und Kinozilienschlag erzeugen einen Sekretstrom uteruswärts. Dieser dient dem Zygotentransport und den Spermien als Wegweiser (positive Rheotaxis). Drüsen- und Flimmeraktivität sind um die Ovulation besonders stark.

Tunica mucosa: Bei der Tubenschleimhaut handelt es sich um ein einschichtiges zylindrisches Epithel mit einer darunterliegenden bindegewebigen Lamina propria. Sie bildet Längsfalten (Plicae tubariae), von welchen wiederum Sekundär- und Tertiärfalten ausgehen. Man unterscheidet drei Zelltypen: ■ Drüsenzellen: Die v. a. im Isthmus vorhandenen Drüsenzellen sezernieren ein Sekret, welches u. a. der Ernährung der Zygote = befruchtete Eizelle (S. 104) dient. Sie sind daher um die Ovulation besonders aktiv. ■ Flimmerzellen: Sie kommen hauptsächlich im Infundibulum vor und erzeugen mit ihren Kinozilien durch einen metachronen Flimmerschlag einen uteruswärts gerichteten Sekretstrom. Dieser unterstützt den Transport der Eizellen und dient den Spermien als „Wegweiser“: Die Spermien richten sich gegen den Sekretstrom aus („positive Rheotaxis“) und bewegen sich durch ihren Schwanzschlag aktiv stromaufwärts der Eizelle entgegen in Richtung auf das abdominale Tubenende. ■ Stiftchenzellen: Diese vereinzelt vorliegenden kräftig angefärbten Zellen werden als entleerte Drüsenzellen angesehen.

▶ Merke.

▶ Merke. Die Lamina propria der Tunica mucosa ist außerordentlich zellreich. Die

hier gelegenen Fibroblasten können sich im Rahmen einer Eileiterschwangerschaft (S. 818), sog. Tubargravidität, in Deziduazellen (S. 813) umwandeln. Tunica muscularis: Sie besteht aus zirkulären, longitudinalen und spiraligen Anteilen, die eine funktionelle Einheit bilden. Man unterscheidet autochthone (tubeneigene), perivaskuläre (tritt mit Gefäßen an die Tube heran) und subperitoneale (s. o.) Muskulatur. Die Muskulatur ermöglicht Bewegungen der Tube zum Auffangen der gesprungenen Eizelle und deren uteruswärts gerichteten Transport.

Tunica muscularis: Sie besteht aus zirkulär, längs und spiralig angeordneten Schichten glatter Muskelfasern, welche ineinander übergehen und eine funktionelle Einheit bilden. Je nach Ursprung der Muskelfasern unterscheidet man die autochthone (tubeneigene), die subperitoneale und die perivaskuläre Muskulatur. Letztere tritt mit den größeren Blutgefäßen an die Eileiter heran. Die autochthone Muskulatur ist besonders am Isthmus ausgeprägt. Die koordinierte Aktivität der verschiedenen Muskeln ermöglicht eine aktive Beweglichkeit der Tube, die einerseits das Infundibulum in eine geeignete Position für das Auffangen der gesprungenen Eizelle bringt und die – wenigstens zum Teil – für den uteruswärts gerichteten Transport der Eizelle verantwortlich ist.

Tunica serosa: Das einschichtige Peritonealepithel besitzt eine dünne Lamina propria, die in die Tela subserosa mit Leitungsbahnen und glatter subperitonealer Muskulatur übergeht.

Tunica serosa: Das einschichtige Peritonealepithel sitzt einer dünnen Lamina propria auf, die ohne scharfe Abgrenzung in das Bindegewebe der Tela subserosa übergeht. Hier verlaufen Blut- und Lymphgefäße sowie Nerven, zudem finden sich – insbesondere am Ansatz der Mesosalpinx – vereinzelt Züge glatter Muskulatur (subperitoneale Muskulatur).

Gefäßversorgung und Innervation des Eileiters Arterien: Je ein R. tubarius aus der A. ovarica und der A. uterina versorgt die Tuben.

Gefäßversorgung und Innervation des Eileiters Arterielle Versorgung: Die arterielle Versorgung erfolgt über je einen Ramus tubarius aus der A. ovarica und der A. uterina. Beide Gefäße treten über die Mesosalpinx an den Eileiter heran

Venen: Das venöse Blut fließt v. a. in die V. uterina, teilweise auch in die V. ovarica.

Venöser Abfluss: Das venöse Blut fließt direkt oder indirekt über den Plexus venosus uterinus in die Vena uterina, zum kleineren Teil auch in die Vena ovarica .

Lymphabfluss: Nll. iliaci interni oder Nll. lumbales.

Lymphabfluss: Der Lymphabfluss erfolgt über die Nodi lymphoidei iliaci interni oder mit den Ovarialgefäßen zu den Nodi lymphoidei lumbales.

Innervation: Sie erfolgt sympathisch über den Plexus renalis und hypogastricus inf., parasympathisch über Nn. splanchnici pelvici aus S 2–S 4.

Innervation: Wie beim Ovar erfolgt die sympathische Innervation sowohl über den Plexus renalis als auch über den Plexus hypogastricus inferior. Die parasympathische Innervation erfolgt über die Nervi splanchnici pelvici aus den Rückenmarkssegmenten S 2–S 4. Das vegetative Nervensystem moduliert – allerdings in Abhängigkeit vom hormonellen Status, d. h. der Zyklusphase (S. 813), – die Tubenmotilität und die Sekretionstätigkeit der Mukosa.

J

799

3.2 Innere weibliche Genitalorgane

3.2.3 Gebärmutter (Uterus)

3.2.3

Gebärmutter (Uterus)

▶ Synonym.

▶ Synonym. Metra (gr.)

Funktion des Uterus

Funktion des Uterus

Die Gebärmutter dient als Ort der Embryonal- und Fetalentwicklung der Versorgung und dem Schutz des Embryos bzw. Fetus („Fruchthalter“). Unter der Geburt ist sie durch ihre ausgeprägte Muskelschicht maßgeblich an der Austreibung des Kindes beteiligt.

Der Uterus gewährleistet den Schutz und die Versorgung des ungeborenen Kindes während der Schwangerschaft und seine Austreibung unter der Geburt.

Abschnitte, Form und Lage des Uterus

Abschnitte, Form und Lage des Uterus

Abschnitte und Form: Der Uterus ist ein birnenförmiges Hohlorgan mit einer Länge von ca. 7 cm, einer Breite von etwa 5 cm und einem Gewicht von 30–120 g. Größe und Gewicht können, z. B. in Abhängigkeit von vorausgegangenen Schwangerschaften, erheblich schwanken. Die Wanddicke beträgt 2–3 cm. Am Uterus unterscheidet man verschiedene Abschnitte (Abb. J-3.4): ■ Cervix uteri (Gebärmutterhals): Als Cervix uteri wird das distale Drittel der Gebärmutter bezeichnet. Ihr unterer Anteil ragt als Portio vaginalis uteri in die Scheide. Der oberhalb der Scheide liegende Abschnitt wird als Portio supravaginalis uteri bezeichnet. Die Zervix ist mit dem Korpus (s. u.) durch eine sehr enge Übergangszone (Isthmus uteri, s. u.) verbunden. Die Zervix umgibt den Canalis cervicis, der an der Portio vaginalis uteri in die Scheide mündet und dort den äußeren Muttermund (Ostium uteri externum) mit einem vorderen und einem hinteren Anteil (Labium anterius und posterius) bildet. Korpuswärts endet der Zervikalkanal am Übergang zum Isthmus als innerer Muttermund (Ostium anatomicum uteri internum). Der innere Muttermund ist mit einem Durchmesser von 2–3 mm die engste Stelle im Zervikalkanal.

Abschnitte und Form: Der Uterus ist ein birnenförmiges Hohlorgan (Länge 7–8 cm, Breite 5 cm, Gewicht 30–120 g, Wanddicke 2– 3 cm). Man unterscheidet (Abb. J-3.4): ■ Cervix uteri (Hals, unteres Drittel): Der untere Zervixteil (Portio vaginalis) ragt in die Vagina und öffnet sich dort mit dem Ostium uteri externum (äußerer Muttermund) mit Labium anterius und posterius. Die Portio supravaginalis liegt oberhalb der Scheide. Die Zervix umschließt den Canalis cervicis, der am Ostium anatomicum uteri internum (innerer Muttermund) in den Canalis isthmi übergeht.

▶ Klinik. Kommt es im Laufe der Schwangerschaft zu einer frühzeitigen Erweite-

▶ Klinik.

rung, Verkürzung oder Erweichung des Muttermunds, spricht man von einer Zervixinsuffizienz. Zur Vorbeugung eines drohenden Blasensprungs (Eröffnung der Fruchtblase) und Frühgeburt, ist neben einer medikamentösen Wehenhemmung (Tokolyse) eine sog. Cerclage (Verschluss durch Umschlingung der Zervix) zu erwägen.

⊙ J-3.4

Abschnitte und Aufbau des Uterus sowie der in ihn mündenden Tuba uterina Lig. ovarii proprium Extremitas uterina

Tuba uterina, Ostium uterinum

Fundus uteri Cavitas uteri, Facies anterior

Tuba uterina, Pars uterina

Margo mesovarica

Isthmus tubae uterinae Ampulla tubae uterinae Epoophoron (embryonales Relikt)

Appendix vesiculosa (embryonales Relikt) Extremitas tubaria Ovarium sinistrum Margo libera

Corpus uteri: – Endometrium (Tunica mucosa) – Myometrium (Tunica muscularis)

Isthmus uteri Ostium anatomicum uteri internum

Fimbriae am Ostium abdominale der Tuba uterina

Cervix uteri: – Portio supravaginalis – Portio vaginalis

Canalis cervicis Fornix vaginae, Pars lateralis Ostium uteri externum

Infundibulum tubae uterinae mit Ostium abdominale tubae uterinae

Vagina, Paries anterior

Ansicht von dorsal auf Uterus, Vagina und Tuben, die in der Frontalebene aufgeschnitten sind. Zur besseren Übersicht ist der Uterus aufgerichtet. (Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

800 ■



J 3 Weibliches Genitale

Isthmus uteri: Er verbindet die Zervix mit dem Uteruskörper. Das sehr enge Lumen des Isthmus wird als Canalis isthmi bezeichnet. Makroskopisch gehört der Isthmus zur Zervix, trägt aber Korpusschleimhaut. Corpus uteri (Uteruskörper, obere zwei Drittel): Das Korpus besteht aus einer Vorder- und Hinterfläche (Facies anterior und posterior uteri) mit seitlichen Rändern (Margo uteri) und umfasst die Gebärmutterhöhle (Cavitas uteri). Es endet in einer Kuppe (Fundus uteri). Die Sondenlänge der Cavitas uteri beträgt 7–8 cm.





▶ Merke.

Isthmus uteri: Der Isthmus uteri hat eine Länge von 5–10 mm und wird als Bauelement des Uterus noch zur Zervix gerechnet, obwohl er innen schon die Schleimhaut des Korpus trägt. Sein Lumen wird als Canalis isthmi bezeichnet. Dieser beginnt am Ostium anatomicum uteri internum und geht ins Uteruslumen über. Corpus uteri (Gebärmutterkörper): Das Corpus uteri umfasst die oberen zwei Drittel des Uterus. Man unterscheidet eine Vorder- und eine Hinterwand (Facies anterior bzw. posterior) und die beiden seitlichen Ränder (Margo uteri). Oberhalb der Einmündungen der Eileiter endet der Uteruskörper mit einer Kuppe, dem Fundus uteri. Das Uteruslumen (Cavitas uteri) erscheint mit seinen Eckpunkten (Zervix und Tubenmündungen) in der Ventralsicht dreieckig. In der Ansicht von lateral ist die Gebärmutterhöhle ein schmaler Spalt, da sich Vorder- und Hinterwand des Uterus aneinanderlegen. Die Cavitas uteri hat inklusive des Canalis isthmi eine Gesamtlänge von 7–8 cm (sog. Sondenlänge).

▶ Merke. In der Schwangerschaft wird der Isthmus ab dem 4. Monat in das Korpus

einbezogen, indem sich die Eihäute (S. 124) in diesen Abschnitt ausdehnen und ihn so erweitern. Er wird dann als sog. unteres Uterinsegment bezeichnet. Lage: Die Lage des Uterus im kleinen Becken ist u. a. vom Füllungszustand der Nachbarorgane (Harnblase, Rektum) abhängig und wird durch drei Begriffe beschrieben (Abb. J-3.5): ■ Flexio: Unter Flexio versteht man die Winkelung des Corpus uteri gegenüber der Zervix. ■ Versio: Die Versio beschreibt den Winkel zwischen der Achse des Zervikalkanals und der vertikalen Körperachse (klinisch auch gegenüber der Scheidenlängsachse). ■ Positio: Die Positio beschreibt die Lage der Portio vaginalis uteri im Becken. Im Normalfall ist der Uterus im Korpus gegen die Zervix nach ventral abgeknickt (sog. Anteflexio) und die Zervixachse gegen die longitudinale Körperachse nach ventral geneigt (sog. Anteversio). Der Uterus befindet sich somit normalerweise in Anteflexions- und Anteversionsstellung. Die Portio befindet sich in der Interspinalebene (zwischen den beiden Spinae ischiadicae) in Beckenmitte.

Lage: Drei Begriffe beschreiben die Lage des Uterus im kleinen Becken (Abb. J-3.5): ■ Flexio (Winkelung des Korpus gegenüber der Zervix): Das Korpus ist gegen die Zervix ventral geknickt (Anteflexio). ■ Versio (Winkelung der Achse des Zervikalkanals gegenüber der Körperachse): Die Zervixachse ist gegen die Körperlängsachse nach ventral geneigt (Anteversio). ■ Positio (Lage der Portio): Normal median in der Interspinalebene (zwischen beiden Spinae ischiadicae).

⊙ J-3.5

Lage des Uterus Tunica mucosa (Endometrium)

Cavitas uteri mit Korpus-Längsachse

Isthmus uteri

Flexio

Tunica serosa (Perimetrium)

Canalis cervicis mit Zervix-Längsachse Cervix uteri, Portio supravaginalis

Tunica muscularis (Myometrium)

Fornix vaginae, Pars posterior

Fundus uteri Corpus uteri Excavatio vesicouterina

Cervix uteri, Portio vaginalis Versio

Fornix vaginae, Pars anterior

a

Uterus

Excavatio rectouterina

Vagina mit Längsachse

Longitudinalachse des Körpers

Cavitas peritonealis pelvis Spatium extraperitoneale pelvis b

(Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

a Darstellung der beiden Winkel (Flexio und Versio) im Mediansagittalschnitt von links. b Höhe der Portio (Positio) im Frontalschnitt, hier zur besseren Übersicht mit leicht angehobenem Uterus.

Os coxae Portio vaginalis uteri Vagina

J

801

3.2 Innere weibliche Genitalorgane

▶ Klinik. Liegt eine Retroversio uteri bzw. ggf. zusätzlich eine Retroflexio uteri vor, kann – je nach Ausmaß der Lageveränderung – der Fundus uteri nach dorsal gegen das Os sacrum gerichtet sein und somit im Rahmen einer Schwangerschaft unter dem Promontorium „hängen bleiben“. Da hierdurch die normalerweise mit einer Aufrichtung einhergehende Uterusvergrößerung (Abb. J-3.17) verhindert wird, bedeutet diese Situation u. U. eine Gefährdung der Schwangerschaft. Um zu diesem Zeitpunkt eine (prinzipiell noch mögliche) manuelle oder operative Aufrichtung des Uterus zu vermeiden, sollte die Gebärmutterlage vor Schwangerschaftseintritt untersucht und ggf. korrigiert werden.

⊙ J-3.6

Lageveränderungen des Uterus

(Breckwoldt, M., Kaufmann, M., Pfleiderer, A.: Gynäkologie und Geburtshilfe. Thieme, 2007)

a Retroversio b und Retroflexio uteri.

Anteversio

Retroversio

a

Anteflexio

Retroflexio

b

Lage- und Peritonealbeziehungen: Ventral ruht die Uterusvorderwand auf der Harnblase, der Fundus weist nach vorne. Die Rückwand des Uterus zeigt zum Rektum. Das Peritoneum schlägt von der Harnblase auf die Vorderwand des Uterus um, überzieht diesen größtenteils und schlägt von der Hinterwand des Uterus auf das Rektum um. Zwischen diesen drei Organen bilden sich somit zwei Bauchfellgruben, die vor dem Uterus gelegene Excavatio vesicouterina und die dorsal vom Uterus befindliche Excavatio rectouterina (S. 658). Letztere ist der tiefste Punkt der weiblichen Peritonealhöhle (Douglas-Raum) und ragt bis unmittelbar über das hintere Scheidengewölbe, welches die Portio vaginalis uteri mit der Scheide bildet (s. u.). Die Portio vaginalis ist bauchfellfrei.

Lage und Peritonealbeziehungen: Die Facies anterior uteri ruht auf der Harnblase; die Facies posterior weist zum Rektum. Das Peritoneum überzieht von der Harnblase aus erst den Uterus, dann das Rektum. Dadurch bilden sich zwei Peritonealgruben: Excavatio vesicound rectouterina (S. 658).

Befestigung des Uterus: Eine breite und hohe, frontal eingestellte Bindegewebsplatte, das Parametrium (= „das neben dem Uterus Liegende“), verankert den Uterus an seinen beiden Seitenrändern mit der seitlichen Beckenwand. Sie reicht von der Portio supravaginalis cervicis bis fast zum Fundus uteri und ist wie das Corpus uteri nach ventral gekrümmt. Diese Bindegewebsplatte setzt sich nach kaudal über das neben der Cervix uteri liegende Bindegewebe (Parazervix) in das Bindegewebe seitlich (und vor und hinter) der Scheide (Parakolpium) fort. Große Teile des Parametriums (von seinem oberen „freien“ Rand bis fast hinunter zum parazervikalen Bindegewebe) sind wie der Uterus selbst von Peritoneum (urogenitale) überzogen. Den Teil des Parametriums, der einen solchen Peritonealbezug trägt, bezeichnet man als Ligamentum latum uteri.

Befestigung des Uterus: Eine Bindegewebsplatte (Parametrium; von der Portio supravaginalis bis zum Fundus) verankert den Uterus an den Beckenwänden. Der (größere) von Peritoneum überzogene Teil des Parametriums heißt Lig. latum uteri. Das Parametrium setzt sich nach kaudal in Bindegewebe neben Zervix und Scheide fort (Parazervix, Parakolpium).

▶ Merke. Das Peritoneum urogenitale des Lig. latum befindet sich weder auf

▶ Merke.

einem Organ noch auf einer Körperhöhlenwand, sondern es liegt gleichsam im „Niemandsland“. Darum wird es je nach Autor entweder dem viszeralen (organständigen) oder dem parietalen Peritoneum (wandständig) zugerechnet. Das parazervikale Bindegewebe ist nicht „homogen“, sondern weist abschnittsweise kollagenfaserige Verstärkungszüge auf. Die Summe aller dieser Verstärkungszüge wird als Ligamentum transversum cervicis oder Ligamentum cardinale bezeichnet. In den unteren Abschnitten des Parametriums – unter Einbeziehung von Teilen der Parazervix – laufen Gefäße und Nerven zum Uterus. In Analogie zu den Mesenterien am Darm (S. 652) wird der peritonealbedeckte Abschnitt des parametranen Bindegewebes auch oft als Mesometrium (= das „Meso“ des Uterus) bezeichnet; vgl. Entwicklung der Peritonealhöhle (S. 664). Vom oberen Rand des Parametriums ziehen zarte Bindegewebsausläufer nach kranial zur Tube und nach dorsal zum Ovar. Auch diese gefäß- und nervenfaserhaltigen Bindegewebsausläufer sind – wie Tube und Ovar – von Peritoneum urogenitale bedeckt. Man bezeichnet sie deshalb in Analogie zum Mesometrium als Mesosalpinx und Mesovarium. Ein kleines paariges Band, das Ligamentum teres uteri, läuft beidseits vom Fundus uteri durch den Leistenkanal in das subkutane Bindegewebe der ventralen Bauchwand und der großen Schamlippen (S. 808). Dieses Band ist ein Überbleibsel des unteren Keimdrüsenbandes und hat keine mechanische Funktion.

Parazervikales Bindegewebe ist abschnittsweise zum Lig. transversum cervicis = Lig. cardinale verstärkt. Im unteren Abschnitt des Parametriums laufen Gefäße und Nerven zum Uterus (deshalb auch „Mesometrium“ genannt). Vom oberen freien Rand des Parametriums ziehen zarte peritonealbedeckte Bindegewebsplatten zu Tube und Ovar (Mesosalpinx, Mesovarium). Das paarige Ligamentum teres uteri läuft vom Fundus uteri durch den Canalis inguinalis zur vorderen Bauchwand und in die großen Schamlippen.

802

J 3 Weibliches Genitale

Von der Dorsalseite des Uterus zieht links und rechts eine von Peritoneum bedeckte Falte, die Plica rectouterina, nach dorsal zum Rektum. Die beiden Plicae rectouterinae sind die seitlichen Grenzen der Excavatio rectouterina. Ihre strukturelle Grundlage bilden strangartig verstärktes Bindegewebe (Ligamentum rectouterinum) und glatte Muskulatur (Musculus rectouterinus). Wandbau des Uterus

Wandbau des Uterus

Die Wand zeigt drei Schichten (Abb. J-3.4): Endometrium, ■ Myometrium und ■ Perimetrium.

Von innen nach außen unterscheidet man drei Wandschichten (Abb. J-3.4): ■ Endometrium (Tunica mucosa; Schleimhaut), ■ Myometrium (Tunica muscularis; Muskelschicht) und ■ Perimetrium (Tunica serosa; Peritonealüberzug).

Endometrium: Die Korpusschleimhaut besteht aus einem hochprismatischen einschichtigen Epithel mit tiefen tubulösen Drüsen (Gll. uterinae), welches von einer Bindegewebsschicht unterlagert ist (Stroma uteri). Man unterscheidet ein zyklisch abgestoßenes Stratum functionale (Funktionalis) und ein konstantes Stratum basale (Basalis).

Endometrium: Die Schleimhaut der verschiedenen Uterusabschnitte unterscheidet sich hinsichtlich ihres Aufbaus: Die Korpusschleimhaut unterliegt ausgeprägten zyklischen Schwankungen (S. 813). Man unterteilt sie deshalb in ein Stratum functionale (im klinischen Sprachgebrauch als Funktionalis bezeichnet), welches während der Menstruation abgestoßen wird, und in ein konstant vorhandenes Stratum basale (klinisch: Basalis). Von Letzterem geht die anschließende Schleimhautregeneration aus. Das Endometrium besteht aus einem hochprismatischen einschichtigen Epithel mit teilweise tiefen tubulösen Drüsen (Glandulae uterinae), die von einem als Stroma uteri bezeichneten Bindegewebe unterlagert werden.



▶ Klinik.

▶ Klinik. Unter Endometriose versteht man das Vorkommen von Uterusschleimhaut außerhalb der zusammenhängenden physiologischen Endometriumschicht (ektopes Gewebe), welche ebenso zyklischen Einflüssen unterliegt. Häufige Lokalisationen sind die Ovarien und retrozervikal im Douglas-Raum. Die Symptomatik kann von weitgehender Beschwerdefreiheit bis zu zyklisch auftretenden und z. T. sehr stark ausgeprägten Unterbauchschmerzen oder zu Sterilität führen.

Die Zervixschleimhaut bleibt während der Menstruation erhalten. Das in Falten (Plicae palmatae) gelegte hochprismatische Zervixepithel setzt sich scharf gegen das vaginale Plattenepithel ab (Abb. J-3.7). Gll. cervicales produzieren einen viskösen Schleimpfropf, der periovulatorisch zum Spermiendurchtritt dünnflüssig wird.

⊙ J-3.7

Die Zervixschleimhaut zeigt nur geringe zyklische Schwankungen. Sie ist in palmenblattartige Falten (Plicae palmatae) gelegt und bleibt auch während der Menstruation erhalten. Ihr hochprismatisches Epithel setzt sich im Bereich des äußeren Muttermundes scharf gegen das mehrschichtig unverhornte Plattenepithel der Scheide ab (Abb. J-3.7), welches Glykogenablagerungen aufweist. Die Drüsen der Zervix (Glandulae cervicales uteri) sind verzweigt und sondern einen zu einem Pfropf gerinnenden Schleim in den Zervikalkanal ab. Dieser Pfropf schützt das Genitale vor aufsteigenden Infektionen.

Epithelgrenze an der Portio vaginalis uteri

Endometrium

Endometrium Höhe des Ostium anatomicum internum

Portio supravaginalis cervicis Zervixepithel Portio vaginalis cervicis

Portio supravaginalis cervicis

ektope Zone des Zervixepithels (Ektropion)

Portio vaginalis cervicis

Vaginalepithel a

Ovula Nabothi b

Umwandlungszone

a Dargestellt ist der scharfe Übergang vom zylindrischen Epithel der Zervix in das mehrschichtige unverhornte Plattenepithel der Vagina. Diese Grenze ist abhängig von der Hormonsituation und damit vom Lebensalter der Patientin: Vor der Pubertät und nach der Menopause (S. 820) ist die Portio von Vaginalepithel bedeckt und der Übergang zum Zervixepithel liegt oberhalb des äußeren Muttermundes (endozervikal), sodass er von vaginal aus nicht sichtbar ist. b Unter dem hormonellen Einfluss während der Reproduktionsphase ist dieser Epithelübergang aus dem Zervikalkanal nach außen verlagert und damit auf der Portio vaginalis uteri auch im Rahmen der gynäkologischen Untersuchung von vaginal aus sichtbar.

J

803

3.2 Innere weibliche Genitalorgane

▶ Klinik. Die Epithelgrenze kann durch Braunfärbung des glykogenhaltigen Plattenepithels nach Auftragen von Jod-Lösung sichtbar gemacht werden. Auch Zellveränderungen im Bereich des Plattenepithels lassen sich durch Ausbleiben der Glykogen-Jod-Verbindung und folglich fehlender Braunfärbung erkennen (positive Jodprobe nach Schiller), da ein Areal mit ungeordneter Proliferation und fehlender Differenzierung (Dysplasie) kein Glykogen bildet. Wichtiger und sicherer zur Identifikation veränderter Zellen sind ab dem 20. Lebensjahr regelmäßig durchzuführende Abstriche von der Portio vaginalis und des Canalis cervicis. Dies dient der Früherkennung des Zervixkarzinoms, indem durch mikroskopische Untersuchung der zytologischen Präparate Zellatypien als Zeichen maligner Entartung erkannt werden können, die sich besonders gut in der sog. Papanicolaou-Färbung darstellen. Wichtig ist, dass die Abstriche nicht nur aus makroskopisch auffälligen Herden, sondern immer auch aus der sog. Transformations- oder Umwandlungzone (Übergang von Platten- zu Zylinderepithel) entnommen werden, da hier aufgrund starker Proliferation das Risiko der Entartung am höchsten ist. Dabei ist das Lebensalter der Patientin zu berücksichtigen, weil die Lokalisation der Transformationszone von der hormonellen Situation abhängig ist: Während der Geschlechtsreife liegt sie im Bereich der Ektozervix, postmenopausal (nach der letzten spontanen Menstruation) hoch im Zervikalkanal (Abb. J-3.7). Die Verschiebung der Grenzzone zwischen Zervix- und Scheidenepithel kann auch zu gutartigen Veränderungen in diesem Bereich führen: Kommt es zu einer metaplastischen Umwandlung des Zervixepithels in das vaginale Plattenepithel (v. a. im

Bereich der Umwandlungszone, s. o.), können Drüsenausführungsgänge des Zervixepithels „überwachsen“ und verschlossen werden. Wenn das Drüsensekret dann nicht mehr abfließen kann, bilden sich sog. Retentionszysten (Ovula Nabothi, Abb. J-3.7b und Abb. J-3.8), die aber aufgrund fehlender Beschwerden meist von der Frau nicht bemerkt werden und wegen ihrer Harmlosigkeit keine Therapie erfordern.

⊙ J-3.8

Ovula Nabothi (Schünke M, Schulte E, Schumacher U. Prometheus. LernAtlas der Anatomie. Innere Organe. Illustrationen von M. Voll und K. Wesker. 6. Aufl. Stuttgart: Thieme; 2022)

Myometrium: Das Myometrium hat am Aufbau der Uteruswand den größten Anteil. Es besteht aus mehreren verschieden starken Schichten glatter Muskulatur mit unterschiedlicher Verlaufsrichtung (Stratum submucosum, vasculosum, supravasculosum und subserosum). Das Stratum vasculosum ist als dickste Schicht sehr gefäßreich. Im Corpus uteri verlaufen die Muskelzüge innen und außen hauptsächlich longitudinal. Diese Längszüge können die Zervix in Richtung Fundus ziehen und sind somit hauptverantwortlich für die Austreibung des Kindes unter der Geburt. Im Bereich von Isthmus und Zervix herrschen zirkuläre Fasern vor, die das Ungeborene vor der Geburt sichern. Das Myometrium ist hier insgesamt dünner, dagegen überwiegen kollagene und elastische Fasern. Die Muskelzüge der einzelnen Schichten können in die Muskelzüge der Tuba uterina übergehen bzw. an deren Einmündung zirkuläre sphinkterartige Verläufe zeigen. ▶ Klinik. Gutartige Tumoren der Tunica muscularis, sog. Myome, sind sehr häufig. Sie können je nach Lage und Größe, die z. T. beachtliche Ausmaße annehmen kann, unterschiedliche Auswirkungen haben: Druck auf die umliegenden Organe (Rektum und Harnblase), Störung des Menstruationszyklus oder Minderung der Fruchtbarkeit. Zur Diagnosestellung reicht meist die Anamnese und die Ultraschalluntersuchung. Therapiert werden muss ein Myom nur bei Beschwerden und bei sehr schnellem Wachstum.

⊙ J-3.9

Myometrium: Es bildet die breiteste Wandschicht des Uterus aus mehreren Schichten glatter Muskulatur (Stratum submucosum, vasculosum, supravasculosum, subserosum). Am Korpus herrschen Längszüge vor, an Isthmus und Zervix in einer dünneren Muskelschichtung zirkuläre Züge. Längszüge pressen das Ungeborene aus dem Uterus, zirkuläre Züge sichern es in der Schwangerschaft. Uterine Muskelzüge können in die Tubenmuskulatur einstrahlen.

Submuköses Myom. Pathologisches Präparat eines Uterus. (Stauber, M., Weyerstahl, Th.: Duale Reihe Gynäkologie und Geburtshilfe. Thieme, 2013)

804

J 3 Weibliches Genitale

Perimetrium: Die Serosa ist über die Tela subserosa mit der Muskularis verwachsen. Die Portio vaginalis und die Seitenränder sind bauchfellfrei.

Perimetrium: Das Perimetrium ist über eine Tela subserosa unterschiedlich fest mit der Tunica muscularis verwachsen. Die Portio vaginalis uteri ist ebenso wie die Seitenränder des Uterus, an welchen das Ligamentum latum befestigt ist, bauchfellfrei. An den bauchfellfreien Abschnitten des Uterus ist das Peritoneum durch Adventitia ersetzt.

Gefäßversorgung und Innervation des Uterus Arterien: Die A. uterina (Ast der A. iliaca int.) zieht im Lig. latum zum Uterus und läuft unter Abgabe geschlängelter Äste (Aa. helicinae) funduswärts. Sie gibt je einen R. tubarius bzw. ovaricus zu Tube und Ovar ab (Abb. J-3.3a), wobei Letzterer eine Anastomose zur A. ovarica bildet. Die Schlängelung der Arterien erlaubt Anpassung an Größenänderung.

Gefäßversorgung und Innervation des Uterus

▶ Merke.

▶ Klinik.

Arterielle Versorgung: Die arterielle Versorgung erfolgt über die Arteria uterina, einen viszeralen Ast der A. iliaca interna. Sie zieht im Ligamentum latum in Höhe der Zervix an den Uterus heran, gibt hier Äste zur Scheide (S. 806) ab (Rr. vaginales) und läuft am seitlichen Uterusrand unter starker Schlängelung und unter Abgabe zahlreicher ihrerseits geschlängelter Äste (Arteriae helicinae) nach oben zum Fundus (Abb. J-3.3a). Dort gibt sie beidseits je einen Ramus tubarius zur Tuba uterina und einen Ramus ovaricus zum Ovar ab. Über Letzteren gibt es eine arterielle Anastomose zwischen den Aa. uterina und ovarica. Die Schlängelung der A. uterina ermöglicht deren Anpassung an Größenänderungen des Uterus in der Schwangerschaft. ▶ Merke. Die A. uterina überkreuzt im Lig. latum den Ureter.

▶ Klinik. Bei Operationen am Uterus ist diese topografische Nähe zu beachten: Der

Ureter muss beim Abklemmen oder Unterbinden der A. uterina unbedingt geschont werden. Venen: Ein mächtiger Plexus venosus uterinus (Abb. J-3.3b) mündet über die Vv. uterinae in die Vv. iliacae int. oder das Blut fließt über den Plexus ovaricus ab.

Venöser Abfluss: Der venöse Abfluss erfolgt über den stark ausgeprägten Plexus venosus uterinus (Abb. J-3.3b). Dieser nimmt häufig auch noch das Blut der Scheide auf und mündet dann über die Venae uterinae in die Vena iliaca interna. Zusätzlich kann Blut in den Plexus ovaricus abfließen.

Lymphabfluss: ■ Zervix: Nll. iliaci int. und sacrales, ■ Korpus: Nll. lumbales, ■ Fundus: Nll. inguinales superficiales (via Lig. teres uteri). ■ Zervix, Korpus: meist durch organnahe Nll. parauterini im parametranen Bindegewebe.

Lymphabfluss: Lymphe der Zervix fließt in die Nodi lymphoidei iliaci interni sowie die Nodi lymphoidei sacrales. Das Korpus leitet seine Lymphe in Nll. iliaci interni oder auch direkt in die Nodi lymphoidei lumbales. Der Fundus gewinnt über das Lig. teres uteri auch Anschluss an die Nodi lymphoidei inguinales superficiales. Die Lymphe von Zervix und Korpus wird meist zuerst durch die organnahen Nodi lymphoidei parauterini geleitet, die zum größten Teil im parametranen Bindegewebe liegen.

▶ Klinik.

Innervation: Sympathisch: Plexus mesentericus inf. und hypogastricus inf. Parasympathisch: Nerven aus S 2–S 4. Die vegetativen Fasern ziehen durch den Plexus uterovaginalis. Die parasympathische Wirkung ist am Uterus kontrahierend, die sympathische ist von der Hormonlage abhängig.

▶ Klinik. Frühe Tochterabsiedelungen (Metastasen) von bösartigen Tumoren des Uterus finden sich daher häufig in den parauterinen Lymphknoten. Deren Entfernung mitsamt dem parametranen Bindegewebe ist die Grundlage der radikalen Operationen bei einem invasiv wachsenden bösartigen Tumor der Zervix.

Innervation: Die sympathische Versorgung erfolgt aus dem Plexus mesentericus inferior und über den Plexus hypogastricus inferior. Die Fasern ziehen über den mächtigen paarigen Plexus uterovaginalis (Frankenhäuser-Plexus, Ganglion pelvicum) zum Organ. Parasympathische Fasern kommen aus S 2–S 4 und ziehen ebenfalls über den Plexus uterovaginalis. Der Parasympathikus bewirkt am Uterus eine Kontraktion und wirkt gefäßdilatierend. Der Sympathikus führt je nach Hormonlage zur Kontraktion oder Relaxation; auf die Gefäße des Uterus wirkt er konstriktorisch.

J

805

3.2 Innere weibliche Genitalorgane

3.2.4 Scheide (Vagina, Kolpos)

3.2.4

Scheide (Vagina, Kolpos)

▶ Synonym.

▶ Synonym. Kolpos (gr.)

Funktion der Vagina

Funktion der Vagina

Die Scheide ist das weibliche Kohabitationsorgan und der Geburtsweg. Außerdem dient das durch laktatbildende Bakterien (sog. Döderlein-Stäbchen; gehören zur normalen Vaginalflora) bedingte saure Milieu der Scheide dem Schutz vor lokalen und aufsteigenden Infektionen, da sich die meisten pathogenen Keime im sauren Milieu nicht gut vermehren können, z. B. Kolpitis (S. 814) und Kindbettfieber (S. 821).

Die Scheide ist Kohabitationsorgan und Geburtsweg. Ihr saures Milieu bietet Schutz vor aufsteigenden Infektionen, z. B. Kolpitis (S. 814) und Kindbettfieber (S. 821).

Abschnitte, Form und Lage der Vagina

Abschnitte, Form und Lage der Vagina

Abschnitte, Form und Lage: Die Scheide (Abb. J-3.10) hat eine Länge von 6–8 cm und beginnt auf der Höhe der Portio vaginalis cervicis (S. 799), wobei ihre Längsachse nach dorsal gerichtet ist und mit der Zervixachse einen nahezu rechten Winkel bildet. Sie endet distal an dem Ostium vaginae (Introitus vaginae) am Scheidenvorhof (s. u.), welcher bereits zum äußeren Genitale zählt. Das Ostium vaginae ist bei der Jungfrau unvollständig durch das Jungfernhäutchen, sog. Hymen (S. 807), verschlossen. An der Portio vaginalis cervicis bildet die Vagina das Scheidengewölbe (Fornix vaginae) mit seinen vorderen, seitlichen und hinteren Anteilen (Partes anterior, laterales und posterior). Die Pars posterior erreicht dabei die größte Ausdehnung. Die Scheide durchzieht im Beckenboden den Levatorspalt (S. 335). Distal davon legen sich Vorder- und Hinterwand (Paries anterior und posterior) aneinander und verengen so das Lumen zu einem im Querschnitt H-förmigen Spalt. Die Vorder- und Hinterwand zeigen zahlreiche quer verlaufende Falten (Rugae vaginales) und je einen mit Venengeflechten unterbauten Längswulst (Columna rugarum anterior bzw. posterior). Diese Wülste stellen Schwellpolster dar. Der vordere Längswulst geht vulvawärts in eine durch die Urethra hervorgerufene längsverlaufende Leiste, die Carina urethralis vaginae, über.

Abschnitte, Form und Lage: Die Scheide (Länge 6–8 cm) beginnt in Höhe der Portio vaginalis cervicis (Abb. J-3.10) und endet distal mit dem Ostium vaginae (Introitus vaginae) am Scheidenvorhof. Der Scheideneingang ist zunächst unvollständig durch das Jungfernhäutchen, sog. Hymen (S. 807), verschlossen. Sie umgibt die Portio vaginalis cervicis und bildet so das Scheidengewölbe (Fornix vaginae) mit verschiedenen Anteilen (Pars posterior, anterior und lateralis). Nach Durchtritt durch den Levatorspalt legen sich Vorder- und Rückwand (Paries anterior und posterior) aneinander und verengen so das Lumen. Die Wände zeigen Querfalten (Rugae vaginales) und venös unterbaute Längswülste (Columna rugarum ant./post.).

Lagebeziehungen und Befestigung: Die Scheide ist über Bindegewebe, sog. Parakolpium (S. 801), fest mit den umgebenden Strukturen verbunden: nach ventral mit der Harnröhre und -blase (Septum vesicovaginale), nach dorsal über das Septum rectovaginale mit dem Rektum. Die Pars posterior des Scheidengewölbes erreicht die Excavatio rectouterina. Seitliche Bindegewebszüge verbinden die Scheide mit der Beckenwand.

Lagebeziehungen und Befestigung: Bindegewebszüge (Parakolpium) verbinden die Scheide mit Urethra und Beckenwand. Über das Septum vesicovaginale und rectovaginale steht sie mit Harnblase und Rektum in Kontakt.

⊙ J-3.10

Lage und Aufbau der Vagina Excavatio vesicouterina

Cervix uteri, Portio supravaginalis

Tunica serosa (Perimetrium) Excavatio rectouterina

Corpus uteri Cervix uteri, Portio vaginalis

Cervix uteri, Portio supravaginalis

Vesica urinaria

Fornix vaginae: – Pars posterior – Pars anterior

Vagina, Paries anterior

Rektum

Urethra feminina Septum vesicovaginale Ostium vaginae Vestibulum vaginae mit Labium minus pudendi a

Ostium uteri

Rugae vaginales Vagina, Paries anterior Carina urethralis vaginae

Septum rectovaginale Vagina, Paries posterior

Ostium urethrae externum

M. transversus perinei profundus

Vestibulum vaginae, Labium minus pudendi

Clitoris b

(Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

a Abschnitte von Scheide und Scheidenvorhof (S. 807) im Mediansagittalschnitt zur Verdeutlichung der Lagebezeichnung zu Uterus und Beckenboden b sowie im Frontalschnitt mit Darstellung des Innenreliefs.

806

J 3 Weibliches Genitale

Wandbau der Vagina

Wandbau der Vagina

Tunica mucosa: Das Vaginalepithel geht als drüsenloses unverhorntes mehrschichtiges Plattenepithel auf die Portio über (Abb. J-3.7). Sein Aufbau ist zyklusabhängig (Abb. J-3.15).

Tunica mucosa: Das Vaginalepithel ist ein mehrschichtig unverhorntes Plattenepithel, das auf die Portio vaginalis cervicis übergeht und sich scharf gegen die Zervixschleimhaut abgrenzt (Abb. J-3.7). Man unterscheidet mehrere Schichten, die durch Gestaltänderung der Zellen während ihrer Reifung und „Wanderung“ von basal zur Oberfläche zustande kommen (Abb. J-3.15): ■ Stratum basale = Basalschicht: kubische oder zylindrische Basalzellen, ■ Stratum parabasale = Parabasalschicht: Parabasalzellen, ■ Stratum intermedium = Intermediärschicht: Intermediärzellen und ■ Stratum superficiale = Superfizialschicht: die Superfizialzellen haben einen kleinen pyknotischen Kern und lagern im an Größe zunehmenden Zytoplasma Glykogen ein. Die zur physiologischen Keimflora der Vagina gehörenden Döderlein-Bakterien (Lactobacillus acidophilus) bauen das Glykogen zu Laktat (Milchsäure) ab, welche durch Ansäuerung des Vaginalsekrets einen wichtigen Schutz gegen das Eindringen von pathologischen Keimen leistet. Mit einer speziellen Färbetechnik nach Papanicolaou kann man die azidophilen Zellen im histologischen Präparat rot darstellen. Diese ständige Regeneration mit Abschilferung der oberflächlichen Zellen ist abhängig von hormonellen Einflüssen (S. 814), sodass man von der in einem Vaginalabstrich vorherrschenden Zellmorphologie Rückschlüsse auf die Zyklusphase ziehen kann.

Man unterscheidet die folgenden vier Schichten (S. 814): ■ Stratum basale, ■ Stratum parabasale und ■ Stratum intermedium, ■ Stratum superficiale mit charakteristischem Glykogengehalt. Das Glykogen wird durch Döderlein-Bakterien der physiologischen Vaginalflora zu Laktat abgebaut. Dadurch kommt es zur Ansäuerung des Vaginalsekrets, was als Schutzmechanismus dient.

▶ Merke.

▶ Merke. Die Vagina enthält keine Drüsen. Das Vaginalsekret besteht aus abgeschil-

ferten Zellen, Transsudat der Vaginalwand und Zervikalsekret. Tunica muscularis: Die Vaginalwand besteht aus Geflechten glatter Muskulatur und Bindegewebe. Die Muskulatur geht in Zervix- und Dammmuskulatur über. Das Bindegewebe enthält kollagene und dehnbare elastische Fasern.

Tunica muscularis: Die Wand der Vagina besteht aus glatter Muskulatur und Bindegewebe. Die Muskelzüge sind maschen- oder gitterartig angeordnet und zeigen teilweise einen zirkulären, an der Vorderwand auch längsgerichteten Verlauf. Die Muskulatur geht in Muskeln der Zervix und des Dammes über. Das Bindegewebe enthält scherengitterartig angeordnete kollagene und zahlreiche elastische Fasern. Dies erlaubt die Dehnung der Vagina.

Tunica adventitia: Die Tunica adventitia ist reich an elastischen Fasern.

Tunica adventitia: Da die Vagina keinen Peritonealüberzug besitzt, stellt die bindegewebige Tunica adventitia ihre äußerste Wandschicht dar. Auch sie enthält reichlich elastische Fasern.

Gefäßversorgung und Innervation der Vagina Arterien: Rr. vaginales aus A. uterina, pudenda interna und vesicalis inf. (Abb. J-3.11).

Gefäßversorgung und Innervation der Vagina

Venen: Über den Pl. venosus vaginalis fließt das Blut (teilweise zusammen mit dem aus dem Pl. venosus vesicalis) in die V. iliaca interna (Abb. J-3.11).

Venöser Abfluss: Das venöse Blut wird über den Plexus venosus vaginalis abgeleitet, der häufig auch noch das Blut aus dem Plexus venosus vesicalis aufnimmt. Der Plexus venosus vaginalis leitet sein Blut direkt oder indirekt über den Plexus venosus uterinus in das Stromgebiet der Vena iliaca interna (Abb. J-3.11).

⊙ J-3.11

Arterielle Versorgung: Rami vaginales kommen aus der A. uterina, der A. pudenda interna und der A. vesicalis inferior (Abb. J-3.11). Nicht selten wird eine eigene Arteria vaginalis aus der A. iliaca interna beobachtet.

Gefäßversorgung und Innervation der Vagina Ureter sinister

Plexus uterovaginalis

zu Vv. uterinae zu iliakalen oder inguinalen Lymphknoten

A. uterina Parametrium

zu Vv. vesicales

aus A. vesicalis inferior

zu V. pudenda interna

aus A. pudenda interna

Schematische Darstellung von Blutgefäßen, Lymphknoten und Nerven der Vagina in der Ansicht von dorsal.

807

J 3.3 Äußere weibliche Genitalorgane

Lymphabfluss: Der Lymphabfluss erfolgt über Lymphkollektoren in Parakolpium und Parametrium zu den Nodi lymphoidei iliaci interni. Die unteren Abschnitte der Vagina drainieren auch in die Nodi lymphoidei inguinales superficiales.

Lymphabfluss: Von Parakolpium und Parametrium zu Nll. iliaci int. und in die Nll. inguinales superficiales.

Innervation: Vegetativ erfolgt die Innervation über den Plexus uterovaginalis. Die somatosensible Innervation der Scheide erfolgt über den Nervus pudendus (v. a. Scheideneingang) und über direkte Äste des Plexus sacralis.

Innervation: Sie erfolgt vegetativ über den Plexus uterovaginalis, sensibel v. a. über den N. pudendus.

3.3

Äußere weibliche Genitalorgane

3.3

Äußere weibliche Genitalorgane

▶ Synonym. Vulva; Pudendum

▶ Synonym.

▶ Definition. Zum äußeren weiblichen Genitale gehören (Abb. J-3.12):

▶ Definition.

■ ■

■ ■

Scheidenvorhof (Vestibulum vaginae), Schamlippen, bei denen man große und kleine unterscheidet (Labia majora und minora pudendi), Kitzler (Clitoris) und Schamberg (Mons pubis).

⊙ J-3.12

⊙ J-3.12

Äußere weibliche Geschlechtsorgane Mons pubis

Ostium urethrae externum

Clitoris

M. bulbospongiosus

Labium minus pudendi

Ostium vaginae

Labium majus pudendi

Bulbus vestibuli

Vestibulum vaginae

Bartholin-Drüse und ihre Einmündung

Ansicht von kaudal in sog. Steinschnittlage (Abb. I-1.50) mit auseinandergespreizten Schamlippen und Darstellung der Vorhofdrüsen. (Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

3.3.1 Aufbau des äußeren weiblichen Genitales Vestibulum vaginae: Der Scheidenvorhof schließt sich am Ostium vaginae an die Vagina an und wird distal durch die kleinen Schamlippen begrenzt. Der Übergang von Scheide zu Vestibulum wird durch den am dorsalen Rand befestigten, unterschiedlich ausgebildeten Hymen teilweise verschlossen. Bei dem ersten Koitus (Kohabitarche) reißt dieser ein (Defloration) und seine Reste verbleiben als Carunculae hymenales am Ostium vaginae. In das Vestibulum vaginae münden neben der Urethra mit dem Ostium urethrae externum (S. 809) auch die Ausführungsgänge der kleinen Vorhofdrüsen (Glandulae vestibulares minores), die als Schleimdrüsen mit ihrem alkalischen Sekret das Vestibulum befeuchten. Labia minora pudendi: Die kleinen Schamlippen umfassen den Scheidenvorhof, an ihrem vorderen Ende liegt die Klitoris (s. u.). Den dorsal der Klitoris liegenden Ansatz der kleinen Schamlippen nennt man Frenulum clitoridis. Die kleinen Schamlippen sind Hautlappen mit einem lockeren Bindegewebe, das viele elastische Fasern und Venen enthält. Innen tragen sie ein unverhorntes, außen ein sehr schwach verhorntes mehrschichtiges Plattenepithel. An der Innenseite der kleinen Schamlippen münden beidseits die großen Vorhofdrüsen (Glandulae vestibulares majores, Bartholin-Drüsen). Sie liegen als paarige erbsengroße, tubuloalveoläre Drüsen am hinteren Ende des Bulbus vestibuli (s. u.) unterhalb des M. transversus perinei profundus lateral der kleinen Schamlippen. Ihr schleimiges Sekret ist alkalisch.

3.3.1

Aufbau des äußeren weiblichen Genitales Vestibulum vaginae: Der Vorhof wird distal durch die kleinen Schamlippen und proximal durch das Ostium vaginae mit dem Hymen begrenzt. Nach dem ersten Koitus verbleiben dessen Reste als Carunculae hymenales. In das Vestibulum münden die Urethra mit dem Ostium urethrae externum und kleinen Vorhofdrüsen (Gll. vestibulares minores).

Labia minora pudendi: Die kleinen Schamlippen umfassen das Vestibulum vaginae und gehen über ihren ventralen Ansatz (Frenulum clitoridis) in die Klitoris über. Sie enthalten viele elastische Fasern und Venen, das Epithel ist innenseitig unverhornt. Dort münden die großen Vorhofdrüsen (Gll. vestibulares majores), zwei tubuloalveoläre Drüsen unterhalb des M. transversus perinei prof.

808 ▶ Klinik.

J 3 Weibliches Genitale

▶ Klinik. Entzündet sich der Ausführungsgang einer der Glandulae vestibulares majores nennt man dies Bartholinitis. Sie ist die häufigste Ursache für eine Schwellung im Vulvabereich.

⊙ J-3.13

Akute Bartholinitis. Sichtbar ist eine Rötung und Schwellung im Bereich der rechten kleinen Schamlippe. (Breckwoldt, Kaufmann, Pfleiderer: Gynäkologie und Geburtshilfe, Thieme, 2008.)

Labia majora pudendi: Die großen Schamlippen bedecken die Labia minora und umfassen die Schamspalte (Rima pudendi). Sie werden aus zwei Hautfalten gebildet, die sich in je einer Commissura labiorum anterior bzw. posterior treffen. (Letztere mit dem Frenulum labiorum pudendi). Die Haut ist pigmentiert mit Talg- und Schweißdrüsen, die Behaarung setzt sich auf den Mons pubis fort. Das Epithel an der Innenseite ist nur gering verhornt. Bedeckt von den Labia majora liegt ein Venengeflecht (Bulbus vestibuli).

Labia majora pudendi: Die großen Schamlippen umfassen die Schamspalte (Rima pudendi) und bedecken die kleinen Schamlippen. Es handelt sich um zwei Hautfalten, die embryonal aus den Genitalwülsten (S. 858) entstehen, also dem Skrotum des Mannes entsprechen. Die deutlich pigmentierte Haut trägt eine Behaarung, die sich auf den Schamberg (s. u.) fortsetzt. Das Epithel der Außenseite entspricht der Körperhaut, auf der Innenseite ist die Verhornung nur sehr gering. Auf die Außenfläche münden Talgdrüsen sowie ekkrine und apokrine Schweißdrüsen. Die Schamlippen treffen sich ventral und dorsal in je einer Commissura labiorum anterior und posterior. Letztere trägt ein zartes Verbindungshäutchen, das Frenulum labiorum pudendi. Bedeckt von den großen Schamlippen und lateral der kleinen Schamlippen liegt ein dickes, faszienbedecktes Venengeflecht (Bulbus vestibuli), der dem Harnröhrenschwellkörper des Mannes entspricht und vom M. bulbospongiosus (S. 337) bedeckt wird. Der Bulbus vestibuli liegt nach medial dem Vestibulum vaginae an.

Klitoris: Sie ist über zwei Pfeiler (Crura clitoridis) und das Ligamentum suspensorium am Schambein befestigt. Durch Zusammenschluss der Pfeiler bildet sich ein Schwellkörper (Corpus cavernosum), der von der Fascia clitoridis umhüllt wird. Das freie Ende des Corpus cavernosum (Glans clitoridis) wird vom Preputium bedeckt und von den Labia minora umschlossen. Die Glans enthält ein Venengeflecht. Abgeschilfertes Epithel und Talgdrüsensekret bilden das Smegma. Die Klitoris hat eine starke sensible Innervation.

Klitoris: Der Kitzler ist ein paariger Schwellkörper (Corpus cavernosum clitoridis) von 3–4 cm Länge, der von einer kräftigen Fascia clitoridis umgeben ist und durch ein unvollständiges Septum geteilt wird. Der Schwellkörper entspricht dem Corpus cavernosum penis des Mannes und wird durch den Zusammenschluss von zwei Pfeilern (Crura clitoridis) gebildet, welche zusammen mit dem Ligamentum suspensorium clitoridis die Klitoris am unteren Schambeinast befestigen. Die den Schwellkörper umhüllenden Mm. ischiocavernosi (S. 337) sorgen für eine zusätzliche Befestigung an Schambein und Beckenboden. Das abgerundete Ende der Klitoris, die Glans clitoridis, ist mit einer sehr dünnen Haut überzogen. Die Glans ist von den kleinen Schamlippen umschlossen und vorn von einer Hautfalte bedeckt (Preputium clitoridis). Sie enthält Venengeflechte mit Verbindung zum Bulbus vestibuli. Abschilferndes Epithel von Glans und Preputium sowie Sekret aus Talgdrüsen der kleinen Schamlippen bilden das Smegma clitoridis. Die Klitoris enthält sehr zahlreiche sensible Nervenendigungen.

Mons pubis: Der Schamberg liegt oberhalb der Symphyse.

Mons pubis: Als Schamberg bezeichnet man die durch subkutane Fettpolster hervorgerufene Erhebung oberhalb der Symphyse.

3.3.2

3.3.2 Gefäßversorgung und Innervation des äußeren weiblichen Genitales

Gefäßversorgung und Innervation des äußeren weiblichen Genitales

Arterien: Die Versorgung erfolgt über die A. pudenda int. (A. bulbi vestibuli, A. dorsalis und profunda clitoridis), die A. perinealis (Rr. labiales postt.) und die A. femoralis (Rr. labiales antt.).

Arterielle Versorgung: Die arterielle Versorgung des äußeren Genitale erfolgt hauptsächlich über Äste dreier Arterien: ■ Arteria pudenda interna (aus der A. iliaca interna) mit ihren Ästen Arteria bulbi vestibuli , Arteria dorsalis clitoridis und Arteria profunda clitoridis , ■ Arteria perinealis, ebenfalls Ast der A. pudenda interna, mit den Rami labiales posteriores und ■ Arteria femoralis (aus A. iliaca externa) mit den Rami labiales anteriores.

J 3.5 Zyklusbedingte Veränderungen – hormonelle Steuerung

809

Venöser Abfluss: Er erfolgt ■ zur Vena pudenda interna über die Venae labiales posteriores, Venae profundae clitoridis und Venae bulbi vestibuli , ■ zum Plexus venosus vesicalis über die Vena dorsalis clitoridis profunda und ■ zur Vena femoralis über die Venae pudendae externae .

Venen: Das Blut fließt ab über die V. pudenda int. (Vv. labiales post., Vv. profundae clit., Vv. bulbi vestibuli), den Plexus venosus vesicalis (V. dorsalis clit. prof.) und die V. femoralis (Vv. pudendae extt.).

Lymphabfluss: Die Lymphe wird über die Nodi lymphoidei inguinales superficiales und profundi in die Nodi lymphoidei iliaci externi abgeführt.

Lymphabfluss: Nll. inguinales superficiales und profundi (zu Nll. iliaci extt.).

Innervation: Die Innervation wird gewährleistet durch den ■ Nervus pudendus (S. 884) mit den Nervi perineales, den Nervi labiales posteriores und dem Nervus dorsalis clitoridis, ■ Nervus ilioinguinalis mit den Nervi labiales anteriores und ■ Nervus genitofemoralis (S. 342) mit seinem Ramus genitalis.

Innervation: Sie erfolgt über den N. pudendus (Nn. perineales und labiales post; N. dorsalis clit.), N. ilioinguinalis (Nn. labiales antt.) und N. genitofemoralis (R. genitalis).

3.4

Urethra feminina (weibliche Harnröhre)

Funktion: Die Harnröhre leitet den Urin aus der Harnblase nach außen. Wegen ihrer topografischen Nähe zum äußeren weiblichen Genitale wird die Urethra feminina hier besprochen.

3.4

Urethra feminina (weibliche Harnröhre) Funktion: Die Urethra leitet den Harn aus der Blase nach außen.

Abschnitte, Form und Lage: Die weibliche Harnröhre ist 3–5 cm lang und zeigt durch Falten ein sternförmiges Lumen. Man unterscheidet eine in der Harnblasenwand gelegene Pars intramuralis von einer Pars cavernosa, die unter dem Os pubis zwischen den Crura clitoridis hindurchzieht und im Vestibulum vaginae mündet. Dort liegt das Ostium urethrae externum 2–3 cm hinter der Glans clitoridis am vorderen Rand des Ostium vaginae. Eine konstante Schleimhautfalte an der Harnröhrenrückseite, die Crista urethralis, ist eine Fortsetzung der Uvula vesicae (S. 780).

Abschnitte, Form und Lage: Die Urethra feminina ist etwa 3–5 cm lang. Die Pars intramuralis liegt in der Harnblasenwand, die Pars cavernosa zieht zum Vestibulum vaginae und endet dort mit dem Ostium urethrae externum. Die Crista urethralis setzt sich in die Uvula vesicae (S. 780) fort.

Wandbau: Der Aufbau der Harnröhrenwand ist dreischichtig: ■ Tunica mucosa: Der kraniale Urethraabschnitt ist mit Urothel (S. 62) ausgekleidet, welches im mittleren Teil in ein mehrreihiges hochprismatisches Epithel übergeht. Im kaudalen Abschnitt findet man ein unverhorntes Plattenepithel. Die Lamina propria enthält Venennetze und zahlreiche elastische Fasern. Kaudal finden sich hier zahlreiche tubuläre Schleimdrüsen (Glandulae urethrales), die gruppenweise über beidseits je einen gemeinsamen Ausführungsgang (Ductus paraurethralis, klinisch oft auch als Paraurethraldrüsen bezeichnet) am Ostium urethrae externum münden. ■ Tunica muscularis: Die Muskularis umfasst in glattmuskulären Schraubenzügen die Harnröhre und steht mit der Blasenmuskulatur in Verbindung. Kaudal findet sich quergestreifte Muskulatur aus Anteilen des M. transversus perinei profundus als Musculus sphincter urethrae externus. ■ Tunica adventitia.

Wandbau: ■ Tunica mucosa: Das Epithel besteht blasennah aus Urothel (S. 62) und geht über ein hochprismatisches Epithel nahe der Mündung in ein mehrschichtig unverhorntes Plattenepithel über. Die Lamina propria enthält Venen, elastische Fasern und Drüsen (Gll. urethrales). ■ Tunica muscularis: Sie besteht aus glattmuskulären Schraubzügen, kaudal liegt der quergestreifte M. sphincter urethrae ext. ■ Tunica adventitia.

Gefäßversorgung und Innervation: Die arteriellen Zuflüsse und die venösen Abflüsse, die Lymphdrainage und die Innervation entsprechen in blasennahen Abschnitten den Verhältnissen an der Harnblase (S. 783). Mündungsnah entsprechen sie den Verhältnissen am äußeren Genitale (s. o.).

Gefäßversorgung und Innervation: entsprechen blasennah der Harnblase (S. 783), mündungsnah dem äußeren Genitale (s. o.).

3.5

Zyklusbedingte Veränderungen – hormonelle Steuerung

▶ Merke. Ein Menstruationszyklus dauert etwa 28 Tage (24–32 Tage). Als erster Tag

3.5

Zyklusbedingte Veränderungen – hormonelle Steuerung

▶ Merke.

wird aus praktischen Gründen der Zeitpunkt des Blutungseintritts angesehen, der Eisprung erfolgt in der Zyklusmitte (ca. 14. Tag, s. u.).

3.5.1 Zyklische Reifung der Follikel

3.5.1

Die Follikel durchlaufen im Rahmen der Follikelreifung unterschiedliche Entwicklungsstadien. Dabei ist zu beachten, dass Oogenese und Follikelbildung bereits pränatal beginnen und sich nach der Geburt fortsetzen: ■ Erste Wachstumsperiode (pränatal) ■ Erste Ruheperiode (von der Geburt bis zur Pubertät) ■ Zweite Wachstumsperiode (Follikelreifung) ■ Zweite Ruheperiode (vom Tertiärfollikel bis zur Befruchtung)

Die Follikelreifung beginnt pränatal und durchläuft jeweils zwei Ruhe- und Wachstumsperioden.

Zyklische Reifung der Follikel

810

J 3 Weibliches Genitale

Follikelreifung

Follikelreifung

Der Follikelaufbau ist vom jeweiligen Entwicklungsstadium abhängig (Tab. J-3.1). Man unterscheidet folgende Entwicklungsstadien (Abb. J-3.14): Ab dem 4. Embryonalmonat Beginn der 1. Reifeteilung, die aber arretiert wird (primäre Oozyte). Kurz vor der Ovulation Abschluss der 1. Reifeteilung (sekundäre Oozyte), mit der Ovulation Beginn der 2. Reifeteilung, die erst mit dem Eindringen eines Spermiums endet.

Prinzipiell besteht ein Follikel aus der Eizelle (Oozyte I. Ordnung) und einem Follikelepithel. Der Follikelaufbau ist allerdings von dem jeweiligen Entwicklungsstadium abhängig (Tab. J-3.1). Es werden folgende Entwicklungsstadien unterschieden (Abb. J-3.14): Um den 4. Embryonalmonat beginnen die sog. Oogonien die 1. Reifeteilung, stoppen diese in der Prophase und treten als sog. primäre Oozyten in ein Ruhestadium ein (Diktyotän). Primäre Oozyten gehen entweder zugrunde oder entwickeln sich nach mehrjähriger (!) Ruhephase zu einem sprungreifen Follikel. Kurz vor der Ovulation wird die unterbrochene Prophase fortgesetzt, es entsteht die sekundäre Oozyte. Während der Ovulation beginnt die 2. Reifeteilung, welche erst nach Eindringen eines Spermiums abgeschlossen wird.

▶ Klinik.



▶ Klinik. Beim sog. polyzystischen Ovarialsyndrom (Stein-Leventhal-Syndrom), das mit Zyklusstörungen und verminderter Fertilität verbunden ist, beobachtet man eine Verdickung der Zona pellucida, was zu einer verminderten FSH-Sensibilität der Granulosazellen führt.

Primordialfollikel: Sie entstehen pränatal.



▶ Merke.

Primordialfollikel entstehen in der 1. Wachstumsperiode. Die Oozyte verharrt dabei in der meiotischen Prophase.

▶ Merke. Bei Geburt sind pro Ovar etwa 500 000 solcher Primordialfollikel vorhan-

den, in der 1. Ruheperiode degenerieren davon mehr als 90 %. Gegen Ende der Pubertät sind somit noch ca. 50 000 Primordialfollikel vorhanden. ■







Primärfollikel: Sie entwickeln sich unter hormonellen Einflüssen (S. 812). Sekundärfollikel: Sie stellen die Übergangsform zu den Tertiärfollikeln dar. Tertiärfollikel: Findet keine Weiterentwicklung zum Graaf-Follikel (s. u.) statt, kommt es zur Follikelatresie.

Graaf-Follikel: Aus diesem letzten Entwicklungsstadium werden am 14. Zyklustag Eizelle und Corona radiata herausgespült (Eisprung = Ovulation) und von der Tube aufgefangen.

▶ Merke.









Primärfollikel entwickeln sich unter hormonellem Einfluss (S. 812) in der 2. Wachstumsperiode aus den Primordialfollikeln. Sekundärfollikel stellen bei einem Durchmesser von 50–200 µm die Übergangsform zum Tertiärfollikel dar. Es reifen stets mehrere Sekundärfollikel zu Tertiärfollikeln heran. Tertiärfollikel haben einen Durchmesser von ca. 0,6 cm. Reift der Tertiärfollikel nicht zum Graaf-Follikel (s. u.) heran, kommt es zum Absterben der Eizelle und zur Follikelatresie. Hierbei lagern die Theca-interna-Zellen (Tab. J-3.1) Lipide ein, es kommt zur Bildung des Thekaorgans. Dieses löst sich auf und der zunehmend homogen werdende atretische Follikel verschwindet ganz. Graaf-Follikel stellen das letzte Follikelstadium dar. Mit einem Durchmesser von ca. 2,5 cm wölben sie die Tunica albuginea stark vor. Beim um den 13.–14. Zyklustag erfolgenden Eisprung (Ovulation) rupturiert der Follikel, die Eizelle wird mit der Corona radiata ausgeschwemmt und meist von der Tuba uterina aufgefangen.

▶ Merke. Im Normalfall entwickelt sich pro Zyklus nur ein Graaf-Follikel aus dem sog.

dominanten Tertiärfollikel. Die übrigen Tertiärfollikel gehen zugrunde (Atresie).

≡ J-3.1

Aufbau des Follikels während der einzelnen Entwicklungsstadien

Entwicklungsstadium Basalmembran

Follikelepithel

äußere Follikelhülle

sonstiges

Primordialfollikel

lichtmikroskopisch einschichtig, platt nicht sichtbar

nicht vorhanden

Primärfollikel

einschichtig, kubisch bis hochZona pellucida prismatisch (zwischen Eizelle und Follikelepithel)

nicht vorhanden

Sekundärfollikel

Zona pellucida

mehrschichtig, Granulosazellen* (granulierte Epithelzellen)

zarte, stark vaskularisierte Theca folliculi*

Zwischen den Granulosazellen entstehen mit Flüssigkeit (Liquor folliculi) gefüllte Spalten.

Tertiärfollikel

Zona pellucida

Corona radiata) (die Zona pellucida direkt umgebende Granulosazellen** Stratum granulosum (das Antrum umgebende Granulosazellen**)

Theca interna** mit spindelförmigen, u. a. östrogenbildenden Zellen Theca externa mit Myofibroblasten

Durch Vereinigung der Spalten bildet sich ein zentraler Hohlraum (Antrum folliculi) mit hineinragendem Eihügel (Cumulus oophorus) aus Eizelle und Corona radiata.

* Diese Verteilung von Gefäßen findet sich auch beim Tertiärfollikel: Während die Granulosazellen (inkl. Cumulus oophorus) gefäßfrei sind, enthält die Theca interna Gefäße. ** Theca interna bildet unter dem Einfluss von LH Androgene, die von den Granulosazellen zu Östrogen umgewandelt werden.

811

J 3.5 Zyklusbedingte Veränderungen – hormonelle Steuerung

⊙ J-3.14

Follikelreifung im Ovar

Granulosazellen

Oozyte

Kern der Oozyte

Oozyte

Follikelepithelzelle

Zona pellucida

Primordialfollikel

Thekazellen

Antrum folliculare Oozyte

Theca interna

Cumulus oophorus

Theca externa

Sekundärfollikel Primärfollikel

Granulosazellen

Tertiärfollikel Tunica albuginea

Peritonealbezug des Ovars (Keimepithel)

Markzone des Ovars, Medulla ovarii

Extremitas uterina

Rindenzone des Ovars, Cortex ovarii

Corpus albicans

Extremitas tubaria

Lig. ovarii proprium

Eizelle mit Corona radiata nach Ovulation

Ovarium

Cumulus oophorus mit Oozyte

Oberfläche des Ovars (wieder verschlossen) Gelbkörper (Corpus luteum)

Granulosazellen

eröffneter Follikel

Blutgefäße

Theca interna Theca externa

Oozyte

Antrum folliculare Follikelsprung

Graaf-Follikel

Tunica albuginea und Peritonealbedeckung des Ovars

Im Schnitt durch ein schematisiertes Ovar sind mehrere Follikel in unterschiedlichen Entwicklungsstadien sowie der postovulatorisch entstehende Gelbkörper sichtbar. Einzelne Stadien sind im Urzeigersinn um das Organ herum vergrößert dargestellt. Die Verhältnisse sind nicht maßstabsgetreu wiedergegeben. (Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.) ▶ Klinik. Kommt es ausnahmsweise zur Ausbildung zweier Graaf-Follikel mit an-

▶ Klinik.

schließender Ovulation und Befruchtung, entstehen zweieiige Zwillinge. Dies tritt vermehrt unter einer hormonellen Stimulationsbehandlung bei bisher unerfülltem Kinderwunsch auf.

Postovulatorische Phase

Postovulatorische Phase

Corpus rubrum: Aus dem Bereich der Rissstelle blutet es in die jetzt leere Follikelhöhle ein. Der so entstehende Thrombus wird als Corpus rubrum bezeichnet.

Corpus rubrum: Gefäßrisse führen zur Einblutung mit Bildung eines Thrombus (Corpus rubrum). Corpus luteum: Die Theca-interna- und die Granulosazellen vermehren sich unter dem Einfluss von LH und lagern innerhalb von ca. 8 Std. Lipide ein. Sie erscheinen nun gelblich (luteus = gelb) und werden als Thekaluteinbzw. Granulosaluteinzellen bezeichnet. Letztere beginnen nun mit der Produktion von Progesteron (ausgehend von v. a. der Leber entstammendem Cholesterin). Kapillaren wachsen in das Stratum granulosum. Das so entstandene Corpus luteum ist etwa am 9. Tag post ovulationem voll entwickelt (Abb. J-3.14). Nun gibt es zwei Möglichkeiten:

Corpus luteum: Innerhalb von 6–8 Stunden nach erfolgter Ovulation beginnen die Theca-interna- und die Granulosazellen unter dem Einfluss von LH an Größe zuzunehmen und verfärben sich durch die Einlagerung von Lipiden gelblich, wodurch die sog. Thekalutein- und Granulosaluteinzellen (luteus = gelb) entstehen. Insbesondere die Granulosaluteinzellen sind für die Produktion des Gestagens Progesteron (sog. Gelbkörperhormon, s. u.) während der Gelbkörperphase verantwortlich. Das im Corpus luteum gebildete Progesteron entsteht aus Cholesterin, das hauptsächlich von der Leber abgegeben wird und zum Corpus luteum gelangt. Aus der Theca interna wachsen Kapillaren in die Zone der Granulosazellen ein, über welche die gebildeten Hormone den Blutkreislauf erreichen. Innerhalb von ca. 3 Tagen entsteht so das Corpus luteum, welches 8–10 Tage nach der Ovulation seine maximale Größe erreicht (Abb. J-3.14). Für seine weitere Entwicklung gibt es zwei Möglichkeiten:

812 ■



J 3 Weibliches Genitale

Corpus luteum menstruationis: Ohne Konzeption bildet sich das Corpus luteum ab dem 24. Zyklustag zurück (Luteolyse). Es bildet sich Narbengewebe (Corpus albicans). Corpus luteum graviditatis: Bei Gravidität stimuliert vom Keim gebildetes HCG (Humanchoriongonadotropin) das Corpus luteum bis etwa zum 4. Schwangerschaftsmonat.

▶ Merke.





Corpus luteum menstruationis oder cyclicum: Bei ausbleibender Schwangerschaft bildet sich der Gelbkörper ab dem 24. Zyklustag wieder zurück (Luteolyse). Der Progesteronabfall führt wenige Tage später zum Abbau der Uterusschleimhaut und zum Eintritt der Blutung. Das schrumpfende Corpus luteum wird innerhalb von ca. 6 Wochen durch weißliches Narbengewebe ersetzt (Corpus albicans). Corpus luteum graviditatis: Nach Eintritt einer Schwangerschaft bleibt das Corpus luteum v. a. unter dem Einfluss des vom implantierten Keim produzierten HCG = Humanes Choriongonadotropin (S. 106) erhalten, bis seine hormonelle Funktion nach dem 4. Schwangerschaftsmonat weitgehend von der Plazenta übernommen wird. Danach degeneriert es ebenfalls zum Corpus albicans.

▶ Merke. Follikuläre Granulosazellen wandeln die in den Theca-interna-Zellen ge-

bildeten Androgene durch Aromatisierung in Östrogene um. Granulosalutein- und Thekaluteinzellen bilden Progesteron. Daher überwiegen präovulatorisch die Wirkungen der Östrogene, postovulatorisch die des Progesterons. ▶ Klinik.

▶ Klinik. Störungen im Ablauf der Follikelreifung führen zu Störungen in der Sekre-

tion von Östrogenen und Gestagenen. Da diese Hormone u. a. den zyklischen Aufund Abbau der Uterusschleimhaut steuern (s. u.), führen ovarielle Störungen häufig zu Veränderungen der Menstruation.

Hormonelle Steuerung der Follikelreifung

Hormonelle Steuerung der Follikelreifung

Die zyklische Follikelreifung wird im Wesentlichen über fünf Hormone gesteuert (Tab. J-3.2).

Im Wesentlichen wird die Follikelreifung über fünf Hormone gesteuert, die im Hypothalamus (Gonadotropin Releasing Hormon), der Hypophyse (Follikelstimulierndes Hormon und Luteinisierendes Hormon) bzw. dem Ovar selbst (Östrogene, Progesteron) gebildet werden (Tab. J-3.2). Die Hormone der Hypophyse werden aufgrund ihrer Wirkungen auf die Keimdrüsen (Gonaden) auch als Gonadotropine bezeichnet.

≡ J-3.2

Hormonelle Steuerung der Follikelreifung

Hormon

Bildungsort

Stimulation der Freisetzung

Hemmung der Freisetzung

GnRH = Gonadotropin releasing hormone (= Gonadoliberin)

Hypothalamus (S. 1128)

zentral (pulsatile Freisetzung)

durch hohe FSH/LH-Spiegel Freisetzung der Gonadotropine (negative Rückkopplung) FSH und LH

FSH = Follikelstimulierendes Hormon (= Follitropin)

Adenohypophyse (S. 1251)

über GnRH (maximale Konzentration in Zyklusmitte)



(siehe LH)



durch Inhibin (Hormon der Granulosazellen)

LH = Luteinisierendes Hormon (= Lutropin)

Adenohypophyse





über GnRH

durch hohe Progesteronspiegel (negative Rückkopplung) in der Corpusluteum-Phase; dadurch durch hohe Östrogen- temporäre Unterdrückung konzentration (positive der Reifung weiterer Follikel Rückkopplung) in der Follikelphase

Wirkung

Förderung der Reifung und Östrogenbildung der Follikel (bis zu Sekundärfollikeln zusammen mit LH) ■ ■



(siehe FSH) Förderung der Progesteronbildung (Corpus-luteum-Phase) Auslösung der Ovulation am etwa 14. Zyklustag durch steilen Konzentrationsanstieg (LH-Peak)

Östrogen

Follikel (Thecainterna- FSH und Granulosazellen)

Östrogen (negatives Feedback)

u. a. Regulation der zyklischen Veränderungen an den Organen (s. u.)

Progesteron (= Gelbkörperhormon)

Corpus luteum (Thekalutein- und Granulosaluteinzellen)

Progesteron (negatives Feedback)

„schwangerschaftserhaltendes Hormon” (Vorbereitung der Uterusschleimhaut, Ruhigstellung der Uterusmuskulatur)

LH

813

J 3.5 Zyklusbedingte Veränderungen – hormonelle Steuerung

▶ Klinik. Die Wirkung hormonaler Kontrazeptiva, die allgemein als „die Pille“ bekannt sind, beruht auf synergistischer Hemmung der Ovulation durch Östrogene und Gestagene (Hormone mit progesteronähnlichen Effekten). Durch kombinierte orale Einnahme in der ersten Zyklushälfte wird die Freisetzung von FSH und LH aus der Hypophyse vermindert und der ovulationsauslösende LH-Peak unterdrückt. Neben der Ovulationshemmung sind weitere Effekte an den weiblichen Genitalorganen (Viskositätserhöhung des Zervixschleims, Endometriumatrophie und Tubenmotilitätsänderung) für die kontrazeptive Sicherheit verantwortlich. Den Gestagenen schreibt man die Hauptwirkung im Rahmen der Ovulationshemmung zu, die Östrogene werden v. a. zur Zykluskontrolle, d. h. Verhinderung von Zwischenblutungen eingesetzt. Reine Gestagenpräparate kennt man als „Minipille“.

3.5.2 Zyklische Veränderungen an den Organen Östrogene und Progesteron haben nicht nur Einfluss auf die Follikelreifung im Ovar, sondern steuern auch als lokale Faktoren die zyklischen Vorgänge in Tuben, Uterus und Vagina. Zudem haben Östrogene eine systemische Wirkung etwa auf die Blutgerinnung. Durch Progesteron wird das Endometrium auf die Einnistung (Nidation) der Blastozyste vorbereitet und die Frühschwangerschaft erhalten. Im Ovar gebildete Androgene werden ganz überwiegend zu Östrogenen metabolisiert.

▶ Klinik.

3.5.2

Zyklische Veränderungen an den Organen Im Ovar werden Östrogene und Progesteron gebildet, die die zyklischen Veränderungen in Tube, Uterus und Vagina bewirken.

Tubae uterinae

Tubae uterinae

Um den Zeitpunkt der Ovulation ist unter Östrogeneinfluss die Motilität der Tubenmuskulatur erhöht, um nach erfolgter Ovulation die Eizelle einzufangen. Die Sekretion der Tubenschleimhaut ist verstärkt, und die Kinozilien erzeugen einen uteruswärts gerichteten Sekretstrom.

Die Tube zeigt um die Ovulation neben erhöhtem Sekretstrom auch eine gesteigerte Motilität.

Uterus

Uterus

Korpus-Endometrium: Während eines Menstruationszyklus werden vom Endometrium vier funktionelle Phasen durchlaufen: ■ Proliferationsphase (11 Tage): Unter dem Einfluss von follikulär gebildeten Östrogenen wird aus der Basalis die im vorangegangenen Zyklus abgestoßene Funktionalis wieder aufgebaut. Diese Phase dauert bis zur Ovulation und wird nach der Herkunft der Östrogene auch Follikelphase genannt. Epitheliale Drüsenreste im Stratum basale bilden die Ausgangsbasis für das neue Oberflächenepithel. Zeitgleich kommt es zur Proliferation von Bindegewebszellen in der sich neu bildenden Funktionalis, und Blutgefäße sprossen ein. Die Glandulae uterinae wachsen und strecken sich in die Länge. ■ Sekretionsphase (14 Tage): Diese postovulatorische Phase ist durch zusätzlich hohe Progesteronspiegel (Gestagen) gekennzeichnet, die durch den Gelbkörper aufrechterhalten werden(Lutealphase). In der frühen Sekretionsphase kommt es im basalen Teil der Funktionalis (S. 802) zu zahlreichen Zellteilungen, wodurch eine Unterscheidung von zwei Funktionalis-Schichten möglich wird: – Im oberen Stratum compactum überwiegen Stromazellen, die in hohem Maße Glykogen, Proteine und Lipide einlagern und zu sog. Prädeziduazellen werden. Im Falle der Implantation eines Keimes entwickeln sich diese zu Deziduazellen (maternaler Plazentateil). Die Drüsenlumina erscheinen im histologischen Schnitt eng. – Im unteren Stratum spongiosum schlängeln sich die durch starkes Wachstum erheblich verlängerten Drüsenschläuche, was im histologischen Schnitt als „Sägeblattstruktur“ mit weiten Drüsenlumina erscheint. Die Arterien in der Uterusschleimhaut verlaufen nun in Spiralen (Spiralarterien). ■ Ischämische Phase (Stunden): Bleibt die Befruchtung aus und bildet sich das Corpus luteum zurück, sinken die Spiegel an Östrogenen und v. a. Progesteron stark ab und lösen die Hormonentzugsblutung aus. Spasmen der Schleimhautarterien führen zu einer Minderdurchblutung der Funktionalis, die dadurch schrumpft und zugrunde geht. ■ Desquamationsphase (3 Tage): Die abgestorbenen (nekrotischen) Schleimhautbezirke werden durch Blutung aus den Gefäßen abgehoben und das Gewebe wird zusammen mit dem Blut über das Uteruslumen nach außen abgegeben. Der Blutverlust beträgt bei einer normalen Menstruation ca. 50 ml.

Endometrium: Der weibliche Zyklus hat 4 funktionelle Phasen: ■

Proliferationsphase (Follikelphase): Durch Östrogene wird aus der Basalis eine Funktionalis aufgebaut. Aus Epithel in Drüsenresten wird neues Oberflächenepithel; Blutgefäße wachsen in das Stroma ein. Die Gll. uterinae strecken sich in die Länge.

Sekretionsphase (Lutealphase): Unter dem postovulatorisch hohen Progesteronspiegel (Aufrechterhaltung durch den Gelbkörper) unterscheidet man in der Funktionalis (S. 802) zwei Schichten: – oberflächlich: Stratum compactum mit Stromazellen, die durch Einlagerung von u. a. Glykogen zu sog. Prädeziduazellen werden; – unten (basal): Stratum spongiosum mit Schlängelung der wachsenden Drüsen (histologisch „Sägeblatt“). Zusätzliches Kennzeichen sind sog. Spiralarterien. ■





Ischämiephase: Ohne Konzeption führt der Abfall der Corpus-luteum-Hormone zur Entzugsblutung. Die Funktionalis geht durch Vasokonstriktion zugrunde. Desquamationsphase: Die nekrotische Funktionalis wird durch Blutungen abgehoben und ausgestoßen (Menstruation).

814

J 3 Weibliches Genitale

Zervix: Schleimhaut wird bei der Menstruation nicht abgestoßen. Östrogene führen zur präovulatorischen Zervixöffnung und zur Vermehrung und Verflüssigung des Zervikalschleims.

Zervix: Das Epithel der Zervix unterliegt nur wenig ausgeprägten zyklischen Schwankungen und wird bei der Menstruation nicht abgestoßen. Deutlichere Änderungen werden bei der Weite des Zervikalkanals (präovulatorische Öffnung) und bei der Viskosität des Zervixschleims beschrieben. Zum Zeitpunkt der Ovulation, unter maximalem Östrogeneinfluss, ist der Schleim dünnflüssig und klar, ansonsten hochviskös.

▶ Klinik.

▶ Klinik. Die Veränderungen des Zervixschleims nutzt man bei der Kontrazeption durch die sog. Billings-Methode, d. h. Beobachtung des Zervixschleims: Lassen sich zwischen Daumen und Zeigefinger 10–12 cm lange Fäden ziehen (gute Spinnbarkeit) ist sexuelle Abstinenz geboten. Streicht man zu diesem Zeitpunkt das Zervikalsekret auf einem Objektträger aus, ergibt sich nach Trocknung eine Kristallisation, die unter dem Mikroskop betrachtet einem „Farnkraut-Muster“ ähnelt.

Vagina

Vagina

Das Vaginalepithel (S. 806) ist in den einzelnen Zyklusphasen unterschiedlich aufgebaut (Abb. J-3.15). Präovulatorisch (unter Östrogeneinfluss): Reifung bis zum Stratum superficiale. Postovulatorisch (unter Gestageneinfluss): Reifung bis zum Stratum intermedium.

Der oben beschriebene Aufbau des Vaginalepithels (S. 806) ändert sich in Abhängigkeit von den Hormonspiegeln: Unter dem Einfluss von Östrogenen reifen die Epithelzellen bis zur obersten Schicht aus, während postovulatorisch – bei sinkenden Östrogenspiegeln und hoher Konzentration von Gestagenen im Blut – der Reifungsprozess des Vaginalepitels nur bis zu den Intermediärzellen stattfindet. Folglich lässt sich anhand der im Vaginalabstrich dominierenden Zellen die Zyklusphase bestimmen (Abb. J-3.15).

▶ Klinik.

▶ Klinik. Der Einfluss von Östrogenen auf das Vaginalepithel wird deutlich an den

Auswirkungen der physiologischen Östrogenmangelsituation vor der Pubertät und nach der Menopause: Durch den negativen Einfluss auf den Glykogengehalt und damit verringerte Milchsäureproduktion in der Vagina (s. o.) wird das ansonsten saure vaginale Milieu alkalischer. Die Folge des höheren pH-Werts ist ein schlechterer Infektionsschutz, sichtbar an den deutlich häufiger beobachteten Kolpitiden (Kolpitis = Entzündung der Vagina) in der Kindheit und postmenopausal.

⊙ J-3.15

Einfluss des Östrogens auf die Ausreifung des Vaginalepithels

Aufbau des Vaginalepithels

a Änderung des Aussehens während Reifung und Wanderung der Zellen in Richtung Epitheloberfläche. (Breckwoldt, M.,

Zell-Typ Superfizialzelle

Kaufmann, M., Pfleiderer,

große Intermediärzelle

A.: Gynäkologie und Geburtshilfe. Thieme, 2007)

b Ausstrich der abgeschilferten Zellen während der Proliferationsphase: Unter Östrogeneinwirkung sieht man überwiegend Superfizialund große Intermediärzellen. (Stauber, M.,

kleine Intermediärzelle

Parabasalzelle

Basalzelle

Weyerstahl, Th.: Duale Rei-

a

b

he Gynäkologie und Geburtshilfe. Thieme, 2013)

Körpertemperatur

Körpertemperatur

Progesteronbedingt kommt es postovulatorisch zu einem Anstieg der Basaltemperatur um 0,5 °C.

Nach der Ovulation steigt progesteronvermittelt die in Ruhe gemessene Körpertemperatur (Basaltemperatur) um ca. 0,5 °C an und verbleibt bis zur Menstruation auf diesem erhöhten Niveau.

J

815

3.5 Zyklusbedingte Veränderungen – hormonelle Steuerung

▶ Klinik.

▶ Klinik. Dieser Temperaturanstieg bildet die Grundlage der Methode der Basaltemperaturmessung zur Empfängnisverhütung. Durch tägliche Messung der Körpertemperatur vor dem morgendlichen Aufstehen wird über die Temperaturerhöhung der Zeitpunkt der Ovulation bestimmt. Bei einer Befruchtungsfähigkeit der Eizelle von bis zu 24 Stunden und Lebensdauer der Spermatozoen im weiblichen Genitaltrakt von ca. 24–72 Stunden kann das Zeitintervall vom 3. Tag post ovulationem bis zum Wiederabsinken der Temperatur (Rückgang der Progesteronproduktion) als sicher unfruchtbar angesehen werden. Dauert eine hypertherme Phase länger als 16 Tage, muss mit einer Schwangerschaft gerechnet werden.

⊙ J-3.16

Veränderungen der Hormonspiegel und deren Auswirkungen auf die weiblichen Genitalorgane im Verlauf eines Zyklus

pulsatiler ca. 16/24 Std. (alle 90 Min.) 6–10/24 Std. (alle 2,5– 4 Std.) Rhythmus

Hypophyse (Vorderlappen)

Hypothalamus

GnRH

Basaltemperatur

36,6°C mIE/ml 20

FSH

10 mIE/ml 40 20

LH

ng/ml 20

Prolaktin

10 Corpus-luteum-Phase

PrimordialPrimärSekundär-

Tertiär- Graaf-Follikel

Ovulation

Follikelphase

Ovar

37,0°C

Corpus luteum

Corpus albicans pg/ml 200

Östradiol

100 ng/ml 10 5

Progesteron

Endometrium

Menstruation

Regenerations-

Proliferations-

Sekretions-

Desquamationsphase

Zer vixschleim

Spinnbarkeit Viskosität

Vaginal- Por tio epithel

FarnkrautKristallPhänomen Muttermundweite

–12 1.

–8

–4

5. 10. variabler Zeitraum

0 13. 15.

(Breckwoldt, M., Kaufmann, M., Pfleiderer, A.: Gynäkologie und Geburtshilfe. Thieme, 2007)

+4

+8

20. konstant 15 Tage

+12 25.

[Tage vor/nach der Ovulation]

28.

[Zyklustage]

816 ▶ Merke.

J 3 Weibliches Genitale

▶ Merke. Die einzelnen Phasen des weiblichen Zyklus werden je nach Bezugspunkt

unterschiedlich benannt! Die Follikelphase des Ovars entspricht zeitlich etwa der Desquamations- mit anschließender Proliferationsphase des Endometriums, während die Luteal- oder Gelbkörperphase des Ovars durch das von dieser „passageren Drüse“ produzierte Progesteron am Endometrium zur Sekretionsphase führt. Die kurze Ischämiephase des Endometriums korrespondiert zeitlich mit dem Untergang des Gelbkörpers am Ende der Lutealphase:

3.6

Konzeption, Schwangerschaft und Geburt

3.6.1

Sexuelle Reaktion der Frau



Erregungsphase: Durch kapilläre Transsudation vird die Vagina befeuchtet (Lubrikation), der Introitus vaginae zusätzlich durch Sekretion der Gll. vestibulares. Der Uterus wird angehoben und der Fornix vaginae vergrößert.

Plateauphase: Neben angeschwollenen Labien staut sich venöses Blut in der unteren Vaginalhälfte. ■ Orgasmusphase: Neben Bildung der orgastischen Manschette kontrahieren sich Mm. bulbospongiosi, Vaginal- und Uteruswand sowie der Beckenboden. ■ Rückbildungsphase: Der Uterus senkt sich und die Vaginalweite nimmt ab. 3.6.2 Spermienwanderung im weiblichen Genitaltrakt Die Spermien penetrieren den zervikalen Schleimpfropf, was unter hohem Östrogenspiegel periovulatorisch erleichtert ist. ■

Anschließend wandern sie positiv rheotaktisch (S. 798) gegen den Sekretstrom in Uterus und Tube zur Tubenampulle, wo die Konzeption stattfindet. Sie bleiben ca. 2 Tage befruchtungsfähig und durchlaufen bei ihrer Wanderung den Reifungsprozess der Kapazitation. Östrogen fördert die Kapazitation.

Ovar

Endometrium

Follikelphase (Dauer variabel, Östrogen ↑)

Desquamationsphase Proliferationsphase

Luteal-/Gelbkörperphase (konstant ~14 d, Gestagen)

Sekretionsphase Ischämiephase

3.6

Konzeption, Schwangerschaft und Geburt

3.6.1 Sexuelle Reaktion der Frau Im Rahmen der sexuellen Reaktion, die allgemein in vier Phasen unterteilt werden kann, kommt es zu folgenden charakteristischen Veränderungen der weiblichen Genitalorgane: ■ Erregungsphase: Durch Transsudation des wandständigen Kapillarnetzes und Sekretion aus dem zervikalen Schleimpfropf wird die Vaginalwand gleitfähig (Lubrikation). Der Scheideneingang wird zusätzlich durch Sekret aus den Gll. vestibulares angefeuchtet. Der Uterus wird durch Kontraktion seines muskelhaltigen Bandapparates nach dorso-kranial gezogen, sodass sich die Vagina verlängert und sich das Scheidengewölbe zum Receptaculum seminis erweitert. ■ Plateauphase: In den subepithelialen Venengeflechten der unteren Vaginalhälfte kommt es zu einem Blutstau. Bulbus vestibuli und Labia minora schwellen an. ■ Orgasmusphase: Die venöse Stauung in der Vagina verstärkt sich (orgastische Manschette). Es kommt zu Kontraktionen der Mm. bulbospongiosi, der Vaginalund Uteruswand sowie der Dammmuskeln. ■ Rückbildungsphase: Der Uterus senkt sich wieder, wobei sich die Cervix uteri dem Receptaculum nähert. Die Erweiterung der Vagina geht vollständig zurück.

3.6.2 Spermienwanderung im weiblichen Genitaltrakt Auf ihrem Weg zur Ampulle des Eileiters müssen die Spermien den zervikalen Schleimpfropf penetrieren, was eine starke aktive Motilität erfordert. Die Penetration ist abhängig vom weiblichen Zyklus unterschiedlich gut möglich (unter hohem Östrogenspiegel periovulatorisch leichter als bei Überwiegen des Progesterons aufgrund einer östrogenbedingt niedrigen Viskosität des Schleims). Nach Überwindung dieser zervikalen Barriere wandern die Spermien aktiv gegen den Sekretstrom der Uterus- und Tubenschleimhaut (positive Rheotaxis) mit einer Geschwindigkeit von ca. 3 mm/min, vgl. positive Rheotaxis (S. 798); sie legen somit die Distanz vom Ostium uteri bis zur Ampulla tubae uterinae (12–15 cm) in etwa 1 Stunde zurück. Die Befruchtung (Konzeption) findet i. A. in der Ampulle statt. Insgesamt sind die Spermien ca. 2 Tage befruchtungsfähig. Während der Wanderung durchlaufen die Spermien einen letzten Reifungsprozess, der sie zum Eindringen in die Eizelle befähigt, die sog. Kapazitation. Östrogen fördert, Progesteron hemmt die Kapazitation; Sie ist Voraussetzung für die Akrosomenreaktion (S. 848) und damit für das Eindringen des Spermiums in die Eizelle.

817

J 3.6 Konzeption, Schwangerschaft und Geburt

3.6.3 Schwangerschaft (Graviditas)

3.6.3

Die hormonellen Einflüsse nach der Konzeption führen während der Schwangerschaft zu umfassenden Veränderungen am weiblichen Organismus: Das Endometrium wird auf die Nidation (S. 105) und die Plazentation (S. 119) vorbereitet. Der Trophoblast sezerniert Human Chorionic Gonadotropin = HCG (S. 106). Dies bewirkt die Umwandlung des Corpus luteum menstruationis in ein Corpus luteum graviditatis mit einer verstärkten Östrogen- und Progesteronproduktion. Unter funktionellen und klinischen Aspekten lässt sich die Schwangerschaft, die im Mittel 280 Tage post menstruationem (S. 102) dauert, grob in drei Dreimonatsabschnitte (1.–3. Trimenon) unterteilen.

Hormonelle Einflüsse führen zu Veränderungen am weiblichen Organismus. Das Endometrium wird auf Nidation und Plazentation vorbereitet. Der Trophoblast sezerniert HCG, das Corpus luteum wird hormonell aktiv (Östrogen, Progesteron!). Die Gravidität, deren Dauer 280 Tage p. m. (S. 102) beträgt, hat 3 Abschnitte: 1.– 3. Trimenon.

1. Trimenon (Frühschwangerschaft)

1. Trimenon (Frühschwangerschaft)

Die sich stark entwickelnde Plazenta, sog. Mutterkuchen (S. 119) , produziert große Mengen an Östrogen, Progesteron und HCG. Etwa ab der 6. Schwangerschaftswoche (SSW) muss daher das Ovar keine erhöhte Hormonproduktion mehr übernehmen. HCG unterdrückt die Reifung weiterer Follikel. Unter HCG-Einfluss in der fetalen Nebennierenrinde gebildete Steroide werden im mütterlichen Organismus zu Oströgen und Progesteron umgewandelt. Dabei wird das Wachstum der Uteruswand mit allen Gewebeanteilen stimuliert. Das Vaginalepithel zeigt ein prämenstruelles Zellbild. Die Basaltemperatur bleibt zunächst um etwa 0,5o C erhöht.

Die Plazenta sezerniert Östrogen, Progesteron und HCG. Die ovarielle Steroidproduktion nimmt ab der 6. SSW stark ab. HCG unterdrückt die Reifung weiterer Follikel. Östrogen und Progesteron stimulieren das Uteruswachstum. Die Basaltemperatur bleibt vorerst um 0,5 °C erhöht.

2. Trimenon

2. Trimenon

Die plazentare Östrogen- und Progesteronproduktion steigt weiter, HCG nimmt ab. Ab dem 4. Monat wird die Rückbildung des Corpus luteum graviditatis deutlich sichtbar. Der Uterus wächst weiter, der Isthmus uteri wird als sog. unteres Uterinsegment in die Uterushöhle einbezogen. Der Dehnungsreiz der wachsenden Fruchtblase verstärkt das hormonell ausgelöste Uteruswachstum zusätzlich. Der Einfluss von Progesteron verhindert aber, dass der Dehnungsreiz zu vorzeitigen Wehen führt. Der hohe Östrogenspiegel hemmt nun die hypophysäre Follitropinsekretion und so die weitere Follikelreifung.

Östrogen- und Gestagenspiegel sind weiter hoch, HCG sinkt. Ab dem 4. Monat bildet sich das Corpus luteum graviditatis zurück. Das Uteruswachstum wird durch hormonelle Stimulation und Dehnungsreiz der Fruchtblase angetrieben. Der Isthmus wird Teil der Bruthöhle. Progesteron verhindert Wehen.

3. Trimenon (Spätschwangerschaft)

3. Trimenon (Spätschwangerschaft)

Die HCG-Sekretion bleibt jetzt stabil. Zusätzlich wird nun Human Placental Lactogen (HPL) gebildet, welches zusammen mit hypophysärem Prolaktin das Wachstum der Brustdrüse stimuliert. Die hohen Östrogen- und Progesteronspiegel verhindern aber die Laktation. Der im Becken durch seine Bänder fixierte Uterus kann sich nur nach oben in den Bauchraum hinein ausdehnen. Die Zervix, die den Uterus verschließt, nimmt an der Ausdehnung nicht teil. Das Uteruswachstum ist im 1. und 2. Monat nur gering. Seinen Höchststand erreicht der Uterus im 9. Monat. Im letzten Schwangerschaftsmonat neigt sich der Fundus uteri nach ventral, und der kindliche Kopf tritt im Becken tiefer: Der Uterus hat nun wieder einen Stand wie im 8. Monat (Abb. J-3.17). Insgesamt nimmt die Uterusmasse von ca. 50 g auf fast 1000 g zu.

Bei stabilem HCG-Spiegel wird HPL zur Wachstumsstimulation der Brustdrüse gebildet, deren Laktation aber noch verhindert wird.

⊙ J-3.17

Die Zahlenangaben beziehen sich auf Lunarmonate (= 28 Tage) und weichen daher von den Kalendermonaten ab.

9. 8.

(Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

7.

a Höhe des Fundus uteri während der Schwangerschaft in der Ansicht von ventral b und von links.

6. 5. 4. 3. Symphysis pubica a

b

Während die Zervix fixiert bleibt, dehnt sich der Uterus nach oben aus, bis er im 9. Monat seinen Höchststand erreicht. Durch anschließende Neigung des Fundus nach ventral und Tiefertreten des Kindskopfs entspricht der Uterusstand anschließend dem im 8. Monat (Abb. J-3.17), seine Masse beträgt dann ca. 1000 g.

⊙ J-3.17

Uterusstand in der Schwangerschaft

10.

Schwangerschaft (Graviditas)

818

J 3 Weibliches Genitale

▶ Klinik.

3.6.4

▶ Klinik. Wird die Wanderung der Zygote durch die Tube in Richtung auf den Uterus behindert, kann eine Nidation der Zygote schon in der Tube erfolgen, deren Epithel eine gewisse „deziduale“ Umwandlung erfahren kann. Eine solche Eileiterschwangerschaft (im klinischen Sprachgebrauch Tubargravidität) kann sich durch die räumliche Enge in der Tube einerseits nicht regelrecht entwickeln, andererseits die Tube durch die Raumforderung zum Reißen bringen, was durch den hohen Blutverlust für die Schwangere zur akuten Gefahr werden kann. Die Tubargravidität ist die häufigste Form einer Schwangerschaft außerhalb des Uterus (Extrauteringravidität). Weitere extrauterine Lokalisationen sind die unterschiedlichen Anteile des Peritoneums. Gelegentlich wird über eine solche normal entwickelte und zum Termin durch Operation beendete Bauchhöhlenschwangerschaft berichtet, die von Mutter und Kind gut überstanden wurden.

3.6.4 Geburt

Geburt

Neben ausreichender Wehentätigkeit ist eine physiologische Beckenform (S. 330) wichtig.

Eine regelrechte Geburt setzt neben einer ausreichenden Wehentätigkeit auch eine physiologische Gestalt des Beckens (S. 330) voraus.

Einfluss des weiblichen Beckens auf den Durchtritt des Kindes im Geburtskanal

Einfluss des weiblichen Beckens auf den Durchtritt des Kindes im Geburtskanal

Der physiologische Geburtsablauf ist der Anatomie des mütterlichen Beckens angepasst: Nach Eintritt des kindlichen Kopfes in den querovalen Beckeneingang vollziehen erst Kopf, dann Thorax in der Beckenhöhle eine Drehung, die den Austritt aus dem längsovalen Beckenausgang ermöglicht. Das Kind folgt bei der Geburt der sog. Führungslinie (Abb. J-3.18).

Durch die anatomischen Gegebenheiten des weiblichen Beckens ist der physiologische Geburtsablauf bereits vorgegeben: Der querovale Beckeneingang erlaubt den Eintritt des querstehenden kindlichen Kopfes in das kleine Becken. Der längsovale Beckenausgang dagegen erfordert, dass der Kopf beim Austritt in sagittaler Richtung steht. Beim Durchtritt des Beckenbodens wird die kindliche HWS nach vorheriger Beugehaltung zunehmend gestreckt (s. u.), und passt sich somit dem Canalis pelvis (S. 328) an, der um den Hinterrand der Symphyse nach ventral konkav gebogen ist. Unter der Geburt folgt also das Kind der sog. Führungslinie des Geburtskanals (Abb. J-3.18). Dabei können die notwendigen Drehbewegungen des Kindes aus Platzgründen nur in der Beckenhöhle stattfinden. Näheres zu geburtshilflich relevanten Beckenmaßen (S. 330).

⊙ J-3.18

a

I

Durchtritt des kindlichen Kopfes durch das mütterliche Becken bei der Geburt

II

III

Darstellung verschiedener Phasen einer Geburt aus der vorderen Hinterhauptslage (häufigste Geburtslage): Der zunächst quer in das Becken eintretende kindliche Kopf (I) passt sich mit seinem größten (sagittalen) Durchmesser dem Geburtskanal an, sodass er nach allmählicher Drehung während des Tiefertretens (II) den längsovalen Beckenausgang in sagittaler Richtung passieren kann (III). Dabei folgt er der sog. Führungslinie (angedeutet cI). (Breckwoldt, M., Kaufmann, M., Pfleiderer, A.: Gynäkologie und Geburtshilfe. Thieme, 2007)

a Ansicht von ventral, b kaudal und c rechts lateral.

b

I

II

III

II

III

Führungslinie

c

I

J

819

3.6 Konzeption, Schwangerschaft und Geburt

▶ Klinik. Liegt ein Missverhältnis zwischen mütterlichem Becken und Kopf des Kindes vor, kann es zur Geburtsunmöglichkeit auf normalem Wege kommen. Mögliche Ursachen sind zum einen angeborene oder erworbene (traumatisch, d. h. durch Verletzung/ Unfall oder früher häufiger durch Rachitis bei Vitamin-D-Mangel) Verformungen des Beckens. Von Seiten des Kindes kann ein zu großer Kopf, z. B. beim Hydrozephalus (S. 1157) = „Wasserkopf“ infolge von Liquorzirkulationsstörungen, zugrunde liegen. Ist eine Geburt auf vaginalem Weg nicht möglich, muss durch die Sectio caesarea (Kaiserschnitt) entbunden werden. Hierbei wird das Kind nach Eröffnung zunächst des Bauchraums (Laparotomie) und anschließend des Uterus (Uterotomie) geboren.

▶ Klinik.

Geburtsverlauf

Geburtsverlauf

Der Geburtsbeginn ist durch das Einsetzen regelmäßiger Wehentätigkeit gekennzeichnet. Zu diesem Zeitpunkt am Ende der Schwangerschaft ist die Muskulatur von Corpus und Fundus uteri maximal entwickelt. Die Wand der Cervix uteri dagegen besteht hauptsächlich noch aus Bindegewebe, welches zur Geburt weich und verformbar werden muss. Im Ablauf der Geburt unterscheidet man die drei Phasen: ■ Eröffnungsperiode: Die ersten regelmäßigen Wehen kennzeichnen die Eröffnungsperiode. Der Geburtskanal wird nun schlauchförmig, der Canalis cervicis wird von innen nach außen eröffnet. Dies geschieht durch das wehengesteuerte langsame Vorschieben der Fruchtblase. Die zirkulären Muskelbündel der Cervix uteri verlagern sich unter dem Zug der Korpusmuskulatur in Längsrichtung, der äußere Muttermund (S. 799) wird gleichsam über die Fruchtblase hinweg gezogen. Erfolgt bei vollständig erweitertem Muttermund (Durchmesser von ca. 10 cm) der Sprung der Fruchtblase, spricht man von einem rechtzeitigen Blasensprung. Unter der Dehnung durch den kindlichen Kopf werden die Muskeln des Beckenbodens gedehnt und rohrartig umgeformt. ■ Austreibungsperiode: Die Zeitspanne von der vollständigen Eröffnung des Muttermunds (s. o.) bis zur Geburt des Kindes bezeichnet man als Austreibungsperiode. Hierbei verkürzt sich die Uterusmuskulatur am stärksten. Durch die funduswärts verlaufenden Kontraktionen des am Beckenboden fixierten Uterus wird das Kind – unterstützt durch die Bauchpresse – ausgetrieben. Das Kind bildet die sog. „Fruchtwalze“, indem durch die Wehentätigkeit seine Form der des Geburtskanals angepasst wird: Nachdem der Kopf des Kindes in der Beckeneingangsebene quer steht, findet in der Beckenhöhle eine Drehung um 90o statt, sodass er anschließend den Beckenausgang in sagittaler Richtung passieren kann. Bei der überwiegenden Anzahl der Geburten wird das Kind in sog. vorderer Hinterhauptslage geboren: Der kindliche Hinterkopf weist zum Hinterrand der Symphyse. In dieser Lage kann das Kind der nach ventral konkaven Krümmung der Führungslinie (s. o.) leichter folgen. ■ Nachgeburtsperiode: Nach Austreibung des Kindes und dem Verlust des Fruchtwassers verliert die Uteruswand ihre innere Stütze. Die Uterushöhle verkleinert sich, während die Muskulatur sich weiter kontrahiert. Beide Vorgänge begünstigen nun die Ablösung der Plazenta (S. 119). An der Ablösungsstelle der Plazenta in der Uteruswand kommt es zu einer Blutung, dem sog. retroplazentaren Hämatom. Zusammen mit weiteren Uteruskontraktionen führt es zur Ausstoßung der Plazenta und der Eihäute. Die Nachgeburt erfolgt ca. 30 Minuten nach der Geburt des Kindes.

Die Geburt beginnt mit regelmäßigen Wehen. Die Muskulatur in Fundus und Corpus uteri ist voll entwickelt, die Zervixwand hingegen vorwiegend bindegewebig. Man unterscheidet drei Phasen der Geburt:







Eröffnungsperiode: Unter ersten regelmäßigen Wehen wird der Canalis cervicis durch Vorschieben der Fruchtblase von innen nach außen eröffnet. Der äußere Muttermund (S. 799) wird über die Fruchtblase gezogen und auf 10 cm Durchmesser erweitert. Springt jetzt die Fruchtblase, bezeichnet man dies als rechtzeitigen Blasensprung. Der kindliche Kopf dehnt die Beckenbodenmuskeln auf. Austreibungsperiode: Nach vollständiger Eröffnung des Muttermunds wird das Kind mit Unterstützung der Bauchpresse durch starke Verkürzung der Uterusmuskulatur ausgetrieben. Dabei bildet es die sog. „Fruchtwalze“, indem es sich durch Drehung um 90o und späterer Streckung der HWS dem Geburtskanal anpasst. Letzteres wird durch die regelhafte vordere Hinterhauptslage (Hinterkopf am Symphysenhinterrand) bei regelrechter Geburt erreicht.

Nachgeburtsperiode: Aktive Kontraktion und passive Verkleinerung des Uterus begünstigen zusammen mit dem sog. retroplazentären Hämatom die Plazentalösung. Ca. 30 Minuten nach der Geburt des Kindes erfolgt die Ausstoßung von Plazenta und Eihäuten.

820 ▶ Klinik.

J 3 Weibliches Genitale

▶ Klinik. Die Plazenta muss immer auf Vollständigkeit überprüft werden. Verbleiben Plazentareste im Uterus besteht die Gefahr einer Nachblutung und damit eines Kreislaufschocks aufgrund des damit einhergehenden Blutverlusts.

⊙ J-3.19

Plazenta. Ansicht der mütterlichen Seite mit teilweise entfernter Decidua basalis (S. 119). (Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

Decidua basalis Deziduasepten

Decidua basalis entfernt

3.6.5

Wochenbett (Puerperium)

In der ca. 6–8 Wochen andauernden Phase nach der Geburt kommt es zur Rückbildung der Uterusmuskulatur und Regeneration des Endometriums. Die Regeneration des bis auf die Basalis abgestoßenen Endometriums geht ähnlich wie in der Proliferationsphase des Zyklus vom Drüsenepithel aus und ist ca. 14 Tage post partum abgeschlossen.

Auch die nicht an der Dezidualisierung beteiligte Zervixschleimhaut ist regeneriert. Innerer sowie äußerer Muttermund sind ca. 11. Tage post partum verschlossen. Letzterer zeigt meist einen bleibenden Querspalt (Abb. J-3.20).

⊙ J-3.20

Kotyledon

3.6.5 Wochenbett (Puerperium) Die ca. 6–8 Wochen dauernde Phase, die sich an die Geburt anschließt, ist allgemein von Rückbildungsvorgängen gekennzeichnet: Der Uterus verkleinert sich, die Muskelmasse nimmt ab und das Endometrium wird allmählich wieder aufgebaut. Menstruationszyklen finden meistens aber noch nicht statt. Nach Abstoßung von Plazenta und Eihäuten sind vom Endometrium nur das Stratum basale und vereinzelte Reste des Stratum spongiosum vorhanden, woraus eine große Wundfläche resultiert. Das Endometrium regeneriert nun ähnlich wie in der Proliferationsphase eines Menstruationszyklus aus dem Epithel der Drüsen. Ca. 14 Tage post partum (nach der Geburt) ist diese Regeneration weitgehend abgeschlossen. Die Schleimhaut der Cervix uteri, die an der Dezidualisierung während der Gravidität nicht beteiligt war, ist ebenfalls vollständig regeneriert. Das Ostium internum cervicis ist etwa ab dem 11. Tag post partum wieder verschlossen, der Isthmus nicht mehr Bestandteil des unteren Uterinsegments. Der äußere Muttermund, der ebenfalls wieder geschlossen ist, zeigt nach der ersten Geburt meist einen bleibenden Querspalt (Abb. J-3.20).

⊙ J-3.20

a

Veränderung des äußeren Muttermundes durch die vaginale Entbindung

bI

b II

(Stauber, M., Weyerstahl, Th.: Duale Reihe Gynäkologie und Geburtshilfe. Thieme, 2013)

a Äußerer Muttermund vor b sowie nach der ersten vaginalen Geburt in der Ansicht von vaginal (I und II).

821

J 3.6 Konzeption, Schwangerschaft und Geburt

Während des Wochenbettes kommt es zu Absonderungen aus dem Uterus, dem sog. Wochenfluss (Lochien). Die Lochien bestehen aus Endometriumresten, Blut und ggf. zahlreichen Leukozyten. Ca. 2 Wochen post partum werden die Lochien spärlicher, nach etwa 6 Wochen versiegen sie im Allgemeinen ganz. ▶ Klinik. In dieser Phase des Wochenbetts können Keime von der Vagina in den Ute-

Im Wochenbett kommt es für ca. 6 Wochen zum sog. Wochenfluss (Lochien), bestehend aus Endometrium und Blut.

▶ Klinik.

rus aufsteigen. Gründe dafür sind der anfangs noch geöffnete Muttermund, vorerst Fehlen eines zervikalen Schleimpropfs und Störung des sauren Scheidenmilieus durch alkalischen Wochenfluss (Lochien). Unter diesen Umständen kann es dann zu einer Entzündung im Uterus kommen, dem sog. Kindbettfieber, das antibiotisch behandelt werden muss. Mit dem Ausstoßen der Plazenta entfällt deren Hormonproduktion, ohne dass die in der Schwangerschaft wenig aktiven Ovarien sie abrupt wieder aufnehmen können. Daher sinken die Spiegel von Östrogen, Progesteron, HCG und HPL sehr schnell stark ab. Der außerordentlich niedrige Östrogenspiegel bewirkt eine verstärkte Freisetzung von Prolaktin aus der Adenohypophyse, wodurch die Muttermilchproduktion und -sekretion einsetzen kann. Die Entleerung der Brust wird durch das Hypophysenhinterlappenhormon Oxytocin gefördert, indem es die Kontraktion der Myoepithelzellen in der Brustdrüse anregt. Die Ausschüttung beider Hormone wird durch den Saugreiz des trinkenden Kindes gefördert. ▶ Klinik. Muttermilch ist die beste Säuglingsnahrung: Sie hat die optimale Nährstoffzusammensetzung, bietet dem Säugling durch darin enthaltene Antikörper Immunschutz, hat die richtige Temperatur und ist jederzeit verfügbar. Zudem fördert Stillen die Mutter-Kind-Beziehung. Diese zahlreichen Vorteile überwiegen bei weitem die eventuelle Gefährdung durch enthaltene Schadstoffe.

Die hohen Prolaktinspiegel verhindern ihrerseits wiederum ein Einsetzen neuer ovarieller Zyklen. Diese treten deshalb im Allgemeinen erst einige Zeit nach dem Ende der Stillperiode auf. Generell gilt, dass eine längere Stillzeit auch diese zyklusfreie Phase verlängert, während Frauen, die nur kurz stillen meist auch kürzere zyklusfreie Phasen nach dem Abstillen haben. Bei abfallendem Prolaktin nach dem Abstillen kommt, ausgelöst durch den andauernden Östrogenmangel, der Regelmechanismus Hypothalamus – Hypophyse – Ovar (S. 812) allmählich erneut in Gang. Die erste nun wieder auftretende Blutung ist aber nicht notwendigerweise eine echte Menstruation, da noch nicht unbedingt eine Ovulation erfolgt sein muss.

Wegfall der Plazenta führt zu schnellem Absinken von Östrogen, Progesteron, HCG und HPL. Die Ovarien sind zunächst hormonell kaum aktiv. Ein niedriger Östrogenspiegel stimuliert die hypophysäre Prolaktinsekretion. Diese führt zum Einsetzen der Milchsekretion, die durch den kindlichen Saugreiz gefördert wird.

▶ Klinik.

Ein hohes Prolaktin verhindert das Einsetzen neuer ovarieller Zyklen. Längere Stillperioden begünstigen auch eine längere anovulatorische Phase nach dem Abstillen. Der andauernde Östrogenmangel bei fallendem Prolaktin (nach dem Abstillen) führt zu einem Wiedereinsetzen der zyklischen Mechanismen zwischen Hypothalamus, Hypophyse und Ovar.

Alles fließt? Schön wär‘s! Es ist der letzte Tag meiner Praxis-

drehe ich mich nochmals um und frage: „Sie

famulatur. Die Sprechstunde ist

müssen aber nicht öfter Wasser lassen als vor der

schon fast zu Ende – da betritt eine

Entbindung?“ Die Mutter schüttelt den Kopf und

junge Frau, sichtlich verzweifelt,

ich schließe die Tür des Behandlungsraumes.

mit Säugling auf dem Arm die

Bei einem kurzen Telefonat mit dem Kollegen

Landarztpraxis. Ursprünglich hatte ich die

der Radiologie macht der Arzt einen Notfall-

„Zwangsfamulatur“ in der Allgemeinmedizin

Termin für morgen klar. Dann wendet er sich mir

nur widerwillig angetreten, aber im Laufe der

zu und fragt, was mein Verdacht sei. „Diabetes

letzten vier Wochen habe ich immer wieder

insipidus (vermehrte Urinausscheidung) bei

festgestellt, dass es von großem Vorteil ist, „seine“

Hypophysennekrose!“ deklamiere ich stolz.

Patienten zu kennen – und so ist es auch hier.

„Aha“, lächelt der Arzt. „Schon nah dran, aber

Vor zwei Tagen sind die beiden zur U2-Unter-

wo wird antidiuretisches Hormon (ADH) noch-

suchung (am 3.–10. Lebenstag) hier gewesen.

mal synthetisiert?“ – „Äh …“, versuche ich Zeit

Die lässt man hier auf dem Land schon auch mal

zu gewinnen. „Im Hypophysenvorderlappen…?“

vom „Allgemeini“ machen. Daher weiß ich, dass

Der Allgemeinmediziner schüttelt den Kopf. „Im

der Säugling die zweite, bisher völlig gesunde

Hypothalamus! Und sie hat keinen Insipidus –

Tochter der Patientin ist. Der Praxisinhaber

wohl aber eine Hypophysennekrose. Weißt Du,

nimmt die wirklich sehr besorgte Mutter mit

wie das passieren kann?“ Angesichts meines

dem Säugling sofort mit in das Behandlungs-

Fehlers bin ich froh wenigstens mit meinen

zimmer. Dort bricht sie erst mal in Tränen aus:

Gyn-Kenntnissen glänzen zu können: „Bei der

„Ich weiß nicht, was los ist! Ich kann sie nicht

postpartalen Hypophysennekrose, dem Shee-

stillen. Es kommt einfach nichts! Ich dachte am

han-Syndrom. Das ist ein seltener nach einer

Anfang, es ginge nur etwas schwerer, aber es

Entbindung auftretender Funktionsausfall des

kommt wirklich NICHTS!“

mütterlichen Hypophysenvorderlappens. Die

Der Arzt beruhigt die Frau erst einmal und

häufigste Ursache ist die schlechte Durchblutung

fragt sehr strukturiert, aber einfühlsam, was

der Hypophyse durch Blutverluste unter oder

seit der letzten Untersuchung passiert sei. Das

nach der Geburt.“ – „Gut gelernt!“, kontert mein

Mädchen habe normalen Hunger, keinen Infekt

Mentor. „Und warum bleibt dabei die Lakatation

und gedeihe mit der Flaschenmilch gut – allein

aus?“ – „Äh …“ – zweite Denkpause – und dann

der Milcheinschuss bei der Mutter bleibe aus.

ein Geistesblitz! „Prolaktin wird im Hypo-

Mittlerweile kapiere auch ich, dass das Pro-

physenvorderlappen synthetisiert! Und wenn

blem bei der Mutter liegt. Der Landarzt scheint

das fehlt, fehlt auch die Milch!“ – „Gut, gut …

eine Idee zu haben und bereitet die Mutter da-

Aber solange die Diagnose nicht gesichert ist,

rauf vor, dass sie um eine Untersuchung des

behalten wir für uns, dass wahrscheinlich auch

Schädels nicht herumkommt. Er werde jetzt mit

die übrigen Hypophysenhormone fehlen und

dem Radiologen telefonieren, damit die Unter-

ersetzt werden müssen, o. k.?“

suchung möglichst schnell stattfindet. Er deutet

Ich nicke eifrig, während mein Gehirn fieber-

mir an, ihm zu folgen. Doch mir kommt ein

haft arbeitet. Ach, könnte ich mich doch noch

Gedanke und kurz vor Verlassen des Zimmers

an alle Hypophysenhormone erinnern …

* Fallbeispiel fiktiv, Namen und Daten frei erfunden

823

J 3.7 Das weibliche Genitale in verschiedenen Lebensphasen

3.7

Das weibliche Genitale in verschiedenen Lebensphasen

3.7

Das weibliche Genitale in verschiedenen Lebensphasen

In den verschiedenen Lebensabschnitten ist der weibliche Organismus in unterschiedlichem Ausmaß durch die hormonelle Situation geprägt. Dabei ist zu beachten, dass die generative Funktion des Ovars, also die Produktion befruchtungsfähiger Eizellen nur in einem bestimmten Lebensabschnitt besteht. Zusätzlich hat das Ovar jedoch, wenn auch teilweise eingeschränkt, eine vegetative Funktion: Auch in anovulatorischen Phasen werden Östrogene produziert, die den hormonellen Status der Frau beeinflussen. Grob lassen sich beim weiblichen Körper daher fünf größere Lebensabschnitte unterscheiden: ■ Postnatale Entwicklung und Kindheit ■ Pubertät ■ Phase der körperlichen Reife ■ Klimakterium ■ Senium.

Hormone prägen den weiblichen Körper in den verschiedenen Lebensabschnitten. Nur in einem bestimmten Abschnitt hat das Ovar eine generative Funktion. Zusätzlich hat das Ovar aber eine konstantere vegetative Funktion, indem auch während anovulatorischer Zyklen Östrogen produziert wird. Man unterscheidet 5 Lebensabschnitte: ■ Postnatale Entwicklung und Kindheit ■ Pubertät ■ Reifephase ■ Klimakterium ■ Senium.

3.7.1 Postnatale Entwicklung und Kindheit

3.7.1

Postnatale Entwicklung: Der Organismus des Neugeborenen scheidet in den ersten Lebenstagen die verbliebenen Plazenta-Hormone aus. Der drastische Abfall der Hormonspiegel kann geschlechtsunabhängig zu einer Brustdrüsenschwellung (ggf. mit Sekretion einer sog. „Hexenmilch“) führen, beim kleinen Mädchen kann es u. U. sogar zu einer kurzen Blutung aus dem Uterus kommen.

Postnatale Entwicklung und Kindheit Postnatale Entwicklung: Durch schnellen Abfall der Plazenta-Hormone kommt es geschlechtsunabhängig zur Brustdrüsenschwellung (ggf. „Hexenmilch“), beim Mädchen u. U. auch zur uterinen Blutung.

Kindheit: Während der Kindheitsphase sind die hormonellen Unterschiede zwischen den beiden Geschlechtern sehr gering. Ein Wachstum der inneren und äußeren Genitalien findet nur in geringem Umfang statt. Beim kleinen Mädchen tritt das innere Genitale nun tiefer und verlagert sich in das kleine Becken. Die Kindheit endet mit dem Einsetzen der vegetativen Funktion des Ovars. Aufgrund der Gonadotropin-Stimulation durch das allmählich anlaufende hypothalamo-hypophysäre System kommt es zur Reifung von Sekundär- und Tertiärfollikeln, die jedoch atretisch (S. 810) werden (wie die nicht dominanten Follikel der geschlechtsreifen Frau). So beginnt die Hormonproduktion im Ovar, ohne dass eine Ovulation stattfindet. Damit besteht auch keine generative Funktion. Da die atretischen Follikel kein Corpus luteum bilden, wird kein Progesteron sezerniert, sondern nur Östrogene.

Kindheit: In dieser Phase bestehen nur geringe hormonelle Geschlechtsunterschiede mit geringem Wachstum des Genitales. Der Uterus tritt in das kleine Becken. Die Kindheit endet mit dem Einsetzen der vegetativen Funktion des Ovars. Stimuliert durch Gonadotropine reifen Sekundär- und Tertiärfollikel. Eine Ovulation findet noch nicht statt und aufgrund fehlender Corpus-luteum-Bildung wird auch kein Progesteron sezerniert.

3.7.2 Pubertät

3.7.2

Die Pubertät umfasst einen Zeitraum von ca. 4 Jahren, in dem es zum Wachstum der inneren und äußeren Genitalorgane sowie zur Differenzierung der Körperformen kommt. Physiologisch beginnt die Pubertät mit dem Auftreten der ersten sekundären Geschlechtsmerkmale, sie endet mit dem Erlangen der vollen Geschlechtsreife. Die Pubertät ist hormonell gekennzeichnet durch das Ingangkommen der ovariellen Hormonproduktion im Rahmen des ovariellen Zyklus unter Einfluss des hypothalamo-hypophysären Regelkreises: Der Hypothalamus bewirkt vermehrt die Freisetzung gonadotroper Hormone aus der Adenohypophyse (FSH und LH). Dadurch wird die zyklische Reifung der Follikel bis hin zum Graaf-Follikel weiter stimuliert. In den nun zunehmend ovulatorisch ablaufenden Zyklen werden im Ovar zusätzlich zu den Östrogenen auch Gestagene sezerniert, die in Rückkopplungsschleifen auf das hypothalamo-hypophysäre System (S. 812) wirken. Mit dem Einsetzen regelmäßiger ovulatorischer Zyklen ist nun auch die generative Funktion des Ovars in Gang gekommen.

In diesem Zeitraum (Dauer ca. 4 Jahre) kommt es zum Wachstum der Genitalien und zur Differenzierung der Körperformen. Die ovarielle Hormonproduktion und ovulatorische Zyklen spielen sich ein. Der Hypothalamus bewirkt nun die Freisetzung von Follitropin und Lutropin mit Entstehung des Graaf-Follikel. Neben Östrogen wird nun (über das Corpus luteum) auch Progesteron sezerniert mit Rückkopplung zu Hypothalamus und Hypophyse (S. 812). Mit dem Auftreten der Ovulationen beginnt nun die generative Funktion des Ovars.

Pubertät

824

J 3 Weibliches Genitale

Die hormonellen Veränderungen führen zu äußerlich sichtbaren Merkmalen. Man unterscheidet:

Die hormonellen Veränderungen zeigen sich einerseits in Änderungen der Blutkonzentrationen der Hormone, andererseits in der Ausprägung äußerlich sichtbarer Merkmale. Dabei unterscheidet man:

Adrenarche: (ca. 11. Lj.): Androgene aus der NNR beeinflussen die zyklischen hypothalamischen Vorgänge

Adrenarche: Um das 10.–11. Lebensjahr werden in der Nebennierenrinde (NNR) vermehrt Androgene sezerniert, die ihrerseits die zyklischen Vorgänge im Hypothalamus anstoßen.

Thelarche: (ca. 11. Lj.): Das Wachstum der Brustknospe beginnt unter Einfluss der ovariellen Hormonproduktion.

Thelarche: Unter dem Einfluss der vegetativen Funktion des Ovars (v. a. Östrogensekretion) beginnt ebenfalls um das 11. Lebensjahr das Wachstum der Brustdrüse mit der Brustknospenbildung.

Pubarche: (ca. 12. Lj.): Schamhaarbildung mit geschlechtsspezifischem Muster.

Pubarche: Ebenfalls unter hormonellem Einfluss (Östrogen) beginnt die Schamhaarbildung mit dem geschlechtsspezifischen Muster der Frau (um das 12. Lebensjahr).

Menarche: Auftreten der 1. Menstruation (meist noch anovulatorisch) um das 12. Lebensjahr. Mit dem Ende der Pubertät endet meist die körperliche Wachstumsphase durch hormonell bedingten Epiphysenfugenschluss.

Menarche: Als Menarche wird das Auftreten der ersten Menstruation (Regelblutung) bezeichnet, die meistens auf einem noch anovulatorischen „Zyklus“ beruht. Sie tritt im Mittel um das 12. Lebensjahr auf. Das Ende der Pubertät fällt zeitlich eng zusammen mit dem Ende der körperlichen Wachstumsphase. Der Schluss der Epiphysenfugen wird vermutlich durch die nun im Ovar regelmäßig gebildeten Östrogene hervorgerufen.

3.7.3

3.7.3 Phase der körperlichen Reife

Phase der körperlichen Reife

▶ Synonym.

▶ Synonym. Reproduktionsphase; Geschlechtsreife

Dauer vom Ende der Pubertät bis zum Klimakterium. Ausgeprägte zyklische vegetative und generative Funktion des Ovars mit entsprechenden Veränderungen am weiblichen Körper.

Dieser Abschnitt dauert vom Ende der Pubertät bis zum Klimakterium. Er ist durch eine zyklische generative und vegetative Funktion des Ovars sowie durch die entsprechenden Veränderungen des weiblichen Körpers während des Menstruationszyklus gekennzeichnet. Über das Klimakterium geht diese Phase allmählich in das Senium über.

3.7.4

3.7.4 Klimakterium

Klimakterium

▶ Synonym.

Die sog. Wechseljahre beginnen meist um das 45. Lj. Zunächst erlöschen die generativen, dann die vegetativen Funktionen des Ovars. Nach vorübergehenden anovulatorischen Blutungen setzen auch diese aus (Menopause = letzte zyklische Blutung).

In der Prämenopause kommt es bereits zu unregelmäßigen Zyklen. Ohne Ovulation werden keine Corpora lutea gebildet, sodass die Progesteronsekretion erlischt. Infolgedessen wird das Endometrium nicht mehr sekretorisch umgewandelt. Es kommt zu Blutungen wechselnder Stärke, die schließlich ganz versiegen. Nach Verlust der sekretorisch aktiven Follikel besteht das Ovar histologisch nur aus Stromazellen. Bei hoher hypophysärer Gonadotropinsekretion besteht ein gleichzeitiger Mangel an Östrogen und Progesteron. In der sog. Postmenopause bestehen im Gegensatz zum Postklimakterium vegetative Allgemeinbeschwerden.

▶ Synonym. „Wechseljahre“

Diese Phase beginnt meist um das 45. Lebensjahr, wobei allerdings erhebliche individuelle Unterschiede beobachtet werden. Das Klimakterium ist gekennzeichnet durch ein allmähliches Erlöschen zunächst der generativen, dann auch der vegetativen Funktion des Ovars. Bei Ausbleiben der Ovulation folgen vermehrt anovulatorische Blutungen. Die letzte zyklische Blutung wird als Menopause der Menarche, der 1. Zyklusblutung, gegenübergestellt. Bereits vor der Menopause, in der sog. Prämenopause, wird das Zyklusgeschehen zunehmend unregelmäßig. Da Ovulationen ausbleiben, ist die generative Funktion des Ovars erloschen, Corpora lutea und damit Progesteron werden im Ovar nicht mehr gebildet. Das Endometrium erfährt keine zyklische (sekretorische) Umwandlung mehr, Blutungen von wechselnder Stärke und Dauer beruhen auf dem Entzug des in unterschiedlicher Menge weiterhin gebildeten Östrogens. Nimmt die Östrogenbildung allmählich weiter ab, versiegt auch diese letzte Stimulation des Endometriums, die Menstruationsblutungen versiegen völlig. Schließlich existieren keine sekretorisch aktiven Follikel mehr: Histologisch besteht das Ovar fast nur noch aus Stromazellen und Östrogen wird nicht mehr gebildet. Aufgrund der fehlenden Rückkopplung schüttet das hypothalamo-hypophysäre System vermehrt Gonadotropine aus. Diese als Postmenopause bezeichnete Phase ist somit durch einen relativ starken Hormonmangel gekennzeichnet, der häufig zu erheblichen vegetativen Beschwerden führt. Im Postklimakterium findet man immer noch eine erhebliche Gonadotropinsekretion, doch sind die subjektiven Beschwerden nun weitestgehend verschwunden.

825

J 3.7 Das weibliche Genitale in verschiedenen Lebensphasen

▶ Klinik. Der klimakterische Übergang in das Senium wird von den Frauen in ganz unterschiedlicher Weise erlebt. Das Spektrum reicht von nur ganz vage wahrgenommenen Beschwerden bis hin zu massivem Krankheitsgefühl mit Therapiebedürftigkeit (z. B. Hitzewallungen, depressive Verstimmung). Noch vor einigen Jahren wurden relativ großzügig Östrogen- oder Kombinationspräparate mit Progesteron verordnet, um Wechseljahresbeschwerden zu minimieren und den Alterungsprozess hinauszuzögern (sog. Hormonersatztherapie, HET oder HRT [das R steht für replacement]). Nachdem aber Studienergebnisse deutliche Risiken, wie z. B. eine erhöhte Rate von Mammakarzinomen (Brustkrebs), einer solchen Hormonsubstitutionstherapie gezeigt haben, ist hier eine kritischere Sichtweise geboten. Die zunächst hoch eingeschätzten protektiven Wirkungen einer solchen Therapie (geringeres Risiko für einen Herzinfarkt oder Osteoporose) müssen z. T. in Frage gestellt werden. Allerdings kann sie unter bestimmten Voraussetzungen wie z. B. massiven klimakterischen Beschwerden, frühzeitiger operativer Entfernung der Eierstöcke oder schweren atrophischen Veränderungen im Genitalbereich nach individueller Nutzen-Risiko-Abwägung immer noch sinnvoll sein.

▶ Klinik.

3.7.5 Senium

3.7.5

Der Übergang vom Postklimakterium zum Senium erfolgt allmählich. Auch hier werden erhebliche individuelle Unterschiede im Alterungsprozess beobachtet. Unabhängig vom Geschlecht führen die Stoffwechselveränderungen und Abbauvorgänge in vielen Organen und Geweben zur Altersatrophie, von der das weibliche Genitale besonders betroffen ist.

Allmähliche Atrophie der Organe und Gewebe, besonders am weiblichen Genitale. Geschlechtsunabhängige Stoffwechselveränderungen und Abbauvorgänge führen zur Altersatrophie.

Senium

J

4

Männliches Genitale

4.1 4.2 4.3 4.4

Übersicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Innere männliche Genitalorgane . . . . . . . . Äußere männliche Genitalorgane . . . . . . . Fertilität und sexuelle Reaktion des Mannes

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826 826 835 843

E. Schulte 4.1

4.1

Übersicht

Man unterscheidet innere und äußere Genitalien (Organa genitalia masculina interna und externa, Abb. J-4.1).

⊙ J-4.1

Übersicht

Analog zum weiblichen Geschlecht lassen sich auch beim Mann die inneren und die äußeren Genitalorgane unterscheiden (Organa genitalia masculina interna und externa, Abb. J-4.1). Diese Einteilung wird durch die Entwicklungsgeschichte (S. 852) verständlich, die aufzeigt, dass äußere und innere Genitalorgane aus unterschiedlichen embryonalen Strukturen entstehen (äußere aus Genitalfalten, höcker und -wulst, innere aus der Keimdrüsenanlage sowie zum überwiegenden Teil aus dem Urnierengang = WolffGang). Aus diesem Grund wird der Hoden auch nach seinem Deszensus (S. 324) in das Skrotum, wodurch er die Körperhöhlen verlässt, weiterhin zu den inneren Genitalien gerechnet. Die Urethra masculina (Harnsamenröhre) wird aufgrund ihres Verlaufs im Penis zu den äußeren Genitalien gezählt.

Übersicht über die inneren und äußeren männlichen Geschlechtsorgane

Lig. umbilicale medianum

Ductus deferens

Vesica urinaria

Ureter

Ostium ureteris Gl. vesiculosa Ductus ejaculatorius

Penis, Corpus cavernosum

Prostata Gl. bulbourethralis

Urethra masculina

Scrotum

Innere männliche Genitalorgane

▶ Definition.

(Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

Bulbus penis (Corpus spongiosum) Epididymis

Glans penis

4.2

Männliches Genitale im schematischen Mediansagittalschnitt. Im Gegensatz zum weiblichen Organismus (vgl. Abb. J-3.1) steht die Urethra nicht nur topografisch (Verlauf im Penis), sondern auch funktionell eng mit den übrigen männlichen Geschlechtsorganen in Verbindung: Sie ist sowohl Endstrecke im Rahmen der Harnausscheidung als auch (in ihrem größten Anteil) ein Transportorgan für die männlichen Keimzellen und Sekret aus den akzessorischen Geschlechtsdrüsen. Die nicht zu den Genitalorganen zählenden übrigen ableitenden Harnwege des Urogenitalsystems sind grau dargestellt.

Testis

4.2

Innere männliche Genitalorgane

▶ Definition. Zum inneren männlichen Genitale rechnet man: ■ ■ ■ ■

Hoden (Testis/Orchis/Didymis), paarig Nebenhoden (Epididymis), paarig Samenleiter (Ductus deferens), paarig Akzessorische Geschlechtsdrüsen: – Bläschendrüse (Glandula vesiculosa; früher: Samenbläschen = Vesicula seminalis), paarig – Vorsteherdrüse (Prostata) – Cowper-Drüse (Glandula bulbourethralis), paarig.

827

J 4.2 Innere männliche Genitalorgane

4.2.1 Hoden (Testis/Orchis/Didymis)

4.2.1

Hoden (Testis/Orchis/Didymis)

▶ Synonym.

▶ Synonym. Orchis (gr.)

Funktion des Hodens

Funktion des Hodens

Der Hoden ist das Produktionsorgan für die männlichen Keimzellen (Spermien) und für die männlichen Geschlechtshormone (Androgene). Biochemisch handelt es sich um Steroidhormone (v. a. Testosteron und Dihydrotestosteron), die aus Azetat und Cholesterin als Vorstufe synthetisiert werden. Androgene werden vorübergehend schon während der Embryonalphase gebildet. Kurz nach der Geburt versiegt die Androgenproduktion vorläufig und wird erst mit der Pubertät wieder aufgenommen. Die Produktion von Androgenen und Spermien dauert bis ins hohe Alter an. Androgene werden in sehr geringem Umfang auch in der Nebennierenrinde gebildet.

Produktionsorgan für Spermien und Androgene. Androgene werden zunächst in der Embryonalphase gebildet, dann nach einer Unterbrechung (Kindheit) wieder ab der Pubertät.

Form, Abschnitte und Lage des Hodens

Form, Abschnitte und Lage des Hodens

Form und Abschnitte: Die paarigen Hoden haben Pflaumenform und sind 4–5 cm lang, 3 cm breit und gut 2 cm dick. Die Konsistenz ist prall-elastisch und kann, genau wie die Größe, im Laufe des Tages gewissen Schwankungen unterliegen. Aufgrund der leichten seitlichen Abplattung ergeben sich neben oberem und unterem Pol (Extremitas superior und inferior) die Bezeichnungen der seitlichen Flächen (Facies lateralis und medialis) sowie vorderem und hinterem Rand (Margo anterior und posterior). Bei einer Masse von ca. 15–20 g beträgt das Volumen des Hodens ca. 20 ml.

Form und Abschnitte: Die paarigen Hoden haben Pflaumenform und die Maße: 5 × 3 × 2 cm (L × B × D). Die Konsistenz ist prall-elastisch. Aus der seitlich abgeplatteten Form ergeben sich die Bezeichnungen für 2 seitliche Flächen, vorderen und hinteren Rand sowie oberen/unteren Pol.

Lage und Lagebeziehungen: Die Hoden liegen außerhalb der Abdominalhöhle in einem Hautsack, dem Skrotum = Hodensack (S. 841). Jeder Hoden ist von einer festen bindegewebigen „Kapsel“, der Tunica albuginea, umgeben. Dorsomedial und teilweise kranial liegt dem Hoden außerhalb der Tunica albuginea der Nebenhoden auf. An der freien, nicht durch den Nebenhoden bedeckten Hodenoberfläche ist der Hoden umgeben von einer Ausstülpung des Peritoneums, der Tunica vaginalis testis. Diese unterteilt sich in eine Lamina visceralis (Epiorchium), die dem Hoden direkt aufliegt, und eine „wandständige“ Lamina parietalis (Periorchium). Zwischen sich schließen die beiden Serosablätter einen serösen Spaltraum („Cavitas vaginalis testis“) als „Exklave“ der Peritonealhöhle ein, die im Rahmen des Descensus testis (S. 324) ihren Anschluss an die Cavitas peritonealis verloren hat. Am dorsomedial gelegenen Mediastinum testis (von der Tunica albuguinea in das Hodeninnere hineinragendes Bindegewebe) sind Ein- und Austrittspforte für die Leitungsbahnen (s. u.) lokalisiert. Ein Bandzug am unteren Hodenpol – Rest des sog. Gubernaculum testis – zieht in die Skrotalhaut hinein.

Lage und Lagebeziehungen: Im Skrotum außerhalb der Abdominalhöhle. Die Hoden sind umgeben von der bindegewebigen Tunica albuginea. Dorsomedial liegt der Nebenhoden auf. Beide Hoden sind umgeben von Peritonealausstülpung mit Lamina visceralis und parietalis (Epi- und Periorchium). Zwischen den 2 serösen Blättern liegt die „Cavitas vaginalis testis“. Dorsomedial am Mediastinum testis treten Leitungsbahnen ein und aus. Das Gubernaculum testis fixiert den Hoden im Skrotum an der Skrotalhaut.

⊙ J-4.2

⊙ J-4.2

Lage des Hodens und seiner Hüllen im Hodensack Cutis

Fascia spermatica interna A. testicularis Plexus testicularis Lamina parietalis tunicae vaginalis testis (Periorchium) Epididymis, Caput Glans penis

Tunica dartos Fascia cremasterica M. cremaster Plexus pampiniformis Fascia spermatica externa Epididymis, Cauda Testis mit Lamina visceralis tunicae vaginalis testis (Epiorchium) Scrotum

Die Hodenhüllen leiten sich infolge des Descensus testis (S. 324) von den Schichten der ventralen Bauchwand ab. (Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

828 ▶ Klinik.

J 4 Männliches Genitale

▶ Klinik. Gelegentlich kommt es zwischen den beiden Serosablättern zu einer Flüssigkeitsansammlung: Die „Cavitas vaginalis testis“ füllt sich mit der von der Serosa produzierten wasserklaren Flüssigkeit (Hydrozele). Die Patienten können Druckbeschwerden haben. Die Therapie besteht dann in der operativen Eröffnung der Cavitas vaginalis und Ablassen der Flüssigkeit.

Aufbau des Hodens

Aufbau des Hodens

Bindegewebige Septen (Septula testis, mit Leitungsbahnen) unterteilen den Hoden in Lobuli testis. Die Lobuli enthalten gewundene Samenkanälchen (Tubuli seminiferi contorti), die über Tubuli seminiferi recti an das im Mediastinum testis liegende Kanälchennetzwerk (Rete testis) angeschlossen sind. Das Rete testis ist über Ductuli efferentes testis mit dem Nebenhoden verbunden (Abb. J-4.3).

Zarte bindegewebige Septen (Septula testis) unterteilen den Hoden in zahlreiche kleine Läppchen (Lobuli testis). In diesen Septen, die vom Mediastinum testis radspeichenartig zur Tunica albuginea ziehen, verlaufen Blut- und Lymphgefäße sowie Nerven. Die Lobuli testis enthalten Samenkanäle, die aufgrund ihrer starken Windung als Tubuli seminiferi contorti bezeichnet werden. Diese von Bindegewebe umgebenen Samenkanäle sind an ihren Enden über die (geraden) Tubuli seminiferi recti an das Röhrchensystem des Rete testis angeschlossen. Letzteres ist ein Netzwerk sehr kleiner Kanälchen, das im Mediastinum testis liegt und seinerseits über die Ductuli efferentes testis an den Nebenhoden angeschlossen ist (Abb. J-4.3).

⊙ J-4.3

⊙ J-4.3

Aufbau von Hoden und Nebenhoden

Epididymis, Caput Ductuli efferentes testis Tunica albuginea

A. testicularis Plexus pampiniformis Epididymis, Korpus

Septulum testis Rete testis im Mediastinum testis

Aufbau der samenbildenden und samenableitenden Anteile im Sagittalschnitt durch linken Hoden und Nebenhoden in der Ansicht von links. (Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

Ductus deferens Epididymis, Cauda

Lobulus testis

Der Wandaufbau der spermienproduzierenden Tubuli ist zweischichtig: ■ außen: Kollagenfasern und Myofibroblasten ■ innen: Keimepithel mit Sertoli-Zellen neben verschiedenen Stadien von Keimzellen (S. 843).

▶ Merke.

Die Wand der Tubuli seminiferi contorti als Ort der Spermienproduktion ist aus zwei funktionell unterschiedlichen Schichten aufgebaut, die durch eine Basalmembran voneinander getrennt sind: ■ In der äußeren Schicht finden sich zahlreiche Kollagenfasern und Myofibroblasten. ■ Die innere Schicht ist das Keimepithel, in dem die Spermatogenese stattfindet. Neben den Keimzellen in verschiedenen Differenzierungsstadien (S. 843) finden sich hier auch somatische Zellen, die sog. Sertoli-Stützzellen. ▶ Merke. ■

Der Begriff „Keimepithel“ wird bei der männlichen und der weiblichen Keimdrüse unterschiedlich benutzt. Beim Hoden ist das Keimepithel die Zellschicht, die der Spermatogenese dient. Am Ovar bezeichnet man als Keimepithel nur die Peritonealbedeckung (Lamina visceralis).

Die Tubulusfunktion wird durch interstitielle Zellen (S. 845) unterstützt.

Die Funktion der Tubuli im Rahmen der Spermatogenese wird durch Zellen des zwischen den Tubuli gelegenen Interstitiums unterstützt, z. B. hormonproduzierende Leydig-Zellen (S. 845) und Myofibroblasten.

Gefäßversorgung und Innervation des Hodens Arterien: Äste der A. testicularis dextra und sinistra (beide aus der Aorta abdominalis in Höhe der Nierenarterien) versorgen Hoden und Nebenhoden.

Gefäßversorgung und Innervation des Hodens Arterielle Versorgung: Sie erfolgt über die Arteria testicularis dextra und sinistra, die aus der Aorta abdominalis dicht unterhalb der Abgänge der Aa. renales entspringen und im Samenstrang (S. 831) zum Hoden ziehen. Die A. testicularis tritt am Mediastinum testis ein, ihre kleinen Verzweigungen laufen teilweise in den Septula testis. Kleine Äste der A. testicularis versorgen auch den Nebenhoden.

829

J 4.2 Innere männliche Genitalorgane

Venöser Abfluss: Das venöse Blut des Hodens (und des Nebenhodens) sammelt sich beidseitig in einem venösen Geflecht, dem Plexus pampiniformis, der rankenartig zunächst die A. testicularis umgibt und dann in die Vena testicularis dextra und sinistra abfließt. Die V. testicularis mündet rechts spitzwinklig direkt in die V. cava inferior, links rechtwinklig in die V. renalis sinistra. ▶ Klinik. Die krampfaderartige Erweiterung des Plexus pampiniformis nennt man Varikozele. Aufgrund der linksseitig ungünstigeren Abflussverhältnisse bildet sie sich in ca. 90 % links aus. Da eine Varikozele auch Ausdruck eines Tumors (durch Einwachsen in das Gefäß bzw. seiner Verlegung) sein kann, muss eine solche Ursache ausgeschlossen werden. Liegt keine schwerwiegende Erkrankung zugrunde und leidet der Patient weder unter Schmerzen noch unter Unfruchtbarkeit, muss nicht operiert werden.

⊙ J-4.4

Venen: Der Abfluss von Hoden und Nebenhoden erfolgt über den Plexus pampiniformis in die V. testicularis, die rechts in die V. cava inf., links in die V. renalis sin. mündet.

Linksseitige Varikozele

(Moll, I.: Duale Reihe Dermatologie. Thieme, 2010)

Lymphabfluss: Bedingt durch den embryonalen Descensus testis (S. 324) fließt die Lymphe des Hodens in die Nodi lymphoidei lumbales dextri und sinistri ab und nicht in die Beckenlymphknoten. ▶ Klinik. Bei bösartigen Hodentumoren werden daher evtl. Tochtergeschwülste

Lymphabfluss: Er erfolgt aufgrund des embryonalen Deszensus in die Nll. lumbales.

▶ Klinik.

(Metastasen) in den Lymphknoten um Aorta abdominalis und V. cava inf. gefunden. Diese Lymphknotengruppen (die Nll. lumbales) müssen daher ggf. operativ vom Becken bis in das obere Abdomen hinauf entfernt werden (sog. Mehrhöhlenoperation). Innervation: Die vegetativen Fasern stammen aus den Ganglia coeliaca und aorticorenalia. Sie erreichen den Hoden über den Plexus renalis und Plexus testicularis (entlang der A. testicularis), teilweise auch über den Plexus hypogastricus inferior. Die überwiegend sympathischen Fasern regulieren die Hodendurchblutung und innervieren die glatten Muskelzellen der Tunica albuginea.

Innervation: Die vegetative Fasern stammen aus den Ggll. coeliaca und aorticorenalia sowie aus dem Plexus hypogastricus inf.

4.2.2 Nebenhoden (Epididymis)

4.2.2

Funktion des Nebenhodens

Funktion des Nebenhodens

Der zu den samenableitenden Wegen gehörende Nebenhoden ist Speicher- und Reifungsorgan für die Samenzellen.

Speicher- und Reifungsorgan für Spermien und Samenableitung.

Form, Abschnitte und Lage des Nebenhodens

Form, Abschnitte und Lage des Nebenhodens Form und Abschnitte: Der Nebenhoden gliedert sich in Caput, Corpus und Cauda epididymidis und besteht aus einem langen stark gewundenen Gang.

Form und Abschnitte: Der Nebenhoden (= die Epididymis) ist ein längliches Organ und wird makroskopisch in Caput, Corpus und Cauda epididymidis unterteilt. Grundsätzlich besteht der Nebenhoden aus einem stark gewundenen langen Gang, dem Nebenhodengang, den man aber hauptsächlich in Corpus und Cauda epididymidis findet. Das Caput epididymidis dagegen wird überwiegend von den Ductuli efferentes testis (also eigentlich Hodenstrukturen) gebildet, die am unteren Ende des Caput End-zu-Seit in den Nebenhodengang münden. Lage: Jedem Hoden liegt ein Nebenhoden dorsomedial außerhalb der Tunica albuginea mit seinem Kopf am oberen Hodenpol auf.

Nebenhoden (Epididymis)

Lage: Er liegt dem Hoden dorsomedial (auf der Tunica albuginea) auf.

830

J 4 Männliches Genitale

Aufbau des Nebenhodens

Aufbau des Nebenhodens

Ductuli efferentes testis: Die ca. 12 jeweils etwa 12 cm langen Kanälchen im Nebenhodenkopf stehen hodenseitig in Verbindung mit dem Rete testis. Sie münden in den Nebenhodengang (s. u.).

Ductuli efferentes testis: Der Kopf (Caput epididymidis) enthält die insgesamt etwa 10–12 Ductuli efferentes testis. Jeder dieser stark gewundenen Gänge ist ca. 12 cm lang, aber auf eine Länge von 1 cm geknäuelt, und steht hodenseitig in Verbindung mit dem Rete testis. Der am weitesten kranial gelegene Ductulus efferens geht Endzu-End in den Nebenhodengang (s. u.) über, alle anderen Ductuli efferentes münden End-zu-Seit in ihn ein.

Feinbau: Durch die schwankende Epithelhöhe (1–2-reihig) entsteht ein wellenförmiges Lumen (Abb. J-4.5a). Epithel und die darunterliegende Muskulatur dienen dem Spermientransport (Kinozilien- und Mikrovilli-Besatz der Oberflächenzellen, Sekretion).

Feinbau: Die Höhe der einzelnen Zellen des 1–2-reihigen Epithels schwankt, wodurch im Querschnitt der Eindruck eines gewellten Lumens entsteht (Abb. J-4.5a). Das Epithel selbst und die darunterliegende dünne Schicht glatter Muskulatur stehen im Dienst des Spermientransports: Die bis zur Oberfläche reichenden hochprismatischen Zellen tragen einen Kinozilienbesatz, zudem finden sich auch Zellen mit Mikrovilli. Das Epithel soll die Fähigkeit zur Resorption und Sekretion haben.

Ductus epididymidis: Der Speicherort für Samenzellen ist ca. 6 m lang, gewunden und erstreckt sich vom Corpus bis zur Cauda, wo er in den Samenleiter (S. 831) übergeht.

Ductus epididymidis (Nebenhodengang): Dieser ebenfalls stark gewundene Gang erstreckt sich mit einer Gesamtlänge von ca. 5–6 m im Corpus epididymidis und in der Cauda epididymidis. Er geht an seinem erweiterten distalen Ende in den Samenleiter (S. 831) über. Im erweiterten Endabschnitt des Nebenhodengangs können Samenzellen gespeichert werden.

Feinbau: Das 2-reihige Epithel trägt Stereozilien (Abb. J-4.5b). Resorption und Sekretion dienen der Spermatozoenreifung (S. 843), die starke zirkuläre Muskulatur ihrem raschen Transport (Ejakulation).

Feinbau: Das hochprismatische Epithel des Nebenhodengangs ist zweireihig, seine Oberflächenzellen tragen Stereozilien (Abb. J-4.5b). Lysosomen einerseits und Sekretvakuolen andererseits deuten auf Resorptions- und Sekretionstätigkeit, wahrscheinlich im Rahmen der Spermatozoenreifung (S. 843) hin. Eine vorwiegend zirkuläre Schicht glatter Muskulatur dient dem Transport der Spermatozoen bei der Ejakulation.

⊙ J-4.5

Wandbau der samenableitenden Wege

a

b

c

Zu beachten sind die Stereozilien als charakteristische Bestandteile des Epithels in Ductulus efferens und Ductus epididymidis sowie die sehr kräftige Muskelschicht in der Wand des Ductus deferens. a Querschnitte durch Ductulus efferens, b Ductus epididymidis c und Ductus deferens. (Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

Gefäßversorgung und Innervation des Nebenhodens Arterien: Äste der A. testicularis und der A. ductus deferentis.

Gefäßversorgung und Innervation des Nebenhodens

Venen: Venöses Blut fließt in den Plexus pampiniformis. Lymphabfluss: Er erfolgt über Nll. lumbales und Nll. iliaci interni.

Venöser Abfluss: Das venöse Blut fließt in den Plexus pampiniformis (s. o.).

Innervation: Vegetative Fasern entstammen den Ggll. coeliaca sowie dem Plexus hypogastricus inf.

Arterielle Versorgung: Äste der Arteria testicularis (aus der Aorta abdominalis) und der Arteria ductus deferentis (S. 831) versorgen den Nebenhoden.

Lymphabfluss: Er erfolgt über Nodi lymphoidei lumbales (wie die Lymphe des Hodens) und Nodi lymphoidei iliaci interni (wie beim Ductus deferens). Innervation: Die vegetativen Fasern entstammen den Ganglia coeliaca (wie die zum Hoden) und dem Plexus hypogastricus inferior (wie die zum Ductus deferens). Die überwiegend sympathischen Fasern regulieren die Durchblutung des Nebenhodens und bewirken eine Kontraktion der glatten Muskulatur im Nebenhoden.

831

J 4.2 Innere männliche Genitalorgane

4.2.3 Samenleiter (Ductus deferens)

4.2.3

Funktion des Ductus deferens

Funktion des Ductus deferens

Der Ductus deferens hat als samenableitender Weg Transportfunktion bei der Ejakulation. Er verbindet den Nebenhodengang mit der männlichen Harnsamenröhre (S. 838).

Der Samenleiter dient dem Spermientransport vom Nebenhodengang zur Urethra (S. 838).

Form und Lage des Ductus deferens

Form und Lage des Ductus deferens

Der Ductus deferens ist bei einer Dicke von ca. 3–4 mm etwa 40 cm lang. Er geht an der Cauda epididymidis aus dem Nebenhodengang (s. o.) hervor und zieht im Funiculus spermaticus durch den Leistenkanal (S. 316). Von Peritoneum urogenitale bedeckt läuft er seitlich an der Harnblase entlang und tritt von dorsal an ihren Fundus heran. Dort erweitert er sich zur Ampulla ductus deferentis, die sich in den Ductus ejaculatorius (S. 833) fortsetzt. Letzterer mündet in die Urethra.

Als Fortsetzung des Ductus epididymidis zieht er mit einer Länge von 40 cm im Funiculus spermaticus durch den Leistenkanal (S. 316). Nahe dem Blasenfundus erweitert sich der Ductus deferens zur Ampulle, die über den Ductus ejaculatorius (S. 833) in die Urethra einmündet.

▶ Klinik. Aufgrund seiner leicht zugänglichen Lage vor Eintritt in den Leistenkanal kann zur Sterilisation der Ductus deferens beidseitig in Lokalanästhesie operativ unterbrochen werden (sog. Vasektomie). Es muss jedoch beachtet werden, dass die ersten Ejakulate nach dem Eingriff aufgrund vorheriger Speicherung noch Samen enthalten können. Daher kann erst nach Kontrolle des Spermiogramms (S. 848) auf andere Verhütungsmaßnahmen verzichtet werden.

Samenleiter (Ductus deferens)

▶ Klinik.

Aufbau des Ductus deferens

Aufbau des Ductus deferens

Wie der Ductus epididymidis trägt der Ductus deferens ein zwei- oder mehrreihiges hochprismatisches Epithel (Abb. J-4.5c), das proximal, d. h. in der Nähe des Nebenhodens, noch Stereozilien trägt. Die Schleimhaut, die von elastischem Bindegewebe unterlegt ist, legt sich in Längsfalten. Besonders auffällig ist die ausgeprägte glatte Muskulatur des Samenleiters. Sie besteht aus drei Lagen mit Längs- und Spiralanordnung und dient dem raschen Transport der Samenzellen bei der Ejakulation.

Das hochprismatische Epithel ist 2- oder mehrreihig und trägt proximal Stereozilien (Abb. J-4.5c). Die sehr starke dreilagige Muskulatur in Längs- und Spiralanordnung dient dem raschen Spermientransport bei der Ejakulation.

Gefäßversorgung und Innervation des Ductus deferens Arterielle Versorgung: Die Arteria ductus deferentis geht variabel von der Arteria umbilicalis (Pars patens), der Arteria vesicalis superior, Arteria vesicalis inferior oder direkt aus der Arteria iliaca interna ab.

Gefäßversorgung und Innervation des Ductus deferens Arterien: Die A. ductus deferentis entspringt variabel (aus: A. umbilicalis, A. vesicalis sup./ inf. oder A. iliaca int.)

Venöser Abfluss: Das venöse Blut fließt über den Plexus pampiniformis in die Venae testiculares und über die Plexus venosi vesicalis und prostaticus in die Venae vesicales.

Venen: Plexus pampiniformis (V. testicularis) sowie Pll. venosi vesicalis und prostaticus (Vv. vesicales).

Lymphabfluss: Die lymphatische Drainage erfolgt in die Nodi lymphoidei iliaci interni und teilweise direkt in die Nodi lymphoidei lumbales.

Lymphabfluss: Nll. iliaci intt. und direkt Nll. lumbales.

Innervation: Die vegetativen Fasern kommen überwiegend aus dem Plexus hypogastricus inferior. Die vorwiegend sympathischen Fasern regulieren die Durchblutung und bewirken eine Kontraktion der glatten Muskulatur des Ductus deferens bei der Ejakulation.

Innervation: Vorwiegend aus Plexus hypogastricus inf.

▶ Merke. Der Ductus deferens und begleitende Leitungsbahnen (Aa. ductus defe-

rentis, testicularis und die aus der A. epigastrica inf. stammende A. cremasterica, Plexus pampiniformis, vegetative Nerven und R. genitalis n. genitofemoralis) bilden mit den sie umgebenden Hüllen (Tab. C-3.4) den Samenstrang (Funiculus spermaticus).

▶ Merke.

832

J 4 Männliches Genitale

4.2.4

4.2.4 Akzessorische Geschlechtsdrüsen

Akzessorische Geschlechtsdrüsen

▶ Definition.

▶ Definition. Zu den akzessorischen Geschlechtsdrüsen (Abb. J-4.6) rechnet man: ■

■ ■

⊙ J-4.6

Bläschendrüse (Glandula vesiculosa; veraltet: Samenbläschen = Vesicula seminalis), paarig, Vorsteherdrüse (Prostata) und Cowper-Drüse (Glandula bulbourethralis), paarig.

⊙ J-4.6

Akzessorische Geschlechtsdrüsen Vesica urinaria Ureter dexter Ductus deferens dexter Gl. vesiculosa dextra

Glandula vesiculosa (Bläschendrüse) ▶ Synonym.

(Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

Ampulla ductus deferentis

Prostata

Urethra masculina

Ansicht der Gll. vesiculosae und der Prostata von dorsal. Zu beachten ist, dass die Ductus deferentes an der Blasenhinterwand medial der Gll. vesiculosae liegen und der Ureter (Harnleiter) den Ductus deferens (S. 777) an dessen Dorsalseite kreuzt.

Gl. bulbourethralis

Glandula vesiculosa (Bläschendrüse) ▶ Synonym. Glandula seminalis; Vesicula seminalis (Samenbläschen)

Funktion der Glandula vesiculosa

Funktion der Glandula vesiculosa

Produktion eines alkalischen viskösen Sekrets mit hohem Fruktoseanteil zur Anregung der Spermienmotilität. Die Drüse produziert androgengesteuert 70 % des Ejakulatvolumens (S. 848).

Die veraltete Bezeichnung Vesicula seminalis ist nicht korrekt, da die Bläschendrüse kein Speicherort für Samenzellen ist, sondern Produktionsort für ein alkalisches visköses Sekret mit hohem Fruktoseanteil. Die Fruktose ist Energiequelle für die Spermatozoen (S. 848), das alkalische Milieu regt die Spermatozoenbeweglichkeit an. Ca. 70 % des Ejakulats (S. 848) bestehen aus dem Sekret der Glandula vesiculosa, deren Funktion durch Androgene gesteuert wird.

Form, Abschnitte und Lage der Glandula vesiculosa Die 5 cm lange Drüse besteht aus einem ca. 20 cm langen gewundenen Gang. Der Ductus excretorius mündet in der Prostata in den Ductus ejaculatorius.

Form, Abschnitte und Lage der Glandula vesiculosa

Zwischen Ductus deferens und Ureter liegt die paarige Drüse an der Blasenhinterwand, verwachsen mit dem Fundus (Abb. J-4.6). Nur die dorsal gelegene Kuppe ist oft von Peritoneum bedeckt.

Die Bläschendrüse ist ein Gang, der mit dem umgebenden Bindegewebe verwachsen ist. Durch die starke Windung nimmt er trotz seiner Gesamtlänge von 16–20 cm in situ nur 4–5 cm ein. Der Ausführungsgang des Samenbläschens (Ductus excretorius) mündet innerhalb der Prostata in den Ductus ejaculatorius (zusammen mit dem Ductus deferens). Die paarige Drüse liegt lateral der Ampullen des Ductus deferens, aber medial der Ureteren (Harnleiter) direkt an der Hinterwand der Harnblase, mit deren Fundus sie verwachsen sind (Abb. J-4.6). Die nach kranial und dorsal weisende Kuppe des Samenbläschens ist oft noch von Peritoneum urogenitale bedeckt, die größten Drüsenanteile haben jedoch keinen Bauchfellbezug.

Aufbau der Glandula vesiculosa

Aufbau der Glandula vesiculosa

Das Lumen erscheint durch die Gangwindung im Schnitt gekammert. Das Epithel ist einschichtig bis zweireihig und zu ekkriner und apokriner Sekretion fähig. Die kräftige glatte Muskulatur bewirkt eine schnelle Sekretausstoßung.

Das Lumen des gewundenen Gangs ist durch viele Schleimhautfalten unregelmäßig gekammert, was in einem histologischen Schnitt recht charakteristisch zu erkennen ist. Das Epithel ist allgemein einschichtig, gelegentlich aber auch zweireihig (Tab. A-2.5) und zu ekkriner und apokriner Sekretion fähig. Durch die kräftige glatte Muskulatur des Drüsengangs kann das Sekret bei der Ejakulation sehr schnell ausgestoßen werden.

833

J 4.2 Innere männliche Genitalorgane

Gefäßversorgung und Innervation der Glandula vesiculosa Arterielle Versorgung: Kleine Äste, die variabel aus der A. vesicalis inferior und der A. ductus deferentis entspringen.

Gefäßversorgung und Innervation der Glandula vesiculosa Arterien: Äste der A. vesicalis inf. und der A. ductus deferentis.

Venöser Abfluss: Er erfolgt über die Plexus venosi vesicalis und prostaticus in die Venae vesicales.

Venen: Pll. venosi vesicalis und prostaticus.

Lymphabfluss: Die Lymphe erreicht größtenteils die Nodi lymphoidei iliaci interni, ein kleinerer Teil kann in präsakrale Lymphknoten abfließen.

Lymphabfluss: Nll. iliaci intt. und teilweise präsakrale Lymphknoten.

Innervation: Die überwiegend sympathischen Fasern aus dem Plexus hypogastricus inferior bewirken eine Kontraktion der glatten Drüsenmuskulatur bei der Ejakulation. Parasympathische Fasern aus dem gleichen Plexus steigern die Sekretproduktion.

Innervation: Fasern aus dem Pl. hypogastricus inferior.

Ductus ejaculatorius

Ductus ejaculatorius

▶ Definition. Als Ductus ejaculatorius bezeichnet man das gemeinsame Endstück des Ductus deferens (S. 831) und des Ductus excretorius der Glandula vesiculosa (s. o.).

▶ Definition.

Gemäß der paarigen Anordnung von Ductus deferens und Ductus excretorius ist der Ductus ejaculatorius ebenfalls paarig. Er durchzieht als knapp 2 cm langer Gang die Prostata und mündet in die Pars prostatica der Urethra (S. 838) auf dem Samenhügelchen (Colliculus seminalis). Die in zarte Längsfalten gelegte Schleimhaut des Ductus ejaculatorius trägt ein einschichtiges hochprismatisches Epithel. An der urethralen Öffnung des Ductus ejaculatorius findet man einen Sphinktermechanismus, der das retrograde Eindringen von Harn in die Gl. vesiculosa verhindert: Ein venöses Geflecht, elastische Fasern und glatte Muskelzellen bewirken den Verschluss. Die Öffnung des Ductus wird durch besondere Längsmuskelfasern der Urethra geweitet, durch den Zug des M. vesicoprostaticus (S. 783) dagegen geschlossen. Durch Sympathikuseinfluss erschlafft der Sphinktermechanismus bei der Ejakulation; die parasympathische Innervation führt zu einem Sphinkterverschluss.

Er durchzieht die Prostata und mündet in die Pars prostatica der Urethra (S. 838) auf dem Colliculus seminalis.

Prostata (Vorsteherdrüse)

Prostata (Vorsteherdrüse)

Funktion der Prostata

Funktion der Prostata

Die Prostata produziert als exokrine Drüse ein schwach saures (pH 6,4) Sekret, das zahlreiche Proteasen enthält, vor allem saure Phosphatase. Spermin beeinflusst die Spermatozoenbeweglichkeit (S. 848) und verflüssigt das Ejakulat. Mit fast 30 % hat es nach dem Sekret der Bläschendrüse den größten Volumenanteil am Ejakulat.

Das saure Sekret der exokrinen Drüse (pH 6,4) bildet den zweitgrößten Volumenanteil des Ejakulats. Die Konsistenz und die Spermienmotilität werden durch Enzyme (v. a. saure Phosphatase) beeinflusst.

Form, Abschnitte und Lage der Prostata

Form, Abschnitte und Lage der Prostata

Form und Abschnitte: Die Prostata ist dorsal abgeplattet und hat die Größe einer Esskastanie. Ein Lobus dexter und sinister werden vor der Urethra durch den Isthmus prostatae, hinter der Urethra durch den Lobus medius miteinander verbunden.

Form und Abschnitte: Lobus dexter und sinister der esskastaniengroßen Drüse sind vor (Isthmus) und hinter (Lobus medius) der Urethra verbunden. Lage: Sie liegt extraperitoneal an der Basis der Blase und umfasst die Urethra (Abb. J-4.6). Am Beckenboden ragt die Prostata durch den Hiatus urogenitalis. Nach dorsal grenzt sie an das Rektum, nach ventral ist sie bindegewebig an der Symphyse fixiert.

Lage: Ohne Kontakt zum Peritoneum urogenitale liegt die Vorsteherdrüse direkt an der Basis der Harnblase und umgibt dort die Urethra (Abb. J-4.6). Am Beckenboden liegt sie dem M. levator ani auf und ragt teilweise nach kaudal durch den Hiatus urogenitalis, wo sie dem M. transversus perinei profundus, einem Teil des sog. „Diaphragma urogenitale“ (S. 336), aufliegt. Nach dorsal grenzt die Prostata an das Rektum, durch welches sie ca. 4 cm oberhalb des Afters als derbes Gebilde tastbar ist. Nach ventral ist sie durch eine Bindegewebsverstärkung im Spatium retropubicum, das Lig. puboprostaticum (mit dem M. puboprostaticus) am Hinterrand der Symphyse befestigt.

Das Epithel ist einschichtig hochprismatisch. Ein Sphinktermechanismus (venöses Geflecht, elastische Fasern, glatte Muskulatur) an der urethralen Öffnung und der Zug des M. vesicoprostaticus (S. 783) verhindern das retrograde Eindringen von Harn.

834

J 4 Männliches Genitale

Aufbau der Prostata

Aufbau der Prostata

Die Prostata ist von einer derben fibromuskulären Kapsel umgeben und lässt sich nach McNeal in 5 Zonen einteilen (Abb. J-4.7).

Die Prostata ist von einer sehr kräftigen fibrösen Kapsel umgeben, die innen glatte Muskulatur enthält. Die inzwischen gebräuchliche Einteilung der Drüse in fünf Zonen (Abb. J-4.7) erfolgt nach McNeal.

⊙ J-4.7

Form, Lage und Aufbau Prostata

Samenbläschen

Ductus deferens

Blasenhals anteriore drüsenfreie Zone

Gl. bulbourethralis

Ductus ejaculatorii zentrale Zone

Transitionszone a

periphere Zone

b

Urethra

periurethrale Mantelzone

Blasenhals zentrale Zone

Transitionszone

periphere Zone

anteriore Zone

Urethra, Pars prostatica

c

M. transversus perinei profundus

d

Frontalschnitt durch die Prostata in der Ansicht von ventral (a), der Drüsenkörper umgibt die hier eröffnete Urethra. Kaudal sind die Glandulae bulbourethrales (S. 835) sichtbar. Schematische Darstellung der klinisch relevanten Zonenunterteilung in der Ansicht von ventral (a), von links in räumlicher Darstellung (b), von links als Mediansagittalschnitt (c) und von kranial (Horizontalschnitt, d). (Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.) Feinbau: ■ Periphere Zone: 70 % der Masse; dorsaler, lateraler und kaudaler Bereich. ■ Zentrale Zone: 25 % der Masse; kranialer keilförmiger Bereich, durchzogen von den Ductus ejaculatorii. ■ Periurethralzone: schmaler Bereich urethraeigener Drüsen. ■ Transitionszone: zwei Bereiche seitlich der proximalen Urethra; zwischen Periurethralund peripherer Zone. ■ Anteriore Zone als drüsenfreier vorderer Sektor.

Feinbau: Um die Urethra angeordnet, unterscheidet man: ■ Periphere Zone: Sie bildet den größten Organanteil (70 %) und liegt dorsolateral und kaudal. ■ Zentrale Zone: der zweitgrößte Teil mit ca. 25 % der Organmasse als kranialer keilförmiger Bereich. In der zentralen Zone liegen die Ductus ejaculatorii und der Utriculus prostaticus. ■ Periurethralzone: schmale Manschette aus urethraeigenen Drüsen in der Wand der proximalen Urethra. Die Drüsen sind aus sog. „Urethradivertikeln“ entstanden. ■ Transitionszone: zwei Bereiche seitlich der proximalen Urethra. Liegt zwischen der Periurethralzone und der peripheren Zone. ■ Anteriore Zone: Ein schmaler ventraler Sektor von Innenzone und periurethraler Zone bleibt frei von Drüsengewebe.

▶ Klinik. Bei älteren Männern findet man häufig eine Hyperplasie

(Zellvermehrung) von periurethraler Zone und/oder zentraler Zone. Die daraus folgende Einengung der Urethra führt zu einem Abflusshindernis des Harns aus der Blase. Die Folgen sind unvollständige Blasenentleerung, die man über den sonografischen Nachweis von sog. Restharn nachweisen kann, und ein starkes balkenartiges kompensatorisches Wachstum der Blasenmuskulatur, sog. Balkenblase (S. 785). Der bösartige Tumor, das Prostatakarzinom, entsteht häufig subkapsulär in der peripheren Zone. In diesem Zusammen-

hang ist ein von den Prostatazellen physiologischerweise produziertes prostataspezifisches Antigen (PSA) von Bedeutung, das sich v. a. nach operativer Entfernung eines Prostatakarzinoms als Verlaufsparameter in der Tumornachsorge eignet (sog. Tumormarker). Auch bei der Diagnosestellung kann es hilfreich sein, wobei man bedenken muss, dass es auch bei gutartigen Prostataerkrankungen und bei Manipulation des Organs zu erhöhten Serumspiegeln kommen kann. Daher sollte eine rektale Untersuchung auch immer erst nach Blutentnahme zur PSA-Bestimmung erfolgen!

835

J 4.3 Äußere männliche Genitalorgane

Im Drüsenlumen der Prostata werden nicht selten klinisch asymptomatische sog. Prostatasteine gefunden (eingedicktes Sekret). Die Drüse mündet über 15–20 kleine Ausführungsgänge (Ductuli prostatici) in die Urethra seitlich des Colliculus seminalis.

Gefäßversorgung und Innervation der Prostata

Im Drüsenlumen ggf. Prostatasteine (eingedicktes Sekret). 15–20 Drüsenmündungen liegen seitlich des Colliculus seminalis.

Arterielle Versorgung: Arterielle Rami prostatici stammen aus der Arteria vesicalis inferior und der Arteria rectalis media.

Gefäßversorgung und Innervation der Prostata Arterien: Rr. prostatici (aus Aa. vesicalis inf. und rectalis med.).

Venöser Abfluss: Das venöse Blut fließt über die Plexus venosi vesicalis und prostaticus in die Venae vesicales ab.

Venen: Venöses Blut fließt über lokale Plexus in die Vv. vesicales.

Lymphabfluss: Grundsätzlich fließt der größte Teil der Lymphe zu den Nodi lymphoidei iliaci interni ab. Dies kann direkt oder über vorgeschaltete Lymphknotengruppen erfolgen (z. B. sog. pararektaler Abfluss zu den Nodi lymphoidei sacrales).

Lymphabfluss: Hauptabfluss zu den Nll. iliaci intt. (direkt oder über vorgeschaltete Lymphknoten).

Innervation: Die vegetativen Fasern stammen vor allem aus dem Plexus hypogastricus inferior.

Innervation: Fasern aus dem Pl. hypogastricus inferior.

Glandulae bulbourethrales (Cowper-Drüsen)

Glandulae bulbourethrales (CowperDrüsen) Funktion, Lage und Aufbau der Glandulae bulbourethrales Funktion: Produktion eines viskösen Sekrets (Gleitfähigkeit der Urethra für das Ejakulat).

Funktion, Lage und Aufbau der Glandulae bulbourethrales Funktion: Die paarigen Drüsen produzieren ein klares, visköses Sekret, welches die Urethra gleitfähig für das Ejakulat macht. Lage und Aufbau: Die knapp erbsengroßen rundlichen Drüsen liegen im Beckenboden im Bereich des M. transversus perinei profundus (S. 336) am hinteren Ende des Bulbus penis. Sie leiten ihr Sekret durch einen relativ langen (5 cm) Ausführungsgang in die Pars spongiosa urethrae. Die Glandulae bulbourethrales sind tubuloazinöse Drüsen und tragen ein einschichtiges Epithel.

Lage und Aufbau: Die erbsengroßen Drüsen liegen im Beckenboden (M. transversus perinei profundus) mit langem (5 cm) Ausführungsgang in die Pars spongiosa urethrae. Es handelt sich um tubuloazinöse Drüsen mit einschichtigem Epithel.

Gefäßversorgung und Innervation der Glandulae bulbourethrales Gefäßversorgung: Die versorgenden kleinen arteriellen und venösen Gefäße entstammen der Arteria pudenda interna bzw. münden in die gleichnamige Vene. Der Lymphabfluss erfolgt über die Nodi lymphoidei inguinales superficiales/profundi.

Gefäßversorgung und Innervation der Glandulae bulbourethrales Gefäße: Arteriell und venös erfolgt die Versorgung über kleine Äste der A. bzw. V. pudenda interna. Die Lymphe fließt über Nll. inguinales superficiales/profundi ab.

Innervation: Überwiegend sympathische Fasern aus dem Plexus hypogastricus inferior führen zur Kontraktion der glatten Drüsenmuskulatur bei der Ejakulation.

Innervation: V. a. sympathische Fasern aus dem Pl. hypogastricus inferior.

4.3

Äußere männliche Genitalorgane

▶ Definition. Zum äußeren männlichen Genitale rechnet man: ■ ■ ■

4.3

Äußere männliche Genitalorgane

▶ Definition.

Glied (Penis), Harnsamenröhre (Urethra masculina) und Hodensack (Skrotum).

4.3.1 Penis (Glied)

4.3.1

Funktion, Abschnitte und Lage des Penis

Funktion, Abschnitte und Lage des Penis

Am Penis, der das männliche Kohabitationsorgan ist, werden zwei Abschnitte unterschieden: ■ Peniswurzel (Radix penis) proximal, die aufgrund ihrer Befestigung an Bauchwand, Symphyse und Schambein auch als Pars affixa bezeichnet wird. ■ Penisschaft (Corpus penis), der wegen seiner freien Beweglichkeit auch Pars pendulans genannt wird.

Am männlichen Kopulationsorgan unterscheidet man ■ die proximale Peniswurzel (Radix penis), auch als Pars affixa bezeichnet, vom ■ distalen Penisschaft (Corpus penis), der Pars pendulans.

Penis (Glied)

836

J 4 Männliches Genitale

Form und Aufbau des Penis

Form und Aufbau des Penis

Die Form des Penis wird durch Schwellkörper bestimmt, die von Bindegewebe und Haut umhüllt sind.

Die Form von Peniswurzel und Penisschaft wird vor allem durch die Schwellkörper, Corpus cavernosum und spongiosum penis, bestimmt. Diese sind von Bindegewebe und Haut umhüllt (Penisfaszien, s. u.) und im Bereich der Peniswurzel am Rumpf befestigt.

Radix penis: Sie ist am Os pubis und der Bauchwand durch Bänder befestigt: ■ Lig. fundiforme penis (Teil der Bauchwandfaszie) und ■ Lig. suspensorium penis (von der Symphyse zum Penis).

Radix penis: Die Peniswurzel ist an den unteren Schambeinästen, an der Symphyse und an der Bauchwand durch elastische Bänder aufgehängt. Dabei fallen zwei Züge besonders auf: ■ Das Ligamentum fundiforme penis geht in der Linea alba aus der Bauchwandfaszie hervor und zieht bis in das Corpus penis, das es umschließt. ■ Das Ligamentum suspensorium penis zieht vom Unterrand der Symphyse und von den Schambeinästen zum Penisrücken (Dorsum penis).

Corpus penis: Es hängt frei und endet mit der Eichel (Glans penis), die vom Schaft durch die Corona glandis abgegrenzt ist.

Corpus penis: Der frei hängende Peniskörper endet distal mit der Eichel (Glans penis). Die Eichel setzt sich durch einen vorspringenden Rand (Corona glandis) mittels einer Furche (Collum glandis) am Schaft ab. Das Corpus penis wird von einer zarten und leicht verschieblichen Haut umhüllt, die auf der Glans eine Reservefalte bildet. Diese sog. Vorhaut (Preputium penis) verstreicht bei der Erektion, sodass die Glans dann frei liegt. Ein dünnes Bändchen (Frenulum preputii) zieht von der Haut zur Unterseite der Glans und verhindert ein zu starkes Zurückschieben der Vorhaut. Die Haut der Glans selbst ist unverschieblich. Im Bereich des Frenulum münden Talgdrüsen auf die Glans (Glandulae preputiales). Von den Schwellkörpern erreicht nur das Corpus spongiosum die Glans.

Die leicht verschiebliche Penishaut bildet an der Glans das Preputium penis, das durch das Frenulum preputii fixiert wird. In diesem Bereich münden Gll. preputiales (Talgdrüsen). Von den Schwellkörpern erreicht nur das Corpus spongiosum die Glans penis.

▶ Klinik.

▶ Klinik. Kann die Vorhaut nicht über die Glans zurückgestreift werden, spricht man von einer Vorhautverengung (Phimose). Bei einer Paraphimose kann die enge Vorhaut zwar gerade noch über die Glans zurückgestreift, jedoch dann nicht mehr über die Corona glandis nach vorne geschoben werden: Sie bleibt am Collum glandis hängen und schnürt ggf. die Blutversorgung der Glans penis ab. Dann ist ein sofortiges operatives Vorgehen erforderlich. Dabei wird der verengte vordere Abschnitt der Vorhaut operativ entfernt.

Schwellkörper des Penis

Schwellkörper des Penis

Man unterscheidet (Abb. J-4.8): ■ Corpus cavernosum penis und ■ Corpus spongiosum penis.

Zwei Schwellkörper (Abb. J-4.8) werden unterschieden: ■ Corpus cavernosum penis und ■ Corpus spongiosum penis, deren funktionelle Bedeutung im Rahmen der Erektion (S. 847) beschrieben ist.

⊙ J-4.8

⊙ J-4.8

Aufbau des Penis V. dorsalis profunda penis A. dorsalis penis

V. dorsalis superficialis penis N. dorsalis penis

Septum penis A. profunda penis Corpus cavernosum A. urethralis Corpus spongiosum

Tela subcutanea (Fascia penis superficialis) Fascia penis (profunda) Tunica albuginea corporum cavernosorum Urethra, Pars spongiosa Tunica albuginea corporis spongiosi

Querschnitt durch das Corpus penis in der Ansicht von ventral. (Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

Corpus cavernosum penis: Der größere der beiden Schwellkörper wird durch ein medianes, nach distal inkomplettes Septum unterteilt und von einer derben Tunica albuginea umgeben. Proximal setzt sich das Corpus cavernosum in die Crura penis bedeckt von Mm. ischiocavernosi (S. 337) fort.

Corpus cavernosum penis: Das Corpus cavernosum ist der größere der beiden Schwellkörper. Ein medianes Septum penis, das nach distal allerdings unvollständig wird, teilt das Corpus cavernosum in zwei Teile. Sie werden gemeinsam von einer sehr kräftigen Faszie, der Tunica albuginea corporum cavernosorum, umgeben. Nach proximal setzen sich die beiden Anteile des Corpus cavernosum in die Crura penis fort, die an den unteren Schambeinästen angeheftet sind und von den Mm. ischiocavernosi (S. 337) umhüllt werden.

J 4.3 Äußere männliche Genitalorgane

837

Das Corpus cavernosum besteht vollständig aus Hohlräumen (Kavernen), die mit Endothel ausgekleidet und von einer dicken Schicht glatter Muskulatur umgeben sind. Zwischen den Kavernen, die von innen nach außen enger werden, liegen elastisches Bindegewebe und glatte Muskulatur.

Das Corpus cavernosum besteht aus Kavernen mit Endothelauskleidung und einem starken Muskelmantel.

Corpus spongiosum penis: Das Corpus spongiosum verläuft an der Unterseite des Penis unterhalb des Corpus cavernosum und umgibt die Urethra (S. 838). Proximal ist das Corpus spongiosum zum Bulbus penis verdickt, der am Perineum befestigt ist und von den beiden Mm. bulbospongiosi (Abb. C-4.14) umgeben wird. Nach distal geht das Corpus spongiosum in die Glans penis über. Auch das Corpus spongiosum ist von einer Tunica albuginea (corporis spongiosi) umgeben, die allerdings erheblich dünner ist als die des Corpus cavernosum. Das Corpus spongiosum besteht aus unterschiedlich weiten und miteinander im Kurzschluss verbundenen venösen Gefäßen, die über die A. dorsalis penis und über die A. bulbi penis (s. u.) gespeist werden.

Corpus spongiosum penis: Es umgibt die Urethra (S. 838) unterhalb des Corpus cavernosum. Proximal Verdickung zum Bulbus penis und Befestigung am Perineum, bedeckt von den Mm. bulbospongiosi. Distal Übergang in die Glans. Umfassung von einer zarten Tunica albuginea. Das Corpus spongiosum besteht aus anastomosierenden weiten Venen.

Faszien des Penis

Faszien des Penis

Der Penisschaft (Abb. J-4.8) wird von einer zarten Faszie, der Tela subcutanea penis (Fascia penis superficialis), umhüllt. Diese Faszie liegt direkt unter der fettfreien Subkutis, entspricht der Tunica dartos des Skrotums (S. 841) und enthält glatte Muskulatur. So kann sich die Faszie den wechselnden Größenverhältnissen des Penis anpassen. Eine deutlich kräftigere Fascia penis (profunda), umschließt die drei Schwellkörper gemeinsam. Die Faszien sind wichtig für die topografische Unterteilung der Versorgungsstraßen des Penis. Die Tunica albuginea, eine Hülle aus verstärktem Bindegewebe, umfasst dann die Schwellkörper des Penis.

Die zarte Tela subcutanea penis umhüllt den Penisschaft (Abb. J-4.8). Die fettfreie Subkutis enthält glatte Muskulatur.

▶ Merke. Während die Tunica albuginea (s. o.) jeweils einen Schwellkörper umhüllt,

Die derbe Fascia penis (profunda) umschließt die Schwellkörper. Eine bindegewebige Tunica albuginea umhüllt jeweils die Schwellkörper. ▶ Merke.

werden alle drei Schwellkörper gemeinsam von der Fascia penis (profunda) umgeben. Die Tela subcutanea penis (= Fascia penis superficialis) ist subkutanes Bindegewebe mit Zügen glatter Muskulatur.

Gefäßversorgung und Innervation des Penis ▶ Merke. Neben der nutritiven Versorgung für den Stoffwechsel des Penis als Vasa

Gefäßversorgung und Innervation des Penis ▶ Merke.

privata dienen die arteriellen und venösen Gefäße des Penis als Vasa publica der Gewährleistung der Erektion (S. 847). Arterielle Versorgung: Stammgefäß ist die Arteria pudenda interna, ein viszeraler Ast der A. iliaca interna, der über den Canalis pudendalis, den sog. Alcock-Kanal (S. 341), das Spatium perinei superficiale erreicht. Ihre Äste zum Penis sind: ■ Arteria profunda penis: Sie zieht beidseits an der medialen Seite der Crura penis durch die Tunica albuginea hindurch in das jeweilige Corpus cavernosum und gelangt so bis zur Penisspitze. Aus den beiden Aa. profundae penis entspringen die Aa. helicinae, durch die die Kavernen der Corpora cavernosa gespeist werden. Besonderheit im Rahmen der Erektion (S. 847). ■ Arteria dorsalis penis: Sie zieht bis zur Glans penis, die ■ Arteria bulbi penis zum Bulbus penis und die ■ Arteria urethralis zur Urethra (s. u.).

Arterien: Die A. pudenda int. aus der A. iliaca int. zieht über den Canalis pudendalis (S. 341) in das Spatium perinei superficiale und gibt Äste zum Penis ab: ■ A. profunda penis: Sie zieht bds. medial in die Crura bis fast zur Penisspitze und gibt Aa. helicinae zur Speisung der Kavernen (s. o.) ab. ■ A. dorsalis penis, ■ A. bulbi penis und ■ A. urethralis (s. u.) sind weitere Äste.

Venöser Abfluss: Der Penis wird über ein tiefes und ein oberflächliches Venensystem drainiert: ■ Die Vena dorsalis profunda penis, die in die Plexus venosi vesicalis und prostaticus und in die Vena pudenda interna abfließt nimmt Blut auf aus – Venae profundae penis (Drainage der Schwellkörper) und der – Vena bulbi penis (Bulbus penis). ■ Die Venae dorsales superficiales penis liegen zwischen der Tela subcutanea penis und der Fascia penis (profunda). Sie nehmen das Blut der Penishaut auf und fließen in die Venae pudendae externae oder direkt in die Vena femoralis ab.

Venen: Es existiert ein tiefes und ein oberflächliches System: ■ Vv. profundae penis (Schwellkörper) und V. bulbi penis fließen über die V. dorsalis prof. penis und Venenplexus in die V. pudenda interna ab. ■ Zwischen Tela subcutanea penis und Fascia penis (profunda) liegen die Vv. dorsales superficiales penis (Abfluss in die Vv. pudendae ext. oder direkt in die V. femoralis).

Lymphabfluss: Große Anteile des frei hängenden Penis werden über die Nodi lymphoidei inguinales superficiales drainiert, die fixierten Anteile des Penis über Nodi lymphoidei iliaci interni.

Lymphabfluss: Nll. inguinales superff. (Pars pendulans) bzw. Nll. iliaci interni (Pars affixa).

838

J 4 Männliches Genitale

Innervation: ■ Somatosensibel: N. dorsalis penis (vom N. pudendus). ■ Vegetativ (über Plexus hypogastricus inferior): Parasympathisch (Erektion) von Nn. splanchnici pelvici; sympathisch: Nn. splanchnici sacrales.

Innervation: Der Penis wird sowohl somatosensibel als auch vegetativ gut innerviert: ■ Somatosensible Innervation: Nervus dorsalis penis (Ast des N. pudendus). ■ Vegetative Innervation (über Plexus hypogastricus inferior) : – Parasympathisch über Nervi splanchnici pelvici (aus S 1–S¾), vgl. Auslösen der Erektion (S. 847). – Sympathisch aus den Nervi splanchnici sacrales, vgl. Ejakulation (S. 847).

4.3.2

4.3.2 Urethra masculina (männliche Harnröhre)

Urethra masculina (männliche Harnröhre)

▶ Synonym.

▶ Synonym. Harnsamenröhre

Funktion der Urethra masculina

Funktion der Urethra masculina

Die Urethra masculina ist im Gegensatz zur Urethra feminina (S. 809) Harn- und Geschlechtsweg (Harnsamenröhre, zusätzlich für den Transport des Ejakulats). Nur ein ganz blasennaher Abschnitt ist ausschließlich Harnröhre.

Im Gegensatz zur Urethra feminina (S. 809), die ausschließlich Harnweg ist, sind bei der Urethra masculina Harn- und Geschlechtsweg (Letzteres durch den Transport des Ejakulats) vereint, weshalb man auch von der Harnsamenröhre spricht. Lediglich ein ganz blasennah gelegenes ca. 2 cm langes Stück ist reiner Harnweg, bevor innerhalb der Prostata die beiden Ductus ejaculatorii in die Harnröhre münden. Wegen dieser Doppelfunktion und wegen des Einbaus in den Penis wird die Urethra masculina an dieser Stelle beim Genitalapparat beschrieben.

Abschnitte, Lage und Form der Urethra masculina

Abschnitte, Lage und Form der Urethra masculina

▶ Merke.

▶ Merke. Die Urethra masculina lässt sich bei einer Gesamtlänge von ca. 20 cm in

drei längere Abschnitte unterteilen, weist 2 Krümmungen auf und zeigt in ihrem Verlauf jeweils 3 Engstellen und Weiten. Abschnitte und Lage

Abschnitte und Lage

Folgende Abschnitte werden unterschieden (Abb. J-4.9):

Von proximal nach distal unterteilt sich die männliche Harnröhre in folgende Abschnitte (Abb. J-4.9): ■ Pars intramuralis (innerhalb der Blasenwand), ■ Pars prostatica (innerhalb der Prostata), ■ Pars membranacea durchzieht den Levatorspalt (S. 335) und ■ Pars spongiosa (liegt im Corpus spongiosum penis). Gelegentlich werden der Verlauf in der Blasenwand und in der Prostata gemeinsam als Pars intramuralis bezeichnet.

■ ■ ■ ■

Pars intramuralis, Pars prostatica, Pars membranacea und Pars spongiosa.

⊙ J-4.9

⊙ J-4.9

Abschnitte der Urethra masculina

Vesica urinaria

Prostata

Urethra, Pars intramuralis mit Ostium urethrae internum

Gl. bulbourethralis

Urethra, Pars prostatica

Corpus spongiosum, Bulbus penis

Urethra, Pars membranacea

Crus penis

Urethra, Pars spongiosa

Äste der A. profunda penis

Fossa navicularis urethrae

Glans penis

Ostium urethrae externum, Crista urethralis

Schematisierter Längsschnitt durch die gesamte Urethra (ohne Berücksichtigung ihrer Krümmungen gestreckt dargestellt). Die Prostata ist sektorenförmig eröffnet und die Schwellkörper sind angeschnitten. (Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

839

J 4.3 Äußere männliche Genitalorgane

Pars intramuralis: Sie durchzieht vom Ostium urethrae internum als sehr kurzer Abschnitt die Muskelwand der Harnblase und ist vom M. sphincter urethrae internus umgeben.

Pars intramuralis: Sehr kurzer Abschnitt ab dem Ostium urethrae internum, umgeben vom M. sphincter urethrae int.

Pars prostatica: Sie zieht durch die Prostata bis zu deren unterem Pol und ist ca. 3 cm lang. Die zahlreichen Längsfalten verstreichen bei Durchströmung bis auf eine konstante Falte an der Dorsalseite (Crista urethralis). Dies ist eine vor allem blasennah ausgebildete Fortsetzung der Uvula vesicae am Blasengrund. Innerhalb der Prostata bildet die Crista urethralis den Colliculus seminalis (Samenhügel), auf dem beidseits eines kleinen Blindsacks (Utriculus prostaticus) die beiden Ductus ejaculatorii münden. Flankiert wird der Samenhügel auf jeder Seite von einem Sinus prostaticus, in den die Ausführungsgänge der Prostata münden.

Pars prostatica: Sie durchläuft die Prostata bis zu deren unterem Pol. Von den zahlreichen Längsfalten bleibt nur die dorsale Crista urethralis konstant und bildet in der Prostata den Colliculus seminalis (Mündung der Ductus ejaculatorii). Er ist beidseits flankiert von je einem Sinus prostaticus (Mündung der Prostatagänge).

Pars membranacea: Dies ist mit 1–2 cm Länge ein ebenfalls sehr kurzer und gleichzeitig der engste Abschnitt der Urethra. Er beginnt am unteren Prostatapol und endet am Bulbus penis mit dem Eintritt der Urethra in das Corpus spongiosum. Beim Durchtritt durch den M. transversus perinei profundus unterhalb des Levatorspalts wird die Urethra von einer Abspaltung des Muskels, dem Musculus sphincter urethrae externus, umgeben. Die Urethra ist in diesem Bereich relativ fest in das Bindegewebe des Beckens eingebaut. Der distale Abschnitt der Pars membranacea ist dehnbar (Ampulla urethrae) und biegt unterhalb des kaudalen Symphysenrandes nach ventral um, um dann im Bereich des Bulbus penis von kranial in das Corpus spongiosum penis einzutreten. In die Ampulla urethrae münden die Gll. bulbourethrales (S. 835).

Pars membranacea: Der 1–2 cm lange Abschnitt ist der engste und verläuft vom unteren Prostatapol zum Bulbus penis. Beim Durchtreten des M. transversus perinei prof. bilden Abspaltungen dieses Muskels den M. sphincter urethrae ext. Der distale Abschnitt ist dehnbar (Ampulla urethrae mit Mündung der Gll. bulbourethrales), biegt unterhalb der Symphyse nach ventral und tritt in das Corpus spongiosum ein.

Pars spongiosa: Die Pars spongiosa urethrae ist ca. 15 cm lang und endet mit dem Ostium urethrae externum an der Glans penis. Der proximale Teil der Pars spongiosa ist an den Strukturen des Beckenbodens fixiert und vorwiegend nach ventral gerichtet. Der distale Teil ist weniger fixiert und folgt der Lage des Penis. Das enge Lumen der Pars spongiosa, in der Ober- und Unterwand aneinander liegen, ist nur bei Durchtritt von Harn oder Ejakulat geöffnet. Unmittelbar vor dem Ostium urethrae externum ist die Pars spongiosa zur Fossa navicularis urethrae erweitert.

Pars spongiosa: Die Pars spongiosa ist ca. 15 cm lang und endet an der Glans mit dem Ostium urethrae ext. Der proximale Abschnitt ist stärker fixiert. Im engen Lumen liegen Ober- und Unterwand aneinander. Vor dem Ostium Erweiterung zur Fossa navicularis.

Krümmungen, Engstellen und Weiten

Krümmungen, Engstellen und Weiten

Krümmungen: Im Gegensatz zur fast vollständig geraden weiblichen Urethra weist die männliche Urethra durch den Einbau in den Penis zwei Krümmungen auf: ■ Curvatura infrapubica proximal am Übergang der Pars membranacea in die Pars spongiosa ■ Curvatura prepubica distal am Übergang vom fixierten proximalen in den nicht fixierten distalen Teil der Pars spongiosa.

Krümmungen: Die Urethra masculina zeigt 2 Krümmungen: ■ Curvatura infrapubica (Pars membranacea – Pars spongiosa) ■ Curvatura prepubica (Pars spongiosa: fixierter Teil – nicht fixierter Teil).

▶ Klinik. Die deutlich längere Urethra des Mannes schützt zwar das Harnsystem besser vor aufsteigenden Infektionen, doch sind Länge und Krümmungen der Urethra ein Problem beim Legen eines transurethralen Blasenkatheters. Die Curvatura prepubica versucht man auszugleichen, indem man den Penis anhebt und leicht überstreckt (Abb. J-4.10).

⊙ J-4.10 Symphysis pubica Blasenkatheter

Transurethraler Blasenkatheter beim Mann. (Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

Vesica urinaria Cavitas peritonealis pelvis Gl.v esiculosa Prostata Curvatura infrapubica

Curvatura prepubica durch Penis, Pars pendulans Streckung ausgeglichen

▶ Klinik.

840

J 4 Männliches Genitale

Engstellen: ■ Pars intramuralis mit dem Ostium urethrae internum, ■ Pars membranacea und ■ Ostium urethrae externum.

Engstellen: ■ Pars intramuralis mit dem Ostium urethrae internum, ■ Pars membranacea und ■ Ostium urethrae externum.

▶ Klinik.

▶ Klinik. Auch die Engen der männlichen Urethra spielen beim Legen eines trans-

urethralen Blasenkatheters eine große Rolle, da sie dem Vorschieben des Katheters einen Widerstand entgegensetzen, der nur mit äußerster Vorsicht überwunden werden darf. Weiten: Pars prostatica, ■ Ampulla urethrae und ■ Fossa navicularis.

Weiten: ■ Pars prostatica, ■ Ampulla urethrae und ■ Fossa navicularis.



Schleimhautaufbau der Urethra masculina

Schleimhautaufbau der Urethra masculina

Die Schleimhaut verändert sich im Verlauf der Urethra masculina wie folgt: proximal Urothel, dann mehrschichtig hochprismatisch (Pars prostatica), in der Fossa navicularis mehrschichtig unverhorntes Plattenepithel.

Während der übrige Wandbau weitestgehend dem der weiblichen Harnröhre (S. 809) ähnelt, ist die Schleimhaut der Urethra masculina in ihren unterschiedlichen Abschnitten verschieden aufgebaut: Der Anfangsteil trägt noch Urothel, das etwa ab der Mitte der Pars prostatica durch mehrschichtig hochprismatisches Epithel abgelöst wird. Die Fossa navicularis zeigt mehrschichtig unverhorntes Plattenepithel. Neben den in die Urethra masculina mündenden Ausführungsgängen der Prostata (S. 834) und der Glandulae bulbourethrales (S. 835) liegen auch Drüsen direkt in der Schleimhaut der männlichen Harnsamenröhre: ■ Glandulae urethrales: Diese zahlreichen mukösen Drüsen umgeben die Wand hauptsächlich in der Pars spongiosa. ■ Lacunae urethrales: Dies sind Schleimhautbuchten der Pars spongiosa urethrae, die mit einem sekretorischen Epithel ausgekleidet sind.

Neben mündenden Ausführungsgängen von Prostata und Gll. bulbourethrales kommen urethraeigene Drüsen vor: ■ Gll. urethrales liegen als muköse Drüsen in der Wand der Pars spongiosa, ■ Lacunae urethrales sind sekretorisch aktive Epithelbuchten.

Gefäßversorgung und Innervation der Urethra masculina Arterien: A. urethralis und Äste der Rr. prostatici.

Gefäßversorgung und Innervation der Urethra masculina Arterielle Versorgung: Die Arteria urethralis versorgt den Hauptteil der Urethra, v. a. die Pars spongiosa. Die Pars prostatica urethrae wird aus Ästen der Rami prostatici (aus der A. vesicalis inf. und der A. rectalis media) versorgt.

Venen: Die Pars prostatica drainiert in den Pl. venosus prostaticus, der Rest (S. 837).

Venöser Abfluss: Das venöse Blut der Pars prostatica urethrae fließt in die Plexus venosi vesicalis und prostaticus, der weitere venöse Abfluss erfolgt über die Venen des Penis (S. 837).

Lymphabfluss: Nll. iliaci interni und evtl. Nll. sacrales für die proximalen Urethra-Abschnitte. Distale Abschnitte drainieren auch in die Nll. inguinales superficiales.

Lymphabfluss: Neben den fixierten Anteilen des Penis werden auch die proximalen Anteile der Urethra über die Nodi lymphoidei iliaci interni drainiert. Lymphe der Pars prostatica urethrae kann auch mit der Lymphe der Prostata in die Nodi lymphoidei sacrales abfließen. Distale Abschnitte der Urethra masculina leiten ihre Lymphe in die Nodi lymphoidei inguinales superficiales.

Innervation: Sie erfolgt über den N. pudendus. Ganz blasennahe Abschnitte werden wie die Harnblase über Fasern aus dem Plexus hypogastricus inf. innerviert.

Innervation: Die sensible Innervation der Urethra erfolgt über den Nervus pudendus. Ganz blasennahe Abschnitte erhalten die Innervation wie die Harnblase über den Plexus hypogastricus inferior. Die Urethrawand ist schmerzempfindlich (brennender Schmerz bei Entzündungen = Urethritis), weshalb auch beim Katheterisieren (S. 839) behutsam vorgegangen werden muss.

J

841

4.3 Äußere männliche Genitalorgane

4.3.3 Skrotum (Hodensack)

4.3.3

Funktion und Aufbau des Skrotums

Funktion und Aufbau des Skrotums

Funktion: Das Skrotum ist ein Hautsack, der die Hoden aufnimmt, um durch deren Lagerung außerhalb der Körperhöhle eine für die normale Spermatogenese geringere Körpertemperatur zu garantieren.

Funktion: Das Skrotum dient als Hautsack zur Lagerung der Hoden außerhalb der Körperhöhlen.

Aufbau: Die beiden aus den Genitalwülsten (S. 858) hervorgehenden Hautlappen vereinigen sich in einer medianen Raphe scroti und fassen zwischen sich eine bindegewebige Trennschicht, das Septum scroti. Die fettfreie, dunkel pigmentierte Haut des Skrotums sitzt auf einer Subcutis, die von einer Schicht glatter Muskulatur, der Tunica dartos, unterbaut ist. Nach innen folgen die einzelnen Schichten (Abb. J-4.3) des Funiculus spermaticus bzw. der Rumpfwand (Tab. C-3.4).

Aufbau: 2 Hautlappen aus den Genitalwülsten (S. 858) mit einer Raphe scroti und dem Septum scroti. Die pigmentierte Haut und Subcutis liegen oberhalb der Tunica dartos. Nach innen folgen die rumpfwandanalogen Schichten (Abb. J-4.3 und Tab. C-3.4).

Gefäßversorgung und Innervation des Skrotums

Gefäßversorgung und Innervation des Skrotums Arterien: Rr. scrotales postt. (A. pudenda int.) und antt. (A. pudenda ext.).

Arterielle Versorgung: Rami scrotales posteriores stammen aus der A. pudenda interna, Rami scrotales anteriores aus der A. pudenda externa.

Skrotum (Hodensack)

Venöser Abfluss: Über Venae scrotales posteriores erfolgt der Abfluss in die V. pudenda interna, während die Venae scrotales anteriores ihr Blut der V. pudenda externa oder direkt der V. femoralis zuführen.

Venen: Vv. scrotales post. (V. pudenda int.) und ant. (V. pudenda ext. oder V. femoralis).

Lymphabfluss: Dieser erfolgt größtenteils in die Nodi lymphoidei inguinales superficiales.

Lymphknoten: Nll. inguinales superficales.

Innervation: Die sensible Innervation wird von Nervi scrotales posteriores aus den Nervi perineales (aus N. pudendus) und Nervi scrotales anteriores aus dem N. ilioinguinalis (S. 342) sowie vom R. genitalis des N. genitofemoralis übernommen. Der M. cremaster wird motorisch vom Ramus genitalis des N. genitofemoralis innerviert. Auch der N. ilioinguinalis aus dem Plexus lumbalis innerviert motorisch den sich aus dem M. obliquus internus abdominis abspaltenden M. cremaster (S. 309).

Innervation: Die sensible Innervation erfolgt durch Nn. scrotales postt. (N. pudendus), antt. (N. ilioinguinalis) sowie den R. genitalis des N. genitofemoralis. Motorisch wird der M. cremaster vom R. genitalis des N. genitofemoralis und vom N. ilioinguinalis (S. 342) innerviert.

Nichts geht mehr Wieder ein Tag auf Intensiv

Antagonist, der am spätdistalen Tubulus und im

– und wieder kaum Aussicht

Sammelrohr wirkt. Mit dieser Furosemid-Dosis hätten

darauf, dass ein Patient von

wir vermutlich einen kompletten „Schleifenblock“ der

der künstlichen Beatmung

Niere ausgelöst, d. h. die Wasserresorption im ge-

entwöhnt werden kann.

samten Nierentubulus wäre blockiert. „O.K., dann gib

Am Anfang war das für mich alles echt

ihm bitte nur 20 mg Furosemid. Wenn dann nix kommt,

spannend, aber nach drei Monaten frage

muss er an die Dialyse“, sage ich zur Schwester und

ich mich schon manchmal, wie weit man es

denke „Tun wir ihm damit wirklich einen Gefallen?“

noch treiben will in der modernen Medizin.

Nach einer Stunde kommt immer noch kein Urin.

Gleich auf dem ersten Platz liegt schon seit über

Blutdruck und Herzfrequenz sind weiter gestiegen:

vier Wochen ein älterer Herr, der aus heiterem Himmel

systolischer Blutdruck 180 mmHg, Herzfrequenz

eine Hirnblutung erlitten hat. Kreislauf und Stoff-

120/min. Mein Herz ist schwer, denn die Dialyse

wechsel sind stabil, die Ausscheidung ist gut … Doch

scheint unausweichlich.

er ist komatös und selbstständig atmen tut er einfach nicht – all unseren Anstrengungen zum Trotz.

Da fällt mir eine Regel aus dem Pflegepraktikum auf der Uro ein: „Bei Störungen der Ausscheidung

Ich stehe an seinem Bett und durchforste die dicke

zuerst die Leitungen am Patienten kontrollieren“.

Akte nach Anhaltspunkten, wie man ihn vielleicht

Einen Versuch ist es allemal wert! Ich hole mir eine

doch nochmals aufwecken könnte. Da tritt die zu-

Blasenspritze aus der Kammer, und die Schwester

ständige Schwester neben mich: „Du, der geht seit zwei

schaut mir interessiert zu: „Meinst Du echt, dass es

Stunden mit Blutdruck und Herzfrequenz hoch“, sagt

daran liegt?“ Ich zucke mit den Schultern und sage:

sie. „Und die Urinausscheidung ist runter.“

„Was haben wir schon zu verlieren?“. Dann klemme

Wie konnte ich das auf der Kurve nur übersehen?

ich den Katheterbeutel ab und setze die Spritze am

Peinlich! Schnell schaue ich auf die aktuellen Nieren-

Katheter an. Zuerst geht nichts. Dann überwinde ich

werte. Harnstoff und Kreatinin sind noch nicht ge-

den Widerstand und kann frei spülen. Beim Ablassen

stiegen – also könnten wir vielleicht noch was gegen

der Spülflüssigkeit findet sich „des Pudels Kern“ …

das akute Nierenversagen tun. „Gib ihm 40 mg Furo-

ein kleiner, brauner Pfropf.

semid (wirkt in der aufsteigenden Henle-Schleife)!“,

Nun füllt sich der Urinbeutel in dem Maße, wie

weise ich an. „Aber er bekommt doch schon Hydro-

sich auch der Kreislauf normalisiert, nachdem die

chlorothiazid (wirkt im frühdistalen Tubulus)!“, gibt

Blase nicht mehr wegen Überfüllung schmerzt. Jetzt

die Schwester zu bedenken. Ich sehe in der Akte nach:

nur nicht vergessen, diesen vermaledeiten Katheter

Tatsächlich! Und er erhält bei Leberzirrhose und

zu wechseln und das Dialysegerät vor der Oberarzt-

Aszites regelmäßig Spironolacton, einen Aldosteron-

visite ins Lager zurückzuschieben …

* Fallbeispiel fiktiv, Namen und Daten frei erfunden

J

4.4

843

4.4 Fertilität und sexuelle Reaktion des Mannes

Fertilität und sexuelle Reaktion des Mannes

4.4.1 Spermatogenese (Samenzellbildung) ▶ Definition. Die Spermatogenese umfasst alle Schritte von der Spermatogonie bis

4.4

Fertilität und sexuelle Reaktion des Mannes

4.4.1

Spermatogenese (Samenzellbildung)

▶ Definition.

zum reifen Spermatozoon, während die Spermiogenese (als letzter Teilschritt der Spermatogenese) lediglich die Differenzierung der Spermatide zum Spermatozoon bezeichnet.

Funktion und Ablauf der Spermatogenese

Funktion und Ablauf der Spermatogenese

Die Samenzellbildung dient der Bereitstellung befruchtungsfähiger Samenzellen (Spermien, Spermatozoen) aus Spermatogonien. Dabei lassen sich grundsätzlich drei Teilvorgänge unterscheiden: 1. Vermehrung (durch mitotische Teilungen) 2. Reifung (mit meiotischen Teilungen) 3. Differenzierung (auch als Spermiogenese bezeichnet). Diese drei Vorgänge finden in den Tubuli seminiferi contorti des Hodens von basal nach luminal statt (Abb. J-4.11). Anschließend folgt während der Lagerung im Nebenhoden eine Phase funktioneller Ausreifung.

Die Entwicklung reifer Spermatozoen aus Spermatogonien erfolgt in den Tubuli seminiferi contorti des Hodens (Abb. J-4.11) in 3 Teilvorgängen: 1. Vermehrung (Mitose) 2. Reifung (Meiose) 3. Differenzierung (Spermiogenese). Im Nebenhoden erfolgt nur noch Lagerung und Ausreifung.

⊙ J-4.11

⊙ J-4.11

Spermatogenese: Aufbau des Keimepithels

späte Spermatiden

Residualkörper

Schematisierte Darstellung eines Wandabschnitts in einem Tubulus seminiferus contortus. (Lüllmann-Rauch, R.: Histologie. Thieme, 2012)

frühe Spermatiden

Spermatozyten I „Tight junctions“ Spermatogonien peritubuläre Myofibroblasten adluminales Kompartiment basales Kompartiment

Vermehrung: Ausgangszelle für die Spermatogenese ist die Spermatogonie, die im Keimepithel der Basalmembran anliegt. Die Spermatogonien, die sich durch mitotische Zellteilung vermehren, werden wie folgt in zwei Typen unterteilt: ■ A-Spermatogonien: Sie gelten als das (im Prinzip unerschöpfliche) Reservoir an Stammzellen. Nach mitotischer Teilung der Typ-A-Zelle verbleibt die eine Tochterzelle im Stammzellreservoir, während sich die andere Tochterzelle mitotisch weiter teilt. Aus Letzteren gehen die Zellen vom Typ B hervor. ■ B-Spermatogonien: Sie bleiben durch unvollständige Teilung des Zellleibs zunächst mittels feiner Zytoplasmabrücke verbunden. Die Geschwisterzellen eines solchen Klons durchlaufen alle folgenden Entwicklungsschritte synchron.

Vermehrung: Die Spermatogenese beginnt mit den basal liegenden Spermatogonien:

Reifung: Spermatogonien vom Typ B treten in die Reifungs- und Differenzierungsphase ein. Dabei nimmt zunächst das Zellvolumen stark zu. Die dadurch größte Zelle im Keimepithel wird nun als Spermatozyte I (primäre Spermatozyte) bezeichnet und tritt in die meiotische Prophase ein. Nach erfolgter Zellteilung (der 1. meiotischen Teilung) ist die Spermatozyte II (sekundäre Spermatozyte) entstanden.

Reifung: Typ-B-Zellen werden durch starke Vergrößerung zur Spermatozyte I. Durch die 1. meiotische Teilung entsteht die Spermatozyte II.





A-Spermatogonien bilden das Stammzellreservoir. Durch fortlaufende mitotische Teilungen entsteht je eine Tochterzelle vom Typ A und Typ B. B-Spermatogonien teilen sich auch mitotisch und bleiben verbunden (Klon gleicher Differenzierung).

844

J 4 Männliches Genitale

Nach Abschluss der Meiose ist die Spermatide (haploid) entstanden. Sie liegt als kleinste Zelle ganz luminal.

Die 2. meiotische Teilung folgt direkt und es entsteht die Spermatide. Da in der 2. meiotischen Teilung keine Verdoppelung des Chromosomensatzes mehr erfolgt, ist die Spermatide haploid. Die Spermatide ist die kleinste Zelle des Keimepithels und liegt am weitesten luminal.

▶ Merke.

▶ Merke. Durch die meiotische Zellteilung entstehen somit aus einer primären

Spermatozyte über zwei sekundäre Spermatozyten vier Spermatiden. Differenzierung: Durch die nachfolgende Spermiogenese (Kernkondensation, Ausbildung der Geißel und des Akrosoms) erfolgt die Umwandlung zum Spermatozoon (= Spermium). Reife Spermatozoen sind 60 μm lang, selbstständig beweglich und bestehen aus Kopf und Schwanz, umhüllt von einer Plasmamembran (Abb. J-4.12).

⊙ J-4.12

Differenzierung: Die Spermatide tritt nun in die sog. Spermiogenese ein, bei der die Spermatide ohne weitere Teilungsvorgänge zu einem Spermatozoon (= Spermium) umgewandelt wird. Während der Spermiogenese kommt es zur Kernkondensation, zur Ausbildung des Spermienschwanzes und des Akrosoms. Während der Spermiogenese werden auch die Zytoplasmabrücken zwischen den Zellen unterbrochen. Das reife Spermatozoon ist ca. 60 μm lang und prinzipiell selbstständig beweglich. Es besteht aus Kopf (Caput) und Schwanz (Cauda), die vollständig von einer Plasmamembran umkleidet werden (Abb. J-4.12).

⊙ J-4.12

Aufbau eines Spermatozoons Zentriol Mitochondrien

Kopf, Akrosom Kopf, Kern

Hauptstück Mittelstück Hals

(Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

Caput (Kopf): Er ist paddelförmig und besteht v. a. aus kondensierter Kernsubstanz. Ein Akrosom enthält Enzyme zur Penetration der Zona pellucida (S. 105).

Cauda (Schwanz): Er enthält das Axonema (zentraler Schwanzfaden) und wird unterteilt in: ■ Pars conjugens (Hals) mit 2 Zentriolen, ■ Pars intermedia (Mittelstück) mit zahlreiche Mitochondrien und Außenfibrillen, ■ Pars principalis (Hauptstück), wo die Ringfaserscheide neu hinzu tritt, ■ Pars terminalis (Endstück), wo nach Ende der Ringfaserscheide die Mikrotubuli ungeordnet liegen. ■ Die Geißel (Flagellum) ist ein besonders langes Kinozilium (S. 54) im Spermienschwanz.

Gesamtdauer der Spermatogenese beträgt ca. 11 Wochen. 2 Wochen davon benötigen der Transport zum Nebenhoden und die endgültige Reifung. Nachdem die bei der Spermiation in die Tubuluslichtung freigesetzten Spermatozyten noch unbeweglich sind (Säurestarre), erfolgt der Transport zum Nebenhoden durch Tubuluskontraktion und Sekretstrom.

Caput (Kopf): Er ist im Mittel 4,5 μm lang und 2,5 μm dick und sieht dadurch in seiner abgeplatteten Form in der Seitenansicht paddelförmig aus. Hauptsächlich besteht er aus kondensierter Kernsubstanz. Ein sog. Akrosom, welches hydrolytische Enzyme (u. a. Akrosin) zur Durchdringung der Zona pellucida (S. 105) enthält, umfasst den größeren Teil des Spermienkopfes vorne kappenförmig. Das Akrosom geht aus dem Golgi-Apparat hervor. Cauda (Schwanz): Er enthält den zentralen Schwanzfaden (das Axonema mit Mikrotubuli) und lässt sich in mehrere Abschnitte unterteilen, welche sich in ihrem spezifischen Aufbau unterscheiden: ■ Pars conjugens (Hals): Er verbindet den Schwanz beweglich mit dem Kopf. Der Hals enthält den Anfangsteil des Axonema und das proximale und distale Zentriol, die senkrecht zueinander angeordnet sind. ■ Pars intermedia (Mittelstück): Hier finden sich zahlreiche Mitochondrien und das Axonema ist von 9 dickeren Außenfibrillen umgeben. ■ Pars principalis (Hauptstück): Axonema und Außenfibrillen werden zusätzlich von einer Ringfaserscheide (ringförmige Fibrillen) umgeben. ■ Pars terminalis (Endstück): Hier endet die Ringfaserscheide und die Mikrotubuli liegen ungeordnet. ■ Als Geißel (Flagellum) bezeichnet man das einzelne, besonders lange Kinozilium (S. 54) im Schwanz des Spermiums. Mit ihrer undulierenden Bewegung dient die Geißel der Spermienmotilität im Ejakulat. Die Gesamtdauer der Spermatogenese, also die Zeit, die für die Entwicklung eines reifen Spermatozoons aus einer Spermatogonie benötigt wird, beträgt ca. 11 Wochen. Die Zeitspanne von der Spermatogonienteilung bis zur Freisetzung des Spermatozoons aus dem Hoden dauert ca. 9 Wochen, der Transport zum Nebenhoden und die endgültige Reifung beanspruchen ca. 2 Wochen. Die im Prozess der sog. Spermiation aus dem Hodenepithel in die Lichtung der Tubuli freigesetzten Spermatozoen sind durch das leicht saure Milieu (pH 6,5) noch unbeweglich (Säurestarre zur Energieersparnis). Ihr Transport in den Nebenhoden erfolgt durch Muskeltätigkeit der Tubuluswand und durch einen nebenhodenwärts gerichteten Sekretstrom.

J

Umgebungsbedingungen der Spermatogenese Maßgeblich unterstützt werden Vermehrung und Differenzierung der Spermatogonien sowohl durch somatische Zellen im Keimepithel des Hodens (Sertoli-Zellen) als auch durch Zellen des Interstitiums (Myofibroblasten = „peritubuläre“ Zellen und sog. Leydig-Zellen) Sertoli-Zellen: Sie sitzen der Basalmembran auf, bilden eine zusammenhängende Schicht und sind untereinander abschnittsweise durch Tight Junctions (S. 56) verbunden. Diese enge Verbindung der Sertoli-Zellen ist die Grundlage der sog. BlutHoden-Schranke. Die Blut-Hoden-Schranke verhindert die Bildung von Autoantikörpern gegen Spermien und ermöglicht es den Sertoli-Zellen, durch Kompartimentbildung ein eigenes biochemisches Mikromilieu zu schaffen. Durch die Tight Junctions entstehen zwei Kompartimente, in denen die einzelnen Differenzierungsstufen der Keimzellen zwischen den Sertoli-Zellen in lokal erweiterten Interzellularräumen liegen. Im basalen Kompartiment (basalwärts der Tight Junctions) finden sich die Spermatogonien und frühe primäre Spermatozyten. Im adluminalen Kompartiment liegen „reifere“ Spermatozyten und alle folgenden Stadien.

≡ J-4.1

Aufgaben der Sertoli-Zellen

Funktion

845

4.4 Fertilität und sexuelle Reaktion des Mannes

Auswirkung

Umgebungsbedingungen der Spermatogenese Die Entwicklung der Samenzellen werden unterstützt durch Sertoli-Zellen des Keimepithels sowie Myofibroblasten und Leydigzellen des Interstitiums. Sertoli-Zellen: Direkt der Basalmembran aufsitzend, bilden sie durch Tight Junctions (S. 56) die sog. Blut-Hoden-Schranke. Diese muss von primären Spermatozyten passiert werden, und verhindert die Bildung von Autoantikörpern gegen Spermien durch Kompartimentbildung.

≡ J-4.1

Ernährung der Keimzellen Phagozytose abgestorbener Spermatozyten Produktion von ■

Flüssigkeit

Transport der Spermatozoen in den Nebenhoden



androgenbindendem Protein (ABP)

Testosterontransport zu Nebenhodenzellen



Inhibin

supprimiert FSH-Freisetzung aus Hypophyse



Anti-Müller-Hormon

Rückentwicklung der Müller-Gänge beim männlichen Genotypus in der Embryonalzeit

Die Wirkung der Sertoli-Zellen wird durch Androgene (S. 790) in komplexer Weise gesteuert. Zwei im Rahmen der Spermatogenese wichtige Zelltypen fallen im zwischen den Tubuli gelegenen Interstitium auf:

Sertoli-Zellen werden durch Androgene (S. 790) gesteuert.

Myofibroblasten: oder „peritubuläre“ Zellen: Sie liegen in mehreren Schichten außerhalb der Basalmembran. Durch ihre Kontraktilität gewährleisten sie den Transport der selbst noch unbeweglichen Spermatozyten in den Nebenhoden. Ihre Aktivität ist testosteronabhängig.

Myofibroblasten („peritubuläre“ Zellen): Sie unterstützen testosteronabhängig den Spermatozoentransport.

Leydig-Zellen: Oft liegen diese besonders großen Zellen in unmittelbarer Nähe zu kleinen Blutgefäßen, in die sie Androgene sezernieren; vgl. endokrine Sekretion (S. 63). Auch eine parakrine Sekretion der Androgene wird ihnen zugeschrieben.

Leydig-Zellen: produzieren Androgene. Ihre Nähe zu kleinen Blutgefäßen gewährleistet die endokrine Sekretion (S. 63).

Regulation der Spermatogenese

Regulation der Spermatogenese

Die Spermatogenese wird durch zahlreiche hormonelle Faktoren beeinflusst. Im Wesentlichen sind dafür zentrale Regelmechanismen erforderlich, die auf lokale Steuerungsmechanismen wirken und selbst durch Rückkopplung wieder beeinflusst werden (Abb. J-4.13).

Hormonelle Steuerung der Spermatogenese erfolgt durch zentrale und lokale Mechanismen und deren Rückkopplung (Abb. J-4.13).

Zentrale Regelmechanismen: Vom Hypothalamus sezerniertes Gonadotropin releasing hormone (GnRH) bewirkt die Freisetzung von Lutropin (LH) aus der Adenohypophyse. Durch LH werden die Leydig-Zellen im Hoden zu Produktion und Sekretion von Testosteron angeregt. Letzteres hemmt über einen negativen Rückkopplungsmechanismus die Sekretion von GnRH und LH. Follitropin (FSH) aus der Adenohypophse stimuliert die Sertoli-Zellen, welche ihrerseits die hypophysäre FSH-Sekretion durch das Hormon Inhibin bremsen.

Zentrale Regelmechanismen: Hypothalamisches GnRH stimuliert die LH-Freisetzung (Adenohypophyse). Letzteres regt die Testosteronabgabe an → Sekretion von GnRH und LH wird gehemmt (negative Rückkopplung). FSH stimuliert Sertoli-Zellen, die durch Inhibin die FSH-Abgabe senken.

Tubulusfunktion wird durch interstitielle Zellen unterstützt.

846 ⊙ J-4.13

J 4 Männliches Genitale

⊙ J-4.13

Hormonelle Steuerung der Spermatogenese Hypothalamus

negative Rückkopplung

Gn-RH

gonadotrope Zellen in der Adenohypophyse Inhibin LH

FSH

Leydig-Zellen

Sertoli-Zellen

Testosteron

trophische Wirkung

Die hormonelle Regulation unterliegt der Steuerung durch den Hypothalamus und den Hypophysenvorderlappen. Letzterer steuert die Funktion der Leydig-Zellen und der Sertoli-Zellen direkt über Follitropin (FSH) und Lutropin (LH). Eine negative Rückkopplung der FSH-Sekretion erfolgt über das Inhibin der Sertoli-Zellen sowie auf hypothalamischer und hypophysärer Ebene durch Testosteron der LeydigZellen.

Spermatogenese

Lokale Regelmechanismen: Leydig-Zellen produzieren Androgene, die auch parakrin auf Myofibroblasten wirken. Plasminogen-Aktivator und -Inhibitor regulieren Auf- und Abbau der Basalmembran.

Lokale Regelmechanismen: Stimuliert durch Lutropin produzieren Leydig-Zellen Androgene. Diese wirken systemisch (s. Exkurs) und direkt parakrin u. a. auf die peritubulären Zellen. Plasminogen-Aktivator (aus den Sertoli-Zellen) und PlasminogenInhibitor (aus den peritubulären Zellen) regulieren den Auf- und Abbau der Basalmembran.

▶ Exkurs: Systemische Wirkungen der Androgene.

▶ Exkurs: Systemische Wirkungen der Androgene. Androgene beeinflussen zahlreiche Funktionen im männlichen Organismus. Intraembryonal garantiert die Androgenproduktion durch die 1. Generation der Leydig-Zellen den Erhalt sowie die Differenzierung der Urnierengänge (S. 850). Mit der Pubertät bewirken sie eine Vielzahl von Veränderungen: Die samenableitenden Wege (Epididymis und Ductus deferens) wachsen, im Nebenhoden nimmt das Epithel seine sekretorische Aktivität auf. Die akzessorischen Genitaldrüsen, Gll. vesiculosae, Prostata, Gll. bulbourethrales (S. 835), nehmen an Größe zu und werden sekretorisch aktiv. Beim äußeren Genitale kommt es zum Wachstum von Penis und Skrotum und zu einer Pigmentierung des Skrotums. Androgene beeinflussen auch die Ausbildung der männlichen Körperformen (mehr Muskulatur, weniger Körperfett, größere Körperhöhe, breitere Schultern, schmalere Hüften) und wirken im Proteinstoffwechsel stark anabol. Schließlich wird der männliche Behaarungstyp durch die Androgene geprägt: ■ Brustbehaarung ■ typische Form der Genitalbehaarung mit Fortsetzung der Behaarung auf den Bauch ■ im späteren Alter Ausfall der Kopfbehaarung mit Glatzenbildung, meist beginnend mit der Ausbildung von an den Schläfen liegenden keilförmigen Zonen mit abnehmender Behaarung (Geheimratsecken). Die Androgenproduktion lässt allgemein zwischen dem 50. und 60. Lebensjahr im sog. Climacterium virile (den männlichen Wechseljahren) nach. Die Produktion von Spermien erfolgt jedoch bis weit in das Senium.

J

847

4.4 Fertilität und sexuelle Reaktion des Mannes

4.4.2 Sexuelle Reaktion

4.4.2

Wie bei der Frau (S. 816) wird auch die sexuelle Reaktion des Mannes in 4 Phasen eingeteilt, die wie folgt charakterisiert sind: ■ Erregungsphase: Über die Nn. splanchnici pelvici (S 2–S 4) wird eine Vergrößerung und Versteifung des Penis ausgelöst (Erektion). Diese kommt durch eine NO(= Stickstoffmonoxid-)vermittelte Verminderung des zuvor sympathisch aufrechterhaltenen Wandtonus der Aa. helicinae sowie der Schwellkörper (S. 836) und damit deren Erweiterung zustande. Folge ist ein verstärkter Blutfluss in die Kavernen der Corpora cavernosa. Die sich füllenden Kavernen drücken sich von innen gegen die kaum dehnbare Tunica albuginea, die drainierenden Venen werden komprimiert und so der Blutabfluss gedrosselt. Auch das Corpus spongiosum penis erfährt im Rahmen der Erektion eine Füllung und Streckung. Die deutlich schwächere Tunica albuginea verhindert jedoch eine sehr starke Drosselung des venösen Abflusses. Die geringere Versteifung und Härte des Corpus spongiosum bei der Erektion garantiert die permanente Durchgängigkeit der Urethra bei der Ejakulation (s. u.).

Sie ist auch beim Mann durch 4 Phasen gekennzeichnet: ■ Erregungsphase: Über die Nn. splanchnici pelvici (S 2–S 4) wird die Erektion ausgelöst: Erweiterung der Aa. helicinae führt zur Füllung der Kavernen, die ihren Abfluss durch Druck der Venen gegen die Tunica albuginea drosseln. Die gefüllten Kavernen versteifen den Penis.

▶ Klinik. Das durch die erhöhte Parasympathikus-Aktivität freigesetzte NO bewirkt intrazellulär einen Anstieg des vasodilatatorischen cGMP. Erektionsfördernde Substanzen wie etwa Sildenafil (Viagra) hemmen den enzymatischen Abbau von cGMP, dessen intrazellulärer Spiegel somit „künstlich“ erhöht bleibt (Erektionsförderung). ■





Plateauphase: Die Corona glandis schwillt an, das Skrotum wird durch die Kontraktion des M. cremaster angehoben und dadurch der Funiculus spermaticus verkürzt. Bei längerer Plateauphase wird Sekret der Gll. bulbourethrales und paraurethrales abgegeben. Orgasmusphase: Der Hoden wird ganz an den Damm gehoben. Zur Ausstoßung des Samens (Ejakulation) kommt es durch Kontraktion der samenableitenden Wege. Diese Kontraktion (Sympathikus-Effekt) beginnt an den Ductuli efferentes testis und setzt sich in den Ductus deferens fort, begleitet von Kontraktionen der Muskulatur von Urethra, Gl. vesiculosa und Prostata. Gleichzeitig kommt es zu unwillkürlichen Kontraktionen der Mm. bulbospongiosi, ischiocavernosi und des Beckenbodens. Die Kontraktion der Muskulatur am Blasengrund verhindert einerseits eine retrograde Ejakulation in die Harnblase, andererseits eine Beimengung von Harn zum Ejakulat. Rückbildungsphase: Eine Erhöhung des Wandtonus in den Aa. helicinae und in den Schwellkörpern durch Nachlassen der parasympathischen Aktivität führt zu einer Minderung des arteriellen Zuflusses. Dadurch verringert sich der Druck in den Kavernen und sie entleeren sich allmählich durch verbesserten Blutabfluss über die V. dorsalis penis. Die Erektion lässt nach und der Hoden kehrt in die Ruhelage zurück.

▶ Merke. Die Erektion ist ein Effekt der Parasympathikuswirkung, die Ejakulation

wird über den Sympathikus vermittelt.

Sexuelle Reaktion

▶ Klinik.







Plateauphase: Es kommt zur Schwellung der Corona glandis, Anhebung des Skrotums und Sekretabgabe der Gll. bulbourethrales. Orgasmusphase: Der Hoden wird weiter angehoben. Durch Muskelkontraktionen an Ductuli efferentes, Ductus deferens, Genitaldrüsen, sowie der Mm. bulbospongiosi und ischiocavernosi kommt es zur Ejakulation ohne Beimengung von Harn.

Rückbildungsphase: Die Verengung der Aa. helicinae drosselt den arteriellen Zufluss. Durch den über nachlassende Venenkompression verbesserten Abfluss geht die Erektion zurück. Der Hoden senkt sich.

▶ Merke.

848

J 4 Männliches Genitale

4.4.3

4.4.3 Befruchtung

Befruchtung

Vorraussetzungen für die Konzeption sind neben dem Ovulationszeitpunkt Anzahl und Funktion der Spermien.

Für eine Konzeption müssen ausreichend gesunde Spermien um den Zeitpunkt der Ovulation (S. 810) in den weiblichen Genitaltrakt eindringen.

Zusammensetzung des Ejakulats

Zusammensetzung des Ejakulats

Ejakulat besteht aus Samenzellen und Samenflüssigkeit.

Das leicht visköse, weißlich-trübe Ejakulat mit kastanienartigem Geruch besteht aus Samenzellen, die dem Hoden entstammen, und Samenflüssigkeit aus den akzessorischen Genitaldrüsen. Die ca. 40 Millionen Samenzellen pro Milliliter bilden nur einen sehr geringen Volumenanteil am Ejakulat. Den Hauptanteil macht die Samenflüssigkeit aus, die größtenteils der Gl. vesiculosa (70 %) und der Prostata (25 %) entstammt. Die Normwerte für die Zahl der Samenzellen pro Milliliter Ejakulat schwanken in der Literatur stark. Die WHO gibt als Normwert > 15 Millionen pro Milliliter an. Die Samenflüssigkeit ist schwach alkalisch (pH 7,3), um die im Nebenhoden ausgelöste Säurestarre (s. o.) der Spermien aufzuheben. Der hohe Fruktosegehalt liefert die Energie für den Geißelschlag, der die aktive Spermienbewegung entgegen dem Flüssigkeitsstrom in den Tuben des weiblichen Genitaltrakts (positiv rheotaktische Fortbewegung) ermöglicht. Vor der Ejakulation, die meist in 3–4 Wellen erfolgt, geben die Gll. urethrales (S. 840) und Gll. bulbourethrales (S. 835) in geringer Menge ein klares und ebenfalls leicht alkalisches Sekret ab. Innerhalb von ca. 10 Min nach der Ejakulation, bei der durchschnittlich 2–5 ml abgegeben werden, verflüssigt sich das Ejakulat durch die Wirkung von darin enthaltenen Proteasen der Prostata.

Die Spermien bilden mit ca. 40 Mio/ml einen geringen Volumenanteil am Ejakulat.

Die Samenflüssigkeit (70 % aus der Gl. vesiculosa, 25 % aus der Prostata) ist leicht alkalisch und reich an Fruktose (Energielieferant für die Spermien). Auch das präejakulatorisch abgegebene Sekret der Gll. (bulbo-)urethrales ist alkalisch. Postejakulatorisch verflüssigt sich das Ejakulat durch darin enthaltene Proteasen der Prostata. ▶ Klinik.

▶ Klinik. Aussagen über die Befruchtungsfähigkeit lassen sich durch biochemische Analyse der flüssigen Anteile des Ejakulats sowie durch die mikroskopische Beobachtung der Spermien machen (Spermiogramm). Zahl, normale Form und Beweglichkeit der Spermien sind dabei wesentliche Kriterien.

Akrosomenreaktion

Akrosomenreaktion

Beim Zusammentreffen von Spermium und Eizelle verschmelzen Teile der äußeren Akrosommembran mit der Zytoplasmamembran. Die Membranen lösen sich anschließend auf. Akrosomale Enzyme (u. a. Akrosin) gelangen nach außen und ermöglichen die Spermienpenetration in die Eizelle (S. 103).

Trifft ein Spermium auf seinem Weg in Richtung Ostium tubae abdominale auf eine Eizelle, findet die sog. Akrosomenreaktion statt: Teile der äußeren Akrosommembran verschmelzen mit der Zytoplasmamembran des Spermienkopfs. In dieser durch Verschmelzung entstandenen Schicht entstehen zunächst Öffnungen, bevor sie ganz abgebaut wird. So bildet nur noch die ehemals innere Akrosommembran einen Teil der Oberfläche des Spermienkopfes. Dabei freigesetzte akrosomale Enzyme ermöglichen zusammen mit der Akrosom-Protease Akrosin ein Eindringen des Spermiums in die Eizelle (S. 103). Funktionell ist das Akrosom ein Lysosomenäquivalent.

▶ Klinik.

▶ Klinik. Die sexuelle Reaktion und die Konzeption sind komplexe Funktionen, die durch zahlreiche Faktoren gestört werden können. Solche Störungen werden unterteilt in Impotentia coeundi (Unfähigkeit zum Geschlechtsverkehr) und Impotentia generandi (Unfähigkeit der Zeugung).

J

5

Entwicklung des Urogenitalsystems

5.1 5.2 5.3

Übersicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 849 Entwicklung des Harnapparats . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 849 Entwicklung des Genitales . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 852

E. Schulte

5.1

Übersicht

5.1

Der Harnapparat und die Genitalorgane beeinflussen sich im Rahmen ihrer jeweiligen Embryonalentwicklung gegenseitig. Kaudale Anteile des Harnapparats sind während ihrer Entwicklung zusätzlich mit der des Anus (S. 728) verknüpft.

5.2

Entwicklung des Harnapparats

Übersicht

Harnapparat, Genitalorgane und teilweise auch der Anus (S. 728) weisen im Rahmen ihrer jeweiligen Embryonalentwicklung enge Zusammenhänge auf. 5.2

Entwicklung des Harnapparats

Beim Harnapparat muss zwischen folgenden Prozessen unterschieden werden: ■ Entwicklung der harnbereitenden Anteile der Niere (S. 763) und ■ Entwicklung der harnableitenden Anteile, z. B. Ureter und seine renalen Verzweigungen (S. 777), Harnblase (S. 779), weibliche (S. 809) und männliche Urethra (S. 838). Das harnableitende System ist dabei für die Induktion der Entwicklung des harnbereitenden Systems von großer Bedeutung.

Man unterscheidet die Entwicklung der ■ harnbereitenden Anteile: Niere (S. 763), die durch die Entwicklung der ■ harnableitenden Anteile: Ureter (S. 777) mit Verzweigungen, Harnblase (S. 779), weibliche (S. 809) und männliche Urethra (S. 838) induziert wird.

5.2.1 Entwicklung der harnbereitenden Anteile – Nierenentwicklung

5.2.1

Die Embryonalentwicklung der Niere verläuft über drei Nierengenerationen (Abb. J-5.1), die zeitlich überlappend von kranial nach kaudal im intermediären Mesoderm entstehen: ■ Vorniere (Pronephros), ■ Urniere (Mesonephros) und ■ Nachniere (Metanephros). Zu keinem Zeitpunkt jedoch bestehen zwei vollständig entwickelte Anlagen gleichzeitig nebeneinander.

Die Embryonalentwicklung der Nieren erfolgt über drei zeitlich teilweise überlappende Nierengenerationen (Abb. J-5.1) im intermediären Mesoderm von kranial nach kaudal: ■ Vorniere (Pronephros), ■ Urniere (Mesonephros), ■ Nachniere (Metanephros).

⊙ J-5.1

Entwicklung der harnbereitenden Anteile – Nierenentwicklung

Entwicklung der Niere Entstehung der drei Nierengenerationen in der Ansicht von schräg links-vorne: Nacheinander und teilweise überlappend bilden sich Vor-, Urund Nachniere im intermediären Mesoderm. Die Vorniere bildet sich völlig zurück, die Urniere bildet mit dem Urnierengang das Ausführungsgangsystem des männlichen Genitales, die Nachniere wird zur bleibenden Niere. Die Nachnierenbildung wird wesentlich durch die dem Urnierengang entstammende Ureterknospe induziert.

Vorniere

Ductus vitellinus

Urniere

Allantois

Urnierengang

Kloake

Ureterknospe Nachniere a

b

(nach Ulfig, N.: Kurzlehrbuch Embryologie. Thieme, 2009)

850

J 5 Entwicklung des Urogenitalsystems

Das intermediäre Mesoderm ist im Zervikothorakalbereich segmentiert, im Thorakolumbalbereich ein kontinuierlicher nephrogener Strang, der das Zölomepithel als Nierenleiste vorwölbt. Diese bildet zusammen mit der benachbarten Genitalleiste die Urogenitalfalte mit Mesenterium urogenitale.

Das intermediäre Mesoderm ist im oberen Thorakal- und Zervikalbereich in einzelne Abschnitte unterteilt, im unteren Thorakal- und Lumbalbereich besteht es aus einem zusammenhängenden nephrogenen Strang. Dieser wölbt das Epithel der Leibeshöhle in Form der Nierenleiste vor. Zusammen mit der benachbarten durch die Keimdrüsenanlage vorgewölbten Genitalleiste bildet sie die Urogenitalfalte. Nieren- und Genitalleiste sind über ein „Meso“ (S. 664) an der dorsalen Leibeswand befestigt (Mesenterium urogenitale).

Vorniere (Pronephros)

Vorniere (Pronephros)

Sie entsteht nur zervikal, bleibt funktionslos und bildet sich ab der 4. Embryonalwoche zurück. Der Vornierengang setzt sich in den Urnierengang (s. u.) fort.

Die Vorniere entsteht nur im Zervikalbereich, bleibt beim Menschen funktionslos und wird schon ab der 4. Embryonalwoche wieder zurückgebildet. Nur ein Gang mit epithelialisiertem Lumen (Vornierengang) bleibt erhalten und setzt sich in den später entstehenden Urnierengang (s. u.) fort.

Urniere (Mesonephros)

Urniere (Mesonephros)

Das mesonephrogene Blastem (Gewebe des intermediären Mesoderms) bildet die Nephrone (S. 768) als harnbereitende Anteile, der für kurze Zeit funktionell aktiven Urniere. Der Urnierengang (Wolff-Gang) mündet kaudal in die Kloake. Nephrone erhalten Anschluss an den Urnierengang. Dieser ist außer im Urnierensystem für die männliche Genitalentwicklung wichtig.

Bestandteile der für kurze Zeit funktionell aktiven Urniere sind die Differenzierungsprodukte des mesonephrogenen Blastems (Gewebe des intermediären Mesoderms). Dazu zählt auch der Urnierengang (Wolff-Gang). Das mesonephrogene Blastem bildet die Nephrone (S. 768) als harnbereitende Anteile der Urniere. Sie gewinnen Anschluss an den Urnierengang, der eine Fortsetzung des Vornierengangs (s. o.) ist. Auch er hat ein epithelialisiertes Lumen und mündet kaudal in die Kloake (S. 728). Zusätzlich zu seiner Funktion als harnableitender Weg der Urniere ist der Urnierengang von großer Bedeutung für die Entwicklung der Genitalorgane. Ab ca. der 6. Embryonalwoche beginnt die Rückbildung der Urniere in kraniokaudaler Richtung. Während beim Mann kaudale Urnierenkanälchen und der Wolff-Gang (S. 854) für die Entwicklung des Nebenhodens von Bedeutung sind, verbleiben bei der Frau von der Urnierenanlage nur funktionslose Reste im Bereich des Ovars (S. 857).

Ab der 6. Embryonalwoche beginnt die Rückbildung der Urniere. Kaudale Urnierenreste und der Wolff-Gang (S. 854) sind beim Mann für die Nebenhodenentwicklung von Bedeutung. ▶ Merke.

▶ Merke. Bei beiden Geschlechtern entsteht zudem aus dem Urnierengang die Ure-

terknospe, die für die Differenzierung innerhalb der Nachniere von ausschlaggebender Bedeutung ist. ▶ Klinik.

▶ Klinik. Fehlende Ausbildung oder Degeneration der Ureterknospe hat das Ausblei-

ben der Nierenentwicklung zur Folge (Nierenagenesie). Die einseitige Nierenagenesie bleibt oft symptomlos, da die andere Niere kompensatorisch die Funktion übernimmt. Eine beidseitige Nierenagenesie ist praktisch immer tödlich. Meist sterben die Kinder unter der Geburt oder kurz danach.

Nachniere (Metanephros)

Nachniere (Metanephros)

Sie entsteht in kaudalen Anteilen des nephrogenen Strangs (im metanephrogenen Blastem) unter dem Einfluss der Ureterknospe. Das metanephrogene Blastem bildet v. a. das Tubulussystem aus und induziert zudem die Bildung glomerulärer Kapillarschlingen im intermediären Mesoderm.

Unter dem Einfluss der Ureterknospe (s. o.) entsteht in der dritten und somit endgültigen Nierengeneration die Nachniere. Der kaudale, d. h. beckennah gelegene Bereich des nephrogenen Strangs, aus dem die embryonale Anlage der Nachniere (hauptsächlich des Tubulussystems) hervorgeht, wird als metanephrogenes Blastem bezeichnet. Die Glomeruli entstehen aus sekundär kanalisierten Bindegewebsverdichtungen im intermediären Mesoderm, ihrerseits induziert durch das metanephrogene Blastem.

▶ Merke.

▶ Merke. Die Tubulusabschnitte des definitiven Nierenparenchyms entstehen aus

dem metanephrogenen Blastem. Funktionell ist der Ureter ein Teil der harnableitenden Wege. Aufgrund seiner Induktionswirkung auf das metanephrogene Blastem wird er im Rahmen der Nachniere erklärt.

Obwohl der Ureter und das Nierenbecken mit seinen Verzweigungen im funktionellen Sinne zu den harnableitenden Anteilen des Harnapparats gehören, werden sie aufgrund der Induktionswirkung der Ureterknospe auf das Blastem an dieser Stelle im Zusammenhang mit der Nachniere erklärt.

851

J 5.2 Entwicklung des Harnapparats

Die Ureterknospe als Aussprossung des Urnierengangs (s. o.) wächst von ventrokaudal in das metanephrogene Blastem und teilt sich zunächst dichotom. So entstehen aus der Ureterknospe von kaudal nach kranial der Ureter, das Nierenbecken, die Nierenkelche (Calices majores und minores) und die etwa 1–3 Millionen Sammelrohre. Jede Endaussprossung der Ureterknospe erhält eine kappenartige Bedeckung aus nephrogenem Blastem (Nierenbläschen). Aus jedem dieser Nierenbläschen wächst ein zarter Gang, dessen distales Ende über ein Verbindungsstück in ein Sammelrohr (beide Abkömmlinge der Ureterknospe) mündet. ▶ Klinik. Finden die harnableitenden Sammelrohre keinen Anschluss an die harnbereitenden Nephrone, kann es zur Ausbildung einer Zystenniere kommen. Zwei Formen der Erkrankung werden beobachtet: Bei der infantilen Form kommen die Kinder mit zystisch veränderten Nieren zur Welt. Totgeburten sind bei diesem Krankheitsbild häufig. Bei der adulten Form kommt es zur zunehmenden zystischen Zerstörung des Nierengewebes. Im Vollbild der Erkrankung stehen der Ausfall der Nierenfunktion (Urämie) und die Erhöhung des arteriellen Blutdrucks im Vordergrund. Die Therapie besteht in der Dialyse (Behandlungsverfahren zur Elimination harnpflichtiger Substanzen, auch als „Blutwäsche“ bekannt) und ggf. Nierentransplantation.

Durch Längenwachstum und Differenzierung des zunächst sehr kurzen Ganges entstehen die verschiedenen Tubulusabschnitte (S. 770). Das proximale Gangende formt sich konkav um und nimmt Kontakt zu einer glomerulären Kapillarschlinge (S. 769) auf (Glomerulus). Diese bilden sich aus Strängen des intermediären Mesoderms, die ab dem 2.–3. Embryonalmonat Anschluss an Äste der großen Beckenarterien bzw. letztlich der Aorta abdominalis gewinnen (der Gefäßursprung „wandert“ im Rahmen des Nierenaszensus, s. u., immer weiter nach oben bis in Höhe der A. renalis). Funktionell aktiv wird die Nachniere etwa in der 13. Schwangerschaftswoche. Durch Aufhebung der Rumpfkrümmung und durch das Längenwachstum der Ureterknospe steigen die Nieren schließlich im Rahmen des sog. Aszensus aus ihrer Position am lumbosakralen Übergang in ihre endgültige Lage auf, sodass sich das Hilum renale (S. 763) schließlich auf Höhe des LWK I–II befindet. ▶ Klinik. Wird der Aszensus der Nieren behindert, können die unteren Nierenpole

Aus der Ureterknospe entstehen der Ureter, das Nierenbecken sowie die Nierenkelche und Sammelrohre. Jede Knospenendverzweigung erhält eine Blastemkappe (Nierenbläschen). Der daraus wachsende Gang verbindet sich am distalen Ende mit einem Sammelrohr. ▶ Klinik.

Proximal nimmt der Gang Kontakt zu einer Kapillarschlinge (Glomerulus) auf. Durch Längenwachstum und Differenzierung entstehen die verschiedenen Tubulusabschnitte (S. 770).

Die Aufhebung der Rumpfkrümmung und Wachstum der Ureterknospe führen zum Nierenaszensus (endgültige Lage Höhe LWK I–II). ▶ Klinik.

zusammenwachsen (Hufeisenniere). Aufgrund der Verschmelzung der unteren Nierenpole geht bei einer Hufeisenniere der Ureter sehr hoch aus der Niere ab. Zudem muss er das verschmolzene Nierenparenchym überkreuzen. Dies kann zu Abflusshindernissen im Ureter und damit zu Komplikation wie aufsteigender Infektion auf dem Boden des Harnstaus führen. Abhilfe schafft in diesen Fällen eine operative Therapie.

5.2.2 Entwicklung der harnableitenden Wege Da mit Nierenbecken und Ureter als Abkömmlinge der Ureterknospe die proximalen Anteile der ableitenden Harnwege (S. 776) bereits im Zusammenhang mit der Nachniere besprochen wurden, erfolgt hier lediglich die Darstellung der Entwicklung von Harnblase und Urethra. Der größte Teil der Harnblase und die Urethra entstehen aus dem Sinus urogenitalis, dem ventralen Abschnitt der Kloake (S. 728). Der Sinus urogenitalis wird in drei übereinander liegende Etagen untergliedert: ■ Obere Etage: Sie wird bei beiden Geschlechtern zur Harnblase und setzt sich zunächst in die Allantois fort, die im Laufe der Entwicklung zu einem fibrösen Strang, dem Urachus (S. 114), verödet. ■ Mittlere Etage: Während sich beim Mann daraus lediglich der proximale Abschnitt der Urethra bis zum Colliculus seminalis entwickelt, entsteht bei der Frau die gesamte Harnröhre aus der mittleren Etage des Sinus urogenitalis. ■ Untere Etage: Beim Mann entwickelt sich diese zum distalen Harnröhrenabschnitt (Partes prostatica und diaphragmatica), bei der Frau zum Vestibulum vaginae. Bei beiden Geschlechtern entwickeln sich aus den seitlich begrenzenden Falten des Sinus urogenitalis die äußeren Genitalien (S. 858).

5.2.2

Entwicklung der harnableitenden Wege Da die Entwicklung von Ureter und Nierenbecken bereits oben besprochen wurde, wird hier nur diejenige der distalen ableitenden Harnwege (S. 776) dargestellt.

Die Harnblase (größtenteils) und die ganze Urethra entstehen aus dem Sinus urogenitalis, der 3 Etagen erkennen lässt: ■ Obere Etage: Sie wird zur Harnblase und zur Allantois, die zum Urachus (S. 114) verödet. ■ Mittlere Etage: Daraus entsteht die proximale (♂) bzw. die gesamte (♀) Urethra. ■ Untere Etage: Sie entwickelt sich zur distalen Urethra (♂) bzw. zum Vestibulum vaginae (♀). Seitliche Falten des Sinus werden zum äußeren Genitale (S. 858).

852

J 5 Entwicklung des Urogenitalsystems

Anfangs hat die Ureterknospe nur über die Urnierengänge indirekt Anschluss an die Kloake. Erst mit Einbeziehung der Urnierengänge in die durch das Septum urorectale (S. 728) unterteilte Kloake mündet der Ureter direkt in die spätere Harnblase.

Die Ureterknospe (s. o.) hat zunächst nur indirekten Anschluss (über die Urnierengänge) an die Kloake. Erst bei der Unterteilung der Kloake durch das Septum urorectale (S. 728) werden die Urnierengänge in die Hinterwand der späteren Harnblase so weit einbezogen, dass dadurch eine eigene direkte Mündung für die Ureteren entsteht. Dies hat eine wichtige Konsequenz für die embryologische Unterteilung der Harnblase.

▶ Merke.

▶ Merke. Der größte Teil der Harnblase entsteht direkt aus dem endodermalen Si-

nus urogenitalis. Durch Einbau der mesodermalen Urnierengänge im Bereich von Blasenhinterwand und Blasengrund ist das sich daraus ergebende Trigonum vesicae mesodermaler Herkunft. Damit entsteht die Harnblase aus zwei Keimblättern. Die anfangs kaudal liegenden Ureteren werden durch Blasenwachstum nach kranial verlagert, die Urnierengänge nach kaudal. Der Wolff-Gang bildet beim Mann die ableitenden Samenwege.

Die getrennten Mündungen von Urnierengängen und Ureteren in der Blasenwand wechseln während der weiteren Entwicklung ihre Position: Durch die wachsende Harnblase verlagern sich die zunächst kaudal der Urnierengänge liegenden Ureteren nach kranial und die Urnierengänge, aus denen sich beim männlichen Embryo die ableitenden Samenwege (S. 855) entwickeln, münden weiter kaudal.

5.3

5.3

Entwicklung des Genitales

Entwicklung des Genitales

Die Anlage der Genitalorgane ist zunächst geschlechtsindifferent. Die Entwicklung der einzelnen Organanlagen lässt sich unterteilen in: ■ Entwicklung des inneren Genitales mit – Keimdrüsen, – Genitalwegen und – Geschlechtsdrüsen. ■ Entwicklung des äußeren Genitales.

Obwohl das chromosomale Geschlecht bereits bei der Konzeption festgelegt wird, ist die frühe Anlage der Geschlechtsorgane noch indifferent. Auch wenn die einzelnen Organanlagen der Genitalien sich in der Entwicklung teilweise gegenseitig beeinflussen, ist aus Gründen der Übersicht die folgende Unterteilung sinnvoll: ■ Entwicklung des inneren Genitales, bei der unterschieden werden kann zwischen der Entwicklung von – Keimdrüsen, – Genitalwegen und – akzessorischen Geschlechtsdrüsen. ■ Entwicklung des äußeren Genitales.

5.3.1

5.3.1 Entwicklung des inneren Genitales

Entwicklung des inneren Genitales

Entwicklung der Keimdrüsen

Entwicklung der Keimdrüsen

Aus Zölomepithel und Mesenchym entstehen in der 5. Embryonalwoche paarige Genitalleisten medial der Urnierenanlage. Keimzellen sind zunächst noch nicht vorhanden, sondern wachsen als Urkeimzellen aus dem Endoderm des Dottersacks (Abb. A-3.6) in der 6. Woche ein und induzieren die Gonadenentwicklung (Abb. J-5.2).

Zwischen der Urnierenleiste und der Mesenterialwurzel des Darmes (S. 652) entwickeln sich ab der 5. Embryonalwoche aus einer Verdichtung des Mesenchyms und aus Zölomepithelzellen die paarigen Genitalleisten. Keimzellen sind zunächst noch nicht vorhanden, sondern wandern als Urkeimzellen über das dorsale Mesenterium des Enddarms aus dem Endoderm des Dottersacks (Abb. A-3.6) in die Genitalleisten ein (6. Embryonalwoche, Abb. J-5.2). Da es ohne sie nicht zur Entwicklung von Hoden und Ovar kommt, stoßen die Urkeimzellen offenbar die Gonadenentwicklung an.

⊙ J-5.2

⊙ J-5.2

Gonadenanlage und Wanderung der Urkeimzellen

Neuralrohr Aorta Urnierengang Genitalleiste

Chorda dorsalis dorsales Mesenterium

Urnierenleiste Allantois Hinterdarm Kloake

Die noch keimzellfreie Gonadenanlage entsteht medial der Nierenleiste (S. 850) als Genitalleiste aus Zölomepithel und einer lokalen Mesenchymverdichtung. Urkeimzellen wandern in der 6. Embryonalwoche sekundär aus dem Endoderm über das dorsale Mesenterium des Darms ein und fördern die weitere Entwicklung der Gonadenanlage. (nach Ulfig, N.: Kurzlehrbuch Embryologie. Thieme, 2009)

J

853

5.3 Entwicklung des Genitales

Während der Einwanderung der Urkeimzellen bildet das Zölomepithel innerhalb des Genitalleistenmesenchyms sog. primäre Keimstränge, die zunächst ihre Verbindung zum restlichen Zölomepithel behalten. Die Urkeimzellen werden in diese primären Keimstränge eingegliedert.

Das Zölomepithel bildet in der Genitalleiste primäre Keimstränge, die noch mit dem Epithel verbunden sind. In die Keimstränge wandern die Urkeimzellen ein.

Entwicklung des Hodens

Entwicklung des Hodens

Um die 7. Embryonalwoche wachsen die primären Keimstränge in das Mark der Gonadenanlage ein. Sie werden jetzt Hodenstränge genannt und lösen sich allmählich vom Zölomepithel ab. Unterhalb des Zölomepithels entsteht dichtes Bindegewebe, aus dem sich die spätere Tunica albuginea (S. 837), die Hodenkapsel, entwickelt. Gleichzeitig bildet sich aus dem Mark der Gonadenanlage ein Netz dünner Kanälchen in Richtung auf die Tubuli des Urnierengangs hin aus. Dieses Netz differenziert sich zum Rete testis (S. 828). Im 4. Entwicklungsmonat bilden sich die Hodenstränge zu Schlingen um, die mit dem Kanälchennetz des Rete testis verbunden werden (Abb. J-5.3). Erst nach der Geburt beginnt die Kanalisierung der Hodenstränge, die dadurch zu den Tubuli seminiferi (S. 828) umgebildet werden. Im Hodenstrang lassen sich zwei Zellarten unterschiedlicher Funktion und Herkunft unterscheiden: ■ Prospermatogonien (primordiale Geschlechtszellen), die aus den Urkeimzellen entstanden sind. ■ Sertoli-Zellen, die am Rand des Hodenstrangs liegen und dem Zölomepithel entstammen. Im gonadalen Mesenchym treten ab der 8. Embryonalwoche große Zellen in Erscheinung, die an Zahl zunächst sehr stark zunehmen. Es handelt sich um testosteronbildende Zellen, die aufgrund ihrer Lage zwischen den Hodensträngen LeydigZwischenzellen (S. 845) genannt werden. Das Testosteron fördert die weitere Entwicklung des männlichen Genitales. Etwa ab dem 5. Monat nehmen Zahl und Aktivität der Leydig-Zellen stark ab, beim neugeborenen kleinen Jungen ist eine Androgenproduktion (wohl durch Wegfall der mütterlichen Choriongonadotropin-Stimulation) nicht mehr nachweisbar. Erst mit der Pubertät nehmen Zahl und Hormonproduktion der Leydig-Zellen wieder stark zu, sodass man von zwei Generationen der Leydig-Zellen spricht: ■ Die 1. Generation wird im embryonalen Hoden vorübergehend aktiv. ■ Die 2. Generation nimmt mit der Pubertät ihre Funktion auf, die bis ins hohe Alter erhalten bleibt. Wie auch die Urnierenanlage ist der embryonale Hoden durch ein dorsales Mesenterium (Mesenterium urogenitale) mit der hinteren Wand der Leibeshöhle verbunden. Aus diesem entstehen die Keimdrüsenbänder, im Falle des Hodens das Mesorchium. Der untere Teil des Keimdrüsenbandes wird zu einem fibrösen Strang, der durch den Leistenkanal bis in den Skrotalwulst reicht und als Gubernaculum testis (S. 324) beim Deszensus des Hodens von großer Bedeutung ist.

Um die 7. Embryonalwoche wachsen die primären Keimstränge in das Mark. Sie werden jetzt als Hodenstränge bezeichnet und lösen sich vom Zölomepithel ab, unter dem die bindegewebige Tunica albuginea entsteht. Zum Urnierengang bilden sich dünne Kanälchen (Rete testis), die sich mit den noch soliden Hodensträngen verbinden. Durch Kanalisierung werden die Hodenstränge zu Tubuli seminiferi (Abb. J-5.3). Im Hodenstrang liegen zwei Zelltypen: ■ Prospermatogonien = primordiale Geschlechtszellen (aus Urkeimzellen) und ■ Sertoli-Zellen (aus Zölomepithel).

⊙ J-5.3

Im gonadalen Mesenchym treten ab der 8. Woche sog. Leydig-Zwischenzellen (S. 845) auf, die Testosteron bilden. Dieses fördert die weitere männliche Genitalentwicklung. Im 5. Embryonalmonat nimmt die Zahl der Leydig-Zellen ab, der neugeborene Junge hat kaum Androgene. Mit der Pubertät nehmen die Leydig-Zellen wieder stark zu. Man definiert 2 Generationen der Leydig-Zellen: ■ 1. Generation im embryonalen Hoden, ■ 2. Generation ab der Pubertät bis zum Senium. Der Hoden ist mit der Leibeswand durch ein Mesenterium urogenitale verbunden, das zum Mesorchium wird. Der untere Mesorchiumanteil entspricht dem Gubernaculum testis (S. 324), das für den Descensus testis wichtig ist.

Entwicklung des Hodens

Urnierenkanälchen

Wolff-Gang

Ductuli efferentes testis Hodenstränge

Müller-Gang

Zölomepithelaussprossungen in die Gonadenanlage hinein bilden zunächst solide Stränge (primäre Keimstränge), in die die Urkeimzellen eingebettet werden. Die primären Stränge verlieren ihren Kontakt zur Epitheloberfläche und werden nach späterer Kanalisation zu den Tubuli seminiferi testis. Der Wolff-Gang differenziert sich u. a. zum Ductus epididymidis. (nach Ulfig, N.: Kurzlehrbuch Embryologie. Thieme, 2009)

Tunica albuginea Müller-Gang

a

dorsales Mesenterium

b

Ductus epididymidis (Wolff-Gang)

a Transversalschnitt durch den Hoden in der 8. Entwicklungswoche, b Longitudinalschnitt im 4. Entwicklungsmonat.

854

J 5 Entwicklung des Urogenitalsystems

Entwicklung des Ovars

Entwicklung des Ovars

In der weiblichen Gonade bilden die Keimstränge im Mark Zellhaufen mit eingewanderten Urkeimzellen (Markstränge). Die Markstränge bilden sich wieder zurück und werden durch Bindegewebe ersetzt (Medulla ovarii).

In der weiblichen Gonadenanlage bilden die primären Keimstränge durch mesenchymale Unterteilung unregelmäßig geformte Zellanhäufungen, in denen sich Urkeimzellen finden. Da sie überwiegend im Mark des Ovars liegen, werden sie Markstränge genannt. Im Laufe der weiteren Entwicklung gehen die Markstränge einschließlich der Urkeimzellen wieder zugrunde und werden durch ein gefäßhaltiges Bindegewebe ersetzt, die spätere Medulla ovarii. Durch weitere Proliferation bilden sich vom Zölomepithel ausgehend neue, sekundäre Keimstränge, die aufgrund ihrer oberflächennahen Lage im Ovar als Rindenstränge bezeichnet werden. Auch sie werden in Zellhaufen unterteilt und werden mit den in sie eingelagerten Urkeimzellen Eiballen genannt. Während die Urkeimzellen der Eiballen sich zu Oogonien (S. 810) entwickeln, werden die sie umgebenden Abkömmlinge des Zölomepithels zu den Follikelepithelzellen (Tab. J-3.1). Die Oogonien treten noch während der Embryonalentwicklung in die Meiose ein und verweilen während des Diktyotänstadiums als sog. Oozyten 1. Ordnung in einer mehrjährigen Ruhephase, um sich zusammen mit den Follikelzellen später zu einem Primordialfollikel (S. 810) zu entwickeln. Anders als bei der männlichen Gonadenanlage entsteht aufgrund der Rückbildung der Markstränge im Ovar kein Kanälchensystem. Die Abgabe der Keimzellen erfolgt beim weiblichen Organismus daher über die Oberfläche des Ovars mittels des Follikelsprungs (S. 810). Bei der Frau entwickeln sich aus den Keimdrüsenbändern (Reste des Mesenterium urogenitale) die Ligamenta suspensorium ovarii (S. 795), ovarii proprium und teres uteri (S. 324). Auch das Ovar beginnt einen Deszensus (Descensus ovarii), der allerdings im kleinen Becken in der Fossa ovarica (S. 795) endet.

Sekundäre Keimstränge sprossen vom Zölomepithel unter die Gonadenrinde ein (Rindenstränge) und bilden Zellhaufen mit Urkeimzellen (Eiballen). Die Urkeimzellen werden zu Oogonien, die Zölomepithelderivate zum Follikelepithel. Oogonien treten noch intraembryonal in die Meiose ein und verharren bis zur Entwicklung der Primordialfollikel (S. 810) im Diktyotän (Oozyten 1. Ordnung).

Das Ovar hat durch Rückbildung der Markstränge kein Kanälchensystem. Abgabe der Keimzellen erfolgt durch Follikelsprung. Aus dem Mesenterium urogenitale werden die Ligg. suspensorium ovarii (S. 795), ovarii proprium und teres uteri (S. 324). Auch das Ovar zeigt einen Deszensus.

⊙ J-5.4

Entwicklung des Ovars

degenerierendes Urnierenkanälchen

Wolff-Gang

degenerierende Urnierenkanälchen Follikelzellen Oogonien Müller-Gang

Oberflächenepithel zerfallende Markstränge

Müller-Gang

Rindenstränge a

Mesenterium urogenitale

Wolff-Gang b

Im Ovar bilden sich aus Zölomepithelaussprossungen primäre Keimstränge im Mark (Markstränge), in die – wie beim Hoden – Urkeimzellen einwandern. Diese primären Keimstränge bilden sich wieder zurück. Demzufolge bleiben die Urnierenkanälchen funktionslos und degenerieren ebenfalls (während sie sich beim männlichen Embryo zu den Ductuli efferentes testis entwickeln). Unter der Rinde der Gonadenanlage bilden sich erneut Zölomepithelaussprossungen mit eingebetteten Urkeimzellen (sekundäre Keimstränge oder Rindenstränge). Sie persistieren als Eiballen, die sich zu den Primordialfollikeln umbilden. a Transversalschnitt durch das Ovar in der 7. Entwicklungswoche b und Longitudinalschnitt im 5. Entwicklungsmonat.

Entwicklung der Genitalwege

Entwicklung der Genitalwege

Auf ein indifferentes Stadium folgt die geschlechtsspezifische Entwicklung.

Wie die Keimdrüsenanlage zeigt auch die Entwicklung der Genitalwege zunächst ein geschlechtsindifferentes Stadium, dem die jeweilige geschlechtsspezifische Entwicklung folgt.

Geschlechtsindifferente Anlage

Geschlechtsindifferente Anlage

Bis zur 6. Embryonalwoche sind 2 paarige Gänge angelegt: ■ Wolff-Gang (Urnierengang) und ■ Müller-Gang.

Bei beiden Geschlechtern sind bis etwa zur 6. Embryonalwoche zwei paarige, nebeneinanderliegende Gänge angelegt: ■ Wolff-Gang (Ductus mesonephridicus = Urnierengang) und ■ Müller-Gang (Ductus paramesonephridicus).

Wolff-Gang: Er entsteht als Ausführungsgang der Urniere (S. 850) mit Anschluss an den Sinus urogenitalis (S. 851).

Wolff-Gang: Er entsteht als Ausführungsgang der Urniere (S. 850) und gewinnt Anschluss an den Sinus urogenitalis (S. 851) nach dessen Abschnürung aus der Kloake.

J

855

5.3 Entwicklung des Genitales

Müller-Gang: Durch den Wolff-Gang induziert, entsteht der Müller-Gang als Einfaltung des Zölomepithels. Sein kraniales Ende ist trichterförmig in die Zölomhöhle geöffnet. Bevor sich die Müller-Gänge beider Seiten kaudal vereinigen, verlaufen sie paarig lateral des jeweiligen Wolff-Ganges, der ventral überkreuzt wird. Am Sinus urogenitalis induziert die kaudal unpaare Müller-Gang-Spitze die Entwicklung des Müller-Hügels, aus dem sich der Colliculus seminalis (♂) bzw. der Hymen (♀) bildet.

Müller-Gang: Er entsteht als Einfaltung des Zölomepithels, induziert durch den WolffGang. Beide Müller-Gänge bleiben kranial offen und vereinigen sich ventral und medial des Wolff-Gangs. Aus dem Müller-Gang entsteht das Ausführungsgangsystem des weiblichen Genitalapparats.

Geschlechtspezifische Entwicklung des Gangsystems

Geschlechtspezifische Entwicklung des Gangsystems Bei normalem Ablauf wird nur ein Gangsystem entwickelt, während sich das andere bis auf wenige Residuen zurückbildet.

Bei regelrechtem Ablauf entwickelt sich je nach Geschlecht nur ein Gangsystem weiter, während das jeweils andere bis auf (meist unauffällige) Residuen (S. 857) zurückgebildet wird. Letztere können in seltenen Fällen zu Krankheitserscheinungen führen.

▶ Merke.

▶ Merke. Beide Gangsysteme differenzieren sich geschlechtsspezifisch zu den

männlichen (Wolff-Gang) bzw. weiblichen (Müller-Gang) Genitalwegen. Eselsbrücke: Wolf(f)gang = männlich!

⊙ J-5.5

Geschlechtsspezifische Differenzierung der zunächst indifferenten Genitalwege

Urnierengang (Wolff-Gang)

Neben der Differenzierung des Wolff-Gangs beim männlichen und des Müller-Gangs beim weiblichen Keim sind auch die sich aus den Keimdrüsenanlagen entwickelnden Hoden bzw. Ovarien dargestellt.

Keimdrüsenanlage

Müller-Gang

kaudales Keimdrüsenband

Anlage der Prostata

Anlage der Gll. bulbourethrales bzw. der Gll. vestibulares majores

Sinus urogenitalis

©

(Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

ª

Uterus Tuba uterina

Gl. vesiculosa Ductus deferens Utriculus prostaticus

Epoophoron Lig. suspensorium ovarii Ovarium Lig. ovarii proprium

Prostata Gl. bulbourethralis

Gartner-Gang (embryonales Relikt des Urnierengangs)

Gubernaculum testis Epididymis

Lig. teres uteri Appendix testis Testis

Gl. vestibularis Ductus major paraurethrales

Entwicklung des Gangsystems beim männlichen Keim: Für die regelrechte Ausbildung des Gangsystems im männlichen Organismus müssen zwei Voraussetzungen erfüllt sein: ■ Eine ausreichende Androgenproduktion durch die 1.Generation der Leydig-Zwischenzellen im embryonalen Hoden für die Umbildung des Wolff-Gangs zu den aus ihm hervorgehenden männlichen Genitalwegen. ■ Die Rückbildung des Müller-Gangs, ausgelöst durch das Anti-Müller-Hormon der testikulären Sertoli-Zellen. Einhergehend mit dem Längenwachstum und der Differenzierung des Wolff-Gangs gewinnen die kaudalen von der Rückbildung ausgenommenen Nephrone der Urniere als spätere Ductuli efferentes testis Anschluss an das Rete testis. Der auf die Ductuli efferentes nach kranial folgende Abschnitt des Wolff-Gangs differenziert sich zum Ductus epididymidis.

Vagina

Entwicklung beim männlichen Keim: Die regelrechte Ausbildung des Gangsystems hat 2 Voraussetzungen: ■ Normale Androgenproduktion (Leydig-Zellen) für die Differenzierung des Wolff-Gangs sowie die ■ Müller-Gang-Rückbildung durch das Anti-Müller-Hormon (Sertoli-Zellen). Kaudale Urnierennephrone gewinnen Anschluss an das Rete testis und werden zu Ductuli efferentes. Weitere Abschnitte des Wolff-Gangs werden durch Längenwachstum und Differenzierung zu den Gangabschnitten des inneren männlichen Genitales.

856

J 5 Entwicklung des Urogenitalsystems

Die über den Leistenkanal (S. 316) zur Beckenhöhle führenden Abschnitte differenzieren sich zum Ductus deferens (S. 777) und zum Ductus ejaculatorius (S. 833). Eine Epithelaussprossung aus dem Wolff-Gang bildet nahe der Harnblase die Glandula vesiculosa (S. 832). ▶ Merke.

▶ Merke. Aus dem Wolff-Gang entstehen somit: Ductus epididymidis, Ductus ejacu-

latorius, Ductus deferens und die Glandula vesiculosa. Die Ductuli efferentes testis dagegen liegen topografisch zwar im Nebenhoden(kopf), sind entwicklungsgeschichtlich aber Abkömmlinge der Urnierenkanälchen und somit des nephrogenen Blastems. ▶ Klinik.

▶ Klinik. Durch die kombinierte Wirkung zweier testikulärer Hormone sind verschiedene Entwicklungsstörungen denkbar: ■ Anti-Müller-Hormon fehlt, Androgene werden normal produziert → Das männliche Gangsystem entwickelt sich normal, die Müller-Gänge werden aber nicht zurückgebildet: beide Gangsysteme sind parallel vorhanden. ■ Androgene fehlen, Anti-Müller-Hormon wird normal produziert → Das männliches Gangsystem entwickelt sich nicht, das weibliche Gangsystem wird zurückgebildet. ■ Anti-Müller-Hormon und Androgene fehlen → Das männliche Gangsystem entwickelt sich nicht, das weibliche Gangsystem wird aber nicht zurückgebildet: es entsteht ein normales weibliches Gangsystem trotz männlichen Genotyps.

Residuen beim männlichen Keim: Der kraniale Urnierengangabschnitt wird zur Appendix epididymidis. Teil des Müller-Gangs wird zur Appendix testis.

Residuen embryonaler Gangsysteme beim männlichen Keim: Der Urnierengangabschnitt aus dem Bereich der kranialen (vollständig zurückgebildeten) Urnierenkanälchen wird zur Appendix epididymidis. Ein kleiner persistierender Teil des Müller-Gangs wird zur Appendix testis.

Entwicklung beim weiblichen Keim: ■ Entstehung von Tube und Uterus: Kraniale Abschnitte der Müller-Gänge werden zu den Tubae uterinae. Am abdominalen Tubenende bilden sich an der Pars ampullaris Fimbrien aus. Kaudal werden die eng benachbarten Müller-Gänge nur durch ein Septum getrennt. Nach dessen Auflösung entsteht der Canalis uterovaginalis, der kranial zum Uterus wird (Abb. J-5.7). Parauterines Bindegewebe wird zum peritoneal bedeckten Lig. latum uteri.

Entwicklung des Gangsystems beim weiblichen Keim: Diese gliedert sich in zwei Prozesse: ■ Entstehung von Tube und Uterus: Die zunächst noch vollständig getrennt verlaufenden Müller-Gänge zeigen im 4. Embryonalmonat ein starkes Wachstum. Die oberen Anteile differenzieren sich zu den Eileitern, sog. Tubae uterinae (S. 797). Am abdominalen freien Ende der Tuben bilden sich am Rand der Pars ampullaris Fimbrien aus. Kaudal liegen die beiden Müller-Gänge nur durch ein dünnes Septum getrennt eng beieinander. Unter Auflösung des Septums verschmelzen die Gänge zum Canalis uterovaginalis, dessen kranialer Anteil sich zum Uterus differenziert (Abb. J-5.7). Das diesen Bereich umgebende Mesenchym verschmilzt ebenfalls: Es entsteht die bindegewebige Genitalplatte, die einen Peritonealbezug erhält, Ligamentum latum (S. 801), und die Leitungsbahnen des Uterus enthält.

▶ Klinik. Eine unvollständige Verschmelzung der beiden Müller-

Gänge mit der Persistenz des Septums kann zu einer Kammerung des Uterus führen. Je nach Ausmaß der Kammerung bleibt diese Entwicklungsstörung symptomlos oder es treten

⊙ J-5.6

folgende Probleme auf: Dysmenorrhö (pathologisch verstärkte Menstruationsbeschwerden), verminderte Fertilität bis Sterilität, erhöhte Abortrate sowie Komplikationen bei der Geburt.

Uterusfehlbildungen

a Uterus arcuatus

b Uterus subseptus

c Uterus bicornis

J

⊙ J-5.7

857

5.3 Entwicklung des Genitales

Entwicklung von Uterus und Vagina

Uterovaginalkanal

Excavatio rectouterina Uterus

Excavatio vesicouterina Sinus urogenitalis

Vaginalplatte

Urethra Hymen

a

b

c

Vagina

Rektum

Die paarigen Müller-Gänge differenzieren sich kranial zu den Tubae uterinae (freie Öffnung zur Abdominalhöhle, a) und verschmelzen kaudal zum Uterus. Aus dem Sinus urogenitalis wächst die zunächst noch solide Anlage der Vagina (Vaginalplatte, b) auf das Ostium uteri zu und gewinnt unter sekundärer Kanalisierung der Vagina (c) Anschluss an den Uterus. (nach Ulfig, N.: Kurzlehrbuch Embryologie. Thieme, 2009)

a Mediansagittalschnitt in der 10. Entwicklungswoche, b in der 12. Woche, c zum Zeitpunkt der Geburt.



Entstehung der Vagina: Die Spitzen der Müller-Gänge wachsen auf den Sinus urogenitalis zu. Aus dem Sinus wachsen den Müller-Gängen zwei Ausstülpungen entgegen, die Sinovaginalhöcker, die kranial die kompakte Vaginalplatte bilden. Diese gewinnt Anschluss an den Uterus und wird bis zum 5. Embryonalmonat – von kaudal nach kranial aufsteigend – vollständig kanalisiert (Abb. J-5.7). Das Lumen der Vagina ist kaudal zum Sinus urogenitalis hin zunächst durch eine dünne Gewebsplatte, das Hymen = Jungfernhäutchen (S. 807), verschlossen, die perinatal meist schon eine kleine Öffnung zeigt, jedoch erst bei der Kohabitarche (1. Geschlechtsverkehr) vollständig eröffnet wird.

▶ Merke. Aus den Müller-Gängen entstehen somit die paarige Tuba uterina, der un-



Entstehung der Vagina: Die Müller-Gänge wachsen auf den Sinus urogenitalis zu, von wo ihnen die Sinovaginalhöcker (verschmolzen zur Vaginalplatte) entgegenwachsen. Nach Anschluss der noch soliden Vaginalplatte an den Uterus erfolgt bis zum 5. Monat eine Kanalisierung bis auf den Bereich des Hymens (Abb. J-5.7), s. Hymen (S. 807).

▶ Merke.

paare Uterus und der oberste Teil der Vagina. Die restlichen Abschnitte der Vagina entwickeln sich aus dem Sinus urogenitalis (S. 851). Residuen embryonaler Gangsysteme beim weiblichen Keim: Aus den Urnierentubuli entstehen das Epoophoron und das Paroophoron. Vom Urnierengang verbleibt gelegentlich neben der Vagina der sog. Gartner-Gang. ▶ Klinik. Der Gartner-Gang kann Zysten (flüssigkeitsgefüllte Bläschen) bilden, die

Residuen beim weiblichen Keim: Epound Paroophoron aus den Urnierentubuli, der paravaginale Gartner-Gang aus dem Wolff-Gang. ▶ Klinik.

zu Druckbeschwerden führen oder sich entzünden können.

Entwicklung der akzessorischen Geschlechtsdrüsen Akzessorische Geschlechtsdrüsen beim Mann: Epithelzellen der aus dem Sinus urogenitalis entstandenen Urethra sprossen in das umgebende Bindegewebe und bilden die Prostata. Somit ist die Prostata – genau wie die Urethra – als Abkömmling des Sinus urogenitalis ebenfalls endodermalen Ursprungs. Auch die Glandulae bulbourethrales entstehen aus einer Epithelaussprossung der Urethra. Die Glandula vesiculosa entsteht aus einer Aussprossung des Ductus deferens, der ein Abkömmling des (mesodermalen) Wolff-Ganges und somit mesodermalen Ursprungs ist. Akzessorische Geschlechtsdrüsen bei der Frau: Epithelzellen der Urethra sprossen in das umgebende Bindegewebe und bilden die Urethral- und Paraurethraldrüsen (S. 809). Auch die Glandulae vestibulares majores entstehen aus einer Epithelaussprossung der Urethra.

Entwicklung der akzessorischen Geschlechtsdrüsen Genitaldrüsen beim Mann: Epithelaussprossungen der Urethra in das umliegende Bindegewebe bilden die Prostata, die wie der Sinus urogenitalis endodermal angelegt ist. Auch die Gll. bulbourethrales entstehen als Epithelaussprossung der Urethra. Die Gl. vesiculosa als ein Derivat des mesodermalen Wolff-Gangs ist mesodermal angelegt.

Genitaldrüsen bei der Frau: Urethrale Epithelaussprossungen bilden die (Para-)Urethraldrüsen (S. 809) und Gll. vestibulares majores.

858

J 5 Entwicklung des Urogenitalsystems

5.3.2

5.3.2 Entwicklung des äußeren Genitales

Entwicklung des äußeren Genitales

Auch hier besteht vor der geschlechtsabhängigen Differenzierung ein indifferentes Stadium.

Wie die inneren Genitalorgane zeigt auch das äußere Genitale während der Embryonalentwicklung ein geschlechtsindifferentes Stadium, bevor die anschließenden Entwicklungsschritte geschlechtsspezifisch verlaufen.

Geschlechtsindifferentes Stadium

Geschlechtsindifferentes Stadium

Seitlich der Kloake wachsen 2 Kloakenfalten, die in vordere Urethral- und hintere Analfalten (S. 728) unterteilt werden. Die Urethralfalten vereinigen sich vorne zum Genitalhöcker, in den aus dem Sinus urogenitalis die endodermale Urethralplatte vorwächst. Lateral der Urethralfalten entstehen die beiden Genitalwülste (Abb. J-5.8).

Dieses Stadium ist durch ein Wachstum von Falten in der seitlichen Umgebung der Kloake gekennzeichnet (Kloakenfalten). Entsprechend der Unterteilung der Kloakenmembran in die Urogenitalmembran und die Analmembran werden die Kloakenfalten in die vorderen Urethral- und die hinteren Analfalten (S. 728) unterteilt. Die Spitzen der Urethralfalten vereinigen sich zum sog. Genitalhöcker. In diese wächst aus dem Sinus urogenitalis die endodermale Urethralplatte ein. Lateral der Urethralfalten entstehen die Genitalwülste. Ab der 9. Embryonalwoche beginnt die geschlechtsspezifische Differenzierung der indifferenten Anlage (Abb. J-5.8).

⊙ J-5.8

⊙ J-5.8

Entwicklung des äußeren Genitales (Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

Genitalhöcker

Genitalwulst

Genitalfalte

©

ª

Glans penis Glans clitoridis

Corpus spongiosum penis Corpora cavernosa penis

Labium majus pudendi Labium minus pudendi

Scrotum

Geschlechtsspezifisches Stadium

Geschlechtsspezifisches Stadium

Entwicklung beim männlichen Keim: Durch Verlängerung der Urethralfalten wird der Genitalhöcker zum Penis. Zwischen den Urethralfalten entsteht durch Einsenkung die Urogenitalrinne. Durch Schluss der Urogenitalfalten um die Rinne sowie durch Vorwachsen eines ektodermalen Kanals von der Glans penis bis zur nun verschlossenen Rinne entsteht die Urethra mit ihrer definitiven Mündung.

Entwicklung beim männlichen Keim: Der Genitalhöcker wächst zum Penis aus, wodurch die Urethralfalten nach ventral verlängert werden. Zwischen den Urethralfalten bildet sich durch das Einreißen der Urogenitalmembran und durch eine Einsenkung im Bereich der Urethralplatte die Urogenitalrinne, die auch beim weiblichen Embryo angelegt wird, klinisch jedoch dort unbedeutend ist. Um die 11.–12. Embryonalwoche vereinigen sich die beiden Falten, die Urogenitalrinne wird zur Pars spongiosa der Urethra. Die Urethramündung erreicht aber zunächst noch nicht die Spitze des Penis. Von der Spitze der Glans penis wächst ein Gewebsstrang (Ektoderm) in die Tiefe Richtung Urethraanlage. Durch Anschluss dieses später kanalisierten Strangs an die Urethra und durch vollständige Vereinigung der Urethralfalten mit Verschluss der Urogenitalrinne wird die äußere Urethramündung auf die Glans verlagert.

▶ Klinik. Unterbleibt der vollständige Urogenitalrinnenverschluss,

verbleibt die Urethramündung auf der Unterseite des Penis (Hypospadie). Aufgrund der Länge der männlichen Urethra kann diese Verschlussstörung an verschiedenen Stellen auftreten (s. Abb. J-5.9). Die Therapie besteht meist in einer operativen Korrektur.

⊙ J-5.9

Hypospadie

(Sökeland, J., Rübben, H.: Urologie. Thieme, 2007)

Hypospadia glandis (~65%) Hypospadia penis (~15%) Hypospadia scrotalis (~20%)

Hypospadia perinealis (selten)

J

859

5.3 Entwicklung des Genitales

Die Genitalwülste (Skrotalwülste) vergrößern sich und vereinigen sich unter Bildung einer medianen Raphe. In das so entstandene Skrotum wandert im Rahmen des Deszensus (S. 324) der Hoden ein.

Die Genitalwülste (Skrotalwülste) vereinigen sich in einer medianen Raphe zum Skrotum.

Entwicklung beim weiblichen Keim: Der Genitalhöcker wächst zur Klitoris aus. Die Urethralfalten bleiben im Gegensatz zum männlichen Keim getrennt und entwickeln sich zu den kleinen Schamlippen (Labia minora). Die ebenfalls im Gegensatz zum männlichen Keim offen bleibende Urogenitalrinne wird Teil des Vestibulum vaginae. Die Genitalwülste wachsen zu den großen Schamlippen (Labia majora) aus. Die Tab. J-5.1 fasst nochmals die indifferente und die geschlechtsspezifische Entwicklung der Keimdrüsen, des Gangsystems und des Sinus urogenitalis zusammen.

Entwicklung beim weiblichen Keim: Der Genitalhöcker wächst zur Klitoris aus. Während die Labia majora aus den Genitalwülsten entstehen, bilden sich die Labia minora aus den weiterhin getrennten Urethralfalten. Auch die Urogenitalrinne bleibt offen und wird Teil des Vestibulum vaginae.

≡ J-5.1

Entwicklung homologer Organe des Genitalsystems beim männlichen und weiblichen Organismus

Embryonalanlage

indifferente Gonade: Rinde

■ ■

Mark

definitive Struktur

definitive Struktur





Testis: ■ Tubuli seminiferi





Rete testis

Ovar: Follikel



Urnierenkanälchen

Ductuli efferentes testis



Wolff-Gang*



Ductus epididymidis





Ductus deferens



Ductus ejaculatorius



Gl. vesiculosa

Müller-Gang

Sinus urogenitalis** Genitalhöcker (Phallus) Genitalfalten



Stroma ovarii



Tuba uterina



Uterus



fibromuskuläre Anlage der Vagina



Prostata



Vaginalepithel



Gl. bulbourethralis



Gll. vestibulares majores/minores



Corpus cavernosum penis



Klitoris



Glans clitoridis



Corpus spongiosum penis



Labia minora pudendi



Glans penis



Bulbus vestibuli

Genitalwülste



Skrotum



Labia majora pudendi

Gubernaculum





Lig. ovarii proprium



Lig. teres uteri

Bei beiden Geschlechtern entwickeln sich als Organe des Harnsystems: *aus dem Wolff-Gang → Ureter, Nierenbecken und -kelche sowie Sammelrohre, **aus dem Sinus urogenitalis → Harnblase (mit Ausnahme des Trigonum vesicae) und Urethra.

Leitungsbahnen im Bauch- und Beckenraum

1

Leitungsbahnen im Bauchraum

2

Leitungsbahnen im Beckenraum

863 879

K

1

Leitungsbahnen im Bauchraum

1.1 1.2 1.3 1.4

Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Gefäße im Bauchraum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nerven und Nervengeflechte im Bauchraum . . . . . . . . . . . . . . Entwicklung der großen Blutgefäße im Bauch- und Beckenraum .

. . . .

. . . .

. . . .

K 863 863 873 877

E. Schulte

1.1

Einführung

Die großen Gefäße und Nerven zur Versorgung des Bauchraums sowie der kaudalen Rumpfwandabschnitte verlaufen hauptsächlich im retroperitonealen Bindegewebe und setzen sich nach kaudal in die im Bindegewebsraum des Beckens gelegenen Leitungsbahnen (S. 341) fort. Die im Retroperitoneum gelegenen Organe (z. B. Niere oder retroperitonealisierte Abschnitte des Magen-Darm-Traktes) werden über Leitungsbahnen versorgt, die direkt durch das Bindegewebe zum Organ ziehen. Die Leitungsbahnen zur Versorgung intraperitonealer Organe dagegen treten in eine bewegliche Peritonealduplikatur („Meso“) ein, um ihr jeweiliges Zielorgan zu erreichen (so z. B. über das Mesogastrium den Magen). Somit stellt das Retroperitoneum den Anteil des Bauchraums dar, in dem die kaliberstärksten Leitungsbahnen verlaufen. Dies gilt ebenso für den sich nach kaudal anschließenden Bindegewebsraum des Beckens (S. 334), also für den gesamten Extraperitonealraum. ▶ Merke. Die kaliberstärksten Leitungsbahnen des Bauch-Becken-Raums verlaufen

1.1

Einführung

Gefäße und Nerven zur Versorgung des Abdomens liegen im retroperitonealen Bindegewebe und setzen sich nach kaudal in die Leitungsbahnen des Beckens (S. 341) fort. Zu den retroperitoneal gelegenen Organen ziehen die Leitungsbahnen direkt durch das Bindegewebe. Intraperitoneale Organe werden über ihre Peritonealduplikatur („Meso“) erreicht.

▶ Merke.

im extraperitonealen Bindegewebe.

1.2

Gefäße im Bauchraum

Im Retroperitonealraum bestimmen zwei sehr kaliberstarke Stammgefäße das Bild: auf der arteriellen Seite die Aorta abdominalis mit ihren Ästen, im Becken repräsentiert durch die Iliakalarterien (S. 879), und die Vena cava inferior mit ihren Zuflüssen (im Becken repräsentiert durch die Iliakalvenen (S. 881). Die Bauchorgane werden je nach ihrer intra- oder retroperitonealen Lage über o. g. „Zugangswege“ erreicht. Dabei zeigt der venöse Abfluss im Bereich der Hohlorgane des Magen-Darm-Traktes eine funktionell begründete Besonderheit: Die Venen von Magen, Dünndarm, Dickdarm und (bis auf kleine Abschnitte) Mastdarm erreichen nicht direkt die V. cava inferior oder Iliakalvenen, sondern leiten ihr Blut zu einer großen unpaaren Vene, welche zur Leber zieht: die Vena portae hepatis. So wird das nährstoffreiche Blut des Magen-Darm-Traktes über die Portalvene der Leber zur Verstoffwechselung zugeführt. Die Leber leitet das Blut dann über Lebervenen weiter in die V. cava inferior. Das Pankreas, das sich als Epithelspross aus der Duodenalanlage mit ventraler und dorsaler Pankreasanlage (S. 755) entwickelt, und die Milz (S. 188), die in die Nähe der dorsalen Pankreasanlage wandert, erhalten aufgrund ihrer Lage im Mesogastrium dorsale (S. 668) ebenfalls Anschluss an die V. portae hepatis. ▶ Merke. Das venöse Blut aus dem Magen-Darm-Trakt sowie aus Pankreas und Milz

1.2

Gefäße im Bauchraum

Aorta abdominalis und V. cava inferior sind mit ihren Aufzweigungen die großen Gefäße im Retroperitonealraum. Ihre Äste bzw. Zuflüsse erreichen die Bauchorgane über o. g. „Zugangswege“. Für die Venen des Magen-Darm-Traktes gilt eine Besonderheit: Sie leiten das nährstoffreiche Blut über ein venöses Sammelgefäß, die V. portae hepatis, zur Verstoffwechselung in die Leber, die das Blut über Lebervenen der V. cava inferior zuleitet.

Entwicklungsgeschichtlich bedingt leiten auch Milz und Pankreas ihr venöses Blut über die Portalvene.

▶ Merke.

fließt über die „Leberschleife“ (S. 869) ab, während die paarigen Organe im Extraperitonealraum ihr Blut direkt in die V. cava inferior leiten (Abb. K-1.1).

1.2.1 Arterien des Bauchraums – Aorta abdominalis und ihre Äste

1.2.1

Die Arterien des Bauchraums sind ausnahmslos Äste der Aorta abdominalis, die nach Durchtritt durch das Zwerchfell im Hiatus aorticus (S. 538) in Höhe des BWK XII aus der Aorta thoracica hervorgeht.

Die Aorta abdominalis beginnt bei BWK XII nach Durchtritt durch das Zwerchfell (S. 538) und gibt Äste zu den Bauchorganen ab.

Arterien des Bauchraums – Aorta abdominalis und ihre Äste

864

K

⊙ K-1.1

1 Leitungsbahnen im Bauchraum

⊙ K-1.1

Prinzip der Blutgefäßversorgung von Organen im Bauch- und Beckenraum durch retroperitoneale Gefäße und den hepatischen Portalkreislauf (Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

Niere Nebenniere

Genitalorgane

Milz Pankreas Magen-Darm-Trakt (ohne unteres Rektum)

Ureter Harnblase

unteres Rektum untere Extremitäten

Verlauf der Aorta abdominalis: Sie liegt im Retroperitoneum links der Medianebene und teilt sich bei LWK IV in die beiden Aa. iliacae communes (S. 879) für Becken und Bein. Unpaare Fortsetzung ist die A. sacralis mediana. ▶ Merke.

Verlauf der Aorta abdominalis: Die Aorta abdominalis verläuft im Retroperitonealraum etwas links der Medianebene vor der Wirbelsäule. Auf Höhe des LWK IV teilt sie sich in die beiden Aa. iliacae communes (S. 879) zur Versorgung von Becken und unterer Extremität auf. Vor dem Os sacrum setzt sie sich in die unpaare Arteria sacralis mediana fort. ▶ Merke. Der LWK IV und damit die Aortenteilung liegen in Höhe des Bauchnabels

(Umbilicus). Äste der Aorta abdominalis (Abb. K-1.2): ■ paarige zu Rumpfwand, den paarigen im Retroperitoneum gelegenen Organen und den Keimdrüsen sowie ■ unpaare zu Milz und Verdauungstrakt.

⊙ K-1.2

Äste der Aorta abdominalis: Die Bauchaorta gibt folgende Arterien ab (Abb. K-1.2): Paarige Äste nach lateral zur Versorgung der Wand des Abdomens, der paarigen retroperitonealen Organe und der Keimdrüsen. ■ Unpaare Äste nach ventral, die – teils über die „Mesos“ (S. 652) bzw. Ligamente – zur Milz und zu den unpaaren Verdauungsorganen im Bauch- und Beckenraum ziehen. ■

Astfolge der Aorta abdominalis und ihre Projektion auf die Rumpfwand

A. gastrica sinistra Truncus coeliacus A. hepatica communis

A. phrenica inferior sinistra A. suprarenalis superior sinistra

A. gastrica dextra A. hepatica propria A. splenica A. gastroduodenalis A. mesenterica superior

A. mesenterica inferior

A. suprarenalis media sinistra A. suprarenalis inferior sinistra A. renalis sinistra A. lumbalis sinistra I A. testicularis/ovarica sinistra A. lumbalis sinistra IV

A. sacralis mediana A. iliaca communis sinistra

a

Truncus coeliacus (Th XII) A. mesenterica superior (Th XII/L I) A. mesenterica inferior (L III) Bifurcatio aortae (L IV) b

(Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

a Aorta abdominalis mit ihren unpaaren (linke Bildhälfte) und paarigen (rechte Bildhälfte) Ästen. b In der Projektion der Bauchaorta auf die Rumpfwand sind in Klammern die jeweiligen Wirbelhöhen angegeben.

Aa .renales (L I/L II) A. iliaca communis sinistra

K

865

1.2 Gefäße im Bauchraum

Paarige Aortenäste

Paarige Aortenäste

Äste zur Wand des Abdomens: Beidseits entspringen der Aorta abdominalis ■ je eine Arteria phrenica inferior, die die Unterseite des Zwerchfells versorgt und die Arteria suprarenalis superior zur Nebenniere abgibt, sowie ■ je vier Arteriae lumbales zur Versorgung der Bauchwand (S. 320), der Rückenmuskulatur (S. 277) und des Wirbelkanals. Sie entsprechen den Aa. intercostales posteriores (S. 631) und anastomosieren mit Arterien der vorderen Bauchwand, z. B. Aa. epigastricae superior und inferior (S. 321), A. iliolumbalis (S. 880), A. circumflexa ilium profunda (S. 381).

Zur Wand des Abdomens: Beidseits ■ je 1 A. phrenica inferior (Zwerchfellunterseite) mit A. suprarenalis superior, sowie ■ 4 Aa. lumbales (Bauchwand und Wirbelkanal), die den Aa. intercostales posteriores entsprechen und Anastomosen zu Arterien der vorderen Bauchwand ausbilden.

Äste zu den Organen: Die paarigen viszeralen Äste der abdominalen Aorta sind: Je eine Arteria suprarenalis media als direkter Ast zur Nebenniere, ■ Je eine Arteria renalis zur Niere, von denen die rechte dorsal der V. cava inferior verläuft. Die Nierenarterien entspringen in Höhe des LWK I/II und geben eine Arteria suprarenalis inferior zur Nebenniere ab. ■ Die Arteria ovarica bzw. testicularis zieht auf dem M. psoas nach kaudal zu Ovar bzw. Testis und überkreuzt dabei den Ureter (S. 777). Zusammen mit der gleichnamigen Vene läuft die A. ovarica im Ligamentum suspensorium ovarii. Die A. testicularis betritt durch den Anulus inguinalis profundus den Canalis inguinalis (S. 316) und zieht als Bestandteil des Funiculus spermaticus zu Hoden und (mit Rr. epididymales) Nebenhoden.

Äste zu den Organen: Beidseits entspringen je eine: ■ A. suprarenalis media, ■ A. renalis in Höhe LWK I/II, die jeweils eine A. suprarenalis inf. abgibt, ■ A. ovarica/testicularis. Die A. ovarica läuft im Lig. suspensorium ovarii, die A. testicularis zieht durch den Canalis inguinalis im Funiculus spermaticus zum Hoden.

Unpaare Aortenäste

Unpaare Aortenäste

Drei große viszerale Stämme entspringen ventral aus der Aorta abdominalis (Abb. K-1.4): ■ Truncus coeliacus, ■ Arteria mesenterica superior und ■ Arteria mesenterica inferior.

Ventral entspringen 3 viszerale Stämme: ■ Truncus coeliacus, ■ A. mesenterica superior, ■ A. mesenterica inferior.

Truncus coeliacus: Der nur 1–2 cm lange Stamm entspringt knapp unterhalb des Hiatus aorticus (Höhe BWK XII) aus der Aorta und versorgt Milz, Leber, Gallenblase und Magen sowie teilweise das Pankreas und das Duodenum (Abb. K-1.3 und Abb. K-1.4). Er gibt drei Äste ab (deshalb auch Tripus Halleri = Haller-Dreifuß genannt): ■ Die Arteria splenica (= Arteria lienalis) läuft oft geschlängelt am Pankreasoberrand unter Astabgabe durch das Ligamentum splenorenale zur Milz. Vier ihrer Äste ziehen zum Pankreas, die weiteren zum Magen. ■ Die Arteria gastrica sinistra zieht von links zur kleinen Magenkurvatur und gibt kleine Äste zum Ösophagus ab. ■ Die Arteria hepatica communis setzt sich nach Abgabe der Arteria gastroduodenalis in die Arteria hepatica propria fort, die Leber, Gallenblase und einen Teil des Magens versorgt.

Truncus coeliacus: Er entspringt bei BWK XII und versorgt Milz, Leber, Gallenblase sowie teilweise Pankreas und Duodenum mit drei Ästen (Abb. K-1.3 u. Abb. K-1.4): ■ Die A. splenica/lienalis läuft am Pankreasoberrand zur Milz und gibt Äste zum Pankreas und Magen ab ■ Die A. gastrica sinistra läuft links zur Curvatura minor, ■ Die A. hepatica communis zieht nach Abgabe der A. gastroduodenalis als A. hepatica propria zur Leber.



⊙ K-1.3

Truncus coeliacus und aus ihm hervorgehende Arterien A. hepatica communis

Aorta abdominalis

Schematische Übersicht über Äste und arterielles Versorgungsgebiet des Truncus coeliacus. Zu beachten ist die Mitversorgung des Pankreas durch Äste der A. mesenterica superior.

Truncus coeliacus

(Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

A. splenica

A. hepatica propria

A. gastrica sinistra A. gastroomentalis sinistra Rr. pancreatici

A. gastroduodenalis A. gastrica dextra A. pancreaticoduodenalis superior anterior/ posterior Rr. duodenales

A. gastroomentalis dextra

A. pancreaticoduodenalis inferior A. mesenterica superior

866 ⊙ K-1.4

K

1 Leitungsbahnen im Bauchraum

Unpaare Äste der Aorta abdominalis und ihre Verzweigungen zur arteriellen Versorgung der unpaaren Verdauungsorgane im Bauch- und Beckenraum

Hauptgefäße

Äste

Versorgungsgebiet

Anastomosen

Truncus coeliacus A. splenica Rr. pancreatici A. pancreatica dorsalis A. pancreatica magna

Pankreas

A. caudae pancreatis Aa. gastricae breves A. gastroomentalis sinistra (im Omentum majus)

Fundus Magen

A. gastrica sinistra

A. hepatica communis

Curvatura major, links Curvatura minor, links

Rr. oesophageales

Ösophagus

(magennaher Teil)

A. gastroduodenalis

Teile des Magens, Pankreas und Duodenums

→ A. pancreaticoduodenalis superior posterior mit Rami pancreatici und Rami duodenales

Pankreas (oberer Teil der sog. „Pankreasarkade“) und Duodenum

→A. pancreaticoduodenalis superior anterior → Aa. retroduodenales (inkonstant)

Duodenum

→ A. gastroomentalis dextra (im Omentum majus)

Curvatura major, rechts Magen

→ Fortsetzung als: A. hepatica propria A. gastrica dextra

Curvatura minor, rechts

→ Aufteilung in: – Ramus dexter

Leber A. cystica

– Ramus sinister

Gallenblase Leber

– Ramus intermedius

Pars dextra

Pars sinistra Lobus quadratus

A. mesenterica superior A. pancreaticoduodenalis inferior

Pankreas (unterer Teil der „Pankreasarkade“) und Duodenum

Aa. jejunales und ileales (im Mesenterium)

gesamter Dünndarm außer Duodenum

A. ileocolica → Aa. caecales anterior und posterior

Caecum

→ A. appendicularis

Appendix vermiformis

A. colica dextra

Colon ascendens

A. colica media (im Mesocolon transversum)

Dickdarm

Colon transversum

A. mesenterica inferior A. colica sinistra

Colon descendens

Aa. sigmoideae 3–4 (im Mesocolon sigmoideum)

Colon sigmoideum

A. rectalis superior

Mastdarm

Rectum, oberer Anteil

Details zur sog. Pankreasarkade siehe Gefäßversorgung des Pankreas (S. 753), Details zum oberen Rektum siehe Gefäßversorgung von Rektum und Analkanal (S. 724).

K

867

1.2 Gefäße im Bauchraum

Arteria mesenterica superior: Sie entspringt etwas kaudal des Truncus coeliacus in Höhe LWK I und versorgt Teile von Pankreas und Duodenum, das Jejunum und Ileum sowie den Dickdarm bis etwa zur Flexura coli sinistra (Abb. K-1.4 und Abb. I-1.45). Sie verläuft mit der gleichnamigen Vene zunächst hinter dem Pankreas nach kaudal und rechts und tritt zwischen Pankreasunterrand und der Pars horizontalis duodeni in das Mesenterium ein.

Arteria mesenterica superior: Sie entspringt kaudal des Truncus coeliacus (LWK I), tritt mit der gleichnamigen Vene in das Mesenterium ein und gibt Äste zum Pankreas und Gastrointestinaltrakt (bis etwa zur linken Kolonflexur) ab (Abb. K-1.4 u. Abb. I-1.45).

Arteria mesenterica inferior: Sie entspringt nach links-kaudal in Höhe des LWK III und versorgt Colon descendens und sigmoideum sowie die oberen Rektumanteile (Abb. K-1.4 und Abb. I-1.45).

Arteria mesenterica inferior: Sie entspringt bei LWK III und versorgt Colon descendens und sigmoidum sowie Teile des Rektums (Abb. K-1.4 u. Abb. I-1.45). Arterielle Anastomosen: Durch Arkadenbildung nahe am Organ bilden die Äste der 3 großen unpaaren Gefäßstämme untereinander Anastomosen aus (Abb. K-1.4 u. Abb. K-1.5): 1. Truncus coeliacus mit der A. mesenterica sup. über Aa. pancreaticoduodenales, 2. Aa. mesenterica sup. und inf. über die Aa. colica med. und sin. (Riolan- und Drummond-Anastomose, Abb. I-1.45) sowie 3. die A. mesenterica inf. und A. iliaca int. über Aa. rectales sup. und media bzw. inf. (S. 879)

Arterielle Anastomosen: Die Äste der Mesenterialarterien verlaufen zunächst „radiär“ zum Organ, bilden dann aber organnah untereinander oft mehrstufig angelegte bogenförmige Anastomosen („Arkaden“). Dabei stehen nicht nur Äste eines Stammgefäßes miteinander in Verbindung, sondern es existieren auch arterielle Kurzschlüsse zwischen den Stromgebieten der drei großen unpaaren arteriellen Stämme (Abb. K-1.4 und Abb. K-1.5): 1. zwischen Truncus coeliacus und A. mesenterica superior über Aa. pancreaticoduodenales, 2. zwischen den beiden Mesenterialarterien über die Aa. colicae media und sinistra (Riolan- und Drummond-Anastomose, Abb. I-1.45). 3. Die A. mesenterica inferior ist außerdem mit der die Beckenorgane versorgenden A. iliaca interna verbunden, indem die A. rectalis superior eine Anastomose mit der A. rectalis media (S. 879) bzw. inferior eingeht. Die arterielle Versorgung des Beckens (S. 341) und seiner Organe erfolgt über die Arteriae iliacae communes als paarige Fortsetzungen der Aorta abdominalis.

⊙ K-1.5

Zur arteriellen Versorgung des Beckens durch die Aa. iliacae communes (S. 341).

Arterielle Anastomosen zwischen den großen unpaaren Gefäßstämmen im Bauch- und Beckenraum Leber Milz Magen Duodenum Gallenblase Pankreas

Pankreas Dünndarm (Großteil): Duodenum Jejunum Ileum Dickdarm (oraler Anteil): Zäkum Colon ascendens u. transversum

Truncus coeliacus A. mesenterica superior A. colica media

1

Dickdarm (aboraler Anteil): Colon transversum, descendens u. sigmoideum Rektum

2

A. colica sinistra

Anastomosen zwischen Truncus coeliacus und A. mesenterica superior (1), zwischen beiden Mesenterialarterien (2) und zwischen A. mesenterica inferior und A. iliaca interna (3). Während die Anastomosen zwischen Truncus coeliacus und A. mesenterica superior (am Pankreas) bzw. zwischen A. mesenterica inferior und A. iliaca interna (im Becken) retro- bzw. extraperitoneal sind, liegt die Anastomose zwischen den Mesenterialarterien organnah im Mesenterium (also intraperitoneal). (Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

A. mesenterica inferior A. rectalis superior 3

A. rectalis media/inferior A. iliaca interna

1.2.2 Venen des Bauchraums

1.2.2

Im Gegensatz zur arteriellen Versorgung, die ausschließlich dem Stromgebiet der Aorta abdominalis entstammt, sind für die venöse Drainage zwei zunächst getrennte Systeme vorhanden, die sich erst kurz vor dem venösen Einstrom in das Herz vereinigen: ■ die lange, retroperitoneal gelegene Vena cava inferior und ■ die sehr kurze, intraperitoneal gelegene Vena portae hepatis.

Anders als für die arterielle Versorgung existieren für die venöse Drainage 2 Systeme: ■ V. cava inferior und ■ V. portae hepatis.

Vena cava inferior und ihre Zuflüsse

Vena cava inferior und ihre Zuflüsse

Stromgebiet und Verlauf: Die Vena cava inferior sammelt das Blut der unteren Extremität, der Wand von Abdomen und Becken, der Beckenorgane mit Ausnahme der oberen Rektumabschnitte und der paarigen Organe des Retroperitoneums. Somit entspricht ihr venöses Stromgebiet dem arteriellen Versorgungsgebiet der paarigen Äste der Aorta abdominalis. Die Vena cava inferior entsteht in Höhe des LWK V aus dem Zusammenfluss der beiden Venae iliacae communes (S. 881) und zieht rechts

Stromgebiet und Verlauf: Sie leitet das Blut vom Bein, von der Abdomen- und Beckenwand, vom Retroperitoneum sowie von den Urogenitalorganen. Bei LWK V vereinigen sich die beiden Vv. iliacae communes (S. 881) zur V. cava inf., die rechts der Aorta zum Foramen venae cavae des Zwerchfells zieht.

Venen des Bauchraums

868

K

1 Leitungsbahnen im Bauchraum

der Aorta nach kranial. Nach Durchtritt durch das Zwerchfell im Foramen venae cavae (Höhe BWK VIII) mündet sie im Thorax in den rechten Herzvorhof. Zuflüsse von der Wand des Abdomens: Es münden beidseits: ■ 1 V. phrenica inf. und ■ 4 Vv. lumbales (entsprechen den Vv. intercostales posteriores), die untereinander und mit der V. iliaca communis durch jeweils eine V. lumbalis ascendens verbunden sind. Letztere hat Anschluss an das Azygos-/Hemiazygos-System und somit an die V. cava superior. Auch Venen des Kolons können Anschluss an die Vv. lumbales ascendentes gewinnen (vgl. Tab. K-1.1).

Zuflüsse von der Wand des Abdomens: Beidseits münden: ■ eine Vena phrenica inferior zur Drainage der Zwerchfellunterseite. Beide Venae phrenicae inferiores können mit den Venae suprarenales Kurzschlüsse bilden. ■ vier Venae lumbales (entsprechen den Vv. intercostales posteriores), die untereinander und mit den Venae iliacae communes über je eine Vena lumbalis ascendens verbunden sind. Die Venae lumbales ascendentes durchziehen das Zwerchfell und münden im Thorax rechts in die Vena azygos, links in die Vena hemiazygos (S. 633), die ihrerseits in die Vena cava superior abfließen. Über dieses Venensystem besteht ein (venovenöser) Kurzschluss zwischen den Venae cavae (S. 633). Darüber hinaus können bei der Retroperitonealisierung des Kolons venöse Blutgefäße (hauptsächlich) des Colon descendens Anschluss an die retroperitonealen Vv. lumbales ascendentes erhalten und somit eine (allerdings eher geringe) Rolle bei den sog. portokavalen Anastomosen spielen (Tab. K-1.1).

Zuflüsse aus den Organen: Aus den paarigen Bauchorganen fließt das Blut ab über: ■ je eine V. renalis, von denen die linke zwischen Aorta abdominalis und A. mesenterica sup. liegt, ■ V. ovarica/testicularis dextra (die linke mündet in die V. renalis sinistra). ■ V. suprarenalis dextra (die linke mündet in die V. renalis sinistra).

Zuflüsse aus den Organen: Das Blut aus folgenden die paarigen Bauch- und Beckenorgane drainierenden Venen fließt in die V. cava inferior: ■ Beidseits mündet je eine Vena renalis, wobei die linke V. renalis vor der Aorta abdominalis, aber hinter der A. mesenterica superior liegt (also zwischen den Arterien eingeklemmt ist wie eine Nuss im Nussknacker). ■ Die Vena ovarica bzw. testicularis dextra mündet direkt in die untere Hohlvene, während das Blut aus der V. ovarica/testicularis sinistra indirekt über die V. renalis sinistra in die V. cava inferior fließt. ■ Auch mündet lediglich die Vena suprarenalis dextra direkt in die untere Hohlvene, die V. suprarenalis sinistra dagegen über die V. renalis sinistra.

▶ Merke.

▶ Merke. Die Seitenunterschiede bezüglich Mündung und Verlauf der Venen zur

Drainage der paarigen Bauch- und Beckenorgane ist durch die rechtsseitige Lage der V. cava inferior bedingt: Die Zuflüsse von den rechts liegenden Organen münden direkt in die untere Hohlvene, während das Blut aus den Vv. suprarenalis und ovarica/testicularis der linken Seite über die linke Nierenvene abfließt (Abb. K-1.6).

⊙ K-1.6

Vena cava inferior mit ihren Zuflüssen und ihre Projektion auf die Rumpfwand

V. azygos V. phrenica inferior dextra V. cava inferior V. suprarenalis dextra V. renalis dextra V. lumbalis ascendens dextra V. testicularis/ ovarica dextra V. iliaca communis dextra

V. hemiazygos Vv. hepaticae V. phrenica inferior sinistra V. suprarenalis sinistra V. renalis sinistra V. cava inferior V. testicularis/ ovarica sinistra

L IV

V. lumbalis ascendens sinistra

V. sacralis mediana

a (Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

a Die Seitenunterschiede der in die V. cava inferior abfließenden Venen b sind durch ihre Lage rechts der Aorta erklärbar.

b

Aorta abdominalis

K

869

1.2 Gefäße im Bauchraum

Das Blut aus den – im Gegensatz zu den paarigen Organen – „unpaaren“ Organen des Magen-Darmtrakts in Bauch und Becken sowie der Milz gelangt nicht direkt, sondern erst nach dem Durchfluss der Leber (Portalkreislauf, s. u.) über die ■ drei Venae hepaticae in die V. cava inferior. Ihre Mündungsstelle liegt direkt unterhalb des Zwerchfells.

Über die 3 Vv. hepaticae fließt das Blut des Portalkreislaufs (s. u.) in die untere Hohlvene ab.



Portalkreislauf – Vena portae hepatis und ihre Zuflüsse

Portalkreislauf – Vena portae hepatis und ihre Zuflüsse Funktion: Die Pfortader (V. portae hepatis) führt das Blut der Milz und der Organe des Verdauungstraktes dem Leberstoffwechsel (S. 734) zu. Über drei Vv. hepaticae fließt das Leberblut in die V. cava inf.

Funktion: Die Vena portae hepatis (Pfortader) sammelt das Blut der Milz sowie der Verdauungsorgane im Bauch- und Beckenraum mit Ausnahme der unteren Rektumetagen (S. 724), um es zur Leber weiterzuleiten. Dadurch erreicht nährstoffreiches venöses Blut den Leberstoffwechsel (S. 734), bevor es über Venae hepaticae (s. o.) in die V. cava inferior abfließt. Verlauf und Zuflüsse: Die V. portae hepatis ist nur 4–7 cm lang und verläuft im Ligamentum hepatoduodenale (Tab. I-2.1) zur Leberpforte.

Verlauf und Zuflüsse: Die V. portae hepatis verläuft im Lig. hepatoduodenale (Tab. I-2.1). ▶ Merke.

▶ Merke. Die V. portae hepatis entsteht in Höhe des LWK II aus dem Zusammen-

fluss der V. splenica und der V. mesenterica superior (Abb. K-1.7). Die V. mesenterica inferior mündet hinter dem Magen in die V. splenica. Damit entspricht das Zustromgebiet der V. portae hepatis (Abb. K-1.8) fast dem der unpaaren viszeralen Äste der Aorta abdominalis.

⊙ K-1.7

Portalkreislauf: Pfortader der Leber und ihre Zuflüsse

Hauptgefäße

Zuflüsse

Vena portae hepatis (führt Blut V. prepylorica aus nebenstehenden kleinen direkten Zuflüssen sowie aus den Vv. gastricae dextra und sinistra drei nachfolgend genannten gro- V. cystica ßen Gefäßen zur Leber) Vv. paraumbilicales (kleine Begleitvenen der verödeten V. umbilicalis im Ligamentum teres hepatis)* V. pancreaticoduodenalis superior posterior V. splenica (nimmt vor Vereinigung mit der V. mesenterica sup. zur V. portae hepatis die V. mesenterica inf. auf) V. mesenterica superior (vereinigt sich mit der V. splenica zur V. portae hepatis)

Vv. pancreaticae

Magen

V. gastroomentalis sinistra

Pylorus Curvatura minor

Gallenblase –

Pankreas

Vv. gastricae breves

Fundus Magen

V. gastroomentalis dextra

Curvatura major (links) Curvatura major (rechts)

Vv. pancreaticae

Pankreas

Vv. pancreaticoduodenales

Duodenum und Pankreas

Vv. jejunales et ileales

Jejunum und Ileum

V. ileocolica

Teile von Dünn- und Dickdarm: ileozäkaler Übergang

← Vv. caecales

Caecum

← V. appendicularis

Appendix vermiformis

V. colica dextra

V. mesenterica inferior (mündet in die V. splenica)

Drainagegebiet

Dickdarm

Colon ascendens

V. colica media

Colon transversum

V. colica sinistra

Colon descendens

Vv. sigmoidae

Colon sigmoideum

V. rectalis superior

Mastdarm

Rectum, oberer Anteil

* Sie stellen eine Verbindung zu Venen der ventralen Bauchwand her und spielen eine Rolle bei venösen Kurzschlüssen zwischen V. portae hepatis und V. cava inferior (portokavale Anastomosen).

Zum Ligamentum teres hepatis siehe auch Tab. I-2.1, vergleiche auch portokavale Anastomosen (S. 870).

870 ⊙ K-1.8

K

1 Leitungsbahnen im Bauchraum

⊙ K-1.8

Vena portae hepatis mit Zuflüssen V. gastrica sinistra mit Vv. oesophageales

V. gastrica dextra

V. cystica

Vv. gastricae breves

V. splenica

V. portae hepatis

Vv. pancreaticae

V. pancreaticoduodenalis superior posterior

V. gastroomentalis sinistra

V. pancreaticoduodenalis

V. gastroomentalis dextra V. mesenterica inferior

V. mesenterica superior V. colica media V. colica dextra

V. colica sinistra

V. ileocolica

Vv. sigmoideae

V. appendicularis Vv. ileales

Vv. jejunales

V. rectalis superior

(Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

Venöse Anastomosen

Venöse Anastomosen

Über Kurzschlüsse existieren Verbindungen zwischen beiden Vv. cavae (kavokavale Anastomosen) und mit der V. portae hepatis (portokavale Anastomosen).

Die beiden Venae cavae haben untereinander und mit der V. portae Kurzschlussverbindungen, die als Umgehungskreisläufe bei Durchflussstörungen durch eines der Gefäße bedeutsam werden können. Dabei unterscheidet man: ■ kavokavale (interkavale) Anastomosen von ■ portokavalen Anastomosen.

Kavokavale (interkavale) Anastomosen

Kavokavale (interkavale) Anastomosen

Die Stromgebiete der beiden Vv. cavae werden verbunden durch: ■ Venen an der hinteren (Azygossystem, vertebrale Venenplexus) oder ■ vorderen Rumpfwand (Bauchwandvenen mit oberflächlichem und tiefem Anteil, s. Tab. G-4.1).

Bei Durchflussstörungen in einer der beiden Vv. cavae erreicht das Blut über Umgehungsstraßen die jeweils andere Hohlvene und damit das rechte Herz (s. Tab. G-4.1). Dabei unterscheidet man: ■ zwei dorsale, nahe der Wirbelsäule verlaufende Abflussstraßen (über das Azygos-/Hemiazygossystem sowie über die vertebralen Venenplexus) von den ■ beiden ventralen Abflusswegen an der vorderen Rumpfwand (Thorax- bzw. Bauchwandvenen mit jeweils einer Straße ventral und dorsal des knöchernen Thorax bzw. des M. rectus abdominis).

Portokavale Anastomosen

Portokavale Anastomosen

An den „Grenzen“ des Magen-Darm-Traktes (ösophagokardialer Übergang, Rektumausgang, retroperitoneale Kolonabschnitte, embryonal an der Mündung der V. umbilicalis) liegen im/am Organ Venen, die ihr Blut physiologischerweise je nach Strömungsrichtung sowohl in die V. portae hepatis als auch in die Vv. cavae leiten können.

Das Blut der Hohlorgane des Magen-Darm-Traktes fließt zum größten Teil in die V. portae hepatis und somit zur Leber. An den „Grenzen“ des Magen-Darm-Traktes (ösophagokardialer Übergang, Rektumausgang, Kontaktstellen von Colon ascendens und descendens mit dem Retroperitoneum und – embryonal bedingt – an der Mündung der V. umbilicalis) existieren im oder direkt am Organ Venen, die ihr Blut physiologischerweise über das Kapillarsystem in zwei Strömungsrichtungen leiten können: entweder in die V. portae hepatis oder in das System der Vv. cavae (Tab. K-1.1).

▶ Klinik.

▶ Klinik. Bei Durchflussstörungen durch die Leber (z. B. im Rahmen einer Leberzirrhose) kommt es „vor der Leber“ zu einem Blutrückstau in die V. portae hepatis und über die zuführenden Venen zurück bis in die Organe, denen das Blut entstammt. Aus den o. g. „Venen mit zwei Abflussrichtungen“ fließt das „eigentlich für die Leber bestimmte Blut“ nun aufgrund des umgekehrten Druckgradienten in das Hohlvenensystem: Die Venen dienen somit als „Umgehungskreisläufe“, die aufgrund der Grenzlage der Organe physiologisch angelegt sind, ihre Bedeutung jedoch erst bei einem (pathologischen) Blutrückstau vor der Leber erhalten. Lokal können durch den erhöhten Durchfluss dieser Venen und ihre damit einhergehende Erweiterung charakteristische Veränderungen auftreten (Tab. K-1.1), die z. T. schwerwiegende Komplikationen nach sich ziehen, z. B. Ösophagusvarizenblutung (S. 687).

K

≡ K-1.1

871

1.2 Gefäße im Bauchraum

Portokavale Anastomosen

Umgehungskreislauf

Blutfluss zwischen Portalkreislauf und Hohlvenen

klinisches Bild

① Submuköse Ösophagusvenen

V. portae hepatis ← Vv. gastricae ← Vv. oesophageales → V. azygos/ hemiazygos → V. cava superior

Ösophagusvarizen (Krampfadern der Speiseröhre) mit Blutunggefahr

② Bauchwandvenen

V. portae hepatis ← Vv. paraumbilicales → V. epigastrica superior → V. thoracica interna → V. subclavia → V. cava superior oder: V. portae hepatis ← Vv. paraumbilicales → V. epigastrica inferior → V. iliaca externa → V. cava inferior

Caput medusae (s. Abb. C-3.22; selten!)

(Auch die Vv. thoracoepigastrica, thoracica lateralis und epigastrica superficialis an der ventralen Rumpfwand können beteiligt sein.) ③ Venen retroperitonealer Kolonabschnitte

V. portae hepatis ← V. mesenterica sup./inf. ← Vv. colicae → Vv. lumbales ascendentes → V. azygos/hemiazygos → V. cava superior

–*

④ Rektaler Venenplexus

V. portae hepatis ← V. mesenterica inferior ← V. rectalis superior ← Vv. rectales media/inferior → V. iliaca interna → V. cava inferior

venöse (= unechte) „Hämorrhoiden“; echte Hämorrhoiden (S. 725) gehen vom arteriell gespeisten Corpus cavernosum recti aus

V.gastrica V.gastrica dextra sinistra

V.subclavia Vv.o esophageales

V.azygos/ hemiazygos V.cava superior

1

V.thoracica interna

V.portae hepatis

V.cava inferior V.epigastrica superior

Vv. paraumbilicales

2

V.iliaca communis

V.mesenterica superior

Vv.p eriumbilicales

Umbilicus 2

V.epigastrica inferior

V.mesenterica inferior

V.lumbalis ascendens

3 3

Vv.c olicae 4

V.rectalis superior

Vv.c olicae

V.rectalis media/inferior

(Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

Die im Zentrum des jeweiligen Umgehungskreislaufes stehenden Venen mit zwei möglichen Abflussrichtungen (1. Portalvene, 2. Hohlvenensystem) sind fett hervorgehoben. * Ein einheitliches klinisches Bild dieses Umgehungskreislaufes ist nicht beschrieben.

872

K

1.2.3

1.2.3 Lymphgefäße und -knoten des Bauchraums

Lymphgefäße und -knoten des Bauchraums Die paarigen Trunci lumbales (dexter und sinister) sammeln Lymphe des Beins, aus dem Retroperitoneum, von der Rumpfwand und von den Beckenorganen. Der Truncus intestinalis sammelt Lymphe aus Milz und Verdauungstrakt. Lymphe retroperitonealisierter Colonabschnitte kann zusätzlich die Trunci lumbales erreichen. Die drei Trunci (Abb. K-1.9b) vereinigen sich zur Cisterna chyli, von der der Ductus thoracicus dorsal der Aorta durch den Thorax zum linken Venenwinkel (S. 632) zieht. Klappen bestimmen die Flussrichtung der Lymphe. Organe leiten Lymphe direkt oder über Organlymphknoten in Sammellymphknoten (Abb. K-1.9a), von dort in einen der drei Trunci. Sammellymphknoten liegen entlang der großen Gefäße: ■ Nll. iliaci (um A./V. iliaca) für Lymphe aus Bein und Becken (vgl. Abb. D-1.46). ■ Nll. lumbales laterales (um Aorta abdominalis und V. cava inf.) und intermedii (zwischen Aorta und V. cava). Lumbale Knoten erhalten die Lymphe der iliakalen Knoten, der Keimdrüsen und des Retroperitonealraums. ■ Nll. mesenterici supp. und inff. für Lymphe aus dem Darm. ■ Nll. coeliaci mit Lymphe aus Leber, Pankreas, Magen und Milz.

⊙ K-1.9

1 Leitungsbahnen im Bauchraum

Die Lymphe der unteren Extremität, der Wand von Abdomen und Becken, der Beckenorgane und des Retroperitoneums sammelt sich in den paarigen Trunci lumbales (dexter et sinister), die die Aorta abdominalis begleiten. Die Lymphe der Verdauungsorgane (mit Ausnahme der unteren Rektumabschnitte) im Bauch- und Beckenraum sowie der Milz sammelt sich im unpaaren Truncus intestinalis. Colon ascendens und descendens finden aufgrund ihrer sekundären Retroperitonealisierung oft einen zusätzlichen Anschluss an die Trunci lumbales. Der Truncus intestinalis und die beiden Trunci lumbales (Abb. K-1.9b) vereinigen sich in Höhe des Hiatus aorticus mit einer Auftreibung, der Cisterna chyli, zum sog. Milchbrustgang, Ductus thoracicus. Dieser ca. 40 cm lange unpaare Hauptstamm des Lymphsystems läuft dorsal der Aorta durch das hintere Mediastinum bis zum linken Venenwinkel (S. 632). Klappen garantieren die Flussrichtung der Lymphe. Die Lymphe der einzelnen Organe strömt entweder direkt oder viel häufiger über Organlymphknoten, die direkt bei den jeweiligen Organen erwähnt werden, in sog. Sammellymphknoten weiter (Abb. K-1.9a), von wo sie letztlich in einen der drei Trunci geleitet wird. Wichtige Sammellymphknoten, die entlang der großen Gefäße liegen, sind: ■ Nodi lymphoidei iliaci (interni, externi und communes), die Lymphe aus der unteren Extremität und von den Wänden und Organen des Beckens erhalten (vgl. Abb. D-1.46). ■ Nodi lymphoidei lumbales nehmen die Lymphe der iliakalen Knoten, der Keimdrüsen und des Retroperitoneums auf. Sie gruppieren sich um V. cava inferior sowie Aorta abdominalis und werden dementsprechend unterteilt in: – Nodi lymphoidei lumbales laterales mit Nodi lymphoidei preaortici bzw. precavales, retroaortici (retrocavales) und aortici (cavales) laterales. – Nodi lymphoidei lumbales intermedii zwischen Aorta und V. cava inferior. ■ Nodi lymphoidei mesenterici superiores und inferiores an den Ursprüngen der Aa. mesentericae superior bzw inferior nehmen die Lymphe aus dem Darm auf. ■ Nodi lymphoidei coeliaci um den Truncus coeliacus sammeln Lymphe von Leber, Gallenblase, Pankreas, Magen und Milz.

Lymphabfluss im Bauchraum Nll. coeliaci

Nll. mesenterici superiores

Ductus thoracicus

Cisterna chyli

Truncus intestinalis Nll. lumbales sinistri

Nll. lumbales dextri

Truncus lumbalis dexter

Truncus lumbalis sinister

Nll. mesenterici inferiores

Nll. iliaci communes a

b

Die Organlymphe wird nach Passage der organbezogenen (regionären) Lymphknoten in Sammellymphknotenstationen (a) dann zusammengefasst und dann großen Lymphstämmen (b) zugeleitet. Diese leiten die Lymphe über die Cisterna chyli in den Ductus thoracicus (S. 634) ab. (Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

K

1.3

873

1.3 Nerven und Nervengeflechte im Bauchraum

Nerven und Nervengeflechte im Bauchraum

1.3

Nerven und Nervengeflechte im Bauchraum

Grundsätzlich kann man im Bauchraum zwei Systeme unterscheiden: ■ vegetative Nerven und ihre Plexus sowie den ■ durch Spinalnerven gebildeten Anteil des somatischen Nervensystems.

Man unterscheidet vegetative Nerven mit Plexus und den durch Spinalnerven gebildeten Anteil des somatischen Nervensystems.

1.3.1 Anteile des vegetativen Nervensystems

1.3.1

Vegetative Nerven (Abb. K-1.10) lassen sich dem sympathischen oder dem parasympathischen Anteil zuordnen.

⊙ K-1.10

Anteile des vegetativen Nervensystems Siehe Abb. K-1.10.

Vegetative Plexus und Ganglien im Extraperitonealraum Plexus coeliacus mit Ganglia coeliaca •Plexus hepaticus •Plexus gastrici •Plexus splenicus •Plexus pancreaticus

Truncus sympathicus mit Ganglia lumbalia

† † † †

Leber, Gallenblase Magen Milz Pankreas, Duodenum

Plexus mesentericus superior mit Ganglion mesentericum superius •keine Unterplexus † Pankreas (nur Caput), Duodenum, Jejunum, Ileum, Zäkum, Kolon (oral der Flexura coli sinistra), Ovar Plexus suprarenalis und renalis mit Ganglion aorticorenale •Plexus uretericus † Nebenniere, Niere, Ureter (nierennaher Abschnitt)

Plexus intermesentericus

Plexus ovaricus/testicularis † Ovar, Testis Plexus mesentericus inferior •Plexus rectalis superior † Kolon (aboral der Flexura coli sinistra), Rektum (obere Etage) Plexus hypogastricus superior •Äste zu Ureter und Genitalorganen † Ureter, Epididymis, Testis, Ovar Ganglia sacralia

Ganglion impar

Plexus hypogastrici inferiores mit Ganglia pelvica* •Plexus rectales medius und inferior † Rektum (mittlere und untere Etage) •Plexus prostaticus † Prostata, Gll. vesiculosa und bulbourethralis, Ductus ejaculatorius, Penis, Urethra •Plexus deferentialis † Ductus deferens, Epididymis •Plexus uterovaginalis* † Uterus, Tuba, Uterina, Vagina, Ovar •Plexus vesicalis † Vesica urinaria •Plexus uretericus † Ureter (aufsteigend vom Becken)

Neben den Geflechten und Ganglien im Bauchraum, sind hier auch die weiter kaudal im Becken liegenden dargestellt (S. 883). * Die kleinen Ganglia pelvica, die in den Plexus hypogastricus (S. 883) eingelagert sind, dürfen nicht verwechselt werden mit dem Plexus uterovaginalis, der wegen seiner zahlreichen Ganglien klinisch als Frankenhäuser-Plexus oder auch Ganglion pelvicum (Frankenhäuser-Ganglion) bezeichnet wird. (Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

874

K

Sympathikus im Bauchraum

Sympathikus im Bauchraum

Der Sympathikus ist im Bauchraum in Ganglien organisiert, die durch die Verbindung über vegetative Fasern einen linken und rechten Grenzstrang (Truncus sympathicus) bilden. Beidseits liegen je 4 Ganglia lumbalia, die über Rr. interganglionares verbunden sind.

Das sympathische Nervensystem (Abb. K-1.11) verläuft als Grenzstrang (Truncus sympathicus) aus dem Thorax nach Durchtritt durch das Diaphragma (zwischen medialem und lateralem Zwerchfellpfeiler) im Retroperitoneum direkt neben der Wirbelsäule. Der Grenzstrang besteht beidseits aus vier paravertebralen Ganglia lumbalia und setzt sich in das Becken mit Ganglia sacralia fort. Diese Ganglien, in denen Fasern zu sympathisch innervierten Strukturen der Rumpfwand auf das zweite Neuron umgeschaltet werden, sind untereinander über Rami interganglionares verbunden.

▶ Merke.

1 Leitungsbahnen im Bauchraum

▶ Merke. Während in den paravertebralen Ganglien des Hals- und Thoraxbereichs

sympathische Fasern auf das 2. Neuron umgeschaltet werden, die sowohl zur Rumpfwand (v. a. Gefäße und Hautdrüsen) als auch zu den Thoraxorganen und zum Kopf ziehen, laufen im Bauch- und Beckenraum die Sympathikusfasern für die hier liegenden Organe meist ohne Umschaltung durch die paravertebralen Ganglien hindurch und werden erst in (ausschließlich abdominal vorkommenden) prävertebralen Ganglien umgeschaltet.

⊙ K-1.11

⊙ K-1.11

Organisation des Sympathikus zur Innervation von Bauch- und Beckenorganen* Sympathikus

Truncus sympathicus C8 Th1 Th 2

Rr. interganglionares

Th 3 Th 4 Th 5 Th 6 Th 7

Ganglion coeliacum

Th 8 Nn. splanchnici (thoracici) minor, major, und ggf. imus

Th 9 Th10 Th11 Th12 L1

Nn. splanchnici lumbales

Ganglion mesentericum superius Plexus intermesentericus

L2 L3 L4

Ganglion mesentericum inferius

L5 Nn. splanchnici sacrales Plexus hypogastricus inferior (Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

* Die Ganglia aorticorenalia sowie der (unpaare) Plexus hypogastricus superior, der mittels der (paarigen) Nn. hypogastrici das Ganglion mesentericum inferius mit dem (paarigen) Plexus hypogastricus inferior (S. 883) verbindet, sind aus Gründen der Übersicht nicht dargestellt.

1.3 Nerven und Nervengeflechte im Bauchraum

875

Vier große prävertebrale Ganglien liegen an der Vorderfläche der Aorta an den Abgängen der großen Arterien, verbunden durch den Plexus aorticus abdominalis, der sich weiter unterteilen lässt in: ■ Ganglia coeliaca mit Plexus coeliacus um den Truncus coeliacus, ■ Ganglion mesentericum superius mit Plexus mesentericus superior, ■ Ganglion mesentericum inferius mit Plexus mesentericus inferior, und ■ Ganglia aorticorenalia an den Abgängen der Aa. renales. Diese Ganglien erhalten präganglionäre Zuflüsse über die sympathischen Nervi splanchnici major und minor (ggf. imus) aus den Rückenmarksegmenten Th 5–11 (12) nach deren Durchtritt durch das Zwerchfell sowie über Nervi splanchnici lumbales aus L 1/2. Dabei erreichen Fasern des N. splanchnicus major vorwiegend das Ganglion coeliacum, Fasern des N. splanchnicus minor ziehen meist durch dieses hindurch, um erst im Ganglion mesentericum superius umzuschalten. Die Nn. splanchnici lumbales ziehen i. d. R. direkt zum Ganglion mesentericum inferius oder zum Plexus hypogastricus inferior (S. 883), können jedoch auch die beiden anderen Ganglien ohne Umschaltung durchziehen. Sympathische Fasern zu den Ganglia aorticorenalia ziehen im N. splanchnicus minor bzw. einer manchmal ausgebildeten Abspaltung davon, dem N. splanchnicus imus. Nach Umschaltung in den Ganglien ziehen die postganglionären Axone i. Allg. als periarterieller Plexus zu den Erfolgsorganen. Der Plexus aorticus abdominalis geht nach kaudal in den unpaaren Plexus hypogastricus sup. (S. 216) und den paarigen Plexus iliacus (auf den Aa. iliacae communes) über. Nn. hypogastrici verbinden Plexus hypogastricus sup. und inferior (S. 883).

Vier große prävertebrale Ganglien liegen ventral der Aorta an den Abgängen der großen Gefäße, verbunden durch den Plexus aorticus abdominalis. Sie dienen der Versorgung von Organen in Bauch und Becken: ■ Ganglia coeliaca, ■ Ganglion mesentericum sup. und inf. sowie ■ Ganglia aorticorenalia. Diese Ganglien erhalten präganglionäre Zuflüsse über die Nn. splanchnici major und minor aus dem Segmenten Th 5–12 sowie über die Nn. splanchnici lumbales (L 1/2).

K

Der Plexus aorticus abdominalis geht kaudal in den unpaaren Plexus hypogastricus sup. und den paarigen Plexus iliacus über.

Parasympathikus im Bauchraum

Parasympathikus im Bauchraum

Parasympathische Nerven (Abb. K-1.12) ziehen als Truncus vagalis anterior und posterior in das Abdomen: ■ Der Truncus vagalis anterior endet am Magen im Plexus gastricus, ■ der Truncus vagalis posterior versorgt die Organe des Abdomens bis oral der Flexura coli sinistra. Die aus den Nervi vagi hervorgehenden Fasern durchziehen die Ganglia coeliaca, mesentericum superius und inferius ohne Umschaltung und werden erst ganz dicht am jeweiligen Organ in kleinen parasympathischen Ganglien auf das zweite Neuron umgeschaltet.

Parasympathische Nerven (Abb. K-1.12) erreichen als Trunci vagales ant./post. das Abdomen und werden erst organnah in kleinen parasympathischen Ganglien umgeschaltet. Der vordere Truncus endet am Magen, der hintere versorgt Abdominalorgane bis zur Flexura coli sinistra.

▶ Merke. Das Innervationsgebiet des N. vagus reicht bis zu einem Punkt (besser

„Feld“) oral der Flexura coli sinistra. Aboral von hier übernimmt der sakrale Parasympathikus die Innervation. Diese Stelle der scharfen Trennung beider Innervationsgebiete wird Cannon-Böhm-Punkt (besser „Cannon-Böhm-Feld“) genannt. Die parasympathischen Fasern erreichen wie die sympathischen ihr Innervationsgebiet über den Verlauf entlang von Blutgefäßen. Im Bereich der linken Kolonflexur sind dies die A. colica media (aus der A. mesenterica superior; hiermit ziehen die Äste des N. vagus von oral heran) und die A. colica sinistra (aus der A. mesenterica inferior; hiermit ziehen die Äste des sakralen Parasympathikus von aboral heran). Im Gegensatz zur Innervation ist aber die Durchblutung im Bereich der linken Kolonflexur nicht so scharf getrennt, sondern die Stromgebiete der beiden Mesenterialarterien sind durch Anastomosen verbunden, z. B. Riolan- und Drummond-Anastomose (S. 867).

▶ Merke.

876 ⊙ K-1.12

K

1 Leitungsbahnen im Bauchraum

⊙ K-1.12

Organisation des Parasympathikus zur Innervation von Bauch- und Beckenorganen

Parasympathikus parasympathische Innervation an Kopf und Hals Nucleus dorsalis nervi vagi N. vagus

S2 S3 S4 S5 Nn. splanchnici pelvici (Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

1.3.2

Anteile des somatischen Nervensystems Viszeroafferente Fasern übernehmen unterschiedliche Funktionen (z. B. Rückmeldung über die Wandspannung oder Wahrnehmung von „Organschmerz“). Im Gegensatz zu Viszeroefferenzen sind sie dem somatischen Nervensystem zuzurechnen, lagern sich jedoch topografisch häufig den sympathischen Viszeroefferenzen der Nn. splanchnici an.

Nur die Afferenzen des viszeralen Peritoneums von Teilen der Leber, Gallenblase, Duodenum und Pankreas werden wie die aus dem parietalen Peritoneum am Zwerchfell über Rr. phrenicoabdominales (Endast des N. phrenicus, C 2–C 4) geleitet.

1.3.2 Anteile des somatischen Nervensystems Die viszeroafferenten Fasern dienen unterschiedlichen Funktionen wie der Rückmeldung über die Wandspannung (z. B. bei den Hohlorganen des Magen-DarmTraktes und im Harnsystem) oder der Wahrnehmung von „Organschmerz“ bei Erkrankungen. Anders als die efferenten Fasern zur Innervation der Organe im Bauchraum, sind die Viszeroafferenzen systematisch kein Bestandteil des vegetativen Nervensystems, sondern exakterweise dem somatischen Nervensystem zuzurechnen. Allerdings schließen sie sich für ihren Weg zum ZNS häufig topografisch den Nn. splanchnici, in denen die sympathischen Viszeroefferenzen verlaufen (s. o.), gleichsam als „Trittbrettfahrer“ an. Aufgrund dieser topografischen Nähe werden sie manchmal im Zusammenhang mit dem vegetativen Nervensystem beschrieben. Eine gewisse Ausnahme bilden die Afferenzen des viszeralen Peritoneums einiger Oberbauchorgane, das über Rami phrenicoabdominales innerviert wird. Diese sensiblen Endäste der Nervi phrenici (S. 638) (C 2–C 4, Tab. L-1.3) aus dem Plexus cervicalis (S. 901) ziehen vom Thorax durch das Zwerchfell in das Abdomen. Sie versorgen sensibel nicht nur das Peritoneum an der Unterseite des Zwerchfells (Peritoneum parietale), sondern auch auf Teilen der Leber, der Gallenblase, des Duodenums und des Pankreas (Peritoneum viscerale). Die Afferenzen des viszeralen Peritoneums dieser Organe laufen somit hier nicht überwiegend mit den (vegetativen) Nn. splanchnici (major und minor) zum ZNS, sondern mit einem somatischen Nerv.

1.4 Entwicklung der großen Blutgefäße im Bauch- und Beckenraum

877

Weiterhin ziehen im Bauchraum Spinalnerven = Nervi spinales (S. 206) bzw. deren Rami ventrales, die größtenteils dem Plexus lumbosacralis (S. 385) entstammen (Segmente Th 12 bis S 4). Sie dienen der motorischen und sensiblen Versorgung der Wände von Abdomen und Becken und der unteren Extremität.

Nn. spinales entstammen dem Plexus lumbosacralis, Th 12–S 4 (S. 385) und dienen der motorischen sowie sensiblen Innervation von Bein und Rumpfwand.

K

▶ Merke. So, wie die Viszeroafferenzen die eigentlich sympathischen Nn. splanchni-

▶ Merke.

ci nutzen, um von ihrem Innervationsgebiet (Organ) zum ZNS zu gelangen, werden die somatischen Spinalnerven von sympathischen efferenten Fasern genutzt, um die von ihnen innervierten, in der Haut liegenden Drüsen und Mm. arrectores pilorum zu erreichen. Beide Fasertypen lagern sich also wie „Trittbrettfahrer“ Nerven des jeweils „anderen Systems“ an, um ihr Zielgebiet zu erreichen.

1.4

Entwicklung der großen Blutgefäße im Bauch- und Beckenraum

Die Entwicklung des Blutkreislaufs verläuft in zeitlich überlappenden Abschnitten, die dem jeweiligen Entwicklungsstadium des Keims entsprechen. Man unterscheidet (vgl. Abb. G-4.9): ■ Dottersackkreislauf, ■ Plazentakreislauf, ■ intraembryonalen Kreislauf und ■ fetalen Kreislauf. Im Rahmen der Embryonalentwicklung werden in den ersten drei Abschnitten Gefäße angelegt, die sich teilweise wieder zurückbilden, teilweise zu den definitiven Gefäßen umbilden. Im fetalen Kreislauf ist der definitive Kreislauf dann schon grundsätzlich angelegt und zeigt als Besonderheit lediglich die beschriebenen Kurzschlüsse (S. 150). Die folgende Tabelle stellt die embryonalen und definitiven Gefäße für Abdomen und Becken einander gegenüber (Tab. K-1.2).

≡ K-1.2

Entwicklung der großen Blutgefäße im Bauch- und Beckenraum

embryonales Gefäß

definitive Struktur

Arterien Aortae dorsales

Aorta abdominalis (nach Verschmelzung der paarigen Anlage)

Aa. vitellinae

Truncus coeliacus Aa. mesentericae superior und inferior

Aa. segmentales laterales

Aa. testiculares/ovaricae Aa. renales Aa. suprarenales

Aa. umbilicales

Aa. iliacae internae A. vesicalis superior

Venen Vv. vitellinae

V. portae hepatis und V. mesenterica superior Vv. hepaticae Leberteilstück der V. cava inferior

V. umbilicalis und Ductus venosus

Lig. teres hepatis und Lig. venosum

Vv. subcardinales

Mittelstück der V. cava inferior Vv. renales Vv. testiculares/ovaricae

Vv. supracardinales

unterer Abschnitt der V. cava inferior

Vv. cardinales posteriores

Vv. iliacae unterster Abschnitt der V. cava inferior

1.4

Entwicklung der großen Blutgefäße im Bauch- und Beckenraum

Der Kreislauf entsteht in der Embryonalentwicklung über vier teilweise zeitlich überlappende Stadien (vgl. Abb. G-4.9): ■ Dottersackkreislauf, ■ Plazentakreislauf, ■ intraembryonaler Kreislauf, ■ fetaler Kreislauf. Dabei werden (in den ersten drei Abschnitten) Gefäße angelegt und teilweise wieder zurückgebildet, teilweise zu den definitiven Gefäßen umgebildet (Tab. K-1.2).

≡ K-1.2

Klinischer Fall: Kaffeesatzerbrechen * * Fallbeispiel fiktiv, Namen und Daten frei erfunden

16:15 Frau Gerber ruft den Notarzt. Ihr Mann, Herr Hans Gerber, 56 Jahre, ist im Badezimmer zusammengebrochen. Er konnte sich aus eigener Kraft kaum wieder aufrichten.

16:35 Fremdanamnese Frau Gerber: Zuerst dachte ich, es ist nur, weil er wieder mal einen „über den Durst“ getrunken hat. Aber als ich dann das Erbrochene gesehen hab, ist mir schon mulmig geworden. Schauen Sie mal, das ist ganz schwarz… Der Notarzt vermutet eine Blutung des oberen Gastrointestinaltrakts und weist Herrn G. sofort in die Klinik ein.

Typischer Aspekt bei „Kaffeesatz-Erbrechen“ (aus Füeßl, F.S., Middeke, M.: Duale Reihe Anamnese und Klinische Untersuchung. 5. Aufl., Thieme, 2014)

17:00

17:10 Medikamentenanamnese H.G.: Tabletten? Nö, nicht dass ich wüsste...

16:30 H.G.: Puuh. Plötzlich wurde mir so übel und schwinde­ lig. Da bin ich ins Bad und musste mich übergeben. Bin kaum wieder hochgekom­ men danach…

Anamnese Herr Gerber, Ihre Frau sagte, seit Sie Ihre Arbeit verloren haben, trinken Sie recht viel Alkohol. Wie viel ist es denn in etwa? H.G.: Naja, stimmt schon. Vor 7 Jahren ist das mit der Arbeit passiert, seither, also, eine Flasche Wein ist‘ s schon am Tag. Kann aber auch mal mehr werden…

17:11 Körperliche Untersuchung Der systolische Blutdruck beträgt 80 mmHg (normal 90 –130 mmHg). Puls der Arteria radialis schwach tastbar, Frequenz 112/min (normal 50 –100/min). Um den Bauchnabel herum sind einige dicke, geschlängelte Krampfadern zu sehen, auf der Brust mehrere kleine rötliche „Gefäß­ sternchen“ (Spider­Nävi).

Verlegung auf Normalstation Nachdem sich sein Zustand stabilisiert hat, wird Herr G. am nächsten Tag verlegt.

18:40 Überwachung und Stabilisierung Herr G. wird überwacht und erhält wegen der stattgehabten Blutung 2 Erythrozytenkonzentrate und 2 Ein­ heiten Frischplasma.

18:15 Laborbefund trifft ein (Normwerte in Klammern)

• Hämoglobin 10,3 g/dl (14 –18 g/dl)

• GOT 178 U/l (< 35 U/l), GPT 123 U/l (< 45 U/l) • γ­GT 459 U/l (< 55 U/l) • spontane Thromboplastinzeit nach Quick 33 % (70 –130 %) • Albumin 3,2 g/dl (3,5 – 5,3 g/dl) Die Befunde mit erhöhten Leberwerten (GOT, GPT, γ­GT) und verminderter Syntheseleistung (Albumin und Quick) sprechen für eine deutliche Leberschädigung. Ursache der Anämie (Hämoglobin erniedrigt) sind wahrscheinlich rezidivierende Blutungen.

17:40 a

b

Spider-Nävus (a). Bei Druck mit dem Glasspatel lässt sich das zentrale Gefäß ausdrücken (b). Bei nachlassendem Druck füllt es sich wieder. (aus Füeßl, F.S., Middeke, M.: Duale Reihe Anamnese und Klinische Untersuchung. 5. Aufl., Thieme, 2014)

Ligatur der Ösophagusvarizenblutung In der Speiseröhre erkennen die Kollegen mehrere rundliche Vorwölbungen, aus denen es blutet. Sie stellen die Diagnose „akute Ösophagusvarizenblutung“ und können die Blutung mit Hilfe von Gummibändern (Ligaturen) stoppen. Herr G. wird zur Überwachung auf die Intensivstation verlegt.

10:00 Sonografie des Abdomens Reichlich Aszites nach­ weisbar. Leber inhomo­ gen (Zeichen eines zirrhotischen Umbaus), Pfortader erweitert (Zeichen einer portalen Hypertension). Spleno­ megalie (Vergrößerung der Milz). Weiterer stationärer Aufenthalt Im weiteren Verlauf kontrollieren wir den Hb und bestimmen das Ausmaß der Leberschädi­ gung. Leider können wir Herrn G. nicht von der Notwendigkeit einer Alkoholabstinenz über­ zeugen.

17:30 Blutabnahme und notfallmäßige Magenspiegelung Am Ende der Blutabnahme erbricht Herr G. frisches Blut. Ich verständige sofort den Oberarzt und wir entschließen uns zur not­ fallmäßigen Magenspiegelung (Ösophago­ gastroduodenoskopie).

Fragen mit anatomischem Schwerpunkt 1 2 3 4 5

7 Monate später

a

b

Endoskopischer Befund einer akuten Varizenblutung (a). Nach Gummibandligatur (b). (Schumpelick V, Bleese N, Mommsen P: Kurzlehrbuch Chirurgie, Thieme; 2010)

Herr G. erleidet eine akute Ösophagusvari­ zenblutung und stirbt noch vor Eintreffen des Notarztes zu Hause.

Gibt es einen Zusammenhang zwischen Herrn Gerbers Grunderkrankung (Leberzirrhose) und der akuten lebens­ bedrohlichen Blutung? Welches Anzeichen in der körperlichen Untersuchung ist durch die gleiche Ursache bedingt wie die Ösophagusvarizen? Wo lassen sich bei Herrn Gerber ähnliche, nur unter pathologischen Bedingungen stark ausgebildete Gefäße bzw. Abflusswege des venösen Bluts aus dem Magen­Darm­Trakt vermuten? Wie ist das „Kaffeesatz­Erbrechen„ von Herrn Gerber zu erklären? Welche Ursachen kommen noch für eine Blutung aus dem oberen Gastrointestinaltrakt in Betracht? ! Antwortkommentare im Anhang

2

Leitungsbahnen im Beckenraum

2.1 2.2 2.3 2.4

Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Gefäße im Beckenraum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nerven und Nervengeflechte im Beckenraum . . . . . . . . . . Durchtrittsstellen der Leitungsbahnen aus dem Beckenraum

. . . .

. . . .

. . . .

. . . .

. . . .

. . . .

K

879 879 883 885

E. Schulte

2.1

Einführung

Die Leitungsbahnen im Beckenraum verlaufen leicht verschieblich infraperitoneal (Beachte: INFRA) im lockeren Bindegewebe und passen sich den variablen Füllungszuständen der Organe an. Man unterscheidet: ■ viszerale Gefäße zur Versorgung der Beckenorgane und ■ parietale Gefäße zur Versorgung der Beckenwände. Die parietalen Anteile verlassen das Becken durch den Canalis obturatorius (S. 885), das Foramen ischiadicum majus (S. 885) mit seinen beiden Anteilen oberhalb, der Pars suprapiriformis (S. 885) und unterhalb, der Pars infrapiriformis (S. 885) des M. piriformis oder ziehen nach kranial zum Beckeneingang. Weiterhin verlassen den Beckenraum Leitungsbahnen zum Bein.

2.2

Gefäße im Beckenraum

2.1

Einführung

Sie verlaufen leicht verschieblich infraperitoneal (Beachte: INFRA). ■ Viszerale Gefäße versorgen die Beckenorgane, ■ parietale die Beckenwand und verlassen das Becken durch den Canalis obturatorius (S. 885), das Foramen ischiadicum majus (S. 885) oder zum Beckeneingang nach kranial.

2.2

Gefäße im Beckenraum

2.2.1 Beckenarterien

2.2.1

Beckenarterien

Die beiden aus der Aorta abdominalis hervorgehenden Arteriae iliacae communes teilen sich ventral des Iliosakralgelenks in jeweils eine Arteria iliaca externa und interna.

Die beiden Aa. iliacae communes teilen sich jeweils in A. iliaca interna und externa.

▶ Merke. Während die A. iliaca externa nach Abgabe von nur 2 Ästen durch das Be-

▶ Merke.

cken hindurchzieht, um die untere Extremität zu versorgen, gehen aus der A. iliaca interna innerhalb des Beckens zahlreiche viszerale und parietale Gefäße zu Organen und Wänden des Beckens hervor.

Arteria iliaca externa

Arteria iliaca externa

Sie zieht medial des M. psoas zur Lacuna vasorum (S. 314), wo sie nach Unterkreuzung des Ligamentum inguinale zur A. femoralis (S. 380) wird und hauptsächlich die untere Extremität versorgt. Innerhalb des Beckens gibt sie lediglich zwei Äste ab: ■ Arteria circumflexa ilium profunda (S. 380) zur Versorgung der Mm. iliacus und psoas major sowie ■ Arteria epigastrica inferior (S. 321) zur Versorgung der ventralen Bauchwand.

Sie zieht durch die Lacuna vasorum (S. 314), wird am Ligamentum inguinale zur A. femoralis und versorgt das Bein. Im Becken gibt sie folgende Äste ab: ■ A. circumflexa ilium prof. (S. 380) (→ Hüftmuskeln), ■ A. epigastrica inferior (→ ventrale Bauchwand).

Arteria iliaca interna

Arteria iliaca interna

Sie ist das arterielle Hauptgefäß des Beckens, läuft entlang der Articulatio sacroiliaca ins kleine Becken und gibt dabei neben viszeralen Ästen zu den Organen auch parietale zum Beckenboden (S. 341) und zur Hüfte (S. 380) ab (Abb. K-2.1).

Arterielles Hauptgefäß des Beckens mit viszeralen und parietalen Ästen (Abb. K-2.1).

Viszerale Äste

Viszerale Äste



Arteria umbilicalis: Die beim Ungeborenen zur Plazenta ziehende Arterie verödet teilweise. Während die verödete Pars occlusa an der ventralen Bauchwand in der Plica umbilicalis medialis (S. 317) liegt, gibt die weiterhin offene Pars patens zwei organversorgende Gefäße ab: – Arteria ductus deferentis zur Versorgung des Ductus deferens und – Arteria vesicalis superior (oft mehrere Gefäße) von kranial zur Harnblase



A. umbilicalis: Während die verödete Pars occlusa in der Plica umbilicalis medialis (S. 317) verläuft, gibt die Pars patens zwei Äste ab: – A. ductus deferentis → Ductus deferens und – A. vesicalis superior → Harnblase.

880

K

⊙ K-2.1

2 Leitungsbahnen im Beckenraum

Äste der A. iliaca interna

A. sacralis mediana

Siehe „Corona mortis“ (S. 380). Schematische Darstellung der rechten A. iliaca interna im männlichen Becken.

Vertebra lumbalis V

(Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

Aorta abdominalis A. iliaca communis dextra A. iliaca interna dextra

A. iliolumbalis

A. iliaca externa dextra

A. glutea superior

A. umbilicalis

A. sacralis lateralis M. piriformis

A. vesicalis superior

A. glutea inferior

A. epigastrica inferior

A. vesicalis inferior A. umbilicalis, Pars occlusa R. obturatorius der A. epigastrica inferior zur Anastomose mit der A. obturatoria











A. rectalis media A. ductus deferentis

A. obturatoria

A. vesicalis inf. zur Harnblase mit Ästen zu Genitalorganen. A. rectalis media (mit Ästen zum Genitale) anastomosiert am Rektum, mit den Aa. rectales sup. und inf. A. uterina: Als direkter Ast der A. iliaca int. (Unterschied zur A. ductus deferentis) überkreuzt sie im Ligamentum latum den Ureter. Während ihres geschlängelten Verlaufs am Uterus gibt sie folgende Äste ab: – Rr. vaginales, – R. ovaricus und – R. tubarius. A. vaginalis (ggf. Ast der A. uterina). A. pudenda interna (S. 341): Sie zieht über die Pars infrapiriformis des Foramen ischiadicum majus und durch das Foramen ischiadicum minus in den Canalis pudendalis der Fossa ischioanalis und gibt folgende Äste ab: – A. rectalis inf. zum Analkanal, – A. perinealis zum Damm sowie – Äste zum äußeren Genitale und zur Urethra.

A. rectalis inferior

A. pudenda interna

Arteria vesicalis inferior: Sie zieht zum Harnblasengrund und gibt Äste zur Prostata und Glandula vesiculosa bzw. zur Vagina ab. ■ Arteria rectalis media: Auf dem Weg zum Rektum gibt auch sie Äste zum Genitale ab. Am Rektum bildet sie Anastomosen mit der A. rectalis superior (S. 717) aus der A. mesenterica inferior und der A. rectalis inferior aus der A. pudenda interna (s. u.). ■ Arteria uterina: Diese entwicklungsgeschichtlich der A. ductus deferentis (s.o) entsprechende Arterie ist meist ein direkter Ast der A. iliaca interna. Sie zieht durch das Ligamentum latum von lateral zur Cervix uteri, überkreuzt dabei den Ureter (S. 777) und läuft geschlängelt am Corpus uteri empor. Folgende Äste gehen von ihr ab: – Rami vaginales ziehen zur Scheide, der – Ramus ovaricus zum Ovar, wo er mit der A. ovarica anastomosiert. – Der Ramus tubarius versorgt die Tuba uterina. ■ Arteria vaginalis: Sie zieht zur Scheide und kann auch als größerer Ast aus der A. uterina entspringen. ■ A. pudenda interna (S. 341): Sie verlässt das Becken durch die Pars infrapiriformis des Foramen ischiadicum majus und zieht durch das Foramen ischiadicum minus in die Fossa ischioanalis (S. 340). Dort läuft sie im Canalis pudendalis nach ventral. Von ihr gehen nachfolgende Arterien ab: ■ Arteria rectalis inferior zum Canalis analis, die ■ Arteria perinealis zur Versorgung der Muskulatur am Damm sowie folgende Äste zum äußeren Genitale: ■ Arteria bulbi penis bzw. vestibuli, ■ Arteria dorsalis penis bzw. clitoridis, ■ Arteria profunda penis bzw. clitoridis und ■ Arteria urethralis. Aufgrund ihres Versorgungsgebiets, das neben Organen auch einen Teil der Rumpfwand umfasst, wird sie in der Literatur nicht immer als viszeraler Ast der A. iliaca interna beschrieben. ■

Parietale Äste

Parietale Äste

Nach dorsal ziehen: ■ A. iliolumbalis zur muskulären und knöchernen Beckenwand mit Rr. lumbalis, spinalis und iliacus, ■ A. sacralis lateralis zum Os sacrum, ■ Aa. gluteae sup. und inf., die zur Versorgung von kranialer bzw. kaudaler Gesäßmuskulatur durch die Pars supra- bzw. infrapiriformis des Foramen ischiadicum majus treten.

Nach dorsal ziehen: ■ Arteria iliolumbalis: Sie zieht zur Fossa iliaca und gibt den – Ramus lumbalis für die Mm. psoas und quadratus lumborum sowie den – Ramus iliacus für die knöcherne Beckenwand und den – Ramus spinalis zur Wirbelsäule ab. ■ Die Arteria sacralis lateralis (oft mehrere Gefäße) zieht zum Os sacrum. ■ Die Arteria glutea superior (S. 380) verlässt das Becken durch die Pars suprapiriformis des Foramen ischiadicum majus und versorgt die kraniale Gesäßmuskulatur. ■ Die Arteria glutea inferior (S. 380) zieht durch die Pars infrapiriformis (S. 885) des Foramen ischiadicum majus und versorgt die kaudale Gesäßmuskulatur.

K

881

2.2 Gefäße im Beckenraum

Nach ventral zieht die Arteria obturatoria zum Canalis obturatorius. Ihre wichtigsten Äste sind: ■ Ramus acetabularis zum Caput femoris (im Ligamentum capitis femoris, Abb. D-1.4) und ■ Ramus pubicus, der mit dem gleichnamigen Ast der A. epigastrica inferior anastomosiert. ■ Jeweils ein Ramus anterior und posterior versorgen Adduktoren und tiefe Hüftmuskeln.

Nach ventral zieht die A. obturatoria durch den Canalis obturatorius und gibt ihre Äste ab: ■ R. acetabularis zum Caput femoris, ■ R. pubicus, der mit dem R. pubicus der A. epigastrica inferior anastomosiert. ■ Rr. ant. und post.

2.2.2 Beckenvenen

2.2.2

Die parietalen und viszeralen Venen schließen sich den gleichnamigen Arterien an. Die viszeralen Venen bilden dabei oft ausgedehnte Plexus venosi um die Organe (Abb. K-2.2): Plexus venosus sacralis, rectalis, vesicalis, prostaticus, uterinus und vaginalis. Alle parietalen und viszeralen Venen, die häufig auf jeder Seite doppelt angelegt sind, fließen schließlich in die Vena iliaca interna ab. Letztere liegt dorsal der entsprechenden Arterie und vereinigt sich mit der Vena iliaca externa zur paarigen Vena iliaca communis. Im Becken nimmt die V. iliaca externa von der Rumpfwand die V. circumflexa ilium profunda und die V. epigastrica inferior auf; hauptsächlich dient sie aber der venösen Drainage der unteren Extremität.

Die parietalen und viszeralen Venen laufen mit den gleichnamigen Arterien. Viszerale Venen bilden Geflechte (Abb. K-2.2): Plexus venosus sacralis, rectalis, vesicalis, prostaticus, uterinus und vaginalis. Der Abfluss erfolgt wie für die parietalen Venen über die V. iliaca int. zur V. iliaca communis. Die V. iliaca externa drainiert die untere Extremität und nimmt von der Rumpfwand die V. circumflexa ilium profunda und die V. epigastrica inferior auf.

⊙ K-2.2

Beckenvenen

⊙ K-2.2

Vena iliaca interna und Venenplexus des Beckens V. cava inferior

V. iliaca interna dextra

V. glutea superior V. sacralis lateralis Vv. gluteae inferiores

Vv. uterinae Vv. obturatoriae V. iliaca externa dextra

V. pudenda interna Vv. rectales mediae (aus Plexus venosus rectalis)

Vv. vesicales Plexus venosus vesicalis

Plexus venosus uterinus und Plexus venosus vaginalis

Schematische Darstellung am weiblichen Becken in der Ansicht von links. (Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

▶ Klinik. Bei einer pathologischen Gerinnung in den Beckenvenen (Beckenvenenthrombose) ist die Gefahr einer Lungenembolie (S. 559) durch Ablösung einzelner Gerinnsel besonders hoch, vgl. tiefe Venenthrombose (S. 160).

▶ Klinik.

Der venöse Abfluss des Damms und des äußeren Genitales zeigt im Vergleich zur arteriellen Versorgung eine Besonderheit: Venöses Blut der Dammregion kann in die Vena pudenda interna und/oder die Vena pudenda externa (und somit in die Vena femoralis) abfließen. Die Venae dorsales superficiales penis bzw. clitoridis gewinnen ebenfalls Anschluss an die Vv. pudendae externae.

Die Besonderheit des venösen Abflusses von Damm und äußerem Genitale liegt darin, dass er – anders als der arterielle Zustrom (nur aus der A. pudenda int.) – in die Vv. pudendae int. und externa (somit in die V. femoralis) erfolgt.

2.2.3 Lymphgefäße und -knoten im Beckenraum

2.2.3

Die Lymphknoten orientieren sich an der Lage der großen Blutgefäße (Abb. K-2.3, vgl. auch Abb. D-1.46): Nodi lymphoidei iliaci interni und externi leiten ihre Lymphe ebenso wie Nodi lymphoidei sacrales in die Nodi lymphoidei iliaci communes, die Anschluss an die Trunci lumbales finden. Fast alle Beckenorgane leiten direkt oder über Organlymphknoten ihre Lymphe in diese Knoten ab. Eine Ausnahme bilden Hoden bzw. Ovar mit direktem Abfluss in die Nodi lymphoidei lumbales.

Lymphgefäße und -knoten im Beckenraum Lymphknoten liegen um die Blutgefäße (Abb. K-2.3, vgl. Abb. D-1.46). Beckenorgane und Beckenwände drainieren über Nll. iliaci intt., extt. und sacrales in Nll. iliaci communes mit Abfluss in die Trunci lumbales. Eine Ausnahme bilden Hoden bzw. Ovar mit direktem Abfluss in die Nll. lumbales.

882

K

⊙ K-2.3

2 Leitungsbahnen im Beckenraum

Übersicht über die Beckenlymphknoten und ihre Einbindung in die Lymphabflusswege des Beckenund Retroperitonealraums

Nll. precavales

Nll. preaortici

Nll. mesenterici inferiores

Nll. aortici laterales

A Nll. iliaci communes B C

Nll. iliaci interni Nll. iliaci externi Nll. inguinales superficiales (klinisch Tractus horizontalis) Nll. inguinales profundi

D

Nll. inguinales superficiales (klinisch Tractus verticalis)

Nll. sacrales

a

Ductus thoracicus Trunci intestinales

Nll. phrenici inferiores

Diaphragma

Nll. epigastrici inferiores

Bauchwand

Cisterna chyli Truncus lumbalis sinister

Truncus lumbalis dexter

Nll. lumbales dextri (um V. cava inferior) •Nll. cavales laterales •Nll. precavales •Nll. retrocavales

Ren Gl. suprarenalis rechts

Ovarium Tuba uterina rechts

Nll. lumbales intermedii (zwischen V. cava inferior und Aorta abdominalis)

Testis Epididymis rechts

Nll. iliaci communes •Nll. subaortici •Nll. promontorii •Nll. iliaci communes laterales/ mediales/ intermedii

Nll. iliaci externi •Nll. obturatorii •Nll. iliaci externi laterales/ mediales/ intermedii •Nll. interiliaci

Nll. lacunares laterales/ mediales/ intermedii

Nll. inguinales profundi

Nll. inguinales superficiales

Testis Epididymis links

Ovarium Tuba uterina links

Ren Gl. suprarenalis links

Nll. iliaci interni •Nll. sacrales •Nll. gluteales superiores/ inferiores

viszerale Beckenlymphknoten •Nll. pararectales •Nll. parauterini •Nll. paravaginales •Nll. vesicales laterales •Nll. pre-/retrovesicales

Uterus Vagina

b

Nll. lumbales sinistri (um Aorta abdominalis) •Nll. aortici laterales •Nll. preaortici •Nll. retroaortici

Rectum

Uterus Vagina

Vesica urinaria Gl. vesiculosa Prostata

Die Beckenorgane (Uterus und Vagina; Rektumanteile; Harnblase und akzessorische Genitaldrüsen) leiten ihre Lymphe zunächst in organbezogene (viszerale) Lymphknoten, von da über die Nll. iliaci interni und die Nll. iliaci communes weiter in die Nll. lumbales. Merke: Beckenbodennahe Anteile des Urogenitalsystems (Teile der Cervix uteri; Teile der Vagina; äußeres Genitale; Urethra) leiten ihre Lymphe (zusätzlich) in die Nll. inguinales, die aber auch die Drainagestation für die untere Extremität darstellen (Reaktion der inguinalen Lymphknoten bei Erkrankungen der unteren Extremität ebenso wie bei Erkrankungen in unteren Abschnitten des Urogenitalsystems). (Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

a Die Beckenlymphknoten sind entlang der großen Blutgefäße sowie vor dem Os sacrum lokalisiert. Bei der radiologischen Beschreibung der Lymphknotenstationen bedient man sich virtueller Linien, die sich anhand von Knochenstrukturen definieren lassen: Iliolumballinie (A), Iliosakrallinie (B), Inguinallinie (C), Obturatorlinie (D). b Lymphabflusswege von Retroperitoneum und Becken: Der Abfluss erfolgt in die Trunci lumbales über die Nll. lumbales dextri und sinistri. Diese werden von den Nieren, Nebennieren (primär Lage im Spatium retroperitoneale) sowie von den Keimdrüsen direkt erreicht. Letztere liegen zwar beim Erwachsenen im Becken, d. h. im Ovar (S. 796) bzw. extrakorporal im Hoden (S. 828), behalten aber neben der Blutgefäßversorgung auch die Lymphdrainagewege nach dem embryonalen Deszensus aus dem Spatium retroperitoneale bei.

K

Nodi lymphoidei inguinales superficiales und profundi (Abb. D-1.46) nehmen Lymphe einerseits aus der unteren Extremität, andererseits aber auch Lymphe aus dem Beckenboden, dem äußeren Genitale (und Teilen des inneren Genitales) sowie aus der Urethra auf.

2.3

883

2.3 Nerven und Nervengeflechte im Beckenraum

Nerven und Nervengeflechte im Beckenraum

Nll. inguinales superficiales und profundi (Abb. D-1.46) erhalten Lymphe von Bein, Beckenboden, äußerem Genitale und Urethra.

2.3

Nerven und Nervengeflechte im Beckenraum

Auch im Beckenraum verlaufen vegetative sowie somatische Nerven.

2.3.1 Anteile des vegetativen Nervensystems Die vegetativen Fasern des sympathischen und parasympathischen Nervensystems bilden im Becken den Plexus hypogastricus inferior zur Versorgung der Beckenorgane. Der Plexus hypogastricus inferior besteht aus topografisch unterscheidbaren gemischten Einzelplexus (z. B. Plexus rectales medius und inferior, Plexus vesicalis, vgl. Abb. K-1.10), in denen die vegetativen Fasern – teilweise erst nach Umschaltung im jeweiligen Unterplexus (auch als Organplexus bezeichnet) – an das Erfolgsorgan herantreten. Die sehr kleinen Ganglien des Plexus hypogastricus inferior bezeichnet man als Ganglia pelvica, die nicht zu verwechseln sind mit dem klinisch noch gängigen Begriff „Ganglion pelvicum“ oder „Frankenhäuser-Ganglion“, der ein Synonym für den Plexus uterovaginalis (S. 796) ist.

2.3.1

Anteile des vegetativen Nervensystems Vegetative Nerven (sympathisch/parasympathisch) bilden den Plexus hypogastricus inf., der aus mehreren Einzelplexus (Organplexus) besteht (vgl. Abb. K-1.10). Darin befinden sich zahlreiche kleine Ganglia pelvica.

Sympathikus: Die sympathischen Fasern ziehen entweder in Form der paarigen Nervi hypogastrici (dexter und sinister) vom Plexus hypogastricus superior (lockeres Geflecht von vegetativen Fasern) kommend, oder als Nervi splanchnici sacrales (aus den meist vier Ganglia sacralia) zum Plexus hypogastricus inferior (s. o.).

Sympathikus: Sympathische Fasern ziehen als paarige Nn. hypogastrici vom Pl. hypogastricus sup. oder als Nn. splanchnici sacrales zum Pl. hypogastricus inf. (s. o.).

Parasympathikus: Die parasympathischen Nervi splanchnici pelvici enthalten Fasern aus den Rückenmarkssegmenten S 2–S 4 und erreichen ebenfalls den Plexus hypogastricus inferior.

Parasympathikus: Die Fasern aus S 2–S 4 erreichen den Pl. hypogastricus inf. als Nn. splanchnici pelvici.

▶ Merke. Die

Nn. splanchnici pelvici sind die einzigen parasympathischen Nn. splanchnici. Sie haben ihr Ursprungsneuron (1. Neuron) im Seitenhorn der Rückenmarkssegmente S 2–S 4 und enthalten ausschließlich präganglionäre Fasern, die in den vegetativen parasympathischen Ganglien des Plexus hypogastricus inferior mit seinen Unterplexus auf das 2. Neuron umgeschaltet werden. Alle anderen Nn. splanchnici (major, minor, lumbales und sacrales) sind sympathisch, d. h. enthalten Fasern aus dem thorakalen bzw. lumbalen Seitenhorn des Rückenmarks. Während die Fasern in den Nn. splanchnici major und minor überwiegend den Grenzstrang (Truncus sympathicus) ohne Umschaltung passieren und in den prävertebralen Ganglien des Plexus aorticus abdominalis umgeschaltet werden, sind Fasern der Nn. splanchnici lumbales und sacrales (nach Umschaltung in den Ganglia lumbalia) teilweise bereits postganglionär. Die noch präganglionären sympathischen Fasern werden wie die parasympathischen Fasern im Plexus hypogastricus inferior umgeschaltet.

▶ Merke.

884

K

2.3.2

2.3.2 Anteile des somatischen Nervensystems

Anteile des somatischen Nervensystems Die somatischen Nerven entstammen 3 Nervenplexus, s. a. Plexus lumbosacralis (S. 385): ■ Plexus lumbalis, (L 1–L 4): Seine Äste verlaufen mit Ausnahme des N. obturatorius (auf dem M. psoas) v. a. an der Rumpfwand. ■ Plexus sacralis (L 4–S 4, Abb. K-2.4), dessen Äste das Becken verlassen über: – Foramen ischiadicum majus, Pars suprapiriformis: N. gluteus sup. (→ Mm. glutei medius u. minimus), – Foramen ischiadicum majus, Pars infrapiriformis: N. gluteus inf. (→ M. gluteus maximus), Nn. cut. femoris post., ischiadicus und pudendus. Letzterer läuft durch den Canalis pudendalis (Abb. K-2.4) zum Damm. ■ Plexus coccygeus (S. 386), S 4–Co1.

⊙ K-2.4

2 Leitungsbahnen im Beckenraum

Die somatischen Nerven entstammen drei großen Plexus (s. a. Plexus lumbosacralis (S. 385): ■ Plexus lumbalis (Segmente L 1–L 4) : Die aus ihm hervorgehenden Nerven verlaufen vor allem an der Rumpfwand. Lediglich der N. obturatorius zieht medial am M. psoas zum Canalis obturatorius. ■ Plexus sacralis (Segmente L 4–S 4) : Seine Nerven verlassen größtenteils das Becken (Abb. K-2.4) durch die beiden Anteile des Foramen ischiadicum majus: – durch das Foramen ischiadicum majus, Pars suprapiriformis zieht der Nervus gluteus superior zu den Mm. glutei medius und minimus, – durch das Foramen ischiadicum majus, Pars infrapiriformis verlaufen die Nervi gluteus inferior (zum M. gluteus maximus), cutaneus femoris posterior, ischiadicus und pudendus. Der Nervus pudendus zieht über das Foramen ischiadicum minus in die Fossa ischioanalis, dort durch den Canalis pudendalis (Abb. K-2.4) nach ventral und innerviert Damm sowie äußeres Genitale. – Im Becken verbleiben nur Rami musculares für die Mm. levator ani und coccygeus sowie viszerale Äste für die Beckeneingeweide. ■ Plexus coccygeus (S. 386), Segmente S 4–Co1.

Lage des Plexus sacralis im Beckenraum mit Verlauf seiner Nerven

Cauda equina Corpus vertebrae LV A. glutea superior (durch das Foramen ischiadicum majus Pars suprapiriformis)

A. iliaca communis

Plexus sacralis

A. iliaca interna A. iliaca externa

M. piriformis

M. iliopsoas

A. glutea inferior A. pudenda interna, N. pudendus (durch das Foramen ischiadicum majus Pars infrapiriformis)

N. obturatorius A. obturatoria

M. coccygeus

Spina ischiadica

Lig. sacrospinale

M. obturatorius internus

Foramen ischiadicum minus

Symphysis pubica

M. levator ani

A. femoralis

Lig. sacrotuberale

M. transversus perinei profundus

Arcus tendineus m. levatoris ani

A. pudenda interna, N. pudendus im Alcock-Kanal

Sicht auf die Innenseite einer rechten Beckenhälfte von links. Während die meisten Nerven des Plexus sacralis den Beckenraum verlassen, zieht der N. pudendus zusammen mit den Vasa pudenda interna (Venen hier der Übersicht halber nicht dargestellt) zwar auch zunächst durch das Foramen ischiadicum majus, Pars infrapiriformis aus dem Becken heraus, dann jedoch durch das Foramen ischiadicum minus in die Fossa ischioanalis. Hier läuft er im Canalis pudendalis (Alcock-Kanal), der durch eine Faszienduplikatur des M. obturatorius internus entsteht; s. a. Tab. K-2.1 und Plexus sacralis (S. 342). (Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

K

2.4

Durchtrittsstellen der Leitungsbahnen aus dem Beckenraum

Viele Leitungsbahnen des Beckenraums ziehen gemeinsam an der Beckenwand entlang oder treten zusammen durch ihre Öffnungen, um die von ihnen versorgten Strukturen außerhalb des Beckens zu erreichen. Dadurch entstehen verschiedene Gefäß-Nerven-Straßen (Tab. K-2.1).

≡ K-2.1

dorsal

Leitungsbahnen

Durchtrittsstellen der Leitungsbahnen aus dem Beckenraum

Viele Leitungsbahnen treten gemeinsam aus dem Becken zu den von ihnen versorgten Strukturen über (Tab. K-2.1).

Pars suprapiriformis (S. 358)



Vasa glutea superiora



N. gluteus superior

Pars infrapiriformis (S. 358)



Vasa glutea inferiora



N. gluteus inferior



Vasa pudenda interna



N. pudendus



N. ischiadicus



N. cutaneus femoris posterior

Foramen ischiadicum minus



Vasa pudenda interna



N. pudendus

Canalis pudendalis = Alcock-Kanal (S. 341)



Vasa pudenda interna



N. pudendus

Canalis obturatorius (S. 331)



Vasa obturatoria



N. obturatorius

Lacuna vasorum (S. 314)



Vasa femoralia



Lymphgefäße des Beins



R. femoralis nervi genitofemoralis



N. femoralis



N. cutaneus femoris lateralis



am Beckenboden

Übersicht

Foramen ischiadicum majus mit 2 Anteilen: ■

ventral

2.4

Durchtrittsstellen und Leitungsbahnen von parietalen Gefäß-Nerven-Straßen des Beckens

Öffnung/Kanal

lateral

885

2.4 Durchtrittsstellen der Leitungsbahnen aus dem Beckenraum

Lacuna musculorum (S. 314)

Lacuna musculorum Lig. inguinale Lacuna vasorum Arcus iliopectineus Canalis obturatorius Membrana obturatoria

Foramen ischiadicum majus Pars suprapiriformis M. piriformis Foramen ischiadicum majus Pars infrapiriformis Lig. sacrospinale Lig. sacrotuberale Canalis pudendalis

Hals, Kopf, ZNS, Sinnesorgane

1

Hals – Gliederung, Muskulatur und Leitungsbahnen

1.1 1.2 1.3 1.4

Funktionelle Bedeutung und Bauprinzip. Muskulatur des Halses mit Zungenbein . Leitungsbahnen im Halsbereich . . . . . . Topografische Anatomie des Halses . . .

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L . . . .

891 893 896 906

G. Aumüller, G. Wennemuth

1.1

Funktionelle Bedeutung und Bauprinzip

1.1

Funktionelle Bedeutung und Bauprinzip

1.1.1 Funktionelle Bedeutung des Halses

1.1.1

Funktionelle Bedeutung des Halses

Bedingt durch seine Lage als Verbindung zwischen Kopf (Caput) und Rumpf (Truncus) ist der Hals (Collum, Cervix) eine wichtige Durchgangsstraße sowohl für die Speise- und Atemwege als auch für lebenswichtige Leitungsbahnen. Darüber hinaus ermöglicht die Beweglichkeit des Halses z. B. durch Drehung des Kopfes gegenüber dem Rumpf eine Ausweitung des Aktionsradius für die visuelle und akustische Wahrnehmung. Grundlage dafür bilden zum einen die Halswirbelsäule und Kopfgelenke, die zusammen mit der übrigen Wirbelsäule als funktionelle Einheit im Kap. Beweglichkeit der einzelnen Wirbelsäulenabschnitte (S. 268) und im Kap. Kopfgelenke (S. 264) abgehandelt sind. Zum anderen ist deshalb auch die Muskulatur, die den Hauptanteil des Halses bildet, von großer Bedeutung (S. 893). Die im Bereich des Halses liegenden Organe, zu denen neben Anteilen der Speiseund Atemwege (Pharynx = Rachen, Larynx = Kehlkopf sowie Beginn der Trachea = Luftröhre) auch die Schilddrüse mit Nebenschilddrüsen zählen, werden im Kap. Halsorgane (S. 914) besprochen.

Durch seine Lage zwischen Kopf und Rumpf, die er verbindet, dient der Hals (Collum, Cervix) als Durchgangsstraße für Speise- und Atemwege sowie für Leitungsbahnen. Durch seine Beweglichkeit, deren Grundlage Halswirbelsäule (S. 268), Kopfgelenke (S. 264) und seine ausgeprägte Muskulatur (S. 893) bilden, wird der Wahrnehmungsradius der Sinnesorgane erweitert. Näheres zu den Halsorganen (Pharynx, Larynx, obere Trachea, Schilddrüse und Nebenschilddrüsen) s. im Kap. Halsorgane (S. 914).

1.1.2 Begrenzung und Gliederung des Halses

1.1.2

Begrenzungen Kraniale Begrenzung: Der Hals wird vom Kopf durch eine Verbindungslinie getrennt (Abb. L-1.1), die vom Unterrand der Mandibula zum Processus mastoideus und längs der Linea nuchalis superior zur Protuberantia occipitalis externa des Os occipitale (S. 944) verläuft. Kaudale Begrenzung: Vom Rumpf wird der Hals durch eine Verbindungslinie getrennt, die vom Oberrand des Sternums durch das Schlüsselbein (Clavicula) und das Acromion des Schulterblattes bis dorsal zum Processus spinosus des 7. Halswirbels zieht.

⊙ L-1.1

Begrenzung und Gliederung des Halses Begrenzungen

Die kraniale Grenze (Abb. L-1.1) verläuft zwischen Mandibula, Proc. mastoideus und der Protuberantia occipitalis externa (S. 944). Die kaudale Grenzlinie verbindet die Clavicula mit dem Proc. spinosus des 7. Halswirbels bzw. dem Manubrium sterni.

Begrenzungen des Halses

Protuberantia occipitalis externa

Manubrium sterni

Mandibula

Clavicula

Acromion

a

Vertebra prominens, Proc. spinosus

Proc. mastoideus

Acromion

b

(nach Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

a Ansicht des Halses (schattiert) von ventral b und dorsal. Die entlang der Begrenzungslinie liegenden tastbaren Knochenpunkte sind rot hervorgehoben (weitere sind innerhalb des Abschnitts zur topografischen Anatomie zu finden; s. Abb. L-1.17).

892

L

Gliederung durch die Halsfaszie

Gliederung durch die Halsfaszie

Die unter dem Hautmuskel Platysma (S. 895) liegende Halsfaszie Fascia cervicalis bzw. colli (Tab. L-1.1 und Abb. L-1.2) unterteilt den Hals in mehrere Tiefenbereiche mit verschiedenen Muskelgruppen sowie von Bindegewebe umgebenen Leitungsbahnen und Eingeweiden.

Der Hals wird durch die aus drei Lagen (sog. „Blätter“) bestehende Halsfaszie (Fascia cervicalis bzw. colli, Tab. L-1.1) in mehrere Tiefenbereiche gegliedert und umfasst außer verschiedenen Muskelgruppen auch Eingeweide und Leitungsbahnen, die jeweils von eigenen Bindegewebshüllen („Eingeweidefaszie“ und Vagina carotica, Abb. L-1.23) umgeben sind (Abb. L-1.2). Oberhalb der Halsfaszie verläuft das Platysma (S. 895) als Hautmuskel und spannt die Halshaut zwischen Gesicht und Brust.

▶ Merke.

1 Hals – Gliederung, Muskulatur und Leitungsbahnen

▶ Merke. Die drei Blätter der Halsfaszie (Lamina superficialis, Lamina pretrachealis

und Lamina prevertebralis) gliedern den Hals in unterschiedliche Tiefenbereiche, wobei oberflächlich und in der Tiefe Muskulatur vorherrschen, dazwischen Eingeweide und Gefäß-Nerven-Straßen.

≡ L-1.1

Blätter der Halsfaszie (Fascia cervicalis)

Blatt

Ursprung/Ansatz

Lamina superficialis (oberflächliches Blatt)

Lamina pretrachealis (mittleres Blatt)

Lamina prevertebralis (tiefes Blatt)

⊙ L-1.2



Mandibula (aus der am Unterkieferrand endenden Fascia parotideomasseterica hervorgehend)



Claviculae



Manubrium sterni



oberer Anteil: Körper des Os hyoideum





Ausdehnung/Lage ■



kaudal in die Brustfaszie (Fascia pectoralis) übergehend

sonstiges



gesamter Hals



kräftige Faszie



Gl. submandibularis am Mundboden



Teil der oberflächlichen Körperfaszie



M. sternocleidomastoideus und M. trapezius (mit eigenen Muskellogen in dem Faszienblatt)



auf ihr verzweigen sich die Hautäste des Halsgeflechts und verlaufen die oberflächlichen Hautvenen



von kranial nach kaudal breiter werdend



im Bereich der infrahyoidalen Muskulatur von besonders fester Konsistenz



reicht bis in das hintere Mediastinum



verschmilzt dorsal mit der Nackenfaszie (Fascia nuchae)



vor der Trachea



infrahyoidale Muskulatur



seitlich mit den Zwischensehnen der Mm. omohyoidei und der Vagina carotica verwachsen



Kehlkopf, Trachea, Schilddrüse



Pharynx und Oesophagus



Vagina carotica mit A. carotis communis bzw. interna, V. jugularis interna und N. vagus



direkt vor der Wirbelsäule (am Ligamentum longitudinale anterius) mit kaudaler Aufspaltung



tiefe Halsmuskeln, Mm. scaleni, M. levator scapulae, autochthone Nackenmuskeln





seitlich verbunden mit der Lamina superficialis

Truncus sympathicus mit den 3 Halsganglien (Ganglion cervicale superius, medium und inferius), Plexus brachialis, A. subclavia, N. phrenicus

unterer Anteil: Manubrium sterni und Claviculae

von der Schädelbasis bis zur Höhe des 3. Brustwirbels (Übergang in die Fascia endothoracica)

bedeckte Strukturen

unter dem Platysma (S. 895)

Faszienverhältnisse am Hals

Mandibula Gl. submandibularis Lamina superficialis M. sternohyoideus Eingeweidefaszie

M. sternocleidomastoideus Vagina carotica Lamina pretrachealis Lamina prevertebralis M. trapezius Clavicula

Nach Entfernung des epifaszialen Hautmuskels, sog. Platysma (S. 895), sind in der Ventralansicht die Blätter der Halsfaszie sowie weitere Bindegewebshüllen im Bereich des Halses dargestellt: Auf der rechten Seite ist die Lamina superficialis (oberflächliches Blatt) beige dargestellt und die Loge für die Glandula submandibularis (S. 1018) vorne eröffnet. Auf der linken Seite wurde die Lamina superficialis entfernt und der M. sternocleidomastoideus mit seiner umhüllenden Faszie durchtrennt, um die darunter gelegenen Bindegewebsschichten sichtbar zu machen: Medial ist die hellgrün gefärbte Lamina pretrachealis nochmals gefenstert, sodass die Mm. sternohyoidei (Abb. L-1.4) und die darunter gelegene Eingeweidefaszie (dunkelgrün) freigelegt sind. Lateral ist die Vagina carotica (Faszienhülle der Leitungsbahnen) blau und die sich seitlich anschließende Lamina prevertebralis (tiefes Blatt der Halsfaszie) violett hervorgehoben (vgl. auch Abb. L-1.23). (Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

893

L 1.2 Muskulatur des Halses mit Zungenbein

Muskulatur des Halses mit Zungenbein

1.2

Die Halswirbel (S. 253) und kurzen Nackenmuskeln (S. 275) sind im Zusammenhang mit der gesamten Wirbelsäule und autochthoner Muskulatur besprochen worden. Knorpel und Muskulatur des Kehlkopfs (Larynx) finden sich im Kapitel zu den Halsorganen (S. 920), sodass an dieser Stelle zusammen mit der Muskulatur als einzige knöcherne Struktur das im ventralen Halsbereich muskulär „aufgehängte“ Zungenbein abgehandelt wird. Es wird auf Grund seiner entwicklungsgeschichtlichen Herkunft aus dem Schlundbogenmaterial (S. 968) zwar häufig auch als Schädelknochen gerechnet, liegt aber topografisch im Bereich des Halses und ist für dessen Muskulatur in diesem Zusammenhang von Bedeutung.

1.2

Muskulatur des Halses mit Zungenbein In den Kap. Halswirbelsäule (S. 253) und kurze Nackenmuskeln (S. 275) erfolgt ihre Besprechung, die der knorpeligen und muskulären Strukturen des Kehlkopfs bei den Halsorganen (S. 920). Hier wird daher zusammen mit der Halsmuskulatur auf das entwicklungsgeschichtlich dem Schlundbogenmaterial (S. 968) entstammende Zungenbein eingegangen.

1.2.1 Zungenbein (Os hyoideum) und Zungenbeinmuskulatur

1.2.1

Zungenbein (Os hyoideum): Das Zungenbein ist ein kleiner unpaarer Knochen von spangenförmiger Gestalt (Abb. L-1.3a). Es besteht aus einem medialen Körper (Corpus), dem vorn zwei kleine Hörner (Cornua minora) und hinten seitlich zwei große Hörner (Cornua majora) aufsitzen. Zwischen dem Oberrand des Schildknorpels und dem Zungenbein ist die zugfeste Membrana thyrohyoidea befestigt, die den maximalen Abstand zwischen Kehlkopf und Zungenbein limitiert.

Zungenbein (Os hyoideum): Es besteht aus einem Körper (Corpus) mit zwei vorderen kleinen und zwei hinteren großen Hörnern (Cornua minora bzw. majora, Abb. L-1.3a). Es ist über die Membrana thyrohyoidea mit dem Schildknorpel verbunden.

Zungenbeinmuskulatur: Sie wird nach ihrer Lage in folgende zwei Gruppen unterteilt (Abb. L-1.3b, Abb. L-1.3c, Abb. L-1.4): ■ Die infrahyoidale Muskulatur (Musculi infrahyoidei) gehört zu den Halsmuskeln im engeren Sinne. Ihre Hauptfunktion ist – entsprechend ihrer Position kaudal des Zungenbeins – die Senkung des Os hyoideum während des Schluckaktes. ■ Die suprahyoidale Muskulatur (Musculi suprahyoidei), kranial des Zungenbeins gelegen), bildet beim Schluckvorgang den „Gegenpart“ der infrahyoidalen Muskeln, indem sie das Zungenbein hebt. Zwar sind die Muskeln wegen dieser Funktion und ihrer Lage hier aufgeführt, die (überwiegende) Innervation durch Kopfnerven (s. a. Abb. L-1.4) weist jedoch auf ihre embryonale Herkunft aus Schlundbögen (Branchialbögen) hin. Neben der funktionellen Bedeutung als Zungenbeinheber bilden sie auch den Mundboden (S. 1015).

Zungenbeinmuskulatur: Sie wird unterteilt in (Abb. L-1.3b, Abb. L-1.3c, Abb. L-1.4): ■ infrahyoidale Muskulatur, die zu den Halsmuskeln i. e. S. gehört, und

⊙ L-1.3



Zungenbein (Os hyoideum) und Zungenbeinmuskulatur

suprahyoidale Muskulatur, die größtenteils durch Kopfnerven versorgt werden (s. a. Abb. L-1.4) und an der Bildung des Mundbodens (S. 1015) beteiligt sind.

Zungenbein und Zungenbeinmuskulatur

Cornu minus Cornu majus a

M. stylohyoideus Corpus

M. mylohyoideus Raphe mylohyoidea Os hyoideum M. thyrohyoideus Cartilago thyroidea M. sternothyroideus

b

M. digastricus, Venter posterior M. digastricus, Venter anterior M. digastricus, Venter posterior M. stylohyoideus M. sternohyoideus M. omohyoideus, Venter superior u. inferior

M. digastricus, Venter anterior

M. thyrohyoideus M. sternothyroideus

M. mylohyoideus M. sternohyoideus Zwischensehne des M. omohyoideus

M. omohyoideus, Venter superior u. inferior

c

Das Zungenbein projiziert sich in Ruhelage des Sprechapparats etwa auf den 3. (bei Männern bis 4.) Halswirbel. (Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

a Darstellung des Os hyoideum, b im Verbund mit der supra- und infrahyoidalen Muskulatur in der Ansicht ventral (mit Fensterung des rechtsseitigen M. sternohyoideus) und c von links lateral.

894

L

⊙ L-1.4

1 Hals – Gliederung, Muskulatur und Leitungsbahnen

Übersicht über die Halsmuskulatur

Muskel

Ursprung

Ansatz

Innervation

Funktion

oberflächliche Schicht Platysma (Hautmuskel)

Basis mandibulae Fascia parotidea

Fascia pectoralis

R. colli nervi facialis (VII)

spannt die Haut des Halses zieht die Mandibula herab (Kieferöffner) als mimischer Muskel Breitziehen des Mundes (Zähnefletschen)

M. sternocleidomastoideus Caput mediale Caput laterale

Manubrium sterni Extremitas sternalis claviculae

Processus mastoideus lateraler Anteil der Linea nuchalis superior

N. accessorius (XI), Äste aus dem Plexus cervicalis (C1–C3)

doppelseitig: Kaudalbewegung des Hinterhaupts einseitig: Neigung des Kopfes zur gleichen Seite, Drehung des Gesichts zur Gegenseite Atemhilfsmuskel bei fixiertem Kopf und Hals

mittlere Schicht → infrahyoidale Muskulatur M. sternohyoideus

Dorsalfläche des Manubrium sterni

Corpus ossis hyoidei

M. sternothyroideus

Manubrium sterni, 1. Rippe

Linea obliqua der Cartilago thyroidea

M. thyrohyoideus Linea obliqua der Cartilago thyroidea

Corpus und Cornua majora ossis hyoidei

M. omohyoideus Margo superior Corpus ossis hyoidei Venter superior scapulae (V. inferior) (V. superior) Venter inferior (Verbindung beide Bäuche über eine Zwischensehne)

Zungenbeinsenker Kehlkopfsenker Ansa cervicalis (Nervenschlinge C1–C3)

Zungenbeinsenker Kehlkopfheber Zungenbeinsenker Anspannen der Lamina pretrachealis

→ suprahyoidale Muskulatur M. geniohyoideus Spina mentalis der Mandibula

Os hyoideum

M. mylohyoideus Linea mylohyoidea (Diaphragma oris) der Mandibula

Os hyoideum, Raphe m. mylohyoidei

Fossa digastrica der M. digastricus Venter anterior Mandibula (Venter anterior)

Zwischensehne (= Ansatz des M. digastricus, Venter anterior)

Venter posterior Incisura mastoidea, (über Zwischensehne mit medial vom Warzen- Os hyoideum verbunden) fortsatz (V. posterior) M. stylohyoideus

Processus styloideus

Plexus cervicalis

N. mylohyoideus (aus V3)

R. colli des N. facialis (VII)

Zug des Zungenbeins nach vorne Verstärkung des Mundbodens

Hebung des Zungenbeins Kieferöffnung M. stylohyoideus zusätzlich: Fixation der Zwischensehne des M. digastricus

Os hyoideum

tiefe Schicht → Skalenusgruppe M. scalenus anterior

Proc. transversus 3.–6. HW

Tuberculum m. scaleni anterioris der 1. Rippe

M. scalenus medius

Tubercula anteriora 1.–7. HW

1. Rippe hinter dem Sulcus a. subclaviae

M. scalenus posterior

Tubercula posteriora 5.–6. HW

oberer Rand der 2. Rippe

Rr. anteriores (aus unteren Zervikalsegmenten)

Atemhilfsmuskeln (Hebung der 1. bzw. 2. Rippe) M. scalenus anterior zusätzlich Neigung der HWS nach lateral

895

L 1.2 Muskulatur des Halses mit Zungenbein

⊙ L-1.4

Übersicht über die Halsmuskulatur (Fortsetzung)

Muskel

Ursprung

Ansatz

Innervation

Funktion

→ prävertebrale Muskulatur* M. longus colli Pars recta

Körper der unteren Hals- u. oberen Brustwirbel

Körper der oberen Halswirbel

Pars obliqua superior

Tubercula anteriora der Proc. transversi der oberen Halswirbel

Tuberculum anterius des Atlas

Pars obliqua inferior

Körper der oberen Brustwirbel

Querfortsätze des 5. und 6. HW

M. longus capitis

Tubercula anteriora der Proc. transversi des 3.–6. HW

Pars basilaris des Os occipitale

Rr. anteriores (aus den jeweils benachbarten Zervikalsegmenten)

beidseitig: Beugen der Halswirbelsäule bzw. des Kopfes nach vorn einseitig: Neigen u. Drehen des Kopfes zur gleichen Seite

* Zu Mm. rectus capitis anterior und lateralis siehe Abb. C-1.37.

1.2.2 Oberflächliche und tiefe Halsmuskulatur

1.2.2

Die Halsmuskulatur setzt sich aus verschiedenen Muskelgruppen zusammen (Abb. L-1.4). Der wegen seiner Ausdehnung bedeutendste Muskel ist der Musculus sternocleidomastoideus (SCM, Abb. L-1.6). Er prägt das Relief des Halses und ist damit auch für die topografische Gliederung von Bedeutung (Abb. L-1.4). ▶ Klinik. Die einseitige Verkürzung (Kontraktur) des M. sternocleidomastoideus führt zum muskulären „Schiefhals“ (Torticollis, Caput obstipum) mit einer typischen Neigung des Kopfes zur erkrankten Seite und Drehung des Kinns zur gesunden Seite. Im späteren Verlauf kann es zu einer Schädelasymmetrie und seitlichen Verbiegung der Halswirbelsäule, d. h. zu einer Skoliose (S. 249), kommen.

⊙ L-1.5

Torticollis. Durch Verkürzung des linken M. sternocleidomastoideus ist der Kopf nach links geneigt und das Kinn nach rechts gedreht. (Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

Subkutan verläuft vom Unterkiefer bis zum oberen Thoraxbereich das Platysma (Abb. L-1.6a), ein flacher, breiter mimischer Hautmuskel, der bei Menschen nur noch rudimentär vorhanden ist. Bei Tieren (z. B. Rindern) sind diese Muskeln als Panniculus carnosus weit über den ganzen Körper verbreitet und dienen der Bewegung der Haut (sichtbares „Fellzucken“ zum Vertreiben von Insekten). Das Platysma bedeckt die oberflächlichen Halsvenen (V. jugularis externa, V. jugularis anterior).

⊙ L-1.6

Oberflächliche und tiefe Halsmuskulatur Die Halsmuskulatur bildet verschiedene Gruppen (Abb. L-1.4). Prägend ist der M. sternocleidomastoideus (Abb. L-1.6).

Das vom Unterkiefer in Richtung Thorax verlaufende Platysma (Hautmuskel, Abb. L-1.6a) bedeckt die oberflächlichen Halsvenen.

Oberflächliche Halsmuskulatur (Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

M. sternocleidomastoideus M. trapezius

Platysma

a

b

M. sternocleidomastoideus M. trapezius

a Ansicht der oberflächlichen Halsmuskeln von links lateral: Während das Platysma als Hautmuskel epifaszial gelegen ist, wird der M. sternocleidomastoideus von der hier abpräparierten Lamina superficialis der Halsfaszie umhüllt, sein aus dem gleichen Anlagematerial stammender „Brudermuskel“ (M. trapezius, s. Abb. E-1.9) von ihr bedeckt. b M. sternocleidomastoideus und M. trapezius (oberer Anteil) in der Ansicht von ventral (teilweise durch die Schädelknochen durchscheinend dargestellt).

896 ▶ Merke.

L

1 Hals – Gliederung, Muskulatur und Leitungsbahnen

▶ Merke. Der M. sternocleidomastoideus und das Platysma werden – genau wie der

M. trapezius und die meisten der suprahyoidalen Muskeln – nicht von zervikalen, sondern von Hirnnerven innerviert. In der Tiefe des Halses liegen die Skalenusmuskeln und die prävertebrale Muskulatur (Abb. L-1.7).

⊙ L-1.7

In der Tiefe des Halses (unterhalb der Zungenbeinmuskulatur) liegen zum einen die Skalenusmuskeln (Abb. L-1.7a), die als Atemhilfsmuskulatur dienen und eine Lateralflexion der HWS bewirken können. Die zweite tiefliegende Muskelgruppe ist die prävertebrale Muskulatur (Abb. L-1.7b), die bei verschiedenen Bewegungen der Halswirbelsäule beteiligt ist.

⊙ L-1.7

Tiefe Halsmuskulatur M. longus capitis

M. longus colli M. scalenus posterior M. scalenus medius M. scalenus anterior

a

b

(Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

a Schematische Darstellung der Skalenusb und langen prävertebralen Muskeln.

1.3

Leitungsbahnen im Halsbereich

1.3

Leitungsbahnen im Halsbereich

Der Hals enthält als Verbindungsglied von Rumpf und Kopf auf engstem Raum besonders viele Leitungsbahnen, die größtenteils von lebenswichtiger Bedeutung sind; vgl. Topografie (S. 906).

Durch die Lage des Halses als „Bindeglied“ zwischen Kopf und Thorax stellt er eine Art Durchgangsstraße für Leitungsbahnen dar. Von diesen sind viele – wie z. B. die nach kranial ziehenden arteriellen Gefäße zur Versorgung des Gehirns – von lebenswichtiger Bedeutung. Da im Halsbereich zum einen bereits Äste zum Kopf oder Thorax von den jeweiligen Hauptstämmen abzweigen, zum anderen auch solche für Strukturen des Halses selbst, liegen hier auf engstem Raum zahlreiche Gefäße und Nerven mit sehr unterschiedlichen Versorgungsgebieten und -funktionen; vgl. Topografie (S. 906). Aus diesen Gründen werden im folgenden Abschnitt neben den im Vordergrund stehenden Leitungsbahnen zu Halsstrukturen auch solche erwähnt, deren topografische Verhältnisse im Bereich des Halses von Bedeutung sind, obwohl das jeweilige Versorgungsgebiet z. T. in anderen Körperregionen liegt.

1.3.1

1.3.1 Gefäße

Gefäße

Arterien im Halsbereich

Arterien im Halsbereich

Hierzu zählen Äste der A. subclavia (s. u.) sowie das Aufzweigungsgebiet der A. carotis externa (s. Tab. M-2.1), die neben der A. carotis interna (S. 975) aus der Teilung der A. carotis communis hervorgeht; vgl. auch Gefäßversorgung Gehirn (S. 1158).

Im Halsbereich teilt sich die Arteria carotis communis in die Arteria carotis interna (S. 975), die den Hals nur als „Durchgangsstrecke“ (S. 1158) benutzt und die Arteria carotis externa (s. Tab. M-2.1). Letztere ist zusammen mit der Arteria subclavia (bzw. v. a. den aus ihr hervorgehenden Trunci thyrocervicalis und costocervicalis, s. u.) zuständig für die arterielle Versorgung der Halsmuskulatur und -organe.

▶ Merke.

▶ Merke. Die A. carotis interna gibt im Gegensatz zur A. carotis externa im Hals-

bereich keine Äste ab. An der Teilungsstelle liegen das Glomus caroticum und der Sinus caroticus.

An der Teilungsstelle der A. carotis communis liegen das Glomus caroticum (mit Chemorezeptoren) und der Sinus caroticus (mit Pressorezeptoren). Das Glomus caroticum spricht auf niedrigen O2-Partialdruck bzw. hohen CO2-Partialdruck und pHAbweichungen an; die Pressorezeptoren im Sinus caroticus senken bei intravaskulärem Druckanstieg reflektorisch den Blutdruck.

L

▶ Klinik. Über die in der Wand des Bulbus und Sinus caroticus gelegenen Pressorezeptoren kann der sog. Karotissinusreflex ausgelöst werden. Hierzu tastet man den Arterienpuls im Bereich des Trigonum caroticum (Abb. L-1.21b) und übt Druck auf die Gefäßwand aus. Dadurch wird ein Anstieg des Blutdrucks simuliert, auf welchen das vegetative Nervensystem mit einer Senkung der Herzfrequenz und Schlagkraft bei gleichzeitiger Weitstellung der peripheren Gefäße reagiert. Es kommt zu einem Blutdruckabfall und u. U. zu kurzzeitiger Bewusstlosigkeit. Dieser Effekt kann auch z. B. durch Überstrecken des Halses beim Rasieren o. ä. auftreten, weshalb man diese Möglichkeit bei Patienten mit plötzlicher Bewusstlosigkeit immer erfragen sollte.

Während das Hauptversorgungsgebiet der A. carotis externa im Bereich des Kopfes liegt, versorgen ihre folgenden Äste mit deren Aufzweigungen Strukturen im Hals (Abb. L-1.8a): ■ Arteria thyroidea superior (S. 934): Sie entspringt im Trigonum caroticum und versorgt den oberen Schilddrüsenabschnitt sowie mit ihrem obersten Ast, der Arteria laryngea superior, den kranialen Kehlkopfabschnitt (S. 926). Ein kleiner Ast, der Ramus sternocleidomastoideus, kreuzt den N. hypoglossus und zieht zum M. sternocleidomastoideus. Der Ramus cricothyroideus, versorgt den gleichnamigen Muskel (Abb. L-2.11); der Ramus infrahyoideus (Versorgung des Zungenbeinbereichs) anastomosiert mit der Gegenseite. ■ Arteria facialis: Sie entlässt im Hals die Arteria palatina ascendens (S. 919) für die Seitenwand des Pharynx und den M. stylopharyngeus, ferner die Arteria submentalis (im Trigonum submandibulare, Tab. L-1.5) für die suprahyoidale Muskulatur und v. a. die Glandula submandibularis (S. 1020). Die übrigen Äste der A. carotis externa werden im Kapitel Kopf aufgeführt. Die Arteria subclavia geht ■ links aus dem Arcus aortae (S. 627), ■ rechts aus dem Truncus brachiocephalicus (S. 629) hervor und gibt im Halsbereich die in Tab. L-1.2 genannten Äste ab (Abb. L-1.8b).

⊙ L-1.8

897

1.3 Leitungsbahnen im Halsbereich

▶ Klinik.

Das Versorgungsgebiet der A. carotis externa betrifft den Kopf. Am Hals sind folgende Äste wichtig (Abb. L-1.8a): ■ A. thyroidea superior mit ihrem Ast, A. laryngea superior, für die oberen Abschnitte von Kehlkopf und Schilddrüse. Kleinere Äste ziehen zum M. sternocleidomastoideus bzw. M. cricothyroideus, nach denen sie benannt sind. ■ Aus der A. facialis entspringen für den Hals die A. palatina ascendens (S. 919) zum Pharynx und A. submentalis für die Gl. submandibularis (S. 1020).

Die A. subclavia (Tab. L-1.2, u. Abb. L-1.8b) zweigt links von der Aorta (S. 627), rechts vom Truncus brachiocephalicus (S. 629) ab.

Äste der Halsarterien

Rr. pharyngeales A. vertebralis A. cervicalis ascendens A. pharyngea ascendens A. carotis externa A. carotis interna R. infrahyoideus A. laryngea superior R. sternocleidomastoideus R. cricothyroideus

A. thyroidea superior Sinus caroticus

Rr. glandulares A. carotis communis

a Verlauf der A. carotis externa und ihrer Äste im Halsbereich. b A. subclavia mit ihren Ästen.

A. thoracica interna

Truncus thyrocervicalis A. subclavia dextra

A. thyroidea ima (Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

Rr. oesophageales

A. suprascapularis

A. cervicalis profunda a

A. thyroidea inferior

A. transversa cervicis

b

A. intercostalis suprema

Truncus costocervicalis

898

≡ L-1.2

L

1 Hals – Gliederung, Muskulatur und Leitungsbahnen

Haupt- und Nebenäste der A. subclavia im Halsbereich

Aufzweigungen

Versorgungsgebiete



A. thoracica interna

s. Gefäßversorgung Thoraxwand (S. 299) und A. thoracica interna (S. 629)

vordere Brustwand, obere Bauchwand, Mediastinum, Perikard, Zwerchfell



A. vertebralis

s. Gefäßversorgung Rücken (S. 277) und Gefäßversorgung Gehirn (S. 1158)

v. a. Gehirn und Rückenmark



Truncus thyrocervicalis



A. thyroidea inferior

Schilddrüse, Kehlkopf, Trachea, Ösophagus

– A. laryngea inferior ■

A. cervicalis ascendens

Halsmuskulatur



A. suprascapularis

anastomosiert mit Ästen der A. axillaris

A. transversa cervicis bzw. colli (kann auch eigenständig aus A. subclavia entspringen)

Hals-, Nacken-, und Schultermuskulatur



– R. superficialis (A. cervicalis superficialis) – R. profundus (A. dorsalis scapulae) ■

Truncus costocervicalis



A. cervicalis profunda

tiefe Nackenmuskulatur



A. intercostalis suprema

obere Interkostalmuskulatur

Venen im Halsbereich

Venen im Halsbereich

Die Venen des Halsbereichs (Abb. L-1.9) vereinigen sich im Angulus venosus, dem Venenwinkel (S. 632), vor dem M. scalenus anterior und leiten das Blut aus Kopf und Hals in die V. cava superior (S. 632).

Es wird ein oberflächliches bzw. subkutanes von einem tiefen Venensystem unterschieden (Abb. L-1.9), welche sich im sog. Venenwinkel (S. 632) bzw. Angulus venosus, hinter dem sternalen Ende des Schlüsselbeins vor dem M. scalenus anterior vereinigen. Sie ziehen zum Stromgebiet der V. cava superior (S. 632) und leiten das Blut sämtlicher Strukturen von Kopf und Hals ab.

⊙ L-1.9

⊙ L-1.9

Venen im Halsbereich

V. facialis V. jugularis externa V. thyroidea superior

V. jugularis interna V. jugularis anterior Arcus venosus jugularis

V. thyroidea media V. transversa cervicis Plexus thyroideus impar V. brachiocephalica dextra

V. brachiocephalica sinistra V. cava superior

Oberflächliche und tiefe Halsvenen in der Ansicht von ventral. (Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

Oberflächliche Venen: ■ V. jugularis externa: Als größere Halsvene verläuft sie oberflächlich im seitlichen Halsbereich.



V. jugularis anterior: Die Venen beider Seiten verbinden sich im Spatium suprasternale zum Arcus venosus jugularis.

Oberflächliche Halsvenen: ■ Vena jugularis externa: Die äußere Drosselvene verläuft nur vom Platysma bedeckt als größere (oft sichtbare) Vene im seitlichen Halsbereich und entsteht aus der Vena occipitalis (Abb. M-2.4a) und anderen kleinen variablen Ästen. Sie durchbohrt die oberflächliche Halsfaszie und mündet meist im Venenwinkel in die V. subclavia, seltener auch in die V. jugularis interna (s. u.). ■ Vena jugularis anterior: Die meist paarig oberflächlich vor den Mm. sternocleidomastoidei verlaufenden Venen verbinden sich im Spatium suprasternale zum Arcus venosus jugularis und münden in die V. jugularis externa oder V. subclavia.

L

899

1.3 Leitungsbahnen im Halsbereich

▶ Klinik. Bei einer „Einflussstauung“ des Herzens, z. B. durch Rechtsherzinsuffizienz oder Prozesse im Mediastinum, die den Blutstrom über die V. cava superior behindern, treten die oberflächlichen Halsvenen (insbesondere die V. jugularis externa) häufig deutlich hervor.

⊙ L-1.10

Halsvenenstauung

a Aufgrund ihrer oberflächlichen Lage (Prometheus LernAtlas. Thieme, 5. Aufl.) b ist ein Rückstau des Blutes v. a. in der größeren V. jugularis externa gut sichtbar. (Neurath, M., Lohse, A.: Checkliste Anamnese und klinische Untersuchung. Thieme, 2010)

V. temporalis superficialis V. facialis

V. occipitalis

V. jugularis interna dextra

V. jugularis externa M. sternocleidomastoideus

a

Clavicula V. subclavia V. brachiocephalica dextra

V. jugularis anterior

V. cava superior

V. brachiocephalica sinistra

b

Tiefe Halsvenen: ■ Vena jugularis interna: In die zum tiefen System gehörende innere Drosselvene, über die das gesamte Blut aus dem Gehirn abgeleitet wird, münden als wichtige Äste aus dem Kopf-Hals-Bereich die Venae facialis, retromandibularis, lingualis und thyroideae mediae. ■ Vena subclavia: Sie verläuft in der Tiefe im Gegensatz zur A. subclavia in der vorderen Skalenuslücke (Abb. L-1.20). Im Venenwinkel vereinigt sie sich mit der V. jugularis interna zur V. brachiocephalica (S. 300). ■ Das Blut der Nackengegend fließt über die Vena vertebralis und die Vena cervicalis profunda (S. 278) ab.

Tiefe Halsvenen: ■ V. jugularis interna: Sie nimmt das Blut aus großen Bereichen von Kopf (u. a. des Gehirns) und Hals auf und verläuft in der Tiefe. ■ V. subclavia: Sie zieht durch die vordere Skalenuslücke. ■ Die Vv. vertebralis und cervicalis profunda (S. 278) leiten das Blut der Nackengegend ab.

Lymphabflusswege im Halsbereich

Lymphabflusswege im Halsbereich

Weil der Halsbereich durch die Luft- und Speisewege besonders exponiert für Krankheitserreger ist und dort die Lymphe aus Kopf, Hals, Rumpf und den oberen Extremitäten und somit großen Teilen des Körpers zusammenfließt, befindet sich dort rund ein Drittel sämtlicher (600–700) Lymphknoten des Körpers. Der Abfluss erfolgt über die tiefen Halslymphknoten der vorderen und der seitlichen Halsregion (Abb. L-1.11) in die Hauptlymphbahn des Halses (Truncus jugularis), welcher sich mit dem Truncus subclavius und dem Truncus bronchomediastinalis zum Ductus thoracicus (links) bzw. dem Ductus lymphaticus dexter (rechts) vereinigt (S. 634). Diese münden jeweils im „Venenwinkel“ in die V. brachiocephalica sinistra bzw. dextra (S. 632).

Etwa ein Drittel aller Lymphknoten des Körpers konzentriert sich im Halsbereich. Sie gliedern sich in oberflächliche und tiefe Lymphknoten (Abb. L-1.11). Von den tiefen Lymphknoten erfolgt der Abfluss über den Truncus jugularis und Ductus thoracicus bzw. Ductus lymphaticus dexter (S. 634) in die V. brachiocephalica (S. 632).

▶ Klinik. Da in der Halsregion eine Vielzahl an Lymphknoten relativ oberflächlich, d. h. gut sicht- und tastbar liegt, werden nicht nur lokale, sondern auch systemische Erkrankungen der lymphatischen Organe wie maligne Lymphome (z. B. der Morbus Hodgkin) häufig durch Größenzunahme der Halslymphknoten festgestellt. Dabei muss sorgfältig zwischen einer tumorbedingten Lymphknotenschwellung (meist nicht schmerzhaft, derb, gegenüber der Umgebung nicht verschieblich) und entzündlichen (häufig schmerzhaft, eher weich und verschieblich) unterschieden werden. Klinisch werden die (tiefen) Halslymphknoten in 6 Stationen (I–VI, Abb. L-1.11 und Abb. L-1.12a) eingeteilt, die je nach Befall bei lokalen Tumoren im Kopf-Hals-Bereich operativ entfernt oder bestrahlt werden.

▶ Klinik.

900 ⊙ L-1.11

L

1 Hals – Gliederung, Muskulatur und Leitungsbahnen

Übersicht über die Lymphknoten des Halses*

Lymphknoten

Lokalisation

Zuflussgebiet

Nll. submentales** (I)

Kinnunterseite

Nll. submandibulares** (I)

an der Glandula submandibularis

Gesicht, Zunge, Tonsillen, zu den Nll. cerviZahnfleisch, Zähne cales anteriores profundi

Abfluss

Nodi lymphoidei cervicales anteriores Nll. cervicales anteriores superficiales

Nll. cervicales anteriores profundi (VI)

entlang der V. jugularis anterior

Regio cervicalis anterior, Parotis

zu den Nll. cervicales anteriores profundi

Nll. infrahyoidei Nll. thyroidei Nll. pretracheales Nll. paratracheales

regionale Lymphknoten der betreffenden Organe

Ösophagus, Pharynx, Schilddrüse, Kehlkopf, Trachea und Zunge

über den Truncus jugularis

Nll. retropharyngeales Nodi lymphoidei cervicales laterales Nll. cervicales laterales superficiales

Nll. cervicales laterales profundi superiores (II) inferiores (III, IV)

entlang der V. jugularis externa auf dem M. sternocleidomastoideus

Regio cervicalis lateralis und posterior

Nl. jugulodigastricus Nl. lateralis Nl. anterior

entlang der V. jugularis interna (kaudal des M. digastricus)

Tonsillen, hinteres Zungendrittel, Pharynx

Nl. juguloomohyoideus Nl. lateralis Nl. anterior

entlang der V. jugularis interna (im Bereich der Kreuzung mit dem M. omohyoideus)

Zunge (Zuflüsse aus anderen Lymphknoten)

Nll. supraclaviculares (gehören streng genommen Fossa supraclavicularis nicht mehr zu den lateralen Lymphknoten, stehen jedoch nach kranial eng mit ihnen in Verbindung,IV) Nll. trigoni cervicalis posterioris (klinischer Begriff, V)

Brust, Achsel, Arm

Bereich des M. trapezius, Regio cervicalis lateralis der Mm. scaleni und der und posterior tiefen Halsmuskeln

zu den Nll. cervicales laterales profundi inff.

über den Truncus jugularis und z. T. den Truncus subclavius

zu den Nll. cervicales laterales profundi

* Die Zugehörigkeit zu den klinischen Lymphknoten-Stationen ist durch römische Ziffern angegeben. ** Die submentalen und submandibulären Lymphknoten liegen zwar topografisch im Bereich des Halses, ihre Zuflussgebiete jedoch im Kopfbereich.

Lymphknoten im Halsbereich siehe auch Abb. L-1.12. Für submentale und submandibuläre Lymphknoten vergleiche Lymphknoten im Kopfbereich (S. 978).

L

⊙ L-1.12

901

1.3 Leitungsbahnen im Halsbereich

Lymphknoten im Halsbereich parotidealaurikulär

okzipital

fazial

I II

nuchal

V III

IV

VI

jugulofazialer Venenwinkel

submentalsubmandibulär

parallel zur V. jugularis interna

laryngotracheothyroidal

entlang des N. accessorius a

b

jugulosubklavialer Venenwinkel

axillär

(Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

a Tiefe Halslymphknoten und ihre klinische Gruppierung, die nicht streng mit der gültigen anatomischen Nomenklatur korreliert: I = vordere obere Gruppe (Nll. submentales und submandibulares), II–IV = tiefe Begleitlymphknoten der V. jugularis interna (Nll. cervicales laterales profundi, wobei deren am weitesten kaudal gelegenen Lymphknoten zusammen mit den Nll. supraclaviculares die Gruppe IV bilden), V = laterale hintere Gruppe (Nll. trigoni cervicalis posterioris), VI = vordere untere Gruppe (Nll. cervicales anteriores). b Flussrichtung der Lymphströme am Hals (Ansicht von rechts). Wichtige Kreuzungspunkte der Hals-Lymphbahnen sind: 1. der jugulofaziale Venenwinkel, in dem die eher horizontal verlaufenden Wege am Übergang vom Kopf in den Hals in die vertikalen HalsLymphbahnen umgeleitet werden und 2. der jugulosubklaviale Venenwinkel am Übergang des Halses in die obere Thoraxapertur, in dem die Lymphe aus dem Kopf-Hals-Bereich mit der des übrigen Körpers zusammengeführt wird.

1.3.2 Nerven

1.3.2

Die im Halsbereich verlaufenden Nerven lassen sich verschiedenen Systemen bzw. Ursprüngen zuordnen: ■ Von den Ästen der zervikalen Spinalnerven bilden die ventralen den Plexus cervicalis (s. u.) sowie große Teile des Plexus brachialis (S. 468). ■ Weiterhin durchziehen den Hals Äste von Hirnnerven und ■ der im tiefen Blatt der Fascia cervicalis liegende Halsteil des Grenzstrangs mit den drei sympathischen Ganglien (s. u.).

Im Hals verlaufen ■ Äste der zervikalen Spinalnerven, ■ Hirnnervenäste und ■ Halsteil des Truncus sympathicus (im tiefen Blatt der Halsfaszie).

Zervikale Spinalnerven

Zervikale Spinalnerven

Nerven

Wie alle Spinalnerven besitzen auch die zervikalen vordere und hintere Äste (Rami anteriores und posteriores). Ventrale Spinalnervenäste der Zervikalsegmente: Sie bilden neben Abgabe einiger direkter Muskeläste im Halsbereich liegenden bzw. beginnenden Plexus: ■ Der Plexus cervicalis wird von den Rami anteriores (S. 211) aus C 1–C 4 gebildet und besitzt sowohl motorische als auch sensible Anteile (Tab. L-1.3 u. Abb. L-1.13). Seine sensiblen Äste treten am Hinterrand des M. sternocleidomastoideus an die Oberfläche (Punctum nervosum). Eine Ausnahme bilden die sensiblen Anteile im N. phrenicus (S. 638) vorwiegend aus C 4, die das Perikard, die Pleura mediastinalis und diaphragmatica sowie das Peritoneum an Zwerchfell, Leber und Gallenblase innervieren. ▶ Klinik. Am Punctum nervosum lässt sich relativ leicht die gesamte Haut ein-

Ventrale Spinalnervenäste der Zervikalsegmente: Sie bilden folgende Plexus: ■

Der Plexus cervicalis wird von den Rr. anteriores aus C 1–C 4 gebildet (Tab. L-1.3 u. Abb. L-1.13). Seine sensiblen Äste treten am Punctum nervosum an die Oberfläche.

▶ Klinik.

schließlich des Nackens der betreffenden Seite anästhesieren. Man sticht dazu mit der Hohlnadel etwa in der Mitte des Hinterrandes des M. sternocleidomastoideus ein und führt sie 1–2 cm nach oben und unten. ■

Plexus brachialis (S. 468): Seine Pars supraclavicularis mit dem Truncus superior (C 5 und C 6), dem Truncus medius (C 7) und dem Truncus inferior (C 8 und Th 1) verläuft von der hinteren Skalenuslücke zum Schlüsselbein.



Der Plexus brachialis (S. 468) verläuft von der hinteren Skalenuslücke zum Schlüsselbein.

902

L

≡ L-1.3

1 Hals – Gliederung, Muskulatur und Leitungsbahnen

Ventrale Äste der oberen zervikalen Spinalnerven (C 1–4)

Nerv

Besonderheiten/Verlauf

Innervationsgebiet

kurze Äste von C 1–4

(nicht an Plexusbildung beteiligt)

prävertebrale Muskulatur (C 1–4), Mm. scaleni (C 3, 4) und M. levator scapulae (C 3)

Rr. trapezius und sternocleidomastoideus

bilden Geflecht mit Ästen des N. accessorius

Mm. sternocleidomastoideus und trapezius

Radix superior (C 1) und Radix inferior (C 2, 3)

Anteile aus C 1 (Radix superior) lagern sich dem N. hypo- M. geniohyoideus, infrahyoidale Muskulatur (M. glossus (XII) an und verbinden sich mit C 2–3 (Radix sternohyoideus, M. sternothyroideus, M. thyroinferior) zur Ansa cervicalis (profunda bzw. n. hypohyoideus, M. omohyoideus) glossi)

motorisch

N. phrenicus (C 4) mit sensiblen lateral vom Gefäß-Nerven-Stamm auf dem M. scalenus anterior; begleitet die A. pericardiacophrenica im MediaÄsten (R. pericardiacus und stinum Rr. phrenicoabdominales)

motorisch: Zwerchfell sensibel: Pleura mediastinalis u. diaphragmatica; Perikard; Peritoneum

sensibel (Austritt am Punctum nervosum) N. occipitalis minor (C 2, 3)

zieht am Hinterrand des M. sternocleidomastoideus nach untere seitliche Hinterhauptsregion (etwa im Ansatzbereich des M. sternocleidomastoideus dorsal-kranial und hat Verbindungen zum N. occipitalis am Proc. mastoideus und darüber) major u. auricularis magnus

N. auricularis magnus (C 2, 3)

zieht nach oben, teilt sich in einen R. anterior und einen Haut der unteren Ohrregion (bis zur Rückseite R. posterior der Ohrmuschel)

N. transversus colli (C 2, 3)

sensibel: Halshaut verläuft nach vorne, teilt sich in einen R. superior und R. inferior (der R. superior verbindet sich mit dem R. colli des N. facialis zur Ansa cervicalis superficialis)

Nn. supraclaviculares (C 3, 4)

verlaufen nach unten, Auffächerung in drei Hauptäste Haut der oberen Brust- und Schulterregion (Nn. supraclaviculares mediales, intermedii und laterales) („Décolleté-Nerven“), untere seitliche Halsgegend

⊙ L-1.13

Ventrale Äste zervikaler Spinalnerven mit Bildung des Plexus cervicalis

N. hypoglossus

C1

Ansa cervicalis (profunda): – Radix superior – Radix inferior

N. auricularis magnus

C3

N. transversus colli Nn. supraclaviculares

N. transversus colli

C4

Nn. supraclaviculares

C5

zum Plexus brachialis

N. phrenicus

a

N. occipitalis minor N. auricularis magnus

N. occipitalis minor

C2

b

N. hypoglossus C1 C2 C3 M. geniohyoideus untere Zungenbeinmuskulatur

C4

M. thyrohyoideus

Ansa cervicalis (profunda), Radix inferior

M. omohyoideus

N. phrenicus

M. sternohyoideus M. sternothyroideus

M. scalenus anterior M. scalenus medius

c (Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

a Schematische Darstellung des Plexus cervicalis. b Austritt sensibler Äste des Plexus cervicalis am Punctum nervosum. c Motorische Äste des Plexus cervicalis mit den von ihnen innervierten Muskeln.

1.3 Leitungsbahnen im Halsbereich

903

Dorsale Spinalnervenäste der Zervikalsegmente: Die dorsalen Äste der Spinalnerven aus den Rückenmarkssegmenten C 1–C 3 versorgen zum größten Teil die Nackenregion motorisch und sensibel: Der Ramus posterior aus C 1 (Nervus suboccipitalis) ist rein motorisch und versorgt die kurzen Nackenmuskeln (S. 275), Teile des M. semispinalis capitis (Abb. C-1.31) und des M. longissimus capitis (Abb. C-1.34), d. h. es fehlt ein C 1-Dermatom. Das an die Scheitelregion bis etwa zur Linea nuchalis superior anschließende Hautgebiet des Hinterkopfes und oberen medialen Nackenbereichs wird sensibel vom Nervus occipitalis major (C 2) innerviert. Der Nerv (S. 279) tritt zwischen Axis und M. obliquus capitis inferior aus, gibt Äste an den M. semispinalis capitis ab und durchbohrt den M. trapezius. Seine Aufzweigungen liegen epifaszial etwa im Versorgungsbereich der A. occipitalis. Der kleine Versorgungsbereich des (sensiblen) dorsalen Astes aus C 3 (Nervus occipitalis tertius) schließt sich nahe der Medianlinie nach kaudal an das des N. occipitalis major an. Mit Letzterem geht er Faserverbindungen ein. Dem Innervationsgebiet des N. occipitalis major schließen sich nach lateral die Versorgungsbereiche der sensiblen Äste aus dem Plexus cervicalis (s. o.) an (Abb. L-1.14). Die Rami posteriores aus den unteren Zervikalsegmenten innervieren motorisch die autochthone Rückenmuskulatur (S. 279) und sensibel die Haut im Bereich des Nackens und angrenzender dorsaler Rumpfwand unterhalb des N. occipitalis major (S. 280), vgl. segmentale Innervation (S. 279).

Dorsale Spinalnervenäste der Zervikalsegmente: Mit Ausnahme des rein motorischen N. suboccipitalis (für die kurzen Nackenmuskeln) aus C 1 und dem sensiblen N. occipitalis tertius (C 3) sind die Rr. posteriores der zervikalen Spinalnerven motorisch und sensibel. Das größte Versorgungsgebiet hat der N. occipitalis major (C 2, Austritt zwischen Axis und M. obliquus capitis inferior; mot. Äste zum M. semispinalis capitis), der ab dem Ansatz des M. trapezius die Haut des Hinterhaupts sensibel innerviert. Seitlich schließt sich das Versorgungsgebiet der aus dem Plexus cervicalis stammenden Nerven (s. o.) an (Abb. L-1.14).

L

⊙ L-1.14

⊙ L-1.14

Sensible Innervation im Hals- und Kopfbereich N. trigeminus, N. ophthalmicus (V1)

Die Rr. posteriores (S. 279) aus dem unteren Zervikalmark innervieren die autochthonen Rückenmuskeln und Nackenhaut segmental.

N. occipitalis major (C2) N. occipitalis minor (C3)

N. trigeminus, N. maxillaris (V2) N. trigeminus, N. mandibularis (V3) N. transversus colli (C3)

N. auricularis magnus (C3) Rr. posteriores nn. spinalium Nn. supraclaviculares

(Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

Halsäste von Hirnnerven

Halsäste von Hirnnerven

Im Halsbereich verlaufen Äste der Hirnnerven VII, IX, X, XI und XII. Die Nerven IX– XII liegen im Spatium lateropharyngeum (S. 912) in enger Nachbarschaft zur A. carotis interna. Tab. L-1.4 führt nur die zu Halsstrukturen ziehenden Äste der Hirnnerven auf. Die für den Kopf bedeutsamen Äste aus IX (N. tympanicus, Rr. tonsillares, linguales) und X (R. auricularis) sowie aus X die Rr. cardiaci cervicales sind in in Kapitel M2 dargestellt.

Im Halsbereich verlaufen Äste der Hirnnerven VII-XII. In Tab. L-1.4 sind die zu Strukturen des Halses ziehenden Äste zusammengestellt.

⊙ L-1.15

⊙ L-1.15

Verlauf des N. accessorius im Halsbereich Darstellung des N. accessorius mit den von ihm innervierten Muskeln am Hals in der Ansicht von links lateral. N. accessorius, R. externus

M. sternocleidomastoideus M. trapezius

(Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

904

≡ L-1.4

L

1 Hals – Gliederung, Muskulatur und Leitungsbahnen

Hirnnerven mit Halsästen

Nerv/Äste (Qualität)

Verlauf

Innervationsgebiet im Halsbereich

N. facialis (VII, gemischt; hier zieht vom hinteren Unterkieferrand nach kaudal zum jedoch rein motorische Funktion) N. transversus colli (sog. Ansa cervicalis superficialis)

Platysma

N. glossopharyngeus (IX, gemischt) → R. sinus carotici (sensibel) → Rr. pharyngei (motorisch, sensibel) → R. musculi stylopharyngei (motorisch)

zieht lateral der A. carotis externa und des Pharynx zum Zungengrund

N. vagus (X, gemischt)

der Halsteil des N. vagus verläuft in der Vagina carotica zur oberen Thoraxapertur

→ Rr. pharyngei (motorisch)

verlassen den N. vagus am Ggl. inferius, (bilden im Pharynx Mm. constrictores pharyngis, M. levator veli palatini zusammen mit Fasern des N. glossopharyngeus und des Sympathikus den Plexus pharyngeus

→ N. laryngeus superior (motorisch, sensibel)

M. cricothyroideus (motorisch), entspringt am Ggl. inferius, Aufteilung in einen Ramus externus (motorisch) und einen Ramus internus (sensibel) Larynxschleimhaut oberhalb der Rima glottidis (sensibel) in Höhe des Zungenbeins

→ N. laryngeus recurrens (motorisch, sensibel)

verläuft rechts unter der A. subclavia und links unter dem Arcus aortae und zwischen Ösophagus und Trachea (Rr. oesophagei bzw. tracheales) zum Kehlkopf

Kehlkopfmuskeln außer M. cricothyroideus (motorisch), Larynxschleimhaut unterhalb der Rima glottidis (sensibel)

N. accessorius (XI, motorisch, Abb. L-1.15)

zieht unter Abgabe von Ästen durch den M. sternocleidomastoideus zum M. trapezius

M. sternocleidomastoideus, Teile des M. trapezius

N. hypoglossus (XII, motorisch)

zieht vom Canalis n. hypoglossi zwischen dem M. hyoglossus Zungenmuskulatur, M. styloglossus und M. mylohyoideus zur Zungenwurzel

zieht zur Teilungsstelle der A. carotis communis (leitet die Impulse der Mechano- und Chemorezeptoren)

Sinus caroticus und Glomus caroticum

bilden zusammen mit den Rr. pharyngei des N. vagus (s. u.) M. constrictor pharyngis superior (motoden Plexus pharyngeus risch), Pharynx (sensibel über Plexus) M. stylopharyngeus

Truncus sympathicus im Halsbereich

Truncus sympathicus im Halsbereich

Die sympathischen Fasern treten nach Umschaltung in den drei Halsganglien des Grenzstrangs (Abb. L-1.16) getrennt aus. ■ Aus dem Ggl. cervicale superius (in Höhe HWK II/III): N. jugularis (postganglionäre Fasern für Nn. IX und X); N. caroticus internus Geflecht um die A. carotis interna); Endstrecke ist der N. petrosus profundus. Nn. carotici externi (versorgen Speicheldrüsen und Mundschleimhaut); Rr. laryngopharyngei (zum Plexus pharyngeus); N. cardiacus cervicalis superior mit präund postganglionären Fasern zum Plexus cardiacus (S. 608).

Die Umschaltung der sympathischen Fasern erfolgt in den drei Halsganglien des Grenzstranges (Abb. L-1.16; s. a. Abb. L-1.15): ■ Ganglion cervicale superius: Das oberste der drei Ganglien enthält präganglionäre Fasern aus den Segmenten C 8–Th 3. Es liegt etwa in Höhe der Halswirbel II/III und gibt folgende efferente Nerven ab: – Nervus jugularis: führt dem N. glossopharyngeus und dem N. vagus postganglionäre sympathische Fasern zu, – Nervus caroticus internus: Geflecht um die A. carotis interna und ihre Äste (z. B. A. ophthalmica → Ganglion ciliare), endet als N. petrosus profundus (S. 1081), – Nervi carotici externi: Sie erreichen über die A. carotis externa die Speicheldrüsen und Mundschleimhaut, – Rami laryngopharyngei zum Plexus pharyngeus und der – Nervus cardiacus cervicalis superior mit prä- und postganglionären Fasern zum Plexus cardiacus (S. 608). Damit sind diese Nervenfasern nicht nur an der Innervation von Hals- und Thoraxorganen beteiligt, sondern sind auch von großer Bedeutung für die sympathische Innervation der Kopforgane. Ihr postganglionärer Verlauf ist periarteriell. Sie ziehen zwar durch die vier Kopfganglien (Tab. B-3.8 und Tab. M-2.4) hindurch, werden aber dort nicht umgeschaltet.

▶ Klinik.

▶ Klinik. Fasern, die nach Umschaltung im Ggl. cervicale superius zum Ggl. ciliare (S. 1052) ziehen, passieren während ihres präganglionären Verlaufs auch das Ggl. stellatum und das Ggl. cervicale medium (s. u.). Daher kann es bei Schädigung aller zervikalen Grenzstrangganglien zum Ausfall von sympathischen Signalen aus dem Ggl. cervicale superius kommen; vgl. Horner-Syndrom (S. 216) mit typischer Trias.

L

⊙ L-1.16

905

1.3 Leitungsbahnen im Halsbereich

Truncus sympathicus am Hals (a) und Stellatumblockade (b) Arteria basilaris Arteria vertebralis Plexus caroticus internus N. caroticus internus Atlas Axis M. longus capitis Ganglion cervicale superius R. communicans griseus N. caroticus externus Rr. communicantes grisei N. cardicus cervicalis superior M. longus colli Truncus sympathicus Ganglion cervicale medium Ganglion cervicale inferius M. scalenus medius M. scalenus anterior M. scalenus posterior Pleurakuppeln

Arteria carotis interna Arteria spinalis anterior Arteria vertebralis Lig. longitudinale anterius Oesophagus Trachea Ganglion stellatum (cervicothoracicum) mit N. cardicus cervicalis inferior A. vertebralis A. carotis communis N. cardiadicus cervicalis inferior Truncus thyrocervicalis Vena jugularis interna Schnittebene zu b Ductus thoracicus Vena subclavia sinistra Vena brachiocephalica sinistra (durchscheinend)

Plexus brachialis N. phrenicus N. vagus dexter N. laryngeus recurrens dexter Apertura thoracis superior a

Plexus thyroideus impar A. carotis communis N. vagus V. jugularis

Oesophagus Thyroidea Trachea

b Schnitthöhe Th1 (a: Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)





Ganglion cervicale medium: Es gibt den Nervus cardiacus cervicalis medius ab, der zum Plexus cardiacus zieht. Anstatt eines Ganglions kann es in mehrere kleinere Ganglienzellgruppen aufgeteilt sein oder sogar gänzlich fehlen. Ganglion cervicale inferius: Das unterste Halsganglion des Grenzstranges ist oft mit dem ersten Ganglion des Brustgrenzstranges zum Ganglion cervicothoracicum = Ganglion stellatum verschmolzen, von dem die viszeromotorischen Fasern für die Schweißdrüsen und Hautgefäße auch der oberen Extremität ausgehen. Das Ganglion stellatum erhält Fasern aus den Segmenten Th 2–7. Dieses hat durch seine Lage auf dem ersten Rippenköpfchen Kontakt zur Pleurakuppel. Aus ihm entspringen: – die Ansa subclavia mit ihren Ästen (Plexus subclavius), – Nervus cardiacus cervicalis inferior (zum tiefen Abschnitt des Plexus cardiacus), – Nervus vertebralis, der den Plexus vertebralis um die A. vertebralis bildet.

▶ Klinik. Bei funktionellen Störungen wie abnormer Schweißsekretion (Hyperhidrosis) der Axilla oder der Hand kann das Ganglion stellatum durch Injektionen von Lokalanästhetika therapeutisch „blockiert“ werden (Stellatumblockade, Abb. L-1.16b).





Aus dem (inkonstanten) Ggl. cervicale medium ziehen ebenfalls Äste zum Plexus cardiacus. Das Ggl. cervicale inferius bildet häufig zusammen mit dem obersten Ganglion des Brustgrenzstrangs ein Ggl. cervicothoracicum oder stellatum (mit Fasern aus Th 2– 7), das Hals, Arm, Herz und Lungen mit sympathischen Fasern versorgt. Die perivaskulären Fasern werden entsprechend den Gefäßen bezeichnet.

▶ Klinik.

906

L

1.4

1.4

Topografische Anatomie des Halses

1.4.1

Konturen und tastbare Knochenpunkte Konturbildend sind der „Adamsapfel“ (Protuberantia laryngea), das Zungenbein (Os hyoideum) und der Eingeweidestrang (Kehlkopf, Luftröhre und Schilddrüse). Am Eintritt der Trachea in den Thorax befindet sich die Drosselgrube (Fossa jugularis). Zu weiteren tastbaren Knochenpunkten s. Abb. L-1.17 und Kap. Begrenzung und Gliederung des Halses (S. 891).

⊙ L-1.17

1 Hals – Gliederung, Muskulatur und Leitungsbahnen

Topografische Anatomie des Halses

1.4.1 Konturen und tastbare Knochenpunkte Beim Mann wird das Halsrelief besonders vom „Adamsapfel“ bzw. Prominentia laryngea (S. 921) des Kehlkopfs geprägt, dessen Knorpelplatten durch die Haut gut tastbar sind. Darüber liegt – beim Schlucken sichtbar – das Zungenbein (Os hyoideum). Kaudal vom Kehlkopf zieht die Luftröhre, sog. Trachea (S. 543), mit der angelagerten Schilddrüse, sog. Glandula thyroidea (S. 931), in Richtung obere Thoraxapertur. Sie wird vorne von der mit Fettgewebe ausgefüllten Drosselgrube (Fossa jugularis) überdeckt. Weitere tastbare Knochenpunkte sind diejenigen, die zur kranialen und kaudalen Grenzlinie des Halses (S. 891) verbunden werden (Abb. L-1.17).

Konturgebende Strukturen am Hals

Protuberantia occipitalis externa Unterrand der Mandibula

Spitze des Proc. mastoideus

Os hyoideum Prominentia laryngea Ringknorpel Jugulum sterni

In der Ansicht von lateral sind die konturgebenden Muskeln (Mm. sternocleidomastoideus und trapezius) sowie das bedeckende Platysma durchscheinend dargestellt. Neben den Knochenpunkten entlang der Grenzlinien (s. a. Abb. L-1.1) sind Zungenbein, Schild- und Ringknorpel zu tasten. Rot hervorgehoben sind beispielhaft prominente Punkte der überwiegend in ihrem Verlauf tastbaren knöchernen bzw. knorpeligen Strukturen im Halsbereich. (Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

Proc. spinosus des 7. Halswirbels Acromion

Clavicula

▶ Klinik.

▶ Klinik. Veränderungen der Halskontur („dicker Hals“) kommen häufig durch Raumforderungen wie z. B. vergrößerte Lymphknoten, Zysten oder Wucherungen der Schilddrüse (Struma = Kropf) zustande. Sie müssen sorgfältig differenzialdiagnostisch abgeklärt werden (Labor, Sonografie, ggf. Biopsie), um ein Schilddrüsenkarzinom auszuschließen.

⊙ L-1.18

Umfangszunahme des Halses durch Struma. Durch ausgeprägtes Wachstum (u. U. bis in die obere Thoraxapertur als sog. retrosternale Struma) kann es zu Verdrängungserscheinungen mit Schädigung umliegender Organe kommen, s. a. Tracheomalazie (S. 932) und Fallbeispiel (S. 937). (Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl., nach Hegglin)

1.4.2

Regionen des Halses mit Halsdreiecken und Skalenuslücken

Durch die Mm. sternocleidomastoideus und trapezius wird der Hals oberflächlich in 4 Regionen eingeteilt. Tiefer liegende Strukturen grenzen die sog. Halsdreiecke ab (Abb. L-1.19, Tab. L-1.5 und Abb. L-1.20).

1.4.2 Regionen des Halses mit Halsdreiecken und Skalenuslücken Der M. sternocleidomastoideus und der M. trapezius gliedern den Hals oberflächlich in vier Regionen (Regiones cervicales anterior, lateralis und posterior sowie Regio sternocleidomastoidea), während durch tiefer liegende Strukturen eine Unterteilung in die sog. Halsdreiecke (Trigonum submandibulare, submentale, caroticum, musculare und omoclaviculare erfolgt (Abb. L-1.19, Tab. L-1.5 und Abb. L-1.20).

L

⊙ L-1.19

907

1.4 Topografische Anatomie des Halses

Regionen des Halses Trigonum submandibulare

Trigonum submentale Trigonum submandibulare

Trigonum caroticum

Trigonum submentale

Regio sternocleidomastoidea

Os hyoideum Trigonum caroticum

M. sternocleidomastoideus M. trapezius

Trigonum musculare; Trigonum omotracheale

Regio cervicalis posterior; Regio colli posterior

a

M. digastricus – Venter anterior – Venter posterior

Trigonum omoRegio cervicalis lateralis, Trigonum cervicale posterius; claviculare; Fossa supraclavicularis major Trigonum colli laterale

Fossa supraclavicularis minor b

Regio cervicalis lateralis; Trigonum cervicale posterius; Trigonum colli laterale

Fossa supraclavicularis minor

(Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

a Halsregionen in der Ansicht von rechts schräg lateral. b Sicht- oder tastbare Muskelkonturen grenzen das mediale und laterale Halsdreieck mit seinen Untergliederungen ab und sind in b von ventral bei leicht dorsal flektiertem Kopf dargestellt.

≡ L-1.5

Regio cervicalis anterior mit den in ihrer Tiefe gelegenen Halsdreiecken

Begrenzung

Inhalt

Lage/Verlauf

Trigonum submandibulare (Unterkieferdreieck) ■

■ ■ ■





unter der Lamina superficialis der Fascia cervicalis

A. u. V. facialis

treten unter bzw. über dem Venter posterior des M. digastricus in das Dreieck ein und ziehen zum Vorderrand des M. masseter

kranial: Corpus mandibulae A. lingualis kaudal: Os hyoideum

entspringt unterhalb der A. facialis aus der A. carotis externa und zieht unter dem M. hyoglossus in die Zunge.

ventral: Venter anterior des A. palatina ascendens M. digastricus

entspringt aus der A. facialis und zieht zum weichen Gaumen und zur Gaumentonsille

dorsal: M. stylohyoideus und der Venter posterior des M. digastricus

A. submentalis

entspringt aus der A. facialis und verläuft parallel zum M. mylohyoideus zum Kinn

R. marginalis mandibulae und R. colli des N. facialis

ziehen oberflächlich zur mimischen Muskulatur

N. hypoglossus

tritt unter dem M. stylohyoideus und dem hinteren Digastricus-Bauch in das Trigonum ein und zieht unter dem Ausführungsgang der Gl. submandibularis oberhalb des M. mylohyoideus zur Zunge

N. mylohyoideus

zieht an der Innenfläche des Unterkiefers zum M. mylohyoideus u. dem Venter anterior des M. digastricus

N. glossopharyngeus

im hinteren oberen Bereich, seinem Leitmuskel (M. stylopharyngeus) angelagert

Nll. submandibulares

am Unterkieferrand

Glandula submandibularis (S. 1020)

ihr Ausführungsgang zieht um das freie Ende des M. mylohyoideus in die Regio sublingualis

medial: Diaphragma oris = M. mylohyoideus

Trigonum submentale (Kinndreieck) ■

■ ■

kranial: Vorderer Teil der Mandibula (Kinn) kaudal: Zungenbein lateral: Venter anterior des M. digastricus.

Nll. submentales

für die Lymphe aus der Zungenspitze, den unteren Schneidezähnen und dem medialen Unterlippenbereich

908

≡ L-1.5

L

1 Hals – Gliederung, Muskulatur und Leitungsbahnen

Regio cervicalis anterior mit den in ihrer Tiefe gelegenen Halsdreiecken (Fortsetzung)

Begrenzung

Inhalt

Lage/Verlauf

Trigonum caroticum (Karotisdreieck) ■







kranial: Venter posterior des M. digastricus

Gefäß-Nerven-Strang des Halses

dorsal: vorderer Rand des M. sternocleidomastoideus ventral: Venter superior des A. M. omohyoideus A. Bedeckung: Fascia cervicalis A. superficialis, Platysma. A.

tritt am Vorderrand des M. sternocleidomastoideus in das Dreieck ein, die Teilungsstelle der A. carotis communis liegt etwa in Höhe des 5. Halswirbels (mit ihr ziehen in der Vagina carotica die V. jugularis interna und der N. vagus, s. u.)

carotis interna

verläuft hinten lateral (keine Äste im Halsbereich!)

carotis externa

verläuft unter Abgabe von Seitenästen (s. u.) vorne medial

thyroidea superior

entspringt unterhalb des Zungenbeins aus der A. carotis externa

lingualis

verlässt die A. carotis externa über dem Zungenbein

A. facialis

entspringt oberhalb der A. lingualis aus der A. carotis externa

A. pharyngea ascendens

zieht als Seitenast der A. carotis externa in das Spatium lateropharyngeum

A. occipitalis

zieht als Seitenast der A. carotis externa Richtung Hinterhaupt

V. jugularis externa und anterior

verlaufen oberflächlich

V. jugularis interna

in der Vagina carotica

V. retromandibularis, facialis, lingualis und thyroidea superior

verlaufen vor der Vagina carotica und münden in die V. jugularis interna

N. glossopharyngeus

entsendet einen langen dünnen Ast (R. sinus carotici) zum Karotissinus

N. hypoglossus

zieht unter dem Venter posterior des M. digastricus über dem M. hyoglossus zur Zunge

Ansa cervicalis

ihre Radix superior ist dem N. hypoglossus angelagert und versorgt den M. geniohyoideus und M. thyrohyoideus

N. vagus

in der Vagina carotica, entlässt den N. laryngeus superior (zum Kehlkopf) und die Rr. cardiaci cervicales superiores

N. accessorius

durchziehender Nerv

Nl. jugulodigastricus

nimmt als wichtigster Lymphknoten in diesem Bereich die Lymphe von Zungengrund, Tonsillen und Epipharynxbereich auf

Trigonum musculare = Trigonum omotracheale ■



■ ■

kranial: oberer Bauch des M. omohyoideus kaudal/dorsal: Vorderrand des M. sternocleidomastoideus

A. thyroidea superior

zur Vorder- und Oberseite der Schilddrüse. Die von ihr abgehende A. laryngea superior tritt mit dem gleichnamigen Nerv durch die Membrana thyrohyoidea in das Innere des Kehlkopfs; Muskeläste sind: R. sternocleidomastoideus, R. cricothyroideus

A. thyroidea inferior

Ast des Truncus thyrocervicalis für die Unter- u. Hinterfläche der Schilddrüse u. Nebenschilddrüsen

medial: Medianlinie Bedeckung: Laminae superficialis und pretrachealis (mit infrahyoidaler Muskulatur) der Fascia cervicalis

A. carotis communis rechts aus dem Truncus brachiocephalicus, links aus dem Aortenbogen; (V. jugularis interna, N. vagus) verläuft medial der V. jugularis interna und dem N. vagus eingescheidet mit ihnen zusammen in der Vagina carotica in Richtung Trigonum caroticum A. pharyngea ascendens

zur Seitenwand des Pharynx im Spatium lateropharyngeum

N. laryngeus superior

zweigt unterhalb des Ggl. inferius n. vagi ab und läuft medial der A. carotis interna. Teilung in R. externus (zum M. cricothyroideus) und R. internus (tritt mit der A. laryngea superior durch die Membrana thyrohyoidea in das Kehlkopfinnere ein)

N. laryngeus recurrens

umschlingt links den Aortenbogen, rechts die A. subclavia und verläuft zwischen Trachea und Ösophagus (die er innerviert) aufwärts zur Schilddrüse, kreuzt die A. thyroidea inferior und zieht mit motorischen und sensiblen Ästen ins Kehlkopfinnere

Pharynx (kaudal Übergang in dorsal von Kehlkopf und Trachea im Medianbereich und von einer „Eingeden Ösophagus) weidefaszie“ umgeben Larynx/Trachea

im Medialbereich, in die Trachea übergehend

Gl. thyroidea u. Gll. parathyroideae

der Trachea angelagert und mit Organkapsel umgeben

L

⊙ L-1.20

909

1.4 Topografische Anatomie des Halses

Regio cervicalis lateralis mit den in ihrer Tiefe gelegenen Halsdreiecken

Begrenzung

Inhalt

Lage/Verlauf

Trigonum omoclaviculare (Schulterschlüsselbeindreieck = Fossa supraclavicularis major) laterokranial: Venter inferior des M. omohyoideus kaudal: sternale Hälfte der Clavicula medial: Hinterrand des M. sternocleidomastoideus Die Lamina pretrachealis der Fascia cervicalis trennt einen oberflächlichen von einem tiefen Bereich des Dreiecks.

A. subclavia

in der Tiefe zwischen mittlerem und tiefem Blatt der Halsfaszie, tritt in der hinteren Skalenuslücke hervor und gibt dort die A. transversa cervicis ab)

Truncus subclavius

in der Tiefe gelegen, vereinigt sich kaudal mit dem Truncus jugularis bzw. rechts mit dem Truncus bronchomediastinalis und links mit dem Ductus thoracicus und mündet in den Venenwinkel zwischen V. subclavia und V. jugularis interna

A. u. V. cervicalis superficialis

in der Tiefe ventral vom M. scalenus anterior gelegen

V. jugularis externa

liegt oberflächlich

V. jugularis interna

zieht in der Tiefe durch die vordere Skalenuslücke

Plexus brachialis

liegt in der hinteren Skalenuslücke oberhalb der A. subclavia

Nn. supraclaviculares

oberflächlich verlaufend

N. phrenicus

in der Tiefe lateral auf dem M. scalenus anterior

Nll. supraclaviculares

in der Tiefe zwischen mittlerem und tiefem Blatt der Halsfaszie

weiterer Bereich in der Tiefe der Regio cervicalis lateralis Raum zwischen Hinterrand des M. sternocleidomastoideus und Vorderrand des M. trapezius

N. phrenicus A. cervicalis ascendens (meist aus dem Truncus thryocervicalis)

ziehen auf dem M. scalenus anterior nach kaudal bzw. kranial

hintere Skalenuslücke

Plexus brachialis A. subclavia

zwischen den Mm. scalenus anterior und medius

vordere Skalenuslücke

V. subclavia

vor dem M. scalenus anterior nach medial → Vereinigung mit der V. jugularis interna dextra und sinistra am „Venenwinkel“ zur V. brachiocephalica dextra und sinistra (hinter dem Sternoklavikulargelenk), dort links die Mündungsstelle des Ductus thoracicus u. rechts des Ductus lymphaticus dexter.

Zu Plexus brachialis siehe Nerven im Halsbereich (S. 901).

▶ Merke. Die oberflächliche Abgrenzung der Regionen lässt sich nicht streng bis in

▶ Merke.

die Tiefe des Halses fortsetzen. Abhängig von der Präparation lassen sich die zahlreichen hier liegenden Strukturen unterschiedlich darstellen und projizieren sich durch ihre Kontinuität oft in verschiedene (sich z. T. auch überschneidende) Gebiete.

Regio cervicalis anterior und Regio sternocleidomastoidea Regio cervicalis anterior: Sie wird nach lateral begrenzt von den Sternalansätzen beider Mm. sternocleidomastoidei, nach kranial durch den Unterkieferrand und kaudal vom Manubrium sterni. Sie enthält die unter den infrahyoidalen Muskeln und der mittleren Halsfaszie gelegenen Halseingeweide (Kehlkopf, Luftröhre, Schilddrüse und Epithelkörperchen) sowie die vor der Lamina prevertebralis gelegene Speiseröhre. In der Regio cervicalis anterior befinden sich das Trigonum submandibulare, submentale, caroticum und musculare bzw. omotracheale (Tab. L-1.5). Regio sternocleidomastoidea: Diese Region entspricht der Ausdehnung des in seiner Muskelloge eingehüllten M. sternocleidomastoideus. Seine untere Hälfte bedeckt den innerhalb der Vagina carotica (S. 912) verlaufenden Gefäß-Nerven-Strang des Halses.

Regio cervicalis anterior und Regio sternocleidomastoidea Regio cervicalis anterior: Sie liegt zwischen den beiden Mm. sternocleidomastoidei, Unterkieferrand und Manubrium sterni und enthält die Halseingeweide und den Anfangsteil der Speiseröhre. Hier befinden sich das Trigonum submandibulare, submentale, caroticum und musculare/omotracheale (Tab. L-1.5). Regio sternocleidomastoidea: Sie entspricht der Ausdehnung des gleichnamigen Muskels, der kaudal den Gefäß-Nerven-Strang des Halses (S. 912) bedeckt.

910

L

Regiones cervicalis lateralis und posterior

Regiones cervicalis lateralis und posterior

Regio cervicalis lateralis: Sie wird ventral und kranial vom Hinterrand des M. sternocleidomastoideus, dorsal vom Vorderrand des M. trapezius und kaudal vom unteren Bauch des M. omohyoideus begrenzt. Sie umfasst die Austrittsstelle der Radix sensibilis des Plexus cervicalis (Punctum nervosum, Tab. L-1.3) und in ihrem unteren Abschnitt das Trigonum omoclaviculare (Abb. L-1.20).

Regio cervicalis lateralis: Ihre Grenzen sind ventral und kranial der Hinterrand des M. sternocleidomastoideus, dorsal der Vorderrand des M. trapezius und kaudal die sternale Hälfte des Schlüsselbeins. Im oberen Abschnitt befindet sich neben Aufzweigungen der A. und V. cervicalis superficialis auf halber Höhe des Hinterrandes des M. sternocleidomastoideus das Punctum nervosum. Hier treten die Hautnerven (Radix sensibilis) des Plexus cervicalis an die Oberfläche und verteilen sich sternförmig (Tab. L-1.3). In der Tiefe zieht von hinten medial der N. accessorius über dem M. levator scapulae zum M. sternocleidomastoideus und zum M. trapezius, die er innerviert. Zwischen den tiefen Halsmuskeln tritt die Radix inferior der Ansa cervicalis hervor. Der untere Teil der Regio cervicalis lateralis wird vom Trigonum omoclaviculare (Abb. L-1.20) eingenommen. In der Tiefe des Raumes zwischen Hinterrand des M. sternocleidomastoideus und Vorderrand des M. trapezius ziehen die Mm. scaleni nach kaudal und bilden die sog. „Skalenuslücken“ (Abb. L-1.20), wobei streng genommen nur die als „hintere Skalenuslücke“ bezeichnete zwischen den Muskeln liegt (Abb. L-1.22). Als Durchtrittsstellen für die Leitungsbahnen zum Arm gilt ihnen besondere Beachtung. Von ventral sind die Skalenuslücken nach Entfernung des M. sternocleidomastoideus sichtbar (Abb. L-1.21a).

In der Tiefe des Raumes zwischen Hinterrand des M. sternocleidomastoideus und Vorderrand des M. trapezius ziehen die Mm. scaleni nach kaudal und bilden zwischen bzw. vor sich die sog. „Skalenuslücken“ (Abb. L-1.20, Abb. L-1.21a u. Abb. L-1.22).

⊙ L-1.21

1 Hals – Gliederung, Muskulatur und Leitungsbahnen

Strukturen in der Tiefe der Regiones cervicalis anterior, sternocleidomastoidea und lateralis A.laryngea superior

Cartilago thyroidea

A. thyroidea superior

Gl. thyroidea M. trapezius

N. accessorius

N. phrenicus M. scalenus anterior Plexus brachialis

N. laryngeus superior, R. externus M. cricothyroideus

A. cervicalis ascendens

V. jugularis interna

A. thyroidea inferior

A. thyroidea inferior

N. suprascapularis

Truncus thyrocervicalis

A. transversa cervicis A. suprascapularis

N. vagus

A. subclavia

V. subclavia

Truncus thyrocervicalis Plexus thyroideus impar

A. carotis communis N. laryngeus recurrens

a A. carotis interna N. accessorius (XI), R. externus Ganglion cervicale superius V. jugularis interna V. facialis

A. carotis externa A. facialis A. lingualis N. hypoglossus (XII) Os hyoideum N. laryngeus superior, R. internus

N. vagus (X)

A. thyroidea superior

Glomus caroticum V. jugularis externa b

Ansa cervicalis (profunda) M. omohyoideus

(Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

a Tiefe Halsregion von ventral nach Entfernung der infrahyoidalen Muskeln und des M. sternocleidomastoideus mit Darstellung des Gefäß-Nervenund Eingeweideraums. Durch die tiefe Präparation sind auch die sog. „Skalenuslücken“ (Abb. L-1.20) sichtbar. b Trigonum caroticum mit den hier verlaufenden Leitungsbahnen in der Ansicht von rechts. Der sie teilweise bedeckende M. sternocleidomastoideus ist nach dorsolateral gezogen.

L

⊙ L-1.22

911

1.4 Topografische Anatomie des Halses

Regio cervicalis lateralis Tiefe Schicht im lateralen Halsdreieck nach Entfernung der Lamina prevertebralis der Halsfaszie. Hier sieht man den Plexus brachialis im kranialen Anteil der „hinteren“ Skalenuslücke. (Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

N. accessorius, R. externus N. phrenicus M. scalenus medius

M. sternocleidomastoideus Plexus brachialis

M. trapezius M. scalenus posterior

M. scalenus anterior

A. cervicalis superficalis

A. suprascapularis

M. omohyoideus

V. subclavia dextra

▶ Klinik. Eine Einengung der hinteren Skalenuslücke durch abnorm breite Mm. sca-

▶ Klinik.

leni, aberrierende Muskelfaserbündel oder eine weit nach ventral reichende Halsrippe (S. 285) kann zu einer Kompression des Plexus brachialis oder/und der A. subclavia führen. Die klinischen Symptome dieser als Skalenussyndrom bezeichneten Erkrankung sind neurologische Ausfälle wie z. B. Schmerzen in Schulter und Arm der betroffenen Seite bzw. Empfindungsstörungen der Hand oder Durchblutungsstörungen. Regio cervicalis posterior: Sie umfasst das Gebiet zwischen den Vorderrändern des M. trapezius und entspricht somit der Nackengegend.

Regio cervicalis posterior: Sie entspricht der Nackengegend.

1.4.3 Faszienräume im Halsbereich

1.4.3

Durch die bindegewebigen Faszien im Halsbereich werden nicht nur die Muskeln bedeckt, sondern es lassen sich verschiedene Räume unterscheiden, die z. T. Leitungsbahnen oder die Halseingeweide umschließen (Abb. L-1.23). Die Bindegewebsräume zwischen den einzelnen Faszien bzw. ihren Faszienblättern sind bezüglich der möglichen Ausbreitung von Entzündungsprozessen von klinischem Interesse, s. a. Klinik (S. 913).

Durch die bindegewebigen Faszien im Halsbereich werden nicht nur die Muskeln bedeckt, sondern es lassen sich verschiedene Räume unterscheiden, die z. T. Leitungsbahnen oder die Halseingeweide umschließen (Abb. L-1.23).

⊙ L-1.23

Faszienräume im Halsbereich

Durch Faszien gebildete Räume im Halsbereich

Fascia cervicalis, Lamina pretrachealis

Fascia cervicalis, Lamina superficialis

Eingeweide„Faszie“

Lamina prevertebralis Vagina carotica

Lamina pretrachealis Lamina superficialis

zervikaler Gleitraum (Eingeweideraum)

Eingeweide-„Faszie“

a

Fascia cervicalis, Lamina prevertebralis

„danger space“ b

Mediastinum

(Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

a Querschnitt durch den Hals in Höhe des 5. Halswirbels: Die drei Blätter der Halsfaszie (Lamina superficialis = beige, Lamina pretrachealis = hellgrün und Lamina prevertebralis = violett, s. a. Abb. L-1.2) grenzen überwiegend die Muskulatur von umliegenden Strukturen ab. Eigens umhüllt sind der Gefäß-Nerven-Strang des Halses von der Vagina carotica (hellblau) und die Halsorgane (S. 914) vom lockeren Bindegewebe der Eingeweide„Faszie“ (dunkelgrün). b Mediansagittalschnitt durch den Hals mit Einfärbung der Faszien wie in a und Kennzeichnung der Ausbreitung von Entzündungsprozessen innerhalb der Bindegewebsräume. Besonders gefährlich sind die Verbindungswege zum Mediastinum über das Spatium peripharyngeum ventral der Lamina prevertebralis oder innerhalb dieses gespaltenen Faszienblattes (sog. „danger space“; früher häufiger bei Knochentuberkulose der Wirbelsäule). (nach Becker, Naumann und Pfaltz)

912

L

Spatium suprasternale und Vagina carotica

Spatium suprasternale und Vagina carotica

Spatium suprasternale: Es liegt zwischen Lamina pretrachealis und superficialis und enthält Fett, Bindegewebe und Venen.

Spatium suprasternale: Das Spatium suprasternale, ein mit Fett, lockerem Bindegewebe und Venen (Arcus venosus jugularis) ausgefüllter Raum, liegt vor der infrahyoidalen Muskulatur zwischen der Lamina pretrachealis und Lamina superficialis der Halsfaszie (S. 892).

Vagina carotica: Sie umgibt bindegewebig den Gefäß-Nerven-Strang des Halses (A. carotis communis bzw. interna, V. jugularis interna und N. vagus) und ist mit der Lamina pretrachealis verbunden. Sie grenzt dorsal an die Wirbelsäule, medial an den Eingeweidestrang des Halses und kaudal reicht sie bis zur oberen Thoraxapertur medial der Pleurakuppel.

Vagina carotica: Die Vagina carotica umgibt als bindegewebige Hülle den Gefäß-Nerven-Strang des Halses. In diesem Strang verlaufen die A. carotis communis bzw. die A. carotis interna, die V. jugularis interna und der N. vagus. Die Radix superior ansae cervicalis (Tab. L-1.3) kann ebenfalls in diesem Strang verlaufen. Seitlich ist die Lamina pretrachealis mit der Zwischensehne des rechten bzw. linken M. omohyoideus verwachsen, sodass diese beiden Muskeln als Spanner der Lamina pretrachealis dienen. Dadurch wird über die Vagina carotica ein Zug auf die V. jugularis interna ausgeübt, der die Vene offen hält (in der V. jugularis interna herrscht ein Unterdruck). Die Vagina carotica steht mit der Lamina pretrachealis in Verbindung, grenzt dorsal an die Wirbelsäule und medial an den Eingeweidestrang des Halses. Kaudal reicht sie bis zur oberen Thoraxapertur medial der Pleurakuppel.

Spatium peripharyngeum

Spatium peripharyngeum

Dieser den Eingeweidestrang des Halses umgebende „Verschieberaum“ vor der tiefen Halsfaszie wird ventral von der Fascia buccopharyngea und seitlich von der Fascia parotideomasseterica begrenzt und durch das Septum sagittale in ein paariges Spatium lateropharyngeum und ein Spatium retropharyngeum unterteilt.

Der Parapharyngealraum (Spatium peripharyngeum) ist die wichtigste „Durchgangsstraße“ von der Schädelbasis zum Mediastinum und liegt als „Verschieberaum“ für die Halseingeweide vor der Lamina prevertebralis fasciae cervicalis (Tab. L-1.1). Nach ventrokranial wird es von der Fascia buccopharyngea und nach ventrolateral vom tiefen Blatt der Fascia masseterica begrenzt. Eine weitere Untergliederung ergibt sich durch beiderseits am seitlichen Pharynxrand gelegene sagittale Bindegewebszüge (Septum sagittale) und die Aponeurosis stylopharyngea (s. u.). Man unterscheidet deshalb ein Spatium retropharyngeum und ein Spatium lateropharyngeum.

Spatium lateropharyngeum: Es zieht von der Schädelbasis zur oberen Thoraxapertur und wird begrenzt durch: ■ die Raphe pterygomandibularis nach ventral, ■ den Ramus mandibulae nach ventrolateral, ■ die Lamina prevertebralis nach dorsomedial, ■ die Glandula parotidea nach dorsolateral.

Spatium lateropharyngeum: Das paarige Spatium lateropharyngeum erstreckt sich beidseits des Pharynx von der Schädelbasis bis zur oberen Thoraxapertur. Seine Begrenzungen sind: ■ ventral die Raphe pterygomandibularis (sehnige Verbindung des M. constrictor pharyngis superior, Abb. L-2.2 mit dem M. buccinator, Abb. M-1.15), ■ ventrolateral der Ramus mandibulae mit dem innen angelagerten M. pterygoideus medialis umgeben vom tiefen Blatt der Fascia masseterica (S. 1038), ■ dorsomedial die Lamina prevertebralis fasciae cervicalis mit dem darin gelegenen Truncus sympathicus und ■ dorsolateral die Glandula parotidea (S. 1018) mit der sie umhüllenden Fascia parotidea. Die Fascia parotidea zieht mit einem tiefen Blatt (Lamina profunda) zum Processus styloideus und umhüllt dabei die drei „Stylomuskeln“ (M. stylohyoideus, M. styloglossus, M. stylopharyngeus; „Bouquet de Riolan“). Vom Griffelfortsatz zieht sie dann als Aponeurosis stylopharyngea weiter nach medial und verschmilzt dort mit der Fascia buccopharyngea. Durch diese beiden Faszienblätter wird das Spatium lateropharyngeum in einen vorderen (ventralen) und einen hinteren (dorsalen) Abschnitt unterteilt: ■ Im dorsalen Abschnitt liegen die A. carotis interna, die V. jugularis interna und die vier unteren Hirnnerven (IX–XII) aus den entsprechenden Öffnungen in der Schädelbasis (Foramen jugulare, Canalis caroticus, Canalis hypoglossalis, s. Abb. M-1.7). ■ Im ventralen Abschnitt befindet sich die Pars profunda der Glandula parotidea (S. 1018), kranial verlaufen die Äste des N. mandibularis (Abb. M-2.13), dem medial das Ganglion oticum (S. 995) angelagert ist (N. lingualis, N. alveolaris inferior, der N. auriculotemporalis) und die Chorda tympani als Ast des N. intermediofacialis.

Die Aponeurosis stylopharyngea des M. stylopharyngeus grenzt einen vorderen von einem hinteren Teil ab.





Im dorsalen Abschnitt liegen die A. carotis interna, die V. jugularis interna und die Hirnnerven IX–XII. Ventral liegen die Pars profunda der Glandula parotidea (S. 1018) und Äste des N. mandibularis (Abb. M-2.13) mit medial angelagertem Ganglion oticum (S. 995).

Spatium retropharyngeum: Die Grenzen dieses unpaaren Verschiebespaltes sind: ■ Lamina prevertebralis (dorsal), ■ Fascia buccopharyngea (ventral) und ■ Septum sagittale (lateral).

1 Hals – Gliederung, Muskulatur und Leitungsbahnen

Spatium retropharyngeum: Dieser lange unpaare Gleitspalt ermöglicht die Bewegungen des Pharynx (z. B. beim Schlucken) bzw. Ösophagus gegen die Wirbelsäule und reicht bis in das hintere Mediastinum. Die Grenzen des Spatium retropharyngeum sind: ■ dorsal die Lamina prevertebralis fasciae cervicalis, ■ ventral die Fascia buccopharyngea und ■ lateral das Septum sagittale.

L

913

1.4 Topografische Anatomie des Halses

▶ Klinik.

▶ Klinik. Entzündungen im Kopf- und Halsbereich – wie z. B. ein Abszess der Tonsillen (= Gaumenmandeln) oder ausgehend von Zähnen bzw. Kiefer – können entlang des Spatium peripharyngeum als sog. Senkungsabszesse bis in das Mediastinum (S. 534) gelangen (Abb. L-1.23b). Der Spaltraum zwischen der Lamina prevertebralis der Halsfaszie und dem Periost der Wirbelsäule (Spatium prevertebrale) kann zum Ausbreitungsweg von Krankheitsprozessen werden, die von den Wirbelkörpern ausgehen (z. B. bei tuberkulösen Prozessen).

⊙ L-1.24

Spatium peripharyngeum Mandibula Lingua

Fascia buccopharyngea

Ganglion submandibulare N. lingualis

Aponeurosis stylopharyngea

Pharynx

Fascia masseterica – oberflächliches Blatt – tiefes Blatt

Tonsilla palatina M. styloglossus

Fascia parotidea – oberflächliches Blatt – tiefes Blatt

Processus styloideus Gl. parotidea mit Ductus parotideus A. carotis externa

Spatium lateropharyngeum – ventraler Abschnitt – dorsaler Abschnitt Fascia cervicalis, Lamina prevertebralis a

A. carotis interna V. jugularis interna Spatium retropharyngeum

Nll. retropharyngeales

A. vertebralis

N. vagus

N. accessorius, R. externus N. hypoglossus Ganglion cervicale superius

Choana N. facialis

M. stylopharyngeus N. glossopharyngeus

Epiglottis

N. laryngeus superior

M. sternocleidomastoideus

A. carotis externa

Truncus sympathicus

A. carotis interna

N. laryngeus superior A. laryngea superior V. laryngea inferior

A. pharyngea ascendens

N. vagus V. jugularis interna

N. hypoglossus Truncus sympathicus A. thyroidea superior N. vagus Pharynxmuskulatur

A. carotis communis Ganglion cervicale medium

Gl. thyroidea

Pharynxmuskulatur A. thyroidea inferior A. subclavia sinistra N. laryngeus recurrens b a Gliederung des Spatium peripharyngeum in das spaltförmige Spatium retropharyngeum (grün) und das Spatium lateropharyngeum, bei dem man einen ventralen (gelb) und dorsalen (orange) Anteil unterscheidet (linke Bildhälfte). In der rechten Bildhälfte sind die wichtigsten Strukturen anhand des gleichen Querschnitts (ebenfalls in der Sicht von kranial) gekennzeichnet. (Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl., nach Fritsch und Kühnel) b Leitungsbahnen des Spatium peripharyngeum in der Ansicht von dorsal nach Entfernung der Halswirbelsäule, ihrer Begleitstrukturen und des hinteren Teils der Schädelbasis. In der linken Bildhälfte ist die Pharynx-Muskulatur gespalten und seine Schleimhaut weitgehend abpräpariert. Rechts wurde die V. jugularis interna weitgehend entfernt, sodass man die ventral von ihr liegenden Leitungsbahnen erkennt: A. carotis interna, N. vagus und Sympathikus sind etwas nach medial gezogen, um die feinen Äste zum Glomus caroticum darzustellen. (Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

L

2

Halsorgane

2.1 2.2 2.3 2.4 2.5

Übersicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . Pharynx (Rachen, Schlund) . . . . . . Larynx (Kehlkopf) . . . . . . . . . . . . Trachea (Luftröhre) . . . . . . . . . . . Schilddrüse und Nebenschilddrüsen .

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914 914 920 930 931

G. Aumüller, G. Wennemuth 2.1

Übersicht

2.1

Übersicht

Im Hals geht der Rachen/Schlund (Pharynx) einerseits in die Speiseröhre (Oesophagus), andererseits den Kehlkopf (Larynx) und die anschließende Trachea über. Dieser sind die endokrine Schilddrüse mit den Nebenschilddrüsen angelagert.

Im Hals liegt der Rachen bzw. Schlund (Pharynx) als Kreuzungsstelle der Luft- und Speisewege, die sich dorsal in die Speiseröhre (Oesophagus) und ventral in den Kehlkopf (Larynx) mit der anschließenden Luftröhre (Trachea) fortsetzen. Der Trachea sind die Schilddrüse (Glandula thyroidea) mit den Nebenschilddrüsen (Glandulae parathyroideae) als wichtige endokrine Drüsen angelagert.

2.2

Pharynx (Rachen, Schlund)

2.2

2.2.1

Funktion des Pharynx

2.2.1 Funktion des Pharynx

Pharynx (Rachen, Schlund)

Der Rachen ist die muskuläre Kreuzungsstelle der Atem- und Speisewege. Er enthält unter der Schleimhaut eine große Menge an lymphatischem Gewebe, das der immunologischen Abwehr dient.

Der Rachen (Pharynx) bildet den gemeinsamen Anfangsbereich von Atem- und Speisewegen. Er hat damit die Doppelfunktion der Weiterleitung der Atemluft aus der Nasen- oder Mundhöhle in die Trachea bzw. der Nahrung/Flüssigkeit aus dem Mund in den Ösophagus. Hilfsstrukturen wie das Gaumensegel, sog. Velum palatinum (S. 1006), oder der Kehldeckel (Epiglottis) sorgen für die entsprechende Weichenstellung. Durch eine Konzentration von lymphatischem Gewebe in seinem Eingangsbereich hat der Pharynx eine wichtige Aufgabe im Rahmen der Immunabwehr.

2.2.2

2.2.2 Abschnitte, Lage und Aufbau des Pharynx

Abschnitte, Lage und Aufbau des Pharynx Die Hinter- und Seitenwand des Pharynx stellt einen Muskelschlauch dar, der sich durch seine Beziehungen zur Mund- und Nasenhöhle und zum Kehlkopf in drei „Stockwerke“ aufgliedert (Abb. L-2.1): ■ Pars nasalis pharyngis, (Naso-/Epipharynx), ■ Pars oralis pharyngis (Oro-/Mesopharynx), ■ Pars laryngea pharyngis (Laryngo-/Hypopharynx).

▶ Merke.

Der Pharynx ist ein ca. 12–15 cm langer Muskelschlauch, der sich von der Schädelbasis bis zur Höhe des Ringknorpels des Kehlkopfes erstreckt. Seine muskuläre Hinter- und Seitenwand besitzt keine Öffnungen, während die Vorderwand drei große Öffnungen aufweist, durch die der Pharynx in drei „Stockwerke“ gegliedert wird (Abb. L-2.1): ■ Die Pars nasalis pharyngis (Nasopharynx, Epipharynx) steht als oberer Abschnitt in Verbindung mit der Nasenhöhle. ■ Die Pars oralis pharyngis (Oropharynx, Mesopharynx) geht als mittlerer Abschnitt in die Mundhöhle über. ■ Die Pars laryngea pharyngis (Laryngopharynx, Hypopharynx) bildet als unterer Abschnitt den Übergang in Kehlkopf und Speiseröhre. ▶ Merke. Der gesamte Pharynxbereich ist durch diffus verteiltes subepitheliales

lymphatisches Gewebe ein Teil des sog. MALT (S. 188) = mucosa associated lymphatic tissue. In Verbindung mit den benachbarten Tonsillen spricht man vom lymphatischen oder Waldeyer-Rachenring.

L

⊙ L-2.1

915

2.2 Pharynx (Rachen, Schlund)

Gliederung des Pharynx und Innenrelief seiner verschiedenen Abschnitte Torus tubarius mit lymphatischem Gewebe (Tonsilla tubaria) Tonsilla pharyngealis Ostium pharyngeum tubae auditivae „Seitenstrang“

rechte Choane Palatum molle

Atlas

Uvula palatina

Dens axis

Arcus palatoglossus

Tonsilla palatina Tonsilla lingualis

Corpus linguae Nasopharynx

Os hyoideum

Oropharynx

Epiglottis

Lig. thyrohyoideum

Laryngopharynx

Larynx

a

b

Tonsilla pharyngealis

M. levator veli palatini M. tensor veli palatini

Choanae

M. uvulae

Plica salpingopharyngea Septum nasi

M. constrictor pharyngis superior

Velum palatinum M. salpingopharyngeus

Arcus palatopharyngeus

M. palatopharyngeus

Ishtmus faucium Radix linguae Uvula palatina

Schlundheber (Mm. levatores pharyngis)

M. stylopharyngeus M. constrictor pharyngis medius

Aditus laryngis Epiglottis Recessus piriformis

c

M. arytenoideus obliquus M. arytenoideus transversus

Kehlkopfmuskeln

M. cricoarytenoideus posterior

Ringmuskulatur des Ösophagus

(Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

a Schematische Darstellung des Pharynx von links-lateral mit seiner Untergliederung in drei Etagen. In der Pars oralis pharyngis (Oropharynx) kreuzen sich der oben gelegene Luft- und der unten folgende Speiseweg. b Mediansagittalschnitt durch den Pharynx mit angrenzender Mund- und Nasenhöhle in der Ansicht von links-lateral. Die Schleimhaut am Torus tubarius ist teilweise entfernt, um den M. salpingopharyngeus darzustellen. Außer der rechten Tonsilla palatina sieht man die an der Schädelbasis liegende angeschnittene Tonsilla pharyngea. c Schleimhautrelief des Pharynx (linke Bildhälfte) und Korrelation mit der darunter liegenden Muskulatur (linke Bildhälfte; Details s. Abb. L-2.2). Der Einblick von dorsal wurde durch Spaltung der Pharynxmuskulatur erreicht, die hier zur Seite geklappt ist.

916

L

Pars nasalis pharyngis

Pars nasalis pharyngis

▶ Synonym.

Lagebeziehungen: ■ ventral: Verbindung zur Nasenhöhle über die Choanen. ■ kranial: Kontakt mit dem Fornix pharyngis zur Schädelbasis, hier liegt die Tonsilla pharyngealis. ■ lateral liegen die Ostia pharyngea tubae vor dem Torus tubarius (durch den Tubenknorpel erzeugter Wulst). Darüber und seitlich liegt der Recessus pharyngeus. Vom Torus tubarius ziehen Schleimhautfalten fort als Plica salpingopalatina (vorn, unten) bzw. Plica salpingopharyngea (hinten unten, darin enthalten der gleichnamige Muskel). Dazwischen wölbt der M. levator veli palatini den „Levatorwulst“ (Torus levatorius) auf.

▶ Klinik.

2 Halsorgane

▶ Synonym. Nasopharynx, Epipharynx

Die Pars nasalis pharyngis wird durch folgende Strukturen begrenzt: ■ Die Choanen (Choanae) stellen als ventrale Öffnungen die Verbindung zur Nasenhöhle her. ■ Der Fornix pharyngis (obere Pharynxwand) bildet die kraniale Begrenzung an der Schädelbasis. Hier liegt die unpaare Tonsilla pharyngealis (s. u.). ■ Die Ostia pharyngea tubae auditivae sind die Mündungen der Tuba auditiva (S. 1082) und liegen beiderseits lateral. Sie verbinden den Nasopharynx mit der Paukenhöhle und sorgen so für deren Belüftung. In Höhe etwa der unteren Nasenmuschel wölben seitlich beiderseits die Tubenknorpel die Rachenschleimhaut als Torus tubarius vor, der die Tubenöffnungen von hinten oben bogenförmig umfasst. Darüber liegt in Richtung Fornix pharyngis (s. o.) und seitlich flach verstreichend ein Recessus pharyngeus. Der Torus tubarius setzt sich nach unten vorne in eine Plica salpingopalatina, hinten in eine Plica salpingopharyngea fort; Letztere wird durch den Musculus salpingopharyngeus aufgeworfen. Dazwischen wölbt sich unter dem Tubenostium der Levatorwulst vor, bedingt durch den M. levator veli palatini (S. 1006). ▶ Klinik. Bei Entzündungen in diesem Bereich schwillt das Tubenostium leicht zu

und kann entweder durch das „Valsalva-Manöver“ (Einpressen von Atemluft in den Kopf bei verschlossenem Mund und Nase) oder durch Einpressen von Luft durch eine Spritze mit passendem Aufsatz durch den unteren Nasengang geöffnet werden. Tonsilla pharyngealis: Die von einer bindegewebigen Kapsel umgebene Tonsilla pharyngealis (S. 190) ist aus respiratorischem Epithel, Lymphfollikeln und Drüsen aufgebaut.

▶ Klinik.

Tonsilla pharyngealis: Sie weist die für Tonsillen und andere Formen des MALT typische Kombination von stark gekammertem Oberflächenepithel (hier: respiratorisches Epithel), subepithelialen Lymphfollikeln, gemischten Drüsen und einer Kapsel als bindegewebige Abgrenzung gegen die Muskulatur auf. Nach der Pubertät verkleinert sich die Tonsilla pharyngealis (S. 190). ▶ Klinik. Bei Kleinkindern kann sich die Tonsilla pharyngealis so stark vergrößern

(sog. adenoide Vegetationen, im Volksmund „Polypen“ genannt), dass sie die Choanen verlegt und damit eine kontinuierliche Mundatmung erzwingt. Die Vergrößerung (Hyperplasie) bildet sich meist bis zur Pubertät zurück. Bei starker Ausprägung kommt therapeutisch eine Entfernung der Rachenmandel in Frage (Adenotomie).

Pars oralis pharyngis ▶ Synonym.

Lagebeziehungen: ■ ventral: Die Gaumenbögen (Arcus palatoglossus und Arcus palatopharyngeus mit gleichnamigen Muskeln, Abb. M-3.4) grenzen die Mundhöhle vom Schlund ab. ■ kranial: Die Grenze liegt in der Ebene des Gaumensegels. ■ kaudal: Die Grenze liegt in Höhe der Epiglottis. Durch Plicae glossoepiglotticae mediana bzw. laterales werden hier zwei Grübchen (Valleculae epiglotticae) abgegrenzt.

Das hier gelegene lymphatische Gewebe wird dem Waldeyer-Rachenring (S. 190) zugerechnet.

Pars oralis pharyngis ▶ Synonym. Oropharynx; Mesopharynx

Folgende Strukturen bilden die Grenzen der Pars oralis pharyngis: ■ Die Gaumenbögen stellen den ventralen Übergang des Oropharynx zur Mundhöhle dar und werden vom Arcus palatoglossus (vorne gelegener Muskelfaserzug vom Gaumen zur Zungenwurzel: M. palatoglossus, Abb. M-3.4) und Arcus palatopharyngeus (hinten gelegener Muskelfaserzug vom Gaumen zum Schlund: M. palatopharyngeus, Abb. M-3.4) gebildet. Die durch den Zungengrund, die Gaumenmuskulatur und die benachbarte Schlundmuskulatur (s. u.) gebildete Engstelle wird als Isthmus faucium (S. 1007) bezeichnet. ■ Die Ebene des Gaumensegels (Velum palatinum) bildet die kraniale Grenze des Oropharynx. ■ Die kaudale Grenze liegt am Oberrand der Epiglottis im Bereich des Zungengrundes. Hier befinden sich zwischen Zungengrund und Epiglottis paarige Grübchen (Valleculae epiglotticae), die medial durch eine Plica glossoepiglottica mediana und lateral durch je eine Plica glossoepiglottica lateralis begrenzt werden. Das unter dem mehrschichtigen unverhornten Plattenepithel in diesem Bereich gelegene lymphoretikuläre Gewebe ist ein Teil des sog. Waldeyer- oder lymphatischen Rachenrings (S. 190).

L

917

2.2 Pharynx (Rachen, Schlund)

Pars laryngea pharyngis

Pars laryngea pharyngis ▶ Synonym.

▶ Synonym. Laryngopharynx; Hypopharynx

Als Grenzen der Pars laryngea pharyngis sind anzusehen: ■ Epiglottis = Kehldeckel (S. 921): Sie stellt mit ihrem Oberrand die kraniale Grenze der Pars laryngea pharyngis dar. ■ Aditus laryngis = Kehlkopfeingang (S. 923): Er bildet ventral den Eingang in den Kehlkopf. ■ Constrictio pharyngooesophagealis = Ösophagusmund (S. 680): Der Eingang in den Ösophagus liegt dorsal im Bereich der Rückfläche des Ringknorpels des Kehlkopfs. Seitlich liegen zwischen Schildknorpel und der zur Epiglottis ziehenden Plica aryepiglottica (S. 923) die beiden Recessus piriformes. Diese Rinnen leiten die Speisen in Richtung Ösophagusmund. Der Ramus internus des N. laryngeus superior kann hier eine kleine Falte (Plica nervi laryngei superioris) aufwerfen. ▶ Klinik. Wegen der versteckten Lage der Pars laryngea pharyngis (Laryngo-/Hypopharynx) werden hier auftretende Tumoren (Plattenepithelkarzinome) erst spät entdeckt und haben deshalb meist eine schlechte Prognose.

Lagebeziehungen: ■ kranial: Oberrand der Epiglottis, ■ ventral: Aditus laryngis und ■ dorsal: Constrictio pharyngooesophagealis. Seitlich von der Plica aryepiglottica (S. 923) liegt die Rinne für die Speisen in Richtung Ösophagusmund (Recessus piriformis). Der N. laryngeus superior wirft die Plica nervi laryngei auf.

▶ Klinik.

Muskulatur des Pharynx

Muskulatur des Pharynx

Die Muskulatur des Pharynx (Abb. L-2.2 u. Abb. L-2.3) wird funktionell unterteilt in Schlundschnürer mit ringförmigem Verlauf (Musculi constrictores pharyngis) und Schlundheber mit längsverlaufenden Fasern (Musculi levatores pharyngis).

Die Pharynxmuskulatur gliedert sich in Schlundschnürer und -heber (Abb. L-2.2 u. Abb. L-2.3).

⊙ L-2.2

Übersicht über die Pharynxmuskulatur

Muskel

Ursprung

Ansatz

Innervation

Funktion

Mm. constrictores pharyngis (Schlundschnürer) M. constrictor pharyngis superior

M. constrictor pharyngis medius

M. constrictor pharyngis inferior

Pars pterygopharyngea

Processus pterygoideus; Lamina medialis u. Hamulus pterygoideus

Pars buccopharyngea

Raphe pterygomandibularis

Pars mylopharyngea

Linea mylohyoidea mandibulae

Pars glossopharyngea

Muskulatur der Radix linguae

Pars chondropharyngea

Cornu minus ossis hyoidei

Pars ceratopharyngea

Cornu majus ossis hyoidei

Pars thyropharyngea

Seitenfläche der Cartilago thyroidea

Pars cricopharyngea

Cartilago cricoidea

Verengung des Pharynx beim Schlucken durch Bildung des sog. PassavantWulstes Raphe pharyngis

Plexus pharyngeus

Verengung des Pharynx beim Schlucken

Mm. levatores pharyngis (Schlundheber) M. palatopharyngeus

Aponeurosis palatina, Hamulus pterygoideus

Cartilago thyroidea, Raphe pharyngis

M. stylopharyngeus

Proc. styloideus

Cartilago thyroidea, Tunica submucosa pharyngis

M. salpingopharyngeus

Tuba auditiva

Raphe pharyngis

N. glossopharyngeus

Heben des Pharynx

918

L

Die Schlundschnürer sind über die Fascia pharyngobasilaris an der Schädelbasis fixiert (Abb. L-2.3a) und inserieren an der Raphe pharyngis, einer am Tuberculum pharyngeum beginnenden dorsalen sehnigen Naht. Die Schlundheber strahlen seitlich in die Pharynxwand ein.

Das Muskelrohr der Schlundschnürer ist über eine Fascia pharyngobasilaris an der Pars basilaris des Hinterhauptbeins (S. 944) angeheftet (Abb. L-2.3a). Dort beginnt am sog. Tuberculum pharyngeum dorsal eine sehnige Naht (Raphe pharyngis), die über alle drei Abschnitte des Pharynx nach kaudal zieht und an der die Schlundschnürer dachziegelartig übereinandergreifend inserieren. Die Schlundheber strahlen in die seitliche Pharynxwand ein und heben den gesamten Eingeweidestrang an.

▶ Klinik.

2 Halsorgane

▶ Klinik. Im kaudalen Bereich teilt sich die Pars cricopharyngea des unteren

Schlundschnürers in zwei Anteile (Pars obliqua und Pars fundiformis oder KillianSchleudermuskel), zwischen denen ein dreieckiger muskelschwacher Bezirk liegt (sog. Killian-Dreieck, Abb. L-2.3b). Tritt durch diese Muskellücke die Schleimhaut von innen blasenartig hindurch, spricht man von einem sog. Zenker-Divertikel. Hier können sich Speisereste ansammeln, deren Zersetzung nicht nur zu unangenehmem Geruch aus dem Mund (Foetor ex ore) führt, sondern die Gefahr bergen, wieder im Pharynx aufzusteigen (Regurgitation) und in die Atemwege zu gelangen (Aspiration mit Folge einer Lungenentzündung = Pneumonie). Aufgrund dieser Komplikation wird den Patienten, die meist zunächst unter Schluckbeschwerden (Dysphagie) leiden, in der Regel eine endoskopische oder operative Resektion mit Spaltung der Pars fundiformis geraten.

⊙ L-2.3

Pharynxmuskulatur Fascia pharyngobasilaris

Vomer Foramen ovale

Lamina medialis processus pterygoidei

Foramen lacerum

M. masseter, Pars profunda M. digastricus, Venter posterior M. stylohyoideus

Canalis caroticus

Corpus ossis sphenoidale

akzessorisches Muskelbündel

M. constrictor pharyngis superior

M. masseter, Pars superficialis M. pterygoideus medialis

M. stylopharyngeus

M. constrictor pharyngis medius

Os hyoideum, Cornu majus

a M. tensor veli palatini

M. constrictor pharyngis inferior

Raphe pharyngis

M. levator veli palatini

Pars obliqua

Killian-Dreieck

Pars Pars fundiformis cricopharyngea Laimer-Dreieck

Pars pterygopharyngea Pars buccopharyngea Pars mylopharyngea

M. constrictor pharyngis superior

Oesophagus b

Pars glossopharyngea

Os hyoideum

Pars chondropharyngea M. constrictor pharyngis medius Pars ceratopharyngea Pars thyropharyngea

M. crico- Pars recta thyroideus Pars obliqua c

Trachea

Pars cricopharyngea

M. constrictor pharyngis inferior

Oesophagus

(Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

a Anheftungsstelle der Fascia pharyngobasilaris (rot hervorgehoben) an der knöchernen äußeren Schädelbasis in der Ansicht von kaudal. b Pharynxmuskulatur in der Ansicht von dorsal. Man beachte das dachziegelartige Überlappen der Mm. constrictores pharyngis und die sehnige Raphe pharyngis. Durch Abtragen der oberflächlichen Muskelschicht im kaudalen Pharynxabschnitt in der rechten Bildhälfte (weiß eingerahmt) wird ein Teil des muskelschwachen Killian-Dreiecks sichtbar. Das Laimer-Dreieck (S. 685) liegt bereits im Bereich des Ösophagus. c Schlundschnürer mit ihren Anteilen in der Ansicht von links.

L

919

2.2 Pharynx (Rachen, Schlund)

2.2.3 Gefäßversorgung und Innervation des Pharynx

2.2.3

Gefäßversorgung und Innervation des Pharynx Gefäßversorgung des Pharynx

Gefäßversorgung des Pharynx Arterielle Versorgung: Der Pharynx wird von den folgenden Arterien versorgt: ■ Arteria palatina ascendens und descendens (aus der A. facialis bzw. A. maxillaris: Rr. pharyngei). ■ Arteria pharyngea ascendens aus der A. carotis externa (S. 973) mit ihren Rami pharyngei, ■ Arteria thyroidea superior (aus der A. carotis externa) bzw. inferior (aus der A. subclavia/Truncus thyrocervicalis, Tab. L-1.2) mit den Rr. pharyngei,

Arterien: Die arterielle Versorgung des Pharynx erfolgt hauptsächlich über die A. pharyngea ascendens und Äste der A. thyroidea superior und inferior.

Venöser Abfluss: Das venöse Blut des Pharynx fließt über den dorsal gelegenen Plexus pharyngeus direkt oder indirekt in die V. jugularis interna.

Venen: Der Plexus pharyngeus mündet in die V. jugularis interna.

Lymphabfluss: Der Lymphabfluss erfolgt über kleine Nodi lymphoidei retropharyngeales im Bereich des Plexus venosus laryngeus in die Nodi lymphoidei cervicales anteriores und laterales profundi (Abb. L-1.11) und weiter in den Truncus jugularis.

Lymphabfluss: Der Lymphabfluss erfolgt über die Nll. retropharyngeales in die Nll. cervicales antt. und latt. profundi (Abb. L-1.11).

Innervation des Pharynx

Innervation des Pharynx

Die motorische, sensible und vegetative Innervation der Partes nasalis und oralis pharyngis erfolgt durch Äste des Nervus glossopharyngeus, die der Pars laryngea im Wesentlichen durch Vagusäste mit Fasern aus der Pars cranialis n. accessorii (XI). Ab dem Oropharynx bilden die Äste des N. glossopharyngeus und des N. vagus den Plexus pharyngeus, der motorische, sensible, sekretomotorische und sympathische Fasern enthält. Er versorgt im Bereich des Isthmus faucium an der Hinterwand des Pharynx auch ein sensibles, rezeptives Feld, das bei Berührung Schluck- oder Würgereflexe auslöst.

Pars nasalis und oralis werden von Ästen des N. glossopharyngeus, die Pars laryngea durch Vagusäste mit Fasern aus der Pars cranialis n. accessorii innerviert. Der Plexus pharyngeus versorgt ein rezeptives Feld an der Pharynxhinterwand, dessen Berührung einen Schluck- bzw. Würgereflex auslöst.

▶ Klinik. Bei Manipulationen im hinteren Pharynxbereich (z. B. Kehlkopfspiegelung,

▶ Klinik.

Einführen eines Gastroskops) sollte dieser Bereich mit einem Lokalanästhetikum behandelt werden, um den Würgereflex auszuschalten bzw. zu reduzieren.

⊙ L-2.4

Motorische und sensible Innervation des Pharynx Tractus corticonuclearis

zu Thalamus und Cortex cerebri (Lemniscus medialis)

Nucleus tractus mesencephalicus n. trigemini Nucleus sensorius principalis n. trigemini

Nucleus tractus solitarii

Sensibilität (Schmerz, Temperatur, Berührung)

Nucleus ambiguus IX

vom Ohr (N. tympanicus)

IX X

X

Ganglion superius Ganglion inferius

vom Meatus acusticus externus (R. auricularis) Sensibilität Geschmack

Nucleus tractus spinalis n. trigemini

M. stylopharyngeus M. constrictor pharyngis

motorisch somatoafferent viszeroafferent

Die beiden Hirnnerven IX (N. glossopharyngeus) und X (N. vagus) führen sowohl sensible (linke Bildhälfte) als auch motorische (rechte Bildhälfte) Fasern und bilden zusammen mit sympathischen und parasympathischen Fasern (hier nicht dargestellt) den Plexus pharyngeus. Da der N. vagus auch den Kehlkopf innerviert (S. 928), ist dieser Bereich auf der linken Seite ebenfalls hellblau eingefärbt (ohne Darstellung der Geschmacksfasern) und rechts die motorischen Fasern zu inneren und äußeren Kehlkopfmuskeln angedeutet. (Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl., nach Duus)

920

L

2.2.4

2.2.4 Schluckakt

Schluckakt

Der Schluckvorgang lässt sich in drei aufeinander folgende Abläufe unterteilen (Tab. L-2.1 und Abb. L-2.5).

Siehe Tab. L-2.1 und Abb. L-2.5.

≡ L-2.1

2 Halsorgane

Schluckakt

beteiligte Strukturen

verantwortliche Mechanismen

Effekt

Phase 1: Zusammenspiel von oberem Schlundschnürer und Gaumensegel Schlundschnürer

vorderer Bereich des Muskelschlauchs wird über den Nahrungsbrei gezogen



als Halbringe ausgebildet



dachziegelartige Anordnung



nach kaudal gerichtete Anheftung an der Raphe pharyngis

Kontraktion: → Verkürzung, Erweiterung und Anhebung des Pharynx M. constrictor pharyngis superior

Kontraktion: → Bildung des sog. Passavant-Wulstes

Verhinderung des Übertritts von Nahrungsbrei in den Nasopharynx bzw. die Nasenhöhle

Gaumensegel

Kontraktion: → Hebung

Öffnung des Tubenostiums

Phase 2: Kontraktion des Mundbodens und der Zungenmuskulatur suprahyoidale Muskulatur

Kontraktion: → Anheben des Kehlkopfs → Aufstauchen des Zungengrunds

Anpressen der Epiglottis auf den Kehlkopfeingang und damit Verhinderung des Übertritts von Nahrungsbrei in die Luftwege

Mm. styloglossus und hyoglossus

Kontraktion: → Verlagerung der Zunge nach hinten oben (Druck wie ein Stempel gegen den Gaumen)

Ausweichen des Nahrungsbreis (Bolus) in die tieferen Pharynxteile (Pars oralis und laryngea)

Phase 3: Kontraktion der unteren Schlundschnürer untere Schlundschnürer

Kontraktion

Schiebung des Bolus durch Muskelschlauch

rezeptives Feld an der Hinter- Reizung durch ankommende Nahrung → Einsetzen wand des Pharynx unwillkürlicher Peristaltik

⊙ L-2.5

Weiterleitung des Bolus in Richtung Ösophagusmund (obere Speiseröhrenöffnung)

Schluckakt

Palatum molle

Mundboden Os hyoideum M. thyrohyoideus

Passavant-Ringwulst (kontrahierter oberer Schlundschnürer)

Palatum molle

Cartilago epiglottica

Cartilago epiglottica Mundboden Cartilago thyroidea Cartilago cricoidea

a

Os hyoideum M. thyrohyoideus

Cartilago thyroidea Cartilago cricoidea

b

Während des Schluckaktes wird der Speiseweg (orangefarbener Pfeil in a) gegenüber Nasenhöhle und Kehlkopf abgeschlossen und der Atemweg (blauer Pfeil in b) dadurch kurzfristig unterbrochen. Dies verhindert den Übertritt von Nahrung in die Luftwege. Die während des Schluckens kontrahierten Muskeln sind durch kräftigere Anfärbung in a gegenüber b hervorgehoben. (Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

a Speiseweg während des Schluckaktes. b Atemweg.

Larynx (Kehlkopf)

2.3

Larynx (Kehlkopf)

2.3

2.3.1

Funktion und Lage des Larynx

2.3.1 Funktion und Lage des Larynx

Der Kehlkopf ist ein knorpelig-muskuläres Verschlusssystem an der Grenze der Speiseund Atemwege und dient der: ■ Regulation der Lungenbelüftung (Atemfunktion), ■ Stimmbildung (Phonation), ■ Schutzfunktion beim Schlucken (S. 920) (Protektion).

Der Kehlkopf ist am Zungenbein beweglich „aufgehängt“ und liegt am Übergang der Luftröhre zum Pharynx. An dieser Grenze der Speise- und Atemwege erfüllt er als knorplig-muskuläres Verschluss-System folgende Funktionen: ■ Atemfunktion durch Regulierung der Ventilation der Lungen, ■ Phonationsfunktion durch die Stimmbildung und ■ Protektionsfunktion durch den Verschluss der unteren Atemwege beim Schlucken (S. 920).

L

⊙ L-2.6

⊙ L-2.6

Lage des Kehlkopfs im Hals

Atlas Axis Os hyoideum Cartilago thyroidea

921

2.3 Larynx (Kehlkopf)

Ansicht des am Zungenbein befestigten Kehlkopfs von ventral. (Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

Cartilago cricoidea

Nachbarschaftsbeziehungen: Der Kehlkopf liegt zwischen der tiefen und der mittleren Halsfaszie, sog. Lamina prevertebralis und pretrachealis fasciae cervicalis, Tab. L-1.1). Er grenzt mit der dorsal anliegenden Pars laryngea des Pharynx und dem Anfangsteil des Ösophagus an den prävertebralen Gleitraum. Der obere Kehlkopfrand projiziert sich in Ruhelage auf den 4. Halswirbel, die Stimmritze auf den 5. Halswirbel. An der Ventralseite ziehen die infrahyoidalen Muskeln (S. 893) nach unten. Seitlich liegt die Vagina carotica mit der A. carotis communis, der V. jugularis interna und dem N. vagus. Kranial hängt der Kehlkopf über die Membrana thyrohyoidea mit dem Zungenbein (S. 893), kaudal über Bindegewebszüge („Lig. cricotracheale“) mit der Trachea (S. 543) zusammen; vgl. auch Trachea (S. 930).

Nachbarschaftsbeziehungen: Der Kehlkopf ist in Höhe des 3. bis 5. Halswirbels zwischen Lamina prevertebralis und pretrachealis fasciae cervicalis (Tab. L-1.1) in den prävertebralen Gleitraum eingelassen. Er wird ventral von den infrahyoidalen Muskeln (S. 893) bedeckt und grenzt dorsal an Übergang von Pharynx zu Ösophagus. Kranial steht er mit dem Zungenbein (S. 893) in Verbindung (Membrana thyrohyoidea), kaudal mit der Trachea (S. 543); vgl. auch Trachea (S. 930).

2.3.2 Aufbau des Larynx

2.3.2

Kehlkopfskelett, Gelenke und Bänder

Kehlkopfskelett, Gelenke und Bänder

Grundlage des Kehlkopfes ist ein formstabiles System von gelenkig verbundenen Knorpelplatten. Sie umgeben ein Schleimhautrohr, das über vorwiegend innen gelegene Muskelzüge eng oder weit gestellt werden kann. Das Kehlkopfskelett (Abb. L-2.7) besteht neben drei kleineren aus vier großen, funktionell bedeutsamen Knorpeln: ■ Epiglottis (Kehldeckel), ■ Cartilago thyroidea (Schildknorpel), ■ Cartilago cricoidea (Ringknorpel) und ■ Cartilago arytenoidea (Stellknorpel, abgekürzt: Ary-Knorpel), paarig. Es gibt 2 Gelenke: ■ Articulatio cricothyroidea (zwischen Ring- und Schildknorpel) und ■ Articulatio cricoarytenoidea (zwischen Ring- und Stellknorpel).

Aufbau des Larynx

Das Kehlkopfskelett (Abb. L-2.7) besteht aus insgesamt sieben Knorpelplatten, von denen vier eine funktionelle Bedeutung haben (s. u.).

Sie sind über die Articulatio cricothyroidea und die Articulatio cricoarytenoidea miteinander verbunden.

Epiglottis (Kehldeckel): Die aus elastischem Knorpel bestehende Epiglottis hat etwa die Form eines Rennradsattels. Die Spitze (Petiolus) ist mit einem Band (Ligamentum thyroepiglotticum) unten in der Mitte der Innenfläche des Schildknorpels befestigt. Die Platte ist seitlich durch eine Vielzahl von Löchern perforiert, in denen Drüsen eingelagert sind. Das Perichondrium setzt sich in eine dünne Bindegewebslamelle (Plica aryepiglottica) mit spärlichen Muskelbündeln (Musculus aryepiglotticus) fort. Vor der Epiglottis liegt ein dicker Fettkörper, der beim Heben des Kehlkopfs während des Schluckens (S. 920) die Epiglottis nach hinten abknickt, sodass sie sich über den Kehlkopfeingang (Aditus laryngis) legt.

Epiglottis (Kehldeckel): Die aus elastischem Knorpel bestehende Epiglottis hat die Form eines Rennradsattels und ist mit dem dünnen Stiel (Petiolus) kaudal im Schildknorpel über das Lig. thyroepiglotticum fixiert. Sie wird beim Schlucken (S. 920) über den Aditus laryngis gepresst. Letzterer wird durch die Plica aryepiglottica (mit M. aryepiglotticus) begrenzt.

Cartilago thyroidea (Schildknorpel): Die Cartilago thyroidea besteht aus einer etwa viereckigen schiffsbugartig gebogenen Platte aus hyalinem Knorpel, die sich beiderseits hinten nach oben und unten in je ein Cornu superius bzw. inferius fortsetzt. Der Winkel zwischen den Plattenflächen beträgt beim Mann etwa 90°, bei der Frau und beim Kind 110°. Der Oberrand mit der Incisura superior, der vorspringenden Prominentia laryngea und dem Cornu superius setzt sich in die Membrana thyrohyoidea fort, die den Kehlkopf am Zungenbein fixiert. Sie enthält eine Öffnung für den Durchtritt der oberen Leitungsbahnen in das Kehlkopfinnere. Die Winkelung der Knorpelplatte in Verbindung mit der Prominentia laryngea ist insbesondere beim Mann an der äußeren Halskontur deutlich als sog. Adamsapfel (S. 906) nicht nur tastbar, sondern auch zu sehen.

Cartilago thyroidea (Schildknorpel): Die hyaline Knorpelplatte mit der vorspringenden Prominentia laryngea, sog. Adamsapfel (S. 906), ist schiffsbugartig gewinkelt und hat beiderseits dorsal ein Cornu superius und inferius. Sie ist über die Membrana thyrohyoidea mit dem Zungenbein verbunden. Durch diese Membran gelangen die A., V. und der N. laryngeus superior in das Kehlkopfinnere.

922

L

⊙ L-2.7

2 Halsorgane

Knorpel, Gelenke und Bandapparat des Kehlkopfs Cornu minus

Epiglottis

Cornu majus Lig. vocale

Corpus ossis hyoidei

Lig. thyrohyoideum

Cartilago corniculata

Durchtrittspforte für A. laryngea superior und N. laryngeus superior

Lamina sinistra cartilaginis thyroideae Prominentia laryngea

Cartilago thyroidea

Cornu superius

Lig. cricothyroideum Lig. cricotracheale

Cartilago thyroidea Cornu inferius

Lig. cricothyroideum medianum

Cartilago cricoidea

a

Lig. vestibulare

Cartilago arytenoidea Proc. vocalis Art. cricoarytenoidea Cartilago cricoidea

Lig. cricotracheale b Cornu minus Cornu majus

Lig. cricothyroideum medianum

Cartilago thyroidea Conus elasticus

Lig. vocale

Membrana thyrohyoidea Cornu superius

Arcus cartilaginis cricoideae

Proc. vocalis Colliculus

Proc. muscularis

Lig. thyroepiglotticum Cornu inferius

Cartilago epiglottica Durchtrittspforte für A. laryngea superior und N. laryngeus superior Cartilago corniculata Lig. cricoarytenoideum Art. cricothyroidea

Cartilago corniculata Lamina cartilaginis cricoideae c

Lig. cricoarytenoideum d

(Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

a Kehlkopf im Verbund mit dem Zungenbein und kranialer Trachea in der Schrägansicht von links-ventral. Die innen gelegenen Ary-Knorpel sind in dieser Darstellung verdeckt. b Verbindung der Kehlkopfknorpel durch Bänder am Sagittalschnitt in der Ansicht von links-medial. c Position und Verbindung der Ary-Knorpel und des Stimmbandes in der Ansicht von kranial. d Darstellung der Bewegungsrichtung (rote Pfeile) in den einzelnen Kehlkopfgelenken von dorsal.

▶ Merke.

▶ Merke. Hyaliner Knorpel ist die Grundlage von Schild- und Ringknorpel und des

hinteren Bereichs der Ary-Knorpel. Sie können bei älteren Menschen verkalken bzw. stellenweise auch verknöchern. Die Epiglottis enthält elastischen Knorpel. Cartilago cricoidea (Ringknorpel): Die hyaline Cartilago cricoidea besteht aus Arcus und Lamina. Ihrem Oberrand sitzen die AryKnorpel auf. Die Cornua inferiora des Schildknorpels ermöglichen eine Kippbewegung in der Articulatio cricothyroidea (Abb. L-2.7d). Der Arcus ist mit dem Schildknorpel durch das Lig. cricothyroideum medianum (Lig. conicum) verbunden und ebenfalls tastbar; wichtig für Koniotomie (S. 924).

Cartilago cricoidea (Ringknorpel): Der hyaline Ringknorpel verdankt seinen Namen der Siegelringform mit hinten gelegener Lamina und einem vorderen Arcus. Er steht mit beiden Unterhörnern des Schildknorpels über Scharniergelenke an seinen Seitenflächen in Verbindung. Die Kapsel dieser Articulatio cricothyroidea ist schlaff, sie lässt eine Kippbewegung zwischen Ring- und Schildknorpel nach vorn zu (Abb. L-2.7d), wodurch der Sagittaldurchmesser des Kehlkopfs zunimmt. Neben der Schildknorpelvorderfläche (s. o.) ist auch der Arcus des Ringknorpels mit dem die beiden Knorpel verbindenden Ligamentum cricothyroideum medianum (klinisch: Ligamentum conicum) zwischen den infrahyoidalen Muskeln (S. 893) zu tasten; wichtig für die Durchführung einer Koniotomie (S. 924).

Cartilago arytenoidea (Stellknorpel, AryKnorpel): Die teils hyalinen teils elastischen Cartilagines arytenoideae haben einen nach oben gerichteten Apex, einen nach lateral gerichteten Processus muscularis und einen ventral gerichteten Processus vocalis für das Stimmband. An der Medialfläche setzen die gleichnamigen Muskeln an. Die Unterkante gleitet in der Articulatio cricoarytenoidea gehalten durch das Lig. cricoarytenoideum auf dem Oberrand des Ringknorpels

Cartilago arytenoidea (Stellknorpel, Ary-Knorpel): Jeder der beiden vorwiegend hyalinen Stellknorpel hat etwa die Form einer dreiseitigen Pyramide mit drei längeren Fortsätzen. Dadurch kann der Ary-Knorpel als Winkelhebel arbeiten, was viele seiner Funktionen besser verstehen lässt. Die Spitze (Apex) ist nach dorsal leicht angewinkelt. Ihr liegt die Cartilago corniculata (s. u.) an. Nach ventral geht von der Basis ein kurzer plumper Fortsatz aus elastischem Knorpel als Ansatz für den M. vocalis bzw. das Stimmband ab (Processus vocalis). Am seitlich gelegenen Processus muscularis inserieren die vom Ringknorpel her kommenden Muskeln. Die mediale Gegenfläche ist nicht benannt und dient den „Ary“-Muskeln als Ansatzfläche. Die leicht gekehlte Basis „reitet“ auf dem Oberrand der Ringknorpelplatte. Das Ligamentum

L

923

2.3 Larynx (Kehlkopf)

cricoarytenoideum bildet als lockere elastische Membran die Gelenkkapsel der Articulatio cricoarytenoidea und lässt folgende Bewegungen zu (Abb. L-2.7d): ■ Translationsbewegungen von medial nach lateral und zurück auf der Oberkante der Lamina des Ringknorpels ermöglichen eine Eng- und Weitstellung der Pars intercartilaginea der Stimmritze (s. u.) bei der Flüsterstimme. ■ Kipp-Bewegungen der Spitze nach innen und außen führen zu einer An- oder Entspannung bzw. Verlängerung oder Verkürzung der Stimmbänder. ■ Rotationsbewegung um die Longitudinalachse bewirken eine Eng- oder Weitstellung der Pars intermembranacea der Stimmritze.

(Translations- und Kippbewegungen). Die Ary-Knorpel können zusätzlich um die Längsachse rotiert werden und wirken dabei als Winkelhebel (Abb. L-2.7d): Zug des Proc. muscularis nach dorsolateral → Öffnung der Stimmritze; Zug des Proc. muscularis nach ventromedial → Verschluss der Stimmritze.

Zusätzliche kleinere Knorpel: Cartilago corniculata: auf der Spitze des Ary-Knorpels (paarig), ■ Cartilago cuneiformis: seitlich vom vorigen in der Plica aryepiglottica (paarig) und ■ Cartilago triticea: sesambeinähnliches Knorpelstückchen im Lig. thyrohyoideum.

Zusätzliche kleinere Knorpel: ■ Cartilago corniculata, am Apex der AryKnorpel ■ Cartilago cuneiformis in Plica aryepiglottica ■ Cartilago triticea, im Lig. thyrohyoideum.

Etagengliederung und Innenrelief

Etagengliederung und Innenrelief

Etagen des Larynx

Etagen des Larynx

Innerhalb des Kehlkopfes lassen sich drei „Stockwerke“ unterscheiden (Abb. L-2.8): Vestibulum laryngis: Der Kehlkopfeingang (Aditus laryngis) wird von der Epiglottis und den Plicae aryepiglotticae begrenzt und führt von ventral kranial nach dorsal abfallend zur Pars laryngea pharyngis (Hypopharynx) bzw. oberen Ösophagusmund in den Kehlkopfvorhof (Vestibulum laryngis), der bis zu den beiderseitig gelegenen Taschenfalten (Plicae vestibulares, s. u.) reicht. Klinisch wird der Raum oberhalb der Taschenfalten als Supraglottis oder supraglottischer Raum bezeichnet. ■ Ventriculus laryngis: Der Ventriculus laryngis (transglottischer Raum) ist der schmale, keilförmige Raum zwischen den Taschenfalten (Plicae vestibulares) und den Stimmfalten (Plicae vocales). Der Spalt zwischen den beiden Falten ist die Rima vestibularis bzw. Rima glottidis). Eine variabel große Ausbuchtung im Vorderabschnitt des Ventriculus ist der Sacculus laryngis, in den zahlreiche Drüsen münden. Als Glottis wird der aus beiden Plicae vocales bestehende, stimmbildende Teil des Kehlkopfs (Kontaktstelle beider Stimmbänder, Ligamenta vocalia) bezeichnet. ■ Cavitas infraglottica: Raum unterhalb der Stimmfalten bis zur Verbindung zwischen Ringknorpel und erster Trachealspange. Er wird im klinischen Sprachgebrauch als Subglottis (subglottischer Raum) bezeichnet.

Man unterscheidet folgende Etagen (Abb. L-2.8): Der Aditus laryngis als Eingang zum Vestibulum laryngis ist schräg ventrodorsal gestellt und wird durch die Epiglottis mit den Plicae aryepiglotticae begrenzt. Die untere Grenze des supraglottischen Raums bilden die Taschenfalten (Plicae vestibulares).





⊙ L-2.8

Der Ventriculus laryngis wird durch die oberen Plicae vestibulares und die unten gelegenen Plicae vocales begrenzt, zwischen denen sich jeweils eine Rima vestibularis bzw. Rima glottidis (vocalis) befindet. Die Glottis ist der aus beiden Plicae vocales bestehende, stimmbildende Teil des Kehlkopfs (Kontaktstelle beider Stimmbänder, Ligg. vocalia). Die Cavitas infraglottica (Subglottis) liegt unterhalb der Stimmbänder und geht kontinuierlich in die Trachea über.

Etagen und Innenrelief des Kehlkopfs Tonsilla lingualis Os hyoideum Lig. hyoepiglotticum supraglottischer Raum

Lig. thyrohyoideum

transglottischer Raum

Plica vestibularis

subglottischer Raum

Lig. cricothyroideum medianum

Plica vocalis

Cartilago cricoidea

Epiglottis Recessus piriformis Plica aryepiglottica Tuberculum cuneiforme Tuberculum corniculatum Cartilago cricoidea Oesophagus

Cartilago trachealis Paries membranaceus a

b

(Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

a Etagengliederung des Kehlkopfs in der Ansicht eines Frontalschnitts von dorsal. Kaudal der eingefärbten Kehlkopfetagen ist der angrenzende Trachealraum gelb dargestellt. Im transglottischen Raum (grün) liegt die klinisch relevante Wasserscheide des Lymphabflusses. b Innenrelief des Kehlkopfs am Mediansagittalschnitt in der Ansicht von links. Der Zungengrund und der Übergang des Hypopharynx in die Speiseröhre sind mit angeschnitten.

924

L

2 Halsorgane

▶ Klinik. Entwicklungsstörungen, bei denen die Kanalisierung der

Glottis nur mangelhaft abläuft, aber auch Insektenstiche im Kehlkopfbereich, Verschlucken von Münzen (bei Kleinkindern), Entzündungen (Diphtherie) oder Intubationsfehler können zu einer Einengung im Glottisbereich (mit Glottisödem)

führen, die mehr oder minder schwere Atemwegsstörungen bewirken. In akuten Fällen ist die Koniotomie (senkrechter Hautschnitt, Querschnitt durch das Lig. conicum, s. Abb. L-2.14) unterhalb der Glottisebene notwendig, um ein Ersticken zu vermeiden.

Schleimhautfalten des Larynx

Schleimhautfalten des Larynx

Die Taschenfalten (Plicae vestibulares) sind aus lockerem Bindegewebe mit reichlich Drüsen aufgebaut, die die darunter gelegenen Stimmbänder ständig befeuchten. Die Stimmfalten (Plicae vocales) begrenzen die Stimmritze (Rima glottidis) als engste Stelle im Kehlkopf. Ihr vorderer Teil (Pars intermembranacea) ist für die Phonation entscheidend (Stimmband = Lig. vocale, oberer Abschnitt des Conus elasticus, s. u.), die hinteren ⅖ bilden die für die Flüsterstimme wichtige Pars intercartilaginea.

Die Unterteilung in drei Stockwerke geschieht demnach durch zwei Schleimhautfalten: ■ Die Plicae vestibulares (Taschenfalten) sind locker aufgebaut und drüsenreich und befeuchten mit ihrem Sekretfilm ständig die darunter gelegenen Stimmfalten. ■ Die Plicae vocales (Stimmfalten) stellen die entscheidende verstellbare Barriere des Kehlkopfinneren dar. Der Spalt zwischen ihnen ist die Rima glottidis (Stimmritze). Die Stimmfalten sind bei Männern etwa 27 bis max. 29 mm, bei Frauen 14 bis max. 20 mm lang und haben einen hakenförmigen Querschnitt. Der glottisnahe Abschnitt (mit dem oberen Abschnitt des Conus elasticus, s. u.) wird oft als Stimmband (Ligamentum vocale) bezeichnet. Ihr spezieller konstruktiver Bau und die sehr dichte Innervation des darin enthaltenen Musculus vocalis (Abb. L-2.11) verleiht ihnen eine einzigartige neuromuskuläre Qualität als Voraussetzung für die Phonationsfunktion. Die vorderen, knorpelfreien ⅗ der Stimmritze bilden die Pars intermembranacea, die hinteren, den Stellknorpeln anliegenden ⅖ bilden die Pars intercartilaginea. Unterschiede im Bewegungsspielraum beider Abschnitte beeinflussen die Lautheit der Stimme (Normalsprache). Die Flüstersprache entsteht, wenn nur die Pars intercartilaginea geöffnet ist.

▶ Klinik. Die sog. indirekte Laryngoskopie mit einem Kehlkopfspie-

gel und einem entsprechenden Beleuchtungssystem bietet dem Arzt die Möglichkeit, beim Patienten mit weit geöffnetem Mund und leicht nach vorne gezogener Zunge die Epiglottis (oben), das Vestibulum, die Plicae vestibulares (seitlich, rosa) und die Plicae vocales (mittig, grau-weißlich wegen des Über-

⊙ L-2.9

zugs des Conus elasticus mit Plattenepithel) sowie die Konturen der Ary-Knorpel mit ihren Nebenknorpelchen (unten) zu betrachten. So kann man Form, Farbe und Beweglichkeit der Stimmfalten mit möglichen krankhaften Veränderungen feststellen.

Indirekte Laryngoskopie

(Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

a Sicht des Arztes (I) und Strahlengang (II) bei der Kehlkopfspiegelung: Der Larynx kann nur indirekt über einen bis an das Gaumensegel herangeführten, schräg gehaltenen Spiegel sichtbar gemacht werden. Der schräg gehaltene Kehlkopfspiegel leitet dabei den vom (gelochten) Kopfreflektor des Arztes ausgehenden Lichtstrahl nach unten auf den Kehlkopf. b Durch die Spiegelung erscheinen der Zungengrund und die Epiglottis oben und die Schleimhaut über den Cartilagines corniculatae unten im Bild. Rechte und linke Seite sind anatomisch korrekt wiedergegeben (hier bei geöffneter Stimmritze in normaler Respirationsstellung, siehe c3). (nach Berghaus, Rettinger und Böhme) c Unterschiedliche Stellungen der Stimmritze: In Phonations- oder Medianstellung ist die Stimmritze komplett geschlossen → der Luftstrom bringt dann die Stimmbänder zum Schwingen und erzeugt so den Schall (1). Beim Flüstern ist die Stimmritze etwas weiter geöffnet (2), bei normaler (3, vgl. b) und forcierter (4) Atmung klafft sie unterschiedlich weit auseinander.

Lig. glossoepiglotticum Vallecula epiglottica Plica vocalis Ventriculus laryngis aI

Plica vestibularis Tuberculum cuneiforme Proc. vocalis

a II

b

Tuberculum Incisura inter- Trachea corniculatum arytaenoidea

Radix lingue Epiglottis Tuberculum epiglotticum 1234

Plica aryepiglottica Sinus piriformis Arcus cartilaginis cricoideae

Stellungen der Stimmfalten 1. Median- oder Phonationsstellung 2. Paramedianstellung 3. Intermediärstellung 4. Lateral- oder Respirationsstellung c

L

925

2.3 Larynx (Kehlkopf)

Feinbau des Larynx

Feinbau des Larynx

Mehrschichtiges unverhorntes Plattenepithel kommt nur an Stellen mit besonders hoher mechanischer Belastung vor (Stimmbänder, Vorderseite und oberes Drittel der Hinterseite der Epiglottis, Übergang zum Hypopharynx). Respirationsepithel mit Flimmer-, Becher- und Basalzellen sowie intraepithelialen Lymphozyten kleidet die überwiegenden Anteile des Kehlkopfs aus. Bei Kindern sollen Geschmacksknospen zusätzlich zu denen auf der Zunge auch in der Schleimhaut im Eingangsbereich des Kehlkopfs auftreten und über den N. vagus sensorisch innerviert werden. Muköse Drüsen finden sich in größeren Ansammlungen besonders im Bereich der Epiglottis (in Knorpellücken) und in den Taschenbändern. Sie sind oft durchsetzt mit Lymphozytenhaufen, Mastzellen und eosinophilen Granulozyten. Für die grau-weißlich erscheinenden Stimmbänder ist eine dichte Vernetzung von Plattenepithel, elastischem Bindegewebe und quergestreifter Muskulatur typisch. Sie bedingt die besonderen mechanischen Qualitäten der Stimmbänder.

Mehrschichtiges unverhorntes Plattenepithel bedeckt die Bereiche mit hoher mechanischer Belastung, insbesondere die medialen Abschnitte der Stimmbänder und die hypopharynxnahen Bereiche der Epiglottis. Respirationsepithel mit zahlreichen mukösen Drüsen und einzelnen Geschmacksknospen findet sich von der Rückseite der Epiglottis an bis an den Unterrand der Taschenfalten und unterhalb der Stimmfalten.

▶ Klinik. In der Folge von Nikotinabusus (auch in Kombination mit erhöhtem Alko-

▶ Klinik.

holkonsum) tritt gehäuft das Larynxkarzinom auf, das 50 % aller bösartigen Tumoren im Kopf-Hals-Bereich ausmacht (in ca. 95 % der Fälle Plattenepithelkarzinome). Es macht sich zunächst durch Heiserkeit, später durch Schluckbeschwerden, Atemnot mit verstärktem Atemgeräusch („Stridor“) und schließlich auch Schmerzen im Kehlkopfbereich bemerkbar. Je nach Ausbreitungsgrad (Absiedelung von Tochtergeschwülsten in die Halslymphknoten, Zerstörung der Kehlkopf-Knorpel) müssen unterschiedlich ausgedehnte Operationen (Teilresektionen bis zur totalen Laryngektomie mit „neck dissection“, d. h. Entfernung der Hals-Lymphknoten, Abb. L-1.11) durchgeführt werden. Das submuköse Bindegewebe besteht aus kollagenen und reichlich elastischen Fasern und bildet ein stellenweise verdichtetes fibroelastisches System, das vom Ringknorpelbogen ausgeht (Conus elasticus). Der Conus elasticus ist der Abschnitt zwischen Lig. vocale und Ringknorpel und damit Teil der Membrana fibroelastica laryngis. Sie umfasst die Gesamtheit der fibroelastischen Systeme im Kehlkopf bis zum Cavum infraglotticum. Besonders markant ist dabei das Ligamentum conicum, ein dickerer elastischer Strang in der Mitte des Ligamentum cricothyroideum medianum. Davon ausgehend umgreifen die elastischen Fasermatten fächerartig von unten die Stimmbänder, wo die elastischen Fasern besonders reichlich sind. Ausgehend von den Taschenbändern liegt weiter oberhalb und zur Epiglottis ziehend die Membrana quadrangularis (Abb. L-2.10).

⊙ L-2.10

Das fibroelastische Bindegewebe ist im Stimmlippenbereich durch dicke elastische Faserbündel als sog. Conus elasticus ausgebildet, der nach ventral bis an das Lig. cricothyroideum medianum reicht und sich kaudal in das Lig. conicum fortsetzt. In den Taschenbändern (Ligg. vestibularia) bilden die elastischen Fasern eine Membrana quadrangularis (Abb. L-2.10).

Feinbau des Kehlkopfs

Drüsen

Cartilago thyroidea

Rima vestibuli

Sacculus laryngis Lig. vestibulare

Ventriculus laryngis Rima glottidis Conus elasticus a

Drüsen

Cartilago epiglottica

Membrana quadrangularis

Ventriculus laryngis (MorgagniRaum) M. thyroarytenoideus

Lig. vocale M. vocalis

Lig. vocale

M. thyroarytenoideus

M. vocalis b

Plica vestibularis mehrschichtig unverhorntes Plattenepithel Reinke-Raum (lockeres Bindegewebe) subglottische Schleimhaut, respiratorisches Flimmerepithel Conus elasticus

(Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

a Frontalschnitt durch den Kehlkopf nahe der Befestigungsstelle der Epiglottis am Schildknorpel b und schematische Vergrößerung der linken Seite: Die drüsenreichen Taschenfalten mit der Membrana quadrangularis und die Stimmfalten mit ihrer Muskulatur sind quer angeschnitten.

926

L

Kehlkopfmuskulatur

Kehlkopfmuskulatur

Man unterscheidet am Larynx: ■ Außen- und Binnenmuskeln (Abb. L-2.11, Abb. L-2.12 und Abb. L-2.3b) von ■ supra- und infrahyoidaler Muskulatur (S. 893).

Die Kehlkopfmuskulatur wird in zwei Gruppen unterteilt: ■ Eigentliche Kehlkopfmuskeln (Außenmuskel und Binnenmuskeln, Abb. L-2.11, Abb. L-2.12 und Abb. L-2.3b) sowie ■ supra- und infrahyoidale Muskeln sind Muskeln, die den Kehlkopf durch ihre Wirkung auf das Zungenbein (S. 893) als Ganzes bewegen.

⊙ L-2.11

2 Halsorgane

Eigentliche Kehlkopfmuskulatur

Muskel

Ursprung

Ansatz

Innervation

Mechanismus

Funktion

Arcus der Cartilago cricoidea

Unterrand und Cornu inferius der Cartilago thyroidea

R. externus des N. laryngeus superior (Ast des N. vagus)

nähert die Schildknorpelunterkante der vorderen Oberkante des Ringknorpels (kippt den Schildknorpel nach vorn bzw. den Ringknorpel nach hinten)

Grobvorspannung der Stimmbänder (äußerer Spanner des Stimmbandes)

M. cricoarytenoideus posterior klin. Bezeichnung: „Postikus“

Dorsalfläche der Lamina der Cartilago cricoidea

Proc. muscularis der Cartilago arytenoidea

Auswärtsschwenken des Proc. vocalis des Ary-Knorpels

öffnet die Pars intermembranacea → einziger Öffner der Stimmritze („Abduktor“)

M. cricoarytenoideus lateralis klin. Bezeichnung: „Lateralis“

seitlicher Arcusbereich der Cartilago cricoidea

Proc. muscularis der Cartilago arytenoidea

Einwärtsschwenken des Proc. vocalis des Ary-Knorpels

schließt die Pars intermembranacea der Stimmritze („Adduktor“); Gegenspieler zum vorigen Abduktion der Pars intercartilaginea der Plica vocalis

M. thyroarytenoideus

Innenfläche der Schildknorpelplatten

Proc. vocalis der Cartilago arytenoidea

zieht die Ary-Knorpel nach vorn

verkürzt und verdickt die Stimmfalten und erzeugt dadurch den Glottisverschluss; Gegenspieler zum M. cricothyroideus

ändert Spannung und Dicke der Stimmbänder

innerer Spanner des Stimmbandes (entscheidend für die Stimm-Charakteristik)

Muskeln beider Seiten überkreuzen sich dorsal des M. arytenoideus transversus und nähern die Aryknorpel einander (Adduktion)

Verengung der Pars intercartilaginea der Stimmritze

Adduktion beider Ary-Knorpel

Verengung der Pars intercartilaginea der Stimmritze

spannt die Plica aryepiglottica

Verengung des Aditus laryngis (Schutzfunktion beim Schlucken)

Außenmuskel M. cricothyroideus Pars recta Pars obliqua klin. Bezeichnung: „Antikus“ oder „Externus“

Binnenmuskeln

M. vocalis = innerster Faseranteil des vorigen Muskels

Innenfläche der Cartilago thyroidea

M. arytenoideus obliquus

Proc. muscularis Apex des eines kontralateralen Ary-Knorpels Ary-Knorpels

M. arytenoideus transversus

Seiten- und Hinterfläche einer Cartilago arytenoidea

M. aryepiglotticus

Proc. muscularis Unterer Seitenrand der Epider Cartilago glottis arytenoidea

Proc. vocalis der Cartilago arytenoidea

Seiten- und Hinterfläche der kontralateralen Cartilago arytenoidea

N. laryngeus recurrens (Ast des N. vagus)

L

⊙ L-2.12

927

2.3 Larynx (Kehlkopf)

Kehlkopfmuskulatur und ihre Wirkung auf die Stellung der Stimmfalten M. thyroarytenoideus, Pars thyroepiglottica

Cartilago arytenoidea, Proc. vocalis Cartilago arytenoidea, Proc. muscularis M. cricoarytenoideus posterior

M. vocalis Conus elasticus

Facies articularis thyroidea

M. cricoarytenoideus lateralis

Plica aryepiglottica

M. thyroarytenoideus

Tuberculum cuneiforme

M. cricoarytenoideus lateralis

Tuberculum corniculatum M. cricoarytenoideus posterior

M. cricothyroideus

Lig. cricoarythyroideum medianum a

M. vocalis

b

M. thyroarytenoideus

c

M. cricoarytenoideus posterior

M. arytenoideus transversus

M. cricoarytenoideus lateralis

(Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

a Darstellung der am Stellknorpel ansetzenden M. cricoarytenoideus lateralis, M. cricoarytenoideus posterior und M. vocalis in der Ansicht von linkslateral nach Entfernung der linken Schildknorpelhälfte. Diese Stellmuskeln können entsprechend ihrer Bezeichnung die Stellung der Stimmfalten verändern. Der M. cricoarytenoideus posterior ist der einzige Öffner der Stimmritze. Der M. cricoarytenoideus lateralis nähert die Stimmfalten einander und wirkt daher als Phonationsmuskel. b In der gleichen Ansicht wie in a mit Darstellung der Epiglottis wird die gegensinnige Verlaufsrichtung von M. thyroarytenoideus und M. cricoarytenoideus lateralis gegenüber dem M. cricoarytenoideus posterior deutlich. c Schema zur Verdeutlichung der Zugrichtung der verschiedenen Kehlkopfmuskeln in der Projektion auf die Knorpel von kranial: → Glottisöffnung: M. cricoarytenoideus posterior. → Adduktion der Pars intermembranacea der Plica vocalis; Abduktion der Pars intercartilaginea der Plica vocalis: M. cricoarytenoideus lateralis. → Glottisverschluss: M. arytenoideus transversus, M. thyroarytenoideus. → Stimmbandspannung: M. cricothyroideus, M. vocalis. ▶ Merke. Die Muskeln sind durch die Kurzform der drei wichtigsten durch sie ver-

▶ Merke.

bundenen Knorpel (crico-, ary-, thyro-) benannt. Der M. cricoarytenoideus posterior („Postikus“) ist der einzige Öffner der Stimmritze!

2.3.3 Gefäßversorgung und Innervation des Larynx Gefäßversorgung des Larynx

2.3.3

Gefäßversorgung und Innervation des Larynx Gefäßversorgung des Larynx

Arterielle Versorgung: Die arterielle Versorgung des Kehlkopfs ist zweigeteilt, wobei die Grenze auf Höhe der Stimmritze liegt (Abb. L-2.13): ■ Obere Hälfte: Arteria laryngea superior, ein Ast der A. thyroidea superior (erster Ast der A. carotis externa). Sie tritt durch die Öffnung in der Membrana thyrohyoidea in das Kehlkopfinnere ein, nachdem sie zuvor einen kleinen Zweig für den M. cricothyroideus abgegeben hat. ■ Untere Hälfte: Arteria laryngea inferior, ein Ast der A. thyroidea inferior, die aus dem Truncus thyrocervicalis (aus der A. subclavia) entspringt. Die A. laryngea inferior verläuft an der Seitenwand des unteren Pharynxabschnitts und tritt hinter dem Unterhorn des Schildknorpels in den Kehlkopf ein. Sie versorgt hauptsächlich die hinteren unteren Anteile.

Arterien: Oberer und unterer Kehlkopfabschnitt (Grenze: Stimmritze) werden getrennt versorgt (Abb. L-2.13): ■ Die A. laryngea superior (aus der A. thyroidea superior) tritt durch die Membrana thyrohyoidea in das Innere des Kehlkopfs ein. ■ Die A. laryngea inferior aus der A. thyroidea inferior versorgt die untere Kehlkopfhälfte.

Venöser Abfluss: Die Venen verlaufen meist parallel zu den Arterien und bilden an der Hinterwand des Kehlkopfs ein Geflecht ähnlich dem Plexus pharyngeus, mit dem sie in Verbindung stehen. Ihr Abflussgebiet ist die Vena jugularis interna.

Venen: Die Venen verlaufen mit den Arterien und münden in die V. jugularis interna.

Lymphabfluss: Er unterscheidet sich zwischen oberem und unterem Abschnitt des Kehlkopfes: ■ Die Lymphbahnen des oberen Kehlkopfabschnitts ziehen zu den Nodi lymphoidei infrahyoidei der Nll. cervicales anteriores (Abb. L-1.11) und weiter zu den oberen neben der V. jugularis interna liegenden tiefen Halslymphknoten (Nodi profundi inferiores der Nodi lymphoidei cervicales laterales).

Lymphabfluss: Der obere Kehlkopfabschnitt wird über die Nll. infrahyoidei, der untere über die Nll. tracheales und prelaryngeales in die tiefen seitlichen Halslymphknoten (Abb. L-1.11) entsorgt.

928

L

2 Halsorgane



▶ Merke.

Die Lymphbahnen des unteren Kehlkopfabschnitts ziehen zu den Nodi lymphoidei (para)tracheales und prelaryngeales der Nll. cervicales anteriores und weiter zu den mittleren und unteren tiefen Halslymphknoten (Nll. cervicales laterales profundi, Abb. L-1.11).

▶ Merke. Der Lymphabfluss aus dem Larynx unterscheidet sich v. a. bezüglich der

primären Lymphknotenstationen. Sie drainieren anschließend beide in die tiefen seitlichen Halslymphknoten (in unterschiedlicher Höhe). ▶ Klinik.

▶ Klinik. Die getrennte Entsorgung beim Lymphabfluss von oberem und unterem

Kehlkopfabschnitt ist besonders wichtig, weil Tumoren je nach Lage im Kehlkopf in verschiedene Lymphknotengruppen metastasieren können. Im Bereich der Stimmlippen existieren nur wenige Lymphgefäße. Lokal begrenzte Karzinome in diesem Bereich metastasieren deshalb erst spät und haben eine gute Prognose.

Innervation des Larynx ▶ Merke.

Innervation des Larynx ▶ Merke. Die sensible, motorische und parasympathische (sekretomotorische) In-

nervation des Kehlkopfs leitet sich vollständig vom N. vagus her (Tab. L-2.2).

≡ L-2.2

≡ L-2.2

Innervation des Kehlkopfes über Äste des N. vagus

Nerv

Funktion

N. laryngeus superior



motorisch (Ramus externus): M. cricothyroideus



sensibel (Ramus internus): Schleimhaut oberhalb der Stimmritze



parasympathisch: Drüsen der Taschenfalten



motorisch: sämtliche Binnenmuskeln



sensibel: Schleimhaut unterhalb der Stimmritze



parasympathisch: obere Trachealdrüsen

N. laryngeus recurrens

Vagusäste zum Larynx (Abb. L-2.13): Der N. laryngeus superior gibt einen R. externus (motorisch) für den M. cricothyroideus ab und verläuft mit der gleichnamigen Arterie als R. internus in das Kehlkopfinnere, das er bis zur Stimmritze sensibel versorgt.





Der untere Ast des N. vagus (S. 638), der N. laryngeus recurrens („Rekurrens“), entspringt in Höhe der oberen Thoraxapertur. In den Kehlkopf tritt er zwischen Ring- und Schildknorpel ein. Motorisch versorgt er sämtliche Kehlkopfbinnenmuskeln, sensibel und sekretorisch die Schleimhaut unterhalb der Stimmritze.

▶ Klinik.

Der N. vagus versorgt den Kehlkopf mit zwei großen Ästen (Abb. L-2.13): Der Nervus laryngeus superior teilt sich in einen dünnen Ramus externus zum M. cricothyroideus und einen sensiblen Ramus internus, der mit der A. laryngea superior durch die Membrana thyrohyoidea in das Kehlkopfinnere zieht, wo er sich unter der Schleimhaut vom Recessus piriformis zum Vestibulum und der Ventriculus laryngis bis hin zum Stimmband verzweigt. Der parasympathische Anteil versorgt die Drüsen in den Taschenfalten. ■ Der Nervus laryngeus recurrens ist der rückläufige Ast aus dem N. vagus (klinisch meist nur als „Rekurrens“ bezeichnet), der sich unterhalb der großen Arterien im Bereich der oberen Thoraxapertur aus dem Hauptstamm des Nervs (S. 638) abzweigt. In der Nachbarschaft der A. thyroidea inferior liegt der N. laryngeus recurrens sehr eng neben der Arterie und kann sie auch mit einer Schlinge umfassen. Er tritt zwischen Ring- und Schildknorpel in den Kehlkopf ein und versorgt dort sämtliche Binnenmuskeln motorisch. Ein dorsaler Ast zieht meist zum M. cricoarytenoideus posterior, die übrigen Muskeln werden von kleinen ventralen Ästen versorgt. Mit dünnen Aufzweigungen versorgt der Nerv den infraglottischen Kehlkopfabschnitt sensibel und parasympathisch. ■

▶ Klinik. Bei Läsion des N. laryngeus recurrens kommt es zu einem Ausfall aller inneren Kehlkopfmuskeln (Stimmritzenöffner und -schließer). Durch die Spannfunktion des intakten äußeren Kehlkopfmuskels wird die gelähmte Stimmlippe (klinischer Ausdruck für Stimmband) in die Mittellinie gezogen. Daher kann bei beidseitiger Rekurrensparese eine schwere Atemnot auftreten, die eine Tracheotomie (s. u.) erfordert. Bei einseitiger Lähmung hingegen (z. B. durch Verletzung des Nervs während einer Schilddrüsen-Operation, s. u.) steht eine mehr oder weniger ausgeprägte Heiserkeit im Vordergrund.

L

⊙ L-2.13

929

2.3 Larynx (Kehlkopf)

Arterielle Versorgung und Innervation des Kehlkopfs N. vagus

A. thyroidea superior A. laryngea superior A. carotis communis R. cricothyroideus A. laryngea inferior A. thyroidea inferior

N. laryngeus superior: – R. internus – R. externus

N. laryngeus superior

Os hyoideum

V. laryngea superior

M. cricothyroideus

Truncus thyrocervicalis

Lig. thyrohyoideum medianum

A. laryngea superior

M. thyroarytenoideus

A. subclavia dextra

M. cricoarytenoideus lateralis

Truncus brachiocephalicus Arcus aortae

Epiglottis

M. cricoarytenoideus posterior

Lig. cricothyroideum medianum

N. laryngeus recurrens

Oesophagus V. thyroidea media

M. cricothyroideus Rr. tracheales

A. thyroidea inferior N. laryngeus recurrens

Trachea b

a (Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

a Arterielle Versorgung des Larynx (linke Bildhälfte) aus den Stromgebieten der A. carotis externa und A. subclavia in der Ansicht von ventral. Die Innervation durch den N. vagus ist beidseitig dargestellt, um den Unterschied im Verlauf des N. laryngeus recurrens deutlich zu machen. Klinisch bedeutsam ist die enge (und variable) Beziehung des N. laryngeus recurrens zur A. thyroidea inferior. b Verlauf der Gefäße und Nerven im Kehlkopfinneren unter der Schleimhaut in der Ansicht von links nach Entfernung der linken Schildknorpelplatte und Ablösung der Schleimhaut. Die Lagebeziehungen zwischen A. thyroidea inferior und N. laryngeus recurrens sind sehr variabel (Varianten des Abgangs und Verlaufs der A. thyroidea inferior).

▶ Merke. ■



▶ Merke.

Nur der (einzige!) äußere Larynxmuskel = M. cricothyroideus wird vom oberen Kehlkopfnerv innerviert. Die Grenze für die sensible Innervation ist die Stimmritze.

Die sympathische Innervation (der Blutgefäße) erfolgt über periarterielle Fasern der Kehlkopfarterien aus dem Halsgrenzstrang.

Sympathische Innervation (Blutgefäße): Fasern aus dem Halsgrenzstrang.

2.3.4 Entwicklung des Larynx

2.3.4

Die Atemwege entstehen vom Kehlkopf an als ventrale Ausbuchtung des Vorderdarms (Laryngotrachealrinne). Die Anlagen von Zungenbein und Kehlkopf leiten sich vom 2. und. 3. bzw. 4. und 6. Schlundbogenknorpel ab (Tab. M-1.8). Im umgebenden Mesenchym differenzieren sich die zur Schlundbogen-Muskulatur gehörigen Binnenmuskeln des Kehlkopfs, die entsprechend ihrer Herkunft aus dem 4.–6. Schlundbogen vom N. vagus innerviert werden. Das Mesenchym verdichtet sich zu einem Septum oesophagotracheale (S. 691) und grenzt damit die Ösophagusanlage von der Anlage des Kehlkopfes und der Trachea ab.

Der Kehlkopf entsteht wie die gesamten unteren Atemwege aus einer Ausbuchtung des Vorderdarms (Laryngotrachealrinne). Seine Knorpel leiten sich vom 4. bis 6. Schlundbogenknorpel ab (Tab. M-1.8). Ein Septum oesophagotracheale (S. 691) trennt die Kehlkopf-, Tracheal- und Ösophagusanlagen.

▶ Klinik. Bei einer unvollständigen Ausbildung des Septums können Ösophagotra-

Entwicklung des Larynx

▶ Klinik.

chealfisteln oder Ösophagus- bzw. Larynxatresien entstehen, die einer operativen Korrektur bedürfen. Beim Neugeborenen steht der Kehlkopfeingang noch in Höhe des 4. Halswirbels, und der Kehldeckel reicht bis an das Gaumensegel. Daher kann das Neugeborene gleichzeitig trinken und atmen. Bei männlichen Individuen kommt es mit der Pubertät zu einem weiteren Wachstumsschub, der zu einer Vergrößerung des Kehlkopfs und damit zu einer Verlängerung und Verdickung der Stimmbänder führt, die dann die Absenkung der Stimmhöhe um etwa 1 Oktave bedingt. Unsicherheiten in der Innervation der größer werdenden Muskulatur bedingen den „Stimmbruch“.

Beim Neugeborenen steht der Kehlkopfeingang in Höhe des Gaumens und ermöglicht so gleichzeitiges Atmen und Trinken. In der Pubertät wächst der Kehlkopf bei Jungen weiter und führt damit zum „Stimmbruch“.

930

L

2.4

Trachea (Luftröhre)

2.4

2.4.1

Funktion der Trachea

2.4.1 Funktion der Trachea



■ ■

Anwärmung und Befeuchtung der Atemluft, Regulation des Luftstroms und Reinigungsfunktion.

2.4.2

Abschnitte, Form und Lage der Trachea Die Trachea verbindet als biegsames Rohr den Kehlkopf mit den Hauptbronchien. Sie ist ca. 12 cm lang und besteht aus: ■ Pars cervicalis: Die Pars cervicalis reicht vom Cricoid bis zur oberen Thoraxapertur. ■ Pars thoracica: Die Pars thoracica von dort bis zur Bifurcatio tracheae in Höhe des 4. Brustwirbels (Verbindungslinie der Ansätze der 3. Rippe am Sternum). Details (S. 543).

2 Halsorgane

Trachea (Luftröhre)

Als Verbindung zwischen Kehlkopf (s. o.) und den Hauptbronchien (S. 544) erfüllt die Trachea folgende Funktionen: ■ Anwärmung und Anfeuchtung der Atemluft, ■ Regulation des Luftstroms und ■ Reinigungsfunktion der unteren Atemwege (Husten).

2.4.2 Abschnitte, Form und Lage der Trachea Abschnitte und Form: Die Luftröhre ist ein knorpelversteiftes, biegsames Rohr, das den Kehlkopf mit den beiden Hauptbronchien verbindet. Sie ist etwa 10 bis 12 cm lang und besteht aus zwei Abschnitten: ■ Pars cervicalis (Halsabschnitt): Die Pars cervicalis reicht vom Unterrand des Ringknorpels des Larynx in Höhe etwa des 6. Halswirbels bis zur oberen Thoraxapertur. ■ Pars thoracica (Brustabschnitt): Die Pars thoracica beginnt in der oberen Thoraxapertur und reicht bis zur Teilungsstelle in die beiden Stammbronchien (Bifurcatio tracheae) etwa in Höhe 4. Brustwirbels (Verbindungslinie der Ansätze der 3. Rippe am Sternum). Da der weitaus größte Anteil der Trachea (S. 543) in der Brusthöhle verläuft, wird sie dort ausführlich besprochen (inkl. Gefäßversorgung, Innervation und Entwicklung).

Seitlich der Trachea liegen in der Vagina carotica die A. carotis communis, die V. jugularis und der N. vagus. Eng anliegend finden sich die Schilddrüsenlappen an beiden Seiten und ventral der Isthmus. Er wird von den infrahyoidalen Muskeln im Spatium pretracheale überdeckt. Dorsal liegen Ösophagus und der N. laryngeus recurrens.

Lage und Nachbarschaftsbeziehungen: Im oberen Abschnitt der Pars cervicalis verlaufen seitlich der Trachea in der Vagina carotica die A. carotis communis, die V. jugularis und der N. vagus. Im mittleren Drittel liegen ihr von ventral und lateral der Isthmus bzw. die beiden Seitenlappen der Schilddrüse eng an. Ventral ist durch die Lamina pretrachealis der Halsfaszie und die infrahyoidalen Muskeln das Spatium pretracheale mit Gefäßen und Fettgewebe abgegrenzt. Dorsal grenzt der Ösophagus an die Trachea. In einer Rinne (Sulcus oesophageotrachealis) zwischen Luft- und Speiseröhre läuft der N. laryngeus recurrens von kaudal nach kranial.

2.4.3

2.4.3 Aufbau der Trachealwand

Aufbau der Trachealwand

Siehe Abb. G-2.1 und Tab. G-2.1.

Die Wand der Trachea besteht aus folgenden Schichten, die im Kap. Luftröhre (S. 543) näher beschrieben sind (Abb. G-2.1, Tab. G-2.1): ■ Tunica mucosa (innere Schicht) mit Respirationsepithel, ■ Tunica fibromusculocartilaginea (mittlere Schicht), bestehend aus 16–20 hufeisförmigen Knorpelspangen, die jeweils dorsal durch glatte Muskulatur und Bindegewebe sowie untereinander durch sog. Ligamenta anularia verbunden sind, sowie ■ Tunica adventitia (äußere Schicht).

▶ Klinik. Die Langzeitbeatmung von Intensivpatienten über einen

translaryngealen Tubus birgt die Gefahr einer druckbedingten Schädigung der Ary-Knorpel des Kehlkopfes und der Stimmbänder (Nekrosen, Ulzerationen). Als Alternative wird deshalb häufig eine Tracheotomie (Luftröhrenschnitt) durchgeführt. Dabei wird unter bronchoskopischer Kontrolle nach Anlegen eines Hautschnittes der Tubus zwischen dem 2. bis 4. Trachealknorpel durch das dazwischenliegende Bindegewebe direkt in der Trachea platziert. Möglich ist auch das Einführen der Trachealkanüle zwischen Ring- und erstem Trachealknorpel, wobei die Cartilago cricoidea verletzt werden kann.

⊙ L-2.14

Transkutane Zugangsmöglichkeiten zu den oberen Atemwegen. Neben den beiden möglichen Lokalisationen der Tracheotomie ist auch der Zugangsweg über den Kehlkopf dargestellt, vgl. Koniotomie (S. 924). (Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

Koniotomie Tracheotomie

931

L 2.5 Schilddrüse und Nebenschilddrüsen

2.5

Schilddrüse und Nebenschilddrüsen

2.5

Schilddrüse und Nebenschilddrüsen

2.5.1 Schilddrüse (Glandula thyroidea)

2.5.1

Schilddrüse (Glandula thyroidea)

Funktion der Schilddrüse

Funktion der Schilddrüse

Die Glandula thyroidea ist eine endokrine Drüse (S. 63) mit Hormonspeicher- und Steuerungsfunktion. Über die von ihr produzierten Hormone ■ Trijodthyronin (T3), ■ Thyroxin bzw. Tetrajodthyronin (T4) und ■ Kalzitonin ist sie an der Regulation von Jod-, Kalzium- und Gesamtstoffwechsel beteiligt. T3 und T4 steigern den Grundumsatz sowie die Schlagkraft und Frequenz des Herzens, während Kalzitonin den Blutkalziumspiegel senkt (s. u.).

Die Glandula thyroidea produziert als endokrine Drüse (S. 63) die Hormone T3 und T4, die den Grundumsatz steigern und Kalzitonin, das den Blutkalziumspiegel senkt.

Abschnitte, Form und Lage der Schilddrüse

Abschnitte, Form und Lage der Schilddrüse

Abschnitte, Form und Gewicht: Die rötlich-braun gefärbte Schilddrüse hat eine HForm: Zwei Seitenlappen (Lobus dexter und sinister) von meist unterschiedlicher Größe werden durch einen queren Isthmus verbunden. Zusätzlich kann ein vom Isthmus ausgehender Lobus pyramidalis vorhanden sein, der sich teilweise bis zum Zungenbein und höher erstreckt. Die Schilddrüse wiegt beim Erwachsenen etwa 18–30 g. Bei Frauen ist sie meist etwas schwerer und ändert ihr Gewicht geringfügig mit dem Zyklus.

Abschnitte, Form und Gewicht: Die 18–30 g schwere bräunliche Schilddrüse besteht aus dem Lobus dexter und sinister, die über einen queren Isthmus verbunden sind.

Lage und Nachbarschaftsbeziehungen: Die Schilddrüse liegt an der Vorder- und Seitenfläche der Trachea (Abb. L-2.15a) hinter dem mittleren Blatt der Halsfaszie (Lamina pretrachealis). Vor ihr ziehen die Mm. sternohyoidei und sternothyroidei nach kaudal. Ihr Isthmus befindet sich in Höhe des 2.–3. Trachealknorpels, während die beiden Seitenlappen kranial bis zum Unterrand des Kehlkopfs und kaudal bis in Höhe der oberen Thoraxapertur reichen. Dorsal erstrecken sie sich bis an das tiefe Blatt der Halsfaszie (Lamina prevertebralis) und stehen mit dem Ösophagus und der A. carotis communis in Kontakt. Da die Schilddrüse über ihre Capsula fibrosa (s. u.) mit den Eingeweidefaszien von Trachea, Ösophagus und Gefäß-Nerven-Strang des Halses verbunden ist, folgt sie beim Schlucken den Bewegungen der Trachea und des Kehlkopfs im Gleitraum zwischen prävertebraler und prätrachealer Halsfaszie, was man sich bei ihrer Palpation im Rahmen der klinischen Untersuchung zunutze macht.

Lage und Nachbarschaftsbeziehungen: Die Drüse erstreckt sich hinter den Mm. sternohyoidei und -thyroidei und dem mittleren Blatt der Halsfaszie seitlich vom Kehlkopfunterrand bis an die obere Thoraxapertur. Der Isthmus liegt vor dem 2.–3. Trachealknorpel (Abb. L-2.15a). Enge Lagebeziehungen bestehen zur Trachea, dem Ösophagus und der A. carotis communis vor dem tiefen Blatt der Halsfaszie. Durch Verbindungen der Capsula fibrosa (s. u.) mit umliegenden Bindegewebshüllen gleitet sie beim Schlucken nach oben.

⊙ L-2.15

Lage und Aufbau der Schilddrüse

Larynx Lobus pyramidalis Lig. cricothyroideum medianum Lobus dexter Isthmus glandulae thyroideae a

M. cricothyroideus Lobus sinister

Lumen des Follikels

Kolloid Epithelzelle, flach bis isoprismatisch

Trachea

I

II

Epithelzelle, prismatisch bis hochzylindrisch

b

(Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

a Lage der Schilddrüse vor dem Kehlkopf und der Trachea in der Ventralansicht. Von dem die beiden Seitenlappen verbindenden Isthmus geht ein Lobus pyramidalis ab. b Feinbau der Schilddrüse mit Darstellung der Unterschiede zwischen ihren beiden Funktionszuständen: während der Speicherung (I) und nach Freisetzung (II) des Kolloids.

932

L

Aufbau der Schilddrüse

Aufbau der Schilddrüse

Außen besitzt sie eine Capsula fibrosa/externa („chirurgische Kapsel“) die innen in eine Organkapsel (Capsula interna) übergeht. Dazwischen liegen dorsal die Epithelkörperchen (s. u.). Feinbau: Die Organkapsel führt als Stützgerüst (Stroma) Gefäße und Nerven und gliedert das Drüsengewebe (Parenchym) in Läppchen (Lobuli). Diese bestehen aus den zystenartigen Follikeln und zwei verschiedenen Zelltypen: ■ Die Thyrozyten umschließen die Follikel und sezernieren das Kolloid (Abb. L-2.15b). Dieses Speichermaterial besteht im Wesentlichen aus dem Glykoprotein Thyreoglobulin (s. u.). ■ Die parafollikulären oder C-Zellen sezenieren u. a. das Peptidhormon Kalzitonin. Sie erreichen das Lumen nicht. Die Mikrovilli der apikalen Zellmembran (S. 54) enthalten Hydrolasen, die Kern- und Vesikelmembranen eine Iod-Peroxidase. Beide Enzyme werden für die Synthese der aktiven Hormone T3 und T4 benötigt (s. u.).

Die Schilddrüse ist außen von einer Capsula fibrosa (Capsula externa, „chirurgische Kapsel“) umgeben, die sich nach innen als Organkapsel (Capsula interna) fortsetzt. Zwischen den beiden Kapseln liegen die größeren Blutgefäße und als weitere endokrine Drüsen die Epithelkörperchen (Glandulae parathyroideae, s. u.).

▶ Exkurs: Sekretion und Wirkung vonT3 und T4.

2 Halsorgane

Feinbau: Die Organkapsel setzt sich als bindegewebiges, gefäß- und nervenführendes Stützgerüst (Stroma) in das Innere des Organs fort. Sie untergliedert das Drüsengewebe (Parenchym) in Läppchen (Lobuli), die sich aus bläschenförmigen Gebilden (Follikeln) zusammensetzen. Es werden zwei Zelltypen unterschieden: ■ Die Thyrozyten sitzen als Follikelepithel einer zarten, kapillarhaltigen Basalmembran auf und geben in das Follikellumen eine gallertige Masse (Kolloid) ab. Das Kolloid besteht hauptsächlich aus einem großen, PAS-positiven (S. 101) Glykoprotein, dem Thyreoglobulin (s. u.). Je nach Funktionszustand (Speicherung, Kolloidfreisetzung) ist das Epithel unterschiedlich hoch: Bei Speicherung kommt es zu einer Abplattung, die Entleerung führt zu einer Aufstauchung (Abb. L-2.15b). ■ Die parafollikulären oder C-Zellen kommen in der Follikelwand oder ihr angelagert vor. Sie erreichen nie das Lumen und enthalten immunhistochemisch nachweisbare Kalzitonin-, Serotonin-, Motilin-, Somatostatin- und ggf. Dopamingranula. Vorformen des von den Follikelzellen synthetisierten Kolloids sind als PAS-positive Vakuolen im luminalen Zytoplasma der Thyrozyten nachweisbar. Die apikale Plasmamembran enthält kurze plumpe Mikrovilli (S. 54) mit zahlreichen hydrolysekatalysierenden Enzymen (Hydrolasen, s. u.). In der Kernmembran und den Plasmamembranen der Exozytosevesikel kommt eine Iod-Peroxidase vor, die für die Oxidation des Jodids zum Jod (I2) von Bedeutung ist. Dieses wiederum wird zur Synthese des aktiven T3 bzw. T4 benötigt (s. u.). ▶ Exkurs: Sekretion und Wirkung von T3 und T4. Trijodthyronin (T3) und Thyroxin (T4): Die Thyrozyten synthetisieren unter dem Einfluss des hypothalamischen Thyrotropin-releasing Hormons (TRH) bzw. des hypophysären Thyroidea-stimulierenden Hormons (TSH) das Thyreoglobulin, welches Tyrosinreste enthält. Das Thyreoglobulin wird ins Lumen freigesetzt, wo die Tyrosinreste durch Jodierung in die – noch immer an das Thyreoglobulin gebundenen – Hormone T3 und T4 umgewandelt werden. Diese werden bei Bedarf resorbiert, durch Hydrolyse vom Thyreoglobulin abgespalten und basal als aktive Hormone an das Kapillarsystem abgegeben. Im Blut binden sie ganz überwiegend an Transportproteine. Nur der geringfügige frei vorliegende Rest, vor allem T3, ist hormonaktiv. In peripheren Organen wird T4 zum T3 dejodiert, welches in den Zielzellen an einen nukleären Rezeptor bindet. Die anschließende Signaltransduktion führt in verschiedenen Organen zu einer Steigerung der Thermogenese, der Lipolyse, der Glykogenolyse und der Glukoneogenese, woraus eine Steigerung des Grundumsatzes resultiert. Während der Embryonalentwicklung und noch postnatal beeinflussen die Schilddrüsenhormone die Hirnund Knochenentwicklung sowie die Blutbildung. Die Sekretion der Schilddrüsenhormone wird durch negative Rückkopplung gesteuert, d. h. ein Anstieg von T3 bzw. T4 drosselt die hypothalamische TRH-Freisetzung. Dies führt zu einer reduzierten TSH-Synthese im Hypophysenvorderlappen, was wiederum eine verminderte Ausschüttung der Schilddrüsenhormone zur Folge hat.

▶ Klinik. Erkrankungen der Schilddrüse gehen häufig mit einer

knotigen oder diffusen Organvergrößerung (Struma, Kropf) einher. Sie können durch Jodmangel, entzündliche Prozesse und/oder Autoimmunerkrankungen entstehen. Die Struma kann so groß werden, dass sie die Konturen des Halses völlig verändert und durch ihre Raumforderung benachbarte Organe, wie z. B. die Trachea, verlagert oder beschädigt (Tracheomalazie). Aufgrund der vielfältigen Effekte der Schilddrüsenhormone können Funktionsstörungen zu zahlreichen Symptomen unterschiedlicher Ausprägung führen. Eine Funktionsminderung (Hypothyreose) äußert sich u. a. durch verminderten Grundumsatz mit Gewichtszunahme trotz Appetitlosigkeit und gesteigerter Kälteempfindlichkeit, Neigung zu Obstipation (Verstopfung), reduzierte geistige Aktivität sowie Verdickung des subkutanen Binde- und Fett-

gewebes (Myxödem). Während der embryonalen Entwicklung führt eine Unterversorgung mit Jod bzw. Schilddrüsenhormonen im Extremfall zum Krankheitsbild des Kretinismus (S. 43). Entgegen den Symptomen bei Hypothyreose sind bei Patienten mit einer Überfunktion (Hyperthyreose) oft Grundumsatz und Stuhlfrequenz gesteigert. Charakteristisch ist daneben eine psychomotorische Unruhe, Ruhetremor der Gliedmaßen und eine erhöhte Herzfrequenz (Tachykardie). Beim Morbus Basedow, einer autoimmun bedingten Hyperthyreose (Besetzung der TSH-Rezeptoren durch aktivierende Antikörper) kann es durch Veränderungen des periorbitalen Gewebes zu Augensymptomen (Exophthalmus = Hervortreten des Augapfels mit Bewegungseinschränkungen) kommen. Ähnliche Einlagerungen in das Bindegewebe finden sich hier zuweilen auch an anderen Stellen des Körpers und verursachen z. B. ein prätibiales Myxödem.

933

L 2.5 Schilddrüse und Nebenschilddrüsen

▶ Exkurs: Sekretion und Wirkung von Kalzitonin. Das durch die C-Zellen produzierte Hormon Kalzitonin ist an der Aufrechterhaltung der Kalziumhomöostase beteiligt. Kalzitonin senkt den Blutkalziumspiegel durch vermehrten Einbau in den Knochen und Hemmung der enteralen Resorption. Es wird bei hohem Blutkalziumspiegel freigesetzt.

▶ Exkurs: Sekretion und Wirkung von Kalzitonin.

2.5.2 Nebenschilddrüsen (Glandulae parathyroideae)

2.5.2

Nebenschilddrüsen (Glandulae parathyroideae)

▶ Synonym.

▶ Synonym. Epithelkörperchen

Funktion der Nebenschilddrüsen

Funktion der Nebenschilddrüsen

Die Epithelkörperchen sind endokrine Drüsen, die der Dorsalfläche der Schilddrüse angelagert sind. Sie produzieren das Parathormon (PTH, Parathyrin). PTH ist durch Erhöhung der Kalziumkonzentration im Blut für die Aufrechterhaltung eines physiologischen Kalziumspiegels (Kalzium-Homöostase) mitverantwortlich.

Die der Schilddrüse angelagerten Epithelkörperchen produzieren Parathormon (PTH, Parathyrin), das den Blutkalziumspiegel bei Bedarf erhöht.

Form, Lage und Feinbau der Nebenschilddrüsen

Form, Lage und Feinbau der Nebenschilddrüsen Form und Lage: Die meist vier Epithelkörperchen sind etwa linsengroß und liegen unterhalb des Ringknorpels (Gll. parathyroideae supp.) bzw. auf Höhe des 3.–4. Trachealrings (Gll. parathyroideae inff.) dorsal der Schilddrüse an (Abb. L-2.16a). Es bestehen erhebliche Lagevariabilitäten.

Form und Lage: Die zumeist vier Nebenschilddrüsen sind reiskorn- bis linsengroße, etwas gelblich-bräunlich gefärbte Gebilde an der Dorsalseite der Schilddrüsenlappen (Abb. L-2.16a). Sie liegen innerhalb der Capsula fibrosa dem Schilddrüsengewebe in der Nachbarschaft der Gefäße direkt an. Je nach Lage unterscheidet man die dem Ringknorpel benachbarten Gll. parathyroideae superiores von den auf Höhe des 3.–4. Trachealringes liegenden Gll. parathyroideae inferiores. Ektopische Lage und Lagevariabilitäten sind allerdings häufig. Feinbau: Die von einer zarten Bindegewebskapsel umgebenen Epithelstränge und Zellnester sind von einem dichten Kapillarnetz durchzogen. Mit zunehmendem Alter erfolgt eine Durchsetzung mit Fettgewebe. Bei den Epithelzellen unterscheidet man zwei Zelltypen (Abb. L-2.16b): ■ Die Hauptzellen stellen sich im histologischen Präparat je nach Funktionszustand unterschiedlich dar. Die weniger aktiven wasserklaren Zellen sind stark glykogenhaltig, während die hormonaktiven dunklen Hauptzellen neben Glykogen reichlich ER und Sekretgranula enthalten. Die Hauptzellen produzieren das Parathormon (PTH). ■ Die oxyphilen Zellen sind reich an Mitochondrien und stark mit Eosin anfärbbar. Sie werden als Vorläufer von sog. Onkozyten, d. h. untergehenden Zellen, oder als Vorstufen der Hauptzellen angesehen. Ihre Funktion ist unbekannt. Sie enthalten kein Parathormon.

⊙ L-2.16

⊙ L-2.16

Lage und Feinbau der Nebenschilddrüsen

A. thyroidea superior Gll. parathyroideae, oberes Paar

Hauptzelle Bindegewebsfasern

Gll. parathyroideae, unteres Paar

oxyphile Zelle

A. thyroidea inferior a

Feinbau: Die Nebenschilddrüsen bestehen aus Epithelsträngen, die dicht von Kapillaren umsponnen sind. Sie werden von zwei unterschiedlichen Zelltypen gebildet (Abb. L-2.16b): ■ Hauptzellen produzieren PTH (abhängig von der Ca++-Konzentration im Blut, s. u.). Man unterscheidet aktive dunkle von den weniger aktiven wasserklaren Hauptzellen. ■ Oxyphile Zellen sind stark eosinophil. Ihre Funktion ist noch unbekannt.

b

(Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

a Nebenschilddrüsen an der Rückseite des rechten und linken Schilddrüsenlappens in der Ansicht von dorsal. Rechts sind die obere und untere Schilddrüsenarterie (S. 934) dargestellt. b Feinbau der Nebenschildrüsen mit Hauptzellen und oxyphilen Zellen.

934

L

2 Halsorgane

▶ Exkurs: Sekretion und Wirkung von PTH.

▶ Exkurs: Sekretion und Wirkung von PTH. Das Parathormon (PTH) der Nebenschilddrüsen ist ein Polypeptid, das durch Prozessierung aus einem Prohormon entsteht. Es wird bei niedrigen Kalziumspiegeln im Blut freigesetzt. Über verschiedene Mechanismen bewirkt es eine Erhöhung des Blutkalziumspiegels: ■ Zusammen mit 1,25-Dihydroxycholecalciferol (Kalzitriol, „Vitamin-D-Hormon“) führt es durch indirekte Osteoklasten-Aktivierung zu einer Mobilisierung von Kalzium aus dem Knochen. ■ Es vermindert die Kalzium-Ausscheidung über die Nieren. ■ Die Kalzium-Resorption im Darm und die Vitamin-D-Hormon-Synthese in der Niere wird gesteigert.

▶ Merke.

▶ Merke. Kalzitonin (s. o.) wirkt als Gegenspieler (Antagonist) von PTH und Vita-

min-D-Hormon. ▶ Klinik.

▶ Klinik. Eine Überfunktion der Nebenschilddrüsen (primärer Hyperparathyroidismus) führt daher zu verstärktem Knochenabbau und ggf. Nierensteinen. Sie ist häufig bedingt durch Neubildungen innerhalb des Nebenschilddrüsengewebes (parathyroidales Adenom). Eine Unterfunktion (z. B. bei Entfernung der Drüsen im Zusammenhang mit Schilddrüsen-Operationen) der Nebenschilddrüsen bedingt die sog. parathyreoprive Tetanie (Muskelkrämpfe), die ohne ausreichende Substitution tödlich sein kann.

Gefäßversorgung und Innervation von Schilddrüse und Nebenschilddrüsen Die versorgenden Leitungsbahnen von Schilddrüsen und Nebenschilddrüsen entsprechen sich weitestgehend.

2.5.3 Gefäßversorgung und Innervation von Schilddrüse und Nebenschilddrüsen

Gefäßversorgung von Schilddrüse und Nebenschilddrüsen Arterien: Unter ausgedehnter Anastomosierung und Kollateralbildung (Abb. L-2.17a) sind für die arterielle Versorgung der Schilddrüse hauptsächlich verantwortlich die ■ A. thyroidea sup. aus der A. carotis externa und ■ A. thyroidea inferior (aus Truncus thyrocervicalis, aus der A. subclavia). Sie verläuft vor dem medialen M. scalenus anterior und der A. vertebralis, aber hinter der Vagina carotica (mit N. vagus) und kreuzt meist dorsal den Halssympathicus. Die arterielle Versorgung der Nebenschilddrüsen erfolgt über die A. thyroidea inferior.

Gefäßversorgung von Schilddrüse und Nebenschilddrüsen

2.5.3

Venen: Außer den gleichnamigen Venen, die in die V. jugularis interna münden, wird die Schilddrüse noch über den weitmaschigen Plexus thyroideus impar entsorgt, der in die linke V. brachiocephalica mündet (Abb. L-2.17b).

Bis auf die überwiegende arterielle Versorgung der Nebenschilddrüsen über die Arteria thyroidea inferior, entsprechen die Leitungsbahnen von Schilddrüse und Nebenschilddrüsen sich weitestgehend, sodass sie hier gemeinsam abgehandelt werden.

Arterielle Versorgung: Die Schilddrüse wird über zwei Arterien versorgt, die innerhalb der Drüse anastomosieren und zahlreiche Kollateralen mit Nachbargefäßen ausbilden (Abb. L-2.17a): ■ Die Arteria thyroidea superior aus der Arteria carotis externa (S. 973) versorgt den oberen vorderen Teil des jeweiligen Seitenlappens und den Isthmus. ■ Die Arteria thyroidea inferior entspringt aus dem Truncus thyrocervicalis (aus der A. subclavia) und verläuft vor dem medialen Rand des M. scalenus anterior und der A. vertebralis nach oben medial. Dabei liegt sie hinter der Vagina carotica bzw. dem N. vagus und meist dorsal vom Ganglion cervicale medium des Halsgrenzstrangs und zieht von dort zum Unterrand des Seitenlappens der Schilddrüse. Dort kreuzt sie teils von ventral, teils von dorsal den N. laryngeus recurrens oder bildet eine Schlinge um ihn. Auf der linken Seite wird die Arterie ventral vom Ductus thoracicus überkreuzt. Die arterielle Versorgung der Nebenschilddrüsen erfolgt im Wesentlichen über Äste der A. thyroidea inferior. Venöser Abfluss: Die Venen bilden ähnlich wie die Arterien ein weitmaschiges Netz an der Organoberfläche (Abb. L-2.17b). Sie sind sehr dünnwandig und weitlumig und können große Blutmengen aufnehmen. Sie führen Blut aus drei Bereichen der Schilddrüse ab: ■ Die Vena thyroidea superior entspricht der jeweiligen Arterie und zieht zur V. jugularis interna. ■ Die Venae thyroideae mediae entsorgen Blut aus den dorsalen Isthmus- und benachbarten Seitenlappenbereichen und ziehen ebenfalls zur V. jugularis interna. ■ Der Plexus thyroideus impar entspringt im ventralen Isthmus- und kaudalen Seitenlappenbereich und zieht (ggf. einschließlich einer V. thyroidea inferior) zur V. brachiocephalica sinistra.

935

L 2.5 Schilddrüse und Nebenschilddrüsen

⊙ L-2.17

Blutgefäße und Nerven in der Schilddrüsenregion

A. thyroidea superior

A. carotis externa

Membrana thyrohyoidea V. thyroidea superior

A. carotis interna

A. thyroidea inferior

N. vagus

V. laryngea superior V. jugularis interna Plexus thyroideus impar

V. thyroidea media

Truncus thyrocervicalis N. laryngeus recurrens dexter

V. subclavia

Ductus lymphaticus dexter N. laryngeus recurrens sinister

a

Ductus thoracicus

V. thyroidea inferior

V. brachiocephalica sinister V. cava superior

V. brachiocephalica dexter b

(Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

a Ansicht der Schilddrüse und ihrer Nachbarorgane mit Arterien und Nerven b sowie Venen von ventral.

Lymphabfluss: Der Lymphabfluss erfolgt über die regionalen Nodi lymphoidei thyroidei in die Nodi lymphoidei cervicales anteriores profundi (Abb. L-1.11). ▶ Klinik. Bei Operationen im Gebiet der Schilddrüse muss mit großer Sorgfalt vorgegangen werden. Bei der Unterbindung der A. thyroidea inferior besteht wegen der räumlichen Nähe die Gefahr der Verletzung des N. laryngeus recurrens mit der Folge einer Rekurrensparese (S. 928). Verletzungen der dünnwandigen Venen in diesem Bereich können zu größeren intraoperativen Blutverlusten führen. Zudem besteht bei ihrer Eröffnung die Gefahr einer Luftembolie (Gefäßverschluss durch Luftblasen) durch Ansaugen von Luft auf Grund des thorakalen Unterdrucks.

Innervation von Schilddrüse und Nebenschilddrüsen Die parasympathische und sensible Versorgung der Schilddrüse und Nebenschilddrüsen wird von Ästen des Nervus laryngeus superior und des Nervus laryngeus recurrens gewährleistet, die beide vom N. vagus stammen (Abb. L-2.17a). Die sympathische Innervation übernimmt ein periarterieller Plexus aus dem Halssympathikus. Die vegetative Innervation ist rein vasomotorisch (nicht sekretomotorisch).

2.5.4 Entwicklung von Schilddrüse und Nebenschilddrüsen Schilddrüse: Die Schilddrüsenanlage entsteht am embryonalen Mundboden und wächst als Ductus thyroglossalis nach kaudal in den Halsbereich bis in Höhe des 3. Trachealknorpels (Abb. L-2.18a). Dort teilt sich der Strang in zwei solide Epithelsprossen, die zu den Schilddrüsenlappen werden (mediale Schilddrüsenanlage). Von lateral sprosst Zellmaterial der 5. Schlundtasche (Ultimobranchialkörper, laterale Schilddrüsenanlage) in den Verbindungsteil (Isthmus) und die medialen Lappenanteile ein und verteilt sich dort als parafollikuläre oder helle oder C-Zellen. Während normalerweise Abkömmlinge der Schlundtaschen endodermaler Herkunft sind, wird beim Ultimobranchialkörper vermutet, dass er Material aus der Neuralleiste (S. 111) enthält. Der kraniale Abschnitt des Ductus thyroglossalis verödet bis auf die Ursprungsstelle am Zungengrund, die als Foramen caecum erhalten bleibt. Reste der Anlage können als Lobus pyramidalis erhalten bleiben. Akzessorisches Schilddrüsenmaterial kann auch an anderen Stellen des Halses liegen bleiben.

Lymphabfluss: Über regionäre Lymphknoten in die Nll. cervicales antt. profundi (Abb. L-1.11). ▶ Klinik.

Innervation von Schilddrüse und Nebenschilddrüsen Der N. vagus versorgt über den N. laryngeus superior und recurrens die Schilddrüse sensibel und parasympathisch (Abb. L-2.17a). Sympathisch sind die perivaskulären Plexus aus dem Halssympathikus. Die vegetative Innervation ist rein vasomotorisch.

2.5.4

Entwicklung von Schilddrüse und Nebenschilddrüsen Schilddrüse: Eine mediale Schilddrüsenanlage entsteht aus dem Ductus thyroglossalis (Abb. L-2.18a), der in der Zungenanlage enspringt. Ihr lagern sich Zellen aus der lateralen Schilddrüsenanlage (Ultimobranchialkörper) an, die der Neuralleiste (S. 111) entstammen sollen. Als Lobus pyramidalis wird ein strangartiger Rest des Ductus thyroglossalis bezeichnet.

936 ⊙ L-2.18

L

2 Halsorgane

⊙ L-2.18

Entwicklung der Schilddrüse und Nebenschilddrüse

Paukenhöhle äußerer Gehörgang Tonsilla palatina

Tuba auditiva Foramen caecum

Nebenschilddrüsen, oberes Paar

Verlaufsrichtung des Ductus thyroglossalis

Nebenschilddrüsen, unteres Paar

Schilddrüse

Ultimobranchialkörper a

Foramen caecum Os hyoideum Lobus pyramidalis Gl. thyroidea

Thymus b

Trachea

(Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

a Wanderungsbewegungen des Anlagematerials für die Schilddrüse aus dem Zungengrund und für die Nebenschilddrüsen aus den Schlundtaschen 3 und 4. b Mediane Halsfisteln (an der Halsoberfläche mündende Gänge) als Reste des Ductus thyroglossalis. (nach Sadler)

▶ Klinik.

Nebenschilddrüsen: Aus dem dorsalen Teil der 4. Schlundtasche entstehen die beiden oberen, aus der 3. Schlundtasche die beiden unteren Epithelkörperchen (Abb. L-2.18a und Tab. M-1.8). ▶ Klinik.

▶ Klinik. Verbliebene Anlagereste der Schilddrüse im Zungengrund bzw. Halsbereich haben eine Entartungstendenz und können sog. ektope gut- oder bösartige Schilddrüsentumoren bedingen.

Nebenschilddrüsen: Die dem oberen Pol der Seitenlappen der Schilddrüse angelagerten Nebenschilddrüsen entstammen in der Regel dem dorsalen Abschnitt der 4. Schlundtasche, die unteren aus dem entsprechenden Bereich der 3. Schlundtasche (Abb. L-2.18a und Tab. M-1.8). Sie begleiten den Deszensus des Thymus aus den ventralen Abschnitten der 3. Schlundtasche. ▶ Klinik. Die vom Foramen caecum ausgehenden Epithelstränge des Ductus thyro-

glossalis können unvollständig rückgebildet werden („persistieren“) und als mediane Halsfisteln ober- oder unterhalb des Zungenbeins bzw. benachbart zum Lobus pyramidalis (ebenfalls einem Rest des Ductus thyroglossalis) nahe der Mittellinie des Halses austreten (Abb. L-2.18b). Schließen sich die Fisteln, so können daraus mediane Halszysten (prall elastisch mit Flüssigkeit gefüllte Hohlräume) entstehen. Im Foramen caecum persistierendes Schilddrüsengewebe kann sich zur „Zungengrundstruma“ entwickeln und sogar maligne entarten. Von den medianen Halsfisteln und -zysten müssen die sich von den Schlundfurchen bzw. dem Sinus cervicalis ableitenden „lateralen“ Halsfisteln und -zysten unterschieden werden, die häufig am Vorderrand des M. sternocleidomastoideus münden (s. Abb. L-1.4).

Klinischer Fall: Gewichtsabnahme und Nervosität * * Fallbeispiel fiktiv, Namen und Daten frei erfunden

09:30 Frau Maria Struck, 32 Jahre, kommt in die Hausarztpraxis. M.S.: Frau Doktor. Mir geht es gar nicht gut. Seit einigen Wochen kann ich ganz schlecht schlafen. Ich bin immer so unruhig und nervös. Manchmal schlägt mein Herz wie wild, da bekomme ich richtig Angst und werde ganz zittrig. Und diese Wärme: mein Mann beschwert sich schon, dass ich ständig die Fenster aufreiße. Was ist bloß los mit mir?

09:55 09:45 Anamnese Nachdem die Patientin sich etwas beruhigt hat, berichtet sie mir außerdem, dass sie in letzter Zeit trotz ständigen Heißhungers 3 kg Gewicht verloren habe. Sie hat etwa 4mal am Tag Stuhlgang. Die Medikamentenund Familienanamnese ergibt keine Auffälligkeiten.

Körperliche Untersuchung Ich untersuche die normalgewichtige Patientin. Blutdruck und Puls sind leicht erhöht. Die Haut ist warm und etwas schweißig. Frau S. zittert an beiden Händen leicht. Die Schilddrüse ist sichtbar vergrößert und tastbar. Bei der Auskultation hört man über der Schilddrüse ein leises Schwirren. Mit der Verdachtsdiagnose Hyperthyreose überweise ich die Patientin zur niedergelassenen Endokrinologin.

2 Wochen später Blutabnahme (Normwerte in Klammern) • TSH < 0,02 mU/l (0,4 – 4 mU/l). • freies Thyroxin (fT3 und fT4) erhöht. Alle anderen Laborparameter sind im Normbereich. Autoantikörper gegen TSH-Rezeptoren und gegen Schilddrüsenperoxidase sind nicht nachweisbar.

12-Kanal-EKG Das EKG zeigt eine Sinustachykardie von 103/min. Vereinzelt kann man supraventrikuläre Extrasystolen erkennen.

Deutlich erkennbare Struma (aus Henne-Bruns, D., Düring, M., Kremer, B.: Duale Reihe Chirurgie. 2. Aufl., Deutlich erkennbare Struma (aus HenneThieme, 2012) Bruns, D., Düring, M., Kremer, B.: Duale Reihe Chirurgie. 2. Aufl., Thieme, 2012)

Sonografie der Schilddrüse Die Schilddrüse ist insgesamt vergrößert. Im Parenchym verteilt erkennt die Ärztin mehrere Knoten, die meist echoarm, also dunkel, zur Darstellung kommen. Die Ärztin vermutet eine funktionelle Schilddrüsenautonomie als Ursache für die Hyperthyreose und überweist Frau S. zu einem Nuklearmediziner.

1 Woche später

Technetium-Schilddrüsenszintigrafie Hier zeigt sich eine fokale Mehrbelegung der Schilddrüse bei ansonsten supprimiertem Schilddrüsengewebe. Der Befund passt zu einem autonomen Adenom.

5 Tage später Beginn der medikamentösen Behandlung Aufgrund der Laborwerte und der Szintigrafie wird die Diagnose „Struma multinodosa mit funktioneller Autonomie“ gestellt. Die Patientin wird mit Carbimazol (20 mg/d) behandelt. Unter dieser Therapie liegen die Schilddrüsenwerte dann im Normbereich.

Nach 1 Woche Frau S. wird nach Hause entlassen. Unter einer Hormonsubstitution mit 75µg Euthyrox ist sie vollkommen beschwerdefrei.

Subtotale Thyreoidektomie Die Operation verläuft ohne Komplikationen.

1 Jahr später Frau S. entschließt sich zur Operation Die Nebenwirkungen des Thyreostatikums (Haarausfall, Hautreaktionen) belasten Frau S. so sehr, dass sie sich zu einer operativen Entfernung der Schilddrüse entschließt.

Fragen mit anatomischem Schwerpunkt 1 2 3 4 5

Zu welchen Komplikationen kann es bei Patienten mit einer sehr großen Struma kommen? Zu welcher Komplikation hätte es bei Frau Struck im Rahmen der subtotalen Schilddrüsenresektion kommen können? Warum wird jeder Patient vor einer Operation an der Schilddrüse konsiliarisch zu einem HNO-Arzt geschickt? Welche Symptome treten bei ein- bzw. beidseitiger Lähmung des N. recurrens auf? Wieso ist es bei der körperlichen Untersuchung so wichtig, auf die Schluckverschieblichkeit der Schilddrüse zu achten? ! Antwortkommentare im Anhang

Kopf

1

Kopf – Schädel und mimische Muskulatur

2

Leitungsbahnen im Kopfbereich

3

Mundhöhle und Kauapparat

4

Nase und Nasennebenhöhlen

5

Auge – Sehorgan

6

Ohr – Hör- und Gleichgewichtsorgan

973

1003 1039

1049 1074

941

M

1

Kopf – Schädel und mimische Muskulatur

1.1 1.2 1.3 1.4

Schädel (Cranium) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Mimische Muskulatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Topografische Anatomie des oberflächlichen Kopfbereichs. Entwicklung des Kopfbereichs . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

. . . .

. . . .

. . . .

. . . .

. . . .

M . . . .

. . . .

941 959 964 965

G. Aumüller, G. Wennemuth

1.1

Schädel (Cranium)

1.1.1 Funktion und Gliederung des Schädels Funktion: Für die im Bereich des Kopfes (Caput) gelegenen entscheidenden Zentren des Organismus (Gehirn und Sinnesorgane einerseits, Eingänge in die Speise- und Atemwege andererseits) spielt der Schädel (Cranium) eine entscheidende Rolle: Seine insgesamt 17 Einzelknochen bilden zum einen die schützende Hülle für das Gehirn, zum anderen Hohlräume, die mit der Umgebung in Verbindung stehen und darüber nicht nur die Aufnahme lebenswichtiger Substrate über Atemluft und Nahrung, sondern auch die der Sinnesreize ermöglichen. Der Schädel bildet im Hinblick auf die Orientierung des Kopfes (mit den Sinnesorganen) im Raum sowie z. T. auch entwicklungsgeschichtlich eine funktionelle Einheit mit der Halswirbelsäule (S. 253). Ihre Verbindung über die Kopfgelenke wird im gleichlautenden Kapitel (S. 264) dargestellt. Gliederung: Man unterscheidet am knöchernen Schädel zwei Anteile (Abb. M-1.1), die nach den entscheidenden dort gelegenen Strukturen benannt sind: ■ Hirnschädel (Neurocranium) und ■ Gesichtsschädel (Splanchno- oder Viscerocranium).

⊙ M-1.1

Gliederung des Schädels

Knochen des Hirn- (grau) und Gesichtsschädels (orange) in der Ansicht von links-lateral. (Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

1.1

Schädel (Cranium)

1.1.1

Funktion und Gliederung des Schädels Funktion: Die insgesamt 17 Einzelknochen des Schädels bilden eine Hülle für das Gehirn und mit der Umgebung in Verbindung stehende Hohlräume für Sinnesorgane und Eingänge von Speise- und Atemwegen. Somit spielt er eine bedeutende Rolle für die im Kopf (Caput) gelegenen entscheidenden Zentren des Organismus. Schädel und Halswirbelsäule bilden eine funktionelle Einheit. Vergleiche Halswirbelsäule (S. 253) und Kopfgelenke (S. 264).

Gliederung: Man unterscheidet (Abb. M-1.1): Hirnschädel (Neurocranium) und ■ Gesichtsschädel (Splanchno- oder Viscerocranium). ■

⊙ M-1.1

942

M

▶ Exkurs: Phylogenetische Aspekte zum Schädel.

▶ Exkurs: Phylogenetische Aspekte zum Schädel. In der Entwicklung der Wirbeltierreihe hat sich mit dem aufrechten Gang bei den höheren Primaten das Lage-, Proportions- und Funktionsverhältnis von Hirn- und Gesichtsschädel verändert: ■ Abknickung der Schädelbasis, ■ Winkelung der Hirnachsen, ■ Frontalstellung der Augen, ■ Reduktion von Kauapparat und Riechorgan sowie ■ Zunahme des Hirnvolumens. Stammesgeschichtlich altes Anlagematerial (Schlundbögen, Schlundfurchen und Schlundtaschen) wurde für Neuentwicklungen (S. 968) genutzt (z. B. das primäre Kiefergelenk zur Entwicklung der Gehörknöchelchen). Damit wurde Anlagematerial aus dem Hals- in den Kopfbereich verlagert und macht daher die Abgrenzung von Kopf und Hals fließend; z. B. wird der Mundboden oft dem Hals zugerechnet.

Die zahlreichen Einzelheiten der Schädelknochen lassen sich am besten anhand der Tab. M-1.1 und Tab. M-1.4 zusammen mit Abb. M-1.2 und eines Modells erlernen.

Zum Lernen der Anteile, Öffnungen und Oberflächenstrukturen der einzelnen Schädelknochen eignet sich neben einem Modell am besten die Kombination von Abbildungen, die sie in ihrem Verbund (Abb. M-1.2) darstellen mit solchen, auf denen die kompliziert aufgebauten Knochen einzeln sichtbar sind (integriert in Tab. M-1.1 und Tab. M-1.4). Auf eine ausführliche Beschreibung wurde daher zugunsten der Tab. M-1.1 und Tab. M-1.4 bewusst verzichtet.

⊙ M-1.2

1 Kopf – Schädel und mimische Muskulatur

Schädel mit seinen einzelnen Knochen Os nasale

Incisura frontalis

Foramen supraorbitale

Os frontale Margo supraorbitalis

Os parietale Os sphenoidale: – Ala minor – Ala major

Os temporale

Os frontale

Sutura Os parietale coronalis Sutura squamosa Proc. mastoideus

Foramen supraorbitale Os ethmoidale Os nasale Apertura piriformis Os lacrimale Os zygoOs zygomaticum maticum Foramen Foramen infraorbitale infraorbitale Maxilla Maxilla Margo infraorbitalis

Orbita Os ethmoidale: – Concha nasalis media –Lamina perpendicularis Concha nasalis inferior Vomer Spina nasalis anterior Mandibula

Sutura sphenoparietalis Sutura sphenofrontalis Os sphenoidale, Ala major Sutura sphenosquamosa

Mandibula

Dentes Foramen mentale

a

Sutura lambdoidea

b

Proc. styloideus

Porus acusticus externus

Os parietale Sutura lambdoidea

Os temporale: – Pars squamosa – Pars petrosa

Os occipitale Linea nuchalis suprema Linea nuchalis superior Linea nuchalis inferior

Protuberantia occipitalis externa

Vomer Os palatinum

Os sphenoidale, Proc. pterygoideus

Foramen mandibulae Mandibula

c (Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

a Ansicht von frontal, b lateral c und dorsal mit farblicher Hervorhebung der einzelnen Schädelknochen.

Maxilla, Proc. palatinus Foramen incisivum Dentes

Os occipitale Os temporale: – Pars petrosa – Pars squamosa – Pars tympanica

M

≡ M-1.1

1.1 Schädel (Cranium)

943

Knochen des Neurokraniums

Abschnitte

Fortsätze/Erhebungen

Einsenkungen/Öffnungen

Os frontale (Stirnbein) Squama frontalis ■





Facies externa

Facies temporalis

Facies interna



Tuber frontale



Foramen supraorbitale/Incisura supraorbitalis



Arcus superciliaris



Foramen frontale/Incisura frontalis



Glabella



Margo supraorbitalis



Processus zygomaticus, (angrenzend an die Sutura frontozygomatica)



Margo parietalis



Linea temporalis



Crista frontalis



Foramen caecum



Sulcus sinus sagittalis superioris



Impressiones gyrorum

Partes orbitales ■

Facies orbitalis



Incisura ethmoidalis



Margo sphenoidalis (dorsal)



Fossa glandulae lacrimalis



Fovea trochlearis



Foramen ethmoidale anterius (S. 1050) u. posterius

Pars nasalis ■

Spina nasalis ossis frontalis



Incisura ethmoidalis (dorsal)



Septum sinuum frontalium



Apertura sinus frontalis



Sulcus arteriae temporalis mediae



Fossa mandibularis mit Facies articularis (unterhalb des Proc. zygomaticus gelegen und daher hier mit aufgeführt)



Sulci arteriae meningeae mediae



Foramen lacerum*/Fissura sphenopetrosa



Canalis caroticus*



Canaliculi caroticotympanici



Canalis musculotubarius*



Sulcus sinus petrosi inferioris



Porus u. Meatus acusticus internus* mit Canalis nervi facialis*



Fossa subarcuata



Canaliculus vestibuli mit seiner Öffnung (Apertura canaliculi vestibuli)*

Sinus frontalis Os temporale (Schläfenbein) Pars squamosa ■



Facies temporalis



Processus zygomaticus mit Tuberculum articulare

Facies cerebralis

Pars petrosa (Felsenbein) ■



Apex partis petrosae (Spitze)

Innenfläche:



Processus intrajugularis

– Facies posterior (Hinterfläche)









Foramen jugulare* mit Incisura jugularis

Innenfläche:



Eminentia arcuata



Impressio trigeminalis

– Facies anterior (Vorderfläche)



Tegmen tympani



Hiatus canalis/Sulcus nervi petrosi majoris



Margo superior mit Sulcus sinus petrosi superioris



Hiatus canalis/Sulcus nervi petrosi minoris

Außenfläche



Processus mastoideus (Warzenfortsatz)



Sulcus arteriae occipitalis



Incisura mastoidea



Foramen mastoideum



Foramen stylomastoideum*



Fossa jugularis



Canaliculus mastoideus*



Foramen jugulare*



Fossula petrosa



Canaliculus tympanicus*



Canaliculus cochleae mit Öffnung (Apertura canaliculi cochleae)*



Cavitas tympani = Paukenhöhle (S. 1078)

Facies inferior (Unterfläche)



Processus styloideus (Griffelfortsatz; entwicklungsgeschichtlich: Viszerokranium)

944

M

≡ M-1.1

1 Kopf – Schädel und mimische Muskulatur

Knochen des Neurokraniums (Fortsetzung)

Abschnitte

Fortsätze/Erhebungen

Einsenkungen/Öffnungen

Pars tympanica (entwicklungsgeschichtlich: Viszerokranium) ■

Spinae tympanicae major und minor



Porus u. Meatus acusticus externus (S. 1076)



Vagina processus styloidei



Sulcus tympanicus



Fissura petrotympanica*



Fissura petrosquamosa



Fissura tympanosquamosa



Fissura tympanomastoidea

zwischen verschiedenen Anteilen gelegene Strukturen

Facies Pars squamosa temporalis

Porus acusticus externus

Meatus acusticus externus

Fossa mandibularis Tuberculum articulare

Pars petrosa

Proc. zygomaticus Fissura petrotympatica

a

Proc. styloideus

Foramen mastoideum Pars tympanica

Fissura tympanomastoidea Proc. mastoideus

Proc. zygomaticus

Fossa mandibularis Pars tympanica

Tuberculum articulare Porus acusticus externus Pars squamosa Proc. mastoideus Incisura mastoidea

Canalis carotis Proc. styloideus Fossa jugularis Foramen stylomastoideum

Pars squamosa

Porus acusticus internus

Sulcus sinus sigmoidei

Pars petrosa Foramen mastoideum

b

Sulcus arteriosus

Proc. zygomaticus Apex partis petrosae

Foramen mastoideum

c

Pars tympanica

Proc. styloideus

Pars petrosa

Os temporale Ansicht des Schläfenbeins von links-lateral (a), kaudal (b) und medial (c) mit Einfärbung seiner drei Anteile, deren Herkunft sich entwicklungsgeschichtlich unterscheidet. (Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

Os parietale (Scheitelbein) ■





Facies externa (Außenseite)



Linea temporalis superior u. inferior



Tuber parietale

Facies interna (Innenseite)

Grenzflächen zu angrenzenden Schädelknochen



Margo sagittalis (zur Sutura sagittalis)



Margo frontalis (zur Sutura coronalis)



Margo occipitalis (zur Sutura lambdoidea)



Margo squamosa (zur Sutura squamosa)



Foramen parietale



Sulcus sinus sagittalis superioris



Sulcus sinus sigmoidei



Foveolae granulares



Foramen magnum*

Os occipitale (Hinterhauptsbein) Pars basilaris Partes laterales



Clivus (okzipitaler Anteil)



Tuberculum pharyngeum (außen)



Condyli occipitales



Foramen magnum*



Tuberculum jugulare



Fossa condylaris mit Canalis condylaris (inkonstant)



Processus jugularis



Canalis nervi hypoglossi*



Protuberantia occipitalis externa



Foramen magnum*



Linea nuchalis inferior, superior und suprema



Protuberantia occipitalis interna



Sulcus sinus sagittalis superioris



Crista occipitalis interna



Sulcus sinus transversi



Sulcus sinus occipitalis



Sulcus sinus marginalis



Fossae cerebralis und cerebellaris

Squama occipitalis ■



Facies externa Facies interna

M

≡ M-1.1

945

1.1 Schädel (Cranium)

Knochen des Neurokraniums (Fortsetzung)

Abschnitte

Fortsätze/Erhebungen

Eminentia cruciformis

Einsenkungen/Öffnungen Canalis nervi hypoglossi

Sulcus sinus sagittalis superioris

Foramen magnum Canalis condylaris

Sulcus sinus transversi Canalis condylaris Foramen magnum

Pars basilaris

a

Pars basilaris

Condylus occipitalis

b

Canalis nervi hypoglossi

Linea nuchalis suprema

Linea nuchalis superior

Squama occipitalis

Foramen magnum

Linea nuchalis inferior

Crista occipitalis externa

Proc. jugularis

Tuberculum pharyngeum

Protuberantia occipitalis externa

c

Os occipitale Ansicht des Hinterhauptbeins von der Schädelinnenfläche (a), kaudal (b) und links-lateral (c).

Canalis condylaris Proc.jugularis

(Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

Os sphenoidale (Keilbein) Corpus ■

Crista sphenoidalis mit Rostrum sphenoidale



Sulcus caroticus mit Lingula sphenoidalis



Jugum sphenoidale



Fossa hypophysialis



Sella turcica (Türkensattel)





Tuberculum sellae (Sattelknopf) (mit Processus clinoidei medii)

Sinus sphenoidales mit Apertura sinus sphenoidalis und Septum sinuum sphenoidalium



Dorsum sellae (Sattellehne) mit Processus clinoidei posteriores



Clivus (sphenoidaler Anteil)



Sutura sphenofrontalis



Canalis opticus*



Processus clinoidei anteriores



Fissura orbitalis superior*



Foramen rotundum*



Foramen ovale*



Foramen spinosum* mit Spina ossis sphenoidalis



Foramen lacerum*



Fossa pterygopalatina



Fissura pterygomaxillaris



Fissura orbitalis inferior*

Alae minores

Alae majores ■







Facies cerebralis

Facies temporalis



Crista infratemporalis



Margo squamosa

Facies maxillaris Facies orbitalis

Processus pterygoidei

Ala minor



Lamina lateralis



Canalis pterygoideus*



Lamina medialis mit Hamulus pterygoideus



Fossa pterygoidea



Fossa scaphoidea (an Lamina medialis)



Incisura pterygoidea

Canalis Jugum opticus sphenoidale

Fissura orbitalis superior

Ala major Foramen rotundum Proc.clinoideus anterior

Foramen ovale Foramen spinosum

a

Sella turcica

Fossa hypophysalis

Ala minor

Canalis opticus

Proc.clinoideus posterior

Proc. clinoideus anterior

Ala major, Facies cerebralis Foramen rotundum

Canalis pterygoideus

Proc.clinoideus posterior

b

Fossa pterygoidea

Fissura orbitalis superior

Spongiosabälkchen Dorsum sellae

Os sphenoidale Ansicht des Keilbeins von oben (a) und hinten (b).

Lamina lateralis Proc. pterygoideus Lamina medialis

(Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

Os ethmoidale (Siebbein) Lamina cribrosa



Foramina cibrosa

Die zum Gesichtsschädel zählenden Anteile des Os ethmoidale sind in Tab. M-1.1 aufgeführt. * Die Strukturen, die diese Öffnungen durchziehen, werden in Abb. M-1.6, Abb. M-1.7 und Abb. M-1.8 beschrieben. Foramina und Fissuren, die zwischen angrenzenden Knochen liegen, sind ebenfalls nicht hier, sondern in den angegebenen Abbildungen mit den hindurchtretenden Strukturen aufgeführt.

946

M

1.1.2

1.1.2 Hirnschädel (Neurocranium)

Hirnschädel (Neurocranium)

1 Kopf – Schädel und mimische Muskulatur

Das Neurokranium wird aus den in Tab. M-1.1 genannten Knochen sowie den Ossicula auditoria (Tab. M-1.2) gebildet. Es besteht aus der Schädelkalotte (Calvaria, Schädeldach) und der Schädelbasis (Basis cranii), die die Schädelhöhle (Cavitas cranii) umschließen.

Das Neurokranium setzt sich zusammen aus der Schädelkalotte (Calvaria, Schädeldach) und der Schädelbasis (Basis cranii), die gemeinsam die Schädelhöhle (Cavitas cranii) umschließen. An seiner Bildung sind folgende z. T. paarig angelegte Knochen beteiligt (Tab. M-1.1): ■ Stirnbein (Os frontale), unpaar, ■ Schläfenbein (Os temporale), paarig, ■ Scheitelbein (Os parietale), paarig, ■ Hinterhauptsbein (Os occipitale), unpaar, ■ Keilbein (Os sphenoidale), unpaar, und ■ vom unpaaren Siebbein, sog. Os ethmoidale (S. 956), die Lamina cribrosa. Funktionell und topografisch sind auch die Gehörknöchelchen (Ossicula auditoria) hier zu nennen, die entwicklungsgeschichtlich dem Gesichtsschädel zuzurechnen sind. Sie umfassen Hammer (Malleus), Amboss (Incus) und Steigbügel (Stapes) und werden bei Beschreibung des Ohres besprochen (Tab. M-1.2).

Schädeldach (Calvaria)

Schädeldach (Calvaria)

Abschnitte: Die Ossa parietalia, Squamae ossis frontalis und occipitalis und die Pars squamosa des Os temporale bilden die Schädelkalotte (Abb. M-1.3).

Abschnitte: Das Schädeldach (Abb. M-1.3), auch als Schädelkalotte bezeichnet, setzt sich zusammen aus ■ Ossa parietalia, ■ Squama ossis frontalis, ■ Squama ossis occipitalis und ■ Pars squamosa des Os temporale. Gelegentlich kommen Zusatzknochen (Ossa suturalia) vor.

Wichtige Schädelnähte: (Suturae) sind in Tab. M-1.2 dargestellt.

Wichtige Schädelnähte: Wie die übrigen Schädelknochen auch, sind die des Schädeldachs durch Schädelnähte (Suturae) verbunden. Diese Nahtverbindungen sind nach den jeweils benachbarten Knochen benannt und verknöchern z. T. erst lange nach der Geburt (Tab. M-1.2).

⊙ M-1.3

Schädeldach

Sinus frontalis Crista frontalis Sulcus sinus sagittalis superioris

Os frontale Os frontale

Sutura coronalis Os parietale Sutura sagittalis

Sulci arteriosi Os parietale

Foveolae granulares

b

a Foramen parietale

Os occipitale

Sutura lambdoidea

Sulcus sinus sagittalis superioris

Die Pars squamosa ossis temporalis ist durch ihre tiefere seitliche Lage in diesen Darstellungen nicht sichtbar. (Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

a Knochen des Schädeldachs in der Ansicht von außen oben b und innen.

Foramen parietale

M

≡ M-1.2

947

1.1 Schädel (Cranium)

Lage und Verknöcherungszeitpunkte wichtiger Schädelnähte (Suturae)

Schädelnaht

Lage

Verknöcherungszeitpunkt

Sutura sagittalis (Pfeilnaht)

zwischen beiden Ossa parietalia

zwischen 20. und 30. Lebensjahr

Sutura coronalis (Kranznaht)

zwischen Os frontale und den Ossa parietalia

zwischen 30. und 40. Lebensjahr

Sutura lambdoidea (Lambdanaht)

zwischen Os occipitale und beiden Ossa parietalia

zwischen 40. und 50. Lebensjahr

Impressionen und Öffnungen: An der Innenfläche der Calvaria hinterlassen die Blutgefäße Einkerbungen als Sulci arteriosi durch die Aa. meningeae (S. 1164) bzw. als Sulcus sinus sagittalis superioris und transversi durch einen Sinus durae matris (S. 1167). Dort finden sich auch venenführende Öffnungen (Emissarien), die alle drei Schichten (s. u.) der Kalotte durchbrechen. Zu weiteren Strukturen s. Tab. M-1.1.

Impressionen und Öffnungen: Gefäße bedingen Sulci arteriosi bzw. einen Sulcus sinus sagittalis superioris und transversi. Venöse Durchlässe durch die platten Schädelknochen heißen Emissarien. Zu weiteren Strukturen s. Tab. M-1.1.

Feinbau: Die platten Knochen der Calvaria bestehen aus einer als Lamina interna bzw. Lamina externa bezeichneten inneren und äußeren Kompakta. Dazwischen liegt die hier Diploe genannte Spongiosa mit blutbildendem Knochenmark und weiten Venen (Venae diploicae, Tab. M-2.3 mit Anschluss an die Emissarienvenen; Abb. M-1.4a). Die Lamina externa ist von Periost, die Lamina interna von Dura mater encephali bedeckt.

Feinbau: Die Kompakta besteht aus einer Lamina externa bzw. interna. Zwischen beiden liegt die Spongiosa (Diploe) mit den Venae diploicae (Tab. M-2.3). Das Periost bildet den äußeren, das innere Blatt der Dura mater encephali den inneren Überzug.

▶ Klinik. Lokale kleinflächige Gewalteinwirkungen auf die Kalotte (z. B. durch Ham-

▶ Klinik.

merschlag) führen häufig zu Impressionsfrakturen der platten Knochen, oft nur mit Splitterung der Lamina interna (Abb. M-1.4b), in schweren Formen auch mit begleitendem Hirnödem (S. 1116) oder epiduralen Blutungen. Bei breitflächiger Gewalteinwirkung auf die Kalotte (z. B. Sturz auf den Kopf) kann es zu Berstungsbrüchen kommen, die durch Kraftübertragung v. a. die Schädelbasis (S. 958) betreffen und je nach dortiger Lokalisation sehr unterschiedliche Symptome hervorrufen können.

⊙ M-1.4

⊙ M-1.4

Feinbau der Knochen des Schädeldachs Vv. diploicae

V. emissaria

Kopfschwarte

Lamina externa Diploe

Sinus durae matris

a

Lamina interna

b

(Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

a Schnitt durch das von der Kopfschwarte bedeckte Schädeldach. b Bei kleinflächiger Gewalteinwirkung ist die dünne Lamina interna besonders gefährdet.

Schädelbasis (Basis cranii)

Schädelbasis (Basis cranii)

An der Schädelbasis unterscheidet man eine innere (Basis cranii interna) und eine äußere (Basis cranii externa) Fläche, die durch zahlreiche Öffnungen verbunden sind. Hierdurch zieht eine Vielzahl von Leitungsbahnen, um das Schädelinnere zu erreichen bzw. zu verlassen (Abb. M-1.8). Die Knochen der Schädelbasis sind teilweise pneumatisiert, d. h. durch ein Hohlraumsystem innen ausgehöhlt.

Man unterscheidet eine innere und äußere Schädelbasis (Basis cranii interna und externa), die durch zahlreiche Öffnungen für Leitungsbahnen in Verbindung stehen (Abb. M-1.8). Die Knochen der Schädelbasis sind teilweise pneumatisiert.

Basis cranii interna

Basis cranii interna

Die Innenfläche der Schädelbasis ist in eine vordere, mittlere und hintere Schädelgrube (Fossa cranii anterior, media und posterior) gegliedert, die stufenförmig von vorn nach hinten abfallend angeordnet sind (Tab. M-1.3).

In der inneren Schädelbasis liegen treppenartig hintereinander die Fossa cranii anterior, media und posterior (Tab. M-1.3).

948

M

⊙ M-1.5

1 Kopf – Schädel und mimische Muskulatur

⊙ M-1.5

Basis cranii interna

Os frontale Os ethmoidale, Crista galli

Os sphenoidale – Ala minor – Ala major

Fossa hypophysialis

Foramen spinosum Foramen lacerum

Os temporale: – Pars squamosa – Pars petrosa

Clivus Canalis nervi hypoglossi

Porus acusticus internus

Sulcus sinus sigmoidei

Foramen jugulare

Sulcus sinus transversi

Foramen magnum

Os occipitale

Os parietale Fossa cerebralis

Fossa cerebellaris

Knochen der Basis cranii interna in der Ansicht von oben. (Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

≡ M-1.3

Knochen mit Grenzen der Schädelgruben

Schädelgrube

Knochen

Anteil

Fossa cranii anterior (A)

Os frontale

Partes orbitales

Os ethmoidale

Lamina cribrosa

Os sphenoidale

Alae minores

Ansicht

Rostrum u. Jugum Grenze: Os sphenoidale: Alae minores (1) + Jugum sphenoidale (2) Fossa cranii media (B)

Os sphenoidale Os temporale

Alae majores Pars squamosa Pars petrosa (Felsenbein), Facies anterior

Grenze: Os sphenoidale: Dorsum sellae (3) + Os temporale: Margo superior partis petrosae (4) Fossa cranii posterior (C)

Os sphenoidale

Clivus (sphenoidaler Anteil)

Os temporale

Pars petrosa (Felsenbein), Facies posterior

Os occipitale

Pars basilaris Partes laterales

(Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

Fossa cranii anterior: Die vordere Schädelgrube wird von den Partes orbitales des Stirnbeins, der Lamina cribrosa des Siebbeins und dem Corpus ossis sphenoidalis gebildet. Die Alae minores ossis sphenoidalis trennt die vordere von der mittleren Schädelgrube.

▶ Merke.

Fossa cranii anterior: Die vordere Schädelgrube wird aus folgenden Knochen bzw. deren Anteilen gebildet: ■ Die Partes orbitales des Os frontale stellen die vorderen und seitlichen Anteile dar, ■ die Lamina cribrosa des Os ethmoidale bildet zusammen mit den Partes orbitales ossis frontalis den Boden und ■ das Rostrum und Jugum sphenoidale an der Vorderfläche des Corpus ossis sphenoidalis stellen zusammen mit den Alae minores des gleichen Knochens die Grenze zur mittleren Schädelgrube dar. ▶ Merke. Die vordere Schädelgrube bildet das Dach von Nasen- (S. 1040) und Au-

genhöhle (S. 1049). Außerdem liegen in ihr die Bulbi olfactorii (S. 1239) und die Frontallappen des Gehirns (S. 1133).

1.1 Schädel (Cranium)

949

In der Mitte der vorderen Schädelgrube liegt die Lamina cribrosa des Os ethmoidale. Durch ihre Foramina cribrosa ziehen die A. ethmoidalis anterior und die Fila olfactoria von der Nasenhöhle zu den der Siebbeinplatte anliegenden Bulbi olfactorii. Ein sagittal gelegener Knochenkamm, die Crista galli, die als Anheftungsstelle der Falx cerebri (S. 1151) dient, teilt die Lamina cribrosa in zwei Hälften und setzt sich in die Crista frontalis des Os frontale fort. Am Übergang der Crista galli in die Crista frontalis liegt beim Kind ein Emissarium als Verbindung zur Nasenhöhle, das sich später zum Foramen caecum schließt. Die Oberfläche der Fossa cranii anterior zeigt durch flache Leisten getrennte Eindrücke (Impressiones gyrorum), die durch den Druck der Frontallappen auf die dünnen Knochenlamellen entstehen.

Die Oberfläche der vorderen Schädelgrube zeigt komplementär zur Hirnoberfläche Impressiones gyrorum. Medial liegt, getrennt durch die Crista galli, der Anheftungsstelle der Falx cerebri (S. 1151), die Lamina cribrosa des Siebbeins mit den Bulbi olfactorii und den Fila olfactoria. Vor der Crista galli liegt das Foramen caecum.

Fossa cranii media: Die mittlere Schädelgrube setzt sich aus folgenden Anteilen zusammen: ■ Die Alae majores des Os sphenoidale bilden zusammen mit der ■ Pars squamosa des Os temporale den Boden. ■ Die Margo superior der Pars petrosa ossis temporalis stellt die Grenze zur hinteren Schädelgrube dar (s. Tab. M-1.3).

Fossa cranii media: Os temporale und Os sphenoidale bilden die knöcherne Grundlage. Die Pars petrosa ossis temporalis grenzt die mittlere von der hinteren Schädelgrube ab.

M

▶ Merke. In der mittleren Schädelgrube liegen die Temporallappen des Gehirns und

▶ Merke.

in ihrer Fossa hypophysialis die Hypophyse. Die Fossa cranii media wird durch das Corpus ossis sphenoidalis mit der Sella turcica (Türkensattel) in zwei Hälften geteilt. In diesem Bereich befinden sich mehrere Öffnungen: Canalis opticus, Fissura orbitalis superior und die Foramina rotundum, ovale und spinosum (Abb. M-1.6). Die Sella turcica enthält mit der Fossa hypophysialis (Hypophysengrube) eine Vertiefung für die gleichnamige Hirnanhangsdrüse. Sie wird flankiert von der Ala major des Keilbeins und der Pars squamosa des Schläfenbeins.

⊙ M-1.6

Mittig liegt die Sella turcica des Keilbeinkörpers mit der Fossa hypophysialis. Sie wird flankiert von der Ala major des Keilbeins und der Pars squamosa des Schläfenbeins. Der Boden enthält zahlreiche Öffnungen (Abb. M-1.6).

Öffnungen der Schädelbasis mit durchtretenden Strukturen* (Teil I)

Öffnung/Kanal

Lokalisation

verbundene Räume

Os ethmoidale

Fossa cranii anterior – Cavitas nasi

durchtretende Strukturen

Basis cranii interna Fossa cranii anterior: Lamina cribrosa mit Foramina cribrosa

Fila olfactoria (in der Summe N. olfactorius = I. Hirnnerv) N. ethmoidalis anterior A. ethmoidalis anterior

Fossa cranii media: Canalis opticus

Ala minor ossis sphenoidalis

Fissura orbitalis superior

zwischen Ala major und Ala minor ossis sphenoidalis

Foramen rotundum Foramen ovale

N. opticus (II) A. ophthalmica (Ast der A. carotis interna) Fossa cranii media – Orbita

Fossa cranii media – Fossa pterygopalatina

zwischen Os sphenoidale und Pars petrosa ossis temporalis am dorsalen Rand des Foramen lacerum

N. maxillaris (V2, dorsal vom anhängenden Ganglion pterygopalatinum) N. mandibularis (V3) Plexus venosus foraminis ovalis

Ala major ossis sphenoidalis

Foramen spinosum Fissura sphenopetrosa

N. oculomotorius (III) N. trochlearis (IV) N. ophthalmicus (V1) N. abducens (VI) V. ophthalmica superior

Fossa cranii media – Fossa infratemporalis

R. meningeus des N. mandibularis (V3) A. meningea media (Ast der A. maxillaris) N. petrosus minor

* Die Öffnungen, die sowohl von der Innen- als auch von der Außenseite der Schädelbasis aus sichtbar sind, werden hier lediglich bei der Basis cranii interna aufgeführt.

950 ⊙ M-1.7

M

1 Kopf – Schädel und mimische Muskulatur

Öffnungen der Schädelbasis mit durchtretenden Strukturen* (Teil II)

Öffnung/Kanal

Lokalisation

verbundene Räume

Foramen lacerum

zwischen Ala major ossis sphenoidalis und Pars petrosa ossis temporalis (mit Faserknorpel ausgefüllt)

Fossa cranii media – Öffnung des Canalis pterygoideus

Nn. petrosus major und profundus (weiterer Verlauf im Canalis pterygoideus)

Canalis caroticus

Os temporale: – vor Fossa jugularis (Apertura externa) – Apex partis petrosae ossis temporalis (Apertura interna)

Basis cranii externa – Fossa cranii media

A. carotis interna Plexus caroticus internus

mit Canaliculi caroticotympanici

Pars petrosa ossis temporalis (Abzweigung des Canalis caroticus)

Canalis caroticus – Cavitas tympani

Nn. caroticotympanici (sympathisch)

Cavitas tympani – Fossa cranii media

N. petrosus major (präganglionärer parasympathischer Ast des N. facialis)

Os temporale: Facies anterior partis petrosae

Canalis nervi facialis – Fossa cranii media

N. petrosus minor (präganglionärer parasympathischer Ast des N. glossopharyngeus) A. tympanica superior (Ast der A. meningea media)

Facies posterior partis petrosae ossis temporalis

Fossa cranii posterior 1. → Auris interna (Meatus acusticus internus)

N. vestibulocochlearis (VIII) A. und V. labyrinthi

2. → Foramen stylomastoideum (Canalis nervi facialis)

N. facialis (VII)

Saccus endolymphaticus (subdural)

Hiatus canalis nervi petrosi majoris Hiatus canalis nervi petrosi minoris

durchtretende Strukturen

Fossa cranii posterior: Porus acusticus internus

Apertura canaliculi vestibuli

Os temporale zwischen Porus acusticus internus und Sulcus sinus sigmoidei

Fossa cranii posterior– Auris interna

Foramen jugulare

zwischen Pars petrosa ossis temporalis und Pars lateralis ossis occipitalis

Fossa cranii posterior– Basis cranii externa (Fossa jugularis)

Canalis nervi hypoglossi

Öffnung an der Basis der Condyli occipitales

Fossa cranii posterior– Basis cranii externa

N. hypoglossus (XII) Plexus venosus canalis nervi hypoglossi

Foramen magnum

Os occipitale

Fossa cranii posterior – Rückenmarkskanal

Medulla spinalis mit Rückenmarkshäuten aufsteigende Radix spinalis des N. accessorius (XI) Aa. vertebrales (mit Rr. meningei), A. spinalis anterior und posterior

im vorderen, kleineren Abschnitt: N. glossopharyngeus (IX) Sinus petrosus inferior im hinteren, größeren Abschnitt: N. vagus (X) N. accessorius (XI) V. jugularis interna A. meningea posterior

* Die Öffnungen, die sowohl von der Innen- als auch von der Außenseite der Schädelbasis aus sichtbar sind, werden hier lediglich bei der Basis cranii interna aufgeführt.

Zur A. tympanica superior siehe auch Gefäßversorgung des Mittelohrs (S. 1083).

M

⊙ M-1.8

951

1.1 Schädel (Cranium)

Öffnungen der Schädelbasis mit durchtretenden Strukturen* (Teil III)

Öffnung/Kanal

Lokalisation

verbundene Räume

durchtretende Strukturen

Basis cranii externa vorderer Abschnitt: Fossa incisiva, Foramen palatinum majus, Foramina palatina minora mittlerer Abschnitt: Fissura orbitalis inferior

Fossa pterygopalatina – zwischen Ala major ossis sphenoidalis und Pars orbitalis Orbita maxillae

Canalis pterygoideus

zieht durch die Wurzel des Processus pterygoideus

Foramen lacerum – Fossa pterygopalatina

N. petrosus major (parasympathischer Ast des N. facialis) N. petrosus profundus (sympathische Fasern aus dem Plexus caroticus)

Fissura petrotympanica (Glaser-Spalte)

Os temporale zwischen Pars petrosa und Pars tympanica, dorsomedial der Fossa mandibularis

Canalis nervi facialis – Fossa infratemporalis

Chorda tympani A. tympanica anterior

Canaliculus mastoideus

Fossa jugularis (Pars petrosa ossis temporalis)

R. auricularis n. vagi Basis cranii externa – Meatus acusticus externus (sensibler Ast des N. vagus, X)

Canaliculus tympanicus

Fossula petrosa (Os temporale Basis cranii externa – zwischen Fossa jugularis Cavitas tympanica und Apertura externa canalis carotici)

N. tympanicus (parasympathischer Ast des N. glossopharyngeus, IX)

Apertura externa canaliculi cochleae

Os temporale nahe der Fossula Basis cranii externa – petrosa Auris interna

Aqueductus cochleae

Foramen stylomastoideum

Os temporale zwischen Proc. mastoideus und Proc. styloideus

Öffnung des Canalis n. facialis (s. o.)

N. facialis (VII) A. stylomastoidea

Basis cranii externa – Cavitas tympanica

M. tensor tympani im kranial gelegenen Semicanalis m. tensoris tympani Tuba auditiva im kaudal gelegenen Semicanalis tubae auditivae

Canalis musculotubarius Os temporale: Eingang vor der Apertura externa canalis carotici

N. infraorbitalis, N. zygomaticus, (Äste aus V2) A. infraorbitalis (Ast der A. maxillaris), V. ophthalmica inferior

hinterer Abschnitt: Canalis condylaris

Condyli occipitales

Fossa condylaris – Diploe V. emissaria condylaris

Foramen mastoideum

Os temporale; dorsal von Proc. mastoideus

Basis cranii externa – Sulcus sinus sigmoidei

V. emissaria

* Die Öffnungen, die sowohl von der Innen- als auch von der Außenseite der Schädelbasis aus sichtbar sind, werden hier lediglich bei der Basis cranii interna aufgeführt.

Für Strukturen des vorderen Abschnittes siehe auch Tab. M-1.5.

Fossa cranii posterior: Folgende Knochen bilden die Fossa cranii posterior: ■ Das Corpus des Os sphenoidale bildet den vorderen Abschnitt. ■ Die Facies posterior der Pars petrosa ossis temporalis begrenzt die Fossa cranii posterior nach vorne-seitlich. ■ Das Os occipitale bildet den Boden. ▶ Merke. In der hinteren Schädelgrube liegen Kleinhirn (S. 1116), Pons (S. 1112)

und Medulla oblongata (S. 1111).

Fossa cranii posterior: Sie wird von der Pars petrosa des Schläfenbeins und dem Corpus des Keilbeins sowie dem Os occipitale gebildet.

▶ Merke.

952

M

Die Verbindung des hinteren Keilbeinkörpers mit der Pars basalis des Os occipitale wird als Clivus bezeichnet. Öffnungen der hinteren Schädelgrube s. Abb. M-1.7.

Vom vorderen Rand des Foramen magnum zieht die Pars basalis des Os occipitale zum hinteren Abschnitt des Keilbeinkörpers (Dorsum sellae) und bildet so den Abhang (Clivus). Mit der äußeren Schädelbasis steht die Fossa cranii posterior über das Foramen jugulare und dem Canalis nervi hypoglossi in Verbindung, mit dem Innenohr über den Porus acusticus internus und die Apertura externus aquaeductus vestibuli (Abb. M-1.7). Sie endet am Sulcus sinus transversi und der Protuberantia occipitalis interna.

Basis cranii externa

Basis cranii externa

Die Basis cranii externa (Abb. M-1.9) wird ebenfalls in einen vorderen, mittleren und hinteren Abschnitt gegliedert.

Auch die äußere Schädelbasis (Basis cranii externa, Abb. M-1.9) wird in einen vorderen, einen mittleren und einen hinteren Abschnitt aufgegliedert, wobei der vordere Abschnitt strenggenommen dem Viszerokranium zuzurechnen ist.

⊙ M-1.9

1 Kopf – Schädel und mimische Muskulatur

⊙ M-1.9

Basis cranii externa

Knochen der Basis cranii externa von unten. (Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

Vorderer Abschnitt: Er besteht aus dem Palatum durum (aus dem Proc. palatinus maxillae und der Lamina horizontalis ossis palatini) mit dem Foramen palatinum majus, den Foramina palatina minora und der Fossa incisiva und dem Foramen incisivum.

▶ Merke.

Vorderer Abschnitt: Er wird vom harten Gaumen (Palatum durum) gebildet, der zu ¾ aus dem Processus palatinus der Maxilla (inkl. Os incisivum) und zu ¼ aus der Lamina horizontalis des Gaumenbeins besteht. Die Verschmelzungsstelle des Os incisivum mit der Maxilla wird durch die Fossa incisiva (mit Foramen incisivum) markiert. An der Kontaktstelle von Maxilla und Os palatinum liegen das Foramen palatinum majus und kleinere Foramina palatina minora (Tab. M-1.4). Der Gaumen endet dorsal an den Choanen, die die Verbindung zur Nasenhöhle darstellen. ▶ Merke. Der vordere Abschnitt der Basis cranii externa bildet den Boden der Na-

sen- und das Dach der Mundhöhle. Mittlerer Abschnitt: Der Proc. pterygoideus des Keilbeins mit der die Fossa pterygoidea begrenzenden Lamina medialis und lateralis schließt dorsal an das Gaumenbein an. Kranial liegen Ala major und Corpus ossis sphenoidalis und die Unterfläche der Pars petrosa ossis temporalis sowie seitlich die Pars squamosa und tympanica. Die Fossa articularis des Kiefergelenks weist vorne das Tuberculum articulare und hinten die Fissura petrotympanica (Glaser-Spalte) auf (Abb. M-1.8).

Mittlerer Abschnitt: Der mittlere Abschnitt schließt sich dorsal an das Os palatinum an. Die auffälligste Struktur ist der die Choanen flankierende Processus pterygoideus des Os sphenoidale. Er geht in zwei dünne Platten über (Lamina medialis und lateralis), die die flache Fossa pterygoidea begrenzen. Seitlich bzw. oberhalb der beiden Processus pterygoidei liegen Corpus und die paarige Ala major ossis sphenoidalis sowie die Unterfläche des Os temporale mit der Basis der Pars petrosa, dem Processus mastoideus, dem Processus styloideus und seitlich der Pars squamosa und der Pars tympanica. Medial des Processus styloideus ist die Fossa jugularis ausgeprägt. Eine wichtige Nahtstelle zwischen der Pars tympanica und der Pars squamosa ossis temporalis ist die Fissura petrotympanica (Glaser-Spalte) hinter der Fossa articularis des Kiefergelenks, durch die die Chorda tympani in Richtung N. lingualis zieht (Abb. M-2.18).

M

953

1.1 Schädel (Cranium)

Die zahlreichen Öffnungen mit den durchtretenden Leitungsbahnen sind in Abb. M-1.8 aufgelistet. ▶ Klinik.

▶ Klinik. Die perlschnurartig aufgereihten Öffnungen des Mittelbereichs der Schädelbasis bedingen eine gewisse Instabilität bei mechanischen Belastungen und geben damit den Verlauf von Frakturlinien (und ggf. Verletzungen der durchtretenden Leitungsbahnen) vor.

⊙ M-1.10

Schädelbasis mit Durchtrittsstellen für Leitungsbahnen und durchtretende Strukturen Lamina cribrosa

Canalis incisivus

Foramen palatinum majus

N. nasopalatinus, A. nasopalatina

N. palatinus major, A. palatina major

Fila olfactoria (I), A. ethmoidalis anterior, N. ethmoidalis anterior

Foramina palatina minora

Canalis opticus

N. palatinus minor, A. palatina minor

N. opticus, A. ophthalmica

Fissura orbitalis inferior Fissura orbitalis superior

A N. zygomaticus S N. infraorbitalis D A. infraorbitalis,

A V. ophthalmica F N. trochlearis superior G N. abducens S N. lacrimalis H N. oculoD N.ophthalmicus (V1)

V. ophthalmica inferior* Foramen lacerum

motorius

J N. nasociliaris

N. petrosus profundus, N. petrosus major

Foramen rotundum

D

N. maxillaris

A Foramen ovale N. mandibularis, Plexus venosus foraminis ovalis

A S

D

F

Canalis caroticus

S S D F H

A. meningea media, R. meningeus n. mandibularis

A. meningea media, R. meningeus n. mandibularis

S

G H J

A. carotis interna, Plexus caroticus internus Foramen spinosum

Foramen spinosum

Canalis caroticus A. carotis interna, Plexus caroticus internus

F S D G

A G

Fissura petrotympanica

A

A. tympanica anterior, Chorda tympani

H

Foramen stylomastoideum

A

N. facialis, A. stylomastoidea

Hiatus canalis n. petrosi minoris

G

N. petrosus minor, A. tympanica superior

H

S

A

F

Foramen jugulare

A V. jugularis interna S N. glossopharyngeus D N. vagus F N. accessorius G Sinus petrosus

D

Hiatus canalis n. petrosi majoris N. petrosus major

inferior

H A. meningea posterior

Porus acusticus internus A. u. V. labyrinthi

Foramen mastoideum

A N. vestibulocochlearis S N. facialis

V. emissaria Canalis nervi hypoglossi

Foramen jugulare

A V. jugularis interna

S N. glosso-

pharyngeus

D N. vagus

N. hypoglossus, Plexus venosus canalis n. hypoglossi

Foramen magnum

F N. accessorius G Sinus petrosus

A V. spinalis

D A. spinalis

G Radix spinalis

H A. meningea

S A. spinalis

F Medulla

H A. vertebralis

inferior

posterior

anterior

posterior spinalis

n. accessorii

Canalis condylaris V. emissaria condylaris

Schädelbasis in der Ansicht von innen (linke Bildhälfte) und außen (rechte Bildhälfte) mit wichtigen Durchtrittsstellen für Leitungsbahnen. * Die V. ophthalmica inferior ist bei dieser Darstellung verdeckt. (Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

954

M

Hinterer Abschnitt: Um das Foramen magnum liegen Abschnitte des Os occipitale. Die Condyli occipitales enthalten den Canalis nervi hypoglossi und je einen Canalis condylaris (Tab. M-1.1 und Abb. M-1.8).

Hinterer Abschnitt: Er wird vom Os occipitale mit der Pars basilaris, den paarigen Partes laterales mit den Condyli occipitales und der Squama occipitalis mit der Protuberantia occipitalis externa gebildet, die das Foramen magnum umfassen. Weitere Öffnungen in diesem Bereich sind die in den Condyli occipitales liegenden Canalis condylaris (Emissarium) und Canalis nervi hypoglossi (Tab. M-1.1 und Abb. M-1.8).

▶ Klinik.

1 Kopf – Schädel und mimische Muskulatur

▶ Klinik. Wie in anderen Bereichen der Schädelbasis sind durch Einwirkung großer

Kräfte auf die Kalotte (s. o.) auch Impressionsfrakturen der Umrandung des Foramen magnum möglich (z. B. beim Sturz auf den Kopf aus großer Höhe). Bei einem Sturz auf Beine oder Gesäß kann es zur Einrammung von Wirbelsäule und Umgebung des Foramen magnum in die hintere Schädelhöhle kommen. 1.1.3

Gesichtsschädel (Viscerocranium)

Das Viszerokranium setzt sich aus den in Tab. M-1.4 aufgeführten Knochen zusammen.

▶ Klinik.

≡ M-1.4

1.1.3 Gesichtsschädel (Viscerocranium) Das Viszerokranium setzt sich aus folgenden Knochen zusammen (Tab. M-1.4): Siebbein = Os ethmoidale (S. 956), bis auf Lamina cribrosa (s. Tab. M-1.1), unpaar, ■ Jochbein (Os zygomaticum), paarig, ■ Tränenbein (Os lacrimale), paarig, ■ Nasenbein (Os nasale), paarig, ■ untere Nasenmuschel (Concha nasalis inferior), paarig, ■ Pflugscharbein (Vomer), unpaar, ■ Oberkiefer (Maxilla), unpaar, ■ Gaumenbein (Os palatinum), paarig und ■ Unterkiefer (Mandibula), unpaar. ■

▶ Klinik. Impressionsfrakturen im Bereich des Viszerokraniums können z. B. auftreten bei einem Sturz auf die Nase (Einrammung der Crista galli in die vordere Schädelgrube) oder einem Sturz auf den Unterkiefer (Unterkieferkopf dringt in die Schädelhöhle ein).

Knochen des Viszerokraniums

Abschnitte

Fortsätze/Erhebungen

Einsenkungen/Öffnungen

Os zygomaticum (Jochbein) ■

Facies orbitalis



Processus frontalis



Foramen u. Canalis zygomaticoorbitalis



Facies temporalis



Processus temporalis



Foramen u. Canalis zygomaticotemporalis



Facies lateralis



Foramen u. Canalis zygomaticofacialis



Fossa sacci lacrimalis



Canalis nasolacrimalis



Meatus nasi inferior mit Öffnung des Canalis nasolacrimalis



Sulcus vomeris



Sinus maxillaris



Hiatus (semilunaris) maxillaris



Sulcus lacrimalis bildet mit Os lacrimale den Canalis nasolacrimalis (S. 1050)



Sulcus u. Canalis infraorbitalis



Fissura orbitalis inferior



Incisura nasalis



Fossa canina



Foramen infraorbitale*



Foramina alveolaria u. Canales alveolares



Sulcus u. Canalis palatinus major*

Os lacrimale (Tränenbein) ■

Crista lacrimalis posterior mit Hamulus lacrimalis

Os nasale (Nasenbein) ■

Sutura nasomaxillaris u. nasofrontalis

Concha nasalis inferior (untere Nasenmuschel) ■

Processus lacrimalis



Processus maxillaris



Processus ethmoidalis



Alae vomeris

Vomer (Pflugscharbein) Maxilla (Oberkiefer) Corpus maxillae ■







Facies nasalis

Facies orbitalis Facies anterior

Facies infratemporalis









Crista conchalis

Margo infraorbitalis Spina nasalis anterior

Tuber maxillae

M

≡ M-1.4

1.1 Schädel (Cranium)

Knochen des Viszerokraniums (Fortsetzung)

Abschnitte

Fortsätze/Erhebungen

Processus frontalis



Crista lacrimalis



Crista ethmoidalis



Arcus alveolaris



Alveoli dentales



Septa interalveolaria bzw. interradicularia



Juga alveolaria

■ ■

Einsenkungen/Öffnungen ■

Incisura lacrimalis



Foramen palatinum majus*

Sutura palatina mediana u. transversa



Fossa incisiva mit paarigem Canalis incisivus*

Crista nasalis



Sulci palatini



Crista nasalis





Spina nasalis posterior

Foramen palatinum minus* u. Canalis palatinus minor (paarig)



Facies palatina mit Crista palatina



Crista conchalis u. Crista ethmoidalis



Incisura sphenopalatina*



Processus orbitalis u. sphenoidalis mit Incisura sphenopalatina



Processus pyramidalis



Sulcus palatinus major*



Angulus mandibulae



Symphysis mentalis



Protuberantia mentalis



Tuberculum mentale

Processus zygomaticus Processus alveolaris (maxillae)

Processus palatinus mit Os incisivum Os palatinum (Gaumenbein) Lamina horizontalis

Lamina perpendicularis ■



Facies nasalis

Facies maxillaris

Mandibula (Unterkiefer) Corpus mandibulae





Basis mandibulae

Pars alveolaris

außen: ■ Linea obliqua

außen: ■ Foramen mentale

innen: ■ Spinae mentales

innen: ■ Fossa digastrica



Linea mylohyoidea



Fovea sublingualis u. submandibularis



Arcus alveolaris



Alveoli dentales



Septa interalveolaria



Lingula mandibulae



Foramen mandibulae*



Tuberositas pterygoidea



Canalis mandibulae*



Sulcus mylohyoideus



Fovea pterygoidea

Ramus mandibulae ■

Innenfläche



Außenfläche



Processus coronoideus



Incisura mandibulae



Processus condylaris



Tuberositas masseterica



Caput mandibulae



Collum mandibulae

Mandibula Ansicht des Unterkieferknochens von schräg links. (Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

955

956

≡ M-1.4

M

1 Kopf – Schädel und mimische Muskulatur

Knochen des Viszerokraniums (Fortsetzung)

Abschnitte

Fortsätze/Erhebungen

Einsenkungen/Öffnungen

Os ethmoidale (Siebbein)** Lamina perpendicularis



Crista galli

Labyrinthus ethmoidalis



Cellulae ethmoidales anteriores (mit Bulla ethmoidalis), mediae, posteriores

Lamina orbitalis mediale Wand



Conchae nasales superior u. media mit Meatus nasi superior u. medius



Processus uncinatus



Infundibulum ethmoidale

a



Foramen ethmoidale anterius (S. 1050) u. posterius



Hiatus semilunaris

b

Os ethmoidale Ansicht des Siebbeins von kranial (a) und dorsal (b) (Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

* Die Strukturen, die diese Öffnungen durchziehenden, werden in Tab. M-1.5 beschrieben. ** Die Lamina cribrosa ossis ethmoidalis als Teil des Neurokraniums ist in Tab. M-1.1 aufgeführt.

≡ M-1.5

Öffnungen im Viszerokranium mit durchtretenden Leitungsbahnen

Öffnung/Kanal

Lokalisation

verbundene Räume/Flächen

durchtretende Leitungsbahnen

Canalis mandibulae

zwischen Foramen mandibulae und Foramen mentale

Innenseite des Ramus – Außenfläche des Corpus mandibulae



N. alveolaris inferior (Ast des N. mandibularis = V3)



A. und V. alveolaris inferior



N. mentalis (Endast des N. alveolaris inferior)



R. mentalis (aus A. alveolaris inferior)

Foramen mentale

Mandibula

Canalis mandibulae – Außenfläche des Corpus mandibulae

Fossa incisiva und Canales incisivi über Foramina incisiva

zwischen Os incisivum und Processus palatinus maxillae

Cavitas nasi – Cavitas oris



N. nasopalatinus (Ast des N. maxillaris = V2)

Foramen palatinum majus und minus mit Canalis palatinus major bzw. Canales palatini minores

zwischen Processus palatinus maxillae und Lamina horizontalis ossis palatini

Fossa pterygopalatina – Cavitas oris



N. palatinus major und Nn. palatini minores (aus N. maxillaris, V2),



gleichnamige Gefäße

Foramen sphenopalatinum zwischen Lamina perpendicularis ossis palatini und Corpus ossis sphenoidale

Fossa pterygopalatina – Cavitas nasi

Maxilla (Außenfläche) – Orbita



A. palatina descendens



Rr. nasales posteriores superiores u. inferiores (aus V2), begleitende Fasern aus dem Ggl. pterygopalatinum



A. sphenopalatina



Aa. nasales posteriores (Äste der A. maxillaris)



N. infraorbitalis



A. infraorbitalis

Foramen (Canalis) infraorbitale(-is)

Corpus maxillae

Sulcus lacrimalis (Canalis nasolacrimalis)

Os lacrimale

Orbita – Meatus nasi inferior



Ductus nasolacrimalis

Fissura pterygomaxillaris

zwischen Tuber maxillae und Lamina lateralis des Proc. pterygoideus

Fossa pterygopalatina – Fossa infratemporalis



A. maxillaris

M

957

1.1 Schädel (Cranium)

1.1.4 Funktionelle Anatomie des Schädels

1.1.4

Der Schädel stellt biomechanisch eine Pfeiler-Kuppel-Konstruktion mit innerer Zuggurtung durch die Durasepten dar, vgl. Falx cerebri bwz. Tentorium cerebelli (S. 1151): Die Drücke, die z. B. beim Kauen entstehen, werden durch senkrechte und horizontale Verstrebungen in Vektoren aufgegliedert und in die (kuppelförmige) Kalotte übergeleitet. Mit bestimmten biomechanischen Verfahren sind die Verstärkungspfeiler direkt am Knochen nachweisbar; sie sind dort auch durch besondere Dicke und druckangepasste Form ausgezeichnet. Durch die Leichtbauweise, erzielt durch Pneumatisation (Abb. M-4.9) und platte Knochen der Kalotte (S. 946), besitzt der Schädel bei relativ geringer Knochenmasse eine hohe Stabilität und Verformbarkeit. Von außen einwirkende mechanische Gewalt wird sehr viel schlechter abgefangen als physiologische Belastungsformen (z. B. Kaudruck).

Der Schädel stellt eine Pfeiler-Kuppel-Konstruktion dar. Der Kaudruck wird in vertikale und horizontale Komponenten aufgegliedert (Pfeiler), an denen der Knochen entsprechend den Spannungslinien verstärkt ist. An weniger druckbelasteten Stellen wird z. B. durch Pneumatisation oder Abplattung seine Masse reduziert. Die Knochenverbindungen, -form und der Wechsel zwischen Verstärkungs- und Abschwächungszonen verleiht dem Schädel eine beträchtliche Druckelastizität.

Verstärkungspfeiler und Schwachstellen der Schädelbasis

Verstärkungspfeiler und Schwachstellen der Schädelbasis Verstärkungspfeiler: Die Schädelbasis ist als Rahmenkonstruktion angelegt: ■ Längsverstrebungen des Rahmens sind die kleinen Keilbeinflügel, der Keilbeinkörper, der Clivus und die Pars basilaris sowie die Squama des Os occipitale. ■ Die Querverstrebungen liegen in der Ala minor des Keilbeins und der Pars petrosa des Schläfenbeins.

Verstärkungspfeiler : An der Schädelbasis unterscheidet man Längs- und Querverstrebungen, die die Kuppel der Kalotte unterfangen: ■ Die Längsverstrebung zieht von den kleinen Keilbeinflügeln und dem Keilbeinkörper zum Clivus und das Foramen magnum umrandend in die Pars basilaris des Os occipitale bis zur Protuberantia occipitalis interna. Von dort erreicht sie entlang der Sutura sagittalis den Stirnpfeiler. Durch die innen ansetzenden Faserzüge der Dura mater encephali, vgl. Falx cerebri bzw. Tentorium cerebelli (S. 1151), erhält diese Längsverstrebung eine zusätzliche Stabilisierung durch Zuggurtung. ■ Querverstrebungen beider Seiten liegen in der Ala minor des Keilbeins und der Pars petrosa des Os temporale vor. Ein vorderer Querbalken befindet sich an der Grenze von vorderer zu mittlerer Schädelgrube, ein hinterer Querbalken entlang des Felsenbeinfirsts. Schwachstellen: Die vor allem im Bereich der vorderen und mittleren Schädelgrube perlschnurartig hintereinander gereihten Öffnungen und Durchtrittstellen in der Schädelbasis stellen biomechanische Schwachpunkte dar, die den Verlauf von Frakturlinien bei Schädelbasisbrüchen vorgeben. Weitere bruchgefährdete Strukturen der Schädelbasis sind in Tab. M-1.6 aufgeführt.

≡ M-1.6

Schwachstellen der Schädelbasis

Schädelgrube

bruchgefährdeter Bereich

Vordere Schädelgrube



Orbita-Dach (teils papierdünn)



Lamina cribrosa



Foramina!



Boden der Hypophysengrube



Keilbeinhöhlen



dünne Bereiche der Squama occipitalis

Mittlere Schädelgrube

Hintere Schädelgrube

⊙ M-1.11

Funktionelle Anatomie des Schädels

Schwachstellen: Schwachstellen wie die zahlreichen Öffnungen in der mittleren Schädelgrube geben den Verlauf von Frakturlinien vor (Tab. M-1.6).

≡ M-1.6

Verstärkungspfeiler und Schwachstellen der Schädelbasis (Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

Stirnnasenpfeiler vorderer Querbalken

senkrechter Jochpfeiler

FlŸgelfortsatzpfeiler

horizontaler Jochpfeiler

medianer LŠngsbalken

a Ansicht der Schädelbasis von innen mit Darstellung der Verstärkungspfeiler b und Schwachstellen.

hinterer Querbalken

a

b

958 ▶ Klinik.

M

1 Kopf – Schädel und mimische Muskulatur

▶ Klinik. Schädelbasisbrüche, die häufig als Berstungsbrüche durch breitflächige Gewalteinwirkung auf die Kalotte (s. o.) hervorgerufen werden, führen je nach Lokalisation zu sehr unterschiedlichen Symptomen (S. 947): – Bei einer Fraktur im Bereich der Lamina cibrosa kommt es leicht zu Duraeinrissen mit Eröffnung des Subarachnoidalraums (S. 1150), die sich durch Liquoraustritt aus der Nase (Rhinoliquorrhoe) äußern. – Ein Brillen- oder Monokelhämatom tritt bei Verletzungen der V. opthalmica superior in der Fissura orbitalis superior oder der Orbitawände (S. 1049) auf. – Bei Frakturen des Felsenbeins im Medialbereich (z. B. bei seitlicher Gewalteinwirkung) kann es zu Blutungen in die Paukenhöhle (Hämatotympanon) führen.

Verstärkungspfeiler des Gesichtsschädels

Verstärkungspfeiler des Gesichtsschädels

Die Pfeiler des Gesichtsschädels sind: ■ ein Stirnnasenpfeiler, ■ die vertikalen Jochpfeiler und ■ der horizontale Jochpfeiler.

Im Gesichtsschädel unterscheidet man 3 Pfeiler: ■ einen Stirnnasenpfeiler für die Aufnahme des Kaudrucks der Frontal- und Eckzähne und Weiterleitung über den Processus frontalis maxillae in die Stirnbeinschuppe, ■ beiderseits einen vertikalen Jochpfeiler für die Ableitung des Kaudrucks der Prämolaren über den Processus zygomaticus des Os frontale in die seitliche Stirnund Schläfenregion und ■ beiderseits einen horizontalen Jochpfeiler für die Aufnahme des Kaudrucks aus den Molaren und Weiterleitung über den Proc. zygomaticus maxillae in die Überaugenregion. Entsprechend den niedrigeren Kaudrücken ist bei Frauen die Überaugenregion sehr viel graziler als bei Männern (Robustizitätsmerkmal).

⊙ M-1.12

⊙ M-1.12

Verstärkungspfeiler des Gesichtsschädels

Stirnnasenpfeiler horizontaler Jochpfeiler senkrechter Jochpfeiler

Stirnnasenpfeiler senkrechter Jochpfeiler

a

b

horizontaler Jochpfeiler

(Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

a Ansicht des Schädels von frontal b und lateral. ▶ Klinik. Schädelfrakturen im Bereich des Gesichts können in Form

von Impressionsfrakturen (z. B. der Stirn, der Siebbeinzellen, des Jochbogens) vorkommen, die oft direkt oder indirekt zu einer Verlagerung des Augapfels führen. Die Versetzung der Sehachsen führt dann zu Doppelbildern. Schädelfrakturen (Gesichtsschädel) werden entsprechend ihrem Ausmaß nach LeFort I–III eingeteilt. Schwachstellen im Pfeilersystem des Schädels geben die typischen Frakturlinien bei Gesichtsfrakturen (Einteilung nach Le Fort, Abb. M-1.13) vor. Bei einem Bruch Le Fort I zieht sich die Bruchlinie quer durch die Maxilla oberhalb des harten Gaumens, d. h. es kommt zum Abriss des Oberkiefers mit Verletzung der Kieferhöhle (sog. unterer Querbruch). Bei Le Fort II geht die Bruchlinie durch die Nasenwurzel, beiderseits durch das Siebbein, Oberkiefer und Jochbein, d. h. der mediale Orbitabereich ist mit beteiligt. Verläuft die Bruchlinie bei einer Mittelgesichtsfraktur durch das Foramen infraorbitale (S. 956), kann der dort austretende N. infraorbitalis verletzt werden und sich klinisch als Hypästhesie in seinem Versorgungsgebiet äußern.

Bei schwersten Formen (Le Fort III) wird das gesamte Viszerokranium von der Schädelbasis abgesprengt; die Bruchlinie zieht dann durch die Orbitae, oft bis hin zur Stirn- und Keilbeinhöhle und den benachbarten Knochen.

⊙ M-1.13

Mittelgesichtsfrakturen (Einteilung nach Le Fort)

(Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

M

959

1.2 Mimische Muskulatur

1.1.5 Topografische Anatomie des Schädels Vorderansicht (Norma frontalis)

Topografische Anatomie des Schädels Vorderansicht (Norma frontalis)

Die Vorderansicht des Schädels wird durch folgende Knochen aufgebaut, die damit die Grundlage des Gesichts bilden (s. auch Abb. M-1.2a): ■ Os frontale, ■ Os nasale, ■ Os zygomaticum, ■ Maxilla und ■ Mandibula. In dieser Ebene liegen der Zugang zur Augenhöhle, sog. Aditus orbitae (S. 1049) und die Apertura piriformis (S. 1040), der Zugang zur Nasenhöhle (Cavitas nasi). Kleinere Öffnungen sind Incisura supraorbitalis bzw. Foramen supraorbitale, Incisura infraorbitalis/Foramen infraorbitale und Foramen mentale, die Durchtrittsstellen von gleichnamigen Nerven aus dem 1., 2. u. 3. Hauptast des N. trigeminus, sog. Valleix-Druckpunkte (S. 990). Ausgehend vom oberen Rand des Os nasale zieht der Augenbrauenbogen (Arcus superciliaris) parallel zur Margo supraorbitalis nach lateral. Die zwischen den Ansätzen der Augenbrauenbögen gelegene ebene Fläche wird als Stirnglatze (Glabella) bezeichnet.

Die Vorderansicht des Schädels und damit die Grundlage des Gesichts wird durch folgende Knochen gebildet (s. Abb. M-1.2a): ■ Os frontale, ■ Os nasale, ■ Os zygomaticum, ■ Maxilla und ■ Mandibula. ■ Ihre Öffnungen sind: ■ Aditus orbitae (S. 1049) (Eingang der Augenhöhle), ■ Apertura piriformis (S. 1040) (Zugang zur Nasenhöhle), ■ Incisura supraorbitalis/ Foramen supraorbitale, ■ Incisura infraorbitalis/ Foramen infraorbitale und ■ Foramen mentale.

Seitenansicht (Norma lateralis)

Seitenansicht (Norma lateralis)

An der Seitenansicht des Schädels (Abb. M-1.2b) tritt im Bereich des Gesichtsschädels der Jochbogen (Arcus zygomaticus) prominent hervor (Frakturgefährdung!). Er besteht aus dem ■ Processus frontalis und temporalis des Os zygomaticum und den ■ Processus zygomatici des Os temporale, Os frontale und der Maxilla. Der Jochbogen überspannt drei nach medial gelegene Vertiefungen, in denen Kaumuskeln und Leitungsbahnen liegen, zu Details (S. 1034): ■ Fossa temporalis (Schläfengrube): Sie liegt zwischen Linea temporalis (oben) und Crista infratemporalis (unten) und geht nach unten in die Fossa infratemporalis über. ■ Fossa infratemporalis (Unterschläfengrube): Der Raum unterhalb der Crista infratemporalis zwischen dem Ramus mandibulae (lateral) und dem Processus pterygoideus (medial) steht sowohl mit der Fossa temporalis als auch mit der Fossa pterygopalatina in Verbindung. ■ Fossa pterygopalatina (Flügelgaumengrube): Sie liegt unterhalb des Corpus ossis sphenoidalis zwischen Lamina perpendicularis des Gaumenbeins (medial), Processus pterygoideus und Facies maxillaris der Ala major des Keilbeins (hinten) sowie Corpus maxillae und Processus orbitalis ossis palatini (vorn). Nach seitlich öffnet sie sich durch die enge Fissura pterygomaxillaris zur Fossa infratemporalis und besitzt zahlreiche weitere Öffnungen, durch die Leitungsbahnen in verschiedene Richtungen ziehen (S. 1034).

In der Seitenprojektion (Abb. M-1.2b) tritt der Arcus zygomaticus hervor.

1.2

Mimische Muskulatur

1.1.5

Unter dem Arcus zygomaticus liegen drei Vertiefungen, Details (S. 1034): ■ Fossa temporalis (Schläfengrube), ■ Fossa infratemporalis (Unterschläfengrube) und ■ Fossa pterygopalatina (Flügelgaumengrube).

1.2

Mimische Muskulatur

1.2.1 Funktion, Lage und Anordnung

1.2.1

Funktion, Lage und Anordnung

Funktion: Das Gesicht, dessen äußere Form v. a. durch knöcherne Grundlagen (s. o.) bedingt wird, erhält seinen individuellen Charakter wesentlich durch den Tonus bzw. die Aktivität der mimischen Muskulatur (Öffnung und Stellung der Lid- und Mundspalte). Weiterhin spielen Augenausdruck, Ausprägung der Falten, wie z. B. der Nasenwangenfurche (Sulcus nasolabialis) oder der Kinnlippenfurche (Sulcus mentolabialis und Philtrum) sowie die Beschaffenheit der Gesichtshaut eine Rolle.

Funktion: Form und vor allem Ausdruck des Gesichts werden im Wesentlichen vom Tonus bzw. der Aktivität der mimischen Muskulatur (vor allem des Augen- und Mundbereichs) bestimmt.

Lage und Anordnung: Die mimischen Muskeln liegen ohne Faszien im subkutanen Fettgewebe. Bedeckt werden sie von der gut vaskularisierten Gesichtshaut, deren Elastizität altersabhängig ist. Die mimischen Muskeln inserieren über elastische Endsehnen in der Subkutis. Zentrale Gebilde der mimischen Muskulatur sind die konzentrisch angeordneten oder zirkulär durchflochtenen Ringmuskeln um die Orbita- und Mundöffnung: ■ Musculus orbicularis oris und ■ Musculus orbicularis oculi.

Lage und Anordnung: Die mimischen Muskeln liegen ohne Faszien im subkutanen Fettgewebe. Die an der Formung und Zugrichtung der beiden wesentlichen mimischen Ringmuskeln ■ M. orbicularis oculi und ■ M. orbicularis oris beteiligten Muskeln sind in Abb. M-1.14, Abb. M-1.15 und Abb. M-1.16 zum Platysma (S. 895) dargestellt.

960

M

1 Kopf – Schädel und mimische Muskulatur

Die meisten der übrigen mimischen Muskeln ändern von oben, unten und seitlich kommend die Zugrichtung dieser Ringmuskeln (Abb. M-1.14, Abb. M-1.15 und Abb. M-1.16). Zu den mimischen Muskeln gehört auch das Platysma (S. 895).

⊙ M-1.14

Übersicht über die Gesichtsmuskulatur (Teil I)

Muskel

Ursprung

Ansatz

Funktion

Muskeln des Schädeldachs (Mm. epicranii) M. occipitofrontalis Venter frontalis

Haut über Margo supraorbitalis

Venter occipitalis

Linea nuchae suprema des Os occipitalis

M. temporoparietalis seitlich, variierend

Galea aponeurotica (flächenhafte Sehne, die mit der Kopfhaut zur Kopfschwarte verbunden ist)

Hochziehen der Augenbrauen, Stirnrunzeln Glättung der Stirnfalten (keine mimische Funktion)

Muskeln der Lidspalte M. corrugator supercilii

Os frontale (oberhalb Radix nasi)

Augenbrauenhaut

Zusammenziehen der Stirnhaut (Bildung senkrechter Falten auf Glabella)

Lidhaut

Lidschlag

umfasst das Auge entlang des Orbitalrandes

„Zukneifen“ der Augen

Lidränder

Kontakt der Lidränder mit dem Augapfel

mediale Abspaltung der Pars orbitalis des M. orbicularis oculi

med. Drittel der Haut der Augenbraue

erzeugt durch Herabziehen der Augenbraue eine Querfalte auf der Nasenwurzel

Dorsum nasi

Stirnhaut

Bildung von Querfalten an der Radix nasi

Pars transversa

oberhalb des Eckzahns

Nasenrücken

Herabziehen der Nasenspitze Verengung des Nasenlochs

Pars alaris

oberhalb des seitlichen Schneidezahns

Nasenflügel

Erweiterung des Nasenlochs

M. depressor septi nasi

Alveolarknochen des mittleren OberktieferSchneidezahns

Cartilago alaris major, Haut der medialen und hinteren Umrandung des Nasenlochs

Senkung der Nasenspitze

M. orbicularis oculi Pars palpebralis Pars orbitalis

medialer Augenwinkel

Pars lacrimalis M. depressor supercilii Muskeln der Nase M. procerus M. nasalis

Muskeln des Mundes M. orbicularis oris Pars marginalis Pars labialis

Ringmuskel mit tiefen Anteilen zu Maxilla, Mandibula und Nasenscheidewand

Mundspalte

Mundschluss, die Pars labialis bildet die Lippen

M. levator labii superioris

Geht aus der Muskelmasse des M. orbicularis oculi hervor (Margo infraorbitalis)

Oberlippe

M. levator labii superioris alaeque nasi

Geht aus der Muskelmasse des M. orbicularis oculi hervor (Maxilla, Proc. frontalis)

Nasenflügel und Oberlippe Heben von Oberlippe und Nasenflügel

Heben der Oberlippe

M

⊙ M-1.15

Übersicht über die Gesichtsmuskulatur (Teil II)

Muskel

Ursprung

M. zygomaticus major

Os zygomaticum, Facies lateralis

961

1.2 Mimische Muskulatur

Ansatz

Mundwinkel

Funktion

Heraufziehen der Mundwinkel (nach kranial-lateral: „Lachmuskel“)

M. zygomaticus minor

Geht aus dem M. orbicularis oculi hervor (Os zygomaticum, Facies lateralis)

M. levator anguli oris

Maxilla, Fossa canina

Muskulatur der Oberlippe und Mundwinkel

Heraufziehen der Mundwinkel (nach kranial-medial)

M. risorius

Mundwinkel

Wangenhaut

Breitziehen des Mundes

M. buccinator

Corpus mandibulae, Maxilla, hinteres Ende des Proc. alveolaris, Fascia buccopharyngea

Mundwinkel, Mundhöhle, Verbindung zum M. orbicularis oris

Antagonist bzw. Agonist des M. orbicularis oris, bildet die Grundlage der Wangen, presst Luft aus, wichtig beim Kauen; „Trompeter-Muskel“

M. depressor anguli oris Basis mandibulae

Mundwinkel und Unterlippe

Herabziehen der Mundwinkel

M. depressor labii inferioris

Basis mandibulae

Unterlippe

Herabziehen der Unterlippe

M. mentalis

Jugum alveolare des unteren lateralen Schneidezahns

Haut des Kinns

Heraufziehen der Kinnhaut

M. transversus mentis

Vorderer und seitlicher Unterkiefer

Mundwinkel

Raffung der Kinnhaut

Muskeln des äußeren Ohres M. auricularis anterior M. auricularis superior M. auricularis posterior

Ohrmuschel (vorn) Galea aponeurotica

Ohrknorpel Hinterwand der Ohrmuschel

▶ Exkurs: SMAS – superfizielles muskuloaponeurotisches System. Klinisch-anatomische Untersuchungen von kosmetischen Chirurgen weisen auf das Vorhandensein eines sog. „superfiziellen muskuloaponeurotischen Systems“ (SMAS) hin, das aus Faserzügen der Fascia temporalis superficialis (S. 1038), Fascia masseterica (S. 1038), Fascia parotidea (S. 1018) und den mimischen Muskeln sowie dem Platysma bestehen soll und das durch Raffung nach außen oben dem Gesicht jugendliche Straffheit verleiht. Anatomisch ist ein solches System schlecht definierbar, auch wenn kosmetisch-operative Eingriffe auf der Basis dieses Konzepts durchaus erfolgreich sein können.

nur schwach ausgeprägte Stellmuskeln, Beweglichkeit des menschlichen Ohres ist gering

▶ Exkurs: SMAS – superfizielles muskuloaponeurotisches System.

962 ⊙ M-1.16

M

1 Kopf – Schädel und mimische Muskulatur

⊙ M-1.16

Mimische Muskulatur

M. orbicularis oculi, pars lacrimalis M. procerus M. depressor supercilii

M. corrugator M. orbicularis oculi, pars supercilii palpebralis

M. levator labii superioris

M. zygomaticus M. zygomaticus minor major

M. levator anguli oris M. buccinator M. risorius (abgeschnitten) M. depressor anguli oris

a

M. nasalis M. orbicularis M. levator oculi, pars labii superioris orbitalis alaeque nasi

M. depressor labii inferioris b

M. mentalis

M. corrugator supercilii M. orbicularis oculi – Pars orbitalis – Pars lacrimalis M. levator labii superioris alaeque nasi M. zygomaticus major M. zygomaticus minor M. levator anguli oris M. nasalis – Pars transversus – Pars alaris M. depressor septi nasi M. orbicularis oris M. mentalis M. orbicularis oris, Insertio mandibularis

M. buccinator M. depressor labii inferioris

c

M. depressor anguli oris Platysma

(Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

a Mimische Muskeln im Bereich der Lidspalte und der Nase in der Ansicht von ventral. b Mimische Muskeln im Mund- und Wangenbereich in der Ansicht von links-lateral. c Ursprung der mimischen Muskeln am Schädel in der Ansicht von lateral.

1.2.2

Gefäßversorgung und Innervation

1.2.2 Gefäßversorgung und Innervation

Gefäßversorgung

Gefäßversorgung

Arterien: Die mimische Muskulatur als Teil des Gesichts wird vorwiegend aus Ästen der A. facialis aus der A. carotis externa (Tab. M-2.1) versorgt.

Arterielle Versorgung: Die mimische Muskulatur wird wie die darunter gelegenen Strukturen und somit das Gesicht vorwiegend von Ästen der Arteria facialis aus der A. carotis externa versorgt (Tab. M-2.1). Die A. facialis läuft, vom Trigonum submandibulare kommend, am Vorderrand des M. masseter über den Rand des Unterkiefers und zieht meist stark geschlängelt nach medial kranial zum Augenwinkel, wo sie als Arteria angularis (S. 975) mit Endästen der A. ophthalmica (A. dorsalis nasi) in Verbindung steht. Zu den Lippen gibt sie je eine Arteria labialis inferior und superior ab, die einen arteriellen Gefäßkranz bilden (doppelseitige Unterbindung bei Lippenverletzungen erforderlich!). Weitere, nicht zum Gesicht ziehende Äste der A. facialis sind die A. palatina ascendens, Rr. tonsillares und die A. submentalis (in Trigonum submandibulare). Von der Arteria temporalis superficialis (S. 974) geht unterhalb des Jochbogens die kleine Arteria transversa faciei, oberhalb des Jochbogens die Arteria zygomaticoorbitalis ab, die die seitliche Gesichtsregion versorgen. Die Rami frontalis und parietalis versorgen die Kopfschwarte. Weitere Äste für den Gesichtsbereich entstammen den Arteriae ophthalmica (aus der A. carotis interna), infraorbitalis und mentalis (aus der A. maxillaris, Tab. M-2.1).

Die A. temporalis superficialis gibt ab: ■ A. transversa faciei ■ A. zygomaticoorbitalis Weitere arterielle Gefäße entstammen der A. ophthalmica, infraorbitalis und mentalis.

M

⊙ M-1.17

963

1.2 Mimische Muskulatur

Gefäßversorgung und Innervation des Gesichts

Neben den die mimische Muskulatur innervierenden Fazialisästen sind auch sensible Nerven zur Haut des Gesichts und Hinterhaupt dargestellt. (Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

a Oberflächliche Leitungsbahnen des Kopfes in der Ansicht von ventral b und links lateral.

Venöser Abfluss: Die Vena facialis begleitet dorsal die Gesichtsarterie und mündet im Trigonum submandibulare (Tab. L-1.5) in die V. jugularis interna. Sie nimmt kleinere Äste auf: Venae palpebrales superiores und inferiores aus den Augenlidern, Venae nasales externae der Nasenflügel sowie Venae labiales superiores und inferiores der Lippen. Die Venae temporales superficiales, Vena transversa faciei und Venae maxillares ziehen zur Vena retromandibularis, die durch die Glandula parotidea nach kaudal Richtung Kieferwinkel und dort mit der Vena facialis in die V. jugularis interna zieht.

Venen: Sie begleiten die gleichnamigen Arterien und münden über die V. facialis im Bereich des Trigonum submandibulare in die V. jugularis interna.

Lymphabfluss: Die Lymphgefäße sammeln sich in variabel ausgeprägten Nodi lymphoidei buccales, parotidei superficiales und profundi, submandibulares, und submentales, die mit den oberflächlichen und tiefen Halslymphknoten bzw. den Nodi lymphoidei retromandibulares in Verbindung stehen (Abb. M-2.5).

Lymphabfluss: Zum Lymphabfluss s. Abb. M-2.5.

Innervation

Innervation

▶ Merke. Die gesamte mimische Muskulatur wird vom N. facialis, VII (S. 990) moto-

▶ Merke.

risch innerviert. Der N. facialis tritt am Foramen stylomastoideum aus seinem Kanal im Os temporale aus und schwenkt bogenförmig nach ventral, wo er in der Gl. parotidea einen Plexus parotideus bildet. Zwischen oberflächlicher und tiefer Portion der Drüse treten diese Aufzweigungen am ventralen Rand aus und bilden die sog. Gesichtsstrahlung: Rami temporales, zygomatici, buccales, Ramus marginalis mandibulae (und Ramus colli, Abb. M-2.18). ▶ Klinik. Im Rahmen von operativen Eingriffen im Gesichtsbereich, bei denen die Schnittführung entsprechend den Spaltlinien der Haut (zumeist dem Verlauf der Falten folgend) erfolgt, muss der vom Ohrbereich ausgehende radiäre Verlauf der Fazialisäste berücksichtigt werden.

Der N. facialis bildet nach Austritt zwischen oberflächlicher und tiefer Parotisportion die sog. Gesichtsstrahlung (Rr. temporales, zygomatici, buccales, R. marginalis mandibulae und R. colli).

▶ Klinik.

964

M

1.3

1.3

Topografische Anatomie des oberflächlichen Kopfbereichs

1 Kopf – Schädel und mimische Muskulatur

Topografische Anatomie des oberflächlichen Kopfbereichs

Aufgrund der geringen Weichteilbedeckung des Schädels werden die Konturen des Kopfes wesentlich durch ihn geprägt.

Aufgrund der geringen Weichteilbedeckung des Schädels werden die wesentlichen Konturen im Kopfbereich durch die Form der Schädelknochen bestimmt. Die Darstellung topografisch interessanter tiefer gelegener Regionen im Kopfbereich erfolgt jeweils im Zusammenhang mit den besprochenen Strukturen.

1.3.1

1.3.1 Regionen und Proportionen

Regionen und Proportionen

Regionen (Abb. M-1.18): Das Gesicht reicht vom Haaransatz der Stirn bis zum Unterkiefer. Topografisch unterscheidet man die Regio frontalis, orbitalis, temporalis, parotideomasseterica, zygomatica, infraorbitalis, nasalis, buccalis, oralis und mentalis. Der Kopf besitzt zudem noch die Regio parietalis und occipalis.

⊙ M-1.18

Regionen (Abb. M-1.18): Das Gesicht reicht oben von den Augenbrauen seitlich über die Schläfen bis zum Ohr und Hinter- und Unterrand der Mandibula. Wird die Stirn – wie allgemein üblich – mit einbezogen, reicht es bis zur Haargrenze. Topografisch unterscheidet man: ■ Regio frontalis (Stirnregion), ■ Regio temporalis (Schläfenregion), ■ Regio orbitalis (Augenregion), ■ Regio infraorbitalis (Unteraugenregion), ■ Regio zygomatica (Jochbeinregion), ■ Regio parotideomasseterica, ■ Regio nasalis (Nasenregion), ■ Regio buccalis (Wangenregion), ■ Regio oralis (Mundregion) und ■ Regio mentalis (Kinnregion). Die Regio parietalis (Scheitelregion) und die Regio occipitalis (Hinterhauptsregion) bilden den oberen und rückwärtigen Bereich des Kopfes.

⊙ M-1.18

Regionen des Kopfes* Regio parietalis

Regio frontalis

Regio orbitalis

Regio infraorbitalis

(Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

Regio zygomatica Regio temporalis Regio parotideomasseterica Regio occipitalis

* Näheres zu den hier nicht beschrifteten Halsregionen (S. 906).

Regio nasalis Regio oralis Regio mentalis

Regio buccalis

Proportionen: Beim kindlichen Kopf überwiegen Hirnschädel und Augenregion relativ, während Nasen- und Kieferpartie einen kleineren Raum einnehmen. Geschlechts- und populationstypische Merkmale finden sich beim Erwachsenen vorwiegend im Gesicht.

Die Gesichtsproportionen wirken bei annähernd gleichen Abständen von Ober-, Mittelund Untergesicht bzw. Nasen- und Augenregionen harmonisch.

Proportionen: Die Kopf- und Gesichtsform ist bei Kindern und Erwachsenen durch Unterschiede in den Proportionen von Viszero- und Neurokranium sehr unterschiedlich. Der kindliche Kopf unterscheidet sich von dem des Erwachsenen durch das relative Überwiegen des Hirnschädels samt der Augenregion bei einer kleineren Nasen- und Kieferpartie. Beim Kopf des Erwachsenen sind geschlechts- und altersabhängige sowie populationstypische Merkmale zu beachten. Als Faustregel für harmonische Gesichtsproportionen gilt beim Erwachsenen die Drittelregel: Ober-, Mittel- und Untergesicht, d. h. die Bereiche Haaransatz–Glabella, Glabella–Nasenspitze, Nasenspitze–Kinnspitze sind etwa je gleich groß. Der Nasofazialwinkel beträgt etwa 35°, der Nasolabialwinkel rund 100°. In der Ansicht von vorn sollten idealer Weise die Abstände der Vertikalen durch den medialen und lateralen Lidwinkel etwa gleich sein.

M

1.3.2 Tastbare Knochenpunkte im Kopfbereich Wegen der teilweise nur sehr dünnen Bedeckung durch Weichteile sind viele Knochenpunkte im Bereich des Kopfes tastbar (vgl. auch Abb. A-1.4b). Im Gesicht sind dies die nachfolgend genannten: Die Squama frontalis kann unterschiedlich stark ausgeprägte Tubera frontalia (Stirnhöcker) und Arcus superciliares (Überaugenbögen) sowie eine verschieden breite Glabella (schwach behaarter Bereich zwischen den Margines supraorbitales) besitzen. Im medialen Drittel der Margo supraorbitalis kann entweder eine Incisura oder ein Foramen supraorbitale ausgebildet sein; der N. supraorbitalis (aus N. frontalis, V1) tritt hier an die Stirn. Auch die Form und Stellung des knöchernen Aditus orbitae (Orbitaöffnung) mit seinen gut tastbaren Rändern (Margo supraorbitalis des Os frontale, Margo infraorbitalis des Os zygomaticum u. der Maxilla, Os zygomaticum, Processus frontalis der Maxilla) unterscheiden sich individuell (auch alters- und geschlechtsabhängig). Die Nasenwurzel (aus den Ossa nasalia und den Processus frontales der Maxilla) ist ebenfalls unterschiedlich breit und hoch. Seitlich davon liegt auf der Facies anterior der Maxilla das Foramen infraorbitale, darunter die Fossa canina, eine seichte Grube, die eine operative Zugangsstelle zum Sinus maxillaris bietet. Die knöcherne Umrandung der Nasenhöhle (durch die Processus frontales der Maxilla) ist als Apertura piriformis zu tasten, unten medial besitzt sie eine Spina nasalis anterior als Fixpunkt für das knorpelige Nasenseptum. Die Form des Untergesichts wird durch die Stellung der Kinnspitze (Protuberantia mentalis mit außen gelegenen Tubercula mentalia), der Mandibula, mit dem Angulus mandibulae und die Höhe der Pars alveoralis beider Kiefer beeinflusst. Alle diese Merkmale sind stark altersabhängig. Bei älteren Menschen ist durch Änderung der Mandibulaform und Abnahme des M. masseter häufig das Gelenkköpfchen des Kiefergelenks zu sehen bzw. bei Bewegungen zu tasten. Die Lage des Foramen mentale im vorderen Drittel des Corpus mandibulare variiert mit der Ausprägung der Pars alveolaris bzw. dem Zahnbesatz des Unterkiefers. Die seitlichen Konturen des Gesichts werden durch das Os zygomaticum, den Arcus zygomaticus und – als nicht knöcherne Strukturen – die Ausprägung des M. masseter und M. temporalis (Tab. M-3.6) bestimmt. Die Ausladung der Jochbögen ist ebenfalls stark unterschiedlich (auch typisch für verschiedene Populationen, etwa Mongolide oder Europide). An der Dorsalseite des Kopfes lassen sich die Scheitelhöcker (Tubera parietalia), die Protuberantia occipitalis externa und lateral die Processus mastoidei tasten.

1.4

965

1.4 Entwicklung des Kopfbereichs

Entwicklung des Kopfbereichs

1.3.2

Tastbare Knochenpunkte im Kopfbereich Tastbare Knochenpunkte (vgl. auch Abb. A-1.4b) im Gesicht sind: ■ Tubera frontalia, ■ Arcus superciliares, ■ Foramen (Incisura) supra- und infraorbitale, ■ Aditus orbitae, ■ Ossa nasalia und Apertura piriformis, ■ Fossa canina, ■ Arcus zygomaticus, ■ Protuberantia mentalis, ■ Foramen mentale, ■ Angulus mandibulae und ■ bei älteren Menschen das Caput mandibulae (Processus condylaris).

Die Protuberantia mentalis mit den Tubercula mentalia, die Mandibula, der Angulus mandibulae und die Höhe der Pars alveolaris bestimmen die Form des Untergesichts.

Die seitlichen Gesichtskonturen werden v. a. durch den Jochbogen sowie die Mm. masseter und temporalis bestimmt. Dorsal tastet man am Kopf die Ossa parietalia, die Protuberantia occipitalis externa und die Processus mastoidei.

1.4

Entwicklung des Kopfbereichs

Grundelemente der embryonalen Anlage von Kopf und z. T. auch Hals sind die präund parachordalen Knorpel, das Material der 4½ obersten Somiten sowie das System der Schlundbögen. Die für die Realisierung der Schädelentwicklung entscheidenden Gene (z. B. sonic hedge hog = shh) sind funktionell eng mit den sog. Homeobox-Genen gekoppelt.

An der Bildung der embryonalen Kopf- und Halsanlage beteiligen sich prä- und parachordale Knorpel, die 4½ obersten Somiten und die Schlundbögen. Ein System von Regulationsgenen steuert die Entwicklung.

1.4.1 Entwicklung des Schädels

1.4.1

Anlagematerial für die Schädelentwicklung

Anlagematerial für die Schädelentwicklung

Das Anlagematerial des Schädels entstammt ■ der Neuralleiste (S. 111), ■ dem paraxialen Mesoderm (S. 113), ■ den Okzipitalsomiten und ■ den beiden oberen Schlundbögen (Tab. M-1.8). Die Entwicklung der Schädelkapsel steht auch in enger Beziehung zu der der Hirnhäute. Bereits in der 5.–6. Woche ist die Hirnanlage von einer Mesenchymverdichtung (Meninx primitiva) umgeben. Deren äußeres Blatt (Ektomeninx) verdichtet sich zur Dura mater encephali, aus dem inneren (Endomeninx) entwickelt sich die Leptomeninx (Pia mater encephali und Arachnoidea). Die Meninx primitiva liefert im Bereich der Hirnbasis die Vorknorpelzellen für das Chondrokranium (s. u.) und Osteoblasten für das Desmokranium (s. u.).

Es entstammt Neuralleiste (S. 111), paraxialem Mesoderm (S. 113), Okzipitalsomiten und den oberen 2 Schlundbögen (Tab. M-1.8).

Entwicklung des Schädels

Die Hirnanlage ist ab der 5. Woche von einer Mesenchymverdichtung (Meninx primitiva) umgeben (Ektomeninx → Dura mater encephali und Endomeninx → Leptomeninx). Die Meninx primitiva liefert die Vorknorpelzellen für das Chondrokranium und Osteoblasten für das Desmokranium.

966

M

Chondro- und Desmokranium

Chondro- und Desmokranium

1 Kopf – Schädel und mimische Muskulatur

▶ Definition.

▶ Definition. Als Chondrokranium bezeichnet man den knorpelig vorgebildeten Teil des Schädels, der nach Verknöcherung im wesentlichen die Schädelbasis bildet. Als Desmokranium wird der mesenchymal angelegte Teil des Schädels bezeichnet, der nach Verknöcherung das Schädeldach und die meisten Knochen des Viszerokraniums bildet.

▶ Merke.

▶ Merke. Die Schädelbasis entsteht im Wesentlichen durch chondrale Ossifikation

des Chondrokraniums, die Schädelkalotte, und der überwiegende Anteil des Viszerokraniums entsteht durch desmale Ossifikation (Bildung von Deckknochen) aus dem Desmokranium. Gemischt chondral/desmal entstehen die Pars squamosa des Schläfenbeins und die Squama occipitalis.

Gemischter Herkunft sind insbesondere die Pars squamosa des Schläfenbeins und die Squama occipitalis, deren oberer Abschnitt jeweils desmal und der untere chondral angelegt werden.

Entwicklung des Chondrokraniums

Entwicklung des Chondrokraniums

Die Grundlage der knorpeligen Schädelbasis liefern die paarigen prächordalen Knorpel mit den seitlichen Alae orbitales und Alae temporales und dahinter die unpaare Basal- oder Parachordalplatte.

Das der Chorda dorsalis zugeordnete Anlagematerial bildet die knorpelige Schädelbasis. Deren Grundlage sind die prächordalen paarigen mittig gelegenen Knorpel (Cartilago trabecularis und Cartilago hypophysealis) mit den seitlich angefügten Knorpelpaaren der Alae orbitales und Alae temporales. Um das Vorderende der Chorda dorsalis entwickelt sich die unpaare Basalplatte (Cartilago parachordalis), in der Chordareste „liegen bleiben“ können.

▶ Klinik.

▶ Klinik. Persistierende („liegen gebliebene“) Organkeime, wie z. B. Reste der Chor-

da dorsalis im Körper des Hinterhauptsbeins, haben die Tendenz, bösartig zu entarten. Im Os occipitale können sich daher sog. Chordome entwickeln, die wegen ihrer versteckten Lage spät diagnostiziert werden und besonders bösartig sind. Seitlich der Basalplatte entsteht die paarige Capsula otica für das Innenohr (Abb. M-1.19). Reste des Chondrokraniums bleiben zeitlebens im knorpeligen Nasenseptum und im Foramen lacerum (Synchondrosis sphenopetrosa) erhalten.

⊙ M-1.19

Seitlich entwickelt sich dort die paarige Ohrkapsel (Capsula otica) für die Aufnahme des Innenohrs. Die Basalplatte erhält mit zwei dorsalen Fortsätzen Anschluss an die okzipitalen Somiten, die an der Ausbildung des Foramen magnum des Hinterhauptsbeins beteiligt werden (Abb. M-1.19). Knorpelreste des durch zahlreiche Ossifikantionszentren schwindenden Chondrokraniums bleiben bis zur Pubertät in der Synchondrosis sphenooccipitalis im Clivus (Streckung der Schädelbasis) erhalten. Zeitlebens knorpelig bleibt der knorpelige Anteil des Nasenseptums und der Faserknorpel im Foramen lacerum (Synchondrosis sphenopetrosa).

Entwicklung der Schädelbasis aus dem Chondrokranium Cartilago trabecularis

Nasenkapsel mit Os ethmoidale (verschmolzene Trabekel)

Ala orbitalis

Ala minor Fissura orbitalis sup.

Cartilago hypophysialis Ala temporalis

Ala major (mit Foramen rotundum und Foramen ovale) Porus acusticus int.

Cartilago parachordalis Capsula otica Chorda dorsalis a

okzipitale Somiten

Foramen magnum Okzipitalsomitenmaterial mit Canalis nervi hypoglossi

a Das Anlagematerial der knorpeligen Schädelbasis mit seiner Herkunft b und während der späteren Fetalentwicklung.

b

M

967

1.4 Entwicklung des Kopfbereichs

Entwicklung des Desmokraniums

Entwicklung des Desmokraniums

Im Bereich des Desmokraniums ermöglicht die gegenläufige Interaktion von Osteoblasten (Knochenaufbau) und Osteoklasten (Knochenabbau) die große Formbildungskapazität (desmale Osteogenese), die für die Ausbildung der komplizierten Form- und Lageverhältnisse der Schädelknochen erforderlich ist.

Das Desmokranium entwickelt sich durch desmale Osteogenese (S. 79), d. h. An- und Abbauflächen des sich bildenden Knochens ermöglichen eine optimale Formbildung.

Suturen: Dabei wachsen die einzelnen Knochenplatten aufeinander zu und bilden an den Kontaktstellen Syndesmosen oder Knochennähte, sog. Suturae (S. 227), die zu großen Teilen erst postnatal verknöchern und die formgerechte Ausdehnung der Kalotte ermöglichen (Sutura frontalis, Sutura sagittalis, Sutura coronalis, Sutura lambdoidea; Abb. M-1.20).

Suturen: Die platten Knochen wachsen aufeinander zu und bilden Syndesmosen, die später in verknöchernde Suturen (S. 227) übergehen (Abb. M-1.20).

⊙ M-1.20

Entwicklung des Schädeldachs aus dem Desmokranium

Sutura coronalis

Fonticulus anterior

Fonticulus anterior

Fonticulus sphenoidalis

Fonticulus posterior

Sutura sphenoparietalis

Sutura lambdoidea Fonticulus mastoideus

a

(Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

Sutura sagittalis

Sutura frontalis

b

Fonticulus posterior

Sutura coronalis

▶ Klinik. Tritt die Verknöcherung der Suturen zu früh ein (Kra-

niosynostose), entstehen charakteristische Schädeldeformitäten (Abb. M-1.21): ■ Turmschädel (Turricephalus) oder Spitzschädel (Oxycephalus) durch vorzeitige Verknöcherung der Sutura coronalis, Abb. M-1.21a), ■ Kahnschädel (Scaphocephalus, Abb. M-1.21b) bei vorzeitigem Verschluss der Sutura sagittalis, ■ Dreiecksschädel (Trigonocephalus, Abb. M-1.21c) bei vorzeitiger Verknöcherung der Sutura frontalis und ■ Schiefschädel (Plagiocephalus, Abb. M-1.21d) durch einseitige Kraniosynostose der Sutura coronalis. Die seltene Persistenz der Sutura frontalis wird als Metopismus bezeichnet.

⊙ M-1.21

Schädeldeformitäten

(Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

Fontanellen: An den Berührungsstellen mehrer großer Deckknochenplatten finden sich bei Neugeborenen und Kleinkindern größere bindegewebige Lücken oder Fontanellen (Fonticuli, Tab. M-1.7 und Abb. M-1.20).

≡ M-1.7

Fontanellen

Fontanelle Fonticulus anterior (= große Fontanelle)

Lage und Form

Verschluss



unpaar zwischen beiden Ossa frontalia und beiden Ossa parietalia



viereckig



zwischen beiden Ossa parietalia und dem unpaaren Os occipitale



dreieckig

Fonticulus sphenoidalis



paarig zwischen Stirn-, Scheitel-, Schläfen- und Keilbein

6. Lebensmonat

Fonticulus mastoideus



paarig zwischen Schläfen-, Scheitelund Hinterhauptsbein

18. Lebensmonat

Fonticulus posterior (= kleine Fontanelle)

a Am Schädeldach eines Neugeborenen in der Ansicht von links-lateral b und oben sind die aus dem Desmokranium hervorgehenden platten Knochen noch nicht verwachsen. Gut erkennbar sind die Suturen und Fontanellen.

36. Monat

etwa im 3. Lebensmonat

Fontanellen: sind bindegewebig verschlossene Kontaktstelle der Deckknochenplatten (Tab. M-1.7 und Abb. M-1.20).

≡ M-1.7

968

M

▶ Klinik.

1.4.2

1 Kopf – Schädel und mimische Muskulatur

▶ Klinik. Die Fontanellen sind unter der Geburt wichtige Orientierungspunkte: Sie können bei vaginaler Untersuchung getastet werden und erlauben Rückschlüsse auf die Lage des Kopfes als umfangreichstem und damit unter der Geburt wichtigstem Teil des Kindes. Wenn die am Hinterkopf befindliche kleine Fontanelle (dreieckig) zu tasten ist, hat sich das Kind mit gebeugtem Kopf richtig im Geburtskanal eingestellt, da der mit dem Kinn auf den Brustkorb gebeugte Kopf den kleinsten Umfang hat und somit den Geburtskanal am besten passieren kann. Beim Neugeborenen kann über die große Fontanelle der Sinus sagittalis superior leicht zur Blutentnahme oder zur intravenösen Injektion punktiert werden.

Entwicklung und Differenzierung der Schlundbögen

▶ Synonym.

1.4.2 Entwicklung und Differenzierung der Schlundbögen ▶ Synonym. Schlundbogen = Pharyngealbogen = Branchialbogen = Kiemenbogen

Die Schlundbögen sind phylogenetisch alte Anlagesysteme für Kauapparat, Gehörknöchelchen, mimische und Kaumuskulatur, Zungenbein, Kehlkopf und große Arterien.

Sie werden durch ektodermale Einsenkungen (Schlundfurchen) und endodermale Ausstülpungen (Schlundtaschen) begrenzt. Jeder Schlundbogen besitzt je ein Knorpel-, Muskel-, Arterien- und Nervenelement. Sie nehmen sehr unterschiedliche Entwicklungsverläufe (Tab. M-1.8). ▶ Merke.

Das phylogenetisch alte System der Schlundbögen wird in reduzierter und vorübergehender Form auch beim Menschen angelegt und liefert Anlagematerial für den Kauapparat, die Gehörknöchelchen, die mimische Muskulatur, Zungenbein und Kehlkopf sowie Abschnitte der großen Arterien. Aufgrund der Bedeutung der oberen Schlundbögen für die Kopfentwicklung wird ihre Anlage und Differenzierung hier im Überblick dargestellt, auch wenn Anteile der sich aus dem Schlundbogensystem entwickelnden Strukturen später im Halsbereich liegen. Im Alter von 4 bis 5 Wochen werden im ventrolateralen Kopf-Nackenbereich 4 Einsenkungen des Ektoderms (Schlundfurchen) von außen sichtbar. Von innen wachsen ihnen aus dem Endoderm 4 Schlundtaschen entgegen. Das mesodermale Gewebe zwischen Ekto- und Endoderm wird beim menschlichen Embryo hierdurch in 4 einzelne Schlundbögen unterteilt. Kaudal davon liegt ein rudimentärer, schlecht abgrenzbarer Schlundbogen (der 5. Schlundbogen wird frühzeitig zurückgebildet). Die sich aus dem Schlundbogenmaterial entwickelnden Strukturen sind in Tab. M-1.8 aufgeführt. ▶ Merke. Jeder Schlundbogen entwickelt ein Knorpelelement und Muskelanlagen,

denen jeweils ein Nerv (Schlundbogennerv) und eine Arterie (Schlundbogenarterie) zugeordnet sind (Tab. M-1.8). Aus den endodermalen inneren Einbuchtungen (Schlundtaschen) gehen verschiedene Organe der Kopf-, Hals- und oberen Brustregion hervor (Tab. M-1.8), während von den äußeren ektodermalen Schlundfurchen lediglich die erste eine Organanlage bildet (→ äußerer Gehörgang und äußerer Anteil des Trommelfells). Der Sinus cervicalis nimmt die Öffnungen der 2. bis 4. Schlundfurche auf und wird durch kaudale Wanderungsbewegungen des 2. Schlundbogens zu einem Hohlraum am seitlichen Hals (Vesicula cervicalis) geschlossen.

⊙ M-1.22

Schlundbögen

Schlundbogennerv

ektodermale Schlundfurche entodermale Schlundtasche Prosencephalon Herz-, Leberwulst Haftstiel mit Allantois a

Schlundbogenarterie

Entoderm 1. Schlundbogen

Knorpelspange

Neuralrohr Schlunddarm Schlundbšgen

2. Schlundbogen

Schlundtasche

3. Schlundbogen

Schlundfurche

ExtremitŠtenknospen b

4. Schlundbogen Mesenchym

Larynx

Ektoderm

(Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

a Anlage der Schlundbögen am Querschnitt durch einen menschlichen Embryo auf Höhe des Schlunddarms in der Ansicht von schräg links oben. b Erkennbar sind die Einsenkungen von außen (Schlundfurchen) und innen (Schlundtaschen), die den mesodermalen Kern der Schlundbögen mit Ekto- und Endoderm bedecken. Die Anlagen für Schlundbogenderivate (Arterie, Nerv und Knorpelspange) liegen im Mesenchym der Schlundbögen, aus dem auch die Muskulatur hervorgeht.

M

≡ M-1.8

Derivate der Schlundbögen und -taschen

Schlundbögen: Skelettelement

Schlundtaschen: Muskulatur

Nerv und Arterie*

1. Schlundbogen (Mandibularbogen) Meckel-Knorpel (liegt in der Mandibula, bildet sich jedoch größtenteil zurück. Aus seinen dorsalen Anteilen bilden sich die beiden nachfolgend genannten Gehörknöchelchen) ■ Malleus ■

Incus



Mandibula



Maxilla



Os palatinum



(Dentin und Zement aller Zähne)

Reichert-Knorpel ■ Stapes

Kaumuskulatur



Venter anterior d. M. digastricus



M. mylohyoideus



M. tensor tympani



M. tensor veli palatini



Mimische Muskulatur

Nerv: ■ N. mandibularis des N. trigeminus (V3)



Paukenhöhle



Tuba auditiva

Arterie: Rückbildung



2. Schlundtasche ■



Proc. styloideus ossis temporalis





Lig. stylohyoideum





Cornu minus und Corpus ossis hyoidei

Nerv: Venter posterior des M. digastricus ■ N. facialis (VII) mit Chorda tympani M. stylohyoideus Arterie: M. stapedius ■ Rückbildung

3. Schlundbogen Cornu majus ossis hyoidei

Derivate 1. Schlundtasche



2. Schlundbogen (Hyalbogen)



969

1.4 Entwicklung des Kopfbereichs



Tonsillarbucht der beiden Tonsillen

3. Schlundtasche ■

M. constrictor pharyngis superior und medius (teilweise)

Nerv: ■ N. glossopharyngeus (IX) mit N. tympanicus Arterie:



M. salpingopharyngeus



M. palatoglossus



M. palatopharyngeus (teilweise)



Nerv: ■ N. laryngeus superior des N. vagus (X)



untere Epithelkörperchen



Thymus

Beteiligung an der A. carotis communis und interna

4. Schlundbogen

4. Schlundtasche



Cartilago thyroidea (oberer Abschnitt)



M. constrictor pharyngis medius u. inferior (teilweise)



Cartilago cuneiformis



M. levator veli palatini



M. cricothyroideus



obere Epithelkörperchen

Arterie: ■ rechts: Beteiligung an der A. subclavia dextra ■

links: Beteiligung am Aortenbogen

(5.) 6. Schlundbogen

4./5./6. Schlundtasche**



Cartilago thyroidea (unterer Teil)





Cartilgo arytenoidea, corniculata u. cricoidea

Anteile des M. constrictor pharyngis inferior



sämtliche inneren Kehlkopfmuskeln

Nerv: ■ N. vagus (N. laryngeus recurrens) Arterie: ■ 5. Arterie: fehlt! ■

rechts: bis auf Teil der A. pulmonalis dextra (proximal) Rückbildung



links: Truncus pulmonalis und Beginn der A. pulmonalis sinistra (proximaler Teil), Ductus arteriosus (distaler Teil)

* Zu den Abkömmlingen der auch als Aortenbögen bezeichneten Schlundbogenarterien s. a. Tab. G-4.2. ** Die genaue Herkunft des Ultimobranchialkörpers ist umstritten.



Ultimobranchialkörper** (laterale Schilddrüsenanlage); evtl. mit Anteilen aus der Neuralleiste

970

M

1 Kopf – Schädel und mimische Muskulatur

▶ Klinik. Aus Resten des Sinus cervicalis können sich laterale Hals-

fisteln entwickeln, die ihre Öffnung typischerweise am Vorderrand des M. sternocleidomastoideus (zwischen mittlerem und oberem Drittel) haben. Sie können entweder bis in den Rachenraum reichen oder blind enden. Durch Persistenz der Vesicula cervicalis oder durch sekundären Verschluss einer Halsfistel können laterale (branchiogene) Halszysten entstehen, die eine sorgfältige differenzialdiagnostische Abklärung gegenüber entzündlich oder durch Tumormetastasen bedingten Lymphknotenvergrößerungen (S. 899) oder Strumaknoten (S. 932) erfordern. Laterale Halsfisteln bzw. -zysten haben somit einen anderen entwicklungsgeschichtlichen Ursprung als mediane Halsfisteln oder -zysten aus Epithelsträngen des Ductus thyreoglossalis (S. 935).

⊙ M-1.24

⊙ M-1.23

Laterale Halsfisteln und -zysten

(Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

Aus dem Schlundbogenmaterial abstammende Nerven, Skelettelemente und Muskulatur mimische Muskulatur

M. temporalis

MeckelKnorpel

Lig. sphenomandibulare

Malleus (Hammer) Incus (Amboss)

M. auricularis

Stapes (SteigbŸgel) M. occipitalis

Proc. styloideus, Os temporale

M. masseter

1.

M. digastricus, Venter posterior

2. 3. 4.

a

Muskulatur des Pharynx

b M. digastricus, Venter anterior

M. stylopharyngeus

Lig. stylohyoideum Cornu majus, Os hyoideum

c Cornu minus, Os hyoideum

Cartilago cricoidea

Cartilago thyroidea

(Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

a Bereits früh sind die Anlagen der Schlundbögen sowie die dazugehörigen Nerven sichtbar. b Diese späteren Hirnnerven V, VII, IX und X innervieren die dem jeweils gleichen Schlundbogen entstammenden Muskeln. c Aus den Knorpelspangen entwickeln sich Knochen des Schädels sowie im Halsbereich liegende Skelettelemente.

▶ Klinik.

▶ Klinik. Kombinierte Anomalien des 1. und 2. Schlundbogens sind die Grundlage des Goldenhar-Syndroms (okulo-aurikulo-vertebrale Dysplasie) mit Hypoplasie der Kiefer und der Ohrregion (Mikrotie) und Fehlbildungen (Halbwirbel) der Halswirbelsäule.

Entwicklung des kraniofazialen Systems Die Entwicklung der zum Gesicht zählenden Strukturen aus 3 Gesichtswülsten ist eng miteinander verknüpft (Abb. M-1.25).

1.4.3 Entwicklung des kraniofazialen Systems

Anlage der Gesichtswülste

Anlage der Gesichtswülste

Die zunächst von einer Membrana oropharyngea verschlossene Mundbucht (Stomatodeum) liegt im vom Vorderhirnbläschen und Herzwulst begrenzten Vorderbereich des Embryos. Ab der 4. Woche bilden sich um das Stomatodeum von Ektoderm überzogene Mesenchympolster (Stirn-Nasen-Wulst, Oberund Unterkieferwülste).

Mit der Ausdehnung des Vorderhirnbläschens, des 1. Schlundbogens und des sich kaudal anschließenden Herzwulstes wird im Kopfbereich des Embryos das Stomatodeum (Mundbucht) umgrenzt, das zunächst von der Membrana oropharyngea (Mundrachenmembran) verschlossen ist. Es reißt später ein und verbindet den Vorderdarm mit der Amnionhöhle. Um das Stomatodeum entwickeln sich ab der 4. Woche von Ektoderm überzogene Mesenchympolster: der medio-kranial gelegene unpaare Stirn-Nasen-Wulst und

1.4.3

Da die Entwicklung der zum Gesicht zählenden Strukturen (Abb. M-1.25) aus den drei Gesichtswülsten eng miteinander verbunden ist, wird an dieser Stelle kurz auf den gesamten Prozess eingegangen, während Details zur Entwicklung von Gaumen, Zunge, Nasen- und Nasennebenhöhlen sowie Auge und Ohr in den jeweiligen Kapiteln zu finden sind, in denen die ausgebildeten Strukturen abgehandelt werden.

M

⊙ M-1.25

⊙ M-1.25

Entwicklung des Gesichts

Rachenmembran am Stomatodeum

971

1.4 Entwicklung des Kopfbereichs

Stirnfortsatz

Riechgrube lateraler Nasenwulst

Oberkieferwulst Unterkieferwulst

a 5. Woche

b 6. Woche

medialer Nasenwulst

verschmolzene mediale Nasenwülste lateraler Nasenwulst Tränen-Nasen-Furche ( Ductus nasolacrimalis)

Oberkieferwulst

c 7. Woche

Philtrum

d 10. Woche

Beitrag der Gesichtswülste zur Gesichtsoberfläche während der Entwicklung in der Ansicht von rechts ventrolateral. (nach Ulfig, N.: Kurzlehrbuch Embryologie. Thieme, 2009)

kaudal davon die sich von 1. Schlund- oder Mandibularbogen ableitenden Oberund Unterkieferwülste.

Differenzierung der Gesichtswülste

Differenzierung der Gesichtswülste

An den Enden der Stirn-Nasen-Wülste verdickt sich das Ektoderm zur Riechplakode. Diese wird durch Proliferation des Mesoderms zum Riechgrübchen und Riechsäckchen eingesenkt. Es gliedert dadurch beiderseits einen medialen von einem lateralen Nasenwulst ab. Aus den verschiedenen Wülsten entstehen im Laufe der weiteren Entwicklung die Gesichtsstrukturen: ■ Der laterale Nasenwulst ist durch die Tränen-Nasen-Furche vom seitlich anschließenden Oberkieferwulst getrennt. Durch einsprossendes Oberflächenepithel entwickelt sich hier der Tränensack bzw. der Tränen-Nasen-Gang, der Ductus nasolacrimalis (S. 1058). Aus den lateralen Nasenwülsten werden die Nasenflügel. ■ Die beiden medialen Nasenwülste, die aufeinander zuwachsen, bilden mit ihrem Mesenchymkern das sog. Zwischenkiefersegment, das ventral in die paarigen Oberkiefer- und Gaumenanlagen eingefügt wird. Die Nahtstelle bleibt als Canalis incisivus offen. Durch das Zusammenwachsen der medialen Nasenwülste entsteht der Nasenrücken; gleichzeitig werden die Augenanlagen (S. 1072) frontalisiert. Die im Halsbereich gelegenen Anlagen des äußeren Ohrs (Ohrhöcker) wandern nach kranial. ■ Der Oberkieferwulst schiebt sich am lateralen Nasenwulst vorbei und verschmilzt mit dem medialen Nasenwulst. Der Oberkieferwulst bildet die seitlichen Teile der Oberlippe und des Oberkiefers sowie die paarigen sekundären Gaumenanlagen. ■ Die medial verschmolzenen Unterkieferwülste bilden die Unterlippe und die desmal angelegte Mandibula, die den Meckel-Knorpel des 1. Kiemenbogens verdrängt. Durch Verschmelzen der seitlichen paarigen Ober- und Unterkieferwülste wird die zunächst breite Öffnung des Stomatodeums zum definitiven Mund eingeengt.

Am Unterrand der Stirn-Nasen-Wülste senkt sich beiderseits das Ektoderm (Riechplakode) zum Riechgrübchen, später Riechsäckchen ein. Es gliedert damit einen medialen von einem lateralen Nasenwulst ab. Letzterer ist zunächst vom seitlich angrenzenden Oberkieferwulst getrennt. In ihm entwickelt sich aus einem Epithelzapfen der Ductus nasolacrimalis (S. 1058). Die medialen Nasenwülste verschmelzen, bilden den späteren Nasenrücken und sind an der Bildung des sog. Zwischenkiefersegments beteiligt. Medialer Nasenwulst und Oberkieferwulst verbinden sich und bilden die Oberlippe. Aus dem lateralen Nasenwulst werden die Nasenflügel. Am Oberkieferwulst wachsen innen die sekundären Gaumenanlagen heraus. Durch die Verbindung der seitlichen Oberund Unterkieferwülste entsteht der Mund. Mit diesen Wachstumsvorgängen ist eine Frontalisierung der Augen (S. 1072) verbunden.

972 ▶ Klinik.

M

1 Kopf – Schädel und mimische Muskulatur

▶ Klinik. Die Cheiloschisis (laterale Lippenspalte, „Hasenscharte“) entsteht bei unvollständiger bzw. fehlender Verschmelzung des medialen Nasenwulstes mit dem Oberkieferwulst. Weitergehende Defekte sind die Lippenkiefer- bzw. Lippenkiefergaumenspalte (Cheilognathopalatoschisis), die ein- oder doppelseitig vorkommen können und dann neben Trink- und entsprechenden Gedeihstörungen auch Störungen der Sprachentwicklung bedingen. Sie sind durch frühzeitige plastische Operationen vermeidbar.

⊙ M-1.26

Komplette linksseitige Lippenkiefergaumenspalte. Mädchen im Alter von 3 Monaten vor Operationsbeginn. (Henne-Bruns, D., Düring, M., Kremer, B.: Duale Reihe Chirurgie. Thieme, 2012)

Weitere Spaltbildungen können als sog. quere Gesichtsspalte (unvollständige Verschmelzung von Ober- und Unterkieferwülsten) oder mediane Unterkiefer bzw. Lippenspalte (unvollständige Vereinigung der Unterkieferanlagen bzw. der medialen Nasenwülste) auftreten.

2

Leitungsbahnen im Kopfbereich

2.1 2.2 2.3

Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 973 Gefäße im Kopfbereich. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 973 Nerven im Kopfbereich – Hirnnerven (Nervi craniales). . . . . . . . . . . 979

M

G. Aumüller, G. Wennemuth

2.1

Einführung

Die Leitungsbahnen im Kopfbereich nehmen wegen der komplizierten funktionellen und topografischen Gegebenheiten des Schädels mit hier gelegenen Räumen für den Beginn von Speise- und Atemwegen sowie für die spezialisierten Sinnesorgane und das Gehirn mit seinen Hilfsstrukturen eine Sonderstellung ein. Um eine Übersicht über die wichtigsten Besonderheiten zu geben, werden nachfolgend zunächst die allgemeinen Merkmale der Leitungsbahnen des Kopfes dargestellt sowie eine Zusammenstellung der wichtigsten Aufzweigungen der Gefäße und Nerven mit ihren Verläufen gegeben. Details zu den einzelnen Ästen finden sich bei Besprechung der jeweils von ihnen versorgten Strukturen im oberflächlichen (S. 962) und tiefen (S. 1033) Gesichtsbereich, Mund- (S. 1003) und Nasenhöhle (S. 1046) sowie Auge (S. 1049) und Ohr (S. 1074).

2.2

Gefäße im Kopfbereich

2.1

Einführung

Die Leitungsbahnen im Kopfbereich weisen eine Reihe von topografischen und funktionellen Besonderheiten auf, die hier zusammenfassend dargestellt werden. Details einzelner Äste sind bei den jeweils von ihnen versorgten Strukturen im oberflächlichen (S. 962) und tiefen (S. 1033) Gesichtsbereich, Mund- (S. 1003) und Nasenhöhle (S. 1046) sowie Auge (S. 1049) und Ohr (S. 1074) zu finden.

2.2

Gefäße im Kopfbereich

2.2.1 Arterien des Kopfes

2.2.1

Arterien des Kopfes

Die zum Kopf ziehenden Arterien entstammen der Arteria carotis communis mit ihren Hauptästen (A. carotis interna und A. carotis externa) und der Arteria vertebralis als Ast der Arteria subclavia (S. 897). Sie bilden größere Gefäßprovinzen, die untereinander in Verbindung stehen (arterielle Anastomosen). Dabei ist die Sicherstellung der Blutversorgung des Gehirns (S. 1157) durch die A. carotis interna und die A. vertebralis von der Versorgung des übrigen Kopfes durch eine vordere, eine mediale, eine hintere und eine Endastgruppe (A. temporalis superficialis, A. maxillaris) der A. carotis externa zu trennen. Die Verzweigungsmuster der Kopfarterien sind nicht konstant; Varianten in Abgang und Verlauf der Gefäße sind durch die komplizierte Entwicklung bedingt.

Die Arterien im Kopfbereich entstammen der A. carotis communis und der A. vertebralis aus der A. subclavia und bilden durch Anastomosen verbundene Gefäßprovinzen. Das Gehirn und das Auge werden über die A. vertebralis und A. carotis interna, der übrige Kopf durch Äste der A. carotis externa versorgt. Diese bilden vier größere Gruppen: vordere, mediale, hintere und Endäste.

▶ Klinik. Bei Verdacht auf Durchblutungsstörungen des Gehirns (z. B. durch eine Karotisstenose) werden die arteriellen Gefäßprovinzen des Kopfes und ihre Kollateralkreisläufe getrennt (Doppler-)sonografisch untersucht („geschallt“).

Arteria carotis externa und ihre Äste Die Gruppierung der aus der A. carotis externa abgehenden Äste sowie deren Versorgungsgebiete sind Tab. M-2.1 zu entnehmen. Die A. maxillaris ist der stärkere ihrer beiden Endäste, die nach ihrer Verlaufstrecke in drei Anteile untergliedert wird und ebenfalls eine Vielzahl an Ästen abgibt.

▶ Klinik.

Arteria carotis externa und ihre Äste

974

≡ M-2.1

M

2 Leitungsbahnen im Kopfbereich

Äste der A. carotis externa

Aufzweigungen

Versorgungsgebiete

Vordere Äste: A. thyroidea superior

→ R. infrahyoideus → R. sternocleidomastoideus

M. sternocleidomastoideus

→ A. laryngea superior

Larynx

→ R. cricothyroideus A. lingualis

A. facialis

→ Rr. glandulares

Glandula thyroidea

→ R. suprahyoideus

Zungenbeinregion

→ A. sublingualis

Zunge, Glandula sublingualis

→ Rr. dorsales linguae

Schleimhaut der Radix linguae

→ A. profunda linguae

Apex linguae

→ A. palatina ascendens → Rr. tonsillares

Palatum molle, Pharynx Tonsillen

→ A. submentalis

Gl. submandibularis, suprahyoidale Muskulatur

→ Aa. labiales inferior und superior → R. septi nasi

Lippen Nasenseptum

→ A. angularis

medialer Augenwinkel, äußere Nase

→ Rr. pharyngeales

Pharynx

Medialer Ast: A. pharyngea ascendens

→ A. tympanica inferior

Paukenhöhle

→ A. meningea posterior

Dura mater, hintere Schädelgrube (S. 1164)

→ R. auricularis

Auris externa

Hintere Äste: A. occipitalis

A. auricularis posterior

→ Rr. occipitales

Regio occipitalis

→ R. mastoideus

Cavitas tympani, Cellulae mastoideae

→ R. meningeus

Hirnhäute (S. 1164)

→ R. auricularis

Auris externa

→ R. occipitalis

Regio occipitalis

→ A. stylomastoidea

Cavitas tympani, Cellulae mastoideae

→ A. tympanica posterior

Cavitas tympani, Cellulae mastoideae

→ Rr. pharyngeales

Pharynx

→ A. auricularis profunda

Kiefergelenk, Trommelfell, Meatus acusticus externus

→ A. tympanica anterior

Schleimhaut des Cavum tympani

Endäste: A. maxillaris ■

Pars mandibularis

→ A. alveolaris inferior → R. mylohyoideus → R. mentalis Mandibula, Zähne, Mundboden, Kinnbereich → A. meningea media ■



Pars pterygoidea

Hirnhäute (S. 1164)

→ A. masseterica

M. masseter

→ Rr. pterygoidei

Mm. pterygoidei

→ Aa. temporales profundae

M. temporalis

→ A. buccalis

M. buccinator

Pars pterygopa- → A. alveolaris superior posterior latina → A. palatina descendens

Maxilla, hintere Zähne Palatum molle, Tonsille

→ A. infraorbitalis → Aa. alveolares superiores anteriores Maxilla, vordere Zähne des Oberkiefers

A. temporalis superficialis

→ A. canalis pterygoidei

Pharynx, Cavitas tympani

→ A. sphenopalatina

Cavitas nasi, Septum nasi

→ A. transversa faciei

Gesicht

→ Rr. parotidei

Glandula parotidea

→ A. zygomaticoorbitalis

lateraler Augenwinkel

→ Rr. auriculares anteriores

Vorderfläche der Ohrmuschel, Meatus acusticus externus

→ A. temporalis media

M. temporalis

→ R. frontalis

Kopfschwarte

→ R. parietalis Wichtige Äste sind fett hervorgehoben. Kleinere Äste wurden nicht mit in die Tabelle aufgenommen.

M

⊙ M-2.1

975

2.2 Gefäße im Kopfbereich

Verzweigung der A. carotis externa und der A. maxillaris als ihrem Endast

A. infraorbitalis

A. sphenopalatina A. canalis pterygoidei

A. occipitalis, Ramus posterior

A. temporalis superficialis

A. temporalis profunda A. alveolaris superior posterior A. palatina descendens

A. auricularis posterior A. occipitalis

A. maxillaris A. pharyngea ascendens A. lingualis

Rr. pterygoidei A. meningea media A. auricularis profunda A. tympanica anterior

A. facialis A. carotis externa

A. thyroidea superior A. carotis communis

A. carotis interna

A. maxillaris

A. vertebralis

A. masseterica A. buccalis

A. subclavia

A. alveolaris inferior

b a (Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

a Äste der A. carotis externa in der Ansicht von links-lateral mit unterschiedlicher Einfärbung nach Astgruppen: vordere Äste (rot), medialer Ast (blau), hintere Äste (grün) und Endäste (ocker). b Die Äste der A. maxillaris sind farblich nach Ort ihres Abgangs aus den drei Abschnitten unterschieden: Pars mandibularis (blau), Pars pterygoidea (grün) und Pars pterygopalatina (gelb).

Arteria carotis interna – Abschnitte und extrazerebrale Äste Während die A. carotis interna (ACI) im Halsbereich ohne Abgabe von Ästen verläuft (Pars cervicalis), gibt sie nach Eintritt in die Schädelbasis (Pars petrosa) und die Schädelhöhle (Pars cavernosa, Pars cerebralis) mehrere Äste ab. Vorwiegend versorgen diese das Gehirn. Die weiteren sind in Abb. M-2.2 dargestellt.

Arteria carotis interna – Abschnitte und extrazerebrale Äste Siehe Abb. M-2.2.

Arterielle Anastomosen

Arterielle Anastomosen

Über die Arteria angularis (Endast der A. facialis) und die Arteria supraorbitalis bzw. dorsalis nasi (Endäste der A. ophthalmica) steht das Stromgebiet der A. carotis externa mit dem der A. carotis interna in Verbindung. Auch im Bereich der A. carotis externa finden sich arterielle Kollateralen, z. B. der Aa. labiales superiores und inferiores, die einen Gefäßring um den Mund bilden.

Die Stromgebiete der Aa. carotis externa und interna stehen über die A. angularis (aus A. facialis) und die A. supraorbitalis bzw. dorsalis nasi (aus A. ophthalmica) in Verbindung.

⊙ M-2.2

Abschnitte der A. carotis interna mit Ästen zu extrazerebralen Strukturen A. ophthalmica A. choroidea anterior A. communicans posterior

Pars cerebralis

A. hypophysialis superior R. basalis tentorii R. marginalis tentorii

Pars cavernosa

A. hypophysialis inferior R. ganglionaris trigeminalis

R. nervorum

R. meningeus

Pars petrosa Aa. caroticotympanicae

R. sinus cavernosi A. canalis pterygoidei

(Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

Pars cervialis

⊙ M-2.2

976

M

⊙ M-2.3

2 Leitungsbahnen im Kopfbereich

⊙ M-2.3

Verbindungen zwischen den Versorgungsgebieten der Aa. carotis externa und interna

A. supratrochlearis A. supraorbitalis

A. dorsalis nasi

Aa. palpebrales mediales

Aa. palpebrales laterales

A. temporalis superficialis

A. angularis

A. infraorbitalis A. facialis A. carotis externa

Die Äste der A. carotis externa sind wie in Abb. M-2.1 eingefärbt, die der A. carotis interna bläulich. (Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

2.2.2

Venen des Kopfes

2.2.2 Venen des Kopfes

Abfluss über die Jugularvenen

Abfluss über die Jugularvenen

Der venöse Abstrom aus dem Kopfbereich (S. 898) erfolgt hauptsächlich über die Vv. jugulares int. und ext. (Tab. M-2.2).

Der venöse Abfluss des Blutes aus dem Kopfbereich erfolgt hauptsächlich über die Venae jugulares interna und externa (Tab. M-2.2), deren Verlauf im Halsbereich (S. 898) beschrieben ist. Die Vena jugularis anterior (S. 898) nimmt neben ihren hauptsächlichen Zustromgebieten aus dem Halsbereich auch Blut aus der Kinnregion auf.

≡ M-2.2

Abfluss des Blutes über die Jugularvenen

Jugularvene

venöse Zuflüsse aus dem Kopfbereich

V. jugularis interna ←V. facialis ← Plexus pterygoideus ← V. temporalis superficialis ← V. retromandibularis ← Plexus pterygoideus ←Sinus durae matris, die auch Blut aus oberflächlichen und tiefen Hirnvenen aufnehmen V. jugularis externa ←V. occipitalis (+ Verbindungsvenen zur V. retromandibularis)

Abflussgebiet oberflächliche (vordere) und tiefe seitliche Gesichtsregion mit Kopfhaut dieser Bereiche Schädelinneres (mit Gehirn) oberflächliche (hintere) Kopfanteile

Venöse Verbindungen im Kopfbereich

Venöse Verbindungen im Kopfbereich

Die Venen des Gesichts und der Kopfhaut haben Verbindungen ■ untereinander, ■ zum venösen Plexus pterygoideus der tiefen seitlichen Gesichtsregion sowie ■ über Venen in der Orbita und im Schädeldach zu den Sinus durae matris.

Ähnlich den arteriellen Kollateralen haben die (klappenlosen) Venen im oberflächlichen Kopfbereich Verbindungen nicht nur ■ untereinander, sondern auch ■ zu den Venen der tiefen seitlichen Gesichtsregion (Plexus pterygoideus) und ■ über Venen der Orbita sowie über Verbindungsvenen im Schädeldach zu den Blutleitern der harten Hirnhaut (Sinus durae matris). Letztere sind als Eintrittspforten für Erreger in die Sinus durae matris von klinischer Bedeutung (s. u.).

Verbindungen zum Sinus cavernosus: bestehen über die V. angularis als Endast der V. facialis zur V. ophthalmica superior und über die Tonsillarvenen zur V. ophthalmica inferior („Warndreieck“ des Gesichts).

Verbindungen zum Sinus cavernosus: Besonders wichtig sind die Verbindungen der Vena angularis (Endast der V. facialis) über die Vena ophthalmica superior (innerhalb der Orbita) und die der Tonsillarvenen (Rami tonsillae palatinae) über die Vena ophthalmica inferior, die beide in den Sinus cavernosus drainieren. Auch der Plexus pterygoideus hat Verbindungen zum Sinus cavernosus. Projiziert man dieses venöse Verbindungssystem auf die Gesichtsoberfläche, so nimmt sein Gebiet annähernd die Form eines gleichseitigen Dreiecks um die Gesichtsmitte ein („Warndreieck“ des Gesichts).

M

⊙ M-2.4

977

2.2 Gefäße im Kopfbereich

Venen und ihre Verbindungen im Kopfbereich

Sinus cavernosus

Sinus petrosus inferior

V. ophthalmica superior

Sinus sigmoideus

V. angularis V. angularis V. temporalis superficialis V. occipitalis V. retromandibularis

Sinus petrosus superior

Plexus pterygoideus

V. jugularis interna

Vv. maxillares

V. retromandibularis V. facialis

b

V. thyroidea superior V. facialis

V. jugularis interna

V. jugularis anterior

V. jugularis externa

V. suprascapularis

V. brachiocephalica sinistra

V. subclavia

a

c

V. emissaria parietalis Sinus sagittalis superior Confluens sinuum V. emissaria occipitalis

Sinus sigmoideus

Venengeflecht um Foramen magnum Plexus venosus canalis nervi hypoglossi

V. emissaria mastoidea V. emissaria condylaris V. jugularis interna

d

Plexus venosus vertebralis externus

V. occipitalis

(Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

a Oberflächliche Kopfvenen und Venenplexus der tiefen seitlichen Gesichtsregion mit ihrem Abfluss über die Jugularvenen. b Verbindungen der oberflächlichen Kopfvenen und des Plexus pterygoideus zum Sinus cavernosus. c Durch die in b dargestellten venösen Verbindungen zum System der Sinus durae matris sind Entzündungen innerhalb des dargestellten dreieckigen Bereichs im Gesicht besonders gefährlich (Warndreieck): Von hier aus können Keime nach intrakraniell gelangen und damit die Entzündung auf Meningen und Gehirn übergreifen. d Auch die Venae emissariae (hier in der Ansicht von dorsal auf das Hinterhaupt) stellen eine Verbindung zwischen extrakraniellen Kopfvenen und Sinus durae matris her.

▶ Klinik. Insbesondere die Anastomose zwischen der V. facialis und der in den Sinus

cavernosus drainierenden V. ophthalmica superior (über die V. angularis) stellt eine wichtige Eintrittspforte für Keime aus dem Gesichtsbereich nach intrakraniell dar: Bei eitrigen Entzündungen der Gesichtshaut oder des Mittelohrs kann durch das Eindringen von Bakterien in das System der Sinus durae matris die Infektion auf die Hirnhaut übergreifen und somit zur Meningitis führen. Eine andere mögliche Folge ist eine bakteriell bedingte Sinus-cavernosus-Thrombose.

▶ Klinik.

978

≡ M-2.3

M

2 Leitungsbahnen im Kopfbereich

Verbindungen der Diploevenen und der Emissarienvenen zu intra- und extrakraniellen Abflüssen

Gefäß

Verbindung nach innen zum

Verbindung nach außen zur

Sinus sagittalis superior

V. supraorbitalis

Diploevenen V. diploica frontalis V. diploica temporalis anterior

Sinus sphenoparietalis

V. temporalis profunda

V. diploica temporalis posterior

Sinus transversus

V. auricularis posterior

V. diploica occipitalis

Sinus transversus

V. occipitalis

Sinus sagittalis superior

V. temporalis superficialis

Emissarienvenen mit Durchtritt V. emissaria parietalis

Foramen parietale

V. emissaria mastoidea

Foramen mastoideum

Sinus sigmoideus

V. occipitalis

V. emissaria occipitalis

Squama occipitalis

Confluens sinuum

V. occipitalis

V. emissaria condylaris

Canalis condylaris

Sinus sigmoideus

Plexus venosi vertebrales externi

Vv. diploicae und emissariae: Sie stehen beide sowohl mit den oberflächlichen Kopfvenen als auch mit den Sinus durae matris in Verbindung (Tab. M-2.3). Die Vv. diploicae liegen im Schädeldach, die Vv. emissariae treten durch die Schädelknochen hindurch.

▶ Klinik.

2.2.3

▶ Klinik. Auch die Vv. emissariae können als Eintrittspforten von Erregern aus der Kopfhaut in die venösen Blutleiter der Dura dienen.

Lymphabfluss aus dem Kopfbereich

Zum Lymphabfluss s. Abb. M-2.5.

⊙ M-2.5

Venae diploicae und emissariae: (Tab. M-2.3: Die Venae diploicae liegen in der Diploe des Schädeldachs, nehmen hieraus sowie aus der Dura mater Blut auf und haben Verbindungen sowohl zu den Sinus durae matris (Sinus sphenoparietalis bzw. transversus) als auch zu den oberflächlichen Kopfvenen (V. supraorbitalis, V. temporalis profunda anterior, V. occipitalis). Venae emissariae sind venöse Verbindungen zwischen Sinus durae matris, Vv. diploicae und Venen der Kopfhaut, die durch Emissarien (z. B. das Emissarium mastoideum u. parietale) und weitere Kanäle (z. B. Canalis condylaris, Canalis hypoglossi, Foramen ovale, Canalis caroticus, Foramen magnum) der Schädelknochen hindurchtreten.

2.2.3 Lymphabfluss aus dem Kopfbereich Die Lymphgefäße des Kopfes ziehen zu drei größeren Stationen am Hinterhaupt (Nodi lymphoidei occipitales), hinter und vor dem Ohr bzw. der Gl. parotidea (Nodi lymphoidei mastoidei, parotidei superficiales und profundi) und im Wangenbereich um die Gefäßstraße der A. und V. facialis (Nodi lymphoidei nasolabialis, malaris, mandibularis) (Abb. M-2.5). Die nächste Station bilden die halswärts gelegenen Nodi lymphoidei cervicales laterales superficiales und profundi (Abb. L-1.11).

Lymphknoten im Kopfbereich

Lymphknotengruppe

Lokalisation

Nll. occipitales (2–4)

Nacken, unterhalb Linea nuchalis inferior

Nll. mastoidei/ retroauriculares (1–2)

neben Proc. mastoideus

Nll. faciales

entlang der V. facialis

Wange, Unterkieferbereich

Nll. parotidei superficiales und profundi

vor dem äußeren Gehörgang

Ohrbereich, Schläfenregion Kinn, Paukenhöhle, Gehörgang, Augenlider, Nasenhöhle und Sinus paranasales

Nll. linguales

auf dem M. hyoglossus

Vordere ⅔ des Zungenrückens, Zungenrand u. -unterseite

Nll. buccales

auf dem M. buccinator

Regio faciei

Nll. submentales

Kinnunterseite

Nll. submandibulares

an der Glandula submandibularis

Zum Abfluss siehe auch Abb. L-1.11.

Zuflussregion

Abfluss

Kopfschwarte Nll. cervicales laterales profundi superiores

Nll. cervicales laterales profundi superiores (Nl. jugulodigastricus) über Nll. submandibulares

Mundboden, Kinn, Unterlippe, Zunge, zu den Nll. cervicales Tonsillen, Zahnfleisch, Zähne anteriores profundi

M

2.3

979

2.3 Nerven im Kopfbereich – Hirnnerven (Nervi craniales)

Nerven im Kopfbereich – Hirnnerven (Nervi craniales)

2.3

Nerven im Kopfbereich – Hirnnerven (Nervi craniales)

Die Hirnnerven bilden 12 Paare, die mit römischen Ziffern von I-XII durchnummeriert werden. Bis auf die ersten beiden Hirnnerven, die als transformierte Hirnteile zentrale Neurone bzw. Nervenfasern enthalten, sind die übrigen (III–XII) Teile peripheren Nervensystems. Dabei weichen sie jedoch in einigen entscheidenden Merkmalen von den Spinalnerven ab. So sind sie z. B. weder segmental angeordnet, noch besitzen sie getrennte Wurzeln für den Eintritt afferenter Fasern und Austritt efferenter Neurone und unterscheiden in ihrer Zusammensetzung und Funktion z. T. erheblich.

Die 12 Hirnnervenpaare werden von I–XII durchnummeriert (wobei I und II eigentlich Hirnabschnitte sind).

Faserqualitäten: Die verschiedenen in einem Hirnnerv ziehenden Faserqualitäten bedingen seine jeweilige funktionelle Spezialisierung als rein afferente, efferente oder gemischte Nerven. Dabei ist für die Hirnnerven zu beachten, dass durch die spezialisierten Sinnesorgane des Kopfes und die entwicklungsgeschichtlich aus den Kiemenbögen (S. 968) hervorgegangenen Muskeln (Branchialmotorik) die möglichen Faserqualitäten „erweitert“ sind.

Faserqualitäten: Die Hirnnerven können somato- bzw. viszeroafferente, somato- bzw. viszeroefferente oder gemischte Faseranteile enthalten.

▶ Merke. Zusätzlich zu den auch in Spinalnerven verlaufenden allgemeinen Soma-

▶ Merke.

to- oder Viszeroafferenzen bzw. -efferenzen können Hirnnerven auch speziell somatoafferente, viszeroafferente und viszeroefferente Fasern enthalten (Abb. M-2.6).

⊙ M-2.6

Faserqualitäten der Hirnnerven

allgemein

speziell

Afferenzen – somatisch

– viszeral

* allgemeine Somatoafferenzen spezielle Somatoafferenzen → Vermittlung von Reizen aus Rezeptoren der Haut und → Vermittlung von Reizen aus retinalen Sinneszellen und denen des Innenohrs z. B. der Mund-/Rachenschleimhaut (Mechano-, Thermo-, Nozizeption) sowie der (nicht branchiogenen) quergestreiften Muskulatur (Propriozeption) (Hirnnerv V)

(Hirnnerven II und VIII)

allgemeine Viszeroafferenzen → Vermittlung von Reizen aus Rezeptoren in Eingeweiden und Blutgefäßen

* spezielle Viszeroafferenzen → Vermittlung von Reizen aus den Sinneszellen der Riech- und Geschmacksorgane

(Hirnnerven IX, X)

(Hirnnerven I, VII, IX, X)

allgemeine Somatoefferenzen → Efferente Innervation der quergestreiften (nicht branchiogenen) Skelettmuskulatur



Efferenzen – somatisch

(Hirnnerven III, IV, VI, XI, XII) – viszeral

** allgemeine Viszeroefferenzen → Efferente Innervation glatter Muskulatur (innere Augenmuskeln, Hohlorgane inkl. Gefäßen), Herzmuskulatur und Drüsen

spezielle Viszeroefferenzen → Efferente Innervation der branchiogenen Muskulatur (entwicklungsgeschichtlich den Kiemenbögen entstammend)

(Hirnnerven III, VII, IX, X)

(Hirnnerven V3, VII, IX, X mit Fasern der Radix cranialis von XI)

* Den speziellen Somato- und Viszeroafferenzen der spezifischen „fünf Sinne“ im Kopfbereich (Riechen, Sehen, Hören, Gleichgewichtssinn und Schmecken) war lange Zeit der Begriff „Sensorik“ vorbehalten. Auch wenn er mittlerweile zunehmend auf alle afferenten Sinnesqualitäten ausgedehnt wird, ist er bei Besprechung der afferenten Fasern im Kopfbereich zuweilen nützlich, um den Unterschied zu den allgemeinen Afferenzen zu verdeutlichen und wird in diesem Sinne an einigen Stellen der Kopf-Kapitel genutzt. ** Anders als bei den Spinalnerven führen die Hirnnerven lediglich parasympathische Viszeroefferenzen (kranialer Parasympathikus). Sympathische Viszeroefferenzen aus dem Ggl. cervicale superius erreichen den Kopf über periarterielle Geflechte. So können sich zwar Hirnnervenästen während ihres peripheren Verlaufs anlagern, haben jedoch kein Kerngebiet im Gehirn!

Vergleiche auch Somatosensorik und Viszerosensorik (S. 1194). Details zum Ganglion cervicale superius siehe Truncus sympathicus im Halsbereich (S. 904).

980

M

2 Leitungsbahnen im Kopfbereich

Je nach Vielfalt der in ihnen verlaufenden Faserqualitäten haben die Hirnnerven oft mehrere Kerngebiete, die aus entwicklungsgeschichtlichen Gründen entsprechend ihrer funktionellen Qualität in charakteristischer Weise topografisch angeordnet sind (Endkerne = Ncll. terminationis und Ursprungskerne = Ncll. originis, Abb. N-1.10). Topografische Zuordnung: Mit Ausnahme der beiden Hirnnerven I und II als Abkömmlingen des Vorderhirns besitzen die Hirnnerven III–XII umschriebene Kerngebiete unterschiedlicher Ausdehnung im Hirnstamm in einer medialen und lateralen Reihe. Die Ein- bzw. Austrittswurzeln finden sich (mit Ausnahme des dorsal austretenden N. IV) auf der Ventralseite von Mittelhirn, Pons und Medulla oblongata.

Topografische Zuordnung: Jeder Hirnnerv kann topografisch einem der im Kapitel N1 beschriebenen Hirnabschnitten zugeordnet werden, wobei – wie bereits erwähnt – die ersten beiden als „Ausstülpungen“ des Prosenzephalons angesehen werden können. Die weiteren, manchmal auch als „echte“ Hirnnerven bezeichneten Nn. III–XII besitzen Kerngebiete, die sich im Bereich des Hirnstamms befinden (angeordnet in einer medialen und einer lateralen Reihe). Während sich die Kerngebiete über mehrere Anteile des Hirnstamms ausdehnen können, ist die Ein- bzw. Austrittswurzel (im Gegensatz zu den Spinalnerven beiderseits immer nur eine!) jeweils dem Mesencephalon, Pons oder der Medulla oblongata zuzuordnen. Mit Ausnahme des dorsal austretenden N. trochlearis (IV) liegen diese Wurzeln ventral.

Extrazerebraler Verlauf: In unterschiedlicher Entfernung vom Austritt aus dem Gehirn treten die im Subarachnoidalraum liegenden Hirnnerven in oder durch die Dura mater. Der Durchtritt durch die Schädelbasis erfolgt teils mit Gefäßen, teils isoliert. Innerhalb und außerhalb der Schädelbasis komplizieren Faseraustausch und Anastomosenbildungen den Verlauf im Kopf-Hals-Bereich.

Extrazerebraler Verlauf: Außerhalb des Gehirns haben die Hirnnerven einen unterschiedlich langen intrakraniellen Verlauf ■ im Subarachnoidalraum und ■ in Duraaussackungen. Der Durchtritt des Schädels erfolgt isoliert oder in Verbindung mit Gefäßen (Abb. M-1.6–Abb. M-1.8). Innerhalb und außerhalb der Schädelbasis bilden sie teilweise ausgedehnte Anastomosen mit Faseraustausch. Ihr Versorgungsgebiet liegt vorwiegend im Kopf-Hals-Bereich, reicht jedoch mit dem N. vagus bis in den Bauchraum zum Cannon-Böhm-Punkt (S. 875).

▶ Klinik.

Hirnnervenassoziierte Ganglien: Die afferenten Hirnnerven besitzen sensible Ganglien. Doch nur in den parasympathischen Ganglien der Hirnnerven III, VII, IX und X findet eine Umschaltung von prä- auf postganglionäre Neurone statt.

≡ M-2.4

▶ Klinik. Die Kenntnis des z. T. komplizierten Verlaufs einzelner Hirnnerven bzw. deren Faseranteilen kann es ermöglichen, vom Ausfallsmuster auf den Ort der Schädigung zu schließen, vgl. z. B. Fazialisparese (S. 993). Auch wenn die Ausfälle durch Manifestation im Kopf-Hals-Bereich bereits vom Patienten beschrieben werden und augenscheinlich nicht zu übersehen sind, ist eine sorgfältige neurologische Prüfung (Seitenvergleich!) unerlässlich.

Hirnnervenassoziierte Ganglien: Im peripheren Verlauf einiger Hirnnerven bzw. ihrer Äste sind sensible und/oder parasympathische Ganglien eingeschaltet, die sorgfältig unterschieden werden müssen, weil eine Umschaltung (von prä- auf postganglionäre Neurone) nur in den parasympathischen Ganglien erfolgt. Die sensiblen bzw. sensorischen Ganglien hingegen entsprechen in ihrem Aufbau und ihrer Funktion den Spinalganglien mit pseudounipolaren Nervenzellen, in denen keine Umschaltung stattfindet.

≡ M-2.4

Sensorische und parasympathische Ganglien im Verlauf von Hirnnerven

Hirnnerv

sensible Ganglien

parasympathische Ganglien

III

N. oculomotorius



Ggl. ciliare*

V

N. trigeminus

Ggl. trigeminale (Gasseri)



VII

N. facialis

Ggl. geniculi

Ggl. pterygopalatinum* Ggl. submandibulare*

VIII

N. vestibulocochlearis Ggl. spirale cochleae Ggl. vestibulare



IX

N. glossopharyngeus

Ggl. superius Ggl. inferius (petrosum) Ggl. tympanicum

Ggl. oticum*

X

N. vagus

Ggl. superius (jugulare) Ggl. inferius (nodosum)

Ganglien außerhalb des Kopfbereichs (Abb. M-2.26, Abb. M-2.27)

* Die sog. „Kopfganglien“ enthalten z. T. neben den hier umgeschalteten parasympathischen Effernzen sympathische und sensible Fasern, die jedoch ohne Umschaltung lediglich hindurchziehen.

M

⊙ M-2.7

981

2.3 Nerven im Kopfbereich – Hirnnerven (Nervi craniales)

Überblick über die einzelnen Hirnnerven mit ihren Hauptversorgungsgebieten

I N. olfactorius

II N. opticus

III N. oculomotorius VI N. abducens

IV N. trochlearis

Die einzelnen Hirnnerven besitzen unterschiedlich viele Faserqualitäten, die hier farblich voneinander abgegrenzt sind (vgl. Abb. M-2.6): allgemein und speziell somatoafferent (gelb), allgemein (dunkelgrün) und speziell (hellgrün) viszeroafferent, allgemein (hellblau) und speziell (dunkelblau) viszeroefferent sowie allgemein somatoefferent (rot).

V1 V2 V3

(Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

V N. trigeminus

VII N. facialis VIII N. vestibulocochlearis IX N. glossopharyngeus X N. vagus XII XI N. hypoglossus N. accessorius

▶ Merke. Das Verständnis der Symptomatik bei Ausfällen einzelner oder mehrerer

Hirnnerven setzt die Kenntnis der Topografie bzw. der Funktionen 1. der Kerngebiete der Hirnnerven, 2. des intrazerebralen Faserverlaufs, 3. der Lokalisation der Hirnnervenaustritte an der Hirnoberfläche, 4. der Durchtritte durch die Schädelbasis und 5. des peripheren Nervenverlaufs voraus. Diese sind deshalb in zahlreichen Abbildungen (Abb. M-2.8, Abb. M-2.12–Abb. M-2.14, Abb. M-2.17, Abb. M-2.18, Abb. M-2.22–Abb. M-2.24, Abb. M-2.26, Abb. M-2.27 und Abb. M-2.29) getrennt aufgeführt.

▶ Merke.

982

M

2.3.1

2.3.1 Nervus olfactorius (I) und Nervus opticus (II)

Nervus olfactorius (I) und Nervus opticus (II) Diese beiden Hirnnerven sind „ausgelagerte“ Teile des Gehirns, siehe Stationen der Sehbahn (S. 1221) und Stationen der Riechbahn (S. 1239). ■ Die Sinneszellen der Riechschleimhaut gehen in Fila olfactoria (zusammen als N. olfactorius bezeichnet) über, die durch die Lamina cribrosa in den Bulbus olfactorius ziehen. Sie werden dort auf das 2. Neuron umgeschaltet. ▶ Klinik.

2 Leitungsbahnen im Kopfbereich

Hirnnerv I und Hirnnerv II sind streng genommen „ausgelagerte“ Hirnanteile und werden im Rahmen der Riech- (S. 1239) und Sehbahn (S. 1221) ausführlich besprochen. Der Vollständigkeit halber sind sie hier kurz zusammengestellt: ■ Die als Nervus olfactorius (speziell viszeroafferent) zusammengefassten Fila olfactoria (dünne markarme Axone der Riechzellen) ziehen von der Regio olfactoria (S. 1045) durch die Lamina cribrosa des Os ethmoidale in die Fossa cranii anterior, wo sie in den Bulbus olfactorius als Teil des Telenzephalons eintreten. Dort erfolgt in komplexen Synapsen (Glomeruli olfactorii) die Umschaltung auf das 2. Neuron, auf sog. „Mitralzellen“ (S. 1239). ▶ Klinik. Läsionen des N. olfactorius können durch Schädelbasisfrakturen (Lamina

cribrosa) mit Abriss aller oder mehrerer Fila olfactoria bedingt sein. Sie gehen oft (z. B. bei beidseitigen Frakturen) mit „Liquorrhö“ (Abtropfen von Liquor durch die Nasenhöhle) einher. Andere Faktoren sind Entzündungen oder Tumoren (basale Meningeome). Je nach Ausdehnung der Zerstörung der Fila olfactoria kommt es zur Minderung oder zum Totalausfall des Geruchssinns (Hyp- oder Anosmie) bei erhaltener Wahrnehmung reizender Agenzien (über Trigeminusfasern). ■

Der N. opticus verlässt den Bulbus oculi an der Papille und wird extrabulbär von Hirnhäuten umgeben. Er zieht durch den Canalis opticus zum Chiasma opticum, wo die Fasern der nasalen Retinahälften kreuzen und die temporalen ipsilateral weiterziehen. Der Großteil der Fasern des anschließenden Tractus opticus endet jeweils im Corpus geniculatum laterale (S. 1221).

▶ Klinik.

2.3.2

Hirnnerven zu Augenmuskeln (III, IV und VI) Siehe Abb. M-2.8.



Der Nervus opticus (speziell somatoafferent) ist Teil des Dienzephalons, führt Afferenzen der retinalen Ganglienzellen (S. 1067) und verlässt das Auge im Bereich des Discus nervi optici. Extrabulbär ist er von den Hirnhäuten umgeben und zieht in leichtem Bogen durch den Anulus tendineus communis in den Canalis opticus. Nach dem Durchtritt bilden die Nn. optici beider Seiten in der Fossa cranii media das Chiasma opticum. Hier kreuzen Fasern der nasalen Retinahälfte auf die Gegenseite, während die der temporalen Retinahälfte ungekreuzt gleichseitig in den anschließenden Tractus opticus weiterziehen. Letzterer endet größtenteils im ipsilateralen Corpus geniculatum laterale (S. 1221). Einige Faserbündel aus dem Bereich des Chiasma opticum treten direkt in den Hypothalamus ein und greifen über den Nucleus suprachiasmaticus (S. 1228) in die Zirkadianrhythmik ein.

▶ Klinik. Da der N. opticus ein Teil der Sehbahn ist, werden die Folgen von Läsionen (z. B. bei Multipler Sklerose) im Zusammenhang mit dem optischen sensomotorischen System (S. 1221) besprochen. Sie äußern sich in 1. Visusstörungen, 2. Gesichtsfelddefekten und 3. Pupillenstörungen (s. unten, Ganglion ciliare).

2.3.2 Hirnnerven zu Augenmuskeln (III, IV und VI) Die Hirnnerven IV und VI sind für die Bewegungen des Augapfels (Bulbus oculi) durch die äußeren Augenmuskeln zuständig, der N. oculomotorius (III) innerviert zusätzlich zwei innere Augenmuskeln (Abb. M-2.8).

M

⊙ M-2.8

983

2.3 Nerven im Kopfbereich – Hirnnerven (Nervi craniales)

Hirnnerven zu Augenmuskeln

N. oculomotorius (III) Kerngebiet

Mesencephalon

Ncl. nervi oculomotorii Ncl. accessorius nervi oculomotorii

Verlauf

Äste und Versorgungsgebiet

(Edinger-Westphal)

intrazerebral

Die Wurzelfasern ziehen teils gekreuzt teils ungekreuzt durch bzw. neben dem Nucleus ruber nach anterior und treten in der Fossa interpeduncularis am Vorderrand der Brücke aus.

intrakraniell

Zwischen der A. cerebri posterior und der A. cerebelli superior hindurchtretend gelangt der Nerv medial vom Tentorium cerebelli in den Bereich des Sinus cavernosus, durch den er zieht.

Durchtritt durch die Schädelbasis

Über die Fissura orbitalis superior gelangt er in die Augenhöhle.

Orbita

R. superior → M. levator palpebrae superioris → M. rectus superior R. inferior → M. rectus medialis → M. rectus inferior → M. obliquus inferior → Ganglion ciliare* Ramus ad ganglion ciliare In den Nn. ciliares breves verlaufen die postganglionären parasympathischen (allgemein viszeroefferenten) Fasern zu folgenden inneren Augenmuskeln, die sie innervieren: → M. ciliaris → M. sphincter pupillae

N. trochlearis (IV) Kerngebiet

Mesencephalon

Ncl. nervi trochlearis

Verlauf und Versorgungsgebiet

intrazerebral

Seine Fasern kreuzen vollständig und ziehen nach dorsal, wo sie unterhalb der unteren Vierhügel als dünner Nerv hervortreten.

intrakraniell

Er zieht seitlich der Hirnschenkel nach vorn Richtung Tentorium cerebelli und tritt dort in die Dura ein (langer intraduraler Verlauf). Er liegt in der Seitenwand des Sinus cavernosus

Durchtritt durch die Schädelbasis

Zusammen mit N. III und N. VI sowie dem 1. Trigeminusast (N. ophthalmicus) tritt er durch die Fissura orbitalis superior , jedoch als einziger der genannten Nerven verläuft er nicht im Anulus tendineus communis, sondern über diesen hinweg in die Orbita.

Orbita

→ M. obliquus superior

Kerngebiet

Pons

Ncl. nervi abducentis

Verlauf und Versorgungsgebiet

intrazerebral

Die ungekreuzten Fasern treten ventral zwischen Pons und Medulla (Sulcus bulbopontinus) aus.

intrakraniell

Er läuft neben der A. basilaris an der basalen Oberfläche der Brücke nach vorn (langer extraduraler Verlauf) und tritt im Bereich des Clivus in die Dura ein, wo er sich dem Verlauf des III. und IV. Hirnnerven im Sinus cavernosus anschließt.

Durchtritt durch die Schädelbasis

Durch die Fissura orbitalis superior und den Anulus tendineus communis Eintritt in die Orbita

Orbita

→ M. rectus lateralis

N. abducens (VI) (umschlungen vom sog. inneren Fazialisknie)

* Das Ganglion ciliare liegt in der Orbita lateral von N. opticus unmittelbar hinter dem Bulbus. Neben der parasympathischen Wurzel aus dem N. III und der sensiblen Wurzel (Nn. ciliares longi) aus dem N. nasociliaris (V1) erhält es aus dem Ganglion cervicale superius stammende periarterielle Fasern der A. carotis interna u. A. ophthalmica als Radix sympathica. Sie versorgen den M. dilatator pupillae. Die Gesamtheit der vom Ganglion in den Bulbus ziehenden Fasern fasst man als Nn. ciliares breves zusammen. = allgemein somatoefferent; = allgemein viszeroefferent

Zum Fazialisknie siehe auch Abb. M-2.17, zu Nn. ciliares longi vergleiche durch die Orbita laufende Nerven (S. 1052).

984 ⊙ M-2.9

M

2 Leitungsbahnen im Kopfbereich

⊙ M-2.9

Augenmuskelnerven M. levator palpebrae superioris M. rectus superior

Ganglion ciliare Anulus tendineus communis N. trochlearis (IV) N. oculomotorius (III)

M. obliquus superior M. rectus lateralis M. obliquus inferior

N. abducens (VI)

M. rectus inferior

M. rectus lateralis

M. rectus medialis

Verlauf der Augenmuskelnerven innerhalb der eröffneten rechten Orbita. Ansicht von lateral. (Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

▶ Klinik.

▶ Klinik. Läsionen des Ganglion ciliare (Abb. M-2.10) bedingen eine Weit- oder Engstellung der Pupille (Mydriasis, Miosis). Durch Untersuchung der Konvergenzreaktion, der Akkommodation, der Reaktion auf Lichteinfall und des Kornealreflexes kann eine weitere Differenzierung der Lokalisation der Läsion (peripher oder zentral) vorgenommen werden.

⊙ M-2.10

Leitungsbahnen des Ganglion ciliare und des Ganglion pterygopalatinum. 1 Ganglion ciliare, 2 N. oculomotorius, 3 Radix oculomotoria (parasympathische Wurzel), 4 Centrum ciliospinale, 5 Ganglion cervicale superius, 6 Plexus caroticus, 7 Radix sympathica, 8 N. nasociliaris (sensible Wurzel), 9 Nn. ciliares breves, 10 Ganglion pterygopalatinum, 11 N. maxillaris (sensible Wurzel), 12 Rami ganglionares (Nn. pterygopalatini), 13 Intermediusanteil des N. facialis, 14 N. petrosus major (parasympathische Wurzel), 15 N. petrosus profundus (sympathische Wurzel), 16 N. canalis pterygoidei, 17 parasympathische Fasern, 18 Tränendrüse, 19 N. zygomaticus, 20 parasympath. Rami orbitales, 21 Rami nasales posteriores laterales (parasympath.), 22 Nn. palatini (parasympath.), 23 Nn. palatini (Geschmacksfasern, zum N. petrosus major), 24 Ganglion trigeminale. (Kahle, W., Frotscher, M.: Taschenatlas Anatomie Nervensystem und Sinnesorgane. Thieme, 2013)

2

18 9

1

3

24

7

8 14 19

12

17

11

13

20 10 21

22

16

23

15 6 5

4

M

▶ Klinik. Augenmuskelparesen (Abb. M-2.11): Läsionen der Augenmuskelnerven führen zu Bewegungsstörungen und Fehlstellungen des Bulbus, die sich häufig zunächst in Doppelbildern (Diplopie) äußern.

⊙ M-2.11

985

2.3 Nerven im Kopfbereich – Hirnnerven (Nervi craniales)

▶ Klinik.

Astfolge und Verbindungen der Augenmuskelnerven. 1 N. trochlearis, 2–4 N. oculomotorius, 3 R. inferior, 4 R. superior, 5 Ganglion ciliare, 6 Nn. ciliares breves, 7 parasympathische Wurzel, 8 sympathische Wurzel, 9 sensible Wurzel, 10 N. abducens, 11 afferente Fasern aus den drei Augenmuskelnerven zum Ganglion trigeminale, 12 Ganglion trigeminale. (Kirsch, J. et al.: Taschenlehrbuch Anatomie. Thieme, 2011)

Ausfälle des N. oculomotorius (III) sind erkennbar an einer Ptosis (schlaffes Augenlid durch Lähmung des M. levator palpebrae), Blickrichtung des Bulbus nach außen unten durch den erhaltenen Zug des M. obliquus superior (IV) und des M. rectus lateralis (VI). Der Patient sieht schräg stehende Doppelbilder. Durch Ausfall der parasympathischen Innervation über das Ganglion ciliare überwiegt der M. dilatator pupillae und führt zur Pupillenerweiterung (Mydriasis) mit fehlender Akkommodation des betroffenen Auges (Unscharfsehen). Bei Ausfall des N. trochlearis (IV) wird der M. obliquus superior gelähmt, d. h. der Bulbus steht etwas höher als auf der Gegenseite und ist leicht adduziert (Blickrichtung nach medial oben). Der Patient versucht die entstehenden Doppelbilder durch Neigung und Drehung des Kopfes zur gesunden Seite auszugleichen („okulärer Schiefhals“). Bei Neigung des Kopfes zur erkrankten Seite weicht der Bulbus weiter nach oben innen ab (sg. Bielschowsky-Zeichen). Die Abduzensparese ist die häufigste nerval bedingte Augenmotilitätsstörung, die auf einem Ausfall des N. abducens (VI) beruht. Durch Lähmung des M. rectus lateralis ist der Bulbus beim Geradeaussehen leicht adduziert, d. h. Blickrichtung nach nasal. Doppelbilder werden durch kompensatorische Drehung des Kopfes zur Seite der Lähmung ausgeglichen. Durch die synergistische Verschaltung der Abduzenskerne für beide Augen kommt es oft zu einer kompletten Blicklähmung zur Seite der Schädigung.

2.3.3 Nervus trigeminus (V)

2.3.3

Der N. trigeminus (Abb. M-2.12–Abb. M-2.14) führt hauptsächlich somatoafferente Fasern (Radix sensoria) zur Innervation des Gesichts. Aus den verschiedenen Regionen erreichen die Fasern über folgende drei Hauptstämme das sensible Ganglion trigeminale ■ N. ophthalmicus (V1), ■ N. maxillaris (V2) und ■ N. mandibularis (V3).

Der N. trigeminus (Abb. M-2.12– Abb. M-2.14) führt über seine drei Hauptstämme (V1, V2 und V3) v. a. somatoafferente Fasern zur Innervation des Gesichts.

▶ Merke. Jedem der drei sensiblen Hauptabschnitte des N. trigeminus ist ein Gangli-

on angelagert, in welchem parasympathische Fasern (aus den Hirnnerven III, VII sowie IX) umgeschaltet werden, während die sympathischen Fasern (aus dem Plexus caroticus internus des Ganglion superius) und die sensiblen Trigeminusfasern nicht umgeschaltet hindurchziehen.

Nervus trigeminus (V)

▶ Merke.

986 ⊙ M-2.12

M

2 Leitungsbahnen im Kopfbereich

Nervus trigeminus (V) (Teil I)

Kerngebiet

gesamter Hirn- Ncl. mesencephalicus nervi trigemini (propriozeptiv) stamm (Ncl. (mechanorezeptiv) Ncl. principalis nervi trigemini spinalis bis in das RückenNcl. spinalis nervi trigemini (nozizeptiv, thermorezeptiv, mechanorezeptiv) mark) somatotopische Anordung: am weitesten kranial Neurone für den perioralen Bereich, darunter für die Wangen-Lid-Region und am weitesten kaudal die für Kinn-, Jochbeinund Schläfenbereich (Schädigung führt zu Ausfällen entlang der zwiebelschalenförmigen Sölder-Linien) Pons

Verlauf und intrazerebral Hauptstämme intrakraniell

Ncl. motorius nervi trigemini Die Fasern der ausgedehnten Kerngebiete bündeln sich im ipsilateralen PonsBereich, wo der auffällig dicke N. trigeminus seitlich austritt. Radix sensoria (= Portio major aus vielen afferenten Fasern) und Radix motoria (= Portio minor aus wenigen motorischen Fasern) laufen als auffällig dicker Nerv nach vorn über die Kante der Felsenbeinpyramide: An deren Vorderfläche tritt er über dem Foramen lacerum in eine Duraduplikatur (Cavum trigeminale) ein. Die Somata der sensiblen Fasern bilden hier das große, halbmondförmige sensible Ganglion trigeminale (Gasseri), aus dem die drei Hauptstämme des N. trigeminus heraustreten: – N. ophthalmicus (V1) mit Aufzweigung in der Orbita (s. u.) – N. maxillaris (V2) mit Aufzweigung in der Fossa pterygopalatina (s. u.) sowie – N. mandibularis (V3) mit Aufzweigung in der Fossa infratemporalis. Ihm schließen sich auch die Fasern der Radix motoria für die Kaumuskulatur an.

N. ophthalmicus (V1) Verlauf, Äste und Versorgungsgebiet

intrakraniell

Aus dem Ganglion trigeminale tritt der Nerv in den Sinus cavernosus ein und zieht in dessen Wand nach ventral. Vor Verlassen der Schädelhöhle zweigt ein rückläufiger Ast zu den Hirnhäuten ab: R. meningeus recurrens/tentorii → Falx cerebri, Tentorium cerebelli

Durchtritt durch die Schädelbasis

Der Nerv tritt durch die Fissura orbitalis superior in die Orbita und teilt sich in drei Äste auf: – N. frontalis, – N. nasociliaris und – N. lacrimalis

Orbita, Zielgebiete der Unteräste

Der N. frontalis zieht unter dem Orbitadach nach vorne medial und entlässt folgende Äste: – N. supraorbitalis, der mit einem medialen (durch die Incisura frontalis) und einem lateralen (durch die Incisura supraorbitalis) Ast die Haut der Brauen- und Stirnregion versorgt. – N. supratrochlearis (unterer Endast) → Bereich der Nasenwurzel, medialer Augenwinkel

Zum N. ophthalmicus vergleiche durch die Orbita laufende Nerven (S. 1052), Details zur Fossa pterygopalatina siehe Flügelgaumengrube (S. 1035).

M

⊙ M-2.13

2.3 Nerven im Kopfbereich – Hirnnerven (Nervi craniales)

987

Nervus trigeminus (V) (Teil II)

N. ethmoidalis posterior

N. ethmoidalis anterior Gl. lacrimalis

N. frontalis Fissura orbitalis superior

N. supraorbitalis

N. nasociliaris

N. supratrochlearis

R. meningeus recurrens

N. infratrochlearis N. lacrimalis

Ganglion trigeminale N. ophthalmicus Radix nasociliaris

R. communicans cum nervo zygomatico Nn. ciliares breves Nn. ciliares longi Ganglion ciliare

N. opththalmicus Aufzweigung im Bereich der Orbita.

Der N. nasociliaris überkreuzt den N. opticus in Richtung mediale Orbitawand, gibt folgende Äste ab: – Ramus communicans cum ganglio ciliari : sensible Fasern aus dem Ganglion ciliare → sensible Innervation der Hornhaut (afferenter Schenkel des Kornealreflexes!) – N. ethmoidalis posterior tritt durch das Foramen ethmoidale posterius → Schleimhaut der Keilbeinhöhle und hinterer Siebbeinzellen sowie Dura der vorderen Schädelgrube (R. meningeus anterior) – N. ethmoidalis anterior tritt durch das Foramen ethmoidale anterius in die Schädelbasis ein und von dort über die Siebbeinplatte in die Nasenhöhle und gibt folgende Äste ab: – Rr. nasales interni → Nasenhöhle mit Nasenscheidewand – R. nasalis externus (Endast) → Haut des Nasenrückens bis zur Nasenspitze; außerdem versorgt er die vorderen Siebbeinzellen. – N. infratrochlearis (Endast) verläuft zum medialen Augenwinkel und innerviert dort die Haut und die Konjunktiven. Am weitesten nach lateral zweigt sich der N. lacrimalis aus dem N. ophthalmicus ab, der über dem M. rectus lateralis in den Bereich der Tränendrüse und weiter zum lateralen Augenwinkel zieht (→ sensibles Innervationsgebiet bis etwa zur Braue). Er erhält über einen Verbindungsast zum N. zygomaticus aus V2 (R. communicans cum nervo zygomatico) aus dem Ganglion pterygopalatinum parasympathische (Fazialis-!)Fasern, die diesen Weg nutzen, um die Tränendrüse sekretorisch zu innervieren.

N. maxillaris (V2) Verlauf, Äste und Versorgungsgebiet

intrakraniell

Der N. maxillaris tritt aus dem Ganglion trigeminale in die basolaterale Wand des Sinus cavernosus. Noch intrakraniell gibt er einen R. meningeus medius zur Dura mater der mittleren Schädelgrube ab.

Durchtritt durch die Schädelbasis

Er zieht nach vorn durch das Foramen rotundum in die Fossa pterygopalatina

Fossa pterygopalatina, Dort teilt er sich in folgende Äste auf: Zielgebiete – Rr. ganglionares (als „sensible Wurzel“ des Ganglion pterygopalader Unteräste tinum). Ihre Äste innervieren die Schleimhaut der Nasenmuscheln, der hinteren Siebbeinzellen und des Nasenseptums als Rr. ganglionares ad ganglion – Rr. nasales posteriores superiores laterales u. mediales Fissura orbitalis pterygopalatinum inferior – Rr. nasales posteriores inferiores Foramen rotundum N. zygomaticus – N. nasopalatinus sowie des harten und weichen Gaumens als N. maxillaris R. communicans Ganglion – N. palatinus major und Nn. palatini minores. trigeminale – N. zygomaticus: Er nimmt aus dem Ganglion pterygopalatinum parasympathische Fasern auf und tritt durch die Fissura orbitalis N. infraorbitalis R. meningeus inferior in die Orbita, wo er den Verbindungsast mit den parasympathischen Fasern zum N. lacrimalis (aus V1, s. o.) entlässt. Seine Endäste erreichen durch das Foramen zygomaticoorbitale in der Ganglion pterygopalatinum lateralen Orbitawand die Haut in u. g. Zielgebieten: Nn. alveolares – R. zygomaticofacialis → Haut über dem Jochbein superiores posteriores – R. zygomaticotemporalis → Haut über vorderem Schläfenbereich N. alveolaris Rr. alveolares superior medius – N. infraorbitalis: Auch er tritt durch die Fissura orbitalis inferior superiores in den Boden der Augenhöhle ein und von dort aus in den Canalis anteriores infraorbitalis, den er am Foramen infraorbitale unterhalb des N. maxillaris unteren Orbitarandes als kräftiger Nerv verlässt und die Haut zwiAufzweigung im Bereich des Oberkiefers. schen Unterlid, Oberlippe und Wange versorgt. In seinem Verlauf gibt er sensible Äste zum Sinus maxillaris und zu den Zähnen ab: Plexus dentalis superior mit – Rr. alveolares superiores anteriores (für die Schneidezähne und den Eckzahn), – R. alveolaris superior medius (Prämolaren) und – Rr. alveolares superiores posteriores (Molaren) Details zur Fossa pterygopalatina siehe Flügelgaumengrube (S. 1035). Abbildungen aus Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.

988

M

⊙ M-2.14

2 Leitungsbahnen im Kopfbereich

Nervus trigeminus (V) (Teil III)

N. mandibularis (V3) Verlauf, Äste und Versorgungsgebiet

kräftigster Trigeminusast, da er neben den sensiblen Fasern des Ganglion trigeminale auch die motorische Portio minor mit sich führt

Durchtritt durch die Schädelbasis

Durch das Foramen ovale tritt er in die Fossa infratemporalis ein

Fossa infratemporalis, Zielgebiete der Unteräste

In der Fossa infratemporalis gibt er einen dünnen ab, der mit der A. meningea media durch das – R. meningeus Foramen spinosum wieder in die Schädelhöhle eintritt, um die vorderen Bereiche der Meningen und einen Teil der Keilbeinhöhle zu innervieren. Dem N. mandibularis medial angelagert ist das große Ganglion oticum, dem er sensible Fasern zuführt und das parasympathische (aus dem N. glossopharyngeus) und sympathische Fasern (aus dem Plexus caroticus) an die folgenden Aufzweigungen des N. mandibularis abgibt: – N. buccalis : Dieser sehr dünne sensible Nerv verläuft nach vorne (oft zusammen mit den motorischen Fasern der Portio minor, s. u.) und durchbohrt den M. buccinator, um zur Wangenschleimhaut zugelangen, die er wie die benachbarte Gingiva innerviert : nach lateral hinten und oben ziehend – N. auriculotemporalis bildet er in der Regel eine Schlinge um die A. meningea media kurz nach ihrem Abgang aus der A. maxillaris. Er nimmt parasympathische Fasern des N. glossopharyngeus aus dem Ggl. oticum auf, die er auf seinem Weg durch die Glandula parotidea an die dort verlaufenden Fazialisäste abgibt (Verbindung zum N. glossopharyngeus: Jacobson-Anastomose). Seine sensiblen Endäste verlaufen benachbart zur A. und V. temporalis superficialis und versorgen die Haut der Schläfen- und vorderen Ohrmuschelgegend sowie Kiefergelenk und Trommelfell : Er nimmt durch die Chorda tympani (aus N. VII) – N. lingualis außer viszeroafferenten (gustatorischen) ebenfalls parasympathische Fasern auf, zieht zwischen M. pterygoideus medialis und lateralis nach vorn unten und medial zum Zungengrund. An ihm hängt das kleine Ganglion submandibulare mit seiner Radix sensibilis und parasympathica (für die Gl. submandibularis und sublingualis). Seine sensiblen Endäste innervieren die vorderen zwei Drittel der Zungenschleimhaut, die angrenzende Gingiva, den weichen Gaumen (Rr. isthmi faucium) und Teile der Mundschleimhaut (N. sublingualis) : Der kräftige Nerv verläuft lateral vom – N. alveolaris inferior N. lingualis nach kaudal und tritt durch das Foramen mandibulae in den Unterkieferkanal ein. Hier bildet er mit seinen sensiblen Fasern den – Plexus dentalis inferior mit Ästen zu Alveolen bzw. Zähnen, bevor der – N. mentalis als Endast am Foramen mentale wieder hervortritt und Lippen- sowie Kinnhaut innerviert Neben den genannten sensiblen Fasern führt der N. alveolaris inferior auch motorische: – N. mylohyoideus → M. mylohyoideus und Venter anterior des M. digastricus Die weiteren, der Portio minor bzw. Radix motoria des N. trigeminus entstammenden Äste des N. mandibularis sind ebenfalls nach den von ihnen innervierten Muskeln benannt: (durch die Incisura mandibulae) – N. massetericus → M. masseter, daneben führt der primär motorische N. massetericus auch afferente Fasern für das Kiefergelenk → M. temporalis – Nn. temporales profundi → M. pterygoideus medialis, M. tensor – N. pterygoideus medialis veli palatini, M. tensor tympani → M. pterygoideus lateralis – N. pterygoideus lateralis

N. mandibularis Foramen ovale

R. meningeus N. auriculotemporalis

intrakraniell

Ganglion trigeminale

Nn. temporales profundi M. pterygoideus lateralis Foramen infraorbitale N. buccalis Nn. pterygoidei

A. meningea media N. massetericus M. pterygoideus medialis

Canalis mandibulae Rr. dentales inferiores N. mentalis

N. lingualis M. masseter N. alveolaris inferior

Foramen mentale (Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

N. mandibularis Aufzweigung im Bereich des Unterkiefers.

= allgemein somatoafferent

= speziell viszeroefferent

Vergleiche auch: Fossa infratemporalis (S. 1034), Jacobsen-Anastomose (S. 1020), N. lingualis (Abb. M-2.17), M. mylohyoideus (S. 1015).

M

⊙ M-2.15

989

2.3 Nerven im Kopfbereich – Hirnnerven (Nervi craniales)

Faserverlauf des N. trigeminus (V) R. ad ganglion ciliare (aus III) R. communicans cum ganglio ciliare

Ganglion ciliare

Hornhaut

Incisura frontalis

N. supraorbitalis

R. medialis

Fissura orbitalis sup.

Haut an Stirn und Oberlid, Schleimhaut der Stirnhöhle

Incisura supraorbitalis

R. lateralis

N. frontalis

Haut über Nasenwurzel und medialem Augenwinkel Haut über lateralem Augenwinkel

N. supratrochlearis N. lacrimalis

N. ophthalmicus (V1)

Lamina cribrosa

Foramen ethmoidale ant.

Dura Mater R. tentorius

Ncl. mesenceph. n. trigemini

Haut über Augenlidern (medial) Dura mater der vorderen Schädelgrube

Rr. orbitales Radix sensoria

N. maxillaris (V2)

Radix motoria

Ganglion trigeminale

Haut der Schläfenregion Haut über dem Jochbogen

Foramen infraorbitale

N. infraorbitalis Rr. ganglionares

Ncl. spinalis n. trigemini

R. zygomaticotemporalis R. zygomaticofacialis

N. zygomaticus

R. meningeus

Ncl. motorius n. trigemini

Haut der Nasenspitze und Nasenflügel Hornhaut, Iris, Strahlenkörper

Schleimhaut von Keilbeinhöhle und hinteren Siebbeinzellen

Fissura orbitalis inf.

Foramen rotundum

Ncl. principalis n. trigemini

Rr. nasales interni Nasenhöhle

N. ethmoidalis ant. R. nasalis externus Nn. ciliares longi N. infratrochlearis Foramen ethmoidale post. R. meningeus ant. N. ethmoidalis post.

N. nasociliaris

Haut von unterem Augenlid, Wange, Oberlippe, Nase

Canalis infraorbitalis

Plexus Rr. dentales sup. Rr. alveolares sup. ant., med. und post. dentalis Zähne und Zahnfleisch des Oberkiefers superior Rr. gingivales sup. Ganglion pterygopalatinum

Rr. nasales post. sup. lat. und med. Rr. nasales post. inf. Nn. palatini minores N. palatinus major N. nasopalatinus

N. canalis pterygoidei (aus VII)

Schleimhaut der Nasenhöhle Schleimhaut des weichen Gaumens Schleimhaut des harten Gaumens

Dura mater R. meningeus

Incisura mandibulae

N. glossopharyngeus (IX) N. vagus (X)

Chorda tympani (aus VII)

N. auriculotemporalis

N. glossopharyngeus (IX)

Ganglion oticum

N. lingualis

N. mandibularis (V3)

N. alveolaris inferior

Foramen spinosum Foramen ovale

M. temporalis

N. massetericus N. pterygoideus lateralis N. pterygoideus medialis

M. masseter, Kiefergelenk

N. buccalis

Schleimhaut von Wange und Zahnfleisch

N. mylohyoideus

M. mylohyoideus, M. digastricus (Venter ant.)

Foramen mandibulare

M. pterygoideus lateralis M. pterygoideus medialis

Foramen mentale

Canalis mandibulare

Ganglion submandibulare

Nn. temporales profundi

Plexus dentalis inferior

N. mentalis Rr. dentales inf. Rr. gingivales inf.

Zunge (vordere 2/3: Schleimhaut) Mundschleimhaut

Haut von Kinn, Unterlippe Zähne und Zahnfleisch des Unterkiefers Kiefergelenk, Trommelfell, Haut der Schläfenregion und des äußeren Gehörgangs

Die Aufzweigungen der drei Hauptstämme sind farblich so hinterlegt, wie ihr sensibles Innervationsgebiet in Abb. M-2.7 gekennzeichnet ist. Lediglich der N. mandibularis (V3) führt neben allgemein somatoafferenten Fasern (gelb) auch speziell viszeroefferente (dunkelblau) zur Innervation der aus dem 1. Schlundbogen abstammenden Kaumuskeln.

Wichtig zu beachten ist, dass die sensiblen Kerngebiete des N. trigeminus nicht dem lnnervationsbereich seiner drei Hauptäste entsprechen. Aufgrund der Anordnung der Kerngebiete im Ncl. spinalis nervi trigemini (kranial: perioraler Bereich, mittig: Wangen-Lid-Region, kaudal: Schläfen-, Jochbein-, Kinnbereich) lassen sich im Gesicht konzentrische oder „zwiebelschalenförmige“ Bereiche bei Sensibilitätsstörungen unterscheiden. Die Bereiche sind durch die sog. Sölder-Linien getrennt. Gleichzeitige lnnervationsstörungen der Kaumuskulatur deuten auf einen peripheren Prozess im Bereich des N. mandibularis (V3) hin. Denn lediglich in diesem unteren Hauptast des N. trigeminus verlaufen die efferenten Fasern der Radix motoria (oder Radix minor) nervi trigemini, die v. a. die Kaumuskulatur versorgen. Da der N. trigeminus sich entwicklungsgeschichtlich aus dem 1. Schlundbogen ableitet (Tab. M-1.8), handelt es sich hierbei um spezielle Viszeroefferenzen.

Die sensiblen Kerngebiete des N. trigeminus entsprechen nicht dem Innervationsbereich der Hauptäste. Es finden sich konzentrisch angeordnete Innervationsbereiche von der Gesichtsmitte bis zum Gesichtsrand. Sind lnnervationsstörungen der Gesichtshaut mit Ausfällen der Kaumuskulatur verbunden, spricht dies für eine periphere Schädigung im Bereich des N. mandibularis. Denn lediglich V3 führt auch efferente Fasern, die v. a. die Kaumuskulatur innervieren.

990

M

Für unterschiedliche sensible Qualitäten existieren verschiedene Kernkomplexe (kein Bezug zu den peripheren Hauptstämmen!).

Bei den Kernkomplexen werden der motorische von verschiedenen sensiblen unterschieden. Letztere sind Verschaltungszentren für Afferenzen je unterschiedlicher sensibler Qualität und stehen in keinem Bezug zu den drei peripheren Hauptstämmen!

2 Leitungsbahnen im Kopfbereich

▶ Klinik. Klinisch bedeutsam für die Diagnostik von Reizzuständen

im Innervationsgebiet der drei Hauptstämme sind die Trigeminus-Druckpunkte (= Valleix-Druckpunkte), die bei Erkrankung des betreffenden Astes druckschmerzhaft sind: ■ Foramen supraorbitale (bzw. die gleichnamige Incisura) für N. supraorbitalis (V1), ■ Foramen infraorbitale für N. infraorbitalis (V2) und ■ Foramen mentale für N. mentalis (aus N. alveolaris inferior, V3). Besonders empfindlich sind die betreffenden Druckpunkte bei der Trigeminusneuralgie (S. 1107) mit anfallsweise auftretenden, plötzlich einschießenden starken Schmerzen („blitzartig“), die meist einseitig im Gesicht auftreten. Spricht die medikamentöse Therapie in besonders hartnäckigen Fällen der Trigeminusneuralgie nicht an, können invasive Methoden (wie thermische oder chemische Eingriffe) zum Einsatz kommen, bei denen man über das Foramen ovale den Zugang zum Ganglion trigeminale nutzt. Eine vom Ganglion trigeminale

2.3.4

Nervus facialis (VII)

▶ Merke.

ausgehende selektive Reaktivierung von Varizellen-Viren („Windpocken“) im Versorgungsbereich des N. ophthalmicus (V1) führt zu sehr schmerzhaften entzündlichen Reaktionen am Auge und der umgebenden Haut, sog. (Herpes)Zoster ophthalmicus.

⊙ M-2.16

Nervenaustrittspunkte (NAP) der Trigeminusäste

(Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

V1 V2

V3

2.3.4 Nervus facialis (VII) ▶ Merke. Der N. facialis übernimmt mit seinen speziell viszeroefferenten (branchio-

genen) Fasern (Nerv des 2. Schlundbogens) hauptsächlich die Innervation der mimischen Muskulatur. In seinem Intermediusanteil verlaufen zum einen speziell viszeroafferente Geschmacksfasern (vordere ⅔ der Zunge), zum anderen allgemein viszeroefferente (parasympathische) Fasern. Letztere erreichen die durch sie innervierten Drüsen über zwei unterschiedliche Ganglien: Ggl. pterygopalatinum (→ v. a. Gl. lacrimalis) und Ggl. submandibulare (→ v. a. Gl. submandibularis und Gl. sublingualis). Die einzige große Kopfspeicheldrüse, die (trotz ihrer topografischen Nähe zum N. facialis nicht von ihm, sondern durch den N. glossopharyngeus (S. 995) innerviert wird, ist die Gl. parotidea (S. 1018). ▶ Merke.

▶ Merke. Das Kardinalsymptom einer Fazialisschädigung ist die schlaffe Lähmung

der Gesichtsmuskulatur: der Mundwinkel der betroffenen Seite hängt herab (Patient kann nicht mehr pfeifen), die Stirnfalten verstreichen (Patient kann die Stirn nicht mehr runzeln) und der Lidschluss ist unvollständig (Patient kann das Auge nicht mehr zukneifen). Weitere Symptome wie Mundtrockenheit und Geschmacksstörungen (durch Schädigung der Fasern für die Chorda tympani), Hyperakusis (Schallüberempfindlichkeit durch Schädigung der Fasern des N. stapedius) und Hörund Gleichgewichtsstörungen (durch Schädigung der benachbarten Anteile des N. vestibulocochlearis) lassen eine genauere Lokalisation der Schädigung des Nerven in seiner komplizierten Verlaufsstrecke zu, s. Abb. M-2.20 und Klinik (S. 993). Außerdem verlaufen wenige somatosensible Fasern aus dem sensiblen Trigeminuskern im N. facialis.

M

⊙ M-2.17

2.3 Nerven im Kopfbereich – Hirnnerven (Nervi craniales)

991

N. facialis (VII) (Teil I)

Kerngebiet

Pons (seitlich)

Ncl. nervi facialis 2 Zellgruppen, die über Fibrae corticonucleares Afferenzen aus dem Gyrus precentralis erhalten: – obere Zellgruppe mit Neuronen, die die Stirn- und Lidmuskulatur innervieren: wird von der ipsi- und kontralateralen Präzentralregion (bilateral) angesteuert – untere Zellgruppe mit Neuronen für die Innervation der übrigen Gesichtsmuskulatur: wird nur vom kontralateralen Gyrus precentralis (unilateral) angesteuert Ncl. salivatorius superior

Pons, Medulla oblongata Ncl. tractus solitarii, Pars superior Verlauf, Äste und Versorgungsgebiet

intrazerebral

– Fazialisanteil : Motorische Fasern aus dem Ncl. nervi facialis ziehen zunächst nach medial, umschlingen nach oben aufsteigend den Abduzenskern und wölben am Boden der Rautengrube als „inneres Fazialisknie“ den Colliculus facialis auf. Ihnen sind einige Trigeminusfasern angelagert. – Intermediusanteil : Nichtmotorische Fasern aus dem Ncl. salivatorius superior und Ncl. tractus solitarii bilden den N. intermedius, der sich den o. g. motorischen Fasern anlagert. Gemeinsam verlassen die beiden Anteile den Hirnstamm am Kleinhirnbrückenwinkel.

Beide Anteile ziehen zum Porus acusticus internus, über den der Eintritt in den Meatus acusticus internus erfolgt (gemeinsam mit N. VIII). Innerhalb des Felsenbeins ist der Verlauf kompliN. trigeminus (V) Ganglion trigeminale ziert: Durch Änderung der Verlaufsrichtung (von anteriorHiatus canalis N. ophthalmicus (V1) n. petrosi majoris lateral nach posterior-lateral) bildet der Nerv das „äußere N. maxillaris (V2) Ganglion Fazialisknie“. Hier liegt das kleine Ganglion geniculi mit geniculi N. mandiPerikaryen der afferenten Fasern aus der Chorda tympani N. facialis bularis (V3) (unipolare Neurone). Er schwenkt dann in seinem KnoN. petrosus N. stapedius chenkanal (Canalis nervi facialis) nach kaudal und entlässt major innerhalb des Felsenbeins 3 Nerven: Canalis n. facialis – Der parasympathischeN. petrosus major (Abgang in Ganglion Höhe des Ggl. geniculi) tritt durch den Hiatus canalis pterygopalatinum nervi petrosi majoris nochmals in die Schädelhöhle ein Paukenhöhle Foramen und verläuft unter der Dura an der Vorderfläche der Chorda stylomastoFissura tympani ideum petrotympanica Felsenbeinpyramide (zusammen mit dem sympathischen N. petrosus profundus) zum Foramen lacerum. N. lingualis N. auricularis posterior verlässt das Felsenbein – Der sehr dünne N. stapedius nicht, sondern zieht im Knochen zum gleichnamigen M. stylohyoideus Muskel. M. digastricus, Venter posterior – Aus dem absteigenden Stamm zweigt weiterhin die ab und zieht durch die PaukenChorda tympani N. facialis höhle hindurch (an der Innenseite der Pars flaccida des Verlauf und Äste innerhalb des Felsenbeins. Trommelfells zwischen Hammer und Amboss). intrakraniell mit Verlauf im Felsenbein

N. VIII siehe Abb. M-2.22, Details zum Verlauf der Chorda tympani siehe Pars flaccida des Trommelfells (S. 1078) Abbildung aus Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.

992

M

⊙ M-2.18

2 Leitungsbahnen im Kopfbereich

N. facialis (VII) (Teil II)

Verlauf, Äste und Versorgungsgebiet

= speziell viszeroefferent;

Durchtritt durch die Schädelbasis und Zielgebiete nach Verlassen des Felsenbeins

= allgemein viszeroefferent;

– N. petrosus major: Nach Durchtritt durch den Faserknorpel im Foramen lacerum ziehen die präganglionären parasympathischen Fasern (mit den postganglionären sympathischen Fasern aus dem N. petrosus profundus zum N. canalis pterygoideus vereinigt) durch den Canalis pterygoideus zum Ganglion pterygopalatinum, werden dort umgeschaltet und innervieren die → Gl. lacrimalis (über Anlagerung an Trigeminusäste), → Gll. nasales sowie die → Gll. palatinae. – Die Chorda tympani tritt von der Paukenhöhle durch die Fissura petrotympanica und lagert sich dem N. lingualis (aus V3) an. Sie führt zwei unterschiedliche Faserqualitäten: im Gang1. Nach Umschaltung der parasympathischen Fasern lion submandibulare ziehen die postganglionären Efferenzen zu folgenden Drüsen: → Gl. submandibularis → Gl. sublingualis und → Gl. lingualis anterior 2. Die in der Chorda tympani verlaufenden gustatorischen Fasern aus den Geschmacksknospen in den vorderen ⅔des Zungenrückens ziehen nach zentral (Perikarya im Ggl. geniculi). – Der Hauptstamm des N. facialis verlässt seinen Knochenkanal im Felsenbein durch das Foramen stylomastoideum. Unmittelbar . darunter verzweigt er sich in 3–4 motorische Äste, die sich zwischen tiefer und oberflächlicher Schicht der Glandula parotidea in die Gesichtsstrahlung, den – Plexus intraparotideus , aufteilen. Dessen Ausläufer ziehen radiär zur mimischen Muskulatur in den Stirn-, Joch-, Wangen-, Mund- und Halsbereich (Platysma): Rr. temporales, Rr. zygomatici, Rr. buccales, R. marginalis mandibulae und Ramus colli. Weitere Äste: , deren motorischer Wenige Fasern aus N. auricularis posterior Anteil den Venter occipitalis des M. occipitofrontalis versorgt, innervieren sensibel Teile der Ohrmuschel; sie stellen im N. facialis verlaufende Trigeminusfasern dar (Perikaryen im Ganglion geniculi!). zieht zum Venter posterior des M. digastricus Ein R. digastricus zum gleichnamigen Muskel. und ein R. stylohyoideus = speziell viszeroafferent

Vergleiche Paukenhöhle (S. 1078), N. trigeminus siehe Abb. M-2.13.

M

⊙ M-2.19

993

2.3 Nerven im Kopfbereich – Hirnnerven (Nervi craniales)

Faserverlauf des N. facialis (VII) N. p etro Plexus caroticus sus p rofu ndus internus (sympathisch)

Canalis pterygoideus

Ncl. n. abducentis Ncl. n. facialis Ncl. salivatorius sup.

N. facialis

Trigeminusfasern (V) inneres Fazialisknie



N. vestibulocochlearis (VIII)



N. petrosus major

N. canalis pterygoidei

Ganglion pterygopalatinum

Gl. lacrimalis Gll. nasales Gll. palatinae

Foramen lacerum

Hiatus canalis n. petrosi majoris

Ganglion geniculi n. facialis

N. intermedius Porus acusticus internus äußeres Fazialisknie

N. stapedius



M. st stapedius

Canaliculus chordae tympani

Ncl. tractus solitarii 2

Paukenhöhle

Chorda tympani Fissu petro

Fissura petrotympanica

Canalis facialis

1b 1a

Foramen stylomastoideum

Plexus intraparotideus

Zunge (vordere 2/3: Geschmacksknospen) Gl. submandibularis Gl. sublingualis Gl. lingualis ant.

Ganglion submandibulare Rr. temporales Rr. zygomatici Rr. buccales R. marginalis mandibularis

mimische Muskulatur inkl. Platysma

R. colli

M. occipitofrontalis (Venter occipitalis)

N. auricularis post.*

Teile der Ohrmuschel M. digastricus (Venter post.)

R. stylohyoideus

M. stylohyoideus

N. transversus colli

R. digastricus

Als Nerv des 2. Schlundbogens führt der N. facialis speziell viszeroefferente Fasern (dunkelblau) zur Innervation der mimischen Muskulatur. Aus seinem Intermediusanteil stammen daneben allgemein viszeroefferente (hellblau) sowie speziell viszeroafferente (hellgrün) Fasern. Entsprechend seines komplizierten Verlaufs kann der N. facialis an verschiedenen Stellen geschädigt werden. Je nach Läsionsort kommt es aufgrund der unterschiedlichen beteiligten Faseranteile zu charakteristischen Kombinationen von Ausfällen (s. Klinik). Die Symptomatik ist umso schwerwiegender, je „höher“ bzw. weiter zentral der Schädigungsort liegt. *enthält auch allgemein somatoafferente Trigeminusfasern für Teile der Ohrmuschel.

▶ Klinik. Da die einzelnen peripheren Abschnitte des N. facialis unterschiedliche Faseranteile enthalten, kommt es bei einseitigen Unterbrechungen des Nervs (Folge: periphere Fazialisparese) in den verschiedenen Abschnitten zu typischen Ausfallsmustern (Kennzeichnung der Läsionsorte in Abb. M-2.19); vgl. periphere Fazialisparese (S. 1185): 1. Durchtrennung eines (1a) oder mehrerer (1b) peripherer Äste (z. B. des Plexus intraparotideus): periphere motorische Lähmung der mimischen Muskulatur. 2. Schädigung in der Nachbarschaft des Foramen stylomastoideum (+ Ausfall der Chorda tympani): periphere motorische Lähmung der mimischen Muskulatur, Geschmacksstörung und Störung der Speichelsekretion. 3. Schädigung im proximalen Fazialiskanal (+ Ausfall des N. stapedius): periphere motorische Lähmung der mimischen Muskulatur, Geschmacksstörung und Störung der Speichelsekretion sowie Hyperakusis. 4. Schädigung vor dem Ganglion geniculi (+ Ausfall des N. petrosus major): periphere motorische Lähmung der mimischen Muskulatur, Geschmacksstörung und Störung der Tränen- und der Speichelsekretion.

5. Schädigung im Bereich des Meatus acusticus internus (+ Ausfall des N. vestibulocochlearis): periphere motorische Lähmung der mimischen Muskulatur, Schwerhörigkeit bzw. Taubheit und Herabsetzung der vestibulären Erregbarkeit. Klinisch lassen sich genauere Lokalisationen der Schädigung des Nerven vornehmen, wenn man zusätzlich zum Hauptsymptom der peripheren Fazialislähmung nach weiteren Störungen sucht. Das Kardinalsymptom der Fazialisschädigung ist die schlaffe Lähmung der betroffenen Seite der Gesichtsmuskulatur: der Mundwinkel hängt herab (Patient kann nicht mehr pfeifen), die Stirnfalten verstreichen (Patient kann die Stirn nicht mehr runzeln) und der Lidschluss ist unvollständig (Patient kann das Auge nicht mehr zukneifen). Weitere Symptome wie Mundtrockenheit und Geschmacksstörungen (durch Schädigung der Fasern der Chorda tympani), Hyperakusis (Schallüberempfindlichkeit durch Schädigung der Fasern des N. stapedius) und Hör- und Gleichgewichtsstörungen (durch Schädigung benachbarter Anteile des N. vestibulocochlearis) lassen daher eine genauere Lokalisation der Schädigung des Nerven auf seiner komplizierten Verlaufsstrecke zu.

994

M

⊙ M-2.20

2 Leitungsbahnen im Kopfbereich

Leitungsbahnen des Ganglion oticum und Ganglion submandibulare. (Kahle, W., Frotscher, M.: Taschenatlas Anatomie Nervensystem und Sinnesorgane. Thieme, 2013)

2 7

VII 3

1

8 6

5

17

9

16

4

15

10 11

12 13 18

19

⊙ M-2.21

14

1 Ganglion oticum, 2 sensibel-motorische Wurzel, 3 N. petrosus minor mit parasympath. Fasern aus dem N. glossopharnygeus (IX), 4 sympathische Wurzel aus dem Plexus caroticus über die A. meningea media, 5 motorische Fasern im N. tensoris veli palatini, 6 motorische Fasern im N. tensoris tympani, 7 motorische Fasern aus dem N. facialis (VII) für den M. levator veli palatini, 8 Chorda tympani, 9 Ramus communicans cum Chorcia tympani, 10 N. auriculotemporalis mit JacobsonAnastomose, 11 N. facalis, 12 Glandula parotidea, 13 Ganglion submandibulare, 14 Glandula submandibularis, 15 N. lingualis mit Rami ganglionares, 16 parasympathische Fasern, 17 Geschmacksfasern aus der Chorda tympani, 18 sympathische Wurzel aus dem Plexus caroticus über die A. facialis, 19 Glandula sublingualis.

Parasympathische und Geschmacksfasern des N. facialis N. mandibularis Ganglion trigeminale

N. petrosus profundus

N. maxillaris R. communicans zum N. zygomaticus

N. trigeminus

Gl.l acrimalis

A. carotis interna mit Plexus caroticus internus Ganglion geniculi Nucleus salivatorius superior

Gll. nasales sympathische Fasern

N. facialis N. petrosus major Nucleus tractus solitarii

Ganglion pterygopalatinum

Canalis pterygoideus mit N. canalis pterygoidei Foramen stylomastoideum N. lingualis Chorda tympani Ganglion submandibulare

Gl.s ublingualis

Rr.g landulares Gl.s ubmandibularis

Während im sensiblen Ganglion geniculi die Somata der speziell viszeroafferenten Fasern (hellgrün) liegen, findet in den beiden parasympathischen Ganglien die Umschaltung der allgemein viszeroefferenten Fasern (hellblau) statt. Neben den hier sichtbaren großen Drüsen (Gl. lacrimalis: Umschaltung im Ggl. pterygopalatinum; Gll. submandibularis und sublingualis: Umschaltung im Ggl. submandibulare) werden auch die hier nicht dargestellten Gll. palatinae und lingualis anterior durch Äste des N. facialis innerviert. (Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

M

2.3.5 Nervus vestibulocochlearis (VIII)

2.3.5

Nervus vestibulocochlearis (VIII)

▶ Synonym.

▶ Synonym. N. statoacusticus

Über den N. vestibulocochlearis werden die Informationen aus dem Gleichgewichtsund Hörorgan des Innenohrs (S. 1086) übermittelt.

⊙ M-2.22

995

2.3 Nerven im Kopfbereich – Hirnnerven (Nervi craniales)

Er vermittelt die Information aus Gleichgewichts- und Hörorgan (S. 1086).

Nervus vestibulocochlearis (VIII)

Kerngebiet

Medulla oblongata – medial

(Verarbeitung der Information über das Gleichgewicht) Nuclei vestibulares – superior (Bechterew) – inferior (Roller) – medialis (Schwalbe) – lateralis (Deiters)

– lateral

Nuclei cochleares – anterior – posterior

Verlauf und intrazerebral Versorgungsgebiet intrakraniell

(Verarbeitung der Hörinformation)

Nach Eintritt der afferenten Fasern am Kleinhirnbrückenwinkel ziehen sie zu den unmittelbar benachbart gelegenen Kernen. Die von den Gleichgewichtsorganen (Sacculus, Utriculus, Bogengängen) kommenden Nervenfasern haben ihre Perikaryen im Ganglion vestibulare (mit einer Pars superior und Pars inferior) innerhalb des Meatus acusticus internus. Ihre zentralen Fortsätze lagern sich im Felsenbein zum N. vestibularis (Gleichgewichtsnerv) zusammen, der sich mit dem Hörnerv zusammenschließt. Das entsprechende Ganglion cochleare oder spirale cochleae mit peripheren Kontakten zu den Sinneszellen (Haarzellen) ist eigentlich ein Ganglienzellband entlang des Modiolus (Schneckenspindel). Seine Fasern sammeln sich zum N. cochlearis (Hörnerv), der gemeinsam mit dem N. vestibularis, dem N. facialis und der A. labyrinthi in den Meatus acusticus internus eintritt. Am Porus acusticus internus erreicht der N. vestibulocochlearis die hintere Schädelgrube und verläuft von der Hinterfläche des Felsenbeins zum Kleinhirnbrückenwinkel am Hinterende der Brücke.

= speziell somatoafferent

Zu Gleichgewichtsorganen siehe auch Abb. M-6.14.

▶ Klinik. Bei Schädigung des kochleären Anteils des N. vestibulocochlearis tritt je

▶ Klinik.

nach Ausprägung ein- oder beidseitige Taubheit oder Schwerhörigkeit (Schallempfindungsstörung, Hypakusis) auf. Die Kardinalsymptome einer Reizung oder Schädigung des vestibulären Anteils sind Schwindel, Übelkeit, Fallneigung zur erkrankten Seite und ein pathologischer Spontannystagmus (meist horizontales Augenzucken), bedingt durch die zentral gekoppelte Verschaltung des Gleichgewichtssinnes mit den Augenbewegungen.

2.3.6 Nervus glossopharyngeus (IX) ▶ Merke. Der N. glossopharyngeus führt viele verschiedene Faserqualitäten. All-

gemein viszeroefferente (parasympathische) Fasern haben ihre Umschaltstelle im Ganglion oticum und innervieren neben kleineren Drüsen die Gl. parotidea als größte Kopfspeicheldrüse. Spezielle Viszeroefferenzen (Nerv des 3. Schlundbogens) versorgen (z. T. zusammen mit dem N. vagus über den Plexus pharyngeus) hauptsächlich Muskeln des Pharynx. Auch die Schleimhaut im oberen Pharynxbereich und Umgebung wird durch den N. glossopharyngeus innerviert – aus dem Bereich des hinteren Zungendrittels ziehen zusätzlich Geschmacksfasern im IX. Hirnnerv. Eine Sonderfunktion ist die Innervation des Glomus caroticum und Sinus caroticus, über die der Nerv in die Blutdruckregulation mit eingebunden ist.

2.3.6

Nervus glossopharyngeus (IX)

▶ Merke.

996 ⊙ M-2.23

M

2 Leitungsbahnen im Kopfbereich

Nervus glossopharyngeus (IX) (Teil I)

Kerngebiet

Medulla oblongata

Ncl. salivatorius inferior Ncl. ambiguus Ncl. spinalis nervi trigemini Ncl. tractus solitarii – Pars superior – Pars inferior

Verlauf

Äste mit Verlauf und Versorgungsgebieten

intrazerebral

Die Faserbündel zu den einzelnen Kerngebieten konvergieren zur Austrittsstelle am Kleinhirnbrückenwinkel, wo der Nerv ein schmales plattes Band bildet. Austritt aus der Medulla oblongata kranial der Nn. vagus und accessorius im Sulcus retroolivaris (kraniale Fortsetzung des Sulcus posterolateralis).

intrakraniell

Nach dem Austritt aus der Medulla oblongata zieht der Nerv, bedeckt von Flocculus des Kleinhirns, nach ventral und lateral in Richtung der unteren Hinterfläche des Felsenbeins und tritt dort in den zentralen Abschnitt des Foramen jugulare ein.

Durchtritt durch die Schädelbasis

Durchtritt durch das Foramen jugulare (darin bildet er das Ganglion superius, darunter Ganglion inferius, die als sensible Ganglien beide hauptsächlich aus den Perikaryen der pseudounipolaren afferenten Nervenzellen bestehen).

extrakraniell

Zwischen A. carotis interna und V. jugularis interna, dann hinter dem M. stylopharyngeus, zieht der Nerv nach kaudal in Richtung Zunge und Rachenwand. : Als erster, in Höhe des Ggl. inferius abgehender Ast tritt er – N. tympanicus durch den Canaliculus tympanicus in die Paukenhöhle ein. Dort bildet er gemeinsam mit den sympathischen Fasern des Plexus carotideus internus (Nn. caroticotympanici) den Plexus tympanicus mit darin gelegenen Ganglienzellen (Ggl. tympanicum). Seine sensiblen Anteile innervieren die Schleimhaut des Mittelohrs und mittels des R. tubarius die Tuba auditiva. Die parasympathischen Fasern treten als N. petrosus minor durch den Hiatus canalis nervi petrosi minoris nochmals in die Schädelhöhle ein. Unter der Dura verläuft dieser Nerv auf der Vorderfläche des Felsenbeins bis zur Fissura sphenopetrosa (am hinteren Rand des Foramen lacerum), durch die er in die Fossa infratemporalis eintritt. Im hier gelegenen Ggl. oticum werden die parasympathischen Fasern umgeschaltet und erreichen über die Jacobson-Anastomose die Glandula parotidea. Neben dieser großen Kopfspeicheldrüse innervieren diese Fasern auch kleine Gll. buccales und labiales. Weitere Äste des N. glossopharyngeus sind: – R. sinus carotici für allgemeine Viszeroafferenzen von den Pressorezeptoren des Sinus caroticus und den Chemorezeptoren des Glomus caroticum. Sie ziehen zum unteren Abschnitt des Nucleus tractus solitarii der Medulla oblongata und sind in die Regulation des Blutdrucks bzw. die Kontrolle des O2- und CO2-Partialdrucks des Blutes eingebunden. – R. musculi stylopharyngei → M. stylopharyngeus. , die zusammen mit gleichnamigen Ästen aus dem N. vagus – Rr. pharyngei (X) den Plexus pharyngeus bilden, in dem sie umgeschaltet werden. → Pharynxmuskulatur sowie M. palatopharyngeus und palatoglossus, Teile der Gaumenmuskeln und M. salpingopharyngeus → Pharynxschleimhaut (Umschaltung im Ggl. oticum) – Rr. tonsillares → Tonsilla palatina mit Schleimhaut (Umschaltung in kleinen Ganglien der Zunge) – Rr. linguales → hinteres Zungendrittel; Papillae vallatae und foliatae

Vergleiche auch Jacobsen-Anastomose (S. 1020).

M

⊙ M-2.24

997

2.3 Nerven im Kopfbereich – Hirnnerven (Nervi craniales)

Nervus glossopharyngeus (IX) (Teil II)

N. caroticotympanicus R. tubarius N. petrosus minor

N. tympanicus N. trigeminus (V) N. mandibularis (V3) N. glossopharyngeus (IX)

Plexus tympanicus

N. auriculotemporalis

N. petrosus minor

Plexus caroticus Gl. parotidea

Canaliculus tympanicus mit N. tympanicus Ganglion superius N. glossopharyngeus a Ganglion inferius

Plexus tympanicus

Ganglion oticum

postganglionäre parasympathische Fasern

b

N. glossopharyngeus a Aufzweigung in der Paukenhöhle. b Parasympathische (allgemein viszeroefferente) Fasern zur Innervation der Gl. parotidea. = allgemein somatoafferent;

= allgemein viszeroafferent;

= speziell viszeroafferent;

= allgemein viszeroefferent;

= speziell viszeroefferent

Abbildungen aus Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.

Faserverlauf des N. glossopharyngeus

Nn. caroticotympanici (sympathisch)

Plexus tympanicus

– Pars superior – Pars inferior Ncl. salivatorius inf.

Ncl. ambiguus

Ncl. spinalis n. trigemini

N. accessorius (XI)

Ganglion superius

Foramen jugulare

Glandula parotidea

R. tubarius

Tuba auditiva

N. tympanicus

Canaliculus tympanicus

Ncl. tractus solitarii

(über Jacobson-Anastomose*)

Schleimhaut der Paukenhöhle

IX

Ganglion inferius

Rr. pharyngei

Hiatus canalis nervi petrosi minoris

Ganglion oticum

Sinus caroticus (Pressorezeptoren)

R. sinus carotici

Glomus caroticum (Chemorezeptoren) R. m. stylopharyngei

M. stylopharyngeus

Rr. tonsillares

Tonsilla palatina und Schleimhaut

Rr. linguales

Zunge (hinteres 1/3: Schleimhaut und Geschmacksknospen) Pharynxschleimhaut Glandulae pharyngeales

Plexus pharyngeus

M. constrictor pharyngis sup. und med. M. palatoglossus M. palatopharyngeus M. salpingopharyngeus M. levator veli palatini M. uvulae

R. pharyngeus n. vagi

Fissura sphenopetrosa

N. petrosus min.

⊙ M-2.25

Der N. glossopharyngeus führt eine Vielzahl unterschiedlicher Faserqualitäten: Allgemeine (hellblau) und spezielle (dunkelblau) Viszeroefferenzen, allgemeine (dunkelgrün) und spezielle (hellgrün) Viszeroafferenzen sowie allgemeine Somatoafferenzen (gelb). * Jacobson-Anastomose (S. 1020).

▶ Klinik. Isolierte (ggf. einseitige) Schädigung des N. glossopharyngeus (IX) führt zur Minderung der Geschmacksempfindung (bitter) im hinteren Zungendrittel, Ausfall des Würgereflexes, Abweichung der Uvula (Gaumenzäpfchen) zur gesunden Seite, auch Schluckbeschwerden mit Reflux in die Nasenhöhle und u. U. eine näselnde Sprache.

▶ Klinik.

998

M

2.3.7

2.3.7 Nervus vagus (X)

Nervus vagus (X)

▶ Merke.

2 Leitungsbahnen im Kopfbereich

▶ Merke. Der N. vagus ist der bedeutendste Nerv des kranialen Parasympathikus-

systems. Er übernimmt – abgesehen von der Innervation der inneren Augenmuskeln, III (S. 982) und der Drüsen im Kopfbereich (VII und IX) – die gesamte parasympathische Versorgung des Körpers vom Hals über die Brust- und Bauchorgane bis in den Bereich der linken Kolonflexur zum Cannon-Böhm-Punkt (S. 875). Das Ausbreitungsgebiet der allgemein viszeroafferenten Vagusfasern entspricht dem weitgehend. Zusammen mit dem N. glossopharyngeus innerviert er auch das Glomus caroticum sowie zusätzlich Druckrezeptoren im Aortenbogen und Herzvorhöfen, sodass dem N. vagus noch stärkere Bedeutung im Rahmen der Blutdruckregulation zukommt. Seine Geschmacksfasern kommen aus einem kleinen Gebiet kaudal der Zungenwurzel. ▶ Klinik.

▶ Klinik. Eine Läsion des N. vagus (X) bedingt durch die Rekurrensparese Heiserkeit,

Funktionsstörung des Gaumensegels und bei beidseitiger Läsion Schlucklähmung und oft auch massive Atemstörungen (Engstellung der Stimmritze durch „PostikusLähmung“). Wegen des Ausfalls der vagalen Innervation des Erregungsleitungssystems des Herzens kann es zu Arrhythmien und Tachykardien kommen.

⊙ M-2.26

Nervus vagus (X) (Teil I)

Kerngebiet

Medulla oblongata

Ncl. dorsalis nervi vagi Ncl. ambiguus Ncl. spinalis nervi trigemini Ncl. tractus solitarii – Pars superior – Pars inferior

Verlauf, Äste und Versorgungsgebiet

intrazerebral

Die Faserbündel aus den Kerngebieten konvergieren zu einem flachen platten Bündel, das aus der Medulla oblongata im Sulcus retroolivaris kranial des Sulcus posterolateralis austritt.

intrakraniell

Gemeinsam mit dem N. accessorius, von dem er durch ein Bindegewebsblatt getrennt ist, zieht der Nerv unterhalb des Flocculus nach ventral-lateral und senkt sich in den Vorderabschnitt („Pars nervosa“) des Foramen jugulare ein.

Durchtritt durch die Schädelbasis

Durchtritt durch das Foramen jugulare, an dessen inneren Öffnung das Ganglion superius (oder jugulare, vorwiegend somatoafferente Neurone) liegt. Direkt in Höhe des Ganglion superius ziehen sensible Fasern der beiden folgenden Äste zu ihren dort gelegenen Perikaryen: innerviert die Dura der hinteren Schädelgrube im – Der R. meningeus Bereich der Sinus transversus und occipitalis, – der R. auricularis den äußeren Gehörgang. Dorthin gelangt er über den Canaliculus mastoideus und die Fissura tympanomastoidea.

M

⊙ M-2.27

999

2.3 Nerven im Kopfbereich – Hirnnerven (Nervi craniales)

Nervus vagus (X) (Teil II)

extrakraniell

N. vagus Zu seinen Innervationsgebieten zählen Hals-, Brust-, und Bauchorgane bis zum Cannon-BöhmPunkt nahe der linken Kolonflexur.

= allgemein somatoafferent; = speziell viszeroefferent

Direkt unter dem Foramen jugulare liegt das größere sensible Ganglion inferius (oder nodosum, vorwiegend viszeroafferente Neurone). Auf dieser Höhe erhält der Nerv einen Ast (R. internus) aus der Radix cranialis des benachbart verlaufenden N. accessorius mit Fasern für den N. laryngeus recurrens und den Plexus pharyngeus. Vom Ggl. inferius gehen zwei gemischte (allgemein und speziell viszeroafferente und viszeroefferente) Äste ab: (der im Wesentlichen Fasern aus der Radix – Aus dem R. pharyngeus cranialis des N. accessorius enthält) strahlen mehrere Äste in den mit kleinsten Ganglien durchsetzten Plexus pharyngeus ein (zur Muskulatur und Schleimhaut des Pharynx: Grundlage des Schluck- und Würgereflexes!). Die allgemein viszeroafferenten Fasern stammen von der Schleimhaut im Hypopharynxbereich und die speziell viszeroafferenten Fasern von den Geschmacksknospen im Bereich der Valleculae und der Epiglottis. Viszeroefferente Fasern ziehen zu den Pharynxdrüsen. läuft zum Kehlkopf und innerviert hier den – Der N. laryngeus superior M. cricothyroideus (R. externus) sowie die Larynxschleimhaut oberhalb der Stimmritze (R. internus). Der N. vagus verläuft weiter im Gefäß-Nerven-Strang des Halses zwischen A. carotis interna und V. jugularis interna bis zur oberen Thoraxapertur. Auf dieser Strecke gibt er – Rr. cardiaci cervicales superiores und inferiores zum Plexus cardiacus ab und zieht dann in das Mediastinum. Wichtige im Mediastinum abgehende Äste sind: zum Larynx mit Innervation aller Kehlkopfmuskeln bis – N. laryngeus recurrens auf den M. cricothyroideus und der Schleimhaut unterhalb der Rima glottidis. Die motorischen (speziell viszeroefferenten) Fasern stammen aus der Radix cranialis nervi accessorii. Von ihm zweigen sich kleine Rr. tracheales, oesophagei und pharyngei ab. – Rr. cardiaci thoracici zum Plexus cardiacus und zum Plexus pulmonalis werden abgegeben, bevor die Nn. vagi – Rr. bronchiales bilden, aus denen beider Seiten auf dem Ösophagus den Plexus oesophageus beim Durchtrittdurch das Zwerchfell die Trunci vagales anterior (v. a. aus dem linken N. vagus) und posterior (vorwiegend aus dem rechten N. vagus; Merke: dexter → dorsal!) hervorgehen. Im Bauchraum gehen aus diesen Trunci vagales Äste zu den Oberbauchorganen (u. a. Rr. gastrici und hepatici) und den großen Nervenplexus (Rr. coeliaci und renales) ab. Durch Letztere ziehen die Fasern des N. vagus meist hindurch und werden nahe der durch sie innervierten Organe umgeschaltet.

= allgemein viszeroafferent;

= speziell viszeroafferent;

= allgemein viszeroefferent;

Unterschiede im Verlauf zwischen rechter und linker Körperseite sowie im Mediastinum abgehende Äste werden auch im Kapitel topografische Beziehungen im Mediastinum (S. 638) behandelt. Vergleiche auch: Kehlkopfinnervation (S. 928), Nervus laryngeus reccurens (S. 928) und vom N. vagus innervierte Organe (Abb. K-1.12). Abbildung aus Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.

1000 ▶ Klinik.

M

2 Leitungsbahnen im Kopfbereich

▶ Klinik. Läsionen der „Vagusgruppe“ und des N. hypoglossus („Syndrome kaudaler Hirnnerven“, s. Abb. M-2.28) lassen sich aufgrund der (isolierten) Funktionsausfälle den einzelnen Nerven zuordnen. Wegen der engen räumlichen Beziehungen der betroffenen zentralen Kerngebiete und der Nerven zwischen Hirnaustrittsstelle und der Schädelbasis ist die Abgrenzung bei Kombination verschiedener Symptome u. U. schwierig.

⊙ M-2.28

Astfolge und Verbindungen des N. vagus. 1 R. meningeus, 2 Ganglion superius nervi vagi, 3 R. auricularis, 4 Ganglion inferius nervi vagi, 5 N. jugularis, Verbindungsast aus dem Ganglion cervicale superius zum Ganglion superius des N. vagus und zum Ganglion inferius des N. glossopharyngeus, 6 Ganglion cervicale superius, 7 Ganglion superius des N. glossopharyngeus, 8 R. communicans zum Ganglion inferius des N. glossopharyngeus, 9 Ganglion inferius des N. glossopharyngeus, 10 Rr. pharyngei, 11–14 N. laryngeus superior, 12 R. externus, 13 R. internus, 14 Verbindungsast zum N. laryngeus recurrens 15 N. laryngeus inferior, 16 Rr. tracheales und oesophagei des N. laryngeus recurrens, 17 N. laryngeus recurrens, 18 Rr. cardiaci cervicales superiores, 19 Rr. cardiaci cervicales inferiores, 20 Rr. cardiaci thoracici, 21 Rr. bronchiales, 22 Rr. gastrici und Rr. hepatici, 23 Rr. coeliaci, 24 Ganglion coeliacum, 25 Plexus coeliacus, 26 N. splanchnicus major. (Kirsch, J. et al.: Taschenlehrbuch Anatomie. Thieme, 2011)

2.3.8

Nervus accessorius (XI) und Nervus hypoglossus (XII) Siehe Abb. M-2.29.

2.3.8 Nervus accessorius (XI) und Nervus hypoglossus (XII) Der N. accessorius ist genau wie der N. hypoglossus ein „zerebralisierter“ Spinalnerv. Während Letzterer rein somatomotorische Fasern führt, hat der XI. Hirnnerv zusätzlich eine Wurzel (Radix cranialis) mit speziell viszeroefferenten Fasern aus dem Ncl. ambiguus, die sich nach kurzer Zusammenlagerung mit den somatomotorischen der spinalen Wurzel dem N. vagus anschließen (Abb. M-2.29).

M

⊙ M-2.29

2.3 Nerven im Kopfbereich – Hirnnerven (Nervi craniales)

1001

Nervi accessorius (XI) und hypoglossus (XII)

N. accessorius (XI) Kerngebiet

Verlauf, Äste und Versorgungsgebiet

(unterer Teil)

Medulla oblongata

– Ncl. ambiguus

Vorderhorn des Halsmarks (bis etwa C5)

– Ncl. spinalis nervi accessorii

intrazerebral

Intrazerebral verlaufen nur die Fasern aus dem Ncl. ambiguus vor ihrem Austritt als Radix cranialis im Sulcus posterolateralis, kaudal der Nn. vagus und glossopharyngeus.

intrakraniell

Der Nervenstamm (Truncus nervi accessorii) entsteht durch Zusammenlagerung der Radix cranialis (Fasern aus dem Ncl. ambiguus) und der Radix spinalis (Fasern aus dem Ncl. spinalis nervi accessorii) nach deren Eintritt in die Schädelhöhle.

Durchtritt durch die Schädelbasis

Bedingt durch ihren spinalen Ursprung steigen die Fasern der Radix spinalis zunächst im Subarachnoidalraum des Wirbelkanals auf, um durch das Foramen magnum in den Schädel zugelangen. Nach Zusammenlagerung mit der Radix cranialis verlässt der Truncus nervi accessorii durch das Foramen jugulare die Schädelhöhle.

extrakraniell

Die Fasern aus der kranialen Wurzel lagern sich als R. internus dem ebenfalls durch das Foramen jugulare ziehenden N. vagus (X) an und ziehen im N. laryngeus recurrens in Richtung innere Kehlkopfmuskeln und sollen an der Bildung des Plexus pharyngeus beteiligt sein. Der R. externus aus den spinalen Wurzelfasern läuft nach lateral und vor dem Querfortsatz des Atlas nach kaudal auf dem M. levator scapulae bis unter den M. trapezius, an dessen Unterseite er sich verzweigt. Neben den Trapeziusanteilen innerviert er über einen starken, nach ventral ziehenden Ast den M. sternocleidomastoideus.

N. hypoglossus (XII) am Boden der Rautengrube im Bereich des motorischen

Kerngebiet

Medulla oblongata (unteres Drittel)

Ncl. nervi hypoglossi Vorderhorns

Verlauf, Äste und Versorgungsgebiet

intrazerebral

Die Fasern ziehen nach unten durch die Medulla oblongata und treten zwischen Oliva inferior und Pyramide (Sulcus preolivaris) aus dem Hirnstamm aus. Die Kerne werden jeweils über Fibrae corticonucleares aus der kontralateralen Hemisphäre innerviert.

intrakraniell

Der Nerv nimmt ventrale Fasern aus C1 und C2 auf und zieht in den Canalis hypoglossi.

Durchtritt durch die Schädelbasis

Durchtritt durch den Canalis nervi hypoglossi in das Spatium lateropharyngeum.

extrakraniell

Zwischen A. carotis interna und V. jugularis interna verläuft der Nerv im Bogen von dorsal nach ventral. Dabei sind ihm Äste der beiden oberen Zervikalnerven als Ansa hypoglossi angelagert. Den Venter posterior des M. digastricus unterkreuzend gelangt der N. hypoglossus in einen Spalt zwischen dem M. mylohyoideus und dem M. hyoglossus, von wo aus er über Rr. linguales die Binnenmuskulatur der Zunge sowie die äußeren Zungenmuskeln innerviert: → M. styloglossus, → M. hyoglossus und → M. genioglossus. Die dem N. hypoglossus angelagerten Fasern aus C1 und C2 ziehen zum M. geniohyoideus und thyrohyoideus.

= allgemein somatoefferent;

= speziell viszeroefferent

N. vagus siehe Abb. M-2.26, N. glossopharyngeus Abb. M-2.23.

1002 ⊙ M-2.30

M

2 Leitungsbahnen im Kopfbereich

Nervi accessorius und hypoglossus

Gyrus precentralis Fibrae corticonucleares

Radix cranialis Foramen jugulare Fibrae corticonucleares

N. vagus R. internus mit N. laryngeus recurrens zu den Larynxmuskeln

Nucleus ambiguus Foramen magnum Nucleus spinalis n. accessorii

Radix spinalis

N. accessorius, R. externus M. sternocleidomastoideus

M. styloglossus

N. vagus

Nucleus n. hypoglossi Canalis n. hypoglossi

C1 N. hypoglossus

M. genioglossus M. hyoglossus

M. trapezius b

a (Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

a Aus den beiden Kerngebieten des N. accessorius zweigen die speziell viszeroefferenten Fasern (dunkelblau) der Radix cranialis frühzeitig ab und verlaufen im N. vagus. b Peripherer Verlauf des N. hypoglossus zur Zungenmuskulatur und Ansteuerung seines Kerngebiets durch die jeweils kontralateralen Fibrae corticonucleares.

3

Mundhöhle und Kauapparat

3.1 3.2

Mundhöhle (Cavitas oris) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1003 Kiefergelenk und Kaumuskulatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1030

M

G. Aumüller, G. Wennemuth

3.1

Mundhöhle (Cavitas oris)

3.1

3.1.1 Funktionelle Bedeutung der Mundhöhle

3.1.1

Funktionelle Bedeutung der Mundhöhle Die Mundhöhle (Abb. M-3.2) ist Eingangsbereich der Speise- und Atemwege. In ihr werden die Speisen sensorisch kontrolliert, grob zerkleinert, eingespeichelt und zum Schlucken portioniert. Beim Sprechvorgang sind die Zunge, Lippen, Zähne und der Gaumen maßgeblich beteiligt.

Die Mundhöhle (Abb. M-3.2) ist der Eingangsbereich in den Verdauungstrakt: Hier werden die Nahrungsbestandteile sensorisch kontrolliert, mit Hilfe der Zähne grob zerkleinert und zum Schlucken portioniert, nachdem durch das Sekret der Mundspeicheldrüsen der Nahrungsaufschluss begonnen hat. Als Teil der Atemwege ermöglicht sie die Zuführung größerer Luftvolumina. Weiterhin bildet die Mundhöhle mit ihren vielfältigen Einrichtungen (Lippe, Zunge, Zähne, Gaumen) auch ein wesentliches Element der Sprachbildung und der Kommunikation. Diese Funktion wird durch die äußere Mundform und die Begleitmimik verstärkt. ▶ Klinik. Die Inspektion der Mundhöhle ist ein wichtiger Be-

standteil der ärztlichen Untersuchung, da sich hier teilweise charakteristische Veränderungen zeigen, die nicht nur Ausdruck lokaler, sondern auch systemischer Erkrankungen sein können. Beispiele sind die sog. „Himbeerzunge“ bei Scharlach, weißliche Beläge bei Pilzerkrankungen, Geschwüre bei Virus-

⊙ M-3.1

Mundhöhle (Cavitas oris)

infektionen oder bei Karzinomen sowie verfärbte Zahnfleischsäume bei Metallvergiftungen. Zahnverfärbungen oder Defekte sind ein häufiges Problem bei fehlender Mundhygiene und können einen Hinweis auf Ernährungsgewohnheiten (auch auf häufiges Erbrechen, das bei Essstörungen oft künstlich herbeigeführt wird) geben.

Typische Veränderungen im Bereich der Mundhöhle

a Ein charakteristischer Befund bei Scharlach ist die sog. „Himbeerzunge“. (Sitzmann, C. F.: Duale Reihe Pädiatrie. Thieme 2012) b Weißliche Beläge bei einer Pilzinfektion sind typischer Weise abwischbar. (Arnold W, Ganzer U, Checkliste Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde, Thieme, 2011) c Die Beurteilung der im Übergangsbereich zum Rachen liegenden Tonsillen (S. 189) lässt oft bereits klinisch die Diagnose einer Angina tonsillaris zu, die durch einen Rachenabstrich bestätigt werden kann. (Arnold W, Ganzer U, Checkliste Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde, Thieme, 2011)

a

b

c

3.1.2 Gliederung der Mundhöhle

3.1.2

Der umgangssprachlich als „Mund“ bezeichnete Eingangsbereich in den Verdauungstrakt wird anatomisch unterteilt in ■ Vestibulum oris (Mundvorhof) zwischen Lippen, Wangen und Zähnen mit dem Zahnfleisch und die ■ Cavitas oris propria als eigentliche Mundhöhle, die von den Zähnen bis zur Schlundenge (Isthmus faucium) reicht.

Der Eingangsbereich in den Verdauungstrakt gliedert sich in das Vestibulum oris (Mundvorhof, zwischen Lippen und Zähnen) und die Cavitas oris propria (Mundhöhle, hinter den Zähnen bis zur Schlundenge).

Gliederung der Mundhöhle

1004

M

Vestibulum oris

Vestibulum oris

Begrenzung und Aufbau: Die Mundöffnung (Rima oris) wird von Ober- und Unterlippe (Labium superius und inferius) begrenzt, deren Grundlage der M. orbicularis oris (Abb. M-1.14) ist.

Begrenzung und Aufbau: Die das Vestibulum oris vorn abschließenden Lippen sind die Begrenzung der Mundöffnung (Rima oris). Ihre Grundlage bildet der nahe der Mundspalte nach außen gekrempelte M. orbicularis oris (Abb. M-1.14). Während die Unterlippe (Labium inferius) glatt ist, findet sich an der Oberlippe (Labium superius) ein paariger Hautsteg, der eine Einsenkung umfasst (Philtrum). Am Lippenrot geht sie in eine leichte Vorwölbung über, diese Kontur wird auch als „Amorbogen“ bezeichnet. Die muskuläre Grundlage der Wangen (Buccae) ist der M. buccinator (Abb. M-1.15), der sich über eine sehnige Raphe pterygomandibularis mit der Pharynxmuskulatur verbindet. Die Muskeln sind für die unterschiedliche Eng- und Weitstellung der Mundhöhle, ihre Wandspannung und die Bewegung des Inhalts (Speisen, Flüssigkeit, Luft) beim Kauen, Schlucken, Pfeifen, Spiel von Blasinstrumenten (sog. „Ansatz“) von grundlegender Bedeutung. Die auskleidende Schleimhaut (s. u.) bildet zwischen den mittleren Frontzähnen eine Falte (Frenulum labii superioris bzw. inferioris), die jeweils in der Umschlagstelle der Schleimhaut auf die Alveolarfortsätze von Ober- und Unterkiefer (Fornix vestibuli) liegt. Von dort setzt sie sich nahtlos auf das Zahnfleisch (Gingiva) fort. Gegenüber dem 2. Molaren des Oberkiefers befindet sich auf der Wangenschleimhaut die wärzchenförmige Öffnung des Ohrspeicheldrüsenausführungsgangs (Ductus parotideus) auf einer kleinen Papille.

Seitlich schließen sich die Wangen (Buccae mit M. buccinator als Grundlage) an. Vor den Schneidezähnen bildet die Schleimhaut eine Falte (Frenulum labii superioris bzw. inferioris) aus. Die Umschlagstelle auf die Alvoelarfortsätze ist der Fornix vestibuli. Gegenüber dem 2. Oberkiefermolaren mündet dort der Ausführungsgang der Parotis (Ductus parotideus).

Feinbau: Lippen und Wangen sind außen von Epidermis mit Hautanhängen, innen von Schleimhaut mit eingelagerten gemischten Gll. labiales und buccales überzogen. Das Lippenrot entspricht einer schwach verhornten, reichlich kapillarisierten Übergangszone zwischen äußerer Haut und innerer Schleimhaut. ▶ Klinik.

3 Mundhöhle und Kauapparat

Feinbau: Lippen und Wangen werden außen von Haut mit Talg- und Schweißdrüsen (beim Mann mit Barthaaren), innen von drüsenhaltiger Schleimhaut (gemischte Glandulae labiales und buccales) bedeckt. Die Rima oris wird durch das Lippenrot markiert, eine schwach verhornte Übergangszone zwischen äußerer Haut und Schleimhaut. Sie enthält keine Haare, Schweißdrüsen und Pigmentzellen und nur wenige freie Talgdrüsen am Rand. Die dicht gelagerten langen Kapillaren in schlanken Bindegewebspapillen lassen die Farbe des Blutes durchschimmern. ▶ Klinik. Die durch das Blut geprägte Lippenfarbe erlaubt Rückschlüsse auf den Hä-

moglobingehalt des Blutes sowie seine Sauerstoff- bzw. CO2-Beladung: „Blasse Lippen“ können somit den Hinweis auf eine Anämie (S. 169) liefern, „blaue Lippen“ deuten auf eine verminderte Oxygenierung des Blutes hin (Zyanose).

⊙ M-3.2

Mundhöhle Vestibulum oris

(Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

a Gliederung und Begrenzung der Mundhöhle in der Ansicht von ventral b und links-lateral (Mediansagittalschnitt).

3.1 Mundhöhle (Cavitas oris)

1005

Gefäßversorgung: Die arterielle Versorgung der Lippen erfolgt über die Arteriae labialis superior und inferior (s. Tab. M-2.1), die miteinander anastomosieren und einen Gefäßkranz um die Lippen bilden (doppelseitige Unterbindung bei klaffenden Verletzungen der Lippen erforderlich!). Zusätzliche Äste stammen aus der Arteria infraorbitalis und der Arteria mentalis (aus der A. alveolaris inferior, Tab. M-2.1). Die Wangen werden ebenfalls von Ästen der Arteria facialis sowie von der Arteria transversa faciei (aus der A. temporalis superficialis) versorgt. Die Venen und die Lymphgefäße begleiten die Arterien. Der Abfluss erfolgt in die Vena jugularis interna (Tab. M-2.2) bzw. die Nodi lymphoidei submandibulares (Abb. M-2.5).

Gefäßversorgung: Die zuführenden Blutgefäße sind für die Lippen die Aa. labialis sup. und inf. sowie Äste der A. infraorbitalis und mentalis, für die Wangen ebenfalls Äste der A. facialis (vgl. Tab. M-2.1).

Innervation: Die sensible Innervation liefern Äste des Nervus infraorbitalis (aus V2) und Nervus mentalis (aus dem N. alveolaris inferior, einem Ast aus V3).

Innervation: Sensibel durch Äste von V2 und V3.

Cavitas oris propria

Cavitas oris propria

Hinter der Zahnreihe und den Alveolarfortsätzen von Ober- und Unterkiefer beginnt die Cavitas oris propria. Bei geschlossenen Zahnreihen steht sie hinter den 3. Molaren (S. 1021) mit dem Vestibulum oris in Verbindung. Die eigentliche Mundhöhle umfasst folgende Anteile, die gleichzeitig ihre Begrenzungen sind: ■ Das Dach bilden der harte und der weiche Gaumen (Palatum durum und molle), ■ der Boden wird durch die Zunge (Lingua) und den darunter liegenden M. mylohyoideus (Diaphragma oris) gebildet, und den ■ Hinterrand stellen der Gaumen-Zungen-Bogen (Arcus palatoglossus) und der Gaumen-Schlund-Bogen (Arcus palatopharyngeus) mit der Fossa tonsillaris (S. 190) dar. Daran schließt sich der Isthmus faucium (S. 1007) als Übergang in den Rachen an.

Die hinter den Zahnreihen gelegene Cavitas oris propria ist ■ oben durch den harten und den weichen Gaumen (Palatum durum, Palatum molle), ■ unten durch den Mundboden (Diaphragma oris) mit ihm aufliegender Zunge (Lingua) und ■ hinten durch die Gaumenbögen (Arcus palatoglossus und palatopharyngeus) begrenzt.

3.1.3 Gaumen (Palatum)

3.1.3

Abschnitte, Lage und Aufbau

Abschnitte, Lage und Aufbau

Der Gaumen (Palatum, Abb. M-3.3) bildet als Dach der Mundhöhle das Widerlager für die Zunge und zugleich den Boden der Nasenhöhle. Er besteht aus ■ Palatum durum (harter Gaumen) und ■ Palatum molle (weicher Gaumen).

Der Gaumen (Abb. M-3.3) ist das Dach der Mundhöhle und besteht aus 2 Anteilen: ■ Palatum durum (harter Gaumen) und ■ Palatum molle (weichen Gaumen).

M

⊙ M-3.3

8     

! 

5    6   5   1

In der linken Bildhälfte sind die den harten Gaumen bildenden Knochen dargestellt, in der rechten das Schleimhautrelief des Gaumens. Im hinteren Bereich der rechten Bildhälfte liegt unter der Schleimhaut die sich dem harten Gaumen anschließende Muskulatur des weichen Gaumens, was die sichtbare Längendifferenz erklärt. (Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

Gaumen (Palatum)

⊙ M-3.3

Gaumen

   ,  , 

Der Abfluss erfolgt über die V. jugularis (Tab. M-2.2) und die Nll. submandibulares (Abb. M-2.5).

1006

M

Harter Gaumen (Palatum durum)

Harter Gaumen (Palatum durum)

Er wird von Os incisivum, Maxilla und Os palatinum gebildet und reicht bis etwa zum 3. Molaren. Die Schleimhaut ist in Quer- und Längsstreifen (Rugae transversae und im Bereich der Sutura palatina mediana) unterteilt, von mukösen Drüsen (Glandulae palatinae) unterfüttert und über die Aponeurosis palatina am Knochen fixiert.

Der knöcherne Anteil des Gaumens wird gebildet aus dem Os incisivum, der Maxilla und dem Os palatinum und reicht bis etwa in Höhe des 3. Molaren, wo er in den weichen Gaumen übergeht. Die mit kleinen mukösen Drüsen (Glandulae palatinae) dicht unterfütterte Schleimhaut des harten Gaumens ist in quere Leisten (Rugae transversae) untergliedert und über kräftige Bindegewebszüge fest mit dem Knochen verwachsen. Im Bereich der Sutura palatina mediana ist die Schleimhaut besonders fixiert. Sie setzt sich in der Aponeurosis palatina fort, die sich vom harten Gaumen bis zu den Hamuli pterygoidei erstreckt.

Weicher Gaumen (Palatum molle)

Weicher Gaumen (Palatum molle)

Er besteht aus Gaumensegel (Velum palatinum) und Zäpfchen (Uvula). Die Muskeln sind (Abb. M-3.4): ■ M. tensor veli palatini: Er spannt und senkt das Gaumensegel und öffnet die Tuba auditiva (S. 1082). Er entspringt seitlich des Tubenostiums und der Fossa scaphoidea, eine Zwischensehne umschlingt den Hamulus pterygoideus. An der Aponeurosis palatina verbindet er sich mit Fasern der Gegenseite. ■ M. levator veli palatini: Er hebt das Gaumensegel an. Sein Ursprung ist an der Basis des Felsenbeins, der Ansatz das Velum palatinum. ■ M. uvulae: Er besteht aus Fasern der Mm. levator und tensor veli palatini. Zusätzlich strahlen Faserzüge aus den Mm. palatoglossus und palatopharyngeus (Abb. M-3.4 u. Abb. L-2.2) in das Gaumensegel ein.

Er schließt sich dorsal an den harten Gaumen an und umfasst das Gaumensegel (Velum palatinum), dem dorsal das Zäpfchen (Uvula) angehört. Diese bewegliche Muskelplatte hat eine Ventilfunktion zwischen Luft- und Speisewegen an der Grenze zwischen Naso- und Oropharynx (S. 914). Die Muskulatur des Gaumens besteht aus (Abb. M-3.4): ■ Musculus tensor veli palatini: Er spannt das Gaumensegel an und senkt es dabei. Gleichzeitig öffnet er (z. B. beim Gähnen) die Tuba auditiva (S. 1082). Er entspringt paarig seitlich des Tubenostiums und von der Fossa scaphoidea des Proc. pterygoideus, umschlingt mit einer Zwischensehne von unten den Hamulus pterygoideus, der als Hypomochlion (S. 234) dient und verflicht sich in der Gaumenaponeurose mit den übrigen Muskeln. ■ Musculus levator veli palatini: Von der Basis des Felsenbeins ausgehend strahlt er in das Gaumensegel ein und dient als Heber des Velum palatinum. Er bildet mit Fasern des M. tensor veli palatini den M. uvulae. ■ Musculus uvulae: Er bildet und verformt als unpaarer Muskel das Zäpfchen. In die Muskelplatte des Velum palatinum strahlen von unten kommend zusätzlich Faserzüge aus den Mm. palatoglossus und palatopharyngeus ein (Abb. M-3.4 und Abb. L-2.2).

⊙ M-3.4

3 Mundhöhle und Kauapparat

Muskulatur des Gaumens

Muskel

Ursprung

Ansatz

M. tensor Fossa scaphoidea ossis sphenoiveli palatini* dalis (Proc. pterygoideus) und Tuba auditiva (Pars cartilaginea)

Innervation

Funktion

N. musculi tensoris veli palatini des N. mandibularis (V3)

Anspannung des Velum palatinum

Aponeurosis palatina M. levator veli palatini

Pars petrosa ossis temporalis (Facies inf.); Unterrand der Cartilago tubae auditivae

Plexus pharyngeus aus Nn. glossopharyngeus und vagus (IX und X)

Öffnung der Tuba auditiva Anheben des Velum palatinum

M. uvulae

Bindegewebe der Uvula

Verformung der Uvula

M. palatoglossus

seitliche Zungenwurzel (Radix linguae)

Verengung der Schlundenge (Isthmus faucium)

Aponeurosis palatina

M. palatopharyngeus

Raphe pharyngis, Seitenfläche des Schildknorpels

N. glossopharyngeus zusätzlich: Schlundheber (IX)

* nutzt den Hamulus pterygoideus als Hypomochlion

Vergleiche: Tuba auditiva (S. 1082), Plexus pharyngeus (Abb. M-2.23), Zungenwurzel (S. 1009), Raphe pharyngis (S. 918), Schildknorpel (S. 921), Schlundheber (S. 917).

M

⊙ M-3.5

1007

3.1 Mundhöhle (Cavitas oris)

Gaumenmuskeln (Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

0      -   

a Muskulatur des weichen Gaumens in der Ansicht von kaudal b und dorsal, in der auch der ebenfalls in das Velum palatinum einstrahlende M. palatoglossus und die enge Beziehung zur Pharynxmuskulatur (S. 917) sichtbar ist.

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Das Gaumensegel ist durch Fetteinlagerungen zwischen Drüsen und Muskulatur weich und verformbar. Die Schlundenge (Isthmus faucium) wird von der Zungenwurzel mit den Zungenbälgen (s. u.), dem Velum palatinum mit der Uvula, dem Arcus palatoglossus und dem Arcus palatopharyngeus, der dazwischenliegenden Fossa tonsillaris (S. 190) und dem sich beim Schlucken vorwölbenden Teil des M. constrictor pharyngis superior („Passavant-Ringwulst“, Abb. L-2.2) gebildet.

Gefäßversorgung und Innervation des Gaumens Gefäßversorgung: Die Arterien des Gaumens sind: ■ Arteria palatina ascendens (Ast der A. facialis), ■ Arteria palatina descendens (Ast der A. maxillaris) und ■ Arteria pharyngea ascendens, direkter Ast der A. carotis externa (S. 973). Das venöse Blut wird über den Plexus pterygoideus in die Vena jugularis interna abgeleitet. Die regionären Lymphknoten sind die Nodi lymphoidei submandibulares. Innervation: Die sensible Innervation der Schleimhaut sowie die parasympathische sowie sympathische Innervation der Gaumendrüsen erfolgt durch die aus dem Ganglion pterygopalatinum (Umschaltung der parasympathischen Fasern, Abb. M-2.18) abgehenden Nervi palatini major und minores und dem N. nasopalatinus (rein sensibel). Durch Parasympathikusaktivierung wird die Sekretion der Gaumendrüsen gesteigert. Hemmung der sekretomotorischen Fasern bei Sympathikusreizung führt zum trockenen Mund („Zunge klebt am Gaumen“). Die motorische Innervation des M. levator veli palatini und des M. uvulae übernehmen Äste des Nervus glossopharyngeus, IX (S. 995) und des Nervus vagus, X (S. 998). Der M. tensor veli palatini wird – wie der M. tensor tympani – über einen Ast des Nervus pterygoideus medialis aus dem Nervus mandibularis (V3, Portio minor) innerviert.

Die Schlundenge (Isthmus faucium) wird gebildet von: Zungenwurzel, Gaumensegel, Gaumenbögen samt Fossa tonsillaris und M. constrictor pharyngis superior.

Gefäßversorgung und Innervation des Gaumens Gefäßversorgung: Den Gaumen versorgen die Aa. palatinae ascendens und descendens sowie die A. pharyngea ascendens. Der Blutabfluss erfolgt über den Plexus venosus pterygoideus in die V. jugularis interna. Die regionären Lymphknoten sind die Nll. submandibulares. Innervation: Sensibel und vegetativ erfolgt die Innervation über Nn. palatini major und minores (Äste aus dem Ggl. pterygopalatinum als Umschaltstelle der parasympathischen Fasern, Abb. M-2.18).

Die motorische Innervation des M. levator veli palatini und des M. uvulae erfolgt über den N. glossopharyngeus und den N. vagus. Der M. tensor veli palatini wird von Ästen des N. mandibularis versorgt.

1008 ⊙ M-3.6

M

3 Mundhöhle und Kauapparat

⊙ M-3.6

Innervation des Gaumens

N. nasopalatinus N. nasopalatinus

N. palatinus major

Foramen incisivum Foramen palatinum majus N. palatinus major Nn. palatini minores Foramen palatinum minus Nn. palatini minores

Proc. pterygoideus

In der rechten Bildhälfte ist der Durchtritt der Nerven zum Gaumen durch seine verschiedenen Foramina (vgl. Tab. M-3.8) dargestellt, in der linken ihr Innervationsgebiet. (Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

Entwicklung des Gaumens

Entwicklung des Gaumens

Mit der Entwicklung des Gaumens erfolgt die Trennung von Mund- und Nasenhöhle. Die Verwachsung der aus den Oberkieferwülsten innen herauswachsenden Gaumenwülste, des Zwischenkiefersegments und einer Lamelle des Stirn-Nasen-Wulstes führt zur Teilung der Nasenhöhle und ihrer Abtrennung von der Mundhöhle. Die vorderen zwei Drittel des definitiven Gaumens verknöchern (Palatum durum). Im hinteren Drittel entwickelt sich das Gaumensegel (Velum palatinum) des weichen Gaumens (Palatum molle) mit dem Zäpfchen (Uvula).

Die primäre Mundhöhle wird durch die Entwicklung des Gaumens von der Nasenhöhle abgegrenzt. Aus den paarigen Oberkieferwülsten wachsen zwei Gaumenwülste in das Innere der Mundhöhle vor. Zunächst sind sie nach unten in die Ebene der Zungenanlage (s. u.) orientiert. Sie richten sich dann auf und wachsen in horizontaler Richtung nach medial aufeinander zu. Von ventral schiebt sich eine dreieckige Mesenchymplatte des Zwischenkiefersegments der medialen Nasenwülste als primärer Gaumen zwischen die beiden Gaumenwülste. Vom Stirnnasenwulst wächst eine mediale senkrechte Lamelle nach unten. Die beteiligten Strukturen verschmelzen nach Untergang des Epithels und trennen die unpaare Mundhöhle von den beiden paarigen Nasenhöhlen. Die vorderen zwei Drittel des nun fertigen sekundären Gaumens verknöchern zum Palatum durum; im hinteren Abschnitt entwickelt sich das muskuläre Gaumensegel (Velum palatinum) des weichen Gaumens (Palatum molle) mit dem Zäpfchen (Uvula).

▶ Klinik.

⊙ M-3.7

▶ Klinik. Fehlende Vereinigung beider Gaumenfortsätze ist in der Regel mit einem Defekt des Nasenseptums verbunden: Gaumenspalte (S. 972), Urano- oder Palatoschisis (s. Abb. M-1.26). Im einfachsten Fall kann nur das Zäpfchen gespalten sein: Uvula bifida (Abb. M-3.7) . Während der letztere Fall nur kosmetische Bedeutung hat, müssen Gaumenspalten wegen der Behinderung bei der Nahrungsaufnahme mit Gefahr des „Verschluckens“ operativ geschlossen werden.

⊙ M-3.7

Uvula bifida Uvula bifida als Minimalform einer Spaltbildung. (Henne-Bruns, D., Düring, M., Kremer, B.: Duale Reihe Chirurgie. Thieme, 2012)

M

1009

3.1 Mundhöhle (Cavitas oris)

3.1.4 Zunge (Lingua)

3.1.4

Funktion der Zunge

Funktion der Zunge

Die Funktionen der Zunge sind durch ihren Aufbau aus Muskeln und spezialisierter Schleimhaut geprägt: Motorisch spielt sie eine wichtige Rolle bei der Artikulation sowie der Nahrungsaufnahme (Kau- und Schluckvorgang). Sensorisch ist sie Ort des Geschmacksorgans und dient gleichzeitig der Aufnahme mechanischer Reize.

Ihre Motorik ist wichtig im Rahmen der Artikulation und Nahrungsaufnahme, sensorisch vermittelt sie neben mechanischen Sinnesreizen auch Geschmack.

▶ Klinik. Als Makroglossie wird eine übermäßige Vergrößerung der Zunge bezeichnet, die z. B. für die Trisomie 21 charakteristisch ist und zu einer „kloßigen“ Sprache führt.

⊙ M-3.8

Makroglossie bei Trisomie 21 (Berghaus, A., Rettinger, G., Böhme, G.: Duale Reihe Hals-Nasen-OhrenHeilkunde. Hippokrates Verlag, 1996)

Zunge (Lingua)

Tritt eine Makroglossie in höherem Lebensalter auf, kann sie Hinweis auf einen Tumor des Hypophysenvorderlappens mit vermehrter Produktion von Wachstumshormon sein. Nach Abschluss der Wachstumsphase (Schluss der Epiphysenfugen) führt dies zur Akromegalie (S. 1252) (Vergrößerung der Akren = „Endteile“ des Körpers). Diese Diagnose wird aufgrund der schleichenden Größenzunahme von Nase, Kinn, Fingerund Zehen(end)gliedern, die von den Patienten und Angehörigen zunächst nicht bemerkt wird, oft erst spät gestellt. Eine Hormonanalyse und bildgebende Darstellung des Hypophysentumors sichern die Diagnose. Zur Behandlung kommen die operative transsphenoidale Tumorentfernung (S. 1042), Strahlentherapie oder Gabe von Medikamenten zur Hemmung der Wachstumshormonsekretion infrage.

Abschnitte und Form

Abschnitte und Form

Man unterscheidet an der Zunge folgende Abschnitte (Abb. M-3.9): ■ Zungenwurzel (Radix linguae) oder Zungengrund: Die Abschnitte oberhalb des Kehldeckels bis zum Sulcus terminalis (s. u.), die mit den suprahyoidalen Muskeln (Abb. L-1.4) verbunden sind. ■ Zungenkörper (Corpus linguae): Er geht aus der Zungenwurzel hervor und endet in der ■ Zungenspitze (Apex linguae) als frei beweglichem Ende. Der Zungenkörper hat eine glatte Unterfläche (Facies inferior), die mit einem Zungenbändchen (Frenulum linguae) mit der Schleimhaut des Mundbodens verbunden ist. Eine geschlängelte Falte (Plica fimbriata) und die durchscheinende Vena lingualis sind die auffälligsten Strukturen der Zungenunterseite, die seitlich in den Zungenrand (Margo linguae) übergeht. Die freie Oberfläche (Dorsum linguae, Zungenrücken) ist durch einen flachen Sulcus medianus in rechte und linke Hälfte unterteilt. Sie reicht bis zum V-förmigen Sulcus terminalis, der eine entwicklungsgeschichtlich bedeutsame Grenzlinie zur Zungenwurzel (S. 1014) darstellt. Am Wendepunkt des Sulcus terminalis liegt das Foramen caecum, das die Abgangsstelle des Ductus thyroglossalis, das Ausgangsmaterial für die Schilddrüsenanlage, markiert.

An der Zunge unterscheidet man (Abb. M-3.9): ■ Radix linguae (Zungenwurzel/-grund), die die Verbindung zu den benachbarten Skeletteilen herstellt, ■ Corpus linguae und ■ Apex linguae.

⊙ M-3.9

Die glatte Schleimhaut der Facies inferior des Zungenkörpers ist mittig über das Zungenbändchen (Frenulum linguae) mit dem Mundboden verbunden. Seitlich davon liegen die Plica fimbriata und die V. lingualis. Der Zungenrand (Margo linguae) geht in den Zungenrücken (Dorsum linguae) über. Dieser wird durch den Sulcus medianus geteilt und gegen die Radix linguae durch den Sulcus terminalis mit dem Foramen caecum abgegrenzt.

Abschnitte der Zunge Ansicht der Zunge von kranial.

Epiglottis Arcus palatopharyngeus

Tonsilla lingualis

Foramen caecum Tonsilla palatina Arcus palatoglossus

Radix linguae Dorsum linguae

Sulcus terminalis Papillae vallatae Sulcus medianus Apex linguae

Corpus linguae

(Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

1010

M

▶ Klinik.

3 Mundhöhle und Kauapparat

▶ Klinik. Eine Zungengrundstruma, d. h. die Entwicklung von pathologisch vergrößertem Schilddrüsengewebe im Bereich des Foramen caecum, geht auf „liegen gebliebene“ Zellen der Schilddrüsenanlage (Ductus thyroglossalis) zurück. Wegen der Entartungsgefahr in ein Karzinom ist die operative Entfernung angezeigt.

Aufbau der Zunge

Aufbau der Zunge

Die Zunge ist ein schleimhautbedeckter Muskelkörper mit Verbindung zum Schädel (Abb. M-3.10).

Die Zunge ist ein von Schleimhaut bedeckter Muskelkörper, der über Muskelzüge („Außenmuskulatur“) mit dem Schädel verbunden ist (Abb. M-3.10).

⊙ M-3.10

Zungenmuskulatur

(Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

a Innere b und äußere (z. T. auch in a mit angeschnitten) Zungenmuskeln.

Zungenmuskulatur (Musculi linguae)

Zungenmuskulatur (Musculi linguae)

Die inneren Zungenmuskeln bedingen ihre Verformbarkeit, die äußeren erweitern ihren Bewegungsspielraum.

Man unterscheidet innere Zungenmuskeln, die für die enorme Verformbarkeit der Zunge hauptsächlich verantwortlich sind, von den in die inneren einstrahlenden äußeren Zungenmuskeln, die den Bewegungsspielraum der Zunge weiter erhöhen.

Innere Zungenmuskulatur: Vier Muskeln mit sich durchkreuzenden Faserzügen strahlen in die oberflächliche Aponeurosis linguae ein: ■ M. verticalis → Abflachung der Zunge, ■ Mm. longitudinalis superior und inferior → Verkürzung der Zunge, ■ M. transversus linguae → Streckung der Zunge. Dieser Muskel entspringt am Septum linguae, das den Zungenkörper in mediosagittaler Richtung unvollständig unterteilt.

Innere Zungenmuskulatur: Hierbei handelt es sich um sich durchkreuzende Züge von vier Muskeln, die in die oberflächlich gelegene Aponeurosis linguae einstrahlen: ■ Musculus verticalis: Die nahezu senkrecht von der Zungenunterseite zur Aponeurose verlaufenden Fasern, ihre Kontraktion bewirkt eine Abflachung der Zunge. ■ Musculus longitudinalis superior: Er zieht unter der Aponeurose von der Radix linguae zum Apex linguae. ■ Musculus longitudinalis inferior: Durch seinen Faserverlauf an der Facies inferior bewirkt er zusammen mit dem M. longitudinalis superior eine Verkürzung der Zunge. ■ Musculus transversus linguae: Er verläuft von einer sagittal gestellten, den Zungenkörper mittig unvollständig unterteilenden Bindegewebsplatte (Septum linguae) zur Margo lingualis und bewirkt so bei Kontraktion eine Streckung der Zunge.

Äußere Zungenmuskulatur: Ihre Fasern strahlen in die Binnenmuskeln ein und können den Zungenkörper nach vorn, unten oder hinten bewegen (Abb. M-3.11).

Äußere Zungenmuskulatur: Sie strahlt von außen in die Binnenmuskulatur ein und kann den Zungenkörper nach vorn, unten oder hinten bewegen (Abb. M-3.11): ■ Musculus genioglossus: fächerförmig von der Spina mentalis mandibulae in den Zungenkörper einstrahlend. ■ Musculus hyoglossus: am Seitenrand der Zunge zum Os hyoideum ziehende Muskelplatte (ein schmaler Streifen zieht als M. chondroglossus zum kleinen Zungenbeinhorn). ■ Musculus styloglossus: ein schlanker, vom Processus styloideus seitlich in die Zunge einstrahlender Muskelzug.

M

⊙ M-3.11

1011

3.1 Mundhöhle (Cavitas oris)

Äußere Zungenmuskulatur

Muskel

Ursprung

Ansatz

M. genioglossus

Mandibula: Spina mentalis

Zungenkörper

M. hyoglossus

Os hyoideum: Corpus seitlicher Unterrand und Cornu majus der Zunge

Innervation

Zug der Zunge nach unten vorn

N. hypoglossus (XII): Rr. linguales M. styloglossus

Proc. styloideus

Funktion

von dorsal in den Zungenkörper einstrahlend

beidseitige Kontraktion: Zug der Zunge nach unten hinten einseitige Kontraktion: Senken der Zunge zur gleichen Seite beidseitige Kontraktion: Zug der Zunge nach oben hinten einseitige Kontraktion: Bewegung der Zunge zur gleichen Seite

Zungenschleimhaut

Zungenschleimhaut

Papillen: Die Schleimhaut des Zungenrückens ist durch das Vorkommen unterschiedlicher Formen von Zungenpapillen (Papillae linguales) gekennzeichnet. Dabei handelt es sich um Bindegewebszapfen, die von einem spezialisierten Epithel überzogen sind. Man unterscheidet vier Typen, die sich in Aufbau, Lokalisation und Funktion unterscheiden (Tab. M-3.1).

Papillen: Die Schleimhautoberfläche des Zungenrückens ist mit vier Formen von Papillen besetzt (Tab. M-3.1).

≡ M-3.1

Zungenpapillen

Papillentyp Tonsilla Papillae lingualis filiformes

Lokalisation Papilla vallata

Papilla fungiformis mehrschichtiges unverhorntes Plattenepithel Aponeurosis linguae

Aufbau

Funktion

Übersicht der verschiedenen Papillentypen Blockförmiger Ausschnitt der Zungenschleimhaut mit angrenzender Zungenmuskulatur, unten

Mm. linguae

(Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

Papillae filiformes (Fadenpapillen) Papillenspitzen mit verhorntem Plattenepithel

(Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

in unregelmäßigen Reihen über den gesamten Zungenrücken verteilt



primäre Bindegewebsstöcke mit Aufzweigung in schlanke Sekundärpapillen



mechanisch (Zerkleinerung von Gewebsfasern)



dichtes Kapillar- und Nervennetz





überzogen von teilverhorntem („parakeratinisiertem“) Epithel

Mechanorezeption (Vergrößerungseffekt der Zunge beim Abtasten von Strukturen im Mundbereich!)

1012

M

≡ M-3.1

3 Mundhöhle und Kauapparat

Zungenpapillen (Fortsetzung)

Papillentyp

Lokalisation

Aufbau

Papillae fungiformes (pilzförmige Papillen)

v. a. Zungenseiten- und Zungenspitzenbereich (dort als rote Pünktchen sichtbar)



Primär- und Sekundärpapillen



schwach verhornt

■ ■

hinterer Seitenrand der Zunge

in einer Reihe vor dem Sulcus terminalis (7–12)

Papillenkuppe (z. T. mit verhorntem Epithel)

Bindegewebssockel

Funktion ■

Mechanorezeption

gefäßreich



Geschmacksknospen, werden im Alter weniger

Thermorezeption



Geschmack



parallelstehende Schleimhautfalten



Geschmack



mit Geschmacksknospen



in den Vertiefungen Mündung seröser Spüldrüsen (s. u.)



„Druckknopfaspekt“ durch sockelartige Bindegewebsstöcke mit umgebendem zirkulären Graben



Geschmack



2–5 Reihen Geschmacksknospen am Papillenrand gestaffelt (in der Wand des Wallgrabens meist und auf der Oberfläche fast immer fehlend)



am Grund des Wallgrabens Mündung der serösen Ebner-Spüldrüsen



kompliziertes Gefäß- und Nervennetz, z. T. mit Ganglienzellen

(Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

Papillae foliatae (Blattpapillen) Geschmacksknospen

Blattpapillen

Drüsenausführungsgang seröse Spüldrüse

(Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

Papillae vallatae (Wallpapillen)

(Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

▶ Klinik.

▶ Klinik. Die als Parakeratinisierung bezeichnete Teilverhornung der Zungenober-

fläche (Papillae filiformes) kann sich bei Entzündungen im Mundbereich (pathologisch) verstärken und als „belegte Zunge“ auftreten. Drüsen: Die Zungenschleimhaut enthält ■ seröse (Gll. gustatoriae, um die Papillae vallatae), ■ gemischte (Gl. lingualis anterior, Zungenspitze) und ■ muköse (Gl. radicis linguae, Zungenwurzel) Drüsen.

Drüsen: Die Zungenschleimhaut enthält zahlreiche seröse bzw. muköse Drüsen: ■ Die Glandulae gustatoriae (Ebner-Spüldrüsen) der Papillae vallatae und foliatae (s. o.) sind rein serös. Ihre Läppchen erstrecken sich unter der Zungenaponeurose bis in die Muskulatur. ■ Die Glandula lingualis anterior (Nuhn-Drüse) liegt als vorwiegend seröse Drüse an der Zungenspitze. ■ Die Glandulae radicis linguae liegen im Bereich der Zungenwurzel (Tonsilla lingualis) als muköse Drüsen, die in die Krypten der Zungentonsille (S. 190) münden.

Geschmacksorgan (Organum gustus)

Geschmacksorgan (Organum gustus)

Die auf der Zunge lokalisierten Geschmacksknospen (Caliculi gustatorii) können (vor allem bei Kindern) auch im Gaumen, im Hypopharynx und an der Epiglottisrückseite

Zusammen mit freien Nervenendigungen bilden die in den Papillae vallatae und foliatae der Zunge, bei Kindern auch in den Papillae fungiformes, an Gaumen, Hypopharynx und Rückseite der Epiglottis vorkommenden Geschmacksknospen (Caliculi gustatorii) das Geschmacksorgan.

M

1013

3.1 Mundhöhle (Cavitas oris)

Die Geschmacksknospen fallen als hellere tönnchenähnliche Gebilde im Niveau des Oberflächenepithels auf, d. h. ihr Durchmesser ist basal und apikal geringer als in der Mitte. Sie sind aus Sinnes-, Stütz- und Basalzellen aufgebaut, die zwiebelschalenartig aneinander liegen. Apikal schließen sich die Sinneszellen zu einem Grübchen (Porus gustatorius) zusammen, in das Mikrovilli hineinragen. Die ihrer Plasmamembran zugeordneten Signaltransduktionssysteme (S. 1242) sind für die unterschiedlichen Geschmacksempfindungen zuständig. Die vier Hauptgeschmacksqualitäten sind nicht an einzelne Papillen gebunden, jedoch bestehen (subjektiv) lokale Unterschiede in der Empfindlichkeit der Zunge für bestimmte Qualitäten: ■ Zungenspitze – süß ■ Seitenrand – sauer und salzig ■ Zungenwurzel und Bereich der Papillae vallatae – bitter ■ Zungenmitte - umami (fleischig, herzhaft). Bei Nagern ist noch die Geschmacksqualität „fettig“ nachgewiesen. Subepithelial gelegene Drüsen, d. h. seröse Ebner-Spüldrüsen (S. 1012), reinigen mit speziellen Bindungsproteinen die Oberfläche der Geschmackszellen.

vorkommen. Die tönnchenförmigen Zellverbände bestehen aus Sinnes-, Stütz- und Basalzellen, die apikal einen engen Porus gustatorius bilden, in den Mikrovilli mit Rezeptorproteinen hineinragen. Die Geschmacksqualitäten verteilen sich auf der Zungenoberfläche: vorn – süß, seitlich – sauer und salzig, hinten – bitter. Subepithelial gelegene Ebner-Spüldrüsen (S. 1012) reinigen die Oberfläche der Geschmackszellen.

Gefäßversorgung und Innervation der Zunge

Gefäßversorgung und Innervation der Zunge Gefäßversorgung

Gefäßversorgung Arterielle Versorgung: Sie erfolgt über die Arteria lingualis (S. 974) aus der Arteria carotis externa. Sie tritt medial unter dem M. hyoglossus in die Zunge ein und verläuft dort als paarige Arteria profunda linguae bis zur Zungenspitze. Kleinere Äste ziehen als Rami dorsales linguae bis zu den Gaumenmandeln (S. 190). Die Arteria sublingualis, die ebenfalls ein Ast der A. lingualis ist, versorgt die Unterzungenregion.

Arterien: Die A. lingualis (aus der A. carotis externa) teilt sich in der Zunge in die paarige A. profunda linguae und Rr. dorsales linguae auf. Die Unterzungenregion versorgt die A. sublingualis.

Venöser Abfluss: Das venöse Blut wird über die lateral des M. hyoglossus liegende Vena lingualis zur Vena jugularis interna geleitet.

Venen: Die V. lingualis führt das Blut der Zunge in die V. jugularis interna.

Lymphabfluss: Die regionalen Lymphknoten der Zunge sind die Nodi lymphoidei submandibulares und die Nodi lymphoidei submentales, die in die Nodi lymphoidei cervicales profundi (Abb. L-1.11) drainieren.

Lymphabfluss: Über die Nll. submandibulares und submentales in die Nll. cervicales profundi (Abb. L-1.11).

Innervation

Innervation

Die Innervation der Zunge ist entsprechend ihren vielfältigen Funktionen komplex, da vier Faserqualitäten beteiligt sind. Efferente Fasern: Hier muss zwischen motorischen Fasern des somatischen Nervensystems für die Zungenmuskeln und den parasympathischen Efferenzen zu den Zungendrüsen unterschieden werden: ■ Die motorische Innervation der Zungenmuskulatur erfolgt (entsprechend ihrer Herkunft aus dem kopfnahen Rumpfbereich) aus dem Nervus hypoglossus (XII). ■ Parasympathisch werden die vorderen ⅔ der Zunge über die Chorda tympani (Fasern des Nervus facialis, VII) das hintere Drittel durch den Nervus glossopharyngeus (IX) innerviert. Der sich der Zungenwurzel anschließende Bereich der Valleculae (S. 916) und die Vorderseite der Epiglottis wird vom Nervus vagus (X) innerviert. ▶ Klinik. Eine Läsion des N. hypoglossus (z. B. durch Operationen an der A. carotis interna), der die gesamte Zungenmuskulatur innerviert, fällt auf, wenn man den Patienten bittet, die Zunge herauszustrecken: Insbesondere durch den gleichseitigen Ausfall des M. genioglossus, der die Zunge nach vorne-unten zieht und damit maßgeblich für ihr Vorstrecken verantwortlich ist, überwiegt die Muskelkraft der gesunden Gegenseite, sodass die Zunge zur Seite der Lähmung abweicht. Dieser Effekt wird durch die Verkürzung der Muskulatur (Atrophie) auf der betroffenen Seite noch verstärkt.

⊙ M-3.12

Efferente Fasern: Die motorische Innervation der Zunge übernimmt der N. hypoglossus (XII); ■ die parasympathische Innervation erfolgt durch die Chorda tympani des N. intermediofacialis (VII → vordere ⅔), den N. glossopharyngeus (IX → hinteres ⅓) und den N. vagus (X → Valleculae und Vorderfläche der Epiglottis). ■

Linksseitige Hypoglossusparese

(Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

a Wirkung des M. genioglossus beim Herausstrecken der Zunge b und Abweichen der Zunge zur erkrankten Seite bei Läsion des hier linken N. hypoglossus.

1014

M

Afferente Fasern: Die sensible Innervation der Zunge erfolgt über den N. lingualis (V3; vordere ⅔), dem sich auch Geschmacksfasern der Chorda tympani (aus N. VII) anlagern. Der N. glossopharyngeus (IX) führt sensible und Geschmacksfasern aus dem hinteren Zungendrittel bzw. Papillae vallatae und foliatae). Die Valleculae und die Vorderfläche der Epiglottis werden vom N. vagus (X.) innerviert (Abb. M-3.13).

Afferente Fasern: Bei den Afferenzen sind die sensiblen Fasern zur Leitung von mechanorezeptiven Informationen von den Geschmacksfasern zu unterscheiden. Wichtig ist, dass sie zwar z. T. durch Anlagerung über gleiche Nerven verlaufen, jedoch unterschiedliche Informationen leiten: Die sensible Innervation der vorderen ⅔ der Zunge erfolgt über den Nervus lingualis (aus V3; Perikaryen im Ganglion trigeminale), der durch die Chorda tympani (des N. facialis, VII; Perikaryen im Ggl. geniculi) auch Geschmacksfasern (aus den Papillae fungiformes des gleichen Bereichs) erhält. Aus dem hinteren Drittel der Zunge mit Papillae vallatae und foliatae werden sowohl somatosensible als auch gustatorische Fasern im Nervus glossopharyngeus (IX, Perikaryen im Ggl. inferius) geleitet. Die Innervation des Hypopharynxbereichs und der Epiglottis erfolgt durch den Nervus vagus (X, Perikaryen im Ggl. inferius), der ebenfalls beide Faserqualitäten führt (Abb. M-3.13).

⊙ M-3.13

3 Mundhöhle und Kauapparat

⊙ M-3.13

Afferente Innervation der Zunge

 

)#   

  

)#    2;3

Ansicht der Zungenoberseite mit Darstellung der Innervation durch Geschmacksfasern (rechte Zungenhälfte) und somatosensible Fasern (linke Zungenhälfte). (Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

)#     

)#    26  3

▶ Merke.

)#      24;3 )#   2)#   .,1%3

▶ Merke. Im hinteren Zungendrittel und Zungengrund erfolgt die Innervation über

den N. glossopharyngeus (IX), die Innervation für die Valleculae und Epiglottis liefert der N. vagus (X), die beide parasympathische, sensible und Geschmacksfasern leiten. Im vorderen Drittel entstammen nur parasympathische und Geschmacksfasern dem gleichen Hirnnerv (VII) und bilden zusammen die Chorda tympani, während für die Leitung sensibler Informationen Fasern aus dem N. mandibulars (V3) zuständig sind. Letztere verlaufen im N. lingualis, dem sich die Chorda tympani anlagert. Entwicklung der Zunge

Entwicklung der Zunge

Die Zunge entwickelt sich am Mundboden aus den paarigen Tubercula lingualia lateralia und einem Tuberculum impar, die zu den vorderen ⅔ der Zunge verschmelzen. Hinter dem Tuberculum impar senkt sich ein Epithelspross nach kaudal, der zum Ductus thyroglossalis, der ersten Anlage der Schilddrüse wird. Das Verbindungsstück der anschließenden Schlundbögen (Copula) wächst zur Zungenwurzel heran. Die Zungenmuskulatur stammt aus den 4 Okzipitalsomiten.

Die Zungenentwicklung beginnt in der 4. Woche mit einer Proliferation von Mesenchym und Ektoderm auf dem Boden der Mundhöhle. Aus dem Mandibularbogen sprossen zwei paarige seitliche Zungenwülste (Tubercula lingualia lateralia) und dahinter ein Tuberculum impar, die zu den vorderen zwei Dritteln der späteren Zunge verschmelzen. Unmittelbar kaudal von Tuberculum impar sprosst der Ductus thyroglossalis als mediale Schilddrüsenanlage in den Halsbereich hinein. Seine Ursprungsstelle kann als Foramen caecum erhalten bleiben. Das hintere Drittel, die Zungenwurzel, entwickelt sich aus dem Verbindungsstück der beiden 2. Schlundbögen, der Copula. Sie wird durch Material aus dem 3. und 4. Schlundbogen ergänzt. Die Zungenmuskulatur stammt aus den 4 Okzipitalsomiten, die in die Schädelbasis integriert werden und dabei den N. hypoglossus als motorischen Zungennerven mit in den Schädel verlagern. Die vielfältige Innervation der Zunge lässt sich aufgrund ihrer komplexen Entwicklungsgeschichte besser verstehen.

M

3.1.5 Mundboden mit Unterzungenregion ▶ Definition. Als Mundboden bezeichnet man die Gesamtheit der dem sog. Diaphragma oris (M. mylohyoideus) oben und unten angelagerten Muskeln und die von ihnen begrenzten Räume. Der Bereich zwischen Zunge, Mundschleimhaut und muskulärem Mundboden ist die Unterzungenregion, die seitlich von der Mandibula begrenzt wird.

Muskulatur des Mundbodens Der Mundboden wird von folgenden Muskeln der suprahyoidalen Gruppe (Abb. L-1.4) verspannt (Abb. M-3.14): ■ Musculus mylohyoideus (sog. Diaphragma oris): Die durch eine mediane Raphe zusammengehaltene Muskelplatte mit freiem Hinterrand zieht von der Linea mylohyoidea der Mandibula zum Zungenbein. Sie unterteilt den Bereich in eine obere Etage mit der Unterzungendrüse = Gl. sublingualis (S. 1021) und eine untere Etage für die Unterkieferdrüse = Gl. submandibularis (S. 1020), die am Hinterrand des Muskels miteinander in Verbindung stehen. Ein Teil der Gl. submandibularis biegt hakenförmig von unten nach oben um diesen Rand. ▶ Klinik. Durch die Verbindung der beiden Etagen am Hinterrand des M. mylohyoideus ist der Ausbreitungsweg einer bei Absenkung in den Hals- und Mediastinalbereich u. U. lebensgefährlichen Mundbodenphlegmone vorgegeben. Klinisch äußert sich eine solche, meist durch Streptokokken verursachte Entzündung durch die palpatorisch feststellbare brettharte und schmerzhafte Schwellung des Mundbodens in Verbindung mit einem reduzierten Allgemeinzustand und erfordert eine antibiotische Therapie.

⊙ M-3.14

1015

3.1 Mundhöhle (Cavitas oris) 3.1.5

Mundboden mit Unterzungenregion

▶ Definition.

Muskulatur des Mundbodens ■

Der M. mylohyoideus ist eine Muskelplatte (Diaphragma oris), die – durch eine Raphe median unterteilt – von der Linea mylohyoidea mandibulae zum Zungenbein zieht. Sie bildet so zwei Etagen, die am Hinterrand des Muskels miteinander in Verbindung stehen.

▶ Klinik.

Muskulatur des Mundbodens

(Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

a Mundbodenmuskulatur in der Ansicht von kranial b und links-lateral.

Dem Diaphragma oris liegt neben dem M. genioglossus (Abb. M-3.11) der M. geniohyoideus innen auf. Unter dem Diaphragma oris verläuft der Venter anterior des M. digastricus, der sich nach dorsal hinter einer Zwischensehne in einen Venter posterior fortsetzt. Die Zwischensehne wird vom M. stylohyoideus gabelartig umfasst. ■ Musculus geniohyoideus: Er entspringt oberhalb des M. mylohyoideus an der Spina mentalis und zieht ebenfalls zum Zungenbein. ■ Musculus digastricus: Der zweibäuchige Muskel zieht über eine am Zungenbein fixierte Zwischensehne mit seinem vorderen Bauch (Venter anterior) unterhalb des Diaphragma oris zur Fossa digastrica. Der hintere Bauch (Venter posterior) setzt sich bis zur Incisura mastoidea an die Schädelbasis fort. ■ Musculus stylohyoideus: Er entspringt am Processus styloideus und setzt am Zungenbein an, wo er die Zwischensehne des M. digastricus übergreift und fixiert.

Oberhalb des Diaphragma oris liegen der M. genioglossos (Abb. M-3.11) und -hyoideus, unterhalb der Venter ant. des M. digastricus. Dessen Zwischensehne wird vom M. stylohyoideus fixiert. ■ Der M. geniohyoideus erstreckt sich von der Spina mentalis zum Zungenbein. ■ Der M. digastricus zieht mit seinem Venter anterior zur Fossa digastrica und dem Venter posterior zur Incisura mastoidea. ■ Der M. stylohyoideus entspringt am Proc. styloideus und setzt am Zungenbein an.

1016

M

Gefäßversorgung und Innervation des Mundbodens Gefäßversorgung

Gefäßversorgung und Innervation des Mundbodens

Arterien: Die A. sublingualis und die A. submentalis versorgen anastomosierend den Mundboden.

Arterielle Versorgung: Der Mundboden wird arteriell durch die Arteria sublingualis (Ast der A. lingualis) und die Arteria submentalis (Ast der A. facialis) versorgt, die miteinander anastomosieren.

Venen: Begleitvenen der Arterien ziehen in die V. jugularis interna.

Venöser Abfluss: Das venöse Blut fließt über die Vena comitans nervi hypoglossi sowie die Venae sublingualis und submentalis in die Vena jugularis interna.

Lymphabfluss: Er erfolgt über die Nll. submandibulares und submentales.

Lymphabfluss: Die regionalen Lymphknoten sind die Nodi lymphoidei submandibulares und submentales.

Innervation

Innervation

Motorisch: innerviert der N. mylohyoideus (V3) den gleichnamigen Muskel und den vorderen Bauch des M. digastricus. Der hintere Bauch des M. digastricus wird wie der M. stylohyoideus vom R. colli des N. facialis innerviert. Äste aus C 1 (am N. hypoglossus) versorgen den M. geniohyoideus (Abb. M-3.15).

Motorische Innervation (Abb. M-3.15): Die unterschiedliche Herkunft bestimmt die uneinheitliche Innervation der Mundbodenmuskulatur: ■ Der Nervus mylohyoideus (aus V3) ist teilweise dem N. alveolaris inferior angelagert und versorgt den M. mylohyoideus und Venter anterior des M. digastricus. ■ Der Ramus colli des Nervus facialis (VII) versorgt den M. stylohyoideus und den Venter posterior des M. digastricus. ■ Äste des 1. Zervikalsegments, die mit dem N. hypoglossus verlaufen, innervieren den M. geniohyoideus.

Die sensible Innervation liefert der N. lingualis (V3).

Sensible Innervation: Die Schleimhaut der Unterzungenregion wird sensibel vom Nervus sublingualis (Ast des N. lingualis, V3) versorgt.

⊙ M-3.15

Gefäßversorgung

Innervation der Mundbodenmuskulatur N. mandibularis N. alveolaris inferior Chorda tympani N. lingualis N. mandibularis, N. mylohyoideus Ganglion submandibulare

a

3 Mundhöhle und Kauapparat

M. mylohyoideus

M. digastricus, Venter anterior

Ganglion geniculi

Plexus tympanicus

Chorda tympani N. glossopharyngeus

Foramen stylomastoideum

M. stylohyoideus

b

N. facialis, R. stylohyoideus

N. lingualis N. hypoglossus (XII)

Cellulae mastoideae N. facialis

N. facialis, R. digastricus

Proc. mastoideus M. digastricus, Venter posterior

M. geniohyoideus

c

Rr. anteriores (C1 und C2)

Ansa cervicalis (profunda)

(Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

a Innervation des M. mylohyoideus und Venter anterior musculi digastrici über den N. mylohyoideus (aus V3) in der Ansicht von links-lateral nach Entfernung der linken Mandibulahälfte und Durchtrennung des M. mylohyoideus. b Der hintere Digastrikusbauch wird wie der M. stylohyoideus von Ästen des N. facialis (VII) versorgt. Darstellung ihres Abgangs nach Austritt der Nerven aus dem rechten Felsenbein (Sagittalschnitt in Höhe des Processus mastoideus). c Anders als die anderen Muskeln des Mundbodens ist der M. geniohyoideus kein Schlundbogenderivat und wird daher nicht von branchiogenen Fasern aus Hirnnerven, sondern durch Rr. anteriores der Spinalnerven aus C 1 und C 2 (Plexus cervicalis) innerviert. Sie erreichen den Muskel, indem sie sich dem N. hypoglossus anlagern.

Topografische Beziehungen in der Unterzungenregion Auf dem Mundboden liegt als Schleimhautfalte die Plica sublingualis, unter der der Ductus submandibularis und die Gl. sublingualis mit ihren zahlreichen Ausführungsgängen verläuft. Der größte ihrer Ausführungsgänge mündet mit dem Ductus submandibularis auf der Caruncula sublingualis. Der Gang wird von der A. sublingualis und dem N. sublingualis begleitet sowie vom N. lingualis unterkreuzt. Weiter unterhalb liegt der N. hypoglossus (Abb. M-3.15).

Topografische Beziehungen in der Unterzungenregion Die Unterseite der Zunge setzt sich mit ihrer Schleimhaut auf den Mundboden fort. Dort findet sich die Plica sublingualis mit den Mündungen der kleinen Ausführungsgänge (Ductus sublinguales minores) der Unterzungendrüse (Gl. sublingualis). Vorne geht die Plica sublingualis in die gemeinsame Mündungsstelle (Caruncula sublingualis) der Ausführungsgänge von Unterkiefer- und Unterzungendrüse über (S. 1021). Aufgeworfen wird die Plica sublingualis durch den Ductus submandibularis (Ausführungsgang der Unterkieferdrüse), der teilweise von Drüsenläppchen umgeben ist, die bis zur Gl. sublingualis reichen. Begleitet wird er von der A. sublingualis und dem N. sublingualis, der N. lingualis unterkreuzt ihn. Noch tiefer liegt der N. hypoglossus mit einer Begleitvene (Abb. M-3.15).

M

⊙ M-3.16

Unterzungenregion Apex linguae Mandibula N. lingualis

Gl. lingualis anterior

a

Proc. styloideus

A. profunda linguae

Frenulum linguae

Plica sublingualis

1017

3.1 Mundhöhle (Cavitas oris)

N. glossopharyngeus Ganglion submandibulare N. hypoglossus A. u. V. lingualis

A. u. V. profunda linguae N. lingualis Ductus submandibularis Caruncula sublingualis

b

A. u. V. submentalis

A. sublingualis

(Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

a Ansicht der Unterzungenregion von ventral bei angehobener Zunge mit z. T. gefensterter Schleimhaut b sowie nach Abtrennung der linken Mandibulahälfte samt Teilen der Muskulatur von linkslateral.

Os hyoideum

Lateral des Ductus submandibularis liegt die Glandula sublingualis (S. 1021), die seitlich an die Mandibula grenzt. Sie ist mit einer Faszie umhüllt, die nach dorsal eine offene Verbindung zum Trigonum submandibulare (Tab. L-1.5) besitzt. ▶ Klinik. Die dünne Schleimhaut des Unterzungenbereichs ist besonders für die Resorption von Medikamenten geeignet (sublinguale Applikation, z. B. als „Lutschtabletten“).

3.1.6 Speicheldrüsen (Glandulae salivariae) Funktion Bauprinzip und Einteilung der Speicheldrüsen Funktion: Der von den im Mundbereich lokalisierten Drüsen sezernierte sog. „Mundspeichel“ dient nicht nur der Mischung trockener Nahrung, um sie besser schlucken zu können, sondern beginnt durch das in ihm enthaltene Enzym α-Amylase bereits mit dem Nahrungsaufschluss, der im Darm durch Zugabe des „Bauchspeichels“ aus dem Pankreas (S. 748) fortgesetzt wird. Darüber hinaus ist die ausreichende Speichelproduktion für den Schutz (Befeuchtung, Reinigung, Wundheilung) der Mundschleimhaut und für den Erhalt der Zahnsubstanz wichtig. ▶ Klinik. Eine verminderte Produktion von Speichel, wie sie z. B. als Folge von Bestrahlungen des Kopfbereichs oder als Nebenwirkung einer Reihe von Medikamenten auftreten kann, erhöht das Risiko für die Entstehung von Karies (S. 1024).

▶ Klinik.

3.1.6

Speicheldrüsen (Glandulae salivariae) Funktion Bauprinzip und Einteilung der Speicheldrüsen Funktion: Mit der Einspeichelung der Nahrung wird sie besser schluckbar und es beginnt bereits ihr enzymatischer Aufschluss. Daneben schützt der „Mundspeichel“ Zähne und Mundschleimhaut.

▶ Klinik.

Die im Mundspeichel enthaltenen Immunglobuline dienen der Abwehr pathologischer Keime im Mundhöhlenbereich.

Immunglobuline dienen der Keimabwehr.

Bauprinzip: Allen Speicheldrüsen gemeinsam ist ein Läppchenbau mit Trennung durch gefäß- und nervenführende Bindegewebssepten und die Anlage als tubuloazinöse Drüsen (S. 64), d. h. ein Ausführungsgangsystem mit spezialisierten Abschnitten zur Modifikation des Sekrets geht in einen sekretorischen Azinusbereich über. Je nach Innervation (sympathisch, parasympathisch) wird ein eher zäher oder eher dünnflüssiger Speichel produziert. Der Bau der Acini und des Ausführungsgangssystems variiert in den einzelnen Drüsen.

Bauprinzip: Alle Speicheldrüsen sind tubuloazinöse Drüsen, die durch gefäß- und nervenführende Bindegewebssepten in Lappen und Läppchen gegliedert sind. Die serösen Acini der Drüsen sind ebenso wie die Gangabschnitte in den einzelnen Drüsen unterschiedlich ausgebildet.

Einteilung: Man unterscheidet mehrere kleine, in der Schleimhaut der Mundhöhle gelegene Speicheldrüsen (Glandulae salivariae minores) und drei große, außerhalb der Mundhöhlenschleimhaut gelegene Speicheldrüsen (Glandulae salivariae majores). Zu den Glandulae salivariae minores zählen mehrere kleine Drüsen, wobei die zum Mundeingang hin gelegenen Drüsen eher serös, die zum Schlund hin gelegenen eher mukös sind: ■ Glandulae labiales (seromukös) in den Lippen, ■ Glandulae buccales (seromukös) in den Wangen und die ■ Glandulae palatinae (überwiegend mukös) im Gaumen. Daneben gibt es verschiedene Glandulae linguales (S. 1012).

Einteilung: Man unterscheidet mehrere kleine (Gll. salivariae minores) von den 3 großen Speicheldrüsen (Gll. salivariae majores). Es gibt mehrere nach ihrer Lokalisation benannte kleine Speicheldrüsen in der Schleimhaut der Mundhöhle, z. B. Gll. labiales, buccales, palatinae, gustatoriae sowie die verschiedenen Gll. linguales (S. 1012).

1018

M

Im Vestibulum oris mündet die Glandula parotidea, im Cavum oris die Glandula submandibularis und die Glandula sublingualis.

Die außerhalb der Mundhöhlenschleimhaut gelegenen Glandulae salivariae majores entleeren ihr Sekret über längere Ausführungsgänge in den Mundbereich: ■ Glandula parotidea (Ohrspeicheldrüse): Die rein seröse Ohrspeicheldrüse mündet im Vestibulum oris. ■ Glandula submandibularis (Unterkieferdrüse): Die seromuköse Unterkieferdrüse hat ihre Mündung in der Cavitas oris propria. ■ Glandula sublingualis (Unterzungendrüse): Die mukoseröse Unterzungendrüse mündet ebenfalls in der Cavitas oris propria.

▶ Klinik.

3 Mundhöhle und Kauapparat

▶ Klinik. An den Mündungsstellen der Ausführungsgänge der großen Speicheldrüsen können sich ausgefällte Kalksalze des Speichels als Konkremente (sog. Speichelsteine) festsetzen, die dann den Ausführungsgang verlegen und einen sehr schmerzhaften Rückstau des Speichels bedingen. Der Ausführungsgang muss dann operativ geschlitzt werden. Das Gangsytem der Speicheldrüsen kann durch Einbringen von Kontrastmitteln in den Mündungsteil auf der Papille dargestellt werden („Sialografie“).

Große Kopfspeicheldrüsen

Große Kopfspeicheldrüsen

⊙ M-3.17

Große Kopfspeicheldrüsen mit Mündung ihrer Ausführungsgänge in die Mundhöhle Gl. parotidea accessoria

Ductus parotideus

M. buccinator Gl. parotidea

M. masseter

Gl. submandibularis M. sternocleidomastoideus

A. u. V. facialis

a

Plica sublingualis

Caruncula sublingualis

M. geniohyoideus

Mundschleimhaut

M. mylohyoideus

M. genioglossus

c

Gl. sublingualis Ductus submandibularis Gl. submandibularis

A. lingualis b

Os hyoideum

M. hyoglossus M. stylohyoideus

d

(a, b: Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.; b, d Füeßl, F.S., Middeke, M.: Duale Reihe Anamnese und Klinische Untersuchung. Thieme, 2014)

a b c d

In der Ansicht von lateral ist neben der prominenten Gl. parotidea auch ein Teil der Gl. submandibularis sichtbar. Ihr oberhalb des Diaphragma oris gelegener Anteil ist zusammen mit der Gl. sublingualis in der Ansicht des Mundbodens von kranial dargestellt. Die Ausführungsgänge der großen Kopfspeicheldrüsen münden teils in das Vestibulum oris (Ductus parotideus), teils in die Cavitas oris propria (Ductus submandibularis und sublingualis).

Ohrspeicheldrüse (Glandula parotidea) ▶ Synonym.

Abschnitte, Form und Lage: Die Parotis schmiegt sich den Außen- und Innenbereichen des Ramus mandibulae an und ist über die Fascia parotidea fest an den M. masseter angeheftet. Außen lässt sich ein tiefer Abschnitt von einem oberflächlichen Teil abgrenzen; zwischen beiden treten die Äste des

Ohrspeicheldrüse (Glandula parotidea) ▶ Synonym. Parotis

Abschnitte, Form und Lage: Die Ohrspeicheldrüse erstreckt sich vom Angulus mandibulae bis zum Arcus zygomaticus und vorn bis zum Vorderrand des M. masseter. Sie zieht dorsal um den Ramus mandibulae herum in die Innenseite des Unterkieferastes (früher Fossa retromandibularis), wo sie sich bis zum Processus styloideus mit den drei „Stylo-Muskeln“ erstreckt. Sie wird größtenteils von der Fascia parotidea (S. 1038) überzogen.

3.1 Mundhöhle (Cavitas oris)

1019

In dem durch Bindegewebssepten in zwei Portionen (Pars superficialis, Pars profunda) und Läppchen gegliederten Drüsenparenchym treten die Aufzweigungen des N. facialis für das Gesicht („Pes anserinus“) an die Oberfläche. Die tiefe Portion reicht in den retromandibulären Bereich und dorsal bis an den M. sternocleidomastoideus; in ihr teilt sich die A. carotis externa in die A. temporalis superficialis und A. maxillaris auf. Außer dem N. facialis ziehen auch der mit ihm über dünne Fasern verbundene N. auriculotemporalis und die V. retromandibularis durch das Drüsengewebe der Ohrspeicheldrüse. Durch die Kontraktionen des M. masseter beim Kauen wird die Drüse gleichsam ausgequetscht. Das Sekret fließt über den ca. 3–5 cm langen dünnen Ductus parotideus ab. Er überkreuzt den M. masseter und verläuft etwa parallel zum Jochbogen bzw. der A. transversa faciei, wird manchmal von Nebendrüsen (Gl. parotidea accessoria) begleitet und mündet, nachdem er den M. buccinator (Abb. M-1.15) durchbohrt hat, auf der (Papilla parotidea) gegenüber dem 2. Oberkiefermolaren (S. 1022) in das Vestibulum oris. Nahe der Mündungsstelle des Ausführungsgangs liegt das vermutlich sensorische sog. juxtaorale Organ als dicht innervierter Epithelstrang am M. buccinator.

N. facialis aus. Dessen Stamm liegt wie der N. auriculotemporalis und die V. retromandibularis im Drüsenparenchym. Auch teilt sich hier die A. carotis externa in die Aa. maxillaris und temporalis superficialis auf. Im retromandibulären Bereich erstreckt sich die Drüse bis zum Proc. styloideus und M. sternocleidomastoideus. Im Vestibulum oris mündet die Gl. parotidea über ihren unterhalb des Jochbogens verlaufenden, den M. buccinator durchbohrenden Ductus parotideus gegenüber dem 2. Oberkiefermolaren auf der Papilla parotidea.

M

▶ Klinik. Bei Infektion mit dem Mumpsvirus kommt es meist

zu einer Entzündung der Gl. parotidea mit starkem, meist zunächst einseitigem Anschwellen der Drüse (Mumps bzw. Parotitis epidemica, „Ziegenpeter“). Durch die Schwellung wird die Fascia parotidea angespannt und damit ein (starker) Kapselschmerz erzeugt. Neben der Parotis können auch andere Mundspeicheldrüsen sowie das Pankreas befallen sein. Gefürchtete Komplikationen sind u. a. die Beteiligung des Hodens (Orchitis mit Gefahr der Infertilität) und des ZNS (Meningoenzephalitis), weshalb eine Impfung allgemein empfohlen wird.

⊙ M-3.18

Parotisschwellung bei Mumps

Feinbau: Die Drüsenläppchen der Parotis sind häufig (bei älteren Menschen) stark mit Fettgewebe durchsetzt. Sie bestehen aus typischen serösen Endstücken. Ihnen sitzen Myoepithelzellen (S. 65) auf, die sich bis auf die Schaltstücke fortsetzen. Eine unterschiedliche Ausstattung mit Kotransportern und Ionenpumpen bzw. -kanälen an der apikalen und basalen Plasmamembran der Acinuszellen und die teilweise durchlässigen apikalen Junktionskomplexe sorgen für einen unterschiedlichen Wassergehalt des Drüsensekrets, das vorwiegend aus Glykoproteinen mit Enzymcharakter (z. B. Amylase) besteht (isoosmotischer Primärspeichel). Die Acini gehen in relativ lange, sehr dünne Schaltstücke mit einschichtigem flachem Epithel, dichten Junktionskomplexen und engen Lumen über, die durch ihren Gehalt an Karbonathydratase Bikarbonat-Ionen bereitstellen und damit den pHWert des Sekrets verändern können. Mehrere Schaltstücke münden dann in auffällige, weitlumige Streifenstücke aus einschichtigem kubischem bis hochprismatischem Epithel, deren basale Membraneinfaltungen Mitochondrienaggregate enthalten. Sie verursachen das basale Streifungsmuster der auch als „Sekretrohre“ bezeichneten Gangabschnitte. Die Mitochondrien liefern die Energie für die in der Basalmembran liegenden Ionenpumpen (Na+, K+-ATPasen), die über einen elektrochemischen Gradienten der Wasserrückresorption und damit der Viskositätssteuerung/Proteinkonzentrierung des Sekrets dienen. Intra- und interlobuläre Ausführungsgänge mit einen mehrreihigen Platten- bis kubischen Epithel leiten das Sekret in den Ductus parotideus. ▶ Klinik. In der Parotis treten gelegentlich „Mischtumoren“ (so genannt wegen ih-

Feinbau: Die Drüse ist rein serös, d. h. ihre Acini bestehen aus serösen Drüsenzellen, die außen von Myoepithelzellen umgeben sind, welche sich bis auf die anschließenden schlanken dünnen Schaltzellen fortsetzen. Der isoosmotische Primärspeichel mit enzymatischen Glykoproteinen wird in den Schaltstücken pH-reguliert und in den mit Mitochondrienaggregaten versehenen NaCl-resorptiven Streifenstücken hypoton gehalten. Mehrere Streifenstücke mit ihrer typischen Basalstreifung schließen sich zu intralobulären Ausführungsgängen zusammen, die nach Vereinigung den mit einem mehrreihigen prismatischen Epithel ausgekleideten Ductus parotideus bilden.

▶ Klinik.

res heterogenen histologischen Aufbaus) auf, die wegen ihres invasiven Wachstums besonders gefürchtet sind. Ihre chirurgische Entfernung erfordert wegen der zahlreichen durch das Drüsenparenchym ziehenden Äste des N. facialis eine besondere operative Sorgfalt. Es besteht die Gefahr der peripheren Fazialislähmung (S. 993) beim Durchtrennen von Ästen. Differenzialdiagnostisch ist die seröse Gl. parotis von der ebenfalls serösen Tränendrüse durch die Weite der eher alveolär gebauten Drüsenazini, die besonders zahlreichen Plasmazellen und das Fehlen von Schalt- und Streifenstücken in der Gl. lacrimalis zu unterscheiden.

Durch Vorkommen von Streifenstücken und Enge der Acini unterscheidet sich die Parotis eindeutig von der ebenfalls rein serösen Tränendrüse (die weite Acini und zellreiches

1020

M

Stroma besitzt) und dem Pankreas (mit zentroazinären Zellen anstelle der Schaltstücke und Langerhans-Inseln als endokrinem Anteil).

Auch das seröse exokrine Pankreas besitzt keine typischen Streifenstücke und nur zu zentroazinären Zellen modifizierte Schaltstücke. Das Vorkommen der endokrinen Langerhans-Inseln im Pankreas erleichtert die Differenzialdiagnose.

Gefäßversorgung: Die Arterien entstammen der A. carotis externa, maxillaris, temporalis superficialis und transversa faciei.

Gefäßversorgung: Die arterielle Versorgung der Glandula parotidea erfolgt über direkte kleine Äste aus der Arteria carotis externa, der Arteria maxillaris, der Arteria temporalis superficialis und Arteria transversa faciei. Der venöse Abfluss gelangt über die Vena retromandibularis in die V. jugularis interna. Lymphkollektoren des Drüsenparenchyms münden in kleine Lymphknoten innerhalb der Drüse (Nodi lymphoidei parotidei superficiales und profundi). Deren Drainage läuft über die oberflächlichen und tiefen Halslymphknoten (Abb. L-1.11).

Der venöse Abfluss erfolgt über die V. retromandibularis. In der Drüse liegen Nll. parotidei superficiales und profundi mit Ableitung zu den Halslymphknoten (Abb. L-1.11). Innervation: Die sekretorische Innervation übernehmen parasympathische Fasern aus dem Ncl. salivatorius inf. des N. glossopharyngeus (IX) nach Umschaltung im Ggl. oticum. Sie erreichen die Drüse über den N. auriculotemporalis und benachbarte Facialisäste (Jacobson-Anastomose). ▶ Merke.

3 Mundhöhle und Kauapparat

Innervation: Die sekretorische Innervation liefern parasympathische Anteile des Nervus glossopharyngeus (IX), dessen präganglionäre Fasern dem Nucleus salivatorius inferior (S. 1107) entstammen und im Ganglion oticum (S. 995) umgeschaltet werden. Die postganglionären Fasern lagern sich dem Nervus auriculotemporalis an und gelangen durch dünne Verbindungsäste zum Nervus facialis (Jacobson-Anastomose), mit dessen sich radiär in der Ohrspeicheldrüse ausbreitenden Ästen die parasympathischen Fasern des N. glossopharyngeus die Drüsenläppchen erreichen. ▶ Merke. Die parasympathische Innervation der Ohrspeicheldrüse (Parotis) erfolgt

über Fasern des N. glossopharyngeus (IX), die im Ggl. oticum umgeschaltet werden. Die sich innerhalb der Drüse aufzweigenden motorischen Äste des N. facialis (VII) sind – wie der N. auriculotemporalis – lediglich topografisch von Bedeutung, indem sich die Fasern des N. glossopharyngeus anlagern und über sie „verteilt“ werden können. Auch die sympathischen Fasern aus dem Halssympathikus nutzten die Anlagerung an den N. auriculotemporalis.

Die vasokonstriktorischen sympathischen Fasern entstammen dem Ganglion cervicale superius des Halssympathikus und lagern sich nach Verlauf in den Plexus um die Aa. carotis externa, maxillaris und meningea media ebenfalls dem N. auriculotemporalis an.

Unterkieferdrüse (Glandula submandibularis) Abschnitte, Form und Lage: Sie liegt im Trigonum submandibulare zwischen den Digastrikusbäuchen mit enger Lagebeziehung zu A., V. und einem Ast des N. facialis. Mit einem hakenartigen Fortsatz erstreckt sie sich um das Hinterende des M. mylohyoideus bis in den Unterzungenbereich. Der Ductus submandibularis mündet auf der Caruncula sublingualis.

Unterkieferdrüse (Glandula submandibularis)

▶ Merke.

Abschnitte, Form und Lage: Die gut abgegrenzte Unterkieferdrüse liegt unter dem Mundboden im Trigonum submandibulare (zwischen beiden Bäuchen des M. digastricus) in unmittelbarer Nachbarschaft zu A. und Vena facialis sowie dem R. marginalis mandibulae des N. facialis. Dorsal setzt sie sich mit einem hakenförmig den M. mylohyoideus umschlingenden Fortsatz und ihrem Ausführungsgang (Ductus submandibularis) in die Etage oberhalb des Diaphragma oris gelegenen Sublingualraums fort. Dort kann sie sich mit der Gl. sublingualis (s. u.) verbinden. Der Ductus submandibularis mündet gemeinsam mit dem Ductus sublingualis major auf der Caruncula sublingualis. ▶ Merke. Die Gl. submandibularis liefert die größte Speichelmenge von allen drei

großen Speicheldrüsen. Feinbau: Vorwiegend seröse Abschnitte mit wenigen mukösen Tubuli wechseln mit überwiegend mukösen Tubuli und spärlichen serösen „Halbmonden“ ab. Die Streifenstücke sind gut ausgebildet und weitlumig.

Feinbau: Die einzelnen Abschnitte der Drüse sind etwas unterschiedlich gebaut. Ihr überwiegender Anteil ist gemischt, d. h. Abschnitte mit einem typisch serösen Azinussystem, Schalt- und Streifenstücken wechseln mit mukösen Arealen ab, in denen Azinusreste als „seröse Halbmonde“ den mukösen Tubuli aufsitzen und Schaltstücke eher spärlich sind. Die Streifenstücke sind hingegen gut ausgebildet und relativ weitlumig. In den der Gl. sublingualis zugewandten Drüsenabschnitten herrschen die mukösen Elemente mit wenigen serösen Halbmonden, Schalt- und Streifenstücken vor.

Gefäßversorgung: Die arterielle Versorgung übernehmen Äste der A. facialis, der venöse Abstrom verläuft über die V. submentalis. Der Lymphabfluss erfolgt über Nll. submandibulares.

Gefäßversorgung: Die Drüse wird von direkten Ästen (Rami glandulares) aus der Arteria facialis versorgt. Der venöse Abfluss erfolgt über die Vena submentalis in die V. facialis und weiter in die V. jugularis interna. Die regionären Lymphknoten sind die vor der Drüse gelegenen Nodi lymphoidei submandibulares.

M

1021

3.1 Mundhöhle (Cavitas oris)

Innervation: Die parasympathische Innervation erfolgt über sekretomotorische Fasern aus der Chorda tympani des Nervus facialis (VII). Sie entspringen im Nucleus salivatorius superior und werden im Ganglion submandibulare umgeschaltet.

Innervation: Parasympathische Fasern der Chorda tympani stammen aus dem Ncl. salivatorius sup. des N. VII und werden im Ggl. submandibulare umgeschaltet.

Unterzungendrüse (Glandula sublingualis)

Unterzungendrüse (Glandula sublingualis)

Abschnitte, Form und Lage: Die Glandula sublingualis liegt als länglicher gut abgrenzbarer Drüsenkörper auf der Faszie des M. mylohyoideus. Seitlich wird sie vom Unterkiefer begrenzt, medial von ihr verlaufen der Ductus submandibularis und der N. lingualis. Ihr größerer Ausführungsgang (Ductus sublingualis major, BartholinGang) mündet zusammen mit dem Ductus submandibularis auf der entsprechenden Caruncula sublingualis im Unterzungenbereich. Die kleineren Ausführungsgänge der bis zu 50 Einzeldrüschen münden als Ductus sublinguales minores einzeln auf der durch die Drüse aufgeworfene Plica sublingualis.

Abschnitte, Form und Lage: Sie liegt auf dem M. mylohyoideus, medial von ihr verlaufen der Ductus submandibularis und der N. lingualis. Neben zahlreichen Ductus sublinguales minores zur Plica sublingualis mündet sie mit dem Ductus sublingualis major auf der Caruncula sublingualis.

Feinbau: Die Drüsenläppchen der Gl. sublingualis sind durch das Vorherrschen muköser Zellen im Bereich der (modifizierten „verschleimten“) Schaltstücke gekennzeichnet, denen spärlich verteilte seröse Acinuselemente als „Halbmonde“ aufsitzen. Die Myoepithelzellen um die mukösen Tubulusbereiche sind schraubig und oft parallel angeordnet (gerichteter Transport des zähflüssigen Sekrets). Die Streifenstücke sind weit und nicht sehr zahlreich.

Feinbau: Neben wenigen, meist zu sog. „Halbmonden“ reduzierten, serösen Acini finden sich zahlreiche muköse Tubuli. Sie gehen aus Schaltstücken hervor, deren Zellen mukös modifiziert sind und von Myoepithelzellen überzogen werden. Die Streifenstücke sind spärlich.

Gefäßversorgung: Die Blutversorgung erfolgt über die Arteria sublingualis (Ast der A. lingualis) und wird über die Vena sublingualis in die V. jugularis interna abgeleitet. Die regionären Lymphknoten sind die Nodi lymphoidei submandibulares, die zu den oberflächlichen und tiefen Halslymphknoten führen.

Gefäßversorgung: Die Blutversorgung erfolgt über die A. und V. sublingualis. Regionäre Lymphknoten sind die Nll. submandibulares (zu den Halslymphknoten ableitend).

Innervation: Die Innervation erfolgt wie bei der Gl. submandibularis über parasympathische Fasern (Chorda tympani, VII) aus dem Ggl. submandibulare.

Innervation: Die Innervation entspricht der der Gl. submandibularis.

3.1.7 Zähne (Dentes)

3.1.7

Die in der Mundhöhle lokalisierten Zähne, die durch Bewegungen im Kiefergelenk zum Einsatz kommen, dienen der Zerkleinerung fester Nahrung. In ihrer Gesamtheit werden sie als Gebiss bezeichnet, das beim Menschen durch drei Charakteristika gekennzeichnet ist: ■ Heterodontie oder Anisodontie (unterschiedliche Form der Zähne je nach ihrer Aufgabe und Stellung im Gebiss), ■ Thekodontie (Verankerung der Zähne in Zahngruben: Gomphosis) und ■ Diphydontie (doppelte Zahnung), was bedeutet, dass man durch den einmaligen Zahnwechsel zwei Zahngenerationen unterscheiden kann: Das vorübergehende Milchgebiss besteht aus Dentes decidui, das bleibende Gebiss aus Dentes permanentes.

Die Zähne dienen der Zerkleinerung fester Nahrung und werden in ihrer Gesamtheit als Gebiss bezeichnet. Beim Menschen weist es 3 Charakteristika auf: ■ Heterodontie, ■ Thekodontie und ■ Diphydontie, die 2 Zahngenerationen bedingen (Dentes decidui und Dentes permanentes).

Einteilung, Abschnitte, Form und Lage der Zähne

Einteilung, Abschnitte, Form und Lage der Zähne Zähne des bleibenden menschlichen Gebisses: 4 Zahnformen, im Milchgebiss: 3 Zahnformen (Tab. M-3.2).

Die Zähne des bleibenden menschlichen Gebisses lassen sich in vier, die des Milchgebisses in drei verschiedene Zahnformen einteilen (Tab. M-3.2).

≡ M-3.2

Zähne (Dentes)

Form und Funktion der einzelnen Zahntypen

Zahntyp

Corona dentis

Radix dentis

Funktion

Anzahl

Dens incisivus (Schneidezahn)

meißelförmig

1 einfache Wurzel

Abbeißen

8

Dens caninus (Eckzahn)

spitz

1 einfache lange Wurzel

Abbeißen und Halten, Abreißen zäher Bissen

4

Dens premolaris (Backenzahn)

zylindrisch

1 Wurzel (linker oberer 2) mit 2 Wurzelkanälen

Kauen und Zermahlen

8

Dens molaris (Mahlzahn)

platt mit mehreren Kauhöckern

die oberen Molaren haben stets 3 Wurzeln, die unteren 2

Kauen und Zermahlen

12 (nur im bleibenden Gebiss)

1022

M

Alle bestehen aus (Abb. M-3.19): ■ Zahnkrone (Corona dentis), ■ Zahnhals (Cervix dentis) und ■ Zahnwurzel (Radix dentis).

Bei allen unterscheidet man folgende Abschnitte (Abb. M-3.19): ■ Zahnkrone (Corona dentis), ■ Zahnhals (Cervix dentis) und ■ Zahnwurzel (Radix dentis). Innerhalb der von außen sichtbaren Hartsubstanz liegt die Zahn- oder Pulpahöhle, die Cavitas dentis (S. 1024). Zur Orientierung am Zahn werden die in Tab. M-3.3 aufgeführten Bezeichnungen verwendet.

Begriffe zur Orientierung am Zahn s. Tab. M-3.3.

⊙ M-3.19

3 Mundhöhle und Kauapparat

Abschnitte und Einteilung der Zähne 

     

      

    

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b II

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a Zahnkrone, -hals und -wurzel, dargestellt an einem Dens molaris. b Zähne des Ober- (I) und Unterkiefers (II) eines Erwachsenen. (Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

≡ M-3.3

Lagebezeichnung an den Zähnen

Lagebezeichnung an den Zähnen

Lage

vestibulär ■ bukkal

dem Mundvorhof zugewandt der Wange zugewandt den Lippen zugewandt



labial

oral ■ lingual ■

palatinal

der Mundhöhle zugewandt der Zunge zugewandt (am Unterkiefer) dem Gaumen zugekehrt (am Oberkiefer)

mesial

dem Scheitelpunkt des Zahnbogens zugekehrt

distal

dem hinteren Ende des Zahnbogens zugekehrt

apikal

auf die Wurzelspitze bezogen

zervikal

am Zahnhals

okklusal

an der Kaufläche

(Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

Anordnung der Zähne: Das Gebiss wird in 4 Quadranten mit jeweils gleich vielen Zähnen eingeteilt: ■ 2 Schneidezähne, ■ 1 Eckzahn, ■ 2 Prämolaren und ■ 3 Molaren, von denen der 3. als sog. Weisheitszahn (Dens serotinus) oft nicht voll durchbricht.

Anordnung der Zähne: Das Gebiss wird in vier Quadranten eingeteilt, wobei die Grenze jeweils zwischen den Schneidezähnen verläuft. Jeder Quadrant setzt sich beim bleibenden Gebiss des Menschen zusammen aus: ■ 2 Schneidezähnen (Dentes incisivi), ■ 1 Eckzahn (Dens caninus), ■ 2 Backenzähnen (Dentes premolares) und ■ 3 Mahlzähnen (Dentes molares). Der 3. Molar ist der so genannte Weisheitszahn (Dens serotinus), der oft nicht voll ausgebildet ist oder wegen Platzmangels nur fehlerhaft durchbricht. Die sog. Zahnformel gibt – ausgehend von den Schneidezähnen – den Aufbau jeweils eines Quadranten aus Ober- und Unterkiefer wieder.

M

1023

3.1 Mundhöhle (Cavitas oris)

▶ Merke. Die Zahnformel für das Milchgebiss unterscheidet sich von der des blei-

▶ Merke.

benden Gebisses des Menschen durch das Fehlen der Prämolaren und ergibt daher nur 20 statt 32 Zähne: Zahnformel für das bleibende Gebiss: 2-1-2-3/2-1-2-3 (× 2) = 32 Zahnformel für das Milchgebiss: 2-1-2/2-1-2 (× 2) = 20 Bezeichnung der Zähne: Zur Bezeichnung der einzelnen Zähne erhält jeder Quadrant eine Kennziffer (1–4), die Zähne des jeweiligen Quadranten werden, ausgehend vom ersten Schneidezahn (1) bis zum 3. Molaren (8), durchnummeriert. Daraus ergeben sich die in Abb. M-3.20 dargestellten Bezeichnungen, bei denen nicht die Zahl insgesamt, sondern jede Ziffer einzeln ausgesprochen wird (eins-eins, einszwei usw.). Die Zähne des Milchgebisses sind durch die Kennziffern 5–8 der Quadranten gekennzeichnet.

⊙ M-3.20

Bezeichnung der Zähne: Die Zähne werden wie in Abb. M-3.20 dargestellt benannt. Jeder Quadrant erhält eine Kennziffer (1–4 beim bleibenden, 5–8 beim Milchgebiss). Innerhalb der Quadranten werden die einzelnen Zähne, ausgehend von den Schneidezähnen, beziffert.

Bezeichnung der Zähne Bezeichnung der Zähne am bleibenden (a) und Milchgebiss (b). Die genaue Kennzeichnung einzelner Zähne mit Hilfe festgelegter Ziffern erleichtert die Dokumentation bei Erhebung des Zahnstatus, Sanierung einzelner Zähne und Befundbeschreibung im Röntgenbild (c). Bei dem in c dargestellten Gebiss sind drei (18, 28 und 31) der vier Weisheitszähne nicht vollständig durchgebrochen und einer querverlagert (48), weshalb ihre Entfernung angezeigt ist. Gelesen 18 = eins acht etc. (Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl. Röntgenaufnahme: Prof. Dr. med. dent. U. J. Rother, Poliklinik für Röntgendiagnostik, Zentrum für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde, Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf)

▶ Klinik. Bei Zahnstein (Calculus) handelt es sich um eine verkalkte Ablagerung, die durch Mineralisierung des Zahnbelags entsteht. Supragingivaler Zahnstein ist oberhalb des Zahnfleischs zur Zahnkrone hin sichtbar, subgingivaler Zahnstein ist auf der Zahnwurzel (in der Zahnfleischtasche) nicht sichtbar.

▶ Exkurs: Okklusion. Die Stellung der Zähne in einem Zahnbogen ist in Ober- und Unterkiefer verschieden und bewirkt die Verzahnung beim Schlussbiss (Okklusion): Der Zahnbogen des Oberkiefers hat die ungefähre Gestalt einer halben Ellipse, die des Unterkiefers die einer Parabel (2. Grades). Deshalb greift in Okklusionsstellung die Kaukante der oberen Frontzähne vor die der unteren (die Kontaktstelle ist der sog. Inzisalpunkt). Gleichzeitig überdeckt die Außenhöckerreihe der oberen Seitenzähne die entsprechende untere Höckerreihe, d. h. es liegt maximale Interkuspidation, eine allseitige und gleichmäßige Höcker-Fissuren-Verzahnung vor. Eine Regelverzahnung der Seitenzähne, so genannte Neutralbisslage, liegt vor, wenn die Spitze des oberen Eckzahns zwischen den unteren Eckzahn und den folgenden unteren Prämolaren gerichtet ist. Damit trifft jeweils ein Zahn auf zwei Antagonisten der Gegenseite: einer wirkt als Haupt-, der andere als Nebenantagonist (Ausnahmen: 1. Schneidezahn oben und 3. Molar oben). Die Kontaktfläche bei Okklusi-

▶ Klinik.

on bildet die sagittale Okklusionsebene, die nicht plan, sondern von mesial nach distal einen nach unten konvexen Bogen bildet (Spee-Kurve). Die Höckerverbindungslinie der Unterkieferseitenzähne in transversaler Richtung ist die transversale Okklusionskurve (Wilson-Kurve). Als Kauebene schließlich bezeichnet man die vom Inzisalpunkt zum disto-bukkalen Höcker des zweiten Unterkiefermolaren beiderseits verlaufende Ebene; sie entspricht etwa der Höhe der Lippenschlusslinie. Der Bewegungsbiss der Zähne ergibt sich durch die Artikulation im Kiefergelenk: Das Gleiten der Gelenkflächen im Kiefergelenk bedingt einen Schleifkontakt der Kauflächen der Zähne. Fehlfunktionen des Kiefergelenks (bei Arthrose bzw. muskulärer Fehlfunktionen) einerseits oder der Zahnstellung bzw. Zahnbesatz (Zahnausfall bzw. schlecht angepasster Zahnersatz) andererseits führen damit immer zu Beeinträchtigungen des jeweiligen Funktionspartners und damit zu einer Beeinträchtigung der gesamten Kaufunktion.

1024

M

Aufbau der Zähne und des Zahnhalteapparats Hartsubstanzen des Zahns und Zahnpulpa

Aufbau der Zähne und des Zahnhalteapparats

Jeder Zahn besteht aus Pulpa dentis in der Zahn- oder Pulpahöhle und den sie umgebenden Hartsubstanzen (Abb. M-3.21).

Die verschiedenen Hartsubstanzen umgeben die Pulpa dentis, die sich in der Zahnoder Pulpahöhle (Cavitas dentis/pulparis) befindet (Abb. M-3.21). Letztere besteht aus einem innerhalb der Zahnkrone gelegenen Anteil (Cavitas coronae), der sich in den Wurzelkanal (Canalis radicis dentis) fortsetzt und nach unten geöffnet ist (Foramen apicis dentis).

⊙ M-3.21

3 Mundhöhle und Kauapparat

Hartsubstanzen des Zahns und Zahnpulpa

⊙ M-3.21

Aufbau der Zähne Schnitt durch einen Schneidezahn des Unterkiefers.

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(Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

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Hartsubstanzen des Zahns: Das Zahnbein (Dentin) ist der Hauptanteil des Zahns. Es umgibt die Pulpahöhle und den Wurzelkanal. Dentin besteht u. a. aus anorganischem Hydroxylapatit und Kollagenfasern. ■ Der Schmelz (Enamelum) überzieht die Zahnkrone, stellt die härteste Substanz des Körpers dar (Tab. M-3.4) und ergibt die Zahnfarbe. ■ Das Zement (Cementum) bedeckt das Dentin der Zahnwurzel und ist eine dem Geflechtknochen (S. 76) ähnliche Substanz. ■

≡ M-3.4

▶ Klinik.

Die Pulpa besteht aus gallertigem Bindegewebe (S. 70) und enthält dünne Gefäße und marklose Nerven. Sie dient der Ernährung des Zahnes, der Abwehr von Erregern, der Innervation des Zahnes und der Dentinbildung.

Hartsubstanzen des Zahns: Man unterscheidet folgende mineralisierte Anteile: ■ Das Zahnbein (Dentin) macht den Hauptanteil des Zahns aus. Es umgibt die Pulpahöhle und den Wurzelkanal. Die größte Dicke besitzt es an der Krone. Dentin besteht u. a. aus anorganischen Substanzen (Hydroxylapatit-Kristallen) und Kollagenfasern. ■ Der Schmelz (Enamelum) überzieht die Zahnkrone mantelartig und ist für die Farbe der Zähne verantwortlich. Die nur ca. 0,16 cm dicke Schmelzschicht ist die härteste Substanz im menschlichen Körper. ■ Das Zement (Cementum) bedeckt als eine dem Geflechtknochen (S. 76) ähnliche Substanz das Dentin der Wurzelkanals und ist nur an der Wurzelspitze (Apex radicis) stärker ausgebildet. Tab. M-3.4 zeigt einen Vergleich der Zusammensetzung verschiedener Hartsubstanzen des menschlichen Körpers.

≡ M-3.4

Substanzverteilung in den harten Körperstubstanzen

In %

Zahnschmelz

Dentin

Zement

Knochen

anorganisch

95

70

61

55

organisch

1

20

27

30

Wasser

4

10

12

15

▶ Klinik. Eine der häufigsten Zahnerkrankungen ist die Karies (Zahnfäule). Sie entsteht auf der Basis von Speiseresten (fehlende Mundhygiene), die zur Ansiedelung von Bakterien führt, deren Stoffwechselprodukte den Schmelz zersetzen.

Pulpa (Zahnmark): Die Pulpa füllt die Pulpahöhle aus und besteht hauptsächlich aus gallertigem Bindegewebe (S. 70). Sie enthält dünne Gefäße und marklose Nerven. Die Aufgaben der Pulpa sind: ■ Ernährung des Zahnes, ■ Abwehr von Erregern, ■ Innervation des Zahnes und ■ Dentinbildung.

M

Zahnhalteapparat (Periodontium)

Zahnhalteapparat (Periodontium) ▶ Synonym.

▶ Synonym. Parodontium (üblich in der Zahnmedizin)

▶ Definition. Das Periodontium (Abb. M-3.22) ist eine strukturelle und funktionelle Einheit zur Verankerung der Zähne im Kiefer.

⊙ M-3.22

▶ Definition.

⊙ M-3.22

Zahnhalteapparat

Sulcus gingivalis

1025

3.1 Mundhöhle (Cavitas oris)

Einbau eines Zahnes in den Kieferknochen im Längs- (a) und Querschnitt (b). (Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

Neben dem ■ Cementum (Zement, s. o.) als Teil des Zahnhalteapparats zählen dazu auch ■ Alveoli dentales (Alveolarknochen), ■ Desmodontium (Wurzelhaut oder Ligamentum periodontale als Summe der kollagenen Sharpey-Fasern) und ■ sog. Saumepithel der Gingiva (Zahnfleisch; Periodontium protectionis). Das Periodontium erfüllt unterschiedliche Aufgaben: ■ Durch seine Kollagenfasern (Sharpey-Fasern, s. u.) dient es der Verzapfung des Zahnes im Kieferknochen (Gomphosis (S. 227)), ■ über afferente Nervenfasern fungiert es als sensorisches Organ zur Regulation des Kaudrucks und ■ durch die zahlreichen immunkompetenten Zellen steht es im Dienste der Infektionsabwehr. ■ Zudem ist es beteiligt am belastungsabhängig kontinuierlichen Umbau des Kieferknochens. ▶ Klinik. Unter Parodontitis versteht man eine primär nicht entzündliche Erkran-

Seine Bestandteile sind Cementum (s. o.), Alveoli dentales, Desmodontium (Wurzelhaut oder Lig. periodontale als Summe der kollagenen Sharpey-Fasern) und Saumepithel der Gingiva. Aufgaben des Periodontiums: ■ Gomphosis (Verzapfung) durch Sharpey-Fasern, ■ sensorisches Organ (Regulation des Kaudrucks), ■ Abwehr von Keimen und ■ kontinuierlicher Umbau des Kieferknochens.

▶ Klinik.

kung des marginalen Zahnhalteapparats, der zu einer schlechteren Verankerung des Zahnes im Kiefer und damit zu Zahnausfall führen kann. Vom Aspekt her gewinnt man den Eindruck, dass das Zahnfleisch sich zurückzieht, so dass die Zähne länger erscheinen. Therapeutisch kann eine sog. Parodontoseschiene zum Einsatz kommen. Wurzelhaut (Desmodontium): Die auch als Ligamentum periodontale bezeichnete Wurzelhaut liegt zwischen Zement und Alveolarwand. Sie verankert den Zahn mittels Kollagenfasern (Sharpey-Fasern) federnd im Alveolarknochen. Hiermit wird der Kaudruck aufgefangen, so dass der Alveolarknochen nicht langsam resorbiert wird. Man unterscheidet zahnmedizinisch nach dem Verlauf: Fibrae dentoalveolares, dentogingivales, alveologingivales und circulares. Die von der Alveolenwand schräg zur Wurzelspitze verlaufenden Fasern werden beim Kauen vorwiegend zugbelastet. ▶ Klinik. Die Kollagenfasern des Periodontiums unterliegen einem ständigen Aufund Abbau, der die Gegenwart von Vitamin C (S. 68) erfordert. Aufgrund der hohen Umsatzrate äußert sich ein Mangel an diesem Vitamin charakteristischerweise durch Zahnausfall. Daneben sind im Rahmen dieser als Skorbut bekannten Erkrankung meist andere Symptome vorhanden, die zum Großteil ebenfalls auf die gestörte Kollagensynthese zurückzuführen sind: Infolge der Brüchigkeit der Gefäßwand kommt es allgemein zu Blutungen, die sich auch am Zahnfleisch äußern, sowie zur schlechten Wundheilung. Daneben besteht eine generell erhöhte Infektanfälligkeit. Diese in früheren Zeiten gefürchtete Krankheit tritt heute in der westlichen Welt kaum noch auf. Dazu müsste die Vitamin-C-Aufnahme über einen längeren Zeitraum unter 10 mg pro Tag sinken.

Wurzelhaut (Desmodontium): Das Lig. periodontale verankert Zahn mittels Kollagenfasern (Sharpey-Fasern) federnd im Alveolarknochen. Die von der Alveolenwand schräg zur Wurzelspitze verlaufenden Fasern werden beim Kauen vorwiegend zugbelastet. ▶ Klinik.

1026

M

Das Zahnfleisch (Gingiva) überzieht als Teil der Mundschleimhaut die Alveolarfortsätze der Kiefer und besteht aus mehrschichtigem Plattenepithel, Die Kontaktschicht mit dem Zahnhals ist das „Saumepithel“. Wird es reduziert, bilden sich „Zahntaschen“.

Zahnfleisch (Gingiva): Die Gingiva bedeckt als Teil der Mundschleimhaut die Alveolarfortsätze der Kieferknochen und die Zahnhälse. Sie besteht aus einem mehrschichtigen Plattenepithel und ist durch straffe Kollagenfaserzüge in der Lamina propria fest mit dem Zement und dem Periost des Alveolarknochens verwachsen (syndesmotische Zahnverankerung, Gomphosis). Die Kontaktschicht mit dem Zahnhals ist das „Saumepithel“. Wird es reduziert, bilden sich „Zahntaschen“.

Gefäßversorgung und Innervation von Zähnen und Zahnfleisch Gefäßversorgung

Gefäßversorgung und Innervation von Zähnen und Zahnfleisch

▶ Merke.

3 Mundhöhle und Kauapparat

Gefäßversorgung ▶ Merke. Nur der innere Teil des Zahns, die Pulpa, wird mit Blutgefäßen versorgt.

Zahnbein, Zahnschmelz und Zahnzement sind nicht durchblutet. Arterien (Abb. M-3.23): Sie entstammen alle der A. maxillaris (S. 974) (Endast der A. carotis externa).





Die A. alveolaris inferior dient der Gefäßversorgung des Unterkiefers.

Aa. alveolares superiores aus der A. maxillaris bzw. infraorbitalis dienen der arteriellen Gefäßversorgung des Oberkiefers. Sie bilden den Plexus dentalis superior.

⊙ M-3.23

Arterielle Versorgung (Abb. M-3.23): Die zum Ober- und Unterkiefer führenden Arterien stammen aus der Arteria maxillaris (S. 974), dem stärkeren Endast der Arteria carotis externa, der in der Fossa retromandibularis aus seinem Ursprungsgefäß hervorgeht und über die Fossa infratemporalis (S. 1034) zur Fossa pterygopalatina (S. 1035) zieht. Rami dentales versorgen das Zahninnere, Rami peridentales den Zahnhalteapparat und den Kieferknochen. ■ Zähne des Unterkiefers: Die Arteria alveolaris inferior entspringt in der Fossa infratemporalis aus der A. maxillaris, tritt mit dem N. alveolaris inferior und einer Begleitvene durch das Foramen mandibulae in den Canalis mandibulae ein und zweigt sich in Rami dentales zu allen Zähnen des Unterkiefers auf. Ihr Endast verlässt den Unterkiefer am Foramen mentale und versorgt als Ramus mentalis (S. 974) Kinn und Unterlippe. ■ Zähne des Oberkiefers: Nach Abgabe der A. alveolaris inferior setzt sich die A. maxillaris in der Fossa infratemporalis fort. Kurz vor der Fossa pterygopalatina entspringt die Arteria alveolaris superior posterior, die über das Tuber maxillae nach unten zieht. In der Wand des Sinus maxillaris (S. 1042) gibt sie Rami dentales an die hinteren oberen Molaren ab. In der Fossa pterygopalatina (S. 1035) gibt die A. maxillaris dann noch die A. infraorbitalis ab, aus der mehrere Arteriae alveolares superiores anteriores entspringen, die über feine Knochenkanälchen in den Sinus maxillaris eindringen und die vorderen Zähne des Oberkiefers versorgen. Die A. alveolaris superior posterior und die Aa. alveolares superiores anteriores bilden im Sinus maxillaris arkadenförmige Verbindungen, den Plexus dentalis superior.

⊙ M-3.23

Arterielle Versorgung der Zähne

A. alveolaris superior posterior Aa. alveolares superiores anteriores A. maxillaris A. buccalis A. alveolaris inferior

R. mylohyoideus R. mentalis

Die versorgenden Arterien entstammen der A. maxillaris und ihren Ästen. (Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

Venen: Sammelgefäß des venösen Blutes ist die V. jugularis interna. ■

Der venöse Abfluss des Blutes erfolgt im Bereich des Unterkiefers über die V. alveolaris inferior.

Venöser Abfluss: Die Venen verlaufen parallel zu den Arterien und leiten das Blut in die Vena jugularis interna. ■ Zähne des Unterkiefers: Der venöse Abfluss des Blutes erfolgt im Bereich des Unterkiefers über die Vena alveolaris inferior, die mit der gleichnamigen Arterie verläuft. Sie zieht durch das Foramen mandibulae in den Plexus venosus pterygoideus.

M ■

1027

3.1 Mundhöhle (Cavitas oris)

Zähne des Oberkiefers: Im Bereich des Oberkiefers erfolgt der venöse Abfluss über feine Venen in den Plexus venosus pterygoideus. Über die Vena infraorbitalis besteht aber auch eine venöse Verbindung zur Vena facialis und damit zur Vena angularis.



Am Oberkiefer erfolgt der venöse Abfluss über kleine Venen in den Plexus pterygoideus.

Lymphabfluss: Die Zahnpulpa enthält Lymphgefäße. Lymphknoten liegen im Mundboden am Unterrand der Mandibula (Nodi lymphoidei submentales und Nodi lymphoidei submandibulares). ■ Zähne des Oberkiefers: Die Lymphe aus dem Bereich des Oberkiefers fließt in den Canales alveolares superiores über den Canalis infraorbitalis zu den Nodi lymphoidei submandibulares. ■ Zähne des Unterkiefers: Die Lymphe aus dem Bereich des Unterkiefers fließt über den Canalis mandibulae zu den Nodi lymphoidei submentales und submandibulares. Alle Lymphknoten haben ihren Hauptabfluss in die tiefen seitlichen Lymphknoten des Halses (Nodi lymphoidei cervicales laterales profundi) und von dort in den Truncus jugularis (S. 899).

Lymphabfluss: Lymphknoten liegen im Mundboden am Unterrand der Mandibula. ■ Die Lymphe aus dem Bereich des Oberkiefers fließt zu den Nll. submandibulares, ■ die aus dem Bereich des Unterkiefers zu den Nll. submentales u. -mandibulares. ■ Alle drainieren in die Nll. cervicales laterales profundi.

Innervation

Innervation

▶ Merke. Zähne und Zahnfleisch werden vom N. trigeminus (V) sensibel innerviert

▶ Merke.

(Abb. M-2.12): im Unterkiefer vom N. alveolaris inferior (aus V3 = N. mandibularis, im Oberkiefer durch Nn. alveolares superiores (aus V2 = N. maxillaris). Zähne des Unterkiefers: Der Nervus alveolaris inferior zur Innervation im Unterkieferbereich verläuft im Canalis mandibulae gemeinsam mit A. und V. alveolaris inferior und gibt über die Rami dentales inferiores sensible Fasern zu den Zähnen und dem Desmodont ab (Plexus dentalis inferior). Sein Endast, der N. mentalis, verlässt den Unterkiefer durch das Foramen mentale und innerviert sensibel die Haut am Kinn. ▶ Klinik. Zur Leitungsanästhesie der Zähne des Unterkiefers sticht man die Kanüle

Die Zähne im Unterkiefer werden von Rr. dentales inferiores aus dem N. alveolaris inferior innerviert.

▶ Klinik.

oberhalb des 3. Molaren (Weisheitszahn) in die Schleimhaut vor dem Ramus mandibulae ein und schiebt sie medial ca. 2 cm in Richtung Lingula mandibulae vor, die man mit dem Zeigefinger ertastet. Dabei wird der N. alveolaris inferior kurz vor seinem Eintritt in den Alveolarkanal durch das Foramen mandibulae betäubt. Zusätzlich wird dabei auch der benachbarte N. lingualis anästhesiert, der das Zahnfleisch innerviert. Zähne des Oberkiefers: Der Nervus maxillaris setzt sich nach seinem Durchtritt durch das Foramen rotundum (Abb. M-1.6) als Nervus infraorbitalis fort. Er gibt vor seinem Eintritt in die Fissura orbitalis inferior die Nervi alveolares superiores posteriores zur Versorgung der oberen Molaren und in seinem weiteren Verlauf den Ramus alveolaris superior medius sowie Rami alveolares superiores anteriores für die Prämolaren bzw. für die Eck- und Schneidezähne ab. Diese können Fasern (Nn. nasales laterales) aus dem N. ethmoidalis anterior (aus dem N. nasociliaris, V1) enthalten. Die Rami dentales aller Rami alveolares superiores stehen über den Plexus dentalis superior miteinander in Verbindung. ▶ Klinik. Bei der Lokalanästhesie der Zähne des Oberkiefers wird der Bereich des zu betäubenden Zahns umspritzt, weil die Zähne mit der Gingiva und dem Desmodont meist von mehreren Nerven versorgt werden (s. u.).

Zahnfleisch: Alle Nerven der Zahnversorgung beteiligen sich an der Innervation des Zahnfleischs, sind jedoch nicht alleine dafür zuständig. Die Gingiva wird überwiegend nicht vom Plexus dentalis, sondern von Nerven der Nachbarbereiche der Mundschleimhaut (z. B. N. palatinus major, N. lingualis, N. buccalis) innerviert. ■ Das Zahnfleisch des Unterkiefers wird an der zur Mundhöhle gewandten Innenseite der Zähne von Nervus lingualis, an der Außenseite im Bereich des Eckzahns und der Schneidezähne vom Nervus mentalis, im Bereich des 2. Prämolaren und 1. Molaren vom Nervus buccalis und im Bereich des 2.–3. Molaren vom Nervus alveolaris inferior innerviert. ■ Das Zahnfleisch des Oberkiefers wird im Bereich der Prämolaren und Molaren vom Nervus palatinus major und Nervus buccalis, im Bereich des Eckzahns und der oberen Schneidezähne vom Nervus nasopalatinus innerviert. Der Verlauf der Nerven entspricht dem Verlauf der gleichnamigen Arterien.

Der N. maxillaris gibt in seinem Verlauf die Nn. alveolares superiores zur Innervation der Zähne des Oberkiefers ab.

Die Rr. dentales der Nn. alveolares superiores sind über den Plexus dentalis superior verbunden. ▶ Klinik.

Zahnfleisch: Alle Nerven zur Innervation der Zähne beteiligen sich an der des Zahnfleischs, jedoch sind auch Nerven aus dem Nachbarbereich beteiligt ■



Das Zahnfleisch im Unterkiefer wird von N. lingualis, N. mentalis, N. buccalis und vom N. alveolaris inferior innerviert. Das Zahnfleisch des Oberkiefers wird vom N. palatinus major, N. buccalis und vom N. nasopalatinus innerviert.

1028

M

Zahnentwicklung

Zahnentwicklung

Typisch für das menschliche Gebiss ist der einmalige Zahnwechsel: Milchzähne → bleibende Zähne.

Typisch für das menschliche Gebiss ist die Diphyodontie, der einmalige Zahnwechsel, bei dem die Milchzähne (Dentes decidui, s. u.) von den bleibenden Zähnen, den Dentes permanentes (S. 1029), abgelöst werden (vgl. Abb. M-3.20 a und b).

⊙ M-3.24

3 Mundhöhle und Kauapparat

⊙ M-3.24

Zahnentwicklung

äußeres Schmelzepithel Schmelzpulpa inneres Schmelzepithel (= Adamantoblasten)

Anlage des bleibenden Zahns (Ersatzzahnleiste)

Schmelz (Enamelum) Dentin

Pulpa Odontoblasten mesodermale Hülle

Pulpazellen

(Drews, U.: Taschenatlas Embryologie. Thieme, 2006)

1. Dentition – Entwicklung der Dentes decidui

1. Dentition – Entwicklung der Dentes decidui Sie beginnt in der 5.–6. Entwicklungswoche. Das Mundbuchtepithel liefert den Zahnschmelz, das Kopfmesenchym aus der Neuralleiste bildet alle übrigen Strukturen (Tab. M-3.5).

≡ M-3.5

Die Entwicklung der Milchzähne beginnt in der 5.–6. Entwicklungswoche als Interaktion zwischen dem ektodermalen Epithel der Mundbucht (liefert den Zahnschmelz) und dem Kopfmesenchym aus der Neuralleiste (bildet alle übrigen Strukturen, Tab. M-3.5). Sie stellt einen kontinuierlichen Prozess dar, bei dem mehrere Stadien unterschieden werden können. Die Vorgänge in den Geweben verschiedener Herkunft beeinflussen sich dabei gegenseitig, werden jedoch hier zum besseren Verständnis getrennt dargestellt.

Zahnentwicklung

Ursprungsgewebe

Zahnsubstanz

Zelle

Fasern

Gefäße/Nerven

ektodermales Epithel der Mundbucht

Schmelz

Adamantoblasten

fehlen

fehlen

Mesenchym aus der Neuralleiste

Dentin

Odontoblasten

kollagene Fasern

Nervenfasern

Zement

Zementoblasten

kollagene Fasern

fehlen

Zahnpulpa

Mesenchymzellen

Gitterfasern

Gefäße und Nervenfasern

Entwicklung des Schmelzorgans: Etwa in der 6. Embryonalwoche bildet sich die Zahnleiste (dentogingivale Leiste). Daraus entwickeln sich etwa in der 8. Embryonalwoche die Zahnknospen, die im Verlauf erst eine Kappen-, dann Glockenform annehmen. An der äußeren Wand der Glocke bildet sich das äußere, an der inneren das innere Schmelzepithel, aus dem die schmelzbildenden Amelo- oder Adamantoblasten hervorgehen. Dazwischen liegt die Schmelzpulpa. Die Adamantoblasten bilden – induziert durch das anliegende Dentin (s. u.) – den Zahnschmelz und das Schmelzoberhäutchen (Cuticula dentis).

Entwicklung des Schmelzorgans: Etwa in der 6. Embryonalwoche proliferiert das Stratum basale des ektodermalen Mundhöhlenepithels in das umliegende Mesenchym und bildet über dem Ober- und Unterkiefer eine bandförmige Zahnleiste (dentogingivale Leiste). Von dieser sondern sich etwa in der 8. Embryonalwoche in jedem Kiefer 10 Zahnknospen ab. Durch Vergrößerung der Zellen und ihre Einstülpung von unten, die durch das umliegende Mesenchym (s. u.) mitbedingt werden, entsteht zunächst das sog. Kappenstadium, bevor im weiteren Verlauf der Entwicklung eine Glockenform erreicht wird (Glockenstadium). An der Außenwand der Glocke bildet sich das isoprismatische äußere Schmelzepithel, die innere Wand wird zum hochprismatischen inneren Schmelzepithel, aus dem die schmelzbildenden Amelo- oder Adamantoblasten hervorgehen. Zwischen den beiden Epithelschichten liegt die Schmelzpulpa (Schmelzretikulum), ein mesenchymähnliches Gewebe epithelialer Herkunft. Die Schmelzbildung der Adamantoblasten wird durch die Dentinbildung (s. u.) induziert. Sie erzeugen über dem Dentin Schmelzprismen, die aus Kalziumapatitkristallen (Ca10[PO4]6[OH]2) bestehen, und abschließend bilden sie dann noch ein besonders hartes Schmelzoberhäutchen (Cuticula dentis).

3.1 Mundhöhle (Cavitas oris)

1029

Entwicklung der Zahnpapille: Das vom inneren Schmelzepithel der Zahnglocke (s. o.) umgebene, aus der Neuralleiste stammende Mesenchym verdichtet sich und wird als Zahnpapille, später (nach Umhüllung durch das Dentin und Einwachsen von Blutgefäßen und Nerven) als Zahnpulpa bezeichnet. Aus diesem kondensierten mesenchymalen Gewebe bilden sich nahe dem inneren Schmelzepithel (s. o.) die Odontoblasten (Dentinbildner), die etwa im 4. Embryonalmonat mit der Bildung von Kollagenfasern und Prädentin beginnen. Mit der Zeit verkalkt das Prädentin und wird zu Dentin. Die Odontoblasten ziehen sich dabei aus der dicker werdenden Dentinschicht zurück. Sie lassen nur einen Zytoplasmafortsatz, die sog. Tomes-Faser, zur Versorgung des Prädentins mit Mineralstoffen zurück.

Entwicklung der Zahnpapille: Das vom inneren Schmelzepithel umgebene Mesenchym wird erst als Zahnpapille, später nach Umhüllung durch das Dentin als Zahnpulpa bezeichnet. Im 4. Embryonalmonat entstehen Prädentin und Kollagenfasern durch die Odontoblasten, die sich dann aus der Prädentinschicht unter Zurücklassung eines Zytoplasmafortsatzes (Tomes-Faser) wieder in die Zahnpapille zurückziehen. Das Prädentin verkalkt zu Dentin.

Entwicklung des Zahnsäckchens: Schmelzglocke und Zahnpulpa werden von einem zellreichen Bindegewebe, dem Zahnsäckchen umgeben. Die an der Außenseite gelegenen Mesenchymzellen des Zahnsäckchens differenzieren zu Zementoblasten, die im Zahnwurzelbereich das Zement bilden. Darüber entwickelt sich das bindegewebige Desmodont. Seine Fasern sind auf der einen Seite im Zement und auf der anderen Seite im Alveolarknochen verankert.

Entwicklung des Zahnsäckchens: Schmelzglocke und Zahnpulpa werden vom Zahnsäckchen umgeben. Seine äußeren Zellen differenzieren sich zu Zementoblasten. Über der von ihnen gebildeten Zementschicht entwickelt sich das bindegewebige Desmodont.

Bildung einzelner Zahnabschnitte und Zahndurchbruch: Durch gegenseitige Beeinflussung der von Ameloblasten und Odontoblasten gebildeten Substanzen (Schmelz und Dentin) bildet sich zunächst die Zahnkrone. Erst anschließend setzt die Bildung der Zahnwurzel ein. Der Rand der Schmelzglocke mit dem äußeren und inneren Schmelzepithel senkt sich ein und bildet die epitheliale Wurzelscheide (Hertwig-Wurzelscheide). Sie bewirkt, dass sich die benachbarten Zellen zu Odontoblasten umwandeln und das Wurzeldentin bilden und löst sich danach wieder auf. Dem Wurzeldentin lagert sich die oben beschriebene durch Zementoblasten gebildete dünne Zementschicht auf. Die Verlängerung der Wurzel führt durch Druck gegen den Kieferknochen zum Zahndurchbruch im ersten oder zweiten Jahr nach der Geburt.

Bildung einzelner Zahnabschnitte und Zahndurchbruch: Nach der Bildung der Zahnkrone durch Schmelz- und Dentinproduktion entsteht die Zahnwurzel. Sie besteht aus Dentin und wird ebenfalls von den Odontoblasten gebildet. Ihr ist die oben beschriebene dünne Schmelzschicht aufgelagert. Durch Verlängerung der Wurzel kommt es im 1.–2. Lebensjahr zum Zahndurchbruch.

M

▶ Merke. Während die Odontoblasten zeitlebens neues Dentin bilden können, wer-

▶ Merke.

den die über der Zahnkrone liegenden Adamantoblasten nach dem Zahndurchbruch durch Kauen abgerieben. Daher ist der Zahnschmelz nicht regenerierbar. ▶ Klinik. Antibiotika aus der Gruppe der Tetracycline werden in sich entwickelnden Zähnen in Form von Kalziumkomplexen gespeichert und die Zahnhartsubstanz, vor allem den Schmelz, eingebaut. Sie sollten daher nicht nach der 16. Schwangerschaftswoche oder während der Kindheit eingenommen werden, weil dies zu einer irreversiblen bräunlich-gelben Verfärbung der Zähne und zu einer erhöhten Kariesanfälligkeit führen kann.

2. Dentition – Entwicklung der Dentes permanentes ▶ Merke. Die ersten bleibenden Zähne, die in die Mundhöhle durchbrechen, sind

▶ Klinik.

2. Dentition – Entwicklung der Dentes permanentes ▶ Merke.

die 1. Molaren. Die Anlagen der bleibenden Zähne gehen ca. in der 10. Entwicklungswoche als Zahnknospen aus der rückgebildeten Zahnleiste hervor, die jetzt Ersatzzahnleiste genannt wird. Ihre Entstehung verläuft genauso wie die der Milchzähne, nur über einen längeren Zeitraum hinweg. Nach Durchbruch der ersten Molaren hinter den Prämolaren werden im Laufe der nächsten sechs Jahre die Milchzähne nach und nach durch bleibende Zähne ersetzt. Mit 18–25 Jahren kann noch ein Weisheitszahn (Dens serotinus) hinzukommen. ▶ Klinik. Reste der Zahnleiste können als Serres-Epithelkörper („Perlen“) im Paradontium erhalten bleiben, aus denen sich dann radikuläre Kieferzysten bilden können. Dies sind mit Epithel ausgekleidete Hohlräume, aus denen sich ein invasiv wachsender Kiefertumor, ein Ameloblastom, entwickeln kann.

Die Anlagen der bleibenden Zähne gehen etwa in der 10. Entwicklungswoche als Zahnknospen aus der rückgebildeten Zahnleiste (S. 1028) hervor, die jetzt Ersatzzahnleiste genannt wird. Ihre Entstehung verläuft genauso wie die der Milchzähne, nur über einen längeren Zeitraum hinweg. ▶ Klinik.

1030

M

3.2

3.2

Kiefergelenk und Kaumuskulatur

3 Mundhöhle und Kauapparat

Kiefergelenk und Kaumuskulatur

Kiefergelenk (Articulatio temporomandibularis) Die Artikulation von Mandibula und Os temporale dient den Bewegungen des Unterkiefers.

3.2.1 Kiefergelenk (Articulatio temporomandibularis)

Gelenktyp und Gelenkkörper

Gelenktyp und Gelenkkörper

Gelenktyp: Durch einen Discus articularis wird das als Drehscharniergelenk (Trochoginglymus) wirkende Kiefergelenk in eine ■ diskotemporale und eine ■ diskomandibuläre Kammer unterteilt.

Gelenktyp: Das Kiefergelenk ist ein als Drehscharniergelenk (Trochoginglymus) wirkendes Doppelgelenk, in dem das Caput mandibulae des Processus condylaris (S. 955) und die Facies articularis fossae mandibularis des Schläfenbeins (S. 943) artikulieren. Ein Discus articularis unterteilt das Gelenk in eine ■ obere diskotemporale und eine ■ untere diskomandibuläre Kammer.

Gelenkkörper: Gelenkpfanne (Facies articularis fossae mandibularis des Os temporale) und Gelenkkopf (Caput mandibulae des Proc. condylaris mandibulae) sind mit Faserknorpel überzogen. Der aus Faserknorpel bestehende Diskus ist mit der weiten Kapsel, dem Vorderrand und besonders dem bindegewebigen Hinterbereich der Fossa mandibularis verwachsen. Dort spaltet er sich bindegewebig auf (sog. „bilaminäre Zone“).

Gelenkkörper: Die Strukturen des Kiefergelenks sind im einzelnen folgendermaßen beschaffen: ■ Gelenkkopf: Das walzenförmige Caput mandibulae besitzt eine stark gekrümmte anterior-posteriore und eine leicht gebogene medio-laterale Fläche (ca. 7 × 20 mm), die mit Faserknorpel bedeckt ist. ■ Gelenkpfanne: Die Fossa mandibularis ist mit ca. 11 × 21 mm deutlich größer als der Condylus und in beiden Ebenen weniger gekrümmt. Sie ist ventral mit Faserknorpel überzogen, der dorsal in Bindegewebe (zur Fixierung des Diskus) übergeht. Vor der Dentition (S. 1028) ist die Pfanne sehr flach, da das Tuberculum articulare noch nicht ausgebildet ist. ■ Diskus: Der Diskus besteht ebenfalls aus Faserknorpel; seine Oberfläche ist je nach Stellung gebogen oder S-förmig gewellt, seine Unterfläche ausgekehlt. Er ist mit der weiten Kapsel, dem Vorderrand und besonders dem bindgewebigen Hinterbereich der Fossa mandibularis verwachsen. Dort spaltet er sich bindegewebig auf (sog. „bilaminäre Zone“).

3.2.1

▶ Klinik.

Durch Artikulation der Mandibula mit dem Os temporale ermöglicht das Kiefergelenk die Bewegungen des Unterkiefers gegenüber dem übrigen Schädel (z. B. beim Kauen und Sprechen).

▶ Klinik. Bei Gewalteinwirkung auf das Kinn kann durch die Winkelhebelwirkung der Mandibula entweder das Gelenkköpfchen abbrechen oder es wird durch die dünne Hinterwand in den äußeren Gehörgang gepresst. Folge davon können Verletzungen der Chorda tympani (parasympathischer und sensorischer Ast des N. facialis, Abb. M-2.18) und u. U. das Zerreißen von Ästen der A. maxillaris (S. 974) bzw. des N. auriculotemporalis (Abb. M-2.14) sein.

Gelenkkapsel und Bänder im Bereich des Kiefergelenks Gelenkkapsel: Die kräftige Kapsel besitzt Reservefalten.

Gelenkkapsel und Bänder im Bereich des Kiefergelenks

Bänder: Eine direkte Bandsicherung (Abb. M-3.25) des Gelenks erfolgt durch das ■ Lig. laterale, eine seitliche Kapselverstärkung.

Bänder: Dem Kiefergelenk werden funktionell vier Bandstrukturen zugeordnet (Abb. M-3.25): ■ Ligamentum laterale: Verbindet seitlich als Kapselverstärkung den Arcus zygomaticus mit dem Collum mandibulae und hemmt so die Seitwärtsbewegung. Nur indirekten Bezug zum Kiefergelenk haben die extrakapsulär gelegenen Bänder: ■ Ligamentum stylomandibulare: Streifenförmiger Faserzug vom Processus styloideus zum Hinterrand des Angulus mandibulae. ■ Ligamentum sphenomandibulare: Dieses Band verläuft von der Spina des Keilbeins (neben dem Foramen spinosum) zur Lingula an der Innenfläche des Ramus mandibulae und markiert so den Eingang des Alveolarkanals. ■ Raphe pterygomandibularis: Dies ist ein Sehnenstreifen vom Processus pterygoideus zum Ramus mandibulae, der die Ansatzstelle des M. buccinator (Abb. M-1.15) und der M. constrictor pharyngis superior (Abb. L-2.2) trennt. Hinter ihr beginnt das Spatium lateropharyngeum (S. 912).

Ohne direkten Gelenkbezug verlaufen: ■ das Lig. stylomandibulare vom Proc. styloideus des Schläfenbeins zum Hinterrand des Ramus mandibulae, ■ das Lig. sphenomandibulare von der Unterseite des Keilbeins zur Lingula des Ramus mandibulae und ■ die Raphe pterygomandibularis zwischen M. buccinator (Abb. M-1.15) und M. constrictor pharyngis sup. (Abb. L-2.2).

Gelenkkapsel: Die Kapsel ist mit dem Diskus verwachsen; sie ist kräftig und besitzt Reservefalten, die je nach Bewegung ausgeglichen werden. In der Pfanne entspringt sie dorsal vor der Fissura petrotympanica und setzt vor dem Tuberculum articulare an. Sie umschließt das Köpfchen oberhalb der Fovea pterygoidea.

M

⊙ M-3.25

1031

3.2 Kiefergelenk und Kaumuskulatur

Kiefergelenk

(Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

a Linkes Kiefergelenk in der Ansicht von lateral b und rechtes Kiefergelenk von medial. c Nach Eröffnung des (hier linken) Kiefergelenks wird der Discus articularis sichtbar.

Mechanik des Kiefergelenks

Mechanik des Kiefergelenks

Die diskotemporale Kammer kann entweder isoliert als Schiebe- oder Translationsgelenk benutzt werden oder in Verbindung mit der diskomandibulären Kammer, die ein Scharniergelenk darstellt. Die Längsachsen der Gelenkköpfchen konvergieren in Richtung Vorderrand des Foramen magnum. Als Interkondylarachse wird die Verbindungslinie beider Kondylenmittelpunkte bezeichnet; funktionell bilden die Kondylen, ähnlich wie beim oberen Kopfgelenk (S. 266), eine mechanisch gekoppelte Einheit und machen das Kiefergelenk zu einem Drehscharniergelenk (Trochoginglymus). Außerdem besteht ein enger funktioneller Zusammenhang zwischen Gelenkstellung und Okklusion der Zähne (kondylo-okklusales System). Man unterscheidet freie Unterkieferbewegungen und dynamische Okklusionsbewegungen (Bewegungen des Unterkiefers in Zahnkontakt von einer Okklusionsstellung in die andere). Zumeist handelt es sich um kombinierte Bewegungen. Als Trochoginglymus ermöglicht das Kiefergelenk: ■ Scharnierbewegungen, d. h. Kieferöffnung und -schluss durch Senken (Abduktion) und Heben (Adduktion) der Mandibula. Bei der Öffnungsbewegung gleiten beide Kondylen mit dem Diskus durch Zug des M. pterygoideus lateralis (s. u.) nach ventrokaudal zum Tuberculum articulare. Anfangs überwiegt die Rotation der Köpfchen um die quer durch das Caput mandibulae verlaufende und damit annähernd transversale Rotationsachse, gegen Ende die Gleitbewegung. ■ Translations- oder Schiebebewegungen geschehen nur in der diskotemporalen Kammer bei erhaltenem Zahnkontakt durch Vorwärts- oder Rückwärtsverlagerung des Diskus („Protrusion“, „Retrusion“). Dabei steht das Gelenkköpfchen etwas tiefer als in Ruhestellung. ■ Mahlbewegungen führen zu einer Verlagerung der Köpfchen nach lateral auf der Seite, zu der der Kiefer bewegt wird (Arbeitsseite) und entsprechend nach medialventral auf der Gegenseite (Balanceseite). Das nach seitlich ausgelenkte Köpfchen macht dabei eine leichte Rotation (senkrecht zur transversalen Rotationsachse) aus der Pfanne heraus. Die diskotemporale Kammer ist ventral durch das Tuberculum articulare (S. 943) des Os temporale verriegelt.

Die diskotemporale Kammer wirkt isoliert als Schiebegelenk. Die diskomandibuläre Kammer ist aufgrund der leicht schräg gestellten walzenförmigen Kondylen ein Scharniergelenk, in dem durch das Zusammenspiel beider Seiten und beider Gelenkabschnitte auch Drehbewegungen (Drehscharniergelenk, Trochoginglymus) möglich sind.

▶ Klinik. Eine zu schwache Ausbildung des Tuberculum articulare kann der Grund

für eine sog. habituelle Kiefergelenksluxation mit auftretender „Maulsperre“ sein (Überspringen beider Gelenkköpfchen über das Tuberculum articulare und Einrasten in dieser Stellung). Durch einen einfachen Handgriff (Umfassen der Mandibula mit beiden Händen, Druck mit dem Daumen auf die Molarenregion nach hinten unten) kann der luxierte Kiefer wieder reponiert werden.

Man unterscheidet dynamische Okklusionsbewegungen (der Kiefer bei Zahnkontakt) von freien Unterkieferbewegungen. Sie können ablaufen als ■ reine Scharnierbewegungen (Öffnen und Schließen der Kiefer, Ab- und Adduktion der Zahnreihen) durch Gleiten der Kondylen mit dem Diskus ventrokaudal in Richtung Tuberculum articulare, ■ Translations- bzw. Schiebebewegungen (nur in der diskotemporalen Kammer) und ■ Mahlbewegungen mit gleichzeitiger seitlicher Verlagerung und Kippung der Köpfchen. Zumeist handelt es sich um kombinierte Bewegungen.

Das Tuberculum articulare (S. 943) grenzt die diskotemporale Kammer nach vorn ab. ▶ Klinik.

1032 ⊙ M-3.26

M

3 Mundhöhle und Kauapparat

Bewegungen im Kiefergelenk (Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

a Die Scharnierbewegung im Kiefergelenk (hier von links-lateral dargestellt) ist Voraussetzung für die Mundöffnung (Abduktion der Mandibula). Zunächst überwiegt die Rotation um eine quer durch das Caput mandibulae laufende, annähernd transversale Achse (von kranial sichtbar in b). Bei stärkerer Mundöffnung verlagert sich das Caput mandibulae und damit auch die quer hindurchlaufende Achse nach ventral, sodass eine Gleitbewegung vorherrscht. b In der Aufsicht von kranial ist die Translationsoder Schiebebewegung der Mandibula bei Protrusion und Retrusion eingezeichnet. Dabei verschiebt sich die o. g. im Rahmen der Scharnierbewegung bedeutsame Rotationsachse nach ventral oder dorsal. c Bei der Mahlbewegung im rechten Kiefergelenk rotiert das Caput mandibulae der Arbeitsseite aus seiner Pfanne heraus. Diese Bewegung erfolgt um eine zweite Rotationsachse, die senkrecht zu der für die Scharnierbewegung steht.





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a

3.2.2

Kaumuskulatur (Musculi masticatorii) Von den vier Kaumuskeln (Abb. M-3.27, Tab. M-3.6) sind die Mm. masseter, temporalis und pterygoideus Adduktoren (Schließer des Gelenks). Nur der M. pterygoideus lateralis ist im funktionellen Zusammenspiel mit der suprahyoidalen Muskulatur (Abb. L-1.4) ein Abduktor (Öffner des Gelenks). Die komplizierte Binnenstruktur der Muskeln ermöglicht eine große Kraftentfaltung und sehr unterschiedliche Zugrichtungen.

▶ Merke.

!   

c

3.2.2 Kaumuskulatur (Musculi masticatorii) Der Mensch besitzt vier Kaumuskeln (Abb. M-3.27, Tab. M-3.6): Der fächerförmig verlaufende Musculus temporalis hat einen kräftigen retroorbitalen Faserzug, der nahezu senkrecht orientiert ist und teilweise in das Ansatzgebiet des M. masseter einstrahlt. Der breitflächige Ursprung des Muskels gibt ihm einen besonders großen physiologischen Querschnitt (S. 240). ■ Der Musculus masseter besitzt eine oberflächliche schräge und eine tiefe vertikale Portion und ist durch Binnensehnen kompliziert aufgebaut. ■ Der Musculus pterygoideus medialis setzt innen am Ramus mandibulae an und bildet mit dem M. masseter eine Muskelschlinge, die bei den Seitwärtsbewegungen der Mandibula wirksam wird. ■ Der Musculus pterygoideus lateralis wird aufgrund seiner versteckten Lage oft bezüglich seine Größe unterschätzt. Es ist im funktionellen Zusammenspiel mit der suprahyoidalen Muskulatur (Abb. L-1.4) der einzige Kaumuskel für die Öffnungsbewegung in den Kiefergelenken (Abduktion) und muss schon deshalb besonders kräftig sein. Sein oberer Kopf setzt am Diskus an, der untere in der Fossa pterygoidea. Beide Anteile haben daher etwas unterschiedliche Funktionen. Nervale Fehlsteuerungen in der Kaumuskulatur können zu schmerzhaften Kontrakturen dieses Muskels führen.



▶ Merke. Bis auf den M. pterygoideus lateralis dienen alle Kaumuskeln dem Kiefer-

schluss.

M

⊙ M-3.27

1033

3.2 Kiefergelenk und Kaumuskulatur

Kaumuskulatur M. pterygoideus lateralis

M. temporalis

a

M. pterygoideus medialis

M. masseter

b

M. masseter

c

Schematischer Verlauf des M. temporalis (a) und M. masseter (b) in der Ansicht von links-lateral. In der Darstellung von dorsal (c) sieht man die Mm. pterygoidei, von denen der mediale mit dem M. masseter eine Muskelschlinge für die Mandibula bildet (hier nur rechtsseitig eingezeichnet). Zur Ausdehnung der Kaumuskeln vgl. auch Abb. M-3.28, Abb. M-3.29 und Abb. M-3.31. (Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

≡ M-3.6

Kaumuskulatur

Muskel

Ursprung

Ansatz

Innervation

Funktion

M. temporalis

Linea temporalis der Squama ossis temporalis u. des Os parietale

Proc. coronoideus mandibulae

Nn. temporales profundi (aus V3)

Kieferschluss (Heben des Unterkiefers, Adduktion) Zug der Mandibula nach dorsal (durch hintere Fasern)

M. masseter

Arcus zygomaticus

Tuberositas masseterica des Angulus mandibulae

N. massetericus (aus V3)

M. pterygoideus medialis

Fossa pterygoidea

Tuberositas pterygoidea am Angulus mandibulae

N. pterygoideus medialis (aus V3)

Kieferschluss (Heben des Unterkiefers, Adduktion); beide Muskeln sind Synergisten u. bilden eine Muskelschlinge für die Seitwärtsbewegung der Mandibula.

M. pterygoideus lateralis ■

Caput superius

Crista infratemporalis des Discus articularis Os sphenoidale

N. pterygoideus lateralis (aus V3)

Einleitung der Kieferöffnung durch Zug des Discus articularis nach vorn



Caput inferius

Lamina lateralis des Processus pterygoideus

N. pterygoideus lateralis (aus V3)

Einseitig: Verschieben des Unterkiefers zur Gegenseite Doppelseitig: Vorschieben (Protrusion) des Unterkiefers

Proc. condylaris mandibulae

3.2.3 Gefäßversorgung und Innervation von Kiefergelenk und Kaumuskulatur Arterielle Versorgung: Kiefergelenk und Kaumuskulatur werden durch Äste der Arteria maxillaris versorgt (Tab. M-2.1): Die zum Kiefergelenk ziehende Arteria auricularis profunda geht als erster Ast aus ihr hervor, die nach den Kaumuskeln benannten Muskeläste (A. masseterica, Aa. temporales profundae, Rr. pterygoidei) entstammen der Pars pterygoidea der A. maxillaris.

3.2.3

Gefäßversorgung und Innervation von Kiefergelenk und Kaumuskulatur Arterien: Die nach den zu versorgenden Muskeln benannten Arterien und kleine Zweige zum Kiefergelenk sind Äste der A. maxillaris (Tab. M-2.1).

Venöser Abfluss: Gleichnamige Begleitvenen zu den Muskelarterien ziehen zur Vena retromandibularis und weiter zur Vena jugularis interna.

Venen: Abfluss der Begleitvenen über die V. retromandibularis.

Lymphabfluss: Die benachbarten Lymphknoten (Nodi lymphoidei parotidei superficiales und profundi, buccales sowie jugulodigastricus) drainieren in die Nodi lymphoidei submandibulares bzw. cervicales profundi.

Lymphabfluss: Regionale Nll. parotidei, buccales und jugulodigastricus mit Abfluss in Richtung Nll. cervicales profundi.

Innervation: Die Bezeichnungen der Nerven entsprechen denen der Muskeln, die sie innervieren (Tab. M-3.6). Das Kiefergelenk wird von drei Ästen des N. mandibularis (V3) versorgt: Nervus auriculotemporalis, Nervus temporalis profundus und Nervus massetericus (Abb. M-3.28).

Innervation: Zur Innervation der Kaumuskulatur s. Tab. M-3.6. Das Kiefergelenk wird von Nn. auriculotemporalis, temporalis prof. und massetericus (aus V3) versorgt (Abb. M-3.28).

1034 ⊙ M-3.28

M

3 Mundhöhle und Kauapparat

Innervation von Kaumuskulatur und Kiefergelenk

a Sowohl die Kaumuskulatur (Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.) b als auch das Kiefergelenk werden durch Äste des N. mandibularis (V3) versorgt. In a sind einige rein sensible Äste des N. mandibularis mit dargestellt: Nn. auriculotemporalis, lingualis und buccalis, von denen Letzterer den zur mimischen Muskulatur zählenden und somit vom N. facialis innervierten M. buccinator lediglich durchzieht, um zur Schleimhaut der Wange und bukkalem Zahnfleisch zu gelangen. (Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl., nach Schmidt)

▶ Merke.

▶ Merke. Die motorische Innervation aller Kaumuskeln erfolgt durch die Äste der

Radix motoria (Portio minor) nervi trigemini; sie verlaufen wie die sensiblen Äste zum Kiefergelenk im N. mandibularis (V3, Abb. M-2.14).

Topografische Anatomie des Bereichs um Kiefergelenk und Kaumuskulatur In diesem Bereich liegt die topografisch bedeutsame tiefe seitliche Gesichtsregion mit wichtigen Leitungsbahnen. Eine Untergliederung erfolgt u. a. durch Faszien der Kaumuskeln und der Ohrspeicheldrüse.

3.2.4 Topografische Anatomie des Bereichs um Kiefergelenk und Kaumuskulatur

Schläfen- und Unterschläfengrube (Fossae temporalis und infratemporalis)

Schläfen- und Unterschläfengrube (Fossae temporalis und infratemporalis)

Fossa temporalis: In ihr liegt der M. temporalis.

Fossa temporalis (Schläfengrube): Sie liegt zwischen Linea temporalis (oben) und Crista infratemporalis (unten), nimmt den M. temporalis auf und geht nach unten in die Fossa infratemporalis über.

Fossa infratemporalis (Abb. M-3.29): Dieser Raum ist mit den Mm. pterygoidei ausgefüllt und enthält die A. maxillaris, den Plexus pterygoideus, die Aufzweigungsstelle des N. mandibularis und das Ganglion oticum (S. 995). Er steht mit den Fossae temporalis und pterygopalatina sowie über Letztere mit Orbita und direkt mit der Schädelhöhle in Verbindung (Abb. M-1.7).

Fossa infratemporalis (Unterschläfengrube, Abb. M-3.29): Raum unterhalb der Crista infratemporalis zwischen dem Ramus mandibulae (lateral) und dem Processus pterygoideus (medial). Er steht sowohl mit der Fossa temporalis (s. o.) als auch – über die Fissura pterygomaxillaris – mit der Fossa pterygopalatina (s. u.) in Verbindung. Daneben existieren Zugangswege bzw. Öffnungen zur Orbita (Fissura orbitalis inferior, über die Fossa pterygopalatina) sowie zur Schädelhöhle (Foramina ovale und spinosum, Abb. M-1.7).

3.2.4

Im Bereich des Kiefergelenks und seiner Muskeln liegt die topografisch bedeutsame tiefe seitliche Gesichtsregion, in der Leitungsbahnen verlaufen und von hier aus Zugang zu verschiedenen „Höhlen“ des Schädels haben. Sie werden vom Jochbogen (S. 959) überspannt. Zusätzlich wird diese Region durch die Faszien der Kaumuskeln und der ebenfalls hier liegenden Ohrspeicheldrüse untergliedert. Die hierdurch gebildeten Räume stehen untereinander und z. T. mit den Bindegewebsspatien des Halses in Verbindung (S. 911).

M

⊙ M-3.29

Fossa infratemporalis

Nn. temporales profundi

M. temporalis

A. u. V. temporalis superficialis M. pterygoideus lateralis

A. infraorbitalis

N. auriculotemporalis

A. sphenopalatina

N. mandibularis

A. alveolaris superior posterior A. u. N. buccalis M. buccinator

A. meningea media A. maxillaris M. pterygoideus medialis

N. lingualis

N. facialis

A. u. V. facialis M. masseter

1035

3.2 Kiefergelenk und Kaumuskulatur

a

A. u. N. alveolaris inferior

Ganglion trigeminale

N. maxillaris

N. facialis im Canalis facialis M. tensor tympani Foramen stylomastoideum

Foramen N. ophthalmicus ovale N. mandibularis N. musculi tensoris tympani N. musculi tensoris veli palatini N. petrosus minor (Radix parasympathica ganglii otici) M. tensor veli palatini Ganglion oticum

N. auriculotemporalis R. communicans cum nervo auriculotemporale

M. pterygoideus medialis N. lingualis

Chorda tympani N. pterygoideus medialis N. alveolaris inferior

b

N. mylohyoideus

(Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

a Linke Fossa infratemporalis in der Ansicht von lateral nach Entfernen des Arcus zygomaticus und Teilen des Ramus mandibulae sowie Durchtrennung beider Köpfe des M. pterygoideus lateralis. Der venöse Plexus pterygoideus ist nicht mit dargestellt, um die Verzweigung der A. maxillaris und des N. mandibularis besser sichtbar zu machen. b In der Ansicht von medial ist das in der Tiefe der Fossa infratemporalis gelegene Ganglion oticum unter dem Foramen ovale sichtbar. Nur die parasympathischen Fasern des N. glossopharyngeus zur Innervation der Glandula parotidea werden hier umgeschaltet, während sympathische und sensible Fasern lediglich hindurchziehen. Lateral des Ganglion oticum verläuft der N. mandibularis (V3), der sich ebenfalls in der Fossa infratemporalis in seine Äste aufteilt (Abb. M-3.28a).

Hier liegen neben den Mm. pterygoideus lateralis und medialis (Tab. M-3.6) einige wichtige Leitungsbahnen: ■ A. maxillaris mit ihren Ästen vor Eintritt in die Fossa pterygopalatina, ■ der größte Anteil des venösen Plexus pterygoideus, der sich bis in die Fossa pterygopalatina erstreckt und zahlreiche Zuflüsse erhält (u. a. Vv. meningeae mediae, Vv. temporales profundae, Vv. auriculares anteriores, Vv. tympanicae, Vv. parotideae, V. stylomastoidea), ■ die Aufzweigungsstelle des N. mandibularis (V3, Abb. M-2.14) und ■ das Ganglion oticum (S. 995).

Flügelgaumengrube (Fossa pterygopalatina) ▶ Merke. Die Fossa pterygopalatina ist eine besonders wichtige topografische Re-

Flügelgaumengrube (Fossa pterygopalatina) ▶ Merke.

gion („Knotenpunkt für Leitungsbahnen“) mit zahlreichen Verbindungen zu verschiedenen Räumen/Regionen des Kopfes: Hier liegt zum einen das Ganglion pterygopalatinum als Umschaltstelle für parasympathische Fasern des N. facialis, VII (S. 990), denen sich postganglionäre sympathische Fasern anlagern. Weiterhin teilen sich hier der durch das Foramen rotundum aus dem Schädel tretenden N. maxillaris (V2, Abb. M-2.13) sowie die aus der Fossa infratemporalis über die Fissura pterygomaxillaris eintretende A. maxillaris (S. 974) auf. Die meisten der in Tab. M-3.8 aufgeführten Leitungsbahnen haben daher eine dieser wichtigen Strukturen als „Ziel- oder Herkunftsort“. Weiterhin liegen hier Anteile des Plexus pterygoideus, die von seiner größten Ausdehnung in der Fossa infratemporalis z. T. bis in die Flügelgaumengrube erstrecken.

Weiterhin erstrecken sich Anteile des Plexus pterygoideus bis hierher.

1036

M

≡ M-3.7

3 Mundhöhle und Kauapparat

≡ M-3.7

Begrenzungen der Fossa pterygopalatina

Wand

angrenzender Knochen bzw. Raum

kranial

Os sphenoidale (Corpus)

ventral

Maxilla (Corpus) Os palatinum (Processus orbitalis)

dorsal

Os sphenoidale ■ Ala major (Facies maxillaris) ■

≡ M-3.8

Proc. pterygoideus

medial

Os palatinum (Lamina perpendicularis)

lateral

Verbindung zur Fossa infratemporalis

kaudal

Übergang zum Spatium retropharyngeum (S. 912)

Verbindungen der Fossa pterygopalatina

Kommunikation mit

über

ein-/austretende Leitungsbahnen

Fossa infratemporalis

Fissura pterygomaxillaris



A. maxillaris

Schädelbasis: ■

innen (mittlere) Schädelgrube

Foramen rotundum



N. maxillaris (V2)



außen

Canalis pterygoideus



N. canalis pterygoidei mit: – parasympathischen Fasern ← N. petrosus major und – sympathischen Fasern ← N. petrosus profundus



Augenhöhle

Nasenhöhle Mundhöhle

Fissura orbitalis inferior

Foramen sphenopalatinum Canalis palatinus und Foramen palatinum majus

Canales palatini minores und Foramina palatina minora

A. canalis pterygoidei



N. zygomaticus (aus V2) mit R. communicans zum N. lacrimalis



N. infraorbitalis (aus V2)



A. infraorbitalis



V. ophthalmica inferior



Rr. nasales posteriores superiores (aus V2)



A. sphenopalatina (aus A. maxillaris)



N. palatinus major



A. palatina descendens



A. palatina major



Nn. palatini minores



Aa. palatinae minores (aus A. palatina descendens)

M

⊙ M-3.30

1037

3.2 Kiefergelenk und Kaumuskulatur

Begrenzungen, Verbindungen und Leitungsbahnen der Fossa pterygopalatina

Os frontale, Proc. zygomaticus

Ala major, Facies temporalis

Os temporale, Pars squamosa

Os ethmoidale Sutura sphenosquamosa

Foramen sphenopalatinum

Foramen sphenopalatinum

Ausschnitt s. b

Tuber maxillae

Hamulus pterygoideus

Fissura orbitalis inferior

Foramen rotundum

Fossa pterygopalatina

Os zygomaticum

a

Fissura orbitalis inferior

A. sphenopalatina A. alveolaris superior posterior A. palatina descendens Fissura pterygomaxillaris Tuber maxillae

c

Canalis palatinus major

Lamina lateralis, Proc. pterygoideus

A. infra- Ala major ossis orbitalis sphenoidalis

Fossa pterygopalatina Fissura pterygomaxillaris

b

Fossa pterygopalatina Aa. temporales profundae

Canalis pterygoideus

N. infraorbitalis

Rr. orbitales Rr. ganglionares

N. nasopalatinus, Rr. nasales posteriores superiores mediales u. laterales

Fissura orbitalis inferior N. zygomaticus

Rr. pterygoidei

Nn. alveolares superiores, Rr. alveolares superiores posteriores

A. maxillaris A. canalis pterygoidei

A. masseterica N. nasopalatinus, Rr. nasales posteriores Proc. pterygoideus, inferiores Lamina lateralis A. palatina N. palatinus major major A. palatina minor

Ganglion pterygopalatinum N. canalis pterygoidei N. petrosus major

A. buccalis

d

N. maxillaris

N. petrosus profundus N. pharyngeus A. carotis interna

Plexus caroticus internus

Nn. palatini minores

(Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

a b c d

Lage der linken Fossa pterygopalatina mit umgebenden Knochen in der Ansicht von lateral. Öffnungen in den knöchernen Wänden der Flügelgaumengrube in der Ansicht von lateral bei angeschnittenem Keilbeinkörper. Aufzweigung der über die Fissura pterygomaxillaris eintretenden A. maxillaris in ihre Äste. Aufzweigung des über das Foramen rotundum eintretenden sensiblen N. maxillaris (V2) in seine Äste. Das vegetative Ganglion pterygopalatinum ist Umschaltstelle für parasympathische Fasern des N. facialis zur Tränendrüse, Drüsen der Nase und des Gaumens, das auch von postganglionären sympathischen Fasern aus dem Plexus caroticus internus durchzogen wird. Durch seine Anlagerung an den N. maxillaris können die vegetativen Fasern zusammen mit dessen sensiblen Ästen zur Augen-, Nasen- und Mundhöhle ziehen.

1038

M

Faszienverhältnisse in der seitlichen Gesichtsregion Die oberflächliche seitliche Gesichtsregion wird von zweilagigen Faszien bedeckt, die an der Innen- und Außenfläche des Jochbogens befestigt sind. Die obere ist die Fascia temporalis, zwischen deren Lamina superficialis und profunda sich die A. temporalis media verzweigt. Unter dem tiefen Blatt liegt zum M. buccinator hin der Wangenfettkörper, Corpus adiposum buccae (Bichat-Fettpfropf). Die Faszienblätter vom Unterrand des Jochbogens bilden eine oberflächliche Fascia parotidea (S. 1018) und ein oberflächliches und tiefes Blatt der Fascia masseterica. Letztere setzt sich an die Innenfläche des Ramus mandibulae bis zum M. pterygoideus medialis fort (Abb. M-3.31).

Faszienverhältnisse in der seitlichen Gesichtsregion

⊙ M-3.31

3 Mundhöhle und Kauapparat

In der Schläfenregion ist der M. temporalis oberflächlich von der kräftigen Fascia temporalis überdeckt, die sich oberhalb des Jochbogens in zwei Blätter (Lamina superficialis und profunda) aufspaltet und so eine fettgefüllte Tasche bildet. Darin verzweigen sich die A. und V. temporalis media. Medial der Lamina profunda und mit ihr über faszienartige Züge verbunden liegt das Corpus adiposum buccae (sog. Bichat-Fettpfropf), das ein Widerlager zur Wangenmuskulatur (M. buccinator, Abb. M-1.14) bildet. Vom M. buccinator über die Raphe pterygomandibularis verlaufende Faserzüge ziehen als Fascia buccopharyngea nach medial und dorsal bis auf den Pharynx. Unterhalb des Jochbogens findet sich ebenfalls eine in mehrere Schichten aufgespaltene Faszie: Ihr oberflächlicher Anteil überdeckt kapselartig den größten Teil der Gl. parotidea als Fascia parotidea und setzt sich nach kaudal in die Lamina superficialis der Fascia cervicalis (S. 891) fort. Die tiefere Faszienschicht umhüllt den M. masseter als Lamina superficialis der Fascia masseterica. Sie setzt sich um den dorsalen Rand des Ramus mandibulae bzw. den unteren Rand des Angulus mandibulae nach medial als Lamina profunda fort und überdeckt die mediale Fläche des M. pterygoideus medialis. Sie zieht nach kranial bis an die Schädelbasis (Abb. M-3.31).

⊙ M-3.31

Faszien der seitlichen Gesichtsregion

Galea aponeurotica

Fascia temporalis – Lamina superficialis – Lamina profunda

Fossa temporalis Cellulae ethmoidales Sinus sphenoidalis

M. temporalis M. pterygoideus lateralis – Caput superius – Caput inferius M. masseter – Pars profunda – Pars superficialis

Fossa infratemporalis Fossa pterygopalatina Nasopharynx Gl. parotidea

Fascia parotidea – oberflächliches Blatt – tiefes Blatt

Cavitas oris Lingua

M. pterygoideus medialis Fascia masseterica

Platysma Gl. submandibularis M. mylohyoideus M. geniohyoideus

Raphe pterygomandibularis

Fascia cervicalis (Lamina superficialis) M. digastricus, Venter anterior

Frontalschnitt durch den Kopf in Höhe der Keilbeinhöhle in der Ansicht von dorsal. Gut sichtbar sind die Faszien der Kaumuskulatur und der Gl. parotidea. (Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

4

Nase und Nasennebenhöhlen

4.1 4.2 4.3 4.4

Funktion der Nase und der Nasennebenhöhlen . . . . . . . . . . . . . . Aufbau von Nase und Nasennebenhöhlen . . . . . . . . . . . . . . . . . . Gefäßversorgung und Innervation von Nase und Nasennebenhöhlen Entwicklung von Nase und Nasennebenhöhlen . . . . . . . . . . . . . .

M . 1039 . 1039 . 1046 . 1048

G. Aumüller, G.Wennemuth

4.1

Funktion der Nase und der Nasennebenhöhlen

Die Nase mit der Nasenhöhle gehört wie die Nasennebenhöhlen zu den oberen (luftleitenden) Atemwegen. Ihr Eingangsbereich mit den Nasenlöchern (Nares) hält durch den Besatz mit borstenartige Terminalhaaren (Vibrissae) reusenartig gröbere Partikel zurück. Durch die Abgabe von Drüsensekreten und Schleimprodukten mit antibakteriellen Komponenten an der Oberfläche der Nasenhöhle, die subepithelial reichlich vorhandenen Immunzellen und die polsterartig verdichteten Gefäßplexus wird die verwirbelte Atemluft nicht nur angewärmt und angefeuchtet, sondern es werden auch Schadstoffe und Bakterien gebunden, um sie unschädlich zu machen. In Verbindung mit den Resonanzräumen der Nebenhöhlen ist die Nasenhöhle an der Sprachbildung (Nasale, wie z. B. „m“ und „n“) beteiligt. Die relativ eng umgrenzte Riechschleimhaut (Regio olfactoria) hat zudem die Aufgabe der chemischen Kontrolle der Atemluft. Das auch beim Menschen im Bereich des Nasenseptums vorhandene Vomeronasalorgan nimmt Pheromone (Duftstoffe) wahr. Damit ist die Riechfunktion der Nase auch in die nonverbale Kommunikation bzw. Situationsbewertung integriert.

4.2

Aufbau von Nase und Nasennebenhöhlen

4.1

Funktion der Nase und der Nasennebenhöhlen

Nase mit Nasenhöhle und Nasennebenhöhlen gehören zu den oberen Atemwegen. Sie reinigen, befeuchten und erwärmen die Atemluft. Darüber hinaus wird Letztere über den Geruch chemisch sowie über antibakterielle Komponenten des Schleims an ihrer Oberfläche biologisch kontrolliert. Nasenhöhle und Nasennebenhöhlen sind an der Sprachbildung durch die Bildung der Nasale (z. B. „m“, „n“) und durch das rudimentäre Vomeronasalorgan auch übergeordnet an der zwischenmenschlichen Kommunikation beteiligt.

4.2

Aufbau von Nase und Nasennebenhöhlen

4.2.1 Äußere Nase (Nasus externus)

4.2.1

Äußere Nase (Nasus externus)

Die äußere Nase (Abb. M-4.1) besteht aus der knöchernen Nasenwurzel (Radix nasi) aus Os nasale und Processus frontalis maxillae, dem knorpeligen Nasenrücken (Dorsum nasi) und den ebenfalls knorpeligen Nasenflügeln (Alae nasi). Die hyalinen Nasenknorpel sind der knöchernen Apertura piriformis prominent angefügt und umgrenzen den Eingang in die paarige Nasenhöhle: ■ Außen umfasst die Cartilago alaris major mit einem nach innen gewendeten Crus mediale und einem nach außen ziehenden Crus laterale die Nasenlöcher und bildet so die Grundlage für die Nasenflügel. ■ Zwischen beiden Nasenhöhlen befindet sich eine Cartilago septi nasi mit einem nach außen weisenden Processus lateralis; dieses knorpelige Nasenseptum steht mit dem knöchernen Nasenseptum (s. u.) in Verbindung. ■ Kleinere Cartilagines alares minores sind in die Nasenflügel eingelassen.

Abschnitte: Die äußere Nase (Abb. M-4.1) besteht aus den Nasenknorpeln: Cartilago alaris major mit Crus mediale und laterale und Cartilagines alares minores in den Nasenflügeln. Die Cartilago septi nasi mit einem Processus lateralis bildet das knorpelige Nasenseptum, das sich nach innen an das knöcherne Nasenseptum anschließt.

⊙ M-4.1

Äußere Nase (Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

a Nasenskelett in der Ansicht von links-lateral b und Ansicht der Nasenknorpel von unten.

1040

M

4.2.2

4.2.2 Nasen- und Nasennebenhöhlen

Nasen- und Nasennebenhöhlen

4 Nase und Nasennebenhöhlen

Nasenhöhle (Cavitas nasi)

Nasenhöhle (Cavitas nasi)

Zugänge zur Nasenhöhle

Zugänge zur Nasenhöhle

Die Nasenlöcher (Nares) führen in den Nasenvorhof (Vestibulum nasi), der durch einen Rand (Limen nasi) vom eigentlichen Nasenraum (Cavitas nasi propria) abgegrenzt ist. Zugang zu den Nasenhöhlen ist die Apertura piriformis. Beide Höhlen sind bis zu den hinteren Öffnungen (Choanen) durch das Nasenseptum getrennt.

Den äußeren Zugang zu den Nasenhöhlen bildet die äußere Nase mit den Nasenlöchern (Nares, s. o.), die beiderseits in den Nasenvorhof (Vestibulum nasi) führen. Er setzt sich durch einen bogenförmigen Rand (Limen nasi) gegen die eigentliche Nasenhöhle (Cavitas nasi propria) ab. Die paarigen Nasenhöhlen haben in der Apertura piriformis einen gemeinsamen Zugang, der durch die Maxilla und die Ossa nasalia lateral und medial durch das Septum nasi begrenzt wird. Die hinteren Öffnungen (Choanae), die zum Epipharynx führen (Meatus nasopharyngeus), sind ebenfalls durch das Nasenseptum getrennt.

▶ Klinik.

▶ Klinik. Die Nasenhöhle kann durch Einführen einer schnabelförmig geformten

Zange von ventral eingesehen werden (sog. Rhinoscopia anterior). Als Rhinoscopia posterior wird die Untersuchung der Choanen durch einen hinter das Gaumensegel eingeführten, nach kranial gerichteten abgewinkelten kleinen Spiegel bezeichnet. Dabei muss der Kontakt mit der Pharynxwand sorgsam vermieden werden (Würgereflex)!

Wände und Verbindungen der Nasenhöhle

Wände und Verbindungen der Nasenhöhle

Zu den knöchernen Wänden s. Abb. M-4.2 und Tab. M-4.1.

Die knöchernen Wände der Nasenhöhle (Cavitas nasi) sind in Abb. M-4.2 sichtbar und in Tab. M-4.1 aufgeführt.

Nasenscheidewand: Die Nasenhöhle wird durch das Septum nasi unterteilt. Das Septum nasi besitzt vorne einen knorpeligen und hinten einen knöchernen (Vomer, Pflugscharbein, Lamina perpendicularis ossis ethmoidalis) Anteil (Abb. M-4.2a).

Nasenscheidewand: Die Nasenhöhle wird durch die Nasenscheidewand (Septum nasi) in einen rechten und linken Abschnitt unterteilt. Je nach Ausbiegung des Septum nasi (Septumdeviation) bestehen Größenunterschiede zwischen beiden Seiten. Das Septum nasi besteht vorne aus Knorpel und hinten aus Knochen (Vomer, Lamina perpendicularis ossis ethmoidalis). Der Vomer steht unten mit der Crista nasalis des Processus palatinus der Maxilla bzw. der Lamina horizontalis des Os palatinum in Verbindung (Abb. M-4.2a).

≡ M-4.1

Wände und Öffnungen der Nasenhöhle

Wände

Bestandteile

Dach



Lamina cribrosa des Os ethmoidale



Corpus ossis sphenoidalis





Os nasale



Öffnung des Sinus sphenoidalis



Pars nasalis des Os frontale



Processus palatinus maxillae



Canalis incisivus



Os incisivum



Lamina horizontalis ossis palatini



Os ethmoidale mit Concha nasalis superior und media und Processus uncinatus



Processus frontalis und Facies nasalis der Maxilla



Lamina perpendicularis des Os palatinum



Concha nasalis inferior



Os lacrimale

Boden

laterale Wand

Öffnungen/Kanäle am Recessus sphenoethmoidalis 2 Öffnungen: Foramen sphenopalatinum







mediale Wand (Septum nasi)



Crista nasalis des Processus palatinus der Maxilla



Crista nasalis der Lamina horizontalis des Os palatinum



Lamina perpendicularis des Os ethmoidale



Vomer

im Meatus nasi superior (unter Concha nasalis sup.)

→ Öffnungen der ■ Cellulae ethmoidales posteriores

im Meatus nasi medius (unter Concha nasalis media) mit Hiatus semilunaris (zwischen Processus uncinatus und Bulla ethmoidalis)

→ Öffnungen von Sinus frontalis,



im Meatus nasi inferior (unter Concha nasalis inferior)



Sinus maxillaris



Cellulae ethmoidales anteriores und mediae

→ Mündung des Canalis nasolacrimalis





M

⊙ M-4.2

1041

4.2 Aufbau von Nase und Nasennebenhöhlen

Wände der Nasenhöhle Lamina cribrosa

Os frontale Crista galli Sinus frontalis Os nasale

Os ethmoidale, Lamina perpendicularis Fossa Os sphenohypoidale physialis

Sinus frontalis Os frontale

Os ethmoidale

Meatus nasi superior

Sinus sphenoidalis

Fossa hypophysialis

Os nasale Proc. frontalis maxillae

Concha nasalis superior

Meatus nasi medius

Choana Cartilago alaris major

Choana Concha nasalis inferior

Vomer Os palatinum

Canalis incisivus

Proc. palatinus Crista nasalis

Sinus sphenoidalis

Os lacrimale

Cartilago septi nasi

a

Os sphenoidale

Maxilla

Concha nasalis media

Meatus nasi inferior

b

Proc. palatinus

Maxilla

Os palatinum, Lamina horizontalis

(Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

a Das Nasenseptum bildet die mediale Wand und ist hier am Paramedianschnitt in der Ansicht von links-lateral dargestellt. b In der Sicht auf die laterale Wand der rechten Nasenhöhle sind die Nasenmuscheln sichtbar, unter denen jeweils einer der drei Nasengänge (Pfeile) liegt.

▶ Klinik. Durch Abweichung des knöchernen Nasenseptums (Septumdeviation) kann eine Hälfte der Nasenhöhle so stark eingeengt sein, dass die Atmung bzw. Luftzirkulation behindert wird. Dies führt häufig zu Entzündungen der Nebenhöhlen der betroffenen Seite (Sinusitiden). Sie können chronisch werden und müssen dann meist operativ behandelt werden.

Nasenmuscheln und -gänge: Die laterale Nasenwand ist durch die mit einem schwellkörperartigen Gewebe überzogenen Nasenmuscheln (Conchae nasalis inferior, media und superior) aufgegliedert, die von unten nach oben jeweils um etwa 1 cm nach dorsal versetzt sind. Unter ihnen befindet sich jeweils ein Nasengang (Meatus nasi inferior, medius und superior). Sie münden dorsal im Bereich des Meatus nasopharyngeus durch zwei trichterförmige Choanae in den Pharynx. Vor der mittleren Nasenmuschel liegt ein Knochenwulst (Agger nasi), das Überbleibsel einer weiteren Muschel („Nasoturbinale“). Im Bereich des mittleren Nasengangs wird lateral durch einen vorne gelegenen hakenförmigen Knochenfortsatz (Processus uncinatus als verkümmerte Nasenmuschel) und eine dahinter gelegene große Siebbeinzelle (Bulla ethmoidalis) ein halbmondförmiger Spalt abgegrenzt (Hiatus semilunaris). ▶ Klinik. Bei starkem Nasenbluten aus verletztem Schwellkörpergewebe auf den

▶ Klinik.

Nasenmuscheln und -gänge: An der lateralen Wand befinden sich versetzt untereinander die Nasenmuscheln (Conchae nasalis inferior, media und superior) mit den darunter gelegenen Nasengängen (Meatus nasi inferior, medius und superior). Sie münden in die Choanen. Vor der Concha nasalis media wölbt sich der Agger nasi vor. Im mittleren Nasengang bilden der Proc. uncinatus (verkümmerte Nasenmuschel) und die Bulla ethmoidalis (eine große Siebbeinzelle) den Hiatus semilunaris. ▶ Klinik.

Muscheln kann es notwendig werden, durch Verstopfen (Tamponade) des Nasenlochs und der gleichseitigen Choane einen zu großen Blutverlust zu verhindern. Verbindungen zu Nasennebenhöhlen und Ductus nasolacrimalis: Die Nasenhöhle steht in Verbindung zu den Nasennebenhöhlen (s. u.), die sich in die unterschiedlichen Nasengänge bzw. den Recessus sphenoethmoidalis öffnen (s. a. Tab. M-4.1): ■ Der aus der Siebbeinplatte und dem Vorderteil des Keilbeinkörpers gebildete Recessus sphenoethmoidalis bildet die Kuppel der Nasenhöhle. Vorne schließt sich die Regio olfactoria auf der oberen Muschel und einer kleinen Fläche auf dem Septum (S. 1040) an. Hinten münden in ihn die beiden Hälften der Keilbeinhöhle (Sinus sphenoidalis). ■ In den flachen oberen Nasengang münden die hinteren Siebbeinzellen (Cellulae ethmoidales posteriores). ■ Im mittleren Nasengang liegt im oberen Abschnitt des Hiatus semilunaris das Infundibulum ethmoidale des Sinus maxillaris, die Öffnung der Kieferhöhle. Etwas weiter dorsal schließt sich die Öffnung der Stirnhöhle (Sinus frontalis) und der vorderen und mittleren Siebbeinzellen (Cellulae ethmoidales anteriores und mediae) an. ■ Unter der unteren Nasenmuschel (im unteren Nasengang) mündet der Ductus nasolacrimalis, der Tränennasengang (S. 1058), mit einer zarten Schleimhautfalte (Hasner-Klappe).

Verbindungen zu Nasennebenhöhlen und Ductus nasolacrimalis: ■ Im obersten Kuppelraum (Recessus sphenoethmoidalis) münden dorsal die Keilbeinhöhlen (Sinus sphenoidales). ■ Unter der oberen Muschel münden die Cellulae ethmoidales posteriores. ■ Unter der mittleren Muschel öffnen sich der Sinus maxillaris, frontalis und die Cellulae ethmoidales anteriores im Hiatus semilunaris. ■ Unter der Concha nasalis inferior mündet der Ductus nasolacrimalis mit der HasnerKlappe.

1042 ⊙ M-4.3

M

4 Nase und Nasennebenhöhlen

Verbindungen der Nasenhöhle zu Nasennebenhöhlen und Tränenwegen

Sinus frontalis

Mündungen der hinteren Siebbeinzellen

Sinus sphenoidalis

Hiatus semilunaris

Mündungen der vorderen und mittleren Siebbeinzellen

Schnittränder der Conchae nasales

Ansicht von links auf die laterale Wand der rechten Nasenhöhle nach Entfernung der Nasenmuscheln. Durch farbige Pfeile sind die Mündungen der Nasennebenhöhlen (gelb: Sinus frontalis, blau: Sinus sphenoidalis, grün: Cellulae ethmoidales, orange: Sinus maxilaris) und des Ductus nasolacrimalis (rot) verdeutlicht (vgl. Abb. M-4.4). (Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

Bulla ethmoidalis Proc. uncinatus Foramen sphenopalatinum

Hiatus maxillaris

▶ Klinik.

▶ Klinik. Durch ihre topografische Nähe zu den Nasennebenhöhlen und Schädelgruben dient die Nasenhöhle auch als operativer Zugangsweg zu extranasalen Strukturen. Dies kommt z. B. zum Einsatz bei der operativen Eröffnung/Ausräumung entzündeter Nebenhöhlen (chronische Sinusitis mit Proliferation der Schleimhaut) oder chirurgischer Deckung von Duradefekten im Bereich der vorderen Schädelgrube. Ein transnasaler (oder transpalatinaler), transsphenoidaler Zugang wird von Neurochirurgen bei sonst schwer zugänglichen Tumoren im Keilbeinbereich angewendet.

▶ Exkurs: Ostiomeataler Komplex.

▶ Exkurs: Ostiomeataler Komplex. Die Mündungsstellen insbesondere der Kiefer- und der Stirnhöhle im Bereich des Infundibulum ethmoidale können je nach Stellung des Processus uncinatus, der Enge der Stirnhöhlenöffnung (sog. Stirnnasengang, Meatus frontonasalis), der Lage der Öffnung der Kieferhöhle und dem Vorhandensein von Knochenzellen in diesem Bereich sehr unterschiedlich gestaltet sein und damit anatomische Hindernisse bei der Belüftung und dem Sekretabstrom der Nasennebenhöhlen darstellen. HNO-Ärzte bezeichnen diesen klinisch wichtigen Bereich daher als ostiomeatalen Komplex.

Nasennebenhöhlen (Sinus paranasales)

Nasennebenhöhlen (Sinus paranasales)

Sie entstehen erst postnatal als seitliche Aussackungen der Schleimhaut der Nasenhöhle, die in die benachbarten Knochen einwächst.

Die Nasennebenhöhlen (Sinus paranasales) sind seitliche und dorsale Aussackungen beider Nasenhöhlen, die sich erst postnatal bis zum Jugendalter durch Einwachsen der Nasenhöhlenschleimhaut in die benachbarten Knochen ausbilden. Entsprechend variabel ist ihre Form und Größe.

▶ Merke.

▶ Merke. Die Nasennebenhöhlen vermindern das Gewicht der beteiligten Knochen

und bilden Resonanzräume. Man unterscheidet nach den umgebenden Knochen (Abb. M-4.4 und Tab. M-4.2): ■ Der Sinus maxillaris (Kieferhöhle) ist die größte Nebenhöhle. Seine Öffnung liegt relativ weit oben (Abb. M-4.4b) am Hiatus semilunaris. Der tiefste Punkt liegt über dem 2. Prämolaren bzw. 1. Molaren.

▶ Klinik.

Nach dem sie umgebenden Knochen unterscheidet man (Abb. M-4.4 und Tab. M-4.2): ■ Sinus maxillaris (Kieferhöhle): Der Sinus maxillaris ist die größte Nebenhöhle. Oft ist der Maxillarknochen durch kleine Defekte durchlöchert (Fonticuli maxillares). Die Öffnungsstelle liegt weit kranial (Abb. M-4.4b) im Hiatus semilunaris (S. 1041), sodass Ergüsse oft erst in Seitenlage abfließen können. Der tiefste Punkt liegt noch unter der Ebene des Nasenbodens über dem 2. Prämolaren bzw. 1. Molaren (S. 1022). ▶ Klinik. Die ungünstig hoch gelegene Öffnung des Sinus maxillaris im Bereich des Hiatus semilunaris kann zum Aufstau von Entzündungsmaterial (eitrigen Ergüssen) führen, die u. U. auch von den Zahnwurzeln ausgehen können. Fließt beim Schlaf in Seitenlage dann der Erguss ab, kann er bis in die Bronchien aspiriert werden und zu einer Bronchosinusitis führen.

M

⊙ M-4.4

1043

4.2 Aufbau von Nase und Nasennebenhöhlen

Nasennebenhöhlen

    



    

    



                



        

         

 

           



aI

  a II 



    

b

(Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

a Lage der Nasennebenhöhlen in Projektion auf den Schädel in der Ansicht von frontal (I) und links-lateral (II). b Sekretabfluss aus den Nasennebenhöhlen in die Nasenhöhle im Frontalschnitt. Der Sinus sphenoidalis ist in dieser Ebene nicht sichtbar.

≡ M-4.2

Kontaktfelder der Nasennebenhöhlen

Nasennebenhöhle

oben

vorn

unten

seitlich

Sinus maxillaris

Orbita

Facies anterior maxillae

Palatum durum bzw. die Wurzeln der Oberkieferzähne

medial: Nasenhöhlenwand

Sinus sphenoidalis Fossa hypophysialis

Meatus nasopharyngeus im Epipharynx,hintere Siebbeinzellen,Canalis opticus (den er ggf. durch eine Knochenzelle einscheiden kann)

Meatus nasopharyngeus bzw. Epipharynx, hintere Siebbeinzellen, Fissura orbitalis superior, Canalis opticus

Sinus cavernosus mit den darin gelegenen Hirnnerven (III, IV, V1, VI), Canalis caroticus

Sinus frontalis

Fossa cranii anterior

Margo supraorbitalis

Orbita

medial liegt das enge Ostium, das in den oberen Abschnitt des Hiatus semilunaris mündet (vgl. oben: „ostiomeataler Komplex“)

Sinus ethmoidales

Fossa cranii anterior

Canalis nasolacrimalis

Sinus maxillaris

medial: Nasenhöhle bzw. Recessus sphenoethmoidalis, lateral: Orbita (mit je einer Öffnung: Foramen ethmoidale anterius und posterius)







Sinus frontalis (Stirnhöhle): Der Sinus frontalis ist besonders variabel in seiner Ausdehnung und kann einen knöchernen Arcus supericiliaris (Überaugenwulst) bedingen. Die Trennwand beider Seiten liegt meist paramedian. Sinus sphenoidalis (Keilbeinhöhle): Der Sinus sphenoidalis ist ebenfalls durch ein oft paramedian orientiertes Septum in zwei ungleiche Abschnitte unterteilt, die sich in den Recessus sphenoethmoidalis öffnen (Tab. M-4.1). Gelegentlich kann eine Knochenzelle den Sehnerv einscheiden (sog. Onodi-Zelle). Die Keilbeinhöhle hat besonders neurochirurgisch wichtige Lagebeziehungen (S. 1042). Sinus ethmoidales mit Cellulae ethmoidales anteriores, mediae und posteriores: Die Siebbeinzellen (Cellulae ethmoidales) sind in zahlreiche, unterschiedlich große Knochenzellen mit teilweise papierdünnen Wänden gekammert, die sich bis zum Keilbein ausdehnen können. Man unterscheidet eine vordere Gruppe (Cellulae ethmoidales anteriores und mediae), die sich vor dem Ansatz der mittleren Nasenmuschel öffnen und eine hintere Gruppe, die unter der oberen Nasenmuschel münden (s. a. Tab. M-4.1). Wenn sich eine Siebbeinzelle in die mittlere Nasenmuschel fortsetzt, spricht man von Concha bullosa.







Der paarige Sinus frontalis (Stirnhöhle) ist besonders seitenvariabel und weist häufig ein nicht mittig gelegenes Septum auf. Der Sinus sphenoidalis ist ebenfalls paarig, meist ungleichseitig unterteilt und führt mit seinen Öffnungen in den Recessus sphenoethmoidalis (Tab. M-4.1). Die Cellulae ethmoidales (Siebbeinzellen) werden in eine vor der mittleren Nasenmuschel mündende und eine hintere, unter der oberen Nasenmuschel mündende Gruppe unterteilt (s. a. Tab. M-4.1). Sie sind durch sehr dünne Wände voneinander getrennt und können sich bis zur Stirnhöhle hinziehen.

Feinbau der Nasen- und Nasennebenhöhlen

Feinbau der Nasen- und Nasennebenhöhlen

Innerhalb der Nasenhöhle lassen sich topografisch-histologisch drei Bereiche unterscheiden: ■ Das Vestibulum nasi (Eingangsbereich) ist durch die Auskleidung mit Epidermis der Außenfläche der Nasenflügel sehr ähnlich und wird daher zuweilen als Regio cutanea der Nasenhöhle bezeichnet.

Topografisch-histologisch lassen sich 3 Bereiche unterscheiden: ■ Vestibulum nasi als Regio cutanea der Nasenhöhle,

1044 ■





M

von der sich die anderen beiden Gebiete durch ihre Auskleidung mit Schleimhaut (Tunica mucosa) abheben. Deren Pars respiratoria ist durch ein Flimmerepithel gekennzeichnet (im größten Teil der Nasenhöhle und in den Nasennebenhöhlen), während ihre Pars olfactoria die Riechschleimhaut ist (Regio olfactoria).

4 Nase und Nasennebenhöhlen

Die beiden anderen Regionen sind mit Schleimhaut (Tunica mucosa) überzogen, die entsprechend ihrer unterschiedlichen Funktion grundsätzlich verschieden aufgebaut sind: ■ Die Pars respiratoria tunicae mucosae ist durch ein Flimmerepithel gekennzeichnet und kleidet den größten Anteil der Nasenhöhle aus, den man auch als Regio respiratoria bezeichnet. Auch die Nasennebenhöhlen sind durch ein solches Flimmerepithel bedeckt. ■ Die Pars olfactoria tunicae mucosae ist die Riechschleimhaut zur Auskleidung der Regio olfactoria.

Regio cutanea im Vestibulum nasi

Regio cutanea im Vestibulum nasi

Vestibulum nasi: Dem hyalinen Knorpel des Nasenseptums bzw. Nasenflügels sitzt im Vestibulum nasi eine an Talg- und Schweißdrüsen reiche Epidermis auf, in der sich Borstenhaare (Vibrissae) finden. Sie geht in die äußere Haut über. Zur Nasenhöhle hin nimmt die Verhornung ab.

Das Vestibulum nasi hat im Bereich der Nasenflügel und des knorpeligen Nasenseptums eine hyaline Knorpelplatte als Grundlage. Die talg- und schweißdrüsenreiche Epidermis, die an der Außenfläche der Nasenflügel über ein sehr dünnes Corium fest mit dem Perichondrium verwachsen ist, setzt sich in gleicher Weise auf die Innenseite fort. Dort finden sich zahlreiche borstenartige Haare (Vibrissae). Zum Limen nasi hin wird die Verhornung der Epidermis deutlich dünner, die Haare fehlen und es treten weitlumige Venen nahe an die Subkutis. Sie können leicht verletzt werden und sind häufig die Quelle für das Nasenbluten (sog. Locus Kiesselbachi). Zur Nasenhöhle hin geht dieser Bereich in die Regio respiratoria über.

Regio respiratoria der Nasenhöhle (mit Nasennebenhöhlen) In der Cavitas nasi findet sich typisches Respirationsepithel (Becher-, Flimmer- und Basalzellen, Abb. M-4.5), das meist von Lymphozyten durchsetzt ist. Es sitzt einer dicken Lamina propria mit darunter gelegenen tubuloazinösen gemischten Drüsen auf. Vorwiegend im Bereich der Muscheln sind subepitheliale schwellkörperartige Venenpolster vorhanden.

Regio respiratoria der Nasenhöhle (mit Nasennebenhöhlen)

⊙ M-4.5

Die Regio respiratoria besitzt eine charakteristische Tunica mucosa, die einer kräftigen Lamina propria aufsitzt. Die Mucosa besteht aus sog. respiratorischem Epithel (Abb. M-4.5), das für den überwiegenden Teil der Atemleitungswege typisch ist. Es enthält Flimmerzellen (die Schlagrichtung der Kinozilien ist dabei rachenwärts gerichtet), Becherzellen, Intermediär- und Basalzellen sowie in wechselnder Zahl intraepitheliale Lymphozyten. Subepithelial sind tubuloazinöse gemischte, überwiegend muköse Drüsen eingelagert, die von einem weiten Venenplexus umgeben sind. Im Bereich der unteren und mittleren Muschel ist dieser Venenplexus zu (pseudo)kavernösem Gewebe erweitert, d. h. die weitlumigen Venen sind nicht nur über Kapillaren, sondern auch direkt über lange Arteriolen mit der arteriellen Strombahn verbunden. Die Blutfüllung der Venen wird über glattmuskelige Sphinkteren reguliert.

Nasenschleimhaut in der Regio respiratoria Das Respirationsepithel, das den Großteil der Nasenschleimhaut bedeckt, besitzt Flimmerzellen mit Kinozilien, die durch Basalfüßchen in der Zelle verankert sind und daneben auch Becherzellen. Nahe der Basalmembran finden sich Intermediär- und Basalzellen, die dem Zellersatz dienen. In der bindegewebigen Lamina propria (Lp) liegen weitlumige Venen (V), Arterien (A), markarme Nervenfasern (N) und gemischte, hier rein seröse Drüsenazini (D). (Nasenhöhle einer neugeborenen Ratte, Semidünnschnitt, Methylenblau-Fuchsin-Färbung)

M

1045

4.2 Aufbau von Nase und Nasennebenhöhlen

▶ Klinik. Entzündungen der Nasenschleimhaut (Rhinitis oder „Schnupfen“) bedingen vermehrte Schleimabsonderung und Drüsensekretion mit Anschwellen der Venenplexus. Dadurch wird meist die Nasenatmung behindert („verstopfte Nase“). Durch lokale Applikation von vasokonstriktorisch („sympathomimetisch“) wirkenden Nasentropfen kann die Nasenatmung wieder erleichtert werden. Hierbei ist zu beachten, dass solche Präparate nicht längerfristig eingesetzt werden sollten, da sonst die Gefahr einer Schädigung der Schleimhaut sowie der Gewöhnung mit reaktiv stärkerer Anschwellung nach Absetzen besteht.

⊙ M-4.6

Schwellung der Nasenschleimhaut. In der Ansicht eines Frontalschnitts von vorne ist in der linken Nasenhöhle die Schleimhaut in geschwollenem, in der rechten zum Vergleich in abgeschwollenem Zustand dargestellt. Die starke Einengung der Nasenhöhle bei Anschwellung der Schleimhaut führt zur Behinderung der Nasenatmung. (Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

Die Schleimhaut der Nasennebenhöhlen ist ganz ähnlich aufgebaut; es fehlen allerdings die Venenplexus, die subepithelialen Drüsen sind deutlich geringer ausgeprägt und die Lamina propria ist eng mit der Knochenoberfläche verbunden (sog. „Mukendost“).

In den Nebenhöhlen fehlen diese Polster, sie sind von einem dünnen respiratorischen Epithel ausgekleidet, das dem Knochen eng anliegt.

Regio olfactoria – Riechorgan

Regio olfactoria – Riechorgan

Einen völlig abweichenden Bau weist die gut daumennagelgroße Regio olfactoria auf der oberen Nasenmuschel, am Nasendach und einer kleinen Fläche am Nasenseptum auf (s. Abb. M-4.8 und Abb. M-2.7), die aufgrund des Lipofuscingehalts des Epithels stärker bräunlich gefärbt ist als die Umgebung. Das Epithel ist wesentlich dicker als das Respirationsepithel und besteht aus flaschenförmig gebauchten Riechzellen (primären bipolaren Sinneszellen), zylindrischen Stützzellen und kegelförmigen Basalzellen (S. 1238), die als Vorläufer der Stützzellen und der Sinneszellen angesehen werden. In der Lamina propria liegen die dünnen Neuriten der Sinneszellen, die sich zu Fila olfactoria zusammenschließen und durch die Lamina cribrosa des Siebbeins zum Bulbus olfactorius (S. 1239) ziehen. Dazwischen finden sich die verzweigt tubuloazinösen Glandulae olfactoriae (Bowman- oder Spüldrüsen). Ihr Sekret benetzt die Oberfläche der mit Mikrovilli besetzten Stützzellen und der mit 10 Sinnesgeißeln versehenen Riechkolben der Sinneszellen, die sich dort emporwölben. Die Sinnesgeißeln flottieren in dem Sekret der Bowman-Drüsen, die als Spüldrüsen durch Bindungsproteine (Odorant-Bindungsprotein, OBP) die Bindungsstellen an den Membranen für Riechstoffe freihalten. Sinnes- und Stützzellen sind durch apikale Schlussleistenkomplexe (S. 59) miteinander verbunden.

Das Epithel der Regio olfactoria (auf der oberen Nasenmuschel, am Nasendach und einer kleinen Fläche am Nasenseptum) besteht aus hohen flaschenartig ausgebauchten Zylinderzellen (Riechzellen) mit einem charakteristischen kolbenartigen Fortsatz, aus dem 10 lange Kinozilien herausragen. Daneben gibt es zylindrische Stützzellen und kegelförmige basale Ersatzzellen. Subepithelial liegen die tubuloazinösen Bowman- oder Spüldrüsen (Gll. olfactoriae). Die Sinneszellen durchsetzen mit ihrem basalen Neuriten die Basalmembran und bilden die Fila olfactoria, die durch die Lamina cribrosa des Siebbeins zum Bulbus olfactorius (S. 1239) ziehen.

▶ Exkurs: Jacobson-Organ (Organum vomeronasale). Das Vomeronasalorgan (VNO) wird als „soziales Rezeptororgan“ angesehen, da es auf individualtypische Duftstoffe anspricht. Es ist ein Rudiment im Bereich des knorpeligen Nasenseptums unmittelbar hinter dem Eingang zum Canalis incisivus und hat seine größte Ausdehnung bei Amphibien. Es besteht aus einem von einem hohen Epithel ausgekleideten Blindsack, der von Drüsen umgeben und von einem Ast (N. terminalis) des Olfaktoriussytems innerviert wird. Beim Menschen wird ihm die Wahrnehmung bestimmter Steroidhormone und verwandter „Pheromone“ zugeschrieben, wie sie z. T. in Parfüms angereichert werden. So hat man kürzlich die psychologische Wirkung von (Körper-) Gerüchen in Bezug auf bestimmte Merkmale des Immunsystems, insbesondere des Hauptverträglichkeitskomplexes (MHC) untersucht. Dabei fiel auf, dass Frauen normalerweise Gerüche von Männern als angenehm empfinden, deren Immunmerkmale möglichst von ihren eigenen abweichen. Dagegen bevorzugen Frauen, die steroidale Kontrazeptiva einnehmen, die Gerüche von Duftspendern mit ähnlichen Immunmerkmalen. Die am VNO beteiligten Neuronen gehören zu den empfindlichsten Chemorezeptoren bei Säugern, die Wahrnehmungsgrenze liegt im Femtomol-Bereich (d. h. bis zu 10-11 M Pheromon kann ein einzelnes VNO-Neuron noch erkennen und auch verarbeiten)!

▶ Exkurs: Jacobson-Organ (Organum vomeronasale).

1046

M

4.3

4.3

Gefäßversorgung und Innervation von Nase und Nasennebenhöhlen

4 Nase und Nasennebenhöhlen

Gefäßversorgung und Innervation von Nase und Nasennebenhöhlen

Vorderer und hinterer Nasenabschnitt haben getrennte Versorgungsbereiche.

Mediale und laterale Wand der Nasenhöhle lassen sich grundsätzlich in jeweils eine kleinere vordere und eine größere hintere Versorgungszone einteilen.

4.3.1

4.3.1 Gefäßversorgung

Gefäßversorgung

Arterien: Die äußere Nase wird über die A. facialis, A. infraorbitalis und A. dorsalis nasi (Ast der A. ophthalmica) versorgt.

Die A. ethmoidalis anterior (aus der A. ophthalmica) versorgt den Vorderabschnitt der Nasenhöhle; der Hinterabschnitt wird über Aa. posteriores laterales und septi der A. sphenopalatina und von der A. ethmoidalis posterior versorgt (Abb. M-4.7).

⊙ M-4.7

Arterielle Versorgung: Die Blutversorgung der äußeren Nase wird im Bereich des unteren Nasenseptums sowie der Nasenflügel durch die Arteria facialis, ein Ast der A. carotis externa (S. 973), im Gebiet von seitlicher Nasenwand und Nasenrücken durch die Arteria infraorbitalis (aus der A. maxillaris) und über dem Nasenrücken durch die Arteria dorsalis nasi als Ast der A. ophthalmica gewährleistet. Der vordere Teil der Nasenhöhle mit den benachbarten Siebbeinzellen und dem Sinus frontalis wird oben von der Arteria ethmoidalis anterior (Ast der A. ophthalmica aus der A. carotis interna), unten von Ästen der A. carotis externa versorgt. Der hintere Nasenhöhlenabschnitt mit dem Sinus maxillaris und den hinteren Siebbeinzellen erhält unten Blut über die Arteriae nasales posteriores laterales und septi der A. sphenopalatina (Ast der A. maxillaris) sowie oben aus der Arteria ethmoidalis posterior (Ast der A. ophthalmica). Im gefäßreichen „Locus Kiesselbachi“ am vorderen knorpeligen Nasenseptum sind somit Endäste aus dem Stromgebiet der A. carotis interna (A. ethmoidalis anterior) und der A. carotis externa (A. sphenopalatina, A. facialis) beteiligt (Abb. M-4.7).

Arterielle Versorgung der Nasenhöhle

A. meningea anterior

Die unterschiedliche Herkunft aus dem Stromgebiet der A. carotis interna (grün) und A. carotis externa (gelb) ist in a angedeutet. Der Locus Kiesselbachi wird aus Ästen beider Hauptarterien gespeist (blau). a Arterien zur Versorgung der Nasenscheidewand und (nach Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.) b der lateralen Wand der Nasenhöhle. (Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.) Venen: Der Blutabfluss der äußeren Nase erfolgt über die V. facialis. In den Nasenhöhlen führen die geflechtartigen Venen das Blut in den Plexus venosus pterygoideus ab.

Venöser Abfluss: Der Blutabfluss erfolgt aus dem Gebiet der äußeren Nase über die Vena facialis. Die Venen der Nasenhöhlen bilden ein Geflecht, das mit dem Plexus pterygoideus, den Gesichtsvenen (und beim Kind über ein Emissarium mit dem Sinus sagittalis superior) in Verbindung steht.

Lymphabfluss: Die regionären Lymphknoten sind die Nll. submandibulares und die tiefen Halslymphknoten einschließlich der Nll. retropharyngeales.

Lymphabfluss: Die Lymphe der äußeren Nase und des Vorderabschnitts der Nasenhöhle fließt in die Nodi lymphoidei submandibulares ab. Aus dem Hinterabschnitt erfolgt der Abfluss in die Nodi lymphoidei retropharyngeales und die tiefen Halslymphknoten.

4.3.2

4.3.2 Innervation

Innervation

Äußere Nase: Sie wird vom R. nasalis externus (N. ethmoidalis anterior), N. infraorbitalis (aus V2), N. infratrochlearis und N. nasociliaris (beide aus V1) innerviert (vgl. Abb. M-2.12).

Äußere Nase: Die sensible Innervation der Haut im Bereich der äußeren Nase erfolgt über den Ramus nasalis externus aus dem Nervus ethmoidalis anterior und weitere Äste, die teils dem Nervus infraorbitalis des N. maxillaris (V2), und teils den Nervi infratrochlearis und nasociliaris (beide aus dem N. ophthalmicus, V1) entstammen (vgl. Abb. M-2.12).

4.3 Gefäßversorgung und Innervation von Nase und Nasennebenhöhlen

1047

Nasenhöhle: Während die Somatoafferenzen aus dem Bereich der Nasenhöhle über Fasern der Trigeminusäste geleitet werden, lagern sich die vegetativen Fasern ihnen lediglich an, um darüber ihr Zielgebiet zu erreichen. Die parasympathische Innervation für die Gll. nasales erfolgt über Fasern des N. petrosus major aus dem N. facialis (VII) nach Umschaltung im Ganglion pterygopalatinum. Die sympathischen, durch das Ganglion hindurchziehenden Fasern (aus dem Plexus caroticus internus über den N. petrosus profundus) versorgen die Gefäße des Nasenraums. Im Bereich der Nasenhöhle gibt es wieder zwei Versorgungsbereiche: ■ Der Vorderbereich wird vom Nervus ethmoidalis anterior (Ast des N. nasociliaris aus V1) versorgt, der zusammen mit der gleichnamigen Arterie durch das Foramen ethmoidale anterius des Siebbeins in die vordere Schädelgrube tritt und von hier extradural durch die Siebbeinplatte zur Nasenhöhle gelangt. Er entlässt Rami nasales mediales bzw. laterales für den Vorderbereich. ■ Der Hinterbereich wird von Ästen des N. maxillaris mit angelagerten parasympathischen Fasern aus dem Ganglion pterygopalatinum (Umschaltungsstelle für die parasympathischen Fasern, Abb. M-2.18) versorgt, die durch das Foramen sphenopalatinum in die Nasenhöhle eintreten: Rami nasales posteriores superiores laterales (ca. 10 dünne Ästchen) ziehen zur oberen und mittleren Nasenmuschel und die hinteren Siebbeinzellen, Rami nasales posteriores inferiores zum hinteren Teil der unteren Nasenmuschel und Rami nasales posteriores mediales zum Nasenseptum. Als besonders langer Nerv zieht der Nervus nasopalatinus (incisivus) mit der A. nasalis posterior septi durch den Canalis incisivus zur Gaumenschleimhaut (Abb. M-4.8). Die Geruchsinformation aus der Regio olfactoria wird über die ca. 20 Fila olfactoria weitergeleitet. Dies sind Bündel von marklosen Neuriten der Sinneszellen („Riechzellen“) in der olfaktorischen Schleimhaut (S. 1045), die in ihrer Gesamtheit als N. olfactorius (I) bezeichnet werden und durch die Lamina cribrosa in den Bulbus olfactorius eintreten. Näheres s. Kap. Fila olfactoria, Nervus, Bulbus und Tractus olfactorius (S. 1239).

Nasenhöhle: Den somatoafferenten Trigeminusästen lagern sich parasympathische Fasern (über den N. petrosus major aus N. VII nach Umschaltung im Ggl. pterygopalatinum) für die Gll. nasales und sympathische Anteile aus dem Plexus caroticus internus (über N. petrosus prof.) an.

Nasennebenhöhlen: Die Schleimhaut der Nasennebenhöhlen wird sensibel aus jeweils benachbarten Ästen des N. trigeminus sowie ihnen angelagerten parasympathischen Fasern aus dem Ganglion pterygopalatinum versorgt: Der Sinus frontalis über den N. supraorbitalis, die Cellulae ethmoidales über den N. ethmoidalis anterior und posterior, der Sinus sphenoidalis über den N. ethmoidalis posterior und der Sinus maxillaris über den N. infraorbitalis bzw. Plexus dentalis superior.

Nasennebenhöhlen: Die Schleimhaut der Nasennebenhöhlen wird sensibel aus jeweils benachbarten Ästen des N. trigeminus und parasympathisch durch Fasern aus dem Ganglion pterygopalatinum versorgt.

M

⊙ M-4.8

Innervation der Nasenhöhle

Das Gebiet der Fila olfactoria entspricht der Ausdehnung der Regio olfactoria (vgl. Abb. M-2.7). (Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

a Nerven des Nasenseptums b und der lateralen Nasenwand.





Der vordere Abschnitt der Nasenhöhle wird innerviert vom N. ethmoidalis anterior (Ast des N. nasociliaris aus V1) mit Rr. nasales mediales und laterales. Der hintere Nasenabschnitt erhält Äste aus dem Ggl. pterygopalatinum (Umschaltung der parasympath. Fasern, Abb. M-2.18): Rr. nasales posteriores superiores laterales und mediales, Rr. nasales posteriores inferiores sowie dem N. nasopalatinus, der durch den Canalis incisivus zur Gaumenschleimhaut zieht (Abb. M-4.8).

Die Weiterleitung der Geruchsinformation aus der Regio olfactoria erfolgt über Fila olfactoria (gemeinsam als N. olfactorius bezeichnet). Sie treten durch die Lamina cribrosa zum Bulbus olfactorius. Näheres s. Kap. Fila olfactoria, Nervus, Bulbus und Tractus olfactorius (S. 1239).

1048

M

4.4

4.4

Entwicklung von Nase und Nasennebenhöhlen

4 Nase und Nasennebenhöhlen

Entwicklung von Nase und Nasennebenhöhlen

Zur Bildung der Nase aus den Nasenwülsten (S. 970). Nasenhöhle: Das Riechsäckchen wandert nach kranial und wird zur Regio olfactoria. Das Epithel beider Nasenwülste verklebt zunächst zu einer Membrana oronasalis, die später einreißt und so die primäre Choane bildet. Durch die Gaumenentwicklung (S. 1008) und Einwachsen des Nasenseptums entstehen die sekundären Choanen. Seitlich bilden sich in der Nasenhöhle kleine Verdickungen, die verknorpeln und als Nasenmuscheln verknöchern.

Zur Ausbildung der Nase aus medialem und lateralem Nasenwulst (S. 970).

Nasennebenhöhlen: Sie entwickeln sich postnatal (Abb. M-4.9) durch in die benachbarten Knochen einwachsenden Schleimhauttaschen.

Entwicklung der Nasennebenhöhlen: Die Nasennebenhöhlen entwickeln sich erst postnatal (Abb. M-4.9) durch Schleimhautdivertikel, die in die Maxilla, das Stirnbein, das Siebbein und das Keilbein einsprossen. Postpubertär entstehen daraus die Nebenhöhlen.

⊙ M-4.9

Entwicklung der Nasenhöhle: Die Nasenhöhle entsteht durch eine Tiefenverlagerung der Riechsäckchen bis an das Dach der primären Mundhöhle. Das Epithel des medialen und lateralen Nasenwulstes (S. 971) verklebt und bildet eine Abgrenzung zur Mundhöhle (Membrana oronasalis), die später einreißt. Diese hinten oberhalb des primären Gaumens (S. 1008) gelegenen Bereiche des Riechsäckchens sind damit zu primären Choanen geworden. Mit der Entwicklung des sekundären Gaumens wird der Bereich weiter nach dorsal und kaudal verlagert und bildet die hintere Öffnung (Choana) der nunmehr paarigen Nasenhöhle. Der kranialste Teil des Riechsäckchens differenziert sich zur Regio olfactoria. An den darunter gelegenen Seitenflächen beider Nasenhöhle treten drei Verdickungen auf, deren unterste bald verknorpelt und damit zur unteren Nasenmuschel wird.

⊙ M-4.9

Pneumatisation der Kiefer- und Stirnhöhle

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Auge – Sehorgan

5.1 5.2 5.3 5.4 5.5 5.6

Funktion und Einteilung des Auges . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Orbita (Augenhöhle) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Hilfsapparat des Auges . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Augapfel (Bulbus oculi) – Orientierungslinien und Schichtenfolge Augapfel (Bulbus oculi) – Linse und Augenkammern . . . . . . . . . Entwicklung des Auges . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

M . . . . . .

. . . . . .

. 1049 . 1049 . 1052 . 1058 . 1068 . 1072

J. Kirsch

5.1

Funktion und Einteilung des Auges

5.1

Funktion und Einteilung des Auges

Das Auge als Sehorgan setzt sich zusammen aus ■ einem optischen Apparat, der ein reelles Bild auf die Netzhaut projiziert, und ■ einem Hilfsapparat, der Schutzfunktionen hat und der Ausrichtung der Augen dient.

Das Sehorgan setzt sich aus dem optischen Apparat und dem Hilfsapparat zusammen.

Optischer Apparat: Elektromagnetische Strahlung von etwa 350–750 nm Wellenlänge generiert in den Sinneszellen des Auges elektrische Impulse, die im Gehirn verarbeitet und bewusst als Hell-Dunkel bzw. Farberscheinungen wahrgenommen werden. Am Wirbeltierauge unterscheidet man einen lichtbrechenden (dioptrischen) und einen informationsverarbeitenden Teil. Der lichtbrechende Teil des Auges funktioniert wie eine Filmkamera. Er produziert auf einer lichtempfindlichen Projektionsfläche, der Retina (Netzhaut), ein reelles Bild, das durch die entsprechenden Sinneszellen (Photorezeptoren) in elektrische Signale umgesetzt (kodiert) wird. Während ein Film jedoch das Abgebildete statisch (Pixel für Pixel) wiedergibt, findet in den Nervenzellschichten der Retina, dem informationsverarbeitenden Teil, bereits eine Analyse der optischen Informationen statt. Diese voranalysierten Informationen werden dann in Form von Nervenimpulsen über den Sehnerven (N. opticus) den folgenden Umschaltstationen der Sehbahn zugeleitet und dort weiter verarbeitet (S. 1221). Eine gute Abbildungsqualität erfordert zusätzlich stufenlose Variationsmöglichkeiten zwischen Nah- und Ferneinstellung (Akkommodation) und eine dynamische Anpassung an sich ändernde Beleuchtungsverhältnisse (Adaption). Diese Funktionen werden durch die sog. inneren Augenmuskeln vermittelt.

Optischer Apparat: Am Säugetierauge kann man einen lichtbrechenden und einen informationsverarbeitenden Teil unterscheiden. Der lichtbrechende (dioptrische) Teil funktioniert wie eine Filmkamera. Im informationsverarbeitenden Teil werden die Signale analysiert. Die voranalysierten Informationen werden im N. opticus den folgenden Stationen der Sehbahn zugeleitet. Nah- und Ferneinstellung (Akkommodation) sowie eine Anpassung an sich ändernde Beleuchtungsverhältnisse (Adaption) durch die inneren Augenmuskeln optimieren die Abbildung.

Hilfsapparat: Um „sinnvolle“ Informationen aus der Außenwelt aufzunehmen, muss das Auge auf „interessierende“ Objekte ausgerichtet werden können. Hierzu verfügt es über einen eigenen Bewegungsapparat (äußere Augenmuskeln). Weitere Hilfseinrichtungen mit vorwiegender Schutzfunktion sind Augenlider, Bindehaut und Tränenapparat. Große Teile des Sehapparates befinden sich in der nur nach vorne geöffneten Augenhöhle (Orbita). Sie enthält zahlreiche wichtige Leitungsbahnen und beherbergt einen Großteil der Hilfseinrichtungen. Nach deren Besprechung wird der Schichtenbau des Augapfels (Bulbus oculi) behandelt. Die innerste Schicht des Augapfels entspricht dem ersten Teil des informationsverarbeitenden Systems, Teile der äußeren Schicht (Hornhaut) bilden einen wesentlichen Anteil der lichtbrechenden Komponente des Sehapparates. Der Bulbusinnenraum kann in drei Kammern untergliedert werden, die weitere lichtbrechende Anteile des Sehapparates beinhalten.

Hilfsapparat: Zu den Hilfseinrichtungen des Auges zählen die äußeren Augenmuskeln, die der genauen Ausrichtung des lichtbrechenden Apparates dienen, sowie Augenlider, Bindehaut und Tränenapparat mit vorwiegender Schutzfunktion.

5.2

Orbita (Augenhöhle)

5.2

Orbita (Augenhöhle)

5.2.1 Form und Aufbau der Orbita

5.2.1

Form und Aufbau der Orbita

Die Orbita ist ein etwa kegelförmiger knöchern begrenzter Raum. Zum Aufbau der Wände dieses Kegels (s. Tab. M-5.1 und Abb. M-5.1). Die Basis des Kegels bildet die vordere Öffnung, den Aditus orbitalis. An der Spitze des Orbitakegels befindet sich der Anulus tendineus communis, ein Sehnenring, der den Ursprung der meisten äußeren Augenmuskeln (Tab. M-5.2) bildet. Durch seine zentrale Öffnung laufen der N. opticus (II), N. oculomotorius (III), N. abducens (VI), N. nasociliaris (aus V1) sowie die A. ophthalmica.

Die Basis der kegelförmigen Orbita (Tab. M-5.1 und Abb. M-5.1) bildet der Aditus orbitalis, während an der Spitze der Anulus tendineus communis (Tab. M-5.2) liegt, durch den der N. nasociliaris, der N. opticus (II), Nerven zur Augenmuskulatur (III, VI) und die A. ophthalmica verlaufen.

1050

≡ M-5.1

M

Knöcherne Wände und Öffnungen der Orbita

Orbitawand mit beteiligten Knochen Dach ■ Os frontale Boden ■ Maxilla ■

Os zygomaticum



Os palatinum

laterale Wand ■ Os zygomaticum ■

5 Auge – Sehorgan

Öffnung

Inhalt

Incisura frontalis → Gesicht



N. supraorbitalis, R. medialis

Foramen supraorbitale → Gesicht



N. supraorbitalis, R. lateralis

Canalis infraorbitalis und Foramen infraorbitale → Gesicht



N. infraorbitalis



A. infraorbitalis

Fissura orbitalis superior → mittlere Schädelgrube



N. oculomotorius (III)



N. trochlearis (IV)



N. abducens (VI)



N. ophthalmicus (V1), der in der Orbita drei Äste bildet – N. lacrimalis – N. frontalis – N. nasociliaris

Ala major des Os sphenoidale (Facies orbitalis)



V. ophthalmica superior



N. zygomaticus (aus V2)



N. infraorbitalis (aus V2)



A. infraorbitalis



V. ophthalmica inferior Über der Fissura orbitalis inferior liegt der M. orbitalis (Müller), der den venösen Rückfluss reguliert

Foramen zygomaticoorbitale



N. zygomaticus (aus V2) mit Aufteilung in

→ über Foramen zygomaticotemporale zum Gesicht

– R. zygomaticotemporalis des N. zygomaticus (aus V2)

Fissura orbitalis inferior → Fossa pterygopalatina

→ über Foramen zygomaticofaciale zum Gesicht – R. zygomaticofacialis des N. zygomaticus (aus V2) mediale Wand ■ Ala minor des Os sphenoidale ■

Processus frontalis der Maxilla



Os lacrimale



Os ethmoidale



Os frontale

⊙ M-5.1

N. opticus

Canalis opticus → mittlere Schädelgrube

■ ■

A. ophthalmica

Foramen ethmoidale anterius → vordere Siebbeinzellen



A. und N. ethmoidalis anterior (aus V1)

Foramen ethmoidale posterius → hintere Siebbeinzellen



A. und N. ethmoidalis posterior (aus V1)



Vv. ethmoidales

Canalis nasolacrimalis → Nasenhöhle



Ductus nasolacrimalis

Wände der Orbita

Foramen supraorbitale

Os frontale

Fissura orbitalis superior Foramen zygomaticoorbitale Os sphenoidale

Foramen ethmo- Os ethmo- Foramen ethmoidale posterius idale anterius idale Foramen ethmoidale Foramen ethmoanterius idale posterius Canalis opticus Os sphenoidale Os ethmoidale Canalis opticus Os lacrimale

Os zygomaticum Fissura orbitalis inferior

Maxilla

a

Foramen infraorbitale

Os frontale

Os lacrimale Os nasale

Sinus frontalis Os zygomaticum Foramen zygomaticoorbitale Maxilla

Canalis nasoCanalis inlacrimalis fraorbitalis Maxilla Fissura Canalis inOs palatinum orbitalis fraorbitalis inferior Foramen Fossa pterygo- Fissura orbi- Sinus palatina talis inferior maxillaris infraorbitale b

Os frontale

Fissura orbitalis superior Os sphenoidale – Ala minor – Ala major

Fissura orbitalis superior

(Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

a Ansicht der rechten Orbita von frontal, b lateral c und medial mit farblicher Hervorhebung der sieben an ihrer Bildung beteiligten Knochen.

Os palatinum

c

Sinus maxillaris

5.2 Orbita (Augenhöhle)

1051

Der knöcherne Orbitakegel wird von Periost überzogen, das wegen seiner besonderen Zusammensetzung aus kollagenen und elastischen Fasern im Bereich der Orbita als Periorbita bezeichnet wird. Als Membrana orbitalis überbrückt die Periorbita die Fissura orbitalis inferior. In diese Membran sind die glatten Muskelfaserzüge des Musculus orbitalis eingelassen. Dieser Muskel reguliert den venösen Blutrückfluss in der V. ophthalmica inferior. Er wird durch den N. petrosus profundus innerviert, der sympathische Fasern führt. Die knöchernen Wände zwischen der Orbita und den benachbarten Nasennebenhöhlen (insbesondere Sinus maxillaris und Cellulae ethmoidales) sind nur ca. 0,5 mm dick. Daher können nach entsprechenden Traumata an diesen Stellen sehr leicht Frakturen auftreten oder bei Infektionen entzündliche Prozesse übertreten. Die Orbita ist durch zahlreiche Öffnungen und Kanäle mit unmittelbar und mittelbar benachbarten Strukturen und Räumen verbunden (Tab. M-5.1).

Das Periost der Orbita wird als Periorbita bezeichnet. Sie wird über der Fissura orbitalis inferior als Membrana orbitalis bezeichnet. Zur Regulation des venösen Rückflusses enthält die Membran glatte Muskelfasern (M. orbitalis), die vom N. petrosus profundus innerviert werden.

5.2.2 Inhalt der Orbita mit Leitungsbahnen

5.2.2

M

Die Orbita enthält ■ den Augapfel, sog. Bulbus oculi (S. 1068), ■ Muskeln (6 äußere Augenmuskeln, s. u. sowie den M. levator palpebrae superioris (S. 1054) und ■ umgebendes Fettgewebe (Corpus adiposum orbitae), das um den Bulbus oculi herum als derbe bindegewebige Kapsel (Vagina bulbi, Tenon-Kapsel) ausgebildet ist. ■ Zahlreiche Leitungsbahnen zur Versorgung des Augapfels und seiner Hilfsstrukturen ziehen durch die Orbita (Abb. M-5.2). Sie werden hier kurz im Zusammenhang dargestellt, damit ihre Herkunft bei Besprechung der von ihnen versorgten Strukturen bereits bekannt ist. Arterien: Die Arteria ophthalmica (aus der A. carotis interna) bildet im Bereich der Orbita zahlreiche Äste, deren Versorgungsgebiet teilweise auch außerhalb der Orbita liegt: Arteria lacrimalis (Tränendrüse und über Aa. palpebrales laterales auch den lateralen Lidbereich), Arteriae ciliares posteriores longae und breves (Bulbus hinter dem Äquator bzw. N. opticus im Bereich des Discus), Arteria centralis retinae, die im

⊙ M-5.2

Da die Wände zwischen der Orbita und den benachbarten Nasennebenhöhlen sehr dünn sind, können leicht Frakturen auftreten oder entzündliche Prozesse übergreifen. Die Orbitawände enthalten zahlreiche Öffnungen (Tab. M-5.1).

■ ■





Inhalt der Orbita mit Leitungsbahnen Augapfel (Bulbus oculi), Muskeln (6 äußere Augenmuskeln, s. u. und M. levator palpebrae superioris), Fettgewebe (Corpus adiposum orbitae; um den Bulbus oculi als Vagina bulbi = TenonKapsel bezeichnet) und Leitungsbahnen (Abb. M-5.2).

Blutgefäße: A. und V. ophthalmica und deren Äste. Über die Vv. ophthalmicae superior und inferior besteht ein Anschluss an die Gesichtsvenen (S. 976).

Leitungsbahnen der Orbita

Rechtes Auge in der Orbita, a Ansicht von kranial, b und c Ansicht von lateral Zur Verdeutlichung wurden die jeweils umliegenden Strukturen weitgehend entfernt. (Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

a Äste der A. ophthalmica in der rechten Orbita nach Entfernung des Orbitadachs und Fensterung des Canalis opticus b Venen in der rechten Orbita nach Entfernung ihrer lateralen Wand und Fensterung des Sinus maxillaris. c Nerven in der rechten Orbita in der gleichen Darstellung wie in b.

1052

M

5 Auge – Sehorgan

N. opticus zur Retina zieht, Arteriae ethmoidales anterior und posterior (Hirnhaut vordere Schädelgrube und mediale Nasenschleimhaut), Arteria supraorbitalis (Bulbus vor dem Äquator, Endast zur Stirn), Arteriae palpebrales mediales (mediales Augenlid). Ihre Endäste (Arteria supratrochlearis und Arteria dorsalis nasi) enden in der Gegend des medialen Augenwinkels bzw. Nasenrückens, wo sie eine Anastomose zum Stromgebiet der A. carotis externa (Arteria angularis) bilden. Ein Ramus anastomoticus mit der A. meningea media (ebenfalls Stromgebiet der A. carotis externa) kann ausgebildet sein. Venen: Die Vena ophthalmica nimmt das Blut aus den Venae ophthalmicae superiores und inferiores, der Vena lacrimalis, der Vena supratrochlearis und den Venae ethmoidales auf und leitet es dem Sinus cavernosus zu. Über die Venae ophthalmicae superior und inferior besteht ein Anschluss an die Gesichtsvenen (S. 976) V. angularis und V. facialis. Nerven: Neben dem N. opticus (II) zur Weiterleitung der visuellen Information verlaufen die Augenmuskelnerven (III, IV und VI) durch die Orbita. Der N. ophthalmicus (V1) verzweigt sich in die Nn. nasociliaris, lacrimalis und frontalis. Aus dem N. nasociliaris stammen die sensorischen Fasern für die Nn. ciliares longi und breves. Im Ganglion ciliare werden die parasympathischen Okulomotoriusfasern umgeschaltet und ziehen zusammen mit sensiblen (aus dem N. ophthalmicus) und sympathischen Fasern zu den inneren Augenmuskeln (M. ciliaris und Mm. sphincter und dilatator pupillae).

Nerven: Neben dem die optische Information leitenden Nervus opticus (II) verlaufen die Nerven zu den Augenmuskeln durch die Orbita: ■ Nervus oculomotorius (III), ■ Nervus trochlearis (IV) und ■ Nervus abducens (VI). Ebenfalls verzweigen sich die Äste des ersten Trigeminushauptstamms (Nervus ophthalmicus, V1) innerhalb der Augenhöhle: Nervus nasociliaris, Nervus lacrimalis und Nervus frontalis. Das Ganglion ciliare liegt lateral des N. opticus. Es hat drei Wurzeln, jedoch werden wie in den anderen Kopfganglien (S. 980) nur die aus dem Ramus inferior nervi oculomotorii stammenden parasympathischen Fasern (Radix parasympathica oder oculomotoria) hier umgeschaltet. Die Fasern der Radix sensoria (aus dem N. nasociliaris) und Radix sympathica aus dem periarteriellen Plexus um die A. ophthalmica ziehen ohne Umschaltung durch das Ganglion ciliare hindurch und schließen sich mit den postganglionären parasympathischen Fasern zu Nervi ciliares breves zusammen. Die parasympathischen und sympathischen Fasern der Nn. ciliares breves innervieren die inneren Augenmuskeln. Der M. ciliaris und der M. sphincter pupillae werden dabei von parasympathischen, der M. dilatator pupillae von sympathischen Fasern innerviert. Vom N. nasociliaris kommt auch die sensorische Komponente der Nervi ciliares longi, denen sich sympathische Fasern aus dem periarteriellen Plexus um die A. ophthalmica anschließen.

Hilfsapparat des Auges

5.3

Hilfsapparat des Auges

5.3

5.3.1

Bewegungen des Augapfels durch äußere Augenmuskeln

5.3.1 Bewegungen des Augapfels durch äußere Augenmuskeln

Der Augapfel bewegt sich im Spatium circumbulbare. Um konjugierte Augenbewegungen zu ermöglichen, sind beide Bulbi zu einem System zusammengeschlossen, dessen Schaltzentrale in den Kerngebieten der Augenmuskelnerven im Mittelhirn liegt (Tab. N-1.1). ▶ Merke.

Die Bewegungen des Augapfels vollziehen sich im Spaltraum zwischen Capsula bulbi und Sclera (S. 1061), dem Spatium circumbulbare. Die Beweglichkeit beider Bulbi ist Voraussetzung für die Einstellung einer einheitlichen Blickrichtung. Beide Bulbi sind zu einem System zusammengeschlossen, das konjugierte Augenbewegungen ermöglicht. Die Schaltzentrale dieses Systems liegt in den Kerngebieten der Augenmuskelnerven im Mittelhirn (Tab. N-1.1) und im Colliculus superior (S. 1226). Stellglieder dieses Regelsystems sind die äußeren Augenmuskeln. ▶ Merke. An jedem Auge gibt es vier gerade (Mm. rectus lateralis, medialis, supe-

rior, inferior) sowie 2 schräge Augenmuskeln (Mm. obliquus superior und inferior), die jeweils eine Hauptfunktion mit Ausnahme der Mm. rectus lateralis und medialis sowie Nebenfunktionen aufweisen (Tab. M-5.2). Die jeweilige Muskelfunktion hängt von der Abweichung der aktuellen Blickstellung von der Normalstellung ab (Abb. M-5.3). Die Bewegungen des Bulbus sind Drehungen um eine sagittale, vertikale und transversale Achse, die einen gemeinsamen Drehpunkt etwa 14 mm hinter der Hornhaut haben.

Welche Funktion ein Augenmuskel ausführt, hängt von der Abweichung der aktuellen Blickstellung von der Normalstellung ab, bei der die Sehachse um etwa 23° von der Orbitaachse abweicht (Abb. M-5.3). Die Bewegungen des Bulbus können dabei als Drehbewegungen um drei Achsen aufgefasst werden, deren gemeinsamer Drehpunkt etwa 14 mm hinter der Hornhaut liegt. Die sagittale Achse entspricht der Blickachse und ermöglicht Innenrotation und Außenrotation des Bulbus. Um die vertikale Achse erfolgen Abduktion (Blick

M

1053

5.3 Hilfsapparat des Auges

nach außen) und Adduktion (Blick nach innen). Elevation (Blick nach oben) und Depression (Blick nach unten) erfolgen um die transversale Achse. Zu Details bezüglich Ursprung, Ansatz, Innervation s. Tab. M-5.2.

⊙ M-5.3

⊙ M-5.3

Seh- und Orbitaachse * 

 

-  .   

-       -      

Ansicht von kranial auf beide Augen. Die optische Achse (durchgezogene Linie) differiert von der Orbitaachse (gestrichelte Linie längs des M. rectus superior) um 23°. (Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

-   

     +    ,

&/0

 

≡ M-5.2

Augenmuskeln

Muskel

Ursprung

Ansatz

Innervation

Funktion*

M. rectus superior

Anulus tendineus communis

Bulbusäquator

N. oculomotorius (III)

Elevation (Hebung) geringe Adduktion und Innenrotation

M. rectus inferior

Anulus tendineus communis

Bulbusäquator

N. oculomotorius (III)

Depression (Senkung) geringe Adduktion und Außenrotation

M. rectus lateralis

Anulus tendineus communis

Bulbusäquator

N. abducens (VI)

Abduktion

M. rectus medialis

Anulus tendineus communis

Bulbusäquator

N. oculomotorius (III)

Adduktion

M. obliquus superior

Corpus ossis sphenoidalis

hinter dem Bulbusäquator

N. trochlearis (IV)

Innenrotation Abduktion und geringe Depression

N. oculomotorius (III)

Außenrotation Abduktion und geringe Elevation

Verlauf durch Trochlea (Hypomochlion am medialen Orbitarand)

M. obliquus inferior

Crista lacrimalis posterior der Maxilla

hinter dem Bulbusäquator

* Die jeweilige Hauptfunktion ist durch Fettdruck und roten Pfeil in der zugehörigen Abbildung gekennzeichnet. Abbildungen aus Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.

1054

M

⊙ M-5.4 Elevation Depression

5 Auge – Sehorgan

Hauptblickrichtungen M. obliquus inferior

M. rectus superior

M. rectus lateralis

M. obliquus inferior

Innenrotation

M. rectus lateralis

M. rectus medialis

M. obliquus superior Abduktion

Außenrotation M. rectus inferior Adduktion

(Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

M. obliquus superior Abduktion

Blick nach rechts oben

Blick nach links oben

Blick nach rechts

Blick nach links

Blick nach rechts unten

Blick nach links unten

▶ Klinik.

Beachte, dass bei einer Blickrichtung an jedem Auge unterschiedliche Muskeln aktiviert werden können.

▶ Klinik. Bei Störungen der konjugierten Blickmotorik (z. B. Schielen = Strabismus)

berichten die Betroffenen über Doppelbilder (Diplopie). Man untersucht den Patienten, indem man ihn nach rechts, links und in beide Richtungen diagonal schräg blicken lässt und verfolgt dabei die Bewegungen beider Bulbi. Die Stellung des zurückbleibenden Bulbus gibt Aufschluss über die gelähmten Augenmuskeln und damit u. U. auch über die Funktion der betroffenen Augenmuskelnerven bzw. deren Kerne.

5.3.2

Augenlider und Bindehaut

5.3.2 Augenlider und Bindehaut

Augenlider (Palpebrae)

Augenlider (Palpebrae)

Funktion: Die Augenlider (Abb. M-5.5) schützen die Hornhaut vor mechanischen Schäden und bilden einen inkompletten Blendschutz.

Funktion: Aufgrund ihrer mechanische Festigkeit schützen die Lider die darunter liegende empfindliche Hornhaut vor mechanischen Schäden. Darüber hinaus sind sie ein relativer (weil nicht komplett lichtundurchlässig) Licht- und Blendschutz.

Aufbau: Sie bestehen aus einer oberflächlichen (M. orbicularis oculi, Septum orbitalis) und einer tiefen Schicht (Lidheber, Tarsus).

Aufbau: Man unterscheidet eine oberflächliche Schicht, zu der der M. orbicularis oculi und das bindegewebige Septum orbitalis zu rechnen ist, von einer tiefen Schicht, der die Lidheber und der Tarsus mit Begleitstrukturen zugeordnet werden (Abb. M-5.5).

Tarsus

Tarsus

Der Kern der Lider besteht aus den bindegewebigen Tarsus superior und inferior. Am Orbitarand ist der Tarsus durch die Ligg. palpebrale mediale und laterale befestigt, die gleichzeitig Sehnen des M. orbicularis oculi sind. Dieser Muskel ist für den Lidschluss zuständig. Das Oberlid wird durch den M. levator palpebrae superioris gehoben. Die aus glatten Muskelzellen bestehenden Mm. tarsalis superior und inferior regulieren die Weite der Lidspalte. In der Klinik wird der M. tarsalis superior als Müller-Lidheber bezeichnet.

Form und Festigkeit der Lider werden durch halbovale bindegewebige Platten, Tarsus superior und Tarsus inferior, hergestellt. Diese Tarsi werden durch bindegewebige Bänder, Ligamenta palpebralia mediale und laterale, am medialen bzw. lateralen Orbitarand befestigt. Diese Bänder sind gleichzeitig Sehnen des Musculus orbicularis oculi, einem quergestreifen mimischen Muskel (Abb. M-1.14), der für den Lidschluss zuständig ist. Die Tarsi sind über das Septum orbitale am Periost der Orbita verankert. Als Heber des Oberlids wirkt der quergestreifte Musculus levator palpebrae superioris , der von der Ala minor des Os sphenoidale entspringt, über dem M. rectus superior durch die Orbita zieht und über eine Aponeurose im Bindegewebe des Tarsus superior inseriert. Dieser Aponeurose liegen die glatten Muskelzellen des Musculus tarsalis superior (in der Klinik Müller-Lidheber genannt und nicht zu verwechseln mit dem Müller-Muskel, der Teil des M. ciliaris ist) von innen an. Der Musculus tarsalis inferior besteht ebenfalls aus glatten Muskelzellen und befindet sich

M

⊙ M-5.5

1055

5.3 Hilfsapparat des Auges

Augenlid

Periorbita Orbitadach

M. levator palpebrae superioris

Septum orbitale

M. tarsalis superior

M. orbicularis oculi, Pars orbitalis

Palpebra superior

Tarsus superior mit Gll. tarsales (Meibom-Drüsen)

Palpebra inferior M. orbicularis oculi, a Pars palpebralis

Tarsus inferior

M. levator palpebrae superioris

A. u. N. supraorbitalis

N. supratrochlearis M. obliquus superior

Septum orbitale

Trochlea

Gl. lacrimalis, Pars palpebralis

Bulbus oculi Gll. sebaceae (Zeis-Drüsen)

Gll. ciliares (Moll-Drüsen)

M. tarsalis superior

N. infratrochlearis

Gl. lacrimalis, Pars orbitalis

V. ophthalmica superior

Lig. palpebrale laterale Tarsus superior

Saccus lacrimalis

Tarsus inferior

A. u. V. angularis

A. u. V. dorsalis nasi

A. facialis

M. tarsalis inferior N. infraorbitalis

N. u. A. infraorbitalis

b

(Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

a Augenlid im Sagittalschnitt b und tiefe Schicht nach Entfernung eines Großteils des Septum orbitale in der Ansicht von ventral.

im Unterlid zwischen Tarsus inferior und Fornix inferior. Beide Mm. tarsales regulieren zusammen mit dem M. orbicularis oculi die Weite der Lidspalte (Rima palpebrarum).

Limbus palpebrae mit Drüsen

Limbus palpebrae mit Drüsen

Der Lidrand (Limbus palpebrae) weist einen stumpfen, vorderen (Limbus anterior palpebrae) und einen scharfkantigen hinteren Rand (Limbus posterior palpebrae) auf. Der Limbus anterior palpebrae ist mit Wimpern (Cilia) besetzt, in deren Haartrichter die Ausführungsgänge großer Talgdrüsen, der Glandulae sebaceae (Zeis-Drüsen) münden. In der Nähe der Haarwurzeln liegen einzelne Schweißdrüsen, Glandulae ciliares (Moll-Drüsen), die apokrin sezernieren. In den Limbus palpebrae posterior münden die Ausführungsgänge der großen holokrinen, Talg produzierenden Glandulae tarsales (Meibom-Drüsen), deren Drüsenbäumchen in der Tunica propria tarsi liegen und deren Inhalt durch Kontraktion einzelner Fasern des M. orbicularis oculi ausgepresst wird. Diese Muskelfasern werden als Riolan-Muskel bezeichnet. Der Talg der Glandulae tarsales bildet die äußere von drei Schichten des präkornealen Flüssigkeitsfilms (S. 1057).

Der vordere Lidrand (Limbus anterior palpebrae) ist stumpf und mit Wimpern besetzt. In die Haartrichter münden die Zeis-Drüsen (Talgdrüsen). In der Nähe der Haarwurzeln liegen die apokrinen Moll-Drüsen (Glandulae ciliares). Der hintere Lidrand ist scharfrandig. Hier münden die Ausführungsgänge der Talg produzierenden Meibom-Drüsen (Glandulae tarsales). Ihr Inhalt wird durch einzelne Fasern des M. orbicularis oculi (Riolan-Muskel) ausgepresst und bildet eine Schicht des Tränenfilms (S. 1057).

▶ Klinik. Eine bakterielle Infektion (Staphylokokken) der Lidranddrüsen (Zeis- oder Moll-Drüsen) nennt man Hordeolum externum (Gerstenkorn). Sind die Gll. tarsales betroffen, spricht man von einem Hordeolum internum. Es handelt sich um eine schmerzhafte Entzündung mit Rötung des Lidrandes, Ödem und ggf. Eiteransammlung. Hiervon zu unterscheiden ist die schmerzfreie Schwellung eines Chalazions (Hagelkorn), das durch einen Sekretstau der Meibom-Drüsen mit nachfolgender nicht bakterieller Entzündung hervorgerufen wird. Beide Erkrankungen werden normalerweise durch lauwarme Kompressen behandelt und heilen dann nach wenigen Tagen ab.

⊙ M-5.6

Liddrüsenentzündungen

(Sachsenweger, M.: Duale Reihe Augenheilkunde. Thieme, 2003)

a Hordeolum internum b und Chalazion.

a

Gefäßversorgung: In dieser Region überschneiden sich die Versorgungsgebiete von A. carotis interna und externa. Aus der A. carotis interna stammen die Arteria supraorbitalis und von lateral Äste der Arteria lacrimalis (beides Äste der A. ophthalmica). Aus dem Stromgebiet der A. carotis externa kommen von lateral Äste der Arteria temporalis superficialis. Die mediale Versorgung stammt von Ästen der Arteria angularis (aus der A. facialis) bzw. der Arteria dorsalis nasi, die mit der Arteria supratrochlearis (aus der A. ophthalmica) anastomosiert. Die Venen tragen den gleichen Namen und begleiten die Arterien (Abb. M-5.5b).

b

Gefäßversorgung: Sie erfolgt aus dem Stromgebiet der A. carotis interna über die A. supraorbitalis und A. lacrimalis (beide aus A. ophthalmica), aus dem ■ Stromgebiet der A. carotis externa über die A. temporalis superficialis, A. angularis, A. dorsalis nasi. Sie werden von gleichnamigen Venen begleitet (Abb. M-5.5b). ■

1056

M

Innervation: ■ Motorisch: N. oculomotorius (M. levator palpebrae superioris) und sympathisch (Mm. tarsales superior und inferior). ■ Sensibel: über Rr. palpebrales des N. supraorbitalis (aus V1) und des N. infraorbitalis (aus V2).

Innervation: ■ Motorisch: Der M. levator palpebrae superioris wird vom N. oculomotorius (III) innerviert, die glatte Muskulatur des M. tarsalis superior (Müller-Lidheber) und der M. tarsalis inferior aus postganglionären Fasern aus dem Ganglion cervicale superius des Sympathikus, die sich dem N. oculomotorius anlagern. ■ Sensibel: Die sensible Innervation erfolgt über Rami palpebrales nervi supraorbitalis des N. ophthalmicus (V1) bzw. über Rami palpebrales nervi infraorbitalis des N. maxillaris (V2).

Bindehaut (Tunica conjunctiva)

Bindehaut (Tunica conjunctiva)

Sie kleidet die Rückseite der Lider und die vorderen Teile der Sclera aus (Abb. M-5.7) und bildet eine Tasche, die in der Klinik Konjunktivalsack genannt wird. Es handelt sich um eine Schleimhaut, deren Sekret die innere Schicht des präkornealen Flüssigkeitsfilm (S. 1057) ausmacht. Am Übergang von Lidern und Bulbus bildet die Fornix conjunctivae eine Reservefalte. Im medialen Augenwinkel ist die Plica semilunaris conjunctivae sichtbar.

Eine gefäßreiche Schleimhaut, die Tunica conjunctiva (Bindehaut), kleidet als Conjunctiva tarsi die Rückfläche der Lider und als Conjunciva bulbi die vorderen Anteile der Sclera aus (Abb. M-5.7). Somit bildet sie eine Tasche, die in der Klinik als Konjunktivalsack bezeichnet wird. Charakteristischerweise weist die Bindehaut ein mehrschichtiges hochprismatisches Epithel auf, in das Becherzellen eingelagert sind. Das Sekret der Becherzellen bildet die innere Schicht des präkornealen Flüssigkeitsfilm (S. 1057). Am oberen und unteren Übergang von Lid und Bulbus befindet sich die Fornix conjunctivae superior bzw. inferior mit zahlreichen Reservefalten (Conjunctiva fornicis) zur Kompensation extremer Augenbewegungen. Im medialen Augenwinkel bildet die Bindehaut eine äußerlich sichtbare Plica semilunaris conjunctivae.

⊙ M-5.7

5 Auge – Sehorgan

⊙ M-5.7

Bindehaut Ausdehnung der Bindehaut an einem schematischen Sagittalschnitt. (Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

Cornea

▶ Klinik.

▶ Klinik. Durch leichtes Ziehen am Unterlid kann die Bindehaut inspiziert werden.

Aufgrund ihrer guten Kapillarisierung kann der erfahrene Arzt am Grad der Rötung den Hämoglobingehalt des Blutes abschätzen. Gefäßversorgung: Sie erfolgt über die Aa. palpebrales und ciliares anteriores, der venöse Abfluss über die gleichnamigen Venen in die Vv. ophthalmicae superior und inferior.

Gefäßversorgung: Die Bindehaut wird von den Arteriae palpebrales laterales und mediales und den vorderen Ziliararterien (Arteriae ciliares anteriores) versorgt. Der venöse Abfluss erfolgt über die gleichnamigen Venen in die Venae ophthalmicae superior und inferior.

Innervation: Nn. ciliares longi aus dem N. nasociliaris, einem Ast des N. ophthalmicus (V1).

Innervation: Die Bindehaut ist reich innerviert von sensiblen Ästen der Nervi ciliares longi aus dem N. nasociliaris, der seinerseits ausdem N. ophthalmicus (V1) stammt.

5.3.3

5.3.3 Tränenapparat

Tränenapparat

Tränendrüse (Glandula lacrimalis)

Tränendrüse (Glandula lacrimalis)

Funktion: Sie dient v. a. der Sekretion der Tränenflüssigkeit. Diese bildet die mittlere Schicht des präkornealen Flüssigkeitsfilms (Abb. M-5.8b), der Unebenheiten der Hornhaut ausgleicht und deren Austrocknung verhindert. Die beiden anderen Schichten werden von den Becherzellen der Konjunktiven bzw. den Meibom-Drüsen gebildet.

Funktion: Die Hauptfunktion der Glandula lacrimalis besteht in der Sekretion der Tränenflüssigkeit. Diese bildet die mittlere von drei Schichten des präkornealen Flüssigkeitsfilms (Abb. M-5.8b). Dieser Flüssigkeitsfilm gleicht geringfügige Unebenheiten der Hornhaut aus und verhindert deren Austrocknung. Die innere Schicht des präkornealen Flüssigkeitsfilms ist viskös und wirkt dadurch stabilisierend auf den Film. Sie wird von den Becherzellen des Konjunktivalepithels gebildet. Die äußere Schicht ist lipophil und verhindert das rasche Verdunsten. Sie stammt vom Talg der Glandulae tarsales, sog. Meibom-Drüsen (S. 1055).

M

⊙ M-5.8

1057

5.3 Hilfsapparat des Auges

Tränenapparat und Aufbau des präkornealen Flüssigkeitsfilms Lipidschicht, ca. 0,1 µm

Meibom-DrŸsen

M. levator palpebrae superioris verhindert rasches Verdunsten

Caruncula lacrimalis

Septum orbitale Gl. lacrimalis Ð Pars orbitalis Ð Pars palpebralis

Canaliculi lacrimalis superior u. inferior Saccus lacrimalis

Palpebra superior

wŠssrige Schicht, ca. 8 µm SpŸlflŸssigkeit, glŠttet OberflŠchenunebenheiten aus

Punctum lacrimale superius u. inferius

Palpebra inferior

Ductus nasolacrimalis

a

Concha nasalis inferior

TrŠnendrŸse

Muzinschicht, ca. 0,8 µm

b

Becherzellen der Bindehaut

stabilisiert durch gelartige Konsistenz den TrŠnenfilm

(Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

a Rechtes Auge von frontal, Septum orbitale teilweise entfernt. Die Ansatzsehne des M. levator palpebrae superioris wurde teilweise durchtrennt, um die beiden Teile der Tränendrüse sichtbar zu machen. b Der präkorneale Flüssigkeitsfilm besteht aus drei definierten Schichten mit unterschiedlichen Eigenschaften. (nach Lang)

▶ Exkurs: Zusammensetzung und Funktionen der Tränenflüssigkeit. Täglich werden unter Normalbedingungen, d. h. wenn ein Mensch nicht weint, etwa 5–10 ml Tränenflüssigkeit (lat. lacrima) gebildet, die Sekretion sistiert während des Schlafes. Die Tränenflüssigkeit besteht aus einer isotonen Salzlösung (Na+, K+, Cl-, Bikarbonat) und enthält sezernierte Proteine (Lysozym, Lactoferrin, α- und β-Defensine) mit antibakterieller (bakteriozider und bakeriostatischer) Wirkung. Weitere Komponenten sind Epidermal Growth Factor (EGF) zur Förderung der Heilung kleiner Wunden und IgA, das durch Transzytose in die Tränenflüssigkeit gelangt.

▶ Exkurs: Zusammensetzung und Funktionen der Tränenflüssigkeit.

Aufbau und Lage: Die Glandula lacrimalis ist eine seröse, tubuloalveoläre Drüse ähnlich wie die Glandula parotis (S. 1018) bzw. der exokrine Teil des Pankreas (S. 750). Schalt- und Streifenstücke fehlen. Sie liegt oberhalb des temporalen Lidwinkels in der Fossa glandulae lacrimalis des Os frontale. Die 8–12 Ausführungsgänge münden lateral in der Fornix conjunctivae superior. Die aponeurotische Sehne des M. levator palpebrae superioris teilt die Drüse in eine Pars palpebralis und eine Pars orbitalis (Abb. M-5.8a). Beide Teile sind jedoch über eine Parenchymbrücke miteinander verbunden.

Aufbau und Lage: Die Glandula lacrimalis ist eine seröse, tubuloalveoläre Drüse. Sie liegt oberhalb des temporalen Lidwinkels. Die 8– 12 Ausführungsgänge münden lateral oben in der Fornix conjunctivae superior. Die Sehne des M. levator palpebrae superioris teilt die Drüse in Partes palpebralis und orbitalis (Abb. M-5.8a).

Gefäßversorgung: Sie erfolgt über die Arteria lacrimalis aus A. ophthalmica. Über die Vena ophthalmica superior fließt das Blut ab.

Gefäßversorgung: A. lacrimalis; V. ophthalmica superior.

Innervation: Die Tränensekretion wird durch parasympathische Fasern angeregt, deren 1. Neuron im Nucleus salivatorius superior im Hirnstamm liegt. Diese präganglionären Fasern gelangen über den Intermediusanteil des N. facialis (VII) als Nervus petrosus major zum Ganglion pterygopalatinum, wo sie auf das 2. Neuron umgeschaltet werden. Mit dem N. zygomaticus (aus N. maxillaris = V2) gelangen die postganglionären Fasern über eine Anastomose (Ramus communicans cum nervo lacrimale) mit dem N. lacrimalis (aus N. ophthalmicus = V1) zur Drüse. Die sympathischen Nervenfasern aus dem Halsgrenzstrang erreichen die Drüse über die Nervengeflechte um die A. lacrimalis.

Innervation: parasympathische Fasern aus Intermediusanteil des N. facialis (VII), die mit dem N. petrosus major zum Ganglion pterygopalatinum verlaufen. Die postganglionären Fasern gelangen über eine Anastomose zwischen N. zygomaticus und N. lacrimalis zur Drüse. Die sympathische Innervation aus dem Halsgrenzstrang erreicht die Drüse über periarterielle Plexus um die A. lacrimalis.

Tränenwege

Tränenwege

Durch den Lidschlag gelangt die Tränenflüssigkeit in den medialen Augenwinkel und reinigt dabei den Konjunktivalsack von kleineren Fremdkörpern. Die Flüssigkeit sammelt sich im Tränensee (Lacus lacrimalis), und wird durch die beiden Tränenpunkte (Puncta lacrimalia) im Ober- und Unterlid über die jeweiligen Tränenkanälchen (Canaliculi lacrimales) dem Tränensack (Saccus lacrimalis) zugeleitet (Abb. M-5.8a). Dieser liegt, bedeckt von der medialen Periorbita, in der Fossa lacrimalis des Os lacrimale. Durch die Verwachsung der dünnen Wand des Saccus la-

Die Tränenflüssigkeit sammelt sich im Lacus lacrimalis und gelangt über den oberen und unteren Tränenpunkt am medialen Augenwinkel in den Saccus lacrimalis (Abb. M-5.8a). Dieser setzt sich in den Ductus nasolacrimalis fort, der mit einem mehrreihigen Zylinderepithel ausgekleidet ist.

1058

M

5 Auge – Sehorgan

crimalis mit dem Periost des Os lacrimale und der Periorbita bleibt das Lumen stets geöffnet. ▶ Merke.

▶ Merke. Der Tränenfluss wird durch den Lidschluss (M. orbicularis oculi) von tem-

poral nach nasal in Richtung der ableitenden Tränenwege gesteuert. ▶ Klinik.

Der Ductus nasolacrimalis mündet im Meatus nasalis inferior (S. 1041). Hier befindet sich eine Schleimhautklappe (Plica lacrimalis, Hasner-Klappe), die Ventilfunktion hat. Der Tränenabfluss wird durch Kapillarkräfte unterstützt. Die Lidöffnung verstärkt die Sogwirkung.

5.4

Augapfel (Bulbus oculi) – Orientierungslinien und Schichtenfolge

Der Augapfel ist lateral stärker gekrümmt als dorsal. Der Äquator teilt den Bulbus in eine vordere und eine hintere Hälfte. Die Augenachse zieht vom Zentrum der Cornea (vorderer Augenpol) zum Ansatzpunkt des Sehnervs (hinterer Augenpol). Die Sehachse verläuft senkrecht durch die Krümmungsmittelpunkte des lichtbrechenden Systems. ▶ Merke.

Der Bulbus besteht aus drei Schichten (Abb. M-5.10–Abb. M-5.12): ■ Tunica fibrosa, ■ Tunica vasculosa (Uvea) und ■ Tunica interna bulbi = Retina (Netzhaut).

▶ Klinik. Da eine Läsion des N. facialis, d. h. eine Fazialisparese (S. 1185), zu einer Lähmung des M. orbicularis oculi führt, funktioniert der Lidschluss nicht mehr. Es ist nur ein unvollständiger Augenschluss möglich (Lagophthalmus). Wegen des fehlenden Lidschlusses wird die Tränendrüse nicht mehr „ausgedrückt“ und kann die Tränenflüssigkeit nicht mehr über Cornea und Sclera verteilt werden, sodass in dieser Situation die Gefahr einer Hornhautschädigung durch Austrocknung besteht. Versucht ein Patient mit Fazialisparese, die Augen zu schließen, kann die physiologische konjugierte Bulbusbewegung nach oben (Schutzstellung) durch die offene Lidspalte beobachtet werden. Dies wird als Bell-Phänomen bezeichnet.

Der Saccus lacrimalis (Tränensack) setzt sich in den Ductus nasolacrimalis fort, der mit einem hohen, mehrreihigen Zylinderpithel mit Becherzellen ausgekleidet und über eine kräftige Lamina propria in den Knochenkanal eingebaut ist. Er mündet im Meatus nasalis inferior (S. 1041), dem unteren Nasengang. An dieser Mündung befindet sich eine Schleimhautfalte (Plica lacrimalis, Hasner-Klappe), die wie ein Ventil funktioniert, sodass etwa beim Niesen keine Luft in den Ductus nasolacrimalis gepresst werden kann. Dabei wird der Tränenabfluss durch die Kapillarkräfte in den Canaliculi lacrimales unterstützt. Darüber hinaus führt die Lidöffnung zu einer Erweiterung der vertikalen Abschnitte und verstärkt die Sogwirkung. Nur im letzten Abschnitt der Tränenwege erfolgt der Flüssigkeitstransport passiv.

5.4

Augapfel (Bulbus oculi) – Orientierungslinien und Schichtenfolge

Der Durchmesser des Bulbus oculi beträgt etwa 24 mm, er ist jedoch lateral stärker gekrümmt als dorsal. In den vorderen Pol ist die stark gekrümmte Cornea eingelassen. Die Linie des größten Umfangs nennt man Äquator. Er teilt den Bulbus in eine annähernd gleich große vordere und hintere Hälfte. Senkrecht hierzu verlaufen die Meridiane. Die Augenachse (Axis bulbi) zieht vom Zentrum der Cornea (vorderer Augenpol) zum Ansatzpunkt des Sehnervs am hinteren Augenpol. Die Sehachse (Axis opticus) verläuft senkrecht durch die Krümmungsmittelpunkte des dioptrischen Systems zur Fovea centralis. ▶ Merke. Augen- und Sehachse sind nicht identisch.

Am Bulbus oculi (Augapfel) können drei Schichten unterschieden werden (Abb. M-5.10–Abb. M-5.12): ■ eine mechanisch stabile, äußere Schicht (Tunica fibrosa bulbi), ■ eine gefäßführende mittlere (Tunica vasculosa bulbi, Uvea) und ■ eine innere Schicht aus Nervenzellen, d. h. Tunica interna bulbi = Retina, Netzhaut (S. 1064). Die drei Schichten des Bulbus lassen sich sowohl dem lichtbrechenden als auch dem informationsverarbeitenden Teil des Auges zuordnen. Im Anschluss an die Beschreibung der Schichten werden die Augenkammern mit den weiteren an der Lichtbrechung beteiligten Strukturen separat besprochen.

M

⊙ M-5.9

1059

5.4 Augapfel (Bulbus oculi) – Orientierungslinien und Schichtenfolge

⊙ M-5.9

Bulbus oculi

(Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

⊙ M-5.10

Schichten des Bulbus oculi (Teil I)

Anteile/Schichten

Aufbau

Gefäße und Nerven

Tunica fibrosa bulbi Cornea (Hornhaut) Lamina epithelialis

5–6-schichtiges unverhorntes Plattenepithel (Dicke 70 µm) mitotisch aktive zylindrische Basalzellen (Erneuerung etwa alle 7 Tage) Korneaepithelzellen können sich amöboid bewegen und damit Defekte in der Schicht aktiv abdecken.

Lamina limitans anterior (BowmanMembran)

Schicht (8–14 µm) ungewöhnlich dünner (140–270 Å) Kollagenfibrillen (Kollagen Typ I und V)

Substantia propria

Schicht (500 µm) aus dicht gepackten, parallel angeordneten Kollagenfasern (Typ I, III, V und VII, 200–250 Lamellen), Keratozyten (Fibroblasten)

Lamina limitans posterior (Descemet-Membran)

2 Schichten, deren Komponenten von den Endothelzellen gebildet werden: – Kollagen(VIII-)fasern und – Glykoproteine

Endothel

eine Lage platter, hexagonaler, durch Zonulae occludentes (Diffusionsbarriere) miteinander verbundener Zellen

keine Gefäße (Ernährung beruht auf der Versorgung über ein Randschlingennetz skleraler und episkleraler Blutgefäße im Bereich des Limbus sowie auf aerober Glykolyse. Das Epithel ist zur Sauerstoffaufnahme aus dem Tränenfilm und das Endothel zur Glukoseaufnahme aus dem Kammerwasser befähigt). Nerven: Nn. ciliares longi (aus N. nasociliaris aus N. V1) ziehen durch die Sclera und treten am Limbus in die Cornea über

Sclera (Lederhaut) Lamina episcleralis

Schicht aus lockerem Bindegewebe, in das Gefäße und Nerven eingebettet sind.

Lamina propria (Stroma sclerale)

Schicht aus straffem kollagenen Bindegewebe (hoher Anteil von Hydroxyprolin im Kollagen, 45 % Dermatansulfat als Proteoglykan).

Lamina fusca

pigmentierte (Melanozyten) Schicht aus lockerem Bindegewebe an der Grenze zur Uvea

Gefäße: Aa. ciliares anteriores (aus den Aa. musculares der A. ophthalmica) 4 Venae vorticosae (Austritt aus der Sclera durch vier Kanäle) mit Zufluss aus: – Vv. ciliares anteriores (vor dem Äquator) – Vv. ciliares posteriores longae und breves (hinter dem Äquator) Nerven: wie Cornea (s. o.)

1060 ⊙ M-5.11

M

5 Auge – Sehorgan

Schichten des Bulbus oculi (Teil II)

Anteile/Schichten

Aufbau

Gefäße und Nerven

Tunica vasculosa bulbi (Uvea) Iris (Regenbogenhaut) Lamina epithelialis iridis an der Vorderfläche

unregelmäßiges, lückenhaftes Netz von platten Epithelzellen gebildet, die wegen ihrer Fortsätze eher Fibroblasten ähnlich sehen.

Stroma iridis

Netze aus radiär angeordneten Kollagenfasern (gebildet von eingelagerten Fibroblasten) weitere Zellen: Melanozyten (Augenfarbe), Mastzellen und sog. „clump cells“ (Typ 1: Makrophagen; Typ 2: pigmentierte Zellen neuroektodermaler Herkunft) Muskeln – M. sphincter pupillae (zirkulär) – M. dilatator pupillae (radiär)

Myoepithelium pigmentosum (Pigmentepithel) an der Rückfläche

zweischichtiges Zylinderepithel mit Verbindung der einzelnen Zellen durch Zonulae occludentes → Verhinderung des Übertritts von Kammerwasser in das Stroma iridis – Myoepithel (auf der dem Stroma zugewandten Facies posterior) M. dilatator pupillae; in der Nähe der Pupille M. sphincter pupillae – kubisches Epithel (in Richtung der hinteren Augenkammer von Basallamina umgeben). Diese Schicht weist zahlreiche radiale und (in Abhängigkeit vom Öffnungsgrad der Pupille) zirkuläre Falten auf.

Gefäße: Circulus arteriosus iridis major (an der Irisbasis) und minor (am Pupillenrand) im Stroma iridis Beide werden aus Aa ciliares posteriores longae und Aa. ciliares anteriores gespeist. Nerven: Nn. ciliares breves aus dem Ganglion ciliare mit sensiblen, parasympathischen und sympathischen Faserqualitäten. Zusätzlich sensible Innervation aus den Nn. ciliares longi

Corpus ciliare (Strahlenkörper) Ziliarepithel

zweischichtige Epithelschicht (auf beiden Seiten von einer Basallamina umgeben!): – unpigmentierte Ziliarepithelzellen → Sekretion von Kammerwasser und Hyaluronsäure zur Erhaltung des Glaskörpers – pigmentierte Zellen

Stroma corporis ciliaris (Stratum vasculosum)

lockeres kollagenes Bindegewebe mit den hierfür charakteristischenZellen (Fibroblasten, Melanozyten, Mastzellen, Makrophagen). Blutkapillaren in dieser Schicht besitzen ein fenestrierte Endothel zur Erleichterung des Stoffaustauschs zwischen Blut, Epithel undKammerwasser

M. ciliaris

glatter Muskel mit 3 Anteilen

Gefäße: – Aa. ciliares posteriores longae – Aa. ciliares anteriores Nerven: – parasympathische Fasern der Nn. ciliares breves

Choroidea (Aderhaut) Lamina suprachoroidea (Haller-Schicht)

scherengitterartig angeordnete Bindegewebsschicht mit nebenstehend genannten aus der A. ophthalmica kommenden Arterien und den in die Vv. orbitales abfließenden Venen.

Lamina vasculosa

Übergang der nebenstehend genannten Gefäße in weitlumige Arteriolen Umschaltung parasympathischer Fasern

Lamina choroidocapillaris

Kapillarläppchen, die aus jeweils einer Arteriole der Lamina vasculosa gespeist werden Basallamina des stark fenestrierten Endothels steht in Kontakt mit der Bruch-Membran

Vergleiche auch Glaskörper (S. 1071). Details zu Musculus ciliaris siehe Tab. M-5.4.

Gefäße: – Aa. ciliares post. longae und breves, Aa. ciliares anteriores (Äste der A. ophthalmica) – Vv. vorticosae mit Abfluss in die Vv. orbitalis sup. und inf. Nerven: Nn. ciliares longi und breves (Letztere enthalten u. a. parasympathische Fasern aus dem Ggl. ciliare, die z. T. in etwa 2000 nicht zu einem Ganglion zusammengefassten multipolaren Nervenzellen umgeschaltet werden)

M

⊙ M-5.12

1061

5.4 Augapfel (Bulbus oculi) – Orientierungslinien und Schichtenfolge

Schichten des Bulbus oculi (Teil III)

Anteile/Schichten Bruch-Membran (Complexus basalis, Lamina vitrea)

Gefäße und Nerven

Aufbau dreischichtig (2 µm) – Stratum elasticum (vorwiegend elastische Fasern, außen) → wichtig für die Desakkommodation – Stratum fibrosum (vorwiegend kollagene Fasern) – Basallamina der pigmentierten Schicht des Ziliarepithels Netz aus elastischen Fasern (→ Desakkommodation = Abflachung der Linse) zwischen Lamina choroidocapillaris und Retina, das außen und innen von Kollagenfibrillen begrenzt wird. Zu ihr gehören die Basallaminae der choroidalen Kapillaren und des retinalen Pigmentepithels.

keine Blutgefäße und Nerven

Tunica interna bulbi – Retina (Netzhaut) Pars optica retinae Stratum pigmentosum

Stratum nervosum

einschichtiges isoprismatisches Epithel Pigmentepitelzellen: – im oberen Teil der lateralen Plasmamembran durch Zonulae occludentes und adhaerentes miteinander verbunden – basal (der Bruch-Membran zugewandt): zahlreiche Mitochondrien sowie glattes endoplasmatisches Retikulum (ER) mit stark gefalteter Plasmamembran – apikalen (den Photorezeptoren zugewandt): zahlreiche Mikrovilli und Taschen, die bis zu 7 µm lang werden können und sich zwischen die Außensegmente der Stäbchenzellen drängen.

A. und V. centralis retinae nicht sensibel bzw. autonom innerviert

Photorezeptoren, Nerven- und Gliazellen

Pars caeca retinae Stratum pigmentosum

prinzipiell ähnlich wie in der Pars optica retinae

Stratum epitheliale

einschichtiges Epithel ausgebildet, das im Bereich des Corpus ciliare nicht, über der Iris jedoch stärker pigmentiert ist. Die Pars caeca besteht demnach aus einem zweischichtigen pigmentierten Epithel.

Aa. ciliares anteriores nicht sensibel bzw. autonom innerviert

Details zum Stratum nervosum siehe auch Tab. M-5.5

5.4.1 Tunica fibrosa bulbi (äußere Augenhaut) Die Tunica fibrosa bulbi verleiht dem Auge die mechanische Stabilität, die unter Berücksichtigung des Augeninnendrucks von 15 mmHg und dem Zug der äußeren Augenmuskeln erforderlich ist, damit auf der Netzhaut ein reelles Bild erzeugt werden kann. Sie ist annähernd kugelförmig mit einem Radius von ca. 12 mm und besteht aus zwei Anteilen: ■ Die Sclera (Lederhaut) ist der undurchsichtige, weißlich durch die Bindehaut des Auges durchschimmernde Teil der Tunica fibrosa bulbi. Am Übergang der Sclera zur Cornea befindet sich der Sulcus sclerae, der durch die unterschiedliche Krümmung von Sclera und Cornea zustande kommt. Diese Region, an der Sclera und Cornea miteinander verbunden sind, wird Limbus genannt. Hier ist mit 0,8 mm die dickste Stelle der Sclera, während ihre dünnste Stelle mit nur 0,3 mm im Bereich der Ansatzsehnen der äußeren Augenmuskeln liegt. ■ Der vordere durchsichtige, lichtbrechende Teil der Tunica fibrosa bulbi wird Cornea (Hornhaut) genannt und hat die Form eines Uhrglases. Mit einer Brechkraft von 40 Dioptrien stellt die Cornea den Hauptanteil am lichtbrechenden Apparat des Auges (65 Dioptrien) dar. Sie ist äußerst widerstandsfähig gegen mechanische Deformationen und (bakterielle) Infektionen. Ihre Transparenz verdankt sie dem regelmäßigen Aufbau des (dünnen) Epithels, dem Fehlen von Blutgefäßen und der regelmäßigen Anordnung der Komponenten des Stroma corneae. Die Cornea ist mit einem Krümmungsradius von 7–8 mm stärker gekrümmt als die Sclera. Ihre Dicke variiert von 0,7 mm am Rand bis zu 0,5 mm in der Mitte. In der vertikal verlaufenden Ebene ist die Hornhaut stärker gekrümmt als in der horizontal verlaufenden.

5.4.1

Tunica fibrosa bulbi (äußere Augenhaut) Die Tunica fibrosa besteht aus zwei Anteilen: ■ Die Sclera (Lederhaut) ist undurchsichtig weiß. Durch die unterschiedliche Krümmung gegenüber der Cornea entsteht der Sulcus sclerae. Diese dickste Stelle der Sclera wird Limbus genannt. ■ Die Cornea (Hornhaut) ist der durchsichtige, lichtbrechende Teil und hat die Form eines Uhrglases. Mit einer Brechkraft von 40 dpt stellt sie den Hauptanteil am lichtbrechenden System dar. Ihre Transparenz verdankt sie dem regelmäßigen Aufbau des (dünnen) Epithels und des Stroma corneae sowie dem Fehlen von Blutgefäßen. Die Cornea ist stärker gekrümmt als die Sclera.

1062

M

5.4.2

5.4.2 Tunica vasculosa bulbi (Uvea, Gefäßhaut)

Tunica vasculosa bulbi (Uvea, Gefäßhaut)

▶ Definition.

▶ Definition. Unter dem vor allem in der Klinik für die mittlere Bulbus-Schicht gebräuchlichen Begriff Uvea werden Iris (Regenbogenhaut), Corpus ciliare (Strahlenkörper) und Choroidea (Aderhaut) zusammengefasst.

Iris (Regenbogenhaut, Abb. M-5.13): Die Iris regelt den Lichteinfall durch die Pupille, deren Weite zwischen 1,5 mm (Miosis) und 12 mm (Mydriasis) schwankt und durch die im Stroma iridis gelegenen Muskeln (Tab. M-5.3) reguliert wird.

Durch Anordnung und Anzahl Melanozyten in der Iris wird die Augenfarbe bestimmt: Während eine braune Augenfarbe durch die Einlagerung zahlreicher Melanozyten unmittelbar unter der Epithelschicht zustande kommt, ist deren Zahl bei helläugigen stark reduziert.

Corpus ciliare (Strahlenkörper): Der von der Ora serrata bis zur Irisbasis reichende Ziliarkörper besteht aus dem posterioren Orbiculus ciliaris (Pars plana) und der anterioren Corona ciliaris (Pars plicata). Die faltenförmigen Fortsätze der Corona werden als Processus ciliares bezeichnet, denen kleine Plicae ciliares aufsitzen.

≡ M-5.3

5 Auge – Sehorgan

Iris (Regenbogenhaut, Abb. M-5.13): Die Iris regelt den Lichtdurchtritt durch die Pupille (normalerweise kreisförmige Öffnung in der Mitte der Iris) und optimiert dadurch auch die Abbildungseigenschaften (Tiefenschärfe!) des lichtbrechenden Apparates. Die Pupillenweite schwankt abhängig vom Lichteinfall und der autonomen Innervation zwischen 1,5 mm (enge Pupille = Miosis) und 12 mm (weite Pupille = Mydriasis). Der Öffnungsgrad wird durch den Antagonismus der beiden im Stroma iridis gelegenen Muskeln (Musculi sphincter und dilatator pupillae, Tab. M-5.3) reguliert. Durch Anordnung und Anzahl Melanozyten in der Iris wird auch die Augenfarbe bestimmt: Während eine braune Augenfarbe durch die Einlagerung zahlreicher Melanozyten unmittelbar unter der Epithelschicht zustande kommt, ist deren Zahl bei helläugigen stark reduziert. Eine blaue bzw. graue Augenfarbe entsteht dadurch, dass nur die längerwelligen Lichtanteile das Pigmentepithel durchdringen können, während die blauen Lichtanteile reflektiert werden. Bei einer grünen Farbe der Iris sind die eingelagerten Melanozyten etwas zahlreicher. Corpus ciliare (Strahlenkörper): Der Ziliarkörper reicht von der Ora serrata (S. 1064) bis zur Irisbasis und besteht aus dem posterior gelegenen Orbiculus ciliaris sowie der sich nach anterior anschließenden Corona ciliaris. Während der Orbiculus in Fortsetzung der Ora serrata nur geringe Falten aufweist und daher auch als Pars plana bezeichnet wird, wird die Corona infolge der starken meridionalen (senkrecht zum Äquator verlaufenden) Fältelung auch als Pars plicata bezeichnet. Diese faltenförmigen Fortsätze werden als Processus ciliares bezeichnet, die ihrerseits nochmals kleinere Falten (Plicae ciliares) aufweisen.

M. sphincter pupillae und M. dilatator pupillae

Muskel

Aufbau

M. sphincter pupillae

Einige glatte Muskelzellen sind über Gap Parasympathische Fasern aus dem Ncl. oculo- Verengung der Pupillen Junctions miteinander verbunden und von einer motorius accessorius (Edinger-Westphal) (Miosis) Basalmembran umhüllt. verlaufen mit dem N. oculomotorius. Als Radix brevis erreichen sie das Ganglion ciliare, wo sie auf das 2. Neuron umgeschaltet werden. In den Nn. ciliares breves gelangen die postganglionären parasympathischen Fasern zum Bulbus.

M. dilatator pupillae

Eine Lage glatter Muskelzellen ist mit den darunter liegenden Zellen des Pigmentepithels durch Desmosomen und untereinander durch Gap Junctions verbunden.

⊙ M-5.13

Innervation

Sympathische Fasern aus dem Ganglion cervicale superius des Grenzstrangs gelangen als Radix sympathica zum Ganglion ciliare und ziehen ohne Umschaltung in den Nn. ciliares breves zum Bulbus.

Funktion

Erweiterung der Pupille (Mydriasis)

Iris und Corpus ciliare

(Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

a Übersicht über den anterioren Teil des Bulbus im Horizontalschnitt. Neben Iris und Corpus ciliare als Anteile der Uvea sind auch Hornhaut und Linse mit den in das Corpus ciliare einstrahlenden Zonulafasern dargestellt. Details zu den ebenfalls sichtbaren Augenkammern (S. 1070). b Aufbau der Iris mit den Mm. sphincter und dilatator puillae an einem Ausschnitt des vorderen Augenabschnitts. c Ziliarkörper in der Ansicht von dorsal.

M

⊙ M-5.14

1063

5.4 Augapfel (Bulbus oculi) – Orientierungslinien und Schichtenfolge

Blutgefäße des Bulbus oculi und ihre Verzweigung in der Choroidea

⊙ M-5.14

Horizontalschnitt durch das rechte Auge in Höhe des Sehnervs. Ansicht von kranial. (Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

≡ M-5.4

Musculus ciliaris

Anteil

Funktion

Innervation

äußerer, meridionaler Muskel (Brücke-Muskel, Fibrae meridionales)

verhindert das Kollabieren des Schlemm-Kanals → Abfluss des Kammerwassers möglich

über parasympathische Fasern aus dem N. oculomotorius, die nach mittlere, radiale Pars obliqua beide Muskeln wirken als Funktionseinheit zur Verkleinerung Umschaltung im Ganglion ciliare als (Fibrae radiales) des Umfangs des Ziliarmuskels und Verlagerung des Ziliar- Nn. ciliares breves zum Bulbus gelangen (Abb. M-2.8) innerer, zirkulär angeordneter Muskel körpers nach außen → Erschlaffung der Zonulafasern → Naheinstellung der Linse (Akkommodation) (Müller-}Muskel, Fibrae circulares)

Auf seiner Innenseite ist das Corpus ciliare von der Pars ciliaris retinae, einem Teil der Pars caeca retinae, bedeckt. Das charakteristische Ziliarepithel (Abb. M-5.11) produziert Kammerwasser, seine elastische Bruch-Membran dient der Desakkommodation der Linse. Der Musculus ciliaris (Tab. M-5.4) ermöglicht die Akkommodation der Linse über die ebenfalls durch das Ziliarepithel gebildeten Zonulafasern (S. 1069) und unterstützt den Kammerwasserabfluss. ▶ Merke. Sowohl die kammerwärtige Seite dieses Ziliarepithels (unpigmentierten

Das Ziliarepithel produziert Kammerwasser, seine elastische Bruch-Membran dient der Desakkommodation; der M. ciliaris (Tab. M-5.4) ist wichtig für die Akkommodation der Linse sowie für den Kammerwasserabfluss. ▶ Merke.

Zellen) als auch die dem Stroma zugewandte Seite (pigmentierten Zellen) sind von einer Basallamina umgeben. Daher sind bei diesem Epithel die apikalen Zellpole einander zugewandt und durch Desmosomen und Nexus miteinander verbunden. Die Basallamina des pigmentierten Epithels setzt sich mit einer fibroretikulären Schicht und elastischen Fasern in die Bruch-Membran fort. In die Basallamina des unpigmentierten Epithels strahlen die Zonulafasern (elastische Fibrillin-Mikrofibrillen) ein, die wie auch Bestandteile des Glaskörpers (S. 1071) vom Ziliarepithel synthetisiert werden. Den durch die unpigmentierten Zellen des Ziliarepithels aktiv sezernierten Na+- und Cl–Ionen folgt isoosmotisch Wasser nach (Kammerwasserproduktion). ▶ Klinik. Wie in anderen Epithelien wird auch im Ziliarepithel Cl- gegen Bikarbonat ausgetauscht, das intrazellulär durch die Carboanhydrase erzeugt wurde. Daher werden bei erhöhtem Augeninnendruck (Glaukom) Carboanhydrasehemmer therapeutisch eingesetzt.

Die Basallamina des pigmentierten Epithels setzt sich mit einer fibroretikulären Schicht und elastischen Fasern in die Bruch-Membran fort. In die Basallamina des unpigmentierten Epithels strahlen die (durch Ziliarepithelzellen produzierte) Zonulafasern ein. Der Kammerwasserproduktion liegt die Sekretion von Na+ und Cl– durch Ziliarepithelzellen zugrunde. ▶ Klinik.

1064

M

Choroidea (Aderhaut): Sie liegt zwischen der Lamina fusca sclerae und der Pars optica retinae. Die Choroidea ist für die Ernährung des Pigmentepithels und der Photorezeptoren verantwortlich. Die Bruch-Membran (Abb. M-5.11) ist Teil der Blut-RetinaSchranke und an der Aufrechterhaltung des intraokulären Drucks beteiligt. Zudem wirkt sie der Akommodation entgegen (Desakkommodation).

Choroidea (Aderhaut): Die Choroidea liegt zwischen der Lamina fusca der Sclera und der Pars optica der Retina (Netzhaut). Sie ist hinten am Canalis nervi optici und vorne am Skleralsporn angeheftet. Durch die Aderhaut fließen 85 % der das Auge erreichenden Blutmenge. Sie ist verantwortlich für die Ernährung des Pigmentepithels und der Photorezeptoren der Retina. Die zum Pigmentepithel der Retina hin gelegene Bruch-Membran (Abb. M-5.11) ist an der Aufrechterhaltung des intraokulären Drucks beteiligt. Zusammen mit den Basalmembranen von Lamina choroidocapillaris und Pigmentepithel bildet sie die Blut-Retina-Schranke. Ihre elastischen Fasern wirken der Akkommodation entgegen (Desakkommodation).

5.4.3

5.4.3 Tunica interna bulbi (Retina, Netzhaut)

Tunica interna bulbi (Retina, Netzhaut) Man unterscheidet eine lichtempfindliche Pars optica von einer nicht lichtempfindlichen Pars caeca retinae. Die Pars caeca wird weiter unterteilt in eine Pars ciliaris und eine Pars iridica (Abb. M-5.15).

⊙ M-5.15

5 Auge – Sehorgan

Man unterscheidet ■ die lichtempfindliche Pars optica retinae, die den Augenhintergrund (Fundus oculi) auskleidet und von innen der Choroidea anliegt, sowie ■ die nicht lichtempfindliche („blinde“) Pars caeca retinae. Die Pars caeca retinae kann in eine Pars ciliaris retinae an der Rückseite des Corpus ciliare und eine Pars iridica retinae an der Hinterfläche der Iris unterteilt werden (Abb. M-5.15).

⊙ M-5.15

Retina

Pars caeca retinae – Pars iridica retinae – Pars ciliaris retinae

Pars optica retinae

Macula lutea

Sclera Uvea

An der Ora serrata geht die Pars optica retinae (gelb) in die Pars caeca retinae (grau) über. Letztere wird nach ihrer Lage an der Rückseite des Corpus ciliare bzw. der Iris nochmal in eine Pars ciliaris und Pars iridica retinae unterteilt. (Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

Fovea centralis retinae N. opticus

Ora serrata

Pars optica und Pars caeca sind aus je zwei Blättern aufgebaut. Das äußere Blatt besteht jeweils aus einer Lage von Pigmentzellen (Stratum pigmentosum retinae). Der abrupte Übergang von Pars optica und Pars caeca im vorderen Bulbusbereich (nach anterior bis an den Ziliarkörper reichend) wird Ora serrata genannt. Die Pars optica ist nur an der Ora serrata und am Discus nervi optici befestigt, sodass es leicht zu einer Netzhautablösung kommen kann.

Discus nervi optici

Pars optica und Pars caeca retinae sind aus je zwei Blättern aufgebaut. In beiden Teilen besteht das äußere Blatt aus einer einschichtigen Lage von Pigmentzellen, dem Stratum pigmentosum retinae (S. 1065). Beide Teile der Retina unterscheiden sich also vorwiegend durch das innere Blatt. Der abrupte Übergang von lichtempfindlichem und blindem Teil der Retina wird wegen ihres gezackten Randes als Ora serrata bezeichnet. Sie liegt in der vorderen Hälfte des Bulbus und reicht nach anterior bis an das Corpus cilliare. An der Ora serrata und im Bereich des Sehnervenaustritts (Discus nervi optici) ist die Pars optica retinae mit dem Pigmentepithel verwachsen, während der gesamte übrige Teil nur lose mit dem Pigmentepithel verbunden bleibt. Daher kann es relativ leicht zu partiellen Netzhautablösungen kommen.

▶ Klinik. Eine lokale Netzhautablösung (z. B. durch mechanischen

Stoß oder Blutung bei Diabetikern) erfolgt zwischen der Schicht der Photorezeptoren und dem Pigmentepithel. Symptome sind die Wahrnehmung von monokulären Lichtblitzen, schwarzen Punkten, Vorhang und Schatten. Während der Entwicklung befand sich zwischen beiden Schichten das Lumen des Sehventrikel also ein Hohlraum zwischen innerem und äußerem Blatt des Augenbechers und im weiteren Verlauf der Entwicklung gelangen beide Schichten in näheren Kontakt zueinander, werden aber nicht mechanisch miteinander ver-

zahnt. Da auch die geringste Vergrößerung der Diffusionsstrecke für O2 zwischen Photorezeptoren und Kapillaren der Choroidea zu Funktionsausfällen der energieabhängigen Rezeptoren führt, ist die Ablösung mit einem kompletten Funktionsausfall an dieser Stelle verbunden. Die lokale Erblindung wird oft nicht wahrgenommen, da die fehlende Information durch neuronale Mechanismen höherer Zentren der Sehbahn „ergänzt“ wird. Die Behandlung erfolgt operativ, wobei unterschiedliche Verfahren zum Einsatz kommen.

M

1065

5.4 Augapfel (Bulbus oculi) – Orientierungslinien und Schichtenfolge

Stratum pigmentosum retinae

Stratum pigmentosum retinae

Das Stratum pigmentosum retinae (Pigmentepithel) umschließt sowohl die Pars optica als auch die Pars caeca der Retina von außen. Im Bereich der Pars optica reicht das Pigmentepithel interdigitierend bis zwischen die Außensegmente der Photorezeptoren.

Das Pigmentepithel bildet das äußere Blatt der Retina. Es ragt im Bereich der Pars optica zwischen die Außensegmente der Photorezeptoren. Funktionen: ■ Stoffaustausch zwischen Choroidea und Stratum nervosum. ■ Regeneration von 11-cis-Retinal (Lichtsensor). ■ Abschirmung der Außensegmente gegen Photooxidation. ■ Phagozytose der kontinuierlich anfallenden Membranfragmente der Außensegmente.

Funktionen: Die Pigmentepithelzellen im Bereich der Pars optica retinae haben folgende Aufgaben: ■ Stoffaustausch zwischen der reich durchbluteten Choroidea und den Photorezeptoren und Nervenzellen des Stratum nervosum. ■ Regeneration des Lichtsensors 11-cis-Retinal (S. 1067), vgl. Photorezeptorzellen (S. 1216). ■ Abschirmung der Außensegmente der Photorezeptoren gegen Photooxidation. ■ Phagozytose der kontinuierlich anfallenden Membranteile der Außensegmente der Photorezeptoren (vor allem der Stäbchen).

Stratum nervosum retinae

Stratum nervosum retinae

Funktion: Die Pars nervosa retinae ist zunächst eine Projektionsfläche für das von den lichtbrechenden Teilen des Auges produzierte reelle Bild. Die optischen Signale werden dort von den Photorezeptoren in elektrische und dann chemische Signale umgewandelt und bereits an der ersten nachfolgenden wie auch an allen weiteren Synapsen verarbeitet.

Funktion: Umwandlung von Licht in elektrische Signale. Bereits in den Nervenzellen der Retina wird die Information verarbeitet.

Aufbau: In der Pars nervosa retinae liegen die ersten drei Neurone der Sehbahn (Abb. M-5.16a): ■ Photorezeptoren, ■ Bipolarzellen und ■ Ganglienzellen. Horizontal- und amakrine Zellen modulieren die Informationsweitergabe in der Retina. Außerdem kommt hier ein Sonderform der Glia, die Müller-Glia oder MüllerStützzellen, vor. Lichtmikroskopisch lassen sich im Stratum nervosum der Pars optica retinae 9 Schichten unterscheiden (Tab. M-5.5 und Abb. M-5.16b).

Aufbau: Das Stratum nervosum beherbergt die ersten drei Neurone der Sehbahn und besteht aus 9 Schichten (Tab. M-5.5 und Abb. M-5.16).

⊙ M-5.16

Aufbau des Stratum nervosum retinae innere Grenzschicht (Stratum limitans internum)

Lichteinfall

Blutgefäße

9 Str. limitans internum

7 Str. ganglionicum

3. Neurone (Ganglienzellen)

6 Str. plexiforme internum

amakrine Zellen

5 Str. nucleare internum

2. Neurone (bipolare Zellen)

4 Str. plexiforme externum

Horizontalzelle

3 Str. nucleare externum

1. Neurone (Photorezeptoren) Erregung

a

Bruch-Membran

2 Str. limitans externum 1 Str. segmentorum externorum und internorum

äußere Grenzschicht (Stratum limitans externum)

MüllerZellen

8 Str. neurofibrarum

Pigmentepithel

Pigmentepithel Choroidea

b Bruch-Membran

Choroidea

(Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

a Schematische Darstellung der retinalen Zellen: Neben den ersten 3 Neuronen der Sehbahn (Photorezeptoren, Bipolarzellen und Ganglienzellen) sind amakrine, Horizontal- und Müller-Zellen von Bedeutung. b Schichten des Stratum nervosum retinae. Gelegentlich wird das der Bruch-Membran anliegende Pigmentepithel als zehnte Schicht angesehen.

1066

≡ M-5.5

M

5 Auge – Sehorgan

Aufbau des Stratum nervosum der Pars optica der Retina

Schicht

Stratum segmentorum externorum et internorum (Schicht der Photorezeptorfortsätze) Stratum limitans externum (äußere Grenzmembran) Stratum nucleare externum (äußere Körnerschicht) Stratum plexiforme externum (äußere plexiforme Schicht) Stratum nucleare internum (innere Körnerschicht)

Aufbau ■



wird von Fortsätzen der retinalen Gliazellen (Müller-Stützzellen) gebildet



siebartig durchbrochen von den Photorezeptorzellen



enthält die Somata der Photorezeptorzellen (erkennbar an den Zellkernen)



zwischen den Rezeptorzellen bestehen teilweise elektrische Synapsen







Stratum plexiforme internum (innere plexiforme Schicht) Stratum ganglionicum (retinale Ganglienzellschicht) Stratum neurofibrarum (Nervenfaserschicht) Stratum limitans internum (innere Grenzmembran)

enthält die innerern und äußeren Segmente der Photorezeptorzellen, die teils in die Zellen des Pigmentepithels hineinragen



enthält die Synapsen und gap Junctions zwischen Bipolarzellen, Horizontalzellen und Photorezeptorzellen enthält die Kerne der Bipolarzellen (diese stellen den Kontakt zwischen Ganglienzellen und Photorezeptoren her) außerdem auch die Somata der Horizontalzellen und amakrinen Zellen (Nervenzellen mit stark verzweigten Fortsätzen ohne Axon, dienen über dendro-dendritische Synapsen der Modifikation der visuellen Information) enthält viele Zellfortsätze und Synapsen zwischen Bipolarzellen, Horizontalzellen und Amakrinzellen und Ganglienzellen



Region mit außerordentlich hoher Synapsendichte (4 × 108/mm3)



enthält die Somata der Ganglienzellen des dritten Neurons



enthält die markhaltigen Axonen der Ganglienzellen des dritten Neurons (ziehen im weiteren Verlauf radial zum Discus nervi optici und von dort als myelinisierte Axone im N. opticus zum Corpus geniculatum laterale)



bildet die Grenze zum Corpus vitreum



besteht aus den Endfortsätzen der Müller-Stützzellen und einer 0,5 µm dicken Basalmembran

Photorezeptoren ▶ Definition.

Photorezeptoren ▶ Definition. Die Photorezeptoren sind bipolare, lang gestreckte Nervenzellen, de-

ren reizaufnehmender Anteil (Dendriten) zur Absorption von Lichtquanten spezialisiert ist. Lage: Die Photorezeptoren erstrecken sich über mehrere Schichten des Stratum nervosum.

▶ Merke.

Lage: Sie erstrecken sich von außen nach innen über das Stratum segmentorum externorum und internorum, das Stratum nucleare externum und das Stratum plexiforme externum, wobei sie durch das Stratum limitans externum ziehen (vgl. Tab. M-5.5). ▶ Merke. Die lichtempfindlichen Abschnitte der Photorezeptoren liegen außen und

sind damit dem Lichteinfall abgewandt! Morphologie: Beim Menschen unterscheidet man die helligkeitsempfindlichen Stäbchen und die farbempfindlichen Zapfen.

Die Außensegmente der Stäbchen sind zylindrisch, die der Zapfen etwas kürzer und kegelförmig. Sie enthalten den Lichtsensor (Sehpigment), der bei den Stäbchen in intrazelluläre Membranstapel eingelassenen ist, während er bei den Zapfen in regelmäßige Invaginationen der Plasmamembran eingelassen ist. Die Verbindung zwischen Außen- und Innensegment erfolgt über ein Zilium.

Morphologie: Beim Menschen kommen zwei Arten von Photorezeptoren vor: die helligkeitsempfindlichen Stäbchen, die das skotopische Sehen (Nachtsehen) vermitteln sowie drei Arten von farbempfindlichen Zapfen für das photopische Sehen (Tages- und Farbensehen). Beim Dämmerungssehen (mesopisches Sehen) sind beide Systeme aktiv. Der Grundbauplan von Zapfen und Stäbchen ist identisch. Das Außensegment enthält den Lichtsensor (Sehpigment) und ist bei den Stäbchen zylindrisch, bei den Zapfen etwas kürzer und kegelförmig. Bei den Stäbchen ist der Lichtsensor in intrazelluläre Membranstapel eingelassen, die ähnlich wie die Münzen einer Geldrolle übereinander gestapelt sind. Bei den Zapfen sind die Lichtsensoren in regelmäßige Einstülpungen der Plasmamembran eingelassen, die sich in Richtung auf das Pigmentepithel verjüngen. Die Außensegmente werden durchschnittlich alle 10 Tage erneuert, die abgestoßenen Anteile werden vom Pigmentepithel phagozytiert. Die Verbindung von Außen- und Innensegment erfolgt über eine Einschnürung des Zellkörpers, die ein unbewegliches Zilium („9 + 2-Muster“ ohne die beiden zentralen Mikrotubuli!) enthält.

M

1067

5.4 Augapfel (Bulbus oculi) – Orientierungslinien und Schichtenfolge

Das Innensegment gliedert sich in ein distales Ellipsoid (Mitochondrien) und ein proximales Myoid (ER, freie Ribosomen, Golgi-Apparat). Hier finden die Proteinbiosynthese unter anderem der Opsine (Rezeptorprotein für den Lichtsensor) und die Bildung der photosensiblen Membranen statt. Auf das Innensegment folgt eine Einschnürung des Zytoplamas, die bei den Stäbchen Außenfaser genannt wird. In Höhe des Übergangs von Stäbchenmyoid und Außenfaser bzw. Zapfenmyoid und -soma liegt das Stratum limitans externum. In diesem Bereich bilden die MüllerGliazellen (Stützzellen) sowohl untereinander als auch mit den Innensegmenten von Zapfen und Stäbchen Zonulae adhaerentes aus. Die Perikaryen von Zapfen und Stäbchen bilden das Stratum nucleare externum. Beide Zelltypen bilden ein kurzes Axon aus, dessen Endknöpfchen (Terminalien) im Stratum plexiforme externum liegen, wo sie Synapsen mit Bipolar- und Horizontalzellen bilden. Manche Terminalien der Stäbchen sind zusätzlich über Gap Junctions elektrisch gekoppelt.

Das Innensegement gliedert sich in ein distales Ellipsoid und ein proximales Myoid. Hier erfolgt die Proteinbiosynthese. Die folgende Einschnürung des Zytoplasmas heißt bei Stäbchen Außenfaser. Sie (bzw. der Übergang von Zapfenmyoid und –soma) liegt auf Höhe des Stratum limitans externum. Hier bilden die Müller-Gliazellen untereinander und mit den Innensegmenten von Zapfen und Stäbchen Zonulae adhaerentes aus. Die Perikaryen der Photorezeptoren bilden das Stratum nucleare externum. Ihre Axone enden mit Synapsen (an Bipolar- und Horizontalzellen) im Stratum plexiforme externum.

Signaltransfer in der Retina – ein Überblick

Signaltransfer in der Retina – ein Überblick

1. Neuron – Phototransduktion: Der eigentliche Lichtsensor (Chromophor) ist in allen Fällen das 11-cis-Retinal, das an Rezeptorproteine (Opsine) gebunden wird. Unterschiede in der (spektralen) Empfindlichkeit der Zapfen bzw. Stäbchen sind auf unterschiedliche Opsine zurückzuführen.Trifft ein Photon auf das 11-cis-Retinal, kommt es zu einer Isomerisierung des Sensors und über eine Signalkaskade zum Schließen von Na+-Kanälen; die Photorezeptoren hyperpolarisieren, d. h. die Neurotransmitterfreisetzung und der Dunkelstrom werden beendet.

1. Neuron – Phototransduktion: Die Isomerisierung des Lichtsensors führt über eine Signalkaskade zur Hyperpolarisation der Zelle.

2. Neuron – Bipolarzellen: Die Hyperpolarisation von Zapfen und Stäbchen führt zum Sistieren der Neurotransmitterfreisetzung. Diese Signale werden im Stratum plexifome externum über Synapsen und Gap Junctions an die nachfolgenden Nervenzellen weitergegeben, deren Zellkörper im Stratum nucleare internum liegen. Dabei handelt es sich um Bipolarzellen. Zusätzlich wird die Erregung auch an Horizontalzellen und amakrine Zellen weitergegeben, deren Synapsen sich zusammen mit denen von Ganglienzellen im Stratum plexiforme internum befinden (vgl. Tab. M-5.5). Horizontal- und amakrine Zellen sind bereits modulierend an der Informationsverarbeitung im optischen System, aber nicht hauptsächlich an der Signalweitergabe beteiligt.

2. Neuron – Bipolarzellen: Über Synapsen und Gap Junctions im Stratum plexiforme externum werden die Signale an Bipolar-, Horizontal- und amakrine Zellen weitergegeben, deren Somata im Stratum nucleare internum liegen. Letztere modulieren die Signale lediglich. Bipolarzellen bilden im Stratum plexiforme externum Synapsen mit den Ganglienzellen aus.

3. Neuron – Ganglienzellen: Das 3. Neuron der Sehbahn wird durch die Ganglienzellen im Stratum ganglionicum repräsentiert. Es besteht aus zahlreichen, zum Teil übereinander liegenden, großen, multipolaren Ganglienzellen, deren noch unmyelinisierte Axone im Stratum neurofibrarum radial zum Discus nervi optici und von dort als myelinisierte Axone im N. opticus zum Corpus geniculatum laterale ziehen. Die weitere, abschließende Verarbeitung der Information findet im visuellen Kortex statt. Zur detaillierten Beschreibung der Sehbahn (S. 1221).

3. Neuron – Ganglienzellen: Die Ganglienzellen im Stratum ganglionicum senden noch unmyelinisierte Axone im Stratum neurofibrarum radial zum Discus nervi optici. Von dort gelangen sie als myelinisierte Axone im N. opticus zum Gehirn (S. 1221).

5.4.4 Fundus oculi (Augenhintergrund)

5.4.4

Die menschliche Retina erscheint aufgrund ihrer guten Durchblutung durch die Vasa centralis retinae und wegen der rötlichen Farbe des Chromophor 11-cis-Retinal nahezu gleichmäßig rötlich, sie ist aber nicht an allen Stellen gleichmäßig strukturiert. Bei einer Augenspiegelung (Fundoskopie, Ophthalmoskopie) erkennt man den Discus nervi optici (klinisch: Papilla nervi optici = „Sehnervenpapille“) mit einem Durchmesser von 1,6 mm. Bei einer Gesichtsfeldprüfung projiziert sich der Discus auf eine als „blinder Fleck“ bezeichnete Stelle. Da sich am Discus die Axone der Ganglienzellen sammeln und als myelinisierter Nervus opticus (II) den Bulbus verlassen, gibt es hier keine Photorezeptoren. Informationen aus dem entsprechenden Bereich des Gesichtsfeldes werden nicht wahrgenommen, daher der Name „blinder Fleck“. Durch den Discus nervi optici tritt die Arteria centralis retinae (Ast der A. ophthalmica) zur Versorgung der Pars optica retinae, in die Netzhaut ein bzw. die Vena centralis retinae aus. Zahlreiche kleine Endäste der A. centralis retinae konvergieren an der Macula lutea (gelber Fleck, 3 mm Durchmesser), die selbst aber frei von Blutgefäßen ist. In ihrem Zentrum befindet sich die Fovea centralis (S. 1218), die Stelle des schärfsten Sehens, eine trichterförmige Einsenkung von etwa 1,5 mm Durchmesser. Am Grund der Fovea befinden sich ausschließlich Zapfen in dichter Anordnung die 1 : 1 mit Ganglienzellen verschaltet sind.

Die menschliche Retina ist gleichmäßig rötlich gefärbt (11-cis-Retinal, Vasa centralis retinae).

Fundus oculi (Augenhintergrund)

Bei der Augenspiegelung (Fundoskopie) erkennt man den Discus n. optici (Papilla n. optici = Sehnervenpapille), an dem sich die Axone der Ganglienzellen zum N. opticus sammeln. Da es hier keine Photorezeptoren gibt, entsteht an dieser Stelle des Gesichtsfeldes der blinde Fleck. Die A. und V. centralis retinae treten durch den Discus ein bzw. aus. Zahlreiche Endäste der A. centralis retinae konvergieren am gelben Fleck (Macula lutea), der selbst jedoch frei ist von Blutgefäßen. Hier befindet sich die Fovea centralis, die Stelle des schärfsten Sehens. Am Grund der trichterförmigen Einsenkung befinden sich ausschließlich dicht gestellte Zapfen.

1068

M

5 Auge – Sehorgan

▶ Klinik. Eine Fundoskopie ist auch bei nicht medikamentös gewei-

teter Pupille möglich und gehört zu jeder körperlichen Untersuchung. Sie ist der einzige Ort des menschlichen Körpers, an dem das Kapillarbett direkt inspiziert werden kann und somit Veränderungen, die z. B. auf eine Hypertonie zurückzuführen

⊙ M-5.17

sind, direkt beobachtet werden können. An der Papille kann der erfahrene Arzt außerdem Zeichen erhöhten Hirndrucks ablesen (Stauungspapille). Bei Multipler Sklerose (S. 1221) kommt es häufig zu einer temporalen Abblassung der Papille.

Fundoskopie

a Normalbefund des Augenhintergrunds in der Übersicht

(Füeßl, F.S.,

Middeke, M.: Duale Reihe Anamnese und Klinische Untersuchung. Thieme, 2014)

b und im Bereich des scharf abgegrenzten Discus nervi optici, der zentral leicht eingebuchtet ist (Exkavation). (Lang, G.K.: Augenheilkunde. Thieme, 2008)

c Bei einer Stauungspapille infolge erhöhten Hirndrucks erscheint die Begrenzung des Discus unscharf. (Burk, A., Burk, R.: Checkliste Augenheilkunde. Thieme, 2010)

a

5.5

Augapfel (Bulbus oculi) – Linse und Augenkammern

c

b

5.5

Augapfel (Bulbus oculi) – Linse und Augenkammern

Der lichtbrechende (dioprische) Apparat besteht aus Cornea, Kammerwasser, Linse und Glaskörper. Die Brechkraft wird einzig durch eine Änderung der Krümmungsradien der Linse variiert.

Linse und Augenkammern mit ihrem Inhalt sind zentrale Bestandteile des lichtbrechenden (dioptrischen) Apparates. Er besteht aus der Cornea mit Tränenfilm, Kammerwasser, Linse und Glaskörper. Die Brechkraft des dioptrischen Systems wird einzig durch eine Änderung der Krümmungsradien der Linse variiert, wodurch eine stufenlose Scharfeinstellung naher und ferner Objekte (Akkommodation) möglich wird. Ziliarmuskel, Zonulafasern und die elastischen Eigenschaften der Linse spielen bei diesem Vorgang zusammen.

5.5.1

5.5.1 Linse (Lens)

Linse (Lens)

Form und Lage: Die Hinterfläche der bikonvexen Linse ist stärker gekrümmt als die Vorderfläche. Der Rand wird Linsenäquator genannt. Der vordere Linsenpol liegt direkt hinter der Pupille, der hintere Linsenpol ruht in der Fossa hyaloidea, einer Vertiefung des Glaskörpers.

Form und Lage: Die Linse ist bikonvex, ihre Hinterfläche ist stärker gekrümmt (Radius: 6 mm) als die Vorderfläche (Radius: 10–11 mm). An ihrem Rand (Linsenäquator) hat sie einen Durchmesser von etwa 9 mm. Die Verbindungslinie zwischen zwei gegenüber liegenden Punkten des Linsenäquators durch den Linsenmittelpunkt wird Axis genannt. Der vordere Linsenpol (Polus anterior) liegt direkt hinter der Pupille (S. 1062). Der hintere Linsenpol (Polus posterior) ruht in einer Vertiefung des Glaskörpers (Fossa hyaloidea), bleibt von diesem aber durch einen mit Kammerwasser gefüllten Spalt (Berger-Raum) getrennt. Die Linse ist somit allseits von Kammerwasser umgeben.

Aufbau: Die Linse setzt sich aus Linsenkapsel, Linsenepithel und Linsenfasern zusammen. Bei der Linsenkapsel (Capsula lentis) handelt es sich um eine kohlenhydratreiche Basalmembran, die auf der Vorderseite dicker ist als auf der Hinterseite.

Aufbau: Die Linse besteht aus drei Komponenten: Capsula lentis (Linsenkapsel), ■ Epithelium lentis (Linsenepithel) und ■ Fibrae lentis (Linsenfasern). Die Linsenkapsel (Capsula lentis) ist eine mechanisch sehr robuste Basalmembran mit kohlenhydratreicher, amorpher Grundsubstanz. Sie ist an der Vorderseite 10– 19 µm, an der Hinterseite jedoch nur 5 µm dick. ■

5.5 Augapfel (Bulbus oculi) – Linse und Augenkammern

1069

Das einschichtige Linsenepithel (Epithelium lentis) der Vorderfläche der Linse ist isoprismatisch. Bei den Epithelzellen der Hinterfläche wird zwischen einer polnahen, ruhenden Zone und einer äquatornahen, germinativen Zone unterschieden. Dort geht das Linsenepithel durch bipolares Wachstum der Epithelzellen in 7–10 mm lange Linsenfasern über, deren Zellkerne zunächst bogenförmig nach vorne aufgereiht sind. Ältere, mehr zentral liegende Fasern haben keinen Zellkern mehr. Die zentral gelegenen Fasern werden mit der Zeit durch Wasserverlust dünner und bilden den Linsenkern, an den sich von außen jüngere Fasern anlagern (Abb. M-5.18).

Unter der Kapsel liegt auf der Vorderseite ein einschichtiges, isoprismatisches Linsenepithel. Bei dem rückseitigen Epithel unterscheidet man eine polnahe ruhende von einer äquatornahen, germinativen Zone, wo die Epithelzellen in Linsenfasern übergehen (Abb. M-5.18).

M

⊙ M-5.18 fetaler Linsenkern

embryonaler Linsenkern

Äquator Außenansicht der Linsenkapsel

a Frontalschnitt b und Sagittalschnitt durch die Linse eines Erwachsenen.

Linsenepithel Linsenkapsel kindlicher Linsenkern

Linsenkern des Erwachsenen

Die Linse wächst zeitlebens von außen nach innen, sodass sich die ältesten Anteile in der Mitte der Linse (Linsenkern) befinden. (Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl., nach Lang)

Linsenrinde

a

⊙ M-5.18

Wachstum und Zonierung der Linse

Polus posterior

b

▶ Klinik. Durch den fortlaufenden Wasserverlust verliert der Linsenkern im Laufe des Lebens seine Elastizität. Dies hat verminderte Krümmungsradien der Linse und damit eine erniedrigte Brechkraft zur Folge. Es resultiert eine „Altersweitsichtigkeit“ (Presbyopie). Schreitet der Wasserverlust weiter fort, kann eine Katarakt (Linsentrübung, auch als „grauer Star“ bekannt) entstehen.

⊙ M-5.19

▶ Klinik.

Katarakt

(Sachsenweger, M.: Duale Reihe Augenheilkunde. Thieme, 2003)

a Längs- und Querschnitt durch eine Linse mit einer Kernkatarakt. b Auge mit deutlich sichtbarer Katarakt im Zentrum der Linse.

a

b

Die vorderen und hinteren Enden der Fasern stoßen beim Neugeborenen in je einer dreistrahligen Naht, dem Linsenstern, zusammen. Die Strahlen der Linsensterne sind um 60° gegeneinander verdreht. Da die Linse zeitlebens wächst, entstehen im Laufe des Lebens fortlaufend weitere komplexere Nahtfiguren.

Die vorderen und hinteren Enden der Fasern stoßen in Linsensternen zusammen, deren Strahlen um 60° gegeneinander verdreht sind.

Blutversorgung und Innervation: Die Linse ist nicht innerviert und frei von Blutgefäßen. Sie wird vom Kammerwasser (S. 1070) ernährt.

Blutversorgung und Innervation: Die Linse besitzt weder Nerven noch Blutgefäße.

Aufhängeapparat: Der Halteapparat der Linse wird von den Fibrae zonulares (Zonulafasern) gebildet, die am Ziliarepithel entspringen, durch die hintere Augenkammer ziehen und dann nahe dem Linsenäquator auf der Vorder- und Rückseite der Linsenkapsel inserieren. Die Zonulafasern bestehen aus Mikrofibrillen mit einem Durchmesser von 8–12 nm.

Aufhängeapparat: Die Fibrae zonulares (Zonulafasern) bilden den Halteapparat der Linse. Sie entspringen am Ziliarepithel, und inserieren nahe dem Linsenäquator auf der Vorderund Rückseite der Linsenkapsel.

Akkommodation: Beim Blick in die Nähe (Akkommodation) kontrahieren sich die meridionalen Fasern des M. ciliaris (Tab. M-5.4) und verschieben die Processus ciliares in Richtung Linsenäquator. Dadurch erschlaffen die Zonulafasern und dank ihrer Eigenelastizität nimmt die Linse eine mehr kugelförmige Gestalt an → ihre Brechkraft nimmt zu (Abb. M-5.20).

Akkommodation: Beim Nahblick kontrahiert sich der M. ciliaris (Tab. M-5.4). Dadurch erschlaffen die Zonulafasern und die Linse nimmt aufgrund ihrer Eigenelastizität eine mehr kugelförmige Gestalt an → ihre Brechkraft nimmt zu (Abb. M-5.20).

1070

M

⊙ M-5.20

5 Auge – Sehorgan

⊙ M-5.20

Lichtbrechung und Dynamik der Linse Ziliarmuskel entspannt, Zonulafasern gespannt, Linse abgeflacht

Lichtstrahlen bei Fernakkommodation

Linse

Einstellung des Auges bei Fernsicht (obere Bildhälfte) und bei Nahsicht (untere Bildhälfte). (Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

Lichtstrahlen bei Nahakkommodation Ziliarmuskel kontrahiert, Zonulafasern entspannt, Linse gewölbt

Beim Fernblick erschlafft der M. ciliaris. Hierdurch werden die Zonulafasern angespannt, die ihrerseits an der Linse ziehen und diese abflachen → ihre Brechkraft nimmt ab (Abb. M-5.1).

Desakkommodation: Beim Blick in die Ferne (Desakkommodation) erschlafft der M. ciliaris (Tab. M-5.4), wodurch die passiv gespannten Anteile der Bruch-Membran (Abb. M-5.11) sich wieder zusammen ziehen. Dadurch bewegen sich die Ziliarfortsätze vom Linsenäquator weg. Dies spannt die Zonulafasern an, die ihrerseits an der Linse ziehen und diese abflachen → ihre Brechkraft nimmt ab (Abb. M-5.20).

5.5.2

5.5.2 Augenkammern – Begrenzungen und Inhalt

Augenkammern – Begrenzungen und Inhalt Siehe Abb. M-5.21.

⊙ M-5.21

Man unterscheidet drei Räume (Kammern) des Auges (Abb. M-5.21). Sie gliedern sich von ventral nach dorsal in: vordere Augenkammer (Camera anterior), hintere Augenkammer (Camera posterior) und Glaskörperraum (Camera postrema, Camera vitrea).

Begrenzungen und Inhalt der Augenkammern

Kammer (Volumen)

Begrenzungen

Camera anterior – vordere Augenkammer (200 µl)

ventral: Cornea dorsal: Vorderseite der Iris und Region um den vorderen Linsenpol peripher: Angulus iridocornealis

Camera posterior – hintere Augenkammer (100 µl)

ventral: Rückseite der Iris medial: seitliche Ränder der Linse (Äquatorregion), dorsal: Glaskörpergrenzmembran peripher: Corpus ciliare

Camera vitrea/postrema – Glaskörperraum (4 ml)

ventral: Region um den hinteren Linsenpol, Corpus ciliare peripher und dorsal: Retina

Inhalt

Kammerwasser (Humor aquosus)

Glaskörper (Corpus vitreum)

Kammerwasser mit Abfluss über den Kammerwinkel Kammerwasser (Humor aquosus)

Kammerwasser mit Abfluss über den Kammerwinkel

Produktion: Das nichtpigmentierte Epithel der Processus ciliares sezerniert das Kammerwasser, das den Innendruck des Auges bestimmt. Der Inhalt der Augenkammern wird etwa alle 2–3 h ausgetauscht.

Produktion und Menge: Das Kammerwasser wird vom nichtpigmentierten Epithel der Processus ciliares des Corpus ciliare im Bereich der hinteren Augenkammer sezerniert und bestimmt den Innendruck des Auges. Die Gesamtmenge beträgt etwa 300 µl. Zufluss (2 µl/min) und Abfluss stehen normalerweise im Gleichgewicht, sodass etwa alle 2–3 h der Inhalt der Augenkammern ausgetauscht wird.

Funktion und Zusammensetzung: Das Kammerwasser (Zusammensetzung ähnlich wie Blutplasma) ernährt die Linse und Teile der Cornea und erhält den intraokulären Druck von etwa 2 kPa (15 mmHg) aufrecht.

Funktion und Zusammensetzung: Aufgaben des Kammerwassers sind ■ die Ernährung von Linse und von Teilen der Cornea sowie ■ die Aufrechterhaltung des intraokulären Drucks von etwa 2 kPa (15 mmHg). Die Zusammensetzung des Kammerwassers ist ähnlich der des Blutplasmas.

Kammerwasser (Humor aquosus)

M

1071

5.5 Augapfel (Bulbus oculi) – Linse und Augenkammern

Kammerwinkel (Angulus iridocornealis)

Kammerwinkel (Angulus iridocornealis)

Funktion: Über den Kammerwinkel in der vorderen Augenkammer fließt das Kammerwasser durch ein Trabekelwerk, den Schlemm-Kanal und die Kammerwasservenen in die episkleralen und von dort in die subkonjunktivalen Venen ab. Der Abfluss erfolgt entlang eines Druckgradienten (15 mmHg = Augeninnendruck; 8 mmHg in den episkleralen Venen).

Funktion: Über den Kammerwinkel fließt das Kammerwasser über den Schlemm-Kanal und die Kammerwasservenen in die episkleralen und von dort in die subkonjunktivalen Venen ab.

Lage und Aufbau: Der Kammerwinkel ist ein Teil der vorderen Augenkammer, der im spitzen Winkel begrenzt wird von der Cornea (am Übergang zur Sclera) sowie von der Iris (am Übergang zum Ziliarkörper). Hinter der Winkelspitze liegt der Schlemm-Kanal (Sinus venosus sclerae), der ringförmig um den Kornearand in der Sclera verläuft und über zahlreiche Kanälchen mit den Kammerwasservenen und den Vv. ciliares breves in Verbindung steht (jedoch kein Blut führt!). Vor dem Schlemm-Kanal liegt das korneosklerale Trabekelwerk (Trabeculum corneosclerale). Der Raum zwischen den Trabekeln wird als Fontana-Raum bezeichnet (Abb. M-5.22).

Lage und Aufbau: Der Kammerwinkel liegt zwischen Cornea und Iris in der vorderen Augenkammer. Hinter der Spitze des Winkels liegt der ringförmige Schlemm-Kanal, der mit den Kammerwasservenen und den Vv. ciliares breves in Verbindung steht. Vor dem Schlemm-Kanal liegt das korneosklerale Trabekelwerk. Zwischen den Trabekeln befindet sich der Fontana-Raum (Abb. M-5.22).

⊙ M-5.22

Kammerwinkel und Abfluss des Kammerwassers Trabekelwerk mit Fontana-RŠumen

Cornea

vordere Augenkammer

Schlemm-Kanal Conjunctiva

Sklerasporn

⊙ M-5.22

Horizontalschnitt durch den vorderen Teil des Auges mit Ansicht von kranial auf die vordere und hintere Augenkammer. Der Abflussweg des Kammerwassers ist durch rote Pfeile dargestellt. (Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

episklerale Venen Sclera Zonulafasern Corpus ciliare

Kammerwinkel

hintere Iris Augenkammer

Linse

Funktionsweise: Die Kontraktion des M. ciliaris (Tab. M-5.4) führt zu einer Erweiterung des Fontana-Raums – evtl. auch des Schlemm-Kanals – und damit zu einer Erleichterung des Kammerwasser-Abflusses. ▶ Klinik. Eine Verminderung der Abflussrate des Kammerwassers führt zu einer Erhöhung des Augeninnendrucks. Dieser pathologische Zustand wird Glaukom („grüner Star“) genannt. Er kann sich über Jahre nahezu unbemerkt entwickeln (Glaucoma chronicum simplex) oder bei einer akuten Durcksteigerung auf 80 mmHg als Glaukomanfall auftreten. Letzterer kann mit starken Augen- und Kopfschmerzen, Erbrechen, Stauung der episkleralen Venen und Hornhautödem einhergehen. Eine Erhöhung des intraokulären Drucks führt zu einer Abscherung von Nervenfasern im Bereich der Papilla nervi optici und schließlich zur Atrophie des N. opticus und Erblindung. Die Therapie zielt auf eine Senkung der Kammerwasserproduktion und auf eine Verbesserung des trabekulären Abflusses. Letzteres wird durch Miotika (Substanzen, welche die M. sphincter pupillae und M. ciliaris kontrahieren) erreicht.

Funktionsweise: Die Kontraktion des M. ciliaris erweitert den Fontana-Raum und erleichtert so den Abfluss. ▶ Klinik.

Glaskörper (Corpus vitreum)

Glaskörper (Corpus vitreum)

Der Glaskörper besteht zu 99 % aus Wasser, das durch den hohen Gehalt an Hyaluronsäure gebunden wird. Hierdurch erhält die Masse ihre hohe Viskosität. Diese wässrige Phase (Humor vitrei) wird von einem Netz aus kollagenen Mikrofibrillen durchzogen, welche an der Außenseite zur Glaskörpergrenzmembran (Membrana vitrea) verdichtet sind. Von der Linsenrückfläche bis zum Discus nervi optici wird das Corpus vitreum vom Canalis hyaloideus (Cloquet-Kanal) durchzogen, durch den in der Embryonalzeit bis zum Abschluss der Linsenentwicklung die A. hyaloidea zog. Da sich diese Arterie jedoch vollständig zurückbildet, ist der Kanal später optisch leer.

Der Glaskörper besteht aus Wasser, das durch Hyaluronsäure gebunden wird (Humor vitrei). Die wässrige Phase wird von kollagenen Mikrofibrillen durchzogen, die an der Außenseite zu einer Grenzmembran (Membrana vitrea) verdichtet sind. Zwischen Linse und Discus nervi optici wird der Glaskörper vom Canalis hyaloideus durchzogen.

1072

M

5.6

5.6

Entwicklung des Auges

5 Auge – Sehorgan

Entwicklung des Auges

Die Augenentwicklung vollzieht sich unter der Kontrolle des Master-Kontrollgens Pax 6. Beim 22 Tage alten Embryo treten am seitlichen Vorderhirn zwei Augenfurchen auf. Die sich zu Augenbläschen ausweiten, deren Innenraum den Sehventrikel (Cavitas optica) bildet. Der Augenbecherstiel verbindet die Augenbläschen mit dem Diencephalon. Das Augenbläschen induziert die Linsenplakode. Beide Strukturen stülpen sich ein und werden zu Augenbecher und Linsenbläschen. Der Sehventrikel verkleinert sich daraufhin zu einem Kapillarspalt zwischen der sich einwickelnden Retina und dem Pigmentepithel.

Die Entwicklung der Augen vollzieht sich (auch bei Invertebraten) unter der Kontrolle des Master-Kontrollgens Pax 6. Das Protein bleibt auch nach der Augenentwicklung in der Linse und bestimmten Nervenzellen der Retina sowie in regenerierenden Korneaepithelzellen exprimiert. Beim 22 Tage alten Embryo treten auf beiden Seiten des noch nicht geschlossenen Vorderhirns zwei Augenfurchen auf. Diese weiten sich mit dem Schluss des Neuralrohrs zu Augenbläschen aus, deren Wände dem Oberflächenektoderm anliegen und deren Innenraum vom Sehventrikel (Cavitas optica) gebildet werden. Über den Augenbecherstiel bleiben die Augen mit dem sich entwickelnden Diencephalon verbunden. Durch den engen Kontakt mit dem Oberflächenektoderm induziert das Augenbläschen eine Verdickung des Oberflächenektoderms, die Linsenplakode genannt wird. Beide, Augenbläschen und Linsenplakode, stülpen sich daraufhin ein und werden zu Augenbecher und Linsenbläschen. Durch die Einstülpung verkleinert sich der Sehventrikel zu einem kapillaren Spalt zwischen der sich einwickelnden Retina und dem Pigmentepithel.

Die Mm. sphincter und dilatator pupillae entwickeln sich aus den ektodermalen Zellen des Augenbechers. Über der Pars ciliaris retinae bildet sich der Ziliarmuskel. Zur Linse hin differenzieren sich die Zonulafasern aus Mesenchym.

Mm. sphincter und dilatator pupillae, M. ciliaris: Der Raum zwischen der äußeren Augenbecherwand und dem Oberflächenepithel ist mit lockerem Mesenchym angefüllt. In diesem Mesenchym entwickeln sich aus ektodermalen Epithelzellen des Augenbechers der M. sphincter und M. dilatator pupillae. Auf ähnliche Weise bildet sich im Mesenchym über der Pars ciliaris retinae der Ziliarmuskel aus. Zur Linse hin wird die Pars ciliaris ebenfalls von Mesenchym umgeben, in dem sich die Zonulafasern differenzieren.

Linse: Das Linsenbläschen schnürt sich in der 5. Entwicklungswoche vom Oberflächenektoderm ab. Aus den Zellen der Hinterwand werden Linsenfasern, die ständig aus den Linsenzellen der Äquatorialzone ergänzt werden. Die wachsende Linse wird von der A. hyaloidea ernährt. Sie bildet sich später vollständig zurück.

Linse: Das Linsenbläschen schnürt sich in der 5. Entwicklungswoche vom Oberflächenektoderm ab. Die Zellen an der Hinterwand des Linsenbläschens verlängern sich und werden zu Linsenfasern, die schließlich das Lumen des Bläschens ausfüllen. Ausgehend von den Epithelzellen der Äquatorialzone werden ständig neue Linsenfasern an diesen Linsenkern angelagert. Ernährt wird die entstehende Linse aus der A. hyaloidea, die von der Papilla nervi optici durch den Glaskörper zieht und sich im weiteren Verlauf der Entwicklung vollständig zurückbildet.

Choroidea, Sclera und Cornea: In dem lockeren Mesenchym um die Augenanlage lassen sich eine innere und eine äußere Schicht unterscheiden. Die innere Schicht wird zur pigmentierten Choroidea, aus dem hinteren Anteil der äußeren Schicht wird die Sclera, die sich als Dura mater auf dem N. opticus fortsetzt. Die vordere Augenkammer entsteht aus einem Spaltraum im Mesenchym des vorderen Anteils. Die hintere Mesenchymschicht vor der Iris bzw. der Linse bildet die Membrana iridopupillaris, während die vordere Schicht zum Stroma corneae wird.

Choroidea, Sclera und Cornea: Die Augenanlage ist gegen Ende der 5. Woche von allen Seiten von lockerem Mesenchym umgeben, in dem bald eine innere (vergleichbar der Pia mater) und eine äußere Schicht (vergleichbar der Dura mater) unterschieden werden können. Die innere Schicht entwickelt sich zur pigmentierten Choroidea, aus dem hinteren Anteil der äußeren Schicht wird die Sclera, die sich als Dura mater auf dem N. opticus fortsetzt. Im Mesenchym des vorderen Anteils entsteht ein Spaltraum, die spätere vordere Augenkammer. Die dünne Mesenchymschicht, die unmittelbar vor der Iris bzw. der Linse liegt, wird Membrana iridopupillaris genannt, die vordere, dickere Schicht wird zum Stroma corneae (Substantia propria) und geht am Rand in die Sclera über. Die vordere Augenkammer wird ihrerseits von abgeflachten Mesenchymzellen ausgekleidet. Diese bilden somit den hinteren Überzug der Cornea und die vordere Schicht der Membrana iridopupillaris, die bis zur Geburt normalerweise vollständig zurückgebildet wird.

Glaskörper: Durch die Augenbecherspalte dringt Mesenchym in die Augenanlage und beteiligt sich an der Bildung der Vasa hyaloidea. Diese ernähren die Linse und bilden ein oberflächliches Gefäßnetz an der inneren Oberfläche der Retina. Während sich die A. hyaloidea zurückbildet, persistiert das retinale Gefäßnetz als A. centralis retinae.

Glaskörper: Durch die Augenbecherspalte dringt von außen Mesenchym ins innere der Augenanlage ein und beteiligt sich an der Bildung der Vasa hyaloidea. Diese ernähren einerseits die sich entwickelnde Linse, bilden aber auch ein oberflächliches Gefäßnetz an der inneren Oberfläche der Retina. Während sich die A. hyaloidea vollständig zurückbildet, persistiert das retinale Gefäßnetz als A. centralis retinae weiter. Die eingewanderten Mesenchymzellen bilden ein zartes Fasernetz aus, in das später Hyaluronsäure und Wasser eingelagert wird. Als Überbleibsel der Vasa hyaloidea ist in dieser gallertigen Substanz Canalis hyaloideus (Cloquet-Kanal) zu finden.

5.6 Entwicklung des Auges

1073

N. opticus: Die Augenbecherspalte an der Ventralseite des Augenbecherstiels schließt sich in der 7. Woche, wodurch ein zentral liegender Kanal entsteht. Dieser beherbergt die Vasa hyaloidea bzw. nach Rückbildung der peripheren, den Glaskörper durchziehenden Anteile die Vasa centralis retinae. Durch die wachsende Anzahl von Axonen in der Innenschicht kommt es schließlich zu einer Verschmelzung von Innen- und Außenschicht des Augenbecherstiels, sodass der spätere N. opticus von den aus der Außenschicht hervorgehenden Teilen von Choroidea und Sclera (entsprechend Pia und Dura mater) umhüllt ist.

N. opticus: Die Augenbecherspalte schließt sich in der 7. Woche unter Bildung eines zentralen Kanals, der die Vasa hyaloidea bzw. die Vasa centralis retinae beherbergt. Nach der Verschmelzung von Innen- und Außenschicht des Augenbecherstiels ist der spätere N. opticus von Anteilen der Außenschicht umhüllt.

Lider: Vor der 7. Woche erscheint die embryonale Augenanlage zunächst weit geöffnet. Dann beginnen von oben und unten Hautfalten über die Augenanlage zu wachsen. Mit der 10. Woche verkleben diese beiden Hautfalten miteinander, sodass das Auge ab diesem Zeitpunkt vollständig geschlossen ist. Bei vielen Säugetieren bleiben die Augen auch nach der Geburt noch geschlossen. Beim Menschen löst sich die Verklebung im 7. Monat der Schwangerschaft.

Lider: Die embryonale Augenanlage ist zunächst unverschlossen. Dann beginnen Hautfalten über die Augenanlage zu wachsen, die mit der 10. Woche verkleben. Beim Menschen löst sich die Verklebung im 7. Monat der Schwangerschaft.

M

M

6

Ohr – Hör- und Gleichgewichtsorgan

6.1 6.2 6.3 6.4 6.5 6.6

Funktion und Einteilung des Ohres Äußeres Ohr (Auris externa). . . . . Mittelohr (Auris media). . . . . . . . Innenohr (Labyrinth) . . . . . . . . . Hörvorgang und Gleichgewicht. . . Entwicklung des Ohres . . . . . . . .

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1074 1075 1078 1083 1089 1092

J. Kirsch 6.1

6.1

Funktion und Einteilung des Ohres

Hör- und Gleichgewichtsorgan leiten sich von einem stammesgeschichtlich „alten“ Organ zur Detektion und Umwandlung mechanischer Reize in elektrische Signale her, das sich im Laufe der Zeit weiter spezialisiert hat. Das Hörorgan dient der Aufnahme und Analyse akustischer Reize, das Gleichgewichtsorgan der Aufnahme von Reizen, die über die Bewegung und Lage des Kopfes im Raum informieren. Die Strukturen von Hör- und Gleichgewichtsorgan zusammen mit den Hilfseinrichtungen zur Verbesserung der Schallleitung und Transformation bilden zusammen das Ohr (Auris). Das Ohr wird in drei verschiedene Abschnitte unterteilt (Abb. M-6.1): ■ äußeres Ohr, ■ Mittelohr und ■ Innenohr.

Hör- und Gleichgewichtsorgan leiten sich von einem Organ zur Detektion und Umwandlung mechanischer Reize in elektrische Signale her. Beide Organe bilden zusammen mit den Hilfseinrichtungen das Ohr (Auris). Man unterscheidet drei Abschnitte (Abb. M-6.1): ■ äußeres Ohr, ■ Mittelohr und ■ Innenohr.

⊙ M-6.1

Funktion und Einteilung des Ohres

Abschnitte des Ohres Innenohr Canales semicirculares

A. carotis interna

Tuba auditiva

Cavitas tympani Malleus

Vestibulum Cochlea

Cochlea

Incus

N. facialis N. cochlearis

Ossicula auditiva

N. vestibularis Vestibulum

Pars petrosa ossis temporalis M. tensor tympani Membrana tympanica

a

Meatus acusticus externus

Canales semicirculares

Mittelohr

Cellulae mastoideae

Tuba auditiva Cavitas tympani

Meatus acusticus ext.

Auricula

b

Sinus sigmoideus

äußeres Ohr

Darstellung der drei Abschnitte eines rechten Ohres: äußeres Ohr = gelb, Mittelohr = türkis und Innenohr = hellgrün. (Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

a Ansicht von ventral (Frontalschnitt) und b von kranial.

Die Beteiligung der einzelnen Abschnitte am jeweiligen Organsystem ist in Abb. M-6.2 dargestellt.

M

⊙ M-6.2

1075

6.2 Äußeres Ohr (Auris externa)

Übersicht Hör- und Gleichgewichtsorgan

Organ

Funktion

Hörorgan

beteiligter Ohrabschnitt

Schallleitung und Verbesserung der Richtungsortung

äußeres Ohr

Schallumwandlung, Impedanzanpassung

Mittelohr

Erregung von Sinneszellen Gleichgewichtsorgan

Innenohr

Sensoren zur Detektion der Lage des Kopfes Sensoren zur Detektion von Bewegungen des Kopfes

6.2

Äußeres Ohr (Auris externa)

6.2

Äußeres Ohr (Auris externa)

In erster Linie dient das äußere Ohr der Schallleitung und der Verbesserung der Richtungsortung. Es besteht aus ■ Ohrmuschel (Auricula) und ■ äußerem Gehörgang (Meatus acusticus externus). Das Trommelfell (Membrana tympanica) bildet die Grenze zum Mittelohr (S. 1078).

Das äußere Ohr dient der Schallleitung und der Verbesserung der Richtungsortung. Es besteht aus Ohrmuschel und äußerem Gehörgang. Das Trommelfell bildet die Grenze zum Mittelohr.

6.2.1 Ohrmuschel (Auricula)

6.2.1

Form: Regelmäßig anzutreffende Strukturen sind Helix und Antihelix, zwei bogenförmige Wülste, die oberhalb des Porus acusticus externus eine Art Trichter bilden sowie der Tragus, ein Höcker ventral des Porus acusticus externus. Die Ohrmuschel steht in einem Winkel von 25°–45° vom Schädel ab. Ihre Form ist genetisch bestimmt und unterliegt großen Variationsmöglichkeiten, z. B. kann das Ohrläppchen (Lobulus) fehlen oder am oberen Helixrand ein Tuberculum auriculae (Darwin-Höckerchen) ausgebildet sein.

Form: An der Ohrmuschel lassen sich Helix und Antihelix sowie der Tragus, ein Höcker vor dem Porus acusticus externus, unterscheiden.

Aufbau: Die Ohrmuschel besitzt ein Skelett aus elastischem Knorpel, der von Haut überzogen ist. Die Haut ist auf der Innenseite der Ohrmuschel locker, auf der Außenseite jedoch straff mit der Knorpelunterlage verbunden. Die Stellmuskeln der Ohrmuschel gehören zur mimischen Muskulatur. Sie sind beim Menschen nur schwach ausgeprägt, daher ist die Beweglichkeit der menschlichen Ohrmuschel verglichen mit anderen Säugetieren gering (vgl. Abb. M-1.14).

Aufbau: Das Skelett der Ohrmuschel besteht aus elastischem Knorpel, der von Haut überzogen ist. Beim Menschen sind die Stellmuskeln der Ohrmuschel, die zur mimischen Muskulatur (Abb. M-1.14) gehören, nur schwach ausgeprägt.

Gefäßversorgung: An der Blutversorgung sind Äste der Arteria temporalis superficialis und meist mehrere Rami auriculares anteriores sowie die Arteria auricularis posterior aus der A. carotis externa beteiligt.

Gefäßversorgung: Aa. auriculares postt. aus der A. carotis ext. und Rr. auriculares antt. aus der A. temporalis superficialis.

Innervation: Sensibel (Abb. M-6.3) wird der vordere Teil der Ohrmuschelvorderseite vom Nervus auriculotemporalis (aus dem N. mandibularis, V3), ■ der hintere Teil der Vorderseite sowie die Hinterseite werden von den Nervi auricularis magnus und occipitalis minor des Plexus cervicalis (S. 901) sensibel innerviert. ■ Im Bereich um den Meatus acusticus externus (Concha auriculae) sind mit dem Ramus auricularis auch der Nervus vagus sowie der Nervus glossopharyngeus beteiligt. ■ Im Nervus facialis verlaufen sensible Trigeminusfasern, die sich an der sensiblen Versorgung der Ohrmuschel (Hautareal nicht klar) beteiligen. Die motorische Innervation der Ohrmuskeln erfolgt wie die der gesamten mimischen Muskeln durch den N. facialis.

Innervation: Sie erfolgt sensibel durch verschiedene Nerven (Abb. M-6.3): ■ Vorderseite: N. auriculotemporalis (aus V3), ■ Rückseite: N. auricularis magnus und N. occipitalis minor aus Plexus cervicalis (S. 901). ■ Meatus acusticus externus: N. vagus, N. glossopharyngeus. ■ Das Hautareal des N. facialis, der sensible Trigeminusfasern mitführt, ist unklar. Motorisch: Äste des N. facialis.



▶ Klinik. Bei einer Spülung des äußeren Gehörganges mit körperwarmem Wasser (z. B. wegen eines Zerumenpfropfes, s. u.) kann es zu einer Vagusreizung kommen, die sich dann in Husten und/oder Brechreiz äußert.

Ohrmuschel (Auricula)

▶ Klinik.

1076

M

⊙ M-6.3

6 Ohr – Hör- und Gleichgewichtsorgan

⊙ M-6.3

a

Sensible Innervation der Ohrmuschel

5"    5"     

5"     5"     

5"   " 5"    7

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5"   

5"   

-6

   5" 

   "    

b

-6

   5" 

   "    

(Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

a Rechtes Ohr in der Ansicht von lateral und b dorsal mit farblicher Unterscheidung der einzelnen Innervationsgebiete.

6.2.2

Äußerer Gehörgang und Trommelfell Äußerer Gehörgang (Meatus acusticus externus) Abschnitte, Form und Lage: Der Gang verläuft horizontal vom Porus acusticus externus bis zum Trommelfell. Man unterscheidet einen ■ äußeren knorpeligen (etwa ⅔ des Ganges) und einen ■ inneren, knöchernen Anteil, an deren Übergang sich die engste Stelle befindet (Abb. M-6.4a). Beide Teile bilden einen nach unten gerichteten stumpfen Winkel.

⊙ M-6.4

6.2.2 Äußerer Gehörgang und Trommelfell Äußerer Gehörgang (Meatus acusticus externus) Abschnitte, Form und Lage: Der äußere Gehörgang ist ein mit Haut ausgekleidetes Rohr, dessen Wände durch elastischen Knorpel bzw. Knochen verstärkt sind (Abb. M-6.4a). Er beginnt am Porus acusticus externus und endet am Trommelfell. Der Gang verläuft annähernd horizontal, seine Länge beträgt 3–4 cm, seine Weite etwa 5–10 mm. Je nach Wandbeschaffenheit werden zwei Abschnitte unterschieden: ■ äußerer, knorpeliger Anteil und ■ innerer, knöcherner Anteil. Der knorpelige Anteil macht ⅔ des Ganges aus und bildet mit dem knöchernen Anteil einen nach unten gerichteten stumpfen Winkel. Die engste Stelle des Meatus acusticus externus befindet sich am Übergang vom knorpeligen zum knöchernen Anteil.

Äußerer Gehörgang und Trommelfell als Grenze zur Paukenhöhle

(Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

a Frontalschnitt durch das rechte Ohr in der Ansicht von ventral mit Darstellung des knorpeligen und knöchernen Anteils des Meatus acusticus externus. b Rechtes Trommelfell in der Ansicht von außen mit Einteilung in Quadranten.

M

▶ Klinik. Bei einer Inspektion des Trommelfells mit Hilfe eines Otoskops versucht man die Biegung des Meatus acusticus externus durch nach oben und hinten gerichteten Zug an der Auricula auszugleichen.

⊙ M-6.5

1077

6.2 Äußeres Ohr (Auris externa)

Trommelfell

Krümmung des äußeren Gehörgangs und Ausgleich bei der Otoskopie

(Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

a Rechtes Ohr in der Ansicht von frontal mit Andeutung der Zugrichtung durch Pfeile b beim Einführen des Otoskoptrichters.

a b

Grafik folgt

Aufbau: Der knorpelige Anteil des Meatus acusticus externus erhält seine Form durch die U-förmige Cartilago meatus acustici. Den Abschluss zum vollständigen Rohr bildet eine bindegewebige Platte. Der knöcherne Anteil verläuft in der Pars tympanica des Os temporale, dessen Pars squamosa auch das Dach bildet. Die Lederhaut ist unverschieblich mit dem Knorpel bzw. Knochen verbunden, eine Subkutis fehlt. Am Porus acusticus externus befinden sich Terminalhaare (Tragi). Eingelassen in die Haut sind Talgdrüsen und apokrin sezernierende, tubulös geknäuelte Glandulae ceruminosae. Während der abgesonderte Talg und abgeschilferte Epithelzellen den Hauptanteil des Ohrenschmalzes (Cerumen) ausmachen, sorgt das Sekret der Glandulae ceruminosae für dessen weiche Konsistenz und gelbliche Farbe. Cerumen wirkt antibakteriell sowie antimykotisch und soll durch seinen ranzigen Geruch das Eindringen von Insekten in den Meatus acusticus externus verhindern. ▶ Klinik. Zerumen ist zunächst dickflüssig und kann innerhalb einiger Tage deutlich

Aufbau: Der knorpelige Anteil wird durch die U-förmige Cartilago meatus acustici und eine bindegewebige Platte zu einem vollständigen Rohr. Der knöcherne Teil liegt in der Pars tympanica des Os temporale. In die unverschiebliche Haut sind im Bereich des Porus acusticus externus Terminalhaare (Tragi), Talgdrüsen und apokrine Glandulae ceruminosae eingelassen. Das antibakteriell wirkende Ohrenschmalz (Cerumen) besteht aus dem Sekret dieser Drüsen sowie abgeschilferten Epithelzellen.

▶ Klinik.

härter (und dunkler) werden. Die täglich produzierte Menge variiert stark. Durch falsche Reinigungsmethoden (z. B. mit Wattestäbchen) ist die Entstehung eines Zerumenpfropfes möglich, der den Meatus acusticus externus komplett verlegt und die Schallleitung empfindlich behindert. Nach Einweichen sind solche Pfropfen durch eine Spülung unter otoskopischer Kontrolle in der Regel leicht entfernbar. Gefäßversorgung: An der Blutversorgung des äußeren Gehörganges ist neben den die Ohrmuschel versorgenden Gefäßen (S. 1075) noch die Arteria auricularis profunda (Ast der A. maxillaris) beteiligt.

Gefäßversorgung: Neben den Gefäßen zur Versorgung der Ohrmuschel ist auch die A. auricularis profunda beteiligt.

Innervation: Wie auch die Ohrmuschel wird der Meatus acusticus externus vom Nervus auriculotemporalis und dem Nervus auricularis magnus sensibel innerviert. Für die Unter- und Hinterwand tritt noch der Ramus auricularis des Nervus vagus (X) sowie Fasern aus dem Nervus glossopharyngeus (IX) hinzu.

Innervation: N. auriculotemporalis, N. auricularis magnus, R. auricularis des N. vagus und Fasern des N. glossopharyngeus.

Trommelfell (Membrana tympanica)

Trommelfell (Membrana tympanica)

Funktion: Die durch den Meatus acusticus externus eintreffenden Schallwellen (periodische Luftdruckschwankungen) bringen das Trommelfell zum Schwingen. Diese Schwingungen werden auf die nachfolgende Gehörknöchelchenkette übertragen.

Funktion: Das Trommelfell wird durch Schallwellen zum Schwingen gebracht und überträgt diese auf die Gehörknöchelchenkette.

Form und Lage: Das Trommelfell (Durchmesser von 8–10 mm) bildet die Grenze des Meatus acusticus externus zur Paukenhöhle des Mittelohrs. Es ist im Sulcus tympanicus des Os tympanicum bzw. der Pars squamosa des Os temporale über einen Faserknorpelring, Anulus fibrocartilagineus, befestigt. Durch den in das Trommelfell eingelassenen Anteil des ersten Gehörknöchelchens, dem Hammergriff = Manubrium mallei (S. 1080), entsteht eine nach innen gerichtete, trichterförmige Struktur, deren Spitze Umbo genannt wird.

Form und Lage: Es bildet die Grenze zum Mittelohr und ist im Sulcus tympanicus des Os temporale über einen Ring aus Faserknorpel, den Anulus fibrocartilagineus befestigt. Durch die Befestigung am Hammergriff entsteht eine trichterförmige Struktur, deren Spitze Umbo genannt wird.

▶ Merke. Die Membran ist etwa 45° von außen-oben-hinten nach innen-unten-vor-

ne geneigt, wodurch das Dach des Meatus acusticus externus kürzer als sein Boden ist (Abb. M-6.4a).

▶ Merke.

1078

M

Man unterschiedet die oberhalb des Hammergriffs gelegene spannungslose Pars flaccida (Shrapnell-Membran) von der gespannten Pars tensa. Mit Hilfe zweier senkrecht aufeinander stehender Linien, kann das Trommelfell in Quadranten eingeteilt werden. Beide Linien kreuzen sich im Umbo (Abb. M-6.4b).

Man unterscheidet eine kleinere, oberhalb des Hammergriffs gelegene spannungslose Pars flaccida (Shrapnell-Membran), auf deren Innenseite (in einer Schleimhautfalte geschützt) die Chorda tympani verläuft. Diese Schleimhautfalte grenzt zusammen mit dem Ligamentum mallei laterale unvollständig den Recessus membranae tympani superior als Subraum der Paukenhöhle (S. 1078) ab. Der größere und gespannte Teil des Trommelfells wird Pars tensa genannt. Mit Hilfe zweier senkrecht aufeinander stehender Linien, kann das Trommelfell in Quadranten eingeteilt werden. Die von oben nach unten verlaufende Linie wird Stria mallearis genannt und folgt der Verwachsungslinie mit dem Hammergriff. Die senkrecht hierzu verlaufende Linie kreuzt die Stria mallearis im Umbo (Abb. M-6.4b).

Aufbau: Das Trommelfell setzt sich aus dem äußeren Stratum cutaneum, einer vaskularisierten Lamina propria (fehlend in der Pars flaccida) und einem zur Paukenhöhle gerichteten Stratum mucosum zusammen.

Aufbau: Das Trommelfell ist perlmuttfarben und etwa 0,1 mm dick. Es setzt sich aus einem äußeren Stratum cutaneum, das von der Haut des Meatus acusticus externus gebildet wird, einer vaskularisierten Lamina propria aus Kollagenfasern und einem zur Paukenhöhle gerichteten Stratum mucosum zusammen. Letzteres wird von der die Paukenhöhle auskleidenden Schleimhaut gebildet. In der Pars flaccida fehlt die Lamina propria.

Gefäßversorgung: Sie erfolgt aus Ästen der Aa. auricularis profunda, temporalis superficialis und auricularis posterior. Innervation: Außenseite: N. auriculotemporalis, N. vagus; Innenseite: N. glossopharyngeus.

Gefäßversorgung: Die arterielle Versorgung erfolgt aus Ästen der Arteriae auricularis profunda, temporalis superficialis und auricularis posterior.

6.3

Mittelohr (Auris media)

▶ Definition.

6.3.1

6 Ohr – Hör- und Gleichgewichtsorgan

Innervation: Die Außenseite des Trommelfells wird vom Nervus auriculotemporalis (aus dem N. mandibularis, V3) und dem Ramus auricularis des N. vagus (X), die zur Paukenhöhle gerichtete Seite aus dem Plexus tympanicus des N. glossopharyngeus (IX) sensibel innerviert.

6.3

Mittelohr (Auris media)

▶ Definition. Unter dem Begriff Mittelohr versteht man mit Schleimhaut ausgekleidete, Luft gefüllte (pneumatisierte) Räume im Os temporale, welche sich medial an das Trommelfell anschließen. Hierzu zählen ■ die Paukenhöhle (Cavitas tympani) mit der Gehörknöchelchenkette, ■ das Antrum mastoideum und die Cellulae mastoideae (Paukennebenhöhlen) sowie ■ die Tuba auditiva (Eustachi-Röhre).

Paukenhöhle (Cavitas tympani)

Wände und Etagen: s. Tab. M-6.1 und Abb. M-6.6.

⊙ M-6.6

6.3.1 Paukenhöhle (Cavitas tympani) Wände und Etagen: Der etwa 20 mm hohe Raum der Cavitas tympani zwischen Trommelfell und Labyrinth ist nur etwa 2 mm schmal und wird von sechs Wänden (Paries) begrenzt und in drei Etagen eingeteilt (Tab. M-6.1 und Abb. M-6.6).

Wände und Etagen der Paukenhöhle

1      ( 

5"     5"   

2 

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2  . 7   ("   7   1   ("  (   7   (     6 

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(Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

a Paukenhöhle in der Ansicht von ventral nach Entfernung der Vorderwand (Paries caroticus). b Die drei Etagen der Paukenhöhle sind mit unterschiedlichen Farben unterlegt.

M

≡ M-6.1

1079

6.3 Mittelohr (Auris media)

Wände und Etagen der Paukenhöhle

Wand bzw. Etage

Lage

Besonderheiten

Paries membranaceus

lateral (Seitenwand)

Innenseite des Trommelfells

Paries labyrinthicus

medial (Innenwand)

Fenestrae vestibuli und cochleae, Promontorium (basale Windung der Helix), Prominentia nervi facialis mit N. facialis im Canalis facialis, Prominentia canalis semicircularis lateralis mit lateralem Bogengang

Paries mastoideus

dorsal (Hinterwand)

Zugang zum Antrum mastoideum (S. 1082) und den Mastoidzellen

Paries caroticus

ventral (Vorderwand)

grenzt an den Canalis caroticus der A. carotis interna, Eingangsöffnung der Tuba auditiva, Eintritt des M. tensor tympani in die Paukenhöhle

Paries jugularis

kaudal (Boden)

durch eine dünne Knochenplatte in der gleichnamigen Fossa vom Bulbus sup. v. jugularis internae getrennt

Paries tegmentalis

kranial (Decke)

gebildet vom Tegmen tympani (dünne Knochenlamelle der mittleren Schädelgrube)

Epitympanon (Kuppelraum)

oberhalb des Trommelfells

Hammerkopf und das Corpus incudis liegen hier. Vom Aditus ad antrum mastoideum gelangt man ins Antrum mastoideum und die Cellulae mastoideae.

Mesotympanon (Hauptraum)

zwischen Trommelfell und Promontorium, rundem und ovalem Fenster

ventral: Öffnung zur Tuba auditiva, die eine Verbindung zum Pharynx herstellt

Hypotympanon (Paukenkeller)

unterhalb des Trommelfells

im Bereich der Öffnung zur Tuba auditiva

Wände:

Etagen:

Aufbau: Die Paukenhöhle und ihre Nebenräume sowie die darin befindlichen Strukturen sind mit einer dünnen drüsenfreien Schleimhaut (Mukoperiost) überzogen, die zahlreiche Falten und Einbuchtungen aufweist und so die Paukenhöhle weiter unterteilt. Der Recessus membranae tympani superior liegt unmittelbar hinter der Pars flaccida des Trommelfells. Das Epithel ist ähnlich aufgebaut, wie das der Nasennebenhöhlen. Die unter dem Epithel liegende dünne Bindegewebsschicht liegt dem Periost unmittelbar auf.

Aufbau: Die Paukenhöhle und ihre Nebenräume werden von zahlreichen Schleimhautfalten weiter unterteilt. Der Recessus membranae tympani superior liegt unmittelbar hinter der Pars flaccida des Trommelfells. Das Epithel entspricht dem der Nasennebenhöhlen.

Inhalt: Die Paukenhöhle beinhaltet (Abb. M-6.7) die drei Gehörknöchelchen Malleus (Hammer), Incus (Amboss) und Stapes (Steigbügel), ■ die beiden Mittelohrmuskeln (M. stapedius und M. tensor tympani), ■ die Chorda tympani und den Plexus tympanicus des N. glossopharyngeus (IX) sowie ■ vier Arteriae tympanicae.

Inhalt: Die Paukenhöhle beinhaltet (Abb. M-6.7): ■ drei Gehörknöchelchen, ■ zwei Mittelohrmuskeln (M. stapedius und M. tensor tympani), ■ Chorda tympani, Plexus tympanicus, ■ vier Aa. tympanicae.



⊙ M-6.7

Inhalt und Schleimhautüberzug der Paukenhöhle

Ansicht von hinten außen bei teilweiser Entfernung des Trommelfells. (Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

a Die gesamte Paukenhöhle mit den darin enthaltenen Strukturen b ist von Schleimhaut überzogen.

1080

M

Gehörknöchelchen (Ossicula auditoria)

Gehörknöchelchen (Ossicula auditoria)

Funktion: Die Gehörknöchelchen (Abb. M-6.8) dienen der Weitergabe und Verstärkung von Trommelfellauslenkungen auf das ovale Fenster.

Funktion: Die drei Gehörknöchelchen (Abb. M-6.8) dienen der Weitergabe und Verstärkung (Hebelwirkung) von Auslenkungen des Trommelfells auf das ovale Fenster und somit auf den Perilymphraum des Innenohrs (S. 1085).

⊙ M-6.8

6 Ohr – Hör- und Gleichgewichtsorgan

⊙ M-6.8

Gehörknöchelchenkette Ansicht der Gehörknöchelchen des linken Ohres von medial. (Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

Abschnitte, Form und Lage: ■ Malleus: Er gliedert sich in Manubrium, Collum und Caput mallei sowie die Processus lateralis und anterior. Das Manubrium mallei ist mit der Innenseite des Trommelfells (S. 1077) verwachsen. Das Caput mallei bildet mit dem Ambosskörper die Art. incudomallearis. Der Malleus ist durch drei Bänder in der Paukenhöhle befestigt. ■ Incus: Der Ambosskörper (Corpus incudis) setzt sich in die Crura breve und longum incudis fort. Letzteres bildet über den Processus lenticularis mit dem Steigbügelkopf die Art. incudostapedialis. Das Crus breve ist an zwei Bändern am Dach der Paukenhöhle befestigt. ■ Stapes: Das Caput stapedis ist über die Crura ant. und post. mit der Steigbügelplatte (Basis stapedis) verbunden. Letztere ist mit dem Lig. anulare stapediale beweglich im Fenestra vestibuli (S. 1084) aufgehängt.

Abschnitte, Form und Lage: ■ Malleus (Hammer): Der Malleus gliedert sich in den Hammergriff (Manubrium mallei), Hammerhals (Collum mallei), Hammerkopf (Caput mallei) und zwei Fortsätze (Processus lateralis und Processus anterior). Das Manubrium mallei ist mit der Innenseite des Trommelfells (S. 1077) verwachsen, während das Caput mallei mit dem ebenfalls im Epitympanon gelegenen Ambosskörper (Corpus incudis) ein Sattelgelenk, die Articulatio incudomallearis, bildet. Der Malleus ist durch drei Bänder in der Paukenhöhle befestigt: vom Collum mallei aus zieht das Ligamentum mallei laterale zur lateralen Wand der Paukenhöhle. Am Processus anterior ist die Ansatzstelle des Ligamentum mallei anterius zur Vorderwand). Vom Hammerkopf aus zieht das Ligamentum mallei superius zum Dach der Paukenhöhle. ■ Incus (Amboss): Der Ambosskörper (Corpus incudis) setzt sich in zwei Schenkeln (Crura) fort. Das kurze Crus breve incudis zieht nahezu horizontal nach hinten, während das längere Crus longum incudis senkrecht nach hinten unten verläuft. Es bildet über einen kleinen Fortsatz (Processus lenticularis) mit dem Steigbügelkopf ein Gelenk, die Articulatio incudostapedialis. Das Crus breve ist über das Ligamentum incudis posterius mit der lateralen Wand und über das Ligamentum incudis superius mit dem Dach der Paukenhöhle verbunden. ■ Stapes (Steigbügel): Der Steigbügelkopf (Caput stapedis) ist über zwei Schenkel (Crus anterius und posterius) mit der Steigbügelplatte (Basis stapedis) verbunden. Die Basis stapedis ist mit dem Ligamentum anulare stapediale beweglich im Fenestra vestibuli (S. 1084) aufgehängt. Zwischen den beiden Schenkeln des Steigbügels spannt sich die Membrana stapedialis.

Mittelohrmuskeln

Mittelohrmuskeln

Funktion: Die Mittelohrmuskeln (Tab. M-6.2) dienen der Reduktion hoher Schallintensitäten und einer Abschwächung der Übertragung der eigenen Stimme.

Funktion: Zusammen dienen die beiden quergestreiften Mittelohrmuskeln Musculus tensor tympani und Musculus stapedius (Tab. M-6.2) einer Reduktion hoher Schallintensitäten, einer dynamischen Anpassung des Lautstärkebereichs und einer Abschwächung der Übertragung der eigenen Stimme.

▶ Klinik.

▶ Klinik. Bei einer peripheren Fazialisparese (S. 993) kann der N. stapedius betroffen sein. Dies führt dann zu einer Lähmung des M. stapedius, die sich in einer gesteigerten Empfindlichkeit für laute Geräusche (Hyperakusis) manifestiert. Neben einer Fazialisparese kommt auch eine akustische Überlastung des auditorischen Systems als Ursache für eine Hyperakusis infrage.

M

≡ M-6.2

1081

6.3 Mittelohr (Auris media)

Mittelohrmuskeln

Muskel

Ursprung

M. tensor tympani

Umlenkung am Semicanalis musculi tensoris tympani der Pars Processus cochlearipetrosa ossis temporale formis nach lateral

M. stapedius Cavum musculi stapedii

Verlauf

In gerader Linie zum Caput stapedis

Ansatz

Innervation

Manubrium mallei

Ast des N. pterygoideus Spannung des Trommelfells aus dem N. mandibularis durch Zug am Hammergriff (V3) und Versteifung der Gehörknöchelchenkette

Funktion

Caput stapedis

N. stapedius aus dem N. facialis (VII)

Reduzierung der Kraftübertragung durch Verkantung der Basis stapedis im ovalen Fenster

Nerven mit Bezug zur Paukenhöhle

Nerven mit Bezug zur Paukenhöhle

Neben dem Plexus tympanicus (S. 1083), der die Schleimhaut der Paukenhöhle innerviert, haben v. a. Äste des Nervus facialis topografischen Bezug zur Paukenhöhle. Der Nervus facialis verläuft innerhalb des Canalis nervi facialis in der medialen Wand der Paukenhöhle, wo er eine Wölbung hervorruft (Prominentia canalis facialis). Am Geniculum canalis facialis, im Bereich des äußeren Fazialisknies, liegt das sensible Ganglion geniculi. Dort trennen sich präganglionäre parasympathische Fasern aus dem Intermediusanteil des N. facialis als Nervus petrosus major vom Hauptstamm (Abb. M-2.18). Als nächster Nerv spaltet sich der motorische Nervus stapedius im Fazialiskanal vom Nervenstamm ab. Kurz vor dem Ende des Fazialiskanals trennt sich ein weiterer Intermediusanteil als Chorda tympani vom Fazialistamm und zieht rückläufig zwischen Hammer und Amboss durch die Paukenhöhle (Abb. M-6.9). Der Nervus petrosus major führt präganglionäre parasympathische Fasern. Er zieht durch den Hiatus nervi petrosi majoris zur Vorderseite der Felsenbeinpyraminde und von dort durch das Foramen lacerum. Nach Zusammenlagerung mit dem Nervus petrosus profundus, der sympathische Fasern führt, zieht der Verbund beider Nerven als Nervus canalis pterygoidei durch den Canalis pterygoideus ossis sphenoidalis in die Fossa pterygopalatina. Im hier gelegenen Ganglion pterygopalatinum erfolgt die Umschaltung der parasympathischen Fasern auf das zweite Neuron. Die Fasern erreichen mit Ästen des N. maxillaris (V2) ihre Zielorgane (Tränendrüse, Drüsen im Nasen- und Rachenraum). Der Nervus stapedius führt motorische Fasern zur Innervation des M. stapedius und verlässt den Fazialisstamm im Bereich des (äußeren) Fazialisknies. Die Chorda tympani führt sensorische und präganglionäre parasympathische Fasern aus dem Intermediusanteil des N. facialis. Sie verlässt den Fazialiskanal kurz vor dem Foramen stylomastoideum und läuft zurück zur Paukenhöhle, wo sie sich durch eine Schleimhautfalte (Plica mallearis superior) geschützt zusammen mit der A. tympanica posterior um das Collum mallei schlingt. Durch die Fissura petrotympanica verlässt sie die Paukenhöhle und legt sich dann dem N. lingualis (aus V3) an. Sie führt Geschmacksfasern für die vorderen zwei Drittel der Zunge.

Neben dem Plexus tympanicus (S. 1083) sind Äste des N. facialis topografisch wichtig. In der medialen Wand der Paukenhöhle verläuft der N. facialis. Am Ganglion geniculi trennen sich präganglionäre parasympathische Fasern aus dem Intermediusanteil des N. facialis als N. petrosus major ab. Als nächstes spaltet sich der N. stapedius ab. Ein weiterer Intermediusanteil zweigt vor dem Ende des Fazialiskanals als Chorda tympani ab und zieht zwischen Hammer und Amboss zur Paukenhöhle (Abb. M-6.9).

⊙ M-6.9

Der N. petrosus major führt präganglionäre parasympathische Fasern. Er verbindet sich mit dem sympathischen N. petrosus profundus zum Nervus canalis pterygoidei und zieht zum Ganglion pterygoideum. Hier erfolgt die Umschaltung auf das zweite Neuron. Die autonomen Fasern erreichen mit Ästen des N. maxillaris ihre Zielorgane.

Der N. stapedius führt motorische Fasern zu Innervation des gleichnamigen Muskels. Die Chorda tympani führt sensible Fasern aus dem Ganglion geniculi und sensorische Fasern. Sie verlässt den Fazialiskanal und zieht zur Paukenhöhle, wo sie in der Plica mallearis superior verläuft. Durch die Fissura petrotympanica verlässt sie die Paukenhöhle und legt sich dem N. lingualis an. Sie führt Geschmacksfasern und sensible Fasern für die vorderen ⅔ der Zunge.

Verlauf des N. facialis durch die Wand der Paukenhöhle Ansicht von lateral auf die Innenwand (Paries labyrinthicus) der Paukenhöhle am Sagittalschnitt. (Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

1082

M

6 Ohr – Hör- und Gleichgewichtsorgan

Ihre präganglionären parasympathischen Fasern werden im Ganglion submandibulare umgeschaltet und innervieren dann die Gll. sublingualis und submandibularis (S. 1020). 6.3.2

Antrum mastoideum, Cellulae mastoideae und Tuba auditiva

Antrum mastoideum und Cellulae mastoideae Im Processus mastoideus entstehen innerhalb der ersten 6 Lebenjahre luftgefüllte und mit Schleimhaut ausgekleidete Räume (Antrum mastoideum und zahlreiche kleinere Celullae mastoideae). Der Zugang zum Antrum liegt in der Paries mastoideus. Die Mastoidzellen stehen in enger topografischer Nachbarschaft zum Sinus sigmoideus und N. facialis.

6.3.2 Antrum mastoideum, Cellulae mastoideae und Tuba auditiva Antrum mastoideum und Cellulae mastoideae Durch Pneumatisierung des Processus mastoideus innerhalb der ersten 6 Lebensjahre entsteht ein großer mit Schleimhaut ausgekleideter und luftgefüllter Raum (Antrum mastoideum) und zahlreiche kleinere, ebenfalls mit Schleimhaut ausgekleidete Cellulae mastoideae. Von der Paukenhöhle aus liegt der Zugang zum Antrum mastoideum im Paries mastoideus (Hinterwand). Die Cellulae mastoideae sind untereinander und mit dem Antrum verbunden (Abb. M-6.1b) und stehen in enger topografischer Nachbarschaft zum Sinus sigmoideus und N. facialis.

Ohrtrompete (Tuba auditiva)

Ohrtrompete (Tuba auditiva)

Funktion: Die Tuba auditiva (Abb. M-6.10) dient dem Druckausgleich zwischen Nasenrachenraum und Paukenhöhle.

Funktion: Die Tuba auditiva (Abb. M-6.10) dient dem Druckausgleich zwischen dem Nasenrachenraum und der Paukenhöhle. Unter Normalbedingungen wird dieser Druckausgleich durch Schlucken erzielt.

⊙ M-6.10

⊙ M-6.10

Tuba auditiva Sinus sphenoidalis A. carotis interna Tuba auditiva, Pars ossea Membrana tympanica Tonsilla pharyngealis M. tensor veli palatini Tuba auditiva, Pars cartilaginea Ostium pharyngeum tubae auditivae

Cavitas nasi

Tuba auditiva, Lamina membranacea M. levator veli palatini

M. salpingopharyngeus

Ansicht von medial auf einen Sagittalschnitt. Vgl. auch Abb. M-6.1. (Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

▶ Klinik.

Form und Lage: Sie verläuft von ihrem Ostium tympanicum in der Paukenhöhle nach unten-innen-vorn zum Ostium pharyngeum im Nasopharynx. Sie setzt sich aus einem knöchernen Canalis musculotubarius und einem

▶ Klinik. Entzündungen des Nasen- und Rachenraumes können sich über die Tuba auditiva leicht bis in die Paukenhöhle fortpflanzen und zu einer kompletten Verlegung der Tube (Tubenkatarrh) oder einer Entzündung der Schleimhaut des Mittelohres (Otitis media, Mittelohrentzündung) führen. Beide Krankheitsbilder kann man durch eine Otoskopie leicht unterscheiden. Bei einem Tubenkatarrh kann kein Druckausgleich zwischen Mittelohr und Nasenrachenraum erfolgen. In der Paukenhöhle entsteht ein Unterdruck, der das Trommelfell nach innen drückt und seine Schwingungsfähigkeit dadurch stark einschränkt. Bei einer Otitis media ist das Trommelfell stark gerötet und in Richtung Meatus acusticus externus vorgewölbt. Auch hierdurch wird seine Schwingungsfähigkeit stark eingeschränkt. In beiden Fällen entsteht also eine (reversible) Schallleitungsschwerhörigkeit.

Form und Lage: Das Verbindungsrohr zwischen Paukenhöhle und Nasopharynx ist etwa 4 cm lang und verläuft von oben-außen-hinten nach unten-innen-vorn. Seine Eingangsöffnung (Ostium tympanicum tubae auditivae) liegt in der Vorderwand der Paukenhöhle, die Mündung (Ostium pharyngeum tubae auditivae) in der Seitenwand des Nasopharynx (Pars nasalis des Rachens) etwa 4 cm hinter der unte-

M

1083

6.4 Innenohr (Labyrinth)

ren Nasenmuschel (S. 1041). Das der Paukenhöhle nahe Drittel der Wand ist knöchern (Canalis musculotubarius der Pars petrosa ossis temporalis), die rachennahen ⅔ sind knorpelig-membranös (Cartilago tubae auditivae) ausgebildet. Dieser Teil erweitert sich trichterförmig in Richtung Rachen. Am Übergang der beiden Teile befindet sich die engste Stelle (Isthmus tubae auditivae). Der Canalis musculotubarius wird durch eine Knochenlamelle in den Semicanalis musculi tensoris tympani für den gleichnamigen Muskel und den Semicanalis tubae auditivae getrennt. Die Cartilago tubae auditivae bildet die mediale und kraniale Wand des rachennahen Teils der Tube, während die laterale und kaudale Begrenzung von der bindegewebigen Lamina membranacea gebildet wird. Von ihr entspringen die Musculi levator und tensor veli palatini sowie der Musculus salpingopharyngeus, durch deren Kontraktion das Lumen der Tuba auditiva erweitert werden kann. ▶ Merke. Beim Schlucken (S. 920) wird das Gaumensegel durch den M. tensor veli

knorpelig-membranösen Teil (Cartilago tubae auditivae) zusammen. Am Übergang der beiden Teile befindet sich die engste Stelle (Isthmus). Der Canalis musculotubarius wird durch eine Knochenlamelle in die Semicanales musculi tensoris tympani und tubae auditivae unterteilt. Die Cartilago tubae auditivae wird durch eine bindegewebige Lamina membranacea, von der die Mm. levator und tensor veli palatini sowie der M. salpingopharyngeus entspringen, zu einem Rohr ergänzt.

▶ Merke.

palatini gespannt. Hierdurch wird zugleich ein Zug auf die Lamina membranacea ausgeübt und so das Lumen der Tuba auditiva erweitert. Feinbau: Die Tuba auditiva ist mit einer Schleimhaut ausgekleidet, die in den oberen Abschnitten der Paukenhöhle ähnelt und Richtung Rachen in ein respiratorisches Epithel (Flimmerepithel mit Becherzellen) übergeht.

Feinbau: Das Schleimhautepithel ähnelt oben dem der Paukenhöhle und unten einem respiratorischen Epithel.

Gefäßversorgung und Innervation des Mittelohres

Gefäßversorgung und Innervation des Mittelohres

▶ Merke. Mit Ausnahme der Aa. caroticotympanicae, die aus der A. carotis interna

▶ Merke.

stammen, wird das Mittelohr aus dem Stromgebiet der A. carotis externa versorgt. Gefäßversorgung: Im Einzelnen ziehen folgende Arterien aus den in Klammern angegebenen Ästen der A. carotis externa zum Mittelohr: Arteria tympanica anterior (A. maxillaris), Arteria tympanica superior (A. meningea media), Arteria tympanica posterior (A. stylomastoidea), Arteria tympanica inferior (A. pharyngea ascendens) sowie die Arteria stylomastoidea (A. auricularis posterior). Das venöse Blut fließt über den Plexus pterygoideus bzw. den Plexus pharyngeus ab. Auch Verbindungen zu den Sinus durae matris können bestehen.

Gefäßversorgung: Aus dem Stromgebiet der A. carotis externa stammen die Aa. tympanica anterior, superior, posterior, inferior sowie die A. stylomastoidea. Das venöse Blut fließt über den Plexus pterygoideus bzw. den Plexus pharyngeus ab.

Innervation: Die Schleimhaut von Paukenhöhle, Tuba auditiva und Cellulae mastoideae wird durch den Nervus tympanicus, einem Ast des N. glossopharyngeus (IX), sensibel innerviert. Er bildet zusammen mit den sympathischen Nn. caroticotympanici den Plexus tympanicus, der die Blutgefäße vasomotorisch innerviert. Die parasympathischen Anteile des N. tympanicus verlassen als N. petrosus minor durch einen kleinen Kanal (Hiatus canalis nervi petrosi minoris) die Paukenhöhle.

Innervation: Die Schleimhaut des Mittelohres wird vom N. tympanicus (aus IX) sensibel innerviert. Er bildet mit den sympathischen Nn. caroticotympanici den Plexus tympanicus für die Vasomotorik.

6.4

Innenohr (Labyrinth)

Wegen des komplexen Kanalsystems im Innern des Felsenbeins (Pars petrosa ossis temporalis, Abb. M-6.11) bezeichnet man das Innenohr auch als knöchernes Labyrinth (Labyrinthus osseus). Das knöcherne Labyrinth bildet zusammen mit dem analog geformten häutigen oder membranösen Labyrinth (Labyrinthus membranaceus) ein „Gehäuse“ für das Hör- und Gleichgewichtsorgan (Tab. M-6.3). Durch die unterschiedliche Größe von knöchernem und häutigem Labyrinth bedingt, befindet sich zwischen beiden ein Spalt. Dieser perilymphatische Raum ist mit Perilymphe gefüllt und kommuniziert über den Ductus perilymphaticus mit dem Subarachnoidalraum. Das häutige Labyrinth gliedert sich wie folgt: ■ Labyrinthus cochlearis: Er bildet mit seinem Sinnesepithel im Ductus cochlearis den akustischen Teil des Innenohres. ■ Labyrinthus vestibularis: Er enthält das Gleichgewichtsorgan (Vestibularorgan) und besteht aus Sacculus, Utriculus und den Ampullae membranaceae der drei Bogengänge (Ductus semicirculares). Während die Bogengänge in den jeweiligen knöchernen Canales semicirculares (posterior, lateralis und anterior) liegen, teilen sich Sacculus und Utriculus eine knöcherne Kapsel, die als Vestibulum bezeichnet wird. Die drei Bogengänge sind in einem Winkel von 45° zur Sagittalebene angeordnet. Der laterale (horizontale) Bogengang ist um 30° nach ventral und kranial gekippt. Die beiden anderen Bogengänge stehen senkrecht dazu (Abb. M-6.11).

6.4

Innenohr (Labyrinth)

Das komplexe Kanalsystem in der Pars petrosa Abb. M-6.11) wird knöchernes Labyrinth genannt. Zusammen mit dem analog geformten häutigen (membranösen) Labyrinth bildet es ein „Gehäuse“ für das Hör- und Gleichgewichtsorgan (Tab. M-6.3). Dazwischen befindet sich der perilymphatische Raum, der mit dem Subarachnoidalraum kommuniziert.

Im häutigen Labyrinth unterscheidet man den Labyrinthus cochlearis für den akustischen Teil des Innenohres und den ■ Labyrinthus vestibularis. Er enthält das Gleichgewichtsorgan (Vestibularorgan), das aus Sacculus, Utriculus (im knöchernen Vestibulum) und den drei Bogengängen (Ductus semicirculares) besteht. Sie sind in einem Winkel von 45° zur Sagittalebene angeordnet (Abb. M-6.11). ■

1084 ⊙ M-6.11

M

6 Ohr – Hör- und Gleichgewichtsorgan

Lage des Innenohrs

(Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

a Projektion des Innenohrs auf die Felsenbeinpyramide (Ansicht von kranial) b und die Pars squamosa des Os temporale (Ansicht von lateral).

≡ M-6.3

Knöchernes und häutiges Labyrinth

knöchernes Labyrinth

häutiges Labyrinth

„Gehäuse“ des Hörorgans Der häutige Schneckengang (Ductus cochlearis) beinhaltet das Sinnesepithel des auditorischen Systems und liegt im Canalis spiralis cochleae. Er schiebt sich im Querschnitt Die Spitze der Schnecke zeigt nach vorne, seitlich und unten. Sie wird als Schneckenkuppel keilförmig zwischen Scala vestibuli und Scala tympani und ist mit Endolymphe gefüllt. (Cupula cochleae) bezeichnet. Dadurch ist sein Querschnitt dreieckig: Der spiralige Schneckenkanal (Canalis spiralis cochleae) weist auf 35 mm Länge 2,5 ■ Paries externus: äußerer Wandabschnitt Windungen auf (Durchmesser an der Basis ca. 9 mm, Höhe ca. 5 mm) und beginnt am ■ Paries vestibularis: der Scala vestibuli Vorhof. benachbarter Wandabschnitt = ReissnerDer Modiolus dient als knöcherne Achse der Schnecke, von der aus zwei Knochenlamellen, Membran die Lamina spiralis ossea und das Septum cochleae entspringen. Die Lamina spiralis ossea ■ Paries tympanicus: der Scala tympani springt wie die Lamellen einer Schraube in den Canalis spiralis cochleae vor. Das Septum benachbarter Wandabschnitt mit Lamina cochleae dient als dünne Trennwand zwischen den Kanalgängen. spiralis ossea und Basilarmembran (Lamina Von der Lamina spiralis ossea entspringt die Basilarmembran (s. häutiges Labyrinth) und zieht basilaris). Auf Letzterer liegt das auditorische zur seitlichen Wand des Schneckengangs. Dadurch wird der Canalis spiralis cochlea in eine Sinnesorgan, s. Corti-Organ (S. 1086). An obere Etage = Scala vestibuli und eine untere Etage = Scala tympani unterteilt, die an der seinem basalen Ende ist der Ductus cochSchneckenspitze über das Helicotrema miteinander verbunden sind. Beide Scalae sind mit learis durch den Ductus reuniens mit dem Perilymphe gefüllt. Sacculus verbunden. Er endet blind in der Die Scala vestibuli steht mit dem Vestibulum über das ovale Fenster (Fenestra vestibuli) in Schneckenkuppel. Verbindung.

Die knöcherne Schnecke (Cochlea) bildet den vorderen Abschnitt des Labyrinths und besteht aus folgenden Strukturen ■ Die Basis cochleae (Schneckenbasis) ist zum inneren Gehörgang gerichtet. Hier liegt das runde Fenster (Fenestra cochleae) als Verbindung zur Paukenhöhle. ■













Die Scala tympani beginnt/endet am runden Fenster (Fenestra cochleae), das von der Membrana tympanica secundaria verschlossen ist. Über den Ductus perilymphaticus, der durch den Canaliculus cochleae verläuft, kommunizieren Scala tympani und Subarachnoidalraum.

„Gehäuse“ des Gleichgewichtsorgans Canales semicirculares anterior, posterior und lateralis (knöcherne Bogengänge), die senk- Ductus semicirculares anterior, posterior recht zueinander stehen und lateralis (häutige Bogengänge) mit ■ Durchmesser ca. 1 mm, Länge ca. 20 mm Ampullae membranaceae Sie stehen über ■ vorderer und hinterer Bogengang weichen von der Median- bzw. der Frontalebene um 45° ihre Schenkel mit dem Utriculus in Verbindung und sind mit Endolymphe gefüllt. ab, der laterale Bogengang ist gegen die Horizontalebene um 30° nach hinten gekippt (Abb. M-6.11). ■

Nahe dem Vorhof (s. u.) ist jeweils ein Schenkel der Gänge zu Ampullen (Ampullae osseae) erweitert. Die nicht erweiterten Schenkel des vorderen und hinteren Bogenganges vereinigen sich zu einem kurzen gemeinsamen Schenkel (Crus osseum commune).

Vestibulum (Vorhof): Mit Perilymphe gefüllter Hohlraum von ca. 5 mm Durchmesser, der mit Sacculus und Utriculus: vorderes und hinteres Vorhofsäckchen stehen über den Ductus folgenden Räumen in Verbindung steht: ■ nach vorne mit der Schnecke, utriculosaccularis miteinander in Verbindung Ductus endolymphaticus: zweigt vom ■ nach hinten mit den drei Bogengängen Ductus utricosaccularis ab und endet an einer ■ über die Basis stapedis im ovalen Fenster mit der Paukenhöhle. epiduralen Aussackung (Saccus endolymphaticus) an der Hinterfläche des Felsenbeins

M

⊙ M-6.12

1085

6.4 Innenohr (Labyrinth)

Knöchernes und membranöses Labyrinth

⊙ M-6.12

Schematische Darstellung von knöchernem und häutigem Labyrinth mit perilymphathischem (beige) und endolymphatischem (grau-grün) Raum. (Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

Das membranöse Labyrinth ist von einem platten bis isoprismatischen Epithel ausgekleidet, das an den jeweiligen Rezeptorarealen verdickt ist. Es ist mit Endolymphe gefüllt und über spärliche Bindegewebsfasern im Bereich der Sinnesepithelien des Vestibularapparats mit dem knöchernen Labyrinth verbunden. ▶ Merke. Sacculus, Utriculus, die drei Ductus semicirculares (anterior, posterior und

Das membranöse Labyrinth ist im Bereich der Sinnesepithelien des Vestibularapparates verdickt und mit dem knöchernen Labyrinth verbunden. Es enthält Endolymphe. ▶ Merke.

lateralis), sowie Ductus und Saccus endolymphaticus werden zum Vestibularorgan gezählt, während der Ductus cochlearis Bestandteil des Hörorgans ist. Gefäße und Nerven erreichen beide Organe über den Meatus acusticus internus. Dieser etwa 10 mm lange und 5 mm weite Gang verläuft in der Felsenbeinpyramide und nimmt den N. vestibulocochlearis (VIII) mit dem Ganglion vestibulare sowie die A. und V. labyrinthi auf. Auch der N. facialis (VII) mit seinem Intermediusanteil tritt hier in das Felsenbein ein. Tab. M-6.3 gibt eine Übersicht über die einzelnen Strukturen von knöchernem und häutigem Labyrinth.

Leitungsbahnen erreichen das Labyrinth über den Meatus acusticus internus. Er enthält den N. vestibulocochlearis (VIII) mit dem Ganglion vestibulare, A. und V. labyrinthi sowie den N. facialis (VII).

Perilymphe: Die im perilymphatischen Raum zwischen knöchernem und häutigem Labyrinth befindliche Perilymphe ist eine extrazelluläre Flüssigkeit, deren Zusammensetzung bis auf den etwas höheren Proteingehalt in etwa der des Liquor cerebrospinalis entspricht. Verbindungen zu den Liquorräumen bestehen über das Perineurium des N. vestibulocochlearis und über den Ductus perilymphaticus mit dem Subarachnoidalraum.

Perilymphe: Ihre Zusammensetzung entspricht in etwa dem des Liquor cerebrospinalis. Der perilymphatische Raum ist über das Perineurium des N. vestibulocochlearis und den Ductus perilymphaticus mit den Liquorräumen verbunden.

Endolymphe: Die kaliumreiche und natriumarme Endolymphe hat eine ähnliche Zusammensetzung wie die Intrazellularflüssigkeit und füllt die Hohlräume (ca. 70 µl/ Seite) des häutigen Labyrinths. Sie wird von spezialisierten Epithelzellen der Stria vascularis cochleae (S. 1087), der Cristae ampullares und Epithelanteilen von Sacculus und Utriculus gebildet. Die Resorption der Endolymphe erfolgt im Saccus endolymphaticus.

Endolymphe: Sie füllt die Hohlräume des häutigen Labyrinths. In ihrer Zusammensetzung ähnelt sie der intrazellulären Flüssigkeit, wird von spezialisierten Epithelzellen produziert und im Saccus endolymphaticus resorbiert.

1086

M

6.4.1

Labyrinthus cochlearis mit Hörorgan Ductus cochlearis

6.4.1 Labyrinthus cochlearis mit Hörorgan

Der Ductus cochlearis hat drei Wände (Abb. M-6.13): ■ Paries vestibularis: Diese Wand wird von der Membrana vestibularis gebildet und stellt die Abgrenzung zur Scala vestibuli dar. ■ Paries externus: Die seitliche Begrenzung bildet das Ligamentum spirale. Es wird zur Endolymphe hin durch die Stria vascularis abgegrenzt, deren Epithelzellen nicht auf einer Basallamina ruhen. Die Stria vascularis produziert die Endolymphe und ist als einziges Epithel des Körpers gut kapillarisiert. ■ Paries tympanicus: Er wird von der Membrana basilaris gebildet und stellt die Abgrenzung des Ductus cochlearis zur Scala tympani dar. Auf der Basilarmembran sitzt das Hörorgan (Corti-Organ, Organum spirale).

Der Ductus cochlearis innerhalb des Canalis spiralis cochleae ist im Querschnitt dreieckig (Abb. M-6.13). Die drei ihn begrenzenden Strukturen sind: ■ Paries vestibularis: Die Membrana vestibularis bildet sein Dach und somit die Abgrenzung zur Scala vestibuli. Die Membran besteht aus einer Basallamina mit einem beidseitigen Plattenepithel. ■ Paries externus: Das Ligamentum spirale begrenzt den Ductus cochlearis zur Seite hin. Es besteht aus einem lockeren Netz aus Bindegewebszellen und Fasern, seine extrazellulären Räume stehen mit den perilymphatischen Räumen in Verbindung. Zur Endolymphe des Ductus cochlearis hin wird das Ligamentum spirale von der Stria vascularis abgegrenzt, deren Epithelzellen nicht von einer Basallamina getragen werden. Als einziges Epithel des Körpers ist die Stria vascularis reich kapillarisiert. Wichtigste Aufgabe dieses Epithels ist die Produktion der Endolymphe (wahrscheinlich aus Perilymphe). Hierzu müssen Kaliumionen unter Energieverbrauch in die Endolymphe transportiert werden. ■ Paries tympanicus: Die Membrana basilaris bildet den Boden des Ductus cochlearis und grenzt ihn zur Scala tympani hin ab. Sie ist der für die Erregung der Sinneszellen wichtigste Teil des Ductus, da auf ihr das eigentliche Hörorgan (CortiOrgan, Organum spirale) sitzt. Die Membrana basilaris ist ca. 34 mm lang und an der Basis der Cochlea ca. 200 µm, an der Kuppel ca. 360 µm breit.

⊙ M-6.13

6 Ohr – Hör- und Gleichgewichtsorgan

Ductus cochlearis

Lage und Aufbau des Ductus cochlearis in der knöchernen Schnecke Modiolus

N. petrosus N. petrosus major minor

Ductus cochlearis Helicotrema Ganglion geniculi

Cochlea N. cochlearis N. facialis

Cavitas tympani

N. vestibularis

Chorda tympani

Meatus acusticus internus

a

Os petrosum

Bogengänge

ReissnerMembran

Limbus spiralis Lamina spiralis ossea

Ganglion spirale

N. cochlearis

Lig. spirale Scala vestibuli Stria vascularis

Scala tympani

Basilarmembran

Modiolus

Knochenwand

b

c innere Haarzelle Sulcus spiralis internus CortiTunnel

Ganglion spirale cochleae

Nuel-Raum Membrana tectoria äußere Haarzellen äußerer Tunnel

(Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

a Querschnitt durch die Cochlea im Felsenbein. b Lage und Aufbau des Ductus cochlearis im Canalis spiralis cochleae. Der Basilarmembran liegt das von drei tunnelartigen Hohlräumen durchzogene Corti-Organ auf. c Ganglion spirale cochleae.

Corti-Organ

Corti-Organ

Funktion: Die Sinneszellen des Corti-Organs wandeln mechanische Reize in elektrische Signale um. Aufbau: Die Epithelzellen sitzen der Basilarmembran auf. Zwischen ihnen liegen drei mit Corti-Lymphe gefüllte Hohlräume. Über ihrem zentralen Teil wölbt sich die gallertige Membrana tectoria.

Funktion: Das Corti-Organ enthält die Sinneszellen zur Umwandlung mechanischer Reize in elektrische Signale und ist somit als eigentliches Hörorgan zu betrachten. Aufbau: Das Corti-Organ besteht aus wallartig der Membrana basilaris aufsitzenden Epithelzellen. Über seinem zentralen Anteil wölbt sich die gallertige Membrana tectoria (Tektorialmembran). Innerhalb des Epithelhügels bestehen drei mit Perilymphe (hier Corti-Lymphe genannt) gefüllte Hohlräume, der innere Corti-Tunnel, der mittlere Nuel-Raum und der äußere Tunnel.

6.4 Innenohr (Labyrinth)

1087

Das Epithel enthält eine Vielzahl unterschiedlich benannter Stützzellen sowie Grenzzellen und Stereozilien tragende Haarzellen (S. 1230). Die Haarzellen sind die eigentlichen Sinneszellen. Sie sind in zwei Reihen angeordnet. Man unterscheidet eine Reihe innerer Haarzellen (insgesamt etwa 3 500), von denen jede einzelne mit einer Nervenfaser verbunden ist und drei- (basal) bis fünf Reihen (Spitze der Cochlea) von äußeren Haarzellen (insgesamt ca. 15 000), die jeweils als Gruppe synaptisch mit einer Nervenfaser verbunden sind. Im Bereich der Schneckenbasis sind die Stereozilien der Haarzellen kurz (4 µm) und nehmen in Richtung Cupula cochleae an Länge (8 µm) zu. Sie haben an der Spitze einen Durchmesser von 0,5 µm und verjüngen sich Richtung Basis auf 0,1–0,2 µm. Eine Haarzelle trägt durchschnittlich 75 Stereozilien, die bei den inneren Haarzellen C-förmig, bei den äußeren Haarzellen W-förmig angeordnet sind. Mit ihren Spitzen ragen die Stereozilien der äußeren Haarzellen in die Membrana tectoria. Von dem ursprünglich angelegten Kinozilium bleibt oft nur das Basalkörperchen zurück. Die inneren Haarzellen werden von inneren Phalangenzellen gestützt. Die äußeren Haarzellen sitzen den äußeren Phalangenzellen (Deiters-Stützzellen) auf. Zwischen inneren und äußeren Haarzellen liegen Pfeilerzellen, die den inneren Tunnel bilden. Durch die verbreiterten apikalen Enden der Deiters-Zellen stoßen die Stereozilien der Sinneszellen in den Endolymphraum der Scala media vor. Tight Junctions zwischen Stereozilien und Deiters-Zellen schließen den Endolymphraum komplett gegen die Corti-Lymphe ab. Die inneren und äußeren Grenzzellen begrenzen den Sulcus spiralis medialis bzw. lateralis.

Das Epithel besteht aus verschiedenen Stützzellen, Grenzzellen und Stereozilien tragende Haarzellen, den eigentlichen Sinneszellen. Da sie in zwei Reihen angeordnet sind, unterscheidet man innere und äußere Haarzellen. Die Stereozilien haben in den unterschiedlichen Abschnitten des Ductus cochlearis unterschiedliche Dimensionen, reichen aber mit ihren Spitzen immer in die Membrana tectoria. Die Stützzellen der inneren bzw. äußeren Haarzellen werden innere bzw. äußere Phalangenzellen genannt. Dazwischen liegen die inneren bzw. äußeren Pfeilerzellen. Die inneren bzw. äußeren Grenzzellen bilden den Abschluss zum Sulcus spiralis medialis bzw. lateralis.

Innervation: Das Ganglion spirale cochleae (Abb. M-6.13c) liegt innerhalb der Cochlea (Canalis spiralis modioli). Von den 30 000–40 000 bipolaren Ganglienzellen sind etwa 95 % den inneren Haarzellen zugeordnet, die verbleibenden 5 % erhalten Signale von den äußeren Haarzellen. Die afferenten Schenkel der bipolaren Neurone bilden mehrfache Synapsen mit den inneren Haarzellen, während eine periphere Faser mit einer Gruppe von äußeren Haarzellen Synapsen bildet. Die zentralen Fortsätze der bipolaren Ganglienzellen bilden am Grund des Meatus acusticus internus den Nervus cochlearis (S. 995).

Innervation: Das Ganglion spirale cochleae (Abb. M-6.13c) liegt innerhalb des Canalis spiralis modioli. 95 % der bipolaren Ganglienzellen sind mit den inneren Haarzellen, 5 % mit den äußeren Haarzellen verschaltet. Die efferenten Fortsätze der bipolaren Ganglienzellen bilden den N. cochlearis.

Gefäßversorgung: Die Arteria labyrinthi (S. 1159) gibt die Arteria vestibularis anterior und die Arteria cochlearis communis ab. Letztere teilt sich in die Arteria cochlearis propria zur Versorgung der Cochlea und die Arteria vestibulocochlearis zum Vestibularapparat. Die Arteria cochlearis propria steigt im Canalis spiralis modioli aufwärts. Ihre Äste bilden in der Lamina spiralis ossea in Höhe der Scala vestibuli das Vas spirale in der Basilarmembran und ein dichtes Kapillarbett in der Stria vascularis. Der venöse Abfluss erfolgt im Bereich der Scala tympani über die Venae canaliculi cochleae bzw. vestibuli in die Venae labyrinthi.

Gefäßversorgung: Die A. labyrinthi (S. 1159) bildet drei Äste (A. vestibularis anterior, A. cochlearis propria, A. vestibulocochlearis) zur Versorgung von Cochlea und Vestibularorgan. Das Vas spirale (aus der A. cochlearis propria) versorgt die Stria vascularis. Der venöse Abfluss erfolgt über die Vv. labyrinthi.

6.4.2 Labyrinthus vestibularis mit Gleichgewichtsorgan

6.4.2

M

Funktion: Über das im Labyrinthus vestibularis liegende Gleichgewichts- oder Vestibularorgan werden sowohl lineare als auch radiale Beschleunigungen und Lageveränderungen des Kopfes wahrgenommen. Es dient somit der Orientierung im Raum. ▶ Merke. Der Wahrnehmung linearer Beschleunigungen bzw. Verzögerungen die-

Labyrinthus vestibularis mit Gleichgewichtsorgan Funktion: Das im Labyrinthus vestibularis liegende Organ detektiert lineare und radiale Beschleunigungen. ▶ Merke.

nen die nahezu senkrecht bzw. horizontal angeordneten Sinneszellen des Sacculus bzw. Utriculus, die Wahrnehmung von Winkelbeschleunigung erfolgt über die drei Bogengänge. Der Ductus endolymphaticus verbindet die Ductus des Vestibularorgans mit dem Saccus endolymphaticus in der Dura mater und dient als „Überlaufgefäß“. Aufbau: Die sekundären Sinneszellen (Mechanorezeptoren) befinden sich zusammen mit Stützzellen im Epithel der Maculae des Sacculus und Utriculus. Zusammen werden die beiden Maculae auch Macula statica genannt. Bei den Bogengängen befindet sich das Sinnesepithel in Erweiterungen, die Cristae ampullares genannt werden. Die Sinnesfelder sind jeweils 2–3 mm2 groß (Abb. M-6.14).

Aufbau: Die sekundären Sinneszellen sitzen in den Maculae von Sacculus und Utriculus (zusammen Macula statica). Die Sinneszellen der Bogengänge sitzen in den Cristae ampullares (Abb. M-6.14).

1088

M

⊙ M-6.14

Aufbau des Vestibularorgans

.    

    

)   

    

(Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

:  



 7     )          )        

Halbtransparente Ansicht der Sinnesfelder des Vestibularorgans im Labyrinthus vestibularis, das von den entsprechenden Anteilen des knöchernen Labyrinths umgeben ist.

+     , -   , -  

.   

≡ M-6.4

6 Ohr – Hör- und Gleichgewichtsorgan

(     ( 

 

 )  

)   7   

Aufbau der Sinnesfelder von Sacculus, Utriculus und der Bogengänge

Anteil des Vestibularsystems

Lokalisation und Lage der Sinneszellen

Aufbau der gallertigen Deckschicht

Mechanismus der Reizübertragung

registrierte Bewegung

Sacculus

Macula sacculi (vertikal zur Körperachse) Macula utriculi (horizonzal zur Körperachse)

Kopfbewegung ↓ Otolithenmembran bleibt aufgrund ihrer Trägheit zurück ↓ Abscherung der Stereozilien

lineare Beschleunigungen ■ nach Größe und Richtung

Utriculus

Statokonien-/Otolithenmembran ■ flach ■



Bogengänge

Cristae ampullares

enthält KalziumkarbonatKristalle (Statokonien, Otolithen) Dichte höher als die der Endolymphe

Cupula ■ kuppelförmig ■

enthält keine Kristalle



Dichte gleich der der Endolymphe



von feinen Kanälchen durchzogen



Abweichungen der Kopfhaltung von der Senkrechten

Kopfdrehung radiale Beschleunigungen ■ entsprechend dem Ausmaß ↓ der Ablenkung der Cupula Endolymphe bleibt aufgrund ihrer Trägheit gegenüber den ■ die Drehrichtung wird aus Bogengängen zurück der Auslenkung aller sechs ↓ Cupulae im Gehirn "errechAuslenkung der beweglichen net" Cupula ↓ Abscherung der Stereozilien

Das Sinnesepithel besteht aus zwei unterschiedlich gebauten Haar- und dazwischen liegenden Stützzellen. Beide Typen tragen an ihrer apikalen Seite 80–100 Stereozilien und eine Kinozilie, die in eine gallertige Deckschicht ragen. Letztere ist in den Maculae und Cristae unterschiedlich aufgebaut (Tab. M-6.4).

Das Sinnesepithel besteht aus flaschenförmigen („bauchigen“) Haarzellen (Typ I) und zylindrischen („schlanken“) Haarzellen (Typ II) mit dazwischen liegenden Stützzellen. Beide Typen von Sinneszellen tragen an ihrer apikalen Seite 80–100 Stereozilien und eine Kinozilie. Letztere scheint für die Erregbarkeit der Sinneszelle nicht erforderlich zu sein. Die Zilien ragen in eine gallertige Deckschicht, welche den Zellen an ihrer apikalen Seite aufgelagert ist. Die Deckschichten von Maculae und Cristae sind unterschiedlich aufgebaut (Tab. M-6.4).

Gefäßversorgung und Innervation: Aa. vestibularis anterior und vestibulocochlearis aus der A. labyrinthi (S. 1159). Der venöse Abfluss erfolgt über die Vv. labyrinthi, die Innervation durch den N. vestibularis.

Gefäßversorgung und Innervation: Der Vestibularapparat wird von der Arteria vestibularis anterior und der Arteria vestibulocochlearis versorgt. Sie entstammen beide der Arteria labyrinthi (S. 1159). Der venöse Abfluss erfolgt über die Venae labyrinthi als Sammelgefäße. Das Gleichgewichtsorgan wird vom N. vestibularis innerviert.

▶ Klinik. Schwindelgefühl entspricht einer räumlichen Orientie-

rungsstörung. Es entsteht, wenn es zu einer Diskrepanz der Raumwahrnehmungen der verschiedenen hierzu beitragenden Sinnessysteme (Auge, Vestibularapparat, Propriozeption) kommt. Man unterscheidet einen unspezifischen Schwankschwindel, der bei zahlreichen Erkrankungen als Begleitsymptom auftreten kann, von einem spezifischen Drehschwindel, bei dem die Patienten oft sogar die Drehrichtung angeben können. Anfälle von Drehschwindel ist eines der Kardinalsympto-

me des Morbus Ménière, bei dem zusätzlich noch ein Hörverlust im tiefen Frequenzbereich, Ohrgeräusche (Tinnitus) und Druckgefühl im Ohr auftreten. Die Ursache der Erkrankung ist unklar, jedoch führt eine Anästhesie des Labyrinths oder eine Entfernung der knöchernen Begrenzung des Saccus endolymphaticus („Überlaufgefäß“) zu einer Verbesserung der Symptomatik. Die Anfallshäufigkeit nimmt auch ohne Behandlung im Verlauf mehrerer Jahre ab, die Schwerhörigkeit für tiefe Töne bleibt jedoch weiterhin bestehen.

M

6.5

1089

6.5 Hörvorgang und Gleichgewicht

Hörvorgang und Gleichgewicht

6.5.1 Umwandlung akustischer Reize in elektrische Signale Die über den äußeren Gehörgang gelangten periodischen Luftdruckschwankungen (Schall) versetzen das Trommelfell in (mechanische) Schwingungen. Diese werden über die Gehörknöchelchenkette und das ovale Fenster auf die Perilymphe der Scala vestibuli übertragen. Da Scala vestibuli und Scala tympani am Helicotrema miteinander verbunden sind, gelangen die Schwingungen bis zum Fenestra cochleae. ▶ Merke. Die Transformation des Schalls in elektrische Impulse erfolgt über mehre-

6.5

Hörvorgang und Gleichgewicht

6.5.1

Umwandlung akustischer Reize in elektrische Signale Schallwellen versetzen das Trommelfell in Schwingungen, die von der Gehörknöchelchenkette verstärkt auf das ovale Fenster und damit auf die Scala vestibuli übertragen werden. Über das Helicotrema gelangen die Schwingungen bis zum runden Fenster. ▶ Merke.

re „Stationen“: äußeres Ohr (Meatus acusticus externus → Trommelfell) ■ Mittelohr (Malleus → Incus → Stapes) ■ Innenohr/Cochlea (Fenestra vestibuli = ovales Fenster → Perilymphe über Scala vestibuli → Helicotrema → Scala tympani → Fenestra cochleae = rundes Fenster; Übertragung auf Basilarmembran → Entstehung einer Wanderwelle → Reizung der Haarzellen).



▶ Klinik. Bei der Otosklerose kommt es zu einer Knochenbildung im Bereich des ovalen Fensters, was zu einer zunehmenden Fixation der Steigbügelplatte führt. Die durch die Schallwellen am Trommelfell erzeugten Druckstöße können dadurch nur noch eingeschränkt auf die Perilymphe übertragen werden, es resultiert eine durch diese Schallleitungsstörung bedingte Schwerhörigkeit.

Impedanzanpassung: Da der Wellenwiderstand (Impedanz) von Flüssigkeit wesentlich größer als der von Luft ist, würde eine direkte Übertragung von Schall auf die Perilymphe zu einer nahezu vollständigen (ca. 98 %) Reflexion der Schallenergie führen. Dies wird im Ohr durch zwei Mechanismen verhindert: ■ Die „Schall-Sammelfläche“ des Trommelfells ist mit 55 mm2 etwa 17-mal größer als die Fläche des ovalen Fensters an der Basis stapedis mit 3 mm2. ■ Durch die unterschiedlich langen Hebelarme von Hammer und Amboss wird nochmals eine Kraftverstärkung im Verhältnis von etwa 1 : 3 erreicht. Beides zusammen führt zu einer etwa 22-fachen Verstärkung der eingehenden Schallsignale, nur etwa 40 % der Schallenergie werden reflektiert. Die Anpassung des Eingangswiderstandes wird auch als Impedanzanpassung bezeichnet. Dieser Mechanismus ist abhängig von der Tonfrequenz und funktioniert am besten im Bereich der Resonanzfrequenz des Trommelfells zwischen 1000 und 2000 Hz.

⊙ M-6.15

2 

  %"    3    3 

   *      (   7  

Impedanzanpassung: Um eine Reflektion der Schallwellen beim Übergang von Luft auf Flüssigkeit zu vermindern, erfolgt eine Anpassung des Eingangswiderstands (Impedanzwandlung) durch zwei Mechanismen: ■ Verkleinerung der Fläche im Vergleich zum Trommelfell; ■ Hebelmechanismus der Gehörknöchelchen Beides zusammen führt zu einer 22-fachen Verstärkung der eingehenden Schallsignale, die im Bereich von 1000–2000 Hz am besten funktioniert.

⊙ M-6.15

Schallübertragung vom Mittel- zum Innenohr

( 

▶ Klinik.

Die Auslenkungen des Trommelfells werden durch die Gehörknöchelchenkette auf das Fenestra vestibuli übertragen (rote Pfeile). Da Flüssigkeiten nicht komprimiert werden können, werden die Schwingungen auf die Perilymphe übertragen. Das runde Fenster dient dem Druckausgleich. (Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

1090 ▶ Klinik.

M

6 Ohr – Hör- und Gleichgewichtsorgan

▶ Klinik. Der komplette Ausfall von Trommelfell und Gehörknöchelchenkette führt nicht zur völligen Taubheit, da auch ohne Impedanzanpassung der Schall nicht vollständig reflektiert wird. Außerdem kann der Schall auch über die Knochen weitergeleitet werden (Knochenleitung). Eine solche Schallleitungsschwerhörigkeit kann durch Erhöhung des Schalldrucks (u. U. für spezielle Frequenzen) durch ein Hörgerät zumindest teilweise kompensiert werden.

Hydraulische Wellen: Die Druckstöße des Stapes führen in der Scala vestibuli zu periodischen Schwankungen des hydraulischen Drucks, der über die Membrana tympanica secundaria des runden Fensters ausgeglichen wird.

Hydraulische Wellen: Die durch die Gehörknöchelchenkette am ovalen Fenster erzeugten hydraulischen Druckstöße werden auf die Perilymphe der Scala vestibuli (und über das Helicotrema auch auf die Scala tympani) übertragen. Da Flüssigkeiten jedoch nicht komprimiert werden können, wird der dadurch bedingte periodische Anstieg des hydraulischen Drucks im perilymphatischen Raum über die Membrana tympanica secundaria des runden Fensters ausgeglichen.

Wanderwelle: Diese Druckschwankungen bringen die Basilarmembran in Form einer Wanderwelle zum Schwingen. Die maximale Amplitude wird in Abhängigkeit von der Frequenz an unterschiedlichen Stellen der Basilarmembran erreicht. Durch die Auslenkung der Basilarmembran kommt es zu einer Abscherung der Stereozilien und damit zu einer Erregung der Haarzellen (Abb. M-6.16).

Wanderwelle: Die Druckwellen werden auf den Endolymphraum übertragen und führen zu einer Auslenkung der Basilarmembran. Diese Auslenkung nimmt die Form einer Wanderwelle an. In Abhängigkeit von der Frequenz der Stapesoszillation (äquivalent zur Schallfrequenz) wird die maximale Amplitude der Wanderwelle an jeweils unterschiedlichen Stellen der Basilarmembran erreicht, nämlich bei hohen Frequenzen in der Nähe der Basis und bei tiefen Frequenzen in der Nähe der Cupola. Durch die Auslenkung der Basilarmembran kommt es infolge einer Verschiebung der äußeren Haarzellen des Corti-Organs gegenüber der Tektorialmembran, zu einer Abscherung der Stereozilien und damit zu einer Erregung dieser Sinneszellen (Abb. M-6.16).

▶ Merke.

▶ Merke. In der Cochlea erfolgt demnach eine mechanische Frequenzanalyse der

eintreffenden Schallinformation. Diese Frequenzanalyse setzt sich auch in den folgenden Bereichen des auditorischen Systems fort. ▶ Klinik.

⊙ M-6.16

▶ Klinik. Eine Innenohrschwerhörigkeit entsteht z. B. dann, wenn die Sinneszellen des Corti-Organs geschädigt werden. Dies kann insbesondere durch laute Geräusche (z. B. Feuerwerkskörper, laute Musik, Maschinenlärm) geschehen. Bei Innenohrschwerhörigkeit hilft ein Hörgerät nicht mehr. In jüngster Zeit versucht man diese Erkrankung durch Kochleaimplantate zu heilen.

⊙ M-6.16

Wanderwelle und ihre Auswirkung

(Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

a Entstehung einer Wanderwelle in der Cochlea. Zum besseren Verständnis wurde die Cochlea entrollt. Die durch die Bewegung des Stapes am ovalen Fenster erzeugte perilymphatische Druckwelle läuft Richtung Helicotrema und führt zu einer Auslenkung der Basilarmembran. In Abhängigkeit von der Frequenz der Stapesoszillation (äquivalent zur Schallfrequenz) wird die maximale Auslenkung an unterschiedlichen Stellen der Basilarmembran erreicht. b Abscherung der Stereozilien während des Ausschlags der Wanderwelle. Durch die Wanderwelle kommt es zu einer Scherbewegung zwischen Basilar- und Tektorialmebran, durch welche die Stereozilien nach außen gebogen werden.

M

1091

6.5 Hörvorgang und Gleichgewicht

▶ Exkurs: Signalverstärkung durch äußere Haarzellen. Schon geringfügige Auslenkungen (10-10–10-12 m) der Stereozilien führen zur Öffnung von dehnungsabhängigen Kationen-(K+)kanälen. Bei den zusätzlich efferent innervierten äußeren Haarzellen kommt es bei der Erregung zu einer Verkürzung. Für die Frequenz abhängigen Längenveränderungen der äußeren Haarzellen ist das (ATP-unabhängige) „Motorprotein“ Prestin in der lateralen Zellmembran verantwortlich, das die elektrische Aktivität der äußeren Haarzelle direkt mit einer hochfrequenten mechanischen Kontraktion der gesamten Zelle koppelt. Die Längenveränderungen der äußeren Haarzellen verstärken die Bewegungen der Endolymphe und erst hierdurch kommen die Stereozilien der inneren Haarzellen in Kontakt mit der Tektorialmembran, was zu ihrer Abscherung mit nachfolgender Erregung führt. Die äußeren Haarzellen sind daher als Signalverstärker aufzufassen. Die Erregung infolge des Abscherens der Stereozilien der inneren Haarzellen führt zur Ausschüttung des Neurotransmitters Glutamat und zur Erregung des afferenten Schenkels der Nervenzellen der Pars cochlearis des N. vestibulocochlearis. Zum genauen Mechanismus der Reizumwandlung und zu den Stationen der Hörbahn (S. 1230).

▶ Exkurs: Signalverstärkung durch äußere Haarzellen.

6.5.2 Umwandlung von Beschleunigungen in elektrische Signale

6.5.2

Wie Lageveränderungen des Kopfes zu einer Abscherung der Stereozilien führen, ist in Tab. M-6.4 für die einzelnen Sinnesfelder detailliert erklärt. Entscheidend ist, in welcher Richtung die Stereozilien relativ zum Zellkörper abgeschert werden. Erfolgt diese Abscherung zum Kinozilium hin, wird die Zellmembran erregt, die Abscherung vom Kinozilium weg führt zu einer Inhibition (Hemmung). Die jeweils resultierende Potenzialänderung der Sinneszelle führt zur Freisetzung von mehr oder weniger Glutamat aus dem basalen Pol der Sinneszellen. Über elektrische und chemische Synapsen (Typ I) oder ausschließlich über chemische Synapsen (Typ II), wird die Erregung an die afferenten Nervenendigungen der bipolaren Nervenzellen des Ganglion vestibulare weitergegeben. Dieses Ganglion liegt im Fundus des Meatus acusticus internus. Zu den weiteren Stationen der Gleichgewichtsbahn (S. 1235). Da das Gleichgewichtsorgan bilateral symmetrisch angelegt ist, werden die entsprechenden Bogengänge bei einer Kopfdrehung gegensätzlich stimuliert. Durch diesen Mechanismus wird die Möglichkeit einer Diskriminierung von Rotationsbewegungen („Kontrastverstärkung“) verbessert.

⊙ M-6.17

Orientierung der Stereozilien im Vestibularapparat und Zusammenwirken kontralateraler Bogengänge bei der Kopfdrehung

(Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

a Die Anordnung der Stereozilien gewährleistet die Zuordnung der unterschiedlichen Raumrichtungen zu maximal empfindlichen Rezeptorfeldern. b Bei einer Kopfdrehung wirken die kontralateralen Bogengänge synergistisch.

Umwandlung von Beschleunigungen in elektrische Signale Details sind Tab. M-6.4 zu entnehmen. Erfolgt die Scherung der Stereozilien zum Kinozilium hin, wird die Zellmembran erregt. Die Scherung vom Kinozilium weg führt dagegen zu einer Inhibition (Hemmung). In Abhängigkeit von der jeweiligen Potenzialänderung wird am basalen Pol der Sinneszellen mehr oder weniger Glutamat ausgeschüttet. Dieser Neurotransmitter führt zu einer Erregung der bipolaren Nervenzellen des Ganglion vestibulare, das sich im Fundus des Meatus acusticus internus befindet. Die bilateral symmetrische Anlage des Gleichgewichtsorgans verbessert die Möglichkeit einer Diskriminierung von Rotationsbewegungen („Kontrastverstärkung“).

⊙ M-6.17

1092

M

6.6

Entwicklung des Ohres

6.6

6.6.1

Entwicklung des äußeren Ohres

6.6.1 Entwicklung des äußeren Ohres

Meatus acuticus externus: Die 1. Schlundfurche wächst trichterförmig nach innen, bis sie die primitive Paukenhöhle erreicht. Proliferierende Epithelzellen bilden die sich wieder zurückbildende Gehörgangsplatte. ▶ Klinik.

6 Ohr – Hör- und Gleichgewichtsorgan

Entwicklung des Ohres

Meatus acusticus externus: Die 1. Schlundfurche (S. 968) wächst als trichterförmige Röhre nach innen, bis sie die endodermale Auskleidung der primitiven Paukenhöhle (1. Schlundtasche) erreicht. Ab dem 3. Monat beginnen die Epithelzellen am Boden der Schlundtasche zu proliferieren. Sie bilden die Gehörgangsplatte, die sich im 7. Monat jedoch wieder auflöst. ▶ Klinik. Ein Persistieren der Gehörgangsplatte führt zu angeborener Taubheit.

Trommelfell: An der Entwicklung des Trommelfells sind beteiligt: das Bodenepithel der 1. Schlundfurche und das Epithel der 1. Schlundtasche.

Trommelfell: Die 1. Schlundfurche (S. 968) und 1. Schlundtasche wachsen im Verlauf der Entwicklung aufeinander zu. An der Entwicklung des Trommelfells wirken das Bodenepithel der 1. Schlundfurche (Ektoderm), sowie das Epithel (Endoderm) der 1. Schlundtasche (primitive Paukenhöhle) mit. Zwischen beiden bildet sich eine Schicht aus lockerem Bindegewebe aus.

6.6.2

6.6.2 Entwicklung des Mittelohres

Entwicklung des Mittelohres

Paukenhöhle und Tuba auditiva: Beide entstehen aus der 1. Schlundtasche (S. 968), die in ihrem distalen Anteil den Recessus tubotympanicus ausbildet.

Paukenhöhle und Tuba auditiva: Beide entstehen aus dem Endoderm der 1. Schlundtasche (S. 968), einer Ausstülpung des Schlunddarmes. Sie wächst auf das Ektoderm der 1. Schlundfurche zu und bildet dann mit ihrem distalen Anteil den Recessus tubotympanicus. Dessen distaler Teil erweitert sich zur primitive Paukenhöhle, während der proximale Teil zur Tuba auditiva wird.

Antrum mastoideum: Gegen Ende der Schwangerschaft entsteht dorsal das Antrum mastoideum.

Antrum mastoideum: Gegen Ende der Schwangerschaft dehnt sich die Paukenhöhle auch nach dorsal aus und bildet das Antrum mastoideum. Erst nach der Geburt bildet sich der Processus mastoideus, der in den folgenden Monaten pneumatisiert wird. Diese Hohlräume kleidet ebenfalls ein Epithel endodermaler Herkunft aus.

Gehörknöchelchen: Malleus und Incus entstehen aus dem Knorpel des 1. Schlundbogens, der Stapes aus dem Knorpel des 2. Schlundbogens. Sie werden bereits in der ersten Schwangerschaftshälfte angelegt und im 9. Monat von Schleimhaut der Paukenhöhle überzogen.

Gehörknöchelchen: Malleus und Incus entstehen eingebettet in lockeres Mesenchym aus dem Knorpel des 1. Schlundbogens. Der Stapes leitet sich aus dem Knorpel des 2. Schlundbogens ab. Sie werden bereits in der ersten Schwangerschaftshälfte angelegt, bleiben jedoch bis zum 8. Monat in Mesenchym eingebettet. Mit der Rückbildung dieses Mesenchyms geht die Ausweitung der primitiven Paukenhöhle einher, deren Epithel endodermaler Herkunft die Gehörknöchelchen später als Schleimhaut überzieht und in einer Art „Meso“ (S. 524) mit der Wand der Paukenhöhle verbindet.

6.6.3

6.6.3 Entwicklung des Innenohres

Entwicklung des Innenohres

Übersicht: Am 22. Entwicklungstag sind die Ohrplakoden als Verdickung des Oberflächenektoderms zu sehen. Sie stülpen sich ein und bilden das Ohrbläschen. Aus dessen ventralem Anteil entwickeln sich Sacculus und Cochlea. Aus den dorsalen Anteilen werden Utriculus, Bogengänge und Ductus endolymphaticus.

Übersicht: Am 22. Entwicklungstag lässt sich eine Verdickung des Oberflächenektoderms auf der Höhe des Rautenhirns beobachten. Diese Verdickungen werden Ohrplakoden genannt. Sie stülpen sich ein und bilden zunächst ein Ohrgrübchen, das nach Abschnürung von der Oberfläche zum Ohrbläschen wird. Im weiteren Verlauf der Entwicklung teilt sich das Ohrbläschen in einen ventralen Anteil, aus dem sich der Sacculus und die Cochlea entwickeln. Aus den dorsalen Anteilen werden der Utriculus, die Bogengänge und der Ductus endolymphaticus.

Sacculus, Cochlea und Corti-Organ: Am unteren Pol des Sacculus-Anteils des Ohrbläschens dringt eine Ausstülpung spiralig in das umgebende Bindegewebe ein. Das umgebende Mesenchym bildet eine Knorpelkapsel, in der Scala vestibuli und tympani sichtbar werden. Die spitzwinkelige mediale „Wand“ ist der knorpelige Vorläufer des Mediolus. Aus den Epithelzellen des Ductus cochlearis bildet sich eine innere und eine äußere Leiste. Aus letzterer leiten sich die inneren und äußeren Haarzellen ab.

Sacculus, Cochlea und Corti-Organ: Cochlea: In der 6. Woche bildet sich am unteren Pol des Sacculus-Anteils des Ohrbläschens eine Ausstülpung. Diese dringt spiralig in das umgebende Bindegewebe ein und bildet bis zum 8. Monat 2,5 Windungen. Mit dem Sacculus bleibt der Ductus cochlearis durch den Ductus reuniens verbunden. Das den Ductus cochlearis umgebende Mesenchym wird zu einer Knorpelkapsel, in der in der 10. Entwicklungswoche die Hohlräume der Scala vestibuli und Scala tympani sichtbar werden. Sie bleiben durch die Reissner-Membran bzw. die Basilarmembran vom Ductus cochlearis getrennt. An der Seitenwand bildet sich das Ligamentum spirale. Die spitzwinkelige mediale „Wand“ ist der knorpelige Vorläufer des Mediolus. Aus den ursprünglich gleichartigen Epithelzellen des Ductus cochlearis entwickelt sich eine innere Leiste (Limbus spiralis). Aus der äußeren Leiste entwickeln sich die inneren und äußeren Haarzellen, die Sinneszellen des Corti-Organs.

6.6 Entwicklung des Ohres

1093

Utriculus und Bogengänge: Die Bogengänge treten in der 6. Entwicklungswoche als abgeflachte, kreisförmige Ausstülpungen des Utriculus-Anteils des Ohrbläschen auf. Die zentralen Wandabschnitte legen sich aneinander, verschmelzen und verschwinden. An jedem der so entstandenen Bögen erweitert sich ein Ende zum Crus ampullare. Von den nicht erweiterterten Crura nonampullaria verschmelzen zwei und münden mit dem dritten in den Utriculus. In den Ampullae bilden sich die Maculae staticae mit den Sinneszellen.

Utriculus und Bogengänge: Die Bogengänge werden als flache kreisförmige Ausstülpungen des Utriculus-Anteils der Ohrbläschen sichtbar, deren zentralen Anteile verschmelzen. Ein Ende der Bögen erweitert sich zum Crus ampullare, in dem die Sinneszellen entstehen.

Ganglion vestibulare und Ganglion spirale cochleae: Bereits während der Bildung des Ohrbläschens wandern Zellen aus der Plakode nach medial und bilden das Ganglion vestibulocochleare. In diesem lassen sich topografisch der Vorläufer des Ganglion spirale cochlea (Gehör) und des Ganglion vestibulare (Gleichgewicht) unterscheiden. Die bipolaren Neurone senden einen peripheren Fortsatz zu den Sinneszellen im häutigen Labyrinth. Der zentrale Fortsatz wächst zum Rautenhirn.

Ganglion vestibulare und Ganglion spirale cochleae: Während der Bildung des Ohrbläschens wandern Zellen aus der Plakode nach medial und bilden das Ganglion vestibulocochleare, in dem sich dann die Ganglia spirale und vestibulare differenzieren.

M

ZNS

1

ZNS – Aufbau und Organisation

2

ZNS – funktionelle Systeme

1181

1097

N

1

ZNS – Aufbau und Organisation

1.1 1.2 1.3 1.4 1.5 1.6 1.7

Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Rückenmark (Medulla spinalis) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Gehirn (Encephalon) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Hüllen des ZNS (Meningen) und Liquorsystem. . . . . . . . . Gefäßversorgung von Gehirn, Rückenmark und Meningen . Entwicklung des ZNS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Darstellung des ZNS mit bildgebenden Verfahren. . . . . . .

. . . . . . .

. . . . . . .

. . . . . . .

. . . . . . .

. . . . . . .

. . . . . . .

N

. 1097 . 1097 . 1103 . 1149 . 1157 . 1170 . 1175

S. Mense

1.1

Einführung

▶ Definition. ZNS (zentrales Nervensystem) = Gehirn (Encephalon, Cerebrum) + Rückenmark (Medulla spinalis). Vgl. auch Kap. Zentrales Nervensystem (S. 201). Anmerkung: Der Begriff Cerebrum wird manchmal auch für Großhirn (Telencephalon) benutzt.

1.2

Rückenmark (Medulla spinalis)

1.2.1 Lage, Form und Abschnitte des Rückenmarks Lage des Rückenmarks: Das Rückenmark (Medulla spinalis) und Cauda equina liegen dorsal von den Wirbelkörpern und ventral von den Wirbelbögen (Laminae) im Spinalkanal (Canalis spinalis) bzw. im Canalis sacralis des Os sacrum (S. 251). Das Rückenmark ist an Bändern (Ligamenta denticulata) in der Mitte des Spinalkanals aufgehängt und wird von Rückenmarkflüssigkeit, dem Liquor cerebrospinalis (S. 1152), umspült. Ein weiterer Schutz gegenüber mechanischen Belastungen wird durch Venenpolster erreicht, die den Spinalkanal ventral und dorsal auskleiden (Plexus venosus vertebralis internus anterior und posterior, Abb. C-1.39). Das Ende des Rückenmarks wird vom Conus medullaris gebildet, der sich über das bindegewebige Filum terminale bis ins Os coccygis fortsetzt, wo das Filum befestigt ist. Das Rückenmark beginnt am Foramen magnum des Os occipitale und reicht je nach Alter unterschiedlich weit nach kaudal. Beim Fötus füllt es den Spinalkanal vollständig aus und ist deshalb noch im Os sacrum vorhanden. Mit zunehmendem Alter bleibt das Wachstum des Rückenmarks immer mehr hinter dem des Spinalkanals zurück und reicht beim Erwachsenen nur noch bis zur Höhe der Lendenwirbelkörper I/II. Kaudal davon schließt sich die Cauda equina an, die aus Hinter- und Vorderwurzeln besteht. Die Cauda equina ist ebenfalls von Liquor cerebrospinalis umgeben. ▶ Merke. Das eigentliche Rückenmark endet mit dem Conus medullaris etwa in

1.1

Einführung

▶ Definition.

1.2

Rückenmark (Medulla spinalis)

1.2.1

Lage, Form und Abschnitte des Rückenmarks Lage: Beim Fötus füllt das Rückenmark den Spinalkanal vollständig aus. Beim Erwachsenen ist es im Wachstum zurückgeblieben und endet mit dem Conus medullaris in Höhe von LWK I/II. Kaudal davon ziehen die Hinterund Vorderwurzeln als Cauda equina bis zum sakralen Ende des Spinalkanals bzw. bis zu ihrem Austrittsort. Das Rückenmark ist von einem mehrfachen Schutz gegen mechanische Kompression geschützt durch: ■ den knöchernen und ligamentären Spinalkanal, ■ Venenpolster (Abb. C-1.39) und ■ den Liquor cerebrospinalis.

▶ Merke.

Höhe von LWK I/II (Abb. N-1.1). ▶ Klinik. Die unterschiedliche Länge von Rückenmark und Spinalkanal sind für die

▶ Klinik.

Wahl des Ortes für eine Lumbalpunktion (S. 1153) zur Entnahme von Liquor cerebrospinalis bedeutsam. Die Punktion erfolgt üblicherweise zwischen LWK IV und V bzw. zwischen LWK III und IV, wo kein Rückenmark mehr vorhanden ist. Die Filamente der Cauda equina weichen der Punktionsnadel aus. Intumeszenzien: In Abb. N-1.1 fällt auf, dass das Rückenmark zwei sog. Intumeszenzien (Anschwellungen) besitzt: ■ Intumescentia cervicalis (Höhe HWK IV bis BWK I) am Abgang der Nerven für die obere Extremität und ■ Intumescentia lumbosacralis (Höhe BWK X–XII) am Abgang der Nerven zum Bein.

Intumeszenzien: Am Abgang der Nerven für die Extremitäten liegen 2 Anschwellungen (Abb. N-1.1): Intumescentia cervicalis (Höhe HWK IV bis BWK I) und lumbosacralis (Höhe BWK X–XII).

1098 ⊙ N-1.1

N

1 ZNS – Aufbau und Organisation

⊙ N-1.1

Lage des Rückenmarks

Medulla oblongata

Um in der Ansicht von ventral die Lage des Rückenmarks darzustellen, wurden der umgebende Durasack und die Wirbelkörper gefenstert.

Atlas

(Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

Intumescentia cervicalis

Intumescentia lumbosacralis LWK I Conus medullaris Cauda equina

▶ Exkurs: Grundlage der Intumeszenzien.

Segmente: Das Rückenmark besitzt 31–33 Segmente (Abb. B-3.9): ■ 8 Zervikalsegmente, ■ 12 Thorakalsegmente, ■ 5 Lumbalsegmente, ■ 5 Sakralsegmente und ■ 1–3 (teils rudimentäre) Kokzygealsegmente. Zur Höhenzuordnung der Rückenmarkssegmente mit den austretenden Spinalnerven relativ zur Wirbelsäule s. Abb. B-3.9. Prinzipiell gilt, dass die Spinalnerven kaudal des zugehörigen WK austreten. Die Ausnahme von dieser Regel ist das Halsmark.

▶ Exkurs: Grundlage der Intumeszenzien. Eigentlich ist der Begriff „Anschwellung“ nicht richtig gewählt, denn es handelt sich im Gegenteil um die ursprüngliche Dicke des Rückenmarks, während die anderen Teile während der Embryonalentwicklung geschrumpft sind. Der Grund dafür ist, dass Nervenzellen zunächst im Überschuss angelegt werden, aber nur diejenigen erhalten bleiben, die Gewebe als Innervationsziel finden. Neurone, deren aussprossende Axone kein oder nur bereits innerviertes Gewebe finden, gehen durch Apoptose zugrunde, d.h sie aktivieren ein zelleigenes Programm, das zur Auflösung der Zelle führt (der Vorgang der Apoptose wird auch als programmierter Zelltod bezeichnet). Bei den Nervenzellen, die Gewebe als Innervationspartner finden, werden Substanzen aus dem Gewebe über die Axone an das Soma zurücktransportiert (u. a. Nerve growth factor = NGF), die die Apoptose verhindern.

Rückenmarksegmente: In Längsrichtung wird das Rückenmark in Segmente eingeteilt, wobei ein Segment der Rückenmarkabschnitt ist, der zu einem Spinalnerv (S. 206) gehört. Insgesamt besitzt das Rückenmark 31–33 Segmente (s. a. Abb. B-3.9): ■ 8 Zervikalsegmente, ■ 12 Thorakalsegmente, ■ 5 Lumbalsegmente, ■ 5 Sakralsegmente und ■ 1–3 (teils rudimentäre) Kokzygealsegmente. Die Höhenzuordnung der Rückenmarkssegmente und austretenden Spinalnerven in Bezug zur Wirbelsäule ist in Abb. B-3.9 (Kapitel B3: Nervensystem – Grundlagen) dargestellt. Prinzipiell treten die Spinalnerven kaudal des zugehörigen WK aus (z. B. Spinalnerv L 3 kaudal vom WK LIII). Eine Ausnahme ist das Halsmark: C 1 tritt zwischen Okziput und Atlas aus, C 8 kaudal von WK CVII.

N

1099

1.2 Rückenmark (Medulla spinalis)

1.2.2 Aufbau des Rückenmarks – graue und weiße Substanz

1.2.2

An einem Querschnitt durch das ungefärbte Rückenmark kann man schon makroskopisch in der Mitte die ■ schmetterlingsförmige graue Substanz (Substantia grisea) erkennen, die von ■ einem Saum weißer Substanz (Substantia alba) umgeben ist (Abb. N-1.2a).

Bereits makroskopisch lassen sich im Querschnitt Substantia grisea (innen liegend, schmetterlingsförmig) und Substantia alba (außen die Substantia grisea umgebend) unterscheiden (Abb. N-1.2a).

Aufbau des Rückenmarks – graue und weiße Substanz

▶ Merke.

▶ Merke. Die graue Substanz (bestehend vorwiegend aus Zellkörpern von Neuronen

und Gliazellen) liegt innerhalb des Gehirns in Form von Kernen sowie im Groß- und Kleinhirn zusätzlich als äußere Rinde vor. Im Rückenmark bildet sie dagegen eine innenliegende Schmetterlingsform mit Vorder-, Hinter- und (thorakal) Seitenhorn. Die weiße Substanz (bestehend aus gebündelten Nervenfasern) liegt im Rückenmark außen, wohingegen sie im Groß- und Kleinhirn als Marklager innen liegt und von der grauen (Rinden-)Substanz umgeben wird.

Graue Substanz (Substantia grisea) des Rückenmarks Bestandteile: In der grauen Substanz befinden sich die Somata von Nerven- und Gliazellen zusammen mit dem Neuropil, das sind Fortsätze von Nerven und Gliazellen, sowie Gefäße. Graue Substanz im Rückenmarkquerschnitt: Ein Rückenmarkquerschnitt lässt in der grauen Substanz folgende Strukturen erkennen (Abb. N-1.2b): ■ Im Hinterhorn (Cornu posterius oder Columna posterior) werden viele über die Hinterwurzel einlaufende sensorische Fasern synaptisch umgeschaltet. Glutamat ist hier der häufigste Neurotransmitter. Ein wichtiger Kern oder Nucleus – eine Ansammlung von funktionell zusammengehörenden Neuronen – im Hinterhorn ist der Nucleus proprius. Hier wird vorwiegend Information von den Mechanorezeptoren der Haut verarbeitet. ■ Das Vorderhorn (Cornu anterius oder Columna anterior) enthält die Motoneurone für die quergestreifte Muskulatur. Hier entspringen die motorischen Fasern der Vorderwurzel und in einigen Segmenten die autonomen Fasern. Die Motoneurone benutzen Acetylcholin als Transmitter. ■ In den Segmenten C 8 bis L 1–3 findet sich zwischen Hinter- und Vorderhorn noch ein Seitenhorn (Cornu laterale oder Columna lateralis), in dem die präganglionären autonomen Neurone des Sympathikus (S. 214) liegen. Sie bilden den Nucleus intermediolateralis. Anmerkung: Der Ncl. intermediomedialis findet sich in der Substantia intermedia (s. u.) zwischen Hinter- und Vorderhorn im Sakralmark und ist der Ursprung von parasympathischen Efferenzen. Bei beiden autonomen Systemen ist der Transmitter an der ersten Synapse (Übergang vom präganglionären auf das postganglionäre Neuron) Acetylcholin.

⊙ N-1.2

Graue Substanz (Substantia grisea) des Rückenmarks Bestandteile: Somata von Nerven- und Gliazellen sowie Neuropil und Gefäße.

Graue Substanz im Rückenmarkquerschnitt: Die graue Substanz des Rückenmarks hat folgende Hauptbestandteile (Abb. N-1.2b): ■ Hinterhorn (Cornu posterius): Umschaltstation für sensorische Information ■ Vorderhorn (Cornu anterius): Ursprung der motorischen und autonomen Fasern ■ Seitenhorn (Cornu laterale): Ein Seitenhorn kommt nur in den Segmenten C 8 bis L 1–3 vor; hier liegen die präganglionären Neurone des Sympathikus (S. 214).

Aufbau des Rückenmarks aus grauer und weißer Substanz Columna posterior Columna lateralis Columna anterior

graue Substanz

Funiculus lateralis Funiculus anterior

weiße Substanz

a

Funiculus posterior

b

c

(Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

a Grundsätzliche Verteilung von grauer und weißer Substanz des Rückenmarks in der Ansicht eines Rückenmarkquerschnitts von kranial. b Dreidimensionale Darstellung in der Ansicht von schräg links kranial und ventral: Die graue Substanz (Substantia grisea) ordnet sich in hier farbig hervorgehobenen Säulen (Columnae) an, die im zweidimensionalen Querschnitt als Hörner (Cornua) imponieren (vgl. Abb. N-1.5). c In der weißen Substanz (Substantia alba) dominieren die zu Strängen (Funiculi) angeordneten Nervenfasern (farbig hervorgehoben in einer mit b vergleichbaren Ansicht).

1100

N

▶ Merke.

1 ZNS – Aufbau und Organisation

▶ Merke. Im Hinterhorn (Cornu posterius) erfolgt die Umschaltung vieler sensori-

scher Nervenfasern, die aus der Körperperipherie über die Hinterwurzel = Radix posterior (S. 204) dorsal in das Rückenmark eintreten. Im Vorderhorn (Cornu anterius) liegen die Motoneurone für die quergestreifte Muskulatur, deren Fasern als Vorderwurzel = Radix anterior (S. 204) ventral aus dem Rückenmark austreten (Abb. N-1.2). Da sich die Hörner der grauen Substanz über große Teile des Rückenmarks erstrecken, werden sie oft auch „Säulen“ (Columnae) genannt. Ein Seitenhorn (Cornu laterale) als Ursprung von sympathischen Efferenzen kommt nur in den Segmenten C 8 bis L 1–3 vor. Hinter- und Vorderwurzeln zusammen bilden direkt distal vom Spinalganglion den Spinalnerv. Das Spinalganglion liegt im Foramen intervertebrale.

Mit dem Austritt aus dem Spinalkanal vereinigen sich beide Wurzeln, direkt distal vom Spinalganglion, das im Foramen intervertebrale liegt. Das Spinalganglion enthält die Somata (Zellkörper) der afferenten Fasern der Hinterwurzel. Die Nervenfasern beider Wurzeln zusammen bilden den Spinalnerv (S. 206), der sich nach dem Austritt aus dem Foramen intervertebrale in die beiden Hauptäste Ramus posterior und anterior teilt.

Feinbau der grauen Substanz: Für die innere Einteilung der grauen Substanz des Rückenmarks sind zwei Systeme gebräuchlich (Abb. N-1.3), nämlich 1. die Rexed-Laminierung, gekennzeichnet mit römischen Zahlen, und 2. die Einteilung in Schichten und Kerne, gekennzeichnet mit lateinischen Wörtern. Beide Systeme stimmen nur teilweise überein.

Feinbau der grauen Substanz: Die innere Einteilung der grauen Substanz erfolgt nach zwei Systemen (Abb. N-1.3): ■ Rexed-Laminierung: Die Rexed-Laminierung ist eine zytoarchitektonische Einteilung, bei der vorwiegend Unterschiede in der Größe und Dichte der Neurone verwendet werden. So ergeben sich von dorsal nach ventral 9 Laminae (Schichten), wobei im Hinterhorn die Schichten I–V (oder in einigen Segmenten VI) vorhanden sind, im Vorderhorn die Laminae VII und VIII, in denen sich die von den Motoneuronen gebildeten Kerne (Lamina IX) befinden. Lamina X ist die Region um den Zentralkanal. Seitlich der Lamina X erstreckt sich die Lamina VII, die bis ins anterolaterale Vorderhorn reicht. ■ Lateinische Bezeichnung: Einigen Rexed-Laminae lassen sich direkt lateinisch bezeichnete Schichten oder Kerne zuordnen: Lamina 1 entspricht der Zona marginalis oder Apex cornus posterius , Lamina II der Substantia gelatinosa, und Lamina III und IV dem Nucleus proprius. Der Name Substantia gelatinosa rührt daher, dass diese Schicht praktisch keine großen Zellen oder markhaltige Fasern enthält. Die Schicht hat daher ein glasiges Aussehen. Die Lamina VII heißt auch Substantia intermedia lateralis (Zona intermedia); sie läuft lateral in das Seitenhorn aus (falls vorhanden). Hier liegt der Ncl. intermediolateralis.

⊙ N-1.3

Feinbau der grauen Substanz

Apex cornus posterius

II

Nucleus intermediolateralis

I

IV V

X

VI

VIII

Nucleus lumbosacralis

IX a

Nucleus thoracicus posterior

Nucleus posterolateralis

IX

b

Caput cornus posterius Nucleus proprius

Nucleus retroposterolateralis

III

VII

Substantia gelatinosa

Nucleus Nucleus anterolateralis anteromedialis

(Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

a Laminierung nach Rexed b und schematische Darstellung von Zellgruppen an Querschnitten durch das Lumbalmark.

Nucleus intermediomedialis Nucleus posteromedialis Nucleus centralis

N

Weiße Substanz (Substantia alba) des Rückenmarks Bestandteile: In der weißen Substanz liegen markhaltige und marklose Nervenfasern (S. 94), die zu Strängen (Funiculi), Bündeln (Fasciculi) oder Trakten (Tractus) zusammengelagert sind und teils einen aszendierenden (aufsteigenden), teils einen deszendierenden (absteigenden) Verlauf haben. Auch in der weißen Substanz kommen Gliazellen (S. 93) vor (vorwiegend faserige Astrozyten und Oligodendrogliazellen). Weiße Substanz im Rückenmarkquerschnitt: In der Mitte zwischen beiden Vorderhörnern (s. o.) liegt als tiefer Einschnitt ventral die Fissura mediana anterior, der dorsal ein flacher Sulcus medianus posterior entspricht (Abb. N-1.4a). Der Sulcus setzt sich als dünnes bindegewebiges Septum in Richtung auf den Zentralkanal fort. Eine Übersicht über die Teile der weißen Substanz findet sich in Abb. N-1.2c (s. o.). Die einzelnen aszendierenden (aufsteigenden) und deszendierenden (absteigenden) Trakte werden später im Rahmen ihrer funktionellen Bedeutung detailliert besprochen; hier sollen nur einige Hauptstrukturen erwähnt werden: ■ Als Hinterstrang (Funiculus posterior) wird die weiße Substanz zwischen beiden Hinterhörnern bezeichnet. Sie besteht zum größten Teil aus aszendierenden Fasern. ■ Der Vorderseitenstrang (Funiculus anterolateralis), unter dem man häufig Funiculus anterior und Funiculus lateralis zusammenfasst, befindet sich zwischen Hinterhorn auf der einen und Fissura mediana anterior auf der anderen Seite und enthält eine Vielzahl von aszendierenden und deszendierenden Trakten. Besonders wichtig ist hier der Tractus corticospinalis lateralis, der Hauptteil der Pyramidenbahn (S. 1183), die die Motoneurone im Vorderhorn ansteuert. Die Trennlinie zwischen Seiten- und Vorderstrang wird durch die austretenden Vorderwurzeln gebildet. ■ Die Grundbündel (Fasciculi proprii) liegen als dünne Faserschicht vorwiegend direkt an der grauen Substanz. Im Gegensatz zu den Hinter- und Vorderseitensträngen, die eine Verbindung mit dem Gehirn herstellen, ziehen in den Grundbündeln Fasern, die benachbarte und weiter auseinander liegende Rückenmarksegmente miteinander verknüpfen. Diese auch als propriospinale Bahnen bezeichneten Bahnen sind Teil des sog. Eigenapparats des Rückenmarks. Hierüber werden intersegmentale motorische Reflexe vermittelt (u. a. die Synchronisierung von Arm- und Beinbewegungen wie z. B. Armpendeln beim Gehen oder der sich ausbreitende Flexorreflex bei starken Schmerzreizen). Zu diesem Eigenapparat des Rückenmarks werden auch die deszendierenden Kollateralen (Seitenäste) der primär afferenten Axone im Hinterstrang gerechnet: Fasciculus interfascicularis, Fasciculus septomarginalis und Philippe-Gombault-Triangel (Abb. N-1.4b). Direkt ventral der

⊙ N-1.4

1101

1.2 Rückenmark (Medulla spinalis)

Weiße Substanz (Substantia alba) des Rückenmarks Bestandteile: In der weißen Substanz liegen funktionell zusammengehörende Nervenfaserbündel (Funiculi, Fasciculi und Tractus) mit auf- oder absteigendem Verlauf sowie Gliazellen (S. 93).

Weiße Substanz im Rückenmarkquerschnitt: Zwischen den Vorderhörnern liegt die Fissura mediana anterior, an der Dorsalseite entsprechend der Sulcus medianus posterior (Abb. N-1.4a). Die Hauptstrukturen sind (Abb. N-1.2c): ■ Der Hinterstrang (Funiculus posterior) zwischen den Hinterhörnern beider Seiten mit aszendierenden Fasern und ■ der Vorderseitenstrang (Funiculus anterolateralis) zwischen Hinterhorn und Fissura mediana anterior mit auf- und absteigenden Fasern. Besonders wichtig ist der Tractus corticospinalis als Hauptteil der Pyramidenbahn (S. 1183). ■ Die direkt der grauen Substanz anliegenden Grundbündel (Fasciculi proprii) verknüpfen Segmente miteinander. Diese propriospinalen Bahnen bilden den sog. Eigenapparat des Rückenmarks. Ventral der Substantia intermedia befindet sich die Commissura alba anterior, in der Fasern zur anderen Seite des Rückenmarks wechseln.

Strukturen der weißen Substanz Funiculus posterior Fasciculus cuneatus

Fasciculus gracilis

Sulcus medianus posterior Tractus posterolateralis (Lissauer)

Funiculus lateralis

Cornu posterius Canalis centralis

Funiculus anterior a

Fissura mediana anterior

Cornu anterius

Fasciculus interfascicularis (nur im Zervikalmark)

Fasciculus septomarginalis (nur im Thorakalmark)

PhilippeGombaultTriangel (nur im Sakralmark)

Längsbündel der Hintersäule Fasciculus proprius lateralis Fasciculus sulcomarginalis

b

(Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

a Die in Abb. N-1.2 dreidimensional dargestellten Funiculi sind hier in einem Querschnitt durch das Zervikalmark sichtbar, wo der Funiculus posterior aus zwei Anteilen besteht (Fasciculus gracilis und cuneatus). b >Grundbündel des Rückenmarks in der Schrägansicht von links kranial und ventral. Sie gehören zum sog. Eigenapparat des Rückenmarks und werden von Axonen gebildet, die vorwiegend von Interneuronen stammen. Axonkollateralen der im Hinter- oder Vorderseitenstrang verlaufenden Fasern bilden ebenfalls einen Teil des propriospinalen Systems.

1102

N

Zu den Prinzipien der Verschaltung im Rückenmark (S. 204), zu den einzelnen Bahnen s. jeweiliges System (S. 1181).

▶ Exkurs: Mengenverhältnis von grauer zu weißer Substanz im Rückenmarkquerschnitt.

⊙ N-1.5

1 ZNS – Aufbau und Organisation

Substantia intermedia und Lamina X anliegend befindet sich die Commissura alba anterior, die z. T. von Fasern gebildet wird, die zur anderen Seite des Rückenmarks wechseln, z. B. Axone des Tractus spinothalamicus (S. 1200). Zwischen Lamina I des Hinterhorns und Oberfläche des Rückenmarks befindet sich der Tractus posterolateralis (Lissauer), in dem Kollateralen der dünnen Hinterwurzelfasern nach kranial und kaudal laufen. Die Prinzipien der Verschaltung im Rückenmark und die wichtigen Rückenmarkreflexe sind im Kap. Rückenmark (S. 204) dargestellt. Die einzelnen im Rückenmark verlaufenden Bahnen werden als Teil des jeweiligen sensorischen oder motorischen Systems (S. 1181) besprochen. ▶ Exkurs: Mengenverhältnis von grauer zu weißer Substanz im Rückenmarkquerschnitt. An dem Mengenverhältnis von grauer zu weißer Substanz (vgl. Abb. N-1.5) kann man die Entnahmestelle eines Rückenmarkschnitts erkennen: ■ Ein Schnitt aus dem Zervikalmark hat – besonders im kaudalen Bereich – eine querovale Form. Die Vorderhörner sind wegen der großen Zahl von Motoneuronen für die obere Extremität deutlich ausgeprägt und die weiße Substanz nimmt eine große Fläche ein, weil alle zwischen Gehirn und Rückenmark deszendierenden und aszendierenden Fasern das Zervikalmark passieren müssen. ■ Das Thorakalmark ist durch ein Seitenhorn gekennzeichnet; dafür ist das Vorderhorn relativ klein, da die Muskulatur des Thorax nicht viele Motoneurone benötigt. ■ Das kaudale Lumbalmark ähnelt wegen des ausgeprägten Vorderhorns mit vielen Motoneuronen für die untere Extremität auf den ersten Blick dem Zervikalmark, aber die Masse der weißen Substanz ist deutlich geringer, da viele aszendierende Fasern erst weiter kranial in das Rückenmark einlaufen und viele deszendierende Fasern das Rückenmark bereits verlassen haben. ■ Im Sakralmark setzt sich aus demselben Grund die Abnahme der weißen Substanz weiter fort.

Unterschiede von Rückenmarkquerschnitten in Abhängigkeit von der jeweiligen Höhe Funiculus posterior Fasciculus Fasciculus cuneatus gracilis

Funiculus lateralis

Sulcus medianus posterior Septum medianum posterius Cornu posterius

Canalis centralis Fissura mediana anterior

Formatio reticularis spinalis Cornu anterius

Cornu posterius Funiculus posterior

Formatio reticularis spinalis

Funiculus lateralis

Cornu laterale Cornu anterius

Funiculus anterior b Thorakalmark

a Zervikalmark

Funiculus posterior Cornu posterius Formatio reticularis spinalis

Cornu posterius

Funiculus lateralis Canalis centralis

Cornu anterius

Cornu anterius Funiculus anterior c Lumbalmark

d Sakralmark

Fissura mediana anterior

Querschnitte auf verschiedenen Höhen des Rückenmarks mit histologischer Darstellung der Nervenzellkörper (jeweils rechts im Bild) und nach Markscheidenfärbung (jeweils links). Die in allen Schnitten sichtbare Formatio reticularis spinalis erstreckt sich praktisch über die gesamte Länge des Rückenmarks und ist u. a. an Alarmreaktionen beteiligt. (Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

a b c d

Zervikalmark, Thorakalmark, Lumbalmark und Sakralmark

N

Gehirn (Encephalon)

1.3

1103

1.3 Gehirn (Encephalon)

1.3

▶ Definition. Das menschliche Gehirn umfasst 3 große Teile (Abb. N-1.6a). Die Teile

Gehirn (Encephalon)

▶ Definition.

werden von kaudal nach rostral besprochen: 1. Rhombencephalon (Rautenhirn) bestehend aus – Metencephalon (Hinterhirn) = Pons (Brücke) und Cerebellum (Kleinhirn) sowie – Myelencephalon = Medulla oblongata (verlängertes Mark, Nachhirn), 2. Mesencephalon (Mittelhirn) 3. Prosencephalon (Vorderhirn) bestehend aus – Telencephalon (Endhirn) bzw. Cerebrum (Großhirn) sowie – Diencephalon (Zwischenhirn). Zum Hirnstamm (Truncus encephali) werden Medulla oblongata, Pons und Mesencephalon zusammengefasst. Die zahlreichen Überschneidungen von Begriffen erklären sich meist durch die komplizierte Entwicklungsgeschichte des ZNS (S. 1172). Die hier gewählte Einteilung richtet sich nach der Terminologia anatomica, jedoch stößt man oft noch auf eine andere Verwendung derselben Begriffe. Die zur Lagebeschreibung von Hirnstrukturen verwendeten Richtungsbezeichnungen sind Abb. N-1.6b zu entnehmen. Das Gewicht des menschlichen Gehirns beträgt 1200–1500 g, wobei das Gehirn von Frauen signifikant leichter ist als das der Männer. Der Intelligenzquotient ist bei beiden Geschlechtern gleich hoch, aber auf Teilgebiete der Intelligenz unterschiedlich verteilt. Der Unterschied in der Gehirngröße wird mit dem etwa gleich großen mittleren Unterschied im Körpergewicht erklärt, sodass relativ zum Körpergewicht beide Geschlechter gleich große Gehirne haben.

⊙ N-1.6

⊙ N-1.6

Gliederung und Richtungsbezeichnungen des Gehirns

Telencephalon = Cerebrum Prosencephalon Diencephalon Mesencephalon Truncus encephali a

Metencephalon RhombenMyelen- cephalon cephalon

Pons Myelencephalon = Medulla oblongata

Cerebellum

parietal/dorsal

kranial/oral frontal/kranial/ oral/rostral

okzipital/ kaudal

2

basal/ventral dorsal ventral

b

Das Gewicht des menschlichen Gehirns beträgt 1200–1500 g, bei Frauen ist es signifikant leichter als bei Männern. Bei gleich hohem Intelligenzquotient beider Geschlechter verteilt sich die Intelligenz unterschiedlich auf verschiedene Teilgebiete der Intelligenz.

1 kaudal

(Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

a Ansicht von medial auf die rechte Hälfte eines mediansagittal geschnittenen Gehirns. b Richtungsbezeichnungen des Gehirns anhand eines Mediansagittalschnitts mit gleicher Ansicht wie in a. Zur Lagebeschreibung von Hirnstrukturen dienen die beiden eingezeichneten Achsen (① = Meynert-Achse durch den Hirnstamm; ② = Forel-Achse mit horizontalem Verlauf durch Groß- und Zwischenhirn).

1104 ▶ Exkurs: Unterschiede in der Gehirngröße.

1.3.1

Hirnstamm (Truncus encephali)

▶ Definition.

⊙ N-1.7

N

1 ZNS – Aufbau und Organisation

▶ Exkurs: Unterschiede in der Gehirngröße. Die Gehirngröße ist aber nicht allein für die Entwicklung von höheren integrativen Leistungen entscheidend, denn Elefanten und Wale besitzen ein größeres Gehirn (5 000–7 000 g). So war z. B. das Gehirn von Einstein nicht größer als der Durchschnitt, es enthielt aber pro Volumeneinheit signifikant weniger Neurone. Dieser Befund lässt sich dahingehend interpretieren, dass in Einsteins Gehirn die neuronale Verschaltung komplexer war als beim Durchschnitt. Durch die höhere Anzahl der Synapsen pro Volumen müssen die Neurone weiter auseinander rücken.

1.3.1 Hirnstamm (Truncus encephali) ▶ Definition. Anatomisch zählen Medulla oblongata, Pons und Mesencephalon zum Hirnstamm (Abb. N-1.7). Manchmal werden in der Klinik auch das Diencephalon und einige der Basalganglien (s. u.) zum Hirnstamm gerechnet.

⊙ N-1.7

Hirnstamm

Diencephalon Mesencephalon Truncus cerebri

Vierhügelplatte Aqueductus mesencephali Cerebellum

Pons Medulla oblongata

Ventriculus quartus (4. Hirnventrikel) Boden der Fossa rhomboidea (Rautengrube)

Anteile des Hirnstamms (farblich unterschiedlich hervorgehoben) an einem Mediansagittalschnitt in der Ansicht von links. Die nicht zum Hirnstamm zählenden, sondern ihn lediglich umgebenden Strukturen sind grau dargestellt. (Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

Die Ventralfläche liegt auf dem Clivus des Os occipitale. ▶ Merke.

Die Ventralfläche des Hirnstamms liegt auf dem Clivus des Os occipitale ventral vom Foramen occipitale magnum. ▶ Merke. Sämtliche Teile des Hirnstamms liegen innerhalb des Schädels, auch die

Medulla oblongata. Der Übergang vom Rückenmark zum Hirnstamm liegt ventral in Höhe der Pyramidenkreuzung (Decussatio pyramidum). Der Hirnstamm endet ventral-kranial an den zum Hypothalamus gehörenden Corpora mammillaria (Abb. N-1.7).

Dorsal beginnt der Hirnstamm kaudal am Tuberculum gracile und cuneatum (Abb. N-1.8b). Oberhalb der Tubercula liegt die Rautengrube (Boden des IV. Ventrikels, der sich im Rhombenzephalon befindet). Den größten Teil des Rhombenzephalons (bestehend aus Pons, Medulla oblongata und dem nicht zum Hinstamm zählenden Kleinhirn) bildet die Haube (Tegmentum), die direkt unterhalb des Bodens des IV. Ventrikels liegt.

▶ Merke.

In der Ventralansicht (Abb. N-1.8a) befindet sich der Übergang zwischen Rückenmark und dem kaudalsten Abschnitt des Hirnstamms (Medulla oblongata) in Höhe der Pyramidenkreuzung (Decussatio pyramidum). Hier kreuzen die meisten deszendierenden Fasern der Pyramidenbahn (S. 1183) auf die Gegenseite. In Richtung Diencephalon erstreckt sich der Hirnstamm mit seinem kranialen Abschnitt (Mesencephalon) bis zu den Corpora mammillaria (S. 1129), die aber bereits zum Hypothalamus gehören (Abb. N-1.7). In der Dorsalansicht (Abb. N-1.8b) liegt der Übergang zwischen Rückenmark und Hirnstamm am Kaudalrand des Tuberculum cuneatum und gracile der Medulla oblongata, die neben und kaudal der unteren „Ecke“ der Rautengrube (Fossa rhomboidea) angeordnet sind. Letztere ist der rhombusförmige Boden des IV. Ventrikels. Der größte Teil des Ventrikeldachs wird vom Kleinhirn mit seinen Stielen gebildet. Das Kleinhirn zählt nicht zum Hirnstamm, wird aber zusammen mit Pons und Medulla oblongata als Rautenhirn (Rhombencephalon) zusammengefasst. Die größte Masse des Rhombencephalon liegt ventral vom IV. Ventrikel als Haube (Tegmentum), die sich in das Mesencephalon fortsetzt. Der Hirnstamm endet rostral-dorsal am oberen Rand der Vierhügelplatte. ▶ Merke. Die Dorsalfläche des Hirnstamms wird in ganzer Ausdehnung erst nach

Abtrennung des Kleinhirns sichtbar.

N

⊙ N-1.8

1105

1.3 Gehirn (Encephalon)

Oberflächenstrukturen des Hirnstamms

N. oculomotorius (III)

Fossa interpeduncularis

Pons N. trigeminus, Radix motoria

Brachium colliculi superioris

Gl. pinealis

Brachium colliculi inferioris

Colliculus superior Crus cerebri

Colliculus inferior

N. trigeminus (V) N. abducens (VI)

Velum medullare superius

N. trochlearis (IV)

N. facialis (VII)

Pedunculus cerebellaris superior

N. trigeminus (V) Eminentia medialis

Fossa rhomboidea

N. intermedius N. vestibulocochlearis (VIII) N. glossopharyngeus (IX) N. vagus (X)

Pyramis medullae oblongatae, Pyramis bulbi Fissura mediana anterior C1 (N. spinalis, Radix ventralis)

N. hypoglossus (XII) N. accessorius (XI) Decussatio pyramidum a

Pedunculus cerebellaris medius

Pedunculus cerebellaris inferior

Oliva

Area vestibularis

Colliculus facialis

Striae medullares Ventriculi quarti

Trigonum n. vagi

Trigonum n. hypoglossi Tuberculum cuneatum

Obex Tuberculum gracile b

Brachium colliculi inferioris

Crus cerebri

Colliculus superior Colliculus inferior

Pons

N. trochlearis (IV)

N. trigeminus (V): Radix motoria

Pedunculus cerebellaris superior

N. trigeminus: Radix sensoria N. vestibulocochlearis (VIII)

Pedunculus cerebellaris medius Pedunculus cerebellaris inferior

N. facialis (VII) N. intermedius

Apertura lateralis

N. abducens

N. vagus (X)

N. glossopharyngeus (IX)

N. accessorius (XI)

N. hypoglossus (XII) Oliva

Sulcus posterolateralis

C1 (N. spinalis, Radix ventralis) c

Sulcus anterolateralis

Von den im Bereich des Hirnstamms ein- und austretenden Hirnnerven ist der N. trochlearis (IV) der einzige, der den Hirnstamm dorsal verlässt. Kerngebiete s. u., intrakranieller Verlauf (S. 982). (Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

a Ansicht von ventral, b dorsal und c lateral.

Da innerhalb des Hirnstamms die Kerngebiete der meisten Hirnnerven liegen (s. u.), sind an seiner Oberfläche die hier ein- und austretenden Hirnnerven sichtbar. Sie sind mit den römischen Ziffern I–XII gekennzeichnet.

Ebenfalls an der Oberfläche sichtbar sind die hier ein- und austretenden Hirnnerven (s. u.).

Hirnnervenkerne des Hirnstamms

Hirnnervenkerne des Hirnstamms

▶ Merke. Bis auf die Hirnnerven I und II, die streng genommen Teile des Telenze-

▶ Merke.

phalons (Bulbus olfactorius) bzw. Dienzephalons (N. opticus) sind, haben alle ihre (n) Ursprungs- oder Endkern(e) im Hirnstamm bzw. Zervikalmark. Anordnung und Faserqualitäten: Die mediolaterale Anordnung der Hirnnervenkerne folgt weitgehend einem System, das man sich aus dem Aufbau eines Rückenmarkquerschnitts ableiten kann. Wenn man das Rückenmark durch einen Medianschnitt von dorsal bis zum Zentralkanal auftrennt und aufklappt, so liegen die Motoneurone des Vorderhorns am weitesten medial, nach lateral folgen dann die Ursprungsneurone des autonomen viszeroefferenten Nervensystems (im Thorakalmark im Seitenhorn), und am weitesten lateral liegen die sensorischen Neurone des Hinterhorns. Abb. N-1.9 zeigt die Übertragung dieses entwicklungsgeschichtlich bedingten Prinzips auf die Anordnung der Hirnnervenkerne im Hirnstamm. Zu beachten ist, dass die viszeroefferenten Neurone im Hirnstamm und sakralen Rückenmark parasympathisch sind, während sie im thorakalen Rückenmark zum Sympathikus gehören.

Anordnung und Faserqualitäten: Die Anordnung der Kerne unter dem Boden der Rautengrube folgt weitgehend dem Aufbau eines von dorsal bis zum Zentralkanal aufgeschnittenen und dann aufgeklappten Rückenmarks: Die motorischen Kerne liegen am weitesten medial, die sensorischen am weitesten lateral und die viszeroefferenten dazwischen (Abb. N-1.9).

1106 ⊙ N-1.9

N

Anordnungsprinzip der Hirnnervenkerne im Hirnstamm

Deckplatte Flügelplatte Zentralkanal Grundplatte a

1 ZNS – Aufbau und Organisation

Bodenplatte

dorsal Somatosensibilität

viszeroafferente Kernsäule

Viszerosensibilität Viszeromotorik

somatoefferente Kernsäule

Somatomotorik ventral

b Nucleus tractus solitarii, Pars superior (spez. viszeroafferent/Geschmacksfasern)

Nucleus dorsalis n. vagi (allg. viszeroefferent/parasympathisch) Nucleus n. hypoglossi (allg. somatoefferent) Nucleus ambiguus (spez. viszeroefferent/branchiogenefferent) Olive

c

somatoafferente Kernsäule

Boden des IV. Ventrikels (Rautengrube)

viszeroefferente Kernsäule medial

lateral

Nucleus tractus solitarii, Pars inferior (allg. viszeroafferent) Nucleus vestibularis u. cochlearis (spez. somatoafferent) Nucleus spinalis n. trigemini (allg. somatoafferent) N. vagus N. hypoglossus

Darstellung des entwicklungsgeschichtlich bedingten Prinzips mit Hilfe der beschriebenen Situation im Rückenmark (S. 1172), die sich auf das kraniale Neuralrohr übertragen lässt. Bedingt durch die Wanderungsbewegung von Neuronenpopulationen (angedeutet durch Pfeile) ändert sich die vormals dorso-ventrale (a) Ausrichtung der Faserqualitäten im frühembryonalen Stadium der Hirnstammentwicklung zu einer lateromedialen (b), die bereits die Anordung wie im adulten Gehirn (c) zeigt. (Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl., nach Herrick)

▶ Merke.

▶ Merke. Die Anordnung der Hirnnervenkerne im Hirnstamm folgt einem ein-

fachen entwicklungsgeschichtlich bedingten Prinzip. Würde das Rückenmark nach einem Medianschnitt von dorsal bis zum Zentralkanal – ähnlich wie ein Buch – „aufgeklappt“, wird die dorsoventrale Ausrichtung zu einer latero-medialen: Die afferenten Anteile verlagern sich von dorsal nach lateral, die efferenten von ventral nach medial. Es kommen jedoch zusätzliche Typen von Kerngebieten vor, die sich durch die höhere Anzahl an möglichen Faserqualitäten der Hirnnerven erklärt: Neben den vier Faserqualitäten, die in einem Spinalnerv verlaufen, kommen bei den Hirnnerven drei spezielle Qualitäten hinzu, die durch die spezifischen Sinnesorgane und die Kiemenbogenmotorik (Branchialmotorik) im Kopfbereich bedingt sind. Man unterscheidet folgende funktionellen Kerntypen (Tab. N-1.1 und Abb. N-1.10): ■ allgemein somatoefferente Kerne für die motorische Versorgung der Skelettmuskeln, ■ allgemein viszeroefferente Kerne für die parasympathische Innervation glatter Muskeln und Drüsen, ■ speziell viszeroefferente Kerne für die Kiemenbogenmotorik, ■ speziell viszeroafferente Kerne als Endkerne für die Information von Rezeptoren der Geschmacksknospen, ■ allgemein viszeroafferente Kerne, die Information von Eingeweiderezeptoren erhalten, allgemein somatoafferente Kerne, bes. als Endkerne von Mechanorezeptoren des Gesichts, und ■ speziell somatoafferente Kerne als Endkerne für auditorische und vestibuläre Information.

Es werden folgende funktionelle Kerntypen unterschieden, in denen Hirnnerven entspringen (Nuclei originis) oder enden (Nuclei terminationis, Tab. N-1.1 und Abb. N-1.10): ■ Am weitesten medial liegen allgemein somatoefferente Kerne, d. h. Kerne zur motorischen Versorgung von Skelettmuskulatur. ■ Nach lateral schließen sich allgemein viszeroefferente Kerne an, d. h. Kerne zur parasympathischen Versorgung von glatter Muskulatur und Drüsen. ■ Etwas ventrolateral von den allgemein viszeroefferenten Kernen liegen speziell viszeroefferente Kerne, d. h. motorische Kerne, deren Fasern die ehemaligen Kopfdarmmuskeln im Kopf-Hals-Bereich innervieren, die sich zu quergestreiften Muskeln entwickelt haben (z. B. mimische Muskeln, Kaumuskeln, Pharynx, Ösophagus). ■ Noch weiter lateral folgen sensorische Kerne. Zunächst mit dem Nucleus tractus solitarii der wichtigste speziell viszeroafferente Kern, dessen kranialer Teil Informationen von gustatorischen Rezeptoren der Geschmacksknospen erhält. ■ Der kaudale Nucleus tractus solitarii verarbeitet auch Signale von Eingeweiderezeptoren, erfüllt also neben der speziell viszeroafferenten (s. o.) auch eine allgemein viszeroafferente Funktion. ■ Am weitesten lateral unter dem Boden der Rautengrube befinden sich allgemein somatoafferente (besonders als Endkerne von Mechanorezeptoren des Gesichts) und ■ speziell somatoafferente Kerne, d. h. Kerne, die Informationen von den spezialisierten Sinnesorganen des Vestibularapparats (Gleichgewicht) und der Cochlea (Hören) verarbeiten.

1.3 Gehirn (Encephalon)

1107

Kiemenbogennerven: Die neben anderen Hirnnerven im Hirnstamm entspringenden Kiemenbogennerven versorgen Strukturen, die ursprünglich als sog. Kiemenoder Schlundbögen zum Kopfdarm gehörten (also Eingeweideabschnitte darstellten), aber später in den Kopf-Hals-Bereich einbezogen wurden. Sie sind beim Menschen frühembryonal angelegte Mesenchymwülste, die initial glattmuskulär sind und sich später zur Skelettmuskulatur von Hals und Kopf differenzieren. Ein Beispiel ist die motorische Versorgung der Kaumuskulatur durch den Nervus trigeminus (sog. Branchialmotorik, von lat. branchialis = die Kiemenbogen betreffend). Neben dem N. trigeminus werden zu den Kiemenbogennerven Nervus facialis (VII), glossopharyngeus (IX), vagus (X) und accessorius (XI, nur Radix cranialis) gerechnet.

Kiemenbogennerven: Sie versorgen Muskeln der Kiemen-/Schlundbögen, die während der frühen Entwicklung glattmuskulär waren und sich später zur Skelettmuskulatur des Kopfes und Halses differenzierten. Zu den Kiemenbogennerven gehören die Hirnnerven V (motorischer Teil) VII, IX, X und XI (Radix cranialis).

N

▶ Klinik. Neben einer Kompression des N. trigeminus durch Blutgefäße kann einer

▶ Klinik.

Trigeminusneuralgie (anfallsweise auftretende, plötzlich einschießende Schmerzen im Versorgungsgebiet eines Trigeminusastes) auch eine Übererregbarkeit der Neurone im Ncl. spinalis nervi trigemini zugrunde liegen; vgl. Klinik (S. 990).

≡ N-1.1

Hirnnervenkerne des Hirnstamms*

Funktionelle Kategorie

Kern

Lokalisation

zugehörige Nerven**

Funktion/Innervationsgebiet der Fasern

N. accessorius (XI, Radix spinalis)

→ M. sternocleidomastoideus (Abb. L-1.4) → M. trapezius (Abb. E-1.9)

N. hypoglossus (XII)

→ innere und äußere Zungenmuskulatur (S. 1010)

N. abducens (VI)

→ M. rectus lateralis des Auges (Tab. M-5.2)

N. trochlearis (IV)

→ M. obliquus superior des Auges (Tab. M-5.2)

Nuclei originis (Ursprungskerne) allgemein Ncl. spinalis nervi Zervikalmark somato-efferente accessorii (somatomotorische) Kerne Ncl. nervi hypoglossi Medulla oblongata Ncl. nervi abducentis

Pons

Ncl. nervi trochlearis kaudales Mesencephalon (Höhe der Colliculi inferiores)

allgemein viszero-efferente (viszeromotorische) Kerne

speziell viszero-efferente (viszeromotorische) Kerne

Ncl. nervi oculomotorii

Substantia grisea des N. oculomotorius (III) Mesencephalon

→ M. rectus medialis → M. rectus sup. → M. rectus inf. → M. obliquus inferior des Auges (äußere Augenmuskeln, Tab. M-5.2)

Ncl. dorsalis nervi vagi

Trigonum nervi vagi, N. vagus (X) Rautengrube, Medulla oblongata

→ parasympathische Innervation der Brust- und Bauchorgane bis zum Cannon-Böhm-Punkt

Ncl. salivatorius inferior

kraniale Medulla oblongata

N. glossopharyngeus (IX)

→ Gl. parotidea

Ncl. salivatorius superior

kaudaler Pons

N. facialis (VII)

→ → → → → →

Ncl. accessorius nervi oculomotorii (Edinger-Westphal)

Substantia grisea des N. oculomotorius (III) Mesencephalon

Ncl. ambiguus

Medulla oblongata

Gl. lacrimalis Gll. nasales Gll. palatinae Gl. submandibularis Gl. sublingualis Gll. linguales antt.

→ M. ciliaris (S. 1063) → M. sphincter pupillae (Tab. M-5.3)

N. accessorius (XI, Radix cranialis; Fasern ziehen mit dem N. vagus)

→ innere Kehlkopf- (Abb. L-2.11) und teilweise Schlundmuskulatur

N. vagus (X) = Nerv des 4.–6. Kiemenbogens

→ Kehlkopf- und teilweise Schlundmuskulatur (z. T. über Fasern aus der Radix cranialis n. accessorii, s. o.)

N. glossopharyngeus (IX) = Nerv des 3. Kiemenbogens

→ Schlundmuskulatur (Abb. L-2.2)

Ncl. nervi facialis

Pons

N. facialis (VII) = Nerv des 2. Kiemenbogens

→ mimische Muskulatur (S. 959)

Ncl. motorius nervi trigemini

Pons

N. mandibularis n. trigemini (V3) = Nerv des 1. Kiemenbogens

→ Kaumuskulatur (Tab. M-3.6)

1108

≡ N-1.1

N

1 ZNS – Aufbau und Organisation

Hirnnervenkerne des Hirnstamms* (Fortsetzung)

Funktionelle Kategorie

Kern

Lokalisation

zugehörige Nerven**

Funktion/Innervationsgebiet der Fasern

N. vagus (X)

← gustatorische Informationen (Geschmack)

Nuclei terminationis (Endkerne) speziell Ncl. tractus solitarii viszero-afferenter (viszerosensibler) Kern (rostraler Teil) Dieser Kern erhält über die gleichen Nerven auch allgemein viszero(viszerosensible) afferente Informationen von viszeralen Rezeptoren (kaudaler Teil).

Medulla oblongata

allgemein somatoafferente (somatosensible) Kerne

Ncl. spinalis nervi trigemini ■ Pars caudalis

Zervikalmark, Medulla oblongata



Pars interpolaris

Medulla oblongata



Subnucleus oralis

Pons

Ncl. principalis nervi trigemini

N. glossopharyngeus (IX) N. facialis (VII)

← Gesichtshaut: nozizeptive und thermorezeptive Infomationen





Informationen von den Mechanorezeptoren und Nozizeptoren (Mechanosensible und nozizeptive Afferenzen von der Zunge erreichen ebenfalls den Ncl. spinalis, allerdings über den N. IX!)



Information von den Mechanorezeptoren

mittlerer Pons

Ncl. mesencephalicus Pons, Mesencephalon nervi trigemini (Der Kern enthält Somata der Muskelspindelafferenzen, d. h. entspricht einem Spinalganglion, ohne Synapsen!) speziell somato-afferente (somatosensible) Kerne

N. trigeminus (V)

← Information aus Muskelspindeln der Kaumuskeln Anmerkung: Der Kern ist kein Endkern, sondern ein in das ZNS verlagertes Spinalganglion.

Ncll. vestibulares mit 4 Unterkernen

medial der Ncll. cochleares an der breitesten Stelle der Rautengrube

N. vestibulocochlearis (VIII), ← vestibuläre Informationen, GleichN. vestibularis gewicht (S. 1235)

Ncll. cochleares anterior und posterior

am weitesten lateral in der Rautengrube an der Grenze zwischen Medulla oblongata und Pons

N. vestibulocochlearis (VIII), ← auditorische Informationen, Gehör N. cochlearis (S. 1230)

* Ein Teil der Kerne reicht bis in das Zervikalmark. Die Aufzählung der Kerne erfolgt in jeder funktionellen Kategorie von kaudal nach rostral/kranial (s. auch Abb. N-1.10). N. olfactorius (I) und N. opticus (II) sind oben nicht aufgeführt, da die Liste nur Hirnstammkerne mit ihren Nerven enthält. Die obige Einteilung und Zuordnung zu Faserqualitäten wird nicht von allen Autoren gleich gehandhabt. ** s. Hirnnerven (S. 979).

N

⊙ N-1.10

Hirnnervenkerne des Hirnstamms*

Nucleus n. oculomotorii

Nucleus n. oculomotorii Nucleus accessorius n. oculomotorii Nucleus mesencephalicus n. trigemini Nucleus n. trochlearis

Nucleus principalis n. trigemini

Nucleus salivatorius superior Nucleus salivatorius inferior

Nucleus n. facialis

Nucleus salivatorius inferior

Nuclei cochleares

Nucleus spinalis n. trigemini

Nucleus dorsalis n. vagi Nucleus n. hypoglossi

Nucleus n. hypoglossi

Nucleus spinalis n. trigemini

Nuclei vestibulares

Nucleus ambiguus

Nucleus dorsalis n. vagi

Nucleus spinalis n. accessorii

Nucleus principalis n. trigemini

Nucleus n. abducentis

Nucleus n. abducentis

Nucleus tractus solitarii

Nucleus mesencephalicus n. trigemini

Nucleus motorius n. trigemini

Nucleus salivatorius superior

Nucleus ambiguus

Nucleus oculomotorius accessorius

Nucleus n. trochlearis

Nucleus motorius n. trigemini

Genu internum n. facialis (inneres Fazialisknie)

Nucleus n. facialis

a

1109

1.3 Gehirn (Encephalon)

Nucleus tractus solitarii

Nucleus spinalis n. accessorii

b

somatoefferente Kerne allgemein viszeroefferente Kerne speziell viszeroefferente Kerne

somatoafferente Kerne allgemein viszeroafferente Kerne speziell viszeroafferente Kerne

Schematische Darstellung der Kerngebiete mit Ausnahme der Nuclei vestibularis und cochlearis (S. 1108), die in a der Übersichtlichkeit halber weggelassen wurden und der Verlauf der Bahnen von bzw. zu diesen Kerngebieten. Sichtbar ist hier das sog. innere Knie (Genu internum) des N. facialis (VII): Es wird dadurch gebildet, dass die Fasern des N. facialis eine Schleife um den Ursprungskern des N. abducens beschreiben. Es ist nicht zu verwechseln mit dem äußeren Knie (Genu externum) des N. facialis in der Pars petrosa des Os temporale, d. h. im Verlauf des N. facialis (S. 990) nach dem Austritt aus dem Hirnstamm. * Ein Teil der Kerne reicht bis in das Zervikalmark. (Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

a Blick von links auf die Hirnnervenkerne der rechten Seite. b Blick von dorsal auf die Rautengrube nach Entfernung des Kleinhirns mit getrennter Darstellung von Ursprungskernen (links), in denen die efferenten Hirnnervenfasern entspringen und Endkernen (rechts), zu denen die afferenten Fasern der Hirnnerven ziehen.

Formatio reticularis und Fasciculus longitudinalis medialis Die Formatio reticularis und der Fasciculus longitudinalis medialis liegen mit ihren Hauptbestandteilen im gesamten Hirnstamm. Ihre Merkmale werden an dieser Stelle kurz im Überblick dargestellt.

Formatio reticularis und Fasciculus longitudinalis medialis Beide Strukturen kommen im gesamten Hirnstamm vor. Die Hauptmerkmale werden hier kurz dargestellt.

Formatio reticularis (FR)

Formatio reticularis (FR)

Der Name deutet an, dass es sich um ein netzartig strukturiertes System von Neuronen und Faserbündeln handelt. Innerhalb des Netzwerkes können einzelne Kerne abgegrenzt werden, aber im Allgemeinen überwiegt die netzartige Natur des Systems.

Es handelt sich um ein netzartiges System von Neuronen und Faserbündeln mit nur wenigen abgrenzbaren Kernen.

Funktionelle Bedeutung: Die Formatio reticularis ist an vielen basalen Funktionen des Organismus beteiligt, besonders an der Steuerung der Aufmerksamkeit und des Wachheitszustandes. Sie erhält Informationen aus praktisch allen Sinneskanälen (z. B. visuell, auditorisch, somatosensorisch und olfaktorisch) und projiziert auf den gesamten Kortex. Auch Atmung und Kreislauf werden von der Formatio reticularis kontrolliert. Details zu den Funktionskreisen der FR (S. 1254).

Funktionelle Bedeutung: Die FR ist an vielen basalen Funktionen des Organismus beteiligt, besonders an der Steuerung des Wachheitszustandes; zu ihren Funktionskreisen (S. 1254).

Lage: Die Formatio reticularis erstreckt sich über den gesamten Hirnstamm, vom Mesencephalon bis zur Medulla oblongata (Abb. N-1.11): Im Mesencephalon liegt sie im Tegmentum dorsolateral vom Ncl. ruber (S. 1115). Der Nucleus caeruleus liegt dicht unter dem Boden der Rautengrube und ist als bläulicher Fleck, sog. Locus caeruleus (S. 1113) = „himmelblauer Ort“, makroskopisch zu erkennen. Auch über diese Grenzen hinaus werden noch Gebiete zur Formatio reticularis gerechnet, so z. B. der Nucleus reticularis des Thalamus (S. 1125) und der netzartige Bereich im Rückenmark lateral des Halses des Hinterhorns (Lamina IV–VI; Abb. N-1.4a).

Lage: Sie erstreckt sich über den gesamten Hirnstamm, vom Mesencephalon, wo sie im Tegmentum liegt, bis zur Medulla oblongata (Abb. N-1.11). Auch im Thalamus und Rückenmark ist die FR vorhanden.

1110 ⊙ N-1.11

N

1 ZNS – Aufbau und Organisation

⊙ N-1.11

Lage der Formatio reticularis mit Darstellung einiger funktionell bedeutsamer Gebiete ihrer medialen Zone Nucleus n. oculomotorii

optische Raumorientierung, übergeordnete vegetative Koordination der Nahrungsaufnahme Nucleus n. trochlearis Nucleus motorius n. trigemini Nucleus n. abducentis Nucleus n. facialis Schlucken

(Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

Nucleus dorsalis n. vagi

pneumotaktisches Kerngebiet, akustisch-vestibuläre Raumorientierung

Nucleus n. hypoglossi Area postrema

vasomotorische Kontrolle Nucleus ambiguus

Blick von links auf den Hirnstamm der rechten Seite. Durch ihre diffuse Verteilung, von denen nur einzelne Kerngebiete abgrenzbar sind, unterscheidet sich die Formatio reticularis (hier grün hervorgehoben) von den scharf abgegrenzten Hirnnervenkernen. Unter „pneumotaktischem Zentrum (Kerngebiet)“ wird eine Neuronenpopulation verstanden, die das Atemzentrum der Medulla oblongata moduliert.

Kerngebiet für Inspiration

Kerngebiet für Exspiration

Abschnitte: Man unterscheidet eine mediale großzellige (Ursprung langer des- und aszendierender Bahnen) von einer lateralen kleinzelligen Zone für lokale integrierende Funktionen.

Abschnitte: Man kann zwei retikuläre Zonen unterscheiden: ■ Mediale großzellige retikuläre Zone: Die großen Zellen sind der Ursprung von langen deszendierenden und aszendierenden Bahnen. ■ Laterale kleinzellige retikuläre Zone: Die kleinen Zellen nehmen wohl eher lokale integrierende Funktionen wahr.

Afferenzen: Die FR erhält Afferenzen aus fast allen Bereichen des ZNS (Rückenmark, Hirnnerven, Kortex, Basalganglien, Zerebellum und Hypothalamus).

Afferenzen: Die Formatio reticularis erhält Afferenzen aus praktisch allen Bereichen des ZNS, so auch aus dem Rückenmark über den Tractus spinoreticularis und aus den sensorischen Anteilen der Hirnnerven. Aber auch Kortex, Basalganglien, Zerebellum und Hypothalamus projizieren in die Formatio reticularis.

Efferenzen: Die Efferenzen der FR erreichen aszendierend das Großhirn und deszendierend das Rückenmark.

Efferenzen: Die Efferenzen der Formatio reticularis erreichen aszendierend das Großhirn und deszendierend das Rückenmark (u. a. über den Tractus reticulospinalis lateralis und anterior).

Fasciculus longitudinalis medialis

Fasciculus longitudinalis medialis

Funktionelle Bedeutung: Er verbindet die motorischen Hirnnervenkerne III, IV und VI untereinander und sorgt so unter Einbindung der Vestibulariskerne für eine sinnvolle Synchronisation dieser Muskeln bei Kopfbewegungen.

Funktionelle Bedeutung: Der Fasciculus longitudinalis medialis verknüpft die motorischen Hirnnervenkerne III, IV und VI untereinander und sorgt so für eine Synchronisation der Hals-, Kopf- und Augenmuskelbewegungen. Die Vestibulariskerne sind ebenfalls in diese Steuerung eingebunden. Ein Beispiel für eine solche Synchronisation sind die Kopfbewegungen von Zuschauern eines Tennisspiels: Theoretisch könnte man dem Ball auf seinem Weg über das Netz allein durch Augenbewegungen folgen. Sobald aber eine relativ starke Abduktion der Sehachse nach temporal oder nasal erfolgt, wird automatisch der Kopf in Richtung der Augen mitbewegt. Dies führt zu der ständigen Hin- und Herbewegung der Köpfe der Zuschauer.

▶ Merke.

▶ Merke. Besonders wichtig ist der Fasciculus longitudinalis medialis für die vesti-

bulookulären Reflexe: Bei Kopfbewegungen werden über diesen Weg die äußeren Augenmuskeln von den Vestibulariskernen reflektorisch (S. 1224) so angesteuert, dass der Fixationspunkt konstant bleibt (S. 1238). Lage: Der Faszikel reicht vom Mesencephalon (Ncl. interstitialis) bis zum Zervikalmark (Abb. N-2.43).

Lage: Der Faszikel ist im gesamten Hirnstamm bis etwas weiter kaudal davon zu finden: Kranial beginnt er im Mesencephalon in Höhe der Commissura posterior bei zwei Kernen, die Fasern in den Faszikel schicken: Nucleus commissurae posterioris (Darkschewitsch) und Nucleus interstitialis (Cajal). Er endet kaudal im Zervikalmark, besteht aus zwei Strängen nahe der Mittellinie (Abb. N-2.43) und verbindet

N

1111

1.3 Gehirn (Encephalon)

die wichtigsten Augenmuskelkerne untereinander und mit den Kernen der Halsmuskeln. Darüber hinaus bestehen Verbindungen zwischen dem Faszikel und dem Tr. vestibulospinalis medialis und lateralis, die von den gleichnamigen Vestibulariskernen ausgehen.

Verlängertes Mark (Medulla oblongata)

Verlängertes Mark (Medulla oblongata) ▶ Synonym.

▶ Synonym. Myelenzephalon; Bulbus

▶ Klinik. In der Neurologie stößt man auf den Begriff „Bulbus“

bei dem Krankheitsbild „Bulbärparalyse“, unter dem man eine Störung (durch Blutung, Degeneration, amyotrophe Lateralsklerose u. ä.) motorischer Hirnnervenkerne in der Medulla oblongata versteht (N. IX, X, XII). Durch Paresen (Lähmungen) der Zungen-, Kehlkopf-. Schluck- und Kaumuskulatur leiden die Patienten unter Schluck- und Sprachstörungen. Charakteristische Hinweise bei der klinischen Untersuchung sind an der Zunge zu sehen: Dort kommt es zu einer Atrophie (Abb. N-1.12) und zu Fibrillationen (zarte, „wurmförmige“ Zuckungen von Muskelfasern durch spontane Entladung von motorischen Einheiten).

⊙ N-1.12

Zungenatrophie rechts bei Bulbärparalyse

(Masuhr, K.F., Neumann, M.: Duale Reihe Neurologie. Thieme, 2013)

Funktionelle Bedeutung, Kerngebiete und Bahnen der Medulla oblongata

Funktionelle Bedeutung, Kerngebiete und Bahnen der Medulla oblongata Die Medulla oblongata ist Ort der Kontrolle von Kreislauf und Atmung. Weiterhin liegt hier (in der kaudalen Rautengrube) die Area postrema (Brechzentrum).

Eine eigenständige Funktion der Medulla oblongata ist die Kontrolle von Kreislauf und Atmung; hier befinden sich schlecht abgrenzbare Kreislauf- und Atmungszentren. In der kaudalen Rautengrube ist in der Medulla oblongata die Area postrema lokalisiert. Sie wird auch als Brechzentrum bezeichnet, weil sie Übelkeit und Erbrechen steuert.

▶ Klinik.

▶ Klinik. Die Funktion der Area postrema ist u. a. bei der Krebstherapie mit Zytostatika von Bedeutung. Man versucht bei diesen Patienten die Brechneigung durch die Zugabe von Medikamenten zu reduzieren, die die Erregbarkeit der Area postrema hemmen.

Weiterhin besitzt die Medulla oblongata funktionelle Bedeutung durch die zahlreichen dort gelegenen Hirnnervenkerne (Abb. N-1.13 und Tab. N-1.1) und weitere Kerngebiete, die an der Verarbeitung auditorischer und propriozeptiver Information beteiligt sind (Abb. N-1.14).

⊙ N-1.13

Die Medulla oblongata ist Ursprung und Endpunkt von mehreren Hirnnerven (Abb. N-1.13 und Tab. N-1.1) und enthält zusätzlich weitere Kerngebiete (Abb. N-1.14).

Kerne und Bahnen der Medulla oblongata Nucleus cuneatus Nucleus gracilis

Zentralkanal

Nucleus cuneatus accessorius

Tractus solitarius Canalis centralis

Nucleus spinalis n. trigemini

Nucleus n. accessorii

Tractus spinocerebellaris posterior Formatio reticularis

Fasciculus longitudinalis medialis N. accessorius

Tractus rubrospinalis Pyramiden

a

Tractus spinothalamicus lateralis b

Tractus pyramidalis

Tractus tectospinalis

Nucleus n. hypoglossi Nucleus olivaris inf. N. hypoglossus Lemniscus medialis

Querschnitt knapp unterhalb der Mitte der Medulla oblongata. (Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

a Der dorsale Bereich, der sich nach kranial in das pontine Tegmentum fortsetzt, ist rosa eingefärbt. Hier liegt ein Großteil der Kerne der Medulla oblongata, während b im ventralen Bereich vorwiegend die durchziehenden Bahnen liegen (detaillierte Darstellung). Von diesen ist der Tractus pyramidalis der dominanteste und bildet die an der Oberfläche sichtbare Pyramide. Dorsal davon ist in dieser Schnitthöhe der Ncl. olivaris inferior sichtbar. Näheres zu den durchlaufenden Bahnen s. Kap. N2.

1112 ⊙ N-1.14

N

1 ZNS – Aufbau und Organisation

⊙ N-1.14

Wichtige Kerne der Medulla oblongata – ohne Hirnnervenkerne*

Kern

Funktion

Ncl. olivaris superior

Ursprung efferenter Fasern zu den Haarzellen der Cochlea

Ncl. olivaris inferior

Verarbeitung propriozeptiver Information für das Kleinhirn Ursprung der Kletterfasern zum Kleinhirn

Ncl. gracilis

Umschaltung der mechanorezeptiven Axone der Funiculi posteriores (Fasciculus gracilis von der unteren Körperhälfte und Fasciculus cuneatus von der oberen Körperhälfte) auf die Lemnisci mediales (sensorische Informationen zum Thalamus)

Ncl. cuneatus

* Die Hirnnervenkerne der Medulla oblongata sind gemeinsam mit den anderen Hirnnervenkernen des Hirnstamms in Tab. N-1.1 aufgeführt. Details zum Corti-Organ siehe Abb. N-2.38, Kletterfasern (S. 1122), Fasciculus gracilis und cuneatus (S. 1198).

Sie ist Durchgangsort verschiedener aszendierender (z. B. Lemniscus med.) und deszendierender (z. B. Pyramidenbahn) Trakte. ▶ Merke.

Die Medulla oblongata ist auch Durchgangsort für mehrere aszendierende Bahnen (z. B. Lemniscus medialis und Tractus spinothalamici) sowie deszendierende Trakte, z. B. Pyramidenbahn (S. 1183) und Tractus rubrospinalis (S. 1190). ▶ Merke. Der Lemniscus medialis (S. 1199) ist die Fortsetzung der Hinterstrangbahn

des Rückenmarks nach Umschaltung im Ncl. cuneatus bzw. gracilis. Der Tractus spinothalamicus lateralis ist die direkte Fortsetzung des nozizeptiven Teils der Vorderseitenstrangbahn (S. 1210). Oberflächenstrukturen der Medulla oblongata Dorsalansicht: In der kaudalen Spitze der Rautengrube befinden sich das Trigonum nervi vagi und Trigonum nervi hypoglossi, die von den zugehörigen Hirnnervenkernen aufgeworfen werden. Die Ncll. gracilis und cuneatus werfen kaudal davon die gleichnamigen Tubercula (s. o.) auf (Abb. N-1.8b). Den kaudalen Rand der Rautengrube bildet der Riegel (Obex).

Oberflächenstrukturen der Medulla oblongata Dorsalansicht: Von dorsal (Abb. N-1.8b) fallen direkt unterhalb und neben dem kaudalen Ende der Rautengrube die Tubercula gracilia und cuneata auf, die von den gleichnamigen Hinterstrangkernen (Nucleus gracilis und Nucleus cuneatus) vorgewölbt werden und die Grenze zum Rückenmark darstellen (s. o.). Sie erhalten synaptischen Antrieb vom Fasciculus gracilis und cuneatus. Innerhalb der Rautengrube befindet sich am weitesten kaudal das Trigonum nervi vagi, unter dem der Nucleus dorsalis nervi vagi (Tab. N-1.1) liegt. Nach kranial schließt sich das durch den motorischen Kern des Nervus hypoglossus (Nucleus nervi hypoglossi) verursachte Trigonum nervi hypoglossi an. Ein wichtiger topografischer Bezugspunkt ist der Riegel (Obex) am kaudalen Ende der Rautengrube. Der Obex markiert den engen Übergang von der Rautengrube in den Canalis centralis.

Ventralansicht: An der ventralen Oberfläche der Medulla oblongata (Abb. N-1.8a) fallen medial die beiden Wülste der Pyramiden und lateral von ihnen die Olive als von den Ncll. olivares verursachte Vorwölbung auf.

Ventralansicht: Hier sind die auffallendsten Strukturen beidseits der Mittellinie die Pyramiden (Abb. N-1.8a). Zwar verlaufen unter den Pyramiden die Pyramidenbahnen, aber der Name ist älter als die Entdeckung der Bahnen und rührt von dem etwa dreieckigen Querschnitt der Fasermassen her. Direkt lateral der Pyramiden entspringt der Nervus hypoglossus (XII); noch weiter lateral – bereits an der Seitenfläche der Medulla oblongata – bildet die Olive eine deutliche von den Nuclei olivares verursachte Vorwölbung. Sie trennt den medial gelegenen Nervus hypoglossus von den lateralen Nervi glossopharyngeus (IX) und vagus (X). Kaudal der Nervi hypoglossus und vagus befinden sich die Radices craniales und spinales des Nervus accessorius (XI).

Brücke (Pons)

Brücke (Pons)

Funktionelle Bedeutung, Kerne und Bahnen des Pons Die Brücke enthält wie die Medulla oblongata viele Kerne von Hirnnerven (Nn. V, VI, VII, z. T. VIII, Abb. N-1.15).

Funktionelle Bedeutung, Kerne und Bahnen des Pons Die Brücke ist wie die Medulla oblongata Ursprung bzw. Endpunkt von Hirnnerven (Abb. N-1.15): Nervus trigeminus (V), abducens (VI), facialis (VII) und Nervus vestibularis des Nervus vestibulocochlearis (VIII).

N

⊙ N-1.15

1113

1.3 Gehirn (Encephalon)

Kerne und Bahnen des Pons

Tractus spinocerebellaris anterior Ventriculus quartus

Tegmentum pontis (Brückenhaube)

Pedunculus cerebellaris superior

Nucleus principalis n. trigemini

Velum medullare superius Ventriculus quartus

Nucleus spinalis n. trigemini

Fasciculus longitudinalis medialis

Nucleus motorius n. trigemini

Formatio reticularis

Tractus tegmentalis centralis Pars basilaris pontis (Brückenfuß) a

Tractus tectospinalis

Lemniscus lateralis Tractus spinothalamicus lateralis b

N. trigeminus Lemniscus medialis

Tractus pyramidalis

Querschnitt durch den mittleren Abschnitt des Pars basilaris pontis. Wie in Abb. N-1.13 ist das Tegmentum rosa eingefärbt (a). In Höhe dieses Schnittes (Details in b) dominieren innerhalb des pontinen Tegmentums die verschiedenen Kerngebiete des N. trigeminus (V); die weiter kaudal liegenden Kerne der Hirnnerven VI, VII und VIII sind nicht angeschnitten. Durch den ventral gelegenen Brückenfuß (Pars basilaris pontis) ziehen Fasern, in die – als Besonderheit des Pons – kleine (daher hier nicht sichtbare) Gruppen der Nuclei pontis „eingestreut“ sind. Die Verbindungen der Nuclei pontis mit dem dorsal aufliegenden, hier jedoch nicht dargestellten Kleinhirn werden von Fasern in den Kleinhirnstielen, den Pedunculi cerebellares (S. 1120) gebildet. Näheres zu den durchlaufenden Bahnen s. Kap. N2. (Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

Eine Besonderheit sind die über den ganzen Pons verstreuten Nuclei pontis, die motorische Information von den kortikopontinen Bahnen erhalten und über die Fibrae pontis transversae an das Zerebellum weitergeben. Weiterhin ist der Pons Durchgangsstation für deszendierende und aszendierende Bahnen. In Bezug auf durchlaufende Trakte gilt für die Pyramidenbahn (S. 1183), dass sie im Pons in viele Faserbündel aufgesplittert ist. Dies ist die einzige Stelle im ZNS, wo die Pyramidenbahn kein massives Faserbündel bildet. Der Lemniscus medialis (S. 1199) hat seine größte Ausdehnung nicht mehr in dorsoventraler Richtung wie in der Medulla oblongata, sondern ist quer (mediolateral) orientiert.

Eine Besonderheit des Pons sind die Ncll. pontis, an denen Fasern der kortikopontinen Trakte enden und die mit ihren Axonen (Fibrae pontis transversae) in das Zerebellum projizieren. Die Pyramidenbahn (S. 1183) ist im Pons in viele Einzelbündel aufgesplittert. Auch für weitere deszendierende und aszendierende Bahnen ist der Pons Durchgangsstation.

Oberflächenstrukturen des Pons

Oberflächenstrukturen des Pons

Ventralansicht: Die Grenze zwischen Medulla oblongata und Pons ist ventral klar durch den kaudalen Rand des queren Wulstes der Brücke und den Austritt des Nervus abducens (VI) markiert. Ventral (Abb. N-1.8a) ist der Pons durch die typischen querverlaufenden Rillen gekennzeichnet, die durch Faserbündel (Fibrae pontis transversae) verursacht werden, die von den Brückenkernen (Ncll. pontis) kommen und über den mittleren Kleinhirnstiel (S. 1120) in das Zerebellum ziehen. In rostrokaudaler Richtung verläuft in der Medianebene eine leichte Senke über die Brücke, die durch die A. basilaris verursacht ist. Am seitlichen Rand der Brücke ist der Eintritt der sensorischen Fasern des N. trigeminus (Radix sensoria) bzw. der Austritt der motorischen Trigeminusfasern (Radix motoria) nicht zu übersehen (s. a. Abb. N-1.15).

Ventralansicht: Für die Ventralfläche des Pons (Abb. N-1.8a) sind quer verlaufende Faserbündel (Fibrae pontis transversae) typisch, deren Fasern von den Ncll. pontis kommen und zum Zerebellum ziehen. An der Grenze zur Medulla oblongata tritt der N. abducens aus.

Dorsalansicht: Wie für andere Teile des Hirnstamms gilt auch für den Pons, dass seine Dorsalfläche erst nach Entfernung des Zerebellums sichtbar ist. In der Dorsalansicht (Abb. N-1.8b) erstreckt sich der Pons von den querverlaufenden Fasersträngen des IV. Ventrikels an seiner größten Breite (Striae medullares ventriculi quarti) bis zum kaudalen Ende der mesenzephalen Vierhügelplatte (Tectum, s. u.) bzw. bis zum Austritt des Nervus trochlearis. In diesem Abschnitt der Rautengrube lassen sich der Colliculus facialis und der Locus caeruleus erkennen. Der Colliculus facialis wird von dem schleifenförmigen Verlauf der Fazialisfasern um den Kern des N. abducens (Ncl. nervi abducentis) – dem sog. inneren Knie des N. facialis – verursacht. Der Locus caeruleus (himmelblaue Ort) hat seinen Namen von den hier liegenden neuromelaninhaltigen Zellen der Formatio reticularis (S. 1109), die zusammen einen wichtigen Kern des noradrenergen (monaminergen) Systems (S. 1257) bilden und bläulich durch den Boden der Rautengrube schimmern. Hier befindet sich die größte Ansammlung noradrenerger Zellen im ZNS.

Dorsalansicht: Von dorsal gesehen nimmt der Pons die obere Hälfte der Rautengrube ein (Abb. N-1.8b). Er erstreckt sich von den Striae medullares ventriculi quarti bis zum Kaudalrand der Vierhügelplatte des Mesencephalon, wo der N. trochlearis austritt. Im Boden der Rautengrube liegen der Colliculus facialis (der vom inneren Knie des N. facialis vorgewölbt wird) und der Locus caeruleus, der die größte Ansammlung noradrenerger Neurone im ZNS enthält.

Seitlich treten die Fasern des N. trigeminus (Radix sensoria und motoria) ein bzw. aus (Abb. N-1.15).

1114

N

Lateralansicht: Besonders gut erkennbar ist hier der Austritt der Nn. VII und VIII im sog. Kleinhirnbrückenwinkel.

Lateralansicht: In der Lateralansicht besonders gut zu erkennen ist der Austritt der Nervi intermedius und facialis (VII), die zusammen auch als Nervus intermediofacialis bezeichnet werden, und vestibulocochlearis (VIII) im sog. Kleinhirnbrückenwinkel. Hier, direkt kaudal des mittleren Kleinhirnstiels (S. 1120), stoßen dieser Kleinhirnstiel, Pons und Medulla oblongata aneinander.

Mittelhirn (Mesencephalon)

Mittelhirn (Mesencephalon)

Funktionelle Bedeutung, Kerne und Bahnen des Mittelhirns Gliederung: An einem Querschnitt durch das Mittelhirn erkennt man ■ Tectum mesencephali (dorsal) mit der Vierhügelplatte ■ Tegmentum mesencephali (Haube, in der Mitte gelegen) und den ■ Crura cerebri (Hirnschenkel, ventral), in denen motorische Bahnen nach kaudal ziehen. Letztere bilden zusammen mit dem Tegmentum die Hirnstiele (Pedunculi cerebri). Der von Substantia grisea centralis umgebene Aqueductus mesencephali liegt zwischen Tectum und Tegmentum. Neben den oben erwähnten Strukturen sieht man wichtige Kerngebiete (Abb. N-1.16): An der dorsalen Grenze der Hirnschenkel ist die Substantia nigra erkennbar. Ein großes Gebiet des Tegmentums wird von dem runden Ncl. ruber eingenommen.

Funktionelle Bedeutung, Kerne und Bahnen des Mittelhirns

1 ZNS – Aufbau und Organisation

Gliederung: Das Mittelhirn besteht aus ■ dem dorsal gelegenen Tectum mesencephali mit der Lamina tecti oder quadrigemina (Vierhügelplatte), die von den Colliculi superiores und inferiores gebildet wird, ■ dem in der Mitte (ventral vom Tectum) gelegenen Tegmentum mesencephali (der Haube, die als rostrokaudal über weite Strecken ausgedehnte Struktur auch in Pons und Medulla oblongata anzutreffen ist), und den ■ am weitesten ventral liegenden Hirnschenkeln (Crura cerebri) mit motorischen Bahnen, die vom Kortex nach kaudal ziehen. Zusammen mit der sich auf dem Querschnitt dorsal anschließenden Haube (Tegmentum) bilden die Hirnschenkel die Hirnstiele (Pedunculi cerebri). Wenn man auf einem Querschnitt (Abb. N-1.16) eine Linie etwa in der Frontalebene durch den Aqueductus mesencephali zieht, so liegen dorsal von der Linie das Tectum mit der Vierhügelplatte und ventral die Pedunculi cerebri. Der Aqueductus mesencephali (Aqueductus cerebri) stellt die dünne kanalartige Verbindung zwischen III. und IV. Ventrikel her. Zusammen mit der ihn umgebenden grauen Substanz, der Substantia grisea centralis (sog. periaquäduktales Grau = PAG) befindet er sich an der Grenze zwischen Tectum und Tegmentum. An der dorsalen Grenze der Hirnschenkel ist die Substantia nigra erkennbar, die durch Melaninpigment schwarz gefärbt ist. Die Substantia nigra ist demnach ein Teil des Crus cerebri. Ein großes Gebiet des Tegmentums wird von dem runden Nucleus ruber eingenommen, dessen rötliche Farbe von Eiseneinlagerungen herrührt.

▶ Merke.

▶ Merke. Das Querschnittsbild des Mesencephalon ist durch Substantia nigra, Ncl.

ruber, Substantia grisea centralis und Aqueductus cerebri charakterisiert. Graue Substanz und Kerne: Direkt unter der Vierhügelplatte liegen die Kerne, die die Colliculi superiores und inferiores (s. u.) aufwerfen. Ihre Bezeichnung als Strata grisea colliculi superioris und inferioris rührt von ihrem schichtartigen Aufbau her (Abb. N-1.16).

Graue Substanz und Kerne: Unter der Vierhügelplatte liegen die schichtartig aufgebauten Strata grisea colliculi sup. u. inf. der Ncll. colliculi sup. und inf.

⊙ N-1.16

Mittelhirn Tractus Nucleus colliculi spinotectalis superioris

Nucleus mesencephalicus n. trigemini Substantia grisea centralis

Tractus spinothalamicus lateralis Aqueductus mesencephali Tectum Tegmentum mesencephali Crus cerebri Nucleus ruber

Aqueductus mesencephali

Brachium colliculi inferioris

Pedunculus cerebri

Tractus pyramidalis: Fibrae corticonucleares und Fibrae corticospinales

Substantia nigra

a

b

Nucleus n. oculomotorii

Formatio reticularis Tractus corticopontini

Fasciculus longitudinalis medialis Nucleus ruber Substantia nigra

Lemniscus medialis

N. oculomotorius

Tractus tectospinalis

Querschnitt durch das Mesencephalon. Näheres zu den durchlaufenden Bahnen s. Kap. N2. (Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

a In der schematischen Übersicht sind die einzelnen Anteile farblich gegeneinander abgehoben: Anders als im Pons und in der Medulla oblongata, wo dem Tegmentum dorsal das Kleinhirn aufliegt (vgl. Abb. N-1.13 und Abb. N-1.15), ist die mesenzephale Haube vom Tectum bedeckt. b In der Detaildarstellung sind neben den auf dieser Höhe liegenden Hirnnervenkernen der Nucleus ruber und die Substantia nigra unverkennbar.

N

1115

1.3 Gehirn (Encephalon)

▶ Merke. Die oberen Colliculi sind Teil des visuellen, die unteren Teil des auditori-

▶ Merke.

schen Systems. Die Substantia grisea centralis mesencephali umgibt den Aquädukt, sie enthält Zellen des monoaminergen Systems (S. 1257) und ist Ursprung von aszendierenden und deszendierenden Bahnen. Die deszendierenden Bahnen können Schmerzempfindungen modulieren (abschwächen oder verstärken). Ventral der grauen Substanz liegt der Kern des N. oculomotorius (Nucleus nervi oculomotorii), der einige der äußeren Augenmuskeln motorisch versorgt, sowie die Nuclei accessorii nervi oculomotorii (Edinger-Westphal), die für die parasympathische Innervation des M. ciliaris und M. sphincter pupillae verantwortlich sind. Diese Kerne steuern die Akkommodation und Hellanpassung des Auges. Im kaudalen Mesencephalon liegt auch der Nucleus nervi trochlearis, der den M. obliquus superior, einen der äußeren Augenmuskeln (Tab. M-5.2) versorgt. Seine Fasern treten als einzige Hirnnervenfasern dorsal an der Grenze zwischen Mesencephalon und Pons aus. ▶ Merke. Im Mesencephalon entspringen die Hirnnerven III und IV, wobei der N.

Die periaquäduktale graue Substanz (Substantia grisea centralis mesencephali) beeinflusst u. a. über deszendierende Bahnen Schmerzempfindungen. Ventral von ihr befindet sich auf beiden Seiten je ein Ncl. nervi oculomotorii und die Ncll. accessorii nervi oculomotorii (Edinger-Westphal). Weiter kaudal liegt der Ncl. nervi trochlearis.

▶ Merke.

trochlearis (IV) als einziger Hirnnerv dorsal aus dem Hirnstamm austritt. Ein weiterer wichtiger Kern des Mesencephalon ist der im Tegmentum gelegene Nucleus ruber. Er erhält Informationen vom Zerebellum über den oberen Kleinhirnstiel und ist der Ursprung des deszendierenden motorischen Tractus rubrospinalis (S. 1190). Die makroskopisch gut sichtbare Substantia nigra enthält dopaminerge Zellen, die Verbindungen zum Corpus striatum des Telenzephalons (S. 1144) besitzen. Die Substantia nigra besteht aus zwei Anteilen, nämlich der dem Tegmentum benachbarten (dorsalen) Pars compacta und der den Crura cerebri zugewandten (ventralen) Pars reticularis. Die massive Pars compacta enthält Zellen mit schwarzem Neuromelaninpigment, während die netzartigen Zellen der Pars reticularis wegen ihres Eisengehalts eher rötlich sind.

Der Ncl. ruber erhält Information vom Zerebellum und ist Ursprung deszendierender motorischer Bahnen (S. 1190).

Bahnen: Die Faserbündel des Lemniscus medialis sind im Mesencephalon – wie auch im Pons – eher quer orientiert. Ihre Lage dorsolateral vom Nucleus ruber im Querschnittsbild wird oft mit einem „Stierhorn“ verglichen, das dem Nucleus ruber aufsitzt. In kompakter Form finden sich absteigende motorische Fasern in den Crura cerebri: ■ Die Pyramidenbahn mit dem Untersystem der Fibrae corticonucleares (S. 1185) ist in der Mitte der Hirnschenkel angeordnet. Die Pyramidenbahnfasern ziehen zu den Motoneuronen des Rückenmarks, während die Fibrae corticonucleares an den motorischen Hirnnervenkernen in Pons und Medulla oblongata enden. ■ Die kortikopontinen Bahnen (S. 1185) werden in den Ncll. pontis umgeschaltet und liefern motorische Information an das Zerebellum. Der relativ kompakte Tractus frontopontinus verläuft medial in den Hirnschenkeln, der diffus im Kortex entspringende Tr. parieto-occipito-temporo-pontinus lateral von der Pyramidenbahn.

Bahnen: Der Lemniscus medialis liegt im Querschnitt dorsolateral auf dem Ncl. ruber.

Die Substantia nigra enthält dopaminerge Zellen, die das Corpus striatum des Telenzephalons (S. 1144) kontrollieren. Sie besteht aus einer dorsalen Pars compacta und einer ventralen Pars reticularis.

In den Hirnschenkeln laufen: ■ Pyramidenbahn mit Fibrae corticonucleares (letztere enden an den motorischen Hirnnervenkernen). ■ Kortikopontine Bahnen (Tractus frontopontinus sowie Tr. parieto-occipito-temporo-pontinus) liefern über die Ncll. pontis motorische Information an das Zerebellum.

Oberflächenstrukturen des Mesencephalon

Oberflächenstrukturen des Mesencephalon

In der Dorsalansicht (Abb. N-1.8b) ist die Vierhügelplatte mit jeweils zwei Colliculi inferiores und superiores die beherrschende Struktur. Auf der Ventralseite sind die Hirnschenkel (Crura cerebri) besonders auffallend (Abb. N-1.8a). Sie zeigen rostrokaudal verlaufende Rillen und Bündel, die von motorischen Bahnen herrühren, die durch die Hirnschenkel nach kaudal laufen. Zwischen beiden Hirnschenkeln befindet sich die Fossa interpeduncularis, aus der der Nervus oculomotorius austritt. Genau genommen verläuft der Nerv zunächst in der Cisterna interpeduncularis, die durch Überbrückung der gleichnamigen Fossa durch Arachnoidea entsteht und mit Liquor cerebrospinalis (S. 1152) gefüllt ist. In der Tiefe der Fossa sind viele punktförmige Öffnungen (Substantia perforata posterior) als Durchtrittsorte für Hirngefäße, z. B. Aa. centrales posteromediales, Äste der A. cerebri posterior (S. 1158), sichtbar.

Dorsal (Abb. N-1.8b) liegt die Vierhügelplatte mit je zwei Colliculi superiores und inferiores. Zwischen den ventral gelegenen Hirnschenkeln (Abb. N-1.8a), in denen motorische Bahnen nach kaudal ziehen, liegt die Fossa interpeduncularis. Aus der Fossa tritt der N. oculomotorius aus.

1116

N

Das Mesencephalon (Abb. N-1.8c) reicht ventral vom Oberrand des Pons bis zu den Corpora mammillaria (S. 1129), dorsal vom Kaudalrand der Colliculi inff. bis zur Epiphyse (S. 1127).

In der Seitansicht (Abb. N-1.8c) wird die geringe rostrokaudale Ausdehnung des Mesencephalon deutlich: Die kaudale Grenze wird ventral vom Oberrand des Pons, dorsal vom Kaudalrand der Colliculi inferiores gebildet. Die kraniale Grenze liegt dorsal bei der Zirbeldrüse bzw. Epiphyse, lat. Glandula pinealis oder Epiphysis cerebri (S. 1127), die bereits zum Diencephalon gehört und ventral bei den Corpora mammillaria (S. 1129).

1.3.2

1.3.2 Kleinhirn (Cerebellum)

Kleinhirn (Cerebellum)

1 ZNS – Aufbau und Organisation

Funktionelle Bedeutung des Kleinhirns

Funktionelle Bedeutung des Kleinhirns

Das Kleinhirn ist wichtig für die Feinabstimmung von Bewegungen und für die Aufrechterhaltung von Gleichgewicht und Muskeltonus.

Das Kleinhirn spielt eine zentrale Rolle bei der Feinabstimmung von Bewegungen und wirkt koordinierend bei der Aufrechterhaltung des Gleichgewichts sowie des Muskeltonus in Ruhe und Bewegung. Für die Erfüllung dieser Funktionen muss es Informationen über die derzeitige Lage des Körpers im Schwerefeld der Erde, die Stellung der Gelenke und die Planung von Bewegungen im Motorkortex erhalten. Gleichzeitig muss das Kleinhirn in Bewegungsabläufe eingreifen können, um Willkürbewegungen zu beeinflussen und bei plötzlichen Lageänderungen den Kontraktionszustand der Muskulatur anzupassen. Die afferenten und efferenten Verbindungen des Kleinhirns dienen diesen Zwecken. Unter Muskeltonus wird in der Klinik der unwillkürliche basale Kontraktionszustand der Muskeln verstanden, der u. a. für die aufrechte Körperhaltung notwendig ist.

Lage, Abschnitte und Oberflächenstrukturen des Kleinhirns Lage: Das Kleinhirn bildet große Teile des Dachs vom IV. Ventrikel.

Lage, Abschnitte und Oberflächenstrukturen des Kleinhirns

Abschnitte und Oberfläche: Die Gliederung erfolgt in 2 Hemisphären und den dazwischenliegenden Wurm (Vermis, Abb. N-1.17). Die Oberfläche ist durch schmale Blätter (sog. Folia cerebelli, s. u.) horizontal strukturiert. ▶ Merke.

Lage: Das Zerebellum bildet zusammen mit dem Pons das Metenzephalon. Es liegt dorsal vom IV. Hirnventrikel, dessen Dach größtenteils aus dem Kleinhirn und den Kleinhirnstielen besteht. Abschnitte und Oberflächenstrukturen: Beim Blick von kaudal (Abb. N-1.17a) kann man zwei Kleinhirnhemisphären (Hemispheria cerebelli) und zwischen ihnen den Kleinhirnwurm (Vermis cerebelli) erkennen. Der Vermis wird in verschiedene Abschnitte unterteilt (z. B. Culmen, Folium, Uvula, s. Abb. N-1.17). Die Oberfläche des Kleinhirns ist durch annähernd parallel verlaufende sog. Blätter (Folia cerebelli, s. u.) horizontal strukturiert. ▶ Merke. Die den Gyri des Großhirns entsprechenden Oberflächenstrukturen hei-

ßen beim Kleinhirn Folia (Blätter), die gerade verlaufen und eng aneinanderliegen. Die deutlichste Furche ist die Fissura horizontalis. Die Fissura prima trennt den Lobus anterior vom Lobus posterior, dessen kaudalster Teil Kleinhirntonsille genannt wird.

▶ Klinik.

Der Lobus flocculonodularis ist nur von ventral nach Abtrennung des Kleinhirns vom Hirnstamm sichtbar (Abb. N-1.17c).

Die deutlichste Furche (Fissura) an der dorsalen Oberfläche ist die Fissura horizontalis. Die Fissura prima ist meist weniger deutlich, sie trennt den Lobus anterior vom Lobus posterior. Der kaudalste Teil des Lobus posterior ist die Kleinhirntonsille (Abb. N-1.17c). Die Unterteilung der Lobi ergibt kleinere Lobuli. So bildet die Fissura horizontalis innerhalb des Lobus posterior die Grenze zwischen Lobulus semilunaris superior und Lobulus semilunaris inferior. ▶ Klinik. Die Kleinhirntonsille wird bei Patienten mit starkem Hirnödem – das relativ häufig präfinal auftritt – in das Foramen occipitale magnum gepresst. Bei den Leichen im Präparierkurs ist dann ein ringförmiger Abdruck der Foramenöffnung auf der Unterfläche des Kleinhirns zu erkennen. Der Druck der Kleinhirntonsille auf die ventral von ihr liegende Medulla oblongata führt zu Funktionsstörungen des dort liegenden Kreislauf- und Atemzentrums.

Nach Abtrennen des Kleinhirns vom Hirnstamm sieht man in der Ansicht von ventral (Abb. N-1.17) als weitere Strukturen die durchtrennten Kleinhirnstiele (s. u.) und den Lobus flocculonodularis, der aus dem Nodulus (Knötchen) und dem Flocculus (Flöckchen) besteht. Der Lobus flocculonodularis gehört entwicklungsgeschichtlich zu den ältesten Kleinhirnteilen (Archizerebellum). Insgesamt sind der Vermis und die anliegenden Hemisphärengebiete wie der Buchstabe C gekrümmt, wobei Lobus anterior und Lobus flocculonodularis ventral dicht am Dach des IV. Ventrikels liegen. Erst wenn man sich das „C“ in der Ebene ausgebreitet vorstellt, werden alle Teile des Wurms und der Hemisphären von dorsal sichtbar.

N

⊙ N-1.17

1117

1.3 Gehirn (Encephalon)

Oberflächenstrukturen des Kleinhirns Vallecula cerebelli

Pyramis vermis

(Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

a Ansicht des vom Hirnstamm abgetrennten Kleinhirns von kaudal, b rostral c und ventral.

Vermis cerebelli

Hemispherium cerebelli

Uvula vermis

a Lobulus quadrangularis Lobulus simplex

Fissura prima

Flocculus Lobus cerebelli anterior Fissura horizontalis

Culmen

Lobulus semilunaris – superior – inferior

Vermis cerebelli

Lobus cerebelli posterior

Folium vermis

b

Velum medullare superius Pedunculus cerebellaris superior

Lobulus centralis

Lingula cerebelli IV. Ventrikel (angeschnitten)

Pedunculus cerebellaris medius Pedunculus cerebellaris inferior

Nodulus Flocculus

Lobus flocculonodularis

Fissura horizontalis Uvula vermis

c

Pyramis vermis

Vallecula cerebelli

Tonsilla cerebelli

Pedunculus flocculi

Innerer Aufbau des Kleinhirns

Innerer Aufbau des Kleinhirns

Im Sagittalschnitt (Abb. N-1.18) ist die sog. Lebensbaumstruktur sichtbar, die durch weitere Einsenkungen der Foliae cerebelli (s. o.) zustande kommen. Weiterhin fällt auf, dass das Kleinhirn nur ein relativ gering ausgeprägtes Marklager aus weißer Fasersubstanz besitzt, das von einer deutlichen Rinde (Cortex cerebelli) aus grauer Substanz umgeben ist (s. a. Abb. N-1.21a). In das Marklager eingebettet liegen die Kleinhirnkerne (S. 1119).

Das Marklager ist gegenüber der Rinde nur gering ausgeprägt (Abb. N-1.18 und Abb. N-1.21a). Innerhalb des Marklagers liegen die Kleinhirnkerne (S. 1119).

Feinbau der Kleinhirnrinde (Cortex cerebelli)

Feinbau der Kleinhirnrinde (Cortex cerebelli) Der Kleinhirnkortex besitzt 3 Schichten (Abb. N-1.19):

Der neuronale Bau der Folia cerebelli der Hemisphären ist sehr gleichförmig, d. h. im Gegensatz zum Großhirn lassen sich keine morphologischen Unterschiede zwischen verschiedenen Regionen des Kleinhirns definieren. Die drei Schichten des zerebellären Kortex sind (Abb. N-1.19):

1118

N

⊙ N-1.18

1 ZNS – Aufbau und Organisation

Innerer Aufbau des Kleinhirns Sagittalschnitt durch das Kleinhirn, das hier zusammen mit dem Hirnstamm, Zwischenhirn und angrenzenden Teilen des Großhirns dargestellt ist. Corpus callosum

(Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

Lobulus centralis Fissura prima Lingula cerebelli Fissura horizontalis

Pons Velum medullare superius

Fissura praeventralis

Oliva Ventriculus quartus

⊙ N-1.19

Plexus choroideus

Nodulus

Aufbau der Kleinhirnrinde

Körnerzelle mit Parallelfaser

Dendriten einer Purkinje-Zelle Parallelfasern (Querschnitt)

Stratum moleculare Stratum ganglionare

Sternzelle Korbzelle

Stratum granulosum

Schematische Darstellung der drei Schichten innerhalb der Kleinhirnrinde mit angrenzendem Marklager. Die in unterschiedlichen Rindenschichten endenden Kletter- und Moosfasern sind im Kap. Afferenzen und Efferenzen des Kleinhirns (S. 1121) im funktionellen Zusammenhang beschrieben. (nach Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

PurkinjeZelle mit Axon

Marklager

Kletterfaser

Golgi-Zelle

PurkinjeZellen

Kleinhirn-Glomerula

Moosfaser







Stratum moleculare (außen) mit Korbund Sternzellen, Dendriten von Purkinje(P-)Zellen und Axonen von Körnerzellen (s. u.), die Parallelfasern bilden, Stratum ganglionare mit den P-Zellen (einschichtig), deren Axone den einzigen Ausgang des Kleinhirnkortex darstellen, und Stratum granulosum (an das Marklager grenzend) mit einer massiven Schicht von Körnerzellen.



Das Stratum moleculare (Molekularschicht) ist die oberflächlichste zellkörperarme Schicht. In die Molekularschicht ragen Fortsätze von in tieferen Schichten gelegenen Zellkörpern: – Die Dendriten der Purkinje-(P-)Zellen (s. u.) liegen alle in einer Ebene quer zur Längsrichtung der Kleinhirnblätter, d. h. der Dendritenbaum ist praktisch 2-dimensional. – Die Axone der Körnerzellen steigen bis zum Stratum moleculare auf, verzweigen sich hier T-förmig, und beide Äste verlaufen danach als Parallelfasern in Längsrichtung der Blätter. Die Parallelfasern durchsetzen die Dendriten der P-Zellen und bilden hier erregende Synapsen. – Weiterhin enthält das Stratum moleculare Korb- und Sternzellen. Die Korbzellen liegen in der Nähe der P-Zellen und haben ihren Namen aufgrund der hemmenden axonalen Geflechte (Körbe), die sie um die Somata der P-Zellen legen. – Die Sternzellen bleiben mit ihren Fortsätzen im Stratum moleculare. Sie bilden Synapsen auf den Dendriten der P-Zellen und fassen mit ihren Axonen mehrere P-Zellen zusammen.

N ■



1119

1.3 Gehirn (Encephalon)

Im Stratum ganglionare oder purkinjense liegen die für das Kleinhirn typischen Purkinje-(P-)Zellen, die eine einschichtige Zelllage zwischen Stratum moleculare und granulosum bilden. Ihre Axone ziehen zu den Kleinhirnkernen (s. u.) und bilden den einzigen Ausgang des Kleinhirnkortex. Das Stratum granulosum (Körnerschicht) liegt innen (an der Grenze zum Marklager) und enthält eine riesige Zahl (wahrscheinlich mehrere Milliarden) von dichtgepackten Körnerzellen. Die sog. Kleinhirn-Glomerula sind synaptische Komplexe, in deren Zentrum sich die verbreiterten präsynaptischen Boutons der Moosfasern (s. u.) befinden, die Synapsen mit den Dendriten der Körnerzellen sowie mit den Dendriten und Axonen der Golgi-Zellen ausbilden. Die Körnerzellen bilden erregende Synapsen auf den Dendriten der P-Zellen, während die Golgi-Zellen hemmende Interneurone darstellen (näheres zur Funktion der Neurone, s. u.). Die Axone der Körnerzellen steigen senkrecht zur Oberfläche auf und verzweigen sich im Stratum moleculare, um die Parallelfasern zu bilden. ▶ Merke.

▶ Merke. Die Körnerzellen sind die einzigen erregenden Zellen des Kleinhirnkortex,

alle anderen Neurone haben eine hemmende Wirkung. Die Körnerzellen verwenden Glutamat als Transmitter, die Kletterfasern Aspartat. Bei den hemmenden Neuronen ist γ-Aminobuttersäure (GABA) der Transmitter.

Kleinhirnkerne (Nuclei cerebelli)

Kleinhirnkerne (Nuclei cerebelli)

In den in das Marklager eingebetteten Kleinhirnkernen (Nuclei cerebelli) werden die das Zerebellum verlassenden Efferenzen (Axone der P-Zellen) umgeschaltet (Abb. N-1.20 und Abb. N-1.23): ■ Nucleus dentatus: Der gezähnelte Kern besitzt eine stark gefaltete Oberfläche, wobei seine Öffnung nach medial zeigt (seine dreidimensionale Form wird oft mit einem faltigen Tabaksbeutel verglichen). ■ Nucleus interpositus: Er hat zwei Anteile (Nucleus emboliformis = Pfropfkern und auf jeder Seite ein oder zwei Nuclei globosi = Kugelkerne). Diese Kerne liegen quasi vor der Öffnung des Ncl. dentatus. ■ Nucleus fastigii: Der First- oder Giebelkern hat seinen Namen von der Lage im First des Daches des IV. Ventrikels. Sie liegen in Bezug auf die Informationsverarbeitung im Ausgang des Kleinhirns (S. 1123).

Die Kleinhirnkerne sind (Abb. N-1.20 und Abb. N-1.23): ■ Ncl. dentatus, ■ Ncl. interpositus mit 2 Anteilen (Ncll. emboliformis und globosi) und ■ Ncl. fastigii. Sie liegen in Bezug auf die Informationsverarbeitung im Ausgang des Kleinhirns (S. 1123).

⊙ N-1.20

Kleinhirnkerne

Nucleus fastigii

Vermis cerebelli

Nuclei globosi

Nucleus emboliformis

Pars lateralis

Pars mediana

Nucleus dentatus Pars lateralis

a

Pars mediana

Pars intermedia b

Pars intermedia

(Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

a Auf dem Schnitt entlang der oberen Kleinhirnstiele in der Ansicht von kranial-dorsal sind die Kleinhirnkerne erkennbar. An den Kernen enden die Axone von Purkinjefasern aus unterschiedlichen Rindenregionen, die funktionelle Teile des Kleinhirns bilden (Partes mediana, intermedia und lateralis). b Diese Partes decken sich nicht mit den morphologischen Lappengrenzen in Abb. N-1.17.

Verbindungen des Kleinhirns

Verbindungen des Kleinhirns

Um eine modulierende Wirkung bei Bewegungsprozessen ausüben zu können, ist das Kleinhirn auf einen hohen „Informationsfluss“ angewiesen und muss mit vielen anderen Teilen des ZNS sowohl afferent als auch efferent verbunden sein. Das Kleinhirn weist eine funktionelle Dreiteilung auf:

Seine Funktion erfordert vielfache sensorische und motorische Verbindungen mit anderen Teilen des ZNS. Am besten macht man sich die Verbindungen über die drei funktionellen Abschnitte des Kleinhirns klar:

1120

N

Cerebrocerebellum (oder Pontocerebellum) mit Verbindungen zum motorischen Kortex, Spinocerebellum mit motorischen Verbindungen zum Rückenmark und Vestibulocerebellum mit Verbindungen zum Innenohr und den Ncll. vestibulares.

1. Cerebrocerebellum (größter Teil der Kleinhirnhemisphären, auch Pontocerebellum genannt) mit Efferenzen zum motorischen Kortex (über Ncl. ruber und Thalamus). Auf diesem Weg beeinflusst das Kleinhirn Willkürbewegungen (Thalamus) und extrapyramidale unwillkürliche Bewegungen (Ncl. ruber). 2. Spinocerebellum (ein schmaler Streifen in den Hemisphären parallel zum Wurm) mit Verbindungen zum Rückenmark (afferent über die Trr. spinocerebellares, efferent über Vestibulariskerne zu den Trr. vestibulospinales). Diese Verbindung dient der Kontrolle von Arm- und Beinbewegungen. 3. Vestibulocerebellum (bestehend aus Lobus flocculonodularis und hirnstammnahen Teilen des Wurms) mit Afferenzen vom Innenohr und den Ncll. vestibulares sowie Efferenzen zu den Vestibulariskernen. Auf diesem Weg steuert das Kleinhirn reflektorisch die Aufrechterhaltung des Gleichgewichts. Alle Verbindungen ziehen durch die Kleinhirnstiele.

Kleinhirnstiele

Kleinhirnstiele

Es sind drei Pedunculi cerebellares (Kleinhirnstiele; Abb. N-1.21a) vorhanden: ■ Der Pedunculus superior verbindet das Kleinhirn mit dem Ncl. ruber und Thalamus und enthält hauptsächlich Efferenzen (Ausnahme: Afferenzen aus dem Tr. spinocerebellaris ant.). ■ Der Pedunculus medius enthält nur Afferenzen, und zwar von den Ncll. pontis. ■ Der Pedunculus inferior leitet v. a. Afferenzen aus dem Tractus spinocerebellaris post. (S. 1201) und cuneocerebellaris (S. 1202) sowie aus der unteren Olive und den Vestibulariskernen.

Das Cerebellum ist über die drei Kleinhirnstiele (Pedunculi cerebellares, Abb. N-1.21a) mit anderen Gehirnteilen verbunden: ■ Der Pedunculus cerebellaris superior stellt eine hauptsächlich efferente Verbindung zum Nucleus ruber im Mesencephalon und zum Thalamus im Diencephalon her. Darüber hinaus enthält er Afferenzen des Tractus spinocerebellaris anterior und superior. ■ Der Pedunculus cerebellaris medius enthält nur afferente Verbindungen, und zwar von den Nuclei pontis als Fortsetzung der corticopontinen Trakte (S. 1113). Besonders wichtig sind der Tr. frontopontinus und temporopontinus. ■ Über den Pedunculus cerebellaris inferior erreichen u. a. die afferenten Fasern des Tractus spinocerebellaris posterior (S. 1201) und cuneocerebellaris (S. 1202) sowie die Kletterfasern aus der unteren Olive das Kleinhirn. Eine der wichtigsten Informationsquellen für das Kleinhirn – die Afferenzen aus den Vestibulariskernen – erreicht ebenfalls über den unteren Kleinhirnstiel das Zerebellum.

⊙ N-1.21

1 ZNS – Aufbau und Organisation

Kleinhirnstiele Pedunculus cerebellaris superior Pedunculus cerebellaris inferior

Tractus spinocerebellaris anterior

N. trigeminus

N. vestibulocochlearis N. facialis Tractus tegmentalis centralis Oliva

a Pedunculus cerebellaris superior Fossa rhomboidea

Pedunculus cerebellaris inferior bI

(Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

a In dieser Darstellung, bei der Teile des rostralen Kleinhirns sowie laterale Teile der Brücke entfernt sind, wird der Faserverlauf in den Pedunculi cerebellares deutlich. Der Tractus tegmentalis centralis (zentrale Haubenbahn) verläuft longitudinal durch den Hirnstamm und ist hier freigelegt. b Nach Abtrennung des Kleinhirns sind in der Ansicht von dorsal (I) bzw. von links (II) die komplementären Schnittflächen der Kleinhirnstiele am Hirnstamm (hier farblich hervorgehoben) sichtbar.

Pedunculus cerebellaris medius

Pedunculus cerebellaris medius

Die im Bereich des Hirnstamms austretenden Hirnnerven sind hier der Übersichtlichkeit halber nicht alle dargestellt.

b II

N

1121

1.3 Gehirn (Encephalon)

▶ Merke. Die Verbindungen der Kleinhirnstiele lassen sich nach folgender Faust-

▶ Merke.

regel einteilen: ■ Der mittlere enthält nur Afferenzen aus dem Pons, ■ der obere entlässt vorwiegend Efferenzen zu Strukturen, die rostral des Metenzephalons gelegen sind (Ncl. ruber und Thalamus), ■ der untere stellt die Verbindungen zu kaudal gelegenen Strukturen (Rückenmark, untere Olive) und zu den Vestibulariskernen her. Ausnahme von diesem Schema ist der Tractus spinocerebellaris anterior (S. 1201), dessen Fasern nicht über den unteren, sondern über den oberen Kleinhirnstiel zum Zerebellum ziehen. Die Afferenzen aus der unteren Olive heißen Kletterfasern, alle anderen Afferenzen werden Moosfasern genannt.

Afferenzen und Efferenzen des Kleinhirns

Afferenzen und Efferenzen des Kleinhirns

Einen Überblick über die Hauptverbindungen des Kleinhirns geben Abb. N-1.22, Abb. N-1.23 und Abb. N-1.24.

Verbindungen des Kleinhirns: siehe Abb. N-1.22, Abb. N-1.23 und Abb. N-1.24.

⊙ N-1.22

Wichtige Verbindungen des Kleinhirns (Auswahl)

Tr. frontopontinus Tr. temporopontinus

1

2 Ncll. pontis Formatio reticularis

3

Tr. olivocerebell. Oliva inf. Ncll. vestibulares

Vestibulocerebellum Tr. cuneocerebell.

Tr. spinocerebell. ant. et sup.

a

Tr. spinocerebell. post. 1 = Pedunculus cerebellaris sup. 2 = Pedunculus cerebellaris med. 3 = Pedunculus cerebellaris inf.

Thalamus (VL)

Ncl. ruber 1

Ncl. interpositus

Ncl. fastigii Formatico reticularis

Ncl. dentatus 2

Tr. tegmentalis centralis Ncll. vestibulares

3

Ncl. olivaris inf.

Tr. vestibulospinalis lat. und med. b

Tr. rubrospinalis

Vestibulocerebellum

a Afferenzen des Kleinhirns und ihr Verlauf in den Hirnstielen. Oberer Kleinhirnstiel (1): Tr. spinocerebellaris ant. und sup. mit propriozeptiven Afferenzen (unbewusste Propriozeption aus unterer und oberer Körperhälfte). Mittlerer Kleinhirnstiel (2): Enthält nur Afferenzen. Durch ihn ziehen Fasern von den Ncll. pontis als Fortsetzung der Trr. corticopontini. Unterer Kleinhirnstiel (3): Tr. spinocerebellaris post. (unbewusste Propriozeption aus unterer Körperhälfte), Tr. cuneocerebellaris (unbewusste Propriozeption aus oberer Körperhälfte), Tr. vestibulocerebellaris mit direkten Afferenzen vom vestibulären Innenohr und Tr. olivocerebellaris mit Afferenzen aus unterer Olive, die Kletterfasern heißen. Alle anderen Afferenzen werden Moosfasern genannt. Nicht dargestellt ist der Tr. trigeminocerebellaris von den taktilen Rezeptoren des Gesichts. b Efferenzen des Kleinhirns. Die Fasern vom Ncl. dentatus verlassen das Kleinhirn über den Pedunculus cerebellaris sup. und enden entweder direkt im Ncl. ventralis lateralis (VL) des Thalamus oder nach Umschaltung im Ncl. ruber. Vom Ncl. interpositus zieht eine wichtige Efferenz ebenfalls über den oberen Kleinhirnstiel zum Ncl. ruber. Hier besteht eine Verbindung zum Tr. rubrospinalis und damit zum unwillkürlichen extrapyramidalen motorischen System (EPMS). Der Ncl. fastigii schickt Efferenzen zu den Vestibulariskernen, in denen über die Trr. vestibulospinales ebenfalls eine Verbindung zum EPMS besteht. Die Efferenz zur Formatio reticularis kann reflektorisch motorische Ausgleichsreaktionen bei plötzlicher Lageveränderung des Körpers einleiten (über die Trr. reticulospinales, nicht gezeigt). Bitte beachten: Der Tr. tegmentalis centralis (die zentrale Haubenbahn) als Verbindung zwischen Ncl. ruber und unterer Olive ist die Basis für den folgenden Rückkopplungskreis: Ncl. ruber – Ncl. olivaris inf. – Cortex cerebelli – Kleinhirnkerne (Ncl. dentatus und Ncl. interpositus) – Ncl. ruber. Über diesen Kreis kann die motorische Aktivität des zerebralen Kortex (über den Thalamus) und die des Rückenmarks (Tr. rubrospinalis) kontrolliert werden.

1122 ⊙ N-1.23

N

1 ZNS – Aufbau und Organisation

Verschaltung innerhalb des Zerebellums Glu + Glu +

Körnerzellen inhibitorische Zwischenneurone

Axonkollateralen

Afferenzen

Glu + Purkinje-Zellen

GABA _

_ GABA + Asp Neurone der Kleinhirnkerne

Axonkollateralen Moosfasern

Efferenzen

Kletterfasern

pontine Kerne, Rückenmark, Vestibulariskerne

Thalamus, Nucleus ruber, Vestibulariskerne, Formatio reticularis

untere Olive

(Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

⊙ N-1.24

Ein- (links) und Ausgänge (rechts) des Kleinhirns mit schematischer Darstellung ihrer komplexen Verschaltungen. Die erregenden und hemmenden Wirkungen werden durch exzitatorische (Glu = Glutamat, Asp = Aspartat) oder inhibitorische (GABA = Gamma-Amino-Butter-Säure) Transmitter (S. 1181) erreicht. Während die Afferenzen (aus anderen Teilen des ZNS) und Efferenzen (aus den Kleinhirnkernen) erregende Transmitter freisetzen, wirkt das von den Purkinje-Zellen der Kleinhirnrinde freigesetzte GABA hemmend. Ihre Wirkung auf die Kleinhirnkerne wird jedoch wiederum durch andere Zellen der Kleinhirnrinde, von denen nur die Körnerzellen erregend sind, moduliert. Die Axonkollateralen von den Moos- und Kletterfasern erregen ebenfalls die Kleinhirnkerne und können so die Hemmung durch die P-Zellen dämpfen.

Zerebellum – Verbindungen

Eingänge

Ausgänge

Kletterfasern

← kontralateraler Ncl. olivaris inferior (propriozeptiver und kortikaler Antrieb)

Moosfasern (alle Eingänge außer den Kletterfasern)

← Vestibulariskerne ← Rückenmark (kutane und propriozeptive Information) ← Motorkortex über Tr. corticopontini

Axone der PurkinjeZellen

Ncl. dentatus

→ Ncl. ruber → Thalamus - hauptsächlich Ncl. ventralis lateralis (VL) → prämotorischer Kortex

Ncl. fastigii

→ Tractus vestibulospinalis lateralis → Tractus corticospinalis anterior (ungekreuzter Teil der Pyramidenbahn

(mediales System)

→ Mesencephalon → untere Olive Ncl. interpositus





Afferenzen: Das Kleinhirn besitzt zwei Eingänge: – Kletterfasern mit Ursprung in der unteren Olive, die sich an den Dendriten der P-Zellen emporranken, und – Moosfasern, die unterschiedliche Ursprünge haben und an den Körnerzellen enden. Efferenzen: Den einzigen Ausgang bilden die Axone der P-Zellen mit Kontakten zu den Kleinhirnkernen (s. o.).

→ Tractus corticospinalis lateralis (gekreuzter Teil der Pyramidenbahn) → Tractus rubrospinalis

(laterales System)

Man unterscheidet Ein- und Ausgänge (bzw. Afferenzen und Efferenzen): ■ Afferenzen : Zwei Fasersysteme bilden die Eingänge zum Kleinhirnkortex: – die Kletterfasern, die aus der unteren Olive (Ncl. olivaris inferior) kommen und sich an den Dendriten der P-Zellen (s. o.) emporranken, und – die Moosfasern, (alle anderen Eingänge), die an den Körnerzellen enden und unterschiedliche Ursprünge haben (z. B. in der Brücke und den verschiedenen spinozerebellären Trakten). – Vor Erreichen der P- bzw. Körnerzellen geben die Afferenzen erregende Kollateralen zu den Kleinhirnkernen ab. ■ Efferenzen: Der zerebelläre Kortex hat nur einen Ausgang, nämlich die Axone der Purkinje-Zellen, die synaptische Kontakte mit den Kleinhirnkernen (s. o.) eingehen.

Informationsfluss

Informationsfluss

Der Kleinhirnkortex bildet – stark vereinfacht – eine hemmende Schleife für die Kleinhirnkerne (Abb. N-1.23). Die Hauptfunktionen des Zerebellums sind die Aufrechterhaltung des Gleichgewichts und die Beteiligung an der Planung und Durchführung von Bewegungen. Um diese Aufgaben erfüllen zu können, benötigt das Kleinhirn Informationen von drei Quellen:

Stark vereinfacht kann man den Kleinhirnkortex als hemmende Schleife für die Kleinhirnkerne ansehen, die ihrerseits durch Kollateralen der Moos- und Kletterfasern erregt werden. Durch diese hemmende Schleife wird die Aktivität der Kleinhirnkerne moduliert (Abb. N-1.23). Damit das Kleinhirn seine Funktionen erfüllen kann, die u. a. darin bestehen, das Gleichgewicht in Ruhe und Bewegung aufrechtzuerhalten und bei der Planung von Bewegungen mitzuwirken, benötigt es Informationen aus unterschiedlichen Quellen: ■ Vestibularapparat: Information über die Stellung des Kopfes im Raum erhält das Kleinhirn vom Gleichgewichtsorgan.

N

Muskel- und Gelenkrezeptoren: Da der Kopf seine Stellung relativ zum Rumpf verändern kann, werden der Winkel zwischen Kopf- und Rumpfwirbelsäule sowie die Stellung der Extremitäten zum Rumpf benötigt. Diese Information wird von den Muskel- und Gelenkrezeptoren geliefert und erreicht das Kleinhirn über die spino- und kuneozerebellären Trakte (S. 1201). Erst jetzt kann das Kleinhirn die Anordnung des Gesamtkörpers im Raum berechnen. Diese Information ist erforderlich, um die Ausgangssituation für die Aufrechterhaltung des Gleichgewichts und für die Planung und Durchführung von Bewegungen zu „erkennen“. ■ Zerebraler Kortex: Das Kleinhirn muss wissen, welche Bewegungen derzeit ablaufen und/oder vom Motorkortex des Endhirns (S. 1182) geplant sind, um notfalls zur Aufrechterhaltung des Gleichgewichts in den Bewegungsablauf eingreifen zu können. Diese Informationen laufen über die kortikopontinen Trakte und die Brückenkerne durch den mittleren Kleinhirnstiel zum Kleinhirn. Die Verarbeitung dieser von drei Informationsquellen kommenden Signale erfolgt im Kleinhirn in drei verschiedenen Regionen, die teilweise in Streifen parallel zum Wurm angelegt sind (Abb. N-1.25) und die funktionelle Gliederung in Vestibulo-, Spino- und Pontozerebellum erklären: ■ Der Antrieb vom Vestibularapparat erreicht die phylogenetisch alten Teile des Kleinhirns, nämlich den kaudalen und kranialen Vermis (in geringem Ausmaß auch den mittleren Teil) und den Lobus flocculonodularis (sog. Vestibulozerebellum). ■ Die Information von den spinozerebellären Trakten wird im gesamten Wurm und zusätzlich in einem streifenförmigen Gebiet der Hemisphären nahe dem Vermis verarbeitet (sog. Spinozerebellum). ■ Die restlichen Anteile der Hemisphären verarbeiten die kortikopontinen Signale (sog. Ponto-, Cerebro- oder Neozerebellum). Der Ausgang über die Kerne des Zerebellums ist wiederum dreigeteilt (Abb. N-1.25): ■ Über den Nucleus fastigii wird die Information aus dem Vermis an die deszendierenden motorischen Bahnen des Rückenmarks weitergegeben (u. a. Tractus vestibulospinalis lateralis vom Ncl. vestibularis lateralis sowie Tractus corticospinalis anterior; sog. mediales System). Der Kern hat vorwiegend eine Funktion bei der Durchführung von Bewegungen der Rumpf- und proximalen Extremitätenmuskulatur. ■ Der Nucleus interpositus vermittelt die Informationen aus den vermisnahen Hemisphären ebenfalls an die deszendierenden motorischen Bahnen (u. a. Tractus rubrospinalis und corticospinalis lateralis; sog. laterales System). Er steuert hauptsächlich Bewegungen der distalen Extremitätenmuskeln. ■ Über den Nucleus dentatus läuft die Information vom Pontozerebellum zurück zu den motorischen und prämotorischen kortikalen Arealen. Der Kern ist an der Planung von Bewegungen beteiligt und kontrolliert den Motorkortex (S. 1182). Dieser Weg ist zusammen mit dem Ncl. interpositus für die Zielmotorik von Bedeutung. ■

⊙ N-1.25

1123

1.3 Gehirn (Encephalon)







vom Vestibularapparat (Information über die Stellung des Kopfes im Schwerefeld der Erde), von den Rezeptoren der Muskeln und Gelenke (Information über die Stellung des Restkörpers zum Kopf und der Körperteile zueinander) und vom zerebralen Kortex (Information über ablaufende und geplante Bewegungen).

Die Informationsverarbeitung (Abb. N-1.25) erfolgt in folgenden Strukturen: ■ Vestibulozerebellum (kaudaler und rostraler Vermis, Lobus flocculonodularis): Information vom Vestibularapparat, ■ Spinozerebellum (Vermis, Hemisphärenstreifen parallel zum und nahe am Vermis): Information von den Muskel- und Gelenkrezeptoren und ■ Pontozerebellum (restliche Hemisphärengebiete) Information vom cerebralen Kortex. Die Kleinhirnkerne sind an der Kontrolle der motorischen spinalen Bahnen für die Durchführung von Bewegungen (Ncl. fastigii und Ncl. interpositus) bzw. an der Planung und Durchführung von Willkürbewegungen (Ncl. dentatus) beteiligt (Abb. N-1.25). Neben der Stützmotorik, die zum großen Teil über Afferenzen vom Vestibularapparat gesteuert wird, läuft noch die Zielmotorik ab, die vorwiegend von den Ncll. dentatus und interpositus kontrolliert wird.

Vereinfachte funktionelle Anatomie des Kleinhirns

spinale Eingänge Nucleus fastigii pontine Eingänge

mediale deszendierende Systeme laterale deszendierende Systeme

vestibuläre Eingänge

Nucleus interpositus

Vestibulozerebellum Spinozerebellum Pontozerebellum

a

Bewegungsausführung

Nucleus dentatus

b

Vestibulariskerne

prämotorischer Kortex

Bewegungsplanung

Gleichgewicht Okulomotorik

(Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

a Wichtige Eingänge zu den verschiedenen Teilen des Zerebellums. Die beige-gelbe Streifung in der Mitte des Vermis kennzeichnet Bereiche mit visuellem und auditorischem Antrieb. b Ausgänge des Zerebellums über die Kleinhirnkerne zu den verschiedenen motorischen Funktionskreisen. Die funktionelle Dreiteilung des Zerebellums spiegelt sich in beiden Abbildungen wider.

1124

N

1 ZNS – Aufbau und Organisation

Der Lobus flocculonodularis und Teile des Wurms haben Verbindungen mit den vestibulären Kernen und steuern Ausgleichsbewegungen des Gesamtorganismus zur Aufrechterhaltung des Gleichgewichts (Stützmotorik) sowie Augenbewegungen. Für die erstere Funktion erhält der Lobus Afferenzen aus dem Vestibularapparat, für die letztere Fasern u. a. aus den Ncll. pretectales (ventral von den Colliculi superiores). ▶ Klinik. Bei Kleinhirnstörungen treten je nach befallenem Gebiet

oder Kern ganz bestimmte Ausfälle auf: ■ Bei Störungen des Ncl. dentatus bzw. des Pontozerebellums können keine schnell aufeinanderfolgenden Pro- und Supinationsbewegungen der Hand mehr durchgeführt werden (sog. Adiadochokinese als Zeichen einer Störung der schnellen Zielmotorik). Man testet dies, indem man den Patienten bittet, die Bewegungen beim schnellen Eindrehen einer Glühbirne zu imitieren. ■ Ist der Ncl. interpositus bzw. das Spinozerebellum gestört, tritt oft eine Ataxie auf, d. h. ein „abgehackter“, unkoordinierter Gang. ■ Ausfälle im Bereich des Ncl. fastigii bzw. des Vestibulozerebellums können wegen der gestörten Stützmotorik zu einer Fallneigung führen. Ein weiteres Symptom ist der vestibuläre Nystagmus (schnelle unwillkürliche Augenbewegungen). Dem Nystagmus liegen Verbindungen zwischen Ncl. fastigii, Vestibulariskernen und den Augenmuskelkernen zugrunde. Für Kleinhirnstörungen ist auch der sog. Intentionstremor kennzeichnend, der darin besteht, dass in der Endphase der Bewegung ein deutliches Zittern auftritt (z. B. beim Finger-Nase-Versuch, s. Abb. N-1.26). Hier besteht ein Unterschied zum Ruhetremor der Parkinson-Patienten (S. 1193), der meist mit Beginn einer Bewegung aufhört.

1.3.3

Zwischenhirn (Diencephalon)

▶ Definition.

⊙ N-1.26

Finger-Nase-Versuch. Man bittet den Patienten, bei geschlossenen Augen den Zeigefinger in einer weit ausholenden Bewegung auf die Nasenspitze zu setzen. Während die Bewegung normalerweise ohne große Probleme möglich ist, kann man bei einer Kleinhirnläsion den zunehmenden Tremor beobachten, je näher der Finger der Nase kommt (Intentionstremor). Aufgrund der gestörten Zielmotorik landet der Finger meist schließlich deutlich neben der Nasenspitze (Dysmetrie). (Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

1.3.3 Zwischenhirn (Diencephalon) ▶ Definition. Diencephalon = Thalamus (incl. Metathalamus, Epithalamus, Subthala-

mus) + Hypothalamus (der Globus pallidus gehört zwar entwicklungsgeschichtlich zum Diencephalon, wird später aber ins Telencephalon verlagert). Zu den Anteilen des Diencephalon s. Tab. N-1.2 und Abb. N-1.27.

≡ N-1.2

Die Anteile des Diencephalon sind in Tab. N-1.2 und Abb. N-1.27 aufgeführt. Seine Hauptbestandteile sind Hypothalamus und Thalamus; beide zusammen begrenzen den vertikalen Spalt des III. Hirnventrikels.

≡ N-1.2

Teile des Diencephalon

Abschnitt

zugehörige Strukturen (Auswahl)

Thalamus (dorsalis) Hauptkerngruppen: Ncll. ventrolaterales, mediales und anteriores. Metathalamus

Corpora geniculata: Corpus geniculatum mediale (CGM) und Corpus geniculatum laterale (CGL)

Epithalamus

Glandula pinealis (Epiphyse) Habenula (Zügel)

Hypothalamus

markarmer Hypothalamus: besteht vorwiegend aus Kernen (S. 1129), z. B. Ncll. preopticus, paraventricularis, supraopticus, dorso- und ventromedialis markreicher Hypothalamus: besteht vorwiegend aus Trakten (S. 1131), z. B. Fornix, Fasciculi mamillothalamicus und mamillotegmentalis Neurohypophyse

Subthalamus

Ncl. subthalamicus (Corpus Luysi)

N

⊙ N-1.27

1125

1.3 Gehirn (Encephalon)

Zwischenhirn Sulcus hypothalamicus (= diencephalicus ventralis)

Thalamus

Corpus Plexus callosum choroideus

Mediansagittalschnitt durch das Dienzephalon (blau hervorgehoben) mit umgebenden Strukturen. (Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

Fornix Commissura anterior

Adhesio interthalamica Stria medullaris thalami

Area preoptica Hypothalamus Lamina terminalis

Gl. pinealis

Subthalamus Infundibulum

Cerebellum

Adenohypophyse Neurohypophyse Tuber cinereum

III. Ventrikel

Corpus mammillare

Crus Tegmen- Aqueductus Lamina cerebri tum mesencephali tecti Mesencephalon

Thalamus ▶ Synonym. Thalamus dorsalis

▶ Definition. Als Thalamus (dorsalis) wird der Teil des Dienzephalons bezeichnet, der aus der dorsalen Dienzephalon-Anlage hervorgegangen ist (S. 1173). Er entspricht dem, was meist allgemein nur mit Thalamus benannt wird. Der Hypothalamus (S. 1128) wäre dementsprechend als Thalamus ventralis anzusprechen.

Funktionelle Bedeutung und Lage des Thalamus Funktionelle Bedeutung: Die drei wichtigsten Aufgaben, die der Thalamus – eingebunden in Funktionssysteme – übernimmt, sind folgende: ■ Er bildet die letzte Station vor Erreichen des Kortex für somatosensorische Informationen und – wenn man den Metathalamus mit einbezieht – auch für das visuelle und auditorische System. (Das Riechsystem scheint dagegen im Thalamus keine Schaltstationen zu besitzen). ■ Er kontrolliert den Motorkortex und ist ■ Teil des limbischen Systems. Lage: Der Thalamus grenzt medial von beiden Seiten an den III. Ventrikel und lateral an die Capsula interna (S. 1146), einem Fasersystem des Großhirnmarks. Auf Frontalschnitten sind lateral von ihm oft der zum Großhirn zählende Globus pallidus und das ebenfalls zum Telencephalon gehörende Putamen – zusammen Ncl. lentiformis genannt – zu erkennen (Abb. N-1.28a). ▶ Merke. Für das Auffinden des Thalamus auf Hirnschnitten ist zu beachten, dass

Thalamus ▶ Synonym.

▶ Definition.

Funktionelle Bedeutung und Lage des Thalamus Funktionelle Bedeutung: Der Thalamus ist in 3 wichtige Funktionskreise eingebunden: ■ sensorisches, ■ motorisches und ■ limbisches System.

Lage: Er grenzt mit seinen Medialflächen an den III. Ventrikel (Abb. N-1.28a).

▶ Merke.

der Thalamus relativ weit okzipital liegt. Dies bedeutet, dass auf Frontalschnitten des Gehirns (von rostral beginnend) zunächst nur der Ncl. caudatus und evtl. das Putamen (S. 1144) lateral der Seitenventrikel zu sehen sind. Beide Kerne werden in Prüfungen oft als Thalamus fehldiagnostiziert.

Thalamuskerne und ihre Verbindungen

Thalamuskerne und ihre Verbindungen

Kerngruppen: Die Kerne des Thalamus werden durch die aus einer Marklamelle, d. h. aus einer Schicht markhaltiger Fasern bestehende Lamina medullaris (medialis) interna in drei große Gruppen (s. u.) unterteilt. In diese Marklamelle sind die intralaminären Kerne eingelassen; einer der wichtigsten von ihnen ist der Nucleus centromedianus (Abb. N-1.28).

Kerngruppen: Durch die Lamina medullaris (medialis) interna, in der sich die intralaminären Kerne befinden (z. B. der Ncl. centromedianus), werden die 3 großen Kerngruppen des Thalamus (Abb. N-1.28) voneinander getrennt:

1126

N

⊙ N-1.28

1 ZNS – Aufbau und Organisation

Kerngruppen des Thalamus

Seitenventrikel (Pars centralis)

Nuclei anteriores thalami

Nuclei mediales thalami

Nucleus reticularis thalami

Nucleus caudatus Nuclei basales (Telencephalon)

Nuclei ventrolaterales thalami

Lamina medullaris lateralis

Putamen

(Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

a Im Frontalschnitt auf Höhe der Corpora mammillaria ist die Gliederung in drei Hauptkerngruppen erkennbar. b Räumliche Darstellung der thalamischen Kerngruppen und ihrer Anordnung in der Ansicht eines linken Thalamus von schräg lateral, okzipital und kranial. Anmerkung: Die Abbildung ist stark schematisiert; es gibt deutliche Unterschiede zwischen verschiedenen Autoren.

Lamina medullaris medialis Capsula interna

Globus pallidus Corpus mammillare Adhesio interthalamica

a

Nucleus dorsalis lateralis

Nucleus medialis dorsalis

Nuclei anteriores thalami

Nuclei intralaminares

Nucleus lateralis posterior

Nucleus centromedianus

Nucleus ventralis anterior Nucleus ventralis lateralis Nucleus ventralis intermedius

Pulvinar thalami

Nucleus ventralis posterolateralis (VPL) Nucleus ventralis posteromedialis (VPM) b

Ncll. ventrolaterales, Ncll. mediales und ■ Ncll. anteriores. Zu diesen Gruppen kommen noch die Ncll. mediani, der Ncl. reticularis und das okzipitale Pulvinar hinzu. ■ ■

Verbindungen des Thalamus: Über seine Verbindungen lässt sich der Thalamus funktionell in 2 Anteile gliedern: ■ Einige Thalamuskerne haben Verbindungen mit dem Kortex und werden zusammen als Palliothalamus bezeichnet. ■ Andere Kerne kommunizieren vorwiegend mit dem Hirnstamm und werden als Trunkothalamus zusammengefasst. Die Bezeichnungen „spezifische und unspezifische Kerne“ werden nicht einheitlich gehandhabt.

Corpus geniculatum laterale

Corpus geniculatum mediale

Wenn man die Nuclei intralaminares, mediani und reticularis nicht berücksichtigt – der Ncl. reticularis stellt eine rostrale Fortsetzung der Formatio reticularis des Hirnstamms dar – so bleiben 3 große thalamische Kerngruppen: ■ ventrolaterale Gruppe (Nuclei ventrolaterales), ■ mediale Gruppe (Nuclei mediales) und ■ anteriore Gruppe (Nuclei anteriores). Hinzu kommt noch das okzipital gelegene Pulvinar. Schon aus der bereits vereinfachten Abb. N-1.28 ist ersichtlich, dass die verschiedenen Gruppen noch in einzelne Kerngebiete unterteilt werden können; insgesamt werden mehr als 50 Thalamuskerne unterschieden. Die Adhesio interthalamica (Abb. N-1.28a und Abb. N-1.27) ist keine echte Kommissur, d. h. hier kreuzen meist keine Fasern die Mittellinie, sondern während der Entwicklung haben sich die Thalami beider Seiten an dieser Stelle aneinandergelegt. Verbindungen des Thalamus: Nach den wichtigsten Verbindungen der Kerngebiete im Einzelnen (s. u.) lassen sich zwei funktionelle Anteile des Thalamus unterscheiden: ■ Palliothalamus (von Pallium für Hirnmantel): Dieser Teil des Thalamus hat Verbindungen mit dem Kortex. Die palliothalamischen Kerne entsprechen weitgehend der früheren Bezeichnung „spezifische“ Kerne, in dem Sinne, dass sie gut organisierte direkte (oligosynaptische und somatotopische) Afferenzen erhalten und mit spezialisierten Kortexarealen kommunizieren. Zu diesen spezifischen Kernen gehören u. a. Kerne der ventrolateralen Gruppe und die Ncll. anteriores. ■ Trunkothalamus: Dieser Anteil kommuniziert mit den Basalganglien und dem Hirnstamm. „Trunkothalamisch“ entspräche dann der Bedeutung „unspezifisch“ im Sinne von Kernen mit diffusen polysynaptischen afferenten Verbindungen und Projektionen in Richtung auf Basalganglien und Hirnstamm. Zu den unspezifischen Kernen werden u. a. der Ncl. centromedianus und einige andere intralaminäre Kerne gerechnet. Die Nomenklatur ist in den verschiedenen Quellen allerdings nicht einheitlich.

N

1127

1.3 Gehirn (Encephalon)

Die wichtigsten somatosensorischen (spezifischen) Kerne sind der Nucleus ventralis posterolateralis (VPL) und der Nucleus ventralis posteromedialis (VPM): ■ VPL (S. 1199): Hier enden die spinothalamischen und bulbothalamischen somatosensorischen Bahnen des Körpers (unter bulbothalamisch versteht man die Fortsetzung des aszendierenden Hinterstrangsystems im medialen Lemniscus). ■ VPM (S. 1204): Er ist der entsprechende Endkern für die Fasern aus dem Kopfbereich (hauptsächlich Trigeminusafferenzen). Beide Kerne projizieren auf den primären somatosensorischen Kortex (S 1, Brodmann-Areae 1, 3, 2), wobei die aufsteigenden Fasern den Thalamus nach lateral verlassen und in die Capsula interna (S. 1146) eintreten, um dann ihren Weg zwischen den Basalganglien Putamen und Nucleus caudatus in Richtung Kortex fortzusetzen. Sie bilden den sog. oberen Thalamusstiel oder die obere (zentrale) Thalamusstrahlung. Zu den wichtigsten somatomotorischen Thalamuskernen gehören der Nucleus ventralis lateralis (VL) und der Nucleus ventralis anterior (VA). Der okzipitale Teil des VL wird oft auch als VI (ventralis intermedius) bezeichnet. Die motorischen Kerne des Thalamus erhalten Informationen von den Basalganglien und aus dem Zerebellum und projizieren auf den primären motorischen Kortex (M1, Tab. N-2.2) sowie den prämotorischen Kortex. Die Nuclei anteriores erhalten einen Großteil der Afferenzen aus dem Tractus (Fasciculus) mamillothalamicus (S. 1245) des limbischen Systems und haben ihrerseits wichtige Verbindungen mit dem Cingulum im Gyrus cinguli, der ebenfalls zum limbischen System gehört. Die Nuclei mediales (M) und Nucleus medialis dorsalis (MD) der medialen Kernguppe projizieren massiv auf den präfrontalen Kortex des Lobus frontalis. Es wird angenommen, dass sie eine Funktion bei der affektiven Bewertung von Sinneseindrücken haben (z. B. „unangenehm schrille“ Töne, „schreiende“ Farben usw.). Das Pulvinar, das viele indirekte (polysynaptische) Informationen aus dem visuellen System erhält und verarbeitet, projiziert auf die assoziativen visuellen Kortexareale V2 (S. 1141) und AV.

Zu den wichtigsten somatosensorischen Thalamuskernen gehören: ■ Ncl. ventralis posterolateralis (VPL) als Endgebiet für die spino- und bulbothalamischen somatosensorischen Bahnen des Körpers (S. 1199) sowie ■ Ncl. ventralis posteromedialis (VPM) als entsprechender Endkern für die Fasern aus dem Kopfbereich (S. 1204). Ihre aszendierenden Efferenzen ziehen durch die Capsula int., bilden die obere Thalamusstrahlung und enden im primären somatosensorischen Kortex.

Meta- und Epithalamus

Meta- und Epithalamus

Metathalamus: Er liegt an der Unterseite des Pulvinars und besteht aus den beiden Corpora geniculata: ■ Das Corpus geniculatum mediale (CGM) ist ein Teil der Hörbahn (S. 1232), ■ das Corpus geniculatum laterale (CGL) ein Teil der Sehbahn (S. 1221).

Metathalamus: Er besteht aus Corpus geniculatum mediale, CGM als Teil der Hörbahn (S. 1232) und laterale, CGL als Teil der Sehbahn (S. 1221).

Epithalamus: Der Epithalamus schließt sich parietal am okzipital-medialen Ende dem Thalamus an (Abb. N-1.27 und Abb. N-1.29). Zum Epithalamus werden u. a. die Epiphyse (Glandula pinealis oder Corpus pineale), die sog. Zügelkerne (Nuclei habenulares) und zwei Markstreifen, die Zügel (Habenula) gerechnet. Die Zügel laufen nach rostral in die Striae medullares thalami aus. Letztere Striae leiten olfaktorische Information aus den Septumkernen und der Regio preoptica zur Habenula, die wiederum Efferenzen an das Mesencephalon und an salivatorische und motorische Kerne des Hirnstamms sendet (z. B. Auslösung von Speichelsekretion durch Geruch).

Epithalamus: Der Epithalamus befindet sich dorsal am medialen Thalamus (Abb. N-1.27 und Abb. N-1.29). Zu ihm zählen die Epiphyse, Zügel (Habenula) und Zügelkerne (Ncll. habenulares).

▶ Klinik. Die Epiphyse liegt direkt rostral der V. basalis und magna cerebri (S. 1166). Die Venen können daher durch einen Epiphysentumor komprimiert werden.

⊙ N-1.29

a

Die Ncll. anteriores haben reziproke Verbindungen mit dem limbischen System, dem sie auch zugerechnet werden. Die Kerne der medialen Gruppe projizieren auf den Lobus frontalis und sind evtl. an der Vermittlung der affektiven Färbung von Sinneseindrücken beteiligt. Das Pulvinar spielt eine Rolle bei der Verarbeitung von visuellen Informationen.

▶ Klinik.

Lage von Meta- und Epithalamus im Dienzephalon Stria medullaris thalami

Metathalamus

Die wichtigsten somatomotorischen Thalamuskerne sind die Ncll. ventralis lat. (VL) und ventralis ant. (VA). Sie erhalten Afferenzen aus Basalganglien und Zerebellum und projizieren auf den primären motorischen Kortex und den prämotorischen Kortex.

Corpus geniculatum mediale (CGM) Corpus geniculatum laterale (CGL)

III. Ventrikel Habenula

Habenula Gl. pinealis (Epiphyse)

Epithalamus

Recessus pinealis Gl. pinealis (Epiphyse) b

Subthalamus

(Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

a Strukturen von Meta- und Epithalamus in der Ansicht von dorsal b und im Mediansagittalschnitt von rechts lateral. Die Epiphyse (Glandula pinealis) als wichtiger Teil des Epithalamus ist rot hervorgehoben.

1128

N

Hypothalamus

Hypothalamus

▶ Synonym.

1 ZNS – Aufbau und Organisation

▶ Synonym. Thalamus ventralis

Funktionelle Bedeutung des Hypothalamus

Funktionelle Bedeutung des Hypothalamus

Der Hypothalamus ist ein Steuerzentrum, das die Voraussetzungen für ein normales Funktionieren des Gesamtorganismus schafft. Zu diesen Voraussetzungen gehören (Tab. N-1.3): ■ Homöostase, ■ Steuerung von Sympathikus und Parasympathikus, teils um die Homöostase zu erreichen, und ■ die Kontrolle des Sozialverhaltens (Emotionen und Sexualverhalten).

Der Hypothalamus ist ein Steuer- und Integrationszentrum, das dem hormonellen und autonomen System übergeordnet ist. Er benutzt beide Untersysteme als Werkzeuge zur Steuerung des Gesamtorganismus. Die Einzelaufgaben können drei Funktionskreisen zugeordnet werden (Tab. N-1.3): ■ Homöostase: Hierunter versteht man die Konstanthaltung aller Aspekte des inneren Milieus des Körpers (z. B. Ionen- und Glukosekonzentration des Blutes, Hormonhaushalt, Körpergewicht). ■ Sympathikus und Parasympathikus: Der Sympathikus wird z. B. eingesetzt, um durch Vasokonstriktion der Hautgefäße in einer kalten Umgebung die Wärmeabgabe zu drosseln und so die Kerntemperatur konstant zu halten. ■ Sozialverhalten: Hierzu gehören u. a. die Kontrolle der Emotionen (das Zeigen von Affekten wie Freude, Aggression und Angst gegenüber der Umwelt) und das Sexualverhalten. Diese Funktion wird manchmal auch als „soziale Homöostase“ bezeichnet. Die in Tab. N-1.3 erfolgte Zuordnung einzelner Funktionen zu bestimmten Kerngebieten ist für viele Kerne noch nicht gesichert bzw. sind wahrscheinlich immer mehrere der genannten Kerne zusammen aktiv.

≡ N-1.3

Allgemeine Funktionen des Hypothalamus

Funktion

Homöostase

vegetatives Zentrum

Kerne/Bahnen Steuerung von: ■ Körperkerntemperatur ■

osmotischem Druck der intra- und extravasalen Flüssigkeiten



Hormonhaushalt



Nahrungsaufnahme

Steuerung von: ■ Sympathikus und ■

Sozialverhalten

z. B. Ncll. preoptici, Ncl. paraventricularis, Ncl. supraopticus, Ncl. ventromedialis

über deszendierende Bahnen, die nicht im Detail bekannt sind, evtl. Fasciculus longitudinalis posterior (Schütz)

Parasympathikus z. B. Ncl. ventromedialis, Ncl. dorsomedialis

Entstehung von: ■ Affekten (Aggression, Furcht) ■

Sexualverhalten

Lage und Anteile des Hypothalamus

Lage und Anteile des Hypothalamus

Lage: Der Hypothalamus grenzt dorsal-parietal an den Thalamus (dorsalis), kaudal an Chiasma opticum, Hypophysenstiel und Corpora mammillaria, medial an den III. Hirnventrikel, lateral an Capsula interna, rostral an die Lamina terminalis und okzipital-kaudal an den Subthalamus (Abb. N-1.30 und Abb. N-1.31).

Lage: Der Hypothalamus befindet sich als zweiter großer Teil des Dienzephalons kaudal des Thalamus (dorsalis). Auf einem Frontalschnitt (Abb. N-1.30) ist zu erkennen, dass er medial an den III. Hirnventrikel grenzt, lateral befindet sich die Capsula interna und parietal der Thalamus. Die kaudalen Grenzen sind von rostral nach okzipital (Abb. N-1.31) die Sehnervkreuzung, das sog. Chiasma opticum (S. 1221), das Infundibulum der Hypophyse und die Corpora mammillaria (s. u.). Okzipital-kaudal geht der Hypothalamus in den Subthalamus über, der zwischen Thalamus dorsalis und Mesencephalon liegt. Rostral grenzt der Hypothalamus an die Lamina terminalis (der entwicklungsgeschichtlich rostralste Teil des Prosenzephalonbläschens) mit der Commissura anterior (S. 1146).

⊙ N-1.30

⊙ N-1.30

Lage des Hypothalamus Auf dem Frontalschnitt ist der unterhalb des Thalamus gelegene Hypothalamus farblich hervorgehoben.

Capsula interna

(Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

Thalamus III. Ventrikel Hypothalamus

N

1129

1.3 Gehirn (Encephalon)

Anteile: Allgemein wird ein rostral der Corpora mammillaria gelegener markarmer Hypothalamus – in dem die meisten Kerne liegen – von einem okzipital gelegenen markreichen Hypothalamus mit relativ großen Faseranteilen unterschieden. Hypophysiotrop werden solche Bereiche genannt, die entweder neuronal-hormonell oder rein neuronal mit der Hypophyse in Verbindung stehen.

Anteile: Als markarmer Hypothalamus wird der rostrale Hypothalamus mit zahlreichen Kernen dem okzipitalen markreichen Hypothalamus mit vielen Faserbündeln gegenübergestellt.

Kerne und Areale des Hypothalamus

Kerne und Areale des Hypothalamus ▶ Definition.

▶ Definition. Als Areale (Areae) werden Ansammlungen funktionell zusammengehörender Neurone bezeichnet, die im Vergleich zu Kernen weniger gut abgegrenzt sind (z. B. Area hypothalamica post.).

Topografische Einteilung: Die Kerne können in der rostro-okzipitalen Richtung auf einem Sagittalschnitt in drei Gruppen eingeteilt werden (Abb. N-1.31a): ■ Chiasmatische (anteriore) Region mit (u. a.) Nucleus preopticus, Nucleus paraventricularis, Nucleus supraopticus und Nucleus suprachiasmaticus. ■ Intermediäre (tuberale) Region mit Nucleus arcuatus (infundibularis), Nucleus ventromedialis und Nucleus dorsomedialis („tuberal“ kommt von Tuber cinereum (grauer Höcker, eine Verdickung in der Wand des Bodens des III. Ventrikels), Abb. N-1.27). ■ Posteriore Region mit Area hypothalamica posterior (Nucleus posterior) und Nuclei mammillares. Letztere werfen die Corpora mammillaria auf, die oft auch zum limbischen System (Abb. N-2.49) gerechnet werden. Auf einem Frontalschnitt des Hypothalamus (Abb. N-1.31b) lassen sich die Hypothalamus-Kerne in drei Gruppen von medial nach lateral anordnen (wegen ihrer geringen rostro-okzipitalen Ausdehnung sind auf dem Frontalschnitt nicht alle oben erwähnten Kerne enthalten): ■ Mediale Gruppe: Am weitesten medial liegt der Nucleus periventricularis (nicht mit dem Ncl. paraventricularis zu verwechseln), der die Auskleidung des 3. Hirnventrikels mit grauer Substanz darstellt. Er setzt sich nach kaudal ins Mesencephalon als Substantia grisea centralis fort, sog. periaquäduktales Grau (S. 1114). Nach lateral schließt sich der Nucleus paraventricularis an. ■ Die mittlere Gruppe (Area medialis) wird von den Nuclei ventromedialis und dorsomedialis gebildet. ■ In der lateralen Gruppe liegen u. a. der Nucleus lateralis (oder Area lateralis), der Nucleus supraopticus und die Nuclei tuberales.

⊙ N-1.31

Topografische Einteilung: In rostro-okzipitaler Richtung (Abb. N-1.31a) unterscheidet man 3 Gruppen: ■ Chiasmatische (anteriore) Region (Ncl. preopticus, paraventricularis, supraopticus und suprachiasmaticus), ■ Intermediäre (tuberale) Region (Ncl. arcuatus, ventro- und dorsomedialis) und ■ Posteriore Region (Ncl. post. und mammillares). Auf einem Frontalschnitt lassen sich die Hypothalamuskerne in medio-lateraler Richtung (Abb. N-1.31b) in 3 Gruppen einteilen, von denen die Ncll. peri- und paraventricularis am weitesten medial liegen (mediale Gruppe). Der Ncl. periventricularis bildet die innere Auskleidung der Wand des 3. Ventrikels. Die mittlere Gruppe besteht u. a. aus den Ncll. ventro- und dorsomedialis. Als laterale Gruppe schließen sich die Area lateralis und der Ncl. supraopticus an.

Kerngebiete des Hypothalamus

Nucleus dorsomedialis

Nucleus paraventricularis

Sulcus hypothalamicus Subthalamus

Fornix

Nucleus periventricularis Nucleus paraventricularis

Nucleus preopticus Nucleus ventromedialis

Area lateralis Area medialis

Nucleus supraopticus

bI b II

Nucleus suprachiasmaticus

bI

Nucleus supraopticus Chiasma opticum

Chiasma opticum

III. Ventrikel

Nucleus dorsomedialis

Area dorsalis

Fornix

Nucleus infundibularis Adenohypophysis

Fornix

Area lateralis

Tractus opticus Neurohypophysis

a

Nuclei tuberales (u. a. Nucleus arcuatus)

Corpus mammillare

Nucleus posterior b II

Nuclei tuberales Nucleus ventromedialis

III.Ventrikel

(Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

a Einteilung der hypothalamischen Kerngebiete in rostrookzipitaler Richtung auf einem Mediansagittalschnitt mit Ansicht einer rechten Hirnhälfte: Die Kerne der anterioren Region (grün) liegen nahe des Chiasma opticum („chiasmatisch“), die der intermediären („tuberalen“) Region (blau) direkt dahinter und am weitesten okzipital die posteriore Kerngruppe (rot). b Auf den beiden Frontalschnitten (b I, b II) durch den Hypothalamus (Schnittebenen siehe a) sind die Farben aus a beibehalten, jedoch wird sichtbar, dass die einzelnen o. g. Kerne unterschiedlich weit vom III. Ventrikel entfernt liegen.

1130

N

1 ZNS – Aufbau und Organisation

Es folgt lediglich die Beschreibung einiger Kerne, deren Funktion gut bekannt und/ oder besonders wichtig ist. Neuroendokrine Kerne

Neuroendokrine Kerne

Funktionelle Einteilung: Die Kerne werden 2 Systemen zugeordnet:

Funktionelle Einteilung: Nach ihrer Wirkung in hormonellen Regelkreisen, werden die einzelnen Kerne zwei verschiedenen Systemen zugeordnet, die sich in Zellart bzw. -größe und Zielorgan unterscheiden: ■ Zum magnozellulären neuroendokrinen Systems (S. 1250) zählen die Kerne, die im Hypothalamus liegen und Hormone des Hypophysenhinterlappens (HHL) synthetisieren, nämlich das Adiuretin (Vasopressin oder antidiuretisches Hormon [ADH]) und Oxytozin. Die Hormone werden über die Axone der magnozellulären Neurone zum HHL transportiert (s. u.). Dort werden sie erst gespeichert und dann in das Blut freigesetzt, vgl. Neurosekretion (S. 200). Dies ist möglich, da im HHL eine Blut-Hirn-Schranke (S. 1169) fehlt. Zum magnozellulären System zählen u. a.: – Ncl. paraventricularis (großzelliger Anteil) und – Ncl. supraopticus (alle Teile). Die efferenten Axone dieser Kerne bilden einen Trakt, der durch den Hypothalamus zieht (Tractus hypothalamohypophysialis, (Abb. N-1.33b) und im Hypophysenhinterlappen (Abb. N-2.55) endet. Während des Transports der Hormone sind kleine „Hormonpakete“ als Verdickungen der Axone des Trakts zu erkennen (sog. Herring-Körperchen, Abb. N-1.32). ■ Das parvozelluläre neuroendokrine System setzt sich aus Kernen zusammen, die Steuerungshormone (releasing oder inhibiting hormones = Liberine oder Statine) für die Sekretion des Hypophysenvorderlappens, HVL (S. 1251), synthetisieren. Die hypothalamischen Hormone werden über die Axone der Kerne im Beginn des Hypophysenstiels (Infundibulum und Eminentia mediana) in den Portalkreislauf (S. 1251) der Hypophyse freigesetzt; hier fehlt ebenfalls eine Blut-Hirn-Schranke. Die Hormone erreichen den HVL über hypophysäre Venen und bewirken dort die Freisetzung der HVL-Hormone ins Blut (Liberine) oder eine verminderte Freisetzung (Statine). Zum parvozellulären System zählen u. a.: – Ncl. periventricularis, – Ncl. paraventricularis (kleinzelliger Anteil), – Ncl. arcuatus, – Ncl. suprachiasmaticus, – Ncl. ventromedialis und – Ncl. dorsomedialis.







Die Kerne des magnozellulären neuroendokrinen Systems (S. 1250) synthetisieren Adiuretin und Oxytozin, die durch neuronalen Transport in den Hypophysenhinterlappen (HHL) gelangen und dort freigesetzt werden. Zu ihnen zählen die großzelligen Anteile vom Ncl. paraventricularis und der gesamte Ncl. supraopticus. Ihre Efferenzen bilden den Tractus hypothalamohypophysialis (Abb. N-1.33b). Durch „Hormonpakete“ hervorgerufene Verdickungen der Axone bezeichnet man als Herring-Körperchen, Abb. N-1.32).

Die Kerne des parvozellulären endokrinen Systems setzen Hormone zur Steuerung des Hypophysenvorderlappens (HVL) frei. Diese erreichen die Hypophyse über den hypophysären Portalkreislauf (S. 1251) und bewirken dort eine Freisetzung der HVLHormone (Liberine) oder eine Hemmung der Freisetzung (Statine). Zu diesen Kernen zählen u. a. der Ncl. periventricularis, der Ncl. arcuatus und Anteile der Ncll. paraventricularis und suprachiasmaticus.

▶ Exkurs: Steuerungshormone für die Sekretion des Hypophysenvorderlappens (HVL).

⊙ N-1.32

▶ Exkurs: Steuerungshormone für die Sekretion des Hypophysenvorderlappens (HVL). Wichtige Steuerhormone des parvozellulären Systems sind (vgl. Abb. N-2.56): ■ Corticotropin releasing hormone (CRH, Corticoliberin), das über den HVL die Nebennierenrindenfunktion beeinflusst, ■ Thyrotropin releasing hormone (TRH, Thyroliberin), mit den Zielorganen HVL-Schilddrüse, ■ Gonadotropin releasing hormone (GnRH, Gonadoliberin, Luliberin) mit den Zielorganen HVLOvar bzw. Hoden, und ■ Growth hormone releasing hormone (GHRH, Somatoliberin) mit den Zielorganen HVLWachstumsfuge der Knochen. ■ Somatotropin release inhibiting hormone (SRIH, Somatostatin), auch growth hormone release inhibiting hormone (GHRIH) genannt.

⊙ N-1.32

Neurosekretorisches Neuron des magnozellulären endokrinen Systems

raues endoplasmatisches Retikulum Axon

HerringKörperchen (Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

Hormonfreisetzung

Exemplarische Darstellung eines neurosekretorischen Neurons, dessen Soma im Ncl. supraopticus oder paraventricularis liegt und die neuronal gebildeten Hormone über axonalen Transport in die Neurohypophyse befördert. Die in Vesikel verpackten Hormone können im Mikroskop als Herring-Körperchen (Verdickungen der Axone) erkannt werden.

1.3 Gehirn (Encephalon)

1131

Die verschiedenen vom parvozellulären System sezernierten Hormone, die durch sie beeinflussten HVL-Hormone und deren periphere Zielorgane im Sinne hormoneller Regelkreise werden im Kap. Adenohypophyse (S. 1251) besprochen.

Zu hormonellen Regelkreisen, an denen das parvozelluläre System beteiligt ist, s. Adenohypophyse (S. 1251).

N

▶ Merke. Trotz der engen funktionellen Koppelung zwischen Hypothalamus und

▶ Merke.

Hypophysenvorderlappen ist zu betonen, dass Letzterer entwicklungsgeschichtlich kein Teil des ZNS ist, sondern seinen Ursprung im Rachendach (S. 1175) hat. Die Zellen des Ncl. suprachiasmaticus, der praktisch auf dem Chiasma opticum liegt, synthetisieren neben ADH und TRH noch weitere Substanzen wie z. B. vasoaktives intestinales Polypeptid (VIP), das als Kotransmitter im parasympathischen Nervensystem eine Rolle spielt und Neuropeptid Y (NPY), das für die Sympathikusfunktion von Bedeutung ist. Bekannt geworden ist der Kern als Zielorgan für das Melatonin der Epiphyse = Glandula pinealis (S. 1127). Er besitzt Bindungsstellen für Melatonin, das die Zellen des Kerns hemmt. Der Kern erhält auch optische Informationen direkt aus der Retina über den Tractus opticus und aus visuellen Kernen wie z. B. den Ncll. pretectales, die ventral von der Vierhügelplatte im Mesencephalon (S. 1114) liegen. Über diese Verbindungen wird der Kern über den Tag-Nacht-Zyklus informiert; seine Zellen werden in ihrer Aktivität mit dem Tagesrhythmus synchronisiert. ▶ Merke. Offensichtlich ist der Ncl. suprachiasmaticus Teil der sog. inneren Uhr, die

Der Ncl. suprachiasmaticus. erhält Information über den Tag-Nacht-Rhythmus über Verbindungen mit der Retina und aus anderen nichtkortikalen visuellen Zentren.

▶ Merke.

den Tag-Nacht-Rhythmus des Gesamtorganismus steuert und dabei dem Einfluss des von der Epiphyse sezernierten Melatonins unterliegt.

Bahnen des Hypothalamus

Bahnen des Hypothalamus

Der markreiche Hypothalamus hat einen hohen Faseranteil; er befindet sich mit seinen Bahnen in Höhe und etwas okzipital von den Corpora mammillaria. Die Zuordnung der einzelnen Bahnen zum Hypothalamus oder zu anderen Hirngebieten wird unterschiedlich gehandhabt. ■ Fornix: Er zieht schräg zwischen der mittleren und lateralen Kerngruppe des Hypothalamus hindurch (s. Abb. N-1.31b und Abb. N-1.33), verbindet den Hippocampus (S. 1246) bogenförmig mit den Corpora mammillaria und gibt kurze Äste an Hypothalamuskerne ab. Der Fornix (S. 1245) stellt zusätzlich einen wichtigen Teil des limbischen Systems dar. ■ Fasciculus mammillothalamicus: Auch er könnte dem limbischen System zugeordnet werden, da er eine Verbindung zwischen den Corpora mammillaria und den Ncll. anteriores des Thalamus dorsalis herstellt. ■ Fasciculus mammillotegmentalis: Er zieht von den Corpora mammillaria zur Haube (Tegmentum) des Hirnstamms. ■ Fasciculus medialis telencephali: Das mediale Vorderhirnbündel hat engere Beziehungen zum Hypothalamus. Es verbindet Assoziationsareale des Frontalhirns mit

Der markreiche Hypothalamus liegt okzipital vom markarmen; zu ihm gehören mehrere Bahnen, die teilweise eine Funktion im limbischen und autonomen System haben oder Verbindungen zu diesen Systemen herstellen. Zu den Bahnen gehören: ■ Fornix (s. Abb. N-1.31b und Abb. N-1.33) als Verbindung zwischen Hippocampus und Corpora mammillaria. Der Fornix ist gleichzeitig ein wichtiger Teil des limbischen Systems. ■ Fasciculus mammillothalamicus, ■ Fasciculus mammillotegmentalis, ■ Fasciculus medialis telencephali (mediales Vorderhirnbündel), ■ Fasciculus longitudinalis posterior (Schütz-Bündel) und ■ Pedunculus corporis mammillaris.

⊙ N-1.33

Afferente und efferente Verbindungen des Hypothalamus Stria terminalis

Fornix

Fasciculus mammillothalamicus

zur Formatio reticularis Nucleus paraventricularis

Nucleus posterior

Nucleus supraopticus

mediales Vorderhirnbündel Nucleus preopticus

Tractus tuberohypophysialis

Nucleus supraopticus

Tractus hypothalamohypophysialis

Corpus amygdaloideum a

Hippocampus

Corpus mammillare

Pedunculus corporis mammillaris

(Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

a Wichtige afferente b und efferente Verbindungen des Hypothalamus.

Neurohypophyse b

Tractus mammillo- Fasciculus longitegmentalis tudinalis dorsalis

1132

N





1 ZNS – Aufbau und Organisation

dem Hirnstamm und gibt auf seinem Verlauf durch den Hypothalamus viele Äste an die hypothalamischen Kerne ab. Fasciculus longitudinalis posterior: Das sog. Schütz-Bündel stellt eine Verbindung zwischen den medialen Hypothalamuskernen und dem Hirnstamm her. Eine Fortsetzung dieses Stranges nach kaudal wird als Signalweg für die Steuerung des Ncl. intermediolateralis des Sympathikus im Seitenhorn des Rückenmarks und der parasympathischen präganglionären Kerne im sakralen Rückenmark diskutiert. Damit wäre diese Bahn eine direkte Verbindung zwischen dem Hypothalamus und dem autonomen Nervensystem. Die Fasciculi werden oft auch Tractus genannt. Pedunculus corporis mammillaris: Weg für viszerale Afferenzen, besonders aus den erogenen Zonen (Brustwarze, Genitalien).

Subthalamus

Subthalamus

Der Subthalamus liegt zwischen Thalamus und Hypothalamus auf der einen und Mesencephalon auf der anderen Seite (Abb. N-1.31a). Klinisch bedeutsam ist ein Ausfall des Ncl. subthalamicus (S. 1187), der zum Hemiballismus führen kann.

Wie der Name andeutet, liegt der Subthalamus kaudal vom Thalamus und schließt sich okzipital an den Hypothalamus an (Abb. N-1.31a). Er bildet praktisch eine Brücke zwischen Thalamus und Hypothalamus auf der einen und Mesencephalon auf der anderen Seite. Eine der wenigen auffallenden Kerne in diesem Gebiet ist der Nucleus subthalamicus (S. 1187), der in die Planung und Durchführung von Bewegungen eingebunden ist.

▶ Klinik.

1.3.4

Großhirn (Cerebrum)

▶ Klinik. Bei einseitigem Ausfall dieses Kerns kommt es zu plötzlichen nicht kontrollierbaren Schleuderbewegungen des kontralateralen Arms oder Beins (Hemiballismus). Ursache ist meist eine Einblutung in den Kern. Der Ncl. subthalamicus ist auch an der Entstehung der Bewegungsstörungen des Morbus Parkinson (S. 1188) beteiligt und deswegen ein Ziel von therapeutischen Eingriffen (elektrische Stimulation mit implantierten Elektroden, um die Zellen des überaktiven Kerns zu hemmen).

1.3.4 Großhirn (Cerebrum)

▶ Synonym.

▶ Synonym. Endhirn (Telencephalon)

▶ Definition.

▶ Definition. Das Großhirn bzw. Telencephalon besteht aus den Hemisphären (Kor-

tex und weiße Substanz) und den basalen Kernen (Nuclei basales = „Basalganglien“). Funktionelle Bedeutung des Großhirns

Funktionelle Bedeutung des Großhirns

Aufgrund der Vielfalt an Funktionen werden hier nur die wichtigsten genannt: ■ Sitz des persönlichen Bewusstseins und Ort der bewussten Sinnesempfindungen ■ Grundlage für höhere intellektuelle Fähigkeiten ■ Entstehung und Kontrolle von Emotionen ■ Sprache und Kommunikation ■ Planung und Durchführung von Bewegungen ■ Sitz des Gedächtnisses

Das Groß- bzw. Endhirn hat eine enorme Vielfalt von Funktionen, daher können hier nur einige angegeben werden, die für den Menschen besonders wichtig sind: ■ Sitz des persönlichen Bewusstseins (Beeinträchtigung z. B. durch Alzheimer-Demenz) und der bewussten Sinnesempfindungen (Ausschaltung durch Narkose). ■ Grundlage für höhere intellektuelle Fähigkeiten (Erkennung und Bewertung der Umwelt, Verständnis von kulturellen, sozialen und spirituellen Zusammenhängen). Für diese Funktionen ist besonders der assoziative Kortex von Bedeutung, der nicht direkt vom Antrieb durch Sinnesbahnen abhängig ist. ■ Entstehung und Kontrolle von Emotionen ■ Sprache und Kommunikation (verbal und nonverbal) ■ Planung und Durchführung von Bewegungen ■ Sitz des Gedächtnisses (Anlage der Gedächtnisspuren im Hippocampus, Speicherung in verschiedenen Gebieten des assoziativen Kortex).

Abschnitte und Form des Großhirns

Abschnitte und Form des Großhirns

Abschnitte: Die beiden Hemisphären (Abb. N-1.34) werden durch die Fissura longitudinalis cerebri voneinander getrennt. Die Konvexität der Hemisphären geht an der sog. Mantelkante in die sagittal-vertikal gestellte mediale Fläche über. Die weitere grobe Gliederung richtet sich nach den großen Furchen (Sulci) zwischen den Lappen (Lobi):

Abschnitte: Bei makroskopischer Betrachtung der Oberfläche des Endhirns (Abb. N-1.34) erkennt man die beiden Hemisphären, die durch die Fissura longitudinalis cerebri voneinander getrennt werden. In die Fissur ragt in situ die Falx cerebri (S. 1151) als stützende Bindegewebsplatte hinein. Die Konvexität der Hemisphären geht an der sog. Mantelkante in die sagittal-vertikal gestellte mediale Fläche der Hemisphären über. Die weitere grobe Gliederung richtet sich nach den großen Furchen (Sulci) zwischen den Lappen (Lobi). Auf der Konvexität der Hemisphären sind dies folgende:

N

⊙ N-1.34

1133

1.3 Gehirn (Encephalon)

Großhirnhemisphären mit Unterteilung in Lappen Sulcus parietooccipitalis

Sulcus centralis

Corpus callosum

Polus frontalis

Sulcus parietooccipitalis

Bulbus olfactorius

N. opticus Hypophyse Corpus mammillare Sulcus lateralis a

b

Lobus frontalis Lobus temporalis Lobus parietalis

Septum pellucidum

Fornix

Sulcus calcarinus

Mesencephalon

Lobus occipitalis Lobus limbicus

Fissura Polus occipitalis longitudinalis cerebri

c

Durch kleinere und größere Sulci wird die Oberfläche der Großhirnhemisphären in Lobi (Lappen) und Gyri (Windungen) unterteilt. (Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

a Ansicht von lateral (linke Hemisphäre), b medial (rechte Hemisphäre) c und basal (= kaudal, mit Anteilen weiter kaudal gelegener Hirnstrukturen (Hypophyse, Corpora mammillaria, Mesencephalon) in Grau).







Der Sulcus centralis (Rolandi) trennt den Frontallappen (Lobus frontalis) vom Scheitellappen (Lobus parietalis) und damit auch den Gyrus precentralis vom Gyrus postcentralis. Man erkennt den Sulcus centralis am Leichengehirn daran, dass er auf beiden Seiten über die ganze Länge der Konvexität von den beiden parallelen Gyri pre- und postcentralis begleitet ist und zusätzlich die Mantelkante erreicht (Abb. N-1.35a). Der Sulcus lateralis (Sylvii) bildet die Trennlinie zwischen Lobus frontalis bzw. parietalis und Schläfenlappen (Lobus temporalis). Am weitesten okzipital befindet sich der Lobus occipitalis, der nicht durch deutliche Sulci abgegrenzt ist. Er bildet den hinteren Pol des Großhirns.

▶ Klinik. Der Lobus temporalis ist bevorzugt bei einer Entzündung des Gehirns durch das Herpes-simplex-Virus betroffen. Die Symptome einer solchen Herpessimplex-Enzephalitis reichen von Verwirrtheitszuständen über Halluzinationen bis hin zu motorischen epileptischen Anfällen. Bereits sehr früh können im MRT typische Temporallappenläsionen nachgewiesen werden. Da die Infektion unbehandelt meist tödlich ist, sollte bereits bei Verdacht auf eine Herpes-Enzephalitis mit der medikamentösen Therapie (z. B. Aciclovir, Ganciclovir i. v.) begonnen werden.

Die Grenze zwischen Hinterhauptslappen (Lobus occipitalis) auf der einen und Lobus parietalis bzw. temporalis auf der anderen Seite wird meist vom schwach ausgeprägten Sulcus parietooccipitalis zur Impressio petrosa (bedingt durch den First des Os petrosum, auf dem die Basis des Großhirns aufliegt) gezogen. Manchmal wird als Grenze auch der Sulcus preoccipitalis herangezogen (Abb. N-1.34b). In der Medialansicht (Abb. N-1.34b) kommt noch der Sulcus calcarinus (Fissura calcarina) hinzu, der den Lobus occipitalis etwa horizontal in zwei Hälften teilt. Die Medialansicht zeigt auch den Lobus limbicus, dessen größter Teil vom Gyrus cinguli gebildet wird. Er bildet den sog. äußeren Ring des limbischen Kortex und befindet sich direkt über dem Corpus callosum. Der innere Ring des limbischen Kortex besteht u. a. aus Hippocampus, Gyrus fasciolaris und Indusium griseum mit den Striae longitudinales (s. Abb. N-2.49 und Tab. N-2.7 [S. 1245]). Abb. N-1.35a zeigt die weitere Unterteilung der Lappen in Windungen (Gyri). Die in den meisten Abbildungen angegebene schematische Anordnung der Gyri findet sich an den Leichengehirnen nicht wieder; diese Angaben sollen nur als grobe Orientiertung auf der Oberfläche des Endhirns dienen. Bei genauerer Betrachtung wird man auch feststellen, dass die Anordnung der Gyri auf beiden Hemisphären desselben Gehirns nicht identisch ist.









Der Sulcus centralis (Rolandi) trennt den Frontallappen (Lobus frontalis) vom Scheitellappen (Lobus parietalis), der Sulcus lateralis (Sylvii) trennt den Lobus frontalis bzw. parietalis vom Schläfenlappen (Lobus temporalis). Am weitesten okzipital befindet sich der Lobus occipitalis, der nicht durch deutliche Sulci abgegrenzt ist.

▶ Klinik.





Der schwach ausgeprägte Sulcus parietooccipitalis ist die parietale Grenze zwischen dem Lobus temporalis und dem Hinterhauptslappen (Lobus occipitalis). In der Medialansicht (Abb. N-1.34b) wird der Lobus occipitalis durch den Sulcus calcarinus unterteilt. Auch ist in dieser Ansicht der Lobus limbicus sichtbar, dessen größter Teil vom Gyrus cinguli gebildet wird.

Die Lappen werden in sich durch Windungen (Gyri) unterteilt (Abb. N-1.35a).

1134 ⊙ N-1.35

N

1 ZNS – Aufbau und Organisation

Großhirn

Gyrus frontalis – superior – medius – inferior

Sulcus Gyrus centralis precentralis Operculum parietale Gyrus postcentralis Sulcus parietooccipitalis

Sulcus lateralis

Operculum frontale Gyrus temporalis – superior – medius – inferior a

Cerebellum Truncus cerebri

b

Lobus insularis (= Insula)

Operculum temporale

a Seitliche Ansicht der linken Hemisphäre mit Kennzeichnung der wichtigsten Sulci und Gyri. Die Gyri sind in ihrem Verlauf stark schematisiert. (Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

b Seitliche Ansicht auf den linken Lobus insularis (=Insula). Die Insula ist normalerweise von den Opercula verdeckt. Hier wird sie durch das Auseinanderziehen des Sulcus lateralis sichtbar. Die Gyri der Insula zeigen einen teils parallelen und fast vertikalen Verlauf. (Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

Form: Die Telenzephalon-Anlage wächst in der Entwicklung (S. 1173) nach rostrokaudal und dorsokaudal, gewissermaßen um das Dienzephalon herum. Deswegen haben viele Strukturen innerhalb des Telenzephalons einen bogenförmigen Verlauf (z. B. Ncl. caudatus und Fornix). Durch starkes Wachstum des Kortex in der Gegend der Sulci centralis und lateralis wird ein Teil der Kortex in die Tiefe verlagert und ist damit von lateral nicht mehr sichtbar (Insula oder Lobus insularis). Die die Insula bedeckenden Kortexanteile werden Opercula (Deckel) genannt. Die Gyri und Sulci des Kortex kommen durch starke Teilungen der Neurone vor der Geburt zustande, wobei die darunterliegende weiße (Faser-)Substanz nicht im gleichen Maße mitwächst. Die Oberfläche legt sich daher in Falten.

Form: Für das Verständnis der Form des adulten Gehirns ist wichtig, dass das Telenzephalon – besonders die Rinde (Cortex cerebri, s. u.) – während der Entwicklung (S. 1173) ein starkes Wachstum in rostrokaudaler und dorsokaudaler Richtung zeigt. Die dorsokaudal wachsenden Anteile entwickeln sich dann in ventrokaudaler Richtung weiter und bilden den Lobus temporalis. Im Endeffekt wächst der Kortex in allen Richtungen über das Dienzephalon hinaus, er „überwuchert“ auf diese Weise auch den lateralen Kortex, der als Insularegion (Lobus insularis) in die Tiefe verlagert wird (Abb. N-1.35b). Die Kortexabschnitte, die die Insula bedecken, werden Deckel (Opercula) genannt (Abb. N-1.35b). Das zunächst dorsokaudale und dann ventrokaudale Wachstum erklärt die fast vollständige Kreisform einiger Strukturen im adulten Gehirn, wie z. B. die des Ncl. caudatus oder des Fornix. Die ausgeprägte Bildung von Windungen (Gyri) und Furchen (Sulci) des menschlichen Kortex beginnt erst kurz vor der Geburt. Die Gyrierung ist dadurch bedingt, dass sich die kortikalen Neurone vor der Geburt stark teilen, ohne dass die Fasersubstanz im gleichen Maße zunimmt. Dadurch wird an der Oberfläche mehr Platz benötigt, der durch die Einfaltungen der Sulci entsteht. Es wird geschätzt, dass von der gesamten Kortexfläche nur ca. ⅓ sichtbar ist, der Rest befindet sich in den Sulci. Bei der Geburt hat das Gehirn bereits 25 % des Endgewichts, am Ende des 1. Lebensjahres schon 75 %. Dieses starke Wachstum nach der Geburt kommt nicht durch Teilung von Neuronen zustande, sondern durch Zunahme der Komplexität der Verschaltungen zwischen den Neuronen.

Aufbau des Großhirns

Aufbau des Großhirns

Das Telenzephalon besteht aus (Abb. N-1.36): End-/Großhirnrinde (s. u.), ■ Basalganglien (S. 1142) und ■ End-/Großhirnmark (S. 1144).

Im Wesentlichen besteht das Telenzephalon aus 3 Anteilen (Abb. N-1.36): der End- bzw. Großhirnrinde (Cortex cerebri, Substantia grisea, s. u.), ■ den basalen Kernen, sog. Nuclei basales = Basalganglien (S. 1142) und ■ dem Endhirn- bzw. Großhirnmark (S. 1144), sog. Substantia alba.



⊙ N-1.36



Aufbau des Großhirns aus Rinde, Mark und basalen Kernen Mantelkante

Substantia grisea: – Cortex cerebri – Nuclei basales

Fissura longitudinalis cerebri Substantia alba

Auf dem Frontalschnitt durch das Groß- bzw. Endhirn sieht man die graue Substanz (Substantia grisea), die hier durch den Kortex sowie die basalen Kerne (häufig als Basalganglien bezeichnet) repräsentiert wird. Letztere sind umgeben von der weißen Substanz, dem Mark. (Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

N

1135

1.3 Gehirn (Encephalon)

Großhirnrinde (Cortex cerebri)

Großhirnrinde (Cortex cerebri)

Feinbau des Kortex

Feinbau des Kortex

Anteile: Das menschliche Gehirn ist histologisch durch einen großen Anteil an Isokortex gekennzeichnet, der phylogenetisch dem Neokortex entspricht. Er weist den typischen 6-Schichtenbau (s. u.) auf und ist in dieser großen Ausdehnung nur beim Menschen zu finden. Die anderen Kortexareale, die nur 3–4 Schichten besitzen und damit dem Kortex von weniger entwickelten Wirbeltieren (z. B. Vögeln) ähneln, machen lediglich einen kleinen Teil aus und werden als phylogenetisch älterer Allokortex zusammengefasst. Hierzu gehören der Archikortex, der hauptsächlich aus der Hippocampusformation (einem Teil des limbischen Systems) besteht, und der Paläokortex, der die kortikalen Regionen des Geruchssinns (Riechhirn) umfasst.

Anteile: Der menschliche Kortex besteht größtenteils aus dem sog. Iso- oder Neokortex mit 6 Schichten Dem Isokortex wird der Allokortex (Archiund Paläokortex) mit nur 3–4 Schichten gegenübergestellt. Zum Archikortex gehört u. a. der Hippocampus, zum Paläokortex das Riechhirn.

▶ Merke. Bis auf den phylogenetisch älteren Allokortex (Anteile des limbischen Sys-

▶ Merke.

tems und Riechhirn), der lediglich 3–4 Schichten besitzt, ist der Großteil des menschlichen Gehirns als Isokortex durch einen 6-schichtigen Bau gekennzeichnet. Schichten des Isokortex: Ausgehend von der Oberfläche finden sich folgende sechs Schichten (Abb. N-1.37a): ■ Lamina molecularis (Lamina I, Molekularschicht), die vorwiegend aus parallel zur Oberfläche verlaufenden Fasern (Tangentialfasern) und wenigen Zellen besteht. ■ Lamina granularis externa (Lamina II, äußere Körnerschicht) mit vielen kleinen Zellen (Pyramiden- und Sternzellen) und wenig Fasern. ■ Lamina pyramidalis externa (Lamina III, äußere Pyramidenzellschicht) aus dichtgepackten kleinen Pyramidenzellen. ▶ Merke. Die kleinen Pyramidenzellen der Lamina III haben keine Beziehung zur

Schichten des Isokortex: von außen nach innen (Abb. N-1.37a): ■ Lamina molecularis (I, Molekularschicht), ■ Lamina granularis externa (II, äußere Körnerschicht), ■ Lamina pyramidalis externa (III, äußere Pyramidenzellschicht) mit kleinen Pyramidenzellen. ▶ Merke.

Pyramidenbahn. Ihre Funktion ist nicht motorisch sondern assoziativ, d. h. ihre Axone verbinden Kortexareale, die funktionell zusammenarbeiten (S. 1145). ■

Lamina granularis interna (Lamina IV, innere Körnerzellschicht) mit vielen kleinen multipolaren Sternzellen oder Pyramidenzellen. Kortexgebiete, in denen Sinnesbahnen enden, haben eine besonders dicke innere Körnerschicht und werden daher auch „granulärer Kortex“ genannt. Dieses Merkmal ist z. B. im primären somatosensorischen (S. 1140) und im visuellen Kortex (S. 1141) vorhanden (Abb. N-1.37c).

▶ Merke. Im primären somatosensorischen und visuellen Kortex (S. 1140) ist die La-



Die Lamina granularis interna (IV, innere Körnerzellschicht) ist in Kortexarealen, in denen Sinnesbahnen enden, besonders dick (Abb. N-1.37c).

▶ Merke.

mina IV besonders stark entwickelt, weshalb er auch als granulärer Kortex bezeichnet wird. ■

Lamina pyramidalis interna (Lamina V, innere Pyramidenzellschicht): Diese Schicht hat in den meisten Kortexgebieten assoziative Aufgaben (s. Lamina III). Im primären motorischen Kortex liegen hier die großen (100 µm Länge) Betz-Riesenzellen, die mit ihren Axonen in die Pyramidenbahn projizieren. Im primären Motorkortex ist Lamina IV zugunsten der Lamina V zurückgebildet; dieses Gebiet heißt daher auch „agranulärer Kortex“ (vgl. Abb. N-1.37d).

▶ Merke. In der Lamina V des primären Motorkortex (S. 1140) entspringt mit den



Lamina pyramidalis interna (V, innere Pyramidenzellschicht), die Betz-Riesenzellen als Ursprung der motorischen Pyramidenbahn nur innerhalb des primären motorischen Kortex enthält (s. u.).

▶ Merke.

Axonen der Betz-Riesenzellen ein Teil der Pyramidenbahn. Die Lamina IV ist hier zugunsten von Lamina V zurückgebildet (sog. agranulärer Kortex, Abb. N-1.37d). Lamina multiformis (Lamina VI, multiforme oder polymorphe Zellschicht) mit vielen unterschiedlich gestalteten Zellen (z. B. multipolare, bipolare und spindelförmige Zellen). Eine vereinfachte Skizze der Verschaltung der Kortexneurone zeigt Abb. N-1.37e. Die kleinste funktionelle Einheit des Kortex ist eine Zellsäule, die senkrecht zur Kortexoberfläche steht und Zellen aus allen Laminae beinhaltet. Der häufigste Zelltyp ist die Pyramidenzelle, die in Lamina III assoziative Funktion besitzt (kleine Pyramidenzelle), in Lamina V des primär motorischen Kortex aber motorische Funktionen wahrnimmt. Außerhalb des primären motorischen Kortex haben die großen Pyramidenzellen in Lamina V ebenfalls assoziative Funktionen. ■



Lamina multiformis (VI, multiforme bzw. polymorphe Zellschicht). Sie enthält unterschiedliche morphologische Zelltypen.

Der häufigste kortikale Zelltyp ist die assoziative Pyramidenzelle, die nur in Lamina V des Motorkortex motorisch ist. Lamina IV ist der wichtigste Endpunkt für sensorische (außer olfaktorischen) Afferenzen aus spezialisierten Sinnesorganen und Thalamus (Abb. N-1.37e).

1136 ⊙ N-1.37

N

1 ZNS – Aufbau und Organisation

Aufbau des Isokortex Lamina molecularis (I)

I

I

Lamina granularis externa (II)

II

II

Lamina pyramidalis externa (III)

III

III

Lamina granularis interna (IV)

IV IV

Lamina pyramidalis interna (V)

V V VI

Lamina multiformis (VI)

a

VI c

b

d

Kortexsäule (Kolumne)

I Großhirnrinde (Isokortex)

II kleine Pyramidenzelle

III

Sternzelle

IV

große Pyramidenzelle

V

VI e (Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

a b c d e

Schichten der Großhirnrinde, dargestellt mit Hilfe einer Silberimprägnationsmethode und einer Zelldarstellung nach Nissl. Gegenüberstellung des primär somatosensorischen (granulären) und des primär somatomotorischen (agranulären) Kortex. Kolumnenorganisation des Kortex: Der zerebrale Kortex ist funktionell in Säulen (Kolumnen) gegliedert, die senkrecht zur Oberfläche des Großhirns angeordnet sind. Eine dieser Säulen ist exemplarisch vergrößert und in die Breite gezogen und zeigt die Lage der wichtigsten Neurontypen: kleine Pyramidenzellen in Lamina III, Sternzellen in Lamina IV und große Pyramidenzellen in Lamina V. Die meisten Pyramidenzellen sind assoziativ, ihre Axone verbinden Kortexregionen ähnlicher Funktion. Nur die großen Pyramidenzellen in Lamina V des primären Motorkortex sind motorisch. Die Afferenzen enden hauptsächlich in Lamina IV an den Sternzellen. Horizontale Faserverbindungen innerhalb der Laminae sind nicht dargestellt.

Der Kortex enthält auch Faserbündel, die parallel zur Oberfläche verlaufen. Ein Beispiel ist der Gennari-Streifen in Lamina IV des primären visuellen Kortex (S. 1141). Die Kortexregion heißt daher „Area striata“ (gestreiftes Gebiet).

Lamina IV ist die wichtigste Endstation für die Afferenzen vom Thalamus und von den spezialisierten Sinnesorganen. Eine Ausnahme bilden olfaktorische Afferenzen (S. 1239), die in der Lamina I enden. Einige der Fasern des sich dem Kortex nach innen anschließenden Marklagers (s. u.) laufen als radiäre Bündel in den Kortex hinein in Richtung auf die Oberfläche. Außer in Lamina I finden sich auch in anderen Schichten parallel zur Oberfläche laufende Faserbündel. Eines davon ist der Gennari-Streifen in Lamina IV des visuellen Kortex (S. 1141), der an einem fixierten Gehirn mit bloßem Auge erkennbar ist. Dieser Streifen teilt die graue Substanz des visuellen Kortex in zwei Schichten und ist der Grund dafür, warum diese Region den Namen „Area striata“ (gestreiftes Gebiet) erhalten hat.

N

⊙ N-1.38

1137

1.3 Gehirn (Encephalon)

⊙ N-1.38

Brodmann-Areae Sulcus centralis

3 1 2

6 8

4 7

9 40 46

10

43

44 45

19

39

41

42

22

11 38

21 18

37

20

17

Sulcus lateralis

a

Sulcus centralis 6

3 1 2

4

8 5 9

10

7

31

24

23

Sulcus parietooccipitalis

32

19 30

11

12

18

25 34 38

Sulcus calcarinus

17

28 20

37

18 19

b (Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

a Ansicht der linken Großhirnhemisphäre von lateral b und der rechten Hemisphäre im Mediansagittalschnitt von medial.

Einteilung in Brodmann-Areae: Geringe Unterschiede im histologischen Aufbau des Kortex sind die Grundlage der Einteilung des Kortex in Brodmann-Areae. Die Einteilung nach Brodmann basiert auf zytoarchitektonischen Kriterien, d. h. ihr liegen Unterschiede in der Größe, Form und Anordnung der Neurone in den verschiedenen Kortexgebieten zugrunde. Brodmann hat 52 Areae unterschieden, inzwischen ist die Zahl durch weitere Unterteilungen auf über 200 gewachsen. Abb. N-1.38 zeigt einige dieser Areae, die sich nicht immer mit funktionellen Einteilungen decken. An dieser Stelle sollen nur die Area 4 (der primäre motorische Kortex) und die Area 17 (der primäre visuelle Kortex) hervorgehoben werden.

Einteilung in Brodmann-Areae: Die Unterteilung des Kortex in ca. 50 Brodmann-Areae basiert auf geringen Unterschieden im Aufbau (Abb. N-1.38). Es handelt sich um eine zytoarchitektonische Einteilung, die Größe, Form und Anordnung von Neuronen verwertet. Die Brodmann-Areae decken sich nicht immer mit funktionellen Eigenschaften.

Spezialisierte Kortexareale

Spezialisierte Kortexareale

Im Folgenden werden bestimmte Funktionen definierten Gebieten des Kortex zugeordnet. Diese Sichtweise darf nicht zu wörtlich genommen werden, weil je nach Aufgabe benachbarte andere (u. U. weit entfernte) Gebiete in die Verarbeitung der neuronalen Information mit einbezogen werden.

1138 ⊙ N-1.39

N

1 ZNS – Aufbau und Organisation

Motorischer und sensorischer Homunculus

Gyrus postcentralis

Thalamus Capsula interna Pallidum Putamen Caput nuclei caudati Fibrae corticonucleares

Tractus corticospinalis anterior

a

Tractus corticospinalis lateralis

Tractus pyramidalis Cauda nuclei caudati b

Lemniscus medialis

Tractus spinothalamicus lateralis

Zu beachten ist, dass die Repräsentation der Strukturen des Kopfes entgegengesetzt der des Rumpfes angeordnet ist. (Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

a Motorischer Homunculus: Somatotopische Repräsentation der Skelettmuskulatur im Gyrus precentralis an einem Frontalschnitt. Die vorwiegende Innervation der distalen Extremitäten durch den Tractus corticospinalis lateralis und der rumpfnahen Muskeln durch den Tractus corticospinalis anterior ist angedeutet. b Sensorischer Homunculus: Die verschiedenen Körperregionen sind entsprechend ihrer Innervationsdichte im (hier rechten) Gyrus postcentralis somatotopisch repräsentiert. Das äußere Genitale erhält eine dichte sensorische, aber nur eine geringe motorische Innervation (z. B. für den M. ischiocavernosus und bulbospongiosus).

In Kortexgebieten, die für die Verarbeitung von Sinnesinformation oder als Ursprung motorischer Bahnen spezialisiert sind, liegt eine Somatotopie vor, d. h. eine verzerrte Abbildung des Körpers auf Neuronenpopulationen (Abb. N-1.39). Im primären sensorischen und motorischen Kortex sind das Gesicht und die Hand überrepräsentiert, d. h. für ihre Versorgung steht eine besonders große Zahl von Neuronen zur Verfügung.

▶ Merke.

In einigen funktionell gut definierten Kortexbereichen liegt eine Somatotopie vor, d. h. eine (verzerrte) Abbildung des Körpers auf Neuronenpopulationen. Besonders gut untersucht ist dies beidseits des Sulcus centralis (S. 1133) im primären motorischen (Area 4) und somatosensorischen Kortex (Areae 3, 1, 2; Abb. N-1.39). Die somatotopische Abbildung ergibt hier den sog. motorischen bzw. sensorischen Homunculus. Aus Abb. N-1.39 geht hervor, dass im menschlichen Kortex zwei Bereiche überrepräsentiert sind, d. h. sie nehmen in der Homunculus-Darstellung überproportional große Flächen ein: ■ Gesicht: Das Gesicht mit Mund und Lippen benötigt wegen der komplizierten Artikulationsbewegungen während des Sprechens eine große Zahl von motorischen und sensorischen Neuronen (während der Säuglingszeit ist dies wegen des Saugvorgangs nötig). Die sensorische Überrepräsentation des Gesichtsbereichs ist für die Sprachformung nicht weniger wichtig als die motorische, da ohne sensorische Rückkopplung keine exakte Artikulation möglich ist. Ein Beispiel ist die verwaschene Sprache nach einer zahnärztlichen Anästhesie des N. alveolaris inf. (Ast des N. mandibularis, V3), die eine einseitige Taubheit der Unterlippe hervorruft. ■ Hände: Die Überrepräsentation der Hände ist die Grundlage der ausgeprägten manuellen Fähigkeiten des Menschen, sowohl motorisch als auch taktil ▶ Merke. Für die Motorik und Sensorik der Hand ist etwa die gleiche Anzahl von

Neuronen vorhanden wie für den restlichen Körper ohne Gesicht. Die kleinste funktionelle Einheit des Kortex ist eine Zellsäule (Abb. N-1.37e), deren Längsachse senkrecht zur Kortexoberfläche ausgerichtet ist. Eine Säule im primären somatosensorischen Kortex erhält Information nur von einem Rezeptortyp aus einem kleinen Gebiet des Körpers.

Registrierungen der Entladungen von Einzelzellen des sensorischen Kortex haben ergeben, dass die kleinste funktionelle Einheit des Kortex aus einer Säule von Zellen besteht (Abb. N-1.37e), deren Längsachse senkrecht zur Kortexoberfläche steht und die ausschließlich Information von einem Rezeptortyp in einer kleinen Region des Körpers erhält (z. B. von schnell adaptierenden Mechanorezeptoren der Fingerbeere des 2. Fingers). Den gesamten sensorischen Homunculus muss man sich aus einer Vielzahl solcher Säulen zusammengesetzt denken.

N

⊙ N-1.40

1139

1.3 Gehirn (Encephalon)

Spezialisierte Kortexareale von lateral primärer motorischer Kortex (MI, Area 4) Sulcus centralis

prämotorischer Kortex

3

6

motorisches Augenfeld (konjugierte Augenbewegungen)

8

primärer somatosensorischer Kortex (S1)

2 1

sekundärer somatosensorischer Kortex (S2)

AS

AS motorisches Sprachzentrum (Broca), meist nur li 45

44

42 22

22

41 42

19

42

18

22

präfrontaler Kortex

AV Sulcus lateralis

sekundärer visueller Kortex (V2)

AV

5

8

17

primärer visueller Kortex (V1)

AA

primärer auditorischer Kortex (Heschl, A1, Area 41) sekundärer auditorischer Kortex (A2, Area 42)

sensorisches Sprachzentrum (Wernicke), nur li

AV = assoziativ visueller Kortex AS = assoziativ somatosensorischer Kortex AA = assoziativ auditorischer Kortex

In der Ansicht von lateral auf eine linke Großhirnhemisphäre sind die funktionellen Zentren farbig markiert Die Kortexgebiete mit assoziativer Funktion, die für die Erkennung und Bewertung von Sinnesinformation wichtig sind, sind wie folgt gekennzeichnet: AS, assoziativ somatosensorisch; AV, assoziativ visuell; AA, assoziativ auditorisch. Die Grenzen zwischen den assoziativen Gebieten sind nicht so scharf wie angegeben und oft arbeiten mehrere assoziative Areale für die Erkennung eines Reizes zusammen. In manchen Fällen wird für diesen Zweck zusätzlich der limbische assoziative Kortex und/oder das Gedächtnis herangezogen (z. B. unangenehme Erinnerung an denselben Reiz). Anmerkung: Der primäre auditorische Kortex (A1) und der sekundäre somatosensorische Kortex (S 2) sind von lateral kaum sichtbar; sie liegen in der Tiefe des Sulcus lateralis.

Die verschiedenen funktionellen Zentren des Kortex sind in Abb. N-1.40 dargestellt und werden nachfolgend beschrieben. Die Begriffe primär und sekundär lassen sich am Besten anhand eines visuellen Zentrums verdeutlichen: Primär ist ein sensorischer Kortexbereich, in dem die von außen kommende Information nur abgebildet, aber nicht weiter verarbeitet wird. So erfolgt im primären visuellen Zentrum (V1 = visuell primär) eine (verzerrte) Abbildung des Gesichtsfeldes beider Augen. Für die Erkennung und Interpretation der Gegenstände werden sekundäre und tertiäre Zentren benötigt (V2–V5), die auch besondere Merkmale extrahieren, wie z. B. Bewegungen des Gegenstandes und Farben. Entsprechend benötigt das motorische primäre Zentrum (M1) für die Vorbereitung von Bewegungen weitere Zentren, die in diesem Fall dem primären Zentrum vorgeschaltet sind. Die höheren Zentren zur weiteren Verarbeitung der sensorischen Information gehören zum assoziativen Kortex, in dem oft Impulse aus mehreren Sinnesbahnen verglichen werden (multimodaler assoziativer Kortex).

Zu verschiedenen funktionellen Zentren s. Abb. N-1.40. In den primären Zentren erfolgt nur eine „Abbildung“ des Sinnesreizes. Für eine höherwertige Verarbeitung (Erkennung und Interpretation) sind sekundäre und tertiäre Zentren erforderlich.

Spezialisierte Kortexareale des Lobus frontalis – kognitive und motorische Zentren

Spezialisierte Kortexareale des Lobus frontalis – kognitive und motorische Zentren Siehe Abb. N-1.40.

Siehe Abb. N-1.40. Präfrontaler Kortex: Unter dem präfrontalen Kortex werden üblicherweise die Teile des Lobus frontalis verstanden, die rostral der motorischen Zentren liegen (z. B. Areae 46 + 9, Abb. N-1.38). Diese Kortexbereiche sind für höhere kognitive Funktionen sowie die Kontrolle von Emotionen und des Sozialverhaltens von Bedeutung (d. h. hier wird „entschieden“, ob man Affekte wie Wut oder Angst öffentlich zeigt).

Präfrontaler Kortex: Rostral der motorischen Zentren sind höhere kognitive Funktionen lokalisiert.

1140

N

Motorische Zentren: ■ Der primäre motorische Kortex (M1) liegt in Area 4. ■ Das frontale Augenfeld (Area 8) liefert das Programm für parallele Bewegungen der Sehachsen beider Augen (konjugierte Bewegungen) an die Augenregion von M1. ■ Das motorische Sprachzentrum (BrocaZentrum) liegt in Area 45 und 44 und ist Programmgeber für die Artikulationsbewegungen von Mund- und Zungenmuskulatur.

Motorische Zentren: Prinzip der Verschaltung: ■ Der primäre motorische Kortex (M1, Brodmann-Area 4 des Gyrus precentralis) ist das letzte Glied in einer Kette von zentralnervösen Prozessen bei der Ausführung einer Bewegung. Er benötigt für seine motorischen Funktionen neuronale Programmgeber, die die komplizierte Abfolge der Aktivierung von verschiedenen Muskeln mit unterschiedlicher Kraft und zu unterschiedlichen Zeitpunkten vorgeben. Elektrische Reizung von M1 löst Bewegungen in einem Gelenk aus und nicht in einem Muskel, d. h. in M1 sind Bewegungen von Gelenken repräsentiert, nicht die Kontraktionen von einzelnen Muskeln. ■ Der prämotorische Kortex (Areae 6 und 8) dient der Planung und Steuerung komplizierter Bewegungen, die von Area 4 ausgeführt werden. Elektrische Reizung dieser Areale bewirkt Bewegungen in mehreren Gelenken. ■ Das frontale (motorische) Augenfeld (latero-kaudale Area 8) liefert das Programm für konjugierte Augenbewegungen (parallele Bewegungen beider Blickachsen). ■ Das motorische Sprachzentrum (Broca) ist ein Programmgeber für die Artikulationsbewegungen der Mund- und Zungenmuskeln. Das Zentrum befindet sich bei den meisten Menschen auf der linken Seite, bei Linkshändern soll es bei ca. der Hälfte rechts lokalisiert sein.Von einigen Autoren wird nur die Area 45 als BrocaZentrum angegeben, von anderen die Areae 44 und 45.

▶ Klinik.

1 ZNS – Aufbau und Organisation

▶ Klinik. Ein Ausfall des Broca-Zentrums erzeugt die motorische Aphasie: Trotz mo-

torisch völlig intakter Mund- und Zungenmuskulatur ist die Sprachformung (Artikulation) nicht mehr möglich. Die Patienten sprechen meist im sog. Telegramm-Stil (eingeschränkte Sprachproduktion), verwechseln Laute und Buchstaben innerhalb eines Wortes (z. B. „Akfel“ statt „Apfel“) und machen Fehler im Satzbau. Das Sprachverständnis dagegen ist vollkommen unbeeinträchtigt. Aufgrund der erhaltenen Funktionstüchtigkeit der Mund- und Zungenmuskulatur können die Betroffenen auch normal essen und trinken. Spezialisierte Kortexareale des Lobus parietalis – somatosensorische und visuelle Zentren Siehe Abb. N-1.40.

Spezialisierte Kortexareale des Lobus parietalis – somatosensorische und visuelle Zentren

Im primären somatosensorischen Kortex (S 1, Areae 3, 1, 2, Gyrus postcentralis) wird der Reiz nur für die weitere Verarbeitung „abgebildet“. Die Erkennung des Reizes erfolgt in nachgeschalteten Kortexarealen. Der sekundäre somatosensorische Kortex (S 2) liegt im Gyrus postcentralis dicht am Sulcus lateralis. Im Unterschied zu S 1 erhält er Information von beiden Körperseiten. Der dorsale Lobus parietalis ist an der Verarbeitung visueller Informationen beteiligt.

Prinzip der Verschaltung: ■ Im primären somatosensorischen Kortex (S 1, Areae 3, 1, 2 des Gyrus postcentralis) kommt der Impulseinstrom ausschließlich von der kontralateralen Körperhälfte. Hier erfolgt die erste somatotopisch korrekte „Abbildung“ des einwirkenden Reizes und des gereizten Körpergebiets. Die Erkennung des Reizes (bei mechanischen Reizen Intensität, Richtung, Geschwindigkeit, Dauer usw.) wird durch nachgeschaltete Kortexareale bewerkstelligt wie Area 5 und somatosensorisch dominierte Kortexbereiche (assoziativ somatosensorisch = AS). ■ Der sekundäre somatosensorische Kortex (S 2) liegt im kaudalen Gyrus postcentralis dicht am Sulcus lateralis, er erhält im Gegensatz zu S 1 einen bilateralen Impulseinstrom. ■ Der dorsale Lobus parietalis dient der höheren Verarbeitung von somatosensorischen und visuellen Reizen (assoziativ somatosensorisch = AS und assoziativ visuell = AV).







▶ Exkurs: Neuroplastische Veränderungen in spezialisierten Kortexarealen bei häufiger Benutzung.

Siehe Abb. N-1.40.

▶ Exkurs: Neuroplastische Veränderungen in spezialisierten Kortexarealen bei häufiger Benutzung. Im primären somatosensorischen Kortex (S 1) kann man nach relativ kurzer Zeit ausgeprägte neuroplastische Veränderungen nachweisen, wenn bestimmte Gebiete häufig erregt werden. Wird z. B. ein Affe trainiert, eine Stunde lang eine Scheibe mit den Spitzen des 2.– 4. Fingers zu drehen, und nach drei Monaten das kortikale sensorische Repräsentationsgebiet der Finger mit bildgebenden Verfahren kartiert, zeigen sich die Repräsentationsgebiete der benutzten Finger auf Kosten der nicht benutzten vergrößert. Unter der Voraussetzung, dass man die Ergebnisse auf den Menschen übertragen kann, hat die sensorisch-motorische Spezialisierung in vielen Berufen (Sportler, Musiker) ein neuroplastisch-morphologisches Korrelat, d. h. die häufig benutzten Kortexareale werden größer.

N

Spezialisierte Kortexareale des Lobus occipitalis – visuelle Zentren Siehe Abb. N-1.40. Der gesamte Lobus occipitalis und benachbarte Bereiche des Parietal- und Temporallappens werden vom visuellen Kortex eingenommen. Der Mensch wird oft als „Augentier“ bezeichnet – im Gegensatz z. B. zur Ratte, die sich vorwiegend mit dem Geruchssinn orientiert. ■ Der primäre visuelle Kortex (V1, Area 17) bildet den dorsalen Pol des Lobus und erstreckt sich auf der Medialseite der Hemisphären beiderseits der Sulcus calcarina. Hier erfolgt die erste Abbildung des visuellen Reizes. ▶ Klinik. Läsionen des primären visuellen Kortex führen zur sog. Rindenblindheit: Der Betroffene hat keinerlei visuelle Sinneseindrücke mehr, jedoch ist der Pupillenreflex auf Licht (S. 1226) normal, da dieser Reflexbogen nicht über den Kortex verläuft. ■

1141

1.3 Gehirn (Encephalon)

Im sekundären visuellen Kortex (V2, Areae 18 und 19) sowie den assoziativ visuellen Kortexbereichen (AV) findet die höhere Verarbeitung der Sinnesinformation statt (Erkennung und Bewertung des visuellen Reizes).

▶ Klinik. Läsionen im sekundären visuellen Kortex führen zur sog. Seelenblindheit: Die Patienten können alles genau sehen, aber die gesehenen Dinge nicht erkennen. Ein Stuhl z.B wird genau beschrieben, aber der Name und Zweck des gesehenen Objektes kann nicht angegeben werden.

Spezialisierte Kortexareale des Lobus temporalis – auditorische Zentren Siehe Abb. N-1.40. Die wichtigsten Areae des Lobus temporalis sind die auditorischen Zentren: ■ Der primäre auditorische Kortex (A1, Area 41 + 42/Teil) ist das primäre Hörzentrum. Morphologisch ist er an den Gyri transversi zu erkennen, die den oberen (parietalen) Rand des Gyrus temporalis superior bzw. die kaudale Begrenzung des Sulcus lateralis bilden. Sie sind nur nach Aufweitung des dorsalen Sulcus lateralis oder Abtragung des kaudalen Lobus parietalis zu erkennen. Ihr Name deutet an, dass sie quer zur Längsrichtung des Sulcus verlaufen (Heschl-Querwindungen). ■ Zum sekundären auditorischen Kortex werden meist Teile der Area 42 und 22 gerechnet, wobei die linke dorsale Area 22 das sensorische Sprachzentrum (Wernicke-Zentrum) beinhaltet. Das dem Wernicke-Zentrum entsprechende Planum temporale dorsal der Heschl-Querwindungen (S. 1232) liegt auf der linken Seite und ist bei Tieren bisher nicht nachgewiesen worden. Die Zuordnung der auditorischen Zentren zu Brodmann-Areae wird unterschiedlich gehandhabt. ■ Broca- und Wernicke-Zentrum sind über den Fasciculus arcuatus direkt miteinander verbunden. ▶ Klinik. Ein Ausfall des Wernicke-Zentrums führt zur sensorischen Aphasie: Bei den Betroffenen besteht eine erhebliche Störung des Sprachverständnisses (Muttersprache wird als solche erkannt, klingt jedoch unbekannt wie eine nicht beherrschte Fremdsprache). Da auch die eigenen Formulierungen nicht verstanden werden, kommt es zu Verwechslungen bzw. fehlerhafter Anordnung von Wörtern innerhalb eines Satzes bis hin zu Wortneuschöpfungen (Neologismen).

Spracherkennung: Der Vorgang der Spracherkennung läuft demnach vereinfacht dargestellt über folgende Stufen: ■ A1 vermittelt den Sinneseindruck der Tonhöhen, ■ A2 erkennt die Art der Töne oder Geräusche (z. B. ob es sich um Musik oder Sprache handelt), ■ das Wernicke-Zentrum ist nötig für das Verstehen von Sprache. Bei der letzten Funktion helfen die assoziativ auditorischen Kortexareale (AA) mit, die große Teile des Temporallappens einnehmen.

Spezialisierte Kortexareale des Lobus occipitalis – visuelle Zentren Siehe Abb. N-1.40. Der Lobus occipitalis wird fast vollständig von visuellen Zentren eingenommen. ■ Im primären visuellen Kortex (V1, Area 17) erfolgt die erste Abbildung des visuellen Reizes.

▶ Klinik.



Im sekundären visuellen Kortex (V2, Areae 18 und 19) und den assoziativ visuellen Kortexgebieten wird der Reiz erkannt.

▶ Klinik.

Spezialisierte Kortexareale des Lobus temporalis – auditorische Zentren Siehe Abb. N-1.40. Im Lobus temporalis liegen die auditorischen Zentren: ■ Der primäre auditorische Kortex (A1, Area 41 + 42) liegt im Sulcus lateralis, auf dem Oberrand des Gyrus temporalis superior. ■ Der sekundäre auditorische Kortex (A2) ist u. a. in der Area 22 lokalisiert. In der dorsalen Area 22 liegt das sensorische Sprachzentrum (Wernicke). NB: Hier gibt es große Unterschiede zwischen den Autoren.

▶ Klinik.

1142

N

Übersicht spezialisierter Kortexareale mit möglichen Schädigungen Siehe Tab. N-1.4.

Übersicht spezialisierter Kortexareale mit möglichen Schädigungen

≡ N-1.4

1 ZNS – Aufbau und Organisation

Die Funktionen einzelner Kortexbereiche und die Folgen ihrer Ausfälle sind in Tab. N-1.4 zusammengestellt.

Funktionelle Bedeutung spezialisierter Kortexareale und Folgen kortikaler Läsionen

Kortexareal

funktionelle Bedeutung

Folgen einer kortikalen Läsion

motorische Zentren Area 44 + 45

motorisches Sprachzentrum (Broca)

Programmgeber für Artikulationsbewegungen

Motorische Aphasie*

M1

primärer motorischer Kortex

letztes zentralnervöses Glied bei der Ausführung einer Bewegung

Lähmung von Muskelgruppen

S 1, Areae 1, 2, 3 primärer somatosensorischer Kortex

erste somatotopisch korrekte „Abbildung“ des einwirkenden Reizes aus dem kontralateralen Körpergebiet

Ausfall taktiler Empfindungen wird beschrieben

S 2, Area 43

Beteiligung an der Erkennung von taktilen Reizen (?)

Stereoagnosie (Unfähigkeit, durch Betasten einen Gegenstand zu erkennen)

somatosensorische Zentren

sekundärer somatosensorischer Kortex

auditorische Zentren A1, Area 41 + 42

primärer auditorischer Kortex

Vermittlung des Sinneseindrucks von Tonhöhen

Rindentaubheit

A2, Area 22

sekundärer auditorischer Kortex

Erkennung der Art von Tönen oder Geräuschen (z. B. ob es sich um Musik oder Sprache handelt)

Musik oder Sprache werden nicht erkannt, ohne Vorliegen von Taubheit

Area 22 (dorsaler Anteil)

sensorisches Sprachzentrum (Wernicke)

Vermittlung des Sprachverständnisses

Sensorische Aphasie*

V1, Area 17

primärer visueller Kortex

erste Abbildung des visuellen Reizes

Rindenblindheit

V2, Areae 18, 19

sekundärer visueller Kortex

höhere Verarbeitung der Sinnesinformation mit Erkennung des optischen Reizes

Seelenblindheit

visuelle Zentren

* Aphasie = zentrale Sprachstörung bei erhaltener Funktion der Mund- und Zungenmuskeln

Basalganglien – basale Kerne des Großhirns (Nuclei basales) Der Begriff „Basalganglien“ (anders als andere Ganglien liegen sie innerhalb des ZNS!) wird hier aufgrund seiner klinischen Verwendung beibehalten.

Basalganglien – basale Kerne des Großhirns (Nuclei basales) Bei Verwendung des Begriffs „Basalganglien“ ist zu bedenken, dass unter Ganglien eigentlich Ansammlungen von Nervenzellkörpern außerhalb des ZNS verstanden werden. Der Begriff wird aber klinisch oft verwendet und daher hier beibehalten.

Funktionelle Bedeutung der Basalganglien

Funktionelle Bedeutung der Basalganglien

Die Basalganglien sind wichtig im Rahmen der Motorik: Sie haben 2 Grundfunktionen in der Planung und Durchführung von Bewegungen: ■ Kontrolle des Motorkortex über aszendierende Bahnen. ■ Beeinflussung der spinalen Motorik über deszendierende Verbindungen zum Hirnstamm. Im klinischen Sprachgebrauch werden sie als zentrale Strukturen des EPMS (S. 1190) angesehen.

Die Basalganglien spielen eine bedeutende Rolle im Rahmen der Motorik: Sie sind entscheidend an der Stützmotorik beteiligt, d. h. an der motorischen Ausgangssituation für Bewegungen, und liefern zusammen mit dem Kleinhirn die Programme für Willkürbewegungen an den primären Motorkortex. Die Basalganglien bilden eine Kontrollschleife für den Motorkortex, d. h. sie erhalten Information vom Kortex und kontrollieren die Aktivität des Kortex. Ihre Verschaltung (s. u.) zeigt, dass sie im Rahmen der Motorik zwei wichtige Funktionen übernehmen: ■ Kontrolle des Motorkortex über aszendierende Bahnen und ■ Beeinflussung der spinalen Motorik über deszendierende Verbindungen zum Hirnstamm, z. B. über den Tractus rubrospinalis (S. 1190). Da es sich besonders im klinischen Sprachgebrauch eingebürgert hat, die Basalganglien als wichtige Strukturen im sog. extrapyramidalmotorischen Systems (EPMS) anzusehen, wird dieser Begriff hier noch erwähnt (S. 1190), obwohl er heute aus mehreren Gründen nicht mehr allgemein akzeptiert ist.

▶ Klinik.

▶ Klinik. Bei einer Störung der Basalganglien treten keine motorischen Lähmungen auf, sondern Veränderungen der Art und Weise, wie Bewegungen durchgeführt werden (z. B. überschießend, abgehackt oder kleinschrittig). Ein prominentes Beispiel für eine solche Bewegungsstörung ist die Parkinson-Krankheit (S. 1188).

N

1143

1.3 Gehirn (Encephalon)

Einteilung der Basalganglien

Einteilung der Basalganglien

Die Zuordnung der einzelnen Kerne des Telenzephalons zu den Basalganglien wird unterschiedlich gehandhabt. Meist werden Corpus striatum (Nucleus caudatus und Putamen, kurz auch Striatum genannt, s. u.) sowie Nucleus lentiformis (Globus pallidus und Putamen, s. u.) zu den Basalganglien gerechnet. Allerdings gibt es große Unterschiede zwischen Klinik und vorklinischer Literatur.

Zu den Basalganglien werden meist Corpus striatum (Ncl. caudatus und Putamen) und Ncl. lentiformis (Globus pallidus und Putamen) gerechnet, allerdings gibt es große Unterschiede in der Zuordnung je nach Quelle.

▶ Merke. Das Putamen wird mit dem Nucleus caudatus zum Corpus striatum zu-

▶ Merke.

sammengefasst, mit dem Globus pallidus zum Nucleus lentiformis (Abb. N-1.41).

Lage, Form und Aufbau der Basalganglien

Lage, Form und Aufbau der Basalganglien

Wie der Name andeutet, liegen die telenzephalen Kerne oder Basalganglien in der Basis des Endhirns, eingebettet in die weiße Fasersubstanz, das Marklager. Auf Schnitten des Großhirns (Abb. N-1.41) erkennt man die Kerne an ihrer dunklen Farbe, da sie aus neuronalen Somata (graue Substanz) mit geringen Faseranteilen bestehen. Der Nucleus caudatus (Schweifkern) hat die markanteste Form: Aufgrund seiner bogenförmigen Ausdehnung erscheint dieser Kern sowohl auf Horizontal- als auch auf Frontalschnitten zweimal: In der Abb. N-1.41a (Horizontalschnitt) ist die Cauda nuclei caudati direkt rostral des Hinterhorns (Cornu posterius) der Seitenventrikel zu erkennen; auf einem Frontalschnitt liegt er im Dach des Unterhorns. Am weitesten

Die telenzephalen Kerne liegen im basalen Endhirn und bestehen aus neuronalen Somata (graue Substanz) mit geringen Faseranteilen. Der Nucleus caudatus ist aufgrund seiner bogenförmigen Ausdehnung sowohl auf Frontalals auch auf Horizontalschnitten (Abb. N-1.41a) jeweils zweifach getroffen. Vor dem rostralen Ende der Cauda nuclei caudati liegt das Corpus amygdaloideum (Mandelkern).

⊙ N-1.41

Lage der Basalganglien

Ventriculus lateralis, Cornu anterius

Nucleus caudatus Corpus striatum – Caput – Cauda

Crus anterius Genu Capsula interna Crus posterius

Putamen Ncl. lentiformis

Capsula externa

Globus pallidus

Claustrum Capsula extrema Thalamus Forceps major (occipitalis) Ventriculus lateralis, Cornu posterius a

Septum pellucidum Nucleus caudatus, Caput Ventriculus lateralis Putamen Tractus olfactorius b

Corpus callosum Capsula interna

Ventriculus lateralis Thalamus

Capsula externa

Nucleus caudatus

Claustrum Capsula extrema

Putamen c

(Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

a Basalganglien im Horizontal- (Ansicht von parietal) und b Frontalschnitt (Ansicht von rostral) sowie c die Lagebeziehung zwischen Nucleus caudatus und Putamen zu Thalamus und Seitenventrikeln (Ansicht von schräg vorne links).

1144

N

Der Globus pallidus besteht aus einem lateralen und einem medialen Anteil. Die helle Farbe des Kerns deutet auf seinen Ursprung im Dienzephalon hin

rostral befindet sich sein Kopf, der durch streifenförmige Brücken grauer Substanz mit dem Putamen (Schale) verbunden ist. Diese Streifen grauer Substanz haben zu der Bezeichnung Corpus striatum (Streifenkörper) für Ncl. caudatus samt Putamen geführt. Als Nucleus accumbens wird die basal gelegene Verbindung zwischen Caput nuclei caudati und Putamen bezeichnet. Der heller aussehende Globus pallidus („blasse Kugel“), der aus einem lateralen und medialen Anteil (Globus pallidus lateralis und medialis) besteht, liegt medial vom Putamen und bildet zusammen mit diesem den Nucleus lentiformis (Linsenkern). Die hellere Färbung des Globus pallidus im Vergleich zum danebenliegenden Putamen und Ncl. caudatus weist noch im adulten Gehirn auf den unterschiedlichen Ursprung von Globus pallidus (dienzephal) und Striatum (telenzephal) hin. Der Globus pallidus hat eine ähnliche Farbe wie das Dienzephalon. Das Corpus amygdaloideum (Mandelkernkomplex) befindet sich vor dem rostralen Ende der Cauda nuclei caudati im Lobus temporalis.

Verschaltung der Basalganglien

Verschaltung der Basalganglien

Afferenzen: Das Striatum erhält seine Information vom Kortex, wird aber auch von dopaminergen Bahnen der Substantia nigra (S. 1115) beeinflusst (vgl. Abb. N-2.5).

Afferenzen: In Bezug auf die Beteiligung der Basalganglien an der Planung und Durchführung von Bewegungen sind folgende Punkte beachtenswert (vgl. Abb. N-2.5): ■ Die Information über geplante Bewegungen erreicht das Striatum diffus von großen Bereichen des Kortex. ■ Das Striatum steht zusätzlich unter dem Einfluss von dopaminergen Bahnen aus der Substantia nigra (Pars compacta) des Mesencephalon (S. 1115).

▶ Klinik.

1 ZNS – Aufbau und Organisation

▶ Klinik. Die Degeneration der dopaminsynthetisierenden Zellen in der Substantia nigra (Pars compacta) erzeugt einen Dopaminmangel im Striatum, weil die von der Substantia nigra kommenden Axone im Striatum Dopamin als Transmitter benutzen. Der Dopaminmangel im Striatum ist die eigentliche Ursache für die Bewegungsstörungen der Parkinson-Krankheit (S. 1188).

Der Ncl. subthalamicus (S. 1132) bildet mit seinen Afferenzen und Efferenzen eine Schleife mit dem Pallidum (S. 1186).

Efferenzen: Die Impulse verlassen das Striatum über den Globus pallidus (oft kurz als Pallidum bezeichnet). Vom Globus pallidus zieht eine faserreiche Verbindung (Ansa lenticularis) zu den motorischen Kernen des Thalamus, nämlich zu den Ncll. ventralis lateralis (VL), centromedianus (CM) und evtl. auch ventralis anterior (VA). Die Basalganglien (S. 1186) greifen über diese Verbindungen in die vom prämotorischen und anderen motorischen Kortexgebieten (S. 1190) initiierten Willkürbewegungen ein. Der Ncl. subthalamicus (S. 1132) liegt im Nebenschluss zum Pallidum. Er erhält Afferenzen aus dem externen (lateralen) Pallidum und projiziert auf das interne (mediale) Pallidum (S. 1186) zurück.

Großhirnmark mit Fasersystemen

Großhirnmark mit Fasersystemen

Die weiße Substanz des Großhirns besteht aus markhaltigen Assoziations-, Kommissuren- oder Projektionsfasern (Tab. N-1.5).

Die größte Masse des Großhirns macht das unter dem wenige Millimeter dicken Kortex gelegene Mark aus, in das der Thalamus und die Basalganglien eingebettet sind. Das Mark besteht zum größten Teil aus markhaltigen Fasern (S. 94), die wegen ihres hohen Myelingehalts eine gelblich-weiße Farbe haben und je nach Verlauf als Assoziations-, Kommissuren- oder Projektionsfasern bezeichnet werden (Tab. N-1.5).

Efferenzen: Das Striatum projiziert zum Globus pallidus und von dort über die Ansa lenticularis zu den motorischen Thalamuskernen VL, CM und VA.

≡ N-1.5

≡ N-1.5

Fasersysteme des Großhirnmarks

System

verbundene Strukturen

Assoziationsfasern

funktionell zusammengehörende Kortexareale innerhalb einer Hemisphäre

Kommissurenfasern

funktionell zusammengehörende Kortexareale der rechten und linken Hemisphäre: ■ homotopisch bei symmetrischen Arealen ■

Projektionsfasern

heterotopisch bei asymmetrischen Arealen

Kortex mit kaudaler gelegenen Strukturen (z. B. Pyramidenbahn)

N

Assoziationsfasern

Assoziationsfasern

▶ Definition. Diese Fasern bilden Faserbündel zwischen funktionell zusammengehörenden Kortexarealen derselben Hemisphäre (Abb. N-1.42).

Die kürzesten Fasern sind die U-förmigen Fibrae arcuatae cerebri, die zwei benachbarte Kortexwindungen miteinander verbinden (Abb. N-1.42a). Bekannt sind die Fibrae arcuatae breves zwischen dem Gyrus post- und precentralis, die dafür sorgen, dass vom Motorkortex initiierte Bewegungen rückgekoppelt mit sensorischer Information verlaufen. Besonders wichtig ist dies z. B. bei Tastbewegungen, die immer mit einem ganz bestimmten Andruck der Fingerkuppen erfolgen, um optimale Bedingungen für die Tastrezeptoren herzustellen (s. u.). Weitere Assoziationsfasern sind die Fibrae associationis telencephali (breves und longae), die weiter auseinander liegende Kortexareale miteinander verknüpfen (Abb. N-1.42a). Das Cingulum ist ein im Gyrus cinguli verlaufendes Faserbündel, das Funktionen im limbischen System erfüllt und eine Verbindung von Frontalhirn und Ncll. anteriores des Thalamus mit dem Hippocampus herstellt. Ein weiteres bekanntes Assoziationssystem ist der Fasciculus arcuatus, der das sensorische Sprachzentrum (Wernicke) im dorsalen Temporallappen mit dem motorischen Sprachzentrum (Broca) im Frontallappen verbindet. Beide Zentren arbeiten funktionell eng zusammen. Dieser Faszikel wird oft als kaudaler Teil des Fasciculus longitudinalis superior angesehen. Andere bekannte Assoziationsbahnen sind in Abb. N-1.42b dargestellt.

⊙ N-1.42

▶ Definition.

Assoziationsfasern können sehr kurz sein, wie die Fibrae arcuatae cerebri zwischen dem Gyrus post- und precentralis.

Weitere Assoziationsfasern sind die Fibrae associationis telencephali (breves und longae), die weiter auseinander liegende Kortexareale miteinander verknüpfen. Zu den langen Assoziationsbahnen gehört das Cingulum, das im limbischen System eine Verbindung zwischen Frontalhirn und Ncll. antt. des Thalamus mit dem Hippocampus herstellt. Der Fasciculus arcuatus ist eine wichtige Verbindung zwischen dem sensorischen und motorischen Sprachzentrum.

⊙ N-1.42

Assoziationsfasern Fasciculus occipitoFasciculus orbitofrontalis frontalis superior

Fibrae arcuatae cerebri

1145

1.3 Gehirn (Encephalon)

Fasciculus longitudinalis superior

Fasciculi occipitales verticales

a

Fibrae associationis telencephali

b

Fasciculus uncinatus

Fasciculus longitudinalis inferior

(Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

a Fibrae arcuatae cerebri als kürzeste Assoziationsfasern und Fibrae associationis telencephali (gestrichelt) an einem Frontalschnitt. b Verlauf bekannter Assoziationsfasern in der Lateralansicht auf das Großhirn projiziert.

Kommissurenfasern ▶ Definition. Unter Kommissurenfasern (Abb. N-1.43) werden Fasern verstanden, die die Mittellinie des Großhirns kreuzen und funktionell zusammengehörende (nicht notwendigerweise zueinander symmetrisch angeordnete) Kortexareale der rechten und linken Hemisphäre miteinander verbinden. Verbindungen zwischen symmetrischen Arealen heißen homotopisch, die anderen heterotopisch.

Das größte dieser Systeme ist der Balken (Corpus callosum), eine dicke Platte von vielen Millionen Fasern, die die Hauptverbindung zwischen beiden Hemisphären herstellt. Von rostral nach okzipital besteht er aus den Teilen ■ Rostrum (Schiffsschnabel, Bug), ■ Genu (Knie), ■ Truncus (Stamm) und ■ Splenium (Binde). Die zangenförmig die vorderen und hinteren Teile der Fissura longitudinalis cerebri umgreifenden Fasern des Balkens werden als Forceps minor (rostral) und Forceps major (okzipital) bezeichnet.

Kommissurenfasern ▶ Definition.

Die größten dieser Fasersysteme sind der Balken (Corpus callosum), die Commissura anterior, die sich in der Lamina terminalis befindet, und die Commissura fornicis (hippocampi).

1146 ⊙ N-1.43

N

1 ZNS – Aufbau und Organisation

Kommisurenfasern Corpus callosum

Kommissurenfasern

Corpus callosum

Genu

Rostrum Truncus Splenium

Forceps minor

Forceps major

b

a

Commissura anterior

Commissura posterior

Radiatio corporis callosi

c

(Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

a Darstellung der Kommissurenfasern im Frontalschnitt, b im Mediansagittalschnitt mit farblicher Hervorhebung der prominentesten ihrer Strukturen c und am durchscheinenden Gehirn in der Ansicht von oben bzw. dorsal.

Der Balken ist bei Rechtshändern dünner als bei Beidhändern, was auf die Tatsache zurückgeführt wird, dass bei Rechtshändern der notwendige Datenaustausch zwischen den Hemisphären geringere Ausmaße hat. Dies ist einer der Vorteile der Lateralisation des Kortex, d. h. der Spezialisierung der beiden Hemisphären auf bestimmte Aufgaben. Andere Kommissuren sind die ■ Commissura anterior in der Lamina terminalis (der rostralen Wand des 3. Hirnventrikels), die u. a. Fasern der Riechbahn enthält, und ■ Commissura fornicis (hippocampi), die dorsal den rechten und den linken Fornix miteinander verbindet. Die sog. Commissura posterior (epithalamica) unterhalb der Epiphyse ist keine echte Kommissur, weil sie keine Kortexareale, sondern Kerne verbindet, die für die Steuerung von Lichtreflexen von Bedeutung sind. In diesem Sinn ist auch die Commissura habenularum oberhalb der Epiphyse keine echte Kommissur, weil sie eine Verbindung zwischen den Ncll. habenulares auf beiden Seiten herstellt. Projektionsfasern ▶ Definition.

Projektionsfasern ▶ Definition. Projektionsfasern sind Fasern, die den Kortex und weiter kaudal gele-

gene Zentren miteinander verbinden (Abb. N-1.44). Sie können vom Kortex nach kaudal projizieren oder von kaudal kommen und kortikal enden. ▶ Merke.

Sie können entweder vom Kortex ausgehen wie z. B. die Pyramidenbahn (S. 1183) oder ihn von kaudalen Zentren aus erreichen (z. B. somatosensorische Bahnen vom Thalamus/Thalamusstrahlung). ▶ Merke. Die größte Ansammlung von Projektionsfasern findet sich in der Capsula

interna (Abb. N-1.45) zwischen Globus pallidus bzw. Putamen auf der lateralen und Thalamus mit Ncl. caudatus auf der medialen Seite. Hier verlaufen sensorische und motorische Fasersysteme, wobei insbesondere die Pyramidenbahn eine ausgeprägte Somatotopie zeigt. Der motorische Teil der Capsula interna setzt sich nach kaudal in die Crura cerebri (S. 1114) fort. Auf einem Horizontalschnitt unterscheidet man bei der Capsula interna Crus anterius und posterius sowie das Genu. Die Anordnung der in ihr nach kaudal verlaufenden motorischen Fasersysteme (z. B. Pyramidenbahn) und der nach kortikal ziehenden sensorischen Systeme (z. B. Thalamusefferenzen) ist Abb. N-1.45 zu entnehmen.

Die Capsula interna bildet auf einem Horizontalschnitt einen nach lateral offenen Winkel; man unterscheidet einen vorderen und hinteren Schenkel (Crus anterius und posterius), die im Knie (Genu) zusammenstoßen. Innerhalb dieser Anteile sind die nach kaudal projizierenden Fasern der Pyramidenbahn wie folgt angeordnet: ■ Im Bereich des Knies findet sich der Tractus corticonuclearis, der zu den motorischen Hirnnervenkernen im Hirnstamm zieht. Im Knie befinden sich somit Faserbündel für die motorische Innervation des Kopfes. ■ Im hinteren Schenkel schließen sich die motorischen Fasern zunächst für die obere und dann für die untere Körperhälfte an.

N ■

1147

1.3 Gehirn (Encephalon)

Die aszendierenden Fasern von den somatosensorischen Kernen des Thalamus laufen im vorderen und hinteren Schenkel lateral bzw. medial von den motorischen Bahnen zum Kortex. Sie bilden im Crus posterius den oberen (zentralen) Thalamusstiel, der zusammen mit anderen Fasern in der Corona radiata der Abb. N-1.44 enthalten ist.

⊙ N-1.44

⊙ N-1.44

Projektionsfasern Corona radiata

Corpus callosum

Radiatio optica

Crus cerebri

Capsula interna

(Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

⊙ N-1.45

Capsula interna Cauda nuclei caudati

Bein

Nucleus lentiformis

Arm Gesicht

Fibrae occipito-, parieto- und temporopontinae Thalamus Bein Rumpf Arm

Capsula interna

Pyramidenbahn

Gesicht Fibrae frontopontinae

Fibrae corticospinales a

Caput nuclei caudati

Fibrae corticonucleares

b Capsula interna: • Crus anterius – Radiatio thalami anterior † präfrontaler Kortex – Fibrae frontopontinae † Pons • Genu

c

– Fibrae corticonucleares (Teil der Pyramidenbahn) † Hirnstamm (motorische Hirnnervenkerne)

• Crus posterius – Fibrae corticospinales (Hauptteil der Pyramidenbahn) † Rückenmark (motorische Vorderhornzellen) – Radiatio thalami centralis (oberer Thalamusstiel) † Gyrus pre- und postcentralis – Radiatio thalami posterior (inkl. Radiatio optica) † Lobus occipitalis – Tractus corticopontini (außer Fibrae frontopontinae) † Pons

(Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

a Verlauf der Pyramidenbahn mit ihren Teilen (Fibrae corticospinales und corticonucleares) durch die Capsula interna im Frontalschnitt. b Lage der Capsula interna im Horizontalschnitt. Der vordere Schenkel liegt zwischen Nucleus lentiformis und Caput nuclei caudati, der hintere Schenkel wird lateral ebenfalls vom Nucleus lentiformis, medial jedoch vom Thalamus begrenzt. Von den Fasersystemen innerhalb der Capsula interna zeigt die Pyramidenbahn (rot hervorgehoben) eine besonders ausgeprägte Somatotopie. c Horizontalschnitt: Dargestellt sind die durchziehenden Fasern mit somatotopischer Anordnung der Pyramidenbahn (Fibrae corticonucleares und corticospinales, rote Punkte) und weitere absteigende sowie aufsteigende Bahnen: frontopontine Bahnen (rote Striche); Tractus temporopontinus (orange Punkte); vorderer (blaue Striche), oberer/zentraler (blaue Punkte) und hinterer (hellblaue Punkte) Thalamusstiel.

Verrückte Welt

Mitten in der Nacht reißt mich die schnarrende

Als ich ihn kneife, jammert er und will meine ihn quälende

Computerstimme des Notfallpiepers aus dem

Hand recht gezielt entfernen. Das ergibt auf der Glasgow­

Schlaf: „Schockraum besetzen! … bzrpf …

Coma-Scale (GCS) einen Score von ungefähr 8. Mist! Intubieren!

Schockraum besetzen!“ Also hat unser Notarzt

Ich habe das nicht zu Ende gedacht, als plötzlich der rechte

schon wieder irgendwas aufgegabelt, was nicht

Arm des Patienten rhythmisch zu zucken beginnt.

einfach „über die Zentrale Notaufnahme zu fahren“ ist. Und

Die Krankenschwester, die mit mir zusammen beim Pa­

kaum zwei Minuten später trifft sich schon die müde Mann­

tienten ist, achtet geistesgegenwärtig darauf, dass er sich nicht

schaft im grellen Neonlicht des weiß gekachelten „Raums der

verletzt. Ich verabreiche rasch ein Benzodiazepin. Doch leider

ungewissen Verläufe“.

wandelt sich der fokale Anfall in einen generalisierten tonisch­

Die Rettungsmannschaft kommt im Laufschritt und bringt einen ziemlich verwahrlosten bewusstlosen Mann mit kata­ strophalem Zahnstatus und fürchterlichem Mundgeruch. Letzterer lässt aber wenigstens vermuten, dass er atmet!

klonischen und kann schließlich nur durch die Einleitung einer Thiopental­Narkose durchbrochen werden. Auf der Intensivstation erlaubt das EEG zusammen mit dem zwischenzeitlich durchgeführten zerebralen CT dann folgende

Blutdruck 110/70 mmHg, Herzfrequenz 90/min, Sauer­

Rekonstruktion: durch Alkoholmissbrauch generalisierte Hirn­

stoffsättigung 92 % und Blutzucker 98 mg/dl (5,4 mmol/l) – das

atrophie mit schmalen Gyri und tiefen Sulci der gesamten

alles bietet keinen Hinweis auf die Ursache der andauernden

Großhirnrinde. Epileptische Herdaktivität im linken Parietal­

Bewusstlosigkeit. Der Patient sei nicht gestürzt, dafür aber

lappen (Gyrus precentralis) mit Ausbreitung auf den gesamten

Alkoholiker und wohl im Entzug … und schon muss der Not­

Isokortex – daher also der Bewusstseinverlust.

arzt wieder los.

Trotzdem: Da passt irgendetwas nicht. Alkohol ist doch eine

Neurologisch kann ich nur den 3. und den 5. Hirnnerven

zentral dämpfende Substanz. Krampfen beim Entzug ist mir

testen: Pupillen gleich groß (isokor) und lichtreagibel, deut­

bekannt. Aber wie kann dann in der Intoxikation ein Krampf

liches Grimassieren bei einem Tropfen Schleimhautanti­

entstehen? Die Antwort finden wir in der Jackentasche des

septikum in die Nase. Ein weiterer „Schnupperer“ an seinem

Patienten: Sein Hausarzt hat einen länger bestehenden Harn­

Foetor ex ore widerlegt die Vermutung eines Entzugsdelirs

wegsinfekt antibiotisch mit einem Gyrasehemmer behandelt

eindeutig – in seiner Ausatemluft rieche ich mindestens 3 ‰!

– und der senkt die Krampfschwelle … Verrückte Welt!

* Fallbeispiel fiktiv, Namen und Daten frei erfunden

N

1.4

1149

1.4 Hüllen des ZNS (Meningen) und Liquorsystem

Hüllen des ZNS (Meningen) und Liquorsystem

1.4.1 Meningen

1.4

Hüllen des ZNS (Meningen) und Liquorsystem

1.4.1

Meningen

Die Häute, die Gehirn und Rückenmark umgeben, zeigen einen prinzipiell gleichartigen Aufbau, unterscheiden sich jedoch in ihrer Anordnung.

Allgemeiner Aufbau und Innervation der Meningen Die Häute des ZNS (Meningen) werden unterteilt in harte Hirn- bzw. Rückenmarkshaut (Pachymeninx = Dura mater encephali bzw. spinalis) und ■ weiche Hirn- bzw. Rückenmarkshaut (Leptomeninx aus Arachnoidea mater und Pia mater encephali bzw. spinalis). ■

Harte Hirn- bzw. Rückenmarkshaut (Pachymeninx): Die Dura mater ist die äußerste Hülle und besteht aus straffem faserreichen Bindegewebe. Im Bereich des Großhirns liegt sie dem Schädelknochen dicht an oder ist mit ihm verwachsen.

Allgemeiner Aufbau und Innervation der Meningen Bei den Meningen unterscheidet man: ■ Pachymeninx und ■ Leptomeninx.

Harte Hirn- bzw. Rückenmarkshaut (Pachymeninx): Sie wird gebildet von der Dura mater und besteht aus straffem faserreichem Bindegewebe. ▶ Merke.

▶ Merke. Bei der Dura mater können zwei Schichten („Durablätter“: Stratum pe-

riostale und meningeale) unterschieden werden, die im Gehirn mit Ausnahme der Bereiche venöser Sinus (s. u.) miteinander verwachsen sind. Im Spinalkanal hingegen liegt zwischen ihnen der Epiduralraum, der von Fettgewebe und vertebralen Venenplexus ausgefüllt ist (s. u.). Hier wird das Stratum periostale oft nur als Periost bezeichnet. Weiche Hirn- bzw. Rückenmarkshaut (Leptomeninx): Sie setzt sich aus folgenden, deutlich voneinander abgrenzbaren Anteilen zusammen: ■ Arachnoidea mater (Spinnwebhaut): Sie liegt der Innenseite der Dura direkt an. Zwischen Dura und Arachnoidea befindet sich nur ein flüssigkeitsgefüllter kapillarer Spalt, ein Subduralraum im engeren Sinne ist nicht vorhanden. Die Arachnoidea ist auch im Operationsmikroskop nur als zarter Schleier aus lockerem Bindegewebe zu erkennen. Sie ist praktisch durchsichtig und gibt nach Öffnung der Dura den Blick auf die Oberfläche des ZNS frei. Im Subarachnoidalraum zwischen Arachnoidea und Pia mater liegen die zahlreichen oberflächlichen Arterien und Venen des Gehirns und Rückenmarks. Eine Ausnahme stellen die Brückenvenen (S. 1165) dar, die vom Subarachnoidalraum durch Arachnoidea und Dura in die Sinus durae matris ziehen (Abb. N-1.46). ■ Pia mater: Sie ist mit der Oberfläche des ZNS verwachsen und von ihr nicht mit der Pinzette abhebbar. Die Pia mater sitzt der Membrana gliae limitans superficialis (Gliagrenzmembran) auf, die als eigentliche Außengrenze des Hirngewebes von den breiten Füßchen der Astrozytenfortsätze gebildet wird.

⊙ N-1.46

Weiche Hirn- bzw. Rückenmarkshaut (Leptomeninx): Hier unterscheidet man: ■ Arachnoidea mater, die von der Dura durch einen kapillaren Spalt getrennt ist, und ■ Pia mater, die fest mit der Oberfläche des Gehirns (gebildet von der Membrana gliae limitans superficialis) verwachsen ist und allen Sulci in die Tiefe folgt.

Aufbau der Meningen

Dura mater encephali, periostales Blatt

Sinus sagittalis superior

Galea aponeurotica

V. emissaria

Venen der Kopfhaut Kopfhaut

Foveola granularis

Lamina externa Diploe

Vv. diploicae

Lamina interna

Arachnoidea mater encephali Pia mater encephali Arachnoidalsepten

Lacuna lateralis mit Arachnoidalzotten (Pacchioni-Granulationen) Dura mater encephali, Sinusmeningeales Blatt endothel

Falx cerebri

Brückenvene

Vv. superiores cerebri

Hier ist exemplarisch der Aufbau an den Häuten des Gehirns samt ihrer Verbindung mit der Schädelkalotte im Frontalschnitt gezeigt. Im Gegensatz zur Anordnung im Rückenmark (Abb. N-1.47) fehlt hier ein Epiduralraum. (Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

1150

N

1 ZNS – Aufbau und Organisation

Die Pia mater folgt allen Sulci und Fissuren des Gehirns in die Tiefe, was Arachnoidea und Dura nicht tun. Auch die in das ZNS eintretenden Gefäße werden für eine gewisse Strecke noch von Pia mater umgeben; auf diese Weise bilden sich um die eintretenden Gefäße trichterförmige Hohlräume, die sog. Virchow-Robin-Räume. ▶ Merke.

▶ Merke. Zwischen der Pia mater und der Arachnoidea befindet sich der Subarach-

noidalraum (Spatium subarachnoideum), der mit Liquor cerebrospinalis (S. 1152) gefüllt ist und von Bindegewebstrabekeln sowie von arteriellen und venösen Blutgefäßen durchzogen wird. Zur grundsätzlichen Anordnung der Meningen s. Abb. N-1.46.

Die grundsätzliche Anordnung der Meningen ist in Abb. N-1.46 am Beispiel der Häute des Gehirns dargestellt.

Innervation der Meningen: Sie erfolgt in der Schädelhöhle frontoparietal durch Äste des N. V, okzipital durch N. X (evtl. N. IX), im Spinalkanal durch die Rr. meningei der Spinalnerven. Nervenfasern finden sich vorwiegend in der Nähe der Duragefäße.

Innervation der Meningen: Sie erfolgt innerhalb der Schädelhöhle frontal und parietal aus den drei Ästen des Nervus trigeminus (V), okzipital durch den N. vagus (X) und evtl. auch Nervus glossopharyngeus (IX). Nervenfasern finden sich vorwiegend in der Nähe der Duragefäße. Die Pia scheint nicht sensorisch innerviert zu sein; zumindest wird ein Stich in das Zerebrum durch die Pia nicht als schmerzhaft empfunden. Die Dura des Rückenmarks wird sensorisch durch die Rami meningei der Spinalnerven (S. 206) versorgt.

▶ Klinik.

▶ Klinik. Die sensorische Versorgung der Dura durch den N. vagus erklärt das Erbre-

chen als eines der Hauptsymptome bei einer Meningitis (Hirnhautentzündung). Das Erbrechen kann auch schon bei einer meningealen Reizung durch starke Sonneneinstrahlung auf den Kopf oder Nacken („Sonnenstich“) auftreten. Zur Blutversorgung der Meningen (S. 1164).

Die Blutversorgung der Meningen (S. 1164) wird zusammen mit der des Gehirns und Rückenmarks besprochen.

Häute des Rückenmarks

Häute des Rückenmarks

Zwischen den beiden Durablättern befindet sich ein von Fettgewebe umgebener Venenplexus im Spatium epi-/peridurale (Abb. N-1.47).

Die Besonderheit der Dura mater im Bereich des Spinalkanals besteht in dem mit Fettgewebe ausgefüllten Raum zwischen beiden Durablättern, in dem sich der Plexus venosus vertebralis internus anterior und posterior befindet (Spatium epidurale/peridurale = Epi- oder Periduralraum; Abb. N-1.47). Das äußere Blatt der Dura liegt als Periost der Wand des Spinalkanals direkt an, das innere hat Kontakt mit der Arachnoidea.

▶ Klinik.

▶ Klinik. Die Injektion eines Lokalanästhetikums in den Epi- bzw. Periduralraum ist

ein häufig genutztes Verfahren, das z. B. zur Schmerzlinderung unter der Geburt (bekannt als PDA = Periduralanästhesie) oder bei chronischen Schmerzen durch Anlage eines Periduralkatheters genutzt wird. Die Dura (bzw. ihr inneres Blatt) wird nicht durchstochen, die neuronalen Strukturen werden vom Epiduralraum aus durch Diffusionsvorgänge erreicht. Durch Wahl des Punktionsortes (meist lumbal), der Menge und spezifischen Gewichts des applizierten Anästhetikums kann seine Ausbreitung im Epiduralraum beeinflusst werden. Bitte beachten: Bei der Spinalanästhesie wird das Lokalanästhetikum nach Durchstechen der Dura in den lumbalen Subarachnoidalraum injiziert. Während das Rückenmark in Höhe des Wirbelkörpers LI–LII aufhört, setzt sich der Duraschlauch und somit auch das Spatium subarachnoideum noch weiter nach kaudal fort, vgl. Lumbalpunktion (S. 1153). In dem Duraschlauch befindet sich die Cauda equina, die aus Hinter- und Vorderwurzeln besteht. Distal der Spinalganglien vereinigt sich die Dura mit dem Epineurium der peripheren Nerven. Die Fortsetzung des Subarachnoidalraums auf den Beginn der Spinalnerven ist für die Resorption des Liquors wichtig.

Zu beachten ist, dass Dura mater und Arachnoidea den Spinalkanal nach kaudal fast völlig ausfüllen, während die Pia mater mit dem kaudalen Ende des Rückenmarks (dem Conus medullaris) in Höhe des Wirbelkörpers LI–LII aufhört. Dadurch ergibt sich ein ausgedehnter Subarachnoidalraum kaudal des Conus medullaris, der für die Entnahme von Liquor cerebrospinalis genutzt werden kann, vgl. Lumbalpunktion (S. 1153). In diesem Raum befindet sich die Cauda equina, die aus lumbosakralen Hinter- und Vorderwurzeln besteht. Die Dura mater des Rückenmarks vereinigt sich mit dem Perineurium und Epineurium (S. 95) der peripheren Nerven distal der Spinalganglien. Auf diese Weise setzt sich der Subarachnoidalraum noch für eine geringe Strecke auf Spinalganglion und Spinalnerv fort. Diese Tatsache ist für die Resorption des Liquor cerebrospinalis (S. 1156) von Bedeutung.

N

⊙ N-1.47

1151

1.4 Hüllen des ZNS (Meningen) und Liquorsystem

⊙ N-1.47

Darstellung der Rückenmarkshäute periostale Auskleidung des Wirbelkanals

Proc. spinosus

Subarachnoidalraum (Spatium subarachnoideum) Arachnoidea mater spinalis

Rückenmark Epiduralraum (Spatium epidurale) mit Fettgewebe und einem Venenplexus (Plexus venosus vertebralis internus)

Lig. denticulatum Radix ventralis (anterior) Radix dorsalis (posterior)

Dura mater spinalis Duraaussackung (Wurzeltasche)

N. spinalis R. dorsalis

A. vertebralis

R. ventralis

Vv. vertebrales Foramen intervertebrale

Pia mater spinalis

Ganglion spinale

Rr. communicantes

Zervikalmark mit umgebenden Rückenmarkshäuten in der Ansicht von kranial. (Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

Häute des Gehirns

Häute des Gehirns

Die beiden Blätter der Dura mater sind im Bereich des Schädels fast überall fest miteinander verwachsen und nur dort sichtbar voneinander getrennt, wo Hirnsinus, d. h. venöse Blutleiter (S. 1167) des Gehirns, vorhanden sind. Die äußere Schicht (Stratum periostale) der Dura ist mit der Innenseite der Schädelkalotte bzw. -basis verwachsen und übernimmt die Rolle des Periosts. Die innere Schicht (Stratum meningeale) der Dura bildet die dem Gehirn anliegende Wand der Sinus und setzt sich dann in Großhirnsichel (Falx cerebri), Kleinhirnsichel (Falx cerebelli) und das Kleinhirnzelt (Tentorium cerebelli) fort (Abb. N-1.48 und Abb. N-1.46), die alle Duraduplikaturen sind: ■ Die Falx cerebri ist eine feste Bindegewebsplatte, die in die Fissura longitudinalis zwischen beide Hemisphären hineinragt. Sie ist ein wichtiger Teil des sog. Hirnskeletts, ist rostral an der Crista frontalis und Crista galli (S. 949) befestigt und geht okzipital in das Tentorium cerebelli über. ■ Das Tentorium cerebelli bildet eine ähnliche Platte zwischen Gehirn und Kleinhirn: Es hat in der Medianebene eine wie ein Dach geformte Ausziehung, die etwas zwischen die Okzipitallappen des Gehirns reicht. Durch seine mediale Öffnung (Incisura tentorii) tritt der Hirnstamm hindurch. ■ Zwischen den beiden Hemisphären des Kleinhirns befindet sich die Falx cerebelli. Das Hirnskelett ist deswegen nötig, weil das Gehirn eine fast flüssige Konsistenz hat (Wassergehalt ca. 80 %), und zu große Bewegungen innerhalb des Schädels verhindert werden müssen.

Im Bereich des Schädels hat die Dura mater ebenfalls 2 Schichten, die allerdings fast überall miteinander verwachsen sind. Ausnahmen von dieser Regel sind die Hirnsinus, venöse Blutleiter, die sich zwischen den beiden Durablättern befinden und von Endothel ausgekleidet sind. Von einigen dieser Sinus gehen Duraduplikaturen aus (Falx cerebri, die an den Cristae frontalis und galli befestigt ist, und Tentorium cerebelli), die den Schädelinnenraum unterteilen (Abb. N-1.48) und so die Bewegungen des fast flüssigen Gehirns dämpfen.

⊙ N-1.48

⊙ N-1.48

Septen der Dura mater encephali

Einmündungen der Brückenvenen Falx cerebri Incisura tentorii Diaphragma sellae

Sinus sagittalis superior Sinus sagittalis inferior Sinus transversus Sinus rectus

Crista galli

Confluens sinuum

N. opticus

Sinus occipitalis

A. carotis interna

Dura nach Entfernung des Gehirns in der Ansicht von links lateral. (Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

Tentorium cerebelli

1152 ▶ Klinik.

1.4.2

Liquorsystem

N

1 ZNS – Aufbau und Organisation

▶ Klinik. Bei einer Gehirnquetschung (Contusio cerebri), die durch Prellung des Kopfes verursacht werden kann, findet sich häufig nicht nur eine Verletzung auf der Seite des Aufpralls („Coup“), sondern auch auf der Gegenseite („Contre-coup“): Beispielsweise wird bei einem Sturz auf die Stirn zusätzlich zur Schädigung im Frontallappen auch der gegenüberliegende Okzipitallappen verletzt, weil sich im Gehirngewebe beim Aufprall eine Welle bildet, die im Hinterhaupt an die Kalotte stößt.

1.4.2 Liquorsystem

Liquor cerebrospinalis

Liquor cerebrospinalis

Zusammensetzung: Der Liquor cerebrospinalis ist eine wasserklare Flüssigkeit, deren Zusammensetzung weitgehend der der Interstitialflüssigkeit entspricht.

Zusammensetzung: Der Liquor cerebrospinalis ist eine normalerweise wasserklare Flüssigkeit mit einer Zusammensetzung, die weitgehend der Interstitialflüssigkeit anderer Gewebe entspricht: Ähnliche Ionenkonzentration, kaum Eiweiß (ca. 1 % des Blutwertes), wenige Zellen, meist Lymphozyten (max. 5 Zellen/µl).

▶ Klinik.

▶ Klinik. Bei Entzündungen der Meningen (Meningitis) oder des Gehirngewebes (Enzephalitis) steigt der Zell- und Eiweißgehalt im Liquor, was diagnostisch verwertet wird. Bei Hirnblutungen können sich Erythrozyten im Liquor befinden, was normalerweise nicht der Fall ist.

Funktion: Er wirkt bei der Konstanthaltung des chemischen Milieus im ZNS mit und erfüllt die Funktion einer mechanischen Schutzschicht.

Funktion: Das Gehirn besitzt keine Lymphe im engeren Sinne und auch keine Lymphgefäße, der Liquor und die Liquorräume erfüllen diese Funktionen. Der Liquor im Subarachnoidalraum steht im Austausch mit der Gewebsflüssigkeit zwischen den Nervenzellen und trägt zur Konstanz des chemischen Milieus bei. Die Liquor-Hirn-Schranke ist durchlässiger als die Blut-Hirn-Schranke und erlaubt z. B. den Abtransport von Metaboliten aus dem Gehirn. Darüber hinaus dient der Liquor im Subarachnoidalraum als Schutz gegen mechanische Belastungen.

Liquorräume

Liquorräume

Man unterscheidet äußere von inneren Liquorräumen (Abb. N-1.49).

Bei den Liquorräumen werden äußere und innere unterschieden (Abb. N-1.49), die miteinander in Verbindung stehen.

⊙ N-1.49

⊙ N-1.49

Äußere und innere Liquorräume Granulationes arachnoideae

Plexus choroideus ventriculi lateralis

Plexus choroideus ventriculi tertii

Sinus sagittalis superior

Cisterna ambiens

Cisterna interhemispherica

Sinus rectus

Foramen interventriculare

Aqueductus mesencephali (cerebri) Confluens sinuum Cisterna vermis

Cisterna laminae terminalis Cisterna basalis

Cisterna chiasmatica Cisterna interpeduncularis

Apertura mediana

Cisterna pontomedullaris

Rückenmark Subarachnoidalraum

(Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

Plexus choroideus ventriculi quarti Cisterna cerebellomedullaris (magna)

Canalis centralis

Plexus venosus vertebralis Endoneuralraum N. spinalis

N

1153

1.4 Hüllen des ZNS (Meningen) und Liquorsystem

Äußere Liquorräume

Äußere Liquorräume

Der größte zusammenhängende äußere Liqorraum ist der Subarachnoidalraum (Spatium subarachnoideum). Aus der Tatsache, dass die Arachnoidea die Sulci und Fissuren des Großhirns überspannt, ergeben sich liquorgefüllte Erweiterungen des Subarachnoidalraums, die Zisternen. Von klinischer Bedeutung ist besonders die Cisterna lumbalis kaudal des lumbalen Endes des Rückenmarks. Die Cisterna cerebellomedullaris befindet sich zwischen der Kaudalfläche des Kleinhirns und der Dorsalfläche der Medulla oblongata. Weitere Zisternen sind in Abb. N-1.50 dargestellt.

Der Subarachnoidalraum bildet den äußeren Liquorraum. Erweiterungen dieses Raums werden als Zisternen bezeichnet (Abb. N-1.50). Klinisch wichtig sind die Cisterna lumbalis kaudal des Conus medullaris und die Cisterna cerebellomedullaris.

⊙ N-1.50

⊙ N-1.50

Äußere Liquorräume an der Hirnbasis Cisterna olfactoria

Cisterna corporis callosi

Cisterna laminae terminalis (umschließt A. cerebri anterior) Cisterna chiasmatis

Cisterna carotica

Cisterna fossae lateralis cerebri (umschließt A. cerebri media)

Cisterna interpeduncularis

A. communicans posterior

Cisterna cruralis (umschließt A. choroidea anterior)

A. cerebri media Cisterna ambiens (umschließt A. cerebri posterior und A. cerebelli superior) A. cerebelli inferior anterior

Cisterna trigemini Cisterna pontis mediana A. basilaris

Flocculus

A. cerebelli inferior posterior

Cisterna pontocerebellaris

A. vertebralis Cisterna Cisterna spinalis posterior spinalis anterior

Cisterna cerebellomedullaris lateralis

Der mit Liquor gefüllte Subarachnoidalraum weist mehrere Erweiterungen (Zisternen) auf. An der hier dargestellten Hirnbasis umgeben sie die im Bereich des Hirnstamms ein- bzw. austretenden Hirnnerven sowie die Hirnbasisarterien (S. 1157) und -venen (S. 1165). Besonders wichtige Zisternen sind fett gedruckt. (Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl., nach Rauber/Kopsch)

▶ Klinik. Zur Gewinnung von Liquor zu diagnostischen Zwecken wird eine Liquorpunktion durchgeführt: Die vorwiegend benutzte Stelle für die Liquorentnahme befindet sich im Bereich der Cauda equina, d. h. kaudal des sakralen Endes des Rückenmarks (Lumbalpunktion, Entnahme aus der Cisterna lumbalis des Subarachnoidalraums). Man geht meist mit der Nadel zwischen den Laminae der Wirbelkörper LIII und LIV oder LIV und LV ein. Der Bereich um die Cauda equina ist liquorgefüllt, denn der Spinalkanal mit Dura mater und Arachnoidea ist länger als das Rückenmark, das bei LWK I/II endet (S. 1097). Bei Punktion in Höhe LWK III/IV ist daher keine Verletzungsgefahr für das Rückenmark vorhanden. Die Einzelteile der Cauda equina (Vorder- und Hinterwurzeln der lumbosakralen Segmente) weichen der Nadel aus.

▶ Klinik.

1154

N

1 ZNS – Aufbau und Organisation

⊙ N-1.51

Lumbalpunktion

(Faller, A., Schünke, M.: Der Körper des Menschen. Thieme, 2012)

a Bevorzugte Einstichstelle in Projektion auf die Wirbelsäule (Ansicht von dorsal). b Strukturen, die bei einer Lumbalpunktion durchstochen werden müssen (Mediansagittalschnitt in der Ansicht von rechts lateral). Hier sind die in a nicht dargestellten Nervenwurzeln (Cauda equina) angedeutet.

Einstichstelle in Höhe der LWK III/LWK IV

Conus medullaris

Verbindungslinie zwischen beiden Cristae iliacae Ende des Duralsackes in Höhe des 2. Kreuzbeinwirbels

a Dornfortsatz

LWK III

Subarachnoidalraum mit Nervenwurzeln (Cauda equina)

Dura mater

Kanüle Arachnoidea Lig. supraspinale LWK IV

Haut Lig. interspinale b

Epiduralraum

Lig. flavum

Venenplexus

Bandscheibe

Bei kleinen Kindern reicht das Rückenmark im Spinalkanal weiter nach kaudal. Hier kommt – wegen der Verletzungsgefahr der Medulla oblongata jedoch nur in Ausnahmefällen – evtl. eine Subokzipitalpunktion in Frage: Aus der Cisterna cerebellomedullaris kann Liquor entnommen werden (Subokzipitalpunktion, weil man mit der Punktionsnadel direkt kaudal vom Hinterhaupt = Os occipitale einsticht). Für die Liquorentnahme muss man nach der Nackenmuskulatur die Membrana atlantooccipitalis, die Dura mater und die Arachnoidea in parietal-rostraler Richtung durchstechen.

Innere Liquorräume

Innere Liquorräume

Die inneren Liquorräume werden von den 4 Hirnventrikeln, dem Aqueductus mesencephali (zwischen III. und IV. Ventrikel) und dem Zentralkanal des Rückenmarks gebildet.

Zu den inneren Liquorräumen gehören ■ die vier Hirnventrikel (Ventriculi encephali), ■ der Aqueductus mesencephali (cerebri) zwischen III. und IV. Ventrikel sowie ■ der Zentralkanal (Canalis centralis) des Rückenmarks. Diese Räume sind von Ependymzellen – einem speziellen Typ von Gliazellen - ausgekleidet, die aber für die meisten Moleküle kein Diffusionshindernis darstellen, da sie nicht durch Tight Junctions (S. 56) verbunden sind. Bestandteile des Liquors können daher relativ frei in die Hirnsubstanz und zurück diffundieren. Die Ependymzellen besitzen apikal Kinozilien (S. 54), mit denen sie einen Liquorfluss erzeugen (s. u.).

Zwischen jedem der beiden Seitenventrikel (Ventriculi laterales I und II) im Telenzephalon und dem III. Ventrikel im Dienzephalon besteht eine Verbindung über je ein Foramen interventriculare (Monro, Abb. N-1.52).

Hirnventrikel: Die beiden Seitenventrikel (Ventriculus lateralis primus und secundus, I. und II. Ventrikel) befinden sich in den Hemisphären des Telenzephalons. Welcher Seitenventrikel als I oder II bezeichnet wird, ist in den Nomina anatomica nicht festgelegt. Man unterscheidet die folgenden Teile (Abb. N-1.52): ■ Cornu frontale oder anterius (Vorderhorn), ■ Pars centralis, ■ Cornu occipitale oder posterius (Hinterhorn) und ■ Cornu temporale (Unterhorn).

N

⊙ N-1.52

Innere Liquorräume

Foramen interventriculare (Monro) Cornu frontale (anterius), Ventriculus lateralis

Pars centralis, Recessus Ventriculus suprapinealis lateralis Recessus pinealis

Ventriculus tertius Recessus supraopticus Recessus infundibuli (infundibularis)

a

1155

1.4 Hüllen des ZNS (Meningen) und Liquorsystem

Cornu temporale Recessus lateralis (inferius), Ventriculus endet in der lateralis Apertura lateralis ventriculi quarti (Luschka)

Trigonum collaterale

Ventriculus Cornu frontale (anterius), lateralis primus Ventriculus lateralis Ventriculus tertius Cornu temporale (inferius), Ventriculus lateralis

Cornu occipitale (posterius), Ventriculus lateralis

Ventriculus lateralis secundus Aqueductus mesencephali (cerebri)

Aqueductus mesencephali (cerebri)

Trigonum collaterale

Ventriculus quartus

Recessus lateralis

Apertura mediana ventriculi quarti (Magendi) Canalis centralis

Ventriculus quartus

Cornu occipitale (posterius), Ventriculus lateralis

b

(Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

a Ausgusspräparate des Ventrikelsystems in der Ansicht von links b und von oben.

Durch das starke Wachstum des Großhirns um das Diencephalon herum während der Entwicklung ist das ursprüngliche telenzephale Bläschen in Form des Unterhorns ebenfalls bogenförmig ausgezogen. Das Cornu occipitale ist nicht immer vorhanden. Die beiden Foramina interventricularia (Monro) stellen jeweils eine Verbindung zwischen einem Seitenventrikel und dem III. Ventrikel (s. u.) her (Abb. N-1.52). Die Begrenzungen der Seitenventrikel sind wie folgt: ■ Pars centralis des Seitenventrikels: Den Boden bildet der Thalamus, lateral liegt der Ncl. caudatus, der Balken bildet das Dach, Abb. N-1.28a). ■ Das Vorderhorn des Seitenventrikels wird medial vom Septum pellucidum begrenzt, lateral vom Caput nuclei caudati, das Dach wird vom Balken gebildet, insbesondere vom Truncus corporis callosi (Abb. N-1.41b). Vorne unten grenzt das Vorderhorn an das Rostrum corporis callosi. ■ Das vordere Unterhorn des Seitenventrikels grenzt medial an den Hippocampus, lateral an das Marklager des Lobus temporalis. Im Dach liegt die Cauda des Ncl. caudatus. Der III. Ventrikel befindet sich im Diencephalon und bildet einen vertikal gestellten spaltförmigen Hohlraum zwischen den beiden Thalamushälften, der sich nach kaudal in den Hypothalamus fortsetzt (Abb. N-1.52 und Abb. N-1.30). Er besitzt mehrere Recessus, die in bildgebenden Verfahren sichtbar sind, und daher eine Bedeutung für die Lokalisation pathologischer Prozesse haben. Im Boden des III. Ventrikels befinden sich der ■ Recessus supraopticus und infundibuli, die das Chiasma opticum einrahmen, wobei dorsal des Recessus infundibuli das Tuber cinereum liegt. Die dorsale Wand enthält den ■ Recessus suprapinealis. Er befindet sich oberhalb (parietal) der Glandula pinealis (Zirbeldrüse), der Recessus pinealis ragt von rostral in den Stiel der Drüse hinein. Die Vorderwand wird von der Lamina terminalis gebildet, in der sich die Commissura anterior befindet. Der IV. Ventrikel, der über den Aqueductus mesencephali mit dem III. Ventrikel in Verbindung steht, liegt dorsal von Pons und Medulla oblongata. Er besitzt den Boden des Rhombenzephalons als Vorderwand und das Zerebellum mit seinen Kleinhirnstielen als Seiten- und Hinterwand. Seine dachfirstähnliche Ausziehung (Fastigium) reicht nach dorsal in das Kleinhirn hinein.

Die Begrenzungen der Seitenventrikel sind folgende: ■ Pars centralis: Thalamus, Ncl. caudatus und Balken (corpus callosum), ■ Vorderhorn: Septum pellucidum, Caput nuclei caudati, Truncus und Rostrum corporis callosi, ■ Unterhorn: Hippocampus, Lobus temporalis, Cauda nuclei caudati.

Der III. Ventrikel ist ein vertikal gestellter Spalt zwischen beiden Hälften des Thalamus und Hypothalamus mit mehreren Recessus (Abb. N-1.52). Dorsal des Recessus infundibuli liegt das Tuber cinereum, die vordere Begrenzung bildet die Lamina terminalis.

Der IV. Ventrikel besitzt den Boden des Rhombenzephalons als Vorderwand und das Zerebellum mit seinen Kleinhirnstielen als Seiten- und Hinterwand.

1156

N

▶ Merke.

1 ZNS – Aufbau und Organisation

▶ Merke. Im IV. Ventrikel befinden sich mit den Aperturae laterales ventriculi quar-

ti und der Apertura mediana ventriculi quarti die einzigen Verbindungen zwischen inneren und äußeren Liquorräumen. Verbindungen zu äußeren Liquorräumen: Die beiden Aperturae laterales münden in die Cisterna pontomedullaris und die Apertura mediana in die Cisterna cerebellomedullaris (Abb. N-1.52 und Abb. N-1.49).

Verbindungen zu äußeren Liquorräumen: Die paarigen Aperturae laterales ventriculi quarti (Luschka) greifen beidseits etwas um den kaudalen Pons nach ventral herum, um dann in die Cisterna pontomedullaris zu münden. Die unpaare Apertura mediana ventriculi quarti (Magendi) stellt nach kaudal-dorsal eine Verbindung zur Cisterna cerebellomedullaris her (Abb. N-1.52 und Abb. N-1.49).

Liquorzirkulation

Liquorzirkulation

100–160 ml Liquor befinden sich in den Liquorräumen und werden ca. dreimal/Tag ausgetauscht.

Beim Menschen befinden sich 100–160 ml Liquor cerebrospinalis in den Liquorräumen. In 6–8 Stunden werden ca. 150 ml ausgetauscht, d. h. gebildet und rückresorbiert. Dies bedeutet, dass der Liquor pro Tag etwa dreimal ausgetauscht wird.

Liquorsekretion: Die Sekretion des Liquor cerebrospinalis ist ein aktiver Transportprozess und erfolgt im Epithel der Plexus choroidei (Abb. N-1.53). Diese kommen in folgenden Anteilen der inneren Liquorräume vor: ■ Seitenventrikel: Pars centralis und Cornu temporale.

Liquorsekretion: Der Liquor wird in den Plexus choroidei sezerniert. Die Plexus sind eine Ausstülpung von gefäßreichem Pia-Gewebe durch das Ependym in die inneren Liquorräume hinein. Das Ependym ist an dieser Stelle in ein einschichtig kubisches Epithel transformiert (Lamina choroidea epithelialis), das dem Pia-Gewebe mit seinen fenestrierten Kapillaren aufsitzt (Abb. N-1.53). Diese beiden Gewebsschichten stellen in einem aktiven Transportprozess aus dem Blutplasma Liquor her, wobei die Na+-Sekretion durch die Epithelzellen besonders wichtig ist. Plexus choroidei kommen nur an einigen Stellen der inneren Liquorräume vor: ■ Seitenventrikel: Pars centralis und Cornu temporale (Abb. N-1.53a).

▶ Merke. ■



▶ Merke. Vorder- und Hinterhorn der Seitenventrikel sind frei von Plexusgewebe.

Der Plexus im Dach des III. Ventrikels steht mit denen der Seitenventrikel in Verbindung. In der Dorsalwand des IV. Ventrikels kaudal des Kleinhirns liegt ein Plexus, von dem Anteile über die Aperturae laterales hinausragen (Bochdalek-Blumenkörbchen).

⊙ N-1.53



III. Ventrikel: Im Dach, das sich zwischen den Oberflächen beider Thalami ausspannt. Dieser Plexus steht über die Foramina interventricularia mit dem Plexus in der Pars centralis der Ventrikel I und II in Verbindung (Abb. N-1.49). IV. Ventrikel: Im kaudalen Teil des Ventrikeldachs, wobei Teile dieses Plexus über die Aperturae laterales aus dem Ventrikel herausragen (sog. Bochdalek-Blumenkörbchen). Von dorsal gesehen hat der Plexus des vierten Ventrikels etwa die Form eines deformierten M (Abb. N-1.53b).

Plexus chorioidei

Commissura fornicis Pulvinar thalami Corpus pineale



Plexus choroideus ventriculi lateralis (Pars centralis und Cornu temporale)

Kleinhirnschenkel

Ependym Liquorraum

kubisches Plexusepithel

Blutgefäße

Bürstensaum

Apertura mediana

Fornix

Apertura lateralis

a

b

BochdalekBlumenkörbchen c

(Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

a Ansicht des Plexus choroideus in den Seitenventrikeln von okzipital nach Entfernung großer Anteile der umgebenden Hirnsubstanz. b Ansicht des Plexus choroideus im IV. Ventrikel von dorsal nach Entfernung des Kleinhirns. c Feinbau des Plexus choroideus mit Ausschnittsvergrößerung zur Darstellung des einschichtigen kubischen Plexusepithels.

Liquorfluss: Der Liquor verlässt den IV. Ventrikel über die Aperturae laterales und mediana und teilt sich in 3 Ströme: Einer umspült das Rückenmark, der zweite fließt an die ventrale Oberfläche des Gehirns, der dritte an die dorsale Gehirnoberfläche.

Liquorfluss: Durch den Sekretionsdruck der Plexus und die Kinozilien der Ependymzellen außerhalb der Plexus bewegt sich der Liquor aus den Öffnungen im IV. Ventrikel in die Cisterna pontomedullaris bzw. Cisterna cerebellomedullaris. Es besteht eine Liquorströmung um das Rückenmark und den Hirnstamm herum, um dann nach parietal aufzusteigen und so den Hauptort der Resorption zu erreichen (Abb. N-1.49).

Liquorresorption: Die Resorption des Liquors erfolgt im Bereich des Sinus sagittalis superior (S. 1167) über die Granulationes arachnoideales (Pacchioni), die teils in den Sinus, teils in die Diploevenen der Schädelkalotte (S. 978) hineinragen.

Liquorresorption: Die Resorption des Liquor cerebrospinalis erfolgt hauptsächlich im Bereich des Sinus sagittalis superior (S. 1167). Er verläuft auf der Innenseite der Schädelkalotte in der Medianebene (Abb. N-1.46, Abb. N-1.48). In den Sinus und in seitliche Ausläufer des Sinus (Lacunae laterales) wölben sich pilzförmige gefäßfreie Aussackungen der Arachnoidea hinein (Granulationes arachnoideales oder Pacchio-

N

1157

1.5 Gefäßversorgung von Gehirn, Rückenmark und Meningen

ni-Granulationen). Manchmal reichen sie durch die Dura hindurch bis zu den Diploevenen der Schädelkalotte (S. 978) und bilden hier kleine Grübchen im Knochen, die auch am Leichenschädel gut zu sehen sind (Foveolae granulares, Abb. N-1.46). Im Endeffekt wird somit der Liquor in das Venensystem der Hirnsinus oder in die Diploe-Venen des Schädelknochens resorbiert. (Der Liquordruck ist höher als der Druck in den Venen). Neben den Pacchioni-Granulationen gibt es aber noch eine weitere Resorptionsstelle für den Liquor, nämlich die Aussackungen des Subarachnoidalraums am Beginn der Spinalnerven, bis deren Epi- und Perineurium miteinander verschmelzen. ▶ Klinik. Eine Stauung des Liquor cerebrospinalis führt zum Krankheitsbild des Hy-

Ein weiterer Resorptionsort sind Aussackungen des Subarachnoidalraums des Rückenmarks um den Beginn der Spinalnerven. ▶ Klinik.

drozephalus. Beim Hydrocephalus internus (Anstauung des Liquors in den inneren Liquorräumen) ist die Ursache meist eine Abflussstörung im Aqueductus mesencephali oder in den Aperturae des IV. Ventrikels. Liegt diese Störung bereits vor der Geburt vor, kann sie zu einem massiven Untergang von Hirngewebe führen und wegen der Zunahme des Kopfumfangs ein Geburtshindernis darstellen. Beim Hydrocephalus externus (Ansammlung von Liquor im Subarachnoidalraum und in den Zisternen) wird eine Resorptionsstörung oder ein Abflusshindernis in den drainierenden Venen (z. B. durch Sinusvenenthrombose) vermutet. Als Therapie des Hydrocephalus internus kann der Liquor über einen Katheter mit einem zwischengeschalteten Ventil in den Peritonealraum des Abdomens (ventrikuloperitonealer Shunt) oder in das rechte Herz (ventrikuloatrialer Shunt) abgeleitet werden. Geringere Anstiege des Liquordrucks (normal bis 15 cmH2O) führen zu einem gesteigerten Hirndruck mit den Hauptsymptomen Kopfschmerzen und Erbrechen. Beim Augenspiegeln kann u. U. eine Stauungspapille (wegen venöser Abflussstörung) festgestellt werden.

1.5

Gefäßversorgung von Gehirn, Rückenmark und Meningen

Die Gefäßversorgung des ZNS ist von großer klinischer Bedeutung, da Störungen der Durchblutung Schäden extremen Ausmaßes nach sich ziehen können, auch wenn das betroffene Areal u. U. flächenmäßig relativ klein ist. Dies liegt an der großen Dichte von Neuronen bzw. Somata und Nervenfasern im ZNS mit z. T. sehr spezifischen Funktionen. ▶ Klinik. Das klinische Bild eines Schlaganfalls (Apoplex = zerebraler Insult) weist le-

1.5

Gefäßversorgung von Gehirn, Rückenmark und Meningen

Die klinische Relevanz von Durchblutungsstörungen des ZNS ist hoch, da sie auch bei geringer Ausprägung schwerwiegende Schäden für den Patienten nach sich ziehen können.

▶ Klinik.

diglich auf eine akute Durchblutungsstörung im Gehirn hin, sagt jedoch nichts über die genaue Ursache der Symptomatik aus: Dem Insult kann sowohl eine Ischämie (verminderte/unterbrochene Blutzufuhr) als auch eine Blutung und damit Zerstörung von Hirngewebe zugrunde liegen. Je nach Ort der Schädigung kann es zu motorischen Ausfällen (sog. zentralen Lähmungen, Sensibilitätsstörungen und/oder – wie bei Läsionen spezialisierter Kortexareale (S. 1137) – zu spezifischen Symptomen kommen. Eine vorübergehende ischämische Störung wird als transiente ischämische Attacke (TIA) bezeichnet. Sie dauert nicht länger als 24 h; die Symptome können sich je nach betroffenem Hirngebiet in reversiblen Lähmungen, Sehstörungen, Sprachstörungen oder Bewusstseinsstörungen äußern.

1.5.1 Arterielle Versorgung

1.5.1

Arterielle Versorgung des Gehirns

Arterielle Versorgung des Gehirns

Das Großhirn benötigt für seine Funktion Sauerstoff und Glukose, die beide gut die Blut-Hirn-Schranke (s. u.) passieren können. Sauerstoff gelangt per Diffusion in das Hirngewebe, während für Glukose ein spezielles Transportsystem vorhanden ist.

Die Funktion des Großhirns ist gegenüber Unterbrechungen der Blutversorgung extrem empfindlich.

▶ Klinik. Unterbrechungen der Blutversorgung von wenigen Sekunden Dauer führen bereits zu (reversiblen) Funktionsausfällen; nach wenigen Minuten ist das Gehirn irreversibel geschädigt.

Arterielle Versorgung

▶ Klinik.

1158

N

Ursprungsarterien und Circulus arteriosus cerebri

Ursprungsarterien und Circulus arteriosus cerebri

▶ Synonym.

1 ZNS – Aufbau und Organisation

▶ Synonym. Circulus arteriosus cerebri = Circulus arteriosus Willisi

Die Arterien des Gehirns entspringen aus folgenden großen Gefäßen: ■ Die paarige A. carotis interna hat im Bereich des Karotissiphons im Sinus cavernosus engen räumlichen Kontakt mit den Augenmuskelnerven III, IV und VI sowie dem N. ophthalmicus und Chiasma opticum. Die Arterie setzt sich in die A. cerebri media fort. Die A. cerebri anterior ist ein Ast der A. cerebri media. ■ Die beiden Aa. vertebrales vereinigen sich nach Durchlaufen der kranialen 6 Foramina transversaria zur A. basilaris und enden in der paarigen A. cerebri posterior (Abb. N-1.54).

Die großen Arterien des Gehirns entspringen aus zwei jeweils paarig angelegten arteriellen Gefäßen: ■ Arteria carotis interna sinistra und dextra: Jede von ihnen erreicht das Schädelinnere über den knöchernen Canalis caroticus und setzt sich als Arteria cerebri media fort. Diese gibt ihrerseits um das Chiasma opticum (S. 1221) herum die beiden Arteriae cerebri anteriores ab. Zwischen Letzteren wird durch die Arteria communicans anterior eine Verbindung hergestellt. Eine wichtige Struktur im Verlauf der A. carotis interna ist der Karotissiphon. Er besteht aus einer scharfen, nach ventral konvexen Biegung der Arterie im und ventral vom Sinus cavernosus. Der Sinus cavernosus seinerseits liegt auf beiden Seiten des Keilbeinkörpers und umgibt die Hypophyse. Innerhalb des Sinus wird der Karotissiphon von den Augenmuskelnerven III, IV und VI sowie vom N. ophthalmicus begleitet. Von kaudal berührt der vordere-obere Teil des Siphons das Chiasma opticum. ■ Arteria vertebralis sinistra und dextra: Sie ziehen beidseits durch die Foramina transversaria der kranialen sechs Halswirbel und dann durch das Foramen occipitale magnum. Die Arteriae liegen den Halswirbelkörpern lateral an, wenden sich auf der Oberfläche des Atlas nach medial und ziehen dorsal um die Massa lateralis des Atlas herum. Danach erreichen sie das Schädelinnere. Dort vereinigen sie sich zur Arteria basilaris, die auf der Ventralseite des Pons nach rostral verläuft (Abb. N-1.54) und an dieser Stelle eine flache Senke auf der Oberfläche des Pons hervorruft. Die A. basilaris teilt sich wiederum in die beiden Arteriae cerebri posteriores, die jeweils über eine Arteria communicans posterior mit der gleichseitigen Arteria cerebri media verbunden sind.

▶ Klinik.

▶ Klinik. Bei einem akuten Verschluss einer der großen Hirnarterien (Hirninfarkt) sind die Verbindungen über die Aa. communicantes meist nicht ausreichend, um die Funktion im Versorgungsgebiet des verschlossenen Gefäßes aufrechtzuerhalten.

▶ Merke.

▶ Merke. Über Aa. communicantes bilden die Aa. cerebri anterior, media und poste-

rior beider Seiten einen vollständigen Kreis an der Hirnbasis um den Hypophysenstiel herum (Circulus arteriosus cerebri, Abb. N-1.54).

⊙ N-1.54

Ursprung der großen Hirnarterien an der Hirnbasis und ihre Verbindung zum Circulus arteriosus cerebri A. communicans posterior A. cerebri posterior

A. communicans anterior A. carotis interna A.cerebri anterior

A.cerebri posterior A. inferior anterior cerebelli A. inferior posterior cerebelli A. vertebralis a

A. inferior anterior cerebelli A. basilaris

A. cerebri media, Pars sphenoidalis, Segmentum M1 A. communicans posterior A. choroidea anterior Aa. pontis

Foramen magnum A. vertebralis A. spinalis posterior b

A. superior cerebelli

A. communicans anterior

A. basilaris

A. communicans posterior

A. occipitalis medialis A. spinalis anterior

c

A. cerebri posterior

A. cerebri anterior A. communicans anterior A. cerebri media A. carotis interna A. superior cerebelli Aa. pontis A. inferior posterior cerebelli

A. cerebri anterior A. cerebri media A. carotis interna A. basilaris

(Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

a Darstellung der Arterien an der Hirnbasis nach Entfernung von Kleinhirn und Temporallappen auf der linken Seite. b Hirnbasisarterien mit Circulus arteriosus cerebri (Willisi) in Projektion auf die innere Schädelbasis. c Häufigste Ausprägung des Circulus arteriosus cerebri (Willisi). Varianten mit Hypoplasie eines Gefäßabschnittes sind relativ häufig, jedoch funktionell meist unerheblich.

N

▶ Klinik. An den Arterien des Circulus arteriosus cerebri bilden sich häufig Aneurysmen (Abb. N-1.55a). Da Aneurysmen auch bei jungen Personen zum Platzen neigen, kann es auf diese Weise zu Subarachnoidalblutungen kommen (Abb. N-1.55b).

⊙ N-1.55

1159

1.5 Gefäßversorgung von Gehirn, Rückenmark und Meningen

Plötzlich auftretende heftige Kopfschmerzen sind ein charakteristisches Symptom. Der Nachweis von Blut im Liquor cerebrospinalis bestätigt die Verdachtsdiagnose.

Aneurysmen im Bereich des Circulus arteriosus

(Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl., a nach Bähr und Frotscher)

A. communicans anterior

A. carotis interna

A. cerebri media

A. communicans posterior

rupturiertes Aneurysma einer Hirnbasisarterie

Subarachnoidalraum

a

Sinus sphenoidalis

b

Arterielle Versorgung von Kleinhirn und Pons Das Kleinhirn hat drei paarige Hauptarterien (Abb. N-1.56). Von kaudal nach rostral sind dies: ■ Arteria inferior posterior cerebelli: Sie entspringt meist aus den Endstrecken der Aa. vertebrales kurz vor deren Vereinigung zur A. basilaris. ■ Arteria inferior anterior cerebelli: Sie ist einer der ersten Äste der A. basilaris. Manchmal ist sie der Ursprung für die A. inferior posterior cerebelli. ■ Arteria superior cerebelli: Sie verlässt die A. basilaris kurz vor deren Aufteilung in ihre Endäste (Aa. cerebri posteriores). Der Pons erhält eine Vielzahl von Ästen (Arteriae pontis oder Rami ad pontem) aus der A. basilaris. Direkt aus der A. basilaris, einer der Aa. pontis oder der A. inferior anterior cerebelli entspringt eine sehr lange und dünne Arterie, die Arteria labyrinthi. Sie stellt die Hauptversorgung des Innenohrs (S. 1083) dar. ▶ Klinik. Eine Arteriosklerose oder ein Spasmus der Muskulatur der A. labyrinthi

Arterielle Versorgung von Kleinhirn und Pons Das Kleinhirn wird über 3 paarige Arterien versorgt (Abb. N-1.56). Von kaudal nach rostral sind dies: ■ A. inferior posterior cerebelli, ■ A. inferior anterior cerebelli und ■ A. superior cerebelli. Die Versorgung des Pons erfolgt über Äste der A. basilaris.

Die A. labyrinthi entspringt aus der A. basilaris oder einer der Aa. pontis.

▶ Klinik.

kann zu starken Gleichgewichtsstörungen mit Erbrechen oder Störungen des Gehörs mit oder ohne Tinnitus (anhaltenden Ohrgeräuschen) führen.

⊙ N-1.56

⊙ N-1.56

Arterien zum Kleinhirn und Hirnstamm

A. cerebri posterior A. superior cerebelli N. oculomotorius Rr. laterales Aa. pontis N. trigeminus A. basilaris A. labyrinthi A. inferior anterior cerebelli N. abducens A. inferior posterior cerebelli

A. vertebralis A. spinalis anterior

Ansicht der arteriellen Versorgung von Kleinhirn und Hirnstamm von links-lateral. (Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

1160

N

Arterielle Versorgung des zerebralen Kortex

Arterielle Versorgung des zerebralen Kortex

▶ Merke.

1 ZNS – Aufbau und Organisation

▶ Merke. Der zerebrale Kortex wird von den drei großen Hirnarterien versorgt

(Abb. N-1.57): A. cerebri media → größter Teil der Konvexität, ■ A. cerebri anterior → Hauptanteil der medialen Hemisphären sowie schmale Bereiche der Konvexität nahe der Mantelkante, ■ A. cerebri posterior → Okzipitalpol und untere Anteile des Temporallappens.



⊙ N-1.57

⊙ N-1.57

Versorgungsgebiete der drei großen Hirnarterien Corpus callosum Thalamus

Seitenventrikel

Nucleus caudatus Insula

Mantelkante

Claustrum Putamen Capsula interna

a

Hippo- Globus campus pallidus A. cerebri anterior A. cerebri media A. cerebri posterior

Mantelkante Corpus callosum Septum pellucidum

Corpus pineale

Commissura anterior

b

Chiasma opticum

SeitenIII. Ventrikel ventrikel

Thalamus

Aquaeductus mesencephali

Das gelbmarkierte Areal wird z. T. über die A. choroidea anterior versorgt. (Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

a Ansicht von lateral auf die linke Hirnhälfte. b Ansicht von medial auf die rechte Hirnhälfte.

Konvexität der Hemispären: Die Hauptarterie für die konvexen Hemisphären ist die A. cerebri media, die aber mit ihren Ästen die Mantelkante nicht erreicht (Abb. N-1.58). Der Bereich der Konvexität an der Mantelkante wird von der A. cerebri anterior versorgt.

▶ Klinik.

Konvexität der Hemisphären: Das Hauptgefäß der konvexen Hemisphären ist die Arteria cerebri media (s. o.). Sie verläuft im Sulcus lateralis (S. 1133) nach okzipital und gibt dabei mehrere Äste an die umliegenden Kortexgebiete ab (Abb. N-1.58). Bereiche nahe der Mantelkante (Übergang von der parietalen Konvexität zur Medialfläche des Großhirns) werden von den Ästen der A. cerebri media nicht erreicht, sondern von Ästen der A. cerebri anterior (s. u.) versorgt, die von medial 1–3 cm auf die Konvexität übergreifen. ▶ Klinik. Nach einem isolierten Verschluss der A. cerebri media (Mediainfarkt) kommt es auf der kontralateralen Körperhälfte zu sensorischen und motorischen Ausfällen, s. a. Hirninfarkt (S. 1180). Die Ausfälle betreffen jedoch oft die Beine nicht, weil die somatotopisch zur unteren Extremität gehörenden Kortexgebiete nahe der Mantelkante und auf der Medialfläche des Gehirns liegen und von der A. cerebri anterior versorgt werden.

N

⊙ N-1.58

1161

1.5 Gefäßversorgung von Gehirn, Rückenmark und Meningen

Verlauf der A. cerebri media A. sulci A. sulci precentralis centralis

A. sulci postcentralis

A. sulci precentralis

A. sulci centralis A. sulci postcentralis

A. parietalis anterior R. temporoA. preoccipitalis frontalis R. temporalis posterior R. temporalis A. frontobasalis medius lateralis

A. prefrontalis

A. frontobasalis lateralis R. temporalis anterior

A. parietalis anterior R. gyri angularis

R. temporooccipitalis

R. temporalis R. temporalis R. temporalis anterior medius posterior

a

b

(Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

a Oberflächliche Äste der A. cerebri media b und Verlauf des Stammgefäßes in der Tiefe des Sulcus lateralis in der Ansicht von links-lateral.

⊙ N-1.59

Verlauf der A. cerebri anterior und posterior

R. frontalis intermediomedialis

A. pericallosa

R. frontalis posteromedialis

R. cingularis

Rr. paracentrales Rr. precuneales

A. callosomarginalis

R. corporis callosi dorsalis

R. frontalis anteromedialis

Darstellung der Verzweigung von A. cerebri anterior (aus der A. carotis interna bzw. A. cerebri media) und posterior (aus der A. basilaris) an der Medialseite einer rechten Hemisphäre. (Mediansagittalschnitt). (Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

R. parietooccipitalis

A. polaris frontalis

R. parietalis

A. frontobasalis medialis A. cerebri anterior A. cerebri posterior Rr. temporales anteriores

R. calcarinus Rr. temporales posteriores A. occipitalis lateralis

A. occipitalis Rr. temporales medialis intermedii, (Rr. temporales medii)

Der größte Teil der basalen Konvexität wird von der Arteria cerebri posterior (Abb. N-1.59) versorgt.

Die A. cerebri post. versorgt den Großteil der basalen Konvexität.

Medialfläche der Hemisphären: Neben der Versorgung der Konvexität nahe der Mantelkante (s. o.) ist die Arteria cerebri anterior v. a. die Hauptarterie der Medialfläche des Kortex (Abb. N-1.59). Nur der Okzipitallappen dorsal vom Sulcus parietooccipitalis und die Basalfläche des Kortex werden nicht von ihr versorgt. Ein besonders auffälliger Ast ist die Arteria pericallosa, die auf der Parietalfläche des Corpus callosum nach okzipital verläuft und bei Arteriografien als topografisches Merkmal wichtig ist. Der eigentliche Hauptast der A. cerebri anterior zieht als Arteria callosomarginalis auf dem Gyrus cinguli nach dorsal und versorgt ihn zum größten Teil. Der Rest der Medialfläche wird wie die basale Konvexität von der A. cerebri posterior versorgt (Abb. N-1.59). Ein funktionell wichtiger Ast der A. cerebri posterior ist der R. calcarinus, der im Sulcus calcarinus verläuft und die primäre Sehrinde versorgt.

Medialfläche der Hemisphären: Die Hauptarterie der Medialfläche des Großhirns ist die A. cerebri anterior (Abb. N-1.59). Der Rest wird von der A. cerebri posterior versorgt (Abb. N-1.59).

Arterielle Versorgung der Basalganglien und Capsula interna

Arterielle Versorgung der Basalganglien und Capsula interna Die Basalganglien sowie die Capsula interna mit ihren deszendierenden und aszendierenden Bahnen werden hauptsächlich durch die Aa. centrales anterolaterales aus der A. cerebri media versorgt (Abb. N-1.60).

Die Arteriae centrales anterolaterales (Arteriae lenticulostriatae) sind Äste der A. cerebri media. Sie steigen durch die Substantia perforata anterior von der Hirnbasis fast vertikal zu den Basalganglien auf und versorgen u. a. die telenzephalen Kerne (Striatum und Globus pallidus) sowie die Capsula interna, besonders das Crus anterius (Abb. N-1.60). Das Crus anterius kann aber auch von Ästen der A. cerebri ante-

1162

N

1 ZNS – Aufbau und Organisation

rior versorgt werden. Der hintere Schenkel der Capsula interna erhält seine arterielle Versorgung eher aus der Arteria choroidea anterior (Abb. N-1.54a und Abb. N-1.60a). Diese Arterie geht aus der A. carotis interna dicht am Übergang zur A. cerebri media hervor und versorgt auch den Plexus choroideus in den Unterhörnern der Seitenventrikel, womit sie für die Liquorsekretion von Bedeutung ist. Die Substantia perforata anterior liegt zu beiden Seiten des Chiasma opticum. Sie weist zahlreiche Löcher für den Durchtritt der Arterienäste auf.

⊙ N-1.60

Arterielle Versorgung der Basalganglien und der Capsula interna (Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

A. cerebri anterior Rr. nucleorum thalami

Aa. centrales anterolaterales (Aa. lenticulostriatae)

Rr. globi pallidi Aa. centrales posteromediales

A. cerebri media, Pars insularis

A. basilaris

A. cerebri media, Pars sphenoidalis A. choroidea anterior

A. cerebri posterior a

A. cerebri media

A. cerebri media

A. cerebri anterior

A. cerebri anterior

Crus anterius Genu

A. choroidea anterior

Crus posterius

A. choroidea anterior A. cerebri posterior

b

Capsula interna

A. cerebri posterior c

▶ Klinik. Eine arterielle Massenblutung, die neben dem häufigeren

Verschluss einer Hirnarterie auch Ursache für einen Schlaganfall = Apoplex (S. 1157) sein kann, erfolgt häufig aus den Aa. centrales anterolaterales (= Aa. lenticulostriatae, Abb. N-1.61). Die Blutung schädigt nicht nur Basalganglien und Thalamus, sondern unterbricht auch die Leitung in den motorischen Bahnen, die in der Capsula interna nach kaudal laufen, d. h. die

⊙ N-1.61

a Arterienäste zu Basalganglien und Capsula interna im Frontalschnitt auf Höhe der Corpora mammillaria. b Stromgebiete der großen Hirnarterien im Bereich der Basalganglien und der Capsula interna im Frontalc und Horizontalschnitt.

Pyramidenbahn (S. 1183) und Fibrae corticonucleares (S. 1185) für die Hirnnerven, sowie in den sensorischen Fasern zwischen Thalamus und Kortex. Die Folgen sind motorische Lähmungen (S. 1191) und sensorische Ausfälle der kontralateralen Extremität(en) und/oder der mimischen Gesichtsmuskeln, d. h. zentrale Fazialisparese (S. 1185).

Massenblutung im Bereich der Basalganglien Thalamus Corpus callosum

Nucleus caudatus

Capsula interna Putamen

Massenblutung im Bereich der Basalganglien

Claustrum Aa. lenticulostriatae Globus pallidus

(Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

A. cerebri media

N

1.5 Gefäßversorgung von Gehirn, Rückenmark und Meningen

1163

Arterielle Versorgung des Rückenmarks

Arterielle Versorgung des Rückenmarks

Das Rückenmark wird hauptsächlich von drei Arterien versorgt, die aus den Aa. vertebrales entspringen und das Rückenmark nach kaudal begleiten: ■ Die unpaare Arteria spinalis anterior in der Fissura mediana anterior des Rückenmarks (S. 1101) und ■ zwei Arteriae spinales posteriores dicht neben (ventral von) dem Eintritt der Hinterwurzel. Von diesen Arterien ziehen dünne Äste radiär in das Rückenmark. Diese Äste sind Endarterien, d. h. bei einem Verschluss stirbt das von diesem Gefäß versorgte Gewebe ab. Zusätzlich gibt die Aorta für das Thorakal- und Lumbalmark Rami spinales ab. Diese Rr. spinales entspringen im Thorakalbereich aus den Aa. intercostales posteriores, im Lumbalbereich aus den Aa. lumbales (Abb. N-1.62)

Das Rückenmark besitzt drei Arterien, die aus den Aa. vertebrales entspringen und auf der spinalen Oberfläche nach kaudal laufen: Eine A. spinalis anterior und zwei Aa. spinales posteriores. Die Aorta gibt zusätzlich Rr. spinales ab, von denen die A. radicularis magna der größte ist (Abb. N-1.62).

⊙ N-1.62

Arterielle Versorgung des Rückenmarks Lage und Äste zur arteriellen Versorgung des Rückenmarks in der Ansicht von ventral.

A. basilaris A. vertebralis

(Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl., nach Nieuwenhuys)

a Die Aa. spinales posteriores sind der Systematik halber durch das Rückenmark durchscheinend dargestellt, jedoch von ventral eigentlich nicht sichtbar. b Zuflüsse zum vertikalen Versorgungssystem.

A. spinalis anterior Aa. spinales posteriores

Segmentarterie A. cervicalis ascendens Segmentarterie A. subclavia

Segmentarterie Aa. intercostales posteriores

A. basilaris

A. intercostalis posterior

A. vertebralis dextra A. radicularis magna

Segmentarterie

A. vertebralis, Pars intracranialis A. spinalis anterior A. vertebralis sinistra A. subclavia

Aa. lumbales

A. radicularis magna A. intercostalis posterior

a

b

1164

N

1 ZNS – Aufbau und Organisation

Der größte dieser Rami ist die Arteria radicularis magna (Adamkiewicz), die das Rückenmark im Bereich der Intumescentia lumbalis (S. 1097) versorgt. ▶ Merke.

▶ Merke. Im Gegensatz zu den radiär (horizontal) in das Rückenmark eintretenden

Gefäßen sind die vertikal verlaufenden langen Arterien keine Endarterien. Sie bilden ausgeprägte Anastomosen untereinander aus, sodass ischämische Versorgungsstörungen im Rückenmark seltener sind als im Gehirn.

Arterielle Versorgung der Meningen

Arterielle Versorgung der Meningen

Arterielle Versorgung der cerebralen Meningen Während die Pia mater über die Zerebralarterien gespeist wird und die Arachnoidea kein eigenes Gefäßsystem besitzt, gilt für die Dura folgendes:

Arterielle Versorgung der cerebralen Meningen

▶ Merke.

Die folgenden Angaben beziehen sich auf die Dura mater; die Arachnoidea umgibt mit ihren Trabekeln zwar die oberflächlichen Venen und Arterien, hat aber kein eigenes Gefäßsystem. Die Pia mater dagegen besitzt eigene Gefäße, die aus den Zerebralarterien gespeist werden. ▶ Merke. Die Arterien zur Versorgung der cerebralen Dura entspringen dem Strom-

gebiet der Aa. carotis interna und externa. Die Dura des Großhirns wird in Abhängigkeit von ihrer Lokalisation innerhalb der Schädelgruben durch den R. meningeus ant. der A. ethmoidalis ant. sowie die A. meningea media und posterior versorgt.

▶ Klinik.

Arteriell wird die Dura der vorderen Schädelgrube (jeweils inkl. Kalotte) vom Ramus meningeus anterior aus der A. ethmoidalis anterior, einem Ast der A. carotis int. (S. 1158), versorgt, in der mittleren Schädelgrube von der Arteria meningea media aus der A. maxillaris (S. 974) und in der hinteren Schädelgrube von der Arteria meningea posterior aus der A. pharyngea ascendens (S. 974) versorgt. Die A. meningea media tritt durch das Foramen spinosum und teilt sich in die Hauptäste R. frontalis, parietalis und petrosus. Die Äste liegen zwischen dem periostalen und meningealen Blatt der Dura. ▶ Klinik. Die Ursache eines epiduralen Hämatoms ist häufig ein Schädelbruch, des-

sen Bruchlinie durch die A. meningea media läuft. Die arterielle Blutung hebt die Dura von der Kalotte ab und schafft so einen Epiduralraum (S. 1149), der normalerweise nicht vorhanden ist. Da das Hämatom (größere Ansammlung von Blut außerhalb der Gefäße) schon nach relativ leichten Traumen auftreten kann, kommt es oft nicht direkt nach dem Unfall zum Bewusstseinsverlust, sondern u. U. erst, wenn der durch das wachsende Hämatom verursachte Druck steigt. Dieser Verlauf bedingt oft ein sog. freies Intervall, d. h. ein ungetrübtes Bewusstsein zwischen Trauma (ggf. mit initialer Bewusstlosigkeit) und (erneuter) Eintrübung. Letztere tritt meist mit anderen neurologischen Symptomen zusammen auf, die durch den erhöhten intrakraniellen Druck entstehen. In Abb. N-1.63 erkennt man das Hämatom, das bei größeren Blutungen eine Verschiebung der Mittellinie des Großhirns zur Gegenseite verursacht.

⊙ N-1.63

Epidurales Hämatom

a Schematische Darstellung im Frontalschnitt. (Prometheus LernAtlas. Thieme, 5 Aufl.) b Das rechtsseitige Epiduralhämatom führt zu einer im MRT deutlich sichtbaren Mittellinienverlagerung nach links. (Leuwer et al., Checkliste Intensivmedizin, Thieme, 2017)

Kalotte Ruptur der A. meningea media Fraktur epidurales Hämatom

a

Arachnoidea Dura mater

b

N

1165

1.5 Gefäßversorgung von Gehirn, Rückenmark und Meningen

Arterielle Versorgung der spinalen Meningen Die arterielle Versorgung der Rückenmarkshäute folgt dem gleichen Prinzip wie die der kranialen Meningen: Die Dura erhält ihre Gefäße aus den segmentalen Rami spinales der Aa. intercostales und lumbales. Die Arachnoidea ist frei von Gefäßen, während die Pia mater ihre Blutversorgung ebenfalls aus Ästen der Rr. spinales erhält.

Arterielle Versorgung der spinalen Meningen Die Dura erhält ihr Kapillarsystem aus den segmentalen Rr. spinales der Aa. intercostales und lumbales.

1.5.2 Venöser Abfluss

1.5.2

Hirnvenen

Hirnvenen

Venöser Abfluss

▶ Merke.

▶ Merke. Die Hirnvenen besitzen keine Klappen.

Oberflächliche Venen des Gehirns

Oberflächliche Venen des Gehirns

Die oberflächlichen Hirnvenen (Venae superficiales cerebri) drainieren den Kortex sowie die oberflächennahen Teile der weißen Substanz und leiten das Blut in die Hirnsinus (s. u.). Die Sinus wiederum haben über die Diploevenen der Schädelkalotte Kontakt mit den Venae emissariae (S. 978), die von der Kopfschwarte kommen. Wird im Präparierkurs dem Schädel einer Leiche das Gehirn entnommen, so ist meist noch die Arachnoidea auf der Oberfläche vorhanden (die Dura verbleibt im Schädel). Direkt unter der Arachnoidea befindet sich ein Netzwerk von Venen, die auf den arteriellen Ästen liegen. Auf der scheitelnahen Konvexität heißen sie Venae superiores cerebri, nahe der Basis Venae inferiores cerebri (Abb. N-1.64). Im oder in der Nähe des Sulcus lateralis des Großhirns zieht die Vena media superficialis cerebri. Zwischen diesem Gefäß und den oberflächlichen Venen und von da aus zum Sinus sagittalis superior besteht eine Anastomose: Vena anastomotica superior (Trolard). Die Verbindung zu den inferioren Venen bzw. Sinus transversus wird über die Vena anastomotica inferior (Labbé) hergestellt.

Sie drainieren v. a. den Kortex und leiten das Blut in die Hirnsinus (s. u.). Die Sinus haben über die Diploevenen der Schädelkalotte Verbindung mit den Vv. emissariae der Kopfschwarte. Die oberflächlichen Hirnvenen liegen direkt unter der Arachnoidea, drainieren den Kortex der Hemisphären und leiten das Blut in die Hirnsinus (s. u.). Man unterscheidet Vv. superiores cerebri und Vv. inferiores cerebri, die in der V. media superficialis cerebri im Sulcus lateralis zusammenlaufen (Abb. N-1.64).

▶ Merke. Die Vv. superiores cerebri münden scheitelwärts in den Sinus sagittalis

▶ Merke.

superior, die Vv. inferiores in den Sinus transversus. Um in den Sinus sagittalis superior (S. 1167) zu münden, durchbrechen die Vv. superiores cerebri die der Arachnoidea aufliegende Dura und werden hier als Brückenvenen bezeichnet.

⊙ N-1.64

Oberflächliche Hirnvenen

Vv. superiores cerebri

V. anastomotica superior (Trolard)

Sinus sagittalis superior

V. media superficialis cerebri

V. anastomotica inferior (Labbé) a

V. inferior cerebri

(Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

a Ansicht von lateral auf eine linke b und von medial auf eine rechte Gehirnhälfte.

Sinus transversus

V. thalamo- Vv. superiores V. anterior striata cerebri Sinus sagittalis septi pellucidi inferior Plexus choroideus ventriculi tertii Sinus sagittalis superior V. magna cerebri (Galen) V. occipitalis interna V. anterior Sinus rectus cerebri V. interna Sinus cerebri transversus V. basalis Sinus occipitalis b

1166 ▶ Klinik.

N

1 ZNS – Aufbau und Organisation

▶ Klinik. Bei Verletzung der Brückenvenen kommt es zur Einblutung zwischen Dura und Arachnoidea, die physiologischerweise dicht aneinander liegen (subdurales Hämatom = SDH). Besonderer Beachtung bedarf das chronische Subduralhämatom, das aufgrund des schleichenden Verlaufs der venösen Blutung und des oft für den Patienten nicht erinnerbaren (Bagatell-)Traumas leicht übersehen wird. Besonders bei älteren Menschen, bei denen aufgrund altersbedingter Hirnatrophie die Brückenvenen „freiliegen“ sollte man an die Möglichkeit eines chronischen Subduralhämatoms denken. Die Symptomatik reicht von unspezifischen psychopathologischen Veränderungen über Kopfschmerzen bis hin zu schwerwiegenden neurologischen Ausfällen. Im Vergleich zum epiduralen Hämatom (S. 1164) ist das subdurale meist ausgedehnter und nicht so scharf begrenzt (Abb. N-1.65).

⊙ N-1.65

Subdurales Hämatom

(Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

Brückenvene Dura mater

subdurales Hämatom

Subarachnoidalraum

Sinus sagittalis superior Falx cerebri Sinus sagittalis inferior

Die meist nicht rechtwinklig, sondern in rostraler Richtung erfolgende Einmündung in den Sinus sagittalis superior ist hämodynamisch ungünstig, da der Blutstrom im Sinus nach okzipital fließt. Als Erklärung kann das starke Wachstum des Großhirns mit dem Sinus sagittalis nach rostral während der Entwicklung herangezogen werden. Tiefe Venen des Gehirns

Tiefe Venen des Gehirns

Die wichtigste der tiefen Hirnvenen ist die V. magna cerebri (Galen), die Blut aus der V. thalamostriata sup. über die V. cerebri interna aufnimmt und so Teile der Basalganglien und der weißen Substanz drainiert. Sie mündet in den Sinus rectus (Abb. N-1.64b und Abb. N-1.66).

Das venöse Blut aus dem Innern des Großhirns (Marklager, Basalganglien und Dienzephalon) wird zum großen Teil über die Vena magna cerebri (Galen) drainiert, die in den Sinus rectus (s. u.) mündet. Sie erhält Zustrom über die Vena interna cerebri mit ihren Ästen (u. a. Vena thalamostriata superior, Abb. N-1.64b und Abb. N-1.66). Die V. thalamostriata sup. hat ihren Namen von ihrem Verlauf zwischen der Oberfläche des Thalamus und dem Ncl. caudatus. Sie drainiert in die Vena interna cerebri, die auf der oberen Medialfläche des Thalamus verläuft. Die V. interna cerebri mündet in die Vena magna cerebri. Die Vena thalamostriata inferior verläuft im Unterhorn des Seitenventrikels und drainiert in die Vena basalis. Kurz vor dem Übergang der V. magna cerebri in den Sinus rectus erhält sie Zufluss aus der Vena basalis. Diese umgreift von dorsal das Mesencephalon und führt venöses Blut aus großen Teilen der Hirnbasis.

Zerebellum: Der Abfluss erfolgt über Vv. cerebelli und V. magna cerebri in den Sinus rectus und transversus oder über die V. petrosa in den Sinus petrosus sup. (Abb. N-1.66b).

Zerebellum: Das venöse Blut des Zerebellums kann verschiedene Wege nehmen, nämlich über Vv. cerebelli bzw. vermis in die V. magna cerebri, den Sinus rectus und Sinus transversus. Die Venen der kaudolateralen Oberfläche münden über die V. petrosa meist in den Sinus petrosus sup. (Abb. N-1.66b).

Medulla oblongata: Abfluss meist über die V. petrosa in den Sinus petrosus superior.

Medulla oblongata: Der größte Teil des venösen Bluts wird ebenfalls über die V. petrosa in den Sinus petrosus superior drainiert.

N

⊙ N-1.66

1167

1.5 Gefäßversorgung von Gehirn, Rückenmark und Meningen

Tiefe Hirnvenen und Venen des Zerebellums (Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

Vv. nuclei caudati

a Darstellung der tiefen Hirnvenen beim Blick von parietal in die eröffneten Seitenventrikel an einem horizontalen Stufenschnitt. b Venöser Abfluss des Kleinhirns in der Ansicht von dorsal.

Foramen interventriculare

V. anterior septi pellucidi V. interna cerebri

V. thalamostriata superior

V. basalis V. posterior corporis callosi

V. choroidea superior V. lateralis ventriculi lateralis V. magna cerebri V. medialis ventriculi lateralis

Vv. superiores cerebelli

Sinus rectus Confluens sinuum

a Vierhügelplatte

V. magna cerebri

Sinus petrosus inferior V. petrosa

V. superior vermis Sinus petrosus superior

Sinus sigmoideus

Vermis cerebelli

V. inferior cerebelli (lateralis) V. superior cerebelli (lateralis) V. superior cerebelli (medialis) b

Sinus transversus V. inferior cerebelli Confluens (medialis) sinuum

V. inferior vermis

Sinus rectus

Venöse Blutleiter – Sinus durae matris

Venöse Blutleiter – Sinus durae matris

▶ Synonym. Hirnsinus

▶ Synonym.

▶ Merke. Die Hirnsinus drainieren das venöse Blut aus den oberflächlichen und tie-

▶ Merke.

fen Hirnvenen in die extrakranialen Venen. Hauptabfluss: V. jugularis interna (S. 899), s. a. Jugularvenen (S. 976). Die Wände der Sinus bestehen aus Dura mater, d. h. es sind venöse Blutleiter ohne Muskulatur, aber mit einer Endothel-Auskleidung. Venenklappen kommen ebenfalls nicht vor, daher ist eine Blutströmung in beide Richtungen möglich. Die Sinus befinden sich teilweise am Ursprung des bindegewebigen Hirnskeletts (Abb. N-1.67a). So liegt der Sinus sagittalis superior an der Basis der Falx cerebri und der Sinus transversus am Ursprung des Tentoriums. Der Sinus sagittalis inferior befindet sich am kaudalen freien Ende der Falx cerebri. Der Sinus rectus verbindet das okzipitale Ende der beiden sagittalen Sinus; er wurde bereits als Mündung der V. magna cerebri erwähnt. Weitere Sinus sind in Abb. N-1.67 gezeigt. Zu beachten ist der Venenplexus um die Sella turcica des Os sphenoidale (Sinus cavernosus), der Verbindung mit den Venen der Orbita und darüber mit den Gesichtsvenen (S. 976) besitzt. Der Sinus petrosus superior hat einen typischen Verlauf auf dem First der Pars petrosa des Os temporale. ▶ Merke. Der endgültige Abfluss des venösen Blutes aus den Sinus durae matris er-

folgt über die V. jugularis interna im Foramen jugulare.

Die Sinus sind venöse Blutleiter mit einer Wand aus Duragewebe mit Endothelauskleidung, aber ohne Muskulatur und Klappen. Sie befinden sich teilweise am Ursprung des Hirnskeletts (Falx cerebri und Tentorium, Abb. N-1.67a). Ein klinisch wichtiger Sinus ist der Sinus cavernosus, der Verbindung mit den Gesichtsvenen (S. 976) hat.

▶ Merke.

1168 ⊙ N-1.67

N

1 ZNS – Aufbau und Organisation

Venöse Sinus des Gehirns Sinus intercavernosus anterior

Falx cerebri Sinus sagittalis superior

Sinus sagittalis inferior

Plexus venosus foraminis ovalis

Sinus cavernosus Sinus sphenoparietalis

Sinus rectus Sinus transversus

Sinus Tentorium sigmoideus cerebelli V. jugularis interna

Sinus sphenoparietalis

Sinus intercavernosus posterior

Sinus cavernosus Sinus petrosquamosus

Plexus basilaris

V. meningea media

Sinus petrosus inferior

Sinus petrosus inferior Sinus petrosus superior

V. ophthalmica superior

Sinus petrosus superior

Sinus marginalis

Foramen jugulare Sinus sigmoideus

Vv. inferiores cerebri

V. magna cerebri

Tentorium cerebelli

a

b

Sinus occipitalis Sinus transversus Sinus rectus Sinus sagittalis superior

Confluens sinuum

(Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

a Darstellung der wichtigsten Sinus durae matris in der Ansicht von rechts dorsal b sowie von kranial auf die innere Schädelbasis (b) nach Fensterung des Tentorium cerebelli rechts und Entfernung des Gehirns. ▶ Klinik.

▶ Klinik. Einem Verschluss zerebraler venöser Blutleiter (Sinusvenenthrombose)

kann neben entzündlichen Ursachen, z. B. durch eindringende Keime bei Infektionen im Kopfbereich mit nachfolgender Sinus-cavernosus-Thrombose (S. 977), auch eine Gerinnungsstörung zugrunde liegen. Durch den gestörten Abfluss kommt es zu einem Rückstau des Blutes mit Übertritt der intravasalen Flüssigkeit in das umliegende Hirngewebe (Hirnödem) und ggf. Einblutungen (Stauungsblutung). Neben den allmählich zunehmenden Kopfschmerzen und Übelkeit als Zeichen des erhöhten Hirndrucks ist die Symptomatik abhängig von dem Hirnareal, das durch die gestauten Venen drainiert wird. Beim relativ häufig betroffenen Sinus sagittalis superior (Abb. N-1.68) kommt es zum Rückstau in den Venae superiores cerebri und damit in beide Hemisphären mit weitreichenden kortikalen Schäden. Therapeutisch wichtig ist die Senkung des Hirndrucks durch entwässernde Maßnahmen (z. B. hypertone Lösungen (Mannitol) und Diuretika).

⊙ N-1.68

Angiografische Darstellung einer Thrombose im Sinus sagittalis superior

(Grehl, H., Reinhardt, F.: Checkliste Neurologie. Thieme, 2012)

Venen des Rückenmarks

Venen des Rückenmarks

Nach Sammlung des venösen Blutes im Venennetz der Pia mater fließt es über segmentale Venen (S. 278) ab. Letztere stehen mit den Plexus venosi vertebrales (S. 1150) in Verbindung.

Das venöse Blut sammelt sich zunächst in einem Venennetz der Pia mater, um dann über segmentale Venen (S. 278) abzufließen (z. B. Vv. intercostales, lumbales, sacralis lateralis). Diese Venen stehen mit venösen Geflechten (Plexus) in Verbindung, die das gesamte Rückenmark begleiten: Der Plexus venosus vertebralis internus (S. 1150) liegt im Epiduralraum und bildet ein Polster um das Rückenmark (Abb. N-1.47).

N

1169

1.5 Gefäßversorgung von Gehirn, Rückenmark und Meningen

▶ Klinik. Drucksteigerungen im Abdomen durch Husten und Bauchpresse können durch Volumenzunahme des Plexus vertebralis internus Hinterwurzeln irritieren und Schmerzen auslösen.

▶ Klinik.

Der Plexus venosus vertebralis externus (S. 278) hat zwei Teile (ant. und post.). Der vordere Teil verläuft entlang der Ventralseite der Wirbelkörper, der hintere zu beiden Seiten der Dornfortsätze.

Venen der Meningen

Venen der Meningen

Die Pia mater ist von einem Venennetz durchzogen, während die Arachnoidea keine eigenen Gefäße besitzt. Wie auf der Oberfläche des Gehirns umgibt die Arachnoidea mit ihren Trabekeln die Gefäße des Rückenmarks im Subarachnoidalraum. Die Venen der Dura mater verlaufen mit den Arterien (s. o.) und drainieren oft direkt in die Hirnsinus.

Die Pia mater ist von einem Venennetz durchzogen, die Arachnoidea besitzt keine eigenen Gefäße. Die Venen der Dura mater verlaufen mit den Arterien (s. o.) und drainieren oft direkt in die Sinus.

1.5.3 Blut-Hirn-Schranke (BHS)

1.5.3

Fast das gesamte Hirngewebe ist durch die BHS von Substanzen getrennt, die mit dem Blut transportiert werden (Toxine, Bakterien und Stoffe, die die Homöostase im Gehirn stören wie z. B. K+, das nach dem Passieren der BHS das Membranpotenzial der Neurone depolarisieren würde). Im Bereich der Kapillaren werden diese Substanzen durch Tight Junctions (Fasciae occludentes) zwischen den Endothelzellen der Hirngefäße zurückgehalten. Früher wurden die Pseudopodien der Astrozyten, die eine geschlossene Schicht um die Kapillarwand der Hirngefäße (Lamina limitans gliae perivascularis) bilden, als strukturelles Korrelat der BHS angesehen; heute ist diese Ansicht überholt. Allerdings besteht eine Beziehung zwischen den Astrozyten und der BHS:

Die Blut-Hirn-Schranke (BHS) verhindert den Übertritt vieler Substanzen aus dem Blut in das Hirngewebe und sichert so ein konstantes Milieu für die Neurone. Die BHS besteht vorwiegend aus den durch Tight Junctions miteinander verbundenen Endothelzellen der Hirnkapillaren.

▶ Merke. Die Pseudopodien der Astrozyten induzieren die Bildung der Tight Juncti-

Blut-Hirn-Schranke (BHS)

▶ Merke.

ons in den Endothelzellen der Hirngefäße. Die für die Funktion des Gehirns unbedingt notwendige Glukosezufuhr erfolgt über den Glukosetransporter-1 der Endothelzellen. Nur an einigen Stellen um den III. und IV. Hirnventrikel (den sog. zirkumventrikulären Organen = ZVO) gibt es kleine Gebiete, die fenestrierte Kapillaren und somit keine BHS besitzen (Abb. N-1.69). Dies sind die sog. „Fenster des Gehirns“. Dazu gehören u. a.: ■ Area postrema: Sie liegt im Boden des IV. Ventrikels unter dem kaudalen Ende der Rautengrube. Die Area postrema (S. 1111) erhält u. a. Informationen aus dem Ncl. solitarius, der Beziehungen zur Geschmacksbahn hat, und ist an der Auslösung von Erbrechen beteiligt. ■ Eminentia mediana: Die Eminentia mediana liegt im proximalen dorsalen Hypophysenstiel und ist der Ort der Freisetzung von hypothalamischen Steuerhormonen in die Portalgefäße des Hypophysenvorderlappens (S. 1251), weshalb sie keine BHS haben darf. An diesen Stellen sind die Kapillaren der Hirngefäße fenestriert.

⊙ N-1.69

⊙ N-1.69

Zirkumventrikuläre Organe

Organum vasculosum laminae terminalis

Organum subfornicale

Plexus choroideus Organum subcommissurale Corpus pineale

Neurohypophyse

Darstellung der zirkumventrikulären Organe in der Ansicht eines Mediansagittalschnitts von links. Mit Ausnahme des Subkommissuralorgans ist in diesen Bereichen die BlutHirn-Schranke meist unterbrochen. (Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

Eminentia mediana Plexus choroideus Area postrema

An einigen Stellen des Gehirns fehlt eine BHS (sog. zirkumventrikuläre Organe um den III. und IV. Ventrikel, Abb. N-1.69): ■ Area postrema (S. 1111), ■ Eminentia mediana (S. 1251) und ■ Neurohypophyse (S. 1250). Diese besitzen fenestrierte Kapillaren. Weitere Gebiete ohne BHS sind das Subfornikalorgan, das Corpus pineale und die Plexus choroidei.

1170

N

1 ZNS – Aufbau und Organisation

Neurohypophyse (S. 1250): Hier befinden sich großlumige (sinusoidale) Kapillaren mit fenestriertem Endothel, an denen die Axone der Ncll. supraopticus und paraventricularis enden. Die Neurone geben hier per Neurosekretion die Hormone Oxytozin und ADH in das Blut ab. Eine BHS fehlt außerdem ■ im Subfornikalorgan, das zwischen den Foramina interventricularia unter dem Fornix liegt, ■ im Corpus pineale = Epiphyse (S. 1127) und ■ in den Plexus choroidei. In allen diesen Gebieten können Substanzen aus dem Blut in das Hirngewebe austreten. ■

▶ Klinik.

▶ Klinik. Anders als beispielsweise Alkohol, der die BHS fast ohne Einschränkung

passiert, können dies andere Stoffe nicht. Ein wichtiges Beispiel ist das Dopamin, das man gern als Therapie der Parkinson-Krankheit einsetzen würde, die durch einen Mangel an Dopamin im Striatum (S. 1188) verursacht wird. Man behilft sich dadurch, dass man die Vorstufe von Dopamin, das L-DOPA (Dihydroxyphenylalanin) appliziert. Diese Substanz tritt durch die BHS, wird von den Zellen der Substantia nigra in Dopamin umgebaut und als Neurotransmitter im Striatum freigesetzt. Zu den zirkumventrikulären Organen wird auch das Organum subcommissurale gezählt das direkt kaudal der Epiphyse liegt. Das Organ, dessen Funktion beim Menschen ungeklärt ist, besitzt eine intakte Blut-Hirn-Schranke. 1.6

Entwicklung des ZNS

1.6

Entwicklung des ZNS

Zunächst werden allgemeine Vorgänge beschrieben, die sowohl für die Entwicklung von Strukturen des Rückenmarks als auch des Gehirns von Bedeutung sind. Neben den pränatalen Prozessen zählt hierzu auch die Bildung von Markscheiden (Myelinisierung), die bei bestimmten Axonen noch postnatal fortgesetzt wird. Bildung des Neuralrohrs (Abb. N-1.70): Im Ektoderm der Keimscheibe bildet sich das Neuroektoderm. Über Neuralplatte und Neuralrinne verläuft die Entwicklung zum Neuralrohr (S. 111). Dieses schließt sich zunächst in der Mitte, der Verschluss setzt sich dann nach rostral und kaudal fort. In diesem Stadium hat das Neuralrohr an seinen Enden zwei Öffnungen, den kranialen und kaudalen Neuroporus.

▶ Klinik.

Bildung der Neuralleiste (Abb. N-1.70): An der Grenze zwischen Hautektoderm und Neuroektoderm entsteht die Neuralleiste (S. 111), aus der sich u. a. die Spinalganglien, Schwannzellen, autonomen Ganglien und Gliazelltypen des ZNS und PNS entwickeln.

Bildung des Neuralrohrs (Abb. N-1.70): In der 3. Entwicklungswoche bildet sich im Zentrum des Ektoderms der Keimscheibe unter dem induzierenden Einfluss des mesodermalen Chordafortsatzes das Neuroektoderm in Form der Neuralplatte. Die Induktion erfolgt durch Proteine (Chordin und Noggin), die vom Chordafortsatz sezerniert werden. Die Neuralplatte bildet die Grundlage für das gesamte zukünftige Nervensystem und faltet sich zur Neuralrinne ein, die sich später zum Neuralrohr (S. 111) schließt (Neurulation). Der Verschluss zum Neuralrohr beginnt in der Mitte der Neuralrinne und schreitet dann in kranialer und kaudaler Richtung fort. Das Lumen des Neuralrohrs wird später zum Zentralkanal. Wenn das Neuralrohr fast völlig geschlossen ist, bleiben nur zwei Öffnungen am kranialen und kaudalen Ende, der kraniale und kaudale Neuroporus. ▶ Klinik. Der ausbleibende Verschluss des kranialen bzw. kaudalen Neuroporus mit oft gleichzeitig auftretendem mangelndem Verschluss des Wirbelkanals ist mit bekannten klinischen Fehlbildungen verbunden: Unterbleibt der Verschluss des kranialen Neuroporus bilden sich im Extremfall große Teile des Gehirns nicht aus (Anenzephalus). Das knöcherne Schädeldach wird ebenfalls nicht angelegt, da seine Bildung vom Gehirn induziert wird. Statt der Schädelkalotte findet sich nur eine bindegewebige Platte direkt oberhalb der Augen. In den letzten Schwangerschaftswochen tritt ein Hydramnion (Zunahme des Fruchtwassers in der Amnionhöhle) auf, da die Schluckreflexe des Fetus nicht funktionieren (normalerweise schluckt er ständig Fruchtwasser). Die Fehlbildung führt i. d. R. bereits wenige Tage nach der Geburt zum Tod. Als wirksame Prävention hat sich die Gabe von Folsäure erwiesen, mit der möglichst bereits einige Monate vor der geplanten Konzeption begonnen werden sollte.

Bildung der Neuralleiste (Abb. N-1.70): In der Übergangszone zwischen Neuroektoderm und Hautektoderm findet sich zum Zeitpunkt des Verschlusses der Neuralrinne die Neuralleiste (S. 111). Aus dem Material der Neuralleiste bilden sich später alle Nervenzellen der Ganglien des somatischen und autonomen peripheren Nervensystems inkl. des Nebennierenmarks sowie einige Gliazelltypen des ZNS, und SchwannZellen als Hüllzellen des peripheren Nervensystems.

N

⊙ N-1.70

1171

1.6 Entwicklung des ZNS

Entwicklung von Neuralrohr und Neuralleiste Die mesodermale Chorda dorsalis induziert im Oberflächenektoderm die Entwicklung der Neuralplatte, die auf beiden Seiten durch die Neuralleiste begrenzt wird. Durch Einsenkung des Zentrums der Neuralplatte bildet sich die Neuralrinne, die sich später zum Neuralrohr schließt. Das Sonic hedgehog(SHH)-Molekül wird von der Chorda dorsalis sezerniert und ist für die Entwicklung der Motoneurone des Vorderhorns wichtig, während die Bone morphogenetic proteins (BMPs) u. a. von den Zellen der Deckplatte (Dach des Neuralrohrs) gebildet werden und die Entwicklung des dorsalen Neuralrohrs steuern.

Oberflächenektoderm

Neuralplatte

Chorda dorsalis

Neuralwülste Neuralleiste

(Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl., nach Wolpert)

Epidermis BMPs Neuralrinne

Neuralleistenzellen

Neuralrohr Shh Chorda dorsalis

Myelinisierung der Axone: In der ersten Entwicklungsphase sind noch alle Axone marklos; die Myelinisierung erfolgt erst deutlich später (ca. 15. Woche). Als phylogenetisch neue Erwerbung wird die Pyramidenbahn (S. 1183) erst sehr spät myelinisiert. Diese sog. Reifung der Pyramidenbahn ist erst im 2. Lebensjahr beendet. Vor diesem Zeitpunkt sind beim Neugeborenen die „Pyramidenzeichen“ vorhanden, zu denen als bekanntestes der Babinski-Reflex gehört. ▶ Klinik. Der Babinski-Reflex tritt als physiologischer Reflex nur bei Neugeborenen und Säuglingen auf. Er besteht aus einer Dorsalextension der Großzehe mit gleichzeitiger Spreizung der Zehen bei kräftigem Bestreichen des lateralen Fußrandes. Tritt dieser Reflex beim Erwachsenen anstatt der hier physiologischen Beugung aller Zehen auf, wird das (in diesem Fall pathologische) „positive Babinski-Zeichen“ als Anhalt für eine Schädigung der Pyramidenbahn gewertet. Typisch ist dies nicht nur bei direkter Schädigung der Neurone wie z. B. beim Hirninfarkt, sondern auch bei Schädigung der Markscheide (sog. demyelinisierende Erkrankungen, zu denen die Multiple Sklerose = MS gehört).

Myelinisierung der Axone: Die Myelinisierung erfolgt ab der 15. Entwicklungswoche. Die Reifung der Pyramidenbahn ist sogar erst im 2. Lebensjahr beendet. Daher ist bei Neugeborenen der Babinski-Reflex noch auslösbar, bei Erwachsenen ist das Auftreten des Reflexes pathologisch. ▶ Klinik.

1.6.1 Entwicklung des Rückenmarks

1.6.1

Histogenese des Rückenmarks: Zunächst besteht die Wand des Neuralrohrs nur aus einer mehrreihigen Lage von Neuroepithelzellen. Die Teilung der Zellen erfolgt vorwiegend in einer Richtung quer zur Wandung; dies bewirkt ein Dickenwachstum der Wand. Hierbei bleiben die sich teilenden Neuroepithelzellen an der inneren (ventrikulären) Oberfläche liegen, während die Teilungspartner an die äußere (piale) Oberfläche wandern. In diesem Stadium lassen sich innerhalb der Neuroepithelzellen bereits Neuroblasten (oder besser Proneurone, da sie nicht mehr teilungsfähig sind) als Vorläufer von Nervenzellen und Glioblasten als Vorläufer von Gliazellen unterscheiden. Für die Wanderung der Neurone zur pialen Oberfläche sind die Radialgliazellen von entscheidender Bedeutung, die auch für die laminäre Anordnung der Zellen sorgen.

Histogenese des Rückenmarks: Die Wand des Neuralrohrs besteht ursprünglich nur aus einer mehrreihigen Lage von Neuroepithelzellen. Die Neuroepithelzellen wandeln sich später in Neuroblasten (Vorläufer von Nervenzellen) und Glioblasten (Vorläufer von Gliazellen) um. Von innen nach außen bestehen folgende Zonen: ■ Ventrikulärzone (späteres Ependym = Auskleidung des Canalis centralis), ■ Intermediärzone (spätere graue Substanz) und ■ Marginalzone (spätere weiße Substanz).

Entwicklung des Rückenmarks

1172

N

1 ZNS – Aufbau und Organisation

Von innen nach außen bestehen nun im Rückenmark folgende Zonen: ■ Ventrikulärzone (das spätere Ependym als Auskleidung des Zentralkanals bzw. der Ventrikel), ■ Intermediärzone (die spätere graue Substanz) mit Flügelplatte dorsal und Grundplatte ventral sowie ■ Marginalzone (die spätere weiße Substanz). Im Lumen des Neuralrohrs entwickelt sich in der 3.–4. Woche eine längsverlaufende Furche (Sulcus limitans), der die dorsolateral gelegene Flügelplatte (das spätere sensorische Hinterhorn) von einer ventrolateral gelegenen Grundplatte (dem späteren motorischen Vorderhorn) abgrenzt (Abb. N-1.71). In diesem Stadium wird der spätere Zentralkanal dorsal und ventral von der Deck- bzw. Bodenplatte verschlossen. Diese Platten bestehen aus nicht weiter differenzierten Zellen, die keine Neurone bilden.

Schon während der 4. Woche ist im Inneren des Neuralrohrs ein längsverlaufender Sulcus limitans zu erkennen, der die Grenze zwischen späterem sensorischen Hinterhorn und motorischem Vorderhorn markiert (Abb. N-1.71). ▶ Merke.

▶ Merke. Aus der dorsalen Flügelplatte bildet sich das spätere Hinterhorn mit affe-

renten (sensorischen) Nervenzellen, aus der ventralen Grundplatte entwickelt sich das Vorderhorn mit efferenten (motorischen) Neuronen. Ein für die Entwicklung des ventralen Neuralrohrs wichtiges Molekül ist das sonic hedgehog (SHH), das von mesodermalen Chordazellen und der Bodenplatte gebildet wird. Eine hohe Konzentration an SHH führt zur Bildung von Motoneuronen, eine niedrige zur Entstehung von Interneuronen. Die Entwicklung der Neurone des dorsalen Neuralrohres hängt dagegen von Proteinen (bone morphogenetic proteins = BMPs) ab, die u. a. von den Zellen der Neuralleiste und der Deckplatte sezerniert werden.

⊙ N-1.71

Entwicklung des Rückenmarks Deckplatte

(Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

a Unterschiedliche Stadien während der Differenzierung des Neuralrohrs im Bereich des Rückenmarks: frühembryonal, b intermediär c und postnatal.

Flügelplatte Zone der vegetativen Neurone

Sulcus limitans Grundplatte Bodenplatte

a

weiße Substanz (Marginalzone) Zone der vegetativen Neurone b

weiße Substanz Seitenhorn

Deckplatte Flügelplatte Intermediärzone Grundplatte Bodenplatte

Hinterhorn Zentralkanal Vorderhorn

c

Entwicklung des Gehirns und der Ventrikel Allgemeine Entwicklungsvorgänge

1.6.2 Entwicklung des Gehirns und der Ventrikel

Hirnbläschen und Hohlraumsystem: Am rostralen Ende des Neuralrohrs entwickelt sich eine Erweiterung, die zunächst aus 3 Hirnbläschen besteht. Später teilen sich zwei dieser Bläschen in je 2 Bläschen, sodass dann ein 5-Bläschenstadium vorliegt (Tab. N-1.6 und Abb. N-1.72).

Hirnbläschen und Hohlraumsystem: Zwischen der 4. und 5. Entwicklungswoche entwickeln sich am rostralen Ende des Neuralrohrs Erweiterungen, die sog. Hirnbläschen. Man kann zunächst ein 3-Bläschenstadium unterscheiden, das dann durch Teilung von zwei dieser Bläschen vom 5-Bläschenstadium abgelöst wird (Tab. N-1.6 und Abb. N-1.72).

1.6.2

Allgemeine Entwicklungsvorgänge

N

≡ N-1.6

1173

1.6 Entwicklung des ZNS

Entwicklung des Gehirns und seines Hohlraumsystems

3-Bläschenstadium

5-Bläschenstadium

wichtige reife Strukturen

zugehöriger Hohlraum

Prosenzephalon- oder Vorderhirnbläschen

Telenzephalon- oder Endhirnbläschen

Großhirnrinde, Basalganglien

Seitenventrikel (I. und II. Ventrikel)

Dienzephalon- oder Zwischenhirnbläschen

Thalamus, Hypothalamus

III. Ventrikel

Mesenzephalon- oder Mittelhirnbläschen

Das Mesenzephalonbläschen bleibt ungeteilt. Mittelhirn

Rhombenzephalon- oder Metenzephalon- oder Hinterhirnbläschen Rautenhirnbläschen Myelenzephalon- oder Nachhirnbläschen

⊙ N-1.72

Aquädukt

Brücke (Pons) und Kleinhirn (Cerebellum) verlängertes Mark (Medulla oblongata)

IV. Ventrikel IV. Ventrikel

⊙ N-1.72

Anlage und Entwicklung der Hirnbläschen Telenzephalonbläschen

Prosenzephalonbläschen Dienzephalonbläschen Mesenzephalonbläschen

Mesenzephalonbläschen Metenzephalonbläschen

Rhombenzephalonbläschen Myelenzephalonbläschen 3-Bläschenstadium (ca. 4. Entwicklungswoche)

5-Bläschenstadium (ca. 7. Entwicklungswoche)

Die Wand der Bläschen ist zunächst etwa gleich dick wie die des kaudalen Neuralrohrs und umgibt den Hohlraum, der die Anlage der Hirnventrikel (s. u.) darstellt. Jedem Bläschen kann ein Hohlraumabschnitt zugeordet werden, aus dem sich durch Einengung als Folge des Dickenwachstums der Wand jeweils ein Anteil des späteren Systems innerer Liquorräume bildet (Tab. N-1.6).

Der Hohlraum eines jeden Bläschens entspricht dem sich daraus entwickelnden Anteil der inneren Liquorräume (Tab. N-1.6).

Längenwachstum mit Ausbildung der Krümmungen: Durch starkes Wachstum in Längsrichtung bei gleichzeitiger Anheftung der Hirnstamm-Anlage an die Anlage der Schädelbasis kommt es zu einer zweimaligen Abknickung des rostralen ZNS nach ventral, wobei die sog. Nackenbeuge (Flexura cervicalis) nahe dem Ursprung des N. vagus entsteht und die Scheitelbeuge (Flexura mesencephalica) mehr kranial im Bereich des Mesencephalon (Abb. N-1.73).

Längenwachstum mit Krümmungen: Die Abknickung des rostralen ZNS nach ventral geschieht durch Anheftung an die Anlage der Schädelbasis und führt zur Bildung der Nacken- und Scheitelbeuge (Abb. N-1.73).

Dickenwachstum mit Bildung der Ventrikel: Nach starkem Dickenwachstum der Hirnbläschenwand, das prinzipiell in der gleichen Weise wie im Rückenmark abläuft (s. o.), bleibt von dem Lumen der Bläschen nur noch ein schmaler Raum, der die Hirnventrikel darstellt. Die Hirnventrikel bilden den sog. inneren Liquorraum, d. h. mit Liquor cerebrospinalis gefüllte Räume innerhalb des Gehirns: ■ Das Telenzephalonbläschen besteht zunächst nur aus einem Hohlraum, der danach durch das von kranial (parietal) einwachsende Septum der späteren Falx cerebri in die zwei Seitenventrikel (I. und II. Ventrikel) geteilt wird. Den Boden dieser Seitenventrikel bilden die Ganglienhügel (s. u.). ■ Das Dienzephalonbläschen wird durch das zunehmende Wachstum der Seitenwände (Thalamus und Hypothalamus) immer schmäler und stellt im Endzustand einen vertikal gestellten Spaltraum zwischen diesen beiden Strukturen dar (III. Ventrikel). Der initial breite Übergang zwischen Telenzephalon- und Dienzephalonbläschen wird immer mehr eingeengt; im adulten Gehirn gibt es nur noch auf jeder Seite eine dünne Verbindung zwischen den beiden Seitenventrikeln und dem III. Ventrikel, nämlich das Foramen interventriculare (Monro). Vom dorsalen Ende des III. Ventrikels zieht ein dünner Kanal nach kaudal, der Aqueductus cerebri als Rest des Mesenzephalonbläschens. Er verläuft im Mesencephalon und stellt eine Verbindung mit dem IV. Ventrikel her.

Dickenwachstum mit Bildung der Ventrikel: Durch das starke Dickenwachstum der Wände der Hirnbläschen werden die Innenräume der Bläschen immer mehr eingeengt. Aus dem Telenzephalon-Bläschen bilden sich die beiden Seitenventrikel (I. und II. Ventrikel), aus dem Dienzephalonbläschen der III. Ventrikel. Zwischen Seitenund drittem Ventrikel besteht im adulten Gehirn noch auf beiden Seiten je eine englumige Verbindung, das For. interventriculare. Vom III. Ventrikel läuft in Form des Aqueductus cerebri eine dünne Verbindung zum IV. Ventrikel, der sich im kaudalen Rautenhirn befindet.

1174

N ■

⊙ N-1.73

1 ZNS – Aufbau und Organisation

Der IV. Ventrikel liegt im Rautenhirn; sein Boden wird von der Rautengrube gebildet. Das Dach des IV. Ventrikels besteht aus dem Kleinhirn, das mit seinen Kleinhirnstielen den Ventrikel zur Seite hin abschließt. Der IV. Ventrikel ist der einzige Ort der inneren Liquorräume, wo in Form von zwei seitlichen Foramina und einem dorsal-medialen Foramen Verbindungen zum äußeren Liquorraum, dem Subarachnoidalraum (S. 1150), bestehen. Am kaudalen Ende des IV. Ventrikels befindet sich der Übergang zum Zentralkanal, der das gesamte Rückenmark durchzieht. Der Zentralkanal ist der Rest des ursprünglichen Lumens des Neuralrohrs außerhalb der Hirnbläschen.

Entwicklung des Gehirns und seiner Abschnitte

Cerebellum Mesencephalon Scheitelbeuge

Nackenbeuge

Sulcus telodiencephalicus

Medulla oblongata

Telencephalon

Diencephalon

Pons

Telencephalon

Augenbecher

Mesencephalon Cerebellum Mamillarhöcker

Diencephalon Hypophysenanlage

Medulla oblongata

Riechkolben a

Pons

b

Telencephalon

Telencephalon

Mesencephalon

Insula

Insula

Cerebellum

Diencephalon

Auge Pons c

Medulla oblongata

Cerebellum Pons

d

Medulla oblongata

Im Bereich des kranialen Neuralrohrs ist bereits im 2. Entwicklungsmonat (a) die definitive Gliederung des Gehirns in seine einzelnen Abschnitte angelegt. Durch das Längenwachstum kommt es zur Ausbildung von Nacken- und Scheitelbeuge. Im weiteren Verlauf wächst das Telenzephalonbläschen im Vergleich zu den anderen überproportional stark (b–d). Aus ihm bildet sich auch der Riechkolben, während aus dem Diencephalon die Anlage der Neurohypophyse und der Augen hervorgehen. Da die Grenze zwischen Pons und Medulla oblongata aufgrund der schnellen Wachstumsprozesse schwer festzulegen ist, entsprechen die hier gewählten Farben nicht den o. g. Hirnbläschen. (Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

Spezielle Entwicklungsvorgänge

Spezielle Entwicklungsvorgänge

Innerhalb der Dienzephalon-Anlage finden wesentliche Entwicklungsschritte statt, die z. T. durch das ausgeprägte Wachstum des Telencephalon und seiner Afferenzen und Efferenzen (S. 1144) bedingt sind.

Das besonders ausgeprägte Wachstum des Telenzephalons ist nicht nur für seine eigene Form bestimmend, sondern bedingt auch Umlagerungsvorgänge in der angrenzenden Dienzephalon-Anlage, die fast vollständig von den Großhirnhemisphären überlagert und von kortikalen Afferenzen und Efferenzen durchzogen (S. 1144) wird.

Verlagerung des Globus pallidus: Aus der kaudalen Dienzephalon-Anlage – dem Thalamus ventralis – wird durch einwachsende Faserbündel zwischen Kortexanlage, Ganglienhügel und kaudaleren Teilen des ZNS der spätere Globus pallidus abgespalten, der somit dienzephalen Ursprungs ist, aber später im Telencephalon liegt. Die Faserverbindungen bilden später die Capsula interna (Abb. N-1.74). Aus dem Ganglienhügel entstehen die Basalganglien.

Verlagerung des Globus pallidus: Auf beiden Seiten der Dienzephalon-Anlage, die ursprünglich Epithalamus, Thalamus dorsalis, Thalamus ventralis und Hypothalamus umfasst, liegt je eine Verdickung des kaudalen Bodens vom telenzephalen Hirnbläschen, der sog. Ganglienhügel (Eminentia ventricularis). Durch die sich bildenden Faserverbindungen des Ganglienhügels mit der Kortexanlage, dem Pons und Rückenmark wird ein Teil des Thalamus ventralis abgespalten und in das Telencephalon verlagert. Dieser Teil bildet später den zum Telencephalon zählenden Globus pallidus (S. 1144), der somit dienzephalen Ursprungs ist. Die Fasern, die die Abspaltung bewirken, bilden später einen Teil der Capsula interna (Abb. N-1.74). Aus dem Ganglienhügel selbst bilden sich die Basalganglien. Anmerkung: Einige Autoren verwenden „Subthalamus“ und „Thalamus ventralis“ als Synonyme.

Augenbecher: Als wichtiger Teil des Diencephalons entwickelt sich auf beiden Seiten ein Augenbecher mit Stiel (S. 1072).

Augenbecher: Aus dem lateralen Diencephalon stülpt sich auf beiden Seiten je ein Augenbecher an einem Augenbecherstiel (S. 1072) nach ventral. Der Augenbecher bildet später die Retina (Netzhaut) und das Pigmentepithel.

N

⊙ N-1.74

1175

1.7 Darstellung des ZNS mit bildgebenden Verfahren

Abspaltung des Globus pallidus aus dem Diencephalon Darstellung der entwicklungsgeschichtlich zum Diencephalon zählenden Hirnstrukturen im schematisierten Frontalschnitt: In der linken Bildhälfte ist die Untergliederung eines embryonalen Gehirns gezeigt, in der rechten dagegen die adulte Situation nach Abspaltung des Globus pallidus vom Thalamus ventralis (der medial verbleibende definitive Subthalamus mit Ncl. subthalamicus ist in dieser Ebene nicht sichtbar). Somit erklärt sich, dass der Globus pallidus entwicklungsgeschichtlich dem Diencephalon zugerechnet wird, jedoch im reifen Gehirn lateral der eingewachsenen Fasern der Capsula interna und damit topografisch innerhalb des Telencephalon liegt.

Epithalamus Ganglienhügel (Eminentia ventricularis)

Thalamus (dorsalis) Thalamus ventralis Hypothalamus

(Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

Capsula interna

Globus pallidus

▶ Merke. Retina und N. opticus sind demnach Hirnteile. Der N. opticus ist kein Nerv

▶ Merke.

im Sinne von Spinal- oder Hirnnerven, sondern entwicklungsgeschichtlich ein Trakt, der ein zentralnervöses Kerngebiet (die Retina) mit einem anderen Kerngebiet (Corpus geniculatum laterale) verbindet. Das Gleiche gilt für den Bulbus olfactorius, der als Teil des Telenzephalons über den Tractus olfactorius mit den Riechzentren verbunden ist. Hypothalamus und Hypophysenanlage: Vom Boden des III. Ventrikels senkt sich die aus dem Material des Hypothalamus entstehende Anlage der Neurohypophyse in die Tiefe. Von kaudal wächst ihr die sog. Rathke-Tasche aus dem Epithel des Mundbuchtdaches entgegen und bildet später die Adenohypophyse. ▶ Merke. Entwicklungsgeschichtlich gehört nur die Neurohypophyse (= Hypopysen-

Hypophysenanlage: Die Hyophyse entwickelt sich aus zwei Teilen unterschiedlichen Ursprungs.

▶ Merke.

hinterlappen) zum ZNS, die Adenohypophyse (= Hypophysenvorderlappen) entsteht aus dem Epithel des Daches der Mundbucht (Rathke-Tasche) und lagert sich ventral der Neurohyphophyse an. Das periaquäduktale Grau (PAG) setzt sich als Auskleidung der Wand des Aqueductus mesencephali in den III. Ventrikel fort und bildet hier später den hypothalamischen Ncl. periventricularis, der nicht mit dem Ncl. paraventricularis verwechselt werden darf.

1.7

Darstellung des ZNS mit bildgebenden Verfahren

1.7

Darstellung des ZNS mit bildgebenden Verfahren

1.7.1 Konventionelle Röntgendiagnostik

1.7.1

Konventionelle Röntgendiagnostik

Ohne Kontrastmittel: Aussagen über Strukturen des Nervensystems sind mit konventionellen Röntgenaufnahmen nur indirekt möglich. Über pathologische Veränderungen des Skeletts kann – im Zusammenhang mit passenden klinischen Symptomen – auf eine Beteiligung neuronaler Strukturen geschlossen werden; diese sind auf der Röntgenaufnahme aber nicht direkt sichtbar. Ein in der Praxis wichtiges Beispiel hierfür ist die Röntgenaufnahme der Wirbelsäule: Bei degenerativen Erkrankungen kann es beispielsweise zu einer Verengung der Foramina intervertebralia kommen. Eine radikuläre Symptomatik (S. 264), d. h. Ausfälle im Versorgungsgebiet eines Spinalnervs des Patienten (peripheres Nervensystem) kann damit unter Umständen ausreichend erklärt sein.

Ohne Kontrastmittel: Strukturen des Nervensystems sind bei konventionellen Röntgenbildern nicht direkt erkennbar. Über pathologische Veränderungen des Skeletts kann indirekt – im Zusammenhang mit passenden klinischen Symptomen – auf eine Beteiligung neuronaler Strukturen geschlossen werden. Beispiel: degenerative Erkrankungen der Wirbelsäule können eine radikuläre Symptomatik (S. 264) erklären.

1176

N

⊙ N-1.75

1 ZNS – Aufbau und Organisation

⊙ N-1.75

Myelografie Lumbale Myelografie mit mehreren Stenosen des Spinalkanals in verschiedenen Etagen, erkennbar an der weißen Unterbrechung der Kontrastmittelfärbung (schwarz). (Grehl, H., Reinhardt, F.: Checkliste Neurologie. Thieme, 2016)

a Sagittaler Strahlengang, b seitlicher Strahlengang.

a

Mit Kontrastmittel (Myelografie): Nach Injektion von Kontrastmittel in den Liquorraum werden Röntgenaufnahmen angefertigt und die Verteilung des Kontrastmittels beurteilt, z. B. bezüglich der Frage nach einer Stenose des Spinalkanals (Abb. N-1.75).

▶ Klinik.

1.7.2

b

Mit Kontrastmittel (Myelografie): Nach Injektion von (jodhaltigem) Kontrastmittel in den äußeren Liquorraum werden Röntgenaufnahmen angefertigt und die Verteilung des Kontrastmittels beurteilt, z. B. bezüglich der Frage nach einer Stenose des Spinalkanals (Abb. N-1.75). Schnittbildverfahren (v. a. die MRT) sind hierfür meist besser geeignet und v. a. weniger invasiv. Die Myelografie kommt aber nach wie vor zur Anwendung, wenn Schnittbildverfahren nicht anwendbar sind (z. B. weil nicht verfügbar, ferromagnetische Metallimplantate im Patienten) oder durch diese keine genügende Aussage möglich ist, z. B. bei Skoliose (S. 249). ▶ Klinik. Die Stenose des Spinalkanals ist eine degenerative Erkrankung des höheren Lebensalters und meist bedingt durch Exostosen der Wirbelkörper und/oder Facettengelenke als Reaktion auf eine Höhenabnahme der Bandscheiben. Eine lumbale Stenose komprimiert die Cauda equina und ist oft mit Schmerzen im Gesäß oder Schmerzen beim Gehen verbunden.

Schnittbildverfahren

1.7.2 Schnittbildverfahren

Computertomografie (CT)

Computertomografie (CT)

Häufige Indikationen für eine CT im klinischen Alltag sind akute Traumata (z. B. Schädel-HirnTrauma), der Verdacht auf eine Blutung oder einen Hirninfarkt (Abb. N-1.76). Auch Atrophien oder Verkalkungen innerhalb des ZNS sind erkennbar. Ein Nachteil ist die Belastung durch Röntgenstrahlen. Mit Kontrastmittel werden zuvor nicht erkennbare Veränderungen u. U. sichtbar (z. B. Tumoren, Entzündungen).

Die CT (S. 134) ermöglicht die Schnittbilduntersuchung knöcherner wie neuronaler Strukturen unter Einsatz von Röntgenstrahlen und Auswertung durch eine Computer. Häufige Indikationen für eine CT sind akute Traumata (Schädel-Hirn-Trauma, spinales Trauma), der Verdacht auf eine intrakranielle oder spinale Blutung sowie der Verdacht auf einen ischämischen Hirninfarkt (Abb. N-1.76). Darüber hinaus können Aussagen über Atrophien oder Verkalkungen innerhalb des ZNS getroffen werden. Eine Weiterentwicklung des CT ist das Spiral-CT, bei dem sich die Röntgenröhre in wenigen Sekunden spiralförmig um den gesamten Patienten bewegt.

⊙ N-1.76

Typische Befunde in der kranialen Computertomografie (CCT) (Grehl, H., Reinhardt, F.: Checkliste Neurologie. Thieme, 2012)

a Hirninfarkt im Versorgungsgebiet der A. cerebri posterior links. Die Infarktzone ist als etwas dunklerer Bezirk erkennbar. b Blutung im Bereich des Ncl. lentiformis und Crus posterius der Capsula interna links. Im Unterschied zum Hirninfarkt stellt sich die Blutung als weißer Bezirk dar.

b

a

N

1177

1.7 Darstellung des ZNS mit bildgebenden Verfahren

Nach Verabreichung von (jodhaltigem) Kontrastmittel werden zuvor nicht erkennbare Veränderungen u. U. (besser) sichtbar, z. B. Gefäßveränderungen, Tumoren, Metastasen, Entzündungen. Anmerkung: Die Bilder werden immer in der Ansicht von kaudal dargestellt.

Magnetresonanztomografie (MRT)

Magnetresonanztomografie (MRT)

Die MRT (S. 136) ist bei der Darstellung neuronaler Strukturen der CT in den meisten Fällen klar überlegen; die Detailerkennbarkeit ist deutlich besser. Ein weiterer Vorteil ist die fehlende Strahlenbelastung sowie die Möglichkeit, beliebige Schnittebenen wählen zu können. Wichtige Indikationen für eine MRT sind der Verdacht auf einen Tumor, auf Entzündungsherde sowie auf einen Bandscheibenvorfall (Abb. N-1.77). Aufgrund der besseren Auflösung und damit Detailerkennbarkeit können auch kleine Infarktareale und/oder Blutungen sicherer nachgewiesen werden. Bei diesen Indikationen ist die MRT – insbesondere nach Verabreichung von Kontrastmittel – klar besser als die CT. Vor allem bei spinalen Prozessen ist die MRT wegen der frei wählbaren Schnittebenen im Vorteil.

Vorteile gegenüber der CT: bessere Detailerkennbarkeit, fehlende Strahlenbelastung, beliebige Schnittebenen.

⊙ N-1.77

Wichtige Indikationen: Verdacht auf Tumor, Entzündungsherde, Bandscheibenvorfall (Abb. N-1.77). Auch kleine Infarktareale und/ oder Blutungen können nachgewiesen werden. Vor allem bei spinalen Prozessen ist die MRT wegen der frei wählbaren Schnittebenen im Vorteil.

Magnetresonanztomografie

aI

a II

bI

b II

a MRT eines Patienten mit Multipler Sklerose als Beispiel für eine Entzündung des Hirngewebes (Enzephalitis). Die Entzündungsherde sind vor allem periventrikulär und im Bereich des Balkens lokalisiert. Horizontal- (I) und Frontalschnitt (II). b MRT eines Patienten mit Bandscheibenvorfällen: Im Sagittalschnitt (I) sind diese deutlich sichtbar im Bereich zwischen LWK V und SWK I, geringer ausgeprägt zwischen LWK IV und LWK V. Der Transversalschnitt (II) zeigt den rechtsbetonten Bandscheibenvorfall mit mäßiger Impression des Durasacks und Kompression der Wurzel S 1 rechts. (Grehl, Ceckliste Neurologie, Thieme, 2012)

1.7.3 Angiografie

1.7.3

Die Angiografie (S. 139) ist eine wichtige diagnostische Methode, um Erkrankungen der Gefäße objektivieren zu können: Beispiele hierfür sind arterielle Gefäßstenosen und -verschlüsse, Sinus- oder Hirnvenenthrombosen, Gefäßmissbildungen, Gefäßentzündungen (Vaskulitis), Tumoren (Frage der Gefäßversorgung). Darüber hinaus ist eine Angiografie Voraussetzung für einen sog. interventionell-radiologischen Eingriff, d. h. beispielsweise das Einbringen von Metallfäden in Aneurysmen (sackförmige Erweiterungen von Meningeal-Arterien) über den Angiografiekatheter, um die von den Aneurysmen ausgehende Gefahr einer Subarachnoidalblutung zu reduzieren.

Mit der Angiografie können arterielle Gefäßstenosen und -verschlüsse, Sinus- oder Hirnvenenthrombosen, Gefäßmissbildungen, Gefäßentzündungen (Vaskulitis), Tumoren (Frage der Gefäßversorgung) nachgewiesen werden. Eine Angiografie ist Voraussetzung für sog. interventionell-radiologische Eingriffe.

1.7.4 Neurosonografie

1.7.4

Die Ultraschalluntersuchung (S. 138) der hirnversorgenden Arterien ist eine wichtige Routineuntersuchung zur Beurteilung der Durchblutungssituation des Gehirns. Gefäßstenosen der extrakraniellen hirnversorgenden Arterien können bereits mit der einfachen cw-Dopplersonografie (cw = continuous wave; Aussagen über Flussgeschwindigkeit möglich, jedoch nicht über Tiefe und Morphologie des Gefäßes) sicher nachgewiesen werden. Möchte man das Gefäß und eventuelle krankhafte Veränderungen aber wirklich „sehen“ bzw. beurteilen können, so muss man die (Farb-) Duplexsonografie anwenden. Mit ihr sind Aussagen über den Gefäßverlauf, die Blutströmungsrichtung, eventuelle Auflagerungen auf der Gefäßwand (z. B. Thrombosen) oder Verkalkungen der Gefäße (sog. Plaques) möglich (Abb. N-1.78a).

Die Ultraschalluntersuchung der hirnversorgenden Arterien ist eine wichtige Routineuntersuchung zur Beurteilung der Durchblutungssituation des Gehirns. ■ Extrakranielle Arterien: cw-(continuous wave-)Dopplersonografie oder Farbduplexsonografie. ■ Intrakranielle Arterien: Transkranielle Doppler- bzw. Farbduplexsonografie (TCD). Voraussetzung ist ein sog. Schallfenster, damit die Schallwellen in das Schädelinnere dringen können (Abb. N-1.78).

Angiografie

Neurosonografie

1178 ⊙ N-1.78

N

1 ZNS – Aufbau und Organisation

Ultraschalluntersuchung hirnversorgender Arterien

ACM ACP okzipital

ACP

frontal

P1 P1

a

ACA A2

b a Farbdoppler-Untersuchung der A. carotis mit hochgradiger exzentrischer Stenose: Farbaliasphänomen im Stenosebereich (blau-rot-Umschlag), zusätzlich deutliche Varianzkodierung (grün) bei turbulenter Strömung. Im Bereich der Stenoseöffnung sind retrograde systolische Strömungsanteile (rot) zu erkennen (vgl. Normalbefund in Abb. B-4.12). (Kopp, H., Ludwig, M.: Checkliste Doppler- und Duplexsonografie. Thieme, 2012) b Transkranielle Farbdoppler-Untersuchung des Circulus arteriosus (ACA = A. cerebri anterior, ACM = A. cerebri media, ACP = A. cerebri posterior).

In beiden Regionen sind Aussagen zu Stenosen und Gefäßveränderungen (z. B. arteriosklerotische Plaques) möglich.

Mit der transkraniellen Doppler- bzw. Farbduplexsonografie (TCD) können auch intrakranielle Arterien untersucht und dargestellt werden (Abb. N-1.78b). Voraussetzung hierfür ist ein sog. Schallfenster des Schädels (meist temporal), damit die Schallwellen in das Schädelinnere dringen können. Mit der transkraniellen Farbduplexsonografie kann bei guten Schallbedingungen der gesamte Circulus arteriosus cerebri (Willisi) dargestellt werden, Aussagen über Gefäßstenosen und die Strömungsrichtung des Blutes sind möglich.

1.7.5

1.7.5 Nuklearmedizinische Verfahren

Nuklearmedizinische Verfahren

Prinzip: Radionuklide werden in Form von sog. „Tracern“ in den Körper injiziert und reichern sich in bestimmten Organen (z. B. Schilddrüse) an. Die von den Anreicherungsgebieten ausgehende Strahlung wird zu einem Bild umgerechnet. ▶ Merke.

Prinzip: Radionuklide (instabile Nuklide, die unter Emission radioaktiver Strahlung in ihren Grundzustand übergehen) werden – an unterschiedliche Substanzen gebunden – in den Körper injiziert und reichern sich in einem bestimmten Organ oder einer Organregion an (z. B. Schilddrüse). Die Stärke der von diesen sog. „Tracern“ ausgesendeten Strahlung wird gemessen und zu einem Bild umgerechnet. ▶ Merke. Nuklearmedizinische Verfahren sind keine Routine-Diagnostik und eig-

nen sich vor allem zur Funktionsdiagnostik; eine genaue anatomische Darstellung ist nicht möglich. SPECT (Single-Photon-Emissions-Computer-Tomografie): Mögliche Anwendungen sind Durchblutungsstörungen, sowie die Suche nach Liquorleckagen oder -zirkulationsstörungen (Liquorszintigrafie).

SPECT (Single-Photon-Emissions-Computer-Tomografie): In der Neurologie werden verschiedene radioaktiv markierte Tracer bei speziellen Indikationen eingesetzt – unter anderem zur: ■ Messung der regionalen Hirndurchblutung (z. B. bei Durchblutungsstörungen, Entzündungen, Epilepsie), Abschätzung des Malignitätsgrades bösartiger Hirntumoren. ■ Suche nach Liquorleckagen oder Liquorzirkulationsstörungen (Liquorszintigrafie). Das Verfahren basiert auf der Anreicherung der Tracer in besonders stoffwechselaktiven oder gefäßreichen Organen. Die Organe werden mittels Szintigrafie dargestellt.

PET (Positronenemissionstomografie): Nur an größeren klinischen Zentren verfügbare Methode, v. a. zur Untersuchung des Glukosestoffwechsels (z. B. bei Basalganglienerkrankungen, Demenz, malignen Tumoren). PET hat eine deutlich höhere Auflösung als SPECT.

PET (Positronenemissionstomografie): Das Verfahren ähnelt SPECT insofern als radioaktiv markierte Tracer injiziert werden müssen. Die Auflösung der PET ist deutlich höher als bei SPECT. Ein Großteil der Untersuchungen betrifft den Glukosestoffwechsel. Mögliche Indikationen sind Basalganglienerkrankungen und demenzielle Syndrome, Epilepsie, maligne Hirntumoren.

N

⊙ N-1.79

1179

1.7 Darstellung des ZNS mit bildgebenden Verfahren

SPECT

Patient mit einem arteriovenösen Angiom. Aufgrund der vermehrten Durchblutung im Bereich des Angioms reichert sich dort auch der radioaktiv markierte Tracer vermehrt an. Diese Mehranreicherung ist im SPECT links parieto-okzipital, der Lokalisation des Angioms, erkennbar. (Masuhr, K.F., Neumann, M.: Duale Reihe Neurologie. Thieme, 2013)

⊙ N-1.79

Klinischer Fall: Akut aufgetretene Lähmung und Sprachstörung * * Fallbeispiel fiktiv, Namen und Daten frei erfunden

09:44 09:34

09:42

Rosemarie Wehmeier findet ihren allein lebenden Bruder hilflos in seinem Badezimmer am Boden liegend. Sie ruft sofort den Notarzt.

Manfred Wehmeier kann sich dem Notarzt gegenüber nicht klar äußern; er gibt lediglich unverständliche Laute von sich. Den rechten Arm kann er auf Aufforderung nicht anheben. Außerdem bemerkt der Notarzt beim Patienten einen hängenden Mundwinkel rechts (Zeichen einer Fazialisparese).

10:20 Blutabnahme und EKG Die Wartezeit bis zur Computertomografie nutzen wir für eine Blutabnahme. Eine Venenverweilkanüle lege ich an den nicht gelähmten Arm. Dann wird noch ein EKG geschrieben. Hier zeigt sich ein VorhofÒimmern mit einer Kammerfrequenz von etwa 115/min.

Fremdanamnese Notarzt R.W.: Also, gestern haben wir noch telefoniert, da war alles noch ok. Hat ganz normal gesprochen, der Manni. Auf Nachfrage berichtet Frau Wehmeier, dass ihr Bruder seit Jahren zuckerkrank sei. Er habe Bluthochdruck und mit 16 angefangen zu rauchen. Der Notarzt vermutet einen Hirninfarkt und veranlasst den sofortigen Transport in eine Klinik mit Schlaganfallstation („stroke unit“).

10:18 Anruf in der Radiologie Ich bitte die Kollegen der Radiologie um eine Computertomografie des Schädels, um eine intrakranielle Blutung auszuschließen.

10:10 Körperliche Untersuchung Notaufnahme Ich stelle eine fehlende Kraft im rechten Arm und rechten Bein fest. Die linke Körperhälfte hingegen ist normal kräftig. Der rechte Mundwinkel hängt. Als ich mit dem Stiel des Reflexhammers den Rand der rechten Fußsohle bestreiche, bewegt sich die große Zehe nach dorsal, was ich als positives Babinski-Phänomen erkenne. Vitalparameter (Normwerte in Klammern): • Blutdruck 170/90 mmHg (normal < 130/85mmHg). • Puls 112/min (50 –100). Deutliches Pulsdefizit: die am Handgelenk getastete Pulsfrequenz ist niedriger als die über dem Herz auskultierte.

10:33 CT Schädel Mittels Computertomografie des Schädels kann eine intrakranielle Blutung ausgeschlossen werden. Als Ursache für die Symptome des Patienten zeigt sich jedoch ein Infarkt im Versorgungsgebiet der Arteria cerebri media links.

12:00 Verlegung auf die Über­ wachungsstation Die Kollegen auf der Überwachungsstation kontrollieren die Vitalparameter (Atmung, Kreislauf, Wasser-/ Elektrolythaushalt, Hirndruck). Die Behandlung mit ASS wird fortgesetzt. Eine intensive Physiotherapie und Logopädie wird begonnen.

11:05

Infarkt Infarkt im im Versorgungsgebiet Versorgungsgebiet der der A. A. cerebri cerebri media media links links (dunkler (dunkler Bereich Bereich am am rechten rechten Bildrand) Bildrand).(aus: Grehl, H., Reinhardt, F.: Checkliste Neurologie. Thieme, 2016)

Therapiebeginn Nachdem nun eine intrakranielle Blutung ausgeschlossen ist, gebe ich dem Patienten 300 mg Acetylsalicysäure (ASS) i.v. Der erhöhte Blutzucker wird gesenkt. Den Blutdruck darf ich zunächst nicht oder nur sehr moderat senken, da er häufig aufgrund der mangelnden Hirndurchblutung reaktiv erhöht ist.

11:00 Die Blutwerte sind da (Normwerte in Klammern) • Blutzucker 270 mg/dl (60 – 99 mg/dl) • HbA1c 9,3 % (4 – 6 %) Der schlecht eingestellte Diabetes ist ein Risikofaktor für einen Schlaganfall. Die übrigen Blutwerte sind im Normbereich.

Positives Babinski-Phänomen (aus: Grehl, H., Reinhardt, F.: Checkliste Neurologie. Thieme, 2016)

Nach 4 Tagen Verlegung auf die Normalstation Der Zustand von Herrn W. war auf der Überwachungsstation durchgehend stabil. Unter ASS und Physio-/Logopädie sind die Symptome bereits etwas rückläufig. Der Diabetes, seine erhöhten Blutfettwerte und sein Bluthochdruck werden medikamentös eingestellt.

Nach weiteren 10 Tagen Verlegung in die Reha-Klink Als Herr W. in die neurologische Rehabilitationsklinik verlegt wird, bestehen noch eine deutliche Schwäche der rechten Körperhälfte und Wortfindungsstörungen.

Fragen mit anatomischem Schwerpunkt 1 2 3

Welche Hirnregion ist bei dem Patienten wahrscheinlich geschädigt? Welches Blutgefäß könnte verschlossen sein? Woher kann das verschließende Gerinnsel (Embolus) stammen? ! Antwortkommentare im Anhang

2

ZNS – funktionelle Systeme

2.1 2.2 2.3 2.4 2.5 2.6 2.7 2.8

Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Motorisches System . . . . . . . . . . . . . Sensorische Systeme . . . . . . . . . . . . . Limbisches System . . . . . . . . . . . . . . Neuroendokrines System . . . . . . . . . . Funktionskreise der Formatio reticularis Cholinerges und monaminerges System. Höhere integrative Funktionen . . . . . .

. . . . . . . .

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N . . . . . . . .

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. . . . . . . .

. 1181 . 1182 . 1194 . 1243 . 1249 . 1254 . 1255 . 1258

S. Mense

2.1

Einführung

▶ Definition. Unter einem funktionellen System im ZNS versteht man mehrere Gebiete grauer Substanz, die durch Nervenfaserbündel oder Trakte miteinander verbunden sind und zusammen eine gemeinsame Aufgabe erfüllen.

2.1

Einführung

▶ Definition.

Die Besprechung der funktionellen Systeme erfolgt innerhalb dieses ZNS-Kapitels, obwohl viele von ihnen auch periphere Anteile haben: So gehören z. B. die Rezeptoren der sensorischen Systeme und die α-Motoaxone der motorischen Systeme zum PNS, bilden jedoch mit den zentralen Anteilen eine funktionelle Einheit, die hier zusammenhängend dargestellt werden soll.

Viele der funktionellen Systeme haben auch periphere Anteile, die hier zusammen mit den zentralen dargestellt werden, da sie eine funktionelle Einheit bilden.

Allgemeine Begriffe und Prinzipien der funktionellen Systeme: In diesem Kapitel werden nach alter Tradition die Hauptverbindungen im Rückenmark als fest „verdrahtete“ Bahnen beschrieben und in Abbildungen gezeigt. Jedoch gilt für sie stets folgender Grundsatz:

Begriffe und Prinzipien: Auch wenn traditionell die Hauptverbindungen im Rückenmark als fest „verdrahtete“ Bahnen beschrieben werden, gilt Folgendes:

▶ Merke. Synaptische Verbindungen und Trakte im ZNS sind nicht unveränderlich,

▶ Merke.

sondern können in ihrer Effektivität und auch in ihrer Morphologie durch häufige Benutzung modifiziert werden. Dies ist Ausdruck einer allgemein vorhandenen Neuroplastizität (S. 205) im ZNS. Die Begriffe afferent/efferent (S. 197) werden auch für Verbindungen zu bzw. von höheren Zentren innerhalb des ZNS verwendet. Die Neurone des Nervensystems kommunizieren untereinander über die Freisetzung von Substanzen, die an Rezeptormoleküle in der postsynaptischen Membran (S. 195) binden und hier entweder Ionenkanäle öffnen oder über sekundäre Botenstoffe (z. B. cAMP) den Stoffwechsel und im Endeffekt auch die Genexpression in der postsynaptischen Zelle verändern (Neurotransmitter, Tab. N-2.1). Eine Ausnahme von dieser Regel ist Stickstoffmonoxid (NO), das als kleines Molekül direkt durch die postsynaptische Membran hindurch diffundiert. ▶ Merke. Obwohl die Transmitter in erregende und hemmende eingeteilt werden,

hängt die endgültige Wirkung von den Rezeptoren der postsynaptischen Membran ab.

Die Kommunikation der Neurone untereinander erfolgt über die Freisetzung von Neurotransmittern (Tab. N-2.1) an Synapsen (S. 195).

▶ Merke.

1182

≡ N-2.1

N

2 ZNS – funktionelle Systeme

Neurotransmitter des ZNS (Auswahl)

Wirkung

Neurotransmitter

Bemerkungen

erregend

Glutamat

einer der häufigsten Transmitter des ZNS

Aspartat

eher selten; Verwendung im Kleinhirn wahrscheinlich (Abb. N-1.23)

Katecholamine (Adrenalin, Noradrenalin, Dopamin) hemmend

Gammaaminobuttersäure (GABA)

präsynaptisch und postsynaptisch

Glycin

postsynaptisch

hemmend und erregend*

Serotonin

Wach-Schlaf-Rhythmus, limbische Funktionen, Schmerz

Neuromodulatoren**

Endorphin, Enkephalin

analgetisch

Substanz P (SP) Kalzitoningenverwandtes Peptid (CGRP) Stickstoffmonoxid (NO) Kohlenmonoxid (CO)

Vorkommen beim Mensch noch nicht gesichert

* je nach Wirkung des Rezeptormoleküls in der postsynaptischen Membran. ** Als Neuromodulatoren sind hier Substanzen zusammengefasst, die nicht alle Anforderungen an einen Neurotransmitter erfüllen (z. B. Bindung an einen spezifischen Rezeptor, Wiederaufnahme in die präsynaptische Endigung). Sie fördern oder hemmen die Wirkung der Neurotransmitter auf Synapsen.

2.2

2.2

Motorisches System

Motorisches System

Im Zentrum des motorischen Systems stehen deszendierende Bahnen, die Signale von motorischen Kortexarealen zu den Motoneuronen im Hirnstamm und Rückenmark leiten. In die Planung und Ausführung von Bewegungen sind die Basalganglien und das Kleinhirn eingebunden.

Im Zentrum des motorischen Systems stehen deszendierende Bahnen, die Signale von motorischen Kortexarealen zu den Motoneuronen im Hirnstamm und Rückenmark leiten. Die Fasern der Motoneurone verlassen das ZNS, um zur Muskulatur zu ziehen, die sie innervieren. Neben den Strukturen, die direkt an der Ausführung einer Willkürbewegung beteiligt sind, gibt es verschiedene eingebundene Rückkopplungskreise und modulierend wirkende Anteile, die für den physiologischen Ablauf einer Bewegung unabdingbar sind. Zu diesen Anteilen gehören z. B. die Basalganglien (S. 1142) und das Kleinhirn, vgl. auch Basalganglien mit motorischer Funktion (S. 1186). Letzteres wacht bei allen Bewegungen über den gleichmäßigen Ablauf und über die Aufrechterhaltung des Gleichgewichts. Zur Erfüllung dieser Funktion erhält es Informationen vom Kortex, vom Rückenmark (Propriozeption) und vom Vestibularapparat (S. 1087).

2.2.1

2.2.1 Motorische Kortexareale

Motorische Kortexareale

Die motorischen Kortexeareale (S. 1140) sind in Tab. N-2.2 sowie Abb. N-2.1 und Abb. N-1.40 dargestellt.

Motorische Kortexareale gehören histologisch zum agranulären Kortex, d. h. das Stratum granulare internum (Lamina IV) ist zugunsten des Stratum pyramidale internum (Lamina V) stark reduziert.

≡ N-2.2

Neben dem primären motorischen Kortex, dem wichtigsten Ursprung der Pyramidenbahn, gibt es noch weitere motorische Areale (Tab. N-2.2 und Abb. N-2.1 sowie Abb. N-1.40). Auch von diesen Arealen gehen motorische Verbindungen deszendierend aus, die in den Ablauf von Willkürbewegungen eingreifen. Allerdings erreichen sie meist die spinalen Motoneurone nicht direkt, sondern über die Formatio reticularis und andere Kerne im Hirnstamm (S. 1254). Das gemeinsame histologische Merkmal der motorischen Kortexareale ist der sog. agranuläre Kortex (S. 1135), d. h. das Stratum granulare internum (Lamina IV) ist sehr schmal. Stattdessen ist das Stratum pyramidale internum (Lamina V) stark verbreitert. Im primären motorischen Kortex liegen hier die großen Somata der BetzRiesenzellen (Pyramidenzellen mit einer Somagröße bis 100 µm) als einer der Ursprünge der Pyramidenbahn. Aber: Die Betz-Zellen machen nur ca. 3 % der zu den spinalen Motoneuronen projizierenden Neurone aus.

Motorische Kortexareale

Kortexareal

Brodmann-Area

Aufgabe

primärer motorischer Kortex (M1) Area 4

wichtigster Ursprung der Pyramidenbahn, Willkürmotorik

Prämotorisches Areal

Area 6 auf der Konvexität

Planung von Bewegungen, ebenfalls Ursprung von Pyramidenbahnfasern

Frontales Augenfeld

Area 8

konjugierte Augenbewegungen

Broca-Region

Area 44 und Teil von 45

motorisches Sprachzentrum

Supplementär motorischer Kortex Area 6 medial und auf der Medialfläche nahe der Mantelkante

beeinflusst die Muskulatur der Hände auf beiden Körperseiten bes. bei komplizierten Bewegungsabläufen

Parietaler Assoziationskortex (posteriorer parietaler Kortex)

Vorbereitung von Bewegungen im Zusammenhang mit somatosensorischen Reizen, z. B. Greifen

Area 5 und 7 okzipital von S 1

N

⊙ N-2.1

1183

2.2 Motorisches System

Motorische Kortexareale supplementär motorischer Kortex

Sulcus centralis

Gyrus precentralis (primär motorischer Kortex, M I)

Gyrus postcentralis (primär somatosensorischer Kortex, S1)

prämotorischer Kortex

posteriorer parietaler Kortex (Area 5, 7)

Darstellung motorischer Kortexareale an einer linken Hemisphäre in der Ansicht von lateral. Der supplementär motorische Kortex erstreckt sich über die Mantelkante (S. 1132) hinweg auf die Medialseite der Hemisphäre. (Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

präfrontaler Kortex frontales Augenfeld Broca-Region

2.2.2 Motorische Bahnen und Kerngebiete Eine der wichtigsten motorischen Bahnen ist die Pyramidenbahn, die Fasern aus verschiedenen motorischen Kortexarealen führt. Weiterhin sind Bahnen von Bedeutung, die eine Verbindung zwischen Kortex und „Kontrollstationen“ des motorischen Systems herstellen. Wichtige Kerngebiete sind die motorischen Basalganglien (u. a. Striatum und Globus pallidus), die über die motorischen Kerne des Thalamus (VL und evtl. VA) den Kortex kontrollieren. Diese bilden nicht nur eine „Rückkopplungsschleife“ zum Kortex, sondern stehen auch in Verbindung mit deszendierenden Bahnen, die einen unwillkürlichen Einfluss auf die Motorik haben.

Pyramidenbahn (Tractus pyramidalis) ▶ Definition. Die Pyramidenbahn besteht rostral der Decussatio pyramidum aus den

2.2.2

Motorische Bahnen und Kerngebiete Die Pyramidenbahn ist die wichtigste Bahn für Willkürbewegungen. Zu den motorischen Kernen gehören verschiedene Basalganglien und einige Nuclei des Thalamus.

Pyramidenbahn (Tractus pyramidalis) ▶ Definition.

Fibrae corticospinales, die nach der Kreuzung als Tractus corticospinalis lateralis und anterior zu den spinalen Motoneuronen ziehen, sowie den Fibrae corticonucleares, die an den im Hirnstamm gelegenen motorischen Hirnnervenkernen enden. Einer der Ursprünge der Pyramidenbahn (Abb. N-2.2) ist der primäre motorische Kortex (M1, Area 4), aber auch andere motorische Kortexareale schicken ihre Fasern in den Trakt (z. B. Area 6 und 5). In M1 liegt eine grobe Somatotopie vor, die annähernd der von S 1 entspricht (s. Abb. N-1.39): Auch in M1 ist die Hand und die Mundregion überrepräsentiert. In M1 sind keine einzelnen Muskeln, sondern ganze Muskelgruppen repräsentiert. Die starke Repräsentation der Hand ist für die manuellen Fähigkeiten des Menschen von entscheidender Bedeutung. Die Opponierbarkeit des Daumens ist ein wichtiger Teilaspekt dieser Fähigkeiten. Auch die Tatsache, dass die Augen beim Menschen nebeneinander liegen (und nicht gegenüber wie beim Huhn) und daher ein binokulares 3D-Gesichtsfeld vorhanden ist, ist für die vielseitige Einsetzbarkeit der Hand als Greiforgan entscheidend. In der Überrepräsentation der Mundregion drücken sich zwei Funktionen aus, nämlich die Herkunft des Menschen als Säugetier und die sprachlichen Fähigkeiten der Artikulation (S. 1261).

Die Pyramidenbahn (Abb. N-2.2) entspringt im primären motorischen Kortex (M1, Area 4), aber auch z. B. in Area 6. In M1 besteht eine Somatotopie ähnlich der in S 1 mit einer Überrepräsentation der Hand und des Gesichts (s. Abb. N-1.39).

Fibrae corticospinales und Tractus corticospinalis

Fibrae corticospinales und Tractus corticospinalis Verlauf (Abb. N-2.2): Die Fibrae corticospinales reichen vom Kortex bis zur Pyramidenkreuzung. Ihr Verlauf ist: Hinterer Schenkel der Capsula interna → Crus cerebri → Pons → Medulla oblongata ventral (hier bildet sie die sog. Pyramiden). Kaudal der Pyramiden kreuzt der größere Teil der Bahn in der Decussatio pyramidum (S. 1104) und bildet den Tractus corticospinalis lateralis, der Rest läuft ungekreuzt als Tractus corticospinalis anterior weiter, um weiter kaudal doch noch zu kreuzen.

Verlauf: Die Fasern der Pyramidenbahn zwischen Kortex und Pyramidenkreuzung werden als Fibrae corticospinales bezeichnet. Der Verlauf der Fibrae ist in Abb. N-2.2 gezeigt: Sie ziehen zunächst durch den hinteren Schenkel der Capsula interna zum Mesencephalon. Hier laufen die Fasern in den Pedunculi cerebri, und zwar ventral in der Mitte der Crura cerebri zum Pons. Der Pons ist die einzige Stelle der Pyramidenbahn, wo der Trakt keine solide Bahn bildet, sondern in einzelne Faserbündel aufgesplittert ist. Direkt kaudal des Pons liegt der Trakt als kompakte Bahn an der ventralen Oberfläche und hat hier im Querschnitt eine dreieckige Form. Von dieser Form rührt der Name Pyramidenbahn (und nicht von der Tatsache, dass große Teile von ihr in den Betz-Pyramidenzellen entspringen). An der ventralen Grenze zwischen Rückenmark und Medulla oblongata teilt sich die Bahn; der größte Teil (80 %) kreuzt, sog. Decussatio pyramidum (S. 1104), und bildet den Tractus corticospinalis

1184

N

2 ZNS – funktionelle Systeme

lateralis, der Rest läuft ungekreuzt als Tractus corticospinalis anterior weiter. Der Tractus corticospinalis anterior kreuzt aber weiter kaudal, sodass im Endeffekt alle Fibrae corticospinales gekreuzt sind. ▶ Klinik.

▶ Klinik. Wegen der vollständigen Kreuzung der Pyramidenbahn sind Verletzungen

rostral der Kreuzung (z. B. in der Capsula interna oder im Crus cerebri) mit kontralateralen Lähmungen der Muskulatur verbunden. Bei solchen Verletzungen des 1. motorischen Neurons kommt es nur vorübergehend zu schlaffen Lähmungen, die später spastisch werden (mögliche zugrunde liegende Mechanismen (S. 1191)). Spastische Lähmung bedeutet, dass die Erregbarkeit der α-Motoneurone (S. 1191) erhöht ist, was sich in gesteigerten Dehnungsreflexen (S. 198) äußert. Daneben kommt es zu sog. Pyramidenbahnzeichen. Das bekannteste dieser Zeichen ist der Babinski-Reflex (S. 1171), der in einer Streckung der Zehen (besonders der Großzehe) bei Bestreichen des lateralen Fußrandes besteht (normal ist ab dem 2. Lebensjahr eine Flexion der Zehen). Ziel: Die Bahn endet an den spinalen α-Motoneuronen, die für die Innervation der quergestreiften Skelettmuskulatur (mit Ausnahme der Kopf-, Halsmuskeln) zuständig sind, jedoch meist nicht direkt, sondern über Interneurone (Schaltzellen).

Ziel: Die Bahn endet an den spinalen α-Motoneuronen und zwar meist über Interneurone.

⊙ N-2.2

Verlauf der Pyramidenbahn

Bein Globus pallidus

Arm

Cauda nuclei caudati

Thalamus Bein Rumpf

Gesicht

Arm

Pyramidenbahn

Gesicht frontopontine Bahnen

Fibrae corticospinales

Pons

Fibrae corticonucleares

VII

Bein

XII

Capsula interna

Hirnschenkel

Rumpf Arm

Medulla oblongata

Caput nuclei caudati

Gesicht

Decussatio pyramidum Bein

Tractus corticospinalis lateralis Tractus corticospinalis anterior

Rumpf Arm

Zervikalmark

Linke Seite: Somatotopisch organisierter Ursprung des Tractus pyramidalis im Gyrus precentralis und sein weiterer deszendierender Verlauf. Die Decussatio pyramidum markiert ventral die Grenze zwischen Medulla oblongata und Rückenmark. Rechte Seite: Horizontalschnitte durch Capsula interna (oben), Mesencephalon (Mitte) und Rückenmark (unten). Die Somatotopie der Fasern der Fibrae corticospinales bleibt über Capsula interna und Hirnschenkel bis zum Rückenmark erhalten. (Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

N

1185

2.2 Motorisches System

Fibrae corticonucleares

Fibrae corticonucleares

Dieser Teil der Pyramidenbahn steuert die motorischen Hirnnervenkerne im Hirnstamm an (Nn. III–VII und IX–XII, Abb. N-2.2) und ist somit zuständig für die Willkürmotorik des Kopfes und Halses. Er zieht durch das Knie der Capsula interna, liegt in den Crura cerebri im ventralen Teil der Pyramidenbahn und endet auf der kontralateralen Seite an den Motoneuronen der Hirnnerven. Die Fasern zum Ncl. nervi facialis (VII) haben zwei Teile mit unterschiedlichen Projektionen: Die Kerne der mimischen Stirnmuskulatur erhalten eine bilaterale Innervation durch die Fibrae corticonucleares, während die Kerne der restlichen mimischen Gesichtsmuskeln nur unilateral durch gekreuzte Fasern der kontralateralen Seite versorgt werden.

Die Fibrae corticonucleares steuern die motorischen Hirnnervenkerne für die Muskeln des Kopfes und des Halses an (Nn. III–VII und IX–XII) (Abb. N-2.2).

▶ Klinik. Bei einer Verletzung der Fibrae corticonucleares zu einem der beiden Ncll. nervi facialis (z. B. in der Capsula interna durch eine Blutung, zentrale Fazialisparese) sind die kontralateralen mimischen Muskeln periorbital und kaudal der Stirn gelähmt, der Patient kann aber die Stirn runzeln. Bei einer peripheren Fazialisparese (S. 993) (z. B. als Geburtsschaden durch Quetschung des Nervs beim Austritt aus dem Foramen stylomastoideum) ist dagegen die gesamte Mimik auf der ipsilateralen Seite gelähmt (Abb. N-2.3).

⊙ N-2.3

Die motorischen Kerngebiete des N. facialis für die Stirnmuskulatur werden bilateral innerviert, die restliche mimische Muskulatur nur unilateral durch Fasern der kontralateralen Seite. ▶ Klinik.

Fazialisparese und ihre anatomische Grundlage

(Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

a Liegt die Läsion rostral vom Ncl. nervi facialis, ist die Innervation der kontralateralen Stirnmuskulatur intakt, da der betreffende Anteil des Fazialiskerns von Fibrae corticonucleares beider Seiten angesteuert wird. Hierfür hat sich als Gegenüberstellung zur peripheren Läsion des Nervs der Begriff „zentrale Fazialisparese“ eingebürgert, obwohl dies streng genommen nicht ganz korrekt ist. Der N. facialis selbst ist ja nicht geschädigt, sondern die Fibrae corticonucleares. Dargestellt ist eine zentrale Parese der rechten Gesichtshälfte. b Bei einer peripheren Fazialisparese ist die gesamte ipsilaterale mimische Muskulatur gelähmt. c Anatomische Grundlage für die unterschiedliche Symptomatik bei Schädigung zentral und peripher vom Ncl. nervi facialis.

Gyrus precentralis

Fibrae corticonucleares

a

b

c

N. facialis

Nucleus n. facialis

Tractus corticopontini

Tractus corticopontini

Ursprung und Verlauf: Zu den Tractus corticopontini gehören mehrere Bahnen, die diffus vom Kortex kommen (Abb. N-2.4): ■ Der Tractus frontopontinus stammt aus den motorischen Arealen des Lobus frontalis, zieht durch den vorderen Schenkel der inneren Kapsel und verläuft am weitesten ventral durch die Crura cerebri. Er ist der wichtigste corticopontine Trakt. ■ Der Tractus parietotemporopontinus entspringt im Lobus parietalis und temporalis und zieht durch den hinteren Schenkel der Capsula interna (S. 1146) dorsal von der Pyramidenbahn durch die Crura cerebri. ■ Der Tractus occipitopontinus hat seinen Ursprung im Lobus occipitalis und zieht mit dem Tractus parietotemporopontinus nach kaudal.

Ursprung und Verlauf: Die Tractus corticopontini (Tractus frontopontinus, parietotemporopontinus und occipitopontinus) entspringen diffus in großen Bereichen des Kortex, ziehen durch die innere Kapsel und Crus cerebri, um an den Ncll. pontis zu enden (Abb. N-2.4).

Ziel: Diese Trakte enden an den Ncll. pontis im Pons, wo sie synaptisch umgeschaltet werden. Die Axone der Ncll. pontis laufen als Fibrae pontis transversae über den mittleren Kleinhirnstiel in das kontralaterale Zerebellum, wo sie einen Teil der Moosfasern (S. 1122) bilden (Abb. N-2.4). Die Fibrae pontis transversae verursachen die charakteristische Querstreifung auf der ventralen Oberfläche des Pons. Die Trak-

Ziel: Die Axone der Ncll. pontis projizieren als Fibrae pontis transversae über den mittleren Kleinhirnstiel zum kontralateralen Zerebellum (Abb. N-2.4). Die Bahnen informieren das Zerebellum u. a. über geplante Bewegungen.

1186

N

⊙ N-2.4

2 ZNS – funktionelle Systeme

Tractus corticopontini

3

1

2

4

6aa

6ab

8

Tractus frontopontinus Tractus parietotemporopontinus

Tractus corticospinalis mit Kollateralen zu extrapyramidalen Kernen

Die Tractus corticopontini haben ihren Ursprung in jedem der Großhirnlappen. Am wichtigsten ist der frontopontine Trakt, der seinen Ursprung in den motorischen Arealen des Lobus frontalis hat. Sie enden an den Nuclei pontis, deren Axone zur Gegenseite kreuzen und über den mittleren Kleinhirnstiel das Zerebellum erreichen. Zusätzlich ist der Tractus corticospinalis mit einigen Kollateralen zu Kernen des Hirnstamms dargestellt. (Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

Tractus occipitopontinus Thalamus Putamen und Globus pallidus

Caput nuclei caudati Nuclei tegmenti Nucleus ruber

vom Kleinhirn (Nucleus fastigii)

Nuclei pontis Nucleus vestibularis lateralis

Substantia nigra Pyramidenbahn zum Kleinhirn (fibrae pontis tranversae)

te informieren das Zerebellum u. a. über die Planung von Bewegungen, an der große Bereiche des Kortex beteiligt sind. Einbindung der Basalganglien in das motorische System Zu den Basalganglien mit motorischer Funktion zählen hauptsächlich Striatum und Globus pallidus. Motorischer Thalamus, Ncl. subthalamicus und Substantia nigra können als Basalganglien im weiteren Sinne angesehen werden. Projektion Kortex → Basalganglien: Über den Tractus corticostriatalis erreichen kortikale Fasern das Striatum. Die glutamatergen Afferenzen führen zur Erregung der hemmenden striatalen Neurone.

Projektion Basalganglien → Kortex: Das Corpus striatum projiziert über Globus pallidus, Substantia nigra und motorischen Thalamus auf den motorischen Kortex, der auf diese Weise durch die Basalganglien kontrolliert wird (Abb. N-2.5).

Einbindung der Basalganglien in das motorische System Zu den Basalganglien mit motorischer Funktion werden neben dem aus Putamen und Ncl. caudatus bestehenden Corpus striatum der Globus pallidus gerechnet. Einige Autoren zählen auch die motorischen Kerne des Thalamus (VL, VA), Ncl. subthalamicus und Substantia nigra hinzu, die Einteilung wird aber sehr unterschiedlich gehandhabt. Zur Verdeutlichung der folgenden Ausführungen dient die Abb. N-2.5. Projektion Kortex → Basalganglien: Der Tractus corticostriatalis, der im Striatum endet, ist eine der Hauptverbindungen des Kortex mit den Basalganglien. Das Striatum erhält über ihn eine diffuse erregende Projektion mit Glutamat als Transmitter von großen Bereichen des somatosensorischen und motorischen Kortex (besonders von Area 4 und 6). Der Trakt erregt die Neurone des Striatum, die wiederum die Zellen des Globus pallidus hemmen. Projektion Basalganglien → Kortex: Das Striatum projiziert über Globus pallidus und motorischen Thalamus wieder zurück auf den motorischen Kortex, den es auf diese Weise kontrolliert (Abb. N-2.5). Die Kontrolle des Kortex durch die Basalganglien ist besonders für die Planung und Durchführung von Bewegungen von Bedeutung. Die Verbindungen zwischen Globus pallidus und Thalamus sind als Ansa lenticularis bzw. Fasciculus thalamicus bekannt. Die striatalen Projektionen auf den Thalamus sind hemmend mit GABA als Transmitter. Für die Signale vom Striatum (bzw. Putamen) zum Thalamus und danach zum Kortex gibt es zwei Wege, einen direkten und einen indirekten: ■ Direkter Weg: Die Axone der Neurone des Putamens ziehen auf parallelen Wegen sowohl zum Globus pallidus internus (medialis) als auch zur Substantia nigra (Pars reticularis). Von diesen Zwischenzielen projizieren die Neurone dann über den Thalamus zum Kortex. Die Fasern vom Globus pallidus internus zum Thalamus (VL) bilden die Ansa lenticularis. Die Pars reticularis der Substantia nigra (SNr) projiziert mit hemmenden (GABAergen) Neuronen auf den motorischen Thalamus. Auf dem direkten Weg wird der Thalamus enthemmt (erregt), weil die Hemmung durch das mediale Pallidum bzw. die SNr reduziert wird (Abb. N-2.5 und

N

⊙ N-2.5

1187

2.2 Motorisches System

Verbindungen zwischen motorischen Kortexarealen und Basalganglien supplementär motorischer Kortex

primär motorischer Kortex somatosensorischer Kortex

+ prämotorischer Kortex

Parietallappen

+

Tractus corticostriatalis + kortikale Efferenzen zu Hirnstamm und Rückenmark

+

Nucleus caudatus Thalamus Nucleus centromedianus Nucleus ventralis lateralis

_

_ _

Fasciculus thalamicus Nucleus subthalamicus

_ _

_ +

+ _

+ _

Putamen

_ +

Globus pallidus externus Globus pallidus internus

Ansa lenticularis Pars Pars compacta reticularis Substantia nigra

Nach Integration und Verarbeitung kortikaler und subkortikaler Informationen werden diese über den Thalamus zu motorischen Kortexarealen (zurück)geleitet. Die beiden möglichen Wege zur Informationsweiterleitung aus dem Putamen sind durch unterschiedliche Farben gekennzeichnet (direkter Weg = gelb, indirekter = grün). (Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)



Abb. N-2.6a). Die Folge ist eine Erregung des Motorkortex durch den Thalamus und damit eine Förderung von Bewegungen durch den direkten Weg. Indirekter Weg: Die Efferenzen des Putamens ziehen zuerst zum Globus pallidus externus (lateralis), um dann über die Neurone des Ncl. subthalamicus wieder den Globus pallidus internus und die Substantia nigra (Pars reticularis) zu erreichen. Auf diesem Weg wird der Ncl. subthalamicus enthemmt, der nun seinerseits das mediale Pallidum erregt und so die Hemmung des Thalamus steigert. Über den indirekten Weg werden Bewegungen gehemmt (Abb. N-2.5 und Abb. N-2.6a).

Beeinflussung des Schaltkreises: Die Pars compacta der Substantia nigra (SNc) übt retrograd eine erregende Wirkung auf das Striatum aus. Diese Erregung des Striatums wird durch die Freisetzung von Dopamin durch die Fasern der SNc im Striatum und nachfolgende Bindung des Neurotransmitters an D 1-Rezeptoren verursacht. In den Somata der SNc-Zellen kommt auch Melanin vor, das die dunkle Färbung der Substantia nigra verursacht und der Struktur ihren Namen gegeben hat. Die D 1-positiven Neurone liegen am Beginn des direkten Weges. Allerdings kommen auf den Zellen des Striatums auch D 2-Rezeptoren vor, über die Dopamin gleichzeitig eine hemmende Wirkung besitzt. Es wird daher angenommen, dass im Striatum zwei Wege zum Globus pallidus beginnen, von denen der eine (der direkte) durch Freisetzung von Dopamin erregt und der andere (indirekte) gehemmt wird. Da das Striatum den Globus pallidus und die Substantia nigra hemmt, die wiederum eine hemmende Wirkung auf VL und VA besitzen, kommt es bei Aktivierung des Striatums durch den Kortex zu einer Disinhibition des motorischen Thalamus.

Beeinflussung des Schaltkreises: Eine wichtige Verbindung ist die erregende Projektion der Substantia nigra (Pars compacta) auf das Striatum bzw. Putamen. Der Transmitter in diesem Weg ist Dopamin, das auf D 1-Rezeptoren wirkt.

Vereinfacht liegt folgende Verschaltung vor: Das Striatum hemmt auf dem direkten Weg den Globus pallidus und die Substantia nigra, die wiederum den motorischen Thalamus (VA, VL) hemmen. Eine Aktivierung des Striatum durch den Kortex führt deswegen zu einer Disinhibition (Erregung) des motorischen Thalamus. Der Thalamus erregt dann über Glutamat den motorischen Kortex und

1188

N

fördert so Bewegungen. Umgekehrt kann es bei einer Läsion der Basalganglien auch zu einer gesteigerten Hemmung des Thalamus und damit zu einer Bewegungsarmut kommen. Diese Situation liegt beim Morbus Parkinson vor.

Der Thalamus erregt dann über Glutamat den motorischen Kortex und fördert so Bewegungen. Umgekehrt kann es bei einer Läsion in einer der oben skizzierten Stationen der Basalganglien zu einer verminderten Enthemmung des Thalamus und damit zu einer Bewegungsarmut kommen. Insgesamt sind jedoch wegen der komplexen Verschaltung der Basalganglien die motorischen Folgen des Ausfalls eines Kerns nur schwer vorhersagbar. Dies liegt auch daran, dass neben den erwähnten Kernen noch andere in die Schaltkreise eingebunden sind, wie z. B. der Ncl. centromedianus und Ncl. medialis dorsalis thalami. Auch das Zerebellum ist hier nicht berücksichtigt.

2 ZNS – funktionelle Systeme

▶ Klinik. Die Parkinson-Erkrankung („Schüttellähmung“) ist primär

durch eine Degeneration der dopaminergen Zellen der Substantia nigra, pars compacta (SNc) verursacht. (Im Präparierkurs sollte deshalb auf Schnitten durch das Mesencephalon gezielt nach einer Verkleinerung der schwarzgefärbten SN gesucht werden). Die Degeneration der SNc-Zellen bewirkt einen Dopaminmangel im Striatum. Die normalerweise vorhandene Erregung des Striatum durch die SNc über D 1-Rezeptoren ist deswegen vermindert. Dies führt zu einer Enthemmung des Globus pallidus, Pars internum, der wiederum den motorischen Thalamus verstärkt hemmt (Abb. N-2.6b). Der erregende Einfluss des Thalamus auf den Motorkortex ist dadurch vermindert. Gleichzeitig fehlt im Striatum die Hemmung der Neurone über D 2-Rezeptoren am Beginn des indirekten Weges, der Bewegungen hemmt. So kommt es beim Morbus Parkinson zu einer

⊙ N-2.6

Enthemmung der Bewegungshemmung (= verstärkte Bewegungshemmung) kombiniert mit der obigen Hemmung der Bewegungsförderung. Insgesamt resultiert aus diesen Störungen Bewegungsarmut (Hypo- bis Akinese). Darüber hinaus besteht bei den Patienten Ruhetremor und ein erhöhter Muskeltonus (Rigor). Als Therapie bietet sich u. a. die Zufuhr von Dopamin an, das man in seiner Vorstufe (L-DOPA) verabreicht. Im Gegensatz zu Dopamin kann L-DOPA die Blut-Hirn-Schranke (S. 1169) überwinden. Die Vorstufe wird dann in den Basalganglien in Dopamin umgewandelt. Alternativ kann eine Dauerstimulation der überaktiven Zellen im Ncl. subthalamicus eingesetzt werden (Abb. N-2.6b). Die Stimulation wird über Drahtelektroden appliziert und blockiert die Zellen. Dadurch wird die Hemmung des Thalamus vermindert und Bewegung gefördert.

Funktionelle Verschaltung zwischen den Basalganglien

Kortex

Kortex

⊕ GLU

⊕ GLU

GLU ⊕ Striatum

GABA Enk indirekter Weg GABA

GLU ⊕

GABA SP/Dyn

D2 D1





DA

DA

indirekter Weg

direkter Weg

⊖ GABA



Striatum

GABA Enk

GABA Thalamus

Pallidum externum

GABA SP/Dyn

D2 D1





DA

DA

⊖ GABA



Thalamus

Pallidum externum Pallidum internum

Pallidum internum GABA



SNc

SNr

a

GABA



GLU





SNc

SNr

⊖ GABA

GABA

Nucleus subthalamicus

direkter Weg

Nucleus subthalamicus b

GLU



a Normale Funktion der kortikalen Bewegungskontrolle durch die Basalganglien. Das Striatum wird über den Tr. corticostriatalis vom Kortex erregt. Im Striatum beginnt der bewegungsfördernde direkte Weg und der bewegungshemmende indirekte Weg. Beide stehen unter dem Einfluss des Dopamins, das von den Fasern der Substantia nigra, Pars compacta, freigesetzt wird. Dopamin fördert über D 1-Rezeptoren die Aktivität im direkten Weg, während es über D 2-Rezeptoren den indirekten Weg hemmt. Im Striatum sind neben dem Haupttransmitter GABA die Kotransmitter Enkephalin (Enk) bzw. Substanz P (SP) und Dynorphin (Dyn) angegeben. Die D 2- und D 1-positiven Neurone verwenden unterschiedliche Kombinationen der Transmitter. b Beim Morbus Parkinson ist die SNc degeneriert und produziert vermindert Dopamin. Daher fehlt die Förderung des direkten Wegs und damit insgesamt die Bewegungsförderung. Gleichzeitig ist der indirekte Weg enthemmt, der Ncl. subthalamicus ist überaktiv und verstärkt die Hemmung des Thalamus. Dadurch wird die Bewegungsförderung des Kortex vermindert. Anmerkung: Pallidum internum und SNr verhalten sich gleich und sind daher als eine Struktur zusammengefasst. SNr = Substantia nigra, Pars reticularis; SNc = Substantia nigra, Pars compacta, DA = Dopamin. NB: Es gibt mehrere Formen von Morbus Parkinson.

N

1189

2.2 Motorisches System

Deszendierende Bahnen mit Ursprung in motorischen Kernen des Hirnstamms

Deszendierende Bahnen mit Ursprung in motorischen Kernen des Hirnstamms

Deszendierende Trakte: Die motorischen Kerne des Hirnstamms sind der Ursprung von deszendierenden Trakten, die nicht zum Pyramidenbahnsystem gerechnet werden, aber oft Kollateralen von der Pyramidenbahn erhalten (s. u.). Zu diesen Trakten gehören folgende (Abb. N-2.7a): ■ Tractus reticulospinales (Ursprung in der Formatio reticularis des Hirnstamms), ■ Tractus rubrospinalis (Ursprung im Ncl. ruber), ■ Tractus tectospinalis (Ursprung im Tectum, den Colliculi superiores der Vierhügelplatte) und ■ Tractus vestibulospinales (Ursprung in den Ncll. vestibulares lateralis und medialis). Von den Basalganglien hat die Substantia nigra, Pars reticularis, Verbindungen mit den Colliculi superiores und der Formatio reticularis. Die SNr kann daher die deszendierenden Trakte beeinflussen. Die Trakte sind an Willkürbewegungen nicht direkt beteiligt, sondern steuern den Ablauf von Bewegungen reflektorisch. Ein Beispiel ist das Zusammenzucken bei einem plötzlichen Geräusch; dieses Zusammenzucken wird über den Tractus reticulospinalis vermittelt. Die Ursprungskerne werden von diffus verteilten kortikalen Neuronen angesteuert. Die Trakte sind insgesamt für die

Deszendierende Trakte: Die motorischen Kerne des Hirnstamms sind der Ursprung von deszendierenden Trakten, die nicht zum Pyramidenbahnsystem gerechnet werden. Zu diesen Trakten gehören u. a. die Folgenden (Abb. N-2.7a): ■ Tractus reticulospinales, ■ Tractus rubrospinalis, ■ Tractus tectospinalis und ■ Tractus vestibulospinales. ■ Sie beeinflussen die Motorik auf reflektorischem Wege.

⊙ N-2.7

Absteigende Bahnen des extrapyramidalmotorischen Systems 3

1

2

4 6aα

motorischer Kortex Tractus corticospinalis mit Kollateralen zu extrapyramidalen Kernen

Striatum und Thalamus

Thalamus Putamen und Globus pallidus

Nucleus ruber

Caput nuclei caudati Nuclei tegmenti Nucleus ruber

vom Kleinhirn (Nucleus fastigii)

Substantia nigra Pyramidenbahn

Nuclei pontis Nucleus vestibularis lateralis

Tractus olivospinalis

Decussatio pyramidum

Hinterstrangkerne

Oliva inferior

Tractus corticospinalis anterior

Pyramide

b

Tractus corticospinalis lateralis

Tractus corticospinalis anterior

Tractus corticospinalis lateralis

Tractus tectospinalis

Tractus vestibulospinalis lateralis

Tractus reticulospinalis anterior

anulospirale Faser (Ia)

Interneuron

Golgi-Faser (Ib)

α-Faser

untere Olive

Kerne der Formatio reticularis

Rückenmark

Tractus rubrospinalis

a

pontine Kerne

α-Motoneuron γ-Faser

(Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

a Die Haupttrakte des deszendierenden extrapyramidalmotorischen Systems sind die Tractus rubrospinalis, tectospinalis, olivospinalis, vestibulospinales und reticulospinales, von denen einige noch in Untertrakte gegliedert werden (z. B. Tractus vestibulospinalis medialis und lateralis). Der Tractus reticulospinalis anterior (oder medialis) entspringt von der Formatio reticularis des Pons. b Die Übersicht über kortikale motorische Efferenzen macht deutlich, dass die Pyramidenbahn eine Vielzahl von Kollateralen an Kerngebiete des Hirnstamms abgibt, von denen einige zum extrapyramidalmotorischen System gerechnet werden.

1190

N

2 ZNS – funktionelle Systeme

Art und Weise verantwortlich, in der Bewegungen ausgeführt werden. Über die Pyramidenbahn wird dagegen entschieden, ob Bewegungen eingeleitet werden. Die motorischen Kerne des Hirnstamms und deren Verbindungen werden auch als extrapyramidalmotorisches System (EPMS) bezeichnet. Allerdings ist eine scharfe Trennung zwischen Pyramidensystem und EPMS aus vielen Gründen nicht sinnvoll (Abb. N-2.7b).

▶ Klinik.

2.2.3

Extrapyramidalmotorisches System (EPMS): Für die motorischen Kerne des Hirnstamms und die von ihnen ausgehenden deszendierenden motorischen Bahnen wird auch der Begriff extrapyramidalmotorisches System (EPMS) verwendet, besonders im klinischen Sprachgebrauch. Allerdings ist eine scharfe Trennung zwischen Pyramidenbahn und EPMS aus mehreren Gründen nicht sinnvoll: ■ Die kortikalen Ursprungsneurone, deren Axone in die Pyramidenbahn bzw. auf die Kerne des EPMS projizieren, sind meist identisch (Abb. N-2.7b). ■ Pyramidenbahn und EPMS werden immer zusammen aktiviert. ■ Ein Teil der Kerne, die zum EPMS gerechnet werden, haben auch nicht-motorische Funktionen (z. B. bei der Verarbeitung von Affekten). ▶ Klinik. In der Klinik hat sich die Unterscheidung zwischen Pyramidenbahn und EPMS eingebürgert, weil sich die motorische Symptomatik nach Ausfällen in den Basalganglien und den motorischen Kernen des Hirnstamms von der nach pyramidalen Schädigungen unterscheidet. So kommt es bei Läsionen des Pyramidensystems zu Lähmungen, die bei Ausfällen im EPMS fehlen. Störungen des EPMS äußern sich eher in der Art und Weise, wie die Bewegungen durchgeführt werden. Der kleinschrittige Gang von Parkinson-Patienten ist ein Beispiel für eine solche Bewegungsstörung.

Motorische Endstrecke

▶ Definition.

▶ Definition. Unter der motorischen Endstrecke wird die synaptische Anbindung der deszendierenden pyramidalen und anderen motorischen Trakte an die α- und γMotoneurone des Hirnstamms und Rückenmarks verstanden.

Die wichtigsten motorischen Trakte des Rückenmarks sind der Tractus corticospinalis lateralis und anterior, beides Teile der Pyramidenbahn. Der extrapyramidale Tractus rubrospinalis liegt direkt ventral vom Tractus corticospinalis lateralis (Abb. N-2.8). Er leitet zerebelläre Information vom Ncl. ruber des Mesencephalon (S. 1115) nach kaudal zu den spinalen Motoneuronen. Die γ-Motoneurone zu intrafusalen Muskelfasern der Muskelspindeln (S. 1198) werden wahrscheinlich v. a. von den extrapyramidalen Bahnen (EPMS) kontaktiert.

⊙ N-2.8

2.2.3 Motorische Endstrecke

Abb. N-2.8 zeigt einen Querschnitt durch das Rückenmark mit den deszendierenden motorischen Trakten. Es wird angenommen, dass der Tractus corticospinalis lateralis und anterior die Motoneurone über Interneurone erreichen, aber wahrscheinlich gibt es auch direkte Kontakte. Von den extrapyramidalen Bahnen ist der Tractus rubrospinalis besonders auffällig; er liegt direkt ventral vor dem Tractus corticospinalis lateralis. Der Ursprung des Trakts ist der Ncl. ruber im Mesencephalon (S. 1115). Der Kern erhält seinen Hauptantrieb aus dem Zerebellum über den oberen Kleinhirnstiel. Die γ-Motoneurone werden wahrscheinlich vorwiegend von den extrapyramidalen Bahnen (EPMS) kontaktiert. Diese Motoneurone erregen die intrafusalen Muskelfasern der Muskelspindeln und erhöhen so die Empfindlichkeit dieser Rezeptoren gegen Dehnung des Muskels (S. 1198).

Deszendierende motorische Trakte des Rückenmarks Anordnung der deszendierenden Bahnen in einem Abschnitt des Rückenmarks. Typisch ist z. B. die Lage des Tractus rubrospinalis im Seitenstrang ventral vom Tractus corticospinalis lateralis.

Tractus corticospinalis anterior Tractus reticulospinalis anterior Tractus vestibulospinalis lateralis Tractus tectospinalis

(Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

Tractus corticospinalis lateralis Tractus rubrospinalis u. reticulospinalis lateralis

N

1191

2.2 Motorisches System ▶ Klinik.

▶ Klinik. Die Unterbrechung des 1. motorischen Neurons (zwischen Motorkortex und α-Motoneuron = zentrale Läsion) führt zunächst zur schlaffen Lähmung, die jedoch nach einiger Zeit in eine spastische Lähmung übergeht. Eine mögliche Erklärung für die spastische Symptomatik ist die, dass der hemmende Einfluss der mitverletzten extrapyramidalen Bahnen (bes. des Tr. rubrospinalis und reticulospinalis) auf die γ-Motoneurone weggefallen ist. Dadurch werden die Muskelspindeln überaktiv, die dann über den monosynaptischen Reflexbogen die α-Motoneurone erregen. Eine Verletzung des 2. motorischen Neurons (des α-Motoneurons = periphere Läsion) verursacht dagegen eine rein schlaffe Lähmung, bei der im Gegensatz zur Läsion des 1. Neurons die Dehnungsreflexe (in der Klinik häufig mit MER = Muskeleigenreflexe abgekürzt) abgeschwächt sind und Pyramidenbahnzeichen (S. 1171) fehlen. So ist klinisch eine zentrale von einer peripheren Lähmung zu unterscheiden. Unabhängig vom Schädigungsort wird eine inkomplette Lähmung als Parese (Kraftminderung) bezeichnet, eine komplette als Plegie.

Die Erregbarkeit der α-Motoneurone hängt nicht nur von der Aktivität in den deszendierenden Bahnen, sondern auch von segmentalen Afferenzen der Haut und der tiefen Gewebe ab, die über Interneurone teils aktivierend, teils hemmend wirken. Daher bestimmt die Balance zwischen diesen vielfältigen synaptischen Einflüssen, ob ein Motoneuron aktiviert oder gehemmt wird. Das α-Motoneuron unterliegt weiterhin einer rekurrenten Hemmung durch die sog. Renshaw-Zelle. Sie wird von einer Kollaterale des α-Motoaxons erregt (Transmitter ist Acetylcholin) und hemmt das α-Motoneuron durch Glyzin und GABA.

Die Erregbarkeit der α-Motoneurone ist nicht nur von der Aktivität der deszendierenden Bahnen, sondern auch von segmentalen Afferenzen der Haut und der tiefen Gewebe abhängig. Die Renshaw-Hemmung ist eine rekurrente Hemmung, die das α-Motoneuron durch Freisetzung von Glyzin und GABA hemmt. ▶ Klinik.

▶ Klinik. Der Wundstarrkrampf (Tetanus), der durch Infektion erdverschmutzter und

schlecht durchbluteter Wunden mit dem Bakterium Clostridium tetani hervorgerufen wird, führt durch Übererregbarkeit der α-Motoneurone zu Krämpfen. Der zugrunde liegende Mechanismus ist folgender: Das von den Bakterien gebildete Tetanustoxin wird per Endozytose vom präsynaptischen Teil der neuromuskulären Endplatte (S. 84) aufgenommen und im Axon des α-Motoneurons retrograd zum zugehörigen Soma transportiert. Hier verlässt das Toxin die Zelle und dringt in die Renshaw-Zellen ein, die normalerweise das α-Motoneuron über Freisetzung des Transmitters GABA und Glyzin hemmen. Dies wird durch das Toxin verhindert, das Synaptobrevin spaltet und so die Exozytose der Transmitter verhindert. Dadurch kommt es zum Wegfall der Hemmung und folglich zur Übererregbarkeit des α-Motoneurons. Zu jedem Muskel gehört eine Population von α-Motoneuronen im Vorderhorn, die sich meist über mehr als ein Rückenmarksegment erstreckt, d. h. die Motoneurone bilden Säulen (Abb. N-2.9). Die Säulen zeigen eine angedeutete Somatotopie: Im Vorderhorn des Zervikalmarks liegen die Flexor-Motoneurone mehr dorsal, die Extensor-Motoneurone mehr ventral. Die Motoneurone der Stamm- und proximalen Muskeln sind eher medial, die der distalen Muskeln eher lateral im Vorderhorn angeordnet.

⊙ N-2.9

Die α-Motoneurone sind im spinalen Vorderhorn in Form von Säulen mit angedeuteter Somatotopie angeordnet (Abb. N-2.9): Extensor-Motoneurone → ventral, Flexor-Motoneurone → dorsal. Motoneurone der proximalen Muskeln → medial, die der distalen Muskeln → lateral.

Durch Motoneurone gebildete Säulen im Rückenmark Kernsäule

Radix anterior

(Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

Neurone der Beugemuskulatur

peripherer Plexus Nerv Nucleus retroposterolateralis Nucleus posterolateralis Nucleus anterolateralis

a

plurisegmental innervierter Muskel

Neurone der Streckmuskulatur b

mediale Kerngruppe

a In der dreidimensionalen Darstellung ist das Anordnungsprinzip der säulenartigen Kerngebiete innerhalb der Columna anterior erkennbar. b Am Beispiel des Zervikalmarks ist die Somatotopie der Kernsäulen innerhalb des Vorderhorns dargestellt. (nach Bossy)

1192

N

2.2.4

2.2.4 Entstehung von Willkürbewegungen

Entstehung von Willkürbewegungen Der Entschluss eine Bewegung auszuführen, entsteht hauptsächlich im präfrontalen Kortex (Abb. N-2.10), der auf den prämotorischen und supplementärmotorischen Kortex projiziert (Tab. N-2.2). Der primäre motorische Kortex führt die (Gelenk-)Bewegung aus. Parallel dazu werden Basalganglien und Zerebellum aktiviert, die über den motorischen Thalamus zurück zum Kortex projizieren.

▶ Exkurs: Bereitschaftspotenzial im EEG als Ausdruck für Entschluss und Programmentwicklung einer Willkürbewegung.

⊙ N-2.10

2 ZNS – funktionelle Systeme

Der Entschluss, eine bestimmte Bewegung durchzuführen, entsteht in Neuronenpopulationen ausgedehnter Bereiche des präfrontalen Kortex (Abb. N-2.10). Die Erregung erreicht dann den prämotorischen und supplementärmotorischen Kortex (Tab. N-2.2), die beide eine gewisse Somatotopie besitzen. Andere Kortexareale sind ebenfalls an dem Entschluss beteiligt. In diesen Gebieten wird das Bewegungsprogramm entworfen (die zeitliche Reihenfolge der Kontraktionen verschiedener Muskeln mit unterschiedlicher Kraft). Im Kortex sind nicht die Bewegungen einzelner Muskeln repräsentiert, sondern Kontraktionen ganzer Muskelgruppen, die zu Gelenkbewegungen führen. Die Bewegung wird dann durch den primären motorischen Kortex ausgeführt. Parallel zu den kortikalen Vorgängen werden Basalganglien und Zerebellum aktiviert, um den Ablauf der Bewegung zu kontrollieren. Beide letztgenannten Gebiete projizieren über den motorischen Thalamus zum Kortex zurück. ▶ Exkurs: Bereitschaftspotenzial im EEG als Ausdruck für Entschluss und Programmentwicklung einer Willkürbewegung. Etwa 500 ms vor dem Beginn einer Willkürbewegung kann bei einer Ableitung der elektrischen Hirnströme im Elektroenzephalogramm (EEG) von großen Gebieten des Lobus frontalis und parietalis eine Negativität registriert werden, die als Ausdruck des Entschlusses zu einer Bewegung und der Programmentwicklung interpretiert wird (sog. Bereitschaftspotenzial). Die Registrierung des Potenzials ist aufwändig, da die Probanden willkürliche Bewegungen durchführen müssen, d. h. ein Startsignal darf nicht gegeben werden. Das EEG muss vom Beginn der Bewegung ausgehend rückwärts ausgewertet und über viele Abläufe gemittelt werden.

Stationen der Willkürmotorik

präfrontaler Kortex

Assoziationskortex planen

Vereinfachte Darstellung der an einer Willkürbewegung beteiligten Strukturen. Zu beachten ist, dass der primäre motorische Kortex nicht die erste, sondern zusammen mit dem prämotorischen Kortex die letzte Station vor der Durchführung der Bewegung ist. Bei der Bewegungsausführung werden neben der Pyramidenbahn auch extrapyramidale Bahnen aktiviert, die in der Abb. nicht dargestellt sind. (Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl., nach Klinke und Silbernagl)

Kleinhirnhemisphären

Basalganglien

prämotorischer Kortex

programmieren

MI

ausführen

Kleinhirn intermediär Rückmeldung

somatosensorische Information

Pyramidenbahn

kontrollieren

Klinischer Fall: Älterer Mann mit Bewegungsstörung* * Fallbeispiel fiktiv, Namen und Daten frei erfunden

09:45

10:15

Herr Hans Keller, 79 Jahre, kommt zu einem seiner regel­ mäßigen Hausarztbesuche.

H.K.: Ich jammer ja nur ungern, aber langsam hab ich das Gefühl, ich werde echt alt. Wenn ich eine Weile in meinem Sessel saß, komme ich nur ganz schwer wieder hoch. Aber dann so, dass ich mein, ich kipp gleich vornüber. Außerdem zittern meine Hände in letzter Zeit öfter. Meine Schrift ist auch nicht mehr die Alte: früher war ich ein richtiger Schönschreiber, aber nun wird die Schrift am Ende der Zeile immer kleiner und so krakelig. Muss wohl auch bald auf e­Mails umsteigen...

Aus Herrn Kellers Vorgeschichte weiß ich, dass er bis auf einen kleinen Schlaganfall im Versorgungsgebiet der linken A. cerebri media vor einigen Jahren keine relevanten Erkrankungen hat. Die vom Patienten geschilderten Sympto­ me sind typisch für ein Morbus Parkinson. Daher überweise ich Herrn Keller in die Neurologie.

2 Wochen später Körperliche Untersuchung Bei der körperlichen Untersuchung fallen der Ambulanzärztin mehrere typi­ sche Symptome des Morbus Parkinson auf: Die Mimik des Patienten wirkt gemindert. Herr Keller kann sich nur mühsam vom Stuhl erheben. Beim Gehen trippelt er zunächst einige Schritte, bis er richtig „in Schwung“ kommt („Starthemmung“). An Armen und Beinen besteht ein sog. „Zahn­ radphänomen“. „Starthemmung“. Für das Parkinson-Syndrom typisch ist außerdem die gebeugte Körperhaltung. (aus Masuhr, KF., Masuhr F., Neumann M. Duale Reihe Neurologie, 7. Auflage, Stuttgart, Thieme 2013)

3 Tage später Dopamin-Test Um die Verdachtsdiagnose zu erhärten, führt die Ärztin einen L­Dopa­Test durch. Dabei erhält der Patient nüchtern oral Dopamin. Beim Morbus Parkinson bessern sich daraufhin typi­ scherweise die Symptome – so auch bei Herrn Keller.

Beginn der Therapie Anhand der klinischen Untersuchung und des positiven L­Dopa­Tests wird die Diagnose Morbus Parkinson endgültig gestellt. Herr Keller erhält als Therapie L­Dopa (Dopamin) und Benserazid (ver­ hindert die Metabolisierung von L­DOPA) oral. Seine Beschwerden bessern sich deutlich.

„Zahnradphänomen“: Bei passiver Gelenkbewegung fällt eine rhythmische Unterbrechung des Dehnungswiderstandes auf. (aus Masuhr, KF., Masuhr F., Neumann M. Duale Reihe Neurologie, 7. Auflage, Stuttgart, Thieme 2013)

Nach 3 Jahren Erhöhung der L-DOPA-Dosis Nach 3 Jahren muss ich die Dosis des L­DOPA bei Verschlimmerung der Beschwerden verdoppeln. Herr K. be­ nötigt nun bei schlechter Beweglich­ keit immer mehr Hilfe im Alltag.

1 Jahr später Nach einer Lungenentzündung verschlechtert sich der Allgemein­ zustand von Herrn K. drastisch. Er erleidet kurz darauf einen großen Schlaganfall (Mediainfarkt links), an dem er stirbt.

Fragen mit anatomischem Schwerpunkt 1 2 3

Können Sie sich erklären, warum es bei Degeneration dopaminerger Zellen in der Pars compacta der Substantia nigra zu einer Hypokinesie („Bewegungsarmut“) kommt? Wie erklären Sie sich das Entstehen von Hyperkinesien (pathologisch gesteigerte Motorik) bei Ausfall des Ncl. sub­ thalamicus? Welche Form der Bewegungsstörung entsteht, wenn im Striatum die motorikfördernden Anteile ausfallen? ! Antwortkommentare im Anhang

1194

N

2.3

2.3

Sensorische Systeme

▶ Definition.

2 ZNS – funktionelle Systeme

Sensorische Systeme

▶ Definition. Unter dem Begriff „Sensorik“, der lange Zeit im deutschen Sprach-

gebrauch den afferenten (zentripetalen) Verbindungen von den speziellen Sinnesorganen (Auge, Ohr, Geschmacks- und Geruchsorgan) vorbehalten war, werden heute zunehmend alle afferenten Verbindungen zusammengefasst. Damit folgt man der Verwendung des Begriffs „sensory“ im angloamerikanischen Sprachgebiet. Auch wenn im Deutschen die früher übliche Unterscheidung zwischen „sensorischen“ Afferenzen spezieller Sinnesorgane und allen anderen Afferenzen – die als „sensibel“ bezeichnet werden – weiterhin verwendet wird, folgt dieses Kapitel dem internationalen Gebrauch. Somit ist eine zusammenhängende Darstellung aller afferent zum ZNS und innerhalb des ZNS geleiteten Informationen möglich.

Man unterscheidet 2 Typen von Sinneszellen:

Bei der Darstellung des visuellen, auditorischen, vestibulären, olfaktorischen und gustatorischen Systems wird hier der Schwerpunkt auf die primär afferenten und zentralnervösen Vorgänge gelegt. Der Aufbau der Sinnesorgane ist in den Kapiteln Auge (S. 1049), Ohr (S. 1074), Nase und Nasennebenhöhlen (S. 1039) und Geschmacksorgan (S. 1012) beschrieben. Innerhalb der sensorischen Systeme unterscheidet man zwei Typen von Sinneszellen:

Primäre Sinneszelle: Der periphere Fortsatz des primär afferenten Neurons geht direkt in die rezeptive Nervenendigung über, d. h. die erste Synapse befindet sich erst im ZNS (Abb. N-2.11a). Beispiel: Sinneszelle im olfaktorischen Epithel.

Primäre Sinneszelle: Der periphere Fortsatz des primär afferenten Neurons geht direkt in die rezeptive Nervenendigung über, d. h. die erste Synapse befindet sich erst im ZNS (Abb. N-2.11a). Beispiele sind die Sinneszellen des olfaktorischen Epithels (S. 1045) bzw. Riechepithels (S. 1238) und die freien Nervenendigungen der Somato- und Viszerosensorik.

Sekundäre Sinneszelle: Die Rezeptorzelle selbst bildet keine Aktionspotenziale (S. 195), sondern ist über eine Synapse mit der afferenten Faser des PNS verbunden (Abb. N-2.11b). Beispiel: Sinneszellen der Geschmacksknospen.

Sekundäre Sinneszelle: Die Rezeptorzelle selbst bildet keine Aktionspotenziale (S. 195), sondern ist über eine Synapse mit der afferenten Faser des PNS verbunden (Abb. N-2.11b). Beispiele sind die Sinneszellen der Geschmacksknospen (S. 1241) und die Haarzellen des Innenohrs (S. 1229).

⊙ N-2.11

⊙ N-2.11

Primäre und sekundäre Sinneszelle ZNS

Transduktion = Entstehung eines Rezeptorpotenzials durch Einwirkung eines Reizes.

Aktionspotenzial

glutamaterge Vesikel

(Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

Rezeptorpotenzial

Mikrovilli Transduktion

a

2.3.1

Somatosensorik und Viszerosensorik

▶ Definition.

Transduktion

b

a Bei der primären Sinneszelle wie z. B. den Zellen des olfaktorischen Epithels hat das primär afferente Neuron neben der Weiterleitung des Reizes auch Rezeptorfunktion. b Bei sekundären Sinneszellen dagegen liegt zwischen der Rezeptorzelle und der afferenten Faser eine Synapse wie z. B. bei Zellen der Geschmacksknospen.

2.3.1 Somatosensorik und Viszerosensorik ▶ Definition. Unter Somatosensorik fasst man die über Somatoafferenzen geleitete

Information aus Haut, Skelettmuskulatur und Gelenken zusammen. Viszerosensorik umfasst die über Viszeroafferenzen geleitete Information aus inneren Organen und Blutgefäßen. Einteilung und Aufbau somatosensorischer Bahnen Einteilung: Die Somatosensorik hat verschiedene Teilfunktionen (Tab. N-2.3).

Einteilung und Aufbau somatosensorischer Bahnen Einteilung: Die Somatosensorik wird unterschiedlich eingeteilt; ein Beispiel zeigt Tab. N-2.3. Propriozeptive Vorgänge bleiben oft unbemerkt. Dies bedeutet, dass die Informationen nicht bewusst werden, sondern für die automatisch ablaufende Kon-

N

≡ N-2.3

1195

2.3 Sensorische Systeme

Somatosensorik

Sinnesmodalität

beteiligte Trakte

Mechanorezeption Tast-, Berührungs- und Vibrationssinn



Hinterstrangsystem



Tractus spinothalamicus anterior



Tractus spinothalamicus lateralis



Tractus spinoreticularis

Schmerz- und Temperatursinn Propriozeption

bewusste Tiefensensibilität (Stellungs-, Bewegungs- und Kraftsinn)



Hinterstrangsystem

unbewusste Propriozeption für motorische Kontrolle



u. a. Tractus spinocerebellaris anterior und posterior

trolle der Motorik und des Gleichgewichts verwendet werden. Diese Informationen erreichen nicht den Kortex, sondern laufen vorwiegend über die spinozerebellären Trakte (S. 1201). Die bewusste Propriozeption, die den Stellungs- und Bewegungssinn vermittelt, verläuft dagegen über das Hinterstrangssystem. Man stößt des Öfteren auf die Unterscheidung zwischen epikritischer und protopathischer Sensibilität, die sich auch im klinischen Alltag wiederfindet (s. u.). Dabei versteht man unter „epikritischer Sensibilität“ eine sensorische Information mit hoher zeitlich-räumlicher Auflösung und Erkennbarkeit wie z. B. Berührungsempfindungen von der Haut. Die „protopathische Sensibilität“ bezeichnet Sinnesempfindungen mit geringer Auflösung wie z. B. Schmerzempfindungen. Da in den Begriffen eine Wertung der Sinnesinformation enthalten ist, die in dieser scharfen Abgrenzung nicht korrekt ist, wird in diesem Kapitel eine solche Unterscheidung nicht mehr gemacht. ▶ Klinik. Bei der neurologischen Untersuchung kann die sog. epikritische Sensibilität z. B. mit einem Zirkel geprüft werden. Dabei wird untersucht, bis zu welchem minimalen Abstand der Zirkelspitzen der Patient noch zwei separate Punkte spürt (sog. Zwei-Punkt-Diskrimination, gemessen als simultane Raumschwelle). Dabei gibt es Normbereiche, die je nach Körperregion unterschiedlich sind.

Allgemeiner Aufbau: Alle somatosensorischen Bahnen bestehen aus einer Kette von Neuronen, die über Synapsen miteinander verbunden sind. Die Bahnen für die Mechanorezeption sowie Thermo- und Nozizeption enthalten nur drei Neurone (S. 213): ■ Das erste Neuron reicht von der rezeptiven Nervenendigung in der Peripherie bis zur ersten Synapse im Rückenmark oder der Medulla oblongata. Das erste Neuron ist histologisch eine pseudounipolare Zelle (S. 92), dessen Zellkörper (Soma, Perikaryon) sich im Spinalganglion befindet. Das Soma mit seinem peripheren und zentralen Fortsatz wird auch primär afferentes Neuron genannt. ■ Das zweite Neuron liegt in Rückenmark oder Medulla oblongata, ist meist vom multipolaren Typ und projiziert mit seinem Axon zum Thalamus oder – im Fall der unbewussten Propriozeption (s. u.) – zum Zerebellum. ■ Das dritte Neuron verbindet den Thalamus mit den somatosensorischen Anteilen des Kortex (Gyrus postcentralis), in dem nach allgemeiner Auffassung die bewussten Sinnesempfindungen entstehen. ▶ Merke. Allgemein gilt, dass der Thalamus für fast alle bewussten Sinnesmodalitä-

Der Begriff „epikritische Sensibilität“ kennzeichnet Sinnessysteme mit hoher räumlicher und zeitlicher Auflösung (z. B. Tastsinn), die der „protopathischen Sensibilität“ fehlt (z. B. Temperatursinn). Diese Unterteilung enthält eine Wertung und ist umstritten; sie wird aber noch von einigen Autoren verwendet.

▶ Klinik.

Allgemeiner Aufbau: Alle aszendierenden Bahnen bestehen aus einer Kette von Neuronen, die über Synapsen miteinander verbunden sind. Die Bahnen für die Mechanorezeption sowie Thermo- und Nozizeption enthalten drei Neurone: ■ Das erste Neuron reicht vom Rezeptor bis zum Rückenmark bzw. Medulla oblongata (primär afferentes Neuron), ■ das zweite vom Rückenmark oder Medulla oblongata bis zum Thalamus, und ■ das dritte vom Thalamus zum Kortex.

▶ Merke.

ten (Somatosensorik, Hören, Sehen) die letzte Station vor Erreichen des Kortex ist. Eine Ausnahme bildet die Riechbahn, die nicht über den Thalamus verläuft. Die genannte vereinfachte Darstellung der Bahnen berücksichtigt nicht die Tatsache, dass in den sensorischen Kerngebieten durchaus noch Interneurone zwischengeschaltet sein können. Darüber hinaus geben die Neurone auf fast allen Stationen Kollateralen an andere Zentren ab. Deshalb ist auch die Trennung zwischen bewusster und unbewusster Tiefen- oder Viszerosensibilität nicht so scharf wie hier dargestellt. Im Folgenden werden die Bahnsysteme nach funktionellen Gesichtspunkten abgehandelt. Dabei erfolgt jeweils zunächst die Darstellung der Bahnen für den Körper ohne den Kopf und im Anschluss die der entsprechenden trigeminalen Bahnen.

Die folgende Darstellung erfolgt nach funktionellen Gesichtpunkten und zunächst für den Körper ohne Kopf.

1196

N

Mechanorezeption und Propriozeption

Mechanorezeption und Propriozeption

Hinterstrangsystem und Tractus spinothalamicus anterior

Hinterstrangsystem und Tractus spinothalamicus anterior

▶ Synonym.

2 ZNS – funktionelle Systeme

▶ Synonym. Spino-bulbo-thalamo-kortikales System

Funktion: Die Mechanorezeption (besonders von der Haut) sowie die (bewusste) Tiefensensibilität werden durch zwei Bahnen vermittelt, nämlich das Hinterstrangsystem und den Tractus spinothalamicus anterior.

Funktion: Hinterstrangsystem und Tractus spinothalamicus anterior, ein Teil des Vorderseitenstrangs (S. 1101), dienen der Mechanorezeption und der Propriozeption, sodass funktionell zwei Anteile unterschieden werden: ■ Sinnesmodalität Mechanorezeption: Informationswege, die Sinnesempfindungen von den Mechanorezeptoren der Haut vermitteln (Sinnesqualitäten: Tast-, Berührungs-, Druck- und Vibrationssinn). Unter Tastsinn wird meist das aktive Betasten von Gegenständen verstanden (haptische Wahrnehmung), Berührungssinn ist eher die passive Wahrnehmung von äußeren Reizen (taktile Wahrnehmung). Als Sinnesqualität wird ein Aspekt einer Sinnesmodalität verstanden, wobei üblicherweise für jede Sinnesqualität ein eigener Rezeptor vorhanden ist. Allerdings werden durch einen Reiz (z. B. Berührung) oft mehrere Rezeptortypen erregt. ■ Bewusste Propriozeption: Informationswege für die Tiefensensibilität, die Sinnesempfindungen von den Rezeptoren der Muskeln und Gelenke vermitteln. Die Tiefensensibilität hat die Sinnesqualitäten Stellungs-, Bewegungs- und Kraftsinn.

Rezeptoren der Mechanorezeption: Hierbei handelt es sich um verschiedene Hautrezeptoren (Abb. N-2.12):

Rezeptoren der Mechanorezeption: Bei den Rezeptoren der Mechanorezeption handelt es sich um verschiedene Hautrezeptoren (Abb. N-2.12) mit relativ dicken markhaltigen afferenten Nervenfasern (Aβ-Fasern). Sie vermitteln unterschiedliche Sinnesqualitäten: ■ Der Berührungs- und empfindliche Drucksinn wird über langsam adaptierende Merkel-Zellen oder Merkel-Zell-Komplexe (Merkel-Zelle plus afferente Endigung) vermittelt. Langsam adaptierend – slowly adapting, daher SA-Rezeptoren genannt – bedeutet, dass die Endigungen bei einem länger anhaltenden Reiz Entladungen für die gesamte Dauer des Reizes zeigen. Diese Rezeptoren kommen (vorwiegend bei Tieren) in der behaarten Haut als Tastscheibe mit mehreren Merkel-Zellen vor. Sie liegen im Stratum basale der Epidermis (S. 1267). Wegen ihrer anhaltenden Erregung bei langdauernden Reizen sind diese Rezeptoren in der Lage, Informationen über ständig vorhandene Umweltreize zu vermitteln (z. B. Druck der Kleidung). Ihre Entladungsfrequenz ist hauptsächlich von der Intensität (Stärke) des mechanischen Reizes abhängig; daher werden sie auch Proportionalitäts- (P-) oder Intensitätsrezeptoren genannt.



Merkel-Zellen für den Berührungs- und empfindlichen Drucksinn.

⊙ N-2.12

Rezeptoren der Haut Haarfollikelrezeptor

Tastscheibe

freie Nervenendigungen

Axon-MerkelzellKomplex

Epidermis

Meissner-Tastkörperchen

Dermis

RuffiniKörperchen

Vater-PaciniKörperchen

Subcutis behaarte Haut

freie Nervenendigung

unbehaarte Haut

Schematische Darstellung der Rezeptoren in behaarter und unbehaarter Haut. Zu beachten ist, dass die freien Nervenendigungen als einzige Rezeptoren weit in die Epidermis hineinreichen. In der behaarten Haut kommen Meissner-Korpuskel nicht vor – hier wird der Tast- und Berührungssinn u. a. über Haarfollikelrezeptoren vermittelt. Ansonsten kommen die anderen Rezeptoren der unbehaarten Haut auch in der behaarten Haut vor (hier nicht dargestellt). (Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

N ■





Der Tast- und Berührungssinn wird über mittelschnell adaptierende Meissner-Körperchen (in unbehaarter Haut) und Haarfollikelrezeptoren (in behaarter Haut) vermittelt. Mittelschnell adaptierend bedeutet, dass die Endigungen bei konstanter Reizstärke eine schnell abfallende Entladungsfrequenz zeigen (rapidly adapting, RA-Rezeptoren). Sie liegen im Stratum papillare (S. 1271) des Coriums (Dermis). Die Meissner-Körperchen werden aktiv zur taktilen Erkennung von Gegenständen eingesetzt (Rezeptoren des Tastsinns). Beide Rezeptoren sind in ihrer Entladungsrate primär von der Geschwindigkeit der Reizänderung abhängig, daher der Name Differenzial- (D-) oder Geschwindigkeitsrezeptoren. Mischformen, die sowohl auf die Intensität als auch Geschwindigkeit der Reizänderung ansprechen, heißen entsprechend Proportional-Differenzial- oder PD-Rezeptoren. Der Vibrationssinn wird über sehr schnell adaptierende Pacini-Korpuskel (PC-Rezeptoren nach Pacini) vermittelt. Wichtig ist die von diesen Rezeptoren kommende Information u. a. für das Erkennen von rauen Oberflächen beim Betasten und die Feststellung, dass ein festgehaltener Gegenstand in der Hand rutscht. Sie liegen in der Subcutis der Haut (S. 1272). Pacini-Korpuskel reagieren auf die Änderung der Reizgeschwindigkeit pro Zeit, d. h. auf die Beschleunigung des mechanischen Reizes (Beschleunigungsrezeptoren). Die effektivsten Reize sind daher mechanische Schwingungen, bei denen sich die Geschwindigkeit des Reizes ständig ändert (z. B. Vibrationen eines Lenkrads, Schwingungen einer Stimmgabel). Der Drucksinn wird über langsam adaptierende Ruffini-Korpuskel vermittelt. Sie liegen im Corium und in der Subcutis und benötigen wegen ihrer tiefen Lage stärkere Druckreize für ihre Erregung als Merkel-Zellen.

Rezeptoren der bewussten Propriozeption: Die bewusste Propriozeption wird über Muskelrezeptoren (Muskelspindeln), Sehnenrezeptoren (Golgi-Organe) und Rezeptoren der Gelenkkapsel vermittelt (Abb. N-2.13): Die Muskelspindeln (S. 85) sind parallel zu den Muskelfasern angeordnet und werden daher bei Dehnung des Muskels gedehnt und bei Kontraktion entlastet. Die eigentlichen rezeptiven Endigungen sind spiralige (anulospirale) Endverzweigungen, die sich als terminale Äste um die Mitte der intrafusalen Muskelfasern wickeln (primäre Muskelspindelafferenzen). Weitere Muskelspindelafferenzen sind die sog. Blütendolden-(flower spray-)Endigungen (sekundäre Muskelspindelafferenzen), die seitlich von der Mitte der intrafusalen Fasern liegen. Die Fasern der primären Muskelspindelafferenzen werden als Gruppe-Ia-Fasern bezeichnet und gehören zu den dicksten markhaltigen Nervenfasern des Körpers (entsprechend den efferenten AαFasern zum Muskel, s. Tab. A-2.14). Die Afferenzen der sekundären Endigungen gehören zu den weniger dicken markhaltigen Gruppe-II-Fasern (entsprechen den AβFasern der Haut, s. Tab. A-2.14). Der adäquate Reiz für die Erregung der Muskelspindelrezeptoren ist eine Dehnung des Muskels, die über eine Dehnung des zentralen Teils der intrafusalen Muskelfasern zu einer Verformung der rezeptiven Endigungen führt. Eine solche Dehnung

⊙ N-2.13







Meissner-Körperchen für den Tast- und Berührungssinn und Haarfollikelrezeptoren. Letztere kommen (natürlich) nur in der behaarten Haut vor und dienen ebenfalls dem Berührungssinn.

Pacini-Korpuskel für den Vibrationssinn.

Ruffini-Korpuskel vermitteln Druckempfindungen.

Rezeptoren der bewussten Propriozeption: siehe Abb. N-2.13. Muskelspindeln (S. 85) messen die Muskellänge und die Geschwindigkeit der Längenänderung. Sie vermitteln unmittelbar die subjektive Empfindung von Gelenkstellung und -bewegung als Teil der bewussten Tiefensensibilität. Die primären Endigungen der Muskelspindeln sind über Ia-Fasern mit dem ZNS verbunden.

Muskelspindeln haben eine efferente Verstellung der Empfindlichkeit, die über γ-Motoaxone bewirkt wird.

⊙ N-2.13

Rezeptoren in Muskel und Sehne α-Motoneuron γ-Motoneuron Ia-Afferenz

Muskelspindel GolgiSehnenorgan

1197

2.3 Sensorische Systeme

intrafusale Muskelfasern

Muskelspindeln (rechts im Bild) sind PD-Rezeptoren, die die Muskellänge und Änderungen der Länge messen. Sie finden sich im gesamten Muskel. Zentraler Bestandteil sind intrafusale Muskelfasern, deren periphere Anteile über efferente γ-Motoneurone zur Kontraktion gebracht werden. Dies dehnt die zentralen Anteile mit den Rezeptoren und erhöht die Empfindlichkeit der Spindel. Die wichtigste afferente Faser ist die Ia-Faser, die von den primären Endigungen der Spindel kommt. Die sekundären Endigungen sind in der Abbildung nicht dargestellt, sie liegen zwischen γ-Endplatte und Ia-Endigung. Sehnenorgane (links im Bild) haben keine efferenten Fasern, die Afferenz ist die Ib-Faser. Diese Organe messen die Spannung des Muskels. (Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

1198

N

2 ZNS – funktionelle Systeme

des zentralen Teils der intrafusalen Muskelfasern kann auch durch eine Kontraktion der Enden der intrafusalen Muskelfasern erreicht werden. Diese Kontraktion wird über die Aktivierung von motorischen γ-Fasern (S. 198), deren Somata im Vorderhorn des Rückenmarks liegen, ausgelöst. Die durch die γ-Motoneurone bewirkte Kontraktion dehnt die zentralen Anteile der intrafusalen Muskelfasern vor und erhöht so die Empfindlichkeit der Spindeln gegenüber Muskeldehnung. ▶ Merke.

▶ Merke. Die Aktivität der Muskelspindeln wird subjektiv nicht als Muskeldehnung

empfunden, sondern unmittelbar in die Empfindung der Gelenkstellung oder -bewegung umgesetzt. Die Muskelspindeln sind somit die wichtigsten Rezeptoren der bewussten Tiefensensibilität, die über die Stellung und Bewegung der Gelenke informieren.

Sehnen-Organe messen die Kraft in Längsrichtung des Muskels und werden durch Dehnung und Kontraktion des Muskels erregt. Die afferenten Nervenfasern der Golgi-Organe werden als Ib-Fasern bezeichnet (ihre Dicke entspricht den Ia- und Aα-Fasern, s. Tab. A-2.14).

▶ Merke.

Die frühere Annahme, dass die Information über die Gelenkstellung von Dehnungsrezeptoren in der Gelenkkapsel ausgeht, muss als überholt angesehen werden. Diese Rezeptoren sind hauptsächlich am Ende der physiologischen Gelenkstellung aktiv und können daher keine Information über mittlere Gelenkstellungen liefern. Derzeit wird angenommen, dass die Stellung eines Gelenks zentralnervös über die afferente Aktivität einer Vielzahl von Muskelspindeln errechnet wird. Die Sehnen- bzw. Golgi-Organe sind in Reihe zu den extrafusalen Muskelfasern angeordnet (d. h. Rezeptoren und Muskelfasern liegen hintereinander) und befinden sich meist am Muskel-Sehnen-Übergang. Hier liegen sie zwischen Muskelfasern auf der einen und Faserbündeln der Sehne auf der anderen Seite. Sie werden daher sowohl durch Dehnung als auch durch Kontraktion des Muskels erregt. Die rezeptiven Endigungen der Sehnenorgane sind einfache Endverzweigungen der afferenten Nervenfasern (der Ib-Fasern, deren Dicke den Aα-Fasern entspricht, s. Tab. A-2.14). Die Endigungen verzweigen sich zwischen dünnen Bündeln der Kollagenfasern der Sehne. Ob die Aktivität in den afferenten Nervenfasern der Sehnenorgane zu subjektiven Empfindungen führt, ist nicht gesichert. Wahrscheinlich erfüllen sie eher eine Funktion im Rahmen der unbewussten Tiefensensibilität. Eine Rolle bei der Vermittlung des Kraftsinns wird diskutiert. ▶ Merke. Aktivität in Ib-Fasern hemmt die α-Motoneurone des Muskels, in dem sie

liegen. Die frühere Annahme, dass die Sehnenorgane durch Hemmung der α-Motoneurone eine Überlastung des Muskels verhindern, gilt als überholt. Die Sehnen-Organe sind mechanisch sehr empfindlich und sprechen weit vor Erreichen der Belastungsgrenze des Muskels an. ▶ Merke.

Im Gegensatz zu früheren Annahmen erfüllen die Sehnenorgane jedoch keine Schutzfunktion bei einer Überlastung des Muskels durch zu starke Kontraktionen. Neuere Untersuchungen haben gezeigt, dass die Sehnenorgane sehr empfindlich sind und bereits durch die Kontraktion von wenigen Muskelfasern erregt werden. Wahrscheinlich sind sie bei der Durchführung von Gehbewegungen beteiligt (Hemmung des Agonisten und Förderung des Antagonisten). ▶ Merke. Alle genannten Rezeptoren und Afferenzen schicken ihre Information

auch in die Tractus spinocerebellares und dienen damit auch der unbewussten Propriozeption (S. 1201). Aufbau des Hinterstrangsystems

Aufbau des Hinterstrangsystems

Funktion: Vermittlung von Tast- und Berührungssinn sowie bewusster Tiefensensibilität.

Funktion: Das Hinterstrangsystem vermittelt den Tast- und Berührungssinn sowie die bewusste Tiefensensibilität.

Erstes Neuron: Die erste Synapse des Systems befindet sich in den Hinterstrangkernen in der Medulla oblongata (Ncl. gracilis für die untere Körperhälfte und Ncl. cuneatus für die obere, Abb. N-2.14a). Die zugehörigen aszendierenden Nervenfasern (Fasciculus gracilis und cuneatus) bestehen aus den zentralen Fortsätzen der Spinalganglienzellen und bilden zusammen den Hinterstrang (Funiculus posterior) des Rückenmarks (S. 1101).

Erstes Neuron: Das primär afferente Neuron reicht vom Rezeptor in der Körperperipherie bis zur ersten Synapse in der dorsalen Medulla oblongata in den Hinterstrangkernen (Ncll. gracilis und cuneatus; Abb. N-2.14a) lateral vom kaudalen Ende der Rautengrube. Die aszendierenden Kollateralen der zentralen Fortsätze der Spinalganglienzelle bilden im Rückenmark zwei Nervenfaserstränge (Fasciculi), die zusammen den Hinterstrang = Funiculus posterior (S. 1101), ergeben: ■ Der Fasciculus gracilis (Goll) befindet sich medial. Er leitet Informationen von der unteren Körperhälfte und endet im Ncl. gracilis. ■ Der Fasciculus cuneatus (Burdach) liegt lateral. Er vermittelt Informationen von der oberen Körperhälfte und endet im Ncl. cuneatus. Hier sei bereits erwähnt, dass es noch einen Ncl. cuneatus accessorius gibt, der lateral vom Ncl. cuneatus liegt und Teil des propriozeptiven Tractus cuneocerebellaris (S. 1202) ist.

N

1199

2.3 Sensorische Systeme

▶ Merke. Das erste Neuron des Hinterstrangsystems kann sehr lang sein. Es reicht

▶ Merke.

z. B. von den kutanen Mechanorezeptoren der Zehen ohne Umschaltung bis zur Medulla oblongata innerhalb des Schädels. Zweites Neuron: Das zweite Neuron hat sein Soma in den Hinterstrangkernen und projiziert mit seinem Axon bis zum Ncl. ventralis posterolateralis = VPL (S. 1127) des Thalamus (Abb. N-2.14a). Die Axone der zweiten Neurone kreuzen sofort nach den Hinterstrangkernen auf die Gegenseite und bilden zusammen den Lemniscus medialis, die mediale Schleife. Die Schleife steht in der Medulla oblongata (direkt nach der Kreuzung) wie eine schmale Platte in sagittaler Richtung, um sich dann weiter rostral (im Pons und Mesencephalon) mehr frontal zu orientieren. Die Fasern der medialen Schleife enden im Ncl. ventralis posterolateralis (VPL) des Thalamus. ▶ Klinik. Da das Hinterstrangsystem erst kranial von den Hinterstrangkernen kreuzt, sind Verletzungen des Systems kaudal der Kerne mit einem ipsilateralen (gleichseitigen) Ausfall der kutanen Mechanorezeption und bewussten Propriozeption verbunden.

Drittes Neuron: Das Soma des dritten Neurons liegt im Thalamus und projiziert mit seinem Axon durch die Capsula interna hauptsächlich auf den primären somatosensorischen Kortex (S 1) im Gyrus Gyrus postcentralis (S. 1133), s. auch Abb. N-2.14a. Die Verarbeitung der Hinterstranginformation erfolgt in den Brodmann-Areae 1–3, wobei die Muskelrezeptoren eher Neurone in den Areae 3a und 3b beeinflussen. Besonders in Area 2 und 1 besteht eine ausgesprochene Somatopie, s. sensorischer Homunculus (S. 1138). Alle Neurone des Hinterstrangsystems benutzen Glutamat als Haupttransmitter.

⊙ N-2.14

Zweites Neuron: Die Axone des zweiten Neurons kreuzen direkt nach Verlassen der Hinterstrangkerne auf die Gegenseite und bilden den Lemniscus medialis, die mediale Schleife. Sie enden im Ncl. ventralis posterolateralis = VPL (S. 1199) des Thalamus (Abb. N-2.14a).

▶ Klinik.

Drittes Neuron: Die Axone des dritten Neurons (Soma im Thalamus) projizieren durch die Capsula interna zum primären somatosensorischen Kortex (S 1) im Gyrus postcentralis (S. 1133), die Brodmann-Areae 1–3 (Abb. N-2.14a).

Hinterstrangsystem 3. Neuron

Gyrus postcentralis Fasciculus cuneatus Thalamus (VPL)

zervikal (C 1)

Lemniscus medialis

zervikal (C 8)

2. Neuron

lumbal

Fasciculus gracilis

Zervikalmark

thorakal Nucleus gracilis

Nucleus cuneatus

Perikaryon des 1. afferenten Neurons

sakral

1. Neuron Fasciculus cuneatus

absteigende Axonkollaterale

Arm

Fasciculus gracilis

Bein

b

vom Lumbalmark

a (Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

a Schematische Darstellung der Hinterstrangbahnen mit ihren Umschaltstationen: Ncl. gracilis (für Afferenzen aus der unteren Körperhälfte) bzw. Ncl. cuneatus (für Afferenzen aus der oberen Körperhälte). Nach Kreuzung der Fasern im Lemniscus medialis bildet der Thalamus die nächste Umschaltstation, vgl. VPL (S. 1127). b Somatotopie der Faserbündel in den Hintersträngen. Die am weitesten kaudal eintretenden Fasern liegen im Hinterstrang am weitesten medial. Weiter kranial eintretende Fasern legen sich von lateral an die vorhandenen Hinterstrangbündel an.

1200

N

Somatotopie: Innerhalb des Hinterstrangs ist eine deutliche Somatopie vorhanden, d. h. benachbarte Faserbündel enthalten Nervenfasern, die von benachbarten Körperregionen kommen.

Somatotopie: Die Nervenfasern innerhalb des Funiculus posterior zeigen eine deutliche Somatotopie, d. h. benachbarte Faserbündel im Hinterstrang kommen von benachbarten Körpergebieten der Peripherie. Wenn man den Faserbündeln von kaudal nach rostral folgt, so legen sich die rostral einlaufenden Bündel lateral an die von kaudal kommenden Bündel im Hinterstrang an.

▶ Merke.

2 ZNS – funktionelle Systeme

▶ Merke. Fasern, die von sakralen Segmenten kommen, liegen am weitesten medial

im Hinterstrang, solche zervikalen Ursprungs am weitesten lateral (Abb. N-2.14b). Erst kranial des thorakalen Rückenmarks gibt es beide Fasciculi, kaudal davon ist nur der Fasciculus gracilis vorhanden. ▶ Klinik.

Aufbau des Tractus spinothalamicus anterior Funktion: Vermittlung von groben Druckempfindungen.

▶ Klinik.

▶ Klinik. Ein wichtiges Symptom bei Schädigung der Hinterstränge (z. B. bei Tabes dorsalis als Spätfolge der Syphilis) ist die sog. sensorische (Hinterstrang-)Ataxie, d. h. es liegt eine Koordinationsstörung der Muskulatur vor, die zu einem automatenhaften, eckigen Gang führt. Ursache ist der teilweise Ausfall der Information von den Rezeptoren der Tiefensensibilität (Muskelspindeln und Sehnenorganen), die für die Durchführung koordinierter Bewegungen nötig ist.

Aufbau des Tractus spinothalamicus anterior Funktion: Im Gegensatz zum Hinterstrangsystem, das mechanische Reize mit hoher räumlicher und zeitlicher Auflösung detektiert, kann der Tractus spinothalamicus anterior nur relativ grobe Druckempfindungen vermitteln. ▶ Klinik. Die Annahme, dass der Tractus spinothalamius anterior an der Vermitt-

lung von relativ groben Druckempfindungen beteiligt ist, rührt von der klinischen Beobachtung her, dass nach einer vollständigen Zerstörung der Hinterstränge die Patienten noch in der Lage sind grobe Druckreize wahrzunehmen. Erstes Neuron: Die peripheren Mechanorezeptoren und die Afferenzen des 1. Neurons sind z. T. identisch mit denen des Hinterstrangsystems. Die Umschaltung der Information erfolgt allerdings im Hinterhorn des Rückenmarks. ▶ Merke.

Erstes Neuron: Die Mechanorezeptoren und die afferenten Fasern der primär afferenten Neurone sind in den meisten Fällen identisch mit denen, deren zentraler Fortsatz in den Hintersträngen aufsteigt (z. B. afferente Fasern von Merkel-AxonKomplexen und Ruffini-Korpuskeln). Die Umschaltung der Information erfolgt aber nicht in den Hinterstrangkernen, sondern über kurze Kollateralen in den Hinterhornneuronen (s. Abb. N-2.15). ▶ Merke. Der zentrale Fortsatz des primär afferenten Neurons teilt sich nach dem

Eintritt ins Rückenmark in eine lange aufsteigende Kollaterale für die Hinterstränge (s. o.) und eine kurze Kollaterale, die in die graue Substanz des spinalen Hinterhorns zieht. Hier befindet sich die erste Synapse im Verlauf des Tractus spinothalamicus anterior (Abb. N-2.15). Zweites Neuron: Das Axon des zweiten Neurons kreuzt auf die Gegenseite und bildet den Tractus spinothalamicus anterior. Die 2. Synapse befindet sich im Thalamus, s. VPL (S. 1199).

Zweites Neuron: Die Umschaltung auf das zweite Neuron erfolgt im Hinterhorn, und zwar im Ncl. proprius, der etwa den Laminae III und IV nach Rexed (S. 1100) entspricht. Es sind aber auch Umschaltstellen in den Laminae V–VII beschrieben worden. Hier liegen multipolare Neurone, deren Axone in der Commissura alba anterior (in der weißen Substanz ventral vom Zentralkanal) auf die Gegenseite kreuzen, um dann im Tractus spinothalamicus anterior aufzusteigen und im VPL (S. 1199) des Thalamus zu enden. Relativ zum Eintrittsort der afferenten Faser in das Rückenmark erfolgt die Kreuzung meist 1 oder 2 Segmente weiter kranial, wo auch die Information vom ersten auf das zweite Neuron umgeschaltet wird. Die aszendierenden Fasern des Tractus spinothalamicus anterior liegen im Hirnstamm lateral von den Fasern des Hinterstrangsystems; im Mesencephalon bilden sie den dorsolateralen Teil des Lemniscus medialis.

Drittes Neuron: s. Hinterstrangsystem.

Drittes Neuron: Der weitere Verlauf entspricht dem des Hinterstrangsystems mit Projektion auf den Gyrus postcentralis.

Somatotopie: Die eintretenden Fasern legen sich von kontralateral kommend medial an die Bündel des Tractus spinothalamicus ant. an.

Somatotopie: Auch im Tractus spinothalamicus anterior besteht eine somatotopische Anordnung der Faserbündel, allerdings kommen sie in diesem Fall von der kontralateralen Seite des Rückenmarks und legen sich daher von medial an die bereits vorhandenen Bündel des Tractus spinothalamicus anterior an.

N

⊙ N-2.15

⊙ N-2.15

Tractus spinothalamicus anterior

sensorischer Kortex Thalamus (VPL)

Tractus spinothalamicus anterior

1201

2.3 Sensorische Systeme

3. Neuron

2. Neuron

Schematische Darstellung des Tractus spinothalamicus anterior mit seinen Umschaltstationen: Das 1. Neuron wird im Hinterhorn kranial des Eintrittsortes in das Rückenmark umgeschaltet. Die zweite Station ist – wie für die Hinterstrangbahn – der VPL des Thalamus. (Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

vordere Kommissur 1. Neuron

rezeptives Feld

▶ Merke. Wegen der Kreuzung auf die Gegenseite liegen im Tractus spinothalami-

▶ Merke.

cus anterior die von sakral kommenden Fasern am weitesten lateral und die zervikalen Fasern medial. Sie zeigen damit die gleiche Somatotopie wie die Fasern des Tractus spinothalamicus lateralis (S. 1210).

Weitere propriozeptive Bahnen des Rückenmarks Neben den Hintersträngen gibt es vier weitere Trakte für die Tiefensensibilität. Die Trakte erhalten wie der Hinterstrang Informationen von Muskelspindeln, Sehnenorganen und Gelenkrezeptoren. Auch die Aktivität der Mechanorezeptoren der Haut erreicht die Trakte. Dies ist sinnvoll, denn für die Tiefensensibilität und die Steuerung von Bewegungen sind die Kontakte des Körpers mit der Unterlage (z. B. Vierfüßerstand, Sitzen, Anlehnen an eine Wand) von entscheidender Bedeutung. Aus der Tatsache, dass die vier Trakte nicht im Kortex, sondern im Zerebellum enden, kann abgeleitet werden, dass die in ihnen geleiteten Signale keine bewussten Empfindungen hervorrufen. Die Trennung in bewusste und unbewusste Propriozeption ist wahrscheinlich nicht so scharf wie hier aus didaktischen Gründen dargestellt, denn über Kollateralen zum Thalamus und danach zum Gyrus postcentralis sind die drei Bahnen wohl auch an der bewussten Propriozeption beteiligt. Dies gilt z. B. für den Tractus spinocerebellaris posterior und cuneocerebellaris. Für die Propriozeption von der unteren Körperhälfte sind die beiden folgenden Trakte zuständig (Abb. N-2.16): ■ Tractus spinocerebellaris anterior (Gower): Er entspringt in Neuronen in der medialen Lamina V bis VII des Rückenmarks. Die meisten Axone der Ursprungszellen kreuzen im selben Segment auf die andere Seite und steigen ventral von den Fasern des Tractus spinocerebellaris posterior auf. Sie ziehen über den oberen Kleinhirnstiel (S. 1120) in das Zerebellum und kreuzen in der Decussatio pedunculorum superiorum (der oberen Kleinhirnstielkreuzung) nochmals, bevor sie vorwiegend in der Kleinhirnrinde enden. Damit liegen Beginn und Ende des Tractus auf derselben Körperseite. Ein Teil der Axone des zweiten Neurons scheint auch ipsilateral (ohne Kreuzung) im Rückenmark aufzusteigen. NB: Der Trakt verläuft im Pons am unteren und mittleren Kleinhirnstiel vorbei, um dann über den oberen Kleinhirnstiel zum Zerebellum zu ziehen. ■ Tractus spinocerebellaris posterior (Flechsig): Die Ursprungszellen dieses Trakts liegen im Ncl. thoracicus posterior oder dorsalis (Stilling-Clarke Säule) in der medialen Lamina VII des Rückenmarks (Perikaryon des 2. Neurons). Der Name thoracicus deutet an, dass der Kern hauptsächlich im thorakalen Rückenmark vor-

Weitere propriozeptive Bahnen des Rückenmarks Die propriozeptive Information wird (außer in den Hintersträngen) hauptsächlich in 4 Trakten nach kranial ins Zerebellum geleitet. Die Hauptfunktion der Trakte besteht in der unbewussten Steuerung von Gleichgewicht und motorischer Aktivität, aber über kollaterale Verbindungen zum sensorischen Kortex können die Trakte evtl. auch zur bewussten Tiefensensibilität beitragen.

Zwei Trakte sind für die Propriozeption von der unteren Körperhälfte zuständig (Abb. N-2.16): ■ Der Tractus spinocerebellaris anterior hat seinen Ursprung in spinalen Neuronen der Lamina V–VII, kreuzt zum größten Teil auf die andere Seite und zieht über den oberen Kleinhirnstiel in das Zerebellum, wo er vor Erreichen der Kleinhirnrinde nochmals kreuzt. ■ Der Tractus spinocerebellaris posterior entspringt im Ncl. thoracicus (Stilling-Clarke-Säule) und erreicht das Zerebellum ungekreuzt über den unteren Kleinhirnstiel.

1202

N

Für die obere Körperhälfte: Die Fibrae cuneocerebellares entspringen im Ncl. cuneatus accessorius und erreichen das Zerebellum über den unteren Kleinhirnstiel. ■ Der Tr. spinocerebellaris sup. (bisher hauptsächlich bei Tieren nachgewiesen) hat seinen Ursprung im unteren Halsmark und zieht über den oberen und unteren Kleinhirnstiel ins Zerebellum. ■

▶ Klinik.

2 ZNS – funktionelle Systeme

kommt (Th 1–L 2). Die Axone des Kerns steigen im ipsilateralen (gleichseitigen) dorsalen Teil des Funiculus lateralis lateral der Hinterwurzeleintrittszone auf. Sie erreichen u. a. als Teil des Moosfasersystems das ipsilaterale Zerebellum über den unteren Kleinhirnstiel. Auch dieser Trakt beginnt und endet demnach auf derselben Körperseite. Die folgenden beiden Trakte leiten propriozeptive Signale aus der oberen Körperhälfte zum Zerebellum: ■ Fibrae cuneocerebellares (Tractus cuneocerebellaris): Der Ursprungskern für diesen Trakt ist der Nucleus cuneatus accessorius, der lateral vom eigentlichen Ncl. cuneatus (Abb. N-2.17) in der Medulla oblongata liegt. Die afferenten Fasern des ersten Neurons erreichen den Kern ungekreuzt und ohne Umschaltung als Kollateralen des Fasciculus cuneatus. Nach Umschaltung ziehen die Axone des zweiten Neurons ungekreuzt über den unteren Kleinhirnstiel zum Zerebellum. ■ Tr. spinocerebellaris superior wird als Äquivalent des Tr. spinocerebellaris ant. für die obere Körperhälfte angesehen, ist bisher aber hauptsächlich bei Tieren nachgewiesen worden. Sein Ursprung liegt im unteren Halsmark, er erreicht über den oberen und unteren Kleinhirnstiel das Zerebellum. ■ Alle genannten propriozeptiven Trakte enden im Spinozerebellum. ▶ Klinik. Wegen der doppelten oder fehlenden Kreuzung der spinozerebellären

Bahnen kommt es bei einer Läsion in einer Hemisphäre des Zerebellums zum Ausfall der unbewussten Propriozeption auf der ipsilateralen Körperseite.

⊙ N-2.16

Tractus spinocerebellares anterior und posterior

Pedunculus cerebellaris superior Pedunculus cerebellaris inferior

Tractus spinocerebellaris anterior

Tractus spinocerebellaris posterior

Perikaryon des 1. Neurons

Perikaryon des 1. Neurons

rezeptives Feld

a

Perikaryon des 2. Neurons

rezeptives Feld

b

Perikaryon des 2. Neurons

(nach Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

a Tractus spinocerebellaris anterior. Meist wird auf Rückenmarksebene ein gekreuzter (kontralateral aufsteigender) Verlauf angenommen, aber eventuell existiert auch ein ungekreuzter Trakt (gestrichelt). b Tractus spinocerebellaris posterior.

N

⊙ N-2.17

1203

2.3 Sensorische Systeme

Sensorische Bahnen im Rückenmark

sensorischer Cortex (Gyrus postcentralis)

3. Neuron Thalamus

2. Neuron Tractus spinocerebellaris posterior Tractus spinocerebellaris anterior Lemniscus medialis

Fibrae cuneocerebellares Nucleus gracilis

2. Neuron

Nucleus cuneatus

Tractus spinothalamicus lateralis

Afferenzen aus oberer Körperhälfte

Tiefensensibilität (unbewusste Propriozeption)

Tractus spinocerebellaris anterior Lageempfindung, Tiefensensibilität (bewusst), Vibration, Tastsinn, Berührung

Tractus spinothalamicus anterior

Druck, Berührung

2. Neuron

Schmerz, Temperatur

Afferenzen aus unterer Körperhälfte

Nucleus cuneatus accessorius Tractus spinocerebellaris posterior

Spinalganglion (Perikaryon des 1. afferenten Neurons) α-Motoneuron

Synopsis aszendierender Bahnen. Beachte: Die Information von den Propriozeptoren, die zu bewussten Sinnesempfindungen führt, wird nicht in den spinozerebellären Bahnen, sondern im Hinterstrangsystem nach kranial geleitet. Die Umschaltstellen im Thalamus sind hier nur schematisch (nicht topografisch korrekt) wiedergegeben. (nach Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

Mechanorezeption und Propriozeption im Kopfbereich Trigeminale Mechanorezeption: Erstes Neuron: Die Mechanorezeptoren des Kopfes sind identisch mit denen des restlichen Körpers. Die Somata des primären afferenten Neurons liegen im Ganglion trigeminale bzw. semilunare (klinisch: Gasseri), das in seiner Funktion einem Spinalganglion entspricht (s. auch Abb. M-2.12). Die zentralen Fortsätze der pseudounipolaren Zellen im Ggl. trigeminale ziehen in den Hirnstamm und bilden hier den Tractus spinalis nervi trigemini.

Mechanorezeption und Propriozeption im Kopfbereich Trigeminale Mechanorezeption: Erstes Neuron: Das Soma liegt im Ganglion trigeminale, seine peripheren Fortsätze kommen von den Mechanorezeptoren des Kopfes, die zentralen Fortsätze ziehen als Tractus spinalis nervi trigemini zu den Trigeminuskernen.

1204

N

▶ Merke.

2 ZNS – funktionelle Systeme

▶ Merke. Im Ggl. trigeminale findet keine synaptische Umschaltung statt.

Zweites Neuron: Die erste Synapse liegt im Ncl. spinalis n. trigemini (Subnucleus oralis am rostralen Ende des Ncl. spinalis) und Ncl. principalis n. trigemini (Abb. N-2.18). Die Axone des 2. Neurons kreuzen größtenteils vor ihrem Aufstieg zum Thalamus auf die Gegenseite.

Zweites Neuron: Die erste synaptische Umschaltung für diese Afferenzen findet in zwei der drei afferenten Trigeminuskerne, dem Ncl. spinalis nervi trigemini (Subnucleus oralis am rostralen Ende des Ncl. spinalis) und dem Ncl. principalis nervi trigemini statt, die ipsilateral zum Eintritt der afferenten Fasern liegen (Abb. N-2.18, der dritte afferente Trigeminuskern ist der Ncl. mesencephalicus nervi trigemini). Die Axone des zweiten Neurons im Ncl. principalis bzw. spinalis nervi trigemini kreuzen auf die Gegenseite und bilden den Lemniscus trigeminalis, um dann zum Thalamus aufzusteigen. Vom Ncl. principalis gibt es aber auch eine ungekreuzte trigeminothalamische Verbindung.

Drittes Neuron: Es befindet sich im Ncl. ventralis posteromedialis des Thalamus. Die Bahn endet im Repräsentationsgebiet des Kopfes in S 1.

Drittes Neuron: Der weitere Weg der Mechanorezeption vom Kopf entspricht dem des Hinterstrangsystems, allerdings liegt das 3. (thalamische) Neuron im Ncl. ventralis posteromedialis (VPM) und die Bahn endet im Repräsentationsgebiet des Kopfes im primären sensorischen Kortex (S 1).

▶ Merke.

▶ Merke. Die Fortleitung der mechanorezeptiven Information aus dem Kopfbereich

unterscheidet sich von der aus dem restlichen Körper durch den Ort der Umschaltung auf das 3. Neuron: Zwar liegt sie in beiden Fällen im Thalamus, jedoch für die Bahnen aus dem Kopfbereich im VPM (S. 1204), für die Fasern aus dem Hinterstrangsystem im VPL (S. 1199).

⊙ N-2.18

Mechanorezeption und Propriozeption im Kopfbereich Übersicht über den Verlauf der Trigeminusfasern und ihre zentrale Verschaltung. Für die Mechanorezeption sind besonders der Ncl. principalis und der kraniale Teil des Ncl. spinalis nervi trigemini von Bedeutung. Der Ncl. mesencephalicus dient der Propriozeption und enthält die Somata der primär afferenten Neurone der Tiefensensibilität (pseudounipolare Zellen ohne Synapsen). (Bähr, M., Frotscher, M.: Duus´ Neurologisch-topische Diagnostik. Thieme, 2003)

Thalamus (VPM) V1 Lemniscus trigeminalis

Nucleus mesencephalicus n. trigemini V2

(Masseterreflex) V3

(Blinzelreflex, Kornealreflex)

Nucleus motorius n. trigemini

N. facialis

Nucleus principalis n. trigemini

Lemniscus medialis Nucleus cuneatus und gracilis

Tractus spinalis n. trigemini

C1 C2

Substantia gelatinosa

Nucleus spinalis n. trigemini

allgemein somatoafferent allgemein somatoafferent speziell viszeroefferent

Radix motoria n. trigemini: 1. zur Kaumuskulatur 2. zum M. mylohyoideus und 3. vorderen Digastrikusbauch

Tiefensensibilität Berührung Motorik

N

1205

2.3 Sensorische Systeme

Besonderheiten der trigeminalen Propriozeption: ▶ Merke. Der propriozeptive Ncl. mesencephalicus nervi trigemini (Abb. N-2.18) ist

Trigeminale Propriozeption: ▶ Merke.

keine synaptische Umschaltstelle, sondern enthält die pseudounipolaren Somata der Muskelspindelafferenzen ipsilateraler Kaumuskeln. Somit stellt er eine Ausnahme dar, indem er die Funktion eines Spinalganglions erfüllt, aber im ZNS liegt. Die zentralen Fortsätze der Neurone im Ncl. mesencephalicus nervi trigemini haben monosynaptische Kontakte mit den α-Motoneuronen des Ncl. motorius nervi trigemini, die die Kaumuskeln versorgen. Diese monosynaptische Verbindung ist die Grundlage für die Dehnungsreflexe der Kaumuskeln. ▶ Klinik. Durch Beklopfen des Unterkiefers in kaudaler Richtung bei leicht geöffnetem Mund kann man einen monosynaptischen Dehnungsreflex (Masseterreflex) auslösen. Er benutzt als afferenten Schenkel die Ia-Fasern des Muskels, als efferenten Schenkel die Motoneurone des Ncl. motorius nervi trigemini zum M. masseter (S. 1032). Eine zu starke Kontraktion des Muskels bei Beklopfen kann ein Zeichen für eine Schädigung der Verbindung vom Motorkortex zum motorischen Masseterkern im Pons sein.

Die monosynaptische Verbindung des Kerns mit den α-Motoneuronen des Ncl. motorius nervi trigemini ist die Grundlage für Dehnungsreflexe der Kaumuskeln. ▶ Klinik.

Viszerosensorik

Viszerosensorik

Funktion: Unter den Rezeptoren der Eingeweide sind Mechanorezeptoren, Chemorezeptoren und Nozizeptoren bekannt. Die afferenten Impulse von den Mechanound Chemorezeptoren lösen vorwiegend unbewusste reflektorische Regulationsprozesse aus, wie z. B. die Blutdruckregulation über Pressorezeptoren des Sinus caroticus der A. carotis (S. 896) oder die Darmperistaltik. Es gibt aber auch Beispiele für bewusste Empfindungen, wie z. B. Harndrang (über Dehnungsrezeptoren der Blasenwand vermittelt) und Hungergefühl (über Mechanorezeptoren der Magenwand, die Kontraktionen des leeren Magens registrieren, sowie über Chemorezeptoren, die den Glukosespiegel messen). Viszerozeptoren steuern dabei über lokale Netzwerke die Motoneurone der glatten Muskeln (in autonomen Ganglien und dem Pl. myentericus) an.

Funktion: Die Viszerozeption läuft meist ohne bewusste Empfindungen ab und dient der reflektorischen Steuerung innerer Organe (z. B. Blutdruckregulation, Darmperistaltik). Bewusste Sinnesempfindungen von Eingeweiden sind z. B. Harndrang und Hunger.

Bahnen und Kerne: Über die zentralen Verbindungen der Viszerozeption ist bisher wenig bekannt. Die Somata der afferenten Fasern liegen in den Ganglien des somatischen Nervensystems (z. B. Spinalnerven, N. vagus, N. glossopharyngeus); die afferente Aktivität erreicht danach die kaudalen Teile des Ncl. tractus solitarii (S. 1108) im Hirnstamm. Der Ncl. tractus solitarii ist besonders als Teilgebiet der Afferenzen von Pressorezeptoren im Aortenbogen bekannt. Im Rückenmark sind in Lamina X (um den Zentralkanal) Neurone gefunden worden, die Information von viszeralen Rezeptoren verarbeiten. Für Eingeweideschmerzen scheinen auch die Tractus spinothalamicus lateralis und spinoreticularis von Bedeutung zu sein; evtl. gibt es aber noch weitere aszendierende Bahnen. In welchen Gebieten des Kortex die Aktivität der Viszerozeptoren zu bewussten Empfindungen führt, muss derzeit noch offen bleiben. Es gibt Hinweise auf den Lobus frontalis und das benachbarte Vorderhirn als Entstehungsort dieser Empfindungen, aber auch andere Hirngebiete (Hypothalamus, limbisches System) erhalten viszerosensorische Information.

Bahnen und Kerne: Ein wichtiger Kern für die Vermittlung der Empfindungen ist der Ncl. tractus solitarii (z. B. als Zielort von Afferenzen der Pressorezeptoren im Aortenbogen); die Empfindungen von den Eingeweiden werden wahrscheinlich im Lobus frontalis bewusst. Eingeweideschmerzen werden u. U. von den Tractus spinothalamicus lat. und spinoreticularis vermittelt.

Nozizeption und Schmerz

Nozizeption und Schmerz

▶ Definition. Unter Nozizeption werden alle subkortikalen Vorgänge verstanden, die

▶ Definition.

der Aufnahme, Verarbeitung und Weiterleitung der Information über gewebsschädliche Reize dienen. Schmerz ist subjektiv und entsteht als bewusste Sinnesempfindung im Kortex. Nozizeptive Vorgänge laufen auch unter Narkose ab, die die Schmerzen ausschaltet. Schmerzformen: „Den“ Schmerz im allgemeinen Sinn gibt es nicht, sondern je nach Ursprung muss zwischen Hautschmerz, somatischem Tiefenschmerz und Eingeweideschmerz unterschieden werden (Abb. N-2.19). Der somatische Tiefenschmerz beinhaltet Schmerzen in Muskeln, Faszien, Bändern, Sehnen und Gelenken. Der neuro-

Schmerzformen: Je nach Ursprung werden Hautschmerz, somatischer Tiefenschmerz und Eingeweideschmerz unterschieden (Abb. N-2.19). Der neuropathische Schmerz

1206

N

⊙ N-2.19

2 ZNS – funktionelle Systeme

Schmerzformen Schmerz

Schmerzform:

Ursprung: Beispiel:

Oberflächenschmerz

Tiefenschmerz

neuropathischer Schmerz

Eingeweideschmerz

Haut

Bindegewebe, Muskeln, Knochen, Gelenke

Nerven, Nervengewebe

Eingeweide

Nadelstich, Quetschung

Muskelkrampf, Kopfschmerz

Nervenverletzung

Gallenkolik, Ulkusschmerz, Blinddarmentzündung

somatischer Schmerz

viszeraler Schmerz

Unterscheidung von somatischem und viszeralem Schmerz anhand ihres Ursprungs. (Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.) hat eine direkte Verletzung eines Nervs, einer Hinterwurzel oder zentralnervöser Strukturen als Ursache und kann zu allen Schmerzformen führen. Beim Hautschmerz kann ein erster von einem zweiten Schmerz unterschieden werden, der beim Muskelschmerz fehlt.

▶ Klinik.

▶ Klinik. Üblicherweise geht dem Schmerz eine Reizung von Nozizeptoren voraus. Es gibt aber Patienten mit chronischen Schmerzen, bei denen sich keine Gewebsverletzung nachweisen lässt, bzw. bei denen die Verletzung lange verheilt ist. Der Grund dafür wird in neuroplastischen Umschalt- und Umbauprozessen des zentralen nozizeptiven Systems gesehen, die die Schmerzen perpetuieren.

Schmerzkomponenten: Jede Schmerzempfindung hat verschiedene Komponenten (Abb. N-2.20) in unterschiedlich starker Ausprägung: ■ Die sensorisch-diskriminative Komponente dient der Reizidentifizierung (Ort, Intensität, Zeitverlauf). ■ Die affektiv-emotionale Komponente bedingt die Schmerzhaftigkeit eines Schadreizes. Diese Komponente ist beim somatischen Tiefenschmerz und Eingeweideschmerz ausgeprägter als beim Hautschmerz. ■ Die vegetativ-autonome Komponente führt u. a. zu Puls- und Blutdrucksteigerungen. ■ Die motorische Komponente drückt sich in Reflexen aus (z. B. Wegziehen der Hand bei Kontakt mit heißem Gegenstand). ■ Die psychomotorische Komponente ist z. B. durch mimische Reaktionen gekennzeichnet. ■ Die kognitive Komponente beinhaltet eine bewusste Bewertung der Schmerzen. Wenn ein Schmerzpatient die Ursache seiner Schmerzen als lebensgefährlich ansieht, kann dies die Schmerzen verstärken.

Schmerzkomponenten: Die wichtigsten Schmerzkomponenten (Abb. N-2.20) sind ■ sensorisch-diskriminativ, ■ affektiv-emotional, ■ vegetativ-autonom, ■ motorisch (Reflexe), ■ psychomotorisch (Mimik) und ■ kognitiv.

⊙ N-2.20

pathische Schmerz hat eine direkte Verletzung eines Nervs, einer Hinterwurzel oder zentralnervöser Strukturen als Ursache. Je nach Ursprung der verletzten Nervenfasern können somatische oder Eingeweideschmerzen die Folge sein. Diese Unterscheidungen sind wichtig, da die zugrunde liegenden Mechanismen für die verschiedenen Schmerzformen nicht identisch sind. So tritt bei plötzlicher elektrischer Reizung eines Hautnervs ein sofort einsetzender erster Schmerz auf, der von einem verzögert auftretenden zweiten Schmerz gefolgt ist. Dieses Phänomen fehlt beim Muskel- und Eingeweideschmerz. Es ist dadurch bedingt, dass die Nozizeptoren der Haut teils über relativ schnell leitende Aδ-Fasern, teils über langsam leitende C-Fasern (Tab. A-2.14) mit dem ZNS verbunden sind.

Schmerzkomponenten Aufnahme, Weiterleitung und Verarbeitung der Information über Schadreize

motorische Komponente

Schmerzäußerung (psychomotorische Komponente)

vegetative (autonome) Komponente

affektive (emotionale) Komponente

Schmerzbewertung (kognitive Komponente)

sensorisch diskriminative Komponente

Die Pfeile kennzeichnen Verbindungen zwischen den verschiedenen Komponenten. Es wird allgemein davon ausgegangen, dass höhere Tiere alle Schmerzkomponenten besitzen, mit Ausnahme der kognitiven.

N

1207

2.3 Sensorische Systeme

Leitung nozizeptiver Signale aus der Peripherie zum Rückenmark Nozizeptor: Ein Nozizeptor ist eine rezeptive Nervenendigung, die darauf spezialisiert ist, objektiv schädliche, subjektiv schmerzhafte Reize aufzunehmen und in elektrische Potenziale umzusetzen. Der Begriff „Schmerzrezeptor“ sollte nicht verwendet werden, da Rezeptoren allgemein nach dem von ihnen gemessenen Reiz benannt werden, Schmerzen jedoch erst kortikal entstehen. Morphologisch ist der Nozizeptor eine freie Nervenendigung, d. h. im Lichtmikroskop erkennt man nur eine einfache Verzweigung des afferenten Axons ohne erkennbare strukturelle Spezialisierung (Abb. N-2.21). ▶ Merke. Nicht alle freien Nervenendigungen sind nozizeptiv, denn auch viele emp-

Leitung nozizeptiver Signale aus der Peripherie zum Rückenmark Nozizeptor: Der Nozizeptor ist eine freie Nervenendigung, die auf die Aufnahme von Schadreizen spezialisiert ist (Abb. N-2.21).

▶ Merke.

findliche Mechanorezeptoren und Thermorezeptoren gehören zu diesem Typ von Nervenendigung. Die nozizeptive Endigung enthält Substanzen in gespeicherter Form wie z. B. das Neuropeptid Substanz P (SP). Bei jeder Erregung des Nozizeptors werden die gespeicherten Substanzen in die Umgebung freigesetzt. Dies geschieht auch aus Ästen der Endigung, die primär nicht erregt waren (Axonreflex). Die Rötung der Haut um eine Verletzung ist durch den Axonreflex bedingt. Substanz P hat eine starke Wirkung auf Blutgefäße (dilatierend und permeabilitätssteigernd) und beeinflusst so die Mikrozirkulation in der Umgebung des Nozizepors. Die Freisetzung der Neuropeptide aus nozizeptiven Nervenendigungen kann im Extremfall zu einer neurogenen Entzündung führen. Die peptidhaltigen (peptidergen) Nozizeptoren sind in ihrer Entwicklung vom Nerve growth factor (NGF) abhängig. Es gibt aber auch peptidfreie (nicht peptiderge) Nozizeptoren, deren Entwicklung vom Glial cell-derived neurotrophic Factor (GDNF) gesteuert wird. ▶ Klinik. Bei der Einklemmung eines peripheren Nervs oder einer Hinterwurzel z. B.

Nozizeptoren setzen bei Erregung Substanzen frei (z. B. Substanz P), die die Mikrozirkulation im Reizgebiet beeinflussen.

▶ Klinik.

durch einen Bandscheibenvorfall, sog. Diskusprolaps (S. 262), können an der Verletzungsstelle in afferenten Fasern Aktionspotenziale ausgelöst werden, die nicht nur ins ZNS laufen, sondern auch antidrom (gegen die normale Ausbreitungsrichtung) in die Peripherie. Diese Aktionspotenziale setzen aus Nozizeptoren Peptide frei, die eine sterile neurogene Entzündung auslösen und dadurch die Schmerzen verstärken. Die neurogene Entzündung ist durch lokale Vasodilatation, Gewebsödem und sensibilisierte Nozizeptoren gekennzeichnet. Es werden unterschiedliche Typen von Nozizeptoren unterschieden, die allerdings keine morphologischen Unterschiede erkennen lassen. Die Ursache für die Präferenz bestimmter Reize liegt wahrscheinlich in der Ausstattung der jeweiligen Endigung mit unterschiedlichen Rezeptormolekülen (s. u.). ■ Mechanonozizeptoren, die z.B durch Kneifen erregt werden, ■ Thermonozizeptoren, die auf Hitze ansprechen, und

⊙ N-2.21

Es gibt 3 Haupttypen von Nozizeptoren: ■ Mechanonozizeptoren, ■ Thermonozizeptoren und ■ polymodale Nozizeptoren, die durch alle Schmerzreize aktiviert werden

Morphologie des Nozizeptors Besonders wichtig für die Funktion einer nozizeptiven freien Nervenendigung scheinen die exponierten Axonbereiche zu sein, auf die z. B. entzündliche Substanzen direkt einwirken können.

Vesikel mit Neuropeptiden (SP, CGRP) Schwann-Zelle Basalmembran exponiertes Axon Schwann-Zellen Kern einer Schwann-Zelle

Axoplasma Mitochondrium exponiertes Axon

1208

N

2 ZNS – funktionelle Systeme

polymodale Nozizeptoren, die durch alle – auch chemische – Schmerzreize aktiviert werden. ■ Wichtige Rezeptormoleküle in der Membran der nozizeptiven freien Nervenendigung sind der Transient Receptor Potential V1 (TRPV1), der durch Hitze, Protonen (H+) und Capsaicin erregt wird sowie verschiedene Acid-sensing-receptors (ASICs = acid sensing ion channels), die auf unterschiedliche Grade von Gewebsazidose ansprechen. Die afferenten Fasern der Nozizeptoren sind entweder marklos oder dünn markhaltig (Tab. A-2.14). Auch die marklosen Fasern haben noch eine einfache Hülle aus Schwann-Zellen (S. 94). Ihre Leitungsgeschwindigkeit liegt typischerweise bei 1 m/s. Nozizeptive marklose Fasern haben eine besondere Art von Natrium-Kanälen, nämlich Tetrodotoxin-(TTX-)resistente Natriumkanäle. Diese Kanäle lassen sich im Gegensatz zu anderen Na+-Kanälen durch TTX (das Gift des Kugelfisches) nicht blockieren. Ein Nozizeptor hat eine im Vergleich zu anderen rezeptiven Endigungen hohe Reizschwelle. Seine Erregung durch mechanische Reize erfordert Kräfte, die im gewebsbedrohlichen Bereich liegen. Er kann auch durch chemische Reize aktiviert werden, die bei endogener Freisetzung Schmerzen verursachen wie z. B. Bradykinin, Serotonin und Prostaglandine. Werden diese Substanzen in geringer Konzentration im entzündeten Gewebe freigesetzt, führen sie zu einer Sensibilisierung des Nozizeptors, d. h. der Rezeptor wird überempfindlich. ■

Die afferenten Fasern der Nozizeptoren sind entweder marklos oder dünn markhaltig (Tab. A-2.14).

Nozizeptoren werden durch endogene Stoffe wie z. B. Prostaglandine sensibilisiert und damit überempfindlich.

▶ Klinik.

Erregende und sensibilisierende Substanzen wirken über die Bindung an spezifische Rezeptormoleküle, die in die Membran des Nozizeptors eingebaut sind und die Endigung entweder depolarisieren oder über G-Proteine ihren Stoffwechsel verändern.

▶ Klinik.

▶ Klinik. Ein sensibilisierter Nozizeptor hat eine gesenkte Reizschwelle und reagiert auf schwache, normalerweise nicht schmerzhafte Reize. Die Überempfindlichkeit der sonnenverbrannten Haut und die Bewegungsschmerzen bei Muskelkater sind Beispiele für die Wirkung einer Nozizeptorsensibilisierung.

Die chemische Sensibilisierung und Erregung einer nozizeptiven Endigung (z. B. bei Gewebstrauma oder Entzündung) erfolgt durch Bindung der Substanzen an spezifische Rezeptormoleküle, die in die Membran der Endigung eingebaut sind und die Endigung entweder über Ionenströme depolarisieren oder über G-Proteine ihren Stoffwechsel verändern. Zu diesen Reizstoffen gehören neben den schon lange bekannten Entzündungsmediatoren wie z. B. Bradykinin, Prostaglandinen und Serotonin auch Adenosintriphosphat (ATP) und H+-Ionen (Protonen). ATP und Protonen sind deswegen als Reiz für Nozizeptoren von Bedeutung, weil viele pathologische Zustände mit einer ATP-Freisetzung und/oder pH-Senkung verbunden sind (Trauma, Entzündung, Ischämie). In letzter Zeit hat sich auch NGF als sensibilisierender Faktor herausgestellt, der wahrscheinlich bei allen Schmerzzuständen eine Rolle spielt. ▶ Klinik. Die sensibilisierende Wirkung des Prostaglandins E2 (PGE2) auf Nozizep-

toren kann über eine Hemmung der Prostaglandinsynthese durch Acetylsalicylsäure (Aspirin) beseitigt werden. Erstes Neuron: Das Soma des nozizeptiven primär afferenten Neurons befindet sich im Spinal- oder Hirnnervenganglion.

▶ Klinik.

Erstes Neuron: Das primär afferente Neuron erstreckt sich von der freien Nervenendigung in der Körperperipherie bis zur ersten Synapse im Rückenmark, bei Hirnnerven im Hirnstamm (S. 1106). Das Soma der pseudounipolaren Zelle befindet sich im Spinalganglion, bei Hirnnerven in den sensorischen Hirnnervenganglien. Alle Syntheseprozesse finden im Soma statt, wie z. B. der Ersatz von Zellmaterial nach einer Nervenverletzung. Auch Neuropeptide werden hier synthetisiert und dann mit dem axonalen Plasmafluss in die freie Nervenendigung transportiert. Die afferenten Impulse von den Nozizeptoren der Spinalnerven laufen über die Hinterwurzel in das Hinterhorn der grauen Substanz des Rückenmarks ein (Abb. N-2.22). ▶ Klinik. Projizierte Schmerzen werden durch eine Läsion eines peripheren Nerven oder einer Hinterwurzel verursacht; sie werden im Innervationsgebiet des Nerven/ der Hinterwurzel empfunden. Klassische Beispiele sind die Missempfindungen im ulnaren Unterarm und Kleinfinger beim harten Anschlagen des N. ulnaris im Bereich des Ellenbogens („Musikantenknochen“) und Schmerzen an der Dorsalseite des Beins bei Druck eines Discus intervertebralis/Nucleus pulposus auf Hinterwurzeln des N. ischiadicus.

N

⊙ N-2.22

1209

2.3 Sensorische Systeme

Verlauf nozizeptiver Afferenzen

Perikaryon

Hinterwurzel zentrales Axon Hinterhorn VII

Vorderhorn

VI

I II III IV

V

X VIII

Vorderstrang

myelinisierte Aδ-Faser

IX

Seitenstrang

freie Nervenendigungen (Nozizeptoren)

Spinalganglion

IX IX

peripheres Axon

Vorderwurzel

unmyelinisierte C-Faser

Markscheide

Die Leitung nozizeptiver Information erfolgt über myelinisierte (Aδ oder Gruppe III, im Teilbild oben) oder unmyelinisierte (C- oder Gruppe IV, im Teilbild unten) Axone. Nach Umschaltung (v. a. in den Rexed-Laminae I, II, IV, V und VI) wird die Information über verschiedene Bahnen (z. B. Tractus spinothalamicus lateralis, Abb. N-2.23) geleitet. Ein großer Teil der dünn markhaltigen (Aδ-) Fasern (rot) endet in den oberflächlichen Schichten des Hinterhorns, während viele marklose (C-) Fasern (blau) bis ins ventrale Hinterhorn ziehen. (Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl., nach Lorke)

Zweites Neuron: Die Umschaltung markloser Fasern auf das zweite nozizeptive Neuron erfolgt im Hinterhorn des Rückenmarks (oberflächliches Hinterhorn: Lamina I und II oder im Hals des Hinterhorns: Lamina IV–VI). Ausnahme: Fasern aus dem Kopfbereich (S. 1213). Dünne markhaltige Fasern haben die erste Synapse oft in Lamina I, der am weitesten dorsal gelegenen Schicht des Hinterhorns. Meist steigt der zentrale Fortsatz der Spinalganglienzelle im Rückenmark 1–2 Segmente auf, ehe er ins Hinterhorn eintritt und auf das 2. Neuron umgeschaltet wird. In Lamina I–II finden sich nozizeptiv-spezifische Neurone, die ausschließlich auf Schmerzreize reagieren. Dagegen liegen im Hals des Hinterhorns vorwiegend konvergente Neurone, die Antrieb sowohl von nozizeptiven als auch nicht nozizeptiven Rezeptoren erhalten. Wegen ihrer Antwort auf eine Vielzahl von Reizen werden diese Zellen auch als Wide-dynamic-Range(WDR)-Neurone bezeichnet. Die meisten WDR-Zellen sind ebenfalls nozizeptiv. ▶ Exkurs: Nozizeptive Synapsen. Eine nozizeptive Synapse im Hinterhorn des Rückenmarks ist wie folgt aufgebaut: ■ Auf der präsynaptischen Seite befindet sich die Endverzweigung der afferenten nozizeptiven Faser mit Vesikeln für den nozizeptiven Neurotransmitter Glutamat sowie den Neuromodulator SP (Substanz P, s. o.). SP wird meist als Neuromodulator bezeichnet, da er die durch Glutamat hervorgerufene Erregung verstärkt. ■ Auf der postsynaptischen Seite befinden sich Rezeptormoleküle für SP (Neurokinin-1- bzw. NK1-Rezeptoren) sowie eine Vielzahl von Rezeptoren für Glutamat. Die beiden wichtigsten Typen der ionotropen Glutamatrezeptoren sind: ■ NMDA-Rezeptor (N-Methyl-D-Aspartat-Rezeptor), der einen Kalzium-Kanal kontrolliert, und ■ nicht-NMDA-Rezeptoren, die einen Kationen-(Na+/K+-)Kanal steuern und auch als AMPA/KARezeptoren (AMPA: α-Amino-3-Hydroxy-5-Methyl-4-Isoxazolpropionat; KA: Kainat) bezeichnet werden. Im Gegensatz zu den ionotropen Glutamat-Rezeptoren, die nach Bindung von Glutamat für Ionen durchlässig(er) werden, löst der metabotrope NK1-Rezeptor über ein G-Protein intrazelluläre Stoffwechselvorgänge aus, die die Eigenschaften der postsynaptischen Zelle verändern. Vor allem können sie die Ionenkanäle durchlässiger machen und Proteinkinasen aktivieren.

Offensichtlich besitzen nicht alle spinalen Synapsen den durch AMPA/KA-Rezeptoren kontrollierten Kationenkanal (s. Exkurs). Dies bedeutet, dass diese Synapsen im Normalfall (bei geringer afferenter Aktivität) nicht aktiviert werden bzw. nur unterschwellige postsynaptische Potenziale auslösen. Diese Synapsen sind meist aber mit NMDA-Kanälen ausgestattet, die für ihre Öffnung einen hochfrequenten oder lang anhaltenden Impulseinstrom benötigen. Es handelt sich um sog. stumme oder schla-

Zweites Neuron: Die erste Synapse befindet sich im Hinterhorn des Rückenmarks oder in entsprechenden Kernen im Hirnstamm (S. 1213). Die spinalen Umschaltstellen für nozizeptive Fasern liegen in den Laminae I und II sowie im Hals des Hinterhorns (Laminae IV–VI) (Abb. N-2.22).

▶ Exkurs: Nozizeptive Synapsen.

Im ZNS gibt es viele ineffektive oder stumme (schlafende) Synapsen, die normalerweise keine Information weiterleiten. Bei chronischem nozizeptiven Impulseinstrom können diese Synapsen aber effektiv werden.

1210

N

2 ZNS – funktionelle Systeme

fende Synapsen. Die Bedeutung der stummen Synapsen liegt darin, dass sie unter pathologischen Umständen geöffnet werden können. Dies geschieht u. a. durch Neusynthese von AMPA/KA-Kanälen nach erfolgter Aktivierung der Kinasen und Änderung der Genexpression im Kern des Neurons. Diese Vorgänge können subjektiv zur Ausbreitung und Chronifizierung von Schmerzen führen. ▶ Klinik.

Aszendierende nozizeptive Bahnen im Rückenmark ▶ Merke.

▶ Klinik. Die Öffnung von ursprünglich stummen Synapsen im ZNS wird als eine der Ursachen für die Ausbreitung und Chronifizierung von Schmerzen gesehen. Unter Ausbreitung wird allgemein eine kontinuierliche Vergrößerung der schmerzhaften Körperareale verstanden. Die Chronifizierung beruht meist auf einer Sensibilisierung der zentralnervösen Neurone. Im typischen Fall persistieren chronische Schmerzen, obwohl keine periphere Schmerzquelle vorliegt. Übertragener Schmerz, der wahrscheinlich ebenfalls auf die Öffnung von stummen Synapsen zurückgeht, ist oft diskontinuierlich. Man spricht davon, wenn in der Peripherie durch eine Läsion Nozizeptoren erregt werden, der Schmerz aber subjektiv nicht am Ort der Läsion empfunden wird. Dies bedeutet, dass zwischen Ort der Läsion und Ort des übertragenen Schmerzes schmerzfreie Gebiete liegen. Dieses Phänomen ist bei Tiefenschmerzen besonders häufig und führt zu einer Fehllokalisation der Schmerzquelle durch den Patienten. Im Unterschied zu den Head-Zonen (überempfindliche Hautgebiete, die von demselben Rückenmarkssegment innerviert werden wie ein erkranktes inneres Organ) überschreitet die Schmerzübertragung oft die Segmentgrenzen des Rückenmarks oder des Hirnstamms (z. B. übertragene Kopfschmerzen im Versorgungsgebiet des N. trigeminus bei Schädigung des M. sternocleidomastoideus), vgl. Head-Zone (S. 210).

Aszendierende nozizeptive Bahnen im Rückenmark ▶ Merke. Die nachfolgend für die Nozizeption beschriebenen Bahnen gelten all-

gemein auch für die Vermittlung von Thermorezeption (S. 1215). Tractus spinothalamicus lateralis: Er ist der Hauptweg für die Nozizeption (Abb. N-2.23). ▶ Merke.

Tractus spinothalamicus lateralis: Der Tractus spinothalamicus lateralis (Abb. N-2.23) ist der Hauptweg für die nozizeptive Information zu höheren Zentren (Thalamus und Kortex). ▶ Merke. Der Tractus spinothalamicus lateralis leitet nozizeptive und damit grund-

legend andere Information als der Tractus spinothalamicus anterior, der grobe Druckempfindungen vermittelt (s. o.).

Die Bahn endet entweder im lateralen Thalamus (VPL, Tractus neospinothalamicus), oder im medialen Thalamus (Tr. palaeospinothalamicus).

Die Ursprungsneurone des Tractus spinothalamicus lateralis liegen im Hinterhorn des Rückenmarks (Lamina I, II sowie Lamina IV–VI; vgl. Abb. N-2.22). Ihre Axone kreuzen im selben oder nächst höheren Segment auf die Gegenseite und steigen im kontralateralen Vorderseitenstrang zum Thalamus auf. Die aszendierenden Fasern zeigen dieselbe Somatotopie wie für den Tractus spinothalamicus anterior (S. 1200) angegeben. Im Thalamus besitzt der Trakt zwei hauptsächliche Endgebiete (s. u.), eines im lateralen Thalamus (Ncl. ventralis posterolateralis = VPL) und eines im medialen Thalamus (u. a. Ncll. intralaminares und centromedianus): ■ Lateraler Weg: Der Weg über den VPL wird auch als Tractus neospinothalamicus bezeichnet, weil er phylogenetisch jung ist. Er projiziert im Kortex hauptsächlich auf den Gyrus postcentralis und vermittelt offensichtlich die sensorisch-diskriminative Komponente einer Schmerzempfindung. ■ Medialer Weg: Der Weg über den medialen Thalamus heißt auch Tractus palaeospinothalamicus. Er hat diffuse kortikale Projektionen und ist eher für die affektivemotionale Komponente verantwortlich.

Tractus spinoreticularis: Die Ursprungsneurone sind identisch mit denen des Tractus spinothalamicus lateralis (Abb. N-2.23).

Tractus spinoreticularis: Der Tractus spinoreticularis (Abb. N-2.23) hat dieselben Ursprungsneurone im Hinterhorn wie der Tractus spinothalamicus lateralis und steigt nach der Kreuzung des Axons ebenfalls im kontralateralen Vorderseitenstrang auf.

Die Ursprungsneurone liegen im Hinterhorn (Abb. N-2.22). Die Axone der Neurone kreuzen im selben oder benachbarten Segment und steigen im kontralateralen Vorderseitenstrang auf.

▶ Merke.

▶ Merke. Im Gegensatz zum Tractus spinothalamicus lateralis ist der Tractus spino-

reticularis auf seinem Weg zum Thalamus durch Synapsen unterbrochen und hat Zwischenstationen in der Formatio reticularis der Medulla oblongata (z. B. Ncll. gigantocellularis und raphes magnus) sowie des Pons.

N

⊙ N-2.23

1211

2.3 Sensorische Systeme

Aufsteigende nozizeptive Bahnen aus Rumpf und Extremitäten

Gyrus postcentralis

Telencephalon Insula Capsula interna

Thalamus, mediale Kerne Thalamus, Nucleus ventralis posterolateralis retikulothalamische Fasern

zum Corpus amygdaloideum

Darstellung der verschiedenen Trakte im Rückenmark, die nozizeptive Information leiten: Der Tractus spinothalamicus lateralis wird je nach genauem (thalamischen) Ort der Umschaltung vom 2. auf das 3. Neuron (VPL oder VPM) und anschließendem Zielgebiet unterteilt: Der neospinothalamische Anteil (rot) zieht nach Umschaltung im lateralen Thalamus (VPL und VPM) vorwiegend in den Gyrus postcentralis, S 1 (S. 1133), wohingegen der paläospinothalamische Anteil (blau) in den medialen Thalamuskernen (Ncll. intralaminares und Ncl. centromedianus) umgeschaltet wird und in verschiedene, nicht nur kortikale Hirnregionen zieht. (Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

Nucleus pretectalis Substantia grisea centralis (zentrales Höhlengrau = periaquäduktales Grau = PAG)

Mesencephalon

Formatio reticularis

Medulla oblongata

Nucleus gigantocellularis Nucleus raphes magnus

Tractus spinomesencephalicus Tractus spinothalamicus lateralis, palaeospinothalamischer Teil

Tractus spinoreticularis

Rückenmark Tractus spinothalamicus lateralis, neospinothalamischer Teil

Von hier ziehen Verbindungen zum medialen Thalamus (s. u.). Der Trakt ist wahrscheinlich an der Vermittlung der vegetativ-autonomen (und affektiv-emotionalen) Schmerzkomponente beteiligt. Von vielen Autoren wird er als Teil des Tractus palaeospinothalamicus angesehen. ▶ Klinik. Der Tractus spinoreticularis besitzt evtl. zusätzlich ipsilateral aszendieren-

Er steigt ebenfalls im kontralateralen Vorderseitenstrang auf und erreicht den (medialen) Thalamus.

▶ Klinik.

de Anteile. Dies könnte eine Erklärung für die Rückkehr der Schmerzen bei Patienten nach einer Durchtrennung des kontralateralen Vorderseitenstrangs (anterolaterale Chordotomie) bieten. Dieser Eingriff wird zur Ausschaltung therapieresistenter Schmerzen (v. a. bei Uterus-, Prostata-, Rektumkarzinom) im äußersten Notfall durchgeführt. Meist sind die Schmerzen nach dem Eingriff für einige Wochen beseitigt, treten danach aber oft wieder auf. Eine mögliche Ursache ist, dass nach der Durchtrennung des Vorderseitenstrangs die normalerweise vorhandenen aber stummen ipsilateralen Verbindungen des Tractus spinoreticularis zum Hirnstamm und Thalamus geöffnet werden und daher die Schmerzen wieder auftreten. Tractus spinomesencephalicus und spinoparabrachialis: Wie die Namen andeuten, leiten diese Bahnen die nozizeptive Information nicht zum Thalamus und danach zum Kortex, sondern zum Mesencephalon, und zwar zur dort gelegenen Formatio reticularis in der Nähe der periaquäduktalen grauen Substanz (PAG) und dem parabrachialen Areal neben dem oberen Kleinhirnstiel. Inwieweit beide Trakte als getrennt angesehen werden können, ist noch unklar; zumindest unterscheiden sich die Endgebiete. Von diesen Kerngebieten gibt es eine Projektion zum Corpus amygdaloideum, einem Teil des limbischen Systems (Tab. N-2.7), das für die Entstehung von Affekten (z. B. Angst und Panik) und für Gedächtnisprozesse von Bedeutung ist.

Tractus spinomesencephalicus und spinoparabrachialis: Sie enden im Mesencephalon und zwar in der periaquäduktalen grauen Substanz und der Formatio reticularis. Der Endpunkt ist wahrscheinlich das limbische System.

1212

N

2 ZNS – funktionelle Systeme

Aufgrund dieser Eigenschaften der Zielgebiete könnte der Tractus spinomesencephalicus zur Vermittlung der affektiv-emotionalen Schmerzkomponente beitragen. Der Thalamus als letzte Station der Verarbeitung nozizeptiver Information vor Erreichen des Kortex Zum medialen nozizeptiven Thalamus (S. 1125) gehören die Ncll. intralaminares und centromedianus, zum lateralen der VPL und VPM (Abb. N-2.24). Allerdings scheinen nur die kaudalen kleinzelligen Anteile der letzteren Kerne die eigentliche nozizeptive Schaltstation darzustellen.

▶ Klinik.

Der Thalamus als letzte Station der Verarbeitung nozizeptiver Information vor Erreichen des Kortex Der nozizeptive Thalamus (S. 1125) unterteilt sich in zwei Abschnitte (Abb. N-2.24): ■ Zum medialen nozizeptiven Thalamus gehören die Ncll. intralaminares und centromedianus. ■ Die lateralen nozizeptiven Kerne bestehen aus den kaudalen Teilen des VPL für den Körper und des VPM für das Gesicht (s. u.). Diese kaudalen Teile bilden kleinzellige Unterkerne (Ncl. ventrocaudalis parvocellularis externus und internus). Neben den parvozellulären Kernen am Kaudalrand des Thalamus gibt es aber wahrscheinlich noch zusätzliche nozizeptive Umschaltstellen im VPL und VPM selbst. ▶ Klinik. Es wird angenommen, dass die lateralen nozizeptiven Thalamuskerne eine hemmende Wirkung auf die medialen Kerne ausüben. Da die medialen Kerne eher die affektiv-emotionale Schmerzkomponente vermitteln, führt die Enthemmung dieser Kerne (z. B. durch Blutung in die lateralen Kerne) zu quälenden, nicht identifizierbaren Schmerzen in der gesamten kontralateralen Körper- oder Gesichtshälfte (Thalamusschmerzen).

⊙ N-2.24

Nozizeptive Kerne des Thalamus nozizeptive Kortexareale

Nuclei intralaminares

Nucleus ventralis posteromedialis (VPM)

Nucleus centromedianus

Nucleus ventralis posterolateralis (VPL)

laterale nozizeptive Kerne

Nucleus ventrocaudalis parvocellularis externus Nucleus ventrocaudalis parvocellularis internus

mediale nozizeptive Kerne

Die nozizeptiven Kerngebiete des Thalamus befinden sich zum einen im kleinzelligen Anteil des VPL und VPM am kaudalen Rand dieser Kerne (Ncl. ventrocaudalis parvocellularis externus und internus im lateralen nozizeptiven Thalamus), zum anderen in den intralaminären Kernen sowie u. a. in dem Ncl. centromedianus im medialen nozizeptiven Thalamus. (Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

nozizeptive Fasern vom Körper

Der Kortex als Entstehungsort bewusster Schmerzempfindungen

nozizeptive Fasern vom Gesicht

Der Kortex als Entstehungsort bewusster Schmerzempfindungen Erst im Kortex entsteht die Sinnesempfindung Schmerz als Ergebnis der Verarbeitung in untergeordneten nozizeptiven Strukturen.

▶ Merke.

▶ Merke. Im Gegensatz zu den anderen Sinnesmodalitäten besitzt der Schmerz kein

eng umschriebenes spezialisiertes Zentrum auf der Kortexoberfläche. Schmerzvermittelnde Kortexareale befinden sich u. a. in S 1, S 2, Gyrus cinguli (zingulärer Kortex - Area 24), Insula und präfrontalem Kortex (Abb. N-2.25).

Die derzeit bekannten Kortexareale mit nozizeptiver Funktion sind in Abb. N-2.25 dargestellt. Zu diesen Arealen werden u. a. S 1, S 2, Gyrus cinguli (zingulärer Kortex – Area 24), Insula und präfrontaler Kortex gerechnet. Die Zuordnung der verschiedenen Areale zu bestimmten Schmerzkomponenten ist noch nicht für alle Gebiete endgültig gesichert, jedoch spricht vieles für den Gyrus postcentralis als Vermittler der sensorisch-diskriminativen Komponente. Der präfrontale Kortex ist wahrscheinlich für die kognitive, der Gyrus cinguli für die affektive Komponente der Schmerzen wichtig.

N

⊙ N-2.25

⊙ N-2.25

Nozizeptive Kortexareale

S1 S2 insulärer Kortex

1213

2.3 Sensorische Systeme

Die gestrichelt eingerahmten Gebiete sind Projektionen tiefer gelegener Strukturen auf die Oberfläche des Großhirns. a Sicht von lateral auf die Konvexität der linken Hemisphäre (nach Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

b und auf die Medialfläche der rechten Hemisphäre.

a

(Prometheus LernAtlas. Thieme,

zingulärer Kortex (Area 24)

4. Aufl.)

präfrontaler Kortex

b

Corpus amygdaloideum

Besonderheiten der Nozizeption aus dem Kopfbereich

Besonderheiten der Nozizeption aus dem Kopfbereich

Der wichtigste Unterschied in der Verschaltung der nozizeptiven Afferenzen des Kopfes besteht auf Hirnstammebene (Abb. N-2.26). ▶ Merke. Die erste Synapse befindet sich in der Pars caudalis, der Pars interpolaris

▶ Merke.

und im Subnucleus oralis des Ncl. spinalis nervi trigemini (S. 1108). Er ist einer der bekanntesten nozizeptiven Kerne im Hirnstamm und übernimmt hier die Rolle des spinalen Hinterhorns. Die von hier ausgehenden Axone steigen im kontralateralen Tractus trigeminothalamicus auf, der sich dem Tractus spinothalamicus lateralis anlegt. Die nächste Station ist der kleinzellige Anteil des VPM im Thalamus. Von dort projiziert die Bahn auf das Repräsentationsgebiet des Kopfes in S 1 (vgl. Abb. N-2.26).

Der weitere Weg der Information führt über den Tractus trigeminothalamicus zum VPM des Thalamus und S 1 (Abb. N-2.26).

Schmerzhemmende Verbindungen

Schmerzhemmende Verbindungen

Ob subjektiv Schmerz empfunden wird, hängt von der Balance zwischen schmerzfördernden und schmerzhemmenden Vorgängen ab. So kann Schmerz ohne Erregung von Nozizeptoren auftreten, z. B. als Thalamusschmerz (S. 1212), oder es kann trotz Reizung von Nozizeptoren jede Schmerzempfindung fehlen (z. B. durch starke Schmerzhemmung bei Soldaten in einer Kampfsituation). Segmentale Hemmung: Die Verschaltung von nozizeptiven Afferenzen im Rückenmark ist derart, dass die Durchschaltung der nozizeptiven Aktivität in den dünnen Fasern durch gleichzeitige Aktivierung der dicken afferenten Fasern gehemmt wird. Die Hemmung ist meist präsynaptisch, d. h. die dicken Afferenzen erregen Interneurone mit hemmenden Synapsen auf den präsynaptischen Endigungen der dünnen Fasern. Der Transmitter ist meist GABA. Dieser Effekt wird in alltäglichen Situationen von jedem genutzt: Stößt man sich das Schienbein an einem harten Gegenstand, so reibt man automatisch die Haut um die verletzte Stelle. Die dadurch ausgelöste Aktivität in dicken mechanorezeptiven Afferenzen hemmt die schmerzauslösende Aktivität in den nozizeptiven Fasern. ▶ Klinik. Die segmentale Hemmung wird in der Schmerztherapie in Form der transkutanen elektrischen Nervenstimulation (transcutaneous electrical nerve stimulation = TENS) eingesetzt. Hierbei werden auf der Haut oder über einem Nerv Reizelektroden angebracht, mit denen die dicken afferenten Fasern gereizt werden können.

Segmentale Hemmung: Zu den schmerzhemmenden Mechanismen gehört die segmentale Hemmung. Sie basiert auf der Hemmung der spinalen Durchschaltung der Information in dünnen nozizeptiven Afferenzen durch Aktionspotenziale in dicken afferenten Fasern.

▶ Klinik.

1214 ⊙ N-2.26

N

2 ZNS – funktionelle Systeme

Verschaltung der nozizeptiven Afferenzen aus dem Kopfbereich

primärer somatosensorischer Kortex

Thalamus, Nucleus ventralis posteromedialis

Tractus trigeminothalamicus Ganglion trigeminale N. ophthalmicus (V1)

Sölder-Linien

Subnucleus oralis (A) Nucleus spinalis n. trigemini

Pars interpolaris (B)

A

Pars caudalis (C)

B

N. maxillaris (V2) N. mandibularis (V3)

C

Die farblich hervorgehobenen Innervationsgebiete der Trigeminusäste (V1–V3) kennzeichnen die periphere Organisation der Hautinnervation. Die Sölder-Linien grenzen dagegen Gebiete ab, die von je einem Anteil des Ncl. spinalis nervi trigemini versorgt werden und sind daher Ausdruck der zentralen Organisation der Kopfinnervation. Somit können sie einen Anhalt für die Lokalisation zentraler Läsionen innerhalb des Ncl. spinalis nervi trigemini geben. Eine besonders wichtige Umschaltstation für nozizeptive Afferenzen ist die Pars caudalis des Ncl. spinalis nervi trigemini. (Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl., nach Lorke)

Deszendierende Schmerzmodulation: Das deszendierende schmerzmodulierende System hat seinen Ursprung im Mesencephalon und beeinflusst die nozizeptiven Neurone am Ursprung des Tractus spinothalamicus lateralis (Abb. N-2.27). Es kann durch starken Stress in seiner Aktivität verändert werden. Die Folge kann Schmerzverminderung oder Schmerzverstärkung sein.

Deszendierende Schmerzmodulation: Das System besteht aus den zwei folgenden funktionellen Hauptbestandteilen: 1. Deszendierende Schmerzhemmung: Ein Teil seiner Ursprungsneurone liegt im periaquäduktalen Grau = PAG (S. 1114) des Mesencephalon – nahe dem Endpunkt des Tractus spinomesencephalicus und spinoparabrachialis (Abb. N-2.27). Die Neurone der Schmerzhemmung projizieren über die rostrale und laterale Medulla oblongata, wo der wichtige serotonerge Nucleus raphes magnus und der noradrenerge Nucleus (Locus) caeruleus liegen, nach kaudal zu allen Segmenten des Rückenmarks und hemmen hier die nozizeptiven Neurone am Ursprung des Tractus spinothalamicus lateralis. Eine weitere Station des Systems ist der Ncl. reticularis gigantocellularis in der Medulla oblongata. Die Haupttransmitter des deszendierenden Systems sind Enkephalin (ein endogenes Molekül mit Morphinwirkung), Serotonin und Noradrenalin (S. 1257). Die endgültige Schmerzhemmung auf spinaler Ebene wird meist durch Serotonin erreicht, das auf Rückenmarksneuronen eine Vielzahl von Rezeptormolekülen besitzt. Das System der deszendierenden Hemmung ist tonisch aktiv, d. h. die nozizeptiven spinalen Neurone unterliegen einer ständigen Hemmung. Die Aktivität des Systems kann deszendierend u. a. vom Hypothalamus und dem Corpus amygdaloideum moduliert werden. Bei einigen chronisch schmerzhaften Krankheiten scheint das System auf Stress mit einer Abnahme der Aktivität zu reagieren, was die Schmerzen verstärkt. Umgekehrt aktiviert beim Gesunden starker Stress das System. Dies kann bei Soldaten in einer Kampfsituation und bei Leistungssportlern im Wettkampf zur Schmerzlosigkeit führen.

N

1215

2.3 Sensorische Systeme

2. Deszendierende Schmerzförderung: Über dieses System ist weniger bekannt als über die Schmerzhemmung. Ein wichtiges Kerngebiet befindet sich in der rostralen ventralen Medulla (RVM), in der auch Zellen des schmerzhemmenden Systems liegen. Die Neurone mit schmerzfördernder Wirkung können durch lokale Cholecystokinin-(CCK-)Injektionen erregt werden. ▶ Klinik. Die analgetische Wirkung von Morphin ist zumindest teilweise durch die Aktivierung des deszendierenden schmerzhemmenden Systems bedingt (Morphin wirkt wie Enkephalin auf die μ-Opioidrezeptoren des deszendierenden Systems).

⊙ N-2.27

▶ Klinik.

Deszendierendes schmerzhemmendes System

präfrontaler Kortex

Thalamus

Hypothalamus vom Corpus amygdaloideum

Substantia grisea centralis

Wichtige Stationen des deszendierenden Systems zur Hemmung nozizeptiver spinaler Neurone im Hinterhorn: periaquäduktales Grau (Substantia grisea centralis), das selbst Afferenzen (schwarz) aus kortikalen und subkortikalen Gebieten erhält, und in serotoninerge (Ncll. raphes) und noradrenerge (Locus caeruleus) Kerne projiziert (rot). Deren Efferenzen (türkis) hemmen die spinalen nozizeptiven Neurone am Ursprung des Tractus spinothalamicus lateralis. An jeder Schaltstelle des deszendierenden Hemmsystems sind Interneurone vorhanden, die Endorphin bzw. Enkephalin als Transmitter benutzen (nicht dargestellt). In der Abb. ist die deszendierende Schmerzförderung nicht enthalten. (Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl., nach Lorke)

Mesencephalon

Nuclei raphes

Locus caeruleus

absteigende noradrenerge und serotoninerge Fasern dorsaler Seitenstrang

Temperatursinn

Temperatursinn

Von den Thermorezeptoren in der Peripherie ist bekannt, dass sie wie die Nozizeptoren morphologisch freie Nervenendigungen darstellen. Offensichtlich besitzen sie andere Rezeptormoleküle in ihrer Membran als nozizeptive Endigungen. Die primär afferenten Fasern sind marklos oder dünn markhaltig. Die zentralen Bahnen des Temperatursinns scheinen weitgehend mit denen der Nozizeption identisch zu sein. Diese Annahme wird dadurch gestützt, dass bei der anterolateralen Chordotomie (S. 1211) neben der Schmerzempfindung auch die Temperaturempfindung ausfällt.

Auch die Thermorezeptoren stellen freie Nervenendigungen dar. Wahrscheinlich besitzen sie andere Rezeptormoleküle als die Nozizeptoren. Die Bahnen scheinen mit denen der Nozizeption identisch zu sein.

2.3.2 Visuelles System

2.3.2

Gesichtsfeld

Gesichtsfeld

Das Gesichtsfeld jedes Auges reicht beim Blick nach vorn ca. 90° nach temporal und 60° nach nasal zur kontralateralen Seite. Bei Fixierung eines Punktes mit beiden Augen (Abb. N-2.28) ergeben sich rechts vom Fixierpunkt die rechte Gesichtsfeldhälfte

Beim Blick nach vorn reicht das Gesichtsfeld jedes Auges 90° nach temporal und 60° nach nasal. Im nasalen Teil des Gesichtsfelds ist

Visuelles System

1216 ⊙ N-2.28

N

2 ZNS – funktionelle Systeme

Gesichtsfeld und Projektion auf die Netzhaut

Gesichtsfeld des rechten Auges: Gesichtsfeld des linken Auges:

linke Hälfte rechte Hälfte linke Hälfte

Gesichtsfeld obere Hälfte

rechte Hälfte Gesichtsfeld des linken Auges binokuläres Gesichtsfeld

360

Gesichtsfeld des rechten Auges

80 60

Gesichtsfeld untere Hälfte

40 20

Blick von oben Fixationslinie

90

270

linkes Auge

Nervus opticus blinder Fleck a

Tractus opticus

180

b

a Die Information von der rechten Gesichtsfeldhälfte (sowohl des linken als auch des rechten Auges) gelangt in den linken Tractus opticus (S. 1221) und damit in den linken visuellen Kortex (hier nicht dargestellt, s. Abb. N-2.32). Die abgebildeten Strukturen des visuellen Systems liegen basal und sind somit in dieser Ansicht von oben nur am durchscheinend gedachten Gehirn sichtbar. b Gesichtsfeld nach Bestimmung mit dem Perimeter: Hierbei wird jeweils der Ort registriert, an dem eine von außen in das Gesichtsfeld hereingeführte Lichtquelle erstmals wahrgenommen wird. Erkennbar sind das nach lateral weiter reichende Gesichtsfeld und der blinde Fleck beider Augen.

binokuläres und damit dreidimensionales Sehen möglich (Abb. N-2.28).

Die Papilla nervi optici (Discus) auf der nasalen Seite der Retina ist durch den Austritt der Axone der retinalen Ganglienzellen bedingt; an dieser Stelle fehlen Photorezeptoren. Im temporalen Gesichtsfeld entspricht ihr der blinde Fleck (Abb. N-2.28b und Abb. N-2.33b). ▶ Merke.

und links davon die linke Gesichtsfeldhälfte, die jeweils etwa 90° nach lateral reichen. Die äußersten temporalen 30° auf beiden Seiten werden nur vom ipsilateralen Auge gesehen, hier ist nur monokuläres Sehen möglich. Die zentralen 60° auf beiden Seiten werden mit beiden Augen gesehen (binokulär). In diesem Bereich kann dreidimensional gesehen werden. In der nasalen Retina liegt die Papilla nervi optici (Sehnervenpapille, Discus nervi optici). Sie wird durch die Axone der retinalen Ganglienzellen verursacht, die hier als Nervus opticus den Augapfel verlassen. An dieser Stelle fehlen Photorezeptoren. Da sich die Papille auf der nasalen Seite der Retina befindet, projiziert sie sich in das temporale Gesichtsfeld und verursacht hier den blinden Fleck (ca. 15° lateral vom Fixierpunkt, Abb. N-2.28b und Abb. N-2.33b). ▶ Merke. Vom blinden Fleck kommt keinerlei visuelle Information, daher müsste er

als Skotom (lokaler Ausfall im Gesichtsfeld) erscheinen. Dies wird durch zentralnervöse Verarbeitung verhindert, indem die in der Umgebung des blinden Flecks vorhandene Information in das Gebiet des blinden Flecks extrapoliert wird. Photorezeptorzellen

Photorezeptorzellen

Lage der Photorezeptorzellen: In der visuell aktiven Pars optica retinae besteht die Retina aus dem Stratum nervosum retinae (Tab. M-5.5) und dem Stratum pigmentosum. Die Pigmentepithelzellen sind für die Phagozytose der ständig abgestoßenen Teile der Außenglieder der Rezeptorzellen und für die Umformung des belichteten Rhodopsins von Bedeutung.

Lage der Photorezeptorzellen: Zum Aufbau des Auges s. Abb. M-5.10–Abb. M-5.12. In der visuell aktiven Pars optica retinae ist das Stratum nervosum retinae aus neun Schichten aufgebaut. An das Stratum nervosum retinae schließt sich nach außen das Stratum pigmentosum (Pigmentepithel) und nachfolgend die Choroidea (S. 1064) an. Die Schichten des Stratum nervosum sind detailliert in Tab. M-5.5–Abb. M-5.12 dargestellt. Die Photorezeptorzellen (Abb. N-2.29 und Abb. N-2.30) ragen z. T. in das Stratum pigmentosum, ihre inneren und äußeren Segmente (s. u.) liegen im Stratum segmentorum externorum und internorum, ihr Soma im Stratum nucleare externum und der synaptische Fortsatz im Stratum plexiforme externum, wo er Synapsen mit den Bipolar- und Horizontalzellen (s. u.) bildet. Die Pigmentepithelzellen sind für die Phagozytose der ständig abgestoßenen Teile der Außenglieder der Rezeptorzellen und für die Umformung des belichteten Sehfarbstoffs Rhodopsin (s. u.) von Bedeutung.

N

⊙ N-2.29

1217

2.3 Sensorische Systeme

Aufbau der Photorezeptorzellen Mü

PE

IS AS

ASF

Kap t j ASF Mü

IS

AS

BL

▶ Merke. Als Gehirnteil enthält die Retina auch Gliazellen, so z. B. Astrozyten und

Schematische Darstellung eines Zapfens (oben) und Stäbchens (unten). IS = Innensegment; AS = Außensegment; ASF = vom Pigmentepithel (PE) phagozytierte Außensegment-Teile; Mü = Fortsätze der Müller-Stützzellen (S. 1066); BL = Basallamina; Kap = Kapillare mit gefenstertem Endothel in der Choroidea (S. 1064). Zwischen den Kapillaren und dem Pigmentepithel liegt die Bruch-Membran (grau). (Rassow, J. et al.: Duale Reihe Biochemie. Thieme, 2012)

▶ Merke.

Mikroglia. Der prominenteste Gliazelltyp der Retina ist die Müller-Zelle, die sich im Gegensatz zu den anderen Gliazellen über alle Schichten der Pars nervosa erstreckt und mit ihren Fortsätzen horizontale Grenzmembranen (Stratum limitans internum und externum, Tab. M-5.5) bildet. Im menschlichen Auge müssen die Lichtstrahlen alle Schichten der Retina durchlaufen, bevor sie die Photorezeptoren erreichen (sog. inverse Retina). Diese Anordnung hat den Vorteil, dass die energiebedürftigen Photorezeptoren dicht an der sie versorgenden Gefäßschicht (der Lamina choroidocapillaris der Choroidea) liegen. Allerdings erfolgt die arterielle Versorgung der meisten Retinaschichten über die Arteria centralis retinae, die mit ihren Ästen zwischen Glaskörper und Ganglienzellschicht verläuft. Dies bedeutet, dass die Gefäße einen Schatten auf die Retina werfen. Der Schatten wird subjektiv nicht wahrgenommen, weil er über zentralnervöse Mechanismen maskiert wird.

Die arterielle Versorgung der Retina erfolgt für die meisten Schichten über die A. centralis retinae, für die Photorezeptorzellen vorwiegend über die gefäßreiche Choroidea.

Photorezeptorzelltypen: Die Photorezeptorzellen kommen in zwei Typen vor: helligkeitsempfindliche Stäbchen (ca. 100 Millionen) und farbempfindliche Zapfen (ca. 6 Millionen).

Photorezeptorzelltypen: Man unterscheidet zwei Typen: Stäbchen und Zapfen.

▶ Merke. Die Stäbchen dienen dem Sehen in der Dämmerung, d. h. unter schlechten

▶ Merke.

Lichtverhältnissen (skotopisches Sehen). Sie sind nicht farbtüchtig aber lichtempfindlicher als die Zapfen. Sie vermitteln subjektiv nur Grautöne. Die Zapfen benötigen größere Lichtstärken um anzusprechen, haben aber eine differenzielle Empfindlichkeit für bestimmte Bereiche des Spektrums des sichtbaren Lichts. Sie vermitteln Farbeindrücke. → „Nachts sind alle Katzen grau“, weil bei schlechten Lichtverhältnissen die farbtüchtigen Zapfen nicht ansprechen und daher keine Farben erkannt werden können. Der prinzipielle Grundbauplan der Photorezeptorzellen ist bei Stäbchen und Zapfen gleich (Abb. N-2.29, vgl. auch Photorezeptoren (S. 1066): ■ Die Außensegmente sind die lichtempfindlichen Teile der Zelle und enthalten auf ihren Membranscheiben (Disci membranacei) das Sehpigment (Tab. N-2.4). Die äußersten Scheiben werden ständig von den Pigmentepithelzellen phagozytiert und müssen daher fortlaufend neu synthetisiert werden. ■ In den Innensegmenten wird das Material für die Membranscheiben der Außensegmente und das Sehpigment synthetisiert. ▶ Exkurs: Theorien des Farbensehens. Trichromatische Theorie des Farbensehens: Man unterscheidet 3 Zapfentypen mit bevorzugter Empfindlichkeit für die Spektralbereiche blau, grün und rot. Die Antwortkurven der 3 Typen bei Belichtung mit verschiedenen Wellenlängen überlappen sich stark, d. h. eine bestimmte Wellenlänge (besonders im blau-grünen Bereich) erregt alle Zapfentypen, aber in unterschiedlichem Ausmaß. Die vielen Millionen Farbtöne, die ein Mensch unterscheiden kann, kommen demnach durch unterschiedlich starkes Ansprechen der 3 Zapfentypen bei einer bestimmten Wellenlänge zustande (trichromatische Theorie des Farbensehens). Gegenfarbentheorie des Farbensehens: Auf höheren Stationen des Farbensehens (s. u.) ist eine andere physikalische Theorie des Farbensehens verwirklicht, nämlich die Gegenfarbentheorie. Gegenfarben bilden Paare wie z. B. rot-grün oder gelb-blau. Die Gegenfarbentheorie kann das Phänomen der farbigen Nachbilder erklären: Blickt man längere Zeit auf eine roten Gegenstand und danach auf eine graue Fläche, so erscheinen die Umrisse des roten Gegenstands grün.

Der lichtempfindliche Teil der Photorezeptorzellen (Abb. N-2.29) sind die Außensegmente (Tab. N-2.4); in den Innensegmenten werden Membranmaterial und Sehpigment synthetisiert.

▶ Exkurs: Theorien des Farbensehens.

1218

≡ N-2.4

N

2 ZNS – funktionelle Systeme

Aufbau der Außensegmente

Photorezeptor

Außensegment

Disci membranacei

Sehpigment

Stäbchen

zylinderförmig

allseitig von Zytoplasma umgebene, abgeplattete, in sich geschlossene Membransäckchen

Rhodopsin bestehend aus einem Molekül 11-cis-Retinal (Aldehyd des Vitamins A) und einem Eiweißanteil (Opsin)

Zapfen

konisch

Einfaltungen der Zellmembran der Außensegmente, die außen von Interstitialflüssigkeit umgeben sind

Jodopsine (auch Zapfenopsine genannt) unterscheiden sich geringfügig von Rhodopsin durch eine andere Zusammensetzung des Opsins. Jeder Zapfentyp (rot, grün, blau) hat einen anderen Opsin-Aufbau. Anmerkung: Ein Teil der retinalen Ganglienzellen enthält ein drittes Opsin, das Melanopsin. Diese Zellen sind nicht am Sehvorgang beteiligt, sondern wahrscheinlich an der Steuerung des Tagesrhythmus.

▶ Klinik.

Verteilung der Photorezeptorzellen: Sie ist innerhalb der Retina sehr unterschiedlich. ▶ Merke.

▶ Klinik. Völlige Farbenblindheit durch das genetisch bedingte Fehlen aller Zapfen ist extrem selten. Völliges Fehlen des Sehpigments eines Zapfentyps kommt häufiger vor, z. B. bei der Grünblindheit (Deuteranopie) bei ca. 5 % der Bevölkerung. Noch häufiger – und oft unbemerkt – liegt eine Grün- oder Rotschwäche vor, d. h. eine verminderte Empfindlichkeit für Licht der Wellenlängen Grün oder Rot. Diese Störung kann zum Verwechseln von schwachen Rot- und Grünfarbtönen bei schlechten Lichtverhältnissen führen (z. B. Verkehrsampel bei Nebel).

Verteilung der Photorezeptoren: Die Verteilung der Stäbchen und Zapfen ist in verschiedenen Bereichen der Retina sehr unterschiedlich. ▶ Merke. Die Zapfen sind in der Fovea centralis – der Stelle des schärfsten Sehens –

am höchsten konzentriert. Die Stäbchen fehlen hier, die Stäbchendichte ist allgemein in der Peripherie der Retina deutlich höher als die der Zapfen. In der Fovea centralis ist die Sehschärfe am höchsten, weil hier die Rezeptorzellen nicht von anderen Retinaschichten überlagert werden und die Zellen 1 : 1 mit den Ganglienzellen verschaltet sind.

Die Zapfendichte fällt zur Netzhautperipherie immer mehr ab. In der Fovea centralis ist die Sehschärfe (die räumliche Auflösung) auch deswegen am höchsten, weil hier die vor den Rezeptorzellen liegenden Schichten zur Seite verlagert sind und eine 1 : 1-Verschaltung zwischen Rezeptorzellen und Ganglienzellen besteht. Die unterschiedliche Verteilung von Stäbchen und Zapfen in der Retina erklärt, warum man einen lichtschwachen Stern gerade dann nicht erkennen kann, wenn man ihn genau fixiert, d. h. auf der Fovea centralis abbildet. In der Fovea sind nur die relativ lichtunempfindlichen Zapfen vorhanden. Um den Stern zu sehen, muss man eine Stelle dicht neben dem Stern fixieren. Dadurch wird das Bild des Sterns auf eine Retinastelle neben der Fovea centralis projiziert, wo die Stäbchendichte hoch ist.

Signaltransfer in der Retina

Signaltransfer in der Retina

Erstes Neuron – Photorezeptor

Erstes Neuron – Photorezeptor

Die Sehpigmente absorbieren „sichtbares Licht“ (Wellenlänge 400–700 nm). Dadurch werden Prozesse in der Membran in Gang gesetzt, die zu einem Rezeptorpotenzial führen (Phototransduktion).

Die Absorption der Energie eines Photons der Wellenlänge 400–700 nm („sichtbares“ Licht) findet mittels Sehpigmenten auf den Membranscheiben der Außensegmente statt (Tab. N-2.4 und Abb. N-2.29). Durch nachfolgende Prozesse in der Außenmembran der Rezeptorzelle entsteht das Rezeptorpotenzial (s. u.). Diese Vorgänge werden als Phototransduktion bezeichnet. Durch die Belichtung (Auftreffen eines Photons) kommt es zu einer Konformationsänderung des Rhodopsins, was über mehrere Zwischenschritte (s. Exkurs) zum Verschluss von Na+-/K+-Kanälen in der Außenmembran des Photorezeptor-Außenglieds führt. Dadurch wird der bei Dunkelheit stattfindende Ioneneinstrom in die Photorezeptorzelle unterbrochen und über ein hyperpolarisierendes Rezeptorpotenzial die Freisetzung des Neurotransmitters Glutamat an der Synapse mit der Bipolarzelle herabgesetzt.

Durch die Belichtung kommt es zur Konformationsänderung des Rhodopsins mit nachfolgender Entstehung eines hyperpolarisierenden Rezeptorpotenzials. Dadurch wird die Transmitterfreisetzung an der Synapse der Photorezeptorzelle mit der Bipolarzelle herabgesetzt. ▶ Klinik.

▶ Klinik. Bei einem alimentären Mangel an Vitamin A kann es wegen der gestörten

Synthese von Rhodopsin und dadurch bedingter Funktionsstörung der Stäbchen zur Nachtblindheit (Hemeralopie) kommen.

N

⊙ N-2.30

⊙ N-2.30

Aufbau der Retina Sehnerv

Lichteinfall

1219

2.3 Sensorische Systeme

3. Neuron: Ganglienzellen

2. Neuron: bipolare Zellen

Stark vereinfachte Übersicht über die Informationskette von drei Neuronen innerhalb der Retina. Die Horizontalzellen liegen in Höhe der Synapsen zwischen Rezeptorzellen und Bipolaren, die amakrinen Zellen in Höhe der Synapsen zwischen den Bipolaren und Ganglienzellen (beide nicht dargestellt). (Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

Signalfortleitung

1. Neuron: Stäbchen und Zapfen

Zweites Neuron – Bipolarzellen

Zweites Neuron – Bipolarzellen

Die verminderte Menge freigesetzten Transmitters an der Synapse führt zu einer Hyper- oder Depolarisierung der Bipolarzelle, je nachdem um welchen Typ von Bipolarzelle es sich handelt: ■ An-Zentrum-Bipolarzellen, die Verbindungen mit An-Zentrum-Ganglionzellen haben (s. u.), werden depolarisiert, ■ Aus-Zentrum-Bipolarzellen hyperpolarisiert.

Die Verminderung der ständig freigesetzten Glutamatmenge führt in der nachgeschalteten Bipolarzelle (An- oder Aus-Zentrum-Bipolarzelle) zu einer De- oder Hyperpolarisation.

▶ Exkurs: Struktur der retinalen Synapsen. Die Kontakte zwischen Rezeptorzellen auf der einen und Bipolarzellen bzw. Horizontalzellen auf der anderen Seite sind Ribbon-Synapsen (BandSynapsen). Im EM sind sie durch eine elektronendichte strichförmige Struktur (das Band) gekennzeichnet, die auf der präsynaptischen Seite senkrecht zum synaptischen Spalt angeordnet ist und neben der synaptische Vesikel konzentriert sind. Die Vesikel enthalten Glutamat.

▶ Exkurs: Struktur der retinalen Synapsen.

Drittes Neuron – Ganglienzellen

Drittes Neuron – Ganglienzellen

Erst in den Ganglienzellen, die man funktionell in verschiedene Typen einteilen kann, werden durch Belichtung der Photorezeptoren Aktionspotenziale gebildet. In den Bipolarzellen und Photorezeptoren entstehen nur unterschwellige synaptische bzw. Rezeptorpotenziale.

In den Ganglienzellen entstehen bei Belichtung der Photorezeptoren Aktionspotenziale. Bipolarzellen und Photorezeptoren bilden nur synaptische bzw. Rezeptorpotenziale.

Rezeptives Feld der Ganglienzellen: Das rezeptive Feld (RF) ist der Bereich der Retina, von dem aus die Ganglienzelle Afferenzen erhält (d. h. von dem aus die Aktivität der Zelle beeinflusst werden kann). Das RF der Ganglienzellen ist meist rund und zweigeteilt: Es besteht aus einem Zentrum, das konzentrisch von der Peripherie umgeben ist. Ganglienzellen der Fovea centralis haben die kleinsten RFs. Dies ist ein weiterer Grund für die hohe Sehschärfe an dieser Stelle.

Rezeptives Feld der Ganglienzellen: Das rezeptive Feld (RF) der retinalen Ganglienzellen ist rund mit einem Zentrum, das konzentrisch von der Peripherie umgeben ist.

An-Zentrum- und Aus-Zentrum-Zellen: Unter den retinalen Ganglienzellen lassen sich zwei funktionelle Gruppen unterscheiden, die bei punktförmiger Belichtung ihres rezeptiven Feldes unterschiedlich reagieren: ■ An-Zentrum-Zellen: Sie werden bei Belichtung des Zentrums ihres RF erregt, bei Belichtung der Peripherie des RF gehemmt. Dies geschieht über eine laterale Hemmung, die durch Horizontalzellen verursacht wird. ■ Aus-Zentrum-Zellen: Sie verhalten sich gegensätzlich, d. h. Hemmung bei Belichtung des Zentrums, Erregung bei Belichtung der Peripherie des RF. Beide Typen haben eine Ruheaktivität; bei diffuser Beleuchtung des gesamten RF zeigen sie keine Reaktion.

An-Zentrum- und Aus-Zentrum-Zellen: Es gibt zwei funktionelle Typen der retinalen Ganglienzellen: ■ An-Zentrum-Zellen werden bei Belichtung des Zentrums ihres RF erregt und bei Belichtung der Peripherie gehemmt. ■ Aus- Zentrum-Zellen verhalten sich invers (Hemmung bei Belichtung des Zentrums, Erregung bei Belichtung der Peripherie).

1220

N

Ganglienzellsysteme: Innerhalb der An- und Aus-Zentrum-Zellen können nach ihrer Somagröße magnozelluläre und parvozelluläre Ganglienzellen unterschieden werden. Die ersteren leiten Informationen über Bewegungen, die letzteren über Form und Farbe des fixierten Gegenstandes.

Magno- und parvozelluläres Ganglienzellsystem: Nach Morphologie und Art der vermittelten Information können die Ganglienzellen der Retina in zwei Typen eingeteilt werden, unter denen jeweils sowohl An-Zentrum- als auch Aus-Zentrum-Neurone vorkommen: ■ Die magnozellulären (M-) Ganglienzellen besitzen große Somata mit einem ausgedehnten Dendritenbaum. Sie kontaktieren viele Bipolarzellen und haben daher große RFs. Sie stehen am Anfang des sog. M-Kanals, der hauptsächlich Bewegungen verarbeitet. Sie sind nicht farbempfindlich. ■ Die parvozellulären (P-) Ganglienzellen sind klein und haben kleine RFs. Sie sind der Beginn eines visuellen P-Kanals, der vorwiegend Informationen über die Form und Farbe eines Objekts vermittelt. ■ Daneben werden Ganglienzellen beschrieben, die selbst lichtempfindlich sind (ohne Kontakt zu Photorezeptoren zu haben) und Melanopsin enthalten. Diese scheinen auch bei Blinden den Tag-Nacht-Rhythmus zu steuern. Die Axone dieser Ganglienzellen haben direkte Verbindungen mit dem Ncl. suprachiasmaticus.

Weitere Zelltypen der Retina: Die Horizontalzellen (S. 1066) verbinden die Endfüßchen der Photorezeptoren miteinander.

Weitere Zelltypen der Retina: Die Horizontalzellen (S. 1066) – von denen es mehrere Typen gibt – liegen dicht an den verbreiterten Endfüßchen der Photorezeptoren und verbinden die Endfüßchen miteinander.

▶ Merke.

2 ZNS – funktionelle Systeme

▶ Merke. Die durch Horizontalzellen (S. 1067) bewirkte laterale Hemmung erklärt

das Phänomen des schwarz-weißen Simultankontrasts. Neben einer weißen Fläche erscheint eine graue dunkler. Solche Kontrastphänomene sind eine Leistung der visuellen Informationsverarbeitung, die bereits in der Retina abläuft. Die amakrinen Zellen modulieren den Informationsfluss von den Bipolarzellen zu den Ganglienzellen.

Von den amakrinen Zellen sind mehr als 30 Typen bekannt; sie haben teilweise keine Axone, sondern nur Dendriten. Sie enthalten eine Vielzahl unterschiedlicher Transmitter und modulieren den Informationsfluss von den Bipolarzellen zu den Ganglienzellen. Die mit Stäbchen verbundenen Bipolarzellen kontaktieren die nachgeschalteten Ganglienzellen nicht direkt, sondern über amakrine Zellen.

Weitere Stationen der Sehbahn

Weitere Stationen der Sehbahn

▶ Definition.

▶ Definition. Die Sehbahn beginnt mit den Photorezeptoren der Retina (s. o.) und

endet mit den visuellen Arealen des Kortex. Alle Abschnitte der Sehbahn (inklusive Retina und N. opticus) sind entwicklungsgeschichtlich Hirnteile (Abb. N-2.31).

⊙ N-2.31

⊙ N-2.31

Stationen der Sehbahn

Seitenventrikel

Tractus opticus

Corpus geniculatum laterale

N. opticus Sehstrahlung für unteres Gesichtsfeld

Schematischer Überblick über den Verlauf der Sehbahn in der Ansicht von links. Die MeyerSchleife ist der Teil der Sehstrahlung, der um das Unterhorn des Seitenventrikels zur Sehrinde zieht. (Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

Area striata Chiasma opticum

Auf allen Stationen der Sehbahn besteht eine Retinotopie, d. h. ein bestimmtes Gebiet der Retina wird auf eine ganz bestimmte Neuronenpopulation abgebildet. Man unterscheidet einen sog. genikulären Anteil der Sehbahn zur Vermittlung bewusster Seheindrücke von einem extragenikulären Teil mit unbewusst ablaufender Aktivität, z. B. im Rahmen optischer Reflexe (S. 1225). Der letztere Teil zweigt vor dem Corpus geniculatum laterale vom Tr. opticus ab und zieht zu den Colliculi sup. und der Area pretectalis.

Meyer-Schleife

Sehstrahlung für oberes Gesichtsfeld

Auf allen Stationen der Sehbahn besteht eine Retinotopie, d. h. ein bestimmtes Gebiet der Retina wird auf eine ganz bestimmte Neuronenpopulation abgebildet. Dies geschieht allerdings in verzerrter Form: Im primären visuellen Kortex ist die Repräsentation der Fovea centralis größer als die eines gleich großen Gebietes der Netzhautperipherie. Zunächst wird der sog. genikuläre Teil der Sehbahn besprochen, der über das Corpus geniculatum laterale zum primären visuellen Kortex führt. Er vermittelt bewusste Seheindrücke. Daneben gibt es den extragenikulären Teil der Sehbahn, dessen Fasern vom Tractus opticus vor Erreichen des Corpus geniculatum laterale zu den Colliculi superiores der Vierhügelplatte (S. 1114) und der Area pretectalis abzweigen, und hauptsächlich für optische Reflexe (S. 1225) verantwortlich sind. Die Aktivität in diesem Teil der Sehbahn läuft unbewusst ab.

N

1221

2.3 Sensorische Systeme

Nervus opticus, Chiasma opticum und Tractus opticus Die Axone der Ganglienzellen – des 3. Neurons der Sehbahn – bilden den Nervus opticus (II. Hirnnerv), der nur Fasern von einem Auge enthält. ▶ Klinik. Aus der Tatsache, dass der N. opticus entwicklungsgeschichtlich ein Hirnteil ist, erklärt sich der Befund, dass der Nerv bei Multipler Sklerose (MS) häufig betroffen ist. Die MS ist eine Erkrankung, die durch eine Demyelinisierung von Nervenfasern des ZNS gekennzeichnet ist.

Nach der Sehnervenkreuzung (Chiasma opticum) beginnt der Tractus opticus. Das Chiasma opticum liegt direkt rostral vom Hypophysenstiel auf dem Corpus ossis sphenoidalis bzw. dem Sinus sphenoidalis. Im Tractus opticus ziehen Fasern von der temporalen Retina des ipsilateralen Auges und der nasalen Retina des kontralateralen Auges nach okzipital (Abb. N-2.32). ▶ Merke. Die Ganglienzellaxone von der nasalen Netzhaut kreuzen im Chiasma, die

Nervus opticus, Chiasma opticum und Tractus opticus Der N. opticus enthält nur Fasern von einem Auge. ▶ Klinik.

Jeder nach dem Chiasma opticum beginnende Tractus opticus enthält Fasern von der temporalen Retina des ipsilateralen und der nasalen Retina des kontralateralen Auges (Abb. N-2.32). ▶ Merke.

von der temporalen Netzhaut nicht. ▶ Klinik. Bei Ausfällen des Gesichtsfeldes (Abb. N-2.32) kann von dem jeweils aus-

▶ Klinik.

gefallenen Gesichtsfeldanteil auf den Ort der Läsion geschlossen werden: Die bitemporale (heteronyme) Hemianopsie ist durch den Ausfall der temporalen Gesichtsfelder beider Augen gekennzeichnet (sog. Scheuklappenphänomen oder Tunnelgesichtsfeld). Heteronym bedeutet „ungleichnamig“: Im linken Gesichtsfeld ist die linke, im rechten Gesichtsfeld die rechte Gesichtsfeldhälfte ausgefallen. Ein solcher Ausfall kommt z. B. bei einem Tumor der Hypophyse (S. 1249) vor. Der Druck des Tumors verletzt primär die im Chiasma kreuzenden Fasern, die von den nasalen Netzhautanteilen stammen, auf die sich die temporalen Gesichtsfelder (S. 1216) projizieren. Eine homonyme Hemianopsie ergibt sich als Folge der völligen Durchtrennung eines Tractus opticus: In diesem Fall ist in den Gesichtsfeldern beider Augen dieselbe Seite ausgefallen (Abb. N-2.32).

⊙ N-2.32

Sehbahn und Ort der Schädigung bei Gesichtsfeldausfällen (Skotomen)

linkes Gesichtsfeld

nasales Gesichtsfeld des rechten Auges

rechtes Gesichtsfeld

temporales Gesichtsfeld des rechten Auges temporale Retina nasale Retina 1

1

1 2

2 3

Chiasma opticum

2

Tractus opticus

3 4 4

N. opticus

Corpus geniculatum laterale

3

Sicht von oben (parietal, vgl. Abb. N-2.28) auf die Sehbahn mit der Aufteilung der visuellen Information auf den rechten und linken visuellen Kortex. Je nach Verletzungsort (nummerierte Pfeilspitzen) entlang der Sehbahn resultieren daraus unterschiedliche Gesichtsfeldausfälle. Besonders typisch sind die Amaurose (vollständige Erblindung eines Auges) bei einseitiger Schädigung des N. opticus (1), bitemporale Hemianopsie bei Läsion des Chiasma opticum (2), homonyme Hemianopsie bei Durchtrennung eines Tractus opticus (3) und obere Quadrantenanopsie bei einseitiger Schädigung der unteren Anteile der medialen (gekreuzten) Sehstrahlung (4). (Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

4

Sehrinde (Area striata)

Corpus geniculatum laterale (CGL)

Corpus geniculatum laterale (CGL)

Die nächste Station der genikulären Sehbahn mit synaptischer Umschaltung auf das vierte Neuron ist der laterale Kniehöcker des Metathalamus, das Corpus geniculatum laterale = CGL (S. 1127). Wegen der Anordnung der Ganglienzellaxone im Chiasma erhält jedes CGL Information von beiden Augen, und zwar das rechte CGL von der temporalen Netzhaut des rechten Auges und der nasalen Netzhaut des linken Auges. Auf diese Weise erreicht die gesamte Information von der linken Gesichtsfeldhälfte das rechte CGL (im linken CGL ist die Anordnung entsprechend für die rechte Gesichtsfeldhälfte).

Im Corpus geniculatum laterale (CGL) beginnt das 4. Neuron des genikulären Anteils der Sehbahn. Das rechte CGL (S. 1127) erhält Information von der linken Gesichtsfeldhälfte, das linke entsprechend von der rechten.

1222

N

Das CGL hat 6 Schichten (4 klein- und 2 großzellige). Die kleinzelligen Schichten sind mit den P-Ganglienzellen der Retina verbunden, die großzelligen mit den M-Zellen.

Das CGL besitzt 6 Schichten, die abwechselnd Signale des ipsi- und kontralateralen Auges verarbeiten. Zwei dieser Schichten sind großzellig und die restlichen vier kleinzellig: ■ Die kleinzelligen Schichten haben synaptische Kontakte mit den P-Ganglienzellen (S. 1220) der Retina. ■ Die großzelligen Schichten haben Kontakte mit den retinalen M-Ganglienzelle (S. 1220).

▶ Merke.

2 ZNS – funktionelle Systeme

▶ Merke. Auf diese Weise setzt sich der retinale P- und M-Kanal auf die klein- bzw.

großzelligen Schichten des CGL fort. ▶ Klinik.

Primärer visueller Kortex – Abbildung des Sehobjekts Die Efferenzen des CGL projizieren auf den primären visuellen Kortex derselben Hemisphäre. ▶ Merke.

▶ Klinik. Ein Ausfall des nasalen Gesichtsfeldes eines Auges (nasale ipsilaterale Hemianopsie, Abb. N-2.32) bedeutet, dass der Weg von der temporalen Retina betroffen sein muss. Dieser Weg kreuzt nicht, also ist die Läsion auf der ipsilateralen Seite zu suchen. In Frage kommt eine Druckschädigung der lateralen Anteile des Chiasma opticum durch ein Aneurysma der A. carotis interna oder eine Verletzung der lateralen (ungekreuzten) Fasern im Verlauf der Sehstrahlung (s. u.) zwischen CGL und visuellem Kortex.

Primärer visueller Kortex – Abbildung des Sehobjekts Die Efferenzen des CGL bilden die Sehstrahlung (Radiatio optica) und projizieren auf den primären visuellen Kortex (V1 oder Brodmann Area 17) derselben Hemisphäre. ▶ Merke. Im Endeffekt wird die linke Gesichtsfeldhälfte beider Augen im rechten vi-

suellen Kortex abgebildet und umgekehrt. In der Medialansicht ist dies die Region um den Sulcus calcarinus. Die linke untere Gesichtsfeldhälfte ist in der rechten Hemisphäre oberhalb des Sulcus calcarinus repräsentiert, die obere Gesichtsfeldhälfte unterhalb des Sulcus (Abb. N-2.33b). Das Zentrum des Gesichtsfeldes ist am weitesten okzipital abgebildet und überrepräsentiert.

▶ Klinik.

Morphologischer Aufbau: Histologisch fällt V1 durch ein besonders breites Stratum granulosum internum (Schicht IV) auf. Hier enden die Fasern vom CGL. Durch die Schicht IV zieht sich oberflächenparallel der GennariStreifen (Abb. N-2.33a). Der Name „Area striata“ für den primären visuellen Kortex bezieht sich auf diesen Streifen.

Anatomisch liegt die Area 17 am äußersten okzipitalen Pol des Lobus occipitalis. Medial ist das Gebiet durch den nach oben leicht konvexen Sulcus calcarinus (oder Fissura calcarina) gekennzeichnet. Die Abbildung ist derart, dass die linke untere Gesichtsfeldhälfte in der rechten Hemisphäre oberhalb des Sulcus calcarinus repräsentiert ist, und die obere Gesichtsfeldhälfte unterhalb des Sulcus (Abb. N-2.33b). Das Zentrum des Gesichtsfeldes bzw. die Fovea centralis ist am weitesten okzipital abgebildet, die Peripherie weiter frontal. Diese feste Beziehung zwischen Gesichtsfeld, Retina und V1 wird als Retinotopie bezeichnet. Wie an anderen Stellen des Kortex auch ist die Abbildung verzerrt und reflektiert die Wichtigkeit der einzelnen Teile des Gesichtsfeldes: Das Gebiet der Fovea centralis, auf der der Fixationspunkt und das Zentrum des Gesichtsfeldes abgebildet werden, ist im visuellen Kortex deutlich überrepräsentiert. ▶ Klinik. Verletzungen eines Teils der Sehstrahlung oder des primären visuellen Kortex selbst führen oft zur Quadranten-Anopsie, d. h. es besteht z. B. Blindheit im oberen rechten Quadranten des Gesichtsfelds, wenn in der linken Sehstrahlung bzw. im linken primär visuellen Kortex unterhalb des Sulcus calcarinus eine Läsion vorliegt (Abb. N-2.32). Bei kleinen kortikalen Verletzungen bleibt das Zentrum des Gesichtsfelds oft ausgespart, weil es im visuellen Kortex großflächig repräsentiert ist. Vollständige Zerstörung des primären visuellen Kortex hat völlige Blindheit (S. 1141) zur Folge (Rindenblindheit). Dabei sind die Pupillenreflexe auf Licht aber noch erhalten, da sie den visuellen Kortex nicht benötigen (s. u.). Die Patienten sind auch oft noch in der Lage, Lichtblitze zu lokalisieren, wahrscheinlich über die Colliculi superiores (S. 1114).

Morphologischer Aufbau: Der primäre visuelle Kortex (V1 bzw. Area 17) weist schon makroskopisch ein Merkmal auf, das den anderen visuellen Kortexarealen fehlt: den Gennari-Streifen (Abb. N-2.33a). Es handelt sich um ein oberflächenparalleles Bündel markhaltiger Fasern, das mit bloßem Auge zu erkennen ist. Es teilt den Kortex praktisch in zwei Schichten und hat zu dem Namen Area striata für den primären visuellen Kortex geführt. Mikroskopisch hat die Area 17 eine ungewöhnlich hohe Zelldichte und komplexe Verschaltung. Das Stratum granulosum internum (Schicht IV) ist sehr breit und kann in 3 Unterschichten aufgeteilt werden (IVa, IVb und IVc).

N

1223

2.3 Sensorische Systeme

Die Schicht IVb enthält den Gennari-Streifen, der aus markhaltigen Axonen der MZellen aus Schicht IVc besteht und die Signale im visuellen Kortex außerhalb der Area striata verteilt. Die Afferenzen vom CGL enden hauptsächlich in Schicht IVa und IVc. Funktioneller Aufbau: In V1 sind Zellen lokalisiert, die bestimmte einfache Struktureigenschaften aus einem gesehenen Objekt extrahieren. So gibt es Zellen, die auf einen Lichtreiz nur dann mit maximaler Entladung reagieren, wenn der Reiz eine bestimmte Länge, Orientierung oder Bewegungsrichtung besitzt. Ursprünglich wurde angenommen, dass die Grundstruktur des primären visuellen Kortex aus okulären Dominanzsäulen besteht, die senkrecht zur Oberfläche angeordnet sind. Okuläre Dominanz bedeutet, dass eine Säule nur Signale von einem Auge verarbeitet, wobei die Dominanzsäulen für das rechte und linke Auge abwechselnd nebeneinander liegen. Die „Säulen“ sind wohl eher flächige Streifen in Schicht IV. In Schicht II und III befinden sich als rundliche Flecken (Blobs) angeordnete farbtüchtige Zellen des PSystems; zwischen den Flecken befinden sich P-Zellen mit ausgeprägter Orientierungs- und Strukturempfindlichkeit für die Formerkennung (Interblobs). Das M-System für das Bewegungssehen wird in Schicht IV umgeschaltet. ▶ Merke. Die Information über Form, Farbe und Bewegung ist schon auf der Ebene

Funktioneller Aufbau: Der primäre visuelle Kortex besteht funktionell aus kleinen Zellpopulationen, die eine okuläre Dominanz aufweisen, d. h. sie erhalten nur Informationen von einem Auge. In Schicht II und III liegen fleckförmige Ansammlungen (Blobs) von farbtüchtigen Zellen des P-Systems, dazwischen Zellen für die Formerkennung. Die Information des M-Systems für die Bewegungserkennung wird in Schicht IV verarbeitet.

▶ Merke.

von V1 vorhanden, eine höherwertige Verarbeitung der Signale im Sinne einer Erkennung geschieht aber erst in nachgeschalteten Stationen (V2–V5, s. u.).

⊙ N-2.33

Primärer visueller Kortex und Retinotopie entlang der Sehbahn (Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

peripheres binokluäres Gesichtsfeld

a Der helle Gennari-Streifen verläuft parallel zur Oberfläche des primären visuellen Kortex (s. 7 in b) und teilt die graue Substanz in zwei makroskopisch erkennbare Schichten (Frontalschnitt). b Retinotopie: Gezeigt ist der Weg der visuellen Information vom Gesichtsfeld des linken Auges bei Blick von oben (parietal). Die Abbildung der verschiedenen Teile des Gesichtsfelds auf Faserund Neuronenpopulationen sind mit denselben Farben markiert. 1 = Gesichtsfeld des linken Auges; 2 = Abbildung des Gesichtsfelds auf die Retina; 3 und 5 = Verteilung der Information im Nervus bzw. Tractus opticus, zwischen denen das Chiasma opticum (4) liegt; 6 = Abbildung auf Corpus geniculatum laterale (grob schematisch; tatsächlich besteht das CGL, wie im Haupttext beschrieben, aus sechs oberflächenparallelen Schichten). Im Endeffekt wird die visuelle Information vom linken unteren Gesichtsfeld auf die Sehrinde (7) der rechten Hemisphäre oberhalb des Sulcus calcarinus (verzerrt) abgebildet.

Fovea centralis Repräsentation des Gesichtsfelds wie im Perimeter bestimmt

temporale Sichel blinder Fleck

1 Papilla nervi optici 2

3 4 5

6 Schnittebene für a Sulcus calcarinus

Sulcus calcarinus Gennari-Streifen

a

7 b

1224

N

Sekundärer und höherer visueller Kortex – Erkennung von Bewegung, Farbe und Struktur In V1 wird das fixierte Objekt nur abgebildet, die weitere Verarbeitung der visuellen Information erfolgt in nachgeordneten visuellen Arealen (V2–V5).

Sekundärer und höherer visueller Kortex – Erkennung von Bewegung, Farbe und Struktur

Die Bewegungserkennung (die die Information des M-Systems benötigt) findet über V5 im parietal-frontalen Weg statt, die Formund Farberkennung (P-System) über V4 im temporalen Weg (Abb. N-2.34).

Neurone des temporalen Wegs benötigen komplexe Muster (z. B. Kreuze, Sterne) für eine maximale Erregung, d. h. sie lassen sich durch einfache Striche nicht aktivieren.

⊙ N-2.34

2 ZNS – funktionelle Systeme

Neben dem primären visuellen Kortex, in dem zunächst nur eine Abbildung des Sehobjekts erfolgt, sind noch weitere visuelle Kortexareale vorhanden, in denen eine weitergehende Verarbeitung der visuellen Information stattfindet. Es handelt sich hierbei um den sekundären visuellen Kortex (V2) sowie die nachgeordneten visuellen Areale V3, V4 und V5. Die Stationen V1–V3 werden von allen visuellen Informationen durchlaufen, danach teilt sich der Verarbeitungsweg in einen parietalfrontalen und einen temporalen Zweig (Abb. N-2.34): ■ Parietal-frontaler Weg: Wie bereits erwähnt, ist das M-System für die Erkennung von Bewegung zuständig. Es bildet über V5 den parietal-frontalen Weg der visuellen Informationsverarbeitung und endet in Area 8, dem frontalen Augenfeld. Area 8 ist für die Steuerung von konjugierten Augenbewegungen zuständig (s. u.). Das frontale Augenfeld ist als motorischer Programmgeber für die visuelle Verfolgung von bewegten Objekten wichtig und erhält über das M-System eine sensorische Rückkopplung. ■ Temporaler Weg: Über das P-System erfolgt die Erkennung von Struktur und Farbe. Es bildet über V4 den temporalen Weg der visuellen Informationsverarbeitung. Hier finden sich Neurone, die komplexe Strukturen für eine maximale Entladung benötigen. Natürlich erhebt sich die Frage, wie weit eine solche Formselektivität gehen kann. Gibt es z. B. im Kortex Neurone, die nur beim Anblick eines nahen Angehörigen feuern?

⊙ N-2.34

Weg der visuellen Information im parvo- und magnozellulären System Parietallappen

Area 8 Frontallappen

V5 OkzipitalV4 lappen V3 Temporal- V2 lappen V1 Area 20, 21 Area 17

Weg des M-Systems für Erkennung von Bewegungen Weg des P-Systems für Erkennung von Struktur und Farbe

▶ Klinik.

Bis V3 inklusive (tertiärer visueller Kortex) sind beide Systeme noch nicht deutlich getrennt. Danach verläuft über den grün gekennzeichneten Weg vorwiegend die Information für die Erkennung von Bewegungen (magnozelluläres oder M-System), über den rot hervorgehobenen Weg vorwiegend die Information zur Erkennung von Struktur und Farbe (parvozelluläres oder P-System). (Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

▶ Klinik. Kortikale Läsionen, die höhere Stationen der visuellen Informationsverarbeitung betreffen, führen oft zu einem Zustand, der Seelenblindheit (S. 1141) genannt wird. Läsionen in V5 und dem weiteren Weg für Bewegungsdetektion sind mit einer Bewegungsagnosie verbunden, d. h. die Patienten sehen kontinuierliche Bewegungen als eine unterbrochene Folge von Einzelbildern. Ist V4 und der kaudale temporale Kortex verletzt, kommt es zu Ausfällen der Farbund Formerkennung. Eine eindrucksvolle Störung dieser Art ist die Prosopagnosie, d. h. die Unfähigkeit, Gesichter zu erkennen.

Der bisher beschriebene Weg der visuellen Information gehört zum retino-genikulo-kortikalen System (Tab. N-2.5). Willkürliche und reflektorische Augenbewegungen (Okulomotorik) Tab. N-2.5 zeigt die zahlreichen visuellen Untersysteme.

Willkürliche und reflektorische Augenbewegungen (Okulomotorik) Die Tab. N-2.5 soll verdeutlichen, dass das visuelle System neben der Vermittlung von bewussten Sehwahrnehmungen noch viele andere Funktionen hat, die oft unbewusst ablaufen.

N

≡ N-2.5

1225

2.3 Sensorische Systeme

Visuelle Teilsysteme

System

Strukturen

retino-genikulokortikales System

Retina – N. und Tr. opticus – Corpus geniculatum laterale – Radiatio optica – Area 17 bewusster Seheindruck und weitergehende Verarbeitung (V1) – Area 18 (V2), Area 19 (V3, V4, V5) – parietaler und unterer temporaler Assoziationskortex

Funktionen

retino-tektales System

Retina – N. und Tr. opticus – Colliculus superior weitere Afferenzen aus dem Hirnstamm und Rückenmark (Tr. spinotectalis), Hinterstrangkernen, Ncll. cochleares, visuellem Kortex Efferenzen u. a. zu Augenmuskelkernen, Ncll. pontis, Rückenmark, Formatio reticularis

retino-prätektales System

Pupillenreflex: Retina – N. und Tr. opticus – Area pretectalis – Ncl. accessorius n. Pupillen- und Akkommodatioculomotorii (Edinger-Westphal) – M. sphincter pupillae (Tab. M-5.3) onsreflexe/Konvergenzreaktion Akkommodationsreflex: Retina – N. und Tr. opticus – Corpus geniculatum laterale (konsensuell) – V1 – V2 – Area pretectalis – Edinger-Westphal – M. ciliaris (Tab. M-5.4) Konvergenzreaktion: wie Akkommodationsreflex, jedoch zum Ncl. n. oculomotorii zur Innervation der Mm. recti mediales beidseits

retino-hypothalamopineales System

Retina – N. und Tr. opticus – Ncll. suprachiasmaticus und paraventricularis, zentrale Synchronisierung lichtabhänSympathikusbahn – Ggl. cervicale superius – Corpus pineale giger zirkadianer Rhythmik neuroendokriner Systeme

akzessorisches optisches System

Retina – N. und Tr. opticus – Tegmentum mesencephali – Interaktion mit Vestibularissystem

reflexartige Steuerung von Augen- und Kopfbewegung

Steuerung des optokinetischen Nystagmus

Beachte: Außer dem ersten System, dem Akkommodationsreflex und der Konvergenzreaktion sind alle anderen Wege extragenikulär, d. h. die visuelle Information läuft nicht über das CGL.

Willkürliche Augenbewegungen

Willkürliche Augenbewegungen

Willkürliche Augenbewegungen werden normalerweise in Form von konjugierten Bewegungen ausgeführt, d. h. die Blickachsen beider Augen bewegen sich in dieselbe Richtung. Bei horizontalen Blickbewegungen zur Abtastung des Gesichtsfeldes muss dafür der in Blickrichtung liegende M. rectus lateralis aktiviert und der kontralaterale M. rectus lateralis gehemmt werden. Gleichzeitig kommt es zu einer Hemmung des ipsilateralen und Aktivierung des kontralateralen M. rectus medialis (S. 1053). Die Ansteuerung der beteiligten Hirnnervenkerne (in diesem Fall N. III und VI) erfolgt vom frontalen Augenfeld (Area 8), wobei wahrscheinlich auch Aktivität von Area 17–19 zum Augenfeld eine Rolle spielt. Das Koordinationszentrum befindet sich in der paramedianen pontinen Formatio reticularis (PPRF), das die Kerne des N. III und VI synchronisiert und primär horizontale Augenbewegungen steuert. Diese Kerne werden durch den Fasciculus longitudinalis med. (S. 1110) verbunden, der sich vom Mesencephalon bis zur Medulla oblongata erstreckt und die Hirnnervenkerne untereinander verknüpft (Abb. N-2.35a). Am kranialen Ende des Fasciculus befindet sich der rostrale interstitielle Kern des Fasciculus longitudinalis medialis (riFLM; Abb. N-2.35b). Er liegt direkt kranial des Ncl. interstitialis Cajal, der mit dem riFLM bei der Steuerung vertikaler Blickbewegungen zusammenarbeitet. Die willkürliche Abtastung des Gesichtsfelds erfolgt in ruckartigen Bewegungen (Sakkaden), d. h. eine langsame Einstellung des neuen Fixationspunktes ist willkürlich nicht möglich.

Willkürliche Augenbewegungen erfolgen meist als konjugierte Bewegungen, bei denen sich beide Blickachsen in dieselbe Richtung bewegen. Ein wichtiges Zentrum für die Steuerung der Augenmuskeln ist die paramediane pontine Formatio reticularis (PPRF), die über den Fasciculus longitudinalis med. (S. 1110) die verschiedenen Augenmuskelkerne erreicht und primär horizontale Augenbewegungen steuert. Der rostrale interstitielle Kern des Fasciculus longitudinalis medialis (riFLM) arbeitet mit dem Ncl. interstitialis Cajal bei der Steuerung vertikaler Blickbewegungen zusammen. Die willkürlichen Augenbewegungen dienen der Abtastung des Gesichtsfeldes und laufen als ruckartige Sakkaden ab.

Folgebewegungen und Fixationsreflex

Folgebewegungen und Fixationsreflex

Wenn sich ein Gegenstand durch das Gesichtsfeld bewegt, kann das Objekt willkürlich und in gleichmäßiger Bewegung mit den Augen verfolgt werden, wobei allerdings diese Folgebewegungen reflektorisch gesteuert werden, um den Gegenstand immer auf der Fovea centralis abzubilden (sog. Fixationsreflex). Der Weg des Reflexes verläuft afferent über Retina und Sehbahn zur Area 17; nach Umschaltung in Area 18 und 19 erreicht die efferente Information über den Fasciculus longitudinalis medialis und die PPRF die Augenmuskelkerne.

Folgebewegungen zur Fixierung eines Objekts im Gesichtsfeld sind gleichmäßige Augenbewegungen, die willkürlich eingeleitet werden, dann aber reflektorisch ablaufen (Fixationsreflex).

▶ Merke. Im Gegensatz zu den sakkadischen Abtastbewegungen und dem Pupillen-

reflex (s. u.) erfordert der Fixationsreflex einen intakten visuellen Kortex.

▶ Merke.

1226 ⊙ N-2.35

N

2 ZNS – funktionelle Systeme

Anordnung und Verschaltung blickmotorischer Kerne im Hirnstamm

rostraler interstitieller Kern des Fasciculus longitudinalis medialis (riFLM)

riFLM

Nucleus n. oculomotorii Nucleus n. trochlearis

mesenzephale retikuläre Formation (MRF)

III

Fasciculus longitudinalis medialis (FLM)

paramediane pontine retikuläre Formation (PPRF)

IV

Nucleus n. abducentis PPRF

Nucleus prepositus hypoglossi

PPRF

VI b

a (Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

a Schematische Anordnung der für die Blickmotorik relevanten Hirnnervenkerne (Kerne der Hirnnerven III, IV und VI) und ihre Verbindung untereinanderer über den Fasciculus longitudinalis medialis (hellblau) und Anteile der Formatio reticularis (hellgrün). Der Ncl. prepositus hypoglossi ist ein okulomotorisches Zentrum, das auch vestibuläre und auditorische Informationen integriert. Er liegt in der Medulla oblongata in der Nähe des rostralen Teils des Ncl. n. hypoglossi. b Bedeutung des paramedianen Anteils der pontinen Formatio reticularis (PPRF = paramediane pontine retikuläre Formation) und des rostralen interstitiellen Kerns des Fasciculus longitudinalis medialis, riFLM) für die Koordination der vertikalen (↑/↓) und horizontalen (←/→) Augenbewegungen. Diese erfolgt über beidseits bestehende Verbindungen zu allen Kernen (S. 982) der äußeren Augenmuskeln (Tab. M-5.2).

Der Colliculus superior des Mesencephalon ist ein wichtiges Koordinationszentrum für diesen Reflex.

▶ Merke.

Neben diesen Strukturen spielt auch der Colliculus superior eine wichtige Rolle für den Reflex. Allerdings ist er Teil eines anderen Reflexsystems, nämlich des retinotektalen Systems. Bei ausgedehnten Folgebewegungen arbeiten der Fixationsreflex und das retinotektale System zusammen: Vom Tractus opticus zweigen Fasern vor Erreichen des CGL in Richtung auf den Colliculus superior des Mesencephalon ab. Diese Fasern sind Teil des retinalen bewegungsempfindlichen M-Systems. Die Zellen des Colliculus superior steuern zusammen mit der PPRF Folgebewegungen der Augen und des Kopfes bei Fixierung eines bewegten Objektes (Tab. N-2.5). ▶ Merke. Kontinuierliche Folgebewegungen der Augen sind nur reflektorisch mög-

lich. Willkürliche Augenbewegungen sind immer Sakkaden, d. h. sprungartige Bewegungen des Fixierungspunktes von einem Ort zum nächsten. Es ist aber möglich, den eigenen und selbst bewegten Zeigefinger in Form einer Folgebewegung mit den Augen zu fixieren.

Retinoprätektale Reflexe

Retinoprätektale Reflexe

Pupillenreflexe auf Licht: Sie verlaufen vom Tractus opticus ohne Umschaltung im CGL zur Area pretectalis, die vor den Colliculi superiores liegt. Die Efferenzen der Area pretectalis aktivieren Zellen des Ncl. accessorius nervi oculomotorii (S. 1107), dessen Aktivität den M. sphincter pupillae zur Kontraktion bringt (Miosis, Abb. N-2.36).

Pupillenreflexe auf Licht: Vom Tractus opticus laufen Fasern ohne Umschaltung im CGL zur Area pretectalis, einem Reflexzentrum ventral von den Colliculi superiores. Die Axone der hier gelegenen Zellen ziehen zum parasympathischen Ncl. accessorius nervi oculomotorii (S. 1107) beider Seiten (Edinger-Westphal), der über seine Efferenzen im N. oculomotorius (III) und nach Umschaltung im Ggl. ciliare den M. sphincter pupillae zur Kontraktion bringt (Miosis, Abb. N-2.36). Da der Reflex beidseitig verläuft, verengt sich die Pupille auch bei Belichtung des anderen Auges (konsensuelle Lichtreaktion).

▶ Klinik.

▶ Klinik. Da der Lichtreflex nicht über den Kortex verläuft, kann ein Patient auch nach Schädigung des gesamten visuellen Kortex noch einen normalen Pupillenreflex auf Licht aufweisen.

N

⊙ N-2.36

1227

2.3 Sensorische Systeme

Pupillenreflex auf Licht

M. sphincter pupillae

Nn. ciliares breves Ganglion ciliare N. opticus

N. oculomotorius (parasympathische Anteile)

Tractus opticus

Darstellung des Verlaufs der für den Lichtreflex verantwortlichen afferenten (blau) und efferenten (grün) Fasern mit ihren Schaltstationen: Die hier entscheidenden Afferenzen des nicht genikulären Anteils (blau) der Sehbahn ziehen zunächst mit denen des genikulären Anteils (violett), zweigen jedoch vor dem Corpus geniculatum laterale ab und werden in der Area pretectalis umgeschaltet. Von hier projizieren Neurone doppelseitig (entscheidend für die konsensuelle Lichtreaktion!) auf die Ncll. oculomotorii accessorii. Diese sog. Edinger-WestphalKerne entsenden Axone zum Ggl. ciliare (S. 1052), in dem die Umschaltung der parasympathischen Fasern zur Innervation des M. sphincter pupillae (Tab. M-5.3) erfolgt. (Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

Corpus geniculatum laterale

Nuclei accessorii n. oculomotorii Corpus geniculatum mediale

Area pretectalis

Die bei Dunkelheit reflektorisch auftretende Erweiterung der Pupille (Mydriasis) läuft ebenfalls über die Stationen Retina und Area pretectalis. Danach erreicht die Information über die Substantia grisea centralis (graue Substanz um den Aquädukt) und deszendierende sympathische Steuerungssysteme das sympathische Centrum ciliospinale im Seitenhorn der Rückenmarksegmente C 8–Th 3. Die sympathischen Fasern steigen im Halsgrenzstrang auf und werden im Ggl. cervicale superius (S. 904) umgeschaltet. Die postganglionären Fasern laufen ohne Umschaltung durch das Ggl. ciliare und erweitern über den M. dilatator pupillae (Tab. M-5.3) die Pupille. Akkommodationsreflex: Dieser Reflex benötigt im Gegensatz zu den beiden erstgenannten einen intakten primären und sekundären visuellen Kortex (Abb. N-2.37). Von der Area 17–19 ziehen Fasern über die Area pretectalis und Ncl. Perlia (s. u.) zum Ncl. accessorius nervi oculomotorii (Edinger-Westphal) beider Seiten (Tab. N-2.5). Die Efferenzen dieses Kerns werden im Ggl. ciliare (S. 1052) umgeschaltet und kontrahieren den M. ciliaris (S. 1063). Dadurch lässt der seitliche Zug auf die Linse nach und die Krümmung ihrer Vorderfläche wird aufgrund der Eigenelastizität des Linsenmaterials größer (der Krümmungsradius kleiner). Die Brechkraft der Linse steigt, und die Abbildung von nahen Objekten auf der Retina wird scharf (Nahakkommodation). Der Reiz für die Auslösung des Reflexes ist die unscharfe Abbildung eines Gegenstandes auf der Retina. Die von der Area 17–19 kommenden Fasern konvergieren in der Area pretectalis auf dieselben Neurone, die auch die Miosis bei Lichteinfall steuern. Daher ist die Nahakkommodation immer mit einer Miosis verbunden (sinnvoll wegen Verbesserung der Tiefenschärfe). Der Ncl. Perlia liegt zwischen beiden Edinger-Westphal-Kernen und verteilt die ankommende Information über die unscharfe Abbildung auf 2 Ziele: ■ auf die Edinger-Westphal-Kerne für die Nahakkommodation und Miosis und ■ auf den somatomotorischen Okulomotoriuskern für die Aktivierung des M. rectus medialis (S. 1053) beider Augen. Als Folge konvergieren die Sehachsen bei Fixierung eines nahen Gegenstandes.

Die reflektorische Erweiterung der Pupille (Mydriasis) bei Dunkelheit läuft über die Area pretectalis und Substantia grisea centralis zum sympathischen Centrum ciliospinale. Nach Aufsteigen im Halsgrenzstrang werden die sympathischen Fasern im Ggl. cervicale sup. umgeschaltet und erreichen den durch sie innervierten M. dilatator pupillae (Tab. M-5.3). Akkommodationsreflex: Er benötigt einen intakten primären und sekundären visuellen Kortex (Abb. N-2.37). Der Reflex verläuft von V1–V2 zur Area pretectalis und dann zum Ncl. accessorius nervi oculomotorii (Edinger-Westphal). Als Folge wird der M. ciliaris (S. 1063) zur Kontraktion gebracht. Die daraus resultierende Erschlaffung der Zonulafasern bewirkt eine Erhöhung der Brechkraft der Linse, die aufgrund ihrer Eigenelastizität eine stärkere Krümmung annimmt.

1228

N

⊙ N-2.37

2 ZNS – funktionelle Systeme

Akkommodationsreflex und Konvergenz

M. ciliaris M. sphincter pupillae M. rectus medialis

Nn. ciliares breves

Ganglion ciliare

N. opticus Tractus opticus

N. oculomotorius

Nucleus Perlia

Corpus geniculatum laterale

Nucleus n. oculomotorii (M. rectus medialis) Area pretectalis

Nuclei accessorii n. oculomotorii

Die Afferenzen für beide Reflexe (violett) verlaufen im N. opticus über das Corpus geniculatum laterale (CGL). Nach dortiger Umschaltung erreichen die Axone der im CGL liegenden Neurone die primäre Sehrinde (Area 17). Über Interneurone (schwarz) werden zunächst die Areae 17–19 und von dort aus über die Area pretectalis der Ncl. Perlia angesteuert. Die hier liegenden funktionell unterschiedlichen Neurone bewirken je nach Zielgebiet unterschiedliche Reaktionen: Die einen schicken Axone zum Ncl. nervi oculomotorii, durch den der M. rectus medialis innerviert wird (rot → Konvergenzreaktion), die anderen Efferenzen ziehen zum EdingerWestphal-Kern, deren parasympathische Neurone (grün, nur für das rechte Auge dargestellt) über Kontraktion des M. sphincter pupillae zu einer Verengung der Pupillen, sog. Miosis (S. 1062), führt. Gleichzeitig lösen die postganglionären parasympathischen Fasern eine Kontraktion des M. ciliaris aus und erhöhen so die Brechkraft der Linse (Nahakkommodation). (Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

Area 19 Area 17 Area 18

Retino-hypothalamo-pineales System und zirkadiane Rhythmik Tagesrhythmische Abläufe (z. B. WachSchlaf-Rhythmus) haben bei allen Menschen eine ungefähre Dauer von 24 h (zirkadian).

Die Anpassung an den Tag-Nacht-Wechsel erfolgt durch das Tageslicht über folgende Strukturen: Retina → Ncl. suprachiasmaticus → Ncl. paraventricularis (beide Kerne liegen im Hypothalamus) → Seitenhorn des Rückenmarks → Ggl. cervicale superius→ Epiphyse. Die Epiphyse sezerniert das Hormon Melatonin, das wiederum hypothalamische Funktionen beeinflusst.

2.3.3

Auditorisches System

Der junge Mensch hört Frequenzen von ca. 15 Hz bis 18 000 Hz; die Empfindlichkeit des Gehörs ist im Bereich von ca. 250– 4 000 Hz am größten. Hier liegt der Hauptsprachbereich.

Retino-hypothalamo-pineales System und zirkadiane Rhythmik Tagesrhythmische Lebensabläufe müssen an den Wechsel von Tag und Nacht angepasst werden. Der Rhythmus wird zirkadian genannt, da sein Zyklus ungefähr 24 h beträgt. Er wird durch äußere Einflüsse – besonders das Tageslicht – auf 24 h synchronisiert. Ohne äußeren Zeitgeber (z. B. im Schlaflabor) hat jeder Mensch seine eigene Rhythmusdauer, die kürzer (Frühaufsteher) oder länger (Spätaufsteher) als 24 h sein kann. Zu den tagesrhythmischen Abläufen gehören u. a. Wach-Schlaf-Rhythmus, Körpertemperatur und Hormonhaushalt. Bei der Anpassung an 24 h wirken mehrere Strukturen zusammen, die neuronal miteinander verbunden sind: ■ Retina: Die Retina dient als Reizaufnehmer für das Tageslicht. ■ Hypothalamus mit Ncl. suprachiasmaticus und Ncl. paraventricularis: Der Ncl. suprachiasmaticus erhält direkte Fasern vom Tractus opticus vor Erreichen des CGL. Von diesem Kern bestehen Verbindungen zum Ncl. paraventricularis, der an der Bildung von Steuerhormonen für die Hypophyse beteiligt ist. ■ Seitenhorn des Rückenmarks und Ggl. cervicale superius: Vom Hypothalamus laufen – evtl. in Fortsetzung des Fasciculus longitudinalis posterior – Fasern zum Seitenhorn der Rückenmarkssegmente C 8/Th 1, die zum Ggl. cervicale superius projizieren. ■ Epiphyse: Die Epiphyse wird über die sympathischen postganglionären Fasern des Ggl. cervicale superius angesteuert und sezerniert Melatonin. Das Melatonin wirkt wiederum auf den Ncl. suprachiasmaticus zurück und scheint auch direkt in den Hormonhaushalt und limbische Funktionen einzugreifen (Tab. N-2.5). Insgesamt wirkt es schlafinduzierend.

2.3.3 Auditorisches System Schallwellen sind Longitudinalschwingungen der Luftmoleküle, d. h. in Ausbreitungsrichtung des Schalls treten abwechselnd Bereiche höheren und geringeren Drucks auf. Der Abstand zwischen zwei Druckmaxima oder -minima ist die Wellenlänge. Das auditorische System von jungen Menschen ist in der Lage, Schallwellen im Frequenzbereich von ca. 15 Hz bis 18 000 Hz zu erfassen. Die größte Empfindlichkeit besitzt das Gehör bei ca. 4 000 Hz; hier ist der zur Erzielung eines Höreindrucks benötigte Schalldruck am geringsten. Der Hauptsprachbereich liegt im Frequenzbereich zwischen ca. 250 und 4 000 Hz; dies sind die während des Sprechens eingesetzten Frequenzen.

N

1229

2.3 Sensorische Systeme

Reizaufnahme

Reizaufnahme

Sinneszellen des Corti-Organs

Sinneszellen des Corti-Organs

Die Sinneszellen liegen im Corti-Organ (S. 1086), das neben den Sinneszellen noch verschiedene Stützzellen enthält. Zu den Stützzellen gehören die Phalangenzellen, die die Sinneszellen tragen, und die Pfeilerzellen, die einen mit Perilymphe gefüllten Tunnel umgeben. Die Sinneszellen (Haarzellen, s. u. ) sind sekundäre Sinneszellen, d. h. sie sind über Synapsen mit dem primär afferenten Neuron verbunden. Das Soma dieses Neurons befindet sich im Ganglion spirale cochleae, das an der Basis der Lamina spiralis ossea liegt. Die von den inneren Haarzellen kommenden Axone des Ggl. spirale gehören zu bipolaren Zellen (Typ-I-Ganglienzellen), deren Somata als Ausnahme eine Markhülle besitzen können. Die von den äußeren Haarzellen kommenden Axone des Ggl. spirale gehören dagegen zu pseudo-unipolaren Zellen (Typ-II-Ganglienzellen). Der zentrale Fortsatz der Ganglienzellen zieht zu den Nuclei cochleares der Medulla oblongata. Die Sinneszellen des Corti-Organs (Abb. N-2.38) sind apikal mit Sinneshaaren (Mikrovilli) ausgestattet, die Stereozilien heißen. Die längsten Stereozilien der äußeren Haarzellen sind mit der Innenseite der Membrana tectoria (Tektorialmembran) verbunden, einer gallertigen Membran, die von der Medialseite der Scala media (Limbus spiralis) ausgeht und dem Corti-Organ locker aufliegt. Eine Scherbewegung der Mikrovilli in Richtung auf die längsten Stereozilien ist der erregende Reiz für die Zellen. Die Sinneszellen bilden 1 Reihe von inneren und 3 Reihen von äußeren Haarzellen: ■ Die inneren Zellen sind flaschenförmig und besitzen vorwiegend Synapsen mit afferenten Fasern, wobei die Synapsen oft als Band-(Ribbon-)Synapsen ausgebildet sind. Der Transmitter ist Glutamat. Diese (relativ wenigen, ca. 3 500 pro Seite ) inneren Haarzellen sind der Beginn der Hörbahn. ■ Die äußeren Sinneszellen (ca. 20 000 pro Seite) sind zylinderförmig und besitzen vorwiegend Synapsen mit efferenten Fasern, die aus der oberen Olive (Ncl. olivaris superior) stammen (s. u.). Das Zytoplasma der äußeren Haarzellen enthält ein Netzwerk von Aktinfilamenten (S. 51) und Zisternen des glatten endoplasmatischen Retikulums. Die apikale Zellmembran der Sinneszellen ist zu der Kutikularmembran umgestaltet. Sie ist durch Aktinfilamente besonders verstärkt. Die seitlichen Membranabschnitte enthalten das Protein Prestin, das sich bei K+-Einstrom verkürzt. Die äußeren Haarzellen vermitteln keine direkten Höreindrücke, sondern verstärken die Erregung der inneren Sinneszellen (s. u.). Sie können sich über Konformationsänderungen des Prestinmoleküls in Längsrichtung kontrahieren und dadurch die Tektorialmembran bewegen. Hohe Frequenzen erregen besonders die Haarzellen am Beginn des Ductus cochlearis (nahe am ovalen Fenster), tiefe Frequenzen aktivieren die Zellen nahe dem Helicotrema (der Schneckenspitze).

Die Haarzellen des Corti-Organs sind sekundäre Sinneszellen, d. h. sie sind über Synapsen mit dem primären afferenten Neuron verbunden. Das Soma dieses Neurons befindet sich im Ggl. spirale, dessen zentrale Fortsätze zu den Ncll. cochleares ziehen.

⊙ N-2.38

Die Sinneszellen (Abb. N-2.38) besitzen Sinneshaare (Stereozilien), von denen die längsten die Unterseite der Tektorialmembran kontaktieren.

Im Corti-Organ befinden sich: ■ 1 Reihe innere Haarzellen, die meist afferente Synapsen besitzen und den Beginn der Hörbahn darstellen. ■

3 Reihen äußere Sinneszellen, die kontraktil sind und die Tektorialmembran bewegen können. Über diesen Mechanismus erregen sie die inneren Haarzellen oder modulieren ihre Aktivität.

Corti-Organ und seine Verschaltung innere innere Phalangen- Haarzelle zelle

Membrana tectoria Stereozilie äußere Haarzelle

laterales olivokochleäres Bündel

mediales olivokochleäres Bündel

Prestin

laterales Neuron mediales Neuron Pfeilerzellen Typ-I-Ganglienzelle obere Olive

äußere Phalangenzelle

Typ-II-Ganglienzelle N. cochlearis

Afferente Fasern (blau) ziehen durch den N. cochlearis zu den Ncll. cochleares. Die efferenten Fasern (rot) zu den inneren Haarzellen kommen vom lateralen oberen Olivenkomplex und verlaufen meist ungekreuzt. Efferente Fasern zu den äußeren Haarzellen kommen vom medialen oberen Olivenkomplex und ziehen vorwiegend gekreuzt zum kontralateralen Corti-Organ. Diese Fasern sind wahrscheinlich an der Kontraktion der äußeren Haarzellen beteiligt. (Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

1230 ▶ Merke.

N

2 ZNS – funktionelle Systeme

▶ Merke. Die äußeren Haarzellen dienen lediglich der Erregungsverstärkung der in-

neren Haarzellen, die für die Fortleitung auditorischer Signale zuständig sind. Entstehung des Rezeptorpotenzials

Entstehung des Rezeptorpotenzials

Depolarisation der Haarzellen: Bei einer Verformung des Endolymphschlauchs kommt es zu einer Relativbewegung zwischen Basilarmembran (S. 1086) und Tektorialmembran. Die dadurch erzeugte Scherbewegung der Sinneshaare in Richtung auf die längsten Stereozilien öffnet über Proteinfäden (tip links) K+-Kanäle in den Sinneshaaren. Die äußeren Haarzellen kontrahieren sich und lösen über die Bewegung der Tektorialmembran eine Flüssigkeitsströmung aus. Dadurch werden die Haare der inneren Sinneszellen abgeschert, was ebenfalls über einen Tip-link-Mechanismus zu einer Depolarisation der Zellen führt.

Depolarisation der Haarzellen: Bei einer Verformung des Endolymphschlauchs kommt es zu einer Relativbewegung zwischen Basilarmembran und Tektorialmembran. Dies führt zu einer Scherbewegung der Stereozilien der äußeren Haarzellen, die Kontakt mit der Tektorialmembran haben. Zwischen den Spitzen der Stereozilien sind dünne Proteinfäden ausgespannt (tip links), die bei einer Bewegung der Mikrovilli in Richtung auf die längsten Stereozilien angespannt werden und so einen Ionenkanal in der Spitze der Mikrovilli öffnen. Über den Ionenkanal strömen K+und Ca2 + -Ionen in die äußere Haarzelle ein. Die damit verbundene Depolarisation bewirkt rhythmische Kontraktionen der Zelle, die die Tektorialmembran bewegen und so eine Flüssigkeitsströmung zwischen Tektorialmembran und Corti-Organ erzeugen. Diese Flüssigkeitsströmung führt zu einer Scherbewegung der Sinneshaare der inneren Haarzellen, die ebenfalls über den Tip-link-Mechanismus depolarisiert werden. Die Depolarisation bewirkt in den inneren Haarzellen keine Kontraktion, sondern eine Öffnung von Ca2 + -Kanälen. Die Ca2 + -Ionen setzen dann Transmitter (Glutamat) an Band-Synapsen frei und lösen über die Erregung der afferenten Neurone den subjektiven Höreindruck aus.

▶ Merke.

▶ Merke. Die inneren Haarzellen könnten zwar theoretisch auch ohne Kontraktion

der äußeren Haarzellen durch die Endolymphströmung zwischen Tektorialmembran und Corti-Organ erregt werden, aber die durch die äußeren Haarzellen bewirkte Verstärkung der Endolymphströmung ist für subjektive Höreindrücke unabdingbar, da sie die Erregung der inneren Haarzellen um ein Vielfaches steigert (bis zu 1000fach). ▶ Exkurs: Ionengradient als treibende Kraft für die Umsetzung mechanischer Bewegung in ein Rezeptorpotenzial.

▶ Exkurs: Ionengradient als treibende Kraft für die Umsetzung mechanischer Bewegung in ein Rezeptorpotenzial. Die Grundlage der Umsetzung der mechanischen Bewegung des Endolymphschlauchs in ein Rezeptorpotenzial ist die unterschiedliche Zusammensetzung von Periund Endolymphe (S. 1085) sowie des Intrazellulärraums: Die Endolymphe in der Scala media enthält eine hohe Konzentration an K+-Ionen (140 mval/l) und wenig Na+-Ionen (5 mval/l), die Perilymphe in der Scala tympani und vestibuli entspricht dagegen eher der Interstitialflüssigkeit (140 mval/l Na+, 10 mval/l K+). Auch das Zytoplasma der Sinneszellen enthält weniger K+ als die Endolymphe der Scala media, sodass sich ein Ionengradient als treibende Kraft für K+ zwischen Endolymphe und Zytoplasma ergibt.

Funktion der efferenten Innervation: Die efferente Innervation der äußeren Haarzellen kann Kontraktionen der Zellen auslösen und so das System insgesamt und für bestimmte Frequenzen besonders empfindlich machen.

Funktion der efferenten Innervation: Die Funktion der umfangreichen efferenten Innervation der äußeren Haarzellen besteht wahrscheinlich auch darin, durch Kontraktion der äußeren Haarzellen an einer definierten Stelle der Basilarmembran (die über Freisetzung von Acetylcholin an den efferenten Synapsen erregt werden) das System für bestimmte Frequenzen besonders empfindlich zu machen. Auf diese Weise ist es möglich, sich auf bestimmte Töne oder Geräusche zu konzentrieren.

Stationen der Hörbahn

Stationen der Hörbahn Die Haarzellen werden bei der Aufzählung der Stationen nicht mitgerechnet.

Erstes und zweites Neuron: Das 1. Neuron (dessen Soma im Ggl. spirale cochleae liegt) endet mit seinen zentralen Fortsätzen (Pars cochlearis n. vestibulocochlearis) in den Ncll. cochleares anterior und posterior in der Medulla oblongata (2. Neuron). Die meisten der hier terminierenden Fasern kommen von den inneren Haarzellen.

▶ Merke.

Erstes und zweites Neuron: Die zentralen Axone der Zellen des Ggl. spirale cochleae (1. Neuron) laufen in der Pars cochlearis des N. vestibulocochlearis (VIII) zur Medulla oblongata, wo sie mit den Zellen der Ncll. cochleares anterior und posterior (2. Neuron) synaptische Kontakte eingehen. Von den afferenten Fasern in der Pars cochlearis stammen ca. 90 % von den relativ wenigen inneren Haarzellen. Dieser Befund stützt die Annahme, dass die äußeren Haarzellen nur indirekt an subjektiven Höreindrücken beteiligt sind. In den Ncll. cochleares sind Neurone vorhanden, die nicht auf reine Töne reagieren, sondern nur auf kompliziertere Klänge oder Geräusche. Daneben kommen Zellen vor, die bestimmte Merkmale eines Schallereignisses extrahieren (z. B. Dauer, Frequenzabfolge und Intensität). ▶ Merke. Auf der Ebene der Ncll. cochleares findet bereits eine basale Informations-

verarbeitung statt.

N

⊙ N-2.39

1231

2.3 Sensorische Systeme

Hörbahn (Ansicht von frontal auf die Großhirnhemisphären)

Ansicht von lateral auf linke Großhirnhemisphäre

Ansicht von dorsal auf den Hirnstamm, Kleinhirn entfernt

Ansicht von ventral-kranial auf das Rückenmark

Auf Grund der kleineren Zahl der Umschalt-Stationen in der Kette der afferenten Neurone wird eine direkte von einer indirekten Hörbahn unterschieden. (nach Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

Direkte Hörbahn: Die meisten der vom Ncl. cochlearis posterior ausgehenden Axone kreuzen auf die Gegenseite und steigen ohne weitere Umschaltung im Lemniscus lateralis bis zu den Colliculi inferiores des Mesencephalon auf und bilden die sog. direkte Hörbahn (Abb. N-2.39). Die Bahn wird „direkt“ genannt, weil sie zwischen Ncl. cochlearis und Colliculi inferiores keine Synapsen besitzt.

Direkte Hörbahn: Die meisten Axone aus dem Ncl. cochlearis posterior kreuzen auf die Gegenseite und steigen ohne Umschaltung (daher direkt) im Lemniscus lateralis bis zu den Colliculi inferiores auf (Abb. N-2.39).

Indirekte Hörbahn: Der Weg vom Ncl. cochlearis anterior (die indirekte Hörbahn) führt zum Ncl. olivaris superior und anderen Kernen im sog. periolivären Feld auf beiden Seiten der Medulla oblongata, deren aszendierende Fasern ebenfalls im Lemniscus lateralis verlaufen. Die Ncll. olivares sup. beider Seiten sind über schleifenförmige Bahnen miteinander verbunden, die den Trapezkörper (Corpus trapezoideum) bilden.

Indirekte Hörbahn: Die Axone aus dem Ncl. cochlearis anterior bilden die indirekte Hörbahn; sie werden im Ncl. olivaris superior beider Seiten umgeschaltet.

▶ Merke. Jeder Ncl. olivaris und damit auch alle höheren Stationen der Hörbahn erhal-

▶ Merke.

ten Signale von beiden Innenohren, was für das Richtungshören von Bedeutung ist. ▶ Exkurs: Mechanismen des Richtungshörens. Das Richtungshören erfordert den Vergleich der Information von beiden Ohren. Für die Feststellung der Richtung, in der sich eine Schallquelle befindet, können zwei Mechanismen verwendet werden: 1. Vergleich der Intensität eines Schallereignisses (des Schalldrucks) in beiden Cochleae. Dieser Mechanismus ist bei hohen Frequenzen verwertbar. 2. Vergleich der Laufzeiten des Schalls zwischen beiden Ohren (kommt der Schall von einer Quelle rechts der Medianebene, erreicht er das rechte Ohr eher als das linke). Hierbei ergeben sich kurze Laufzeitunterschiede von wenigen 100 µs, die für ihre Erkennung eine aufwendige neuronale Verarbeitung erfordern. Das Prinzip der Verarbeitung besteht darin, dass die vom Ncl. cochlearis ankommenden Axone praktisch an vielen Neuro-

nen des kontralateralen Ncl. olivaris superior „vorbeilaufen“ und diese Zellen mit immer größerer Verzögerung erregen. Die Neurone des Ncl. olivaris superior erhalten auch Informationen über dasselbe Schallereignis vom kontralateralen Ohr. Bei dieser Anordnung gibt es immer einige Neurone, die gleichzeitig von beiden Ohren erregt werden. Jede Neuronenpopulation kodiert dabei einen anderen Laufzeitunterschied zwischen links und rechts und damit eine andere Richtung des Schalls. Zusätzlich können bei tiefen Frequenzen Phasenunterschiede zwischen den Tonschwingungen links und rechts ausgewertet werden. Das äußere Ohr (Ohrmuschel und Gehörgang) spielt wahrscheinlich für die Unterscheidung zwischen Schallquelle hinten–Schallquelle vorn eine Rolle.

1232

Die ventrale (indirekte) Bahn kann vor den Colliculi inferiores bereits im Ncl. lemnisci lateralis umgeschaltet werden, der im Verlauf des Lemniscus lateralis liegt. Die direkte und die indirekte Bahn laufen zum Corpus geniculatum mediale (CGM) und enden danach im primären auditorischen Kortex (A1, Area 41) in den Heschl-Querwindungen auf der Oberfläche des Gyrus temporalis sup. des Lobus temporalis (Abb. N-2.39).

Die Tonotopie der Kochlea bleibt bis zum Kortex erhalten: In den medialen Teilen der Heschl-Querwindungen sind hohe Frequenzen, in den lateralen tiefe Frequenzen repräsentiert. Um den primären auditorischen Kortex liegt der sekundäre auditorische Kortex (A2, Area 42). Hier erfolgt die weitere Verarbeitung auditorischer Information (Identifizierung von Klängen, Geräuschen, Sprache).

Okzipital an A1 und A2 anschließend befindet sich das Wernicke-Zentrum (S. 1141), das entscheidend für das Sprachverständnis ist. Anatomisch entspricht ihm eine gyrusfreie Ebene (Planum temporale) auf der Oberfläche des Gyrus temporalis superior. Vom Wernicke-Zentrum zum Broca-Sprachzentrum zieht der Fasciculus arcuatus, über den eine sensorische Rückkopplung für die Artikulation läuft.

2.3.4

Vestibuläres System

▶ Synonym.

▶ Definition.

N

2 ZNS – funktionelle Systeme

Ein Teil der Fasern aus dem periolivären Feld bzw. Ncll. olivares superiores zieht als efferentes Bündel zur Schnecke zurück und innerviert die inneren und besonders die äußeren Haarzellen. Über diese Fasern ist eine efferente Kontrolle der Funktion des auditorischen Systems möglich. Die nächste Umschaltstation für die direkte und indirekte Hörbahn ist der Colliculus inferior des Mesencephalon, der ebenfalls Verbindungen zur Gegenseite besitzt. Allerdings können die aszendierenden Fasern auch schon im Nucleus lemnisci lateralis umgeschaltet werden, der in den Verlauf des Lemniscus lateralis eingeschaltet ist. Dies gilt nur für Fasern der indirekten Bahn, die von den oberen Oliven kommen. Über das Corpus geniculatum mediale (CGM) verläuft die Bahn dann zum primären auditorischen Kortex (S. 1141), d. h. zu A1(Area 41) im Gyrus temporalis superior des Schläfenlappens. Hier befinden sich die Heschl-Querwindungen als morphologisches Korrelat von A1. Die Heschl-Windungen sind von der Seite nicht sichtbar, weil sie auf der Oberfläche des Gyrus temporalis superior in die Tiefe des Sulcus lateralis (Sylvius) ziehen (Abb. N-2.39). Die Tonotopie des Corti-Organs (Abbildung bestimmter Frequenzen an bestimmten Stellen der Basilarmembran der Schnecke) wird über spezielle Kerngebiete im Colliculus inferior und Corpus geniculatum mediale bis zur Area 41 beibehalten. So sind hohe Frequenzen in den Heschl-Querwindungen medial (in der Tiefe des Sulcus lateralis), tiefe Frequenzen lateral repräsentiert. Die Afferenzen aus den nicht tonotopisch organisierten Teilen des Colliculus inferior und des Corpus geniculatum mediale enden eher im sekundären auditorischen Kortex (A2, Area 42), der den primären von allen Seiten umgibt. Eine einfache Zuordnung von A1 und A2 zu verschiedenen Teilfunktionen des Hörens ist nicht möglich; parallel zu den Überlegungen zum visuellen System kann diskutiert werden, dass in A1 primär die Frequenzanalyse stattfindet, d. h. das Erkennen einer Frequenz. A2 wäre entsprechend für die Erkennung von Frequenzgemischen zuständig, d. h. ob es sich um Töne, Geräusche oder Sprache handelt. Am okzipitalen Ende des Sulcus lateralis und dorsal an A1 und A2 anschließend befindet sich das Wernicke-Zentrum (S. 1141), das entscheidend für das Sprachverständnis ist. Anatomisch entspricht ihm eine gyrusfreie Ebene auf der Oberfläche des Gyrus temporalis superior, das Planum temporale. Das Planum temporale befindet sich fast immer auf der linken Hemisphärenseite (auch bei den meisten Linkshändern) und ist bisher bei Tieren nicht gefunden worden. Vom Wernicke-Zentrum zieht eine Assoziationsbahn (Fasciculus arcuatus) zum motorischen Sprachzentrum (Broca). Über die Bahn erhält die Sprachmotorik eine sensorische Rückkopplung. Zu Ausfällen des Broca- (S. 1140) und Wernicke-Zentrums (S. 1141).

2.3.4 Vestibuläres System ▶ Synonym. Gleichgewichtssystem

▶ Definition. Das vestibuläre System (S. 1087) besteht aus dem Utriculus und Sacculus sowie den Bogengängen, mit den zugehörigen Sinnesepithelien bzw. -zellen samt ihrer Innervation.

Funktion des vestibulären Systems

Funktion des vestibulären Systems

Es dient der Erkennung der Körperlage, der Aufrechterhaltung des Gleichgewichts und der Steuerung von Augenbewegungen. Seine plötzliche Erregung löst eine Alarmreaktion aus, die nicht nur in motorischen Ausgleichsbewegungen besteht, sondern auch in Steigerungen von Puls und Blutdruck sowie des Wachheitsgrades.

Das vestibuläre System dient der Erkennung der Lage des eigenen Körpers im Schwerefeld der Erde, der Aufrechterhaltung des Gleichgewichts in Ruhe und der Steuerung der Augenbewegungen. Eine Nebenfunktion des vestibulären Systems besteht in der Auslösung einer Alarmreaktion bei plötzlicher Störung des Gleichgewichts. Dies geschieht z. B. beim Stolpern über ein unerwartetes Hindernis. Die Alarmreaktion besteht nicht nur in reflektorischen Ausgleichsbewegungen, um das Fallen zu verhindern, sondern auch in einem Blutdruck- und Pulsanstieg sowie einer Weckreaktion (Steigerung des Wachheitsgrades).

N

1233

2.3 Sensorische Systeme

Reizaufnahme ▶ Merke. Die Reizaufnahme findet in den vestibulären Sinneszellen statt, wobei die

Reizaufnahme ▶ Merke.

Maculae von Utriculus und Sacculus durch Linearbeschleunigungen erregt werden, während die Bogengänge auf Dreh- bzw. Winkelbeschleunigungen ansprechen.

Rezeption der Linearbeschleunigung

Rezeption der Linearbeschleunigung

Wie auch in den Ausführungen zum Aufbau des Vestibularorgans (S. 1087) beschrieben, wird der Reiz einer linearen Beschleunigung bzw. Verzögerung von den Sinnesepithelien des Utriculus und Sacculus (Maculae utriculi und sacculi) aufgenommen. Die Sinnesepithelfläche des Utriculus ist annähernd horizontal, die des Sacculus eher vertikal angeordnet. Diese Unterschiede besitzen eine praktisch-funktionelle Bedeutung.

Lineare Beschleunigungen werden von den Maculae utriculi und sacculi (S. 1087) als Reiz aufgenommen.

Sinnesepithel der Maculae: Die Sinnesepithelzellen der Maculae utriculi und sacculi besitzen Sinneshaare, die in eine gallertige Deckmembran hineinragen. In die gallertige Membran sind Kalziumkarbonat-Kristalle (Otokonien, Statolithen) eingelagert, die spezifisch schwerer als die Endolymphe sind. Ein Kippen der Sinnesfläche führt daher zu einer Relativbewegung zwischen Gallertmembran und Sinneszellen und damit zu einer Scherbewegung der Sinneshaare. Die Sinneshaare sind in der Länge abgestuft; die kürzeren sind Stereozilien, das längste ist das Kinozilium. Die Zellen sind ohne Reizung ruheaktiv; eine Scherbewegung in Richtung auf das Kinozilium bedeutet Depolarisation und Erregung, eine Bewegung in Gegenrichtung Hyperpolarisation und Hemmung. Die Schwerkraft übt eine vertikale Linearbeschleunigung auf das Sinnesepithel aus; die Maculae sacculi messen diese Beschleunigung. Die Information über die Lage und Lageveränderungen des Kopfes ist daher ständig präsent. Die Macula sacculi vermittelt wegen der annähernd vertikalen Anordnung der Sinnesfläche auch das Fahrstuhlgefühl beim Anfahren und Halten eines Lifts. Die Maculae sacculi beeinflussen vorwiegend die Stützmotorik. Die Maculae utriculi können wegen ihrer vorwiegend horizontalen Lage eher die Empfindung der positiven und negativen horizontalen Linearbeschleunigung z. B. beim Anfahren und Bremsen eines Autos auslösen. Diese Maculae steuern auch die Augenbewegungen.

Sinnesepithel der Maculae: Die Sinneszellen der Maculae besitzen apikale Sinneshaare, die in eine gallertige Deckmembran hineinragen. Die Membran enthält Kalziumkarbonat-Kristalle (Otokonien, Statolithen) und ist damit spezifisch schwerer als die Endolymphe. Eine Kippung der Macula führt zum Absinken der Deckmembran in der Endolymphe und damit zu einer Abscherung der Sinneshaare.

▶ Merke. Bei konstanter Geschwindigkeit kehrt die Gallertmembran der Macula

Die Sinneszellen sind ruheaktiv, eine Scherbewegung der Sinneshaare auf das Kinozilium zu bewirkt eine Erregung, in die Gegenrichtung eine Hemmung der Aktivität. Das Makulasystem misst Linearbeschleunigungen, gleichbleibende Geschwindigkeiten werden subjektiv nicht wahrgenommen.

▶ Merke.

utriculi wieder in die Ruhelage zurück. Der Mensch hat kein Sinnesorgan für Geschwindigkeit. ▶ Klinik. Die Ursache der Weltraumkrankheit (Übelkeit bis hin zum Erbrechen), wie sie in einer erdumkreisenden Station auftritt, ist das Fehlen jeder Information vom Makulasystem in der Schwerelosigkeit. Auf der Erde ist immer zumindest die Macula sacculi aktiv. Die Krankheit kann nichts mit einem Ausfall der Bogengänge zu tun haben, da sie bei Schwerelosigkeit normal funktionieren.

Entstehung des Rezeptorpotenzials: Die Sinneszellen der Maculae sind sekundäre Sinneszellen und bestehen aus 2 Typen (Abb. N-2.40b): ■ Flaschenförmige Sinneszellen des Typs I: Sie sind von einem Kelch (Calix) umgeben, der von der afferenten Nervenzelle gebildet wird und den postsynaptischen Teil der Verbindung zwischen Rezeptorzelle und afferenter Faser darstellt. Das Soma dieser Zelle liegt im Ggl. vestibulare, das in den Verlauf der Pars vestibularis des N. vestibulocochlearis (VIII) eingeschaltet ist. Zwischen Calix und der Sinneszelle befinden sich zahlreiche chemische und elektrische Synapsen. Außen auf der Calix sitzen hemmende Synapsen, deren Fasern aus dem Ncl. vestibularis lateralis (s. u.) kommen. ■ Zylinderförmige Sinneszellen des Typs I: Sie besitzen keinen Kelch, aber meist mehrere afferente und wenige efferente Synapsen; das Soma liegt ebenfalls im Ggl. vestibulare. Die afferenten Synapsen beider Zelltypen haben oft synaptische Bänder. Das Rezeptorpotenzial kommt dadurch zustande, dass bei einer Scherbewegung auf das Kinozilium über einen Proteinfaden ein K+-Ionenkanal geöffnet wird, der die Haarzelle depolarisiert, sog. Tip-link-Mechanismus (S. 1230).

▶ Klinik.

Entstehung des Rezeptorpotenzials: In den Maculae kommen 2 Typen von Sinneszellen vor, deren Somata im Ggl. vestibulare liegen (Abb. N-2.40b): ■ Flaschenförmige Zellen (Typ I): Sie werden von einem Kelch umgeben, der von der afferenten Nervenfaser gebildet wird. ■ Zylinderförmige Zellen (Typ I): ohne Kelch. Beide Typen haben afferente und efferente Synapsen.

Das Rezeptorpotenzial entsteht durch die Öffnung eines Kaliumkanals über den Tip-link-Mechanismus (S. 1230).

1234

N

Rezeption der Winkel- bzw. Drehbeschleunigung Die 3 Bogengänge (Ductus oder Canales semicirculares) sind in den 3 Raumebenen angeordnet. Zwei stehen senkrecht (vorderer und hinterer); der laterale ist annähernd horizontal ausgerichtet. Die Sinnesepithelien der Bogengänge liegen in der Ampulle dicht am Utriculus.

Rezeption der Winkel- bzw. Drehbeschleunigung

Sinnesepithel der Bogengänge: Die Sinneszellen ragen mit apikalen Haaren in eine gallertige Haube (Cupula) hinein (Abb. N-2.40a). Bei jeder Endolymphströmung kommt es durch Bewegung der Cupula mit den Sinneshaaren zur Erregung oder Hemmung der Sinneszellen. Die Sinneszellen der Bogengänge haben ebenfalls eine Ruheaktivität. Gleiche Aktivität auf beiden Seiten bedeutet subjektiv das Fehlen einer Drehempfindung. Bei gleichmäßiger Drehgeschwindigkeit hört die Endolymphströmung auf, das Bogengangssystem kann nur Drehbeschleunigungen messen. ▶ Merke.

2 ZNS – funktionelle Systeme

Die Winkel- bzw. Drehbeschleunigung wird mittels der drei häutigen Bogengänge (Ductus oder Canales semicirculares) wahrgenommen. Sie liegen in der Pars petrosa des Os temporale okzipital der Cochlea und sind in den 3 Ebenen des Raums angeordnet. Alle Bogengänge gehen vom Utriculus aus. Der vordere und hintere Bogengang stehen annähernd senkrecht und bilden zwischen sich einen nach lateral offenen Winkel von ca. 90°. Sie sind medial miteinander verschmolzen (Crus commune). Der laterale (horizontale) Bogengang liegt nicht genau in der Horizontalebene, sondern sein vorderes Ende ist um ca. 20° angehoben. Jeder Bogengang hat eine Sinnesepithelfläche, sie liegt in der Ampulla dicht am Utriculus. Die Epithelfläche befindet sich auf einer Leiste (Crista), die quer zur Längsrichtung der Bogengänge angeordnet ist. Sinnesepithel der Bogengänge: Die Sinnesepithelzellen besitzen apikal Sinneshaare, die in die gallertige Cupula (s. Tab. M-6.4) hineinragen. Die Cupula füllt das Lumen der Ampulle vollständig aus (Abb. N-2.40a). Jede Drehbewegung in der Ebene eines Bogenganges löst eine Endolymphströmung aus, die die Cupula mit den Sinneshaaren auslenkt. Je nach der Strömungsrichtung – vom Utriculus weg (utriculofugal) oder zu ihm hin (utriculopetal) – kommt es zu einer Erregung oder Hemmung der Sinneszellen. Die Sinneszellen der Bogengänge haben ebenfalls eine Ruheaktivität. Gleiche Aktivität auf beiden Seiten bedeutet subjektiv das Fehlen einer Drehempfindung. Bei Drehung des Kopfes in der Horizontalebene wird ein lateraler Bogengang aktiviert, der andere gehemmt. Dieser Aktivitätsunterschied wird als Drehung empfunden. Bei gleichmäßiger Drehung mit konstanter Geschwindigkeit (z. B. auf einem Drehstuhl) hört die Endolymphströmung nach einer gewissen Zeit wegen der Reibung zwischen Wand der Bogengänge und der Endolymphe auf. Die Cupula kehrt in die Ruhelage zurück und die subjektive Drehempfindung verschwindet. ▶ Merke. Das System kann gleichmäßige Drehgeschwindigkeiten nicht messen, son-

dern registriert nur Drehbeschleunigungen (Veränderungen der Drehgeschwindigkeit). Postrotatorischer Nystagmus: Nach Abstoppen einer gleichmäßigen Drehung kommt es wegen der Trägheit der Flüssigkeit zur relativen Umkehrung des Endolymphstroms (relativ zur Strömung bei Beginn der Drehbewegung) und zu einem Drehgefühl in die entgegengesetzte Richtung mit sakkadischen Augenbewegungen entgegen der alten Drehrichtung.

⊙ N-2.40

Postrotatorischer Nystagmus: Zu Beginn einer Kopfdrehung werden über eine Verbindung zu den Neuronen der Augenmuskeln reflektorisch sprunghafte (sakkadische) Augenbewegungen (S. 1225) in Drehrichtung ausgeführt. Nach dem plötzlichen Abstoppen der gleichmäßigen Drehung kommt es wegen der durch die Trägheit der Flüssigkeit bedingten Umkehrung des Endolymphstroms zu einem Drehgefühl in die entgegengesetzte Richtung und zu sakkadischen Augenbewegungen entgegen der alten Drehrichtung (sog. postrotatorischer Nystagmus).

Aufbau des Sinnesepithels der Bogengänge und Maculae Statolithen

Ampulla Canalis semicircularis

Cupula

Stereozilien der Haarzellen Typ II

Statolithenmembran

Stereozilien der Haarzellen Typ I

Zilien der Sinneszellen

Haarzelle Typ II

Stützzelle

Haarzelle Typ I Sinneszelle Membrana propria

Crista ampullaris a

b

Stützzelle

afferente Nervenfaser

(Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

a Die Zilien der Sinneszellen der Crista ampullaris ragen in eine gallertige Cupula, die sich mit der Endolymphströmung in den Bogengängen bewegt und die Sinneshaare verbiegt. Je nach Richtung der Verbiegung (auf den Utriculus zu oder von ihm weg) werden die Sinneszellen erregt oder gehemmt. b Das Sinnesepithel der Maculae ist ähnlich aufgebaut, jedoch sind an der Oberfläche der Gallertschicht Statolithen eingelagert. Diese führen über die Gallertschicht bei Linearbeschleunigung zu einer Scherbewegung der Sinneshaare.

N

1235

2.3 Sensorische Systeme

▶ Klinik. Eine einseitige Durchblutungsstörung des Innenohrs kann auf der kranken Seite zu einer Veränderung der Spontanaktivität der Bogengangszellen führen. Die dadurch bedingte unterschiedliche Aktivität der Bogengangssysteme auf beiden Seiten löst bei den Patienten auch in körperlicher Ruhe ein ständiges Drehgefühl aus. Das Drehgefühl kann mit anhaltender Übelkeit bis hin zum Erbrechen und unsicherem Gang verbunden sein. Das Menière-Syndrom kann ähnliche Symptome aufweisen, hat aber eine andere Ursache, nämlich eine Schwellung des Endolymphschlauches. Meist ist die Schwellung durch eine zu geringe Resorption der Endolymphe im Saccus endolymphaticus bedingt. Auch die Cochlea (Schwellung der Scala media) ist betroffen, wodurch Hörsturz und Tinnitus auftreten können.

Stationen der Gleichgewichtsbahn

▶ Klinik.

Stationen der Gleichgewichtsbahn

Wie beim auditorischen System zählen die Sinneszellen nicht als Teil der Gleichgewichtsbahn. Erstes Neuron: Die Afferenzen der Sinneszellen des Makula- und Bogengangssystems sind die peripheren Fortsätze der Zellen im Ggl. vestibulare. Die zentralen Fortsätze der bipolaren Zellen des Ggl. vestibulare bilden die Pars vestibularis des N. vestibulocochlearis und enden an den vier vestibulären Kernen des Hirnstamms (Abb. N-2.41): Ncl. vestibularis medialis (Schwalbe) , lateralis (Deiters), superior (Bechterew) und inferior (Roller). Darüberhinaus erhalten die Kerne Afferenzen aus dem Rückenmark (besonders von den Propriozeptoren der Halsmuskeln), dem visuellen System und dem Kleinhirn. Die Kerne liegen medial von den Ncll. cochleares an der breitesten Stelle der Rautengrube. Der Ncl. vestibularis lateralis (Deiters) erhält nur wenige Afferenzen aus dem Ggl. vestibulare (meist aus der Macula sacculi), die meisten Afferenzen kommen aus dem Tractus spinocerebellaris posterior (S. 1201). Der laterale Vestibulariskern verhält sich in dieser Hinsicht eher wie ein Kleinhirnkern. Einige Afferenzen (besonders solche vom Bogengangssystem) ziehen über den unteren Kleinhirnstiel direkt zum Zerebellum, und zwar zum phylogenetisch alten Lobus flocculonodularis und der Lingula des Vermis, dem sog. Vestibulozerebellum (S. 1123). Sie bilden die sog. direkte sensorische Kleinhirnbahn (Abb. N-2.43).

Erstes Neuron: Die zentralen Fortsätze des Ggl. vestibulare enden vorwiegend an den vier vestibulären Kernen (Ncll. vestibulares medialis, lateralis, superior und inferior, Abb. N-2.41).

Zweites Neuron: Die weiteren Verbindungen der Ncll. vestibulares machen die drei Hauptfunktionen des vestibulären Systems deutlich, nämlich die ■ Aufrechterhaltung des Gleichgewichts, ■ Auslösung bewusster Lage- und Bewegungsempfindungen und ■ Steuerung der Augenbewegungen.

Zweites Neuron: Die weiteren Verbindungen des Vestibularissystems verdeutlichen seine Hauptfunktionen: Gleichgewicht, Lage- u. Bewegungsempfindungen, Augenbewegungen.

⊙ N-2.41

Der Ncl. vestibularis lateralis erhält nur wenige vestibuläre Afferenzen, die meisten kommen aus dem Tractus spinocerebellaris posterior. Einige Affererenzen ziehen direkt vom Vestibularorgan über den unteren Kleinhirnstiel zum Vestibulozerebellum (S. 1123): dies ist die direkte sensorische Kleinhirnbahn (Abb. N-2.43).

Vestibulariskerne

Nucleus n.t rochlearis Nucleus n. abducentis

Nucleus n. oculomotorii Fasciculus longitudinalis medialis Kleinhirn

Pedunculus cerebellaris inferior Nucleus vestibularis superior

vestibulozerebellare Fasern Ganglion vestibulare

Nucleus vestibularis lateralis Nucleus vestibularis inferior Nucleus vestibularis medialis Tractus vestibulospinalis medialis Fasciculus longitudinalis medialis

Tractus vestibulospinalis lateralis

Die Afferenzen in der Pars vestibularis des N. vestibulocochlearis werden in den vier Vestibulariskernen umgeschaltet. Anschließend zieht die Information von den Vestibulariskernen zu folgenden Zielgebieten: 1. Kleinhirn (vestibulozerebelläre Fasern zum Lobus nodulofloccularis), 2. Augenmuskelkerne (über den Fasciculus longitudinalis medialis) für vestibulookuläre Reflexe und 3. Tractus vestibulospinalis lateralis und medialis für die Steuerung der aufrechten Körperhaltung im Schwerefeld der Erde. (nach Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

1236

N

Motorische Mechanismen zur Aufrechterhaltung des Gleichgewichts Eine Funktion der Vestibulariskerne besteht darin, über die Tractus vestibulospinales die spinalen Motoneurone anzusteuern (Abb. N-2.41 u. Abb. N-2.42).

Motorische Mechanismen zur Aufrechterhaltung des Gleichgewichts

Die vestibulären Kerne schicken (mit Ausnahme des lat. Kerns) ihre Information auch in das Kleinhirn; diese Fasern bilden einen Teil der Moosfasern.

⊙ N-2.42

2 ZNS – funktionelle Systeme

Von den Ncll. vestibulares gehen deszendierende Bahnen aus, die die spinalen Motoneurone beeinflussen: ■ Der Ncl. vestibularis medialis steuert die Halsmuskeln an und ist für die Koordination von Kopf- und Augenbewegungen zuständig. Er benutzt mit seinen Efferenzen sowohl den Fasciculus longitudinalis medialis (das mediale Längsbündel) als auch den Tractus vestibulospinalis medialis (Abb. N-2.41), der nach kaudal bis zum Thorakalmark reicht. ■ Der Ncl. vestibularis lateralis ist der Ursprung des Tractus vestibulospinalis lateralis, der die Extensorenmuskeln des Körpers aktiviert und so reflektorisch eine im Schwerefeld der Erde aufrechte Haltung sicherstellt. Um diese Funktion zu erfüllen, benötigt der Kern die Information über die Stellung der Teile der Extremitäten zueinander, die er über den Tractus spinocerebellaris posterior (S. 1201) erhält. Er zieht nach kaudal bis zu lumbosakralen Segmenten. ■ Teile der Ncll. vestibulares medialis und inferior sind ebenfalls an der aufrechten Haltung beteiligt; sie bilden den Tractus vestibulospinalis inferior, der praktisch den Tractus vestibulospinalis medialis nach kaudal fortsetzt und lumbale Motoneurone ansteuert (Abb. N-2.42). ■ Der Ncl. vestibularis superior beeinflusst über den Fasciculus longitudinalis medialis die äußeren Augenmuskeln (s. u.). Die vestibulären Kerne – mit Ausnahme des Ncl. vestibularis lateralis – stellen auch eine wichtige Informationsquelle für das Kleinhirn dar. Neben den oben erwähnten direkten Fasern vom Innenohr bilden die Efferenzen der vestibulären Kerne einen Teil der Moosfasern, die an den Körnerzellen des Kleinhirns enden. Andere Efferenzen der Vestibulariskerne ziehen zur unteren Olive; sie geben ihre Information synaptisch an die Kletterfasern (S. 1122) weiter, die erregende Synapsen auf den Dendriten der Purkinje-Zellen besitzen.

⊙ N-2.42

Aufrechterhaltung des Gleichgewichts Hypothalamus

Kortex

Thalamus

Blickmotorik

Hirnstamm

Auge

Kleinhirn Labyrinth Propriozeption

Vestibulariskerne Rückenmark

Die Vestibulariskerne sind im Rahmen der Aufrechterhaltung des Gleichgewichts von zentraler Bedeutung: Neben den vestibulären Afferenzen (grün) erhalten sie visuelle (violett) und propriozeptive (orange) Informationen. Ihre Efferenzen (schwarz) ziehen zum Kleinhirn, Hirnstamm und Rückenmark sowie zum Kortex, Thalamus und Hypothalamus, die an der Aufrechterhaltung des Gleichgewichts beteiligt sind. Die rot dargestellten Efferenzen beeinflussen die Blickmotorik reflektorisch. (Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

Bewusste Lage- und Bewegungsempfindungen Da das Vestibularissystem nur Information über die Lage des Kopfes liefert, sind Zusatzinformationen von den Propriozeptoren der Muskulatur nötig, um ein Gesamtbild über die Lage des Körpers zu bekommen.

Bewusste Lage- und Bewegungsempfindungen Zu ihnen gehören die Empfindungen für „oben und unten“ sowie für positiv und negativ beschleunigte Bewegungen (z. B. Anfahren und Bremsen, Drehbeschleunigungen). Da im Endeffekt jeder Vestibulariskern Information über vestibuläre Afferenzen erhält, sind auch alle Kerne – wenn auch in unterschiedlichem Ausmaß – an diesen Funktionen beteiligt. Da das vestibuläre System nur Informationen über die Lage und Bewegung des Kopfes liefert, aber nicht über die Stellung des Gesamtkörpers, sind Zusatzinformationen von den Propriozeptoren der Muskulatur (S. 1123) nötig, um ein bewusstes Gesamtbild über die Lage des Körpers zu bekommen. In diesem Zusammenhang sind die Propriozeptoren der Halsmuskulatur von besonderer Bedeutung, weil sie über den Winkel zwischen Hals- und Rumpfwirbelsäule informieren (der Kopf kann auch im Liegen senkrecht stehen).

N

⊙ N-2.43

1237

2.3 Sensorische Systeme

Bahnen des vestibulären Systems

S1 (Area 3a und 2)

Thalamus (ventrale Kerngruppe)

Nucleus commissurae posterioris (Darkschewitsch) Nucleus interstitialis (Cajal)

Nucleus ruber

Nucleus n. oculomotorii Nucleus n. trochlearis

Nucleus globosus

Fasciculus uncinatus

Nucleus fastigii

Nuclei vestibulares Nucleus n. abducentis

vestibulozerebelläre Fasern (direkte sensorische Kleinhirnbahn)

Lobus flocculonodularis

N. vestibulocochlearis Ganglion vestibulare Cristae ampullares

Formatio reticularis

Utriculus

Nucleus dorsalis n. vagi Nucleus n. accessorii Sacculus Fasciculus longitudinalis medialis Tractus vestibulospinalis lateralis Tractus reticulospinalis bis Sakralmark bis Zervikalmark

Afferenzen (blau) und Efferenzen (rot) des vestibulären Systems. Der Teil des Systems, der bewusste Empfindungen über die Lage des Körpers im Schwerefeld der Erde vermittelt, verläuft wahrscheinlich über die ventrale Kerngruppe des Thalamus zum Kortex. Ob der Fasciculus longitudinalis medialis ein Teil dieser Verbindung ist, muss derzeit offen bleiben. Die Efferenzen zu den äußeren Augenmuskeln steuern die vestibulookulären Reflexe bei Erregung des Vestibularapparats. Anmerkung: Der Begriff „vestibulozerebelläre Fasern“ wird verwendet 1. für Fasern, die den N. vestibulocochlearis (Pars vestibularis) direkt mit dem Kleinhirn verbinden (Abb. N-2.43) und 2. für Fasern, die von den Ncll. vestibulares zum Kleinhirn ziehen (Abb. N-2.41). (Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

Der Weg der bewussten Lage- und Bewegungsempfindung (Gleichgewichtsbahn) verläuft von den Vestibulariskernen über noch ungeklärte Bahnen bilateral zum Thalamus. Der wichtigste Thalamuskern scheint in diesem Zusammenhang der Ncl. posterior ventrolateralis (VLp, ein Kern der ventralen Gruppe) zu sein. Von hier ziehen Verbindungen zum Gyrus postcentralis (Area 3a und 2) des Kortex, wo die Sinnesempfindungen entstehen (Abb. N-2.43). Auch Areale dorsal der Insula in der Tiefe des Sulcus lateralis sollen an diesen Empfindungen beteiligt sein. Als Verbindung zwischen den Vestibulariskernen und dem Thalamus kommt der Fasciculus longitudinalis medialis bis zum Mesencephalon infrage. Genaueres ist nicht bekannt.

Der Weg der bewussten Lageempfindung verläuft von den Vestibulariskernen über den Thalamus (hauptsächlich Ncl. posterior ventrolateralis [VLp], einen Kern der ventralen Gruppe) zum Gyrus postcentralis (Area 3a und 2, Abb. N-2.43). Die Verbindung zwischen den Vestibulariskernen und dem Thalamus ist noch ungeklärt.

1238

N

Steuerung der Augenbewegungen

Steuerung der Augenbewegungen

Bei Drehungen und linearen Bewegungen des Kopfes steuert das vestibuläre System die äußeren Augenmuskeln derart, dass sich das auf die Retina projizierte Bild des fixierten Gegenstandes möglichst nicht bewegt. Die wichtigsten Kerne für diese Funktion sind die Ncll. vestibulares superior und medialis.

Wie oben erwähnt, besteht ein Teilaspekt dieser Funktion darin, bei Kopfdrehungen die Augen über Ansteuerung der äußeren Augenmuskeln so zu bewegen, dass ein fixierter Gegenstand unverändert auf der Fovea centralis abgebildet wird. Dasselbe geschieht auch beim Laufen: Bei jeder Kopfbewegung nach oben erfolgt eine reflektorische Augenbewegung nach unten. Beide Reflexe stabilisieren das auf die Retina projizierte Bild des fixierten Gegenstandes. Zu diesen reflektorischen Funktionen gehört auch der sog. optokinetische Nystagmus: Beim Blick aus dem Fenster eines fahrenden Zuges folgen die Augen einem Gegenstand in der Landschaft, bis er aus dem Fensterausschnitt verschwindet. Dann springen die Augen in Fahrtrichtung auf einen neuen Fixierungspunkt und der Vorgang beginnt von Neuem (Tab. N-2.5). Eine weitere visuelle Funktion des Vestibularapparates ist die reflektorische Drehung der Augen um die Sehachse bei Kopfneigung zur Seite. Der Zweck dieses Reflexes ist es, ständig auf der Retina ein vertikales (wenn auch umgekehrtes) Abbild der Umwelt zu erhalten. Besonders gut ist dies bei Katzen mit ihren schlitzförmigen Pupillen zu sehen. Alle diese Funktionen im Rahmen des visuellen Systems erfordern das Ansteuern der Augenmuskelkerne (N. oculomotorius, N. trochlearis, N. abducens). Die Ansteuerung geschieht hauptsächlich über Efferenzen der superioren und medialen vestibulären Kerne, die in den Fasciculus longitudinalis medialis (S. 1110) projizieren. Dieser Faszikel wurde bereits als wichtiger Verbindungsweg zwischen den motorischen Kernen für Augenmuskeln und Halsmuskulatur angesprochen.

Die für die Funktionen im Rahmen der Okulomotorik erforderliche Ansteuerung der Augenmuskelkerne (N. III, N. IV und N. VI) erfolgt v. a. über Efferenzen der superioren und medialen vestibulären Kerne, die in den Fasciculus longitudinalis medialis (S. 1110) projizieren. 2.3.5

Olfaktorisches System

2 ZNS – funktionelle Systeme

2.3.5 Olfaktorisches System

Folgende Basisgerüche werden von den meisten Autoren unterschieden: Blumig, ätherisch, Pfefferminz, Moschus, Kampfer, faulig, stechend.

Der Mensch gehört zu den mikrosmatischen Lebewesen, d. h. im Vergleich mit vielen Tieren besitzt er nur ein gering ausgeprägtes Riechvermögen. Die meisten Autoren unterscheiden sieben Basisgerüche: Blumig, ätherisch, Pfefferminz, Moschus, Kampfer, faulig, stechend. Die erheblich größere Zahl aller erkennbaren Gerüche (ca. 10 000) kommt wahrscheinlich durch eine Kombination dieser Basisgerüche zustande.

Riechschleimhaut mit olfaktorischen Sinneszellen Lage der Riechschleimhaut: Das Riechepithel (Pars olfactoria tunicae mucosae nasi oder Regio olfactoria) liegt im Dach der Nasenhöhle, bedeckt die Lamina cribrosa des Os ethmoidale (S. 945) und erstreckt sich auf die benachbarten Abschnitte der Concha nasalis superior und des Nasenseptums (S. 1045).

Riechschleimhaut mit olfaktorischen Sinneszellen

Aufbau der Riechschleimhaut: Die primären Sinneszellen (olfaktorische Rezeptorzellen) sind bipolar und werden nach wenigen Wochen durch die Basalzellen des Riechepithels ersetzt (Abb. N-2.44).

▶ Merke.

Lage der Riechschleimhaut: Die früher als Regio olfactoria bezeichnete Pars olfactoria tunicae mucosae nasi liegt im Dach der Nasenhöhle (S. 1040). Das Epithel bedeckt die Nasenfläche der Lamina cribrosa des Os ethmoidale und erstreckt sich auf die benachbarten Abschnitte der Concha nasalis superior und des Nasenseptums (S. 1045). Von der Nasenöffnung führt eine direkte Luftstromverbindung ventral der Nasenmuscheln zu dieser Region; beim Schnüffeln wird die Atemluft vorwiegend über diesen Weg geleitet (sog. Schnüffelrinne). Aufbau der Riechschleimhaut: Die Riechschleimhaut (Abb. N-2.44) unterscheidet sich in ihrem Aufbau von der sie umgebenden Nasenschleimhaut: Ihre olfaktorischen Rezeptorzellen gehören zum bipolaren Zelltyp und erstrecken sich über die gesamte Dicke der Schleimhaut. Es handelt sich um primäre Sinneszellen, d. h. die Zellen mit ihren Axonen sind die primär afferenten Neurone der Geruchsbahn. Die Lebensdauer von olfaktorischen Sinneszellen beträgt wenige Wochen. Nach dieser Zeit werden sie durch Basalzellen ersetzt, die sich in Sinneszellen umwandeln. ▶ Merke. Die Riechschleimhaut mit ihren Rezeptorzellen ist einer der wenigen Orte

des Nervensystems, wo auch im adulten Organismus ständig neue Neurone gebildet werden. Geruchsreize werden zunächst in den von Bowman-Drüsen gebildeten Schleimfilm aufgenommen, der die gesamte Riechschleimhaut überzieht. Die Sinneshaare der Rezeptorzellen ragen in den Schleimfilm hinein.

Daneben kommen Stützzellen mit apikalen Mikrovilli vor. Geruchsreize werden zunächst an Rezeptormoleküle in den Sinneshaaren der olfaktorischen Zellen adsorbiert, die in einen Schleimfilm hineinragen, der die gesamte Riechschleimhaut überzieht. Der Schleimfilm wird von Bowman-Drüsen gebildet, deren Endstücke direkt im oder unter dem Epithel liegen. Die Sinneshaare (Ciliae) der Rezeptorzellen ragen in diesen Schleimfilm hinein.

N

⊙ N-2.44

1239

2.3 Sensorische Systeme

Riechschleimhaut in der Nasenhöhle Axone submuköse Drüse

Fila olfactoria

Bulbus olfactorius

Submukosa

Lamina cribrosa

Riechzellen Basalzelle Bowman-Drüse

Submukosa

Stützzelle

Basalzelle

Mikrovilli

Riechzelle

Stützzelle Zilien mit Rezeptorproteinen Schleimfilm

Zilien der Riechzellen

BowmanDrüse

a

Schleimfilm

b

(Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

a Innerhalb des olfaktorischen Bereichs der Nasenschleimhaut, sog. Regio olfactoria (S. 1045), werden Geruchsreize über einen die Schleimhaut überziehenden Schleim adsorbiert, der von sog. Bowman-Drüsen gebildet wird. Die Aufnahme der Geruchsreize erfolgt über die Zilien primärer Sinneszellen (Riechzellen), die durch Basalzellen ersetzt werden. b Die zentralen Axone der Riechzellen leiten Information weiter, indem sie – als Fila olfactoria gebündelt – durch die Lamina cribrosa des Siebbeins zum Bulbus olfactorius (Abb. N-2.45) ziehen.

▶ Exkurs: Entstehung des olfaktorischen Rezeptorpotenzials. Durch die Bindung der Duftstoffe an die Rezeptormoleküle wird ein G-Protein aktiviert, das die Aktivierung von cAMP auslöst. cAMP öffnet einen Na+/Ca2 + -Kanal, und als Folge davon wird ein Cl–-Kanal permeabel. Cl– strömt aus der Zelle aus. Alle Ionenströme zusammen führen zur Depolarisation. Ist sie groß genug, werden im Axon der Sinneszelle Aktionspotenziale gebildet. Die Rezeptorproteine sind nicht sehr spezifisch; es wird angenommen, dass jedes Protein auf eine ganze Klasse von Geruchsmolekülen anspricht.

▶ Exkurs: Entstehung des olfaktorischen Rezeptorpotenzials.

Stationen der Riechbahn

Stationen der Riechbahn

Fila olfactoria, Nervus, Bulbus und Tractus olfactorius

Fila olfactoria, Nervus, Bulbus und Tractus olfactorius Die marklosen Axone der Sinneszellen (erstes Neuron) bilden die Fila olfactoria, die zusammen als N. olfactorius bezeichnet werden. Sie treten durch die Lamina cribrosa in den Bulbus olfactorius ein.

Mehrere der marklosen Axone von Rezeptorzellen (erstes Neuron) werden von einer modifizierten Glia-Zelle zu Faserbündeln (Fila olfactoria) zusammengefasst, die in ihrer Gesamtheit den Nervus olfactorius (I. Hirnnerv) bilden. Die Fila olfactoria treten durch die Lamina cribrosa aus der Nasenhöhle in die Fossa cerebri anterior und in den hier liegenden Bulbus olfactorius ein. ▶ Merke. Der Bulbus olfactorius ist die erste Station der synaptischen Verarbeitung

▶ Merke.

der olfaktorischen Information. Hier befinden sich zwei projizierende Zellen (Mitral- und Büschelzellen, zweites Neuron der Riechbahn) sowie Interneurone (periglomeruläre Zellen und Körnerzellen), die zum Teil hemmende Einflüsse aus dem Großhirn auf die Mitralzellen umschalten (Abb. N-2.45). Als Teil des Paläokortex ist der Bulbus olfactorius einfacher gebaut als der Neokortex, lässt aber einige Schichten erkennen, von denen hier nur zwei genannt werden: ■ Stratum glomerulosum: Die Fila olfactoria bilden mit den Dendriten der Mitralzellen synaptische Glomerula, an denen auch die Dendriten von nichtprojizierenden Zellen beteiligt sind. ■ Stratum mitrale: Die von Mitralzellen gebildete Schicht ist die einzige mit größeren, einzeln liegenden Neuronen. Bis auf die Mitral- und Büschelzellen, deren Axone vom Bulbus in den Tractus olfactorius (s. u.) ziehen, sind alle anderen Zellen als hemmende Interneurone aufzufassen, die teilweise über Kollateralen der Büschel- und Mitralzellen erregt werden. Auf diese Weise ergeben sich innerhalb des Bulbus olfactorius Schaltkreise mit negativer Rückkopplung.

Er enthält projizierende Mitral- und Büschelzellen sowie hemmende Interneurone (Abb. N-2.45). Der Bulbus olfactorius weist als Teil des Paläokortex einen einfachen Schichtenbau auf. Er enthält synaptische Glomerula, an denen u. a. die Fila olfactoria und Mitralzellen beteiligt sind.

Durch die hemmenden Interneurone ist im Bulbus olfactorius eine starke negative Rückkopplung vorhanden. Ein elektronenmikroskopisches Merkmal des Bulbus sind reziproke (dendrodendritische) Synapsen, die in beiden Richtungen durchgängig sind.

1240 ⊙ N-2.45

N

2 ZNS – funktionelle Systeme

⊙ N-2.45

Bulbus olfactorius

zur/von Gegenseite über Commisura anterior Nucleus olfactorius anterior

Verschaltung der Neurone innerhalb des Bulbus olfactorius Tractus (Büschelzellen sind nicht darolfactorius gestellt). (Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

Körnerzelle

Bulbus olfactorius

Apikaldendrit

Mitralzelle

olfaktorischer Glomerulus

periglomeruläre Zellen

Fila olfactoria

Die Axone der Mitral- und Büschelzellen bilden den Tractus olfactorius. Im Verlauf des Tractus olfactorius liegt der Ncl. olfactorius anterior, dessen Axone über die Commissura anterior zum kontraleralen Bulbus ziehen und hier die Mitral- und Büschelzellen hemmen.

Hauptwege der weiteren olfaktorischen Informationsverarbeitung Die olfaktorische Information teilt sich danach in zwei Hauptwege (Abb. N-2.46): ■ Medialer Weg: Er verläuft über die Stria olfactoria medialis zur Septumregion und ist wahrscheinlich nicht an der bewussten Wahrnehmung von Gerüchen beteiligt. ■ Lateraler Weg: Er benutzt die Stria olfactoria lateralis und erreicht hauptsächlich die Regio prepiriformis, einen Teil des Paläokortex. Die Regio prepiriformis wird oft als die primäre Riechrinde angesehen. Nebenwege verlaufen zum Corpus amygdaloideum (limbisches System) und Hypothalamus. Bewusste Geruchsempfindungen entstehen wahrscheinlich im orbitofrontalen Kortex.

Der Bulbus olfactorius ist wegen des Vorkommens von reziproken (dendrodendritischen) Synapsen bekannt, die sich u. a. zwischen den Dendriten von Körnerzellen und Mitralzellen befinden. Sie leiten Informationen in beiden Richtungen, da zwei synaptische Flächen mit gegensätzlicher Leitungsrichtung nebeneinander in derselben Synapse liegen. Die Axone der Mitral- und Büschelzellen verteilen ihre Information über den Tractus olfactorius in große Gebiete des Paläo- und Neokortex, von denen im Folgenden nur einige Stationen genannt werden. Noch im Tractus olfactorius liegt der Nucleus olfactorius anterior (Regio retrobulbaris) als mögliche Umschaltstation. Seine Axone verlaufen über die Commissura anterior zum kontralateralen Bulbus olfactorius und bilden hier einen Teil der hemmenden Efferenzen für die Mitral- und Büschelzellen.

Hauptwege der weiteren olfaktorischen Informationsverarbeitung Die olfaktorische Information teilt sich anschließend in zwei Hauptwege, den medialen und lateralen Weg (Abb. N-2.46): ■ Medialer Weg: Er verläuft über das Tuberculum olfactorium am Ende des Tractus olfactorius und über die Stria olfactoria medialis zur Septumregion und ist wahrscheinlich nicht an der bewussten Wahrnehmung von Gerüchen beteiligt. Die Septumregion befindet sich an der kaudalen Medialseite der Hemisphären direkt rostral vom III. Hirnventrikel. Von hier aus gibt es eine Verbindung über die Habenula des Epithalamus zur Formatio reticularis (S. 1109). Die Verbindung ist wahrscheinlich für die Weckreaktionen verantwortlich, die starke Gerüche auslösen. Diese Wirkung wurde früher oft in Form von Geruchsfläschchen als Mittel gegen Ohnmacht bei Frauen ausgenutzt. Eine weitere Verbindung vom Septum erreicht den Hippocampus (S. 1246), einen Teil des limbischen Systems, der u. a. mit der Anlage von Gedächtnisspuren befasst ist. Über diesen Weg könnte erklärt werden, dass besonders abstoßende Gerüche lange im Gedächtnis bleiben. ■ Lateraler Weg: Er benutzt die Stria olfactoria lateralis und erreicht hauptsächlich die Area prepiriformis, einen Teil des Paläokortex mit einem 3-schichtigen Bau. Die Regio prepiriformis wird von einigen Autoren als die primäre Riechrinde angesehen. Sie projiziert auf die entorhinale Rinde, die wiederum den Haupteingang für den Hippocampus darstellt. Ein Nebenweg der olfaktorischen Afferenzen der Stria olfactoria lateralis führt zum Corpus amygdaloideum. Amygdala und Hippocampus haben enge Beziehungen zum Hypothalamus und limbischen System. Diese Verbindungen sind besonders für Tiere wichtig, deren Hormonhaushalt und Sexualverhalten stark von Gerüchen abhängt. Die bewusste Wahrnehmung von Gerüchen erfolgt wahrscheinlich im orbitofrontalen Kortex, dem kaudalsten Teil des Frontallappens. Er wird manchmal auch als sekundär olfaktorischer Kortex bezeichnet. Zum sekundär olfaktorischen Kortex wird auch der sog. periamygdaloide Kortex mit Teilen des Gyrus ambiens und Gyrus semilunaris gerechnet. Die Geruchsinformation erreicht ihn über viele Zwischensta-

N

⊙ N-2.46

Zentrale Verarbeitung der Geruchsinformation Stria medullaris thalami Nucleus interpeduncularis

Striae longitudinales

Bulbus olfactorius Tractus olfactorius

Nuclei habenulares

Stria olfactoria medialis

Nucleus tegmentalis

Bulbus olfactorius Fila olfactoria „Schnüffelrinne“

a

1241

2.3 Sensorische Systeme

Uncus, darunter Corpus amygdaloideum Formatio reticularis Fasciculus longitudinalis dorsalis

Stria olfactoria lateralis

Riechschleimhaut

Tractus olfactorius

Area prepiriformis

Area prepiriformis

Stria olfactoria medialis

Trigonum olfactorium

Stria olfactoria lateralis Gyrus ambiens b

Corpus amygdaloideum (in der Tiefe) Stria diagonalis Gyrus semilunaris

Substantia perforata anterior

(Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

a Strukturen des medialen und lateralen Weges innerhalb der Riechbahn im Mediansagittalschnitt b und in der Ansicht von basal. Die Stria olfactoria lateralis gehört zum lateralen Weg, die Stria olfactoria medialis zum medialen.

tionen (z. B. Thalamus, Hypothalamus und Hirnstamm). Auch der insuläre Kortex scheint an der Wahrnehmung von Gerüchen beteiligt zu sein. Insgesamt sind die Angaben über den Weg der olfaktorischen Information nicht einheitlich.

2.3.6 Gustatorisches System

2.3.6

Geschmacksrezeptoren

Geschmacksrezeptoren

Die Rezeptorzellen befinden sich in den Geschmacksknospen der Zungenpapillen, vgl. auch Geschmacksorgan (S. 1012): ■ Papillae vallatae direkt ventral des Sulcus terminalis am Übergang zwischen Zungenkörper und Zungenwurzel, ■ Papillae foliatae am seitlichen Zungenrand und ■ Papillae fungiformes auf dem vorderen Zungenrücken. Die Geschmacksknospen bilden ein zwiebelförmiges Gebilde, das neben den Rezeptorzellen Stütz- und Basalzellen enthält. Apikal besitzen alle Zellen Mikrovilli, die in den Geschmacksporus hineinragen (Abb. N-2.47). Aufgrund der unterschiedlichen optischen Dichte im Elektronenmikroskop werden helle von dunklen Sinneszellen unterschieden. Die Marginalzellen liegen als Stützzellen am Übergang zum Zungenepithel. Die Rezeptorzellen sind sekundäre Sinneszellen: Sie besitzen an der Zellbasis Synapsen mit den primär afferenten Neuronen. Wie die Sinneszellen des olfaktorischen Systems werden auch die Geschmacksrezeptorzellen nach kurzer Zeit (7– 14 Tagen) ersetzt. Die verschiedenen Geschmacksqualitäten (süß, sauer, bitter, salzig und umami, d. h. japanisch für schmackhaft) sind nicht an die verschiedenen Papillen gebunden. Auf der anderen Seite ist die Zunge nicht überall in gleichem Maße für die Geschmacksqualitäten empfindlich: Süß wird besonders an der Zungenspitze empfunden, bitter in der Gegend der Papillae vallatae, allerdings sind die Grenzen nicht so scharf wie früher angenommen. Offensichtlich ist die Bevorzugung des süßen Geschmacks angeboren und wird nicht erst durch Umwelteinflüsse erzeugt.

Sinneszellen mit Geschmacksrezeptoren befinden sich vorwiegend in den Geschmacksknospen der Zungenpapillen: Papillae vallatae, foliatae und fungiformes, vgl. auch Geschmacksorgan (S. 1012).

⊙ N-2.47

Die sekundären Sinneszellen der Geschmacksknospen besitzen apikal Mikrovilli als Sinneshaare (Abb. N-2.47).

Die Empfindlichkeit für die Geschmacksqualitäten süß, sauer, bitter, salzig (und neuerdings umami; japanisch für schmackhaft) ist nicht gleichmäßig über die Zunge verteilt, lässt sich aber nicht direkt einem Papillentyp zuordnen.

⊙ N-2.47

Geschmacksknospe Geschmacksporus

unverhorntes Plattenepithel helle Geschmackszelle dunkle Geschmackszelle

Gustatorisches System

Nerv Basalzelle

Darstellung des Aufbaus einer Geschmacksknospe innerhalb des Zungenepithels. Die apikalen Sinneshaare, die in den Geschmacksporus hineinragen, sind nicht dargestellt. (Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

1242

N

Entstehung des Rezeptorpotenzials

Entstehung des Rezeptorpotenzials

Jede Geschmacksqualität besitzt einen eigenen Mechanismus für die Erzeugung des Rezeptorpotenzials.

Jede Geschmacksqualität besitzt einen eigenen Mechanismus für die Erzeugung des Rezeptorpotenzials, das immer depolarisierend ist. Während es für Bitter- und Süßempfindungen spezielle Rezeptormoleküle auf den Sinneshaaren (Mikrovilli) gibt, existieren solche für sauren und salzigen Geschmack nicht. Für den Geschmack umami ist die Bindung von Glutamat an den metabotropen Glutamatrezeptor mGluR4 wichtig. Offensichtlich können in jeder Rezeptorzelle mehrere Geschmacksstoffe ein Rezeptorpotenzial auslösen. Zumindest haben Registrierungen der Impulsaktivität von einzelnen Rezeptorzellen gezeigt, dass jede Zelle durch die fünf Basisgeschmacksreize erregt wird, wenn auch in unterschiedlichem Ausmaß. Jeder Geschmacksreiz erzeugt daher in den Zellen unterschiedliche Erregungsmuster, die offensichtlich in den nachgeschalteten Stationen der Geschmacksbahn zur Erkennung der Reize verwendet werden. Die früher aufgrund morphologischer Kriterien unterschiedenen Typen von Sinneszellen scheinen nur verschiedene Entwicklungsstadien derselben Zelle zu sein. An der Basis der Sinneszellen der Geschmacksknospen erfolgt die synaptische Umschaltung auf das erste Neuron der Geschmacksbahn.

Jede Sinneszelle ist offenbar für alle Qualitäten empfindlich, jedoch in unterschiedlichem Ausmaß. Ein Geschmacksreiz erzeugt daher in den Zellen unterschiedliche Erregungsmuster. Die Umschaltung auf das erste Neuron erfolgt an der Basis der gustatorischen Sinneszellen.

2 ZNS – funktionelle Systeme

Stationen der Geschmacksbahn

Stationen der Geschmacksbahn

Erstes Neuron: Geschmacksafferenzen (Abb. N-2.48) benutzen folgende Hirnnerven, s. a. afferente Fasern (S. 1014): ■ N. VII (Fasern vom Zungenrücken mit Somata im Ggl. geniculi, Abb. M-2.18), ■ N. IX (Fasern von der Zungenwurzel, Somata im Ggl. inferius bzw. petrosum, Abb. M-2.23) und ■ N. X (Fasern vom Larynx, Somata im Ggl. inferius bzw. nodosum, Abb. M-2.29).

Erstes Neuron: Aus der oben genannten Lokalisation der Geschmacksknospen ergeben sich bereits die Hirnnerven, in denen Geschmacksafferenzen verlaufen (Abb. N-2.48), s. a. afferente Fasern (S. 1014): ■ N. facialis (VII): Fasern vom seitlichen Zungenrücken, die über N. lingualis und Chorda tympani ziehen und ihre Somata im Ggl. geniculi (Abb. M-2.18) haben. Das Ganglion geniculi entspricht einem Spinalganglion, daher gibt es hier keine Synapsen. ■ N. glossopharyngeus (IX) : Fasern von der Zungenwurzel, Somata im Ggl. inferius bzw. petrosum (Abb. M-2.23) und ■ N. vagus (X): Fasern vom Larynx, Somata im Ggl. inferius bzw. nodosum (Abb. M-2.29).

⊙ N-2.48

Geschmacksbahn Nucleus ventralis posteromedialis thalami

Gyrus postcentralis Insel

Nucleus tegmentalis dorsalis Tractus trigeminothalamicus posterior Nucleus ovalis N. facialis

Nucleus parabrachialis medialis

Ganglion geniculi Epiglottis

Ganglion inferius (petrosum)

Pars gustatoria

N. vagus

Nucleus tractus solitarii Ganglion inferius (nodosum)

N. lingualis N. glossopharyngeus

Chorda tympani

Nucleus dorsalis n. vagi Nucleus spinalis n. trigemini

Geschmacksafferenzen, die in den Hirnnerven VII, IX und X verlaufen, und ihre zentrale Verschaltung. Neben diesen speziell viszeroafferenten Fasern können auch allgemein viszeroafferente Trigeminusfasern gereizt werden, die zum Ncl. spinalis n. trigemini ziehen und zum Geschmackseindruck beitragen. Die letzteren Fasern kommen von den Nozizeptoren der Zungenschleimhaut und werden durch scharf gewürzte Speisen erregt. (Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

N

1243

2.4 Limbisches System

▶ Merke. In allen genannten Ganglien erfolgt keine synaptische Umschaltung; sie

▶ Merke.

enthalten die Somata der gustatorischen Afferenzen. Zweites Neuron: Die nächste Station ist der Nucleus tractus solitarii im Hirnstamm, dessen kranialer Teil auch „Geschmackskern“ genannt wird (der kaudale Kern verarbeitet allgemein viszerosensorische Information). Hier beginnt das zweite Neuron der Geschmacksbahn. Von den Axonen der Neurone im Ncl. tractus solitarii ziehen Kollateralen zu den Nuclei salivatorii inferior und superior für die reflektorische Speichelsekretion. Die Hauptverbindung nach rostral besteht wahrscheinlich im Tractus trigeminothalamicus posterior zum Thalamus (VPM). Schon vor Erreichen des VPM gehen Kollateralen zum Corpus amygdaloideum ab, die evtl. die „hedonistische Komponente“ einer Geschmacksempfindung vermitteln. Zwischenstationen im Ncl. parabrachialis medialis oder Ncl. ovalis, der praktisch den Ncl. tractus solitarii nach kranial fortsetzt, sind möglich (Abb. N-2.48), ebenso ipsilateral und kontralateral aufsteigende Projektionen.

Zweites Neuron: Die Geschmacksbahn verläuft über den Ncl. tractus solitarii, wo die Umschaltung auf das zweite Neuron erfolgt. Kollateralen ziehen zu den Ncll. salivatorii sup. und inf. für die reflektorische Speichelsekretion.

Drittes Neuron: Die letzte Umschaltung vor Erreichen des Kortex erfolgt im Thalamus (VPM). Bewusste Geschmacksempfindungen entstehen im Gyrus postcentralis, und zwar im Bereich der Zungenrepräsentation. Auch die Insularinde scheint an diesen Empfindungen beteiligt zu sein.

Drittes Neuron: Dies liegt im Thalamus (VPM). Von hier geht der Weg weiter zum Gyrus postcentralis und zur Insularinde, wo bewusste Geschmacksempfindungen entstehen.

2.4

Limbisches System

▶ Definition. Das limbische System ist ein funktionelles System des ZNS, das sich aus einer Vielzahl von Kortexarealen, Kerngebieten und Fasersystemen zusammensetzt, die z. T. phylogenetisch ältere Anteile, d. h. von Archi- und Paläokortex (S. 1135), enthalten. Die Teile des Systems sind ring- oder saumförmig um das Diencephalon angeordnet. Daher rührt auch der Name (lat. Limbus = Saum).

2.4

Limbisches System

▶ Definition.

2.4.1 Funktion des limbischen Systems

2.4.1

Entsprechend seinen zahlreichen Anteilen ist das limbische System an vielfältigen und komplexen Aufgaben beteiligt (Tab. N-2.6) und erhält Informationen aus praktisch allen Sinnessystemen. Das limbische System verarbeitet diese Information nicht weiter, sondern erstellt ein „affektives Gesamtbild“ der Umwelt nach Kriterien wie z. B. „angenehm – unangenehm“ oder „gefährlich – ungefährlich“.

Die Funktionen sind vielfältig (Tab. N-2.6) und werden durch Informationen aus praktisch allen Sinnesbahnen beeinflusst.

≡ N-2.6

allgemein

Funktionen des limbischen Systems

≡ N-2.6

Steuerung des Hypothalamus → darüber Beeinflussung vom ■ autonomen Nervensystem ■

speziell

Funktion des limbischen Systems

Hormonhaushalt (Liberine, Statine)

Nahrungsaufnahme spezies-spezifisches Sozialverhalten (Sexualität, Aufzucht von Kindern, Emotionen) Engrammbildung (Gedächtnis*)

* Beachte, dass Speicherung der Gedächtnisspur (S. 1258) diffus im assoziativen Kortex stattfindet.

▶ Merke. Allgemein ist das limbische System dem Hypothalamus übergeordnet und

▶ Merke.

greift in dessen Funktion ein (Kontrolle des autonomen Nervensystems und des Hormonhaushalts). Neben dieser Steuerung des vegetativen Systems und des Hormonhaushalts über den Hypothalamus werden über das limbische System auch komplexe Verhaltensweisen wie Nahrungsaufnahme, Sozialverhalten, Sexualverhalten, Lernprozesse und Gedächtnis beeinflusst. Für den Menschen besonders wichtig ist die Funktion im Rahmen des Sozialverhaltens: Hier stehen Verhaltensweisen im Vordergrund, bei denen Affekte eine große Rolle spielen. Unter Affekten werden hier Stimmungen (Freude, Trauer, Wut, Angst etc.) verstanden. Die Rolle des Corpus amygdaloideum für Angstreaktionen ist gut etabliert.

Daneben spielt das System für komplexe Verhaltensweisen eine Rolle: Neben Aufgaben bei Lernprozessen hat das limbische System die Funktion, das Sozialverhalten zu steuern. Hierzu gehört auch die Entstehung und Kontrolle von Affekten (z. B. Freude, Angst).

1244

N

▶ Klinik.

2 ZNS – funktionelle Systeme

▶ Klinik. Verletzungen des Corpus amygdaloideum können zu Aggressivität und sexueller Überaktivität führen, oft kombiniert mit sozial unverträglichem Verhalten. Das Verhalten von Patienten mit Amygdala-Läsion ist oft dadurch gekennzeichnet, dass sie die Mimik und Affekte ihrer Mitmenschen nicht richtig einschätzen und/ oder ignorieren. Dies gilt auch für einen ängstlichen Gesichtsausdruck von Gesprächspartnern oder Angehörigen.

Anders als Tiere, die ihre Affekte meist deutlich der Umwelt zeigen, kann der Mensch diesen Vorgang kontrollieren. Wenn ein Affekt den Mitmenschen als Signal gezeigt wird, kann er als Emotion bezeichnet werden (von lat. emovere = herausbewegen). Die Kontrolle darüber, ob ein Affekt zur Emotion wird, findet wahrscheinlich im präfrontalen Kortex statt. Auch Sinnesempfindungen haben eine affektive Komponente (z. B. grelle Farben, schrille Töne, unangenehme Temperatur). Wahrscheinlich gibt es in diesem Sinne keine völlig neutrale Sinnesempfindung. 2.4.2

2.4.2 Strukturen des limbischen Systems

Strukturen des limbischen Systems

Je nach Autor werden unterschiedliche Strukturen zum limbischen System gerechnet. Die wichtigsten Kortexgebiete, Kerne und Bahnen sind in Tab. N-2.7 zusammengestellt und in der Medialansicht (Abb. N-2.49) zu erkennen, die die saumartige Anordnung des Systems um das Diencephalon und die Basalkerne herum demonstriert. Kortexgebiete mit limbischer Funktion werden als eigenständiger Lappen, d. h. als Lobus limbicus (S. 1133) zusammengefasst. Inwieweit der Fasciculus medialis telencephali = mediales Vorderhirnbündel und der Fasciculus longitudinalis dorsalis = hinteres Längsbündel (S. 1132) dem limbischen System oder dem Hypothalamus zugerechnet werden müssen, ist offen.

Die wichtigsten Kortexgebiete, Kerne und Bahnen sind in Tab. N-2.7 und Abb. N-2.49 dargestellt. Die Kortexgebiete mit limbischer Funktion, die um das Diencephalon und die Basalkerne herum angeordnet sind, werden als Lobus limbicus (S. 1133) zusammengefasst.

⊙ N-2.49

Strukturen des limbischen Systems

Gyrus cinguli 24

Area subcallosa

3

Commissura fornicis Indusium griseum Fornix

23

Commissura anterior 29

Gyrus paraterminalis 27

Area paraolfactoria Corpus amygdaloideum Hippocampus

28

Regio entorhinalis

Corpus Area septalis mammillare

Gyrus parahippocampalis

Papez-Kreis ▶ Definition.

Die vielfältigen Faserverbindungen zwischen allen Teilen des limbischen Systems legen rückgekoppelte Verschaltungen nahe. Ob diese funktionell tatsächlich Rückkoppelungen darstellen, ist unklar.

Lage der zum limbischen System gehörenden Strukturen am teilweise durchscheinend dargestellten Großhirn. Ansicht einer rechten Hemisphäre von medial. Man kann einen äußeren Bogen (Gyrus parahippocampalis, Gyrus cinguli, Area subcallosa/parolfactoria) von einem inneren (Hippokampusformation, Fornix, Area septalis, Gyrus paraterminalis und Indusium griseum) unterscheiden. Ebenfalls sichtbar sind die zum limbischen System zählenden Corpora amygdaloideum und mammillare. Die Nuclei anteriores thalami und habenulares dagegen sind nicht dargestellt. Die Zahlen in der Abbildung kennzeichnen die jeweiligen Brodmann-Areale. (Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

Papez-Kreis ▶ Definition. Die Verbindung von der Hippokampusformation über die Fimbria hippocampi, den Fornix, das Corpus mammillare, den Tractus mammillothalamicus, den Nuclei anteriores des Thalamus, das Cingulum in den Gyrus parahippocampalis (Regio entorhinalis) und über Präsubiculum/Subiculum zurück zum Hippocampus wurde historisch mit dem Namen „Papez-Kreis“ belegt (Abb. N-2.50).

Man nahm an, dass in ihm Erregungen kreisen würden, die z. B. das verzögerte Abklingen von Affekten wie Ärger und Wut erklären könnten. Diese Sicht muss heute als überholt gelten. Die Verbindungen und Stationen des Papez-Kreises sind sicher vorhanden, allerdings sind sie wohl hauptsächlich an der Verarbeitung von Gedächtnisinhalten beteiligt.

N

≡ N-2.7

2.4 Limbisches System

1245

Strukturen des limbischen Systems (Auswahl)

Struktur

Lokalisation bzw. Verlauf

Kortexgebiete des limbischen Systems Gyrus cinguli



auf Medialseite des Großhirns oberhalb des Balkens

Indusium griseum



dünner Belag von grauer Substanz auf dem Corpus callosum

Hippokampusformation (Gyrus dentatus, Cornu ammonis plus Subiculum)



medialer Teil des Lobus temporalis (bildet mediale Wand des Unterhorns der Seitenventrikel)

Gyrus parahippocampalis (inkl. Uncus)



basal und lateral vom Hippocampus gelegene Windung



inkl. Regio entorhinalis (Teil des Gyrus parahippocampalis), an Hippocampus angrenzend



besteht aus vielen Einzelkernen im dorsomedialen Pol des Temporallappens vor dem Unterhorn der Seitenventrikel (Telenzephalon)

Kerne des limbischen Systems Corpus amygdaloideum Ncll. habenulares



Epithalamus (Dienzephalon)

Ncll. anteriores thalami



Thalamus (Dienzephalon)

Septumkerne (Ncll. septales)



bilden die Area septalis rostral der Commissura anterior und am Übergang zwischen Septum pellucidum und Commissura anterior

Corpus mammillare



Hypothalamus (Dienzephalon)

Ncl. accumbens



bildet im rostrocaudalen Striatum die Verbindung zwischen Putamen und Ncl. caudatus. Hat Verbindungen zum Tegmentum des Mesenzephalons, daher Teil des mesolimbischen Systems, sog. „Belohnungszentrum“.

Trakte und Faserbündel des limbischen Systems Cingulum



wichtiger Informationsweg vom rostralen Gyrus cinguli im Frontallappen zum Gyrus parahippocampalis und weiter zum Hippocampus im Temporallappen.



verläuft als Faserbündel unter der grauen Substanz des Gyrus cinguli



verläuft im Bogen zwischen dem im Dach des III. Ventrikels gelegenen Plexus choroideus und dem Corpus callosum



enthält die meisten Efferenzen vom Hippocampus und endet in den Corpora mammillaria sowie Septumkernen (Fornixverbindungen zu den Septumkernen verlaufen teilweise rostral der Commissura anterior und werden daher als präkommissurale Fasern bezeichnet; entsprechend gibt es in Bezug auf die Commissura anterior auch postkommisurale Fasern.*)



ist auch Verbindung für Hippokampusafferenzen von den Septumkernen

Striae longitudinales medialis und lateralis



liegen im Indusium griseum (s. o.) auf dem Corpus callosum



bestehen aus Bündeln markhaltiger Fasern als Verbindung zwischen verschiedenen Teilen des Indusium griseum

Tractus mammillothalamicus



verbindet die Corpora mammillaria mit den Ncll. anteriores thalami

Tractus mammillotegmentalis



verbindet Corpora mammillaria mit der Haube des Mesenzephalons (bes. dem Ncl. tegmentalis posterior)

Fornix

* Auch in Bezug auf den Hippocampus wird manchmal die Angabe „prä- und postkommissural” gebraucht, allerdings ist dann das Corpus callosum (S. 1145) als größte Kommissur gemeint.

⊙ N-2.50

Papez-Kreis Corpus callosum

Gyrus cinguli

Tractus thalamocingularis

Verbindungen zwischen Kerngebieten und Bahnen des limbischen Systems, die in ihrer Gesamtheit von Papez als Neuronenkreis postuliert wurden. Ansicht eines Mediansagittalschnitts (rechte Hirnhälfte) von medial. Der Tr. thalamocingularis ist kein massiver Trakt und wird auch als Radiatio thalamocingularis bezeichnet. (Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

zingulohippokampale Fasern (Cingulum) Nuclei anteriores thalami Tractus mammillothalamicus Corpus mammillare

Hippocampus

Fornix

1246

N

Hippocampus

Hippocampus

▶ Definition.

2 ZNS – funktionelle Systeme

▶ Definition. Der als Teil des Lobus temporalis paarig vorliegende Hippocampus bildet den medial basalen Abschluss der Großhirnhemisphären. Er stellt den Hauptteil des Archikortex (S. 1135) dar. Der Name Hippocampus ist von einer Sagengestalt des Altertums abgeleitet, deren vordere Hälfte das Aussehen eines Pferdes hatte, während die hintere einer eingerollten Schlange mit Fischflosse glich. Zum sog. Hippocampus gehören funktionell mehrere Strukturen, weshalb es korrekter wäre, von der Hippokampusformation zu sprechen. In einigen Quellen wird unter Hippokampusformation der eigentliche Hippocampus plus Regio entorhinalis als Haupteingang zum Hippocampus verstanden. Eine andere Definition findet sich in der Abb. N-2.52b: Eigentlicher Hippocampus (Cornu ammonis) plus Gyrus dentatus plus Subiculum. Hier wird entsprechend der Terminologia anatomica stets der Begriff „Hippocampus“ verwendet.

Funktion des Hippocampus

Funktion des Hippocampus

Die besondere Verschaltung im Hippocampus (s. u.) mit dadurch ermöglichter Langzeitpotenzierung (S. 1261) wird als Voraussetzung für Lernprozesse angesehen (Anlegen einer Gedächtnisspur).

Durch eine im Hippocampus vorliegende Verschaltung mit positiver Rückkopplung (s. u.) ist die Grundlage für das im Hippocampus besonders ausgeprägte Phänomen der Langzeitpotenzierung (S. 1261) geschaffen. Diese wird als Voraussetzung für Lernprozesse angesehen, für die der Hippocampus eine wichtige Rolle spielt: Man nimmt an, dass im Hippocampus zwar die Gedächtnisspur (das Engramm) entsteht, die Speicherung der gelernten Inhalte jedoch in anderen kortikalen Arealen erfolgt (S. 1259). Die Tatsache, dass solche Sachverhalte oder Situationen besonders gut behalten werden, die stark affektiv gefärbt sind (z. B. Beleidigungen) ist durch die engen Verbindungen des Hippocampus mit anderen Teilen des limbischen Systems zu erklären.

▶ Klinik.

▶ Klinik. Verletzungen oder Narben im Hippocampus können zu einer besonderen

Form der Epilepsie führen, den sog. psychomotorischen Anfällen (Temporallappenepilepsie). Sie sind gekennzeichnet durch vegetative Automatismen (Schmatzen, Kauen, Schlucken, Speichelfluss). Oft sind (retrograde) Amnesien die Folge. Abschnitte und Lage des Hippocampus

Abschnitte und Lage des Hippocampus

Der Hippocampus retrocommissuralis liegt an der Medialseite des kaudalen Lobus temporalis, er bildet die mediale Wand des Unterhorns des Seitenventrikels. Als wichtigster Teil wird er im Folgenden als Hippocampus angesprochen.

Der Hippocampus wird – je nach seiner Lage zum Corpus callosum – in verschiedene Abschnitte eingeteilt: ■ Der Hippocampus retrocommissuralis wird als wichtigster Abschnitt im Folgenden als Hippocampus besprochen. Er liegt versteckt an der Medialseite des kaudalen Lobus temporalis und bildet die mediale Wand des Unterhorns der Seitenventrikel. Der Begriff „retrocommissuralis“ bezieht sich auf das Corpus callosum als größte Kommissur („hinter der Kommissur gelegen“). ■ Der Hippocampus supracommissuralis liegt auf dem Corpus callosum (hierzu wird das Indusium griseum gerechnet). ■ Der Hippocampus precommissuralis befindet sich unter dem rostralsten Abschnitt des Corpus callosum. Er setzt die Richtung des Indusium griseum und des Gyrus cinguli nach rostral-kaudal fort. Bei Sicht von lateral-oben in das eröffnete Unterhorn sieht man den Wulst der Hippokampusformation als Pes hippocampi (Fuß) mit den Digitationes hippocampi (fingerähnlichen Vorwölbungen, Abb. N-2.52). Auf einem frontalen Schnitt durch den Pes hippocampi erkennt man in Querrichtung: ■ Gyrus parahippocampalis: Der einzige zum Hippocampus gehörende Abschnitt des Gyrus parahippocampalis ist das Subiculum. Es liegt direkt unter dem Gyrus dentatus (s. u.) und setzt sich in den entorhinalen Kortex fort (Abb. N-2.53a). ■ Gyrus dentatus (Fascia dentata): Er besitzt eine angedeutete Zähnelung (daher der Name) und ist am stärksten aufgerollt. Gyrus parahippocampalis und Gyrus dentatus sind durch einen Einschnitt getrennt (Sulcus hippocampalis oder Fissura hippocampi). ■ Cornu ammonis (CA, Hippocampus proprius, Ammons- oder Widderhorn): Es liegt dem Gyrus dentatus gegenüber auf der lateralen Seite des Pes hippocampi. ■ Fimbria hippocampi: Sie geht in okzipitaler Richtung in den Fornix über und ist der wichtigste Ausgang aus dem Hippocampus.

Bei Sicht von lateral-oben in das eröffnete Unterhorn sieht man den Wulst der Hippocampusformation als Pes (Fuß) mit den Digitationes hippocampi (finger- oder pfotenähnlichen Vorwölbungen). Auf einem Frontalschnitt durch den Pes hippocampi sind als Teile des Hippocampus Subiculum, Gyrus dentatus und Cornu ammonis zu erkennen (Abb. N-2.53).

N

⊙ N-2.51

1247

2.4 Limbisches System

Lage des Hippocampus Indusium griseum (Teil des Hippocampus supracommissuralis)

Fornix

Corpus callosum

Corpus callosum

Corpus fornicis Ventriculus lateralis, Cornu occipitale

Crus fornicis Columna fornicis Hippocampus (precommissuralis)

Corpus mammillare Hippocampus

Corpus mammillare

Ventriculus lateralis, Cornu temporale Gyrus dentatus Pes hippocampi Digitationes hippocampi

Hippocampus (retrocommissuralis)

a

Taenia fornicis

b

a Anordnung des Hippocampus und weiterer Teile des limbischen Systems (Indusium griseum, Fornix, Corpus mammillare) am durchscheinend dargestellten Großhirn. (Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.) b Dreidimensionale Darstellung des linken Hippocampus und Fornix bei Blick von lateral-rostral-parietal nach Entfernung von Teilen des Lobus temporalis und Eröffnung des Seitenventrikels. (Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

⊙ N-2.52

Abschnitte des Hippocampus Hippocampus Gyrus dentatus Subiculum

Gyrus parahippocampalis

Regio entorhinalis

Sulcus hippocampalis

Fimbria hippocampi Subiculum

Gyrus dentatus

Gyrus dentatus Hippocampus

Fimbria hippocampi

a Horizontalschnitt durch den linken Temporallappen mit freigelegtem Unterhorn des Seitenventrikels, in dessen medialer Wand sich der Hippocampus befindet. Ansicht von parietaldorsal. b Frontalschnitte durch den linken Hippocampus, auf denen ersichtlich wird, woher die Bezeichnung „Ammonshorn = Cornu ammonis“ stammt. Die aufgerollte Struktur wird mit einem Ammons- oder Widderhorn verglichen. Den Übergang zur Regio entorhinalis im Gyrus parahippocampalis bildet das Subiculum.

Fimbria hippocampi

Hippocampus

Gyrus dentatus Subiculum

Cornu temporale ventriculi lateralis a

Gyrus parahippocampalis

(Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

Hippocampus b

Regio entorhinalis

Aufbau und Verbindungen des Hippocampus

Aufbau und Verbindungen des Hippocampus

Von der äußersten Spitze des Cornu ammonis (der Endplatte oder CA 4), die von den multipolaren Körnerzellen des Gyrus dentatus umfasst wird, sind in Richtung auf das Subiculum die Bereiche CA 3, 2 und 1 abgeteilt (Abb. N-2.53a). Sie enthalten vorwiegend Pyramidenzellen. Feinbau des Hippocampus: Der Hippocampus als phylogenetisch alter Hirnteil, sog. Archikortex (S. 1135), hat einen einfachen 3–4 Schichtenbau (Abb. N-2.53b). Vom Gyrus dentatus ausgehend sind die Hauptschichten im Cornu ammonis: ■ Stratum moleculare: Es enthält afferente Axone aus der Regio entorhinalis und die apikalen Dendriten der Pyramidenzellen des Stratum pyramidale sowie wenige kleine Zellen. Vor der Einfaltung des Hippocampus während der Entwicklung lag die Schicht an der medialen (äußeren) Oberfläche des Temporallappens. ■ Stratum radiatum: Hier enden die Schaffer-Kollateralen (s. u.) an den Dendriten der Pyramidenzellen. ■ Stratum pyramidale: Es enthält die Somata der Pyramidenzellen. ■ Stratum oriens: Es enthält die basalen Dendriten der Pyramidenzellen und wenige polymorphe Zellen.

Feinbau des Hippocampus: Die Hauptschichten des Cornu ammonis sind (Abb. N-2.53b): ■ Stratum moleculare, ■ Stratum radiatum, ■ Stratum pyramidale und ■ Stratum oriens.

1248

N

▶ Merke.

2 ZNS – funktionelle Systeme

▶ Merke. Das Cornu ammonis ist stark eingerollt; das Stratum oriens als innerste

Schicht grenzt lateral an das Unterhorn des Seitenventrikels. Die Axone der Pyramidenzellen verlaufen im Alveus hippocampi und verlassen den Hippocampus über die Fimbria hippocampi. Der Alveus entspricht dem Marklager des Großhirns und wird nicht als Schicht gerechnet. Der Gyrus dentatus enthält nur drei Schichten (Abb. N-2.53b): ■ Stratum moleculare mit den entorhinalen Afferenzen, ■ Stratum granulare mit den Somata der multipolaren Körnerzellen, ■ Stratum multiforme mit polymorphen kleinen Zellen und den Axonen der Körnerzellen als Verbindung zu den Zellen von CA 4/3.

Der Gyrus dentatus besitzt nur 3 Schichten (Abb. N-2.53b): ■ Stratum moleculare, ■ Stratum granulare mit den Somata der Körnerzellen und ■ Stratum multiforme. Afferenzen: Den Hauptantrieb erhält der Hippocampus über den Tractus perforans aus der Regio entorhinalis (Abb. N-2.53b).

Afferenzen: Die wichtigste Afferenz erreicht den Hippocampus über den Tractus perforans, der aus den Axonen der Stern- und Pyramidenzellen der Regio entorhinalis (entorhinaler Kortex) besteht. Die Axone verteilen sich im Stratum moleculare, in das die Dendriten der Pyramidenzellen (innerhalb des CA) und der Körnerzellen der Fascia dentata (im Gyrus dentatus) hineinragen (Abb. N-2.53b).

Efferenzen: Die Efferenzen bestehen aus den Axonen der Pyramidenzellen, die den Hippocampus über Fimbria und Fornix verlassen (Abb. N-2.53b). Bei den Schaffer-Kollateralen handelt es sich um Kollateralen der Pyramidenzellaxone, die durch das Stratum pyramidale zurück in das Stratum moleculare ziehen, um dort wieder Pyramidenzellen zu erregen. So ergibt sich eine positive Rückkopplung.

Efferenzen: Die Efferenzen bestehen aus den Axonen der Pyramidenzellen des Cornu ammonis, sie verlassen den Hippocampus über Alveus und Fimbria hippocampi sowie den Fornix (Abb. N-2.53b). Eine Besonderheit des Hippocampus sind die Schaffer-Kollateralen. Es handelt sich um Kollateralen der Pyramidenzellaxone des Cornu ammonis, die durch das Stratum pyramidale zurück in das Stratum moleculare zu den Dendriten anderer Pyramidenzellen ziehen. Auf diese Weise ergibt sich eine positive Rückkopplung, denn die Signale der Pyramidenzellen in CA3 laufen zurück nach CA1 und können so das Cornu ammonis von CA1 bis CA3 erneut oder mehrfach durchlaufen. Die Vorgänge der positiven Rückkopplung und des mehrfachen Durchlaufens der Schaltkreise werden mit der Bildung von Gedächtnisspuren in Zusammenhang gebracht. Die multipolaren Körnerzellen des Stratum granulare erregen über ihre Axone (Moosfasern) die Pyramidenzellen von CA3. Weitere Verbindungen bestehen zwischen dem limbischen System und dem Ncl. accumbens am rostralen ventrokaudalen Ende des Striatums. Der Kern wird als Belohnungszentrum des Gehirns angesehen und steht unter dem Einfluss des Tegmentums im Mesencephalon. Die Afferenzen vom Tegmentum setzen Dopamin frei, das über Bindung an D 2-Rezeptoren die Neurone des Ncl. accumbens beeinflusst. Diese Verbindung ist Teil des mesolimbischen Systems.

⊙ N-2.53

Aufbau und Verbindungen des Hippocampus Alveus

Corpus geniculatum laterale

CA3

Fimbria hippocampi Endplatte, Ammonshorn (CA4) Gyrus dentatus

medial a

Körnerzelle

Cauda nuclei caudati CA 3 CA 2

dicht gepackte Neurone

CA1

VI V IsokortexIV III schichten II I

Eminentia collateralis locker gepackte Neurone

CA2

B A

Cornu temporale

Gyrus parahippocampalis entorhinaler Kortex

Moosfasern

Plexus choroideus

C

CA1

1

Tractus perforans

2 3 4

Subiculum

Pyramidenzelle

lateral

SchafferKollateralen

b

a Ansicht des linken Hippocampus von frontal, auf der links unten im Bild die vom sechsschichtigen Isokortex abweichende dreischichtige Struktur des Allokortex ersichtlich ist. (Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl., nach Bähr und Frotscher) b Die Hauptschichten des Hippocampus sind im Bereich des Ammonshorns (CA) mit arabischen Zahlen, im Bereich des Gyrus dentatus mit Großbuchstaben gekennzeichnet: (1) = Stratum moleculare, (2) = Stratum radiatum, (3) = Stratum pyramidale, (4) = Stratum oriens; (A) = Stratum moleculare, (B) = Stratum granulare, (C) = Stratum multiforme. Der Tractus perforans als Haupteingang zum Hippocampus entspringt in der Regio entorhinalis. Die Fasern im Alveus verlassen den Hippocampus über Fimbria hippocampi und Fornix (Hauptausgang).

N

2.5

1249

2.5 Neuroendokrines System

Neuroendokrines System

2.5

Der Name für das System rührt daher, dass die in ihm entstehende Information von Neuronen in Form von Hormonen an das Blut weitergegeben wird, sog. Neurosekretion (S. 200). Zu dem System werden Hypophyse und Epiphyse gerechnet. Die Epiphyse und ihre Einbindung in die Steuerung des Tag-Nacht-Rhythmus (S. 1131) wurden bereits besprochen. Vom Hypothalamus ziehen zwei axonale Trakte in den Hypophysenstiel (Abb. N-2.54): ■ Tractus hypothalamo-hypophysialis, der in der Neurohypophyse endet. Er besteht aus zwei Teilen, die nach dem Ursprung der Fasern benannt sind: Fibrae paraventriculo-hypophysiales und supraoptico-hypophysiales. ■ Tractus tuberoinfundibularis, der nur bis zur Eminentia mediana im dorsalen Infundibulum (sog. Trichter, noch zum Hypothalamus gehörend) des Hypophysenstiels reicht. Zur Lage der Eminentia mediana, s. Abb. N-2.55a. ▶ Merke. Die Freisetzung der hypothalamischen Hormone (Neurosekretion) erfolgt

Neuroendokrines System

Vom Hypothalamus ziehen zwei axonale Trakte in den Hypophysenstiel (Abb. N-2.54): ■ Der Tractus hypothalamo-hypophysialis endet in der Neurohypophyse. ■ Der Tractus tuberoinfundibularis reicht nur bis zur Eminentia mediana (Abb. N-2.55) am Beginn des Hypophysenstiels.

▶ Merke.

in Bereichen, in denen eine Blut-Hirn-Schranke fehlt, sog. zirkumventrikuläre Organe (S. 1169). Sowohl die Neurohypophyse (Sekretion der Hypophysenhinterlappenhormone) als auch die Eminentia mediana (Abgabe der auf den Hypophysenvorderlappen wirkenden Steuerhormone) gehören zu den zirkumventrikulären Organen: Das Endothel der Kapillaren ist hier fenestriert, sodass die Hormone in die Blutbahn übertreten können.

⊙ N-2.54

Verbindungen der hypothalamischen Kerngebiete zur Neuro- und Adenohypophyse

Nucleus paraventricularis

Nucleus dorsomedialis Nucleus ventromedialis

Nucleus supraopticus A. hypophysialis superior Portalgefäß a

A. hypophysialis superior Tractus tuberoinfundibularis

Tractus hypothalamohypophysialis A. hypophysialis inferior

b

A. hypophysialis inferior

(Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

a Tractus hypothalamo-hypophysialis (aus Fibrae paraventriculo-hypophysiales und supraoptico-hypophysiales bestehend), dessen Neurone direkt in die Neurohypophyse (Hypophysenhinterlappen) projizieren. b Tractus tuberoinfundibularis, über den die hypothalamischen Steuerhormone für den Hypophysenvorderlappen in den hypophysären Portalkreislauf gelangen und auf dem Blutweg die Adenohypophyse erreichen.

2.5.1 Hypophyse ▶ Synonym. Glandula pituitaria, Hirnanhangsdrüse

Funktion und Gliederung: Funktionell und entwicklungsgeschichtlich gesehen besteht die Hypophyse aus zwei grundsätzlich unterschiedlichen Anteilen (Abb. N-2.55): ■ Nur die Neurohypophyse (Lobus posterior = Hypophysenhinterlappen, HHL) gehört zum ZNS, während die ■ ihr ventral angelagerte Adenohypophyse (Lobus anterior = Hypophysenvorderlappen, HVL) einen entwicklungsgeschichtlich anderen Ursprung im Rachendach (S. 1175) hat. Sie besteht aus der Pars tuberalis am Übergang zum Hypophysenstiel, Pars intermedia („Mittellappen“) an der Grenze zum Hinterlappen und Pars distalis, der Hauptmasse der Adenohypophyse.

2.5.1

Hypophyse

▶ Synonym.

Funktion und Gliederung: Funktionell und entwicklungsgeschichtlich (S. 1175) gesehen unterscheidet man (Abb. N-2.55): ■ Neurohypophyse (Hypophysenhinterlappen, HHL), die zum ZNS gehört, und ■ Adenohypophyse (Hypophysenvorderlappen, HVL), die sich aus dem Rachendach bildet.

1250 ⊙ N-2.55

N

2 ZNS – funktionelle Systeme

Gliederung der Hypophyse

Lobus anterior (Vorderlappen) = Adenohypophyse – Pars tuberalis – Pars intermedia – Pars distalis a

Recessus infundibularis

Lobus anterior (Vorderlappen) = Adenohypophyse – Pars tuberalis

Infundibulum

– Pars intermedia – Pars distalis Eminentia mediana Infundibulum

Neurohypophyse

Lobus posterior (Hinterlappen) = Neurohypophyse

Kolloidzyste b

Kapsel

Mediansagittalschnitt durch die Hypophyse (Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

a schematisch (mit angrenzendem Hypothalamus), b histologisch.

Dementsprechend unterscheiden sich auch die durch sie freigesetzten Hormone in ihrer Herkunft und Funktion.

▶ Merke.

Ein Unterschied besteht auch zwischen den vom Hypophysenhinter- und -vorderlappen sezernierten Hormonen: Während die HHL-Hormone im Hypothalamus produziert und über axonalen Transport zu ihrem Freisetzungsort (Neurohypophyse) gelangen, werden die HVL-Hormone in der Adenohypophyse produziert und freigesetzt (endokrine Drüse). Lediglich die hypothalamischen Steuerhormone, die ihre Freisetzung beeinflussen, werden von Neuronen in Hypothalamuskernen synthetisiert und in die Gefäße der Eminentia mediana (S. 1169) sezerniert. Von diesem noch dienzephal gelegenen Ort erreichen sie über das hypophysäre Pfortadersystem ihren Zielort Adenohypophyse. ▶ Merke. In der Neurohypophyse (= Hypopysenhinterlappen) werden lediglich die

hypothalamisch produzierten Hormone freigesetzt, wohingegen die Adenohypophyse (= Hypophysenvorderlappen) ihre Hormone (unter dem Einfluss hypothalamischer Steuerhormone) selbst produziert. Lage: die Hypophyse befindet sich in der Fossa hypophysialis ossis sphenoidalis, was für operative Zugangswege von Bedeutung ist.

Lage: Die Hypophyse befindet sich in der Fossa hypophysialis, einem Teil der Sella turcica des Os sphenoidale. Operativ zugänglich ist die Hypophyse über den Sinus sphenoidalis, der direkt ventro-kaudal von ihr liegt (transnasaler, transsphenoidaler Zugang).

Neurohypophyse

Neurohypophyse

▶ Synonym.

▶ Merke.

▶ Synonym. Hypophysenhinterlappen (HHL)

▶ Merke. Die Verbindungen vom Hypothalamus zur Neurohypophyse sind neuronal

und kommen von den großzelligen Anteilen des Ncl. paraventricularis und Ncl. supraopticus, s. auch neuroendokrine Kerne (S. 1130). Die in hypothalamischen Neuronen beginnenden Axone erreichen über den Tractus hypothalamo-hypophysialis den HHL und setzen in das dortige Gefäßsystem die Hormone Oxytozin und Adiuretin (ADH) frei (Abb. N-2.54). ▶ Merke.

Die Axone der hypothalamischen Zellen erreichen den Hypophysenhinterlappen (HHL) über den Tractus hypothalamohypophysialis (Abb. N-2.54). Die in den betreffenden Hypothalamuskernen gebildeten Hormone Oxytozin und Adiuretin (antidiuretisches Hormon = ADH oder Vasopressin) werden also axonal in den HHL transportiert, hier gespeichert und bei Bedarf in das Gefäßsystem freigesetzt. ▶ Merke. In der Neurohypophyse befinden sich weder Somata von Neuronen noch

hormonproduzierende Zellen, sondern nur die Axone der (hypothalamischen) Zellen. Über diese werden die HHL-Hormone in besondere perikapillare Spalträume freigesetzt. Die hier gelegenen, im Mikroskop sichtbaren Zellen gehören entweder zu Gefäßen oder sind sog. Pituizyten, spezialisierte Gliazellen, die über Nexus in Verbindung stehen.

N

1251

2.5 Neuroendokrines System

Die zuführende Arterie ist die Arteria hypophysialis inferior, ein Ast der A. carotis interna. Sie nimmt die Hormone über ihre fenestrierten Kapillaren auf. Oxytozin beeinflusst den Uterus und die Endstücke der Brustdrüse, während Adiuretin (S. 771) auf die Sammelrohre der Niere wirkt. Bei diesen Hormonen handelt es sich um sog. Effektorhormone, die direkt (ohne Zwischenschaltung eines weiteren Hormons) auf das Zielorgan wirken.

Die A. hypophysialis inf. nimmt die Effektorhormone, die direkt auf das Zielorgan wirken, über ihre fenestrierten Kapillaren auf.

▶ Exkurs: Bedeutung von Oxytozin und Adiuretin (ADH). Oxytozin löst Wehen am Ende einer Schwangerschaft aus und kontrahiert die Endstücke der Brustdrüse, Glandula mammaria (S. 1277), mit Hilfe von Myoepithelzellen, wenn der Säugling beim Saugakt die Mamille mechanisch reizt. Dies bedeutet, dass die Mechanorezeptoren der Mamille die hypothalamischen Kerne neuronal aktivieren, die daraufhin Oxytozin in das Blut freisetzen. Das Hormon erreicht auf dem Blutweg die Myoepithelzellen der Glandula mammaria, die ihrerseits die Milch aus den Drüsenendstücken pressen. Das Adiuretin (S. 771) oder antidiuretische Hormon (ADH) wirkt auf die Niere und vergrößert in den Sammelrohren die Wasserpermeabilität. Dadurch wird mehr Wasser aus den Sammelrohren in das hypertone Niereninterstitium rückresorbiert und nur ein geringe Menge hochkonzentrierten Urins gebildet (Antidiurese, z. B. bei Durstzuständen).

▶ Exkurs: Bedeutung von Oxytozin und Adiuretin (ADH).

▶ Klinik. Fehlt z. B. bei einem Hypophysentumor das Adiuretin durch Zerstörung des HHL oder der Freisetzungswege tritt das Gegenteil einer Antidiurese, nämlich die gesteigerte Diurese ein: Wie beim renal bedingten Diabetes insipidus (S. 771) renalis produziert auch beim Diabetes insipidus centralis die Niere große Mengen gering konzentrierten Urins (Polyurie). „Insipidus“ bedeutet „nichtschmeckend“; der Begriff soll den Unterschied zwischen dieser Form von Diabetes und dem zuckerhaltigen Urin bei Diabetes mellitus (der Zuckerkrankheit) andeuten.

Adenohypophyse

▶ Klinik.

Adenohypophyse

▶ Synonym. Hypophysenvorderlappen (HVL)

▶ Synonym.

▶ Merke. Die Ansteuerung der Adenohypophyse durch den Hypothalamus erfolgt

▶ Merke.

nur zunächst neuronal durch die kleinzelligen Anteile der hypothalamischen Kerne, die Steuerhormone produzieren, danach humoral über das Pfortadersystem der Hypophyse. Die im Hypothalamus gebildeteten Steuerhormone (S. 1130), z. B. Liberine, Statine, werden hauptsächlich in den kleinen Zellen des Ncl. periventricularis synthetisiert, die diffus unter dem Ependym des III. Hirnventrikels verteilt sind, sowie im kleinzelligen Anteil des Ncl. paraventricularis und den kleinen Zellen des Ncl. arcuatus (S. 1130). Weitere Syntheseorte sind die Ncll. ventromedialis, dorsomedialis und suprachiasmaticus. Die Hormone erreichen dann über den axonalen Transport in den Axonen der Neurone das Infundibulum des Hypopyhsenstiels mit der Eminentia mediana. In der Eminentia mediana (S. 1169) beginnt das Pfortadersystem der Hypophyse, das von der Arteria hypophysialis superior (ebenfalls ein Ast der A. carotis interna) gespeist wird. Die Steuerhormone werden in die Kapillaren der Eminentia mediana (erstes Kapillarbett) aufgenommen und auf venösem Weg in den HVL transportiert. Dort liegt das zweite Kapillarbett des Pfortadersystems; die Steuerhormone treten hier durch die Kapillarwand und beeinflussen die Synthese der HVL-Hormone. Eine Aufstellung der wichtigsten Hormone von Hypothalamus und HVL findet sich in Abb. N-2.56. Unter den Hormonen des HVL gibt es Effektorhormone wie das Wachstumshormon (somatotropes Hormon = STH bzw. growth hormone = GH), Prolaktin und Melanotropin (melanozytenstimulierendes Hormon = α-MSH), wobei das Letztere auch in der Pars intermedia adenohypophysis, einem schmalen, dem Hypophysenhinterlappen anliegenden Anteil des Hypophysenvorderlappens produziert wird. Die anderen Hormone wirken wiederum auf endokrine Organe und steigern in ihnen die Synthese von Hormonen (sog. glandotrope Hormone). Der Syntheseort des Wachstumshormons und des Prolaktins sind die azidophilen Zellen der Adenohypophyse, während die anderen Hormone von basophilen Zellen gebildet werden. Die chromophoben Zellen werden als Vorstufe der beiden anderen Zelltypen angesehen.

Die Steuerhormone (Liberine, Statine) für die Adenohypophyse (HVL) werden vorwiegend in Zellen der Ncll. dorso- und ventromedialis, periventricularis, paraventricularis und arcuatus gebildet. Die Hormone erreichen per axonalen Transport den Beginn des Hypopyhsenstiels mit der Eminentia mediana. Dort beginnt mit der A. hypophysialis sup. das Pfortadersystem der Hypophyse. Die Steuerhormone werden mit dem Blut in den HVL transportiert, dort freigesetzt und beeinflussen die Synthese und Freisetzung der Hormone im HVL. Im HVL werden neben Effektorhormonen, die direkt auf das Zielorgan wirken (z. B. Wachstumshormon und Prolaktin) auch glandotrope Hormone gebildet, die in anderen endokrinen Drüsen die Hormonsynthese steigern (z. B. adrenokortikotropes Hormon und thyroideastimulierendes Hormon, Abb. N-2.56). Die meisten HVL-Hormone werden in basophilen Zellen produziert, nur Prolaktin und Wachstumshormon in azidophilen.

1252 ⊙ N-2.56

N

2 ZNS – funktionelle Systeme

Hormone von Hypothalamus und Hypophysenvorderlappen

Hormon des Hypothalamus

Zielorgan und Wirkung des HVL-Hormons

TSH (Thyroid stimulating hormone, thyreotropes Hormon, Thyreotropin)

Schilddrüse: Regulation der Schilddrüsenfunktion (Hormonbiosynthese und -sekretion, Jodeinbau) Stimulation des Wachstums der Schilddrüsenfollikel Förderung der Gehirnentwicklung

gonadotrope Hormone: LH (luteinisierendes Hormon, Lutropin) FSH (follikelstimulierendes Hormon, Follitropin)

Ovar bzw. Hoden: Wachstumstimulation der Keimdrüsen und Steuerung ihrer endokrinen Funktionen LH: bei der Frau Ovulation und Gelbkörperbildung, beim Mann Stimulation der Hodenzwischenzellen (→Testosteronbildung), bei beiden Progesteronbildung. Wegen der Wirkungbeim Mann früher „interstitial cell stimulating hormone“ (ICSH) genannt. FSH: bei der Frau Follikelreifung und Östrogenbildung, beim Mann Spermatogenese



ACTH (adrenokortikotropes Hormon, Kortikotropin)

Nebenniere: Synthese und Ausschüttung der Nebennierenrindenhormone (Mineralokortikosteroide, Glukokortikoide, Androgene)



Melanozytenstimulierendes Hormon* (α-MSH, α-Melanotropin)

Melanozyten der Haut: Synthese von Melanin

β-Endorphin*

Nervenzellen: bindet an Opioid-Rezeptoren

STH (somatotropes Hormon, Somatotropin oder GH = growth hormone)

Wachstumsfuge der Knochen: Längenwachstum des Knochens

PRL (Prolaktin)

Brustdrüse: PRL stimuliert Wachstum der Gl. mammaria und die Milchsekretion

GnRH (Gonadotropin releasing → hormone, Gonadoliberin). Mehrere Typen: Luliberin für LH, Folliliberin für FSH

CRH (Corticotropin releasing hormone, Kortikoliberin)

→ GHRH (Growth hormone releasing hormone, Somatoliberin)



PIH (Prolactin release-inhibiting → hormone (Prolaktostatin; als Molekül identisch mit Dopamin)

Glandotrope Hormone



Effektorhormone

TRH (Thyreotropin releasing hormone, Thyroliberin)

Hormon des HVL

* MSH und Endorphin werden zu den adrenokortikotropen Hormonen gerechnet, weil sie aus einem gemeinsamen Vorläufermolekül entstehen, dem Pro-Opio-Melanocortin (POMC).

Details zur Schilddrüse siehe Aufbau der Schilddrüse (S. 932).

▶ Merke.

▶ Merke. In den verschiedenen hormonproduzierenden Zelltypen des HVL sind mit

speziellen Färbemethoden Hormongranula nachweisbar, die unter Einfluss der hypothalamischen Steuerhormone in die Kapillaren der Adenohypophyse freigesetzt (oder zurückgehalten) werden.

▶ Klinik. Es gibt Hypophysentumoren, die nur die STH produzie-

renden Zellen betreffen und mit vermehrter Synthese von STH verbunden sind. Das gesteigerte Längenwachstum führt beim Jugendlichen (wenn die Wachstumsfugen noch offen sind) zum Riesenwuchs. Tritt der Tumor bei Erwachsenen auf, ist die Akromegalie (S. 1252) die Folge: Ein verstärktes Wachstum der Akren, das sich z. B. in vergrößerter Nase, Kinn, Supraorbitalwulst und Jochbeinen äußert.

⊙ N-2.57

Patient mit Akromegalie (Füeßl, F.S., Middeke, M.: Duale Reihe Anamnese und Klinische Untersuchung. Thieme, 2014)

Klinischer Fall: Gewichtszunahme und Erschöpfung * * Fallbeispiel fiktiv, Namen und Daten frei erfunden

14:45 Körperliche Untersuchung Ich untersuche die Patientin. Sie ist übergewichtig (162 cm, 74 kg). Ihr Ge­ sicht wirkt aufgedunsen, auf der Oberlippe erkenne ich den Ansatz eines Schnurrbarts. Die Gesichtshaut ist unrein. Am kräftigen Bauch fallen violette Striae distensae auf. Im Vergleich zum Rumpf scheinen Arme und Beine recht dünn. Der Blutdruck beträgt 165/100 mmHg (normal < 130/85), Herzfrequenz und Temperatur sind normal.

14:30 Annemarie Hartmann, 45 Jahre, kommt zum Hausarzt. A.H.: Ich weiß gar nicht mehr genau, wann das angefangen hat, also ein halbes Jahr geht das jetzt bestimmt schon so: Ich hab total zugenommen, 8 Kilo insgesamt. Hab einfach immer Hunger. Besonders mein Bauch ist richtig dick ge­ worden. Und dann diese Streifen, schlimmer als nach einer Schwangerschaft... Mein Gesicht ist auch ganz rund gewor­ den. Außerdem bin ich immer so erschöpft und schlafen kann ich auch nicht mehr richtig. Bin langsam richtig down...

14:55 Nach 3 Tagen, 15:00 Die Laborwerte sind da (Normwerte in Klammern) • Nüchternblutzucker 128 mg/dl (60 –100 mg/dl) • Cholesterin 289 mg/dl (< 200 mg/dl), Triglyzeride 179 mg/dl (normal < 150 mg/dl)

Blutabnahme und Terminvereinbarung Ich denke an ein Cushing­ Syndrom und ordne eine 24h­Blutdruckmessung an. Am nächsten Morgen soll Frau H. nüchtern zur Blutabnahme kommen.

15:10 24h-Blutdruckmessung Die 24h­Blutdruckmessung zeigt eine Hyper­ tonie mit Spitzenwerten von 190/110mmHg. Auch die erhöhten Blutfettwerte und der erhöhte Blutzucker erhärten meinen Verdacht auf ein Cushing­Syndrom. Daher weise ich Frau H. ins Krankenhaus ein.

Nach 2 Tagen Der Befund des MRT ist da Die Kollegen der Radiologie haben die Ursache der Beschwerden gefunden: im Hypophysenvor­ derlappen befindet sich eine etwa 1 cm große, glatt abgrenzbare, homogene Raumforderung. Der Befund passt zu einem Mikroadenom. Der übrige Befund des Gehirns ist unauffällig.

Einige Tage später Weitere Laboruntersuchungen im Krankenhaus Im 24­Stunden­Urin ist das freie Kortisol deutlich erhöht. Da das ACTH im Plasma bei 96 ng/l (normal 9 – 52 ng/l) liegt, veranlassen die Kollegen eine Kernspin­ tomografie (MRT) des Gehirns.

Patientin mit Cushing-Syndrom (aus Balletshofer et al., Endokrinologie und Diabetes, Thieme, 2009)

Nach weiteren 2 Tagen Frau H. wird operiert Über einen transsphenoidalen Zugang wird das Mikroadenom entfernt. Die Operation verläuft ohne Komplikationen.

Am gleichen Tag ACTH-produzierendes Mikroadenom der Hypophyse im MRT coronar (a) und sagittal (b) (aus Reiser, M., Kuhn, F.P., Debus, J.: Duale Reihe Radiologie. 2. Aufl., Thieme, 2006)

Befundbesprechung und Verlegung auf die Neurochirurgie Nachdem Frau H. über die Befunde informiert wurde, entschließt sie sich zur Operation.

Nach 6 Tagen Frau H. wird entlassen Nach 6 Tagen auf der Neuro­ chirurgie wird Frau H. nach Hause entlassen. Sämtliche Symptome bilden sich in den nächsten Wochen zurück.

Fragen mit anatomischem Schwerpunkt 1 2

3 4

Aus welchem Grund entscheiden sich die Chirurgen bei Frau Hartmann für die transsphenoidale Adenomentfernung? Wie erklären Sie sich folgende Symptome einer Patientin kurz nach transsphenoidaler Adenomektomie: häufiges Wasserlassen (Polyurie) von bis zu 12 Liter/Tag, starker Durst mit häufigem Trinken (Polydipsie) und fehlende Konzen­ trationsfähigkeit des Urins (Asthenurie). Wie kann man zwischen zentralem und renalem Diabetes insipidus unterscheiden? Ca. 15 % der ACTH­produzierenden Hypophysenadenome sind Makroadenome mit einem Durchmesser > 10 mm, die auch nach suprasellär wachsen können. Zu welchen Komplikationen kann es dabei aufgrund der anatomischen Gegebenheiten kommen? ! Antwortkommentare im Anhang

1254

N

2.6

2.6

Funktionskreise der Formatio reticularis Die Formatio reticularis ist ein bedeutendes Integrationszentrum, das für eine Reihe von teils lebenswichtigen Vorgängen verantwortlich ist.

▶ Merke.

2 ZNS – funktionelle Systeme

Funktionskreise der Formatio reticularis

Die Formatio reticularis = FR (S. 1109) ist ein bedeutendes Integrationszentrum, das für eine Reihe von teils lebenswichtigen Vorgängen (z. B. Wachheitsgrad, Atmung, Kreislauf, Schlaf-Wach-Zyklus) verantwortlich ist, die die gleichzeitige Verarbeitung von Informationen aus vielen unterschiedlichen sensorischen und vegetativen Systemen erfordern. Es besteht aus einem Netzwerk von Kernen und Bahnen, das sich hauptsächlich vom Mesencephalon bis zur Medulla oblongata erstreckt (vgl. Abb. N-1.11). Auch im Rückenmark findet sich lateral der Lamina V des Hinterhorns ein Teil dieses Systems. ▶ Merke. Die Formatio reticularis ist besonders bei komplizierten übergeordneten

Funktionen des ZNS (Wachheitsgrad, Atmung, Kreislauf, Schlaf-Wach-Zyklus) beteiligt, die unwillkürlich ablaufen.

2.6.1

Beeinflussung der Bewusstseinslage

Die Aktivität in den aszendierenden Wegen von der FR zum Großhirn ist für den Wachheitsgrad entscheidend. Hierbei spielt das „aszendierende retikuläre aktivierende Systems (ARAS)“ eine Rolle. Reizung des Systems löst eine Weckreaktion aus.

▶ Klinik.

2.6.2

Beeinflussung motorischer Funktionen Über den Tractus reticulospinalis lateralis und anterior werden die spinalen γ-Motoneurone angesteuert, wobei die Einflüsse hemmend oder erregend sein können.

▶ Klinik.

2.6.1 Beeinflussung der Bewusstseinslage Die Aktivität in den aszendierenden Wegen von der FR zum Großhirn ist für den Wachheitsgrad (Vigilanz) entscheidend. Dementsprechend kann durch experimentelle Reizung der FR eine Weckreaktion ausgelöst werden. Dieser Teil der FR wird daher auch „aszendierendes retikuläres aktivierendes System (ARAS)“ genannt. Der noradrenerge Ncl. (locus)caeruleus (S. 1113) ist einer der Kerne, die an dieser Funktion beteiligt sind. Auch an der Steuerung des Schlaf-Wach-Rhythmus ist dieses Teilsystem beteiligt. ▶ Klinik. Eine Schädigung des aszendierenden aktivierenden Teils der Formatio reticularis (ARAS), z. B. durch einen Tumor oder eine zentralnervöse Blutung, führt zu Störungen des Bewusstseins bis zur Bewusstlosigkeit.

2.6.2 Beeinflussung motorischer Funktionen Beeinflussung der Spinal- und Hirnnervenmotorik: Über den Tractus reticulospinalis lateralis und anterior werden vorwiegend die spinalen γ-Motoneurone angesteuert, wobei die Einflüsse hemmend oder erregend sein können. Die erregenden Effekte sind wahrscheinlich an der Erhaltung einer aufrechten Körperhaltung und des Gleichgewichts beteiligt. ▶ Klinik. Die Ausschaltung der hemmenden Einflüsse der Tractus reticulospinales

ist wahrscheinlich für die spastische Natur der motorischen Lähmung nach einer Verletzung des 1. motorischen Neurons verantwortlich. Pyramidenbahn und Tractus reticulospinales sind teils so eng benachbart, dass eine Verletzung der Pyramidenbahn meist auch die Tractus reticulospinales betrifft. Die Koordination der Augenmuskeln mit den Kopf- und Halsmuskeln erfolgt mit Hilfe der FR über den Fasciculus longitudinalis medialis.

Die Koordination der Aktivität der Augenmuskeln mit denen der Kopf- und Halsmuskeln erfolgt mit Hilfe der FR über den Fasciculus longitudinalis medialis, der alle diese Kerne miteinander verbindet. Am rostralen Ursprung der Bahn liegt der Nucleus interstitialis (Cajal).

Die über Geruchs- oder Geschmackssignale ausgelöste reflektorische Speichelsekretion wird über die FR vermittelt. Ein Teil der kaudalen FR erfüllt die Funktion eines Schluckzentrums.

Beeinflussung motorischer Funktionen bei der Nahrungsaufnahme: Die über Geruchs- oder Geschmackssignale ausgelöste reflektorische Speichelsekretion wird über die FR vermittelt und verläuft über den vagalen Ncl. salivatorius superior und inferior. Da die FR auch Kollateralen aus dem Sympathikus erhält, kann man die unter Stress auftretende Mundtrockenheit ebenfalls über diese Verbindungen erklären. Auch andere Funktionen, die mit der Nahrungsaufnahme zusammenhängen (z. B. Kauen, Lecken, Saugen), werden von der FR kontrolliert. Darüber hinaus lässt sich ein Schluckzentrum abgrenzen, das den komplizieren Vorgang des Schluckens steuert.

N

2.6.3 Beeinflussung von Kreislauf und Atmung

2.6.3

Diese Funktionen werden von den kaudalen Bereichen der FR in der Medulla oblongata wahrgenommen (vgl. Abb. N-1.11). Hier liegen Neuronenpopulationen, die Afferenzen von den Pressorezeptoren über den IX. und X. Hirnnerv erhalten und über den N. vagus eine Pulsverlangsamung bewirken können (sog. Kreislaufzentrum). In derselben Region ist ein Inspirationszentrum und davon getrennt ein Exspirationszentrum identifizierbar (Abb. N-2.58). Das sog. pneumotaktische Zentrum liegt rostral von diesen Zentren und integriert Kreislauf- mit Atmungsfunktionen.

⊙ N-2.58

1255

2.7 Cholinerges und monaminerges System

Beeinflussung von Kreislauf und Atmung Die Steuerung von Atmung und Kreislauf wird von den kaudalen Bereichen der FR in der dorsalen Medulla oblongata wahrgenommen (Abb. N-1.11). Hier sind Inspirations-, Exspirations- und Kreislaufzentrum lokalisiert (Abb. N-2.58).

Atem- und Kreislaufzentrum in der Formatio reticularis

Nucleus n. hypoglossi Nucleus tractus solitarii Nucleus ambiguus

aI

a II

Tractus pyramidalis

bI

b II

(Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

a Atemzentrum der FR in der Ansicht von dorsal nach Entfernung des Kleinhirns (I) sowie im Querschnitt (II, Höhe aus I ersichtlich) mit farblicher Unterscheidung der inspiratorischen (rot) und exspiratorischen (blau) Neuronengruppe. b Kreislaufzentrum in der Formatio reticularis der Katze in der Ansicht von dorsal (I) und auf drei Querschnitten (II, Höhe aus I ersichtlich). Bei elektrischer Reizung der dunkelrot dargestellten Bereiche erfolgt ein Blutdruckanstieg, bei Reizung der hellroten Gebiete ein Blutdruckabfall (sog. Depressorzentrum).

2.7

Cholinerges und monaminerges System

▶ Definition. In diesen Systemen werden verschiedene Neuronengruppen zusam-

2.7

Cholinerges und monaminerges System

▶ Definition.

mengefasst, von denen jede einen bestimmten Transmitter, z. B. Acetylcholin oder ein Monoamin (S. 1257), verwenden. Diese Einteilung deckt sich nur teilweise mit funktionellen oder morphologischen Merkmalen (z. B. Vorkommen in bestimmten Kernen). Eine allgemeine Funktion für die einzelnen Zellgruppen lässt sich daher nicht angeben. Die meisten der genannten Zellgruppen liegen im Tegmentum des Hirnstamms, nur die dopaminergen finden sich auch im Hypothalamus und Telenzephalon. Viele der hierher gehörenden Kerne sind gleichzeitig Teil der Formatio reticularis (S. 1109), s. auch Abb. N-2.59.

Die Zellen liegen v. a. im Tegmentum des Hirnstamms, nur dopaminerge finden sich auch im Hypothalamus und Telenzephalon.

2.7.1 Cholinerge Gruppen

2.7.1

Die zu diesen Gruppen (Ch1–Ch6) gehörenden Zellen lassen sich histochemisch dadurch identifizieren, dass ihre Somata das Enzym Cholinacetyltransferase (ChAT) aufweisen. Im Gebiet des Hirnstamms kommen cholinerge Zellen in den somatomotorischen und viszeromotorischen Hirnnervenkernen vor, die ja bekanntermaßen Acetylcholin (ACh) als Transmitter verwenden. Viele cholinerge Gruppen finden sich im basalen Telenzephalon. Besonders wichtig ist der Nucleus basalis (Meynert, Ch4), der umfangreiche Projektionen in das limbische System und den gesamten Kortex schickt. Er liegt im rostral-basalen Telenzephalon zwischen Globus pallidus und Corpus amygdaloideum.

Ihre Somata besitzen das Enzym Cholinacetyltransferase (ChAT). Der Ncl. basalis (Meynert) im basalen Telenzephalon ist eine wichtige Quelle für die cholinerge Innervation des gesamten Kortex.

Cholinerge Gruppen

1256 ⊙ N-2.59

N

2 ZNS – funktionelle Systeme

Cholinerge und monaminerge Zellgruppen innerhalb der Formatio reticularis

Nucleus raphes posterior Nucleus tegmentalis pedunculopontinus

Nucleus raphes medianus Nucleus raphes pontis

Locus caeruleus

Nucleus motorius n. trigemini Nucleus n. abducentis

pneumotaktisches Kerngebiet

Nucleus n. facialis

Exemplarische Darstellung einiger Kerngebiete (linke Bildseite) und Neurotransmitter (rechte Bildseite) der Formatio reticularis. Ansicht des Hirnstamms von dorsal nach Entfernung des Kleinhirns. Rot = Acetylcholin, dunkelblau = Serotonin, hellblau = Noradrenalin, orange = Dopamin, gelb = Adrenalin. Nicht immer deckt sich die funktionelle Bedeutung von Kerngebieten mit deren Zusammenfassung als Gruppe wegen Verwendung des gleichen Transmitters. So spielen z. B. sowohl der noradrenerge Locus caeruleus als auch die serotonergen Nuclei raphes u. a. eine Rolle im Rahmen des deszendierenden schmerzhemmenden Systems (S. 1214). (Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

Nucleus raphes magnus Nucleus ambiguus Nucleus raphes obscurus

▶ Klinik. Degeneration des Ncl. basalis (Meynert) und der daraus

resultierende Mangel an Acetylcholin im Vorderhirn wird als eine der Ursachen der Alzheimer-Demenz angesehen. Dabei handelt es sich um eine neurodegenerative Erkrankung, die zu einer makroskopisch erkennbaren Hirnatrophie mit schmalen Gyri und breiten Sulci führt (s. Abb. K236). Bei der Symptomatik stehen Störungen des Gedächtnisses und der Orientierung, später auch Persönlichkeitsveränderungen im Vordergrund. Zur Therapie werden u. a. Acetylcholinesterase-Hemmer eingesetzt um die ACh-Konzentration im synaptischen Spalt zu erhöhen. Weitere Ursachen für die Alzheimer-Demenz sind Ansammlungen von Amyloid-Peptiden und τ-Proteinen, die zum Untergang von Neuronen führen.

⊙ N-2.60

Kortikale Veränderungen bei Morbus Alzheimer

a Im pathologischen Präparat sieht man deutlich die atrophischen Gyri mit Verbreiterung der Sulci. (U.N. Riede, Freiburg) b Hervorgerufen durch die meist im medialen Temporallappen beginnende Atrophie erscheinen im MRT-Bild eines Alzheimer-Patienten die äußeren und inneren Liquorräume erweitert (I), wenn man sie mit der Aufnahme eines Gesunden vergleicht (II). Der Hippocampus zeigt ebenfalls eine deutliche Atrophie (I), durch die die Gedächtnisstörung erklärt werden kann. (Braus, D.F.: Ein Blick ins Gehirn. Thieme, 2010)

a

vergrößerter Seitenventrikel bI Atrophie des Hippocampus

b II

N

1257

2.7 Cholinerges und monaminerges System

2.7.2 Monaminerge Gruppen ▶ Definition. Katecholamine (Noradrenalin, Adrenalin und Dopamin) und Serotonin

2.7.2

Monaminerge Gruppen

▶ Definition.

bilden zusammen die Monoamine. Neurone, die Noradrenalin oder Dopamin synthetisieren, bilden gleichzeitig Neuromelanin und sind daher an ihrer dunklen Färbung zu erkennen. Beispiele sind die Substantia nigra (Dopamin) und der Locus caeruleus (Noradrenalin). Die meisten der genannten Zellgruppen liegen im Tegmentum des Hirnstamms, nur die dopaminergen finden sich auch im Hypothalamus und Telenzephalon. Die monoaminergen Zellgruppen sind mit Buchstaben benannt und von kaudal nach kranial nummeriert: ■ A1–A7: noradrenerge Gruppen, ■ A8–A15: dopaminerge Gruppen, ■ B1–B9: serotonerge Gruppen und ■ C 1–C 3: adrenerge Gruppen. Aus Platzgründen werden von allen Gruppen nur einige Beispiele besprochen.

Das zur dunklen Färbung führende Neuromelanin wird gleichzeitig mit Dopamin (z. B. in der Substantia nigra) und Noradrenalin (z. B. Locus caeruleus) gebildet. Die Zellen liegen v. a. in der Haube des Hirnstamms, nur dopaminerge finden sich auch im Hypothalamus und Telenzephalon. Monoaminerge Zellgruppen sind mit Buchstaben benannt und von kaudal nach kranial nummeriert.

Noradrenerge Gruppen

Noradrenerge Gruppen

Der bedeutendste Kern dieser Gruppe ist A6, der als Locus caeruleus bläulich durch den rostro-lateralen Boden der Rautengrube (S. 1104) hindurchschimmert. Die Efferenzen dieses Kerns erreichen u. a. den gesamten Neokortex, das limbische System und das Zerebellum. Die absteigenden noradrenergen Efferenzen des Locus caeruleus sind u. a. Teil des deszendierenden schmerzhemmenden Systems. Neben diesen eher diffusen Projektionen gibt es auch spezifische: So erreichen die Efferenzen der Gruppe A1 nur die magnozellulären Anteile der Ncll. paraventricularis und supraopticus. Die noradrenergen Projektionen zum Kortex ziehen durch den Tractus tegmentalis centralis (zentrale Haubenbahn) in den Fasciculus telencephalicus medialis (mediales Vorderhirnbündel) und erhöhen die Erregbarkeit der kortikalen Neurone, was zu einer Steigerung der Aufmerksamkeit führt.

Der wichtigste Kern dieser Gruppe ist der Locus caeruleus. Er projiziert diffus auf den Neokortex, das limbische System und das Zerebellum. Die kortikalen Projektionen erhöhen wahrscheinlich die Aufmerksamkeit.

▶ Klinik. Neben der Degeneration des Ncl. basalis (Meynert, s. o.) ist auch der Unter-

▶ Klinik.

gang von Zellen im Locus caeruleus mit nachfolgendem Noradrenalinmangel im Kortex an der Entstehung der Alzheimer-Demenz beteiligt.

Dopaminerge Gruppen

Dopaminerge Gruppen

Die Hauptfunktion der dopaminergen Gruppen scheint die Steuerung der Motorik zu sein, aber auch kognitive Leistungen des präfrontalen Kortex werden durch diese Zellen beeinflusst. Zu den kortikalen Effekten gehört auch das Erzeugen von Wohlgefühl, sodass Reize und Situationen, die im Kortex Dopamin freisetzen, gezielt herbeigeführt werden, sog. Belohnungssystem; s. Ncl. accumbens (S. 1248). Dazu gehören auch Drogen, von denen viele die Konzentration von Dopamin in Synapsen des präfrontalen Kortex erhöhen (Dopamin als Suchtfaktor). Die Gruppe A9 ist identisch mit der Pars compacta der Substantia nigra (S. 1115), die das Striatum mit dopaminergen Fasern innerviert. A11–A14 liegen im Hypothalamus, die Gruppe A12 im Ncl. arcuatus. Auch andere Gruppen decken sich mit hypothalamischen Kernen: A14 ist Teil der Ncll. periventricularis, paraventricularis und supraopticus (S. 1130). In Bezug auf die Lokalisation ist die Gruppe A15 eine Ausnahme, sie liegt in den periglomerulären Zellen des Bulbus olfactorius. Die dopaminergen Zellen von A12 im Ncl. arcuatus projizieren wie die hormonbildenden in den Tractus hypothalamo-infundibularis zur Eminentia mediana (S. 1169) und sollen die prolaktinsezernierenden Zellen des HVL hemmen.

Die Hauptfunktion der dopaminergen Gruppen scheint die Steuerung der Motorik zu sein. Eine weitere Funktion im präfrontalen Kortex ist die Auslösung von Wohlgefühl („Belohnungssystem“).

Serotonerge Gruppen

Serotonerge Gruppen

Die wichtigste Lokalisation der Zellen sind die Raphekerne des Hirnstamms, die ihren Namen von ihrer Lage dicht an der Mittellinie (Naht oder Raphe) von Mesencephalon, Pons und Medulla oblongata haben.Teilweise stehen sie in enger Beziehung zur Formatio reticularis (Abb. N-2.59).

Die wichtigste Lokalisation der Zellen sind die Raphekerne des Hirnstamms, die dicht an der Mittellinie (Raphe) liegen (Abb. N-2.59).

Die Gruppe A9 ist identisch mit der Pars compacta der Substantia nigra. A11–A14 liegen im Hypothalamus und sind oft Teile der hier liegenden Kerne. A15 ist die einzige Gruppe mit Lokalisation im Telenzephalon (Bulbus olfactorius).

1258

N

Die Gruppe B3 im Ncl. raphes magnus enthält einen großen Teil der serotonergen Neurone des deszendierenden schmerzhemmenden Systems.

Hervorzuheben ist die Gruppe B3 im Ncl. raphes magnus, die einen großen Teil der serotonergen Neurone des deszendierenden schmerzhemmenden Systems (S. 1214) stellen. Die Efferenzen ziehen im Hinterseitenstrang über die gesamte Länge des Rückenmarks nach kaudal und hemmen die nozizeptiven spinothalamischen Neurone durch Freisetzung von Serotonin.

Adrenerge Gruppe

Adrenerge Gruppe

Die deszendierenden Efferenzen dieser Gruppe haben eine wichtige Funktion bei der Kontrolle der sympathischen Aktivität.

Die Gruppe C 2 liegt im Ncl. solitarius und Ncl. dorsalis nervi vagi. Die deszendierenden Efferenzen dieser Gruppe haben eine wichtige Funktion bei der Kontrolle der sympathischen Aktivität; sie projizieren auf die präganglionären Zellen des thorakolumbalen Ursprungskerns des Sympathikus (Ncl. intermediolateralis).

2 ZNS – funktionelle Systeme

Höhere integrative Funktionen

2.8

Höhere integrative Funktionen

2.8

2.8.1

Lernen und Gedächtnis

2.8.1 Lernen und Gedächtnis

▶ Definition.

▶ Definition. Lernen in seiner allgemeinen neurobiologischen Definition bedeutet, dass durch Benutzung die Funktion von Neuronen verändert wird. Das Ergebnis eines Lernvorgangs ist das Speichern eines Gedächtnisinhalts, d. h. das Speichern von Information in einer Form, die bei Bedarf abrufbar ist. Das Abrufen entspricht dem Erinnern.

▶ Merke.

▶ Merke. Jedem Lernvorgang liegen neuroplastische Eigenschaften (S. 205) zugrun-

de, die jede Nervenzelle besitzt. Das Anlegen einer vorläufigen Gedächtnisspur erfolgt wahrscheinlich im Hippocampus, die Speicherung in großen Gebieten des Großhirns außerhalb des Hippocampus.

Das Anlegen einer vorläufigen Gedächtnisspur (Enkodierung) erfolgt wahrscheinlich im Hippocampus (S. 1246), die Speicherung in großen Gebieten des Großhirns außerhalb des Hippocampus. Der Überlebenswert eines Gedächtnisses besteht darin, dass erlebte Erfolge wiederholt und Misserfolge vermieden werden können. Dies gilt natürlich besonders in einer lebensfeindlichen Umwelt.

Formen des Gedächtnisses

Formen des Gedächtnisses

Nach der Dauer der Speicherung werden folgende Gedächtnisformen unterschieden (Abb. N-2.61): ■ sensorisches, ■ Kurzzeit- und ■ Langzeitgedächtnis mit – deklarativem (explizitem) und – nicht deklarativem (implizitem) Gedächtnis.

Ständig strömt eine enorme Informationsmenge auf den Menschen ein. Nimmt man an, dass das visuelle System bei einmaligem Umherblicken etwa 10 hochaufgelöste farbige Bilder aufnimmt, so kommt man allein für die visuelle Information auf einen Datenfluss von grob geschätzt 200 MB/sec. Es ist unmöglich und für den Organismus unsinnig, solche Datenmengen zu speichern. Nach der Dauer der Speicherung können folgende Gedächtnisformen unterschieden werden (Abb. N-2.61): ■ sensorisches Gedächtnis, ■ Kurzzeitgedächtnis und ■ Langzeitgedächtnis, innerhalb dessen nach Art der gespeicherten Information wiederum das – deklarative (explizite) dem – nicht deklarativen (impliziten) Gedächtnis gegenübergestellt werden kann.

⊙ N-2.61

Gedächtnisformen allgemeine und spezielle sensorische Systeme Abruf Selektion Gedächtnisform Speicherkapazität Speicherdauer

Konsolidierung

sensorisches Gedächtnis

Kurzzeitgedächtnis

groß

gering

groß

< 1 Sekunde

einige Sekunden

Tage bis Jahre

Extraktion

Einteilung der Gedächtnisformen nach Dauer der Speicherung.

Langzeitgedächtnis

Wiederholung

N

1259

2.8 Höhere integrative Funktionen

Sensorisches Gedächtnis

Sensorisches Gedächtnis

Vor dem Anlegen einer Gedächtnisspur muss eine Selektion der relevanten Sinnesinformation vorgenommen werden. Für diesen Zweck bleibt die Information für eine kurze Zeit (weniger als 1 Sekunde) nach dem Ende des Sinnesreizes in einem großen Speicher präsent. Diese erste Form des Gedächtnisses ist das sensorische Gedächtnis. Wichtige Informationen werden selektiert und in das Kurzzeitgedächtnis transferiert (Vorgang der Enkodierung). Nicht selektierte Informationen erreichen die für Gedächtnisprozesse wichtigen Stationen nicht und werden durch neu eintreffende sensorische Informationen überschrieben.

In diesem Gedächtnis bleibt die Information für eine kurze Zeit (weniger als 1 sec) präsent.

Kurzzeitgedächtnis

Kurzzeitgedächtnis

Die extrahierte Information wird in das sekundäre oder Kurzzeitgedächtnis transferiert, in dem die Daten für einige Sekunden abrufbar sind. Dies ist das Gedächtnis, in dem z. B. eine eben gehörte Telefonnummer gespeichert wird, bevor man einen Zettel findet, um sie aufzuschreiben. Wird man allerdings in dieser Zeit abgelenkt, ist die Nummer aus dem Gedächtnis verschwunden.

Nur wichtige oder interessante Daten werden per Selektion aus dem sensorischen in das Kurzzeitgedächtnis transferiert. Hier verbleibt die Information für einige Sekunden.

Langzeitgedächtnis

Langzeitgedächtnis

Wiederholen ist der wichtigste Aspekt eines jeden Lernvorgangs. Durch Wiederholen können die Daten aus dem Kurzzeitgedächtnis in das Langzeitgedächtnis überführt werden. Darüber hinaus werden durch Wiederholung („Üben“) Gedächtnisinhalte innerhalb des Langzeitgedächtnisses konsolidiert und für Tage bis Jahre gespeichert. Das Langzeitgedächtnis ist der Ort, in dem man nach Daten sucht, die man neu gelernt hat. Die Speicherdauer ist für einen Teil der Daten permanent. Dies betrifft besonders wichtige persönliche Informationen, wie z. B. die Namen der nächsten Angehörigen. Sie werden normalerweise nie vergessen. Die Speicherung von Daten im Langzeitgedächtnis ist mit langdauernden metabolischen und strukturellen Veränderungen der Neurone am Speicherort verbunden (veränderte Genexpression, Synthese von neuen Proteinen und Synapsen; s. u.).

Durch Wiederholung werden die Inhalte im Langzeitgedächtnis konsolidiert (gefestigt), um dann dauerhaft gespeichert zu werden. Die Speicherung beinhaltet metabolische und strukturelle Veränderungen an den beteiligten Neuronen.

▶ Klinik. Unter retrograder Amnesie wird der Verlust von noch nicht konsolidierten neuen Informationen verstanden bzw. die Unfähigkeit, diese Daten abzurufen. Ein Beispiel ist die fehlende Erinnerung an die Vorgänge kurz vor dem Unfall bei Patienten mit einer Gehirnerschütterung. Anterograde Amnesie bedeutet, dass keine neuen Daten gespeichert werden können, d. h. eine Überführung der Informationen aus dem Kurzzeit- in das Langzeitgedächtnis findet nicht statt. Dieses Symptom äußert sich z. B. darin, dass Patienten die alte Zeitung immer wieder als neu ansehen und auch das sie betreuende Personal nicht wiedererkennen. Solche Störungen sind nach Verletzungen des medialen Temporallappens (Hippocampus und Umgebung) häufig.

Aus den Läsionen, die zur anterograden Amnesie führen, müsste man eigentlich schließen, dass das sensorische und Kurzzeitgedächtnis im Hippocampus lokalisiert sind. Eine genaue Zuordnung von Gedächtnisfunktionen zu Hirnstrukturen wird allerdings erst beim Langzeitgedächtnis vorgenommen (s. u.). Wegen der starken Vernetzung aller beteiligten Strukturen darf man die Zuordnung aber nicht absolut sehen. Innerhalb des Langzeitgedächtnisses ergeben sich nach Art der gespeicherten Information folgende Gedächtnisformen, denen man bestimmte Strukturen des Großhirns zuordnen kann (Abb. N-2.62). Deklaratives (explizites) Gedächtnis: Diese Gedächtnisform betrifft Fakten über Sachen, Vorgänge, Orte usw. Diese Fakten werden in einem bewussten Prozess aufgenommen und reproduziert. ■ Das semantische Gedächtnis als Unterform speichert Gedächtnisinhalte, die gelesene oder gehörte Fakten betreffen, ■ das episodische Gedächtnis Personen oder erlebte Situationen. Als Speicherort für diese Informationen wird der assoziative Kortex des Temporallappens sowie Hippocampus und Zwischenhirn angenommen. Für das Speichern visueller Information z. B. ergibt sich damit folgender Weg: Visueller Kortex → Hippocam-

▶ Klinik.

Nach Art der gespeicherten Information werden innerhalb des Langzeitgedächtnisses folgende Formen unterschieden (Abb. N-2.62). Deklaratives (explizites) Gedächtnis: Diese Gedächtnisform betrifft Fakten über Sachen, Vorgänge, Orte. Diese Fakten werden in einem bewussten Prozess aufgenommen und wiedergegeben.

1260 ⊙ N-2.62

N

2 ZNS – funktionelle Systeme

Langzeitgedächtnis Langzeitgedächtnis

deklaratives (explizites) Gedächtnis semantisches Gedächtnis

episodisches Gedächtnis

nicht deklaratives (implizites) Gedächtnis prozedurales Gedächtnis

medialer Temporallappen – Hippocampus/Zwischenhirn

Striatum

Bahnung

Neokortex

assoziatives Lernen emotionale Antworten

Skelettmuskulatur

Amygdala

Zerebellum

nicht assoziatives Lernen Habituation

Sensitivierung

Reflexkreise

Einteilung des Langzeitgedächtnisses nach Inhalt der gespeicherten Information. Zu beachten ist, dass die meisten Lernvorgänge unbewusst ablaufen, d. h. man gewinnt Kenntnisse und Fähigkeiten, ohne sich bewusst mit dem Gegenstand oder der Tätigkeit befasst zu haben (nicht deklaratives, implizites Gedächtnis).

pus → assoziativer Kortex. Das Übertragen der Information vom Hippocampus in den Kortex benötigt Zeit, deswegen ist nach Verletzungen des Hippocampus oft auch eine retrograde Amnesie (s. o.) für einen kurzen Zeitraum vor dem Trauma vorhanden. Nicht deklaratives (implizites) Gedächtnis: Hier sind Gedächtnisinhalte gespeichert, die auf unbewusste Lernprozesse zurückgehen wie z. B. motorische Fähigkeiten, Erkennen von und Verhalten in bestimmten Situationen. Man unterscheidet assoziatives und nicht assoziatives Lernen. Unter Bahnung (priming) wird verstanden, dass die Erinnerung an Wörter oder Gegenstände besser ist, wenn man sie vorher schon einmal gesehen hat – auch wenn man sich nicht daran erinnert.

Nicht deklaratives (implizites) Gedächtnis: Hier sind Gedächtnisinhalte gespeichert, die auf unbewusste Lernprozesse zurückgehen wie z. B. motorische Fähigkeiten, Erkennen von und Verhalten in bestimmten Situationen. Dies bedeutet, dass man Fähigkeiten erwerben kann, ohne dass ein bewusster Lernvorgang vorausgeht. ■ Das assoziative Lernen betrifft die Beziehung zwischen mehreren Reizen oder einem Reiz und dem Verhalten (z. B. Bremsen vor einer roten Ampel), ■ das nicht assoziative Lernen die Reaktion auf einen isolierten Reiz; ■ die Sensitivierung (verbesserte Durchschaltung von Reflexkreisen) spielt wahrscheinlich beim Erlernen bestimmter Bewegungsformen eine Rolle (bessere Koordination der Muskulatur). Habituation bedeutet dagegen u. a., dass in bestimmten Situationen motorische Reflexe immer schwächer werden (z. B. Gewöhnung an sehr heißes oder sehr kaltes Wasser). Ein interessanter Aspekt dieser Gedächtnisform ist die Bahnung (priming). Darunter wird verstanden, dass die Erinnerung an Wörter oder Gegenstände besser ist, wenn man sie vorher schon einmal gesehen hat. Die Bahnung funktioniert auch, wenn man sich nicht an den vorhergehenden Anblick des Wortes oder Gegenstandes erinnert.

Lernmechanismen

Lernmechanismen

Die Wiederholung von zu lernender Information benutzt neuronale Schaltkreise unter Einbeziehung des Hippocampus (z. B. Hippocampus, Gyrus parahippocampalis, Regio entorhinalis, Tractus perforans zurück zum Hippocampus). Die Schaffer-Kollateralen sind Teile dieses Kreises.

Wie oben erwähnt, scheint das mehrfache Aktivieren desselben neuronalen Netzwerks durch den Lernprozess – also die Wiederholung – für das Anlegen einer Gedächtnisspur wichtig zu sein. Die an Gedächtnisprozessen beteiligten Hirnstrukturen bieten vielfache Möglichkeiten für das mehrfache Durchlaufen in sich geschlossener Neuronenkreise. Ein Kreis dieser Art verläuft z. B. zwischen Hippocampus, Gyrus parahippocampalis, Regio (Cortex) entorhinalis, Tractus perforans zurück zum Hippocampus. Die Schaffer-Kollateralen des Hippocampus mit ihrer positiven Rückkopplung zwischen den Pyramiden-Zellen des Cornu ammonis sind Teil dieses Neuronenkreises. Theoretisch könnte auch der sog. Papez-Kreis (S. 1244) im limbischen System eine solche Funktion übernehmen, allerdings wird die Bedeutung dieses Kreises für diese Funktion derzeit als gering eingeschätzt. Allgemein ist die Speicherung von affektiv gefärbten Inhalten deutlich schneller und nachhaltiger. Beispiele sind eine öffentliche Blamage oder die erste Liebesbeziehung, die nie vergessen werden. Für das praktische Lernen im Alltag bedeutet dies, dass man Sachverhalte, die man interessant findet, schneller lernt. Eine weitere Schleife verläuft vom Hippocampus zum basalen Vorderhirn und weiter über den assoziativen und entorhinalen Kortex zurück zum Hippocampus. Diese Verbindungen werden evtl. für das Abrufen von Gedächtnisinhalten mit Hilfe von Assoziationen benutzt, indem man sich an Situationen oder Personen erinnert, die mit dem Inhalt in Verbindung stehen.

Allgemein ist die Speicherung von affektiv gefärbten Inhalten – Dinge, Sachverhalte oder Situationen, die man eindrucksvoll oder interessant findet – deutlich schneller und nachhaltiger.

N

1261

2.8 Höhere integrative Funktionen

▶ Exkurs: Langzeitpotenzierung als neuronale Grundlage von Lernprozessen. Unter Langzeitpotenzierung (engl.: long term potentiation = LTP) versteht man die anhaltende Steigerung der synaptischen Effektivität nach häufiger Benutzung der Synapse. Das Phänomen wird im Hippocampus an den Pyramidenzellen von CA1 (S. 1248) in besonders ausgeprägter Form beobachtet und als Grundlage für Lernprozesse angesehen. Der Vorgang wird durch Glutamat als Neurotransmitter nach Bindung an NMDA-Rezeptoren ausgelöst. Mechanismen, die von dem Einstrom von Ca2 + -Ionen durch die aktivierten NMDA-Kanäle ausgelöst werden, sind: ■ schnelle Steigerung der Erregbarkeit durch Aktivierung von Proteinkinasen und dadurch bewirkte Phosphorylierung der AMPA- und anderer Ionen-Kanäle sowie ■ langfristige Änderungen der Erregbarkeit durch Änderung der Genexpression, Neusynthese von Kanalproteinen und Bildung neuer Synapsen. Umgekehrt kommt es bei längerem Fehlen von sensorischen Signalen nicht nur zu einer Abnahme der Erregbarkeit, sondern auch zum strukturellen Abbau. So wird bei sensorischer Deprivation (z. B. Aufzucht von Tieren im Dunkeln) eine Verminderung der Zahl der Synapsen im visuellen Kortex festgestellt. LTP kommt auch an anderen Stellen des ZNS wie z. B. an spinalen Zellen der Nozizeption (S. 1209) vor, jedoch nicht so ausgeprägt wie im Hippocampus.

▶ Exkurs: Langzeitpotenzierung als neuronale Grundlage von Lernprozessen.

2.8.2 Sprache

2.8.2

Die Sprache ist eine der wenigen Funktionen, durch die sich Mensch und Tier qualitativ unterscheiden (neben der Entwicklung einer Kultur und einer technisierten Zivilisation). Die bisher bei höheren Tieren festgestellten Arten der Kommunikation sind zwar geeignet, bestimmte Informationen wie Revieransprüche oder Annäherung eines Raubtiers an die anderen Mitglieder der Gruppe zu vermitteln, aber komplexere abstrakte Zusammenhänge können auf diese Weise nicht ausgedrückt werden. Zwei Aspekte der Sprachbildung werden meist unterschieden: ■ Phonation: Darunter wird die Erzeugung eines Grundgeräusches im Larynx verstanden – ein Geräusch ist ein regelloses Gemisch von vielen Frequenzen, ein Klang besteht aus Grund- und Obertönen in gesetzmäßigem Frequenzverhältnis (z. B. durch ein Musikinstrument erzeugt), ein Ton besitzt nur eine Frequenz. Auch ausgebildete Sänger produzieren im physikalischen Sinne Geräusche. ■ Artikulation: Im sog. Ansatzrohr (Rachen und Mundhöhle) wird durch komplexe Bewegungen von Zunge, Lippen und Wangen das im Larynx erzeugte Grundgeräusch modifiziert und in Worte umgesetzt. Beim Summen einer Melodie liegt reine Phonation vor, beim Flüstern reine Artikulation. Säuglinge könnten selbst bei vorzeitiger Entwicklung der kortikalen Sprachzentren (s. u.) nicht sprechen, weil ihr Kehlkopf – wie beim Menschenaffen – zu hoch steht. Die Luft aus dem Larynx strömt hauptsächlich in die Nasenhöhle, weil die Epiglottis sich von dorsal an den weichen Gaumen legt. Die Nasenhöhle ist jedoch für eine verständliche Artikulation nicht ausreichend. Die Mundhöhle und die Lippen stehen wegen des Larynxhochstandes für die Artikulation nicht zur Verfügung.

Die Sprache ist eine der wenigen Funktionen, durch die sich Mensch und Tier qualitativ unterscheiden.

▶ Klinik. Nach operativer Entfernung des Kehlkopfes, z. B. wegen Larynxkarzinom (S. 925), ist nur noch Artikulation möglich. So können die Patienten mit einem Schallgeber, der außen auf den Mundboden aufgesetzt wird, ein Grundgeräusch erzeugen, das ähnlich wie beim Flüstern durch reine Artikulation in Sprache umgeformt wird. Eine andere Methode besteht darin, Luft zu schlucken und dann kontrolliert stoßweise aus dem Mund zu entlassen. Die ausströmende Luft kann für die Artikulation verwendet werden (sog. Ösophagussprache).

Motorisches Sprachzentrum: Das Broca-Zentrum (S. 1140) ist der motorische Programmgeber für den primären Motorkortex und unerlässlich für die Koordination der Mundmuskeln während der Artikulation. Auch ohne Broca-Zentrum ist über den Motorkortex allein eine komplizierte Mimik möglich (s. Menschenaffen), aber Sprache kann ohne das Zentrum nicht gebildet werden.

Sprache

Die Sprache hat zwei Grundkomponenten: ■ Phonation: Darunter wird die Erzeugung eines Grundgeräusches im Larynx verstanden. ■ Artikulation: In Rachen und Mundhöhle wird durch Bewegungen von Zunge, Lippen und Wangen das im Larynx erzeugte Grundgeräusch in Worte umgesetzt.

▶ Klinik.

Das Broca-Zentrum (S. 1140) ist der motorische Programmgeber für den primären Motorkortex und unerlässlich für die Koordination der Mundmuskeln während der Artikulation.

1262

N

Das Broca-Zentrum liegt bei fast allen Menschen auf der linken Seite (sog. Sprachdominanz der linken Hemisphäre).

Das Broca-Zentrum liegt bei fast allen Menschen auf der linken Seite (sog. Sprachdominanz der linken Hemisphäre). Kommt es vor Abschluss der sog. Hirnreifung, d. h. vor der endgültigen Verschaltung der wichtigsten neuronalen Verbindungen im Pubertätsalter, zu einer Verletzung des Broca-Zentrums, so tritt zunächst eine motorische Aphasie (S. 1140) ein. Nach einiger Zeit fangen viele Patienten aber wieder an zu sprechen. Die kortikale Bildgebung zeigt das Broca-Zentrum nun auf der rechten Seite. Diese Verlagerung des Broca-Zentrums ist im höheren Lebensalter nicht mehr möglich, da sie weit über die normale Neuroplastizität des adulten Gehirns hinausgeht.

Ohne Wernicke-Zentrum (S. 1141) ist ein Sprachverständnis nicht möglich, und als Folge davon ist auch die Artikulation gestört, vgl. auch Wernicke-Zentrum (S. 1232). Die neuronale Verbindung zwischen dem Broca- und Wernicke-Zentrum verläuft über den Fasciculus arcuatus, der sich von kaudal dem Fasciculus longitudinalis superior anlagert (Abb. N-2.63).

Sensorisches Sprachzentrum: Eine verständliche Sprache erfordert nicht nur spezialisierte motorische, sondern auch sensorische Zentren. Ohne Wernicke-Zentrum (S. 1232) (sensorisches Sprachzentrum) ist Sprachverständnis nicht möglich und als Folge davon ist auch die Artikulation gestört, denn die eigene Artikulation benötigt eine sensorische Rückkopplung, s. sensorische Aphasie (S. 1141). Die gegenläufige Verbindung zwischen dem Broca- und Wernicke-Zentrum verläuft über den Fasciculus arcuatus der sich von kaudal dem Fasciculus longitudinalis superior anlagert (Abb. N-2.63).

▶ Klinik.

Neben den genannten Zentren gibt es noch andere Kortexareale, die an der Sprache beteiligt sind (Abb. N-2.63).

⊙ N-2.63

2 ZNS – funktionelle Systeme

▶ Klinik. Eine Unterbrechung des Fasciculus arcuatus bewirkt eine Leitungsaphasie. Die Patienten können Wörter formulieren und verstehen Sprache, haben aber Defizite bei der spontanen Sprache und beim Wiederholen gesprochener Worte.

Neben den genannten Zentren gibt es noch eine ganze Reihe von anderen Kortexarealen, die an der Sprache beteiligt sind, so z. B. der Gyrus angularis, der für den Entwurf eines komplexen Sprachkonzepts wichtig ist (Abb. N-2.63).

⊙ N-2.63

Kortikale Sprachzentren Fasciculus longitudinalis superior und frontotemporalis

Mund und Zunge (motorischer Cortex)

Fasciculus arcuatus

visueller Assoziationskortex

BrocaRegion

WernickeRegion

Gyrus angularis

Darstellung der kortikalen Zentren, die direkt oder indirekt für die Sprache von Bedeutung sind und ihre Verbindungen untereinander. Ansicht der normalerweise sprachdominanten linken Hemisphäre von lateral. (nach Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

Haut und Hautanhangsgebilde

1

Haut (Integumentum commune)

2

Hautanhangsgebilde

1274

1265

O

1

Haut (Integumentum commune)

1.1 1.2 1.3 1.4

Definition . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Funktion, Größe und Gewicht der Haut . . . Aufbau der Haut . . . . . . . . . . . . . . . . . . Gefäßversorgung und Innervation der Haut

. . . .

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. . . .

. . . .

. . . .

. . . .

. . . .

O

. 1265 . 1265 . 1266 . 1273

D. Reißig, J. Salvetter

1.1

Definition

▶ Definition. Die Haut ist eine dynamische Grenzfläche zwischen den wechselnden äußeren Bedingungen und dem inneren Zustand des Körpergleichgewichtes, den sie aufrechterhält. Die Haut wird als Organ betrachtet, weil sie aus verschiedenen Geweben zusammengesetzt ist, die eine gemeinsame Funktion ausüben. Zusammen mit den Hautanhangsgebilden Haare, Drüsen und Nägel (S. 1274) bildet sie das Hautsystem.

1.2

Funktion, Größe und Gewicht der Haut

Funktion: Durch die in der Haut liegenden Rezeptoren, von denen Reize aufgenommen und zum zentralen Nervensystem weitergeleitet werden, spielt sie eine Rolle im Rahmen der Sinneswahrnehmung. Daneben werden von der Haut viele Funktionen übernommen, die überwiegend protektiv sind. Ihre Hauptfunktionen sind: ■ Aufnahme von Sinnesreizen, die im Kortex zur Wahrnehmung von Druck-, Vibrations-, Berührungs-, Schmerz- und Temperaturempfindung führen. ■ mechanischer Schutz vor Stößen, Kratzern und Schnitten, ■ Schutz vor gefährlichen Chemikalien, ■ Schutz vor eindringenden Bakterien, ■ wasserdichte Barriere zum Schutz vor Wasserverlust durch die Körperoberfläche, ■ Schutz vor gefährlichen Strahlen (z. B. UV-Strahlen, Röntgen-Strahlen, Gamma-Strahlen), ■ Isolation gegen Hitze und Kälte, Wärmeregulation, ■ Sekretion verschiedener Substanzen, vgl. Hautanhangsgebilde (S. 1274), ■ Energiespeicher (Unterhautfettgewebe). Darüber hinaus bestimmen die Haut und ihre Anhangsgebilde in hohem Maße den ersten Eindruck und somit die soziale Akzeptanz eines Menschen. Durch sie erhält das Gegenüber Informationen über Alter, Gesundheitszustand und Stimmung. Die Haut ist in Einheit mit der mimischen Muskulatur Trägerin der Mimik. Im ärztlichen Alltag sind u. a. Farbe und Konsistenz der Gesichtshaut für die Diagnose des Allgemeinzustands bedeutsam. Wie viel „Haut” gezeigt werden kann, bestimmen Klima, Kultur (Religion und Tradition) sowie die ständig wechselnde Mode. Make-up, Tatoos und künstliche Bräunung beeinflussen diesen ersten subjektiven Eindruck entscheidend. Größe und Gewicht: Die Haut ist das größte Organ des menschlichen Körpers. Beim Erwachsenen nimmt sie eine Fläche von 1,4 bis 2,0 m2 ein, ihr Gewicht von 3–4 kg, mit Fettgewebe 10–20 kg, entspricht etwa 15 % des Körpergewichts. Die Dicke der Haut schwankt je nach Körperregion zwischen 1,0 und 2,0 mm.

1.1

Definition

▶ Definition.

1.2

Funktion, Größe und Gewicht der Haut Funktion: ■ Sinnesfunktionen (Druck-, Vibrations-, Berührungs-, Schmerz- und Temperaturemfindung), ■ mechanischer Schutz, ■ Schutz vor Chemikalien, ■ Schutz vor Bakterien, ■ Schutz vor Wasserverlust, ■ Strahlenschutz, ■ Isolation, ■ Sekretion verschiedener Substanzen, ■ Energiespeicher.

Darüber hinaus beeinflussen die Haut und Anhangsgebilde die soziale Akzeptanz eines Menschen und geben uns Informationen über Alter, Gesundheitszustand und Stimmung, die Haut ist Trägerin der Mimik.

Größe und Gewicht: Die Haut ist mit einer Fläche von 1,4–2,0 m2 das größte Organ des Menschen; sie ist 1–2 mm dick und wiegt ca. 10 kg (ca. 15 % des Körpergewichts).

1266

O

1.3

Aufbau der Haut

1.3

1.3.1

Felder- und Leistenhaut

1.3.1 Felder- und Leistenhaut

Die Haut ist für die verschiedenen Körperregionen jeweils spezifisch angepasst. Man unterscheidet generell ■ die mit Drüsen und Haaren ausgestattete Felderhaut von der ■ Leistenhaut an Hand- und Fußflächen, die das Stratum lucidum der Epidermis (S. 1267) enthält. Neben diesen grundsätzlichen Unterschieden findet man – z. B. bei der Gesichtshaut – auch verschiedene Standortvarianten sowie altersabhängige Unterschiede.

1.3.2

1 Haut (Integumentum commune)

Aufbau der Haut

Die Haut ist für die verschiedenen Körperregionen jeweils spezifisch angepasst, wobei man generell zwischen Felder- und Leistenhaut unterscheidet: ■ Die mit Drüsen und Haaren ausgestattete Felderhaut bedeckt den größten Teil des Körpers. ■ Hand- und Fußflächen tragen dagegen Leistenhaut, auf der ein genetisch festgelegtes und für jeden Menschen charakteristisches individuelles Leistenmuster aus Schleifen, Bögen und Wirbeln zu erkennen ist (Fingerabdruck). Die Leistenhaut enthält das Stratum lucidum der Epidermis (S. 1267). Neben diesen grundsätzlichen Unterschieden kommen aber auch auf relativ engem Raum verschiedene Varianten vor, wie z. B. bei der Gesichtshaut: Unterschiedliche Hautdicke und -verhornung, Behaarungsformen und Nachbarschaftsbezüge bedingen hier große Unterschiede in der Reaktion gegenüber physiologischen und pathologischen Reizen bzw. Belastungen. Zudem ist sie altersabhängig unterschiedlich gut durchblutet und elastisch.

1.3.2 Hautschichten

Hautschichten

Das Integumentum commune wird in die in Tab. O-1.1 aufgeführten Schichten unterteilt (Abb. O-1.1).

▶ Klinik.

Die Haut (Integumentum commune) wird in folgende Schichten unterteilt (Tab. O-1.1 und Abb. O-1.1): ■ Oberhaut, Syn. Epidermis (S. 1267), ■ Lederhaut, Syn. Dermis (S. 1271) oder Corium, bei der unterschieden werden kann zwischen – Stratum papillare, das zapfenförmig mit der Epidermis verzahnt ist und einem – Stratum reticulare, eine der Festigkeit dienende Faserschicht. Epidermis und Dermis werden auch als Cutis zusammengefasst und sind durch die Basalmembran (S. 69), sog. Membrana basalis, voneinander getrennt. Letztere ist Verankerungspunkt für die Zellen der Epidermis. ■ Die Unterhaut (S. 1272), Syn. Tela subcutanea, Hypodermis oder Subcutis, liegt – wie ihr Name bereits sagt – unterhalb der Cutis und bildet mit ihr eine Funktionseinheit. ▶ Klinik. Bei Frühgeborenen ist noch kein isolierendes Unterhautfettgewebe vor-

handen, weshalb die Kinder anfälliger sind für eine Unterkühlung (Hypothermie). Die Kinder müssen deshalb in temperierten Inkubatoren (sog. Brutkästen) versorgt werden.

≡ O-1.1

Aufbau der Haut in Schichten (von außen nach innen)

Schichten Cutis

Entwicklung (Embryologie) Epidermis (Oberhaut) ■ Stratum corneum ■

Stratum lucidum



Stratum granulosum



Stratum spinosum



Stratum basale

enthält keine Gefäße, aber (freie) Nervenendigungen und Merkel-Zellen!

aus dem Ektoderm hervorgehend Zunahme der Dicke während des 2. und 3. Trimenons der Schwangerschaft mit Bildung eines mehrschichtigen verhornenden Plattenepithels

Membrana basalis (Basalmembran) ■

Dermis (Lederhaut)



Stratum papillare



Stratum reticulare

Tela subcutanea (Subcutis) = Hypodermis, (Unterhaut)

enthält Gefäße und Nerven (s. Tab. O-1.2)!

aus dem an das Ektoderm angrenzenden Mesoderm hervorgehend

Entwicklung erst während der letzten Wochen der Schwangerschaft aus dem Mesoderm

O

⊙ O-1.1

1267

1.3 Aufbau der Haut

Hautschichten

Stratum corneum

1

Stratum granulosum Stratum spinosum Stratum basale

2 3

1 Epidermis

4

Stratum papillare

6 Kutis 5

Stratum reticulare

Dermis

2 4 3

5 6

7 7 bI

b II

Blutgefäße

Fettgewebe

Subkutis

Bindegewebsseptum a a Schematischer Schnitt durch die Leistenhaut mit Darstellung ihrer Schichten. (Moll, I.: Duale Reihe Dermatologie. Thieme, 2010) b Histologischer Schnitt durch die Cutis der Leistenhaut in der Übersicht (I = Vergrößerung 12fach, Fußsohle) und stärkerer Vergrößerung (II = 300fach, Finger). In I: Stratum corneum (1), Stratum germinativum = Stratum basale und Stratum spinosum (2), Epithelzapfen (3), dermale Papillen (4), Stratum granulosum (5), intraepidermaler Ausführungsgang einer Schweißdrüse (6), Stratum papillare der Dermis (7). In II: Stratum corneum (1), Stratum lucidum (2), Stratum granulosum (3), Stratum spinosum (4), Stratum basale (5), Stratum papillare (6), Stratum reticulare (7). (Kühnel, W.: Taschenatlas Histologie. Thieme, 2014)

Epidermis (Oberhaut)

Epidermis (Oberhaut)

Die menschliche Epidermis ist ihrer Struktur nach ein mehrschichtiges verhornendes Plattenepithel (S. 61). Abhängig von der Dicke der Keratinschicht wird eine dicke und dünne Haut unterschieden.

Es handelt sich um ein mehrschichtiges verhornendes Plattenepithel (S. 61).

Keratinozyten und ihre Differenzierung innerhalb der Epidermis

Keratinozyten und ihre Differenzierung innerhalb der Epidermis Die Epidermis besteht aus mehreren Schichten (Tab. O-1.1 und Abb. O-1.2).

Vorherrschend in der Epidermis sind die epidermalen Keratinoblasten/Keratinozyten, die ein proliferierendes und differenzierendes Stammzellsystem bilden. Nach funktionellen und morphologischen Unterschieden dieses Zelltyps unterteilt man die Epidermis in mehrere Schichten (Tab. O-1.1 und Abb. O-1.2). Stratum basale (Basalschicht): Die Keratinozyten dieser untersten, in direktem Kontakt zur Basalmembran stehenden Schicht sind gleichmäßig geformte Zellen mit einer Kern-Plasma-Relation zugunsten des Zellkerns. Sie sind für die Ausbildung der Kontaktstrukturen (Hemidesmosomen) zur Dermis verantwortlich, vgl. Adhäsionskontakte (S. 57). Diese Funktion ist an der Expression von Adhäsionsmolekülen erkennbar. Die Proliferation ist unter physiologischen Bedingungen auf einige undifferenzierte Keratinoblasten (adulte Stammzellen) in der Basalschicht begrenzt. Adulte Stammzellen aus der menschlichen Haut werden für die Herstellung künstlicher Hautäquivalente genutzt. Durch die sog. Reprogrammierung lassen sich aus diesen Stammzellen auch andere Zelltypen gewinnen.

Stratum basale (Basalschicht): Unterste, in direktem Kontakt zur Basalmembran stehende Zellschicht.

1268 ⊙ O-1.2

O

1 Haut (Integumentum commune)

Schichten der Epidermis „cornified envelope“

Stratum corneum

Tight junctions

Stratum granulosum

Interzellularsubstanz Keratohyalingranula

Keratohyalingranula

marginales Band

Stratum spinosum

(Zyto) Keratinfilamente Desmosom

membrane coating granules

Stratum basale

Zellkern

b

a

Hemidesmosom

(Moll, I.: Duale Reihe Dermatologie. Thieme, 2010)

a Schematische Darstellung des lichtb und elektronenmikroskopischen Aspekts der Differenzierungsstufen von Keratinozyten innerhalb der epidermalen Schichten.

▶ Klinik.

▶ Klinik. Nur im Rahmen pathophysiologischer Vorgänge, wie sie bei der Wundheilung oder bei sog. hyperproliferativen Hauterkrankungen wie z. B. der Psoriasis (Schuppenflechte) auftreten, finden sich auch in den suprabasalen Schichten undifferenzierte Keratinoblasten (Übergangsstammzellen).

⊙ O-1.3

Inspektionsbefund bei Psoriasis

(Sterry, W., Paus, R.: Checkliste Dermatologie. Thieme, 2010)

Stratum spinosum (Stachelzellschicht): Die polygonale Form der Zellen entsteht durch ihre vielfältige Verzahnung mittels interzellulärer Adhäsionsstrukturen, sog. Desmosomen (S. 57).

▶ Merke.

Stratum spinosum (Stachelzellschicht): Die aufgrund der polygonalen Form der Keratinozyten als Stachelzellschicht bezeichnete suprabasale Schicht enthält in der terminalen Differenzierung fortgeschrittene Keratinozyten. Die polygonale Form der Zellen entsteht durch ihre vielfältige Verzahnung mittels interzellulärer Adhäsionsstrukturen, sog. Desmosomen (S. 57). Diese Adhäsionsstrukturen bestehen aus transmembranösen Glykoproteinen und sind direkt mit den Zytokeratin-Intermediärfilamenten des Zytoskeletts der Epithelzellen verbunden. ▶ Merke. Stratum basale und Stratum spinosum werden zusammenfassend auch

als Stratum germinativum bezeichnet. Stratum granulosum (Körnerzellschicht): Hier sind Zeichen einer beginnenden Verhornung sichtbar.

Stratum granulosum (Körnerzellschicht): Die Zellen dieser an das Stratum spinosum angrenzenden Schicht sind gekennzeichnet durch eine deutliche Abflachung und durch das Auftreten basophiler Keratohyalingranula als Zeichen einer beginnenden Verhornung (Keratinisierung).

Stratum lucidum (helle Schicht): Dies tritt nur in vielschichtigen Epithelien auf.

Stratum lucidum (helle Schicht): Diese an das Stratum granulosum angrenzende Schicht tritt nur in sehr vielschichtigen Epithelien (Handteller und Fußsohle) auf. Hier sind Zellen und Kerne nicht mehr abgrenzbar.

O

1269

1.3 Aufbau der Haut

Stratum corneum (Hornschicht): Letzte Schicht, die aus ganz abgeflachten Hornzellen ohne Zellkern und Organellen besteht. Das Plasma der Hornzellen ist von dicht vernetzten Filamenten (Keratin) und einer amorphen Matrix ausgefüllt. Die Desmosomen lösen sich in den obersten Zelllagen der Hornschicht. Abgestorbene Hornschuppen schilfern ab. Die Hornschuppen sind gemeinsam mit im Interzellularspalt abgelagerten Lipiden für die Ausbildung der epidermalen Permeabilitätsbarriere verantwortlich. ▶ Merke. Die Schichtengliederung der Epidermis ist ein dynamischer Prozess, der

Stratum corneum (Hornschicht): Die oberste Schicht besteht aus abgeflachten Hornzellen ohne Zellkern.

▶ Merke.

auf der Veränderung der zellulären Funktion Keratinoblasten/Keratinozyten im Rahmen eines irreversiblen Differenzierungsprozesses beruht. Von besonderer Bedeutung für den epithelialen Zellverband ist dabei die selektive Expression von Adhäsionsmolekülen auf der Zelloberfläche in Abhängigkeit vom Differenzierungszustand des Keratinoblasten/Keratinozyten-Stammzellsystems. ▶ Klinik. Das Basaliom ist ein vom Stratum basale ausgehen-

der Tumor, der invasiv und destruierend wächst. Eine Besonderheit der Basaliome besteht darin, dass sie nicht metastasieren, sondern nur lokal destruierend wachsen. Die Prognose ist deshalb bei rechtzeitiger kompletter Exzision gut.

⊙ O-1.4

Basaliom

Das Spinaliom (Plattenepithelkarzinom) ist ein vom Stratum spinosum ausgehender Tumor und besitzt eine deutlich schlechtere Prognose als das Basaliom, weil es lymphogen und hämatogen metastasiert. Das Spinaliom ist der häufigste maligne Tumor im Bereich der Schleimhäute, Übergangsschleimhäute und in Bereichen sonnenexponierter Haut (z. B. Gesicht, Hände, Unterarme).

(Moll, I.: Duale Reihe Dermatologie. Thieme, 2010)

⊙ O-1.5

Spinaliom

(Moll, I.: Duale Reihe Dermatologie. Thieme, 2005)

Weitere Zelltypen innerhalb der Epidermis

Weitere Zelltypen innerhalb der Epidermis

Über die für den Schichtenaufbau verantwortlichen Keratinozyten/Keratinoblasten hinaus gibt es noch andere Zelltypen innerhalb der Epidermis: ■ Melanozyten, ■ Langerhans-Zellen und ■ Merkel-Zellen.

Neben den Keratinozyten gibt es folgende Zelltypen in der Epidermis: ■ Melanozyten, ■ Langerhans-Zellen und ■ Merkel-Zellen.

Melanozyten: Diese spinnenförmigen Zellen kommen im Stratum basale vor. Sie sitzen der Basalmembran direkt auf und besitzen keine Desmosomen bzw. Hemidesmosomen. Sie sind verantwortlich für die Melaninsynthese. Die Melaninkörperchen (Melanosomen) werden über die Zellfortsätze der Melanozyten in die Keratinozyten injiziert. Dieser Prozess wird als zytokrine Sekretion bezeichnet. Intrazellulär nehmen die Melaninkörperchen eine schildförmige supranukleäre Position ein. Damit werden die Zellkerne von Keratinoblasten, die in die Mitose eintreten, vor ultravioletten Strahlen geschützt. Die basalen Keratinozyten enthalten mehr Melanin als die Melanozyten.

Melanozyten: Sie kommen im Stratum basale vor und sind verantwortlich für die Melaninsynthese. Die Melaninkörperchen werden über die Zellfortsätze der Melanozyten in die Keratinozyten injiziert und schützen deren Zellkerne vor UV-Strahlung.

▶ Merke. Durch Sonnenexposition kann die Melaninbildung gesteigert werden, wo-

▶ Merke.

hingegen die Anzahl der Melanozyten gleich bleibt. ▶ Exkurs: Bedeutung des Melanins für die Hautfarbe. Die Hautfarbe eines Menschen hängt von vielen Faktoren ab; der Melaningehalt ist dabei das wichtigste Kriterium. Ein hoher Melaningehalt verhindert bei Sonneneinstrahlung die Bildung von Erythemen (Sonnenbrand). Bei Kaukasiern wird das Melanin durch Lysosomen in den suprabasalen Schichten wieder abgebaut, zudem sind die Melanosomen in „Pakete” zusammengefasst, die somit die Dispersion und Absorption des Lichtes verringern. In der farbigen Haut gibt es keinen solchen Abbau. Melanin kommt hier in allen Schichten vor, die Zahl der Melanozyten ist aber in beiden Hauttypen gleich. Die Melanosomen sind verstreut und erhöhen Dispersion und Absorption des Lichtes.

▶ Exkurs: Bedeutung des Melanins für die Hautfarbe.

1270

O

▶ Klinik.

1 Haut (Integumentum commune)

▶ Klinik. Das maligne Melanom ist ein hochgradig maligner Tumor, der von den Melanozyten ausgeht. Es kommt zu einer frühzeitig einsetzenden lymphogenen und hämatogenen Metastasierung, weil Melanozyten nicht im Zellverband wachsen und keine Interzellularbrücken bilden. Die Ätiologie des malignen Melanoms ist unbekannt. Als pathogenetischer Faktor wird die Induktion durch UV-Strahlung angenommen. Ein häufig zunächst als sog. Muttermal angesehener Fleck beginnt langsam zu wachsen. Der Tumor ist meist von tiefbrauner bis blauschwarzer Farbe. Mitunter finden sich im Tumor pigmentfreie Areale, selten ist ein malignes Melanom komplett pigmentfrei.

⊙ O-1.6

Malignes Melanom

(Moll, I.: Duale Reihe Dermatologie. Thieme, 2005)

Langerhans-Zellen (LC): Abstammend aus dem Knochenmark wandern sie in das Stratum spinosum ein. Durch ihre Fähigkeit zur Antigenpräsentation (S. 175) gehören sie zum Immunsystem der Haut.

Langerhans-Zellen (LC): Diese makrophagenähnlichen dendritischen Zellen kommen im Stratum spinosum vor. Sie stammen vom Knochenmark ab und wandern in die Haut ein. LC gehören zum Immunsystem der Haut und nehmen durch rezeptorvermittelte Endozytose Fremdproteine (Antigene) auf, die in die Epidermis eingedrungen sind. Die baumartigen Ausläufer des Cytoplasmas suchen dabei sehr effektiv größere Flächen nach Fremd-Antigenen ab. Nach der Antigenaufnahme wandern die LCs in den nächsten Lymphknoten ein und präsentieren dort das Antigen (S. 175) für die Immunzellen (z. B. Killer-T-Lymphozyten).

Merkel-Zellen: Dies sind mechanorezeptive Zellen im Stratum basale.

Merkel-Zellen: Diese mechanorezeptiven Zellen befinden sich zwischen den Keratinozyten im Stratum basale. Ihr Ursprung ist unbekannt. Besonders häufig kommen sie in den Fingerspitzen vor. Jede Merkel-Zelle ist mit einer scheibenförmigen sensiblen Nervenendigung verbunden. Es gibt Befunde, die auf eine neurosekretorische Funktion hindeuten.

⊙ O-1.7

Epidermale Zelltypen Keratinozyten

Langerhans-Zelle

Vimentinfilamente Birbeck-Granula

MelanosomenKomplex im Keratinozyten

neurosekretorische Granula

Prämelanosom (Zyto)Keratinfilamente

Melanosom Vimentinfilamente

Basalmembran Golgi-Apparat

(Moll, I.: Duale Reihe Dermatologie. Thieme, 2010)

Desmosom Melanozyt

Merkel-Zelle

O

1271

1.3 Aufbau der Haut

Dermis (Lederhaut)

Dermis (Lederhaut)

▶ Synonym. Corium

▶ Synonym.

▶ Definition. Die Dermis ist ein Bindegewebe mit gut entwickelten elastischen und

▶ Definition.

Kollagenfasern (Typ-I-Kollagen, Tab. A-2.8). Sie besteht aus zwei Schichten: Papillarschicht (Stratum papillare, 20 % der Dermis) und die ■ tiefer gelegene Geflechtschicht (Stratum reticulare, 80 % der Dermis).

Sie besteht aus 2 Schichten: ■ Stratum papillare. ■ Stratum reticulare.

Stratum papillare (Papillarschicht): Sie grenzt unmittelbar an die Epidermis und ist gekennzeichnet durch Bindegewebspapillen. In diese Papillen ziehen kollagene Fasern hinein und wirken so einer Abscherung entgegen. Das lockere Bindegewebe, das die kollagenen Fasern begleitet, enthält Kapillarschlingen, Lymphkapillaren, Nervenendaufzweigungen und Sinnesorgane (Meissner-Tastkörperchen) sowie Bindegewebszellen (Fibroblasten/Fibrozyten und Zellen des Immunsystems).

Stratum papillare (Papillarschicht): Mit 20 % macht sie den geringeren Anteil der Dermis aus. Hier liegen Meissner-Tastkörperchen.

Stratum reticulare (Geflechtschicht): Sie beginnt ohne Übergang zur Papillarschicht. Hier kommen starke kollagene Faserbündel in verschiedenen Winkelstellungen vor, welche die Dehnbarkeit der Haut ermöglichen.

Stratum reticulare (Geflechtschicht): Die verschieden ausgerichten kollagenen Faserbündel ermöglichen die Dehnbarkeit der Haut.



▶ Klinik. Bei starker Überdehnung der Haut, z. B. der Bauchhaut bei starker Fettsucht oder in der Schwangerschaft, entstehen Einrisse im Gefüge der Dermis, die als helle silbrige oder rötliche Streifen (Striae distensae) sichtbar werden.

⊙ O-1.8

▶ Klinik.

Striae distensae

(Füeßl, F.S., Middeke, M.: Duale Reihe Anamnese und Klinische Untersuchung. Thieme, 2014)

Das Kollagenfasergeflecht ist regional unterschiedlich ausgerichtet und hat neben Faserbündeln auch weniger dichte Stellen. ▶ Merke. Durch die Anordnung und Struktur der dermalen Bindegewebsfasern ent-

▶ Merke.

stehen die klinisch relevanten Hautspaltlinien (Abb. O-1.9), die mit Spannungsunterschieden in der Haut einhergehen. ▶ Klinik. Chirurgische Hautschnitte sollen möglichst in Richtung der Spaltlinien er-

▶ Klinik.

folgen, um eine bessere Wundheilung zu ermöglichen; bei Schnittführung quer zu den Spaltlinien besteht die Gefahr, dass die Wunde vermehrt klafft. Zwischen den Kollagenfasern befinden sich elastische Netze, durch die eine Rückordnung bewirkt wird. Lässt die Elastizität im Alter nach, erscheint die Haut schlaff und faltig. Auch für die Beugelinien an den Gelenken ist das Stratum reticulare verantwortlich. Die Dermis ist auch der Ort für Tattoos (Einlagerung von Farbstoffen, die nicht abgebaut werden). Folgende Bindegewebeszellen liegen zwischen den Fasern beider Schichten der Dermis: ■ Fibroblasten/Fibrozyten in verschiedenen Differenzierungsstadien ■ Elastoblasten/Elastozyten ■ Makrophagen, Histiozyten, Mastzellen und Lymphozyten. Im Stratum papillare befindet sich die größte Konzentration an Mastzellen.

Zwischen den Kollagenfasern liegen elastische Netze.

Zwischen den Fasern liegen neben Fibro- und Elastozyten auch Makrophagen, Histiozyten, Mastzellen (diese v. a. im Stratum papillare) und Lymphozyten.

1272 ⊙ O-1.9

O

1 Haut (Integumentum commune)

⊙ O-1.9

Verlauf der Hautspaltlinien

(Moll, I.: Duale Reihe Dermatologie. Thieme, 2010)

Tela subcutanea (Unterhaut) ▶ Synonym.

Tela subcutanea (Unterhaut) ▶ Synonym. Hypodermis; Subcutis

Funktion: Sie ermöglicht die Verschieblichkeit der Haut gegen die oberflächliche Körperfaszie.

Funktion: Die Unterhaut stellt die Verbindung zwischen Haut und oberflächlicher Körperfaszie her und ermöglicht die Verschieblichkeit der Haut. Diese Verschieblichkeit ist je nach Lokalisation sehr unterschiedlich ausgeprägt (besonders stark z. B. bei Augenlidern, Penis und Scrotum).

Aufbau: Die Tela subcutanea besteht überwiegend aus Fettgewebe, das von bindegewebigen Retinacula cutis durchzogen ist. Sie ist geschlechtsspezifisch in verschiedenen Körperregionen unterschiedlich dick.

Aufbau: Die Tela subcutanea besteht aus einem lockeren Binde- und Fettgewebe, wobei das Fettgewebe dominiert. Sie ist mit straffen Bindegewebszügen (Retinacula cutis) durchsetzt, welche die Dermis mit den Faszien bzw. Periost verbinden. Die Dicke der Subkutis ist abhängig von Körperregion, Geschlecht (hormonale Einflüsse!) und Körpergewicht. Bei der Frau wird bevorzugt die Haut von Brust, Hüften und Gesäß von subkutanem Fett unterlagert, beim Mann die Bauchhaut („Bierbauch”). Neben diesem Depotfett, kommt das Fettgewebe auch als Baufett vor (z. B. an der Fußsohle).

1.3.3

1.3.3 Hautrezeptoren

Hautrezeptoren

Siehe Tab. O-1.2 und Rezeptoren der Mechanorezeption (S. 1196).

≡ O-1.2

In der Haut bzw. Unterhaut liegen verschiedene Rezeptoren (S. 1196), die unterschiedliche Sinnesqualitäten vermitteln (Tab. O-1.2).

≡ O-1.2

Hautrezeptoren

Rezeptor

vermittelte Sinnesqualität

vorwiegende Lage

freie Nervenendigungen

mechanische, thermische und Schmerzempfindungen

Epidermis und Dermis

Merkel-Zellen (S. 1270)

Druck

Epidermis (Stratum basale)

Meissner-Tastkörperchen

Berührung

Dermis (Stratum papillare)

Ruffini-Körperchen

Dehnung

Dermis (Stratum reticulare)

Vater-Pacini-Körperchen

Vibration

Tela subcutanea

O

1.4

1273

1.4 Gefäßversorgung und Innervation der Haut

Gefäßversorgung und Innervation der Haut

▶ Merke. Während die Epidermis keine Blutgefäße und Nerven enthält, ist die Der-

1.4

Gefäßversorgung und Innervation der Haut

▶ Merke.

mis außerordentlich gut versorgt. Die Epidermis wird durch Diffusion aus der Dermis versorgt. Blutgefäße: Die menschliche Dermis besitzt mehr Blutgefäße als die aller anderen Wirbeltiere. Neben der Versorgung mit Nährstoffen spielen sie auch eine bedeutende Rolle bei der Wärmeregulation. Daher sind sie überproportional gut entwickelt, sodass sie 5 % des gesamten Blutes aufnehmen können. Wenn die inneren Organe mehr Blut benötigen, wird die entsprechende Menge aus der Haut der Blutzirkulation zugeführt. Das Blutgefäßsystem besteht aus zwei Gefäßplexus (Abb. O-1.10), einem tief gelegenen an der Grenzfläche zwischen Dermis und Subcutis (Plexus profundus) und einem höher angeordnetem (Plexus superficialis). Beide Netze sind durch vertikale Gefäße miteinander verbunden.

Blutgefäße: Neben der Versorgung mit Nährstoffen spielt das aus zwei Plexus bestehende Blutgefäßsystem (Abb. O-1.10) auch eine bedeutende Rolle bei der Wärmeregulation.

Lymphabfluss: Das System der Lymphgefäße dient dem Stofftransport aus der extrazellulären Matrix heraus. Es besteht aus sehr dünnwandigen Gefäßen, die mit einer blasenartigen Struktur in den dermalen Papillen enden.

Lymphabfluss: Er erfolgt über dünnwandige Gefäße, die mit einer blasenartigen Struktur in den dermalen Papillen enden.

Nerven: Zur Vermittlung der über die Hautrezeptoren (S. 1196) aufgenommenen Sinnesreize nach zentral dienen somatoafferente Fasern, deren Zellkörper im Spinalganglion liegt. Innervationsgebiete peripherer Nerven und Dermatome (S. 207). Darüber hinaus ziehen in die Haut efferente Fasern zur Innervation der Drüsen und Mm. arrectores pilorum (S. 1274).

Nerven: Zur Vermittlung der über die Hautrezeptoren (S. 1196) aufgenommenen Sinnesreize nach zentral dienen somatoafferente Fasern, deren Zellkörper im Spinalganglion liegt. Vgl. Innervationsgebiete peripherer Nerven und Dermatome (S. 207).

⊙ O-1.10

⊙ O-1.10

Gefäßplexus der Haut

Kapillaren

subpapillärer Gefäßplexus

Arteriolen und Venolen

tiefer dermaler Gefäßplexus (Moll, I.: Duale Reihe Dermatologie. Thieme, 2010)

O

2

Hautanhangsgebilde

2.1 2.2 2.3

Definition . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1274 Haare und Nägel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1274 Drüsen der Haut (Glandulae cutis) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1276

D. Reißig, J. Salvetter 2.1

Definition

▶ Definition.

2.1

Definition

▶ Definition. Haare, Nägel und Drüsen (Talg-, Schweiß- und Brustdrüsen) werden als epitheliale Anhangsgebilde der Haut (Hautanhangsgebilde) oder Hautanhangsorgane bezeichnet. Sie sind ausdifferenzierte Epithelknospen des Ektoderms, die in das darunter liegende Mesoderm eingesprossen sind.

Haare und Nägel

2.2

Haare und Nägel

2.2

2.2.1

Haare (Pili)

2.2.1 Haare (Pili)

Funktion: Ihre Funktion ist beim Menschen v. a. ästhetischer Natur. Die Mm. arrectores pilorum können die Haare aufrichten (Gänsehaut) und spielen eine Rolle beim Auspressen von Talgdrüsen.

Funktion: Die Haare haben beim Menschen keine entscheidende biologische Funktion, sie spielen aber eine wichtige ästhetische Rolle. Die Musculi arrectores pilorum, kleine Bündel glatter Muskulatur, die am Haarbalg und der Epidermis verankert sind, können bei Erregung die Haare aufrichten (Gänsehaut, Cutis anserina). Dies geschieht auch reflektorisch bei Kälte. Darüber hinaus führen sie dazu, dass Talgdrüsen ausgepresst werden.

Haartypen: Man unterscheidet Lanugo-, Velus- und Terminalhaar sowie bei Letzterem Kurz- und Langhaar.

Haartypen: Das Haarkleid des Menschen besteht zunächst primär (perinatal) aus dem feinen Lanugohaar (Wollhaar), welches durch das Velushaar ersetzt wird. Nach der Pubertät entsteht das Terminalhaar durch den hormonellen Einfluss, man unterscheidet hierbei Kurzhaar (Borstenhaar der Wimpern, Augenbrauen etc.) und Langhaar (Kopf- und Bartbehaarung, Schamhaar, Achselhaar etc.). Die genetische Prädisposition spielt hierbei eine große Rolle.

Haarfarbe: Sie wird durch die Melaninmenge in der Haarpapille bestimmt.

Haarfarbe: Melanozyten in der Haarpapille geben Melaningranula an die am Haaraufbau beteiligten Epithelzellen ab. Die Melaninmenge bestimmt die Haarfarbe.

Entwicklung, Aufbau und Wachstum: Aus Epidermiszapfen entsteht der Haarkolben mit -matrix. Im umgebendenden Mesenchym bildet sich aus der Haarpapille die Haarzwiebel (Bulbus pili) mit emporwachsendem Haarschaft. Verliert der Haarschaft den Kontakt zur Papille (Kolbenhaar), bildet diese ein Ersatzhaar (Haarwechsel).

Entwicklung, Aufbau und Wachstum: In der 9. bis 12. Entwicklungswoche sprossen Epidermiszapfen in das angrenzende Mesenchym. Das Ende dieser Zapfen verdickt sich zum Haarkolben, dessen äußere Zelllage zur Haarmatrix wird. Proliferierendes Mesenchym aus der Umgebung führt zur Ausbildung der Haarpapille, aus der sich die Haarzwiebel (Bulbus pili) bildet (Abb. O-2.1). Aus ihr wächst der Haarschaft empor, der die Oberfläche der Haut durchstößt. Das Haar (Haarschaft) besteht aus dem Haarmark (im Inneren), umkleidet von der Haarrinde. Im untersten Teil ist das Haar von der Wurzelscheide umgeben. Das Einstellen der mitotischen Aktivitäten an der Haarpapille führt zum Haarwechsel, da der Haarschaft den Kontakt zur Papille verliert (wird als Kolbenhaar bezeichnet) und im Haarkanal zur Oberfläche wandert. Ein Ersatzhaar wird aus der Haarpapille gebildet, welches bei seinem Längenwachstum das Kolbenhaar vor sich herschiebt und zum Ausfallen bringt.

Innervation: sympathisch (Noradrenalin) → Mm. arrectores pilorum.

Innervation: Die Mm. arrectores pilorum werden sympathisch innerviert (Transmitter: Noradrenalin).

O

⊙ O-2.1

1275

2.2 Haare und Nägel

Aufbau des Haares und Haarwechsel

Haarschaft

Talgdrüse M. arrector pili Haarmark Haarrinde Wurzelscheide

Kolbenhaar

neue Haarzwiebel

Haarpapille Haarzwiebel Haarpapille bI

a

b II

b III

(Schwegler, J.S.: Der Mensch: Anatomie und Physiologie. Thieme, 2011)

a Längsschnitt durch ein Haar b und Prozess des Haarwechsels.

2.2.2 Finger- und Zehennägel (Ungues)

2.2.2

Funktion: Die Nagelplatte hat die Funktion eines Widerlagers für die Fingerbeere; sie ermöglicht somit die differenzierte Tastsinneswahrnehmung.

Funktion: Das Widerlager für die Fingerbeere trägt zur verbesserten Wahrnehmung des Tastsinns bei. Aufbau und Wachstum: Der Nagel entsteht durch Einstülpung der Epidermis. Er wächst von der Nagelmatrix, deren distales Ende als Lunula sichtbar ist, aus und wird über das Nagelbett nach distal geschoben.

Aufbau und Wachstum: Der Nagel (Unguis) ist ca. 0,5 mm dick und entsteht durch Einstülpung der Epidermis. Das Wachstum geht von der Nagelmatrix aus, über das Nagelbett wird der Nagel mit einer Wachstumsgeschwindigkeit von 0,1 mm pro Tag nach distal geschoben. Proximal ist die halbmondförmige Lunula sichtbar; sie stellt das distale Ende der Nagelmatrix dar. ▶ Klinik. Angeborene irreversible Nagelveränderungen und Proliferationsstörungen der Nagelmatrix sowie Infektionen im Bereich der Nagelplatte können zu erheblichen Beeinträchtigungen der Funktion führen.

⊙ O-2.2

Nagelveränderungen

(Moll, I.: Duale Reihe Dermatologie. Thieme, 2010)

a Wachstumsstörungen der Nagelmatrix mit Querrille in der Nagelplatte. b Spaltung der Nagellamellen (Onychochisis). c Sich ausbreitende Entzündung des Nagelwalls.

a

b

c

Finger- und Zehennägel (Ungues)

▶ Klinik.

1276 ⊙ O-2.3

O

2 Hautanhangsgebilde

⊙ O-2.3

Aufbau eines Nagels Nagelwall

Nagelplatte

Nagelwurzel

b Nagelplatte

Nagelbett Nagelfalz

Nageltasche Fingerknochen

Nagelwall

Lunula

a

c

(Faller, A., Schünke, M.: Der Körper des Menschen. Thieme, 2012)

a Aufsicht auf einen Nagel b sowie Längsc und Querschnitt durch das Nagelbett.

2.3

Drüsen der Haut (Glandulae cutis)

2.3

Drüsen der Haut (Glandulae cutis)

Talgdrüsen (Glandulae sebaceae holocrinae) Funktion: Holokrin gebildete Talgsubstanz hat Schutzfunktion.

2.3.1 Talgdrüsen (Glandulae sebaceae holocrinae)

Aufbau: Talgdrüsen entstehen aus epithelialen Zellbereichen im Bereich der Haarwurzel und an den Übergängen von Haut und Schleimhaut (freie Talgdrüsen). Die alveolären Endstücke sezernieren die Talgsubstanz (Sebum).

Aufbau: Talgdrüsen entstehen aus epithelialen Zellbereichen an der äußeren Wurzelscheide der Haare. Sie breiten sich im umgebenden Mesenchym aus. Die alveolären Endstücke sezernieren die Talgsubstanz (Sebum). Durch absterbende Zellbereiche entstehen Ausführungsgänge, durch die der Talg in den Haarkanal transportiert wird. Im Bereich der Übergänge von Haut und den Schleimhäuten sind freie Talgdrüsen ausgebildet, die nicht an einen Haarfollikel gebunden sind (Lippen, Augenlider, Preputium, Glans penis etc.).

Einflussfaktoren auf die Talgproduktion und -sekretion: Talgproduktion und -viskosität steigen durch Testosteron und werden durch Östrogene gehemmt. Durch Kontraktion der Mm. arrectores pilorum wird der Talg ausgepresst.

Einflussfaktoren auf die Talgproduktion und -sekretion: Die Talgproduktion wird hormonell beeinflusst: ■ Testosteron steigert die Produktion und Viskosität des Talgs, ■ Östrogene hemmen die Produktion und reduzieren die Viskosität. Durch Kontraktion der Mm. arrectores pilorum werden die Talgdrüsen ausgepresst und damit der Talg sezerniert.

2.3.1

▶ Klinik.

Funktion: Die holokrin gebildete Talgsubstanz dient der Einfettung der Haut (Schutzfunktionen) und der Haare.

▶ Klinik. Der Verschluss der Ausführungsgänge führt zum Sekretrückstau (Entwicklung von Retentionszysten) und Mitessern (Komedonen). Letztere kennzeichnen das klinische Bild einer Acne comedonica (Abb. O-2.4a). Entstehen daraus entzündliche Papeln und Pusteln, spricht man von einer Acne papulopustulosa (Abb. O-2.4b).

⊙ O-2.4

Acne comedonica und papulopustulosa

(Moll, I.: Duale Reihe Dermatologie. Thieme, 2010)

a

b

O

2.3.2 Kleine und große Schweißdrüsen (Glandulae sudoriferae eccrinae und apocrinae) Die beiden verschiedenen Typen der Schweißdrüsen erfüllen verschiedene Funktionen, unterscheiden sich morphologisch und in ihrer Verteilung am menschlichen Körper. Typen und Funktion: ■ Die ekkrinen kleinen Schweißdrüsen sind über den gesamten Körper verteilt (größte Dichte im Handteller mit 300/cm2, niedrigste Dichte im Rückenbereich mit 50/cm2), ihre Ausführungsgänge münden an einer erhöhten Stelle der Epidermis. Die kleinen Schweißdrüsen dienen der Thermoregulation des Körpers. In 24 Stunden werden bei mittlerer Umgebungstemperatur und Luftfeuchtigkeit ca. 500 ml Schweiß sezerniert, dessen Verdunstung zur Abkühlung des Körpers führt. Diese Menge ist erheblich größer bei hohen Temperaturen und geringer Luftfeuchtigkeit (ca. das Zwanzigfache). Da im Schweiß Kochsalz vorhanden ist, bedeutet dieses erhöhte Schwitzen einen leistungsvermindernden Kochsalzverlust. ▶ Klinik. Bei regelmäßigem/häufigem Schwitzen (z. B. bei regelmäßigem Sport) nimmt die Elektrolytkonzentration im Schweiß ab und die Schweißmenge nimmt zu. ■

1277

2.3 Drüsen der Haut (Glandulae cutis)

Die apokrinen großen Schweißdrüsen (Duftdrüsen) befinden sich nur an einigen bevorzugten Stellen des Körpers, aus ihrer Benennung ist die Lage zu entnehmen: Gll. ciliares, ceruminosae, vestibulares nasi, axillares etc., ihre Ausführungsgänge münden stets höher als die Talgdrüsen in den Haarkanal. Mit der Pubertät erreichen die Duftdrüsen ihre volle Funktionsfähigkeit. Die Gll. axillares sind die am stärksten entwickelten Duftdrüsen. Das Sekret der großen Schweißdrüsen enthält sehr reichlich organische Bestandteile, die bei Zersetzung den Körpergeruch der jeweiligen Person mitbestimmen (Buttersäure und ihre Derivate).

2.3.2

Kleine und große Schweißdrüsen (Glandulae sudoriferae eccrinae und apocrinae) Man unterscheidet funktionell und morphologisch zwei Typen von Schweißdrüsen

Typen und Funktion: ■ Die ekkrinen kleinen Schweißdrüsen sind mit unterschiedlicher Dichte über den gesamten Körper verteilt und dienen der Thermoregulation.

▶ Klinik.



Die apokrinen großen Schweißdrüsen, die nur an speziellen Körperstellen vorkommen sind Duftdrüsen, die den individuellen Körpergeruch mitbestimmen.

Entwicklung und Aufbau: Ein massiver Zellstrang wächst aus der Epidermis in die Dermis hinein und bildet durch Verdickung an der Grenze Dermis/Subkutis Drüsenendbereiche aus sezernierenden und myoepithelialen Zellen aus. Der Zellstrang zerfällt im Zentrum und bildet so den Ausführungsgang.

Entwicklung und Aufbau: Ein massiver Zellstrang wächst aus der Epidermis in die Dermis hinein und bildet Drüsenendbereiche.

Innervation: Die Schweißdrüsen werden cholinerg innerviert.

Innervation: Cholinerg.

2.3.3 Brustdrüse (Glandulae mammariae)

2.3.3

Funktion und Aufbau: Die Brust ist bei beiden Geschlechtern vorhanden und ein sekundäres Geschlechtsmerkmal. Die männliche Brustdrüse wächst während der Pubertät nur sehr geringfügig und geht danach in einen Ruhezustand. Die weibliche Brustdrüse dagegen unterliegt ausgeprägten sexualzyklischen Veränderungen. Sie entwickelt sich durch den Einfluss der Sexualhormone unter Zunahme des Gewebes und des Drüsenapparates. Während Gravidität (Schwangerschaft) werden die Voraussetzungen für die Milchproduktion und -sekretion (Laktation) nach der Geburt des Kindes geschaffen. Die Muttermilch als Sekret der weiblichen Brustdrüse ist eine Emulsion von Lipiden in Wasser, die aber auch andere Stoffe enthält (Kohlenhydrate, Immunglobuline, Salze, Vitamine etc.). Die Brustdrüse ist Teil der Epidermis, sie entsteht aus Epithelfortsätzen, die in das angrenzende Bindegewebe einwachsen. Sie besteht aus 12 bis 15 Einzeldrüsen (Milchdrüsen, Lobi glandulae mammariae), die jeweils über einen Ductus lactiferi (Milchgang) unabhängig voneinander mit je einer spindelförmigen Erweiterung (Sinus lactiferi) auf der Brustwarze münden. Brustdrüse und der zugehörige Bindegewebsapparat bilden die Mamma, ein sich halbkuglig vorwölbendes Organ. Die Brustform wird durch die altersabhängige Spannung des Bindegewebsapparates bestimmt. Brustwarze (Papilla mammaria) und Warzenhof (Areola mammae) sind stark pigmentierte Bereiche in der Brustmitte.

Funktion und Aufbau: Die Brust ist ein sekundäres Geschlechtsmerkmal. Die weibliche Brustdrüse entwickelt sich erst mit der Pubertät. In der Laktationsphase produziert und sezerniert sie Muttermilch.

Brustdrüse (Glandulae mammariae)

Die Brustdrüse ist Teil der Epidermis. Sie besteht aus mehreren Lobi glandulae mammariae), die jeweils über einen Milchgang unabhängig voneinander auf der Papilla mammaria münden. Brustdrüse und zugehöriges Bindegewebe bilden die Mamma.

1278 ▶ Klinik.

O

2 Hautanhangsgebilde

▶ Klinik. Beim Mann führt ein gestörtes Verhältnis von Androgenen zu Östrogenen in der Entwicklungsphase zur gesteigerten Entwicklung von Brust und Brustdrüsen, was als Gynäkomastie bezeichnet wird. Auch Männer können an Brustkrebs erkranken, wenn auch sehr selten, da auch sie über blind endende funktionslose Lobi glandulae mammariae verfügen

Entwicklung: Die Brustdrüsen entstehen aus einer Epidermisleiste (Milchleiste).

Entwicklung: Eine Epidermisleiste (Milchleiste), die sich bei beiden Geschlechtern von der Axilla zur Leistenbeuge zieht, bildet die Anlage der Brustdrüsen. Nur das thorakale Paar auf dieser Milchleiste entwickelt sich zu Brustdrüsen.

Gefäßversorgung und Innervation: Siehe Gefäßversorgung (S. 299) und Innervation der Thoraxwand (S. 302).

Gefäßversorgung und Innervation: Die arterielle Versorgung der Brustdrüse erfolgt über Blutgefäße der Brustwand (A. thoracica lateralis und A. thoracica interna bzw. deren R. mammarii). Die Venen sind netzförmig und weitmaschig verzweigt und liegen sowohl oberflächlich als auch tief in der Mamma. Die Lymphgefäße bilden ein ähnliches Netzsystem im Organ. Von klinischer Bedeutung (Mammakarziom) ist insbesondere der Lymphabfluss der Mamma, der mit den anderen Gefäßen im Rahmen der Brustwand (S. 299) abgehandelt ist. Die Komplexität der Abflußmöglichkeiten im Lymphsystem erhöht die Gefahr der Metastasierung bei Karzinomen beträchtlich. Die Innervation (S. 302) erfolgt segmental über die Interkostalnerven bzw. deren R. mammarii.

⊙ O-2.5

⊙ O-2.5

Aufbau der Mamma

M. pectoralis major M. pectoralis minor Mm. intercostales

Fascia pectoralis Ligg. suspensoria mammaria („Cooper-Bänder“) Lobi glandulae mammariae Papilla mammaria

Vasa intercostalia

Sinus lactifer Ductus lactifer

Fascia abdominis superficialis

interlobuläres Bindegewebe

Die aus Lobi glandulae mammariae und umgebendem Bindegewebe bestehende Mamma liegt verschieblich auf der Fascia pectoralis. Mit ihr ist sie über Bindegewebszüge aus der Brusthaut (Ligamenta suspensoria mammaria = Cooper-Bänder) locker verbunden. (Prometheus LernAtlas. Thieme, 4. Aufl.)

Antwortkommentare klinische Fälle

1

Antwortkommentare klinische Fälle

1281

P

1

Antwortkommentare klinische Fälle

1.1 1.2 1.3 1.4 1.5 1.6 1.7 1.8 1.9 1.10 1.11 1.12

Lungenembolie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Muskeldystrophie Typ Duchenne . . . . . . . . Infektexazerbierte COPD . . . . . . . . . . . . . Myokardinfarkt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Metastasiertes Karzinoid . . . . . . . . . . . . . Diabetes mellitus . . . . . . . . . . . . . . . . . . Akutes prärenales Nierenversagen . . . . . . . Ösophagusvarizenblutung bei Leberzirrhose . Hyperthyreose bei Struma . . . . . . . . . . . . Schlaganfall. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Morbus Parkinson. . . . . . . . . . . . . . . . . . Morbus Cushing . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

1.1

Lungenembolie

. . . . . . . . . . . .

. . . . . . . . . . . .

P . . . . . . . . . . . .

. . . . . . . . . . . .

. . . . . . . . . . . .

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. . . . . . . . . . . .

. 1281 . 1282 . 1283 . 1284 . 1285 . 1286 . 1286 . 1287 . 1288 . 1289 . 1289 . 1291

Fallbeschreibung siehe „Akute Atemnot“ (S. 164). Zu 1. Eine Thrombose (S. 145) der tiefen Venen ist gefährlich, weil sich der Thrombus ablösen und direkt in die untere Hohlvene gelangen kann. Das Risiko ist besonders groß bei Thrombosen in der V. iliaca externa und der V. femoralis, geringer bei Thrombosen in der V. poplitea und sehr gering bei reinen Unterschenkelvenenthrombosen (V. tibialis, V. fibularis, Muskelvenen). Die epifaszialen (oberflächlichen) Venen des Beines haben für die Entwicklung von Embolien keine große Bedeutung, da die Gefäßlumina zu klein sind. Hier entstehen in der Regel nur lokale Probleme, wie z. B. eine Thrombophlebitis (Entzündung einer oberflächlichen Vene). Wesentliche oberflächliche Venen (S. 429) sind die V. saphena parva, die an der Außenseite des Unterschenkels verläuft und in der Kniekehle durch die Faszie tritt, wo sie in die V. poplitea einmündet. Die V. saphena magna, die an der Innenseite des Unter- und Oberschenkels verläuft, durchquert die Faszie im Bereich der „Krosse“ unterhalb des Leistenbandes. Beide großen oberflächlichen Venen sind über sog. „Perforans-Venen“ in ihrem Verlauf mit dem tiefen Venensystem verbunden. Dies kann bedeutsam werden, wenn die Klappen der Vv. perforantes nicht mehr korrekt schließen und bei erhöhtem Druck im tiefen Venensystem (z. B. bei postthrombotischem Syndrom) ein Rückfluss von Blut in die oberflächlichen Venen stattfindet, die sich dann als Krampfadern erweitern. Zu 2. Über die V. iliaca externa und communis gelangt der Thrombus in die V. cava inferior, von dort in den rechten Herzvorhof, durch die Trikuspidalklappe in die rechte Herzkammer und dann durch die Pulmonalklappe über den Truncus pulmonalis in die Arteria pulmonalis (Abb. P-1.1a). Hinter der Pulmonalklappe wird der Gefäßdurchmesser wieder kontinuierlich kleiner, so dass der Thrombus je nach Größe in einem Ast der A. pulmonalis steckenbleibt (S. 559). Da das Lungengewebe distal des thrombembolischen Verschlusses kein Blut mehr über die A. pulmonalis (Vasa publica (S. 558)) erhält, ist dort auch kein Gasaustausch mehr möglich. Dies führt zu der Atemnot der Patientin. Die Beschwerden sind umso schwerwiegender, je größer das nicht perfundierte Gebiet ist, d. h. je weiter proximal der Gefäßverschluss liegt. Zu 3. Bei persistierendem Foramen ovale (Abb. P-1.1 b) kann ein gelöster Thrombus vom rechten Vorhof aus das Septum interatriale in den linken Vorhof passieren (statt in den rechten Ventrikel weiterzuschwimmen). So gelangt er nicht in den kleinen, sondern unter Umgehung der Lunge in den großen Kreislauf. Dabei nimmt er vom linken Vorhof aus den Weg durch die Mitralklappe in den linken Ventrikel und von dort durch die Aortenklappe in die Aorta ascendens. Im Aortenbogen schwimmt der Thrombus besonders häufig in die oberen Äste (z. B. Truncus brachiocephalicus, A. carotis communis sinistra). Wenn er beispielsweise einen Ast der A. carotis interna verschließt, kann ein Schlaganfall ausgelöst werden.

1.1

Lungenembolie

1282 ⊙ P-1.1

P

1 Antwortkommentare klinische Fälle

⊙ P-1.1

Direktnachweis von Thromben in Lunge und Herz Thrombus in der A. pulmonalis (a) und im Foramen ovale (b). (U. N. Riede, Freiburg)

1.2

Muskeldystrophie Typ Duchenne

1.2

Muskeldystrophie Typ Duchenne

Fallbeschreibung siehe „Junge mit Muskelschwäche“ (S. 395). Zu 1. Für beide Bewegungen sind vor allem die Hüftstrecker von Bedeutung. Die wichtigste Rolle spielt dabei der M. gluteus maximus. Beim Treppensteigen müssen die Hüftbeuger lediglich die Schwerkraft des Beines überwinden, die Hüftstrecker jedoch die des gesamten Körpers. Ebenso stark belastet werden beim Treppensteigen die Kniestrecker, hier in erster Linie der M. quadriceps femoris (S. 377). Die Beckengürtelmuskulatur ist von Sebastians Erkrankung besonders stark betroffen. Zu 2. Da auch die Mm. glutei medius und minimus von Sebastians Krankheit betroffen sind, wird beim Einbeinstand durch geschwächte Abduktion auf der Standbeinseite das Becken zur Spielbeinseite abkippen (Trendelenburg-Zeichen (S. 356)). Auf Grund des i. d. R. symmetrischen Befalls der Muskulatur wird dies eintreten, unabhängig davon, auf welchem Bein Sebastian steht, wohingegen dies z. B. nach einer Läsion des N. gluteus superior bei intramuskulärer Injektion nur einseitig der Fall wäre (beim Einbeinstand auf der Seite der Nervenläsion). Zu 3. Der Watschelgang resultiert aus der beschriebenen Schwäche der Hüftgelenkabduktoren: Durch überproportionale Verlagerung des Oberkörpers auf die Standbeinseite wird versucht, das Absinken des Beckens zur Spielbeinseite zu kompensieren. Der ständige Wechsel von Stand- und Spielbein beim Gehen führt zu einer starken Rechts-Links-Bewegung des Oberkörpers, was dem Gangbild einen schwankend-watschelnden Aspekt verleiht. Zu 4. Die verstärkte Lendenlordose ist bei der kinderärztlichen Untersuchung aufgefallen, ebenso die Atrophie der Muskeln im Schultergürtelbereich, die auch abstehende Schulterblätter bedingt (Scapulae alatae, Abb. P-1.2).

P

⊙ P-1.2

a

Manifestation der Duchenne-Muskeldytrophie

b

1283

1.3 Infektexazerbierte COPD

⊙ P-1.2

Bei diesem 10-jährigen Jungen ist die Atrophie der proximalen Muskulatur deutlich ausgeprägt. Im Schultergürtelbereich kommt es dadurch zu abstehenden Schulterblättern (Scapulae alatae, →). Sichtbar sind weiterhin die verstärkte Lendenlordose und die auch bei Sebastian vorhandene Pseudohypertrophie der Wadenmuskulatur (Doppelpfeil). (Sitzmann, C. F.: Duale Reihe Pädiatrie. Thieme 2012)

c

⊙ P-1.3

Fortgeschrittene Duchenne-Muskeldystrophie

⊙ P-1.3

Dieser 16-jährige Junge mit ausgeprägter Muskelatrophie und starker Skoliose ist seit drei Jahren gehunfähig. (Sitzmann, C. F.: Duale Reihe Pädiatrie. Thieme 2012)

Bei weiterer Atrophie der autochthonen Rückenmuskulatur droht durch fehlende Stabilisierung der Wirbelsäule (S. 271) eine Skoliose (S. 249). Die betroffenen Kinder verlieren meist im Alter zwischen 12 und 15 Jahren ihre Gehfähigkeit und sind auf den Rollstuhl angewiesen (Abb. P-1.3). Besonders gefährlich ist der Befall der Atemmuskeln sowie der Herzmuskulatur, was zum frühen Tod der Patienten führt (meist um das 20. – 30. Lebensjahr herum).

1.3

Infektexazerbierte COPD

Fallbeschreibung siehe „Luftnot bei bekannter Lungenerkrankung“ (S. 577). Zu 1. Die glatte Muskulatur der Bronchien wird von den efferenten Fasern des Parasympathikus und Sympathikus versorgt. Eine Aktivierung des Sympathikus führt über Beta-2-Rezeptoren zu einer Bronchodilatation. Betablocker würden hingegen zu einer Engstellung der Bronchialmuskulatur führen und die Atemnot von Herrn Brennschmidt verstärken. Deshalb sind Betablocker bei COPD – genau wie bei Asthma bronchiale – kontraindiziert. Sinnvoll ist hingegen die Gabe des Beta-2-Mimetikums (Sultanol-Spray) und des Parasympatholytikums (Ipratropiumbromid), weil beide zu einer Erweiterung der Bronchien führen und Herrn Brennschmidt die Atmung erleichtern.

1.3

Infektexazerbierte COPD

1284

P

1 Antwortkommentare klinische Fälle

Zu 2. Die obstruktive Ventilationsstörung führt zu einer verminderten Belüftung der Alveolen. Um einen Shunteffekt (= Perfusion kaum belüfteter Areale) zu vermeiden, kommt es durch Autoregulation zu einer Konstriktion der kleinen Lungenarterien in den unterbelüfteten Bereichen (= alveolokapillärer Reflex, Euler-Liljestrand; s. a. Lehrbücher der Physiologie). Der Preis für den verminderten Shuntfluss ist ein Anstieg des Gefäßwiderstands im kleinen Kreislauf mit Entwicklung einer pulmonal-arteriellen Hypertonie. Folge der pulmonalen Hypertonie ist eine Druckbelastung des rechten Herzens mit Ausbildung eines sog. Cor pulmonale, da das Herz gegen einen erhöhten Widerstand im Lungenkreislauf anarbeiten muss. Die Zeichen der pulmonalen Hypertonie sind im Röntgenbild oft früher sichtbar als Veränderungen der Herzkontur.

⊙ P-1.4

⊙ P-1.4

Typisches Röntgenbild bei pulmonalarterieller Hypertonie Der prominente Pulmonalisbogen sowie erweiterte proximale Lungengefäße mit Kalibersprung zur Peripherie hin sind Zeichen eines erhöhten Drucks im kleinen Kreislauf. Ebenfalls für die COPD typisch ist die "Lungenüberblähung" mit erhöhter Strahlentransparenz und abgeflachten Zwerchfellen. Zusätzlich erkennbar ist ein kleiner Pleuraerguss rechts (Pfeil). (Oestmann, J.-W.: Radiologie. Thieme, 2014)

1.4

Myokardinfarkt

1.4

Myokardinfarkt

Fallbeschreibung siehe „Plötzliche Schmerzen auf der Brust“ (S. 626). Zu 1. Da die A. coronaria dextra (S. 602) meistens den Großteil der Herzhinterwand versorgt ist bei ihrem Verschluss mit dem Untergang von Herzmuskelgewebe in diesem Areal zu rechnen (Abb. P-1.5). Man spricht dann von einem Hinterwandinfarkt, der bei Herrn Oberhuber bereits im EKG erkennbar ist. Lediglich im Bereich der Herzspitze (Apex) erhält ein Teil der Hinterwand beim Normalversorgungstyp Blut über den R. interventricularis anterior (RIVA) der A. coronaria sinistra.

⊙ P-1.5

⊙ P-1.5

Infarktareal im Bereich der Hinterwand bei Verschluss der A. coronaria dextra

RIVA

RCA RCX

Das dargestellte Infarktareal (hellblau) entspricht der Ausdehnung im Falle der dunkelblau markierten Lokalisation des Gefäßverschlusses. Liegt die Stenose weiter proximal, ist die Ischämiezone entsprechend größer. (Hamm, C.W., Willems, S.: Checkliste EKG. Thieme, 2014)

Zu 2. Neben der Herzhinterwand werden Sinus- und AV-Knoten als die beiden für den Herzrhythmus entscheidenden Strukturen in der Regel von der A. coronaria dextra versorgt. Wenn es zu einer Mangeldurchblutung dieser Gebiete kommt, kann es z. B. zu AV-Blockierungen oder anderen bradykarden Herzrhythmusstörungen (gekennzeichnet durch zu langsamen Herzschlag) kommen.

P

1285

1.5 Metastasiertes Karzinoid

Zu 3. Die Ausdehnung des geschädigten Gewebes unterscheidet sich in Abhängigkeit vom vorliegenden Versorgungstyp (S. 604). Aufgrund des kleineren betroffenen Areals werden die durch Verschluss der A. coronaria dextra entstehenden Schäden bei einem Linksversorgungstyp kleiner sein als bei einem ausgeglichenen bzw. erst recht bei einem Rechtsversorgungstyp. Je ausgedehnter der Infarkt ist, desto schlechter ist die zu erwartende Pumpfunktion des Herzens nach dem Infarkt. Allerdings hängt natürlich das Ausmaß der Schädigung neben der Größe der Infarktausdehnung auch von anderen Faktoren wie z. B. der Dauer der Minderperfusion ab, weshalb in jedem Fall eine schnellstmögliche Beseitigung der Stenose durch Dilatation erfolgen sollte.

1.5

Metastasiertes Karzinoid

1.5

Metastasiertes Karzinoid

Fallbeschreibung siehe „Bluthochdruck und flush“ (S. 733). Zu 1. Karzinoide sind maligne Tumore, die vorwiegend von den neuroendokrinen Zellen des Gastrointestinaltrakts ausgehen. Sie treten am häufigsten in der Appendix (45 %), im unteren Dünndarm (28 %, Abb. P-1.6), Rektum (16 %) und Magen (5– 10 %) auf. Extraintestinale Lokalisationen sind selten. Da neuroendokrine Zellen aber auch in den Schleimhäuten des Respirationstraktes vorkommen, können Karzinoide in der Lunge entstehen (Bronchuskarzinoid). Da das Karzinoid hier meist in der Nähe des Lungenhilums wächst, verursacht es häufig eine Stenose des Hauptbronchus. Zu 2. Eine wesentliche Funktion des Ileums ist die Gallensäurerückresorption mit Einschleusung der Gallensäuren in den enterohepatischen Kreislauf. Fällt diese Rückresorption durch Ileumresektion weg, gelangen die Gallensäuren in den Dickdarm. Dort werden sie von Bakterien dekonjugiert und hemmen die Wasser- und Natriumresorption, so dass es zu wässrigen Stühlen kommt, der so genannten „chologenen Diarrhö“. Die Leber reagiert auf den Gallensäureverlust mit einer Mehrsekretion von Gallensäuren, so dass die gallensäureabhängige Resorption von Fettsäuren und fettlöslichen Vitaminen in der Regel nicht gestört ist. Dies wäre erst bei einer Resektion von > 100 cm des Ileums der Fall und kann folglich zu Fettstühlen (Steatorrhö) und Mangelerscheinungen der fettlöslichen Vitamine (A, D, E und K) führen. Auch die Vitamin-B12-Resorption ist erst bei einer Ileumresektion von > 50 cm gestört, was sich klinisch durch eine Vitamin-B12-Mangelanämie manifestieren kann. Durch Wegfall der Ileozäkalklappe als Barriere zwischen Dünn- und Dickdarm kommt es zu einer Verkürzung der Verweildauer des Darminhalts im Darmlumen und zu einem Reflux von Dickdarminhalt in den Dünndarm. Eine darüber ermöglichte Besiedlung des Dünndarms mit Bakterien des Kolons begünstigt die bakterielle Dekonjugation der Gallensäuren bereits im Ileum und verstärkt die chologene Diarrhö.

⊙ P-1.6

⊙ P-1.6

Dünndarmkarzinoid Das Ileumresektat zeigt den kleinen Primärtumor, der in der Submukosa liegt (Pfeil) und eine große Lymphknotenmetastase (LNM). (U. N. Riede, Freiburg)

1286

P

1.6

1.6

Diabetes mellitus

1 Antwortkommentare klinische Fälle

Diabetes mellitus

Fallbeschreibung siehe „Leistungsabfall und Polyurie“ (S. 760). Zu 1. Das Pankreas enthält eine Vielzahl von sog. β-Zellen in den endokrinen Anteilen, den Langerhans-Inseln. Die funktionelle Reserve ist groß, so dass es erst bei einer Verminderung um ca. 80 % zur klinischen Manifestation eines Diabetes mellitus kommt. Zu 2. Das Pankreas hat endokrine und Funktionen. Neben der Insulinproduktion gibt es noch weitere Hormone, die im Pankreas gebildet werden: Glukagon und Somatostatin (letzteres dient eher der „internen Regulation“ der Hormonausschüttung). Außerdem wird im Pankreas der „Bauchspeichel“ gebildet, der über das Pankreasgangsystem in das Duodenum abgegeben wird, wo er der Verdauung von Kohlenhydraten, Eiweiß und Fetten dient. Alle diese Substrate müssen nach Pankreasresektion ganz oder teilweise medikamentös ersetzt werden. 1.7

Akutes prärenales Nierenversagen

1.7

Akutes prärenales Nierenversagen

Fallbeschreibung siehe „Akute Verwirrtheit“ (S. 789). Zu 1. Für die Filtrationsfunktion der Niere ist die ausreichende Durchblutung des Organs unerlässlich. Ist sie herabgesetzt, kann dies – neben vermehrter Freisetzung von ADH – auch über renale Regulationsmechanismen (z. B. Aktivierung des RAAS (S. 772), Steigerung der Salz- und Wasserrückresorption) kompensiert werden. Die renale Autoregulation ist jedoch nur innerhalb gewisser Grenzen möglich. Bei länger anhaltender Minderperfusion mit erniedrigtem Druck kann die Filtrationsfunktion der Niere nicht aufrechterhalten werden. Da diesem sog. prärenalen akuten Nierenversagen (ANV) zunächst keine strukturellen Schäden des Organs zugrunde liegen, kann die Niere ihre Funktion nach Wiederherstellung der physiologischen Perfusionsverhältnisse wieder aufnehmen. Dauert die Phase der Minderdurchblutung zu lange an, kann es jedoch auch zur Schädigung des Tubulusepithels und damit zu manifesten Funktionseinbußen der Niere kommen (intrarenales ANV). Eine gewisse Vorschädigung der Niere durch die übermäßige Einnahme von Diclofenac könnte bei Frau Walter dazu geführt haben, dass sich die Auswirkungen des Volumenmangels schneller manifestiert haben, als es bei einer gesunden Niere der Fall gewesen wäre. Zu 2. Da die Niere unter Gabe von Flüssigkeit erst langsam wieder ihre Funktion aufnimmt, kommt es bei Frau Walter zunächst zu einer Überwässerung mit Herabsetzung des onkotischen Drucks im Intravasalraum. Dies führt zu einem Austritt von Flüssigkeit aus den Lungenkapillaren in das Interstitium und den Alveolarraum. Außerdem kommt es durch die Überwässerung zu einer akuten Überlastung ihres Herzens mit Rückstau des Blutes in den kleinen Kreislauf und Austritt in das Lungenparenchym. Durch die Diuretikagabe normalisiert sich Frau Walters Nierenfunktion und das Lungenödem wird rasch ausgeschwemmt, so dass es bereits am 4. Tag nicht mehr nachweisbar ist. Zu 3. Als Nierenersatztherapie gibt es verschiedene Dialyseverfahren, bei denen das Blut mit Hilfe des Einsatzes von Membranen „gereinigt“ wird. Dies kann entweder außerhalb des Körpers (extrakorporal) über eine künstliche Membran erfolgen (S. 651) oder innerhalb des Körpers, indem das gut durchblutete Peritoneum als Austauschfläche dient (Peritonealdialyse = PD). Die Peritonealdialyse (S. 527) hat den Vorteil, dass sie durch den geschulten Patienten selbst als „Heimdialyse“ durchgeführt werden kann. Da jedoch über einen dauerhaft liegenden Katheter die Dialysatflüssigkeit in die Bauchhöhle eingebracht wird, ist hier stets auch die Gefahr einer Peritonitis (S. 651) durch bakterielle Kontamination gegeben. Die Alternative ist eine Nierentransplantation. Zu 4. Die Implantation der Transplantatniere erfolgt nicht in ihre anatomische Position (retroperitoneal in die Fossa lumbalis), sondern in den Unterbauch extraperitoneal in die Fossa iliaca (Abb. P-1.7), so dass die eigene Niere i. d. R. in situ belassen werden kann (Ausnahmen sind z. B. Pyelonephritiden (S. 778)). Für die heterotope Lage

1287

P 1.8 Ösophagusvarizenblutung

⊙ P-1.7

Nierentransplantation mit Ureterneozystostomie

Spenderniere A. iliaca externa V. iliaca externa

Die Transplantatniere wird in die Fossa iliaca implantiert, die A. und V. renalis der Spenderniere mit der A. und V. iliaca des Empfängers anastomosiert. Anschließend erfolgt die Implantation des Spenderharnleiters in die Blase des Empfängers (Ureterneozystostomie). Um einen Reflux von Urin in die Niere und damit eine Infektion des Transplantats zu vermeiden, wird dabei ein submuköser Tunnel gebildet (= Anti-Reflux-Plastik). (Henne-Bruns, D., Düring, M., Kremer, B.: Duale Reihe Chirurgie. Thieme, 2012)

Spenderarterie Spendervene Spenderureter Harnblase M. psoas

in der Fossa iliaca spricht auch, dass die Niere in dieser Position direkt zu palpieren ist. So können z. B. Zeichen einer Transplantatabstoßung (Größenzunahme des Organs und Druckschmerz) leicht erkannt und per Nierenpunktion verifiziert werden.

1.8

Ösophagusvarizenblutung bei Leberzirrhose

Fallbeschreibung siehe „Kaffeesatzerbrechen“ (S. 878). Zu 1. Die Leberzirrhose ist die eigentliche Ursache einer Blutung, wie sie bei Herrn Gerber aufgetreten ist: Durch Vernarbungsprozesse in der Leber ist der intrahepatische Blutfluss behindert. Es kommt gewissermaßen zu einem Rückstau des Blutes in die Vena portae hepatis, in der infolgedessen ein sog. Pfortaderhochdruck entsteht. Das normalerweise über die V. portae hepatis abfließende Blut muss also über andere Gefäße in die V. cava gelangen. Einer der möglichen Leberumgehungskreisläufe nimmt seinen Weg dabei über die Vena gastrica sinistra zu den Vv. gastricae und Vv. oesophageae am gastroösophagealen Übergang. Dadurch bilden sich, wie bei Herrn Gerber, die häufigen Ösophagusvarizen und/oder etwas seltener Fundusvarizen (benannt nach dem Magenfundus). Die Blutungsneigung aus diesen pathologisch ausgeprägten Gefäßen wird begünstigt durch den Mangel an in der Leber synthetisierten Gerinnungsfaktoren, der durch die eingeschränkte Leberfunktion ebenfalls auf die Zirrhose zurückzuführen ist. Zu 2. Auch die bei Herrn Gerber sichtbaren sternförmig auf den Bauchnabel zulaufenden Varizen sind eine, wenn auch seltene, Manifestationsform der Leberzirrhose mit Pfortaderhochdruck. Man nennt dieses klinische Bild Caput medusae (Abb. C-3.22). Dabei fließt das Blut über Venae paraumbilicales im Ligamentum teres hepatis Richtung Bauchnabel, um sich dort auf Venen der Bauchdecke zu verteilen. Zu 3. Zu weiteren möglichen portokavalen Anastomosen s. Tab. K-1.1. Zu 4. Kommt frisches Blut mit der im Magen gebildeten Säure in Berührung, bildet sich Hämatin, das wie Kaffeesatz aussieht. Daher kann bei derartigem Aspekt des Erbrochenen von einer Blutung im Ösophagus bzw. Magen ausgegangen werden. Bei Blutungen aus dem Nasen-Rachen-Raum hingegen kommt es aufgrund fehlenden Kontakts mit Magensäure nicht zur Hämatinbildung (es sei denn, das Blut wird verschluckt). Zu 5. Zu einer Blutung kann es außer dem hier beschriebenen Beispiel prall gefüllter Varizen auch kommen, wenn Blutgefäße in der Wand gastrointestinaler Hohlorgane arrodiert („angenagt“) werden: Dies kann durch Entzündungen (Refluxösophagitis (S. 683); Gastritis (S. 698)), Ulzera (Magen- oder Zwölffingerdarmgeschwüre (S. 698)) oder Magenkrebs bedingt sein. Auch eine leicht verletzliche Gefäßwand im Rahmen einer Gefäßfehlbildung (Angiodysplasie) kann eine Blutungsquelle darstellen.

1.8

Ösophagusvarizenblutung

1288

P

1.9

1.9

Hyperthyreose bei Struma

1 Antwortkommentare klinische Fälle

Hyperthyreose bei Struma

Fallbeschreibung siehe „Gewichtsabnahme und Nervosität“ (S. 937). Zu 1. Durch die topografischen Beziehungen zur Trachea und zum Ösophagus kann ein starkes Wachstum Auswirkungen auf diese Nachbarorgane haben. So ist z. B. bei asymmetrischem Wachstum eine Verlagerung der Trachea möglich (Abb. P-1.8). Wird sie stark eingeengt, kann es zu einem inspiratorischen Pfeifen (Stridor) und bei länger bestehender Kompression zu einem Stabilitätsverlust durch Erweichung ihrer Knorpelspangen (Tracheomalazie) kommen. Seltener werden die Speiseröhre mit der Folge von Schluckbeschwerden (Dysphagie) oder Gefäße mit dem Bild einer oberen Einflussstauung (bei retrosternaler Struma) komprimiert. Letztere stellt eine absolute Indikation zur Schilddrüsen-Operation dar.

⊙ P-1.8

⊙ P-1.8

Verlagerung der Trachea Die Röntgenaufnahme (p.-a.) zeigt eine große Struma links mit retrosternaler Ausdehnung. Hierdurch bogige Verlagerung der Trachea nach rechts (Pfeile). Die länglichen Fremdkörper am oberen Bildrand entsprechen Haarnadeln. (Hirner, A., Weise, K.: Chirurgie Schnitt für Schnitt. Thieme, 2004)

Zu 2. Durch die variable Lage der (zumeist) vier Nebenschilddrüsen (Epithelkörperchen) innerhalb der Capsula fibrosa der Glandula thyroidea kann es bei jeder Schilddrüsenoperation zur versehentlichen Mitentfernung oder Läsion der Epithelkörperchen bzw. einer Zerstörung ihrer Gefäßversorgung kommen. In diesem Fall würde es bei Frau Wohlmeier zu den typischen Symptomen eines sog. parathyreopriven Hypoparathyreodismus kommen, die auf einen Kalziummangel mit Übererregbarkeit des neuromuskulären Systems zurückgeführt werden können: gesteigerte Reflexe, Krämpfe der Extremitäten- und Gesichtsmuskulatur und Kribbelparästhesien der Extremitäten. Typisch sind die Pfötchenstellung der Hände, die Equinovarusstellung der Füße und das Tetaniegesicht mit gespitzten Lippen. Kommt es zu einer Beteiligung der glatten Muskulatur, leiden die Patienten unter einem Stimmlippenkrampf (Laryngospasmus), abdominellen Spasmen und Blasenkoliken. Wichtig ist, dass die Symptome der akuten Hypokalzämie postoperativ schnell erkannt werden, da die Patienten durch einen eventuellen Laryngospasmus akut gefährdet sind. Therapie der Wahl ist die intravenöse Injektion von Kalziumglukonat. Langfristig erhalten die Patienten eine lebenslange Substitution mit Kalzium und Vitamin D. Da im Rahmen einer subtotalen Schilddrüsenresektion die Kapsel nicht mit entfernt wird, tritt diese Komplikation seltener auf als bei einer sog. totalen Thyreoidektomie, die beim Vorliegen eines Schilddrüsenkarzinoms durchgeführt wird. Zu 3. Aufgrund der engen topografischen Beziehung zwischen Schilddrüse und N. laryngeus recurrens kann es intraoperativ zu einer Verletzung des Nervs kommen. Durch eine Laryngoskopie wird die Stellung der Stimmbänder untersucht und dokumentiert, so dass eine Aussage über die präoperative Funktion des N. laryngeus recurrens gemacht werden und ggf. mit postoperativen Veränderungen verglichen werden kann. Zu 4. Eine einseitige Verletzung (< 1 %) führt zu einer Stimmbandparese mit Heiserkeit (Abb. P-1.9). Bilden sich die Symptome nicht – wie bei den meisten Patienten – innerhalb der ersten 3 Monate zurück, ist eine logopädische Therapie angezeigt. Eine beidseitige Verletzung der N. laryngeus recurrens (Stimmbänder stehen in Paramedianstellung (S. 924)) stellt eine absolute Notfallsituation dar! Das Hauptsymptom ist

P

⊙ P-1.9

1289

1.11 Morbus Parkinson

Rekurrensparese rechts bei einem Patienten nach operativer Entfernung einer Struma

⊙ P-1.9

(Arnold, W., Ganzer, U. Checkliste HalsNasen-Ohren-Heilkunde, Thieme, 2011)

a Stellung der Stimmbänder während der Respiration b und während der Phonation. Normalerweise müsste die Stimmritze jetzt geschlossen sein.

a

b

eine starke Atemnot, die direkt postoperativ auftritt. Therapeutisch können Steroide zur Abschwellung des Schleimhautödems und Sauerstoff verabreicht werden, evtl. muss der Patient reintubiert oder im Extremfall ein Luftröhrenschnitt (Tracheotomie (S. 930)) durchgeführt werden. Das Risiko kann durch eine kontinuierliche intraoperative Kontrolle des Nervs (sog. „Neuromonitoring“) reduziert werden. Zu 5. Durch die Verbindung der Capsula fibrosa der Schilddrüse mit den Faszien der umliegenden Organe bzw. dem Gefäß-Nerven-Strang des Halses gleitet die Schilddrüse beim Schlucken nach unten. Im Rahmen eines Schilddrüsenkarzinoms kann es zu einer tumorösen Infiltration des parathyreoidalen Fasziengewebes kommen, so dass es zu einer Verwachsen der Schilddrüse mit ihrer Umgebung kommt. Eine Schluckverschieblichkeit ist nicht mehr gegeben. Weitere Symptome bzw. Komplikationen des Schilddrüsenkarzinoms sind ein nicht schmerzhafter Strumaknoten von harter Konsistenz (= Struma maligna) und eine Vergrößerung zervikaler Lymphknoten sowie eine Verdrängung benachbarter Organe.

1.10 Schlaganfall

1.10

Schlaganfall

1.11

Morbus Parkinson

Fallbeschreibung siehe „Akut aufgetretene Lähmung und Sprachstörung“ (S. 1180). Zu 1. Die Lähmungserscheinungen hängen am ehesten mit einer Schädigung im linken Gyrus precentralis (Brodmann-Area 4) zusammen. Durch die Kreuzung motorischer Bahnen kommt es dann zu einer Lähmung der rechten Körperseite. Außerdem scheint das motorische Sprachzentrum (Broca, Area 45 und 44) betroffen zu sein. Zu 2. Aufgrund der Symptome des Patienten kann man annehmen, dass es sich um die linke A. cerebri media handelt. Die Computertomografie bestätigte diesen klinischen Befund. Die A. cerebri media ist das von einem Hirninfarkt am häufigsten betroffene Gefäß. Zu 3. Bei nachgewiesenem Vorhofflimmern ist es am wahrscheinlichsten, dass der Embolus aus dem linken Vorhof stammt und von dort aus über den linken Ventrikel in das Gehirn abgegangen ist. Eine andere Möglichkeit wäre eine arterio-arterielle Embolie, z. B. aus der linken A. carotis interna in die A. cerebri media. Diese Art der Embolie entsteht häufig bei einer vorbestehenden Verengung der Halsgefäße durch arteriosklerotische Plaques.

1.11 Morbus Parkinson Fallbeschreibung siehe „Älterer Mann mit Bewegungsstörung“ (S. 1193). Zu 1: Schädigungen in den Basalganglien führen zu klinischen Bildern, die mit Störungen der Motorik in Form von Hypo- bzw. Hyperkinesien einhergehen (s. u.). Um diese nachvollziehen zu können, ist es wichtig, sich den Weg der Bewegungsimpulse zu verdeutlichen. Die Informationen für motorische Abläufe können auf ihrem Weg vom Kortex über die Basalganglien und den Thalamus zurück zum motorischen Kortex abhängig von der Aktivität der Basalganglien (Striatum, Pallidum, Ncl. subthalamicus, Substantia nigra) zwei unterschiedliche Wege durchlaufen. Über den direkten Weg (gelb in Abb. N-2.5 und Abb. N-2.6a) hemmt das Striatum durch Freisetzung von GABA das Pallidum internum und die Pars reticularis der Substantia nigra. Diese beiden Kerne haben eigentlich eine motorikhemmende Funktion, da sie den Thala-

1290

P

1 Antwortkommentare klinische Fälle

mus inhibieren und somit die Aktivität im motorischen Kortex mindern. Im Endeffekt wirkt das Striatum aber über den direkten Weg motorikfördernd, weil die doppelte Hemmung zu einer Enthemmung der thalamischen Neurone führt. Beim indirekten Weg (grün in Abb. N-2.5, und Abb. N-2.6b) projizieren Neurone des Striatums hemmend (GABA) in das laterale Pallidum. Von diesem (motorikfördernden) Kern verlaufen inhibitorische Efferenzen (GABA) zum Ncl. subthalamicus, der wiederum erregende Afferenzen (Glutamat) in das motorikhemmende interne Pallidum und die Pars reticularis der Substantia nigra schickt. Damit wirkt das Striatum über den indirekten Weg motorikhemmend, weil der Ncl. subthalamicus enthemmt wird, der wiederum die hemmenden Zellen im internen Pallidum stärker erregt. Die Folge ist eine starke Hemmung des an sich bewegungsfördernden Thalamus. Kontrolliert werden die beiden Wege über Verbindungen zwischen der Pars compacta der Substantia nigra und dem Striatum. Die nigralen Efferenzen (Dopamin) hemmen über D 2-Rezeptoren den motorikhemmenden Anteil und fördern über D 1-Rezeptoren die motorikfördernden Anteile des Striatums. Die Pars compacta der Substantia nigra wirkt also motorikfördernd! Bei Ausfall dieser dopaminergen Projektion der Pars compacta der Substantia nigra in das Striatum (Abb. N-2.6b) kommt es zu einer Enthemmung des motorikhemmenden Striatumanteils (indirekter Weg, s. o.) und gleichzeitig zu einer Hemmung der motorikfördernden striatalen Anteile (direkter Weg, s. o.). Klinisch manifestiert sich das typische Bild des Morbus Parkinson mit Hypo- bis Akinesie, Ruhetremor und erhöhtem Muskeltonus (Rigor). Zu 2: Der Ncl. subthalamicus ist in den indirekten Weg zwischen Striatum und Thalamus integriert (Abb. N-2.5 und Abb. N-2.6a). Er besitzt eine hemmende Funktion für motorische Impulse, da er das interne Pallidum und die Pars reticularis der Substantia nigra über glutamaterge Afferenzen erregt, welche wiederum hemmend (GABAerg) auf die Thalamuskerne projizieren. Wenn der Einfluss des Ncl. subthalamicus auf das interne Pallidum und die Pars reticularis der Substantia nigra wegfällt, kommt es über eine Erregung der Thalamuskerne zu einer Aktivierung des motorischen Kortex. Da die Pyramidenbahnen auf die Gegenseite kreuzen, entwickeln die Patienten bei einseitiger Schädigung des Ncl. subthalamicus (meistens durch eine Blutung oder einen Tumor) auf der kontralateralen Seite eine hyperkinetische Bewegungsstörung, den sog. Hemiballismus. Die Patienten leiden unter plötzlich einschießenden, rasch ablaufenden Schleuderbewegungen, die vorwiegend im Schulter- und Beckenbereich lokalisiert sind. Häufig tritt gleichzeitig ein Grimassieren auf. Zuwendung und Aufregung verstärken die Hyperkinesien. Ähnliche Symptome entstehen bei Schädigung der Verbindungen zwischen dem Ncl. subthalamicus und dem internen Pallidum. Zu 3: Die motorikfördernden Anteile des Striatums hemmen über den direkten Weg (GABAerg) das interne Pallidum und die Pars reticularis der Substantia nigra, die ihrerseits die Thalamuskerne und damit den motorischen Kortex inhibieren. Ein Ausfall von Zellen im Bereich des motorikfördernden Striatums führt zum Krankheitsbild der Chorea Huntington. Die Chorea wird autosomal-dominant vererbt, d. h. Kinder von Trägern der Huntington-Erbanlage haben ein 50 %-iges Erkrankungsrisiko. Die Erkrankung manifestiert sich im mittleren Lebensalter. Die Patienten leiden an einer Bewegungsstörung mit plötzlich einschießenden Bewegungsimpulsen, die von den Patienten nicht kontrolliert werden können. Der Muskeltonus ist herabgesetzt, was den Hyperkinesien das schleudernde Ausfahren verleiht. Im Gegensatz zum Hemiballismus sind bei der Chorea v. a. die distalen Extremitätenmuskeln betroffen. Besonders auffällig sind die Hyperkinesien der mimischen Muskulatur, die als Grimassieren imponieren. Typischerweise kommt es zu einer Zunahme der Bewegungsstörung bei seelischer Erregung. Zusätzlich leiden die Patienten regelmäßig an psychischen Veränderungen, wie z. B. Aggressivität, paranoiden Psychosen und schwerer Demenz.

P

1291

1.12 Morbus Cushing

1.12 Morbus Cushing

1.12

Morbus Cushing

Fallbeschreibung siehe „Gewichtszunahme und Erschöpfung“ (S. 1253). Zu 1. 95 % aller Hypophysenadenome werden heute über den transsphenoidalen Zugangsweg mikroinvasiv entfernt. Dies ist möglich, da die Hypophyse eingebettet in der Sella turcica des Keilbeins (Os sphenoidale) liegt und daher leicht über den Sinus sphenoidalis erreicht werden kann. Bei diesem Eingriff führt der Chirurg die Instrumente durch die Nase in die Keilbeinhöhle ein. Dann wird der Boden der Sella turcica eröffnet, die Dura mater inzidiert und das Hypophysenadenom entfernt. Zu 2. Beschrieben ist die typische klinische Trias des Diabetes insipidus. Im Rahmen einer transsphenoidalen Adenomresektion kann es zu einer Zerstörung des Hypophysenhinterlappens mit einem Ausfall der Produktion des antidiuretischen Hormons (ADH) kommen. Folge ist die vermehrte Ausscheidung eines verdünnten Urins. Hiervon abgegrenzt werden muss die renale Form des Diabetes insipidus. Bei diesem spricht die Niere durch einen Defekt des ADH-Rezeptors am distalen Tubulus nicht auf das Hormon an. Zu 3. Die Unterscheidung zwischen zentralem und renalem Diabetes insipidus ist durch einen einfachen klinischen Test möglich: Die Gabe einer Testdosis ADH führt beim zentralen Diabetes insipidus zu einer Erhöhung der Urinosmolarität, bleibt beim renalen Diabetes insipidus aber ohne Wirkung. Die Therapie des zentralen Diabetes insipidus besteht in der Gabe von Desmopressin, einem Vasopressinanalogon. Zu 4. Oberhalb der Hypophyse liegt die Sehnervenkreuzung (Chiasma opticum). Bei Druck auf das Chiasma opticum (Abb. P-1.10) kommt es zu Gesichtsfeldausfällen, am häufigsten in Form einer bitemporalen Hemianopsie (S. 1221). Selten kommt es über eine Atrophie des N. opticus zu einer einseitigen Erblindung. Lateral der Hypophyse liegt der Sinus cavernosus mit den in ihm verlaufenen Augenmuskelnerven (Hirnnerven III, IV, VI (S. 982)). Druck auf diese Struktur kann demnach zu Augenmuskelparesen führen. Durch Verdrängung des übrigen Hypophysengewebes kann sich eine hypophysäre Insuffizienz entwickeln. Wird auch der Hypophysenhinterlappen in den Prozess einbezogen, resultiert ein Diabetes insipidus. Sehr große Hypophysenadenome können den III. Ventrikel erreichen und über eine Kompression des Foramen interventriculare (S. 1155) zu einem Verschlusshydrozephalus mit erhöhtem Hirndruck führen. Allgemein leiden Patienten mit Makroadenomen der Hypophyse an Kopfschmerzen.

⊙ P-1.10

⊙ P-1.10

Makroadenom der Hypophyse Die Pfeile zeigen auf das im MRT deutlich sichtbare Chiasma opticum, das durch den kaudal davon wachsenden Hypophysentumor (*) bogig angehoben ist. (Forsting, M., Jansen, O.: MRT des Zentralnervensystems. Thieme, 2005)

Sachverzeichnis

1293

Sachverzeichnis Halbfette Seitenzahl: Sind mehrere Seitenzahlen unter einem Stichwort angegeben, wird das Stichwort auf der halbfett markierten Seite ausführlicher besprochen.

A AB0-System 168 Abdomen, akutes 647 Abdomenübersichtsaufnahme 131 Abdominalhöhle, Entwicklung 117 Abduktion 42 Abduktionshemmung 362 Aberrante Nierenarterien 774 Abfaltung, Embryo 114 Ableitende Harnwege s. Harnwege 776 Abspreizen (Abduzieren) der Finger 491 Abstillen 821 Abstrich, Zervix 803 AC(Acetabulum)-Winkel 362 AC-Band = Ligamentum coracoacromiale 440 ACE = Angiotensin-ConvertingEnzyme 772 ACE (= Angiotensin Converting Enzyme)-Hemmer 160 Acetabulum 327, 345 Acetylcholin = ACh 219 Acetylcholin-Rezeptor, Autoantikörper 84 AC-Gelenk = Akromioklavikulargelenk 440 ACh = Acetylcholin 219 Achillessehne 413 – Ruptur 413 Achillessehnenreflex 413 Achselfalte 451 – hintere 474 – vordere 474 Achselhöhle, Leitungsbahnen 464 Achsellücken 474 Achsen 38 – obere Extremität 476 Achsenorgane 281 Achsenskelett 248 Aciclovir 1133 Acromion 440 ACTH = adrenokortikotropes Hormon 791, 1252 Adamantoblast 1028 Adamkiewicz-Arterie (Arteria radicularis magna) 1164 Adamsapfel s. Prominentia laryngea 921 Adaption 1049 Addison, Morbus 792 Adduktion 42 Adduktoren 358 Adduktorenkanal (Canalis adductorius) 381 Adenohypophyse 1249, 1251 – Entwicklung 1175 – Hormone 1252 Adenoide Vegetationen 916 Adenosintriphosphat = ATP 219 Adenotomie 916 Aderhaut s. Choroidea 1064

ADH = antidiuretisches Hormon = Vasopressin 200, 771, 1250, 1289 – Mangel 200 Adhärenskontakt 57 Adhäsion, Blastozyste 105 Adhäsionskontakt (Haftkontakt) 57 Adhäsive Glykoproteine 69 Adhesio interthalamica 1126 Adiadochokinese 1124 Adipositas 43, 71 Adipozyt 71 – plurivakuolär 72 – univakuolär 71 Aditus – laryngis 917, 921, 923 – orbitalis 959, 965, 1049 Adiuretin s. Antidiuretisches Hormon 1250 Adnexitis 797 Adrenalin 790, 792, 1182, 1257 Adrenarche 824 Adrenokortikotropes Hormon = ACTH 791, 1252 Adrenorezeptoren-Blocker 160 Adventitia s. Tunica adventitia 677 Aδ-Faser 1206 Affekte 1243 Affenhand 510 Afferenz 197, 205 – Informationsleitung 212 Agger nasi 1041 Aggrecan 69 Agranulärer Kortex 1135 AIDS = aquired immunodeficiency syndrome 177 Akinese 1188 Akkommodation 1049, 1069 Akkommodationsreflex 1227 Akromegalie 1009, 1252 Akromioklavikulargelenk (Articulatio acromioclavicularis) 440 Akrosin 848 Akrosom 844 Akrosomenreaktion 103, 848 Aktinfilament 51 – Muskulatur 81 Aktin-Monomer 51 Aktinnetz, kortikales 51 Aktionspotenzial 195 Aktive Insuffizienz 496 Aktivität, neuronale 196 Akutes Abdomen 647 Akutes Nierenversagen = ANV 1285 Akzeleration 45 Akzessorische Geschlechtsdrüsen, Mann 832 Akzessorische Nierenarterien 774 Akzessorisches optisches System 1225 Ala(-ae) – major 945 – minor 945 – nasi 1039 – ossis ilii 328

Albumin 165 Alcianblau 101 Alcock-Kanal (Canalis pudendalis) 341, 884 Aldosteron 790 – Sekretion 772 Allantois 114, 851 Allergie 173 allergische Reaktion, Soforttyp (Typ-I-Reaktion) 174 allgemeine Bedeutung, Anatomie 31 Allokortex 1135 Alter, Einfluss auf Körperbau 47 Altersatrophie 825 Altersrundrücken 250 Altersweitsichtigkeit 1069 Alveolarmakrophagen 557 Alveole 550, 557, 569 Alveolus(-i) dentalis 955, 1025 Alveus hippocampi 1248 Alzheimer-Demenz 1256 Amakrine Zelle 1065, 1067, 1220 Amboss 1080 Amboss (Incus) 1080 Ameloblast 1028 Ameloblastom 1029 Amine 704 Aminopeptidasen 748 Ammonshorn s. Cornu ammonis 1246 Amnesie – anterograde 1259 – retrograde 1259 Amnionhöhle 107 Amniozentese 124 AMPA/KA-Rezeptor 1209 Amphiarthrosis (straffes Gelenk) 232, 410, 423, 490 Ampulla(-ae) – duodeni 705 – epiphrenica 682 – membranaceae 1083 – osseae 1084 – recti 719 – tubae uterinae 797 – urethrae 839 Ampullärer Beckentyp 777 Amputationsneurom 96 α-Amylase 748 Analabszess 720 Analatresie 728 Analfalten 728, 858 Analfissur 721 Analfistel 720 Analkanal (Canalis analis) 719720 – Gefäße 724 – Nerven 727 Analmembran 728 Anämie 169 anaphylaktischer Schock 174 Anastomose (Gefäßzusammenschluss) 148 – arterielle – – Bauchraum 867 – – Kopf 975 – arteriovenöse 158 – kavokavale 633, 870

– Lunge 559 – portokavale 322, 870 Anatomie am Lebenden s. Oberflächenanatomie 35 Anatomische Fachsprache 33 Anatomische Normalposition 232 Anatomische Richtungsbezeichnung 41 Androgene 790, 827, 845, 855 – systemische Wirkung 846 Anenzephalus 284, 1170 Aneurysma 69, 614 – dissecans 628 – Hirnbasisarterien 1159 Angina 191 – pectoris 592, 600 Angiogenese 155 Angiografie 139 – zerebrale 1177 Angiokardiografie 621 Angiom, arteriovenöses 1179 Angioödem 174 Angiotensin I 772 Angiotensin II 772 Angiotensin-Converting-Enzyme = ACE 772 Angiotensinogen 772 Angulus(-i) – costae 288 – infrasternalis 289 – iridocornealis 1071 – iridocornealis (Kammerwinkel) 1071 – mandibulae 955 – sterni, Rippenzählung 304 – subpubicus 329 – venosus (Venenwinkel) 632, 634 Anheftungsplatten/ Verdichtungsplatten, glatte Muskulatur 89 Anisodontie 1021 Anorganische Matrix = Knochengrundsubstanz 76 ANP = atriales natriuretisches Peptid = Cardiodilatin 88, 595 Ansa – cervicalis – – profunda 902 – – superficialis 902, 904 – lenticularis 1144, 1186 – nephroni (Henle-Schleife) 772 – subclavia 905 Ansatz, Muskel 241 Ansatzsehne (Insertio) 234 Anspannungsphase 609 Antagonisten 240 Anteflexio, Uterus 800 anterior, -us 41 anterior-posterior (a. p.) s. Röntgendiagnostik 130 Anteriore Zone, Prostata 834 Anterolaterale Chordotomie 1211 Antetarsus (Vorfuß) 403 Antetorsion, Femur 348, 398 Anteversio, Uterus 800

1294 Anteversion 42 Antibiogramm 783 Anticus (M. cricothyroideus) 926 Antidiuretisches Hormon = ADH = Vasopressin 771, 1250 – Mangel s. ADH 200 Antigen, prostataspezifisches = PSA 834 Antigenpräsentation 174 Antihelix 1075 Antikörper 177 – IgA 189 Anti-Müller-Hormon 855 Antrum – cardiacum 682 – folliculi 810 – mastoideum 1079, 1082 – pyloricum 693 Antwortkommentare 1281 Anulus – femoralis 315 – fibrocartilagineus 1077 – fibrosus 258, 587 – inguinalis – – profundus (innerer Leistenring) 317 – – superficialis (äußerer Leistenring) 317 – tendineus communis 1049 – umbilicalis 313 Anus praeternaturalis 728 ANV = Akutes Nierenversagen 1285 An-Zentrum-Bipolarzelle 1219 An-Zentrum-Ganglienzellen 1219 Aorta 146, 627 – abdominalis 863 – – Äste 864 – – Übersicht der unpaaren Äste 866 – ascendens = Pars ascendens aortae 579, 627, 629 – descendens = Pars descendens aortae 627, 631 – mediastinal 627 – – Abschnitte 628 – paarige 642 – reitende 624 – thoracica (Brustaorta) = Pars thoracica aortae 627, 631 Aortae dorsales 877 Aortenaneurysma 628 Aortenbogen (Arcus aortae) 627, 629, 642 Aortendissektion 628 Aortenenge, Ösophagus 681 Aortenisthmus (Isthmus aortae) 629 – Stenose 321, 629 Aortenklappe s. Valva aortae 592 – Insuffizienz 593 – Stenose 592, 619 Aortenruptur 628 a. p. = anterior-posterior s. Röntgendiagnostik 130 Apertura(-ae) – canaliculi, vestibuli 950 – externa canaliculi cochleae 951 – laterales ventriculi quarti 1156 – mediana ventriculi quarti 1156 – pelvis – – inferior (Beckenausgang) 329 – – superior (Beckeneingangsebene) 328

Sachverzeichnis – piriformis 959, 965, 1039 – sinus frontalis 943 – thoracis – – inferior 288 – – superior 288 Apex – cordis (Herzspitze) 579 – dentis 265 – linguae 1009 – ossis sacri 258 – patellae 364 – pulmonis 548 – vesicae 780 Aphasie – Leitungs- 1262 – motorische 1140, 1262 – sensorische 1141 apikale Zellmembran 54 apikales Netz s. Aktinnetz, kortikales 51 apokrine Drüse s. Drüse 65 Apokrine Schweißdrüsen 1277 apokrine Sekretion s. Drüse, exokrine 64 Aponeurose 234 Aponeurosis – bicipitalis 460 – linguae 1010 – musculi bicipitis 475 – brachii 460 – palmaris (Palmaraponeurose) 503 – plantaris 423 – stylopharyngea 912 Apophyse 223 Apoplex 625, 1157 Apoptose 180 – Nervenzellen im Rückenmark 1098 Apozytose 64 Apparat, juxtaglomerulärer 772 Appendix(-ices) – epididymidis 856 – epiploicae 715 – fibrosa hepatis 736 – testis 856 – vermiformis (Wurmfortsatz) 192, 713, 716 Appendizitis 192, 714 Apposition, Blastozyste 105 appositionelles Wachstum – Knochen 79 – Knorpel 72 APUD-Zellen 704 Äquator s. Bulbus oculi 1058 Aqueductus – cerebri 1114 – cochleae 951 – mesencephali 1114, 1154 Arachnoidea mater 1149 ARAS = aszendierendes retikuläres aktivierendes System 1254 Arbeitsmuskulatur 594 Arbor bronchialis (Bronchialbaum) 554 Archikortex 1135 Arcus – anterior 264 – aortae (Aortenbogen) 627, 629, 638 – axis 265 – costalis 289 – iliopectineus 314 – palatoglossus 916, 1005 – palatopharyngeus 916, 1005 – palmaris – – profundus (tiefer Hohlhandbogen) 506 – – superficialis (oberflächlicher Hohlhandbogen) 506

– plantaris 427 – posterior 264 – pubicus 329 – subpubicus 328 – superciliaris 943, 959, 965 – tendineus musculi solei 431 – venosus – – dorsalis pedis 429 – – jugularis 898 – – plantaris 429 – vertebrae (Wirbelbogen) 251 – zygomaticus 959, 965 Area(-ae) – cribrosa 768 – gastricae 696 – hypothalamica posterior 1129 – intercondylares 364 – nuda 736 – postrema 1111, 1169 – prepiriformis 1240 – pretectalis 1226 – septalis 1245 – striata 1136 Areola mammae 1277 argyrophil 101 Arkadenbildung, Mesenterialarterien 867 Arm s. obere Extremität 437 Armvenen 467 Artefakt 99 Arteria(-ae) – alveolaris – – inferior 956, 974, 1026 – – superior – – – anterior 974, 1026 – – – posterior 974, 1026 – angularis 962, 974, 975, 1052, 1055 – appendicularis 665, 716, 866 – arcuata(-ae) 427, 775 – auricularis – – anterior 1075 – – posterior 974, 1075, 1078 – – profunda 974, 1033, 1077 – axillaris 463 – – Topografie 470 – basilaris 1158 – brachialis 465 – – Puls 465 – – Topografie 469 – bronchiales s. Rami bronchiales 545 – buccalis 974 – bulbi – – penis 837, 880 – – vestibuli 808, 880 – caecalis 866 – – anterior 716 – – posterior 716 – canalis pterygoidei 974, 1036 – caroticotympanicae 1083 – carotis – – communis 912 – – – dextra 629 – – – sinistra 629 – – externa 973, 975, 1019 – – – am Hals 897 – – interna 912, 950, 975, 1158 – – – extrazerebrale Äste 975 – caudae pancreatis 866 – centrales anterolaterales 1161 – centralis retinae 1061, 1067 – cerebri – – anterior 1158, 1160 – – media 1158, 1160 – – – Infarkt 1288 – – – Verlauf 1160 – – posterior 1158, 1160 – cervicalis

– – ascendens 898 – – profunda 278, 898 – – superficialis = R. ascendens, A. transversa cervicis 278, 898 – – suprema 898 – choroidea anterior 1162 – ciliares – – anteriores 1056, 1059 – – breves 1051 – – longae 1051 – circumflexa – – femoris – – – lateralis 382 – – – medialis 382 – – humeri – – – anterior 463 – – – posterior 463 – – ilium – – – profunda 321, 380, 879 – – – superficialis 321, 381 – – scapulae 463 – cochlearis – – communis 1087 – – propria 1087 – colica – – dextra 717, 866 – – media 665, 717, 866 – – sinistra 717, 866 – collateralis – – media 465 – – radialis 465 – – ulnaris – – – inferior 465 – – – superior 465 – communicans – – anterior 1158 – – posterior 1158 – coronaria (Koronararterie) 599 – – dextra 629 – – sinistra 629 – corticalis radiata 775 – cystica 746, 866 – digitales – – dorsales 427, 507 – – palmares – – – communes 507 – – – propriae 507 – – – – pollicis 506 – – plantares 427 – dorsalis – – clitoridis 808, 880 – – nasi 975, 1046, 1052 – – pedis 427 – – penis 837, 880 – – scapulae = R. profundus, Arteria transversa colli 278, 463, 898 – ductus deferentis 831, 833, 879 – epigastrica – – inferior 317, 321, 879 – – superficialis 321, 381 – – superior 321, 629 – ethmoidalis – – anterior 949, 1046, 1050, 1052 – – posterior 1046, 1050, 1052 – facialis 897, 962, 974, 1005, 1020, 1046 – femoralis 314, 391, 808 – – Äste 381 – – Beginn 380 – fibularis 427 – gastrica(-ae) 665 – – breves 665, 700, 866 – – dextra 700, 866 – – psterior 700 – – sinistra 686, 700, 865 – gastroduodenalis 866

Sachverzeichnis – gastroomentalis 665 – – dextra 866 – – sinistra 700, 866 – genus descendens 381 – glutea – – inferior 880 – – superior 380, 880 – helicinae 804, 847 – hepatica – – communis 865 – – propria 665, 738, 746, 866 – hyaloidea 1071 – hypophysialis – – inferior 1251 – – superior 1251 – ileales 710, 716, 866 – ileocolica 716, 866 – iliaca(-ae) – – communes 879 – – externa 380, 879 – – interna 380, 879 – – – parietale Äste 880 – – – viszerale Äste 879 – iliolumbalis 341, 880 – inferior – – anterior cerebelli 1159 – – lateralis genus 383 – – medialis genus 383 – – posterior cerebelli 1159 – infraorbitalis 951, 956, 962, 974, 1005, 1036, 1046, 1050 – intercostalis(es) 686 – – anteriores 631 – – posteriores 277, 299, 320, 631 – – suprema 277 – interlobares 775 – interossea – – anterior 505, 508 – – communis 505 – – posterior 505, 508 – – recurrens 505 – jejunales 710, 866 – labiales 962, 974, 1005 – labyrinthi 1085, 1087, 1159 – lacrimalis 1051, 1055, 1057 – laryngea – – inferior 898, 927 – – superior 897, 927, 974 – lenticulostriatae 1161 – lienalis s. Arteria splenica 865 – lingualis 974, 1013 – lumbales 277, 320, 865 – mammaria interna s. A. thoracica interna 299 – masseterica 974, 1033 – maxillaris 956, 974, 1019, 1026, 1035 – media genus 383 – meningea – – media 949, 974, 1164 – – posterior 950, 974 – mentalis 962 – mesenterica – – inferior 717, 867 – – superior 665, 705, 710, 717, 867 – metacarpales – – dorsales 507 – – palmares 506 – metatarsales – – dorsales 427 – – plantares 427 – musculophrenica 299 – nasales posteriores – – laterales 1046 – – septi 1046 – nutricia(-ae) – – fibulae 427 – – humeri 465 – – radii 506

– – tibiae 427 – – ulnae 506 – obturatoria 380, 881 – occipitalis 278, 974 – ophthalmica 949, 962, 975, 1049, 1051 – ovarica 796, 865 – palatina(-ae) – – ascendens 897, 919, 974, 1007 – – descendens 191, 919, 956, 974, 1007, 1036 – – major 1036 – – minores 1036 – palpebrales 1056 – – mediales 1052 – pancreatica – – dorsalis 753, 866 – – inferior 753 – – magna 753, 866 – pancreaticoduodenalis 707 – – inferior 707, 753, 866 – – superior 753 – – – anterior 707, 866 – – – posterior 707, 866 – perforantes 382 – pericallosa 1161 – pericardiacophrenica 615, 629 – perinealis 808, 880 – pharyngea ascendens 919, 974, 1007 – phrenica – – inferior 320, 865 – – superior 631 – plantaris – – lateralis 427 – – medialis 427 – pontis 1159 – poplitea 393 – – Äste 383 – – Beginn 381 – – Verletzung 393 – princeps pollicis 506 – profunda – – brachii 465 – – – Topografie 469 – – clitoridis 808 – – femoris – – – Äste 382 – – – Beginn 381 – – linguae 974, 1013 – – penis 837, 880 – pudenda(-ae) – – externa 381, 841 – – interna 341, 808, 835, 837, 841, 880 – pulmonales = Lungenarterien 559, 568, 631 – radialis 466, 495, 505, 506, – – indicis 506 – – Puls 506 – radicularis magna 1164 – rectae 710 – rectalis – – inferior 724, 880 – – media 724, 835, 880 – – superior 717, 724, 866 – recurrens – – radialis 505 – – ulnaris 505 – recurrentes tibiales 427 – renalis 773, 865 – retroduodenales 707, 866 – sacrales laterales – sacralis(-es) – – laterales 278, 341, 380, 880 – – mediana 278 – segmentales laterales 877 – sigmoideae 665, 717, 866 – sphenopalatina 974, 1036

– spinalis(-es) – – anterior 950, 1163 – – posteriores 950, 1163 – splenica (lienalis) 188, 665, 865 – stylomastoidea 951, 974, 1083 – subclavia 463, 897 – – dextra 629 – – sinistra 629 – subcostalis 277, 299, 320 – sublingualis 974, 1013, 1016, 1021 – submentalis 897, 974, 1016 – subscapularis 463 – superior – – cerebelli 1159 – – lateralis genus 383 – – medialis genus 383 – supraorbitalis 975, 1052, 1055 – suprarenalis – – inferior 773, 793, 865 – – media 793, 865 – – superior 793, 865 – suprascapularis 463, 898 – supratrochlearis 1052, 1055 – surales 383, 427 – temporalis(-es) – – media 974 – – profundae 974, 1033 – – superficialis 962, 974, 1019, 1078 – testicularis 828, 865 – thoracica – – interna 299, 629 – – – Ursprung 898 – – lateralis 299, 463 – – superior 463 – thoracoacromialis 463 – thoracodorsalis 299, 463 – thyroidea – – inferior 686, 898, 919, 934 – – superior 897, 919, 934, 974 – tibialis – – anterior 427 – – posterior 427 – transversa – – cervicis (colli) 278, 463, 898 – – faciei 962, 974, 1005, 1020 – tympanica – – anterior 951, 974, 1083 – – inferior 974, 1083 – – posterior 974, 1083 – – superior 950, 1083 – ulnaris 466, 495, 505, 506, 508 – – Puls 506 – umbilicalis 123, 150, 317, 877 , 879 – urethralis 840, 880 – uterina 804, 880 – vaginalis 806, 880 – vertebralis 278, 950, 1158, 1163 – – Ursprung 898 – vesicalis – – inferior 783, 833, 835, 880 – – superior 783, 879 – vestibularis anterior 1088 – vestibulocochlearis 1088 – vitellina(-ae) 877 – – superior 670 – zygomaticoorbitalis 962 Arterie 147 – elastischer Typ 153, 629 – muskulärer Typ 154 – Wandbau 153 Arterielle Anastomosen, Bauchraum 867

1295 Arterielle Hypertonie (Bluthochdruck) 160, 600 Arterielle Massenblutung 1162 Arteriola(-ae) – glomerularis – – afferens 769, 772, 775 – – efferens 769, 775 – rectae 775 Arteriole 154 Arteriosklerose 154 – Bein 396 – koronare 600 Arteriovenöse Kopplung 159 Arteriovenöses Angiom 1179 Arthrose 74, 131, 228 – Hüfte s. Coxarthrose 345 – Kniegelenk s. Gonarthrose 363 – Sprunggelenke 396 Articulatio(-nes) – acromioclavicularis (Akromioklavikulargelenk = AC-Gelenk = Schultereckgelenk) 440 – atlantoaxialis 265 – – lateralis 266 – – mediana 266 – atlantooccipitalis 265 – bicondylaris (Kondylengelenk) 231 – calcaneocuboidea 409 – capitis costae (Rippenkopfgelenk) 290 – carpometacarpalis(-es) (Karpometakarpalgelenke) 489 – – II–V 490 – – pollicis (Daumensattelgelenk) 489 – costotransversaria (Rippenquerfortsatzgelenk) 290 – costovertebrales (Kostovertebralgelenke) 290 – coxae s. Hüftgelenk 345 – cricoarytenoidea 923 – cricothyroidea 922 – cubiti (Ellenbogengelenk) 455 – – Röntgenbild 457 – cylindrica (Walzengelenk) 231 – Diarthrose 228 – ellipsoidea (Eigelenk) 231 – genus s. Kniegelenk 363 – glenohumeralis (Schultergelenk) 445 – – Röntgenbild 438 – humeroradialis (Humeroradialgelenk) 455, 459 – humeroulnaris (Humeroulnargelenk) 455, 459 – incudomallearis 1080 – incudostapedialis 1080 – interchondrales 291 – intermetacarpales (Karpometakarpalgelenke) 491 – intermetatarsales (Intermetatarsalgelenke) 411 – interphalangeales (Interphalangealgelenke) 492 – – pedis (Interphalangealgelenke des Fußes) 411 – mediocarpalis (distales Handgelenk) 484-485 – metacarpophalangea pollicis (Daumengrundgelenk) 491 – metacarpophalangeales (Fingergrundgelenke) 491 – – II–V 491 – metatarsophalangeae (Zehengrundgelenke) 411 – plana (ebenes Gelenk) 231 – radiocarpalis (proximales Handgelenk) 484

1296 – radioulnaris – – distalis (distales Radioulnargelenk) 479 – – proximalis (proximales Radioulnargelenk) 455, 459 – sacroiliaca (Iliosakralgelenk) 331 – sellaris (Sattelgelenk) 231 – sphaeroidea (Kugelgelenk) 232 – sternoclavicularis (Sternoklavikulargelenk) 440 – – Bewegungsausmaß 442 – sternocostales (Sternokostalgelenke) 291 – subtalaris 407 – talocalcaneonavicularis 407 – talocruralis (oberes Sprunggelenk = OSG) s. Sprunggelenke 404 – talonavicularis 409 – talotarsalis (unteres Sprunggelenk = USG) s. Sprunggelenke 407 – tarsi transversa (ChopartGelenk) 409 – tarsometatarsales 410 – temporomandibularis s. Kiefergelenk 1030 – tibiofibularis 399 – trochoidea (Rad-/Zapfengelenk) 231 – zygapophysealis (Wirbelbogengelenk) 251 Artikulation 1261 Asbestfasern, Knorpel 74 Aschoff-Tawara-Knoten s. AV-Knoten 597 Ascorbinsäure (Vitamin C)Mangel 68 Aseptische Nekrose 360 Aspartat 1182 A-Spermatogonien 843 Aspiration 545, 918 Assimilation 284 Assoziationsfasern 1145 Assoziationskortex, parietaler 1182 Assoziatives Lernen 1260 Astheniker 46 Asthma – bronchiale 90 – – Atmung, forcierte 294 – – Eosinophilie 173 – cardiale 591 A-Streifen s. Muskulatur, Querstreifung Astrozyt (Gliazelle) 93 Astrozytom 93 Aszendierendes retikuläres aktivierendes System = ARAS 1254 Aszensus, Niere 851 Aszites 526 Ataxie – sensorische 1200 – spinale 1200 – zerebelläre 1124 Atelektase 558 Atemarbeit 293 Atemmechanik 292 Atemmechanismen 567 Atemminutenvolumen 294 Atemmuskeln, Übersicht 568 Atemphasen 566 Atemverschieblichkeit – Leber 736 – Lunge 572 Atemwege, untere 541 Atemwegsobstruktion 294 Atemwegswiderstand 561

Sachverzeichnis Atemzentrum 1111, 1255 Atherosklerose 154 Athletischer Typ 46 Atlas 264 Atlasassimilation 284 Atmung 565 – äußere 547, 556, 565 – diaphragmale 567 – forcierte 294 – innere 565 – kostale 567 – laterale 567 – sternokostale (Brust-/Rippenatmung) 293, 567 Atmungsorgane 541 – Entwicklung 575 Atmungsstörungen 569 Atonie 90 Atopische Dermatitis (Neurodermitis) 173 ATP = Adenosintriphosphat 219 Atresia ani (Analatresie) 728 Atriales natriuretisches Peptid = ANP = Cardiodilatin 88, 595 Atrioventrikularkanal (Canalis atrioventricularis) 623 Atrioventrikularklappen = AVKlappen s. Valvae cuspidales 589 Atrium(-a) – cordis (Herzvorhof) 578 – – dextrum (rechter Vorhof) 580, 582 – – Lage 581 – – sinistrum (linker Vorhof) 580, 583 – primitivum/commune 622 Atrophie – Hypothenar 499 – Zunge 1111 Auditorischer Kortex 1141, 1232 – sekundärer 1232 Auditorisches System 1228 Auerbach-Plexus (Plexus myentericus) 219, 679 Auffahrunall 267 Aufhellung 130 Aufhellung s. Röntgendiagnostik 130 Auflagepunkte, Fuß 421 Augapfel 1058 Auge 1049 – Entwicklung 1072 – Hilfsapparat 1052 Augenbecher 1072, 1174 Augenbecherspalte 1072 Augenbewegungen – Steuerung über Vestibulariskerne 1238 – willkürliche 1225 Augenbläschen 1072 Augenfarbe 1062 Augenfeld, frontales 1140 Augenfurchen 1072 Augenhintergrund 1067 Augenhöhle s. Orbita 1049 Augeninnendruck 1061, 1070 Augenkammern 1070 Augenlid, Drüsen 1055 Augenlid (Palpebra) 1054 Augenmuskeln, äußere 1052 Augenmuskelnerven 982 – im Sinus cavernosus 1289 Augenmuskelparese 1289 Augenspiegelung 1067 Auricula (Ohrmuschel) 1075 – dextra (rechtes Herzohr) 580, 582 – sinistra (linkes Herzohr) 580, 583

Auris s. Ohr 1074 – externa 1075 – media s. Mittelohr 1078 Ausatmung s. Exspiration 566 Ausdauermuskeln s. Muskulatur, Skelettmuskulatur 87 Außenfaser 1067 Außenknöchel (Malleolus lateralis) 398, 404 Außenmeniskus s. Meniscus(-i) lateralis 369 Außenrotation 42 Außensegment (Photorezeptorzelle) 1066, 1217 Außenstreifen (Nierenmark) 768 Außenzone (Nierenmark) 768 Äußere Augenmuskeln 1052 Äußere Haarzellen 1087, 1229 Äußeres Genitale – männliches 835 – weibliches 807 Äußeres Ohr 1075 – Entwicklung 1092 Äußeres Schmelzepithel 1028 Ausführungsgang s. Drüse, exokrine 65 Auskultation 35 Ausscheidungsfunktion, Niere 763 Ausstrombahn – linker Ventrikel 586 – rechter Ventrikel 585 Austreibungsperiode 819 Austreibungsphase 609 Aus-Zentrum-Bipolarzelle 1219 Aus-Zentrum-Ganglienzellen 1219 Autochthone Rückenmuskeln s. Rückenmuskulatur, autochthone 271 Autokrinie 63 Autoregulation – Lungenkreislauf 569 – Niere 772 AV-Bündel (Fasciculus atrioventricularis) s. His-Bündel 598 AV-Klappen = Atrioventrikularklappen s. Valva cuspidales 589 AV-Knoten (Nodus atrioventricularis) 597 Axilla s. Fossa axillaris 474 Axillarlinie – hintere = HAL (Linea axillaris posterior) 303 – mittlere = MAL (Linea axillaris media) 303 – vordere = VAL (Linea axillaris anterior) 303 Axis 265 – bulbi 1058 Axolemm 92 Axon 92 axonaler Transport 92, 200 Axonema 53 Axonhügel (Ursprungskegel) 91 Axonreflex 1207 Axoplasma 92 Azan s. Färbung, histologische 100 A-Zellen – Nebennierenmark 792 – Pankreas 752 Azetylsalizylsäure 1208 Azidophilie (Eosinophilie) 100 azinöse Drüse 64 Azinus 550, 553 – Pankreas 750 Azygos-System 633

B Babinski-Reflex 1171, 1184 Babinski-Zeichen 1171 Bachmann-Bündel 597 Backenzahn (Dens premolaris) 1021 Bahnen – motorische 1183 – – Rückenmark 1190 – – Ursprung im Hirnstamm 1189 – somatosensorische 1194 Bahnung 1260 Balken 1145 Balken (Corpus callosum) 1145 Balkenarterie (Trabekelarterie) 185 Balkenblase 785 Ballonkatheter 605 BALT = bronchial associated lymphoid tissue 189 Band s. Ligamentum 230 Bänderriss, Sprunggelenke 406 Bandhemmung 233 – Iliosakralgelenk 333 Bandscheibe s. Discus intervertebralis 258 Bandscheibenvorfall = Diskusprolaps = Diskushernie 262, 1207 Baro-/Pressorezeptoren 160 Barrett-Ösophagus 684 Barrierekontakt 56 Bartholin-Drüsen s. Glandulae vestibulares majores 807 Bartholin-Gang s. Ductus sublingualis major 1021 Bartholinitis 808 basal 41 Basale Kerne s. Basalganglien 1142 Basale Zellmembran 54 Basales Labyrinth 771 Basalganglien 1142, 1192 – Arterien 1161 – Schädigung 1288 – Verschaltung 1144, 1186 Basaliom 1269 Basalis (Stratum basale) 802 Basalkörperchen 53 Basalmembran 69 – Niere 769 Basalplatte 121, 966 – Plazenta 121 Basalringe 557 Basalschicht (Stratum basale) 1267 – Vagina 806 Basaltemperaturmessung 815 Basalzelle 1238, 1241 Basilarmembran 1084, 1086 – Auslenkung 1090 Basis – cochleae 1084 – cordis (Herzbasis) 579 – cranii (Schädelbasis) 947 – – externa 952 – – interna 947 – ossis sacri 257 – patellae 364 – pulmonis 548 basolaterale Einfaltung 54 basolaterale Zellmembran 54 Basophilie 100 Bathmotropie 607 Bauch, Leitungsbahnen 863 Bauch-Becken-Raum, Einteilung 648 – durch das Peritoneum 648 – in frontale Schichten 649 – in transversale Stockwerke 649

Sachverzeichnis Bauchatmung = Zwerchfellatmung = Atmung, diaphragmale 295, 567 Bauchfell s. Peritoneum 651 Bauchhöhle/-raum (Cavitas abdominalis) 521 Bauchmuskeln, Entwicklung 324 Bauchmuskulatur 308 Bauchnabel (Umbilicus) 864 Bauchpresse 306, 311 Bauchraum – Arterien 863 – Gefäße 863 – Lymphabfluss 872 – Lymphgefäße und -knoten 872 – Nerven 873 – Venen 867 Bauchspeicheldrüse s. Pankreas 748 Bauchtrauma, stumpfes 188, 654 Bauchwand 306 – Gefäßversorgung 320 – Innervation 322 – Schichten, Analogie zu Hoden-/ Samenstranghüllen 325 – Topografie 323 Baufett 71 Bauhin-Klappe s. Ostium ileale 713 Becherzelle 716 – Dünndarm 704 Bechterew, Morbus (Spondylitis ankylosans) 262, 331 Bechterew-Kern s. Nucleus vestibularis superior 1235 Becken (Pelvis) 326 – Bandapparat 332 – Form 328 – Geschlechtsunterschiede 329 – großes 328 – kleines = Beckenkanal (Canalis pelvis) 328 – Mechanik 332 Beckenarterien 879 Beckenausgang (Apertura pelvis inferior) 329, 818 Beckenboden 334 Beckenbodengymnastik 337 Beckenbodenmuskulatur, Innervation 342 Beckeneingang 818 Beckeneingangsconjugata 332 Beckeneingangsebene (Apertura pelvis superior) 328 Beckenfaszien 662 Beckenhöhle = Beckenraum (Cavitas pelvis) 521, 662 – Gefäße 879 – Leitungsbahnen 879 – Nerven 883 Beckenmaße 330 Beckenringfraktur 331 Beckenspiegelung (Pelviskopie) 797 Beckenvenen 881 Beckenvenenthrombose 881 Befruchtung (Konzeption) 103, 816 Behaarungstyp, männlicher 846 Beinvenen 384 Belastungsangina 600 Belegzellen = Parietalzellen 697 Bell-Phänomen 1058 Belüftungsgradient 293 Bennett-Fraktur 489 Bereitschaftspotential 1192 Berger-Raum 1068 Berstungsbruch 947 – Atlas 267

Berührungssinn 1196 Beschleunigungsrezeptor 1197 Beschwielung, Fuß 422 Betablocker 1282 Betz-Riesenzellen 1135, 1182 Beugesehnenverletzung, Hand 500 Bewegungen – Daumensattelgelenk 489 – Fingergrundgelenke 491 – Interphalangealgelenke 492 Bewegungsagnosie 1224 Bewegungsapparat – aktiver 221 – passiver 221 Bewegungsbiss 1023 Bewegungsempfindung 1236 Bewegungsfunktion, Muskel 241 Bewegungsmuskulatur s. Muskulatur, Skelettmuskulatur 87 Bewegungsprogramm 1192 Bewegungsrichtungen 42 Bewegungssegment, Wirbelsäule 268 Bewegungssinn 1196 Bewegungsstörung, EPMS-Läsion 1190 Bewegungssystem 221 Bewusste Propriozeption s. Propriozeption 1196 Bewusstseinslage 1254 Bezeichnung, anatomische 41 BHS = Blut-Hirn-Schranke 1169 Bichat-Fettpfropf 1038 Bifurcatio tracheae 543 Bifurkationslymphknoten s. Nll. tracheobronchiales 560 Bikuspidalklappe (Valva bicuspidalis) s. Valva atrioventricularis sinistra 591 Bilaterale Symmetrie 33 Bildgebung 129 – Angiografie 139 – CT = Computertomografie 134 – Herz 617 – Kontrastmittel 139 – koventionelle Röntgendiagnostik 129 – Lunge und Pleura 574 – MRT = Magnetresonanztomografie 136 – nuklearmedizinische Techniken 129 – Schnittbildverfahren 134 – Sonografie 138 Bilirubin 744 Billings-Methode 814 Bindegewebe 58, 66, 71 – elastisches 70 – embryonales 70 – gallertiges 70 – interstitielles 528 – kollagenes 70 – – locker 70 – – straff 70 – mesenchymales 70 – retikuläres 70 Bindegewebshüllen, Skelettmuskulatur s. Muskulatur, Skelettmuskulatur 86 Bindegewebsknorpel (Faserknorpel) 74 Bindegewebsräume 523 Bindegewebszellen 67 – Dermis 1271 Bindehaut 1056 binokuläres Sehen 1216 biologische Plastizität 78 Bipolarzelle 1065, 1067 – Retina 1219

Bitemporale heteronyme Hemianopsie 1221 Bläschendrüse (Glandula vesiculosa) 832 Blasenentleerungsstörung 781 Blasenentzündung s. Zystitis 783 Blasenkatheter – suprapubischer 781 – transurethraler 781, 839 Blasenknorpel 80 Blasenpunktion 781 Blasensprung, rechtzeitiger 819 Blastem 304 – matanephrogenes 850 – mesonephrogenes 850 Blastocoel (Blastozystenhöhle) 105 Blastomere 104 Blastozyste 105 Blastozystenhöhle (Blastocoel) 105 Blattpapillen 1012 Bleibende Zähne 1029 Blickbewegungen – horizontale 1225 – vertikale 1225 Blickmotorik 1224 Blickrichtungen 1054 Blinddarm s. Zäkum 712 Blinddarmentzündung s. Appendizitis 714 Blinder Fleck 1067, 1216 Blobs 1223 Blockwirbel 285 Blut 165 – Gerinnung 169 – Plasma 165 – Serum 166 – Zellen 166 – Zusammensetzung 165 Blut-Hirn-Schranke = BHS 1169 Blut-Hoden-Schranke 845 Blut-Luft-Schranke 569 Blut-Retina-Schranke 1064 Blutbildung (Hämatopoese) 166 Blutdruck 154, 763, 772 Blutdruckdifferenz, bei Aortenisthmusstenose 629 Blutentnahme – arterielle 380 – intravenöse 467 Blutfluss 149 Blutgefäße – Bauch- und Beckenraum, Entwicklung 877 – Wandbau 152 Blutgefäßsystem 146 Blutgefäßversorgung, Bauchund Beckenraum (Übersicht) 864 Blutgruppenantigene 168 Bluthochdruck (arterielle Hypertonie) 160 Bluthusten 769 Blutkreislauf 148 Blutstillung (Hämostase) 165 Blutung – Gehirn 1157 – intraabdominell 654, 735 – intrazerebral 1162 – nach arterieller Punktion 380 Blutvergiftung 468 B-Lymphoblast 182 B-Lymphozyt 177 BMI = Body-Mass-Index 43 BNP = Brain Natriuretic Peptide 595 Bochdalek-Blumenkörbchen 1156 Bochdalek-Hernie 116, 539

1297 Body-Mass-Index = BMI) 43 Bogenband s. Ligamentum carpi arcuatum 486 Bogengänge 1083, 1088, 1232, 1234 – Sinneszellen 1234 Bogenwurzel (Pediculus arcus vertebrae) 251 bone-lining-cells s. Osteoblasten 75 Botulinustoxin 84 Bouin-Fixans 99 Boutons 92 Bowman-Drüsen 1045, 1238 Bowman-Kapsel = Capsula glomerularis 769 Bowman-Membran 1059 Boxerstellung 619 Boyd-Venen 429 Bradykardie 597 Brain Natriuretic Peptide = BNP 595 Branchialbogen s. Schlundbogen 968 Braunes Fettgewebe 72 Breccienbau, Lamellenknochen 78 Brechkraftveränderung, Linse 1069 Brechzentrum 1111 Breischluck, Ösophagus 582 Breitenwachstum, Knochen 81 Bries s. Thymus 180 Brillenhämatom 958 Broca-Region 1182 Broca-Zentrum 1140, 1261 Brodmann-Area 1137 Bronchialbaum (Arbor bronchialis) 554 – Entwicklung 575 – Lymphabfluss 544 Bronchialkarzinom 556 Bronchiektasie 111 Bronchiolus(-i) 555 – lobularis 550, 555 – respiratorius 550, 556 – terminalis 550, 555 Bronchodilatation 561 Bronchokonstriktion 561 Bronchosinusitis 1042 Bronchoskopie 556, 574 Bronchus(-i) – lobaris (Lappenbronchus) 550, 555 – principalis (Hauptbronchus) 541, 544 – segmentalis (Segmentbronchus) 550, 555 – tertiärer s. Segmentbronchus 555 – Topografie 640 Bronchuskarzinoid 1285 Bruchinhalt, Hernie 307 Bruchmembran 1060, 1064 Bruchpforte, Hernie 307 Bruchsack, Hernie 307 Brücke s. Pons 1112 Brücke-Muskel 1063 Brückenkerne s. Nuclei pontis 1113 Brückenvene 1165 Brunner-Drüsen (Glandulae duodenales) 677, 707 Brustatmung = Rippenatmung s. Atmung, kostale 567 Brustbein (Sternum) 289 Brustdrüse 1277 Brustfell s. Pleura 561 Brusthöhle (Cavitas thoracis) 521, 533 – Einteilung 536

1298 Brustknospenbildung 824 Brustkorb s. Thorax 286 Brustkrebs s. Mammakarzinom 825 Brustsitus (Situs thoracis) 533, Brustwand 286 – Muskulatur 294 Brustwirbelsäule – Bewegungsausmaß 268 – Röntgenbild 256 Bryant-Dreieck 392 B-Spermatogonien 843 Bucca (Wange) 1004 Buccopharyngealmembran (Rachenmembran) 109, 118 Bülau-Drainage 564 Bülau-Punktion 564 Bulbärparalyse 1111 Bulbus(-i) 1111 – aortae 579, 629 – cordis = Conus arteriosus 622 – duodeni 705 – oculi 1058 – – Bewegungen 1052 – – Blutgefäße 1063 – olfactorius 982, 1239 – penis 837 – pili 1274 – vestibuli 808 Bulla(-ae) ethmoidalis 1041 Bündel, internodale 597 Bursa(-ae) – musculi coracobrachialis (subcoracoidea) 448 – olecrani 458 – omentalis 655 – – Entwicklung 669-670 – subacromialis 448 – subdeltoidea 448 – subtendinea musculi subscapularis 448 – suprapatellaris = Recessus suprapatellaris* 375-376 – synovialis (Schleimbeutel) 230 Bursektomie 449 Bursitis – olecrani 458 – Schulter 449 Bürstensaum 54, 771 – Dünndarm 704 Bürstenzelle 704 Büschelzelle 1239 Bypass-Operation 605 B-Zellen, Pankreas 752 B-Zellrezeptor 177 B-Zentrozyt 182

C Caecum (Blinddarm) s. Zäkum 712 Cajal-Kern s. Nucleus interstitialis 1110 Cajal-Zellen 679 Calcaneus (Fersenbein) 400, 402, 407, 409 Calcitriol 934 Calculus 1023 Caliculus(-i) gustatorius 1012 Calix(-ices) renales 776 Calvaria (Schädeldach) 946 Camera – anterior 1070 – posterior 1070 – vitrea (postrema) 1070 Canaliculus(-i) – biliferi (Gallenkanälchen) 740, 742 – caroticotympanici 950 – cochleae 1084

Sachverzeichnis – mastoideus 951 – osseae 75 – tympanicus 951, 996 Canalis(-es) – adductorius s. Adduktorenkanal 382 – analis s. Analkanal 719 – atrioventricularis (Atrioventrikularkanal) 623 – caroticus 950, 1079 – carpi (Karpaltunnel) 480 – centralis 1154 – cervicis 799 – condylaris 951 – hyaloideus 1071 – incisivus 956, 971, 1047 – infraorbitalis 956, 987, 1050 – inguinalis (Leistenkanal) 315 – isthmi 800 – mandibulae 956, 1026 – musculotubarius 951, 1083 – nasolacrimalis 956, 1050 – nervi – – facialis 992 – – hypoglossi 950, 1001 – obturatorius 331 – – Leitungsbahnen 885 – opticus 949, 982, 1050 – palatini minores 956 – palatinus major 956 – pelvis (Beckenkanal = kleines Becken) 328 – pericardioperitonealis 115 – pterygoideus 951, 992, 1036, 1081 – pudendalis (Alcock-Kanal) 341, 884 – pyloricus 693 – radicis, dentis 1024 – semicirculares 1084 – spiralis – – cochleae 1084 – – modioli 1087 – uterovaginalis 856 – vertebralis (Wirbelkanal) 251 Cannon-Böhm-Punkt 217, 718, 875 Capitulum humeri 446, 456 Capsula(-ae) – adiposa 765 – articularis (Gelenkkapsel) 228 – fibrosa – – glandulae thyroideae 932 – – renis 767 – glomerularis = BowmanKapsel 769 – interna 1146 – – Arterien 1161 – – Läsion 1184 – lentis 1068 – otica 966 – subfibrosa, (renis) 767 – tonsillaris 189 Caput (Kopf) 34, 941 – articulare (Gelenkkopf) 228 – breve, M. biceps femoris 378 – costae 288 – femoris (Femurkopf/Hüftkopf) 346 – humeri 446 – longum, M. biceps femoris 378 – mandibulae 1030 – medusae 322, 871, 1286 – pancreatis (Pankreaskopf) 749 – radii 457 – ulnae 479 Carboxypeptidase 748 Cardiodilatin s. ANP 595

Carina – tracheae 543 – urethralis vaginae 805 Carpus (Handwurzel) 480 – Knochenkerne 515 – Säulen 482, 488 Cartilago(-ines) – alaris(-es) – – major 1039 – – minor 1039 – corniculata 923 – costalis 288 – cricoidea (Ringknorpel) 922 – cuneiformis 923 – hypophysealis 966 – meatus acustici 1077 – parachordalis 966 – septi nasi 1039 – thyroidea (Schildknorpel) 921 – trabecularis 966 – triticea 923 – tubae auditivae 1083 Caruncula(-ae) – – hymenales 807 – – sublingualis 1016, 1020 Cauda – equina 1097 – pancreatis (Pankreasschwanz) 749 Caveolae s. Muskulatur, glatte 89 Cavitas(-ates) – abdominalis 647 – coronae 1024 – dentis 1024 – glenoidalis 440, 445 – infraglottica 923 – laryngis intermedia 923 – nasi s. Nasenhöhle 1040 – – propria 1040 – oris (Mundhöhle) 1003 – – propria 1003, 1005 – pelvis 647 – pericardiaca (Perikardhöhle) 522, 613 – peritonealis (Peritonealhöhle) 521, 648 – – Entwicklung 664 – – Mesos 652 – – Recessus 653, 655 – pleuralis (Pleurahöhle) 522, 540, 561 – pulparis 1024 – thoracis (Brusthöhle) 533 – tympani s. Paukenhöhle 1078 – uteri 800 Cavum – articulare (Gelenkhöhle) 228 – medullare (Markhöhle) 223 – serosum – – scroti 325 – – testis 827 – trigeminale 986 CCD(= Caput-Collum-Diaphysen)-Winkel = Kollodiaphysenwinkel 347, 360 CCT + kraniale Computertomografie 1176 CD4 + -T-Zellen s. Lymphozyt 177 CD8 + -T-Zellen s. Lymphozyt 177 CE(Centrum-Erker)-Winkel 362 Cellulae – ethmoidales 1043 – – anteriores, Öffnung 1040 – – mediae, Öffnungen 1040 – – posteriores, Öffnung 1040 – mastoideae 1082 Cementum 1024

Centriculus(-i), primitivus/communis 622 Centrum – ciliospinale 1227 – (tendineum) perinei = Corpus perineale 340, 336 – tendineum – – Projektion 641 – – Zwerchfell 296 Cerclage 799 Cerebellum s. Kleinhirn 1116 Cerebrum s. Telenzephalon 1103 Cerumen 1077 Cervix (Hals) 891 – dentis 1022 – uteri 799 – – zyklische Veränderungen 814 C-Faser 1206 CFTR = Cystic fibrosis transmembrane conductance regulator 65, 751 CGL = Corpus geniculatum laterale 1127, 1221 CGM = Corpus geniculatum mediale 1127, 1232 CGRP = Kalzitonin-Genverwandtes Peptid 1182 Chalazion 1055 Chassaignac s. Luxation, perianuläre 459 Cheilognathopalatoschisis 972 Cheiloschisis 972 Chemorezeptor 160, 213, 631 Chemotaxis 70, 171 Chiasma – crurale 413 – opticum 982, 1221 – – Schädigung 1289 – plantare 413 Choana(-ae) 916, 952, 1040 Cholecystokinin 746 Cholelithiasis (Gallensteine) 745 Cholesterolesterase 748 Cholesterolsynthese 734 Cholezystitis (Gallenblasenentzündung) 745 Cholezystokinin 743 Cholinerges System 1255 Chologene Diarrhö 1285 Chondrale Osteogenese 79 Chondroblast 73 Chondrodystrophie 80 Chondroitinsulfat 69 Chondrokranium 966 Chondron 73 Chondrozyt 73 Chopart-Gelenk (Articulatio tarsi transversa) 409 Chopart-Linie 410 Chorda(-ae) – dorsalis 283, 966 – tendineae (Sehnenfäden) 590 – – spuriae 599 – tympani 951, 992, 1013, 1021, 1078, 1081 – – Läsion 1030 Chordafortsatz 109 Chordaplatte 109 Chordom 966 Chordotomie, anterolaterale 1211 Chorea Hungtington 1289 Chorion 119 Chorionhöhle 108 Chorionplatte 121 Chorionzottenbiopsie 124 Choroidea 1060, 1064 – Entwicklung 1072 Chromophor 1067

1299

Sachverzeichnis Chronisch entzündliche Darmerkrankung 708 Chronische Schmerzen 1206 Chronotropie 607 Chylus 161 Chymotrypsin 748 Chymus (Speisebrei) 693, 705 – Bildung 702 Cingulum 1145, 1245 Circulus arteriosus – cerebri 1158 – iridis – – major 1060 – – minor 1060 Circumferentia articularis 457, 479 Cis-Region, Golgi-Apparat 51 Cisterna – cerebellomedullaris 1153 – chyli 163, 634, 872 – interpeduncularis 1115 – lumbalis 1153 Clara-Zellen 555 Claudin 57 Clavicula (Schlüsselbein) 439 Climacterium virile 846 Clitoris (Kitzler) 808 Clivus 952 Cloquet-Kanal 1071 CO = Kohlenmonoxid 1182 Cochlea 1084, 1086 Cockett-Venen 429 Cohnheim-Felderung 90 Colchizin 53 Colitis ulcerosa 716 Colles-Fraktur s. Radiusfraktur 479 Colliculus(-i) – facialis 1113 – inferiores 1115, 1231 – seminalis (Samenhügel) 833, 839 – superior 1115, 1226 Collum (Hals) 34, 891 – anatomicum; Humeruskopf 446 – chirurgicum; Humeruskopf 446 – costae 288 – femoris (Schenkelhals) 346 – glandis 836 – humeri 446 – radii 457 – scapulae 440 Colon(Grimmdarm) s. auch Kolon 712 – ascendens 715 – descendens 715 – sigmoideum 715 – transversum 715 Columna(-ae) – anales 720 – anterior s. Cornu anterius 1100 – lateralis s. Cornu laterale 1100 – posterior s. Cornu posterius 1100 – renales 768 – rugarum 805 Commissura(-ae) – alba, anterior 1102, 1200 – anterior 1146, 1240 – epithalamica 1146 – fornicis 1146 – habenularum 1146 – hippocampi 1146 – labiorum – – anterior 808 – – posterior 808 – posterior 1146

Compartimentum cruris – anterius (Extensorenloge, Unterschenkel) 426 – laterale (Fibularis-/Peroneusloge) 426 – posterius (Flexorenloge, Unterschenkel) 426 Complexus basalis siehe Bruchmembran 1060 Computertomografie = CT 134 Concha(-ae) – bullosa 1043 – nasalis – – inferior 954, 1041 – – media 956, 1041 – – superior 956, 1041 Condylus(-i) – femoris (Femurkondyle[n]) 346 – lateralis – – Femur 364 – – Tibia 364 – medialis – – Femur 364 – – Tibia 364 – occipitalis 264, 944 Conjugata(-ae) 330 – diagonalis 330 – vera/obstetrica 330 Conjunctiva(-ae) – bulbi 1056 – tarsi 1056 Connexin 56 Connexon 56 Connexus intertendinei 503 Constrictio(-nes) – bronchoaortica 681 – cricoidea (Constrictio pharyngooesophagealis) 680 – diaphragmatica 681 – partis thoracicae 681 – pharyngooesophagealis 680, 917 – phrenica 681 Contusio cerebri 1152 Conus – arteriosus = Bulbus cordis 585, 622 – elasticus 925 – medullaris 1097 Copula 1014 Cor (Herz) 578 – pulmonale 1282 Cordozentese 124 Corium s. Dermis 1271 Cornea Cornea 1059, 1061 Cornu(-a) – ammonis (Ammonshorn) 1245 – – Schichten 1247 – anterius (Vorderhorn) s. Rückenmark 204, 1099 – – Entwicklung 1172 – coccygeum 258 – inferius 921 – laterale (Seitenhorn) s. Rückenmark 204, 1099-1100 – majora, ossis hyoideum 893 – minora, ossis hyoideum 893 – posterius (Hinterhorn) s. Rückenmark 204, 1099 – – Entwicklung 1172 – sacrale 258 – superius 921 Corona(-ae) – ciliaris 1062 – dentis 1022 – glandis 836 – mortis 380 – radiata s. auch Konzeption 103, 810

Corpus(-ora) – adiposum – – buccae 1038 – – infrapatellare = HoffaFettkörper 376 – – orbitae 1051 – albicans 812 – amygdaloideum 1144, 1211, 1214, 1240, 1243, 1245 – – Läsion 1244 – callosum (Balken) 1145 – cavernosum 724 – – clitoridis 808 – – penis 836 – – recti 721, 727 – ciliare 1060, 1062, 1070 – costae 288 – femoris (Femurschaft/diaphyse) 346 – gastricum 693 – geniculatum – – laterale = CGL 1127, 1221 – – mediale = CGM 1127, 1232 – humeri 446 – linguae 1009 – luteum 811 – – graviditatis 812 – – menstruationis/cyclicum 812 – mammillare 1104, 1129, 1245 – ossis – – ilii 328 – – ischii 328 – – pubis 328 – pancreatis (Pankreaskörper) 749 – penis 835 – perineale s. Centrum (tendineum) perinei 336 – pineale s. Epiphyse 1127 – radii 457, 479 – rubrum 811 – sterni 289 – striatum 1143, 1186 – tibiae 398 – trapezoideum 1231 – ulnae 479 – uteri 800 – vertebrae (Wirbelkörper) 250 – vesicae 780 – vitreum s. Glaskörper 1071 Corpusculum renale (Nierenkörperchen) 768 Cortex – cerebelli 1117 – cerebri s. Großhirnrinde 1135 – ovarii 796 – renalis (Nierenrinde) 768 Corti-Organ 1086 – Sinneszellen 1229 Corti-Tunnel 1086 Costa(-ae) 288 – spuriae 289 – verae 289 Courvoisier-Zeichen 743 Cowper-Drüsen 835 Cowper-Drüsen (Glandulae bulbourethrales) 835 Coxa – valga 347, 361 – vara 347 Coxarthrose 345, 348, 360 Cranium (Schädel) 941 CRH 1252 Crista(-ae) – ampullares 1087 – frontalis 943, 949 – galli 949 – iliaca 328, 390 – intertrochanterica 347

– sacralis – – lateralis 258 – – medialis 258 – – mediana 258 – supraventricularis 584 – terminalis 582 – tuberculi – – majoris 446 – – minoris 446 – urethralis 809, 839 Crohn, Morbus 708 Crosse 383 Crura(-ae) clitoridis 808 Crus(-ra) s. Unterschenkel 396 – cerebri(Hirnschenkel) 1114 – dextrum 297, 599 – laterale, Externusaponeurose 308 – mediale, Externusaponeurose 308 – osseum commune 1084 – penis 836 – sinistrum 297, 599 Crusta 62, 778 Crustazellen 62 CT = Computertomografie 134 – Herz 620 – kranial (= CCT) 1176 Cubitus valgus 476 Culmen 1116 Cumulus oophorus 810 Cupula 1088, 1234 – cochleae 1084 – pleurae (Pleurakuppel) 562, 570 Curvatura(-ae) – gastrica – – major 693 – – minor 693 – infrapubica 839 – prepubica 839 Cushing-Syndrom 792 Cuspis – anterior – – (valvae atrioventricularis dextra) 590 – – (valvae atrioventricularis sinistra) 591 – posterior – – (valvae atrioventricularis dextra) 590 – – (valvae atrioventricularis sinistra) 591 – septalis 590 Cuticula dentis 1028 Cutis 1266 – anserina 1274 C-Zellen 932

D Damm (Perineum) 340 Dämmerungssehen 1066 Dammräume 339 Dammregion (Regio perinealis) 338 – Innervation 342 Dammriss 341 Dammschnitt (Episiotomie) 341 Darkschewitsch-Kern 1110 Darmbakterien 712 Darmbein (Os ilium) 328 Darmbucht 117 – hintere (Kloake) 118 – vordere (Mundbucht) 118 Darmdrehung 670 Darmerkrankung, chronisch entzündliche 708 Darmrohr – Anlage 664 – Entwicklung 664

1300 Darmtonsille s. Appendix vermiformis 192 Darmverschluss (Ileus) 90, 651, 705 Darmwandnervensystem, enterisches s. Plexus entericus 679 Darmzotten, Dünndarm 704 Darwin-Höckerchen 1075 Daumen(Pollex) 482 – Bewegung 489, 493, 498 – Muskeln 493, 498 Daumenballen (Thenar) 499 Daumengrundgelenk (Articulatio metacarpophalangea pollicis) 491 Daumensattelgelenk (Articulatio carpometacarpalis pollicis) 489 – Bewegungen 489 Deckknochen 966 Deckplatte, Wirbelkörper 252 Deckzellen 62 Decussatio pyramidum (Pyramidenkreuzung) 1104, 1183 Defäkation 719, 727 Defloration 807 Degenerative Erkrankungen 247 Dehnung, Muskel 1197 Dehnungsreflex, monosynaptischer 198 Dehydroepiandrosteron = DHEAS 791 Deiters-Kern s. Nucleus vestibularis lateralis 1235 Deiters-Stützzellen 1087 Dekompensation, kardiale 595 Dekorin 69 Demaskierte Fibrillen, Knorpel 74 Demyelinisierung, ZNS 1221 Dendriten 91 Dendritische Zellen 175 Dendritischer Beckentyp 777 Dens(-tes) 1021 – axis 265 – caninus (Eckzahn) 1021 – decidui (Milchzähne) 1028 – incisivus (Schneidezahn) 1021 – molaris (Mahlzahn) 1021 – permanentes 1029 – premolaris (Backenzahn) 1021 – serotinus 1029 Dense bodies s. Muskulatur, glatte 89 Dentin 1024, 1029 Depolarisation 195 Depolymerisierung, Zytoskelett 51 Deprivation, sensorische 1261 Dermatansulfat 69 Dermatom 207, 282 – Überlappung 208 Dermis 1266, 1271 Dermomyotom 113 Desakkommodation 1063, 1070 Descemet-Membran 1059 Descensus – ovarii 854 – testis 324 Deskriptive Anatomie 31 Desmale Osteogenese 79 Desminfilament 52 Desmodontium 1025, 1029 Desmokranium 966 Desmosom 57 Desoxyribonuklease 748 Desoxyribonukleinsäure = DNS s. DNA = desoxyribonucleic acid 50 Desquamationsphase 813 Deszendierende motorische Bahnen 1189

Sachverzeichnis Deszensus – Beckenorgane 337 – Zwerchfell 116 Detritus 189 Deuteranopie (Grünblindheit) 1218 dexter 41 Dezidua 119 – Zellen 813 DHEAS = Dehydroepiandrosteron 791 Diabetes – insipidus – – centralis 200, 1251 – – renalis 771 – mellitus (Zuckerkrankheit) 600 Diagnostik, neurologisch-topische 210 Dialyse 851, 1286 Diameter 330 – transversa 331 Diaphragma s. Zwerchfell 295, 537 – fenestrierte Kapillare 157 – oris s. Musculus mylohyoideus 894, 1015 – pelvis 335 – urogenitale 336 Diaphyse (Knochenschaft) 223 Diarrhö, chologene 1285 Diarthrose/Articulatio 228 Diarthrose (Articulatio) s. Gelenk 228 Diastole 146, 609 Dickdarm (Intestinum crassum) 711 – Wandbau 677 Didymis s. Hoden 827 Diencephalon 1124, 1174, 1244 Dienzephalonbläschen 1173 Differenzialrezeptor 1197 Differenzierung, Epithelgewebe 61 Diffusion, Lunge 569 Diffusionsstörung 569 DiGeorge-Syndrom 182 Digestive Phase 702 Digitale Subtraktionsangiografie = DSA 139 Digitationes hippocampi 1246 Digitus(-i) – manus (Finger) 482 – pedis (Zehen) 403 Dihydrotestosteron 827 Diktyosome, Golgi-Apparat 51 Diktyotän 810 DIP-Gelenke = distale Interphalangeal- = Fingerendgelenke (Articulationes interphalangeae) 492 Diphydontie 1021 Diploë 224 Diploevenen (Venae diploicae) 978 Diplopie 1054 Direkte Höhrbahn 1231 Discus(-i) – articularis 229, 485 – – Akromioklavikulargelenk 440 – – Kiefergelenk 1030 – – Radioulnargelenk 479 – – Sternoklavikulargelenk 440 – intercalares (Glanzstreifen) s. Muskulatur, Herzmuskulatur 87 – interpubicus 331 – intervertebralis(Zwischenwirbelscheibe) 258 – nervi optici 1067, 1216

Diskushernie = Diskusprolaps = Bandscheibenvorfall 262, 1207 Disse-Raum (Spatium perisinusoideum) 740 Disseminierte Drüse 62 Dissimilation 284 distal 41 Distale Interphalangealgelenke = DIP- = Fingerendgelenke (Articulationes interphalangeales distales) 492 Distaler Tubulus s. Tubulus 771 Distales Handgelenk (Articulatio mediocarpalis) s. Handgelenk 485 Distorsion, HWS (Schleudertrauma) 267 Divertikel – Darm 715 – Ösophagus 686 Divertikulitis 715 Divertikulose 715 DNA = desoxyribonucleic acid 50 DNES 704 Dodd-Venen 429 Döderlein-Bakterien 806 Dom 191 Donders-Unterdruck 523, 566 Dopamin 1182, 1252, 1257 – Mangel 1188 Doppelbilder 1054 Dopplersonografie 141 Dornfortsatz (Processus spinosus) 251 dorsal 41 Dorsalaponeurose 492, 502 – Durchtrennung 502 Dorsale Pankreasanlage 755 Dorsalextension, Hand 487 Dorsum – linguae 1009 – manus (Handrücken) 513 – nasi 1039 – penis 836 – sellae 945, 952 Dottergang (Ductus vitellinus, Ductus omphaloentericus) 117 Dottersack 107 – Blutbildung 168 – Kreislauf 641 Douglas-Raum = Excavatio rectouterina 659 Drainageräume (Peritonealhöhle) 653 Drehbeschleunigungen 1234 Drehscharniergelenk (Trochoginglymus) 364 Drehschwindel 1088 Dreiecke, pleurafreie 563, 564 Dreiecksbein (Os triquetrum) 480 Dreiecksschädel (Trigonocephalus) 967 D-Rezeptor 1197 Drittelregel, Gesichtsproportionen 964 Dromotropie 607 Drosselvene 158 Druck – intraabdomineller 306 – intraokulärer 1064, 1070 Druckbelastung 588 – Fuß 422 Druckempfindung, grobe 1200 Druckgradient – Lunge und Umgebung 566 – Thorax – Abdomen 682 Druckkammern, Fußsohle 422 Drucksinn 1196 Drucktrabekel, Wirbelkörper 252

Drumstick 172 Drüse 62 – Augenlid 1055 – azinöse 64 – disseminierte 62 – einfache 64 – endokrine 63 – exokrine 63 – – apokrine 65 – – Ausführungsgang 65 – – Charakteristika 63 – – ekkrine 65 – – Endstück 66 – – holokrine 65 – – Schaltstück 65 – – Sekrettransport 65 – – Streifenstück 65 – gemischte 64 – muköse 64 – seromuköse (gemischte) 64 – seröse 64 – tubuloalveoläre 64 – tubuloazinöse 64 – tubulöse 64 – zusammengesetzte 64 Drüsenepithel 62 DSA = digitale Subtraktionsangiografie 139 Duchenne, Muskeldystrophie 84 Duchenne-Hinken 356 Ductulus(-i) – biliferi interlobulares 743 – efferentes testis 828, 830 – prostatici 835 Ductus – allantoicus s. Urachus 114 – alveolaris 550, 557 – arteriosus (Botalli) 150 – choledochus 665, 743 – cochlearis 1083, 1086 – cysticus 743 – deferens (Samenleiter) 831 – ejaculatorius 832 – endolymphaticus 1084 – epididymidis 830 – excretorius 832 – hepaticus – – communis 738, 743 – – dexter 738, 743 – – sinister 738, 743 – lactiferi 1277 – lymphaticus dexter 163, 635 – mesonephridicus 854 – nasolacrimalis 956, 1041, 1050, 1058 – – Entwicklung 971 – omphaloentericus (Dottergang) 117, 664, 670 – pancreaticus (Wirsung-Gang) 749, 756 – – accessorius 749, 756 – papillares 768 – paramesonephridicus 855 – paraurethralis 809 – parotideus 1004, 1019 – perilymphaticus 1084 – reuniens 1084 – semicirculares (Bogengang) 1083, 1234 – sublinguales – – minores 1016, 1021 – – major 1021 – submandibularis 1016, 1020 – thoracicus 163, 634, 872 – thyroglossalis 935, 1010, 1014 – utriculosaccularis 1084 – venosus (Arantii) 150, 667, 747 – vitelinus (Dottergang) 117, 664, 670 Duftdrüsen 1277

Sachverzeichnis Dünndarm (Intestinum tenue) 703 – Wandbau 677, 703 Dünndarmkonvolut 708 Dünndarmschleimhaut 703, 709 Dünnschliffpräparat 76 Duodenum (Zwölffingerdarm) 705 – Gefäße 707 – Nerven 708 – Retroperitonealisierung 668 Duplexsonografie 141 – transkraniell 1177 Dupuytren-Kontraktur 504 Dura mater 1149 Duraduplikaturen 1151 Durchblutung, kapilläre 158 Durchblutungsstörung, Innenohr 1235 Durchleuchtungsbild 130 Durchtrittsstellen, Zwerchfell 537 Dyade (Herzmuskulatur) 87 Dymenorrhö 856 Dynein 92 Dyneinarme 53 Dysmetrie 1124 Dysostosis cleidocranialis 442 Dysphagie 680, 918, 1287 Dysplasie 803 Dyspnoe, bei Mitralvitium 591 Dystrophin 51, 84 Dysurie 783 D-Zellen 697 – Pankreas 752

E Ebenen (Körperebenen) 38 – transthorakale 534, 641 Ebner-Spüldrüsen (Glandulae gustatoriae) 1012 EC-Zellen 697 Echodichte, Sonografie 138 Echokardiografie 621 – transösophageale = TEE 621 – transösophageale = TEE 582 – transthorakale = TTE 621 Eckzahn (Dens caninus) 1021 ECL-Zellen 697 Edinger-Westphal-Kern (Nucleus accessorius nervi oculomotorii) 1107 EEG = Elektroenzephalogramm 1192 e-face = exoplasmatische Seite, Zellmembran 54 Effektorhormon 1251 Efferenz 197, 205 – Informationsleitung 214 Ehlers-Danlos-Syndrom 68 Eiballen 854 Eichel (Glans penis) 836 Eierstock s. Ovarium 795 Eigenreflex 198 Eihäute 119, 124 – Zwillinge, eineiige 125 – Zwillinge, zweieiige 125 Eileiter s. Tuba uterina 797 Eileiterschwangerschaft (Tubargravidität) 818 Einatmung s. Inspiration 566 Einbeinstand 355 Eindeckmedium 100 Einfache Drüse 64 Einfaches Oberflächenepithel 61 Einflussstauung 536, 567, 614 Eingeweide = Innere Organe 528 Eingeweidemotorik 530 Eingeweideschmerz 1205 Einheit, motorische 84

Einheitsmembran, trilamelläre biologische 53 Einstrombahn – linker Ventrikel 586 – rechter Ventrikel 585 Einzelfaszie 236 Eisenhämatoxylin, Färbung, histologische 100 Eisprung 810 Eisprung (Ovulation) 810 Eiter (Pus) 172 Eizelle (Oozyte) 103, 810 Ejakulat 848 Ejakulation 217, 847 EKG = Elektrokardiogramm 605, 612 Ekkrine Drüse 65 Ekkrine Schweißdrüsen 1277 Ekkrine Sekretion 64 Ektoderm 109 – Oberflächenektoderm 111 Ektomeninx 965 Elastase 748 Elastika-Färbung 100 Elastin 69 Elastische Fasern 69 Elastischer Knorpel 74 Elastisches Bindegewebe 70 Elektroenzephalogramm = EEG 1192 Elektrokardiogramm = EKG 605, 612 Elektrokardiografie, transösophageale = Ösophagus-EKG 582, 605 Elektrokardiogramm = EKG 605, 612 Elephantiasis 163 Elevation 42, 442 Elle (Ulna) 479 Ellenbeuge (Fossa cubitalis) 475 Ellenbogen – Gefäße 463 – Nerven 468 – Topografie 473 Ellenbogengelenk (Articulatio cubiti) 455, 476 – Bandapparat 459 – Bewegung 459, 493 – Kapsel-Band-Apparat 458 – Muskeln 460, 493 – Röntgenbild 457 – Teilgelenke 455 Ellipsoidgelenk (Articulatio atlantooccipitalis) 266 Embolus 145 Embryo, Abfaltung 114 Embryoblast 105 Embryologie 102 – Definition 33 Embryonales Bindegewebe 70 Embryonalperiode 102 Emesis gravidarum 106 Eminentia(-ae) – carpalis – – radialis 480 – – ulnaris 480 – iliopubica 328 – intercondylaris 364 – mediana 1169, 1251 Emissarienvenen s. Vena(-ae) emissariae 978 Emotion 1244 Enamelum (Schmelz) 1024 Enarthrosis (Nussgelenk) 232 Enchondrale Ossifikation 80 Endarterie 148 Endharn 763 Endhirn s. Großhirn 1132 Endhirnbläschen 1173

Endkern(e) s. Nucleus(-i) terminationis 1108 Endoderm 109 Endokard 594 – valvuläres 589 Endokarditis 589 – Trikuspidalklappe 591 Endokardkissen 623 Endokrine Drüse 63 Endolymphe 1084, 1230 Endolymphraum 1085 Endomeninx 965 Endometriose 802 Endometrium 802 – postpartal 820 – zyklische Veränderungen 813 Endomurales System, Herzvenen 607 Endomysium, Skelettmuskulatur 86, 89 Endoneurium 95 Endoneurium, Nerv, peripherer 95 Endoplasmatisches Retikulum = ER 51 Endorphin 1182 Endost 75, 221 Endothel 58, 152 – fenestriertes 769 Endotoxine 651 Endphalanx 403 Endplatte, motorische 84 Endstrecke, motorische 1190 Endstrombahn (terminale Strohmbahn) 150 Endstück 66 Engramm 1246 Enkephalin 1182, 1214 Enkodierung 1259 Enophthalmus 216 Enterisches Nervensystem (Plexus entericus) 679 Enteroendokrine Zellen 697, 716 – Dünndarm 704 Enterohepatischer Kreislauf 708 Enterokinase 748 Enterothorax 116 Enterozyt 704, 716 Entgiftung, Leber 734 Entparaffinierung 99 Entspannungsphase 609 Entzündung 70 – neurogene 1207 – Wirkung auf Kapillarwand 156 Entzündungsmediatoren 70 Enzephalitis 1152 – Herpes simplex 1133 Enzephalon s. Gehirn 1103 Enzephalopathie, hepatische 734 Enzymhistochemie 101 Eosinophilie (Azidophilie) 100, 173 Ependym 1172 Ependymzelle 93 Epiblast 106 Epicondylus(-i) – lateralis – – Femur 364 – – humeri 456 – medialis – – Femur 364 – – humeri 456, 493 Epidermis 1266 Epididymis (Nebenhoden) 829 Epidurales Hämatom 1164 Epiduralraum 1149 Epiglottis (Kehldeckel) 917, 921 Epikard 595

1301 Epikritische Sensibilität 1195 Epimer 282 Epimysium, Skelettmuskulatur 86 Epineurium. Nerv, peripherer 95 Epiorchium 827 Epipharynx 916 Epiphyse 223, 1127, 1170, 1228 Epiphysenfuge 80 Epiphysentumor 1127 Epiphyseolysis capitis femoris 360 Episiotomie (Dammschnitt) 341 Epithalamus 1127 Epithel – Follikel-assoziiertes 189 – – Peyer-Plaques 191 – mehrschichtiges 61 – respiratorisches 1044 Epitheldysplasien 684 Epithelgewebe 58 Epithelium – lentis 1069 – mucosae (Lamina epithelialis mucosae) 677 Epithelkörperchen 933 Epithelkörperchen s. Nebenschilddrüsen 933 Epithelmetaplasie 684 Epitympanon 1079 EPMS = extrapyramidalmotorisches System 1142, 1190 – Störung 1190 Epoophoron 857 EPSP = erregendes postsynaptisches Potenzial 196 ER = Endoplasmatisches Retikulum 51 Eradikationstheapie 698 Erb-Punkt 617 Erbsenbein (Os pisiforme) 480 Erektion 847 Erguss 526 – Ellenbogengelenk 458 – Kniegelenk 375 – Sprunggelenk 405 Erkrankungen – degenerative 247 – rheumatische 477 Eröffnungsperiode 819 Eröffnungszone 81 Erregungsleitung 195 – kontinuierliche 94 – saltatorische 94 Erregungsphase – Frau 816 – Mann 847 Ersatzzahnleiste 1029 Erster Schmerz 1206 Erythroblast 168 Erythropoese 168 Erythropoetin 166, 168, 763 Erythrozyt 168 Eversion 409 Excavatio(-nes) – rectouterina (Douglas-Raum) 658, 722, 801, 805 – rectovesicalis 658, 722, 780 – vesicouterina 658, 780, 801 Exokrine Drüse 63 Exophthalmus 932 Exostosen 263 Exozytose 64 Exspiration (Ausatmung) 566 – Thoraxbewegungen 293 Extension 42 Extensoren – Oberarm 462 – Unterarm 496 – Unterschenkel 415

1302 Extensorenloge, Unterschenkel (Compartimentum cruris anterius) 426 Externa 152 externus 41 Externusaponeurose 308, 313 Extraembryonale Hohlräume 107 Extraembryonales Zölom (Chorionhöhle) 108 Extragenikulärer Teil, Sehbahn 1220 Extraglomeruläre Mesangiumzellen (Goormaghtigh-Zellen) 772 extraperitoneal 652 Extraperitonealraum, vegetativer Plexus 873 Extrapyramidalmotorisches System s. EPMS 1190 Extratöne 617 Extrauteringravidität 818 Extrazelluläre Matrix s. Matrix, extrazelluläre 67 Extremitas – acromialis 439 – sternalis 439 – tubaria 795 – uterina 795 Extremität, obere s. Obere Extremität 437 Extremitätenknospe 360

F Fabella 376 Facies – anterior cordis (Facies sternocostalis) 580 – articularis (Gelenkfläche) 228 – – anterior, Dens axis 265 – – capitis costae 288 – – carpalis 479, 485 – – inferior, Atlas 264 – – posterior, Dens axis 265 – – superior, Atlas 264 – – tuberculi costae 288 – auricularis 258, 331 – costalis, (pulmonis) 548 – diaphragmatica – – cordis 581 – – pulmonis 548 – – hepatis 735 – dorsalis, Kreuzbein 258 – lunata 345 – mediastinalis pulmonis) 548 – patellaris 364 – pelvica 258 – poplitea 364 – pulmonales 581 – sternocostalis 580 – symphysealis 328 – visceralis hepatis 735 Fadenpapillen 1011 Faeces 712 F-Aktin (Aktinfilament) 51 Fallhand 470, 508 Fallot-Tetralogie 624 Falx – cerebri 1151 – inguinalis 317 Familienanamnese, positive 600 Farbduplexsonografie, transkranielle 1177 Farbenblindheit 1218 Farbensehen 1066, 1217 Färbung, histologische 99 Farnkraut-Muster 814 Fascia(-ae) – abdominalis superficialis 325 – adhaerens 57, 87

Sachverzeichnis – antebrachii 503 – axillaris 474 – brachii 460 – buccopharyngea 912, 1038 – cervicalis (Halsfaszie) 892 – clavipectoralis 466 – clitoridis 808 – colli (Fascia cervicalis) 892 – cruris 411 – – Spaltung 414 – diaphragmatica inferior 539 – diaphragmatis – – pelvis – – – inferior 335 – – – superior 335 – – urogenitalis – – – inferior = Membrana perinei 337 – – – superior 337 – dorsalis manus 503 – endothoracica 295, 562 – lata 357 – masseterica 912, 1038 – occludentes 1169 – parotidea 912, 1018, 1038 – pelvis 662 – – visceralis 722, 780 – penis – – profunda 837 – – superficialis 837 – – superficialis s. Tela subcutanea penis 837 – perinei (superficialis) 338 – pharyngobasilaris 918 – phrenicopleuralis 539, 562 – poplitea 393 – presacralis 662 – rectoprostatica 662 – rectovaginalis 722 – renalis (Nierenfaszie) 767 – spermatica – – externa 325 – – interna 325 – superficialis abdominis 314 – temporalis 1038 – thoracica externa 295 – thoracolumbalis 273 – transversalis 314, 325 – vesicalis 780 Fasciculus(-i) 1101 – arcuatus 1145, 1232, 1262 – cuneatus 1112, 1198 – gracilis 1112, 1198 – interfascicularis 1101 – lateralis 468 – longitudinales 266 – longitudinalis – – medialis 1110, 1225, 1236, 1254 – – – rostraler interstitieller Kern = riFLM 1225 – – posterior 1132 – – superior 1145, 1262 – mamillotegmentalis 1131 – mamillothalamicus 1131 – medialis 468 – – telencephali 1131 – posterior 468 – proprii (Grundbündel) 1101 – septomarginalis 1101 – telencephalicus medialis 1257 – thalamicus 1186 Faserknorpel (Bindegewebsknorpel) 74 Faser – elastische 69 – retikuläre 68 Faserqualitäten, Spinalnerven 206 Fasersysteme, Großhirn 1144

Fasertypen, Skelettmuskulatur 86 Fast-Faser, Skelettmuskulatur 86 Faszie (Muskelbinde) 86, 236 Faszikulationen 1111 Fazialisknie, äußeres 992 Fazialisparese 1058, 1080 – periphere 992, 1185 – zentrale 1185 Fechterstellung 619 Fehlbildungen – Thoraxwand 305 – Wirbelsäule 283 Fehlintubation 545 Feinmotorik 478 Felderhaut 1266 Felsenbein (Pars petrosa) 943 – Fraktur 958 Femoral-/Schenkelhernie 315 Femoralispuls 315, 380 Femoropatellargelenk 364 Femorotibialgelenk 364, 366 Femorotibialwinkel 394 Femur (Oberschenkelknochen) 346, 364 Femurantetorsion 348, 398 Femurepikondylen 391 Femurkondylen 364, 391 Femurkopf, Blutversorgung 349, 382 Fenestra(-ae) – cochleae (rundes Fenster) 1079, 1084, 1089 – vestibuli (ovales Fenster) 1079, 1084, 1089 Fenster – ovales s. Fenestra vestibuli 1084 – rundes s. Fenestra cochleae 1084 Fenstertechnik 135 Fersenbein (Calcaneus) 400, 402, 407, 409 Fertilität, Mann 843 Fetalperiode 102 Feto-plazentarer Kreislauf 120 Fettgewebe 71 – braunes 72 – weißes 71 Fettsäuresynthese 734 Fettstühle (Steatorrhö) 751 Fibra(-ae) – arcuatae cerebri 1145 – assotiationis telencephali 1145 – corticonucleares 1185 – corticospinales 1183 – cuneocerebellares 1202 – obliquae 699 – paraventriculohypophysiales 1249 – pontis transversae 1113, 1185 – supraopticohypophysiales 1249 – zonulares 1069 Fibrillen – Anordnung in hyalinem Knorpel 73 – Knorpel, demaskierter 74 Fibrillin, elastische Fasern 69 Fibrillogenese, Kollagenfasern 67 Fibrin 169 Fibrinogen 166, 169 Fibroblast 67 Fibronektin 69 Fibrozyt 67 Fibula (Wadenbein) 397, 413 Fibulaköpfchen 391 fibular 41

Fibularisgruppe (Peroneusgruppe) 415 Fibularisloge (Peroneusloge = Compartimentum cruris laterale) 426 Fiederungswinkel, Muskel 235 Fila olfactoria 949, 982, 1045, 1047, 1239 Filament-Gleit-Theorie, Skelettmuskulatur 86 Filamente – Muskulatur 83 – Zytoskelett 51 Filamin 51 Fimbria(-ae) – ovarica 797 – hippocampi 1246, 1248 – tubae 797 Fimbrin 51 Finger (Digiti manus) – Bandapparat 501 – Bewegungen 491 – – Grundgelenke 491 – Gefäße 507 – Hautinnervation 513 – Knochen 482 Finger-Boden-Abstand 270 Fingergelenke – Bewegung 493, 498 – Grundgelenke (Articulationes metacarpophalangeae) 491 – Muskeln 493, 498 Firstkern (Nucleus fastigii) 1119 Fischwirbel 252 Fissura(-ae) – calcarina (Sulcus calcarinus) 1133, 1222 – horizontalis 551, 572, 1116 – interlobares 550 – ligamenti – – teretis 736 – – venosi 736 – longitudinalis cerebri 1132 – mediana anterior 1101 – obliqua 551, 572 – orbitalis – – inferior 951, 987, 1027, 1036, 1050 – – superior 951, 983, 986, 1050 – petrotympanica 949, 951, 992, 1081 – prima 1116 – pterygomaxillaris 956, 959, 1036 – sphenopetrosa 949, 996 – sterni congenita 305 Fistelbildung 708 Fixationsreflex 1225 Fixierung 99 Flagellum (Geißel) 53 – Spermatozoon 844 Flail Chest = instabiler Thorax 286 Flankenatmung 293 Flechsig-Trakt 1201 Flechsig-Trakt (Tractus spinocerebellaris posterior) 1201 Fleck, blinder 1216 Flexio, Uterus 800 Flexion 42 Flexoren – Oberarm 460 – Unterarm 495 – Unterschenkel 412 Flexorenloge, Unterschenkel (Compartimentum cruris posterius) 426 Flexorreflex 200 – polysynaptischer 199

1303

Sachverzeichnis Flexura(-ae) – anorectalis 335 – cervicalis 1173 – coli – – dextra 715 – – sinistra 715, 875 – duodeni, superior 705 – duodenojejunalis 705, 708 – laterales 719 – mesencephalica 1173 – perinealis 719 – sacralis 719 Flimmerepithel 1044 Flimmerzellen 798 Flügelgaumengrube s. Fossa pterygopalatina 1035 Flügelplatte 1172 Flüssigkeit, seröse 525 Flüssigkeitsfilm, präkornealer 1056 Flüstersprache (Stimmritze) 924 Foetor – ex ore 918 – hepaticus 734 Fokalkontakt 57 Folgebewegungen 1225 Folium(-a) cerebelli 1116 Folliculus(-i) – lymphatici aggregati = Noduli lymphoidei aggregati s. PeyerPlaques 709 – ovarii 796 Follikel – Entwicklungsstadien (Übersicht) 810 – primäre r182 – sekundärer 183 Follikel-assoziiertes Epithel 189, 191 Follikelatresie 810 Follikelepithel 810 Follikelphase s. Proliferationsphase 813 Follikelreifung 810 – hormonelle Steuerung 812 Follikelstimulierendes Hormon (FSH) 812845, 1252 Follitropin s. FSH 812 Folsäure, Gabe in der Schwangerschaft 284, 1170 Fontana-Raum 1071 Fontanelle(n) 967 Fonticulus – anterior 967 – mastoideus 967 – posterior 967 – sphenoidalis 967 Foramen(-ina) – apicis, dentis 1024 – caecum 935, 1009 – ethmoidale – – anterius 1050 – – posterius 987, 1050 – frontale 943 – infraorbitale 956, 965, 987, 990, 1050 – infrapiriforme 358, 380, 388, 392 – interventriculare 624, 1155 – ischiadicum – – majus, durchtretende Leitungsbahnen 358, 885 – – minus, durchtretende Leitungsbahnen 885 – jugulare 950, 996, 998, 1001 – lacerum 950, 992, 1081 – magnum 950, 1001 – mandibulae 988, 1026 – mastoideum 951 – mentale 956, 965, 988, 990

– nutritium 225 – – Wirbelkörper 252 – obturatum 327, 358 – – Form 329 – omentale 655 – ovale 150, 625, 949, 988 – – persistierendes 625 – palatinum – – majus 956, 1036 – – minus 956, 1036 – papillaria 768 – primum 625 – rotundum 949, 987, 1036 – sacralia anteriora 258 – sacralia posteriora 258 – sphenopalatinum 956, 1036 – spinosum 949, 988 – stylomastoideum 951, 992 – supraorbitale 943, 959, 965, 990, 1050 – suprapiriforme 358, 380, 392 – transversarium 253 – – Atlas 264 – venae cavae 539 – vertebrale (Wirbelloch) 251 – zygomaticofaciale 1050 – zygomaticoorbitale 1050 – zygomaticotemporale 1050 Forceps – major 1145 – minor 1145 Formatio – reticularis 1109, 1182, 1189, 1210, 1240 – – Funktionskreise 1254 – – paramediane pontine = PPRF 1225 – – Zellgruppen 1256 Fornix(-ices) 1131, 1245 – conjunctivae 1056 – pharyngis 916 – vaginae 805 – vestibuli 1004 Fossa(-ae) – acetabuli 345 – articularis (Gelenkpfanne) 228 – axillaris (Achselhöhle) 474 – canina 965 – coronoidea 456 – cranii – – anterior 948 – – media 949 – – posterior 950 – cubitalis (Ellenbeuge) 475 – glandulae lacrimalis 1057 – hypophysialis 945, 949 – iliaca 328 – incisiva 956 – infratemporalis 959, 1034 – inguinalis – – lateralis 317 – – medialis 317 – intercondylaris 364 – interpeduncularis 1115 – ischioanalis 339 – jugularis 906 – lacrimalis 1057 – lumbalis 764 – mandibularis 1030 – navicularis urethrae 839 – olecrani 456 – ovalis 583 – ovarica 795 – paravesicalis 780 – poplitea (Kniekehle) 393 – pterygopalatina 959, 1035, 1037 – radialis 456 – retromandibularis 1018

– rhomboidea (Rautengrube) 1104 – supravesicalis 317 – temporalis 959, 1034 – tonsillaris 190 – trochanterica 347 – vesicae biliaris 736, 745 Fossula(-ae) hyaloidea 1068 Fovea(-ae) – articularis 457 – capitis femoris 346 – centralis 1067, 1218 – – kortikale Represäntation 1222 – costalis – – inferior 254 – – processus transversi 254 – – superior 254 – dentis 264 – radialis (Tabatière) 514 Foveola(-ae) – gastricae 696 – granulares 1157 FR = Formatio reticularis 1109 Fraktur (Knochenbruch) 77 – Acetabulum 334 – Atlas 267 – Beckenringfraktur 331 – Bennett 489 – Calcaneus 401 – Clavicula 443 – Dens axis 267 – Felsenbein 958 – Femur 348 – – suprakondylar 393 – Humerus – – distal 470 – – subkapital 453 – Malleolarfraktur 406 – Malleolus medialis 433 – Mechanismus 226 – Oberarm 470 – offene 398 – Os scaphoideum 480 – Radius 479 – Rippenserienfraktur 286 – Schenkelhals 348, 355 – Sinterungsfraktur 252 – Tibia 398 – Ulna 479 – Wirbelkörper 251 Frankenhäuser-Ganglion (Plexus uterovaginalis) 216, 796 Freie Bindegewebszellen s. Bindegewebszellen 67 Freie Nervenendigung 1207 Fremdreflex 199 Frenulum – clitoridis 807 – labii – – inferioris 1004 – – superioris 1004 – labiorum pudendi 808 – linguae 1009 – preputii 836 Fromment-Zeichen 511 frontal 41 Frontalebene 38 Frontales Augenfeld 1140, 1182 Frontallappen 1133 Fruchtblase 819 Fruchtwalze 819 Frühentwicklung 102 Frühgeburt, Lungenreifung 558 Frühschwangerschaft 817 Fruktose 832 – Ejakulat 848 FSH (Follikelstimulierendes Hormon) 812, 845, 1252 Führungsband s. Ligamentum 230

Führungslinie 818 Füllungsphase 609, 611 Fundoskopie 1067 Fundus – gastricus 693 – oculi 1067 – uteri 800 – vesicae 780 Fundusvarizen 1286 Funiculus(-i) 1101 – anterior 1101 – anterolateralis (Vorderseitenstrang) 1101 – lateralis 1101 – posterior s. Hinterstrang 1101, 1198 – spermaticus (Samenstrang) 315 – – Hüllen 325 Funktionalis (Stratum functionale) 802 Funktionelle Anatomie 31 Funktionelle Herzgeräusche 617 Funktionelle Systeme, ZNS 1181 Funktionelles Synzytium 56 Funktionsprüfungen 35 Furosemid 771 Fuß (Pes) 396 – Bandapparat 405 – Arterien 428 – Gefäßversorgung 427 – Gewölbekonstruktion 421 – Innervation 431 – Lastübertragung 421 – Muskulatur 417 Fußabdruck (Podogramm) 422 Fußgewölbe 423 – Aufbau 423 – Bandsicherung 423 – Muskelsicherung 424 Fußknochen (Ossa pedis) 399 Fußmuskeln 417 – dorsale (Übersicht) 417 – plantare 418 – plantare (Übersicht) 419 Fußpuls, Palpation 428 Fußskelett 400 Fußwurzel (Tarsus) 399, 402 Fußwurzelgelenke 410

G GABA = Gamma-Amino-Buttersäure 202, 1182, 1191 Gabelrippen 305 Gaenslen-Zeichen 492 GAG = Glykosaminoglykan 69 G-Aktin = globuläres AktinMonomer 51 Galea aponeurotica 960 Galen-Vene s. Vena magna cerebri 1166 Galle – Abfluss 743 – Konzentration 745 – Rückstau 743 – Zusammensetzung 744 – – Veränderung 745 Gallenblase (Vesica biliaris, Vesica fellea) 742, 744 – Entwicklung 747 – Gefäße 746 – Nerven 746 – Wandbau 746 Gallenblasenentzündung (Cholezystitis) 745 Gallenfarbstoffe 744 Gallengangsteine (Cholangiolithiasis) 743 Gallenkolik 743

1304 Gallensäuren 744 – Resorption 708 Gallensteine (cholelithiasis) 745 Gallenwege 742 – Entwicklung 747 – intrahepatisch 742 Gallertiges Bindegewebe 70 Gallesekretionsstörung 734 GALT = gut associated lymphoid tissue 189 Gamma-Amino-Buttersäure = GABA 202, 1182, 1191 Gamma-Globuline (Immunglobuline) 177 Gang 355, 413 Ganglien – Grenzstrang 214 – Hirnnerven 211, 980 – parasympathische, Kopf 217 – paravertebrale (Grenzstrangganglien) 215, 874 – prävertebrale 215, 874 – Spinalganglien 206 – vegetative, Extraperitonealraum 873 Ganglienhügel 1174 Ganglienzelle 1065 – Retina 1067, 1219 Ganglion(-a) 98 – aorticorenalia 776, 779, 829, 875 – cervicale – – inferius 215, 905 – – medium 215, 905 – – superius 215, 904, 1228 – cervicothoracicum = Ganglion stellatum 905 – ciliare 217, 980, 1052, 1062 – cochleare s. Ganglion spirale cochleae 995 – coeliaca 793, 829, 875 – coeliacum 216, 755 – geniculi 980, 1081 – impar 215 – inferius – – N. glossopharyngeus 980, 996, 1014 – – N. vagus 980, 999, 1014 – intramurales 98 – jugulare s. Ganglion superius nervi vagi 980 – lumbalia 215, 874 – mesentericum – – inferius 216, 717, 875 – – superius 216, 717, 875 – nodosum s. Ganglion inferius nervi vagi 980 – oticum 217, 988, 995, 1035 – pelvica 883 – pelvicum (Plexus uterovaginalis) 804 – pterygopalatinum 217, 992, 1035, 1081 – sacralia 215, 883 – spinales (Spinalganglion) 98, 206 – spirale cochleae 980, 995, 1087, 1229 – stellatum = Ganglion cervicothoracicum 215, 905 – submandibulare 217, 1021 – superius 998 – – nervi glossopharyngei 980, 996 – – nervi vagi 980 – thoracica 215 – trigeminale 980, 986, 1203 – tympanicum 980 – vestibulare 980, 1085, 1091, 1233, 1235 Gangrän, Darmwand 308

Sachverzeichnis Gänsehaut 1274 Gap Junction (Kommunikationskontakt) 56 Gartner-Gang 857 Gasaustausch 547, 569 Gasser-Ganglion 980, 986, 1203 Gasser-Ganglion(Ganglion trigeminale) 980, 986, 1203 Gaster s. Magen 693 Gastrale Phase 703 Gastritis 698 Gastrointestinaltrakt – oberer 705 – unterer 708 Gastrulation s. Keimscheibe, dreiblättrige 109 Gaumen (Palatum) 1004 – Entwicklung 1008 – Gefäße 1007 – harter (Palatum durum) 1006 – Innervation 1008 – Muskulatur 1007 – Nerven 1007 – weicher (Palatum molle) 1006 Gaumenanlage 971 Gaumenbein (Os palatinum) 955 Gaumenbögen 916 Gaumenmandeln (Tonsillae palatinae) 190 Gaumensegel (Velum palatinum) 916, 1006 Gaumenspalte 1008 Gaumenwülste 1008 Gebärmutter s. Uterus 799 Gebiss 1021 Geburt 818 – Kreislaufumstellung 151 Geburtsbeginn 819 Geburtsunmöglichkeit 819 Gedächtnis 1258 – deklaratives (explizites) 1259 – episodisches 1259 – nicht deklaratives (implizites) 1260 – semantisches 1259 – sensorisches 1259 Gedächtnisformen 1258 Gedächtnisspur 1246 Gedächtniszelle 176 Gefäße, Wandbau 153 Gefäß-Nerven-Staße(n), Unterschenkel 426 Gefäß-Nerven-Strang, Hals 912 Gefäß-Nerven-Straße(n) – Becken (Übersicht) 885 – dorsale interossäre 508 – Oberarm 469, 471 – palmare ossäre 509 – radiale 508 – ulnare 510 – Unterarm (Übersicht) 508 – Unterschenkel 411 – – Übersicht 426 Gefäßplexus, Haut 1273 Gefäßsystem 146 Gefäßzusammenschluss (Anastomose) 148 Geflechtartiges (kollagenes) Bindegewebe 70 Geflechtknochen(Knochen, primärer) 76, 222 Geflechtschicht (Stratum reticulare) 1271 Gegenfarbentheorie, Farbensehen 1217 Gegenstromprinzip 772, 775 Gehirn 202, 1103 – Entwicklung 1172, 1174 – Gefäße 1157 – Venen 1165

Gehirngröße 1104 Gehörgang, äußerer 1076 Gehörgangsplatte 1092 Gehörgangspülung 1075 Gehörknöchelchen 1080, 1089 Geißel (Flagellum) 54 – Spermatozoon 844 Gelber Fleck (Macula lutea) 1067 Gelbkörper s. Corpus luteum 811 Gelbkörperhormon s. Progesteron 811 Gelenk 228 – Bewegungsmöglichkeiten 232 – dreiachsiges 232 – ebenes (Articulatio plana) 231 – echtes (Articulatio/Diarthrose) 228 – Eigelenk (Articulatio ellipsoidea) 231 – einachsiges 231 – Hilfsstrukturen 229 – Kondylengelenk (Articulatio bicondylaris) 231 – Kugelgelenk (Articulatio sphaeroidea) 232 – Nussgelenk (Enarthrosis) 232 – Rad-/Zapfengelenk (Articulatio trochoidea) 231 – Sattelgelenk (Articulatio sellaris) 231 – Scharniergelenk (Ginglymus) 231 – straffes (Amphiarthrosis) 232 – Walzengelenk (Articulatio cylindrica) 231 – zweiachsiges 231 Gelenkbewegung 1198 Gelenkerguss 229 Gelenkfläche (Facies articularis) 228 Gelenkformen 231 Gelenkfortsatz (Processus articularis) 251 Gelenkhemmung 233 – oberes Srunggelenk 406 Gelenkhöhle (Cavum articulare) 228 Gelenkkapsel, Capsula articularis 228 Gelenkknorpel 73, 228 Gelenkkopf (Caput articulare) 228 Gelenkmaus 378 Gelenkpfanne (Fossa articularis) 228 Gelenkspalt 228 – radiologischer 131 Gelenkstellung 1198 Gemischte Drüse 64 Generallamelle 77, 223 Geniculum canalis facialis 1081 Genikulärer Teil, Sehbahn 1220 Genitale – äußeres, Entwicklung 858 – Entwicklung 852, 859 – männliches 826 – – äußeres 835 – – inneres 826 – weibliches 794 – – äußeres 807 – – inneres 794 – – Kindheit 823 – – postnatale Entwicklung 823 – – Pubertät 823 Genitalfalten 859 Genitalhöcker 858 Genitalleiste 850, 852

Genitalwege, Entwicklung 854 Genitalwülste 858 Gennari-Streifen 1136, 1222 Genu – recurvatum 377 – valgum (X-Bein) 394 – varum (O-Bein) 394 gER = glattes Endoplasmatisches Retikulum 51 Gerinnungskaskade 169 Gerstenkorn 1055 Geruch, bewusste Wahrnehmung 1240 Geschlechtsdimorphismus 47 Geschlechtsdrüsen, akzessorische – Entwicklung 857 – Mann 832 Geschmacksbahn 1242 Geschmackskern 1243 Geschmacksknospe 1012, 1241 Geschmacksorgan (Organum gustus) 1012 Geschmacksqualität 1013, 1241 Geschmacksrezeptoren 1241 Geschwindigkeitsrezeptor 1197 Gesicht – Entwicklung 971 – Gefäße 963 – knöcherne Grundlage 959 – Nerven 963 – Proportionen 964 – Region 964 – – tiefe seitliche 1034 Gesichtsfeld 1215 Gesichtsfeldausfall 1289 Gesichtsfraktur 958 Gesichtshaut, Spaltlinien 963 Gesichtsschädel (Viscerocranium) 954 – Verstärkungspfeiler 958 Gesichtsstrahlung s. N. facialis 963, 992 Gesichtswülste 970 Gestalt, allgemeine Bedeutung 31 Gewebe 58 – bradythrophes 155 Gewölbekonstruktion, Fuß 421 GFAP = Glial fibrillary acidic protein 52, 93 GH = Growth Hormone 1252 GHRH = Growth Hormone Releasing Hormone 1252 Gibson-Faszie = Membrana suprapleuralis 562 Giebelkern s. Nucleus fastigii 1119 Gieson, van, Färbung 100 Gingiva (Zahnfleisch) 1004, 1025 – Nerven 1027 Ginglymus (Scharniergelenk) 231 Glabella 943, 959, 965 Glandotropes Hormon 1251 Glandula(-ae) – anales (Proktodealdrüsen) 720 – buccales 1004, 1017 – bulbourethrales (CowperDrüsen) 835 – cardiacae (Kardiadrüsen) 697 – ceruminosae 1077 – cervicales uteri 802 – ciliares 1055 – cutis 1276 – duodenales (Brunner-Drüsen) 677 – gastricae 677 – gustatoriae 1012

Sachverzeichnis labiales 1004, 1017 lacrimalis 1056 lingualis anterior 1012 mammariae 1277 mucosae intestinales 677 nasales 1044 oesophageae 677, 684 olfactoriae 1045 palatinae 1006, 1017 parathyroideae s. Nebenschilddrüsen 933 – parotidea 1018 – – accessoria 1019 – pinealis s. Epiphyse 1127 – pituitaria 1249 – preputiales 836 – pyloricae (Pylorusdrüsen) 697 – radicis linguae 1012 – salivariae 1017 – – majores 1018 – – minores 1017 – sebaceae 1055 – – holocrinae 1276 – seminalis (Glandula vesiculosa) 832 – sublingualis 1017, 1021 – submandibularis 1018, 1020 – submucosae duodeni s. Brunner-Drüsen 707 – sudoriferae 1277 – suprarenalis s. Nebenniere 790 – tarsales 1055 – thyroidea s. Schilddrüse 931 – urethrales 809, 840 – uterinae 802 – vesiculosa (Bläschendrüse) 832 – vestibulares – – majores = Bartholin-Drüsen 807 – – minores 807 Glans – clitoridis 808 – penis (Eichel) 836 Glanzstreifen (Disci intercalares), Herzmuskulatur 87 Glaser-Spalte s. Fissura petrotympanica 951 Glasknochenkrankheit (Osteogenesis imperfecta) 68 Glaskörper 1070 Glaskörperraum 1070 Glatte Muskulatur 89 glattes Endoplasmatisches Retikulum = gER/sER 51 Glaukom 1071 Gleichgewicht 1091 – Aufrechterhaltung 1236 Gleichgewichtsbahn 1235 Gleichgewichtsorgan 1074, 1087 Gleichgewichtssystem 1232 Gleitsehne 234 Glia, Retina 1217 Gliafilament 52 Gliagrenzmembran 1149 Gliascheide s. Nervenfasern, myelinisierte 94 Gliazelle (Supportzelle) 93 Glied s. Penis 835 Gliedertaxe 477 Gliederung, segmentale 113 Glioblast 1171 Glioblastom 93 Glisson-Kapsel (Tunica fibrosa) 737 Glisson-Trias 739, 743 Globuline 166 – – – – – – – – – –

Globus pallidus 1143, 1186 – Entwicklung 1174 – externus 1187 – internus 1187 Glockenstadium 1028 Glomerulonephritis 769 Glomerulus(-i) 769 Glomus(-era) – aortica 631 – caroticum 896 Glottis 923 Glottisödem 924 Glukagon 752 Glukokortikoide 790 Glutamat 202, 1182, 1218, 1261 Glutealmuskeln 354 Glycin 1182 Glykogeneinlagerung, Vagina 806 Glykogengehalt, Vaginalepithel 814 Glykogensynthese 734 Glykokalyx 53, 770 Glykoproteine, adhäsive 69 Glykosaminoglykane = GAGs 69 Glyzin 202, 1191 – Mutation 68 GnRH (Gonadotropin releasing Hormon, Gonadoliberin) 812, 845, 1252 Goldenhar-Syndrom 970 Goldner-Färbung 100 Golgi-Apparat 51 Golgi-Organ 1197 Golgi-Zelle 92, 1119 Gomori, Silberimprägnation 101 Gomphosis (Einzapfung) 227, 1021 Gonadenanlage 852 Gonadoliberin s. Gonadotropin releasing Hormon Gonadotropin releasing Hormon (GnRH, Gonadoliberin) 812 845, 1252 Gonadotropine 812, 824 Gonarthrose 363, 367 Goodpasture-Syndrom 769 Goormaghtigh-Zellen 772 Goormaghtigh-Zellen (Mesangium, extraglomeruläres) 772 Gower-Trakt (Tractus spinocerebellaris anterior) 1201 Graaf-Follikel 810 Granula – basophiler Granulozyt 174 – eosinophiler Granulozyt 173 – Monozyt 174 – neutrophiler Granulozyt 172 – Thrombozyt 170 Granulärer Kortex 1135 Granulationes arachnoideales 1156 Granulationsgewebe 70 Granulosaluteinzellen 811 Granulosazellen 810 Granulozyt 171 – basophiler 173 – eosinophiler 173 – neutrophiler 171 – segmentkerniger 172 – stabkerniger 172 Graue Substanz (Susbstantia grisea) 202 – Rückenmark 1099 Grauer Star 1069 Graviditas s. Schwangerschaft 817 GRAY-I/II-Synapse 97 Greiffunktion 477, 491 – Füße 396 Greifhand 477, 489, 500

Grenzlinie (tide mark), Gelenkknorpel 74 Grenzstrang (Truncus sympathicus) 215, 636 – Bauchraum 874 Grenzstrangganglion 98, 214, 636 Griffelfortsatz s. Processus styloideus 943 Grimassieren 1289 Grimmdarm s. Kolon 712 Großes Netz s. Omentum majus 657 Großhirn 1132 – Fasersysteme 1144 – Lappen 1133 Großhirnrinde (Cortex cerebri) 1135 Großzehe (Hallux) 403 Großzehenloge 419 Grünblindheit (Deuteranopie) 1218 Grundbündel (Fasciculi proprii) 1101 Grundphalanx 403 Grundplatte 1172 Grüner Star (Glaukom) 1071 Grünholzfraktur 457 Gruppe-Ia-Faser 1197 Gruppe-II-Faser 1197 Gruppenfaszie 236 Gubernaculum 324, 859 – testis 827, 853 Gustatorisches System 1241 Guyon-Loge 510 Gynäkomastie 1278 Gyrus(-i) – cinguli 1245 – dentatus 1245 – – Schichten 1248 – parahippocampalis 1246 – postcentralis 1133 – precentralis 1133 – transversi 1141 G-Zellen 697

H Haare (Pili) 1274 Haarfollikelrezeptoren 1197 Haarkolben 1274 Haarmatrix 1274 Haarpapille 1274 Haarschaft 1274 Haarwechsel 1274 Haarzellen – äußere 1091, 1229 – – effente Innervation 1230 – Corti-Organ 1229 – Innenohr 1087 – innere 1229 – Rezeptorpotenzial 1230 Haarzwiebel 1274 Habenula 1127 Habituation 1260 Hackenfußstellung 431 Haftkomplex (Schlussleistenkomplex) 59 Haftkontakt (Adhäsionskontakt ) 57 Haftstiel 108 Haftzotte 121 Hagelkorn 1055 Hagen-Poiseuille-Gesetz 154 Hakenbein (Os hamatum) 480 Hakenmagen 694 HAL = hintere Axillarlinie (Linea axillaris posterior) 303 Halbwirbel 285 Haller-Dreifuß s. Truncus coeliacus 865

1305 Haller-Schicht 1060 Hallux (Großzehe) 403 Hallux valgus 425 Hals (Collum, Cervix) 34, 891, 906 – Begrenzungen 891 – Faszienräume 911 – Faszienverhältnisse 892 – Gefäße 896 – Muskulatur 893 – Nerven 901 Halsdreiecke 907 Halsfaszie s. Fascia cervicalis 892 Halsfistel, laterale 970 Halslymphknoten 901 Halsmuskulatur 895 Halsregionen 907 Halsrippe 285, 305 Halswirbelsäule – Bewebungsausmaß 268 – Röntgenbild 254 Halszyste, laterale 970 Haltefunktion, Muskel 241 Haltemuskulatur, Skelettmuskulatur 87 Hämarthros 229 Hämatin 1286 Hämatokrit = Hkt 166 Hämatom – epidurales 1164 – retroplazentares 819 – subdurales = SDH 1166 Hämatopoese (Blutbildung) 166 Hämatotympanon 958 Hämaturie 782 Hammer (Malleus) 1080 Hammerfinger 502 Hämoccult-Test 712 Hämoglobin = Hb 168 – fetales = HbF 150 Hämoptysen 556, 769 Hämorrhoidalleiden 725 Hämorrhoiden 725 – innere 871 Hämostase (Blutstillung) 165, 169 Hand 477 – Bandapparat 486 – Bauprinzip 477 – Entwicklung 515 – Gefäße 505, 507 – Gelenke 484 – Hautinnervation 512 – Knochen 480 – Muskulatur 498 – Nerven 508 – Röntgenbild 481 – Sehnenscheiden 500 – Topografie 513 – Wachstumsfugen 515 Handchirurgie 477 Handfläche (Palma manus) 513 Handflächenregel, Körperoberfläche 44 Handgelenk(e) 485 – Bandapparat 485 – Bewegungen 487, 493 – distales (Articulatio mediocarpalis) 485 – Muskeln 492 – – Extensoren (Übersicht) 494 – – Flexoren (Übersicht) 493 – proximales (Articulatio radiocarpalis) 485 Handrücken (Dorsum manus) 513 Handskelett 480 Handwurzel (Carpus) 480 – Säulen 482 Harnapparat, Entwicklung 849

1306 Harnblase (Vesica urinaria) 779, 781 – Entwicklung 851 – Kontinenz 784 – Mechanismen für Verschluss und Entleerung 785 – Nerven 784 – Wandbau 782 Harnblasenaktivität 784 Harnblasenkarzinom 782 Harnblasenpunktion 781 Harndrang 784 Harnfiltersystem 770 Harninkontinenz 784 Harnkonzentrierung 770, 772 Harnleiter s. Ureter 777 Harnröhre – männliche s. Urethra masculina 838 – weibliche s. Urethra feminina 809 Harnsamenröhre s. Urethra masculina 838 Harnstau 778, 851 Harnverhalt 781 Harnwege, ableitende 776 – Entwicklung 851 Harnwegsinfekt = HWI 783 Harter Gaumen 1006 Hartsubstanzen, Zahn 1024 Hasenscharte (Lippenspalte) 972 Hasner-Klappe 1041, 1058 Hassall-Körperchen 180 Haube s. Tegmentum 1104 Hauptblickrichtungen 1054 Hauptbronchus (Bronchus principalis) 541, 544 Hauptdrüsen (Glandulae gastricae) 697 Hauptebenen (Körperebenen) 38 Hauptsprachbereich 1228 Hauptstück 771 Hauptstück, Tubulus, proximaler 771 Hauptzellen 697, 771 – Glandula parathyroidea 933 Haustren 715 Haut 1265, 1267 – Gefäße 1273 – Nerven 1273 – Schichten 1266 Hautanhangsgebilde 1274 Hautfaltenasymmetrie 362 Hautfarbe 1269 Hautrezeptor(en) 1196, 1272 Hautschmerz 1205 Hautschnitt 1271 Hautspaltlinien 1271 Hautvenen – Arm 466 – Bein 429 Havers-Blutgefäß 77 Havers-Kanal 77 Havers-System (Osteon) 77 Hb = Hämoglobin 168 HbF = fetales Hämoglobin 150 HCG = humanes Choriongonadotropin 106, 812, 817 HE = Hounsfield-Einheit 134 H. E. = Hämatoxylin, Eisen, Färbung 100 Head-Zone 210 Hebelarm, virtueller, Kraftentfaltung 239 Heister-Klappe 743 Helicotrema 1084 Helix 1075 Hemeralopie (Nachtblindheit) 1218

Sachverzeichnis Hemianopsie – bitemporale, heteronyme 1221 – homonyme 1221 – nasale ipsilaterale 1222 Hemiarthrose 331 Hemiballismus 1132, 1289 Hemisphäre – Großhirn 1132 – Kleinhirn 1116 Hemmung, laterale 196 Hemmungsband s. Ligamentum 230 Henle-Schleife (Ansa nephroni) 772 Hepar s. Leber 734 Heparansulfat 69 Heparin 174 Hepatische Enzephalopathie 734 Hepatobiliäres System 734 Hepatopankreatischer Ring 666, 747, 755 Hepatozyt 740 Hering-Breuer-Reflex 561 Hering-Kanälchen 742 Hernie – Bochdalek 116 – epigastrische 313 – innere 653 – Leistenhernie 318 – Nabelhernie 313 – Narbenhernie 311 Hernienbildung, Pathophysiologie 307 Hernienchirurgie 308 Herpes-simplex-Enzephalitis 1133 Herring-Körperchen 1130 Hertwig-Wurzelscheide 1029 Herz (Cor) 578 – Aufbau, allgemein 145 – Bildgebung 617 – Binnenräume 581 – – Entwicklung 623 – endokrine Funktion 595 – Entwicklung 622 – Erregungsbildung und -leitung (Reizleitungssystem) 596 – Flächen 580 – Gefäße 599 – Größe und Gewicht 578 – Lage 579 – Längsachse 578 – linkes 578 – Nerven 607 – Projektion auf die Thoraxwand 615 – rechtes 578 – Röntgenbild 618 – Ventilebene 580 – Versorgungstypen 602, 604 – Wandbau 594 Herzaktion 609 Herzbasis (Basis cordis) 579 Herzbeutel s. Pericardium 613 Herzbeutelhöhle s. Cavitas pericardiaca 613 Herzbeutelpunktion (Perikardpunktion) 564 Herzbeuteltamponade 564, 614 Herzdämpfung 616 Herzdreieck (Trigonum cardiacum) 564 Herzdurchmesser, Röntgenbild 619 Herzerkrankung, koronare (KHK) 600, 621 Herzfehler 151 Herzfehlerzellen 557 Herzfrequenz 609

Herzgeräusche 588, 617 – Fortleitung 617 Herzgewicht, kritisches 579 Herzinfarkt 87, 600, 614 – Diagnostik 605 Herzinsuffizienz 595 – bei Aortenisthmusstenose 630 Herzkammern s. Ventriculus(-i) cordis 584 Herzkatheter 622 Herzklappen (Valvae cordis) 587 – Auskultation 616 – Projektion 616 – während der Herzaktion 609, 611 Herzklappenersatz 588 Herzklappenfehler 588 Herzkranzgefäße (Vasa coronaria) 599 Herz-Kreislauf-System 145 – frühembryonal 641 – Hochdrucksystem 149 – Niederdrucksystem 149 Herzleistung 607 Herzmaße, Röntgenbild 619 Herzmuskelzelle (Kardiomyozyt) 87 – modifizierte 88 Herzmuskulatur 87 Herzohr – linkes (Auricula sinistra) 580, 583 – rechtes (Auricula dextra) 580, 582 Herzperkussion 616 Herzsattel, Zwerchfell 297 Herzschlagvolumen 609 Herzschlauch 622 Herzschleife 622 Herzschrittmacher 597 Herzsepten (Septa cordis) 586 Herzskelett 587 Herzspitze (Apex cordis) 579 Herz-Thorax-Index = kardiothorakaler Quotient 619 Herztiefendurchmesser, Röntgenbild 618 Herztöne 611 Herzvorhöfe s. Atrium(-a) cordis 582 Herzwand, Ruptur 614 Herzzyklus 609 Heschl-Querwindungen 1141, 1232 HET = Hormonersatztherapie 825 Heterodontie 1021 Heuser-Membran 107 HEV = hoch-endotheliale Venolen 182 – Lymphknoten 184 – Peyer-Plaques 192 Hexenmilch 823 Hexenschuss = Lumbago 247, 264 HHL = Hypophysenhinterlappen s. Neurohypophyse 1249 Hiatus – adductorius 381 – analis 337 – aorticus 538 – axillaris – – lateralis (laterale Achsellücke) 474 – – medialis (mediale Achsellücke) 474 – canalis nervi petrosi – – majoris 950, 992, 1081 – – minoris 950, 996, 1083

– levatorius (Levatortor) 335 – oesophageus 538 – pleuropericardialis 117, 527 – pleuroperitonealis 115 – sacralis 258 – saphenus 381, 383 – semilunaris 1041 – urogenitalis 337 Hiatushernie 539 Hilfsapparat, Auge 1049, 1052 Hilgenreiner-Linie 362 Hilum 524 – ovarii 796 – pulmonis (Lungenhilum) 548 – renale 763 Hilumlymphknoten s. Nll. bronchopulmonales 560 Hinterdarm 118 Hinterhauptsbein (Os occipitale) 264, 944 Hinterhauptslage, vordere 819 Hinterhauptslappen 1133 Hinterhirn s. Metenzephalon 1103 Hinterhirnbläschen 1173 Hinterhorn (Cornu posterius) 204, 1099 – Entwicklung 1172 Hinterstrang (Funiculus posterior) 1101, 1198 – Läsion 1199 – Somatotopie 1200 – System 1196 – – Aufbau 1198 Hinterwandinfarkt 1284 Hinterwurzel (Radix posterior/ sensoria) 204 Hippocampus 1240, 1246 – Afferenzen 1248 – Efferenzen 1248 Hippokampusformation 1245 Hirnanhangsdrüse s. Hypophyse 1249 Hirnarterien 1157 – Hirnbasis 1158 Hirnbläschen 1172 Hirnblutung 1162, 1176 Hirndruck 1068 Hirndruckerhöhung 1290 Hirndurchblutung 1178 Hirnhaut – harte (Pachymeninx) 1149 – weiche (Leptomeninx) 1149 Hirninfarkt 625, 1158, 1176 – A. cerebri media 1160 Hirnnerv (N. cranialis) 211, 979 – I s. Nervus olfactorius 949 – II s. Nervus opticus 949 – III s. Nervus oculomotorius 949 – IV s. Nervus trochlearis 949 – IX s. Nervus glossopharyngeus 950 – V s. Nervus trigeminus 985 – VI s. Nervus abducens 949 – VII s. Nervus facialis 950 – VIII s. Nervus vestibulocochlearis 950 – X s. Nervus vagus 950 – XI s. Nervus accessorius 950 – XII s. Nervus hypoglossus 950 – Faserqualitäten 212 979 – Ganglien 211, 980 – Halsäste (Übersicht) 904 – Kerne 1105, 1107, 1109 – Übersicht 981 Hirnödem 1116, 1168 Hirnrinde (Kortex) 202 Hirnschädel (Neurocranium) 946

Sachverzeichnis Hirnschenkel (Crus cerebri) 1114 Hirnsinus (Sinus durae matris) 1167 Hirnstamm (Truncus encephali) 1104 – Arterien 1159 – Hirnnervenkerne 1105 – motorische Kerngebiete 1189 Hirnstiel(Pedunculus cerebri) 1114 Hirnvenen 1165 Hirnventrikel 1154 – Entwicklung 1173 Hirschsprung-Krankheit 679 His-Bündel (Fasciculus atrioventricularis) 598 His-Winkel = Incisura cardialis 682, 693 Histamin 174 Histiozyten 67 Histochemische Färbung 100 Histologie 58 – Definition 49 – Techniken 99 HIV = Human ImmunodeficiencyVirus (HIV) 177 Hkt = Hämatokrit 166 HLA = Human Leucocyte Antigen System 172 Hochdrucksystem 149 Höcker-Fissuren-Verzahnung 1023 Hoden (Testis) 827 – Entwicklung 853 – Gefäße 828 – Nerven 829 – Spermatogenese 843 Hodenhüllen 827 Hodensack (Skrotum) 841 Hodenstränge 853 Hodgkin, Morbus 899 Hoffa-Fettkörper = Corpus adiposum infrapatellare 376 Hohlhand (Palma manus) 513 – Vertiefung 499 Hohlhandbogen – oberflächlicher (Arcus palmaris superficialis) 506 – tiefer (Arcus palmaris profundus) 506 Hohlorgane 528 – Muskulatur 530 – Schleimhaut 530 Hohlräume, extraembryonale 107, 124 Hohlvene (Vena cava) 146 Hohlvenen (Venae cavae) 632 – Mündung 579, 582 Holokrine Drüse 65 Holokrine Sekretion 64 Holzknecht-Raum = Retrokardialraum 619 Homonyme Hemianopsie 1221 Homunculus 1138 Hörbahn 1230 Hordeolum 1055 Hörgerät 1090 Horizontalzelle 1065, 1067 – Retina 1220 Hormonale Kontrazeptiva 813 Hormone – Adenohypophyse 1252 – glandotrope 1251 – Hypopyse 1250 – Hypothalamus 1252 Hormonelle Steuerung – Follikelreifung 812 – Spermatongenese 845 Hormonentzugsblutung 813

Hormonersatztherapie = HET 825 Hormonhaushalt, Steuerung 1243 Horner-Syndrom 216, 570 Hornhaut(Kornea) 1059, 1061 Hornschicht (Stratum corneum) 62, 1269 Hörorgan 1074, 1085 Hortega-Zelle(Gliazelle) 93 Hörvorgang 1089 Hörzentrum, primäres 1141 Hounsfield-Einheit = HE 134 Howship-Lakunen 75 HPL = Human Placental Lactogen 817 HRT = Hormonersatztherapie (HET) 825 H-Streifen, Querstreifung 83 Hueter-Dreieck 476 Hueter-Linie 476 Hufeisenniere 851 Hüftbein (Os coxae) 327 Hüftdysplasie 345, 361 Hüftgelenk (Articulatio coxae) 345 – Bandapparat 349 – Bewegungsumfang 351 – Entwicklung 360 – Gelenkkapsel 348 – Hüftmuskulatur 351 – Röntgenbild 361 Hüftluxation – kongenitale 345, 361 – traumatisch 350 Hüftmuskulatur, äußere 354, 357 Hülsenkapillare 186 Human Placental Lactogen = HPL 817 Humanes Choriongonadotropin = HCG 106 Humeroradialgelenk (Articulatio humeroradialis) 459 Humerus (Oberarmknochen) 446 – anliegende Nerven 470 – Frakturen, distale 470 – Torsionswinkel 447 Humor – aquosus s. Kammerwasser 1070 – vitrei 1071 Humorale Immunität 165 Hustenstoß 297 HVL = Hypopysenvorderlappen s. Adenohypophyse 1249 HWI = Harnwegsinfekt 783 HWS-Distorsion (Schleudertrauma) 267 Hyalbogen 969 Hyaliner Knorpel 73 Hyaluronan (Hyaluronsäure) 69 Hydramnion 1170 Hydroxylapatit 76 Hydrozele 828 Hydrozephalus 1157, 1290 – als Geburtshindernis 819 Hymen 807, 857 Hypästhesie 210, 264 Hyperakusis 1080 hyperdens, CT 134 Hyperhidrosis 905 hyperintens, MRT 137 Hyperkinesie 1289 Hyperparathyroidismus 934 Hyperplasie 87 – Prostata 834 Hyperthyreose 932

Hypertonie 1068 – arterielle (Bluthochdruck) 160, 600 – bei Aortenisthmusstenose 629 – pulmonal arterielle 1282 – renovaskuläre 774 Hypertrophie 87 – Herz 588 Hypoblast 106 hypodens, CT 134 Hypodermis 1266, 1272 Hypoglossusparese 1013 hypointens, MRT 137 Hypokalzämie 1287 Hypokinese 1188 Hypomer 282 Hypomochlion 234 Hypoparathyreodismus 1287 Hypopharynx s. Pharynx 917 Hypophyse 1249 – Entwicklung 1175 Hypophysenhinterlappen = HHL s. Neurohypophyse 1249 Hypophysentumor 1251 Hypopysenvorderlappen = HVL s. Adenohypophyse 1249 Hypospadie 858 Hypothalamus 1128, 1214 – Bahnen 1131 – Hormone 1252 – Kerne 1129 – Verbindungen zur Hypophyse 1249 Hypothenar (Kleinfingerballen) 499, 513 – Atrophie 499, 511 – Muskulatur 498 Hypothermie 1266 Hypothyreose 932 Hypotympanon 1079 Hypoxie, unter der Geburt 341

I Ib-Faser 1198 ICC = interstitial cells of Cajal 679 IDC = interdigitierende dendritische Zellen 182 Ikterus 734, 744 Ileitis terminalis 708 Ileozäkalklappe, Bedeutung 1285 Ileum (Krummdarm) 708 – Gefäße 710 Ileus (Darmverschluss) 90, 651, 705 – mechanischer 653 Iliosakralgelenk (Articulatio sacroiliaca) 331 Immersionsfixierung 99 Immunantwort, spezifische 176 Immunglobulin – Gamma-Globuline 177 – IgA, sekretorisches 189 – pathologisches 177 Immunhistochemie/Immunhistologie 101 Immunität – humorale 177 – zelluläre 177 Immunsystem 165 Impedanzanpassung 1089 Impfung, bei Splenektomie 185 Impingement-Syndrom 454 Implantation (Nidation) 105 Impotentia – coeundi 848 – generandi 848

1307 Impressio(-nes) – cardiaca 548 – colica 737 – duodenalis 737 – gastrica 737 – oesophageale 737 – renalis 737 Impressionsfraktur, Schädel 947, 958 Impuls-Echo-Verfahren, Sonografie 138 Incisura(-ae) – acetabuli 346 – angularis 693 – cardiaca 548 – cardialis = His-Winkel 682, 693 – clavicularis 289 – costalis 289 – ethmoidalis 943 – frontalis 943, 1050 – ischiadica – – major 328 – – minor 328 – jugularis 289, 304 – mandibulae 955, 988 – pancreatis 749 – radialis 457 – scapulae 440 – supraorbitalis 943, 959, 965 – tentorii 1151 – ulnaris radii 479 – vertebralis – – inferior 251 – – superior 251 Incus (Amboss) 1080 Indirekte Höhrbahn 1231 Indirekte Laryngoskopie 924 Indusium griseum 1245 Infarkt – A. cerebri media 1288 – Gehirn 1158 Infarktdiagnostik 605 Infektion – bakterielle 173 – Knochen (Osteomyelitis) 398 – opportunistische 177 – parasitäre 173 inferior, -us 41 Infertilität, bei Kyptorchismus 325 Informationsverarbeitender Teil, Auge 1049 Infrahyoidale Muskulatur 893 Infundibulum 1251 – ethmoidale 956 – tubae uterinae 797 Inguinalregion, Innenrelief 318 Inhibin 845 Injektion – intramuskuläre 354, 356, 392 – intravenöse 467 Inkarzeration 308 Inkontinenz (Harninkontinenz) 784 Innenband (Ligamentum collaterale tibiale) 371 Innenknöchel (Malleolus medialis) 398, 404, 433 Innenmeniskus (Meniscus medialis) 368 Innenohr 1083, 1085 – Durchblutungsstörung 1235 – Entwicklung 1092 – Schwerhörigkeit 1090 Innenrotation 42 Innensegment, Photorezeptorzellen 1067, 1217 Innenstreifen, Nierenmark 768 Innenzone, Nierenmark 768 Innere Haarzellen 1087, 1229

1308 Innere Hämorrhoiden 871 Innere Hernie 653 Innere Organe = Eingeweide 528 Inneres Genitale – männliches 826 – weibliches 794 Inneres Schmelzepithel 1028 Innervation – periphere – – Nerven 209 – – untere Extremität 389 – segmentale (radikuläre) 207, 209 – – untere Extremität 389 – sensible – – Arm 472 – – Hand 512 Inotropie 607 Inselorgan 748 Insertionstendopathie 455, 493 Inspektion 35 Inspiration (Einatmung) 566 – Muskulatur 294 – Thoraxbewegungen 292 Insuffizienz – aktive 496 – Aortenklappe 593 – Herzklappe 588 – respiratorische 286 Insula(-ae) 1134, 1243 – pancreaticae s. LangerhansInseln 751 Insulin 752 Insult 1157 Integrin 69 Integumentum commune 1265 Intensitätsrezeptoren 1196 Intentionstremor 1124 Interblobs 1223 Interkarpalgelenke (Articulationes intercarpales) 489 Interkavale Anastomosen s. Anastomosen, kavokavale 870 Interkostalmuskeln – Entwicklung 304 – Wirkungsweise 294 Intermediärer Tubulus 771 Intermediäres Mesoderm 113 Intermediärfilamente 52 Intermediärschicht (Stratum intermedium, Vagina) 806 Intermediärzone 1172 Intermediärzotte 121 Intermetatarsalgelenke (Articulationes intermetatarsales) 411 Interneuron 92, 199 Internodale Bündel 597 Internodium 94 Internodium, Nervenfaser, myelinisierte 94 internus 41 Internusaponeurose 313 Internushochstand 316 Interometakarpalgelenke (Articulationes intermetacarpales) 491 Interphalangealgelenke (Articulationes interphalangeae) 492 – Bewegungen 492 – Fuß (Articulationes interphalangeae pedis) 411 Intersectiones tendineae 308 Interspinallinie 331, 641 Interstitielles Wachstum, Knorpel 72 Interterritorium, Knorpel 73 Intertitielle Zellen von Cajal 679 Interzellularraum 58 Interzellularsubstanz, Knorpel 73 Intestinale Phase 703

Sachverzeichnis Intestinum – crassum s. Dickdarm 711 – tenue s. Dünndarm 703 Intima 152 Intraembryonales Zölom 114 Intrafusale Muskelfasern, Skelettmuskulatur 85 Intrahepatische Gefäße, Entwicklung 747 Intrahepatischer Ikterus 744 Intramurales Ganglion 98 Intraokulärer Druck 1070 intraperitoneal 652 Intrazerebrale Massenblutung 1162 Intrinsic factor 697 Intumescentia – cervicalis 1097 – lumbosacralis 1097 Invasion, Blastozyste 105 Invasiver Tumor 69 Inversion 409 Involution, Thymus 181 Iod-Peroxidase 932 IPSP = inhibitorisches postsynaptisches Potenzial 196 Iris 1060, 1062 Ischämie – Gehirn 1157 – Myokard 600 Ischämische Phase 813 Ischialgie 264 Ischiokrurale Muskeln 377 isodens, CT 134 Isogene Gruppe, Knorpel 73 isointens, MRT 135 Isokortex 1135 Isolierfett 71 Isometrische Kontraktion 240 Isotonische Kontraktion 240 Isthmus – aortae (Aortenisthmus) 629 – faucium (Schlundenge) 916, 1007 – glandulae thyroideae 931 – prostatae 833 – tubae – – auditivae 1083 – – uterinae 797 – uteri 800 I-Streifen, Muskulatur, Querstreifung 83

J Jacobson-Anastomose 1020 Jacobson-Organ 1045 Jacoby-Linie 255 James-Bündel 598 Jejunum (Leerdarm) 708 – Gefäße 710 Jochbein (Os zygomaticum) 954 Jochbogen (Arcus zygomaticus) 959, 965 Jochpfeiler 958 Jodmangel 932 Jodopsine 1218 Jodprobe nach Schiller 803 Junctio anorectalis 719, 721 Junctura (Knochenverbindung ) 226 – cartilaginea 227 – fibrosa 227 – synovialis (Diarthrose, Articulatio) 228 Junktionaler Komplex (Schlussleistenkomplex) 59 Juxtaglomerulärer Apparat 772 Juxtamedulläres Nephron 769 Juxtaorales Organ 1019

K Kachexie 71 Kahnbein – Fuß (Os naviculare) 401 – Hand (Os scaphoideum) 480 Kahnschädel (Scaphocephalus) 967 Kaiserschnitt (Sectio caesarea) 819 Kalkzone, Knorpel 74 Kallus 77 Kalzitonin 933 Kalzitonin-Gen-verwandtes Peptid = CGRP 1182 Kalziumhaushalt 763 Kalziumkanalblocker 160 Kalziummangel 1287 Kalziumspiegel, Regulation 934 Kambiumschicht 75 Kambiumschicht, Stratum osteogenicum, Periost 75 Kammer – Herz s. Ventriculus(-i) cordis 584 – primitive (Ventriculus primitivus/communis) 622 Kammerflimmern 598 Kammerschenkel = TawaraSchenkel 599 Kammerwasser 1063, 1070 – Abfluss 1071 – Produktion 1063 Kammerwinkel 1071 Kanalbecken 284 Kapazitation 816 Kapazitätsgefäß 159 Kapillaradhäsion (seröse Höhlen) 524 Kapillare 155 – Typen 156 Kaposi-Sarkom 177 Kappenstadium 1028 Kardia (Mageneingang) 693 Kardiadrüsen (Glandulae cardiacae) 697 Kardiasphinkter 682 Kardinalvenen (Venae cardinales) 643 Kardiogene Zone 622 Kardiomyozyt (Herzmuskelzelle) 87 Kardiopulmonales System 533 Kardiothorakaler Quotient = Herz-Thorax-Index 619 Karies 1024 Karotissinus 253 Karotissinusreflex 897 Karotissiphon 1158 Karpaltunnel (Canalis carpi) 480, 509 Karpaltunnelsyndrom 510 Karpometakarpalgelenke (Articulationes carpometacarpales) 489 Kartagener-Syndrom 53, 110 Karyoplasma (Nukleoplasma) 50 Karzinom 69 – kolorektales 712 – Prostata 834 – Schilddrüse 906 Katalase 51 Katarakt 1069 Katecholamine 1182, 1257 Katheter – suprapubischer 781 – transurethraler 781 Katheterablation 598 kaudal 41

Kaumuskulatur (Musculi masticatorii) 1032 – Gefäße 1033 – Nerven 1033 Kaumuskulatur Kavokavale Anastomosen 633, 870 Kehldeckel 921 Kehlkopf s. Larynx 920 Kehlkopfspiegelung (Laryngoskopie) 924 Keilbein (Os sphenoidale) 945 Keilbeinhöhle s. Sinus sphenoidalis 1043 Keilwirbel 252 Keimblätter, Differenzierung 111 Keimdrüsen, Entwicklung 852 Keimepithel 796 Keimscheibe – dreiblättrige 109 – zweiblättrige 106 Keimstränge, primäre 853 Keimzellen, männliche 828 Keimzentrum 183 Keith-Flack-Knoten (Sinusknoten) 597 Kennmuskel – C 5 453, 473 – C 6 497 – C 7 473 – L 5 415 – S 1 413 Kent-Bündel 598 Kephale Phase 703 Keratansulfat 69 Keratin 1269 Keratinisierung 1268 Keratinozyt 61, 1267 Kerckring-Falten (Plicae circulares) 704 Kern- und Organellenfeld, Osteoklast 75 Kerne – basale s. Basalganglien 1142 – vestibuläre 1235 Kerngebiete, motorische 1183 – Hirnstamm 1189 Kernkettenfaser, Skelettmuskulatur 85 Kernkörperchen (Nucleolus) 50 Kernmembran 50 Kernsackfaser, Skelettmuskulatur 85 Kernspintomografie, MRT 136 KHK = Koronare Herzerkrankung 600, 621 Kiefergelenk (Articulatio temporomandibularis) 1030 – Bewegungen 1031 – Gefäße 1033 – Nerven 1033 Kiefergelenksluxation 1031 Kieferhöhle s. Sinus maxillaris 1042 Kieferöffnung 1033 Kieferschluss 1033 Kieferzyste 1029 Kielbrust 305 Kiemenbogen s. Schlundbogen 968 – Nerven 1107 Killian-Dreieck 918 Killian-Schleudermuskel 918 Kindbettfieber 821 Kinesin 92 Kinetosom 53 Kinozilium 53, 1088 Kittlinie (Linea cementalis) 77 Kitzler (Clitoris) 808 Klappen, Beinvenen 429

Sachverzeichnis Klappenersatz 588 Klappenfehler 588 Klappeninsuffizienz 588 Klappenstenose 588 Klaviertastenphänomen 443 Klavikulafraktur 437, 443 Kleines Netz s. Omentum minus 657 Kleinfingerballen (Hypothenar) 499 Kleinhirn 1116, 1182, 1192, 1236 – Arterien 1159 – Ausfall 1124 – funktionelle Anatomie 1123 – Informationsfluss 1122 – Läsion 1202 – Venen 1166 – Verschaltung 1122 Kleinhirn-Glomerula 1119 Kleinhirnbrückenwinkel 995, 1114 Kleinhirnhemisphären 1116 Kleinhirnkerne 1119 Kleinhirnrinde 1117 Kleinhirnstiele (Pedunculi cerebellares) 1120 Kleinhirntonsille 1116 Kleinhirnwurm (Vermis cerebelli) 1116 Kleinzehenloge 419 Kletterfaser 1122, 1236 Klimakterium 824 Klinische Untersuchungsmethoden 35 Kloake 728 Kloake (hintere Darmbucht) 118 Kloakenfalten 858 Kloakenmembran 109, 118, 728 Klopfschall, sonorer 572 Klumpfuß (Pes equinovarus) 425 Kniegelenk (Articulatio genus) 363 – Bewegungsumfang 377 – Bänder 370 – Gelenkhöhle und -kapsel 375 – Gelenkknorpel 364 – Gelenkspalt 391 – Kollateralbänder 371 – Kreuzbänder 373 – Menisci 366 – Muskulatur 377, 379 – Röntgenbild 365 – Teilgelenke 364 – Trauma 363 – Untersuchung 372 Kniegelenkerguss 375 Kniekehle (Fossa poplitea) 393 Kniescheibe s. Patella 364 Knochen (Os, Ossa) 75, 221 – Breitenwachstum 81 – Entwicklung 78 – kurze (Ossa brevia) 224 – Längenwachstum 81 – Leichtbauweise 225 – lufthaltige (Ossa pneumatica) 224 – platte (Ossa plana) 224 – primärer (Geflecht-/Faserknochen) 76, 222 – Röhrenknochen (Ossa longa) 223 – sekundärer (Lamellenknochen) 77, 223 – Umbau 78 – unregelmäßige (Ossa irregularia) 224 – Unterarm 478 – Vaskularisierung 78 Knochenalter 283

Knochenbruch (Fraktur) 77, 222 Knochenführung, oberes Sprunggelenk 406 Knochengewebe 75 – mazeriertes 76 Knochengrundsubstanz 76 Knochenhemmung 233, 459 Knochenkern(e) – Carpus 515 – Femurkof 360 – primärer 80 – sekundärer s. 80 Knochenmark (Medulla ossium) 221, 224 – Biopsie 328 – Blutbildung 168, 179 – Punktion 168 Knochenpunkte, tastbare 35 – Kopf 965 – obere Extremität 475, 514 – untere Extremität 390, 433 Knochenverbindung (Junctura) 226 Knochenzellen 75 Knorpel 72 – elastischer 72, 74 – Faserknorpel (Bindegewebsknorpel) 74 – Gelenkknorpel 228 – hyaliner 72 – – Gelenkknorpel 73 – isogene Gruppe 73 – Regeneration 72 Knorpelgewebe 72 Knorpelhof 73 Knorpelhöhle 73 Knorpelkapsel 73 Knorpelzellen 73 Koch-Dreieck 597 Kohabitarche 807 Kohlenmonoxid = CO 1182 Kohlrausch-Falte (Plica transversa media) 719 Kohn-Poren (Porus septi) 558 Kolbenhaar 1274 Kollagenase 69 Kollagenes Bindegewebe 70 Kollagenfasern 67 – Fibrillogenese 67 Kollagenfibrillen 67 Kollateralbänder 391 – Kniegelenk 371 Kollateralen 148 Kollateralkreislauf, bei Aortenisthmusstenose 630 Kollodiaphysenwinkel(CCD-Winkel = Caput-Collum-Diaphysen-Winkel) 347, 360 Kolloid, Schilddrüse 932 Kolon 712, 715 – Abschnitte, Retroperitonealisierung 671 – Gefäße 716 – Nerven 717 Kolonflexur, primäre 670 Kolonrahmen 713 Kolorektales Karzinom 712 Koloskopie 712 Kolpitis 814 Kolpos s. Vagina 805 Kommissurenfasern 1145 Kommunikationskontakt (Nexus, Gap Junction) 56 Kompakta (Substantia compacta) 75 Kompartimente, Hoden 845 Kompartmentsyndrom 237, 414 Komplement 171 Kompressionsfraktur, Wirbelkörper 251 Kompressionsstrümpfe 430

Konditionierung, Atemluft 541 Kondylengelenk 491 Koniotomie 924 Konjunktivalsack 1056 Konsensuelle Lichtreaktion 1226 Konservierung, Leichen 48 Konstitution 45 Konstitutionstypen 45 – Kretschmer 46 Konstitutive Sekretion 64 Kontinenz 727 Kontinenzorgan, Übersicht beteiligter Strukturen 727 Kontinuierliche Erregungsleitung 94, 196 Kontraktion, Skelettmuskelfaser 85 Kontrastmittel 139 Kontrastphänomen 1220 Kontrazeptiva, hormonale 813 Konturen, Oberarm 473 Konuswülste 624 Konvergenzreaktion 1227 Konzeption (Befruchtung) 103, 797, 810, 816 Kopf (Caput) 34, 941 – Arterien 973 – Leitungsbahnen 973 – Lymphabfluss 978 – Proportionen 964 – Regionen 964 – tastbare Knochenpunkte 965 – Venen 976 Kopfbein (Os capitatum) 480 Kopfdarm 675 Kopfdrehung 1091 Kopfgelenke 264 – Bänder 266 Kopfmesenchym 1028 Kopfschwarte 960 Kopplung, arteriovenöse 159 Korbhenkelriss 369 Korbzelle 1118 Kornea (Hornhaut) 1059, 1061 Körnerschicht 1119 Körnerzelle 1118, 1239 Körnerzellschicht s. Stratum granulosum 1268 Koronarangiografie 621 Koronararterien (Arteriae coronariae) 599 Koronare Herzerkrankung = KHK 600, 621 Körper, Gliederung 33 Körperachsen 38 – obere Extremität 476 Körperebenen 38 – transthorakale 534, 641 Körperfaszie 236 Körpergewicht 43 – Übertragung im OSG 404, 406 Körpergröße 43 Körperhaltung, aufrechte, Muskelbeteiligung 312 Körperhöhle 521 – Bildung 114 Körperkreislauf (Kreislauf, großer) 148 Körpermaße 43 Körperoberfläche 44 Körperproportionen 45 Körperregionen 35 Körperspende 48 Körpertemperatur, zyklische Veränderungen 814 Kortex (Hirnrinde ) 202, 1135 – agranulärer 1135, 1182 – Arterien 1160 – assoziativer 1259 – granulärer 1135

1309 – olfaktorischer 1240 – präfrontaler 1139, 1192, 1244 – prämotorischer 1192 – primärer – – auditorischer 1232 – – motorischer 1183, 1192 – – visueller 1222-1223 – sekundärer, auditorischer 1232 – Sprachzentren 1262 – supplementärmotorischer 1192 – visueller 1225 Kortexareale – auditorische 1141 – motorische 1140, 1182 – nozizeptive 1212 – somatosensorische 1140 – spezialisierte 1137 – visuelle 1141, 1224 Kortikales Aktinnetz 51 Kortikalis (Substantia corticalis) 75, 223 Kortikoliberin 1252 Kortikotropin 1252 Kortisol 791 Kostovertebralgelenke (Articulationes costovertebrales) 290 – Bewegungsachsen 292 Kotyledonen 121 Kraftlinie, Bein 347 Kraftsinn 1196 Krallenhand 499 Krampfadern (Varizen) 160, 396, 430 kranial 41 Kraniofaziales System 970 Kraniosynostose 967 Kranznaht (Sutura coronalis) 947 Kreislauf 148 – enterohepatischer 708 – fetaler 150 – feto-plazentarer 120 – geschlossener, Milz 186 – großer (= Körperkreislauf) 148, 578 – kleiner (= Lungenkreislauf) 148, 558, 578 – – Autoregulation 569 – – Blutmenge 568 – offener, Milz 185 – utero-plazentarer 120 Kreislaufumstellung bei Geburt 151 Kreislaufzentrum 1111, 1255 Kretinismus (Zwergwuchs) 43, 932 Kreuzbänder (Ligamenta cruciata) 373 – Gefäßversorgung 375 – Verlauf bei Rotation 374 Kreuzbandplastik 375, 377 Kreuzbandruptur 375 Kreuzbein (Os sacrum) 257 Kreuzschmerzen bei M. Bechterew 331 Kreuzung, Tractus corticospinalis 1183 Kropf s. Struma 932 Krummdarm s. Ileum 708 Krypte, Krypten – Dickdarm 716 – Dünndarm 704 – Ileum 709 – Tonsillen 189 Kryptorchismus 325 Kugel-Arterie (Ramus atrialis anastomoticus) 601

1310 Kugelgelenk 232, 409, 411, 445, 491 Kugelkerne 1119 Kugelkerne (Nuclei globosi) 1119 Kugelzellanämie (Sphärozytose) 169 Kulturorgan 477 Kupffer-Zelle 740 Kurvatur – große (Curvatura gastrica major) 693 – kleine (Curvatura gastrica minor) 693 Kurze Handmuskeln 498 Kurzschlussverbindungen, Kreislauf, fetaler 151 Kurzzeitgedächtnis 1259 Kutikularmembran 1229 Kyphose 248

L Labbé-Vene 1165 Labbé-Vene (Vena anastomotica inferior) 1165 Labium(-a) – externum 328 – inferius 1004 – internum 328 – laterale 346 – majora pudendi (große Schamlippen) 808 – mediale 346 – minora pudendi (kleine Schamlippen) 807 – superius 1004 Labrum – acetabulare 346 – articulare (Pfannenlippe) 229 – glenoidale 445 Labyrinth, basales 771 Labyrinthus – cochlearis 1083, 1086 – corticis (Rindenlabyrinth) 768 – ethmoidalis 956 – membranaceus 1083 – osseus 1083 – vestibularis 1083, 1087 Lacertus fibrosus 460 Lactobacillus acidophilus (Döderlein-Bakterien) 806 Lacuna(-ae) – musculorum 314 – osseae 75 – urethrales 840 – vasorum 314, 885 Lacus lacrimalis 1057 LAD = left anterior descendent = RIVA 601 Ladewig-Färbung 100 Lagebezeichnungen, anatomische 41 Lagebeziehungen zum Peritoneum (Übersicht) 652 Lageempfindung 1236 Lagophthalmus 1058 Lähmung – kontralaterale 1184 – M. gluteus maximus 354 – Mm. gluteus medius und minimus = 356 – Musculus quadriceps femoris 377 – periphere 1191 – schlaffe 1191 – spastische 1184, 1191 – zentrale 1157, 1191 Laimer-Membran s. Ligamentum phrenicooesophageale 539

Sachverzeichnis Laktation 1277 Lakunäre Periode, Plazenta 120 Lambdanaht (Sutura lambdoidea) 947 Lamellenknochen (sekundärer Knochen) 76, 223 Lamina Lamina(-ae) – arcus vertebrae 251 – basilaris 1084 – choroidocapillaris 1060 – cribrosa 474, 945, 949, 982 – episclerale 1059 – epithelialis – – mucosae (Schleimhautepithel) 530, 677 – – serosae (Serosaepithel) 526 – externa 224 – fusca 1059 – granularis – – externa 1135 – – interna 1135 – horizontalis ossis palatinum 1040 – interna 224 – limitans – – anterior 1059 – – gliae perivascularis 1169 – – posterior 1059 – medullaris interna 1125 – membranacea 1083 – mesothelialis (Serosaepithel) 58, 526, 677 – molecularis 1135 – muscularis mucosae (Schleimhautmuskelschicht) 530, 677 – perpendicularis 955 – – ossis ethmoidalis 1040 – pretrachaealis, Fasciae cervicalis 892, 912 – prevertebralis, Fasciae cervicalis 892, 912 – profunda, Fascia thoracolumbalis 273 – propria – – mucosae (Schleimhautbindegewebe) 530, 677 – – serosae (Serosabindegewebe) 526, 677 – pyramidalis – – externa 1135 – – interna 1135 – quadrigemina (Vierhügelplatte) 1114 – spiralis, ossea 1084 – superficialis – – Fasciae cervicalis 892, 912 – – Fascia thoracolumbalis 273 – suprachoroidea 1060 – tecti 1114 – vitrea s. Bruchmembran 1060 Laminin 69 Längenwachstum, Knochen 81 Langerhans-Inseln (Insulae pancreaticae) 748, 751 Langerhans-Zelle 1270 Langhans-Zellen, Plazenta 122 Langmagen 694 Längsachse (Longitudinalachse) 38 Längsgewölbe, Fuß – Aufbau 423 – Bandsicherung 423 – Verlust 422 Längsmuskelschicht 677 Längsmuskelschicht (Stratum longitudinale) 677 Langzeitgedächtnis 1259 Langzeitpotenzierung 1246, 1261 Lanugohaar 1274 Laparochisis 118

Laparotomie 311, 819 Lappenarterien 559 Lappenbronchus (Bronchus lobaris) 550, 555 Laryngektomie 925 Laryngopharynx s. Pharynx 917 Laryngoskopie (Kehlkopfspiegelung) 924, 1287 Laryngospasmus 1287 Laryngotrachealrinne 575 Larynx (Kehlkopf) s. 920 – Entwicklung 929 – Etagen 923 – Feinbau 925 – Gefäße 927, 929 – Lage 921 – Muskulatur 926 – Nerven 928 – Skelett 921 Larynxkarzinom 925 Läsion – Corpus amygdaloideum 1244 – EPMS 1190 – Hinterstrang (Funiculus posterior) 1199 – motorische Neurone 1191 – Pyramidenbahn 1190 Lastübertragung, Fuß 421 Latenzverkürzung 199 lateral 41 L-DOPA 1170 Leber (Hepar) 734 – Baueinheiten 739 – Durchflussstörung 870 – Entwicklung 747 – Gefäße 741 – Peritonealverhältnisse, Entwicklung 667 – Zelltypen 740 Leberazinus 740 Leberläppchen (Lobuli hepatis) 739 Leberlappen (Lobi hepatis) 736 Leberpalpation 736 Leberpforte s. Porta hepatis 736 Leberruptur 735 Lebersegmente (Segmenta hepatis) 737 Lebersinusoide 739 Leberversagen 734 Leberzellbälkchen 739 Leberzirrhose 870 Lederhaut – s. Dermis 1271 – s. Sklera 1059 Leerdarm s. Jejunum 708 Leichenkonservierung 48 Leichtbauweise 225 Leiomyom 82 Leiste – Schmerz bei Nierenerkrankungen 765 – weiche 316 Leistenband (Ligamentum inguinale) 314 Leistenfurche 324, 391 Leistenhaut 1266 Leistenhernie 318 – direkte 318 – indirekte 318 Leistenkanal (Canalis inguinalis) 315, 317 – Entwicklung 324 Leistenring – äußerer (Anulus inguinalis superficialis) 317 – innerer (Anulus inguinalis profundus) 317 Leistenzerrung 358 Leistungsminderung 592

Leitungsanästhesie – nach Oberst 513 – Unterkiefer 1027 Leitungsaphasie 1262 Leitungsbahnen – Kopf 973 – Orbita 1051 – Schädelbasis 953 – Unterschenkel 426 Lemniscus – lateralis 1231 – medialis 1112, 1115, 1199 – trigeminalis 1204 Lendenrippe 285, 305 Lendenwirbelsäule, Bewegungsausmaß 269 Lens s. Linse 1068 Leonardoband = Moderatorband = Trabecula septomarginalis 585 Leptin 71 Leptomeninx (weiche Hirnhaut) 1149 Leptosomer Typ 46 Lernen 1258 – assoziatives 1260 – nicht-assoziatives 1260 Lernmechanismen 1260 LES = lower esophageal sphincter s. Ösophagussphinkter 682 Leukämie 167 Leukozyten 67, 170 – Verteilung im peripheren Blut 171 Levatortor (Hiatus levatorius) 335 Leydig-Zellen 828, 845, 853, 855 LH = luteinisierendes Hormon 812, 845, 1252 Liberine 1251 Lichtbrechender Teil, Auge 1049 Lichtbrechung 1070 Lichtreaktion, konsensuelle 1226 Lid 1054 Lidschluss 1058 Lidspalte 1055 Lidwinkel 964 Lieberkühn-Krypten 704 Lien s. Milz 184 Ligamentum(-a) 230, 524 – acromioclaviculare 440 – alaria 266 – anulare – – radii 459 – – stapediale 1080 – anularia 501, 543 – apicis dentis 266 – arcuatum, medianum 539 – arcuatum laterale (Quadratusarkade, Zwerchfell) 298 – arcuatum mediale (Psoasarkade, Zwerchfell) 298 – arteriosum Botalli 151, 627 – bifurcatum 408 – calcaneocuboideum 408 – calcaneofibulare 406, 408 – calcaneonaviculare 408 – – plantare (Pfannenband) 407, 409, 423 – capitis costae – – intraarticulare 290 – – radiatum 290 – capitis femoris 349 – cardinale = Ligamentum transversum cervicis 801 – carpi – – arcuatum (Bogenband) 486 – – radiatum 486

Sachverzeichnis – carpometacarpalia – – dorsalia 487 – – interossea 487 – – palmaria 487 – collaterale – – carpi – – – radiale 486 – – – ulnare 486 – – fibulare (Außenband) 370 – – radiale 459 – – tibiale (Innenband) 370 – – ulnare 459 – collateralia 491 – conicum = Ligamentum cricothyroideum medianum 922, 924 – coracoacromiale = AC-Band 440 – coracoclaviculare 440 – coracohumerale 448 – coronarium hepatis 736 – costoclaviculare 440 – costotransversarium – – laterale 290 – – superius 290 – cricoarytenoideum 923 – cricothyroideum medianum = Ligamentum conicum 922, 925 – cruciatum – – anterius (vorderes Kreuzband) 370, 373 – – posterius (hinteres Kreuzband) 370, 373 – cruciforme atlantis 266 – cuboideonaviculare plantare 424 – deltoideum 406, 408 – denticulata 1097 – falciforme hepatis 665, 667, 736 – flava 261 – fundiforme penis 836 – gastrocolicum 657, 665, 668 – gastrophrenicum 657, 665 – gastrosplenicum 657, 665 – glenohumeralia 448 – hepatoduodenale 657, 665, 736 – hepatogastricum 657, 665, 736 – iliofemorale 349 – iliolumbale 331 – incudis – – posterius 1080 – – superius 1080 – inguinale (Leistenband) 314 – intercarpalia – – dorsalia 486 – – interossea 486 – – palmaria 486 – interclaviculare 440 – interfoveolare 317 – interspinalia 261 – intertransversaria 261 – ischiofemorale 349 – lacunare 315 – laterale 1030 – latum uteri 801 – longitudinale anterius 261 – longitudinale posterius 261 – mallei – – anterius 1080 – – laterale 1078, 1080 – – superius 1080 – meniscofemorale posterius = Wrisberg-Ligament 369 – metacarpalia – – dorsalia 487, 491 – – interossea 491 – – palmaria 487, 491

– – transversa – – – profunda 491, 503 – – – superficialia 491 – metatarsale transversum profundum 424 – nuchae 261 – obliqua 501 – ovarii proprium 795 – palmare 492 – palpebralia 1054 – patellae 370, 391 – periodontale 1025 – phrenicooesophageale = Laimer-Membran 539, 681 – phrenicopericardiaca 614 – plantare longum 423 – popliteum – – arcuatum 370, 373 – – obliquum 370, 373 – pubicum – – inferius 331 – – superius 331 – pubofemorale 349 – puboprostaticum 663, 782, 833 – pubovesicale 663, 782 – pulmonale 548 – radiocarpalia – – dorsale 485 – – palmare 485 – rectouterinum 663, 802 – rotundum s. Lig. teres uteri 315 – sacroiliaca 331 – sacrospinale 331 – sacrotuberale 331 – sphenomandibulare 1030 – spirale 1086 – splenorenale 657, 665 – sternoclavicularia 440 – sternocostale intraarticulare 291 – sternocostalia radiata 291 – sternopericardiaca 614 – stylomandibulare 1030 – supraspinale 261 – suspensorium – – clitoridis 808 – – ovarii 795 – – penis 836 – talocalcaneum – – interosseum 408 – – laterale 408 – talofibulare – – anterius 406 – – posterius 406 – tarsi 410 – teres – – hepatis 151, 737, 665 – – uteri = Lig. rotundum 315, 324, 801 – thyroepiglotticum 921 – tibiofibulare – – anterius 405 – – posterius 405 – transversum – – acetabuli 346 – – atlantis 266 – – cervicis = Ligamentum cardinale 801 – – genus 368 – – scapulae 469 – trapeziometacarpale palmare 489 – triangularia 667, 736 – umbilicale medianum 114 – venosum 151, 667, 737 Limbisches System 1243 Limbus(-i) 1061 – acetabuli 346 – fossae ovalis 583

– palpebrae 1055 – spiralis 1092 Limen nasi 1040 Linea(-ae) – alba 313 – anocutanea 721 – anorectalis s. Junctio anorectalis 719 – arcuata 313, 328 – aspera 346 – axillaris – – anterior (vordere Axillarlinie = VAL) 303 – – media (mittlere Axillarlinie = MAL) 303 – – posterior (hintere Axillarlinie = HAL) 303 – cementalis (Kittlinie) 77 – dentata (Linea anocutanea) 721 – glutea – – anterior 328 – – inferior 328 – – posterior 328 – intermedia 328 – intertrochanterica 347 – mediana – – anterior (vordere Medianlinie) 303 – – posterior (hintere Medianlinie) 303 – medioclavicularis (Medioklavicularlinie = MCL) 303 – nuchalis – – inferior 944 – – superior 944 – – suprema 944 – parasternalis (Parasternallinie) 303 – paravertebralis (Paravertebrallinie) 303 – pectinata 721 – scapularis (Skapularlinie) 303 – semilunaris 309 – sternalis (Sternallinie) 303 – temporalis 943 – – inferior 944 – – superior 944 – terminalis 328, 521, 647 – transversa, Kreuzbein 258 Linearbeschleunigung 1087, 1233 Lingua (Zunge) 1009 Lingula pulmonis 548 Links-Rechts-Shunt 151, 586 Linksherzkatheter 621 Linksverbreiterung, Herz 619 Linse (Lens) 1068 – Entwicklung 1072 Linsenäquator 1068 Linsenbläschen 1072 Linsenepithel 1069 Linsenfasern 1069 Linsenkapsel 1068 Linsenkern 1069 Linsenplakode 1072 Linsenstern 1069 Lipase 748 Lipogenese (Aufbau von Fettgewebe) 71 Lipolyse (Abbau von Fettgewebe) 71 Lipome 72 Liposarkome 72 Lippe 1004 Lippenkiefergaumenspalte 972 Lippenrot 1004 Lippenschlusslinie 1023 Lippenspalte (Hasenscharte) 972

1311 Liquor – cerebrospinalis 1152 – folliculi 810 Liquorpunktion 1153 Liquorräume 1152 – äußere 1153 – innere 1154 Liquorresorption 1156 Liquorsekretion 1156 Liquorszintigrafie 1178 Lisfranc-Linie 410 Lissauer-Trakt 1102 Lobärpneumonie 551 Lobulus(-i) – corticalis (Nierenläppchen) 768 – hepatis (Leberläppchen) 739 – primärer s. Azinus 553 – pulmonalis (Lungenläppchen) 550, 553 – sekundärer s. Lungenläppchen 553 – testis 828 Lobus(-i) – cardiacus 551 – caudatus 736 – flocculonodularis 1116 – frontalis 1133 – – spezialisierte Kortexareale 1139 – hepatis – – dexter 736 – – sinister 736 – insularis 1134 – limbicus 1133, 1244 – occipitalis 1133 – – spezialisierte Kortexareale 1141 – parietalis 1133 – – spezialisierte Kortexareale 1140 – pulmonalis (Lungenlappen) 550 – pyramidalis 931 – quadratus 736 – renalis (Nierenlappen) 768 – temporalis 1133 – – spezialisierte Kortexareale 1141 Lochien (Wochenfluss) 821 Lockeres Bindegewebe 70 Locus – caeruleus 1109, 1113, 1214, 1254, 1257 – Kiesselbachi 1044 Loge, osteofibröse 411 Lokalanästhesie, Zähne 1027 Longitudinalachse (Längsachse) 38 Lordose 248 L-System, Skelettmuskulatur 84 Lubrikation 816 Luftembolie 935 Luftröhre (Trachea) 541 Lumbago = Hexenschuss 264 Lumbalisation 284 Lumballordose 248 Lumbalmark 1102 Lumbalpunktion 1153 Lumbosakraler Übergang 263 Lumbosakralwinkel 258 Lunatummalazie 480 Lunge (Pulmo) 547, 549 – Alveolen 569 – Atemverschieblichkeit 572 – Bildgebung 574 – Diffusion 569 – Eigenelastizität 566 – Entwicklung 575 – Gasaustausch 569 – Gefäße 558

1312 – Kapillarnetz 569 – Lymphabfluss 544, 560 – Nerven 561 – Perfusion 568 – Perkussion 572 – Rückstellkraft 568 – Rückstellkräfte 566 – Ventilation 566 Lungenarterien (Arteriae pulmonales) 631 Lungenatmung (Respiration) 566 Lungenazinus 553 Lungenembolie 160, 559 Lungenemphysem 553 Lungenentzündung (Pneumonie) 551 Lungenfell s. Pleura visceralis 561 Lungenfenster 574 Lungenfibrose 286 Lungengewebe 550 Lungengrenzen 570 Lungenhilum (Hilum pulmonis) 548 Lungenkreislauf s. Kreislauf, kleiner 148 Lungenläppchen (Lobulus bronchopulmonalis) 550, 553 Lungenlappen (Lobus pulmonalis) 550 – Grenzen 572 Lungenödem 1286 Lungenreifung, Frühgeburt 558 Lungensegment (Segmentum bronchopulmonale) 550, 552 Lungenstiel 548 Lungenstiel 548 Lungenwurzel (Radix pulmonis) 548 Lunula(-ae) 1275 – valvarum semilunarium 591 Luschka-Apertur 1156 Luschka-Apertur (Apertura lateralis ventriculis quarti) 1156 Lutealphase 813 Luteinisierendes Hormon (LH) 812, 845, 1252 Luteolyse 812 Lutropin (LH) 812, 845, 1252 Luxatio – iliaca 350 – suprapubica 350 Luxation – Kiefergelenk 1031 – perianuläre = Chassaignac 459 – Schultereckgelenk 443 – Schultergelenk 447, 449 Lymphabfluss – Bronchialbaum und Lungen 544 – Lunge 560 – untere Extremität 385 Lymphangitis 468 Lymphatische Organe 179 – primäre 179 – sekundäre 182 Lymphatischer Rachenring 914 lymphatisches Gewebe, Mukosaassoziiertes = MALT 188 Lymphatisches System 179 Lymphe 161, 183 Lymphfluss 163 Lymphgefäßsystem 145, 161 Lymphkapillaren 161 Lymphknoten 183 – regionäre 184 – Rosenmüller 315 – Schulterregion 468 Lymphödem 163 – Mammakarzinom 184

Sachverzeichnis Lymphom 899 Lymphopoese 176 Lymphozyt 176 – B-Zellen 177 – NK(= Natürliche Killer)-Zelle 176 – Rezirkulation 182 – T-Zelle 177, 183 Lymphozytenscheide, periarterioläre = PALS 185 Lymphstämme 162 Lysetherapie 605 Lysosom 51

M Macula(-ae) – densa 772 – lactea (Milchflecken) 526 – lutea (Gelber Fleck) 1067 – sacculi 1088 – – Sinnesepithel 1233 – statica 1087 – utriculi 1088 – – Sinnesepithel 1233 Magen (Gaster, Ventriculus) 693 – Abschnitte 694 – Beziehungen zu Nachbarorganen 695 – Blutgefäße 700 – Gefäße 699 – Lage 694 – Nerven 701 – Säurebildung 698 – Schrittmacherzentrum 702 – Wandbau 695 Magenarkade 699 Magenblase 693 Magendi-Foramen (Apertura mediana ventriculi quarti) 1156 Magendrehung 666 Mageneingang (Kardia) 693 Magenfundus (Fundus gastricus) 693 Magengeschwür (Ulcus ventriculi) 698 Magenkarzinom 634 Magenkuppel (Fundus gastricus) 693 Magenmotorik 702 Magenmuskulatur 699 Magenpförtner (Pylorus) 693 Magensaft 693 – Sekretion 702 Magenschleimhaut 695 – Flachrelief 696 – Hochrelief 695 Magenstraße 695 Magnetresonanztomografie = MRT 136 Magnozelluläre Ganglienzelle 1220 Magnozelluläres neuroendokrines System 1130 Mahaim-Faser 598 Mahlzahn (Dens molaris) 1021 Major Basic Protein = MBP 173 Makroglossie 1009 Makrophage 67, 174 Makroskopische Anatomie, Definition 31 MAL = mittlere Axillarlinie mittlere = MAL (Linea axillaris media) 303 Malleolarfraktur 433 Malleolengabel 399, 404 Malleolus – lateralis (Außenknöchel) 398, 404 – medialis (Innenknöchel) 398, 404, 433

Malleus (Hammer) 1080 MALT = Mukosa-assoziiertes lymphatisches Gewebe 188 Mamma 1277 – Gefäßversorgung 300 – Lymphabfluss 301 Mammakarzinom (Brustkrebs) 184, 825 – unter Hormonersatztherapie 825 Mammaria-Bypass 605 Mandibula (Unterkiefer) 955, 965 Mandibularbogen 969 Männliche Harnröhre s. Urethra masculina 838 Männliches Genitale 826 Manschette, orgastische 816 Mantelkante 1132 – Gefäßversorgung 1160 Mantelzelle 93, 98 Mantelzone 183 Manubrium – mallei 1080 – sterni 289 MAPs = Mikrotubuli-assoziierte Proteine 53 Marfan-Syndrom 69 Marginalzone 1172 – Milz 185 Margo – acuta = Margo dextra 580 – obtusa 580 – sphenoidalis 943 – supraorbitalis 943 Markhöhle (Cavum medullare) 223 – primäre 80 – sekundäre 80 Marklager 202 Marksinus 184 Markstrahlen (Radii medullares) 768 Markstränge, Ovar 854 Marschfraktur 403 Massa lateralis 264 Massenhemmung 459 Masseterreflex 1205 Mastdarm s. Rektum 719 Mastzelle 67, 174 Materno-fetale Durchdringungszone 121 Matrix – anorganische (Knochengrundsubstanz) 76 – extrazelluläre 67 – – geformt e67 – – ungeformte 69 – organische (Knochengrundsubstanz) 76 Matrix-Metalloproteinasen 69 Maxilla (Oberkiefer) 954 MBP = Major Basic Protein 173 MCL = Medioklavikularlinie (Linea medioclavicularis) 303 Meatus – acusticus – – externus 1076 – – internus 995, 1085 – nasi – – inferior 1040 – – medius 1040 – – superior 1040 – nasopharyngeus 1040 Mechanonozizeptor 1207 Mechanorezeption 1196 – Ausfall 1199 – Kopf 1203 Mechanorezeptor 213 Meckel-Divertikel 118, 670 Meckel-Knorpel 969

Media 152 Mediainfarkt 1160, 1288 medial 41 median 41 Median(sagittal)ebene 38 Medianebene 38 Medianlinie – hintere (Linea mediana prosterior) 303 – vordere (Linea mediana anterior) 303 Medianstellung (Stimmritze) 924 Medianus-Straße 509 Medianusgabel 470 Mediastinalemphysem 536 Mediastinalflattern 536 Mediastinum 523, 534 – anterius 535 – Einteilung 536 – Gefäße 627 – inferius 534 – medium 535 – Nerven 636 – posterius 535 – superius 534 – testis 827 – Topografie 627 – Venen 632 Medioklavikularlinie = MCL (Linea medioclavicularis) 303 Medulla(-ae) – oblongata (verlängertes Mark) 1111 – – Kerne 1112 – ossium (Knochenmark) 224 – ovarii 796 – renalis (Nierenmark) 768 – spinalis s. Rückenmark 1097 Megakaryoblast 170 Megakaryozyt 170 Megakolon 679 Mehrreihiges Oberflächenepithel 61 Mehrschichtiges Epithel 61 Meibom-Drüsen 1055 Meissner-Körperchen 1197 Meissner-Plexus (Plexus submucosus) 219, 679 Meissner-Tastkörperchen 1272 Melaninsynthese 1269 Melanom 1270 Melanosom 1269 Melanotropin 1252 Melanozyt 1269 Melatonin 1131, 1228 Membrana(-ae) – atlantooccipitalis – – anterior 266 – – posterior 266 – basilaris 1086 – bronchopericardiaca 545, 614 – elastica – – externa 152 – – interna 152 – fibroelastica laryngis 925 – fibrosa, Gelenkkapsel 228 – glia limitans superficialis 1149 – interossea 508 – – antebrachii 480 – – cruris 399, 413 – iridopupillaris 1072 – obturatoria 331 – orbitalis 1051 – oronasalis 1048 – oropharyngea 970 – perinei = Fascia diaphragmatis urogenitalis inf. 337 – pleuropericardialis 117 – quadrangularis 925 – sterni 291

Sachverzeichnis – suprapleuralis = Gibson-Faszie 562 – synovialis, Gelenkkapsel 229 – tectoria 266, 1086, 1229 – thyrohyoidea 893, 921 – tympanica s. Trommelfell 1077 – – secundaria 1090 – vestibularis 1086 Membrum – inferius s. Extremität, untere 34 – superius s. Extremität, obere 34 Menarche 824 Menard-Shenton-Linie 362 Ménière-Erkrankung 1088 Meningen 1149 – Arterien 1164 – Nerven 1150 – Venen 1169 Meningitis 977, 1152 Meningoenzephalitis 1019 Meningomyelozele 284 Meninx primitiva 965 Meniscus(-i) 368, 391 – articularis 229 – Blutversorgung 369 – Kniegelenk 366 – Lageveränderung 367 – lateralis (Außenmeniskus) 369 – medialis (Innenmeniskus) 368 Meniskusläsion, Therapieprinzip 367 Menopause 824 Menstruation 813 – erste (Menarche) 824 – letzte (Menopause) 824 Meridiane 1058 Merkel-Zellen 1196, 1270, 1272 Merokrine Sekretion 64 Meromyosin 52 Mesangium – extraglomeruläres 772 – intraglomeruläres 770 Mesangiumzellen 770 Mesencephalon 1114 Mesenchym 70 – primäres s. Mesoderm, intraembryonales 109 Mesenchymales Bindegewebe 70 Mesenchymzellen 70 Mesenterialwurzel 652 Mesenterialwurzel (Radix mesenterii) 652 Mesenterium 665, 709 – Entwicklung 118 – primitivum 665 – urogenitale 850, 853 Mesenterokolischer Spalt 654 Mesenzephalonbläschen 1173 mesial 1022 Meso(s) 524, 652 – Entwicklung 665 Mesoblast s. Mesoderm, intraembryonales 109 Mesocardiacum 614 Mesocolon 665 – sigmoideum 715 – transversum 665 Mesoderm – extraembryonales 107 – intermediäres 113 – intraembryonales = Mesoblast, primäres Mesenchym 109, 527 – – Somatopleura 114 – paraxiales 113 – Seitenplattenmesoderm 113

Mesogastrium 665 – dorsale 665, 668 – ventrale 665, 667 Mesohepaticum 665 – dorsale 665, 667 – ventrale 665, 667 Mesometrium 801 Mesonephrogenes Blastem 850 Mesonephros (Urniere) 850 Mesopharynx s. Pharynx 916 Mesopneumonium 548 Mesorchium 853 Mesorektum 662, 722 Mesosalpinx 797, 801 Mesosigmoideum 665 Mesotendineum 237 Mesothel 58, 526, 677 Mesotympanon 1079 Mesovarium 795, 801 Metabolisierung, Leber 734 Metacarpus (Mittelhand) 482 – Knochenkerne 515 Metakarpalia = Mittelhandknochen (Ossa metacarpi) 482 Metamerie 34, 281 – Verschiebung 282 Metanephrogenes Blastem 850 Metanephros (Nachniere) 850 Metaphyse 223 Metaplasie 60, 684 Metarteriole 154 Metastasen, lymphogene, Mammakarzinom 301 Metastasierung, lymphogene 184 Metatarsalia/Mittelfußknochen 402 Metatarsalia (Mittelfußknochen, Ossa metatarsi) 402 Metatarsus (Mittelfuß) 402 Metathalamus 1127 Metenzephalonbläschen 1173 Metopismus 967 Meynert-Kern 1255 Meynert-Kern s. Nucleus basalis 1255 MHC (= major histocompatibility complex)-Moleküle 172 Mikrofibrille, Kollagen 67 Mikrofilamente s. Aktinfilamente 51 Mikrogliazelle 93 Mikroskopische Anatomie 32 Mikrotom 99 Mikrotubulus 52 Mikrotubulus-OrganisationsZentrum = MTOC 53 Mikrovillus 54 Miktion 785 Miktionsreflex 785 Milchbrustgang s. Ductus thoracicus 634 Milchdrüsen 1277 Milchflecken (Maculae lacteae) 526 Milchgang 1277 Milchleiste 1278 Milchzähne (Dentes decidui) 1028 Milz (Splen, Lien) 184, 186 Milzentfernung (Splenektomie) 169 Milzruptur 188 Mimische Muskulatur 959, 962 Mineralokortikoide 790 Minipille 813 Miosis 216, 1062, 1226 Miotika 1071 Mitochondrium 51 Mitose-Hemmstoffe 53 Mitosespindel, Mikrotubuli 53

Mitralklappe (Valva bicuspidalis) 590 Mitralvitium 591 Mitralzelle 1239 Mitteldarm 118 Mittelfuß – klinisch 399 – Metatarsus 402 Mittelfußknochen (Metatarsalia, Ossa metatarsi) 402 Mittelhand (Metacarpus) 482 Mittelhandmuskulatur 498 Mittelhirn (Mesencephalon) 1114 Mittelhirnbläschen 1173 Mittelloge 420 Mittelohr 1078 – Entwicklung 1092 – Entzündung 1082 – Gefäße 1083 – Muskeln 1080 Mittelphalanx 403 Moderatorband = Leonardoband = Trabecula septomarginalis 585 Modiolus 1084 Molar 1021 Molekulare Anatomie 32 Molekularschicht, Kleinhirnrinde 1118 Moll-Drüsen 1055 Monaldi-Punktion 567 Monaminerges System 1255 Mondbein (Os lunatum) 480 Monoamine 1257 Monokelhämatom 958 Monokuläres Sehen 1216 Mononukleäre Phase, Entzündung 70 Mononukleäres Phagozytensystem = MPS 174 Monopoese 175 Monosynaptischer Dehnungsreflex 198 Monozyt 174 Monro-Foramen s. Foramen interventriculare 1155 Mons pubis (Schamberg) 808 Moosfaser 1122, 1236 Morbus – Addison 792 – Alzheimer 1256 – Basedow 932 – Crohn 708 – Hirschsprung 679 – Hodgkin 899 – Ménière 1088 – Parkinson(Parkinson-Erkrankung) 1188 Morgagni-Taschen (Sinus anales) 720 Morphin 1215 Morrison Pouch (Recessus hepatorenalis) 654 Morula 104 Motoneuron 198, 1190 – γ- 1198 – Hirnnerven 1185 – homonymes 198 – Säulen 211 – spinales 1184 Motorische Aphasie 1140, 1262 Motorische Bahnen 1183 Motorische Einheit 84 Motorische Endplatte 84 Motorische Endstrecke 1190 Motorische Kerngebiete 1183 Motorische Kortexareale 1182 Motorischer Kortex s. Kortex 1182

1313 Motorisches Sprachzentrum 1140 Motorisches System 1182 MPS = Mononukleäres Phagozytensystem 174 mRNA = messengerRNA 50 MRT = Magnetresonanztomografie 136 – Herz 620 MS = Multiple Sklerose 94, 1221 M-Streifen, Muskulatur, Querstreifung 84 MTOC = Mikrotubulus-Organisations-Zentrum 53 Mukendost 1045 Mukosa (Schleimhaut) s. Tunica mucosa 530, 677 Muköse Drüse 64 Mukoviszidose (zystische Fibrose) 65, 751 Müller-Gang 855, 859 Müller-Hügel 855 Müller-Lidheber 1054 Müller-Muskel (Musculus orbitalis) 1050, 1063 Müller-Muskel s. 1050 Müller-Zelle 1065, 1217 Multiple Sklerose = MS 94, 1068, 1177, 1221 Multiples Myelom (Plasmozytom) 177 Mumps 1019 Mundboden 1015 – Gefäße 1016 – Nerven 1016 Mundbodenphlegmone 1015 Mundbucht (vordere Darmbucht) 118, 970, 1028 Mundhöhle (Cavitas oris) 1003 Mundspeichel 1017 Mundspeicheldrüsen 1003 Murphy-Zeichen 746 Musculus(-i) – abductor – – digiti minimi 419, 498 – – hallucis 419 – – pollicis – – – brevis 498 – – – longus 494, 503 – adductor – – brevis 352 – – hallucis 419 – – longus 352 – – magnus 352 – – pollicis 498 – anconeus 461 – arrectores pilorum 1274 – aryepiglotticus 921, 926 – arythenoideus – – obliquus 926 – – transversus 926 – auriculares 961 – biceps – – brachii 452, 461, 475 – – – Caput breve 455 – – – Caput longum 449 – – femoris 377, 393 – bipennatus 235 – biventer (zweibäuchiger Muskel) 236 – brachialis 461, 475 – brachioradialis 475, 494, 497, 508 – buccinator 961, 1004 – bulbospongiosus 336, 837 – canalis ani 723 – ciliaris 1060, 1063, 1069, 1227 – – Entwicklung 1072 – constrictores pharyngis (Schlundschnürer) 917

1314 – coracobrachialis 452, 455 – corrugator – – ani 723 – – supercilii 960 – cremaster 309, 847 – – Innervation 841 – cricoarytenoideus – – lateralis 926 – – posterior (Posticus) 926 – cricothyroideus (Anticus) 926 – deltoideus 241, 451, 473 – depressor – – anguli oris 961 – – labii inferioris 961 – detrusor vesicae 782, 785 – digastricus 894, 1015 – dilatator pupillae 1060, 1062, 1072 – – Entwicklung 1072 – epicranii 960 – erector spinae s. Rückenmuskulatur, autochthone 271 – extensor – – carpi – – – radialis brevis 494, 503 – – – radialis longus 494, 503 – – – ulnaris 494, 503 – – digiti minimi 494, 503 – – digitorum 494, 503, 508 – – – brevis 417 – – – longus 414, 416 – – hallucis – – – brevis 417 – – – longus 414 – – indicis 494, 503 – – pollicis – – – brevis 494, 503 – – – longus 494, 503 – fibularis (peroneus) – – brevis 416 – – longus 416 – – tertius 414 – flexor – – carpi – – – radialis 493, 501, 508 – – – ulnaris 493, 508 – – digiti minimi brevis 419, 498 – – digitorum – – – brevis 420 – – – longus 413, 416 – – – profundus 493 – – – superficialis 493, 496 – – hallucis – – – brevis 419 – – – longus 413, 416 – – pollicis – – – brevis 498 – – – longus 501 – fusiformis (spindelförmiger Muskel) 235 – gastrocnemius 378, 393, 412, 416 – genioglossus 1010 – geniohyoideus 1015 – gluteus – – maximus 352, 354, 357 – – – Lähmung 354 – – medius 352, 355 – – – Funktion 356 – – minimus 352, 355 – – – Funktion 356 – gracilis 352, 377 – hyoglossus 1010 – iliacus 352 – iliococcygeus 335 – iliocostalis 274 – iliopsoas 314, 351, 353 – infrahyoidei 893 – infraspinatus 452 – intercartilaginei 294

Sachverzeichnis – intercostales – – externi 294 – – interni 294 – – intimi 295 – interossei 502 – – dorsales 420, 498 – – palmares 498 – – plantares 420 – interspinales 272 – intertransversarii 274 – ischiocavernosi 336, 836 – ischiococcygeus 335 – latissimus dorsi 451, 474 – levator – – anguli oris 961 – – ani 335, 724 – – labii superioris 960 – – – alaeque nasi 960 – – palpebrae 1054 – – scapulae 444 – – veli palatini 1006 – levatores – – costarum 274 – – pharyngis (Schlundheber) 917 – linguae 1010 – longissimus 274 – longitudinalis – – inferior 1010 – – superior 1010 – longus – – capitis 895 – – colli 895 – lumbricales 420, 498, 500, 502 – masseter 1032 – masticatorii s. Kaumuskulatur 1032 – mentalis 961 – multifidus 272 – mylohyoideus 894, 1015 – nasalis 960 – obliquus – – capitis – – – inferior 276 – – – superior 276 – – externus abdominis 308, 310 – – inferior 1053 – – internus abdominis 308, 310 – – superior 1053 – obturatorius – – externus 352 – – internus 352 – occipitofrontalis 960 – omohyoideus 894 – opponens – – digiti minimi 498, 500 – – pollicis 498 – orbicularis (ringförmiger Muskel) 236 – – oculi 960, 1054, 1058 – – oris 960 – orbitalis 1050, 1063 – palatoglossus 1006 – palatopharyngeus 917, 1006 – palmaris – – brevis 498 – – longus 493, 495 – – – Sehne 513 – papillares (Papillarmuskeln) 584, 590 – pectinati 582 – pectineus 352 – pectoralis – – major 451, 452, 474 – – minor 444 – perforans s. Musculus flexor digitorum profundus 496

– perforatus s. Musculus flexor digitorum superficialis 496 – piriformis 358 – plantaris 413, 416 – planus (platter Muskel) 235 – popliteus 378 – procerus 960 – pronator – – quadratus 493 – – teres 475, 493, 495 – psoas major 352 – pterygoideus – – lateralis 1032, 1035 – – medialis 1032, 1035 – pubococcygeus 335 – puboprostaticus 663, 782, 833 – puborectalis 335, 724, 727 – pubovesicalis 663, 782, 785 – quadratus plantae 420 – quadriceps femoris 377 – rectococcygeus 723 – rectourethralis 723, 782 – rectouterinus 802 – rectovesicalis 723, 785 – rectus – – abdominis 308 – – capitis – – – anterior 276 – – – lateralis 276 – – – posterior – – – – major 276 – – – – minor 276 – – femoris 351 , 378 – – inferior 1053 – – lateralis 1053 – – medialis 1053 – – superior 1053 – retractor uvulae 782, 785 – rhomboideus – – major 444 – – minor 444 – risorius 961 – rotatores – – breves 272 – – longi 272 – salpingopharyngeus 916 – sartorius 352, 377 – scalenus – – anterior 638, 894 – – medius 894 – – posterior 894 – semimembranosus 377, 393 – semispinalis 272 – semitendinosus 377, 393 – serratus – – anterior 444 – – posterior – – – inferior 276 – – – superior 276 – soleus 412, 416 – sphincter – – ampullae hepatopancreaticae (Oddi) 743 – – ani – – – externus 336, 724n;, 727 – – – internus 724n;, 727 – – ductus choledochi 743 – – pupillae 1060, 1062 – – – Entwicklung 1072 – – pylori 693, 699 – – urethrae 809 – – – externus 336, 784, 839 – – – internus 783 – spinalis 272 – splenius 274 – stapedius 1081 – sternocleidomastoideus 894 – sternohyoideus 894 – styloglossus 1010 – stylohyoideus 894, 1015

stylopharyngeus 917 subclavius 444 subcostales 294 suboccipitales (kurze Nackenmuskeln) 275 – subscapularis 452 – superficialis 496 – supinator 494 – suprahyoidei 893 – supraspinatus 452, 454 – suspensorius duodeni (TreitzMuskel) 707 – tarsalis – – inferior 1054 – – superior 1054 – temporalis 1032 – temporoparietalis 960 – tensor – – fasciae latae 352, 357 – – tympani 951, 1081 – – uvulae 1006 – – veli palatini 1006 – teres – – major 452, 474 – – minor 452, 474 – thyroarytenoideus 926 – thyrohyoideus 894 – tibialis – – anterior 414, 416 – – tibialis posterior 413, 416 – trachealis 543 – transversus – – abdominis 309 – – linguae 1010 – – mentis 961 – – perinei – – – profundus 336 – – – superficialis 336 – – thoracis 294 – trapezius 444, 895 – triceps – – brachii 452, 461, 474 – – – Caput longum 455 – – surae 412, 416 – unipennatus 235 – uvulae 1006 – vastus – – intermedius 378 – – lateralis 378, 391 – – medialis 378, 391 – verticalis 1010 – vesicoprostaticus 782, 833 – vesicovaginalis 782 – vocalis 926 – zygomaticus – – major 961 – – minor 961 Musikantenknochen 470 Muskel – Ansatz 241 – Bewegungsabläufe 240 – eingelenkiger 236 – Faserverlauf 235 – Faszie (Muskelbinde) 236 – Form 235 – gefiederter 235 – Hubhöhe 238 – Kontraktionsformen 240 – Kraftentfaltung 239 – mechanische Eigenschaften 238 – mehrbäuchiger 236 – mehrgelenkiger 236 – mehrköpfiger 235 – Muskelfunktion 241 – parallelfasriger 235 – platter (Musculus planus) 235 – Querschnitt 240 – ringförmiger (Musculus orbicularis) 236 – – – –

Sachverzeichnis – Selbststeuerung, mechanische 238 – spindelförmiger (Musculus fusiformis) 235 – Ursprung 241 – Zugrichtung 239 – Zusatzeinrichtungen 236 – zweibäuchiger (Musculus biventer) 236 Muskelrelaxanzien 84 Muskelbauch (Venter musculi) 234 Muskeldehnung 1197 Muskeldystrophie 271 Muskeleigenreflex – Bizepssehnenreflex 473 – Trizepssehnenreflex 473 Muskelfaser/Muskelzelle 81 Muskelfaszie s. Muskulatur, Skelettmuskulatur 86 Muskelgewebe 58, 81 Muskelhemmung 233 Muskelinsuffizienz, passive 377 Muskelkater 1208 Muskelketten 241 Muskellogen 237 – Unterschenkel 411 Muskelpumpe 159 Muskelquerschnitt 240 – anatomischer 240 – physiologischer 235, 240 Muskelschlingen – Rumpfbewegungen 311 – Schultergürtel 443 Muskelsicherung, oberes Sprunggelenk 406 Muskelspindel 85, 1197 Muskelspindelafferenz – primäre 1197 – sekundäre 1197 Muskelzelle/Muskelfaser 81 Muskuläre Hohlorgane 530 Muskularis s. Tunica muscularis 677 Muskulatur 81 – Fuß 417 – glatte 89 – Herzmuskulatur 87 – Hilfstrukturen, Hand 500 – infrahyoidale 893 – mimische 959 – prävertebrale 896 – Querstreifung 82, 83 – rote Haltemuskulatur 87 – Sarkomer 83 – Skelettmuskulatur 82, 85 – suprahyoidale 893 – weiße Bewegungsmuskulatur 87 Mutterkuchen s. Plazenta 817 Muttermilch 821 Muttermund – äußerer (Ostium uteri externum) 799, 819 – innerer (Ostium anatomicum uteri internum) 799 Myasthenia gravis 84, 180 Mydriasis 1062, 1227 Myelenzephalon s. Medulla oblongata 1111 Myelenzephalonbläschen 1173 Myelinisierung 1171 Myelinscheide 94, 196 Myelografie 1176 Myelogramm 168 myoendokrine Zellen 595 – Herzmuskulatur 88 Myoepithelium pigmentosum 1060 Myoepithelzellen 65 – juxtaglomeruläre 772

Myofibrille 81 Myofibroblasten 89 Myofilamente 81 Myoid 1067 Myokard 594 Myokardinfarkt s. Herzinfarkt 600 Myokardischämie 600 Myokardperfusionsszintigrafie 621 Myom 82, 803 Myometrium 803 Myopathie 84 Myosarkom 82 Myosinfilament 52 Myosinfilamente, Muskulatur 81 Myotom 210, 282 – Entwicklung 113 Myxödem 932 M-Zellen 191, 709

N Nabel (Umbilicus) 313 Nabelarterie s. Arteria umbilicalis 150 Nabelbruch, physiologischer 670 Nabelhernie 313 Nabelring 122 Nabelschleife 670 Nabelschnur (Funiculus umbilicalis) 119, 122 Nabelvene 150 Nabelvene s. Vena umbilicalis 150 Nachgeburtsperiode 819 Nachhirnbläschen 1173 Nachniere (Metanephros) 850 Nachtblindheit (Hemeralopie) 1218 Nackenbeuge 1173 Nackenmuskeln, kurze (Mm. suboccipitales) 275 Nagel 1275 Nagelbett 1275 Nagelmatrix 1275 Nahakkommodation 1227 NANC = nicht-adrenerge, nichtcholinerge Übertragung 220 NAP = Nervenaustrittspunkt(e), Trigeminus-Hauptstämme 990 Napfzelle 704 Narbe 70 Narbenhernie 311 Nares 1039 nasal 41 Nase 1039 – äußere 1039 – Entwicklung 971 – Gefäße 1046 – Nerven 1046 Nasenbein s. Os nasale 954 Nasenbluten 1041 – bei Aortenisthmusstenose 629 Nasenflügel 1039 Nasengänge 1041 Nasenhöhle (Cavitas nasi) 1040 – Entwicklung 1048 – Feinbau 1043 – Gefäße 1046 – Verbindungen 1042 Nasenknorpel 1039 Nasenmuschel s. Concha nasalis 954 Nasennebenhöhlen 1039, 1042 – Entwicklung 1048 – Feinbau 1045

– Gefäße 1046 – Nerven 1047 Nasenscheidewand 1040 Nasenseptum 1041 Nasenskelett 1039 Nasenspiegelung 1040 Nasentropfen 1045 Nasenwulst – lateraler 971 – medialer 971 Nasenwurzel 1039 Nasofazialwinkel 964 Nasolabialwinkel 964 Nasopharynx s. Pharynx 916 Nasoturbinale 1041 Nasus externus 1039 Natriumkonzentration 772 Navikularefraktur 480 Nebenhoden (Epididymis) 829 Nebenhodengang s. Ductus epididymidis 830 Nebenniere (Glandula suprarenalis) 790 – Entwicklung 793 – Gefäße 793 – Nerven 793 Nebennierenmark 792 Nebennierenrinde 791 Nebennierenrindenhormone 790 Nebennierenrindeninsuffizienz 792 Nebenschilddrüsen (Glandulae parathyroideae) 933 – Entwicklung 936 – Gefäße 934 – Nerven 935 Nebenzellen 697 Neck dissection 925 Nekrose – aseptische 360 – Darmwand 308, 653 – Myokard 600 Neokortex 1135 Neologismen 1141 Neozerebellum s. Pontozerebellum 1123 Nephritis 767 Nephrogener Strang 850 Nephron 768 – juxtamedulläres 769 Nephros s. Niere 763 Nerv, peripherer 95 Nervenaustrittspunkte = NAP, Trigeminus-Hauptstämme 990 Nervenfaser(n) 197 – afferente/sensible/sensorische 197 – efferente 198 – Erregungsleitung 195 – motorische 198 – myelinisierte 94 – somatoafferente 205 – somatoefferente 198, 205 – sympathische 215 – viszeroafferente 205 – viszeroefferente 198, 205 Nervenfaserbündel 95 Nervengewebe 58, 91 Nervenläsion – N. axillaris 453 – N. hypoglossus 1013 – N. laryngeus recurrens 928 – N. medianus 510 – N. phrenicus 639 – N. radialis 470, 508 – N. thoracicus longus 445 – N. ulnaris 499, 511 Nervenplexus, Spinalnerv 211 Nervensystem 194 – autonomes (vegetatives) 218 – – Reflex 220

1315 – enterisches (intramurales) 219, 679 – somatisches (animalisches) 212 Nervenverletzung, bei intramuskulärer Injektion 354, 356 Nervernzelle s. Neuron 91 Nervus(-i) – abducens (VI) 949, 983, 1049, 1052 – accessorius (XI) 444, 950, 1000, 1002 – – am Hals 903 – alveolares – – superiores – – – anteriores 1027 – – – posteriores 1027 – – inferiores 956, 988, 1027 – anococcygei 342 – auricularis – – magnus 902, 1075, 1077 – – posterior 992 – auriculotemporalis 988, 1019, 1033, 1075, 1077 – axillaris 452, 469, 474 – – Läsion 453 – buccalis 988, 1027 – canalis – – pterygoidei 992, 1036, 1081 – cardiaci thoracici 637 – cardiacus cervicalis – – inferior 905 – – medius 905 – – superior 904 – caroticotympanici 950, 1083 – caroticus – – externus 904 – – internus 904 – ciliares – – breves 983, 1052, 1060, 1062 – – longi 1052, 1059 – clunium – – inferiores 342, 388 – – medii 388 – – superiores 388 – cochlearis 995 – craniales s. Hirnnerven 979 – cutanei dorsales, Fuß 432 – cutaneus – – antebrachii – – – lateralis 471, 512 – – – medialis 471, 512 – – – posterior 512 – – brachii – – – lateralis – – – – inferior 471 – – – – superior 471 – – – medialis 471 – – – posterior 471 – – femoris – – – lateralis 388 – – – posterior 342, 884 – – surae lateralis 432 – digitales – – dorsales 512 – – palmares – – – communes 513 – – – proprii 513 – dorsalis – – clitoridis 809 – – penis 838 – – scapulae 444, 468 – ethmoidalis – – anterior 949, 987, 1047, 1050 – – posterior 987, 1050 – facialis (VII) 950, 963, 990, 993, 1013, 1016, 1020, 1075, 1081, 1242 – – am Hals 904

1316 – femoralis 314, 387 – – Läsion 387 – fibularis 387, 391 – – communis 393, 431 – – Läsion 391 – – profundus 391, 431 – – – Läsion 414 – – superficialis 391, 431 – – Verletzung 431 – frontalis 986, 1050 – genitofemoralis 322, 809 – glossopharyngeus – glossopharyngeus (IX) 919, 950, 995, 997, 1013, 1020, 1075, 1077, 1242 – – am Hals 904 – gluteus – – inferior 387, 392, 884 – – – Läsion 354 – – superior 387, 392, 884 – – – Läsion 356 – hypogastrici 216, 883 – hypoglossus (XII) 950, 1000, 1002, 1013, 1016 – – am Hals 904 – – Läsion 1013 – iliohypogastricus 322, 388 – ilioinguinalis 322, 342, 388, 841 – infraorbitalis 951, 956, 987, 1027, 1036, 1046, 1050 – infratrochlearis 987, 1046 – intercostales 302, 322, 565 – intermedius 991 – interosseus – – antebrachii – – – anterior 509 – – – posterior 508 – ischiadicus 387, 392, 884 – – Einklemmung im Foramen infrapiriforme 358 – – Läsion 388 – jugularis 904 – labiales – – anteriores 809 – – posteriores 809 – lacrimalis 987, 1050 – laryngeus – – recurrens 638, 689, 904, 928, 935, 999 – – – Läsion 928 – – superior 904, 928, 935, 999 – lingualis 988, 1014, 1016, 1021, 1027 – mandibularis (V3) 949, 988, 1027, 1033, 1035 – massetericus 988, 1033 – maxillaris (V2) 949, 987, 1027, 1035 – medianus 470, 493, 498, 508, 511 – – Autonomgebiet 513 – – Läsion 510 – mentalis 956, 988, 1027 – musculocutaneus 452, 470 – mylohyoideus 988, 1016 – nasociliaris 987, 1046, 1049 – nasopalatinus 956, 987, 1007, 1027, 1047 – obturatorius 331, 387 – occipitalis – – major 279, 903 – – minor 902, 1075 – – tertius 903 – oculomotorius (III) 949, 983, 1049, 1052 – – Austritt 1115 – olfactorius (I) 949, 982, 1047, 1239 – ophthalmicus (V1) 949, 986, 1050

Sachverzeichnis – opticus (II) 949, 982, 1049, 1052, 1067, 1221 – – Atrophie 1071 – – Entwicklung 1073 – palatinus(-i) – – major 956, 987, 1007, 1027, 1036 – – minor 956, 987, 1007, 1036 – pectoralis – – lateralis 444, 452, 469 – – medialis 444, 452, 469 – perineales 809, 841 – petrosus – – major 950, 992, 1047, 1057, 1081 – – minor 949, 996, 1083 – – profundus 950, 1047, 1051, 1081 – phrenicus 298, 565, 638, 747902 – – Innervationsgebiete 639 – – Läsion 639 – plantaris – – lateralis 431 – – medialis 431 – pterygoideus 988 – – lateralis 1033 – – medialis 1033 – pudendus 342, 807, 809, 840, 884 – radialis 452, 469, 494, 508, 511 – – Autonomgebiet 508, 512 – – Läsion 470, 508 – saphenus 387, 432 – scrotales 841 – – anteriores, N. ilioinguinalis 388 – spinalis (Spinalnerv) 206 – splanchnicus(-i) – – imus 875 – – lumbales 727, 875 – – major 215, 637, 875 – – minor 215, 637, 875 – – pelvici 217, 727, 779, 784, 798, 838, 883 – – sacrales 727, 838, 883 – stapedius 992, 1081 – statoacusticus s. Nervus vestibulocochlearis 995 – subclavius 444, 469 – sublingualis 988 – suboccipitalis 279, 903 – subscapulares 452, 469 – supraclaviculares 302, 471, 902 – supraorbitalis 986, 1050 – suprascapularis 452, 469 – supratrochlearis 986 – suralis 432 – temporales profundi 988, 1033 – thoracicus longus 444, 469 – – Läsion 445 – thoracodorsalis 452, 469 – tibialis 387, 393, 431 – – Läsion 391, 413 – – Verletzung 431 – transversus colli 902 – trigeminus (V) 985, 989, 1027 – trochlearis (IV) 949, 983, 1050, 1052 – tympanicus 996, 1083 – ulnaris 470, 493, 498, 508, 510 – – Autonomgebiet 513 – – Läsion 499, 511 – vagus (X) 638, 689, 779, 912, 919, 950, 998, 1013, 1075, 1077, 1242

– – am Hals 904 – – Larynx 928 – vertebralis 905 – vestibularis 995, 1088 – vestibulocochlearis (VIII) 950, 995, 1085 – – Pars cochlearis 1230 – – Pars vestibularis 1233, 1235 – zygomaticus 951, 987, 1036, 1050 Nesselsucht (Urtikaria) 174 Netz – apikales s. Aktinnetz, kortikales 51 – großes s. Omentum majus 657 – kleines s. Omentum minus 657 Netzhaut siehe Retina 1061, 1064 Netzhautablösung 1064 Neunerregel 44 – Körperoberfläche 44 Neuralgie 264 Neuralleiste 111, 1170 – Derivat 792 Neuralplatte 111, 1170 Neuralrinne 111, 1170 Neuralrohr 111, 1170 Neuralwülste 111 Neurinom (Schwannom) 93 Neuroblast 1171 Neurocranium s. Hirnschädel 946 Neurodermitis (atopische Dermatitis) 173 Neuroendokrine Zelle 92 Neuroendokrines System 1249 Neurofibromatose 93 Neurofilament 52, 92 Neurogene Entzündung 1207 Neurohypophyse 1249, 1250 – Entwicklung 1175 Neurom 96 Neuromelanin 1257 Neuromodulation 98 Neuromodulator 1182 Neuron (Nervernzelle) 91 – afferentes – – primär 213 – – Rückenmark 213 – motorisches 1191 – postganglionäres 215 – präganglionäres 215 Neuropathischer Schmerz 1206 Neuropeptid Y = NPY 219 Neuroplastizität 205, 1181 Neuroporus 111, 1170 Neurosekretion 200 Neurosonografie 1177 Neurotransmitter 196, 201 – autonomes Nervensystem 219 – ZNS 202, 1182 Neurotubuli 92 Neurulation 111 Neutral-Null-Methode 232 Neutral-Null-Stellung 232 Neutralbisslage 1023 Neutralisation, Magen 698 Neutrophile Phase, Entzündung 70 Nexus s. Kommunikationskontakt 56 Nicht-assoziatives Lernen 1260 Nidation (Implantation) 105 Niederdrucksystem 149 Niere (Ren) 763 – Autoregulation 772 – Entwicklung 849

– Gefäße 773 – – intrarenale 775 – Harnfiltersystem 770 – Nerven 776 Nierenagenesie 850 Nierenarterie 773 – aberrante 774 – akzessorische 774 – Varianten 774 Nierenarterienstenose 774 Nierenaszensus 851 Nierenbecken (Pelvis renalis) 776 – Entwicklung 851 Nierenbläschen 851 Nierendurchblutung, Regulation 772 Nierenersatztherapie 1286 Nierenfaszie (Fascia renalis) 767 Nierengenerationen 849 Nierenkanälchen (Tubulus renalis) 768, 770 Nierenkelche, Entwicklung 851 Nierenkolik 778 Nierenkörperchen (Corpusculum renale) 768 Nierenlager 311, 766 Nierenläppchen (Lobulus corticalis) 768 Nierenlappen (Lobus renalis, Renculus) 768 Nierenleiste 850 Nierenmark (Medulla renalis) 768 Nierenrinde (Cortex renalis) 768 Nierentransplantation 1286 Nierenvenen 776 Nikotinabusus 600 Nissl-Schollen 91 NK(natürliche Killer)-Zellen 176 NMDA-Rezeptor 1209, 1261 NMR = nuclear magnetic resonance s. Bildgebung, MRT 136 NO = Stickstoffmonoxid 1182 Nodulus(-i) – lymphoidei – – aggregati (Folliculi lymphatici aggregati) 183, 709 – – solitarii 183 – valvae semilunaris 591 Nodus(-i) – atrioventricularis (AV-Knoten) 597 – lymphoidei – – aortici laterales 779, 793 – – axillares 467 – – brachiales 467 – – bronchobronchiales 545 – – bronchopulmonales = Hilumlymphknoten 560, 565 – – buccales 963, 978, 1033 – – cavales laterales 779, 793 – – cervicales – – – anteriores 900 – – – laterales 279, 467, 900 – – – – profundi 688, 978 – – – supraclaviculares 900 – – coeliaci 701, 746, 754, 872 – – colici – – – dextri 717 – – – medii 717 – – – sigmoidei 717 – – – sinistri 717 – – cubitales 467 – – deltoideopectorales 467 – – faciales 978 – – fibulares 430 – – gastrici 701 – – – sinistri 688 – – gastroomentales 701 – – hepatici 701, 746, 754

Sachverzeichnis – – iliaci – – – communes 341, 779, 872, 881 – – – externi 341, 384, 726, 872, 881 – – – interni 341, 726, 779, 798, 804, 807, 831, 833, 835, 837, 840, 872, 881 – – infrahyoidei 900 – – inguinales – – – inferiores 384 – – – profundi 384, 809, 835, 883 – – – superficiales 384, 726, 804, 807, 837, 883 – – – superolaterales 384 – – – superomediales 384 – – intercostales 279, 300, 565 – – interpectorales 301 – – intrapulmonales 560, 565 – – jugulodigastricus 900 – – juguloomohyoideus 900 – – juxtaintestinales 710 – – juxtaoesophageales 560, 688 – – linguales 978 – – lumbales 341, 779, 796, 798, 804, 829, 831, 872, 881 – – – intermedii 872 – – – laterales 872 – – malaris 978 – – mandibulares 978 – – mastoidei 978 – – medialstinales 565 – – – anteriores 615 – – mesenterici – – – inferiores 717, 726, 872 – – – superiores 717, 754, 872 – – nasolabialis 978 – – occipitales 279, 978 – – pancreatici 701 – – pancreaticoduodenales 754 – – paramammarii 301 – – parasternales 300, 565, 615 – – paratracheales 544, 565, 688, 900 – – parauterini 804 – – parotidei 963, 978, 1020, 1033 – – pectorales 301 – – phrenici 565 – – – superiores 615 – – poplitei 430 – – prarectales 726 – – prepericardiaci 615 – – pretracheales 544, 565, 900 – – prevertebrales 565 – – prevesicales 783 – – pylorici 701 – – rectales superiores 726 – – retroauriculares 978 – – retropharyngeales 900, 919, 1046 – – retrovesicales 783 – – sacrales 804, 835, 840, 726 881 – – singuinales superficiales 840 – – splenici 701 – – submandibulares 900, 963, 978, 1005, 1007, 1013, 1016, 1020, 1027, 1046 – – submentales 900, 963, 978, 1013, 1016, 1027 – – subscapulares 467 – – supraclaviculares 467 – – thyroidei 900 – – tibiales anteriores 430 – – tracheobronchiales = Bifurkationslymphknoten 544, 560, 565, 615, 688 – – vesicales laterales 783 – sinuatrialis (Sinusknoten) 597

Noradrenalin 219, 790, 792, 1182, 1214, 1257 Norm 47 Norma frontalis 959 Normalposition, anatomische 232 Nozizeption 1205 – Kopf 1213 Nozizeptor 199, 213, 1207 – Sensibilisierung 1208 NPY = Neuropeptid Y 219 Nucleolus (Kernkörperchen) 50 Nucleus s. Zellkern 50 Nucleus(-i) – accessorii nervi oculomotorii 983, 1107, 1226 – accumbens 1245 – ambiguus 996, 998, 1001, 1107 – anteriores 1126 – – thalami 1245 – arcuatus 1129 – basales s. Basalganglien 1142 – basalis 1255 – caudatus 1143, 1186 – centromedianus 1125, 1188, 1210 – cerebelli 1119 – cochlearis 995, 1108, 1229 – – anterior 1230 – – posterior 1230 – commissurae posterioris 1110 – cuneatus 1112 – – accessorius 1202 – – medialis 1198 – dentatus 1119, 1122 – dorsalis nervi vagi 998, 1107, 1201 – dorsomedialis 1129 – emboliformis (Pfropfkern) 1119 – fastigii (First-/Giebelkern) 1119, 1122 – globosi (Kugelkerne) 1119 – gracilis 1112, 1198 – habenulares 1127, 1245 – intermediolateralis 1099 – intermediomedialis 1099 – interpositus 1119, 1122 – interstitialis 1110, 1225, 1254 – intralaminares 1210 – lemnisci lateralis 1232 – lentiformis 1143 – mediales 1126 – medialis dorsalis 1127, 1188 – mesencephalicus nervi trigemini 986, 1108, 1205 – motorius nervi trigemini 986, 1107 – nervi – – abducentis 983, 1107 – – facialis 991, 1107 – – – Innervation durch Fibrae corticonucleares 1185 – – hypoglossi 1001, 1107 – – oculomotorii 983, 1107 – – trochlearis 983, 1107 – olfactorius anterior 1240 – olivaris – – cuneatus 1112 – – inferior 1112 – – superior 1112, 1231 – originis 1106 – paraventricularis 1129, 1228, 1250 – parcuatus 1251 – periventricularis 1130, 1251 – Perlia 1227 – pontis 1113, 1185 – preopticus 1129

– principalis nervi trigemini 986, 1108, 1204 – proprius 1100, 1200 – pulposus 258 – raphes magnus 1214, 1258 – ruber 1114, 1189 – salivatorius – – inferior 996, 1107, 1243 – – superior 991, 1021, 1107, 1243 – septales 1245 – spinalis – – nervi – – – accessorii 1001 – – – trigemini 986, 996, 998, 1108, 1213, 1204 – subthalamicus 1132, 1144, 1186, 1289 – suprachiasmaticus 1129, 1228 – supraopticus 1129, 1250 – terminationis 1106, 1108 – thoracicus posterior 1201 – tractus solitarii 1108, 1205, 1243 – – Pars inferior 996, 998 – – Pars superior 991, 996, 998 – ventralis – – anterior 1127 – – lateralis 1127 – – posterolateralis = VPL 1127, 1210 – – posteromedialis = VPM 1127, 1213 – ventrolaterales 1126 – ventromedialis 1129 – vestibulares 995, 1108 – vestibularis – – inferior 1235 – – lateralis 1233, 1235 – – medialis 1235 – – superior 1235 Nuel-Raum 1086 Nuhn-Drüse (Glandula lingualis anterior) 1012 Nukleoplasma (Karyoplasma) 50 Nykturie 771 Nystagmus – optokinetischer 1238 – postrotatorischer 1234 N-Zellen, Nebennierenmark 792

O O-Bein (Genu varum) 394 Oberarm – Gefäße 463 – Konturen 473 – Muskeln 460, 462 – Nerven 468 – Topografie 473 Oberarmknochen (Humerus) 446 Oberbauchsitus, Entwicklung 666 Obere Extremität (Membrum superius) 34 – Achsen 476 – Entwicklung 515 – Gefäße 463, 505 – Nerven 468, 508 – Topografie 473, 513 Oberer Ösophagussphinkter = OÖS 680 Oberflächendifferenzierung 54 Oberflächen-Ektoderm 111 Oberflächenepithel – einfaches 61 – mehrreihiges 61 Oberhaut (Epidermis) 1267

1317 Oberkiefer (Maxilla) 954 Oberkieferwulst 971 Oberlippe 1004 Oberschenkelknochen (Os femoris) 347 Oberst, Leitungsanästhesie 513 Obex 1112 OBP = Odorant-Bindungsprotein 1045 Obstipation 721 Occludin 57 Oddi-Sphinkter (Musculus sphincter ampullae hepatopancraticae) 743 Ödem 156, 769 – bei Entzündung 70 Odontoblast 1029 Odorant-Bindungsprotein = OBP 1045 Odynophagie 680 Offenes Foramen ovale 625 ÖGD = Ösophagogastroduodenoskopie 680 Ohr 1074 – äußeres 1075 – Entwicklung 1092 – Stellmuskeln 1075 Ohrbläschen 1092 Ohrenschmalz 1077 Ohrgrübchen 1092 Ohrmuschel, Innervation 1076 Ohrmuschel (Auricula) 1075 Ohrplakode 1092 Ohrspeicheldrüse 1018 Ohrspeicheldrüse s. Glandula parotidea 1018 Ohrtrompete s. Tuba auditiva 1082 okklusal 1022 Okklusion 1023 Okklusionsbewegung 1031 Okuläre Dominanzsäule 1223 Okulomotorik 1224 okzipital 41 Olecranon 457 Olfaktorisches System 1238 Oligodendrogliom 93 Oligodendrozyt s. Gliazelle 93 Olive 1112 Ombrédanne-Linie 362 Omentum – majus (großes Netz) 657, 665 – – Entwicklung 668 – minus (kleines Netz) 657, 665 – – Entwicklung 668 Omphalozele 118 Onkozyten 933 Onodi-Zelle 1043 Oogonie 810 OÖS = Oberer Ösophagussphinkter 680 Oozyte (Eizelle) s. Konzeption 103 Operation, radikale 804 Operculum(-a) 1134 Ophthalmoskopie 1067 Opposition 489 Opsin 1067 Opsonierung 171 Optischer Apparat 1049 Optokinetischer Nystagmus 1238 Ora serrata = Z-Linie 695, 1064 Orbiculus ciliaris 1062 Orbita (Augenhöhle) 1049 – Leitungsbahnen 1051 Orbitaachse 1053 Orchidopexie 325 Orchis s. Hoden 827 Orchitis 1019 Organ(e) 528 – lymphatisches 179

1318 Organbindegewebe 528 Organellen (Zellorganellen) 51 Organische Matrix (Knochengrundsubstanz) 76 Organogenese 103 Organsystem 528 Organum(-a) – genitalia – – feminina 794 – – masculina 826 – gustus (Geschmacksorgan) 1012 – vomeronasale 1045 Orgasmusphase – Frau 816 – Mann 847 Orgastische Manschette 816 Orientierungslinien – Arm 476 – Glutealregion 391 Oropharynx s. Pharynx 916 Ortsständige Bindegewebszellen s. Bindegewebszellen 67 Os(-sa) (Knochen) s. Knochen 221 – capitatum (Kopfbein) 480, 490 – carpi 485 – coccygis (Steißbein) 258 – coxae (Hüftbein) 327 – cruris (Unterschenkelknochen) 397 – cuboideum (Würfelbein) 402, 409 – cuneiformia (Würfelbeine) 402, 423 – ethmoidale (Siebbein) 945, 956 – femoris (Oberschenkelknochen) 346 – frontale (Stirnbein) 943 – hamatum 490 – hamatum (Hakenbein) 480 – hyoideum (Zungenbein) 893 – ilium (Darmbein) 328 – ischii (Sitzbein) 328 – lacrimale (Tränenbein) 954 – lunatum (Mondbein) 480, 485 – metacarpi (Mittelhandknochen = Metakarpale(-ia) 482, 513 – – I 489 – – II-V 490 – metatarsi (Mittelfußknochen, Metatarsalia) 402, 421, 423 – nasale (Nasenbein) 954 – naviculare (Kahnbein) 401, 407, 409 – occipitale (Hinterhauptsbein) 264, 944 – palatinum (Gaumenbein) 955 – parietale (Scheitelbein) 944 – pedis (Fußknochen) 399 – pisiforme (Erbsenbein) 480 – pubis (Schambein) 328 – sacrum (Kreuzbein) 257 – scaphoideum (Kahnbein) 480, 485, 488 – – Druckschmerz 489 – sesamoidea (Sesambeine) 482 – – Fuß 402 – sphenoidale (Keilbein) 945 – temporale (Schläfenbein) 943 – trapezium (großes Vielecksbein) 480, 489 – trapezoideum (kleines Vielecksbein) 480, 490 – triquetrum (Dreiecksbein) 480, 485 – zygomaticum (Jochbein) 954

Sachverzeichnis OSG = oberes Sprunggelenk (Articulatio talocruralis) s. Sprunggelenke 404 Ösophagitis 683 Ösophagogastroduodenoskopie = ÖGD 680 Ösophagogramm 619 Ösophagokardiofundale Übergangszone 682 Ösophagotrachealfistel 691 Ösophagus (Speiseröhre) 679, 681 – Blutgefäße 687 – Engstellen 680 – Entwicklung 691 – Gefäße 686 – Krümmungen 680 – Lymphabfluss 688 – Nerven 688 – Topografie 640 – Wandbau 677, 683 Ösophagusatresie 691 Ösophagus-Breischluck 582 Ösophagus-EKG = transösophageale Elektrokardiografie 582 Ösophagusengen 681 Ösophagusmund 680 Ösophagusmuskulatur 685 Ösophagusperistaltik 690 Ösophagusschleimhaut 683 Ösophagussphinkter – oberer (OÖS) 680 – unterer (UÖS) 682 Ösophagussprache 1261 Ösophagusvarizen 687, 871 Blutung 870 Ossicula auditoria (Gehörknöchelchen) 1080 Ossifikation 78 – enchondrale 80 – perichondrale 80 Ossifikationszentrum – primäres 80 – sekundäres 80 Ossifikationszone 81 Osteoblast 75, 80 Osteofibröse Loge 411 Osteogenese 78 – chondrale 79 – desmale 79 Osteogenesis imperfecta (Glasknochenkrankheit) 68 Osteoklast 75, 80 Osteomalazie 78 Osteomyelitis 398 Osteon (Havers-System) 77 Osteophyten 262 Osteoporose 78 – Wirbelsäule 252 Osteozyten 75 Ostiomeataler Komplex 1042 Ostium(-a) – abdominale tubae uterinae 797 – anatomicum uteri internum (innerer Muttermund) 799 – aortae 585 – atrioventriculare 590 – – dextrum 584, 590 – – sinistrum 585 – cardiacum 693 – ileale (Bauhin-Klappe) 708, 713 – pharyngeum tubae auditivae 916, 1082 – pyloricum 693 – sinus coronarii 583 – trunci pulmonalis 584 – tympanicum tubae 1082 – ureterum 780

– urethrae – – externum 807, 809 – – – Mann 839 – – internum 780 – – – Mann 839 – – – Öffnung 785 – uteri externum (äußerer Muttermund) 799 – uterinum tubae uterinae 797 – vaginae 805, 807 – venae cavae superioris 583 Östrogen 812, 816, 823 – postpartal 821 Östrogenmangelsituation 814 Otitis media 1082 Otokonien 1233 Otolithen 1088 Otosklerose 1089 Otoskopie 1082 Ott-Maß 270 Ovales Fenster s. Fenestra vestibuli 1084 Ovalzellen 741 Ovarium (Eierstock) 795 – Entwicklung 854 Ovula Nabothi 803 Ovulation(Eisprung) 810 Ovulationshemmung 813 Oxycephalus (Spitzschädel ) 967 Oxyphile Zellen 933 Oxytozin 821, 1250

P Pacchioni-Granulationen (Granulationes arachnoidales) 1157 Pachymeninx (harte Hirnhaut) 1149 Pacini-Korpuskel 1197 PAG = Periaquäduktales Grau 1114 Painful arc 454 Paläokortex 1135 Palatoschisis 1008 Palatum s. Gaumen 1005 Palliothalamus 1126 Palma manus (Hohlhand, Handfläche) 513 palmar 41 Palmaraponeurose (Aponeurosis palmaris) 503 Palmarflexion 486 Palpation 35 – Leistenhernie 319 Palpebra (Augenlid) 1054 PALS = periarterioläre Lymphozytenscheide 185 Pancoast-Tumor 570 Paneth-Zelle 704, 716 Pankreas 749 – endokrines – – Feinbau 751 – – Funktion 748 – – Zeltypen 752 – Entwicklung 755 – exokrines – – Feinbau 750 – – Funktion 748 – – Transportprozesse 751 – Gefäße 753 – Nerven 755 – Retroperitonealisierung 668 Pankreaskopf (Caput pancreatis) 749 Pankreaskörper (Corpus pancreatis) 749 Pankreasschwanz (Cauda pancreatis) 749 Pankreatisches Peptid 752 Pankreatitis 749

Panzerherz 614 Papanicolaou-Färbung 803 Papez-Kreis 1244 Papilla(-ae) – duodeni – – major (Vater-Papille) 705, 749 – – minor (Santorini-Papille) 705, 749 – filiformes 1011 – foliatae 1012 – fungiformes 1012 – mammaria 1277 – nervi optici 1216 – parotidea 1019 – renales 768 – Santorini s. Papilla duodeni minor 705 – vallatae 1012 – Vateri s. Papilla duodeni major 705 Papillarmuskeln (Musculi papillares) 584 Papillarschicht (Stratum papillare) 1271 Parabasalschicht, Vagina (Stratum parabasale) 806 Parafollikuläre Zellen (C-Zellen) 932 Parakeratinisierung 1012 Parakolpium 663, 801, 805 Parakrinie 63 Parallelfaser 1118 Parallelfasriges Bindegewebe 70 Paramediane pontine Formatio reticularis = PPRF 1225 Parametrium 663, 801 Parapharyngealraum s. Spatium peripharyngeum 912 Paraphimose 836 Paraproktium 662, 722 Parasternallinie (Linea parasternalis) 303 Parasympathikus 216 – Bauchraum 875 – kranialer Anteil 217 – sakraler Anteil 217 – Wirkung 217 Parathormon = PTH 933 Parathyreoprive Tetanie 934 Parathyreopriver Hypoparathyreodismus 1287 Parathyrin (PTH = Parathormon) 933 Paraurethraldrüsen 809 Paravertebrale Ganglien 874 Paravertebrallinie (Linea paravertebralis) 303 Paraxiales Mesoderm s. Mesoderm 113 Parazervix 663, 801 Parazystium 662 Parenchym 528 Parenchymatöse Organe 528 Parese 264, 1191 Parierfraktur 479 Paries – caroticus 1079 – externus 1086 – jugularis 1079 – labyrinthicus 1079 – mastoideus 1079 – membranaceus 543, 1079 – tegmentalis 1079 – vestibularis 1086 Parietaler Assoziationskortex 1182 Parietalzellen = Belegzellen 697 Parietokolischer Spalt 654 Parkinson-Erkrankung 1188 Parodontium 1025

Sachverzeichnis Parodontose 1025 Paroophoron 857 Parotis s. Glandula parotidea 1018 Parotistumor 1019 Parotitis epidemica 1019 Pars(-tes) – abdominalis, Ureter 777 – affixa, Penis 835 – ascendens 771 – – aortae = Aorta ascendens 627, 629 – – duodeni 705 – – Tubulus, intermediärer 771 – caeca retinae 1064 – cardiaca (Kardia, Mageneingang) 693 – caudalis s. Nucleus spinalis nervi trigemini 1108 – cavernosa, Urethra feminina 809 – cervicalis 543 – – tracheae 930 – ciliaris retinae 1064 – compacta 1115 – compacta s. Substantia nigra 1115 – convoluta – – distalis 771 – – proximalis 771 – costalis – – pleurae parietalis 562 – – Zwerchfell 297 – descendens 771 – – aortae = Aorta descendens 627, 631 – – duodeni 705, 707 – – Tubulus, intermediärer 771 – diaphragmatica, Pleurae parietalis 562 – flaccida 1078 – horizontalis duodeni 705, 707 – infraclavicularis s. Plexus brachialis 469 – infrapiriformis, durchtretende Leitungsbahnen 885 – intercartilaginea 924 – intercartilaginea s. Stimmritze 924 – intermembranacea 924 – intermembranacea (Stimmritze) 924 – interpolaris s. Nucleus spinalis nervi trigemini 1108 – intramuralis 839 – – Urethra feminina 809 – – Urethra masculina 839 – iridica retinae 1064 – laryngea pharyngis = Laryngopharynx = Hypopharynx s. Pharynx 917 – lumbalis, Zwerchfell 297 – mediastinalis, Pleurae parietalis 562 – membranacea (Urethra masculina) 839 – – septi interventricularis 586 – muscularis septi interventricularis 586 – nasalis pharyngis = Nasopharynx = Epipharynx s. Pharynx 916 – optica retinae 1061, 1064 – oralis pharyngis = Oropharynx = Mesopharynx s. Pharynx 916 – pelvica, Ureter 777 – pendulans, Penis 835 – petrosa s. Felsenbein 943

– prostatica (Urethra masculina) 838 – pylorica 693 – recta – – distalis 771 – – proximalis 771 – reticularis 1115 – reticularis s. Substantia nigra 1115 – spongiosa (Urethra masculina) 839 – sternalis, Zwerchfell 297 – superior duodeni 705, 707 – supraclavicularis s. Plexus brachialis 468 – suprapiriformis, durchtretende Leitungsbahnen 885 – tensa 1078 – thoracica 543 – – aortae = Aorta thoracica (Brustaorta) 627, 631 – – tracheae 930 – tympanica 944 – uterina tubae uterinae 797 Parvozelluläre Ganglienzelle 1220 Parvozelluläres neuroendokrines System 1130 PAS = Periodic Acid Schiff 101 Passavant-Wulst 917, 920 Patella (Kniescheibe) 238, 364, 391 – tanzende 375 Patellaöffnungswinkel 364 Patellarsehnenreflex = PSR 198, 377 Paukenhöhle (Cavitas tympani) 1078 – Etagen 1078 – primitive 1092 – Wände 1078 p. c. = post conceptionem 102 PC-Rezeptor 1197 PD-Rezeptor 1197 PDA = Periduralanästhesie 1150 Pecten – analis 721 – ossis pubis 328 Pediculus(-i) arcus vertebrae (Bogenwurzel) 251 Pedunculus(-i) – cerebellares (Kleinhirnstiele) 1120 – cerebri (Hirnstiel) 1114 – corporis mamillaris 1132 Peitschenhiebverletzung 267 Pelvis (Becken) 326 – renalis (Nierenbecken) 763, 776 Pelviskopie (Beckenspiegelung) 797 Pelvitrochantere Muskeln 357 Pendelbewegungen 705 Pendelhoden 325 Penis (Glied) 835 – Entwicklung 858 – Faszien 837 Perfusion, Lunge 568 Perfusionsfixierung 99 Perfusionsstörung 569 Perfusionsszintigrafie 575 Periaquäduktales Grau = PAG 1114 Pericardium – fibrosum 614 – serosum 595, 614 – – Lamina parietalis 524 – – Lamina visceralis = Epicardium 524 Perichondrale Ossifikation 80 Perichondrium (Knorpelhaut) 72

Periduralanästhesie = PDA 1150 Periduralkatheter 1150 Periduralraum 1150 Perikard s. Pericardium 613 Perikarderguss 614 Perikardhöhle (Cavitas pericardiaca) 522, 613 – Entwicklung 116 Perikarditis 614 Perikardpunktion (Herzbeutelpunktion) 564, 614 Perikaryon s. Neuron 91 Perilymphatischer Raum 1083 Perilymphe 1084, 1085, 1230 Perimetrium 804 Perimysium 86 Perimysium s. Muskulatur, Skelettmuskulatur 86 Perineum (Damm) 340 Perineuralzelle 95 Perineurium s. Nerv, peripherer 95 Periodontium 1025 Perioliväres Feld 1231 Periorbita 1051 Periorchium 827 Periost 75, 221 Periphere Fazialisparese 1185 Periphere Lähmung s. Lähmung 1191 Periphere Zone, Prostata 834 Peripherer Nerv 95 Peripheres Nervensystem = PNS 206 Periportales Feld 739 Peritonealdialyse 527, 1286 Peritonealduplikatur 652 Peritonealflüssigkeit 651 Peritonealhöhle (Cavitas peritonealis) 521, 648 – Entwicklung 115 Peritonealverhältnisse – Becken 659 – Entwicklung 664, 666 Peritoneum (Bauchfell) 651 – Innervation 651 – parietale 524, 651, 780 – urogenitale 658 – viscerale 524, 651 Peritonitis 308, 651 Peritubuläre Zellen 846 – Hoden 845 Periurethralzone, Prostata 834 Perizyt 155 Perkussion 35 – Lunge 572 Perkutane transluminale coronare Angioplastie = PTCA 605 Perlecan 69 Permeabilitätsbarriere, epidermale 1269 Peroneusgruppe (Fibularisgruppe) 416 Peroxidase 51 Peroxysom 51 Persistierendes Foramen ovale 625 Perthes, Morbus 360 Perzentilenkurve 43 Pes s. Fuß 396 – anserinus – – profundus 377 – – superficialis 377 – equinovarus (Klumpfuß) 425 – hippocampi 1246 – planus (Platt-, Senkfuß) 422, 425 – transversoplanus (Spreizfuß) 422, 425 – valgus (Knickfuß) 425

1319 PET = Positronenemissionstomografie 129, 1178 Petechien 170 Petiolus 921 Peyer-Plaques 191, 709 Pfannenband (Ligamentum calcaneonaviculare plantare) 407, 409, 423 Pfanneneingangsebene 346 Pfannenerker 346 Pfeilachse (Sagittalachse) 38 Pfeilerzellen 1087, 1229 Pfeilnaht (Sutura sagittalis) 947 Pflugscharbein (Vomer) 954 Pfortader s. Vena portae hepatis 869 Pfortaderhochdruck 1286 Pfortadersystem 147 – Hypophyse 1251 Phagosom 171 Phagozytose – Granulozyt, neutrophiler 171 – MPS = Mononukleäres Phagozytensystem 174 Phalangenzellen 1087, 1229 Phalanx(-ges) – Knochenkerne 515 – manus 482 – pedis 403 Phäochromozytom 792 Pharyngealbogen s. Schlundbogen 968 Pharynx (Schlund) 914, 916 – Gefäße 919 – Gliederung 915 – Muskulatur 917 – Nerven 919 Pheromone 1045 Philippe-Gombault-Triangel 1101 Philtrum 959, 1004 Phimose 836 Phonation 1261 Phonationsstellung (Stimmritze) 924 Phospholipase A 748 Photopisches Sehen 1066 Photorezeptor 1065 Photorezeptorzellen 1216 Phototransduktion 1067, 1218 Physiologischer Nabelbruch 670 Pia mater 1149 Pigmentepithel – Iris 1060 – Retina 1061, 1065 PIH 1252 Pille (hormonale Kontrazeptiva) 813 Pinselarteriole 186 PIP-Gelenke = proximale Interphalangeal- = Fingermittelgelenke s. Articulationes interphalangeae 492 Pituizyten 1250 Pit-Zelle 740 Plagiocephalus (Schiefschädel) 967 Plakode 111 Planta pedis (Fußsohle), Leitungsbahnen 431 plantar 41 Planum temporale 1232 Plaque, Atherosklerose 154 Plaque-Proteine 57 Plasma 165 Plasmalemm s. Zellmembran 53 Plasmamembran s. Zellmembran 53 Plasmaproteine 734 Plasmazelle 177, 182 Plasminogen-Aktivator 846

1320 Plasminogen-Inhibitor 846 Plasmozytom (multiples Myelom) 177 Plastizität, biologische, Knochen 78 Plateauphase – Frau 816 – Mann 847 Plattenepithelkarzinom 1269 – Hypopharynx 917 – Larynx 925 Plattfuß (Pes planus) 422, 425 Platysma 894 Plazenta (Mutterkuchen) 119, 817 – Basalplatte 121 – Chorionplatte 121 – Kotyledonen 121 – Zottenbaum 121 Plazentabett 121 Plazentakreislauf 641 Plazentaschranke 121 Plazentasepten 121 Plegie 1191 Pleura 540, 561 – Bildgebung 574 – Entwicklung 116 – parietalis 524, 561 – – Umschlagfalten 563 – Verletzung 567 – visceralis 524, 562 Pleuraerguss 563 – Sonografie 575 Pleurafreie Dreiecke 563 Pleuragrenzen 570 Pleurahöhle (Cavitas pleuralis) 522, 540, 561 – Entwicklung 115, 116 Pleurakuppel (Cupula pleurae) 562, 570 Pleurapunktion 564 Pleuritis 565 Pleuroperikardialfalten s. Plicae pleuropericardiales 527 Pleuroperitonealfalten s. Plicae pleuroperitoneales 527 Plexus – aorticus 637 – – abdominalis 875 – brachialis 468 – – Läsion 570 – cardiacus 637 – caroticus internus 950 – cervicalis 901 – choroideus 1156, 1170 – coccygeus 342, 386 – coeliacus 875 – dentalis – – inferior 1027 – – superior 1026 – entericus 679 – gastricus – – anterior 701 – – posterior 701 – hepaticus 746 – hypogastricus – – inferior 216, 779, 784, 796, 798, 804, 831, 833, 835, 838, 840, 883 – – superior 216 – intraparotideus 992 – lumbalis 386, 884 – lumbosacralis 385, 877 – mesentericus – – inferior 717, 804, 875 – – superior 717, 796, 875 – myentericus (Auerbach-Plexus) 219, 679 – Nervenplexus s. Nervenplexus 211 – oesophageus 638, 689, 999

Sachverzeichnis ovaricus 796 pampiniformis 829 parotideus 963 pharyngeus 904, 919, 996, 999, 1083 – profundus 1273 – pterygoideus 976, 1007, 1026, 1035, 1046, 1083 – pulmonalis 545, 561, 638 – rectales 727 – renalis 793, 796, 798, 829 – sacralis 386, 807, 884 – solaris 216, 219 – submucosus (Meissner-Plexus) 219, 679 – superficialis 1273 – suprarenalis 793 – Sympathikus und Parasympathikus 217 – testicularis 829 – thyroideus impar 544 – tympanicus 996, 1078, 1083 – uterovaginalis = Frankenhäuser-Ganglion 216, 796, 804, 807 – vegetative, Extraperitonealraum 873 – venosi – – Beckenraum 881 – – vertebrales 278 – venosus – – canalis nervi hypoglossi 950 – – foraminis ovalis 949 – – pharyngeus 191, 919 – – prostaticus 831, 833, 835, 837, 840, 881 – – rectalis 726, 881 – – sacralis 881 – – thyroideus impar 934 – – uterinus 798, 804, 806, 881 – – vaginalis 806, 881 – – vertebralis – – – externus 278, 1169 – – – internus 278, 1168 – – vesicalis 783, 809, 831, 833, 835, 837, 840, 881 – – vesicoprostaticus 783 Plica(-ae) – alares (Corpus adiposum infrapatellare) 376 – aryepiglottica 917, 921, 923 – cardiaca 693 – ciliares 1062 – circulares (Kerckring-Falten) 704, 709 – fimbriata 1009 – gastricae 695 – glossoepiglotticae 916 – interureterica 780 – lacrimalis 1058 – longitudinalis duodeni 705, 743 – mallearis superior 1081 – nervi laryngei superioris 917 – palmatae 802 – pleuropericadiales (Pleuroperikardialfalte) 527 – pleuroperitoneales (Pleuroperitonealfalten) 115, 527 – rectouterina 802 – rectovesicalis 780 – salpingopharyngea – salpingopharyngea (Seitenstrang) 190, 916 – semilunares 715 – sublingualis 1016, 1021 – synovialis infrapatellaris 376 – transversa, vesicae 780 – transversae, recti 719 – tubariae 798 – umbilicalis lateralis 317 – – – –

umbilicalis medialis 151, 317 umbilicalis mediana 317 vestibulares 923 vestibulares (Taschenfalten) 924 – vocales 923 – vocales (Stimmfalten) 924 Pluripotente Stammzellen 70 Plurivakuolärer Adipozyt 72 p. m. = post menstruationem 102 Pneumatisation – Nasennebenhöhlen 1048 – Processus mastoideus 1082 Pneumonie (Lungenentzündung) 551 Pneumothorax 286, 567 – Mediastinalflattern 536 Pneumozyten 557 PNS = Peripheres Nervensystem 206 Podogramm (Fußabdruck) 422 Podozyten 770 Polare Organisation, Epithelzellen 54 Polkissen 772 Pollakisurie 783 Pollex (Daumen) 482 Polyarthritis 492 Polydipsie 200 Polyhydramnion 691 Polymerisierung, Zytoskelett 51 Polymodaler Nozizeptor 1208 Polyribosomen 50 Polysynaptischer Flexorreflex 199 Polytrauma, Bildgebung 135 Polyurie 200, 771 Pons 1103, 1112 – Arterien 1159 Pontozerebellum 1123 Popliteapuls 393 Porta(-ae) – arteriosa 579, 623 – hepatis (Leberpforte) 736, 738 – venosa 579 Portalkreislauf 869 Portalvenenläppchen = Periportal- oder Portalläppchen 739 Portio – supravaginalis uteri 799 – vaginalis uteri 799 Portokavale Anastomosen 322, 870 Porus – acusticus – – externus 1076 – – internus 950, 992, 995 – gustatorius 1013 – septi (Kohn-Poren) 558 Positio, Uterus 800 Positive Rheotaxis 798 Positronenemissionstomografie = PET 129, 1178 post conceptionem = p. c. 102 post menstruationem = p. m. 102 Postduktale Aortenisthmusstenose 630 posterior, -us 41 Posthepatischer Ikterus s. Ikterus 744 Postikus (M. cricoarytenoideus posterior) 926 Postklimakterium 824 Postmenopause 824 Potenzial – postsynaptisches 196 – Rezeptorpotenzial 213 – – – –

PPRF = paramediane pontine Formatio reticularis 1225 PP-Zellen, Pankreas 752 Präadipozyt 71 Prächordalplatte 109 Prädentin 1029 Prädeziduazellen 813 Präduktale Aortenisthmusstenose 630 Präexzitationssyndrome 598 Präfrontaler Kortex 1139, 1244 Prähepatischer Ikterus s. Ikterus 744 Präkornealer Flüssigkeitsfilm 1056 Prälakunäre Periode s. Plazenta 120 Prämenopause 824 Prämolar 1021 Prämotorischer Kortex 1140 Prämotorisches Areal s. Kortexareale 1182 Pränataldiagnostik 124 Präparierkurs 48 Prävertebrale Ganglien 874 Prävertebrale Muskeln 896 Preputium – clitoridis 808 – penis (Vorhaut) 836 Presbyopie 1069 Pressorezeptoren (Barorezeptoren) 160, 631 Prestin 1229 P-Rezeptor (Proportionalitätsrezeptor) 1196 Primärbündel 86 Primäre Keimstränge 853 Primäre Markhöhle 80 Primäre Muskelspindelafferenz 1197 Primäre Oozyte 810 Primäre Riechrinde 1240 Primäre Sinneszelle 1194 Primäre Spermatozyte 843 Primärer auditorischer Kortex 1141, 1232 Primärer Hyperparathyroidismus 934 Primärer Knochen (Geflechtknochen) 76 Primärer Knochenkern (Ossifikationszentrum, primäres) 80 Primärer motorischer Kortex 1140, 1182 Primärer somatosensorischer Kortex 1140 Primärer visueller Kortex 1141, 1222 Primäres Geschlechtsmerkmal 47 Primäres Hörzentrum 1141 Primäres Ossifikationszentrum 80 Primärfollikel 810 Primärharn 763, 769 – Konzentration 770 – Rückresorption 771 Primärspeichel 1019 Primärzotten s. Plazenta 120 Primitivknoten 109 Primitivrinne 109 Primitivstreifen 109 Primordialfollikel 810 Proatlas 283 Processus – accessorius 256 – arcus vertebrae (Wirbelbogenfortsatz) 251 – articularis (Gelenkfortsatz) 251 – – superior, Kreuzbein 258

Sachverzeichnis – ciliares 1062 – clinoideus – – anterior 945 – – medii 945 – – posterior 945 – condylaris 955 – coracoideus 440 – coronoideus 457, 955 – costalis 256 – mammillaris 256 – mastoideus (Warzenfortsatz) 943, 965 – – Pneumatisierung 1082 – muscularis 922 – palatinus, Maxillae 1040 – pterygoideus 945 – spinosus (Dornfortsatz) 251 – styloideus (Griffelfortsatz) 943 – – radii 479, 513 – – ulnae 479, 513 – transversus (Querfortsatz) 251 – – Atlas 264 – uncinatus (Hakenfortsatz) 253, 956, 1041 – vaginalis peritonei 324 – vocalis 922 – xiphoideus (Schwertfortsatz) 289 – zygomaticus – – ossis frontalis 943 – – ossis temporalis 943 Proctodeum 728 profundus, -a, -um 41 Progenitorzelle, Knochen 75 Progesteron 811, 816 – postpartal 821 Projektionsfasern 1146 Projektionsneuron 92 Projizierter Schmerz 1208 Prokollagen 67 Proktodealdrüsen (Glandulae anales) 720 Prolaktin 821, 1252 Prolaktostatin 1252 Prolaps, Uterus 337 Proliferationsknoten (Synzytialknoten) 122 Proliferationsphase 813 Proliferationszone 81 Prominentia laryngea 906, 921 Promontorium 257 Pronatio dolorosa 459 Pronation 409, 460 – Fuß 409 – Hand 487 Pronephros (Vorniere) 850 Propfkern (Nucleus emboliformis) 1119 Prophase 810 Proportional-Differenzial-Rezeptor 1197 Proportionalitätsrezeptor 1196 Proportionen 45 Propriospinale Bahnen 1101 Propriozeption 1196 – bewusste 1196 – – Ausfall 1199 – – Rezeptoren 1197 – Kopf 1205 – unbewusste 1201 – – Ausfall 1202 – – Rezeptor(en) 1198 Prosenzephalon 1103 Prosenzephalonbläschen 1173 Prosopagnosie 1224 Prospermatogonien 853 Prostaglandinsynthese-Hemmung 1208

Prostata (Vorsteherdrüse) 833 – Tastbefund 663 – Zonen 834 Prostatahyperplasie 834 Prostatakarzinom 834 Prostataspezifisches Antigen (PSA) 834 Prostatasteine 835 Proteinsynthese 734 Proteoglykane 69 Protopathische Sensibilität 1195 Protrusion 1031, 1033 Protuberantia(-ae) – mentalis 965 – occipitalis – – externa 944, 965 – – interna 944 proximal 41 Proximale Interphalangealgelenke = PIP- = Fingermittelgelenke (Articulationes interphalangeae proximales) 492 Proximaler Tubulus 771 Proximales Handgelenk (Articulatio radiocarpalis) s. Handgelenk 485 PSA = Prostataspezifisches Antigen 834 Pseudoarthrose 77, 334 Pseudolobus venae azygos 551 Pseudometamerie 308 Psoasarkade, Zwerchfell s. Lig. arcuatum mediale 298 Psoriasis 1268 PSR = Patellarsehnenreflex 198 Psychomotorischer Anfall 1246 PTCA = perkutane transluminale coronare Angioplastie 605 PTH = Parathormon 933 Ptosis 84, 216 Pubarche 824 Pubertät, weibliches Genitale 823 Pudendum 807 Pudendusblock 390 Puerperium (Wochenbett) 820 Pulmo (Lunge) s. Lunge 547 Pulmonal arterielle Hypertonie 1282 Pulmonal(klappen)stenose 619 Pulmonalarterien s. Arteriae pulmonales 631 Pulmonales (= peribronchiales) Lymphsystem 560 Pulmonalklappe s. Valva trunci pulmonalis 592 Pulpa 1024 – dentis 1024 – rote 185 – weiße 185 Puls – A. brachialis 465 – A. femoralis 315, 380 – A. poplitea 393 – A. radialis 506 – A. ulnaris 506 – bei Aotenisthmusstenose 629 Pulsamplitude, hohe 593 Pulsionsdivertikel 686 Pulvinar 1126 Punctum – fixum 241 – lacrimale 1057 – maximum 617 – mobile 241 – nervosum 901 Punktion – arterielle 380 – Ellenbogengelenk 458 – Harnblase 781 – suprapubische 781

Pupille 1062 Pupillenreflex 1226 Purkinje-Fasern (Rami subendocardiales) 599 Purkinje-Zellen, Kleinhirnrinde 1119 Pus (Eiter) 172 Putamen 1143, 1186 Pyelitis 778 Pyelonephritis 778 Pyknischer Typ 46 Pylorus (Magenpförtner) 693, 702 Pylorusdrüsen (Glandulae pyloricae) 697 Pyramide 1112 Pyramidenbahn (Tractus pyramidalis) 1183 – Läsion 1190 – Somatotopie in der Capsula interna 1147 Pyramidenbahn Pyramidenbahnzeichen 1184 Pyramidenkreuzung s. Decussatio pyramidum 1104 Pyramidenzelle, Großhirnrinde 1135 Pyramides renales 768

Q Quadranten-Anopsie 1222 Quadratusarkade, Zwerchfell s. Lig. arcuatum laterale 298 Quadrizepssehne 391 Querachse (Transversalachse) 38 Querfortsatz (Processus transversus) 251 Querfraktur 226 Quergestreifte Muskulatur 82, 83 Quergewölbe, Fuß – Aufbau 423 – Bandsicherung 424 – Verlust 422 Querschnittlähmung 251 – hohe 267 Querstreifung – Kollagen 67 – Muskulatur 82 Querwölbung, Fuß 402 Quetelet-Index 43 Quotient, kardiothorakaler = Herz-Thorax-Index 619

R RAAS = Renin-Angiotensin-Aldosteron-System 772 Rachenmandel (Tonsilla pharyngealis) s. Tonsillen 190 Rachenmembran (Buccopharyngealmembran) 109 Rachenring, lymphatischer = Waldeyer 190, 914 Rachischisis 284 Rachitis 78 Radgelenk 455 radial 41 Radialabduktion 487 Radialgliazelle 1171 Radialisgruppe 496 Radiärzone, Knorpel 74 Radiatio(-nes) optica (Sehstrahlung) 1222 Radii medullares (Markstrahlen) 768 Radikaloperation 804 Radikuläre Symptomatik 264

1321 Radiologischer Gelenkspalt 131 Radioulnargelenk – distales (Articulatio radioulnaris distalis) 479 – proximales (Articulatio radioulnaris proximalis) 455, 459 Radius (Speiche) 479 Radiusfraktur in loco typico = Colles-Fraktur 479 Radiusperiostreflex 497 Radix(-ces) 524 – anterior/motoria (Vorderwurzel) 204 – cranialis nervi accessorii 1001 – dentis 1022 – linguae 1009 – mesenterii (Mesenterialwurzel) 652, 709 – motoria, nervi trigemini 986 – nasi 1039 – penis 835 – posterior/sensoria (Hinterwurzel) 204, 213 – pulmonis (Lungenwurzel) 548 – sensoria nervi trigemini 986 – spinalis nervi accessorii 950, 1001 Ramus(-i) – acetabulares 349 – acromialis 463 – ad ganglion ciliare 983 – ad pontem 1159 – alveolaris superior medius 1027 – anterior, Spinalnerv 206, 279 – atrialis(-es) 602 – – anastomoticus (Kugel-Arterie) 601 – – anterior 601 – – intermedius sinister = RAS 601 – atrioventriculares 601 – auricularis, Nervus vagus 951, 998, 1075, 1077 – bronchiales 545, 999 – – Aortae 631 – – N. vagus 561 – buccales 963, 992 – calcanei 432 – capsulares 773 – cardiaci – – cervicales 999 – – Nervus vagus 638 – – thoracici 999 – carpalis dorsalis – – arteriae radialis 506 – – arteriae ulnaris 506 – circumflexus = RCX 601 – colli 992 – communicans s. Spinalnerv 207 – – albus 214, 637 – – cum ganglio ciliari 987 – – cum nervo zygomatico 987 – – griseus 214, 637 – coni arteriosi 602 – cricothyroideus 897 – cutaneus(-i) – – anterior(-es) – – – N. femoralis 388 – – – pectorales, Interkostalnerven 302 – – laterales 471 – – – Interkostalnerven 302 – – lateralis, N. iliohypogastricus 388 – – N. obturatorius 388 – deltoideus 465 – dentales 1026 – – inferiores 1027

1322 – descendens, A. circumflexa femoris lateralis 382 – digastricus 992 – dorsalis(es) – – linguae 1013 – – N. ulnaris 510 – duodenales 707 – externus – – N. accessorius 1001 – – N. laryngeus superior 928 – femoralis, N. genitofemoralis 314, 322, 388 – frontalis, A. temporalis superficialis 974 – ganglionares, N. maxillaris 987 – genitalis, N. genitofemoralis 322, 342, 809 – inferior – – N. oculomotorius 983 – – Os pubis 328 – infrahyoideus 897 – infrapatellaris, N. saphenus 388 – intercostales anteriores 299 – interganglionares 637, 874 – internus – – N. accessorius 1001 – – N. laryngeus superior 928 – interventricularis(-es) 602 – – anterior = RIVA 601 – – septalis 598 – labiales – – anteriores 808 – – posteriores 808 – laryngopharyngeales 904 – lateralis, Spinalnerv 279 – linguales 996 – mammarii – – laterales 300 – – mediales 300 – mandibulae 955 – marginalis – – dexter 602 – – mandibulae 963, 992 – – sinister 601 – medialis, Spinalnerv 279 – mediastinales (aortae) 631 – meningeus s. Spinalnerv 207, 949 – – anterior 1164 – – arteriae occipitalis 974 – – arteriae vertebralis 950 – – nervi ethmoidalis post. 987 – – nervi mandibularis 988 – – nervi vagi 998 – – recurrens/tentorius, nervi ophthalmici 986 – mentalis 956, 1026 – – arteriae maxillaris 974 – musculi, stylopharyngei 904, 996 – mylohyoideus, arteriae maxillaris 974 – nasales posteriores – – inferiores 956, 1047 – – mediales 1047 – – superiores 956, 1036 – – superiores laterales 1047 – nasalis externus 1046 – nodi – – atrioventricularis 597, 602 – – sinuatrialis 597, 602 – oesophageales 866 – oesophagei – – aortae 631 – – nervi vagi 904 – ossis ischii 328 – ovaricus 796 – palmaris – – (n. medianus) 509, 512 – – (n. ulnaris) 510, 512

Sachverzeichnis – – profundus 506 – – superficialis 506 – palpebrales 1056 – pancreatici 753, 866 – pectorales 463 – perforantes, Intercostalarterien 299 – pericardiaci 615 – – (aortae) 631 – – nervi phrenici 639 – peridentales 1026 – pharyngeales 191 – pharyngei 919 – – nervi glossopharyngei 904 – – nervi vagi 904 – phrenicoabdominales 876 – plantaris profundus 427 – posterior Spinalnerv 279 – – dorsalis 206 – – segmentale Rumpfwandarterien 277 – – ventriculi sinistri 601 – posterolateralis, – – dexter 602 – – sinister = RPLS s. Ramus posterior ventriculi sinistri 601 – profundus – – art. transv. cerv. = A. dorsalis scapulae 278 – – nervi radialis 508 – – n. ulnaris 511 – prostatici 835, 840 – pterygoidei arteriae maxillaris 974 – pulmobronchiales 559 – pulmonales 637 – – (tr. symp.) 561 – pylorici 701 – scrotales 841 – sinus carotici 904, 996 – spinales 1163, 1165 – spinales – – A. sacralis lat. 278 – – A. vertebralis 278 – – segmentale Rumpfwandarterien 277 – splenici 188 – sternales, A. thoracica int. 299 – sternocleidomastoideus 897, 902 – stylohyoideus 992 – subendocardiales (PurkinjeFasern) 599 – subscapulares 463 – superficialis – – art. transv. cerv. = A. cervicalis superficialis 278 – – nervi radialis 508, 512 – – n. ulnaris 511, 513 – superior – – nervi oculomotorii 983 – – Os pubis 328 – temporales 963, 992 – thymici 181 – tonsillae palatinae 976 – tonsillaris(es) 191, 996 – tracheales – – (arteriae thyroidea inf.) 544 – – (nervi laryngeus recurrens) 544 – – (nervi vagus) 544, 904 – trapezius 902 – tubarius 798, 996 – tympanicus, nervi glossopharyngeus 951 – ureterici 773, 779 – vaginales 806 – ventricularis dexter 602 – zygomatici 963 – zygomaticofacialis 1050 – zygomaticotemporalis 1050

Randbogen, vorderer 107 Randsinus (Marginalsinus) 184 Ranvier-Knoten 94 Ranvier-Schnürring 94, 196 Raphe – pterygomandibularis 912, 1004, 1030, 1038 – scroti 841 Raphekerne 1257 RA-Rezeptor 1197 Rascetta 514 Rathke-Tasche 1175 Raucherbein 396 Raues Endoplasmatisches Retikulum = rER 51 Rautengrube (Fossa rhomboidea) 1104 Rautenhirn (Rhombenzephalon) 1103 Rautenhirnbläschen 1173 RCX = Ramus circumflexus 601 Receptaculum seminis 816 Recessus – axillaris 447 – bursae omentalis 655 – costodiaphragmaticus 563 – costomediastinalis 563 – der Peritonalhöhle 653 – duodenalis 654 – – inferior 705 – – superior 705 – hepatorenalis 654 – ileocaecales 654 – intersigmoideus 654 – membranae tympani superior 1078 – pharyngeus 916 – piriformis 917 – pleurales 563 – sacciformis 458, 479 – sphenoethmoidalis 1041 – subhepaticus 654 – subphrenici 654 – subpopliteus 378 – suprapatellaris = Bursa suprapatellaris 375 – tubotympanicus 1092 – vertebromediastinalis 563 Rechtsherzkatheterunter 621 Rechts-Links-Asymmetrie 110 Rechtsverbreiterung, Herz 619 Recklinghausen, Morbus 93 Rectum – fixum 722 – mobile 722 Reduktion 489 Reflektorische Steuerung, Willkürbewegungen 1189 Reflex 198 – Abschwächung 198 – autonomes Nervensystem 220 – bisynaptischer 198 – Dehnungsreflex, monosynaptisch 198 – Eigenreflex 198 – Flexorreflex, polysynaptisch 199 – Fremdreflex 199 – monosynaptischer 198 – polysynaptischer 198 – Seitenvergleich 198 – Steigerung 198 Reflexbogen 198 Reflux 683 – vesicoureteraler 784 Regelblutung s. Menstruation 824 Regenbogenhaut (Iris) 1060, 1062 Regeneration, Epithelgewebe 61

Regio(-nes) – analis 338 – antebrachii – – anterior 513 – – posterior 513 – axillaris 473 – brachialis – – anterior 473 – – posterior 473 – buccalis 964 – calcanea 433 – carpalis – – anterior 513 – – posterior 513 – cervicalis – – anterior 907, 909 – – lateralis 473, 909 – – posterior 911 – cruralis – – anterior 433 – – posterior 433 – cubitalis anterior 473 – cutanea, Nasenhöhle 1043 – deltoidea 473 – dorsalis pedis 433 – entorhinalis 1248 – femoris – – anterior 389 – – posterior 389 – frontalis 964 – genus – – anterior 390 – – posterior 390 – glutealis 389 – infraorbitalis 964 – infrascapularis 280 – interscapularis 280 – lumbalis 280 – malleolaris 433 – mentalis 964 – nasalis 964 – nuchalis 280 – occipitalis 964 – olfactoria 1045, 1238 – orbitalis 964 – parietalis 964 – parotideomasseterica 964 – pectoralis 473 – perinealis (Dammregion) 338 – plantaris pedis 433 – poplitea 389 – respiratoria, Nasenhöhle 1044 – sacralis 280 – scapularis 280, 473 – sternocleidomastoidea 909 – suprascapularis 280, 473 – surae 433 – temporalis 964 – urogenitalis 338 – vertebralis 280 – zygomatica 964 Regionen 35 – Bauchwand 323 – untere Extremität 390 Regulierte Sekretion 64 Regurgitation 918 Reichert-Knorpel 969 Reifeteilung, Oozyte 810 Reihenknorpel 81 Reihigkeit, Oberflächenepithel 60 Reissner-Membran 1084 Reitende Aorta 624 Reiz 195 – adäquater 213 – inadäquater 213 Reizleitungssystem 595 Rektale Untersuchung, Prostata 663 Rektoskopie 712

1323

Sachverzeichnis Rektum 719 – Arterien 725 – Gefäße 724 – Lymphabfluss 726 – Nerven 727 – Wandbau 722 Rektusdiastase 314 Rektusscheide (Vagina musculi recti abdominis) 313 Rekurrens s. N. laryngeus recurrens 928 Rekurrensparese 928, 935, 1287 Relaxation, MRT 136 Relaxin 332 Ren s. Niere 763 Renculus (Lobus renalis, Nierenlappen) 768 Renin 772, 774 Renin-Angiotensin-AldosteronSystem = RAAS 772 Renovaskuläre Hypertonie 774 Renshaw-Zelle 1191 Replikation 50 rER = raues Endoplasmatisches Retikulum 51 Resorptionszone 81 Respiration (Lungenatmung) s. Atmung, innere 566 Respirationsepithel, Larynx 925 Respiratory burst s. Granulozyt, neutrophiler 171 Restharnmenge 785 Restricta 514 Rete – acromiale 463 – arteriosum ovarii 796 – articulare – – cubiti 465, 505 – – genus 381, 383, 427 – calcaneum 427 – carpale dorsale 507 – malleolare – – laterale 427 – – mediale 427 – testis 828 – venosum dorsale manus 466, 507 Retentionszyste 803 Retikuläre Fasern 68 Retikuläres Bindegewebe 70 Retikulozyt 169 Retikulozytenzählung 169 Retina 1061, 1064 – Bipolarzelle 1219 – Ganglienzelle 1219 – Neurone 1216 – Signaltransfer 1067 Retinaculum(-a) (Halteband) 234, 238 – cutis 1272 – Fuß 414 – musculorum – – extensorum 415, 487, 503 – – fibularium 415 – – flexorum 480, 487, 503 – patellae – – laterale 371 – – mediale 370 Retino-genikulo-kortikales System 1225 Retino-hypothalamo-pineales System 1225, 1228 Retino-prätektales System 1225 Retinotektales System 1225 Retinotopie 1220, 1222 Retroflexio uteri 801 Retrokardialraum = HolzknechtRaum, Einengung 619 retroperitoneal 652 – primär 652 – sekundär 652

Retroperitonealraum s. Spatium retroperitoneale 648 Retroplazentares Hämatom 819 Retrosternalraum, Einengung 618 Retrotorsion, Humeruskopf 446 Retroversio uteri 801 Retroversion 42 Retrusion 1031 Retzius-Raum s. Spatium retropubicum 780 Rexed-Laminierung 1100 Rezeptives Feld, retinale Ganglienzelle 1219 Rezeptor(en) 212 – Haut 1196 – Muskel s. Muskelspindel 1197 – Propriozeption 1197 – Sehne s. Golgi-Organe 1198 Rezeptormolekül 196 Rezeptorpotenzial 213 Rezeptorzelle 195, 1194 Rezirkulation, Lymphozyten 182 Rhabdomyosarkom 82 Rheotaxis 798 Rhesusfaktor-System 168 Rheumatische Erkrankungen 477 Rheumatisches Fieber 589 Rhinitis 1045 Rhinoliquorrhoe 958 Rhinoskopie 1040 Rhizarthrose 490 Rhodopsin 1218 Rhombenzephalon (Rautenhirn) 1103 Rhombenzephalonbläschen 1173 Rhythmusstörungen 602 Ribonuklease 748 Ribonukleinsäuren = RNS (RNA) = ribonucleic acid 50 ribosomale RNA = rRNA s50 Richtungsbezeichnungen, anatomische 41 Richtungshören 1231 Riechbahn 1239 Riechgrübchen 971 Riechorgan 1045 Riechplakode 971 Riechrinde, primäre 1240 Riechsäckchen 971, 1048 Riechschleimhaut 1238 Riechzelle 1045 Riesenwuchs 43 Riesenzelle, vielkernige – Osteoklast 75 – Skelettmuskelfaser 82 riFLM = rostraler interstitieller Kern des Fasciculus longitudinalis medialis 1225 Rigor 1188 Rima – glottidis (Stimmritze) 924 – oris 1004 – palpebrarum 1055 – pudendi 808 – vestibularis 923 Rinden-Reaktion, Oozyte 104 Rindenblindheit 1141 Rindenlabyrinth (Labyrinthus corticis) 768 Rindenstränge, Ovar 854 Ring, hepatopankreatischer 666, 747, 755 Ringknorpel (Cartilago cricoidea) 922 Ringmuskel, Gesicht 959 Ringmuskelschicht (Stratum circulare) 677 Riolan-Anastomose 717

Riolan-Muskel 1055 Rippen (Costae) 288 – Entwicklung 304 Rippenatmung = Brustatmung (Atmung, kostale) 567 Rippenfell s. Pleura parietalis 561 Rippenrudiment 256 Rippenserienfraktur 286 – Zwerchfell-/Bauchatmung 296 Rippenusuren 630 Rippenzählung 304 RIVA = Ramus interventricularis anterior 601 RNA = ribonucleic acid 50 RNS = Ribonukleinsäuren = ribonucleic acid 50 Röhrenknochen (Ossa longa) 223 Rokitanski-Aschoff-Krypten 746 Rolandi-Furche s. Sulcus centralis 1133 Roller-Kern s. Nucleus vestibularis inferior 1235 Röntgenbild – Brustwirbelsäule 256 – Ellenbogengelenk 457 – Fuß 401 – Halswirbelsäule 254 – Hand 481 – Herz 618 – Hüftgelenk 361 – Kniegelenk 365 – Schultergelenk (Articulatio glenohumeralis) 438 – Thorax 574 Röntgendarstellung, Skelett, Prinzip 131 Röntgendiagnostik, konventionelle 129 Röntgenthorax 287 – Herzdarstellung 618 Rosenmüller-Lymphknoten 315 rostral 41, 202 Rostraler interstitieller Kern des Fasciculus longitudinalis medialis = riFLM 1225 Rot-Grün-Schwäche 1218 Rotatorenmanschette 454 – Übersicht 452 RPLS = Ramus posterolateralis sinister 601 rRNA = ribosomale RNA 50 Rückbildungsphase – Frau 816 – Mann 847 Rücken 247 – Topografie 280 Rückenmark (Medulla spinalis) 204, 950, 1097 – Arterien 1163 – Bahnen/Trakte (Tractus) 204 – – Kreuzung 205 – Eigenapparat 1101 – Entwicklung 1171 – graue Substanz (Substantia grisea) 1099 – Informationsverarbeitung 205 – Lage 1098 – motorische Bahnen 1189 – Querschnitt 1102 – Segmente 205, 1098 – Stränge (Funiculi) 204 – Venen 1168 – weiße Substanz (Substantia alba) 1101 Rückenmarkshäute 1150

Rückenmuskulatur 270 – autochthone 271, 279 – – lateraler Trakt 274 – – medialer Trakt 273 – – plurisegmentale 271 – – unisegmentale 271 – Entwicklung 281 – nicht autochthone 276 – – spinohumerale 276 – – spinoskapuläre 276 Rückfuß 399 Rückresorption – Primärharn 771 – Wasser 772 Rückstellkräfte, Lunge 566 Rückstrom, venöser 159 Ruffini-Körperchen 1197, 1272 Ruga(-ae) – transversae 1006 – vaginales 805 Ruhedruck, Unterer Ösophagussphinkter 682 Ruhetonus – Gefäße 160 – Skelettmuskel 240 Ruhetremor 1188 Rumpf (Truncus) 34 Rumpfbewegungen 312 Rumpfdarm 675 – Wandschichten 676 Rumpfwand, Lymphabfluss 322 Rundes Fenster s. Fenestra cochleae 1084 Ruptur – Herzwand 614 – Kollateralband 372

S Sacculus 1083, 1088, 1232 – alveolaris 550, 557 – laryngis 923 Saccus – arteriosus 642 – endolymphaticus 950, 1084 Sägeblattstruktur 813 Sagittalachse (Pfeilachse) 38 Sagittalebene 38 Sakkaden 1225 Sakralisation 284 Sakralkyphose 248 Sakralmark 1102 Salpingitis 797 Salpinx s. Tuba uterina 797 Saltatorische Erregungsleitung 94, 196 Salzhaushalt 763 Salzsäureproduktion, Magen 698 Samenbläschen s. Glandula vesiculosa 832 Samenflüssigkeit 848 Samenhügel s. Colliculus seminalis 839 Samenleiter s. Ductus deferens 831 Samenstrang (Funiculus spermaticus), Hüllen 325 Samenzellbildung s. Spermatogenese 843 Samenzelle 843 Sammelrohr 771 Santorini-Papille (Papilla duodeni minor) 749 SA-Rezeptor 1196 Sarkolemm 81 Sarkom 69 Sarkomer 83 Sarkosomen 81 Satellitenzellen 82 Sattelgelenk 231 Säuglingshüfte, Diagnostik 362

1324 Säulenknorpel 81 Saumepithel 1025 Säure-Basen-Haushalt 763 Säurebildung, Magen 698 Scala – tympani 1084 – vestibuli 1084 Scaphocephalus (Kahnschädel) 967 Scapula (Schulterblatt) 439 – Bewegungen am Thorax 442 Scapula alata 445 Schädel (Cranium) 941 – Entwicklung 965 – Pfeiler-Kuppel-Konstruktion 957 Schädelbasis (Basis cranii) 947 – äußere 952 – Entwicklung 966 – innere 947 – Öffnungen mit durchtretenden Strukturen 949, 953 – Schwachstellen 957 – Verstärkungspfeiler 957 Schädelbasisbruch 947, 958 Schädeldach (Calvaria) 946 Schädelgrube(n) – hintere 950 – mittlere 949 – vordere 948 Schädelkalotte 946 Schädelknochen 224 – Feinbau 947 Schädelnaht 227, 947 – Verknöcherung 967 Schaffer-Kollaterale 1247 Schaffer-Kollateralen 1248 Schallleitungsschwerhörigkeit 1082, 1090 Schallleitungsstörung 1089 Schallschatten 138 Schallübertragung 1089 Schaltlamelle 78, 223 Schaltstück 65, 1019 Schaltzelle 771 Schambein (Os pubis) 328 Schamberg (Mons pubis) 808 Schamhaarbildung 824 Schamlippen – große (Labia majora pudendi) 808 – kleine (Labia minora pudendi) 807 Scharniergelenk 231, 404, 407, 455, 492 – verzahntes 485 Scheide s. Vagina 805 Scheidenvorhof s. Vestibulum vaginae 807 Scheitelbein s. Os parietale 944 Scheitelbeuge 1173 Scheitellappen 1133 Schenkelhernie (Femoralhernie) 315 Schenkelhalsfraktur 348, 355 Schenkelhalswinkel 348 Schenkelhalswinkel s. auch CCDWinkel 348 Schichtigkeit, Oberflächenepithel 60 Schiefhals (Torticollis) 895 Schiefschädel (Plagiocephalus) 967 Schielen 1054 Schienbein s. Tibia 397 Schiffreagenz 101 Schilddrüse (Glandula thyroidea) 931 – Entwicklung 935 – Gefäße 934 – Nerven 935

Sachverzeichnis Schilddrüsenkarzinom 906 Schildknorpel (Cartilago thyroidea) 921 Schiller-Jodprobe 803 Schindylesis (Nutennaht) 227 Schläfenbein s. Os temporale 943 Schläfengrube s. Fossa temporalis 1034 Schläfenlappen 1133 Schlaffe Lähmung 1191 Schlaganfall (Apoplex) 625, 1157 – bei Aortenisthmusstenose 629 Schlagvolumen 609 Schleimhaut (Mukosa) 530 Schleimhautbindegewebe 677 Schleimhautbindegewebe (Lamina propria mucosae) 530, 677 Schleimhautepithel (Lamina epithelialis mucosae) 530, 677 Schleimhautmuskelschicht (Lamina muscularis mucosae) 530, 677 Schlemm-Kanal 1071 Schleudertrauma s. HWS-Distorsion 267 Schließen (Adduktion) der Finger 491 Schlitzmembran 770 Schluckakt 690 Schluckauf 639 Schluckauf (Singultus) 639 Schluckreflex 919 Schluckstörung 680 Schluckzentrum 1254 Schlund s. Pharynx 914 Schlundbogen 968, 1107 – Derivate 969 Schlundenge (Isthmus faucium) 916, 1007 Schlundfurchen 968 Schlundheber (Musculi levatores pharyngis) 917 Schlundschnürer (Musculi constrictores pharyngis) 917 Schlundtaschen 936, 968 – Derivate 969 Schlüsselband s. Ligamentum trapeziometacarpale palmare 489 Schlüsselbein (Clavicula) 439 Schlussrotation 377 Schmelz (Enamelum) 1024 Schmelzepithel 1028 Schmelzoberhäutchen 1028 Schmelzorgan 1028 Schmelzpulpa 1028 Schmelzretikulum 1028 Schmerz 1205 – Ausbreitung 1210 – Chronifizierung 1210 – chronischer 1206 – erster 1206 – neuropathischer 1206 – projizierter 1208 – übertragener 1210 – zweiter 1206 Schmerzempfindung 1206 Schmerzformen 1205 Schmerzhemmung 1213 – deszendierendes System 1215 Schmerzkomponenten 1206 Schnecke (Cochlea) 1084, 1086 Schneidezahn (Dens incisivus) 1021 Schnellkraftmuskeln 87 Schnittbild (Tomogramm) 134 Schnittbildverfahren 134

Schnittpräparat 99 Schnittverletzung, Handgelenkbereich 510 Schnupfen 1045 Schober-Maß 270 Schock 614 – anaphylaktischer 174 – hypovolämischer 750 Schrägfraktur 226 Schrittmacheraktivität, Herz 596, 599 Schrittmacherzelle – Herzmuskulatur 88 – Darm 679 Schulter 437 – Bauprinzip 437 – Bewegungen 450, 461 – Bewegungsumfang 437 – Gefäße 463 – Gelenke im Überblick 438 – Kapsel-Band-Apparat 449 – Lymphknotenstationen 468 – Muskeln 462 – Nerven 468 – Topografie 473 Schulter-Arm-Syndrom 264 Schulterblatt (Scapula) 439 – Bewegungen am Thorax 442 Schulterblattanastomose 463 Schulterblatt-Thorax-Gelenk 438, 441 Schulterenge 448, 454 Schultergelenk Schultergelenk (Articulatio glenohumeralis) 445 – Bandapparat 447 – Beweglichkeit 450 – Bewegungen 450, 461 – Immobilisation 448 – Luxation 447, 449 – – kaudale 453 – – Schutz 454 – Muskeln 451 – Röntgenbild 438 Schultergürtel 438, 441 – Bandapparat 440 – Bewegungen 441 – Muskeln 443 – Muskelschlingen 443 Schulterkontur 451 Schulterschmerzen 437 Schuppenflechte 1268 Schürzenbindegriff 445 Schütz-Bündel (Fasciculus longitudinalis posterior) 1132 Schwalbe-Kern (Nucleus vestibularis medialis) 1235 Schwanenhalsdeformität 502 Schwangerschaft (Graviditas) 817 Schwankschwindel 1088 Schwann-Zelle s. Gliazelle 93 Schwannom (Neurinom) 93 Schwanzknospe 283 Schweifkern s. Nucleus caudatus 1143 Schweißdrüse 1277 – Innervation 219 Schweißtest 65 Schwellkörper – Erektion 847 – Penis 836 Schwellkörpermuskulatur, Beckenboden 337 Schwerhörigkeit 1089 Schwimmprobe 548 Schwindel 1088 – vertebragener 278 Schwurhand 510 Sclera 1061 – Entwicklung 1072

Screening (Suchtest) 138 SDH = Subdurales Hämatom 1166 Sebum 1276 Sectio caesarea (Kaiserschnitt) 819 Seelenblindheit 1141, 1224 Segelklappen (Valvae cuspidales) 589 Segment, Rückenmark 204 Segmentale Gliederung 113 Segmentale Innervation s. Innervation, segmentale 207 Segmentarterien 559 – Niere 774 Segmentationsbewegungen 705 Segmentbronchus (Bronchus segmentalis) 550, 552, 555 Segmentsprung – oberer 302 – unterer 342 Segmentum(-a) – hepatis (Lebersegmente) 737 – bronchopulmonale (bronchopulmonales Segment = Lungensegment) 550, 552 Sehachse 1053, 1058 Sehbahn 1220 Sehen – binokuläres 1216 – monokuläres 1216 Sehne (Tendo) 234 Sehnenfäden (Chordae tendineae) 590 Sehnenorgan 1197 Sehnenscheide (Vagina tendinis) 237 – Fuß 414 – Hand – – dorsal 502 – – palmar 500 – Infektion 501 – Reizung 501 Sehnenscheidenentzündung (Tendovaginitis) 237 Sehnenscheidenfächer 503 Sehnentransplantat 495 Sehnervenkreuzung s. Chiasma opticum 1221 Sehpigment 1066 Sehstrahlung (Radiatio optica) 1222 Seitaufnahme s. Röntgendiagnostik 130 Seitenhorn (Cornu laterale) 204, 1099, 1102 Seitenplattenmesoderm 113, 527 Seitenstrang (Plica salpingopharyngea) 190 Seitenventrikel 1154 Sekretin 743 Sekretion – apokrine 64 – ekkrine/merokrine 64 – holokrine 64 – konstitutive 64 – regulierte 64 – zytokrine 1269 Sekretionsphase 813 – Magensaft 703 Sekrettransport, exokrine Drüse 65 Sekundär auditorischer Kortex 1141 Sekundär somatosensorischer Kortex 1140 Sekundär visueller Kortex 1141 Sekundärbündel 86 Sekundäre Markhöhle 80

Sachverzeichnis Sekundäre Muskelspindelafferenz 1197 Sekundäre Oozyte 810 Sekundäre Sinneszelle 1194 Sekundäre Spermatozyte 843 Sekundärer Knochenkern 80 Sekundäres Geschlechtsmerkmal 47 Sekundäres Ossifikationszentrum 80 Sekundärfollikel 810 Sekundärzotten s. Plazenta 120 Selektion, positive/negative, Thymus 180 Sella(-ae) turcica 945, 949 Semicanalis(-es) – musculi tensoris tympani 1083 – tubae auditivae 1083 Semidünnschnitt 99 Semilunarklappen (Taschenklappen) s. Valvae semilunares 591 Senium 825 Senkfuß (Pes planus) 422, 425 Senkniere 765 Senkungsabszess 913 Sensibilisierung 199 Sensibilisierung s. Reflex 199 Sensibilität 1194 – epikritische 1195 – protopathische 1195 Sensitivierung 1260 Sensorik 1194 Sensorische Aphasie 1141 Sensorische Deprivation 1261 Sensorische Systeme 1194 Sensorisches Gedächtnis 1259 Sensorisches Sprachzentrum 1141, 1262 Sepsis, bei Splenektomie 185 Septula testis 828 Septum(-a) – aorticopulmonale = ConusTruncus-Septum 624 – atrioventriculare 583 – cochleae 1084 – cordis 586 – femorale 315 – interatriale (Vorhofseptum) 583 – intermusculare(-ia) – – brachii – – – lateralis 460 – – – medialis 460 – – cruris 411, 414 – – vastoadductorium 381, 387 – interventriculare, Entwicklung 624 – linguae 1010 – nasi 1040 – oesophagotracheale 691 – penis 836 – pleuropericardiale 615, 629 – primum 625 – rectovaginale 805 – rectovesicale 722 – sagittale 912 – scroti 841 – secundum 583, 625 – transversum 114, 527 – urorectale 728, 852 – vesicovaginale 805 Septumdeviation 1041 Septumkerne 1245 Septumregion 1240 Seromuköse Drüse 64 Serosa (Tunica serosa) 523, 677 – Feinbau 526 – Innervation 527 – parietalis 523 – visceralis 523

Serosabindegewebe (Lamina propria serosae) 526, 677 Serosaduplikatur 524 Serosaepithel (Lamina epithelialis serosae) 526 Serosamakrophagen 526 Serosaverhältnisse 524, 526 Seröse Drüse 64 Seröse Flüssigkeit 525 Seröse Haut s. Serosa 523 Seröse Höhlen 521, 523 – Entwicklung 527 Serotonin 704, 1182, 1214, 1257 Serre-Epithelkörper 1029 Sertoli-Zellen 828, 845, 853, 855 Serum 166 Sesambein (Os sesamoideum) 238, 402, 480 Sexuelle Reaktion – der Frau 816 – des Mannes 847 Sharpey-Fasern 221, 234, 1025 shh = sonic hedgehog 1172 Shoemaker-Linien 392 Shrapnell-Membran 1078 Shunt – ventrikuloatrialer 1157 – ventrikuloperitonealer 1157 Sialografie 1018 Sichelfuß 425 Siebbein (Os ethmoidale) 945, 956 Siebbeinzellen s. Cellulae ethmoidales 1043 Silberimprägnation 101 Sildenafil 847 Single-Photon-Emission-Computertomografie = SPECT 1178 Singultus (Schluckauf ) 639 sinister 41 Sinneszelle 1194 – Bogengänge 1234 – Corti-Organ 1229 – gustatorische 1241 – Maculae utriculi und sacculi 1233 – olfaktorische 1238 – primäre 195, 212 – sekundäre 195, 212 Sinovaginalhöcker 857 Sinterungsfraktur, Wirbelkörper 252 Sinus – anales (Morgagni-Taschen) 720 – aortae 629 – caroticus 896 – cavernosus 983, 986, 1167 – – Augenmuskelnerven 1289 – – Verbindungen 976 – cervicalis 968 – coronarius 606 – – Mündung 582 – durae matris 1167 – ethmoidales 1043 – frontalis 943, 1040, 1043 – lactiferi 1277 – Lymphknoten 184 – maxillaris 1040, 1042 – Milz 185 – obliquus pericardii 614 – paranasales s. Nasennebenhöhlen 1042 – pericardii 614 – petrosus – – inferior 950 – – superior 1167 – prostaticus 839 – rectus 1167 – renalis 763

– sagittalis – – inferior 1167 – – superior 1165, 1167 – sphenoidalis 1041, 1043 – tarsi 400 – transversus 1165, 1167 – – pericardii 614 – trunci pulmonales 592 – urogenitalis 728, 851, 859 – venarum cavarum 579, 582 – venosus 622 – – sclerae (Schlemm-Kanal) 1071 Sinus-cavernosus-Thrombose 977 Sinus-coronarius-System 606 Sinusitis 111, 1041 – maxillaris 1042 Sinusknoten (Nodus sinuatrialis) 597 – Lage 583 Sinusoid/Sinus s. Kapillare 157 Sinusvenenthrombose 1168 Situs 528 – inversus 110 – thoracis (Brustsitus) 533 Sitzbein (Os ischii) 328 Skalenuslücke – hintere 463 – vordere 466 Skalenusmuskeln 896 Skapularlinie (Linea scapularis) 303 Skelettmuskel 234 Skelettmuskelfaser 82 Skelettmuskulatur 82 Skelettreife 515 Sklera 1059 Sklerotom 210, 282 Sklerotomzellen 113 Skoliose 249, 252 Skorbut 68, 1025 Skotom 1216 Skotopisches Sehen 1066 Skrotalwülste 859 Skrotum (Hodensack) 841 Slow-Faser 86 SMAS = superfizielles muskuloaponeurotisches System 961 Smegma clitoridis 808 Snowboarder’s ankle 400 Sodbrennen 683 Somatisches Nervensystem s. Nervensystem 212 Somatoafferenzen 979 Somatoefferenzen 198 Somatoliberin 1252 Somatopleura (Mesoderm, intraembryonales) 114, 527 Somatosensorik 1194 Somatosensorischer Kortex 1140 Somatostatin 752 Somatotopie – Hinterstrang 1200 – Motoneuron-Säulen im Rückenmark 1191 – Pyramidenbahn 1183 – Tractus spinothalamicus anterior 1200 Somatotropes Hormon 1252 Somiten (Ursegmente) 281 – Bildung 113 sonic hedgehog = shh 1172 Sonnengeflecht s. Plexus solaris 216 Sonografie (Ultraschalldiagnostik) 138 Sonorer Klopfschall 572 Sozialverhalten 1243 SP = Substanz P 1182, 1207

1325 Spalt – mesenterokolischer 654 – parietokolischer 654 Spaltbildungen, Wirbelsäule 283 Spannungspneumothorax 567 Spastische Lähmung 1184, 1191 Spatium(-a) – circumbulbare 1052 – epi-/peridurale (Epiduralraum) 1150 – extraperitoneale = Extraperitonealraum 523, 648 – lateropharyngeum 912 – peripharyngeum 912 – perisinusoideum = DisseRaum 740 – presacrale 662 – prevesicale 663 – profundum perinei 338 – retroinguinale 648, 662 – retroperitoneale = Retroperitonealraum 648, 765 – retropharyngeum 912 – retropubicum = Retzius-Raum 648, 663, 780 – subarachnoideum (Subarachnoidalraum) 1149, 1153 – subperitoneale = Subperitonealraum 523, 648 – superficiale perinei 338 – suprasternale 912 SPECT = Single-Photon-EmissionComputertomografie 1178 Spee-Kurve 1023 Speiche (Radius) 479 Speicheldrüsen (Glandulae salivariae) 1017 Speichelsekretion 1254 Speichelsteine 1018 Speicherfett 71 Speiseröhre s. Ösophagus 679 Spektrin 51 Spermatide 844 Spermatogenese (Samenzellbildung) 843 – Dauer 844 – Regelmechanismen 845 Spermatogonie 843 Spermatozoon (Spermium) 844 Spermatozyte 843 Spermiation 844 Spermienwanderung 816 Spermiogenese 843 Spermiogramm 848 Spermium 844 Spermium (Spermatozoon) 844 Sperrarterie 158 Spezialisierte Kortexareale 1137 Speziallamellen 77 Sphärozytose (Kugelzellanämie) 169 Sphinkter – Oddi (Musculus sphincter ampullae hepatopancraticae) 743 – präkapillärer 158 Sphinktermuskulatur, Beckenboden 337 Sphinktersystem, Rektum und Anus 723 Spielbein 355 Spina(-ae) – bifida 284 – iliaca – – anterior – – – inferior 328 – – – superior 328, 390 – – posterior – – – inferior 328 – – – superior 328, 390

1326 – ischiadica 328 – – bei vaginaler Palpation 390 – nasalis – – anterior 965 – – ossis frontalis 943 – scapulae 440 Spina-Trochanter-Linie 392 Spina-Tuber-Linie 392 Spinales System 273 Spinales α-Motoneuron 1184 Spinales System s. Rückenmuskulatur, autochthone 273 Spinalganglion 98, 206 Spinaliom 1269 Spinalkanalstenose 262 Spinalnerv (N. spinalis) 204, 205, 207 – Faserqualitäten 206 – segmentale Innervationsgebiete 207 – zervikale 901 Spines s. Neuron 91 Spinnbarkeit, Zervixschleim 814 Spinohumerale Muskeln s. Rückenmuskulatur, nicht autochthone 276 Spinokostale Muskeln s. Rückenmuskulatur, nicht autochthone 276 Spinoskapuläre Muskeln s. Rückenmuskulatur, nicht autochthone 276 Spinozerebellum 1123 Spiralarterien 813 Spitzfuß 425 Spitzfußstellung 431 Spitzschädel (Oxycephalus) 967 Splanchnopleura 527 Splanchnopleura s. Mesoderm, intraembryonales 527 Splen s. Milz 184 Splenektomie (Milzentfernung) 169, 185 Splenomegalie 187 Spondylarthrose 262 Spondylitis ankylosans (Morbus Bechterew) 262, 331 Spondylolisthese 284 Spondylolyse 284 Spondylose 262 Spongiosa (Substantia spongiosa) 75, 223 – Lamellenanordnung 223 – Trabekel 225 Spongiosaarchitektur – Femur 348 – Fußknochen 421 – Wirbelkörper 252 Spongiosabälkchen 226 – trajektorielle Anordnung 225 Sprachbildung 1039 Sprachdominanz 1262 Sprache 1261 Spracherkennung 1141 Sprachzentrum – motorisches 1140, 1261 – sensorisches 1141, 1262 Spreizfuß (Pes transversoplanus) 422, 425 Spritzschluck 690 Sprungbein s. Talus 399 Sprunggelenk(e) 403 – Achsen 404 – oberes = OSG (Articulatio talocruralis) 403 – – Bewegungsumfang 407 – – Gelenkkapsel und Bandapparat 405 – – Gelenktyp und -körper 404 – – Mechanik 406

Sachverzeichnis – Supinations-Inversionstrauma 406 – unteres = USG (Articulatio talotarsalis) 407 – – Bandapparat 408 – – Gelenkflächen 408 – – Gelenktyp und -körper 407 – – Mechanik 409 Spüldrüsen 1012 – Glandulae gustatoriae 1012 – Regio olfactoria 1045 Squama(-ae) occipitalis 944 Stäbchen 1066, 1217 Stachelzellschicht (Stratum spinosum) 62, 1268 Stammzelle – hämatopoetische 166 – lymphatische 176 – pluripotente 70 Stammzotte 121 Stand 350, 396, 413, 421 Standbein 355 Standfuß 396 Stapes 1080 Star – grauer 1069 – grüner (Glaukom) 1071 Statine 1251 Statokonienmembran 1088 Statolithen 1233 Stauchungsfurchen, Handgelenke 514 Stauungsblutung 1168 Stauungspapille 1068 Steatorrhö (Fettstühle) 751, 1285 Steigbügel 1080 Steigbügel (Stapes) 1080 Steißbein (Os coccygis) 258 Stellatumblockade 905 Stellmuskeln, Ohr 1075 Stellungssinn 1196 Stenose – Aortenklappe 592 – Herzklappe 588 – Koronararteie 605 Stent-Implantation 605 Steppergang 431 Stereozilie 54, 1087 Sterilisation 797 Stern(Ito)-Zelle 741 Sternalleisten 304 Sternallinie (Linea sternalis) 303 Sternoklavikulargelenk (Articulatio sternoclavicularis) 440 Sternokostalgelenke (Articulationes sternocostales) 291 Sternum (Brustbein) 289-290 – Entwicklung 304 Sternzelle 1118 Steuerungshormone, hypothalamische 1130, 1251 STH (somatotropes Hormon) 1252 Stickstoffmonoxid = NO 1182 Stieldrehung, Ovar 795 Stierhornmagen 694 Stiftchenzellen 798 Stilling-Clarke Säule 1201 Stimmfalten (Plicae vocales) 924 Stimmritze (Rima glottidis) 924 – Stellungen 924 Stirnbein (Os frontale) 943 Stirnhöhle s. Sinus frontalis 1043 Stirnnasenpfeiler 958 Stirnnasenwulst 970 Stoffaustausch, kapillärer 156 Stofftransport, Epithelgewebe 59 Stomata 526

Stomatodeum 970 Strabismus 1054 Straffes Bindegewebe 70 Strahlenkörper s. Corpus ciliare 1060 Strangulationsileus 653 Stratum(-a) – basale (Basalis) 802, 1267 – – mehrschichtige Epithelien 61 – – Vagina 806 – cellulare, Perichondrium 72 – circulare (Ringmuskelschicht) 677 – compactum 813 – corneum 62, 1269 – fibrosum – – Perichondrium 72 – – Periost 75, 221 – – Sehnenscheide 237 – functionale (Funktionalis) 802 – ganglionare/purkinjense 1119 – germinativum 1268 – glomerulosum 1239 – granulare 1248 – granulosum 62, 1119, 1268 – – Follikel 810 – grisea colliculi 1114 – intermedium = Intermediärschicht – – mehrschichtige Epithelien 61 – – Vagina 806 – longitudinale (Längsmuskelschicht) 677 – lucidum 62, 1268 – mitrale 1239 – moleculare 1247 – – Kleinhirnrinde 1118 – multiforme 1248 – nervosum retinae 1061, 1065 – oriens 1247 – osteogenicum, Periost 75, 221 – papillare 1271 – parabasale = Parabasalschicht, Vagina 806 – pigmentosum retinae 1061, 1065 – pyramidale 1247 – radiatum 1247 – reticulare 1271 – spinosum 62, 1268 – spongiosum 813 – subendotheliale, Blutgefäße 152 – submucosum, Myometrium 803 – subserosum, Myometrium 803 – superficiale = Superfizialschicht – – mehrschichtige Epithelien 61 – – Vagina 806 – supravasculosum 803 – supravasculosum, Myometrium 803 – synoviale, Sehnenscheide 237 – vasculosum, Myometrium 803 Streifenkörper (Corpus striatum) 1144, 1186 Streifenstück 65, 1019 Streptokokkeninfekt 589 Stressinkontinenz 784 Stria(-ae) – distensae 1271 – longitudinales 1245

– mallearis 1078 – medullaris(es) – – thalami 1127 – – ventriculi quarti 1113 – olfactoria – – lateralis 1240 – – medialis 1240 – vascularis 1086 Striatum (Corpus striatum) 1143, 1186 Stridor 1287 Stroma 528 – Entzündung 70 – ovarii 796 – uteri 802 Struktur, allgemeine Bedeutung 31 Strukturelle Herzgeräuschen 617 Struma 906, 932 – maligna 1288 Stumme Synapse 1210 Stumpfes Bauchtrauma 654, 735 Stützgewebe 58 Stützstrahlen, Fuß 399, 409, 421 Stützzelle 1238, 1241 Stylomuskeln 912 Subakromiales Nebengelenk 448, 450 Subarachnoidalblutung 1159 Subarachnoidalraum 1149, 1153 Subcutis 1266, 1272 Subdurales Hämatom = SDH 1166 Subduralraum 1149 Subfornikalorgan 1170 Subglottis 923 Subiculum 1245 Subkardinalvenen 877 Subklaviakatheter 466 Submukosa 677 Submukosa (Tela submucosa) 677, 678, 684 Subnucleus oralis (Nucleus spinalis nervi trigemini) 1108, 1204 Subokzipitalpunktion 1154 subperitoneal 652 Subperitonealraum (Spatium subperitoneale) 523, 648 Subpleurales Lymphsystem 561 Subserosa (Tela subserosa) 526, 677 Substantia – alba (Rückenmark, Weiße Substanz) 202, 1099, 1101 – compacta (Kompakta) 75 – corticalis (Kortikalis) 75, 223 – gelatinosa 1100 – grisea (Rückenmark, Graue Substanz) 202, 1099, 1114, 1214, 1227 – intermedia 1100 – nigra 1114, 1144, 1186, 1257 – perforata posterior 1115 – spongiosa (Spongiosa) 75, 223 Substanz – graue s. Substantia grisea 1099 – weiße s. Substantia alba 1101 Substanz P = SP 1182, 1207 Substratfärbungen 101 Substrathistochemie 101 Subthalamus 1132 Sulcus(-i) – arteriae vertebralis 264 – bicipitalis 465, 475 – – lateralis 460 – – medialis 460, 466

Sachverzeichnis – calcarinus 1133, 1222 – carpi 480 – centralis 1133 – coronarius 580 – costae 288 – – Leitungsbahnen 299 – gluteus 389 – hippocampalis 1246 – intertubercularis 446 – interventricularis – – anterior 580 – – posterior 581 – lacrimalis 956 – lateralis 1133 – limitans 1172 – medianus – – linguae 1009 – – posterior 1101 – mentolabialis 959 – nasolabialis 959 – nervi – – radialis 446, 469 – – spinalis 253 – – ulnaris 456, 470 – oesophageotrachealis 638 – parietooccipitalis 1133 – posterolateralis 1001 – pulmonis 288 – retroolivaris 996, 998 – sclerae 1061 – tali 400 – terminalis 583 – – cordis)579 – – linguae 1009 – tympanicus 1077 – venae cavae inferioris 736 superficialis, -e 41 Superfizialschicht, Vagina s. Stratum superficiale 806 Superfizielles muskuloaponeurotisches System = SMAS 961 superior, -us 41 Supination 409, 460 – Fuß 409 – Hand 487 Supinations-Inversionstrauma, Sprunggelenke 406 Supinatorkanal 508 Supplementär motorischer Kortex 1182 Supportgewebe 58 Supportzelle (Gliazelle) 93 Supraglottis 923 Suprahyoidale Muskulatur 893 Suprakondyläre Femurfraktur 393 Suprapubische Punktion 781 Suprapubischer Katheter 781 Supraspinatussehne, Ruptur 454 Sura (Wade) 433 Surfactant 557 Sustentaculum tali 400 Sutura(-ae) (Naht) 227 – coronalis (Kranznaht) 947 – lambdoidea (Lambdanaht) 947 – palatina mediana 1006 – plana (Glattnaht) 227 – sagittalis (Pfeilnaht) 947 – serrata (Zackennaht) 227 – squamosa (Schuppennaht) 227 – Verknöcherung 967 Sydesmosis (Bandhaft) 227 Sylvii-Furche (Sulcus lateralis) 1133 Sympathikus 214 – Bauch- und Beckenraum 874 – Wirkung 217 Symphysis (Verwachsung) 227 – pubica 331, 390

Synapse 97, 196 – en passant à distance 90 – nozizeptive 1209 – retinale 1219 – stumme 1210 Synaptobrevin 1191 Synarthrose 227 Synchondrosis (Knorpelhaft) 227 – sphenooccipitalis 966 – sphenopetrosa 966 Syndesmosis tibiofibularis 399, 405 Syndrom, thoracic outlet 285 Synergisten 240 Synkope 592 Synovia (Synovialflüssigkeit) 229 Synovialzotten 229 Synoviozyt 229 Synzytialknoten 122 Synzytiotrophoblast 105 Synzytium – funktionelles 56 – – glatte Muskulatur 90 – – Herzmuskulatur 87 – Skelettmuskulatur 82 Syphilis 1200 System(e) – auditorisches 1228 – cholinerges 1255 – des menschlichen Körpers, Einteilung 32 – extrapyramidalmotorisches = EPMS 1142 – funktionelles, ZNS 1181 – gustatorisches 1241 – hepatobiliäres 734 – limbisches 1243 – monaminerges 1255 – motorisches 1182 – neuroendokrines 1249 – olfaktorisches 1238 – retino-hypothalamo-pineales 1228 – retinotektales 1226 – sensorisches 1194 – vestibuläres 1232 – visuelles 1215 Systematische Anatomie 32 Systole 146, 609 Szintigrafie 129

T Tabatière (Fovea radialis) 514 Tabes dorsalis 1200 Tachykardie 598 – bei Hyperthyreose 932 Taenia(en) 678, 715 – libera 715 – mesocolica 715 – omentalis 715 Tag-Nacht-Zyklus 1131 Talgdrüsen 1276 Talus (Sprungbein) 399, 407, 409 Tangentialzone, Knorpel 74 Tanzende Patella 375 Tarsaltunnelsyndrom 433 Tarsometatarsalgelenke (Articulationes tarsometatarsales) 410 Tarsus (Fußwurzel) 399, 402, 1054 Taschenfalten (Plicae vestibulares) 924 Taschenklappen (Semilunarklappen) s. Valvae semilunares 591 Tastbare Knochenpunkte 35

Tastfunktion 477 Tastsinn 1196 Tawara-Schenkel (Kammerschenkel) 599 Taxol 53 TCD = transkranielle Doppleruntersuchung 1178 Techniken, histologische 99 Tectum 1189 – mesencephali 1114 TEE = transösophageale Echokardiografie 582, 621 Teerstuhl 698 Tegmen tympani 1079 Tegmentum (Haube) 1104 – mesencephali 1114 Teilgebiete, Anatomie 31 Tektorialmembran 1086, 1229 Tela – subcutanea 1272 – – penis = Fascia penis superficialis 837 – submucosa (Submukosa) 677, 684 – subserosa (Subserosa) 526, 677 Telencephalon s. Großhirn 1132 Telenzephalonbläschen 1173 Temperatursinn 1215 – Bahnen 1210 Temporallappenepilepsie 1246 Temporallappenläsionen 1133 Tendo valvulae venae cavae inferioris = Todaro-Sehne 583 Tendovaginitis (Sehnenscheidenentzündung) 237 Tennisellenbogen 455, 493 Tenon-Kapsel 1051 TENS = transkutane elektrische Nervenstimulation 1213 Tentorium cerebelli 1151 TEP = Totalendoprothesen 345 Teratogen 102 Terminale Zisterne s. Muskulatur, Skelettmuskulatur 84 Terminaler Ösophagus 682 Terminalhaar 1274 Terminalzotte 121 Territorium, Knorpel 73 Tertiärbündel s. Muskulatur, Skelettmuskulatur 86 Tertiärfollikel 810 Tertiärzotten s. Plazenta 120 Testis s. Hoden 827 Testosteron 827 Tetanus 1191 Tetracyclin 1029 Tetrodotoxin = TTX 1208 Thalamus 1125, 1195 – Kerne 1125 – motorischer 1192 – nozizeptive Kerne 1212 – ventralis s. Hypothalamus 1128 Thalamusschmerz 1212 Thalamusstrahlung, zentrale/ obere 1127 Thebesius-Venen (Venae cardiacae minimae) 607 Theca – externa 810 – folliculi 810 – interna 810 Thekaluteinzellen 811 Thekaorgan 810 Thekodontie 1021 Thelarche 824 Thenar (Daumenballen) 499, 513 – Atrophie 510 Thenarmuskulatur 498

1327 Thermonozizeptor 1207 Thermoregulation 158 Thermorezeption, Bahnen 1210 Thermorezeptor 213 Thoracic outlet syndrome 285 Thorakalkyphose 248 Thorakalmark 1102 Thorax (Brustkorb) 286 – Entwicklung 304 – Gefäßversorgung 299 – instabiler = flail chest 286 – Orientierungslinien 303 – Topografie 303 Thoraxapertur – obere 288 – untere 288 Thoraxaufnahme 131 Thoraxwand s. Thorax Thorell-Bündel 597 Thrombin 169 Thrombokinase 169 Thrombophlebitis 160 Thrombopoese 170 Thrombose 145 – Sinus cavernosus 977 Thrombozyt 169 Thrombozytopenie 170 Thrombus 145 Thymektomie 180 Thymozyt 180 Thymus (Bries) 180 Thymusaplasie 182 Thymusdreieck (Trigonum thymicum) 564 Thyreoglobulin 932 Thyreotropin-releasing Hormon = TRH 932 Thyreozyt 932 Thyroidea-stimulierenden Hormon = TSH 932 Thyroliberin 1252 Thyroxin (T 4) 932 Tibia (Schienbein) 397, 413 Tibiakondylen 391, 397 Tibiakopf 364 tibial 41 Tibialis-anterior-Syndroms 414 Tibiaplateau 364 Tibiatorsion 398 Tiefenschmerz, somatischer 1205 Tiefensensibilität 1196 – unbewusste 1198, 1201 Tight Junction (Zonula occludens) s. Barrierekontakt 56, 1169 Tinnitus 1159 Tip links 1230 Tip-link-Mechanismus 1233 T-Lymphozyt 177 Todaro-Sehne = Tendo valvulae venae cavae inferioris 583 Tokolyse 799 Tomes-Faser 1029 Tomogramm (Schnittbild) 134 Tonotopie 1232 Tonsilla(-ae) 189 – cerebelli 1116189, 1012 – palatinae (Gaumenmandeln) 189 – pharyngealis (Rachenmandel) 189, 916 – tubariae 190 Tonsillektomie 191 Tonsillitis 191 Toporaphische Anatomie 32 Torsion, Tibia 398 Torticollis 895 Torus tubarius 916 Tossy-Klassifikation 443 Totalendoprothesen = TEP 345

1328 Totraum 554, 561 Trabecula(-ae) – carneae 584 – septomarginalis (Leonardoband = Moderatorband) 584 Trabeculum(-a) corneosclerale 1071 Trabekelarterie (Balkenarterie) 185 Trabekelvene 186 Trachea (Luftröhre) 541, 930 – Entwicklung 575 – Pars cervicalis 930 – Topografie 640 – Verlagerung 1287 – Wandbau 543 Tracheobronchialdivertikel 691 Tracheomalazie 932, 1287 Tracheotomie 930 Tractus 1101 – corticopontini 1185 – corticospinalis 1183 – – anterior 1184, 1190 – – lateralis 1101, 1184, 1190 – corticostriatalis 1186 – cuneocerebellaris (Fibrae cuneocerebellares) 1202 – frontopontinus 1185 – hypothalamo-hypophysialis 1130, 1249 – iliotibialis 357 – intermedius 502 – lateralis 502 – mammillotegmentalis 1245 – mammillothalamicus 1245 – neospinothalamicus 1210 – occipitopontinus 1185 – olfactorius 1240 – opticus 982, 1221 – palaeospinothalamicus 1210 – parietotemporopontinus 1185 – perforans 1248 – posterolateralis 1102 – pyramidalis s. Pyramidenbahn 1183 – reticulospinales 1189 – reticulospinalis – – anterior 1110, 1254 – – lateralis 1110, 1254 – rubrospinalis 1189 – spinalis nervi trigemini 1203 – spinocerebellaris – – anterior 1201 – – posterior 1201 – spinomesencephalicus 1211 – spinoparabrachialis 1211 – spinoreticularis 1110, 1210 – spinothalamicus – – anterior 1196, 1200 – – – Somatotopie 1200 – – lateralis 1210 – tectospinalis 1189 – tegmentalis centralis 1257 – trigeminothalamicus 1213 – tuberoinfundibularis 1249 – vestibulospinalis 1189 – – inferior 1236 – – lateralis 1236 – – medialis 1236 Tragi 1077 Traglinie 394 – Bein 394 Tragus 1075 Trajektorien 225 Trakte – motorische s. Bahnen, motorische 1183 Traktionsdivertikel 686 Tränenapparat 1056 Tränenbein (Os lacrimale) 954

Sachverzeichnis Tränendrüse (Glandula lacrimalis) 1056 Tränenfluss 1058 Tränenflüssigkeit 1057 Tränenkanälchen 1057 Tränensack 1057 Tränensee 1057 Tränenwege 1057 Trans-Region, Golgi-Apparat 51 Transformationszone, Zervix 803 Transitionszone, Prostata 834 Transkription 50 Transkutane elektrische Nervenstimulation = TENS 1213 Transmembranproteine 53 – Adhäsions-/Haftkontakt 57 Transmitter 196 – ZNS 1182 Transmurales System, Herzvenen 607 Transösophageale Echokardiografie = TEE 582 Transösophageale Elektrokardiografie = Ösophagus-EKG 582 Transplantation, Niere 1286 Transport, axonaler 92, 200 Transposition der großen Gefäße 624 Transsphenoidale Adenomentfernung 1289 Transsphenoidaler Zugang 1042 Transthorakale Ebene 534, 641 Transversalachse (Querachse) 38 Transversalebene 38 Transversospinales System s. Rückenmuskulatur, autochthone 273 Transzytose 156 Trapezkörper 1231 Treitz-Hernie 653, 705 Treitz-Muskel (Musculus suspensorius duodeni) 707 Trendelenburg-Zeichen 356 TRH = Thyreotropin-releasing Hormon 932, 1252 Triade s. Muskulatur, Skelettmuskulatur 84 Trichromatische Theorie, Farbensehen 1217 Trichterbrust 305 Trigeminus-Druckpunkte 990 Trigeminusneuralgie 990, 1107 Trigonocephalus (Dreiecksschädel) 967 Trigonum(-a) – cardiacum (Herzdreieck) 564 – caroticum 908, 910 – clavipectorale 466, 474 – deltoidopectorale 474 – deltoidopectorale s. Tigonum clavipectorale 474 – femorale 389 – femoris 389 – fibrosum – – dextrum 587 – – sinistrum 587 – lumbocostale 539 – nervi – – hypoglossi 1112 – – vagi 1112 – omoclaviculare 909 – sternocostale 538 – submandibulare 907, 1020 – submentale 907 – thymicum (Thymusdreieck) 564 – vesicae 780 Trijodthyronin (T 3) 932

Trikuspidalklappe (Valva tricuspidalis, Valva atrioventricularis dextra 590 Trilamelläre biologische Einheitsmembran 53 Trimenon 817 Tripus Halleri s. Truncus coeliacus 865 Trisomie 21 1009 Trochanter – major 346, 390 – – Lagebestimmung 392 – minor 346 Trochlea – humeri 446, 456 – tali 400, 404 Trochoginglymus (Drehscharniergelenk) 364, 1030 Trolard-Vene (Vena anastomotica superior) 1165 Trommelfell 1076, 1089 – bei Otitis media 1082 – bei Tubenkatarrh 1082 Trophoblast 105 Tropokollagen 67 Tropomyosin 51 Truncus (Rumpf) 34 Truncus(-i) – arteriosus 622 – brachiocephalicus 629 – bronchomediastinalis 162, 635 – – dexter 635 – – sinister 634 – coeliacus 699, 865 – costocervicalis 898 – encephali s. Hirnstamm 1104 – inferior 468 – intestinalis 162, 717, 872 – jugularis 162, 899 – – dexter 635 – – sinister 634 – lumbalis(es) 162, 341, 872, 881 – – sinister 717 – medius 468 – pulmonalis 559, 579, 627, 631 – – Entwicklung 624 – subclavius 162, 467 – – dexter 635 – – sinister 634 – superior 468 – sympathicus (Grenzstrang) 215, 636 – – Bauchraum 874 – thyrocervicalis 898 – vagales 689 – vagalis – – anterior 638, 875, 999 – – posterior 638, 875, 999 Trunkothalamus 1126 Trunkuswülste 624 Trypsin 748 T-System s. Muskulatur, Skelettmuskulatur 84 TTE = transthorakale Echokardiografie 621 TTX = Tetrodotoxin 1208 Tuba(-ae) – auditiva 951, 1079, 1082 – – Entwicklung 1092 – uterina – – Entwicklung 856 – – zyklische Veränderungen 813 Tubargravidität (Eileiterschwangerschaft) 818 Tubenkatarrh 1082 Tuber(-a) – calcanei 400, 421 – frontale 943, 965 – ischiadicum 328, 390

– maxillae 954 – omentale 749 – parietale 944 Tuber-Trochanter-Linie 392 Tuberculum(-a) – anterius 253 – articulare 1031 – auriculae 1075 – caroticum 253 – costae 288 – cuneatum 1104, 1112 – gracile 1104, 1112 – impar 1014 – infraglenoidale 445 – intercondylaria 364 – intervenosum 583 – lingualia lateralia 1014 – majus 446 – mentale 965 – minus 446 – posterius 253 – pubicum 328 – sellae 945 – supraglenoidale 445 Tuberositas – deltoidea 446 – ossis metatarsalis V 403 – phalangis distalis 482 – radii 457 – tibiae 391, 397 – ulnae 479 Tubuloalveoläre Drüse 64 Tubuloazinöse Drüse 64 Tubulöse Drüse 64 Tubulin, Mikotubuli 53 Tubulus(-i) – distaler 771 – intermediärer 771 – proximaler 771 – renalis (Nierenkanälchen) 768, 770 – reuniens (Verbindungstubulus) 771 – seminiferi – – contorti 828, 843 – – recti 828 Tubulussystem, Entwicklung 851 Tumor, invasiver 69 Tumormarker 834 Tunica – adventitia (Adventitia) 677 – – Ösophagus 686 – – Ureter 779 – – Vagina 806 – albuginea – – corporum cavernosorum 836 – – corporum spongiosi 837 – – Hoden 827 – – Ovar 796 – conjunctiva 1056 – externa 152 – fibromusculocartilaginea 542 – fibrosa – – bulbi 1059, 1061 – – Leber (Glisson-Kapsel) 737 – interna bulbi s. Retina 1061, 1064 – intima 152 – media 152 – mucosa (Mukosa) 530, 677 – – Dünndarm 703 – – Harnblase 782 – – Magen 696 – – Ösophagus 683 – – Tuba uterina 798 – – Ureter 778 – – Urethra 809 – – Uterus (Endometrium) 802 – – Vagina 806

Sachverzeichnis – muscularis (Muskularis) 677 – – Dünndarm 705 – – Harnblase 782 – – Magen 699 – – Ösophagus 684 – – Tuba uterina 798 – – Ureter 779 – – Urethra 809 – – Uterus 803 – – Uterus s. Myometrium 803 – – Vagina 806 – serosa (Serosa) 523, 677 – – Harnblase 783 – – Tuba uterina 798 – – Uterus 804 – vaginalis testis 325, 827 – vasculosa bulbi (Uvea) 1059, 1062 Turmschädel (Turricephalus) 967 TVT = Tiefe Venenthrombose 160 Typ-I-Pneumozyten 557, 569 Typ-II-Pneumozyten 557 T-Zellrezeptor 177, 180

U Überbein 403 Übergangsepithel (Urothel) 62, 776 Übergangszone, Knorpel 74 Überleitungsstück (Tubulus, intermediärer) 771 Übersichtsfärbung 100 Übertragener Schmerz 1210 UES = upper esophageal sphincter 680 UES = upper esophageal sphincter s. Ösophagussphinkter 680 Ulcus – duodeni (Zwölffingerdarmgeschwür) 698 – ventriculi (Magengeschwür) 698 Ulkusblutung 698 Ulna (Elle) 479 ulnar 41 Ulnarabduktion 487 Ultimobranchialkörper 935, 969 Ultradünnschnitt 99 Ultraschalldiagnostik (Sonografie) 138 Umbilicus (Nabel) 313 Umbo 1077 Umgehungskreislauf, portokavaler 871 Umschlagfalten, Pleura parietalis 563 Umwendebewegung (Hand) 460 Uncus(-i) corporum 253 Unguis 1275 Unhappy Triad 375 Univakuolärer Adipozyt 71 Unterarm 477 – Gefäße 505 – Hautinnervation 512 – Knochen 478 – Muskeln – – Extensoren 496 – – Flexoren 495 – Muskulatur 492 – Nerven 508 – Topografie 513 Unterbauchsitus, Entwicklung 670 Untere Extremität (Membrum inferius) 34 Unterer Ösophagussphinkter = UÖS 682

Unteres Uterinsegment 800 Unterhaut 1272 Unterkiefer (Mandibula) 955, 965 Unterkieferdrüse (Glandula submandibularis) 1020 Unterkieferwulst 971 Unterkühlung 1266 Unterlippe 1004 Unterschenkel (Crus) 396 – Arterien 428 – Gefäßversorgung 427 – Innervation 431 – Knochen (Ossa cruris) 397 – Lymphsystem 430 – Muskulatur 411 – Venen 429 Unterschenkelgips 391 Unterschläfengrube s. Fossa infratemporalis 1034 Untersuchung, rektale (Prostata) 663 Untersuchungsmethoden, klinische 35 Unterzungendrüse (Glandula sublingualis) 1021 Unterzungenregion 1015 UÖS = Unterer Ösophagussphinkter 682 Urachus (Ductus allantoicus) 114, 317, 851 Urachusfistel 114 Urämie 851 Uranoschisis 1008 Ureter (Harnleiter) 777 – Kreuzungen 777 – Wandbau 778 Ureterknospe 850 Ureterstein 778 Urethra 833 – Entwicklung 851 – feminina (weibliche Harnröhre) s. 809 – masculina (männliche Harnröhre) 838 Urethralfalten 858 Urethralplatte 858 Urethritis 840 Urinkultur 781, 783 Urin-Stix 783 Urkeimzellen 852 Urniere (Mesonephros) 850 Urnierengang s. Wolff-Gang 850 Urnierenkanälchen 859 Urogenitalfalte 850 Urogenitalmembran 728 Urogenitalrinne 858 Urogenitalsystem, Entwicklung 849 Urothel (Übergangsepithel) 62, 776, 778, 782, 809 Ursegmente = Somiten 113, 281 Ursprung 241 Ursprungskegel (Axonhügel) s. Neuron 91 Ursprungskerne (Nuclei originis) 1107 Ursprungssehne (Origo) 234 Urtikaria (Nesselsucht) 174 USG = unteres Sprunggelenk (Articulatio talotarsalis) s. Sprunggelenke 407 Uterinsegment, unteres 800, 817 utero-plazentarer Kreislauf 120 Uterotomie 819 Uterus 799 – Entwicklung 856 – Kammerung 856 – zyklische Veränderungen 813 Uterusprolaps 337

Uteruswachstum, Schwangerschaft 817 Utriculus 1083, 1088, 1232 – prostaticus 839 Uvea 1059, 1062 Uvula – bifida 1008 – palatina 1006 – vermis s. Kleinhirn 1116 – vesicae 780, 784

V Vagina – Entwicklung 857 – zyklische Veränderungen 814 Vagina(-ae) – bulbi 1051 – carotica 912 – musculi recti abdominis (Rektusscheide) 313 – tendinis (Sehnenscheide) 237 Vaginalplatte 857 VAL = vordere Axillarlinie (Linea axillaris anterior) 303 Valgusstellung 347 Vallecula(-ae) epiglotticae 916 Valleix-Druckpunkte 990 Valsalva-Manöver 916 Valva(-ae) – aortae (Aortenklappe) 592 – atrioventricularis – – dextra = Valva tricuspidalis (Trikuspidalklappe) 590 – – sinistra = Valva bicuspidalis (Bikuspidalklappe) 591 – bicuspidalis (Bikuspidalklappe, Valva atrioventricularis sinistra) 591 – cordis (Herzklappen) 587 – cuspidales (Segelklappen) 589 – semilunares (Semilunarklappen = Taschenklappen) 591 – tricuspidalis (Trikuspidalklappe, Valva atrioventricularis dextra) 590 – trunci pulmonalis (Pulmonalklappe) 592 Valvula(-ae) – anales 720 – Eustachii 583 – Eustachii (Valvula venae cavae inferioris) 583 – foraminis ovalis 584 – semilunares 591 – sinus coronarii = Valvula Thebesii 583 – Thebesii (Valvula sinus coronarii) 583 – venae cavae inferioris = Valvula Eustachii 583 Varianten – Nierenarterien 774 – Nierenbeckenform 777 – Thoraxwand 305 Variation/Variabilität 47 Varikosität 220 Varikozele 829 Varizen (Krampfadern) 160, 396, 430 Varusstellung 347 – Hüfte 347 Vas(-a) – afferens, Lymphknoten 184 – circumflexae – – humeri, posteriores 474 – – scapulae 474 – efferens, Lymphknoten 184 – nutritia 225

1329 – privata 149 – – Lunge 559 – – Niere 773 – publica 149 – – Lunge 558 – – Niere 773 – – Penis 837 – spirale 1087 – vasorum 152 Vasoaktives intestinales Polypeptid = VIP 219 Vasodilatation 160 – bei Entzündung 70 Vasokonstriktion 160, 772 Vasomotorik 160 Vasopressin 1250 Vasopressin s. ADH = Antidiuretisches Hormon 771 Vater-Pacini-Körperchen 1272 Vater-Papille (Papilla duodeni major) 749 Vegetationen, adenoide 916 Vegetatives Ganglion 98 Vegetatives System, Steuerung 1243 Velum palatinum (Gaumensegel) 916, 1006 Velushaar 1274 Vena(-ae) – alveolaris, inferior 956, 1026 – anastomotica – – inferior 1165 – – superior 1165 – angularis 976, 1027 – appendicularis 869 – arcuata 775 – atriales 607 – auriculares anteriores 1035 – axillaris 466 – – lateralis 300 – azygos 633, 686 – basalis 1166 – basilica 466, 507 – brachialis 466 – brachiocephalica 300, 632 – – dextra 632 – – sinistra 632 – bronchiales 559 – bulbi vestibuli 809 – caecales 869 – cardiaca(-ae) – – magna 606 – – media 606 – – minimae 607 – – parva 606 – cardinales (Kardinalvenen) 643 – – posteriores 877 – cava – – inferior -868 – – inferior (untere Hohlvene) 146, 633, 867 – – Mündung 579, 582 – – superior (obere Hohlvene) 146, 632 – centralis retinae 1061, 1067 – cephalica 466, 507 – cervicalis profunda 278, 899 – ciliares – – anteriores 1059 – – posteriores 1059 – circumflexa – – humeri anterior 466 – – ilium – – – profunda 321 – – – superficialis 322, 383 – colica – – dextra 869 – – media 869 – – portokavale Anastomose 871 – – sinistra 869

1330 – comitans nervi hypoglossi 1016 – condylaris 951 – corticalis radiata 775 – cysticae 746 – diploicae 978 – dorsalis(-es) – – clitoridis profunda 809 – – penis profunda 837 – – scapulae 466 – – superficiales – – – clitoridis 881 – – – penis 837, 881 – efferentes 747 – emissaria(-ae) 951, 978 – epigastrica – – inferior 317, 321 – – superficialis 322, 383 – – superior 321 – ethmoidales 1050, 1052 – facialis 963, 976, 1027, 1046 – femoralis 314, 383, 809 – gastrica – – breves 700, 869 – – cystica 869 – – dextra 700, 869 – – sinistra 869 – gastroomentalis – – dextra 700, 869 – – sinistra 700, 869 – hemiazygos 633, 686 – – accessoria 633 – hepaticae 738, 747 – ileales 869 – ileocolica 869 – iliaca – – communis 881 – – interna 881 – inferiores cerebri 1165 – infraorbitalis 1027 – intercapitulares 429 – intercostalis(-es) – – anteriores 300, 632 – – posteriores 278, 300, 633 – – superior – – – dextra 300 – – – sinistra 300 – – suprema 300 – interlobaris 775 – interna cerebri 1166 – interossea – – anterior 508 – – posterior 508 – interventricularis – – anterior 607 – – posterior (Vena cardiaca media) 606 – jejunales 869 – jugularis – – anterior 898 – – externa 898 – – – Zufluss Kopfbereich 976 – – interna 899, 912, 927, 950, 976 – – – Zufluss Kopfbereich 976 – labiales 963 – – posteriores 809 – labyrinthi 950, 1085, 1087 – lacrimalis 1052 – lienalis (splenica) 869 – lingualis 1009, 1013 – lumbales 278, 321, 868 – – ascendentes 868 – lumbales ascendentes 321 – magna cerebri 1166 – marginalis – – dextra 606 – – lateralis 429 – – medialis 429 – – sinistra 607 – maxillaris 963

Sachverzeichnis – mediana cubiti 466 – meningeae mediae 1035 – mesenterica – – inferior 717, 869 – – superior 710, 717, 747, 869 – musculophrenica 632 – nasales externae 963 – obliqua atrii sinistri 606 – occipitalis 976, 978 – oesophageales 686 – – portokavale Anastomose 871 – ophthalmica 1052 – – inferior 951, 976, 1036, 1050, 1052 – – superior 949, 976, 1050, 1052 – ovarica 796, 798, 868 – – sinistra 776 – palpebrales 963 – pancreaticae 753, 869 – pancreaticoduodenales 869 – paraumbilicales 322 – – portokavale Anastomose 871 – – sinistra 869 – parotideae 1035 – pectorales 466 – perforantes 429 – pericardiacophrenica 615 – phrenica inferior 868 – poplitea 383, 393 – portae hepatis 665, 700, 738, 863, 869 – – Entwicklung 747 – prepylorica 869 – profunda clitoridis 809 – pudenda – – externa 383, 809, 837, 841, 881 – – interna 809, 835, 837, 841, 881 – pulmonales 559 – – Mündung 579, 583 – radialis 508 – rectalis(-es) – – inferiores 726 – – mediae 726 – – portokavale Anastomose 871 – – superior 726, 869 – renalis 776, 868 – retromandibularis 963, 976, 1019, 1033 – saphena – – accessoria 383 – – magna 383, 429 – – parva 384, 429 – scrotales 841 – sigmoideae 869 – splenica (lienalis) 188, 869 – stylomastoidea 1035 – subcardinales 877 – subclavia 466, 899 – subcostalis 300 – – sinistra 633 – sublingualis 1016, 1021 – submentalis 1016, 1020 – subscapularis 466 – superficialis cerebri 1165 – superiores cerebri 1165 – supracardinales 877 – supraorbitalis 978 – suprarenalis 793, 868 – – sinistra 776 – suprascapularis 466 – supratrochlearis 1052 – temporales – temporalis(es) – – profunda(-e) 1035 – – – anterior 978 – – superficialis 963, 976

– testicularis 829, 868 – – sinistra 776 – thalamostriata superior 1166 – thoracica – – interna 300 – – lateralis 466 – thoracoacromialis 466 – thoracoepigastrica 300, 322, 466 – thymicae 181 – thyroidea – – inferior 544 – – media 934 – – superior 934 – transversa faciei 963 – tympanicae 1035 – ulnaris 508 – umbilicalis 123, 150, 747, 877 – uterina 798, 804 – ventriculi – – dextri anteriores 607 – – sinistri posterioris 607 – vertebralis 278, 300, 899 – vesicales 783, 833, 835 – vitellina 747, 877 – vorticosae 1059 Vene 147, 158 – Arm 467 – untere Extremität 384 – Wandbau 153 Venenkatheter, zentraler = ZVK 466 Venenklappe 159 – Bein 429 Venenkreuz 579, 631 Venenstern 383 Venensystem – oberflächliches – – Arm 466 – – untere Extremität 383 – tiefes – – Arm 466 – – untere Extremität 383 Venenthrombose 160 Venenwinkel (Angulus venosus) 163, 632, 634 Venolen 158 – hoch-endotheliale = HEV s. HEV 182 Ventilation 566 Ventilations-Perfusions-Szintigrafie 575 Ventilationsstörungen 569 Ventilationsszintgrafie 575 Ventilebene 587 – während der Herzaktion 609 ventral 41 Ventrale Pankreasanlage 755 Ventriculus(-i) s. Magen 693 – cordis (Herzkammer) 578 – – dextrum (rechte Kammer) 584 – – Lage 581 – – sinistrum (linke Kammer) 585 – encephali 1154 – laryngis 923 – laterales 1154 – quartus 1155 – tertius 1155 Ventrikel (Gehirn), Entwicklung 1173 Ventrikel, Herz s. Ventriculus(-i) cordis 584 Ventrikelseptierung 624 Ventrikelseptum 586 Ventrikelseptum (Septum interventriculare) 586 Ventrikelseptumdefekt 586 Ventrikelsystem 1154 Ventrikulärzone 1172

Ventrikuloatrialer Shunt 1157 Ventrikulografie 621 Ventrikuloperitonealer Shunt 1157 Venula(-ae) rectae 775 Verbindungstubulus (Tubulus reuniens) 771 Verdauungskanal 675 – Wandschichten des Rumpfdarms 676 Verdauungssystem 675 Verdichtungsplatten/Anheftungsplatten 89 Vergleichende Anatomie 31 Verhornung 1268 Verknöcherungszeitpunkt, Schädelnähte 947 – vorzeitiger 967 Verlängertes Mark s. Medulla oblongata 1111 Vermis cerebelli (Kleinhirnwurm) 1116 Verschaltung, konvergente 210 Verschattung 130 Verschattung, Röntgendiagnostik 130 Verschlusshydrozephalus 1290 Verschlussikterus 743 Verschlusskontakt (Barrierekontakt) 56 Versecan 69 Versilberung, retikuläre Fasern 68 Versio, Uterus 800 Versorgungstypen, Herz 602, 604 Verstärkungsband s. Ligamentum 230 Vertebra(-ae) s. Wirbel 250 – prominens 253 Vesica(-ae) – biliaris/fellea (Gallenblase) 744 – urinaria s. Harnblase 779 Vesicula(-ae) seminalis s. Glandula vesiculosa 832 Vestibuläres System 1232, 1237 Vestibulariskerne 1235 Vestibularorgan 1085, 1087 Vestibulozerebellum 1123 Vestibulum(-a) 1083 – bursae omentalis 655 – cardiacum 682 – laryngis 923 – nasi 1040, 1043 – oris 1003 – vaginae (Scheidenvorhof) 807 Viagra 847 Vibrationssinn 1196 Vibrissae 1039, 1044 Vielecksbein – großes (Os trapezium) 480 – kleines (Os trapezoideum) 480 Vielkernige Riesenzelle, Osteoklast 75 Vierhügelplatte (Lamina quadrigemina) 1114 Vigilanz 1254 Villin 51 Villi intestinales 704 Vimentin 52 Vincristin 53 Vincula tendinum 237 VIP = vasoaktives intestinales Polypeptid 219 Virchow-Lymphknoten 634 Virchow-Robin-Räume 1150 Visuelle Kortexareale 1141 Visuelles System 1215 Viszeroafferenzen 979

Sachverzeichnis Viszeroefferenzen 198 Viszerokranium s. Gesichtsschädel 954 Viszerosensorik 1194, 1205 Vitalkapazität 286 Vitamin B12-Resorption 708 Vitamin C (Ascorbinsäure)-Mangel 68, 1025 Vitium 588 VNO = Vomeronasalorgan 1045 Volkmann-Gefäß 78 Volkmann-Kanal (Canalis perforantis) 78 Volumenbelastung 588 Vomer (Pflugscharbein) 954, 1040 Vomeronasalorgan = VNO 1045 Vorderdarm 118 Vordere Hinterhauptslage 819 Vorderhirn s. Prosenzephalon 1103 Vorderhirnbläschen 1173 Vorderhorn (Cornu anterius) 204, 1099 – Entwicklung 1172 Vorderseitenstrang (Funiculus anterolateralis) 1101, 1210 – Durchtrennung 1211 Vorderwurzel (Radix anterior/ motoria) 204 Vorfuß (Antetarsus) 403 – Beweglichkeit 409 Vorhaut (Preputium penis) 836 Vorhautverengung (Phimose) 836 Vorhof – Herz s. Atrium(-a) cordis 582 – primitiver (Atrium primitivum/commune), 622 Vorhofdrüsen – große (Glandulae vestibulares majores) 807 – kleine (Glandulae vestibulares minores) 807 Vorhofflimmern 1288 Vorhofseptierung 625 Vorhofseptum (Septum interatriale) 586 Vorniere (Pronephros) 850 Vornierengang 850 Vorspannung, Muskel 241 Vorsteherdrüse s. Prostata 833 V-Phlegmone 501 VPL = Nucleus ventralis posterolateralis 1127, 1199 VPM = Nucleus ventralis posteromedialis 1127, 1204, 1243 Vulva 807

W Wachstum – appositionelles – – Knochen 79 – – Knorpel 72 – interstitielles – – Knochen 80 – – Knorpel 72 Wachstumsfaktoren, hämatopoetische 166 Wachstumsfugen, Hand 515 Wächterlymphknoten 184 Wade (Sura) 433 Wadenbein (Fibula ) 398 Waldeyer-Rachenring 190, 914 Waller-Degeneration 96 Wallpapillen 1012 Wandbau, Blutgefäße 152, 155 Wanderwelle 1090 Wandschichten, Rumpfdarm 676

Wange (Bucca) 1004 Ward-Dreieck 225 Wärmeregulation 1273 Warzenfortsatz 943 Warzenfortsatz s. Processus mastoideus 943 Wasserhaushalt 763 Wasserpermeabilität 771 Wasserschöpfbewegung 500 Wechseljahre (Klimakterium) 824 Wechselschnitt 311 Weckreaktion 1254 Wehenhemmung 799 Wehentätigkeit 819 Weibliche Harnröhre s. Urethra feminina 809 Weibliches Genitale 794 Weiche Leiste 316 Weicher Gaumen 1006 Weichteilhemmung 233, 459 Weiße Substanz (Substantia alba) 202 – Rückenmark 1099, 1101 Weißes Fettgewebe 71 Weisheitszahn 1029 Weltraumkrankheit 1233 Wenkebach-Bündel 597 Wernicke-Sprachzentrum 1141, 1232, 1262 Wharton-Sulze 70 Whiplash injury 267 Widerstand, peripherer 154 Willisi s. Circulus arteriosus cerebri 1158 Willkürbewegung 1192 – reflektorische Steuerung 1189 Wilson-Kurve 1023 Windkesselfunktion 153, 629 Winkelbeschleunigung 1087 Wirbel (Vertebra, -ae) 250 – Bauelemente 251 – Entwicklung 283 Wirbelbogen (Arcus vertebrae) 251 Wirbelbogenbänder 261 Wirbelbogenfortsatz (Processus arcus vertebrae) 251 Wirbelbogengelenk (Articulatio zygapophysealis) 251 – Stellung 268 Wirbelkanal (Canalis vertebralis) 251 Wirbelkörper (Corpus vertebrae) 250 Wirbelkörperbänder 261 Wirbelkörperfraktur 251, 267 Wirbelloch (Foramen vertebrale) 251 Wirbelsäule 247, 249 – Bänder 260 – Bewegung 268 – – Untersuchung 270 – Entwicklung 281 – Fehlbildungen 283 – Stabilisierung 271 – Varianten 283 Wirbelsäulenkrümmung, Entwicklung 250 Wirbelsäulenveränderungen, degenerative 262 Wirsung-Gang (Ductus pancreaticus) 749 Wochenbett (Puerperium) 820 Wochenfluss (Lochien) 821 Wolff-Gang = Urnierengang 850, 854, 859 Wrisberg-Ligament = Ligamentum meniscofemorale posterius 369

Wundstarrkrampf 1191 Würfelbein (Os cuboideum) 402, 409 Würgereflex 919 Wurmfortsatz s. Appendix vermiformis 192, 713 Wurzelhaut 1025 Wurzelkanal 1024 Wurzelscheide 1029

X X-Bein (Genu valgum) 394 Xylolreihe, Entparaffinierung 99

Y Y-Fuge, Hüftbein 327

Z Zahn (Dens) 1021 – Aufbau 1024 – Gefäße 1026 – Hartsubstanzen 1024 Zahnbein 1024 Zahnbein (Dentin) 1024, 1029 Zahndurchbruch 1029 Zahnentwicklung 1028 Zahnfleisch s. Gingiva 1004, 1026 Zahnformel 1022 Zahnhalteapparat 1025 Zahnknospen 1028 Zahnleiste 1028 Zahnpapille 1029 Zahnpulpa 1029 Zahnsäckchen 1029 Zahnstein 1023 Zahntasche 1026 Zäkum 712, 716 – Gefäße 716 – Nerven 717 Zäpfchen s. Uvula 1006 Zapfen 1066, 1217 Zapfengelenk 409 – Articulatio atlantoaxialis 266 Zehen (Digiti pedis) 403 – Funktion 411 Zehengangrän 396 Zehengrundgelenke (Articulationes metatarsophalangeae) 411 Zeis-Drüsen 1055 Zell-Matrix-Kontakt 57 Zell-Zell-Kontakt 57 Zellatmung 565 Zelldifferenzierung, Epithelgewebe 61 Zelle 49 – APUD 704 – dendritische 175 Zellkern (Nucleus) 50 Zellkontakt 56 Zellmembran 53 – apikale 54 – basale 54 – basolaterale 54 Zellorganellen 51 Zellregeneration, Epithelgewebe 61 Zelluläre Immunität 165 Zement 1024 Zementoblast 1029 Zenker-Divertikel 918 Zentralarterie 185 Zentrale Fazialisparese s. Fazialisparese 1185

1331 Zentrale Lähmung s. Lähmung 1191 Zentrale Zone, Prostata 834 Zentraler Venenkatheter = ZVK 466 Zentrales Nervensystem = ZNS s. ZNS 201 Zentralkanal 1154, 1170 Zentralvenenläppchen 739 Zentriol, Mikrotubulus 53 Zentriolenpaar, Mikrotubulus 53 Zentroazinäre (Schaltstück-) Zellen 750 Zentrosom, Mikrotubulus 53 Zerebellum s. Kleinhirn 1116 Zerebraler Insult 1157 Zerumenpfropf 1077 Zervikalkanal, präovulatorische Öffnung 814 Zervikallordose 248 Zervikalmark 1102 Zervikothorakaler Übergang 263 Zervixabstrich 803 Zervixinsuffizienz 799 Zervixkarzinom 803 Zervixschleim 814 Zervixschleimhaut 802 Ziliarepithel 1060, 1063 Ziliarkörper, s. Corpus ciliare Zirkadiane Rhythmik 1228 Zirkumduktion 42 Zirkumventrikuläre Organe = ZVO 1169, 1249 Z-Linie = Ora serrata 695 ZNS = Zentrales Nervensystem 201, 1097 – Bildgebung 1175 – Entwicklung 1170 – Funktionelle Systeme 1181 – Neurotransmitter 1182 Zölom – extraembryonales (Chorionhöhle) 108 – intraembryonales (Zölomhöhle) 114, 527, 664 Zona(-ae) – alba (Pecten analis) 721 – columnalis 721 – cutanea 721 – fasciculata 791 – glomerulosa 791 – intermedia (Substantia intermedia) 1100 – marginalis 1100 – orbicularis 349 – pellucida 103, 810 – – Auflösung 105 – reticularis 791 – transitionalis analis 721 Zonula – adhaerens 57 – occludens (Tight Junction, Barrierekontakt) 56 Zonula occludens-Proteine 57 Zonulafasern 1069 Zotten – Dünndarm 704 – Jejunum 709 Zottenbaum 121 Zottenbaum s. Plazenta 121 Zottenpumpe 678, 704 Z-Streifen 83 Zugsehne 234 Zugtrabekel, Wirbelkörper 252 Zunge (Lingua) 1009 – Entwicklung 1014 – Gefäße 1013 – Muskulatur 1010 – Nerven 1013 – Schleimhaut 1011

1332 Zungenbändchen 1009 Zungenbein (Os hyoideum) 893 Zungenbeinmuskulatur 893 Zungengrundstruma 1010 Zusammengesetzte Drüse 65 ZVK = zentraler Venenkatheter 466 ZVO = zirkumventrikuläre Organen 1169 Zwei-Punkt-Diskrimination 1195 Zweiter Schmerz 1206 Zwerchfell (Diaphragma) 295, 298 – atemmechanische Funktion 296 – Deszensus 116

Sachverzeichnis – Durchtrittsstellen 537 – – Übersicht 538 – Entwicklung 115 – Projektion auf die Thoraxwand 571 Zwerchfellatmung = Bauchatmung 295, 567 Zwerchfellenge 681 Zwerchfellhernie 116, 539 Zwerchfellhochstand 639 Zwergwuchs Zwergwuchs (Kretinismus) 43 – disproportionierter (Chondrodystrophie) 80 Zwillinge – eineiige, Eihautverhältnisse 125 – zweieiige, Eihautverhältnisse 125

Zwischenhirn (Diencephalon) 1124 Zwischenhirnbläschen 1173 Zwischenkiefersegment 971 Zwischenwirbelscheibe (Discus intervertebralis) 258 Zwischenzellen s. Leydig-Zellen 853 Zwölffingerdarm s. Duodenum 705 Zwölffingerdarmgeschwür s. Ulcus duodeni 698 Zyanose 1004 Zygote 104 Zymogen 64 Zystenniere 851 Zystische Fibrose (Mukoviszidose)

Zystische Fibrose = Mukoviszidose 65, 751 Zystitis 783 Zystoskopie 780 Zytokeratinfilament 52 Zytokrine Sekretion 1269 Zytologie 49 Zytoplasma 50 Zytoskelett 51 Zytosol 50 Zytostatika-Therapie, Brechreiz 1111 Zytotrophoblast 105

Sachverzeichnis

1293

Sachverzeichnis Halbfette Seitenzahl: Sind mehrere Seitenzahlen unter einem Stichwort angegeben, wird das Stichwort auf der halbfett markierten Seite ausführlicher besprochen.

A AB0-System 168 Abdomen, akutes 647 Abdomenübersichtsaufnahme 131 Abdominalhöhle, Entwicklung 117 Abduktion 42 Abduktionshemmung 362 Aberrante Nierenarterien 774 Abfaltung, Embryo 114 Ableitende Harnwege s. Harnwege 776 Abspreizen (Abduzieren) der Finger 491 Abstillen 821 Abstrich, Zervix 803 AC(Acetabulum)-Winkel 362 AC-Band = Ligamentum coracoacromiale 440 ACE = Angiotensin-ConvertingEnzyme 772 ACE (= Angiotensin Converting Enzyme)-Hemmer 160 Acetabulum 327, 345 Acetylcholin = ACh 219 Acetylcholin-Rezeptor, Autoantikörper 84 AC-Gelenk = Akromioklavikulargelenk 440 ACh = Acetylcholin 219 Achillessehne 413 – Ruptur 413 Achillessehnenreflex 413 Achselfalte 451 – hintere 474 – vordere 474 Achselhöhle, Leitungsbahnen 464 Achsellücken 474 Achsen 38 – obere Extremität 476 Achsenorgane 281 Achsenskelett 248 Aciclovir 1133 Acromion 440 ACTH = adrenokortikotropes Hormon 791, 1252 Adamantoblast 1028 Adamkiewicz-Arterie (Arteria radicularis magna) 1164 Adamsapfel s. Prominentia laryngea 921 Adaption 1049 Addison, Morbus 792 Adduktion 42 Adduktoren 358 Adduktorenkanal (Canalis adductorius) 381 Adenohypophyse 1249, 1251 – Entwicklung 1175 – Hormone 1252 Adenoide Vegetationen 916 Adenosintriphosphat = ATP 219 Adenotomie 916 Aderhaut s. Choroidea 1064

ADH = antidiuretisches Hormon = Vasopressin 200, 771, 1250, 1289 – Mangel 200 Adhärenskontakt 57 Adhäsion, Blastozyste 105 Adhäsionskontakt (Haftkontakt) 57 Adhäsive Glykoproteine 69 Adhesio interthalamica 1126 Adiadochokinese 1124 Adipositas 43, 71 Adipozyt 71 – plurivakuolär 72 – univakuolär 71 Aditus – laryngis 917, 921, 923 – orbitalis 959, 965, 1049 Adiuretin s. Antidiuretisches Hormon 1250 Adnexitis 797 Adrenalin 790, 792, 1182, 1257 Adrenarche 824 Adrenokortikotropes Hormon = ACTH 791, 1252 Adrenorezeptoren-Blocker 160 Adventitia s. Tunica adventitia 677 Aδ-Faser 1206 Affekte 1243 Affenhand 510 Afferenz 197, 205 – Informationsleitung 212 Agger nasi 1041 Aggrecan 69 Agranulärer Kortex 1135 AIDS = aquired immunodeficiency syndrome 177 Akinese 1188 Akkommodation 1049, 1069 Akkommodationsreflex 1227 Akromegalie 1009, 1252 Akromioklavikulargelenk (Articulatio acromioclavicularis) 440 Akrosin 848 Akrosom 844 Akrosomenreaktion 103, 848 Aktinfilament 51 – Muskulatur 81 Aktin-Monomer 51 Aktinnetz, kortikales 51 Aktionspotenzial 195 Aktive Insuffizienz 496 Aktivität, neuronale 196 Akutes Abdomen 647 Akutes Nierenversagen = ANV 1285 Akzeleration 45 Akzessorische Geschlechtsdrüsen, Mann 832 Akzessorische Nierenarterien 774 Akzessorisches optisches System 1225 Ala(-ae) – major 945 – minor 945 – nasi 1039 – ossis ilii 328

Albumin 165 Alcianblau 101 Alcock-Kanal (Canalis pudendalis) 341, 884 Aldosteron 790 – Sekretion 772 Allantois 114, 851 Allergie 173 allergische Reaktion, Soforttyp (Typ-I-Reaktion) 174 allgemeine Bedeutung, Anatomie 31 Allokortex 1135 Alter, Einfluss auf Körperbau 47 Altersatrophie 825 Altersrundrücken 250 Altersweitsichtigkeit 1069 Alveolarmakrophagen 557 Alveole 550, 557, 569 Alveolus(-i) dentalis 955, 1025 Alveus hippocampi 1248 Alzheimer-Demenz 1256 Amakrine Zelle 1065, 1067, 1220 Amboss 1080 Amboss (Incus) 1080 Ameloblast 1028 Ameloblastom 1029 Amine 704 Aminopeptidasen 748 Ammonshorn s. Cornu ammonis 1246 Amnesie – anterograde 1259 – retrograde 1259 Amnionhöhle 107 Amniozentese 124 AMPA/KA-Rezeptor 1209 Amphiarthrosis (straffes Gelenk) 232, 410, 423, 490 Ampulla(-ae) – duodeni 705 – epiphrenica 682 – membranaceae 1083 – osseae 1084 – recti 719 – tubae uterinae 797 – urethrae 839 Ampullärer Beckentyp 777 Amputationsneurom 96 α-Amylase 748 Analabszess 720 Analatresie 728 Analfalten 728, 858 Analfissur 721 Analfistel 720 Analkanal (Canalis analis) 719720 – Gefäße 724 – Nerven 727 Analmembran 728 Anämie 169 anaphylaktischer Schock 174 Anastomose (Gefäßzusammenschluss) 148 – arterielle – – Bauchraum 867 – – Kopf 975 – arteriovenöse 158 – kavokavale 633, 870

– Lunge 559 – portokavale 322, 870 Anatomie am Lebenden s. Oberflächenanatomie 35 Anatomische Fachsprache 33 Anatomische Normalposition 232 Anatomische Richtungsbezeichnung 41 Androgene 790, 827, 845, 855 – systemische Wirkung 846 Anenzephalus 284, 1170 Aneurysma 69, 614 – dissecans 628 – Hirnbasisarterien 1159 Angina 191 – pectoris 592, 600 Angiogenese 155 Angiografie 139 – zerebrale 1177 Angiokardiografie 621 Angiom, arteriovenöses 1179 Angioödem 174 Angiotensin I 772 Angiotensin II 772 Angiotensin-Converting-Enzyme = ACE 772 Angiotensinogen 772 Angulus(-i) – costae 288 – infrasternalis 289 – iridocornealis 1071 – iridocornealis (Kammerwinkel) 1071 – mandibulae 955 – sterni, Rippenzählung 304 – subpubicus 329 – venosus (Venenwinkel) 632, 634 Anheftungsplatten/ Verdichtungsplatten, glatte Muskulatur 89 Anisodontie 1021 Anorganische Matrix = Knochengrundsubstanz 76 ANP = atriales natriuretisches Peptid = Cardiodilatin 88, 595 Ansa – cervicalis – – profunda 902 – – superficialis 902, 904 – lenticularis 1144, 1186 – nephroni (Henle-Schleife) 772 – subclavia 905 Ansatz, Muskel 241 Ansatzsehne (Insertio) 234 Anspannungsphase 609 Antagonisten 240 Anteflexio, Uterus 800 anterior, -us 41 anterior-posterior (a. p.) s. Röntgendiagnostik 130 Anteriore Zone, Prostata 834 Anterolaterale Chordotomie 1211 Antetarsus (Vorfuß) 403 Antetorsion, Femur 348, 398 Anteversio, Uterus 800

1294 Anteversion 42 Antibiogramm 783 Anticus (M. cricothyroideus) 926 Antidiuretisches Hormon = ADH = Vasopressin 771, 1250 – Mangel s. ADH 200 Antigen, prostataspezifisches = PSA 834 Antigenpräsentation 174 Antihelix 1075 Antikörper 177 – IgA 189 Anti-Müller-Hormon 855 Antrum – cardiacum 682 – folliculi 810 – mastoideum 1079, 1082 – pyloricum 693 Antwortkommentare 1281 Anulus – femoralis 315 – fibrocartilagineus 1077 – fibrosus 258, 587 – inguinalis – – profundus (innerer Leistenring) 317 – – superficialis (äußerer Leistenring) 317 – tendineus communis 1049 – umbilicalis 313 Anus praeternaturalis 728 ANV = Akutes Nierenversagen 1285 An-Zentrum-Bipolarzelle 1219 An-Zentrum-Ganglienzellen 1219 Aorta 146, 627 – abdominalis 863 – – Äste 864 – – Übersicht der unpaaren Äste 866 – ascendens = Pars ascendens aortae 579, 627, 629 – descendens = Pars descendens aortae 627, 631 – mediastinal 627 – – Abschnitte 628 – paarige 642 – reitende 624 – thoracica (Brustaorta) = Pars thoracica aortae 627, 631 Aortae dorsales 877 Aortenaneurysma 628 Aortenbogen (Arcus aortae) 627, 629, 642 Aortendissektion 628 Aortenenge, Ösophagus 681 Aortenisthmus (Isthmus aortae) 629 – Stenose 321, 629 Aortenklappe s. Valva aortae 592 – Insuffizienz 593 – Stenose 592, 619 Aortenruptur 628 a. p. = anterior-posterior s. Röntgendiagnostik 130 Apertura(-ae) – canaliculi, vestibuli 950 – externa canaliculi cochleae 951 – laterales ventriculi quarti 1156 – mediana ventriculi quarti 1156 – pelvis – – inferior (Beckenausgang) 329 – – superior (Beckeneingangsebene) 328

Sachverzeichnis – piriformis 959, 965, 1039 – sinus frontalis 943 – thoracis – – inferior 288 – – superior 288 Apex – cordis (Herzspitze) 579 – dentis 265 – linguae 1009 – ossis sacri 258 – patellae 364 – pulmonis 548 – vesicae 780 Aphasie – Leitungs- 1262 – motorische 1140, 1262 – sensorische 1141 apikale Zellmembran 54 apikales Netz s. Aktinnetz, kortikales 51 apokrine Drüse s. Drüse 65 Apokrine Schweißdrüsen 1277 apokrine Sekretion s. Drüse, exokrine 64 Aponeurose 234 Aponeurosis – bicipitalis 460 – linguae 1010 – musculi bicipitis 475 – brachii 460 – palmaris (Palmaraponeurose) 503 – plantaris 423 – stylopharyngea 912 Apophyse 223 Apoplex 625, 1157 Apoptose 180 – Nervenzellen im Rückenmark 1098 Apozytose 64 Apparat, juxtaglomerulärer 772 Appendix(-ices) – epididymidis 856 – epiploicae 715 – fibrosa hepatis 736 – testis 856 – vermiformis (Wurmfortsatz) 192, 713, 716 Appendizitis 192, 714 Apposition, Blastozyste 105 appositionelles Wachstum – Knochen 79 – Knorpel 72 APUD-Zellen 704 Äquator s. Bulbus oculi 1058 Aqueductus – cerebri 1114 – cochleae 951 – mesencephali 1114, 1154 Arachnoidea mater 1149 ARAS = aszendierendes retikuläres aktivierendes System 1254 Arbeitsmuskulatur 594 Arbor bronchialis (Bronchialbaum) 554 Archikortex 1135 Arcus – anterior 264 – aortae (Aortenbogen) 627, 629, 638 – axis 265 – costalis 289 – iliopectineus 314 – palatoglossus 916, 1005 – palatopharyngeus 916, 1005 – palmaris – – profundus (tiefer Hohlhandbogen) 506 – – superficialis (oberflächlicher Hohlhandbogen) 506

– plantaris 427 – posterior 264 – pubicus 329 – subpubicus 328 – superciliaris 943, 959, 965 – tendineus musculi solei 431 – venosus – – dorsalis pedis 429 – – jugularis 898 – – plantaris 429 – vertebrae (Wirbelbogen) 251 – zygomaticus 959, 965 Area(-ae) – cribrosa 768 – gastricae 696 – hypothalamica posterior 1129 – intercondylares 364 – nuda 736 – postrema 1111, 1169 – prepiriformis 1240 – pretectalis 1226 – septalis 1245 – striata 1136 Areola mammae 1277 argyrophil 101 Arkadenbildung, Mesenterialarterien 867 Arm s. obere Extremität 437 Armvenen 467 Artefakt 99 Arteria(-ae) – alveolaris – – inferior 956, 974, 1026 – – superior – – – anterior 974, 1026 – – – posterior 974, 1026 – angularis 962, 974, 975, 1052, 1055 – appendicularis 665, 716, 866 – arcuata(-ae) 427, 775 – auricularis – – anterior 1075 – – posterior 974, 1075, 1078 – – profunda 974, 1033, 1077 – axillaris 463 – – Topografie 470 – basilaris 1158 – brachialis 465 – – Puls 465 – – Topografie 469 – bronchiales s. Rami bronchiales 545 – buccalis 974 – bulbi – – penis 837, 880 – – vestibuli 808, 880 – caecalis 866 – – anterior 716 – – posterior 716 – canalis pterygoidei 974, 1036 – caroticotympanicae 1083 – carotis – – communis 912 – – – dextra 629 – – – sinistra 629 – – externa 973, 975, 1019 – – – am Hals 897 – – interna 912, 950, 975, 1158 – – – extrazerebrale Äste 975 – caudae pancreatis 866 – centrales anterolaterales 1161 – centralis retinae 1061, 1067 – cerebri – – anterior 1158, 1160 – – media 1158, 1160 – – – Infarkt 1288 – – – Verlauf 1160 – – posterior 1158, 1160 – cervicalis

– – ascendens 898 – – profunda 278, 898 – – superficialis = R. ascendens, A. transversa cervicis 278, 898 – – suprema 898 – choroidea anterior 1162 – ciliares – – anteriores 1056, 1059 – – breves 1051 – – longae 1051 – circumflexa – – femoris – – – lateralis 382 – – – medialis 382 – – humeri – – – anterior 463 – – – posterior 463 – – ilium – – – profunda 321, 380, 879 – – – superficialis 321, 381 – – scapulae 463 – cochlearis – – communis 1087 – – propria 1087 – colica – – dextra 717, 866 – – media 665, 717, 866 – – sinistra 717, 866 – collateralis – – media 465 – – radialis 465 – – ulnaris – – – inferior 465 – – – superior 465 – communicans – – anterior 1158 – – posterior 1158 – coronaria (Koronararterie) 599 – – dextra 629 – – sinistra 629 – corticalis radiata 775 – cystica 746, 866 – digitales – – dorsales 427, 507 – – palmares – – – communes 507 – – – propriae 507 – – – – pollicis 506 – – plantares 427 – dorsalis – – clitoridis 808, 880 – – nasi 975, 1046, 1052 – – pedis 427 – – penis 837, 880 – – scapulae = R. profundus, Arteria transversa colli 278, 463, 898 – ductus deferentis 831, 833, 879 – epigastrica – – inferior 317, 321, 879 – – superficialis 321, 381 – – superior 321, 629 – ethmoidalis – – anterior 949, 1046, 1050, 1052 – – posterior 1046, 1050, 1052 – facialis 897, 962, 974, 1005, 1020, 1046 – femoralis 314, 391, 808 – – Äste 381 – – Beginn 380 – fibularis 427 – gastrica(-ae) 665 – – breves 665, 700, 866 – – dextra 700, 866 – – psterior 700 – – sinistra 686, 700, 865 – gastroduodenalis 866

Sachverzeichnis – gastroomentalis 665 – – dextra 866 – – sinistra 700, 866 – genus descendens 381 – glutea – – inferior 880 – – superior 380, 880 – helicinae 804, 847 – hepatica – – communis 865 – – propria 665, 738, 746, 866 – hyaloidea 1071 – hypophysialis – – inferior 1251 – – superior 1251 – ileales 710, 716, 866 – ileocolica 716, 866 – iliaca(-ae) – – communes 879 – – externa 380, 879 – – interna 380, 879 – – – parietale Äste 880 – – – viszerale Äste 879 – iliolumbalis 341, 880 – inferior – – anterior cerebelli 1159 – – lateralis genus 383 – – medialis genus 383 – – posterior cerebelli 1159 – infraorbitalis 951, 956, 962, 974, 1005, 1036, 1046, 1050 – intercostalis(es) 686 – – anteriores 631 – – posteriores 277, 299, 320, 631 – – suprema 277 – interlobares 775 – interossea – – anterior 505, 508 – – communis 505 – – posterior 505, 508 – – recurrens 505 – jejunales 710, 866 – labiales 962, 974, 1005 – labyrinthi 1085, 1087, 1159 – lacrimalis 1051, 1055, 1057 – laryngea – – inferior 898, 927 – – superior 897, 927, 974 – lenticulostriatae 1161 – lienalis s. Arteria splenica 865 – lingualis 974, 1013 – lumbales 277, 320, 865 – mammaria interna s. A. thoracica interna 299 – masseterica 974, 1033 – maxillaris 956, 974, 1019, 1026, 1035 – media genus 383 – meningea – – media 949, 974, 1164 – – posterior 950, 974 – mentalis 962 – mesenterica – – inferior 717, 867 – – superior 665, 705, 710, 717, 867 – metacarpales – – dorsales 507 – – palmares 506 – metatarsales – – dorsales 427 – – plantares 427 – musculophrenica 299 – nasales posteriores – – laterales 1046 – – septi 1046 – nutricia(-ae) – – fibulae 427 – – humeri 465 – – radii 506

– – tibiae 427 – – ulnae 506 – obturatoria 380, 881 – occipitalis 278, 974 – ophthalmica 949, 962, 975, 1049, 1051 – ovarica 796, 865 – palatina(-ae) – – ascendens 897, 919, 974, 1007 – – descendens 191, 919, 956, 974, 1007, 1036 – – major 1036 – – minores 1036 – palpebrales 1056 – – mediales 1052 – pancreatica – – dorsalis 753, 866 – – inferior 753 – – magna 753, 866 – pancreaticoduodenalis 707 – – inferior 707, 753, 866 – – superior 753 – – – anterior 707, 866 – – – posterior 707, 866 – perforantes 382 – pericallosa 1161 – pericardiacophrenica 615, 629 – perinealis 808, 880 – pharyngea ascendens 919, 974, 1007 – phrenica – – inferior 320, 865 – – superior 631 – plantaris – – lateralis 427 – – medialis 427 – pontis 1159 – poplitea 393 – – Äste 383 – – Beginn 381 – – Verletzung 393 – princeps pollicis 506 – profunda – – brachii 465 – – – Topografie 469 – – clitoridis 808 – – femoris – – – Äste 382 – – – Beginn 381 – – linguae 974, 1013 – – penis 837, 880 – pudenda(-ae) – – externa 381, 841 – – interna 341, 808, 835, 837, 841, 880 – pulmonales = Lungenarterien 559, 568, 631 – radialis 466, 495, 505, 506, – – indicis 506 – – Puls 506 – radicularis magna 1164 – rectae 710 – rectalis – – inferior 724, 880 – – media 724, 835, 880 – – superior 717, 724, 866 – recurrens – – radialis 505 – – ulnaris 505 – recurrentes tibiales 427 – renalis 773, 865 – retroduodenales 707, 866 – sacrales laterales – sacralis(-es) – – laterales 278, 341, 380, 880 – – mediana 278 – segmentales laterales 877 – sigmoideae 665, 717, 866 – sphenopalatina 974, 1036

– spinalis(-es) – – anterior 950, 1163 – – posteriores 950, 1163 – splenica (lienalis) 188, 665, 865 – stylomastoidea 951, 974, 1083 – subclavia 463, 897 – – dextra 629 – – sinistra 629 – subcostalis 277, 299, 320 – sublingualis 974, 1013, 1016, 1021 – submentalis 897, 974, 1016 – subscapularis 463 – superior – – cerebelli 1159 – – lateralis genus 383 – – medialis genus 383 – supraorbitalis 975, 1052, 1055 – suprarenalis – – inferior 773, 793, 865 – – media 793, 865 – – superior 793, 865 – suprascapularis 463, 898 – supratrochlearis 1052, 1055 – surales 383, 427 – temporalis(-es) – – media 974 – – profundae 974, 1033 – – superficialis 962, 974, 1019, 1078 – testicularis 828, 865 – thoracica – – interna 299, 629 – – – Ursprung 898 – – lateralis 299, 463 – – superior 463 – thoracoacromialis 463 – thoracodorsalis 299, 463 – thyroidea – – inferior 686, 898, 919, 934 – – superior 897, 919, 934, 974 – tibialis – – anterior 427 – – posterior 427 – transversa – – cervicis (colli) 278, 463, 898 – – faciei 962, 974, 1005, 1020 – tympanica – – anterior 951, 974, 1083 – – inferior 974, 1083 – – posterior 974, 1083 – – superior 950, 1083 – ulnaris 466, 495, 505, 506, 508 – – Puls 506 – umbilicalis 123, 150, 317, 877 , 879 – urethralis 840, 880 – uterina 804, 880 – vaginalis 806, 880 – vertebralis 278, 950, 1158, 1163 – – Ursprung 898 – vesicalis – – inferior 783, 833, 835, 880 – – superior 783, 879 – vestibularis anterior 1088 – vestibulocochlearis 1088 – vitellina(-ae) 877 – – superior 670 – zygomaticoorbitalis 962 Arterie 147 – elastischer Typ 153, 629 – muskulärer Typ 154 – Wandbau 153 Arterielle Anastomosen, Bauchraum 867

1295 Arterielle Hypertonie (Bluthochdruck) 160, 600 Arterielle Massenblutung 1162 Arteriola(-ae) – glomerularis – – afferens 769, 772, 775 – – efferens 769, 775 – rectae 775 Arteriole 154 Arteriosklerose 154 – Bein 396 – koronare 600 Arteriovenöse Kopplung 159 Arteriovenöses Angiom 1179 Arthrose 74, 131, 228 – Hüfte s. Coxarthrose 345 – Kniegelenk s. Gonarthrose 363 – Sprunggelenke 396 Articulatio(-nes) – acromioclavicularis (Akromioklavikulargelenk = AC-Gelenk = Schultereckgelenk) 440 – atlantoaxialis 265 – – lateralis 266 – – mediana 266 – atlantooccipitalis 265 – bicondylaris (Kondylengelenk) 231 – calcaneocuboidea 409 – capitis costae (Rippenkopfgelenk) 290 – carpometacarpalis(-es) (Karpometakarpalgelenke) 489 – – II–V 490 – – pollicis (Daumensattelgelenk) 489 – costotransversaria (Rippenquerfortsatzgelenk) 290 – costovertebrales (Kostovertebralgelenke) 290 – coxae s. Hüftgelenk 345 – cricoarytenoidea 923 – cricothyroidea 922 – cubiti (Ellenbogengelenk) 455 – – Röntgenbild 457 – cylindrica (Walzengelenk) 231 – Diarthrose 228 – ellipsoidea (Eigelenk) 231 – genus s. Kniegelenk 363 – glenohumeralis (Schultergelenk) 445 – – Röntgenbild 438 – humeroradialis (Humeroradialgelenk) 455, 459 – humeroulnaris (Humeroulnargelenk) 455, 459 – incudomallearis 1080 – incudostapedialis 1080 – interchondrales 291 – intermetacarpales (Karpometakarpalgelenke) 491 – intermetatarsales (Intermetatarsalgelenke) 411 – interphalangeales (Interphalangealgelenke) 492 – – pedis (Interphalangealgelenke des Fußes) 411 – mediocarpalis (distales Handgelenk) 484-485 – metacarpophalangea pollicis (Daumengrundgelenk) 491 – metacarpophalangeales (Fingergrundgelenke) 491 – – II–V 491 – metatarsophalangeae (Zehengrundgelenke) 411 – plana (ebenes Gelenk) 231 – radiocarpalis (proximales Handgelenk) 484

1296 – radioulnaris – – distalis (distales Radioulnargelenk) 479 – – proximalis (proximales Radioulnargelenk) 455, 459 – sacroiliaca (Iliosakralgelenk) 331 – sellaris (Sattelgelenk) 231 – sphaeroidea (Kugelgelenk) 232 – sternoclavicularis (Sternoklavikulargelenk) 440 – – Bewegungsausmaß 442 – sternocostales (Sternokostalgelenke) 291 – subtalaris 407 – talocalcaneonavicularis 407 – talocruralis (oberes Sprunggelenk = OSG) s. Sprunggelenke 404 – talonavicularis 409 – talotarsalis (unteres Sprunggelenk = USG) s. Sprunggelenke 407 – tarsi transversa (ChopartGelenk) 409 – tarsometatarsales 410 – temporomandibularis s. Kiefergelenk 1030 – tibiofibularis 399 – trochoidea (Rad-/Zapfengelenk) 231 – zygapophysealis (Wirbelbogengelenk) 251 Artikulation 1261 Asbestfasern, Knorpel 74 Aschoff-Tawara-Knoten s. AV-Knoten 597 Ascorbinsäure (Vitamin C)Mangel 68 Aseptische Nekrose 360 Aspartat 1182 A-Spermatogonien 843 Aspiration 545, 918 Assimilation 284 Assoziationsfasern 1145 Assoziationskortex, parietaler 1182 Assoziatives Lernen 1260 Astheniker 46 Asthma – bronchiale 90 – – Atmung, forcierte 294 – – Eosinophilie 173 – cardiale 591 A-Streifen s. Muskulatur, Querstreifung Astrozyt (Gliazelle) 93 Astrozytom 93 Aszendierendes retikuläres aktivierendes System = ARAS 1254 Aszensus, Niere 851 Aszites 526 Ataxie – sensorische 1200 – spinale 1200 – zerebelläre 1124 Atelektase 558 Atemarbeit 293 Atemmechanik 292 Atemmechanismen 567 Atemminutenvolumen 294 Atemmuskeln, Übersicht 568 Atemphasen 566 Atemverschieblichkeit – Leber 736 – Lunge 572 Atemwege, untere 541 Atemwegsobstruktion 294 Atemwegswiderstand 561

Sachverzeichnis Atemzentrum 1111, 1255 Atherosklerose 154 Athletischer Typ 46 Atlas 264 Atlasassimilation 284 Atmung 565 – äußere 547, 556, 565 – diaphragmale 567 – forcierte 294 – innere 565 – kostale 567 – laterale 567 – sternokostale (Brust-/Rippenatmung) 293, 567 Atmungsorgane 541 – Entwicklung 575 Atmungsstörungen 569 Atonie 90 Atopische Dermatitis (Neurodermitis) 173 ATP = Adenosintriphosphat 219 Atresia ani (Analatresie) 728 Atriales natriuretisches Peptid = ANP = Cardiodilatin 88, 595 Atrioventrikularkanal (Canalis atrioventricularis) 623 Atrioventrikularklappen = AVKlappen s. Valvae cuspidales 589 Atrium(-a) – cordis (Herzvorhof) 578 – – dextrum (rechter Vorhof) 580, 582 – – Lage 581 – – sinistrum (linker Vorhof) 580, 583 – primitivum/commune 622 Atrophie – Hypothenar 499 – Zunge 1111 Auditorischer Kortex 1141, 1232 – sekundärer 1232 Auditorisches System 1228 Auerbach-Plexus (Plexus myentericus) 219, 679 Auffahrunall 267 Aufhellung 130 Aufhellung s. Röntgendiagnostik 130 Auflagepunkte, Fuß 421 Augapfel 1058 Auge 1049 – Entwicklung 1072 – Hilfsapparat 1052 Augenbecher 1072, 1174 Augenbecherspalte 1072 Augenbewegungen – Steuerung über Vestibulariskerne 1238 – willkürliche 1225 Augenbläschen 1072 Augenfarbe 1062 Augenfeld, frontales 1140 Augenfurchen 1072 Augenhintergrund 1067 Augenhöhle s. Orbita 1049 Augeninnendruck 1061, 1070 Augenkammern 1070 Augenlid, Drüsen 1055 Augenlid (Palpebra) 1054 Augenmuskeln, äußere 1052 Augenmuskelnerven 982 – im Sinus cavernosus 1289 Augenmuskelparese 1289 Augenspiegelung 1067 Auricula (Ohrmuschel) 1075 – dextra (rechtes Herzohr) 580, 582 – sinistra (linkes Herzohr) 580, 583

Auris s. Ohr 1074 – externa 1075 – media s. Mittelohr 1078 Ausatmung s. Exspiration 566 Ausdauermuskeln s. Muskulatur, Skelettmuskulatur 87 Außenfaser 1067 Außenknöchel (Malleolus lateralis) 398, 404 Außenmeniskus s. Meniscus(-i) lateralis 369 Außenrotation 42 Außensegment (Photorezeptorzelle) 1066, 1217 Außenstreifen (Nierenmark) 768 Außenzone (Nierenmark) 768 Äußere Augenmuskeln 1052 Äußere Haarzellen 1087, 1229 Äußeres Genitale – männliches 835 – weibliches 807 Äußeres Ohr 1075 – Entwicklung 1092 Äußeres Schmelzepithel 1028 Ausführungsgang s. Drüse, exokrine 65 Auskultation 35 Ausscheidungsfunktion, Niere 763 Ausstrombahn – linker Ventrikel 586 – rechter Ventrikel 585 Austreibungsperiode 819 Austreibungsphase 609 Aus-Zentrum-Bipolarzelle 1219 Aus-Zentrum-Ganglienzellen 1219 Autochthone Rückenmuskeln s. Rückenmuskulatur, autochthone 271 Autokrinie 63 Autoregulation – Lungenkreislauf 569 – Niere 772 AV-Bündel (Fasciculus atrioventricularis) s. His-Bündel 598 AV-Klappen = Atrioventrikularklappen s. Valva cuspidales 589 AV-Knoten (Nodus atrioventricularis) 597 Axilla s. Fossa axillaris 474 Axillarlinie – hintere = HAL (Linea axillaris posterior) 303 – mittlere = MAL (Linea axillaris media) 303 – vordere = VAL (Linea axillaris anterior) 303 Axis 265 – bulbi 1058 Axolemm 92 Axon 92 axonaler Transport 92, 200 Axonema 53 Axonhügel (Ursprungskegel) 91 Axonreflex 1207 Axoplasma 92 Azan s. Färbung, histologische 100 A-Zellen – Nebennierenmark 792 – Pankreas 752 Azetylsalizylsäure 1208 Azidophilie (Eosinophilie) 100 azinöse Drüse 64 Azinus 550, 553 – Pankreas 750 Azygos-System 633

B Babinski-Reflex 1171, 1184 Babinski-Zeichen 1171 Bachmann-Bündel 597 Backenzahn (Dens premolaris) 1021 Bahnen – motorische 1183 – – Rückenmark 1190 – – Ursprung im Hirnstamm 1189 – somatosensorische 1194 Bahnung 1260 Balken 1145 Balken (Corpus callosum) 1145 Balkenarterie (Trabekelarterie) 185 Balkenblase 785 Ballonkatheter 605 BALT = bronchial associated lymphoid tissue 189 Band s. Ligamentum 230 Bänderriss, Sprunggelenke 406 Bandhemmung 233 – Iliosakralgelenk 333 Bandscheibe s. Discus intervertebralis 258 Bandscheibenvorfall = Diskusprolaps = Diskushernie 262, 1207 Baro-/Pressorezeptoren 160 Barrett-Ösophagus 684 Barrierekontakt 56 Bartholin-Drüsen s. Glandulae vestibulares majores 807 Bartholin-Gang s. Ductus sublingualis major 1021 Bartholinitis 808 basal 41 Basale Kerne s. Basalganglien 1142 Basale Zellmembran 54 Basales Labyrinth 771 Basalganglien 1142, 1192 – Arterien 1161 – Schädigung 1288 – Verschaltung 1144, 1186 Basaliom 1269 Basalis (Stratum basale) 802 Basalkörperchen 53 Basalmembran 69 – Niere 769 Basalplatte 121, 966 – Plazenta 121 Basalringe 557 Basalschicht (Stratum basale) 1267 – Vagina 806 Basaltemperaturmessung 815 Basalzelle 1238, 1241 Basilarmembran 1084, 1086 – Auslenkung 1090 Basis – cochleae 1084 – cordis (Herzbasis) 579 – cranii (Schädelbasis) 947 – – externa 952 – – interna 947 – ossis sacri 257 – patellae 364 – pulmonis 548 basolaterale Einfaltung 54 basolaterale Zellmembran 54 Basophilie 100 Bathmotropie 607 Bauch, Leitungsbahnen 863 Bauch-Becken-Raum, Einteilung 648 – durch das Peritoneum 648 – in frontale Schichten 649 – in transversale Stockwerke 649

Sachverzeichnis Bauchatmung = Zwerchfellatmung = Atmung, diaphragmale 295, 567 Bauchfell s. Peritoneum 651 Bauchhöhle/-raum (Cavitas abdominalis) 521 Bauchmuskeln, Entwicklung 324 Bauchmuskulatur 308 Bauchnabel (Umbilicus) 864 Bauchpresse 306, 311 Bauchraum – Arterien 863 – Gefäße 863 – Lymphabfluss 872 – Lymphgefäße und -knoten 872 – Nerven 873 – Venen 867 Bauchspeicheldrüse s. Pankreas 748 Bauchtrauma, stumpfes 188, 654 Bauchwand 306 – Gefäßversorgung 320 – Innervation 322 – Schichten, Analogie zu Hoden-/ Samenstranghüllen 325 – Topografie 323 Baufett 71 Bauhin-Klappe s. Ostium ileale 713 Becherzelle 716 – Dünndarm 704 Bechterew, Morbus (Spondylitis ankylosans) 262, 331 Bechterew-Kern s. Nucleus vestibularis superior 1235 Becken (Pelvis) 326 – Bandapparat 332 – Form 328 – Geschlechtsunterschiede 329 – großes 328 – kleines = Beckenkanal (Canalis pelvis) 328 – Mechanik 332 Beckenarterien 879 Beckenausgang (Apertura pelvis inferior) 329, 818 Beckenboden 334 Beckenbodengymnastik 337 Beckenbodenmuskulatur, Innervation 342 Beckeneingang 818 Beckeneingangsconjugata 332 Beckeneingangsebene (Apertura pelvis superior) 328 Beckenfaszien 662 Beckenhöhle = Beckenraum (Cavitas pelvis) 521, 662 – Gefäße 879 – Leitungsbahnen 879 – Nerven 883 Beckenmaße 330 Beckenringfraktur 331 Beckenspiegelung (Pelviskopie) 797 Beckenvenen 881 Beckenvenenthrombose 881 Befruchtung (Konzeption) 103, 816 Behaarungstyp, männlicher 846 Beinvenen 384 Belastungsangina 600 Belegzellen = Parietalzellen 697 Bell-Phänomen 1058 Belüftungsgradient 293 Bennett-Fraktur 489 Bereitschaftspotential 1192 Berger-Raum 1068 Berstungsbruch 947 – Atlas 267

Berührungssinn 1196 Beschleunigungsrezeptor 1197 Beschwielung, Fuß 422 Betablocker 1282 Betz-Riesenzellen 1135, 1182 Beugesehnenverletzung, Hand 500 Bewegungen – Daumensattelgelenk 489 – Fingergrundgelenke 491 – Interphalangealgelenke 492 Bewegungsagnosie 1224 Bewegungsapparat – aktiver 221 – passiver 221 Bewegungsbiss 1023 Bewegungsempfindung 1236 Bewegungsfunktion, Muskel 241 Bewegungsmuskulatur s. Muskulatur, Skelettmuskulatur 87 Bewegungsprogramm 1192 Bewegungsrichtungen 42 Bewegungssegment, Wirbelsäule 268 Bewegungssinn 1196 Bewegungsstörung, EPMS-Läsion 1190 Bewegungssystem 221 Bewusste Propriozeption s. Propriozeption 1196 Bewusstseinslage 1254 Bezeichnung, anatomische 41 BHS = Blut-Hirn-Schranke 1169 Bichat-Fettpfropf 1038 Bifurcatio tracheae 543 Bifurkationslymphknoten s. Nll. tracheobronchiales 560 Bikuspidalklappe (Valva bicuspidalis) s. Valva atrioventricularis sinistra 591 Bilaterale Symmetrie 33 Bildgebung 129 – Angiografie 139 – CT = Computertomografie 134 – Herz 617 – Kontrastmittel 139 – koventionelle Röntgendiagnostik 129 – Lunge und Pleura 574 – MRT = Magnetresonanztomografie 136 – nuklearmedizinische Techniken 129 – Schnittbildverfahren 134 – Sonografie 138 Bilirubin 744 Billings-Methode 814 Bindegewebe 58, 66, 71 – elastisches 70 – embryonales 70 – gallertiges 70 – interstitielles 528 – kollagenes 70 – – locker 70 – – straff 70 – mesenchymales 70 – retikuläres 70 Bindegewebshüllen, Skelettmuskulatur s. Muskulatur, Skelettmuskulatur 86 Bindegewebsknorpel (Faserknorpel) 74 Bindegewebsräume 523 Bindegewebszellen 67 – Dermis 1271 Bindehaut 1056 binokuläres Sehen 1216 biologische Plastizität 78 Bipolarzelle 1065, 1067 – Retina 1219

Bitemporale heteronyme Hemianopsie 1221 Bläschendrüse (Glandula vesiculosa) 832 Blasenentleerungsstörung 781 Blasenentzündung s. Zystitis 783 Blasenkatheter – suprapubischer 781 – transurethraler 781, 839 Blasenknorpel 80 Blasenpunktion 781 Blasensprung, rechtzeitiger 819 Blastem 304 – matanephrogenes 850 – mesonephrogenes 850 Blastocoel (Blastozystenhöhle) 105 Blastomere 104 Blastozyste 105 Blastozystenhöhle (Blastocoel) 105 Blattpapillen 1012 Bleibende Zähne 1029 Blickbewegungen – horizontale 1225 – vertikale 1225 Blickmotorik 1224 Blickrichtungen 1054 Blinddarm s. Zäkum 712 Blinddarmentzündung s. Appendizitis 714 Blinder Fleck 1067, 1216 Blobs 1223 Blockwirbel 285 Blut 165 – Gerinnung 169 – Plasma 165 – Serum 166 – Zellen 166 – Zusammensetzung 165 Blut-Hirn-Schranke = BHS 1169 Blut-Hoden-Schranke 845 Blut-Luft-Schranke 569 Blut-Retina-Schranke 1064 Blutbildung (Hämatopoese) 166 Blutdruck 154, 763, 772 Blutdruckdifferenz, bei Aortenisthmusstenose 629 Blutentnahme – arterielle 380 – intravenöse 467 Blutfluss 149 Blutgefäße – Bauch- und Beckenraum, Entwicklung 877 – Wandbau 152 Blutgefäßsystem 146 Blutgefäßversorgung, Bauchund Beckenraum (Übersicht) 864 Blutgruppenantigene 168 Bluthochdruck (arterielle Hypertonie) 160 Bluthusten 769 Blutkreislauf 148 Blutstillung (Hämostase) 165 Blutung – Gehirn 1157 – intraabdominell 654, 735 – intrazerebral 1162 – nach arterieller Punktion 380 Blutvergiftung 468 B-Lymphoblast 182 B-Lymphozyt 177 BMI = Body-Mass-Index 43 BNP = Brain Natriuretic Peptide 595 Bochdalek-Blumenkörbchen 1156 Bochdalek-Hernie 116, 539

1297 Body-Mass-Index = BMI) 43 Bogenband s. Ligamentum carpi arcuatum 486 Bogengänge 1083, 1088, 1232, 1234 – Sinneszellen 1234 Bogenwurzel (Pediculus arcus vertebrae) 251 bone-lining-cells s. Osteoblasten 75 Botulinustoxin 84 Bouin-Fixans 99 Boutons 92 Bowman-Drüsen 1045, 1238 Bowman-Kapsel = Capsula glomerularis 769 Bowman-Membran 1059 Boxerstellung 619 Boyd-Venen 429 Bradykardie 597 Brain Natriuretic Peptide = BNP 595 Branchialbogen s. Schlundbogen 968 Braunes Fettgewebe 72 Breccienbau, Lamellenknochen 78 Brechkraftveränderung, Linse 1069 Brechzentrum 1111 Breischluck, Ösophagus 582 Breitenwachstum, Knochen 81 Bries s. Thymus 180 Brillenhämatom 958 Broca-Region 1182 Broca-Zentrum 1140, 1261 Brodmann-Area 1137 Bronchialbaum (Arbor bronchialis) 554 – Entwicklung 575 – Lymphabfluss 544 Bronchialkarzinom 556 Bronchiektasie 111 Bronchiolus(-i) 555 – lobularis 550, 555 – respiratorius 550, 556 – terminalis 550, 555 Bronchodilatation 561 Bronchokonstriktion 561 Bronchosinusitis 1042 Bronchoskopie 556, 574 Bronchus(-i) – lobaris (Lappenbronchus) 550, 555 – principalis (Hauptbronchus) 541, 544 – segmentalis (Segmentbronchus) 550, 555 – tertiärer s. Segmentbronchus 555 – Topografie 640 Bronchuskarzinoid 1285 Bruchinhalt, Hernie 307 Bruchmembran 1060, 1064 Bruchpforte, Hernie 307 Bruchsack, Hernie 307 Brücke s. Pons 1112 Brücke-Muskel 1063 Brückenkerne s. Nuclei pontis 1113 Brückenvene 1165 Brunner-Drüsen (Glandulae duodenales) 677, 707 Brustatmung = Rippenatmung s. Atmung, kostale 567 Brustbein (Sternum) 289 Brustdrüse 1277 Brustfell s. Pleura 561 Brusthöhle (Cavitas thoracis) 521, 533 – Einteilung 536

1298 Brustknospenbildung 824 Brustkorb s. Thorax 286 Brustkrebs s. Mammakarzinom 825 Brustsitus (Situs thoracis) 533, Brustwand 286 – Muskulatur 294 Brustwirbelsäule – Bewegungsausmaß 268 – Röntgenbild 256 Bryant-Dreieck 392 B-Spermatogonien 843 Bucca (Wange) 1004 Buccopharyngealmembran (Rachenmembran) 109, 118 Bülau-Drainage 564 Bülau-Punktion 564 Bulbärparalyse 1111 Bulbus(-i) 1111 – aortae 579, 629 – cordis = Conus arteriosus 622 – duodeni 705 – oculi 1058 – – Bewegungen 1052 – – Blutgefäße 1063 – olfactorius 982, 1239 – penis 837 – pili 1274 – vestibuli 808 Bulla(-ae) ethmoidalis 1041 Bündel, internodale 597 Bursa(-ae) – musculi coracobrachialis (subcoracoidea) 448 – olecrani 458 – omentalis 655 – – Entwicklung 669-670 – subacromialis 448 – subdeltoidea 448 – subtendinea musculi subscapularis 448 – suprapatellaris = Recessus suprapatellaris* 375-376 – synovialis (Schleimbeutel) 230 Bursektomie 449 Bursitis – olecrani 458 – Schulter 449 Bürstensaum 54, 771 – Dünndarm 704 Bürstenzelle 704 Büschelzelle 1239 Bypass-Operation 605 B-Zellen, Pankreas 752 B-Zellrezeptor 177 B-Zentrozyt 182

C Caecum (Blinddarm) s. Zäkum 712 Cajal-Kern s. Nucleus interstitialis 1110 Cajal-Zellen 679 Calcaneus (Fersenbein) 400, 402, 407, 409 Calcitriol 934 Calculus 1023 Caliculus(-i) gustatorius 1012 Calix(-ices) renales 776 Calvaria (Schädeldach) 946 Camera – anterior 1070 – posterior 1070 – vitrea (postrema) 1070 Canaliculus(-i) – biliferi (Gallenkanälchen) 740, 742 – caroticotympanici 950 – cochleae 1084

Sachverzeichnis – mastoideus 951 – osseae 75 – tympanicus 951, 996 Canalis(-es) – adductorius s. Adduktorenkanal 382 – analis s. Analkanal 719 – atrioventricularis (Atrioventrikularkanal) 623 – caroticus 950, 1079 – carpi (Karpaltunnel) 480 – centralis 1154 – cervicis 799 – condylaris 951 – hyaloideus 1071 – incisivus 956, 971, 1047 – infraorbitalis 956, 987, 1050 – inguinalis (Leistenkanal) 315 – isthmi 800 – mandibulae 956, 1026 – musculotubarius 951, 1083 – nasolacrimalis 956, 1050 – nervi – – facialis 992 – – hypoglossi 950, 1001 – obturatorius 331 – – Leitungsbahnen 885 – opticus 949, 982, 1050 – palatini minores 956 – palatinus major 956 – pelvis (Beckenkanal = kleines Becken) 328 – pericardioperitonealis 115 – pterygoideus 951, 992, 1036, 1081 – pudendalis (Alcock-Kanal) 341, 884 – pyloricus 693 – radicis, dentis 1024 – semicirculares 1084 – spiralis – – cochleae 1084 – – modioli 1087 – uterovaginalis 856 – vertebralis (Wirbelkanal) 251 Cannon-Böhm-Punkt 217, 718, 875 Capitulum humeri 446, 456 Capsula(-ae) – adiposa 765 – articularis (Gelenkkapsel) 228 – fibrosa – – glandulae thyroideae 932 – – renis 767 – glomerularis = BowmanKapsel 769 – interna 1146 – – Arterien 1161 – – Läsion 1184 – lentis 1068 – otica 966 – subfibrosa, (renis) 767 – tonsillaris 189 Caput (Kopf) 34, 941 – articulare (Gelenkkopf) 228 – breve, M. biceps femoris 378 – costae 288 – femoris (Femurkopf/Hüftkopf) 346 – humeri 446 – longum, M. biceps femoris 378 – mandibulae 1030 – medusae 322, 871, 1286 – pancreatis (Pankreaskopf) 749 – radii 457 – ulnae 479 Carboxypeptidase 748 Cardiodilatin s. ANP 595

Carina – tracheae 543 – urethralis vaginae 805 Carpus (Handwurzel) 480 – Knochenkerne 515 – Säulen 482, 488 Cartilago(-ines) – alaris(-es) – – major 1039 – – minor 1039 – corniculata 923 – costalis 288 – cricoidea (Ringknorpel) 922 – cuneiformis 923 – hypophysealis 966 – meatus acustici 1077 – parachordalis 966 – septi nasi 1039 – thyroidea (Schildknorpel) 921 – trabecularis 966 – triticea 923 – tubae auditivae 1083 Caruncula(-ae) – – hymenales 807 – – sublingualis 1016, 1020 Cauda – equina 1097 – pancreatis (Pankreasschwanz) 749 Caveolae s. Muskulatur, glatte 89 Cavitas(-ates) – abdominalis 647 – coronae 1024 – dentis 1024 – glenoidalis 440, 445 – infraglottica 923 – laryngis intermedia 923 – nasi s. Nasenhöhle 1040 – – propria 1040 – oris (Mundhöhle) 1003 – – propria 1003, 1005 – pelvis 647 – pericardiaca (Perikardhöhle) 522, 613 – peritonealis (Peritonealhöhle) 521, 648 – – Entwicklung 664 – – Mesos 652 – – Recessus 653, 655 – pleuralis (Pleurahöhle) 522, 540, 561 – pulparis 1024 – thoracis (Brusthöhle) 533 – tympani s. Paukenhöhle 1078 – uteri 800 Cavum – articulare (Gelenkhöhle) 228 – medullare (Markhöhle) 223 – serosum – – scroti 325 – – testis 827 – trigeminale 986 CCD(= Caput-Collum-Diaphysen)-Winkel = Kollodiaphysenwinkel 347, 360 CCT + kraniale Computertomografie 1176 CD4 + -T-Zellen s. Lymphozyt 177 CD8 + -T-Zellen s. Lymphozyt 177 CE(Centrum-Erker)-Winkel 362 Cellulae – ethmoidales 1043 – – anteriores, Öffnung 1040 – – mediae, Öffnungen 1040 – – posteriores, Öffnung 1040 – mastoideae 1082 Cementum 1024

Centriculus(-i), primitivus/communis 622 Centrum – ciliospinale 1227 – (tendineum) perinei = Corpus perineale 340, 336 – tendineum – – Projektion 641 – – Zwerchfell 296 Cerclage 799 Cerebellum s. Kleinhirn 1116 Cerebrum s. Telenzephalon 1103 Cerumen 1077 Cervix (Hals) 891 – dentis 1022 – uteri 799 – – zyklische Veränderungen 814 C-Faser 1206 CFTR = Cystic fibrosis transmembrane conductance regulator 65, 751 CGL = Corpus geniculatum laterale 1127, 1221 CGM = Corpus geniculatum mediale 1127, 1232 CGRP = Kalzitonin-Genverwandtes Peptid 1182 Chalazion 1055 Chassaignac s. Luxation, perianuläre 459 Cheilognathopalatoschisis 972 Cheiloschisis 972 Chemorezeptor 160, 213, 631 Chemotaxis 70, 171 Chiasma – crurale 413 – opticum 982, 1221 – – Schädigung 1289 – plantare 413 Choana(-ae) 916, 952, 1040 Cholecystokinin 746 Cholelithiasis (Gallensteine) 745 Cholesterolesterase 748 Cholesterolsynthese 734 Cholezystitis (Gallenblasenentzündung) 745 Cholezystokinin 743 Cholinerges System 1255 Chologene Diarrhö 1285 Chondrale Osteogenese 79 Chondroblast 73 Chondrodystrophie 80 Chondroitinsulfat 69 Chondrokranium 966 Chondron 73 Chondrozyt 73 Chopart-Gelenk (Articulatio tarsi transversa) 409 Chopart-Linie 410 Chorda(-ae) – dorsalis 283, 966 – tendineae (Sehnenfäden) 590 – – spuriae 599 – tympani 951, 992, 1013, 1021, 1078, 1081 – – Läsion 1030 Chordafortsatz 109 Chordaplatte 109 Chordom 966 Chordotomie, anterolaterale 1211 Chorea Hungtington 1289 Chorion 119 Chorionhöhle 108 Chorionplatte 121 Chorionzottenbiopsie 124 Choroidea 1060, 1064 – Entwicklung 1072 Chromophor 1067

1299

Sachverzeichnis Chronisch entzündliche Darmerkrankung 708 Chronische Schmerzen 1206 Chronotropie 607 Chylus 161 Chymotrypsin 748 Chymus (Speisebrei) 693, 705 – Bildung 702 Cingulum 1145, 1245 Circulus arteriosus – cerebri 1158 – iridis – – major 1060 – – minor 1060 Circumferentia articularis 457, 479 Cis-Region, Golgi-Apparat 51 Cisterna – cerebellomedullaris 1153 – chyli 163, 634, 872 – interpeduncularis 1115 – lumbalis 1153 Clara-Zellen 555 Claudin 57 Clavicula (Schlüsselbein) 439 Climacterium virile 846 Clitoris (Kitzler) 808 Clivus 952 Cloquet-Kanal 1071 CO = Kohlenmonoxid 1182 Cochlea 1084, 1086 Cockett-Venen 429 Cohnheim-Felderung 90 Colchizin 53 Colitis ulcerosa 716 Colles-Fraktur s. Radiusfraktur 479 Colliculus(-i) – facialis 1113 – inferiores 1115, 1231 – seminalis (Samenhügel) 833, 839 – superior 1115, 1226 Collum (Hals) 34, 891 – anatomicum; Humeruskopf 446 – chirurgicum; Humeruskopf 446 – costae 288 – femoris (Schenkelhals) 346 – glandis 836 – humeri 446 – radii 457 – scapulae 440 Colon(Grimmdarm) s. auch Kolon 712 – ascendens 715 – descendens 715 – sigmoideum 715 – transversum 715 Columna(-ae) – anales 720 – anterior s. Cornu anterius 1100 – lateralis s. Cornu laterale 1100 – posterior s. Cornu posterius 1100 – renales 768 – rugarum 805 Commissura(-ae) – alba, anterior 1102, 1200 – anterior 1146, 1240 – epithalamica 1146 – fornicis 1146 – habenularum 1146 – hippocampi 1146 – labiorum – – anterior 808 – – posterior 808 – posterior 1146

Compartimentum cruris – anterius (Extensorenloge, Unterschenkel) 426 – laterale (Fibularis-/Peroneusloge) 426 – posterius (Flexorenloge, Unterschenkel) 426 Complexus basalis siehe Bruchmembran 1060 Computertomografie = CT 134 Concha(-ae) – bullosa 1043 – nasalis – – inferior 954, 1041 – – media 956, 1041 – – superior 956, 1041 Condylus(-i) – femoris (Femurkondyle[n]) 346 – lateralis – – Femur 364 – – Tibia 364 – medialis – – Femur 364 – – Tibia 364 – occipitalis 264, 944 Conjugata(-ae) 330 – diagonalis 330 – vera/obstetrica 330 Conjunctiva(-ae) – bulbi 1056 – tarsi 1056 Connexin 56 Connexon 56 Connexus intertendinei 503 Constrictio(-nes) – bronchoaortica 681 – cricoidea (Constrictio pharyngooesophagealis) 680 – diaphragmatica 681 – partis thoracicae 681 – pharyngooesophagealis 680, 917 – phrenica 681 Contusio cerebri 1152 Conus – arteriosus = Bulbus cordis 585, 622 – elasticus 925 – medullaris 1097 Copula 1014 Cor (Herz) 578 – pulmonale 1282 Cordozentese 124 Corium s. Dermis 1271 Cornea Cornea 1059, 1061 Cornu(-a) – ammonis (Ammonshorn) 1245 – – Schichten 1247 – anterius (Vorderhorn) s. Rückenmark 204, 1099 – – Entwicklung 1172 – coccygeum 258 – inferius 921 – laterale (Seitenhorn) s. Rückenmark 204, 1099-1100 – majora, ossis hyoideum 893 – minora, ossis hyoideum 893 – posterius (Hinterhorn) s. Rückenmark 204, 1099 – – Entwicklung 1172 – sacrale 258 – superius 921 Corona(-ae) – ciliaris 1062 – dentis 1022 – glandis 836 – mortis 380 – radiata s. auch Konzeption 103, 810

Corpus(-ora) – adiposum – – buccae 1038 – – infrapatellare = HoffaFettkörper 376 – – orbitae 1051 – albicans 812 – amygdaloideum 1144, 1211, 1214, 1240, 1243, 1245 – – Läsion 1244 – callosum (Balken) 1145 – cavernosum 724 – – clitoridis 808 – – penis 836 – – recti 721, 727 – ciliare 1060, 1062, 1070 – costae 288 – femoris (Femurschaft/diaphyse) 346 – gastricum 693 – geniculatum – – laterale = CGL 1127, 1221 – – mediale = CGM 1127, 1232 – humeri 446 – linguae 1009 – luteum 811 – – graviditatis 812 – – menstruationis/cyclicum 812 – mammillare 1104, 1129, 1245 – ossis – – ilii 328 – – ischii 328 – – pubis 328 – pancreatis (Pankreaskörper) 749 – penis 835 – perineale s. Centrum (tendineum) perinei 336 – pineale s. Epiphyse 1127 – radii 457, 479 – rubrum 811 – sterni 289 – striatum 1143, 1186 – tibiae 398 – trapezoideum 1231 – ulnae 479 – uteri 800 – vertebrae (Wirbelkörper) 250 – vesicae 780 – vitreum s. Glaskörper 1071 Corpusculum renale (Nierenkörperchen) 768 Cortex – cerebelli 1117 – cerebri s. Großhirnrinde 1135 – ovarii 796 – renalis (Nierenrinde) 768 Corti-Organ 1086 – Sinneszellen 1229 Corti-Tunnel 1086 Costa(-ae) 288 – spuriae 289 – verae 289 Courvoisier-Zeichen 743 Cowper-Drüsen 835 Cowper-Drüsen (Glandulae bulbourethrales) 835 Coxa – valga 347, 361 – vara 347 Coxarthrose 345, 348, 360 Cranium (Schädel) 941 CRH 1252 Crista(-ae) – ampullares 1087 – frontalis 943, 949 – galli 949 – iliaca 328, 390 – intertrochanterica 347

– sacralis – – lateralis 258 – – medialis 258 – – mediana 258 – supraventricularis 584 – terminalis 582 – tuberculi – – majoris 446 – – minoris 446 – urethralis 809, 839 Crohn, Morbus 708 Crosse 383 Crura(-ae) clitoridis 808 Crus(-ra) s. Unterschenkel 396 – cerebri(Hirnschenkel) 1114 – dextrum 297, 599 – laterale, Externusaponeurose 308 – mediale, Externusaponeurose 308 – osseum commune 1084 – penis 836 – sinistrum 297, 599 Crusta 62, 778 Crustazellen 62 CT = Computertomografie 134 – Herz 620 – kranial (= CCT) 1176 Cubitus valgus 476 Culmen 1116 Cumulus oophorus 810 Cupula 1088, 1234 – cochleae 1084 – pleurae (Pleurakuppel) 562, 570 Curvatura(-ae) – gastrica – – major 693 – – minor 693 – infrapubica 839 – prepubica 839 Cushing-Syndrom 792 Cuspis – anterior – – (valvae atrioventricularis dextra) 590 – – (valvae atrioventricularis sinistra) 591 – posterior – – (valvae atrioventricularis dextra) 590 – – (valvae atrioventricularis sinistra) 591 – septalis 590 Cuticula dentis 1028 Cutis 1266 – anserina 1274 C-Zellen 932

D Damm (Perineum) 340 Dämmerungssehen 1066 Dammräume 339 Dammregion (Regio perinealis) 338 – Innervation 342 Dammriss 341 Dammschnitt (Episiotomie) 341 Darkschewitsch-Kern 1110 Darmbakterien 712 Darmbein (Os ilium) 328 Darmbucht 117 – hintere (Kloake) 118 – vordere (Mundbucht) 118 Darmdrehung 670 Darmerkrankung, chronisch entzündliche 708 Darmrohr – Anlage 664 – Entwicklung 664

1300 Darmtonsille s. Appendix vermiformis 192 Darmverschluss (Ileus) 90, 651, 705 Darmwandnervensystem, enterisches s. Plexus entericus 679 Darmzotten, Dünndarm 704 Darwin-Höckerchen 1075 Daumen(Pollex) 482 – Bewegung 489, 493, 498 – Muskeln 493, 498 Daumenballen (Thenar) 499 Daumengrundgelenk (Articulatio metacarpophalangea pollicis) 491 Daumensattelgelenk (Articulatio carpometacarpalis pollicis) 489 – Bewegungen 489 Deckknochen 966 Deckplatte, Wirbelkörper 252 Deckzellen 62 Decussatio pyramidum (Pyramidenkreuzung) 1104, 1183 Defäkation 719, 727 Defloration 807 Degenerative Erkrankungen 247 Dehnung, Muskel 1197 Dehnungsreflex, monosynaptischer 198 Dehydroepiandrosteron = DHEAS 791 Deiters-Kern s. Nucleus vestibularis lateralis 1235 Deiters-Stützzellen 1087 Dekompensation, kardiale 595 Dekorin 69 Demaskierte Fibrillen, Knorpel 74 Demyelinisierung, ZNS 1221 Dendriten 91 Dendritische Zellen 175 Dendritischer Beckentyp 777 Dens(-tes) 1021 – axis 265 – caninus (Eckzahn) 1021 – decidui (Milchzähne) 1028 – incisivus (Schneidezahn) 1021 – molaris (Mahlzahn) 1021 – permanentes 1029 – premolaris (Backenzahn) 1021 – serotinus 1029 Dense bodies s. Muskulatur, glatte 89 Dentin 1024, 1029 Depolarisation 195 Depolymerisierung, Zytoskelett 51 Deprivation, sensorische 1261 Dermatansulfat 69 Dermatom 207, 282 – Überlappung 208 Dermis 1266, 1271 Dermomyotom 113 Desakkommodation 1063, 1070 Descemet-Membran 1059 Descensus – ovarii 854 – testis 324 Deskriptive Anatomie 31 Desmale Osteogenese 79 Desminfilament 52 Desmodontium 1025, 1029 Desmokranium 966 Desmosom 57 Desoxyribonuklease 748 Desoxyribonukleinsäure = DNS s. DNA = desoxyribonucleic acid 50 Desquamationsphase 813 Deszendierende motorische Bahnen 1189

Sachverzeichnis Deszensus – Beckenorgane 337 – Zwerchfell 116 Detritus 189 Deuteranopie (Grünblindheit) 1218 dexter 41 Dezidua 119 – Zellen 813 DHEAS = Dehydroepiandrosteron 791 Diabetes – insipidus – – centralis 200, 1251 – – renalis 771 – mellitus (Zuckerkrankheit) 600 Diagnostik, neurologisch-topische 210 Dialyse 851, 1286 Diameter 330 – transversa 331 Diaphragma s. Zwerchfell 295, 537 – fenestrierte Kapillare 157 – oris s. Musculus mylohyoideus 894, 1015 – pelvis 335 – urogenitale 336 Diaphyse (Knochenschaft) 223 Diarrhö, chologene 1285 Diarthrose/Articulatio 228 Diarthrose (Articulatio) s. Gelenk 228 Diastole 146, 609 Dickdarm (Intestinum crassum) 711 – Wandbau 677 Didymis s. Hoden 827 Diencephalon 1124, 1174, 1244 Dienzephalonbläschen 1173 Differenzialrezeptor 1197 Differenzierung, Epithelgewebe 61 Diffusion, Lunge 569 Diffusionsstörung 569 DiGeorge-Syndrom 182 Digestive Phase 702 Digitale Subtraktionsangiografie = DSA 139 Digitationes hippocampi 1246 Digitus(-i) – manus (Finger) 482 – pedis (Zehen) 403 Dihydrotestosteron 827 Diktyosome, Golgi-Apparat 51 Diktyotän 810 DIP-Gelenke = distale Interphalangeal- = Fingerendgelenke (Articulationes interphalangeae) 492 Diphydontie 1021 Diploë 224 Diploevenen (Venae diploicae) 978 Diplopie 1054 Direkte Höhrbahn 1231 Discus(-i) – articularis 229, 485 – – Akromioklavikulargelenk 440 – – Kiefergelenk 1030 – – Radioulnargelenk 479 – – Sternoklavikulargelenk 440 – intercalares (Glanzstreifen) s. Muskulatur, Herzmuskulatur 87 – interpubicus 331 – intervertebralis(Zwischenwirbelscheibe) 258 – nervi optici 1067, 1216

Diskushernie = Diskusprolaps = Bandscheibenvorfall 262, 1207 Disse-Raum (Spatium perisinusoideum) 740 Disseminierte Drüse 62 Dissimilation 284 distal 41 Distale Interphalangealgelenke = DIP- = Fingerendgelenke (Articulationes interphalangeales distales) 492 Distaler Tubulus s. Tubulus 771 Distales Handgelenk (Articulatio mediocarpalis) s. Handgelenk 485 Distorsion, HWS (Schleudertrauma) 267 Divertikel – Darm 715 – Ösophagus 686 Divertikulitis 715 Divertikulose 715 DNA = desoxyribonucleic acid 50 DNES 704 Dodd-Venen 429 Döderlein-Bakterien 806 Dom 191 Donders-Unterdruck 523, 566 Dopamin 1182, 1252, 1257 – Mangel 1188 Doppelbilder 1054 Dopplersonografie 141 Dornfortsatz (Processus spinosus) 251 dorsal 41 Dorsalaponeurose 492, 502 – Durchtrennung 502 Dorsale Pankreasanlage 755 Dorsalextension, Hand 487 Dorsum – linguae 1009 – manus (Handrücken) 513 – nasi 1039 – penis 836 – sellae 945, 952 Dottergang (Ductus vitellinus, Ductus omphaloentericus) 117 Dottersack 107 – Blutbildung 168 – Kreislauf 641 Douglas-Raum = Excavatio rectouterina 659 Drainageräume (Peritonealhöhle) 653 Drehbeschleunigungen 1234 Drehscharniergelenk (Trochoginglymus) 364 Drehschwindel 1088 Dreiecke, pleurafreie 563, 564 Dreiecksbein (Os triquetrum) 480 Dreiecksschädel (Trigonocephalus) 967 D-Rezeptor 1197 Drittelregel, Gesichtsproportionen 964 Dromotropie 607 Drosselvene 158 Druck – intraabdomineller 306 – intraokulärer 1064, 1070 Druckbelastung 588 – Fuß 422 Druckempfindung, grobe 1200 Druckgradient – Lunge und Umgebung 566 – Thorax – Abdomen 682 Druckkammern, Fußsohle 422 Drucksinn 1196 Drucktrabekel, Wirbelkörper 252

Drumstick 172 Drüse 62 – Augenlid 1055 – azinöse 64 – disseminierte 62 – einfache 64 – endokrine 63 – exokrine 63 – – apokrine 65 – – Ausführungsgang 65 – – Charakteristika 63 – – ekkrine 65 – – Endstück 66 – – holokrine 65 – – Schaltstück 65 – – Sekrettransport 65 – – Streifenstück 65 – gemischte 64 – muköse 64 – seromuköse (gemischte) 64 – seröse 64 – tubuloalveoläre 64 – tubuloazinöse 64 – tubulöse 64 – zusammengesetzte 64 Drüsenepithel 62 DSA = digitale Subtraktionsangiografie 139 Duchenne, Muskeldystrophie 84 Duchenne-Hinken 356 Ductulus(-i) – biliferi interlobulares 743 – efferentes testis 828, 830 – prostatici 835 Ductus – allantoicus s. Urachus 114 – alveolaris 550, 557 – arteriosus (Botalli) 150 – choledochus 665, 743 – cochlearis 1083, 1086 – cysticus 743 – deferens (Samenleiter) 831 – ejaculatorius 832 – endolymphaticus 1084 – epididymidis 830 – excretorius 832 – hepaticus – – communis 738, 743 – – dexter 738, 743 – – sinister 738, 743 – lactiferi 1277 – lymphaticus dexter 163, 635 – mesonephridicus 854 – nasolacrimalis 956, 1041, 1050, 1058 – – Entwicklung 971 – omphaloentericus (Dottergang) 117, 664, 670 – pancreaticus (Wirsung-Gang) 749, 756 – – accessorius 749, 756 – papillares 768 – paramesonephridicus 855 – paraurethralis 809 – parotideus 1004, 1019 – perilymphaticus 1084 – reuniens 1084 – semicirculares (Bogengang) 1083, 1234 – sublinguales – – minores 1016, 1021 – – major 1021 – submandibularis 1016, 1020 – thoracicus 163, 634, 872 – thyroglossalis 935, 1010, 1014 – utriculosaccularis 1084 – venosus (Arantii) 150, 667, 747 – vitelinus (Dottergang) 117, 664, 670 Duftdrüsen 1277

Sachverzeichnis Dünndarm (Intestinum tenue) 703 – Wandbau 677, 703 Dünndarmkonvolut 708 Dünndarmschleimhaut 703, 709 Dünnschliffpräparat 76 Duodenum (Zwölffingerdarm) 705 – Gefäße 707 – Nerven 708 – Retroperitonealisierung 668 Duplexsonografie 141 – transkraniell 1177 Dupuytren-Kontraktur 504 Dura mater 1149 Duraduplikaturen 1151 Durchblutung, kapilläre 158 Durchblutungsstörung, Innenohr 1235 Durchleuchtungsbild 130 Durchtrittsstellen, Zwerchfell 537 Dyade (Herzmuskulatur) 87 Dymenorrhö 856 Dynein 92 Dyneinarme 53 Dysmetrie 1124 Dysostosis cleidocranialis 442 Dysphagie 680, 918, 1287 Dysplasie 803 Dyspnoe, bei Mitralvitium 591 Dystrophin 51, 84 Dysurie 783 D-Zellen 697 – Pankreas 752

E Ebenen (Körperebenen) 38 – transthorakale 534, 641 Ebner-Spüldrüsen (Glandulae gustatoriae) 1012 EC-Zellen 697 Echodichte, Sonografie 138 Echokardiografie 621 – transösophageale = TEE 621 – transösophageale = TEE 582 – transthorakale = TTE 621 Eckzahn (Dens caninus) 1021 ECL-Zellen 697 Edinger-Westphal-Kern (Nucleus accessorius nervi oculomotorii) 1107 EEG = Elektroenzephalogramm 1192 e-face = exoplasmatische Seite, Zellmembran 54 Effektorhormon 1251 Efferenz 197, 205 – Informationsleitung 214 Ehlers-Danlos-Syndrom 68 Eiballen 854 Eichel (Glans penis) 836 Eierstock s. Ovarium 795 Eigenreflex 198 Eihäute 119, 124 – Zwillinge, eineiige 125 – Zwillinge, zweieiige 125 Eileiter s. Tuba uterina 797 Eileiterschwangerschaft (Tubargravidität) 818 Einatmung s. Inspiration 566 Einbeinstand 355 Eindeckmedium 100 Einfache Drüse 64 Einfaches Oberflächenepithel 61 Einflussstauung 536, 567, 614 Eingeweide = Innere Organe 528 Eingeweidemotorik 530 Eingeweideschmerz 1205 Einheit, motorische 84

Einheitsmembran, trilamelläre biologische 53 Einstrombahn – linker Ventrikel 586 – rechter Ventrikel 585 Einzelfaszie 236 Eisenhämatoxylin, Färbung, histologische 100 Eisprung 810 Eisprung (Ovulation) 810 Eiter (Pus) 172 Eizelle (Oozyte) 103, 810 Ejakulat 848 Ejakulation 217, 847 EKG = Elektrokardiogramm 605, 612 Ekkrine Drüse 65 Ekkrine Schweißdrüsen 1277 Ekkrine Sekretion 64 Ektoderm 109 – Oberflächenektoderm 111 Ektomeninx 965 Elastase 748 Elastika-Färbung 100 Elastin 69 Elastische Fasern 69 Elastischer Knorpel 74 Elastisches Bindegewebe 70 Elektroenzephalogramm = EEG 1192 Elektrokardiogramm = EKG 605, 612 Elektrokardiografie, transösophageale = Ösophagus-EKG 582, 605 Elektrokardiogramm = EKG 605, 612 Elephantiasis 163 Elevation 42, 442 Elle (Ulna) 479 Ellenbeuge (Fossa cubitalis) 475 Ellenbogen – Gefäße 463 – Nerven 468 – Topografie 473 Ellenbogengelenk (Articulatio cubiti) 455, 476 – Bandapparat 459 – Bewegung 459, 493 – Kapsel-Band-Apparat 458 – Muskeln 460, 493 – Röntgenbild 457 – Teilgelenke 455 Ellipsoidgelenk (Articulatio atlantooccipitalis) 266 Embolus 145 Embryo, Abfaltung 114 Embryoblast 105 Embryologie 102 – Definition 33 Embryonales Bindegewebe 70 Embryonalperiode 102 Emesis gravidarum 106 Eminentia(-ae) – carpalis – – radialis 480 – – ulnaris 480 – iliopubica 328 – intercondylaris 364 – mediana 1169, 1251 Emissarienvenen s. Vena(-ae) emissariae 978 Emotion 1244 Enamelum (Schmelz) 1024 Enarthrosis (Nussgelenk) 232 Enchondrale Ossifikation 80 Endarterie 148 Endharn 763 Endhirn s. Großhirn 1132 Endhirnbläschen 1173

Endkern(e) s. Nucleus(-i) terminationis 1108 Endoderm 109 Endokard 594 – valvuläres 589 Endokarditis 589 – Trikuspidalklappe 591 Endokardkissen 623 Endokrine Drüse 63 Endolymphe 1084, 1230 Endolymphraum 1085 Endomeninx 965 Endometriose 802 Endometrium 802 – postpartal 820 – zyklische Veränderungen 813 Endomurales System, Herzvenen 607 Endomysium, Skelettmuskulatur 86, 89 Endoneurium 95 Endoneurium, Nerv, peripherer 95 Endoplasmatisches Retikulum = ER 51 Endorphin 1182 Endost 75, 221 Endothel 58, 152 – fenestriertes 769 Endotoxine 651 Endphalanx 403 Endplatte, motorische 84 Endstrecke, motorische 1190 Endstrombahn (terminale Strohmbahn) 150 Endstück 66 Engramm 1246 Enkephalin 1182, 1214 Enkodierung 1259 Enophthalmus 216 Enterisches Nervensystem (Plexus entericus) 679 Enteroendokrine Zellen 697, 716 – Dünndarm 704 Enterohepatischer Kreislauf 708 Enterokinase 748 Enterothorax 116 Enterozyt 704, 716 Entgiftung, Leber 734 Entparaffinierung 99 Entspannungsphase 609 Entzündung 70 – neurogene 1207 – Wirkung auf Kapillarwand 156 Entzündungsmediatoren 70 Enzephalitis 1152 – Herpes simplex 1133 Enzephalon s. Gehirn 1103 Enzephalopathie, hepatische 734 Enzymhistochemie 101 Eosinophilie (Azidophilie) 100, 173 Ependym 1172 Ependymzelle 93 Epiblast 106 Epicondylus(-i) – lateralis – – Femur 364 – – humeri 456 – medialis – – Femur 364 – – humeri 456, 493 Epidermis 1266 Epididymis (Nebenhoden) 829 Epidurales Hämatom 1164 Epiduralraum 1149 Epiglottis (Kehldeckel) 917, 921 Epikard 595

1301 Epikritische Sensibilität 1195 Epimer 282 Epimysium, Skelettmuskulatur 86 Epineurium. Nerv, peripherer 95 Epiorchium 827 Epipharynx 916 Epiphyse 223, 1127, 1170, 1228 Epiphysenfuge 80 Epiphysentumor 1127 Epiphyseolysis capitis femoris 360 Episiotomie (Dammschnitt) 341 Epithalamus 1127 Epithel – Follikel-assoziiertes 189 – – Peyer-Plaques 191 – mehrschichtiges 61 – respiratorisches 1044 Epitheldysplasien 684 Epithelgewebe 58 Epithelium – lentis 1069 – mucosae (Lamina epithelialis mucosae) 677 Epithelkörperchen 933 Epithelkörperchen s. Nebenschilddrüsen 933 Epithelmetaplasie 684 Epitympanon 1079 EPMS = extrapyramidalmotorisches System 1142, 1190 – Störung 1190 Epoophoron 857 EPSP = erregendes postsynaptisches Potenzial 196 ER = Endoplasmatisches Retikulum 51 Eradikationstheapie 698 Erb-Punkt 617 Erbsenbein (Os pisiforme) 480 Erektion 847 Erguss 526 – Ellenbogengelenk 458 – Kniegelenk 375 – Sprunggelenk 405 Erkrankungen – degenerative 247 – rheumatische 477 Eröffnungsperiode 819 Eröffnungszone 81 Erregungsleitung 195 – kontinuierliche 94 – saltatorische 94 Erregungsphase – Frau 816 – Mann 847 Ersatzzahnleiste 1029 Erster Schmerz 1206 Erythroblast 168 Erythropoese 168 Erythropoetin 166, 168, 763 Erythrozyt 168 Eversion 409 Excavatio(-nes) – rectouterina (Douglas-Raum) 658, 722, 801, 805 – rectovesicalis 658, 722, 780 – vesicouterina 658, 780, 801 Exokrine Drüse 63 Exophthalmus 932 Exostosen 263 Exozytose 64 Exspiration (Ausatmung) 566 – Thoraxbewegungen 293 Extension 42 Extensoren – Oberarm 462 – Unterarm 496 – Unterschenkel 415

1302 Extensorenloge, Unterschenkel (Compartimentum cruris anterius) 426 Externa 152 externus 41 Externusaponeurose 308, 313 Extraembryonale Hohlräume 107 Extraembryonales Zölom (Chorionhöhle) 108 Extragenikulärer Teil, Sehbahn 1220 Extraglomeruläre Mesangiumzellen (Goormaghtigh-Zellen) 772 extraperitoneal 652 Extraperitonealraum, vegetativer Plexus 873 Extrapyramidalmotorisches System s. EPMS 1190 Extratöne 617 Extrauteringravidität 818 Extrazelluläre Matrix s. Matrix, extrazelluläre 67 Extremitas – acromialis 439 – sternalis 439 – tubaria 795 – uterina 795 Extremität, obere s. Obere Extremität 437 Extremitätenknospe 360

F Fabella 376 Facies – anterior cordis (Facies sternocostalis) 580 – articularis (Gelenkfläche) 228 – – anterior, Dens axis 265 – – capitis costae 288 – – carpalis 479, 485 – – inferior, Atlas 264 – – posterior, Dens axis 265 – – superior, Atlas 264 – – tuberculi costae 288 – auricularis 258, 331 – costalis, (pulmonis) 548 – diaphragmatica – – cordis 581 – – pulmonis 548 – – hepatis 735 – dorsalis, Kreuzbein 258 – lunata 345 – mediastinalis pulmonis) 548 – patellaris 364 – pelvica 258 – poplitea 364 – pulmonales 581 – sternocostalis 580 – symphysealis 328 – visceralis hepatis 735 Fadenpapillen 1011 Faeces 712 F-Aktin (Aktinfilament) 51 Fallhand 470, 508 Fallot-Tetralogie 624 Falx – cerebri 1151 – inguinalis 317 Familienanamnese, positive 600 Farbduplexsonografie, transkranielle 1177 Farbenblindheit 1218 Farbensehen 1066, 1217 Färbung, histologische 99 Farnkraut-Muster 814 Fascia(-ae) – abdominalis superficialis 325 – adhaerens 57, 87

Sachverzeichnis – antebrachii 503 – axillaris 474 – brachii 460 – buccopharyngea 912, 1038 – cervicalis (Halsfaszie) 892 – clavipectoralis 466 – clitoridis 808 – colli (Fascia cervicalis) 892 – cruris 411 – – Spaltung 414 – diaphragmatica inferior 539 – diaphragmatis – – pelvis – – – inferior 335 – – – superior 335 – – urogenitalis – – – inferior = Membrana perinei 337 – – – superior 337 – dorsalis manus 503 – endothoracica 295, 562 – lata 357 – masseterica 912, 1038 – occludentes 1169 – parotidea 912, 1018, 1038 – pelvis 662 – – visceralis 722, 780 – penis – – profunda 837 – – superficialis 837 – – superficialis s. Tela subcutanea penis 837 – perinei (superficialis) 338 – pharyngobasilaris 918 – phrenicopleuralis 539, 562 – poplitea 393 – presacralis 662 – rectoprostatica 662 – rectovaginalis 722 – renalis (Nierenfaszie) 767 – spermatica – – externa 325 – – interna 325 – superficialis abdominis 314 – temporalis 1038 – thoracica externa 295 – thoracolumbalis 273 – transversalis 314, 325 – vesicalis 780 Fasciculus(-i) 1101 – arcuatus 1145, 1232, 1262 – cuneatus 1112, 1198 – gracilis 1112, 1198 – interfascicularis 1101 – lateralis 468 – longitudinales 266 – longitudinalis – – medialis 1110, 1225, 1236, 1254 – – – rostraler interstitieller Kern = riFLM 1225 – – posterior 1132 – – superior 1145, 1262 – mamillotegmentalis 1131 – mamillothalamicus 1131 – medialis 468 – – telencephali 1131 – posterior 468 – proprii (Grundbündel) 1101 – septomarginalis 1101 – telencephalicus medialis 1257 – thalamicus 1186 Faserknorpel (Bindegewebsknorpel) 74 Faser – elastische 69 – retikuläre 68 Faserqualitäten, Spinalnerven 206 Fasersysteme, Großhirn 1144

Fasertypen, Skelettmuskulatur 86 Fast-Faser, Skelettmuskulatur 86 Faszie (Muskelbinde) 86, 236 Faszikulationen 1111 Fazialisknie, äußeres 992 Fazialisparese 1058, 1080 – periphere 992, 1185 – zentrale 1185 Fechterstellung 619 Fehlbildungen – Thoraxwand 305 – Wirbelsäule 283 Fehlintubation 545 Feinmotorik 478 Felderhaut 1266 Felsenbein (Pars petrosa) 943 – Fraktur 958 Femoral-/Schenkelhernie 315 Femoralispuls 315, 380 Femoropatellargelenk 364 Femorotibialgelenk 364, 366 Femorotibialwinkel 394 Femur (Oberschenkelknochen) 346, 364 Femurantetorsion 348, 398 Femurepikondylen 391 Femurkondylen 364, 391 Femurkopf, Blutversorgung 349, 382 Fenestra(-ae) – cochleae (rundes Fenster) 1079, 1084, 1089 – vestibuli (ovales Fenster) 1079, 1084, 1089 Fenster – ovales s. Fenestra vestibuli 1084 – rundes s. Fenestra cochleae 1084 Fenstertechnik 135 Fersenbein (Calcaneus) 400, 402, 407, 409 Fertilität, Mann 843 Fetalperiode 102 Feto-plazentarer Kreislauf 120 Fettgewebe 71 – braunes 72 – weißes 71 Fettsäuresynthese 734 Fettstühle (Steatorrhö) 751 Fibra(-ae) – arcuatae cerebri 1145 – assotiationis telencephali 1145 – corticonucleares 1185 – corticospinales 1183 – cuneocerebellares 1202 – obliquae 699 – paraventriculohypophysiales 1249 – pontis transversae 1113, 1185 – supraopticohypophysiales 1249 – zonulares 1069 Fibrillen – Anordnung in hyalinem Knorpel 73 – Knorpel, demaskierter 74 Fibrillin, elastische Fasern 69 Fibrillogenese, Kollagenfasern 67 Fibrin 169 Fibrinogen 166, 169 Fibroblast 67 Fibronektin 69 Fibrozyt 67 Fibula (Wadenbein) 397, 413 Fibulaköpfchen 391 fibular 41

Fibularisgruppe (Peroneusgruppe) 415 Fibularisloge (Peroneusloge = Compartimentum cruris laterale) 426 Fiederungswinkel, Muskel 235 Fila olfactoria 949, 982, 1045, 1047, 1239 Filament-Gleit-Theorie, Skelettmuskulatur 86 Filamente – Muskulatur 83 – Zytoskelett 51 Filamin 51 Fimbria(-ae) – ovarica 797 – hippocampi 1246, 1248 – tubae 797 Fimbrin 51 Finger (Digiti manus) – Bandapparat 501 – Bewegungen 491 – – Grundgelenke 491 – Gefäße 507 – Hautinnervation 513 – Knochen 482 Finger-Boden-Abstand 270 Fingergelenke – Bewegung 493, 498 – Grundgelenke (Articulationes metacarpophalangeae) 491 – Muskeln 493, 498 Firstkern (Nucleus fastigii) 1119 Fischwirbel 252 Fissura(-ae) – calcarina (Sulcus calcarinus) 1133, 1222 – horizontalis 551, 572, 1116 – interlobares 550 – ligamenti – – teretis 736 – – venosi 736 – longitudinalis cerebri 1132 – mediana anterior 1101 – obliqua 551, 572 – orbitalis – – inferior 951, 987, 1027, 1036, 1050 – – superior 951, 983, 986, 1050 – petrotympanica 949, 951, 992, 1081 – prima 1116 – pterygomaxillaris 956, 959, 1036 – sphenopetrosa 949, 996 – sterni congenita 305 Fistelbildung 708 Fixationsreflex 1225 Fixierung 99 Flagellum (Geißel) 53 – Spermatozoon 844 Flail Chest = instabiler Thorax 286 Flankenatmung 293 Flechsig-Trakt 1201 Flechsig-Trakt (Tractus spinocerebellaris posterior) 1201 Fleck, blinder 1216 Flexio, Uterus 800 Flexion 42 Flexoren – Oberarm 460 – Unterarm 495 – Unterschenkel 412 Flexorenloge, Unterschenkel (Compartimentum cruris posterius) 426 Flexorreflex 200 – polysynaptischer 199

1303

Sachverzeichnis Flexura(-ae) – anorectalis 335 – cervicalis 1173 – coli – – dextra 715 – – sinistra 715, 875 – duodeni, superior 705 – duodenojejunalis 705, 708 – laterales 719 – mesencephalica 1173 – perinealis 719 – sacralis 719 Flimmerepithel 1044 Flimmerzellen 798 Flügelgaumengrube s. Fossa pterygopalatina 1035 Flügelplatte 1172 Flüssigkeit, seröse 525 Flüssigkeitsfilm, präkornealer 1056 Flüstersprache (Stimmritze) 924 Foetor – ex ore 918 – hepaticus 734 Fokalkontakt 57 Folgebewegungen 1225 Folium(-a) cerebelli 1116 Folliculus(-i) – lymphatici aggregati = Noduli lymphoidei aggregati s. PeyerPlaques 709 – ovarii 796 Follikel – Entwicklungsstadien (Übersicht) 810 – primäre r182 – sekundärer 183 Follikel-assoziiertes Epithel 189, 191 Follikelatresie 810 Follikelepithel 810 Follikelphase s. Proliferationsphase 813 Follikelreifung 810 – hormonelle Steuerung 812 Follikelstimulierendes Hormon (FSH) 812845, 1252 Follitropin s. FSH 812 Folsäure, Gabe in der Schwangerschaft 284, 1170 Fontana-Raum 1071 Fontanelle(n) 967 Fonticulus – anterior 967 – mastoideus 967 – posterior 967 – sphenoidalis 967 Foramen(-ina) – apicis, dentis 1024 – caecum 935, 1009 – ethmoidale – – anterius 1050 – – posterius 987, 1050 – frontale 943 – infraorbitale 956, 965, 987, 990, 1050 – infrapiriforme 358, 380, 388, 392 – interventriculare 624, 1155 – ischiadicum – – majus, durchtretende Leitungsbahnen 358, 885 – – minus, durchtretende Leitungsbahnen 885 – jugulare 950, 996, 998, 1001 – lacerum 950, 992, 1081 – magnum 950, 1001 – mandibulae 988, 1026 – mastoideum 951 – mentale 956, 965, 988, 990

– nutritium 225 – – Wirbelkörper 252 – obturatum 327, 358 – – Form 329 – omentale 655 – ovale 150, 625, 949, 988 – – persistierendes 625 – palatinum – – majus 956, 1036 – – minus 956, 1036 – papillaria 768 – primum 625 – rotundum 949, 987, 1036 – sacralia anteriora 258 – sacralia posteriora 258 – sphenopalatinum 956, 1036 – spinosum 949, 988 – stylomastoideum 951, 992 – supraorbitale 943, 959, 965, 990, 1050 – suprapiriforme 358, 380, 392 – transversarium 253 – – Atlas 264 – venae cavae 539 – vertebrale (Wirbelloch) 251 – zygomaticofaciale 1050 – zygomaticoorbitale 1050 – zygomaticotemporale 1050 Forceps – major 1145 – minor 1145 Formatio – reticularis 1109, 1182, 1189, 1210, 1240 – – Funktionskreise 1254 – – paramediane pontine = PPRF 1225 – – Zellgruppen 1256 Fornix(-ices) 1131, 1245 – conjunctivae 1056 – pharyngis 916 – vaginae 805 – vestibuli 1004 Fossa(-ae) – acetabuli 345 – articularis (Gelenkpfanne) 228 – axillaris (Achselhöhle) 474 – canina 965 – coronoidea 456 – cranii – – anterior 948 – – media 949 – – posterior 950 – cubitalis (Ellenbeuge) 475 – glandulae lacrimalis 1057 – hypophysialis 945, 949 – iliaca 328 – incisiva 956 – infratemporalis 959, 1034 – inguinalis – – lateralis 317 – – medialis 317 – intercondylaris 364 – interpeduncularis 1115 – ischioanalis 339 – jugularis 906 – lacrimalis 1057 – lumbalis 764 – mandibularis 1030 – navicularis urethrae 839 – olecrani 456 – ovalis 583 – ovarica 795 – paravesicalis 780 – poplitea (Kniekehle) 393 – pterygopalatina 959, 1035, 1037 – radialis 456 – retromandibularis 1018

– rhomboidea (Rautengrube) 1104 – supravesicalis 317 – temporalis 959, 1034 – tonsillaris 190 – trochanterica 347 – vesicae biliaris 736, 745 Fossula(-ae) hyaloidea 1068 Fovea(-ae) – articularis 457 – capitis femoris 346 – centralis 1067, 1218 – – kortikale Represäntation 1222 – costalis – – inferior 254 – – processus transversi 254 – – superior 254 – dentis 264 – radialis (Tabatière) 514 Foveola(-ae) – gastricae 696 – granulares 1157 FR = Formatio reticularis 1109 Fraktur (Knochenbruch) 77 – Acetabulum 334 – Atlas 267 – Beckenringfraktur 331 – Bennett 489 – Calcaneus 401 – Clavicula 443 – Dens axis 267 – Felsenbein 958 – Femur 348 – – suprakondylar 393 – Humerus – – distal 470 – – subkapital 453 – Malleolarfraktur 406 – Malleolus medialis 433 – Mechanismus 226 – Oberarm 470 – offene 398 – Os scaphoideum 480 – Radius 479 – Rippenserienfraktur 286 – Schenkelhals 348, 355 – Sinterungsfraktur 252 – Tibia 398 – Ulna 479 – Wirbelkörper 251 Frankenhäuser-Ganglion (Plexus uterovaginalis) 216, 796 Freie Bindegewebszellen s. Bindegewebszellen 67 Freie Nervenendigung 1207 Fremdreflex 199 Frenulum – clitoridis 807 – labii – – inferioris 1004 – – superioris 1004 – labiorum pudendi 808 – linguae 1009 – preputii 836 Fromment-Zeichen 511 frontal 41 Frontalebene 38 Frontales Augenfeld 1140, 1182 Frontallappen 1133 Fruchtblase 819 Fruchtwalze 819 Frühentwicklung 102 Frühgeburt, Lungenreifung 558 Frühschwangerschaft 817 Fruktose 832 – Ejakulat 848 FSH (Follikelstimulierendes Hormon) 812, 845, 1252 Führungsband s. Ligamentum 230

Führungslinie 818 Füllungsphase 609, 611 Fundoskopie 1067 Fundus – gastricus 693 – oculi 1067 – uteri 800 – vesicae 780 Fundusvarizen 1286 Funiculus(-i) 1101 – anterior 1101 – anterolateralis (Vorderseitenstrang) 1101 – lateralis 1101 – posterior s. Hinterstrang 1101, 1198 – spermaticus (Samenstrang) 315 – – Hüllen 325 Funktionalis (Stratum functionale) 802 Funktionelle Anatomie 31 Funktionelle Herzgeräusche 617 Funktionelle Systeme, ZNS 1181 Funktionelles Synzytium 56 Funktionsprüfungen 35 Furosemid 771 Fuß (Pes) 396 – Bandapparat 405 – Arterien 428 – Gefäßversorgung 427 – Gewölbekonstruktion 421 – Innervation 431 – Lastübertragung 421 – Muskulatur 417 Fußabdruck (Podogramm) 422 Fußgewölbe 423 – Aufbau 423 – Bandsicherung 423 – Muskelsicherung 424 Fußknochen (Ossa pedis) 399 Fußmuskeln 417 – dorsale (Übersicht) 417 – plantare 418 – plantare (Übersicht) 419 Fußpuls, Palpation 428 Fußskelett 400 Fußwurzel (Tarsus) 399, 402 Fußwurzelgelenke 410

G GABA = Gamma-Amino-Buttersäure 202, 1182, 1191 Gabelrippen 305 Gaenslen-Zeichen 492 GAG = Glykosaminoglykan 69 G-Aktin = globuläres AktinMonomer 51 Galea aponeurotica 960 Galen-Vene s. Vena magna cerebri 1166 Galle – Abfluss 743 – Konzentration 745 – Rückstau 743 – Zusammensetzung 744 – – Veränderung 745 Gallenblase (Vesica biliaris, Vesica fellea) 742, 744 – Entwicklung 747 – Gefäße 746 – Nerven 746 – Wandbau 746 Gallenblasenentzündung (Cholezystitis) 745 Gallenfarbstoffe 744 Gallengangsteine (Cholangiolithiasis) 743 Gallenkolik 743

1304 Gallensäuren 744 – Resorption 708 Gallensteine (cholelithiasis) 745 Gallenwege 742 – Entwicklung 747 – intrahepatisch 742 Gallertiges Bindegewebe 70 Gallesekretionsstörung 734 GALT = gut associated lymphoid tissue 189 Gamma-Amino-Buttersäure = GABA 202, 1182, 1191 Gamma-Globuline (Immunglobuline) 177 Gang 355, 413 Ganglien – Grenzstrang 214 – Hirnnerven 211, 980 – parasympathische, Kopf 217 – paravertebrale (Grenzstrangganglien) 215, 874 – prävertebrale 215, 874 – Spinalganglien 206 – vegetative, Extraperitonealraum 873 Ganglienhügel 1174 Ganglienzelle 1065 – Retina 1067, 1219 Ganglion(-a) 98 – aorticorenalia 776, 779, 829, 875 – cervicale – – inferius 215, 905 – – medium 215, 905 – – superius 215, 904, 1228 – cervicothoracicum = Ganglion stellatum 905 – ciliare 217, 980, 1052, 1062 – cochleare s. Ganglion spirale cochleae 995 – coeliaca 793, 829, 875 – coeliacum 216, 755 – geniculi 980, 1081 – impar 215 – inferius – – N. glossopharyngeus 980, 996, 1014 – – N. vagus 980, 999, 1014 – intramurales 98 – jugulare s. Ganglion superius nervi vagi 980 – lumbalia 215, 874 – mesentericum – – inferius 216, 717, 875 – – superius 216, 717, 875 – nodosum s. Ganglion inferius nervi vagi 980 – oticum 217, 988, 995, 1035 – pelvica 883 – pelvicum (Plexus uterovaginalis) 804 – pterygopalatinum 217, 992, 1035, 1081 – sacralia 215, 883 – spinales (Spinalganglion) 98, 206 – spirale cochleae 980, 995, 1087, 1229 – stellatum = Ganglion cervicothoracicum 215, 905 – submandibulare 217, 1021 – superius 998 – – nervi glossopharyngei 980, 996 – – nervi vagi 980 – thoracica 215 – trigeminale 980, 986, 1203 – tympanicum 980 – vestibulare 980, 1085, 1091, 1233, 1235 Gangrän, Darmwand 308

Sachverzeichnis Gänsehaut 1274 Gap Junction (Kommunikationskontakt) 56 Gartner-Gang 857 Gasaustausch 547, 569 Gasser-Ganglion 980, 986, 1203 Gasser-Ganglion(Ganglion trigeminale) 980, 986, 1203 Gaster s. Magen 693 Gastrale Phase 703 Gastritis 698 Gastrointestinaltrakt – oberer 705 – unterer 708 Gastrulation s. Keimscheibe, dreiblättrige 109 Gaumen (Palatum) 1004 – Entwicklung 1008 – Gefäße 1007 – harter (Palatum durum) 1006 – Innervation 1008 – Muskulatur 1007 – Nerven 1007 – weicher (Palatum molle) 1006 Gaumenanlage 971 Gaumenbein (Os palatinum) 955 Gaumenbögen 916 Gaumenmandeln (Tonsillae palatinae) 190 Gaumensegel (Velum palatinum) 916, 1006 Gaumenspalte 1008 Gaumenwülste 1008 Gebärmutter s. Uterus 799 Gebiss 1021 Geburt 818 – Kreislaufumstellung 151 Geburtsbeginn 819 Geburtsunmöglichkeit 819 Gedächtnis 1258 – deklaratives (explizites) 1259 – episodisches 1259 – nicht deklaratives (implizites) 1260 – semantisches 1259 – sensorisches 1259 Gedächtnisformen 1258 Gedächtnisspur 1246 Gedächtniszelle 176 Gefäße, Wandbau 153 Gefäß-Nerven-Staße(n), Unterschenkel 426 Gefäß-Nerven-Strang, Hals 912 Gefäß-Nerven-Straße(n) – Becken (Übersicht) 885 – dorsale interossäre 508 – Oberarm 469, 471 – palmare ossäre 509 – radiale 508 – ulnare 510 – Unterarm (Übersicht) 508 – Unterschenkel 411 – – Übersicht 426 Gefäßplexus, Haut 1273 Gefäßsystem 146 Gefäßzusammenschluss (Anastomose) 148 Geflechtartiges (kollagenes) Bindegewebe 70 Geflechtknochen(Knochen, primärer) 76, 222 Geflechtschicht (Stratum reticulare) 1271 Gegenfarbentheorie, Farbensehen 1217 Gegenstromprinzip 772, 775 Gehirn 202, 1103 – Entwicklung 1172, 1174 – Gefäße 1157 – Venen 1165

Gehirngröße 1104 Gehörgang, äußerer 1076 Gehörgangsplatte 1092 Gehörgangspülung 1075 Gehörknöchelchen 1080, 1089 Geißel (Flagellum) 54 – Spermatozoon 844 Gelber Fleck (Macula lutea) 1067 Gelbkörper s. Corpus luteum 811 Gelbkörperhormon s. Progesteron 811 Gelenk 228 – Bewegungsmöglichkeiten 232 – dreiachsiges 232 – ebenes (Articulatio plana) 231 – echtes (Articulatio/Diarthrose) 228 – Eigelenk (Articulatio ellipsoidea) 231 – einachsiges 231 – Hilfsstrukturen 229 – Kondylengelenk (Articulatio bicondylaris) 231 – Kugelgelenk (Articulatio sphaeroidea) 232 – Nussgelenk (Enarthrosis) 232 – Rad-/Zapfengelenk (Articulatio trochoidea) 231 – Sattelgelenk (Articulatio sellaris) 231 – Scharniergelenk (Ginglymus) 231 – straffes (Amphiarthrosis) 232 – Walzengelenk (Articulatio cylindrica) 231 – zweiachsiges 231 Gelenkbewegung 1198 Gelenkerguss 229 Gelenkfläche (Facies articularis) 228 Gelenkformen 231 Gelenkfortsatz (Processus articularis) 251 Gelenkhemmung 233 – oberes Srunggelenk 406 Gelenkhöhle (Cavum articulare) 228 Gelenkkapsel, Capsula articularis 228 Gelenkknorpel 73, 228 Gelenkkopf (Caput articulare) 228 Gelenkmaus 378 Gelenkpfanne (Fossa articularis) 228 Gelenkspalt 228 – radiologischer 131 Gelenkstellung 1198 Gemischte Drüse 64 Generallamelle 77, 223 Geniculum canalis facialis 1081 Genikulärer Teil, Sehbahn 1220 Genitale – äußeres, Entwicklung 858 – Entwicklung 852, 859 – männliches 826 – – äußeres 835 – – inneres 826 – weibliches 794 – – äußeres 807 – – inneres 794 – – Kindheit 823 – – postnatale Entwicklung 823 – – Pubertät 823 Genitalfalten 859 Genitalhöcker 858 Genitalleiste 850, 852

Genitalwege, Entwicklung 854 Genitalwülste 858 Gennari-Streifen 1136, 1222 Genu – recurvatum 377 – valgum (X-Bein) 394 – varum (O-Bein) 394 gER = glattes Endoplasmatisches Retikulum 51 Gerinnungskaskade 169 Gerstenkorn 1055 Geruch, bewusste Wahrnehmung 1240 Geschlechtsdimorphismus 47 Geschlechtsdrüsen, akzessorische – Entwicklung 857 – Mann 832 Geschmacksbahn 1242 Geschmackskern 1243 Geschmacksknospe 1012, 1241 Geschmacksorgan (Organum gustus) 1012 Geschmacksqualität 1013, 1241 Geschmacksrezeptoren 1241 Geschwindigkeitsrezeptor 1197 Gesicht – Entwicklung 971 – Gefäße 963 – knöcherne Grundlage 959 – Nerven 963 – Proportionen 964 – Region 964 – – tiefe seitliche 1034 Gesichtsfeld 1215 Gesichtsfeldausfall 1289 Gesichtsfraktur 958 Gesichtshaut, Spaltlinien 963 Gesichtsschädel (Viscerocranium) 954 – Verstärkungspfeiler 958 Gesichtsstrahlung s. N. facialis 963, 992 Gesichtswülste 970 Gestalt, allgemeine Bedeutung 31 Gewebe 58 – bradythrophes 155 Gewölbekonstruktion, Fuß 421 GFAP = Glial fibrillary acidic protein 52, 93 GH = Growth Hormone 1252 GHRH = Growth Hormone Releasing Hormone 1252 Gibson-Faszie = Membrana suprapleuralis 562 Giebelkern s. Nucleus fastigii 1119 Gieson, van, Färbung 100 Gingiva (Zahnfleisch) 1004, 1025 – Nerven 1027 Ginglymus (Scharniergelenk) 231 Glabella 943, 959, 965 Glandotropes Hormon 1251 Glandula(-ae) – anales (Proktodealdrüsen) 720 – buccales 1004, 1017 – bulbourethrales (CowperDrüsen) 835 – cardiacae (Kardiadrüsen) 697 – ceruminosae 1077 – cervicales uteri 802 – ciliares 1055 – cutis 1276 – duodenales (Brunner-Drüsen) 677 – gastricae 677 – gustatoriae 1012

Sachverzeichnis labiales 1004, 1017 lacrimalis 1056 lingualis anterior 1012 mammariae 1277 mucosae intestinales 677 nasales 1044 oesophageae 677, 684 olfactoriae 1045 palatinae 1006, 1017 parathyroideae s. Nebenschilddrüsen 933 – parotidea 1018 – – accessoria 1019 – pinealis s. Epiphyse 1127 – pituitaria 1249 – preputiales 836 – pyloricae (Pylorusdrüsen) 697 – radicis linguae 1012 – salivariae 1017 – – majores 1018 – – minores 1017 – sebaceae 1055 – – holocrinae 1276 – seminalis (Glandula vesiculosa) 832 – sublingualis 1017, 1021 – submandibularis 1018, 1020 – submucosae duodeni s. Brunner-Drüsen 707 – sudoriferae 1277 – suprarenalis s. Nebenniere 790 – tarsales 1055 – thyroidea s. Schilddrüse 931 – urethrales 809, 840 – uterinae 802 – vesiculosa (Bläschendrüse) 832 – vestibulares – – majores = Bartholin-Drüsen 807 – – minores 807 Glans – clitoridis 808 – penis (Eichel) 836 Glanzstreifen (Disci intercalares), Herzmuskulatur 87 Glaser-Spalte s. Fissura petrotympanica 951 Glasknochenkrankheit (Osteogenesis imperfecta) 68 Glaskörper 1070 Glaskörperraum 1070 Glatte Muskulatur 89 glattes Endoplasmatisches Retikulum = gER/sER 51 Glaukom 1071 Gleichgewicht 1091 – Aufrechterhaltung 1236 Gleichgewichtsbahn 1235 Gleichgewichtsorgan 1074, 1087 Gleichgewichtssystem 1232 Gleitsehne 234 Glia, Retina 1217 Gliafilament 52 Gliagrenzmembran 1149 Gliascheide s. Nervenfasern, myelinisierte 94 Gliazelle (Supportzelle) 93 Glied s. Penis 835 Gliedertaxe 477 Gliederung, segmentale 113 Glioblast 1171 Glioblastom 93 Glisson-Kapsel (Tunica fibrosa) 737 Glisson-Trias 739, 743 Globuline 166 – – – – – – – – – –

Globus pallidus 1143, 1186 – Entwicklung 1174 – externus 1187 – internus 1187 Glockenstadium 1028 Glomerulonephritis 769 Glomerulus(-i) 769 Glomus(-era) – aortica 631 – caroticum 896 Glottis 923 Glottisödem 924 Glukagon 752 Glukokortikoide 790 Glutamat 202, 1182, 1218, 1261 Glutealmuskeln 354 Glycin 1182 Glykogeneinlagerung, Vagina 806 Glykogengehalt, Vaginalepithel 814 Glykogensynthese 734 Glykokalyx 53, 770 Glykoproteine, adhäsive 69 Glykosaminoglykane = GAGs 69 Glyzin 202, 1191 – Mutation 68 GnRH (Gonadotropin releasing Hormon, Gonadoliberin) 812, 845, 1252 Goldenhar-Syndrom 970 Goldner-Färbung 100 Golgi-Apparat 51 Golgi-Organ 1197 Golgi-Zelle 92, 1119 Gomori, Silberimprägnation 101 Gomphosis (Einzapfung) 227, 1021 Gonadenanlage 852 Gonadoliberin s. Gonadotropin releasing Hormon Gonadotropin releasing Hormon (GnRH, Gonadoliberin) 812 845, 1252 Gonadotropine 812, 824 Gonarthrose 363, 367 Goodpasture-Syndrom 769 Goormaghtigh-Zellen 772 Goormaghtigh-Zellen (Mesangium, extraglomeruläres) 772 Gower-Trakt (Tractus spinocerebellaris anterior) 1201 Graaf-Follikel 810 Granula – basophiler Granulozyt 174 – eosinophiler Granulozyt 173 – Monozyt 174 – neutrophiler Granulozyt 172 – Thrombozyt 170 Granulärer Kortex 1135 Granulationes arachnoideales 1156 Granulationsgewebe 70 Granulosaluteinzellen 811 Granulosazellen 810 Granulozyt 171 – basophiler 173 – eosinophiler 173 – neutrophiler 171 – segmentkerniger 172 – stabkerniger 172 Graue Substanz (Susbstantia grisea) 202 – Rückenmark 1099 Grauer Star 1069 Graviditas s. Schwangerschaft 817 GRAY-I/II-Synapse 97 Greiffunktion 477, 491 – Füße 396 Greifhand 477, 489, 500

Grenzlinie (tide mark), Gelenkknorpel 74 Grenzstrang (Truncus sympathicus) 215, 636 – Bauchraum 874 Grenzstrangganglion 98, 214, 636 Griffelfortsatz s. Processus styloideus 943 Grimassieren 1289 Grimmdarm s. Kolon 712 Großes Netz s. Omentum majus 657 Großhirn 1132 – Fasersysteme 1144 – Lappen 1133 Großhirnrinde (Cortex cerebri) 1135 Großzehe (Hallux) 403 Großzehenloge 419 Grünblindheit (Deuteranopie) 1218 Grundbündel (Fasciculi proprii) 1101 Grundphalanx 403 Grundplatte 1172 Grüner Star (Glaukom) 1071 Grünholzfraktur 457 Gruppe-Ia-Faser 1197 Gruppe-II-Faser 1197 Gruppenfaszie 236 Gubernaculum 324, 859 – testis 827, 853 Gustatorisches System 1241 Guyon-Loge 510 Gynäkomastie 1278 Gyrus(-i) – cinguli 1245 – dentatus 1245 – – Schichten 1248 – parahippocampalis 1246 – postcentralis 1133 – precentralis 1133 – transversi 1141 G-Zellen 697

H Haare (Pili) 1274 Haarfollikelrezeptoren 1197 Haarkolben 1274 Haarmatrix 1274 Haarpapille 1274 Haarschaft 1274 Haarwechsel 1274 Haarzellen – äußere 1091, 1229 – – effente Innervation 1230 – Corti-Organ 1229 – Innenohr 1087 – innere 1229 – Rezeptorpotenzial 1230 Haarzwiebel 1274 Habenula 1127 Habituation 1260 Hackenfußstellung 431 Haftkomplex (Schlussleistenkomplex) 59 Haftkontakt (Adhäsionskontakt ) 57 Haftstiel 108 Haftzotte 121 Hagelkorn 1055 Hagen-Poiseuille-Gesetz 154 Hakenbein (Os hamatum) 480 Hakenmagen 694 HAL = hintere Axillarlinie (Linea axillaris posterior) 303 Halbwirbel 285 Haller-Dreifuß s. Truncus coeliacus 865

1305 Haller-Schicht 1060 Hallux (Großzehe) 403 Hallux valgus 425 Hals (Collum, Cervix) 34, 891, 906 – Begrenzungen 891 – Faszienräume 911 – Faszienverhältnisse 892 – Gefäße 896 – Muskulatur 893 – Nerven 901 Halsdreiecke 907 Halsfaszie s. Fascia cervicalis 892 Halsfistel, laterale 970 Halslymphknoten 901 Halsmuskulatur 895 Halsregionen 907 Halsrippe 285, 305 Halswirbelsäule – Bewebungsausmaß 268 – Röntgenbild 254 Halszyste, laterale 970 Haltefunktion, Muskel 241 Haltemuskulatur, Skelettmuskulatur 87 Hämarthros 229 Hämatin 1286 Hämatokrit = Hkt 166 Hämatom – epidurales 1164 – retroplazentares 819 – subdurales = SDH 1166 Hämatopoese (Blutbildung) 166 Hämatotympanon 958 Hämaturie 782 Hammer (Malleus) 1080 Hammerfinger 502 Hämoccult-Test 712 Hämoglobin = Hb 168 – fetales = HbF 150 Hämoptysen 556, 769 Hämorrhoidalleiden 725 Hämorrhoiden 725 – innere 871 Hämostase (Blutstillung) 165, 169 Hand 477 – Bandapparat 486 – Bauprinzip 477 – Entwicklung 515 – Gefäße 505, 507 – Gelenke 484 – Hautinnervation 512 – Knochen 480 – Muskulatur 498 – Nerven 508 – Röntgenbild 481 – Sehnenscheiden 500 – Topografie 513 – Wachstumsfugen 515 Handchirurgie 477 Handfläche (Palma manus) 513 Handflächenregel, Körperoberfläche 44 Handgelenk(e) 485 – Bandapparat 485 – Bewegungen 487, 493 – distales (Articulatio mediocarpalis) 485 – Muskeln 492 – – Extensoren (Übersicht) 494 – – Flexoren (Übersicht) 493 – proximales (Articulatio radiocarpalis) 485 Handrücken (Dorsum manus) 513 Handskelett 480 Handwurzel (Carpus) 480 – Säulen 482 Harnapparat, Entwicklung 849

1306 Harnblase (Vesica urinaria) 779, 781 – Entwicklung 851 – Kontinenz 784 – Mechanismen für Verschluss und Entleerung 785 – Nerven 784 – Wandbau 782 Harnblasenaktivität 784 Harnblasenkarzinom 782 Harnblasenpunktion 781 Harndrang 784 Harnfiltersystem 770 Harninkontinenz 784 Harnkonzentrierung 770, 772 Harnleiter s. Ureter 777 Harnröhre – männliche s. Urethra masculina 838 – weibliche s. Urethra feminina 809 Harnsamenröhre s. Urethra masculina 838 Harnstau 778, 851 Harnverhalt 781 Harnwege, ableitende 776 – Entwicklung 851 Harnwegsinfekt = HWI 783 Harter Gaumen 1006 Hartsubstanzen, Zahn 1024 Hasenscharte (Lippenspalte) 972 Hasner-Klappe 1041, 1058 Hassall-Körperchen 180 Haube s. Tegmentum 1104 Hauptblickrichtungen 1054 Hauptbronchus (Bronchus principalis) 541, 544 Hauptdrüsen (Glandulae gastricae) 697 Hauptebenen (Körperebenen) 38 Hauptsprachbereich 1228 Hauptstück 771 Hauptstück, Tubulus, proximaler 771 Hauptzellen 697, 771 – Glandula parathyroidea 933 Haustren 715 Haut 1265, 1267 – Gefäße 1273 – Nerven 1273 – Schichten 1266 Hautanhangsgebilde 1274 Hautfaltenasymmetrie 362 Hautfarbe 1269 Hautrezeptor(en) 1196, 1272 Hautschmerz 1205 Hautschnitt 1271 Hautspaltlinien 1271 Hautvenen – Arm 466 – Bein 429 Havers-Blutgefäß 77 Havers-Kanal 77 Havers-System (Osteon) 77 Hb = Hämoglobin 168 HbF = fetales Hämoglobin 150 HCG = humanes Choriongonadotropin 106, 812, 817 HE = Hounsfield-Einheit 134 H. E. = Hämatoxylin, Eisen, Färbung 100 Head-Zone 210 Hebelarm, virtueller, Kraftentfaltung 239 Heister-Klappe 743 Helicotrema 1084 Helix 1075 Hemeralopie (Nachtblindheit) 1218

Sachverzeichnis Hemianopsie – bitemporale, heteronyme 1221 – homonyme 1221 – nasale ipsilaterale 1222 Hemiarthrose 331 Hemiballismus 1132, 1289 Hemisphäre – Großhirn 1132 – Kleinhirn 1116 Hemmung, laterale 196 Hemmungsband s. Ligamentum 230 Henle-Schleife (Ansa nephroni) 772 Hepar s. Leber 734 Heparansulfat 69 Heparin 174 Hepatische Enzephalopathie 734 Hepatobiliäres System 734 Hepatopankreatischer Ring 666, 747, 755 Hepatozyt 740 Hering-Breuer-Reflex 561 Hering-Kanälchen 742 Hernie – Bochdalek 116 – epigastrische 313 – innere 653 – Leistenhernie 318 – Nabelhernie 313 – Narbenhernie 311 Hernienbildung, Pathophysiologie 307 Hernienchirurgie 308 Herpes-simplex-Enzephalitis 1133 Herring-Körperchen 1130 Hertwig-Wurzelscheide 1029 Herz (Cor) 578 – Aufbau, allgemein 145 – Bildgebung 617 – Binnenräume 581 – – Entwicklung 623 – endokrine Funktion 595 – Entwicklung 622 – Erregungsbildung und -leitung (Reizleitungssystem) 596 – Flächen 580 – Gefäße 599 – Größe und Gewicht 578 – Lage 579 – Längsachse 578 – linkes 578 – Nerven 607 – Projektion auf die Thoraxwand 615 – rechtes 578 – Röntgenbild 618 – Ventilebene 580 – Versorgungstypen 602, 604 – Wandbau 594 Herzaktion 609 Herzbasis (Basis cordis) 579 Herzbeutel s. Pericardium 613 Herzbeutelhöhle s. Cavitas pericardiaca 613 Herzbeutelpunktion (Perikardpunktion) 564 Herzbeuteltamponade 564, 614 Herzdämpfung 616 Herzdreieck (Trigonum cardiacum) 564 Herzdurchmesser, Röntgenbild 619 Herzerkrankung, koronare (KHK) 600, 621 Herzfehler 151 Herzfehlerzellen 557 Herzfrequenz 609

Herzgeräusche 588, 617 – Fortleitung 617 Herzgewicht, kritisches 579 Herzinfarkt 87, 600, 614 – Diagnostik 605 Herzinsuffizienz 595 – bei Aortenisthmusstenose 630 Herzkammern s. Ventriculus(-i) cordis 584 Herzkatheter 622 Herzklappen (Valvae cordis) 587 – Auskultation 616 – Projektion 616 – während der Herzaktion 609, 611 Herzklappenersatz 588 Herzklappenfehler 588 Herzkranzgefäße (Vasa coronaria) 599 Herz-Kreislauf-System 145 – frühembryonal 641 – Hochdrucksystem 149 – Niederdrucksystem 149 Herzleistung 607 Herzmaße, Röntgenbild 619 Herzmuskelzelle (Kardiomyozyt) 87 – modifizierte 88 Herzmuskulatur 87 Herzohr – linkes (Auricula sinistra) 580, 583 – rechtes (Auricula dextra) 580, 582 Herzperkussion 616 Herzsattel, Zwerchfell 297 Herzschlagvolumen 609 Herzschlauch 622 Herzschleife 622 Herzschrittmacher 597 Herzsepten (Septa cordis) 586 Herzskelett 587 Herzspitze (Apex cordis) 579 Herz-Thorax-Index = kardiothorakaler Quotient 619 Herztiefendurchmesser, Röntgenbild 618 Herztöne 611 Herzvorhöfe s. Atrium(-a) cordis 582 Herzwand, Ruptur 614 Herzzyklus 609 Heschl-Querwindungen 1141, 1232 HET = Hormonersatztherapie 825 Heterodontie 1021 Heuser-Membran 107 HEV = hoch-endotheliale Venolen 182 – Lymphknoten 184 – Peyer-Plaques 192 Hexenmilch 823 Hexenschuss = Lumbago 247, 264 HHL = Hypophysenhinterlappen s. Neurohypophyse 1249 Hiatus – adductorius 381 – analis 337 – aorticus 538 – axillaris – – lateralis (laterale Achsellücke) 474 – – medialis (mediale Achsellücke) 474 – canalis nervi petrosi – – majoris 950, 992, 1081 – – minoris 950, 996, 1083

– levatorius (Levatortor) 335 – oesophageus 538 – pleuropericardialis 117, 527 – pleuroperitonealis 115 – sacralis 258 – saphenus 381, 383 – semilunaris 1041 – urogenitalis 337 Hiatushernie 539 Hilfsapparat, Auge 1049, 1052 Hilgenreiner-Linie 362 Hilum 524 – ovarii 796 – pulmonis (Lungenhilum) 548 – renale 763 Hilumlymphknoten s. Nll. bronchopulmonales 560 Hinterdarm 118 Hinterhauptsbein (Os occipitale) 264, 944 Hinterhauptslage, vordere 819 Hinterhauptslappen 1133 Hinterhirn s. Metenzephalon 1103 Hinterhirnbläschen 1173 Hinterhorn (Cornu posterius) 204, 1099 – Entwicklung 1172 Hinterstrang (Funiculus posterior) 1101, 1198 – Läsion 1199 – Somatotopie 1200 – System 1196 – – Aufbau 1198 Hinterwandinfarkt 1284 Hinterwurzel (Radix posterior/ sensoria) 204 Hippocampus 1240, 1246 – Afferenzen 1248 – Efferenzen 1248 Hippokampusformation 1245 Hirnanhangsdrüse s. Hypophyse 1249 Hirnarterien 1157 – Hirnbasis 1158 Hirnbläschen 1172 Hirnblutung 1162, 1176 Hirndruck 1068 Hirndruckerhöhung 1290 Hirndurchblutung 1178 Hirnhaut – harte (Pachymeninx) 1149 – weiche (Leptomeninx) 1149 Hirninfarkt 625, 1158, 1176 – A. cerebri media 1160 Hirnnerv (N. cranialis) 211, 979 – I s. Nervus olfactorius 949 – II s. Nervus opticus 949 – III s. Nervus oculomotorius 949 – IV s. Nervus trochlearis 949 – IX s. Nervus glossopharyngeus 950 – V s. Nervus trigeminus 985 – VI s. Nervus abducens 949 – VII s. Nervus facialis 950 – VIII s. Nervus vestibulocochlearis 950 – X s. Nervus vagus 950 – XI s. Nervus accessorius 950 – XII s. Nervus hypoglossus 950 – Faserqualitäten 212 979 – Ganglien 211, 980 – Halsäste (Übersicht) 904 – Kerne 1105, 1107, 1109 – Übersicht 981 Hirnödem 1116, 1168 Hirnrinde (Kortex) 202 Hirnschädel (Neurocranium) 946

Sachverzeichnis Hirnschenkel (Crus cerebri) 1114 Hirnsinus (Sinus durae matris) 1167 Hirnstamm (Truncus encephali) 1104 – Arterien 1159 – Hirnnervenkerne 1105 – motorische Kerngebiete 1189 Hirnstiel(Pedunculus cerebri) 1114 Hirnvenen 1165 Hirnventrikel 1154 – Entwicklung 1173 Hirschsprung-Krankheit 679 His-Bündel (Fasciculus atrioventricularis) 598 His-Winkel = Incisura cardialis 682, 693 Histamin 174 Histiozyten 67 Histochemische Färbung 100 Histologie 58 – Definition 49 – Techniken 99 HIV = Human ImmunodeficiencyVirus (HIV) 177 Hkt = Hämatokrit 166 HLA = Human Leucocyte Antigen System 172 Hochdrucksystem 149 Höcker-Fissuren-Verzahnung 1023 Hoden (Testis) 827 – Entwicklung 853 – Gefäße 828 – Nerven 829 – Spermatogenese 843 Hodenhüllen 827 Hodensack (Skrotum) 841 Hodenstränge 853 Hodgkin, Morbus 899 Hoffa-Fettkörper = Corpus adiposum infrapatellare 376 Hohlhand (Palma manus) 513 – Vertiefung 499 Hohlhandbogen – oberflächlicher (Arcus palmaris superficialis) 506 – tiefer (Arcus palmaris profundus) 506 Hohlorgane 528 – Muskulatur 530 – Schleimhaut 530 Hohlräume, extraembryonale 107, 124 Hohlvene (Vena cava) 146 Hohlvenen (Venae cavae) 632 – Mündung 579, 582 Holokrine Drüse 65 Holokrine Sekretion 64 Holzknecht-Raum = Retrokardialraum 619 Homonyme Hemianopsie 1221 Homunculus 1138 Hörbahn 1230 Hordeolum 1055 Hörgerät 1090 Horizontalzelle 1065, 1067 – Retina 1220 Hormonale Kontrazeptiva 813 Hormone – Adenohypophyse 1252 – glandotrope 1251 – Hypopyse 1250 – Hypothalamus 1252 Hormonelle Steuerung – Follikelreifung 812 – Spermatongenese 845 Hormonentzugsblutung 813

Hormonersatztherapie = HET 825 Hormonhaushalt, Steuerung 1243 Horner-Syndrom 216, 570 Hornhaut(Kornea) 1059, 1061 Hornschicht (Stratum corneum) 62, 1269 Hörorgan 1074, 1085 Hortega-Zelle(Gliazelle) 93 Hörvorgang 1089 Hörzentrum, primäres 1141 Hounsfield-Einheit = HE 134 Howship-Lakunen 75 HPL = Human Placental Lactogen 817 HRT = Hormonersatztherapie (HET) 825 H-Streifen, Querstreifung 83 Hueter-Dreieck 476 Hueter-Linie 476 Hufeisenniere 851 Hüftbein (Os coxae) 327 Hüftdysplasie 345, 361 Hüftgelenk (Articulatio coxae) 345 – Bandapparat 349 – Bewegungsumfang 351 – Entwicklung 360 – Gelenkkapsel 348 – Hüftmuskulatur 351 – Röntgenbild 361 Hüftluxation – kongenitale 345, 361 – traumatisch 350 Hüftmuskulatur, äußere 354, 357 Hülsenkapillare 186 Human Placental Lactogen = HPL 817 Humanes Choriongonadotropin = HCG 106 Humeroradialgelenk (Articulatio humeroradialis) 459 Humerus (Oberarmknochen) 446 – anliegende Nerven 470 – Frakturen, distale 470 – Torsionswinkel 447 Humor – aquosus s. Kammerwasser 1070 – vitrei 1071 Humorale Immunität 165 Hustenstoß 297 HVL = Hypopysenvorderlappen s. Adenohypophyse 1249 HWI = Harnwegsinfekt 783 HWS-Distorsion (Schleudertrauma) 267 Hyalbogen 969 Hyaliner Knorpel 73 Hyaluronan (Hyaluronsäure) 69 Hydramnion 1170 Hydroxylapatit 76 Hydrozele 828 Hydrozephalus 1157, 1290 – als Geburtshindernis 819 Hymen 807, 857 Hypästhesie 210, 264 Hyperakusis 1080 hyperdens, CT 134 Hyperhidrosis 905 hyperintens, MRT 137 Hyperkinesie 1289 Hyperparathyroidismus 934 Hyperplasie 87 – Prostata 834 Hyperthyreose 932

Hypertonie 1068 – arterielle (Bluthochdruck) 160, 600 – bei Aortenisthmusstenose 629 – pulmonal arterielle 1282 – renovaskuläre 774 Hypertrophie 87 – Herz 588 Hypoblast 106 hypodens, CT 134 Hypodermis 1266, 1272 Hypoglossusparese 1013 hypointens, MRT 137 Hypokalzämie 1287 Hypokinese 1188 Hypomer 282 Hypomochlion 234 Hypoparathyreodismus 1287 Hypopharynx s. Pharynx 917 Hypophyse 1249 – Entwicklung 1175 Hypophysenhinterlappen = HHL s. Neurohypophyse 1249 Hypophysentumor 1251 Hypopysenvorderlappen = HVL s. Adenohypophyse 1249 Hypospadie 858 Hypothalamus 1128, 1214 – Bahnen 1131 – Hormone 1252 – Kerne 1129 – Verbindungen zur Hypophyse 1249 Hypothenar (Kleinfingerballen) 499, 513 – Atrophie 499, 511 – Muskulatur 498 Hypothermie 1266 Hypothyreose 932 Hypotympanon 1079 Hypoxie, unter der Geburt 341

I Ib-Faser 1198 ICC = interstitial cells of Cajal 679 IDC = interdigitierende dendritische Zellen 182 Ikterus 734, 744 Ileitis terminalis 708 Ileozäkalklappe, Bedeutung 1285 Ileum (Krummdarm) 708 – Gefäße 710 Ileus (Darmverschluss) 90, 651, 705 – mechanischer 653 Iliosakralgelenk (Articulatio sacroiliaca) 331 Immersionsfixierung 99 Immunantwort, spezifische 176 Immunglobulin – Gamma-Globuline 177 – IgA, sekretorisches 189 – pathologisches 177 Immunhistochemie/Immunhistologie 101 Immunität – humorale 177 – zelluläre 177 Immunsystem 165 Impedanzanpassung 1089 Impfung, bei Splenektomie 185 Impingement-Syndrom 454 Implantation (Nidation) 105 Impotentia – coeundi 848 – generandi 848

1307 Impressio(-nes) – cardiaca 548 – colica 737 – duodenalis 737 – gastrica 737 – oesophageale 737 – renalis 737 Impressionsfraktur, Schädel 947, 958 Impuls-Echo-Verfahren, Sonografie 138 Incisura(-ae) – acetabuli 346 – angularis 693 – cardiaca 548 – cardialis = His-Winkel 682, 693 – clavicularis 289 – costalis 289 – ethmoidalis 943 – frontalis 943, 1050 – ischiadica – – major 328 – – minor 328 – jugularis 289, 304 – mandibulae 955, 988 – pancreatis 749 – radialis 457 – scapulae 440 – supraorbitalis 943, 959, 965 – tentorii 1151 – ulnaris radii 479 – vertebralis – – inferior 251 – – superior 251 Incus (Amboss) 1080 Indirekte Höhrbahn 1231 Indirekte Laryngoskopie 924 Indusium griseum 1245 Infarkt – A. cerebri media 1288 – Gehirn 1158 Infarktdiagnostik 605 Infektion – bakterielle 173 – Knochen (Osteomyelitis) 398 – opportunistische 177 – parasitäre 173 inferior, -us 41 Infertilität, bei Kyptorchismus 325 Informationsverarbeitender Teil, Auge 1049 Infrahyoidale Muskulatur 893 Infundibulum 1251 – ethmoidale 956 – tubae uterinae 797 Inguinalregion, Innenrelief 318 Inhibin 845 Injektion – intramuskuläre 354, 356, 392 – intravenöse 467 Inkarzeration 308 Inkontinenz (Harninkontinenz) 784 Innenband (Ligamentum collaterale tibiale) 371 Innenknöchel (Malleolus medialis) 398, 404, 433 Innenmeniskus (Meniscus medialis) 368 Innenohr 1083, 1085 – Durchblutungsstörung 1235 – Entwicklung 1092 – Schwerhörigkeit 1090 Innenrotation 42 Innensegment, Photorezeptorzellen 1067, 1217 Innenstreifen, Nierenmark 768 Innenzone, Nierenmark 768 Innere Haarzellen 1087, 1229

1308 Innere Hämorrhoiden 871 Innere Hernie 653 Innere Organe = Eingeweide 528 Inneres Genitale – männliches 826 – weibliches 794 Inneres Schmelzepithel 1028 Innervation – periphere – – Nerven 209 – – untere Extremität 389 – segmentale (radikuläre) 207, 209 – – untere Extremität 389 – sensible – – Arm 472 – – Hand 512 Inotropie 607 Inselorgan 748 Insertionstendopathie 455, 493 Inspektion 35 Inspiration (Einatmung) 566 – Muskulatur 294 – Thoraxbewegungen 292 Insuffizienz – aktive 496 – Aortenklappe 593 – Herzklappe 588 – respiratorische 286 Insula(-ae) 1134, 1243 – pancreaticae s. LangerhansInseln 751 Insulin 752 Insult 1157 Integrin 69 Integumentum commune 1265 Intensitätsrezeptoren 1196 Intentionstremor 1124 Interblobs 1223 Interkarpalgelenke (Articulationes intercarpales) 489 Interkavale Anastomosen s. Anastomosen, kavokavale 870 Interkostalmuskeln – Entwicklung 304 – Wirkungsweise 294 Intermediärer Tubulus 771 Intermediäres Mesoderm 113 Intermediärfilamente 52 Intermediärschicht (Stratum intermedium, Vagina) 806 Intermediärzone 1172 Intermediärzotte 121 Intermetatarsalgelenke (Articulationes intermetatarsales) 411 Interneuron 92, 199 Internodale Bündel 597 Internodium 94 Internodium, Nervenfaser, myelinisierte 94 internus 41 Internusaponeurose 313 Internushochstand 316 Interometakarpalgelenke (Articulationes intermetacarpales) 491 Interphalangealgelenke (Articulationes interphalangeae) 492 – Bewegungen 492 – Fuß (Articulationes interphalangeae pedis) 411 Intersectiones tendineae 308 Interspinallinie 331, 641 Interstitielles Wachstum, Knorpel 72 Interterritorium, Knorpel 73 Intertitielle Zellen von Cajal 679 Interzellularraum 58 Interzellularsubstanz, Knorpel 73 Intestinale Phase 703

Sachverzeichnis Intestinum – crassum s. Dickdarm 711 – tenue s. Dünndarm 703 Intima 152 Intraembryonales Zölom 114 Intrafusale Muskelfasern, Skelettmuskulatur 85 Intrahepatische Gefäße, Entwicklung 747 Intrahepatischer Ikterus 744 Intramurales Ganglion 98 Intraokulärer Druck 1070 intraperitoneal 652 Intrazerebrale Massenblutung 1162 Intrinsic factor 697 Intumescentia – cervicalis 1097 – lumbosacralis 1097 Invasion, Blastozyste 105 Invasiver Tumor 69 Inversion 409 Involution, Thymus 181 Iod-Peroxidase 932 IPSP = inhibitorisches postsynaptisches Potenzial 196 Iris 1060, 1062 Ischämie – Gehirn 1157 – Myokard 600 Ischämische Phase 813 Ischialgie 264 Ischiokrurale Muskeln 377 isodens, CT 134 Isogene Gruppe, Knorpel 73 isointens, MRT 135 Isokortex 1135 Isolierfett 71 Isometrische Kontraktion 240 Isotonische Kontraktion 240 Isthmus – aortae (Aortenisthmus) 629 – faucium (Schlundenge) 916, 1007 – glandulae thyroideae 931 – prostatae 833 – tubae – – auditivae 1083 – – uterinae 797 – uteri 800 I-Streifen, Muskulatur, Querstreifung 83

J Jacobson-Anastomose 1020 Jacobson-Organ 1045 Jacoby-Linie 255 James-Bündel 598 Jejunum (Leerdarm) 708 – Gefäße 710 Jochbein (Os zygomaticum) 954 Jochbogen (Arcus zygomaticus) 959, 965 Jochpfeiler 958 Jodmangel 932 Jodopsine 1218 Jodprobe nach Schiller 803 Junctio anorectalis 719, 721 Junctura (Knochenverbindung ) 226 – cartilaginea 227 – fibrosa 227 – synovialis (Diarthrose, Articulatio) 228 Junktionaler Komplex (Schlussleistenkomplex) 59 Juxtaglomerulärer Apparat 772 Juxtamedulläres Nephron 769 Juxtaorales Organ 1019

K Kachexie 71 Kahnbein – Fuß (Os naviculare) 401 – Hand (Os scaphoideum) 480 Kahnschädel (Scaphocephalus) 967 Kaiserschnitt (Sectio caesarea) 819 Kalkzone, Knorpel 74 Kallus 77 Kalzitonin 933 Kalzitonin-Gen-verwandtes Peptid = CGRP 1182 Kalziumhaushalt 763 Kalziumkanalblocker 160 Kalziummangel 1287 Kalziumspiegel, Regulation 934 Kambiumschicht 75 Kambiumschicht, Stratum osteogenicum, Periost 75 Kammer – Herz s. Ventriculus(-i) cordis 584 – primitive (Ventriculus primitivus/communis) 622 Kammerflimmern 598 Kammerschenkel = TawaraSchenkel 599 Kammerwasser 1063, 1070 – Abfluss 1071 – Produktion 1063 Kammerwinkel 1071 Kanalbecken 284 Kapazitation 816 Kapazitätsgefäß 159 Kapillaradhäsion (seröse Höhlen) 524 Kapillare 155 – Typen 156 Kaposi-Sarkom 177 Kappenstadium 1028 Kardia (Mageneingang) 693 Kardiadrüsen (Glandulae cardiacae) 697 Kardiasphinkter 682 Kardinalvenen (Venae cardinales) 643 Kardiogene Zone 622 Kardiomyozyt (Herzmuskelzelle) 87 Kardiopulmonales System 533 Kardiothorakaler Quotient = Herz-Thorax-Index 619 Karies 1024 Karotissinus 253 Karotissinusreflex 897 Karotissiphon 1158 Karpaltunnel (Canalis carpi) 480, 509 Karpaltunnelsyndrom 510 Karpometakarpalgelenke (Articulationes carpometacarpales) 489 Kartagener-Syndrom 53, 110 Karyoplasma (Nukleoplasma) 50 Karzinom 69 – kolorektales 712 – Prostata 834 – Schilddrüse 906 Katalase 51 Katarakt 1069 Katecholamine 1182, 1257 Katheter – suprapubischer 781 – transurethraler 781 Katheterablation 598 kaudal 41

Kaumuskulatur (Musculi masticatorii) 1032 – Gefäße 1033 – Nerven 1033 Kaumuskulatur Kavokavale Anastomosen 633, 870 Kehldeckel 921 Kehlkopf s. Larynx 920 Kehlkopfspiegelung (Laryngoskopie) 924 Keilbein (Os sphenoidale) 945 Keilbeinhöhle s. Sinus sphenoidalis 1043 Keilwirbel 252 Keimblätter, Differenzierung 111 Keimdrüsen, Entwicklung 852 Keimepithel 796 Keimscheibe – dreiblättrige 109 – zweiblättrige 106 Keimstränge, primäre 853 Keimzellen, männliche 828 Keimzentrum 183 Keith-Flack-Knoten (Sinusknoten) 597 Kennmuskel – C 5 453, 473 – C 6 497 – C 7 473 – L 5 415 – S 1 413 Kent-Bündel 598 Kephale Phase 703 Keratansulfat 69 Keratin 1269 Keratinisierung 1268 Keratinozyt 61, 1267 Kerckring-Falten (Plicae circulares) 704 Kern- und Organellenfeld, Osteoklast 75 Kerne – basale s. Basalganglien 1142 – vestibuläre 1235 Kerngebiete, motorische 1183 – Hirnstamm 1189 Kernkettenfaser, Skelettmuskulatur 85 Kernkörperchen (Nucleolus) 50 Kernmembran 50 Kernsackfaser, Skelettmuskulatur 85 Kernspintomografie, MRT 136 KHK = Koronare Herzerkrankung 600, 621 Kiefergelenk (Articulatio temporomandibularis) 1030 – Bewegungen 1031 – Gefäße 1033 – Nerven 1033 Kiefergelenksluxation 1031 Kieferhöhle s. Sinus maxillaris 1042 Kieferöffnung 1033 Kieferschluss 1033 Kieferzyste 1029 Kielbrust 305 Kiemenbogen s. Schlundbogen 968 – Nerven 1107 Killian-Dreieck 918 Killian-Schleudermuskel 918 Kindbettfieber 821 Kinesin 92 Kinetosom 53 Kinozilium 53, 1088 Kittlinie (Linea cementalis) 77 Kitzler (Clitoris) 808 Klappen, Beinvenen 429

Sachverzeichnis Klappenersatz 588 Klappenfehler 588 Klappeninsuffizienz 588 Klappenstenose 588 Klaviertastenphänomen 443 Klavikulafraktur 437, 443 Kleines Netz s. Omentum minus 657 Kleinfingerballen (Hypothenar) 499 Kleinhirn 1116, 1182, 1192, 1236 – Arterien 1159 – Ausfall 1124 – funktionelle Anatomie 1123 – Informationsfluss 1122 – Läsion 1202 – Venen 1166 – Verschaltung 1122 Kleinhirn-Glomerula 1119 Kleinhirnbrückenwinkel 995, 1114 Kleinhirnhemisphären 1116 Kleinhirnkerne 1119 Kleinhirnrinde 1117 Kleinhirnstiele (Pedunculi cerebellares) 1120 Kleinhirntonsille 1116 Kleinhirnwurm (Vermis cerebelli) 1116 Kleinzehenloge 419 Kletterfaser 1122, 1236 Klimakterium 824 Klinische Untersuchungsmethoden 35 Kloake 728 Kloake (hintere Darmbucht) 118 Kloakenfalten 858 Kloakenmembran 109, 118, 728 Klopfschall, sonorer 572 Klumpfuß (Pes equinovarus) 425 Kniegelenk (Articulatio genus) 363 – Bewegungsumfang 377 – Bänder 370 – Gelenkhöhle und -kapsel 375 – Gelenkknorpel 364 – Gelenkspalt 391 – Kollateralbänder 371 – Kreuzbänder 373 – Menisci 366 – Muskulatur 377, 379 – Röntgenbild 365 – Teilgelenke 364 – Trauma 363 – Untersuchung 372 Kniegelenkerguss 375 Kniekehle (Fossa poplitea) 393 Kniescheibe s. Patella 364 Knochen (Os, Ossa) 75, 221 – Breitenwachstum 81 – Entwicklung 78 – kurze (Ossa brevia) 224 – Längenwachstum 81 – Leichtbauweise 225 – lufthaltige (Ossa pneumatica) 224 – platte (Ossa plana) 224 – primärer (Geflecht-/Faserknochen) 76, 222 – Röhrenknochen (Ossa longa) 223 – sekundärer (Lamellenknochen) 77, 223 – Umbau 78 – unregelmäßige (Ossa irregularia) 224 – Unterarm 478 – Vaskularisierung 78 Knochenalter 283

Knochenbruch (Fraktur) 77, 222 Knochenführung, oberes Sprunggelenk 406 Knochengewebe 75 – mazeriertes 76 Knochengrundsubstanz 76 Knochenhemmung 233, 459 Knochenkern(e) – Carpus 515 – Femurkof 360 – primärer 80 – sekundärer s. 80 Knochenmark (Medulla ossium) 221, 224 – Biopsie 328 – Blutbildung 168, 179 – Punktion 168 Knochenpunkte, tastbare 35 – Kopf 965 – obere Extremität 475, 514 – untere Extremität 390, 433 Knochenverbindung (Junctura) 226 Knochenzellen 75 Knorpel 72 – elastischer 72, 74 – Faserknorpel (Bindegewebsknorpel) 74 – Gelenkknorpel 228 – hyaliner 72 – – Gelenkknorpel 73 – isogene Gruppe 73 – Regeneration 72 Knorpelgewebe 72 Knorpelhof 73 Knorpelhöhle 73 Knorpelkapsel 73 Knorpelzellen 73 Koch-Dreieck 597 Kohabitarche 807 Kohlenmonoxid = CO 1182 Kohlrausch-Falte (Plica transversa media) 719 Kohn-Poren (Porus septi) 558 Kolbenhaar 1274 Kollagenase 69 Kollagenes Bindegewebe 70 Kollagenfasern 67 – Fibrillogenese 67 Kollagenfibrillen 67 Kollateralbänder 391 – Kniegelenk 371 Kollateralen 148 Kollateralkreislauf, bei Aortenisthmusstenose 630 Kollodiaphysenwinkel(CCD-Winkel = Caput-Collum-Diaphysen-Winkel) 347, 360 Kolloid, Schilddrüse 932 Kolon 712, 715 – Abschnitte, Retroperitonealisierung 671 – Gefäße 716 – Nerven 717 Kolonflexur, primäre 670 Kolonrahmen 713 Kolorektales Karzinom 712 Koloskopie 712 Kolpitis 814 Kolpos s. Vagina 805 Kommissurenfasern 1145 Kommunikationskontakt (Nexus, Gap Junction) 56 Kompakta (Substantia compacta) 75 Kompartimente, Hoden 845 Kompartmentsyndrom 237, 414 Komplement 171 Kompressionsfraktur, Wirbelkörper 251 Kompressionsstrümpfe 430

Konditionierung, Atemluft 541 Kondylengelenk 491 Koniotomie 924 Konjunktivalsack 1056 Konsensuelle Lichtreaktion 1226 Konservierung, Leichen 48 Konstitution 45 Konstitutionstypen 45 – Kretschmer 46 Konstitutive Sekretion 64 Kontinenz 727 Kontinenzorgan, Übersicht beteiligter Strukturen 727 Kontinuierliche Erregungsleitung 94, 196 Kontraktion, Skelettmuskelfaser 85 Kontrastmittel 139 Kontrastphänomen 1220 Kontrazeptiva, hormonale 813 Konturen, Oberarm 473 Konuswülste 624 Konvergenzreaktion 1227 Konzeption (Befruchtung) 103, 797, 810, 816 Kopf (Caput) 34, 941 – Arterien 973 – Leitungsbahnen 973 – Lymphabfluss 978 – Proportionen 964 – Regionen 964 – tastbare Knochenpunkte 965 – Venen 976 Kopfbein (Os capitatum) 480 Kopfdarm 675 Kopfdrehung 1091 Kopfgelenke 264 – Bänder 266 Kopfmesenchym 1028 Kopfschwarte 960 Kopplung, arteriovenöse 159 Korbhenkelriss 369 Korbzelle 1118 Kornea (Hornhaut) 1059, 1061 Körnerschicht 1119 Körnerzelle 1118, 1239 Körnerzellschicht s. Stratum granulosum 1268 Koronarangiografie 621 Koronararterien (Arteriae coronariae) 599 Koronare Herzerkrankung = KHK 600, 621 Körper, Gliederung 33 Körperachsen 38 – obere Extremität 476 Körperebenen 38 – transthorakale 534, 641 Körperfaszie 236 Körpergewicht 43 – Übertragung im OSG 404, 406 Körpergröße 43 Körperhaltung, aufrechte, Muskelbeteiligung 312 Körperhöhle 521 – Bildung 114 Körperkreislauf (Kreislauf, großer) 148 Körpermaße 43 Körperoberfläche 44 Körperproportionen 45 Körperregionen 35 Körperspende 48 Körpertemperatur, zyklische Veränderungen 814 Kortex (Hirnrinde ) 202, 1135 – agranulärer 1135, 1182 – Arterien 1160 – assoziativer 1259 – granulärer 1135

1309 – olfaktorischer 1240 – präfrontaler 1139, 1192, 1244 – prämotorischer 1192 – primärer – – auditorischer 1232 – – motorischer 1183, 1192 – – visueller 1222-1223 – sekundärer, auditorischer 1232 – Sprachzentren 1262 – supplementärmotorischer 1192 – visueller 1225 Kortexareale – auditorische 1141 – motorische 1140, 1182 – nozizeptive 1212 – somatosensorische 1140 – spezialisierte 1137 – visuelle 1141, 1224 Kortikales Aktinnetz 51 Kortikalis (Substantia corticalis) 75, 223 Kortikoliberin 1252 Kortikotropin 1252 Kortisol 791 Kostovertebralgelenke (Articulationes costovertebrales) 290 – Bewegungsachsen 292 Kotyledonen 121 Kraftlinie, Bein 347 Kraftsinn 1196 Krallenhand 499 Krampfadern (Varizen) 160, 396, 430 kranial 41 Kraniofaziales System 970 Kraniosynostose 967 Kranznaht (Sutura coronalis) 947 Kreislauf 148 – enterohepatischer 708 – fetaler 150 – feto-plazentarer 120 – geschlossener, Milz 186 – großer (= Körperkreislauf) 148, 578 – kleiner (= Lungenkreislauf) 148, 558, 578 – – Autoregulation 569 – – Blutmenge 568 – offener, Milz 185 – utero-plazentarer 120 Kreislaufumstellung bei Geburt 151 Kreislaufzentrum 1111, 1255 Kretinismus (Zwergwuchs) 43, 932 Kreuzbänder (Ligamenta cruciata) 373 – Gefäßversorgung 375 – Verlauf bei Rotation 374 Kreuzbandplastik 375, 377 Kreuzbandruptur 375 Kreuzbein (Os sacrum) 257 Kreuzschmerzen bei M. Bechterew 331 Kreuzung, Tractus corticospinalis 1183 Kropf s. Struma 932 Krummdarm s. Ileum 708 Krypte, Krypten – Dickdarm 716 – Dünndarm 704 – Ileum 709 – Tonsillen 189 Kryptorchismus 325 Kugel-Arterie (Ramus atrialis anastomoticus) 601

1310 Kugelgelenk 232, 409, 411, 445, 491 Kugelkerne 1119 Kugelkerne (Nuclei globosi) 1119 Kugelzellanämie (Sphärozytose) 169 Kulturorgan 477 Kupffer-Zelle 740 Kurvatur – große (Curvatura gastrica major) 693 – kleine (Curvatura gastrica minor) 693 Kurze Handmuskeln 498 Kurzschlussverbindungen, Kreislauf, fetaler 151 Kurzzeitgedächtnis 1259 Kutikularmembran 1229 Kyphose 248

L Labbé-Vene 1165 Labbé-Vene (Vena anastomotica inferior) 1165 Labium(-a) – externum 328 – inferius 1004 – internum 328 – laterale 346 – majora pudendi (große Schamlippen) 808 – mediale 346 – minora pudendi (kleine Schamlippen) 807 – superius 1004 Labrum – acetabulare 346 – articulare (Pfannenlippe) 229 – glenoidale 445 Labyrinth, basales 771 Labyrinthus – cochlearis 1083, 1086 – corticis (Rindenlabyrinth) 768 – ethmoidalis 956 – membranaceus 1083 – osseus 1083 – vestibularis 1083, 1087 Lacertus fibrosus 460 Lactobacillus acidophilus (Döderlein-Bakterien) 806 Lacuna(-ae) – musculorum 314 – osseae 75 – urethrales 840 – vasorum 314, 885 Lacus lacrimalis 1057 LAD = left anterior descendent = RIVA 601 Ladewig-Färbung 100 Lagebezeichnungen, anatomische 41 Lagebeziehungen zum Peritoneum (Übersicht) 652 Lageempfindung 1236 Lagophthalmus 1058 Lähmung – kontralaterale 1184 – M. gluteus maximus 354 – Mm. gluteus medius und minimus = 356 – Musculus quadriceps femoris 377 – periphere 1191 – schlaffe 1191 – spastische 1184, 1191 – zentrale 1157, 1191 Laimer-Membran s. Ligamentum phrenicooesophageale 539

Sachverzeichnis Laktation 1277 Lakunäre Periode, Plazenta 120 Lambdanaht (Sutura lambdoidea) 947 Lamellenknochen (sekundärer Knochen) 76, 223 Lamina Lamina(-ae) – arcus vertebrae 251 – basilaris 1084 – choroidocapillaris 1060 – cribrosa 474, 945, 949, 982 – episclerale 1059 – epithelialis – – mucosae (Schleimhautepithel) 530, 677 – – serosae (Serosaepithel) 526 – externa 224 – fusca 1059 – granularis – – externa 1135 – – interna 1135 – horizontalis ossis palatinum 1040 – interna 224 – limitans – – anterior 1059 – – gliae perivascularis 1169 – – posterior 1059 – medullaris interna 1125 – membranacea 1083 – mesothelialis (Serosaepithel) 58, 526, 677 – molecularis 1135 – muscularis mucosae (Schleimhautmuskelschicht) 530, 677 – perpendicularis 955 – – ossis ethmoidalis 1040 – pretrachaealis, Fasciae cervicalis 892, 912 – prevertebralis, Fasciae cervicalis 892, 912 – profunda, Fascia thoracolumbalis 273 – propria – – mucosae (Schleimhautbindegewebe) 530, 677 – – serosae (Serosabindegewebe) 526, 677 – pyramidalis – – externa 1135 – – interna 1135 – quadrigemina (Vierhügelplatte) 1114 – spiralis, ossea 1084 – superficialis – – Fasciae cervicalis 892, 912 – – Fascia thoracolumbalis 273 – suprachoroidea 1060 – tecti 1114 – vitrea s. Bruchmembran 1060 Laminin 69 Längenwachstum, Knochen 81 Langerhans-Inseln (Insulae pancreaticae) 748, 751 Langerhans-Zelle 1270 Langhans-Zellen, Plazenta 122 Langmagen 694 Längsachse (Longitudinalachse) 38 Längsgewölbe, Fuß – Aufbau 423 – Bandsicherung 423 – Verlust 422 Längsmuskelschicht 677 Längsmuskelschicht (Stratum longitudinale) 677 Langzeitgedächtnis 1259 Langzeitpotenzierung 1246, 1261 Lanugohaar 1274 Laparochisis 118

Laparotomie 311, 819 Lappenarterien 559 Lappenbronchus (Bronchus lobaris) 550, 555 Laryngektomie 925 Laryngopharynx s. Pharynx 917 Laryngoskopie (Kehlkopfspiegelung) 924, 1287 Laryngospasmus 1287 Laryngotrachealrinne 575 Larynx (Kehlkopf) s. 920 – Entwicklung 929 – Etagen 923 – Feinbau 925 – Gefäße 927, 929 – Lage 921 – Muskulatur 926 – Nerven 928 – Skelett 921 Larynxkarzinom 925 Läsion – Corpus amygdaloideum 1244 – EPMS 1190 – Hinterstrang (Funiculus posterior) 1199 – motorische Neurone 1191 – Pyramidenbahn 1190 Lastübertragung, Fuß 421 Latenzverkürzung 199 lateral 41 L-DOPA 1170 Leber (Hepar) 734 – Baueinheiten 739 – Durchflussstörung 870 – Entwicklung 747 – Gefäße 741 – Peritonealverhältnisse, Entwicklung 667 – Zelltypen 740 Leberazinus 740 Leberläppchen (Lobuli hepatis) 739 Leberlappen (Lobi hepatis) 736 Leberpalpation 736 Leberpforte s. Porta hepatis 736 Leberruptur 735 Lebersegmente (Segmenta hepatis) 737 Lebersinusoide 739 Leberversagen 734 Leberzellbälkchen 739 Leberzirrhose 870 Lederhaut – s. Dermis 1271 – s. Sklera 1059 Leerdarm s. Jejunum 708 Leichenkonservierung 48 Leichtbauweise 225 Leiomyom 82 Leiste – Schmerz bei Nierenerkrankungen 765 – weiche 316 Leistenband (Ligamentum inguinale) 314 Leistenfurche 324, 391 Leistenhaut 1266 Leistenhernie 318 – direkte 318 – indirekte 318 Leistenkanal (Canalis inguinalis) 315, 317 – Entwicklung 324 Leistenring – äußerer (Anulus inguinalis superficialis) 317 – innerer (Anulus inguinalis profundus) 317 Leistenzerrung 358 Leistungsminderung 592

Leitungsanästhesie – nach Oberst 513 – Unterkiefer 1027 Leitungsaphasie 1262 Leitungsbahnen – Kopf 973 – Orbita 1051 – Schädelbasis 953 – Unterschenkel 426 Lemniscus – lateralis 1231 – medialis 1112, 1115, 1199 – trigeminalis 1204 Lendenrippe 285, 305 Lendenwirbelsäule, Bewegungsausmaß 269 Lens s. Linse 1068 Leonardoband = Moderatorband = Trabecula septomarginalis 585 Leptin 71 Leptomeninx (weiche Hirnhaut) 1149 Leptosomer Typ 46 Lernen 1258 – assoziatives 1260 – nicht-assoziatives 1260 Lernmechanismen 1260 LES = lower esophageal sphincter s. Ösophagussphinkter 682 Leukämie 167 Leukozyten 67, 170 – Verteilung im peripheren Blut 171 Levatortor (Hiatus levatorius) 335 Leydig-Zellen 828, 845, 853, 855 LH = luteinisierendes Hormon 812, 845, 1252 Liberine 1251 Lichtbrechender Teil, Auge 1049 Lichtbrechung 1070 Lichtreaktion, konsensuelle 1226 Lid 1054 Lidschluss 1058 Lidspalte 1055 Lidwinkel 964 Lieberkühn-Krypten 704 Lien s. Milz 184 Ligamentum(-a) 230, 524 – acromioclaviculare 440 – alaria 266 – anulare – – radii 459 – – stapediale 1080 – anularia 501, 543 – apicis dentis 266 – arcuatum, medianum 539 – arcuatum laterale (Quadratusarkade, Zwerchfell) 298 – arcuatum mediale (Psoasarkade, Zwerchfell) 298 – arteriosum Botalli 151, 627 – bifurcatum 408 – calcaneocuboideum 408 – calcaneofibulare 406, 408 – calcaneonaviculare 408 – – plantare (Pfannenband) 407, 409, 423 – capitis costae – – intraarticulare 290 – – radiatum 290 – capitis femoris 349 – cardinale = Ligamentum transversum cervicis 801 – carpi – – arcuatum (Bogenband) 486 – – radiatum 486

Sachverzeichnis – carpometacarpalia – – dorsalia 487 – – interossea 487 – – palmaria 487 – collaterale – – carpi – – – radiale 486 – – – ulnare 486 – – fibulare (Außenband) 370 – – radiale 459 – – tibiale (Innenband) 370 – – ulnare 459 – collateralia 491 – conicum = Ligamentum cricothyroideum medianum 922, 924 – coracoacromiale = AC-Band 440 – coracoclaviculare 440 – coracohumerale 448 – coronarium hepatis 736 – costoclaviculare 440 – costotransversarium – – laterale 290 – – superius 290 – cricoarytenoideum 923 – cricothyroideum medianum = Ligamentum conicum 922, 925 – cruciatum – – anterius (vorderes Kreuzband) 370, 373 – – posterius (hinteres Kreuzband) 370, 373 – cruciforme atlantis 266 – cuboideonaviculare plantare 424 – deltoideum 406, 408 – denticulata 1097 – falciforme hepatis 665, 667, 736 – flava 261 – fundiforme penis 836 – gastrocolicum 657, 665, 668 – gastrophrenicum 657, 665 – gastrosplenicum 657, 665 – glenohumeralia 448 – hepatoduodenale 657, 665, 736 – hepatogastricum 657, 665, 736 – iliofemorale 349 – iliolumbale 331 – incudis – – posterius 1080 – – superius 1080 – inguinale (Leistenband) 314 – intercarpalia – – dorsalia 486 – – interossea 486 – – palmaria 486 – interclaviculare 440 – interfoveolare 317 – interspinalia 261 – intertransversaria 261 – ischiofemorale 349 – lacunare 315 – laterale 1030 – latum uteri 801 – longitudinale anterius 261 – longitudinale posterius 261 – mallei – – anterius 1080 – – laterale 1078, 1080 – – superius 1080 – meniscofemorale posterius = Wrisberg-Ligament 369 – metacarpalia – – dorsalia 487, 491 – – interossea 491 – – palmaria 487, 491

– – transversa – – – profunda 491, 503 – – – superficialia 491 – metatarsale transversum profundum 424 – nuchae 261 – obliqua 501 – ovarii proprium 795 – palmare 492 – palpebralia 1054 – patellae 370, 391 – periodontale 1025 – phrenicooesophageale = Laimer-Membran 539, 681 – phrenicopericardiaca 614 – plantare longum 423 – popliteum – – arcuatum 370, 373 – – obliquum 370, 373 – pubicum – – inferius 331 – – superius 331 – pubofemorale 349 – puboprostaticum 663, 782, 833 – pubovesicale 663, 782 – pulmonale 548 – radiocarpalia – – dorsale 485 – – palmare 485 – rectouterinum 663, 802 – rotundum s. Lig. teres uteri 315 – sacroiliaca 331 – sacrospinale 331 – sacrotuberale 331 – sphenomandibulare 1030 – spirale 1086 – splenorenale 657, 665 – sternoclavicularia 440 – sternocostale intraarticulare 291 – sternocostalia radiata 291 – sternopericardiaca 614 – stylomandibulare 1030 – supraspinale 261 – suspensorium – – clitoridis 808 – – ovarii 795 – – penis 836 – talocalcaneum – – interosseum 408 – – laterale 408 – talofibulare – – anterius 406 – – posterius 406 – tarsi 410 – teres – – hepatis 151, 737, 665 – – uteri = Lig. rotundum 315, 324, 801 – thyroepiglotticum 921 – tibiofibulare – – anterius 405 – – posterius 405 – transversum – – acetabuli 346 – – atlantis 266 – – cervicis = Ligamentum cardinale 801 – – genus 368 – – scapulae 469 – trapeziometacarpale palmare 489 – triangularia 667, 736 – umbilicale medianum 114 – venosum 151, 667, 737 Limbisches System 1243 Limbus(-i) 1061 – acetabuli 346 – fossae ovalis 583

– palpebrae 1055 – spiralis 1092 Limen nasi 1040 Linea(-ae) – alba 313 – anocutanea 721 – anorectalis s. Junctio anorectalis 719 – arcuata 313, 328 – aspera 346 – axillaris – – anterior (vordere Axillarlinie = VAL) 303 – – media (mittlere Axillarlinie = MAL) 303 – – posterior (hintere Axillarlinie = HAL) 303 – cementalis (Kittlinie) 77 – dentata (Linea anocutanea) 721 – glutea – – anterior 328 – – inferior 328 – – posterior 328 – intermedia 328 – intertrochanterica 347 – mediana – – anterior (vordere Medianlinie) 303 – – posterior (hintere Medianlinie) 303 – medioclavicularis (Medioklavicularlinie = MCL) 303 – nuchalis – – inferior 944 – – superior 944 – – suprema 944 – parasternalis (Parasternallinie) 303 – paravertebralis (Paravertebrallinie) 303 – pectinata 721 – scapularis (Skapularlinie) 303 – semilunaris 309 – sternalis (Sternallinie) 303 – temporalis 943 – – inferior 944 – – superior 944 – terminalis 328, 521, 647 – transversa, Kreuzbein 258 Linearbeschleunigung 1087, 1233 Lingua (Zunge) 1009 Lingula pulmonis 548 Links-Rechts-Shunt 151, 586 Linksherzkatheter 621 Linksverbreiterung, Herz 619 Linse (Lens) 1068 – Entwicklung 1072 Linsenäquator 1068 Linsenbläschen 1072 Linsenepithel 1069 Linsenfasern 1069 Linsenkapsel 1068 Linsenkern 1069 Linsenplakode 1072 Linsenstern 1069 Lipase 748 Lipogenese (Aufbau von Fettgewebe) 71 Lipolyse (Abbau von Fettgewebe) 71 Lipome 72 Liposarkome 72 Lippe 1004 Lippenkiefergaumenspalte 972 Lippenrot 1004 Lippenschlusslinie 1023 Lippenspalte (Hasenscharte) 972

1311 Liquor – cerebrospinalis 1152 – folliculi 810 Liquorpunktion 1153 Liquorräume 1152 – äußere 1153 – innere 1154 Liquorresorption 1156 Liquorsekretion 1156 Liquorszintigrafie 1178 Lisfranc-Linie 410 Lissauer-Trakt 1102 Lobärpneumonie 551 Lobulus(-i) – corticalis (Nierenläppchen) 768 – hepatis (Leberläppchen) 739 – primärer s. Azinus 553 – pulmonalis (Lungenläppchen) 550, 553 – sekundärer s. Lungenläppchen 553 – testis 828 Lobus(-i) – cardiacus 551 – caudatus 736 – flocculonodularis 1116 – frontalis 1133 – – spezialisierte Kortexareale 1139 – hepatis – – dexter 736 – – sinister 736 – insularis 1134 – limbicus 1133, 1244 – occipitalis 1133 – – spezialisierte Kortexareale 1141 – parietalis 1133 – – spezialisierte Kortexareale 1140 – pulmonalis (Lungenlappen) 550 – pyramidalis 931 – quadratus 736 – renalis (Nierenlappen) 768 – temporalis 1133 – – spezialisierte Kortexareale 1141 Lochien (Wochenfluss) 821 Lockeres Bindegewebe 70 Locus – caeruleus 1109, 1113, 1214, 1254, 1257 – Kiesselbachi 1044 Loge, osteofibröse 411 Lokalanästhesie, Zähne 1027 Longitudinalachse (Längsachse) 38 Lordose 248 L-System, Skelettmuskulatur 84 Lubrikation 816 Luftembolie 935 Luftröhre (Trachea) 541 Lumbago = Hexenschuss 264 Lumbalisation 284 Lumballordose 248 Lumbalmark 1102 Lumbalpunktion 1153 Lumbosakraler Übergang 263 Lumbosakralwinkel 258 Lunatummalazie 480 Lunge (Pulmo) 547, 549 – Alveolen 569 – Atemverschieblichkeit 572 – Bildgebung 574 – Diffusion 569 – Eigenelastizität 566 – Entwicklung 575 – Gasaustausch 569 – Gefäße 558

1312 – Kapillarnetz 569 – Lymphabfluss 544, 560 – Nerven 561 – Perfusion 568 – Perkussion 572 – Rückstellkraft 568 – Rückstellkräfte 566 – Ventilation 566 Lungenarterien (Arteriae pulmonales) 631 Lungenatmung (Respiration) 566 Lungenazinus 553 Lungenembolie 160, 559 Lungenemphysem 553 Lungenentzündung (Pneumonie) 551 Lungenfell s. Pleura visceralis 561 Lungenfenster 574 Lungenfibrose 286 Lungengewebe 550 Lungengrenzen 570 Lungenhilum (Hilum pulmonis) 548 Lungenkreislauf s. Kreislauf, kleiner 148 Lungenläppchen (Lobulus bronchopulmonalis) 550, 553 Lungenlappen (Lobus pulmonalis) 550 – Grenzen 572 Lungenödem 1286 Lungenreifung, Frühgeburt 558 Lungensegment (Segmentum bronchopulmonale) 550, 552 Lungenstiel 548 Lungenstiel 548 Lungenwurzel (Radix pulmonis) 548 Lunula(-ae) 1275 – valvarum semilunarium 591 Luschka-Apertur 1156 Luschka-Apertur (Apertura lateralis ventriculis quarti) 1156 Lutealphase 813 Luteinisierendes Hormon (LH) 812, 845, 1252 Luteolyse 812 Lutropin (LH) 812, 845, 1252 Luxatio – iliaca 350 – suprapubica 350 Luxation – Kiefergelenk 1031 – perianuläre = Chassaignac 459 – Schultereckgelenk 443 – Schultergelenk 447, 449 Lymphabfluss – Bronchialbaum und Lungen 544 – Lunge 560 – untere Extremität 385 Lymphangitis 468 Lymphatische Organe 179 – primäre 179 – sekundäre 182 Lymphatischer Rachenring 914 lymphatisches Gewebe, Mukosaassoziiertes = MALT 188 Lymphatisches System 179 Lymphe 161, 183 Lymphfluss 163 Lymphgefäßsystem 145, 161 Lymphkapillaren 161 Lymphknoten 183 – regionäre 184 – Rosenmüller 315 – Schulterregion 468 Lymphödem 163 – Mammakarzinom 184

Sachverzeichnis Lymphom 899 Lymphopoese 176 Lymphozyt 176 – B-Zellen 177 – NK(= Natürliche Killer)-Zelle 176 – Rezirkulation 182 – T-Zelle 177, 183 Lymphozytenscheide, periarterioläre = PALS 185 Lymphstämme 162 Lysetherapie 605 Lysosom 51

M Macula(-ae) – densa 772 – lactea (Milchflecken) 526 – lutea (Gelber Fleck) 1067 – sacculi 1088 – – Sinnesepithel 1233 – statica 1087 – utriculi 1088 – – Sinnesepithel 1233 Magen (Gaster, Ventriculus) 693 – Abschnitte 694 – Beziehungen zu Nachbarorganen 695 – Blutgefäße 700 – Gefäße 699 – Lage 694 – Nerven 701 – Säurebildung 698 – Schrittmacherzentrum 702 – Wandbau 695 Magenarkade 699 Magenblase 693 Magendi-Foramen (Apertura mediana ventriculi quarti) 1156 Magendrehung 666 Mageneingang (Kardia) 693 Magenfundus (Fundus gastricus) 693 Magengeschwür (Ulcus ventriculi) 698 Magenkarzinom 634 Magenkuppel (Fundus gastricus) 693 Magenmotorik 702 Magenmuskulatur 699 Magenpförtner (Pylorus) 693 Magensaft 693 – Sekretion 702 Magenschleimhaut 695 – Flachrelief 696 – Hochrelief 695 Magenstraße 695 Magnetresonanztomografie = MRT 136 Magnozelluläre Ganglienzelle 1220 Magnozelluläres neuroendokrines System 1130 Mahaim-Faser 598 Mahlzahn (Dens molaris) 1021 Major Basic Protein = MBP 173 Makroglossie 1009 Makrophage 67, 174 Makroskopische Anatomie, Definition 31 MAL = mittlere Axillarlinie mittlere = MAL (Linea axillaris media) 303 Malleolarfraktur 433 Malleolengabel 399, 404 Malleolus – lateralis (Außenknöchel) 398, 404 – medialis (Innenknöchel) 398, 404, 433

Malleus (Hammer) 1080 MALT = Mukosa-assoziiertes lymphatisches Gewebe 188 Mamma 1277 – Gefäßversorgung 300 – Lymphabfluss 301 Mammakarzinom (Brustkrebs) 184, 825 – unter Hormonersatztherapie 825 Mammaria-Bypass 605 Mandibula (Unterkiefer) 955, 965 Mandibularbogen 969 Männliche Harnröhre s. Urethra masculina 838 Männliches Genitale 826 Manschette, orgastische 816 Mantelkante 1132 – Gefäßversorgung 1160 Mantelzelle 93, 98 Mantelzone 183 Manubrium – mallei 1080 – sterni 289 MAPs = Mikrotubuli-assoziierte Proteine 53 Marfan-Syndrom 69 Marginalzone 1172 – Milz 185 Margo – acuta = Margo dextra 580 – obtusa 580 – sphenoidalis 943 – supraorbitalis 943 Markhöhle (Cavum medullare) 223 – primäre 80 – sekundäre 80 Marklager 202 Marksinus 184 Markstrahlen (Radii medullares) 768 Markstränge, Ovar 854 Marschfraktur 403 Massa lateralis 264 Massenhemmung 459 Masseterreflex 1205 Mastdarm s. Rektum 719 Mastzelle 67, 174 Materno-fetale Durchdringungszone 121 Matrix – anorganische (Knochengrundsubstanz) 76 – extrazelluläre 67 – – geformt e67 – – ungeformte 69 – organische (Knochengrundsubstanz) 76 Matrix-Metalloproteinasen 69 Maxilla (Oberkiefer) 954 MBP = Major Basic Protein 173 MCL = Medioklavikularlinie (Linea medioclavicularis) 303 Meatus – acusticus – – externus 1076 – – internus 995, 1085 – nasi – – inferior 1040 – – medius 1040 – – superior 1040 – nasopharyngeus 1040 Mechanonozizeptor 1207 Mechanorezeption 1196 – Ausfall 1199 – Kopf 1203 Mechanorezeptor 213 Meckel-Divertikel 118, 670 Meckel-Knorpel 969

Media 152 Mediainfarkt 1160, 1288 medial 41 median 41 Median(sagittal)ebene 38 Medianebene 38 Medianlinie – hintere (Linea mediana prosterior) 303 – vordere (Linea mediana anterior) 303 Medianstellung (Stimmritze) 924 Medianus-Straße 509 Medianusgabel 470 Mediastinalemphysem 536 Mediastinalflattern 536 Mediastinum 523, 534 – anterius 535 – Einteilung 536 – Gefäße 627 – inferius 534 – medium 535 – Nerven 636 – posterius 535 – superius 534 – testis 827 – Topografie 627 – Venen 632 Medioklavikularlinie = MCL (Linea medioclavicularis) 303 Medulla(-ae) – oblongata (verlängertes Mark) 1111 – – Kerne 1112 – ossium (Knochenmark) 224 – ovarii 796 – renalis (Nierenmark) 768 – spinalis s. Rückenmark 1097 Megakaryoblast 170 Megakaryozyt 170 Megakolon 679 Mehrreihiges Oberflächenepithel 61 Mehrschichtiges Epithel 61 Meibom-Drüsen 1055 Meissner-Körperchen 1197 Meissner-Plexus (Plexus submucosus) 219, 679 Meissner-Tastkörperchen 1272 Melaninsynthese 1269 Melanom 1270 Melanosom 1269 Melanotropin 1252 Melanozyt 1269 Melatonin 1131, 1228 Membrana(-ae) – atlantooccipitalis – – anterior 266 – – posterior 266 – basilaris 1086 – bronchopericardiaca 545, 614 – elastica – – externa 152 – – interna 152 – fibroelastica laryngis 925 – fibrosa, Gelenkkapsel 228 – glia limitans superficialis 1149 – interossea 508 – – antebrachii 480 – – cruris 399, 413 – iridopupillaris 1072 – obturatoria 331 – orbitalis 1051 – oronasalis 1048 – oropharyngea 970 – perinei = Fascia diaphragmatis urogenitalis inf. 337 – pleuropericardialis 117 – quadrangularis 925 – sterni 291

Sachverzeichnis – suprapleuralis = Gibson-Faszie 562 – synovialis, Gelenkkapsel 229 – tectoria 266, 1086, 1229 – thyrohyoidea 893, 921 – tympanica s. Trommelfell 1077 – – secundaria 1090 – vestibularis 1086 Membrum – inferius s. Extremität, untere 34 – superius s. Extremität, obere 34 Menarche 824 Menard-Shenton-Linie 362 Ménière-Erkrankung 1088 Meningen 1149 – Arterien 1164 – Nerven 1150 – Venen 1169 Meningitis 977, 1152 Meningoenzephalitis 1019 Meningomyelozele 284 Meninx primitiva 965 Meniscus(-i) 368, 391 – articularis 229 – Blutversorgung 369 – Kniegelenk 366 – Lageveränderung 367 – lateralis (Außenmeniskus) 369 – medialis (Innenmeniskus) 368 Meniskusläsion, Therapieprinzip 367 Menopause 824 Menstruation 813 – erste (Menarche) 824 – letzte (Menopause) 824 Meridiane 1058 Merkel-Zellen 1196, 1270, 1272 Merokrine Sekretion 64 Meromyosin 52 Mesangium – extraglomeruläres 772 – intraglomeruläres 770 Mesangiumzellen 770 Mesencephalon 1114 Mesenchym 70 – primäres s. Mesoderm, intraembryonales 109 Mesenchymales Bindegewebe 70 Mesenchymzellen 70 Mesenterialwurzel 652 Mesenterialwurzel (Radix mesenterii) 652 Mesenterium 665, 709 – Entwicklung 118 – primitivum 665 – urogenitale 850, 853 Mesenterokolischer Spalt 654 Mesenzephalonbläschen 1173 mesial 1022 Meso(s) 524, 652 – Entwicklung 665 Mesoblast s. Mesoderm, intraembryonales 109 Mesocardiacum 614 Mesocolon 665 – sigmoideum 715 – transversum 665 Mesoderm – extraembryonales 107 – intermediäres 113 – intraembryonales = Mesoblast, primäres Mesenchym 109, 527 – – Somatopleura 114 – paraxiales 113 – Seitenplattenmesoderm 113

Mesogastrium 665 – dorsale 665, 668 – ventrale 665, 667 Mesohepaticum 665 – dorsale 665, 667 – ventrale 665, 667 Mesometrium 801 Mesonephrogenes Blastem 850 Mesonephros (Urniere) 850 Mesopharynx s. Pharynx 916 Mesopneumonium 548 Mesorchium 853 Mesorektum 662, 722 Mesosalpinx 797, 801 Mesosigmoideum 665 Mesotendineum 237 Mesothel 58, 526, 677 Mesotympanon 1079 Mesovarium 795, 801 Metabolisierung, Leber 734 Metacarpus (Mittelhand) 482 – Knochenkerne 515 Metakarpalia = Mittelhandknochen (Ossa metacarpi) 482 Metamerie 34, 281 – Verschiebung 282 Metanephrogenes Blastem 850 Metanephros (Nachniere) 850 Metaphyse 223 Metaplasie 60, 684 Metarteriole 154 Metastasen, lymphogene, Mammakarzinom 301 Metastasierung, lymphogene 184 Metatarsalia/Mittelfußknochen 402 Metatarsalia (Mittelfußknochen, Ossa metatarsi) 402 Metatarsus (Mittelfuß) 402 Metathalamus 1127 Metenzephalonbläschen 1173 Metopismus 967 Meynert-Kern 1255 Meynert-Kern s. Nucleus basalis 1255 MHC (= major histocompatibility complex)-Moleküle 172 Mikrofibrille, Kollagen 67 Mikrofilamente s. Aktinfilamente 51 Mikrogliazelle 93 Mikroskopische Anatomie 32 Mikrotom 99 Mikrotubulus 52 Mikrotubulus-OrganisationsZentrum = MTOC 53 Mikrovillus 54 Miktion 785 Miktionsreflex 785 Milchbrustgang s. Ductus thoracicus 634 Milchdrüsen 1277 Milchflecken (Maculae lacteae) 526 Milchgang 1277 Milchleiste 1278 Milchzähne (Dentes decidui) 1028 Milz (Splen, Lien) 184, 186 Milzentfernung (Splenektomie) 169 Milzruptur 188 Mimische Muskulatur 959, 962 Mineralokortikoide 790 Minipille 813 Miosis 216, 1062, 1226 Miotika 1071 Mitochondrium 51 Mitose-Hemmstoffe 53 Mitosespindel, Mikrotubuli 53

Mitralklappe (Valva bicuspidalis) 590 Mitralvitium 591 Mitralzelle 1239 Mitteldarm 118 Mittelfuß – klinisch 399 – Metatarsus 402 Mittelfußknochen (Metatarsalia, Ossa metatarsi) 402 Mittelhand (Metacarpus) 482 Mittelhandmuskulatur 498 Mittelhirn (Mesencephalon) 1114 Mittelhirnbläschen 1173 Mittelloge 420 Mittelohr 1078 – Entwicklung 1092 – Entzündung 1082 – Gefäße 1083 – Muskeln 1080 Mittelphalanx 403 Moderatorband = Leonardoband = Trabecula septomarginalis 585 Modiolus 1084 Molar 1021 Molekulare Anatomie 32 Molekularschicht, Kleinhirnrinde 1118 Moll-Drüsen 1055 Monaldi-Punktion 567 Monaminerges System 1255 Mondbein (Os lunatum) 480 Monoamine 1257 Monokelhämatom 958 Monokuläres Sehen 1216 Mononukleäre Phase, Entzündung 70 Mononukleäres Phagozytensystem = MPS 174 Monopoese 175 Monosynaptischer Dehnungsreflex 198 Monozyt 174 Monro-Foramen s. Foramen interventriculare 1155 Mons pubis (Schamberg) 808 Moosfaser 1122, 1236 Morbus – Addison 792 – Alzheimer 1256 – Basedow 932 – Crohn 708 – Hirschsprung 679 – Hodgkin 899 – Ménière 1088 – Parkinson(Parkinson-Erkrankung) 1188 Morgagni-Taschen (Sinus anales) 720 Morphin 1215 Morrison Pouch (Recessus hepatorenalis) 654 Morula 104 Motoneuron 198, 1190 – γ- 1198 – Hirnnerven 1185 – homonymes 198 – Säulen 211 – spinales 1184 Motorische Aphasie 1140, 1262 Motorische Bahnen 1183 Motorische Einheit 84 Motorische Endplatte 84 Motorische Endstrecke 1190 Motorische Kerngebiete 1183 Motorische Kortexareale 1182 Motorischer Kortex s. Kortex 1182

1313 Motorisches Sprachzentrum 1140 Motorisches System 1182 MPS = Mononukleäres Phagozytensystem 174 mRNA = messengerRNA 50 MRT = Magnetresonanztomografie 136 – Herz 620 MS = Multiple Sklerose 94, 1221 M-Streifen, Muskulatur, Querstreifung 84 MTOC = Mikrotubulus-Organisations-Zentrum 53 Mukendost 1045 Mukosa (Schleimhaut) s. Tunica mucosa 530, 677 Muköse Drüse 64 Mukoviszidose (zystische Fibrose) 65, 751 Müller-Gang 855, 859 Müller-Hügel 855 Müller-Lidheber 1054 Müller-Muskel (Musculus orbitalis) 1050, 1063 Müller-Muskel s. 1050 Müller-Zelle 1065, 1217 Multiple Sklerose = MS 94, 1068, 1177, 1221 Multiples Myelom (Plasmozytom) 177 Mumps 1019 Mundboden 1015 – Gefäße 1016 – Nerven 1016 Mundbodenphlegmone 1015 Mundbucht (vordere Darmbucht) 118, 970, 1028 Mundhöhle (Cavitas oris) 1003 Mundspeichel 1017 Mundspeicheldrüsen 1003 Murphy-Zeichen 746 Musculus(-i) – abductor – – digiti minimi 419, 498 – – hallucis 419 – – pollicis – – – brevis 498 – – – longus 494, 503 – adductor – – brevis 352 – – hallucis 419 – – longus 352 – – magnus 352 – – pollicis 498 – anconeus 461 – arrectores pilorum 1274 – aryepiglotticus 921, 926 – arythenoideus – – obliquus 926 – – transversus 926 – auriculares 961 – biceps – – brachii 452, 461, 475 – – – Caput breve 455 – – – Caput longum 449 – – femoris 377, 393 – bipennatus 235 – biventer (zweibäuchiger Muskel) 236 – brachialis 461, 475 – brachioradialis 475, 494, 497, 508 – buccinator 961, 1004 – bulbospongiosus 336, 837 – canalis ani 723 – ciliaris 1060, 1063, 1069, 1227 – – Entwicklung 1072 – constrictores pharyngis (Schlundschnürer) 917

1314 – coracobrachialis 452, 455 – corrugator – – ani 723 – – supercilii 960 – cremaster 309, 847 – – Innervation 841 – cricoarytenoideus – – lateralis 926 – – posterior (Posticus) 926 – cricothyroideus (Anticus) 926 – deltoideus 241, 451, 473 – depressor – – anguli oris 961 – – labii inferioris 961 – detrusor vesicae 782, 785 – digastricus 894, 1015 – dilatator pupillae 1060, 1062, 1072 – – Entwicklung 1072 – epicranii 960 – erector spinae s. Rückenmuskulatur, autochthone 271 – extensor – – carpi – – – radialis brevis 494, 503 – – – radialis longus 494, 503 – – – ulnaris 494, 503 – – digiti minimi 494, 503 – – digitorum 494, 503, 508 – – – brevis 417 – – – longus 414, 416 – – hallucis – – – brevis 417 – – – longus 414 – – indicis 494, 503 – – pollicis – – – brevis 494, 503 – – – longus 494, 503 – fibularis (peroneus) – – brevis 416 – – longus 416 – – tertius 414 – flexor – – carpi – – – radialis 493, 501, 508 – – – ulnaris 493, 508 – – digiti minimi brevis 419, 498 – – digitorum – – – brevis 420 – – – longus 413, 416 – – – profundus 493 – – – superficialis 493, 496 – – hallucis – – – brevis 419 – – – longus 413, 416 – – pollicis – – – brevis 498 – – – longus 501 – fusiformis (spindelförmiger Muskel) 235 – gastrocnemius 378, 393, 412, 416 – genioglossus 1010 – geniohyoideus 1015 – gluteus – – maximus 352, 354, 357 – – – Lähmung 354 – – medius 352, 355 – – – Funktion 356 – – minimus 352, 355 – – – Funktion 356 – gracilis 352, 377 – hyoglossus 1010 – iliacus 352 – iliococcygeus 335 – iliocostalis 274 – iliopsoas 314, 351, 353 – infrahyoidei 893 – infraspinatus 452 – intercartilaginei 294

Sachverzeichnis – intercostales – – externi 294 – – interni 294 – – intimi 295 – interossei 502 – – dorsales 420, 498 – – palmares 498 – – plantares 420 – interspinales 272 – intertransversarii 274 – ischiocavernosi 336, 836 – ischiococcygeus 335 – latissimus dorsi 451, 474 – levator – – anguli oris 961 – – ani 335, 724 – – labii superioris 960 – – – alaeque nasi 960 – – palpebrae 1054 – – scapulae 444 – – veli palatini 1006 – levatores – – costarum 274 – – pharyngis (Schlundheber) 917 – linguae 1010 – longissimus 274 – longitudinalis – – inferior 1010 – – superior 1010 – longus – – capitis 895 – – colli 895 – lumbricales 420, 498, 500, 502 – masseter 1032 – masticatorii s. Kaumuskulatur 1032 – mentalis 961 – multifidus 272 – mylohyoideus 894, 1015 – nasalis 960 – obliquus – – capitis – – – inferior 276 – – – superior 276 – – externus abdominis 308, 310 – – inferior 1053 – – internus abdominis 308, 310 – – superior 1053 – obturatorius – – externus 352 – – internus 352 – occipitofrontalis 960 – omohyoideus 894 – opponens – – digiti minimi 498, 500 – – pollicis 498 – orbicularis (ringförmiger Muskel) 236 – – oculi 960, 1054, 1058 – – oris 960 – orbitalis 1050, 1063 – palatoglossus 1006 – palatopharyngeus 917, 1006 – palmaris – – brevis 498 – – longus 493, 495 – – – Sehne 513 – papillares (Papillarmuskeln) 584, 590 – pectinati 582 – pectineus 352 – pectoralis – – major 451, 452, 474 – – minor 444 – perforans s. Musculus flexor digitorum profundus 496

– perforatus s. Musculus flexor digitorum superficialis 496 – piriformis 358 – plantaris 413, 416 – planus (platter Muskel) 235 – popliteus 378 – procerus 960 – pronator – – quadratus 493 – – teres 475, 493, 495 – psoas major 352 – pterygoideus – – lateralis 1032, 1035 – – medialis 1032, 1035 – pubococcygeus 335 – puboprostaticus 663, 782, 833 – puborectalis 335, 724, 727 – pubovesicalis 663, 782, 785 – quadratus plantae 420 – quadriceps femoris 377 – rectococcygeus 723 – rectourethralis 723, 782 – rectouterinus 802 – rectovesicalis 723, 785 – rectus – – abdominis 308 – – capitis – – – anterior 276 – – – lateralis 276 – – – posterior – – – – major 276 – – – – minor 276 – – femoris 351 , 378 – – inferior 1053 – – lateralis 1053 – – medialis 1053 – – superior 1053 – retractor uvulae 782, 785 – rhomboideus – – major 444 – – minor 444 – risorius 961 – rotatores – – breves 272 – – longi 272 – salpingopharyngeus 916 – sartorius 352, 377 – scalenus – – anterior 638, 894 – – medius 894 – – posterior 894 – semimembranosus 377, 393 – semispinalis 272 – semitendinosus 377, 393 – serratus – – anterior 444 – – posterior – – – inferior 276 – – – superior 276 – soleus 412, 416 – sphincter – – ampullae hepatopancreaticae (Oddi) 743 – – ani – – – externus 336, 724n;, 727 – – – internus 724n;, 727 – – ductus choledochi 743 – – pupillae 1060, 1062 – – – Entwicklung 1072 – – pylori 693, 699 – – urethrae 809 – – – externus 336, 784, 839 – – – internus 783 – spinalis 272 – splenius 274 – stapedius 1081 – sternocleidomastoideus 894 – sternohyoideus 894 – styloglossus 1010 – stylohyoideus 894, 1015

stylopharyngeus 917 subclavius 444 subcostales 294 suboccipitales (kurze Nackenmuskeln) 275 – subscapularis 452 – superficialis 496 – supinator 494 – suprahyoidei 893 – supraspinatus 452, 454 – suspensorius duodeni (TreitzMuskel) 707 – tarsalis – – inferior 1054 – – superior 1054 – temporalis 1032 – temporoparietalis 960 – tensor – – fasciae latae 352, 357 – – tympani 951, 1081 – – uvulae 1006 – – veli palatini 1006 – teres – – major 452, 474 – – minor 452, 474 – thyroarytenoideus 926 – thyrohyoideus 894 – tibialis – – anterior 414, 416 – – tibialis posterior 413, 416 – trachealis 543 – transversus – – abdominis 309 – – linguae 1010 – – mentis 961 – – perinei – – – profundus 336 – – – superficialis 336 – – thoracis 294 – trapezius 444, 895 – triceps – – brachii 452, 461, 474 – – – Caput longum 455 – – surae 412, 416 – unipennatus 235 – uvulae 1006 – vastus – – intermedius 378 – – lateralis 378, 391 – – medialis 378, 391 – verticalis 1010 – vesicoprostaticus 782, 833 – vesicovaginalis 782 – vocalis 926 – zygomaticus – – major 961 – – minor 961 Musikantenknochen 470 Muskel – Ansatz 241 – Bewegungsabläufe 240 – eingelenkiger 236 – Faserverlauf 235 – Faszie (Muskelbinde) 236 – Form 235 – gefiederter 235 – Hubhöhe 238 – Kontraktionsformen 240 – Kraftentfaltung 239 – mechanische Eigenschaften 238 – mehrbäuchiger 236 – mehrgelenkiger 236 – mehrköpfiger 235 – Muskelfunktion 241 – parallelfasriger 235 – platter (Musculus planus) 235 – Querschnitt 240 – ringförmiger (Musculus orbicularis) 236 – – – –

Sachverzeichnis – Selbststeuerung, mechanische 238 – spindelförmiger (Musculus fusiformis) 235 – Ursprung 241 – Zugrichtung 239 – Zusatzeinrichtungen 236 – zweibäuchiger (Musculus biventer) 236 Muskelrelaxanzien 84 Muskelbauch (Venter musculi) 234 Muskeldehnung 1197 Muskeldystrophie 271 Muskeleigenreflex – Bizepssehnenreflex 473 – Trizepssehnenreflex 473 Muskelfaser/Muskelzelle 81 Muskelfaszie s. Muskulatur, Skelettmuskulatur 86 Muskelgewebe 58, 81 Muskelhemmung 233 Muskelinsuffizienz, passive 377 Muskelkater 1208 Muskelketten 241 Muskellogen 237 – Unterschenkel 411 Muskelpumpe 159 Muskelquerschnitt 240 – anatomischer 240 – physiologischer 235, 240 Muskelschlingen – Rumpfbewegungen 311 – Schultergürtel 443 Muskelsicherung, oberes Sprunggelenk 406 Muskelspindel 85, 1197 Muskelspindelafferenz – primäre 1197 – sekundäre 1197 Muskelzelle/Muskelfaser 81 Muskuläre Hohlorgane 530 Muskularis s. Tunica muscularis 677 Muskulatur 81 – Fuß 417 – glatte 89 – Herzmuskulatur 87 – Hilfstrukturen, Hand 500 – infrahyoidale 893 – mimische 959 – prävertebrale 896 – Querstreifung 82, 83 – rote Haltemuskulatur 87 – Sarkomer 83 – Skelettmuskulatur 82, 85 – suprahyoidale 893 – weiße Bewegungsmuskulatur 87 Mutterkuchen s. Plazenta 817 Muttermilch 821 Muttermund – äußerer (Ostium uteri externum) 799, 819 – innerer (Ostium anatomicum uteri internum) 799 Myasthenia gravis 84, 180 Mydriasis 1062, 1227 Myelenzephalon s. Medulla oblongata 1111 Myelenzephalonbläschen 1173 Myelinisierung 1171 Myelinscheide 94, 196 Myelografie 1176 Myelogramm 168 myoendokrine Zellen 595 – Herzmuskulatur 88 Myoepithelium pigmentosum 1060 Myoepithelzellen 65 – juxtaglomeruläre 772

Myofibrille 81 Myofibroblasten 89 Myofilamente 81 Myoid 1067 Myokard 594 Myokardinfarkt s. Herzinfarkt 600 Myokardischämie 600 Myokardperfusionsszintigrafie 621 Myom 82, 803 Myometrium 803 Myopathie 84 Myosarkom 82 Myosinfilament 52 Myosinfilamente, Muskulatur 81 Myotom 210, 282 – Entwicklung 113 Myxödem 932 M-Zellen 191, 709

N Nabel (Umbilicus) 313 Nabelarterie s. Arteria umbilicalis 150 Nabelbruch, physiologischer 670 Nabelhernie 313 Nabelring 122 Nabelschleife 670 Nabelschnur (Funiculus umbilicalis) 119, 122 Nabelvene 150 Nabelvene s. Vena umbilicalis 150 Nachgeburtsperiode 819 Nachhirnbläschen 1173 Nachniere (Metanephros) 850 Nachtblindheit (Hemeralopie) 1218 Nackenbeuge 1173 Nackenmuskeln, kurze (Mm. suboccipitales) 275 Nagel 1275 Nagelbett 1275 Nagelmatrix 1275 Nahakkommodation 1227 NANC = nicht-adrenerge, nichtcholinerge Übertragung 220 NAP = Nervenaustrittspunkt(e), Trigeminus-Hauptstämme 990 Napfzelle 704 Narbe 70 Narbenhernie 311 Nares 1039 nasal 41 Nase 1039 – äußere 1039 – Entwicklung 971 – Gefäße 1046 – Nerven 1046 Nasenbein s. Os nasale 954 Nasenbluten 1041 – bei Aortenisthmusstenose 629 Nasenflügel 1039 Nasengänge 1041 Nasenhöhle (Cavitas nasi) 1040 – Entwicklung 1048 – Feinbau 1043 – Gefäße 1046 – Verbindungen 1042 Nasenknorpel 1039 Nasenmuschel s. Concha nasalis 954 Nasennebenhöhlen 1039, 1042 – Entwicklung 1048 – Feinbau 1045

– Gefäße 1046 – Nerven 1047 Nasenscheidewand 1040 Nasenseptum 1041 Nasenskelett 1039 Nasenspiegelung 1040 Nasentropfen 1045 Nasenwulst – lateraler 971 – medialer 971 Nasenwurzel 1039 Nasofazialwinkel 964 Nasolabialwinkel 964 Nasopharynx s. Pharynx 916 Nasoturbinale 1041 Nasus externus 1039 Natriumkonzentration 772 Navikularefraktur 480 Nebenhoden (Epididymis) 829 Nebenhodengang s. Ductus epididymidis 830 Nebenniere (Glandula suprarenalis) 790 – Entwicklung 793 – Gefäße 793 – Nerven 793 Nebennierenmark 792 Nebennierenrinde 791 Nebennierenrindenhormone 790 Nebennierenrindeninsuffizienz 792 Nebenschilddrüsen (Glandulae parathyroideae) 933 – Entwicklung 936 – Gefäße 934 – Nerven 935 Nebenzellen 697 Neck dissection 925 Nekrose – aseptische 360 – Darmwand 308, 653 – Myokard 600 Neokortex 1135 Neologismen 1141 Neozerebellum s. Pontozerebellum 1123 Nephritis 767 Nephrogener Strang 850 Nephron 768 – juxtamedulläres 769 Nephros s. Niere 763 Nerv, peripherer 95 Nervenaustrittspunkte = NAP, Trigeminus-Hauptstämme 990 Nervenfaser(n) 197 – afferente/sensible/sensorische 197 – efferente 198 – Erregungsleitung 195 – motorische 198 – myelinisierte 94 – somatoafferente 205 – somatoefferente 198, 205 – sympathische 215 – viszeroafferente 205 – viszeroefferente 198, 205 Nervenfaserbündel 95 Nervengewebe 58, 91 Nervenläsion – N. axillaris 453 – N. hypoglossus 1013 – N. laryngeus recurrens 928 – N. medianus 510 – N. phrenicus 639 – N. radialis 470, 508 – N. thoracicus longus 445 – N. ulnaris 499, 511 Nervenplexus, Spinalnerv 211 Nervensystem 194 – autonomes (vegetatives) 218 – – Reflex 220

1315 – enterisches (intramurales) 219, 679 – somatisches (animalisches) 212 Nervenverletzung, bei intramuskulärer Injektion 354, 356 Nervernzelle s. Neuron 91 Nervus(-i) – abducens (VI) 949, 983, 1049, 1052 – accessorius (XI) 444, 950, 1000, 1002 – – am Hals 903 – alveolares – – superiores – – – anteriores 1027 – – – posteriores 1027 – – inferiores 956, 988, 1027 – anococcygei 342 – auricularis – – magnus 902, 1075, 1077 – – posterior 992 – auriculotemporalis 988, 1019, 1033, 1075, 1077 – axillaris 452, 469, 474 – – Läsion 453 – buccalis 988, 1027 – canalis – – pterygoidei 992, 1036, 1081 – cardiaci thoracici 637 – cardiacus cervicalis – – inferior 905 – – medius 905 – – superior 904 – caroticotympanici 950, 1083 – caroticus – – externus 904 – – internus 904 – ciliares – – breves 983, 1052, 1060, 1062 – – longi 1052, 1059 – clunium – – inferiores 342, 388 – – medii 388 – – superiores 388 – cochlearis 995 – craniales s. Hirnnerven 979 – cutanei dorsales, Fuß 432 – cutaneus – – antebrachii – – – lateralis 471, 512 – – – medialis 471, 512 – – – posterior 512 – – brachii – – – lateralis – – – – inferior 471 – – – – superior 471 – – – medialis 471 – – – posterior 471 – – femoris – – – lateralis 388 – – – posterior 342, 884 – – surae lateralis 432 – digitales – – dorsales 512 – – palmares – – – communes 513 – – – proprii 513 – dorsalis – – clitoridis 809 – – penis 838 – – scapulae 444, 468 – ethmoidalis – – anterior 949, 987, 1047, 1050 – – posterior 987, 1050 – facialis (VII) 950, 963, 990, 993, 1013, 1016, 1020, 1075, 1081, 1242 – – am Hals 904

1316 – femoralis 314, 387 – – Läsion 387 – fibularis 387, 391 – – communis 393, 431 – – Läsion 391 – – profundus 391, 431 – – – Läsion 414 – – superficialis 391, 431 – – Verletzung 431 – frontalis 986, 1050 – genitofemoralis 322, 809 – glossopharyngeus – glossopharyngeus (IX) 919, 950, 995, 997, 1013, 1020, 1075, 1077, 1242 – – am Hals 904 – gluteus – – inferior 387, 392, 884 – – – Läsion 354 – – superior 387, 392, 884 – – – Läsion 356 – hypogastrici 216, 883 – hypoglossus (XII) 950, 1000, 1002, 1013, 1016 – – am Hals 904 – – Läsion 1013 – iliohypogastricus 322, 388 – ilioinguinalis 322, 342, 388, 841 – infraorbitalis 951, 956, 987, 1027, 1036, 1046, 1050 – infratrochlearis 987, 1046 – intercostales 302, 322, 565 – intermedius 991 – interosseus – – antebrachii – – – anterior 509 – – – posterior 508 – ischiadicus 387, 392, 884 – – Einklemmung im Foramen infrapiriforme 358 – – Läsion 388 – jugularis 904 – labiales – – anteriores 809 – – posteriores 809 – lacrimalis 987, 1050 – laryngeus – – recurrens 638, 689, 904, 928, 935, 999 – – – Läsion 928 – – superior 904, 928, 935, 999 – lingualis 988, 1014, 1016, 1021, 1027 – mandibularis (V3) 949, 988, 1027, 1033, 1035 – massetericus 988, 1033 – maxillaris (V2) 949, 987, 1027, 1035 – medianus 470, 493, 498, 508, 511 – – Autonomgebiet 513 – – Läsion 510 – mentalis 956, 988, 1027 – musculocutaneus 452, 470 – mylohyoideus 988, 1016 – nasociliaris 987, 1046, 1049 – nasopalatinus 956, 987, 1007, 1027, 1047 – obturatorius 331, 387 – occipitalis – – major 279, 903 – – minor 902, 1075 – – tertius 903 – oculomotorius (III) 949, 983, 1049, 1052 – – Austritt 1115 – olfactorius (I) 949, 982, 1047, 1239 – ophthalmicus (V1) 949, 986, 1050

Sachverzeichnis – opticus (II) 949, 982, 1049, 1052, 1067, 1221 – – Atrophie 1071 – – Entwicklung 1073 – palatinus(-i) – – major 956, 987, 1007, 1027, 1036 – – minor 956, 987, 1007, 1036 – pectoralis – – lateralis 444, 452, 469 – – medialis 444, 452, 469 – perineales 809, 841 – petrosus – – major 950, 992, 1047, 1057, 1081 – – minor 949, 996, 1083 – – profundus 950, 1047, 1051, 1081 – phrenicus 298, 565, 638, 747902 – – Innervationsgebiete 639 – – Läsion 639 – plantaris – – lateralis 431 – – medialis 431 – pterygoideus 988 – – lateralis 1033 – – medialis 1033 – pudendus 342, 807, 809, 840, 884 – radialis 452, 469, 494, 508, 511 – – Autonomgebiet 508, 512 – – Läsion 470, 508 – saphenus 387, 432 – scrotales 841 – – anteriores, N. ilioinguinalis 388 – spinalis (Spinalnerv) 206 – splanchnicus(-i) – – imus 875 – – lumbales 727, 875 – – major 215, 637, 875 – – minor 215, 637, 875 – – pelvici 217, 727, 779, 784, 798, 838, 883 – – sacrales 727, 838, 883 – stapedius 992, 1081 – statoacusticus s. Nervus vestibulocochlearis 995 – subclavius 444, 469 – sublingualis 988 – suboccipitalis 279, 903 – subscapulares 452, 469 – supraclaviculares 302, 471, 902 – supraorbitalis 986, 1050 – suprascapularis 452, 469 – supratrochlearis 986 – suralis 432 – temporales profundi 988, 1033 – thoracicus longus 444, 469 – – Läsion 445 – thoracodorsalis 452, 469 – tibialis 387, 393, 431 – – Läsion 391, 413 – – Verletzung 431 – transversus colli 902 – trigeminus (V) 985, 989, 1027 – trochlearis (IV) 949, 983, 1050, 1052 – tympanicus 996, 1083 – ulnaris 470, 493, 498, 508, 510 – – Autonomgebiet 513 – – Läsion 499, 511 – vagus (X) 638, 689, 779, 912, 919, 950, 998, 1013, 1075, 1077, 1242

– – am Hals 904 – – Larynx 928 – vertebralis 905 – vestibularis 995, 1088 – vestibulocochlearis (VIII) 950, 995, 1085 – – Pars cochlearis 1230 – – Pars vestibularis 1233, 1235 – zygomaticus 951, 987, 1036, 1050 Nesselsucht (Urtikaria) 174 Netz – apikales s. Aktinnetz, kortikales 51 – großes s. Omentum majus 657 – kleines s. Omentum minus 657 Netzhaut siehe Retina 1061, 1064 Netzhautablösung 1064 Neunerregel 44 – Körperoberfläche 44 Neuralgie 264 Neuralleiste 111, 1170 – Derivat 792 Neuralplatte 111, 1170 Neuralrinne 111, 1170 Neuralrohr 111, 1170 Neuralwülste 111 Neurinom (Schwannom) 93 Neuroblast 1171 Neurocranium s. Hirnschädel 946 Neurodermitis (atopische Dermatitis) 173 Neuroendokrine Zelle 92 Neuroendokrines System 1249 Neurofibromatose 93 Neurofilament 52, 92 Neurogene Entzündung 1207 Neurohypophyse 1249, 1250 – Entwicklung 1175 Neurom 96 Neuromelanin 1257 Neuromodulation 98 Neuromodulator 1182 Neuron (Nervernzelle) 91 – afferentes – – primär 213 – – Rückenmark 213 – motorisches 1191 – postganglionäres 215 – präganglionäres 215 Neuropathischer Schmerz 1206 Neuropeptid Y = NPY 219 Neuroplastizität 205, 1181 Neuroporus 111, 1170 Neurosekretion 200 Neurosonografie 1177 Neurotransmitter 196, 201 – autonomes Nervensystem 219 – ZNS 202, 1182 Neurotubuli 92 Neurulation 111 Neutral-Null-Methode 232 Neutral-Null-Stellung 232 Neutralbisslage 1023 Neutralisation, Magen 698 Neutrophile Phase, Entzündung 70 Nexus s. Kommunikationskontakt 56 Nicht-assoziatives Lernen 1260 Nidation (Implantation) 105 Niederdrucksystem 149 Niere (Ren) 763 – Autoregulation 772 – Entwicklung 849

– Gefäße 773 – – intrarenale 775 – Harnfiltersystem 770 – Nerven 776 Nierenagenesie 850 Nierenarterie 773 – aberrante 774 – akzessorische 774 – Varianten 774 Nierenarterienstenose 774 Nierenaszensus 851 Nierenbecken (Pelvis renalis) 776 – Entwicklung 851 Nierenbläschen 851 Nierendurchblutung, Regulation 772 Nierenersatztherapie 1286 Nierenfaszie (Fascia renalis) 767 Nierengenerationen 849 Nierenkanälchen (Tubulus renalis) 768, 770 Nierenkelche, Entwicklung 851 Nierenkolik 778 Nierenkörperchen (Corpusculum renale) 768 Nierenlager 311, 766 Nierenläppchen (Lobulus corticalis) 768 Nierenlappen (Lobus renalis, Renculus) 768 Nierenleiste 850 Nierenmark (Medulla renalis) 768 Nierenrinde (Cortex renalis) 768 Nierentransplantation 1286 Nierenvenen 776 Nikotinabusus 600 Nissl-Schollen 91 NK(natürliche Killer)-Zellen 176 NMDA-Rezeptor 1209, 1261 NMR = nuclear magnetic resonance s. Bildgebung, MRT 136 NO = Stickstoffmonoxid 1182 Nodulus(-i) – lymphoidei – – aggregati (Folliculi lymphatici aggregati) 183, 709 – – solitarii 183 – valvae semilunaris 591 Nodus(-i) – atrioventricularis (AV-Knoten) 597 – lymphoidei – – aortici laterales 779, 793 – – axillares 467 – – brachiales 467 – – bronchobronchiales 545 – – bronchopulmonales = Hilumlymphknoten 560, 565 – – buccales 963, 978, 1033 – – cavales laterales 779, 793 – – cervicales – – – anteriores 900 – – – laterales 279, 467, 900 – – – – profundi 688, 978 – – – supraclaviculares 900 – – coeliaci 701, 746, 754, 872 – – colici – – – dextri 717 – – – medii 717 – – – sigmoidei 717 – – – sinistri 717 – – cubitales 467 – – deltoideopectorales 467 – – faciales 978 – – fibulares 430 – – gastrici 701 – – – sinistri 688 – – gastroomentales 701 – – hepatici 701, 746, 754

Sachverzeichnis – – iliaci – – – communes 341, 779, 872, 881 – – – externi 341, 384, 726, 872, 881 – – – interni 341, 726, 779, 798, 804, 807, 831, 833, 835, 837, 840, 872, 881 – – infrahyoidei 900 – – inguinales – – – inferiores 384 – – – profundi 384, 809, 835, 883 – – – superficiales 384, 726, 804, 807, 837, 883 – – – superolaterales 384 – – – superomediales 384 – – intercostales 279, 300, 565 – – interpectorales 301 – – intrapulmonales 560, 565 – – jugulodigastricus 900 – – juguloomohyoideus 900 – – juxtaintestinales 710 – – juxtaoesophageales 560, 688 – – linguales 978 – – lumbales 341, 779, 796, 798, 804, 829, 831, 872, 881 – – – intermedii 872 – – – laterales 872 – – malaris 978 – – mandibulares 978 – – mastoidei 978 – – medialstinales 565 – – – anteriores 615 – – mesenterici – – – inferiores 717, 726, 872 – – – superiores 717, 754, 872 – – nasolabialis 978 – – occipitales 279, 978 – – pancreatici 701 – – pancreaticoduodenales 754 – – paramammarii 301 – – parasternales 300, 565, 615 – – paratracheales 544, 565, 688, 900 – – parauterini 804 – – parotidei 963, 978, 1020, 1033 – – pectorales 301 – – phrenici 565 – – – superiores 615 – – poplitei 430 – – prarectales 726 – – prepericardiaci 615 – – pretracheales 544, 565, 900 – – prevertebrales 565 – – prevesicales 783 – – pylorici 701 – – rectales superiores 726 – – retroauriculares 978 – – retropharyngeales 900, 919, 1046 – – retrovesicales 783 – – sacrales 804, 835, 840, 726 881 – – singuinales superficiales 840 – – splenici 701 – – submandibulares 900, 963, 978, 1005, 1007, 1013, 1016, 1020, 1027, 1046 – – submentales 900, 963, 978, 1013, 1016, 1027 – – subscapulares 467 – – supraclaviculares 467 – – thyroidei 900 – – tibiales anteriores 430 – – tracheobronchiales = Bifurkationslymphknoten 544, 560, 565, 615, 688 – – vesicales laterales 783 – sinuatrialis (Sinusknoten) 597

Noradrenalin 219, 790, 792, 1182, 1214, 1257 Norm 47 Norma frontalis 959 Normalposition, anatomische 232 Nozizeption 1205 – Kopf 1213 Nozizeptor 199, 213, 1207 – Sensibilisierung 1208 NPY = Neuropeptid Y 219 Nucleolus (Kernkörperchen) 50 Nucleus s. Zellkern 50 Nucleus(-i) – accessorii nervi oculomotorii 983, 1107, 1226 – accumbens 1245 – ambiguus 996, 998, 1001, 1107 – anteriores 1126 – – thalami 1245 – arcuatus 1129 – basales s. Basalganglien 1142 – basalis 1255 – caudatus 1143, 1186 – centromedianus 1125, 1188, 1210 – cerebelli 1119 – cochlearis 995, 1108, 1229 – – anterior 1230 – – posterior 1230 – commissurae posterioris 1110 – cuneatus 1112 – – accessorius 1202 – – medialis 1198 – dentatus 1119, 1122 – dorsalis nervi vagi 998, 1107, 1201 – dorsomedialis 1129 – emboliformis (Pfropfkern) 1119 – fastigii (First-/Giebelkern) 1119, 1122 – globosi (Kugelkerne) 1119 – gracilis 1112, 1198 – habenulares 1127, 1245 – intermediolateralis 1099 – intermediomedialis 1099 – interpositus 1119, 1122 – interstitialis 1110, 1225, 1254 – intralaminares 1210 – lemnisci lateralis 1232 – lentiformis 1143 – mediales 1126 – medialis dorsalis 1127, 1188 – mesencephalicus nervi trigemini 986, 1108, 1205 – motorius nervi trigemini 986, 1107 – nervi – – abducentis 983, 1107 – – facialis 991, 1107 – – – Innervation durch Fibrae corticonucleares 1185 – – hypoglossi 1001, 1107 – – oculomotorii 983, 1107 – – trochlearis 983, 1107 – olfactorius anterior 1240 – olivaris – – cuneatus 1112 – – inferior 1112 – – superior 1112, 1231 – originis 1106 – paraventricularis 1129, 1228, 1250 – parcuatus 1251 – periventricularis 1130, 1251 – Perlia 1227 – pontis 1113, 1185 – preopticus 1129

– principalis nervi trigemini 986, 1108, 1204 – proprius 1100, 1200 – pulposus 258 – raphes magnus 1214, 1258 – ruber 1114, 1189 – salivatorius – – inferior 996, 1107, 1243 – – superior 991, 1021, 1107, 1243 – septales 1245 – spinalis – – nervi – – – accessorii 1001 – – – trigemini 986, 996, 998, 1108, 1213, 1204 – subthalamicus 1132, 1144, 1186, 1289 – suprachiasmaticus 1129, 1228 – supraopticus 1129, 1250 – terminationis 1106, 1108 – thoracicus posterior 1201 – tractus solitarii 1108, 1205, 1243 – – Pars inferior 996, 998 – – Pars superior 991, 996, 998 – ventralis – – anterior 1127 – – lateralis 1127 – – posterolateralis = VPL 1127, 1210 – – posteromedialis = VPM 1127, 1213 – ventrolaterales 1126 – ventromedialis 1129 – vestibulares 995, 1108 – vestibularis – – inferior 1235 – – lateralis 1233, 1235 – – medialis 1235 – – superior 1235 Nuel-Raum 1086 Nuhn-Drüse (Glandula lingualis anterior) 1012 Nukleoplasma (Karyoplasma) 50 Nykturie 771 Nystagmus – optokinetischer 1238 – postrotatorischer 1234 N-Zellen, Nebennierenmark 792

O O-Bein (Genu varum) 394 Oberarm – Gefäße 463 – Konturen 473 – Muskeln 460, 462 – Nerven 468 – Topografie 473 Oberarmknochen (Humerus) 446 Oberbauchsitus, Entwicklung 666 Obere Extremität (Membrum superius) 34 – Achsen 476 – Entwicklung 515 – Gefäße 463, 505 – Nerven 468, 508 – Topografie 473, 513 Oberer Ösophagussphinkter = OÖS 680 Oberflächendifferenzierung 54 Oberflächen-Ektoderm 111 Oberflächenepithel – einfaches 61 – mehrreihiges 61 Oberhaut (Epidermis) 1267

1317 Oberkiefer (Maxilla) 954 Oberkieferwulst 971 Oberlippe 1004 Oberschenkelknochen (Os femoris) 347 Oberst, Leitungsanästhesie 513 Obex 1112 OBP = Odorant-Bindungsprotein 1045 Obstipation 721 Occludin 57 Oddi-Sphinkter (Musculus sphincter ampullae hepatopancraticae) 743 Ödem 156, 769 – bei Entzündung 70 Odontoblast 1029 Odorant-Bindungsprotein = OBP 1045 Odynophagie 680 Offenes Foramen ovale 625 ÖGD = Ösophagogastroduodenoskopie 680 Ohr 1074 – äußeres 1075 – Entwicklung 1092 – Stellmuskeln 1075 Ohrbläschen 1092 Ohrenschmalz 1077 Ohrgrübchen 1092 Ohrmuschel, Innervation 1076 Ohrmuschel (Auricula) 1075 Ohrplakode 1092 Ohrspeicheldrüse 1018 Ohrspeicheldrüse s. Glandula parotidea 1018 Ohrtrompete s. Tuba auditiva 1082 okklusal 1022 Okklusion 1023 Okklusionsbewegung 1031 Okuläre Dominanzsäule 1223 Okulomotorik 1224 okzipital 41 Olecranon 457 Olfaktorisches System 1238 Oligodendrogliom 93 Oligodendrozyt s. Gliazelle 93 Olive 1112 Ombrédanne-Linie 362 Omentum – majus (großes Netz) 657, 665 – – Entwicklung 668 – minus (kleines Netz) 657, 665 – – Entwicklung 668 Omphalozele 118 Onkozyten 933 Onodi-Zelle 1043 Oogonie 810 OÖS = Oberer Ösophagussphinkter 680 Oozyte (Eizelle) s. Konzeption 103 Operation, radikale 804 Operculum(-a) 1134 Ophthalmoskopie 1067 Opposition 489 Opsin 1067 Opsonierung 171 Optischer Apparat 1049 Optokinetischer Nystagmus 1238 Ora serrata = Z-Linie 695, 1064 Orbiculus ciliaris 1062 Orbita (Augenhöhle) 1049 – Leitungsbahnen 1051 Orbitaachse 1053 Orchidopexie 325 Orchis s. Hoden 827 Orchitis 1019 Organ(e) 528 – lymphatisches 179

1318 Organbindegewebe 528 Organellen (Zellorganellen) 51 Organische Matrix (Knochengrundsubstanz) 76 Organogenese 103 Organsystem 528 Organum(-a) – genitalia – – feminina 794 – – masculina 826 – gustus (Geschmacksorgan) 1012 – vomeronasale 1045 Orgasmusphase – Frau 816 – Mann 847 Orgastische Manschette 816 Orientierungslinien – Arm 476 – Glutealregion 391 Oropharynx s. Pharynx 916 Ortsständige Bindegewebszellen s. Bindegewebszellen 67 Os(-sa) (Knochen) s. Knochen 221 – capitatum (Kopfbein) 480, 490 – carpi 485 – coccygis (Steißbein) 258 – coxae (Hüftbein) 327 – cruris (Unterschenkelknochen) 397 – cuboideum (Würfelbein) 402, 409 – cuneiformia (Würfelbeine) 402, 423 – ethmoidale (Siebbein) 945, 956 – femoris (Oberschenkelknochen) 346 – frontale (Stirnbein) 943 – hamatum 490 – hamatum (Hakenbein) 480 – hyoideum (Zungenbein) 893 – ilium (Darmbein) 328 – ischii (Sitzbein) 328 – lacrimale (Tränenbein) 954 – lunatum (Mondbein) 480, 485 – metacarpi (Mittelhandknochen = Metakarpale(-ia) 482, 513 – – I 489 – – II-V 490 – metatarsi (Mittelfußknochen, Metatarsalia) 402, 421, 423 – nasale (Nasenbein) 954 – naviculare (Kahnbein) 401, 407, 409 – occipitale (Hinterhauptsbein) 264, 944 – palatinum (Gaumenbein) 955 – parietale (Scheitelbein) 944 – pedis (Fußknochen) 399 – pisiforme (Erbsenbein) 480 – pubis (Schambein) 328 – sacrum (Kreuzbein) 257 – scaphoideum (Kahnbein) 480, 485, 488 – – Druckschmerz 489 – sesamoidea (Sesambeine) 482 – – Fuß 402 – sphenoidale (Keilbein) 945 – temporale (Schläfenbein) 943 – trapezium (großes Vielecksbein) 480, 489 – trapezoideum (kleines Vielecksbein) 480, 490 – triquetrum (Dreiecksbein) 480, 485 – zygomaticum (Jochbein) 954

Sachverzeichnis OSG = oberes Sprunggelenk (Articulatio talocruralis) s. Sprunggelenke 404 Ösophagitis 683 Ösophagogastroduodenoskopie = ÖGD 680 Ösophagogramm 619 Ösophagokardiofundale Übergangszone 682 Ösophagotrachealfistel 691 Ösophagus (Speiseröhre) 679, 681 – Blutgefäße 687 – Engstellen 680 – Entwicklung 691 – Gefäße 686 – Krümmungen 680 – Lymphabfluss 688 – Nerven 688 – Topografie 640 – Wandbau 677, 683 Ösophagusatresie 691 Ösophagus-Breischluck 582 Ösophagus-EKG = transösophageale Elektrokardiografie 582 Ösophagusengen 681 Ösophagusmund 680 Ösophagusmuskulatur 685 Ösophagusperistaltik 690 Ösophagusschleimhaut 683 Ösophagussphinkter – oberer (OÖS) 680 – unterer (UÖS) 682 Ösophagussprache 1261 Ösophagusvarizen 687, 871 Blutung 870 Ossicula auditoria (Gehörknöchelchen) 1080 Ossifikation 78 – enchondrale 80 – perichondrale 80 Ossifikationszentrum – primäres 80 – sekundäres 80 Ossifikationszone 81 Osteoblast 75, 80 Osteofibröse Loge 411 Osteogenese 78 – chondrale 79 – desmale 79 Osteogenesis imperfecta (Glasknochenkrankheit) 68 Osteoklast 75, 80 Osteomalazie 78 Osteomyelitis 398 Osteon (Havers-System) 77 Osteophyten 262 Osteoporose 78 – Wirbelsäule 252 Osteozyten 75 Ostiomeataler Komplex 1042 Ostium(-a) – abdominale tubae uterinae 797 – anatomicum uteri internum (innerer Muttermund) 799 – aortae 585 – atrioventriculare 590 – – dextrum 584, 590 – – sinistrum 585 – cardiacum 693 – ileale (Bauhin-Klappe) 708, 713 – pharyngeum tubae auditivae 916, 1082 – pyloricum 693 – sinus coronarii 583 – trunci pulmonalis 584 – tympanicum tubae 1082 – ureterum 780

– urethrae – – externum 807, 809 – – – Mann 839 – – internum 780 – – – Mann 839 – – – Öffnung 785 – uteri externum (äußerer Muttermund) 799 – uterinum tubae uterinae 797 – vaginae 805, 807 – venae cavae superioris 583 Östrogen 812, 816, 823 – postpartal 821 Östrogenmangelsituation 814 Otitis media 1082 Otokonien 1233 Otolithen 1088 Otosklerose 1089 Otoskopie 1082 Ott-Maß 270 Ovales Fenster s. Fenestra vestibuli 1084 Ovalzellen 741 Ovarium (Eierstock) 795 – Entwicklung 854 Ovula Nabothi 803 Ovulation(Eisprung) 810 Ovulationshemmung 813 Oxycephalus (Spitzschädel ) 967 Oxyphile Zellen 933 Oxytozin 821, 1250

P Pacchioni-Granulationen (Granulationes arachnoidales) 1157 Pachymeninx (harte Hirnhaut) 1149 Pacini-Korpuskel 1197 PAG = Periaquäduktales Grau 1114 Painful arc 454 Paläokortex 1135 Palatoschisis 1008 Palatum s. Gaumen 1005 Palliothalamus 1126 Palma manus (Hohlhand, Handfläche) 513 palmar 41 Palmaraponeurose (Aponeurosis palmaris) 503 Palmarflexion 486 Palpation 35 – Leistenhernie 319 Palpebra (Augenlid) 1054 PALS = periarterioläre Lymphozytenscheide 185 Pancoast-Tumor 570 Paneth-Zelle 704, 716 Pankreas 749 – endokrines – – Feinbau 751 – – Funktion 748 – – Zeltypen 752 – Entwicklung 755 – exokrines – – Feinbau 750 – – Funktion 748 – – Transportprozesse 751 – Gefäße 753 – Nerven 755 – Retroperitonealisierung 668 Pankreaskopf (Caput pancreatis) 749 Pankreaskörper (Corpus pancreatis) 749 Pankreasschwanz (Cauda pancreatis) 749 Pankreatisches Peptid 752 Pankreatitis 749

Panzerherz 614 Papanicolaou-Färbung 803 Papez-Kreis 1244 Papilla(-ae) – duodeni – – major (Vater-Papille) 705, 749 – – minor (Santorini-Papille) 705, 749 – filiformes 1011 – foliatae 1012 – fungiformes 1012 – mammaria 1277 – nervi optici 1216 – parotidea 1019 – renales 768 – Santorini s. Papilla duodeni minor 705 – vallatae 1012 – Vateri s. Papilla duodeni major 705 Papillarmuskeln (Musculi papillares) 584 Papillarschicht (Stratum papillare) 1271 Parabasalschicht, Vagina (Stratum parabasale) 806 Parafollikuläre Zellen (C-Zellen) 932 Parakeratinisierung 1012 Parakolpium 663, 801, 805 Parakrinie 63 Parallelfaser 1118 Parallelfasriges Bindegewebe 70 Paramediane pontine Formatio reticularis = PPRF 1225 Parametrium 663, 801 Parapharyngealraum s. Spatium peripharyngeum 912 Paraphimose 836 Paraproktium 662, 722 Parasternallinie (Linea parasternalis) 303 Parasympathikus 216 – Bauchraum 875 – kranialer Anteil 217 – sakraler Anteil 217 – Wirkung 217 Parathormon = PTH 933 Parathyreoprive Tetanie 934 Parathyreopriver Hypoparathyreodismus 1287 Parathyrin (PTH = Parathormon) 933 Paraurethraldrüsen 809 Paravertebrale Ganglien 874 Paravertebrallinie (Linea paravertebralis) 303 Paraxiales Mesoderm s. Mesoderm 113 Parazervix 663, 801 Parazystium 662 Parenchym 528 Parenchymatöse Organe 528 Parese 264, 1191 Parierfraktur 479 Paries – caroticus 1079 – externus 1086 – jugularis 1079 – labyrinthicus 1079 – mastoideus 1079 – membranaceus 543, 1079 – tegmentalis 1079 – vestibularis 1086 Parietaler Assoziationskortex 1182 Parietalzellen = Belegzellen 697 Parietokolischer Spalt 654 Parkinson-Erkrankung 1188 Parodontium 1025

Sachverzeichnis Parodontose 1025 Paroophoron 857 Parotis s. Glandula parotidea 1018 Parotistumor 1019 Parotitis epidemica 1019 Pars(-tes) – abdominalis, Ureter 777 – affixa, Penis 835 – ascendens 771 – – aortae = Aorta ascendens 627, 629 – – duodeni 705 – – Tubulus, intermediärer 771 – caeca retinae 1064 – cardiaca (Kardia, Mageneingang) 693 – caudalis s. Nucleus spinalis nervi trigemini 1108 – cavernosa, Urethra feminina 809 – cervicalis 543 – – tracheae 930 – ciliaris retinae 1064 – compacta 1115 – compacta s. Substantia nigra 1115 – convoluta – – distalis 771 – – proximalis 771 – costalis – – pleurae parietalis 562 – – Zwerchfell 297 – descendens 771 – – aortae = Aorta descendens 627, 631 – – duodeni 705, 707 – – Tubulus, intermediärer 771 – diaphragmatica, Pleurae parietalis 562 – flaccida 1078 – horizontalis duodeni 705, 707 – infraclavicularis s. Plexus brachialis 469 – infrapiriformis, durchtretende Leitungsbahnen 885 – intercartilaginea 924 – intercartilaginea s. Stimmritze 924 – intermembranacea 924 – intermembranacea (Stimmritze) 924 – interpolaris s. Nucleus spinalis nervi trigemini 1108 – intramuralis 839 – – Urethra feminina 809 – – Urethra masculina 839 – iridica retinae 1064 – laryngea pharyngis = Laryngopharynx = Hypopharynx s. Pharynx 917 – lumbalis, Zwerchfell 297 – mediastinalis, Pleurae parietalis 562 – membranacea (Urethra masculina) 839 – – septi interventricularis 586 – muscularis septi interventricularis 586 – nasalis pharyngis = Nasopharynx = Epipharynx s. Pharynx 916 – optica retinae 1061, 1064 – oralis pharyngis = Oropharynx = Mesopharynx s. Pharynx 916 – pelvica, Ureter 777 – pendulans, Penis 835 – petrosa s. Felsenbein 943

– prostatica (Urethra masculina) 838 – pylorica 693 – recta – – distalis 771 – – proximalis 771 – reticularis 1115 – reticularis s. Substantia nigra 1115 – spongiosa (Urethra masculina) 839 – sternalis, Zwerchfell 297 – superior duodeni 705, 707 – supraclavicularis s. Plexus brachialis 468 – suprapiriformis, durchtretende Leitungsbahnen 885 – tensa 1078 – thoracica 543 – – aortae = Aorta thoracica (Brustaorta) 627, 631 – – tracheae 930 – tympanica 944 – uterina tubae uterinae 797 Parvozelluläre Ganglienzelle 1220 Parvozelluläres neuroendokrines System 1130 PAS = Periodic Acid Schiff 101 Passavant-Wulst 917, 920 Patella (Kniescheibe) 238, 364, 391 – tanzende 375 Patellaöffnungswinkel 364 Patellarsehnenreflex = PSR 198, 377 Paukenhöhle (Cavitas tympani) 1078 – Etagen 1078 – primitive 1092 – Wände 1078 p. c. = post conceptionem 102 PC-Rezeptor 1197 PD-Rezeptor 1197 PDA = Periduralanästhesie 1150 Pecten – analis 721 – ossis pubis 328 Pediculus(-i) arcus vertebrae (Bogenwurzel) 251 Pedunculus(-i) – cerebellares (Kleinhirnstiele) 1120 – cerebri (Hirnstiel) 1114 – corporis mamillaris 1132 Peitschenhiebverletzung 267 Pelvis (Becken) 326 – renalis (Nierenbecken) 763, 776 Pelviskopie (Beckenspiegelung) 797 Pelvitrochantere Muskeln 357 Pendelbewegungen 705 Pendelhoden 325 Penis (Glied) 835 – Entwicklung 858 – Faszien 837 Perfusion, Lunge 568 Perfusionsfixierung 99 Perfusionsstörung 569 Perfusionsszintigrafie 575 Periaquäduktales Grau = PAG 1114 Pericardium – fibrosum 614 – serosum 595, 614 – – Lamina parietalis 524 – – Lamina visceralis = Epicardium 524 Perichondrale Ossifikation 80 Perichondrium (Knorpelhaut) 72

Periduralanästhesie = PDA 1150 Periduralkatheter 1150 Periduralraum 1150 Perikard s. Pericardium 613 Perikarderguss 614 Perikardhöhle (Cavitas pericardiaca) 522, 613 – Entwicklung 116 Perikarditis 614 Perikardpunktion (Herzbeutelpunktion) 564, 614 Perikaryon s. Neuron 91 Perilymphatischer Raum 1083 Perilymphe 1084, 1085, 1230 Perimetrium 804 Perimysium 86 Perimysium s. Muskulatur, Skelettmuskulatur 86 Perineum (Damm) 340 Perineuralzelle 95 Perineurium s. Nerv, peripherer 95 Periodontium 1025 Perioliväres Feld 1231 Periorbita 1051 Periorchium 827 Periost 75, 221 Periphere Fazialisparese 1185 Periphere Lähmung s. Lähmung 1191 Periphere Zone, Prostata 834 Peripherer Nerv 95 Peripheres Nervensystem = PNS 206 Periportales Feld 739 Peritonealdialyse 527, 1286 Peritonealduplikatur 652 Peritonealflüssigkeit 651 Peritonealhöhle (Cavitas peritonealis) 521, 648 – Entwicklung 115 Peritonealverhältnisse – Becken 659 – Entwicklung 664, 666 Peritoneum (Bauchfell) 651 – Innervation 651 – parietale 524, 651, 780 – urogenitale 658 – viscerale 524, 651 Peritonitis 308, 651 Peritubuläre Zellen 846 – Hoden 845 Periurethralzone, Prostata 834 Perizyt 155 Perkussion 35 – Lunge 572 Perkutane transluminale coronare Angioplastie = PTCA 605 Perlecan 69 Permeabilitätsbarriere, epidermale 1269 Peroneusgruppe (Fibularisgruppe) 416 Peroxidase 51 Peroxysom 51 Persistierendes Foramen ovale 625 Perthes, Morbus 360 Perzentilenkurve 43 Pes s. Fuß 396 – anserinus – – profundus 377 – – superficialis 377 – equinovarus (Klumpfuß) 425 – hippocampi 1246 – planus (Platt-, Senkfuß) 422, 425 – transversoplanus (Spreizfuß) 422, 425 – valgus (Knickfuß) 425

1319 PET = Positronenemissionstomografie 129, 1178 Petechien 170 Petiolus 921 Peyer-Plaques 191, 709 Pfannenband (Ligamentum calcaneonaviculare plantare) 407, 409, 423 Pfanneneingangsebene 346 Pfannenerker 346 Pfeilachse (Sagittalachse) 38 Pfeilerzellen 1087, 1229 Pfeilnaht (Sutura sagittalis) 947 Pflugscharbein (Vomer) 954 Pfortader s. Vena portae hepatis 869 Pfortaderhochdruck 1286 Pfortadersystem 147 – Hypophyse 1251 Phagosom 171 Phagozytose – Granulozyt, neutrophiler 171 – MPS = Mononukleäres Phagozytensystem 174 Phalangenzellen 1087, 1229 Phalanx(-ges) – Knochenkerne 515 – manus 482 – pedis 403 Phäochromozytom 792 Pharyngealbogen s. Schlundbogen 968 Pharynx (Schlund) 914, 916 – Gefäße 919 – Gliederung 915 – Muskulatur 917 – Nerven 919 Pheromone 1045 Philippe-Gombault-Triangel 1101 Philtrum 959, 1004 Phimose 836 Phonation 1261 Phonationsstellung (Stimmritze) 924 Phospholipase A 748 Photopisches Sehen 1066 Photorezeptor 1065 Photorezeptorzellen 1216 Phototransduktion 1067, 1218 Physiologischer Nabelbruch 670 Pia mater 1149 Pigmentepithel – Iris 1060 – Retina 1061, 1065 PIH 1252 Pille (hormonale Kontrazeptiva) 813 Pinselarteriole 186 PIP-Gelenke = proximale Interphalangeal- = Fingermittelgelenke s. Articulationes interphalangeae 492 Pituizyten 1250 Pit-Zelle 740 Plagiocephalus (Schiefschädel) 967 Plakode 111 Planta pedis (Fußsohle), Leitungsbahnen 431 plantar 41 Planum temporale 1232 Plaque, Atherosklerose 154 Plaque-Proteine 57 Plasma 165 Plasmalemm s. Zellmembran 53 Plasmamembran s. Zellmembran 53 Plasmaproteine 734 Plasmazelle 177, 182 Plasminogen-Aktivator 846

1320 Plasminogen-Inhibitor 846 Plasmozytom (multiples Myelom) 177 Plastizität, biologische, Knochen 78 Plateauphase – Frau 816 – Mann 847 Plattenepithelkarzinom 1269 – Hypopharynx 917 – Larynx 925 Plattfuß (Pes planus) 422, 425 Platysma 894 Plazenta (Mutterkuchen) 119, 817 – Basalplatte 121 – Chorionplatte 121 – Kotyledonen 121 – Zottenbaum 121 Plazentabett 121 Plazentakreislauf 641 Plazentaschranke 121 Plazentasepten 121 Plegie 1191 Pleura 540, 561 – Bildgebung 574 – Entwicklung 116 – parietalis 524, 561 – – Umschlagfalten 563 – Verletzung 567 – visceralis 524, 562 Pleuraerguss 563 – Sonografie 575 Pleurafreie Dreiecke 563 Pleuragrenzen 570 Pleurahöhle (Cavitas pleuralis) 522, 540, 561 – Entwicklung 115, 116 Pleurakuppel (Cupula pleurae) 562, 570 Pleurapunktion 564 Pleuritis 565 Pleuroperikardialfalten s. Plicae pleuropericardiales 527 Pleuroperitonealfalten s. Plicae pleuroperitoneales 527 Plexus – aorticus 637 – – abdominalis 875 – brachialis 468 – – Läsion 570 – cardiacus 637 – caroticus internus 950 – cervicalis 901 – choroideus 1156, 1170 – coccygeus 342, 386 – coeliacus 875 – dentalis – – inferior 1027 – – superior 1026 – entericus 679 – gastricus – – anterior 701 – – posterior 701 – hepaticus 746 – hypogastricus – – inferior 216, 779, 784, 796, 798, 804, 831, 833, 835, 838, 840, 883 – – superior 216 – intraparotideus 992 – lumbalis 386, 884 – lumbosacralis 385, 877 – mesentericus – – inferior 717, 804, 875 – – superior 717, 796, 875 – myentericus (Auerbach-Plexus) 219, 679 – Nervenplexus s. Nervenplexus 211 – oesophageus 638, 689, 999

Sachverzeichnis ovaricus 796 pampiniformis 829 parotideus 963 pharyngeus 904, 919, 996, 999, 1083 – profundus 1273 – pterygoideus 976, 1007, 1026, 1035, 1046, 1083 – pulmonalis 545, 561, 638 – rectales 727 – renalis 793, 796, 798, 829 – sacralis 386, 807, 884 – solaris 216, 219 – submucosus (Meissner-Plexus) 219, 679 – superficialis 1273 – suprarenalis 793 – Sympathikus und Parasympathikus 217 – testicularis 829 – thyroideus impar 544 – tympanicus 996, 1078, 1083 – uterovaginalis = Frankenhäuser-Ganglion 216, 796, 804, 807 – vegetative, Extraperitonealraum 873 – venosi – – Beckenraum 881 – – vertebrales 278 – venosus – – canalis nervi hypoglossi 950 – – foraminis ovalis 949 – – pharyngeus 191, 919 – – prostaticus 831, 833, 835, 837, 840, 881 – – rectalis 726, 881 – – sacralis 881 – – thyroideus impar 934 – – uterinus 798, 804, 806, 881 – – vaginalis 806, 881 – – vertebralis – – – externus 278, 1169 – – – internus 278, 1168 – – vesicalis 783, 809, 831, 833, 835, 837, 840, 881 – – vesicoprostaticus 783 Plica(-ae) – alares (Corpus adiposum infrapatellare) 376 – aryepiglottica 917, 921, 923 – cardiaca 693 – ciliares 1062 – circulares (Kerckring-Falten) 704, 709 – fimbriata 1009 – gastricae 695 – glossoepiglotticae 916 – interureterica 780 – lacrimalis 1058 – longitudinalis duodeni 705, 743 – mallearis superior 1081 – nervi laryngei superioris 917 – palmatae 802 – pleuropericadiales (Pleuroperikardialfalte) 527 – pleuroperitoneales (Pleuroperitonealfalten) 115, 527 – rectouterina 802 – rectovesicalis 780 – salpingopharyngea – salpingopharyngea (Seitenstrang) 190, 916 – semilunares 715 – sublingualis 1016, 1021 – synovialis infrapatellaris 376 – transversa, vesicae 780 – transversae, recti 719 – tubariae 798 – umbilicalis lateralis 317 – – – –

umbilicalis medialis 151, 317 umbilicalis mediana 317 vestibulares 923 vestibulares (Taschenfalten) 924 – vocales 923 – vocales (Stimmfalten) 924 Pluripotente Stammzellen 70 Plurivakuolärer Adipozyt 72 p. m. = post menstruationem 102 Pneumatisation – Nasennebenhöhlen 1048 – Processus mastoideus 1082 Pneumonie (Lungenentzündung) 551 Pneumothorax 286, 567 – Mediastinalflattern 536 Pneumozyten 557 PNS = Peripheres Nervensystem 206 Podogramm (Fußabdruck) 422 Podozyten 770 Polare Organisation, Epithelzellen 54 Polkissen 772 Pollakisurie 783 Pollex (Daumen) 482 Polyarthritis 492 Polydipsie 200 Polyhydramnion 691 Polymerisierung, Zytoskelett 51 Polymodaler Nozizeptor 1208 Polyribosomen 50 Polysynaptischer Flexorreflex 199 Polytrauma, Bildgebung 135 Polyurie 200, 771 Pons 1103, 1112 – Arterien 1159 Pontozerebellum 1123 Popliteapuls 393 Porta(-ae) – arteriosa 579, 623 – hepatis (Leberpforte) 736, 738 – venosa 579 Portalkreislauf 869 Portalvenenläppchen = Periportal- oder Portalläppchen 739 Portio – supravaginalis uteri 799 – vaginalis uteri 799 Portokavale Anastomosen 322, 870 Porus – acusticus – – externus 1076 – – internus 950, 992, 995 – gustatorius 1013 – septi (Kohn-Poren) 558 Positio, Uterus 800 Positive Rheotaxis 798 Positronenemissionstomografie = PET 129, 1178 post conceptionem = p. c. 102 post menstruationem = p. m. 102 Postduktale Aortenisthmusstenose 630 posterior, -us 41 Posthepatischer Ikterus s. Ikterus 744 Postikus (M. cricoarytenoideus posterior) 926 Postklimakterium 824 Postmenopause 824 Potenzial – postsynaptisches 196 – Rezeptorpotenzial 213 – – – –

PPRF = paramediane pontine Formatio reticularis 1225 PP-Zellen, Pankreas 752 Präadipozyt 71 Prächordalplatte 109 Prädentin 1029 Prädeziduazellen 813 Präduktale Aortenisthmusstenose 630 Präexzitationssyndrome 598 Präfrontaler Kortex 1139, 1244 Prähepatischer Ikterus s. Ikterus 744 Präkornealer Flüssigkeitsfilm 1056 Prälakunäre Periode s. Plazenta 120 Prämenopause 824 Prämolar 1021 Prämotorischer Kortex 1140 Prämotorisches Areal s. Kortexareale 1182 Pränataldiagnostik 124 Präparierkurs 48 Prävertebrale Ganglien 874 Prävertebrale Muskeln 896 Preputium – clitoridis 808 – penis (Vorhaut) 836 Presbyopie 1069 Pressorezeptoren (Barorezeptoren) 160, 631 Prestin 1229 P-Rezeptor (Proportionalitätsrezeptor) 1196 Primärbündel 86 Primäre Keimstränge 853 Primäre Markhöhle 80 Primäre Muskelspindelafferenz 1197 Primäre Oozyte 810 Primäre Riechrinde 1240 Primäre Sinneszelle 1194 Primäre Spermatozyte 843 Primärer auditorischer Kortex 1141, 1232 Primärer Hyperparathyroidismus 934 Primärer Knochen (Geflechtknochen) 76 Primärer Knochenkern (Ossifikationszentrum, primäres) 80 Primärer motorischer Kortex 1140, 1182 Primärer somatosensorischer Kortex 1140 Primärer visueller Kortex 1141, 1222 Primäres Geschlechtsmerkmal 47 Primäres Hörzentrum 1141 Primäres Ossifikationszentrum 80 Primärfollikel 810 Primärharn 763, 769 – Konzentration 770 – Rückresorption 771 Primärspeichel 1019 Primärzotten s. Plazenta 120 Primitivknoten 109 Primitivrinne 109 Primitivstreifen 109 Primordialfollikel 810 Proatlas 283 Processus – accessorius 256 – arcus vertebrae (Wirbelbogenfortsatz) 251 – articularis (Gelenkfortsatz) 251 – – superior, Kreuzbein 258

Sachverzeichnis – ciliares 1062 – clinoideus – – anterior 945 – – medii 945 – – posterior 945 – condylaris 955 – coracoideus 440 – coronoideus 457, 955 – costalis 256 – mammillaris 256 – mastoideus (Warzenfortsatz) 943, 965 – – Pneumatisierung 1082 – muscularis 922 – palatinus, Maxillae 1040 – pterygoideus 945 – spinosus (Dornfortsatz) 251 – styloideus (Griffelfortsatz) 943 – – radii 479, 513 – – ulnae 479, 513 – transversus (Querfortsatz) 251 – – Atlas 264 – uncinatus (Hakenfortsatz) 253, 956, 1041 – vaginalis peritonei 324 – vocalis 922 – xiphoideus (Schwertfortsatz) 289 – zygomaticus – – ossis frontalis 943 – – ossis temporalis 943 Proctodeum 728 profundus, -a, -um 41 Progenitorzelle, Knochen 75 Progesteron 811, 816 – postpartal 821 Projektionsfasern 1146 Projektionsneuron 92 Projizierter Schmerz 1208 Prokollagen 67 Proktodealdrüsen (Glandulae anales) 720 Prolaktin 821, 1252 Prolaktostatin 1252 Prolaps, Uterus 337 Proliferationsknoten (Synzytialknoten) 122 Proliferationsphase 813 Proliferationszone 81 Prominentia laryngea 906, 921 Promontorium 257 Pronatio dolorosa 459 Pronation 409, 460 – Fuß 409 – Hand 487 Pronephros (Vorniere) 850 Propfkern (Nucleus emboliformis) 1119 Prophase 810 Proportional-Differenzial-Rezeptor 1197 Proportionalitätsrezeptor 1196 Proportionen 45 Propriospinale Bahnen 1101 Propriozeption 1196 – bewusste 1196 – – Ausfall 1199 – – Rezeptoren 1197 – Kopf 1205 – unbewusste 1201 – – Ausfall 1202 – – Rezeptor(en) 1198 Prosenzephalon 1103 Prosenzephalonbläschen 1173 Prosopagnosie 1224 Prospermatogonien 853 Prostaglandinsynthese-Hemmung 1208

Prostata (Vorsteherdrüse) 833 – Tastbefund 663 – Zonen 834 Prostatahyperplasie 834 Prostatakarzinom 834 Prostataspezifisches Antigen (PSA) 834 Prostatasteine 835 Proteinsynthese 734 Proteoglykane 69 Protopathische Sensibilität 1195 Protrusion 1031, 1033 Protuberantia(-ae) – mentalis 965 – occipitalis – – externa 944, 965 – – interna 944 proximal 41 Proximale Interphalangealgelenke = PIP- = Fingermittelgelenke (Articulationes interphalangeae proximales) 492 Proximaler Tubulus 771 Proximales Handgelenk (Articulatio radiocarpalis) s. Handgelenk 485 PSA = Prostataspezifisches Antigen 834 Pseudoarthrose 77, 334 Pseudolobus venae azygos 551 Pseudometamerie 308 Psoasarkade, Zwerchfell s. Lig. arcuatum mediale 298 Psoriasis 1268 PSR = Patellarsehnenreflex 198 Psychomotorischer Anfall 1246 PTCA = perkutane transluminale coronare Angioplastie 605 PTH = Parathormon 933 Ptosis 84, 216 Pubarche 824 Pubertät, weibliches Genitale 823 Pudendum 807 Pudendusblock 390 Puerperium (Wochenbett) 820 Pulmo (Lunge) s. Lunge 547 Pulmonal arterielle Hypertonie 1282 Pulmonal(klappen)stenose 619 Pulmonalarterien s. Arteriae pulmonales 631 Pulmonales (= peribronchiales) Lymphsystem 560 Pulmonalklappe s. Valva trunci pulmonalis 592 Pulpa 1024 – dentis 1024 – rote 185 – weiße 185 Puls – A. brachialis 465 – A. femoralis 315, 380 – A. poplitea 393 – A. radialis 506 – A. ulnaris 506 – bei Aotenisthmusstenose 629 Pulsamplitude, hohe 593 Pulsionsdivertikel 686 Pulvinar 1126 Punctum – fixum 241 – lacrimale 1057 – maximum 617 – mobile 241 – nervosum 901 Punktion – arterielle 380 – Ellenbogengelenk 458 – Harnblase 781 – suprapubische 781

Pupille 1062 Pupillenreflex 1226 Purkinje-Fasern (Rami subendocardiales) 599 Purkinje-Zellen, Kleinhirnrinde 1119 Pus (Eiter) 172 Putamen 1143, 1186 Pyelitis 778 Pyelonephritis 778 Pyknischer Typ 46 Pylorus (Magenpförtner) 693, 702 Pylorusdrüsen (Glandulae pyloricae) 697 Pyramide 1112 Pyramidenbahn (Tractus pyramidalis) 1183 – Läsion 1190 – Somatotopie in der Capsula interna 1147 Pyramidenbahn Pyramidenbahnzeichen 1184 Pyramidenkreuzung s. Decussatio pyramidum 1104 Pyramidenzelle, Großhirnrinde 1135 Pyramides renales 768

Q Quadranten-Anopsie 1222 Quadratusarkade, Zwerchfell s. Lig. arcuatum laterale 298 Quadrizepssehne 391 Querachse (Transversalachse) 38 Querfortsatz (Processus transversus) 251 Querfraktur 226 Quergestreifte Muskulatur 82, 83 Quergewölbe, Fuß – Aufbau 423 – Bandsicherung 424 – Verlust 422 Querschnittlähmung 251 – hohe 267 Querstreifung – Kollagen 67 – Muskulatur 82 Querwölbung, Fuß 402 Quetelet-Index 43 Quotient, kardiothorakaler = Herz-Thorax-Index 619

R RAAS = Renin-Angiotensin-Aldosteron-System 772 Rachenmandel (Tonsilla pharyngealis) s. Tonsillen 190 Rachenmembran (Buccopharyngealmembran) 109 Rachenring, lymphatischer = Waldeyer 190, 914 Rachischisis 284 Rachitis 78 Radgelenk 455 radial 41 Radialabduktion 487 Radialgliazelle 1171 Radialisgruppe 496 Radiärzone, Knorpel 74 Radiatio(-nes) optica (Sehstrahlung) 1222 Radii medullares (Markstrahlen) 768 Radikaloperation 804 Radikuläre Symptomatik 264

1321 Radiologischer Gelenkspalt 131 Radioulnargelenk – distales (Articulatio radioulnaris distalis) 479 – proximales (Articulatio radioulnaris proximalis) 455, 459 Radius (Speiche) 479 Radiusfraktur in loco typico = Colles-Fraktur 479 Radiusperiostreflex 497 Radix(-ces) 524 – anterior/motoria (Vorderwurzel) 204 – cranialis nervi accessorii 1001 – dentis 1022 – linguae 1009 – mesenterii (Mesenterialwurzel) 652, 709 – motoria, nervi trigemini 986 – nasi 1039 – penis 835 – posterior/sensoria (Hinterwurzel) 204, 213 – pulmonis (Lungenwurzel) 548 – sensoria nervi trigemini 986 – spinalis nervi accessorii 950, 1001 Ramus(-i) – acetabulares 349 – acromialis 463 – ad ganglion ciliare 983 – ad pontem 1159 – alveolaris superior medius 1027 – anterior, Spinalnerv 206, 279 – atrialis(-es) 602 – – anastomoticus (Kugel-Arterie) 601 – – anterior 601 – – intermedius sinister = RAS 601 – atrioventriculares 601 – auricularis, Nervus vagus 951, 998, 1075, 1077 – bronchiales 545, 999 – – Aortae 631 – – N. vagus 561 – buccales 963, 992 – calcanei 432 – capsulares 773 – cardiaci – – cervicales 999 – – Nervus vagus 638 – – thoracici 999 – carpalis dorsalis – – arteriae radialis 506 – – arteriae ulnaris 506 – circumflexus = RCX 601 – colli 992 – communicans s. Spinalnerv 207 – – albus 214, 637 – – cum ganglio ciliari 987 – – cum nervo zygomatico 987 – – griseus 214, 637 – coni arteriosi 602 – cricothyroideus 897 – cutaneus(-i) – – anterior(-es) – – – N. femoralis 388 – – – pectorales, Interkostalnerven 302 – – laterales 471 – – – Interkostalnerven 302 – – lateralis, N. iliohypogastricus 388 – – N. obturatorius 388 – deltoideus 465 – dentales 1026 – – inferiores 1027

1322 – descendens, A. circumflexa femoris lateralis 382 – digastricus 992 – dorsalis(es) – – linguae 1013 – – N. ulnaris 510 – duodenales 707 – externus – – N. accessorius 1001 – – N. laryngeus superior 928 – femoralis, N. genitofemoralis 314, 322, 388 – frontalis, A. temporalis superficialis 974 – ganglionares, N. maxillaris 987 – genitalis, N. genitofemoralis 322, 342, 809 – inferior – – N. oculomotorius 983 – – Os pubis 328 – infrahyoideus 897 – infrapatellaris, N. saphenus 388 – intercostales anteriores 299 – interganglionares 637, 874 – internus – – N. accessorius 1001 – – N. laryngeus superior 928 – interventricularis(-es) 602 – – anterior = RIVA 601 – – septalis 598 – labiales – – anteriores 808 – – posteriores 808 – laryngopharyngeales 904 – lateralis, Spinalnerv 279 – linguales 996 – mammarii – – laterales 300 – – mediales 300 – mandibulae 955 – marginalis – – dexter 602 – – mandibulae 963, 992 – – sinister 601 – medialis, Spinalnerv 279 – mediastinales (aortae) 631 – meningeus s. Spinalnerv 207, 949 – – anterior 1164 – – arteriae occipitalis 974 – – arteriae vertebralis 950 – – nervi ethmoidalis post. 987 – – nervi mandibularis 988 – – nervi vagi 998 – – recurrens/tentorius, nervi ophthalmici 986 – mentalis 956, 1026 – – arteriae maxillaris 974 – musculi, stylopharyngei 904, 996 – mylohyoideus, arteriae maxillaris 974 – nasales posteriores – – inferiores 956, 1047 – – mediales 1047 – – superiores 956, 1036 – – superiores laterales 1047 – nasalis externus 1046 – nodi – – atrioventricularis 597, 602 – – sinuatrialis 597, 602 – oesophageales 866 – oesophagei – – aortae 631 – – nervi vagi 904 – ossis ischii 328 – ovaricus 796 – palmaris – – (n. medianus) 509, 512 – – (n. ulnaris) 510, 512

Sachverzeichnis – – profundus 506 – – superficialis 506 – palpebrales 1056 – pancreatici 753, 866 – pectorales 463 – perforantes, Intercostalarterien 299 – pericardiaci 615 – – (aortae) 631 – – nervi phrenici 639 – peridentales 1026 – pharyngeales 191 – pharyngei 919 – – nervi glossopharyngei 904 – – nervi vagi 904 – phrenicoabdominales 876 – plantaris profundus 427 – posterior Spinalnerv 279 – – dorsalis 206 – – segmentale Rumpfwandarterien 277 – – ventriculi sinistri 601 – posterolateralis, – – dexter 602 – – sinister = RPLS s. Ramus posterior ventriculi sinistri 601 – profundus – – art. transv. cerv. = A. dorsalis scapulae 278 – – nervi radialis 508 – – n. ulnaris 511 – prostatici 835, 840 – pterygoidei arteriae maxillaris 974 – pulmobronchiales 559 – pulmonales 637 – – (tr. symp.) 561 – pylorici 701 – scrotales 841 – sinus carotici 904, 996 – spinales 1163, 1165 – spinales – – A. sacralis lat. 278 – – A. vertebralis 278 – – segmentale Rumpfwandarterien 277 – splenici 188 – sternales, A. thoracica int. 299 – sternocleidomastoideus 897, 902 – stylohyoideus 992 – subendocardiales (PurkinjeFasern) 599 – subscapulares 463 – superficialis – – art. transv. cerv. = A. cervicalis superficialis 278 – – nervi radialis 508, 512 – – n. ulnaris 511, 513 – superior – – nervi oculomotorii 983 – – Os pubis 328 – temporales 963, 992 – thymici 181 – tonsillae palatinae 976 – tonsillaris(es) 191, 996 – tracheales – – (arteriae thyroidea inf.) 544 – – (nervi laryngeus recurrens) 544 – – (nervi vagus) 544, 904 – trapezius 902 – tubarius 798, 996 – tympanicus, nervi glossopharyngeus 951 – ureterici 773, 779 – vaginales 806 – ventricularis dexter 602 – zygomatici 963 – zygomaticofacialis 1050 – zygomaticotemporalis 1050

Randbogen, vorderer 107 Randsinus (Marginalsinus) 184 Ranvier-Knoten 94 Ranvier-Schnürring 94, 196 Raphe – pterygomandibularis 912, 1004, 1030, 1038 – scroti 841 Raphekerne 1257 RA-Rezeptor 1197 Rascetta 514 Rathke-Tasche 1175 Raucherbein 396 Raues Endoplasmatisches Retikulum = rER 51 Rautengrube (Fossa rhomboidea) 1104 Rautenhirn (Rhombenzephalon) 1103 Rautenhirnbläschen 1173 RCX = Ramus circumflexus 601 Receptaculum seminis 816 Recessus – axillaris 447 – bursae omentalis 655 – costodiaphragmaticus 563 – costomediastinalis 563 – der Peritonalhöhle 653 – duodenalis 654 – – inferior 705 – – superior 705 – hepatorenalis 654 – ileocaecales 654 – intersigmoideus 654 – membranae tympani superior 1078 – pharyngeus 916 – piriformis 917 – pleurales 563 – sacciformis 458, 479 – sphenoethmoidalis 1041 – subhepaticus 654 – subphrenici 654 – subpopliteus 378 – suprapatellaris = Bursa suprapatellaris 375 – tubotympanicus 1092 – vertebromediastinalis 563 Rechtsherzkatheterunter 621 Rechts-Links-Asymmetrie 110 Rechtsverbreiterung, Herz 619 Recklinghausen, Morbus 93 Rectum – fixum 722 – mobile 722 Reduktion 489 Reflektorische Steuerung, Willkürbewegungen 1189 Reflex 198 – Abschwächung 198 – autonomes Nervensystem 220 – bisynaptischer 198 – Dehnungsreflex, monosynaptisch 198 – Eigenreflex 198 – Flexorreflex, polysynaptisch 199 – Fremdreflex 199 – monosynaptischer 198 – polysynaptischer 198 – Seitenvergleich 198 – Steigerung 198 Reflexbogen 198 Reflux 683 – vesicoureteraler 784 Regelblutung s. Menstruation 824 Regenbogenhaut (Iris) 1060, 1062 Regeneration, Epithelgewebe 61

Regio(-nes) – analis 338 – antebrachii – – anterior 513 – – posterior 513 – axillaris 473 – brachialis – – anterior 473 – – posterior 473 – buccalis 964 – calcanea 433 – carpalis – – anterior 513 – – posterior 513 – cervicalis – – anterior 907, 909 – – lateralis 473, 909 – – posterior 911 – cruralis – – anterior 433 – – posterior 433 – cubitalis anterior 473 – cutanea, Nasenhöhle 1043 – deltoidea 473 – dorsalis pedis 433 – entorhinalis 1248 – femoris – – anterior 389 – – posterior 389 – frontalis 964 – genus – – anterior 390 – – posterior 390 – glutealis 389 – infraorbitalis 964 – infrascapularis 280 – interscapularis 280 – lumbalis 280 – malleolaris 433 – mentalis 964 – nasalis 964 – nuchalis 280 – occipitalis 964 – olfactoria 1045, 1238 – orbitalis 964 – parietalis 964 – parotideomasseterica 964 – pectoralis 473 – perinealis (Dammregion) 338 – plantaris pedis 433 – poplitea 389 – respiratoria, Nasenhöhle 1044 – sacralis 280 – scapularis 280, 473 – sternocleidomastoidea 909 – suprascapularis 280, 473 – surae 433 – temporalis 964 – urogenitalis 338 – vertebralis 280 – zygomatica 964 Regionen 35 – Bauchwand 323 – untere Extremität 390 Regulierte Sekretion 64 Regurgitation 918 Reichert-Knorpel 969 Reifeteilung, Oozyte 810 Reihenknorpel 81 Reihigkeit, Oberflächenepithel 60 Reissner-Membran 1084 Reitende Aorta 624 Reiz 195 – adäquater 213 – inadäquater 213 Reizleitungssystem 595 Rektale Untersuchung, Prostata 663 Rektoskopie 712

1323

Sachverzeichnis Rektum 719 – Arterien 725 – Gefäße 724 – Lymphabfluss 726 – Nerven 727 – Wandbau 722 Rektusdiastase 314 Rektusscheide (Vagina musculi recti abdominis) 313 Rekurrens s. N. laryngeus recurrens 928 Rekurrensparese 928, 935, 1287 Relaxation, MRT 136 Relaxin 332 Ren s. Niere 763 Renculus (Lobus renalis, Nierenlappen) 768 Renin 772, 774 Renin-Angiotensin-AldosteronSystem = RAAS 772 Renovaskuläre Hypertonie 774 Renshaw-Zelle 1191 Replikation 50 rER = raues Endoplasmatisches Retikulum 51 Resorptionszone 81 Respiration (Lungenatmung) s. Atmung, innere 566 Respirationsepithel, Larynx 925 Respiratory burst s. Granulozyt, neutrophiler 171 Restharnmenge 785 Restricta 514 Rete – acromiale 463 – arteriosum ovarii 796 – articulare – – cubiti 465, 505 – – genus 381, 383, 427 – calcaneum 427 – carpale dorsale 507 – malleolare – – laterale 427 – – mediale 427 – testis 828 – venosum dorsale manus 466, 507 Retentionszyste 803 Retikuläre Fasern 68 Retikuläres Bindegewebe 70 Retikulozyt 169 Retikulozytenzählung 169 Retina 1061, 1064 – Bipolarzelle 1219 – Ganglienzelle 1219 – Neurone 1216 – Signaltransfer 1067 Retinaculum(-a) (Halteband) 234, 238 – cutis 1272 – Fuß 414 – musculorum – – extensorum 415, 487, 503 – – fibularium 415 – – flexorum 480, 487, 503 – patellae – – laterale 371 – – mediale 370 Retino-genikulo-kortikales System 1225 Retino-hypothalamo-pineales System 1225, 1228 Retino-prätektales System 1225 Retinotektales System 1225 Retinotopie 1220, 1222 Retroflexio uteri 801 Retrokardialraum = HolzknechtRaum, Einengung 619 retroperitoneal 652 – primär 652 – sekundär 652

Retroperitonealraum s. Spatium retroperitoneale 648 Retroplazentares Hämatom 819 Retrosternalraum, Einengung 618 Retrotorsion, Humeruskopf 446 Retroversio uteri 801 Retroversion 42 Retrusion 1031 Retzius-Raum s. Spatium retropubicum 780 Rexed-Laminierung 1100 Rezeptives Feld, retinale Ganglienzelle 1219 Rezeptor(en) 212 – Haut 1196 – Muskel s. Muskelspindel 1197 – Propriozeption 1197 – Sehne s. Golgi-Organe 1198 Rezeptormolekül 196 Rezeptorpotenzial 213 Rezeptorzelle 195, 1194 Rezirkulation, Lymphozyten 182 Rhabdomyosarkom 82 Rheotaxis 798 Rhesusfaktor-System 168 Rheumatische Erkrankungen 477 Rheumatisches Fieber 589 Rhinitis 1045 Rhinoliquorrhoe 958 Rhinoskopie 1040 Rhizarthrose 490 Rhodopsin 1218 Rhombenzephalon (Rautenhirn) 1103 Rhombenzephalonbläschen 1173 Rhythmusstörungen 602 Ribonuklease 748 Ribonukleinsäuren = RNS (RNA) = ribonucleic acid 50 ribosomale RNA = rRNA s50 Richtungsbezeichnungen, anatomische 41 Richtungshören 1231 Riechbahn 1239 Riechgrübchen 971 Riechorgan 1045 Riechplakode 971 Riechrinde, primäre 1240 Riechsäckchen 971, 1048 Riechschleimhaut 1238 Riechzelle 1045 Riesenwuchs 43 Riesenzelle, vielkernige – Osteoklast 75 – Skelettmuskelfaser 82 riFLM = rostraler interstitieller Kern des Fasciculus longitudinalis medialis 1225 Rigor 1188 Rima – glottidis (Stimmritze) 924 – oris 1004 – palpebrarum 1055 – pudendi 808 – vestibularis 923 Rinden-Reaktion, Oozyte 104 Rindenblindheit 1141 Rindenlabyrinth (Labyrinthus corticis) 768 Rindenstränge, Ovar 854 Ring, hepatopankreatischer 666, 747, 755 Ringknorpel (Cartilago cricoidea) 922 Ringmuskel, Gesicht 959 Ringmuskelschicht (Stratum circulare) 677 Riolan-Anastomose 717

Riolan-Muskel 1055 Rippen (Costae) 288 – Entwicklung 304 Rippenatmung = Brustatmung (Atmung, kostale) 567 Rippenfell s. Pleura parietalis 561 Rippenrudiment 256 Rippenserienfraktur 286 – Zwerchfell-/Bauchatmung 296 Rippenusuren 630 Rippenzählung 304 RIVA = Ramus interventricularis anterior 601 RNA = ribonucleic acid 50 RNS = Ribonukleinsäuren = ribonucleic acid 50 Röhrenknochen (Ossa longa) 223 Rokitanski-Aschoff-Krypten 746 Rolandi-Furche s. Sulcus centralis 1133 Roller-Kern s. Nucleus vestibularis inferior 1235 Röntgenbild – Brustwirbelsäule 256 – Ellenbogengelenk 457 – Fuß 401 – Halswirbelsäule 254 – Hand 481 – Herz 618 – Hüftgelenk 361 – Kniegelenk 365 – Schultergelenk (Articulatio glenohumeralis) 438 – Thorax 574 Röntgendarstellung, Skelett, Prinzip 131 Röntgendiagnostik, konventionelle 129 Röntgenthorax 287 – Herzdarstellung 618 Rosenmüller-Lymphknoten 315 rostral 41, 202 Rostraler interstitieller Kern des Fasciculus longitudinalis medialis = riFLM 1225 Rot-Grün-Schwäche 1218 Rotatorenmanschette 454 – Übersicht 452 RPLS = Ramus posterolateralis sinister 601 rRNA = ribosomale RNA 50 Rückbildungsphase – Frau 816 – Mann 847 Rücken 247 – Topografie 280 Rückenmark (Medulla spinalis) 204, 950, 1097 – Arterien 1163 – Bahnen/Trakte (Tractus) 204 – – Kreuzung 205 – Eigenapparat 1101 – Entwicklung 1171 – graue Substanz (Substantia grisea) 1099 – Informationsverarbeitung 205 – Lage 1098 – motorische Bahnen 1189 – Querschnitt 1102 – Segmente 205, 1098 – Stränge (Funiculi) 204 – Venen 1168 – weiße Substanz (Substantia alba) 1101 Rückenmarkshäute 1150

Rückenmuskulatur 270 – autochthone 271, 279 – – lateraler Trakt 274 – – medialer Trakt 273 – – plurisegmentale 271 – – unisegmentale 271 – Entwicklung 281 – nicht autochthone 276 – – spinohumerale 276 – – spinoskapuläre 276 Rückfuß 399 Rückresorption – Primärharn 771 – Wasser 772 Rückstellkräfte, Lunge 566 Rückstrom, venöser 159 Ruffini-Körperchen 1197, 1272 Ruga(-ae) – transversae 1006 – vaginales 805 Ruhedruck, Unterer Ösophagussphinkter 682 Ruhetonus – Gefäße 160 – Skelettmuskel 240 Ruhetremor 1188 Rumpf (Truncus) 34 Rumpfbewegungen 312 Rumpfdarm 675 – Wandschichten 676 Rumpfwand, Lymphabfluss 322 Rundes Fenster s. Fenestra cochleae 1084 Ruptur – Herzwand 614 – Kollateralband 372

S Sacculus 1083, 1088, 1232 – alveolaris 550, 557 – laryngis 923 Saccus – arteriosus 642 – endolymphaticus 950, 1084 Sägeblattstruktur 813 Sagittalachse (Pfeilachse) 38 Sagittalebene 38 Sakkaden 1225 Sakralisation 284 Sakralkyphose 248 Sakralmark 1102 Salpingitis 797 Salpinx s. Tuba uterina 797 Saltatorische Erregungsleitung 94, 196 Salzhaushalt 763 Salzsäureproduktion, Magen 698 Samenbläschen s. Glandula vesiculosa 832 Samenflüssigkeit 848 Samenhügel s. Colliculus seminalis 839 Samenleiter s. Ductus deferens 831 Samenstrang (Funiculus spermaticus), Hüllen 325 Samenzellbildung s. Spermatogenese 843 Samenzelle 843 Sammelrohr 771 Santorini-Papille (Papilla duodeni minor) 749 SA-Rezeptor 1196 Sarkolemm 81 Sarkom 69 Sarkomer 83 Sarkosomen 81 Satellitenzellen 82 Sattelgelenk 231 Säuglingshüfte, Diagnostik 362

1324 Säulenknorpel 81 Saumepithel 1025 Säure-Basen-Haushalt 763 Säurebildung, Magen 698 Scala – tympani 1084 – vestibuli 1084 Scaphocephalus (Kahnschädel) 967 Scapula (Schulterblatt) 439 – Bewegungen am Thorax 442 Scapula alata 445 Schädel (Cranium) 941 – Entwicklung 965 – Pfeiler-Kuppel-Konstruktion 957 Schädelbasis (Basis cranii) 947 – äußere 952 – Entwicklung 966 – innere 947 – Öffnungen mit durchtretenden Strukturen 949, 953 – Schwachstellen 957 – Verstärkungspfeiler 957 Schädelbasisbruch 947, 958 Schädeldach (Calvaria) 946 Schädelgrube(n) – hintere 950 – mittlere 949 – vordere 948 Schädelkalotte 946 Schädelknochen 224 – Feinbau 947 Schädelnaht 227, 947 – Verknöcherung 967 Schaffer-Kollaterale 1247 Schaffer-Kollateralen 1248 Schallleitungsschwerhörigkeit 1082, 1090 Schallleitungsstörung 1089 Schallschatten 138 Schallübertragung 1089 Schaltlamelle 78, 223 Schaltstück 65, 1019 Schaltzelle 771 Schambein (Os pubis) 328 Schamberg (Mons pubis) 808 Schamhaarbildung 824 Schamlippen – große (Labia majora pudendi) 808 – kleine (Labia minora pudendi) 807 Scharniergelenk 231, 404, 407, 455, 492 – verzahntes 485 Scheide s. Vagina 805 Scheidenvorhof s. Vestibulum vaginae 807 Scheitelbein s. Os parietale 944 Scheitelbeuge 1173 Scheitellappen 1133 Schenkelhernie (Femoralhernie) 315 Schenkelhalsfraktur 348, 355 Schenkelhalswinkel 348 Schenkelhalswinkel s. auch CCDWinkel 348 Schichtigkeit, Oberflächenepithel 60 Schiefhals (Torticollis) 895 Schiefschädel (Plagiocephalus) 967 Schielen 1054 Schienbein s. Tibia 397 Schiffreagenz 101 Schilddrüse (Glandula thyroidea) 931 – Entwicklung 935 – Gefäße 934 – Nerven 935

Sachverzeichnis Schilddrüsenkarzinom 906 Schildknorpel (Cartilago thyroidea) 921 Schiller-Jodprobe 803 Schindylesis (Nutennaht) 227 Schläfenbein s. Os temporale 943 Schläfengrube s. Fossa temporalis 1034 Schläfenlappen 1133 Schlaffe Lähmung 1191 Schlaganfall (Apoplex) 625, 1157 – bei Aortenisthmusstenose 629 Schlagvolumen 609 Schleimhaut (Mukosa) 530 Schleimhautbindegewebe 677 Schleimhautbindegewebe (Lamina propria mucosae) 530, 677 Schleimhautepithel (Lamina epithelialis mucosae) 530, 677 Schleimhautmuskelschicht (Lamina muscularis mucosae) 530, 677 Schlemm-Kanal 1071 Schleudertrauma s. HWS-Distorsion 267 Schließen (Adduktion) der Finger 491 Schlitzmembran 770 Schluckakt 690 Schluckauf 639 Schluckauf (Singultus) 639 Schluckreflex 919 Schluckstörung 680 Schluckzentrum 1254 Schlund s. Pharynx 914 Schlundbogen 968, 1107 – Derivate 969 Schlundenge (Isthmus faucium) 916, 1007 Schlundfurchen 968 Schlundheber (Musculi levatores pharyngis) 917 Schlundschnürer (Musculi constrictores pharyngis) 917 Schlundtaschen 936, 968 – Derivate 969 Schlüsselband s. Ligamentum trapeziometacarpale palmare 489 Schlüsselbein (Clavicula) 439 Schlussrotation 377 Schmelz (Enamelum) 1024 Schmelzepithel 1028 Schmelzoberhäutchen 1028 Schmelzorgan 1028 Schmelzpulpa 1028 Schmelzretikulum 1028 Schmerz 1205 – Ausbreitung 1210 – Chronifizierung 1210 – chronischer 1206 – erster 1206 – neuropathischer 1206 – projizierter 1208 – übertragener 1210 – zweiter 1206 Schmerzempfindung 1206 Schmerzformen 1205 Schmerzhemmung 1213 – deszendierendes System 1215 Schmerzkomponenten 1206 Schnecke (Cochlea) 1084, 1086 Schneidezahn (Dens incisivus) 1021 Schnellkraftmuskeln 87 Schnittbild (Tomogramm) 134 Schnittbildverfahren 134

Schnittpräparat 99 Schnittverletzung, Handgelenkbereich 510 Schnupfen 1045 Schober-Maß 270 Schock 614 – anaphylaktischer 174 – hypovolämischer 750 Schrägfraktur 226 Schrittmacheraktivität, Herz 596, 599 Schrittmacherzelle – Herzmuskulatur 88 – Darm 679 Schulter 437 – Bauprinzip 437 – Bewegungen 450, 461 – Bewegungsumfang 437 – Gefäße 463 – Gelenke im Überblick 438 – Kapsel-Band-Apparat 449 – Lymphknotenstationen 468 – Muskeln 462 – Nerven 468 – Topografie 473 Schulter-Arm-Syndrom 264 Schulterblatt (Scapula) 439 – Bewegungen am Thorax 442 Schulterblattanastomose 463 Schulterblatt-Thorax-Gelenk 438, 441 Schulterenge 448, 454 Schultergelenk Schultergelenk (Articulatio glenohumeralis) 445 – Bandapparat 447 – Beweglichkeit 450 – Bewegungen 450, 461 – Immobilisation 448 – Luxation 447, 449 – – kaudale 453 – – Schutz 454 – Muskeln 451 – Röntgenbild 438 Schultergürtel 438, 441 – Bandapparat 440 – Bewegungen 441 – Muskeln 443 – Muskelschlingen 443 Schulterkontur 451 Schulterschmerzen 437 Schuppenflechte 1268 Schürzenbindegriff 445 Schütz-Bündel (Fasciculus longitudinalis posterior) 1132 Schwalbe-Kern (Nucleus vestibularis medialis) 1235 Schwanenhalsdeformität 502 Schwangerschaft (Graviditas) 817 Schwankschwindel 1088 Schwann-Zelle s. Gliazelle 93 Schwannom (Neurinom) 93 Schwanzknospe 283 Schweifkern s. Nucleus caudatus 1143 Schweißdrüse 1277 – Innervation 219 Schweißtest 65 Schwellkörper – Erektion 847 – Penis 836 Schwellkörpermuskulatur, Beckenboden 337 Schwerhörigkeit 1089 Schwimmprobe 548 Schwindel 1088 – vertebragener 278 Schwurhand 510 Sclera 1061 – Entwicklung 1072

Screening (Suchtest) 138 SDH = Subdurales Hämatom 1166 Sebum 1276 Sectio caesarea (Kaiserschnitt) 819 Seelenblindheit 1141, 1224 Segelklappen (Valvae cuspidales) 589 Segment, Rückenmark 204 Segmentale Gliederung 113 Segmentale Innervation s. Innervation, segmentale 207 Segmentarterien 559 – Niere 774 Segmentationsbewegungen 705 Segmentbronchus (Bronchus segmentalis) 550, 552, 555 Segmentsprung – oberer 302 – unterer 342 Segmentum(-a) – hepatis (Lebersegmente) 737 – bronchopulmonale (bronchopulmonales Segment = Lungensegment) 550, 552 Sehachse 1053, 1058 Sehbahn 1220 Sehen – binokuläres 1216 – monokuläres 1216 Sehne (Tendo) 234 Sehnenfäden (Chordae tendineae) 590 Sehnenorgan 1197 Sehnenscheide (Vagina tendinis) 237 – Fuß 414 – Hand – – dorsal 502 – – palmar 500 – Infektion 501 – Reizung 501 Sehnenscheidenentzündung (Tendovaginitis) 237 Sehnenscheidenfächer 503 Sehnentransplantat 495 Sehnervenkreuzung s. Chiasma opticum 1221 Sehpigment 1066 Sehstrahlung (Radiatio optica) 1222 Seitaufnahme s. Röntgendiagnostik 130 Seitenhorn (Cornu laterale) 204, 1099, 1102 Seitenplattenmesoderm 113, 527 Seitenstrang (Plica salpingopharyngea) 190 Seitenventrikel 1154 Sekretin 743 Sekretion – apokrine 64 – ekkrine/merokrine 64 – holokrine 64 – konstitutive 64 – regulierte 64 – zytokrine 1269 Sekretionsphase 813 – Magensaft 703 Sekrettransport, exokrine Drüse 65 Sekundär auditorischer Kortex 1141 Sekundär somatosensorischer Kortex 1140 Sekundär visueller Kortex 1141 Sekundärbündel 86 Sekundäre Markhöhle 80

Sachverzeichnis Sekundäre Muskelspindelafferenz 1197 Sekundäre Oozyte 810 Sekundäre Sinneszelle 1194 Sekundäre Spermatozyte 843 Sekundärer Knochenkern 80 Sekundäres Geschlechtsmerkmal 47 Sekundäres Ossifikationszentrum 80 Sekundärfollikel 810 Sekundärzotten s. Plazenta 120 Selektion, positive/negative, Thymus 180 Sella(-ae) turcica 945, 949 Semicanalis(-es) – musculi tensoris tympani 1083 – tubae auditivae 1083 Semidünnschnitt 99 Semilunarklappen (Taschenklappen) s. Valvae semilunares 591 Senium 825 Senkfuß (Pes planus) 422, 425 Senkniere 765 Senkungsabszess 913 Sensibilisierung 199 Sensibilisierung s. Reflex 199 Sensibilität 1194 – epikritische 1195 – protopathische 1195 Sensitivierung 1260 Sensorik 1194 Sensorische Aphasie 1141 Sensorische Deprivation 1261 Sensorische Systeme 1194 Sensorisches Gedächtnis 1259 Sensorisches Sprachzentrum 1141, 1262 Sepsis, bei Splenektomie 185 Septula testis 828 Septum(-a) – aorticopulmonale = ConusTruncus-Septum 624 – atrioventriculare 583 – cochleae 1084 – cordis 586 – femorale 315 – interatriale (Vorhofseptum) 583 – intermusculare(-ia) – – brachii – – – lateralis 460 – – – medialis 460 – – cruris 411, 414 – – vastoadductorium 381, 387 – interventriculare, Entwicklung 624 – linguae 1010 – nasi 1040 – oesophagotracheale 691 – penis 836 – pleuropericardiale 615, 629 – primum 625 – rectovaginale 805 – rectovesicale 722 – sagittale 912 – scroti 841 – secundum 583, 625 – transversum 114, 527 – urorectale 728, 852 – vesicovaginale 805 Septumdeviation 1041 Septumkerne 1245 Septumregion 1240 Seromuköse Drüse 64 Serosa (Tunica serosa) 523, 677 – Feinbau 526 – Innervation 527 – parietalis 523 – visceralis 523

Serosabindegewebe (Lamina propria serosae) 526, 677 Serosaduplikatur 524 Serosaepithel (Lamina epithelialis serosae) 526 Serosamakrophagen 526 Serosaverhältnisse 524, 526 Seröse Drüse 64 Seröse Flüssigkeit 525 Seröse Haut s. Serosa 523 Seröse Höhlen 521, 523 – Entwicklung 527 Serotonin 704, 1182, 1214, 1257 Serre-Epithelkörper 1029 Sertoli-Zellen 828, 845, 853, 855 Serum 166 Sesambein (Os sesamoideum) 238, 402, 480 Sexuelle Reaktion – der Frau 816 – des Mannes 847 Sharpey-Fasern 221, 234, 1025 shh = sonic hedgehog 1172 Shoemaker-Linien 392 Shrapnell-Membran 1078 Shunt – ventrikuloatrialer 1157 – ventrikuloperitonealer 1157 Sialografie 1018 Sichelfuß 425 Siebbein (Os ethmoidale) 945, 956 Siebbeinzellen s. Cellulae ethmoidales 1043 Silberimprägnation 101 Sildenafil 847 Single-Photon-Emission-Computertomografie = SPECT 1178 Singultus (Schluckauf ) 639 sinister 41 Sinneszelle 1194 – Bogengänge 1234 – Corti-Organ 1229 – gustatorische 1241 – Maculae utriculi und sacculi 1233 – olfaktorische 1238 – primäre 195, 212 – sekundäre 195, 212 Sinovaginalhöcker 857 Sinterungsfraktur, Wirbelkörper 252 Sinus – anales (Morgagni-Taschen) 720 – aortae 629 – caroticus 896 – cavernosus 983, 986, 1167 – – Augenmuskelnerven 1289 – – Verbindungen 976 – cervicalis 968 – coronarius 606 – – Mündung 582 – durae matris 1167 – ethmoidales 1043 – frontalis 943, 1040, 1043 – lactiferi 1277 – Lymphknoten 184 – maxillaris 1040, 1042 – Milz 185 – obliquus pericardii 614 – paranasales s. Nasennebenhöhlen 1042 – pericardii 614 – petrosus – – inferior 950 – – superior 1167 – prostaticus 839 – rectus 1167 – renalis 763

– sagittalis – – inferior 1167 – – superior 1165, 1167 – sphenoidalis 1041, 1043 – tarsi 400 – transversus 1165, 1167 – – pericardii 614 – trunci pulmonales 592 – urogenitalis 728, 851, 859 – venarum cavarum 579, 582 – venosus 622 – – sclerae (Schlemm-Kanal) 1071 Sinus-cavernosus-Thrombose 977 Sinus-coronarius-System 606 Sinusitis 111, 1041 – maxillaris 1042 Sinusknoten (Nodus sinuatrialis) 597 – Lage 583 Sinusoid/Sinus s. Kapillare 157 Sinusvenenthrombose 1168 Situs 528 – inversus 110 – thoracis (Brustsitus) 533 Sitzbein (Os ischii) 328 Skalenuslücke – hintere 463 – vordere 466 Skalenusmuskeln 896 Skapularlinie (Linea scapularis) 303 Skelettmuskel 234 Skelettmuskelfaser 82 Skelettmuskulatur 82 Skelettreife 515 Sklera 1059 Sklerotom 210, 282 Sklerotomzellen 113 Skoliose 249, 252 Skorbut 68, 1025 Skotom 1216 Skotopisches Sehen 1066 Skrotalwülste 859 Skrotum (Hodensack) 841 Slow-Faser 86 SMAS = superfizielles muskuloaponeurotisches System 961 Smegma clitoridis 808 Snowboarder’s ankle 400 Sodbrennen 683 Somatisches Nervensystem s. Nervensystem 212 Somatoafferenzen 979 Somatoefferenzen 198 Somatoliberin 1252 Somatopleura (Mesoderm, intraembryonales) 114, 527 Somatosensorik 1194 Somatosensorischer Kortex 1140 Somatostatin 752 Somatotopie – Hinterstrang 1200 – Motoneuron-Säulen im Rückenmark 1191 – Pyramidenbahn 1183 – Tractus spinothalamicus anterior 1200 Somatotropes Hormon 1252 Somiten (Ursegmente) 281 – Bildung 113 sonic hedgehog = shh 1172 Sonnengeflecht s. Plexus solaris 216 Sonografie (Ultraschalldiagnostik) 138 Sonorer Klopfschall 572 Sozialverhalten 1243 SP = Substanz P 1182, 1207

1325 Spalt – mesenterokolischer 654 – parietokolischer 654 Spaltbildungen, Wirbelsäule 283 Spannungspneumothorax 567 Spastische Lähmung 1184, 1191 Spatium(-a) – circumbulbare 1052 – epi-/peridurale (Epiduralraum) 1150 – extraperitoneale = Extraperitonealraum 523, 648 – lateropharyngeum 912 – peripharyngeum 912 – perisinusoideum = DisseRaum 740 – presacrale 662 – prevesicale 663 – profundum perinei 338 – retroinguinale 648, 662 – retroperitoneale = Retroperitonealraum 648, 765 – retropharyngeum 912 – retropubicum = Retzius-Raum 648, 663, 780 – subarachnoideum (Subarachnoidalraum) 1149, 1153 – subperitoneale = Subperitonealraum 523, 648 – superficiale perinei 338 – suprasternale 912 SPECT = Single-Photon-EmissionComputertomografie 1178 Spee-Kurve 1023 Speiche (Radius) 479 Speicheldrüsen (Glandulae salivariae) 1017 Speichelsekretion 1254 Speichelsteine 1018 Speicherfett 71 Speiseröhre s. Ösophagus 679 Spektrin 51 Spermatide 844 Spermatogenese (Samenzellbildung) 843 – Dauer 844 – Regelmechanismen 845 Spermatogonie 843 Spermatozoon (Spermium) 844 Spermatozyte 843 Spermiation 844 Spermienwanderung 816 Spermiogenese 843 Spermiogramm 848 Spermium 844 Spermium (Spermatozoon) 844 Sperrarterie 158 Spezialisierte Kortexareale 1137 Speziallamellen 77 Sphärozytose (Kugelzellanämie) 169 Sphinkter – Oddi (Musculus sphincter ampullae hepatopancraticae) 743 – präkapillärer 158 Sphinktermuskulatur, Beckenboden 337 Sphinktersystem, Rektum und Anus 723 Spielbein 355 Spina(-ae) – bifida 284 – iliaca – – anterior – – – inferior 328 – – – superior 328, 390 – – posterior – – – inferior 328 – – – superior 328, 390

1326 – ischiadica 328 – – bei vaginaler Palpation 390 – nasalis – – anterior 965 – – ossis frontalis 943 – scapulae 440 Spina-Trochanter-Linie 392 Spina-Tuber-Linie 392 Spinales System 273 Spinales α-Motoneuron 1184 Spinales System s. Rückenmuskulatur, autochthone 273 Spinalganglion 98, 206 Spinaliom 1269 Spinalkanalstenose 262 Spinalnerv (N. spinalis) 204, 205, 207 – Faserqualitäten 206 – segmentale Innervationsgebiete 207 – zervikale 901 Spines s. Neuron 91 Spinnbarkeit, Zervixschleim 814 Spinohumerale Muskeln s. Rückenmuskulatur, nicht autochthone 276 Spinokostale Muskeln s. Rückenmuskulatur, nicht autochthone 276 Spinoskapuläre Muskeln s. Rückenmuskulatur, nicht autochthone 276 Spinozerebellum 1123 Spiralarterien 813 Spitzfuß 425 Spitzfußstellung 431 Spitzschädel (Oxycephalus) 967 Splanchnopleura 527 Splanchnopleura s. Mesoderm, intraembryonales 527 Splen s. Milz 184 Splenektomie (Milzentfernung) 169, 185 Splenomegalie 187 Spondylarthrose 262 Spondylitis ankylosans (Morbus Bechterew) 262, 331 Spondylolisthese 284 Spondylolyse 284 Spondylose 262 Spongiosa (Substantia spongiosa) 75, 223 – Lamellenanordnung 223 – Trabekel 225 Spongiosaarchitektur – Femur 348 – Fußknochen 421 – Wirbelkörper 252 Spongiosabälkchen 226 – trajektorielle Anordnung 225 Sprachbildung 1039 Sprachdominanz 1262 Sprache 1261 Spracherkennung 1141 Sprachzentrum – motorisches 1140, 1261 – sensorisches 1141, 1262 Spreizfuß (Pes transversoplanus) 422, 425 Spritzschluck 690 Sprungbein s. Talus 399 Sprunggelenk(e) 403 – Achsen 404 – oberes = OSG (Articulatio talocruralis) 403 – – Bewegungsumfang 407 – – Gelenkkapsel und Bandapparat 405 – – Gelenktyp und -körper 404 – – Mechanik 406

Sachverzeichnis – Supinations-Inversionstrauma 406 – unteres = USG (Articulatio talotarsalis) 407 – – Bandapparat 408 – – Gelenkflächen 408 – – Gelenktyp und -körper 407 – – Mechanik 409 Spüldrüsen 1012 – Glandulae gustatoriae 1012 – Regio olfactoria 1045 Squama(-ae) occipitalis 944 Stäbchen 1066, 1217 Stachelzellschicht (Stratum spinosum) 62, 1268 Stammzelle – hämatopoetische 166 – lymphatische 176 – pluripotente 70 Stammzotte 121 Stand 350, 396, 413, 421 Standbein 355 Standfuß 396 Stapes 1080 Star – grauer 1069 – grüner (Glaukom) 1071 Statine 1251 Statokonienmembran 1088 Statolithen 1233 Stauchungsfurchen, Handgelenke 514 Stauungsblutung 1168 Stauungspapille 1068 Steatorrhö (Fettstühle) 751, 1285 Steigbügel 1080 Steigbügel (Stapes) 1080 Steißbein (Os coccygis) 258 Stellatumblockade 905 Stellmuskeln, Ohr 1075 Stellungssinn 1196 Stenose – Aortenklappe 592 – Herzklappe 588 – Koronararteie 605 Stent-Implantation 605 Steppergang 431 Stereozilie 54, 1087 Sterilisation 797 Stern(Ito)-Zelle 741 Sternalleisten 304 Sternallinie (Linea sternalis) 303 Sternoklavikulargelenk (Articulatio sternoclavicularis) 440 Sternokostalgelenke (Articulationes sternocostales) 291 Sternum (Brustbein) 289-290 – Entwicklung 304 Sternzelle 1118 Steuerungshormone, hypothalamische 1130, 1251 STH (somatotropes Hormon) 1252 Stickstoffmonoxid = NO 1182 Stieldrehung, Ovar 795 Stierhornmagen 694 Stiftchenzellen 798 Stilling-Clarke Säule 1201 Stimmfalten (Plicae vocales) 924 Stimmritze (Rima glottidis) 924 – Stellungen 924 Stirnbein (Os frontale) 943 Stirnhöhle s. Sinus frontalis 1043 Stirnnasenpfeiler 958 Stirnnasenwulst 970 Stoffaustausch, kapillärer 156 Stofftransport, Epithelgewebe 59 Stomata 526

Stomatodeum 970 Strabismus 1054 Straffes Bindegewebe 70 Strahlenkörper s. Corpus ciliare 1060 Strangulationsileus 653 Stratum(-a) – basale (Basalis) 802, 1267 – – mehrschichtige Epithelien 61 – – Vagina 806 – cellulare, Perichondrium 72 – circulare (Ringmuskelschicht) 677 – compactum 813 – corneum 62, 1269 – fibrosum – – Perichondrium 72 – – Periost 75, 221 – – Sehnenscheide 237 – functionale (Funktionalis) 802 – ganglionare/purkinjense 1119 – germinativum 1268 – glomerulosum 1239 – granulare 1248 – granulosum 62, 1119, 1268 – – Follikel 810 – grisea colliculi 1114 – intermedium = Intermediärschicht – – mehrschichtige Epithelien 61 – – Vagina 806 – longitudinale (Längsmuskelschicht) 677 – lucidum 62, 1268 – mitrale 1239 – moleculare 1247 – – Kleinhirnrinde 1118 – multiforme 1248 – nervosum retinae 1061, 1065 – oriens 1247 – osteogenicum, Periost 75, 221 – papillare 1271 – parabasale = Parabasalschicht, Vagina 806 – pigmentosum retinae 1061, 1065 – pyramidale 1247 – radiatum 1247 – reticulare 1271 – spinosum 62, 1268 – spongiosum 813 – subendotheliale, Blutgefäße 152 – submucosum, Myometrium 803 – subserosum, Myometrium 803 – superficiale = Superfizialschicht – – mehrschichtige Epithelien 61 – – Vagina 806 – supravasculosum 803 – supravasculosum, Myometrium 803 – synoviale, Sehnenscheide 237 – vasculosum, Myometrium 803 Streifenkörper (Corpus striatum) 1144, 1186 Streifenstück 65, 1019 Streptokokkeninfekt 589 Stressinkontinenz 784 Stria(-ae) – distensae 1271 – longitudinales 1245

– mallearis 1078 – medullaris(es) – – thalami 1127 – – ventriculi quarti 1113 – olfactoria – – lateralis 1240 – – medialis 1240 – vascularis 1086 Striatum (Corpus striatum) 1143, 1186 Stridor 1287 Stroma 528 – Entzündung 70 – ovarii 796 – uteri 802 Struktur, allgemeine Bedeutung 31 Strukturelle Herzgeräuschen 617 Struma 906, 932 – maligna 1288 Stumme Synapse 1210 Stumpfes Bauchtrauma 654, 735 Stützgewebe 58 Stützstrahlen, Fuß 399, 409, 421 Stützzelle 1238, 1241 Stylomuskeln 912 Subakromiales Nebengelenk 448, 450 Subarachnoidalblutung 1159 Subarachnoidalraum 1149, 1153 Subcutis 1266, 1272 Subdurales Hämatom = SDH 1166 Subduralraum 1149 Subfornikalorgan 1170 Subglottis 923 Subiculum 1245 Subkardinalvenen 877 Subklaviakatheter 466 Submukosa 677 Submukosa (Tela submucosa) 677, 678, 684 Subnucleus oralis (Nucleus spinalis nervi trigemini) 1108, 1204 Subokzipitalpunktion 1154 subperitoneal 652 Subperitonealraum (Spatium subperitoneale) 523, 648 Subpleurales Lymphsystem 561 Subserosa (Tela subserosa) 526, 677 Substantia – alba (Rückenmark, Weiße Substanz) 202, 1099, 1101 – compacta (Kompakta) 75 – corticalis (Kortikalis) 75, 223 – gelatinosa 1100 – grisea (Rückenmark, Graue Substanz) 202, 1099, 1114, 1214, 1227 – intermedia 1100 – nigra 1114, 1144, 1186, 1257 – perforata posterior 1115 – spongiosa (Spongiosa) 75, 223 Substanz – graue s. Substantia grisea 1099 – weiße s. Substantia alba 1101 Substanz P = SP 1182, 1207 Substratfärbungen 101 Substrathistochemie 101 Subthalamus 1132 Sulcus(-i) – arteriae vertebralis 264 – bicipitalis 465, 475 – – lateralis 460 – – medialis 460, 466

Sachverzeichnis – calcarinus 1133, 1222 – carpi 480 – centralis 1133 – coronarius 580 – costae 288 – – Leitungsbahnen 299 – gluteus 389 – hippocampalis 1246 – intertubercularis 446 – interventricularis – – anterior 580 – – posterior 581 – lacrimalis 956 – lateralis 1133 – limitans 1172 – medianus – – linguae 1009 – – posterior 1101 – mentolabialis 959 – nasolabialis 959 – nervi – – radialis 446, 469 – – spinalis 253 – – ulnaris 456, 470 – oesophageotrachealis 638 – parietooccipitalis 1133 – posterolateralis 1001 – pulmonis 288 – retroolivaris 996, 998 – sclerae 1061 – tali 400 – terminalis 583 – – cordis)579 – – linguae 1009 – tympanicus 1077 – venae cavae inferioris 736 superficialis, -e 41 Superfizialschicht, Vagina s. Stratum superficiale 806 Superfizielles muskuloaponeurotisches System = SMAS 961 superior, -us 41 Supination 409, 460 – Fuß 409 – Hand 487 Supinations-Inversionstrauma, Sprunggelenke 406 Supinatorkanal 508 Supplementär motorischer Kortex 1182 Supportgewebe 58 Supportzelle (Gliazelle) 93 Supraglottis 923 Suprahyoidale Muskulatur 893 Suprakondyläre Femurfraktur 393 Suprapubische Punktion 781 Suprapubischer Katheter 781 Supraspinatussehne, Ruptur 454 Sura (Wade) 433 Surfactant 557 Sustentaculum tali 400 Sutura(-ae) (Naht) 227 – coronalis (Kranznaht) 947 – lambdoidea (Lambdanaht) 947 – palatina mediana 1006 – plana (Glattnaht) 227 – sagittalis (Pfeilnaht) 947 – serrata (Zackennaht) 227 – squamosa (Schuppennaht) 227 – Verknöcherung 967 Sydesmosis (Bandhaft) 227 Sylvii-Furche (Sulcus lateralis) 1133 Sympathikus 214 – Bauch- und Beckenraum 874 – Wirkung 217 Symphysis (Verwachsung) 227 – pubica 331, 390

Synapse 97, 196 – en passant à distance 90 – nozizeptive 1209 – retinale 1219 – stumme 1210 Synaptobrevin 1191 Synarthrose 227 Synchondrosis (Knorpelhaft) 227 – sphenooccipitalis 966 – sphenopetrosa 966 Syndesmosis tibiofibularis 399, 405 Syndrom, thoracic outlet 285 Synergisten 240 Synkope 592 Synovia (Synovialflüssigkeit) 229 Synovialzotten 229 Synoviozyt 229 Synzytialknoten 122 Synzytiotrophoblast 105 Synzytium – funktionelles 56 – – glatte Muskulatur 90 – – Herzmuskulatur 87 – Skelettmuskulatur 82 Syphilis 1200 System(e) – auditorisches 1228 – cholinerges 1255 – des menschlichen Körpers, Einteilung 32 – extrapyramidalmotorisches = EPMS 1142 – funktionelles, ZNS 1181 – gustatorisches 1241 – hepatobiliäres 734 – limbisches 1243 – monaminerges 1255 – motorisches 1182 – neuroendokrines 1249 – olfaktorisches 1238 – retino-hypothalamo-pineales 1228 – retinotektales 1226 – sensorisches 1194 – vestibuläres 1232 – visuelles 1215 Systematische Anatomie 32 Systole 146, 609 Szintigrafie 129

T Tabatière (Fovea radialis) 514 Tabes dorsalis 1200 Tachykardie 598 – bei Hyperthyreose 932 Taenia(en) 678, 715 – libera 715 – mesocolica 715 – omentalis 715 Tag-Nacht-Zyklus 1131 Talgdrüsen 1276 Talus (Sprungbein) 399, 407, 409 Tangentialzone, Knorpel 74 Tanzende Patella 375 Tarsaltunnelsyndrom 433 Tarsometatarsalgelenke (Articulationes tarsometatarsales) 410 Tarsus (Fußwurzel) 399, 402, 1054 Taschenfalten (Plicae vestibulares) 924 Taschenklappen (Semilunarklappen) s. Valvae semilunares 591 Tastbare Knochenpunkte 35

Tastfunktion 477 Tastsinn 1196 Tawara-Schenkel (Kammerschenkel) 599 Taxol 53 TCD = transkranielle Doppleruntersuchung 1178 Techniken, histologische 99 Tectum 1189 – mesencephali 1114 TEE = transösophageale Echokardiografie 582, 621 Teerstuhl 698 Tegmen tympani 1079 Tegmentum (Haube) 1104 – mesencephali 1114 Teilgebiete, Anatomie 31 Tektorialmembran 1086, 1229 Tela – subcutanea 1272 – – penis = Fascia penis superficialis 837 – submucosa (Submukosa) 677, 684 – subserosa (Subserosa) 526, 677 Telencephalon s. Großhirn 1132 Telenzephalonbläschen 1173 Temperatursinn 1215 – Bahnen 1210 Temporallappenepilepsie 1246 Temporallappenläsionen 1133 Tendo valvulae venae cavae inferioris = Todaro-Sehne 583 Tendovaginitis (Sehnenscheidenentzündung) 237 Tennisellenbogen 455, 493 Tenon-Kapsel 1051 TENS = transkutane elektrische Nervenstimulation 1213 Tentorium cerebelli 1151 TEP = Totalendoprothesen 345 Teratogen 102 Terminale Zisterne s. Muskulatur, Skelettmuskulatur 84 Terminaler Ösophagus 682 Terminalhaar 1274 Terminalzotte 121 Territorium, Knorpel 73 Tertiärbündel s. Muskulatur, Skelettmuskulatur 86 Tertiärfollikel 810 Tertiärzotten s. Plazenta 120 Testis s. Hoden 827 Testosteron 827 Tetanus 1191 Tetracyclin 1029 Tetrodotoxin = TTX 1208 Thalamus 1125, 1195 – Kerne 1125 – motorischer 1192 – nozizeptive Kerne 1212 – ventralis s. Hypothalamus 1128 Thalamusschmerz 1212 Thalamusstrahlung, zentrale/ obere 1127 Thebesius-Venen (Venae cardiacae minimae) 607 Theca – externa 810 – folliculi 810 – interna 810 Thekaluteinzellen 811 Thekaorgan 810 Thekodontie 1021 Thelarche 824 Thenar (Daumenballen) 499, 513 – Atrophie 510 Thenarmuskulatur 498

1327 Thermonozizeptor 1207 Thermoregulation 158 Thermorezeption, Bahnen 1210 Thermorezeptor 213 Thoracic outlet syndrome 285 Thorakalkyphose 248 Thorakalmark 1102 Thorax (Brustkorb) 286 – Entwicklung 304 – Gefäßversorgung 299 – instabiler = flail chest 286 – Orientierungslinien 303 – Topografie 303 Thoraxapertur – obere 288 – untere 288 Thoraxaufnahme 131 Thoraxwand s. Thorax Thorell-Bündel 597 Thrombin 169 Thrombokinase 169 Thrombophlebitis 160 Thrombopoese 170 Thrombose 145 – Sinus cavernosus 977 Thrombozyt 169 Thrombozytopenie 170 Thrombus 145 Thymektomie 180 Thymozyt 180 Thymus (Bries) 180 Thymusaplasie 182 Thymusdreieck (Trigonum thymicum) 564 Thyreoglobulin 932 Thyreotropin-releasing Hormon = TRH 932 Thyreozyt 932 Thyroidea-stimulierenden Hormon = TSH 932 Thyroliberin 1252 Thyroxin (T 4) 932 Tibia (Schienbein) 397, 413 Tibiakondylen 391, 397 Tibiakopf 364 tibial 41 Tibialis-anterior-Syndroms 414 Tibiaplateau 364 Tibiatorsion 398 Tiefenschmerz, somatischer 1205 Tiefensensibilität 1196 – unbewusste 1198, 1201 Tight Junction (Zonula occludens) s. Barrierekontakt 56, 1169 Tinnitus 1159 Tip links 1230 Tip-link-Mechanismus 1233 T-Lymphozyt 177 Todaro-Sehne = Tendo valvulae venae cavae inferioris 583 Tokolyse 799 Tomes-Faser 1029 Tomogramm (Schnittbild) 134 Tonotopie 1232 Tonsilla(-ae) 189 – cerebelli 1116189, 1012 – palatinae (Gaumenmandeln) 189 – pharyngealis (Rachenmandel) 189, 916 – tubariae 190 Tonsillektomie 191 Tonsillitis 191 Toporaphische Anatomie 32 Torsion, Tibia 398 Torticollis 895 Torus tubarius 916 Tossy-Klassifikation 443 Totalendoprothesen = TEP 345

1328 Totraum 554, 561 Trabecula(-ae) – carneae 584 – septomarginalis (Leonardoband = Moderatorband) 584 Trabeculum(-a) corneosclerale 1071 Trabekelarterie (Balkenarterie) 185 Trabekelvene 186 Trachea (Luftröhre) 541, 930 – Entwicklung 575 – Pars cervicalis 930 – Topografie 640 – Verlagerung 1287 – Wandbau 543 Tracheobronchialdivertikel 691 Tracheomalazie 932, 1287 Tracheotomie 930 Tractus 1101 – corticopontini 1185 – corticospinalis 1183 – – anterior 1184, 1190 – – lateralis 1101, 1184, 1190 – corticostriatalis 1186 – cuneocerebellaris (Fibrae cuneocerebellares) 1202 – frontopontinus 1185 – hypothalamo-hypophysialis 1130, 1249 – iliotibialis 357 – intermedius 502 – lateralis 502 – mammillotegmentalis 1245 – mammillothalamicus 1245 – neospinothalamicus 1210 – occipitopontinus 1185 – olfactorius 1240 – opticus 982, 1221 – palaeospinothalamicus 1210 – parietotemporopontinus 1185 – perforans 1248 – posterolateralis 1102 – pyramidalis s. Pyramidenbahn 1183 – reticulospinales 1189 – reticulospinalis – – anterior 1110, 1254 – – lateralis 1110, 1254 – rubrospinalis 1189 – spinalis nervi trigemini 1203 – spinocerebellaris – – anterior 1201 – – posterior 1201 – spinomesencephalicus 1211 – spinoparabrachialis 1211 – spinoreticularis 1110, 1210 – spinothalamicus – – anterior 1196, 1200 – – – Somatotopie 1200 – – lateralis 1210 – tectospinalis 1189 – tegmentalis centralis 1257 – trigeminothalamicus 1213 – tuberoinfundibularis 1249 – vestibulospinalis 1189 – – inferior 1236 – – lateralis 1236 – – medialis 1236 Tragi 1077 Traglinie 394 – Bein 394 Tragus 1075 Trajektorien 225 Trakte – motorische s. Bahnen, motorische 1183 Traktionsdivertikel 686 Tränenapparat 1056 Tränenbein (Os lacrimale) 954

Sachverzeichnis Tränendrüse (Glandula lacrimalis) 1056 Tränenfluss 1058 Tränenflüssigkeit 1057 Tränenkanälchen 1057 Tränensack 1057 Tränensee 1057 Tränenwege 1057 Trans-Region, Golgi-Apparat 51 Transformationszone, Zervix 803 Transitionszone, Prostata 834 Transkription 50 Transkutane elektrische Nervenstimulation = TENS 1213 Transmembranproteine 53 – Adhäsions-/Haftkontakt 57 Transmitter 196 – ZNS 1182 Transmurales System, Herzvenen 607 Transösophageale Echokardiografie = TEE 582 Transösophageale Elektrokardiografie = Ösophagus-EKG 582 Transplantation, Niere 1286 Transport, axonaler 92, 200 Transposition der großen Gefäße 624 Transsphenoidale Adenomentfernung 1289 Transsphenoidaler Zugang 1042 Transthorakale Ebene 534, 641 Transversalachse (Querachse) 38 Transversalebene 38 Transversospinales System s. Rückenmuskulatur, autochthone 273 Transzytose 156 Trapezkörper 1231 Treitz-Hernie 653, 705 Treitz-Muskel (Musculus suspensorius duodeni) 707 Trendelenburg-Zeichen 356 TRH = Thyreotropin-releasing Hormon 932, 1252 Triade s. Muskulatur, Skelettmuskulatur 84 Trichromatische Theorie, Farbensehen 1217 Trichterbrust 305 Trigeminus-Druckpunkte 990 Trigeminusneuralgie 990, 1107 Trigonocephalus (Dreiecksschädel) 967 Trigonum(-a) – cardiacum (Herzdreieck) 564 – caroticum 908, 910 – clavipectorale 466, 474 – deltoidopectorale 474 – deltoidopectorale s. Tigonum clavipectorale 474 – femorale 389 – femoris 389 – fibrosum – – dextrum 587 – – sinistrum 587 – lumbocostale 539 – nervi – – hypoglossi 1112 – – vagi 1112 – omoclaviculare 909 – sternocostale 538 – submandibulare 907, 1020 – submentale 907 – thymicum (Thymusdreieck) 564 – vesicae 780 Trijodthyronin (T 3) 932

Trikuspidalklappe (Valva tricuspidalis, Valva atrioventricularis dextra 590 Trilamelläre biologische Einheitsmembran 53 Trimenon 817 Tripus Halleri s. Truncus coeliacus 865 Trisomie 21 1009 Trochanter – major 346, 390 – – Lagebestimmung 392 – minor 346 Trochlea – humeri 446, 456 – tali 400, 404 Trochoginglymus (Drehscharniergelenk) 364, 1030 Trolard-Vene (Vena anastomotica superior) 1165 Trommelfell 1076, 1089 – bei Otitis media 1082 – bei Tubenkatarrh 1082 Trophoblast 105 Tropokollagen 67 Tropomyosin 51 Truncus (Rumpf) 34 Truncus(-i) – arteriosus 622 – brachiocephalicus 629 – bronchomediastinalis 162, 635 – – dexter 635 – – sinister 634 – coeliacus 699, 865 – costocervicalis 898 – encephali s. Hirnstamm 1104 – inferior 468 – intestinalis 162, 717, 872 – jugularis 162, 899 – – dexter 635 – – sinister 634 – lumbalis(es) 162, 341, 872, 881 – – sinister 717 – medius 468 – pulmonalis 559, 579, 627, 631 – – Entwicklung 624 – subclavius 162, 467 – – dexter 635 – – sinister 634 – superior 468 – sympathicus (Grenzstrang) 215, 636 – – Bauchraum 874 – thyrocervicalis 898 – vagales 689 – vagalis – – anterior 638, 875, 999 – – posterior 638, 875, 999 Trunkothalamus 1126 Trunkuswülste 624 Trypsin 748 T-System s. Muskulatur, Skelettmuskulatur 84 TTE = transthorakale Echokardiografie 621 TTX = Tetrodotoxin 1208 Tuba(-ae) – auditiva 951, 1079, 1082 – – Entwicklung 1092 – uterina – – Entwicklung 856 – – zyklische Veränderungen 813 Tubargravidität (Eileiterschwangerschaft) 818 Tubenkatarrh 1082 Tuber(-a) – calcanei 400, 421 – frontale 943, 965 – ischiadicum 328, 390

– maxillae 954 – omentale 749 – parietale 944 Tuber-Trochanter-Linie 392 Tuberculum(-a) – anterius 253 – articulare 1031 – auriculae 1075 – caroticum 253 – costae 288 – cuneatum 1104, 1112 – gracile 1104, 1112 – impar 1014 – infraglenoidale 445 – intercondylaria 364 – intervenosum 583 – lingualia lateralia 1014 – majus 446 – mentale 965 – minus 446 – posterius 253 – pubicum 328 – sellae 945 – supraglenoidale 445 Tuberositas – deltoidea 446 – ossis metatarsalis V 403 – phalangis distalis 482 – radii 457 – tibiae 391, 397 – ulnae 479 Tubuloalveoläre Drüse 64 Tubuloazinöse Drüse 64 Tubulöse Drüse 64 Tubulin, Mikotubuli 53 Tubulus(-i) – distaler 771 – intermediärer 771 – proximaler 771 – renalis (Nierenkanälchen) 768, 770 – reuniens (Verbindungstubulus) 771 – seminiferi – – contorti 828, 843 – – recti 828 Tubulussystem, Entwicklung 851 Tumor, invasiver 69 Tumormarker 834 Tunica – adventitia (Adventitia) 677 – – Ösophagus 686 – – Ureter 779 – – Vagina 806 – albuginea – – corporum cavernosorum 836 – – corporum spongiosi 837 – – Hoden 827 – – Ovar 796 – conjunctiva 1056 – externa 152 – fibromusculocartilaginea 542 – fibrosa – – bulbi 1059, 1061 – – Leber (Glisson-Kapsel) 737 – interna bulbi s. Retina 1061, 1064 – intima 152 – media 152 – mucosa (Mukosa) 530, 677 – – Dünndarm 703 – – Harnblase 782 – – Magen 696 – – Ösophagus 683 – – Tuba uterina 798 – – Ureter 778 – – Urethra 809 – – Uterus (Endometrium) 802 – – Vagina 806

Sachverzeichnis – muscularis (Muskularis) 677 – – Dünndarm 705 – – Harnblase 782 – – Magen 699 – – Ösophagus 684 – – Tuba uterina 798 – – Ureter 779 – – Urethra 809 – – Uterus 803 – – Uterus s. Myometrium 803 – – Vagina 806 – serosa (Serosa) 523, 677 – – Harnblase 783 – – Tuba uterina 798 – – Uterus 804 – vaginalis testis 325, 827 – vasculosa bulbi (Uvea) 1059, 1062 Turmschädel (Turricephalus) 967 TVT = Tiefe Venenthrombose 160 Typ-I-Pneumozyten 557, 569 Typ-II-Pneumozyten 557 T-Zellrezeptor 177, 180

U Überbein 403 Übergangsepithel (Urothel) 62, 776 Übergangszone, Knorpel 74 Überleitungsstück (Tubulus, intermediärer) 771 Übersichtsfärbung 100 Übertragener Schmerz 1210 UES = upper esophageal sphincter 680 UES = upper esophageal sphincter s. Ösophagussphinkter 680 Ulcus – duodeni (Zwölffingerdarmgeschwür) 698 – ventriculi (Magengeschwür) 698 Ulkusblutung 698 Ulna (Elle) 479 ulnar 41 Ulnarabduktion 487 Ultimobranchialkörper 935, 969 Ultradünnschnitt 99 Ultraschalldiagnostik (Sonografie) 138 Umbilicus (Nabel) 313 Umbo 1077 Umgehungskreislauf, portokavaler 871 Umschlagfalten, Pleura parietalis 563 Umwendebewegung (Hand) 460 Uncus(-i) corporum 253 Unguis 1275 Unhappy Triad 375 Univakuolärer Adipozyt 71 Unterarm 477 – Gefäße 505 – Hautinnervation 512 – Knochen 478 – Muskeln – – Extensoren 496 – – Flexoren 495 – Muskulatur 492 – Nerven 508 – Topografie 513 Unterbauchsitus, Entwicklung 670 Untere Extremität (Membrum inferius) 34 Unterer Ösophagussphinkter = UÖS 682

Unteres Uterinsegment 800 Unterhaut 1272 Unterkiefer (Mandibula) 955, 965 Unterkieferdrüse (Glandula submandibularis) 1020 Unterkieferwulst 971 Unterkühlung 1266 Unterlippe 1004 Unterschenkel (Crus) 396 – Arterien 428 – Gefäßversorgung 427 – Innervation 431 – Knochen (Ossa cruris) 397 – Lymphsystem 430 – Muskulatur 411 – Venen 429 Unterschenkelgips 391 Unterschläfengrube s. Fossa infratemporalis 1034 Untersuchung, rektale (Prostata) 663 Untersuchungsmethoden, klinische 35 Unterzungendrüse (Glandula sublingualis) 1021 Unterzungenregion 1015 UÖS = Unterer Ösophagussphinkter 682 Urachus (Ductus allantoicus) 114, 317, 851 Urachusfistel 114 Urämie 851 Uranoschisis 1008 Ureter (Harnleiter) 777 – Kreuzungen 777 – Wandbau 778 Ureterknospe 850 Ureterstein 778 Urethra 833 – Entwicklung 851 – feminina (weibliche Harnröhre) s. 809 – masculina (männliche Harnröhre) 838 Urethralfalten 858 Urethralplatte 858 Urethritis 840 Urinkultur 781, 783 Urin-Stix 783 Urkeimzellen 852 Urniere (Mesonephros) 850 Urnierengang s. Wolff-Gang 850 Urnierenkanälchen 859 Urogenitalfalte 850 Urogenitalmembran 728 Urogenitalrinne 858 Urogenitalsystem, Entwicklung 849 Urothel (Übergangsepithel) 62, 776, 778, 782, 809 Ursegmente = Somiten 113, 281 Ursprung 241 Ursprungskegel (Axonhügel) s. Neuron 91 Ursprungskerne (Nuclei originis) 1107 Ursprungssehne (Origo) 234 Urtikaria (Nesselsucht) 174 USG = unteres Sprunggelenk (Articulatio talotarsalis) s. Sprunggelenke 407 Uterinsegment, unteres 800, 817 utero-plazentarer Kreislauf 120 Uterotomie 819 Uterus 799 – Entwicklung 856 – Kammerung 856 – zyklische Veränderungen 813 Uterusprolaps 337

Uteruswachstum, Schwangerschaft 817 Utriculus 1083, 1088, 1232 – prostaticus 839 Uvea 1059, 1062 Uvula – bifida 1008 – palatina 1006 – vermis s. Kleinhirn 1116 – vesicae 780, 784

V Vagina – Entwicklung 857 – zyklische Veränderungen 814 Vagina(-ae) – bulbi 1051 – carotica 912 – musculi recti abdominis (Rektusscheide) 313 – tendinis (Sehnenscheide) 237 Vaginalplatte 857 VAL = vordere Axillarlinie (Linea axillaris anterior) 303 Valgusstellung 347 Vallecula(-ae) epiglotticae 916 Valleix-Druckpunkte 990 Valsalva-Manöver 916 Valva(-ae) – aortae (Aortenklappe) 592 – atrioventricularis – – dextra = Valva tricuspidalis (Trikuspidalklappe) 590 – – sinistra = Valva bicuspidalis (Bikuspidalklappe) 591 – bicuspidalis (Bikuspidalklappe, Valva atrioventricularis sinistra) 591 – cordis (Herzklappen) 587 – cuspidales (Segelklappen) 589 – semilunares (Semilunarklappen = Taschenklappen) 591 – tricuspidalis (Trikuspidalklappe, Valva atrioventricularis dextra) 590 – trunci pulmonalis (Pulmonalklappe) 592 Valvula(-ae) – anales 720 – Eustachii 583 – Eustachii (Valvula venae cavae inferioris) 583 – foraminis ovalis 584 – semilunares 591 – sinus coronarii = Valvula Thebesii 583 – Thebesii (Valvula sinus coronarii) 583 – venae cavae inferioris = Valvula Eustachii 583 Varianten – Nierenarterien 774 – Nierenbeckenform 777 – Thoraxwand 305 Variation/Variabilität 47 Varikosität 220 Varikozele 829 Varizen (Krampfadern) 160, 396, 430 Varusstellung 347 – Hüfte 347 Vas(-a) – afferens, Lymphknoten 184 – circumflexae – – humeri, posteriores 474 – – scapulae 474 – efferens, Lymphknoten 184 – nutritia 225

1329 – privata 149 – – Lunge 559 – – Niere 773 – publica 149 – – Lunge 558 – – Niere 773 – – Penis 837 – spirale 1087 – vasorum 152 Vasoaktives intestinales Polypeptid = VIP 219 Vasodilatation 160 – bei Entzündung 70 Vasokonstriktion 160, 772 Vasomotorik 160 Vasopressin 1250 Vasopressin s. ADH = Antidiuretisches Hormon 771 Vater-Pacini-Körperchen 1272 Vater-Papille (Papilla duodeni major) 749 Vegetationen, adenoide 916 Vegetatives Ganglion 98 Vegetatives System, Steuerung 1243 Velum palatinum (Gaumensegel) 916, 1006 Velushaar 1274 Vena(-ae) – alveolaris, inferior 956, 1026 – anastomotica – – inferior 1165 – – superior 1165 – angularis 976, 1027 – appendicularis 869 – arcuata 775 – atriales 607 – auriculares anteriores 1035 – axillaris 466 – – lateralis 300 – azygos 633, 686 – basalis 1166 – basilica 466, 507 – brachialis 466 – brachiocephalica 300, 632 – – dextra 632 – – sinistra 632 – bronchiales 559 – bulbi vestibuli 809 – caecales 869 – cardiaca(-ae) – – magna 606 – – media 606 – – minimae 607 – – parva 606 – cardinales (Kardinalvenen) 643 – – posteriores 877 – cava – – inferior -868 – – inferior (untere Hohlvene) 146, 633, 867 – – Mündung 579, 582 – – superior (obere Hohlvene) 146, 632 – centralis retinae 1061, 1067 – cephalica 466, 507 – cervicalis profunda 278, 899 – ciliares – – anteriores 1059 – – posteriores 1059 – circumflexa – – humeri anterior 466 – – ilium – – – profunda 321 – – – superficialis 322, 383 – colica – – dextra 869 – – media 869 – – portokavale Anastomose 871 – – sinistra 869

1330 – comitans nervi hypoglossi 1016 – condylaris 951 – corticalis radiata 775 – cysticae 746 – diploicae 978 – dorsalis(-es) – – clitoridis profunda 809 – – penis profunda 837 – – scapulae 466 – – superficiales – – – clitoridis 881 – – – penis 837, 881 – efferentes 747 – emissaria(-ae) 951, 978 – epigastrica – – inferior 317, 321 – – superficialis 322, 383 – – superior 321 – ethmoidales 1050, 1052 – facialis 963, 976, 1027, 1046 – femoralis 314, 383, 809 – gastrica – – breves 700, 869 – – cystica 869 – – dextra 700, 869 – – sinistra 869 – gastroomentalis – – dextra 700, 869 – – sinistra 700, 869 – hemiazygos 633, 686 – – accessoria 633 – hepaticae 738, 747 – ileales 869 – ileocolica 869 – iliaca – – communis 881 – – interna 881 – inferiores cerebri 1165 – infraorbitalis 1027 – intercapitulares 429 – intercostalis(-es) – – anteriores 300, 632 – – posteriores 278, 300, 633 – – superior – – – dextra 300 – – – sinistra 300 – – suprema 300 – interlobaris 775 – interna cerebri 1166 – interossea – – anterior 508 – – posterior 508 – interventricularis – – anterior 607 – – posterior (Vena cardiaca media) 606 – jejunales 869 – jugularis – – anterior 898 – – externa 898 – – – Zufluss Kopfbereich 976 – – interna 899, 912, 927, 950, 976 – – – Zufluss Kopfbereich 976 – labiales 963 – – posteriores 809 – labyrinthi 950, 1085, 1087 – lacrimalis 1052 – lienalis (splenica) 869 – lingualis 1009, 1013 – lumbales 278, 321, 868 – – ascendentes 868 – lumbales ascendentes 321 – magna cerebri 1166 – marginalis – – dextra 606 – – lateralis 429 – – medialis 429 – – sinistra 607 – maxillaris 963

Sachverzeichnis – mediana cubiti 466 – meningeae mediae 1035 – mesenterica – – inferior 717, 869 – – superior 710, 717, 747, 869 – musculophrenica 632 – nasales externae 963 – obliqua atrii sinistri 606 – occipitalis 976, 978 – oesophageales 686 – – portokavale Anastomose 871 – ophthalmica 1052 – – inferior 951, 976, 1036, 1050, 1052 – – superior 949, 976, 1050, 1052 – ovarica 796, 798, 868 – – sinistra 776 – palpebrales 963 – pancreaticae 753, 869 – pancreaticoduodenales 869 – paraumbilicales 322 – – portokavale Anastomose 871 – – sinistra 869 – parotideae 1035 – pectorales 466 – perforantes 429 – pericardiacophrenica 615 – phrenica inferior 868 – poplitea 383, 393 – portae hepatis 665, 700, 738, 863, 869 – – Entwicklung 747 – prepylorica 869 – profunda clitoridis 809 – pudenda – – externa 383, 809, 837, 841, 881 – – interna 809, 835, 837, 841, 881 – pulmonales 559 – – Mündung 579, 583 – radialis 508 – rectalis(-es) – – inferiores 726 – – mediae 726 – – portokavale Anastomose 871 – – superior 726, 869 – renalis 776, 868 – retromandibularis 963, 976, 1019, 1033 – saphena – – accessoria 383 – – magna 383, 429 – – parva 384, 429 – scrotales 841 – sigmoideae 869 – splenica (lienalis) 188, 869 – stylomastoidea 1035 – subcardinales 877 – subclavia 466, 899 – subcostalis 300 – – sinistra 633 – sublingualis 1016, 1021 – submentalis 1016, 1020 – subscapularis 466 – superficialis cerebri 1165 – superiores cerebri 1165 – supracardinales 877 – supraorbitalis 978 – suprarenalis 793, 868 – – sinistra 776 – suprascapularis 466 – supratrochlearis 1052 – temporales – temporalis(es) – – profunda(-e) 1035 – – – anterior 978 – – superficialis 963, 976

– testicularis 829, 868 – – sinistra 776 – thalamostriata superior 1166 – thoracica – – interna 300 – – lateralis 466 – thoracoacromialis 466 – thoracoepigastrica 300, 322, 466 – thymicae 181 – thyroidea – – inferior 544 – – media 934 – – superior 934 – transversa faciei 963 – tympanicae 1035 – ulnaris 508 – umbilicalis 123, 150, 747, 877 – uterina 798, 804 – ventriculi – – dextri anteriores 607 – – sinistri posterioris 607 – vertebralis 278, 300, 899 – vesicales 783, 833, 835 – vitellina 747, 877 – vorticosae 1059 Vene 147, 158 – Arm 467 – untere Extremität 384 – Wandbau 153 Venenkatheter, zentraler = ZVK 466 Venenklappe 159 – Bein 429 Venenkreuz 579, 631 Venenstern 383 Venensystem – oberflächliches – – Arm 466 – – untere Extremität 383 – tiefes – – Arm 466 – – untere Extremität 383 Venenthrombose 160 Venenwinkel (Angulus venosus) 163, 632, 634 Venolen 158 – hoch-endotheliale = HEV s. HEV 182 Ventilation 566 Ventilations-Perfusions-Szintigrafie 575 Ventilationsstörungen 569 Ventilationsszintgrafie 575 Ventilebene 587 – während der Herzaktion 609 ventral 41 Ventrale Pankreasanlage 755 Ventriculus(-i) s. Magen 693 – cordis (Herzkammer) 578 – – dextrum (rechte Kammer) 584 – – Lage 581 – – sinistrum (linke Kammer) 585 – encephali 1154 – laryngis 923 – laterales 1154 – quartus 1155 – tertius 1155 Ventrikel (Gehirn), Entwicklung 1173 Ventrikel, Herz s. Ventriculus(-i) cordis 584 Ventrikelseptierung 624 Ventrikelseptum 586 Ventrikelseptum (Septum interventriculare) 586 Ventrikelseptumdefekt 586 Ventrikelsystem 1154 Ventrikulärzone 1172

Ventrikuloatrialer Shunt 1157 Ventrikulografie 621 Ventrikuloperitonealer Shunt 1157 Venula(-ae) rectae 775 Verbindungstubulus (Tubulus reuniens) 771 Verdauungskanal 675 – Wandschichten des Rumpfdarms 676 Verdauungssystem 675 Verdichtungsplatten/Anheftungsplatten 89 Vergleichende Anatomie 31 Verhornung 1268 Verknöcherungszeitpunkt, Schädelnähte 947 – vorzeitiger 967 Verlängertes Mark s. Medulla oblongata 1111 Vermis cerebelli (Kleinhirnwurm) 1116 Verschaltung, konvergente 210 Verschattung 130 Verschattung, Röntgendiagnostik 130 Verschlusshydrozephalus 1290 Verschlussikterus 743 Verschlusskontakt (Barrierekontakt) 56 Versecan 69 Versilberung, retikuläre Fasern 68 Versio, Uterus 800 Versorgungstypen, Herz 602, 604 Verstärkungsband s. Ligamentum 230 Vertebra(-ae) s. Wirbel 250 – prominens 253 Vesica(-ae) – biliaris/fellea (Gallenblase) 744 – urinaria s. Harnblase 779 Vesicula(-ae) seminalis s. Glandula vesiculosa 832 Vestibuläres System 1232, 1237 Vestibulariskerne 1235 Vestibularorgan 1085, 1087 Vestibulozerebellum 1123 Vestibulum(-a) 1083 – bursae omentalis 655 – cardiacum 682 – laryngis 923 – nasi 1040, 1043 – oris 1003 – vaginae (Scheidenvorhof) 807 Viagra 847 Vibrationssinn 1196 Vibrissae 1039, 1044 Vielecksbein – großes (Os trapezium) 480 – kleines (Os trapezoideum) 480 Vielkernige Riesenzelle, Osteoklast 75 Vierhügelplatte (Lamina quadrigemina) 1114 Vigilanz 1254 Villin 51 Villi intestinales 704 Vimentin 52 Vincristin 53 Vincula tendinum 237 VIP = vasoaktives intestinales Polypeptid 219 Virchow-Lymphknoten 634 Virchow-Robin-Räume 1150 Visuelle Kortexareale 1141 Visuelles System 1215 Viszeroafferenzen 979

Sachverzeichnis Viszeroefferenzen 198 Viszerokranium s. Gesichtsschädel 954 Viszerosensorik 1194, 1205 Vitalkapazität 286 Vitamin B12-Resorption 708 Vitamin C (Ascorbinsäure)-Mangel 68, 1025 Vitium 588 VNO = Vomeronasalorgan 1045 Volkmann-Gefäß 78 Volkmann-Kanal (Canalis perforantis) 78 Volumenbelastung 588 Vomer (Pflugscharbein) 954, 1040 Vomeronasalorgan = VNO 1045 Vorderdarm 118 Vordere Hinterhauptslage 819 Vorderhirn s. Prosenzephalon 1103 Vorderhirnbläschen 1173 Vorderhorn (Cornu anterius) 204, 1099 – Entwicklung 1172 Vorderseitenstrang (Funiculus anterolateralis) 1101, 1210 – Durchtrennung 1211 Vorderwurzel (Radix anterior/ motoria) 204 Vorfuß (Antetarsus) 403 – Beweglichkeit 409 Vorhaut (Preputium penis) 836 Vorhautverengung (Phimose) 836 Vorhof – Herz s. Atrium(-a) cordis 582 – primitiver (Atrium primitivum/commune), 622 Vorhofdrüsen – große (Glandulae vestibulares majores) 807 – kleine (Glandulae vestibulares minores) 807 Vorhofflimmern 1288 Vorhofseptierung 625 Vorhofseptum (Septum interatriale) 586 Vorniere (Pronephros) 850 Vornierengang 850 Vorspannung, Muskel 241 Vorsteherdrüse s. Prostata 833 V-Phlegmone 501 VPL = Nucleus ventralis posterolateralis 1127, 1199 VPM = Nucleus ventralis posteromedialis 1127, 1204, 1243 Vulva 807

W Wachstum – appositionelles – – Knochen 79 – – Knorpel 72 – interstitielles – – Knochen 80 – – Knorpel 72 Wachstumsfaktoren, hämatopoetische 166 Wachstumsfugen, Hand 515 Wächterlymphknoten 184 Wade (Sura) 433 Wadenbein (Fibula ) 398 Waldeyer-Rachenring 190, 914 Waller-Degeneration 96 Wallpapillen 1012 Wandbau, Blutgefäße 152, 155 Wanderwelle 1090 Wandschichten, Rumpfdarm 676

Wange (Bucca) 1004 Ward-Dreieck 225 Wärmeregulation 1273 Warzenfortsatz 943 Warzenfortsatz s. Processus mastoideus 943 Wasserhaushalt 763 Wasserpermeabilität 771 Wasserschöpfbewegung 500 Wechseljahre (Klimakterium) 824 Wechselschnitt 311 Weckreaktion 1254 Wehenhemmung 799 Wehentätigkeit 819 Weibliche Harnröhre s. Urethra feminina 809 Weibliches Genitale 794 Weiche Leiste 316 Weicher Gaumen 1006 Weichteilhemmung 233, 459 Weiße Substanz (Substantia alba) 202 – Rückenmark 1099, 1101 Weißes Fettgewebe 71 Weisheitszahn 1029 Weltraumkrankheit 1233 Wenkebach-Bündel 597 Wernicke-Sprachzentrum 1141, 1232, 1262 Wharton-Sulze 70 Whiplash injury 267 Widerstand, peripherer 154 Willisi s. Circulus arteriosus cerebri 1158 Willkürbewegung 1192 – reflektorische Steuerung 1189 Wilson-Kurve 1023 Windkesselfunktion 153, 629 Winkelbeschleunigung 1087 Wirbel (Vertebra, -ae) 250 – Bauelemente 251 – Entwicklung 283 Wirbelbogen (Arcus vertebrae) 251 Wirbelbogenbänder 261 Wirbelbogenfortsatz (Processus arcus vertebrae) 251 Wirbelbogengelenk (Articulatio zygapophysealis) 251 – Stellung 268 Wirbelkanal (Canalis vertebralis) 251 Wirbelkörper (Corpus vertebrae) 250 Wirbelkörperbänder 261 Wirbelkörperfraktur 251, 267 Wirbelloch (Foramen vertebrale) 251 Wirbelsäule 247, 249 – Bänder 260 – Bewegung 268 – – Untersuchung 270 – Entwicklung 281 – Fehlbildungen 283 – Stabilisierung 271 – Varianten 283 Wirbelsäulenkrümmung, Entwicklung 250 Wirbelsäulenveränderungen, degenerative 262 Wirsung-Gang (Ductus pancreaticus) 749 Wochenbett (Puerperium) 820 Wochenfluss (Lochien) 821 Wolff-Gang = Urnierengang 850, 854, 859 Wrisberg-Ligament = Ligamentum meniscofemorale posterius 369

Wundstarrkrampf 1191 Würfelbein (Os cuboideum) 402, 409 Würgereflex 919 Wurmfortsatz s. Appendix vermiformis 192, 713 Wurzelhaut 1025 Wurzelkanal 1024 Wurzelscheide 1029

X X-Bein (Genu valgum) 394 Xylolreihe, Entparaffinierung 99

Y Y-Fuge, Hüftbein 327

Z Zahn (Dens) 1021 – Aufbau 1024 – Gefäße 1026 – Hartsubstanzen 1024 Zahnbein 1024 Zahnbein (Dentin) 1024, 1029 Zahndurchbruch 1029 Zahnentwicklung 1028 Zahnfleisch s. Gingiva 1004, 1026 Zahnformel 1022 Zahnhalteapparat 1025 Zahnknospen 1028 Zahnleiste 1028 Zahnpapille 1029 Zahnpulpa 1029 Zahnsäckchen 1029 Zahnstein 1023 Zahntasche 1026 Zäkum 712, 716 – Gefäße 716 – Nerven 717 Zäpfchen s. Uvula 1006 Zapfen 1066, 1217 Zapfengelenk 409 – Articulatio atlantoaxialis 266 Zehen (Digiti pedis) 403 – Funktion 411 Zehengangrän 396 Zehengrundgelenke (Articulationes metatarsophalangeae) 411 Zeis-Drüsen 1055 Zell-Matrix-Kontakt 57 Zell-Zell-Kontakt 57 Zellatmung 565 Zelldifferenzierung, Epithelgewebe 61 Zelle 49 – APUD 704 – dendritische 175 Zellkern (Nucleus) 50 Zellkontakt 56 Zellmembran 53 – apikale 54 – basale 54 – basolaterale 54 Zellorganellen 51 Zellregeneration, Epithelgewebe 61 Zelluläre Immunität 165 Zement 1024 Zementoblast 1029 Zenker-Divertikel 918 Zentralarterie 185 Zentrale Fazialisparese s. Fazialisparese 1185

1331 Zentrale Lähmung s. Lähmung 1191 Zentrale Zone, Prostata 834 Zentraler Venenkatheter = ZVK 466 Zentrales Nervensystem = ZNS s. ZNS 201 Zentralkanal 1154, 1170 Zentralvenenläppchen 739 Zentriol, Mikrotubulus 53 Zentriolenpaar, Mikrotubulus 53 Zentroazinäre (Schaltstück-) Zellen 750 Zentrosom, Mikrotubulus 53 Zerebellum s. Kleinhirn 1116 Zerebraler Insult 1157 Zerumenpfropf 1077 Zervikalkanal, präovulatorische Öffnung 814 Zervikallordose 248 Zervikalmark 1102 Zervikothorakaler Übergang 263 Zervixabstrich 803 Zervixinsuffizienz 799 Zervixkarzinom 803 Zervixschleim 814 Zervixschleimhaut 802 Ziliarepithel 1060, 1063 Ziliarkörper, s. Corpus ciliare Zirkadiane Rhythmik 1228 Zirkumduktion 42 Zirkumventrikuläre Organe = ZVO 1169, 1249 Z-Linie = Ora serrata 695 ZNS = Zentrales Nervensystem 201, 1097 – Bildgebung 1175 – Entwicklung 1170 – Funktionelle Systeme 1181 – Neurotransmitter 1182 Zölom – extraembryonales (Chorionhöhle) 108 – intraembryonales (Zölomhöhle) 114, 527, 664 Zona(-ae) – alba (Pecten analis) 721 – columnalis 721 – cutanea 721 – fasciculata 791 – glomerulosa 791 – intermedia (Substantia intermedia) 1100 – marginalis 1100 – orbicularis 349 – pellucida 103, 810 – – Auflösung 105 – reticularis 791 – transitionalis analis 721 Zonula – adhaerens 57 – occludens (Tight Junction, Barrierekontakt) 56 Zonula occludens-Proteine 57 Zonulafasern 1069 Zotten – Dünndarm 704 – Jejunum 709 Zottenbaum 121 Zottenbaum s. Plazenta 121 Zottenpumpe 678, 704 Z-Streifen 83 Zugsehne 234 Zugtrabekel, Wirbelkörper 252 Zunge (Lingua) 1009 – Entwicklung 1014 – Gefäße 1013 – Muskulatur 1010 – Nerven 1013 – Schleimhaut 1011

1332 Zungenbändchen 1009 Zungenbein (Os hyoideum) 893 Zungenbeinmuskulatur 893 Zungengrundstruma 1010 Zusammengesetzte Drüse 65 ZVK = zentraler Venenkatheter 466 ZVO = zirkumventrikuläre Organen 1169 Zwei-Punkt-Diskrimination 1195 Zweiter Schmerz 1206 Zwerchfell (Diaphragma) 295, 298 – atemmechanische Funktion 296 – Deszensus 116

Sachverzeichnis – Durchtrittsstellen 537 – – Übersicht 538 – Entwicklung 115 – Projektion auf die Thoraxwand 571 Zwerchfellatmung = Bauchatmung 295, 567 Zwerchfellenge 681 Zwerchfellhernie 116, 539 Zwerchfellhochstand 639 Zwergwuchs Zwergwuchs (Kretinismus) 43 – disproportionierter (Chondrodystrophie) 80 Zwillinge – eineiige, Eihautverhältnisse 125 – zweieiige, Eihautverhältnisse 125

Zwischenhirn (Diencephalon) 1124 Zwischenhirnbläschen 1173 Zwischenkiefersegment 971 Zwischenwirbelscheibe (Discus intervertebralis) 258 Zwischenzellen s. Leydig-Zellen 853 Zwölffingerdarm s. Duodenum 705 Zwölffingerdarmgeschwür s. Ulcus duodeni 698 Zyanose 1004 Zygote 104 Zymogen 64 Zystenniere 851 Zystische Fibrose (Mukoviszidose)

Zystische Fibrose = Mukoviszidose 65, 751 Zystitis 783 Zystoskopie 780 Zytokeratinfilament 52 Zytokrine Sekretion 1269 Zytologie 49 Zytoplasma 50 Zytoskelett 51 Zytosol 50 Zytostatika-Therapie, Brechreiz 1111 Zytotrophoblast 105